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German Pages 306 Year 2010
Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Band 40
Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente der Aktiengesellschaft Untersuchung aktienrechtlicher Fragestellungen bei der Ausgabe von Anleihen mit Aktienerwerbsrechten auf Anteile eines anderen Unternehmens
Von
Thomas N. Broichhausen
Duncker & Humblot · Berlin
THOMAS N . B ROICHHAUSEN
Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente der Aktiengesellschaft
Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Hamburg Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., Freiburg Professor Dr. Gerald Spindler, Göttingen
Band 40
Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente der Aktiengesellschaft Untersuchung aktienrechtlicher Fragestellungen bei der Ausgabe von Anleihen mit Aktienerwerbsrechten auf Anteile eines anderen Unternehmens
Von
Thomas N. Broichhausen
Duncker & Humblot · Berlin
Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg hat diese Arbeit im Jahre 2009 als Dissertation angenommen.
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© 2010 Duncker & Humblot GmbH, Berlin
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Für meinen Großvater Herrn Notar a. D. Dr. Otto Schepp †
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2009 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität zu Freiburg im Breisgau als Dissertation angenommen. Die veröffentlichte Fassung befindet sich auf dem Stand von April 2010. Mein Dank gilt zunächst meinem hoch verehrten Doktorvater, Herrn Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., für die umfassende Betreuung dieser Arbeit sowie für die lehrreiche Zeit, die ich als studentischer und wissenschaftlicher Mitarbeiter an dem von ihm geleiteten Institut für Ausländisches und Internationales Privatrecht (Abt. II) verbringen durfte. Danken möchte ich zudem Herrn Professor Dr. Peter Sester für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Ferner gilt mein Dank allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Instituts für Ausländisches und Internationales Privatrecht (Abt. II); allen voran Herrn Priv.-Doz. Dr. Jens-Hinrich Binder, der das Gelingen dieser Arbeit durch anregende Diskussionen maßgeblich gefördert hat. Für wertvolle Gespräche und persönliche Unterstützung danke ich Sonja Kohout, Christian Picker, Thilo Kuntz und Sven Simon. Mein Dank gebührt ferner der Hanns-Seidel-Stiftung e. V. für die Gewährung eines Promotionsstipendiums sowie der Wissenschaftlichen Gesellschaft Freiburg im Breisgau für die Gewährung eines großzügigen Druckkostenzuschusses. Den größten Dank schulde ich meiner Familie. Ohne ihre stete Unterstützung wäre die vorliegende Arbeit nicht möglich gewesen. München, im April 2010
Thomas N. Broichhausen
Inhaltsübersicht Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25
A. Problemaufriss und Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25
B. Gang der Untersuchung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29
§1
Aktienerwerbsrechte und ihre Verbindung mit Anleihen anderer Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31
A. Rechtsposition des Inhabers eines Aktienerwerbsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Berechtigung zum originären Anteilserwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Berechtigung zum derivativen Anteilserwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31 32 61 63
B. Verbindung der Aktienerwerbsrechte mit Anleihen anderer Unternehmen. . . I. Das Anleiheelement und seine Verbindung mit einem Aktienerwerbsrecht in den Anleihebedingungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verbindungsmöglichkeiten von Aktienerwerbsrechten mit Anleihen eines anderen Unternehmens in zusammengesetzten Finanzierungsinstrumenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
64
§2
64
67
Die einzelnen Strukturierungsvarianten und ihre aktienrechtliche Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
71
A. Aktienerwerbsrechte von der Bezugsgesellschaft ausgestellt. . . . . . . . . . . . . . . I. Überblick über die Strukturierungsvariante . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtsbeziehungen der beteiligten Rechtssubjekte untereinander . . . . . . III. Aktienrechtliche Zulässigkeit dieser Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
71 71 73 89
B. Garantie durch die Bezugsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Überblick über die Strukturierungsvariante . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtsbeziehungen der beteiligten Rechtssubjekte untereinander . . . . . . III. Aktienrechtliche Zulässigkeit dieser Ausgestaltungsvariante. . . . . . . . . . .
110 110 112 116
C. Existierende Aktien als Gegenstand des Aktienerwerbsrechts oder der Garantieübernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 D. Ausgabe reiner Umtauschanleihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 II. Einzelheiten der Strukturierung und ihre aktienrechtliche Zulässigkeit 120 E. Aktienerwerbsrechte auf Anteile an einer Tochtergesellschaft . . . . . . . . . . . . . 121
10 §3
Inhaltsübersicht Verteilung der Ausgabekompetenzen zwischen Vorstand und Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
A. Ausgabekompetenzen in der Bezugsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Aktienerwerbsrechte von der Bezugsgesellschaft ausgestellt . . . . . . . . . . . II. Übernahme einer Beschaffungsgarantie durch die Bezugsgesellschaft . . III. Existierende Aktien als Gegenstand des Aktienerwerbsrechts oder der Garantieübernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ausgabe reiner Umtauschanleihen durch die Emissionsgesellschaft . . . . V. Aktienerwerbsrechte auf Anteile an einer Tochtergesellschaft . . . . . . . . .
125 125 132
B. Ausgabekompetenzen in der Emissionsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ausgabe und Garantie der Aktienerwerbsrechte durch die Bezugsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausgabe reiner Umtauschanleihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Aktienerwerbsrechte auf Anteile an einer Tochtergesellschaft . . . . . . . . .
173
§4
138 171 172
173 175 176
Bezugsrechte zugunsten der (Alt-)Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210
A. Bezugsrecht auf Wandelschuldverschreibungen, die mit neuen Aktien bedient werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einführung und Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bezugsrecht zugunsten der Aktionäre bei Ausstellung der Aktienerwerbsrechte durch die Bezugsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bezugsrecht zugunsten der Aktionäre bei Garantieübernahme der Bezugsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
210 211 213 217
B. Bezugsrechtsähnliches Voraberwerbsrecht auf Wandelschuldverschreibungen, die mit existierenden Aktien bedient werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 I. Voraberwerbsrecht bei der Eigenemission einer Wandelschuldverschreibung, die zum Erwerb existierender Anteile berechtigt . . . . . . . 219 II. Besonderheiten beim Auseinanderfallen von Bezugs- und Emissionsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 C. Bezugsrecht zugunsten der Mutteraktionäre bei Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen auf Anteile an einer Tochtergesellschaft?. . . . . . . . . . . I. Bezugsrecht der Mutteraktionäre bei Bedienung der Wandelschuldverschreibungen durch Kapitalerhöhung in Tochtergesellschaft . . . . . . . . II. Bezugsrecht der Mutteraktionäre bei Bedienung der Wandelschuldverschreibungen durch Beteiligungsveräußerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . §5
222 223 230 235
Anwendungsbereich des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236
A. Einführung und Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 B. Leistung an Emissionsgesellschaft als Bareinlage auf Aktien der Bezugsgesellschaft? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239
Inhaltsübersicht
11
I.
Erfüllung der Bareinlageverpflichtung durch Leistung an Tochtergesellschaft?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 II. Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 C. Konsequenzen für die Anwendbarkeit des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG bei der Ausgabe von Wandelanleihen unter Auseinanderfallen von Bezugsund Emissionsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 I. Rein eigennützige und rein fremdnützige Strukturierungsvarianten . . . . 244 II. Weiterleitung des Wandelanleiheerlöses bei eigennützigen Strukturierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 D. Erstreckung des Anwendungsbereiches von § 194 Abs. 1 S. 2 AktG auf Optionsanleihen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Entsprechende Anwendbarkeit von § 194 Abs. 1 S. 2 AktG bei Optionsanleihen mit Inzahlungnahme der Anleiheforderung. . . . . . . . . . . II. Entsprechende Anwendbarkeit von § 194 Abs. 1 S. 2 AktG bei Optionsanleihen mit Verrechnung des Anleihebetrages . . . . . . . . . . . . . . . III. Anwendbarkeit von § 194 Abs. 1 S. 2 AktG bei Optionsanleiheemissionen unter Auseinanderfallen von Emissions- und Bezugsgesellschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
249 250 254
256
E. Erstreckung des Anwendungsbereiches von § 194 Abs. 1 S. 2 AktG auf reguläre Kapitalerhöhungen sowie genehmigtes Kapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 I. Ansätze in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 II. Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 F. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 §6
Bedienung der Aktienerwerbsrechte mit bedingtem Kapital. . . . . . . . . . 265
A. Problemaufriss. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 B. Anwendbarkeit des § 192 AktG bei Wandelschuldverschreibungsemissionen unter Auseinanderfallen von Bezugs- und Emissionsgesellschaft. . . . . . . I. Analogiefähigkeit von § 192 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anwendbarkeit des § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG bei fremd- und eigennützigen Strukturierungsvarianten unter Weiterleitung des Anleiheerlöses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Anwendbarkeit des § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG bei rein eigennützigen Strukturierungsvarianten ohne Weiterleitung des Anleiheerlöses . . . . . . .
267 268
269 274
C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 Zusammenfassung der Ergebnisse, Schluss. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 A. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 B. Schluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303
Inhaltsverzeichnis Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25
A. Problemaufriss und Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25
B. Gang der Untersuchung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29
§1
Aktienerwerbsrechte und ihre Verbindung mit Anleihen anderer Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
A. Rechtsposition des Inhabers eines Aktienerwerbsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Berechtigung zum originären Anteilserwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Inhalt eines Bezugsrechts nach § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG . . . . . a) Ansätze in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Auslegung nach Wortlaut, Gesetzgebungsgeschichte und Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Funktionale Auslegung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG . . . . . . . (1) Zwecksetzung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG . . . . . . . . . . . (a) Einräumung eines Anwartschaftsrechts auf Mitgliedschaft? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Einschränkung der Entscheidungshoheit der Hauptversammlung durch die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Keine Einschränkung der Vertretungsmacht des Vorstandes durch § 221 Abs. 1 S. 1 AktG (a) Einschränkung der Vertretungsmacht? . . . (b) Stellungnahme: Einschränkung der Geschäftsführungsbefugnis. . . . . . . . . . . . . . (g) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Schadensersatzansprüche aus der Nichtbedienung eingeräumter Aktienerwerbsrechte. . . . . . (a) Einschränkung der Schadensersatzpflicht aufgrund von § 187 Abs. 2 AktG? . . . . . . (b) Einschränkung der Ersatzpflicht aufgrund der begrenzten Verpflichtung einer Aktiengesellschaft aus Zeichnungsverträgen?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31 31 32 33 34 35 35 37 37 38
39 40 41 41 44 44 45
47
14
Inhaltsverzeichnis (aa) (Eingeschränkte) Verpflichtung der Gesellschaft aus Zeichnungsverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Konsequenzen für mögliche Ersatzansprüche gegen die Gesellschaft . . (gg) Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Konsequenzen der Zwecksetzung für die Bestimmung der Rechtsnatur eines Bezugsrechts i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis: Offener Bezugsrechtsbegriff des § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Inhalt eines Umtauschrechtes nach § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 AktG . . a) Umtauschrecht als Bezugsrecht mit Tilgungsabrede . . . . . . . . . . . . aa) Rechtsnatur der Umtauscherklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Umtauscherklärung als Ersetzungsbefugnis? . . . . . . . . . . . (2) Stellungnahme: Umtauscherklärung als vertragliche Causaänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Abgrenzung zur Optionsanleihe mit Tilgungsabrede . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Berechtigung zum derivativen Anteilserwerb. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
B. Verbindung der Aktienerwerbsrechte mit Anleihen anderer Unternehmen . . . I. Das Anleiheelement und seine Verbindung mit einem Aktienerwerbsrecht in den Anleihebedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verbindungsmöglichkeiten von Aktienerwerbsrechten mit Anleihen eines anderen Unternehmens in zusammengesetzten Finanzierungsinstrumenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausgabevarianten derartiger zusammengesetzter Finanzierungsinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mögliche Beweggründe einer Aktiengesellschaft für den Einsatz derartiger zusammengesetzter Finanzierungsinstrumente . . . . . . . . . . . §2
Die einzelnen Strukturierungsvarianten und ihre aktienrechtliche Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
A. Aktienerwerbsrechte von der Bezugsgesellschaft ausgestellt . . . . . . . . . . . . . . . I. Überblick über die Strukturierungsvariante . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtsbeziehungen der beteiligten Rechtssubjekte untereinander . . . . . . . 1. Rechtsposition des Wandelschuldverschreibungsgläubigers gegenüber der Emissionsgesellschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsposition des Wandelschuldverschreibungsgläubigers gegenüber der Bezugsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
47 49 50 51
51 53 53 54 55 55 56 58 59 60 61 63 64 64
67 67 69
71 71 71 73 73 74
Inhaltsverzeichnis
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3. Rechtsbeziehungen zwischen Bezugs- und Emissionsgesellschaft . . . a) Charakteristika und Ausgestaltung des fremdnützigen Anleihemodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Besonderheiten und Ausgestaltung des eigennützigen Anleihemodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Notwendigkeit einer Bezugsrechtsgebühr im eigennützigen Anleihemodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gründe für die Notwendigkeit der Abführung einer Bezugsrechtsgebühr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Bezugsgesellschaft ist an der Emissionsgesellschaft beteiligt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Bezugsgesellschaft ist nicht an der Emissionsgesellschaft beteiligt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Höhe des abzuführenden Betrages. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Rechtsfolgen bei versäumter Vereinbarung oder falscher Bemessung der Bezugsrechtsgebühr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Pflicht zur nachträglichen Erhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Schadensersatzverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Beteiligung weiterer Gesellschafter an der Emissionsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Emissionsgesellschaft ist eine 100-%ige Tochtergesellschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Thesaurierung von Anleiheagio oder Zinsvorteil durch Tochtergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Ausschüttung von Anleiheagio oder Zinsvorteil als Beteiligungsgewinn . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Aktienrechtliche Zulässigkeit dieser Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Auseinanderfallen von Bezugs- und Emissionsgesellschaft als Zulässigkeitshindernis? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Identitätskonzept des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . b) Aktienrechtliche Zulässigkeit abweichender Ausgabevarianten einer Wandelschuldverschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verteilung von Fremd- und Eigenkapitalkomponente des Finanzierungsinstrumentes auf verschiedene Gesellschaften als Zulässigkeitshindernis?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Problemaufriss: Auswirkungen des Auseinanderfallens von Emissions- und Bezugsgesellschaft aus Finanzierungsgesichtspunkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Berücksichtung des Anleiheerlöses im Konzernverbund? . . . bb) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
75 75 76 77 78 79 81 81 82 82 83 84 85 85 86 87 88 89 89 89 90 92
92
93 94 96
16
Inhaltsverzeichnis b) Konsequenzen für Reichweite des Anwendungsbereiches von § 187 AktG und Folgen für die aktienrechtliche Zulässigkeit dieser Strukturierungsvariante . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Anleiheerlös wird (teilweise) an die Bezugsgesellschaft weitergeleitet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Anleiheerlös verbleibt bei der Emissionsgesellschaft . . . . . . . (1) Zulässigkeit der Ausgabe reiner Bezugsrechte nach § 221 Abs. 1 S. 1 AktG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Zulässigkeit der Ausgabe reiner Bezugsrechte und ihre Verortung in § 221 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Notwendigkeit eines Fremdkapitalelements außerhalb des § 221 Abs. 1 AktG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Reine Bezugsrechte als Gefahr für Übersichtlichkeit der Eigenkapitalstruktur? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Unzulässigkeit reiner Bezugsrechte aufgrund erhöhter Spekulationsgefahr?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Unzulässigkeit reiner Bezugsrechte nach Inkrafttreten des KontraG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (e) Bedenken gegen die Zulässigkeit reiner Bezugsrechte aus § 187 AktG?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Reine Bezugsrechte als Genussrechte i. S. d. § 221 Abs. 3 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Sinnentleerung des § 187 AktG durch Klassifizierung reiner Bezugsrechte als Genussrechte? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (f) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Folgen für Ausgabevarianten einer Wandelschuldverschreibung ohne Weiterleitung des Anleiheerlöses an die Bezugsgesellschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
B. Garantie durch die Bezugsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Überblick über die Strukturierungsvariante . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtsbeziehungen der beteiligten Rechtssubjekte untereinander . . . . . . . 1. Verschaffungspflicht der Emissionsgesellschaft und Beschaffungsgarantie der Bezugsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) In der Literatur vertretene Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eigen- und fremdnützige Strukturierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Aktienrechtliche Zulässigkeit dieser Ausgestaltungsvariante . . . . . . . . . . .
96 97 98 99 99 100 101 102 103 104 105
106 108
108 109 109 110 110 112 112 112 114 115 116
C. Existierende Aktien als Gegenstand des Aktienerwerbsrechts oder der Garantieübernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 D. Ausgabe reiner Umtauschanleihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
Inhaltsverzeichnis
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I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 II. Einzelheiten der Strukturierung und ihre aktienrechtliche Zulässigkeit 120 E. Aktienerwerbsrechte auf Anteile an einer Tochtergesellschaft . . . . . . . . . . . . . 121 §3
Verteilung der Ausgabekompetenzen zwischen Vorstand und Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
A. Ausgabekompetenzen in der Bezugsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Aktienerwerbsrechte von der Bezugsgesellschaft ausgestellt. . . . . . . . . . . 1. Mitwirkungskompetenz der Hauptversammlung aus § 221 Abs. 1 AktG analog. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Reichweite der Mitwirkungskompetenz in Bezug auf den Beschlussinhalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Inhalt des Hauptversammlungsbeschlusses im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 221 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Obligatorischer Inhalt eines Hauptversammlungsbeschlusses nach § 221 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Fakultativer Inhalt eines Hauptversammlungsbeschlusses nach § 221 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Besonderheiten bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung unter Auseinanderfallen von Bezugs- und Emissionsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Übernahme einer Beschaffungsgarantie durch die Bezugsgesellschaft . . 1. Diskussion ablehnender Literaturansichten: Bedeutung existierender Deckungskapitalia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zustimmungserfordernis aufgrund der Qualifizierung einer Garantieübernahme als Einräumung eines Bezugsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Existierende Aktien als Gegenstand des Aktienerwerbsrechts oder der Garantieübernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Mitwirkungsrechte der Hauptversammlung bei der Eigenemission einer auf den Erwerb existierender Aktien gerichteten Wandelschuldverschreibung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unmittelbare Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG? . . . . . . . . aa) Auslegung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG nach Wortlaut und Gesetzgebungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Systematische und funktionale Auslegung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Analoge Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG? . . . . . . . . . . . . aa) Analoge Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG zum Schutz der Entscheidungsfreiheit der Hauptversammlung?. . (1) Mitwirkungsrechte der Anteilseigner beim Rückerwerb und der Wiederausgabe eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . .
125 125 125 127 127 128 130
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Inhaltsverzeichnis (a) Geschriebene Mitwirkungsrechte der Hauptversammlung nach § 71 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . (b) Hauptversammlungsbeschluss zum Ausschluss eines (ungeschriebenen) Beteiligungsrechts . . . . . . . . (aa) Voraberwerbsrecht bei Wiederausgabe eigener Aktien: Meinungsstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Voraberwerbsrecht bei der Wiederausgabe eigener Aktien: Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . (a) Vergleichbarkeit der Interessenlage bei Kapitalerhöhungen einerseits und der Wiederausgabe eigener Aktien andererseits. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Verwässerung der Vermögensrechte durch Wiederausgabe eigener Aktien?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Verwässerung der Beteiligungsquote durch Wiederausgabe eigener Aktien? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (gg) Eingriff in die Zusammensetzung der Aktionärsstruktur als Grundlage eines ungeschriebenen Voraberwerbsrechts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Zwischenergebnis: Eingeschränktes Voraberwerbsrecht zugunsten der (Alt-)Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Ergebnis: Hauptversammlungsbeschluss zum Ausschluss des Voraberwerbsrechts . . . . . . . . . . (c) Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Analoge Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG zum Schutz der Entscheidungsfreiheit der Hauptversammlung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Analoge Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG zum Schutz der Rückerwerbsentscheidung? . . . . . . . . (b) Analoge Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG zum Schutz der Hauptversammlungsbeschlüsse bei der Wiederausgabe? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Besonderheiten bei der Bedienung mittels einer Gegenoption? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Analoge Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG aus sonstigen Gründen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anwendung des § 221 Abs. 1 AktG über § 221 Abs. 3 AktG? . . d) Ergebnis und Schlussfolgerungen: Abgrenzung der Ausgabetatbestände des § 71 Abs. 1 AktG bzw. § 221 Abs. 1 S. 1 AktG . . .
143 144 146 148
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155 155 156
157 157
158 160 162 163 164 164 166
Inhaltsverzeichnis
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2. Besonderheiten durch das Auseinanderfallen von Bezugs- und Emissionsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ausgabe reiner Umtauschanleihen durch die Emissionsgesellschaft . . . . V. Aktienerwerbsrechte auf Anteile an einer Tochtergesellschaft . . . . . . . . .
168 170 171 172
B. Ausgabekompetenzen in der Emissionsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ausgabe und Garantie der Aktienerwerbsrechte durch die Bezugsgesellschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausgabe reiner Umtauschanleihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Aktienerwerbsrechte auf Anteile an einer Tochtergesellschaft . . . . . . . . . 1. Bedienung der Wandelschuldverschreibungen mittels Tochterkapitalerhöhung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) (Ungeschriebene) Mitwirkungsrechte der Mutteraktionäre bei Kapitalerhöhungen in einer Tochtergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Entscheidungen des BGH in Sachen Holzmüller und Gelatine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Schutzzweck ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Schutz vor Mediatisierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Schutz mediatisierter Rechte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Umfassende Konzernleitungshoheit der Hauptversammlung der Konzernobergesellschaft? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Relevanz der Beeinträchtigung von Vermögensinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Ausnahmecharakter ungeschriebener Hauptversammlungskompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Folgerungen für Kapitalerhöhungen in der Tochtergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Kapitalerhöhung in der Tochtergesellschaft als potentiell zustimmungspflichtige Maßnahme . . . . . . . . . . . . . . . (2) Berücksichtigung des Ausnahmecharakters ungeschriebener Zuständigkeiten bei Tochterkapitalerhöhungen. . . dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Analoge Anwendbarkeit des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG auf die Ausgabe entsprechender Aktienerwerbsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bedienung der Wandelschuldverschreibung durch Beteiligungsveräußerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beteiligung der Hauptversammlung bei Beteiligungsveräußerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Beteiligung der Hauptversammlung nach §§ 179, 179a AktG bb) Ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten bei Beteiligungsveräußerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
173 173 175 176 178 178 179 181 181 183 183 184 186 187 188 188 191 193 194 196 196 197 197 198
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Inhaltsverzeichnis (1) Ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten bei vollständiger Abgabe einer Beteiligung? . . . . . . . . . . . (2) Ungeschriebene Hauptversammlungskompetenzen bei teilweiser Abgabe von Beteiligungen? . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zwischenergebnis: Hauptversammlungsbeteiligung bei Beteiligungsveräußerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zustimmungsbedürftigkeit der Ausgabe entsprechender Aktienerwerbsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
§4
200 203 207 207 209
Bezugsrechte zugunsten der (Alt-)Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210
A. Bezugsrecht auf Wandelschuldverschreibungen, die mit neuen Aktien bedient werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einführung und Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Bezugsrecht nach § 221 Abs. 4 AktG im unmittelbaren Anwendungsbereich der Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bezugsrecht zugunsten der Aktionäre bei Ausstellung der Aktienerwerbsrechte durch die Bezugsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Diskussion ablehnender Ansätze in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Analoge Anwendung des § 221 Abs. 4 AktG; Inhalt dieser Rechtsposition der Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bezugsrecht zugunsten der Aktionäre bei Garantieübernahme der Bezugsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
210 211 211 212 213 213 215 217 217
B. Bezugsrechtsähnliches Voraberwerbsrecht auf Wandelschuldverschreibungen, die mit existierenden Aktien bedient werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 I. Voraberwerbsrecht bei der Eigenemission einer Wandelschuldverschreibung, die zum Erwerb existierender Anteile berechtigt . . . . . . . 219 II. Besonderheiten beim Auseinanderfallen von Bezugs- und Emissionsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 C. Bezugsrecht zugunsten der Mutteraktionäre bei Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen auf Anteile an einer Tochtergesellschaft?. . . . . . . . . . . I. Bezugsrecht der Mutteraktionäre bei Bedienung der Wandelschuldverschreibungen durch Kapitalerhöhung in Tochtergesellschaft . . . . . . . . 1. Bezugsrecht der Mutteraktionäre bei Tochterkapitalerhöhungen . . . . . a) Bezugsrecht zugunsten der Mutteraktionäre aus § 186 Abs. 1 AktG analog? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ableitung eines Bezugsrechts zugunsten der Mutteraktionäre aus der Holzmüller/Gelatine-Rechtsprechung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Folgerungen für die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen . . .
222 223 224 224 227 228 229
Inhaltsverzeichnis II. Bezugsrecht der Mutteraktionäre bei Bedienung der Wandelschuldverschreibungen durch Beteiligungsveräußerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bezugsrecht oder bezugsrechtsähnliche Rechtsposition bei Beteiligungsveräußerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Voraberwerbsrecht als Ausprägung der Mitgliedschaft? . . . . . . . . . b) Voraberwerbsrecht auf der Grundlage von Treuepflichten?. . . . . . 2. Zwischenergebnis und Folgen für die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . §5
21
230 230 230 232 234 235
Anwendungsbereich des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236
A. Einführung und Problemaufriss. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 B. Leistung an Emissionsgesellschaft als Bareinlage auf Aktien der Bezugsgesellschaft?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Erfüllung der Bareinlageverpflichtung durch Leistung an Tochtergesellschaft?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anwendbarkeit der §§ 36 Abs. 2, 54 Abs. 3 AktG im Rahmen der bedingten Kapitalerhöhung?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zahlung an Dritte als Leistung i. S. d. § 199 Abs. 1 AktG?. . . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Konsequenzen für die Anwendbarkeit des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG bei der Ausgabe von Wandelanleihen unter Auseinanderfallen von Bezugs- und Emissionsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rein eigennützige und rein fremdnützige Strukturierungsvarianten . . . . II. Weiterleitung des Wandelanleiheerlöses bei eigennützigen Strukturierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Darlehensweise Weiterleitung des Wandelanleiheerlöses . . . . . . . . . . . a) (Analoge) Anwendbarkeit des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG allein aufgrund darlehensweiser Weiterleitung des Wandelanleiheerlöses? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erfordernis der Abtretung des Darlehensrückzahlungsanspruches an den Wandelanleihegläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Erstreckung des Anwendungsbereiches von § 194 Abs. 1 S. 2 AktG auf Optionsanleihen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Entsprechende Anwendbarkeit von § 194 Abs. 1 S. 2 AktG bei Optionsanleihen mit Inzahlungnahme der Anleiheforderung. . . . . . . . . . . 1. Analogiefähigkeit des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vergleichbare Interessenlage bei der Inzahlungnahme der Anleiheforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
239 239 240 240 242 243
244 244 246 246
246 248 249 249 250 250 252 254
22
Inhaltsverzeichnis II. Entsprechende Anwendbarkeit von § 194 Abs. 1 S. 2 AktG bei Optionsanleihen mit Verrechnung des Anleihebetrages . . . . . . . . . . . . . . . . III. Anwendbarkeit von § 194 Abs. 1 S. 2 AktG bei Optionsanleiheemissionen unter Auseinanderfallen von Emissions- und Bezugsgesellschaft 1. Inzahlungnahme der Anleiheforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verrechnung des Anleiheerlöses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Fremdnützige Strukturierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Eigennützige Strukturierung unter darlehensweiser Überlassung des Anleiheerlöses. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
254 256 256 257 257 258 260
E. Erstreckung des Anwendungsbereiches von § 194 Abs. 1 S. 2 AktG auf reguläre Kapitalerhöhungen sowie genehmigtes Kapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 I. Ansätze in der Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 II. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 F. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 §6
Bedienung der Aktienerwerbsrechte mit bedingtem Kapital . . . . . . . . . . 265
A. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 B. Anwendbarkeit des § 192 AktG bei Wandelschuldverschreibungsemissionen unter Auseinanderfallen von Bezugs- und Emissionsgesellschaft . . . . . . . I. Analogiefähigkeit von § 192 AktG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anwendbarkeit des § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG bei fremd- und eigennützigen Strukturierungsvarianten unter Weiterleitung des Anleiheerlöses. . 1. Grundsätzliche Vergleichbarkeit der Interessenlagen bei Weiterleitung des Anleiheerlöses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zusätzliches Erfordernis eines Konzernverhältnisses zwischen Emissions- und Bezugsgesellschaft zur Annahme einer vergleichbaren Interessenlage? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Anwendbarkeit des § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG bei rein eigennützigen Strukturierungsvarianten ohne Weiterleitung des Anleiheerlöses . . . . . . . 1. Analoge Anwendung des § 192 Abs. 2 AktG zur Bedienung reiner Bezugsrechte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Analoge Anwendung des § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG zur Bedienung reiner Bezugsrechte? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Analoge Anwendung des § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG zur Bedienung reiner Bezugsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Planwidrige Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vergleichbare Interessenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
267 268 269 270
271 273 274 274 275 276 276 277 280 280
C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280
Inhaltsverzeichnis
23
Zusammenfassung der Ergebnisse, Schluss. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 A. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 B. Schluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303
Einführung A. Problemaufriss und Zielsetzung Eine Aktiengesellschaft kann ihren Finanzbedarf sowohl durch Eigenkapital- als auch durch Fremdkapitalfinanzierungsmaßnahmen decken. Sie kann im Wege einer Kapitalerhöhung neue Aktien ausgeben oder ihre Kapitalbedürfnisse durch die Emission von Fremdkapitaltiteln, etwa Schuldverschreibungen, sicherstellen.1 Mit diesen Grundformen sind die Möglichkeiten der Unternehmensfinanzierung in der heutigen Kapitalmarktpraxis indes bei Weitem nicht ausgeschöpft. Insbesondere lassen sich Schuldverschreibungen und Rechtspositionen, die zum Aktienerwerb berechtigen, in einem einheitlichen Finanzierungsinstrument, einer Wandelschuldverschreibung, zusammenfassen.2 Das in derartigen zusammengesetzten Finanzierungsinstrumenten3 verbriefte Aktienerwerbsrecht kann sich zum einen auf den Erwerb neuer Aktien beziehen, die mittels einer Kapitalerhöhung geschaffen werden; es kann aber auch den Erwerb existierender Anteile der Gesellschaft zum Gegenstand haben.4 Letztere Möglichkeit kommt in der Praxis insbesondere nach dem Inkrafttreten des KonTraG5 verstärkt zum Einsatz, da mit dieser Gesetzesänderung der Rückerwerb eigener Aktien auch zur Bedienung von Wandelschuldverschreibungen6 möglich wurde. Die Verbindung von einem Fremdkapitalelement und einem Aktienerwerbsrecht in einem einheitlichen, zusammengesetzten Finanzierungsinstrument bietet sowohl für die Aktiengesellschaft als auch für den Anleger 1
K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 29 I 1. Georgakopoulos, ZHR 120 (1957), 84, 85 ff. 3 Der Terminus „zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente“ wird im Folgenden als Oberbegriff für Wertpapiere verwendet, die, wie etwa eine Wandelschuldverschreibung, ein Aktienerwerbsrecht und einen Fremdkapitaltitel beinhalten. 4 Busch, AG 1999, 58, 62 ff. 5 Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich, BGBl. I 1998, 786 ff. 6 In Anlehnung an die Kapitalmarktpraxis wird der Begriff „Wandelschuldverschreibung“ im Folgenden unabhängig davon verwendet, ob sich das in den Finanzierungsinstrumenten verbriefte Aktienerwerbsrecht auf neue oder bereits existierende Aktien bezieht. Damit ist indes noch kein Urteil darüber verbunden, ob Wandelschuldverschreibungen, die zum Erwerb existierender Aktien berechtigten, dem Anwendungsbereich des § 221 AktG unterfallen; ausführlich dazu unten S. 138 ff. 2
26
Einführung
viele Vorteile gegenüber der Ausgabe eines reinen Fremdkapitaltitels oder einer gewöhnlichen Kapitalerhöhung:7 So kann ein Unternehmen seine Anteile durch die Ausgabe von Aktienerwerbsrechten zu günstigeren Konditionen platzieren als mithilfe einer herkömmlichen Kapitalerhöhung.8 Überdies liegen die Zinsen bei einer Wandelschuldverschreibung aufgrund des zusätzlich in dem Finanzierungsinstrument enthaltenen Aktienerwerbsrechts typischerweise unter dem Zinssatz regulärer Anleihen.9 Der Gesellschaft ist damit eine günstigere Fremdfinanzierung möglich.10 Mit Ausübung des Aktienerwerbsrechts durch den Wandelschuldverschreibungsgläubiger erübrigt sich aus Sicht der Gesellschaft zudem oftmals eine Rückzahlung des Anleihebetrages; dieser wird vielmehr zur Erfüllung der Einlageleistung des neuen Aktionärs genutzt.11 Aus Anlegersicht bieten Wandelschuldverschreibungen eine Kapitalanlage, die sowohl Spekulationsmöglichkeiten als auch eine Risikobegrenzung (downward protection) beinhaltet:12 Der Anleger hält eine, zumeist fest verzinste, Schuldverschreibung, deren Nennbetrag ihm am Ende der Laufzeit zurückzuerstatten ist. Verläuft die Entwicklung des Unternehmens positiv und steigt der Anteilswert über den in den Anleihebedingungen festgesetzten Aktienbezugspreis, kann er von seinem Aktienerwerbsrecht Gebrauch machen und an der Wertsteigerung teilhaben.13 Diese Vorteile der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen wurden erstmals auf dem US-amerikanischen Kapitalmarkt erkannt: Im Jahre 1843 gab die New York and Erie Railroad Company eine Anleihe aus, die nach Wahl des Gläubigers in Aktien der Gesellschaft umgewandelt werden konnte.14 Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts etablierte sich diese Finanzierungsform auf dem US-amerikanischen Markt branchenübergreifend.15 In Deutschland fanden Wandelschuldverschreibungen erstmals im Jahr 1911 wissenschaftliche Beachtung in der Literatur;16 Bedeutung in der Praxis erlangten sie von 1924 an.17 Das damalige Recht enthielt noch keine Rechtsgrundlage für die Ausgabe derartiger Finanzierungsinstrumente. Die Emission erfolgte insofern praeter legem.18 7
Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254. Maier-Reimer, GS Bosch, 85, 87. 9 Lutter, DB 1986, 1607, 1608. 10 Rozijn, ZBB 1998, 77, 87 f. 11 Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254. 12 Unternehmensfinanzierung-Schlitt/Hemeling, § 10 Rn. 6. 13 Rozijn, ZBB 1998, 77, 87 f. 14 Siehe Huppertz, S. 12. 15 Rusch, S. 18 f. 16 Heymann, Bank-Archiv, 1911/12, S. 91 ff. 17 Vgl. Drischel, S. 52 ff. 18 Wehrhahn, S. 46. 8
A. Problemaufriss und Zielsetzung
27
Während sich Wandelschuldverschreibungen in den Folgejahren zunehmender Beliebtheit erfreuten, erkannte der nationale Gesetzgeber in diesen Finanzierungsinstrumenten bald eine Gefahr für die (Alt-)Aktionäre der Gesellschaft:19 Aufgrund des in ihnen verbrieften Aktienerwerbsrechts wird den Wandelschuldverschreibungsgläubigern der Erwerb der Gesellschafterstellung ermöglicht. Dadurch sehen sich die (Alt-)Aktionäre mit einer Verwässerung ihrer Anteile konfrontiert. Dies wurde zum Anlass genommen, mit der Aktienrechtsreform des Jahres 193720 die Emission von Wandelschuldverschreibungen auf eine positiv-rechtliche Grundlage zu stellen und ihre Ausgabe dem alleinigen Verantwortungsbereich des Vorstandes zu entziehen.21 Gleichzeitig wurde zugunsten der Aktionäre ein gesetzliches Bezugsrecht normiert.22 Nicht zuletzt aufgrund des bis heute zu verzeichnenden Erfindungsreichtums der Akteure auf dem Kapitalmarkt waren damit indes die aktienrechtlichen Rahmenbedingungen der Ausgabe von Finanzierungsinstrumenten mit Aktienerwerbsrechten nicht abschließend geklärt: Vielmehr tauchten zu Beginn der 1980er-Jahre vermehrt Wandelschuldverschreibungen auf dem nationalen Kapitalmarkt auf, die von einer (ausländischen) Finanzierungstochtergesellschaft ausgegeben wurden, aber Aktienerwerbsrechte auf Anteile der in Deutschland ansässigen Muttergesellschaft verbrieften.23 Erstmals bezogen sich damit die Aktienerwerbsrechte einer Wandelschuldverschreibung24 nicht auf Anteile an derjenigen Gesellschaft, die das Finanzierungsinstrument emittierte. Dies ist in der heutigen Praxis der Unternehmensfinanzierung keine Besonderheit mehr. Vielmehr finden sich vielfältige zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente, die zwar wie eine herkömmliche Wandelschuldverschreibung eine Anleihe mit einem Aktienerwerbsrecht kombinieren, deren Aktienerwerbsrecht aber gerade nicht auf Anteile der Anleiheschuldnerin gerichtet ist.25 19
Vgl. Georgakopoulos, ZHR 120 (1957), 84, 93 ff.; Kalisch, JW 1925, 573,
574. 20
RGBl. I 1937, S. 107. Nach § 174 Abs. 1 AktG 1937, der inhaltsgleichen Vorgängervorschrift des heutigen § 221 Abs. 1 AktG, bedarf die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen der Zustimmung der Hauptversammlung; siehe Georgakopoulos, ZHR 120 (1957), 84, 94. 22 § 174 Abs. 4 AktG 1937 – dem heutigen § 221 Abs. 4 AktG – gewährte den Aktionären der Gesellschaft ein gesetzliches Bezugsrecht auf die ausgegebenen Wandelschuldverschreibungen; siehe Georgakopoulos, ZHR 120 (1957), 84, 94. 23 Ausführlich dazu Lutter, FS Kastner, S. 245 ff. 24 Auch derartige über eine Tochtergesellschaft ausgegebene Finanzierungsinstrumente werden in Anlehnung an die übliche Begriffsverwendung (siehe exemplarisch HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 1, 4) als „Wandelschuldverschreibungen“ bezeichnet. 21
28
Einführung
Derartige Wertpapiere werfen Fragen nach ihrer Einordnung in das geltende Aktienrecht auf; im Schrifttum wird bereits eine Änderung der Rechtslage durch den Gesetzgeber gefordert.26 Obwohl sich in diesem Zusammenhang insbesondere zu einzelnen aktienrechtlichen Problemen bereits Stellungnahmen in der älteren und jüngeren Literatur finden,27 können die mit der Ausgabe dieser Finanzierungsinstrumente verbundenen Rechtsfragen in aktienrechtlicher Hinsicht nicht als umfassend geklärt bezeichnet werden.28 Teilweise resultieren diese Probleme allein daraus, dass sich das Aktienerwerbsrecht derartiger zusammengesetzter Wertpapiere nicht auf Anteile an derjenigen Gesellschaft bezieht, welche das Finanzierungsinstrument ausgibt.29 Abgesehen davon wird ihre aktienrechtliche Einordnung dadurch erschwert, dass sich auch in diesem Zusammenhang Fragen nach der allgemeinen aktienrechtlichen Behandlung von Wertpapieren mit Aktienerwerbsrechten stellen; exemplarisch sei diesbezüglich auf die Diskussion hingewiesen, ob Wandelschuldverschreibungen, die zum Erwerb existierender Aktien berechtigen, dem Anwendungsbereich des § 221 Abs. 1 AktG unterfallen30 oder ob eine Aktiengesellschaft zulässigerweise reine Aktienerwerbsrechte ausgeben darf und zu ihrer Bedienung eine bedingte Kapitalerhöhung beschließen kann.31 Ferner sind grundlegende gesellschaftsrechtliche Problemstellungen wie etwa die Frage nach ungeschriebenen Hauptversammlungszuständigkeiten i. S. der Holzmüller32- und der Gelatine33Rechtsprechung auch bei der Ausgabe zusammengesetzter Finanzierungsinstrumente von Bedeutung und machen eine Stellungnahme erforderlich. Diese vielschichtigen Fragestellungen werden im Folgenden zum Anlass genommen, die Ausgabe zusammengesetzter Wertpapiere, die Anleihen mit 25 Siehe Unternehmensfinanzierung-Schlitt/Hemeling § 10 Rn. 7, zu Wandelschuldverschreibungen, die über Emissionsgesellschaften ausgegeben werden; Unternehmensfinanzierung-Schlitt/Kammerlohr, § 11 Rn. 1 ff., zu sog. Umtauschanleihen; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 46, zur Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen mit Aktienerwerbsrechten, die auf Anteile an einer Tochtergesellschaft gerichtet sind. 26 Kerber, S. 84 ff., 125 ff.; Wehrhahn, S. 254, 255. 27 Hemmerling, S. 38 ff.; Kniehase, S. 65; Schumann, S. 93 ff.; Wehrhahn, S. 136 ff. 28 Vgl. Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254 ff.; Habersack, FS Nobbe, S. 539 ff. 29 So etwa die Frage, ob und inwiefern § 194 Abs. 1 S. 2 AktG auch dann Anwendung findet, wenn sich das Aktienerwerbsrecht einer Wandelschuldverschreibung nicht auf Anteile der Anleiheschuldnerin bezieht; siehe dazu MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 230 ff. 30 Siehe dazu im Überblick HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 15 ff. 31 Fuchs, AG 1995, 433, 439; Kuntz, AG 2004, 480 ff.; jeweils m. w. N. 32 BGH, Urteil v. 25.02.1982 – II ZR 174/80 = BGH, NJW 1982, 1703 ff. 33 BGH, Urteil v. 26.04.2004 – II ZR 154/02 = BGH, NZG 2004, 575 ff.
B. Gang der Untersuchung
29
Aktienerwerbsrechten auf Anteile eines anderen Unternehmens verbinden, umfassend auf aktienrechtliche Probleme zu hinterfragen. Zielsetzung dieser Arbeit ist es dementsprechend, derartige Finanzierungsinstrumente zu systematisieren und die jeweiligen aktienrechtlichen Anforderungen, denen ihre Ausgabe unterliegt, herauszuarbeiten. Dabei stehen insbesondere die Grenzen des Anwendungsbereiches von § 221 AktG sowie die Verteilung der Emissionskompetenz zwischen Hauptversammlung und Vorstand einer Aktiengesellschaft im Mittelpunkt. Die Untersuchung beschränkt sich weitgehend auf gesellschaftsrechtliche Fragestellungen; eine umfängliche Darstellung steuer-, bilanz-, und kapitalmarktrechtlicher Probleme würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Ferner wird das Augenmerk allein auf diejenigen Wertpapiere gerichtet, deren Aktienerwerbsrecht zur Lieferung entsprechender Aktien berechtigt. Ausgestaltungsvarianten einer Wandelschuldverschreibung, die lediglich ein Recht zum Barausgleich beinhalten,34 bleiben außen vor.
B. Gang der Untersuchung Die Arbeit ist in sechs Abschnitte gegliedert. Vorangestellt (§ 1) wird eine Untersuchung zu Rechtsnatur und Inhalt eines Aktienerwerbsrechts; darauf aufbauend folgt eine Systematisierung von in der Praxis der Unternehmensfinanzierung verbreiteten Verbindungsmöglichkeiten einer Anleihe mit einem Aktienerwerbsrecht, das auf Anteile eines anderen Unternehmens gerichtet ist. Anschließend (§ 2) wird die Ausgestaltung derartiger Strukturierungsmöglichkeiten zusammengesetzter Finanzierungsinstrumente dargestellt und ihre jeweilige aktienrechtliche Zulässigkeit hinterfragt. Dabei stehen insbesondere die Rechtsbeziehungen der an der Emission beteiligten Rechtssubjekte im Mittelpunkt der Untersuchung. Mit Blick auf die aktienrechtliche Zulässigkeit zeigt sich, dass einige der darzustellenden Finanzierungsinstrumente Ähnlichkeiten zur viel diskutierten Ausgabe reiner Bezugsrechte aufweisen; dementsprechend gilt der dahingehenden Diskussion auch im Rahmen dieser Arbeit besondere Beachtung. Dem schließt sich (§ 3) eine Einordnung der einzelnen Strukturierungsvarianten zusammengesetzter Finanzierungsinstrumente in die aktienrecht34 Durch die Vereinbarung einer Barzahlungsalternative bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung behält sich die ausgebende Gesellschaft das Recht vor, bei Ausübung des Aktienerwerbsrechts keine (neuen) Aktien zu liefern, sondern lediglich einen Barausgleich zu gewähren; Busch, AG 1999, 58, 63; Wiese/Dammer, DStR 1999, 867, 868; ausführlich Kniehase, S. 99 ff.
30
Einführung
liche Kompetenzverteilung zwischen Vorstand und Hauptversammlung an, um die Emissionskompetenz für derartige Wertpapiere zu klären. Dabei werden insbesondere die Grenzen des Anwendungsbereiches von § 221 AktG aufgezeigt. Auch stellen sich in diesem Zusammenhang Fragen nach etwaigen ungeschriebenen Hauptversammlungskompetenzen. Des Weiteren (§ 4) erfolgt – mit Blick auf § 221 Abs. 4 AktG – eine Erörterung der Problematik, ob und inwiefern den (Alt-)Aktionären auch dann ein gesetzliches Bezugsrecht oder ungeschriebenes Voraberwerbsrecht zusteht, wenn sich die in einer Wandelschuldverschreibung verbrieften Aktienerwerbsrechte nicht auf Anteile der Anleiheemittentin beziehen. Ferner (§ 5) werfen derartige Strukturierungsvarianten Fragen im Bereich der Einlageleistung auf: Nach § 194 Abs. 1 S. 2 AktG gilt die Hingabe einer Schuldverschreibung im Austausch gegen Bezugsaktien aus bedingtem Kapital ausnahmsweise nicht als Sacheinlage. Zu untersuchen bleibt, ob und inwiefern dies auch dann gilt, wenn die Aktienerwerbsrechte nicht auf Anteile an derjenigen Gesellschaft gerichtet sind, welche die Schuldverschreibung ausgegeben hat. Schließlich (§ 6) wird geprüft, ob und inwiefern Aktienerwerbsrechte, die zusammen mit Anleihen eines anderen Unternehmens verbrieft sind, mittels bedingten Kapitals nach § 192 AktG bedient werden können. Aufgrund teilweiser Parallelen dieser zusammengesetzten Finanzierungsinstrumente zur Ausgabe reiner Bezugsrechte müssen dahingehende Erwägungen auch an dieser Stelle Berücksichtigung finden.
§ 1 Aktienerwerbsrechte und ihre Verbindung mit Anleihen anderer Unternehmen Wertpapiere, die ein Aktienerwerbsrecht mit einer Anleihe eines anderen Unternehmens verbinden, setzen sich aus zwei Bestandteilen zusammen. Sie enthalten ein Fremdkapitalelement sowie die verbriefte Rechtsposition, Anteile an einem Unternehmen zu erwerben. Bevor auf die im Mittelpunkt dieser Arbeit stehende Frage nach der aktienrechtlichen Behandlung derartiger Finanzierungsinstrumente eingegangen werden kann, wird im Folgenden als Grundlage einer dahingehenden rechtlichen Analyse zunächst das Aktienerwerbsrecht separat dargestellt (sub A.) um sodann Möglichkeiten der Verbindung von Aktienerwerbsrechten mit Fremdkapitaltiteln in einem einheitlichen Finanzierungsinstrument aufzuzeigen (sub B.).
A. Rechtsposition des Inhabers eines Aktienerwerbsrechts Aktienerwerbsrechte befähigen ihren Inhaber, Anteile an einer Gesellschaft zu erwerben. Dieser Anteilserwerb kann sich entweder als originärer oder derivativer darstellen:35 Im ersteren Fall ist der Inhaber des Aktienerwerbsrechts zur Zeichnung von neuen Aktien aus einer Kapitalerhöhung berechtigt; im letzteren Fall übernimmt der Erwerber bereits existierende Aktien einer Gesellschaft.36 Für beide Möglichkeiten wird im Folgenden die Rechtsposition des Inhabers eines entsprechenden Aktienerwerbsrechts untersucht. Dies ist in Bezug auf die Frage nach der aktienrechtlichen Einordnung zusammengesetzter Finanzierungsinstrumente von grundlegender Bedeutung: Allein auf diesem Weg lassen sich Inhalt und Reichweite der Verpflichtung einer Gesellschaft aus eingeräumten Aktienerwerbsrechten ermitteln und – wie zu zeigen sein wird37 – Rückschlüsse auf die Verteilung der Emissionskompetenz zwischen Vorstand und Hauptversammlung bei der Ausgabe derartiger Wertpapiere ziehen.
35 36 37
Schumann, S. 15 ff., 33 ff.; Wehrhahn, S. 111 ff., 141. Schumann, S. 33 ff. Ausführlich dazu siehe unten S. 123 ff.
32 § 1 Aktienerwerbsrechte und Verbindung mit Anleihen anderer Unternehmen
I. Berechtigung zum originären Anteilserwerb Im Rahmen des originären Anteilserwerbs bezieht der Erwerber neue Aktien, die ihm von Seiten der Gesellschaft mittels einer regulären38 bzw. bedingten Kapitalerhöhung oder genehmigten Kapitals zur Verfügung gestellt werden.39 Unabhängig davon, aus welcher Kapitalerhöhungsmodalität die auszugebenden neuen Aktien stammen, liegt dem Anteilserwerb in allen Fällen ein Zeichnungsvertrag zugrunde.40 Unabdingbare Voraussetzung für den originären Aktienerwerb ist damit der Abschluss eines Zeichnungsvertrages zwischen dem Aktienerwerber einerseits und der kapitalerhöhenden Gesellschaft andererseits. Dementsprechend setzt auch der Anteilserwerb durch die Ausübung eines Aktienerwerbsrechts den Abschluss eines Zeichnungsvertrages voraus.41 Wandelschuldverschreibungen, die Aktienerwerbsrechte auf neue Aktien beinhalten, verbriefen derart aus Sicht des Ausübungsberechtigten eine Rechtsposition in Bezug auf einen abzuschließenden Zeichnungsvertrag.42 Dies gilt auch dann, wenn die Aktienerwerbsrechte zusammen mit der Anleihe eines anderen Unternehmens in einem einheitlichen, zusammengesetzten Finanzierungsinstrument verbunden sind.43 Der genauen Ausgestaltung dieser Rechtsposition wird im Folgenden ausgehend von der gesetzlichen Normierung zusammengesetzter Wertpapiere nachgegangen: Die Legaldefinition einer Wandelschuldverschreibung in § 221 Abs. 1 S. 1 AktG enthält zwei Ausprägungen eines Aktienerwerbsrechts; namentlich das Umtauschrecht (§ 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 AktG) so38
Werden Wandelschuldverschreibungen mittels einer regulären Kapitalerhöhung bedient, bedarf es, um eine angemessene Laufzeit der Anleihe sicherzustellen, der Einschaltung eines Treuhänders; Casper, S. 348; Hüffer, § 221 AktG Rn. 59; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 220; jeweils m. w. N. 39 Siehe zu den Möglichkeiten, rechtsgeschäftlich eingeräumte Aktienerwerbsrechte zu bedienen im Überblick HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 59; Münch.Hdb.AG-Krieger, § 63 Rn. 18; Unternehmensfinanzierung-Schlitt/Hemeling, § 10 Rn. 30 ff.; Hüffer, § 221 AktG Rn. 59 f.; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 213 ff.; Linnhoff, S. 198. Gegenstand eines dahingehenden Aktienerwerbsrechts auf neue Aktien sind zumeist Stammaktien der Gesellschaft; ebenso kann die Rechtsposition aber auch zum Erwerb besonderer Aktiengattungen, wie beispielsweise stimmrechtsloser Vorzugsaktien, berechtigen; siehe Münch.Hdb.AGKrieger, § 63 Rn. 5; Hüffer, § 221 AktG Rn. 6. 40 Siehe Hüffer, § 185 AktG Rn. 4; ders., § 199 AktG Rn. 5, ders., § 203 AktG Rn. 2 f. 41 Wehrhahn, S. 114, 117; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 199, 213. 42 Siehe Casper, S. 362 ff.; Kniehase, S. 37; Schumann, S. 19 ff.; Wehrhahn, S. 117 ff.; vgl. auch GroßkommAktG-Frey, § 192 Rn. 37 ff. 43 Ausführlich zur Verbindung eines Aktienerwerbsrechts mit der Anleihe eines anderen Unternehmens unten S. 64 ff.
A. Rechtsposition des Inhabers eines Aktienerwerbsrechts
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wie das Bezugsrecht (§ 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG). Entsprechend lassen sich auch Aktienerwerbsrechte, die mit Anleihen eines anderen Unternehmens in einem einheitlichen Wertpapier zusammengefasst sind, als Bezugsoder Umtauschrechte ausgestalten.44 Beide Rechtspositionen werden im Anschluss, beginnend mit dem Bezugsrecht, dargestellt. 1. Inhalt eines Bezugsrechts nach § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG unterwirft die Einräumung von „Bezugsrechten“ der Zustimmung der Hauptversammlung. Entgegen dem Wortlaut des Gesetzes werden Aktienerwerbsrechte nach § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG herkömmlicherweise als sog. Optionsrechte bezeichnet;45 das mit einer Anleihe verbundene Finanzierungsinstrument ist dementsprechend eine sog. Optionsanleihe.46 In der Rechtswissenschaft werden die Begriffe Optionsrecht und Bezugsrecht vielfach synonym gebraucht.47 Gleiches gilt für den Gesetzgeber, der mit § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB expressis verbis ein Optionsrecht normiert, welches aber in inhaltlicher Hinsicht ein nach § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG eingeräumtes Bezugsrecht zum Regelungsgegenstand haben soll.48 Ausgehend vom Wortlaut des § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG wird den folgenden Ausführungen der Begriff Bezugsrecht49 zugrunde gelegt. Was den Inhalt und die Rechtsnatur eines Bezugsrechts nach § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG anbelangt, besteht in der Literatur eine „gewisse Unsicherheit“50. Da damit gleichzeitig die genaue Rechtsposition aus einem 44
MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 42, 43. Casper, S. 324 f.; Schumann, S. 19 ff.; Wehrhahn, S. 117 f.; Hüffer, § 221 AktG Rn. 3. 46 Vgl. exemplarisch Schumann, S. 16 ff.; Wehrhahn, S. 117 ff.; HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 26, 28; Unternehmensfinanzierung-Schlitt/Hemeling § 10 Rn. 3; Hüffer, § 221 AktG Rn. 3, 6; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 31; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 148 ff.; K. Schmidt/Lutter-Merkt, § 221 AktG Rn. 28 ff. 47 Siehe Schumann, S. 19; kritisch bereits Martens, FS Stimpel, S. 621 (bei und in Fn. 4). 48 Siehe Baumbach/Hopt-Merkt, § 272 HGB Rn. 6; MünchKommHGB-Reiner, § 272 Rn. 45. 49 Im Folgenden bezieht sich der Begriff „Bezugsrecht“ auf Aktienerwerbsrechte, die ein Recht auf den Bezug neuer Aktien beinhalten; der Begriff Aktienerwerbsrechte versteht sich insofern als Oberbegriff für Rechtspositionen, die zum Erwerb neuer oder existierender Anteile (ausführlich zu Letzteren unten S. 117 ff.) berechtigen. 50 Casper, S. 327; Schumann, S. 19; Wehrhahn, S. 117. 45
34 § 1 Aktienerwerbsrechte und Verbindung mit Anleihen anderer Unternehmen
Aktienerwerbsrecht,51 das mit der Anleihe eines anderen Unternehmens verbunden wird, in Frage steht, bedarf diese Problematik im Folgenden einer ausführlichen Darstellung. a) Ansätze in der Literatur Die unterschiedlichen Auffassungen bzgl. der Rechtsnatur eines Bezugsrechts nach § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG lassen sich auf die Frage zurückführen, auf welche Art und Weise mit der Ausübung des Bezugsrechts ein Zeichnungsvertrag zwischen dem Ausübungsberechtigten und der kapitalerhöhenden Gesellschaft zustande kommt.52 Auf der einen Seite wird die (vor)vertragliche Grundlage eines Bezugsrechts betont: So wird ein Bezugsrecht teilweise als (vor-)vertraglicher Anspruch auf Abschluss eines förmlichen Zeichnungsvertrages gesehen;53 die Aktiengesellschaft sei daraus verpflichtet, an einem späteren Zeichnungsvertrag mitzuwirken.54 Teilweise wird darüber hinaus gehend hervorgehoben, dass die Gesellschaft typischerweise bereits ein bindendes Zeichnungsangebot abgebe;55 erst durch diese Festofferte verdichte sich ein (vor)vertraglicher Anspruch zu einem Bezugsrecht i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG.56 Dies bedeutet für den mit der Ausübung des Bezugsrechts zustande kommenden Zeichnungsvertrag, dass eine diesbezügliche Vertragserklärung der Gesellschaft der Annahmeerklärung des Bezugsberechtigten vorausgeht.57 Andere Ansätze charakterisieren ein Bezugsrecht nach § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG als Gestaltungsrecht.58 Dies gelte jedenfalls dann, wenn der Zeichnungsvertrag hinreichend bestimmt oder bestimmbar ist.59 Mit Blick auf den Zeichnungsvertrag seien sowohl die Willenserklärung der Aktienge51
Derartige Aktienerwerbsrechte können, wie oben S. 33 dargestellt, als Bezugsrechte (siehe Fn. 49) oder Umtauschrechte (ausführlich dazu unten S. 53 ff.) ausgestaltet sein. 52 Siehe Casper, S. 362 ff. 53 Schumann, S. 19, 23; KK-Lutter, § 197 AktG Rn. 5 sowie ders., a. a. O., § 221 AktG Rn. 151; vgl. auch GroßkommAktG-Frey, § 192 Rn. 37 ff. 54 Vgl. Schumann, S. 20 ff. 55 Siehe Schumann, S. 20; Wehrhahn, S. 117; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 151; vgl. auch GroßkommAktG-Frey, § 192 Rn. 38. 56 So ausdrücklich KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 151. 57 KK-Lutter, § 198 AktG Rn. 3; MünchKommAktG-Fuchs, § 198 Rn. 4. Anders MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 223, der zwischen der Geltendmachung des Aktienerwerbsrechts und der auf den Abschluss des Zeichnungsvertrages gerichteten Willenserklärung unterscheiden will; vgl. dazu Casper, S. 329. 58 Martens, FS Stimpel, S. 621, 623; Casper, S. 328 f. 59 Zu dieser Einschränkung siehe Casper S. 329 f.
A. Rechtsposition des Inhabers eines Aktienerwerbsrechts
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sellschaft als auch diejenige des Bezugsberechtigten bereits abgegeben.60 Allein die Wirksamkeit dieses Zeichnungsvertrages bleibe dadurch bedingt, dass der Aktiengesellschaft eine zusätzliche Bezugserklärung des Ausübungsberechtigten zugeht.61 Ein derart verstandenes Bezugsrecht gibt dem Berechtigten die Möglichkeit, durch eine einseitige Erklärung einem inhaltlich bereits mittels korrespondierender Willenserklärungen fixierten (Zeichnungs-)Vertragsverhältnis zu endgültiger Wirksamkeit zu verhelfen.62 b) Stellungnahme Um Rechtsnatur und Inhalt eines Bezugsrechts sachgerecht beurteilen zu können, bedarf es einer Auslegung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG basierend auf dem Wortlaut der Norm, auf systematischen und historischen Gesichtspunkten (sub aa)) sowie unter Berücksichtung der – in diesem Zusammenhang ausführlich darzustellenden – Zwecksetzung der Vorschrift (sub bb)). aa) Auslegung nach Wortlaut, Gesetzgebungsgeschichte und Systematik Aus dem Wortlaut „Bezugsrecht“ lassen sich schwerlich Rückschlüsse auf den Inhalt einer derartigen Rechtsposition ziehen. Das aus dem Wortlaut allein hervorgehende Erfordernis, dass die in Frage stehende Rechtsposition zum „Bezug“ von Aktien berechtigt, bietet keine hinreichende Entscheidungsgrundlage für oder gegen einen der oben (sub a)) dargestellten Ansätze. Auch was die Gesetzgebungsgeschichte von § 221 Abs. 1 AktG bzw. seiner Vorgängernorm § 174 AktG 1937 anbelangt, finden sich darin keine Hinweise auf die von Seiten des (historischen) Gesetzgebers intendierte Ausgestaltung der mittels eines Bezugsrechts verbrieften Rechtsposition.63 In systematischer Hinsicht haben neben § 221 AktG auch die §§ 187, 186, 192 AktG Bezugsrechte zum Inhalt.64 Der Begriff „Bezugsrecht“ wird 60
Vgl. GroßkommAktG-Frey, § 192 Rn. 39. Vgl. Martens, FS Stimpel, S. 621, 623; GroßkommAktG-Frey, § 197 Rn. 39. 62 Siehe entsprechend zu einem Gestaltungsrecht im bürgerlich-rechtlichen Verständnis MünchKommBGB-Kramer, vor § 145 Rn. 50, m. w. N. 63 Siehe Schubert/Hommelhoff, Aktienrechtsreform Verhandlungsprotokolle, S. 561 ff.; hier wird die Rechtsposition des Wandelschuldverschreibungsgläubigers in den Zusammenhang mit einer bedingten Kapitalerhöhung gerückt, ohne aber auf die genaue Ausgestaltung dieser Rechtsposition einzugehen; vgl. zur Entstehungsgeschichte des heutigen § 221 AktG im Überblick auch MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 4 ff.; K. Schmidt/Lutter-Merkt, § 221 AktG Rn. 5. 64 Siehe Hoffmann, AG 1973, 47, 49. 61
36 § 1 Aktienerwerbsrechte und Verbindung mit Anleihen anderer Unternehmen
dabei in zweierlei Zusammenhang verwendet: Zum einen im Hinblick auf eine rechtsgeschäftlich eingeräumte Rechtsposition,65 zum anderen in Bezug auf ein mitgliedschaftliches Recht der Aktionäre.66 Dieses zweifache Begriffsverständnis ist unmittelbar aus § 221 AktG ersichtlich: Während Absatz 1 dieser Vorschrift von einem rechtsgeschäftlich eingeräumten Bezugsrecht ausgeht, normiert Absatz 4 ein gesetzliches Bezugsrecht zugunsten der Aktionäre, das auf die Finanzierungsinstrumente des § 221 AktG gerichtet ist.67 Mit Blick auf die hier zu untersuchende Frage nach Inhalt und Rechtsnatur eines Bezugsrechts i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG lassen sich allenfalls aus einer vergleichsweisen Betrachtung der Regelung von rechtsgeschäftlichen Bezugsrechten im Aktiengesetz etwaige Rückschlüsse ziehen. Ein solches hat § 187 AktG zum Gegenstand. Diese Vorschrift regelt die Zusicherung von Rechten auf den Bezug neuer Aktien und begrenzt die Möglichkeiten einer Aktiengesellschaft, auf vertraglichem Wege Bezugsrechte auf neue Aktien einzuräumen.68 Dabei liegt § 187 AktG ein ausgesprochen offener Bezugsrechtsbegriff zugrunde, dem jegliche Verpflichtung der Gesellschaft unterfällt, die auf den Abschluss eines Zeichnungsvertrages gerichtet ist.69 Dies gilt unabhängig von der inhaltlichen Ausgestaltung der Rechtsposition im Einzelfall.70 Sowohl ein vorvertraglicher Anspruch auf Abschluss eines Zeichnungsvertrages als auch ein bedingter Zeichnungsvertrag unterfallen damit dem Bezugsrechtsbegriff des § 187 AktG.71 Die vorbehaltslose Übertragung dieses zu § 187 AktG gefundenen Begriffsverständnisses auf § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG sieht sich indes Bedenken ausgesetzt:72 Zum einen bliebe dabei unberücksichtigt, dass der Gesetzgeber das „Bezugsrecht“ gerade in § 221 Abs. 1 AktG in eine Legaldefinition einbindet. Dies spricht dafür, diesen Begriff maßgeblich in allein diesem Zusammenhang zu interpretieren und nicht unter Rückgriff auf eine andere Vorschrift auszufüllen. Zum anderen ist in § 187 AktG nicht explizit von „Bezugsrechten“ die Rede, vielmehr stellt die Vorschrift „Zusicherungen“ in den Regelungsmittelpunkt.73 65
So etwa in § 187 AktG. So etwa in § 186 AktG. 67 Ausführlich dazu noch unten S. 210 ff. 68 Siehe etwa Hüffer, § 187 AktG Rn. 1. 69 Hüffer, § 187 AktG Rn. 2, m. w. N. 70 Casper, S. 328; GroßkommAktG-Wiedemann, § 187 Rn. 5, 8; KK-Lutter, § 187 AktG Rn. 5; MünchKommAktG-Peifer, § 187 Rn. 5; K. Schmidt/Lutter-Veil, § 187 AktG Rn. 4 f.; Spindler/Stilz-Servatius, § 187 AktG Rn. 5. 71 Siehe Hüffer, § 187 AktG Rn. 2. 72 Casper, S. 328. 73 Hüffer, § 187 AktG Rn. 2. 66
A. Rechtsposition des Inhabers eines Aktienerwerbsrechts
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Weder der Wortlaut der Norm noch historische oder systematische Auslegungsansätze können insofern maßgeblich zur Bestimmung der Rechtsnatur eines Bezugsrechts i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG beitragen. bb) Funktionale Auslegung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG Damit kommt der Zwecksetzung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG bei der Bestimmung des Bezugsrechtsbegriffs entscheidende Bedeutung zu.74 (1) Zwecksetzung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG Wie bereits im Rahmen der Einleitung angedeutet,75 beinhaltet die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen, die zum Bezug neuer Anteile an einer Aktiengesellschaft berechtigen, einen potentiellen Eingriff in die mitgliedschaftliche Struktur dieser Aktiengesellschaft. Werden die in Wandelschuldverschreibungen verbrieften Aktienerwerbsrechte ausgeübt und damit neue Aktien, die durch eine Kapitalerhöhung bereitgestellt werden, gezeichnet, so reduziert sich sowohl die Stimmrechtsmacht als auch die vermögensmäßige Beteiligung der bestehenden Anteile der (Alt-)Aktionäre.76 Diesen drohenden Beeinträchtigungen setzt § 221 Abs. 1 S. 1 AktG die Mitwirkung der Hauptversammlung bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen entgegen.77 Gleichzeitig aber macht die Bedienung der Aktienerwerbsrechte mittels einer Kapitalerhöhung einen weiteren Kapitalerhöhungsbeschluss der Anteilseigner erforderlich.78 Im Ergebnis ist damit die Hauptversammlung bei der Ausgabe und Bedienung von Wandelschuldver74 Die folgenden Ausführungen beziehen sich ausschließlich auf die Zwecksetzung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen. Die in dieser Vorschrift ebenfalls geregelten Gewinnschuldverschreibungen beinhalten kein Aktienerwerbsrecht; dementsprechend bedarf es zur Begründung der Mitwirkung der Hauptversammlung bei der Ausgabe von Gewinnschuldverschreibungen abweichender Erwägungen; siehe dazu HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 67; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 54. 75 Siehe oben S. 27 f. 76 MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 130. 77 K. Schmidt/Lutter-Merkt, § 221 AktG Rn. 9. 78 In der Praxis werden der Beschluss über die Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung sowie der Kapitalerhöhungsbeschluss zu ihrer Bedienung oftmals zusammengefasst; zumeist wird dabei bedingtes Kapital nach § 192 AktG beschlossen; vgl. Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 258; Maier-Reimer, GS Bosch, S. 95; HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 59; Münch.Hdb.AG-Krieger, § 63 Rn. 18; Unternehmensfinanzierung-Schlitt/Hemeling § 10 Rn. 30; GroßkommAktG-Frey, § 192 Rn. 55; Hüffer, § 221 AktG Rn. 60; Beck’sches Formularbuch-Hoffmann-Becking, S. 1813 ff.
38 § 1 Aktienerwerbsrechte und Verbindung mit Anleihen anderer Unternehmen
schreibungen in zweierlei Hinsicht beteiligt: Zum einen hat sie bereits der Ausgabe der Finanzierungsinstrumente zuzustimmen (§ 221 Abs. 1 S. 1 AktG). Zum anderen macht die Bedienung eingeräumter und ausgeübter Aktienerwerbsrechte einen Kapitalerhöhungsbeschluss der Hauptversammlung nach den §§ 182, 192, 202 ff. AktG notwendig. Diese doppelte Mitwirkung der Aktionäre wirft bei der Untersuchung der Zwecksetzung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG die Frage danach auf, warum die Mitwirkung der Hauptversammlung neben der Kapitalerhöhungsentscheidung zusätzlich bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen erforderlich ist: Bereits der Hauptversammlungsbeschluss über die Kapitalerhöhung zur Bedienung der in den Wandelschuldverschreibungen verbrieften Aktienerwerbsrechte sichert der Hauptversammlung ihre Mitwirkung an der Änderung der mitgliedschaftlichen Struktur der Gesellschaft, die mit der Ausgabe und Ausübung von Aktienerwerbsrechten verbunden ist. Zu untersuchen bleibt damit, ob und inwiefern die Rechtsposition der Anteilseigner schon durch die Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung beeinträchtigt ist. Aus dieser etwaigen Beeinträchtigung könnte sich das Erfordernis einer Zustimmung der Hauptversammlung bereits im Zeitpunkt der Ausgabe der Finanzierungsinstrumente erklären. (a) Einräumung eines Anwartschaftsrechts auf Mitgliedschaft? Eine dahingehende Beeinträchtigung der Rechte der Anteilseigner, die das Zustimmungserfordernis in § 221 Abs. 1 S. 1 AktG rechtfertigt, lässt sich nicht unter Verweis darauf begründen, dass Wandelschuldverschreibungen zugunsten ihrer Inhaber ein Anwartschaftsrecht auf die Aktionärsstellung verbrieften79 und die Hauptversammlung nicht nur für die Einräumung des mitgliedschaftlichen Vollrechts im Wege einer Kapitalerhöhung, sondern entsprechend auch für die Einräumung einer Vorstufe dieser Rechtsposition in Form eines Anwartschaftsrechts zuständig sei. Dies ergibt sich daraus, dass Wandelschuldverschreibungen zugunsten ihrer Inhaber gerade kein Anwartschaftsrecht auf die Aktionärsstellung beinhalten:80 Unabhängig von der hier diskutierten Frage, ob das Bezugsrecht nach § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG als (bindendes) Vertragsangebot oder als Gestaltungsrecht gesehen wird,81 ist der jeweils Bezugsberechtigte nicht zugleich Inhaber eines 79 Anders wohl Meilicke, BB 1963, 501; Martens, FS Stimpel, S. 125; Busse von Colbe, Bilanzierung, S. 50, 52, 81; MünchKommHGB-Reiner, § 272 Rn. 44. 80 Siehe Casper, S. 332; Schumann, S. 27; Hüffer, § 221 AktG Rn. 5; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 92, 148; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 27 f.; K. Schmidt/Lutter-Merkt, § 221 AktG Rn. 20; jeweils m. w. N. 81 Siehe zu den jeweils vertretenen Ansichten oben S. 34.
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Anwartschaftsrechts in Bezug auf seine Rechtsstellung als Aktionär. Er bleibt vielmehr allein schuldrechtlich berechtigt.82 Dies ist deshalb der Fall, da der (Voll-)Rechtserwerb mit dem Zustandekommen eines Zeichnungsvertrages noch nicht abgeschlossen ist:83 So geht im Falle der Bedienung der Bezugsrechte durch bedingtes Kapital dem endgültigen Erwerb der Mitgliedschaft die Ausgabe der Bezugsaktien nach § 200 AktG voraus.84 Werden die Bezugsrechte mittels einer regulären Kapitalerhöhung oder genehmigten Kapitals bedient, ist dem Erwerb der Gesellschafterstellung die Eintragung der Kapitalerhöhung vorgeschaltet.85 Der Zeichnungsvertrag stellt sich in beiden Fällen als vorbereitender Rechtsakt dar.86 Mithin kann die anlässlich der Bestimmung der Rechtsnatur eines Bezugsrechts ausschlaggebende Zwecksetzung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen nicht mit der Einräumung eines Anwartschaftsrechts begründet werden. (b) Einschränkung der Entscheidungshoheit der Hauptversammlung durch die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen Die Zwecksetzung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG könnte sich aber daraus erklären, dass die Gesellschaft mit der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen zur Bedienung der Aktienerwerbsrechte verpflichtet wird und die Hauptversammlung aufgrund dieser Vorabbindung nicht mehr frei über eine Kapitalerhöhung zur Bedienung der Aktienerwerbsrechte entscheiden kann:87 Die Aktionäre sähen sich vielmehr vor die Wahl gestellt, entweder der Kapitalerhöhung zuzustimmen oder aber Schadensersatzansprüche gegen die Aktiengesellschaft in Kauf zu nehmen, die daraus resultieren, dass die Gesellschaft eingegangene Verpflichtungen zur Bedienung der Aktienerwerbsrechte in Ermangelung einer Kapitalerhöhung nicht erfüllen kann.88 82
Siehe die Nachweise in Fn. 80. Siehe zu einem Anwartschaftsrecht im bürgerlich-rechtlichen Verständnis etwa MünchKommBGB-H.P.Westermann, § 161 Rn. 2 ff.; Staudinger-Bork, Vorbem. zu § 158–163 BGB, Rn. 53 ff. 84 HB börsennotierte AG-Busch, § 44 Rn. 54; GroßkommAktG-Frey, § 200 Rn. 21; KK-Lutter, § 200 AktG Rn. 2; MünchKommAktG-Fuchs, § 200 Rn. 13; Spindler/Stilz-Rieckers, § 200 AktG Rn. 6 f. 85 KK-Lutter, § 189 AktG Rn. 2; MünchKommAktG-Peifer, § 189 Rn. 4; K. Schmidt/Lutter-Veil, § 189 AktG Rn. 1, 2; jeweils m. w. N. 86 MünchKommAktG-Peifer, § 189 Rn. 4. 87 Lutter, FS Kastner, S. 245, 257; Kniehase, S. 69; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 131. 88 Lutter, FS Kastner, S. 245, 257; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 131. 83
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Diese Argumentation setzt voraus, dass die Gesellschaft bereits mit der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen eine Verpflichtung eingeht, die im Falle ihrer Nichterfüllung Schadensersatzansprüche auslöst. Dies ist allein dann möglich, wenn der Vorstand die in den Wandelschuldverschreibungen verbrieften Aktienerwerbsrechte ohne Zustimmung der Hauptversammlung wirksam einräumen kann (dazu sub (aa)) und aus ihrer Nichtbedienung Schadensersatzansprüche erwachsen können (dazu sub (bb)). Wäre eine dieser beiden Voraussetzungen zu verneinen, drohten im Falle der Nichtbedienung eingeräumter Aktienerwerbsrechte keine Ersatzansprüche. Entsprechend ließe sich die zur Bestimmung der Rechtsnatur eines Bezugsrechts maßgebende Zwecksetzung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG nicht unter Verweis auf eine Einschränkung der Entscheidungshoheit der Hauptversammlung im Rahmen der Kapitalerhöhung erklären. (aa) Keine Einschränkung der Vertretungsmacht des Vorstandes durch § 221 Abs. 1 S. 1 AktG Entscheidungserheblich ist mithin zunächst die Frage, ob der Vorstand ohne Zustimmung der Hauptversammlung die in Wandelschuldverschreibungen verbrieften Aktienerwerbsrechte wirksam einräumen kann. Anderenfalls könnte er die Gesellschaft nicht verpflichten.89 Ersatzansprüche gegen die Gesellschaft aufgrund der Nichtbedienung eingeräumter Aktienerwerbsrechte würden bereits deshalb nicht in Betracht kommen. Die Frage danach, ob die nach § 221 Abs. 1 S. 1 AktG erforderliche Zustimmung der Hauptversammlung lediglich die Geschäftsführungsbefugnis des Vorstandes beschränkt oder überdies seiner Vertretungsmacht Grenzen setzt, wird in der Literatur nicht einheitlich beurteilt.90
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Nach § 177 Abs. 1 BGB wäre der Vertrag schwebend unwirksam; siehe Palandt/Ellenberger, § 177 BGB Rn. 5. Siehe zu den insoweit ähnlichen Konsequenzen einer Veräußerung des Gesellschaftsvermögens (§ 179a AktG) ohne Zustimmung der Hauptversammlung, Hüffer, § 179a AktG Rn. 1; MünchKommAktGStein, § 179a Rn. 40. 90 Für eine Einschränkung der Vertretungsmacht etwa Fuchs, DB 1997, 661, 665; ders., AG 1995, 433, 444; Schlitt/Löschner, BKR 2002, 150, 154; Steiner, WM 1990, 1776, 1777; Kniehase, S. 68 ff. Demgegenüber sprechen sich Lutter, FS Kastner, S. 245, 256 ff.; Schäfer, ZGR Sonderheft 16, S. 62, 73; Schumann, S. 171 ff.; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 114; Hüffer, § 221 AktG Rn. 52; MünchKommAktGHabersack, § 221 Rn. 150, für eine Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis aus.
A. Rechtsposition des Inhabers eines Aktienerwerbsrechts
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(a) Einschränkung der Vertretungsmacht? Teilweise wird in dem Zustimmungserfordernis nach § 221 Abs. 1 S. 1 AktG eine Einschränkung der Vertretungsmacht des Vorstandes gesehen, um auf diesem Wege einen umfassenden Schutz der Hauptversammlung vor (Vorab-)Verpflichtungen zu Kapitalerhöhungen zu gewährleisten.91 Namentlich Kniehase begründet dieses Ergebnis mit einem Verweis auf die Perspektive des Kapitalmarkts:92 Anlegerinteressen wären durch die Einschränkung der Vertretungsmacht des Vorstandes und die damit einhergehende Unwirksamkeit der eingeräumten Rechtsposition nicht betroffen, da kapitalmarktrechtliche (Haftungs-)Vorschriften dafür Sorge trügen, dass die fehlende Vertretungsmacht des Vorstandes dem einzelnen Anleger nicht zu Schaden gereicht.93 Nach dieser Auffassung bliebe es dem Vorstand mangels Vertretungsmacht verwehrt, ohne die Zustimmung der Anteilseigner Wandelschuldverschreibungen nach § 221 Abs. 1 S. 1 AktG auszugeben; er könnte die Gesellschaft diesbezüglich nicht wirksam verpflichten.94 (b) Stellungnahme: Einschränkung der Geschäftsführungsbefugnis Dahingehende Ansätze, die das Zustimmungserfordernis in § 221 Abs. 1 S. 1 AktG als Beschränkung der Vertretungsmacht interpretieren, sehen sich indes Bedenken ausgesetzt. Zunächst kann bei einer Untersuchung der Zustimmung der Hauptversammlung in § 221 Abs. 1 S. 1 AktG die Einnahme einer kapitalmarktrechtlichen Perspektive nicht überzeugen, da der Schutz der Wandelschuldverschreibungsgläubiger und die Anliegen eines funktionierenden Kapitalmarktes nicht Regelungsgegenstand des § 221 AktG sind. Im Mittelpunkt der Norm stehen ausweislich der Gesetzesbegründung zu der Vorgängervorschrift des § 221 AktG, namentlich § 174 AktG 1937, allein die Interessen der Hauptversammlung bzw. der Aktionäre.95 Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass sich der historische Gesetzgeber der Auswirkungen der von ihm initiierten Neuerungen auf den Kapitalmarkt durchaus bewusst war. Dies zeigt etwa § 194 Abs. 1 S. 2 AktG, der gerade deshalb eingeführt wurde, um die Verkehrsfähigkeit von 91 Siehe Fuchs, DB 1997, 661, 665; ders., AG 1995, 433, 444; Schlitt/Löschner, BKR 2002, 150, 154; Steiner, WM 1990, 1776, 1777. 92 Kniehase, S. 71 ff. 93 Kniehase, S. 71 ff. 94 Siehe wiederum zu einer strukturell ähnlichen Konstellation im Rahmen des § 179a AktG MünchKommAktG-Stein, § 179a Rn. 40; vgl. oben in Fn. 89. 95 Klausing, Amtliche Begründung AktG 1937, S. 155; siehe ausführlich auch Schubert, S. 1077; Schubert/Hommelhoff, Aktienrechtsreform Verhandlungsprotokolle, S. 566; Schlegelberger/Quassowski, § 174 AktG 1937 Rn. 1 ff.
42 § 1 Aktienerwerbsrechte und Verbindung mit Anleihen anderer Unternehmen
Wandelanleihen96 auf dem Kapitalmarkt zu erleichtern.97 Im Gegensatz zu § 194 Abs. 1 S. 2 AktG aber ist die Zwecksetzung von § 221 AktG allein auf diejenige Aktiengesellschaft gerichtet, welche die Finanzierungsinstrumente ausgibt; nicht zuletzt deshalb enthält § 221 AktG keine Regelungen zum Schutz der Inhaber von Wandelschuldverschreibungen.98 Mittels § 221 Abs. 1 S. 1 AktG sollten allein die (Alt-)Aktionäre vor eigenmächtigem Vorstandshandeln geschützt werden.99 Die Einnahme der Perspektive eines Wandelschuldverschreibungsgläubigers bzw. des Kapitalmarkts führt insofern zu einem gewissen Zerrbild der ursprünglich intendierten Zwecksetzung dieser Vorschrift. Ferner ist, was den Schutz der Aktionäre vor Verpflichtungen zu einer Kapitalerhöhung anbelangt, zwar zuzugeben, dass dieser Schutz dann am weitesten reicht, wenn dem Vorstand gänzlich die Vertretungsmacht entzogen wird, die Aktiengesellschaft wirksam zur Ausgabe neuer Anteile zu verpflichten. In diesem Falle wären die ohne Zustimmung der Hauptversammlung ausgegebenen Wandelschuldverschreibungen unwirksam100 und würden jeglicher verpflichtender Wirkung gegenüber der Aktiengesellschaft entbehren. Demgegenüber stellt aber auch die gegenteilige Auslegung, nach der in § 221 Abs. 1 S. 1 AktG eine bloße Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis des Vorstandes zu sehen wäre,101 die Aktionäre nicht rechtlos: Gibt der Vorstand die Wandelschuldverschreibungen ohne Mitwirkung der Hauptversammlung aus, macht er sich gegenüber der Gesellschaft ersatzpflichtig, da er die ihm eingeräumte Geschäftsführungsbefugnis überschreitet.102 Die Frage nach der Innen- oder Außenwirkung des Zustimmungsvorbehaltes nach § 221 Abs. 1 S. 1 AktG berührt in ihrer Konsequenz unmittelbar die Kompetenzverteilung zwischen der Verwaltung und der Hauptversammlung in einer Aktiengesellschaft. Eine Einschränkung der Vertretungsbefugnis setzt den Vorstandskompetenzen im Außenverhältnis unmittelbare Grenzen und erstreckt im Ergebnis den Zuständigkeitsbereich der Hauptver96
Ausführlich dazu unten S. 53 ff. Siehe GroßkommAktG-Frey, § 194 Rn. 26, 27, m. w. N.; ausführlich dazu unten S. 236 ff. 98 HB börsennotierte AG-Groß, § 52 Rn. 1; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 245; jeweils m. w. N. 99 Hüffer, ZHR 161 (1997), 214, 225. 100 § 177 Abs. 1 BGB macht die Wirksamkeit des Vertrages von der Genehmigung des Vertretenen abhängig; siehe oben in Fn. 89. 101 So etwa Lutter, FS Kastner, S. 245, 256 ff.; Schäfer, ZGR Sonderheft 16, S. 62, 73; Schumann, S. 171 ff.; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 114; Hüffer, § 221 AktG Rn. 52; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 150. 102 Hüffer, § 221 AktG Rn. 52. 97
A. Rechtsposition des Inhabers eines Aktienerwerbsrechts
43
sammlung auf ein rechtswirksames Handeln in dem entsprechenden Bereich. Allein die aktienrechtliche Kompetenzverteilung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat bietet insofern eine taugliche Grundlage für die Beantwortung der Frage nach der Wirkung des Zustimmungserfordernisses in § 221 Abs. 1 S. 1 AktG.103 Diesbezüglich sieht das Aktiengesetz in Bezug auf grundlegende Strukturentscheidungen eine ausschließliche Entscheidungshoheit der Hauptversammlung vor.104 Maßnahmen, die mit einer Satzungsänderung einhergehen, fallen in den alleinigen Zuständigkeitsbereich der Anteilseigner.105 Was Wandelschuldverschreibungen anbelangt, so macht die bloße Ausgabe dieser Finanzierungsinstrumente keine Satzungsänderung erforderlich. Eine solche erfordert erst die Kapitalmaßnahme zur Bedienung der eingeräumten Aktienerwerbsrechte. Insofern stellt sich die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen als rein vertragliches Handeln der Gesellschaft dar. Grundsätzlich unterfällt derartiges Handeln einer Aktiengesellschaft im Rechtsverkehr dem Zuständigkeitsbereich des Vorstandes.106 Dabei bleibt dem Vorstand ein Vertragsschluss sogar in Verletzung (ungeschriebener) Hauptversammlungszuständigkeiten möglich; Dritten gegenüber sind kompetenzwidrig eingegangene vertragliche Abreden wirksam und können gegen die Gesellschaft durchgesetzt werden.107 Eine Grenze ist allein dann erreicht, wenn in dem Vorstandhandeln unmittelbar eine satzungsrelevante Strukturmaßnahme – etwa eine Umwandlung – begründet liegt.108 Da aber die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen eine Satzungsänderung nicht unmittelbar erforderlich macht, ist diese Grenze der Vertretungsmacht des Vorstandes bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen nicht erreicht. Im Ergebnis sprechen damit, insbesondere unter Berücksichtigung der grundsätzlichen Kompetenzverteilung zwischen Verwaltung und Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft, die besseren Argumente gegen die An103 Ausführlich zu der Organisationsverfassung einer Aktiengesellschaft etwa K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 28 V 1 a ff.; Raiser/Veil, Kapitalgesellschaften, § 16 Rn. 1 ff. 104 Siehe K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 30 I 1 a; Raiser/Veil, Kapitalgesellschaften, § 16 Rn. 9, 17; Münch.Hdb.AG-Wiesner, § 19 Rn. 17. 105 Raiser/Veil, Kapitalgesellschaften, § 16 Rn. 9. 106 Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 28 II 1 c; Münch.Hdb.AG-Wiesner, § 19 Rn. 13 ff., § 23 Rn. 1 ff.; MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler, § 77 Rn. 1 ff. sowie dies., a. a. O., § 78 Rn. 3 ff.; MünchKommAktG-Fuchs, § 197 Rn. 22. 107 Siehe BGH, Urteil v. 26.4.2004 – II ZR 154/02 = NZG 2004, 575 ff.; Groß, AG 1994, 266, 267; Henze, FS Ulmer, S. 211, 221; Joost, ZHR 163 (1990), 164, 184 f.; Priester, ZHR 163 (1999), 187, 202; Sünner, AG 1983, 169, 170; Raiser/ Veil, Kapitalgesellschaften, § 16 Rn. 19. 108 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 28 V. 2.
44 § 1 Aktienerwerbsrechte und Verbindung mit Anleihen anderer Unternehmen
nahme einer Einschränkung der Vertretungsbefugnis durch das Zustimmungserfordernis in § 221 Abs. 1 S. 1 AktG.109 (g) Zwischenergebnis Mithin ist das Zustimmungserfordernis des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG als Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis auszulegen. Der Vorstand kann auch ohne die Zustimmung der Hauptversammlung wirksam Wandelschuldverschreibungen und die darin verbrieften Aktienerwerbsrechte ausgeben. Damit ist die Grundlage dafür gegeben, zur Konkretisierung der Rechtsnatur eines Bezugsrechts die Beeinträchtigung der Entscheidungshoheit der Hauptversammlung als maßgebende Zwecksetzung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG hervorzuheben:110 Erst dadurch, dass Aktienerwerbsrechte auch ohne die Zustimmung der Hauptversammlung wirksam eingeräumt werden können, wird für den Fall ihrer Nichterfüllung ein Verweis auf sogleich zu spezifizierende Schadensersatzansprüche möglich, welche wiederum die Hauptversammlung bei der Kapitalerhöhungsentscheidung einem Entscheidungsdruck aussetzen können.111 (bb) Schadensersatzansprüche aus der Nichtbedienung eingeräumter Aktienerwerbsrechte Als weitere Voraussetzung dafür, zur Bestimmung der Zwecksetzung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG auf die Entscheidungsfreiheit der Hauptversammlung abstellen zu können, muss die Nichtbedienung ausgegebener Aktienerwerbsrechte Schadensersatzansprüche nach sich ziehen.112 Könnte ihre Erfüllung demgegenüber sanktionslos unterbleiben, sähe sich die Hauptversammlung im Zuge einer Kapitalerhöhung zur Bedienung der Erwerbsrechte keinem Entscheidungsdruck ausgesetzt; ihre Entscheidungshoheit wäre nicht gefährdet.113 Zwar resultieren nach allgemeinem Leistungsstörungsrecht aus der (schuldhaften) Nichterfüllung vertraglich übernommener Verpflichtungen grundsätzlich Schadensersatzansprüche.114 Im Falle der Nichtbedienung ein109 So auch Lutter, FS Kastner, S. 245, 256 ff.; Schäfer, ZGR Sonderheft 16, S. 62, 73; Habersack, FS Nobbe, S. 539, 540; Schumann, S. 171 ff.; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 114; Hüffer, § 221 AktG Rn. 52; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 150. 110 Siehe oben S. 37 f. 111 Siehe oben S. 39. 112 Siehe oben S. 39. 113 Siehe oben S. 39.
A. Rechtsposition des Inhabers eines Aktienerwerbsrechts
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geräumter Aktienerwerbsrechte bedarf dieser Befund aber aus zweierlei Gründen einer näheren Untersuchung: Vorbehalte gegen eine Ersatzpflicht der Aktiengesellschaft könnten sich sowohl aus § 187 Abs. 2 AktG (dazu sub (a)) als auch aus der nur eingeschränkten Verpflichtung einer Aktiengesellschaft aus einem abgeschlossenen Zeichnungsvertrag (dazu sub (b)) ergeben. (a) Einschränkung der Schadensersatzpflicht aufgrund von § 187 Abs. 2 AktG? Zunächst könnte § 187 AktG Schadensersatzansprüche, die aus der Nichtbedienung eingeräumter Aktienerwerbsrechte resultieren, ausschließen. § 187 Abs. 2 AktG erklärt Zusicherungen von Bezugsrechten vor der Beschlussfassung über eine Kapitalerhöhung für unwirksam und verhindert somit in seinem Anwendungsbereich Schadensersatzansprüche gegen die Gesellschaft.115 Unabhängig von der vorstehend diskutierten Frage nach der Vertretungsmacht des Vorstandes für die wirksame Einräumung von Aktienerwerbsrechten116 könnte damit diese Vorschrift der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aus der Nichtbedienung eingeräumter Aktienerwerbsrechte entgegenstehen. Dies gilt insbesondere deshalb, da der Begriff der Zusicherung von Bezugsrechten i. S. d. § 187 Abs. 2 AktG auch das Eingehen von Zeichnungsverträgen durch die Aktiengesellschaft umfasst:117 Derartige Zeichnungsverträge sind gleichzeitig Grundlage der Bezugsrechte in § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG,118 sodass die Restriktionen des § 187 Abs. 2 AktG auch für Aktienerwerbsrechte119 i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 AktG Geltung beanspruchen könnten. Indes geht § 221 AktG der Vorschrift des § 187 AktG als lex specialis vor.120 Für das Spezialitätsverhältnis beider Vorschriften lassen sich sowohl 114
MünchKommBGB-Ernst, § 280, Rn. 9 ff., m. w. N. Hüffer, § 187 AktG Rn. 4, 5; MünchKommAktG-Peifer, § 187 Rn. 12; K. Schmidt/Lutter-Veil, § 187 AktG Rn. 9; Spindler/Stilz-Servatius, § 187 AktG Rn. 15; dies gilt unabhängig davon, ob § 187 Abs. 2 AktG die Rechtsfolge der Nichtigkeit einer vor der Kapitalerhöhung abgegeben Zusicherung beigemessen wird (so GroßkommAktG-Wiedemann, § 187 Rn. 8, 10, 14 f.; Schlegelberger/Quassowski, § 154 AktG 1937 Rn. 3) oder die Wirksamkeit der Zusicherung als durch die Kapitalerhöhung bedingt angesehen wird (so Hüffer, § 187 AktG Rn. 4; KKLutter, § 187 AktG Rn. 16 ff; MünchKommAktG-Peifer, § 187 Rn. 13). 116 Siehe oben S. 40 ff. 117 Kniehase, S. 42; Hüffer, § 187 AktG Rn. 2. 118 Kniehase, S. 37; Schumann, S. 19 ff.; Wehrhahn, S. 117 ff.; siehe oben S. 32 f. 119 Siehe in terminologischer Hinsicht zum Begriff „Aktienerwerbsrechte“ als Oberbegriff, der auch Bezugsrechte i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG umfasst, bereits oben in Fn. 49. 115
46 § 1 Aktienerwerbsrechte und Verbindung mit Anleihen anderer Unternehmen
historische als auch systematische Gründe anführen: Aus der Gesetzgebungsgeschichte wird ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des § 174 Abs. 1 AktG 1937, der inhaltsgleichen Vorgängervorschrift von § 221 AktG,121 die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen, die Aktienerwerbsrechte auf neue Aktien verbriefen, gerade erst ermöglichen wollte:122 Vor der Einfügung des § 174 Abs. 1 AktG 1937 scheiterten derartige Emissionen an den Restriktionen der Vorgängervorschrift des heutigen § 187 Abs. 2 AktG (§§ 283 Abs. 2 HGB a. F. bzw. § 154 Abs. 2 AktG 1937).123 In systematischer Hinsicht macht erst der Wegfall des Schutzes des § 187 Abs. 2 AktG aufgrund des Spezialitätsverhältnisses die Beteiligung der Hauptversammlung nach § 221 Abs. 1 S. 1 AktG bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen erforderlich:124 Könnten auch im Rahmen des § 221 AktG Bezugsrechte – wie es § 187 Abs. 2 AktG vorsieht – nur nach einer Kapitalerhöhung wirksam eingeräumt werden, bestünde kein Grund, die Hauptversammlung bereits bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung zu beteiligen.125 Die Mitwirkung der Hauptversammlung wäre durch den notwendigen Kapitalerhöhungsbeschluss gesichert;126 es bestünde keine Veranlassung zu einer zusätzlichen Beschlussfassung nach § 221 Abs. 1 S. 1 AktG.127 Aufgrund des Spezialitätsverhältnisses von § 221 AktG zu § 187 AktG beanspruchen die Restriktionen des § 187 AktG im Anwendungsbereich von § 221 AktG keine Geltung.128 § 187 Abs. 2 AktG steht mithin der Annahme nicht entgegen, dass die Nichtbedienung eingeräumter und ausgeübter Aktienerwerbsrechte Schadensersatzansprüche nach sich zieht, welche die Entscheidungshoheit der Hauptversammlung im Rahmen einer Kapitalmaßnahme zu ihrer Bedienung beeinträchtigen.129
120 Fuchs, AG 1995, 433, 439; Spiering/Grabbe, AG 2004, 91, 93 f.; Lutter, FS Kastner, S. 245, 256 f.; Kniehase, S. 59 f.; Schumann, S. 172 f.; Wehrhahn, S. 150; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 96; ders., a. a. O., § 187 AktG Rn. 21; jeweils m. w. N. 121 Siehe oben bei und in Fn. 21; ausführlich dazu noch unten S. 100 sowie S. 139 f. 122 Vgl. Klausing, Amtliche Begründung AktG 1937, S. 145 sowie S. 155; siehe auch Schubert/Hommelhoff, Aktienrechtsreform Verhandlungsprotokolle, S. 566; Lutter, FS Kastner, S. 245, 257 f.; Kniehase, S. 61. 123 Kniehase, S. 61. 124 Kniehase, S. 60. 125 Siehe oben S. 37 f. 126 Siehe oben S. 37 f. 127 Kniehase, S. 60. 128 Fuchs, AG 1995, 433, 443; Kuntz, AG 2004, 480, 483; siehe auch KK-Lutter, § 187 AktG Rn. 21. 129 Siehe oben S. 39.
A. Rechtsposition des Inhabers eines Aktienerwerbsrechts
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(b) Einschränkung der Ersatzpflicht aufgrund der begrenzten Verpflichtung einer Aktiengesellschaft aus Zeichnungsverträgen? Schadensersatzansprüche aus der Nichtbedienung eingeräumter Aktienerwerbsrechte, die – anlässlich der Untersuchung der Rechtsnatur eines Bezugsrechts – zur Bestimmung der Zwecksetzung von § 221 Abs. 1 S. 1 AktG in Form einer Wahrung der Entscheidungshoheit der Anteilseigner im Vordergrund stehen, könnten ferner daran scheitern, dass sie letztlich aus der Nichterfüllung eines Zeichnungsvertrages resultieren. Die Ausübung von rechtsgeschäftlich eingeräumten Bezugsrechten bewirkt das Zustandekommen eines Zeichnungsvertrages.130 Aus der Rechtsnatur von Zeichnungsverträgen ergibt sich bei der Untersuchung etwaiger Schadensersatzansprüche aufgrund ihrer Nichterfüllung eine weitere Fragestellung. Diese folgt aus dem Umfang der Verpflichtung einer Aktiengesellschaft aus dem Abschluss eines Zeichnungsvertrages. (aa) (Eingeschränkte) Verpflichtung der Gesellschaft aus Zeichnungsverträgen Eine kapitalerhöhende Gesellschaft wird durch den Abschluss eines Zeichnungsvertrages nicht zur Durchführung einer Kapitalerhöhung verpflichtet; sie bleibt vielmehr berechtigt, auch nach Abschluss des Zeichnungsvertrages die Kapitalerhöhung insgesamt zu unterlassen.131 Dies gilt unabhängig davon, ob sich der Zeichnungsvertrag auf eine ordentliche Kapitalerhöhung, genehmigtes oder bedingtes Kapital bezieht:132 Was zunächst eine ordentliche Kapitalerhöhung bzw. genehmigtes Kapital anbelangt, so wird für den Zeitraum vor der Kapitalerhöhung133 eine Leistungspflicht der Aktiengesellschaft aus einem bereits abgeschlossenen Zeichnungsvertrag in der Rechtswissenschaft nach ganz überwiegender Meinung verneint.134 Die Aktiengesellschaft bleibt auch nach dem Zustan130 Casper, S. 329; Kniehase, S. 37; Schumann, S. 19 ff.; Wehrhahn, S. 117 ff.; siehe auch GroßkommAktG-Frey, § 192 Rn. 37 ff.; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 199. 131 Vgl. Döllerer, ZGR 1983, 407, 418; Lutter, FS Schilling, S. 207, 210, 217; Hüffer, § 185 AktG Rn. 4; MünchKommAktG-Peifer, § 185 Rn. 34, f., 67; jeweils m. w. N. 132 Ausführlich dazu siehe Kniehase, S. 55 ff. 133 Die Zeichnung ist bereits vor einem entsprechenden Kapitalerhöhungsbeschluss möglich; Blaurock, FS Rittner, S. 33, 36; GroßkommAktG-Wiedemann, § 185 Rn. 36; Hüffer, § 185 AktG Rn. 6; KK-Lutter, § 185 AktG Rn. 25; MünchKommAktG-Peifer, § 185 Rn. 29; abweichend Spindler/Stilz-Servatius, § 185 AktG Rn. 11.
48 § 1 Aktienerwerbsrechte und Verbindung mit Anleihen anderer Unternehmen
dekommen eines Zeichnungsvertrages berechtigt, eine ursprünglich intendierte Kapitalerhöhung teilweise oder vollständig zu unterlassen.135 Entsprechendes soll nach einigen Stimmen in der Literatur auch für den Zeitraum nach dem Kapitalerhöhungsbeschluss gelten, da die Mitgliedschaft in einer Aktiengesellschaft nicht durch Leistung, sondern als gesetzliche Rechtsfolge originär in der Person des Zeichners entstehe.136 Andere Ansätze erkennen nach dem Kapitalerhöhungsbeschluss eine (begrenzte) Lieferpflicht der Gesellschaft an, die aber wiederum dadurch bedingt ist, dass die Kapitalerhöhung tatsächlich durchgeführt wird.137 Nach keiner Ansicht aber kann es ohne die Durchführung einer Kapitalerhöhung zu einer vorbehaltslosen Verpflichtung der Aktiengesellschaft kommen, neue Aktien auszugeben.138 Dies ist zugleich Folge der Satzungsautonomie der Hauptversammlung.139 Kommt der Zeichnungsvertrag nach § 198 AktG mittels einer Bezugserklärung zustande und bezieht er sich derart auf bedingtes Kapital,140 gilt vor der Eintragung der (bedingten) Kapitalerhöhung nach § 195 AktG oben Gesagtes grundsätzlich entsprechend.141 Erst wenn die bedingte Kapitalerhöhung nach § 195 AktG in das Handelsregister eingetragen wird, ist die Gesellschaft an die (bedingte) Kapitalerhöhung gebunden und zur Lieferung von Aktien an den Zeichner uneingeschränkt verpflichtet.142 Die vorstehend dargestellten Einschränkungen des Umfangs der Verpflichtung einer Gesellschaft aus Zeichnungsverträgen sollen nach teilweise vertretener Ansicht dann nicht gelten, wenn der Zeichnungsvertrag in Ausübung eines Aktienerwerbsrechts nach § 221 Abs. 1 S. 1 AktG zustande gekommen ist; vielmehr sei für diese Fälle von einer uneingeschränkten Verpflichtung der Aktiengesellschaft auszugehen.143 Die allgemeinen Beschränkungen für Zeichnungsverträge würden im Anwendungsbereich des § 221 Abs. 1 AktG keine Geltung beanspruchen; § 221 Abs. 1 AktG wolle der 134 Siehe Kniehase, S. 51; GroßkommAktG-Wiedemann, § 185 Rn. 33, 35; Hüffer, § 185 AktG Rn. 4; MünchKommAktG-Peifer, § 185 Rn. 34; jeweils m. w. N. 135 Döllerer, ZGR 1983, 407, 418; Lutter, FS Schilling, S. 207, 210, 217; GroßkommAktG-Wiedemann, § 185 Rn. 33 ff.; Hüffer, § 185 AktG Rn. 4; MünchKommAktG-Peifer, § 185 Rn. 35. 136 Lutter, FS Schilling, S. 207, 217; KK-Lutter, § 185 AktG Rn. 34. 137 Hüffer, § 185 AktG Rn. 4; Münch.Hdb.AG-Krieger, § 56, Rn. 100; GroßkommAktG-Wiedemann, § 185 Rn. 30, 33. 138 Siehe zu den Literaturansichten jeweils bei und in Fn. 134 sowie Fn. 135. 139 MünchKommAktG-Peifer, § 185 Rn. 34. 140 Siehe Hüffer, § 198 AktG Rn. 2. 141 Vgl. Hüffer, § 197 AktG Rn. 5; MünchKommAktG-Fuchs, § 197 Rn. 20. 142 Vgl. MünchKommAktG-Fuchs, § 198 Rn. 5, m. w. N.; ausführlich Kniehase, S. 54 ff. 143 Kniehase, S. 62.
A. Rechtsposition des Inhabers eines Aktienerwerbsrechts
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Gesellschaft gerade die wirksame Einräumung von Aktienerwerbsrechten ermöglichen.144 Konsequenz dieser Auffassung wäre indes die Anerkennung zweierlei Typen von Zeichnungsverträgen: Eine Kategorie von Zeichnungsverträgen würde auf der Ausübung von Aktienerwerbsrechten nach § 221 Abs. 1 S. 1 AktG basieren und die Aktiengesellschaft uneingeschränkt zur Kapitalerhöhung verpflichten.145 Eine andere Kategorie wären herkömmliche Zeichnungsverträge, die keine umfassende Verpflichtung einer Aktiengesellschaft zur Kapitalerhöhung beinhalten. Dem Aktiengesetz lässt sich eine derartige Differenzierung nicht entnehmen. Sie wäre insbesondere vor dem Hintergrund, dass die eingeschränkte Verpflichtung einer Gesellschaft aus einem Zeichnungsvertrag auf der Satzungsautonomie der Hauptversammlung beruht,146 schwer zu rechtfertigen. Gründe dafür, bei der Ausgabe von Aktienerwerbsrechten i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 AktG von dem umfassenden Schutz der Satzungsautonomie der Hauptversammlung abzusehen, sind nicht ersichtlich: Wenn die Hauptversammlung auch nach Abschluss eines Zeichnungsvertrages berechtigt bleibt, eine Kapitalerhöhung vor der Eintragung abzuändern oder gänzlich zu unterlassen,147 kann nichts anderes gelten, wenn die Gesellschaft vorab Aktienerwerbsrechte i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 AktG ausgegeben hat: Wenn schon die Hauptmaßnahme in Form der Kapitalerhöhung bis zur Eintragung keine Bindungswirkung entfaltet, beansprucht dies erst recht für vorgelagerte Verpflichtungen der Gesellschaft in Form der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen, deren Aktienerwerbsrechte aus einer Kapitalerhöhung bedient werden, Geltung. Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass eine Aktiengesellschaft aus Zeichnungsverträgen nur eingeschränkt verpflichtet ist und berechtigt bleibt, eine Kapitalerhöhung teilweise oder insgesamt zu unterlassen. Dies gilt auch dann, wenn die Zeichnungsverträge durch Ausübung eines Aktienerwerbsrechts i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 AktG abgeschlossen werden. (bb) Konsequenzen für mögliche Ersatzansprüche gegen die Gesellschaft Fraglich bleibt, wie sich diese eingeschränkte Leistungspflicht der Gesellschaft aus Zeichnungsverträgen auf Schadensersatzansprüche im Falle der Nichtbedienung eingeräumter und ausgeübter Aktienerwerbsrechte auswirkt. 144 145 146 147
Kniehase, S. 62. Kniehase, S. 62. MünchKommAktG-Peifer, § 185 Rn. 34. GroßkommAktG-Wiedemann, § 185 Rn. 35, m. w. N.; siehe oben S. 47.
50 § 1 Aktienerwerbsrechte und Verbindung mit Anleihen anderer Unternehmen
Angesichts der fehlenden Verpflichtung zur Kapitalerhöhung könnte die Nichtbedienung der Aktienerwerbsrechte für die Gesellschaft sanktionslos bleiben. Diese Schlussfolgerung erscheint hingegen verfehlt, wie sich aus einem Vergleich mit Fällen der Überzeichnung ergibt: Hat eine Gesellschaft mehr Zeichnungsverträge abgeschlossen, als Aktien ausgegeben werden können, bleibt es dem Zeichner unbenommen, trotz der oben dargestellten eingeschränkten Verpflichtung der Gesellschaft aus Zeichnungsverträgen, Schadensersatzansprüche gegen die Gesellschaft geltend zu machen.148 Dies ist Ausdruck des schuldrechtlichen Leitgedankens, nach dem eine Ersatzpflicht auch dann in Betracht kommt, wenn eine Verpflichtung zur Erfüllung der Hauptleistung nie bestand (§ 311a Abs. 2 BGB).149 Jedenfalls dann, wenn die Zeichnungsverträge in Ausübung eines Aktienerwerbsrechts nach § 221 Abs. 1 S. 1 AktG zustande gekommen sind,150 lassen sich derartige Ersatzansprüche überdies wie gezeigt nicht unter Verweis auf § 187 Abs. 2 AktG anzweifeln:151 Dies ergibt sich daraus, dass § 221 AktG der Vorschrift des § 187 AktG als spezialgesetzliche Regelung vorgeht.152 Im Anwendungsbereich des § 221 AktG sind etwaige Ersatzansprüche gegen die Aktiengesellschaft nicht durch § 187 Abs. 2 AktG ausgeschlossen.153 (gg) Zwischenergebnis Mithin kann es trotz der nur eingeschränkten Verpflichtung einer Aktiengesellschaft aus Zeichnungsverträgen im Falle der Nichtbedienung eingeräumter und ausgeübter Aktienerwerbsrechte zu Schadensersatzansprüchen gegen die Gesellschaft kommen. Dies bedeutet mit Blick auf die hier in 148
Hüffer, § 185 AktG Rn. 26; MünchKommAktG-Peifer, § 221 Rn. 65 ff. Im Gegensatz zu der Rechtslage vor der Schuldrechtsreform sind Verträge, die eine unmögliche Leistung zum Gegenstand der Leistungspflicht haben, nicht mehr nichtig (§ 306 BGB a. F.), sondern wirksam und können Schadensersatzansprüche nach sich ziehen; siehe Bamberger/Roth-Gehrlein, § 311a BGB, Rn. 2 ff.; siehe im Zusammenhang mit einer Überzeichnung bei Kapitalerhöhungen, Hüffer, § 185 AktG Rn. 26; MünchKommAktG-Peifer, § 185 Rn. 65. 150 Demgegenüber erscheint bei herkömmlichen Zeichnungsverträgen die Ablehnung von Ersatzansprüchen unter Verweis auf § 187 Abs. 2 AktG denkbar, da diese Vorschrift auch das Eingehen von Zeichnungsverträgen umfasst; vgl. oben S. 44. 151 Wie bereits oben S. 44 f. dargestellt, steht § 187 Abs. 2 AktG grundsätzlich der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die Gesellschaft aufgrund der Nichtbedienung eingeräumter Rechtspositionen, die zum Aktienerwerb berechtigen, entgegen, wenn die Aktienerwerbsrechte vor der Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung ausgegeben wurden. 152 Siehe oben S. 44 f. 153 Siehe oben S. 44 f. 149
A. Rechtsposition des Inhabers eines Aktienerwerbsrechts
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Rede stehende Zwecksetzung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG zugleich, dass mit der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen die Entscheidungshoheit der Hauptversammlung gefährdet ist: Da aus der Nichtbedienung der Aktienerwerbsrechte Ersatzansprüche gegen die Aktiengesellschaft resultieren können, setzen diese die Hauptversammlung bei ihrer Kapitalerhöhungsentscheidung einem Entscheidungsdruck aus. Die Hauptversammlung sieht sich vor die Wahl gestellt, entweder eine Kapitalerhöhung zu beschließen oder aber die (drohenden) Ersatzansprüche in Kauf zu nehmen. (c) Ergebnis Die zur Bestimmung der Rechtsnatur eines Bezugsrechts i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG ausschlaggebende Zwecksetzung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG lässt sich damit wie folgt charakterisieren: Der Hauptversammlungsbeschluss bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen gewährleistet die Aufrechterhaltung der Entscheidungshoheit der Anteilseigner bei Kapitalerhöhungsbeschlüssen zur Bedienung eingeräumter Aktienerwerbsrechte.154 Die Notwendigkeit zweier Hauptversammlungsbeschlüsse, nämlich im Rahmen der Ausgabe der Wandelschuldverschreibungen einerseits sowie bei der Kapitalerhöhung zu ihrer Bedienung andererseits, erklärt sich daraus, dass allein die Beteiligung der Anteilseigner bei der Kapitalerhöhung die Entscheidungshoheit der Hauptversammlung nicht gewährleisten kann: Könnten Wandelschuldverschreibungen ohne Mitwirkung der Aktionäre ausgegeben werden, wäre die Entscheidungsfreiheit der Anteilseigner im Zuge des Kapitalerhöhungsbeschlusses zu ihrer Bedienung eingeschränkt, da eine Nichtbedienung der eingeräumten Rechtspositionen Schadensersatzansprüche gegen die Gesellschaft zur Folge hat. (2) Konsequenzen der Zwecksetzung für die Bestimmung der Rechtsnatur eines Bezugsrechts i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG Steht bei der Bestimmung der Zwecksetzung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG die Entscheidungsfreiheit der Hauptversammlung im Zuge der Kapitalmaßnahme zur Bedienung eingeräumter Aktienerwerbsrechte im Mittelpunkt, so lassen sich daraus für die Erörterung des Inhalts eines Bezugsrechts i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG folgende Schlüsse ziehen: Auch wenn in der Literatur diesbezüglich, wie oben sub (a)) dargestellt, unterschiedliche Ansätze vertreten werden, die von einem vorvertraglichen Anspruch auf Abschluss eines Zeichnungsvertrages bis hin zu einem Hauptvertrag mit 154 Siehe Lutter, FS Kastner, S. 245, 257; Kniehase, S. 69; MünchKommAktGHabersack, § 221 Rn. 131.
52 § 1 Aktienerwerbsrechte und Verbindung mit Anleihen anderer Unternehmen
Optionsvorbehalt reichen,155 ist die genaue vertragliche Gestaltung dieser Rechtsposition bei der Beurteilung der Rechtsnatur eines Bezugsrechts letztlich nicht entscheidend. Vor dem Hintergrund der Entscheidungsfreiheit der Hauptversammlung bei der Kapitalerhöhung zur Erfüllung der Bezugsrechte bleibt es ohne Bedeutung, wie die Rechtsposition des Wandelschuldverschreibungsgläubigers im Einzelnen ausgestaltet ist. Ausschlaggebend ist allein die Tatsache, dass ein wie auch immer gearteter Anspruch auf Abschluss eines Zeichnungsvertrages gegen die Aktiengesellschaft gerichtet ist, der im Falle seiner Nichterfüllung zu Schadensersatzansprüchen gegen die Aktiengesellschaft berechtigt. Angesichts dieser drohenden Ersatzansprüche kann die Hauptversammlung über die Kapitalmaßnahme zur Bedienung der ausgegebenen Aktienerwerbsrechte nicht mehr frei entscheiden, die Zwecksetzung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG ist unmittelbar betroffen.156 Welche vertragliche Ausgestaltung diesen Rechtspositionen, aus denen potentielle Schadensersatzansprüche erwachsen können, zugrunde liegt, ist aus Sicht des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG nicht von Belang. Dies spricht dafür, ein Bezugsrecht i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG als die Gesamtheit der auf den Abschluss eines Zeichnungsvertrages gerichteten Ansprüche zu definieren, die von Seiten einer Gesellschaft einem Dritten eingeräumt werden und im Falle ihrer Nichterfüllung zu Schadensersatz berechtigen. Das Spektrum eines so verstandenen Bezugsrechts reicht von einem (lediglich) schuldrechtlichen (vor)vertraglichen Anspruch auf Abschluss eines Zeichnungsvertrages157 über Festofferten158 bis hin zu einem Hauptvertrag mit Optionsvorbehalt159. Welche Ausprägung im jeweiligen Einzelfall vorliegt, ist eine Frage der Auslegung der Vereinbarungen zwischen der Gesellschaft und dem Inhaber der Wandelschuldverschreibung. Aus aktienrechtlicher Sicht bestehen insbesondere gegen die Ausgestaltung eines Bezugsrechts i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG als Gestaltungsrecht keine Bedenken:160 Zwar liegt der Vertragsschluss über die Zeichnung neuer Aktien derart ausschließlich im Belieben der Wandelschuldverschreibungsgläubiger. Allein die Tatsache aber, dass sich die Gesellschaft ihres Einflusses auf das Zustandekommen eines Zeichnungsvertrages bereits begeben hat, läuft nicht den Interessen der Aktiengesellschaft oder ihren Aktionären zuwider. Die Anteilseigner haben kein Interesse da155
Siehe oben S. 34. Siehe oben S. 39 f. 157 GroßkommAktG-Frey, § 192 Rn. 37. 158 GroßkommAktG-Frey, § 192 Rn. 38. 159 Vgl. Casper, S. 325, 329 ff. 160 Casper, S. 325. Anders Schumann, S. 21 f.; siehe dazu unten in Fn. 163 sowie ausführlich S. 112 ff. 156
A. Rechtsposition des Inhabers eines Aktienerwerbsrechts
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ran, sich die endgültige Entscheidung über die Aufnahme neuer Gesellschafter vorzubehalten, etwa indem Bezugsberechtigten bloße Ansprüche auf Abschluss eines Zeichnungsvertrages und keine Gestaltungsrechte eingeräumt werden.161 Ist die Optionsanleihe erst mit Zustimmung der Hauptversammlung begeben, so ist kein Grund ersichtlich, dem Bezugsberechtigten nicht mittels eines Gestaltungsrechtes die Befugnis einzuräumen, Gesellschafter der Aktiengesellschaft zu werden. c) Ergebnis: Offener Bezugsrechtsbegriff des § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG Aus der Zwecksetzung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG ergibt sich, dass dieser Vorschrift ein offener Bezugsrechtsbegriff zugrunde liegt, der keine bestimmte inhaltliche Vertragsgestaltung voraussetzt. Im Ergebnis kann sich damit ein Bezugsrecht nach § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG in Abhängigkeit von den jeweiligen vertraglichen Vereinbarungen als (vor-)vertraglicher Anspruch auf Abschluss eines Zeichnungsvertrages, als Festofferte oder als Hauptvertrag mit Optionsvorbehalt darstellen. Da auch Aktienerwerbsrechte, die mit der Anleihe eines anderen Unternehmens zu einem zusammengesetzten Finanzierungsinstrument verbunden werden, als Bezugsrechte i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG ausgestaltet sein können,162 beanspruchen die vorgenannten Möglichkeiten der Ausgestaltung dieser Rechtsposition bei der Ausgabe derartiger zusammengesetzter Wertpapiere gleichermaßen Geltung. Auch in diesen Fällen kann die Rechtsposition des Inhabers eines Aktienerwerbsrechts mithin von einem (vorvertraglichen) Anspruch auf Abschluss eines Zeichnungsvertrages bis hin zu einem Gestaltungsrecht reichen.163 2. Inhalt eines Umtauschrechtes nach § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 AktG Aktienerwerbsrechte, die mit Anleihen anderer Unternehmen zu einem einheitlichen, zusammengesetzten Finanzierungsinstrument verbunden werden, können nicht nur als Bezugsrechte, sondern auch als Umtauschrechte 161
Casper, S. 329. Siehe oben S. 33; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 42, 43. 163 Die in diesem Zusammenhang von Schumann, S. 21 f., bemühten Bedenken gegen die Qualifizierung eines Aktienerwerbsrechts als (Zeichnungs-)Hauptvertrag mit Optionsvorbehalt lassen sich mittels der Annahme eines (Options-)Vertrages zugunsten Dritter zwischen der Bezugs- und der Emissionsgesellschaft ausräumen; vgl. Casper, S. 330, 331. Siehe ausführlich dazu unten S. 112 ff. 162
54 § 1 Aktienerwerbsrechte und Verbindung mit Anleihen anderer Unternehmen
nach § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 AktG ausgestaltet sein.164 Werden Umtauschrechte mit einer Anleihe verbunden,165 so spricht man von Wandelanleihen.166 Im Folgenden werden der Inhalt und die Rechtsnatur derartiger Umtauschrechte dargestellt. a) Umtauschrecht als Bezugsrecht mit Tilgungsabrede Mit einem Umtauschrecht räumt die ausgebende Gesellschaft dem Wertpapierinhaber eine Rechtsposition ein, die ihn befähigt, Anteile an der Gesellschaft zu erwerben.167 Im Rahmen des Anteilserwerbs wird dabei der Anleihebetrag einer Wandelanleihe als Erfüllung der Einlageverpflichtung des Aktienerwerbers angesehen, die aus der Zeichnung neuer Aktien resultiert.168 Durch die Ausübung des Umtauschrechts verliert der Umtauschberechtigte seine Stellung als Anleihegläubiger.169 Die Besonderheit einer Wandelanleihe liegt mithin darin, dass der Wandelanleihegläubiger170 nach seiner Wahl171 Aktien der Gesellschaft durch Hingabe der Schuldverschreibung als Leistung auf die Einlage beziehen kann.172 Aus dem anfänglich auf die Schuldverschreibung geleisteten Betrag wird die Einlageleistung des zukünftigen Aktionärs. Dieser Funktionswechsel des Anleihebetrages bestimmt sich nach der Umtauscherklärung des Gläubigers.173 164
MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 43. Siehe zu dem Anleiheelement des (zusammengesetzten) Wertpapiers ausführlich unten S. 64 ff. 166 Casper, S. 324 f.; Unternehmensfinanzierung-Schlitt/Hemeling § 10 Rn. 2; Hüffer, § 221 AktG Rn. 4; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 24; K. Schmidt/Lutter-Merkt, § 221 AktG Rn. 22; Spindler/Stilz-Seiler, § 221 AktG Rn. 5; abweichend Schumann, S. 8, 15; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 2 („Wandelschuldverschreibungen im eigentlichen und engeren Sinne“). 167 Siehe KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 95 ff.; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 29. 168 K. Schmidt/Lutter-Merkt, § 221 AktG Rn. 23. 169 Hüffer, § 221 AktG Rn. 5. 170 Ist demgegenüber nicht dem Wandelanleihegläubiger, sondern der Gesellschaft die Wahlmöglichkeit eingeräumt, anstelle der Rückzahlung des Anleihenennbetrages Aktien der Gesellschaft zu liefern, handelt es sich um eine sog. Anleihe mit Tilgungswahlrecht des Emittenten; siehe Kilgus, WM 2001, 1324 ff.; Rümker, FS Beusch, S. 739 ff.; HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 9; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 52. 171 Wandelanleihen können auch als sog. Pflichtwandelanleihen (mandatory convertibles) ausgestaltet werden. In diesen Fällen ist der Wandelanleihegläubiger verpflichtet, von seinem Umtauschrecht Gebrauch zu machen; siehe Kleidt/Schiereck, BKR 2004, 18 ff.; Rozjin, ZBB 1998, 77 ff.; Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 266 f.; HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 7 f.; jeweils m. w. N. 172 Hüffer, § 221 AktG Rn. 5. 165
A. Rechtsposition des Inhabers eines Aktienerwerbsrechts
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aa) Rechtsnatur der Umtauscherklärung Die Umtauscherklärung führt damit einerseits zum Aktienerwerb und hat andererseits gleichzeitig zur Folge, dass der Anleihebetrag als Leistung auf die Einlageverpflichtung gilt.174 Die Rechtsnatur dieser Umtauscherklärung wird unterschiedlich beurteilt.175 Im Mittelpunkt der Diskussion steht dabei die Frage, wie der Umtausch des Anleihebetrages in die Einlage des (Neu-)Aktionärs unter gleichzeitiger Aufgabe der Stellung als Anleihegläubiger rechtlich zu qualifizieren ist. (1) Umtauscherklärung als Ersetzungsbefugnis? Das Umtauschrecht wird in der Rechtsprechung und im Schrifttum wohl überwiegend als Ersetzungsbefugnis klassifiziert.176 Dem Gläubiger der Wandelanleihe sei die Befugnis eingeräumt, statt der ursprünglich geschuldeten Leistung eine andere zu fordern.177 Dabei werden der Gegenstand und der Bezugspunkt der Ersetzungsbefugnis unterschiedlich beurteilt: Diese werden teilweise in einem Anspruch auf Aktienbezug gesehen, durch den der ursprüngliche Anspruch auf Rückzahlung des auf die Schuldverschreibung gezahlten Betrages im Sinne einer facultas alternativa ersetzt wird.178 Andere sehen den Anspruch auf Abschluss eines Zeichnungsvertrages als Bezugspunkt der Ersetzungsbefugnis; der ursprüngliche Rückzahlungsanspruch werde durch einen Anspruch auf Abschluss eines Zeichnungsvertrages ersetzt.179 Wieder andere betonen in ihren Ausführungen zur Ersetzungsbefugnis eine Causaänderung:180 Der Inhaber eines Umtauschrechts habe die Rechtsmacht, die causa seiner Geldleistung zu ersetzen, sodass der 173
K. Schmidt/Lutter-Merkt, § 221 AktG Rn. 24. MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 225. 175 Siehe Hüffer, § 221 AktG Rn. 4 f.; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 30; jeweils m. w. N. 176 Vgl. OLG Stuttgart, AG 1995, 329, 330; Schumann, S. 31; Wehrhahn, S. 114 f., der jedoch auch abweichende Gestaltungen – etwa in Form eines Tauschvertrages – zulassen will; Hüffer, § 221 AktG Rn. 4, f.; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 94; K. Schmidt/Lutter-Merkt, § 221 AktG Rn. 24. 177 Siehe Wehrhahn, S. 114; GroßkommAktG-Frey, § 192 Rn. 37, 42; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 30; vgl. aus dem bürgerlich-rechtlichen Schrifttum zur Ersetzungsbefugnis Palandt/Grüneberg, § 262 BGB Rn. 7 ff.; MünchKommBGB-Krüger, § 262 Rn. 8. 178 Schumann, S. 30, 31. 179 Vgl. Rozijn, ZBB 1998, 77, 79; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 94; ausführlich GroßkommAktG-Frey, § 194 Rn. 45 ff. 180 In diese Richtung gehen etwa die Ansätze von Kalisch, JW 1925, 573, 574 f.; Wilker, S. 29 f.; ausführlich dazu wiederum GroßkommAktG-Frey, § 194 Rn. 45 ff. 174
56 § 1 Aktienerwerbsrechte und Verbindung mit Anleihen anderer Unternehmen
ursprünglich auf die Schuldverschreibung gezahlte Betrag mit Ausübung des Umtauschrechtes nicht mehr als auf die Schuldverschreibung geleistet gelte; alleiniger Rechtsgrund der Zahlung sei fortan der Zeichnungsvertrag.181 (2) Stellungnahme: Umtauscherklärung als vertragliche Causaänderung Die Annahme einer Ersetzungsbefugnis sieht sich folgendem Einwand ausgesetzt: Herkömmlicherweise gibt eine Ersetzungsbefugnis einer Vertragspartei die Möglichkeit, die nach dem Vertrag zu leistende Schuld durch ein Surrogat zu ersetzen.182 Dabei bleibt nach allgemeiner Überzeugung das ursprüngliche Vertragsverhältnis bestehen und das daraus Geschuldete weiterhin Gegenstand der Leistungspflicht; dies gilt sogar dann noch, wenn das Gestaltungsrecht ausgeübt wurde.183 Dementsprechend wird mittels einer Ersetzungsbefugnis einer Vertragspartei lediglich eine (zusätzliche) Erfüllungsmodalität eingeräumt, während das ursprüngliche Vertragsverhältnis unberührt fortbesteht.184 Diese Konzeption der bürgerlich-rechtlichen Ersetzungsbefugnis scheint aber im Falle eines Umtauschrechts nach § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 AktG gerade nicht vorzuliegen, da hier keiner Vertragspartei eine zusätzliche Erfüllungsmodalität gewährt wird.185 Vielmehr besteht vor der Ausübung des Umtauschrechts zwischen der Gesellschaft und dem Gläubiger ein synallagmatisches Schuldverhältnis über die Schuldverschreibung. Nach der Umtauscherklärung hingegen besteht als alleinige Grundlage des Erwerbs neuer Aktien ein korporationsrechtlicher Zeichnungsvertrag, dessen Rechte und Pflichten nicht im Synallagma stehen.186 Der Umtauschvorgang stellt sich somit gerade nicht wie eine Ersetzungsbefugnis als bloße Substitution von Erfüllungsmodalitäten innerhalb eines einheitlichen Schuldverhältnisses dar. Der Umtausch wirkt sich vielmehr auf zwei verschiedene Rechtsverhältnisse aus, nämlich das Anleiheschuldverhältnis einerseits und den Zeichnungsvertrag andererseits. Vor diesem Hintergrund sprechen die besseren Argumente dafür, der Umtauscherklärung zwei Funktionen beizumessen; zum einen im Hinblick auf den Aktienerwerb und zum anderen in Bezug auf die Einlageleistung.187 181
Siehe die Nachweise in vorstehender Fn. 180. Vgl. MünchKommBGB-Krüger, § 262 Rn. 8; Palandt/Grüneberg, § 262 Rn. 8 f. 183 Siehe Staudinger-Bittner, § 262 BGB Rn. 11. 184 Vgl. Palandt/Grüneberg, § 262, Rn. 7 ff. 185 Vgl. GroßkommAktG-Frey, § 194 Rn. 45 ff. 186 Lutter, FS Schilling, S. 207, 217; MünchKommAktG-Peifer, § 185 Rn. 32; jeweils m. w. N. 182
A. Rechtsposition des Inhabers eines Aktienerwerbsrechts
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Was den Aktienerwerb anbelangt, kommt mit der Ausübung der Umtauscherklärung ein Zeichnungsvertrag zwischen der Aktiengesellschaft und dem Umtauschberechtigten zustande. Das Umtauschrecht befähigt seinen Inhaber insofern, einen Zeichnungsvertrag zustande zu bringen. Damit entspricht diese Rechtsposition vollumfänglich dem oben sub 1. dargestellten Bezugsrecht. Ein Umtauschrecht i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 AktG stellt sich mithin als Unterfall des Bezugsrechts dar.188 Konsequenterweise kann auch bei der Einräumung eines Umtauschrechtes die Rechtsposition des Bezugsberechtigten im Hinblick auf das Zustandekommen des Zeichnungsvertrages von einem bloßen vorvertraglichen Anspruch auf Abschluss eines Zeichnungsvertrages bis hin zu einem Gestaltungsrecht variieren.189 Die Besonderheit eines Umtauschrechts zeigt sich erst auf der Ebene der Einlageleistung. Die Gewährung eines Umtauschrechts ist dabei als gesetzlich normierte Form einer Tilgungsabrede zwischen der Gesellschaft und dem Wandelanleihegläubiger in Bezug auf die Einlageschuld zu verstehen: Der auf die Anleihe gezahlte Betrag wird als Leistung auf die aus dem Abschluss des Zeichnungsvertrages resultierende Einlageverpflichtung gesehen. In der Umtauscherklärung liegt insofern neben der Ausübung eines Bezugsrechts eine Änderung des Rechtsgrundes der Leistung des Anleihebetrages.190 Erst mit dieser Änderung erlischt die Einlageverpflichtung des zukünftigen Aktionärs; gleichzeitig wird die Gesellschaft über den Fälligkeitszeitraum hinaus berechtigt, über den Anleihebetrag zu verfügen. Dieser Wechsel des Rechtsgrundes der Leistung des Anleihebetrages beruht auf einer entsprechenden vertraglichen Abrede zwischen der Aktiengesellschaft und dem Inhaber der Wandelanleihe; als Folge der Causaänderung wird zugleich unter gegenseitigem Verzicht auf Rückabwicklungsansprüche dem ursprünglichen Anleiheschuldverhältnis ein Ende gesetzt.191 Dabei kommt dem Wechsel des Rechtsgrundes, soweit nicht explizit anderweitig vereinbart, keine Rückwirkung, sondern vielmehr eine ex-nunc Wirkung zu.192 Die gegenteilige Annahme einer ex-tunc Wirkung193 mag dabei dem Bedürfnis entspringen, sicherzustellen, dass die Einlageleistung 187
Vgl. GroßkommAktG-Frey, § 194 Rn. 48. GroßkommAktG-Frey, § 194 Rn. 43; ders., a. a. O., § 192 Rn. 30 a. E., sowie Rn. 44. 189 Vgl. wiederum GroßkommAktG-Frey, § 194 Rn. 43; ders., a. a. O., § 192 Rn. 30 a. E. 190 GroßkommAktG-Frey, § 194 Rn. 49. 191 GroßkommAktG-Frey, § 194 Rn. 49. 192 MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 227. 193 Vgl. KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 94, 138; ders., a. a. O., § 194 AktG Rn. 3; jeweils m. w. N. 188
58 § 1 Aktienerwerbsrechte und Verbindung mit Anleihen anderer Unternehmen
sich unabhängig von der Wertentwicklung der Schuldverschreibung und deren Existenz im Gesellschaftsvermögen auf den ursprünglich geleisteten Betrag beschränkt, um eine unvorhergesehene Nachschusspflicht des Schuldners der Einlageleistung auszuschließen. Gerade § 194 Abs. 1 S. 2 AktG zeigt indes, dass ein derartiges Bedürfnis für eine Rückwirkung der Umwidmung nicht besteht:194 Diese Vorschrift stellt die „Hingabe von Schuldverschreibungen im Umtausch gegen Bezugsaktien“ von einer besonderen Sacheinlagenprüfung frei. Der auf die Schuldverschreibung geleistete Betrag wird unabhängig von dem Wert der Schuldverschreibung im Umtauschzeitpunkt ohne Werthaltigkeitsprüfung als Einlage auf die auszugebenden Bezugsaktien anerkannt.195 Vor diesem Hintergrund besteht weder von Seiten der Gesellschaft noch von Seiten des Gläubigers Grund für die Annahme einer ex-tunc Wirkung der Umwidmung des Anleihebetrages. Im Ergebnis enthält damit das Umtauschrecht nach § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 AktG ein Bezugsrecht i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG sowie eine vertragliche Änderungsbefugnis in Bezug auf den Rechtsgrund, auf den der Anleihebetrag geleistet wurde. Beide Bestandteile bestehen dabei nicht unabhängig voneinander. Charakteristikum eines Umtauschrechts i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 AktG ist vielmehr die Alternativität der Rechtsposition des Anleihegläubigers einerseits sowie des Aktionärs andererseits.196 Um Aktionär zu werden, muss der Gläubiger seine Rechtsposition aus dem Anleiheschuldverhältnis aufgeben; anders gewendet muss er, um sich die Rechte aus der Schuldverschreibung zu erhalten, auf die Aktionärsstellung verzichten. Dies kommt in vertraglicher Hinsicht durch eine doppelte Bedingung zum Ausdruck: Auf der einen Seite ist der Zeichnungsvertrag durch die gleichzeitige Ausübung der vertraglichen Änderungsbefugnis bedingt. Auf der anderen Seite steht der Rückzahlungsanspruch aus dem Anleiheschuldverhältnis unter der Bedingung, dass von dem in der Wandelanleihe verbrieften Aktienerwerbsrecht kein Gebrauch gemacht wird. bb) Zwischenergebnis Damit bleibt festzuhalten, dass sich das Umtauschrecht aus einer Wandelanleihe i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 AktG aus zwei verschiedenen 194
Ausführlich zu § 194 Abs. 1 S. 2 AktG unten S. 236 ff. Schumann, S. 68 ff.; MünchKommAktG-Fuchs, § 194 Rn. 7. 196 Hüffer, § 221 AktG Rn. 5; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 29; K. Schmidt/Lutter-Merkt, § 221 AktG Rn. 23; Spindler/Stilz-Seiler, § 221 AktG Rn. 5. 195
A. Rechtsposition des Inhabers eines Aktienerwerbsrechts
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Elementen zusammensetzt. Es beinhaltet einerseits ein Recht zum Aktienerwerb. Insofern ist das Umtauschrecht ein Unterfall des in § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG normierten Bezugsrechts. Andererseits hat ein Umtauschrecht die vertraglich eingeräumte Befugnis zum Inhalt, den Rechtsgrund der Anleiheleistung zu ändern. Es enthält eine gesetzlich normierte Form einer Tilgungsabrede in Bezug auf die Verpflichtung zur Einlageleistung. Das Bezugsrecht und die Gläubigerstellung aus dem Anleiheschuldverhältnis stehen dem Inhaber einer Wandelanleihe lediglich alternativ zu; in vertraglicher Hinsicht kommt dies durch eine (doppelte) Bedingung beider Rechtspositionen zum Ausdruck. Da auch Aktienerwerbsrechte, die mit der Anleihe eines anderen Unternehmens in einem einheitlichen Finanzierungsinstrument verbunden sind, als Umtauschrechte ausgestaltet werden können,197 gilt Vorstehendes für die Rechtsposition des Inhabers eines derartigen zusammengesetzten Wertpapiers entsprechend. b) Abgrenzung zur Optionsanleihe mit Tilgungsabrede Das Umtauschrecht i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 AktG einer Wandelanleihe unterscheidet sich mithin von dem Bezugsrecht einer Optionsanleihe nach § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG durch die zusätzliche Tilgungsabrede, die zur Änderung des Rechtsgrundes berechtigt, auf den der Anleihebetrag geleistet wurde. Entsprechende Tilgungsmöglichkeiten der Einlageschuld können dem Wandelschuldverschreibungsgläubiger aber nicht alleine im Rahmen von Umtauschrechten eingeräumt werden. Vielmehr können die Vertragsparteien auch bei der Ausstellung des Bezugsrechts einer Optionsanleihe198 nach § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG bestimmte Abreden über die Tilgung der Einlageschuld mithilfe des Anleihebetrages vereinbaren.199 Dies gilt auch dann, wenn das Bezugsrecht mit der Anleihe eines anderen Unternehmens in einem zusammengesetzten Finanzierungsinstrument verbrieft ist.200 Derartige Tilgungsabreden sind in vielfältiger Gestaltung denkbar: So kann dem Inhaber eines Bezugsrechts die Möglichkeit eingeräumt werden, den auf die Schuldverschreibung geleisteten Betrag mit seiner Einlage197 Siehe oben S. 33; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 43. Ausführlich dazu unten S. 197 ff. 198 Siehe oben S. 33 ff. 199 MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 35; ausführlich dazu im Zusammenhang mit § 194 Abs. 1 S. 2 AktG unten S. 236 ff. 200 MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 237 ff., ausführlich dazu unten S. 249 ff.
60 § 1 Aktienerwerbsrechte und Verbindung mit Anleihen anderer Unternehmen
schuld zu verrechnen.201 Ferner ist eine Verpflichtung der Gesellschaft zur Inzahlungnahme des Anleihebetrages möglich.202 Schließlich lässt sich zur Leistung der Einlageschuld, nachdem die Anleihe fällig gestellt wurde, eine Hin- und Herzahlung des Anleihebetrages vereinbaren.203 Diese Abreden erleichtern dem Optionsanleihegläubiger die Ausübung seines Bezugsrechts, da er in diesem Fall kein oder zumindest weniger Kapital zur Tilgung seiner Einlageschuld aufzubringen hat.204 In rein wirtschaftlicher Hinsicht entsprechen vorstehende Gestaltungen der Einräumung eines Umtauschrechts i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 AktG, da in beiden Fällen der auf die Schuldverschreibung geleistete Betrag zur Tilgung der Einlageschuld eingesetzt wird.205 In rechtlicher Hinsicht aber unterscheiden sich Wandelanleihen und Optionsanleihen mit Tilgungsabrede durch die für eine Wandelanleihe charakteristische Alternativität der Rechtspositionen als Aktionär einerseits und Anleihegläubiger andererseits:206 Der Inhaber einer Wandelanleihe wird vor die Wahl gestellt, sein Aktienerwerbsrecht auszuüben oder das Anleiheschuldverhältnis aufrechtzuerhalten. Die Geltendmachung des Aktienerwerbsrechts ist durch die Aufgabe der Rechtsposition aus dem Anleiheschuldverhältnis bedingt.207 Demgegenüber kann der Inhaber einer Optionsanleihe sein Bezugsrecht ausüben, ohne dabei zwangsläufig seine Rechtsstellung aus dem Schuldverschreibungsverhältnis aufzugeben. Er kann frei wählen, ob er eine etwaig vereinbarte Tilgungsabrede ausnutzt oder aber das Anleiheschuldverhältnis aufrechterhält und seine Einlageverpflichtung anderweitig erfüllt. 3. Zusammenfassung Ein Aktienerwerbsrecht, welches mit der Anleihe eines anderen Unternehmens zu einem zusammengesetzten Finanzierungsinstrument verbunden 201 Wiese/Dammer, DStR 1999, 867, 868; Schumann, S. 63 f.; HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 62; Unternehmensfinanzierung-Schlitt/Hemeling, § 10 Rn. 3; GroßkommAktG-Frey, § 194 Rn. 54 ff.; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 159 f.; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 238; K. Schmidt/Lutter-Merkt, § 221 AktG Rn. 33; Spindler/Stilz-Seiler, § 221 AktG Rn. 6. 202 Siehe die in Fn. 201 Genannten. 203 Schumann, S. 64; GroßkommAktG-Frey, § 194 Rn. 54; ausführlich zu diesen und weiteren Gestaltungsmöglichkeiten unten S. 249 im Zusammenhang mit § 194 Abs. 1 S. 2 AktG; kritisch zu letzterer Gestaltungsmöglichkeit insbesondere Martens, AG 1992, 209, 215. 204 KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 159. 205 K. Schmidt/Lutter-Merkt, § 221 AktG Rn. 32. 206 Siehe oben S. 58. 207 Siehe oben S. 58.
A. Rechtsposition des Inhabers eines Aktienerwerbsrechts
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wird und zum Erwerb neuer Aktien berechtigt, kann entsprechend den Vorgaben des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG als Bezugsrecht oder als Umtauschrecht ausgestaltet sein. Beide Rechtspositionen befähigen ihren jeweiligen Inhaber zum Abschluss eines Zeichnungsvertrages.208 Ein Bezugsrecht i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG stellt sich dabei in Abhängigkeit von den jeweiligen Vertragsbedingungen als (vor-)vertraglicher Anspruch auf Abschluss eines Zeichnungsvertrages, als Festofferte oder als (Zeichnungs-)Hauptvertrag mit Optionsvorbehalt dar. Dieser offene Bezugsrechtsbegriff folgt aus der Zwecksetzung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG, nach der die Entscheidungsfreiheit der Hauptversammlung bei der Kapitalmaßnahme zur Bedienung eingeräumter Aktienerwerbsrechte im Mittelpunkt steht. Diese Entscheidungsfreiheit ist unabhängig von der vertraglichen Ausgestaltung eines Bezugsrechts immer dann gefährdet, wenn die Gesellschaft eine vertragliche Verpflichtung zur Ausgabe neuer Aktien eingeht, die im Falle ihrer Nichterfüllung zu Schadensersatzansprüchen berechtigt. Das Umtauschrecht (§ 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 AktG) hat sich als Unterfall eines Bezugsrechts erwiesen. Zusätzlich enthält es eine gesetzlich normierte Tilgungsabrede, die dem Inhaber des Finanzierungsinstrumentes für den Fall der Ausübung seines Aktienerwerbsrechts eine vertragliche Änderung des Rechtsgrundes der Leistung des Anleihebetrages ermöglicht.
II. Berechtigung zum derivativen Anteilserwerb Aktienerwerbsrechte können nicht nur zum originären, sondern auch zum derivativen Anteilserwerb berechtigen;209 zusammen mit einem Fremdkapitaltitel lassen sie sich zu einer Wandelschuldverschreibung,210 kombinieren. Wiederum kann ein solches Aktienerwerbsrecht auf existierende Aktien auch mit der Anleihe eines anderen Unternehmens in einem zusammengesetzten Finanzierungsinstrument verbrieft werden. Derartige Wertpapiere vermitteln ihrem Inhaber einen Anspruch auf Übereignung bestehender Anteile gegen die ausstellende Gesellschaft. Obwohl dieser Anspruch zumeist aus einem kauf- oder tauschvertragsähn208 Siehe zu Aktienerwerbsrechten, die zum Erwerb existierender Anteile berechtigen, sogleich. 209 Vgl. Bednarz, S. 4; Benckendorff, S. 33. 210 Terminologisch wird im Folgenden – entsprechend dem Sprachgebrauch in der Kapitalmarktpraxis – auch in diesen Fällen von einer Wandelschuldverschreibung gesprochen; damit ist nicht gleichzeitig gesagt, dass derartige Finanzierungsinstrumente dem Anwendungsbereich des § 221 Abs. 1 AktG unterfallen; ausführlich dazu unten S. 138 ff.
62 § 1 Aktienerwerbsrechte und Verbindung mit Anleihen anderer Unternehmen
lichen Schuldverhältnis resultiert,211 kann er sich grundsätzlich aus jedem denkbaren Vertragstypus ergeben, innerhalb dessen eine Verpflichtung zur Übereignung einer bestimmten Sache übernommen werden kann. Auch ist es in Abhängigkeit von den jeweiligen Vertragsbedingungen möglich, dass die Abrede neben der schuldrechtlichen Verpflichtung gleichzeitig Willenserklärungen in Bezug auf die dingliche Übereignung der existierenden Anteile umfasst. Wiederum kann die Rechtsposition des Wertpapierinhabers als vorvertraglicher Anspruch, als Festofferte oder als bedingter Hauptvertrag ausgestaltet sein.212 Die Ausübung des Aktienerwerbsrechts lässt das Anleiheelement des zusammengesetzten Finanzierungsinstrumentes und damit die Gläubigerstellung des Aktienerwerbers grundsätzlich unberührt. Gleichwohl können auch im Rahmen der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen, die auf den Erwerb existierender Anteile gerichtet sind, Abreden über die Erfüllung der Gegenleistungsverpflichtung des Aktienerwerbers getroffen werden. In Betracht kommen insbesondere Tilgungsabreden in Bezug auf den bereits geleisteten Anleihebetrag: So lassen sich Aktienerwerbsrechte, die auf den Erwerb existierender Anteile gerichtet sind, ähnlich dem oben dargestellten Umtauschrecht i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 AktG ausgestalten,213 indem deren Inhabern die Möglichkeit eingeräumt wird, Aktien ausschließlich gegen Aufgabe ihrer Rechtsposition aus dem Anleiheschuldverhältnis zu beziehen. Charakteristikum einer derart verstandenen Wandelanleihe214 ist entsprechend einer Wandelanleihe, die zum Erwerb neuer Anteile berechtigt,215 die strikte Alternativität des Aktienerwerbs einerseits und der Inhaberschaft der Anleihegläubigerstellung andererseits.216 Während aber bei Umtauschrechten, die zum Bezug neuer Anteile berechtigen, diese Wahlmöglichkeit des Inhabers des Finanzierungsinstrumentes wie oben gezeigt als Befugnis zur vertrag211
So etwa Kniehase, S. 289 (bei und in Fn. 1); siehe auch Huber, FS Kropff, S. 102, 120. 212 Siehe dazu oben S. 53. 213 Siehe oben S. 53 ff. 214 Auch wenn der Terminus Wandelanleihe sich in diesen Fällen nicht auf den Umtausch einer Fremdkapitalposition in eine Einlage, die aus einem Zeichnungsvertrag resultiert, ergo eine Eigenkapitalposition, bezieht (vgl. Busch, AG 1999, 58, 64; Kniehase, S. 302), ist gleichwohl auch im Rahmen der hier diskutierten Aktienerwerbsrechte auf eigene Aktien an dieser Terminologie festzuhalten: Der Begriff Wandelanleihe charakterisiert eben jene Alternativität der Rechtspositionen – entweder Gläubigerstellung aus dem Anleiheschuldverhältnis oder aber Erwerb der Aktionärsstellung – wie sie auch für die hier vorgestellte Strukturierungsvariante gilt. 215 Siehe oben S. 53 ff. 216 Siehe oben S. 58.
A. Rechtsposition des Inhabers eines Aktienerwerbsrechts
63
lichen Causaänderung anzusehen ist,217 beinhaltet eine entsprechende Tilgungsabrede bei Wandelanleihen, die auf existierende Aktien gerichtet sind, eine Ersetzungsbefugnis.218 Dies folgt daraus, dass dem Aktienerwerb kein (separater) korporationsrechtlicher Zeichnungsvertrag zugrunde liegt: Die Gesellschaft kann vielmehr nach Wahl des Gläubigers ihre Verpflichtung zur Rückzahlung des Anleihebetrages durch die Lieferung von Aktien erfüllen. Dieser derivative Aktienerwerb kann dadurch unmittelbar auf das bestehende Anleiheschuldverhältnis zurückgeführt werden. Damit räumt eine derartige Tilgungsabrede dem Gläubiger das Recht ein, anstelle der ursprünglich geschuldeten Leistung eine Erfüllung dieser Schuld durch eine andere Leistung zu verlangen, sodass die Voraussetzungen einer Ersetzungsbefugnis in diesen Fällen erfüllt sind.219 Zusammenfassend lässt sich Folgendes festhalten: Berechtigen die Wandelschuldverschreibungen zum Erwerb existierender Anteile, verbriefen die Aktienerwerbsrechte dieser Finanzierungsinstrumente eine Rechtsposition, die ihre Inhaber zum Abschluss eines kauf- oder tauschvertraglichen Schuldverhältnisses über die bestehenden Anteile befähigt. Dies gilt auch dann, wenn sich die Aktienerwerbsrechte nicht auf Anteile an derjenigen Gesellschaft beziehen, die als Anleiheschuldnerin die Finanzierungsinstrumente ausgegeben hat. Wiederum können diese Wertpapiere als Umtauschrechte ausgestaltet sein, indem den Wandelschuldverschreibungsgläubigern eine Ersetzungsbefugnis eingeräumt wird: So wird es ihnen möglich, anstelle der Rückzahlung des Anleihebetrages die Lieferung von Aktien zu verlangen.
III. Zusammenfassung Wertpapiere, die ein Aktienerwerbsrecht mit der Anleihe eines anderen Unternehmens in einem zusammengesetzten Finanzierungsinstrument verbinden, können zum Erwerb neuer oder bereits existierender Aktien berechtigen. Im ersteren Fall ermöglichen sie ihrem Inhaber den Abschluss eines Zeichnungsvertrages; im letzteren Fall liegt dem Aktienerwerb ein kaufoder tauschvertragähnliches Schuldverhältnis zugrunde. Die genaue vertragliche Ausgestaltung dieser Rechtsposition bleibt den Vertragsparteien vorbehalten und ist im Aktiengesetz nicht angelegt; vor dem Hintergrund der 217
Siehe oben S. 56 ff. Vgl. zur Ersetzungsbefugnis aus der bürgerlich-rechtlichen Literatur MünchKommBGB-Krüger, § 262 Rn. 8; Palandt/Grüneberg, § 262 Rn. 8 f. 219 Siehe zu diesen Voraussetzungen MünchKommBGB-Krüger, § 262 Rn. 8; Palandt/Grüneberg, § 262 Rn. 7 ff.; Staudinger-Bittner, § 262 Rn. 11; sowie bereits oben S. 55 ff. 218
64 § 1 Aktienerwerbsrechte und Verbindung mit Anleihen anderer Unternehmen
Zwecksetzung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG bleibt es insbesondere ohne Bedeutung, wie ein Bezugsrecht, das zum Abschluss eines Zeichnungsvertrages berechtigt, ausgestaltet ist: Um die Entscheidungshoheit der Hauptversammlung bei Kapitalmaßnahmen zur Bedienung eingeräumter Aktienerwerbsrechte umfassend zu gewährleisten, unterfällt jede vertragliche Verpflichtung zur Ausgabe neuer Aktien, die im Falle ihrer Nichterfüllung Schadensersatzansprüche nach sich zieht, dem Bezugsrechtsbegriff des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG. Aktienerwerbsrechte können unabhängig davon, ob sie existierende Aktien zum Gegenstand haben oder zum Abschluss eines Zeichnungsvertrages berechtigen, als Umtauschrechte ausgestaltet sein. In diesen Fällen setzt ihre Ausübung die Aufgabe der Rechtsposition aus dem Anleiheschuldverhältnis voraus; derart kann der Anleiheerlös im Zuge des Aktienerwerbs zur Erfüllung der Gegenleistungsverpflichtung des Wandelschuldverschreibungsgläubigers eingesetzt werden.
B. Verbindung der Aktienerwerbsrechte mit Anleihen anderer Unternehmen Nachdem dargestellt wurde, welches Verständnis von Aktienerwerbsrechten dieser Arbeit zugrunde liegt, zeigen die nachstehenden Ausführungen ihre Verbindung mit Anleihen anderer Unternehmen auf. Im Folgenden werden zunächst die Charakteristika der Anleihekomponente einer Wandelschuldverschreibung herausgestellt (sub I.), um sodann auf Verbindungsmöglichkeiten eines Aktienerwerbsrechts mit Anleihen einer anderen Gesellschaft in einem zusammengesetzten Finanzierungsinstrument einzugehen (sub II.).
I. Das Anleiheelement und seine Verbindung mit einem Aktienerwerbsrecht in den Anleihebedingungen Anleihen verstehen sich als Sammelbegriff für in- und ausländische festverzinsliche Schuldverschreibungen.220 Diese wiederum verbriefen ein Leistungsversprechen.221 Obschon grundsätzlich sowohl Geld- als auch Sachleistungen Gegenstand eines derartigen Versprechens sein können, sind im vorliegenden Zusammenhang allein solche Schuldverschreibungen relevant, 220 Kümpel, Rz. 9.179; Bank- und Börsenrecht-Ekkenga, § 9 Rn. 158; Wehrhahn, S. 112. 221 Schumann, S. 16.
B. Verbindung der Aktienerwerbsrechte mit Anleihen anderer Unternehmen
65
die Geldleistungen zum Gegenstand haben.222 Der Emittent einer Schuldverschreibung verspricht dem Gläubiger die Zahlung eines bestimmten Betrages zu einem festgelegten Zeitpunkt nebst Zinsen.223 In wertpapierrechtlicher Hinsicht können Schuldverschreibungen als Inhaber-, Namens- oder als Orderpapiere ausgegeben werden.224 Um die Fungibilität der Finanzierungsinstrumente zu erhöhen und gleichzeitig ihre Akzeptanz auf dem Kapitalmarkt zu steigern, lauten die Anleihen zumeist auf den Inhaber.225 Die Einzelheiten des Anleiheschuldverhältnisses werden in den Anleihebedingungen näher ausgestaltet,226 die sich insbesondere mit der Laufzeit, Fälligkeit, Tilgung, Kündigungsrechten sowie der Verzinsung einer Anleihe befassen.227 Anleihen, die im Zusammenhang mit Aktienerwerbsrechten ausgegeben werden, sind überwiegend fest verzinst.228 Die Höhe des Zinssatzes liegt aufgrund der Beifügung eines Aktienerwerbsrechts in der Regel zumeist erheblich unter demjenigen vergleichbarer Anleihen.229 Möglich bleibt allerdings auch, die Anleihe bei normaler Verzinsung mit einem entsprechend hohen Aufgeld auszugeben.230 Bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung beziehen sich die Anleihebedingungen nicht nur auf das Anleiheverhältnis. Vielmehr beinhalten sie gleichzeitig Regelungen über das Aktienerwerbsrecht.231 Demzufolge ist in den Anleihebedingungen die Art des Aktienerwerbsrechts geregelt, das sich, wie oben gezeigt, entweder als Bezugsrecht auf neue Aktien richten oder aber bereits existierende Aktien zum Gegenstand haben kann. In den Anleihebedingungen finden sich überdies die genauen Modalitäten des Aktienerwerbs in Form von Regelungen über Ausübungsfristen232 sowie den 222
Schumann, S. 16. Zahn/Lemke, BKR 2002, 527, 528; Wehrhahn, S. 111 f. 224 Zahn/Lemke, BKR 2002, 527, 528; Schumann, S. 17; Wehrhahn, S. 113. 225 Schumann, S. 17; Wehrhahn, S. 112; eine ähnliche Fungibilität lässt sich bei einem Orderpapier erreichen, indem dieses mit einem Blankoindossament versehen wird, vgl. Zöllner, S. 14. 226 Schumann, S. 53 f.; Münch.Hdb.AG-Krieger, § 63 Rn. 5. 227 Wehrhahn, S. 112. 228 Möglich ist aber auch eine Gestaltung als variabel verzinsliche Anleihe sowie die Ausgabe sog. Zero-Bonds; siehe Schumann, S. 51 ff.; Münch.Hdb.AG-Krieger, § 63 Rn. 4. 229 Schumann, S. 53. 230 Münch.Hdb.AG-Krieger, § 63 Rn. 6; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 9 f., 17 ff.; ausführlich dazu noch unten S. 77 ff. 231 Siehe Wehrhahn, S. 112 f. 232 Siehe etwa § 8 der Anleihebedingungen der Wandelschuldverschreibung der Deutz AG aus dem Jahr 2004 (ISIN DE000A0BNUN0); § 6 der Anleihebedingungen der Wandelschuldverschreibung der Adidas Salomon AG aus dem Jahr 2003 (ISIN: DE0009038968). 223
66 § 1 Aktienerwerbsrechte und Verbindung mit Anleihen anderer Unternehmen
Ausübungspreis.233 Ergänzt werden die Anleihebedingungen durch sog. Negativerklärungen in Form von Klauseln, welche den Wandelschuldverschreibungsgläubiger vor einer Beeinträchtigung seines Aktienerwerbsrechts durch eine Veränderung der Kapitalstruktur in der Aktiengesellschaft schützen.234 Ist wie bei der Ausgabe einer Wandelanleihe ein Umtausch des Anleihenennbetrages in die Einlage auf die Aktien235 bzw. den Kaufpreis236 vorgesehen, erfolgt die Verbriefung von Zahlungsanspruch und Umtauschrecht notwendigerweise in einer Urkunde.237 In diesen Fällen kann das Anleiheschuldverhältnis nicht von dem Aktienerwerbsrecht getrennt werden. Beide können nicht separat, sondern nur als Einheit gehandelt werden. Demgegenüber ist bei Optionsanleihen eine separate Veräußerung des Bezugsrechts grundsätzlich möglich;238 sie sind dementsprechend zumeist getrennt verbrieft.239 Auch bei Optionsanleihen lässt sich indes einem Auseinanderfallen von Bezugsrecht und Anleihe vorbeugen, indem beide Elemente in einer Urkunde verbrieft werden.240 Damit wird eine separate Veräußerung des Aktienerwerbsrechts unmöglich. Die eigenständige Verkörperung des Aktienerwerbsrechts dient in diesen Fällen allein der vereinfachten Abwicklung.241
233 Zumeist ist in den Anleihebedingungen vereinbart, dass die Ausübung des Aktienerwerbsrechts durch den Berechtigen nicht unmittelbar gegenüber der Gesellschaft, sondern gegenüber einer treuhänderisch tätigen Umtausch- bzw. Optionsstelle – diese Funktion nimmt zumeist das im Emissionskonsortium führende Kreditinstitut ein – zu erfolgen hat; siehe Schumann, S. 61 f.; 121 f.; vgl. exemplarisch etwa § 7 der Anleihebedingungen der Wandelschuldverschreibung der Südzucker International Finance B.V. (garantiert durch die Südzucker AG) aus dem Jahr 2003 (ISIN DE000A0AABH1). 234 Wehrhahn, S. 113; Münch.Hdb.AG-Krieger, § 63 Rn. 22. 235 So etwa in denjenigen Fällen, in denen sich das Aktienerwerbsrecht auf neue Aktien bezieht; siehe oben S. 32 ff. 236 Bezieht sich das Aktienerwerbsrecht auf bereits existierende Aktien ist zumeist ein Kaufpreis geschuldet; siehe oben S. 61. 237 Wehrhahn, S. 113; Hüffer, § 221 AktG Rn. 48; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 203; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 108. 238 Casper, S. 359 ff.; Schumann, S. 26; K. Schmidt/Lutter-Merkt, § 221 AktG Rn. 28; jeweils m. w. N. 239 Schumann, S. 26; Wehrhahn, S. 113. 240 Hüffer, § 221 AktG Rn. 48; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 203. 241 In diesem Fall ist der Bezugsschein im wertpapierrechtlichen Sinne ein bloßes Legitimationspapier, vgl. Schumann, S. 25 f., m. w. N.
B. Verbindung der Aktienerwerbsrechte mit Anleihen anderer Unternehmen
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II. Verbindungsmöglichkeiten von Aktienerwerbsrechten mit Anleihen eines anderen Unternehmens in zusammengesetzten Finanzierungsinstrumenten Die Verbindung von Aktienerwerbsrechten und Anleihen in einem einheitlichen Wertpapier setzt nicht voraus, dass sich das Aktienerwerbsrecht auf Anteile an derjenigen Gesellschaft bezieht, welche als Schuldnerin der Anleihe das Finanzierungsinstrument emittiert hat.242 Vielmehr können Rechtspositionen, die zum Erwerb von Anteilen an einer bestimmten Gesellschaft berechtigen, auch mit Anleihen eines anderen Unternehmens in einem zusammengesetzten Finanzierungsinstrument zusammengefasst werden. Im Folgenden wird zunächst auf die möglichen Emissionsvarianten dieser Wertpapiere eingegangen (sub 1.), um sodann die maßgeblichen Gründe für derartige Strukturierungen darzustellen (sub 2.). 1. Ausgabevarianten derartiger zusammengesetzter Finanzierungsinstrumente Wertpapiere, die Aktienerwerbsrechte mit Anleihen eines anderen Unternehmens kombinieren, können in der Kautelarpraxis in Abhängigkeit von den jeweiligen Bedürfnissen der beteiligten Gesellschaften und den tatsächlichen Gegebenheiten auf dem Kapitalmarkt in vielfältiger Art und Weise ausgestaltet sein. Oftmals erfolgt die Ausgabe derartiger zusammengesetzter Finanzierungsinstrumente konzernintern; so etwa bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung über eine (Finanzierungs-)Tochtergesellschaft. Dementsprechend wird in der Literatur weitgehend zwischen emittierender Tochtergesellschaft und der Muttergesellschaft, auf deren Aktien sich das Aktienerwerbsrecht bezieht, unterschieden.243 Das Konzernverhältnis ist indes keine Voraussetzung der Ausgabe dieser zusammengesetzten Finanzierungsinstrumente.244 Um die Bandbreite möglicher Emissionsvarianten auch terminologisch zu erfassen, wird im Folgenden weitgehend245 von einer Differenzierung nach Muttergesellschaft und Tochtergesellschaft abgesehen und anstelle dessen zwischen Bezugsgesellschaft – als derjenigen Gesell242
Münch.Hdb.AG-Krieger, § 63 Rn. 28. Siehe Schumann, S. 92 ff.; HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 4; Hüffer, § 221 AktG Rn. 71; jeweils m. w. N. 244 Siehe KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 167; Spindler/Stilz-Seiler, § 221 AktG Rn. 12. 245 Abgesehen von einzelnen Rechtsfragen, die sich allein im Konzernverhältnis stellen; siehe unten S. 176 ff. 243
68 § 1 Aktienerwerbsrechte und Verbindung mit Anleihen anderer Unternehmen
schaft, auf die sich das Aktienerwerbsrecht bezieht – und Emissionsgesellschaft – als diejenige Gesellschaft, die das Wertpapier emittiert – unterschieden. Die dabei denkbaren Strukturierungsvarianten zusammengesetzter Finanzierungsinstrumente, die ein Erwerbsrecht auf Anteile an einer Gesellschaft mit der Anleihe eines anderen Unternehmens verbinden, lassen sich auf einzelne Grundtypen zurückführen,246 die nachfolgend aufgezeigt werden: (1) Die in einer Wandelschuldverschreibung verbrieften Bezugrechte können durch die Bezugsgesellschaft ausgestellt und einer von der Emissionsgesellschaft ausgegebenen Anleihe beigefügt werden; das Gesamtpapier wird sodann durch die Emissionsgesellschaft emittiert.247 (2) Werden neben der Anleihe auch die Aktienerwerbsrechte von der Emissionsgesellschaft ausgestellt, so verbriefen sie gegen diese einen Anspruch auf Verschaffung von neuen Aktien der Bezugsgesellschaft.248 Die Erfüllung dieses Verschaffungsanspruches wird dabei, zumeist zusammen mit der Anleiheforderung, von Seiten der Bezugsgesellschaft gegenüber dem Wandelschuldverschreibungsgläubiger garantiert.249 Entsprechende Strukturierungsvarianten einer Wandelschuldverschreibung sind gleichfalls denkbar, wenn sich die Aktienerwerbsrechte nicht auf neue Aktien, sondern auf bereits bestehende Anteile richten:250 (3) Auch in diesen Fällen kann die Bezugsgesellschaft zunächst selbst Aktienerwerbsrechte einräumen oder eine dahingehende Garantie übernehmen. Die Wandelschuldverschreibungen berechtigen dabei zum Erwerb von Anteilen, die sich entweder bereits im Bestand der Bezugsgesellschaft befinden oder aber auf dem Sekundärmarkt mittels einer Gegenoption bereitgehalten werden.251 (4) Hat die Bezugsgesellschaft die Aktienerwerbsrechte, die auf den Erwerb ihrer Anteile gerichtet sind, weder selbst ausgestellt noch eine dahingehende Garantie übernommen, so handelt es sich um reine Umtauschanleihen:252 Bei diesen zusammengesetzten Finanzierungsinstrumenten stellt die Emissionsgesellschaft sowohl die Anleihe als auch das Aktienerwerbsrecht aus, ohne dass die Bezugsgesellschaft diesbezüglich verpflichtet wird. 246
MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 42. KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 168, 169; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 42. 248 KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 168, 170. 249 MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 42. 250 HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 15 ff; Münch.Hdb.AG-Krieger, § 63 Rn. 27; vgl. auch Busch, AG 1999, 58, 63 ff. 251 Siehe Kniehase, S. 316 ff. 247
B. Verbindung der Aktienerwerbsrechte mit Anleihen anderer Unternehmen
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(5) Schließlich bleibt der konzerninterne Sonderfall zu betrachten, in dem eine Muttergesellschaft Wandelschuldverschreibungen ausgibt, deren Aktienerwerbsrechte zum Erwerb von Anteilen an einer Tochtergesellschaft berechtigen.253 2. Mögliche Beweggründe einer Aktiengesellschaft für den Einsatz derartiger zusammengesetzter Finanzierungsinstrumente Die grundsätzlichen Vorteile der Verbindung von einem Aktienerwerbsrecht und einem Fremdkapitaltitel in einem einheitlichen Finanzierungsinstrument für die Unternehmensfinanzierung wurden bereits eingangs der Untersuchung aufgezeigt und beanspruchen gleichermaßen an dieser Stelle Geltung.254 Abgesehen davon liegen die Gründe für ein Auseinanderfallen von Bezugs- und Emissionsgesellschaft bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung maßgeblich im Steuerrecht.255 Dies gilt insbesondere dann, wenn Aktiengesellschaften Wandelschuldverschreibungen über eine ausländische Finanzierungstochter emittieren.256 Gibt eine Gesellschaft mit Sitz oder Geschäftsleitung in Deutschland Wandel- oder Optionsanleihen aus, so fällt auf die gezahlten Zinsen Kapitalertragssteuer an.257 Vor diesem Hintergrund liegt der steuerliche Vorteil der Emission über eine im Ausland ansässige Finanzierungstochtergesellschaft maßgeblich darin, dass bestimmte Länder auf Zinszahlungen, die auf eine Wandelschuldverschreibung geleistet werden, keine Quellensteuer erheben.258 Dies gilt namentlich für die Niederlande oder Belgien sowie insbesondere sog. Steueroasen, wie die Cayman Islands, Guernsey oder Jersey.259 Ist die Emissionsgesellschaft mit252
HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 18; Münch.Hdb.AG-Krieger, § 63 Rn. 28; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 41; Spindler/Stilz-Seiler, § 221 AktG Rn. 185 ff.; jeweils m. w. N. 253 KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 101; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 46. 254 Siehe oben S. 25 f. 255 Siehe ausführlich zu den Vorteilen eines ausländischen Standortes für konzerneigene Finanzierungsgesellschaften Hemmerling, S. 34 ff.; HB Konzernfinanzierung-Theisen, Rz. 22.12 ff. 256 Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 263; Schumann, S. 92 ff.; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 166; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 41; jeweils m. w. N. 257 Siehe Dreyer/Herrmann, BB 2001, 705, 706; Haisch, DStR 2001, 1968, 1969; Holzheimer, WM 1986, 1169, 1177; Korn, DStR 2001, 1507, 1508 ff.; Oho/Behrens, IStR 1996, 313, 314; Schumacher, DStR 2000, 1218, 1219. 258 Gundel, IStR 1994, 211 f.; Reuter, IstR 1993, 512, 514; Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 263. 259 Siehe Gundel, IstR 1994, 211, 215; Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 263.
70 § 1 Aktienerwerbsrechte und Verbindung mit Anleihen anderer Unternehmen
hin in einem dieser Länder ansässig, fällt keine Kapitalertragssteuer an. Während dieser Steuervorteil für in der Bundesrepublik Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtige allein dann Bedeutung hat, wenn keine inländische Zahlstelle eingeschaltet ist,260 gilt er für beschränkt Steuerpflichtige uneingeschränkt. Zwar wird Letzteren auch bei reinen Inlandsemissionen die Kapitalertragssteuer, die zunächst vom Emittenten einbehalten wird, auf Antrag zurückerstattet, wenn das jeweilige Steuerausland von einem Doppelbesteuerungsabkommen mit der Bundesrepublik Deutschland erfasst ist.261 Die Rückerstattungsmöglichkeit bedeutet aber gleichzeitig einen nicht unerheblichen bürokratischen Aufwand, der viele ausländische Anleger von einer Investitionsentscheidung abhalten wird.262 Zum anderen ist die Rückerstattung durch die Existenz eines Doppelbesteuerungsabkommens bedingt. Hat aber der Investor, wie etwa viele internationale institutionelle Investoren, seinen Sitz in einem Land, mit dem kein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, so entfällt die Möglichkeit der Rückerstattung der Kapitalertragssteuer; die steuerliche Belastung trifft den Investor vollumfänglich.263 Im Ergebnis gewinnen die Vorteile, die sich durch die Vermeidung des Steuerabzugs ergeben, in dem Maße an Bedeutung, je mehr ausländische (Groß-)Investoren angesprochen werden und je höher der für die Wandelschuldverschreibung zu zahlende Zinssatz ist.264 Was im Besonderen die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen anbelangt, die zum Erwerb existierender Aktien berechtigen, sind derartige Finanzierungsinstrumente im Rahmen der Wiederausgabe (zurückerworbener) eigener Anteile einsetzbar.265 Demgegenüber kommen Umtauschanleihen in erster Linie zum Einsatz, um sich, unter Vermeidung von negativen Auswirkungen auf den Kurs der Aktien, von (Rand-)Beteiligungen an anderen Unternehmen zu trennen.266 Wandelschuldverschreibungen, die zum Erwerb von Anteilen an einer Tochtergesellschaft berechtigen, können im Rahmen eines Börsengangs dieser Tochtergesellschaft Verwendung finden oder – vergleichbar einer Umtauschanleihe – zur Veräußerung von Tochteranteilen genutzt werden.267
260 261 262 263 264 265 266 267
Oho/Behrens, IStR 1996, 313, 314 f. Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 263. So auch Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 263. Vgl. Spindler/Stilz-Seiler, § 221 AktG Rn. 11. Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 263. Ausführlich dazu unten S. 143 ff. HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 18; siehe unten S. 118 f. Ausführlich dazu unten S. 121 sowie S. 176 ff.
§ 2 Die einzelnen Strukturierungsvarianten und ihre aktienrechtliche Zulässigkeit Im Folgenden wird, basierend auf den oben dargestellten Grundtypen,268 die Struktur der einzelnen zusammengesetzten Finanzierungsinstrumente ausführlich dargestellt sowie deren jeweilige aktienrechtliche Zulässigkeit hinterfragt.
A. Aktienerwerbsrechte von der Bezugsgesellschaft ausgestellt Eingangs der Untersuchung steht, entsprechend ihrer Bedeutung in der Praxis,269 diejenige Ausgabevariante einer Wandelschuldverschreibung, bei der die in dem Finanzierungsinstrument verbrieften Aktienerwerbsrechte von der Bezugsgesellschaft selbst ausgestellt sind.270 Dabei wird zunächst vorausgesetzt, dass die Wertpapiere zum Erwerb neuer Aktien der Bezugsgesellschaft berechtigen.271
I. Überblick über die Strukturierungsvariante Hinsichtlich der Anleihekomponente des zusammengesetzten Finanzierungsinstrumentes ergeben sich bei dieser Strukturierungsmöglichkeit keine grundlegenden Unterschiede zur Eigenemission einer Wandelschuldverschreibung,272 also zu Fällen, in denen eine Aktiengesellschaft die Bezugs268
Siehe oben S. 67. Vgl. Casper, S. 334. 270 Die folgenden Ausführungen beziehen sich sowohl auf Finanzierungsinstrumente, die ein Umtauschrecht beinhalten, als auch auf solche, deren Bezugsrecht isoliert veräußerlich ist (siehe zu dieser Differenzierung oben S. 33 ff. sowie S. 53 ff.). Da ein Bezugsrecht i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG – wie oben S. 56 dargestellt – als Oberbegriff fungiert, dem auch Umtauschrechte nach § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 AktG unterfallen, betreffen die durch die Einräumung eines Umtauschrechts bedingten Besonderheiten maßgeblich die Modalität der Erfüllung der Einlageleistung; dazu ausführlich unten S. 236 ff. 271 Ausführlich zu Wandelschuldverschreibungen, die zum Erwerb existierender Aktien berechtigen S. 117 ff. 272 Schumann, S. 110. 269
72 § 2 Einzelne Strukturierungsvarianten und ihre aktienrechtliche Zulässigkeit
rechte273 einer eigenen Anleihe beifügt: Hier wie dort bezieht sich das Anleiheschuldverhältnis auf diejenige Gesellschaft, die das Finanzierungsinstrument ausgibt.274 Der eigentliche Unterschied zur Eigenemission liegt in der Bezugsrechtskomponente: Das Bezugsrecht berechtigt nicht zum Erwerb von Anteilen an derjenigen Gesellschaft, welche das Finanzierungsinstrument ausgibt, sondern zum Anteilserwerb an der Bezugsgesellschaft.275 Letztere hat das Bezugsrecht selbst ausgestellt, um es einer Anleihe der Emissionsgesellschaft beizufügen, bevor diese die damit entstandene Wandelschuldverschreibung ausgibt.276 Vorstehend skizzierte Strukturierung kann verschiedenartig ausgestaltet sein:277 Dabei ist aus dem Blickwinkel der Emissionsgesellschaft grundlegend zwischen einem fremdnützigen und einem eigennützigen Anleihemodell zu unterscheiden:278 Im Falle fremdnütziger Strukturierungen wird die Emissionsgesellschaft allein für die Bezugsgesellschaft tätig. Der finanzielle Erlös aus der Emission fließt ungeschmälert der Bezugsgesellschaft zu.279 Dazu zählen neben dem bei der Ausübung des Bezugsrechts zu entrichtenden Bezugspreis auch diejenigen Beträge, die aus der zusätzlichen Gewinnchance für den Anleger in Form des Bezugsrechts resultieren. Üblicherweise drückt sich diese zusätzliche Gewinnmöglichkeit in der Einräumung eines Anleiheagios oder eines unter den Marktverhältnissen liegenden Anleihezinssatzes aus.280 Handelt es sich demgegenüber um ein eigennütziges Strukturierungsmodell, agiert die Emissionsgesellschaft unabhängiger oder gänzlich autonom von der Bezugsgesellschaft; sie handelt dementsprechend (auch) in eigenem Interesse oder für andere (Konzern-)Gesellschaften. In diesen Fällen fließen die Vorteile aus der Ausgabe des Finanzierungsinstrumentes ganz oder teilweise der Emissionsgesellschaft zu.281 Nachstehend werden zunächst die Rechtsbeziehungen zwischen den an dieser Emissionsvariante beteiligten Rechtssubjekten dargestellt (sub II.), 273
Der Begriff „Bezugsrecht“ bezieht sich ausschließlich auf Aktienerwerbsrechte, die ein Recht auf den Bezug neuer Aktien beinhalten; demnach versteht sich der Begriff „Aktienerwerbsrechte“ als Oberbegriff für Rechtspositionen, die zum Erwerb neuer oder existierender Anteile (ausführlich dazu unten S. 117 ff.) berechtigen; siehe bereits oben bei und in Fn. 49. 274 Vgl. Schumann, S. 110. 275 Schumann, S. 111 ff. 276 Siehe MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 42. 277 Vgl. zum Folgenden ausführlich Schumann, S. 102 ff. 278 Soweit ersichtlich, geht diese Differenzierung auf Martens, Bilanzierung, S. 151, 153 f., zurück. 279 Ausführlich dazu unten S. 75. 280 Häuselmann, BB 2000, 139; Holzheimer, WM 1986, 1169, 1170; Kropff, ZGR 1987, 285, 287 ff., 301 ff.; Loos, BB 1988, 369 ff.; Lutter, DB 1986, 1607, 1608 ff.; siehe dazu noch unten S. 77. 281 Schumann, S. 102 f.; ausführlich unten S. 76.
A. Aktienerwerbsrechte von der Bezugsgesellschaft ausgestellt
73
um anschließend die aktienrechtliche Zulässigkeit dieser Ausgabevariante einer Wandelschuldverschreibung zu untersuchen (sub III.).
II. Rechtsbeziehungen der beteiligten Rechtssubjekte untereinander 1. Rechtsposition des Wandelschuldverschreibungsgläubigers gegenüber der Emissionsgesellschaft Die Emissionsgesellschaft stellt die Anleihe der Wandelschuldverschreibung aus und ist im Rahmen eigennütziger Strukturierungen unmittelbare und alleinige Anleiheschuldnerin;282 bei fremdnützigen Strukturierungen ist zumeist auch die Bezugsgesellschaft mittels einer entsprechenden Garantieübernahme unmittelbar in das Anleiheschuldverhältnis eingebunden.283 Damit unterscheidet sich die Rechtsposition des Inhabers des Finanzierungsinstrumentes aus dem Anleiheschuldverhältnis gegenüber der Emissionsgesellschaft nicht von derjenigen, die bei einer Eigenemission der Wandelschuldverschreibung vorliegen würde.284 Selbst wenn die Emissionsgesellschaft, etwa als Finanzierungstochter der Bezugsgesellschaft, ihren Sitz im Ausland hat, bleibt dies für die Rechtsposition des Anleihegläubigers ohne Bedeutung, da für diese Fälle entsprechend Art. 27 Abs. 1 S. 1 EGBGB in den Anleihebedingungen zumeist die Geltung deutschen Rechts vorgesehen ist.285 Aus der Bezugsrechtskomponente ergeben sich für den Inhaber der Wandelschuldverschreibung gegenüber der Emissionsgesellschaft keinerlei Rechte und Pflichten.286 Die Bezugsgesellschaft stellt die Aktienerwerbsrechte ohne Mitwirkung oder Einbindung der Emissionsgesellschaft aus. Allein aus der Tatsache, dass die Bezugsrechte nicht unmittelbar durch die Bezugsgesellschaft, sondern vielmehr von der Emissionsgesellschaft zusammen mit Anleihen Letzterer emittiert werden, ergibt sich nichts anderes: Die Emissionsgesellschaft übernimmt im Hinblick auf den Aktienerwerb durch die Verbindung der Bezugsrechte mit ihren Anleihen keine Verpflichtungen, die über das Anleiheverhältnis hinausgehen.
282
Vgl. Schumann, S. 110 f. Siehe dazu unten sub 2. 284 Schumann, S. 112. 285 Siehe etwa § 21 der Anleihebedingungen der Wandelschuldverschreibung der Heidelberg International Finance B.V. unter Garantie der Heidelberger Druckmaschinen Aktiengesellschaft vom März 2005 (ISIN: XS0212139181). 286 Schumann, S. 112. 283
74 § 2 Einzelne Strukturierungsvarianten und ihre aktienrechtliche Zulässigkeit
2. Rechtsposition des Wandelschuldverschreibungsgläubigers gegenüber der Bezugsgesellschaft Aus der Anleihekomponente des Finanzierungsinstrumentes kann der Gläubiger allein dann Rechte gegen die Bezugsgesellschaft geltend machen, wenn diese sich dahingehend separat ihm oder einem Treuhänder gegenüber verpflichtet hat.287 Entsprechende Abreden finden sich zumeist in den Anleihebedingungen fremdnütziger Strukturierungen.288 Dabei kann insbesondere vereinbart werden, dass das Anleiheverhältnis unabhängig von der Ausübung des Bezugsrechts nach der Emission allein zwischen der Bezugsgesellschaft und dem Anleihegläubiger abzuwickeln ist.289 Derartige Vertragsgestaltungen liegen vornehmlich dann nahe, wenn die Emissionsgesellschaft eine (ausländische) Finanzierungstochtergesellschaft ist, die mit wenig Haftkapital oder lediglich mit dem im jeweiligen Sitzstaat vorgeschriebenen gesetzlichen Mindestkapital ausgestattet ist. In diesen Fällen ist, um die Wandelschuldverschreibung auf dem Kapitalmarkt platzierbar zu machen, eine Einbindung der Bezugsgesellschaft in das Anleiheverhältnis erforderlich. Diese Einbindung kann etwa mittels einer Garantieerklärung erfolgen.290 Neben der etwaig mittels einer Garantieerklärung übernommen Verpflichtung in Bezug auf das Anleiheschuldverhältnis prägt die Bezugsrechtskomponente die Rechtsbeziehung des Wandelanleihegläubigers zur Bezugsgesellschaft. Die Rechtsstellung des Inhabers des Aktienerwerbsrechts bestimmt sich nach der vertraglichen Ausgestaltung des Bezugsrechts im Einzelfall;291 sie berechtigt den Inhaber der Wandelschuldverschreibung zur Zeichnung von Aktien der Bezugsgesellschaft. Soll die Ausübung des Aktienerwerbsrechts gegenüber der Emissionsgesellschaft erfolgen, wird dieser mit Blick auf den Abschluss eines Zeichnungsvertrages von Seiten der Bezugsgesellschaft Vollmacht eingeräumt, sie gegenüber dem Aktienerwerber zu vertreten.292
287
Siehe Schumann, S. 116 f. Vgl. MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 236. 289 Schumann, S. 115 f. 290 Casper, S. 334. 291 Siehe zu den möglichen vertraglichen Ausgestaltungsformen des Aktienerwerbsrechts oben S. 51 f.; diese beanspruchen auch dann Geltung, wenn bei der Ausgabe der Wandelschuldverschreibung Emissions- und Bezugsgesellschaft auseinanderfallen und die Bezugsgesellschaft die Aktienerwerbsrechte ausstellt (siehe oben S. 53). 292 Casper, S. 336. 288
A. Aktienerwerbsrechte von der Bezugsgesellschaft ausgestellt
75
3. Rechtsbeziehungen zwischen Bezugs- und Emissionsgesellschaft Die Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen der Bezugs- und der Emissionsgesellschaft hängt davon ab, ob die Strukturierung als fremdoder eigennütziges Anleihemodell durchgeführt werden soll.293 Ausschlaggebend ist insofern, ob die Ausgabe des Finanzierungsinstrumentes auf Rechnung der Bezugsgesellschaft oder auf eigene Rechnung der Emissionsgesellschaft erfolgt.294 Damit ist gleichzeitig der Grad der Eigenverantwortlichkeit der Emissionsgesellschaft als Unterscheidungskriterium zwischen fremd- und eigennützigen Strukturierungen angesprochen. Bezugspunkt der Eigenverantwortlichkeit ist dabei die Entscheidung über die Verwendung der aus der Emission realisierten Vorteile.295 Dementsprechend gibt die Differenzierung zwischen fremd- und eigennützigen Ausgabevarianten zugleich über die Frage Aufschluss, ob Anleiheagio oder Zinsvorteil bei der Emissionsgesellschaft verbleiben oder an die Bezugsgesellschaft fließen.296 Die vorstehend aufgezeigten unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten des Innenverhältnisses bestimmen Ausgestaltung und Umfang der vertraglichen Abreden zwischen der Emissions- und der Bezugsgesellschaft. Einzelheiten dieses Vertragsverhältnisses können weitgehend privatautonom und abhängig von den jeweiligen Interessen und Bedürfnissen beider Gesellschaften geregelt werden. a) Charakteristika und Ausgestaltung des fremdnützigen Anleihemodells Im Rahmen eines fremdnützigen Anleihemodells erfolgt die Ausgabe des Finanzierungsinstrumentes allein auf Rechnung der Bezugsgesellschaft.297 Die Emissionsgesellschaft agiert als reines Emissionsvehikel. Diese Rollenverteilung prädestiniert diese Strukturierungsmöglichkeit als Mittel zentralisierter Konzernfinanzierung,298 da derart die Muttergesellschaft als Bezugsgesellschaft die Emission des Finanzierungsinstrumentes über eine Finanzierungstochter vollumfänglich verantworten kann. Aus Sicht der Bezugsgesellschaft stellt sich diese Emissionsvariante wirtschaftlich nicht anders dar als die Eigenemission einer Wandelschuldverschreibung.299 Die 293
Vgl. zu der Differenzierung bereits oben bei und in Fn. 278. MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 49. 295 KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 178 ff. 296 Siehe zu Anleiheagio respektive Zinsvorteil bereits oben S. 74; ausführlich dazu noch unten S. 77 ff. 297 MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 49. 298 Schumann, S. 101. 299 Vgl. Schumann, S. 101 f.; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 50. 294
76 § 2 Einzelne Strukturierungsvarianten und ihre aktienrechtliche Zulässigkeit
Emissionsgesellschaft handelt durchweg im Auftrag der Bezugsgesellschaft und ist aus diesem Auftrags- bzw. Geschäftsbesorgungsverhältnis300 zur Weiterleitung des vollen Anleiheerlöses zuzüglich Anleiheagio oder Zinsvorteil an die Bezugsgesellschaft verpflichtet. b) Besonderheiten und Ausgestaltung des eigennützigen Anleihemodells Im Rahmen des eigennützigen Anleihemodells erfolgt die Ausgabe des Finanzierungsinstrumentes auf Rechnung der Emissionsgesellschaft.301 In diesem Fall werden die aus der Emission realisierten Erlöse im Gegensatz zu dem oben dargestellten fremdnützigen Auftrags- bzw. Geschäftsbesorgungsverhältnis nicht unmittelbar an die Bezugsgesellschaft weitergeleitet. Damit verbleiben neben dem Anleihebetrag auch Anleiheagio oder Zinsvorteil302 grundsätzlich zunächst bei der Emissionsgesellschaft.303 Möglich bleibt aber eine vertragliche Abrede zwischen der Bezugs- und der Emissionsgesellschaft, nach der Letztere den Anleiheerlös etwa mithilfe eines Darlehens an die Bezugsgesellschaft weiterzuleiten hat.304 Ausgehend von dem jeweiligen Grad an Eigenverantwortlichkeit der Emissionsgesellschaft lässt sich in Anlehnung an betriebswirtschaftliche Kategorisierungen innerhalb des eigennützigen Anleihemodells weiter danach differenzieren,305 ob die Emissionsgesellschaft als gemischt tätige Finanzierungsgesellschaft weiterhin im Sinne der Bezugsgesellschaft tätig wird oder gänzlich unabhängig von dieser agiert;306 in letzterem Fall handelt es sich um ein rein eigennütziges Anleihemodell. Als gemischt tätige Finanzierungsgesellschaft – entsprechende Strukturierungen erfolgen in der Praxis weitgehend konzernintern307 – besitzt die 300
Schumann, S. 104. MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 49. 302 Siehe oben S. 74. 303 Ausführlich dazu sogleich S. 77. 304 Vgl. Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 264 f.; trotz der (darlehensweisen) Weiterleitung des Anleiheerlöses handelt es sich in diesen Fällen nicht um ein sog. fremdnütziges Anleihemodell (siehe oben sub a)): Die Ausgabe des Finanzierungsinstrumentes erfolgt allein auf Rechnung der Emissionsgesellschaft; es fehlt an einem Auftrags- bzw. Geschäftsbesorgungsverhältnis zwischen der Bezugs- und der Emissionsgesellschaft. 305 Im Rahmen eines fremdnützigen Anleihemodells wird es sich zumeist um eine reine Finanzierungstochter handeln; vgl. HB Konzernfinanzierung-Theisen, Rz. 22.2. 306 HB Konzernfinanzierung-Theisen, Rz. 22.4. 307 HB Konzernfinanzierung-Theisen, Rz. 22.1. 301
A. Aktienerwerbsrechte von der Bezugsgesellschaft ausgestellt
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Tochtergesellschaft ein gegenüber einer reinen Finanzierungstochtergesellschaft erweitertes Aktivitätsspektrum, da sie das aufgenommene Kapital den einzelnen Konzerngesellschaften und der Muttergesellschaft darlehensweise zur Verfügung stellen oder selbst Investitionen tätigen kann. Abgesehen davon ist es einer derartigen Finanzierungsgesellschaft möglich, finanzwirtschaftliche Serviceaufgaben zu übernehmen, die alternativ von Konzernbanken, Treasury Centern oder Projektfinanzierungsgesellschaften wahrgenommen würden.308 Kommt der Emissionsgesellschaft im Rahmen des eigennützigen Anleihemodells volle Eigenverantwortlichkeit in Bezug auf die Verwendung des Anleiheerlöses zu,309 ist sie berechtigt, den Anleihebetrag unabhängig von der Bezugsgesellschaft zu verwalten und zu verwenden. Obschon derartige, rein eigennützige, Strukturierungsmöglichkeiten auch konzernintern nicht ausgeschlossen sind, bieten sie sich insbesondere für konzernexterne Ausgabevarianten einer Wandelschuldverschreibung an, da derart aus Sicht der Emissionsgesellschaft die größtmögliche310 Unabhängigkeit bei der Verwendung des Anleiheerlöses erreicht werden kann. c) Notwendigkeit einer Bezugsrechtsgebühr im eigennützigen Anleihemodell Wie gesehen, entscheidet die Ausgestaltung eines Anleihemodells als fremd- oder eigennützig gleichzeitig über die Frage der Abführung des Emissionserlöses an die Bezugsgesellschaft. Bestandteil dieses Erlöses sind Anleiheagio bzw. Zinsvorteil.311 Bei der Eigenemission einer Wandelschuldverschreibung, für Fälle also, in denen sich das Bezugsrecht auf Aktien derjenigen Gesellschaft bezieht, die das Finanzierungsinstrument ausgibt, sind Anleiheagio und Zinsvorteil nach Maßgabe des § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB in die Kapitalrücklage der Gesellschaft einzustellen.312 308 Umgekehrt allerdings können die Aufgaben einer Finanzierungsgesellschaft nicht durch eine Konzernbank übernommen werden, da der konzerninternen Kreditvergabe durch das KWG enge Grenzen gesetzt sind (§§ 13, 19 KWG), HB Konzernfinanzierung-Theisen, Rz. 22.5, m. w. N. 309 Siehe zu eigennützigen, konzernexternen Strukturierungen MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 38; vgl. auch bei und in Fn. 244. 310 Siehe zu den Grenzen der vertraglichen Ausgestaltung eigennütziger Strukturierungsvarianten sogleich. 311 Siehe Kropff, ZGR 1987, 285, 287 ff., 301 ff.; Lutter, DB 1986, 1607, 1608 ff. 312 Siehe ausführlich Busse von Colbe, Bilanzierung, S. 47, 64 ff.; Kropff, ZGR 1987, 285 ff.; Wagner, Der Konzern 2005, 499, 505; jeweils m. w. N. Eine derartige Rücklagenbildung hat unabhängig davon zu erfolgen, ob das eingeräumte Bezugs-
78 § 2 Einzelne Strukturierungsvarianten und ihre aktienrechtliche Zulässigkeit
Sind Emissions- und Bezugsgesellschaft demgegenüber nicht identisch, so fällt der Anleiheerlös inklusive Anleiheagio oder Zinsvorteil zunächst bei der Emissionsgesellschaft an. Bei fremdnütziger Ausgestaltung des Anleiheverhältnisses werden diese Beträge aufgrund des zwischen der Emissions- und der Bezugsgesellschaft vereinbarten Auftrags- bzw. Geschäftsbesorgungsverhältnisses an die Bezugsgesellschaft abgeführt und sind von dieser sodann – gemäß den Vorgaben des § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB – in die Kapitalrücklage einzustellen.313 Gleichen Bindungen unterliegt der dem Anleiheagio oder Zinsvorteil entsprechende Betrag, wenn er im Rahmen eines eigennützigen Anleihemodells aufgrund einer ausdrücklichen Vereinbarung von der Emissionsgesellschaft an die Bezugsgesellschaft weitergeleitet wird.314 Eine entsprechende Abrede begründet einen synallagmatischen Zusammenhang zwischen der Einräumung der Bezugsrechte von Seiten der Bezugsgesellschaft und der Abführung eines äquivalenten Entgelts durch die Emissionsgesellschaft.315 Ebendiese Vereinbarung der Abführung einer Bezugsrechtsgebühr von der Emissions- an die Bezugsgesellschaft steht – wie sogleich zu zeigen sein wird – nicht im Belieben der Vertragsparteien. Sie ist vielmehr rechtliche Notwendigkeit; Vorstand und Aufsichtsrat der Bezugsgesellschaft haben auf die Abführung einer angemessenen Gebühr zu bestehen.316 Im Folgenden wird zunächst die Erforderlichkeit einer Bezugsrechtsgebühr dargelegt (sub aa)), um sodann auf die Höhe des abzuführenden Betrages einzugehen (sub bb)) und schließlich die Konsequenzen aus der fehlenden Abführung einer Bezugsrechtsgebühr aufzuzeigen (sub cc)). aa) Gründe für die Notwendigkeit der Abführung einer Bezugsrechtsgebühr Die Begründung der Notwendigkeit der Abführung einer Bezugsrechtsgebühr bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung über eine Emissionsgesellschaft variiert in Abhängigkeit davon, ob die Bezugsgesellschaft an der Emissionsgesellschaft beteiligt ist oder nicht. recht später ausgeübt wird; vgl. Lutter, DB 1986, 1607, 1608; Martens, FS Stimpel, S. 621, 633. 313 Siehe Häuselmann, BB 2000, 139, 142; Kropff, ZGR 1987, 295, 308 f.; Martens, Bilanzierung, S. 151, 153; MünchKommHGB-Reiner, § 272 Rn. 52. 314 Grundlegend Martens, Bilanzierung, S. 151, 155 ff.; zustimmend Kropff, ZGR 1987, 285, 308; siehe MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 51. 315 Schumann, S. 103 f.; vgl. auch Lutter, DB 1986, 1607, 1611. 316 KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 181 ff.; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 51; jeweils m. w. N.
A. Aktienerwerbsrechte von der Bezugsgesellschaft ausgestellt
79
(1) Bezugsgesellschaft ist an der Emissionsgesellschaft beteiligt Ist die Emissionsgesellschaft eine 100%-ige Tochtergesellschaft der Bezugsgesellschaft, ergibt sich die Notwendigkeit der Vereinbarung einer Bezugsrechtsgebühr maßgeblich aus § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB:317 Im Rahmen eines eigennützigen Anleihemodells verbleibt der gesamte Anleiheerlös zumindest zunächst318 bei der Emissionsgesellschaft; darunter auch die für die Bezugsrechte vereinnahmten Vorteile in Form von Anleiheagio oder einem Zinsvorteil.319 Nach § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB sind die bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen erzielten Beträge – inklusive Anleiheagio und Zinsvorteil – in die Kapitalrücklage einzustellen.320 Dies ist deshalb der Fall, da Anleiheagio oder Zinsvorteil als Gegenleistung für die Einräumung einer mitgliedschaftlichen Rechtsposition anfallen.321 Verbleiben diese Vorteile bei der Emissionsgesellschaft, fließen die entsprechenden Beträge im Ergebnis als Beteiligungsgewinn an die Bezugsgesellschaft.322 Insofern liegt in der Einräumung von Bezugsrechten ohne korrespondierende Gegenleistung zwar keine gesetzeswidrige Vermögensverlagerung auf eine Tochtergesellschaft.323 Gleichwohl aber bleibt in diesen Fällen ein Verstoß gegen § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB und entsprechend – mit Blick auf die Verwaltung – eine Sorgfaltspflichtverletzung nach § 93 Abs. 1 AktG zu konstatieren:324 Nach § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB steht es nicht im Belieben der Gesellschaft, über die Einstellung der bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen realisierten Beträge zu disponieren.325 Da Anleiheagio oder Zinsvorteil aus einem mitgliedschaftlichen Verwertungsvorgang in Form der Einräumung von Bezugsrechten und gerade nicht aus einem Unternehmens317
Schumann, S. 135. Im Rahmen des eigennützigen Anleihemodells wird der Anleiheerlös nicht wie im fremdnützigen Anleihemodell (siehe oben S. 75) bereits basierend auf einem Auftrags- oder Geschäftsbesorgungsverhältnis an die Bezugsgesellschaft weitergeleitet; vielmehr bedarf es, falls eine Weiterleitung auch im Rahmen eigennütziger Strukturierungen erfolgen soll, eines Darlehensvertrages; siehe oben S. 76. 319 Lutter, DB 1986, 1607, 1608. 320 MünchKommHGB-Reiner, § 272 Rn. 47, 48 ff., m. w. N. 321 Vgl. Kropff, ZGR 1987, 285, 295; Martens, FS Stimpel, S. 620, 632. 322 Fließen Anleiheagio bzw. Zinsvorteil nicht unmittelbar als Beteiligungsgewinn an die Muttergesellschaft – etwa weil sie von Seiten der Tochtergesellschaft zur Verlustminderung verwendet oder von ihr thesauriert werden – gilt Gleiches, da sich der jeweilige Betrag prozentual in einem späteren Beteiligungsgewinn zugunsten der Muttergesellschaft niederschlägt, vgl. Schumann, S. 136. 323 KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 181; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 51; ausführlich dazu Schumann, S. 133 ff. 324 Siehe Schumann, S. 146. 325 Zur Zwecksetzung des § 272 Abs. 2 HGB siehe Kropff, ZGR 1987, 285, 293, m. w. N. 318
80 § 2 Einzelne Strukturierungsvarianten und ihre aktienrechtliche Zulässigkeit
gewinn in der Emissionsgesellschaft resultieren,326 hat die Bezugsgesellschaft die entsprechenden Beträge für den Fall der Ausschüttung eines Beteiligungsgewinnes nach § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB in die Kapitalrücklage einzustellen; sie können nicht als Beteiligungsgewinn verbucht werden. Sind neben der Bezugsgesellschaft noch weitere Gesellschafter an der Emissionsgesellschaft beteiligt, ergibt sich zusätzlich zu dem oben dargestellten Verstoß gegen § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB ein weiteres Argument für die obligatorische Abführung einer Bezugsrechtsgebühr:327 Verbleibt in diesen Fällen der Emissionserlös inklusive Anleiheagio oder Zinsvorteil bei der Emissionsgesellschaft, so kommt die Möglichkeit, die entsprechenden Beträge ungeschmälert als Beteiligungsgewinn an die Bezugsgesellschaft weiterzuleiten, nicht mehr in Betracht, da die weiteren Gesellschafter der Emissionsgesellschaft an diesen Beträgen entsprechend ihrer Beteiligung partizipieren. Damit hat die Bezugsgesellschaft die Bezugsrechte ohne korrespondierende Gegenleistung zur Verfügung gestellt. Dem Vorstand einer Aktiengesellschaft ist es im Rahmen ordnungsgemäßer Geschäftsführung aber verwehrt, vermögenswerte Rechtspositionen zu begeben, ohne der Gesellschaft gleichzeitig einen äquivalenten Vermögenswert zuzuführen.328 Dieser Befund bedeutet im Zusammenhang mit der Ausgabe von Bezugsrechten, dass die Verwaltung im Rahmen ordnungsgemäßer Geschäftsführung (vgl. § 93 Abs. 1 AktG) diejenigen Geschäftsvorteile, die mit der Ausgabe von Bezugsrechten realisiert werden können, vollumfänglich wahrzunehmen und einzufordern hat. Dies ergibt sich insbesondere vor dem Hintergrund der Bezugsrechtsausgabe als Maßnahme zur Beschaffung von Eigenkapital. Sämtliche Beträge, die von Seiten der Wandelschuldverschreibungsgläubiger als Gegenleistung für die Einräumung von Bezugsrechten geleistet werden, sind Bestandteil der Eigenkapitalmaßnahme derjenigen Gesellschaft, die die Bezugsrechte ausgestellt hat. Sie stellen sich als Zahlung zukünftiger Gesellschafter auf das Eigenkapital der Bezugsgesellschaft dar. Zu diesen eigenkapitalbezogenen Zuzahlungen gehört nicht nur der bei Ausübung des Bezugsrechts zu entrichtende Bezugspreis.329 Auch Anleiheagio und Zinsvorteil sind derartige auf das Eigenkapital der Bezugsgesellschaft geleistete Beträge, die sich als unmittelbare Gegenleistung für die Einräumung einer Rechtsposition, die den Erwerb einer Gesellschafterstellung ermöglicht, verstehen.330 Allein diese Sichtweise rechtfertigt die grundsätzliche eigenkapitaläquivalente Behandlung von Anleiheagio und 326
Kropff, ZGR 1987, 285, 295; Lutter, DB 1986, 1607, 1612; Martens, FS Stimpel, S. 620, 632. 327 Schumann, S. 127. 328 Lutter, DB 1986, 1607, 1612 f.; Schumann, S. 127. 329 Siehe dazu bereits oben S. 64. 330 Vgl. Häuselmann, BB 2000, 139, 141; Kropff, ZGR 1987, 285, 295.
A. Aktienerwerbsrechte von der Bezugsgesellschaft ausgestellt
81
Zinsvorteil als Kapitalrücklage in § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB. Räumt also die Bezugsgesellschaft Rechtspositionen ein, die den Erwerb einer Gesellschafterstellung ermöglichen, so hat ihre Verwaltung gleichzeitig dafür Sorge zu tragen, dass sämtliche aus dieser Kapitalmaßnahme zu realisierende Zahlungen der Bezugsgesellschaft auch tatsächlich zufließen. Anderenfalls hätte die Verwaltung die Finanzvorteile aus einer Eigenkapitalmaßnahme nicht vollumfänglich ausgeschöpft und insofern gegen die ihr obliegenden Sorgfaltspflichten verstoßen.331 (2) Bezugsgesellschaft ist nicht an der Emissionsgesellschaft beteiligt Ist die Bezugsgesellschaft nicht an der Emissionsgesellschaft beteiligt, so kann die Notwendigkeit der Abführung einer Bezugsrechtsgebühr nicht mehr mit einem Verstoß gegen § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB begründet werden, da in diesem Fall nicht die Gefahr einer Verbuchung von Zinsvorteil respektive Anleiheagio als scheinbarer Beteiligungsgewinn droht. Daraus indes zu schließen, die Abführung einer Bezugsrechtsgebühr erübrige sich, wäre verfehlt: Vielmehr lässt sich hier eine entsprechende Verpflichtung wiederum unter Verweis darauf begründen, dass es der Verwaltung einer Aktiengesellschaft verwehrt ist, vermögenswerte Rechtspositionen zu begeben, ohne der Gesellschaft gleichzeitig einen äquivalenten Vermögenswert zuzuführen. Ist die Bezugsgesellschaft nicht an der Emissionsgesellschaft beteiligt, so fließt der bei der Emissionsgesellschaft verbleibende Anleiheerlös inklusive Anleiheagio oder Zinsvorteil ausschließlich den Gesellschaftern der Emissionsgesellschaft als Beteiligungsgewinn zu. Die Bezugsgesellschaft partizipiert mit Blick auf Anleiheagio und Zinsvorteil in keiner Weise an ihrer eigenen Eigenkapitalmaßnahme in Form der Einräumung von Aktienerwerbsrechten. Ihrer Verwaltung ist damit ein Verstoß gegen die ihr nach den §§ 93, 116 AktG obliegenden Sorgfaltspflichten zu Last zu legen.332 bb) Höhe des abzuführenden Betrages Die Höhe der Bezugsrechtsgebühr bemisst sich nach dem Betrag, den die Emissionsgesellschaft als Gegenleistung für die Ausgabe der Bezugsrechte vereinnahmt.333 Der Ausgabebetrag einer Wandelschuldverschreibung ist insofern in eine Bezugsrechtskomponente und eine Schuldverschreibungskom331
Lutter, DB 1986, 1607, 1612 f.; Schumann, S. 137; a. A. Loos, BB 1988, 369,
375. 332
Siehe vorstehend sub (1). KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 183; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 51. 333
82 § 2 Einzelne Strukturierungsvarianten und ihre aktienrechtliche Zulässigkeit
ponente aufzuspalten.334 Wird eine normalverzinsliche Anleihe ausgegeben, richtet sich die Höhe der Bezugsrechtsgebühr nach dem Anleiheagio.335 Im Falle einer niedrigverzinslichen Anleihe ist der betreffende Betrag durch einen Vergleich zwischen dem (hypothetischen) Ausgabebetrag einer Schuldverschreibung ohne Bezugsrecht und dem tatsächlichen Ausgabebetrag des Finanzierungsinstrumentes zu ermitteln.336 Maßgeblicher Zeitpunkt ist die Entscheidung über die Konditionen der Wandelschuldverschreibung.337 Bei der dahingehend erforderlichen Feststellung des hypothetischen Ausgabebetrages der leeren Anleihe ist der Verwaltung ein Beurteilungsspielraum zuzubilligen, der jedoch in dem objektiv feststellbaren Kriterium des kapitalisierten Zinsvorteils seine Grenze findet.338 cc) Rechtsfolgen bei versäumter Vereinbarung oder falscher Bemessung der Bezugsrechtsgebühr Versäumt es die Verwaltung der Bezugsgesellschaft im Rahmen des eigennützigen Anleihemodells, die Zahlung einer angemessenen Bezugsrechtsgebühr von der Emissionsgesellschaft zu verlangen, so kann dies eine Verpflichtung zur nachträglichen Vereinbarung eines adäquaten Entgeltes (sub (1)) sowie Schadensersatzansprüche (sub (2)) nach sich ziehen. (1) Pflicht zur nachträglichen Erhebung Wie gesehen, begründet das Unterlassen der Vereinbarung einer angemessenen Bezugsrechtsgebühr eine Sorgfaltspflichtverletzung des Vorstandes der Bezugsgesellschaft; dies gilt unabhängig davon, ob die Bezugs- an der Emissionsgesellschaft beteiligt ist339 oder nicht.340 Als Kehrseite dieser 334
Naumann, DB 1998, 1428, 1429; Schumann, S. 138. Häuselmann, BB 2000, 139, 141; Schumann, S. 139; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 327. 336 Häuselmann, BB 2000, 139, 141 f.; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 328; ausführlich, auch zu abweichenden Berechnungsmodellen, Schumann, S. 139 ff.; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 183, 192. 337 Busse von Colbe, Bilanzierung, S. 47, 69; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 183. Abweichende Berechungsmodelle bestimmen entweder den Berechnungszeitpunkt anders oder legen eine andere Berechnungsmethode zugrunde, indem sie entweder den Ausgabebetrag der Optionsanleihe im Verhältnis des Marktpreises der leeren Teilschuldverschreibung zum Marktpreis der beigefügten Bezugsrechte aufzuteilen oder den auf die Bezugsrechte entfallenden Teil des Ausgabebetrages durch Kapitalisierung des Zinsvorteils zu ermitteln versuchen; vgl. umfassend dazu Häuselmann, BB 2000, 139, 141; Schumann, S. 140 ff. 338 Häuselmann, BB 2000, 139, 141; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 183. 339 Siehe oben S. 79 f. 335
A. Aktienerwerbsrechte von der Bezugsgesellschaft ausgestellt
83
Pflichtverletzung ist die Verwaltung im Rahmen eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsbetriebes (§ 93 Abs. 1 AktG) verpflichtet, diesen Sorgfaltspflichtverstoß zu beheben.341 Insofern hat die Verwaltung die Bezugsrechtsgebühr auch nachträglich von der Emissionsgesellschaft zu erheben342 und sodann in die gesetzliche Kapitalrücklage einzustellen.343 Alternativ zu dieser Nachforderung kann nicht etwa ein äquivalenter Betrag aus dem Vermögen der Bezugsgesellschaft als fiktive Bezugsrechtsgebühr in die Kapitalrücklage eingestellt werden.344 Eine derartige Verfahrensweise käme einer gewillkürten Umklassifizierung von Vermögenspositionen gleich. Dies würde zu Lasten des Ergebnisses gehen, da ein neutralisierender Aktivposten nicht vorhanden ist; insofern wäre der entsprechende Betrag nicht i. S. d. § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB im Rahmen der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen „erzielt“.345 (2) Schadensersatzverpflichtung Vereinbart die Verwaltung der Bezugsgesellschaft keine oder eine zu niedrig bemessene Bezugsrechtsgebühr, so verstößt sie gegen die ihr obliegenden Sorgfaltspflichten (§ 93 Abs. 1 AktG).346 Die Frage, ob aus diesem Pflichtverstoß eine Schadensersatzpflicht (§§ 93 Abs. 2, 116 AktG) der Verwaltung resultiert, hängt davon ab, ob der Bezugsgesellschaft dadurch ein Schaden entstanden ist.347 Eine Schadensposition ließe sich dann bejahen, wenn bereits die unterbliebene Abführung einer adäquaten Bezugsrechtsgebühr zu einem Vermögensschaden der Gesellschaft führt; wenn also der tatsächliche Vermögensbestand der Gesellschaft negativ von dem (hypothetischen) Vermögensbestand bei Abführung einer adäquaten Bezugsrechtsgebühr abweicht.348 Ausschlaggebend ist insofern die Frage, wie sich das Unterlassen 340
Siehe oben S. 81 f.; vgl. Lutter, DB 1986, 1607, 1612; MünchKommAktGHabersack, § 221 Rn. 51; a. A. allein Loos, DB 1988, 369, 375. 341 MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 51; vgl. auch Lutter, DB 1986, 1607, 1612; Schumann, S. 157 f. Die Frage, ob dahingehend eine Aktionärsklage zulässig ist, wird unterschiedlich beurteilt: Ablehnend etwa MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 51; befürwortend dagegen Lutter, DB 1986, 1607, 1612, der die Pflicht der Verwaltung zur Abschöpfung des Vorteils letztendlich aus dem sog. Holzmüller-Urteil des BGH (siehe oben Fn. 32, ausführlich dazu noch unten S. 179 ff.) ableitet. 342 Schumann, S. 156 f. 343 Siehe Lutter, DB 1986, 1607, 1612. 344 MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 51. 345 Kropff, ZGR 1987, 285, 309. 346 Schumann, S. 146; siehe dazu bereits oben S. 78 f. 347 Vgl. Hüffer, § 93 AktG Rn. 15. 348 Siehe zur Schadensermittlung anhand der sog. Differenzhypothese, MünchKommBGB-Oetker, § 249 Rn. 14 ff.
84 § 2 Einzelne Strukturierungsvarianten und ihre aktienrechtliche Zulässigkeit
der Vereinbarung einer Bezugsrechtsgebühr und der damit einhergehende Verbleib von Anleiheagio respektive Zinsvorteil bei der Emissionsgesellschaft auf den Vermögensbestand der Bezugsgesellschaft auswirken.349 Ist die Bezugsgesellschaft nicht an der Emissionsgesellschaft beteiligt, partizipiert sie in keiner Weise an Anleiheagio oder Zinsvorteil.350 Da die Bezugsgesellschaft insofern eine mitgliedschaftliche Rechtsposition in Form der Ausgabe von Bezugsrechten eingeräumt hat, ohne an der dafür geleisteten Gegenleistung teilzuhaben, führt in diesen Fällen bereits der bloße Verbleib der Beträge bei der Emissionsgesellschaft zu einer ersatzfähigen Schadensposition der Bezugsgesellschaft in entsprechender Höhe.351 Anders stellt sich die Situation demgegenüber dar, wenn die Bezugsgesellschaft Gesellschafterin der Emissionsgesellschaft ist: Zwar steht in diesen Fällen selbst bei einer Konzernverbindung beider Gesellschaften die Trennungstheorie352 der Annahme entgegen, dass die im Tochtervermögen anfallenden Beträge in Form von Anleiheagio oder Zinsvorteil zu einer unmittelbaren Vermögensmehrung auch auf Seiten der Bezugsgesellschaft führen.353 Indes erhöht sich durch das Ansteigen des Aktivvermögens der Tochtergesellschaft aus Sicht der Bezugsgesellschaft der Wert ihrer Beteiligung.354 Bei der Frage danach, ob die unterbliebene Einforderung einer Bezugsrechtsgebühr trotz dieser Erhöhung des Beteiligungswertes zu einem Vermögensschaden der Bezugsgesellschaft führen kann, ist danach zu unterscheiden, ob diese zu 100 % an der Emissionsgesellschaft beteiligt ist (sub (b)) oder nicht (sub (a)). (a) Beteiligung weiterer Gesellschafter an der Emissionsgesellschaft Wird die Wandelschuldverschreibung über eine Emissionsgesellschaft ausgegeben, an der neben der Bezugsgesellschaft weitere Gesellschafter beteiligt sind, so erhöht zwar der dem Zinsvorteil oder Anleiheagio entsprechende Betrag das Vermögen der Emissionsgesellschaft und damit gleichzeitig den Wert der Beteiligung der Bezugsgesellschaft.355 Diese Erhöhung des Beteiligungswertes kommt der Bezugsgesellschaft hingegen nur einge349
Vgl. etwa die ausführliche Darstellung bei Schumann, S. 146 ff. Siehe dazu oben S. 81 f. 351 Siehe oben S. 81 f.; Schumann, S. 149. 352 Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 20 IV; HoldingHB-Lutter/Trölitzsch, § 7 Rn. 9 ff. 353 Schumann, S. 148; anders wohl Silcher, FS Geßler, S. 185, 192, der auf die finanzielle Lage im Konzernverbund abstellen will; siehe dazu auch unten S. 94. 354 Lutter, DB 1986, 1607, 1612. 355 Lutter, DB 1986, 1607, 1613; Mutze, AG 1977, 7, 9 ff.; Schumann, S. 148. 350
A. Aktienerwerbsrechte von der Bezugsgesellschaft ausgestellt
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schränkt zugute, da neben ihr quotal auch die weiteren Gesellschafter der Emissionsgesellschaft an der Wertsteigerung partizipieren.356 In diesen Fällen kann eine Schadensposition der Bezugsgesellschaft mithin nicht unter Verweis auf eine Steigerung des Beteiligungswertes verneint werden, da dieser Wertzuwachs nicht ausschließlich bei der Bezugsgesellschaft anfällt. Aus Sicht der Bezugsgesellschaft ist vielmehr ein Vermögensschaden in dem Umfang feststellbar, in dem andere Gesellschafter der Emissionsgesellschaft an der Erhöhung des Beteiligungswertes teilhaben.357 (b) Emissionsgesellschaft ist eine 100-%ige Tochtergesellschaft Erfolgt die Emission über eine 100%-ige Tochtergesellschaft der Bezugsgesellschaft, partizipiert diese über eine Erhöhung des Beteiligungswertes an Anleiheagio oder Zinsvorteil im Vermögen der Tochtergesellschaft.358 Die entsprechenden Beträge können auf Seiten der Tochtergesellschaft entweder thesauriert oder später an die Mutter ausgeschüttet werden.359 Für beide Fälle bleibt zu untersuchen, ob trotz einer Erhöhung des Beteiligungswertes ein Vermögensschaden der Bezugsgesellschaft zu verzeichnen ist. (aa) Thesaurierung von Anleiheagio oder Zinsvorteil durch Tochtergesellschaft Thesauriert die Tochtergesellschaft Anleiheagio oder Zinsvorteil, so kann ein Vermögensschaden allein darin liegen, dass lediglich der Beteiligungsgewinn der Bezugsgesellschaft ansteigt und nicht, wie in § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB vorgesehen, ihre gesetzliche Rücklage.360 Teilweise wird der Verbleib von Anleiheagio oder Zinsvorteil bei der Tochtergesellschaft als Vermögensschaden der Muttergesellschaft gewertet; dies sei bereits deshalb der Fall, da die entsprechenden Beträge bei der Tochtergesellschaft dem Zugriff ihrer Gläubiger ausgesetzt seien.361 Dem bleibt indes entgegenzuhalten, dass allein die Gefährdung einer vermögenswerten Position – hier in Form eines Gläubigerzugriffs – keinen konkreten Vermögensschaden zu begründen vermag.362 Erst wenn sich diese Gefahr in Form eines Zugriffs 356
Lutter, DB 1986, 1607, 1612. Ausführlich Schumann, S. 148 f. 358 Lutter, DB 1986, 1607, 1613; Mutze, AG 1977, 7, 9 ff. 359 Schumann, S. 149, 151 ff. 360 Vgl. Schumann, S. 149. 361 Schumann, S. 150. 362 Vgl. Bamberger/Roth-Grüneberg, vor § 249, Rn. 8 f.; MünchKommBGBOetker, § 249 Rn. 26; Palandt/Grüneberg, vor § 249 BGB Rn. 9 f. 357
86 § 2 Einzelne Strukturierungsvarianten und ihre aktienrechtliche Zulässigkeit
durch Gläubiger der Tochtergesellschaft realisiert, kann es aus Sicht der Muttergesellschaft zu einem konkreten Vermögensschaden kommen. Darüber hinaus wird eine Schadensposition darin gesehen, dass die Muttergesellschaft über ihr Beteiligungsvermögen nicht in gleicher Weise frei verfügen könne wie über entsprechendes Barvermögen.363 Gegen dahingehende Erwägungen spricht indes die Tatsache, dass auch die Beträge aus einer ordnungsgemäß abgeführten Bezugsrechtsgebühr der Muttergesellschaft gerade nicht – gleich einem Unternehmensgewinn – zur freien Disposition stehen, sondern vielmehr nach § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB in die Rücklagen einzustellen sind und derart den Bindungen des § 150 AktG unterliegen.364 Über den Betrag, der dem Anleiheagio bzw. Zinsvorteil entspricht, kann die Muttergesellschaft insofern per se nicht in gleicher Weise verfügen, wie etwa über einen Geschäftsgewinn. Im Ergebnis sprechen damit die besseren Argumente gegen die Annahme eines Vermögensschadens allein unter Verweis auf den Verbleib von Anleiheagio oder Zinsvorteil bei der Emissionsgesellschaft. (bb) Ausschüttung von Anleiheagio oder Zinsvorteil als Beteiligungsgewinn Wird der entsprechende Betrag von der Tochtergesellschaft nicht thesauriert, sondern als Beteiligungsgewinn an die Muttergesellschaft ausgeschüttet, gilt im Ergebnis nichts anderes: In diesen Fällen trifft die Verwaltung der Muttergesellschaft die Pflicht, den auf Anleiheagio bzw. Zinsvorteil entfallenden Teil des ausgeschütteten Beteiligungsgewinnes nachträglich in die gesetzliche Rücklage einzustellen.365 Erfolgt dies, so wird man allein aus der zeitlichen Verschiebung der Einstellung einen Vermögensschaden herleiten können.366 Dies erscheint aber 363
Siehe Schumann, S. 150. Lutter, DB 1986, 1607, 1612; Hüffer, § 150 AktG Rn. 1 ff.; siehe auch Kropff, ZGR 1987, 285, 291. 365 Schumann, S. 151; Lutter, DB 1986, 1607, 1612; kritisch Kropff, ZGR 1987, 285, 310 (diesem zustimmend MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 51 Fn. 167), der auf Schwierigkeiten der Individualisierung des exakten Anleiheagio oder Zinsvorteils im mehrstufigen Konzern bei der (Beteiligungs-)Gewinnausschüttung verweist. Dahingehenden Überlegungen ist indes entgegenzuhalten, dass die Bestimmung des auf Anleiheagio und Zinsvorteil einer emittierten Wandelschuldverschreibungen entfallenden Betrages auch in dem Zeitpunkt der Gewinnausschüttung möglich bleibt; der entsprechende Betrag kann sodann in die Kapitalrücklage eingestellt werden. Es ist kein Unterschied zu Fällen ersichtlich, in denen die Bezugsrechtsgebühr nachträglich vereinbart wird (siehe oben S. 77 f.); vgl. Lutter, DB 1986, 1607, 1612. 364
A. Aktienerwerbsrechte von der Bezugsgesellschaft ausgestellt
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insbesondere unter Verweis auf schadensbegründende entgangene Gewinnmöglichkeiten – etwa dahingehend, dass die Beträge durch die Muttergesellschaft rentabler als durch die Tochtergesellschaft hätten eingesetzt werden können367 – zweifelhaft, da allein ausgelassene Gewinnchancen keinen ersatzfähigen Vermögensschaden begründen.368 Auch wenn demgegenüber der von der Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft ausgeschüttete Betrag pflichtwidrig nicht in die gesetzliche Rücklage der Muttergesellschaft eingestellt, sondern als Beteiligungsgewinn verbucht wird, bleibt fraglich, ob allein aus dem damit einhergehenden Verstoß gegen § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB ein Vermögensschaden der Muttergesellschaft resultiert: Zwar ist die unterbliebene Einstellung in die Rücklagen für die Muttergesellschaft durchaus mit Nachteilen behaftet; so besteht insbesondere die Gefahr, dass die Verbuchung als scheinbarer Beteiligungsgewinn und der damit einhergehende Verstoß gegen § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB nach § 256 Abs. 1 Nr. 4 AktG die Nichtigkeit des Jahresabschlusses nach sich ziehen kann.369 Dabei führt aber allein die unterbliebene Einstellung des Anleiheagios bzw. des Zinsvorteils in die Kapitalrücklage für sich betrachtet noch nicht zu einem Vermögensschaden der Gesellschaft. Vielmehr bedarf es über den Verstoß gegen § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB hinaus einer weiteren schadensbegründenden Handlung der Gesellschaft in Form der Feststellung eines (nichtigen) Jahresabschlusses. Erst infolge dieses zusätzlichen Geschehens kann es zu Schadensersatzansprüchen gegen die Gesellschaft kommen. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für einen Vermögensschaden ist in diesen Fällen aber die Nichtigkeit des Jahresabschlusses und nicht bereits die fehlerhafte Verbuchung von Anleiheagio oder Zinsvorteil. Mithin führt weder eine zeitlich verspätete noch allein die unterbliebene Einstellung von Anleiheagio oder Zinsvorteil in die Kapitalrücklagen der Bezugsgesellschaft zu einem konkreten Vermögensschaden der Gesellschaft.370 (c) Ergebnis Im Ergebnis ist die Frage danach, ob die Unterlassung der Vereinbarung einer adäquaten Bezugsrechtsgebühr Schadensersatzpflichten der Verwal366
Schumann, S. 151, 153. Vgl. Schumann, S. 153. 368 Siehe MünchKommBGB-Oetker, § 249 Rn. 28; vgl. auch Palandt/Grüneberg, vor § 249 BGB Rn. 53. 369 Schumann, S. 153; MünchKommAktG-Hüffer, § 256 Rn. 33; MünchKommHGB-Reiner, § 272 Rn. 91. 370 Lutter, DB 1986, 1607, 1612. 367
88 § 2 Einzelne Strukturierungsvarianten und ihre aktienrechtliche Zulässigkeit
tung auslöst, in Abhängigkeit von der jeweiligen Strukturierung unterschiedlich zu beantworten: Ist die Bezugsgesellschaft gar nicht oder lediglich neben anderen Gesellschaftern an der Emissionsgesellschaft beteiligt, führt die unterbliebene Abführung einer Bezugsrechtsgebühr zu einem ersatzfähigen Vermögensschaden. In beiden Fällen partizipiert die Bezugsgesellschaft nicht vollumfänglich an der für die Einräumung der Bezugsrechte geleisteten Gegenleistung in Form von Anleiheagio oder Zinsvorteil. Ist demgegenüber die Emissionsgesellschaft eine 100%-ige Tochtergesellschaft, erhöht sich mit dem Zuwachs des Aktivvermögens der Tochtergesellschaft durch Anleiheagio oder Zinsvorteil in gleichem Umfang der Wert der Beteiligung der Bezugsgesellschaft. Dies steht der Annahme eines konkreten Vermögensschadens grundsätzlich entgegen. Erst weitere, nachfolgende Ereignisse wie etwa die Aufstellung eines nichtigen Jahresabschlusses können in diesem Zusammenhang zu einer Ersatzpflicht des Vorstandes führen. d) Zusammenfassung Die Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen der Bezugs- und der Emissionsgesellschaft hängt davon ab, ob der Ausgabe der Wandelschuldverschreibung ein eigen- oder fremdnütziges Anleihemodell zugrunde liegt. Im Rahmen des fremdnützigen Anleihemodells erfolgt die Emission auf Rechnung der Bezugsgesellschaft. Der Anleiheerlös wird von der Emissionsgesellschaft aufgrund eines Geschäftsbesorgungs- oder Auftragsverhältnisses an die Bezugsgesellschaft weitergeleitet. Liegt der Emission des Finanzierungsinstrumentes ein eigennütziges Strukturierungsmodell zugrunde, wird es auf Rechnung der Emissionsgesellschaft ausgegeben; die Bezugsgesellschaft partizipiert allein dann am Anleiheerlös, wenn dieser etwa mittels eines Darlehens von der Emissionsgesellschaft an sie weitergeleitet wird. Im Rahmen eines eigennützigen Strukturierungsmodells ist die Verwaltung der Bezugsgesellschaft verpflichtet, von der Emissionsgesellschaft die Abführung einer Bezugsrechtsgebühr in Höhe des Anleiheagios oder des Zinsvorteils zu verlangen. Unterbleibt bei der Ausgabe des Finanzierungsinstrumentes eine dahingehende Abrede, ist der Vorstand zur nachträglichen Erhebung einer entsprechenden Gebühr verpflichtet. Anderenfalls macht er sich jedenfalls dann schadensersatzpflichtig, wenn die Emissionsgesellschaft keine 100%-ige Tochtergesellschaft der Bezugsgesellschaft ist.
A. Aktienerwerbsrechte von der Bezugsgesellschaft ausgestellt
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III. Aktienrechtliche Zulässigkeit dieser Gestaltung Wurden vorstehend die Rechtsbeziehungen der Beteiligten bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung aufgezeigt, bei der die Bezugsgesellschaft die in dem Wertpapier verbrieften Aktienerwerbsrechte ausstellt, bleibt im Folgenden die aktienrechtliche Zulässigkeit derartiger zusammengesetzter Finanzierungsinstrumente zu untersuchen. Dabei rückt § 221 AktG in den Mittelpunkt der Überlegungen. Diese Vorschrift unterwirft die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen bestimmten Anforderungen.371 Zulässigkeitsbedenken lassen sich daraus in zweierlei Hinsicht ableiten: So könnte zum einen das Auseinanderfallen von Emissionsgesellschaft und Bezugsgesellschaft nicht mit § 221 AktG vereinbar sein (sub 1.). Zum anderen definiert § 221 Abs. 1 S. 1 AktG eine Wandelschuldverschreibung als Kombination aus einem Eigen- und einem Fremdkapitaltitel. Dieser Mischcharakter einer Wandelschuldverschreibung könnte im Rahmen der hier in Rede stehenden Strukturierungsvariante in aktienrechtlich unzulässiger Weise verfälscht werden (sub 2.). 1. Das Auseinanderfallen von Bezugs- und Emissionsgesellschaft als Zulässigkeitshindernis? Bereits das bloße Auseinanderfallen von Bezugs- und Emissionsgesellschaft könnte derartige Ausgabevarianten einer Wandelschuldverschreibung aktienrechtlich unzulässig machen. Dies wäre dann der Fall, wenn § 221 Abs. 1 S. 1 AktG zum einen voraussetzt, dass diejenige Gesellschaft, welche die Anleihe ausgibt, mit derjenigen Gesellschaft, auf deren Anteile sich das Bezugsrecht bezieht, identisch ist (sub a)), und diese Vorschrift zum anderen als abschließende Regelung zu verstehen ist, die abweichende Strukturierungen als unzulässig ausschließt (sub b)). a) Das Identitätskonzept des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG Um aus dem Auseinanderfallen von Bezugs- und Emissionsgesellschaft Zulässigkeitsbedenken herzuleiten, müsste § 221 Abs. 1 S. 1 AktG zunächst in seinem unmittelbaren Anwendungsbereich davon ausgehen, dass ein und dieselbe Gesellschaft die Schuldverschreibung sowie das Aktienerwerbsrecht ausstellt und die Ausgabe der Wandelschuldverschreibung damit als Eigenemission372 erfolgt. Dieser Frage ist durch eine Auslegung der Norm nachzugehen. 371 372
Siehe oben S. 37; ausführlich dazu noch unten S. 125 ff. sowie S. 210 ff. Siehe oben S. 71.
90 § 2 Einzelne Strukturierungsvarianten und ihre aktienrechtliche Zulässigkeit
Was den Wortlaut der Vorschrift anbelangt, so lässt dieser keinen eindeutigen Schluss zu:373 Allein die Tatsache, dass der Gesetzgeber in § 221 Abs. 1 S. 1 AktG mit dem Erfordernis eines Beschlusses „der Hauptversammlung“ eine Singularform wählt, lässt sich als Hinweis darauf verstehen, dass die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen lediglich eine Hauptversammlung und damit gleichzeitig lediglich eine Aktiengesellschaft betrifft. Ergiebiger erscheint ein Blick auf die Zwecksetzung der Vorschrift:374 § 221 Abs. 1 S. 1 AktG schützt die Entscheidungsfreiheit der Hauptversammlung im Rahmen einer Kapitalmaßnahme zur Bedienung eingeräumter und ausgeübter Aktienerwerbsrechte.375 Dabei macht, ausweislich des Wortlautes der Norm, die Ausgabe der Schuldverschreibung diesen Hauptversammlungsbeschluss erforderlich. Diese Ausgabe der Schuldverschreibung kann aber die im Mittelpunkt der Zwecksetzung der Norm stehende Entscheidungsfreiheit der Anteilseigner allein dann beeinträchtigen, wenn sich die ihr beigefügten Aktienerwerbsrechte auf Anteile gerade an der emittierenden Aktiengesellschaft beziehen. Anderenfalls wäre die Entscheidungsfreiheit der Hauptversammlung derjenigen Gesellschaft, welche das Finanzierungsinstrument ausgibt, nicht berührt und ausgehend vom Schutzzweck des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG kein Grund ersichtlich, die Ausgabe des Wertpapiers dem Votum der Aktionäre zu unterwerfen. Der Schutz der Entscheidungshoheit der Hauptversammlung ist insofern allein dann erforderlich, wenn sich die Wandelschuldverschreibungen auf Anteile an eben derjenigen Gesellschaft richten, die sie emittiert hat. Dem Gesetz liegt mithin die Vorstellung der Eigenemission einer Wandelschuldverschreibung zugrunde, in deren Rahmen die Schuldverschreibung und das Aktienerwerbsrecht von ein und derselben Gesellschaft ausgegeben werden.376 b) Aktienrechtliche Zulässigkeit abweichender Ausgabevarianten einer Wandelschuldverschreibung Um aus dem festgestellten Identitätskonzept des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG aber folgern zu können, dass anderweitige Ausgabevarianten einer Wandelschuldverschreibung unzulässig sind, müsste die Vorschrift gleichzeitig als 373
MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 25. Ausführlich dazu bereits oben S. 37 ff. 375 Siehe oben S. 39. 376 Lutter, FS Kastner, S. 245, 251; Casper, S. 326; Schumann, S. 159 ff; Wehrhahn, S. 136; HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 4; Hüffer, § 221 AktG Rn. 70; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 25; K. Schmidt/Lutter-Merkt, § 221 AktG Rn. 4. 374
A. Aktienerwerbsrechte von der Bezugsgesellschaft ausgestellt
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abschließende Regelung zu verstehen sein, die Abweichungen als aktienrechtlich unzulässig ausschließt. Läge der Vorschrift damit ein numerus clausus zulässiger Finanzierungsformen zugrunde, so würde gleichzeitig jegliche dem Identitätskonzept zuwiderlaufende Strukturierung diesen abschließenden Kanon der Finanzierungsinstrumente in gesetzeswidriger Weise sprengen.377 Gegen eine dahingehende Interpretation des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG sprechen indes neben historischen auch funktionale Erwägungen: Ausweislich der amtlichen Begründung zu § 174 AktG 1937, der inhaltsgleichen Vorgängerregelung zu § 221 AktG, sollte mit der Einführung dieser Vorschrift angesichts aufgetretener Missstände378 der Gebrauch von Wandelschuldverschreibungen „Sicherungen“ zugunsten der Altaktionäre unterworfen werden.379 Zur Zeit des Gesetzgebungsverfahrens, den (späten) 30er-Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts,380 waren dem Gesetzgeber die heutigen Ausgestaltungsmöglichkeiten einer Wandelschuldverschreibungsemission, darunter auch die Tatsache, dass sich ausgegebene Bezugsrechte nicht auf Anteile der emittierenden Gesellschaft beziehen, unbekannt, da entsprechende Emissionen erst über 30 Jahre später aufkamen.381 Bis zu diesem Zeitpunkt wurden Wandelschuldverschreibungen ausschließlich im Wege der Eigenemission ausgeben. Wenn der historische Gesetzgeber vor diesem Hintergrund den Schutz der (Alt-)Aktionäre verbessern wollte, erfolgte dies konsequenterweise allein unter Zugrundlegung der damals bekannten Ausgabemodalitäten einer Wandelschuldverschreibung. Dies spricht dafür, dass die Identitätskonzeption des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG lediglich aus einer gesetzgeberischen Reaktion auf die damalige Ausgabepraxis einer Wandelschuldverschreibung resultiert. Anderweitige Strukturierungen konnten bereits deshalb nicht bewusst als aktienrechtlich unzulässig ausgeschlossen werden, da sie dem historischen Gesetzgeber nicht bekannt waren.382 Auch funktionale Erwägungen sprechen gegen die Annahme, dass der Vorschrift ein abschließender Kanon der Finanzierungsinstrumente bei377
Gustavus, BB 1970, 694, 695. Siehe Klausing, S. 29 ff.; Schubert, Aktienrechtsreform, S. 752; Schubert/ Hommelhoff, Aktienrechtsreform Verhandlungsprotokolle, S. 566; ausführlich im Zusammenhang mit dem Rückerwerb eigener Aktien, Maltschew, S. 44 ff., 108 ff. 379 Klausing, Amtliche Begründung AktG 1937, S. 155; Schubert/Hommelhoff, Aktienrechtsreform Verhandlungsprotokolle, S. 566; Schlegelberger/Quassowski, § 174 AktG 1937 Rn. 1 ff. 380 Ausführlich zur Entwicklung der Aktienrechtsreform 1937, Schubert/Hommelhoff, Aktienrechtsreform Verhandlungsprotokolle, S. 11 ff. 381 Vgl. Casper, S. 326; Schumann, S. 92; Wehrhahn, S. 132. 382 Hoffmann, AG 1973, 49, 56; Silcher, FS Geßler, S. 185, 189; Wehrhahn, S. 132. 378
92 § 2 Einzelne Strukturierungsvarianten und ihre aktienrechtliche Zulässigkeit
zumessen ist: Grundsätzlich kann eine Aktiengesellschaft zur Deckung ihres Finanzbedarfes von einer weitgehenden Finanzierungsfreiheit Gebrauch machen.383 Soll dieser Kapitalbedarf durch die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen gedeckt werden, gewährleistet § 221 Abs. 1 S. 1 AktG die Entscheidungshoheit der Hauptversammlung im Rahmen von Kapitalmaßnahmen zur Bedienung eingeräumter Aktienerwerbsrechte.384 Damit hat die Vorschrift die Auswirkungen einer bestimmten Finanzierungsform auf die Rechtsstellung der (Alt-)Aktionäre im Blick und nicht die konstitutive Eröffnung der Möglichkeit, den Kapitalbedarf einer Aktiengesellschaft durch die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen zu decken.385 § 221 Abs. 1 S. 1 AktG versteht sich zuvörderst als Schutzvorschrift und nicht als abschließende Legitimationsgrundlage.386 Mithin enthält § 221 AktG keine abschließende Regelung über die in dieser Vorschrift geregelten Finanzierungsinstrumente. Ein numerus clausus der Finanzierungsformen lässt sich der Norm nicht entnehmen.387 c) Zwischenergebnis Zwar geht § 221 Abs. 1 S. 1 AktG in seinem unmittelbaren Anwendungsbereich davon aus, dass die Wandelschuldverschreibung im Wege der Eigenemission ausgegeben wird. Dies führt indes aufgrund des fehlenden abschließenden Charakters der Vorschrift nicht dazu, dass die aktienrechtliche Zulässigkeit der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung unter Auseinanderfallen von Emissions- und Bezugsgesellschaft allein aus diesem Grund angezweifelt werden könnte. 2. Verteilung von Fremd- und Eigenkapitalkomponente des Finanzierungsinstrumentes auf verschiedene Gesellschaften als Zulässigkeitshindernis? Allein die Tatsache, dass Abweichungen von dem § 221 Abs. 1 S. 1 AktG zugrunde liegenden Identitätskonzept möglich sind, erlaubt noch keinen endgültigen Schluss auf die Zulässigkeit der hier diskutierten Strukturie383
Siehe Fuchs, AG 1995, 433, 439; Lutter, FS Kastner, S. 145, 250. Ausführlich zur Zwecksetzung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG bereits oben S. 37 ff. 385 Siehe Wehrhahn, S. 133. 386 Siehe Wehrhahn, S. 133. 387 Hoffmann, AG 1973, 47, 49; Fuchs, AG 1995, 433, 439; Wohlfahrt/Brause, WM 1997, 397, 398; vgl. auch MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 37, m. w. N. 384
A. Aktienerwerbsrechte von der Bezugsgesellschaft ausgestellt
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rungsvariante, bei der die Bezugsgesellschaft die Bezugsrechte ausstellt. Weitergehende Bedenken ergeben sich daraus, dass § 221 Abs. 1 S. 1 AktG die Wandelschuldverschreibung als Kombination aus einem Eigen- und einem Fremdkapitaltitel definiert. Dieser charakteristische Mischtypus des Finanzierungsinstrumentes könnte durch das Auseinanderfallen von Emissions- und Bezugsgesellschaft in aktienrechtlich unzulässiger Weise verfälscht werden. a) Problemaufriss: Auswirkungen des Auseinanderfallens von Emissions- und Bezugsgesellschaft aus Finanzierungsgesichtspunkten Obschon § 221 Abs. 1 S. 1 AktG wie gesehen kein abschließender Charakter beigemessen werden kann, bestehen die Finanzierungsfreiheit einer Aktiengesellschaft und damit gleichzeitig die Ausgestaltungsmöglichkeiten für die von ihr eingesetzten Finanzierungsinstrumente allein in den aktienrechtlichen Grenzen.388 Was die Einräumung von Aktienerwerbsrechten anbelangt, sind Finanzierungsinstrumente grundsätzlich den Restriktionen des § 187 AktG, insbesondere dessen Absatz 2, unterworfen.389 Dabei stellt § 221 AktG gegenüber § 187 AktG eine spezialgesetzliche Regelung dar, sodass die Grenzen von § 187 AktG im Anwendungsbereich des § 221 AktG keine Geltung beanspruchen.390 § 221 Abs. 1 S. 1 AktG geht in seinem unmittelbaren Anwendungsbereich davon aus, dass die Aktiengesellschaft ein Finanzierungsinstrument ausgibt, das einen Eigen- und einen Fremdkapitaltitel kombiniert.391 Demgegenüber führt das Auseinanderfallen von Emissions- und Bezugsgesellschaft zu einer Trennung der Fremdkapital- von der Eigenkapitalkomponente einer Wandelschuldverschreibung: Den Eigenkapitalbezug vermittelt aus Sicht der Bezugsgesellschaft die Ausstellung der Aktienerwerbsrechte; Fremdkapitalfinanzierung liegt indes aus ihrer Sicht allein insoweit vor, wie der von Seiten der Emissionsgesellschaft vereinnahmte Anleiheerlös an die Bezugsgesellschaft weitergeleitet wird.392 Aus Sicht der Bezugsgesellschaft hängt damit der Umfang ihrer Beteiligung am Fremdkapitalelement der Wandelschuldverschreibung allein von 388
Fuchs, AG 1995, 433, 439. KK-Lutter, § 187 AktG Rn. 16 ff.; siehe auch Hüffer, § 187 AktG Rn. 3 ff. 390 Ausführlich dazu bereits oben S. 44; Fuchs, AG 1995, 433, 449; Kniehase, S. 66 ff. 391 Hüffer, § 221 AktG Rn. 2; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 9, 12, 24. 392 Siehe dazu bereits oben S. 76; vgl. ausführlich im Zusammenhang mit § 194 AktG, unten S. 246 ff. 389
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der Ausgestaltung des Innenverhältnisses zwischen ihr und der Emissionsgesellschaft ab. Während die Bezugsgesellschaft im Rahmen des fremdnützigen Anleihemodells aufgrund der auftragsgemäßen Abführung393 des Anleiheerlöses noch vollumfänglich davon profitiert, muss dies bei eigennützigen Strukturierungen nicht immer der Fall sein: Vielmehr bedarf es in diesen Fällen einer (darlehensweisen) Weiterleitung des entsprechenden Betrages.394 Unterbleibt dies etwa bei rein eigennützigen Strukturierungen und verbleibt dementsprechend der Anleiheerlös bei der Emissionsgesellschaft, stellt sich die Ausstellung des Bezugsrechts aus Sicht der Bezugsgesellschaft als Finanzierungsmaßnahme ohne jeden Fremdkapitalbezug dar. Dies spricht dafür, eine solche Wandelschuldverschreibung aus Sicht der Bezugsgesellschaft nicht mehr als Mischfinanzierung zwischen Eigen- und Fremdkapital anzusehen, sondern vielmehr als bloße Eigenkapitalmaßnahme in Form der Ausgabe reiner Bezugsrechte zu klassifizieren.395 aa) Berücksichtung des Anleiheerlöses im Konzernverbund? Für Fälle konzerninterner Strukturierungen lässt sich dieser These – eigennützigen Ausgabevarianten einer Wandelschuldverschreibung kann aus Sicht der Bezugsgesellschaft das Element der Fremdkapitalfinanzierung fehlen – entgegenhalten, dass dabei zu Unrecht der Verbleib des Anleiheerlöses bei der Emissionsgesellschaft unberücksichtigt bleibe.396 Sobald die Emissionsgesellschaft über ein Konzernverhältnis mit der Bezugsgesellschaft verbunden sei, profitiere die Bezugsgesellschaft über dieses Konzernverhältnis quasi mittelbar auch von der Anleihekomponente des Finanzierungsinstrumentes: Der Anleihebetrag käme dem Konzernverbund zugute.397 Die Ausgabe eines derartigen Finanzierungsinstrumentes stelle sich als Kapitalbeschaffung des Gesamtkonzerns dar.398 Insofern würde sich die Strukturierung auch aus Sicht der Bezugsgesellschaft wiederum als Mischfinanzierung zwischen Eigen- und Fremdkapital erweisen und wäre nicht mit der Ausgabe reiner Bezugsrechte vergleichbar. Dem ist zunächst zuzugeben, dass in der Praxis die von einer Tochtergesellschaft aufgenommenen Fremdkapitalia oftmals anderen Konzerngesellschaften oder der Muttergesellschaft zur Verfügung gestellt werden.399 Der 393
Siehe oben S. 75. Siehe oben S. 76; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 49. 395 Siehe G/H/E/K-Karollus, § 221 Rn. 28. 396 Vgl. Martens, FS Stimpel, S. 621, 628 f.; Schaub, AG 1972, 340 ff.; Silcher, FS Geßler, S. 185, 192; siehe auch Münch.Hdb.AG-Krieger, § 63 Rn. 31. 397 Silcher, FS Geßler, S. 185, 192; vgl. Münch.Hdb.AG-Krieger, § 63 Rn. 31. 398 Schaub, AG 1972, 340 ff.; Silcher, FS Geßler, S. 185, 192. 394
A. Aktienerwerbsrechte von der Bezugsgesellschaft ausgestellt
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Konzernverbund profitiert insofern von der Fremdkapitalaufnahme einer Tochtergesellschaft. Gleichwohl beinhaltet die Betonung einer derartigen konzernumfassenden Sichtweise der Fremdkapitalaufnahme eine Abkehr von der konzernrechtlichen Trennungstheorie,400 nach der auch im Konzernverbund Kapitalgesellschaften und ihre Vermögensmassen auseinanderzuhalten sind. Diese Trennung umfasst insbesondere auch die jeweiligen Aktiva und Passiva der im Konzern verbundenen Unternehmen401 und damit gleichzeitig die Trennung von Eigenkapital- und Fremdkapitalmaßnahmen der einzelnen Konzerngesellschaften. Infolgedessen kann die Fremdkapitalmaßnahme eines Konzernunternehmens nicht vorbehaltslos mit derjenigen eines anderen konzernzugehörigen Unternehmens gleichgesetzt werden. Dieser separaten Betrachtung der einzelnen Konzernunternehmen steht die einheitliche Sichtweise der Konzernrechnungslegung nicht entgegen:402 Zwar werden im Rahmen des Konzernabschlusses die Bilanzen der Muttergesellschaft und der Tochtergesellschaft konsolidiert, um derart ein einheitliches Bild der (Gesamt-)Lage des Konzernverbundes zu vermitteln.403 Die Konzernrechnungslegung dient aber ausschließlich Informationszwecken404 und soll potentiellen und gegenwärtigen Anlegern entscheidungserhebliche Kenntnisse über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns vermitteln. Ausschlaggebend in aktienrechtlicher Hinsicht, etwa im Zusammenhang möglicher Gewinnausschüttungen, bleiben aber allein die Jahresabschlüsse der einzelnen Konzernunternehmen.405 Um mithin die grundsätzliche Trennung der Finanzierungsmaßnahmen der einzelnen Konzernunternehmen aufrechtzuerhalten, erscheint es vorzugswürdig, nicht davon auszugehen, dass die Fremdkapitalaufnahme einer Tochtergesellschaft allein aufgrund des Konzernverbundes gleichzeitig der Muttergesellschaft zugute kommt.
399
HB Konzernfinanzierung-Theisen, Rz. 22.1. Siehe Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 20 IV; HB Konzernfinanzierung-Baums/Vogel, Rz. 9.44. 401 Siehe HoldingHB-Lutter/Trölitzsch, § 7 Rn. 3, 9 ff. 402 Siehe dazu im Überblick HB börsennotierte AG-Nonnenmacher, § 53 Rn. 2 ff. 403 HB börsennotierte AG-Nonnenmacher, § 56 Rn. 3. 404 Thiel/Lüdtke-Handjery, S. 335; HB börsennotierte AG-Nonnenmacher, § 56 Rn. 2. 405 Vgl. MünchKommAktG-Kropff, § 172 Rn. 85, 86; ders., a. a. O., § 174 Rn. 8; jeweils m. w. N. 400
96 § 2 Einzelne Strukturierungsvarianten und ihre aktienrechtliche Zulässigkeit
bb) Zwischenergebnis Im Ergebnis hat der Verbleib des Anleiheerlöses im Konzernverbund aus Sicht der Bezugsgesellschaft keinen Einfluss auf die Qualifizierung eines Finanzierungsinstrumentes als Kombination aus einem Fremdkapital- und einem Eigenkapitaltitel i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 AktG. Dies bedeutet zugleich, dass es durch das Auseinanderfallen von Bezugs- und Emissionsgesellschaft zu einer Verfälschung des Charakters einer Wandelschuldverschreibung als Mischform zwischen Eigen- und Fremdkapitalfinanzierung kommen kann: In dem Umfang, in dem eine Weiterleitung des Anleiheerlöses von der Emissionsgesellschaft an die Bezugsgesellschaft unterbleibt, entbehrt die Strukturierung aus Sicht der Bezugsgesellschaft eines Fremdkapitalelementes. Vor dem Hintergrund, dass § 221 Abs. 1 S. 1 AktG als spezialgesetzliche Regelung Wandelschuldverschreibungen, die eine Kombination aus einem Fremdkapitalelement und einer Eigenkapitalfinanzierungsmaßnahme beinhalten, von den Restriktionen des § 187 AktG freistellt,406 ist damit gleichzeitig die Frage aufgeworfen, ob und inwieweit sich derartige Strukturierungsvarianten in aktienrechtlich zulässiger Weise in die Systematik der §§ 187, 221 AktG einfügen lassen. b) Konsequenzen für Reichweite des Anwendungsbereiches von § 187 AktG und Folgen für die aktienrechtliche Zulässigkeit dieser Strukturierungsvariante Da insofern das Auseinanderfallen von Emissions- und Bezugsgesellschaft zu einer Verfälschung des Charakters einer Wandelschuldverschreibung als Hybrid zwischen Eigen- und Fremdkapitalfinanzierung führen kann, bleibt im Folgenden zu untersuchen, ob und inwiefern sich daraus Konsequenzen für den Umfang der Freistellungsfunktion407 des § 221 Abs. 1 AktG gegenüber § 187 Abs. 2 AktG ergeben oder weitergehende Bedenken gegen die aktienrechtliche Zulässigkeit derartiger Ausgabevarianten einer Wandelschuldverschreibung geltend gemacht werden können. Dabei wird im Folgenden danach differenziert, ob der Anleiheerlös von der Emissionsgesellschaft an die Bezugsgesellschaft weitergeleitet wird (sub aa)) oder nicht (sub bb)).
406
Siehe oben S. 45. Die Freistellungsfunktion resultiert aus dem Spezialitätsverhältnis von § 221 AktG zu § 187 AktG; siehe oben S. 45. 407
A. Aktienerwerbsrechte von der Bezugsgesellschaft ausgestellt
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aa) Anleiheerlös wird (teilweise) an die Bezugsgesellschaft weitergeleitet Wird der Anleiheerlös an die Bezugsgesellschaft weitergeleitet, ist die Bezugsgesellschaft sowohl an der Fremdkapital- als auch an der Eigenkapitalkomponente des Finanzierungsinstrumentes beteiligt. Dies gilt unabhängig davon, ob der Anleiheerlös wie im fremdnützigen Strukturierungsmodell aufgrund eines Auftrags- oder Geschäftsbesorgungsverhältnisses oder, wie im Rahmen eines eigennützigen Anleihemodells, mittels eines Darlehens an die Bezugsgesellschaft weitergeleitet wird.408 In beiden Fällen bleibt aus Sicht der Bezugsgesellschaft die charakteristische Mischfinanzierung einer Wandelschuldverschreibung erhalten. Dies spricht dafür, auch diese Strukturierungsvarianten an der Freistellungsfunktion des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG gegenüber § 187 AktG teilhaben zu lassen; gleichzeitig entfielen damit weitere Bedenken gegen die aktienrechtliche Zulässigkeit derartiger Strukturierungsvarianten. Zweifel daran würden sich allein dann ergeben, wenn der Anleiheerlös lediglich teilweise an die Bezugsgesellschaft weitergeleitet wird und § 221 Abs. 1 S. 1 AktG zugleich von einer bestimmten – etwa paritätischen – Gewichtung der Fremd- und der Eigenkapitalkomponente einer Wandelschuldverschreibung in wirtschaftlicher Hinsicht ausginge: Wäre bei der nur teilweisen Weiterleitung des Anleiheerlöses aus Sicht der Bezugsgesellschaft dieses etwaige Verhältnis nicht mehr gewahrt, so würde dies gleichzeitig Zweifel bei der Klassifizierung des Finanzierungsinstrumentes als Wandelschuldverschreibung i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 AktG aufwerfen. Indes lässt sich weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus der Gesetzgebungsgeschichte409 des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG bzw. seiner Vorgängervorschrift410 das Erfordernis einer bestimmten Gewichtung der Fremdkapitalzu der Eigenkapitalkomponente herleiten.411 Entsprechendes ergibt sich auch unter Berücksichtigung der Zwecksetzung der Norm: § 221 Abs. 1 S. 1 AktG hat den Schutz der Entscheidungsfreiheit der Hauptversammlung bei Kapitalmaßnahmen zur Bedienung eingeräumter Aktienerwerbsrechte im Blick.412 Diese Zwecksetzung resultiert allein aus der Eigenkapitalkom408
Siehe oben S. 75 sowie S. 76. Vgl. Klausing, Amtliche Begründung AktG 1937, S. 155; Schubert/Hommelhoff, Aktienrechtsreform Verhandlungsprotokolle, S. 566 f. 410 § 174 AktG 1937; siehe dazu bereits oben S. 91. 411 Fuchs, AG 1995, 433, 450; Rosener, FS G. Bezzenberger, S. 745, 753; Schäfer, ZGR Sonderheft 16 (2000), S. 62, 79; HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 12; siehe auch G/H/E/K-Karollus, § 221 Rn. 30; Hüffer, § 221 AktG Rn. 11; anders Martens, AG 1989, 69, 72 f.; GroßkommAktG-Frey, § 192 Rn. 71. 412 Siehe oben S. 39 ff. 409
98 § 2 Einzelne Strukturierungsvarianten und ihre aktienrechtliche Zulässigkeit
ponente der Strukturierung in Form des Bezugsrechts. Die Frage, welche wirtschaftliche Bedeutung der Schuldverschreibung im Verhältnis zu den eingeräumten Aktienerwerbsrechten zukommt, ist dabei nicht ausschlaggebend. Damit kann die wirtschaftliche Bedeutung der Fremdkapitalkomponente untergeordnet sein; sofern sie bilanzwirksam feststellbar ist, kann dem Finanzierungsinstrument der gesetzlich in § 221 Abs. 1 S. 1 AktG vorgegebene Mischcharakter nicht abgesprochen werden.413 Solange also der Schuldverschreibungserlös zumindest teilweise von der Emissionsgesellschaft an die Bezugsgesellschaft weitergeleitet wird, entspricht das Finanzierungsinstrument den Anforderungen des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG, da es aus Sicht der Bezugsgesellschaft aus einem Fremdkapitalund einem Eigenkapitalelement besteht. Dementsprechend ergeben sich in diesen Fällen gleichzeitig keine Bedenken, diese Finanzierungsinstrumente an der Freistellungsfunktion des, gegenüber § 187 AktG spezialgesetzlichen, § 221 AktG teilhaben zu lassen.414 Weitere Zweifel bzgl. der aktienrechtlichen Zulässigkeit entsprechender Strukturierungsvarianten einer Wandelschuldverschreibungsemission bestehen nicht. bb) Anleiheerlös verbleibt bei der Emissionsgesellschaft Zu untersuchen bleibt, ob dies auch dann gilt, wenn der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung ein rein eigennütziges Anleihemodell zugrunde liegt415 und der Anleiheerlös nicht an die Bezugsgesellschaft weitergeleitet wird, sondern bei der Emissionsgesellschaft verbleibt.416 In diesen Fällen entbehrt die ausgegebene Wandelschuldverschreibung aus Sicht der Bezugsgesellschaft jeglichen Fremdkapitalcharakters. Die Bezugsgesellschaft ist allein über die Ausgabe ihrer Bezugsrechte an dem Finanzierungsinstrument beteiligt. Aus ihrer Sicht besteht in diesen Fällen kein Unterschied zur Emission reiner Bezugsrechte.417 Damit ist gleichzeitig der Problemkreis angesprochen, ob und inwiefern eine Aktiengesellschaft zulässigerweise reine Bezugsrechte ausgeben darf:418 Würde sich herausstellen, dass einer Aktiengesellschaft die Aus413 Fuchs, AG 1995, 433, 450; Rosener, FS G. Bezzenberger, S. 745, 753; Schäfer, ZGR Sonderheft 16 (2000), S. 62, 79; HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 12. 414 Siehe oben S. 45. 415 Siehe oben S. 76. 416 Abgesehen von dem auf Anleiheagio bzw. Zinsvorteil entfallenden Betrag, der im Rahmen eigennütziger Strukturierungen abzuführen ist; siehe dazu oben S. 77 ff. 417 Vgl. zu dieser Parallele HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 11.
A. Aktienerwerbsrechte von der Bezugsgesellschaft ausgestellt
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gabe reiner Bezugsrechte versagt ist, so wäre gleichzeitig die hier vorzustellende Strukturierungsvariante einer Wandelschuldverschreibungsemission dann unzulässig, wenn der Anleiheerlös nicht an die Bezugsgesellschaft weitergeleitet wird. Ausschlaggebend ist daher die Frage, ob und inwieweit die Emission reiner Bezugsrechte mit dem geltenden Aktienrecht in Einklang zu bringen ist. (1) Zulässigkeit der Ausgabe reiner Bezugsrechte nach § 221 Abs. 1 S. 1 AktG? Teilweise werden reine Bezugsrechte als Finanzierungsinstrumente nach § 221 Abs. 1 S. 1 AktG angesehen:419 Reine Bezugsrechte seien Wandelschuldverschreibungen im weiteren Sinne, da sie gegenüber der Gesellschaft im Sinne der Legaldefinition einer Schuldverschreibung nach § 783 BGB einen Leistungsanspruch in Form eines Anspruchs auf Aktienerwerb verbrieften.420 Dahingehende Erwägungen können indes bereits deshalb nicht überzeugen, da sich eine Wandelschuldverschreibung nach § 221 Abs. 1 S. 1 AktG gerade nicht auf ein wie auch immer geartetes Schuldverschreibungselement beschränkt, sondern vielmehr die Schuldverschreibung und ein Aktienerwerbsrecht als zwei separate Bestandteile eines einheitlichen Finanzierungsinstrumentes enthält. Damit kommt zum Ausdruck, dass das Gesetz ein Aktienerwerbsrecht gerade nicht als Schuldverschreibung klassifiziert, sondern als separates Element neben diese stellt. Aufgrund des insofern fehlenden Schuldverschreibungselementes können reine Bezugsrechte mithin nicht als Finanzierungsinstrumente nach § 221 Abs. 1 S. 1 AktG klassifiziert werden.421 (2) Zulässigkeit der Ausgabe reiner Bezugsrechte und ihre Verortung in § 221 AktG Allein daraus, dass die Ausgabe reiner Bezugsrechte aufgrund des fehlenden Schuldverschreibungselementes nicht § 221 Abs. 1 S. 1 AktG unterfällt, kann indes nicht geschlossen werden, dass ihre Emission aktienrechtlich unzulässig ist. Vielmehr spricht das Fehlen der Anleihekomponente al418 Siehe im Überblick zur Darstellung des Meinungsstands GroßkommAktGFrey, § 192 Rn. 63 ff.; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 36 ff.; jeweils m. w. N. 419 Roth/Schoneweg, WM 2002, 677, 681. 420 Roth/Schoneweg, WM 2002, 677, 681. 421 Kuntz, AG 2004, 480, 483.
100 § 2 Einzelne Strukturierungsvarianten und ihre aktienrechtliche Zulässigkeit
lein dagegen, diese Finanzierungsinstrumente dem Abs. 1 des § 221 AktG unterfallen zu lassen. Im Folgenden bleibt damit die Zulässigkeit der Emission reiner Bezugsrechte außerhalb422 von § 221 Abs. 1 AktG sowie, falls sich besondere Zulässigkeitsbedenken nicht ergeben, ihre genaue Verortung in § 221 AktG zu untersuchen. (a) Notwendigkeit eines Fremdkapitalelements außerhalb des § 221 Abs. 1 AktG? Ein Zulässigkeitshindernis könnte auch außerhalb des § 221 Abs. 1 AktG bereits darin liegen, dass reinen Bezugsrechten ein Fremdkapitalelement fehlt. In der Literatur wird das Fremdkapitalelement teilweise zur Voraussetzung der Bezugsrechtsausgabe erhoben:423 Erst das Fremdkapitalelement ermögliche eine Abgrenzung zu § 187 AktG; allein in Verbindung mit einer Schuldverschreibung werde die Emission von Bezugsrechten von den Restriktionen des § 187 AktG freigestellt.424 Im Ergebnis macht dieser Ansatz die Fremdkapitalkomponente zum umfassenden Zulässigkeitskriterium der Ausgabe von Aktienerwerbsrechten. Diese Betonung des Fremdkapitalelements sieht sich indes folgenden Bedenken ausgesetzt: Mit der Einführung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG bzw. seiner Vorgängervorschrift bezweckte der Gesetzgeber eine Verbesserung des Schutzes der (Alt-)Aktionäre.425 Anhand des bereits bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung erforderlichen Hauptversammlungsbeschlusses wird die Entscheidungshoheit der Hauptversammlung gewährleistet.426 Einen dahingehenden Schutz macht allein das in einer Wandelschuldverschreibung verbriefte Aktienerwerbsrecht erforderlich; das Schuldverschreibungselement ist diesbezüglich nicht von Bedeutung. Dies spricht dafür, dass die Regelung der Bezugsrechtsausgabe gerade im Zusammenhang mit einer Schuldverschreibung allein anlässlich der herkömmlicherweise auf diesem Wege ausgegebenen Aktienerwerbsrechte erfolgte.427 Ein eigenständiges Regelungsbedürfnis ergibt sich aus der Ausgabe einer 422 Eine analoge Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG auf die Ausgabe reiner Bezugsrechte kann erst dann in Betracht gezogen werden, wenn feststeht, dass reine Bezugsrechte auch nicht in § 221 Abs. 3 AktG zu verorten sind (ausführlich dazu sogleich sub (e)); anderenfalls fehlte es an einer ausfüllungsbedürftigen Regelungslücke. 423 KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 185, 186; ders., a. a. O., § 192 AktG, Rn. 9. 424 KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 185, 186; ders., a. a. O., § 192 AktG, Rn. 9. 425 Siehe oben S. 91. 426 Siehe oben S. 39 ff. 427 Vgl. Hoffmann, AG 1973, 49, 56; Silcher, FS Geßler, S. 185, 189; Wehrhahn, S. 132.
A. Aktienerwerbsrechte von der Bezugsgesellschaft ausgestellt
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Schuldverschreibung nicht. Bereits dies steht der Betonung eines Fremdkapitalelementes bei der Ausgabe von Aktienerwerbsrechten entgegen. Gleiches ergibt sich daraus, dass bei der Emission einer Wandelschuldverschreibung i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 AktG die Bedeutung des Fremdkapitalelements in wirtschaftlicher Hinsicht nicht derjenigen des Eigenkapitalelementes in Form des Aktienerwerbsrechts entsprechen muss.428 Vielmehr steht das Aktiengesetz der Ausgabe eines Finanzierungsinstrumentes nicht entgegen, bei dem das Fremdkapitalelement einen geringen Anteil ausmacht.429 Spräche man nun diesem Fremdkapitalelement grundlegende Bedeutung für die Emission von Aktienerwerbrechten zu, so würde es zugleich in eine Position erhoben, die dergestalt nicht im Gesetz angelegt ist. Im Ergebnis sprechen damit die besseren Argumente dafür, außerhalb des § 221 Abs. 1 AktG die fehlende Schuldverschreibungskomponente nicht als Zulässigkeitshindernis der Ausgabe reiner Bezugsrechte anzusehen. (b) Reine Bezugsrechte als Gefahr für Übersichtlichkeit der Eigenkapitalstruktur? Teilweise wird die Unzulässigkeit der Ausgabe reiner Bezugsrechte auf eine Gefahr für die Übersichtlichkeit der Eigenkapitalstruktur gestützt: Aus § 221 Abs. 1 AktG und der Zweckbeschränkung des § 192 Abs. 2 AktG wird auf eine restriktive Haltung des Gesetzgebers gegenüber der Ausgabe von Bezugsrechten geschlossen.430 Der Grund dafür liege nicht zuletzt in der Gewährleistung der Übersichtlichkeit der Eigenkapitalstruktur, welche durch reine Bezugsrechte insofern gefährdet werde, als dass der Eigenkapitalzufluss bei der Ausübung eingeräumter Bezugsrechte allein an ihren zukünftigen Börsenkurs gekoppelt sei.431 Dieser Forderung nach einer übersichtlichen Eigenkapitalstruktur kann aufgrund ihrer Funktion für den Anleger- und Gläubigerschutz schwerlich pauschal entgegengehalten werden, dass sie angesichts der modernen wirtschaftlichen Realität hochkomplexer Finanzierungsinstrumente und wachsender Derivativmärkte nicht mehr zeitgemäß erscheine.432 Ausschlag428
Siehe oben S. 97. Vgl. Fuchs, AG 1995, 433, 449; Paefgen, AG 1999, 67, 70; Wehrhahn, S. 154; von einer Notwendigkeit derartiger Strukturierungen spricht Schäfer, ZGR Sonderheft 16 (2000), S. 62, 79; siehe dazu bereits oben S. 97. 430 KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 185, 186; siehe zu § 192 AktG ausführlich unten S. 265 ff. 431 Siehe Martens, FS Stimpel, S. 621, 629 f.; ders., AG 1989, 69, 73; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 185. 432 Siehe Paefgen, AG 1999, 67, 70 ff.; sowie Weiß, S. 159. 429
102 § 2 Einzelne Strukturierungsvarianten und ihre aktienrechtliche Zulässigkeit
gebend erscheint vielmehr ein Vergleich mit der Emission herkömmlicher Optionsanleihen. Auch diese verbriefen Bezugsrechte,433 die nach der Emission von der Anleihe separiert und getrennt gehandelt werden können.434 Bereits in diesen Fällen kommt es insofern zu einem Handel mit Bezugsrechten; dem Aktiengesetz sind entsprechende Vorgänge mithin nicht fremd. Damit gefährdet die Emission reiner Bezugsrechte die Übersichtlichkeit der Eigenkapitalstruktur nicht mehr als die Ausgabe herkömmlicher Optionsanleihen. Dies spricht dagegen, die aktienrechtliche Zulässigkeit reiner Bezugsrechte unter Verweis auf eine Gefährdung der Übersichtlichkeit der Eigenkapitalstruktur in Frage zu stellen. (c) Unzulässigkeit reiner Bezugsrechte aufgrund erhöhter Spekulationsgefahr? Weiter wird die Zulässigkeit reiner Bezugsrechte unter Verweis auf eine erhöhte Spekulationsgefahr zulasten der Gesellschaft angezweifelt: Die Bezugsrechte würden allein dann ausgeübt, wenn sich der Bezugspreis günstiger als der Börsenkurs entwickele; dadurch würden der Aktiengesellschaft Finanzierungsmöglichkeiten entgehen.435 Dem bleibt wiederum entgegenzuhalten, dass der Gesetzgeber identische spekulationsbedingte Nachteile bei der Ausgabe von Optionsanleihen nach § 221 Abs. 1 S. 1 AktG bewusst in Kauf nimmt.436 Überdies fließt die Prämie, die für Bezugsrechte gezahlt wird, sofort den Rücklagen der Gesellschaft zu.437 Wird das Bezugsrecht nicht ausgeübt, so bleibt der Gesellschaft immer noch der Finanzvorteil, diese Prämie vereinnahmt zu haben;438 dieser Vorteil steht ihr ohne eine weitere Gegenleistung zu.439 Abgesehen davon sind bei der Beurteilung eines Spekulationsrisikos im Zusammenhang mit der Ausgabe reiner Bezugsrechte auch diejenigen Vorteile in Rechnung zu stellen, die eine Gesellschaft durch eine entsprechende Emission erzielen kann: Während sich der Emissionserlös pro Aktie aus einer ordentlichen Kapitalerhöhung 433
Siehe oben S. 64. Martens, AG 1989, 69, 70; Schlitt/Löschner, BKR 2002, 150, 151; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 150 f.; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 32; K. Schmidt/ Lutter-Merkt, § 221 AktG Rn. 28. 435 Martens, AG 1989, 69, 73; ders., Bilanzierung, S. 159; KK-Lutter, § 192 AktG Rn. 9. 436 Siehe Steiner, WM 1990, 1776, 1778. 437 Siehe zur Erforderlichkeit der Weiterleitung von Anleiheagio bzw. Zinsvorteil oben S. 77 ff. 438 Steiner, WM 1990, 1776, 1778. 439 Fuchs, AG 1995, 433, 436 f.; Kuntz, AG 2004, 480; Schlitt/Löschner, BKR 2002, 150, 151; Wehrhahn, S. 154 f. 434
A. Aktienerwerbsrechte von der Bezugsgesellschaft ausgestellt
103
erfahrungsgemäß in einer Bandbreite von 70–80 % des aktuellen Börsenkurses bewegt,440 wird für reine Bezugsrechte üblicherweise ein Ausübungspreis in der Nähe des Aktienkurses im Ausgabezeitpunkt festgelegt.441 Damit erhält die Gesellschaft im Falle der Ausübung des Erwerbsrechts eine weitaus höhere Kapitalzufuhr pro Aktie als im Rahmen einer regulären Kapitalerhöhung.442 Im Ergebnis kann die Unzulässigkeit der Ausgabe reiner Bezugsrechte nicht mit einer erhöhten Spekulationsgefahr zulasten der Gesellschaft begründet werden. (d) Unzulässigkeit reiner Bezugsrechte nach Inkrafttreten des KontraG? Ferner wird die Unzulässigkeit der Ausgabe reiner Bezugsrechte darauf gestützt, dass der Gesetzgeber im Zuge der Änderung des § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG infolge des Inkrafttretens des KonTraG443 bewusst deren Emission nicht umfassend, sondern allein beschränkt auf Mitarbeiter-Aktienoptionen geregelt habe.444 Die ausgelassene Normierungsmöglichkeit reiner Bezugsrechte zu allgemeinen Finanzierungszwecken lasse den Schluss darauf zu, dass der Gesetzgeber nicht von ihrer Zulässigkeit überzeugt sei.445 Dagegen spricht indes, dass die Neuerungen, ausweislich der Gesetzesbegründung, lediglich eine Erweiterung des Anwendungsbereiches der bedingten Kapitalerhöhung bezwecken und die Ausgabe von Bezugsrechten an Führungskräfte erleichtern sollten.446 Eine abschließende Beurteilung der Zulässigkeit reiner Bezugsrechte zu allgemeinen Finanzierungszwecken kann dieser Neuregelung nicht entnommen werden.447 Diese Frage ist insbesondere von der Mög440
Siehe Maier-Reimer, GS Bosch, S. 85, 87. Fuchs, AG 1995, 433, 435. 442 Claussen, WM 1997, 1825, 1832; Fuchs, AG 1995, 433, 435 f.; Schlitt/Löschner, BKR 2002, 150, 151. 443 Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich, BGBl. I 1998, 786 ff.; siehe dazu noch unten S. 276 f. 444 § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG ist fortan als alleinige und abschließende Rechtsgrundlage der Emission derartiger Wertpapiere (Ausgabe reiner Bezugsrechte zu Vergütungszwecken) anzusehen; siehe Klahold, S. 266; Wulff, S. 39 (bei und in Fn. 128). 445 Lutter, ZIP 1997, 1, 7; Weiß, WM 1999, 353, 356; Zimmer, DB 1999, 999, 1001; zweifelnd auch Claussen, WM 1997, 1825, 1832; Schäfer, ZGR Sonderheft 16 (2000), S. 62, 79. 446 Vgl. dazu den Regierungsentwurf zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 23 f.; Schlitt/Löschner, BKR 2002, 150, 154. 447 Schlitt/Löschner, BKR 2002, 150, 154; Wehrhahn, BKR 2003, 124 f.; so im Ergebnis auch OLG Stuttgart, ZIP 2002, 1807, 1809. 441
104 § 2 Einzelne Strukturierungsvarianten und ihre aktienrechtliche Zulässigkeit
lichkeit ihrer Bedienung mittels bedingten Kapitals zu trennen:448 Obschon die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen und ihre Bedienung mit bedingtem Kapital in rechtlicher (vgl. § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG) wie tatsächlicher Hinsicht449 eng miteinander verzahnt sind, setzt die Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung ihre Sicherbarkeit mit bedingtem Kapital nicht voraus.450 Im Ergebnis lässt sich auch aus den Änderungen des § 192 AktG durch das KontraG kein Zulässigkeitshindernis in Bezug auf die Ausgabe reiner Bezugsrechte zu allgemeinen Finanzierungszwecken herleiten. (e) Bedenken gegen die Zulässigkeit reiner Bezugsrechte aus § 187 AktG? Zur Begründung der Unzulässigkeit der Emission reiner Bezugsrechte wird schließlich auf § 187 AktG verwiesen. Eine unmittelbare Aussage über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Emission reiner Bezugsrechte lässt sich § 187 AktG dabei nicht entnehmen. Diese Vorschrift stellt lediglich die Ausgabe von rechtsgeschäftlich eingeräumten Bezugsrechten unter den Vorbehalt des gesetzlichen Bezugsrechts der Aktionäre (§ 187 Abs. 1 AktG) und schränkt ihre Bindungswirkung gegenüber der Gesellschaft ein (§ 187 Abs. 2 AktG).451 Das in diesem Zusammenhang gegen die Zulässigkeit einer Bezugsrechtsemission vorgebrachte Argument erschließt sich erst aus der systematischen Verbindung von § 187 AktG einerseits und § 221 AktG andererseits: In seinem Anwendungsbereich geht § 221 AktG der Regelung des § 187 als spezialgesetzliche Regelung vor.452 Ausgehend von diesem Spezialitätsverhältnis wird argumentiert, dass die Zulässigkeit der Ausgabe reiner Bezugsrechte als Finanzierungsinstrument i. S. d. § 221 AktG das Regel-Ausnahmeverhältnis beider Vorschriften umkehre und den Anwendungsbereich des § 187 AktG aushebeln würde.453 Eine Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen bedarf zweier Schritte: Zum einen gilt es darzulegen, dass auch reine Bezugsrechte dem Anwendungsbereich des § 221 AktG unterfallen können (sub (aa)); anderenfalls wären reine Bezugsrechte nicht von der Freistellungsfunktion454 des § 221 448
Vgl. OLG Stuttgart, ZIP 2002, 1807, 1809; Wehrhahn, BKR 2003, 124 f. In der Praxis erfolgt die Beschlussfassung über die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen zumeist im Zusammenhang mit einer Beschlussfassung über eine bedingte Kapitalerhöhung; vgl. Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 256 f.; Spiering/Grabbe, AG 2004, 91; jeweils m. w. N.; siehe auch oben bei und in Fn. 78. 450 GroßkommAktG-Frey, § 192 Rn. 53. 451 Siehe Hüffer, § 187 AktG Rn. 1; KK-Lutter, § 187AktG Rn. 16 ff. 452 Siehe oben S. 45. 453 KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 185. 449
A. Aktienerwerbsrechte von der Bezugsgesellschaft ausgestellt
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AktG umfasst und ein Abgrenzungsproblem zu § 187 AktG würde sich nicht stellen. In einem weiteren Schritt gilt es zu klären, ob und inwiefern damit eine Sinnentleerung des § 187 AktG verbunden ist, die der Zulässigkeit der Emission reiner Bezugsrechte im Ergebnis entgegensteht (sub (bb)). (aa) Reine Bezugsrechte als Genussrechte i. S. d. § 221 Abs. 3 AktG Bereits oben wurde festgestellt, dass reine Bezugsrechte nicht § 221 Abs. 1 S. 1 AktG unterfallen. In Betracht kommt aber ihre Klassifizierung als Genussrechte nach § 221 Abs. 3 AktG:455 Genussrechte gewähren einen schuldrechtlichen Anspruch auf aktionärstypische Vermögensrechte.456 § 221 Abs. 3 AktG geht insofern von Finanzierungsinstrumenten aus, die unmittelbar mit Aktionärsinteressen konfligieren.457 Typischerweise entsteht eine derartige Interessenkollision durch die Beteiligung Außenstehender am Gewinn oder Liquidationserlös einer Aktiengesellschaft.458 Genussrechte sind aber nicht auf ebendiese Beteiligungen beschränkt; bei der Einräumung anderer Rechtspositionen kann es ebenfalls zu der einem Genussrecht typischen Kollision mit Aktionärsinteressen kommen,459 die im Ergebnis die Einordnung einer derartigen Rechtsposition als Genussrecht i. S. d. § 221 Abs. 3 AktG rechtfertigt.460 Auch die hier in Rede stehende Einräumung von (reinen) Bezugsrechten konfligiert mit Aktionärsinteressen: Werden die Aktienerwerbsrechte ausgeübt und neue Aktien gezeichnet,461 so reduziert sich sowohl die Stimmrechtsmacht als auch die vermögensmäßige Beteiligung der Anteile der (Alt-)Aktionäre.462 Überdies stehen rechtsgeschäftlich eingeräumte Bezugsrechte in Konkurrenz zu dem mitgliedschaftsrechtlich vermittelten gesetzlichen Bezugsrecht der (Alt-)Aktionäre.463 454
Siehe oben in Fn. 407 sowie S. 44 f. Grundlegend Fuchs, AG 1995, 433 ff.; vgl. allgemein zu Genussrechten nach § 221 Abs. 3 AktG, Sethe, AG 1993, 293 ff.; HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 72 f.; Unternehmensfinanzierung-Berghaus/Bardelmeier, § 12 Rn. 1, 2 ff. 456 Fuchs, AG 1995, 433, 442; Sethe, AG 1993, 293, 297; Hüffer, § 221 AktG Rn. 25; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 21; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 64; K. Schmidt/Lutter-Merkt, § 221 AktG Rn. 41 ff.; Spindler/Stilz-Seiler, § 221 AktG Rn. 21 ff. 457 MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 62. 458 Spindler/Stilz-Seiler, § 221 AktG Rn. 22. 459 Wohlfahrt/Brause, WM 1997, 397, 403. 460 Wohlfahrt/Brause, WM 1997, 397, 403. 461 Siehe oben S. 33 ff. 462 MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 130. 463 Vgl. KK-Lutter, § 187 AktG Rn. 2. 455
106 § 2 Einzelne Strukturierungsvarianten und ihre aktienrechtliche Zulässigkeit
Im Falle der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung, die wie oben gezeigt ein rechtsgeschäftlich eingeräumtes Bezugsrecht enthält,464 hat der Gesetzgeber diesen Interessenkonflikt in § 221 Abs. 1 S. 1 AktG geregelt. Aus Sicht der Aktionäre aber besteht bei der Ausgabe reiner Bezugsrechte eine identische Interessenlage wie im Rahmen der Emission herkömmlicher Wandelschuldverschreibungen: Aus ihrem Blickwinkel macht es keinen Unterschied, ob ein Bezugsrecht zusammen mit einer Schuldverschreibung ausgegeben wird oder als isolierte Rechtsposition; in beiden Fällen steht eine gleich gelagerte Anteilsverwässerung zu befürchten. Überdies tritt bei der Bedienung reiner Bezugsrechte exakt derjenige Konflikt – namentlich eine Einschränkung der Entscheidungsfreiheit im Rahmen einer Kapitalmaßnahme zur Bedienung eingeräumter Aktienerwerbsrechte465 – zutage, den § 221 Abs. 1 S. 1 AktG im Blick hat. Gleichwohl unterfallen reine Bezugsrechte trotz vollständig äquivalenter Interessenlage aufgrund der fehlenden Fremdkapitalkomponente nicht dem Anwendungsbereich des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG.466 An dieser Stelle gewinnt § 221 Abs. 3 AktG an Bedeutung: Wenn Genussrechte Rechtspositionen zum Inhalt haben, die typischerweise mit Aktionärsinteressen kollidieren und die Ausgabe reiner Bezugsrechte einer – wie in § 221 Abs. 1 S. 1 AktG zum Ausdruck kommt – vom Gesetzgeber für regelungsbedürftig befundenen Interessenkollision gleichsteht, so spricht dies gleichzeitig dafür, dass die Ausgabe reiner Bezugsrechte als Einräumung eines Genussrechts nach § 221 Abs. 3 AktG angesehen werden kann.467 (bb) Sinnentleerung des § 187 AktG durch Klassifizierung reiner Bezugsrechte als Genussrechte? Kann insofern die Ausgabe reiner Bezugsrechte als Genussrechtsemission § 221 Abs. 3 AktG unterfallen, wäre sie gleichzeitig von den Restriktionen des § 187 AktG befreit, da das gegenüber § 187 AktG bestehende Spezialitätsverhältnis468 des § 221 AktG sämtliche dieser Vorschrift unterfallende Finanzierungsinstrumente umfasst.469 Teilweise wird darin eine aktienrechtswidrige Sinnentleerung des Anwendungsbereiches von § 187 AktG 464
Siehe oben S. 33 ff. Siehe oben S. 39 ff. 466 Siehe oben S. 92 ff. 467 Fuchs, AG 1995, 433, 442; Kuntz, AG 2004, 480, 483; Wohlfarth/Brause, WM 1997, 399; Schäfer, ZGR Sonderheft 16 (2000), S. 63, 78; Schlitt/Löschner, BKR 2002, S. 150, 153; Dierks, S. 93 ff.; Weiß, S. 159; Kniehase, S. 90; jeweils m. w. N. 468 Siehe oben S. 44 f. 469 Siehe Fuchs, AG 1995, 433, 443; Kuntz, AG 2004, 480, 483; vgl. auch KKLutter, § 187 AktG Rn. 21. 465
A. Aktienerwerbsrechte von der Bezugsgesellschaft ausgestellt
107
und eine Umkehrung des Regel-Ausnahme Verhältnisses beider Vorschriften gesehen, welche im Ergebnis die Zulässigkeit reiner Bezugsrechtsemissionen ausschließe.470 Dem ist zunächst zuzugeben, dass mit der Klassifizierung reiner Bezugsrechte als Genussrechte § 187 AktG seine Funktion als unmittelbare Gebots- bzw. Verbotsnorm verliert: Rechtsgeschäftlich eingeräumte Bezugsrechte profitieren als Genussrechte i. S. d. § 221 Abs. 3 AktG von der Freistellungsfunktion des § 221 AktG; angesichts des hier vertretenen weiten Bezugsrechtsbegriffs471 betrifft dies sämtliche Zusicherungen von Rechten auf den Bezug von neuen Aktien und damit den gesamten Anwendungsbereich des § 187 AktG.472 Darin liegt indes nicht zugleich eine Sinnentleerung des § 187 AktG: Absatz 1 dieser Vorschrift regelt die Konkurrenz von gesetzlichen und rechtsgeschäftlich eingeräumten Bezugsrechten zugunsten Ersterer und bewahrt die Aktiengesellschaft zugleich vor Schadensersatzansprüchen, die anderenfalls aus der notwendigen Verletzung der einen von zwei gleichgerichteten, sich gegenseitig ausschließenden Verpflichtungen, erwachsen würden.473 § 187 Abs. 2 AktG schützt die Entscheidungsfreiheit der Hauptversammlung bei Beschlüssen über Kapitalerhöhungen, indem angeordnet wird, dass die Gesellschaft den rechtsgeschäftlich Bezugsberechtigten gegenüber keine Verpflichtung zur Kapitalerhöhung hat.474 Diese Vorgaben des § 187 AktG aber werden in § 221 AktG vollumfänglich aufrechterhalten: § 221 (Abs. 3 i. V. m.) Abs. 1 AktG schaltet der Ausgabe der Finanzierungsinstrumente einen Hauptversammlungsbeschluss vor, um die Entscheidungshoheit der Hauptversammlung im Rahmen von Kapitalmaßnahmen zu wahren.475 Absatz 4 dieser Vorschrift ordnet ein Bezugsrecht zugunsten der Aktionäre an,476 das allein nach Maßgabe des § 186 Abs. 3 AktG ausgeschlossen werden kann;477 es gelten insofern die gleichen Maßstäbe wie bei einer Kapi470
So etwa Schumann, S. 43; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 185. Ausführlich dazu oben S. 53. 472 Vgl. zum Bezugsrechtsbegriff des § 187 AktG bereits oben S. 44. 473 KK-Lutter, § 187 AktG Rn. 2. 474 Hüffer, § 187 AktG Rn. 1; Spindler/Stilz-Servatius, § 187 AktG Rn. 1. 475 Siehe oben S. 37 ff. 476 Vgl. Fuchs, AG 1995, 433, 444. 477 Hüffer, § 221 AktG Rn. 39. Die Hauptversammlung kann im Rahmen ihrer Entscheidung nach § 221 Abs. 1 AktG ihr Bezugsrecht nach Absatz 4 selbst ausschließen oder den Vorstand in entsprechender Anwendung des § 203 Abs. 2 AktG dazu ermächtigen; siehe BGH, Beschluss v. 21.11.2005 – II ZR 79/04 = BGH, NZG 2006, 229, 230 – der sich insofern als Fortsetzung der Entscheidung BGH, Urteil v. 23.06.1997 – II ZR 132/93 = NJW 1997, 2815 ff., versteht. Siehe in diesem Zusammenhang auch BGH, Beschluss v. 11.06.2007 – II ZR 152/06 = NZG 471
108 § 2 Einzelne Strukturierungsvarianten und ihre aktienrechtliche Zulässigkeit
talerhöhung.478 § 187 AktG kann insofern im Anwendungsbereich des § 221 AktG seiner Zwecksetzung bereits deshalb nicht beraubt werden, da § 221 AktG ebendiese Zwecksetzung vollumfänglich berücksichtigt und aufrechterhält.479 Dementsprechend lässt sich auch dem teilweise zur Begründung der Unzulässigkeit der Ausgabe reiner Bezugsrechte vorgebrachten Verweis auf eine systemwidrige Umkehrung des Regel-Ausnahme Verhältnisses480 zwischen § 187 AktG einerseits und § 221 AktG andererseits entgegenhalten, dass die Regel in Form der Vorgaben des § 187 AktG in § 221 AktG gerade keine Ausnahme erfährt, sondern vielmehr durch das Mitwirkungserfordernis in § 221 Abs. 1 AktG und dem Bezugsrecht in § 221 Abs. 4 AktG aufrechterhalten wird. Im Ergebnis sprechen damit die besseren Argumente dafür, in der Klassifizierung reiner Bezugsrechte als Genussrechte nach § 221 Abs. 3 AktG und der damit einhergehenden Teilnahme dieser Finanzierungsinstrumente an der Freistellungsfunktion des § 221 AktG gegenüber § 187 AktG keine Sinnenleerung dieser Vorschrift oder die systemwidrige Umkehrung eines Regel-Ausnahme Verhältnisses zu sehen. (f) Zwischenergebnis Die Emission reiner Bezugsrechte hat sich als aktienrechtlich zulässig erwiesen.481 Die Ausgabe dieser Finanzierungsinstrumente ist als Einräumung eines Genussrechts nach § 221 Abs. 3 AktG zu klassifizieren. (3) Folgen für Ausgabevarianten einer Wandelschuldverschreibung ohne Weiterleitung des Anleiheerlöses an die Bezugsgesellschaft Aus der aktienrechtlichen Zulässigkeit der Ausgabe reiner Bezugsrechte lassen sich für die Ausgangsfrage nach der Zulässigkeit von (rein) eigennüt2007, 907, 908, zum vereinfachten Bezugsrechtsausschluss; vgl. Hasselbach/Hoffmann, WuB II A § 186 AktG 1.08. 478 HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 48; vgl. zur Anwendung des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen OLG München, AG 2007, 37, 38; Busch, AG 1999, 58, 59 ff.; Klawitter, AG 2005, 792, 794 ff.; Singhof, ZHR 170 (2006), 673, 675 ff.; Hüffer, § 221 AktG Rn. 43 a; jeweils m. w. N. 479 Vgl. Fuchs, AG 1995, 433, 443 f. 480 Schumann, S. 43. 481 Davon zu trennen ist die Frage nach der Möglichkeit ihrer Bedienung mittels bedingten Kapitals; siehe Kuntz, AG 2004, 480, 484 f., ausführlich dazu unten S. 274 ff.
A. Aktienerwerbsrechte von der Bezugsgesellschaft ausgestellt
109
zigen Emissionsvarianten einer Wandelschuldverschreibung, bei der die Bezugsgesellschaft die Aktienerwerbsrechte ausstellt und der Anleiheerlös aus dem Finanzierungsinstrument gänzlich bei der Emissionsgesellschaft verbleibt, folgende Schlüsse ziehen: Selbst wenn die Bezugsgesellschaft in keiner Weise an dem Fremdkapitalelement des Finanzierungsinstrumentes partizipiert und die Emission aus Sicht der Bezugsgesellschaft der Ausgabe reiner Bezugsrechte entspricht, können daraus bereits deshalb keine Zulässigkeitsbedenken abgeleitet werden, da eine Aktiengesellschaft ihren Finanzbedarf auch durch die Ausgabe reiner Bezugsrechte decken kann. Diese unterfallen als Genussrechte § 221 Abs. 3 AktG und sind demzufolge aufgrund des spezialgesetzlichen Charakters dieser Norm von den Restriktionen des § 187 AktG befreit. c) Ergebnis Obschon Wandelschuldverschreibungen in § 221 Abs. 1 S. 1 AktG als Kombination aus einem Fremd- und einem Eigenkapitalelement definiert werden, bleibt, wenn Bezugs- und Emissionsgesellschaft bei der Ausgabe des Finanzierungsinstrumentes auseinanderfallen, die Verteilung der Fremdkapitalkomponente des Wertpapiers in Form des Anleiheerlöses auf die Bezugs- oder Emissionsgesellschaft sowohl für die Beurteilung der aktienrechtlichen Zulässigkeit derartiger Strukturierungsvarianten als auch für ihre Freistellung von den Restriktionen des § 187 AktG ohne Bedeutung: Solange der Schuldverschreibungserlös zumindest teilweise von der Emissionsgesellschaft an die Bezugsgesellschaft weitergeleitet wird, entspricht das Finanzierungsinstrument den Anforderungen des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG, da es auch in diesen Fällen aus Sicht der Bezugsgesellschaft – wie in § 221 AktG vorausgesetzt – aus einem Fremdkapital- und einem Eigenkapitalelement besteht. Verbleibt der Anleiheerlös gänzlich bei der Emissionsgesellschaft entspricht die Finanzierungsmaßnahme aus der Perspektive der Bezugsgesellschaft zwar der Ausgabe reiner Bezugsrechte; diese ist aber aktienrechtlich zulässig und unterliegt als Genussrechtsemission i. S. d. § 221 Abs. 3 AktG nicht den Restriktionen des § 187 AktG. 3. Zusammenfassung Im Ergebnis sind Ausgabevarianten einer Wandelschuldverschreibung, im Rahmen derer die Bezugsgesellschaft die Bezugsrechte ausstellt und diese der Anleihe einer Emissionsgesellschaft beifügt, keinen aktienrechtlichen Zulässigkeitsbedenken ausgesetzt. Zwar liegt § 221 Abs. 1 S. 1 AktG die Vorstellung der Eigenemission der Wandelschuldverschreibung zugrunde. Da diese Vorschrift aber keinen abschließenden Kanon zulässiger
110 § 2 Einzelne Strukturierungsvarianten und ihre aktienrechtliche Zulässigkeit
Finanzierungsinstrumente enthält, steht dies der Zulässigkeit von Ausgabemodalitäten einer Wandelschuldverschreibung unter Auseinanderfallen von Bezugs- und Emissionsgesellschaft nicht entgegen. Ferner ist es für die Beurteilung der aktienrechtlichen Zulässigkeit derartiger zusammengesetzter Finanzierungsinstrumente nicht ausschlaggebend, ob und inwiefern die Bezugsgesellschaft an dem Fremdkapitalelement des Wertpapiers teilhat. Selbst wenn der Anleiheerlös gänzlich bei der Emissionsgesellschaft verbleibt und nicht an die Bezugsgesellschaft weitergeleitet wird, lassen sich daraus keine Zulässigkeitsbedenken herleiten.
B. Garantie durch die Bezugsgesellschaft Alternativ zur unmittelbaren Einräumung der Bezugsrechte kann die Bezugsgesellschaft bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung durch die Emissionsgesellschaft lediglich deren Bedienung garantieren.482 Derartige Strukturierungen prägten die Emissionen bis in die Mitte der 90erJahre des zwanzigsten Jahrhunderts; seither dominieren demgegenüber Ausgabevarianten, bei denen die Bezugsrechte, wie sub I. dargestellt, unmittelbar durch die Bezugsgesellschaft ausgestellt werden.483 Im Folgenden wird die Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung unter Garantieübernahme der Bezugsgesellschaft dargestellt und ihre aktienrechtliche Zulässigkeit hinterfragt.
I. Überblick über die Strukturierungsvariante In Bezug auf das Anleiheelement einer derartigen Wandelschuldverschreibung ergeben sich im Vergleich zu vorstehend dargestellter Strukturierungsvariante keine Abweichungen.484 Die Emissionsgesellschaft begibt die Schuldverschreibung sowie die Zinskupons. Die Erfüllung daraus entstehender Ansprüche kann in Abhängigkeit von der jeweiligen Ausgestaltung der Emission wiederum, insbesondere wenn es sich um die konzerninterne Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung über eine Finanzierungstochtergesellschaft handelt, von der Muttergesellschaft als Bezugsgesellschaft garantiert werden.485 482 Hoffmann, AG 1973, 47, 48 ff.; Lutter, FS Kastner, S. 245, 248 ff.; Werner, AG 1972, 137, 142; Schaub, AG 1972, 340, 341 f.; Silcher, FS Geßler, S. 185, 187; Casper, S. 334; Schumann, S. 107 ff.; Wehrhahn, S. 138; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 42; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 170. 483 Casper, S. 334; Schumann, S. 92 f.; Hüffer, § 221 AktG Rn. 71. 484 Schumann, S. 110; siehe auch MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 42. 485 Siehe oben S. 75 ff.; Schumann, S. 107, 115.
B. Garantie durch die Bezugsgesellschaft
111
Der maßgebliche Unterschied zur sub I. vorgestellten Emissionsvariante liegt auf Ebene des Aktienerwerbsrechts. Der Bezugsschein, der zugunsten seines Inhabers das Aktienerwerbsrecht verbrieft, wird nicht von der Bezugsgesellschaft erstellt und der Anleihe der Emissionsgesellschaft beigefügt.486 Er wird vielmehr, obwohl er zum Erwerb von Anteilen an der Bezugsgesellschaft berechtigt, von der Emissionsgesellschaft selbst ausgestellt.487 Im Ergebnis werden damit sowohl die Anleihe als auch das Aktienerwerbsrecht von der Emissionsgesellschaft im eigenen Namen ausgegeben. Die Emissionsgesellschaft verpflichtet sich, dem Aktienerwerbsberechtigten die Anteile an der Bezugsgesellschaft zu verschaffen.488 Der Wandelschuldverschreibungsgläubiger geht insofern auch mit Blick auf das ihm eingeräumte Bezugsrecht zunächst allein mit der Emissionsgesellschaft rechtliche Bindungen ein.489 Indes herrscht im Innenverhältnis zwischen Bezugs- und Emissionsgesellschaft Einigkeit, dass die Bezugsgesellschaft die zur Bedienung der Bezugsrechte erforderlichen Anteile bereitstellt.490 Rechtlich kommt dies durch eine Garantieübernahme der Bezugsgesellschaft zum Ausdruck.491 Gegenstand dieser Garantieübernahme, die auch gegenüber einem Treuhänder zugunsten des Aktienerwerbsberechtigten abgegeben werden kann,492 ist nicht eine bloße Ausfallgarantie in Form eines auf Geldersatz gerichteten (Schadens-)Ersatzanspruches, sondern vielmehr die unmittelbare Verpflichtung, die zur Bedienung der Bezugsrechte erforderlichen Aktien bereitzustellen.493 In dieser Garantieübernahme der Bezugsgesellschaft liegt zugleich der Unterschied zu einer reinen Umtauschanleihe:494 Zwar begibt die Emissionsgesellschaft auch in diesen Fällen eine Anleihe, die mit einem von ihr ausgestellten Aktienerwerbsrecht auf Anteile eines anderen Unternehmens verbunden ist.495 Dabei hat aber allein sie für die Erfüllung der Aktienerwerbsrechte einzustehen; diejenige Gesellschaft, auf deren Anteile die von Seiten der Emissionsgesellschaft in der Umtauschanleihe eingeräumten Aktienerwerbsrechte gerichtet sind, übernimmt dahingehend keinerlei Verpflichtung.496 Erst die Garantie der Bezugsgesellschaft bringt insofern zum 486
Siehe oben S. 71 ff. Siehe Casper, S. 334 f.; Schumann, S. 120; Wehrhahn, S. 138; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 42. 488 Silcher, FS Geßler, S. 185, 187; Schumann, S. 107. 489 Casper, S. 335; Schumann, S. 107. 490 Siehe Lutter, FS Kastner, S. 245, 250 ff. 491 Hoffmann, AG 1973, 47, 48 ff.; Schumann, S. 107. 492 Schumann, S. 108. 493 Siehe Schaub, AG 1972, 340, 341; ausführlich auch Schumann, S. 107. 494 Ausführlich zu Umtauschanleihen unten S. 118 ff. 495 Spindler/Stilz-Seiler, § 221 AktG Rn. 185 ff. 487
112 § 2 Einzelne Strukturierungsvarianten und ihre aktienrechtliche Zulässigkeit
Ausdruck, dass sich die Emission mit Blick auf das Aktienerwerbsrecht der Wandelschuldverschreibung als eine Finanzierungsmaßnahme der Bezugsgesellschaft darstellt.
II. Rechtsbeziehungen der beteiligten Rechtssubjekte untereinander Im Folgenden werden die Rechtsbeziehungen der beteiligten Rechtssubjekte bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung durch eine Emissionsgesellschaft unter Garantieübernahme der Bezugsgesellschaft dargestellt. Dabei werden zunächst Einzelheiten der Verschaffungspflicht der Emissionsgesellschaft sowie der Beschaffungsgarantie der Bezugsgesellschaft diskutiert (sub 1.), um anschließend auf die Ausgestaltung der Strukturierung als eigen- oder fremdnütziges Anleihemodell einzugehen (sub 2.). 1. Verschaffungspflicht der Emissionsgesellschaft und Beschaffungsgarantie der Bezugsgesellschaft Wie bereits oben angedeutet, ist die hier in Rede stehende Ausgabevariante einer Wandelschuldverschreibung von der eigenen Verschaffungsverpflichtung der Emissionsgesellschaft sowie der Garantieübernahme der Bezugsgesellschaft geprägt.497 Daraus werden in Bezug auf die Rechtsbeziehungen zwischen der Emissions- und der Bezugsgesellschaft sowie der Rechtsposition des Wandelschuldverschreibungsgläubigers in der Literatur unterschiedliche Schlussfolgerungen gezogen. a) In der Literatur vertretene Ansätze Ausgangspunkt ausführlicher Stellungnahmen in der Literatur ist die Annahme, dass im Zuge des Aktienerwerbs durch den Bezugsberechtigten ein Zeichnungsvertrag unmittelbar zwischen der Bezugsgesellschaft und dem Aktienerwerber zustande kommt.498 Dabei agiert die Emissionsgesellschaft nicht etwa als Vertreterin der Bezugsgesellschaft, sie tritt vielmehr in eigenem Namen auf.499 Trotz dieser grundsätzlichen Parallelen besteht eine gewisse Uneinigkeit im Hinblick auf die Einzelheiten des Aktienerwerbes. 496 Unternehmensfinanzierung-Schlitt/Kammerlohr, § 11 Rn. 1 ff.; Spindler/StilzSeiler, § 221 AktG Rn. 11, 188; ausführlich dazu unten S. 120. 497 Schumann, S. 107. 498 Martens, FS Stimpel, S. 621, 623 f. Casper, S. 335; Schumann, S. 107 ff. 499 Casper, S. 335; Schumann, S. 107.
B. Garantie durch die Bezugsgesellschaft
113
Die Differenzen ergeben sich dabei aus der unterschiedlichen Auslegung des Rechtsverhältnisses zwischen der Emissions- und der Bezugsgesellschaft und einer damit einhergehenden unterschiedlichen Interpretation der Verschaffungspflicht der Emissionsgesellschaft einerseits sowie der Garantieübernahme der Bezugsgesellschaft andererseits: Teilweise wird der Vereinbarung zwischen Emissions- und Bezugsgesellschaft der Inhalt beigemessen, dass Letztere sich gegenüber der Emissionsgesellschaft verpflichte, ein Zeichnungsvertragsangebot des Aktienerwerbers anzunehmen.500 Die Übernahme einer Beschaffungsgarantie könne mit einer Vorabverpflichtung zur Annahme eines Zeichnungsvertragsangebotes gleichgesetzt werden.501 Die Verpflichtung der Emissionsgesellschaft, dem Bezugsberechtigten Anteile an der Bezugsgesellschaft zu verschaffen, stelle sich als Ausdruck dieser im Innenverhältnis zwischen der Emissions- und Bezugsgesellschaft getroffenen Abrede dar: Aus ihrer Verschaffungspflicht sei die Emissionsgesellschaft verpflichtet, den Wandelschuldverschreibungsgläubiger in die Lage zu versetzen, allein durch die Entäußerung eines Angebotes zum Abschluss eines Zeichnungsvertrags diesen mit der Bezugsgesellschaft zustande kommen zu lassen.502 Nach anderer Auffassung enthält die Abrede zwischen Emissions- und Bezugsgesellschaft einen Vertrag zugunsten Dritter, namentlich des ersten Anlegers.503 Das Bezugsrecht resultiere aus einer entsprechenden Vereinbarung zwischen der Emissions- und der Bezugsgesellschaft und entstehe originär bei dem Bezugsberechtigten.504 So werde der Aktienerwerber in die Lage versetzt, durch die Ausübung seiner Rechtsposition den Zeichnungsvertrag in Kraft zu setzen; der ihm eingeräumte Bezugsschein verbriefe das Bezugsrecht sowie die künftigen Ansprüche aus dem Hauptvertrag in Form des Zeichnungsvertrages.505 Die Verschaffungsverpflichtung der Emissionsgesellschaft gegenüber den Wandelschuldverschreibungsgläubigern sei vor diesem Hintergrund als Folge des im Deckungsverhältnis zwischen Emissions- und Bezugsgesellschaft geschlossenen Vertrages zugunsten des Bezugsberechtigten zu verstehen.506
500 501 502 503 504 505 506
Schumann, S. 108 f. Schumann, S. 108 f. Siehe Schumann, S. 108 f. Grundlegend Martens, FS Stimpel, S. 623, 624; siehe Casper, S. 334, 335. Martens, FS Stimpel, S. 623, 624; Casper, S. 335. Casper, S. 335. Casper, S. 335.
114 § 2 Einzelne Strukturierungsvarianten und ihre aktienrechtliche Zulässigkeit
b) Stellungnahme Auch wenn beide Auffassungen die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten unterschiedlich interpretieren, lässt sich daraus nicht folgern, dass der hier in Rede stehenden Strukturierungsmöglichkeit einer Wandelschuldverschreibungsemission zwingend die eine oder andere Ausgestaltungsform zugrunde liegt. Vielmehr verstehen sich beide Ansätze als mögliche Vertragsgestaltungen in der Finanzierungspraxis. Es bleibt den Vertragsparteien überlassen, ob sie ihr Innenverhältnis als Vertrag zugunsten Dritter oder als Vorabverpflichtung der Bezugsgesellschaft ausgestalten wollen. Dem Aktiengesetz ist keine Präferenz für die eine oder andere Strukturierung zu entnehmen. Abgesehen davon erscheint im Rahmen konzernexterner Ausgabevarianten einer Wandelschuldverschreibung eine weitere Ausgestaltungsmodalität möglich: Bis dato wurde stets davon ausgegangen, dass der Aktienerwerb aufgrund eines Zeichnungsvertrages zwischen der Bezugsgesellschaft und dem Bezugsberechtigtem erfolgt. Grund dafür ist, dass nach dem Willen der Beteiligten die Bezugsgesellschaft das zur Bedienung der eingeräumten Bezugsrechte erforderliche Kapital zu beschaffen hat.507 Diesen Vorgaben kann aber nicht allein durch den Abschluss eines Zeichnungsvertrages zwischen der Bezugsgesellschaft und dem Aktienerwerber entsprochen werden. Vielmehr übernimmt die Bezugsgesellschaft auch dann die eigentliche Beschaffung der Anteile, wenn die Aktien derivativ aufgrund eines Kaufvertrages508 von der Emissionsgesellschaft an den Aktienerwerber übertragen werden, diese Aktien aber zuvor der Emissionsgesellschaft von der Bezugsgesellschaft mittels einer Kapitalerhöhung zur Verfügung gestellt wurden. In diesen Fällen berechtigt die dem Aktienerwerber eingeräumte Rechtsposition zum Abschluss eines Kaufvertrages über die Aktien der Bezugsgesellschaft zwischen ihm und der Emissionsgesellschaft.509 Da dies voraussetzt, dass die Aktien der Bezugsgesellschaft von der Emissionsgesellschaft gezeichnet und anschließend an den Erwerber übertragen werden, kommen derartige Strukturierungen allein dann in Betracht, wenn zwischen der Emissionsgesellschaft und der Bezugsgesellschaft kein Konzernverhältnis besteht:510 Anderenfalls steht dem § 56 Abs. 2 AktG entgegen, wonach 507
Lutter, FS Kastner, S. 245, 250 ff.; Schumann, S. 107. Siehe Casper, S. 335. 509 Der Unterschied zu Fällen eines rein derivativen Aktienerwerbs (ausführlich dazu unten S. 117 ff.) bzw. einer Untauschanleihe (dazu unten S. 118 ff.) liegt darin, dass gemäß den Vereinbarungen zwischen der Emissions- und der Bezugsgesellschaft allein Letztere verpflichtet ist, die zur Bedienung der eingeräumten Aktienerwerbsrechte erforderlichen Aktien mittels einer Kapitalerhöhung bereitzustellen. 510 Casper, S. 335. 508
B. Garantie durch die Bezugsgesellschaft
115
es einem abhängigen Unternehmen oder einem im Mehrheitsbesitz einer anderen Gesellschaft stehenden Unternehmen verwehrt ist, Aktien des herrschenden Unternehmens beziehungsweise derjenigen Gesellschaft, welches die Mehrheit hält, zu zeichnen.511 Im Ergebnis können die Vereinbarungen zwischen der Bezugs- und der Emissionsgesellschaft alternativ eine Vorabverpflichtung der Bezugsgesellschaft zum Abschluss eines Zeichnungsvertrages oder ein Gestaltungsrecht zugunsten eines bezugsberechtigten Dritten beinhalten; von dieser Ausgestaltung der Verschaffenspflicht der Emissionsgesellschaft und der Beschaffungsgarantie der Bezugsgesellschaft hängt die Rechtsposition des Wandelschuldverschreibungsgläubigers ab. Abgesehen davon können – bei konzernexternen Strukturierungsvarianten – die mittels einer Kapitalerhöhung in der Bezugsgesellschaft bereitgestellten Anteile von der Emissionsgesellschaft an den Bezugsberechtigten weitergeleitet werden. In diesen Fällen berechtigt die Rechtsposition des Erwerbsberechtigten zum Abschluss eines Kaufvertrages über die entsprechenden Aktien zwischen ihm und der Emissionsgesellschaft. 2. Eigen- und fremdnützige Strukturierung Die vertraglichen Absprachen im Innenverhältnis zwischen Emissionsund Bezugsgesellschaft bestimmen nicht nur über die Ausgestaltung der Verschaffungspflicht der Emissionsgesellschaft einerseits und die Übernahme einer Beschaffungsgarantie durch die Bezugsgesellschaft andererseits. Vielmehr lässt sich die Ausgabe der Wandelschuldverschreibung wiederum als fremd- oder eigennütziges Anleihemodell gestalten.512 Demzufolge kann der bei der Emissionsgesellschaft anfallende Anleiheerlös aufgrund eines Auftragsverhältnisses – so beim fremdnützigen Anleihemodell – an die Bezugsgesellschaft weitergeleitet werden oder – bei eigennützigen Strukturierungen – bei der Emissionsgesellschaft verbleiben bzw. darlehensweise an die Bezugsgesellschaft abgeführt werden.513 In Bezug auf die Einzelheiten dieser Anleihemodelle kann auf obige Ausführungen verwiesen werden, die sinngemäß auch im Rahmen dieser Emissionsvariante Geltung beanspruchen; dies gilt insbesondere auch für die Notwendigkeit der Abführung einer Bezugsrechtsgebühr.514
511 512 513 514
Hüffer, § 56 AktG Rn. 1, 7. Martens, Bilanzierung, S. 151, 153; Schumann, S. 124 ff. Ausführlich dazu oben S. 75 ff. Vgl. Schumann, S. 124 ff.
116 § 2 Einzelne Strukturierungsvarianten und ihre aktienrechtliche Zulässigkeit
III. Aktienrechtliche Zulässigkeit dieser Ausgestaltungsvariante Bedenken gegen die aktienrechtliche Zulässigkeit dieser Ausgestaltungsvariante, bei der die Bezugsgesellschaft eine Beschaffungsgarantie übernimmt, bestehen nicht; dies folgt bereits aus der oben dargestellten Zulässigkeit der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung unter Ausstellung der Bezugsrechte durch die Bezugsgesellschaft:515 Zwar ist die Übernahme einer Beschaffungsgarantie als Zusicherung von Rechten auf den Bezug neuer Aktien i. S. d. § 187 AktG zu verstehen;516 dies gilt unabhängig davon, ob die Beschaffungsgarantie als Vorabverpflichtung zum Abschluss eines Zeichnungsvertrages oder als (Zeichnungs-)Vertrag zugunsten Dritter ausgestaltet ist.517 Gleichzeitig unterfällt aber – basierend auf dem weiten Begriffsverständnis518 des § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG – bereits die Übernahme der Beschaffungsgarantie durch die Bezugsgesellschaft dem Anwendungsbereich dieser Vorschrift.519 Damit nehmen auch Ausgabevarianten einer Wandelschuldverschreibung unter Garantieübernahme der Bezugsgesellschaft an der Freistellungsfunktion des § 221 AktG gegenüber den Restriktionen des § 187 AktG teil.520 Ferner zieht – wie bereits oben gezeigt – allein das Auseinanderfallen von Emissions- und Bezugsgesellschaft bei der Ausgabe des Finanzierungsinstrumentes keine aktienrechtlichen Zulässigkeitsbedenken nach sich.521 Wiederum bleibt es überdies ohne Bedeutung für die Zulässigkeit der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung unter Garantieübernahme der Bezugsgesellschaft, ob der Anleiheerlös vollständig, nur teilweise oder gar nicht von der Emissionsgesellschaft an die Bezugsgesellschaft weitergeleitet wird.522
515
Siehe oben S. 89 ff. Ausführlich zur Reichweite des Zusicherungsbegriffs in § 187 AktG bereits oben S. 44. 517 Siehe dazu oben S. 112 f. 518 Siehe zu dem hier vertretenen weiten Verständnis eines Bezugsrechts i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG bereits oben S. 116; ausführlich dazu noch unten S. 123 ff. 519 Ausführlich dazu im Zusammenhang mit der analogen Anwendung des § 221 Abs. 1 AktG unten S. 123 ff. 520 Zu dem Spezialitätsverhältnis zwischen § 221 AktG einerseits und § 187 AktG andererseits und der daraus resultierenden Freistellungsfunktion siehe oben S. 44 f. 521 Siehe oben S. 89 ff. 522 Siehe oben S. 108. 516
C. Existierende Aktien als Gegenstand des Aktienerwerbsrechts
117
C. Existierende Aktien als Gegenstand des Aktienerwerbsrechts oder der Garantieübernahme Vorstehend sub A. und B. beschriebene Ausgabevarianten einer Wandelschuldverschreibung sind auch dann denkbar, wenn die Aktienerwerbsrechte dieser Finanzierungsinstrumente nicht aus einer Kapitalerhöhung in der Bezugsgesellschaft, sondern ausschließlich mit bereits existierenden Aktien dieser Gesellschaft bedient werden.523 Die dafür erforderlichen Anteile können entweder von einem Dritten auf dem Sekundärmarkt gehalten werden524 oder als (Vorrats-)Aktien aus dem Bestand der Bezugsgesellschaft stammen.525 Aus Sicht des Wandelschuldverschreibungsgläubigers liegt dem Anteilserwerb in diesen Fällen ein Kaufvertrag zugrunde.526 Die in der Wandelschuldverschreibung verbriefte Rechtsposition, die den Erwerber zum (Kauf-)Vertragsschluss berechtigt, kann die Bezugsgesellschaft entweder selbst ausstellen527 oder mittels der Übernahme einer Beschaffungsgarantie528 absichern.529 In Abhängigkeit davon, ob der Anleiheerlös im Rahmen eines Auftragsverhältnisses an die Bezugsgesellschaft weitergeleitet werden soll oder nicht, kann die Strukturierung wiederum als fremdnütziges oder eigennütziges Anleihemodell ausgestaltet sein.530 Auch wenn sich die eingeräumten Aktienerwerbsrechte einer Wandelschuldverschreibung auf existierende Aktien beziehen, fällt durch die Verbindung der Anleihe mit dem Aktienerwerbsrecht neben dem Anleihebetrag zumeist ein Zinsvorteil – im Vergleich zu einer isolierten Anleihe – an.531 Damit kann im Rahmen eigen523 Vgl. Busch, AG 1999, 58, 59; Wiechers, DB 2003, 595, 597; Casper, S. 427; Wehrhahn, S. 141; Hüffer, § 221 AktG Rn. 59; Münch.Hdb.AG-Krieger, § 63 Rn. 27; jeweils m. w. N.; ausführlich dazu unten S. 138 ff. 524 Die Bezugsgesellschaft kann sich den Zugriff auf diese Anteile mittels einer Gegenoption sichern; vgl. Kniehase, S. 313; ausführlich dazu noch unten S. 160. 525 Wiechers, DB 2003, 595, 597 ff.; Casper, S. 425 ff. 526 Casper, S. 335; alternativ kann es sich um einen Tauschvertrag handeln; siehe Kniehase S. 289. 527 Siehe die oben sub A. dargestellte Strukturierungsmöglichkeit einer Wandelschuldverschreibung. 528 Siehe die oben sub B. dargestellte Ausgestaltungsvariante einer Wandelschuldverschreibung. 529 Aufgrund der Ausstellung der Aktienerwerbsrechte oder der Übernahme einer Beschaffungsgarantie durch die Bezugsgesellschaft unterscheidet sich diese Ausgabemodalität von den im Anschluss darzustellenden reinen Umtauschanleihen; siehe oben S. 112 530 Ausführlich zu dieser Differenzierung oben S. 75 ff. 531 Häuselmann, BB 2000, 139, 140; Unternehmensfinanzierung-Schlitt/Kammerlohr, § 11 Rn. 3.
118 § 2 Einzelne Strukturierungsvarianten und ihre aktienrechtliche Zulässigkeit
nütziger Strukturierungen wiederum die Abführung einer Bezugsrechtsgebühr notwendig werden:532 Auch bei der Einräumung von Aktienerwerbsrechten auf eigene Anteile unterliegt der Vorstand dem Pflichtenkanon des § 93 AktG. Demnach bleibt es der Verwaltung einer Aktiengesellschaft verwehrt, vermögenswerte Rechtspositionen ohne adäquate Gegenleistung auszugeben.533 Da der Emissionserlös inklusive Zinsvorteil ohne Abführung gänzlich bei der Emissionsgesellschaft verbliebe, hätte der Vorstand der Bezugsgesellschaft eine vermögenswerte Rechtsposition in Form der Einräumung von Aktienerwerbsrechten auf existierende Aktien ausgegeben, ohne dass die Aktiengesellschaft an dem dafür geleisteten Gegenwert in Höhe des Zinsvorteils partizipiert. Ebendies zieht eine Sorgfaltspflichtverletzung i. S. d. § 93 AktG nach sich.534 Um diese zu vermeiden, hat die Verwaltung der Bezugsgesellschaft auch dann, wenn sich die eingeräumten Aktienerwerbsrechte auf existierende Anteile richten, die Abführung einer Bezugsgebühr zu veranlassen, sobald der Anleiheerlös nicht vollumfänglich an die Bezugsgesellschaft weitergeleitet wird.535 Bedenken gegen die aktienrechtliche Zulässigkeit der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen, deren Aktienerwerbsrechte sich auf existierende Aktien richten, bestehen nicht. Dies gilt unabhängig davon, ob die Bezugsgesellschaft die in diesen Finanzierungsinstrumenten verbrieften Aktienerwerbsrechte selbst ausstellt oder eine entsprechende Rechtsposition garantiert. Zulässigkeitsfragen ergeben sich insbesondere nicht mit Blick auf § 187 AktG, da sich diese Vorschrift allein auf neue Aktien bezieht.536
D. Ausgabe reiner Umtauschanleihen Fallen Emissions- und Bezugsgesellschaft bei der Ausgabe eines zusammengesetzten Finanzierungsinstrumentes auseinander, ohne dass Letztere die Aktienerwerbsrechte selbst ausstellt oder eine dahingehende Beschaffungsgarantie übernimmt, handelt es sich um eine sog. Umtauschanleihe.537 Umtauschanleihen sind damit Inhaberschuldverschreibungen gemäß § 793 ff. BGB, die einen Anspruch auf Zinszahlung mit einem Anspruch auf Lieferung existierender Aktien einer Gesellschaft kombinieren, die nicht mit dem Emittenten identisch ist.538 532
Siehe oben S. 77 ff. Siehe MünchKommAktG-Spindler, § 93 Rn. 60. 534 Siehe oben S. 79 ff. 535 Ausführlich dazu bereits oben S. 78 ff. 536 Busch, AG 1999, 58, 66; Münch.Hdb.AG-Krieger, § 63 Rn. 27. 537 HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 18; Münch.Hdb.AG-Krieger, § 63 Rn. 28; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 41; jeweils m. w. N. 533
D. Ausgabe reiner Umtauschanleihen
119
I. Überblick Auch Umtauschanleihen zeichnen sich insofern durch die Kombination von einer Anleihe und einem Aktienerwerbsrecht aus.539 Der Gläubiger erhält für die Zeit bis zum Umtausch wie ein Kreditgeber Zinsen, kann allerdings durch die Ausübung seines Umtauschrechts eine mitgliedschaftliche Stellung als Aktionär in der Bezugsgesellschaft erlangen. Durch die Festlegung des Umtauschpreises ist ein Umtausch für den Anleihegläubiger wirtschaftlich nur dann sinnvoll, wenn der Kurs der Aktien der Bezugsgesellschaft den Umtauschpreis überschritten hat.540 Da die Zinsen bei einer Umtauschanleihe aufgrund des Umtauschrechts typischerweise niedriger als bei gewöhnlichen Anleihen sind, ermöglicht die Ausgabe von Umtauschanleihen dem Emittent eine günstigere Fremdfinanzierung.541 Umtauschanleihen werden vielfach eingesetzt, um sich, unter Vermeidung negativer Auswirkungen auf den Kurs der Aktien, von (Rand-)Beteiligungen an anderen Unternehmen zu trennen.542 In diesen Fällen kann das Aktienerwerbsrecht an einen bestimmten Umtauschzeitpunkt gekoppelt werden, um eine Steuerung des Beteiligungsabbaus durch die Emissionsgesellschaft zu ermöglichen. Eine gestreckte Veräußerung über einen längeren Zeitraum bietet sich etwa dann an, wenn der Emittent für die zu veräußernde Beteiligung aus seiner Sicht derzeit keinen angemessenen Preis erzielen kann.543 Um die Veräußerung einer Unternehmensbeteiligung sicherzustellen, lassen sich Umtauschanleihen auch als Pflichtumtauschanleihe ausgestalten.544 Alternativ kann dem Emittenten ein Wahlrecht eingeräumt werden, bei Fälligkeit der Umtauschanleihe entweder eine Rückzahlung in bar oder in Aktien zu bestimmen.545 Teilweise wird zur Sicherung des Aktienerwerbsrechts eine Separierung der zugrunde liegenden Aktien im Vermögen der Emissionsgesellschaft vereinbart; die zur Bedienung der Aktienerwerbsrechte erforderlichen Aktien können etwa an einen Treuhänder übertragen werden.546 538
Spindler/Stilz-Seiler, § 221 AktG Rn. 185. Wiese/Dammer, DStR 1999, 867. 540 Unternehmensfinanzierung-Schlitt/Kammerlohr, § 11 Rn. 1. 541 Spindler/Stilz-Seiler, § 221 AktG Rn. 186. 542 Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 255; HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 18. 543 Unternehmensfinanzierung-Schlitt/Kammerlohr, § 11 Rn. 3. 544 HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 18; Spindler/Stilz-Seiler, § 221 AktG Rn. 197. 545 HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 18. 546 Unternehmensfinanzierung-Schlitt/Kammerlohr, § 11 Rn. 41; Spindler/StilzSeiler, § 221 AktG Rn. 204. 539
120 § 2 Einzelne Strukturierungsvarianten und ihre aktienrechtliche Zulässigkeit
II. Einzelheiten der Strukturierung und ihre aktienrechtliche Zulässigkeit Eine Umtauschanleihe verpflichtet allein die Emissionsgesellschaft. Die Bezugsgesellschaft übernimmt in keiner Weise die Sicherung der Aktienerwerbsrechte.547 Insofern ist die Emissionsgesellschaft alleiniger Vertragspartner des Inhabers des Wertpapiers; dies gilt sowohl für das Anleiheelement als auch das Aktienerwerbsrecht. Gegenüber der Bezugsgesellschaft stehen dem Aktienerwerbsberechtigten keinerlei Rechte zu.548 Die zur Bedienung der Aktienerwerbsrechte erforderlichen existierenden Aktien der Bezugsgesellschaft werden von der Emissionsgesellschaft entweder im eigenen Bestand oder mittels einer Gegenoption auf dem Sekundärmarkt bereitgehalten.549 Was die Ausgestaltung der Ausgabe einer Umtauschanleihe anbelangt, kann die Emissionsgesellschaft das Finanzierungsinstrument zunächst im Wege der Direktemission selbst begeben.550 Wiederum kommt aber, maßgeblich aus steuerlichen Gründen, die Emission über eine (ausländische) Finanzierungstochtergesellschaft in Betracht:551 Im Rahmen derartiger Gestaltungen wird in den Anleihebedingungen dem Gläubiger das Recht eingeräumt, von dieser Zweckgesellschaft Zahlung der Zinsen sowie bei Fälligkeit Rückzahlung des Nennbetrages oder alternativ Aktien zu verlangen;552 beide Ansprüche werden von der Emissionsgesellschaft garantiert.553 Die Bezugsgesellschaft, deren Aktien Gegenstand der Transaktion sind, ist in keiner Weise in die Ausgabe der Umtauschanleihe eingebunden. Zwischen ihr und der Emissionsgesellschaft bestehen keinerlei Abreden. Aus dem Blickwinkel der Bezugsgesellschaft handelt es sich um eine reine Sekundärmarkttransaktion ohne ihre Beteiligung. Bedenken gegen die aktienrechtliche Zulässigkeit der Ausgabe von Umtauschanleihen bestehen nicht; die Regelungen des § 187 Abs. 1, 2 AktG sind bereits aufgrund der Tatsache, dass lediglich existierende Anteile betroffen sind, nicht einschlägig.
547 548 549 550 551 552 553
HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 18. Vgl. Unternehmensfinanzierung-Schlitt/Kammerlohr, § 11 Rn. 6. HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 18. Spindler/Stilz-Seiler, § 221 AktG Rn. 187. Unternehmensfinanzierung-Schlitt/Kammerlohr, § 11 Rn. 5. Siehe Spindler/Stilz-Seiler, § 221 AktG Rn. 187. Unternehmensfinanzierung-Schlitt/Kammerlohr, § 11 Rn. 5.
E. Aktienerwerbsrechte auf Anteile an einer Tochtergesellschaft
121
E. Aktienerwerbsrechte auf Anteile an einer Tochtergesellschaft Konzerninterne Ausgabevarianten einer Wandelschuldverschreibung brauchen sich nicht notwendigerweise auf Aktien der Muttergesellschaft zu beziehen und werden nicht zwangsläufig über eine (ausländische) Finanzierungstochter emittiert. Denkbar ist vielmehr auch die umgekehrte Konstellation, bei der die Muttergesellschaft Wandelschuldverschreibungen mit Aktienerwerbsrechten auf Aktien einer Tochtergesellschaft ausgibt.554 Auch in diesem Fall werden Anleihen eines Unternehmens, der Muttergesellschaft, mit Aktienerwerbsrechten kombiniert, die zum Bezug von Aktien einer anderen Gesellschaft, der Tochtergesellschaft, berechtigen. Derartige zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente bieten sich etwa an, um Beteiligungen an einer Tochtergesellschaft zu veräußern;555 die zur Bedienung der eingeräumten Aktienerwerbsrechte erforderlichen Anteile an der Tochtergesellschaft stammen dann aus dem Bestand der Muttergesellschaft. Alternativ kann mit Hilfe dieser Emissionsvariante der Börsengang einer Tochtergesellschaft durchgeführt bzw. unterstützt werden;556 in diesem Fall können die Aktienerwerbsrechte auch aus einer Kapitalerhöhung in der Tochtergesellschaft bedient werden.557 Sollen die eingeräumten Aktienerwerbsrechte mit Anteilen aus dem Bestand der Muttergesellschaft bedient werden, liegt dem Anteilserwerb aus Sicht des Wandelschuldverschreibungsgläubigers aufgrund des derivativen Erwerbes der Aktien ein Kaufvertrag zugrunde. Werden die erforderlichen Anteile hingegen mittels einer Kapitalerhöhung in der Tochtergesellschaft bereitgestellt, erfolgt der Aktienerwerb originär durch Abschluss eines Zeichnungsvertrages.558 Im Rahmen derartiger Strukturierungen bestehen keine Bedenken bzgl. ihrer aktienrechtlichen Zulässigkeit. Im Mittelpunkt der Diskussion steht 554 Wehrhahn, S. 137; HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 19; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 46; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 101. 555 Vgl. Fleischer, ZHR 165 (2001), 513, 524; HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 19. 556 In der Literatur werden derartige Konstellationen vornehmlich unter dem Gesichtspunkt der unmittelbaren Anteilsabgabe aus einer Tochterkapitalerhöhung diskutiert; siehe Busch/Groß, AG 2000, 503 ff.; Lutter, AG 2000, 342, 343. Derartige Aktienerwerbsrechte lassen sich aber auch mit einem Fremdkapitaltitel zu einer Wandelschuldverschreibung kombinieren; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 46; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 101. 557 Fleischer, ZHR 165 (2001), 513, 524; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 101; ausführlich dazu unten S. 178 ff. 558 Vgl. dazu bereits oben S. 33.
122 § 2 Einzelne Strukturierungsvarianten und ihre aktienrechtliche Zulässigkeit
allein die Frage, ob sich aus der sog. Holzmüller559- bzw. Gelatine-Rechtsprechung560 des BGH (ungeschriebene) Mitwirkungsrechte der Mutteraktionäre bei der Ausgabe dieser Finanzierungsinstrumente ergeben.561
559 560 561
BGH, Urteil v. 25.02.1982 – II ZR 174/80 = BGH, NJW 1982, 1703 ff. BGH, Urteil v. 26.04.2004 – II ZR 154/02 = BGH, NZG 2004, 575 ff. Ausführlich dazu unten S. 176 ff.
§ 3 Verteilung der Ausgabekompetenzen zwischen Vorstand und Hauptversammlung Im Folgenden wird für jede Strukturierungsvariante562 der Frage nachgegangen, ob die Ausgabe des zusammengesetzten Finanzierungsinstrumentes in den alleinigen Zuständigkeitsbereich des Vorstands einer Aktiengesellschaft fällt oder der Emission ein Hauptversammlungsbeschluss voranzugehen hat. Diese Frage stellt sich vor dem Hintergrund der grundsätzlichen Zuständigkeitsverteilung zwischen Vorstand und Hauptversammlung. Dem Vorstand fällt dabei die eigenverantwortliche Wahrnehmung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse (vgl. §§ 76 ff. AktG) zu.563 Demgegenüber obliegt der Hauptversammlung die Zuständigkeit für satzungsändernde564 und sonstige strukturändernde (Grundlagen-)Beschlüsse.565 Dies ergibt sich aus der Stellung der Aktionäre als Inhaber der Residualansprüche.566 Mit Blick auf die Finanzverfassung einer Aktiengesellschaft bedeutet diese grundsätzliche Kompetenzabgrenzung, dass die Fremdfinanzierung der Gesellschaft als Geschäftsführungsmaßnahme nach den §§ 76 ff. AktG in den alleinigen Verantwortlichkeitsbereich des Vorstandes fällt.567 Dies ist deshalb der Fall, da mit einer Fremdkapitalmaßnahme kein Eingriff in die satzungsgemäße Struktur der Aktiengesellschaft verbunden ist. Demgegenüber erfordern Eigenkapitalmaßnahmen in Form von Kapitalerhöhungen oder -herabsetzungen, die mit einer Änderung des Grundkapitals einhergehen,568 eine Satzungsänderung.569 Folglich unterfallen sie als grund562 Vgl. zur Systematisierung der hier in Rede stehenden zusammengesetzten Finanzierungsinstrumente oben S. 67. 563 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 28 II 1; Raiser/Veil, Kapitalgesellschaften, § 14 Rn. 1 ff.; HB börsennotierte AG-Arnold, § 18 Rn. 1, 19 f.; Münch.Hdb.AGWiesner, § 19 Rn. 1, 12 ff; Hüffer, § 76 AktG Rn. 4 ff. 564 Vgl. § 179 AktG; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 30 I 1 a; Raiser/Veil, Kapitalgesellschaften, § 16 Rn. 9. 565 Vollmer, AG 1991, 94, 95; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 28 IV 1 sowie V 2; Raiser/Veil, Kapitalgesellschaften, § 16 Rn. 9, 17. 566 Siehe Anatomy of Corporate Law-Hansmann/Kraakman, S. 13, 33 ff. 567 Vollmer, AG 1991, 94 ff.; Münch.Hdb.AG-Krieger, § 63 Rn. 1 ff.; Raiser/ Veil, Kapitalgesellschaften, § 17 Rn. 9 f; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 29 I 1 b; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 5. 568 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 29 III.
124
§ 3 Verteilung der Ausgabekompetenzen
legende Strukturveränderungen dem Zuständigkeitsbereich der Hauptversammlung.570 Im Bereich der Unternehmensfinanzierung ist insofern eine Bipolarität der Zuständigkeiten zu verzeichnen: Fremdkapitalmaßnahmen unterfallen dem Zuständigkeitsbereich des Vorstandes, satzungsändernde Eigenkapitalmaßnahmen erfordern die Mitwirkung der Hauptversammlung. Setzten sich Finanzierungsinstrumente aus einem Fremdkapital- und einem Eigenkapitalelement in Form eines Aktienerwerbsrechts zusammen,571 kann ihre Ausgabe in kompetenzrechtlicher Hinsicht exakt im Spannungsfeld zwischen Vorstandverantwortung und dem Zuständigkeitsbereich der Hauptversammlung angesiedelt sein:572 Auch wenn die Emission einer Wandelschuldverschreibung für sich genommen keine Satzungsänderung erfordert, kann die Bedienung des in ihr verbrieften Bezugsrechts eine satzungsändernde Kapitalerhöhung notwendig machen.573 Damit liegt in der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung gleichzeitig eine Verpflichtung zu einer satzungsändernden Kapitalmaßnahme, die in kompetenzieller Hinsicht Mitwirkungserfordernisse der Hauptversammlung nach sich zieht.574 Dem steht nicht entgegen, dass die Ausübung des rechtsgeschäftlich eingeräumten Bezugsrechts und damit der Eingriff in die Beteiligungsstruktur einer Aktiengesellschaft bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung nicht sicher ist, sondern von der Entscheidung des Wandelschuldverschreibungsgläubigers abhängt: Bereits die Einräumung der Möglichkeit einer Einflussnahme auf die Eigenkapitalstruktur ist ausreichend, um die Ausgabe des Finanzierungsinstrumentes der Grundlagenkompetenz der Hauptversammlung zuzuordnen.575 569 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 26 IV 1 a; HB börsennotierte AG-Busch, § 42 Rn. 2; jeweils m. w. N. 570 Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 30 I 1 b; Raiser/Veil, Kapitalgesellschaften, § 16 Rn. 9, 17. 571 Ausführlich zu anders gelagerten Fällen, bei denen sich das Aktienerwerbsrecht auf existierende Aktien bezieht und die entsprechend als reine Fremdkapitalmaßnahmen zu qualifizieren sind, unten S. 138 ff. 572 Münch.Hdb.AG-Krieger, § 63 Rn. 4; Raiser/Veil, Kapitalgesellschaften, § 17 Rn. 13 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 26 IV 1 f; UnternehmensfinanzierungSchlitt/Hemeling, § 10 Rn. 4; Hüffer, § 221 AktG Rn. 1, 3; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 92, 148; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 4; K. Schmidt/Lutter-Merkt, § 221 AktG Rn. 18. 573 Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Aktienerwerbsrechte auf den Bezug neuer Anteile gerichtet sind; ausführlich dazu bereits im Zusammenhang mit der Zwecksetzung des § 221 Abs. 1 AktG, siehe oben S. 39 ff. 574 Siehe MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 2, 129 ff.; HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 1; ausführlich dazu sogleich. 575 Schumann, S. 29.
A. Ausgabekompetenzen in der Bezugsgesellschaft
125
Fallen bei der Ausgabe eines zusammengesetzten Finanzierungsinstrumentes Emissions- und Bezugsgesellschaft auseinander, setzt sich das Wertpapier weiterhin aus einem Fremdkapitaltitel und einem Aktienerwerbsrecht zusammen. Damit erscheinen grundsätzlich wiederum sowohl der Verantwortungsbereich des Vorstandes als auch derjenige der Hauptversammlung berührt. Im Rahmen der folgenden Untersuchung der Ausgabekompetenz wird die Zuständigkeitsverteilung zwischen Vorstand und Hauptversammlung jeweils für die Emissions- und die Bezugsgesellschaft getrennt ermittelt.
A. Ausgabekompetenzen in der Bezugsgesellschaft I. Aktienerwerbsrechte von der Bezugsgesellschaft ausgestellt Eingangs der Untersuchung steht erneut diejenige Strukturierungsmöglichkeit, bei der die Bezugsgesellschaft die Bezugsrechte576, welche in den von der Emissionsgesellschaft ausgegebenen Wandelschuldverschreibungen verbrieft sind, selbst ausstellt. Dabei wird zunächst die Notwendigkeit einer Mitwirkung der Hauptversammlung der Bezugsgesellschaft herausgearbeitet (sub 1.), um sodann auf Inhalt und Reichweite dieses Hauptversammlungsbeschlusses einzugehen (sub 2.). 1. Mitwirkungskompetenz der Hauptversammlung aus § 221 Abs. 1 AktG analog Gibt eine Aktiengesellschaft Wandelschuldverschreibungen im Wege der Eigenemission aus, macht § 221 Abs. 1 AktG die Mitwirkung der Hauptversammlung erforderlich.577 Wie oben gesehen, geht die Vorschrift in ihrem unmittelbaren Anwendungsbereich konzeptionell davon aus, dass ein und dieselbe Gesellschaft die Schuldverschreibung sowie das Aktienerwerbsrecht ausstellt.578 Entsprechend stellt sich für Fälle, in denen Emissions- und Bezugsgesellschaft auseinanderfallen, die Frage nach einer analogen Anwendung dieser Vorschrift. Dahingehend kann das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke mit Blick auf obige Ausführungen bejaht werden:579 Die Ausgabe einer Wan576 Der Terminus ‚Bezugsrechte‘ bezieht sich auf Aktienerwerbsrechte, die mit neuen Aktien bedient werden; siehe oben bei und in Fn. 49. 577 Siehe oben S. 39 ff. 578 Siehe oben S. 89. 579 Siehe ausführlich dazu oben S. 89 f.
126
§ 3 Verteilung der Ausgabekompetenzen
delschuldverschreibung unter Auseinanderfallen von Bezugs- und Emissionsgesellschaft ist nicht unmittelbar in § 221 Abs. 1 AktG geregelt.580 Diese Regelungslücke ist planwidrig, da der (historische) Gesetzgeber mit der Einführung des § 174 AktG 1937, der inhaltsgleichen Vorgängervorschrift des heutigen § 221 AktG, allein den damals bekannten Finanzierungsformen einen positiv-rechtlichen Rahmen setzte.581 Strukturierungsvarianten unter Auseinanderfallen von Emissions- und Bezugsgesellschaft waren aber in der nationalen Finanzierungspraxis seinerzeit unbekannt und kamen erst Ende der 1960er-Jahre auf.582 Wenn insofern § 221 Abs. 1 AktG im unmittelbaren Anwendungsbereich Abweichungen von der Eigenemission nicht umfasst, kann diesbezüglich nicht von einer bewussten Regelungslücke ausgegangen werden. Ausgangspunkt der Beurteilung einer vergleichbaren Interessenlage, als weiterer Voraussetzung einer Analogie,583 ist die Schutzrichtung des § 221 Abs. 1 AktG in Form einer Gewährleistung der Entscheidungshoheit der Hauptversammlung bei Kapitalmaßnahmen. Der Grund für ein entsprechendes Schutzbedürfnis liegt in dem Bezugsrecht einer Wandelschuldverschreibung, das die Aktiengesellschaft zu einer satzungsändernden Kapitalerhöhung bei der Bedienung der Rechtsposition verpflichtet.584 Im Rahmen der hier diskutierten Ausgabevariante werden die Bezugsrechte durch die Bezugsgesellschaft ausgestellt. Damit ist sie bei der Bedienung der Rechtsposition zu einer satzungsändernden Kapitalerhöhung verpflichtet. Aus Sicht der Aktionäre der Bezugsgesellschaft, zu deren Schutz § 221 Abs. 1 AktG gereicht, ist nicht entscheidend, ob ein von ihrer Gesellschaft eingeräumtes Bezugsrecht einer eigenen Anleihe oder derjenigen einer Emissionsgesellschaft beigefügt wird.585 Maßgeblich ist allein die Tatsache, dass ein Bezugsrecht ausgestellt wird: Jedwede Einräumung einer derartigen Rechtsposition birgt die für § 221 Abs. 1 AktG charakteristische Gefahr einer Beeinträchtigung der Entscheidungshoheit der Hauptversammlung, da damit die Verpflichtung zu einer satzungsändernden Kapitalmaßnahme verbunden ist. Die Interessenlage der Aktionäre ist insofern bei der Ausstellung von Bezugsrechten, die Anleihen einer anderen Gesellschaft beigefügt werden, vollumfänglich mit derjenigen im Rahmen der Eigenemission einer Wandelschuldverschreibung vergleichbar.586 580
Siehe oben S. 90. Siehe ausführlich dazu oben S. 91. 582 MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 41; vgl. auch Casper, S. 334; Schumann, S. 92. 583 Siehe Larenz/Canaris, S. 202 ff.; Pawlowski, S. 217 ff. 584 Siehe oben S. 39 f.; Schumann, S. 161. 585 Casper, S. 366; Schumann, S. 163. 586 Vgl. Lutter, FS Kastner, S. 245, 251 ff.; Martens, FS Stimpel, S. 621, 631. 581
A. Ausgabekompetenzen in der Bezugsgesellschaft
127
Diese Vergleichbarkeit der Interessenlagen rechtfertigt eine analoge Anwendung von § 221 Abs. 1 auf die hier in Rede stehende Strukturierungsvariante.587 Zum Schutz der Entscheidungsfreiheit der Hauptversammlung der Bezugsgesellschaft erfordert bereits die Ausstellung eines Bezugsrechts, das zusammen mit einer Anleihe von der Emissionsgesellschaft als Wandelschuldverschreibung ausgegeben wird, einen Hauptversammlungsbeschluss. 2. Reichweite der Mitwirkungskompetenz in Bezug auf den Beschlussinhalt Der aufgrund einer analogen Anwendung des § 221 AktG erforderliche Hauptversammlungsbeschluss in der Bezugsgesellschaft kann darauf gerichtet sein, eine konkrete Emission zu billigen (§ 221 Abs. 1 AktG) oder den Vorstand zur Ausgabe von Wandel- und Optionsanleihen zu ermächtigen (§ 221 Abs. 2 AktG).588 Allein aus der Tatsache, dass ein Hauptversammlungsbeschluss erforderlich ist, folgt noch keine Aussage über die Reichweite der Beschlussfassung in inhaltlicher Hinsicht. Um den Umfang der Mitwirkung der Aktionäre auch in Bezug auf den Beschlussinhalt darstellen zu können, wird im Folgenden zunächst die Frage nach der inhaltlichen Reichweite eines Hauptversammlungsbeschlusses nach § 221 Abs. 1, 2 AktG im unmittelbaren Anwendungsbereich dieser Vorschrift, also für Fälle der Eigenemission einer Wandelschuldverschreibung, erörtert (a)), um darauf aufbauend zu untersuchen, ob und inwiefern sich diesbezüglich Besonderheiten durch das Auseinanderfallen von Bezugs- und Emissionsgesellschaft ergeben (b)). a) Inhalt des Hauptversammlungsbeschlusses im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 221 AktG Im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 221 AktG wird bei der Bestimmung des Inhalts des Hauptversammlungsbeschlusses nach Absatz 1 und Absatz 2 zwischen obligatorischen und fakultativen Elementen unterschieden.589 Fehlen dem Beschluss – sogleich zu spezifizierende – obligatorische Bestandteile, macht dies die Ausgabe des Finanzierungsinstrumen587 So auch die einhellige Ansicht in der Literatur; vgl. Casper, S. 366; Wehrhahn, S. 137 f.; HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 4; Münch.Hdb.AG-Krieger, § 63 Rn. 32; Hüffer, § 221 AktG Rn. 72; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 171; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 47; Spindler/Stilz-Seiler, § 221 AktG Rn. 57. 588 Hüffer, § 221 AktG Rn. 9, m. w. N. 589 Siehe Kniehase, S. 112; Hüffer, § 221 AktG Rn. 10 f.; MünchKommAktGHabersack, § 221 Rn. 130, 153; jeweils m. w. N.
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§ 3 Verteilung der Ausgabekompetenzen
tes zwar angesichts der umfassenden Vertretungsbefugnis des Vorstandes nicht gänzlich unwirksam.590 Gleichwohl ist der Vorstand bei Nichtbeachtung des obligatorischen Beschlussinhalts zum Ersatz eines etwaig entstandenen Schadens verpflichtet.591 aa) Obligatorischer Inhalt eines Hauptversammlungsbeschlusses nach § 221 AktG Nach allgemeiner Meinung umfasst der obligatorische Inhalt eines Hauptversammlungsbeschlusses nach § 221 Abs. 1, 2 AktG Angaben zur Art des zu emittierenden Finanzierungsinstrumentes sowie zum Emissionsvolumen.592 Was die Art des auszugebenden Finanzierungsinstrumentes anbelangt, bezieht sich der Entscheidungsumfang zunächst auf die Kategorie des in § 221 AktG aufgeführten Finanzierungsinstrumentes in Form einer Wandelschuldverschreibung, einer Gewinnschuldverschreibung (§ 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 3 AktG) oder eines Genussrechts (§ 221 Abs. 3 AktG). Fraglich bleibt, ob der Beschluss bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung auch deren Ausgestaltung als Wandel- oder Optionsanleihe593 zum Inhalt haben muss.594 Ebendies wird man unter Verweis auf den Schutzzweck der Norm verneinen müssen: Der Hauptversammlungsbeschluss in § 221 Abs. 1, 2 AktG ist bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung deshalb erforderlich, da die darin verbrieften Bezugsrechte eine Verpflichtung zur Kapitalerhöhung beinhalten.595 Dahingehend macht es keinen Unterschied, ob eine Wandel- oder eine Optionsanleihe eingeräumt wird: Beide Finanzierungsinstrumente enthalten ein Bezugsrecht i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2; dieses Bezugsrecht hat sich unabhängig davon, ob es in einer Wandel- oder einer Optionsanleihe verbrieft ist, als Oberbegriff für eine Rechtsposition erwiesen, die zum Erwerb neuer Anteile berechtigt.596 Aus Aktionärssicht bleibt es ohne Bedeutung, ob die Bezugsrechte dabei im Rahmen einer Options- oder einer Wandelanleihe eingeräumt werden. Allein die Tatsache, dass Bezugsrechte eingeräumt werden, betrifft die Interessen der Anteilseigner, da allein dadurch die 590
Siehe oben S. 40. MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 151. 592 Vgl. Kniehase, S. 115; Münch.Hdb.AG-Krieger, § 63 Rn. 11; Hüffer, § 221 AktG Rn. 10; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 139, 155; HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 34; jeweils m. w. N. 593 Ausführlich dazu oben S. 33 sowie S. 53. 594 So etwa Hüffer, ZHR 161 (1997), 215, 225; HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 34; Kniehase, S. 115; Hüffer, § 221 AktG Rn. 10. 595 Siehe oben S. 39 ff. 596 Siehe oben S. 56 ff. 591
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Entscheidungshoheit der Hauptversammlung im Zuge einer Kapitalmaßnahme zur Bedienung der eingeräumten Rechtspositionen gefährdet wird. Damit ist gleichzeitig die Zwecksetzung des § 221 Abs. 1, 2 AktG ausschließlich durch die Tatsache berührt, dass Bezugsrechte eingeräumt werden. Konsequenterweise erstreckt sich die Zuständigkeit der Hauptversammlung nur auf die Einräumung dieser Rechtsposition und braucht die weitere Ausgestaltung des Finanzierungsinstrumentes als Options- oder Wandelanleihe nicht zu umfassen. Abgesehen von der Art des Finanzierungsinstrumentes und dem Emissionsvolumen werden insbesondere im Rahmen des Zustimmungsbeschlusses nach § 221 Abs. 1 AktG597 teilweise Angaben zum Ausgabebetrag der Bezugsaktien oder die Grundlagen, nach denen dieser Ausgabebetrag errechnet wird, sowie das Bezugsverhältnis als obligatorischer Bestandteil des Hauptversammlungsbeschlusses angesehen.598 Erst eine umfassende Mitbestimmung über die Bezugskonditionen verbürge einen vollumfänglichen Schutz der Hauptversammlung.599 Dahingehenden Ansätzen ist zwar zuzugeben, dass sie einen umfassenden Verwässerungsschutz zugunsten der Altaktionäre gewährleisten. Indes geht die entsprechende Erstreckung des obligatorischen Inhalts eines Hauptversammlungsbeschlusses über das zur Verwirklichung des Schutzzweckes von § 221 Abs. 1, 2 AktG erforderliche Maß hinaus: Ein hinreichender Schutz bleibt bereits durch die Mitbestimmung der Aktionäre in Bezug auf Art und Umfang der geplanten Emission gewährleistet, da sich anhand ebendieser Determinanten der Rahmen einer Kapitalmaßnahme zur Bedienung der ausgegebenen Finanzierungsinstrumente bestimmen lässt. Dies entspricht und genügt zugleich der eigentlichen Intention der Mitwirkung der Hauptversammlung bei der Ausgabeentscheidung, namentlich der Gewährleistung der Entscheidungshoheit im Zuge der Kapitalmaßnahme zur Bedienung der Wandelschuldverschreibungen.600 Einer darüber hinausgehenden, etwaig in den Bezugskonditionen angelegten Verwässerungsgefahr braucht nicht über die Reichweite der Mitwirkungsbefugnisse begegnet zu werden. Ausreichend ist diesbezüglich das gesetzliche Bezugsrecht der Aktionäre nach § 221 Abs. 4 AktG:601 Dadurch werden die Aktionäre in die Lage versetzt, an der Emission zu den Emissionsbedingungen zu partizipieren und ihren Anteil am Gesellschaftsver597 Ausführlich differenzierend zwischen § 221 Abs. 1 und Abs. 2 AktG insbesondere MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 139, 155. 598 Lutter/Drygala, FS Claussen, S. 261, 273; vgl. HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 34, 36; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 140; vgl. auch Hüffer, ZHR 161 (1997), 214, 224 f. 599 Siehe Lutter/Drygala, FS Claussen, S. 261, 273. 600 Siehe oben S. 39 ff. 601 Ausführlich dazu unten S. 210 ff.
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mögen zu erhalten.602 Aus diesem Grund sprechen die besseren Argumente dafür, Regelungen über Bezugskonditionen nicht dem obligatorischen Inhalt eines Hauptversammlungsbeschlusses unterfallen zu lassen.603 bb) Fakultativer Inhalt eines Hauptversammlungsbeschlusses nach § 221 AktG Außerhalb des oben dargestellten obligatorischen Inhaltes steht es der Hauptversammlung frei, im Rahmen ihrer Ermächtigung nach § 221 Abs. 2 AktG weitere Regelungen über die Ausgabe und die Ausgabekonditionen des Finanzierungsinstrumentes zu treffen.604 In Betracht kommen etwa Vorgaben in Sachen Laufzeit, Ausgabekurs, Umtauschverhältnis oder Bezugspreis.605 Für den Fall, dass Bezugspreis und Umtauschverhältnis von Seiten der Hauptversammlung vorgegeben werden, gelten bzgl. der Festsetzung des Ausgabekurses identische Grundsätze wie bei einer regulären Kapitalerhöhung: Die Hauptversammlung ist in ihrer dahingehenden Entscheidung weitgehend frei, solange das gesetzliche Bezugsrecht erhalten bleibt.606 Sobald demgegenüber das gesetzliche Bezugsrecht ausgeschlossen wird, müssen Bezugspreis und Umtauschverhältnis angemessen festgesetzt werden.607 In der Praxis erfolgt die Hauptversammlungsentscheidung über die Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung oftmals zusammen mit der Beschlussfassung über die Bereitstellung bedingten Kapitals zu ihrer Bedienung.608 Letztere muss inhaltlich den Anforderungen des § 193 Abs. 2 AktG genügen.609 Dementsprechend sind auch die Ermächtigungsbeschlüsse zur Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen vielfach detailliert.610 602
Vgl. Hüffer, ZHR 161 (1997), 214, 225. Kniehase, S. 117 f. 604 Kniehase, S. 117 f.; Hüffer, § 221 AktG Rn. 10; Münch.Hdb.AG-Krieger, § 63, Rn. 10; jeweils m. w. N. 605 Hüffer, § 221 AktG Rn. 11. 606 Münch.Hdb.AG-Krieger, § 63, Rn. 10. 607 Münch.Hdb.AG-Krieger, § 63, Rn. 10 sowie ders., a. a. O., § 56 Rn. 25; Hüffer, § 221 AktG Rn. 11. 608 Siehe oben bei und in Fn. 78. 609 Vgl. dazu etwa Maul, NZG 2000, 679, 680; Maier-Reimer, GS Bosch, S. 85, 87 ff.; Spiering/Grabbe, AG 2004, 91, 92 ff.; Hüffer, § 193 AktG Rn. 4, m. w. N. 610 Vgl. HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 36; Spiering/Grabbe, AG 2004, 91. Diesbezüglich wurde in Zusammenhang mit § 193 Abs. 2 Nr. 3 AktG die Zulässigkeit der bloßen Festsetzung eines Mindestausgabebetrages durch obergerichtliche Entscheidungen (OLG Celle, AG 2008, 85; OLG Hamm, BB 2008, 1475 ff.) in Frage gestellt; zustimmend etwa Ackermann/Suchan, BB 2002, 1497, 1499; Klawit603
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b) Besonderheiten bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung unter Auseinanderfallen von Bezugs- und Emissionsgesellschaft Fraglich bleibt, wie sich ein Auseinanderfallen von Emissions- und Bezugsgesellschaft bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung auf die oben dargestellten Grundsätze zum Inhalt eines Hauptversammlungsbeschlusses auswirkt. So könnte sich insbesondere der obligatorische Inhalt des Hauptversammlungsbeschlusses auf die Einschaltung einer Emissionsgesellschaft erstrecken. Dies erscheint indes nicht erforderlich.611 Der Grund hierfür liegt wiederum in der Zwecksetzung des Mitwirkungserfordernisses nach § 221 Abs. 1, 2 AktG, mit Hilfe dessen die Entscheidungsfreiheit der Hauptversammlung bei Kapitalmaßnahmen gewährleistet werden soll.612 Die Interessen der Aktionäre werden durch die Einschaltung einer Emissionsgesellschaft nicht in besonderer Weise berührt. Ob die Bezugsrechte einer eigenen Anleihe oder der Anleihe eines anderen Unternehmens beigefügt werden, bleibt aus ihrer Sicht ohne Belang.613 Dabei steht eine Beeinträchtigung von Aktionärsinteressen durch die Einschaltung der Emissionsgesellschaft insbesondere deshalb nicht zu befürchten, da die Auswahl einer Emissionsgesellschaft, die sich – etwa aufgrund ihrer schlechten Bonität – für die Bezugsgesellschaft und damit für auch ihre Anteilseigner negativ auf die realisierbaren Emissionsgewinne auswirkt, eine schadensersatzbewehrte Sorgfaltspflichtverletzung des Vorstandes begründet. Abgesehen davon kann zur Begründung weitergehender Mitwirkungsbefugnisse bei der Einschaltung und der Auswahl einer Emissionsgesellschaft nicht auf § 221 Abs. 4 AktG rekurriert werden:614 Zwar sind die Anteilseigner der Bezugsgesellschaft zur Wahrnehmung ihrer Bezugsrechte nach § 221 Abs. 4 AktG in Form des Erwerbs der Wandelschuldverschreibungen faktisch gezwungen, Anleihegläubiger der Emissionsgesellter, AG 2005, 792; Maul, NZG 2000, 679, 687; kritisch demgegenüber Angerer/Pläster, NZG 2008, 326 ff.; Spiering/Grabbe, AG 2004, 91, 92 ff.; Umbeck, AG 2008, 67; jeweils m. w. N. Der BGH hat sich jüngst für die Zulässigkeit der Festsetzung eines bloßen Mindestausgabebetrages ausgesprochen, BGH, Urt. v. 18.5.2009 – II ZR 262/07, NZG 2009, 986; vgl. Böttcher/Kautzsch, NZG 2009, 978 ff. 611 Siehe Unternehmensfinanzierung-Schlitt/Hemeling, § 10 bei und in Fn. 40; Spindler/Stilz-Seiler, § 221 AktG Rn. 57. Ein Beschluss der Hauptversammlung kann lediglich dann erforderlich sein, wenn die Emissionsgesellschaft – etwa als Finanzierungstochtergesellschaft – erst gegründet werden muss. 612 Ausführlich oben S. 37 ff. 613 Siehe oben S. 125. 614 Die Bedeutung der Emissionsgesellschaft für die bezugsberechtigten Anteilseigner der Bezugsgesellschaft legt etwa KK-Lutter, § 192 AktG Rn. 6, seinen Erwägungen zur Einheitskonzeption der Vorschrift zugrunde.
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schaft zu werden;615 dies wäre auch dann der Fall, wenn die Rückzahlung des Anleihebetrages durch die Emissionsgesellschaft aufgrund ihrer fehlenden Liquidität und Kreditwürdigkeit gefährdet ist. Dieser Gefahr aber durch eine (Mit-)Entscheidungsbefugnis in Bezug auf die Auswahl der Emissionsgesellschaft zu begegnen, erscheint nicht notwendig: Die Bezugsgesellschaft wird die Erfüllung der Verbindlichkeiten aus der Anleihe bei unzureichender Liquidität der Emissionsgesellschaft bereits deshalb garantieren, um das Finanzierungsinstrument auf dem Kapitalmarkt platzierbar zu machen.616 Dementsprechend bleibt den Aktionären als Anleihegläubigern der Emissionsgesellschaft der Rückgriff bei der garantierenden Bezugsgesellschaft. Mithin kann die Einschaltung einer Emissionsgesellschaft den nach § 221 Abs. 4 AktG bezugsberechtigten (Alt-)Aktionären nicht zum Nachteil gereichen. Im Ergebnis ist kein Grund ersichtlich, den obligatorischen Inhalt der Beschlussfassung der Hauptversammlung auf die Einschaltung und die Auswahl einer Emissionsgesellschaft zu erstrecken. Diese Ausgabemodalitäten der Wandelschuldverschreibung bleiben vielmehr dem Zuständigkeitsbereich des Vorstandes vorbehalten. 3. Zusammenfassung Die Mitwirkungserfordernisse des § 221 AktG finden entsprechende Anwendung, wenn Bezugs- und Emissionsgesellschaft bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung auseinanderfallen und die Bezugsgesellschaft die Bezugsrechte ausstellt. Aus Sicht der Anteilseigner der Bezugsgesellschaft macht es keinen Unterschied, ob das Bezugsrecht einer eigenen Anleihe oder derjenigen einer Emissionsgesellschaft beigefügt wird. In inhaltlicher Hinsicht hat der Beschluss die Art des auszugebenden Finanzierungsinstrumentes in Form der Ausstellung der Bezugsrechte sowie das Emissionsvolumen zu umfassen. Eine Beschlussfassung der Hauptversammlung über die Einschaltung und Auswahl einer Emissionsgesellschaft ist nicht erforderlich.
II. Übernahme einer Beschaffungsgarantie durch die Bezugsgesellschaft Alternativ zur oben diskutierten unmittelbaren Ausstellung der Bezugsrechte kann die Bezugsgesellschaft lediglich die Erfüllung der Aktienerwerbsrechte garantieren, die in den von der Emissionsgesellschaft aus615 616
Ausführlich zu § 221 Abs. 4 AktG unten S. 210 ff. Siehe oben S. 75 ff.
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gegebenen Wandelschuldverschreibungen enthalten sind.617 Auch in diesen Fällen stellt sich die Frage nach der Erforderlichkeit einer Mitwirkung der Hauptversammlung der Bezugsgesellschaft.618 Ausgangspunkt der Untersuchung ist dabei die Besonderheit dieser Strukturierungsvariante, die mit Blick auf das Aktienerwerbsrecht eine Kombination aus einer Verschaffungsverpflichtung der Emissionsgesellschaft und einer Beschaffungsgarantie der Bezugsgesellschaft beinhaltet.619 Dabei ist der Verschaffungsanspruch, den die Emissionsgesellschaft dem Wandelschuldverschreibungsgläubiger gegenüber einräumt, aus Sicht der Bezugsgesellschaft für die Frage nach einer Mitwirkung ihrer Hauptversammlung nicht ausschlaggebend: Dieser Anspruch berührt allein das Rechtsverhältnis zwischen der Emissionsgesellschaft und dem Bezugsberechtigten; er unterwirft die Bezugsgesellschaft keinerlei Bindungen. Allein die Übernahme der Beschaffungsgarantie sowie die damit einhergehende Abrede zwischen der Emissions- und der Bezugsgesellschaft verpflichtet Letztere.620 Einzig diese Garantieübernahme kann ein Bedürfnis für eine analoge Anwendung des § 221 Abs. 1 AktG auf die Bezugsgesellschaft mit sich bringen und derart die Zustimmungspflichtigkeit der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen unter Garantieübernahme der Bezugsgesellschaft begründen. 1. Diskussion ablehnender Literaturansichten: Bedeutung existierender Deckungskapitalia In der Literatur wird die Erforderlichkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses für derartige Garantieübernahmen teilweise verneint;621 ausreichend sei die Beteiligung der Anteilseigner der Bezugsgesellschaft bei der Kapitalmaßnahme zur Bedienung der Aktienerwerbsrechte.622 Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass bei der Übernahme einer Beschaffungsgarantie die Bedienung der Aktienerwerbsrechte im Zeitpunkt der Ausgabe der Wandelschuldverschreibung zumeist gesichert sei und die entsprechenden Anteile bereits bestehen.623 617
Ausführlich dazu oben S. 110 ff. Siehe Lutter, FS Kastner, S. 245, 249 ff.; Schaub, AG 1972, 340, 341 ff. 619 Siehe oben S. 110 ff. 620 Siehe dazu oben S. 112 ff. 621 Die dahingehende Diskussion erfolgte weitgehend in den 1970er-Jahren; vgl. Hoffmann, AG 1973, 47, 49 ff.; Schaub, AG 1972, 340, 342; Silcher, FS Geßler, S. 185, 190, 193. 622 Hoffmann, AG 1973, 47, 49 ff.; Schaub, AG 1972, 340, 342; Silcher, FS Geßler, S. 185, 190, 193. 623 Schaub, AG 1972, 340, 341; Hoffmann, AG 1973, 47, 49 ff. Die Frage nach den Auswirkungen existierender Deckungskapitalia betrifft nicht allein die hier dis618
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§ 3 Verteilung der Ausgabekompetenzen
Dahingehenden Erwägungen bleibt indes entgegenzuhalten, dass allein der Hauptversammlungsbeschluss bei der Kapitalmaßnahme zur Bedienung eingeräumter Aktienerwerbsrechte nicht ausreichen kann, um die Entscheidungsfreiheit der Hauptversammlung vollumfänglich zu gewährleisten. Dies ist unmittelbar einsichtig, wenn der Kapitalerhöhungsbeschluss der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung nachfolgt,624 da in diesen Fällen die Hauptversammlung der Bezugsgesellschaft noch über die Bereitstellung der Deckungskapitalia zu entscheiden hat. Gleiches gilt aber, wenn umgekehrt der Kapitalerhöhungsbeschluss der Ausgabeentscheidung vorangeht:625 Hat die Hauptversammlung bereits vor der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung über die Kapitalerhöhung zu ihrer Bedienung Beschluss gefasst, würde dies ein Bedürfnis für eine Beteiligung der Anteilseigner bei der Ausgabe des Finanzierungsinstrumentes nur dann entfallen lassen, wenn diejenigen Aktien, die ursprünglich zu ihrer Bedienung vorgesehen waren, im Zeitpunkt der Ausübung der Aktienerwerbsrechte vorbehaltslos zur Verfügung stünden. Allein dann ließe sich die Ansicht vertreten, dass neben einer bereits erfolgten Hauptversammlungsentscheidung über die Kapitalerhöhung eine weitere Mitwirkung der Aktionäre überflüssig sei, um ihre Entscheidungsfreiheit aufrechtzuerhalten.626 Diese Argumentation setzt indes einen aktienrechtlich627 nicht gegebenen Zusammenhang zwischen der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung und einer Kapitalerhöhung voraus.628 Auch wenn in der Praxis oftmals die Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung an eine bestimmte kutierte Strukturierungsvariante, im Rahmen derer die Bezugsgesellschaft eine Garantie übernimmt, sondern vielmehr generell alle Fälle der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung. Da aber diese Problematik in der Literatur ausschließlich im Zusammenhang mit der Garantieübernahme aufgeworfen und diskutiert wurde, soll ihr auch im Rahmen der vorliegenden Arbeit an dieser Stelle nachgegangen werden. 624 Siehe dazu oben S. 39 ff. 625 Vgl. Lutter, FS Kastner, S. 245, 256 f. 626 So etwa Hoffmann, AG 1973, 47, 49 ff. 627 Demgegenüber wird börsenrechtlich teilweise ein stärkerer Zusammenhang zwischen Wandelschuldverschreibungen und den Deckungskapitalia betont: Aus § 11 BörsZulV wird in der Literatur geschlossen, dass Wandelschuldverschreibungen ausschließlich dann zugelassen werden können, wenn die Wertpapiere, auf die sich das Umtausch- oder Bezugsrecht bezieht, entweder bereits zum Handel zugelassen sind oder gleichzeitig mit den Wandelschuldverschreibungen zugelassen werden (Kapitalmarktgesetze-Gebhardt, § 11 BörsZulV Rn. 5; m. w. N.). Nach anderer Auffassung (Gericke, S. 76 ff.) kann demgegenüber von der gleichzeitigen Zulassung der Deckungskapitalia abgesehen werden, wenn sich die Gesellschaft gegenüber der Zulassungsstelle verpflichtet, die Zulassung der Deckungskapitalia rechtzeitig vor dem Umtausch- oder Bezugstermin zu beantragen. 628 GroßkommAktG-Frey, § 197 Rn. 39.
A. Ausgabekompetenzen in der Bezugsgesellschaft
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Kapitalerhöhung gebunden wird,629 ist diese Verbindung keine aktienrechtliche Notwendigkeit.630 Vielmehr bleibt aktienrechtlich nicht gewährleistet, dass die ursprünglich zur Bedienung der Aktienerwerbsrechte vorgesehenen Anteile keine anderweitige Verwendung finden; abgesehen von den Zweckbindungen einer bedingten Kapitalerhöhung nach § 192 Abs. 2 AktG sind die Anteile aus einer beschlossenen Kapitalerhöhung de lege lata nicht an einen bestimmten Verwendungszweck gebunden.631 Sobald aber diese Anteile im Zeitpunkt der Ausübung der Aktienerwerbsrechte nicht (mehr) vollumfänglich zur Verfügung stehen, sähe sich die Hauptversammlung bei der Bedienung der Rechtspositionen wiederum dem Entscheidungsdruck ausgesetzt, einer (erneuten) Kapitalerhöhung zuzustimmen. Allein die bereits erfolgte Beschlussfassung über eine Kapitalerhöhung bietet mithin keine Gewähr dafür, dass sich eine (weitere) Kapitalerhöhung zur Bedienung der Aktienerwerbsrechte ausnahmslos erübrigt.632 Nichts anderes gilt dann, wenn eine Wandelschuldverschreibung anhand der Anleihebedingungen auf eine bestimmte Kapitalerhöhung bezogen und dementsprechend der de lege lata nicht bestehende Zusammenhang zwischen einer Kapitalerhöhung und der Ausgabe des Finanzierungsinstrumentes vertraglich hergestellt wird: Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass die genaue Zahl der zur Bedienung der Aktienerwerbsrechte erforderlichen Anteile ex ante nicht durchwegs vollumfänglich bestimmbar ist.633 Dies kann zunächst deshalb der Fall sein, da die Inhaber der Finanzierungsinstrumente nicht von ihren Aktienerwerbsrechten Gebrauch machen müssen. Ferner kann eine zwischenzeitliche, d.h. im Zeitraum zwischen Ausgabe des Finanzierungsinstrumentes und seiner Bedienung liegende Kapitalmaßnahme in der Bezugsgesellschaft aufgrund des zugunsten der Wandelschuldverschreibungsgläubiger in den Anleihebedingungen vorgesehenen Verwässerungsschutzes634 im Bedienungszeitpunkt eine höhere Anzahl Aktien zur Bedienung der Aktienerwerbsrechte erfordern als ursprünglich vorgese629
Der Beschluss nach § 221 Abs. 1 AktG erfolgt zumeist im Zusammenhang mit einer bedingten Kapitalerhöhung; siehe bei und in Fn. 78 sowie S. 130 f. 630 Vgl. GroßkommAktG-Frey, § 197 Rn. 39. 631 Vgl. GroßkommAktG-Frey, § 192 Rn. 55. 632 Dieses Ergebnis zeigt sich auch in der Feststellung, dass es im Rahmen des § 221 Abs. 1 AktG auf die Reihenfolge der Beschlüsse (Kapitalerhöhung versus Ausgabebeschluss) nicht ankomme; so explizit etwa GroßkommAktG-Frey, § 192 Rn. 55 f.; Hüffer, § 221 AktG Rn. 60; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 98; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 218. 633 Darin liegt auch der Grund dafür, dass Wandelschuldverschreibungen vornehmlich (vgl. oben in Fn. 78) mit bedingtem Kapital gesichert werden: Die (bedingte) Kapitalerhöhung wird allein soweit durchgeführt, wie von Umtausch- oder Bezugsrechten Gebrauch gemacht wird; ausführlich dazu noch unten S. 265 ff. 634 Münch.Hdb.AG-Krieger, § 63 Rn. 22 f.
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§ 3 Verteilung der Ausgabekompetenzen
hen.635 Wiederum erscheint es mithin nicht ausgeschlossen, dass zur Bedienung der Wandelschuldverschreibungen Anteile benötigt werden, die erst durch eine erneute Kapitalerhöhung zu schaffen sind. Im Ergebnis ist die Gefahr, dass zur Bedienung einer Wandelschuldverschreibung eine (weitere) Kapitalerhöhung erforderlich ist, auch dann nicht behoben, wenn der Ausgabe der Finanzierungsinstrumente ein Kapitalerhöhungsbeschluss vorangeht. Demzufolge kann ein Bedürfnis für die Mitwirkung der Anteilseigner bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung nicht allein unter Verweis auf die vorangegangene Bereitstellung der Deckungskapitalia in Abrede gestellt werden.636 Dies gilt auch für die hier in Rede stehende mögliche Zustimmungspflicht der Hauptversammlung der Bezugsgesellschaft im Zuge der Übernahme einer Beschaffungsgarantie. 2. Zustimmungserfordernis aufgrund der Qualifizierung einer Garantieübernahme als Einräumung eines Bezugsrechts Die Frage nach der Erforderlichkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses bei der Übernahme einer Beschaffungsgarantie durch die Bezugsgesellschaft beantwortet sich insofern unabhängig von der etwaigen Existenz der Deckungskapitalia. Ausschlaggebend ist vielmehr allein die Rechtsnatur der Garantieübernahme. Dabei stellt sich die Beschaffungsgarantie als eine der Emissionsgesellschaft gegenüber eingegangene Verpflichtung dar, die den Inhaber der Wandelschuldverschreibung zum Erwerb von Aktien der Bezugsgesellschaft berechtigt.637 Wird dieser Befund in Zusammenhang mit dem weit zu verstehenden Begriff des Bezugsrechts i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 AktG gesetzt,638 ergibt sich Folgendes: Ausgehend davon, dass es für die Annahme eines Bezugsrechts nach § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG nicht darauf ankommt, wie eine auf den Aktienerwerb gerichtete Rechtsposition ausgestaltet ist und vielmehr allein die Verpflichtung der Gesellschaft zur Aktienausgabe im Vordergrund steht,639 entspricht auch die Übernahme einer Beschaffungsgarantie diesen Merkmalen eines Bezugsrechts: Aufgrund der Garantieübernahme macht sich die Bezugsgesellschaft schadensersatz635 Eine Ausgabe zusätzlicher Aktien der Bezugsgesellschaft zum Ausgleich einer Verwässerung der Aktienerwerbsrechte durch eine Kapitalmaßnahme in der Bezugsgesellschaft lässt sich allein dadurch vermeiden, dass der Ausübungspreis gemindert wird; vgl. Münch.Hdb.AG-Krieger, § 63 Rn. 22. 636 Vgl. GroßkommAktG-Frey, § 192 Rn. 55 f. 637 Siehe oben S. 112 ff.; vgl. auch Lutter, FS Kastner, S. 245, 256. 638 Ausführlich zu dem Begriff des Bezugsrechts in § 221 Abs. 1 AktG bereits oben S. 53. 639 Siehe oben S. 53.
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pflichtig, sobald sie ihrer Verpflichtung, die zur Bedienung der Aktienerwerbsrechte erforderlichen Aktien zu schaffen, nicht nachkommt.640 Ebendiese schadensersatzbewehrte Pflicht zur Aktienausgabe hat sich, ausgehend von der Zwecksetzung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG, als zentrales Merkmal eines Bezugsrechts i. S. dieser Vorschrift erwiesen.641 Mithin versteht sich die Übernahme einer Beschaffungsgarantie als Ausprägung eines Bezugsrechts i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG. Wie gesehen, setzt eine unmittelbare Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG aber voraus, dass ein und dieselbe Gesellschaft sowohl das Bezugsrecht als auch das Schuldverschreibungselement einer Wandelschuldverschreibung ausgibt.642 Fallen Emissions- und Bezugsgesellschaft demgegenüber auseinander, kommt lediglich eine analoge Anwendung der Vorschrift in Betracht: Diesbezüglich kann wiederum von einer planwidrigen Regelungslücke ausgegangen werden.643 Ferner müssten aus Sicht der Bezugsgesellschaft und ihrer Anteilseigner die Interessenlagen bei der Übernahme einer Beschaffungsgarantie einerseits und der Eigenemission einer Wandelschuldverschreibung andererseits vergleichbar sein. Aus Sicht der Aktionäre der Bezugsgesellschaft macht es keinen Unterschied, ob die schadensersatzbewehrte Verpflichtung zur Ausgabe neuer Aktien unmittelbar in Form des Bezugsrechts einer Optionsanleihe oder im Rahmen der hier in Rede stehenden Beschaffungsgarantie abgegeben wird.644 In beiden Fällen ist die Gesellschaft zu einer Kapitalmaßnahme verpflichtet, deren Ausbleiben Schadensersatzansprüche nach sich ziehen kann.645 Vorstehendes rechtfertigt eine analoge Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG auf Fälle der Übernahme einer Beschaffungsgarantie von Seiten der Bezugsgesellschaft.646 3. Ergebnis Die Übernahme einer Beschaffungsgarantie durch die Bezugsgesellschaft ist als Einräumung eines Bezugsrechts nach § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG 640
Lutter, FS Kastner, S. 245, 256. Ausführlich dazu oben S. 37 ff. 642 Siehe oben S. 89 f. 643 Siehe oben S. 126. 644 Wehrhahn, S. 138. 645 Lutter, FS Kastner, S. 245, 256. 646 Lutter, FS Kastner, S. 245, 256; Martens, FS Stimpel, S. 621, 631; Casper, S. 365 ff.; Schumann, S. 163; Wehrhahn, S. 138; Hüffer, § 221 AktG Rn. 71; KKLutter, § 221 AktG Rn. 171; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 47; Spindler/Stilz-Seiler, § 221 AktG Rn. 11. 641
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zu klassifizieren. Dies ergibt sich aus der weiten Definition eines Bezugsrechts im Sinne dieser Vorschrift. Da Bezugs- und Emissionsgesellschaft auseinanderfallen, findet § 221 Abs. 1 S. 1 AktG keine unmittelbare, sondern analoge Anwendung. Im Ergebnis bedarf mithin die Garantieübernahme der Bezugsgesellschaft bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung durch die Emissionsgesellschaft der Zustimmung der Anteilseigner der Bezugsgesellschaft.
III. Existierende Aktien als Gegenstand des Aktienerwerbsrechts oder der Garantieübernahme Vorstehende Ausgabemodalitäten, wonach die Bezugsgesellschaft die Aktienerwerbsrechte entweder selbst ausstellt oder aber eine (Beschaffungs-)Garantie übernimmt, kommen auch dann in Betracht, wenn die in der Wandelschuldverschreibung verbrieften Aktienerwerbsrechte zum Erwerb bereits existierender Anteile an der Bezugsgesellschaft berechtigen.647 Die eigenen Aktien zur Bedienung der eingeräumten Rechtspositionen können dabei entweder aus dem Bestand der Bezugsgesellschaft selbst stammen oder mittels einer Gegenoption bereitgehalten werden.648 Auch in diesen Fällen stellt sich die Frage nach Mitwirkungsrechten der Anteilseigner der Bezugsgesellschaft bei der Ausgabe derartiger Wertpapiere. Zur Untersuchung möglicher Beteiligungsrechte wird im Folgenden zunächst dargestellt, welchen aktienrechtlichen Anforderungen die Eigenemission einer Wandelschuldverschreibung unterliegt, die zum Erwerb eigener, existierender Aktien berechtigt (dazu sub 1.). Basierend auf dem dabei gefundenen Ergebnis kann auf Besonderheiten eingegangen werden, die sich dann ergeben, wenn bei der Ausgabe eines derartigen Finanzierungsinstrumentes Bezugs- und Emissionsgesellschaft auseinanderfallen (sub 2.). 1. Mitwirkungsrechte der Hauptversammlung bei der Eigenemission einer auf den Erwerb existierender Aktien gerichteten Wandelschuldverschreibung Bei der Eigenemission einer Wandelschuldverschreibung, die zum Erwerb eigener, existierender Aktien berechtigt, könnten sich etwaige Mitwirkungsrechte der Hauptversammlung wiederum aus § 221 Abs. 1 S. 1 AktG ergeben. Diese Vorschrift käme zur Anwendung, wenn die Ausgabe dieser 647 648
Siehe oben S. 117 f. Casper, S. 348 f.
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Finanzierungsinstrumente entweder ihrem unmittelbaren oder analogen Anwendungsbereich unterfällt (sub a) und b)) oder aber als Genussrechtsemission nach § 221 Abs. 3 AktG zu klassifizieren wäre (sub c)). a) Unmittelbare Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG? Zunächst wird der Frage nachgegangen, ob die Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung, die Aktienerwerbsrechte auf eigene, existierende Aktien beinhaltet, vom unmittelbaren Anwendungsbereich des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG erfasst ist. Dies wird nachfolgend anhand einer Auslegung der Norm unter Berücksichtigung ihres Wortlautes, ihrer Gesetzgebungsgeschichte, ihrer systematischen Stellung sowie funktionalen Gesichtspunkten diskutiert. aa) Auslegung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG nach Wortlaut und Gesetzgebungsgeschichte Obwohl die Begriffe „Umtausch- und Bezugsrechte auf Aktien“ keine eindeutige Folgerung auf den Regelungsumfang der Norm zulassen,649 ermöglicht die Verwendung des Begriffs „Bezugsrecht“ und dessen parallele Verwendung in § 187 AktG gleichwohl Rückschlüsse dahingehend, dass auch § 221 Abs. 1 S. 1 AktG, wie es § 187 AktG explizit anordnet, allein den Bezug neuer Anteile im Blick hat. In identische Richtung weisen Überlegungen, die auf die generelle Verwendung des Begriffs „Bezugsrecht“ im Aktiengesetz abstellen, da sich dieser allein im Rahmen von Kapitalerhöhungen, also im Zusammenhang mit neuen Aktien findet.650 Insofern lässt der Wortlaut der Norm zwar keine sichere Schlussfolgerung auf den Anwendungsbereich der Norm zu; gleichwohl legt er eine Beschränkung auf Aktienerwerbsrechte, die auf den Bezug neuer Anteile gerichtet sind, nahe. Eine Analyse der Gesetzgebungsgeschichte zeichnet, in Bezug auf die Frage, ob und inwiefern Aktienerwerbsrechte auf eigene, existierende Aktien dem unmittelbaren Anwendungsbereich des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG unterfallen, ein ambivalentes Bild: Mit der Einführung des § 174 AktG 1937, der für die Ausgabe von Umtausch- und Bezugsrechten erstmals einen Hauptversammlungsbeschluss sowie ein Bezugsrecht der Aktionäre normierte, sollte die Verwendung von Vorratsaktien zur Bedienung wandelbarer Wertpapiere beschränkt und zum Schutz der (Alt-)Aktionäre in gesetzliche 649 650
Busch, AG 1999, 58, 64; Kniehase, S. 297, 302. Siehe Hoffmann, AG 1973, 47, 49; Wehrhahn, S. 141.
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Bahnen gelenkt werden.651 Zur Bedienung der Aktienerwerbsrechte wurde die Möglichkeit der bedingten Kapitalerhöhung geschaffen; in der Gesetzesbegründung wird diesbezüglich ausgeführt, dass sich aus den Vorschriften über die bedingte Kapitalerhöhung ergebe, wie das Umtausch- oder Bezugsrecht aus den Wandelschuldverschreibungen auszuüben sei.652 Aus Vorstehendem werden in der Literatur unterschiedliche Schlüsse gezogen: So führt einerseits Hoffmann aus, dass nach dem Willen des historischen Gesetzgebers Wandelschuldverschreibungen fortan mittels bedingten Kapitals, also mit neuen Aktien, erfüllt werden sollten.653 Der Gesetzgeber habe für die Bedienung einer Wandelschuldverschreibung allein bedingtes Kapital im Blick gehabt; ihm wäre jeglicher Regelungswille in Bezug auf eine Bedienung der Aktienerwerbsrechte mittels existierender Aktien abzusprechen. Demzufolge würde sich der unmittelbare Anwendungsbereich der Vorschrift nicht auf diese Bedienmodalität erstrecken.654 Die soeben umrissenen Motive des historischen Gesetzgebers werden demgegenüber auch umgekehrt interpretiert:655 Aus der Beschränkung der Verwendung von Vorratsaktien sowie eigenen Aktien könne kein Verwendungsverbot gefolgert werden; vielmehr machten auch nach 1937 Aktiengesellschaften von vorhandenen Vorratsaktien Gebrauch.656 Wenn aber die Gesetzesänderung von 1937 gerade darauf abzielte, die Missstände, zu denen die Ausgabe von Aktienerwerbsrechten auf eigene Aktien und Vorratsaktien geführt hatte,657 zu beseitigen,658 so erscheine es widersprüchlich, diese weiterhin praktizierte Bedienmodalität aus dem Anwendungsbereich des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG herauszunehmen.659 Keine Interpretation erscheint zwingend. Vielmehr lässt sich schwer verifizieren, ob der Gesetzgeber 1937 mit der eingeführten Beschränkung der Verwendung von Vorratsaktien und der gleichzeitigen Schaffung der be651 Klausing, Amtliche Begründung AktG 1937, S. 155; Schubert/Hommelhoff, Aktienrechtsreform Verhandlungsprotokolle, S. 566 f.; Klausing, 25 ff., 47 ff.; Ritter, § 174 AktG 1937, Nr. 1, 2.; siehe oben S. 91. 652 Klausing, Amtliche Begründung AktG 1937, S. 155; Kniehase, S. 303. 653 Hoffmann, AG 1973, 47, 50. 654 Hoffmann, AG 1973, 47, 50; vgl. Busch, AG 1999, 58, 64. 655 Siehe Schumann, S. 23 (bei und in Fn. 46). 656 Kniehase, S. 303; Schumann, S. 23 (bei und in Fn. 46). 657 Vgl. Schubert/Hommelhoff, Aktienrechtsreform Verhandlungsprotokolle, S. 566. Siehe zu dem damaligen Missbrauch von Vorratsaktien etwa Klausing, S. 29 ff.; GroßkommAktG-Frey, § 192 Rn. 32; vgl. ausführlich im Zusammenhang mit dem Rückerwerb eigener Aktien, Maltschew, S. 44 ff., 108 ff.; MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 29 ff. 658 Hoffmann, AG 1973, 47, 49; Ritter, § 174 AktG 1937, Nr. 1, 2. 659 Schumann, S. 23 (bei und in Fn. 46); so auch Wehrhahn, S. 143.
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dingten Kapitalerhöhung von der Prämisse ausging, dass die verbliebenen Verwendungsmöglichkeiten von eigenen, existierenden Aktien keinen Regelungsbedarf nach sich ziehen und dementsprechend nicht dem Anwendungsbereich des § 221 AktG unterfallen.660 Insofern erlaubt auch die historische Auslegung der Norm keine eindeutigen Rückschlüsse auf den Anwendungsbereich der Vorschrift. bb) Systematische und funktionale Auslegung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG Die systematische Stellung von § 221 AktG als Teil des fünften Unterabschnittes im Rahmen des mit „Maßnahmen der Kapitalbeschaffung“ betitelten zweiten Abschnitts des Aktiengesetzes scheint zunächst aufgrund dieses Zusammenhangs zu Kapitalerhöhungen für eine Beschränkung des Anwendungsbereiches der Vorschrift auf Aktienerwerbsrechte, die auf neue Aktien gerichtet sind, zu sprechen.661 Gleichzeitig sieht sich eine dahingehende Auslegung aber dem Vorwurf ausgesetzt, dass § 221 AktG auch Finanzierungsinstrumente wie Gewinnschuldverschreibungen und Genussrechte normiert, die mit einer Kapitalerhöhung nicht vergleichbar sind.662 Damit bleibt auch eine Auslegung der Vorschrift nach systematischen Gesichtspunkten unergiebig. Ausschlaggebend sind letztlich funktionale Aspekte: § 221 Abs. 1 S. 1 AktG bezweckt die Gewährleistung der Entscheidungsfreiheit der Hauptversammlung bei einer Kapitalmaßnahme zur Bedienung eingeräumter Bezugsrechte.663 Dieser Schutz der Entscheidungsfreiheit ist aber nur dann erforderlich, wenn sich die Aktienerwerbsrechte auf neue Aktien beziehen: Sobald die in einer Wandelschuldverschreibung verbrieften Rechtspositionen zum Erwerb existierender Aktien berechtigen, bedarf es zu ihrer Bedienung keiner Kapitalerhöhung und mithin keines Kapitalerhöhungsbeschlusses der Hauptversammlung.664 Damit ist durch die Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung, die Aktienerwerbsrechte auf existierende Aktien beinhaltet, die Entscheidungshoheit der Hauptversammlung nicht gefährdet; der unmittelbare Schutzzweck der Vorschrift wird nicht berührt.
660 661 662 663 664
Busch, AG 1999, 58, 64; Kniehase, S. 303. Wehrhahn, S. 142; Kniehase, S. 303. Busch, AG 1999, 58, 64. Ausführlich oben S. 39 ff. Vgl. Wehrhahn, S. 142.
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cc) Ergebnis Gibt mithin eine Gesellschaft Wandelschuldverschreibungen aus, die zum Erwerb eigener, existierender Aktien berechtigen, unterfällt die Finanzierungsmaßnahme nicht dem unmittelbaren Anwendungsbereich des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG. Dies ist deshalb der Fall, da der Schutzzweck dieser Vorschrift in Form der Aufrechterhaltung der Entscheidungsfreiheit der Hauptversammlung bei Kapitalerhöhungen zur Bedienung der Aktienerwerbsrechte nicht betroffen ist, wenn sich diese auf existierende Aktien beziehen. b) Analoge Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG? Damit hat sich gezeigt, dass § 221 Abs. 1 S. 1 AktG bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung, die zum Erwerb existierender Aktien berechtigt, nicht unmittelbar einschlägig ist. Im Folgenden bleibt zu untersuchen, ob und inwiefern bei der Emission derartiger Wertpapiere eine analoge Anwendung dieser Vorschrift in Betracht kommt.665 Dies wäre dann der Fall, wenn eine entsprechende Anwendung der Norm entweder zum Schutz der Entscheidungsfreiheit der Hauptversammlung (sub aa)) oder aus sonstigen Gründen (sub bb)) erforderlich ist. aa) Analoge Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG zum Schutz der Entscheidungsfreiheit der Hauptversammlung? Im unmittelbaren Anwendungsbereich von § 221 Abs. 1 S. 1 AktG gewährleistet diese Vorschrift den Schutz der Entscheidungshoheit der Anteilseigner bei Kapitalmaßnahmen zur Bedienung der eingeräumten Aktienerwerbsrechte. Berechtigen diese indes zum Erwerb existierender Aktien, bedarf es zu ihrer Bedienung keines Kapitalerhöhungsbeschlusses. Gleichwohl erfordert – wie sogleich zu zeigen sein wird – auch die Bereitstellung existierender Aktien zur Sicherstellung der Aktienerwerbsrechte eine Beteiligung der Hauptversammlung. Diese Mitwirkungsrechte der Hauptversammlung bei der Bedienung der Rechtspositionen könnten in ähnlicher Weise zu schützen sein wie der Kapitalerhöhungsbeschluss bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen, die zum Erwerb neuer Aktien berechti665 So etwa Georgakopoulos, ZHR 120 (1957), 84, 142 ff.; Lutter, FS Kastner, S. 245, 255; Schäfer, ZGR Sonderheft 16, S. 62, 71; Kniehase, S. 309; Schumann, S. 23 (bei und in Fn. 46); HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 16 f.; ablehnend demgegenüber Hoffmann, AG 1973, 47, 48 ff.; Schaub AG 1972, 340, 341; jeweils m. w. N.
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gen und dementsprechend eine analoge Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG notwendig machen. Zur Untersuchung dieser Frage wird im Folgenden zunächst (sub (1)) herausgearbeitet, ob und inwiefern die Bedienung der Aktienerwerbsrechte mit eigenen Aktien eine Mitwirkung der Hauptversammlung erforderlich macht. Ausschlaggebend sind dabei Mitwirkungsrechte der Anteilseigner im Zuge des Rückerwerbs und der Wiederausgabe eigener Aktien; in diesem Zusammenhang kommen insbesondere die §§ 71 ff. AktG als Zentralvorschriften über die aktienrechtliche Behandlung eigener Aktien zum Tragen. Basierend auf diesem Ergebnis wird anschließend (sub (2)) geprüft, ob, ausgehend von der Zwecksetzung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG, zum Schutze der Entscheidungsfreiheit der Aktionäre bei ihrer Mitwirkung im Rahmen der Bedienung der eingeräumten Aktienerwerbsrechte, eine analoge Anwendung von § 221 Abs. 1 S. 1 AktG erforderlich ist. (1) Mitwirkungsrechte der Anteilseigner beim Rückerwerb und der Wiederausgabe eigener Aktien Berechtigen die in Wandelschuldverschreibungen verbrieften Aktienerwerbsrechte zum Erwerb eigener, existierender Aktien, setzt ihre Bedienung den Rückerwerb und die Wiederausgabe der entsprechenden eigenen Anteile voraus.666 Sowohl der Rückerwerb als auch die Wiederausgabe der eigenen Aktien erfordert möglicherweise eine Beteiligung der Hauptversammlung. Dahingehende Mitwirkungserfordernisse könnten sich zunächst unmittelbar aus § 71 Abs. 1 AktG ergeben (sub (a)); darüber hinaus bleiben (sub (b)) in diesem Zusammenhang ungeschriebene Beteiligungsrechte der Aktionäre zu diskutieren. Diese etwaigen Mitwirkungsrechte sind wiederum entscheidend für die Ausgangsfrage danach, ob zu ihrem Schutz eine analoge Anwendung des § 221 Abs. 1 AktG S. 1 bereits bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen erforderlich ist, die Erwerbsrechte auf existierende Anteile beinhalten. (a) Geschriebene Mitwirkungsrechte der Hauptversammlung nach § 71 Abs. 1 AktG De lege lata ergeben sich aus § 71 Abs. 1 AktG im Rahmen des Rückerwerbs sowie der Wiederausgabe eigener Aktien folgende Beteiligungsrechte der Anteilseigner: Der Rückerwerb eigener Aktien kann grundsätz666 Siehe zu Besonderheiten bei der Bedienung der Aktienerwerbsrechte mittels einer Gegenoption unten S. 160.
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lich nach § 71 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 sowie Nr. 8 AktG die Mitwirkung der Hauptversammlung erforderlich machen. Steht wie hier der Rückerwerb zur Bedienung von Aktienerwerbsrechten in Rede, kommt § 71 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 AktG nicht in Betracht, da diese Vorschrift allein im Rahmen einer beabsichtigten Kapitalherabsetzung Anwendung findet.667 Demgegenüber ist der Rückerwerb eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 S. 1 Nr. 8 AktG nicht zweckgebunden.668 Eigene Aktien, die nach den Vorgaben dieser Vorschrift erworben wurden, können zur Bedienung eingeräumter Aktienerwerbsrechte eingesetzt werden.669 Nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 AktG unterliegt neben dem Rückerwerb auch die Wiederveräußerung eigener Aktien den Vorgaben des § 53a AktG. In beiden Fällen ist die Gesellschaft dementsprechend an den Grundsatz der Gleichbehandlung ihrer Aktionäre gebunden.670 Was die Wiederausgabe der eigenen Anteile anbelangt, ist dieses Gleichbehandlungsgebot so lange gewahrt, wie die auszugebenden Anteile entweder allen Aktionären entsprechend ihrer Beteiligungsquote zum Kauf angeboten werden671 oder aber eine Veräußerung über die Börse erfolgt (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 4 AktG).672 Möchte die Gesellschaft hingegen bei der Wiederveräußerung eigener Aktien von dem Grundsatz des § 53a AktG abweichen, erfordert dies nach den §§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5, 186 Abs. 3, 4 AktG einen Hauptversammlungsbeschluss, der den Anforderungen eines Bezugsrechtsausschlusses entspricht.673 (b) Hauptversammlungsbeschluss zum Ausschluss eines (ungeschriebenen) Beteiligungsrechts Neben den oben dargestellten geschriebenen Mitwirkungsrechten kommt ein Hauptversammlungsbeschluss auch dann in Betracht, wenn im Rahmen des Rückerwerbs bzw. der Wiederveräußerung eigener Aktien ein Betei667
Hüffer, § 71 AktG Rn. 19. Vgl. Kraft/Altvater, NZG 1998, 448, 449; Bosse, NZG 2001, 594, 596; Hüffer, § 71 AktG Rn. 19 c; K. Schmidt/Lutter-T. Bezzenberger, § 71 Rn. 17; KK-Lutter/Drygala, § 71 AktG Rn. 117, 138. 669 Bosse, NZG 2001, 594, 596; Reichert/Harbarth, ZIP 2001, 1441, 1448; Schlitt/Löschner, BKR 2002, 150, 152; Casper, S. 349; Hüffer, § 71 AktG Rn. 19 c; jeweils m. w. N. 670 Habersack, ZIP 2004, 1121, 1122; Leuering, AG 2007, 435, 436. 671 Bezzenberger, Rz. 151; Kniehase, S. 306. 672 Vgl. Reichert/Harbarth, ZIP 2004, 1141 f.; HB börsennotierte AG-Schäfer, § 50 Rn. 52; Hüffer, § 71 AktG Rn. 19 j; K. Schmidt/Lutter-T. Bezzenberger, § 71 Rn. 40; KK-Lutter/Drygala, § 71 AktG Rn. 117, 138. 673 Habersack, ZIP 2004, 1121, 1122. 668
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ligungsrecht in Form eines ungeschriebenen Andienungsrechts bzw. eines bezugsrechtsähnlichen Voraberwerbsrechts zugunsten der Aktionäre angenommen wird.674 Danach wäre die Gesellschaft zum einen verpflichtet, im Zuge des Rückerwerbs der eigenen Anteile allen Aktionären gemäß ihrer Beteiligungsquote den Erwerb anzudienen, und zum anderen, wiederum entsprechend ihrer Beteiligung, alle Anteilseigner an der Wiederausgabe der eigenen Aktien partizipieren zu lassen. Soll von diesem etwaigen umfassenden Beteiligungsrecht der Aktionäre abgewichen werden, so würde ein Ausschluss dieser Rechtsposition, ähnlich der Rechtslage beim Ausschluss des gesetzlichen Bezugsrechts im Rahmen einer Kapitalerhöhung nach § 186 Abs. 3 AktG, einen Hauptversammlungsbeschluss erfordern.675 Voraussetzung dafür ist aber, dass ein entsprechendes umfassendes Beteiligungsrecht zugunsten der Aktionäre anerkannt werden kann. Für Fälle des Rückerwerbs eigener Anteile ordnet bereits § 53a AktG eine unterschiedslose Gleichbehandlung aller Aktionäre an. Dem Vorstand bleibt es dementsprechend verwehrt, Anteile von einzelnen Gesellschaftern zurückzuerwerben.676 In diesen Fällen geht die Annahme eines Andienungsrechts im Zuge des Rückerwerbs eigener Aktien, jedenfalls was das hier in Rede stehende Mitwirkungserfordernis der Hauptversammlung anbelangt,677 nicht über die Vorgaben des geschriebenen Rechts hinaus.678 Die Frage nach einem ungeschriebenen Beteiligungsrecht der Aktionäre stellt sich in zugespitzter Form aber dann, wenn im Rahmen der Wiederveräußerung die zurückerworbenen Aktien allein an Nichtaktionäre ausgegeben werden:679 In diesen Fällen liegt eine Ungleichbehandlung unter Aktionären 674
Habersack, ZIP 2004, 1121, 1122 ff., m. w. N.; ausführlich dazu sogleich. Habersack, ZIP 2004, 1121, 1122 ff.; Benckendorff, S. 285; Kniehase, S. 309, 311; MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 210; HB börsennotierte AG-Schäfer, § 50 Rn. 54; vgl. K. Schmidt/Lutter-T. Bezzenberger, § 71 Rn. 40; jeweils m. w. N. 676 Dies gilt jedenfalls dann, wenn kein sachlicher Grund die Ungleichbehandlung i. S. d. § 53a AktG rechtfertigt; Spindler/Stilz-Cahn, § 71 AktG Rn. 127. Ähnlich restriktiv Huber, FS Kropff, S. 101, 116; Leuering, AG 2007, 435, 436; Nowotny, FS Lutter, S. 1513, 1519 f.; Peltzer, WM 1998, 322, 329; v. Rosen/Helm, AG 1996, 434, 439; Hüffer, § 221 AktG Rn. 19 k; jeweils m. w. N. Ein Paketerwerb von einzelnen Aktionären wird demgegenüber nach teilweise vertretener Auffassung dann für zulässig erachtet, wenn das Andienungsrecht der übrigen Anteilseigner (ausführlich zu einem ungeschriebenen Beteiligungsrecht der Aktionäre sogleich) mittels eines Hauptversammlungsbeschlusses ausgeschlossen wurde; vgl. Benckendorff, S. 246, Bezzenberger, Rz. 143 f.; MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 242 ff.; jeweils m. w. N. 677 Grundlegend zum Umfang der aus diesem Andienungsrecht resultierenden Rechtsposition der Aktionäre Habersack, ZIP 2004, 1121, 1125. 678 Habersack, ZIP 2004, 1121, 1125. 679 Habersack, ZIP 2004, 1121, 1122. 675
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(vgl. § 53a AktG) nicht vor, da dem Grundsatz der unbedingten Gleichbehandlung auch durch eine ausnahmslose Nichtberücksichtigung Genüge geleistet ist.680 Dementsprechend scheint in diesen Fällen ein Votum der Hauptversammlung über eine Abweichung vom Grundsatz des § 53a AktG nicht erforderlich zu sein.681 Ließe sich demgegenüber § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG ein ungeschriebenes Beteiligungsrecht zugunsten der Aktionäre entnehmen, welches über das Gleichbehandlungsgebot hinausginge, würde auch die ausschließliche Wiederausgabe an Nichtaktionäre wie ein Bezugsrechtsausschluss bei einer Kapitalerhöhung der Zustimmung der Hauptversammlung unterliegen. (aa) Voraberwerbsrecht bei Wiederausgabe eigener Aktien: Meinungsstand Teilweise wird ein derartiges ungeschriebenes Erwerbsrecht unter Berufung auf eine identische Interessenlage zu Fällen des § 186 Abs. 1 AktG bejaht:682 Die Wiederausgabe eigener Aktien beinhalte ein vergleichbares Verwässerungspotential wie die Ausgabe neuer Aktien; dies gelte sowohl im Hinblick auf die Beteiligungsquote sowie in Bezug auf die Vermögensrechte der Aktionäre, da mit der Wiederausgabe eigener Anteile ein Wiederaufleben der nach § 71b AktG ursprünglich ruhenden Rechtspositionen einhergehe.683 Dies ziehe eine Minderung der quotalen Beteiligung der einzelnen Aktionäre nach sich.684 Im Rahmen der Ausgabe neuer Aktien werde einer derartigen Verwässerung mittels eines gesetzlichen Bezugsrechts vorgebeugt (vgl. § 186 Abs. 1 AktG).685 Aufgrund des gleich gelagerten Verwässerungspotentials und der somit äquivalenten Interessenlage bei der Wiederausgabe eigener Aktien bestehe auch im Rahmen des § 71 AktG ein Bedürfnis, mittels eines ungeschriebenen Erwerbsrechts, welches über die bloße Befolgung des Gleichbehandlungsgrundsatzes hinausgehe, den Aktionären die Möglichkeit zu eröffnen, sich ihren Anteil am Eigen680
Vgl. Habersack, ZIP 2004, 1121, 1123. Siehe oben S. 143 ff. 682 Siehe etwa Habersack, ZIP 2004, 1121, 1124; Huber, FS Kropff, S. 101, 118 ff.; Kiem, ZIP 2000, 209, 214; Martens, AG 1996, 337, 342 f.; Paefgen, AG 1999, 67, 68 f.; Reichert/Harbarth ZIP 2001, 1141, 1142; Bezzenberger, Rz. 145 ff.; so im Ergebnis auch Wastl, DB 1997, 461, 465; MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 247. 683 Habersack, ZIP 2004, 1121, 1124; Kiem, ZIP 2000, 209, 214; Reichert/Harbarth, ZIP 2001, 1141, 1142; Kniehase, S. 308 f.; K. Schmidt/Lutter-T. Bezzenberger, § 71 Rn. 38. 684 Habersack, ZIP 2004, 1121, 1124; Martens, AG 1996, 337, 343; Reichert/ Harbarth, ZIP 2001, 1141, 1142. 685 Kniehase, S. 309 f. 681
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kapital der Aktiengesellschaft zu erhalten.686 Zur weiteren Fundierung dieser Ansicht wird teilweise auch auf den Wortlaut des § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5 zweiter Halbsatz AktG verwiesen, nach dem § 186 Abs. 3 und 4 AktG für den Fall der Veräußerung für anwendbar erklärt werden.687 Die Gegenansicht stellt ein Bedürfnis für eine derartige Rechtsposition in Abrede und verneint die Annahme eines umfassenden, über das allgemeine Gleichbehandlungsgebot hinausgehenden Erwerbsrechts bei der Wiederveräußerung.688 Bereits die Annahme einer vergleichbaren Interessenlage zwischen einer Kapitalerhöhung einerseits und der Wiederausgabe eigener Aktien andererseits sei verfehlt, da Letztere gerade keine Anteilsverwässerung beinhalte:689 Zuzugeben sei zwar, dass die Wiederausgabe eigener existierender Aktien aufgrund des Wiederauflebens der mit diesen Aktien verbundenen Rechte und Pflichten die Stimmrechtsverhältnisse vordergründig ändere; daraus könne indes keine Parallele zu der Situation einer Kapitalerhöhung gezogen werden:690 Während sich die Stimmrechtsverhältnisse bei einer Kapitalerhöhung originär änderten, würden mit der Wiederausgabe eigener Aktien allein diejenigen Stimmrechtsverhältnisse wieder hergestellt, die vor dem Rückerwerb in der Gesellschaft vorzufinden waren.691 Auch diese Auffassung stützt sich zur Begründung ihres Ergebnisses auf den Wortlaut der Vorschrift:692 Aus diesem lasse sich folgern, dass § 186 Abs. 3, 4 AktG nur „in diesem Fall“ (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5 AktG) anwendbar sei, die Einschränkung beziehe sich auf den Fall einer Ungleichbehandlung zwischen den Aktionären. Würden demgegenüber alle Aktionäre unterschiedslos gleich behandelt, wie es bei der Ausgabe von existierenden, eigenen Aktien ausschließlich an gesellschaftsfremde Dritte der Fall ist, beanspruche der Verweis auf die Vorschriften über das Bezugsrecht keine Geltung; dies ergebe sich auch aus dem Regierungsentwurf zum KonTraG.693 686 Habersack, ZIP 2004, 1125; Huber, FS Kropff, S. 101, 118 ff; Kiem, ZIP 2000, 209, 214; Martens, AG 1996, 337, 343; Bezzenberger, Rz. 153; Kniehase, S. 309. 687 Kniehase, S. 310. 688 Piepenburg, BB 1996, 2582, 2584; Benckendorff, S. 280 ff.; Lüken, S. 205; so vor Inkrafttreten des KontraG, BGBl. I 1998, S. 786 (siehe oben Fn. 5) bereits G/H/E/K-Hefermehl/Bungeroth, § 71c AktG Rn. 18. 689 Benckendorff, S. 280 ff.; Lüken, S. 205. 690 Benckendorff, S. 280 ff.; Lüken, S. 205. 691 Benckendorff, S. 285; Lüken, S. 205. 692 Benckendorff, S. 285. 693 Siehe Benckendorff, S. 285; der einschlägige Abschnitt des Gesetzesentwurfes der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG), BT. Drucks. 13/9712, S. 14, hat folgenden Wortlaut: „Die Situation entspricht wirtschaftlich dem Bezugsrechtsausschluss bei neuen Aktien. Die Hauptversammlung kann deshalb unter entsprechender Anwendung des
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(bb) Voraberwerbsrecht bei der Wiederausgabe eigener Aktien: Stellungnahme Was zunächst den Wortlaut der Norm anbelangt, so ergeben sich daraus keine eindeutigen Hinweise auf die Existenz oder Nichtexistenz eines allgemeinen Voraberwerbsrechts bei der Wiederausgabe eigener Aktien.694 Entsprechend ambivalent ist auch die Begründung des Regierungsentwurfes zum KonTraG:695 Zwar scheint die Betonung der Vergleichbarkeit der Wiederausgabe eigener Aktien mit dem Bezugsrechtsausschluss bei neuen Aktien eher für die Annahme eines allgemeinen Erwerbsrechts zu streiten; gleichzeitig lässt indes die explizite Einschränkung auf Fälle der Ungleichbehandlung den gegenteiligen Schluss zu. Weder der Wortlaut der Norm noch die Begründung des Regierungsentwurfes ermöglichen insofern ein eindeutiges Votum über die Existenz eines ungeschriebenen Voraberwerbsrechts.696 Damit kann die Annahme einer derartigen Rechtsposition bei der Wiederausgabe eigener Aktien allein auf eine aus Sicht der Aktionäre vergleichbare Interessenlage bei einer Kapitalerhöhung einerseits und der Wiederausgabe eigener Aktien andererseits gestützt werden.697 (a) Vergleichbarkeit der Interessenlage bei Kapitalerhöhungen einerseits und der Wiederausgabe eigener Aktien andererseits Dementsprechend müssten diejenigen Gründe, die bei einer Kapitalerhöhung ausschlaggebend für die Anordnung eines gesetzlichen Bezugsrechtes nach § 186 AktG sind, in gleicher Weise auf die Wiederausgabe eigener Aktien zutreffen. Zur Untersuchung dieser Fragestellung wird im Folgenden zunächst auf den durch § 186 AktG gewährleisteten Verwässerungsschutz in Bezug auf die Vermögens- und Beteiligungsrechte der Aktionäre eingegangen (sub (aa) und (bb)).698 Im Anschluss daran bleibt zu diskutieren, wie es sich auswirkt, dass der Vorstand mit der Wiederausgabe eigener Ak§ 186 Abs. 3 und 4 AktG beschließen, dass die Verwaltung die Aktien frei oder an bestimmte Dritte zuteilen kann. Hierzu bedarf es eines Vorstandsberichts und eines sachlichen Grundes. Der Einschub ‚in diesem Falle‘ macht deutlich, dass die Anwendung von § 186 AktG auf den Fall einer Abweichung von der Gleichbehandlung der Aktionäre beschränkt ist.“ 694 So auch Habersack, ZIP 2004, 1121, 1123 f. 695 Siehe zum Wortlaut der Begründung des Regierungsentwurfes oben in Fn. 693. 696 Ebenso Habersack, ZIP 2004, 1121, 1124. 697 Siehe Kniehase, S. 309. 698 Ausführlich dazu Habersack, ZIP 2004, 1121, 1124.
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tien in ähnlicher Weise wie durch die Emission neuer Aktien Einfluss auf die Aktionärsstruktur nehmen kann (sub (gg)).699 (aa) Verwässerung der Vermögensrechte durch Wiederausgabe eigener Aktien? Mit Blick auf eine etwaige Verwässerung der Vermögensrechte ist im Einklang mit den Ausführungen des Regierungsentwurfes zum KonTraG700 zuzugeben, dass wirtschaftlich besehen die Wiederausgabe der eigenen Anteile mit einer Minderung der Vermögensrechte der Anteilseigner einhergeht. An eigenen Aktien kann die Gesellschaft keinerlei Rechtspositionen, also auch keine Vermögensrechte, geltend machen;701 die jeweiligen Rechte ruhen.702 Mit der Wiederausgabe leben alle mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten wieder auf,703 wodurch es zu einer Beeinträchtigung der Vermögensrechte der (Alt-)Aktionäre kommt: Ruhende Vermögensrechte partizipieren nicht an der Gewinnverteilung; der auf die ruhenden Aktien entfallende Gewinnanteil wächst den gewinnberechtigten Aktionären zu.704 Ein Wiederaufleben des Vermögensrechts nach der Wiederausgabe der eigenen Anteile beinhaltet demgegenüber zugleich die neuerliche Partizipation dieser Aktien am Gewinn und schmälert derart den auf die einzelne Aktie entfallenden Gewinnanteil.705 Ob aber aus diesem Befund eine der Ausgabe neuer Aktien vergleichbare Anteilsverwässerung gefolgert werden kann, erscheint deshalb fraglich, da mit der Wiederausgabe eigener Aktien allein diejenige Beteiligungsquote wieder hergestellt wird, die vor der Reakquisition der eigenen Aktien herrschte.706 Zumindest aus Sicht derjenigen Anteilseigner, die ihre Aktien bereits im Zeitpunkt des Rückerwerbs hielten, wird insofern allein die ursprüngliche Vermögensbeteiligungsquote wieder hergestellt.707 Demgegenüber ändert 699
MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 9, 221, 247. Siehe oben in Fn. 693; dort wird betont, dass „die Situation [. . .] wirtschaftlich dem Bezugsrechtsausschluss bei neuen Aktien [entspricht]“. 701 Hüffer, § 71b AktG Rn. 4. 702 Hüffer, § 71b AktG Rn. 3; MünchKommAktG-Oechsler, § 71b Rn. 1. 703 HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 17. 704 KK-Lutter, § 60 AktG Rn. 26; MünchKommAktG-Bayer, § 60 Rn. 36. 705 Siehe Habersack, ZIP 2004, 1121, 1124; Habersack, FS Nobbe, S. 539, 553 ff.; Kniehase, S. 309; HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 17; K. Schmidt/ Lutter-T. Bezzenberger, § 71 Rn. 38. 706 Benckendorff, S. 285; siehe auch Lüken, S. 205; MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 247. 707 Kritisch dazu KK-Lutter/Drygala, § 71 AktG Rn. 176. 700
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§ 3 Verteilung der Ausgabekompetenzen
sich die Beteiligungsquote bei einer Kapitalerhöhung originär, indem das Grundkapital der Gesellschaft erhöht wird. Anhand des gesetzlichen Bezugsrechts nach § 186 Abs. 1 AktG werden die (Alt-)Aktionäre befähigt, an dieser originären Änderung der Beteiligungsstruktur teilzuhaben. Diese Unterschiede sprechen gegen die Annahme einer vergleichbaren Interessenlage der (Alt-)Aktionäre bei der Kapitalerhöhung einerseits und der Wiederausgabe existierender Aktien andererseits. Nichts anderes gilt aus Sicht derjenigen Anteilseigner, die ihre Aktien erst zwischen Reakquisition und Wiederausgabe erworben haben: Die nach dem Rückerwerb erworbenen Anteile sind als solche mit der Gefahr der Wiederausgabe der von der Aktiengesellschaft gehaltenen eigenen Anteile belastet, da die eigenen Aktien Bestandteil der Grundkapitalstruktur der Aktiengesellschaft geblieben sind. Dies wird bereits daraus ersichtlich, dass mit dem Erwerb und der Wiederausgabe eigener Aktien keine Änderung des Grundkapitals oder eine Satzungsänderung einhergeht.708 Durch die Wiederausgabe eigener Anteile wird mithin allein eine der satzungsgemäßen Eigenkapitalstruktur der Aktiengesellschaft korrespondierende Strukturierung der Mitgliedschaftsrechte wiederhergestellt. Ebendiese Gefahr der Wiederausgabe der eigenen Aktien trifft die Aktionäre nicht unvorbereitet, da die von der Gesellschaft gehaltenen eigenen Anteile durchweg Bestandteil der Eigenkapitalstruktur der Aktiengesellschaft bleiben und aus der Bilanz ersichtlich sind.709 Dieser belastende Interimszustand ist in zeitlicher Hinsicht unmittelbar an die Möglichkeit der Wiederausgabe gekoppelt; d.h. er endet mit einer Entscheidung der Hauptversammlung über die Einziehung der eigenen Aktien. Auch unter Berücksichtigung derjenigen Aktionäre, die ihre Anteile erst nach der Reakquisition erworben haben, sprechen die vorstehenden Argumente gegen die Annahme einer Verwässerung, die derjenigen einer Kapitalerhöhung entspricht. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Veränderung der vermögensmäßigen Beteiligung eines Aktionärs ohne sein Zutun und ohne die gleichzeitige Gewährung von Bezugsrechten dem Aktienrecht nicht gänzlich fremd ist: Auch im Falle des Gewinnverzichts eines (Groß-)Aktionärs wächst sein Anteil am Gewinn den übrigen Aktionären zu.710 Nimmt der verzichtende Aktionär seine Gewinnbeteiligung wieder wahr, vermindert sich entsprechend die vormalige Gewinnbeteiligungsquote der übrigen Aktionäre.711 708 709 710 711
Lüken, S. 193. Vgl. HB börsennotierte AG-Schäfer, § 50 Rn. 50. KK-Lutter, § 60 AktG Rn. 27; Hüffer, § 60 AktG Rn. 12. Horbach, AG 2001, 78, 83.
A. Ausgabekompetenzen in der Bezugsgesellschaft
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Abgesehen davon lässt sich die Ablehnung einer kapitalerhöhungstypischen Verwässerungsgefahr durch die Wiederausgabe eigener Aktien für börsennotierte Gesellschaften durch ökonomische Überlegungen bestätigen: Der Aktienpreis errechnet sich in Abhängigkeit von den Zahlungsströmen der Gesellschaft an die Aktionäre in Gestalt der abgezinsten zukünftigen Dividendenerwartungen.712 Diese Zahlungen von der Gesellschaft an die Aktionäre werden durch die Wiederausgabe der eigenen Aktien vermindert.713 Gleichzeitig aber ist die Zahl derjenigen Anteile, die von der Gesellschaft wieder ausgegeben werden können, aus der Bilanz einer Aktiengesellschaft ersichtlich;714 dahingehende Informationen sind mithin auf dem Kapitalmarkt verfügbar. Ausgehend von einem semi-effizienten Kapitalmarktmodell715 sind aber ebendiese Informationen über die mögliche Wiederausgabe und die damit einhergehende zukünftige Möglichkeit einer Verringerung der zu erwartenden Zahlungsströme bereits in den aktuellen Aktienpreis eingerechnet. Insofern kann aus dem Blickwinkel derjenigen Aktionäre, die ihre Anteile erst nach dem Rückerwerb der eigenen Aktien durch die Gesellschaft erworben haben, keine Verwässerung geltend gemacht werden, da sich die Möglichkeit der Wiederausgabe bereits in dem Erwerbspreis der einzelnen Anteile niedergeschlagen hat. Im Ergebnis sprechen die besseren Argumente dafür, in der durch die Wiederausgabe der eigenen Anteile bedingten Minderung der vermögensmäßigen Beteiligung eines Aktionärs keine einer Kapitalerhöhung vergleichbare Verwässerung zu sehen, welche die Annahme eines bezugsrechtsähnlichen Voraberwerbsrechts zugunsten der Aktionäre rechtfertigt.716 (bb) Verwässerung der Beteiligungsquote durch Wiederausgabe eigener Aktien? Das vorstehend in Bezug auf Vermögensrechte Erarbeitete gilt entsprechend für die Beteiligungsquote: Eigene Aktien, die von der Gesellschaft gehalten werden, bleiben im Rahmen von Beschlussfassungen außen vor, wenn für die Beschlussmehrheit die Höhe des vertretenen Grundkapitals ausschlaggebend ist.717 Ihre Wiederausgabe führt zu einem uneingeschränk712 Siehe zur Abhängigkeit des Aktienpreises von den zukünftig zu erwartenden Zahlungsströmen Brealey/Myers/Allen, S. 61 ff.; Ross/Westerfield/Jaffe, S. 121 ff. 713 Siehe oben S. 149. 714 Siehe zur Publizität der Rückerwerbs eigener Aktien etwa HB börsennotierte AG-Schäfer, § 50 Rn. 50 f. 715 Fama, J.Fin. 25 (1970), S. 383 ff.; Brealey/Myers/Allen, S. 337, m. w. N. 716 Siehe auch BGH v. 16.2.2004 – II ZR 316/02, BGHZ 158, 122, 128. 717 MünchKommAktG-Oechsler, § 71b Rn. 10.
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§ 3 Verteilung der Ausgabekompetenzen
ten Wiederaufleben des Stimmrechts. Insofern geht die Wiederausgabe eigener Anteile mit einer Veränderung der Stimmrechtsverteilung einher und entzieht dem einzelnen Anteil in prozentualer Hinsicht Stimmkraft.718 Wiederum wird einem ähnlichen Verlust bei herkömmlichen Kapitalerhöhungen mit dem gesetzlichen Bezugsrecht nach § 186 Abs. 1 AktG begegnet. Indes gilt auch an dieser Stelle, dass die Aktien der (Alt-)Aktionäre mit der Gefahr einer Wiederausgabe der eigenen Anteile behaftet sind.719 Die eigenen Aktien bestanden durchwegs als Bestandteil des Grundkapitals der Gesellschaft fort.720 Wiederum besteht dieser Interimzustand so lange, bis ein Entscheid der Hauptversammlung über die Einziehung der Aktien der Möglichkeit einer Wiederausgabe ein Ende setzt.721 Dabei rechtfertigt ein Verweis auf den mit der Wiederausgabe einhergehenden Schwund etwaiger Sperrminoritäten kein abweichendes Ergebnis:722 Verfügt ein Aktionär über eine Sperrminorität und wird diese durch die Wiederausgabe eigener Aktien aufgehoben, so handelte es sich ursprünglich allein um eine Interimssperrminorität; die Stimmkraft war zu jeder Zeit mit der Gefahr der Wiederausgabe der eigenen Anteile belastet. Mithin geht ein Vergleich zwischen Kapitalerhöhungen einerseits und der Wiederausgabe eigener Anteile andererseits auch unter Verweis auf eine Verwässerung der Stimmkraft fehl. (gg) Eingriff in die Zusammensetzung der Aktionärsstruktur als Grundlage eines ungeschriebenen Voraberwerbsrechts Ein ungeschriebenes Voraberwerbsrecht zugunsten der Aktionäre kann mithin nicht auf eine mit der Anteilsausgabe einhergehende Verwässerungsgefahr gestützt werden. Fraglich bleibt, wie es sich auswirkt, dass durch die Wiederausgabe eigener Anteile in die Zusammensetzung der Aktionärsstruktur eingegriffen wird.723 Einwirkungen auf die Aktionärsstruktur von Seiten der Verwaltung konfligieren grundsätzlich mit der aktienrechtlichen Kompetenzordnung,724 da der Vorstand auf diese Weise Einfluss auf den 718 Vgl. oben S. 149; siehe auch Habersack, FS Nobbe, S. 539, 553 ff.; K. Schmidt/Lutter-T. Bezzenberger, § 71 Rn. 38. 719 Siehe oben S. 150. 720 KK-Lutter, § 71b AktG Rn. 5. 721 Siehe oben S. 150. 722 Siehe Habersack, ZIP 2004, 1121, 1124, der mit dem Erwerb einer Beteiligung argumentiert, welche das Geltendmachen von Minderheitsrechten ermöglicht. 723 MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 9, 221, 247; KK-Lutter/Drygala, § 71 AktG Rn. 177; siehe auch Bosse, NZG 2000, 16, 19; v. Rosen/Helm, AG 1996, 434, 438; Huber, FS Duden, S. 137, 141; sowie bereits Quassowski, JW 1931, 2914, 2919 f. 724 Vgl. Hopt, FS Lutter, S. 1361, 1375; ders., ZGR 1993, 534, 545 ff.; Merkt, ZHR 165 (2001), 224, 236 ff.; GroßkommAktG-Hopt, § 93 Rn. 122; KK-Mertens,
A. Ausgabekompetenzen in der Bezugsgesellschaft
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Kreis derjenigen Personen nimmt, die ihm gegenüber eine Kontrollfunktion ausüben sollen: Der Vorstand als Leitungsorgan einer Aktiengesellschaft verantwortet die Interessen der Gesellschaft als „Eigentum“ der Aktionäre;725 entsprechend kommt den Anteilseignern sowohl die Funktion als auch das Recht zu, den Vorstand zu kontrollieren.726 Eine unbeschränkte Einflussnahme des Vorstandes durch die unmittelbare Zuteilung727 von Aktien würde dieser Interessenverteilung zulasten der (Minderheits-)Anteilseigner widersprechen.728 Um einem derartigen Interessenkonflikt vorzubeugen, erscheint die unbegrenzte Einflussnahme auf die Aktionärsstruktur der Leitungsmacht des Vorstandes entzogen und im Bereich der Strukturhoheit der Hauptversammlung angesiedelt.729 Vor diesem Hintergrund könnte die mit der Wiederausgabe eigener Anteile verbundene Einflussnahme auf den Aktionärskreis die Annahme eines ungeschriebenen Voraberwerbsrechts erforderlich machen. Im Falle einer Kapitalerhöhung verhindert das gesetzliche Bezugsrecht nach § 186 Abs. 1 AktG die unmittelbare Einflussnahme des Vorstandes auf die Zusammensetzung der Aktionärsstruktur. Aus Sicht der Anteilseigner aber macht es keinen Unterschied, ob in die Zusammensetzung der Aktionärsstruktur durch die Wiederausgabe eigener Aktien oder durch eine Kapitalerhöhung eingegriffen wird. In beiden Fällen kann allein ausgehend vom Willen der Verwaltung die bestehende Anteilsverteilung unmittelbar geändert werden. Diese Vergleichbarkeit der Interessenlagen bei der Wie§ 76 AktG Rn. 26; KK WpÜG-Hirte, § 33 Rn. 26 ff.; siehe auch Ekkenga, FS Kümpel, S. 95, 102; Thümmel, DB 2000, 461, 462; Immenga, AG 1992, 79, 81. 725 Hopt, FS Lutter, S. 1361, 1377; Merkt, ZHR 165 (2001), 224, 236 ff. 726 Anatomy of Corporate Law-Hansmann/Kraakman, S. 11, 13, 33 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 28 V. 3. 727 Im vorliegenden Zusammenhang geht es ausschließlich um die unmittelbare Zuteilung von Anteilen; insofern bedarf es keiner Entscheidung, ob und inwiefern der Vorstand in aktienrechtlich zulässigerweise auf den Aktienkauf bestimmter Dritter hinwirken kann bzw. diesen verhindern darf. Derartige Einschränkungen der Neutralitätspflicht des Vorstandes werden vornehmlich in Bezug auf die Abwehr feindlicher Übernahmen diskutiert; siehe etwa v. Falkenhausen, NZG 2007, 97 ff.; Maier-Reimer, ZHR 165 (2001), 258 ff.; Merkt, ZHR 165 (2001), 224, 250 ff.; Schanz, NZG 2000, 337, 340 ff.; jeweils m. w. N. Auch bedarf die Frage nach einem Zuteilungsermessen des Vorstandes nach Ausschluss des Bezugsrechts (§ 186 Abs. 3 AktG) bei Kapitalerhöhungen (siehe Hüffer, § 186 AktG Rn. 40, m. w. N.) keiner Vertiefung, da hier allein Fälle einer Aktienzuteilung ohne Mitwirkung der Aktionäre – also ohne Bezugsrechtsausschluss – in Rede stehen. 728 Siehe Hopt, FS Lutter, S. 1361, 1377; vgl. KK-Lutter/Drygala, § 71 AktG Rn. 177. 729 Vgl. die in Fn. 724 Genannten sowie Drygala, ZIP 2001, 1861, 1863; v. Falkenhausen, NZG 2007, 97 ff.: Kort, FS Lutter, S. 1421, 1432 ff.; Martens, FS Beusch, S. 529, 542 ff.; Maier-Reimer, ZHR 165 (2001), 258 ff.; Hüffer, § 76 AktG Rn. 15 d.
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§ 3 Verteilung der Ausgabekompetenzen
derausgabe eigener Aktien einerseits und herkömmlichen Kapitalerhöhungen andererseits spricht für die Annahme eines bezugsrechtsähnlichen, ungeschriebenen Voraberwerbsrechts zugunsten der (Alt-)Aktionäre. Dieser Befund lässt sich auch unmittelbar aus den §§ 71 ff. AktG ableiten: Auch diese Vorschriften zielen darauf ab, Einflussnahmemöglichkeiten des Vorstandes auf die Zusammensetzung des Aktionärskreises zu unterbinden:730 Nicht zuletzt zu diesem Zweck stehen der Gesellschaft aus eigenen Aktien keine Rechte zu (§ 71b AktG).731 Entsprechendes ergibt sich unmittelbar aus § 71 Abs. 1 AktG;732 hier verhindert der in § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 AktG ausdrücklich für anwendbar erklärte § 53a AktG willkürliches Vorstandshandeln, anhand dessen Einfluss auf die Beteiligungsstruktur der Aktiengesellschaft genommen werden kann.733 Würde insofern die Wiederausgabe eigener Aktien allein im Ermessen des Vorstandes liegen, würde zugleich die soeben skizzierte Zwecksetzung der § 71 ff. AktG konterkariert. Auch dies streitet für die Annahme eines ungeschriebenen Voraberwerbsrechts. Im Ergebnis rechtfertigt sich mithin die Annahme eines ungeschriebenen Voraberwerbsrechts bei der Wiederausgabe eigener Aktien vor dem Hintergrund der Einflussnahmemöglichkeiten des Vorstandes auf die Zusammensetzung der Aktionärsstruktur.734 Allein durch die Annahme einer derartigen bezugsrechtsähnlichen Rechtsposition kann berücksichtigt werden, dass der Gesetzgeber ähnlichen Eingriffsmöglichkeiten der Verwaltung bei herkömmlichen Kapitalerhöhungen durch die Einräumung eines gesetzlichen Bezugsrechts nach § 186 Abs. 1 AktG begegnet. Gleichzeitig bleibt so die entsprechende Zwecksetzung der §§ 71 ff. AktG aufrechterhalten. Die Anerkennung eines ungeschriebenen Voraberwerbsrechts kann dabei indes nicht weiter reichen, als es ihre Zwecksetzung erfordert. Allein dann, 730 Vgl. dazu im Zusammenhang mit der Kapitalrichtlinie (Zweite Richtlinie 77/91/EWG des Rates vom 13. Dezember 1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, Amtsblatt Nr. L 026 vom 31/01/1977 S. 0001–0013) zuzüglich ihrer Änderungsrichtlinie (Richtlinie 2006/68/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. September 2006 zur Änderung der Richtlinie 77/91/EWG des Rates in Bezug auf Gründung von Aktiengesellschaften und die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals) ausführlich Oechsler, ZHR 170 (2006), 72, 85; eingehend zu den Auswirkungen der Änderungsrichtlinie siehe Cahn, Der Konzern 2007, 385 ff. 731 MünchKommAktG-Oechsler, § 71b Rn. 8. 732 Vgl. Oechsler, ZHR 170 (2006), 72, 85; MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 23, 221 f.; siehe ausführlich auch Bednarz, S. 85 ff. 733 Vgl. Bednarz, S. 85 ff.; MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 221 f. 734 Vgl. KK-Lutter/Drygala, § 71 AktG Rn. 177.
A. Ausgabekompetenzen in der Bezugsgesellschaft
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wenn eine unbegrenzte Einflussnahme auf die Aktionärsstruktur zu befürchten steht, bleibt Raum für ein über die geschriebenen Vorgaben des § 71 Abs. 1 AktG hinausgehendes Voraberwerbsrecht: Bei der Wiederausgabe eigener Aktien ist dies lediglich dann der Fall, wenn die existierenden Anteile ausschließlich an Dritte ausgegeben werden, ohne dass jedem Aktionär die Möglichkeit offensteht, sich an der Emission zu beteiligen. Sobald demgegenüber die Anteile frei über die Börse veräußert werden, steht eine gezielte Einflussnahme auf die Zusammensetzung des Aktionärskreises nicht zu befürchten, sodass es – in Anlehnung an den in § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 4 AktG zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken – eines (ungeschriebenen) Erwerbsrechts in diesen Fällen nicht bedarf. (b) Zwischenergebnis: Eingeschränktes Voraberwerbsrecht zugunsten der (Alt-)Aktionäre Als Zwischenergebnis kann damit festgehalten werden, dass bei der Wiederausgabe eigener Aktien ein ungeschriebenes Voraberwerbsrecht zugunsten der (Alt-)Aktionäre in denjenigen Fällen anzuerkennen ist, in denen der Vorstand anderenfalls gewillkürt in die Aktionärsstruktur eingreifen kann. Eine derartige Situation ist bei der außerbörslichen Ausgabe von Aktien an Gesellschaftsfremde und gleichzeitiger gänzlicher Nichtberücksichtigung der Aktionäre gegeben: Zwar liegt darin kein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot, da alle Aktionäre unterschiedslos bei der Wiederausgabe übergangen werden. Hingegen erfordert in diesen Fällen die Unterbindung der unbegrenzten Einflussnahme des Vorstandes auf die Aktionärsstruktur die Annahme eines über den Grundsatz der Gleichbehandlung hinausgehenden ungeschriebenen Voraberwerbsrechts zugunsten der (Alt-)Aktionäre. (cc) Ergebnis: Hauptversammlungsbeschluss zum Ausschluss des Voraberwerbsrechts Die Anerkennung eines (eingeschränkten) Voraberwerbsrechts bedeutet zugleich, dass diese Rechtsposition in entsprechender Anwendung des § 186 Abs. 3 AktG von der Hauptversammlung ausgeschlossen werden kann.735 Dies ergibt sich insbesondere aus dem Verweis auf diese Vorschrift in § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5 AktG: Wenn bei der Wiederausgabe eigener Aktien ein Abweichen von dem Grundsatz der Gleichbehandlung von der Hauptversammlung in entsprechender Anwendung des § 186 Abs. 3 AktG gerechtfertigt ist, muss dies auch für ein ungeschriebenes Voraberwerbsrecht gelten. 735
Habersack, ZIP 2004, 1121, 1126; Kniehase, S. 311.
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§ 3 Verteilung der Ausgabekompetenzen
Dieses Ergebnis gibt gleichzeitig Aufschluss über die teilweise diskutierte Frage der Notwendigkeit einer separaten Wiederveräußerungsermächtigung bei der Ausgabe eigener Aktien.736 Einer solchen bedarf es nicht. Der Schutz der Anteilseigner erfordert neben den gesetzlich geregelten Fällen der Wiederausgabe unter Verstoß gegen § 53a AktG (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3, 5 AktG)737 allein dann die Mitwirkung der Hauptversammlung, wenn es ein ungeschriebenes Voraberwerbsrecht auszuschließen gilt.738 (c) Zusammenfassung Damit lässt sich die Beteiligung der Hauptversammlung beim Rückerwerb und der Wiederausgabe eigener Aktien wie folgt zusammenfassen: Im Rahmen des Rückerwerbs kann die Hauptversammlung die Verwaltung nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG zum Erwerb eigener Aktien ermächtigen. Wird im Zuge der Wiederausgabe gegen das Gebot der Gleichbehandlung der Aktionäre nach § 53a AktG verstoßen, macht dies nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5 AktG in entsprechender Anwendung von § 186 Abs. 3 AktG eine Beteiligung der Hauptversammlung erforderlich. Ein derartiger Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot liegt dann vor, wenn die eigenen Anteile nur an einzelne Aktionäre ausgegeben werden; die Veräußerung über die Börse begründet ausweislich des § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 4 AktG keinen Verstoß gegen § 53a AktG. Abgesehen von diesen geschriebenen Hauptversammlungszuständigkeiten bedarf die Wiederveräußerung eigener Anteile auch dann in entsprechender Anwendung des § 186 Abs. 3 AktG einer Zustimmung der Anteilseigner, wenn trotz Wahrung des Gleichheitsgrundsatzes ein (ungeschriebenes) Voraberwerbsrecht der Aktionäre auszuschließen ist. Eine derartige Rechtsposition ist anzuerkennen, wenn die Anteile ausschließlich an Nichtaktionäre veräußert werden und die Veräußerung nicht über die Börse erfolgt.
736 Siehe Bosse, NZG 2000, 923, 924; ders., NZG 2001, 594, 597; Benckendorff, S. 284 ff.; Möller, S. 48; ausführlich Bednarz, S. 202 ff. Anders Huber, FS Kropff, S. 101, 119, der seine Auffassung unter Verweis auf eine Vergleichbarkeit der Wiederausgabe eigener Aktien mit einer Anteilsverwässerung bei Kapitalerhöhungen zu begründen versucht; siehe zu den Problemen eines dahingehenden Vergleichs bereits oben S. 148 ff. 737 Siehe oben S. 143. 738 Der Hauptversammlung bleibt es aber unbelassen, sich im Rahmen des Ermächtigungsbeschlusses eine Mitwirkung auch bei der Wiederausgabe vorzubehalten; vgl. Bosse, NZG 2000, 923, 924; ders., NZG 2001, 594, 597; Bednarz, S. 206.
A. Ausgabekompetenzen in der Bezugsgesellschaft
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(2) Analoge Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG zum Schutz der Entscheidungsfreiheit der Hauptversammlung? Wie gezeigt, kann sowohl der Rückerwerb als auch die Wiederausgabe eigener Aktien eine Mitwirkung der Aktionäre notwendig machen. Diese Beteiligung der Hauptversammlung ist auch dann erforderlich, wenn durch den Rückerwerb und die anschließende Wiederausgabe der Anteile eingeräumte Aktienerwerbsrechte bedient werden. Ausgehend davon kann im Folgenden der eingangs formulierten Ausgangsfrage nachgegangen werden, ob bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung, die Aktienerwerbsrechte auf existierende Aktien beinhaltet, zum Schutz der Mitwirkungsrechte der Hauptversammlung bei ihrer Bedienung eine entsprechende Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG geboten ist. Dafür sprechen möglicherweise ähnliche Erwägungen wie im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 221 AktG:739 Während dort die Entscheidungsfreiheit der Hauptversammlung bei einer Kapitalerhöhung im Mittelpunkt steht, geht es hier um die Freiheit der Hauptversammlung bei ihrer Entscheidung über den Rückerwerb bzw. die Wiederausgabe der eigenen Aktien. Auch in diesem Zusammenhang wäre die Hauptversammlung bei ihrer Beschlussfassung über den Rückerwerb bzw. die Wiederausgabe der Anteile eingeschränkt, wenn entsprechende Aktienerwerbsrechte ohne ihre Zustimmung ausgegeben werden könnten; die Gesellschaft ist bereits mit der Einräumung einer entsprechenden Rechtsposition eine Verpflichtung eingegangen, deren Nichterfüllung Schadensersatzpflichten nach sich zieht.740 Demzufolge könnte sich auch in diesen Fällen ein Bedürfnis für eine analoge Anwendung des § 221 Abs. 1 AktG ergeben. Diesbezüglich wird nachfolgend untersucht, ob die Voraussetzungen einer Analogie entweder zum Schutz der Rückerwerbsentscheidung (sub (a)) oder der Wiederausgabeentscheidung (sub (b)) vorliegen. Dabei wird zunächst vorausgesetzt, dass die zur Bedienung der Aktienerwerbsrechte vorgesehenen eigenen Aktien aus dem Bestand der Aktiengesellschaft stammen. Auf etwaige Besonderheiten, die sich dann ergeben, wenn die Aktienerwerbsrechte mittels einer Gegenoption bedient werden, bleibt anschließend (sub (c)) einzugehen. (a) Analoge Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG zum Schutz der Rückerwerbsentscheidung? Der Rückerwerb eigener Aktien kann nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG einen Hauptversammlungsbeschluss erfordern.741 Im unmittelbaren Anwendungs739 740 741
Ausführlich dazu oben S. 44 f. Siehe zu einer entsprechenden Argumentation oben S. 44 f. Siehe oben S. 144.
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§ 3 Verteilung der Ausgabekompetenzen
bereich schützt § 221 Abs. 1 S. 1 AktG die Entscheidungshoheit der Hauptversammlung bei Kapitalerhöhungen zur Bedienung eingeräumter Aktienerwerbsrechte. Eine analoge Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG zum Schutz der Rückerwerbsentscheidung nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG käme mithin dann in Betracht, wenn die Interessenlage der Aktionäre bei dieser Entscheidung mit derjenigen im Rahmen einer Kapitalerhöhung vergleichbar ist. Dies erscheint jedoch zweifelhaft: Während die Kapitalerhöhung eine Satzungsänderung erforderlich macht, erfolgt der Rückerwerb eigener Aktien außerhalb der Satzung; die eigenen Anteile bleiben Bestandteil des unveränderten Grundkapitals.742 Insofern betrifft allein die Kapitalerhöhungsentscheidung gleichzeitig die Satzungsautonomie der Hauptversammlung und greift dementsprechend tiefer in die Interessen der Hauptversammlung ein als die Entscheidung über den Rückerwerb eigener Aktien. Dies schließt die Annahme einer vergleichbaren Interessenlage aus. Im Ergebnis kommt mithin eine analoge Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG zum Schutz der Rückerwerbsentscheidung nicht in Betracht. (b) Analoge Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG zum Schutz der Hauptversammlungsbeschlüsse bei der Wiederausgabe? Des Weiteren könnte eine analoge Anwendung von § 221 Abs. 1 S. 1 AktG bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen, die ein Aktienerwerbsrecht auf existierende Anteile beinhalten, zum Schutz der Entscheidungsfreiheit der Anteilseigner bei der Wiederveräußerung eigener Aktien aus dem Bestand der Aktiengesellschaft743 erforderlich sein.744 Dies setzt voraus, dass ein entsprechender Schutz nicht bereits anderweitig gewährleistet ist. Würde die Ausgabe von Aktienerwerbsrechten, die auf eigene Aktien gerichtet sind, bereits aus anderen Gründen der Zustimmung der Hauptversammlung bedürfen, so erübrigte sich ein Rückgriff auf § 221 Abs. 1 AktG; für eine analoge Anwendung der Vorschrift fehlte es insofern an einer Regelungslücke. Die Wiederausgabe eigener Aktien macht eine Zustimmung der Hauptversammlung notwendig, wenn sie unter Verstoß gegen das in § 53a AktG normierte Gleichbehandlungsgebot erfolgt (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5 AktG 742
Vgl. KK-Lutter, § 71b AktG Rn. 5. Zu etwaigen Besonderheiten einer Bedienung der eingeräumten Aktienerwerbsrechte durch die Eingehung einer Gegenoption sogleich (sub (c)). 744 So im Ergebnis Habersack, FS Nobbe, S. 539, 553 ff., der die Vergleichbarkeit der Abgabe eigener Aktien und einer Kapitalerhöhung betont; siehe dazu oben S. 149 ff. 743
A. Ausgabekompetenzen in der Bezugsgesellschaft
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i. V. m. § 186 Abs. 3 AktG) oder, basierend auf einem ungeschriebenen Voraberwerbsrecht, die Anteile außerbörslich ausschließlich an Nichtaktionäre ausgegeben werden sollen.745 Die Beteiligung der Hauptversammlung resultiert in diesen Fällen aus einer Abweichung von dem Gleichbehandlungsgrundsatz sowie dem Bedürfnis, den Vorstand an einer unmittelbaren Einflussnahme auf die Aktionärsstruktur zu hindern.746 Vor dem Hintergrund der Schutzrichtung dieser Mitwirkungsrechte ist es aber nicht von Bedeutung, wie die Wiederausgabe der eigenen Anteile vonstatten geht. Unbeachtlich ist damit insbesondere, ob die eigenen Anteile unmittelbar veräußert werden oder die Veräußerung gestreckt erfolgt, indem sich die Gesellschaft durch die Einräumung entsprechender Aktienerwerbsrechte zu einer zukünftigen Anteilsveräußerung verpflichtet:747 Bereits mit der Eingehung einer Veräußerungsverpflichtung kann der Vorstand gegen § 53a AktG verstoßen oder Einfluss auf die Aktionärsstruktur nehmen und damit Fakten schaffen, die mit dem Gleichbehandlungsgebot sowie der Annahme des Voraberwerbsrechts gerade verhindert werden sollen.748 Dies spricht dafür, bereits die Einräumung von Aktienerwerbsrechten, die auf eigene, existierende Aktien gerichtet sind, als Veräußerungsvorgang i. S. d. § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 ff. AktG zu klassifizieren, der in den oben genannten Fallkonstellationen die Zustimmung der Hauptversammlung erfordert. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass für den (Rück-)Erwerb eigener Aktien teilweise bestritten wird, dass bereits die Eingehung einer schuldrechtlichen Rechtsposition,749 die zum Erwerb eigener Anteile berechtigt, den Restriktionen des § 71 Abs. 1 AktG und insbesondere seinen Zweckbeschränkungen genügen muss. Diese Unterscheidung zwischen Eingehung der Rechtsposition und ihrer Ausübung ist bei der Veräußerung eigener Anteile nicht ausschlaggebend: Dies ergibt sich zum einen aus den vorstehend angeführten Schutzzweckerwägungen, die schon bei der Eingehung einer Verpflichtung, eigene Aktien auszugeben, Geltung beanspruchen. Zum anderen resultiert die teilweise vertretene Differenzierung zwischen dinglichem und schuldrechtlichem Geschäft in Bezug auf den Erwerb eigener 745
Siehe oben S. 155. Siehe oben S. 148 f. 747 Siehe zur vertraglichen Einflussnahme auf die Aktionärsstruktur auch Immenga, AG 1992, 79, 81. 748 Vgl. zu einer ähnlichen Argumentation MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 68, im Rahmen des Erwerbsvorganges. 749 Siehe Grobecker/Michel, DStR 2001, 1757, 1763; Mick, DB 1999, 1201, 1202 f.; Schmid/Mühlhäuser, AG 2001, 493; dagegen wollen Hüffer, § 71 AktG Rn. 4; KK-Lutter, § 71 AktG Rn. 18; MünchKommAktG-Oechsler § 71 Rn. 68 ff., bereits die Eingehung eines schuldrechtliche Geschäfts über den Erwerb eigener Aktien den Anforderungen des § 71 Abs. 1 AktG unterwerfen. 746
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§ 3 Verteilung der Ausgabekompetenzen
Aktien aus § 71 Abs. 4 AktG.750 Diese Vorschrift aber findet auf Fälle der Veräußerung ausweislich des Wortlautes keine Anwendung. Im Ergebnis stellt sich mithin die Einräumung von Aktienerwerbsrechten, die auf eigene, existierende Aktien gerichtet sind, als gestreckte Anteilsveräußerung i. S. d. § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 ff. AktG dar. Dies gilt unabhängig davon, ob sie in einer Wandelschuldverschreibung verbrieft sind oder isoliert ausgegeben werden: § 71 Abs. 1 AktG erfordert im Gegensatz zu § 221 Abs. 1 AktG gerade keinen Zusammenhang mit einem Fremdkapitaltitel. Ausschlaggebend ist damit allein die Einräumung einer Rechtsposition, die zum Aktienerwerb berechtigt. Dies erfordert nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 ff. AktG dann einen Hauptversammlungsbeschluss, wenn dabei gegen das Gleichheitsgebot verstoßen wird oder die (gestreckte) Anteilsveräußerung außerbörslich ausschließlich an Nichtaktionäre erfolgt.751 Demzufolge sichert bereits § 71 AktG die Mitwirkung der Anteilseigner bei der Ausgabe von Aktienerwerbsrechten, die in Wandelschuldverschreibungen verbrieft sind. Gleichzeitig erübrigt sich bei der Emission derartiger Wertpapiere damit ein Rückgriff auf § 221 Abs. 1 AktG: Da in den Fällen, in denen der Wiederausgabe eigener Aktien ein Hauptversammlungsbeschluss voranzugehen hat, bereits die Ausgabe entsprechender Aktienerwerbsrechte der Zustimmung der Hauptversammlung bedarf, fehlt es für eine analoge Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG zum Schutz der Beteiligung der Hauptversammlung bei der Veräußerung eigener Anteile an einer ausfüllungsbedürftigen Regelungslücke. (c) Besonderheiten bei der Bedienung mittels einer Gegenoption? Vorstehend wurde gezeigt, das eine (entsprechende) Anwendung von § 221 Abs. 1 AktG bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen, die zum Erwerb existierender Aktien aus dem Bestand der Gesellschaft berechtigen, nicht in Betracht kommt, da die Ausgabe der in diesen Finanzierungsinstrumenten verbrieften Aktienerwerbsrechte bereits als gestreckter Veräußerungsvorgang den geschriebenen und ungeschriebenen Anforderungen des § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 ff. AktG unterliegt. Fraglich bleibt, ob dies auch dann gilt, wenn die Aktienerwerbsrechte nicht aus dem Bestand der Gesellschaft, sondern mittels einer von der Gesellschaft erworbenen oder eingegangenen Gegenoption, die auf den Erwerb eigener Aktien gerichtet ist, bedient werden. Dabei kommen zwei Möglichkeiten in Betracht:752 750 Grobecker/Michel, DStR 2001, 1757, 1763; Mick, DB 1999, 1201, 1202 f.; Schmid/Mühlhäuser, AG 2001, 493. 751 Siehe oben S. 155. 752 Casper, S. 427.
A. Ausgabekompetenzen in der Bezugsgesellschaft
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Zum einen kann die Gesellschaft, sobald der Wandelschuldverschreibungsgläubiger das ihm eingeräumte Aktienerwerbsrecht ausübt, ihre Gegenposition geltend machen, um sodann die (rück-)erworbenen Anteile an den Wandelschuldverschreibungsgläubiger weiterzuleiten. In diesem Fall besteht kein Unterschied zur oben diskutierten Veräußerung von eigenen Aktien aus dem Bestand der Gesellschaft, da auch hier – nach Ausübung der Gegenposition – Anteile der Gesellschaft von dieser an den Aktienerwerber abgegeben werden.753 Damit ist der Ausgabe der Anteile ein Hauptversammlungsbeschluss voranzustellen, sobald die Veräußerung unter Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot erfolgt oder ein bezugsrechtsähnliches Voraberwerbsrecht der (Alt-)Aktionäre auszuschließen ist.754 Alternativ kann die Aktiengesellschaft ihre Gegenoption nicht selbst ausüben, sondern die daraus resultierende Rechtsposition an den Aktienerwerbsberechtigten weiterleiten, um so ihrer Verpflichtung nachzukommen, dem Aktienerwerber Anteile an der Gesellschaft zu verschaffen.755 Nach wohl überwiegender Ansicht unterliegt weder der Erwerb756 noch die Eingehung757 einer Gegenoption durch die Gesellschaft den Anforderungen des § 71 AktG. Ob daraus aber auf eine identische Freiheit auf der Veräußerungsseite geschlossen werden kann,758 bleibt fraglich: Zwar stellt sich aus Sicht der Gesellschaft der Aktienerwerb des Wandelschuldverschreibungsgläubigers aufgrund der Weiterleitung der Gegenoption vordergründig als eine reine Sekundärmarkttransaktion dar: Bei der Weitergabe der Gegenposition an den Aktienerwerber sind weder Grundsätze der Kapitalerhaltung, die gleichfalls Bestandteil des Schutzzweckes der §§ 71 ff. AktG sind,759 betroffen noch geht damit aus Sicht der Aktionäre die Gefahr einer Anteilsverwässerung einher.760 Gegen die Annahme, die Weiterleitung der Gegenoption nicht dem Anwendungsbereich des § 71 Abs. 1 AktG unterfallen zu lassen, spricht indes, dass die Verwaltung auch auf diesem Wege gegen das Gleichbehandlungsverbot verstoßen und gleichzeitig Einfluss auf die Aktionärsstruktur nehmen kann.761 Aus diesem Blickwinkel macht es 753
Casper, S. 349 f., 427 f.; anders Kniehase, S. 313 f. Siehe oben S. 155. 755 Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 257; Casper, S. 349 f., 427 f. 756 Siehe Busch, AG 1999, 58, 66; Vetter, AG 2003, 478, 479; Hüffer, § 71 AktG Rn. 5; jeweils m. w. N. 757 Vgl. Grobecker/Michel, DStR 2001, 1757, 1763; ausführlich Kniehase, S. 212 ff.; jeweils m. w. N. 758 So wohl Kallmeyer, AG 1999, 97, 102; Mutter/Mikus, ZIP 2001, 1949, 1959; Martens, FS Ulmer, S. 394, 408 f.; Casper, S. 349 f.; 429; Weiß, S. 254. 759 Siehe Huber, FS Duden, S. 137, 141; Martens, AG 1996, 337, 341; ausführlich Bednarz, S. 60 ff.; Hüffer, § 71 AktG Rn. 1. 760 Casper, S. 429. 754
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§ 3 Verteilung der Ausgabekompetenzen
keinen Unterschied, ob die Ungleichbehandlung oder die Einflussnahme auf den Kreis der Anteilseigner durch die unmittelbare Ausgabe existierender Anteile oder durch die Weiterleitung einer Gegenoption erfolgt. Trotz der Ähnlichkeit der hier in Rede stehenden Bedienalternative mit reinen Sekundärmarkttransaktionen geht die Initiative der Umschichtung der eigenen Anteile mit identischen Auswirkungen wie bei einer Anteilsveräußerung aus dem Bestand der Gesellschaft von ihrer Verwaltung aus. Auf diese Weise kann die Verwaltung eben denjenigen Einfluss auf die Zusammensetzung der Aktionärsstruktur nehmen, der mit Hilfe der § 71 ff. AktG verhindert werden soll.762 Im Ergebnis sprechen damit die besseren Argumente dafür, bereits die Verfügung über eine Rechtsposition, die zum Erwerb eigener Aktien berechtigt, als Veräußerungstatbestand i. S. d. §§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 ff. AktG zu klassifizieren. Demzufolge erfordert die Ausgabe von Aktienerwerbsrechten, zu deren Bedienung eine von Seiten der Gesellschaft eingegangene Gegenoption an den Erwerbsberechtigten weitergeleitet wird, dann eine Beteiligung der Hauptversammlung, wenn damit ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot nach § 53a AktG einhergeht (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5 AktG) oder die Rechtspositionen außerbörslich ausschließlich an Nichtaktionäre veräußert werden.763 Dies gilt wiederum unabhängig davon, ob die entsprechenden Aktienerwerbsrechte isoliert oder in Zusammenhang mit einem Fremdkapitaltitel als Wandelschuldverschreibungen ausgegeben werden.764 Mit Blick auf die Ausgangsfrage nach einer entsprechenden Anwendung des § 221 Abs. 1 AktG zum Schutz der Entscheidungsfreiheit der Anteilseigner bedeutet dies zugleich, dass es auch dann an einer ausfüllungsbedürftigen Regelungslücke fehlt, wenn die zur Bedienung der in den Wandelschuldverschreibungen verbrieften Aktienerwerbsrechte erforderlichen Anteile nicht aus dem Bestand der Aktiengesellschaft stammen sondern mittels einer Gegenoption bereitgestellt werden. (3) Zwischenergebnis Zum Schutz der Hauptversammlungsbeschlüsse,765 die beim Rückerwerb und der Wiederausgabe eigener Aktien erforderlich sind, kommt bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen, die Aktienerwerbsrechte auf eigene, existierende Aktien beinhalten, eine analoge Anwendung des § 221 761 762 763 764 765
Siehe Siehe Siehe Siehe Siehe
dazu oben S. 148 ff. oben S. 155. oben S. 156. oben S. 160. oben S. 156.
A. Ausgabekompetenzen in der Bezugsgesellschaft
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Abs. 1 S. 1 AktG nicht in Betracht. Die Voraussetzungen einer Analogie liegen nicht vor. In Bezug auf die Rückerwerbsentscheidung fehlt es aus Sicht der Aktionäre an einer vergleichbaren Interessenlage. Was eine etwaig erforderliche Wiederausgabeentscheidung766 der Anteilseigner anbelangt, existiert keine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke: Die Hauptversammlung ist bei der Ausgabe von Aktienerwerbsrechten bereits nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 ff. AktG zu beteiligen, wenn die Wiederausgabe der eigenen Aktien zu ihrer Bedienung die Zustimmung der Aktionäre erfordert. Dies gilt unabhängig davon, ob die Aktienerwerbsrechte durch eigene Aktien aus dem Bestand der Gesellschaft oder mittels einer Gegenoption bedient werden. bb) Analoge Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG aus sonstigen Gründen? Abgesehen von einer analogen Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG zum Schutz der Entscheidungsfreiheit der Hauptversammlung kann eine entsprechende Anwendung der Vorschrift gleichfalls nicht unter Verweis auf eine etwaige allgemeine Vergleichbarkeit der Ausgabe von Aktienerwerbsrechten auf existierende Aktien einerseits und neue Aktien andererseits begründet werden. Dies ergibt sich daraus, da aus Sicht der Aktionäre die Ausübung der eingeräumten Rechtspositionen unterschiedliche Folgen hat und damit nicht vergleichbar ist:767 Im ersteren Fall werden existierende Aktien (wieder) ausgegeben, im zweiteren Fall Anteile im Rahmen einer Neuemission gezeichnet. Während aber – wie bereits oben ausführlich dargestellt768 – mit der Ausgabe neuer Aktien eine Verwässerung der Anteile der (Alt-)Aktionäre einhergeht, steht eine vergleichbare Verwässerung bei der Wiederausgabe eigener Aktien gerade nicht zu befürchten.769 Insofern scheitert eine analoge Anwendung von § 221 Abs. 1 AktG an der fehlenden Vergleichbarkeit der Interessenlagen bei der Ausgabe von Aktienerwerbsrechten auf existierende Anteile einerseits und neue Aktien andererseits.770 766
Siehe oben S. 156. Anders Georgakopoulos, ZHR 120 (1957), 84,142 ff.; Lutter, FS Kastner, S. 245, 255; Schäfer, ZGR Sonderheft 16, S. 62, 71; Kniehase, S. 309; Schumann, S. 23 (bei und in Fn. 46); HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 16 f.; wohl auch Busch, AG 1999, 58, 64 für Fälle, in denen die Bedienung des Aktienerwerbsrechts im Zeitpunkt der Ausgabe noch nicht sichergestellt ist; kritisch dazu zurecht Kniehase, S. 314 ff. 768 Siehe oben S. 148 ff. 769 Siehe oben S. 148 ff.; vgl. auch Häuselmann, BB 2000, 139, 140. 770 So auch Hoffmann, AG 1973, 47, 48 ff.; Häuselmann, BB 2000, 139, 140; Schaub, AG 1972, 340, 341; beschränkt auf mittels einer Gegenoption gesicherte Aktienerwerbsrechte, Busch, AG 1999, 58, 63. 767
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§ 3 Verteilung der Ausgabekompetenzen
cc) Ergebnis Bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung, die ein Erwerbsrecht auf existierende Aktien beinhaltet, kann § 221 Abs. 1 S. 1 AktG weder zum Schutz der Entscheidungsfreiheit der Hauptversammlung noch unter Verweis auf eine sonstige vergleichbare Interessenlage analoge Anwendung finden. c) Anwendung des § 221 Abs. 1 AktG über § 221 Abs. 3 AktG? Schließlich bleibt zu untersuchen, ob Aktienerwerbsrechte, die auf eigene, existierende Aktien gerichtet sind, als Genussrechte zu klassifizieren sind; in diesen Fällen könnte § 221 Abs. 1 AktG unabhängig von den fehlenden Voraussetzungen einer Analogie über den Verweis in § 221 Abs. 3 AktG zur Anwendung kommen. Wie bereits in anderem Zusammenhang dargestellt,771 verbriefen Genussrechte solche Ansprüche gegen die Gesellschaft, die typische Aktionärsrechte zum Inhalt haben und daher mit diesen in Konkurrenz treten.772 Aktienerwerbsrechte auf eigene Aktien beinhalten das Recht, in den Kreis der Gesellschafter einer Aktiengesellschaft aufgenommen zu werden. In dem damit verbundenen Erwerb von Beteiligungs- und Vermögensrechten könnte eine derartige genussrechtstypische Konkurrenzsituation zu den Rechten der Aktionäre liegen, die eine Einordnung des Finanzierungsinstrumentes in § 221 Abs. 3 AktG begründet. Dahingehende Überlegungen sehen sich aber, auch wenn sie aufgrund der fehlenden gesetzgeberischen Definition773 eines „Genussrechts“ nach § 221 Abs. 3 AktG und der damit möglichen unterschiedlichen Bestimmung der Reichweite des Genussrechtsbegriffs774 schwer zu widerlegen sind,775 durchgreifenden Bedenken ausgesetzt: Alleinige Tatsache, die es rechtfertigt, die Ausgabe von Erwerbsrechten auf eigene Aktien dem Anwendungsbereich des § 221 AktG unterfallen zu lassen, ist die Möglichkeit, Aktionär der Gesellschaft zu werden. Dieser spezifischen Interessenlage trägt die Regelung des § 221 Abs. 1 AktG für neue, noch zu zeichnende Aktien explizit Rechnung; dabei erklärt sich der Regelungsinhalt des § 221 Abs. 1 AktG aus seinem Zusammenhang mit ei771
Siehe oben S. 105. Siehe oben S. 105. 773 Hüffer, § 221 AktG Rn. 24. 774 Siehe exemplarisch etwa die Diskussion um das etwaige Erfordernis der Teilhabe am Gewinn; vgl. Fuchs, AG 1995, 433, 442; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 65 (bei und in Fn. 200); jeweils m. w. N. 775 Vgl. Busch, AG 1999, 58, 65 (bei und in Fn. 48), in Bezug auf Wandelschuldverschreibungen mit Kursdifferenzausgleich. 772
A. Ausgabekompetenzen in der Bezugsgesellschaft
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ner Kapitalerhöhung.776 Demgegenüber entspricht die Interessenlage der Aktionäre bei der Wiederausgabe eigener Aktien aufgrund der fehlenden Gefahr einer Anteilsverwässerung gerade nicht derjenigen bei einer Kapitalerhöhung; aus Sicht der Anteilseigner lassen sich die Kapitalerhöhung einerseits sowie die Wiederausgabe eigener Aktien andererseits nicht vergleichen.777 Die Einordnung eines Aktienerwerbsrechts auf eigene Aktien als Genussrecht würde § 221 Abs. 1 AktG über den Umweg des § 221 Abs. 3 AktG zur Anwendung bringen. Damit bliebe die oben skizzierte unterschiedliche Interessenlage im Ergebnis unberücksichtigt. Gleichzeitig würde die Tatsache übergangen, dass der Gesetzgeber zwar den mit der Ausgabe eines Aktienerwerbsrechts typischerweise verbundenen Interessenkonflikt für regelungsbedürftig erachtet und in § 221 Abs. 1 AktG normiert hat, aber die Anwendungsvoraussetzungen dieser Norm gerade nicht vorliegen, sobald sich die Aktienerwerbsrechte auf eigene Aktien beziehen. Vorstehendes spricht gegen eine Erstreckung des Anwendungsbereiches von § 221 Abs. 3 AktG auf derartige Finanzierungsinstrumente.778 Dem steht nicht entgegen, dass § 221 Abs. 3 AktG eine Ergänzungsfunktion zukommt, die auch dann zum Tragen kommen soll, wenn § 221 Abs. 1 AktG nicht unmittelbar Anwendung findet:779 Entsprechend umfassend werden Genussrechte als solche Finanzierungsinstrumente definiert, die typischerweise mit den Interessen der Aktionäre konfligieren.780 Indes setzt § 221 Abs. 3 AktG dabei gleichzeitig voraus, dass Genussrechten aus Sicht der Anteilseigner eine ähnliche Gefahrenlage wie bei der Ausgabe von explizit in § 221 Abs. 1 AktG geregelten Finanzierungsinstrumenten innewohnt.781 Dies ist letztlich Konsequenz daraus, dass § 221 AktG nicht bezweckt, die Mitwirkung der Hauptversammlung nach § 221 Abs. 1 AktG zum Regelfall der Ausgabe jedweder Finanzierungsinstrumente zu machen und sich insofern als Ausnahmevorschrift versteht,782 die dementsprechend 776
Siehe oben S. 39 ff. Siehe oben S. 148 ff. 778 In diese Richtung ist wohl auch die Kommentierung von Habersack zu verstehen (MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 62), der – obschon er den Begriff des Genussrechts als eine Art Oberbegriff für alle in § 221 AktG aufgeführten Finanzierungsformen interpretieren will (MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 21) – darauf verweist, dass ein Genussrecht anders als Wandelschuldverschreibungen typischerweise kein Recht zum Bezug von Aktien des Emittenten gewährt; diese Sichtweise kommt auch unter MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 24 a. E. zum Ausdruck. 779 Wohlfahrt/Brause, WM 1997, 397, 403. 780 MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 62; siehe oben S. 105. 781 Wohlfahrt/Brause, WM 1997, 397, 403; vgl. zu einer ähnlich restriktiven Auslegung des Genussrechtsbegriffs Busch, AG 1999, 58, 65. 782 Wohlfahrt/Brause, WM 1997, 397, 403. 777
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§ 3 Verteilung der Ausgabekompetenzen
restriktiv auszulegen ist.783 Bereits oben wurde aber gezeigt, dass bei der Ausgabe von Aktienerwerbsrechten auf existierende Anteile eine derartige ähnliche Gefährdungslage wie bei der gesetzlich geregelten Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung nach § 221 Abs. 1 S. 1 AktG gerade nicht vorliegt.784 Aus Sicht der Aktionäre entspricht die Ausgabe von Aktienerwerbsrechten auf eigene, existierende Anteile gerade nicht der § 221 Abs. 1 S. 1 AktG zugrunde liegenden Interessenlage bei der Einräumung einer Berechtigung zur Zeichnung neuer Anteile. Auch unter Verweis auf eine Ergänzungsfunktion des § 221 Abs. 3 AktG lassen sich mithin Aktienerwerbsrechte, die auf eigene Aktien gerichtet sind, nicht als Genussrechte qualifizieren. Im Ergebnis unterfallen Aktienerwerbsrechte, die zum Erwerb existierender Anteile berechtigen, nicht dem Anwendungsbereich des § 221 Abs. 3 AktG. Demzufolge kann § 221 Abs. 1 AktG auch nicht über § 221 Abs. 3 AktG Anwendung finden. d) Ergebnis und Schlussfolgerungen: Abgrenzung der Ausgabetatbestände des § 71 Abs. 1 AktG bzw. § 221 Abs. 1 S. 1 AktG Wandelschuldverschreibungen, die Aktienerwerbsrechte auf eigene, existierende Aktien beinhalten, unterfallen mithin weder unmittelbar noch analog dem Anwendungsbereich des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG. Diese Vorschrift ist auch über § 221 Abs. 3 nicht anwendbar, da entsprechende Finanzierungsinstrumente nicht als Genussrechte klassifiziert werden können. Die Ausgabe von Aktienerwerbsrechten, die auf den Erwerb eigener, existierender Aktien gerichtet sind, stellt sich vielmehr als Veräußerungstatbestand i. S. d. § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 ff. AktG dar; dies gilt unabhängig davon, ob sie isoliert oder in Verbindung mit einem Fremdkapitaltitel als Wandelschuldverschreibung ausgegeben werden. Demnach ist der Emission der Finanzierungsinstrumente ein Hauptversammlungsbeschluss allein dann vorzuschalten, wenn sie entweder gegen das Gleichbehandlungsgebot verstößt oder die Wertpapiere außerbörslich ausschließlich an Nichtaktionäre ausgegeben werden.785 783
Siehe Larenz/Canaris, S. 175 f.; Pawlowski, S. 217 f. Ausführlich zur fehlenden Verwässerung der (Alt-)Anteile bei der Wiederausgabe eigener Aktien oben S. 148 ff. An dieser Stelle liegt auch der Unterschied zu der oben diskutierten Einordnung der Ausgabe reiner Bezugsrechte auf neue Aktien als Genussrechte: Während in diesen Fällen eine ähnliche Gefährdungslage vorliegt (siehe ausführlich dazu oben S. 105 f.), bleibt diese hier zu verneinen. 785 Siehe oben S. 156. 784
A. Ausgabekompetenzen in der Bezugsgesellschaft
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Im Ergebnis kann sich die Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung damit grundsätzlich nach zwei Regelungen richten: Die Einräumung von Bezugsrechten, die auf neue Aktien gerichtet sind, unterfällt dem Anwendungsbereich des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG.786 Beziehen sich demgegenüber die Aktienerwerbsrechte auf bereits existierende Aktien, ist das Regelungsregime des § 71 Abs. 1 AktG einschlägig.787 Obschon die Grundlagen einer Abgrenzung damit bereits gelegt sind, machen diese unterschiedlichen aktienrechtlichen Vorgaben mit ihren jeweils verschiedenartigen Anforderungen an die Ausgabe eines Finanzierungsinstrumentes die folgende Präzisierung unumgänglich: Einer Aktiengesellschaft steht es grundsätzlich frei, wie sie eingeräumte Aktienerwerbsrechte bedient; aus dem Gesetz ergeben sich keine dahingehenden Schranken oder Präferenzen.788 Diese Bedienfreiheit wird bereits daraus ersichtlich, dass de lege lata die Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung nicht an eine bestimmte Kapitalerhöhung gebunden werden muss.789 Dabei bleiben die Bedienalternativen der Gesellschaft nicht allein darauf beschränkt, zwischen verschiedenen Formen einer Kapitalerhöhung zu wählen. Vielmehr erstreckt sich die grundsätzliche Bedienfreiheit gleichfalls auf die Frage, ob Aktienerwerbsrechte durch neu zu schaffende oder bereits existierende Aktien bedient werden. Auch aus Anlegersicht macht es – sofern sich sein Aktienerwerbsrecht nicht auf eine konkrete Aktiengattung bezieht – wenig Unterschied, ob die Gesellschaft zur Bedienung seiner Aktienerwerbsrechte existierende oder neue Aktien ausgibt.790 Ist es einer Aktiengesellschaft damit grundsätzlich freigestellt, auf welche Weise sie eingeräumte Aktienerwerbsrechte sichert, steht es gleichfalls in ihrem Ermessen, sich dahingehend vertraglich zu binden.791 So kann die dem Anleger von Seiten der Gesellschaft eingeräumte Rechtsposition etwa allein auf den Abschluss eines Kaufvertrages über eigene Aktien beschränkt werden; der Abschluss eines Zeichnungsvertrages, d.h. die Bedienung der Aktienerwerbsrechte mit neuen Aktien, ist in diesen Fällen ausgeschlossen. 786
Siehe oben S. 33 sowie S. 125 ff. Siehe oben S. 155. 788 GroßkommAktG-Frey, § 197 Rn. 39; MünchKommAktG-Fuchs, § 198 Rn. 5. 789 Vgl. GroßkommAktG-Frey, § 192 Rn. 56; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 138; Münch.Hdb.AG-Krieger, § 57 Rn. 39. 790 GroßkommAktG-Frey, § 197 Rn. 39. 791 MünchKommAktG-Fuchs, § 198 Rn. 5, der die Befugnis der Gesellschaft, existierende Aktien zu liefern, von der ausdrücklichen Vereinbarung einer Ersetzungsbefugnis abhängig machen will; anders Münch.Hdb.AG-Krieger, § 57 Rn. 39, der bei gänzlichem Stillschweigen der Anleihebedingungen von der Befugnis der Gesellschaft ausgeht, eingeräumte Aktienerwerbsrechte durch existierende Aktien zu bedienen, um Kosten zu sparen. 787
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§ 3 Verteilung der Ausgabekompetenzen
Werden demgegenüber die Finanzierungsinstrumente nicht auf den Bezug existierender Anteile beschränkt, kann die in die Anleihebedingungen aufgenommene Möglichkeit der Gesellschaft, anstelle neuer Aktien auch existierende Anteile zu liefern, als Ersetzungsbefugnis interpretiert werden.792 Aus der oben skizzierten grundsätzlichen Bedienfreiheit lässt sich mit Blick auf das Regelungsregime, dem die Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung unterfällt, Folgendes ableiten: Kann das eingeräumte Aktienerwerbsrecht ausschließlich mit existierenden Anteilen bedient werden, so unterfällt die Ausgabe des Finanzierungsinstrumentes allein dem Anwendungsbereich des § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 ff. AktG. Sobald aber das Aktienerwerbsrecht auch mittels einer Kapitalerhöhung bedient werden kann, beansprucht § 221 Abs. 1 S. 1 AktG Geltung; dies ergibt sich aus dem Schutzzweck dieser Vorschrift: Sowie nur die Möglichkeit besteht, die Aktienerwerbsrechte mit neuen Anteilen zu bedienen, kann die Hauptversammlung der Gesellschaft bei der Bedienung der eingeräumten Rechtspositionen demjenigen Entscheidungsdruck ausgesetzt sein, den § 221 Abs. 1 S. 1 AktG gerade verhindern will. Dabei reicht die bloße Möglichkeit der Gefährdung der Entscheidungshoheit bereits deshalb zur Aktivierung des Schutzregimes von § 221 Abs. 1 S. 1 AktG aus, da auch bei der Eigenemission einer Wandelschuldverschreibung, die zum Erwerb neuer Aktien berechtigt, die Ausübung der Bezugsrechte und damit das Entstehen der Drucksituation im Rahmen der Kapitalerhöhung nicht sicher ist, sondern von der Ausübung der Aktienerwerbsrechte abhängt.793 Im Ergebnis findet § 221 Abs. 1 S. 1 AktG Anwendung, sobald den Anleihebedingungen ausdrücklich oder konkludent zu entnehmen ist, dass die Aktienerwerbsrechte auch mittels neuer Aktien bedient werden können. Nur dann, wenn die Aktienerwerbsrechte anhand der Anleihebedingungen ausdrücklich auf den Erwerb existierender Aktien beschränkt werden, kann sich die Ausgabe der Finanzierungsinstrumente nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 ff. AktG richten. 2. Besonderheiten durch das Auseinanderfallen von Bezugs- und Emissionsgesellschaft Die Eigenemission einer Wandelschuldverschreibung, die ausschließlich zum Erwerb eigener, existierender Aktien berechtigt, fällt damit nicht in den Anwendungsbereich von § 221 AktG, sondern in denjenigen von § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 ff. AktG. Fraglich bleibt, ob und inwiefern diese Vor792 GroßkommAktG-Frey, § 192 Rn. 45; siehe auch MünchKommAktG-Fuchs, § 198 Rn. 5. 793 Siehe oben S. 124.
A. Ausgabekompetenzen in der Bezugsgesellschaft
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schrift auch dann anwendbar ist, wenn bei der Ausgabe des Finanzierungsinstrumentes Bezugs- und Emissionsgesellschaft auseinanderfallen und die Bezugsgesellschaft die Aktienerwerbsrechte ausstellt oder eine Beschaffungsgarantie übernimmt.794 Der Grund für eine Anwendung des § 71 Abs. 1 AktG auf die Eigenemission einer Wandelschuldverschreibung, die Aktienerwerbsrechte auf existierende Anteile beinhaltet, liegt darin, dass die Einräumung von Aktienerwerbsrechten als gestreckte Anteilsveräußerung dem Veräußerungstatbestand des § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 ff. AktG unterfällt.795 Dabei ist es nicht von Bedeutung, ob die Aktienerwerbsrechte isoliert oder im Zusammenhang mit einem Fremdkapitaltitel als Wandelschuldverschreibung ausgegeben werden:796 § 71 Abs. 1 AktG erfordert einen derartigen Zusammenhang zu einer Schuldverschreibung im Gegensatz zu § 221 Abs. 1 S. 1 AktG gerade nicht. Damit resultiert die nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 ff. AktG möglicherweise erforderliche Beteiligung der Hauptversammlung allein aus der Ausstellung eines Aktienerwerbsrechts. Dies bedeutet für die Frage nach den Auswirkungen eines Auseinanderfallens von Bezugs- und Emissionsgesellschaft bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung, die Aktienerwerbsrechte auf existierender Anteile beinhaltet, Folgendes: Da allein die Einräumung der Rechtsposition, die zum Aktienerwerb berechtigt, ausschlaggebend ist, unterfallen Strukturierungsvarianten, im Zuge derer die Bezugsgesellschaft die Aktienerwerbsrechte selbst ausstellt und der Anleihe einer Emissionsgesellschaft beifügt, als (gestreckte) Anteilsveräußerung dem Veräußerungstatbestand des § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 ff. AktG. Dies hat zur Folge, dass die Ausgabe des Finanzierungsinstrumentes dann der Zustimmung der Hauptversammlung der Bezugsgesellschaft bedarf, wenn dabei gegen das Gleichbehandlungsgebot verstoßen oder bei der außerbörslichen Anteilsabgabe nicht jedem Aktionär eine Beteiligungsmöglichkeit eröffnet wird.797 Gleiches gilt dann, wenn die Bezugsgesellschaft die Aktienerwerbsrechte nicht selbst ausstellt, sondern eine dahingehende Garantie übernimmt:798 Sowohl in der unmittelbaren Ausstellung der Aktienerwerbsrechte auf ei794
Siehe zu diesen Strukturierungsmöglichkeiten oben S. 117. Siehe oben S. 160. 796 Siehe oben S. 158 f. 797 Dies wird bei derartigen Strukturierungen in aller Regel der Fall sein, da die Aktienerwerbsrechte zur Verbindung mit der Anleihe einer Emissionsgesellschaft bestimmt sind und dementsprechend die Aktionäre der Bezugsgesellschaft vorab nicht an der Ausstellung der Aktienerwerbsrechte beteiligt werden können; siehe ausführlich dazu im Zusammenhang mit dem bezugsrechtsähnlichen Voraberwerbsrecht der Aktionäre unten S. 220 ff. 798 Siehe oben S. 117. 795
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§ 3 Verteilung der Ausgabekompetenzen
gene Aktien als auch in der Garantieübernahme liegt eine Verpflichtung der Gesellschaft, eigene Anteile auszugeben. In beiden Fällen räumt die Gesellschaft eine Rechtsposition ein, die zum Erwerb eigener existierender Aktien berechtigt. Diese Parallelen stehen einer Ungleichbehandlung der unmittelbaren Ausstellung der Aktienerwerbsrechte durch die Bezugsgesellschaft einerseits und ihrer Garantieübernahme andererseits entgegen.799 Dementsprechend unterfällt auch die Garantieübernahme dem Veräußerungstatbestand des § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 ff. AktG und kann in den oben dargestellten Fällen die Mitwirkung der Hauptversammlung der Bezugsgesellschaft erforderlich machen. Im Ergebnis hat das Auseinanderfallen von Bezugs- und Emissionsgesellschaft bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung, deren Aktienerwerbsrechte auf existierende, eigene Aktien gerichtet sind, in Bezug auf die Anwendbarkeit des § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 ff. AktG keine Konsequenzen. Die Vorschrift umfasst sowohl die unmittelbare Ausstellung der Aktienerwerbsrechte durch die Bezugsgesellschaft als auch ihre Garantieübernahme. 3. Zusammenfassung Fallen bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung, die zum Erwerb existierender Aktien berechtigt, Bezugs- und Emissionsgesellschaft auseinander, ist die Hauptversammlung der Bezugsgesellschaft an der Emission des Finanzierungsinstrumentes nach Maßgabe des § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 ff. AktG zu beteiligen, wenn diese die Aktienerwerbsrechte selbst ausstellt oder eine Beschaffungsgarantie übernimmt: Sowohl die Ausstellung der Aktienerwerbsrechte als auch die Garantieübernahme unterfallen dem Veräußerungstatbestand des § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 ff. AktG. Dies macht bei der Emission des Wertpapiers eine Mitwirkung der Anteilseigner dann erforderlich, wenn dabei gegen das Gleichbehandlungsgebot verstoßen wird (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5 AktG) oder die Finanzierungsinstrumente außerbörslich ausschließlich an Nichtaktionäre ausgegeben werden; im letzteren Fall ist die Beteiligung der Aktionäre zum Ausschluss eines ungeschriebenen Voraberwerbsrechts notwendig. Eine Anwendung von § 221 Abs. 1 S. 1 AktG auf die Ausgabe derartiger Wertpapiere kommt – wie auch bei der Eigenemission einer Wandelschuldverschreibung, die Aktienerwerbsrechte auf existierende Aktien beinhaltet – nicht in Betracht; dies gilt unabhängig davon, ob die Aktienerwerbsrechte 799 Siehe zu entsprechenden Parallelen bei der Garantieübernahme in Bezug auf Wandelschuldverschreibungen, die auf den Erwerb neuer Aktien gerichtet sind, oben S. 136 f.
A. Ausgabekompetenzen in der Bezugsgesellschaft
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mit Anteilen aus dem Bestand der Bezugsgesellschaft oder mittels einer Gegenoption bedient werden: Eine analoge Anwendung von § 221 Abs. 1 S. 1 AktG lässt sich weder unter dem Gesichtspunkt einer Gewährleistung der Entscheidungsfreiheit der Hauptversammlung beim Rückerwerb und der Wiederausgabe eigener Aktien noch unter Verweis auf eine Vergleichbarkeit der Ausgabe von Aktienerwerbsrechten auf neue Aktien einerseits und existierende Anteile andererseits begründen. Überdies können Aktienerwerbsrechte, die zum Bezug von existierenden Aktien berechtigen, nicht als Genussrechte qualifiziert werden, sodass § 221 Abs. 1 AktG auch über § 221 Abs. 3 AktG keine Anwendung findet.
IV. Ausgabe reiner Umtauschanleihen durch die Emissionsgesellschaft Mitwirkungsrechte der Anteilseigner der Bezugsgesellschaft sind bei der Ausgabe einer Umtauschanleihe durch die Emissionsgesellschaft bereits deshalb fernliegend, da die Bezugsgesellschaft durch die Ausgabe des Finanzierungsinstrumentes in keiner Weise verpflichtet wird:800 Sie stellt weder die Aktienerwerbsrechte aus noch übernimmt sie eine Garantie in Bezug auf die Sicherstellung der von Seiten der Emissionsgesellschaft eingeräumten Erwerbsrechte.801 Allein die Emissionsgesellschaft schuldet die Lieferung von Aktien der Bezugsgesellschaft.802 Aus Sicht der Bezugsgesellschaft entspricht die Ausgabe einer Umtauschanleihe einer reinen Sekundärmarkttransaktion. Anders als in den Fällen der Wiederausgabe eigener, existierender Aktien803 durch die Bezugsgesellschaft steht dabei keine Einflussnahme des Vorstandes auf die Aktionärsstruktur zu befürchten, da die Umverteilung von der Emissionsgesellschaft und nicht von der Verwaltung der Bezugsgesellschaft ausgeht;804 damit ergeben sich insbesondere 800
Spindler/Stilz-Seiler, § 221 AktG Rn. 193; siehe oben S. 118 ff. Spindler/Stilz-Seiler, § 221 AktG Rn. 188. 802 Schumann, S. 38. 803 Siehe oben S. 155. 804 Ein anderes Ergebnis ist allein dann denkbar, wenn eine Tochtergesellschaft als Emissionsgesellschaft Aktienerwerbsrechte auf von ihr gehaltene Anteile (siehe zum Erwerb von Mutteraktien durch die Tochtergesellschaft ausführlich Huber, FS Duden, S. 137 ff.) der Muttergesellschaft (Bezugsgesellschaft) ausgibt und der Vorstand der Muttergesellschaft diese Emission veranlasst; in diesen Fällen entspricht – wie aus der Wertung des § 71d AktG ersichtlich wird – die Ausgabe der Anteile mit Blick auf ihre Folgen für die Bezugsgesellschaft einer unmittelbaren Emission durch die Bezugsgesellschaft. Konsequenterweise kann die Emission in diesen Fällen nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 ff. AktG in den oben auf S. 156 dargestellten Fallgruppen die Zustimmung der Hauptversammlung der Konzernobergesellschaft erforderlich machen. 801
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§ 3 Verteilung der Ausgabekompetenzen
aus § 71 Abs. 1 AktG keine Mitwirkungsrechte805 der Hauptversammlung der Bezugsgesellschaft.806
V. Aktienerwerbsrechte auf Anteile an einer Tochtergesellschaft Auch bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung durch eine Konzernobergesellschaft, die zum Erwerb von Anteilen an einer Tochtergesellschaft berechtigt, stellt sich die Frage nach Mitwirkungsrechten der Anteilseigner der Bezugsgesellschaft. Die Finanzierungsinstrumente haben in diesen Fällen Tochteraktien zum Gegenstand, sodass die Tochtergesellschaft als Bezugsgesellschaft zu qualifizieren ist.807 Falls die Tochtergesellschaft insofern die in diesen Wertpapieren verbrieften Aktienerwerbsrechte entweder selbst ausstellt oder eine dahingehende Garantie übernimmt,808 entspricht die Situation aus Sicht der Anteilseigner der Tochtergesellschaft derjenigen bei der Eigenemission einer Wandelschuldverschreibung.809 Dementsprechend macht die Ausstellung der Bezugsrechte bzw. die Garantieübernahme eine analoge Anwendung von § 221 Abs. 1 AktG auf Ebene der Tochtergesellschaft erforderlich, wenn die Aktienerwerbsrechte aus einer Kapitalerhöhung bedient werden.810 Sollen die Aktienerwerbsrechte demgegenüber mit von der Tochtergesellschaft gehaltenen, eigenen Aktien bedient werden, kann die Einräumung der Aktienerwerbsrechte durch die Tochtergesellschaft oder aber ihre Garantieübernahme in den oben erarbeiteten Grenzen nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 ff. AktG die Zustimmung der Anteilseigner der Tochtergesellschaft notwendig machen.811 Hat die Tochtergesellschaft die Aktienerwerbsrechte hingegen weder selbst ausgestellt noch eine dahingehende Garantie übernommen und wer805 Siehe zu den Mitwirkungsrechten der Aktionäre aus § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 ff. AktG bei der Ausgabe von Aktienerwerbsrechten auf eigene, existierende Aktien oben S. 155. 806 Eine Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG scheidet bereits deshalb aus, da diese Vorschrift auf die Ausgabe neuer Anteile beschränkt ist (siehe oben S. 166); bei der Emission einer Umtauschanleihe betreffen die Aktienerwerbsrechte ausschließlich existierende Aktien. 807 Ausführlich zu den Auswirkungen dieser Strukturierung auf die Muttergesellschaft unten S. 176 ff. 808 Siehe zur Ausstellung der Bezugsrechte durch die Bezugsgesellschaft sowie zur Garantieübernahme oben S. 71 sowie S. 110 ff. 809 Siehe oben S. 132 sowie S. 137. 810 Siehe zur Beschränkung des Anwendungsbereiches des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG auf neue Aktien oben S. 166. 811 Siehe oben S. 156.
B. Ausgabekompetenzen in der Emissionsgesellschaft
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den demzufolge die in den Wandelschuldverschreibungen verbrieften Aktienerwerbsrechte mittels einer Beteiligungsveräußerung auf Ebene der Muttergesellschaft bedient, handelt es sich aus Sicht der Tochtergesellschaft um eine einer reinen Umtauschanleihe vergleichbaren Konstellation. Da die Tochtergesellschaft als Bezugsgesellschaft in diesen Fällen nicht zur Bedienung der eingeräumten Aktienerwerbsrechte verpflichtet ist,812 erübrigt sich ein Zustimmungsbeschluss ihrer Hauptversammlung bei der Ausgabe des Finanzierungsinstrumentes.813
B. Ausgabekompetenzen in der Emissionsgesellschaft Wurden vorstehend die Mitwirkungsbefugnisse der Hauptversammlung der Bezugsgesellschaft diskutiert, verbleibt im Folgenden zu untersuchen, ob und inwiefern (auch) die Hauptversammlung der Emissionsgesellschaft an der Ausgabe zusammengesetzter Finanzierungsinstrumente, bei der Emissions- und Bezugsgesellschaft auseinanderfallen, zu beteiligen ist.814
I. Ausgabe und Garantie der Aktienerwerbsrechte durch die Bezugsgesellschaft Für Ausgabevarianten einer Wandelschuldverschreibung, bei denen die in dem Finanzierungsinstrument verbrieften Aktienerwerbsrechte entweder von der Bezugsgesellschaft selbst ausgestellt oder garantiert sind, wird teilweise in entsprechender Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG die Zustimmung der Hauptversammlung der Emissionsgesellschaft für erforderlich gehalten; bereits aus Gründen der Rechtssicherheit könne nicht von einem Hauptversammlungsbeschluss in der Emissionsgesellschaft abgesehen werden.815 Dahingehende Ansätze sehen sich indes dem Vorwurf ausgesetzt, dass die analoge Anwendung einer Norm nicht allein auf das Erfordernis der Rechtssicherheit gestützt werden kann. Grundvoraussetzung jeglicher Analogie ist vielmehr neben dem Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke eine vergleichbare Interessenlage. Was die Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung unter Auseinanderfallen von Emissions- und Bezugsgesellschaft anbelangt, so ist die Interessenlage der Hauptversammlung der Emissionsgesellschaft nicht mit einer Eigenemission des Finanzierungsinstrumentes 812
Siehe zu Umtauschanleihen bereits oben S. 118 ff. Siehe oben S. 171. 814 Siehe Kerber, S. 35 ff., MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 45. 815 Kerber, S. 36, für Wandelschuldverschreibungsemissionen über konzernexterne Finanzierungsgesellschaften. 813
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§ 3 Verteilung der Ausgabekompetenzen
im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 221 Abs. 1 AktG vergleichbar: Aus dem Blickwinkel der Emissionsgesellschaft erfordert die Bedienung der Aktienerwerbsrechte keine Eigenkapitalmaßnahme, welche die Regelung des § 221 Abs. 1 AktG erst notwendig macht.816 Vielmehr ist die Emissionsgesellschaft allein aus dem Fremdkapitalelement der Wandelschuldverschreibung verpflichtet; das Finanzierungsinstrument konkurriert nicht mit Rechten der Aktionäre der Emissionsgesellschaft.817 Eine (analoge) Anwendung von § 221 Abs. 1 AktG auf die Emissionsgesellschaft lässt sich auch nicht unter Verweis auf ein etwaiges (kapitalmarktrechtliches) Haftungsrisiko begründen, das mit der rechtsgeschäftlichen Einbindung in den Strukturierungsvorgang einhergeht:818 Allein eine drohende Haftung vermag die Anwendbarkeit von § 221 AktG nicht zu rechtfertigen. Das Zustimmungserfordernis dieser Vorschrift erklärt sich aus dem Zusammenhang der Einräumung von Aktienerwerbsrechten mit einer Kapitalmaßnahme819 und bezweckt nicht, angesichts einer etwaigen Haftungsgefahr, den Vorstand an der Ausgabe von Finanzierungsinstrumenten zu hindern. Mithin scheitert eine analoge Anwendung des § 221 Abs. 1 AktG auf die Emissionsgesellschaft an der fehlenden vergleichbaren Interessenlage. Abgesehen davon wird diese Vorschrift oftmals bereits deshalb keine Anwendung finden, da die Emissionsgesellschaft, etwa als Finanzierungstochtergesellschaft, im Ausland ansässig ist und daher nicht dem deutschen Aktienrecht unterliegt. Ein Mitwirkungserfordernis der Anteilseigner der Emissionsgesellschaft kommt auch dann nicht in Betracht, wenn sich die in den Wandelschuldverschreibungen verbrieften Aktienerwerbsrechte nicht auf neue, sondern auf existierende Aktien der Bezugsgesellschaft richten: In diesen Fällen unterfällt der Finanzierungsvorgang nicht § 221 AktG sondern § 71 AktG.820 Aus dieser Vorschrift lassen sich aber zugunsten der Anteilseigner der Emissionsgesellschaft bereits deshalb keine Mitwirkungsrechte herleiten, da ihre Anteile nicht berührt sind. Im Ergebnis ist daher die Hauptversammlung der Emissionsgesellschaft nicht an der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung zu beteiligen, im Rahmen derer die Bezugsgesellschaft die Aktienerwerbsrechte entweder selbst ausstellt oder aber eine dahingehende Garantie übernimmt. Die Struk816 817 818 819 820
Siehe oben S. 37 ff. MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 45. MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 45. Ausführlich oben S. 44 ff. Siehe oben S. 166.
B. Ausgabekompetenzen in der Emissionsgesellschaft
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turierung unterfällt dem alleinigen Verantwortungsbereich ihres Vorstandes. Dies gilt unabhängig davon, ob die Aktienerwerbsrechte auf neue oder bereits existierende Aktien der Bezugsgesellschaft gerichtet sind.
II. Ausgabe reiner Umtauschanleihen Auch für reine Umtauschanleihen stellt sich die Frage, ob die Hauptversammlung der Emissionsgesellschaft einer Ausgabe der Finanzierungsinstrumente zustimmen muss oder die Emission allein dem Zuständigkeitsbereich des Vorstandes unterliegt. Wiederum scheidet eine (analoge) Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG bereits deshalb aus, da die Bedienung der Aktienerwerbsrechte keine Eigenkapitalmaßnahme in der Emissionsgesellschaft erfordert.821 Auch kann die Finanzierungsmaßnahme nicht als Veräußerungstatbestand i. S. d. § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 ff. AktG qualifiziert werden, da die Aktienerwerbsrechte nicht auf Anteile an der Emissionsgesellschaft gerichtet sind. Dies spricht dafür, die Ausgabe einer Umtauschanleihe aus Sicht der Emissionsgesellschaft als reine Fremdkapitalmaßnahme zu klassifizieren, die allein dem Verantwortungsbereich des Vorstandes unterfällt.822 Allenfalls theoretisch denkbar bleibt die Ableitung eines Mitwirkungsrechts der Hauptversammlung der Emissionsgesellschaft aus ungeschriebenen Hauptversammlungszuständigkeiten:823 Die Ausgabe einer Umtauschanleihe macht aus Sicht der Emissionsgesellschaft die Veräußerung einer Beteiligung erforderlich. Beteiligungsveräußerungen werden als Sachverhalte diskutiert, die ungeschriebene Hauptversammlungskompetenzen begründen können.824 Indes unterfällt selbst aus Sicht derjenigen Literaturstimmen, die grundsätzlich ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten für Fälle einer Beteiligungsveräußerung befürworten,825 nicht jede Beteiligungsveräußerung diesem Zustimmungserfordernis. Vielmehr ist das Überschreiten einer quantitativen Wesentlichkeitsgrenze erforderlich.826 Diese Grenze erscheint aber bei der Begebung von Umtauschanleihen nur 821
Siehe oben S. 37 ff. sowie S. 166. Spindler/Stilz-Seiler, § 221 AktG Rn. 191 f. 823 Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 255 (bei und in Fn. 16); HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 19. 824 Siehe MünchKommAktG-Kubis, § 119 Rn. 62, m. w. N.; ausführlich dazu unten S. 196 ff. 825 Vgl. Wollburg/Gehling, FS Lieberknecht, S. 138, 149 ff.; Fuchs, RWS Forum Gesellschaftsrecht (2001), S. 259, 269; Henze, FS Ulmer, S. 211, 231; Lutter/Leinekugel, ZIP 1998, 225, 229 ff.; Kowalewski, S. 217 ff; Hüffer, § 119 AktG Rn. 18 a; MünchKommAktG-Kubis, § 119 Rn. 62; ausführlich unten S. 196 ff. 826 Vgl. die vorstehend in Fn. 825 Genannten; eingehend dazu unten S. 196 ff. 822
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§ 3 Verteilung der Ausgabekompetenzen
theoretisch erreichbar,827 da sich in der Praxis Umtauschanleihen ausschließlich auf Minderheitsbeteiligungen an anderen Unternehmen, mithin unternehmerische Randbereiche, beziehen.828 Im Ergebnis macht die Begebung einer Umtauschanleihe keinen Hauptversammlungsbeschluss in der Emissionsgesellschaft erforderlich. Zuständig für die Ausgabe eines derartigen Finanzierungsinstrumentes bleibt allein der Vorstand.
III. Aktienerwerbsrechte auf Anteile an einer Tochtergesellschaft Im Folgenden wird diejenige Strukturierungsvariante diskutiert, im Rahmen derer eine Konzernobergesellschaft Wandelschuldverschreibungen ausgibt, die Aktienerwerbsrechte auf Anteile an einer Tochtergesellschaft verbriefen.829 Auch in diesen Fällen bleibt zu untersuchen, ob die Ausgabe derartiger Finanzierungsinstrumente einen Hauptversammlungsbeschluss in der Emissionsgesellschaft, hier der Muttergesellschaft, erfordert.830 Diese Frage stellt sich unabhängig davon, ob die intendierte Verwendung der Finanzierungsinstrumente nach einem separaten Votum der Hauptversammlung der Muttergesellschaft verlangt. Dies wird in der Literatur etwa für Fälle der Börseneinführung einer Tochtergesellschaft diskutiert.831 Unabhängig von der Verwendung aber könnte bereits die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen, die Aktienerwerbsrechte auf Anteile einer Tochtergesellschaft beinhalten, für sich genommen die Notwendigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses in der Muttergesellschaft nach sich ziehen.832 Ausgangspunkt einer dahingehenden Diskussion ist ein Blick auf die Bedienung der in diesem Zusammenhang ausgegebenen Aktienerwerbsrechte. Dabei kommen zwei Alternativen in Betracht;833 namentlich eine Kapital827
HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 19. Spindler/Stilz-Seiler, § 221 AktG Rn. 193. 829 So war beispielsweise eine Wandelschuldverschreibung der Siemens AG im Juli 2000 strukturiert, die über die Siemens Nederland N.V. eine 2,5-Mrd. Euro Wandelanleihe begeben hat, die mit einem Umtauschrecht in Infineon-Aktien versehen war. Die Infineon AG war zuvor als Tochtergesellschaft aus der Siemens AG ausgegliedert worden; vgl. Lutter, AG 2000, 342, 345 (in Fn. 31). 830 Vgl. KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 101; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 46. 831 Siehe Fleischer, ZHR 165 (2001), 513 ff.; Lutter, FS Zöllner, S. 363, 376 ff.; Lutter/Drygala, FS Raisch, S. 239 ff.; Trapp/Schick, AG 2001, 381, 386 ff.; Vollmer/Grupp, ZGR 1995, 459, 466 ff.; Kowalewski, S. 189 ff.; Ziegler, S. 112 ff. 832 Siehe KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 101; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 46. 828
B. Ausgabekompetenzen in der Emissionsgesellschaft
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erhöhung in der Tochtergesellschaft sowie die Veräußerung von Anteilen an der Tochtergesellschaft aus dem Bestand der Muttergesellschaft.834 Beide Bedienalternativen werden als Fallgruppen diskutiert, die nach der Holzmüller835- sowie der Gelatine836-Rechtsprechung des BGH den Verantwortungsbereich des Vorstandes übersteigen und zu ihrer Durchführung einen Beschluss der Hauptversammlung in der Muttergesellschaft erfordern können.837 Wenn aber zur Bedienung eingeräumter Aktienerwerbsrechte ein Hauptversammlungsbeschluss in der Muttergesellschaft notwendig ist, stellt sich gleichzeitig die Frage, ob in diesen Fällen bereits die Ausgabe der Aktienerwerbsrechte einer Zustimmung der Hauptversammlung bedarf:838 Zwecksetzung eines derart vorgelagerten Hauptversammlungsbeschlusses wäre es wiederum, die Entscheidungshoheit der Hauptversammlung bei der Bedienung der eingeräumten Rechtspositionen zu gewährleisten, die anderenfalls – für den Fall der Nichtbedienung der ausgegebenen Aktienerwerbsrechte – aufgrund drohender Schadensersatzansprüche beeinträchtigt wäre. Insofern hängt die Frage nach der Erforderlichkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen, die Aktienerwerbsrechte auf Anteile an einer Tochtergesellschaft verbriefen, unmittelbar davon ab, ob die Kapitalmaßnahme zu ihrer Bedienung in Form einer Kapitalerhöhung in der Tochtergesellschaft oder einer Beteiligungsveräußerung auf Ebene der Muttergesellschaft der Zustimmung der Mutteraktionäre bedarf. Damit ist zugleich der Gang nachfolgender Untersuchung vorgezeichnet: Zunächst wird für beide Bedienalternativen, sowohl für die Kapitalerhöhung in der Tochtergesellschaft als auch für die Beteiligungsveräußerung, herausgearbeitet, ob und inwiefern die Bereitstellung der zur Bedienung der ausgegebenen Aktienerwerbsrechte benötigten Anteile die Zustimmung der Hauptversammlung der Muttergesellschaft erfor833 Vgl. Fleischer, ZHR 165 (2001), 513, 524 f.; Trapp/Schick, AG 2001, 381, 383; Kowalewski, S. 189; HB Konzernfinanzierung-Baums/Vogel, Rz. 9.58; jeweils m. w. N. 834 Siehe zu letzterer Alternative etwa die in Fn. 829 aufgezeigte Wandelschuldverschreibung der Siemens AG. 835 BGH, Urteil v. 25.02.1982 – II ZR 174/80 = BGH, NJW 1982, 1703 ff. 836 BGH, Urteil v. 26.04.2004 – II ZR 154/02 = BGH, NZG 2004, 575 ff.; der BGH entschied gleichzeitig fast inhaltsgleich über eine weitere Frage des der vorstehenden Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalts (abgedruckt in ZIP 2004, 1001 ff.); aus Gründen der Übersichtlichkeit wird im Folgenden allein auf die erste Gelatine-Entscheidung Bezug genommen. 837 Vgl. Fleischer, ZHR 165 (2001), 513, 524; Kowalewski, S. 189 ff.; jeweils m. w. N.; ausführlich dazu sogleich. 838 Vgl. KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 101; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 46.
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dert.839 In einem zweiten Schritt kann darauf aufbauend der Frage nachgegangen werden, ob zum Schutz der Entscheidungsfreiheit der Mutteraktionäre nicht erst die eigentliche Bereitstellung der Anteile, sondern bereits die Einräumung entsprechender Aktienerwerbsrechte ihre Zustimmung notwendig macht. 1. Bedienung der Wandelschuldverschreibungen mittels Tochterkapitalerhöhung Im Folgenden wird zunächst auf die Fallgestaltung eingegangen, im Rahmen derer die in einer Wandelschuldverschreibung verbrieften Aktienerwerbsrechte durch eine Kapitalerhöhung auf Ebene der Tochtergesellschaft bedient werden sollen. Ausgehend von der Frage, ob und inwiefern eine Tochterkapitalerhöhung einen Hauptversammlungsbeschluss in der Konzernobergesellschaft erforderlich macht (sub a)), wird erörtert, ob dies bereits für die Ausgabe entsprechender Aktienerwerbsrechte gilt (sub b)). a) (Ungeschriebene) Mitwirkungsrechte der Mutteraktionäre bei Kapitalerhöhungen in einer Tochtergesellschaft Nach geschriebenem Aktienrecht fällt die Kapitalerhöhung in einer Tochtergesellschaft faktisch in den Verantwortungsbereich des Vorstandes der Konzernobergesellschaft:840 Dieser handelt im Rahmen des Kapitalerhöhungsbeschlusses als gesetzlicher Vertreter der nach § 182 Abs. 1 AktG zustimmungsberechtigten Anteilseignerin, der Muttergesellschaft (§§ 78, 81 AktG).841 Den Mutteraktionären stehen dahingehend de lege lata keine Kompetenzen zu.842 Obwohl die aktienrechtliche Kompetenzabgrenzung zwischen Vorstandsund Hauptversammlungszuständigkeiten grundsätzlich auf einer abschließend geregelten Zuständigkeitsverteilung beruht, können Maßnahmen, die in den Zuständigkeitsbereich des Vorstandes fallen, gleichwohl so tief in das Mitgliedschaftsrecht der Aktionäre eingreifen, dass sie ungeschriebene 839
Gegenstand der folgenden Erörterung ist dabei nicht die grundsätzliche Berechtigung der Annahme ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten; vielmehr beschränkt sich die Darstellung auf eine Auslegung der Holzmüller/GelatineRechtsprechung und die Frage, ob Tochterkapitalerhöhungen sowie Beteiligungsveräußerungen auf Ebene der Konzernobergesellschaft dieser Rechsprechung unterfallen können. 840 Kowalewski, S. 178 f. 841 Trapp/Schick, AG 2001, 381, 383. 842 Vgl. Kowalewski, S. 179.
B. Ausgabekompetenzen in der Emissionsgesellschaft
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Mitwirkungskompetenzen der Hauptversammlung nach sich ziehen.843 Auch Kapitalerhöhungen in einer Tochtergesellschaft könnten zu derartigen zustimmungspflichtigen Maßnahmen gehören. Dies erschließt sich – ausgehend von den BGH-Entscheidungen in Sachen Holzmüller und Gelatine (sub aa)) – aus dem Schutzzweck ungeschriebener Hauptversammlungskompetenzen (sub bb)). Erst basierend auf dem dabei gefundenen Ergebnis (sub cc)) kann im Anschluss der Ausgangsfrage nachgegangen werden, ob und inwiefern die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen, die aus einer Kapitalerhöhung in der Tochtergesellschaft bedient werden, eine Zustimmung der Mutteraktionäre erfordert.844 aa) Entscheidungen des BGH in Sachen Holzmüller und Gelatine In Anlehnung an eine von Lutter angestoßene Diskussion845 nahm der BGH erstmals in seiner Holzmüller-Entscheidung ungeschriebene Kompetenzen der Hauptversammlung einer Konzernobergesellschaft an.846 Die Entscheidung betraf den Fall einer ohne Zustimmung der Hauptversammlung erfolgten Ausgliederung des wertvollsten, etwa 80 % des Vermögens ausmachenden Betriebsteils einer Aktiengesellschaft auf eine zu diesem Zweck gegründete 100%-ige Tochtergesellschaft. Obschon diese Maßnahme grundsätzlich von der Vertretungsmacht und der Geschäftsführungsbefugnis des Vorstandes gedeckt und mit der Unternehmenssatzung vereinbar war, hielt der BGH unter Verweis auf eine Schutzlücke im Aktiengesetz eine Mitwirkung der Hauptversammlung für erforderlich: Das Vorlagerecht aus § 119 Abs. 2 AktG wandele sich ausnahmsweise zur Vorlagepflicht, wenn grundlegende Entscheidungen „so tief in die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre und deren im Anteilseigentum verkörpertes Vermögensinteresse eingreifen, dass der Vorstand vernünftigerweise nicht annehmen könne, er dürfe sie ausschließlich in eigener Verantwortung treffen.“847 Weitergehend verlangte der BGH mit Blick auf eine bereits entstandene Unternehmensgruppe, dass die „Aktionäre der Obergesellschaft [. . .] bei grundlegenden, für ihre 843 BGH, NJW 1982, 1703, 1705; Kowalewski, S. 181; zu den grundlegenden Vorarbeiten siehe Lutter, FS H. Westermann, S. 347 ff.; Timm, S. 175 ff. 844 Vgl. KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 101; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 46. 845 Vgl. BGH, NJW, 1982, 1703, 1705, 1706; Lutter, FS H. Westermann, S. 347 ff. 846 Siehe Beusch, FS Werner, S. 1 ff.; Götz, AG 1984, 85 ff.; Heinsius, ZGR 1984, 383 ff.; Martens, ZHR 147 (1983), 377; Sünner, AG 1983, 169; Werner, ZHR 147 (1983), 429 ff.; H.P. Westermann, ZGR 1984, 353, 382; ausführlich Mülbert, S. 360 ff., m. w. N. 847 BGH, NJW 1982, 1703, 1705.
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Rechtsstellung bedeutsamen Entscheidungen in der Tochtergesellschaft über ihre Hauptversammlung so beteiligt [. . .] werden, wie wenn es sich um eine Angelegenheit der Obergesellschaft selbst handelt.“848 Im Rahmen seiner Gelatine-Entscheidung präzisierte der BGH die in dem Holzmüller-Urteil angelegten Anforderungen für ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten: Zunächst betonte der Senat, dass die Gesellschaftssatzung für ein mittelbares Tätigwerden der Gesellschaft eine Konzernklausel enthalten müsse, eine solche jedoch einen Zustimmungsbeschluss i. S. d. Holzmüller-Doktrin nicht entbehrlich mache.849 Mit Blick auf die vom Anwendungsbereich dieser Rechtsprechung erfassten Maßnahmen bezog sich die Gelatine-Entscheidung auf die Umstrukturierung einer Tochtergesellschaft in eine Enkelgesellschaft.850 Für diese Fälle wurde die Notwendigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses in der Konzernmutter vom BGH unter Verweis auf einen Mediatisierungseffekt begründet,851 der sowohl bei der Ausgliederung eines Betriebsteils in eine Tochtergesellschaft als auch im Zuge einer Verenkelung die Rechte der Aktionäre der Muttergesellschaft zum Gegenstand einer Verwässerung werden lasse. Um dem Ausnahmecharakter ungeschriebener Hauptversammlungskompetenzen gerecht zu werden,852 betonte das Gericht zum einen, dass die Maßnahme in ihren „Auswirkungen an die Notwendigkeit einer Satzungsänderung heranreichen“ müsse;853 zum anderen wurde auf die wirtschaftlichen Gegebenheiten der Holzmüller-Entscheidung und damit numerisch auf die Größenordnung von etwa 80 % des Wertes des Aktivvermögens der Gesellschaft verwiesen.854 Was die Rechtsgrundlage ungeschriebener Hauptversammlungskompetenzen anbelangt, konzedierte der BGH seinen Kritikern die mangelnde Eignung des § 119 Abs. 2 AktG als Basis des Zustimmungsvorbehaltes und erkannte die ungeschriebene Mitwirkungsbefugnis der Hauptversammlung im Wege einer offenen Rechtsfortbildung an.855 848
BGH, NJW 1982, 1703, 1707. BGH, NZG 2004, 575, 579. 850 Vgl. den zweiten Leitsatz der Gelatine-Entscheidung, BGH, NZG 2004, 575. 851 BGH, NZG 2004, 575, 577 f.; vgl. Habersack, AG 2005, 137 ff.; ausführlich dazu noch unten S. 181. 852 Den Ausnahmecharakter ungeschriebener Hauptversammlungskompetenzen zeigen bereits die Leitsätze der Gelatine-Entscheidung; BGH, NZG 2004, 575; vgl. auch Götze, NZG 2004, 585, 586. 853 BGH, NZG 2004, 575, 577. 854 BGH, NZG 2004, 575, 579; vgl. Bungert, BB 2004, 1345, 1347; Fuhrmann, AG 2004, 339, 340 f.; Liebscher, ZGR 2005, 1, 13; Reichert, AG 2005, 150, 153 f.; kritisch angesichts dieses hohen Schwellenwertes – nicht zuletzt im internationalen Vergleich – etwa Fleischer, NJW 2004, 2335, 2338; Kowalewski, S. 183. 855 BGH, NZG 2004, 575, 578; wohl nicht zuletzt auch deshalb, um an dem Postulat der bloßen Innenwirkung der unterlassenen Einholung eines Hauptversamm849
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bb) Schutzzweck ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten Allein anhand des sogleich zu spezifierenden Schutzzweckes ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten lässt sich bestimmen, ob eine Kapitalmaßnahme in einer Tochtergesellschaft zum Schutz der Mutteraktionäre eines Hauptversammlungsbeschlusses auf Ebene der Konzernobergesellschaft bedarf. Dies ist wiederum bedeutsam für die Ausgangsfrage danach, ob – unter Verweis auf die Gewährleistung der Entscheidungsfreiheit der Hauptversammlung bei der Kapitalmaßnahme zur Bedienung eingeräumter Aktienerwerbsrechte856 – bereits die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen, die aus einer Kapitalerhöhung in einer Tochtergesellschaft bedient werden, die Zustimmung der Anteilseigner der Muttergesellschaft erfordert.857 Bei der Darstellung des Schutzzweckes ungeschriebener Hauptversammlungskompetenzen gilt es verschiedene Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die vom BGH in den oben skizzierten Entscheidungen aufgeworfen werden. Dabei kann es lediglich um die Herausarbeitung von Leitlinien gehen, da der BGH auch in seiner Gelatine-Entscheidung eine eindeutige Stellungnahme zum Anwendungsbereich ungeschriebener Hauptversammlungskompetenzen vermeidet.858 Ein numerus clausus Holzmüller-pflichtiger Maßnahmen besteht weiterhin nicht.859 (1) Schutz vor Mediatisierung Der BGH stützt die Begründung ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten zunächst auf einen Einflussverlust der Aktionäre der Konzernobergesellschaft; das Gericht stellt die Machtverschiebung zugunsten des Vorstandes in den Mittelpunkt seiner Ausführungen.860 In der Holzmüller-Entscheidung wird die mit der Verlagerung wichtiger Unternehmensteile auf eine nachgelagerte Beteiligungsgesellschaft einhergehende Verschiebung von Entscheidungskompetenzen aus der Ober- in die Untergesellschaft als entscheidendes Kriterium ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten betont.861 In der Gelatine-Entscheidung bestätigt der BGH lungsbeschlusses festhalten zu können; vgl. auch Liebscher, ZGR 2005, 1, 14; Reichert, AG 2005, 150, 152; Simon, DStR 2004, 1482, 1484. 856 Siehe oben S. 177. 857 Siehe KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 101; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 46. 858 BGH, NZG 2004, 575, 577 f.; vgl. Bungert, BB 2004, 1345, 1348; Reichert, AG 2005, 150, 154 ff. 859 Vgl. Fuhrmann, AG 2004, 339, 340. 860 BGH, NJW 1982, 1703, 1707; BGH, NZG 2004, 575, 577. 861 BGH, NJW 1982, 1703, 1706.
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die Bedeutung einer Machtverschiebung zugunsten des Vorstandes, indem er für die in Rede stehende Übertragung von Unternehmensteilen auf eine Enkelgesellschaft herausstellt, „dass mit der beabsichtigten Übertragung eine weitere hierarchische Ebene geschaffen [wird] und damit der Einfluss der herrschenden Obergesellschaft und deren Hauptversammlung auf die Führung der Geschäfte [. . .] dieses nunmehr zu einer Enkelgesellschaft gewordenen Unternehmens abnimmt.“862 Dadurch erhielten „die Leitungsorgane dieser Gesellschaft [. . .] den Rahmen für ihr Handeln nunmehr nicht mehr durch den von der Hauptversammlung kontrollierten Vorstand der Muttergesellschaft, sondern von dem organschaftlichen Vertreter der zwischengeschalteten Tochtergesellschaft vorgegeben, der seine Berufung einer nach § 76 AktG getroffenen Entscheidung des Vorstands der Muttergesellschaft verdankt.“863 Die Bedeutung der insofern zur Begründung ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten erforderlichen Machtverschiebung verdeutlicht ein Blick auf die Macrotron-Entscheidung864 des BGH, in der das sog. reguläre Delisting speziellen Anforderungen unterworfen wurde.865 In dieser Entscheidung macht das Gericht den vollständigen Rückzug von der Börse von der Zustimmung der Hauptversammlung abhängig; zur Wahrung der Rechte der Minderheitsaktionäre sei ebendiesen zusammen mit dem Beschlussantrag ein Pflichtangebot zu unterbreiten.866 Obschon es sich auch in diesen Fällen um eine Art ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeit handelt, stellte der BGH die Entscheidung gerade nicht in die Nachfolge des Holzmüller-Urteils, sondern begründet die Notwendigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses mit der in Art. 14 GG verbürgten Eigentumsgarantie.867 Den Grund für die fehlende Einschlägigkeit der HolzmüllerRechtsprechung sieht das Gericht ausdrücklich in der nicht vorhandenen Mediatisierungswirkung.868 Es fehlt insofern im Falle des Rückzugs von der Börse an der erforderlichen Machtverschiebung zugunsten des Vorstandes und zulasten der Hauptversammlung. Im Ergebnis lässt sich als wesentliches Merkmal ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten eine von Seiten des Vorstandes veranlasste 862
BGH, NZG 2004, 575, 579. BGH, NZG 2004, 575, 579. 864 BGH, Urteil v. 25.11.2002 – II ZR 133/01 = BGH, AG 2003, 273 ff. 865 Geyrhalter/Gänßler, NZG 2003, 313 f.; kritisch Ekkenga, ZGR 2003, 879 ff.; jeweils m. w. N. 866 Vgl. Geyrhalter/Gänßler, NZG 2003, 313 ff.; Klöhn, ZBB 2003, 208 ff.; siehe mit Blick auf die Kapitalerhaltung auch Henze, NZG 2003, 649 ff. 867 BGH, AG 2003, 273, 274. 868 BGH, AG 2003, 273, 274; vgl. Habersack, AG 2005, 137, 138; Liebscher, ZGR 2005, 1, 12, 19. 863
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Umverteilung der Machtverhältnisse zwischen der Hauptversammlung und dem Vorstand zu Lasten der Anteilseigner festhalten. (2) Schutz mediatisierter Rechte Eine Schutzbedürftigkeit der Mutteraktionäre erkennt das Gericht nicht allein im Zuge des Ausgliederungsvorgangs – also beim erstmaligen Eintritt einer mediatisierenden Machtverlagerung – an. Vielmehr wird der Schutz unter bestimmten Umständen auf die Ebene der bereits mediatisierten Rechte erstreckt, mithin auf Maßnahmen in einer (ausgegliederten) Tochtergesellschaft. So hebt der BGH in seiner Holzmüller-Entscheidung hervor, dass die Aktionäre der Obergesellschaft verlangen dürften, an wichtigen Grundentscheidungen in der Tochtergesellschaft, die sich auf ihre eigene Rechtsstellung nachhaltig auswirken können, in denselben Formen und mit denselben Mehrheiten intern beteiligt zu werden, wie es für entsprechende Entscheidungen in der Obergesellschaft bestimmt ist.869 Diesen Ansatz bestätigt das Gericht in seiner Gelatine-Entscheidung, indem es auf die entsprechenden Ausführungen in dem Holzmüller-Urteil Bezug nimmt und ein Mitwirkungsrecht zugunsten der Mutteraktionäre auch bei grundlegenden Maßnahmen in einer ausgegliederten Tochtergesellschaft betont.870 Im Ergebnis sieht der BGH nicht allein bei dem erstmaligen Eintritt einer Mediatisierung, etwa der Ausgliederung von Unternehmensteilen auf eine Tochtergesellschaft, eine Schutzlücke im geschriebenen Aktienrecht sondern gleichermaßen auf Ebene der mediatisierten Rechte: Zugunsten der Hauptversammlung der Konzernobergesellschaft leistet das geschriebene Aktiengesetz bei Maßnahmen auf Ebene der Tochtergesellschaft keinen Schutz; zuständig ist de lege lata allein der Vorstand der Konzernobergesellschaft. Die Hauptversammlung der Konzernobergesellschaft hat über Maßnahmen auf Ebene der Tochtergesellschaft die Kontrolle an ihren Vorstand verloren. Dieser Kontrollverlust kann nach der Rechtsprechung des BGH unter bestimmten Umständen durch ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten kompensiert werden, die im Ergebnis den Schutz der Mutteraktionäre auf die Ebene der Tochtergesellschaft erstrecken. (3) Umfassende Konzernleitungshoheit der Hauptversammlung der Konzernobergesellschaft? Diese Mitwirkungsrechte der Hauptversammlung der Konzernobergesellschaft wurden teilweise, ausgehend von der Holzmüller-Entscheidung des 869 870
BGH, NJW 1982, 1703, 1707. BGH, NZG 2004, 575, 579; Reichert, AG 2005, 150, 157 f.
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BGH, als richterliche Bestätigung einer konzernspezifischen Binnenordnung interpretiert, nach der die Hauptversammlung der Muttergesellschaft zentrales Grundorgan des Gesamtkonzerns sei.871 Schutzzweck ungeschriebener Hauptversammlungskompetenzen wäre demnach die Aufrechterhaltung einer umfassenden Konzernleitungsmacht der Hauptversammlung der Konzernobergesellschaft.872 Nach diesem Ansatz ließe sich ein hier in Rede stehendes Mitwirkungsrecht der Mutteraktionäre bei Kapitalerhöhungen in der Tochtergesellschaft mit ihrer zentralen Stellung im Konzernverbund begründen.873 Indes distanziert sich der BGH in seiner Gelatine-Entscheidung ausdrücklich von der Lehre einer umfassenden konzernspezifischen Binnenordnung und betont, dass Mitwirkungsrechte der Hauptversammlung der Muttergesellschaft allein in Ausnahmefällen in Betracht kommen.874 Damit lässt sich die Holzmüller-Entscheidung nicht zur Begründung einer umfassenden Konzernleitungshoheit der Hauptversammlung der Muttergesellschaft anführen, wonach sämtliche strukturellen Entscheidungen, wie etwa Kapitalmaßnahmen in einer Tochtergesellschaft, der Einflusssphäre der Hauptversammlung der Muttergesellschaft unterfallen.875 Auch wenn sich insofern der Schutz der Hauptversammlung der Konzernobergesellschaft auf Maßnahmen in der Tochtergesellschaft erstrecken kann, reicht er gleichwohl nicht so weit, dass daraus eine umfassende Konzernleitungsmacht zugunsten der Hauptversammlung der Muttergesellschaft geschlossen werden kann.876 (4) Relevanz der Beeinträchtigung von Vermögensinteressen Neben der Betonung der Mediatisierung in kompetenzieller Hinsicht stellt der BGH in seinen Entscheidungen auch auf die Vermögensinteressen der Aktionäre ab. Die Anteilseigner seien „vor einer durch grundlegende Entscheidungen des Vorstands eintretenden nachhaltigen Schwächung des Wertes ihrer Beteiligung zu schützen“.877 Durch ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten seien die Aktionäre der Obergesellschaft vor Maßnah871
Siehe Lutter, FS Stimpel, S. 825, 833 ff.; Timm, S. 135 ff.; kritisch Hüffer, FS Ulmer, S. 279, 286 f., m. w. N. 872 Lutter, FS Stimpel, S. 825, 833 ff. 873 Lutter, FS Stimpel, S. 825, 833 ff. 874 BGH, NZG 2004, 575, 577; vgl. Kowalewski, S. 186. 875 Vgl. Hüffer, FS Ulmer, S. 279, 286 f. 876 Vgl. Bungert, BB 2004, 1345, 1350; Götze, NZG 2004, 585, 586; Kowalewski, S. 186 f. 877 BGH, NZG 2004, 575, 577.
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men zu bewahren, die zwar nach geschriebenem Recht dem Zuständigkeitsbereich des Vorstandes unterfallen, aber gleichwohl „so tief in [. . .] deren im Anteilseigentum verkörpertes Vermögensinteresse eingreifen, dass diese Auswirkungen an die Notwendigkeit einer Satzungsänderung heranreichen.“878 Fraglich bleibt, ob sich aus dieser Bezugnahme auf Vermögensinteressen der Mutteraktionäre ein eigenständiger Schutzzweck ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten in dem Sinne herleiten lässt, dass ohne Rücksicht auf die vorstehend sub (1) herausgearbeitete Machtverschiebung in kompetenzieller Hinsicht allein eine Beeinträchtigung von Vermögensinteressen ungeschriebene Kompetenzen zugunsten der Hauptversammlung der Konzerobergesellschaft auslösen kann.879 Dagegen spricht, dass der BGH in seiner Gelatine-Entscheidung im unmittelbaren Anschluss an die Erwähnung der Vermögensinteressen (wiederholt) die Frage aufgreift, bei welchen Maßnahmen eine Vorlagepflicht anzunehmen sei, und dabei allein auf die „mitgliedschaftlichen Befugnisse“ und einen „Mediatisierungseffekt“ eingeht, ohne die Schwächung des Anteilswertes zu erwähnen.880 Damit liegt es nahe, die Beeinträchtigung einer Vermögensposition als bloßen Reflex der Beeinträchtigung eines Mitwirkungsrechtes anzusehen und nicht als eigenständiges Aufgreifkriterium ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten.881 Überdies spricht gegen die eigenständige Betonung von Vermögensinteressen, dass derart just jenes Ergebnis erzielt würde, das dem Aktiengesetz gerade nicht zugrunde liegt:882 Das Aktienrecht sieht keine Zuständigkeit der Hauptversammlung bei allen wirtschaftlich bedeutsamen Maßnahmen vor, die potentiell geeignet sind, Vermögensinteressen der Aktionäre zu beeinträchtigen.883 Dahingehender Schutzbedarf wird mittels der schadensersatzbewehrten Verhaltenspflichten des Vorstandes hinreichend gewährleistet; Vorstandshandeln darf sowohl auf Ebene der Konzernobergesellschaft als auch in Bezug auf eine Tochtergesellschaft nicht zu finanziellem Schaden der Mutteraktionäre führen.884 878
BGH, NJW 1982, 1703, 1705; BGH, NZG 2004, 575, 577. In diese Richtung gehen die Ausführungen von Mülbert, der Zustimmungserfordernisse nur insoweit anerkennen will, wie Vermögensinteressen der Aktionäre betroffen sind; dem liegt der Ansatz zugrunde, dass die Rechtsstellung des Aktionärs „verbands- und anlegerbezogene“ Elemente aufweise; hieraus folge die Ausrichtung ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten an den Vermögensinteressen der Aktionäre; Mülbert, S. 416 ff.; kritisch Habersack, AG 2005, 137, 139. 880 BGH, NZG 2004, 575, 577 f.; Habersack, AG 2005, 137, 139. 881 Vgl. Götz, AG 1984, 85, 87; Habersack, AG 2005, 137, 139; Kort, AG 2006, 274, 272. 882 Simon, DStR 2004, 1528, 1529. 883 Ziegler, S. 122 ff. 884 Vgl. Habersack, AG 2005, 137, 147. 879
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Bestätigen lässt sich dieser Interpretationsansatz – Betonung der Machtverschiebung unter gleichzeitiger Zurückstellung wirtschaftlicher Erwägungen – der Holzmüller- bzw. Gelatine-Rechtsprechung schließlich mit der Macrotron-Entscheidung885 des BGH: Zwar beeinträchtigt auch ein Rückzug von der Börse Vermögenspositionen der Aktionäre;886 diese Vermögensbeeinträchtigung resultiert indes nicht aus einer Machtverschiebung zulasten der Anteilseigner. Konsequenterweise weigerte sich der BGH, diese Entscheidung in die Nachfolge der Holzmüller-Rechtsprechung zu stellen.887 Im Ergebnis sprechen die besseren Argumente dafür, bei der Ermittlung von Leitlinien des Schutzzweckes ungeschriebener Hauptversammlungskompetenzen einer Beeinträchtigung von Vermögensinteressen der Aktionäre nur insoweit Bedeutung zuzumessen, wie diese Beeinträchtigung aus einer Mediatisierung ihrer Beteiligung in kompetenzrechtlicher Hinsicht resultiert. (5) Ausnahmecharakter ungeschriebener Hauptversammlungskompetenzen Insbesondere mit der Gelatine-Entscheidung hat der BGH verdeutlicht, dass ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten allein ausnahmsweise in Betracht kommen.888 Der Vorstand sei das gesetzlich zur eigenverantwortlichen Leitung der Aktiengesellschaft berufene Gesellschaftsorgan und jegliches Abweichen von dieser Konzeption nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt.889 Derartige Ausnahmen seien allein dann ersichtlich, wenn „eine vom Vorstand in Aussicht genommene Umstrukturierung der Gesellschaft an die Kernkompetenz der Hauptversammlung, über die Verfassung der Aktiengesellschaft zu bestimmen, rührt, weil sie Veränderungen nach sich zieht, die denjenigen zumindest nahe kommen, welche allein durch eine Satzungsänderung herbeigeführt werden können“.890 Damit kommen ungeschriebene Hauptversammlungskompetenzen nur dann in Betracht, wenn sie gleichzeitig Auswirkungen auf die Gesellschaftsstruktur haben. Dieses Erfordernis der Strukturrelevanz versteht sich dabei nicht als eigenständiger Anknüpfungspunkt ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten; vielmehr schränkt es in quantitativer Hinsicht die Zustimmungspflichtigkeit 885
Siehe oben bei und in Fn. 864. Vgl. BGH, AG 2003, 273, 274 f. 887 Siehe oben S. 182. 888 Diesen Ausnahmecharakter ungeschriebener Hauptversammlungskompetenzen betont der BGH in allen drei Leitsätzen der Gelatine-Entscheidung, BGH, NZG 2004, 575; vgl. dazu auch Götze, NZG 2004, 585, 586; Fuhrmann, AG 2004, 339, 340; Weißhaupt, AG 2004, 585, 587. 889 BGH, NZG 2004, 575, 578. 890 BGH, NZG 2004, 575, 579. 886
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von Maßnahmen weiter ein, die entweder mediatisierende Wirkung entfalten891 oder zum Schutz mediatisierter Rechte892 ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten erfordern. Dies zeigt sich in den Urteilsgründen der Gelatine-Entscheidung: Dort trennt das Gericht zwischen Maßnahmen, die ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten auslösen können893 und den quantitativen Anforderungen an diese Maßnahmen;894 allein in letzterem Zusammenhang wird auf die Nähe zur Satzungsänderung und damit die Bedeutung für die Gesellschaftsstruktur hingewiesen.895 Neben der Betonung der Nähe zu einer Satzungsänderung manifestiert das Gericht den Ausnahmecharakter ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten auch dadurch, dass im Zusammenhang mit der erforderlichen Bedeutung der Maßnahme auf die wirtschaftlichen Gegebenheiten der Holzmüller-Entscheidung verwiesen wird.896 Obschon sich der BGH in seinem Gelatine-Urteil einer expliziten Referenzgröße enthält,897 scheiden aufgrund dieses Verweises solche Maßnahmen aus dem Kreis potentiell zustimmungspflichtiger Vorgänge aus, die nicht ca. 80 % des Unternehmenswertes betreffen.898 (6) Zusammenfassung Im Ergebnis lässt sich somit der Schutzzweck ungeschriebener Hauptversammlungskompetenzen mit folgenden Leitlinien charakterisieren: Der Schutz umfasst zum einen die Mediatisierung in kompetenzieller Hinsicht, das heißt eine Machtverlagerung von der Hauptversammlung auf den Vorstand der Konzernobergesellschaft; zum anderen kann sich der Schutz auf bereits mediatisierte Rechte, mithin auf Maßnahmen in einer Tochtergesellschaft erstrecken. Ungeschriebene Hauptversammlungskompetenzen verstehen sich dabei als Ausnahmefälle; bloße Vermögensbeeinträchtigungen können sie nicht begründen. Mit der Bestimmung des Schutzzweckes ungeschriebener Hauptversammlungskompetenzen ist gleichzeitig der Rahmen für die Beantwortung der Frage nach der Zustimmungspflichtigkeit von Kapitalerhöhungen in Toch891
Siehe oben S. 181. Siehe oben S. 183. 893 BGH, NZG 2004, 575, 577. 894 BGH, NZG 2004, 575, 578, 579. 895 BGH, NZG 2004, 575, 578 f. 896 BGH, NZG 2004, 575, 579. 897 Siehe Bungert, BB 2004, 1345, 1347. 898 BGH, NZG 2004, 575, 579; Bungert, BB 2004, 1345, 1346; Reichert, AG 2005, 150, 154 f.; kritisch Fleischer, NJW 2004, 2335, 2338. 892
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tergesellschaften festgelegt; dies ist wiederum ausschlaggebend für die Ausgangsfrage nach etwaigen Mitwirkungserfordernissen der Mutteraktionäre bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen, die aus einer Kapitalerhöhung in einer Tochtergesellschaft bedient werden.899 cc) Folgerungen für Kapitalerhöhungen in der Tochtergesellschaft Ausgehend von dem vorstehend herausgearbeiteten Schutzzweck ungeschriebener Hauptversammlungskompetenzen kann im Folgenden untersucht werden, ob und inwiefern eine Kapitalerhöhung in einer Tochtergesellschaft der Zustimmung der Mutteraktionäre bedarf. Dabei lässt sich die Untersuchung auf Kapitalerhöhungen unter Ausschluss des Bezugsrechts beschränken: Die Wahrnehmung des gesetzlichen Bezugsrechts nach § 186 Abs. 1 AktG steht einer Bedienung von Aktienerwerbsrechten mit Anteilen aus dieser Kapitalerhöhung entgegen; das gesetzliche Bezugsrecht und rechtsgeschäftlich eingeräumte Aktienerwerbsrechte können nicht gleichzeitig erfüllt werden.900 Da hier – im Zuge einer Darstellung der Zustimmungsbedürftigkeit der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen, die mittels einer Kapitalerhöhung in einer Tochtergesellschaft bedient werden – aber allein Kapitalerhöhungen zur Bedienung von Aktienerwerbsrechten von Bedeutung sind, erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit Kapitalerhöhungen, im Rahmen derer das gesetzliche Bezugsrecht wahrgenommen und ausgeübt wird.901 (1) Kapitalerhöhung in der Tochtergesellschaft als potentiell zustimmungspflichtige Maßnahme Der Schutzzweck ungeschriebener Hauptversammlungskompetenzen würde die Zustimmungspflichtigkeit von Kapitalerhöhungen in einer Tochtergesellschaft dann nahelegen, wenn sie entweder mediatisierende Wirkung zulasten der Hauptversammlung der Obergesellschaft entfalten oder aber zum Schutz mediatisierter Rechte erforderlich sind.902 899 KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 101; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 46; siehe unten S. 194 f. 900 Siehe Schumann, S. 170 f.; KK-Lutter, § 187 AktG Rn. 2. 901 Für Fälle einer Tochterkapitalerhöhung unter Wahrnehmung des gesetzlichen Bezugsrechts nach § 186 AktG werden ungeschriebene Zustimmungserfordernisse in der Literatur überwiegend abgelehnt; siehe etwa Götz, AG 1984, 85, 87; Habersack, AG 2005, 137, 149; Heinsius, ZGR 1984, 838, 401; Lutter, FS H. Westermann, S. 347, 357 f.; Lutter/Leinekugel, ZIP 1998, 805, 806; anders wohl Henze, FS Ulmer, S. 211, 206. 902 Siehe oben S. 181 ff.
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Kapitalerhöhungen in einer Tochtergesellschaft führen nicht zu einer Vermögensverlagerung aus dem Herrschaftsbereich der Anteilseigner in denjenigen des Vorstandes, wie sie etwa mit der Ausgliederung von Unternehmensteilen einhergeht. Insofern können ungeschriebene Mitwirkungsrechte der Mutteraktionäre nicht unter Verweis auf eine mediatisierende Wirkung der Kapitalerhöhung begründet werden.903 Gleichwohl kann in diesem Zusammenhang der Schutz bereits mediatisierter Rechte ein ungeschriebenes Mitwirkungsrecht der Hauptversammlung der Konzernobergesellschaft erfordern, um einem weiteren Einflussverlust der Mutteraktionäre vorzubeugen:904 De lege lata obliegen Kapitalerhöhungen der Zuständigkeit der Hauptversammlung (§§ 119 Abs. 1 Nr. 6, 182 Abs. 1 AktG). Erfolgt die Kapitalerhöhung auf Ebene der Tochtergesellschaft, unterfällt die Kapitalmaßnahme dem Zuständigkeitsbereich des Vorstandes der Konzernobergesellschaft als ihrem gesetzlichen Vertreter;905 den Mutteraktionären stehen dahingehend keine Rechte zu. Die Hauptversammlung der Konzernobergesellschaft hat insofern durch die Konzernbildung über Maßnahmen auf Ebene der Tochtergesellschaft die Kontrolle an ihren Vorstand verloren. Dieser Herrschaftsverlust kann nach der Rechtsprechung des BGH unter bestimmten Umständen durch ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten kompensiert werden.906 Demzufolge dürfen die Aktionäre der Obergesellschaft verlangen, an wichtigen Grundentscheidungen in der Tochtergesellschaft so beteiligt zu werden, wie es für entsprechende Entscheidungen in der Obergesellschaft bestimmt ist.907 Da Kapitalerhöhungen auf Ebene der Konzernobergesellschaft in den Zuständigkeitsbereich der Aktionäre fallen (§ 119 Abs. 1 Nr. 6 AktG), lässt sich daraus folgern, dass sich die Mitwirkungsbefugnisse der Mutteraktionäre zum Schutz ihrer durch die Konzernbildung mediatisierten Rechtsposition auch auf Kapitalerhöhungen in einer Tochtergesellschaft erstrecken. Dieser Befund – die grundsätzliche Zustimmungspflichtigkeit einer Kapitalerhöhung in einer Tochtergesellschaft – kann auch unmittelbar aus den Urteilsgründen der Holzmüller- bzw. der Gelatine-Entscheidung abgeleitet 903
Siehe oben S. 181. Siehe etwa Fleischer, ZHR (2001), 513, 522 ff.; Fuchs, RWS Forum Gesellschaftsrecht (2001), S. 259, 266; Lutter, FS H. Westermann, S. 347, 357 f.; im Ergebnis zustimmend Wackerbarth, AG 2002, 14, 24, der aber § 186 Abs. 3 AktG in den Mittelpunkt seiner Argumentation stellt, kritisch diesbezüglich zurecht Kowalewski, S. 193 f.; vgl. auch Kowalewski, S. 202 f.; Ziegler, S. 132 f.; MünchKommAktG-Kubis, § 119 Rn. 78; jeweils m. w. N. Anders Götz, AG 1984, 85, 87 f.; Becker/Fett, WM 2001, 549, 552. 905 Siehe oben S. 178. 906 Siehe oben S. 183 f. 907 BGH, NJW 1982, 1703, 1707. 904
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werden: Bereits in der Holzmüller-Entscheidung hebt der BGH die mögliche Zustimmungsbedürftigkeit von Kapitalerhöhungen in einer Tochtergesellschaft hervor.908 Gleiches gilt für die Gelatine-Entscheidung: Obwohl die Zustimmung der Hauptversammlung der Konzernobergesellschaft in diesem Zusammenhang eine Konzernleitungsmaßnahme darstellt und der BGH die Annahme einer umfassenden Konzernleitungsmacht der Hauptversammlung der Obergesellschaft explizit ablehnt,909 nimmt er gleichwohl die Kapitalerhöhung in der Tochtergesellschaft ausdrücklich nicht aus dem Kreis potentiell zustimmungspflichtiger Maßnahmen heraus.910 Diese Verweise in den Urteilsgründen bestätigen den oben unter Rückgriff auf den Schutzzweck ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten ermittelten Befund, nach dem Kapitalerhöhungen in einer Tochtergesellschaft die Mitwirkung der Mutteraktionäre erfordern können. Fraglich bleibt, ob dies auch dann gilt, wenn die Hauptversammlung der Konzernobergesellschaft einer Ausgliederung der kapitalerhöhenden Tochtergesellschaft zugestimmt hat:911 Teilweise wird in diesem Zusammenhang die Zustimmungspflichtigkeit einer Kapitalerhöhung in einer Tochtergesellschaft in Abrede gestellt; dem Schutzbedürfnis der Mutteraktionäre sei durch ihre Zustimmung zur Ausgliederung Genüge geleistet.912 Allein daraus aber, dass die Anteilseigner der Muttergesellschaft einer Ausgliederung zugestimmt haben, kann nicht geschlossen werden, dass sie sich jeglichen Einflusses auf strukturmodifizierende Maßnahmen in dieser Tochtergesellschaft begeben und die zukünftige Entwicklung in dieser Tochtergesellschaft allein in die Hände des Vorstandes legen.913 Dies spricht dagegen, allein aufgrund ihrer Zustimmung zur Ausgliederung ungeschriebene Hauptversammlungskompetenzen der Mutteraktionäre in einer ausgegliederten Tochtergesellschaft abzulehnen.914 908
BGH, NJW, 1982, 1703, 1707 f. Siehe oben S. 184. 910 BGH, NZG 2004, 575, 579. 911 Befürwortend Habersack, AG 2005, 137, 148 f.; Henze, FS Ulmer, S. 211, 226; Lutter, FS Stimpel, S. 825, 849; Reichert, AG 2005, 150, 158; MünchKommAktG-Kubis, § 119, Rn. 70; jeweils m. w. N. Anders wohl Arnold, ZIP 2005, 1573, 1577; Kort, AG 2002, 369, 373, obwohl er für die Praxis durchwegs von einem vorsorglich einzuholenden Hauptversammlungsbeschluss ausgeht; Sünner, AG 1983, 169, 172; Martens, ZHR 147 (1983), 407, 426 f.; jeweils m. w. N. Siehe ausführlich zur Beteiligung der Hauptversammlung in Fällen der Ausgliederung Priester, ZHR 163 (1999), 187, 194 ff. 912 Becker/Fett, WM 2001, 549, 552 f.; Martens, ZHR 147 (1983), 407, 426 f.; Sünner, AG 1983, 169, 172; ähnlich wohl Lüders/Wolf, BB 2001, 1209, 1212, im Zusammenhang mit der Börseneinführung einer Tochtergesellschaft. 913 Henze, FS Ulmer, S. 211, 226. 914 So auch Henze, FS Ulmer, S. 211, 226. 909
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Im Ergebnis können dementsprechend Kapitalerhöhungen unter Bezugsrechtsausschluss in einer Tochtergesellschaft grundsätzlich dem Schutzbereich ungeschriebener Hauptversammlungskompetenzen unterfallen; dies gilt auch dann, wenn die Mutteraktionäre der Ausgliederung der kapitalerhöhenden Tochtergesellschaft zugestimmt haben.915 (2) Berücksichtigung des Ausnahmecharakters ungeschriebener Zuständigkeiten bei Tochterkapitalerhöhungen Damit ist indes noch nicht gesagt, unter welchen Voraussetzungen Kapitalerhöhungen in einer Tochtergesellschaft ungeschriebene Mitwirkungsrechte der Mutteraktionäre auslösen.916 Aus dem bereits oben dargestellten Ausnahmecharakter ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten ergibt sich, dass dies nicht bei jeder Kapitalerhöhung der Fall sein kann. Anderenfalls käme der Hauptversammlung der Muttergesellschaft eben diejenige Konzernleitungsmacht zu, die der BGH in der Gelatine-Entscheidung gerade abgelehnt hat.917 Der Ausnahmecharakter ungeschriebener Hauptversammlungskompetenzen findet im Fall einer Tochterkapitalerhöhung in zweierlei Hinsicht Berücksichtigung: Ausschlaggebend ist zum einen die wirtschaftliche Bedeutung, die der Tochtergesellschaft im Verhältnis zur Muttergesellschaft oder im Konzernverbund zukommt; es muss sich um eine wesentliche Tochtergesellschaft handeln.918 An dieser Stelle beanspruchen identische Kriterien Geltung, die auch im Falle der Ausgliederung heranzuziehen sind.919 Die erforderliche Größenordnung bzw. Bedeutung der Tochtergesellschaft bestimmt sich, wie der BGH in seiner Gelatine-Entscheidung ausdrücklich klarstellt, ausgehend von der Größenordnung, die dem Holzmüller-Sachverhalt zugrunde lag.920 Die jeweilige Bezugsgröße, etwa die Bilanzsumme oder der Umsatz, bleibt in Abhängigkeit vom Einzelfall zu bestimmen.921 Maßgebend ist der kon915
Kowalewski, S. 186 f. Habersack, AG 2005, 137, 149; Henze, FS Ulmer, S. 211, 225. 917 Siehe oben S. 184. 918 Habersack, AG 2005, 137, 148 a. E. 919 Siehe Henze, FS Ulmer, S. 211, 225; Münch.Hdb.AG-Krieger, § 69 Rn. 38. 920 BGH, NZG 2004, 575, 579. 921 Bungert, BB 2004, 1345, 1347; Götze, NZG 2004, 585, 589; Henze, FS Ulmer, S. 211, 223. Abweichende Ansätze rücken etwa die Bilanzsumme (vgl. Münch.Hdb.AG-Krieger, § 69 Rn. 11), den Umsatz (vgl. Lutter, AG 2000, 324, 343), den Bilanzgewinn (Busch/Groß, AG 2000, 503, 505) oder allein den Unternehmenswert (vgl. Lüders/Wulff, BB 2001, 1209, 1210) der Tochtergesellschaft in den Vordergrund; Bezugspunkt des Vergleiches ist jeweils der Gesamtkonzern; ausführlich dazu Kowalewski, S. 208 ff. 916
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krete Zeitpunkt, in dem die Kapitalerhöhung in der Tochtergesellschaft zur Entscheidung ansteht.922 Neben der Bedeutung der kapitalerhöhenden Tochtergesellschaft bleibt zur Aufrechterhaltung des Ausnahmecharakters einer ungeschriebenen Kompetenzzuweisung an die Mutteraktionäre zum anderen die konkrete Kapitalmaßnahme in den Blick zu nehmen: Aufgrund der Sonderstellung ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten können diese nicht jede Kapitalmaßnahme in einer wesentlichen Tochtergesellschaft umfassen.923 Wiederum liefe ein Zustimmungserfordernis für sämtliche Kapitalerhöhungen in derartigen Gesellschaften auf eben jene Konzernleitungsmacht hinaus, die mit der Gelatine-Rechtsprechung des BGH nicht vereinbar ist:924 Obschon allein wirtschaftlich bedeutsame Tochtergesellschaften betroffen wären, würde der Automatismus des Zustimmungserfordernisses dem Ausnahmecharakter ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten nicht gerecht. Zustimmungsbedürftig erscheint eine Kapitalerhöhung auch in wesentlichen Tochtergesellschaften insofern allein dann, wenn der Kapitalmaßnahme gleichzeitig strukturelle Bedeutung zukommt:925 Das Erfordernis der strukturellen Bedeutung lässt sich daraus ableiten, dass Maßnahmen ausweislich der Holzmüller/Gelatine-Rechtsprechung des BGH ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten nur insoweit auslösen können, wie sie in ihrer Wirkung an eine Satzungsänderung heranreichen926 und damit die Struktur der Aktiengesellschaft betreffen. Ob eine derartige strukturelle Beeinträchtigung bereits zu bejahen ist, wenn erstmalig ein (Minderheits-)Gesellschafter in die Tochtergesellschaft aufgenommen wird, erscheint fraglich:927 Zwar können Minderheitsgesellschaftern besondere Rechte zustehen;928 auch besteht die Gefahr, dass die Tochteranteile bei den Neugesellschaftern unter Wert platziert werden.929 Beide Aspekte beanspruchen indes für jede Kapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts Geltung und 922
Henze, FS Ulmer, S. 211, 224. Fuchs, RWS Forum Gesellschaftsrecht (2001), S. 259, 266. 924 Siehe oben S. 184. 925 Vgl. etwa Fuchs, RWS Forum Gesellschaftsrecht (2001), S. 259, 266; Münch.Hdb.AG-Krieger, § 69 Rn. 41; jeweils m. w. N. 926 Vgl. die Leitsätze der Gelatine-Entscheidung; BGH, NZG 2004, 575. 927 So aber Fuchs, RWS Forum Gesellschaftsrecht (2001), S. 259, 266; Lutter, FS H. Westermann, S. 347, 365; jeweils m. w. N.; ausführlich dazu Kowalewski, S. 189 ff. 928 Habersack, AG 2005, 137, 145; siehe allgemein HB börsennotierte AG-Mimberg, § 40 Rn. 1 ff. sowie insbesondere den Schutz der Minderheitsaktionären im Rahmen eines sog. Squeeze-out Verfahrens nach den §§ 327a ff. AktG; vgl. dazu im Überblick HB börsennotierte AG-Eckhold, § 63 Rn. 14 ff. 929 Vgl. Martens, ZHR 147 (1983), 377, 412; Wackerbarth, AG 2002, 14, 16. 923
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vermögen daher als Eingrenzungskriterium zur Aufrechterhaltung des Ausnahmecharakters ungeschriebener Hauptversammlungskompetenzen nicht zu überzeugen. Dies gilt umso mehr, da auch bei der Aufnahme von Minderheitsaktionären die Muttergesellschaft als Anteilseignerin der Tochtergesellschaft die Fähigkeit behält, mit der nach § 179 Abs. 2 AktG erforderlichen Dreiviertel-Mehrheit über Satzungsänderungen und damit die Gesellschaftsstruktur zu entscheiden. Insofern sprechen die besseren Argumente dafür, ungeschriebene Mitwirkungsrechte der Mutteraktionäre erst dann anzuerkennen, wenn durch die Aufnahme neuer Gesellschafter die Beteiligung der Konzernobergesellschaft auf unter 75 % absinkt und diese damit die Fähigkeit verliert, Satzungsänderungen in der Tochtergesellschaft unabhängig von anderen Gesellschaftern zu beschließen.930 Allein in diesen Fällen erscheint diejenige Nähe zu einer Satzungsänderung gegeben, die der Ausnahmecharakter ungeschriebener Hauptversammlungskompetenzen erforderlich macht. Mithin kommen ungeschriebene Hauptversammlungskompetenzen auf Ebene der Muttergesellschaft bei Kapitalerhöhungen unter Bezugsrechtsausschluss in einer Tochtergesellschaft allein dann in Betracht, wenn es sich um eine wesentliche Tochtergesellschaft handelt und der Kapitalerhöhung zugleich strukturelle Bedeutung zukommt; Letzteres ist dann anzunehmen, wenn die Konzernobergesellschaft die satzungsändernde Mehrheit in der Tochtergesellschaft verliert. dd) Zwischenergebnis Im Ergebnis können Tochterkapitalerhöhungen unter Bezugsrechtsausschluss ungeschriebene Zuständigkeiten der Hauptversammlung der Konzernobergesellschaft auslösen. Um den Ausnahmecharakter ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten zu wahren, ist nicht jede Kapitalerhöhung zustimmungspflichtig. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Kapitalerhöhung in einer wesentlichen Tochtergesellschaft erfolgt und der Kapitalmaßnahme zugleich strukturelle Bedeutung zukommt, indem die Beteiligung der Muttergesellschaft die 75 %-Schwelle unterschreitet.
930 So im Ergebnis auch Timm, S. 139 ff.; ders., ZIP 1993, 114, 117; Lüders/ Wulff, BB 2001, 1209, 1212 (allerdings in Bezug auf ein Bezugsrecht zugunsten der Aktionäre der Konzernobergesellschaft; ausführlich dazu noch unten S. 222 ff.); Fuchs, RWS Forum Gesellschaftsrecht (2001), S. 259, 266, der das Zustimmungserfordernis indes nicht allein auf ein Absinken unter die 75%-Schwelle beschränken will.
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§ 3 Verteilung der Ausgabekompetenzen
b) Analoge Anwendbarkeit des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG auf die Ausgabe entsprechender Aktienerwerbsrechte Kann mithin eine Kapitalerhöhung in einer Tochtergesellschaft die Zustimmung der Mutteraktionäre erfordern, stellt sich gleichzeitig die Frage, ob in diesen Fällen bereits die Einräumung von Aktienerwerbsrechten, die mittels einer (zustimmungspflichtigen) Kapitalerhöhung in einer Tochtergesellschaft bedient werden sollen, eines Votums der Hauptversammlung der Konzernobergesellschaft bedarf; auf die Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung, die entsprechende Aktienerwerbsrechte beinhaltet, könnte § 221 Abs. 1 S. 1 AktG Anwendung finden.931 Unmittelbar ist diese Vorschrift nicht einschlägig, da sich die Aktienerwerbsrechte nicht auf Anteile an der Muttergesellschaft beziehen.932 In Betracht kommt aber eine analoge Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG, wenn die Interessenlage aus Sicht der Anteilseigner der Muttergesellschaft bei der hier in Rede stehenden Strukturierung mit derjenigen bei der Eigenemission einer Wandelschuldverschreibung vergleichbar ist.933 Anhand von § 221 Abs. 1 S. 1 AktG wird die Entscheidungshoheit der Hauptversammlung im Rahmen ihrer Beschlussfassung über eine Kapitalerhöhung gewährleistet.934 Aus Sicht der Anteilseigner macht es aber dann keinen Unterschied, ob eine Kapitalerhöhung in der Mutter- oder in der Tochtergesellschaft erfolgt, wenn die Hauptversammlung der Muttergesellschaft auch der Kapitalmaßnahme auf Ebene der Tochtergesellschaft aufgrund einer ungeschriebenen Kompetenzzuweisung zuzustimmen hat. Vielmehr erscheint in diesem Fall die Entscheidungshoheit der Hauptversammlung in ähnlicher Weise gefährdet wie im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG: Auch wenn Aktienerwerbsrechte durch eine Kapitalerhöhung in der Tochtergesellschaft bedient werden, ist die Entscheidungsfreiheit der aufgrund ungeschriebener Kompetenzzuweisung zustimmungsberechtigten Hauptversammlung der Konzernobergesellschaft nicht gewährleistet, falls entsprechende Aktienerwerbsrechte ohne ihre Zustimmung ausgegeben werden könnten.935 Die Mutteraktionäre sähen sich einem Entscheidungsdruck ausgesetzt, da im Falle einer ablehnenden Entscheidung über die Kapitalerhöhung in der Tochtergesellschaft die 931 Vgl. KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 101; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 46. 932 Siehe oben S. 89. 933 Wiederum kann nach oben auf S. 90 Gesagtem von einer (planwidrigen) Regelungslücke ausgegangen werden. 934 Siehe oben S. 39 ff. 935 Siehe zu einer entsprechenden Argumentation im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG bereits oben S. 39 ff.
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Aktienerwerbsrechte nicht wie vorgesehen bedient werden könnten und der Gesellschaft damit Schadensersatzansprüche drohen.936 Diese, aus Sicht der Hauptversammlung einer Eigenemission von Wandelschuldverschreibungen vergleichbare Gefährdung ihrer Entscheidungshoheit spricht dafür, bereits die Ausgabe von Aktienerwerbsrechten in entsprechender Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG dem Votum der Mutteraktionäre zu unterwerfen, sobald die Kapitalerhöhung in der Tochtergesellschaft unter den oben dargestellten Voraussetzungen937 ihrer Zustimmung bedarf. Dem lässt sich vordergründig entgegenhalten, dass § 221 AktG in seinem unmittelbaren Anwendungsbereich zugleich die Satzungshoheit der Hauptversammlung schützt.938 Während eine Kapitalerhöhung in der Muttergesellschaft eine Änderung ihrer Satzung erfordert, geht eine Kapitalerhöhung in der Tochtergesellschaft, auch wenn sie der Zustimmung der Hauptversammlung der Konzerobergesellschaft bedarf, ohne Satzungsänderung in der Konzerobergesellschaft vonstatten. Dies schließt indes eine analoge Anwendung von § 221 Abs. 1 S. 1 AktG nicht aus: Wie gezeigt, bedürfen Kapitalmaßnahmen in einer Tochtergesellschaft allein dann der Zustimmung der Mutteraktionäre, wenn sie „Veränderungen nach sich [ziehen], die denjenigen zumindest nahe kommen, welche allein durch eine Satzungsänderung herbeigeführt werden können“939. Auch wenn in der Konzernobergesellschaft keine Satzungsänderung notwendig wird, handelt es sich bei einer zustimmungsbedürftigen Kapitalerhöhung in der Tochtergesellschaft gleichwohl um eine Maßnahme, die in ihren Auswirkungen einer Satzungsänderung nahesteht.940 Mithin kann die analoge Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG nicht unter Verweis auf die fehlende Satzungsrelevanz in Frage gestellt werden. Schließlich sprechen auch die Ausführung des BGH im Rahmen seiner Holzmüller-Entscheidung für eine entsprechende Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG: Den Urteilsgründen lässt sich entnehmen, dass die Aktionäre der Obergesellschaft, sobald eine Maßnahme die Zustimmung der Hauptversammlung der Konzernobergesellschaft erfordert, ein Recht darauf haben, „in denselben Formen und mit denselben Mehrheiten intern beteiligt zu werden, wie es für entsprechende Entscheidungen in der Obergesellschaft bestimmt ist.“941 Das Gericht ordnet insofern eine Beteiligungsäquivalenz an; eine zustimmungsbedürftige Maßnahme in der Tochtergesellschaft bedarf einer gleichartigen Beteiligung in der Konzernobergesellschaft, um ih936 937 938 939 940 941
Siehe oben S. 44. Siehe oben S. 193. Siehe dazu bereits oben S. 123 f. BGH, NZG 2004, 575. Siehe oben S. 191 ff. BGH, NJW 1982, 1703, 1707.
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ren Aktionären ein äquivalentes Schutzniveau zu gewährleisten. Bestandteil dieses Schutzregimes im Rahmen von Kapitalerhöhungen ist nicht allein der satzungsändernde Erhöhungsbeschluss, sondern gleichzeitig der flankierende Vorfeldschutz des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG.942 Ausgehend von den Vorgaben der Holzmüller-Rechtsprechung, wonach eine identische Beteiligung der Aktionäre der Obergesellschaft zu gewährleisten ist, erscheint es nur konsequent, auch die Ausgabe von Aktienerwerbsrechten auf Aktien der Tochtergesellschaft, die mittels einer zustimmungsbedürftigen Kapitalerhöhung in dieser Tochtergesellschaft bedient werden, dem (analogen) Anwendungsbereich des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG unterfallen zu lassen. c) Ergebnis Als Ergebnis kann mithin festgehalten werden, dass die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen mit Aktienerwerbsrechten, die aus einer Kapitalerhöhung der Tochtergesellschaft bedient werden sollen, dann eine analoge Anwendung des § 221 Abs. 1 AktG erfordert, wenn die Kapitalerhöhung in der Tochtergesellschaft der Zustimmung der Mutteraktionäre bedarf. Kann die Kapitalerhöhung in der Tochtergesellschaft ohne Zustimmung der Anteilseigner der Muttergesellschaft durchgeführt werden, so können auch entsprechende Aktienerwerbsrechte ohne ihre Beteiligung eingeräumt werden. 2. Bedienung der Wandelschuldverschreibung durch Beteiligungsveräußerungen Wurde vorstehend die Kapitalerhöhung in der Tochtergesellschaft zur Bedienung eingeräumter Aktienerwerbsrechte in den Blick genommen, soll der Schwerpunkt nachfolgender Ausführungen auf der bereits eingangs angedeuteten Alternative liegen: Die in einer Wandelschuldverschreibung verbrieften Aktienerwerbsrechte können auch durch die Veräußerung von Anteilen der Muttergesellschaft an der Tochtergesellschaft bedient werden.943 Auch in diesen Fällen stellt sich die Frage, ob und inwiefern die Hauptversammlung der Konzernobergesellschaft der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen zustimmen muss, die durch eine Veräußerung von Tochteranteilen bedient werden. Wiederum könnte, falls eine Beteiligungsveräußerung nur mit Zustimmung der Hauptversammlung der Konzernobergesellschaft erfolgen kann, zur Gewährleistung der Entscheidungsfreiheit der 942 943
Siehe dazu oben S. 123 f. Siehe Fleischer, ZHR 165 (2001), 513, 524; Kowalewski, S. 189.
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Anteilseigner ihre Zustimmung bereits bei der Ausgabe entsprechender Aktienerwerbsrechte erforderlich sein.944 Zur Untersuchung dieser Fragestellung wird im Folgenden zunächst ermittelt, ob der Veräußerung von Beteiligungen ein Hauptversammlungsbeschluss in der Konzernobergesellschaft voranzugehen hat (sub a)), um darauf aufbauend zu klären, inwiefern bereits die Ausgabe von Aktienerwerbsrechten, die mittels einer Beteiligungsveräußerung bedient werden sollen, der Zustimmung der Hauptversammlung bedarf (sub b)). a) Beteiligung der Hauptversammlung bei Beteiligungsveräußerungen Im Rahmen von Beteiligungsveräußerungen können sich Mitwirkungsbefugnisse der Hauptversammlung zunächst aus den §§ 179, 179a AktG ergeben (sub aa)). Darüber hinaus kommen auch in diesem Zusammenhang ungeschriebene Kompetenzzuweisungen in Betracht (sub bb)). aa) Beteiligung der Hauptversammlung nach §§ 179, 179a AktG § 179 AktG unterwirft Satzungsänderungen der Beschlussfassung der Anteilseigner; die Vorschrift gewährleistet die Satzungshoheit der Hauptversammlung.945 Bestandteil der Satzung ist ausweislich des § 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG auch der Gegenstand des Unternehmens. Die Veräußerung von Beteiligungen kann dazu führen, dass die Gesellschaft in dem Geschäftszweig der Beteiligungsgesellschaft überhaupt nicht mehr oder signifikant geringfügiger tätig wird, sodass es im Ergebnis zu einem Unterschreiten des satzungsmäßigen Unternehmensgegenstandes kommt. Während im älteren Schrifttum noch die Auffassung überwog, dass – unter Hinweis darauf, dass die Satzung allein das Tätigsein-Können einer Gesellschaft regele, nicht aber das Tätigsein-Müssen – die Beendigung der Geschäftstätigkeit in einem satzungsmäßigen Tätigkeitsbereich keine Änderung der Satzung erforderlich macht,946 hat sich in neueren Stellungnahmen der gegenteilige Ansatz durchgesetzt:947 Demzufolge ist in der vollständigen, auf Dauer angelegten Aufgabe eines unternehmensgegenständlichen Tätigkeitsbereiches eine faktische Satzungsänderung zu sehen.948 Zur Einleitung einer darauf 944
Vgl. zu einer entsprechenden Argumentation oben S. 39 ff. Siehe Hüffer, § 179 AktG Rn. 10. 946 Vgl. etwa Baumbach/Hueck, § 179 AktG Rn. 9; Kropff, FS Geßler, S. 111, 119; ausführlich dazu Mertens, AG 1978, 309, 310 ff. 947 Vgl. Feldhaus, BB 2009, 562, 563 f.; Reichert, ZHR Sonderheft 68 (1999), S. 39, 40; Wollburg/Gehling, FS Lieberknecht, S. 133, 138; Hüffer, § 179 AktG Rn. 9; jeweils m. w. N. 945
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gerichteten Maßnahme bedarf es insofern einer formalen Änderung des Unternehmensgegenstandes.949 Damit sind die Aktionäre vor der Beteiligungsveräußerung zu einer Satzungsänderung zu befragen, wenn die Veräußerung der Anteile eine Änderung des statuarischen Unternehmensgegenstandes nach sich zieht. Nach § 179a AktG ist die Hauptversammlung zu beteiligen, wenn sich die Gesellschaft „zur Übertragung des gesamten Gesellschaftsvermögens“ verpflichtet. Dabei wird nicht vorausgesetzt, dass exakt das „ganze“ Gesellschaftsvermögen übertragen wird; der Gesetzestext ist nicht wörtlich zu verstehen.950 Die Vorschrift des § 179a AktG findet vielmehr bereits dann Anwendung, wenn einzelne, verhältnismäßig unbedeutende Gegenstände zurückbleiben, die nicht mehr zur Fortsetzung einer – auch geänderten – statuarischen Geschäftstätigkeit dienen können.951 Führt eine Beteiligungsveräußerung demnach zu einer Gesamtvermögensveräußerung i. S. d. § 179a AktG, erfordert dies eine Mitwirkung der Hauptversammlung. Mithin können im Rahmen von Beteiligungsveräußerungen die §§ 179, 179a AktG eine Zustimmung der Hauptversammlung notwendig machen. Zwar wird dies in der Praxis wohl nur in Ausnahmefällen der Fall sein.952 Gleichwohl bleibt diese mögliche Grundlage einer Hauptversammlungszuständigkeit im Zuge der Diskussion um ein Mitwirkungserfordernis der Anteilseigner bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen, die mittels einer Beteiligungsveräußerung bedient werden sollen, im Blick zu behalten.953 bb) Ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten bei Beteiligungsveräußerungen Über die geschriebenen Kompetenzzuweisungen in den Fällen der §§ 179, 179a AktG hinaus kommen auch bei Beteiligungsveräußerungen 948 Vgl. Fett/Förl, NZG 2004, 210, 215; MünchKommAktG-Stein, § 179 Rn. 103 ff.; jeweils m. w. N. 949 Siehe Kowalewski, S. 179 f., m. w. N.; der Terminus faktische Satzungsänderung bedeutet nicht, dass die Satzung einer Aktiengesellschaft bereits durch Realakte oder anhaltende Übung abgeändert wird, sondern steht vielmehr für ein nicht unerhebliches Verwaltungshandeln außerhalb der durch die Satzung gesteckten Grenzen, vgl. Hüffer, § 179 AktG Rn. 9; Spindler/Stilz-Holzborn, § 179 AktG Rn. 55. 950 Reichert, ZHR Sonderheft 68 (1999), S. 25, 42; MünchKommAktG-Stein, § 179a Rn. 17 ff. 951 Vgl. Lutter/Leinekugel, ZIP 1998, 225, 226; Hüffer, § 179a AktG Rn. 5; jeweils m. w. N. 952 So auch Kowalewski, S. 181. 953 Ausführlich dazu unten S. 207.
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ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten in Betracht. Auch Beteiligungsveräußerungen könnten sich als Maßnahmen erweisen, die, entsprechend der Holzmüller/Gelatine-Rechtsprechung des BGH, unter bestimmten Umständen die Geschäftsführungsbefugnisse des Vorstandes überschreiten und aufgrund einer ungeschriebenen Kompetenzzuweisung der Zustimmung der Hauptversammlung bedürfen.954 Dies ist wiederum entscheidend für die Ausgangsfrage danach, ob zur Gewährleistung der Entscheidungsfreiheit der Anteilseigner ihre Zustimmung bereits bei der Ausgabe von Aktienerwerbsrechten, die mittels einer Beteiligungsveräußerung bedient werden, erforderlich ist.955 Während im Rahmen der oben diskutierten Problematik der Zustimmungspflichtigkeit von Kapitalerhöhungen in Tochtergesellschaften unmittelbar auf die Entscheidungsgründe des Holzmüller- und des Gelatine-Urteils zurückgegriffen – beide Entscheidungen verweisen ausdrücklich auf diese Frage956 – werden konnte, ist dies in Bezug auf Beteiligungsveräußerungen nicht der Fall: Weder die Holzmüller- noch die Gelatine-Entscheidung erwähnt Beteiligungsveräußerungen explizit als potentiell zustimmungspflichtige Maßnahmen. Allein dies lässt indes keinen Rückschluss darauf zu, dass Beteiligungsveräußerungen keine ungeschriebenen Mitwirkungsrechte der Hauptversammlung nach sich ziehen können.957 Vielmehr legt der BGH den Anwendungsbereich ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten weder in der Holzmüller- noch in der Gelatine-Entscheidung abschließend fest;958 ein numerus clausus potentiell zustimmungsbedürftiger Maßnahmen kann aus diesen höchstrichterlichen Stellungnahmen nicht hergeleitet werden. Ob und inwiefern Beteiligungsveräußerungen ungeschriebene Mitwirkungsrechte der Hauptversammlung nach sich ziehen, erschließt sich inso954 Bejahend aus der Rechtsprechung etwa OLG Celle, AG 2001, 357, 358; OLG München, AG 1995, 232, 233; LG Düsseldorf, AG 1999, 94, 95; LG Hannover, DB 2000, 1607, 1608; LG Frankfurt/M, ZIP 1997, 1698, 1701 f.; aus der Literatur Fuchs, RWS Forum Gesellschaftsrecht (2001), S. 259, 269; Henze, FS Ulmer, S. 211, 231; Lutter/Leinekugel, ZIP 1998, 225, 229 ff.; Wollburg/Gehling, FS Lieberknecht, S. 138, 147 ff.; Hüffer, § 119 AktG Rn. 18 a; jeweils m. w. N. Ablehnend demgegenüber Arnold, ZIP 2005, 1573, 1576 f.; Goette, AG 2006, 522, 527; Groß, AG 1994, 266, 271 ff.; Habersack, AG 2005, 137, 144 ff.; Joost, ZHR 163 (1999), 164, 185 f.; Sünner, AG 1983, 169, 170; Werner, ZHR 147 (1983), 429, 447; K. Schmidt/Lutter-Spindler, § 119 AktG Rn. 34; so auch Seydel, S. 441 f.; Mecke, S. 161 ff., die aber ungeschriebene Hauptversammlungskompetenzen auf die Konzernbildung beschränken wollen. 955 Siehe unten S. 207. 956 Siehe oben S. 190. 957 Habersack, AG 2005, 137, 145. 958 Siehe oben S. 179 f.
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fern maßgeblich aus dem oben herausgearbeiteten Schutzzweck ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten.959 Dort wurden die Mediatisierung von Herrschaftsrechten in Form einer Kompetenzverlagerung zulasten der Hauptversammlung und zugunsten des Vorstandes960 sowie der Schutz mediatisierter Rechte961 als zentrale Zwecksetzungen ungeschriebener Hauptversammlungskompetenzen erkannt. Beide Aspekte könnten auch im Rahmen von Beteiligungsveräußerungen ungeschriebene Hauptversammlungskompetenzen erforderlich machen. Zur genaueren Untersuchung dieser Frage wird im Folgenden zwischen der vollständigen Abgabe einer Beteiligung und einer Teilveräußerung unterschieden. (1) Ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten bei vollständiger Abgabe einer Beteiligung? Fraglich ist damit, ob der Schutzzweck ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten ihre Erstreckung auf die vollständige Beteiligungsveräußerung erfordert. Dies wäre zunächst dann der Fall, wenn mit der vollständigen Beteiligungsveräußerung ein mediatisierender Herrschaftsverlust zulasten der Hauptversammlung einhergeht.962 Dafür spricht vordergründig, dass mit der Beteiligungsveräußerung jegliche weitere Einflussnahme der Konzernobergesellschaft auf die vormalige Tochtergesellschaft unmöglich wird. Die hier ausschlaggebende Mediatisierung erschöpft sich hingegen nicht allein in einem Herrschaftsverlust; vielmehr bedarf es einer Kompetenzverlagerung zulasten der Anteilseigner und zugunsten des Vorstandes.963 An ebendieser Kompetenzverlagerung fehlt es bei der vollständigen Beteiligungsveräußerung, da diese lediglich eine Umschichtung des Gesellschaftsvermögens zur Folge hat: Sie beinhaltet keinen Eingriff in das Kompetenzgefüge einer Aktiengesellschaft, da keine Vermögensbestände aus dem Einflussbereich der Aktionäre in denjenigen des Vorstandes verlagert werden.964 Beteiligungsveräußerungen heben umgekehrt die Konsequenzen einer im Rahmen der Konzernbildung eingetretenen Verlagerung wieder auf, da der Muttergesellschaft durch die Veräußerung ein Gegenwert zufließt.965 Der Zuständigkeitsbereich der Hauptversammlung der Konzern959
Siehe oben S. 181 ff. Ausführlich dazu oben S. 181 f. 961 Ausführlich dazu oben S. 183. 962 Siehe oben S. 181 f.; Habersack, AG 2005, 137, 145. 963 Siehe oben S. 181. 964 Liebscher, ZGR 2005, 1, 24; Reichert, AG 2005, 150, 155; siehe aber auch Bungert, BB 2004, 1345, 1349, der aus der fehlenden Mediatisierung nicht zugleich auf die Nichtanwendbarkeit ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten schließen will. 960
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obergesellschaft wird durch diesen Vermögenszuwachs erweitert; den Aktionären wird gerade kein diesbezüglicher Einfluss entzogen.966 Bereits diese fehlende mediatisierende Wirkung spricht dagegen, die vollständige Abgabe einer Beteiligung dem Anwendungsbereich ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten unterfallen zu lassen. In diese Richtung weisen auch die Ausführungen des BGH in seinem Beschluss vom 20.11.2006:967 Der BGH lehnte die revisionsgerichtliche Überprüfung einer Beteiligungsveräußerung ab und verwies darauf, dass ein „Mediatisierungseffekt wie in den Fällen der so genannten „Gelatine“-Rechtsprechung bei der vorliegenden Beteiligungsveräußerung“ nicht gegeben sei. Des Weiteren streitet die Wertung des § 179a AktG gegen die Annahme (ungeschriebener) Hauptversammlungskompetenzen im Falle einer Beteiligungsveräußerung:968 Diese Vorschrift unterstellt Gesamtvermögensgeschäfte dem Erfordernis der Zustimmung der Anteilseigner. Daraus wird zugleich ersichtlich, dass bei Maßnahmen unterhalb der Schwelle des weit zu verstehenden Gesamtvermögensbegriffes i. S. d. § 179a AktG969 keine Hauptversammlungszuständigkeiten anzuerkennen sind.970 Dem lässt sich möglicherweise entgegenhalten, dass der BGH in seiner Holzmüller-Entscheidung die Entscheidung nach § 179a AktG sowie die Liquidationsentscheidung in der Tochtergesellschaft als potentiell von der Zustimmung der Mutteraktionäre abhängig klassifiziert.971 Da aus der Perspektive der Konzernobergesellschaft sowohl die vollständige Beteiligungsveräußerung als auch die Entscheidung nach § 179a AktG bzw. die Liquidationsentscheidung in der Tochtergesellschaft im Ergebnis zu einer Trennung von dieser Tochtergesellschaft führen, wäre es denkbar, die diesbezüglichen Anmerkungen des BGH auch als Argument für die Zustimmungspflichtigkeit von Beteiligungsveräußerungen zu werten. Indes sind die jeweiligen Entscheidungen auf unterschiedlichen Ebenen angesiedelt: Während die Entscheidung über eine Beteiligungsveräußerung auf Ebene der Konzernobergesellschaft erfolgt, betrifft die Beschlussfassung nach § 179a AktG allein die Tochtergesellschaft.972 Auf Ebene der Tochtergesellschaft, dort also, wo die 965
Vgl. Arnold, ZIP 2005, 1573, 1576 f.; Goette, AG 2006, 522, 527; Groß, AG 1994, 266, 271 f.; Habersack, AG 2005, 137, 145; Reichert, AG 2005, 150, 155; Sünner, AG 1983, 169, 170; kritisch Hüffer, FS Ulmer, S. 279, 294. 966 Vgl. Habersack, AG 2005, 137, 145; Beck’sches HB AG-Reichert, § 5 Rn. 36. 967 BGH, Beschluss v. 20.11.2006 – II ZR 226/05 = BGH, NZG 2007, 234; vgl. Feldhaus, BB 2009, 562, 567 f. 968 Habersack, AG 2005, 137, 146. 969 Siehe dazu oben S. 198. 970 Arnold, ZIP 2005, 1573, 1577; Habersack, AG 2005, 137, 146. 971 Darauf weist etwa Hasselbach, WuB II A. § 119 AktG 1.05 hin.
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Hauptversammlung der Konzernobergesellschaft ihren Einfluss zulasten des Vorstandes verloren hat, hielt der BGH zum Schutz mediatisierter Rechtspositionen eine Mitwirkung der Mutteraktionäre für erforderlich:973 Für Fälle der Gesamtvermögensveräußerung (§ 179a AktG) sowie der Auflösung (§ 262 Abs. 1 Nr. 2 AktG) sieht das Gesetz grundsätzlich die Mitwirkung der Aktionäre der betroffenen Gesellschaft vor. Diesen Schutz kann das geschriebene Recht aus Sicht der Anteilseigner der Konzernobergesellschaft aufgrund der vorhergehenden Konzernbildung nicht mehr leisten, wenn die Maßnahmen auf Ebene der Tochtergesellschaft erfolgen und derart der Vorstand der Konzernobergesellschaft für diese die Funktion der Anteilseigner der Tochtergesellschaft wahrnimmt.974 Um diese fehlende Einflussnahmemöglichkeit der Mutteraktionäre auszugleichen, greifen unter bestimmten Umständen975 ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten ein, die sich als Fortsetzung des de lege lata intendierten Schutzregimes verstehen und den Schutz der Aktionäre der Konzernobergesellschaft auf die Ebene der Tochtergesellschaft erstrecken.976 Demgegenüber ist die hier in Rede stehende Totalveräußerung einer Beteiligung ein rechtliches aliud, sie betrifft nicht die Entscheidungsebene der Tochtergesellschaft, sondern allein diejenige der Muttergesellschaft. Zwar kommen auch auf dieser Entscheidungsebene ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten in Betracht; diese können aber nicht unter Verweis auf den Schutz mediatisierter Rechte begründet werden. Vielmehr bedarf es, um auf Ebene der Muttergesellschaft ungeschriebene Hauptversammlungskompetenzen anzunehmen, einer – im Falle der Beteiligungsveräußerung wie gezeigt gerade nicht vorliegenden – mediatisierenden Verlagerung von Vermögen aus dem Zuständigkeitsbereich der Aktionäre in denjenigen des Vorstands.977 Wenn also der BGH in der Holzmüller-Entscheidung auf die mögliche Zustimmungspflichtigkeit einer Entscheidung nach § 179a AktG sowie der Liquidationsentscheidung in der Tochtergesellschaft verweist, erfolgt dies zum Schutz der durch die Konzernbildung mediatisierten Rechte der Mutteraktionäre. Diese Erwägungen lassen sich aber nicht auf Entscheidungen in der Muttergesellschaft selbst, wie etwa die hier in Rede stehenden Beteiligungsveräußerungen, übertragen. Mithin können sich aus dem in der Holzmüller-Entscheidung enthaltenen Verweis auf eine Entscheidung nach 972
Habersack, AG 2005, 137, 145. Siehe oben S. 183. 974 Vgl. BGH, NJW 1982, 1703, 1706; siehe auch oben S. 179 ff. 975 Siehe ausführlich dazu oben S. 179 ff. 976 Entsprechend lässt sich die (strukturwesentliche) Kapitalerhöhung in einer (wesentlichen) Tochtergesellschaft in diese Systematik einordnen; siehe oben S. 193. 977 Siehe oben S. 181. 973
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§ 179a AktG in der Tochtergesellschaft keine Argumente für die Beurteilung der Zustimmungspflichtigkeit von Beteiligungsveräußerungen ergeben. Schließlich vermag auch eine etwaige, mit der Beteiligungsveräußerung einhergehende Änderung des Unternehmensgegenstandes ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten nicht zu rechtfertigen:978 Zuzugeben ist zwar, dass eine Mitwirkung der Hauptversammlung dann notwendig ist, wenn die Beteiligungsveräußerung eine Satzungsänderung erforderlich macht (§ 179 AktG).979 Ungeschriebene Mitwirkungsrechte bestehen hingegen in diesem Zusammenhang nicht: Für Beteiligungsveräußerungen, die zwar Einfluss auf den Unternehmensgegenstand haben, aber gleichwohl eine Satzungsänderung nicht erfordern, kann der Rechtsprechung des BGH in Sachen Holzmüller und Gelatine eine Kompetenzzuweisung an die Anteilseigner nicht beigemessen werden.980 Ungeschriebene Hauptversammlungskompetenzen sollen nicht als „kleine Satzungsänderung“ eine Gewähr für die Beibehaltung eines bestimmten Unternehmensgegenstandes verbürgen; vielmehr steht eine Machtverschiebung zugunsten des Vorstandes und zulasten der Anteilseigner im Mittelpunkt dieser Rechtsprechung.981 Eine derartige Machtverlagerung liegt im Falle einer Beteiligungsveräußerung aber gerade nicht vor. Im Ergebnis kann mithin die vollständige Abgabe einer Beteiligung keine ungeschriebenen Hauptversammlungszuständigkeiten auslösen. (2) Ungeschriebene Hauptversammlungskompetenzen bei teilweiser Abgabe von Beteiligungen? Wurden vorstehend ungeschriebene Hauptversammlungskompetenzen für die vollständige Abgabe einer Beteiligung verneint, bleibt im Folgenden zu untersuchen, ob dies auch für die teilweise Veräußerung von Tochterbeteiligungen gilt. Dies ist wiederum ausschlaggebend für die im Anschluss zu diskutierende Frage nach einer Mitwirkung der Anteilseigner bei der Ausgabe von Aktienerwerbsrechten; in diesem Zusammenhang macht möglicherweise die Aufrechterhaltung der Entscheidungsfreiheit der Aktionäre ihre Beteiligung erforderlich.982 978 Arnold, ZIP 2005, 1537, 1577; Habersack, AG 2005, 137, 144 ff.; anders Lutter/Leinekugel, ZIP 1998, 225, 229 ff.; KK-Mertens, § 76 AktG Rn. 52; Wollburg/ Gehling, FS Lieberknecht, S. 133, 156 f. 979 Siehe oben S. 197 f. 980 Vgl. Arnold, ZIP 2005, 1573, 1577; Habersack, AG 2005, 137, 145, 146. 981 Siehe Habersack, AG 2005, 137, 145 f. 982 Siehe unten S. 207.
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§ 3 Verteilung der Ausgabekompetenzen
Die etwaige Zustimmungsbedürftigkeit einer teilweisen Beteiligungsveräußerung hängt davon ab, ob der Schutzzweck ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten ihre Erstreckung auf die Teilabgabe einer Beteiligung erfordert. Dies ließe sich dann bejahen, wenn in der teilweisen Beteiligungsveräußerung ein mediatisierender Herrschaftsverlust zulasten der Hauptversammlung liegt.983 Zwar führt auch die teilweise Beteiligungsveräußerung zu einer Minderung des Einflusses der Konzernobergesellschaft auf die Tochtergesellschaft. Wie aber bereits im Rahmen der vollständigen Beteiligungsabgabe dargestellt, liegt darin kein Eingriff in das Machtgefüge zwischen Vorstand und Hauptversammlung, der eine Kompetenzverlagerung von Letzterer auf den Vorstand nach sich zieht. Allein der Einflussverlust der Aktionäre der Obergesellschaft an die neuen Inhaber der Tochteranteile vermag ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten nicht zu rechtfertigen, da darin, wie im Falle einer Totalveräußerung, keine Mediatisierung im Sinne einer Herrschaftsverlagerung gerade zugunsten des Vorstandes liegt.984 Wieder wird im Zuge der (teilweisen) Beteiligungsveräußerung ein Einflussverlust durch den Veräußerungsgewinn, der an die Konzernobergesellschaft und damit in den Herrschaftsbereich der Mutteraktionäre fließt, ausgeglichen.985 Dies gilt auch dann, wenn die Beteiligungsveräußerung erstmals zu einer Aufnahme von Minderheitsgesellschaftern in eine bis dahin 100%-ige Tochtergesellschaft986 oder zu einem Kontrollverlust der Obergesellschaft führt, indem ihre Beteiligung an der Tochtergesellschaft unter eine aktienrechtlich relevante Beteiligungsgrenze987 sinkt:988 In beiden Fällen fehlt es an einer Verlagerung von Vermögen aus dem Kompetenzbereich der Hauptversammlung in denjenigen des Vorstandes, mithin an einer mediatisierenden Wirkung der Maßnahme.989 Eine etwaige, mit dem Herrschaftsverlust einhergehende Strukturänderung versteht sich nicht 983
Siehe oben S. 181 f. Habersack, AG 2005, 137, 147 f. 985 Siehe oben S. 200. 986 Siehe Fuchs, RWS Forum Gesellschaftsrecht (2001), S. 259, 269; Fleischer, ZHR 165 (2001), 513, 524 f., die in der erstmaligen Aufnahme eines Minderheitsaktionärs in eine bis dahin 100%ige Tochtergesellschaft eine Strukturveränderung sehen, die ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten auslösen kann. 987 Siehe Timm, S. 139 ff., 142, 143; ders., ZIP 1993, 114, 117; Hommelhoff, S. 447; dabei stellt Timm auf eine Beteiligung von weniger als 75 % ab; Hommelhoff erachtet den Verlust der einfachen absoluten Mehrheit der Stimmrechte für ausschlaggebend. 988 Habersack, AG 2005, 137, 148. 989 Siehe oben S. 181 sowie S. 192: Dort wurde für Fälle von Tochterkapitalerhöhungen ein Absinken der Beteiligung auf unter 75 % als eine Strukturänderung berücksichtigt, die ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten auslöst; ausführlich zu den Gründen der unterschiedlichen Behandlung von Beteiligungsveräußerungen sogleich. 984
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als separates Aufgreifkriterium ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten:990 Vielmehr liegt darin lediglich eine Anforderung in quantitativer Hinsicht, die erst dann Bedeutung erlangt, wenn die in Frage stehende Maßnahme entweder mediatisierende Wirkung entfaltet991 oder ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten zum Schutz mediatisierter Rechte992 erforderlich sind.993 Insbesondere mit Blick auf den Kontrollverlust in der Tochtergesellschaft wird dieser Befund – keine Notwendigkeit eines Beschlusses der Hauptversammlung in der Konzernobergesellschaft – durch einen Vergleich mit den §§ 296 Abs. 1, 327 Abs. 1 Nr. 1 AktG bestätigt: Nach diesen Vorschriften ist die Entscheidung über die Beendigung eines Beherrschungsvertrages und der Eingliederung grundsätzlich dem Vorstand der Obergesellschaft als Verwaltungsaufgabe zugewiesen.994 All dies spricht gegen die Annahme ungeschriebener Hauptversammlungskompetenzen im Falle der teilweisen Abgabe einer Beteiligung. Fraglich bleibt, wie es sich auswirkt, dass oben für Fälle der Kapitalerhöhung in einer Tochtergesellschaft unter bestimmten Umständen die Zustimmung der Hauptversammlung der Muttergesellschaft für erforderlich erachtet wurde.995 Da im Ergebnis beide Maßnahmen, sowohl die Kapitalerhöhung in der Tochtergesellschaft als auch die teilweise Beteiligungsveräußerung, fremden Gesellschaftern Zugang in den Aktionärskreis der Tochtergesellschaft eröffnen, könnte in ihrer Ungleichbehandlung ein Widerspruch liegen. Teilweise wird nicht zuletzt vor diesem Hintergrund aus der Wertung des § 186 Abs. 3 AktG ein (ungeschriebenes) Zustimmungserfordernis für die Teilabgabe von Beteiligungen abgeleitet:996 Der Ansatz von Hirte etwa vergleicht die Teil-Beteiligungsveräußerung mit einer Teilfusion, die im Wege einer Kapitalerhöhung bei der Tochtergesellschaft durchgesetzt wird; aus der Zwecksetzung des § 186 Abs. 3 AktG wird sodann gefolgert, dass eine Beteiligung Dritter an einer Tochtergesellschaft wie der Bezugsrechtsausschluss bei einer von der Obergesellschaft selbst durchgeführten 990
Siehe oben S. 187 f. Siehe oben S. 181. 992 Siehe oben S. 183. 993 Siehe oben S. 187; im Ergebnis verneint auch Habersack, AG 2005, 137, 148, ungeschriebene Hauptversammlung für die erstmalige Aufnahme eines Minderheitsgesellschafters in eine Tochtergesellschaft bzw. das Absinken der Beteiligung unter aktienrechtlich relevante Schwellenwerte; dabei stellt er aber auf die fehlende Strukturänderung in diesen Fällen ab. 994 Siehe Habersack, AG 2005, 137, 148. 995 Siehe oben S. 193. 996 Vgl. Hirte, S. 182 ff.; Lutter, FS Stimpel, S. 825, 840; Lutter, FS H. Westermann, S. 347, 365 f. 991
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§ 3 Verteilung der Ausgabekompetenzen
Kapitalerhöhung der Zustimmung der Hauptversammlung bedürfe und einer Sachkontrolle unterliege.997 Lutter leitet aus der Regelung des § 186 Abs. 3 AktG einen Rechtsgedanken ab, nachdem es dem Vorstand nicht erlaubt sei, den Einfluss der bisherigen Gesellschafter gegen ihren Willen durch die Aufnahme neuer Gesellschafter zu schmälern; vielmehr bedürfe jede Entscheidung, mittels derer die Verhältnisse grundlegend geändert werden, der Zustimmung der Hauptversammlung.998 Beide Auffassungen erscheinen aber von dem Grundtenor geprägt, den Vorstand an einer „Verschleuderung“ des Gesellschaftsvermögens zulasten der Anteilseigner der Obergesellschaft zu hindern.999 Damit sehen sie sich gleichzeitig dem von Habersack formulierten Vorwurf ausgesetzt, warum diesem Ziel nicht basierend auf den schadensersatzbewehrten Verhaltenspflichten des Vorstandes genügt werden kann.1000 Insbesondere der Ansatz von Lutter rückt zudem das Zustimmungserfordernis in den Zusammenhang einer umfassenden Konzernleitungsmacht der Hauptversammlung der Konzernobergesellschaft. Ebendiese Leitungsmacht ist aber, ausweislich des Gelatine-Urteils, nicht in der Holzmüller-Entscheidung angelegt.1001 Demzufolge kann sich der Schutzzweck ungeschriebener Hauptversammlungskompetenzen i. S. dieser Rechtsprechung nicht auf die Gewährleistung einer etwaigen Konzernleitungshoheit erstrecken.1002 Vorstehendes spricht gegen die Herleitung unterschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten unter Rückgriff auf einen Vergleich zu Kapitalerhöhungen in Tochtergesellschaften. Abgesehen davon erscheinen Rückschlüsse von (ungeschriebenen) Mitwirkungserfordernissen bei Kapitalerhöhungen in Tochtergesellschaften auf die teilweise Beteiligungsveräußerung bereits deshalb unergiebig, da – obschon im Ergebnis jeweils Gesellschaftsfremden der Zutritt in die Tochtergesellschaft ermöglicht wird – beide Maßnahmen in rechtlicher Hinsicht nicht vergleichbar sind: Während die Kapitalerhöhung eine Maßnahme auf Ebene der Tochtergesellschaft ist, wird über die Beteiligungsveräußerung auf Ebene der Muttergesellschaft entschieden.1003 Zum Schutz mediatisierter Rechte kann im Rahmen der Kapitalerhöhung in der Tochtergesellschaft eine Mitwirkung der Mutteraktionäre erforderlich sein.1004 Diese Schutz997
Hirte, S. 182 ff. Vgl. Lutter, FS H. Westermann, S. 347, 365 f.; siehe ders., FS Stimpel, S. 825, 840; so im Ergebnis auch Lutter/Leinekugel, ZIP 1998, 225, 230, dort ohne ausdrückliche Rückführung des Zustimmungserfordernisses auf § 186 Abs. 3 AktG. 999 Habersack, AG 2005, 137, 147. 1000 Habersack, AG 2005, 137, 147. 1001 Siehe oben S. 184. 1002 Siehe oben S. 184. 1003 Siehe dazu oben S. 201 f. 1004 Siehe dazu oben S. 188. 998
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richtung lässt sich indes bei Entscheidungen auf Ebene der Muttergesellschaft nicht heranziehen; vielmehr muss die Maßnahme hier mediatisierende Wirkung entfalten.1005 Eine derartige Wirkung kann Beteiligungsveräußerungen aber gerade nicht beigemessen werden.1006 Insofern erklärt sich die Ungleichbehandlung von Kapitalerhöhungen einerseits und Beteiligungsveräußerungen andererseits aus den unterschiedlichen jeweils betroffenen Entscheidungsebenen und den verschiedenartigen Anforderungen an die Erforderlichkeit ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten. Im Ergebnis sprechen nach alledem die besseren Argumente gegen eine Erstreckung des Anwendungsbereiches ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten auf die teilweise Beteiligungsveräußerung.1007 cc) Zwischenergebnis: Hauptversammlungsbeteiligung bei Beteiligungsveräußerungen Die Veräußerung von Beteiligungen bedarf mithin allein dann der Zustimmung der Hauptversammlung, wenn sie entweder eine Satzungsänderung erforderlich macht (§ 179 AktG) oder damit eine Übertragung des gesamten Gesellschaftsvermögens verbunden ist (§ 179a AktG). Ungeschriebene Hauptversammlungskompetenzen bestehen in diesem Zusammenhang nicht. Dies ergibt sich daraus, dass als zentraler Ansatzpunkt zur Ermittlung potentiell zustimmungspflichtiger Vorgänge auf Ebene der Konzernobergesellschaft die mediatisierende Wirkung einer Maßnahme erkannt wurde. Diese Mediatisierung versteht sich in rein kompetenzieller Hinsicht und hat eine Verlagerung der Machtbefugnisse von der Hauptversammlung auf den Vorstand der Konzernobergesellschaft zum Inhalt. Weder die vollständige noch die teilweise Beteiligungsveräußerung entfalten eine derartige Mediatisierungswirkung. Beides sind damit reine Verwaltungsaufgaben, die, abgesehen von den Fällen der §§ 179, 179a AktG, allein dem Kompetenzbereich des Vorstandes unterfallen. b) Zustimmungsbedürftigkeit der Ausgabe entsprechender Aktienerwerbsrechte Basierend auf diesem Ergebnis kann im Folgenden der Frage nachgegangen werden, ob die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen, deren Ak1005
Siehe oben S. 201. Siehe oben S. 200. 1007 Habersack, AG 2005, 137, 147 f.; anders Liebscher, ZGR 2005, 1, 24; Lutter, FS H. Westermann, S. 347, 365 f.; Reichert, AG 2005, 150, 156; Beck’sches HB AG-Reichert, § 5 Rn. 36; Hirte, S. 182 f.; jeweils m. w. N. 1006
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tienerwerbsrechte mittels einer Beteiligungsveräußerung bedient werden sollen, die Zustimmung der Hauptversammlung erfordert. Die Bedienung derartiger Rechtspositionen macht einen Hauptversammlungsbeschluss allein dann notwendig, wenn ein Fall der §§ 179, 179a AktG vorliegt. Die Frage nach der Zustimmungsbedürftigkeit der Einräumung entsprechender Aktienerwerbsrechte beantwortet sich vor dem Hintergrund der Annahme einer Wirkungsgleichheit zwischen der unmittelbaren Veräußerung von Anteilen einerseits und einer Einräumung von Aktienerwerbsrechten andererseits:1008 Während im Rahmen einer unmittelbaren Veräußerung die Anteile an der Tochtergesellschaft im Zuge des Veräußerungsvorganges übertragen werden, bewirkt die Ausgabe von Aktienerwerbsrechten eine zeitlich gestreckte Veräußerung; die unmittelbare Anteilsübertragung erfolgt erst nach der Ausübung der Rechtsposition. Im Ergebnis führen aber sowohl die Beteiligungsveräußerung als auch die Ausgabe entsprechender Aktienerwerbsrechte zu einem identischen Ergebnis, namentlich der Veräußerung von Anteilen an einer Tochtergesellschaft. Daraus folgt zugleich, dass in allen Fällen, in denen eine Beteiligungsveräußerung nach der Zustimmung der Hauptversammlung verlangt, auch die Emission entsprechender Aktienerwerbsrechte einer Beschlussfassung der Anteilseigner bedarf.1009 Dementsprechend ist bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen, deren Aktienerwerbsrechte mittels einer Beteiligungsveräußerung bedient werden sollen, allein dann eine Zustimmung der Hauptversammlung der Konzernobergesellschaft erforderlich, wenn damit gleichzeitig das gesamte Vermögen der Konzernobergesellschaft veräußert wird oder eine Änderung des Unternehmensgegenstandes einhergeht. Rechtsdogmatisch ergibt sich das Zustimmungserfordernis in diesen Fällen unmittelbar aus § 179a AktG respektive § 179 AktG: Vor dem Hintergrund der Zwecksetzung der §§ 179, 179a AktG – Schutz der Satzungshoheit der Hauptversammlung1010 bzw. Aktionärsschutz vor unangemessenen Vertragsgestaltungen1011 – ist die Veräußerungsmodalität nicht von Bedeutung: Es macht keinen Unterschied, ob die Änderung des satzungsgemäßen Unternehmensgegenstandes (§ 179 AktG) oder die Gesamtvermögensveräußerung (§ 179a AktG) durch eine unmittelbare Veräußerung der Anteile oder durch die Ausgabe von Aktienerwerbsrechten erfolgt; in beiden Fällen sind die jeweiligen Schutzrichtungen der Vorschriften gleichermaßen gefährdet. 1008
Siehe oben S. 158. Vgl. zur identischen Argumentation im Falle der Veräußerung eigener, existierender Aktien oben S. 158. 1010 Siehe zu diesem Schutzzweck des § 179 AktG Hüffer, § 179 AktG Rn. 1, 10. 1011 Zur dahingehenden Zwecksetzung des § 179a AktG siehe Hüffer, § 179a AktG Rn. 1. 1009
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3. Ergebnis Im Ergebnis beantwortet sich damit die Ausgangsfrage nach dem Erfordernis einer Zustimmung der Mutteraktionäre bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen, die Aktienerwerbsrechte auf Anteile an einer Tochtergesellschaft beinhalten, wie folgt: Werden die eingeräumten Aktienerwerbsrechte mittels einer Kapitalerhöhung in der Tochtergesellschaft bedient und bedarf diese Kapitalerhöhung der Zustimmung der Mutteraktionäre, so ist auch die Ausgabe der Aktienerwerbsrechte in analoger Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG zustimmungsbedürftig. Werden demgegenüber die Aktienerwerbsrechte durch eine Veräußerung von Tochteraktien aus dem Bestand der Konzernobergesellschaft bedient, ist eine Zustimmung ihrer Anteilseigner lediglich dann erforderlich, wenn die Einräumung der Aktienerwerbsrechte aus Sicht der Konzernobergesellschaft zugleich entweder eine Änderung des satzungsgemäßen Unternehmensgegenstandes (§ 179 AktG) oder eine Gesamtvermögensveräußerung (§ 179a AktG) darstellt. Was die Abgrenzung beider Alternativen – Tochterkapitalerhöhung oder Beteiligungsveräußerung – anbelangt, so ist maßgeblich darauf abzustellen, welche Bedienmodalität in den Anleihebedingungen vereinbart ist.1012 Fehlt eine entsprechende Vereinbarung und können damit eingeräumte Aktienerwerbsrechte sowohl durch eine Kapitalerhöhung in der Tochtergesellschaft als auch durch eine Beteiligungsveräußerung auf Ebene der Muttergesellschaft bedient werden, so bedarf die Ausgabe der Aktienerwerbsrechte in analoger Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG der Zustimmung der Mutteraktionäre: Solange eingeräumte Aktienerwerbsrechte durch eine in der Konzernobergesellschaft zustimmungsbedürftige Tochterkapitalerhöhung bedient werden können, ist die Hauptversammlung der Konzernobergesellschaft vor Verpflichtungen zu schützen, die ihre (spätere) Entscheidungsfreiheit einschränkt.1013 Allein dann, wenn sich die eingeräumten Aktienerwerbsrechte aufgrund der Anleihebedingungen ausschließlich auf Anteile aus einer Beteiligungsveräußerung richten, erübrigt sich der Vorfeldschutz des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG bei der Ausgabe des zusammengesetzten Finanzierungsinstrumentes.1014
1012 1013 1014
Ausführlich zu einer entsprechenden Abgrenzung bereits oben S. 166. Siehe oben S. 166. Siehe wiederum zu einer entsprechenden Argumentation bereits oben S. 166.
§ 4 Bezugsrechte zugunsten der (Alt-)Aktionäre Die vorstehend dargestellte Beteiligung der Hauptversammlung bei der Ausgabeentscheidung ist nicht der einzige Schutzmechanismus, den das Gesetz bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen zugunsten der Aktionäre vorsieht. Die Emission derartiger Finanzierungsinstrumente beinhaltet durch die darin verbriefte Möglichkeit der Ausübung von Aktienerwerbsrechten einen Eingriff in die Beteiligungsstruktur einer Aktiengesellschaft.1015 Damit ist aus Sicht des einzelnen Aktionärs gleichzeitig eine Veränderung seiner Beteiligungsquote verbunden.1016 Dieser sog. Beteiligungsverwässerung beugt das Gesetz mit § 221 Abs. 4 AktG durch ein Bezugsrecht zugunsten der Aktionäre vor.1017 Im Folgenden wird diskutiert, ob und in welcher Form den Aktionären der Bezugsgesellschaft ein derartiges gesetzliches Bezugsrecht auch dann zusteht, wenn Emissions- und Bezugsgesellschaft bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung auseinanderfallen. Die Untersuchung unterscheidet dabei danach, ob die in den zusammengesetzten Finanzierungsinstrumenten verbrieften Aktienerwerbsrechte auf neue Anteile (sub A.), auf bereits existierende Anteile (sub B.) oder auf Anteile an einer Tochtergesellschaft (sub C.) gerichtet sind.
A. Bezugsrecht auf Wandelschuldverschreibungen, die mit neuen Aktien bedient werden Im Rahmen der Eigenemission einer Wandelschuldverschreibung, die Aktienerwerbsrechte auf neue Aktien verbrieft, ordnet § 221 Abs. 4 AktG ein gesetzliches Bezugsrecht zugunsten der Aktionäre an. Fraglich bleibt, ob und inwiefern diese Vorschrift auch dann Anwendung findet, wenn Emissions- und Bezugsgesellschaft nicht identisch sind.
1015 1016 1017
K. Schmidt/Lutter-Merkt, § 221 AktG Rn. 8. Siehe MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 130, 161 f. Hüffer, § 221 AktG Rn. 38.
A. Bezugsrecht auf Wandelschuldverschreibungen
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I. Einführung und Problemaufriss Zur Untersuchung dieser Frage wird zunächst auf die Grundzüge des gesetzlichen Bezugsrechts nach § 221 Abs. 4 AktG eingegangen, um anschließend aufzuzeigen, wo die Probleme bei einer Anwendung dieser Vorschrift liegen, wenn die Wandelschuldverschreibungen nicht im Wege der Eigenemission ausgegeben werden. 1. Das Bezugsrecht nach § 221 Abs. 4 AktG im unmittelbaren Anwendungsbereich der Vorschrift Das Bezugsrecht nach § 221 Abs. 4 AktG befähigt die Aktionäre, an der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen teilzuhaben, um so einer Verwässerung ihrer Anteile vorzubeugen.1018 Dabei steht § 221 Abs. 4 AktG in unmittelbarem Zusammenhang zu § 187 AktG. Nach § 187 Abs. 1 AktG können Aktienerwerbsrechte nur vorbehaltlich des gesetzlichen Bezugsrechts der Aktionäre eingeräumt werden. Der Sinn dieser Norm erklärt sich daraus, dass die Bedienung zugesicherter Aktienerwerbsrechte mittels einer Kapitalerhöhung notwendigerweise mit einem Ausschluss des gesetzlichen Bezugsrechts der Aktionäre einhergeht:1019 Die neu geschaffenen Anteile werden zur Bedienung der Aktienerwerbsrechte benötigt und können nicht nach § 186 Abs. 1 AktG quotal den (Alt-)Aktionären angeboten werden. § 187 Abs. 1 AktG regelt insofern das Konkurrenzverhältnis von gesetzlichen und rechtsgeschäftlich eingeräumten Bezugsrechten zulasten Letzterer.1020 § 221 Abs. 4 AktG setzt diese Vorgabe des § 187 Abs. 1 AktG um, indem den Aktionären ein gesetzliches Bezugsrecht auf die Finanzierungsinstrumente des § 221 Abs. 1 AktG eingeräumt wird. Besonderer Bedeutung kommt dieser Anordnung eines Bezugsrechts in § 221 Abs. 4 AktG für den Fall zu, dass die Wandelschuldverschreibungen aus bedingtem Kapital bedient werden. Im Rahmen einer bedingten Kapitalerhöhung nach den §§ 192 ff. AktG ist aufgrund der Zweckgebundenheit der Kapitalmaßnahme ein Bezugsrecht gerade nicht vorgesehen.1021 Erst § 221 Abs. 4 AktG ermöglicht es den Aktionären durch die Anordnung ei-
1018 Siehe Hüffer, § 221 AktG Rn. 38 ff.; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 44; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 161 ff.; K. Schmidt/Lutter-Merkt, § 221 AktG Rn. 94; jeweils m. w. N. 1019 Siehe oben S. 188; Schumann, S. 170 f. 1020 KK-Lutter, § 187 AktG Rn. 2; siehe oben S. 188. 1021 Schumann, S. 171; Hüffer, § 192 AktG Rn. 3; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 162; MünchKommAktG-Fuchs, § 192 Rn. 33; jeweils m. w. N.
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§ 4 Bezugsrechte zugunsten der (Alt-)Aktionäre
nes gesetzlichen Bezugsrechts auf die emittierten Wandelschuldverschreibungen ihre jeweilige Beteiligungsquote aufrechtzuerhalten. Werden die ausgegeben Aktienerwerbsrechte mittels einer ordentlichen Kapitalerhöhung oder genehmigten Kapitals bedient, steht den Aktionären zwar grundsätzlich bereits aus dieser Kapitalmaßnahme ein gesetzliches Bezugsrecht auf die neu geschaffenen Anteile nach § 186 Abs. 1 AktG bzw. §§ 203 Abs. 1, 186 Abs. 1 AktG zu. Um mit diesen Anteilen aber Aktienerwerbsrechte bedienen zu können, bedarf es eines Ausschlusses des gesetzlichen Bezugsrechts (§ 186 Abs. 3 AktG).1022 In diesen Fällen schützt § 221 Abs. 4 AktG durch das vorgelagerte Bezugsrecht auf die Wandelschuldverschreibungen neben der Beteiligungsquote gleichermaßen die Entscheidungsfreiheit der Hauptversammlung bei ihrer Entscheidung über den Bezugsrechtsausschluss im Rahmen der Kapitalmaßnahme zur Bedienung der Aktienerwerbsrechte: Erfordert ihre Bedienung eine ordentliche Kapitalerhöhung oder genehmigtes Kapital, so ist die Hauptversammlung in ihrer Entscheidung über den Ausschluss des Bezugsrechts nach § 186 Abs. 3 AktG nicht mehr frei; eine Ablehnung des Bezugsrechtsausschlusses hätte die Nichtbedienung der eingeräumten Rechtspositionen und damit gleichzeitig Schadensersatzansprüche der Aktienerwerbsberechtigten gegen die Gesellschaft zur Folge.1023 Erst § 221 Abs. 4 AktG ermöglicht es den Aktionären, ihre jeweilige Beteiligungsquote aufrechtzuerhalten und gleichzeitig das ihnen eigentlich zustehende Bezugsrecht (§ 186 Abs. 1 AktG) nach § 186 Abs. 3 AktG im Rahmen der Kapitalerhöhung auszuschließen. 2. Problemaufriss § 221 AktG findet aber nur dann unmittelbare Anwendung, wenn sich die Aktienerwerbsrechte einer Wandelschuldverschreibung auf Anteile an der sie ausgebenden Gesellschaft beziehen; die Vorschrift geht konzeptionell von der Eigenemission des Finanzierungsinstrumentes aus.1024 Fallen Emissions- und Bezugsgesellschaft demgegenüber auseinander, legt der Wortlaut der Norm ein Bezugsrecht zugunsten der Anteilseigner der Emissionsgesellschaft nahe:1025 § 221 Abs. 1 AktG stellt die Ausgabe der Finanzierungsinstrumente in den Mittelpunkt;1026 derart berechtigt § 221 Abs. 4 1022
Siehe oben S. 188; Schumann, S. 170 f. Siehe zu der insoweit parallelen Argumentation im Rahmen der Zwecksetzung des § 221 Abs. 1 AktG oben S. 44. 1024 Siehe oben S. 89 ff. 1025 Schumann, S. 193. 1026 Vgl. den Wortlaut des § 221 AktG: „Schuldverschreibungen, bei denen den Gläubigern ein Umtausch- oder Bezugsrecht auf Aktien eingeräumt wird [. . .], dür1023
A. Bezugsrecht auf Wandelschuldverschreibungen
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AktG ausschließlich die Aktionäre der ausgebenden Gesellschaft, also der Emissionsgesellschaft. Die Annahme eines gesetzlichen Bezugsrechts zugunsten der Anteilseigner der Emissionsgesellschaft ist hingegen mit dem Sinn und Zweck des § 221 Abs. 4 AktG nicht vereinbar: Nicht die Emissionsgesellschaft, sondern die Bezugsgesellschaft ist von der Ausübung der Aktienerwerbsrechte betroffen. Allein in der Bezugsgesellschaft steht aus Sicht ihrer Aktionäre eine Verwässerung der Beteiligungsstruktur zu befürchten. Damit ist gleichzeitig die Frage aufgeworfen, ob und inwiefern sich aus § 221 Abs. 4 AktG ein Bezugsrecht zugunsten der Aktionäre der Bezugsgesellschaft herleiten lässt. Diesbezüglich wird im Folgenden danach unterschieden, ob die Bezugsgesellschaft die in der Wandelschuldverschreibung verbrieften Aktienerwerbsrechte selbst ausstellt (sub II.) oder eine entsprechende Garantie übernommen hat (sub III.).
II. Bezugsrecht zugunsten der Aktionäre bei Ausstellung der Aktienerwerbsrechte durch die Bezugsgesellschaft Stellt die Bezugsgesellschaft die Aktienerwerbsrechte selbst aus, sind die Aktionäre in analoger Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG an der Ausgabeentscheidung zu beteiligen.1027 Möglicherweise steht ihnen in entsprechender Anwendung des § 221 Abs. 4 AktG darüber hinaus ein gesetzliches Bezugsrecht auf die von der Emissionsgesellschaft ausgegeben Wandelschuldverschreibungen zu. 1. Diskussion ablehnender Ansätze in der Literatur Teilweise wird in der Literatur ein derartiges Bezugsrecht in Abrede gestellt.1028 So wird versucht, den Schutz der Aktionäre der Bezugsgesellschaft bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung unter Einschaltung einer Emissionsgesellschaft in den Zustimmungsbeschluss nach § 221 Abs. 1 AktG zu verlagern, indem für diesen Beschluss eine der Vorschrift fen nur auf Grund eines Beschlusses der Hauptversammlung ausgegeben werden“. Siehe zu einer entsprechenden Fragestellung bzgl. der Erforderlichkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung unter Abweichung von dem Grundkonzept der Eigenemission auch oben S. 125 ff. sowie S. 173 ff. 1027 Siehe oben S. 125 ff. 1028 Vgl. GK-AktG (1973)-Schilling, § 221 Anm. 18; Hoffmann, AG 1973, 47, 53 f.; Schaub, AG 1972, 340, 341; Silcher, FS Geßler, S. 185, 191.
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§ 4 Bezugsrechte zugunsten der (Alt-)Aktionäre
des § 186 Abs. 3 AktG entsprechende Mehrheit verlangt wird.1029 Bereits dadurch sei einer ungewollten Verwässerung der (Alt-)Anteile vorgebeugt, da die Bezugsgesellschaft nur dann Aktienerwerbsrechte einräumen könne, wenn ihre Aktionäre diesem Finanzierungsvorhaben mit einer Mehrheit, die derjenigen im Rahmen eines Bezugsrechtsausschlusses nach § 186 Abs. 3 AktG genügt, zugestimmt haben.1030 Dieser Ansatz sieht sich indes dem Vorwurf ausgesetzt, dass die Aktionäre de lege lata trotz eines Bezugsrechtsausschlusses bei der Kapitalerhöhung zur Bedienung eingeräumter Wandelschuldverschreibungen ihre Beteiligungsquote aufrechterhalten können: § 221 Abs. 4 AktG ordnet unabhängig von der Entscheidung nach § 186 Abs. 3 AktG ein gesetzliches Bezugsrecht zugunsten der Aktionäre an. Die alleinige Betonung der Mitwirkungserfordernisse verkürzt insofern den im Gesetz angelegten bipolaren Schutz der Aktionäre um ein wesentliches Element in Form des Bezugsrechts.1031 Andere Autoren wollen § 221 Abs. 4 AktG in Fällen des Auseinanderfallens von Bezugs- und Emissionsgesellschaft bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung allein dann zur Anwendung bringen, wenn die Gegenleistung, welche die Bezugsgesellschaft im Zuge der Aktienausgabe erhält, unangemessen ist.1032 Dem bleibt indes entgegenzuhalten, dass das gesetzliche Bezugsrecht der Aktionäre nach § 186 Abs. 1 AktG gerade nicht von der Angemessenheit der Gegenleistung abhängt.1033 Da aber § 221 Abs. 4 AktG auf § 186 AktG verweist, liegt es nahe, für das gesetzliche Bezugsrecht nach § 221 Abs. 4 AktG keine anderen Maßstäbe – etwa in Form der Unangemessenheit der Gegenleistung – als im Rahmen des § 186 AktG gelten zu lassen. Ferner wird ein Bezugsrecht zugunsten der Aktionäre der Bezugsgesellschaft unter Verweis auf wirtschaftliche Erwägungen in Abrede gestellt.1034 Um den Finanzierungsbedarf einer Aktiengesellschaft zu decken, sei eine Zuteilung der Wandelschuldverschreibungen an Gesellschaftsfremde erforderlich; dies stehe der Annahme eines Bezugsrechts zugunsten der Aktionäre entgegen.1035 Dagegen spricht bereits, dass identische Erwägungen im unmittelbaren Anwendungsbereich von § 221 Abs. 4 AktG außen vor bleiben. Das gesetzliche Bezugsrecht besteht unabhängig davon, ob aus Finanzierungsgründen eine Ausgabe der Wandelschuldverschreibungen an Gesell1029 1030 1031 1032 1033 1034 1035
GK-AktG (1973)-Schilling, § 221 Anm. 18. GK-AktG (1973)-Schilling, § 221 Anm. 18. Kritisch auch Schumann, S. 199 f. Silcher, FS Geßler, S. 185, 191. Schumann, S. 196 f., 201. Schaub, AG 1972, 340, 341 f. Schaub, AG 1972, 340, 341 f.
A. Bezugsrecht auf Wandelschuldverschreibungen
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schaftsfremde erforderlich ist oder nicht.1036 Derartige Wirtschaftlichkeitserwägungen können allein im Rahmen der sachlichen Rechtfertigung eines Bezugsrechtsausschlusses nach (§ 221 Abs. 4 i. V. m.) § 186 Abs. 3 AktG eine Rolle spielen.1037 2. Analoge Anwendung des § 221 Abs. 4 AktG; Inhalt dieser Rechtsposition der Aktionäre Die Frage nach einem gesetzlichen Bezugsrecht zugunsten der Aktionäre der Bezugsgesellschaft hängt im Ergebnis allein davon ab, ob der Anwendungsbereich des § 221 Abs. 4 AktG im Wege einer Analogie auf die Bezugsgesellschaft erstreckt werden kann. Wie bereits in Bezug auf die Mitwirkung der Hauptversammlung in der Bezugsgesellschaft nach § 221 Abs. 1 S. 1 AktG erörtert, ist diesbezüglich auch im Zusammenhang mit § 221 Abs. 4 AktG von einer planwidrigen Regelungslücke auszugehen.1038 Ausschlaggebend ist insofern, ob aus Sicht der Aktionäre der Bezugsgesellschaft die Interessenlage bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung, im Rahmen derer die Bezugsgesellschaft lediglich die Aktienerwerbsrechte ausstellt und diese der Anleihe der Emissionsgesellschaft beifügt, mit derjenigen bei einer Eigenemission des Finanzierungsinstrumentes vergleichbar ist. § 221 Abs. 4 AktG befähigt die Aktionäre, durch die Ausübung des gesetzlichen Bezugsrechts einer Verwässerung ihrer Beteiligungsquote entgegenzuwirken. Gleichzeitig wird ihre Entscheidungsfreiheit im Rahmen eines Bezugsrechtsausschlusses nach § 186 Abs. 3 AktG bei der Kapitalerhöhung zur Bedienung eingeräumter Aktienerwerbsrechte gewahrt.1039 Der Grund für ein entsprechendes Schutzbedürfnis liegt darin, dass die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen einen Eingriff in die Beteiligungsstruktur der Gesellschaft mit sich bringt.1040 Durch die in den Finanzierungsinstrumenten verbrieften Aktienerwerbsrechte wird Gesellschaftsfremden ein Erwerb der Gesellschafterstellung ermöglicht. Das Schutzbedürfnis der Aktionäre resultiert insofern ausschließlich aus der Eigenkapitalkomponente des Wertpapiers in Form des Aktienerwerbsrechts. Fallen Emissions- und Bezugsgesellschaft auseinander, betreffen die skizzierten Folgen allein die Bezugsgesellschaft. Aus Sicht ihrer Aktionäre macht es keinen Unterschied, 1036
Vgl. Schumann, S. 204. Siehe Hüffer, § 186 AktG Rn. 25, m. w. N. 1038 Siehe oben S. 125 f. 1039 Siehe oben S. 211 ff. 1040 MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 130; K. Schmidt/Lutter-Merkt, § 221 AktG Rn. 8. 1037
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§ 4 Bezugsrechte zugunsten der (Alt-)Aktionäre
ob die Gesellschaft Aktienerwerbsrechte ausgibt, die, wie im Falle der Eigenemission einer Wandelschuldverschreibung, einer eigenen Anleihe oder aber der Anleihe einer Emissionsgesellschaft beigefügt werden.1041 In beiden Fällen ist der Inhaber des Finanzierungsinstrumentes zum Erwerb der Gesellschafterstellung in der Bezugsgesellschaft berechtigt. Diese vergleichbare Interessenlage rechtfertigt eine entsprechende Anwendung des § 221 Abs. 4 AktG auf die Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung, im Rahmen derer die Bezugsgesellschaft die Aktienerwerbsrechte ausstellt, um sie der Anleihe einer anderen Gesellschaft beizufügen.1042 Zu klären bleibt, welcher Inhalt dem gesetzlichen Bezugsrecht in analoger Anwendung des § 221 Abs. 4 AktG zukommt. Gegenstand des Bezugsrechts ist nach dem Wortlaut der Norm die „Wandelschuldverschreibung“; nicht etwa allein ein Abbild der von der Bezugsgesellschaft eingeräumten Rechtsposition. Bei der hier in Rede stehenden Strukturierungsvariante wird die Wandelschuldverschreibung nicht von der Bezugsgesellschaft, sondern von der Emissionsgesellschaft ausgegeben. Das vorstehend anerkannte gesetzliche Bezugsrecht der Anteilseigner der Bezugsgesellschaft nach § 221 Abs. 4 AktG richtet sich insofern auf ein Finanzierungsinstrument, das von einer anderen Gesellschaft emittiert wurde. Dementsprechend lässt sich zunächst andenken, dieses Bezugsrecht gegen die Emissionsgesellschaft zu richten.1043 Diese Vorgehensweise sieht sich indes folgenden Bedenken ausgesetzt: Ein gesetzliches Bezugsrecht wird durch die Mitgliedschaft in einer bestimmten Aktiengesellschaft vermittelt. Es beinhaltet demzufolge eine Rechtsposition des Anteilseigners, die ihn befähigt, sich vor einer Verwässerung seiner Anteile an einer bestimmten Gesellschaft zu schützen.1044 Würde sich ein gesetzliches Bezugsrecht gegen eine andere Gesellschaft richten, verfälschte dies die Rechtsnatur dieses Bezugsrechts, das sich zugleich als Folge und Bestandteil der Mitgliedschaft an einer bestimmten Aktiengesellschaft darstellt. Die besseren Argumente sprechen insofern dafür, das Bezugsrecht des § 221 1041 Siehe zu einem ähnlichen Begründungsansatz im Zusammenhang mit § 221 Abs. 1 AktG oben S. 125 f. 1042 Lutter, FS Kastner, S. 245, 260; Martens, FS Stimpel, S. 621, 631; Schumann, S. 195; Hüffer, § 221 AktG Rn. 73; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 172 f.; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 47; Münch.Hdb.AG-Krieger, § 63 Rn. 33. 1043 In diese Richtung gehen die Ausführungen von Lutter, FS Kastner, S. 245, 260 (bei und in Fn. 51); siehe auch Schumann, S. 204. 1044 Vgl. BGH, Urteil v. 13.03.1978 – II ZR 142/76 – „Kali & Salz“ = BGH, NJW 1978, 1316 ff.; Kort, AG 2002, 369, 370 f.; Henze, BB 2001, 53; Trapp/ Schick, AG 2001, 381, 384; Fuchs, RWS Forum Gesellschaftsrecht (2001), S. 259, 273; Hüffer, § 186 AktG Rn. 2; KK-Lutter, § 186 AktG Rn. 10; GroßkommAktGWiedemann, § 186 Rn. 49 ff.; Spindler/Stilz-Servatius, § 186 AktG Rn. 7.
A. Bezugsrecht auf Wandelschuldverschreibungen
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Abs. 4 AktG auch in analoger Anwendung nicht als Rechtsposition gegenüber der Emissionsgesellschaft, sondern gegenüber der Bezugsgesellschaft zu verstehen.1045 Damit ist gleichzeitig eine Änderung des Inhaltes dieser Rechtsposition verbunden: Das Bezugsrecht stellt sich im analogen Anwendungsbereich des § 221 Abs. 4 AktG als eine Verpflichtung der Bezugsgesellschaft zur effektiven Bezugsrechtsgewährung dar. Die Bezugsgesellschaft hat mittels einer vertraglichen Abrede zwischen ihr und der Emissionsgesellschaft sicherzustellen, dass ihre Aktionäre die von der Emissionsgesellschaft ausgegebenen Wandelschuldverschreibungen beziehen können.1046 Ein derart indirektes, da vertraglich vermitteltes, Bezugsrecht genügt, wie § 186 Abs. 5 AktG zeigt, den aktienrechtlichen Anforderungen; es befähigt die Aktionäre der Bezugsgesellschaft wie im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 221 Abs. 4 AktG durch die Möglichkeit der Teilnahme an der Wandelschuldverschreibungsemission ihre jeweilige Beteiligungsquote aufrechtzuerhalten.1047 3. Ergebnis Im Ergebnis findet § 221 Abs. 4 AktG zugunsten der Anteilseigner der Bezugsgesellschaft bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung analoge Anwendung, wenn die Bezugsgesellschaft die Aktienerwerbsrechte ausstellt, um sie einer Anleihe der Emissionsgesellschaft beizufügen. In inhaltlicher Hinsicht stellt sich ein derartiges Bezugsrecht als Anspruch gegen die Bezugsgesellschaft dar, ihren Anteilseignern den Erwerb der Wandelschuldverschreibungen, die von der Emissionsgesellschaft ausgegeben werden, zu ermöglichen.
III. Bezugsrecht zugunsten der Aktionäre bei Garantieübernahme der Bezugsgesellschaft Auch wenn die Bezugsgesellschaft die in den Wandelschuldverschreibungen verbrieften Aktienerwerbsrechte nicht selbst ausstellt, sondern lediglich eine dahingehende Beschaffungsgarantie übernimmt,1048 stellt sich die Frage nach einer analogen Anwendung des § 221 Abs. 4 AktG. Ausschlaggebend ist insofern wiederum die Vergleichbarkeit der Interessenlage bei 1045 1046 1047 1048
MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 47. Schumann, S. 205 f. MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 47. Ausführlich dazu oben S. 110 ff.
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§ 4 Bezugsrechte zugunsten der (Alt-)Aktionäre
der Eigenemission einer Wandelschuldverschreibung einerseits sowie Emissionsvarianten unter Garantieübernahme der Bezugsgesellschaft andererseits.1049 Diesbezüglich wurde bereits oben – in Bezug auf die Frage nach einer analogen Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG auf diese Ausgabevariante – herausgearbeitet, dass es aus Sicht ihrer Aktionäre keinen Unterschied macht, ob die Bezugsgesellschaft wie bei der Eigenemission einer Wandelschuldverschreibung die Aktienerwerbsrechte unmittelbar ausstellt oder eine entsprechende Beschaffungsgarantie übernimmt.1050 In beiden Fällen verpflichtet sich die Gesellschaft zur Einräumung der Aktionärsstellung, sobald die Rechtspositionen ausgeübt werden. Dieses zu § 221 Abs. 1 S. 1 AktG gefundene Ergebnis beansprucht gleichermaßen für § 221 Abs. 4 AktG Geltung:1051 Auch die Übernahme einer Garantie hat im Ergebnis den Aktienerwerb Gesellschaftsfremder zur Folge, sodass eine Verwässerung der Altanteile zu befürchten steht.1052 Zudem macht auch die Garantieübernahme einen Ausschluss des gesetzlichen Bezugsrechts der Anteilseigner der Bezugsgesellschaft nach § 186 Abs. 3 AktG notwendig, da anderenfalls die dem Wandelschuldverschreibungsgläubiger eingeräumte Rechtsposition, die auf den Erwerb der Aktionärsstellung in der Bezugsgesellschaft gerichtet ist, nicht durch eine Kapitalerhöhung bedient werden kann.1053 Die Interessenlage der Aktionäre der Bezugsgesellschaft entspricht insofern bei der Übernahme einer Beschaffungsgarantie vollumfänglich derjenigen, die eine Eigenemission der Wandelschuldverschreibung mit sich bringt.1054 Mithin ist § 221 Abs. 4 AktG auch dann entsprechend anwendbar, wenn die Bezugsgesellschaft die Bereitstellung der Aktien lediglich garantiert und die Aktienerwerbsrechte nicht selbst ausstellt.1055 Wiederum stellt sich ein derartiges Bezugsrecht in inhaltlicher Hinsicht als Verpflichtung der Bezugsgesellschaft dar, ihren Anteilseignern den Erwerb der Wandelschuldverschreibungen, die von der Emissionsgesellschaft ausgegeben werden, zu ermöglichen.1056
1049
Lutter, FS Kastner, S. 245, 260 f. Ausführlich oben S. 136 f. 1051 Schumann, S. 198. 1052 Lutter, FS Kastner, S. 245, 260 f. 1053 Siehe oben S. 212. 1054 Lutter, FS Kastner, S. 245, 260 f.; Schumann, S. 198. 1055 Lutter, FS Kastner, S. 245, 260 f.; Schumann, S. 198; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 172; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 47. 1056 Siehe oben S. 217. 1050
B. Voraberwerbsrecht auf Wandelschuldverschreibungen
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B. Bezugsrechtsähnliches Voraberwerbsrecht auf Wandelschuldverschreibungen, die mit existierenden Aktien bedient werden Bei der Emission einer Wandelschuldverschreibung können sich die von der Bezugsgesellschaft ausgestellten Aktienerwerbsrechte bzw. ihre Garantieübernahme auch auf existierende Anteile der Bezugsgesellschaft beziehen.1057 Auch für diese Fälle stellt sich die Frage, ob und inwiefern den Anteilseignern der Bezugsgesellschaft ein gesetzliches Bezugsrecht oder ein bezugsrechtsähnliches Voraberwerbsrecht auf die von der Emissionsgesellschaft ausgegebenen Wandelschuldverschreibungen zusteht. Zur Untersuchung dieser Frage wird im Folgenden zunächst die Rechtslage bei der Eigenemission einer Wandelschuldverschreibung, die Aktienerwerbsrechte auf existierende Aktien beinhaltet, aufgezeigt (sub I.), um sodann auf etwaige Besonderheiten einzugehen, die sich ergeben, wenn Bezugs- und Emissionsgesellschaft auseinanderfallen (sub II.).
I. Voraberwerbsrecht bei der Eigenemission einer Wandelschuldverschreibung, die zum Erwerb existierender Anteile berechtigt Richten sich die in einer Wandelschuldverschreibung verbrieften Aktienerwerbsrechte ausschließlich1058 auf eigene, existierende Aktien, ist § 221 AktG nicht anwendbar.1059 Ein gesetzliches Bezugsrecht zugunsten der Aktionäre auf diese Finanzierungsinstrumente kann sich demzufolge nicht aus § 221 Abs. 4 AktG ergeben. Derartige Wertpapiere unterfallen allein dem Anwendungsbereich des § 71 Abs. 1 AktG.1060 Der Wortlaut dieser Vorschrift normiert für Fälle der Wiederveräußerung eigener Anteile kein ausdrückliches gesetzliches Bezugsrecht zugunsten der Anteilseigner. Gleichwohl ist, um einer Einflussnahme der Verwaltung auf die Aktionärsstruktur vorzubeugen,1061 bei der außerbörslichen Veräußerung eigener Anteile ein ungeschriebenes, bezugsrechtsähnliches Voraberwerbsrecht anzuerkennen.1062 1057 Ausführlich zu dieser Ausgabemodalität einer Wandelschuldverschreibung oben S. 117 ff. sowie S. 138 ff. 1058 Können die eingeräumten Aktienerwerbsrechte nach den Anleihebedingungen auch durch neue Aktien bedient werden, unterfällt die Ausgabe der Finanzierungsinstrumente weiterhin § 221 Abs. 1 S. 1 AktG; siehe oben S. 166. 1059 Siehe oben S. 157 ff. 1060 Siehe oben S. 157 ff. 1061 MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 247.
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§ 4 Bezugsrechte zugunsten der (Alt-)Aktionäre
Ein derartiges Voraberwerbsrecht besteht zunächst bei der unmittelbaren Veräußerung eigener Anteile. Wie oben gesehen,1063 stellt aber die Einräumung von Aktienerwerbsrechten eine gestreckte (Anteils-)Veräußerung dar, die ihrerseits dem Veräußerungstatbestand des § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 ff. AktG unterfällt. Konsequenterweise erstreckt sich das ungeschriebene Voraberwerbsrecht auch auf die Emission von Aktienerwerbsrechten. Gibt also die Gesellschaft Aktienerwerbsrechte aus, die zum Erwerb existierender, eigener Aktien berechtigen, kann dies nur unter Beachtung des bezugsrechtsähnlichen Voraberwerbsrechts der Aktionäre erfolgen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Aktienerwerbsrechte isoliert oder in Verbindung mit einem Fremdkapitaltitel als Wandelschuldverschreibung ausgegeben werden:1064 Aus Sicht der Anteilseigner ist allein ausschlaggebend, dass eine Rechtsposition eingeräumt wird, die zum Erwerb eigener Aktien berechtigt. Folglich hat die Gesellschaft auch bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen, die Aktienerwerbsrechte auf existierende Aktien beinhalten, dieses bezugsrechtsähnliche Voraberwerbsrecht der Aktionäre zu beachten.1065 Dem kann dadurch genügt werden, dass den Anteilseignern ein Erwerb der Wandelschuldverschreibungen angeboten wird. Obschon die damit einhergehende Erstreckung des Voraberwerbsrechts auf das gesamte Finanzierungsinstrument in der Praxis aus finanzierungstechnischen Gründen zumeist unumgänglich sein wird,1066 umfasst die Rechtsposition der Aktionäre nicht aus Rechtsgründen die Teilhabe an dem Anleiheelement einer Wandelschuldverschreibung: Während das gesetzliche Bezugsrecht nach § 221 Abs. 4 AktG ausdrücklich die gesamte Wandelschuldverschreibung zum Inhalt hat, wird die Veräußerung eigener Anteile bzw. die Einräumung entsprechender Aktienerwerbsrechte und damit auch das ungeschriebene, bezugsrechtsähnliche Voraberwerbsrecht in § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 ff. AktG nicht in den Zusammenhang mit einem Fremdkapitaltitel gerückt.1067 Wenn 1062 Ausführlich dazu bereits oben S. 156 ff.; so auch Habersack, ZIP 2004, 1121 ff.; Huber, FS Kropff, S. 101, 118; Martens, AG 1996, 337, 341; Reichert/ Harbarth, ZIP 2001, 1441; MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rn. 247; jeweils m. w. N. Anders Piepenburg, BB 1996, 2582, 2584; Benckendorff, S. 280 ff.; Lüken, S. 193 ff., 205 f. 1063 Siehe oben S. 160. 1064 Ausführlich dazu oben S. 160. 1065 Möglich bleibt aber ein Ausschluss dieser Rechtsposition in entsprechender Anwendung des § 186 Abs. 3 AktG; siehe oben S. 155. 1066 Eine einheitliche Behandlung der Wandelschuldverschreibung wird in der Mehrzahl der Fälle deshalb erforderlich sein, da das Aktienerwerbsrecht und der Fremdkapitaltitel in einem Finanzierungsinstrument verbrieft sind (siehe oben S. 64 f.) oder die Ausübung des Aktienerwerbsrechts – wie im Falle einer Wandelanleihe – unmittelbar von dem Fremdkapitaltitel abhängt (siehe oben S. 54 ff.). 1067 Siehe dazu bereits oben S. 168.
B. Voraberwerbsrecht auf Wandelschuldverschreibungen
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also eine Separierung des Aktienerwerbsrechts und des Fremdkapitaltitels möglich ist – denkbar ist dies etwa vor der Zusammenfügung beider Elemente zu einer Optionsanleihe –, kann dem Voraberwerbsrecht der Aktionäre theoretisch auch durch eine bloße Beteiligung an dem Aktienerwerbsrecht entsprochen werden. Im Ergebnis ergibt sich damit aus dem ungeschriebenen Voraberwerbsrecht bei der Wiederveräußerung eigener Anteile eine bezugsrechtsähnliche Rechtsposition, welche die Aktionäre berechtigt, an der Eigenemission einer Wandelschuldverschreibung, die Aktienerwerbsrechte auf eigene, existierende Aktien beinhaltet, teilzuhaben.
II. Besonderheiten beim Auseinanderfallen von Bezugs- und Emissionsgesellschaft Vorstehendes gilt entsprechend, wenn Emissions- und Bezugsgesellschaft bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung, die zum Erwerb existierender Aktien berechtigt, auseinanderfallen und die Bezugsgesellschaft lediglich die Aktienerwerbsrechte ausstellt oder eine dahingehende Garantie übernimmt.1068 Auch in diesen Fällen hat die Bezugsgesellschaft zugunsten ihrer Anteilseigner ein ungeschriebenes Voraberwerbsrecht zu beachten: Sowohl die unmittelbare Ausstellung der Aktienerwerbsrechte als auch die Garantieübernahme unterfällt dem Veräußerungstatbestand des § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 ff. AktG.1069 Ausgehend davon bleibt es aus Sicht der Aktionäre der Bezugsgesellschaft ohne Belang, ob die Aktienerwerbsrechte bzw. die Garantieübernahme mit einer eigenen Anleihe oder derjenigen einer Emissionsgesellschaft zu einem einheitlichen Finanzierungsinstrument verbunden werden. In beiden Fällen verpflichtet sich die Gesellschaft zur Ausgabe eigener Aktien; dies macht auch hier die Annahme eines ungeschriebenen, bezugsrechtsähnlichen Voraberwerbsrechts auf die entsprechenden Wertpapiere zugunsten der Anteilseigner der Bezugsgesellschaft erforderlich. Diesem Voraberwerbsrecht der Aktionäre wird wie im Falle der Eigenemission des Finanzierungsinstrumentes dadurch entsprochen, dass den Aktionären die Möglichkeit des Bezugs der Wandelschuldverschreibungen angeboten wird. Aufgrund des Auseinanderfallens von Bezugs- und Emissionsgesellschaft kann die Bezugsgesellschaft ihrer diesbezüglichen Verpflichtung, wie bereits oben dargestellt,1070 durch eine vertragliche Verein1068 1069 1070
Vgl. zu diesen Strukturierungsmöglichkeiten oben S. 117 f. Ausführlich dazu oben S. 168. Siehe dazu bereits oben S. 217.
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§ 4 Bezugsrechte zugunsten der (Alt-)Aktionäre
barung mit der Emissionsgesellschaft genügen, nach der diese den Anteilseignern der Bezugsgesellschaft die Möglichkeit zu eröffnen hat, die von der Emissionsgesellschaft ausgegebenen Wandelschuldverschreibungen zu beziehen. Im Ergebnis hat die Bezugsgesellschaft auch dann ein bezugsrechtsähnliches Voraberwerbsrecht zugunsten ihrer Anteilseigner zu beachten, wenn sich die von ihr ausgestellten Aktienerwerbsrechte bzw. ihre Garantieübernahme auf eigene, existierende Aktien beziehen. Da die von der Emissionsgesellschaft ausgegebenen Wandelschuldverschreibungen in diesen Fällen nicht zum Erwerb neuer Aktien berechtigen, ergibt sich dieses Erwerbsrecht der Aktionäre nicht aus § 221 Abs. 4 AktG, sondern als ungeschriebene Rechtsposition aus § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 ff. AktG.
C. Bezugsrecht zugunsten der Mutteraktionäre bei Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen auf Anteile an einer Tochtergesellschaft? Auch wenn eine Konzernobergesellschaft eine Wandelschuldverschreibung ausgibt, die Aktienerwerbsrechte auf Anteile an einer Tochtergesellschaft beinhaltet, bleibt zu untersuchen, ob zugunsten der Anteilseigner der Muttergesellschaft ein Bezugsrecht oder bezugsrechtsähnliches Voraberwerbsrecht besteht. Derartige Aktienerwerbsrechte können mittels einer Kapitalerhöhung in der Tochtergesellschaft oder aber einer Beteiligungsveräußerung auf Ebene der Muttergesellschaft bedient werden.1071 Für beide Bedienalternativen werden in der Literatur Bezugsrechte bzw. bezugsrechtsähnliche Erwerbsrechte der Mutteraktionäre auf die Anteile an der Tochtergesellschaft diskutiert.1072 Damit stehen gleichzeitig korrespondierende Rechtspositionen bei der Ausgabe von Aktienerwerbsrechten im Raum: Wenn den Mutteraktionären bei Kapitalerhöhungen in einer Tochtergesellschaft oder bei Beteiligungsveräußerungen ein Bezugsrecht oder ein äquivalentes Vorerwerbsrecht auf Aktien einer Tochtergesellschaft eingeräumt wird, könnte dies auch für die Ausgabe entsprechender Aktienerwerbsrechte gelten. Dies zeigt sich insbesondere in § 221 Abs. 4 AktG, der für den Fall, dass Wandelschuldverschreibungen aus einer Kapitalerhöhung bedient wer1071
Siehe oben S. 176. Siehe Becker/Fett, WM 2001, 549 553 ff.; Busch/Groß, AG 2000, 503 ff.; Fleischer, ZHR 165 (2001), 515, 541 ff.; Fuchs, RWS Forum Gesellschaftsrecht (2001), S. 259, 271 f.; Habersack, WM 2001, 545 ff.; Lutter, AG 2000, 342 ff.; ders., AG 2001, 349 ff.; Lüders/Wulff, BB 2001, 1209 ff.; Trapp/Schick, AG 2001, 381 ff.; Kowalewski, S. 317 ff.; GroßkommAktG-Hirte, § 202 Rn. 207; HB börsennotierte AG-Meyer, § 8 Rn. 46 ff. 1072
C. Bezugsrecht zugunsten der Mutteraktionäre
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den,1073 die Anwendung der Regelungen über das gesetzliche Bezugsrecht (§ 186 AktG) bereits hinsichtlich der Wandelschuldverschreibung anordnet. Ausgangspunkt der Untersuchung eines etwaigen Bezugsrechts zugunsten der Mutteraktionäre bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung, die zum Erwerb von Tochteranteilen berechtigt, ist damit die Frage, ob Kapitalerhöhungen in Tochtergesellschaften sowie Beteiligungsveräußerungen ein Bezugsrecht zugunsten der Anteilseigner der Muttergesellschaft nach sich ziehen. Basierend auf dem dabei gefundenen Ergebnis lässt sich jeweils die Frage nach einer entsprechenden Rechtsposition bereits bei der Wandelschuldverschreibungsemission klären.1074 Die nachfolgende Darstellung dieser Problematik unterscheidet demgemäß danach, ob die Anteile zur Bedienung der in den Wandelschuldverschreibungen verbrieften Aktienerwerbsrechte aus einer Tochterkapitalerhöhung oder aus einer Beteiligungsveräußerung auf Ebene der Muttergesellschaft stammen.1075
I. Bezugsrecht der Mutteraktionäre bei Bedienung der Wandelschuldverschreibungen durch Kapitalerhöhung in Tochtergesellschaft Werden die in einer Wandelschuldverschreibung verbrieften Aktienerwerbsrechte aus einer Kapitalerhöhung in der Tochtergesellschaft bedient, kann der Ausgabe derartiger Finanzierungsinstrumente in analoger Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG ein Hauptversammlungsbeschluss der Konzernobergesellschaft vorzuschalten sein.1076 Darüber hinaus kommt zum Schutz der Mutteraktionäre eine entsprechende Anwendung des § 221 Abs. 4 AktG und damit ein gesetzliches Bezugsrecht auf die ausgegebenen Wertpapiere in Betracht. Dies setzt aber voraus, dass die zur Bedienung der Aktienerwerbsrechte erforderliche Kapitalerhöhung in der Tochtergesell1073
Siehe zur Beschränkung des Anwendungsbereiches von § 221 AktG auf Wandelschuldverschreibungen, die mit neuen Aktien bedient werden, oben S. 157 ff. 1074 Die folgende Diskussion beschränkt sich auf die Frage nach der Existenz eines unbedingten Bezugsrechts bzw. Voraberwerbsrechts zugunsten der Aktionäre der Konzernobergesellschaft. Siehe zu der darüber hinausgehenden Frage, ob ausnahmsweise das Zuteilungsermessen des Vorstandes bei der Ausgabe von Anteilen an einer Tochtergesellschaft reduziert sein kann und darauf basierend die Mutteraktionäre in Ausnahmefällen an der Emission zu beteiligen sind, im Überblick Fuchs, RWS Forum Gesellschaftsrecht (2001), S. 259, 277 f.; vgl. auch Hüffer, § 186 AktG Rn. 40. 1075 Siehe zu diesen Bedienalternativen oben S. 176. 1076 Ausführlich oben S. 196.
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§ 4 Bezugsrechte zugunsten der (Alt-)Aktionäre
schaft zugunsten der Anteilseigner der Konzernobergesellschaft ihrerseits eine entsprechende Rechtsposition entstehen lässt. 1. Bezugsrecht der Mutteraktionäre bei Tochterkapitalerhöhungen Zur Begründung eines gesetzlichen Bezugsrechts zugunsten der Mutteraktionäre bei Kapitalerhöhungen in einer Tochtergesellschaft können vornehmlich zwei Gesichtspunkte herangezogen werden:1077 Eine derartige Rechtsposition könnte sich entweder bereits aus § 186 Abs. 1 AktG ergeben oder aber aus der Holzmüller-Rechtsprechung1078 des BGH ableitbar sein. a) Bezugsrecht zugunsten der Mutteraktionäre aus § 186 Abs. 1 AktG analog? Möglicherweise ergibt sich ein gesetzliches Bezugsrecht zugunsten der Mutteraktionäre bei Kapitalerhöhungen in einer Tochtergesellschaft bereits aus § 186 Abs. 1 AktG. Das Bezugsrecht nach § 186 Abs. 1 S. 1 AktG steht demjenigen zu, der im Zeitpunkt des Wirksamwerdens einer Kapitalerhöhung Aktionär ist.1079 Es stellt sich als unmittelbare Folge der Mitgliedschaft in einer Gesellschaft dar.1080 De lege lata erstreckt sich der Aktionärsschutz durch Bezugsrechte insofern nicht auf Kapitalmaßnahmen in anderen Gesellschaften;1081 dies gilt auch für Kapitalmaßnahmen in einer Tochtergesellschaft.1082 Vielmehr ist bei Tochterkapitalerhöhungen allein die Obergesellschaft als Anteilseignerin der Tochtergesellschaft bezugsberechtigt.1083 Dabei ist die Muttergesellschaft nicht einmal verpflichtet, 1077 Siehe Lutter, AG 2000, 342 ff.; ders., AG 2001, 349 ff.; ausführlich zur Herleitung eines bezugsrechtsähnlichen Voraberwerbrechts aus Mitgliedschaftsrechten bzw. Treuepflichten, wie es Lutter für Fälle unterhalb der sog. Holzmüller-Eingriffschwelle annimmt, unten S. 230 ff. 1078 Siehe oben S. 179. 1079 Fleischer, ZHR 165 (2001), 513, 543; Spindler/Stilz-Servatius, § 186 AktG Rn. 7. 1080 Habersack, WM 2001, 545, 548; Trapp/Schick, AG 2001, 381, 384; Zöllner, AG 2002, 585; Kowalewski, S. 351; GroßkommAktG-Wiedemann, § 186 Rn. 60 f.; Hüffer, § 186 AktG Rn. 8; KK-Lutter, § 186 AktG Rn. 17; MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rn. 13. Siehe insbesondere im Zusammenhang mit genehmigtem Kapital BGH, Urteil v. 23.06.1997 – II ZR 132/93 = BGH, NJW 1997, 2815 ff.; vgl. Cahn, ZHR 164 (2000), 113 ff.; Habersack, DStR 1998, 533, 536 f. 1081 Siehe zur aktionärsschützenden Funktion des Bezugsrechts bei Kapitalerhöhungen Zöllner, AG 2002, 585. 1082 Trapp/Schick, AG 2001, 381, 384; GroßkommAktG-Wiedemann, § 186 Rn. 66 ff.
C. Bezugsrecht zugunsten der Mutteraktionäre
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ihre Aktionäre zum Bezug neuer Aktien ihrer Tochtergesellschaft zuzulassen.1084 Unmittelbar ist § 186 AktG bei Kapitalerhöhungen in Tochtergesellschaften insofern nicht anwendbar. In Betracht kommt aber eine analoge Anwendung dieser Vorschrift. Namentlich von Lutter wird dies unter Verweis auf die Gefahr einer Vermögensverwässerung zulasten der Mutteraktionäre befürwortet.1085 Andere Ansätze stellen bereits das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke als Grundvoraussetzung einer Analogie in Abrede; trotz einer diesbezüglichen Diskussion in der Literatur hätte der Gesetzgeber im Rahmen mehrerer Änderungen des § 186 AktG1086 eine konzerndimensionale Erweiterung des Bezugsrechts der Aktionäre nicht vorgenommen.1087 Diesem Verweis auf die fehlende Regelungslücke bleibt entgegenzuhalten, dass die hier in Rede stehende Diskussion um die Reichweite des gesetzlichen Bezugsrechts in aller Ausführlichkeit erst im Jahr 2000 aufkam1088 und aus der gesetzgeberischen Aktivität in Bezug auf § 186 AktG im Jahre 20021089 schwerlich auf eine umfassende bewusste Nichtregelung konzernübergreifender Bezugsrechte geschlossen werden kann.1090 Ausschlaggebend erscheint vielmehr, ob die Interessenlagen der Anteilseigner der Muttergesellschaft bei einer Kapitalerhöhung in der Tochtergesellschaft einerseits und einer solchen in der Muttergesellschaft andererseits vergleichbar sind.1091 Dafür könnte sprechen, dass durch die – mit der Kapitalerhöhung einhergehende – Aufnahme fremder Gesellschafter in die Tochtergesellschaft der Einfluss der Konzernobergesellschaft auf diese Tochtergesellschaft abnimmt und durch die Teilhaberechte der neuen (Tochter-)Aktionäre gleichzeitig Vermögenspositionen der Mutteraktionäre beeinträchtigt werden können.1092 Ob daraus aber eine analoge Anwendbar1083
Kort, AG 2002, 369, 370; Trapp/Schick, AG 2001, 381, 384. Kort, AG 2002, 769, 371 f.; Trapp/Schick, AG 2001, 381, 384; Hüffer, § 186 AktG Rn. 8. 1085 Lutter, AG 2000, 342, 343; ders., AG 2001, 349, 350. 1086 Etwa in Form der Einfügung des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG durch das „Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts“ v. 02.08. 1994, BGBl. I 1961, sowie der Neufassung des § 186 Abs. 2 AktG durch das TransPuG v. 19.07.2002, BGBl. I 2681. 1087 Busch/Groß, AG 2000, 503, 508. 1088 Siehe Lutter, AG 2000, 342 ff.; Pellens/Fülbier, FAZ v. 15.05.2000, S. 32. 1089 Vgl. die Neufassung von § 186 Abs. 2 AktG durch das TransPuG; siehe Fn. 1086. 1090 Lüders/Wulff, BB 2001, 1209, 1212 (bei und in Fn. 28); ausführlich Kowalewski, S. 325 f. 1091 Kort, AG 2002, 369, 370 f.; Fuchs, RWS Forum Gesellschaftsrecht (2001), S. 259, 273. 1092 Lutter, AG 2000, 342, 343; ders., AG 2001, 349, 350. 1084
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§ 4 Bezugsrechte zugunsten der (Alt-)Aktionäre
keit des § 186 AktG zu folgern ist, bleibt fraglich. Dagegen spricht zunächst, dass der Schutzzweck des § 186 AktG bei Tochterkapitalerhöhungen nicht berührt ist:1093 Mittels eines Bezugsrechts wird es Aktionären ermöglicht, bei Kapitalmaßnahmen ihren Anteil an Stimmrechtsmacht und Vermögenssubstanz im Verhältnis ihrer Beteiligung am Grundkapital zu erhalten.1094 Die Mutteraktionäre sind aber lediglich am Grundkapital der Muttergesellschaft und nicht an demjenigen der Tochtergesellschaft beteiligt. Dies steht einem Rückgriff auf die Zwecksetzung des § 186 AktG bei Tochterkapitalerhöhungen entgegen,1095 da sich durch die Aufnahme neuer Aktionäre in die Tochtergesellschaft weder das Stimmgewicht der Mutteraktionäre noch ihre quotale Beteiligung an der Obergesellschaft verändern.1096 Gleichzeitig erscheint damit die Annahme einer vergleichbaren Interessenlage bei Kapitalerhöhungen in einer Tochtergesellschaft einerseits und in der Muttergesellschaft andererseits bedenklich. Abgesehen davon steht die Annahme eines Bezugsrechts zugunsten der Mutteraktionäre in analoger Anwendung des § 186 Abs. 1 AktG konzeptionell in engem Zusammenhang mit der Betonung der Leitungsfunktion der Hauptversammlung der Muttergesellschaft im Konzernverbund.1097 Dieser Ansatz ist aber, wie oben gezeigt, mit der Gelatine-Rechtsprechung des BGH nicht in Einklang zu bringen.1098 Im Ergebnis überwiegen damit die Bedenken gegen die Ableitung eines gesetzlichen Bezugsrechts zugunsten der Mutteraktionäre bei Kapitalerhöhungen in einer Tochtergesellschaft aus § 186 AktG.1099
1093 Fuchs, RWS Forum Gesellschaftsrecht (2001), S. 259, 272 f. Anders Lüders/ Wulff, BB 2001, 1209, 1212, für Fälle, in denen das Platzierungsvolumen die Schwellenwerte der Holzmüller-Entscheidung überschreitet; Kowalewski, S. 323 ff. 1094 BGH, Urteil v. 13.03.1978 – II ZR 142/76 – „Kali & Salz“ = BGH, NJW 1978, 1316 ff.; Kort, AG 2002, 369, 370 f.; Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 508 ff.; Henze, BB 2001, 53; Trapp/Schick, AG 2001, 381, 384; Fuchs, RWS Forum Gesellschaftsrecht (2001), S. 259, 273; Hüffer, § 186 AktG Rn. 2, m. w. N. 1095 Kort, AG 2002, 369, 370 f.; Götz, AG 1984, 85, 87; Fleischer, ZHR 165 (2001) 513, 543; Fuchs, RWS Forum Gesellschaftsrecht (2001), S. 259, 272; Habersack, WM 2001, 545, 546. 1096 Mülbert, S. 417; Trapp/Schick, AG 2001, 381, 384. 1097 Grundlegend Lutter, FS H. Westermann, S. 374 ff.; ders., FS Stimpel, S. 825 ff.; ders., FS Fleck, S. 169 ff.; vgl. auch Fleischer, ZHR 165 (2001), 513, 543. 1098 Vgl. dazu bereits oben S. 183; Becker/Fett, WM 2001, 549, 554; Henze, FS Ulmer, S. 211, 238. 1099 So auch Becker/Fett, WM 2001, 549, 554 f.; Busch/Groß, AG 2000, 503, 508; Fleischer, ZHR 165 (2001), 513, 543; jeweils m. w. N.
C. Bezugsrecht zugunsten der Mutteraktionäre
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b) Ableitung eines Bezugsrechts zugunsten der Mutteraktionäre aus der Holzmüller/Gelatine-Rechtsprechung? Möglicherweise streitet aber die Holzmüller/Gelatine-Rechtsprechung des BGH für ein Bezugsrecht zugunsten der Mutteraktionäre; entweder bereits in isolierter Betrachtung1100 oder in Verbindung mit § 186 AktG.1101 In der Holzmüller-Entscheidung führt der BGH aus, dass er die Hauptversammlung der Muttergesellschaft zur Entscheidung darüber befugt sieht, ob eine Kapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts der Konzernobergesellschaft durchgeführt oder „ob etwa das Bezugsrecht [. . .] ausgeschlossen und stattdessen ihren Aktionären in entsprechender Anwendung des § 186 Abs. 1, 2, 5 AktG ein Bezugsrecht eingeräumt werden soll“.1102 Daraus wird teilweise geschlossen, dass der BGH damit ein Bezugsrecht zugunsten der Mutteraktionäre anerkannt habe.1103 Andere Autoren betonen demgegenüber, dass die Holzmüller-Entscheidung maßgeblich die Kompetenzverteilung zwischen Vorstand und Aktionären im Blick habe.1104 Die besseren Argumente sprechen für letztere Ansicht. In der Holzmüller-Entscheidung steht nicht eine konzerndimensionale Übertragung von aktienrechtlichen Schutzregimen, wie etwa dem gesetzlichen Bezugsrecht bei Kapitalerhöhungen, in Rede, sondern allein die Beteiligung der Mutteraktionäre in rein kompetenzieller Hinsicht:1105 Der BGH betont zunächst, dass Maßnahmen in der Tochtergesellschaft die Einholung eines Zustimmungsbeschlusses in der Obergesellschaft verlangen.1106 Allein anlässlich dieses Beschlusses können die Aktionäre der Obergesellschaft gleichzeitig beschließen, das Bezugsrecht der Muttergesellschaft auszuschließen und es stattdessen den Aktionären der Obergesellschaft einzuräumen.1107 Eines derartigen Konstruktes hätte es nicht bedurft, wäre das Gericht von einem 1100
Vgl. Lutter, AG 2000, 342, 343 f. So etwa Lüders/Wulff, BB 2001, 1209, 1212 f., die § 186 AktG allein dann analog anwenden wollen, wenn es sich um eine wesentliche Kapitalmaßnahme in einer wesentlichen Tochtergesellschaft handelt; mithin, wenn die Eingriffsschwellen der Holzmüller-Entscheidung überschritten sind; so auch Ziegler, S. 218 ff. 1102 BGH, NJW 1982, 1703, 1708. 1103 Lutter, AG 2000, 342, 343; zustimmend etwa Kowalewski, S. 320 f.; Ziegler, S. 190 f.; vgl. dazu bereits Martens, ZHR 147 (1983), 377, 410. 1104 Ausführlich etwa Busch/Groß, AG 2000, 503, 506; Fuchs, RWS Forum Gesellschaftsrecht (2001), S. 259, 271 f.; Kort, AG 2002, 369, 371, 373; Trapp/Schick, AG 2001, 381, 385 f. 1105 Busch/Groß, AG 2000, 503, 506; Fuchs, RWS Forum Gesellschaftsrecht (2001), S. 259, 271 f.; Kort, AG 2002, 369, 371, 373; Trapp/Schick, AG 2001, 381, 385 f. 1106 BGH, NJW 1982, 1703, 1708. 1107 BGH, NJW 1982, 1703, 1708; vgl. Trapp/Schick, AG 2001, 381, 388. 1101
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§ 4 Bezugsrechte zugunsten der (Alt-)Aktionäre
unmittelbaren Bezugsrecht zugunsten der Aktionäre der Obergesellschaft ausgegangen.1108 Dann nämlich wären die Mutteraktionäre per se bezugsberechtigt und müssten nicht erst das Bezugsrecht der Obergesellschaft ausschließen. Insofern scheint auch der BGH lediglich von einem Bezugsrecht zugunsten der Obergesellschaft als Anteilseignerin an der Tochtergesellschaft auszugehen. Dieses Bezugsrecht der Muttergesellschaft kann nach dem Willen ihrer Aktionäre an Letztere weitergeleitet werden.1109 In dieser Sichtweise kommt damit nicht das Postulat einer gefestigten Rechtsposition im Sinne eines (konzerndimensionalen) Bezugsrechts zum Ausdruck. Vielmehr anerkennt der BGH Situationen, in denen die Vorteile des eigentlich der Muttergesellschaft zustehenden Bezugsrechts nicht bei dieser verbleiben, sondern nach dem Willen der Hauptversammlung an die Aktionäre weiterzuleiten sind.1110 Diese vom BGH verfolgte Konzeption rückt den Hauptversammlungsbeschluss, anhand dessen das Bezugsrecht der Obergesellschaft zugunsten ihrer Aktionäre ausgeschlossen wird, in die Nähe eines eine Ausschüttung beschließenden Gewinnverwendungsbeschlusses (§ 174 AktG), da sich wirtschaftliches Agieren mit und in der Tochtergesellschaft und damit gleichzeitig die Erlangung der vermögenswerten Position eines Bezugsrechts auf Tochteraktien letztlich als gewinnbringendes Wirtschaften der Muttergesellschaft darstellt. Vorstehendes spricht dagegen, aus der Holzmüller-Entscheidung des BGH ein Bezugsrecht zugunsten der Mutteraktionäre bei Tochterkapitalerhöhungen abzuleiten. Die hier vertretene Interpretation des Holzmüller-Urteils lässt sich anhand der nachfolgenden Gelatine-Entscheidung bestätigen: Der BGH knüpft zwar in dieser Entscheidung mehrfach unmittelbar an die Holzmüller-Rechtsprechung an. Dabei stehen aber allein Kompetenzfragen im Mittelpunkt; die Frage nach einem Bezugsrecht zugunsten der Mutteraktionäre wird weder thematisiert noch angesprochen.1111 c) Zwischenergebnis Im Ergebnis lassen sich weder aus § 186 Abs. 1 AktG noch aus der Holzmüller/Gelatine-Rechtsprechung des BGH ein gesetzliches Bezugsrecht zugunsten der Mutteraktionäre bei Kapitalerhöhungen auf Ebene der Tochtergesellschaft herleiten.
1108 1109 1110 1111
Fuchs, RWS Forum Gesellschaftsrecht (2001), S. 259, 271 f. Habersack, WM 2001, 545, 546; Trapp/Schick, AG 2001, 381, 386. Habersack, WM 2001, 545, 546. BGH, NZG 2004, 571, 572 f.
C. Bezugsrecht zugunsten der Mutteraktionäre
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2. Folgerungen für die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen Aus diesem Befund lassen sich für die Frage nach einem Bezugsrecht zugunsten der Anteilseigner der Konzernobergesellschaft bei der Emission von Wandelschuldverschreibungen, die zum Erwerb von Anteilen aus einer Tochterkapitalerhöhung berechtigen, folgende Schlüsse ziehen: Besteht bereits bei Kapitalerhöhungen in einer Tochtergesellschaft kein Bezugsrecht zugunsten der Mutteraktionäre, so kommt eine derartige Rechtsposition erst recht nicht in Betracht, wenn Wandelschuldverschreibungen ausgegeben werden, die auf diesem Wege bedient werden. Der Schutz der Aktionäre bei der Einräumung von Aktienerwerbsrechten kann nicht weiter gehen als im Rahmen der Kapitalmaßnahme zu ihrer Bedienung. Aus diesem Grund findet § 221 Abs. 4 AktG zugunsten der Mutteraktionäre bei der Ausgabe entsprechender Finanzierungsinstrumente keine (analoge) Anwendung. Dies steht nicht im Widerspruch dazu, dass die Ausgabe von Aktienerwerbsrechten, die aus einer Tochterkapitalerhöhung bedient werden, in analoger Anwendung des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG eine Zustimmung der Mutteraktionäre erfordern kann:1112 Die Tatsache, dass bei der Ausgabe eines Finanzierungsinstrumentes § 221 Abs. 1 AktG, nicht aber Absatz 4 derselben Vorschrift, Anwendung findet, ist Ausdruck des lediglich flankierenden Schutzgehaltes dieser Norm.1113 Dieser Schutz kann nicht weiter gehen, als die Beteiligung der Aktionäre in der Hauptsache, also bei der Kapitalmaßnahme zur Bedienung der in den Wandelschuldverschreibungen verbrieften Aktienerwerbsrechte. § 221 Abs. 1 AktG findet allein dann (entsprechende) Anwendung, wenn auch die Kapitalerhöhung in der Tochtergesellschaft eines Hauptversammlungsbeschlusses in der Muttergesellschaft bedarf.1114 Demgegenüber kommt nach der hier vertretenen Auffassung ein Bezugsrecht der Mutteraktionäre auf Tochteraktien weder in analoger Anwendung des § 186 AktG noch unter Verweis auf die Holzmüller/GelatineJudikatur des BGH in Betracht. Demzufolge erübrigt sich gleichzeitig ein Rückgriff auf den Schutz des § 221 Abs. 4 AktG.
1112 1113 1114
Siehe oben S. 194 f. Siehe oben S. 123 f. Siehe oben S. 194 f.
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§ 4 Bezugsrechte zugunsten der (Alt-)Aktionäre
II. Bezugsrecht der Mutteraktionäre bei Bedienung der Wandelschuldverschreibungen durch Beteiligungsveräußerungen Wandelschuldverschreibungen, die zum Erwerb von Anteilen an einer Tochtergesellschaft berechtigen, können neben einer Kapitalerhöhung in der Tochtergesellschaft auch durch eine Beteiligungsveräußerung auf Ebene der Muttergesellschaft bedient werden. Auch in diesen Fällen stellt sich die Frage nach einem gesetzlichen Bezugsrecht der Mutteraktionäre. Im Rahmen der nachfolgenden Darstellung wird wiederum zunächst untersucht, ob bei Beteiligungsveräußerungen ein Bezugsrecht der Anteilseigner der Konzernobergesellschaft besteht; erst basierend auf dem dabei gefundenen Ergebnis lässt sich beurteilen, ob eine derartige Rechtsposition bereits dann anzunehmen ist, wenn entsprechende Aktienerwerbsrechte ausgegeben werden. 1. Bezugsrecht oder bezugsrechtsähnliche Rechtsposition bei Beteiligungsveräußerungen Im Falle einer Beteiligungsveräußerung kommt die Ableitung eines gesetzlichen Bezugsrechts zugunsten der Mutteraktionäre aus § 186 Abs. 1 AktG nicht in Betracht: Sowohl für eine unmittelbare als auch für eine analoge Anwendung fehlt es an einem Bezug zu einer satzungsändernden Kapitalmaßnahme als geeignetem Ansatzpunkt.1115 Insofern kann es im Rahmen von Beteiligungsveräußerungen allein um ein bezugsrechtsähnliches Vorerwerbsrecht der Mutteraktionäre gehen. Bereits oben wurde dargestellt, dass der Holzmüller-Judikatur des BGH gerade kein Bezugsrecht zugunsten der Mutteraktionäre zu entnehmen ist. Demzufolge kann diese Rechtsprechung auch nicht für ein Voraberwerbsrecht bei der Veräußerung von Tochteranteilen in Anspruch genommen werden. Damit liegt der Schwerpunkt der Diskussion in diesen Fällen auf der Herleitung eines Vorerwerbsrechts aus dem Mitgliedschaftsrecht eines Aktionärs (a)) sowie aus Treuepflichten (b)). a) Voraberwerbsrecht als Ausprägung der Mitgliedschaft? Teilweise wird ein Vorerwerbsrecht zugunsten der Mutteraktionäre unter Verweis auf das Mitgliedschaftsrecht eines Aktionärs begründet; durch eine zu niedrige Bemessung des Veräußerungspreises stehe für die Aktionäre die Gefahr eines Wertverlustes ihrer Mitgliedschaft im Raum.1116 Für diese An1115 Trapp/Schick, AG 2001, 381, 384; so auch Lutter, AG 2000, 342, 343 f.; Lüders/Wulff, BB 2001, 1209, 1213.
C. Bezugsrecht zugunsten der Mutteraktionäre
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sicht lässt sich insbesondere anführen, dass ein rechtswidriger Eingriff in die Mitgliedschaft anerkannterweise Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche nach sich ziehen kann.1117 Damit sind indes Bedenken gegen die Herleitung eines Vorerwerbsrechts aus der Mitgliedschaft nicht ausgeräumt: Die Mitgliedschaft eines Aktionärs versteht sich als subjektives Recht sui generis, das sich aus mitgliedschaftlichen Teilhabe-, Schutz- und Vermögensstammrechten sowie den aus der Mitgliedschaft erwachsenden Pflichten zusammensetzt.1118 Seine Mitgliedschaftsrechte schützen den Aktionär insbesondere vor einer Anteilsverwässerung im Rahmen von Kapitalmaßnahmen. § 186 AktG und der in dieser Vorschrift verbürgte Schutz der quotalen Beteiligung ist insofern unmittelbare Ausprägung der Mitgliedschaft.1119 Der dahingehende Schutzzweck des § 186 AktG ist indes in den Fällen einer Beteiligungsveräußerung in Ermangelung einer Kapitalerhöhung gerade nicht berührt, da sich die quotale Beteiligung eines Aktionärs dadurch nicht ändert.1120 Kann insofern zur Rechtfertigung eines Voraberwerbsrechts aus der Mitgliedschaft nicht auf die Wertung des § 186 AktG zurückgegriffen werden, kommen allein etwaige, mit einer Beteiligungsveräußerung unter Wert einhergehende, Vermögensbeeinträchtigungen als Begründungsansatz in Betracht. Dies erscheint indes deshalb problematisch, da die Interessen der Aktionäre bei einer Beteiligungsveräußerung in gleicher Weise betroffen sind wie im Falle einer sonstigen Veräußerung von Gesellschaftsvermögen:1121 Nicht nur Beteiligungsveräußerungen, sondern auch die Veräußerung anderer Vermögensgegenstände unter Wert kann zu Lasten des Vermögens einer Aktiengesellschaft gehen und damit die Vermögensposition eines Aktionärs beeinträchtigen.1122 Dieser Gefahr begegnet das Aktiengesetz aber nicht mittels der Annahme eines Voraberwerbsrechts, sondern typischerweise durch schadensersatzbewehrte Sorgfaltspflichten des Vorstandes.1123 Im Ergebnis sieht sich die Annahme eines Vorerwerbsrechts unter Verweis auf die mitgliedschaftliche Stellung eines Aktionärs durchgreifenden Bedenken ausgesetzt.1124 1116
In diese Richtung geht etwa die Argumentation von Lutter, AG 2000, 342,
344. 1117
Fleischer, ZHR 165 (2001), 513, 545. Habersack, WM 2001, 545, 548; Lutter, AcP 180 (1980), 84, 97 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 19 I 3: Habersack, S. 62 ff. Gegen Qualifizierung der Mitgliedschaft als subjektives Recht, Hadding, FS Steindorff, S. 31, 38 ff. 1119 Siehe oben S. 224. 1120 Kowalewski, S. 351. 1121 Habersack, WM 2001, 545, 548; Fuchs, RWS Forum Gesellschaftsrecht (2001), S. 259, 273; siehe auch Götz, AG 1984, 85, 88. 1122 Habersack, WM 2001, 545, 548. 1123 Vgl. Busch/Groß, AG 2000, 503, 507. 1118
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§ 4 Bezugsrechte zugunsten der (Alt-)Aktionäre
b) Voraberwerbsrecht auf der Grundlage von Treuepflichten? Namentlich Lutter verweist zur Begründung eines Bezugsrechts zugunsten der Mutteraktionäre bei Beteiligungsveräußerungen unterhalb der Schwellenwerte der Holzmüller-Entscheidung überdies auf Treuepflichten der Verwaltung; der Vorstand verwalte das Vermögen der Anteilseigner und handele insofern als Treuhänder.1125 Bei Beteiligungsveräußerungen seien die Aktionäre mit Blick auf ihre Vermögensinteressen in ähnlicher Weise betroffen wie im Rahmen einer Kapitalerhöhung in einer nichtbörsennotierten Aktiengesellschaft; daher sei die Verwaltung aus der ihr obliegenden Treuepflicht verpflichtet, den Aktionären in Anlehnung an § 186 AktG ein bezugsrechtsähnliches Vorerwerbsrecht einzuräumen.1126 Dem ist zunächst zuzugeben, dass mit jeder Beteiligungsveräußerung die Gefahr einer Veräußerung unter Wert einhergeht, durch die Vermögensinteressen der Aktionäre beeinträchtigt werden können. Ob daraus indes unter Verweis auf Treuepflichten ein bezugsrechtsähnliches Vorerwerbsrecht gefolgert werden kann, erscheint diskussionsbedürftig. Zunächst bestehen unmittelbare Treuepflichten des Vorstands gegenüber den Aktionären einer Aktiengesellschaft gerade nicht.1127 Vorstand und Aktionäre sind nicht durch ein unmittelbares fiduziarisches Band verbunden.1128 Nach § 93 AktG ist der Vorstand allein im Verhältnis zur Gesellschaft zu sorgfältiger Geschäftsführung verpflichtet. Konsequenz dieses Ansatzes ist es, dass der Vorstand im Falle einer Pflichtverletzung allein der Gesellschaft und nicht den Aktionären gegenüber schadensersatzpflichtig ist.1129 Dem einzelnen Aktionär ist es sogar verwehrt, diesen Anspruch der Gesellschaft im Wege der Prozessstandschaft geltend zu machen.1130 Daraus folgt zunächst, dass der Vorstand im Rahmen einer Beteiligungsveräußerung der Pflicht zur sorgfältigen Geschäftsführung gegenüber der Gesellschaft unterliegt. Verstößt er gegen diese Pflicht, etwa indem er eine Beteiligung unter Wert veräußert, resultiert daraus eine Schadensersatzverpflichtung gegenüber der Gesellschaft. Im Ergebnis stellen sich eingebüßte Gewinnchan1124
Fleischer, ZHR 165, (2001), 513, 545; Habersack, WM 2001, 545, 548; Kowalewski, S. 350 f. 1125 Lutter, AG 2001, 349, 351. 1126 Lutter, AG 2001, 349, 351. 1127 Siehe Fleischer, ZHR (2001), 513, 544; Fuchs, RWS Forum Gesellschaftsrecht (2001), S. 259, 275; Habersack, WM 2001, 545, 548 f.; Kort, AG 2002, 369, 372 f.; jeweils m. w. N. 1128 Fleischer, ZHR (2001), 513, 544. 1129 Habersack, WM 2001, 545, 549; Lüders/Wulff, BB 2001, 1209, 1213. 1130 Habersack, WM 2001, 545, 549; siehe auch Baums, Gutachten F, S. 239 ff.; Krieger, ZHR 163 (1999), 343 ff.; Ulmer, ZHR 163 (1999), 290 ff.
C. Bezugsrecht zugunsten der Mutteraktionäre
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cen nach diesem Haftungsregime als solche der Gesellschaft und nicht als Vermögenspositionen der einzelnen Aktionäre dar.1131 Bereits dies spricht gegen die Herleitung eines Voraberwerbsrechts auf der Grundlage von Treuepflichten. Überdies ist Ansatzpunkt sowohl für einen Ersatzanspruch nach § 93 AktG als auch für die Annahme eines Vorerwerbsrechts ein Verlust, den die Gesellschaft im Falle einer Beteiligungsveräußerung unter Wert erleidet.1132 Wenn aber der Gesellschaft aufgrund dieses Verlustes ein Schadensersatzanspruch gegen die Verwaltung zusteht, entfällt damit gleichzeitig dieser Schaden als Anknüpfungspunkt eines Vorerwerbsrechts zugunsten der Anteilseigner. Aus Sicht der Aktionäre wird der durch die Beteiligungsveräußerung unter Wert erlittene Schaden durch den Ersatzanspruch der Gesellschaft gegenüber dem Vorstand kompensiert.1133 Dem wird man entgegenhalten können, dass ein Voraberwerbsrecht eigene Vermögensinteressen der Gesellschafter und nicht diejenigen der Gesellschaft schützen soll.1134 Indes laufen in den Fällen der Beteiligungsveräußerung beide Interessen parallel, da das eigene Vermögensinteresse der Gesellschafter in diesen Fällen unmittelbar von dem Wertbestand der Gesellschaft abhängig ist.1135 Auch unter diesem Gesichtspunkt sieht sich die Herleitung eines Vorerwerbsrechts aus Treuepflichten der Verwaltung erheblichen Bedenken ausgesetzt. Für ein Vorerwerbsrecht zugunsten der Muttergesellschaft wird man schließlich auch nicht auf Treueverpflichtungen der Aktiengesellschaft gegenüber ihren Gesellschaftern verweisen können.1136 Zwar sind derartige Treuepflichten in Literatur und Rechtsprechung grundsätzlich anerkannt.1137 Daraus indes ein Voraberwerbsrecht herzuleiten, erscheint nicht vorbehaltslos möglich: Zum einen sind diese Treuepflichten der Gesellschaft darauf 1131
Fleischer, ZHR (2001), 513, 544; vgl. auch Grundmann, S. 425 ff. Lutter, AG 2001, 349, 351. 1133 Habersack, WM 2001, 545, 549. 1134 Lutter, AG 2001, 349, 351. 1135 Habersack, WM 2001, 545, 549. 1136 Siehe Fuchs, RWS Forum Gesellschaftsrecht (2001), S. 259, 275; Habersack, WM 2001, 545, 549; Kort, AG 2002, 369, 372 f.; Wackerbarth, AG 2002, 14, 20. Anders Becker/Fett, WM, 2001, 549, 556, die aus der Treuepflicht der Gesellschaft gegenüber ihren Aktionären und daraus, dass es dem Vorstand einer Aktiengesellschaft verhindert ist, Einfluss auf die Beteiligungsstruktur zu nehmen, ein allgemeines Zuteilungsprivileg folgern wollen. Dieses stellt sich indes lediglich als Bezugsrecht unter anderem Namen dar (so Lutter, AG 2001, 349, 352) und ist damit in gleicher Weise den dargestellten Einwänden ausgesetzt; ausführlich Fuchs, RWS Forum Gesellschaftsrecht (2001), S. 259, 276 f. 1137 Lutter, ZHR 162 (1998), 164 ff., 176 ff.; Habersack, WM 2001, 545, 549; Hennrichs, AcP 195 (1995), 221, 242 ff.; Hüffer, § 53a AktG Rn. 2, 13 ff. 1132
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§ 4 Bezugsrechte zugunsten der (Alt-)Aktionäre
gerichtet, dem einzelnen Aktionär eine ungehinderte und sachgemäße Wahrnehmung seiner Mitgliedschaftsrechte zu ermöglichen und alles zu unterlassen, was diese Rechte beeinträchtigen kann. Die Treuepflicht der Gesellschaft ist insofern als Schutzpflicht zu verstehen. Demgegenüber steht bei der Einräumung eines Vorerwerbsrechts ein Teilhaberecht der Aktionäre im Mittelpunkt, welches über den Inhalt eines Schutzrechts hinausgeht. Abgesehen davon würde der Ausgangspunkt einer derartigen Treuepflichtverletzung wiederum in einer Beteiligungsveräußerung unter Wert liegen: Unabhängig von der Frage, ob ein sorgfaltswidriges Handeln des Vorstandes der Gesellschaft nach § 31 BGB zuzurechnen ist,1138 würde damit gleichzeitig ein Haftungs- und Schutzregime geschaffen, welches der Grundkonzeption des § 93 AktG zuwiderliefe.1139 Nach dieser Vorschrift ist allein die Gesellschaft zum Ersatz berechtigt, wenn pflichtwidrig das Vermögen der Gesellschaft geschädigt wurde.1140 Damit sprechen die besseren Argumente gegen die Herleitung eines Voraberwerbsrechts unter Berufung auf Treuepflichten der Verwaltung.1141 2. Zwischenergebnis und Folgen für die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen Im Ergebnis zieht die Veräußerung von Beteiligungen an einer Tochtergesellschaft kein Bezugsrecht oder bezugsrechtsähnliches Voraberwerbsrecht zugunsten der Mutteraktionäre nach sich. Eine derartige Rechtsposition kann weder aus § 186 AktG noch aus der Mitgliedschaft oder Treuepflichten abgeleitet werden. Daraus lässt sich für die Ausgangfrage nach einem gesetzlichen Bezugsrecht bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung, die zum Erwerb von Tochteranteilen aus einer Beteiligungsveräußerung berechtigt, folgender Schluss ziehen: Wenn den Mutteraktionären bereits im Zuge der Beteiligungsveräußerung kein gesetzliches Bezugsrecht zusteht, kommt eine entsprechende Rechtsposition erst recht nicht in Betracht, wenn Wandelschuldverschreibungen ausgegeben werden, deren Aktienerwerbsrechte auf diesem 1138
Habersack, WM 2001, 545, 549. Habersack, WM 2001, 545, 549. 1140 Hüffer, § 93 AktG Rn. 11 ff., 31. 1141 Dem steht nicht entgegen, dass oben S. 148 ff. ein Voraberwerbsrecht zugunsten der Aktionäre bei der Wiederausgabe eigener Aktien angenommen wurde: Während es dort um die Einflussnahme auf die Beteiligungsstruktur der betroffenen Gesellschaft selbst ging, steht hier die Beteiligung an einer Tochtergesellschaft in Rede; vgl. auch Fuchs, RWS Forum Gesellschaftsrecht (2001), S. 259, 275; Kowalewski, S. 333. 1139
C. Bezugsrecht zugunsten der Mutteraktionäre
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Wege bedient werden. Wiederum kann der Schutz der Aktionäre bei der Ausgabe von Aktienerwerbsrechten nicht weitergehen als derjenige im Rahmen der Kapitalmaßnahme zu ihrer Bedienung.1142
III. Zusammenfassung Gibt eine Konzernobergesellschaft Wandelschuldverschreibungen aus, deren Aktienerwerbsrechte mittels einer Tochterkapitalerhöhung oder einer Beteiligungsveräußerung bedient werden, besteht zugunsten der Mutteraktionäre kein gesetzliches Bezugsrecht oder bezugsrechtsähnliches Voraberwerbsrecht. Dies folgt unmittelbar daraus, dass entsprechende Rechtspositionen weder bei Kapitalerhöhungen in einer Tochtergesellschaft noch bei Beteiligungsveräußerungen anzunehmen sind.
1142
Siehe oben S. 205.
§ 5 Anwendungsbereich des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG A. Einführung und Problemaufriss Jede Zeichnung von Aktien zieht gleichzeitig die Verpflichtung nach sich, eine entsprechende Einlage zu leisten.1143 Dies gilt auch dann, wenn die Aktien durch die Ausübung eines in einer Wandelschuldverschreibung verbrieften Aktienerwerbsrechts gezeichnet werden. In diesen Fällen richtet sich die Einlageschuld zumeist auf eine Geldzahlung.1144 Ist keine Bareinlage, sondern eine Sacheinlage geschuldet, sind Spezialvorschriften über die Einbringung von Sacheinlagen zu beachten, anhand derer den mit der Einbringung von Sachen verbundenen Bewertungs- und Seriositätsproblemen begegnet werden soll.1145 Die Einlage kann auch durch Hingabe einer Schuldverschreibung, die eine Forderung verbrieft, geleistet werden.1146 Entsprechend lässt sich die aus der Ausübung eines Aktienerwerbsrechts resultierende Einlageverpflichtung auch mittels Hingabe des der Wandelschuldverschreibung zugrunde liegenden Fremdkapitaltitels erfüllen.1147 Dabei unterliegt die Einbringung von Forderungen grundsätzlich den Regelungen über die Einbringung von Sacheinlagen.1148 Vor diesem Hintergrund erklärt sich § 194 Abs. 1 S. 2 AktG:1149 Diese Vorschrift ordnet für die Emission von Wandelanleihen1150 an, dass die Hingabe einer Schuldverschreibung im Umtausch gegen Bezugsaktien aus einer bedingten Kapitalerhöhung1151 gerade nicht als Sach1143
Siehe §§ 54 Abs. 1, 66 AktG; MünchKommAktG-Bayer, § 66 Rn. 6. MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 229. 1145 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 27 II 4, m. w. N. 1146 GroßkommAktG-Röhricht, § 27 Rn. 71. 1147 MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 229. 1148 Siehe BGH, Urteil v. 15.01.1990 – II ZR 164/88 = BGH, NJW 1990, 982, 985; vgl. auch GroßkommAktG-Röhricht, § 27 Rn. 71 ff.; Hüffer, § 27 AktG Rn. 24 f.; MünchKommAktG-Pentz, § 27 Rn. 29, 113. 1149 § 194 AktG entspricht weitgehend § 183 AktG. Beide Vorschriften stellen an die Leistung von Sacheinlagen besondere Anforderungen, um die reale Kapitalaufbringung umfassend zu gewährleisten; vgl. Schumann, S. 66. 1150 Siehe zur Erstreckung des Anwendungsbereiches von § 194 Abs. 1 S. 2 AktG auf Optionsanleihen unten S. 249 ff. 1151 Siehe zur Anwendbarkeit der Vorschrift auf reguläre Kapitalerhöhungen bzw. genehmigtes Kapital unten S. 261 ff. 1144
A. Einführung und Problemaufriss
237
einlage gilt.1152 Dies hat zur Folge, dass die Ausgabe der Wandelanleihe und der eigentliche Umtauschvorgang nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Einbringung von Sacheinlagen zu genügen haben.1153 Das Gesetz stellt insofern im Rahmen der Einlageleistung nicht auf die Einbringung der Anleiheforderung ab. Vielmehr wird der zunächst auf die Anleihe geleistete Barbetrag1154 – kraft der in der Umtauscherklärung liegenden vertraglichen Causaänderung1155 – als Einlage gesehen.1156 Mit der Umtauscherklärung gibt der Wandelanleihegläubiger zugleich seine Rechtsposition aus dem Anleiheschuldverhältnis auf;1157 darin liegt die „Hingabe der Schuldverschreibung“ i. S. d. § 194 Abs. 1 S. 2 AktG. Damit stellt sich die Leistung auf die Anleihe als Bareinlage auf die im Rahmen des Umtauschvorgangs begehrten Aktien aus einer bedingten Kapitalerhöhung dar.1158 Diese Ausnahme von der Publizitäts- und Bewertungskontrolle für Sacheinlagen erklärt sich daraus, dass der Gesetzgeber im Rahmen des Umtausches einer zuvor ausgegebenen Wandelanleihe keine erheblichen Fehlbewertungen fürchtete und gleichzeitig die Emission von Wandelanleihen sowie den Umtauschvorgang als solchen komplikationslos zu gestalten suchte, um die Verkehrsfähigkeit dieser Finanzierungsinstrumente zu erhöhen.1159 Der auf die Anleihe gezahlte Betrag ist mithin als antizipierte Einlage auf das Kapital anzusehen.1160 Dabei wird von Seiten des Gesetzgebers gleichzeitig in Kauf genommen, dass die Teilschuldverschreibung im Zeitpunkt der Wandelung weniger wert sein kann als die eigentlich geschuldete Einlageleistung.1161 Ausreichend ist es vielmehr, dass der aufgrund der Wandelung als Einlage zu qualifizierende Betrag der Gesellschaft bereits früher basierend auf einem Anleiheschuldverhältnis zugeflossen ist.1162 1152 GroßkommAktG-Frey, § 197 Rn. 22; MünchKommAktG-Fuchs, § 194 Rn. 5 ff. 1153 Siehe zu diesen Anforderungen Hüffer, § 194 AktG Rn. 6; MünchKommAktG-Fuchs, § 194 Rn. 18 ff.; jeweils m. w. N. 1154 Wird die Wandelanleihe gegen eine Sachleistung ausgegeben, findet § 194 Abs. 1 S. 2 AktG keine Anwendung, da anderenfalls durch die Zwischenschaltung einer (kurzfristigen) Wandelanleihe eine Umgehung der Sacheinlagevorschriften möglich wäre; Karollus, ZIP 1994, 589, 597; Münch.Hdb.AG-Krieger, § 57 Rn. 24; KK-Lutter, § 194 AktG Rn. 4; MünchKommAktG-Fuchs, § 194 Rn. 8. 1155 Ausführlich dazu oben S. 56 ff. 1156 MünchKommAktG-Fuchs, § 194 Rn. 6, 7. 1157 Siehe oben S. 56 ff. 1158 Vgl. HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 61 ff.; Hüffer, § 194 AktG Rn. 4; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 230. 1159 Vgl. GroßkommAktG-Frey, § 194 Rn. 26, 27, m. w. N. 1160 KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 138, ders., a. a. O., § 194 AktG Rn. 3. 1161 Siehe Schumann, S. 68 ff.; MünchKommAktG-Fuchs, § 194 Rn. 7. 1162 Schumann, S. 67.
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§ 5 Anwendungsbereich des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG
Zu untersuchen verbleibt, ob und inwiefern § 194 Abs. 1 S. 2 AktG auch dann Anwendung findet, wenn Bezugs- und Emissionsgesellschaft bei der Ausgabe einer Wandelanleihe1163 auseinanderfallen. In diesen Fällen kann die von § 194 Abs. 1 S. 2 AktG geforderte „Hingabe der Schuldverschreibung“ durch den Wandelanleihegläubiger – in Abhängigkeit von den jeweiligen Anleihebedingungen und der Ausgestaltung der Emission als eigennützige1164 oder fremdnützige1165 – auf zweierlei Weise erfolgen: Zunächst kann sie sich wie im Rahmen einer herkömmlichen Wandelanleihe als Aufgabe der Rechtsposition aus der Anleihe durch den Wandelanleihengläubiger darstellen.1166 Dies kommt dann in Betracht, wenn die Bezugsgesellschaft kraft einer Garantieübernahme in den Anleihebedingungen unmittelbar in das Anleiheschuldverhältnis als Schuldnerin einbezogen ist.1167 Soweit demgegenüber die Emissionsgesellschaft Schuldnerin der Anleihe bleibt,1168 erfordert die „Hingabe“ der Schuldverschreibung im Zuge des Umtauschvorgangs eine Abtretung des Anleiherückgewähranspruchs des Wandelanleihegläubigers an die Bezugsgesellschaft.1169 Zweifel an der Anwendbarkeit des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG ergeben sich in diesen Fällen daraus, dass der Anleihebetrag nicht wie bei der Ausgabe einer herkömmlichen Wandelanleihe als antizipierte Einlage unmittelbar der Bezugsgesellschaft zugute kommt. Der Nennbetrag der Anleihe wird vielmehr an die Emissionsgesellschaft geleistet.1170 Im Folgenden wird zunächst der Frage nachgegangen, ob und inwiefern eine Leistung an die Emissionsgesellschaft aus Sicht der Bezugsgesellschaft als Bareinlage gewertet werden kann (sub B.), um basierend auf dem dabei gefundenen Ergebnis die Reichweite des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG für Ausgabevarianten einer Wandelanleihe zu diskutieren, in deren Rahmen Bezugs- und Emissionsgesellschaft auseinanderfallen (sub C.). Abschließend bleibt zu untersuchen, ob sich der Anwendungsbereich des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG auch auf die Ausgabe von Optionsanleihen er1163 Siehe zur Erstreckung des Anwendungsbereiches auf Optionsanleihen ausführlich unten S. 249 ff. 1164 Siehe oben S. 76 f. 1165 Siehe oben S. 75. 1166 Siehe oben S. 56 ff. 1167 Im Rahmen fremdnütziger Strukturierungen übernimmt die Bezugsgesellschaft zumeist eine Garantie zur Absicherung des Anleiherückgewährschuldverhältnisses; siehe oben S. 75; Schumann, S. 115 ff. 1168 Im Rahmen eigennütziger Strukturierungen erfolgt die Ausgabe der Wandelanleihe auf Rechnung der Emissionsgesellschaft. Das Anleiheschuldverhältnis besteht allein zwischen ihr und dem Anleihegläubiger; siehe oben S. 76 f. 1169 MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 235. 1170 Siehe oben S. 75 ff.
B. Leistung an Emissionsgesellschaft als Bareinlage?
239
streckt (sub D.) und ob die Anwendung der Vorschrift eine bedingte Kapitalerhöhung voraussetzt (sub E.).
B. Leistung an Emissionsgesellschaft als Bareinlage auf Aktien der Bezugsgesellschaft? Möglicherweise liegt, ungeachtet der Tatsache, dass der Anleihebetrag nicht an die Bezugsgesellschaft, sondern an die Emissionsgesellschaft geleistet wurde, eine „Hingabe der Schuldverschreibung“ i. S. d. § 194 Abs. 1 S. 2 AktG bereits dann vor, wenn die Rechtsposition aus dem Anleiheschuldverhältnis durch den Wandelanleihengläubiger aufgegeben oder diese Rechtsposition im Zuge des Umtauschvorgangs auf die Bezugsgesellschaft übertragen wird. Dies wäre der Fall, wenn eine Leistung an die Emissionsgesellschaft aus Sicht der Bezugsgesellschaft als Bareinlage auf die von ihr ausgegebenen Aktien aus einer bedingten Kapitalerhöhung qualifiziert werden kann:1171 Wenn die gegenüber der Bezugsgesellschaft bestehende Verpflichtung zur Bareinlage auch durch Leistung an die Emissionsgesellschaft erfüllbar ist, spricht dies gleichzeitig dafür, dass auch der an die Emissionsgesellschaft gezahlte Anleiheerlös in eine Einlage umgewandelt werden und damit i. S. d. § 194 Abs. 1 S. 2 AktG als antizipierte Bareinlage auf Aktien der Bezugsgesellschaft gesehen werden kann.
I. Erfüllung der Bareinlageverpflichtung durch Leistung an Tochtergesellschaft? Teilweise wird, zumindest für konzerninterne Sachverhalte, die Ansicht vertreten, dass im Rahmen einer bedingten Kapitalerhöhung die Bareinlage auf Aktien der Muttergesellschaft auch durch (Bar-)Leistung an eine Tochtergesellschaft erbracht werden kann.1172 Dafür wird vorgebracht, dass Kapitalmaßnahmen der Obergesellschaft nicht singulär betrachtet werden dürften; es handele sich vielmehr um eine Maßnahme der Konzernfinanzierung.1173 Konsequenterweise dürfe auch die Leistung der Einlage nicht isoliert auf die Obergesellschaft gesehen werden.1174 Ausreichend sei, dass die Einlage auf Veranlassung des Vorstandes der Konzernobergesellschaft 1171 Vgl. GroßkommAktG-Frey, § 194 Rn. 36 ff.; MünchKommAktG-Fuchs, § 194 Rn. 10. 1172 GroßkommAktG-Frey, § 194 Rn. 36 ff.; MünchKommAktG-Fuchs, § 194 Rn. 10; Spindler/Stilz-Rieckers, § 194 AktG Rn. 10. 1173 So die oben in Fn. 1172 Genannten. 1174 MünchKommAktG-Fuchs, § 194 Rn. 10.
240
§ 5 Anwendungsbereich des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG
an die Tochtergesellschaft gezahlt werde.1175 Die Zahlung auf die Anleihe sei im Verhältnis zwischen der Muttergesellschaft als Gläubigerin der Einlageforderung und dem Anleger wie eine schuldbefreiende Zahlung an einen Dritten auf Weisung der Gläubigerin zu behandeln.1176
II. Stellungnahme Die Zahlung des Anleihebetrages, die hier möglicherweise als Erfüllung der Einlageverpflichtung gegenüber der Bezugsgesellschaft zu qualifizieren ist, erfolgt jedenfalls nicht unmittelbar an die kapitalerhöhende Bezugsgesellschaft. Entscheidend ist damit die Frage, ob bzw. in welchen Grenzen im Rahmen einer bedingten Kapitalerhöhung die geschuldete Einlageverpflichtung i. S. d. § 362 Abs. 2 BGB durch Leistung an einen Dritten erfüllt werden kann. 1. Anwendbarkeit der §§ 36 Abs. 2, 54 Abs. 3 AktG im Rahmen der bedingten Kapitalerhöhung? Eine dahingehende Grenze könnte sich auch im Bereich der bedingten Kapitalerhöhung zunächst aus den §§ 36 Abs. 2, 54 Abs. 3 AktG ergeben. Nach diesen Vorschriften ist vor der Anmeldung einer ordentlichen Kapitalerhöhung oder des genehmigten Kapitals eine Einlageleistung an Dritte ausgeschlossen.1177 Selbst mit Zustimmung oder auf Weisung des Vorstandes kann eine Einlageschuld nicht durch Leistung an einen Dritten erfüllt werden.1178 Der unmittelbare Anwendungsbereich dieser Vorschriften ist auf die Anmeldung der Gesellschaft beschränkt.1179 Im Rahmen von Kapitalerhöhungen kommt § 54 Abs. 3 AktG erst über den Verweis in § 36 Abs. 2 AktG zur Geltung, auf den wiederum Vorschriften im Bereich der regulären Kapitalerhöhung (§ 188 Abs. 2 AktG) sowie des genehmigten Kapitals (§§ 203 Abs. 1, 188 Abs. 2 AktG) verweisen.1180 1175
GroßkommAktG-Frey, § 194 Rn. 38. MünchKommAktG-Fuchs, § 194 Rn. 10. 1177 Siehe KK-Lutter, § 54 AktG Rn. 44; MünchKommAktG-Pentz, § 36 Rn. 46; jeweils m. w. N. Auch nach der Anmeldung der Kapitalerhöhung unterliegt die Einlageleistung an Dritte Restriktionen und ist nur dann zulässig, wenn die Aktiengesellschaft dadurch entweder von einer vollwertigen Verbindlichkeit gegenüber dem Dritten befreit wird oder aber ihrerseits eine vollwertige Forderung gegenüber dem Dritten erwirbt; Wiedemann, ZIP 1991, 1257, 1262; MünchKommAktG-Bungeroth, § 54 Rn. 77. 1178 MünchKommAktG-Habersack, § 36 Rn. 46. 1179 Siehe GroßkommAktG-Frey, § 199 Rn. 37. 1180 Wiedemann, ZIP 1991, 1257, 1259; Hüffer, ZGR 1993, 474, 476. 1176
B. Leistung an Emissionsgesellschaft als Bareinlage?
241
Fraglich ist, ob diese Vorschriften auch im Bereich der bedingten Kapitalerhöhung Geltung beanspruchen.1181 Diese Frage stellt sich deshalb, da der Regelungskomplex des bedingten Kapitals gerade nicht auf die §§ 36 Abs. 2, 54 Abs. 3 AktG verweist.1182 Will man dem historischen Gesetzgeber1183 kein schlichtes Vergessen der Einarbeitung einer derartigen Verweisung unterstellen, spricht bereits der fehlende Verweis gegen eine Anwendbarkeit dieser Vorschriften im Bereich der bedingten Kapitalerhöhung. Ein Blick auf die Interessenlagen im Rahmen einer bedingten Kapitalerhöhung einerseits sowie der regulären Kapitalerhöhung bzw. genehmigten Kapitals andererseits bestätigt diese These: § 54 Abs. 3 AktG erleichtert die registerrechtliche Kontrolle im Rahmen der Durchführung einer Kapitalerhöhung.1184 Eine bedingte Kapitalerhöhung aber erfolgt ohne registerrechtliche Kontrolle1185 und ist mit Ausgabe der Bezugsaktien durchgeführt. Anhand der nach § 201 AktG erforderlichen Anmeldung kann das Registergericht die (bedingte) Kapitalerhöhung nicht mehr verhindern.1186 Gegen eine Anwendbarkeit der §§ 36 Abs. 2, 54 Abs. 3 AktG spricht überdies die Tatsache, dass der Vorstand im Rahmen des § 201 Abs. 3 AktG gerade nicht erklären muss, dass die Einlageleistung ihm – wie von § 36 Abs. 2 AktG gefordert – zur freien Verfügung steht.1187 Mithin finden die §§ 36 Abs. 2, 54 Abs. 3 AktG im Rahmen einer bedingten Kapitalerhöhung keine Anwendung.1188 Diese Vorschriften stehen einer Einlagenleistung an Dritte nicht entgegen. 1181 Ablehnend GroßkommAktG-Frey, § 199 Rn. 36 f.; befürwortend MünchKommAktG-Fuchs, § 199 Rn. 13 ff.; jeweils m. w. N. 1182 Siehe GroßkommAktG-Frey, § 199 Rn. 36, 37; MünchKommAktG-Fuchs, § 199 Rn. 13. 1183 Die bedingte Kapitalerhöhung wurde durch die 8. DVO über die Kapitalherabsetzung in erleichterter Form vom 14.03.1934 (RGBl. I, S. 196) eingeführt und erstmals in den §§ 159 ff. AktG 1937 ausführlich geregelt; siehe Schubert, Aktienrechtsreform, S. 1062; ausführlich auch GroßkommAktG-Frey, vor § 192–201 Rn. 31 f. Siehe zu dem vom historischen Gesetzgeber beabsichtigten Zusammenhang der bedingten Kapitalerhöhung und der Bedienung von Wandelschuldverschreibungen Schubert, a. a. O., S. 1062 f.; sowie Fuchs, AG 1995, 433, 446; HB börsennotierte AG-Busch, § 44 Rn. 1; MünchKommAktG-Fuchs, § 192 Rn. 8 f.; GroßkommAktG-Frey, vor §§ 192–201 Rn. 31 ff. 1184 GroßkommAktG-Frey, § 199 Rn. 37. 1185 MünchKommAktG-Fuchs, § 221 Rn. 13. 1186 GroßkommAktG-Frey, § 199 Rn. 37; siehe auch Baumbach/Hueck, § 199 AktG, Rn. 2; v. Godin/Wilhelmi, § 199 AktG, Anm. 4. 1187 GroßkommAktG-Frey, § 199 Rn. 36; siehe zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals „zur freien Verfügung des Vorstands“ insbesondere Hüffer, ZGR 1993, 475, 480 f., m. w. N. 1188 Anders KK-Lutter, § 199 AktG Rn. 15; MünchKommAktG-Fuchs, § 199 Rn. 14, m. w. N.
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§ 5 Anwendungsbereich des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG
2. Zahlung an Dritte als Leistung i. S. d. § 199 Abs. 1 AktG? Das vorstehende Ergebnis lässt indes noch kein abschließendes Urteil dahingehend zu, dass im Zuge einer bedingten Kapitalerhöhung die Einlageleistung an Dritte erfolgen kann.1189 Ausgangspunkt weiterer Überlegungen ist § 199 AktG, der die Anforderungen an die Einlageleistung im Bereich einer bedingten Kapitalerhöhung normiert. Absatz 1 dieser Vorschrift stellt die „volle Leistung des Gegenwertes“ in den Mittelpunkt. Mit „Gegenwert“ ist die aufgrund des Zeichnungsvertrages geschuldete Einlage gemeint.1190 Die Bezugsaktien dürfen somit erst nach der vollständigen Leistung der Einlage ausgegeben werden.1191 Damit nimmt das Gesetz auf allgemeine Kapitalaufbringungsgrundsätze im Rahmen von Kapitalerhöhungen1192 Bezug und will zweierlei sicherstellen:1193 Zunächst soll ein Vermögenszuwachs auf Seiten der kapitalerhöhenden Gesellschaft gewährleistet werden, über den der Vorstand frei verfügen kann; gleichzeitig wird das dem Schutze der Gesellschaftsgläubiger dienende Haftkapital erhöht.1194 Mit Blick auf die hier diskutierte Frage nach der Möglichkeit der Einlageleistung an einen Dritten bedeutet dies Folgendes: Was zunächst die erforderliche Verfügungsmacht des Vorstandes über die Einlagekapitalia anbelangt, so ist diese jedenfalls dann nicht gegeben, wenn an eine konzernexterne Gesellschaft geleistet wurde. Erfolgt also eine Barzahlung an eine konzernexterne Drittgesellschaft, kann diese Zahlung bereits deshalb nicht als Bareinlageleistung auf Aktien einer anderen Gesellschaft gesehen werden. Anders wäre möglicherweise zu entscheiden, wenn die Barzahlung an eine 100%-ige Finanzierungstochter geleistet wird. In diesen Fällen lässt sich argumentieren, dass der Vorstand der kapitalerhöhenden Konzernobergesellschaft über den Barbetrag verfügen kann.1195 Gleichwohl bleibt die 1189 Vgl. Martens, AG 1992, 209, 214 f.; siehe aber auch GroßkommAktG-Frey, § 199 Rn. 36, 37; ders., a. a. O., § 194 Rn. 36 ff. 1190 MünchKommAktG-Fuchs, § 199 Rn. 8. 1191 GroßkommAktG-Frey, § 199 Rn. 32; Hüffer, § 199 AktG Rn. 7; KK-Lutter, § 199 AktG Rn. 12; MünchKommAktG-Fuchs, § 199 Rn. 9. 1192 Siehe MünchKommAktG-Fuchs, § 199 Rn. 14, der allerdings daraus die entsprechende Anwendbarkeit der §§ 188 Abs. 2 S. 2, 54 Abs. 3, 36 Abs. 2 AktG folgert; so auch Münch.Hdb.AG-Krieger, § 57 Rn. 39; Hüffer, § 199 AktG Rn. 7; KKLutter, § 199 AktG Rn. 15. 1193 Siehe Henze, BB 2002, 955, 956. 1194 Henze, BB 2002, 955, 956; siehe auch BGH, Versäumnisurteil v. 18.03.2002 – II ZR 363/00 = BGH, BB 2002, 957 ff. 1195 Davon geht etwa GroßkommAktG-Frey, § 199 Rn. 37 a. E. aus.
B. Leistung an Emissionsgesellschaft als Bareinlage?
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Anerkennung einer Zahlung an eine Tochtergesellschaft als Bareinlageleistung auf Aktien der Konzernobergesellschaft Bedenken ausgesetzt: Im Zuge einer Kapitalerhöhung wird gleichzeitig das Haftkapital einer Gesellschaft erhöht.1196 Aufgrund des sog. Trennungsprinzips sind die Haftungsmassen von Konzerngesellschaften aber grundsätzlich separat zu behandeln;1197 eine konzernweite Haftung besteht gerade nicht.1198 Gläubigern der Muttergesellschaft ist insofern ein unmittelbarer Zugriff auf das Vermögen einer Tochtergesellschaft verwehrt. Aus Sicht der kapitalerhöhenden Konzernobergesellschaft kann damit die Barleistung an eine Tochtergesellschaft nicht zu einer Erhöhung des Haftkapitals führen.1199 Im Ergebnis sprechen damit die besseren Argumente gegen die Anerkennung einer Zahlung an eine Tochtergesellschaft als „volle Leistung des Gegenwertes“ i. S. d. § 199 Abs. 1 AktG im Zuge einer bedingten Kapitalerhöhung in der Konzernobergesellschaft.1200
III. Ergebnis Auch im Rahmen einer bedingten Kapitalerhöhung kann die Einlageverpflichtung nicht durch Leistung an einen Dritten erfolgen. Dies gilt auch dann, wenn die Barzahlung an eine 100%-ige Tochtergesellschaft geleistet wird. Dieser Befund steht gleichzeitig einer vorbehaltslosen Erstreckung der Privilegierung des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG auf die Ausgabe von Wandelanleihen unter Auseinanderfallen von Emissions- und Bezugsgesellschaft entgegen: Kann die gegenüber der Bezugsgesellschaft bestehende Verpflichtung zur Bareinlage nicht durch Leistung an eine andere Gesellschaft bewirkt werden, so kann gleichzeitig die Leistung des Anleihebetrages an die Emissionsgesellschaft nicht i. S. d. § 194 Abs. 1 S. 2 AktG als antizipierte Bareinlage auf Aktien der Bezugsgesellschaft gesehen werden. Allein die Aufgabe der Rechtsposition aus dem Anleiheverhältnis oder eine Übertragung dieser Rechtsposition durch den Wandelanleihegläubiger auf die Bezugsgesellschaft im Zuge des Umtauschvorgangs stellt damit keine „Hingabe der Schuldverschreibung“ i. S. d. § 194 Abs. 1 S. 2 AktG dar, wenn der Anleihebetrag an eine andere Gesellschaft geleistet wurde. 1196
BGH, BB 2002, 957, 958. Siehe ausführlich Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 20 IV; HoldingHBLutter/Trölitzsch, § 7 Rn. 3, 9 ff.; jeweils m. w. N. 1198 Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 20 IV; vgl. im Zusammenhang mit einer Konzernvertrauenshaftung nach schweizerischem Vorbild Broichmann/Burmeister, NZG 2006, 687 ff. 1199 Schumann, S. 71. 1200 Vgl. Martens, AG 1992, 209, 214; Wiedemann, ZIP 1991, 1257, 1260. 1197
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§ 5 Anwendungsbereich des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG
C. Konsequenzen für die Anwendbarkeit des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG bei der Ausgabe von Wandelanleihen unter Auseinanderfallen von Bezugs- und Emissionsgesellschaft Kann insofern die Leistung des Anleihebetrages an die Emissionsgesellschaft die Einlageverpflichtung gegenüber der Bezugsgesellschaft nicht zum Erlöschen bringen, kommt eine (analoge) Anwendung von § 194 Abs. 1 S. 2 AktG allein dann in Betracht, wenn der an die Emissionsgesellschaft geleistete Anleihebetrag nicht bei dieser verbleibt, sondern an die Bezugsgesellschaft weitergeleitet wird.1201 Voraussetzung dafür, die Aufgabe der Rechtsposition aus dem Anleiheschuldverhältnis oder die Übertragung dieser Rechtsposition auf die Bezugsgesellschaft als „Hingabe der Schuldverschreibung“ i. S. d. § 194 Abs. 1 S. 2 AktG klassifizieren zu können, ist mithin, dass der Anleihebetrag der Bezugsgesellschaft zufließt. Dabei ist es ohne Bedeutung, dass die Einlage nicht unmittelbar von dem Einlageverpflichteten, sondern vielmehr von der Emissionsgesellschaft an die Bezugsgesellschaft geleistet wird: Für die Frage nach der Erfüllung der Einlageverpflichtung ist die Person des Leistenden irrelevant; ausschlaggebend ist allein die Leistung an die kapitalerhöhende Gesellschaft als solche.1202 Basierend auf diesen Erkenntnissen werden im Folgenden die Voraussetzungen einer entsprechenden Anwendbarkeit von § 194 Abs. 1 S. 2 AktG auf die Ausgabe von Wandelanleihen diskutiert, wenn Bezugs- und Emissionsgesellschaft auseinanderfallen. Diesbezüglich wird zunächst zwischen rein eigen- und fremdnützigen Anleihemodellen unterschieden (sub I.), um anschließend zu untersuchen, wie sich bei eigennützigen Strukturierungsvarianten eine darlehensweise Überlassung des Anleiheerlöses von der Emissionsgesellschaft an die Bezugsgesellschaft auf die in Frage stehende Anwendung des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG auswirkt (sub II.).
I. Rein eigennützige und rein fremdnützige Strukturierungsvarianten Im Rahmen rein eigennütziger Strukturierungen erfolgt die Emission auf Rechnung der Emissionsgesellschaft. Der Anleiheerlös verbleibt voll1201
Siehe Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 264; Schumann, S. 71; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 234 ff. 1202 Martens, AG 1992, 209, 216; Wiedemann, ZIP 1991, 1257, 1260; Schumann, S. 71, 72.
C. Konsequenzen für die Anwendbarkeit des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG
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umfänglich bei dieser und wird nicht an die Bezugsgesellschaft weitergeleitet.1203 In diesen Fällen erlangt die Bezugsgesellschaft keine Zahlung, die als Erfüllung der Bareinlageverpflichtung des Aktienerwerbers angesehen werden könnte. Damit scheidet nach oben Gesagtem eine (entsprechende) Anwendbarkeit des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG aus.1204 Wird insofern im Zuge des Umtauschvorgangs die Anleiheforderung des Wandelanleihegläubigers gegen die Emissionsgesellschaft auf die Bezugsgesellschaft übertragen, stellt dies eine Sacheinlage dar.1205 Handelt es sich hingegen um eine rein fremdnützige Strukturierung, erfolgt die Emission vollumfänglich auf Rechnung der Bezugsgesellschaft.1206 Die Emissionsgesellschaft nimmt die Anleihe im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsverhältnisses auf Rechnung der Bezugsgesellschaft auf; der Anleiheerlös wird in Erfüllung ihrer (Herausgabe-)Pflicht aus § 667 BGB an die Bezugsgesellschaft weitergeleitet.1207 Damit fließt der gesamte Anleiheerlös unmittelbar an die Bezugsgesellschaft. Die Emissionsgesellschaft tritt als bloßes Emissionsvehikel in Erscheinung.1208 Gleichzeitig ist die Bezugsgesellschaft keinen Rückforderungsansprüchen von Seiten der Emissionsgesellschaft ausgesetzt, die Zweifel an der Werthaltigkeit der Einlageleistung aufkommen lassen.1209 Es besteht insbesondere kein Anspruch der Emissionsgesellschaft gegen die Bezugsgesellschaft auf Freistellung (§ 670 BGB) von der Anleiheschuld im Falle ihrer Inanspruchnahme durch den Wandelanleihegläubiger:1210 Aufgrund der von der Bezugsgesellschaft gegenüber dem Wandelanleihegläubiger abgegebenen Garantieerklärung wird auch das Anleiheschuldverhältnis nach der Emission allein zwischen der Bezugsgesellschaft und dem Anleihegläubiger abgewickelt.1211 Insofern stellt sich aus Sicht der Bezugsgesellschaft und ihrer Gläubiger diese Ausgabevariante nicht anders dar, als hätte sie die gesamte Wandelanleihe selbst ausgegeben. Dies wiederum rechtfertigt eine entsprechende Anwendung des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG auf fremdnützige Anleihemodelle.
1203
Siehe oben S. 76 sowie S. 98. Siehe Schumann, S. 71; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 163; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 234. 1205 MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 234. 1206 Siehe oben S. 75 f. 1207 Schumann, S. 104; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 236. 1208 Siehe oben S. 75 f. 1209 HB börsennotierte AG-Busch, § 42 Rn. 101; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 236; ausführlich zu diesem Aspekt sogleich. 1210 MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 236. 1211 Siehe dazu bereits oben S. 74 f.; Schumann, S. 104. 1204
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§ 5 Anwendungsbereich des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG
II. Weiterleitung des Wandelanleiheerlöses bei eigennützigen Strukturierungen Obschon, wie gezeigt, § 194 Abs. 1 S. 2 AktG im Rahmen rein eigennütziger Anleihemodelle nicht unmittelbar einschlägig ist, bleibt zu untersuchen, ob und inwiefern durch eine Weiterleitung des Anleiheerlöses auch bei eigennützigen Strukturierungsvarianten eine (analoge) Anwendbarkeit der Vorschrift erreicht werden kann.1212 1. Darlehensweise Weiterleitung des Wandelanleiheerlöses Der zunächst auf Rechnung der Emissionsgesellschaft eingezogene Anleiheerlös kann von dieser mithilfe eines Darlehens an die Bezugsgesellschaft weitergeleitet werden.1213 Der Vorstand der Bezugsgesellschaft wird damit befähigt, unmittelbar über den Anleihebetrag zu verfügen. a) (Analoge) Anwendbarkeit des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG allein aufgrund darlehensweiser Weiterleitung des Wandelanleiheerlöses? Fraglich erscheint, ob allein die darlehensweise Weiterleitung des Anleiheerlöses eine analoge Anwendung des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG begründet. Zwar gelangt der Anleiheerlös in diesen Fällen unmittelbar an die Bezugsgesellschaft. Indes ist die Bezugsgesellschaft gleichzeitig einem Darlehensrückzahlungsanspruch gegenüber der Emissionsgesellschaft ausgesetzt. Im Bereich herkömmlicher Kapitalerhöhungen bringt die Gewährung eines Darlehens die Einlageverpflichtung nicht zum Erlöschen.1214 Das Rückforderungsrecht aus dem Darlehensverhältnis steht den Grundsätzen der realen Kapitalaufbringung entgegen.1215 Was im Rahmen einer herkömmlichen Kapitalerhöhung gilt, kann nicht anders beurteilt werden, wenn wie hier die Umwandlung eines Anleiheerlöses in eine Einlageleistung in Rede steht. In beiden Fällen sind allgemeine Grundsätze der Kapitalaufbringung betroffen. Wenn also § 194 Abs. 1 S. 2 AktG anordnet, dass die Hingabe einer Schuldverschreibung nicht als Sacheinlage gilt, setzt dies gleichzeitig vo1212 Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 264 f.; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 235. 1213 Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 264 f.; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 235. 1214 MünchKommAktG-Pentz, § 36 Rn. 49, 55, m. w. N. 1215 Wiedemann, ZIP 1991, 1257, 1262 f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 29 II 1; HB börsennotierte AG-Busch, § 42 Rn. 101; MünchKommAktG-Bungeroth, § 54 Rn. 78.
C. Konsequenzen für die Anwendbarkeit des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG
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raus, dass mit der Hingabe der Schuldverschreibung die sich aus der Emission der Wandelanleihe ergebenden Rechtsbeziehungen vollständig abgewickelt sind und der Anleihebetrag endgültig bei der Bezugsgesellschaft verbleibt. Insofern geht das Gesetz davon aus, dass nach der Ausgabe der Bezugsaktien keinerlei Rückzahlungsansprüche von Seiten des Wandelanleihegläubigers oder von Seiten Dritter in Bezug auf den Anleiheerlös verbleiben. Anderenfalls wäre die Werthaltigkeit der Einlageleistung nicht gesichert; die Grundsätze der realen Kapitalaufbringung1216 wären nicht gewahrt.1217 Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass im Rahmen eigennütziger Strukturierungen1218 im Zuge der Ausübung des Umtauschrechts der Anleiherückzahlungsanspruch des Wandelanleihegläubigers gegen die Emissionsgesellschaft auf die Bezugsgesellschaft übertragen wird:1219 Zwar erlangt die Bezugsgesellschaft auf diesem Wege einen Anspruch gegen die Emissionsgesellschaft, der mit dem Darlehensrückzahlungsanspruch der Emissionsgesellschaft gegen die Bezugsgesellschaft verrechnet werden könnte.1220 Eine Verrechnung scheitert aber dann, wenn die Emissionsgesellschaft vor Ausübung des Umtauschrechts insolvent wird (vgl. § 96 Nr. 1, 2 InsO).1221 Dieses Insolvenzrisiko steht einer Anerkennung des darlehensweise weitergeleiteten Anleihebetrages als Bareinlageleistung auf Aktien der Bezugsgesellschaft entgegen. Die Hingabe des Anleiherückzahlungsanspruchs gegen die Emissionsgesellschaft durch den Wandelanleihegläubiger im Zuge des Umtauschvorgangs kann insofern allein als Sacheinlage gewertet werden.1222 Im Ergebnis scheitert eine analoge Anwendbarkeit des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG an dem auch nach Ausübung des Wandlungsrechts fortbestehenden Darlehensrückzahlungsanspruch der Emissionsgesellschaft gegen die Bezugsgesellschaft.
1216 1217
Siehe MünchKommAktG-Pentz, § 36 Rn. 49, 55, m. w. N. Vgl. Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 264; Wiedemann, ZIP 1991, 1257,
1263. 1218 Im Rahmen fremdnütziger Strukturierungen ist die Bezugsgesellschaft kraft ihrer Garantieerklärung zumeist unmittelbar in das Anleiheschuldverhältnis einbezogen; dazu oben S. 74 f. 1219 Siehe oben S. 238. 1220 MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 235. 1221 Siehe MünchKommInsO-Brandes, § 96 Rn. 6 ff., 20 f.; MünchKommAktGHabersack, § 221 Rn. 235. 1222 Siehe KK-Lutter, § 194 AktG Rn. 10; MünchKommAktG-Fuchs, § 194 Rn. 9.
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§ 5 Anwendungsbereich des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG
b) Erfordernis der Abtretung des Darlehensrückzahlungsanspruches an den Wandelanleihegläubiger Dieses Fortbestehen des Darlehensrückzahlungsanspruches lässt sich dadurch vermeiden, dass die Emissionsgesellschaft diesen Anspruch gegen die Bezugsgesellschaft an den Gläubiger der Wandelanleihe abtritt und gleichzeitig in den Anleihebedingungen vereinbart wird, dass mit der Ausübung des Wandelungsrechts neben dem (Wandel-)Anleiherückzahlungsanspruch1223 auch dieser Darlehensrückzahlungsanspruch vom Wandlungsberechtigten an die Bezugsgesellschaft übertragen wird:1224 In diesen Fällen scheidet die Emissionsgesellschaft gänzlich aus dem Geschehensverlauf aus.1225 Wird das Wandlungsrecht ausgeübt und geht entsprechend der vertraglichen Vereinbarung zwischen Anleihegläubiger und Bezugsgesellschaft der Darlehensrückzahlungsanspruch auf die Bezugsgesellschaft über, erlischt er durch Konfusion.1226 Damit wird vermieden, dass die Bezugsgesellschaft in Bezug auf die Anleiheforderung nach Ausübung des Wandlungsrechts weiteren Ansprüchen von Seiten der Emissionsgesellschaft ausgesetzt ist; dies würde, wie oben gezeigt, eine Anwendbarkeit des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG ausschließen. Allein die Abtretung des Darlehensrückzahlungsanspruches rechtfertigt indes noch keine entsprechende Anwendung des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG: Einer Anwendbarkeit der Vorschrift können nicht nur verbleibende Ansprüche der Emissionsgesellschaft in Bezug auf den darlehensweise weitergeleiteten Anleiheerlös entgegenstehen. Vielmehr können auch entsprechende Ansprüche Dritter eine Anwendbarkeit von § 194 Abs. 1 S. 2 AktG ausschließen. Auch dann wäre eine effektive Kapitalaufbringung nicht gewährleistet.1227 Wird etwa der Darlehensrückzahlungsanspruch vom Wandlungsberechtigten ohne die Rechte aus der Wandelanleihe an einen Dritten übertragen, so bleibt dieser Anspruch des Dritten auch nach Ausübung des Wandlungsrechts bestehen. Damit kann der darlehensweise weitergeleitete Anleiheerlös wiederum nicht als Einlage i. S. d. § 194 Abs. 1 S. 2 AktG angesehen werden.1228 Insofern ist § 194 Abs. 1 S. 2 AktG auch bei Abtretung des Darlehensrückzahlungsanspruches durch die Emissionsgesellschaft an den Wandelanleihegläubiger nur dann analog anwendbar, wenn anhand der Anleihebe1223 1224 1225 1226 1227 1228
Siehe oben S. 238. Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 264. Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 264. MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 235. Vgl. Wiedemann, ZIP 1991, 1257, 1263. Vgl. Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 264 f.
D. Erstreckung des Anwendungsbereiches auf Optionsanleihen
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dingungen eine Abtretbarkeit des Darlehensrückzahlungsanspruches ohne gleichzeitige Übertragung der Rechtsposition aus der Wandelanleihe durch den Anleihegläubiger ausgeschlossen ist.1229 In den Anleihebedingungen kann zu diesem Zweck bestimmt werden, dass jede Verfügung über die Wandelschuldverschreibung auch eine Abtretung des dazugehörigen Darlehensrückzahlungsanspruches begründet und dass die Ausübung des Wandlungsrechts nur bei gleichzeitiger Übertragung dieses Anspruches an die Bezugsgesellschaft zulässig ist.1230 Nur so bleibt gewährleistet, dass die Bezugsgesellschaft in Ansehung des darlehensweise weitergeleiteten Anleihebetrages lediglich Ansprüchen von Seiten des Wandelanleihegläubigers ausgesetzt ist. Allein in diesen Fällen besteht aus Sicht der Bezugsgesellschaft kein Unterschied zu Strukturierungen, im Rahmen derer die gesamte Wandelanleihe von ihr emittiert wird. Diese vergleichbare Interessenlage rechtfertigt eine analoge Anwendung des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG.1231 2. Ergebnis Im Rahmen eigennütziger Strukturierungen kommt eine (entsprechende) Anwendung des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG nur dann in Betracht, wenn der zunächst auf Rechnung der Emissionsgesellschaft eingezogene Anleiheerlös von dieser mithilfe eines Darlehens an die Bezugsgesellschaft weitergeleitet und der Darlehensrückzahlungsanspruch von der Emissionsgesellschaft an den Anleihegläubiger abgetreten wird. Gleichzeitig muss anhand der vertraglich vereinbarten Anleihebedingungen sichergestellt sein, dass dieser Rückzahlungsanspruch nur zusammen mit der Rechtsposition aus der Wandelanleihe abgetreten werden kann.
D. Erstreckung des Anwendungsbereiches von § 194 Abs. 1 S. 2 AktG auf Optionsanleihen Der Anleiheerlös ist nicht nur bei Wandelanleihen zur Tilgung der Einlageschuld bestimmt. Auch bei der Ausgabe von Optionsanleihen kann vereinbart werden, dass der Anleiheerlös entweder mit der Einlageschuld verrechnet oder zu ihrer Tilgung die Anleiheforderung in Zahlung genommen 1229
Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 264 f. Siehe etwa §§ 8 und 13 der Anleihebedingungen der 1 Mrd. Euro 4,25% Wandelschuldverschreibung der Infineon Technologies Holding B.V. 2002/2007 vom Februar 2002. 1231 Vgl. Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 264 f. 1230
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§ 5 Anwendungsbereich des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG
wird.1232 Fraglich bleibt, ob und inwiefern § 194 Abs. 1 S. 2 AktG auch auf derartige zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente anwendbar ist, obwohl der Wortlaut der Vorschrift allein auf den „Umtausch“ einer Schuldverschreibung in Aktien verweist und sich damit auf Wandelanleihen i. S. v. § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 AktG bezieht. Im Folgenden wird zunächst geklärt, ob § 194 Abs. 1 S. 2 AktG grundsätzlich auf die Ausgabe von Optionsanleihen mit Verrechnungsabrede (sub I.) oder Inzahlungnahme der Anleiheforderung (sub II.) Anwendung finden kann, um, basierend auf diesem Ergebnis, zu untersuchen, wie sich in diesen Fällen ein Auseinanderfallen von Bezugs- und Emissionsgesellschaft auswirkt (sub III.).
I. Entsprechende Anwendbarkeit von § 194 Abs. 1 S. 2 AktG bei Optionsanleihen mit Inzahlungnahme der Anleiheforderung Um dem Inhaber einer im Wege der Eigenemission ausgegebenen Optionsanleihe die Ausübung seines Bezugsrechts zu erleichtern, kann die Anleiheforderung zur Erfüllung seiner Einlagepflicht von der Aktiengesellschaft in Zahlung genommen werden.1233 Der Aktienerwerber kann seine Einlagepflicht auch durch Einbringung einer Forderung erfüllen; dies allerdings grundsätzlich nur nach Maßgabe der Regelungen über die Einbringung von Sacheinlagen.1234 Eine Ausnahme von diesem Grundsatz läge dann vor, wenn im vorliegenden Zusammenhang § 194 Abs. 1 S. 2 AktG Anwendung finden würde. Die Einbringung der Anleiheforderung im Gegenzug gegen die Ausgabe der (Bezugs-)Aktien könnte dann als Bareinlage klassifiziert werden. Durch die Verwendung des Terminus „Umtausch“ stellt die Vorschrift einen Zusammenhang zu Wandelanleihen nach § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 AktG her. Im Rahmen der hier in Rede stehenden Optionsanleihen kommt insofern allein eine analoge Anwendung der Vorschrift in Betracht. 1. Analogiefähigkeit des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG Zunächst müsste § 194 Abs. 1 S. 2 AktG analogiefähig sein. Zweifel daran würden dann bestehen, wenn sich die Vorschrift als eng auszulegende 1232
Dazu bereits oben S. 59 f.; vgl. Schumann, S. 63 f. KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 159. 1234 Vgl. GroßkommAktG-Röhricht, § 27 Rn. 71 ff.; Hüffer, § 27 AktG Rn. 24; jeweils m. w. N. 1233
D. Erstreckung des Anwendungsbereiches auf Optionsanleihen
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Ausnahmeregelung allein für Wandelanleihen erweist.1235 § 194 AktG normiert die Einbringung von Sacheinlagen bei bedingten Kapitalerhöhungen, um angesichts der Fehlbewertungsgefahr von Sacheinlagen eine effektive Kapitalaufbringung zu sichern. In diesem Regelungszusammenhang stellt das Gesetz die „Hingabe von Schuldverschreibungen im Umtausch gegen Bezugsaktien“ von den Restriktionen der Einbringung von Sacheinlagen frei, obschon die Einbringung von Fremdkapitaltiteln zur Erfüllung der Einlageverpflichtung nach herkömmlichen Kapitalaufbringungsgrundsätzen als Sacheinlage zu klassifizieren wäre.1236 Die Besonderheit bei der Ausgabe von Wandelanleihen liegt darin, dass der (Bar-)Betrag, auf den sich die Anleiheforderung bezieht, der Gesellschaft bereits im Zeitpunkt der Einräumung des Aktienerwerbsrechts zugeflossen ist. Daraus resultiert die grundsätzliche Frage, ob im Rahmen der Einlageleistung auf ebendiesen bereits geleisteten Barbetrag oder die Einbringung der Anleiheforderung abzustellen ist. In dieser Abgrenzungsfrage zwischen Bar- und Sacheinlage entscheidet sich der Gesetzgeber zugunsten Ersterer und erklärt „die Hingabe der Schuldverschreibung im Umtausch gegen Bezugsaktien“ zur Bareinlage. Damit erlaubt der Gesetzgeber die vollständige rückwirkende Anrechnung der ursprünglich auf die Schuldverschreibung geleisteten Barzahlung als Einlage, ohne dass es auf eine Beurteilung der Werthaltigkeit der Gläubigerforderung im Zeitpunkt der Ausübung des Wandlungsrechts ankäme.1237 Diese Ausnahme von der Publizitäts- und Bewertungskontrolle für Sacheinlagen erklärt sich daraus, dass der Gesetzgeber keine erheblichen Fehlbewertungen fürchtete.1238 Gleichzeitig sollte die Verkehrsfähigkeit dieser Finanzierungsinstrumente gesteigert werden, da ihren Inhabern anderenfalls das vereinbarte Umtauschverhältnis nicht gesichert ist.1239 Für die Qualifizierung der Vorschrift als Ausnahmeregelung allein in Bezug auf Wandelanleihen streitet lediglich der Wortlaut. § 194 Abs. 1 S. 2 AktG verweist auf eingeräumte Umtauschrechte i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 AktG. Demgegenüber können sich Abgrenzungsfragen zwischen Barund Sacheinlagen wie bei der Ausgabe einer Wandelanleihe nicht nur dann ergeben, wenn ein Finanzierungsinstrument nach § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 AktG ausgegeben wird. Sie treten vielmehr immer auf, wenn ein Fremdkapitaltitel zusammen mit einem Aktienerwerbsrecht ausgegeben wird. 1235
Vgl. Larenz/Canaris, S. 175 f.; Pawlowski, S. 217 f. Siehe oben S. 236; Schumann, S. 66; Hüffer, § 27 AktG Rn. 24, m. w. N. 1237 MünchKommAktG-Fuchs, § 194 Rn. 7. 1238 GroßkommAktG-Frey, § 194 Rn. 24, 27. 1239 Siehe GroßkommAktG-Frey, § 194 Rn. 24, 27; MünchKommAktG-Fuchs, § 194 Rn. 7. 1236
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§ 5 Anwendungsbereich des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG
Wäre § 194 Abs. 1 S. 2 AktG als Ausnahmevorschrift allein auf Wandelanleihen zugeschnitten, schlösse dies eine analoge Anwendung der Vorschrift auf andere Finanzierungsinstrumente aus. Dabei erscheint aber kein sachlicher Grund ersichtlich, äquivalent gelagerten Fällen die Privilegierung des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG dann zu versagen, wenn aus Kapitalaufbringungsgesichtspunkten die Interessenlage der Gesellschaft sowie der Gesellschaftsgläubiger vollumfänglich derjenigen bei der Ausgabe einer Wandelanleihe entspricht. Auch in diesen Fällen können Erwägungen zur geringen Fehlbewertungsgefahr sowie zur Steigerung der Verkehrsfähigkeit wandelbarer Finanzierungsinstrumente1240 in gleicher Weise Geltung beanspruchen wie bei einer Wandelanleihe.1241 Im Ergebnis sprechen damit die besseren Argumente dafür, in § 194 Abs. 1 S. 2 AktG eine gesetzgeberische Wertung zu sehen, die besagt, dass eingebrachte Fremdkapitaltitel nicht ausnahmslos als Sacheinlage zu bewerten sind. Allein exemplarisch nimmt der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang auf Wandelanleihen Bezug. Damit ist die entsprechende Anwendbarkeit der Vorschrift auf Fallgestaltungen, im Rahmen derer die Kapitalaufbringungsinteressen der kapitalerhöhenden Gesellschaft und ihrer Gläubiger in vergleichbarer Weise betroffen sind, nicht ausgeschlossen.1242 Mithin ist § 194 Abs. 1 S. 2 AktG nicht als Ausnahmeregelung zu interpretieren, die einer Analogie gänzlich entgegensteht. Die Vorschrift versteht sich vielmehr als gesetzgeberische Grundentscheidung für Abgrenzungsfragen zwischen Bar- und Sacheinlagen, die sich typischerweise, aber nicht ausschließlich, bei der Ausgabe einer Wandelanleihe ergeben.1243 Damit bleibt eine analoge Anwendung der Vorschrift möglich. 2. Vergleichbare Interessenlage bei der Inzahlungnahme der Anleiheforderung Eine analoge Anwendung des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG wäre dementsprechend dann gerechtfertigt, wenn die Interessen der kapitalerhöhenden Gesellschaft und ihrer Gläubiger bei der Inzahlungnahme der Anleiheforderung aus einer Optionsanleihe in gleicher Weise betroffen sind wie bei der Ausgabe einer Wandelanleihe. 1240
GroßkommAktG-Frey, § 194 Rn. 24, 27. MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 237. 1242 MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 237. 1243 Weitergehend noch Karollus, ZIP 1994, 589, 591 ff., der § 194 Abs. 1 S. 2 AktG den Rechtsgedanken entnehmen will, im Bereich der bedingten Kapitalerhöhung generell Fremdkapitaltitel in Eigenkapital umwandeln zu können, ohne die Vorschriften über die Einbringung von Sacheinlagen zu beachten. 1241
D. Erstreckung des Anwendungsbereiches auf Optionsanleihen
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Bei der Ausgabe einer Optionsanleihe löst die Ausübung des Bezugsrechts und das damit einhergehende Zustandekommen eines Zeichnungsvertrages die Verpflichtung zur Einlageleistung aus.1244 In Erfüllung dieser Verpflichtung nimmt die Gesellschaft die Anleiheforderung in Zahlung; diese Forderung erlischt damit durch Konfusion.1245 Wie im Falle der Ausgabe einer Wandelanleihe wird also das Anleihekapital zunächst als Fremdkapital an die Gesellschaft geleistet und soll im Zeitpunkt der Ausübung des Aktienerwerbsrechts in Eigenkapital umgewandelt werden. Die Gefährdung der Gläubiger – deren Schutz die Vorschriften über die Einbringung von Sacheinlagen dienen1246 – geht nicht über diejenige Gefahr hinaus, die bei der Einräumung einer Wandelanleihe auftritt:1247 Aus Sicht der Gesellschaftsgläubiger macht es keinen Unterschied, ob ein Fremdkapitaltitel wie im Falle einer Wandelanleihe durch Aufgabe des Rückzahlungsanspruches1248 oder wie hier durch Konfusion infolge der Inzahlungnahme erlischt. In beiden Fällen steht das Umtauschverhältnis in den Grenzen der gesetzlichen Regelungen zur Unterpari-Emission (§ 199 Abs. 2 AktG bzw. § 9 AktG)1249 mit Ausgabe des Finanzierungsinstrumentes fest.1250 Dieses bereits im Zeitpunkt der Leistung des Anleihebetrages feststehende Umtauschverhältnis unterscheidet die Inzahlungnahme der Anleiheforderung aus einer Optionsanleihe von sonstigen Fällen der Einbringung einer Darlehensforderung gegen die Gesellschaft als (Sach-)Einlage.1251 Damit entspricht die Interessenlage bei der Ausgabe einer Optionsanleihe mit Inzahlungnahme der Anleihe vollumfänglich derjenigen bei Ausgabe einer Wandelanleihe. 1244
MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 237; mit der Ausübung des Bezugsrechts kommt ein Zeichnungsvertrag zwischen der Gesellschaft und dem Ausübungsberechtigten zustande; vgl. dazu oben S. 31 f. 1245 Schumann, S. 68. 1246 Vgl. MünchKommAktG-Pentz, § 27 Rn. 4 ff., m. w. N. 1247 MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 237; ausführlich Schumann, S. 70. 1248 Vgl. zu den Einzelheiten der Ausübung des Umtauschsrechts einer Wandelanleihe oben S. 56 f. 1249 MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 237; auf die Frage, ob Optionsanleihen mit Verrechnungsabrede § 199 Abs. 2 AktG oder § 9 AktG unterfallen (vgl. dazu MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 237; MünchKommAktGFuchs, § 199 Rn. 16), kommt es im vorliegenden Zusammenhang nicht an, da es aus Gläubigersicht ausreichend ist, dass im Falle der Ausgabe einer Optionsanleihe jedenfalls die strengeren Regelungen des § 9 AktG eingehalten sind (siehe MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 237). 1250 Ausführlich Schumann, S. 68 ff. 1251 Siehe GroßkommAktG-Röhricht, § 27 Rn. 71 ff.; Hüffer, § 27 AktG Rn. 24; jeweils m. w. N. Anders wiederum Karollus, ZIP 1994, 589, 591 ff., vgl. oben in Fn. 1243.
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§ 5 Anwendungsbereich des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG
3. Ergebnis § 194 Abs. 1 S. 2 AktG hat sich als grundsätzlich analogiefähig erwiesen. Aus Sicht der Gesellschaft und ihrer Gläubiger macht es keinen Unterschied, ob – wie im unmittelbaren Anwendungsbereich der Vorschrift – die Anleiheforderung aus einer Wandelanleihe im Zuge des Umtauschvorganges erlischt oder diejenige aus einer Optionsanleihe mit Ausübung des Aktienerwerbsrechts in Zahlung genommen wird. Dementsprechend findet § 194 Abs. 1 S. 2 AktG auf die Inzahlungnahme der Anleiheforderung aus einer Optionsanleihe entsprechende Anwendung.
II. Entsprechende Anwendbarkeit von § 194 Abs. 1 S. 2 AktG bei Optionsanleihen mit Verrechnung des Anleihebetrages Anstelle der Inzahlungnahme der Anleiheforderung aus einer Optionsanleihe kann die Einlageverpflichtung mit dem aus der Anleihe zurückzuerstattenden Betrag verrechnet werden.1252 In diesem Fall wird die Anleihe – etwa indem dem Anleihegläubiger ein Kündigungsrecht eingeräumt wird1253 – mit der Ausübung des Bezugsrechts fällig gestellt und gleichzeitig eine Verrechnung der Einlageforderung mit der Forderung auf Rückzahlung der Anleihe vereinbart. Zwar wird dabei nicht die Anleiheforderung als solche als Einlage eingebracht. Gleichwohl geht der zu verrechnende Anleiherückzahlungsanspruch auf eine Forderung gegen die Gesellschaft zurück. Damit könnte diese Verrechnung als verdeckte Sacheinlage1254 zu qualifizieren sein1255 und dem Regelungsregime über die Einbringung von Sacheinlagen unterfallen.1256 Indes greift auch in diesen Fällen die Privilegierung des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG: Wenn bereits die Einbringung der Anleiheforderung nach § 194 Abs. 1 S. 2 AktG nicht als Sacheinlage gilt, muss dies gleichermaßen der Fall sein, wenn der Rückzahlungsanspruch aus dieser Anleiheforderung mit der Einlageforderung der Gesellschaft verrechnet wird. Aus Sicht der kapitalerhöhenden Gesellschaft und ihrer Gläubiger bleibt es ohne Bedeutung, ob die Anleiheforderung unmittelbar eingebracht wird oder eine Verrechnung des entsprechenden Anleiherückzahlungsanspruches mit der Einlageforderung erfolgt.1257 1252
Siehe MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 238. Schumann, S. 64. 1254 Wiedemann, ZIP 1991, 1257, 1262; MünchKommAktG-Pentz, § 27 Rn. 85. 1255 Schumann, S. 76 ff. 1256 Siehe Schumann, S. 76 ff.; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 162. 1257 Schumann, S. 76 ff.; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 162; MünchKommAktGHabersack, § 221 Rn. 238. Die Vorschrift des § 194 Abs. 1. S. 2 AktG verdrängt 1253
D. Erstreckung des Anwendungsbereiches auf Optionsanleihen
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Möglicherweise gilt dies auch dann, wenn anstelle einer Verrechnung im Gesellschaftsvermögen eine Hin- und Herzahlung des Anleihebetrages vereinbart und dieser zunächst an den Optionsanleihegläubiger ausgezahlt wird.1258 Auch hier könnten, obwohl der Anleihebetrag als Barleistung an die Gesellschaft zurückfließt, die Grundsätze über verdeckte Sacheinlagen eingreifen,1259 da wiederum im unmittelbaren Zusammenhang mit der Einlageleistung eine Forderung gegen die Gesellschaft getilgt wird.1260 Fraglich ist, ob auch hier die Privilegierung des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG Anwendung findet: Zwar kommt es in diesen Fällen zunächst zu einem Rückfluss des Anleihebetrages an den Anleihegläubiger. Dies könnte Zweifel an der auch im Rahmen des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG erforderlichen realen Kapitalaufbringung aufkommen lassen, da der Verbleib des Anleiheerlöses in der kapitalerhöhenden Gesellschaft dadurch in Frage gestellt ist.1261 Indes kann die Aktienausgabe erst gegen vollständige Leistung der Einlage (§ 199 Abs. 1 AktG) erfolgen1262 und damit erst dann, wenn der ursprüngliche Anleihebetrag dem Gesellschaftsvermögen wieder zugeflossen ist. Aus Sicht der Gesellschaft und der Gesellschaftsgläubiger macht es aber keinen Unterschied, ob die Einlageverpflichtung durch eine Verrechnung im Gesellschaftsvermögen oder zu einem späteren Zeitpunkt nach der (Wieder-)Einzahlung des Anleihebetrages erlischt. Damit findet § 194 Abs. 1 S. 2 AktG auch dann analoge Anwendung, wenn die Einlageverpflichtung mittels einer Hin- und Herzahlung getilgt werden soll.1263 Die Grundsätze über verdeckte Sacheinlagen beanspruchen in diesen Fällen mithin keine Geltung. Im Ergebnis erstreckt sich der Anwendungsbereich des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG auch auf die Ausgabe einer Optionsanleihe, in deren Anleihebedingungen eine Verrechnung der Einlageforderung mit der Anleiherückzahlungsforderung oder eine Hin- und Herzahlung der entsprechenden Beträge vereinbart ist.1264
für diese Fälle gleichzeitig das Aufrechnungsverbot nach § 66 Abs. 1 S. 2 AktG; vgl. MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 238. 1258 Siehe Schumann, S. 76 ff.; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 162. 1259 Vgl. MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 230, 238; MünchKommAktG-Pentz, § 27 Rn. 111. 1260 Vgl. BGH, NJW 1990, 982, 984 ff.; Wiedemann, ZIP 1991, 1257, 1262; Schumann, S. 76 ff.; MünchKommAktG-Pentz, § 27 Rn. 85, 111. 1261 Siehe oben S. 248. 1262 Siehe oben S. 242. 1263 KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 162; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 238. 1264 Siehe Schumann, S. 76 ff.; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 162.
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§ 5 Anwendungsbereich des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG
III. Anwendbarkeit von § 194 Abs. 1 S. 2 AktG bei Optionsanleiheemissionen unter Auseinanderfallen von Emissions- und Bezugsgesellschaft Fraglich bleibt, ob die sub I. und II. gefundenen Ergebnisse auch dann Bestand haben, wenn bei der Ausgabe derartiger Optionsanleihen Emissions- und Bezugsgesellschaft auseinanderfallen und der Anleiheerlös demzufolge nicht unmittelbar an die kapitalerhöhende Bezugsgesellschaft, sondern an die Emissionsgesellschaft geleistet wurde. Dies wird im Folgenden sowohl für die Inzahlungnahme der Anleiheforderung (sub 1.) als auch für die Vereinbarung einer Verrechnung des Anleiheerlöses (sub 2.) untersucht. 1. Inzahlungnahme der Anleiheforderung Im Rahmen fremdnütziger Strukturierungen leitet die Emissionsgesellschaft den Anleiheerlös aufgrund eines Geschäftsbesorgungsverhältnisses an die Bezugsgesellschaft weiter.1265 Die Anleiherückzahlungsforderung, die von der Bezugsgesellschaft in Zahlung genommen wird, kann sich je nach Ausgestaltung der Anleihebedingungen gegen die Bezugsgesellschaft selbst oder gegen die Emissionsgesellschaft richten.1266 Im ersten Fall – hier ist die Bezugsgesellschaft aufgrund der Anleihebedingungen unmittelbar in das Anleiheschuldverhältnis einbezogen1267 – wird demzufolge eine gegen die Bezugsgesellschaft selbst gerichtete Forderung in Zahlung genommen. Aus Sicht der Bezugsgesellschaft stellt sich diese Fallkonstellation nicht anders dar als die Eigenemission einer Optionsanleihe mit Inzahlungnahme der Anleiheforderung. Dies rechtfertigt eine analoge Anwendung des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG.1268 Gleiches gilt, soweit sich das Anleiheverhältnis nicht unmittelbar auf die Bezugsgesellschaft erstreckt und allein im Verhältnis zwischen Emissionsgesellschaft und Anleihegläubiger abgewickelt wird: Auch in diesem Fall ist der Bezugsgesellschaft aufgrund des Geschäftsbesorgungsverhältnisses der Anleiheerlös zugeflossen. Durch die Inzahlungnahme der Forderung des Anleihegläubigers gegen die Emissionsgesellschaft wird die Rückzahlungsforderung bzgl. des Anleihebetrages auf die Bezugsgesellschaft übertragen und damit ausgeschlossen, dass der Anleiheerlös an den Anleihegläubiger oder die Emissionsgesellschaft zurückfließt.1269 Aus Sicht 1265
Siehe oben S. 75. Siehe oben S. 74 f. 1267 Siehe oben S. 74 f. 1268 Siehe MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 237 a. E. 1269 Siehe zur Bedeutung des fortbestehenden Rückzahlungsanspruches bzgl. des Anleiheerlöses oben S. 248. 1266
D. Erstreckung des Anwendungsbereiches auf Optionsanleihen
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der Gesellschaft und der Gesellschaftsgläubiger entspricht diese Ausgestaltung wiederum der Inzahlungnahme der Anleiheforderung bei der Eigenemission einer Optionsanleihe.1270 § 194 Abs. 1 S. 2 AktG bleibt entsprechend anwendbar.1271 Im Rahmen eigennütziger Strukturierungsvarianten kann § 194 Abs. 1 S. 2 AktG, wie oben gezeigt, allein dann Anwendung finden, wenn die Emissionsgesellschaft den Anleiheerlös darlehensweise an die Bezugsgesellschaft weiterleitet und gleichzeitig der daraus resultierende Darlehensrückzahlungsanspruch an den Anleihegläubiger abgetreten wird.1272 Zusätzlich ist bei der Ausübung des Aktienerwerbsrechts dieser Darlehensrückzahlungsanspruch an die Bezugsgesellschaft abzutreten.1273 Nimmt in diesen Fällen die Bezugsgesellschaft die Anleiheforderung in Erfüllung der Einlageverpflichtung des Aktienerwerbers in Zahlung, wird dadurch eine Rückforderung des Anleiheerlöses ausgeschlossen; dieser verbleibt endgültig bei der Bezugsgesellschaft. Damit ist wiederum für eine reale Barkapitalaufbringung gesorgt. § 194 Abs. 1 S. 2 AktG findet auch auf diese Ausgestaltungsvariante analoge Anwendung.1274 2. Verrechnung des Anleiheerlöses Auch bei Vereinbarung einer Verrechnung des fälligen Anleiheerlöses der Optionsanleihe zur Tilgung der Einlageschuld ist in Bezug auf die Frage nach einer analogen Anwendbarkeit des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG zwischen fremdnützigen (sub a)) und eigennützigen (sub b)) Ausgestaltungsvarianten zu unterscheiden. a) Fremdnützige Strukturierungen Der Anleiheerlös wird in diesen Fällen aufgrund eines Geschäftsbesorgungsverhältnisses zwischen der Emissionsgesellschaft und der Bezugsgesellschaft an Letztere weitergeleitet.1275 Eine Verrechnung des fällig gestellten Anleiheerlöses mit der Einlageschuld kann zunächst unmittelbar zwischen der Bezugsgesellschaft und dem Anleihegläubiger erfolgen. Dies 1270
Siehe oben S. 252. MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 237 a. E. 1272 Verbleibt der Anleiheerlös demgegenüber bei der Emissionsgesellschaft, kommt eine analoge Anwendung des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG nicht in Betracht; siehe oben S. 246 ff. 1273 Siehe dazu oben S. 248. 1274 Siehe MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 237 a. E. 1275 Siehe oben S. 75. 1271
258
§ 5 Anwendungsbereich des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG
ist dann der Fall, wenn die Bezugsgesellschaft aufgrund der Anleihebedingungen als Schuldnerin in das Anleiheschuldverhältnis eingebunden ist.1276 In diesen Fällen stellt sich die Situation nicht anders dar, als hätte die Bezugsgesellschaft selbst die Optionsanleihe ausgegeben und eine Verrechnung der Anleiheschuld vereinbart.1277 Entsprechend zu oben Gesagtem findet § 194 Abs. 1 S. 2 AktG auch hier analoge Anwendung.1278 An diesem Ergebnis ist auch dann festzuhalten, wenn keine direkte Verrechnung mit der Bezugsgesellschaft stattfindet, sondern die Emissionsgesellschaft die Anleihe zunächst an den Gläubiger zurückzahlt und dieser den Erlös zur Tilgung seiner Einlageverpflichtung verwendet.1279 Zwar kommt es in diesen Fällen zu einem Abfluss des ursprünglich nach § 667 BGB von der Emissionsgesellschaft an die Bezugsgesellschaft weitergeleiteten Anleiheerlöses, da die Bezugsgesellschaft mit dem Rückzahlungsbegehren des Anleihegläubigers gegenüber der Emissionsgesellschaft gleichzeitig Aufwendungsersatzansprüchen von Seiten der zurückzahlenden Emissionsgesellschaft ausgesetzt ist (§ 670 BGB).1280 Indes braucht die kapitalerhöhende Bezugsgesellschaft die Aktien so lange nicht ausgeben, bis die Einlageverpflichtung des Gläubigers getilgt ist. Erst wenn der ursprüngliche Anleiheerlös wieder vom Aktienerwerber an die Bezugsgesellschaft geleistet wurde, ist diese zur Aktienausgabe verpflichtet (§ 199 Abs. 1 AktG).1281 Aus Sicht der Bezugsgesellschaft und ihrer Gläubiger stellt sich die Situation nicht anders dar als im Falle der oben behandelten Hin- und Herzahlung.1282 Wiederum kann § 194 Abs. 1 S. 2 AktG dementsprechend analoge Anwendung finden.1283 b) Eigennützige Strukturierung unter darlehensweiser Überlassung des Anleiheerlöses Im Rahmen eigennütziger Strukturierungen setzt die Anwendbarkeit des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG voraus, dass der Anleiheerlös mittels eines Darlehens von der Emissionsgesellschaft an die Bezugsgesellschaft weitergeleitet wird; wie gesehen kommt die Vorschrift erst dann zum Tragen, wenn der Anleihebetrag an die kapitalerhöhende Gesellschaft gelangt.1284 Auch 1276 1277 1278 1279 1280 1281 1282 1283
Siehe oben S. 74. Siehe oben S. 254. Siehe oben S. 254; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 240. Siehe MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 240. MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 240, 242. Siehe oben S. 242 ff. Siehe oben S. 254 ff. MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 240.
D. Erstreckung des Anwendungsbereiches auf Optionsanleihen
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bei eigennützigen Ausgabevarianten einer Optionsanleihe unter Auseinanderfallen von Bezugs- und Emissionsgesellschaft lässt sich in den Anleihebedingungen vereinbaren, dass bei der Ausübung des Bezugsrechts1285 die Anleihe fällig gestellt und der Anleiheerlös mittels einer Verrechnung zur Erfüllung der Einlageverpflichtung herangezogen wird.1286 Alleinige Schuldnerin des Anleiheverhältnisses ist im Rahmen eigennütziger Strukturierungsvarianten die Emissionsgesellschaft. Nach Fälligstellung der Anleihe bei Ausübung des Bezugsrechts erlangt der Anleihegläubiger damit einen Rückzahlungsanspruch gegen die Emissionsgesellschaft. Gleichwohl kann diese Anleiherückforderung gegen die Emissionsgesellschaft unmittelbar mit der Einlageverpflichtung des Aktienerwerbers gegenüber der Bezugsgesellschaft verrechnet werden (§ 267 BGB).1287 Fraglich bleibt, ob in diesen Fällen § 194 Abs. 1 S. 2 AktG anwendbar ist. Diese Frage stellt sich deshalb, da der Anleiheerlös allein darlehensweise von der Emissionsgesellschaft an die Bezugsgesellschaft weitergeleitet wurde und damit Gegenstand eines Darlehensrückzahlungsanspruchs ist.1288 Wird aber der Darlehensrückzahlungsanspruch von der Emissionsgesellschaft an den Optionsanleihegläubiger übertragen, scheidet die Emissionsgesellschaft aus der weiteren Abwicklung des Anleiheverhältnisses aus.1289 Wenn anschließend bei der Ausübung des Bezugsrechts dieser Darlehensrückübertragungsanspruch auf die Bezugsgesellschaft übertragen wird, entspricht die zwischen der Bezugsgesellschaft und dem Optionsanleihegläubiger vereinbarte Verrechnung des Anleiheerlöses mit der Einlageschuld der bereits oben dargestellten Inzahlungnahme der Anleiheforderung.1290 Dies rechtfertigt eine analoge Anwendung des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG auf diese Ausgestaltungsmöglichkeit. Verbleibt hingegen der Darlehensrückzahlungsanspruch bei der Emissionsgesellschaft, ist § 194 Abs. 1 S. 2 AktG nicht einschlägig. Die Verrechnungsabrede stellt sich damit als Sacheinlage dar: Zwar erlangt die Bezugsgesellschaft im Zuge der Verrechnung einen Ersatzanspruch gegen die Emissionsgesellschaft aufgrund ihrer Befreiung von der Anleiheschuld (§§ 670, 683 BGB) gegenüber dem Optionsanleihegläubiger. Auch kann dieser Ersatzanspruch grundsätzlich mit dem fortbestehenden Darlehens1284
Siehe oben S. 246 ff. Siehe zum möglichen Inhalt des in einer Optionsanleihe verbrieften Bezugsrechts i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG ausführlich oben S. 51 ff. 1286 MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 241 f. 1287 Vgl. MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 242. 1288 Siehe oben S. 246. 1289 Siehe oben S. 248. 1290 MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 242. 1285
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§ 5 Anwendungsbereich des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG
rückzahlungsanspruch der Emissionsgesellschaft gegen die Bezugsgesellschaft verrechnet werden.1291 Indes ist die Realisierung dieses Rückzahlungsanspruchs dann nicht mehr möglich, wenn über die Emissionsgesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet ist (vgl. § 96 Nr. 1, 2 InsO). Wie oben gesehen steht auch hier dieses Insolvenzrisiko einer Anwendbarkeit des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG entgegen.1292 Auch wenn die Verrechnung nicht unmittelbar zwischen der Bezugsgesellschaft und dem Optionsanleihegläubiger vereinbart wird, sondern die Emissionsgesellschaft nach Fälligstellung der Anleiheforderung den Anleihebetrag auszahlt und dieser Betrag zur Tilgung der Einlageschuld verwendet wird, kommt eine Anwendung des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG in Betracht:1293 Zwar bleibt die Bezugsgesellschaft in diesen Fällen dem Darlehensrückzahlungsanspruch der Emissionsgesellschaft ausgesetzt.1294 Die Bezugsgesellschaft braucht die Bezugsaktien aber erst dann auszugeben, wenn der Optionsanleihegläubiger den von der Emissionsgesellschaft ausgezahlten Anleiheerlös an sie weitergeleitet hat (§ 199 Abs. 1 AktG). Diese Fallgestaltung entspricht damit der bereits oben dargestellten Hin- und Herzahlung.1295 Hier wie dort findet § 194 Abs. 1 S. 2 AktG entsprechende Anwendung. Die Grundsätze über die Einbringung einer (verdeckten) Sacheinlage1296 sind damit nicht einschlägig. 3. Ergebnis Im Ergebnis kann § 194 Abs. 1 S. 2 AktG auch bei der Ausgabe einer Optionsanleihe unter Auseinanderfallen von Bezugs- und Emissionsgesellschaft Anwendung finden, wenn in den Anleihebedingungen eine Inzahlungnahme des Optionsanleiheerlöses oder eine Verrechnung dieses Betrages mit der Einlageschuld des Aktienerwerbers vereinbart wird. Dies gilt uneingeschränkt, wenn der Ausgabe des zusammengesetzten Finanzierungsinstrumentes ein fremdnütziges Anleihemodell zugrunde liegt. Erfolgt die Emission des Wertpapiers hingegen als eigennütziges Anleihemodell, kommt § 194 Abs. 1 S. 2 AktG allein dann zur Anwendung, wenn der Anleiheerlös darlehensweise an die Bezugsgesellschaft weitergeleitet wird und gleichzeitig der daraus resultierende Darlehensrückzahlungsanspruch von 1291
Siehe oben S. 246 ff. MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 1293 MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 1294 MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 1295 Siehe oben S. 254 ff. 1296 Vgl. Wiedemann, ZIP 1991, 1257, 1262; AktG-Pentz, § 27 Rn. 85. 1292
242. 241. 241. Schumann, S. 76 f.; MünchKomm-
E. Erstreckung des Anwendungsbereiches auf reguläre Kapitalerhöhungen
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der Emissionsgesellschaft an den Anleihegläubiger abgetreten wird. Vorstehendes gilt unabhängig von der Ausgestaltung des Anleihemodells als eigen- oder fremdnützig auch dann, wenn der Anleiheerlös vor seiner Einbringung als Bareinlage in die Bezugsgesellschaft von der Emissionsgesellschaft an den Optionsanleihegläubiger ausgezahlt wird.
E. Erstreckung des Anwendungsbereiches von § 194 Abs. 1 S. 2 AktG auf reguläre Kapitalerhöhungen sowie genehmigtes Kapital Bei den bisherigen Ausführungen zu § 194 Abs. 1 S. 2 AktG wurde vorausgesetzt, dass die ausgegebenen Wandelschuldverschreibungen mit bedingtem Kapital bedient werden. Fraglich bleibt, ob die Vorschrift auch dann Anwendung findet, wenn zur Bedienung der Wandelschuldverschreibungen genehmigtes Kapital oder eine ordentliche Kapitalerhöhung vorgesehen ist. Dies erscheint deshalb problematisch, da § 194 Abs. 1 S. 2 AktG im Bereich der Vorschriften über die bedingte Kapitalerhöhung angesiedelt ist und entsprechende Regelungen für die ordentliche Kapitalerhöhung oder das genehmigte Kapital fehlen.
I. Ansätze in der Literatur Aus der systematischen Stellung der Vorschrift und dem fehlenden Verweis auf andere Formen der Kapitalerhöhung wird in der Literatur1297 teilweise geschlossen, dass sich der Anwendungsbereich des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG allein auf die bedingte Kapitalerhöhung beschränkt.1298 Andere Ansätze halten diese Vorschrift auch dann für anwendbar, wenn die eingeräumten Finanzierungsinstrumente nicht mit bedingtem Kapital, sondern mittels einer ordentlichen Kapitalerhöhung oder genehmigten Kapitals bedient werden.1299 Zur Begründung dieses Ergebnisses wird teilweise darauf verwiesen, dass ein sachlicher Grund für die alleinige Privilegierung der bedingten Kapitalerhöhung nicht ersichtlich sei.1300 Andere Stimmen 1297
Rechtsprechung zu dieser Frage liegt, soweit ersichtlich, nicht vor. Hirte, WM 1994, 321, 329; restriktiv auch Groh, BB 1997, 2523, 2528; Maier-Reimer, GS Bosch, S. 87 (bei und in Fn. 3); siehe auch MünchKommAktGHabersack, § 221 Rn. 230. 1299 Vgl. Holland/Goslar, NZG 2006, 892, 895; Karollus, ZIP, 1994, 589, 591; Schumann, S. 79 ff.; HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 60; GroßkommAktGHirte, § 205 Rn. 9. 1300 HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 60. 1298
262
§ 5 Anwendungsbereich des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG
betonen die vertraglichen Vereinbarungen bei der Ausgabe einer Wandelanleihe:1301 Dadurch werde der ursprünglich bar auf die Anleihe geleistete Betrag als Erfüllung der Einlagepflicht angesehen. Unabhängig von der Bedienung der Wandelanleihe mit bedingtem Kapital liege demnach jedenfalls eine Bareinlage vor. § 194 Abs. 1 S. 2 AktG sei insofern allein deklaratorischer Natur; der Anwendungsbereich der Vorschrift könne bereits deshalb nicht auf bedingtes Kapital beschränkt werden.1302
II. Stellungnahme Die Betonung eines rein deklaratorischen Charakters1303 von § 194 Abs. 1 S. 2 AktG sieht sich indes bereits deshalb Bedenken ausgesetzt, da die Vorschrift gerade nicht auf diesen Regelungsinhalt reduziert werden kann:1304 Nach den Grundsätzen der realen Kapitalaufbringung sind vertragliche Abreden über die Einbringung einer Leistung als Bar- oder Sacheinlage nicht zulässig.1305 Die sich aus dem Aktiengesetz ergebende Abgrenzung zwischen Bar- und Sacheinlage ist zwingendes Recht. Selbst wenn also die Parteien bei der Ausgabe einer Wandelanleihe vereinbaren, die Zahlung auf die Anleihe als Einlageleistung anzusehen, könnte sich diese Form der Einlageleistung nach den Grundsätzen der realen Kapitalaufbringung de lege lata auch als Sacheinlage darstellen, da der Aktienerwerber im unmittelbaren Zusammenhang mit der Einlageleistung eine Anleiheforderung gegen die Gesellschaft aufgibt.1306 Erst § 194 Abs. 1 S. 2 AktG ermöglicht insofern Vertragsgestaltungen, anhand derer eine Leistung, die ursprünglich auf einen Fremdkapitaltitel erbracht wurde, in eine Bareinlage umgewidmet wird. Der Regelungsgehalt dieser Vorschrift geht mithin über das rein Deklaratorische hinaus.1307 Daraus folgt indes noch nicht, dass § 194 Abs. 1 S. 2 AktG außerhalb der bedingten Kapitalerhöhung keine Anwendung finden kann: Bereits oben wurde herausgearbeitet, dass in § 194 Abs. 1 S. 2 AktG eine gesetzgeberische Wertung dahingehend zum Ausdruck kommt, eingebrachte Fremdkapi1301
Holland/Goslar, NZG 2006, 892, 895. Holland/Goslar, NZG 2006, 892, 895. 1303 Hirte, WM 1994, 321, 328, m. w. N. 1304 Vgl. Schumann, S. 70 f.; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 237 (bei und in Fn. 612). 1305 Vgl. Wiedemann, ZIP 1991, 1257, 1258. 1306 Vgl. BGH, NJW 1990, 982, 984 ff.; Wiedemann, ZIP 1991, 1257, 1262; Schumann, S. 70 f.; MünchKommAktG-Pentz, § 27 Rn. 85. 1307 MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 237 (bei und in Fn. 612); siehe auch MünchKommAktG-Fuchs, § 194 Rn. 6. 1302
E. Erstreckung des Anwendungsbereiches auf reguläre Kapitalerhöhungen
263
taltitel nicht ausnahmslos als Sacheinlage zu klassifizieren;1308 dies gilt insbesondere bei der Ausübung eines Aktienerwerbsrechts aus einer Wandelanleihe.1309 Diese gesetzgeberische Wertung lässt sich auf eine grundsätzliche Abgrenzungsfrage zurückführen; namentlich ob im Rahmen der Einlageleistung auf die Einbringung einer Anleihe oder auf den für diese Anleihe geleisteten Barbetrag abzustellen ist.1310 Diese Abgrenzungsproblematik zwischen Bar- und Sacheinlage stellt sich aber nicht nur für die bedingte Kapitalerhöhung, sondern in identischer Weise auch dann, wenn Wandelschuldverschreibungen aus einer regulären Kapitalerhöhung oder genehmigtem Kapital bedient werden. Gründe für eine ausnahmsweise Sonderbehandlung der bedingten Kapitalerhöhung sind nicht ersichtlich.1311 Eine Sonderstellung der bedingten Kapitalerhöhung kann in diesem Zusammenhang insbesondere nicht darauf gestützt werden, dass bei bedingten Kapitalerhöhungen die eigentliche Erhöhung des Grundkapitals in die Hände der Inhaber der Wandelschuldverschreibungen gelegt wird.1312 Diese Tatsache ist für die in Rede stehende Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital nicht von Bedeutung.1313 Die Verortung des § 194 Abs. 1 S. 1 AktG im Abschnitt über die bedingte Kapitalerhöhung lässt sich insofern allein daraus erklären, dass der historische Gesetzgeber bei der Einführung der Möglichkeit einer bedingten Kapitalerhöhung1314 davon ausging, dass Wandelschuldverschreibungen fortan in erster Linie mittels bedingten Kapitals bedient werden.1315 Diese Sichtweise zugrunde gelegt, erfolgte die Regelung eines typischerweise auftretenden Abgrenzungsproblems schlicht im sachnächsten Zusammenhang. Im Ergebnis sprechen damit die besseren Argumente gegen eine Beschränkung des Anwendungsbereichs von § 194 Abs. 1 S. 2 AktG auf bedingtes Kapital. Auch wenn Wandelschuldverschreibungen aus einer ordentlichen Kapitalerhöhung oder genehmigtem Kapital bedient werden, findet die Vorschrift (entsprechende) Anwendung.
1308 Siehe oben S. 250 f.; Schumann, S. 80; weitergehend wiederum Karollus, ZIP 1994, 589, 593, vgl. oben in Fn. 1243. 1309 Siehe oben S. 250 f. 1310 Siehe oben S. 250 f. 1311 Schumann, S. 80; HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 60. 1312 So Hirte, WM 1994, 321, 329; abweichend bereits ders. in GroßkommAktG, § 205 Rn. 9. 1313 So wohl auch Holland/Goslar, NZG 2006, 892, 895. 1314 Siehe zur Einführung der bedingten Kapitalerhöhung in das Aktiengesetz bei und in Fn. 1183. 1315 MünchKommAktG-Fuchs, § 192 Rn. 8.
264
§ 5 Anwendungsbereich des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG
F. Ergebnis § 194 Abs. 1 S. 2 AktG kann auch dann (entsprechende) Anwendung finden, wenn bei der Ausgabe einer Wandelanleihe Emissions- und Bezugsgesellschaft auseinanderfallen. Dies gilt grundsätzlich sowohl für fremd- als auch für eigennützige Anleihemodelle. Bei eigennützigen Strukturierungen erfordert die Anwendbarkeit des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG, dass der zunächst auf Rechnung der Emissionsgesellschaft eingezogene Anleiheerlös von dieser als Darlehen an die Bezugsgesellschaft weitergeleitet und der Darlehensrückzahlungsanspruch von der Emissionsgesellschaft an den Anleihegläubiger abgetreten wird. Gleichzeitig muss anhand der vertraglich vereinbarten Anleihebedingungen sichergestellt sein, dass dieser Darlehensrückzahlungsanspruch nur zusammen mit der Rechtsposition aus der Wandelanleihe abgetreten werden kann. Der Anwendungsbereich des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG umfasst auch die Ausgabe von Optionsanleihen, im Rahmen derer die Anleiheforderung in Zahlung genommen oder der Anleiherückzahlungsanspruch mit der Einlageverpflichtung verrechnet wird. Fallen dabei Emissionsgesellschaft und Bezugsgesellschaft auseinander, bedarf es bei eigennützigen Strukturierungen wiederum einer darlehensweisen Überlassung des Anleiheerlöses von der Emissionsgesellschaft an die Bezugsgesellschaft sowie der Übertragung des daraus resultierenden Darlehensrückzahlungsanspruches an den Optionsanleihegläubiger. § 194 Abs. 1 S. 2 AktG bleibt (entsprechend) anwendbar, wenn die in den zusammengesetzten Finanzierungsinstrumenten verbrieften Aktienerwerbsrechte nicht aus bedingtem Kapital, sondern mittels einer regulären Kapitalerhöhung oder genehmigten Kapitals bedient werden.
§ 6 Bedienung der Aktienerwerbsrechte mit bedingtem Kapital Zur Bedienung der Aktienerwerbsrechte aus Wandelschuldverschreibungen stellt das Gesetz einer Aktiengesellschaft insbesondere1316 die Schaffung bedingten Kapitals nach den §§ 192 ff. AktG zur Verfügung.1317 Der Vorteil einer bedingten Kapitalerhöhung liegt darin, dass auf diesem Wege die sukzessive Ausgabe von Aktienerwerbsrechten ohne eine weitere registerrechtliche Durchführungskontrolle möglich wird.1318 Bedingt ist dabei nicht der Erhöhungsbeschluss oder der Bezugsanspruch, sondern allein die Durchführung der Kapitalerhöhung.1319 Die bedingte Kapitalerhöhung steht einer Aktiengesellschaft im Gegensatz zur regulären Kapitalerhöhung oder zu genehmigtem Kapital nicht als umfassend einsetzbares Finanzierungsinstrument zur Verfügung. Vielmehr ist die Verwendung bedingten Kapitals auf die in § 192 Abs. 2 AktG genannten Zwecke beschränkt. In der Praxis überwiegt der Einsatz bedingten Kapitals auf Grundlage des § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG zur Sicherstellung der in Wandelschuldverschreibungen nach § 221 Abs. 1 S. 1 AktG verbrieften Aktienerwerbsrechte.1320 Dies entspricht der Sichtweise des historischen Gesetzgebers, für den die Bedienung von Wandelschuldverschreibungen maßgeblicher Anstoß zur Einführung der Möglichkeit einer bedingten Kapitalerhöhung war.1321 Nach dem Wortlaut des § 192 Abs. 1 AktG kann bedingtes Kapital zur Gewährung von Bezugs- und Umtauschrechten beschlossen werden, welche „die Gesellschaft“ eingeräumt hat. Aus dieser Singularform sowie dem terminologischen Gleichlauf des § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG einerseits und § 221 Abs. 1 S. 1 AktG andererseits lässt sich schließen, dass § 192 AktG, wie 1316 Neben der Möglichkeit ihrer Bedienung mittels einer ordentlichen Kapitalerhöhung bzw. genehmigten Kapitals; vgl. oben bei und in Fn. 39; Hüffer, § 221 AktG Rn. 59, m. w. N. 1317 Vgl. ausführlich zum (Mindest-)Ausgabebetrag und seinen Errechnungsgrundlagen im Rahmen des Kapitalerhöhungsbeschlusses nach § 193 Abs. 2 Nr. 3 AktG etwa Spiering/Grabbe, AG 2004, 91 ff.; Maul, NZG 2000, 679 ff.; Maier-Reimer, GS Bosch, S. 85 ff.; siehe auch oben bei und in Fn. 610. 1318 Siehe K. Schmidt/Lutter-Veil, § 192 AktG Rn. 10, 11, m. w. N. 1319 GroßkommAktG-Frey, § 192 Rn. 18 f. 1320 HB börsennotierte AG-Busch, § 44 Rn. 2. 1321 Siehe zur Einführung des bedingten Kapitals in das Aktiengesetz bereits oben bei und in Fn. 1183.
266
§ 6 Bedienung der Aktienerwerbsrechte mit bedingtem Kapital
auch § 221 AktG, konzeptionell von der Eigenemission einer Wandelschuldverschreibung ausgeht.1322 Diese Überlegungen bestätigen sich durch einen Blick auf die Gesetzgebungsgeschichte: Dem historischen Gesetzgeber war bei der Schaffung bedingten Kapitals die Möglichkeit, dass bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung Emissions- und Bezugsgesellschaft divergieren, nicht bekannt.1323 Erste Strukturierungen dieser Art tauchten vielmehr erst über 30 Jahre nach der Schaffung des § 159 AktG 1937, der Vorgängervorschrift des heutigen § 192 AktG, auf.1324 Der historische Gesetzgeber ging insofern im Zeitpunkt der Einführung der bedingten Kapitalerhöhung davon aus, dass bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung Bezugs- und Emissionsgesellschaft identisch sind.1325 Damit ist gleichzeitig die Frage aufgeworfen, ob und inwiefern § 192 AktG auch dann Anwendung findet, wenn Emissions- und Bezugsgesellschaft auseinanderfallen und die Bezugsgesellschaft bei der Ausgabe der Wandelschuldverschreibung lediglich die Bezugsrechte ausstellt oder eine Garantie übernimmt.1326
A. Problemaufriss Die Frage nach der Anwendbarkeit des § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG auf Ausgabevarianten einer Wandelschuldverschreibung unter Auseinanderfallen von Emissions- und Bezugsgesellschaft bedarf aus zwei Gründen einer näheren Untersuchung: Zum einen deshalb, da der Vorschrift, wie bereits gezeigt, konzeptionell die Vorstellung der Eigenemission des Finanzierungsinstrumentes zugrunde liegt. Zum anderen gilt es zu berücksichtigen, dass sich § 192 AktG als Ausnahmevorschrift versteht.1327 Nach der Vorstellung des historischen Gesetzgebers soll die Schaffung bedingten Kapitals nur ausnahmsweise möglich sein.1328 Aufgrund der Tatsache, dass die bedingte Kapitalerhöhung kein Bezugsrecht zugunsten der (Alt-)Aktionäre 1322 Siehe Münch.Hdb.AG-Krieger, § 63 Rn. 31; GroßkommAktG-Frey, § 192 Rn. 73; Hüffer, § 192 AktG Rn. 10; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 174; MünchKommAktG-Fuchs, § 192 Rn. 54 f.; K. Schmidt/Lutter-Veil, § 192 AktG Rn. 13. 1323 Siehe oben S. 91; Hoffmann, AG 1973, 47, 56. 1324 Siehe oben bei und in Fn. 1183. 1325 Hoffmann, AG 1973, 47, 56. 1326 Siehe zu diesen Strukturierungsvarianten oben S. 71 ff. sowie S. 110 ff. 1327 Dies ergibt sich bereits aus der Gesetzgebungsgeschichte, Schubert, Aktienrechtsreform, S. 1064; Schubert/Hommelhoff, Verhandlungen Aktienrechtsreform, S. 563; Klausing, Amtliche Begründung AktG 1937, S. 145; siehe auch Schlegelberger/Quassowski, § 159 AktG 1937 Rn. 4; Kuntz, AG 2004, 480, 484; Schlitt/Löschner, BKR 2002, 150, 156; Wehrhahn, S. 168; Hüffer, § 192 AktG Rn. 1, 8; jeweils m. w. N. 1328 Siehe bei und in vorstehender Fn. 1327.
B. Anwendbarkeit des § 192 AktG bei Wandelschuldverschreibungen
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vorsieht, wird ein Einflussverlust der Anteilseigner bei übermäßigem Gebrauch von bedingtem Kapital befürchtet.1329 Der Ausnahmecharakter dieser Vorschrift zeigt sich unmittelbar in den begrenzten Einsatzmöglichkeiten einer bedingten Kapitalerhöhung, die in § 192 Abs. 2 AktG einzeln aufgelistet sind. Entsprechendes ergibt sich aus dem Wortlaut dieses Absatzes, nach dem bedingtes Kapital „nur“ zu diesen Zwecken zur Verfügung steht. Sind bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung Emissions- und Bezugsgesellschaft nicht identisch, kann § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG demzufolge keine unmittelbare Anwendung finden:1330 Wenn der historische Gesetzgeber die Divergenz von Bezugs- und Emissionsgesellschaft nicht bedacht hatte,1331 lässt sich gleichzeitig der unmittelbare Anwendungsbereich dieser Vorschrift nicht auf derartige Fallgestaltungen erstrecken; dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund des Ausnahmecharakters von § 192 Abs. 2 AktG.1332 Die Vorschrift ist damit nur dann unmittelbar einschlägig, wenn die Wandelschuldverschreibungen im Wege der Eigenemission ausgegeben werden. Bei abweichenden Ausgabevarianten kommt folglich nur eine analoge Anwendung des § 192 AktG in Betracht.
B. Anwendbarkeit des § 192 AktG bei Wandelschuldverschreibungsemissionen unter Auseinanderfallen von Bezugs- und Emissionsgesellschaft Die insofern ausschlaggebende Frage nach einer entsprechenden Anwendung des § 192 AktG setzt zunächst voraus, dass die Norm analogiefähig ist (dazu sub I.). Darauf basierend kann untersucht werden, ob der analoge Anwendungsbereich des § 192 AktG die Bedienung von Wandelschuldverschreibungen umfasst, die unter Auseinanderfallen von Bezugs- und Emissionsgesellschaft ausgegeben wurden. Diesbezüglich werden zuerst solche eigen- und fremdnützigen Strukturierungsvarianten diskutiert, die eine Wei1329 Siehe Aktiengesetz-GK (1965)-Weipert/Schilling, § 159 AktG, Rn. 5; vgl. auch G/H/E/K-Bungeroth, § 192 AktG Rn. 16 f.; KK-Lutter, § 192 AktG Rn. 3. 1330 Vgl. Gustavus, BB 1970, 694; Lutter, AG 1972, 125, 131 f.; Martens, AG 1989, 69, 71; ders., FS Stimpel, S. 621, 626; Silcher, FS Geßler, S. 185, 191 ff.; anders allein Hoffmann, AG 1973, 47, 57, der auch Wandelschuldverschreibungen, die unter Auseinanderfallen von Bezugs- und Emissionsgesellschaft ausgegeben wurden, dem unmittelbaren Anwendungsbereich des § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG zuordnen will. 1331 Siehe oben S. 91; Hoffmann, AG 1973, 47, 56. 1332 Schlitt/Löschner, BKR 2002, 150, 156.
268
§ 6 Bedienung der Aktienerwerbsrechte mit bedingtem Kapital
terleitung des Anleiheerlöses von der Emissions- an die Bezugsgesellschaft beinhalten (dazu sub II.).1333 Schließlich bleibt zu klären, ob eine Anwendung von § 192 AktG auch dann noch in Betracht kommt, wenn der Anleiheerlös bei rein eigennützigen Anleihemodellen vollständig bei der Emissionsgesellschaft verbleibt und die Ausgabe des (Gesamt-)Finanzierungsinstrumentes daher aus Sicht der Bezugsgesellschaft der Emission reiner Bezugsrechte entspricht (dazu sub III.).1334
I. Analogiefähigkeit von § 192 AktG Ausgangspunkt der Diskussion um eine Erstreckung des Anwendungsbereiches von § 192 AktG auf Finanzierungsinstrumente, die dieser Norm nicht unmittelbar unterfallen, ist zunächst die Frage, ob § 192 AktG analogiefähig ist. Zweifel daran ergeben sich aus der Zweckbindung einer bedingten Kapitalerhöhung, die in § 192 Abs. 2 AktG zum Ausdruck kommt.1335 Der daraus resultierende Ausnahmecharakter der Vorschrift könnte einer analogen Anwendung entgegenstehen.1336 Eine derart restriktive Auslegung des § 192 AktG erscheint indes Bedenken ausgesetzt: Zuzugeben bleibt zwar, dass der Kanon der Zweckbeschränkungen seinerseits abschließend ist;1337 auch versteht sich die Vorschrift als Ausnahmeregelung, wie nicht zuletzt der Wortlaut der Norm mit der Verwendung der einschränkenden Formulierung „nur“ in § 192 Abs. 2 AktG betont.1338 Daraus lässt sich aber lediglich folgern, dass bedingtes Kapital für gänzlich andere als die in § 192 Abs. 2 AktG aufgeführten Zwecke auch im Wege einer analogen Anwendung nicht beschlossen werden kann.1339 Einen umfassenden Ausnahmecharakter, der jeglicher Analogie entgegensteht, wird man § 192 AktG demgegenüber nicht entnehmen können.1340 Auch dafür lässt sich der Wortlaut der Vorschrift heranziehen, der 1333 Im Rahmen fremdnütziger Anleihemodelle wird der Anleiheerlös aufgrund eines Auftrags- bzw. Geschäftsbesorgungsverhältnisses von der Bezugs- an die Emissionsgesellschaft weitergeleitet (siehe oben S. 75); bei eigennützigen Anleihemodellen erfolgt die Weiterleitung mittels eines Darlehens (siehe oben S. 76). 1334 Siehe oben S. 93 ff. 1335 Fuchs, AG 1995, 433, 445. 1336 Siehe Larenz/Canaris, S. 175 f.; Pawlowski, S. 217 f. 1337 Fuchs, AG 1995, 433, 445. 1338 Vgl. Kuntz, AG 2004, 480, 484 f. 1339 Fuchs, AG 1995, 433, 445; HB börsennotierte AG-Busch, § 44 Rn. 5; GroßkommAktG-Frey, § 192 Rn. 49. 1340 Siehe Fuchs, AG 1995, 433, 445; Martens, AG 1989, 69, 71; Paefgen, AG 1999, 67, 70; Schlitt/Löschner, BKR 2002, 150, 156; Casper, S. 379; Hüffer, § 192 AktG Rn. 8.
B. Anwendbarkeit des § 192 AktG bei Wandelschuldverschreibungen
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anstelle einer unabdingbaren Verbotsnorm eine in ihrem Regelungsgehalt schwächere „Soll-Vorschrift“ normiert.1341 Abgesehen davon zeigt sich zwar in § 192 AktG der gesetzgeberische Wille, bedingtes Kapital gegenüber der ordentlichen Kapitalerhöhung nicht zum Regelfall werden zu lassen.1342 Indes kann diesem Bestreben auch dann noch Rechnung getragen werden, wenn die einzelnen Verwendungsmöglichkeiten ihrerseits einer analogen Anwendung zugänglich sind: Da eine analoge Anwendung der Vorschrift in Bezug auf die in § 192 Abs. 2 AktG aufgelisteten Alternativen allein dann in Betracht kommt, wenn die Interessen der Aktiengesellschaft in vergleichbarer Weise wie in den explizit erwähnten Einsatzmöglichkeiten berührt sind, lassen sich durch das Erfordernis einer vergleichbaren Interessenlage auch im Rahmen einer Analogie die Zweckbeschränkungen der bedingten Kapitalerhöhung nach § 192 Abs. 2 AktG aufrechterhalten. Demnach ist § 192 AktG beschränkt analogiefähig: Zwar lässt sich die Auflistung des § 192 Abs. 2 AktG nicht um weitere, abweichende Zwecksetzungen erweitern. Die enumerativ aufgelisteten Verwendungsmöglichkeiten können aber ihrerseits Ansatzpunkt einer analogen Anwendung der Vorschrift sein.
II. Anwendbarkeit des § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG bei fremd- und eigennützigen Strukturierungsvarianten unter Weiterleitung des Anleiheerlöses Hat sich mithin § 192 AktG als grundsätzlich analogiefähig erwiesen, kann nachfolgend der Frage nachgegangen werden, ob und inwiefern § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG zur Bedienung von Wandelschuldverschreibungen, bei deren Ausgabe Emissions- und Bezugsgesellschaft auseinanderfallen, analoge Anwendung findet.1343 Dabei gilt das Augenmerk zunächst fremd- und eigennützigen Strukturierungsvarianten, in deren Rahmen der Anleiheerlös von der Emissions- an die Bezugsgesellschaft weitergeleitet wird.1344 Aufgrund der Tatsache, dass dem (historischen) Gesetzgeber derartige Strukturierungen unbekannt waren, kann im Rahmen einer Untersuchung 1341 Kuntz, AG 2004, 480, 484; Werner, AG 1972, 137, 142; anders Zimmer, DB 1999, 999, 1001. 1342 Siehe oben S. 266; Fuchs, AG 1995, 433, 445. 1343 Die Bezugsgesellschaft kann dabei die in den Wandelschuldverschreibungen verbrieften Aktienerwerbsrechte entweder selbst ausstellen (siehe oben S. 71 ff.) oder aber eine entsprechende Garantie übernehmen (siehe oben S. 110 ff.). 1344 Siehe oben S. 75 ff.
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der analogen Anwendbarkeit von § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG von einer planwidrigen Regelungslücke ausgegangen werden.1345 Weitere Voraussetzung einer Analogie ist das Vorliegen einer vergleichbaren Interessenlage. Ausschlaggebend ist damit, ob die Interessenlagen der Gesellschaft und ihrer Aktionäre bei der Eigenemission einer Wandelschuldverschreibung einerseits und bei den hier in Rede stehenden Ausgabevarianten des zusammengesetzten Finanzierungsinstrumentes andererseits vergleichbar sind. 1. Grundsätzliche Vergleichbarkeit der Interessenlagen bei Weiterleitung des Anleiheerlöses Eine im Wege der Eigenemission ausgegebene Wandelschuldverschreibung, die nach § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG mit bedingtem Kapital bedient werden kann, setzt sich aus einer Anleihe und einem Aktienerwerbsrecht zusammen. Für eine Aktiengesellschaft zieht die Emission eines derartigen Finanzierungsinstrumentes insofern die Verpflichtung zur Aktienausgabe sowie den Zufluss des Anleiheerlöses nach sich. Beide Bestandteile können aus Sicht der Bezugsgesellschaft aber auch dann vorliegen, wenn bei der Ausgabe der Wandelschuldverschreibung Emissions- und Bezugsgesellschaft auseinanderfallen: Stellt die Bezugsgesellschaft nur die Aktienerwerbsrechte aus oder garantiert sie ihre Erfüllung, bleibt sie zur Bedienung der jeweiligen Rechtspositionen verpflichtet.1346 Der Inhalt dieser Verpflichtung unterscheidet sich nicht von derjenigen im Rahmen der Eigenemission einer Wandelschuldverschreibung.1347 Ferner kann die Bezugsgesellschaft wie bei der Ausgabe einer herkömmlichen Wandelschuldverschreibung von dem Fremdkapitalelement des zusammengesetzten Finanzierungsinstrumentes profitieren: Zwar fällt der Anleiheerlös aus der Wandelschuldverschreibung zunächst bei der Emissionsgesellschaft an.1348 Leitet diese aber den entsprechenden Betrag entweder im Rahmen eines Auftragsverhältnisses – so bei fremdnützigen Anleihemodellen – oder darlehensweise – wie im Rahmen eines eigennützigen Anleihemodells – an die Bezugsgesellschaft weiter,1349 ergeben sich aus Sicht 1345
Siehe oben S. 126 ff. Siehe oben S. 125 ff. sowie S. 132 ff. 1347 Siehe wiederum oben S. 125 ff. sowie S. 132 ff. 1348 Siehe oben S. 244 ff. 1349 Ausführlich zur (analogen) Anwendbarkeit des § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG auf eigennützige Strukturierungsvarianten, bei denen der Anleiheerlös nur teilweise oder gar nicht weitergeleitet wird, sogleich. 1346
B. Anwendbarkeit des § 192 AktG bei Wandelschuldverschreibungen
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der Bezugsgesellschaft keine Unterschiede zur Eigenemission einer Wandelschuldverschreibung. Dabei kommt es auf den Umfang der Weiterleitung dieses Anleiheerlöses nicht entscheidend an:1350 Wie bereits oben im Rahmen des § 221 Abs. 1 AktG erörtert,1351 kann die Bedeutung des Anleiheelements in wirtschaftlicher Hinsicht hinter derjenigen des Aktienerwerbrechts zurückbleiben.1352 Dieser für § 221 Abs. 1 AktG getroffene Befund beansprucht aufgrund des unmittelbaren Bezuges beider Vorschriften zueinander auch für § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG Geltung.1353 Insofern kann die wirtschaftliche Bedeutung des Anleiheelementes einer Wandelschuldverschreibung auch in § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG hinter derjenigen des Aktienerwerbsrechts zurückbleiben. Dies bedeutet zugleich, dass die Vergleichbarkeit der Interessenlagen bei der Eigenemission einer Wandelschuldverschreibung einerseits und abweichenden Strukturierungen andererseits nicht voraussetzt, dass der Anleiheerlös durch die Emissionsgesellschaft vollständig an die Bezugsgesellschaft abgeführt wird: Ausreichend ist vielmehr, dass die Bezugsgesellschaft durch die Weiterleitung eines entsprechenden Betrages zumindest teilweise an dem Fremdkapitalelement der Wandelschuldverschreibung partizipiert. Bereits dann besteht das Finanzierungsinstrument wie eine im Wege der Eigenemission ausgegebene Wandelschuldverschreibung aus Sicht der Bezugsgesellschaft aus einem Aktienerwerbsrecht und einer Fremdkapitalkomponente. Solange also der Anleiheerlös zumindest teilweise an die Bezugsgesellschaft abgeführt wird, spricht Vorstehendes für eine vergleichbare Interessenlage bei der Eigenemission des Finanzierungsinstrumentes und Strukturierungsvarianten unter Auseinanderfallen von Bezugs- und Emissionsgesellschaft. Dies legt gleichzeitig die analoge Anwendung von § 192 Abs. 1 Nr. 2 AktG auf derartige Ausgabemodalitäten nahe. 2. Zusätzliches Erfordernis eines Konzernverhältnisses zwischen Emissions- und Bezugsgesellschaft zur Annahme einer vergleichbaren Interessenlage? Ungeachtet der oben aufgezeigten grundsätzlichen Vergleichbarkeit der Interessenlagen wird die analoge Anwendbarkeit des § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG teilweise vom Vorliegen eines Konzernverhältnisses zwischen Be1350 1351 1352 1353
Siehe Siehe Siehe Siehe
oben oben oben oben
S. S. S. S.
97 f. 97. 97 f.; vgl. Paefgen, AG 1999, 67, 70. 265.
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§ 6 Bedienung der Aktienerwerbsrechte mit bedingtem Kapital
zugs- und Emissionsgesellschaft abhängig gemacht.1354 Erforderlich sei, dass sich die Ausgabe des Wertpapiers durch die Emissionsgesellschaft als Finanzierungsmaßnahme der Bezugsgesellschaft darstelle.1355 Dies könne nur durch das Erfordernis eines Konzernverhältnisses zwischen Emissionsund Bezugsgesellschaft gewährleistet werden.1356 Erst durch die Konzernverbindung lasse sich die Bezugsgesellschaft so in den Finanzierungsvorgang einbinden, dass sie – über das Konzernverhältnis – sowohl von der Fremdkapitalaufnahme profitiert als auch von dem Aktienerwerbsrecht betroffen ist.1357 Die Notwendigkeit einer Beteiligung der Bezugsgesellschaft sowohl an dem Fremdkapital- als auch an dem Eigenkapitalelement des Finanzierungsinstrumentes ergebe sich daraus, dass § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG die Vorstellung der Eigenemission einer Wandelschuldverschreibung zugrunde liegt.1358 Überdies könne allein so der gesetzgeberischen Intention Rechnung getragen werden, nach der die bedingte Kapitalerhöhung nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt: Bedingtes Kapital solle gerade nicht für Finanzierungsmaßnahmen anderer Unternehmen zur Verfügung stehen.1359 Dem bleibt zunächst entgegenzuhalten, dass die Bezugsgesellschaft – wie oben dargestellt – unabhängig von dem Bestehen eines Konzernverhältnisses mit der Bereitstellung bedingten Kapitals einer eigenen Verpflichtung nachkommt, die Aktienerwerbsrechte zu bedienen. Bereits aufgrund dieser in der Ausstellung der Aktienerwerbsrechte bzw. in der Garantieübernahme liegenden Verpflichtung, bleibt gewährleistet, dass sich die Kapitalmaßnahme nicht als eine solche einer anderen Gesellschaft darstellt: Aus Sicht der Bezugsgesellschaft macht es keinen Unterschied, ob diese Verpflichtung in einem von einer Tochtergesellschaft ausgegebenen Finanzierungsinstrument verbrieft ist oder in demjenigen einer konzernexternen Emissionsgesellschaft. In beiden Fällen hat die Verpflichtung der Bezugsgesellschaft 1354 Siehe etwa Martens, FS Stimpel, S. 621, 627 ff.; Silcher, FS Geßler, S. 185, 188 ff.; Münch.Hdb.AG-Krieger, § 63 Rn. 31; GroßkommAktG-Frey, § 192 Rn. 80; Hüffer, § 192 AktG Rn. 12; MünchKommAktG-Fuchs, § 192 Rn. 55. 1355 Siehe etwa Martens, FS Stimpel, S. 621, 627 ff.; Silcher, FS Geßler, S. 185, 188 ff.; Münch.Hdb.AG-Krieger, § 63 Rn. 31; GroßkommAktG-Frey, § 192 Rn. 80; MünchKommAktG-Fuchs, § 192 Rn. 55. 1356 Die Ausprägung des erforderlichen Konzernverhältnisses wird von den Vertretern dieser Ansicht unterschiedlich beurteilt. Teilweise wird das Erfordernis einer 100%-igen Tochtergesellschaft in den Vordergrund gestellt (vgl. etwa Martens, FS Stimpel, S. 621, 627 ff.). Die wohl überwiegende Ansicht lässt demgegenüber jegliche Konzernverbindung i. S. d. § 18 AktG ausreichen (siehe Münch.Hdb.AG-Krieger, § 63 Rn. 31; MünchKommAktG-Fuchs, § 192 Rn. 55; jeweils m. w. N.). 1357 Martens, FS Stimpel, S. 621, 627 ff. 1358 Vgl. GroßkommAktG-Frey, § 192 Rn. 78 ff. 1359 MünchKommAktG-Fuchs, § 192 Rn. 55.
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zur Aktienausgabe den gleichen Inhalt und macht den Finanzierungsvorgang zu einem solchen der Bezugsgesellschaft.1360 Bereits dies spricht gegen das Erfordernis eines Konzernverhältnisses zwischen Emissions- und Bezugsgesellschaft zur Annahme einer der Eigenemission von Wandelschuldverschreibungen vergleichbaren Interessenlage. Abgesehen davon lässt sich die Betonung eines Konzernverhältnisses zwischen Emissions- und Bezugsgesellschaft auch unter Verweis auf die Notwendigkeit einer Teilhabe der Bezugsgesellschaft an dem Fremdkapitalelement der Wandelschuldverschreibung nicht überzeugend begründen: Solange der Anleiheerlös von der Emissionsgesellschaft zumindest teilweise an die Bezugsgesellschaft weitergeleitet wird,1361 partizipiert die Bezugsgesellschaft wie im Falle der Eigenemission an dem Fremdkapitalelement der Wandelschuldverschreibung. Auf die Frage, ob zwischen der Bezugsund der Emissionsgesellschaft ein Konzernverhältnis besteht, kommt es dabei nicht an; ausschlaggebend ist allein die Weiterleitung des Anleiheerlöses an die Bezugsgesellschaft. Im Ergebnis sprechen damit die besseren Argumente dagegen, die im Rahmen einer analogen Anwendung des § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG ausschlaggebende Vergleichbarkeit der Interessenlagen bei der Eigenemission einer Wandelschuldverschreibung einerseits und Strukturierungen unter Auseinanderfallen von Bezugs- und Emissionsgesellschaft andererseits vom Vorliegen eines Konzernverhältnisses zwischen beiden Gesellschaften abhängig zu machen. 3. Ergebnis Damit lässt sich folgendes Ergebnis festhalten: Fallen bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung Emissions- und Bezugsgesellschaft auseinander und leitet die Emissionsgesellschaft den Anleiheerlös zumindest teilweise an die Bezugsgesellschaft weiter, entspricht die Interessenlage aus Sicht der Bezugsgesellschaft der Eigenemission des Finanzierungsinstrumentes. Dies gilt unabhängig davon, ob Bezugs- und Emissionsgesellschaft durch ein Konzernverhältnis verbunden sind. Stellt mithin die Bezugsgesellschaft im Rahmen derartiger Ausgabevarianten einer Wandelschuldverschreibung die Aktienerwerbsrechte aus oder übernimmt sie eine dahingehende Garantie, kann sie zur Erfüllung ihrer Verpflichtung in analoger 1360 Siehe KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 175; MünchKommAktG-Habersack, § 221 Rn. 38. 1361 Ausführlich zur (analogen) Anwendbarkeit des § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG auf rein eigennützige Ausgabevarianten einer Wandelschuldverschreibung, bei denen der Anleiheerlös nicht weitergeleitet wird, sogleich.
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§ 6 Bedienung der Aktienerwerbsrechte mit bedingtem Kapital
Anwendung des § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG eine bedingte Kapitalerhöhung beschließen.1362
III. Anwendbarkeit des § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG bei rein eigennützigen Strukturierungsvarianten ohne Weiterleitung des Anleiheerlöses Vorstehend wurde dargestellt, dass § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG dann (analoge) Anwendung findet, wenn der Anleiheerlös aus der Wandelschuldverschreibungsemission zumindest teilweise von der Emissions- an die Bezugsgesellschaft abgeführt wird. Fraglich ist, ob dies auch dann gilt, wenn der Anleiheerlös im Rahmen rein eigennütziger Strukturierungen gänzlich bei der Emissionsgesellschaft verbleibt.1363 In diesen Fällen profitiert die Bezugsgesellschaft in keiner Weise vom Anleiheelement des Finanzierungsinstrumentes. Damit entspricht diese Strukturierung aus Sicht der Bezugsgesellschaft weniger einer Wandelschuldverschreibungsemission als vielmehr der Ausgabe reiner Bezugsrechte.1364 Im Folgenden bleibt zu untersuchen, ob und inwiefern auch in diesen Fällen bedingtes Kapital zur Bedienung der Aktienerwerbsrechte eingesetzt werden kann. Ausschlaggebend ist dabei die Frage, ob und inwiefern auch zur Bedienung reiner Bezugsrechte bedingtes Kapital verfügbar ist: Könnten reine Bezugsrechte nicht mit bedingtem Kapital bedient werden, spräche dies gleichzeitig dagegen, rein eigennützige Ausgabevarianten einer Wandelschuldverschreibung, im Rahmen derer der Anleiheerlös vollumgänglich bei der Emissionsgesellschaft verbleibt, dem Anwendungsbereich § 192 AktG unterfallen zu lassen. 1. Analoge Anwendung des § 192 Abs. 2 AktG zur Bedienung reiner Bezugsrechte Bereits oben wurde dargelegt, dass der Ausgabe reiner Bezugsrechte keine grundsätzlichen aktienrechtlichen Zulässigkeitsbedenken entgegenstehen. Vielmehr unterfallen reine Bezugsrechte als Genussrechte dem Anwendungsbereich des § 221 Abs. 3 AktG.1365 Damit ist indes noch nicht die Frage nach der Schaffung bedingten Kapitals zu ihrer Bedienung beantwortet. 1362 Maier-Reimer, GS Bosch, S. 85 ff.; Werner, AG 1972, 137, 142; MünchKommAktG-Fuchs, § 192 Rn. 54 f.; GroßkommAktG-Frey, § 192 Rn. 73 ff.; jeweils m. w. N. 1363 Siehe zu diesen Strukturierungsmöglichkeiten bereits oben S. 76 f.; im Zusammenhang mit der Zulässigkeit der Ausgabe reiner Bezugsrechte oben S. 98 ff. 1364 Siehe oben S. 98 ff.
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Vom unmittelbaren Anwendungsbereich der Vorschrift ist die Bedienung reiner Bezugsrechte zu allgemeinen Finanzierungszwecken mit bedingtem Kapital nicht gedeckt:1366 § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG ermöglicht allein den zweckgebundenen Einsatz zu Vergütungszwecken. § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG geht, wie aus dem Wortlaut der Norm ersichtlich wird, gerade nicht von reinen Bezugsrechten, sondern von Bezugsrechten aus einer Wandelschuldverschreibung aus.1367 Möglicherweise kann aber der Anwendungsbereich des § 192 Abs. 2 AktG mittels einer analogen Anwendung auf die Bedienung reiner Bezugsrechte erstreckt werden.1368 Dabei ist nach oben Gesagtem davon auszugehen, dass zwar nicht der abschließende Kanon der Zwecksetzungen, wohl aber die einzelnen Verwendungsmöglichkeiten des § 192 Abs. 2 AktG ihrerseits einer Analogie zugänglich sind.1369 Was die Bedienung reiner Bezugsrechte mit bedingtem Kapital anbelangt, so kommt eine Analogie zu § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG (sub a)) oder zu § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG (sub b)) in Betracht. a) Analoge Anwendung des § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG zur Bedienung reiner Bezugsrechte? Eine analoge Anwendung setzt eine vergleichbare Interessenlage voraus. § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG ermöglicht den Einsatz reiner Bezugsrechte zu Vergütungszwecken. Hier steht indes ihre Verwendung zu allgemeinen Finanzierungszwecken in Rede. Die Bezugnahme auf Vergütungszwecke beschränkt den Anwendungsbereich des § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG.1370 Eine Erstreckung der Vorschrift auf die Bedienung von reinen Bezugsrechten, die zu allgemeinen Finanzierungszwecken ausgegeben wurden, würde sich über die Zweckbindung des § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG hinwegsetzen. Inso1365
Siehe oben S. 105 ff.; Fuchs, AG 1995, 433, 442; kritisch Zimmer, DB 1999,
999. 1366
Vgl. Hüffer, ZHR 161 (1997), 214, 223; Schlitt/Löschner, BKR 2002, 150,
156. 1367
Anders Roth/Schoneweg, WM 2002, 677, 681 ff., die auch reine Bezugsrechte als Wandelschuldverschreibung klassifizieren wollen; siehe zur Kritik an dieser Auffassung oben S. 99 f. 1368 Vgl. Fuchs, AG 1995, 433, 445 ff.; Rosener, FS G. Bezzenberger, S. 745, 750 f.; Schlitt/Löschner, BKR 2002, 150, 156; Steiner, WM 1990, 1776, 1777 ff.; Wehrhahn, BKR 2003, 124, 125; Zimmer, DB 1999, 999, 1001; Münch.Hdb.AGKrieger, § 57 Rn. 4; GroßkommAktG-Frey, § 192 Rn. 63 ff.; MünchKommAktGFuchs, § 192 Rn. 48 ff.; K. Schmidt/Lutter-Veil, § 192 AktG Rn. 13; Spindler/StilzRieckers, § 192 AktG Rn. 30 ff. 1369 Siehe oben S. 268. 1370 Vgl. MünchKommAktG-Fuchs, § 192 Rn. 65 f.
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§ 6 Bedienung der Aktienerwerbsrechte mit bedingtem Kapital
fern sind die Interessenlagen nicht vergleichbar: Während im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG Vergütungsinteressen im Vordergrund stehen, sind im anderen Fall allgemeine Finanzierungsinteressen betroffen. Eine analoge Anwendung der Vorschrift auf die zweckunabhängige Bedienung reiner Bezugsrechte kommt nicht in Betracht. b) Analoge Anwendung des § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG zur Bedienung reiner Bezugsrechte Des Weiteren bleibt eine Analogie zu § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG zu prüfen.1371 Auch diese Verwendungsmöglichkeit ist, wie gezeigt, grundsätzlich einer analogen Anwendung zugänglich.1372 Dafür müsste aber sowohl eine planwidrige Regelungslücke (sub aa)) als auch eine vergleichbare Interessenlage (sub bb)) zu verzeichnen sein. aa) Planwidrige Regelungslücke Wie bereits erwähnt, ist die Verwendung reiner Bezugsrechte zu allgemeinen Finanzierungszwecken in § 192 AktG nicht geregelt. Zweifel an der Planwidrigkeit dieser Regelungslücke ergeben sich maßgeblich daraus, dass der Gesetzgeber im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens zu dem KontraG1373 in Kenntnis der wissenschaftlichen Diskussion1374 um die Zulässigkeit reiner Bezugsrechte in § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG lediglich ihre Ausgabe zu Vergütungszwecken normierte. Teilweise wird daraus gefolgert, dass der Gesetzgeber damit seine Abneigung gegenüber reinen Bezugsrechten zu allgemeinen Finanzierungszwecken zum Ausdruck bringen wollte; insofern bestünde fortan die Möglichkeit ihrer Bedienung mittels bedingtem Kapital gerade nicht.1375 Dahingehende Ansätze finden indes keine hinreichende Stütze in der Begründung des Regierungsentwurfes zum KontraG:1376 Hier 1371
Ausführlich Fuchs, AG 1995, 433 ff.; Kuntz, AG 2004, 480 ff. Siehe oben S. 268. So insbesondere auch OLG Stuttgart, ZIP 2002, 1807, 1808, das Gericht kommt indes aufgrund der seiner Ansicht nach divergierenden Interessenlage zu dem Ergebnis, dass reine Aktienerwerbsrechte nicht mittels bedingten Kapitals bedient werden können; vgl. Wehrhahn, BKR 2003, S. 124, 125. 1373 Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich, BGBl. I 1998, 786 ff.; siehe dazu bereits oben S. 103 ff. 1374 Grundlegend Fuchs, AG 1995, 433 ff. 1375 Vgl. Kuntz, AG 2004, 480, 485 ff.; Lutter, ZIP 1997, 1, 7; Rosener, FS G. Bezzenberger, 745, 750 f.; Schäfer, ZGR Sonderheft 16, S. 62, 79; Zimmer, DB 1999, 999, 1001; vgl. auch OLG Stuttgart, ZIP 2002, 1807, 1808. 1376 BT-Drucks. 13/9712; so auch die Einschätzungen von Wehrhahn, S. 158 und Hüffer, § 192 AktG Rn. 17. 1372
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lassen sich gerade keine Anhaltspunkte für eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers, reine Aktienerwerbsrechte aus dem Anwendungsbereich des § 192 Abs. 2 AktG herauszunehmen, ausmachen.1377 Die Begründung des Regierungsentwurfes bezieht sich ausschließlich auf die Ausgabe reiner Bezugsrechte zu Vergütungszwecken.1378 Aus ihr geht nicht hervor, dass reine Bezugsrechte zu allgemeinen Finanzierungszwecken Gegenstand der Diskussion waren.1379 Diese Sichtweise entspricht auch dem Anlass der Änderung des § 192 AktG, die zum Ziel hatte, die Transparenz bei der Ausgabe von Mitarbeiter-Aktienoptionen zu Vergütungszwecken zu erhöhen und in diesen Fällen das Bezugsrecht der Aktionäre aus § 221 Abs. 4 AktG zu umgehen.1380 Der Gesetzgeber wollte im Rahmen des KonTraG den Anwendungsbereich des bedingten Kapitals erweitern und nicht beschränken.1381 Damit sprechen die besseren Argumente dafür, auch nach dem Inkrafttreten des KonTraG von einer planwidrigen Regelungslücke in Bezug auf die Möglichkeit der Bedienung reiner Bezugsrechte mit bedingtem Kapital auszugehen. bb) Vergleichbare Interessenlage Abgesehen von der planwidrigen Regelungslücke müsste die Interessenlage aus Sicht der Gesellschaft und ihrer Aktionäre bei der Ausgabe reiner Bezugsrechte mit derjenigen bei der Einräumung von herkömmlichen Wandelschuldverschreibungen i. S. d. § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG vergleichbar sein. Zunächst steht hier wie dort die Erfüllung einer Verpflichtung zur Bedienung eingeräumter Aktienerwerbsrechte im Raum. In beiden Fällen hat diese Verpflichtung einen identischen Inhalt. Sie ist jeweils auf die Bereitstellung neuer Aktien gerichtet. Bereits oben wurde herausgearbeitet, dass einzig dieses Aktienerwerbsrecht einer Wandelschuldverschreibung ein aktienrechtliches Regelungsbedürfnis nach sich zieht: Allein daraus ergeben sich Auswirkungen auf die Gesellschaftsstruktur; es macht keinen Unterschied, ob das Aktienerwerbsrecht in Verbindung mit einem Fremdkapitalelement eingeräumt wurde oder nicht.1382 Vom Risikoprofil unterscheidet 1377 Siehe Wulff, S. 39 (bei und in Fn. 128); MünchKommAktG-Fuchs, § 192 Rn. 49. 1378 BT-Drucks. 13/9712, S. 23 f.; siehe auch Casper, S. 379. 1379 Vgl. BT-Drucks. 13/9712, S. 23 f. 1380 Vgl. BT-Drucks. 13/9712, S. 23 f.; Klahold, S. 266. 1381 Schlitt/Löschner, BKR 2002, 150, 156; Spindler/Stilz-Rieckers, § 192 AktG Rn. 31. 1382 Siehe oben S. 100 ff.; Fuchs, AG 1995, 433, 449 f.; Spindler/Stilz-Rieckers, § 192 AktG Rn. 31.
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§ 6 Bedienung der Aktienerwerbsrechte mit bedingtem Kapital
sich die Ausgabe reiner Aktienerwerbsrechte insofern aus Sicht der Gesellschaft und ihrer Aktionäre nicht von der Emission einer Wandelschuldverschreibung.1383 Darüber hinaus kann es auch bei der Ausgabe herkömmlicher Optionsanleihen zu einer Abspaltung des Aktienerwerbsrechts von dem Anleiheelement kommen.1384 Auch in diesem Fall entsteht nach der Trennung ein isoliertes, separat auf dem Kapitalmarkt handelbares Bezugsrecht,1385 welches mit bedingtem Kapital bedient werden kann.1386 Schließlich kommt es für die Qualifizierung eines Finanzierungsinstrumentes als Wandelschuldverschreibung i. S. d. § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG nicht auf das Verhältnis vom Eigenkapital- zum Fremdkapitalelement in wirtschaftlicher Hinsicht an.1387 Auch wenn das Anleiheelement gegenüber dem Bezugsrecht einen unbedeutenden Wert hat, handelt es sich um eine Wandelschuldverschreibung i. S. d. § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG, die mittels einer bedingten Kapitalerhöhung bedient werden kann.1388 Wenn aber die wirtschaftliche Bedeutung der Anleihe gänzlich in den Hintergrund treten kann, entspräche eine derartige Wandelschuldverschreibung aus Sicht der Gesellschaft weitgehend der Ausgabe reiner Bezugsrechte. Bereits all dies spricht für eine vergleichbare Interessenlage bei der Emission reiner Bezugsrechte einerseits und der Wandelschuldverschreibungsemission im unmittelbaren Anwendungsbereich von § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG andererseits und damit für eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf Fälle, in denen die Gesellschaft reine Bezugsrechte ausgibt. Dieser Befund lässt sich im Ergebnis auch nicht unter Verweis auf den Ausnahmecharakter des § 192 AktG in Frage stellen:1389 Soweit eine restriktive Auslegung dieser Vorschrift darauf gestützt wird, dass durch die limitierten Zwecksetzungen des § 192 Abs. 2 AktG Spekulationsmöglichkeiten zulasten des Gesellschaftsvermögens begrenzt werden sollten,1390 bleibt dem entgegenzuhalten, dass die Ausgabe reiner Bezugsrechte keine risikoreicheren Spekulationen zulasten der Aktiengesellschaft ermöglicht als die Emission einer herkömmlichen Wandelschuldverschreibung.1391 Überdies ergibt 1383 Schlitt/Löschner, BKR 2002, 150, 156; vgl. auch MünchKommAktG-Fuchs, § 192 Rn. 37; K. Schmidt/Lutter-Veil, § 192 AktG Rn. 10; Spindler/Stilz-Rieckers, § 192 AktG Rn. 31. 1384 Siehe oben S. 100 ff. 1385 Siehe oben S. 101. 1386 Siehe zu dem teilweise geforderten Konzernverhältnis bei der Ausgabe eines derartigen Finanzierungsinstrumentes oben S. 269 ff. 1387 Siehe oben S. 97 f.; HB börsennotierte AG-Busch, § 44 Rn. 8; HB börsennotierte AG-Groß, § 51 Rn. 11. 1388 Siehe oben S. 97 f.; Paefgen, AG 1999, 67, 70. 1389 Siehe ausführlich Fuchs, AG 1995, 433, 449 f. 1390 Siehe etwa Martens, AG 1989, 69, 73; KK-Lutter, § 221 AktG Rn. 9.
B. Anwendbarkeit des § 192 AktG bei Wandelschuldverschreibungen
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sich zwar aus den Gesetzesmaterialien, dass die ordentliche Kapitalerhöhung der Regelfall bleiben und die bedingte Kapitalerhöhung eine Ausnahme darstellen solle.1392 Hintergrund dieser Sichtweise ist aber, dass eine bedingte Kapitalerhöhung kein gesetzliches Bezugsrecht zugunsten der (Alt-)Aktionäre beinhaltet und derart ein Einflussverlust der Aktionäre zu befürchten stand.1393 Im Rahmen der Ausgabe reiner Bezugsrechte, die als Genussrechte nach § 221 Abs. 3 AktG zu klassifizieren sind, besteht diese Gefahr eines Einflussverlustes indes gerade nicht, da die Aktionäre über das gesetzliche Bezugsrecht nach § 221 Abs. 4 AktG befähigt werden, an der Kapitalmaßnahme teilzuhaben und so ihrem Einflussverlust vorzubeugen.1394 Schließlich kann die Vergleichbarkeit der Ausgabe reiner Bezugsrechte und herkömmlicher Wandelschuldverschreibungen auch nicht unter Verweis auf den Wortlaut des § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG, der ausdrücklich die Gläubigerstellung hervorhebt, in Zweifel gezogen werden. Zum einen steht hier keine unmittelbare, sondern eine analoge Anwendung der Vorschrift in Rede, die sich auch über den Wortlaut hinwegsetzen kann.1395 In Bezug auf die damit allein ausschlaggebende Vergleichbarkeit der Interessenlagen wurde aber bereits oben dargestellt, dass lediglich das Aktienerwerbsrecht und nicht ein etwaiges Fremdkapitalelement die Interessen der Aktiengesellschaft und ihrer Aktionäre tangiert.1396 Zum anderen geht die Formulierung des § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG auf eine gesetzgeberisch beabsichtigte Ergänzungsfunktion zu § 221 AktG zurück. Der Gesetzgeber wollte zur Bedienung der Finanzierungsinstrumente des § 221 AktG den Aktiengesellschaften die Möglichkeit einer bedingten Kapitalerhöhung zur Verfügung stellen; es sollte eine Parallelität der Anwendungsbereiche hergestellt werden.1397 Dem liefe es zuwider, wenn die Ausgabe reiner Bezugsrechte zwar § 221 AktG unterfällt, zu ihrer Bedienung aber kein bedingtes Kapital geschaffen werden könnte.1398 Damit unterscheidet sich die Interessenlage der Bezugsgesellschaft und ihrer Aktionäre bei der Ausgabe reiner Bezugsrechte im Ergebnis nicht von derjenigen im Rahmen der Eigenemission einer herkömmlichen Wandelschuldverschreibung. 1391 Siehe ausführlich dazu oben S. 102; Fuchs, AG 1995, 447 f.; Kuntz, AG 2004, 480, 484. 1392 Vgl. oben bei und in Fn. 1327. 1393 Siehe etwa Schubert, Aktienrechtsreform, S. 1064. 1394 Fuchs, AG 1995, 433, 446; Schlitt/Löschner, BKR 2002, 150, 156; Spindler/ Stilz-Rieckers, § 192 AktG Rn. 31. 1395 Siehe Larenz/Canaris, S. 143 f. 1396 Siehe oben S. 100. 1397 Schubert, Aktienrechtsreform, S. 1063. 1398 Vgl. Fuchs, AG 1995, 433, 449; kritisch Zimmer, DB 1999, 999, 1001.
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§ 6 Bedienung der Aktienerwerbsrechte mit bedingtem Kapital
cc) Zwischenergebnis Folglich sprechen die besseren Argumente dafür, dass auch reine Bezugsrechte, die zu allgemeinen Finanzierungszwecken ausgegeben wurden, mit bedingtem Kapital bedient werden können. § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG findet in diesen Fällen analoge Anwendung. 2. Ergebnis Verbleibt mithin bei (rein) eigennützigen Ausgabevarianten einer Wandelschuldverschreibung der Anleiheerlös vollumfänglich bei der Emissionsgesellschaft, kann die Bezugsgesellschaft die eingeräumten Aktienerwerbsrechte gleichwohl mit bedingtem Kapital bedienen. Die Tatsache, dass die Finanzierungsmaßnahme in diesen Fällen aus Sicht der Bezugsgesellschaft der Ausgabe reiner Bezugsrechte entspricht, steht dem nicht entgegen, da zur Bedienung reiner Bezugsrechte, die allgemeinen Finanzierungszwecken dienen, in entsprechender Anwendung des § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG eine bedingte Kapitalerhöhung beschlossen werden kann.
C. Zusammenfassung Auch wenn Bezugs- und Emissionsgesellschaft bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung auseinanderfallen, bleibt die Bedienung der in diesen zusammengesetzten Finanzierungsinstrumenten verbrieften Aktienerwerbsrechte mit bedingtem Kapital in analoger Anwendung des § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG möglich; eine Konzernverbindung zwischen Emissionsund Bezugsgesellschaft ist dabei nicht erforderlich. Diese Vorschrift findet auch dann entsprechende Anwendung, wenn der Anleiheerlös vollumfänglich bei der Emissionsgesellschaft verbleibt und die Finanzierungsmaßnahme damit aus Sicht der Bezugsgesellschaft der Ausgabe reiner Bezugsrechte entspricht. Dies ergibt sich daraus, dass die Bezugsgesellschaft auch reine Bezugsrechte in analoger Anwendung des § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG mit bedingtem Kapital bedienen kann.
Zusammenfassung der Ergebnisse, Schluss A. Zusammenfassung der Ergebnisse § 1 Aktienerwerbsrechte und ihre Verbindung mit Anleihen anderer Unternehmen 1.
Aktienerwerbsrechte können sowohl zum Erwerb neuer Anteile berechtigen als auch bereits existierende Aktien einer Gesellschaft zum Gegenstand haben. Richten sich die eingeräumten Aktienerwerbsrechte auf neue Aktien, lassen sie sich als Umtausch- oder Bezugsrechte ausgestalten (§ 221 Abs. 1 S. 1 AktG); sie verbriefen jeweils eine Rechtsposition, die zum Abschluss eines Zeichnungsvertrages berechtigt.
2.
Unabhängig von ihrer Ausgestaltung als Umtausch- oder Bezugsrechte beinhalten Aktienerwerbsrechte kein Anwartschaftsrecht auf die Aktionärsstellung.
3.
Das Mitwirkungserfordernis der Hauptversammlung nach § 221 Abs. 1 AktG beschränkt nicht die Vertretungsmacht des Vorstandes.
4.
Die Einschränkungen des Umfangs der Verpflichtung einer Gesellschaft aus abgeschlossenen Zeichnungsverträgen gelten auch dann, wenn der Zeichnungsvertrag in Ausübung eines Aktienerwerbsrechts nach § 221 Abs. 1 AktG zustande gekommen ist.
5.
Zentrale Zwecksetzung der Mitwirkung der Hauptversammlung bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen nach § 221 Abs. 1 AktG ist die Aufrechterhaltung der Entscheidungshoheit der Anteilseigner im Rahmen ihrer Entscheidung über eine Kapitalerhöhung zur Bedienung eingeräumter Aktienerwerbsrechte.
6.
Ein Bezugsrecht i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG umfasst sämtliche von Seiten der Gesellschaft einem Dritten eingeräumte Ansprüche, die auf den Abschluss eines Zeichnungsvertrages gerichtet sind und im Falle ihrer Nichterfüllung zu Schadensersatz berechtigen. Das Spektrum eines so verstandenen Bezugsrechts reicht von einem (vor)vertraglichen Anspruch auf Abschluss eines Zeichnungsvertrages über Festofferten bis hin zu einem (Zeichnungs-)Hauptvertrag mit Optionsvorbehalt.
7.
Ein Umtauschrecht i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 AktG setzt sich aus zwei verschiedenen Elementen zusammen: Es beinhaltet zum einen das
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Zusammenfassung der Ergebnisse, Schluss
Recht auf Abschluss eines Zeichnungsvertrages; insofern ist das Umtauschrecht ein Unterfall des in § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG normierten Bezugsrechts. Zum anderen hat ein Umtauschrecht die vertraglich eingeräumte Befugnis zum Inhalt, den Rechtsgrund der Anleiheleistung zu ändern; damit enthält es eine gesetzlich normierte Form einer Tilgungsabrede in Bezug auf die aus dem Zeichnungsvertrag resultierende Verpflichtung zur Einlageleistung. Beide Rechtspositionen bestehen nicht unabhängig voneinander. Vielmehr ist das Bezugsrecht durch die gleichzeitige Ausübung der vertraglichen Änderungsbefugnis bedingt. Auf der anderen Seite steht der Rückzahlungsanspruch aus dem Anleiheschuldverhältnis unter der Bedingung, dass von dem in der Wandelanleihe verbrieften Aktienerwerbsrecht kein Gebrauch gemacht wird. 8.
Die Verbindung von Aktienerwerbsrechten und Anleihen in einem zusammengesetzten Finanzierungsinstrument setzt nicht voraus, dass sich das Aktienerwerbsrecht auf Anteile an derjenigen Gesellschaft bezieht, welche als Schuldnerin der Anleihe das Wertpapier emittiert. Vielmehr können Emissions- und Bezugsgesellschaft auseinanderfallen. Die möglichen Strukturierungsvarianten derartiger zusammengesetzter Finanzierungsinstrumente lassen sich auf verschiedene Grundtypen zurückführen: Unterschieden wird danach, ob die Bezugsgesellschaft die Aktienerwerbsrechte, die zum Erwerb neuer oder existierender Aktien berechtigen können, entweder selbst ausstellt bzw. ihre Bedienung garantiert oder aber – wie im Falle der Ausgabe einer Umtauschanleihe – dahingehend keine eigene Verpflichtung eingeht. Ferner kann eine Muttergesellschaft Wandelschuldverschreibungen ausgeben, die zum Erwerb von Anteilen an einer Tochtergesellschaft berechtigen. § 2 Einzelne Strukturierungsvarianten und ihre aktienrechtliche Zulässigkeit
9.
Hat die Bezugsgesellschaft die Aktienerwerbsrechte selbst ausgestellt, hängt die Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen der Bezugsund der Emissionsgesellschaft davon ab, ob der Ausgabe der Wandelschuldverschreibung ein eigen- oder fremdnütziges Anleihemodell zugrunde liegt. Im Rahmen des fremdnützigen Anleihemodells erfolgt die Emission auf Rechnung der Bezugsgesellschaft; der Anleiheerlös wird von der Emissionsgesellschaft aufgrund eines Geschäftsbesorgungsoder Auftragsverhältnisses an die Bezugsgesellschaft weitergeleitet. Liegt der Emission des Finanzierungsinstrumentes demgegenüber ein eigennütziges Strukturierungsmodell zugrunde, wird es auf Rechnung der Emissionsgesellschaft ausgegeben; die Bezugsgesellschaft partizi-
A. Zusammenfassung der Ergebnisse
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piert allein dann am Anleiheerlös, wenn dieser etwa mittels eines Darlehens von der Emissionsgesellschaft an sie weitergeleitet wird. 10. Im Rahmen des eigennützigen Strukturierungsmodells ist die Verwaltung der Bezugsgesellschaft verpflichtet, von der Emissionsgesellschaft die Abführung einer Bezugsrechtsgebühr in Höhe des Anleiheagios oder des Zinsvorteils zu verlangen. Unterbleibt bei der Ausgabe des Finanzierungsinstrumentes eine dahingehende Abrede, bleibt der Vorstand zur nachträglichen Erhebung einer entsprechenden Gebühr verpflichtet; anderenfalls macht er sich jedenfalls dann schadensersatzpflichtig, wenn die Emissionsgesellschaft keine 100%-ige Tochtergesellschaft der Bezugsgesellschaft ist. 11. § 221 Abs. 1 S. 1 AktG geht in seinem unmittelbaren Anwendungsbereich davon aus, dass die Wandelschuldverschreibung im Wege der Eigenemission ausgegeben wird. Dies führt indes aufgrund des fehlenden abschließenden Charakters der Vorschrift nicht dazu, dass die aktienrechtliche Zulässigkeit der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung unter Auseinanderfallen von Emissions- und Bezugsgesellschaft allein aus diesem Grund angezweifelt werden könnte. 12. Die Verteilung der Fremdkapital- und der Eigenkapitalkomponente einer Wandelschuldverschreibung auf die Bezugs- oder Emissionsgesellschaft ist für die Beurteilung der aktienrechtlichen Zulässigkeit zusammengesetzter Finanzierungsinstrumente nicht von Bedeutung. Selbst wenn die Bezugsgesellschaft in keiner Weise an dem Fremdkapitalelement des Wertpapiers partizipiert, steht dies der aktienrechtlichen Zulässigkeit derartiger Ausgabevarianten nicht entgegen. Aus Sicht der Bezugsgesellschaft entspricht die Emission dann der zulässigen Ausgabe reiner Bezugsrechte zu allgemeinen Finanzierungszwecken. 13. Alternativ zur unmittelbaren Einräumung der Bezugsrechte kann die Bezugsgesellschaft lediglich deren Bedienung garantieren. In diesen Fällen gilt Vorstehendes (Nr. 9–12) entsprechend. 14. Eine Umtauschanleihe verpflichtet allein die Emissionsgesellschaft; die Bezugsgesellschaft übernimmt in keiner Weise die Sicherung der Aktienerwerbsrechte. Die zur Bedienung der Aktienerwerbsrechte erforderlichen existierenden Aktien der Bezugsgesellschaft werden von der Emissionsgesellschaft entweder im eigenen Bestand oder mittels einer Gegenoption auf dem Sekundärmarkt bereitgehalten. Eine Umtauschanleihe kann zunächst im Wege der Direktemission ausgegeben werden; wiederum kommt aber auch die Emission über eine (ausländische) Finanzierungsgesellschaft in Betracht.
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Zusammenfassung der Ergebnisse, Schluss
15. Gibt eine Konzernobergesellschaft Wandelschuldverschreibungen aus, die Aktienerwerbsrechte auf Anteile an einer Tochtergesellschaft beinhalten, können diese mittels einer Kapitalerhöhung in der Tochtergesellschaft oder durch eine Beteiligungsveräußerung auf Ebene der Muttergesellschaft bedient werden. § 3 Verteilung der Ausgabekompetenzen zwischen Vorstand und Hauptversammlung 16. Die in § 221 Abs. 1, 2 AktG angeordneten Mitwirkungsbefugnisse der Hauptversammlung bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung finden entsprechende Anwendung, wenn Bezugs- und Emissionsgesellschaft auseinanderfallen und die Bezugsgesellschaft die in den zusammengesetzten Finanzierungsinstrumenten verbrieften Bezugsrechte ausstellt. Aus Sicht der Anteilseigner der Bezugsgesellschaft macht es keinen Unterschied, ob das Bezugsrecht einer eigenen Anleihe oder derjenigen einer Emissionsgesellschaft beigefügt wird. Was den Beschlussinhalt anbelangt, ist bei der Beschlussfassung der Anteilseigner ihre Entscheidung über die Einschaltung und Auswahl der Emissionsgesellschaft nicht erforderlich. Ausreichend ist, dass die Hauptversammlung grundsätzlich über die Ausgabe von Bezugsrechten in einem bestimmten Umfang entscheidet. 17. Die Übernahme einer Beschaffungsgarantie durch die Bezugsgesellschaft ist als Einräumung eines Bezugsrechtes i. S. d. § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG zu klassifizieren; dies ergibt sich aus der weiten Definition eines Bezugsrechts im Sinne dieser Vorschrift (siehe oben Nr. 6). Dementsprechend findet § 221 Abs. 1 S. 1 AktG auch dann (analoge) Anwendung, wenn die Bezugsgesellschaft bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung die Aktienerwerbsrechte nicht unmittelbar selbst ausstellt, sondern lediglich eine Beschaffungsgarantie übernimmt. 18. Wandelschuldverschreibungen, die Aktienerwerbsrechte auf eigene, existierende Aktien beinhalten, unterfallen weder dem unmittelbaren noch dem analogen Anwendungsbereich von § 221 Abs. 1 S. 1 AktG. Diese Vorschrift ist auch über § 221 Abs. 3 AktG nicht anwendbar, da entsprechende Finanzierungsinstrumente nicht als Genussrechte klassifiziert werden können. 19. Die Ausgabe von Aktienerwerbsrechten, die auf den Erwerb eigener existierender Aktien gerichtet sind, stellt sich vielmehr als Veräußerungstatbestand i. S. d. § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 ff. AktG dar. Ihre Ausgabe bedarf in zwei Konstellationen der Zustimmung der Hauptversammlung: Dies ist zunächst der Fall, wenn bei der Emission der Wert-
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papiere gegen das Gleichbehandlungsgebot (§ 53a AktG) verstoßen wird (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3, 5 AktG). Abgesehen davon ist eine Mitwirkung der Hauptversammlung dann erforderlich, wenn es ein ungeschriebenes Voraberwerbsrecht der (Alt-)Aktionäre auszuschließen gilt: Eine derartige Rechtsposition ist dann anzuerkennen, wenn die wiederauszugebenden Aktien außerbörslich ausschließlich an Gesellschaftsfremde veräußert werden sollen, ohne dass jedem Aktionär die Möglichkeit offensteht, sich an der Wiederausgabe zu beteiligen. 20. Das Auseinanderfallen von Bezugs- und Emissionsgesellschaft hat bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung, deren Aktienerwerbsrechte allein auf existierende, eigene Aktien gerichtet sind, keine Konsequenzen: Sowohl die unmittelbare Ausstellung der Aktienerwerbsrechte durch die Bezugsgesellschaft als auch ihre Garantieübernahme unterfällt dem Veräußerungstatbestand des § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 ff. AktG. 21. Damit kann die Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung zwei unterschiedlichen Regelungen unterliegen: Die Einräumung von Bezugsrechten, die auf neue Aktien gerichtet sind, unterfällt dem Anwendungsbereich des § 221 AktG; beziehen sich demgegenüber die Aktienerwerbsrechte auf bereits existierende Aktien, ist § 71 Abs. 1 AktG einschlägig. Die Ausgabe des Finanzierungsinstrumentes unterliegt dabei § 221 Abs. 1 AktG, wenn den Anleihebedingungen ausdrücklich oder konkludent zu entnehmen ist, dass die Aktienerwerbsrechte auch mittels neuer Aktien bedient werden können. Allein dann, wenn die Aktienerwerbsrechte anhand der Anleihebedingungen auf den Bezug existierender Aktien beschränkt werden, richtet sich die Ausgabe der Finanzierungsinstrumente ausschließlich nach § 71 Abs. 1 AktG. 22. Die Hauptversammlung der Emissionsgesellschaft ist nicht an der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung zu beteiligen, im Rahmen derer die Bezugsgesellschaft die Aktienerwerbsrechte entweder selbst ausstellt oder aber eine dahingehende Garantie übernimmt. Die Strukturierung unterfällt dem alleinigen Verantwortungsbereich ihres Vorstandes. Dies gilt unabhängig davon, ob die Aktienerwerbsrechte auf neue oder bereits existierende Aktien der Bezugsgesellschaft gerichtet sind. 23. Die Emission einer Umtauschanleihe erfordert keinen Hauptversammlungsbeschluss der ausgebenden Gesellschaft. 24. Gibt eine Konzernobergesellschaft Wandelschuldverschreibungen mit Aktienerwerbsrechten aus, die mittels einer Tochterkapitalerhöhung bedient werden sollen, erfordert die Emission des Finanzierungsinstrumentes eine analoge Anwendung von § 221 Abs. 1 S. 1 AktG, wenn
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die Kapitalerhöhung in der Tochtergesellschaft der Zustimmung der Mutteraktionäre bedarf. Dies ist der Fall, wenn die Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsauschluss in einer wesentlichen Tochtergesellschaft erfolgt und der Kapitalmaßnahme zugleich strukturelle Bedeutung zukommt; das Erfordernis der strukturellen Bedeutung ist dann erfüllt, wenn die Beteiligung der Muttergesellschaft auf unter 75 % sinkt. Kann die Kapitalerhöhung in der Tochtergesellschaft demgegenüber ohne Zustimmung der Mutteraktionäre durchgeführt werden, so können auch entsprechende Aktienerwerbsrechte ohne ihre Beteiligung ausgegeben werden. 25. Sollen die von der Konzernobergesellschaft eingeräumten Aktienerwerbsrechte mittels einer Beteiligungsveräußerung bedient werden, bedarf die Ausgabe des Finanzierungsinstrumentes allein dann der Zustimmung der Hauptversammlung, wenn die Beteiligungsveräußerung entweder eine Satzungsänderung erforderlich macht (§ 179 AktG) oder damit eine Übertragung des gesamten Gesellschaftsvermögens verbunden ist (§ 179a AktG). Ungeschriebene Hauptversammlungskompetenzen bestehen bei Beteiligungsveräußerungen nicht. Rechtsdogmatisch ergibt sich das Zustimmungserfordernis nicht aus § 221 Abs. 1 AktG, sondern unmittelbar aus § 179a AktG bzw. § 179 AktG. § 4 Bezugsrechte zugunsten der (Alt-)Aktionäre 26. § 221 Abs. 4 AktG findet zugunsten der Anteilseigner der Bezugsgesellschaft bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung analoge Anwendung, wenn die Bezugsgesellschaft die Aktienerwerbsrechte ausstellt und einer Anleihe der Emissionsgesellschaft beifügt. In inhaltlicher Hinsicht stellt sich ein derartiges Bezugsrecht als Anspruch gegen die Bezugsgesellschaft dar, ihren Anteilseignern den Erwerb der von der Emissionsgesellschaft ausgegebenen Wandelschuldverschreibung zu ermöglichen. 27. Auch wenn die Bezugsgesellschaft bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung die Aktienerwerbsrechte nicht selbst ausstellt, sondern lediglich eine dahingehende Garantie übernimmt, ist § 221 Abs. 4 AktG (analog) anwendbar. 28. Richten sich die in der Wandelschuldverschreibung verbrieften Aktienerwerbsrechte auf existierende Aktien, findet § 221 Abs. 4 AktG keine Anwendung (siehe oben Nr. 18). Da aber die Wiederausgabe eigener Aktien durch die Einräumung von Aktienerwerbsrechten einen Veräußerungsvorgang i. S. d. § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 ff. AktG darstellt, hat die ausgebende Gesellschaft in diesen Fällen ein ungeschriebenes, be-
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zugsrechtsähnliches Voraberwerbsrecht zugunsten der (Alt-)Aktionäre zu beachten (siehe oben Nr. 19). 29. Beziehen sich die von einer Konzernobergesellschaft ausgegebenen Wandelschuldverschreibungen auf Anteile an einer Tochtergesellschaft, besteht zugunsten der Aktionäre der Obergesellschaft kein Bezugsrecht oder ungeschriebenes Voraberwerbsrecht. Dies gilt unabhängig davon, ob die Aktienerwerbsrechte durch eine Kapitalerhöhung in der Tochtergesellschaft oder durch eine Beteiligungsveräußerung auf Ebene der Muttergesellschaft bedient werden. § 5 Anwendungsbereich des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG 30. Fallen bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung Emissionsund Bezugsgesellschaft auseinander, kommt eine Anwendung des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG allein dann in Betracht, wenn der zunächst an die Emissionsgesellschaft geleistete Anleihebetrag der Bezugsgesellschaft zufließt. 31. § 194 Abs. 1 S. 2 AktG findet analoge Anwendung, wenn eine Wandelschuldverschreibung im Rahmen eines fremdnützigen Anleihemodells ausgegeben wurde. 32. Im Rahmen eigennütziger Strukturierungen ist § 194 Abs. 1 S. 2 AktG allein dann (entsprechend) anwendbar, wenn der zunächst auf Rechnung der Emissionsgesellschaft eingezogene Anleiheerlös von dieser mithilfe eines Darlehens an die Bezugsgesellschaft weitergeleitet und der Darlehensrückzahlungsanspruch von der Emissionsgesellschaft an den Anleihegläubiger abgetreten wird; gleichzeitig muss anhand der Anleihebedingungen sichergestellt sein, dass dieser Darlehensrückzahlungsanspruch nur zusammen mit der Rechtsposition aus der Wandelanleihe abgetreten werden kann. 33. Der Anwendungsbereich des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG erstreckt sich auch auf die Einräumung einer Optionsanleihe, in deren Anleihebedingungen eine Inzahlungnahme bzw. eine Verrechnung der Einlageforderung mit der Anleiherückzahlungsforderung oder eine Hin- und Herzahlung der entsprechenden Beträge vereinbart ist. Dies gilt auch dann, wenn Emissions- und Bezugsgesellschaft bei der Ausgabe der Wandelschuldverschreibung auseinanderfallen. 34. § 194 Abs. 1 S. 2 AktG bleibt entsprechend anwendbar, wenn die eingeräumten Aktienerwerbsrechte nicht aus bedingtem Kapital, sondern mittels einer regulären Kapitalerhöhung oder genehmigten Kapitals bedient werden.
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Zusammenfassung der Ergebnisse, Schluss
§ 6 Bedienung der Aktienerwerbsrechte mit bedingtem Kapital 35. Die in § 192 Abs. 2 AktG aufgelisteten Verwendungsmöglichkeiten können Ansatzpunkt einer Analogie sein. 36. Fallen Emissions- und Bezugsgesellschaft bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung auseinander, ist § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG entsprechend anwendbar, wenn die Bezugsgesellschaft zumindest teilweise an dem Anleiheerlös beteiligt ist. In diesen Fällen entspricht die Interessenlage aus Sicht der Bezugsgesellschaft derjenigen bei der Eigenemission des Finanzierungsinstrumentes; dies gilt unabhängig davon, ob die Bezugsgesellschaft die Aktienerwerbsrechte selbst ausstellt oder lediglich eine Garantie übernimmt. 37. Verbleibt im Rahmen rein eigennütziger Strukturierungen der Anleiheerlös vollumfänglich bei der Emissionsgesellschaft, kann die Bezugsgesellschaft zur Bedienung der in diesen zusammengesetzten Finanzierungsinstrumenten verbrieften Aktienerwerbsrechte gleichwohl bedingtes Kapital zur Verfügung stellen. Die Tatsache, dass die Finanzierungsmaßnahme in diesen Fällen aus Sicht der Bezugsgesellschaft der Ausgabe reiner Bezugsrechte entspricht, steht dem bereits deshalb nicht entgegen, da zur Bedienung reiner Bezugsrechte, die allgemeinen Finanzierungszwecken dienen, in entsprechender Anwendung des § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG eine bedingte Kapitalerhöhung durchgeführt werden kann. 38. Die analoge Anwendbarkeit von § 192 Abs. 2 AktG setzt nicht voraus, dass die Bezugsgesellschaft an der Emissionsgesellschaft beteiligt ist.
B. Schluss Die Untersuchung hat gezeigt, dass die Ausgabe zusammengesetzter Finanzierungsinstrumente, die eine Anleihe mit einem Aktienerwerbsrecht auf Anteile eines anderen Unternehmens verbinden, eine Vielzahl aktienrechtlicher Probleme aufwirft. Teilweise ergeben sich diese aus allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Fragestellungen, die Auswirkungen auf die Ausgabe dieser Finanzierungsinstrumente nach sich ziehen; zu denken ist in diesem Zusammenhang etwa an ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten, wenn die von einer Konzernobergesellschaft ausgegebenen Wandelschuldverschreibungen mittels einer Kapitalerhöhung in einer Tochtergesellschaft bedient werden. Überwiegend beruhen die aufgeworfenen Rechtsfragen aber darauf, dass die in der Praxis auftauchenden Finanzierungsformen nicht vorbehaltslos in das geltende Aktienrecht eingeordnet werden können; exemplarisch gilt dies für die – nach hier vertretener Auffassung – Zuläs-
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sigkeit der Ausgabe reiner Bezugsrechte und ihrer Bedienung mit bedingtem Kapital oder die Beschränkung des Anwendungsbereiches von § 221 AktG auf Wandelschuldverschreibungen, die mit neuen Aktien bedient werden. Fallen bei der Emission einer Wandelschuldverschreibung Emissionsund Bezugsgesellschaft auseinander, wird die aktienrechtliche Behandlung dieser Finanzierungsinstrumente zusätzlich dadurch erschwert, dass der (historische) Gesetzgeber im Zuge der Normierung von Options- und Wandelanleihen von der Eigenemission dieser Wertpapiere ausging; diese Problematik tritt etwa bei der Untersuchung der Ausgabekompetenz (§ 221 Abs. 1 AktG) für derartige Wandelschuldverschreibungen sowie bei der Ermittlung des Anwendungsbereiches von § 194 Abs. 1 Nr. 2 AktG zu Tage. Aus den oben rekapitulierten Problemen bei der aktienrechtlichen Einordnung zusammengesetzter Finanzierungsinstrumente wird teilweise geschlossen, dass die herkömmlichen aktienrechtlichen Regelungen nicht mehr zeitgemäß seien.1399 Dementsprechend bedürfe es einer Neufassung der einschlägigen Vorschriften, um Aktiengesellschaften einen flexibleren Umgang mit wandelbaren Wertpapieren zu ermöglichen und der Wirtschaft eine adäquate Grundlage für den Einsatz derartiger Finanzierungsinstrumente bereitzustellen.1400 Dieser Forderung nach einer Intervention des Gesetzgebers ist zunächst zuzugeben, dass eine Gesetzesänderung die Chance auf einen Gewinn an Rechtsklarheit in Bezug auf die aktienrechtliche Behandlung zusammengesetzter Finanzierungsinstrumente birgt. Insbesondere ließe sich das Auseinanderfallen von Emissions- und Bezugsgesellschaft bei der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung positiv-rechtlich erfassen; Gleiches gilt für die Zulässigkeit der Ausgabe reiner Bezugsrechte zu allgemeinen Finanzierungszwecken sowie ihre Bedienung mit bedingtem Kapital. Gleichwohl aber erscheint der Ruf nach einer Gesetzesänderung in zweierlei Hinsicht angreifbar: Zum einen lassen sich die aufgeworfenen Rechtsfragen – wie gezeigt – mittels einer Auslegung der vorhandenen Regelungen sowie ihrer analogen Anwendung klären und die einzelnen Finanzierungsinstrumente auf diesem Wege in ein stimmiges Gesamtsystem einordnen. Zum anderen wird die Kapitalmarktpraxis auch nach einer etwaigen zukünftigen Änderung der Rechtslage stets neue Finanzierungsformen entwickeln, die wiederum Probleme in Bezug auf ihre aktienrechtliche Einordnung mit sich bringen. Die Frage nach einer Gesetzesänderung würde sich insofern jeweils erneut stellen. Um der Gefahr einer damit einhergehenden Regulierungsspirale vorzubeugen, kann dem Postulat nach einem Einschreiten des Gesetzgebers im Ergebnis nur mit äußerster Skepsis begegnet werden. 1399 1400
Kerber, S. 84, 125 ff. Kerber, S. 84, 125 ff.; Wehrhahn, S. 254 f.
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Sachregister Aktien, existierende 25, 28, 31, 61, 63–65, 70–71, 117–118, 124, 138, 141–142, 160, 164, 167–168, 174, 219–221 Anleiheagio 75–82, 84–88, 98, 102 Anleihebedingungen 26, 64–65, 73–74, 120, 135, 167–168, 209, 219, 238, 248–249, 255–256, 258–259, 264 Anleihemodell 72, 75–77, 79, 88, 98, 112, 115, 117 Anleiherückzahlungsanspruch 247 Annahmeerklärung 34 Anteilserwerb, derivativer 61, 63 Anwartschaftsrecht 38–39 Ausgabekurs 130 Barausgleich 29 Bareinlage 237 Barkapitalaufbringung 257 Barvermögen 86 Bedienfreiheit 167 Beschaffungsgarantie 112–113, 115–118, 132–133, 136–137, 217 Beschlussinhalt 127 Beteiligungsäquivalenz 195 Beteiligungsgewinn 79–81, 85–87 Beteiligungsquote 151 Beteiligungsveräußerung 196 Beteiligungsvermögen 86 Bezugserklärung 35, 48 Bezugspreis 130 Bezugsrecht – gesetzliches 210–211, 213, 216, 218 – offener Bezugsrechtsbegriff 52–53, 61 – rechtsgeschäftliches 33–34
Bezugsrechte, reine 94, 98–109, 166, 268, 274–277 Bezugsrechtsgebühr 77–84, 86–88, 115, 118 Bezugsverhältnis 129 Börsengang 121 Deckungskapitalia 133–134, 136 Eigenemission 71, 73, 75, 77, 89–92, 109, 125, 127, 137–138, 168, 172–173, 194, 212, 215, 218, 250, 256, 266–267 Eigenkapitalmaßnahme 80–81, 94, 174–175 Eigenkapitalstruktur 101, 124, 150 Einlage, antizipierte 237–238 Einlageleistung 26, 30, 54, 56–57, 59, 71, 237, 245–247, 251, 253, 255, 262 Einlageschuld 57, 59–60, 236, 257, 259–260 Emissionserlös 80, 102, 118 Emissionskompetenz 29–31 Emissionsvarianten 67, 109 Entscheidungshoheit 40, 43–44, 46–47, 51, 64, 90, 92, 100, 107, 126, 129, 141–142, 158, 194 Ersetzungsbefugnis 55–56, 63, 167–168 Festofferte 34, 53, 61–62 Finanzierungsfreiheit 92–93 Finanzierungsgesellschaft 76–77 Finanzierungsinteressen 276 Finanzierungstochtergesellschaft 27, 69, 74, 77, 110, 120, 131, 174 Finanzierungszwecke 277 Fremdfinanzierung 26, 119, 123
304
Sachregister
Garantieerklärung 74, 245, 247 Garantieübernahme 73, 110–113, 116–117, 133–134, 136, 138, 170, 172, 238 Gegenoption 68, 117, 120, 138, 143, 157–158, 160, 162–163 Gelatine-Entscheidung, BGH 180–181, 185–186 Genussrechte 105–109, 141, 164–166, 274, 279 Gesamtvermögensveräußerung 198 Geschäftsführungsbefugnis 40–42, 44 Gestaltungsrecht 34–35, 38, 52–53, 56–57, 115 Gewinnverzicht 150 Gleichbehandlung 145 Grundlagenkompetenz 124
Macrotron-Entscheidung, BGH 182, 186 Mediatisierung 181, 183–184, 186–187, 200, 204 Mischcharakter 89, 98 Mischfinanzierung 94, 97 Mitarbeiter-Aktienoptionen 103, 277 Mitgliedschaftsrecht 230 Optionsanleihe 33, 53, 59–60, 82, 137, 253, 259 Optionsrecht 33 Optionsvorbehalt 52–53, 61 Pflichtumtauschanleihe 119 Quellensteuer 69 Rückerwerb 143
Hin- und Herzahlung 60, 255, 258, 260 Holzmüller-Entscheidung, BGH 179–181, 183, 186–187, 227 Identitätskonzept 89–90, 92 Inzahlungnahme 60, 250, 252–253, 256, 259 Jahresabschluss 87–88 Kapital, genehmigtes 261 Kapitalaufbringung 236, 246–248, 251, 255, 262 Kapitalerhöhung – bedingte 265–266, 272, 274 – ordentliche 261 Kapitalerhöhungsbeschluss 37, 48 Kapitalertragssteuer 69 Kompetenzverteilung 30, 42–43 Konfusion 248, 253 Konzernrechnungslegung 95 Konzernverbund 84, 94–96 Konzernverhältnis 271
Sacheinlage 237, 246–247, 251 Satzungsänderung 43, 123–124, 150, 180, 187, 192, 195, 198 Satzungsautonomie 48–49, 158 Schadensersatzansprüche 39–40, 44–47, 49, 51–52, 64, 82 Schuldverschreibungen 64 Schutzpflicht 234 Sekundärmarkt 68, 117, 120 Sekundärmarkttransaktion 171 Sorgfaltspflichten 81, 83 Sorgfaltspflichtverletzung 131 Spekulationsgefahr 102–103 Sperrminoritäten 152 Steuervorteil 70 Stimmrechtsmacht 37, 105 Strukturentscheidungen 43 Thesaurierung 85 Tilgungsabrede 54, 57, 59–61, 63 Tochterkapitalerhöhung 178 Trennungstheorie 84, 95 Treuepflicht 232, 234
Sachregister Umtauschanleihen 28, 68, 70, 111, 117–120, 171, 173, 175 Umtauscherklärung 54–57, 237 Umtauschrecht 32, 54–55, 57–59, 61–62, 66, 71 Umtauschverhältnis 130 Vergütungsinteressen 276 Verkehrsfähigkeit 41, 251 Verrechnung 60, 254, 256–257 Verrechnungsabrede 250 Verschaffungsverpflichtung 133 Vertrag zugunsten Dritter 113–114, 116 Vertretungsmacht 40–43, 45 Verwässerung 27, 136, 146, 149–151, 166, 211, 215
305
Voraberwerbsrecht 30, 146, 148, 152, 159, 161, 169, 219–220, 230, 232–234 Vorabverpflichtung 113–116 Vorratsaktien 117, 139–140 Wandelanleihe 54–55, 57–60, 62, 66, 238, 247 Wiederausgabe 70, 143, 145–146, 148–149, 151, 156, 166 Zeichnungsvertrag 32, 34, 36, 39, 45, 47–49, 56–58, 62–63, 112–113 Zinsvorteil 75–81, 84–88, 98, 102, 117 Zusicherung 36, 45, 116