Zur Textgeschichte des Laertios Diogenes 8821000168, 9788821000164


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German Pages 132 [140] Year 1955

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Zur Textgeschichte des Laertios Diogenes
 8821000168, 9788821000164

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STUDI

E TESTI ------------------ 184--------------------

ZUR TEXTG ESCH ICH TE DES LAERTIOS DIOGENES

DAS

GROSSE

EXZERPT

Φ

VON

ARTU R BIEDL f

CITTÀ DEL VATICANO BIBLIOTECA APOSTOLICA VATICANA

1955

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STUDI E TESTI 60. Borghi-zio, Gino e Yattasso, Marco. Giovanni di M°. Pedrino depintore. Cronica del suo tem­ po. Vol. 1 (1411-1460.). 1920. pp. VII, 564.

68. Mercati, G. Per la storia del manoscritti gre­ ci di Genova, dì varie badie basiliane d’Ita­ lia e di Patmo. 1935. pp. x ii , 366. 5 tav.

51. Patzi-s, Μ. Μ. Κ ρ ιτο ΰ τον Π α τζη Ύ ιπ ούκ ειτοε librorum LX Basilicorum summarium. Li­ bros X lil-X X iil edidit iruuciacus Doeiger. 1929. pp. XVUl [2 ], 226.

69. Rationes decimaram Italiae. Aprutium-Molisium. Le decime dei secoli xui-xiv, a cura di P. Sella. 1936. pp. xn, 458. 1 c. geogr. pieg. (in busta).

52. Vattasso, Marco. Statuto di Rocca de’ Baldi dell’anno m occoxlviii pubblicato... con in­ dice e glossario di Pietro Sella. I960, pp. 55.

70. Mercati, Angelo. La provenienza di alcuni og­ getti delle collezioni vaticane. 1936. pp. 48. 17 iU., 2 tav.

53. Korea, Medea e Vitelli, Girolamo. Il papiro Vaticano greco 11, 1. Φ α β ω ρ ίνο ν π ερί p^i^nlr;y',:':

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kritischen Teilausgaben der Laertios führen die Anthologie vielfach als Textquelle an. Als einziger hat Gercke (Hermes 37, 1902, 422 f.) versucht, den Text des Epigramms Anth. Pal. V II 111 im Verhâltnis zur hsl Überlieferung von Laert. Y 60 zu priifen, ohne zu einem klaren Ergebnis zu kommen. Zur Lôsung dieser Aufgabe muss man darauf achten, dass der Kodex, den Kephalas zu Anfang des 10. Jhs vor sich hatte, viel alter war als irgendein uns erhaltener, wir also damit in ein friihes Stadium der Überlieferung Einblick gewinnen. Sobald die LaertiosKollationen vervollstàndigt sind, müsste man den Stadtmüllerschen Apparat1 der Anthologia heranziehen und ihre Lesarten ixmerhalb der hsl Überlieferung des Laertios einzuordnen suchen. Erst dann ware an die Erage heranzutreten, ob die Redaktoren der Anthologien direkt oder indirekt aus Laertios geschôpft haben.2 Schon die Herausgeber und Kommentatoren des 16. und 17. Jhs, Henr. Stephanus, Casaubon und Ménage, wussten, dass S u i d a s 3 in verschiedenen Artikeln Partien aus Laertios Diogenes ausgeschrieben hat. Eine nâhere Behandlung dieser Ausziige erfolgte gleichzeitig durch O. Heine, Jbb. f. Phil. 99, 1869, 614-628 und Fr. Metzsche, Rh. Mus. 24, 1869, 210 fi. ( = Werke IV (1937) 334 ff.). Sie unterscheiden die Zitate der biographischen und lexikalisch-erklarenden Artikel, besonders philosophischen Inhalts. Heine weist naeh, dass letztere von Suidas aus Laertios entnommen sind, und beschreibt ihre Anlage. Die biographischen Lemmata stammen ja aus Hesychius Milesius, der manches aus gemeinsamen Quellen mit Laertios, aber nicht aus diesem geschôpft hat; doch sind die Artikel mitunter mit Stricken aus Laertios kontaminiert (am klarsten zu erkennen bei Diels, Poet. phil. fragm. s. Thales A 2; Empedocles A 2). Wàhrend die Untersuchungen Joh. Flachs iiberholt sind, bieten noch einiges

1 Die neue Ausgabe der griech. Anthologie von P. Waltz (I 1-2. Paris 1928; 3. 1931; 4. 1938; 5. 1941; 6. 1944) darf nicht vernachlassigt werden, ebensowenig die Aufzeichnungen von K. Preisendanz- Heidelberg. 2 Einzelne iür sich iiberlieferte Epigramme in der Anth. Pal. und in der Sammlung des Planudes kônnten freilich auch aus anderen Zwischenquellen stammen; z. B. müsste der Vindob. phil. gr. 314 s. X f. 27rv nâher geprüft wer­ den. Bei diesen hsl. Untersuchungen würde sich mancher Gewinn einstellen; die von E. Eeitzenstein, Nachr. Gbtt. Ges. phil.-hist. Kl. 1921, 53-61 gestente Prage nach der Echtheit von Platons Epigrammen liesse sich weitgehend klaren. 3 Die Arbeiten von Dblger (bes. SB. bayer. Ak. phil.-hist, Kl. 1936, 6) haben den richtigen Titel Σούδα wiederhergestellt und erklàrt. Gleichwohl verwende ich die beim Zitieren allgemein ubliche Form.

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Beachtenswerte X . Kreuttner 1 und W. Yolkmann. 2 W. Cronert, Kolotes u. Menedemos (Leipz. 1906) 1.172 verweist auf die Bedeutung des Suidas fur die Laertios-Überlieferung und führt einige Stellen als Proben an. Die Teilausgaben haben Suidas fur den Text des Laer­ tios, wenn aucb nicbt vollstàndig, herangezogen. Auf die Stellung des Suidas zu den codices integri gebt nur Delatte ein (S. 74 f.); er nimmt an, dass Suidas an einigen Stellen allein altes Gut bewahrt hat, seine Yorlage somit ein friiheres Stadium der Überlieferung zeigt als der Archetyp der vollstàndigen Hss. Zunâchst ist nun die Aufgabe gestellt, aus der mustergültigen Ausgabe von A. Adler (I-Y, Lpz. 1928-1938) die im Index gesammelten Laertios-Stellen herauszusuehen und mit den Kollationen der Hss zu vergleichen.3 Erst dann wird man untersuchen kônnen, ob das Urteil von Adda Adler richtig ist, die (BE IV A 1 (1931), 710) annimmt, dass die philosophischen Artikel nicht direkt aus Laertios, sondern aus der « philosophischen Hauptquelle » geschopft sind, wo Laertios bereits mit den Kommentaren des Alexander Aphrod. in Arist. Topica und Ioannes Philoponus in Arist. de anima vereinigt war und die vom neuplatonischen Schulbetrieb beeinflusst ist. Wàhrend sich bei den bisher besprochenen Textzeugen der indirekten Überlieferung die Eragestellung klar umreissen lasst, ist bei der m i t t e l a l t e r l i c h e n l a t e i n i s c h e n Ü b e r s e t z u n g der Umfang des Problems noch nicht annahernd bekannt. Dass grôssere Partien des Laertios im Werke des Walter de Burley (1275ca. 1345), De vita et moribus philosophorum, lateinisch wiederge-

1 Die Definitionen der stoischen Affekte bei Suidas (Philol. 46, 1888, 755757). Er weist nach, dass sie aus Laert. VII 110-117 ausgeschrieben sind und das Exemplar des Suidas sich in diesen Stricken nicht sehr von den bisher benützten Hss unterscheidet. 2 Quaest. de Diog. Laert. cap. I: De Diog. Laert. et Suida. Progr. Breslau Maria-Magdalenen-Gymn. 1890, 10-13; Pestschr. d. Gymn. Jauer 1890, 104-114. 3 Als ich 1929 diese Untersuchung als Prüfungsarheit hei E. Martini durchführte, hatte ich unzulàngliche Kollationen der Laertios-Hss, und von der Ausgahe A. Adlers lag nur der erste Band vor, im übrigen war ich auf Bernhardy angewiesen. Immerhin zeigten sich einerseits bei Suidas Fehler, die mit B oder B P gemeinsam waren, andrerseits schien an einigen Stellen die Lesart des Lexikographen besser zu sein als die aller vollstàndigen Hss. Also ahnliche Schwierigkeiten wie in der übrigen recensio. Wie vorsichtig man da arbeiten muss, zeigt der Umstand, dass manche Epigramme bei Suidas direkt aus Laertios geschopft sind, andere aus der Anthologie des Kephalas, der sie seinerseits Laertios entnommen hat. Die Exzerpte bei Suidas umfassen meiner Schâtzung nach mindestens 1/20 des ganzen Textes.

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geben sind, hat zuerst J. G. Schneider 1 gesehen. Zu einer neuerlichen Beschâftigung mit diesen Übersetzungen führte der Streit, der sich an Ed. Wolfflins Ausgabe von Caecilius Balbus De nugis philosophorum (Basel 1855) knüpfte. H. Düntzer, Jbb. f. Phil. 71, 1855, 657 verwies darauf, dass auch Hieremias de Montagnone (gest. 1300) die Chronica de nugis philosophorum benützt, die vieles aus einer lateinischen Laertios-Übersetzung geschopft hat.2 Die schônsten Ergebnisse brachte Yal. Bose in seiner Studie: Hermes 1( 1866) 367-397. Er ermittelte den Laertios-Übersetzer Henricus (Evericus) Aristippus, der zwischen 1156 und 1160 in Unteritalien arbeitete und auch Dialoge Platons lateinisch wiedergab. Boses Bemühungen, eine Hs dieser Übersetzung zu finden, waren zwar erfolglos, doch brachte er zahlreiche neue Hinweise auf ihre Benützung im 12.-14. Jh. Hach ihm hat Bywater im Anhang seiner Aus­ gabe der Aristotelesvita des Laertios (1879) die auf Aristoteles bezüglichen Stüeke des Burley und Hieremias de Montagnone und dann in der Ausgabe Laertii Diogenis De vita philosophorum versionis antiquae fragmenta (Oxon. 1880) 3 alle aus Laertios entnommenen Stüeke der beiden Autoren abgedruckt. Die Schrift Walters von Burley gab H. Knust (Tübingen 1886) neu heraus, den Fragenkreis aber behandeln B. Sabbadini, Le scoperte dei codici greci e lat. 1 (Firenze 1905) 219; 2 (1914), 262 f. und P. Lehmann, Germ.-rom. Monatsschr. 4 (1912) 624-626. Wenn es nur darum ginge, die von Bywater gesammelten Stellen mit den Kollationen des Laertios zu vergleichen, so ware die Aufgabe verhaltnismàssig leicht.4 Doch gilt es vielmehr, die Auswirkung der mittelalterlichen lateinischen Laertios-Übersetzung (oder Über­ setzungen?) in ihrem vollen ITmfange ' festzustellen. Dabei müssen ausser Burley und Hieremias de Montagnone alle Schriften gepriift werden, deren Titel oder Inhalt auf eine Benützung dieser Über­ setzung hinweist. FTeben Ioannes Gallensis (gest. 1303) und dem Polycraticus des Ioannes Saresberiensis (12. Jh.), fur die das bereits feststeht, seien noch erwàhnt: Ioannes de Procida, Dicta moralium; Yincentius Bellovacensis; Ioannes de Columna, De viris illustribus 1 Diogenes Laertios und der Englander Burley; s. Wolfs Liter. Analekten 2 (1818) 227-255. 2 Die weiteren Arbeiten (s. Schanz-Hosius, Geseh. der lat. Lit. I4 1927, 262 f.) ziehen z.T. griechische Quellen (Gnomologien) in Betracht. 3 Aus Wachsmuths Nachlass in meinem Besitz (Depositum der Un. Bibl. Heidelberg). 4 Einige Stellen weisen auf enge Verwandtschaft mit Hs B. Das scheint mir gegen Sabbadini (s. unt.) zu sprechen.

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libri duo; Gulielmus de Malmesbury, De dictis et factis memora­ bilium philosophorum; die zahlreichen anonymen dicta und flores philosophorum; Bobertus, rex Ierusalem et Siciliae, Dicta et opi­ niones philosophorum und der von E. Franceschini1 besprochene und verôffentlichte Liber philosophorum moralium antiquorum.2 Auch geben die Übersetzer des 12./13. Jhs, namentlich in Unteritafien und Sizilien, Anlass, Gegenstand und Technik ihrer Übersetzungen auf Grund neuerer Forschungen zu berücksichtigen, wobei die grossen amerikanischen Darstellungen des Wiederauflebens der klassischen Studien im 12. Jh nicht fehlen dürfen.3 Bei dieser Untersuchung aller zugànglichen Quellen wird die Frage des Caecilius Balbus geklart werden. Yor allem aber bleibt Sabbadinis Annahme, die Chronica de nugis philosophorum sei eine lateinische Kurzfassung des Laertios, die schon seit dem 10. Jh existierte und im 12. Jh von Aristippus teilweise neu übersetzt wurde, auf Grund des grôsseren Materials nachzuprüfen. Dass in der Ίωνιά des A p o s t o l i s - A r s e n io s auch Laertios benützt ist, wurde verschiedentlich beobachtet.4 Eine flüchtige Durchsicht der Teilausgabe des Yiolariums von Chr. Walz (Stuttg. 1832) zeigt, dass grossere Partien des Laertios dort ausgehoben sind. Um zu ermitteln, aus welcher Grappe von Hss die Yerfasser geschôpft haben, wird man freilich nicht bei der genannten Ausgabe stehn bleiben, sondera das Autographon des Arsenios (Paris, gr. 3058)

1 Mem. Acc. Lincei, Cl. di se. mor. stor. e fìlol. ser. VI 3. 1930, 353-399; Atti 1st. Ven. 91, 1931/32, 393-597; s. R. Sabbadini, ebd. 92, 1932/33, 537-541. 2 Bei den beiden letztgenannten Werken, die stark von arabischen Quel­ len beeinflusst sind, erhebt sich die Frage, ob Laertios auch zu den Arabern gekommen ist. 3 Zu den Übersetzungen: O. Hartwig, Die Übersetzungsliteratur Unteritaliens in der normannisch-staufischen Epoche: Zbl. Bibl. 3, 1886, 161-190. 223-225. 505 f.; F. Lo Parco, Scolano Saba. Atti Acc. archeol. lett. belle arti Napoli n. s. 1, 1910, II 207-286; Ch. H. Haskins, Harv. Stud. 21, 1910, 75-102; 23, 1912, 155-166; Moses of Bergamo: Byz. Z. 23, 1914/19, 133-142; F. Bliemetzrieder, Adelhard von Bath (Münch. 1935) und zahlreiche Werke von M. Grabmann. Für die « Renaissance des 12. Jh. » vor allem Ch. H. Haskins: The Greek element in the renaissance of the 12th cent. (Am. Hist. Rev. 25, 1920, 603615); Studies in the history of medieval science (Cambr. 1924); The renaissance of the 12tb cent. (Cambr. 1927); Studies in medieval culture (Oxf. 1929); G. Paré-A. Brunet - P. Tremblay, La renaissance du x n e siècle (Publications de l’ Inst-d’ét. médiév. d’ Ottawa 3, 1933). 4 A. M. Bandini, Catalogus codd. mss. graec. bibl. Laurent. I 549 (ad cod. Laur. 4, 26); G. Roeper, Ztschr. f. Altertumswiss. 1852, 160. 429; A. C. Pearson, Class. Rev. 19, 1905, 455.

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und darüber hinaus die Materialsammlungen seines Yaters Michael Apostolis (Angelicanus gr. 27, Leidensis Voss. gr. 0 9) durchnehmen.1 Die übrigen Spuren des Laertios in der spàtantiken und byzantinischen Literatur zusammenzufinden, führt gleichfalls in ein weites Feld der Studien.2 Dabei sind zwei wichtige Gesichtspunkte besonders zu beachten: die Yerwendung des Laertios in der neuplatonischen Schuie, die für die früheste Textgeschichte grossen Gewinn verspricht, und sein Verhàltnis zu den Gnomologien. Entdeckt wurde das « grosse Exzerpt » von Edgar Martini, der in seinen Analecta Laertiana I 107 eine Lesart des Yat. gr. 96 (Φ) zu Laert. I 8 zitiert und ebd. 103 die Behandlung der Exzerpthss. für ein andermal in Aussicht stellt. Diese Anktindigung wiederholt er in seinen Analecta Laertiana II (Leipz. Stud. 20, 1902, 145-166), wo er (p. 148 s.) den von ihm neu herangezogenen Codex Φ kurz beschreibt. Der grosste Teil dieser Arbeit ist freilich der Überlieferung der Schrift Ήσνχίον Μιλησίον περί των εν παιδεία διαλαμψάντων σοφών gewidmet, die in der genannten Hs. knapp vor dem Laertios-Exzerpt steht und mit diesem eng zusammengehòrt. Schon C. Lehrs hatte (Eh. Mus. 17, 1862, 453-457 = Pindarscholien. Leipz. 1873, 159 ff.) erkannt, dass dieses Büchlein keineswegs auf den Pinakographen des 6. Jh. zurückgeht, sondern eine Kompilation aus Stücken des Laertios mit solchen aus Suidas und auf jenen iiamen gefalscht ist, und hat seine Anfertigung in die Zeit des Humanismus daterien wollen.3 1880 gab J. Flach es neu heraus.4 Er nennt in seiner praefatio 4 Hss, schliesst sich aber an die jüngste (Laur. 70, 14 s. X Y I ex.) an. Auch sonst ist sein Text durch Konjekturen entstellt, die Yorrede und der kritische Apparat oberflàchlich. Er setzt die Abfassungszeit der Schrift ins 11. oder 12. Jh., freilich mit unzureichenden Gründen. Martini hat nun in der zitiërten Abhandlung nachgewiesen, dass aile von Flach genannten Hss5 aus Yat. 1 A. Biedl: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Deutsehen in Bohmen. 72 (1933) 108-117. Der Walz’sche Text legt die Vermutung nah, dass die Vorlage eine der D-Gruppe verwandte Hs war. Wie die Textquelle des Arsenios (vor 1519) von der seines Vaters, die vielleicht nach 1450 auf Kreta existierte, zu scheiden ist, bleibt zu untersucben. 2 Die Stellen bei Eustathios, Tzetzes und anderen bedürfen nocb einer Sammlung. 3 So P. Egenolff, Burs. Jber. 58, 1889, 300 f. und noch Krumbacher, Gesch. d. byz. Lit.2 (1897) 324. 4 Hesychii Milesii qui fertur de viris illustribus librum ree. Io. Flach. Lips. 1880. 5 Zu den von Flach und Martini angeführten Hss. kann ich hinzufügen: Codex Parisinus graec. 3026, chart, s. X V I, auf den mich Henri Omont auf-

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06 stammen. Anschliessend gibt er eine Liste von Berichtigungen zur Mach’ schen Ausgabe nach dem einzig massgebenden Codex Φ. Schliesslich (161-165) sucht er Ps.-Hesych in die Überlieferung des Laertios einzuordnen und zu zeigen, dass er aus e, der gemeinsamen Yorlage von B P , geschôpft habe. Da er diese Quelle benutzt hat, noch ehe sie nach einem α-Codex durchkorrigiert worden war (was nach Martini im 13. Jh. geschah), ist die Schrift des Ps.-Hesych zwischen Suidas und diesen Zeitpunkt, also in das 11. oder 12. Jh. zu datieren. Der ÏJachweis Martinis, dass Φ der Archetyp der Ps.-HesychHss sei, kann nicht bestritten werden, ebenso ist sein zeitlicher Ansatz für das Werk richtig.1 Dagegen reicht für eine Einordnung unter die Laertios-Hss Ps.-Hesych allein nicht aus; vielmehr wird man zu einem begründeten TJrteil erst kommen, wenn man den

merksam machte, enthâlt f. 31r-32v den Schiuse von Ps.-Hesych (p. 51, 3-55, 19 FI.). Voraus geht (f. 25r-30r) die έτέρα αρχαιολογία (s. S. 55, Beschreibung von Φ n. 11), es folgen (f. 33Γ-47ν) Φιλοστράτου επιστολα'ι έρωτικαί. Die Hs. ist von derselben Provenienz wie Paris. 3025, namlich aus dem Besitz der Familie de Mesmes, und von demselben Schreiber geschrieben; ja es ist kein Zweifel, dass die beiden ursprünglich e i n Codex waren, der beim Binden ungeschickt getrennt wurde. Neapol. II E 21, chart, s. X V , fol. 64, 195 X 159 mm, in Pergament gebunden. Früher im Besitz des Ianus Parrhasius und Antonio Seripandi, dann des Klosters S. Giovanni di Carbonara in Neapel (Fabricius-Harles, Bibi, graeca V 798 n. 46). Inhalt: F. l-22r Polemonis sophistae in Cynaegirum et Callimachum; f. 22r-49r Ps.-Hesychius περί των εν παιδεία διαλαμψάντων σοφών, f. 49Γ-64Γ Έ κ των τοΰ Φιλοστράτου βίων σοφιστών. (Diese Mitteilungen über den Codex verdanke ich der Liebenswürdigkeit der Direktion der Biblioteca Nazionale in Neapel; der Katalog von Cirillo ist nicht vollstândig). Beide Hss stammen natiirlich gleichfalls aus Φ. Für den Paris. 3026 ist es selbstverstândlich, dass er denselben Text aufweist wie Paris. 3025 (C bei Flach und Martini); vgl. für die anderen Stücke de Boor, Hermes 34, 299 if.; Vitelli, Studi it. 3, 1895, 382-384; Philostratus ed. Kayser, ed. mai. epist. p. I l i (für die epistulae amatoriae). Der Neapolitanus ist schon nach dem Inhalt als Abkommling von Φ anzusprechen (vgl. meine folgende Beschreibung von Φ); für die βίοι σοφιστών des Philostrat hat dies Kayser, Ztschr. f. Altertumswiss. 1839, 218 gezeigt. Die Angaben Flachs und Martinis zur Datierung des Pal. gr. 129 berichtige ich unten. Der Codex gehôrt der Mitte des 14. Jhs an und ist somit der zweitâlteste Textzeuge für Ps.-Hesych. 1 C. Haeberlin, WklPh 20, 1903, 1140 f. stimmi in allem bei; A. Heisen­ berg, Byz. Z. 13, 1902, 356 f. zweifelt an der Richtigkeit der palâographischen Datierung von Φ um 1300 und verlangt ein Faksimile. Seine Bedenken sind durch meinen im folgenden gegebenen Nachweis der Verwandtschaft dieser Hss-Gruppe entkràftet.

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Text von Ps.-Hesych zusammen mit dem des grossen LaertiosExzerptes untersucht. Schon vor Martini war Sp. Lampros bei seiner Beschreibung der Hss. des Athos auf den cod. Διονυσίου 90 (Δ) aufmerksam geworden. Proben aus den Laertios-Exzerpten veroffentlichte er zum ersten Mai1 in den Mélanges Nicole. Genève 1905, 639-651, sodann, nachdem ihn Martini auf den cod. Paris, suppl. gr. 134 (77) hingewiesen hatte, den ganzen Auszug auf Grund beider Hss im Νέος 'Ελληνομνήμων 3, 1906, 257-376. Zwei Jahre spàter brachte er in derselben Zeitschrift (5, 1908, 365) die Mitteilung Martinis, dass dieser den Archetyp der von Lampros abgedruckten Epitome, eine viel breitere Passung, gefunden habe und herausgeben wolle. Es handelt sich um das grosse Exzerpt in Φ, dessen Bedeutung für den Text Martini also hoch einschatzte. Die Basler Herausgeber des III. Bûches (1907) erwàhnen kurz Lampros’ Ausgabe von ΔΠ, messen aber auf Grund einer Beihe von Stellen Ps.-Hesych einen besonderen Wert innerhalb der Laërtios-Überlieferung bei: « unicum et paene incorruptum ipsius archetypi testem » (praef. p. xn. xv s.). Aus der Kollation P. Yon der Mühlls veròffentlichten einige Lesarten νοη Φ (er nennt es φ) W. Crònert, De Lobone Argivo (Χάριτες Leo. Beri. 1911, 131 ff.), im Anschluss an die Aischinesvita des Ps.Hesych das ergânzende Stückchen aus Φ (II 61 f.) H. Dittmar, Aischines von Sphettos (Philol. TJnters. 21,1912, 255). Yiel wichtiger sind die zahlreichen Anftihrungen von Φ in der 3. Auflage der « Vorsokratiker » (1912). H. Diels ist auf die Hs offenbar durch Yon der Mühll aufmerksam gemacht worden.2 Bemerkenswert ist es, dass er mit derselben Sigle Φ das grosse Exzerpt und Ps.-Hesych bezeichnet, also beide bereits ais einen Textzeugen behandelt. Eine kurze Zusammenstellung der Exzerpthss. und ein Urteil iiber ihre Stellung zu den integri gibt zum ersten Mal P. Yon der Mühll, Epicuri epistulae (1922), praef. S. V f. Er hat die Yerzahnung des grossen Exzerptes mit Ps.-Hesych erkannt und sucht sie zu begründen: « Idem fuit auctor, qui et Hesychium finxit et Diogenem ita excerpsit, ut primum δόξας philosophorum, deinde vitas, apophthegmata compilaret, sed iam, quae antea Hesychio vindicaverat, omitteret ». Hierauf erwàhnt er die Exzerpths. Ψ vom J. 1338 und nennt den von Lampros aus ΔΠ herausgegebenen Auszug ais eine 1 Fruhere Erwahnungen in den Literaturangaben zu meiner Beschreibung der Hs. Δ unten S. 75. 2 Vgl. P S. X I. W. Kranz hat in der 5. Auflage noch einige Stellen hinzugefügt, nach seiner Mitteilung aus Diels’ Aufzeichnungen iiber Φ. 4

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Kurzfassung des 2. Teiles des Exzerptes, der Yiten und Apophthegmata, Ψ scheint ihm im allgemeinen schlechter zu sein als Φ. Die Entstehung des grossen Exzerptes will er in Anlehnung an die Ergebnisse de Stéfanis für die Aelianauszüge (Studi it. 12, 169 ff.) in die Zeit des Konstantinos Porphyrogennetos setzen. Gleichwohl bietet der so alte Textzeuge Φ keine überrasehenden Textverbesserungen: « Nam pauca sunt, etsi haud desunt, quae bona possidet; plurima aut libere refinxit aut neglexit. Neque eum uni vel compluribus ex integris auxilio venit, oppositos semper sustinere valet, tum solet superare, cum optimo cuique integrorum accedit; inter genera codicum vacillat a.1 Neben der geistreichen Ansicht Yon der Muhlls über die Anfertigung des Ps.-Hesych und des grossen Exzerptes soli am Schlusse dieser Arbeit noch eine zweite Moglichkeit in Betracht gezogen werden. Die Abfassungszeit hat er zu früh angesetzt; das ergibt sich aus der starken Benützung des Suidas durch Ps.-Hesych, weshalb wir nicht über das 11. Jh. hinaufgehen kônnen. Das Urteil über den textkritischen Wert ist zu allgemein, er ist wohl grosser als Yon der Miihll annimmt; eine sorgfaltige Beschreibung der Anlage und Merkmale des Exzerptes sowie der Yergleich mit vollstândigen Kollationen dürfte scharfer formulierte Ergebnisse bringen.2 A. Delatte, La vie de Pythagore (1922), erwàhnt in seiner Einleitung gleichfalls die Exzerpthss (S. 66. 72. 75). Der von Lampros veroffentlichte Auszug in ATI (bei Delatte ΦαΡ) ist ihm zwar eine Kurzfassung, die aber aus einer gemeinsamen Quelle mit Vat. 96 (bei ihm Φν) stammt; auf den letzteren hatte ihn Yon der Mtìhll aufmerksam gemacht. Die Überlieferung von Φ dient ihm ofter zur Stützung der Lesarten einzelner Hss, sie scheint ihm von dem Zweige, dem F angehôrt, beeinflusst. Nur selten biete Φ Besseres als die integri. Immerhin lasst er es in seinem Stemma vor dem Archetyp der vollstândigen Hss. abzweigen (âhnlich wie Suidas). C. Bailey, Epicurus (1926), 11 hat seine Angaben über Φ und dessen Lesarten im Apparat aus der Ausgabe Yon der Mühlls entnommen, B. Hope, The book of Diogenes Laertios (1930), 14. 21 aus demselben und Delatte geschôpft. Zusammenfassend lasst sich sagen, dass der textkritische Wert

1 A udi R. Philippson (PhW 43, 1923, 1094) rat wegen der Verkürzung und Umgestaltung des Textes in Φ zur Vorsicht. 2 Allerdings nicht in den Epikurbriefen, für die Von der MnTill das Exzerpt ausgeschôpft hat. Einige Proben werden zeigen, dass die scheinbare « vacil­ latio » mitunter durch alte Doppellesarten veranlasst ist.

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Indirekte und Exzerptüberlieferung

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des grossen Exzerptes im allgemeinen hoch eingeschàtzt wird, von seinen Lesarten aber bisber sehr wenig mitgeteilt wurde. Das meiste bietet nocb die Ausgabe der Vorsokratiker, docb ist in ihr der kritische Apparat zu knapp gebalten, um ein Urteil iiber Φ zu erlauben.1 Aucb fehlen dort weite Partieen, z. B. die meisten doxographischen Ausziige, die den 1. Teil des Exzerptes bilden, sowie die Apophthegmata des 2. und 6. Bûches. Die textkritischen Eragen sind nun bei Laertios so schwierig, dass die Entscheidung darüber, ob das grosse Exzerpt mehr und Besseres gegenüber dem consensus der voHstandigen Hss bietet, nur fallen kann, wer die Arbeitsweise des Exzerptors genau kennen lernt. Das ist aber nieht moglich ohne eine v o l l s t a n d i g e E d i t i o n seines T e x t e s. Sie ist umso notwendiger, als die textlich viel schlechtere Kurzfassung in ΔΠ von Lampros herausgegeben ist und den Benützer irreftìhren kann. Eine kritische Ausgabe des grossen Exzerptes ist das Ziel dieser Arbeit.2 Im folgenden sollen ihre Grundlagen gegeben werden. 1 Ein Beispiel hiefür iet die Stelle Laert. I 9, die ioh in meiner Auswahl behandle (S. 112). 2 [Die von A. Biedl vorbereitete Textausgabe befindet sich mit seinen nacbgelassenen Laertios-Materialien als Depositum in der Un. Bibliothek Hei­ delberg. Prz]

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DAS GROSSE EXZERPT DES LAERTIOS DIOGENES A) B e s c h b e ib u n g

dee

H a w d s c h e if t e n

1. C o d e x V a t i c a n u s Graecus 96 (alte Summer 103), von Martini Φ genannt. Geschrieben auf orientalisches Papier, fol. IY. 229. In Quart: Blattgrôsse 244x175 mm; Textgrôsse schwankend zwiscben 180 x 105, 187 x 112, 195 x 97 mm; Zeilenzahl 28-35. Der Codex zeigt einen leidlichen Erbaltungszustand. Die innere obéré Ecke ist vielfach durch Wasser beschâdigt; dieser Schaden muss sehr früh aufgetreten sein, da manche der làdierten Stellen von einer Hand des 14. Jhs nachgezogen sind. Gelegentlich sind auch durch den Zug der Feder zwischen den Buchstaben Papierstiickchen ausgefallen oder durch die Tinte zerfressen. Die Hs. ist von emer Hand geschrieben, 1 die aber in der Buchstabengrôsse weehselt: f. 1-50 ist klein, 51-82 gross, 83 klein, 84-86 gross, 87 klein, von 88r Mitte an wieder grosser geschrieben; es gibt auch einige Zwischenstufen und Übergange. Die steile, einfache, aber kràftige jüngere Minuskel dieser Hs, welche die Buch­ staben genau trennt und nicht verschlungen ist, zeigt noch nicht die Yerfallserscheinungen, welche im Laufe des 14. Jhs iiberhandnehmen. Man kann sie mit der grôssten Wahrscheinlichkeit in das Ende des 13., spatestens Anfang des 14. Jhs setzen und trotz mancher Unterschiede23mit der Schrift des cod. Paris, gr. 1671 vergleichen, der 1296 im Auftrage des Maximos Planudes angefertigt worden ist (Omont, Facsim. des mss. gr. datés de la Bibl. Nat. pi. 67/68). Fest steht jedenfalls, dass die Hs vor 1338 geschrieben ist.8 Der Einband trâgt das Wappen Pius IX . und des Kardinals A. Mai, ist also 1851-54 angefertigt worden. Die Foliierung in der rechten oberen Ecke gehôrt vielleicht dem Anfang des 17. Jhs an; 1 Gegen de Boor, Hermes 34, 299. Der Rubricator ist bestimmt mit m. 1 ideatiseli; doeh glaube ich, dass nach dem Sehrifteharakter auch die grossen am Raude beigeschriebenen Stücke, die de Boor S. 303 erwâhnt, von der 1. Hand herruhren. 2 Gewisse Buehstabenformen weichen ab: der Paris, zeigt 3 ftir £, wel­ ches Φ nicht kennt; der Vaticanus zieht β und andere Buchstaben nicht so weit aus. Überhaupt ist der Duktus des Paris, etwas breiter. 3 s. unten S. 61. 99.

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ausserdem aber tràgt die Hs am unteren Bande in der Mitte gleichfalls arabische Blattzahlen des endenden 15. od. beginnenden 16. Jhs, die zum grossen Teile weggescbnitten sind. In der recbten oberen Ecke der Bekto-Seite findet sicb von einer alten Hand eine griecbiscbe Quaternionenzàhlung:1 f. 19r tràgt die Hummer κθ± f. 27 λ, 33 Ta, 41 λ β ,Μ Ty, 59 Τδ, 67 λε, 75 Τς, 83 λζ, 93 λή, 101 λθ, 105 μ, 119 μα, 127 μβ, 135 μγ, 143 μδ, 151 με, 159 die Ziffer verwaschen, 167 zum grossen Teil weggescbnitten, von μζ nocb etwas sichtbar, 175 μη, 183 weggescbnitten, 191 von v noch etwas sicbtbar; die folgenden feblen. Die Bogen entbalten also meist 8 Blatter (Quaternionen), mitunter aber aucb 6, 9, 10. Der Umfang eines Bogens ist ja in den Hss nicbt immer derselbe.2 Die Blatter 103-105 aber sind von einem spàteren Buchbinder an ihren beutigen Platz versetzt worden, sie gebòren binter 111. Da f. 105 nacb der ursprfinglichen Anordnung als 111 gezàhlt sein solite, tràgt es mit Becbt die Quaternionenzabl. Diese Blattversetzung hat in der Zeit zwiscben 1338 nnd dem Anfang des 15. Jbs stattgefunden. Denn auf f. l l l v bemerkte eine spàtere Hand (wobl die, von der aucb die Unterschrift auf f. l r berrübrt, s. X Y in.): ύπαγε όπισθεν φύλλα θ καί εύρήσεις το εύρεθήσεται. Dieser Leser fand also die Blâtter scbon in ibrer beutigen falschen Anordnung; nicbt aber der Scbreiber von Ψ, der Φ im J. 1338 kopierte. Wir konnen also ein zweimaliges Umbinden sicber feststellen: s. X IV /X V und X IX ; vielleicbt aber aucb im 17. Jb., da der πίναξ des Allatius beigefügt wurde. Hocb einen anderen, wicbtigen Scbluss erlaubt uns die angefübrte Lagenzàhlung. Wir konnen mit ziemlicber Sicberbeit annehmen, dass auf f. l l r einmal die Hummer κη, l r die Hummer κζ eingetragen war; denn mit 11r beginnt in der Miszellanbs schon ein neues Werk (Polemons Deklamationen, s. unten). Diese beiden Ziffern sind durch die Beschàdigung der Ecken verscbwunden. Es kann also kein Zweifel sein, dass die Handschrift heute un v o l l stà nd ig ist; es f e hl e n ib r zu A n f a n g n i c b t we niger als 26 B o g e n , sodass der Codex friiher etwa den doppelten Umfang batte! Wobin dieser Teil geraten ist und was darin stand, làsst sich

1 Mercati-Franchi de’ Cavalieri, Codd. Vat. gr. I p. 109 haben sie übersehen. Die modernen Einbandverhâltnisse stimmen nicht mehr mit dieser alten Zàhlung, was bei mehrmaligem Umbinden nicht wundemehmen kann. 2 Belege dafür bringt Gardthausen, Griech. Palàogr. I 2 158 fl.; E. Martini, Textgesch. der Bibl. d. Photios. Abh. d. Sachs. Ges. Wise, phil.-hist. Kl. 28, 6. 1911, 8.

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heute schwer feststellen.1 Xur als Vermutung will ich aussprechen, dass darin die Xenophon- und Herodotexzerpte enthalten waren, die im cod. Pal. gr. 93 (Ψ) auf die Aelian-Stiieke folgen.23 Die Hs hat folgenden Inhalt: Auf den spâter eingeklebten Blattern f. I-IY r steht der Index des Allatius, von einer Hand des 17. Jhs (wahrscheinlich von Allatius selbst). 1) f. l r sup. - 10r inf. Φιλοστράτου έπιστολαί ερωτικοί3 (Epist. 3-64 in der Anordnuag der Familie 2,4 vgl. Kayser, Philostr. Opera ed. mai., epist. p. n i ss.). 2) f. l l r sup. — 18v med. Πολέμωνος σοψιστοϋ είς Κνναίγειρον καί Καλλίμαχον. Die Worte γεννάδα (ρ. 38, 12 Hinck, cf. app. erit.) bis δικαστών auf f. 18v sind von einer jiingeren Hand (4. oder 5. ?) geschrieben. Vgl. Polemonis Declamationes ed. Hinck, praef. p. IY .S - Der grôssere Teii von f. 18v ist freigelassen. 3) f. 19r sup. - 29v med. ' Ησυχίου Μιλησίου περί των εν παιδεία διαλαμψάντων σοφών, die Vorlage für alle existierenden Hss des Ps.-Hesych (Martini, Anal. Laert. II 145-166). 4) f. 29v med. — 88r med. Λαερτίον Διογένους βίων φιλοσόφων τό­ μος πρώτος,6 das Exzerpt aus Laertios, das im folgenden behandelt ist. 5) f. 88r med. - 88v inf. Dicta virorum inlustrium e gnomologiis 1 Zur Zeit, als die erste Blattzâhlung mit arabischen Ziffern eingetragen wurde, hatte der Codex nur melir den heutigen Umfang. 2 s. den Exkurs II unten S. 93. 3 Ich gebe den Titel der einzelnen Stücke griechiscb wieder, wenn dieser in der Hs vom Schreiber gegeben ist, lateinisob, wenn die Stücke ohne eigenen Titel überliefert sind oder wenn der griechische Titel nicbt das ganze Werk umfasst; die beigefügten Erklarungen deutsch. Die Angaben « sup., med. inf. » füge ich zur Blattzahl nur bei, soweit sie mir bekannt sind. 4 An eine nâhere Verwandtschaft mit dem cod. W des Laertios (Vat. gr. 140), der gleiohfalls die vitae und epistulae des Philostrat enthalt (vgl. Martini Anal. I 89; Mercati-Franchi, Codd. Vat. gr. I p. 165 s.), ist nicht zu denken. Denn W bietet die epistulae in Text und Anordnung der Klasse 1; einerseits fehlen ihm manche Briefe, die Φ aufweist, andrerseits hat er einige mehr. Die Vorlage von W, der Parisinus P (Anal. I 160 s.), hat nichts von Philostrat. Dass in W wie auch in Φ Philostratos neben Laertios auftritt, kann nicht in Erstaunen versetzen, da wohl in byzantinischen Bibliotheken, wie noch in der Guarinos (Rev. d. bibl. 2, 1892, 79) die βίοι φιλοσόφων des Laertios neben den βίοι σοφιστών (und anderen Werken) Philostrats ihren Platz hatten. 5 Laur. gr. 59, 37 ( = C Hinck) stammt sicher wie in Ps.-Hesych (Martini, Anal. II 149 ss.) und im Philostrat (Kayser, Ztschr. f. Altertumswiss. 1839, 218) so auch im Polemontext aus Vat. gr. 96; vielleicht noch andere Polemonhss? 6 Über die Bezeichnung der Bûcher als τόμοι s.u. S. 57, 2.

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excerpta, auctoribus non nominatis.1 Inc. Διονύσιος) ο τύ(ραννος) κιθαρωδ(ον)·, des. Πιττακός παρακαλούμένος

... εΐ δε άδικα, και ούτως.

6) f. 88ν inf. — 89ν inf. 'Ηροδότου βίος 'Ομηρον (excerptum). Inc. Θησεύς εν τοίς πρώτοις (ρ. 4, 16 Wilamowitz, Vitae Horn, et Hes. Bonn 1916); des. oi άλλοι 'Έλληνες επί τριών (ρ. 21, 6 W.). 7) f. 89ν inf. — 97ν med. Φιλοστράτον βίοι σοφιστών (excerptum). Inc. Διηει λόγους άποτάδην και είς μήκος (ρ. 2, 23 Kayser ed. min.); des. νποχρήσαιτό τις τών άσελγεστέρων (ρ. 120, 11); vgl. Kayser, ed. V it.2 praef. p. x m ss.; Operum ed. mai., Vitae praef. ρ. π. 8) f. 97ν med. - 98ν sup. Duarum Demosthenis vitarum ex­ cerptum, Zosimi atque anonymae,3 ed. C. L. Kayser, Ztschr. f. Altertumswiss. 1839, 218 f., vgl. Westermann, Biographi graeci praef. p. xix. 9) f. 98v sup. - 99r sup. Quaedam de Philippo rege Macedonum, quae unde hausta sint, nescio,3 ed. Kayser, Philostr. Vitae soph. (1838) praef. ρ. X V ;4 insequitur dictum Cleobuli ( = Laert. I 92 extr.). 10) f. 99r sup. — 100v inf. ’ Αρχαιολογία Ίωάννου τοϋ Άντιοχέως εχονσα καί διασάφησιν τών μνθευομενών, ed. J. A. Cramer, Anecd. Parisina II pp. 383-386, 10. 11) f. 100v inf. - 102v, 106r- l l l v, 103rv 5 Έτέρα αρχαιολογία, ed. ib. p. 386, 11-401 (über die beiden Stücke vgl. de Boor, Hermes 34, 298-304. 480). 12) f. 103v inf. - 105v, U 2 r-114v med.5 Άγαθίας, excerpta ex 1 Die 1. Anekdote findet sich im Gnomologium Paris, ed. L. Sternbacli, Rozprawy akad. um. (Kraków) wydzial filol. ser. II 5, 1894, 137 als n. 14 (die Fassung bei Plut, de Alex, fortuna II 1 p. 333 F und de audiendo 7 p. 41 D, auf die Stembaoh p. 170 und Lampros, Νέος 'Ελλ. 3, 258 aufmerksam maeben, weicht etwas ab). Die folgenden Anekdoten auf f. 88r gebe icb der Reihe nach an: 2. = Gnomol. Paris, η. I; 3. = Gnomol. Vat. ed. Stembacb n. 67 (Wiener Stud. 9, 1887, 205); 4. = Gnomol. Paris, n. 12, cf. Gnomol. Vat. n. 77 (Wien. Stud. 10, 1888, 3); 5. = Gnomol. Paris, n. 13, of. Vat. gr. 1144 (Sternbach, Rozprawy 1. c. p. 204) n. 16; Gnomol. Vat. n. 81 (Wien. Stud. 10, 5 s.). Von f. 88 besitze ich keine Fotos und kenne daber den Text nicht. Die letzte Anekdote (Πιττακός ... και ούτως) = Gnomol. Paris, n. 10, cf. 78; Gnomol. Vat. n. 458 (Wien. Stud. 11, 1889, 208). 2 Der Text des Exzerpts von Philostrats Vitae ist in dieser Ausgabe unter dem Strich veroffentlicht. 3 Diese beiden Stücke fehlen im Katalog von Mercati-Francbi. 1 Der grosste Teil der 1. Anekdote über Philipp (Φίλιππος Μεθώνην... κρεμάσεται) findet sich auch im Gnomologium Paris, ed. Sternbach n. 11. 6 Über die Blattvertauschung s. oben S. 53.

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historiis. Inc. ΟΙ νυν λεγόμενοι Φράγγοι (I 2 p. 142, 4 Dindorf, Histor. gr. min.); des. νπ άλλήλων άπώλοντο.1 13) f. 114ν med. — 131ν inf. ΑΙλιανοϋ ποικίλαι ίστορίαι (excerpta). Inc. Δεινοί κατά κοιλίαν (I 1); des. τιμωρός ό τής κόρης δϊστός 6 έτερος (X III 1 extr.). 14) f. 131ν inf. - 132Γ med. Excerpta ex Heraclidis de rebus publicis. Inc. 'Όταν τελευτήση βασιλεύς εν Λακεδαίμονι (c. 10, Aristot. fragm. 611 p. 373, 6 Eose3); des. ενρεϊν τούτον αθικτον (c. 72, p. 385, 14 Rose3). 15) f. 132r med. — 229Γ med. Τού αυτού [sc. Aeliani] περί ζώων Ιδιότητος (excerpta). Inc. Έ ν τή Διομηδεία νήσω ερωδιούς ψασιν είναι (I 1); des. ή προς τω ποταμφ (Χ Υ ΙΙ 31 extr.). Über dieses und die beiden vorher genannten Exzerpte vgl. E. L. de Stefani, Studi it. fil. cl. 12, 1904, 154-158. 176-178. Dazwischen eingeschoben:2 16) f. 157v inf. - 159r inf. Excerptum de rebus mirabilibus, ed. de Stefani, Studi it. fil. cl. 11, 1903, 95-98. Am Schlusse ist die Hs vollstàndig. Auf f. 229r schrieb eine spate Hand folgenden Besitzyermerk (von einem Hachbesitzer durchgestrichen und daher schwer leserlich): τό παρόν βιβλίον εστί κτήμα

ματθαίον

τού

καμαριώτου.

εδόθη δε παρ’ εμού τώ

άγιωτάτω μου δεσπότη και πρι τώ πν(ευματικ)ώ κυρώ ίακώβω αΐτήσαντι, Iva έχη αυτό καί άναγινώσκειν καί χρήναι έσταν ζή, μετά δε τον αυτού θάνατον υποστροφή πάλιν προς εμε κτλ. (ygl. Mercati-Franchi p. 109). Auf f. 229v, das vom Schreiber freigelassen wurde, steht neben einigem Gekritzel ein kleines Schuldenverzeichnis. Die Schrift des Codex ist sorgfàltig und gewissenhaft zu nennen, die Farbe der Tinte dunkelbraun, und die Form der Buchstaben ist die übliche der Zeit um 1300; einen gewissen Hang zu Manier zeigen die weiten Schlingen bei o und namenthch φ, ferner die grossen Schleifen, die bei Buchstaben am Rande der Seite mitunter ausgezogen werden. Die gewohnlichen Buchstabenverbindungen der jüngeren Minuskel, wie τρ, σσ, ρο u. a. begegnen nicht selten. Auffallender schon sind Ligaturen von εχ oder ετ. Die gewohnlichen Kürzungen am Wortschluss 3 benützt der Kopist recht gern: 0 = ος,

1 P. Georg Hofmann schreibt mir den letzten Satz: Ταϋτα μαθών ό θύννος εκρότησε πόλεμον κατά των ομοεθνών, και όντως επιπολύ μαχόμενα ταϋτα τα έθνη νπ’ άλλήλων άπώλοντο und bemerkt dazu: « n i c h t aus Agathias Y 25 » (wozu er dem Inhalt, nicht dem Wortlaut nach passen würde). Κροτέω « erregen »

auch sonst bei byzantinischen Autoren (Sophocles, Greek Lexicon s. ν.). 2 Nach de Stefani, Studi 12, 157 nach der 1. Abteilung über die Vogel. 3 Sie sind ôfter von Hand 3 ausgeschrieben worden.

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N = ον, ς = ης, μ — μένους, μ = μέθα usw.; weniger gewòhnlich * = tv, ÿ = ις· Die Kürzung durch Hochstellung des letzten Stammeskonsonanten kommt fast nur bei l i amen oder am Zeilenscbluss vor. Ebendort treten seltenere Kürzungen am ebesten auf; stehen sie in der Mitte der Zeile, so stammen sie wohl ans der Vorlage. _ -y Von tacbygrapbiscben Siglen ist das für εατίν nicbt hàufig, ^ = είναι fand icb in dem yon mir verglichenen Stück nur einmal (f. 55v inf.). Durcbaus angewandt werden aber die üblichen nomina sacra. Eigennamen sind mitunter durcb Überstreichung gekennzeichnet. Die Akzente sind oft lang ausgezogen, aber nur selten mit den Spiritus verbunden. Das t subscriptum stebt nicbt haufig, am ebesten nocb bei αύτω und den Formen von αίσχύνομαι. ÏTy εφελκυστικόν wird in der Eegel vor Vokalen, fast nie vor Konsonanten gesetzt. Die Orthographie ist durcbgebend tadellos, wie bei wenigen der alteren Laertios-Hss. Itazismen flnden sicb ungemein selten und sind dann wobl aus der Vorlage übernommen. An Sonderfehlern begegnen ganz wenige Auslassungen durch Homoioteleuton; nie werden Artikel oder kurze Wôrter übersprungen. Eine Lücke an Stelle einer Auslassung babe icb nur V I 23 bemerkt. Dagegen flnden sicb oft grossere Spatien am Scblusse einzelner Sàtze oder Kola; aucb sind an Stellen, wo das Papier scbadbaft ist, Lücken freigelassen. Die Interpunktion entspricbt der anderer Hss der Zeit. Die Verse sind vielfach am Eande ())) mit Minium bezeichnet. Hie und da bat der Kopist eigene Fehler korrigiert. Ganz selten sind am Eande Doppellesarten eingetragen (II 49. V 10. VI 45). Au Erganzungen findet sicb im Laertiostext1 nur der Zusatz einer Anekdote am oberen Eand zu VI 40 (s. unt. S. 115, Anm.). Zu Beginn der einzelnen doxographischen Abschnitte und vitae ist die Überschrift von m. 1 am Eande mit Minium vermerkt. Gleichfalls mit Minium oder gelber Farbe ist im Text der Aufangsbucbstabe grosser aus­ gezogen, am Scbluss dieser Kapitel vielfach das Zeicben gesetzt. Eine àhnbche Bezeichnung der Abschnitte findet sicb in den anderen Werken der Miszellan-Handsehrift. Die einzelnen Bûcher des Laertios werden angegeben, und zwar der Anfang des I. Bûches in der Überschrift (τόμος2 πρώτος), die folgenden nur in den biographischen

1 Umfangreiche Randbeifügungen sind. von der 1. Hand beim Text der έτέρα αρχαιολογία eingetragen.

2 Die Bezeichnung der Bûcher als τόμοι kommt in der sonstigen Überlieferung nicht vor. In der Vorlage wird wohl, wie zuweilen in den beiden àltesten vollstândigen Hss B P, nur die Z a h 1 gestanden haben.

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Abschnitten: τό μ ο ς ~β usw. bis δέκατος mit Minium, bald am Rande, bald im Text. Die Überscbriften der einzelnen Werke werden, soweit sie der Kopist als selbstàndig ansah, in der Titelzeile im Text gleichfalls mit Rot gegeben. Die miniierten Buchstaben bat eine spàtere, doch alte Hand vielfach mit Tinte aufgefrischt. Zu Anfang und zu Ende des Laertios-Textes ist eine ornamentale, unterbrocbene Linie gezogen. Der Anfangsbuchstabe auf f. 29v med., ein T, ist verzieri; dies kommt aucb zu Beginn anderer Werke vor. - Freie Spatien finden sick f. 18v und 229r, wo der Schluss der Aelianexzerpte, pyramiden- und darunter obeliskenartig geschrieben, nur bis zur balben Seite herabreicbt. Spàtere Hànde baben in der Hs auch einzelne Randbemerkungen und kleinere Textkorrekturen naehgetragen. Die Tàtigkeit dieser Korrektoren ist recbt unbedeutend. Φ1 2 hat f. 49r (Laert. II 31) am Rande άντισθένης vermerkt. Das muss vor d. J. 1338 geschehen sein, da Ψ dieses Wort in den Text aufnimmt. Spàter, aber gewiss noch im 14. Jh, arbeitete der Korrektor Φ3, der an vielen Stellen die Kürzungen der 1. Hand ausgezogen hat. Ausserdem hat er den Text an den durch Wasser beschâdigten inneren oberen Ecken vielfach nachgefahren, gelegentlich, wo er die urspriingliche Schrift nicht mehr lesen konnte, falsch ergânzt.1 Seine Buchstaben sind grosser als die von m. 1. Von der 4. Hand stammt eine Reihe von Randbeischriften in etwas verschnôrkelten Zügen, die den Inhalt mit anderen Worten wiedergeben, etwa f. 64v (VI 2): αρμόσει τ ώ όνειδιζομένω τ ο μ η γνη σιότο κ ο ν ή και τ ο μη α υ τό χ θ ο ν ο ν f. 65Γ (VI 4. 5) κ α τά κ ο λ ά κ ω ν κ α τά φ θονούντω ν u. a. Nicht leicht von ihr zu scheiden ist Φ5, die das hâufige ση μ είω σα ι (σ η oder σ^) an den Rand gemalt hat, gele­ gentlich noch andere Bemerkungen wie f. 83ν/84Γ Jpj τ ο ϋ τ ο δλον ώ ς ά ξιον θαύμ ατος. Die wichtigste ihrer Ergànzungen ist ohne Zweifel der Schluss der 2. polemonischen Deklamation f. 18v, der in den meisten Hss fehlt (s. oben S. 54). Φ4 und Φ5 gehoren wohl gleich­ falls noch dem 14. Jh. an. Dagegen stammt von einer anderen, wohl gleichzeitigen Hand der Doppelvers auf f. l r inf.: ε γώ δ’ ά ν α γ ν (ο υ ς) (κ α ί) βλαβείς σ υ δ (έ ν ) φ ίλ (ω ν ),

θ ε (ο ν ) σννά ρσει τε ρ μ α τώ σ ω

τη ν

βίβλον.

Spàter, aber trotz ihres eigenartigen Inhaltes nicht nach dem 15. Jh.2

1 Mitunter hat Ψ hier noch das Richtige. 2 So urteilt Giov. Mercati aus palâographischen Gründen. Wie weit mit der folgenden Aeusserung das Weltsystem des Aristarchos von Samos, des antiken Vorlâufers des Kopernikus, vorausgesetzt ist, wage ich nicht zu entscheiden; s. auch Er. Frank, Plato u. die sog. Pythagoreer (Halle 1923) 37 f., 43-45.

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Cod. Yat. gr. 96 (Φ)

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sind die Τηteriiriearn of,izen von m. 6 zu setzen. F. 36v, bei den Worten Y II 145: σφαιροειδή είναι τα άστρα· την γην ακίνητον, schrieb dieser Leser über ακίνητον die Bemerkung φλυαρείς. Derselbe âusserte zu Y II 148: oi δε άεροειδή αυτόν [se. τον θεού] την ουσίαν das TJrteil: ώ άνόσιον κάρα.

Nunmehr einiges über die Geschichte der Hs. Um 1338 scheint sie in Konstantinopel aufbewahrt gewesen zu sein, da aller Wahrscheinlichkeit nach Ψ dort nach ihr kopiert worden ist (s. unten S. 61. 99). Nicht lange darauf diirfte sie dem gelehrten Polyhistor Nikephoros Gregoras (geb. ca. 1295, gest. nach 1359) gehôrt haben, der vermutlich aus Φ selbst in seine Notizensammlung kleinere Auszüge eintrug (s. S. 83-85). Wie aus dem Besitzvermerk auf f. 229r hervorgeht, befand sich Φ in der 2. Halfte des 15. Jhs in der Bibliothek des Matthaios Kamariotes, Professors an der Patriarchatsschule zu Konstantinopel.1 Dieser lieh den Codex einem ’ Ιάκωβος, den er πνευματικός κυρ nennt, nach dessen Wunsch auf Lebenszeit. Ob Kamariotes vor seinem Tode (1490, περί τροπάς τάς χειμερινάς) sein Buch noch einmal zurückerhalten hat, entzieht sich unserer Kenntnis. Ebensowenig wissen wir, auf welchem Wege die Hs. in die Vaticana gelangte.2 Jedenfalls hat sie dort vor der 2. Halite des 16. Jhs Aufnahme gefunden; das beweist ihre « alte Nr. » (103), die sie vor der Zeit Pauls Y. erhalten.3 Der erste Gelehrte, der den Codex in Eom studierte, war wohl Niccolò Alemanni, der in den Notae historicae zu seiner Ausgabe von Prokops Anekdota (Lugd. Bat. 1623, S. 52 f. 101 f.) zwei der Agathiasexzerpte unter dem Titel Ioannes Antiochenus in collectaneis (noch bei Müller,

1 Über diesen Gelehrten und seine Werke vgl. meine Ausführungen Byz. Z. 35, 1935, 337-339. 2 Nàheres Member konnte man vielleicht durch eine Untersuchung der Provenienz der jungen Abschriften ermitteln. Ausser den spâter behandelten Hss. zâble ich folgende auf, in denen grôssere oder kleinere Abschnitte, sei es direkt, sei es indirekt aus cod. Vat. 96 stammen: Laur. 59, 37; 70, 14; Neapol. II D 4; II E 21; Paris, gr. 3025. 3026; die von de Stefani, Studi it. 12, 155 f. aufgezàhlten Codices der kürzeren Passung der Aelianexzerpte (Bruxell. 187177; Ambr. A 164 inf. = 811 Martini-Bassi; Mutin. I l i B 11 = 6 3 Puntoni; III F 13 = 191 Puntoni; Vat. Pal. gr. 134; 360; Vratisl. Rehdiger. 22); vielleicht auch Vat. gr. 1415. Ihre Zahl liesse sich gewiss noch vermehren. 3 Mercati-Franchi, Codd. Vat. gr. I praef. p. X I. Es ist bedauerlich, dass noch niemand klar herausgearbeitet hat, welcher Katalogisierung diese « alten Nummern » der Codices Vaticani graeci entsprechen (die neuesten Arbeiten von Giov. Mercati kenne ich freilich noch nicht). Eine solche Untersuchung würde für die Textgeschichte zahlreicher griechischer Autoren manchen Gewinn bringen.

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Cod. Vat. gr. 96 (Φ). Vat. Pal. gr. 93 (Ψ)

Fragm. Hist. gr. IV p. 621 s. = Io. Ant. fr. 217. 218; doch s. Momm­ sen, Ges. Schr. 7, 710 f.) von dort ausschrieb. In grosserem Umfang hat ihn Olearius zu seiner Philostratausgabe von 1709 herangezogen; er verdankte seine Lesarten dem damaligen Prâfekten der Vaticana Zaccagni. Im 19. und 20. Jh. haben zahlreiche Philologen die verschiedenen Stücke des Codex gepriift und verwendet. Einzelne Partien aus dem Text des Laertios haben Martini und Delatte, den ganzen vermutlich Von der Miihll (auf dessen Kollation die Angaben von Diels in der 3. und den spâteren Auflagen der Vorsokratiker beruhen) verglichen. Ich selbst habe das ganze Stuck (f. 29v88r) von Photographien kopiert und dann 1931, nach Kollation der Hs. Ψ, alle abweichenden und undeutlichen Stellen im Original nachgeprüft und die Hs. beschrieben. Einige Ergànzungen hiezu verdanke ich der Liebenswürdigkeit von P. Georg Hofmann - Eom. Lit.:1 C. L. Kayser, Philostrati Vit. soph. ed. (1838), praef. p. xm-xvi; Ztschr. f. Altertumswiss. 1839, 218 f.; Mommsen, Ges. Schr. VII 710 f. (= Hermes 6, 323 f.); C. de Boor, Hermes 34, 1899, 298-304. 480; Martini, Anal. Laert. II. Leipz. Stud. 20, 1902, 148 s.; E. de Stefani, Studi it. fil. cl. 11, 1903, 94; 12, 1904, 154-158; Epi­ curus ed. Von der Mühll (1922), praef. p. V s.; Delatte, Vie de Pythagore (1922), 66; Mercati-Franchi de’ Cavalieri, Codices Vaticani graeci I. (1923), p. 108 s. 2. Codex Vaticanus Palatinus graecus 93 (Ψ nach Von der Mühll), orientalisches Papier, Blattgrôsse ca. 278x199 mm, Textgrôsse auf f. 11Γ246 χ 163, auf den spâteren Blâttern viel kleiner. Fol. II. 191 (f. 191 a, b ein zusammengeklebtes Doppelblatt). Zeilenzahl zwischen 42 (f. l l r) und 29 (f. 77r) schwankend, zu Anfang der Hs. im allgemeinen grosser. Wasserzeichen finden sich keine. Das Papier der Hs., das einen einheitlichen Charakter aufweist, muss, wie die im folgenden erwàhnten îfotizen auf f. 10r zeigen, bereits aus dem 12. Jh. stammen. Der Erhaltungszustand der Hs. ist leidlich. Beim mehrfachen Umbinden wurden mitunter Bandbemerkungen weggeschnitten. Einigen Schaden hat der Wurmstich angerichtet, namentlich in den letzten Blâttern. Der Codex ist von einer einzigen Hand hergestellt, deren Buchstabengrôsse gegen Ende freilich sehr zunimmt. Das Jahr der Mederschrift ergibt sich aus dem Schlusse der Chronik von Konstanti1 Ich verzeichne hier nur diejenigen. Angaben, welehe sich auf die Beschreibung der Hs. beziehen.

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Cod. Vat. Pal. gr. 93 (Ψ)

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nopel auf f. 191bv, deren Text ich im vollen Umfange weiter unten (S. 86 f.) wiedergebe. Der letzte Satz lautet: τα δε τής άναρρύσεως1 αυτής [sc. τής Πόλεως] ετη μέχρι σνμπληρώσεως τής παρελθούσης ς' (ίνδικτιώνος), είσιν οξ + . Aus dieser etwas sehwerfâlligen Datierung erscbliesst man, dass die Hs. 7 7 Jahre nach der Befreiung von Konstantinopel geschrieben ist. Da die Einnahme der Stadt durch den Palaiologen Michael VIII. am 25. Juli 1261 stattfand, kommen wir auf das Jahr 1338, womit die angegebene 6. Indiktion iibereinstimmt.2 Den heutigen Einband aus weissem Kalbspergament hat der Codex zu Eom im 17. Jh. erhalten, nachdem ihm, wie den meisten anderen Palatini, der alte Deckel durch Leo Allatius zum Zweeke des leichteren Transports über die Alpen abgerissen worden war. Der Eücken ist freilich in der Mitte des 19. Jhs erneuert worden und tràgt das Wappen Pius’ IX. und des Kardinals A. Mai (1853-54). Auf dem 2. der zum Einbande gehôrigen Vorlegeblâtter ist das bekannte Ex-libris vom J. 1623 aufgeklebt: Sum de bibliotheca... (Henr. Stevenson sen., Codices Palat, graeci. Praef. xvin). Eine nàhere Beachtung verdient die Lagenfolge der Handschrift. Der Codex besteht bis gegen Ende aus Quaternionen zu 8 Blatt. Diese tragen keine Zahlung, und ihr Umfang ist infolge mehrfachen Umbindens heute ausserlich nicht mehr zu erkennen, làsst sich jedoch mit ziemlicher Sicherheit erschliessen. Die moderne Foliierung mit Bleistift ist nicht richtig; sie bezeichnet den index Latinus ais f. 1, das erste mit griech. Text beschriebene Blatt als 2. Der 1. Quaternio endigt ja ohne Zweifel mit f. 9V, nach dem sich ein tiefer Einschnitt feststellen lasst. Mcht nur, dass auf dieser Seite die Auszüge aus verschiedenen Kirchenschriftstellern aufhôren; es scheint, dass die Hs urspriinglich erst mit f. 10r beginnen solite. Auf dem ob. Band dieser Seite steht von der Hand des Sehreibers eine, freilich recht ungenaue Inhaltsübersicht über die Hs, die aber auch Werke erwâhnt, welche heute dort nicht mehr enthalten sind (s. unten S. 65). Auf der unteren Halite der Seite stehen chronikartige Angaben über Geburt und Tod einzelner Personen, zuletzt Ereignisse aus Konstantinopel vom J. 1182. Sie stammen von drei verschiedenen Hânden und sind noch im 12. Jh. auf den unteren

1 άναρρήσεως cod., corr. Dolger. 2 Das Jahr hat schon Von der Mühll, Epicuri epist. praef. p. V richtig angegeben. Über den Versuch von C. Giannelli, die ganze Hs. ins 12. Jh. zu datieren, s. unten S. 88.

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Cod. Yat. Pal. gr. 93 (S')

Teii der leeren Seite notiert worden.1 Diese Lage, deren 1. Seite also unten schon beschrieben war, nahm der Kopist des 14. Jhs demnaeh als erste vor; docb blâtterte er am, damit er die Mederschrift des neuen Werkes (Laertios) auf einer sauberen Seite, dem heutigen f. 10v, beginnen kônne. Nachdem er den Codex beendigt, hat er offenbar das Inhaltsverzeichnis am oberen Rand von f. 10r und dann erst, um den Rest der Seite zu fiillen, den Anfang von Polemons Deklamation εις Κυναίγειρον eingetragen. Sie schliesst ja mitten im Satz, ohne dass in der Vorlage (Φ) dafiir eine Ursache kenntlich ware. Diese kann nur darin bestanden haben, dass der Rest der Seite sowie die folgende bereits beschrieben waren. Darum ist ja das Stück aus Polemon auch nicht im Inhaltsverzeichrds erwàhnt. Jedenfalls gait f. 10r làngere Zeit hindurch als die 1. Seite des Codex. Die hentige 1. Lage (f. 2-9) mit ihrem diskrepanten Inhalt, wenn auch von der gleichen Hand geschrieben, entschloss man sich offenbar erst spàter dem Ganzen voranzusetzen. Gleichfalls eine Lage bildeten von Anfang an f. 26-33. Darauf weist klar ein Yersehen des Schreibers. F. 33v enthalt namlich genau denselben Text wie 26r, d. h. Laert. II 102 11κοας· ή γάρ — 122 άποδόσθαι. Auf f. 33v ist dieser Text von einer Linie umzogen, wie es scheint von m. 1; wohl dieselbe schrieb am oberen Rand: ro παρόν χωρίον εγράφη όπισθεν προ η ψύλλων.2 Diese Erscheinung lâsst sich aus der Yorlage (Φ) nicht erklàren. Sie hat ihren Grand wohl darin, dass der Schreiber, der ja auf lose Lagen schrieb (Gardthausen, Griech. Palàogr. I 2 177), einen Quaternio, den er begann, irrtümlicherweise umgekehrt auflegte, sodass der vordere Schnitt links, der Rücken rechts zu liegen kam. Erst dann, als er mit einer ganzen Seite (f. 33v) fertig war, bemerkte er das Unglück und kopierte dieselbe Partie noch einmal aus der Yorlage 3*auf f. 26r. Auch die nàchste Lage zâhlte wohl 8 Blatter; mit dem Ende von f. 41v schliesst nam­ lich das Exzerpt aus Laertios. Die gleiche Grosse der Lagen kònnen

1 s. Exkurs I, wo der Text dieser Chronik und der auf f. 191bv wiedergegeben ist. 2 Dieselbe Bemerkung lateinisch von einer jungen Hand auf f. 33v und entsprechend f. 26r. 3 Dass er nicht ein Stück vom anderen abgesehrieben haben kann, beweisen folgende Fehler bezw. Auslassungen: II 102 κυνικόν (om. τον) f. 26Γ: τον κυνικόν 33v, Φ integri; 108 δύρικός 26: όνριστικός 33, Φ Ρ 1 recte (ούριατιστικός sic B, δ υβριστικός Γ V Μ P5 Leid. D); dagegen II 116 τής πόλεως om. 33: hab. 26, Φ integri; 119 στιλπνών om. 33: hah. 26, Φ, integri (ατίλπων).

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wir flir den gròsseren Teil der Hs. vermuten. Wenn wir namlich 120 ( = 15 X 8) Blatt iiberschlagen, so kommen wir zu der Lage f. 162-169, deren IJmfang wieder durch einen schweren Irrtum des Schreibers bestimmt ist. P. 161v scbliesst mit den Worten τάς άρμονίας επάκτενσαν (Herodot II 96). Die folgenden vier Blatter, 162r-165v, enthalten Ausziige aus Her. I ll 12-87, beginnend mit den Worten μεν των περσών κεψαλαΐ (der vorausgehende Artikel ai ist zum Biubrizieren weggelassen). Der Text dieser 4 Blatter ist aber durchgestrichen (wie es scheint, von der 1. Hand). Die an f. 161r anschliessende Textpartie, Her. II 96 (τή βύβλω κτλ.) — III 10, ist auf den Blàttern 166r-169v zu lesen. P. 170r beginnt wiederum mit ai μεν των περσών κεφαλαΐ (III 12) und bietet noeh einmal denselben Text wie 162-165,1 darauf folgend die Portsetzung. Den Fehler vermerkte ein Leser des 15. Jbs (m. 3) am unteren Band von f. 161v: ζητεί τα άκόλονθα τή άναγνώσει μετά παραδρομήν τεσσάρων φύλλων εσφαλμένων, ένθα εστ'ι το παρόν σημεΐον «ÿ; f. 162Γ am ob. Bd. τα τοιαϋτα τέσσαρα φύλλα γεγραμμένα είσιν (sic) έμπροσθεν ένθα εστ'ι το παρόν σημεΐον Λ 2. Dieselbe Hand schrieb auf den oberen Band von f. 166Γ ενταύθα το ζητούμενον όπισθεν σημεΐον ry und setzte f. 170r an den Band das Zeichen Λ . Dieser Irrtum diirfte folgende Ursache haben: nacbdem der Schreiber den Quaternio 162-169 beendet hatte, klappte er ibn aus irgendeinem Grande nm, sodass die beiden innersten Seiten aussen zu liegen kamen, und legte ihn derart auf den Stoss der bereits gescbriebenen Lagen. So scblossen die zuletzt gescbriebenen Blatter, welche Her. I ll 12 ff. entbalten, an die frühere Lage an, dagegen bildeten die 4 Blatter, auf denen II 96 — III 10 kopiert war, den Schluss des Quaternio.3 Als der Kopist nun nach geraumer Zeit die nâchste Lage begann, batte er vergessen, dass er die Kapitel III 12 ff. scbon gescbrieben; er sab nur nach, wo die letzte aufliegende Seite scbloss, sucbte die Stelle in der Yorlage und scbrieb auf f. 170 den Abschnitt III 12 ff. nocb einmal. Den Irrtum scheint er erst spater bemerkt und dann f. 162-165 durchgestrichen zu haben; der Buchbinder aber band die Lagen, wie er sie vorfand.

1 Die Erklârung, die ich im folgenden für die Entstehung dieses Irrtums gebe, zeigt, dass der Scbreiber die beiden Stücke aus der Vorlage selbst ko­ piert bat. Das gleicbe wurde für f. 26r und 33v festgestellt. 2 Dieselbe Bemerkung bier und entspreebend f. 170r lateinisch von einer spaten Hand. [Oben behelfsmâssige Wiedergabe des Zeiehens. Prz]. 3 H. Schreiner, Byz. Z. 34, 1934, 20 beschreibt im Escor. Ψ IV 22 die gleicbe verkehrte Art der Heftung, aber obne Wiederbolung des Textes.

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Für die letzte Lage ergibt sich seheinbar ein geringerer Umfang als 8 Blatt. Wir müssen aber beachten, dass das heutige f. 191 aus 2 Blàttern zusammengeklebt ist. Yon diesen ist f. 191b gewiss das letzte bescbriebene Blatt der Hs. gewesen; seine Biickseite tràgt die Chronik mit dem Datum der Hiederschrift (s. oben S. 61) nnd ist im unteren Teil mit Federproben des Kopisten iiberdeckt. Dagegen scheint das vordere der zusammengeklebten Blatter, 191a, nicht urspriinglicb das vorletzte Blatt der Hs. gewesen zu sein. Yielmebr deuten scbwerwiegende Griinde darauf hin, dass nach diesem Blatt ein nicht unbetrachtlicher Teil des Codex, mehrere Lagen umfassend, verloren gegangen ist. Einmal fiihrt die Inhaltsangabe am oberen Bande von f. 10r an letzter Stelle zwei Autoren an, die sich heute in der Hs nicht mehr finden: Dionys von Halikarnass und Cassius Dio. Mehr oder weniger urnfangreiche Exzerpte aus beiden Geschichtswerken werden wohl am Sehluss der Hs gestanden haben. Aber selbst wer dieser Inhalts­ angabe nicht vbllig Glauben schenkt 1 und vermutet, sie sei aus irgendeiner Yorlage abgeschrieben (die 1. Hand des heutigen cod. Φ zeigt freilich nichts derartiges), muss doch den Umfang der Herodotexzerpte in Betracht ziehen. Diese bieten zu Ende des Blattes 191ar als letzte Worte Μήδειας εκλήθη (YII 62) und es ist kein Zweifel, dass sie auf der verklebten Bückseite ihren Fortgang nahmen. Hun sind in den Hss Δ und Π , die unt. S. 100-103 behandelt werden, Herodotexzerpte erhalten, 2 die im einzelnen kiirzer gefasst sind als diejenigen von Ψ und wohl abermals einen Auszug aus diesen darstellen.3* Die Herodotstiicke in Δ Π endigen nicht mit dem YU. Buch, vielmehr ist das letzte aus Her. IX 91 entnommen. Vergleichen wir nun den Umfang der Partien, welche in Δ aus dem letzten Teile des YTL, dem YIII. und IX. Buch entnommen sind (7 Blatt), mit dem der Ausziige aus den früheren Büehern (27 Blatt), so erkennen wir, dass die entsprechenden, umfangreicheren Stiicke in Ψ, in dem die Ausziige aus den ersten 7 Büehern 40 Blatt fiillen, unmoglich auf 2 Seiten gestanden haben konnen. Das weist wiederum auf einen gròsseren Blattverlust nach f. 191a. Zur gleichen Erkennt1 Sie ist durck Wegsokneiden des oberen Randes verstümmelt, aber auck die erkaltenen Teile fükren nickt alie Antoren des Codex an. Gleickwokl kann ick nickt annekmen, dass die letzten zwei Titel aus der Luit gegriffen sind. 2 Aus Δ teilweise veroffentliekt von Lampros, Νέος ' Ελληνομνήμ. 2, 1903, 1-28. 157 f.; die Stellen sind auck aufgezahlt in der Herodotausgabe von Hude I 8. Oxon. 1926, p. YII. 3 Ein âknliekes Abkàngigkeitsverkâltnis kann ick für die Exzerpte aus Laertios nackweisen (s. unten S. 100-103).

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Cod. Vat. Pal. gr. 93 (Ψ)

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nis fiihrt die Frage: warum sind die beiden letzten Blatter zusammengeklebt? Der im Bucbwesen früberer Zeiten Erfahrene wird antworten: um den rückwârtigen Deckel, der sich zusammen mit dem letzten Blatt von der übrigen Hs losgetrennt hatte, mit dieser wiederum zu verbinden. Eine solche Losung des Einbandes gerade vor dem letzten Blatt kann sehr leicbt zu dem Yerlust einiger Lagen geführt baben. Mit grosster Wahrscbeinlichkeit lasst sich so vermuten, dass diese den Schluss der Herodotexzerpte sowie Ausziige aus Dionys von Halikarnass und Cassius Dio enthielten. Gegen Ende des 16. Jhs, als Sylburg seinen Katalog abfasste, waren diese Partien bereits verloren. Inhalt der Handschrift: F. 1 trâgt eine lateinische Inhaltsangabe, wohl von einer Hand des 16. Jhs. 1) f. 2r sup. Ex S. Ioannis Damasceni homilia de corpore et sanguine Domini. Inc. Περί τον Κυριάκον σώματος·, des. άλλ’ ου διαφθορά (Migne, Patr. gr. 95, 401-412, verkürzt). 2) f. 2r med. Έ κ τοϋ Καισαρίου αδελφόν τον άγιον Γρηγορών τσϋ θεολόγον προς τάς επενεγβείσας αντώ ερωτήσεις. Excerpta ex Caesarii quaestionibus et responsionibus. Inc. Πάσα δόσις αγαθή (Magne gr. 38, 857); Der vollstandige Text Migne, Patr. gr. 38, 851-1190; vgl. Christ-Stahlin, Gesch. d. gr. Lit. II 26 (1924), 1415, 6; G. Bardy, Bev. bibl. 42, 1933, 343-346. 3) f. 2V: Definitiones ex ss. Patribus, inprimis Basilio et Cyrillo, haustae. 4) f. 8V-9V ini. Definitiones ordine alphabetico dispositae, usque ad litteram Π . Ine. Τί εστιν άγαθόν, des. ξηρά και θερμή. F. 10Γmg. sup. Conspectus operum, quae hoc codice continentur, partim abscisus: λαερτίον διογένονς βίοι φιλοσόφων τόμος πρώτος· φιλοστρ[άτ\ου... όσιό 1* IVκνρον άναβάσεως... μέανδρος ό ποταμός ρεϊ διά τής κελαινών χώρας [Anab. I 2, 7]· άπό βίου σωκράτους· άπό βίου Αγησιλάου· Από [... σωκράτονς άπο\ μνημονευμάτων

1 Zur Einleitung des Titels von Exzerpten wird sonst εκ verwendet. Die Pràposition εκ ist aber in der spâteren Gràzitât gegenüber άπό im Zurüekweicben: Pbilostr. vita Apoll. 85, 20. 31 πίνειν άπό τίνος (W. Schmid, Attizismus IV 445); A. Werner, Byz. Z. 31, 291 (für Genesios); εκ wird im Neugriechischen durch άπό abgelôst (Thumb, Handb. d. neugr. Spr.2 97).

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Cod. Yat. Pal. gr. 93 (Ψ) [Δ ι]οννσίου αλικαρνασσέως αρχαιολογία ρωμαϊκή' δίωνος τοϋ κοκκειανοϋ Αρχαιολογία ρωμαϊκή.1

Es folgen: 5) f. 10Γ sup. - med. Πολέμωνος σοφιστοϋ είς Κυναίγειρον καί Καλλίμαχον, jedoch trotz dieser Überschrift nur ein Teil der 1. Rede, p. 3-6, 21 Hinck (des. τουνομα τής Αρχής εχει).2 6) f. 10Γ med. - inf. Sotae chronologicae de rebus C/poli s. XII gestis.3 7) f. 10v sup. - 41v inf. Λαερτίον Διογένους βίων φιλοσόφων τόμος πρώτος, das Laertios-Exzerpt.45 8) f. 42Γ sup. - med. Dicta virorum inlustrium (= Yat. gr. 96 Sr. 5). 9) f. 42r med. - 46Γ Φιλοστράτον βίοι σοφιστών.5 10) f. 46r-46v Duarum Demosthenis vitarum epitome. 11) f. 46v Quaedam de Philippo Macedonum rege; dictum Cleobuli. 12) f. 47r-47v ’ Αρχαιολογία Ίωάννον τοϋ Αντιοχέως· 13) f. 47ν-52ν Die « ετέρα αρχαιολογία», = Vat. gr. 96 Sr. 11; doch fehlt die Überschrift im Pal. 93, vgl. de Boor, Hermes 34, 298-304. 480. 14) f. 52ν-55ΓΆγαθίας, excerpta ex historiis (= Vat. 96 Sr. 12). 15) f. 55Γ-64Γ ΑΙλιανοϋ ποικίλαι Ιστορίαι (excerpta).67 16) f. 64Γ-64ν Excerpta ex Heraclidis de rebus publicis. 17) f. 64ν-141Γ Τοϋ αυτόν [se. Aeliani] περί ζώων ιδιότητας (ex­ cerpta). Dazwischen eingeschoben: 18) f. 83v-84v Excerptum de rebus mirabilibus. 19) f. 141ν-145Γ’Από τής Ξενοφώντος Κόρον παιδείας. Inc. Παίειν μεν δει (I 2, 10); des. και αί ταπίδες (VIII 8, 16). 20) f. 145Γ-146ν Α(νά)Β(ασις), excerpta. Inc. Μαίανδρος ό ποτα­ μός ρεϊ δια τής Κελαινών χώρας 7 (I 2, 7); des. τοΐς ώσι δια τό ψνχος (VII 4, 4). Adiecta quaedam ex Memorabilibus.

1 Dazu s. Exkurs II. 2 Warum der Text hier mitten im Satz endet, wurde schon oben (S. 62) erôrtert. 3 Der Text dieser Chronik ist im I. Exkurs wiedergegeben. 4 Über die Wiederholung des Textes von f. 33v auf f. 26r s. oben S. 62. 5 Nr. 9-12 = Vat. gr. 96 Nr. 7-10. 3 Nr. 15-18 = Vat. 96 Nr. 13-16; vgl. über diese Stücke de Stefani a.a.O. 7 Vgl. das Inhaltsverzeichnis f. 10r.

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21) f. 146ν-147Γ ’Από τον βίου Σωκράτους (ex Apologia). Inc. Ονκ έργα) εις τον ναόν (§ 15); des. ταϋτα είπών ούκ εψευσατο (§ 31).1 22) f. 147Γ-147ν ’Από τον βίου ’Αγησιλάου. Inc. ’Αγησίλαος πολέμων

(c. 1, 28); des. ευτυχών πράος είναι (ο. 11, 2). 23) f. 147ν-151Γ Excerpta e Memorabilibus (sine inscr.). Inc. ’Έλεγε Σωκράτης (I 1, 15); des. λαμπρότατος ών διαμένει (ΙΥ 7, 7).2 24) f. 151r-191ar Excerpta ex Herodoto.3 Inscr. Ηροδότου Κλειώ. Inc. Οι Φοίνικες άπό ερυθρός θαλάσσης (I 1); des. άφικομένης δε ες αυτούς Μήδειας εκλήθη (VII 62). 25) f. 191bv Breve chronicon Constantinopolitanum.4 Am Schiuse das Datum der Mederschrift (s. oben S. 61). Die untere Halfte der Seite ist mit Federproben bedeckt. Die Sehrift: kursive, enge und stark verschlungene Minuskel in dunkelbrauner Tintenfarbe, die von der Sorgfalt des Vat. 96 weit abweicht. Der Kopist hat sich Aachlâssigkeiten jeder Art zu Schulden kommen lassen: Auslassungen einzelner Wbrter, wie des Artikels, und auch grôsserer Satzstiicke, orthographische und durch Itazismus bedingte Fehler (so Verwechslung von o und ω), falsche Spiritus. Die Buchstabenformen sind die zu Beginn des 14. Jhs in fliichtiger geschriebenen Codices iiblichen. Ligaturen und Kiirzungen bevorzugt dieser Schreiber; er verwendet auch ungewòhnlichere, die das Lesen der Hs. erschweren. Einige Beispiele 5 rnogen geniigen: 0£ = οντες, 0y — ουσι, I ' = τα, ’/w= έστίν (hàufig; dageεν τη ’Ασία

gen ~ = είναι sehr selten), À f ' = λαβών, Xfj = ληψιν.

Der letzte

1 Lundstrôm erwâhnt ia seiner Ausgabe der Apologie (Upsala-Leipz. 1906) die Exzerpte dieser Hs (p), benutzt sie aber sebr selten. 2 Einige Lesarten und Auszüge aus den Memorabilia hat W. W . Baker, Transact. Proc. Am. Philol. Ass. 43, 1912, 171 f. yeroffentlicht; verwendet sind sie auch von Hude (ed. mai. 1934, praef.), der die Hs (P) den Itali mixti beizâhlt. 3 Von den umgelegten Blàttern in der Lage f. 162-169 wurde oben S. 63 gesprochen. Es zeigte sich, dass die Herodotexzerpte in dieser Hs am Schlusse unvollstàndig sind. Heines Wissens ist das Exzerpt fur die Überlieferung Herodots noeh gar nicht beaohtet worden. Da nun sogar der verkürzte Auszug aus Ψ, der in den codd. Paris, suppl. gr. 134 und Athous Dion. 90 erhalten ist, textkritischen Wert besitzt (vgl. ed. Hude I s [1926], praef. p. VI s.), so ware es jedenfalls der Mühe wert, den Text von Ψ genau zn vergleichen. Die auf f. 162-165 geschriebenen Stücke (Her. 3, 12-87) sind ja zweimal aus der Vorlage kopiert und lassen den Text mit Sicherheit wiederherstellen. C. Hude hat 1930/31 die Hs studiert, scheint aber die Ergebnisse für Herodot nicht ausgeschòpft zu haben. 4 Verôffentlicht im I. Exkurs. 5 [Die folg. Zeichen konnen nur zur Not andeuten. Prz].

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Stammkonsonant wird ofter, namentlich am Zeilenschluss, hochgestellt, sodass die Endung nach dem grammatischen Zusammenhang zu ergânzen ist. Dagegen wird δε nicht gekürzt, sondera ausgeschrieben. Die iiblichen nomina sacra in Kontraktion. Das stumme t feblt fast immer, das v ephelkystikon ist nicht so regelmàssig gesetzt wie im Yat. 96. Die Korrekturen im Text rühren sâmtliche vom Schreiber selbst her. Yerse werden am Eand durch das Zitatzeichen p) ) hervorgehoben. Die Übersehriften, die ein neues Kapitel (bei Laertios eine neue vita) oder ein neues Werk bezeichnen, sind von der 1. Hand teils am Eand, teils im Text eingefiigt. Bei Beginn eines gròsseren Abscbnittes sind sie zumeist rot unterstrichen. Auch die grossen, miniierten Initialen stammen vom Schreiber selbst. Zu Anfang von Herodot B. 1-3, 5. 6 (Hr. 24) die Kopfe der Musen in recht kunstloser Darstellung. Spàtere Hande haben in dieser Hs nur unwesentliche Zusàtze beigefiigt. Hicht lang nach dem Schreiber hat H(an)d 2 mit blasser Tinte Bemerkungen Tiber den Inhalt an den Eand geschrieben. Yon Hd. 3 (wohl zu Beginn des 15. Jhs) stammen Yerweise auf die falsche Anordnung der Blatter (161v. 162r. 166r). Die 4. Hd hat einige durch Wasser verlòschte Stellen mit dunklerer Tinte nachgezogen, aber gelegentlich schlecht gelesen. Ganz jung die wenigen lateinischen Eandnotizen. Die chronikartigen Angaben iiber Ereignisse in Konstantinopel, die der Kopist auf f. 191bv eingetragen hat, lassen wohl darauf sehliessen, dass der Codex 1338 dort geschrieben wurde. Eine andere Âusserung des Schreibers hat de Stefani (Studi it. 12, 155) vermerkt. Zur Erzàhlung Aelians iiber die Schlangen, die einen Menschen getotet (hist. an. 12, 32), notiert er: κάγώ δε ό τούτης τής βίβλον γραφενς καί εν ’ ΡωαικοΙς τόποις μεμάθηκα τοντο γενέσθαι. Aus dieser Bemerkung, die in der Yorlage (Yat. gr. 96) fehlt, lasst sich entnehmen, dass der Schreiber einmal in Eussland war oder mit Leuten von dort Verbindung hatte.1*1 3 5 0 1 Von Beziehungen zwisclien Konstantinopel und Eussland in der 1. Hàlfte des 14. Jhs. wâren zu nennen: die Gesandtschaftsreise des Manuel Philes nach Eussland (Krumbacher, Gesch. d. byz. Lit.8 774. 777), die russische Gesandtschaft an Andronikos II. oder III., die Nikephoros Gregoras in seinen nachgelassenen Papieren im Pal. gr. Heid. 129 erwàhnt (H. Haupt, Hermes 14, 1879, 445 f.; zur Einordnung der Hs s. Wnrzburger Jbb. 3, 1948, 100-106), das Geschenk des Grossfürsten von Moskan zur Eenovierung der Hagia Sophia um 1350 (Ostrogorsky, Gesch. d. byz. Staates, 1940, 379). Viel enger waren die Verbindungen auf kirchlichem Gebiete, s. Miklosich-Miiller, Acta et diplomata graeca medii aevi I. II (Vindob. 1860/62) im Index unt. ’ Ρωσία.

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Cod. Vat. Pal. gr. 93 (Ψ)

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tiber die Geschicke der Hs in den nachsten zwei Jabrbunderten scheint nicbts bekannt. Wie aus den alten Inventaren der Bibliotbek Huldrich Fuggers im Pal. lat. 1916 und 1950 hervorgeht, gehôrte sie in der Mitte des 16. Jhs einem gewissen « Henr », dessen Persônlichkeit bisber nocb nicht sicber festgestellt wurde; nacb meiner Vermntung ist es der Schotte Edward Henryson (vgl. Byz. Z. 37, 1937, 28-33). Dieser Sammler dürfte sie, wie manche andere griecbiscbe und lateinische Hs, in Italien erworben baben. Um 1555 ging seine Bibliotbek in den Besitz Huldricb Fuggers zu Augsburg über, in dessen Verzeicbnissen der Codex Ψ begegnet.1 1567 zog Fugger mit seinen Biichern nacb Heidelberg imd Hess sie spâter in den Emporen der HI. Geist-Kircbe aufstellen (K. Scbottenlober, Pfalzgraf Ottbeinricb u. d. Bucb. Münster 1927, 102 f.). Gernass seiner letztwilbgen Verfügung wurden sie 1584 der Palatina einverleibt.2 1623 teilte die Hs das Scbicksal der übrigen Palatini: sie wurde, ibres Einbandes beraubt, über die Alpen nacb Eom verbracbt; dort fand sie ibren Platz unter den Palatini Vaticani, den sie noch beute einnimmt. An dieses Ereignis erinnert das Exlibris auf f. II. Der erste Gelebrte, der die Hs wissenscbaftlicb auswertete, mag Claude de Saumaise3 gewesen sein. Ausser der Antbologia Palatina hat Salmasius in Heidelberg (um 1606) zahlreiehe andere Hss kopiert so aus Pal. gr. 93 das Stück, das Ioannes Antiochenus und die „έτέρα αρχαιολογία entbâlt. Diese Abscbrift bat sicb erbalten: cod. Paris, gr. 17634 (s. Cramer, Anecd. Paris. II 383; de Boor, Hermes 34, 298 ff.). Aucb Lesarten für Philostratos hat Salmasius aus der Hs notiert, wie Jan Gruter; beider Xotizen bat Olearius benutzt: Philostrati Opera (Lips. 1709) praef. XI, bericbtigt von Kayser, ed. 1838, p. XIV. Spàterhin wurde der Codex von zahlreichen Philologen eingeseben. Die Laertiana darin hat E. Martini teilweise kollationiert; icb babe

1 Im notariellen Inventar von 1571: Pal. lat. 1921 S. 93; K. Christ, ZfB 36, 1919, 57. [Anders dagegen P. Lehmann: Byz. Z. 44 (1951) 384 f. PrzJ. 2 Unter den Palatini graeci zu Heidelberg verzeiehnet die Hs Pr. Sylbnrgs Katalog, der zw. 1591 und 1596 angelegt wurde (Christ a.a.O. 13-16 und dazu Byz. Z. 37, 23), auf S. 33 f. des Frankfurter Druckes von 1702; ferner der Hamburger Index (nach alten Inventaren gearbeitet, abgeschlossen 1603), Serapeum 11, 1850, 172: « Diogenes Laertius -per Epitomen » und vielleicht noch unter anderen Stichwortern. 3 Über Saumaise unterrichtet Papillon, Bibliothèque des auteurs de Bour­ gogne, II (Dijon 1742) 247-286. 4 Dass der Paris, gr. 1763 eine direkte Abschrift von Ψ ist, zeigt eine Stelle deutlioh, Cramer Anecd. Par. II 388, 20: φιλοστοργίαν recte Φ: ψιλοστράτου Γ'

οργίου

in φιλοστορ corr. Ψ: ψιλοστράτου Par. 1763.

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Cod. Vat. gr. 93 (Ψ). Par. suppl. gr. 134 ( Π )

sie in Eom 1930/31 mit meiner Abschrift von Φ genau verglichen nnd den Codex beschrieben. Pür einige ergànzende Angaben bin ich dem Herrn Prâfekten Anseimo Maria Albareda zu Dank verpflichtet. Lit.: Philostrati Vitae sophistarum ed. Kayser (Heidelb. 1838) praef. XIV; Th. Mommsen, Ges. Schr. VII 711; H. Stevenson, Codices Palatini graeci (1885) 46 f.; C. de Boor, Hermes 34 (1899) 298-304. 480; E. de Stefani: Studi It. fil. el. 11 (1903) 94; 12 (1904), 154-158; Epicurus ed. P. Von der Muhll (1922), praef. V f. 3. Codex Parisinus suppl. gr. 134 (Π nach Lampros), Pergament, Blattgrôsse 170x118 mm, fol. IV. 279, 20-34 Zeilen auf jeder Seite. Die Hs ist von einer Hand auf ziemlich feines Pergament geschrieben, dessen beide Seiten vôllig gleich aussehen. Auf Grand ihrer Schrifteigentümlichkeiten haben Omont, Lampros und Ziegler sie ins 13. Jh datiert. Sp. Lampros bespricht (Νέος 'Ελλην. 3, 263 f.) ausführlich die in dieser Hs und im eng verwandten Athous Dionys. 90 (Δ) auftretenden Buchstabenformen. Genaue Betrachtung der Schriftproben beider, die seinem Aufsatz beigegeben sind, làsst gleichwohl an dieser Datierung zweifeln. Einerseits ist der regelmâssige, straffe Duktus, der die jüngere Minuskel des 13. Jhs noeh vielfach auszeichnet, hier bereits verschwunden. Die einzëlnen Buchstaben sind in Grosse, Abstand und Ausführung ungleichmassig. Andrerseits finden sich, namentlich beim Studium des Originals, manche archaisierende Buchstabenformen, die Kennzeichen jener Imitationsschrift,1 die in der 2. Halite des 14. und zu Anfang des 15. Jhs altere Schrifttypen meisterhaft nachzuahmen verstand. Eine gewisse 1 Die verschiedenén Spielarten der grieohischen Nachahmungsschrift dieser Zeit, ihr Entstehen, ihre Abstufung nach Sehreibschulen und Landschaften, ihr Einfluss auf die Schriftgestaltung einzelner Schreibkünstler des 15. Jhs, die neben der Nachahmung der schônen mittleren Minuskel eigene Typen schufen — all das umfassend zu behandeln, ware eine dankbare Aufgabe fiir die grieehische Palâographie. Dabei ist auch der Inhalt der gesehriebenen Stücke zu beaohten; am frühsten zeigt sich die Nachahmung der âlteren Schriftformen bei liturgischen Texten (Gardthausen, Griech. Palâogr. II2 227. 449). Eine besondere Pflegestàtte dieser Schriftausbildung scheint in der 2. Halite des 14. Jhs der Athos gewesen zu sein, von wo die beiden Hss Π und Δ stammen. Im cod. Athous Vatopedi 671 s. X IV (mit Sophokles, Euripides, den homerischen und kallimacheischen Hymnen), dessen Photographien mir P. S. Breuning-Utrecht zum Vergleich mit der Hs Π zur Verfiigung stellte, findet sich dieser Schrifttypus noch viel deutlicher ausgepràgt; die Nachahmung ist hier bewusst und mit einer gewissen Manier, aber nicht ohne Sinn für die kiinstlerische Wirkung des Schriftbildes durchgefiihrt.

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Cod. Par. suppi, gr. 134 (77)

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Manier in der Nachbildung, wie etwa das weite Ausziehen einzelner Buchstaben, ermoglicht, diese Scbrift von der alteren, die ihr zum Yorbilde diente, zu unterscheiden. Das auf Grund der Schriftform des Codex gewonnene Urteil, dass man mit dem Zeitansatz heruntergehen müsse, wird durch die Untersuchung des Textes zur Gewissheit erhoben. Denn beide Hss 77 und A stammen, wie spàter (S. 100-103) gezeigt werden soli, durch Vermittlung eines Zwischengbedes aus der Hs Ψ, die im J. 1338 gescbrieben ist. Sie werden daher nicbt vor der Mitte des 14. Jbs entstanden sein; ja ihre Provenienz legt es nabe, sie dem letzten Yiertel dieses Jahrhunderts zuzuweisen. Der Einband der Hs bestebt aus braunem Leder; am Bücken rot gefârbt, mit Ornamenten in Golddruck. Der Biicken tràgt ausser der Aufschrift Herodotus, Plutarchus das Bourbonenwappen aus der Zeit Ludwigs XVIII. Zum Einband gehòren vorne und riickwarts je zwei Deckblatter. Auf dem 2. vorderen Deckblatt recbts oben die Signatur « Suppl, gr. 134 », die auf f. l r wiederbolt ist. Auf dem oberen Schnitt erkennt man nocb die Bezeichnung εκ των ήρο\_δότου\. Alte Zàhlung der Lagen ist nicbt vorhanden. Von den unbeschriebenen Pergamentblàttern zu Beginn der Hs tràgt das erste auf der Yorderseite dreimal den Namen Αλέξανδρος, vielleicht von der Hand des Schreibers. Auf der Bückseite eine Blumenzeichnung. Auf dem zweiten ist vorne eine lateinische Inhaltsangabe von der Hand eines Bibbotbekars der 1. Halfte des 19. Jbs eingetragen;1 Ende: Is codex duodecimo saeculo videtur exaratus. Auf der Bückseite schrieb eine Hand des 15. Jbs einen Besitzvermerk, der spater getilgt wurde und von dem icb nocb entziffern konnte:2 + βιβλίον μονή[ς] τ[ον\ άγιου διο[ννσίου + ]. F. 1Γ tràgt unten den Stempel: « Bibliothèque Impériale. Man[uscrits] » (Zeit Napoléons I). Die Hs enthàlt folgende Exzerpte: 1) F. l r-32v Έ κ των 'Ηροδότου Ιστοριών. Das erste Stüek: Herod. I 141, das letzte: IX 91; s. K. Ziegler, Die Überlieferungsgeschichte der Lebensbeschreibungen Plutarcbs, S. 60 f.; Hude, praef. p. vi; Lampros, Νέος Έλλ. 2, 1-28. 157 f. bat Anfang und Ende der einzelnen Exzerpte nach A abgedruckt. 1 Nach C. B. Hases Katalog (Paris, suppl. gr. 1003); vielleicht war es E. Miller. 2 Nachdem ich den Vermerk gelesen hatte, wurde er bedauerlicherweise in der Bibliothek selbst bei der Bemühung, ihn mit chemisehen Mitteln wieder deutlich zu machen, vôllig entwertet.

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Cod. Par. suppi, gr. 134 (Π )

2) f. 33Γ-166Γ Έ κ των τον Πλουτάρχου παραλλήλων1 (vgl. Ziegler 5. 10. 12. 59-62. 82-84. 106-108. 121 f.). 3) f. 166r-167v Singula ex Plutarchi vitis. 4) f. 167v-168v Ex eiusdem praeceptis gerendae rei publicae. 5) f. 168v-186r E regum et imperatorum apophthegmatis. 6) f. 186v-195r E regum et imperatorum apophthegmatum parte II (Romana). 7) f. 195r-195v Ex oratione II de Alexandri fortuna. 2Jr. 3 - 7 ohne Überschriften. Die einzelnen Stellen sind bestimmt von Lampros, Catalogue of the Greek mss. on the Mount Athos I. S. 332 (Beschreibung von d); vgl. Ziegler S. 60. 62. 8) f. 195v-232v Διογένους Λαερτίον 1 2 εκ του βίου των φιλοσόφων. Eine verkürzte Fassung des Laertiosexzerptes, die Lampros, Νέος 'Ελλ. 3, 262 ff. aus dieser Hs und dem im folgenden beschriebenen Athous A ediert hat. Einige belanglose iTachtràge ebd. 4, 121. 9) f. 232v-271r « Gnomologium Parisinum » ex Plutarchi Mora­ libus, Aeliani variis Historiis, Laertio al. haustum, ed. L. Sternbach, Rozprawy Akad. um. (Kraków), wydzial fllol. ser. II 5, 1894, 135169 und Lampros, Νέος 'Ελλ. 6, 1909, 137-173 (unter Weglassung der ersten 9 Anecdota); s. A. Elter, Gnomica homoeomata II (Univ.Progr. Bonn 1901, 90 f.); Lampros, Νέος 'Ελλ. 3, 267; 4, 1-13. 244; 6, 339. 10) f. 271ν-278Γ Φιλοστράτου εκ τοϋ βίου των σοφιστών, ed. Kayser, Philostrati Yitae soph. (Heidelb. 1838; unter dem Strich, nach der Abschrift E. Millers); s. praef. p. xx; 3 Opera (ed. maior 1844), Vitarum praef. p. iv. Der Text der Hs ist vollstàndig. F. 278v enthâlt ein Stossgebet παν · αγία θ(εοτό)κε βοεϊθει μοι τον δούλου σου (sic) in Zügen des 16. Oder 17. Jhs, 279r Zeichnung eines Kopfes und einiger Blumen. Die Schrift ist sorgfaltig, die Rechtschreibung korrekt, Farbe der Tinte dunkelbraun. Für die einzelnen Buchstaben und Ligaturen sei auf das Facsimile bei Lampros und auf seine Bemerkungen S. 263 f. hingewiesen. Kürzungen liebt der Schreiber nicht sonderlich; nur an wenigen Stellen hat er durch Rasur Fehler korrigiert. Bemerkenswert noch die weiten Abstande, die zwischen den einzelnen 1 Diese Exzerpte sind zum Unterschied von den ubrigen in der Hs uberlieferten zumeist mit ότι eingeleitet; das sah bei den Plutarohexzerpten des Atbons Δ scbon Lampros, Πλοντάρχεια απανθίσματα (Athen 1888) 4. 2 Zu beacbten die Anordnung des Namens, die von der sonst uberlieferten (Λαερτίον Διογένονς) abweicht. 3 Schwerlich mit Recht trennt Kayser die Überlieferung der Hs von der des Vat. 96 nnd teilt sie der 3. Elasse zu.

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Cod. Par. suppi, gr. 134 (77)

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Sàtzen und Abschnitten freigelassen werden. Grôssere Kapitel, wie die einzelnen vitae des Laertios, sind durch rubrizierte Anfangsbuchstaben bervorgeboben, die auf den Band berausgerückt wurden, nicbt durcb besondere Überscbriften; die vitae Plutarcbs aber baben Titel in Rot. Die Bucbteilung wird in den Herodot-Exzerpten durcb eine rot gescbriebene Ziffer, bei Laertios gar nicbt bezeicbnet. Rubrikator war der Kopist selbst. Eine einfache Yerzierung bat er auf f. l r gemalt. Wesentbcbe Korrekturen von anderer Hand linden sich nicbt. Über die Herkunit des Codex gibt die Eintragung auf dem 2. leeren Blatt zu Beginn genaue Auskunft: er stammt aus dem AtbosKloster Διονυσίου. Diese Erkenntnis ist darum bemerkenswert, weil Δ , die Scbwesterbs von 77, die von derselben Hand gescbrieben ist, nocb beute dort verwabrt wird. Es liegt nab anzunebmen, dass beide Hss aucb dort hergestellt wurden. Hun lebrt ein Cbrysobull des Kaisers Alexios III. Komnenos von Trapezunt, dass die Griindung des Dionysios-Klosters im Sept. 1374 bewilligt wurde; s. J. Drâseke, Byz. Z. 2, 1893, 79-95, vgl. 440. 609-616; F. Dolger, Mònchsland Atbos (Miincben 1934) 86. 96 mit Teilaufnabme der Urkunde Abb. 51/52. Bald nacbber ist man wobl daran gegangen, die neue Mônchssiedlung mit einer Bibbotbek auszustatten, und in diese Zeit mag die Hiederschrift der Codices 77 und Δ fallen, worauf aucb die palâograpbiscben Merkmale binweisen. Bei welcber Gelegenbeit 77 den Atbos verlassen bat, wird nicbt bezeugt. Docb lâsst sich die Zeit seines Eintreffens in der Pariser Bibliothek innerhalb gewisser Grenzen bestimmen. Yor 1740 ist er nicbt dort gewesen, sonst bàtte er in den ‘ancien fonds’ und damit in den grossen Katalog der kgl. Bibbotbek Aufnahme gefunden. Andrerseits besagt die praefatio der Herodotausgabe Wesselings von 1763, f. **3V, dass Jean Capperonnier für den hobândischen Gelehrten Auszüge macbte ex codice in bibliothecam regiam novissime illato, in quo ex I X Herodoti M usis fragmenta haud pauca. Man ist sich darüber einig, dass hier nur der spàtere cod. suppi, gr. 134 gemeint sein kann. Genaueres über den Erwerb der Hs liess sicb aucb in Paris nicbt ermitteln.* 1 Erst zu Beginn des vorigen Jbs ist sie von C. B. Hase katalogisiert worden; damais erhielt sie auch ibre beutige Hummer. 1 H. Omont erwâhnt sie in seinen « Missions archéol. franç. en Orient » I, II (Paris 1902) nicht. Die Mer angeführten Codices, die im 17. und zu Beginn des 18. Jhs im Orient erworben wurden, sind zumeist noch in den ‘ ancien fonds ’ eingereiht.

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Cod. Par. suppi, gr. 134 (Π ), Athous 3624 (Δ )

Each Wesseling hat Schweighàuser die Herodot-Exzerpte der Hs zur Textherstellung herangezogen. Seit dem 19. Jh. wurden auch die anderen Stiicke wissenschaftlich ausgewertet. Die Laertiana hat Lampros, von Martini auf den Codex hingewiesen, ediert. Ich selbst habe im Herbst 1932 eine Reihe yon Stellen nachgepriift, damais und im September 1937 die Beschreibung der Hs. ergànzt. Literatur: H. Omont, Inventaire des mss. grecs 3 (1880) 220; Sp. Lampros, Νέος 'Ελληνομνήμων 3, 1906, 257-376 (mit Photokopie von f. 233v = πίναξ £'); 4, 1907, 1-13. 244; 6, 1909, 137-173. 339; K. Ziegler, Die Überlieferungsgeschichte der Lebensbeschreibungen Plutarehs (Leipz. 1910) 59-62; Herodoti historiae ed. Hude. I 3 (Oxon. 1926) S. VI f. In engster Verwandtsehaft mit der eben beschriebenen Hs steht 4) der Codex Athous 3624 = Δ ι ο ν υ σ ί ο υ 90, von Lam­ pros als Δ bezeichnet. Pergament, 16-Format (wie Π), Schriftspiegel 105 x 70 mm, 251 Blatt, je 23-24 Zeilen. Der Codex ist von einer Hand geschrieben; nach dem Urteil von Lampros, das die von ihm gegebenen Schriftbilder der beiden Hss (Νέος 'Ελλ. 3, πίναξ ς' und ζ') bestàtigen, ist der Schreiber von Δ mit dem von Π identisch. Aus denselben Griinden wie diese Hs wird man — gegen Lampros — die Niederschrift von Δ ins letzte Viertel des 14. Jhs setzen. Die Hs enthàlt die Ausziige:1 1) F. 1Γ-34ν Έκ των τοϋ 'Ηροδότου Μουσέων. Das erste Exzerpt aus Herod. I 141, das letzte aus IX 91, wie in Π . Anfang und Ende der einzelnen Ausziige bei Sp. Lampros: Νέος 'Ελλ. 2, 1905, 1-28. 156 f. 2) f. 35r-164r Ex Plutarchi Vitis parallelis; s. Lampros: Πλουτάρχεια απανθίσματα (Athen 1888), mit Ausgabe der Exzerpte aus der vita Phocionis; Ziegler a. O. Den Inhalt teilt Lampros genau mit, Catalogue of the Greek mss. on Mount Athos 1, 330-332.23 3) f. 164v-166r (oder 165v ?)3 Singula e Plutarehi Vitis. 4) f. 166r-167r (oder 166v Ì) Ex praeceptis gerendae rei publicae. 5) f. 167r-186v (oder 186r 1) E regum et imperatorum apophthegmatis. 1 Vgl. damit die entsprechenden Stiicke in der Inhaltsangabe von 17. 2 Vollstandige Absehrift bei Lampros: Νέος 'Ελλ. 17, 1923, 363-367. 3 Der Katalog von Lampros gibt hier und im folgenden nur fiir den Anfang der einzelnen Stiicke die Blattzahl an.

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Cod. Athous 3624 (A)

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6) f. 186v-194v (?) E regum et imperatorum apophthegmatum parte II (Romana). 7) f. 194vl-197r Ex oratione II de Alexandri fortuna. 8) f. 197ν-238Γ Διογένους Λαερτίου εκ τον των φιλοσόφων βίου, ed. Lampros, Νέος 'Ελλ. 3, 262 ff. Die gleiche Fassung des Exzerpts wie in Π. 9) f. 238r-248v Gnomologium e PlutarcM Moralibus, Aeliani Variis Historiis al. haustum. Wohl ein Teii des in Π überlieferten « Gnomologium Parisinum », aber viel weniger umfangreich; ine. (Δ)ιονύσιος ό τύραννος (Sternbach, Rozprawy II 5 p. 137 n. 14); des. nach dem Athoskatalog: Φίλιππος... μισώ. Θεανώ... άλλοτρίον ουδέποτε (Sternbach η. 74. 77), nach Νέος 'Ελλ. 3, 258: Εύδαμίδας... περισεσάλπισται (Sternbach η. 75); s. Νέος 'Ελλ. 3, 258 266 f. Der Text der Hs scheint vollstandig; am Schluss die Blatter 249-251 unbeschriftet. Zur Schrift des Kopisten wurde bei der Beschreibung νοη Π ailes Notwendige gesagt. Nach der Tafel bei Lampros, Νέος 'Ελλ. 3, πίναξ ς', zu urteilen, sind auch in A die Abstande zwischen den einzelnen Kola auffallend weit. Die einzelnen grôsseren Kapitel und auch die vitae des Laertios werden gleichfalls nicht durch eigene Titel, sondern durch einen vom Schreiber rubrizierten, ausgerückten Anfangsbuchstaben bezeichnet. Dagegen haben die Plutarch-Biographien eigene Überschriften. Die Tafel zeigt sehr einfaches Ornament zu Beginn der Laertios-Exzerpte (wohl in Rot). Von Korrektoren und Eigentumsvermerken berichtet Lampros nichts. Da der nah verwandte Codex 77 aus dem Kloster des Dionysios stammt, wird auch A dort geschrieben sein; s. S. 73. Die Hs wurde von Sp. Lampros zum erstenmal wissenschaftlich erschlossen; seit 1888 hat er in verschiedenen Publikationen iiber sie berichtet und das Laertiosexzerpt ediert: Νέος 'Ελλψομν. 3 (s. unt.). Literatur: Sp. Lampros, Πλουτάρχεια απανθίσματα εν ' Αγιορειτικω κώδικι τής μονής Διονυσίου, τα κατά την εορτήν τής πεντηκονταετηρίδος

1888) 315-337; Catalogue of the Greek mss. on Mount Athos. 1 (Cambr. 1895) 328-332; Mèi. Nicole (Genève 1905) 639-651; Νέος 'Ελληνομνήμων 2, 1905, 1-28. 157 f.; 3, 1906, 257-376, Facs. von f. 197v auf πίναξ g·'; K. Ziegler, Überlieferungsgeschichte der Lebensbeschreibungen Plutarchs (Leipz. 1910) 12. 59-62; K. I. Dyobuniotes, Νέος 'Ελλ. 17, 1923, 363-367; Herodoti historiae ed. Hude. I 3 (Oxon. 1926) vu.1 τον Έ θν. Πανεπιστημίου ('Εν Άθήναις

1 Die Blattangabe in Lampros’ Catalogue vielleicht irrtümlich; dieee Ex zerpte umfassen in Π nur eine Seite.

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Cod. Leid. gr. 75 (Λ )

5) Codex Leidensis Bibl. pubi, graec. 75 (von mir Λ genannt). Pergament, Blattgrosse durchschnittbcb 169 x 123 mm, fol. I. 60. Ill, 19 Zeilen auf jeder Seite. Λ ist in der 1. Halite des 15. Jbs von einer Hand auf feines italienisches Schafpergament gescbrieben. Die Zeilen sind in jedes zweite offene Doppelblatt blind eingepresst; an den Bandern nocb die Einstichlôcher des Zirkels zu erkennen. Schriftbild und manche Buchstaben dürfen nicht verleiten, mit der Zeit weiter hinaufzugehn: ein schones Beispiel der 1STachahmungsschrift, von der schon oben die Bede war (s. S. 70 f.). Weist schon die Schrift auf jiingere Entstehungszeit, so noch mehr das Format des Codex. Denn in friiheren Jahrhunderten war es durchaus nicht üblich, grôssere Werke, wie Laertios Diogenes, selbst wenn sie in Exzerptform vorlagen, auf Pergament in KleinOktavformat zu kopieren. Auch die Yereinigung zweier inhaltlich gar nicht verwandten Stiicke, so der Philosophenbiographien des Laertios mit den Epistulae amatoriae des Philostrat, in einer kleinen Hs ware etwa für das 12. Jh ungewohnlich zu nennen. Entscheidend aber ist der weiter unten noch zu fuhrende Beweis, dass Codex Λ spàter ais Ψ, d. h. nach 1338 aus Φ kopiert sein muss. Die Hs tragt noch ihren Originaleinband italienischer Art:1 Holzdeckel mit gepresstem Leder überzogen, mit zahlreichen geometrischen Mustern, die in konzentrischen Bechtecken angeordnet sind. Yon den beiden Schliessen haben sich auf der Bückseite die Aufschlàge, auf der Yorderseite die Ansatze der Bander aus griiner Seide erhalten. Dass hier der urspriingliche Einband vorliegt, erhellt daraus, dass das letzte Blatt der letzten Lage auf dem riickwartigen Einbanddeckel festgeklebt ist. Ebenso ist auf dem vorderen Einbanddeckel ein Pergamentblatt befestigt, das mit dem Vorlegeblatt (A) zusammenhàngt; beide zeigen das gleiche Pergament wie die Blatter der Hs. Auf dem Biicken stand eine zweistellige Zahl ais Signatur mit « 3 » als erster Ziffer (die zweite nicht mehr kenntlich). Das zum Einband gehôrige Yorlegeblatt (A) tragt auf der Yorder­ seite links oben eine « 8 »,2 die das Format bezeichnet. In der

1 Eine Bestâtigung meiner Ansicht verdanke ich P. Paul Henry (Lòwen), der den Einband für mich prüfte. In mancher Hinsicht zu vergleichen sind die Einbânde bei M. J. Husung, Bucbeinbànde aus der Preuss. Staatsbibliothek (Beri. 1925) Abb. 50-53 (italieniseh-orientalische Einbandart). 2 Vielleicht stammt die Zabi von dem unbekannten Leidener Bibliothekar, der in das im Krieg verbrannte Exemplar des Catalogus bibliothecae pubi. Lugduno-Batavae (1623) der Münchner Univ.-Bibliothek zahlreiche Ergân-

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Cod. Leid. gr. 75 (il)

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rechten oberen Ecke steht, von einer etwa gleichzeitigen Hand, die Ziffer 3, daneben eine 2 ausradiert. Schief darunter die heutige Signatur 75, daneben in neuerer Schrift « MS. Gr. Bibl. Pubi. ÌT° 75». Auf der Yerso-Seite steht links oben von einer Hand des 15. Jhs vermerkt carte 60. Gewiss bedeutend spater wurde « 191 » etwas tiefer in Seitenmitte eingetragen, aber von spaterer Hand gestrichen. IsTeben den Yermerk über die Blattzahl hat wohl derselbe Besitzer seinen ISTamen geschrieben; er ist durch Anskratzen gründlich getilgt. Mit freiem Auge lasst sicb nur die Spur eines zweiteiligen ÌTamens erkennen, dessen Yorname mit J begann. Etwas mebr zeigt ein Pluoreszenzbild am Ende des ersten ÌTamens: ein doppeltes i. Auch den zweiten schloss ein i; davor scbeint ein, vielleicht auch zwei t gestanden zu haben. Endlich passt die Form der Easur am Anfang des zweiten Y amens am ehesten zum Buchstaben m: es liegt nah, « i[annoz]ii m[ane]tti » zu erganzen. — Auf der Ihnenseite des rückwartigen Einbanddeckels steht, in der Hand des 15. Jhs, die auf dem Yorlegeblatt « carte 60 » eintrug, die Zahl 90. Die Lagen umfassen je 8 Blatter. Yon alter Lagenzàhlung nur eine Spur: f. 9r tràgt neben der arabischen Ziffer im rechten Eck oben die Zahl β (= δεύτερον). Dieser Eintrag (15. Jh) kann nicht vom Kopisten stammen: er zeigt (wie der Yermerk «carte 60» auf Av), dass damais die Hs schon den heutigen Blattverlust zwischen dem Vorlegeblatt A und dem Beginn des Laertiostextes aufwies. Die Fàden des Einbandes weisen darauf hin, dass dort mindestens zwei Lagen fehlen.* 1 Die Blattzahlung geht ins 15. Jh zuriick. Die Hs enthalt: 1) F. l r-36v med. Laertii Yitarum philosophorum excerptum, initio mutilatum. Ine. Διογένης ό Σινωπεύς, in mg. rubre διογένης (Laert. YI 20). Der Schluss ist vollstandig. Der Best der Seite (f. 36v) ist freigelassen. 2) f. 37r sup. — 60r sup. Φιλοστράτου επιστολαι ερωτικαί, ep. 3-64 in zTingen und BericMigungen eintrug. Jedoch hat er S. 140 des Katalogs der Angabe über cod. gr. 75 den Yermerk « 4. » vorgesetzt; s. meine Beschreibung: Het Boek 25 (1938) 47 f. 1 Der in Λ erhaltene Teil des Laertiosexzerptes umfasst in meiner Abschrift 54, der fehlende mehr als 132 Spalten. Wenn das ganze Exzerpt ursprünglich in Λ enthalten war, müssten nicht weniger als 88 Blatt, 11 Lagen verloren gegangen sein. Selbst wenn die Hs mit dem zweiten, biographischen Teil des Exzerptes (beginnend mit Θαλής) tatsâehlich einmal ihren Anfang nahm, betrüge der Verlust ungefàhr 46 Blatt. Die aussere Beschaffenheit der Hs lasst daran zweifeln, dass mehr als zwei odor drei Lagen ausgefallen sind.

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Cod. Leid. gr. 75 (Λ )

der Anordnung der Familie 2 (genau wie Yat. 96). Ygl. Kayser, Philostrati Opera (ed. mai.) epist. p. Ill, der den Codex aber stets als « Lngd. 76 » bezeichnet. Der Best von f. 60 und die letzten 3 Blatter blieben frei. Der Codex bietet das Bild einer schônen, regelmâssigen Kachahmungsscbrift 1 der 1. Halite des 15. Jhs. In seiner zierlichen, wenig geneigten Minuskel, die — mit gelbbrauner Tinte eingetragen — von der Zeile berabbângt, verrat sicb das Bestreben, altere Schrifttypen etwa des 11. Oder 12. Jbs nachzubilden, und das ist nicbt übel gelungen. Einzelne Merkmale dieser Schriftgattung im Textverlauf sind: das β meist in der Form u, die Bezeichnung des v am Zeilensehluss durch einen Strich über dem vorausgebenden Yokal, z. Β. ω = ων, η = ψ u. a.; Kürzungen durch Hochstellung des letzten Stammkonsonanten, namentlich am Zeilenende, die freilich auch in kursiv gesehriebenen Hss vorkommen, etwa η = ήριον. Yereinzelt steht die tachygraphische Sigle für εστίν. Doch verrat sich, wie in den meisten Hss dieser Gattung, der spàtere Schreiber dadurch, dass er an den archaisierenden Formen nicht standig festhàlt: gegen Schluss nimmt die Form ξ für β überkand. Das t trâgt in dieser Hs regelmàssig zwei Punkte. Δ , Majuskel für ô, wird auch im Innern des Wortes verwendet. Das i subscriptum wird meist vermieden, v ephelkystikon regelmàssig gesetzt. Trennungsstriche am Zeilenende finden sich nicht. Zwischen den Kola (etwa den einzelnen Aussprüchen des Kynikers Diogenes) werden grosse Zwischenràume freigelassen. Die Überschriften und aueh Bandlemmata, die im Laertiostext eine neue Yita, bei Philostrat einen neuen Brief einleiten, hat der Schreiber selbst mit roter Tinte eingetragen. Yerzierungen fehlen in der Hs vollig. Bandzusatze hat der Kopist nur selten beigefügt, und Korrekturen begegnen fast nicht. Bl. 54r von spàterer Hand am Band μειρακίω. Keues und Überraschendes lehrt die Buchgeschiehte der Hs. Wer hatte geglaubt, in ihr einen lângst vermissten Codex der Heidelberger Palatina wiederzufinden, der 1623 nicht naeh Bom kam und darum seinen alten Einband bewahrt hat? Auf das Vorlegeblatt eines Verzeichnisses der griechisehen Hss, die aus dem Besitz Huldrich Fuggers in die Palatina eingingen, im Vat.

1 Sie hat eine gewisse Âhnlichkeit mit dem Duktus des Ioannes Ehosos (Omont, Facsimilés des mss grecs des x v e et x v ie siècles pl. 30), dessen Begelmâssigkeit sie aher nicht erreicht, oder des Petros von Bhéthymna (Omont pl. 45); doch ist keiner der beiden der Schreiber des Codex gewesen.

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Pal. lat. 1916 f. 529r notierte Jan Grater (1602-1622):1 « NB! Dio­ genes Laertius et Philostrati Epistolae amatoriae, 191, deside­ rantur, sed adfuere; substitutus interim alius codex in Catalogo a Sylburgio confecto ». Π. Stevenson, der in der Yorrede seines Kataloges2 diesen Eintrag gleichfalls anfübrt, bemerkt dazu resigniert: « Quum inter codices, quos recensuimus, nullus habeatur, qui Dio­ genis vitas et Philostrati epistulas coniunctim praebeat, apertum videtur codicem, de quo loquitur Gruterus, prorsus intercidisse ». Unerwartet darf man jetzt die Erhaltung der Hs feststellen; denn der Nachweis der Identità! dieses vermissten Manuskripts mit Codex Λ lasst sich einwandfrei führen: 1) Die Yereinigung der beiden, inhaltlich so verschiedenen Werke in einem Codex ist selten. Ich kenne ausser den Abkômmlingen des Yat. 96 (Φ) nur noch cod. Yat. gr. 140 (W), der beide Stücke, ausser Λ aber keine Hs, die nur Laertios und Philostrats Epistolae enthâlt. 2) Die Bibliothek des Giannozzo Manetti, dessen ISTamen auf Bl. Av mit einiger Wahrscheinlichkeit zu ermitteln war (s. oben S. 77), befand sich vor 1600 zum grossten Teii in der Palatina. 3) Jeden Zweifel aber nimmt die Zahl 191 auf Bl. Av, die Heidelberger Signatur des Codex. Beachtung verdient, dass die Palatini graeci unter den benachbarten Summern (die alten Signaturen gelten ja heute noch) gleichfalls aus Manettis Besitz stammen. Damit gewinnt umgekehrt meine Lesung des Besitzernamens neuerdings an Gewissheit. So làsst sich denn die Geschichte der Hs von der ersten Halite des 15. Jhs an, bald nach ihrer Mederschrift, verfolgen. Geschrieben ist sie wohl, trotz ihres italienischen Einbands, im Osten; denn ihre Vorlage (Codex Φ) befand sich noch in der 2. Halite dieses Jhs in Konstantinopel. Ais erster Besitzer erschien der Florentiner Humanist Giannozzo M anetti.3 Ihm war, seitdem er sich den wissenschaftlichen Studien im Kreise von S. Spirito zugewandt hatte, das Biiehersammeln zur besondern Ereude geworden. Vespa­ siano da Bisticci4 berichtet (Vite di uomini ill. ed. L. Frati 2, 91. 1 K. Christ, ZfB 36 (1919) 15; G. Smend, J. Gruter (Bonn 1939). 2 Codices manuscripti Palatini graeci (1886) S. X X X 3. 3 1396-1459. Hauptquelle fur seine Biographie: Vespasiano da Bisticci; dazu Bemerkungen in eigenen Schriften und Briefen von Zeitgenossen. Eine kurze Zusammenfassung: Palmarocchi, Enciclopedia It. 22 (1934) 107 f. Wichtige Ergânzungen dazu, auch aus unpublizierten Quellen, bei A. della Torre, Storia dell’Accad. platonica di Firenze (Pubblicazioni dell’Ist. di studi sup. in Firenze, 1902). Verzeichnis seiner Schriften: Pagnotti, Arch. soc. rom. stor. patr. 14 (1891) 429-436. 4 s. H. Widmann: Handbuch der Bibliothekswissenschaft 3 (1953) 519-521.

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Cod. Leid. gr. 75 (Λ)

187 f.), dass er lateinische, griechische und auch hebràische Bûcher abschreiben und kaufen liess, wo er nur konnte, und zu gleicher Zeit zwei griechische Kopisten und einen Juden zur Yermehrung seiner Bibliothek beschaftigte. Einen dieser griechischen Schreiber kennt man aus mehreren Subskriptionen: es ist ’Ιωάννης Θετταλός ό Σκονταριώτης.1 Manetti pflegte nun viele seiner Hss nicht nur zu foliieren, sondern auch (was in jener Zeit keineswegs allgemein gebrauchlich war) die Zahl der darin enthaltenen Blatter zu vermerken, so etwa im Yat. Pai. lat. 194, wo auf dem Verso des 2. Schutzblattes steht: « Carte 207 Iannoeij Manettj » (O. Zanetti, Dante e Firenze [Fir. 1901] 414-419), Pai. lat. 835 f. Iv « Ianozii de Manettis charte 79 » (Ehrensberger, Libri liturg. bibl. Yat. 183), Yat. hebr. 8 f. 468 « Icmnocii de Manettis. Carte 465 » (U. Cassuto, Studi e testi 66, 45). Eine Foliierung von seiner Hand sah Cassuto (S. 45) in den Codices Yat. hebr. 38 und 82. Nach K. Ziegler (Eh. Mus. 83, 1934, 16-18) versah Manetti beide Bande der Doppelhs des Plutarch Pal. gr. 168/169 mit Blattzahlen2 und trug auf dem Vorlegeblatt (f. 5*r) des Pal. 168 unter seinen ISTamen ein Inhaltsverzeichnis ein, in dem er vermerkte, auf welchem Blatt eine neue Vita begann. Tatsachlich stammt (nach Photographie) Foliierung und Vermerk auf f. Av « carte 60 » von der selben Hand, die in Pal. 168 f. 5*r die Blatt­ zahlen eingetragen hat. Ausser der gleichen Form der Ziffern ist besonders kennzeichnend der Haken, den Manetti oder sein Bibliothekar unter die Zahl 60 ebenso wie unter die Blattzahlen des genannten Inhaltsverzeichnisses setzte.3 Das weist darauf hin, dass bereits Manetti nicht mehr von der Hs besass als wir. Den grosszügigen Plan, seine Bibliothek und seine Werke ungeteilt dem Kloster S. Spirito zu stiften und den Gelehrten von Florenz

1 Über ihn Byz. Z. 38 (1938) 97 f. Skutariotes hat nicht bloss die von ihm signierten Hss, sondern viele andere für Manetti geschrieben, die sâmtlich zum Fonds der Palatini graeci gehoren. Unter ihnen auch die vollstândige Laertios-Hs E (Vat. Pal. gr. 182). 2 Eine systematische Durchsicht der Palatini in Rom wûrde gewiss zahlreiche andere Beispiele einer Foliierung durch Manetti und seiner Vermerke über die Blattzahl zu Tage bringen und die Frage klâren, welcher Teil der Eintrâge seinem Bibliothekar zuzusprechen ist. 3 Die Buchstabenformen des Namens « Iannozii Manetti » weisen freilich auf eine andere Hand hin als die Reste des ausgekratzten Namenseintrags in Λ (I und M hatten hier eine andere Gestalt); auch zwischen den Buchstaben von « carte » und den Überschriften im Pal. 168 « vita phocionis » usw. zeigen sich gewisse Unterschiede. So wird man in einem von beiden die Hand eines Schreibers oder Bibliothekars des Manetti vermuten.

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Cod. Leid. gr. 75 (A )

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ziir allgemeinen Bentitzung zuganglich zu machen (Yesp. da Bisticci 2, 188), hat Manetti wohl schon aufgegeben, als er 1453 in die Verbannung nach Bom und Heapel ging. Gleichwohl hat ein giinstiges Schicksal seine Sammlung vor der Zerstrenung bewahrt: sie gelangte fast vollstàndig1 in die Palatina nach Heidelberg und Bom. Die griech. Hss mit seinem Besitzvermerk, etwa 44, hat Stevenson zusammengestellt (Codices Palat, gr. S. 302, dazu K. Christ, ZfB. 36, 1919, 59).2 Die Forschungen U. Cassutos haben gezeigt, dass Manettis Bibliothek geraume Zeit im Besitz seiner Familie blieb. Hoch 1529 hat ein Nachkomme in einige hebrâische Hss seinen Namen eingeschrieben. Wohl zwischen 1548 und 1555 gelangte mit der ganzen Sammlung auch Codex Λ nach Augsburg, in den Besitz Huldrich Fuggers (s. Cassuto 8 f. 80.103), und 1567 nahm Fugger seine Bûcher mit nach Heidelberg, wo sie in der HI. Geistkirche Unterkunft fanden, um nach dem Tode ihres Besitzers in die « Pfàlzer Landbibliothek » uberzugehn. In der Heidelberger Palatina ist aber Λ nicht lange geblieben. Schon Fr. Sylburg, der die Palatini graeci zwischen 1591 und 1596 inventarisierte, fand den Codex nicht mehr vor;3 er gab die irei gewordene Hr. 191 einer Hs mit Phalaris-Briefen, die noch heute so bezeichnet ist. Sylburg und Gruter haben iibersehen, dass Λ 1 Ausserhalb der Palatina kenne ich, abgeseben vom Codex Λ, nur zwei Hss, die unzweifelhaft Manetti gehôrt kaben: Monae, lat. 304 (0 . Hartig, Abh. bayer. Ak. 28, 3. 1917, 270) und Laur. Fesul. 151 (Bandini, Bibl. Leopold.Laur. I l l 35). Ganz ungewiss scheint, ob er die Properzhs N = Guelferb. Gud. 224 besass; s. Codices gr. et lat. phot, depicti X V I (1911) S. X X V ; uber ihre Vorbesitzer Sabbadini, Le scoperte dei cod. gr. e lat. 2 (Fir. 1914) 246. 2 12 hebrâische Hss aus seinem Besitz, die U. Cassuto, I manoscritti ebraici della Bibl. Apost. Vatic, e la loro storia (Studi e testi 66, 1935) 44-47 behandelt, bezeugen den weiten Umfang seiner wissenschaftlichen Bildung. Sehr viel schlechter sind wir iiber den bedeutendsten Teil seiner Bucherei unter richtet, seine lateinischen Hss: Zanetti gibt ihre Zahl auf 147 an. Nur ungefahr 30 unter ihnen lassen sich nach den bisherigen Arbeiten (ausser den sohon erwahnten s. Il Rotalo di Giosuè. Codices e Vat. sei. 5. 1, testo S. 3) feststellen. Umfassende Untersuchung aller lateinischen Manetti-Hss ware dringend erforderlich. Eine Grappe von besonderer Bedeutung bilden hier die sehr zahlreich vorhandenen eigenen Werke Manettis und seine italienischen Hss, die gleichfalls unter den lateinischen verzeichnet sind. Auf erstere hat bereits Fr. L. Hoffmann, Serapeum 9 (1848) 305 f. (vgl. 11, 1850, 186) hingewiesen; auch Pagnotti führt in seinem Schriftenverzeichnis zahlreiche Palatini als Quellen an. Zu den italienischen Hss s. Christ, ZfB 36, 60 f. 3 Ob er in dem spater abgeschlossenen, aber auf Grand einer friiheren Vorlage ausgearbeiteten Hamburger Index verzeichnet ist, lasst sich nieht entscheiden; s. hiezu und für das folgende: Byz. Z. 37 (1937) 22-24, 26-28. C

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Cod. Leid. gr. 75 (Λ )

nach dem Zeugnis der alten Ausleihregister 1590 oder 1591 an die Druckerei des Hieronymus Commelin verliehen worden ist. A. Theiner, Schenkung d. Heidelberger Bibl. 104 (Mannh. 1844) und C. Mazzi, Propugnatore n. s. V 1 (1892), 386, Nr. 103, 105: «Comuliniana et Bonnecuctiana Officina acceperunt, anno 1590, 1591: ... Diogenem Laertium et Philostrati Epistolas amatorias, mscr. » Hieronymus Commelin starb vor dem 2. Dezember 1597 an der Pest.1 In dem Yerzeichnis der Hss seiner Bibliothek, das sich an den Katalog der Offizin von 1599 anschliesst,2 begegnet die Hs nicbt. Die Bûcher und Hss Commelins und seiner Nachfolger wurden 1606 und 1607 in Leiden versteigert; auch in den gedruckten Auktionskatalogen 3 findet sich keine Spur von A . Gleichwohl muss auch der Codex damais nach den Niederlanden verbracht worden sein. Dort kam er in Besitz des Leidener Professors Bona­ ventura Vulcanius (1538-1614), der 1610, fast vôllig erblindet, einen Teil seiner Bibliothek versteigern liess (P. Molhuysen, Bibl. univ. Leid. codd. mss. I. Codd. Vulcaniani. 1910, S. iv). Im Auktionskatalog4 steht S. 83 unter den « Libri Graeci manuscripti... in 4° et in 8° » als nr. 6: « Diogenes Laertius, D e vita et dictis Diogenis et aliorum. Item, Philostrati Epistolae amatoriae X I editis auctiores ». Bei dieser Auktion scheint die Leidener Bibliothek die Hs erworben zu haben. Denn schon im Catalogus librorum bibliothecae Lugdu­ nensis, der — nach P. Molhuysen, Geschiedenis der Univ. Bibi, te Leiden (Leid. 1905) 22 — 1614 verfasst wurde, wird Λ auf S. 89 verzeichnet: « Vitae veterum philosophorum incerto autore, quarum

1 Wilhelm Port: N Heid. Jahrb. 1936, 98 f.; Commelinus 44, 129. Über Commelin auch C. P. Burger: Tijdschr. voor boek- en bibliotheekwezen 9 (1911/1912) 145-176; Het boek 23 (1935/36) 191-195; grundlegend W. Port, Hieronymus Commelinus (Samml. bibliothekswiss. Arbeiten 47, 1938). 2 Catalogus librorum, quos vel excudit Commelinus vel quorum exempla­ ria ad se recepit. Accedunt libri manuscripti e bibliotheca eius (Ex Bibliopolio Commeliniano 1599). Der scitene, auch W. Port unbekannte Katalog blieb erhalten in der Un. Bibliothek München, nr. H lit. 1985. Zur Büchersammlung Commelins, auch zu den Hss: K. Preisendanz: Neue Heid. Jahrb. 1938, 125 f.; Philol. Wochenschr. 1939, 463. 3 Titel bei Port, Commelinus S. X II; von der Versteigerung in Leiden spricht er S. 47, Belege S. 143-145. 4 Bibliotheca Bon. Vulcanii. Sive Catalogus librorum Graecorum Lati­ norum excusorum manuscriptorum, quorum auctio habebitur in aedibus Lud. Elzeviri, ad diem X V . m. Nov. huius anni (Lugd. Bat. Io. Bauduin) 1610. Ein Exemplar dieses selten gewordnen Katalogs findet sich im Museum MeermannoWestrhenianum (Den Haag, Sign. 112 D 11); von mir 1937 eingesehen; Photokopie der Hss-Liste in meinem Besitz [Depositum der Un. Bibi. Heidelberg],

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Cod. Pal. gr. 129

f. 9r lin. 28: ein Satz aus Laert. IY 27; f. 9r lin. 31-10v lin. 5: aus Laert. Ill 82-86. 94. YII 135. 141. 159. 112. IX 77. 72-74. 76. 80 s. 83 s. 86-88. 101. I 23. 25-27. 35. 77. 91. 101. II 72. Y 40. 65. VII 2. V ili 17 s. 15. 21; f. 10v lin. 21-23: Laert. I 33; 10v mg. sup.: Laert. II 117. III 53; f. 64v mg. sup.: wohl aus Laert. I 104; 64v lin. 7-18: Laert. I 87. II 42. Y 20. VI 5. 26. 67. 26. V III10; f. 64v lin. 30-32: Laert. II 8. 6; f. 73V HQ. X5-22: Laert. II 79. VI 62. 68; f. 74r lin. 1-21: Laert. II 99 s. 116. VII186 s.II74. Nun enthàlt der Pal. 129, wie schon J. Flach, Hesychii Mil. qui fertur de viris illustribus liber (Lips. 1880) S. Ill sah, auch einige Stückchen aus Ps-Hesych: auf f. 9r lin. 25-28; 10vlin. 20 s. (verândert); 72v lin. 13 s.; 73v lin. 4-15. Es lag nah zu vermuten, dass die Auszüge aus Laertios, an die sicb zumeist die frustula aus Hesychios anschliessen, nicbt aus einer Vollstandigen Laertios-Hs, sondern aus der Φ-Überlieferung geschopft sind, die ja doch den Ps-Hesych allein erhalten hat (E. Martini, Anal. Laert. II: Leipziger Stud. 20, 1902, 145-166). Eine Prüfung des Textes, die ich an Hand der Photographien vornahm, bestâtigte diese Ansicht vollkommen. Aus derselben Quelle stammt der Auszug aus Ioannes Antiochenus und der έτερο, αρχαιολογία (Cramer, Anecd. Paris. II 384 ss. = Vat. 96 Hr. 10. 11, s. oben S. 55) auf f. 73r lin. l-73v Un. 4 und wohl auch das Zitat aus Zosimus, vita Demosthenis 299, 47-51 Westermann auf f. 73r ob. Rand.1 So stehen demi die Stücke, die nachweislich dieses Ursprunges sind, auf f. 9. 10. 64v. 72v-74r beisammen. Man ersieht aus diesem Beispiel, dass Gregoras seine Exzerpte nicht aile aus vollstandigen Hss einzelner Schriftsteller, sondern selbst schon aus Sammelhss geschopft hat, die Exzerpte oder Kurzfassungen früherer Schriften enthielten. Xeben Φ war eine solche die Συναγωγή σνλλεγεΐσα εκ διαφόρων βιβλίων des Maximos Planudes, der die meisten Exzerpte auf f. 90r-93v, 95v-96r entnommen sind, und lange hat ja der Pai. 129 irrtümlich ais eine Hs der Συναγωγή des Planudes gegolten. Vielleicht wiirde eine genauere Erforschung auf weitere Exzerptsammlungen ais Vorlagen fiir Gregoras fiihren.

1 Ob auch nooh einige der Aeli&nexzerpte (etwa f. 10v. 74v. 75v. 76r) aus Φ geschopft sind, steht dahin. Die Philostratstücke, namentlich auf f. 68v, wàren gleichfalls mit Φ zu vergleichen. Ferner müsste geprüft werden, ob die Auszüge aus Herodot und Xenophon im Pai. 129 mit dem Text von Ψ verwandt sind.

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Cod. Leid. gr. 75 (Λ). Pal. gr. 129

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prima est Diogenis Cynici. Graece. Item PMlostrati Epistolae aliquot, inter quas quaedam non editae, in membrana »; ebenso in den spateren

Katalogen.1 1616 erschien bei Elzevir die Ausgabe der Philostrat-Briefe von Joh. Meursius, in deren Widmung es heisst: « Petro Scriverlo ... bas Philostrati epistolas ex cod. membranaceo bibliothecae LugdunoBatavae nunc primum erutas ... d. d. Ioannes Meursius. Kal. Augusti 1616 ». Dass dem Herausgeber der Codex Λ ais Yorlage gedient hat, ergibt sich schon daraus, dass die Leidener Bibliothek keine andere Pergamenths von Philostrats Briefen besitzt. Ausserdem bringt Meursius in seiner Ausgabe einige Briefe, die bis dahin noch nicbt gedruckt waren und sàmtlich in Λ erscheinen.2 Nach Meursius hat Kayser die Philostrat-Briefe der Hs verglichen. Das LaertiosStiick war Cobet bekannt, wie ein in die Hs gelegter Zettel von seiner Hand beweist; publiziert hat er hierüber nichts.3 Literatur: Catalogus bibi. pubi. Lugd.-Bat. 1674, S. 398 nr. 33; Catalogus bibi. univ. Lugd.-Bat. 1716, S. 337 nr. 75. 6) ÎSTur kleinere Stücke des Exzerptes enthalt der Codex Pai. graecus 129 (14. Jh) der Universitâtsbibliothek Heidelberg. Buchgeschichte und Beschreibung dieser Hs wurde in den Würzburger Jahrbb. 3 (1948) 100-106 ausführlich von mir behandelt mit dem Nachweis, dass in ihr die Ausziige des byzantinischen Polyhistors Nikephoros Gregoras (etwa 1295-1359) erhalten blieben. Über die Herkunft der so verschieden gearteten Stücke und Stückchen, die aus zahlreichen Dichtern und Prosaikern der griechischen und byzantinischen Literatur entnommen sind, belehrt das von M. Treu 1888 angefertigte Inhaltsverzeichnis (cod. Heidelb. 1223). Der Index dieses (nicht vollstandigen) Verzeichnisses nennt 77 verschiedene Autoren. Aus Laertios stammen diese Teile, auf die M. Treus Liste verweist: 1 Catalogus Bibliothecae pubi. Lugd. Bat. 1623, S. 140; 1640: S. 186; 1674: S. 398; 1716: S. 332; Bibi. Ac. Lugd. Bat. Catalogus X IV (1932) 94. 2 Wie auch in den ubrigen Hss der 2. Klasse: Philostrati Opera ed. Kayser (ed. mai.), epist. praef. S. 3 und 7. 3 Auoh unter seinen Kollationen zu Laertios im cod. Leidensis Bibi. pubi, lat. 1299 erwàhnt Molhuysen (Bibi. univ. Leid. Codd. mss. I l l S. 168) diese Hs nicht. Gleichwohl hat Cobet vermutlich einzelne vorziigliche Lesarten der Exzerptgruppe, die er in seinen Text aufnahm, wie VI 51 αυλητής μοιχός έάλω, V II 14 τω ν περιισταμένων ώ σ τ ε ό ε ό ι ό τ α ς , aus Λ gewonnen. Bei seinem erstaunlichen Gedâehtnis für Textvarianten (s. Brieven van Cobet aan Geel. Leiden 1891, S. X X V ) blieben ihm solche Stellen wohl in Erinnerung. Das Laertios- Exzerpt der Hs wurde von mir verglichen (1932, 1933).

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Cod. Pal. gr. 129·

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Jedenfalls ist Pal. gr. 129, wenn auch nur in kleinem Umfang, als Textzeuge für die TTberlieferung von Φ aus der Mitte des 14. Jahrhunderts anzusehn. Literatur: A. Biedl, Der Heidelberger cod. Pal. gr. 129, die Notizensammlung eines byzantinischen Gelehrten (Wiirzburger Jbb. 3, 1948, 100-106; hier, S. 100, 2 die friiheren Arbeiten).

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E xkurs I D ie beiden Chroniken des cod. Vat. Pal. gr.

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1) F. 10r med.-inf. + μηνί άπριλλ(ίω) είς τάς θ', ημέρας δ', ώρα θ’ τής ημέρας, (ίνδικτιώνος) ιε', ετ(ονς) ζχξ' έγεννήθη ό Θεόδωρος + μηνί μαία) είς τάς ιη , ημέρας ε , ώρα πρώτη τής ννκτός, (ίνδικτιώνος) δ', έτους ζχξδ' έγεννήθη ό Θεόφιλος + [m. al.] + μηνί αύγονστω λα', ημέρας γ , (ίνδικτιώνος) ιε', έτους ζχή' εκοι-

5 μήθη θανάτου ό άγιώτατός μου δεσπότης καί πατήρ, ό τής μητροπόλεως Καρίας πρόεδρος, Λέων ο Βοληνός + [m. al.] + μηνί μαία) δεκάτ(η), 2. 3 Die beiden, deren Geburtsdaten zuerst angeführt werden (1152 und 1156), sind wohl die Sohne des Scbreibers der Notizen gewesen. Da der Rest von zwei anderen Hânden stammt, sind die Eintragungen nieht aus einer alteren Yorlage kopiert, sondera müssen ziemlicb der gleicben Zeit (nocb 12. Jh.) angebôren und die Papierlagen etwa 150 Jabre spâter vom Sehreiber von Ψ verwendet worden sein. 2 f. ημέρας ε stimmt nicht, der 18. Mai 1156 war ein Freitag; also müsste ς' stehn. 6 Hier der Familiennamen des Leo metro­ polita Cariae, den Le Quien, Oriens christ. I 902 η. X V I anführt und der 1166 an einer Synode unter Vorsitz des Lukas Chrysoberges teilnahm. Nach Y. Grumel, Les regestes des actes du patriarcat de Constantinople I 3 (Chalced. 1947) n. 1075, ist als Mitunterzeichner der ’Έκθεσις der Synode über ô Πατήρ μου μείζων μοϋ ίστιν (zw. 6. Mai 1166 und Juli 1167) in manehen Hss offenbar derselbe Λέων δ Καρίας an 5. Stelle genannt. 4-5 εκοιμήθη θανάτου] eine derartige Konstruktion knüpft an den Genetiv der Zeiterstreckung an, noch im Neugrieehischen üblich, wo der Dativ geschwunden ist. δεσπότης der zustàndige Bischof; πατήρ geistlicher Vater. 6 πρόεδρος] nach S. Salaville, Le titre ecclésiastique de «proedros» dans les documents byz. (Échos d’ Or. 29, 1930, 416-436) in den ersten Jahrhunderten « Kirchenfürst » = Bi­ schof, bes. Haupt einer Metropolitankirche (wie auch hier), seit dem 11. Jh. Ehrentitel, vom Kaiser verliehen (πρόεδρος των πρωτοαυγκέλλων). 2 6 f. Der Brand wird in den Verzeichnissen der Brande in Konstantinopel (s. A. M. Schneider: Byz. Z. 41, 1941, 382-403) nicht erwàhnt.

1 Bei der Herausgabe dieser Chroniken hat mich Fr. Dôlger durch wertvolle Hinweise unterstiitzt. Meine Anmerkungen erheben keinen Anspruch auf V ollstàndigkeit. 2 Dazu ausführlich V. Grumel: Et. Byz. 3 (1945) 92-114 [Fr. Dolger].

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Exkurs I

87

182 (Ινδικτιώνος) ιε', έτους ζχ*η γέγονεν εμπρησμός παρά των Λα[τίνωνί] άπ(ό) τ(ώ ν) δρουγγαρίον μεγάλου καί της πάρτης Πάλιν

[10 lit.], δτε είσήλθεν είς την

ο μουρτάτος ’Ανδρόνικος και ετνράννησεν -\-

2) F. 191bv sup. (scr. m. 1) ... [’Αλέξιος ό Μούρτζου]φλος εκράτ[ησ]ε μήνας β', ημέρας ........, πι,.ον γέγονεν ή αλωσις τής Κων(σταντινου)πάλεως παρά των \ \'Ρωμαί(ων).

5

ό] Παλαιολόγος έτη κγ , μ[ήν]ας ιά, ημέρας κ; ον τω δευ­ τέρου έτει ήλευθέρωται ή | Κωναταν]τινοΰπολις τής Λατινικής τυραννίδος 1260 εν έτει ζψξη' -+- | 204 [.... έτου]ς ζψιβ', ( Ινδικτιώνος) ζ', μηνί μαρτίω, ημέρα δεύτερα τής εβδοεκράτησε Μιχαήλ

μάδος τοϋ Λαζάρου εάλω \ ή Κων(σταντινου)πολις παρά των Φράγγων

ίο

1231 τ Φ ζψλθ' έτει, ( ινδικτιώνος) γ', κατεχομένης αυτής παρά [των] Φράγγων, L230 γέγονεν ό μέγας σεισμός, καί κατέπεσον οι ναοί και τα τείχη τής Πόλεως· | 1. 2 των Λατίνων ] τον λατ[ίνων% ] scriptor Yaticaaus: τών λουτρών quondam legi, sed illud praetuli, quoniam incendium a Latinorum caede ortum esse a vero minime abhorret (cf. libros infra laudatos). Nominativus est τά Λατίνων \ δρουγγαρίον legi: δρούγγου agnovit scriptor Vat.; cf. Nicet. Choniat. p. 585, 12 τόν τοϋ μεγάλου δρουγγαρίον ονομάζομενον οίκον; 754, 24 μέχρι τών δρουγγαρίον. Mordtmann, Esquisse topogr. de Constantinople (Lille 1892) c. 77 s. 81; Oberhummer, RE 4 (1900) 980. Post πάρτης duo verba difficillima lectu; ipse quon­ dam καί καλού non certo distinxi, quod optime congruat cum τον καλ[λινίκ\ου, quae tamen porta procul abest a Porta Drungarii; [τον βασιλέως] scriptor Vat. Folium 191» laceratum et blattis exesum, dein conglutinatum. 4 De nomine imperatoris, qui duos tantum menses a. 1204 regnavit, sup­ pleto non est, quod dubites m ] an πτί |ov] an ου? 5 pars circiter octava lineae deest; ’Ρωμαί(ω ν) εκράτησε Dòlger 11 τών exesum 2 f. Über den Staatsstreich des Andronikos Komnenos im Mai 1182 s. A. Vasiliev, Hist, de l’Emp. byz. II (Paris 1932) 6 f. 76; Ostrogorsky, Gesch. d. byz. Staates (1940) 281. 3 μουρτάτος, sonst mittelgr. μοϋρτος « Empôrer », mit μοϋλτος und lat. tumultuatus zu verbinden (Krumbacher: Byz. Z. 12, 1903, 654). Die Endung -άτος im Mittel- und Neugr. haufig.1 Über die beiden hier genannten Kaiser vgl. die einschlàgigen Geschichtswerke. 8 Die Jahresangabe 1260 ist falsch; unten (87 f. 11) ist das richtige Datum angeführt. 9-10 έβδομός τοϋ Λαζάρου die Woche vor dem Palmsonntag, der auch Κυριακή τοϋ Λαζάρου heisst, der Vortag Σάββατόν τοϋ Λαζάρου (F. Rühl, Chronologie d. MA. und d. Neuzeit. Beri. 1897, 103). Nach dem Verzeichnis der julianischen Ostertage (ebd. 282) fâllt Ostern im J. 1204 auf den 25. April. Also ist die δεύτερα τής έβδομάδος τοϋ Λαζάρου — Montag der Woche vor dem Palmsonntag: 12. April. Allgemein wird die Einnahme auf den 13. April 1204 datiert (Vasiliev, Hist, de l’Emp. byz. II 110; Ostrogorsky 297). Die Angabe μηνί μαρτίω ist also irrtümlich. 11-12 Von diesem Erdbeben berichtet 1 Auf K. Dietrich: Balkan-Archiv 4 (1928) 164 verweist Fr. Dòlger.

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Exkurs I κ[ατά

το] ζψξθ' έτος, τή κε' τοϋ ίονλλίου, τής δ' (Ινδικτιώνος) άνερρύθη |

παρά τών ’Ρωμαίων.

συνάγονται γοϋν οι χρόνοι, παρ’ ονς κατείχετο αϋτη παρά τών Φράγγων, είναι νζ' καί μήνας δ'. | τά δέ τής άναρρνσεως αυτής ετη μέχρι αυμπληρώ-

5 σεως τής παρελθούσης ζ' (ινδικτιώνος) είσϊν οζ' + 1 άνερρύθη Dôlger: άνερρήθη cod.

4 άναρρνσεως Dòlger: άναρρήσεως cod.

Ε. Μ. Antoniadis, ’Έκφρασις τής 'Α γ. Σοφίας I. Paris-Athen 1907, 22, allerdings ohne bine Quelle anzufüliren. Er gibt ihm die Starke II und nennt als Tag den 6. Juni 1231. Also ist in dieser Chronik die Angabe der Indiktion unrichtig nnd in Θ' zu verbessern. 3 χρόνοι = ετη in der spâten und byzantiniscben Sprache durchaus üblich, wie nocb im Neugriechischen (Stephanus, Thes. s. v.; Schmid, Attizismns II 166 f. I l l 226. IV 717; Sophocles s. v.). Auf neugr. χρόνια verweist Fr. Dôlger. 4-5 Über die Schlussnotiz init Datierung des Codex s. ob. S. 61.

Nach Abschluss der vorliegenden Untersuchung erhielt ich von Prof. Ciro Giannelli (Bibl. Yaticana) neben anderen Angaben zu Φ und Ψ die gütige Mitteilung: « Non esiste nessuna differenza tra i fogli 10-17 e i seguenti: si tratta della stessa carta « bombicina » senza filigrane. Il codice non è stato scritto nel 1338, come Lei ba ricavato dall’ultima delle note storiche del f. 191v... la mano che ha redatto le note è diversissima da quella dello scriba e molto piu recente... Bisogna, invece, prendere come terminus ante quem la prima delle 4 note storiche aggiunte da tre mani diverse (a 1-2, b 3, c 4) in fondo al f. 10r, nello spazio bianco rimasto dopo la fine degli excerpta di Polemone ... Bisulta, così, che il codice non è del sec. XIV, ma della metà circa del see. xii ». Anschliessend verweist C. Giannelli auf andere Beispiele fiir Hss auf orientalischem Papier im 12. Jh (Yat. gr. 504; Studi bizant. e neoell. 5, 1939, 463, 1), zu denen er auch diesen Codex rechnet. Ausserstande, diese Angaben von weittragender Bedeutung nachzuprüfen — in meinen Aufzeichnungen von 1930 /31 war ausdriicklich darauf hingewiesen, dass die Chronik auf f. 191bv von Hand 1 geschrieben sei, die ja in verschiedenen Teilen der Hs ein sehr wechselndes Bild zeigt — ffibre ich nur kurz meine Bedenken an: 1) Die kursive Minuskel der Hs ins 12. Jh. zurückzudatieren, scheint mir nicht leicht. 2) Nach C. GiannelH ware Yat. gr. 96 (Φ), die Yorlage von Ψ, der 1. Halite des 12. Jhs zuzuweisen. Dessen Schriftformen stehen aber hiezu in volligem Widerspruch, passen vielmehr gut zu dem von mir angenommenen Datum (Ende des 13. Jhs). 3) Die chronikartigen Notizen sind nicht, « nello spazio bianco

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Exkurs I-II

rimasto dopo la fine degli excerpta di Polemone » geschrieben, sondern standen bereits da, als der Kopist zur Füllung der Seite das Stuck aus Polemon eintrug (s. ob. S. 62). Somit ist es durchaus moglich, die Hs spàter als die Jahresangaben in der Chronik von f. 10r anzusetzen.1 Auffallen mag, dass das Papier fast zwei Jahrhunderte gelagert war, was aber keineswegs ausgeschlossen scheint. E xkurs

II

Ausziige aus Cassius Dio im cod. Vat. Pai. gr.

93

Wie bei der Beschreibnng des cod. Pal. gr. 93 (Ψ) ausgeführt wurde, ist diese Hs beute nicht mebr vollstandig und bat aller Wabrscbeinbcbkeit nacb eine grossere Einbusse, wohl von mehreren Lagen, nacb f. 191a erlitten. In diesen jetzt verlorenen Partien waren gewiss die Exzerpte aus den letzten Bücbern Herodots zu lesen. Das zwar ungenaue und unvollstândige Inbaltsverzeicbnis am oberen Band von f. 10r nennt aber am Scbluss nocb zwei Autoren, die im Codex nicbt mebr entbalten sind: [διονυσίαν άλικαρνασσέως αρ­ χαιολογία ρωμαϊκή · δίωνος τοΰ κοκκειανοϋ αρχαιολογία ρωμαϊκή.

Wie môgen die Exzerpte, namentbcb die des Cassius Dio,2 ausgeseben baben? Es scbeint gewagt, auch nur die Frage aufzuwerfen. Docb lâsst sicb mit einigem Becbt behaupten, dass sie in der Anlage von den übrigen Exzerpten in Ψ und Φ nicht zu sehr verscbieden waren. Alle diese Auszüge gehôren nicbt dem umfangreicben Exzerptenwerk an, das im Auftrage des Konstantinos Porpbyrogennetos aus einer grossen Zabi von Autoren in 50 Bücbern, nacb inhaltbchen Stichwortern geordnet, angelegt wurde. Ein solcber Gesichtspunkt lasst sicb bei der Anlage der Exzerpte nicbt erkennen. Yielmebr sind grossere oder kleinere Stücke aus den einzelnen Autoren in der Begel entsprecbend der Beihenfolge des Textes oder in mebreren Gruppen3 ausgehoben. Es scheint die

1 [Die palaeographische Frage mit Hilfe ein.es Mikrofllms (Unir. Bibliothek Heidelberg) nacbzuprüfen, war A. Biedl nicbt mebr vergônnt. Prz] 2 Der Irrtum in der Überscbrift (άρχαιολογία statt ιστορία) wil'd wobl durch den vorausgebenden Titel des Dionys von Halikarnass zu erklâren sein. 3 Gerade das Werk des Laertios hat der Exzerptor mehrmals durchgenommen; beim Lesen des Textes wird man leicht ein Bild davon gewinnen. Es ware ebenso notwendig wie ergebnisreich, diejenigen Exzerpte ans griechischen Autoren, welcbe im 10./11. Jh angelegt wurden und nicht dem grossen konstantinischen Exzerptenwerk angehôren, sondern die oben erwàhnten Merkmale anfweisen, im Znsammenhange zu untersuchen. Icb nenne hier nur

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Exkurs II

Absicht des Redaktors dieser Auszüge gewesen zu sein, die Autoren in einer beqnem lesbaren Oder fiir den Unterricht verwendbaren kürzeren Form zu prasentieren, zum Unterschied von den konstantinischen Exzerpten, die den sachlichen Titel (περί αρετής καί κακίας, περί επιβουλών usw.) in der Überschrift der Exzerpte eines jeden Autors anführen. Und noch ein àusserliches Merkmal scheidet sie: im Exzerptenwerke des Konstantinos wird jedes einzelne Stück mit on eingeleitet, in diesen Auszügen ist das nicbt der Fall. Die Exzerpte aus Dio konnen aber auch nicht mit dem Werk des Xiphilinos oder einem Stück daraus identisch sein. Denn Xiphilinos nennt sein Buch επιτομή τής Δ ίωνος τον Ν ι κ a έ ω ς 'Ρωμαϊκής ιστορίας (vgl. Dio, ed. Boissevain III p. 479), wâhrend Dio hier in der Überschrift, ahnlich wie in den beiden Haupthss und in anderen Quellen, Κ ο κ κ ε ι α ν ό ς genannt wird.1 Sehen wir zu, ob sich das grosse Exzerpt mit irgendeinem Zweig der Überlieferung des Dio in Verbindung setzen lâsst. Da ist es notwendig, die ersten Hss des Dio zu betrachten, die im 15. Jh. nach Italien kamen, also die Codices des Aurispa und Guarino. B. Sabbadini hat (Studi It. 6, 1898, 397-404) die Xachrichten über sie zusammengestellt und behandelt. Nach seinen Ausführungen war Giovanni Aurispa der erste, der Dio in Italien bekanntmachte. In dem Verzeichnis der aus Konstantinopel mitgebrachten griechischen Bûcher, das er im August 1424 an Ambrogio Traversari sandte (am bequemsten zu lesen bei Sabbadini, Il carteggio di G. Aurispa. Roma 1931, ep. YII S. 13), nennt er diesen Autor ausdrücklich. Am 15. Dez. 1423 war Aurispa zusammen mit dem griechischen Kaiser Ioannes V ili. Palaiologos in Venedig gelandet. Dort hatte bald darauf Francesco Barbaro inmitten des grossen Bücherschatzes den Dio entdeckt und bat Aurispa im nâchsten Jahre brieflich, ihm die Hs zu leihen. 1431 behauptete Filelfo, der Dio gehôre eigentlieh ihm und er habe ihn 1423 in Konstantinopel dem Aurispa nur zur

als Probeu ausser Laertios die Auszüge aus Aelian, z. T. gleichfalls in Φ überliefert (de Stefani, Studi It. 12, 145 ff.), die Herodotexzerpte des Codex Ψ (s. S. 67), die excerpta Hoescheliana des Diodor, die excerpta antiqua des Polybios, die Epitomae der Antiquitates Iudaicae des Flavius Iosephus und vielleicbt auch die επιτομή des Strabo im cod. Vat. gr. 482 s. X IV (die in der Heidelberger Paradoxographenhs. Pal. gr. 398 s. X erhaltene ist ein reines cm-Exzerpt). Richtungweisend für eine solche Untersuchung sind die Bemerkungen von Th. Büttner-Wobst, Byz. Z. 15, 1906, 88-92; nach ihm sind auch diese Kurzfassungen zahlreicher Autoren auf Anregung des Kaisers Konstantinos Porphyrogennetos angelegt worden. 1 s. A. Stein, Prosopogr. imp. Rom. II2 (1936), C 492.

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Exkurs II

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Yerwahrung iibergeben.1 Aurispa übersetzte aus seiner Dio-Hs 1425 die Trostrede des Philiskos an Cicero (38, 18-29; die Überset­ zung ist mehrfacb gedruckt) nnd widmete sie dem Podestà von Bologna, Battista Capodiferro. Einige Jahre darauf scheint Guarino die Hs erbalten zu haben, entweder dureh Barbaro oder direkt. Er verwendet den Autor zum erstenmal in einem Briefe an Poggio vom J. 1435 (s. die Ausgabe Sabbadinis2 II 240; vgl. die Anm. Ill 326 mit wertvollen Beitrâgen zur Textgeschichte des Dio), und zwar zitiert er dort Buch 37, 36, 2 und iibersetzt ein etwas gròsseres Stück aus B. 44 (c. 1-3; den lateinischen Text druckt Sabbadini, Studi It. 6, 401 f. ab). Ein zweites Mai zeigt er Kenntnis von Dio in einem Brief an Lionello d’Este 1439 (ed. Sabbadini II 371). Im Verzeicbnis der griecbiscben Hss, die Battista Guarino aus dem Nachlass seines Yaters übernahm (Omont, Rev. d. bibl. 2, 1892, 81), steht als n. 38: « Dionis historia ». Battista übersetzte 1463 die Rede des M. Antonius an der Leicbe Caesars (44, 36-49) und widmete sie Niccolò d. J. von Este. In der Yorrede3 verspricbt er, wenn der Gônner seinen Yersuch giinstig aufnebme, an die Übersetzung des ganzen Autors zu scbreiten. Sabbadini vermutet nun sehr ansprecbend, dass Battista Guarino diesen Plan habe fallen lassen, weil er im nâchsten Jabre zu Ferrara mit Niccolò Leoniceno zusammenkam, der wohl eine Kopie des cod. Yenetus bei sicb hatte und daran arbeitete, den Dio, soweit er ibn besass, ins Italieniscbe zu übertragen. Scbliesslicb bebandelt Sabbadini die Frage nach der Stellung der Hs des Aurispa und Guarino innerbalb der Überlieferung des Dio. Die Hs konne nicht mit dem Yenetus (Marc. gr. 395) identisch sein, da dieser das 37. und 38. Bucb nicht enthalte. Ein Vergleich der Übersetzung Aurispas mit dem griecbiscben Text des zweiten Archetyps des Dio, Laur. 70, 8, zeigt bedeutende Textabweichungen und das Feblen einzelner Paragraphen. Zu einem âhnlichen Ergebnis fübrt die Untersucbung der von Guarino übersetzten Stelle (44, 1-3). Also muss man nacb Sabbadini in dem Codex, den Aurispa aus Konstantinopel mitbrachte und den spàter Guarino besass, entweder

1 E. Legrand, 110 lettres gr. de Fr. Filelfe (Paris 1892) 16 bezieht die Stelle des Briefes Filelfos an Aurispa vom 12. Sept. 1431 freilieh auf eine Hs des Dio Chrysostomos. 2 Epistolario di Guarino Veronese. I. II. Testo, III. Comm. (Mise, di stor. veneta ser. I l l tom. 8. 11. 14. 1915-1919.) 3 Abgedruckt von Sabbadini. Die Vorrede und der Text der Übersetzung stehen im einstigen cod. Vindob. lat. 109 f. 9V-17V(heutein Budapest, SzechenyiMuseum).

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Exkurs II

einen weiteren Archetyp des Dio oder eine von der Yorlage recht verscliiedene Abschrift des Laur. 70, 8 sehen. Besteht nun ein Recht, Aurispas Codex mit den Exzerpten in Zusammenhang zu bringen? Darauf weist ein Satz im erwahnten Brief Francesco Barbaros an Anrispa von 1424 (ed. Wilmanns, Gôtt. Gel. Anz. 1884, 881; Sabbadini, Carteggio di Aurispa ep. I X p. 16): « Oyonem illum tuum ad me mitte, qui cum Xenophonte coniunctus est». Hun wurde Dios Geschichtswerk1 in 80 Büchern ursprünglich dekadenweise iiberliefert (s. Suidas unt. Δίων, Δ 1239 Adler). Aber auch wenn mehrere solcher Dekaden in einer Hs vereinigt wurden, wird niemand daran gedacht haben, mit dem so umfangreichen Werk noeh ein anderes zn verbinden. In der Tat bieten die erhaltenen Hss des ungekürzten Textes, die ja aile2 auf den Yen. Marc. gr. 395 (Buch 44-60) oder den Laur. 70, 8 (Buch 36-54) zurückgehen, keinen anderen Autor nebenDio. So liegt es nahe, in A u r is ­ pas Hs, die Barbaro von ibm erbittet, einen E x z e r p t c o d e x zu vermuten. Damit erklàren sich aufs bequemste die Abweichungen vom Text der vollstândigen Hss in den Übersetzungen des Aurispa und Guarino, die Sabbadini zur Annahme eines dritten Dio-Archetyps veranlassten. Gerade die bisher behandelten Exzerpte des Laertios zeigen ein âhnliches Verhâltnis gegenüber dem vollstandigen Text: im allgemeinen wird er getreu festgehalten, mitunter aber werden einige Sâtze ausgelassen, manchmal ein Satz etwas anders stilisiert. Die Umstellungen freilich, die der Exzerptor des Laertios ôfter vornahm, durfte sich, wer eine Rede des Dio in kürzerer Fassung wiedergab, nicht erlauben, da er sonst den Zusammen­ hang zerstort hatte. Hoch ein anderer Grand macht es wahrscheinlich, dass die Dio-Hs des Aurispa mit den hier behandelten Exzerpten in enger Yerwandtschaft steht. Warum bezeichnet denn Barbara die Hs des Dio, die er bei Aurispa gesehen, durch die Bestimmung « qui cum Xenophonte coniunctus est » ? Doch offenbar, damit Aurispa den Codex in seiner Bibliothek leichter finden kônne; zu diesem Zweck gibt er ihm gewiss das erste der in der Exzerpt-Hs enthaltenen Stücke an. Hun enthâlt cod. Pal. gr. 93, von der ersten, ursprünglich nicht zugehôrigen Lage abgesehen, auf 10-141r lauter Werke, die aus Vat. gr. 96 kopiert sind, in derselben Reihenfolge wie dieser. Der zweite Teil von Ψ

1 Dass hier nicht Dio Chrysostomus gemeint sein kann, zeigt Sabbadini a. a. O. 2 Von der erst im 16. Jh. aufgetauchten Majnskel-Hs Vat. gr. 1288, die Bruchstücke aus Buch 79 und 80 bietet, kann hier abgesehen werden.

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Exkurs I I

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dürfte aus einer Yorlage abgeschrieben sein, die mit Ausziigen aus X e n o p h o n b e g a n n , auf die weitere aus Herodot folgten; schenkt man dem Inhaltsverzeichnis auf f. 10r Glauben, enthielt der Schluss dieser Yorlage Dionys von Halikarnass und Cassius Dio, gewiss gleichfalls in Exzerpten. Ein solcher Codex liesse sich als « Dio... qui cum Xenophonte coniunctus est » treffend bezeichnen. So scheint es keineswegs gewagt, in dem Dio-Codex des Aurispa entweder die Yorlage von Ψ oder eine mit ihr nahe verwandte Hs zu suchen. Ja, die Yermutung liegt nah, dass diese zweite Yorlage von Ψ nichts anderes war als der verlorene erste Teil des Yat. 96, an dessen Anfang nicht weniger als 26 Lagen fehlen (s. die Beschreibung oben S. 53). Dass der Kopist von Ψ die spàtere Grappe von Autoren in seiner Vorlage zuerst vornahm, braucht nicht zu wundern, da àhnliche Umstellungen sehr oft nachzuweisen sind. Stellen wir nun die Xachrichten tiber Aurispas Dio-Exzerpte noch einmal zusammen: ihre Beschaffenheit nàher zu bestimmen, hilft eine Erwàhnung, die Sabbadini bei seiner Behandlung übersehen h at.1 In dem von Aurispa wohl eigenhàndig im cod. Leidensis Bibl. pubi. gr. 48 f. 233v eingetragenen Yerzeichnis der Bûcher, die er « pridie kalendas julias 1421 έν τ-rj πόλει » 2 bei sich hatte, nennt er zuletzt: «Dio Xicensis omnes res romanas centum libris descripsit, in quo sunt plurimae orationes: quem qui habet, Livium non desideret ». Mit einigem Zôgern 3 beziehe ich diese Notiz auf die Dio-Exzerpte, fiir die sie ein kennzeichnendes Merkmal erbringt, das auch die Übersetzungsproben Aurispas und Guarinos aufweisen: die R e d e n des dionischen Geschichtswerkes scheinen in diesen Auszug mit besonderer Vorliebe aufgenommen worden zu sein. Dass Aurispa seine Übersetzung der Rede des Philiskos an Cicero (1425 1 Wohl aber führt er sie in seinem Carteggio di G. Aurispa S. 159 f. an. 2 Verôffentlicht von H. Omont, ZfB. 4 (1887) 186 f. Sabbadini hat in versohiedenen Werken (Le scoperte dei oodd. gr. e lat. I. Fir. 1905, 46; Histo­ ria 1, 1927, nr. 2, 78-80; Carteggio di G. Aurispa S. X III 159) dieses Datum zur Festlegung der 2. Orientreise Aurispas benutzt, indem er ibn diese Reise erst nach dem 1. Juli 1421 antreten liess. Er fasst nâmlich έν rfj πόλει auf als «in Rom ». Mir scheint es nicht zweifelhaft, dass mit der πόλις Konstantinopel gemeint ist, wohin Aurispa also schon im 1. Halbjahr 1421 abgereist war. Daraus ergibt sich ferner, dass die im Yerzeichnis des Leidener Codex genannten Bûcher nicht,* wie Sabbadini will, bei seiner 1., sondern erst auf der 2. Orient­ reise erworben wurden. 3 Es ist nâmlich nicht ganz ausgeschlossen, dass hier eine Hs des Xiphilinos gemeint ist, der ja im Titel seines Werkes den Dio mit der Heimatangabe Νικαεύς bezeichnet. Aus den oben angeführten Gründen halte ich das aber nicht fur wahrscheinlich.

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Exkurs I I

herausgegeben) nach diesem seinem Codex herstellte, ist wohl àusserst wahrscheinlich. Aus ihr làsst sich schliessen, dass seine DioHs nicht etwa das Werk des Xiphilinos oder die konstantinischen Exzerpte entMelt. Ob Filelfos Angabe, er sei der eigentbche Besitzer des Diocodex und habe ihn 1423 nur bei Aurispa binterlegt, zurecht bestebt und sich auf diese Exzerpte bezieht, làsst sich schwer entscheiden. Aber auch dass Aurispas Dio-Hs in Guarinos Besitz iibergegangen ist, hat Sabbadini nicht untriiglich nachgewiesen. Dafiir spricht freilich, dass der Yeroneser Humanist, der sich bei seinen übrigen Übersetzungen aus dem Griechischen streng an die Yorlage zu halten pflegte (B. Sabbadini, La scuola e gli studi di Guarino. Catania 1896, 128 f., 135), hier so weit von dem vollstàndigen Diotext abweicht, dass man annehmen muss, ihm habe gleichfalls ein Exzerpt vorgelegen.1 Die gleiche TJnsieherheit besteht für die im Bücherverzeichnis des Battista Guarino genannte « Dionis historia ». Es ware nicht unwichtig, an Hand der Budapester Hs zu priifen, ob die von diesem Sohne Guarinos dem Niccolò d’Este 1463 gewidmete Übersetzung der Rede des M. Antonius nach einem vollstândigen oder einem verkiirzten Text ausgearbeitet ist. Yon den anderen frühen Übersetzungen des Dio habe ich die des Lauro Quirino (in Padua 1451, aus dem Kreise Bessarions), der die Rede Caesars an die Soldaten (Dio 38, 36 ff.) iibertrug, nach dem Abdruck bei Muccioli, Catalogus codd. mss. Malatest. Caesen. bibi. II. 1784, 233-236 untersucht. Im allgemeinen wird der Text getreu wiedergegeben, vereinzelt etwas gekürzt; vor allem blieb der rhetorisch wirksame letzte Teil (von c. 40, 9 an) weg. Eine Entscheidung dariiber, ob die Yorlage ein vollstàndiger Text war oder nicht, ist kaum mòglich. Dagegen hat Sabbadini (Epistolario di Guarino III p. 326) zu Unrecht vermutet,2 Niccolò Leoniceno habe für seine italienische Dio-Übertragung Guarinos Hs verwendet. Ein Blick auf dieses Übersetzungswerk (im Druck von Yenedig 1542) zeigt, dass es sich getreu an eine ungekiirzten Yorlage halt, die wie manche jiingeren Hss schon eine Yereinigung der beiden Archetypi (Marc. 395 und Laur. 70, 8) darstellt. 1 Auch die unvollstàndige Herodotühersetzung Guarinos, die R. Truffi, Studi It. 10 (1902) 73-94 aus dem cod. Classensis 203 zu Ravenna herausgege­ ben hat, dürfte nach einem Auszug angefertigt sein. Um so verstàndlicher die Bemùhungen Guarinos, einen vollstândigen Herodot zu erhalten, die 1427 von Erfolg gekrònt waren. Sein Exzerpt war aber, nach dem Inhalt zu schliessen, von den Herodotauszügen im Pai. 93 verschieden; immerhin dürfte ein Vergleich lohnen. 2 Im Gegensatz zu seinen eigenen Ausführungen Studi It. 6, 404.

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V at. Pal. Ψ - Pal. Φ

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Die Hs der Dio-Exzerpte des Aurispa aufzufinden, wird schwerlich gelingen. Selbst wenn man sie im Yerzeichnis der griechischen Bûcher des Guarino wiedererkennen dürfte, ware damit nicht viel geholfen. Denn von den dort genannten Codices, die vielleiclit noch im 17. Jh. beisammen waren, hat sich bis heute kaum einer mit Sicherheit feststellen lassen. B)

D a s V e r w a n d t s c h a e t s v e r h a l t n is d e r E x z e r p t h a n d s c h r if t e n

1. Der Codex Vat. Pal. Ψ und sein Verhaltnis zum Vat. Φ. Zunachst seien die beiden Hss betrachtet, die das grosse LaertiosExzerpt in seinem ganzen TJmfange enthalten und zugleich seine àltesten Textzeugen sind: die Codices Φ und Ψ. Bisher hat sich nur ein einziger Gelehrter über ihr Yerhàltnis geaussert, P. Yon der Miihll in der praefatio zu seiner Ausgabe der Epicuri epistulae (1922) p. vi: « Ψ ... et deterior est codice Φ et praeter paucas quas aliunde accepit lectiones ex illo descriptus » .1 Dieser Satz dürfte sich noch ψ scharfer formulieren lassen. Dass die Hss Φ und Ψ mit einander eng verwandt sind, zeigt sowohl ihr übriger Inhalt ais auch der Text des Laertiosexzerptes, der im grossen und ganzen übereinstimmt. Eine genaue Priifung des letzteren ergibt alsbald, dass Ψ n ic h t die Y o r la g e v o n Φ g ew es en sein kann. Denn Ψ weist eine Reihe grosserer Auslassungen auf, wo Φ den vollstandigen Text bietet:2 Laert.

I 15: Σωκράτους ... ον Χρύσιππος om. Ψ: hab. Φ III 103: τρίτον εάν ... πολιτενωνται om. Ψ: hab. Φ X 34: άληθή ... άντιμαρτυρηται (nach άντιμαρτυρήται) om. Ψ: hab. Φ I 55: και