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German Pages 121 Year 1973
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 216
Zur Kandidatenaufstellung in Frankreich am Beispiel der „Union pour la Nouvelle République“ und ihrer Koalitionspartner
Von
Udo Kempf
Duncker & Humblot · Berlin
UDO K E M P F
Zur Kandidatenaufstellung i n Frankreich am Beispiel der „ U n i o n pour la Nouvelle République" und ihrer Koalitionspartner
Schriften zum öffentlichen Band 216
Recht
Zur Kandidatenaufstellung in Frankreich am Beispiel der „Union pour la Nouvelle République" und ihrer Koalitionspartner
Von
Dr. Udo Kempf
D U N C K E R
&
H U M B L O T
/
B E R L I N
Alle Rechte vorbehalten © 1973 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1973 bei Buchdruckerei Alb. Sayffaerth, Berlin 61 Printed in Germany ISBN 3 428 02922 4
Inhaltsverzeichnis
I. Problemstellung 1. Kandidatenaufstellung u n d innerparteiliche Demokratie
9 9
2. Kandidatenaufstellung u n d Wahlsystem
11
3. Z u r Methode
14
II. Die Kandidatenaufstellung 1. I n der Bundesrepublik Deutschland
16 16
1.1. Auswahlkriterien f ü r Direktkandidaten
18
1.2. K r i t e r i e n f ü r Listenbewerber
19
2. Die Vorwahlen i n den U S A
21
2.1. Historische Entwicklung u n d Erscheinungsformen
21
2.2. Die Auswirkungen der Vorwahlen
23
3. Kandidatenaufstellung i n Großbritannien
25
3.1. Formelle K r i t e r i e n
25
3.2. Nominierungswirklichkeit
27
4. Nominierungsmodi i n Frankreich
29
4.1. Rechtliche Grundlagen
29
4.2. Die Nominierung i n den Parteien
32
4.2.1. Die Linksparteien
33
4.2.2. Die bürgerlichen Parteien
34
4.2.3. Zusammenfassung
36
III. Die Union pour la Nouvelle République
38
1. Formelle K r i t e r i e n der Kandidatenselektion
39
2. Die Kandidatenauswahl 1958 u n d 1962
42
6
Inhaltsverzeichnis 3. Das Comité d'Action f ü r die Wahlen 1967
54
3.1. Das Comité d'Investitures
57
3.2. Die Auseinandersetzungen innerhalb der Majorité
59
3.3. Die Differenzen i n der U N R - U D T
61
3.3.1. Die IFOP-Untersuchungen
62
3.3.2. Die nicht wiederaufgestellten Abgeordneten
70
3.3.3. Die Dissidenten
75
3.4. K r i t e r i e n f ü r die Nominierung
77
3.4.1. Die Kandidaten
77
3.4.2. Die H a l t u n g der „cadres départementaux"
79
3.4.3. Die „Parachutés"
80
3.4.4. Die Ministerkandidaturen
81
3.5. Die nichtgaullistischen Kandidaten
83
3.5.1. Die Républicains Indépendants
83
3.5.2. Unterstützte Kandidaten des M R P
85
4. Die Vorbereitungen f ü r die Wahlen i m J u n i 1968
87
4.1. Die allgemeine Situation nach der Auflösung der Nationalversammlung
87
4.2. Gespräche zwischen den F ü h r e r n der Majorité
88
4.3. Die Nominierung bei der U D R u n d den Unabhängigen Republikanern
90
4.3.1. Die Errichtung des Comité d'Investitures
90
4.3.2. Verhandlungen m i t den Unions Départementales
90
4.3.3. Auswechselung eines Teiles der Kandidaten von 1967 . .
93
4.3.4. Differenzen m i t den Unabhängigen Republikanern
97
4.3.5. Nominierung etlicher Parteiloser
99
5. A l t e r u n d Beruf der Kandidaten der Majorité
100
IV. Zusammenfassung und Ausblick
106
Anhang
111
Quellen- und Literaturverzeichnis
115
Abkürzungen CNI CPDM ENA FGDS FLN MRP OAS PCF PSU R. I . RPF SFIO UDR UDT UJP UNR URAS
Centre national des Indépendants Centre progès et démocratie moderne Ecole nationale d'Administration Fédération de la Gauche démocrate socialiste Force de la libération nationale Mouvement républicain populaire Organisation armée secrète P a r t i communiste français P a r t i socialiste unifié Républicains Indépendants Rassemblement d u peuple français Section française de l'Internationale ouvrière Union des Démocrates pour la République U n i o n démocratique d u t r a v a i l Union des jeunes pour le progrès Union pour la Nouvelle République Union des Républicains d'action sociale
Zeitschriften AFSP PUP RFSP
Association française des Sciences politiques Presses Universitaires de Paris Revue française des Sciences politiques
I. Problemstellung 1 1. Kandidatenaufstellung und innerparteiliche Demokratie I n der westlichen Demokratiediskussion w i r d u. a. der Wahl und der m i t i h r verbundenen Kandidatenaufstellung eine zentrale Funktion beigemessen, da die Partizipation der Parteimitglieder an der Kandidatennominierung als eines der entscheidendsten Postulate innerparteilicher Demokratie anzusehen ist. Als demokratisch ist (nach Wolfgang Abendroth) ein Staat nur dann zu bezeichnen, wenn ein möglichst großer Teil der Bürger an der politischen Willensbildung beteiligt w i r d und die Chance besteht, daß jeder Wähler sich i n die Willensbildung einschalten kann. „ A l s politisch muß dabei jede Willensbildung gelten, die sich auf die Tätigkeit der öffentlichen Gewalt bezieht . . ." 2 ; sie erstreckt sich somit auch — neben der Richtungsbestimmung der staatlichen Tätigkeit — auf die personelle Auswahl derjenigen, die diese Richtungsbestimmung durchzuführen haben. Daher dienen die Wahlen der Kontrolle der Herrschenden durch die Wähler und sind der für die Willensbildung i n der repräsentativen Demokratie entscheidende A k t 3 , der periodisch wiederkehren muß, u m dem V o l k die Möglichkeit zu geben, seinen W i l l e n kundzutun. Da nach dem Parteiengesetz 4 die Parteien an der Bildung des politischen Willens des Volkes auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens mitwirken, „indem sie insbesondere . . . sich durch Aufstellung von Bewerbern an den Wahlen . . . beteiligen", entscheiden zwar über ihre Stärke die Wahlberechtigten, über die Zusammensetzung ihrer Fraktion ist aber schon Monate vorher die Entscheidung gefallen. Den westlichen Demokratiebegriffen ist gemeinsam, daß die Herrschaft der Führungsgruppen zum Gegenstand konkurrierender politischer Willensbildung w i r d und die Beteiligung aller Bürger an der 1 Die vorliegende A r b e i t ist v o m Fachbereich „Sozial- u n d Verhaltenswissenschaften, Pädagogik" der Universität Tübingen i m Jahre 1971 als Dissertation angenommen worden. Sie w u r d e angeregt v o n meinem v e r ehrten Lehrer, H e r r n Professor Dr. Klaus v o n Beyme. 2 Abendroth, W o l f gang: Innerparteiliche u n d innerverbandliche Demokratie als Voraussetzungen der politischen Willensbildung, i n : Politische V i e r t e l jahresschrift, V (1964), S. 307. 3 BVerf.GE. 24/300, S. 348;BVer/.GE. 20/56, S. 113. 4 § 1, Absatz 2.
10
I. Problemstellung
Herrschaftsbestellung erst durch die Form der offenen konkurrierenden Willensbildung gegeben ist 5 . Funktion der Parteien ist es, Führungskräfte aus sich hervorzubringen, die den Wählern als mögliche Amtsinhaber für die Herrschaftspositionen vorgeschlagen werden können. Dadurch sind die Parteien „ m i t der genannten Funktion sowohl an der Herrschaft wie auch an der Willensbildung beteiligt. Auch wenn man sie hinsichtlich der Wahlen idealtypisch auf die erste Funktion beschränkt, vollzieht sich i n ihnen doch auch gerade während der Legislaturperiode der Prozeß der politischen Willensbildung" 6 . Somit kann der Vorgang der Kandidatenaufstellung wesentliche Aufschlüsse über die innerparteiliche Struktur geben: „Wäre uns von ihnen nichts bekannt als Methode und Ergebnis ihrer Kandidatenauswahl, so genügte das fast, u m sie i n ihrem jeweils besonderen Charakter zu begreifen 7 ." Diese Feststellung reicht sicherlich nicht aus, doch erlaubt der Prozeß der Kandidatennominierung den Stellenwert, den die Parteien der innerparteilichen Demokratie zumessen, zu analysieren. Nach A r t i k e l 21 Absatz 1 GG muß die innere Ordnung unserer Parteien demokratischen Grundsätzen entsprechen, d. h. die Willensbildung hat sich von unten nach oben zu vollziehen; dieses Postulat impliziert die Gewährleistung eines bestimmten Ausmaßes an politischer Mitbestimmung auch zwischen den Wahlen, da die Parteien ihren Mitgliedern Gelegenheit geben müssen, Kandidaten auszuwählen, „die sowohl sachlich qualifiziert sind als auch das Vertrauen der überwiegenden Mehrheit der Parteimitglieder besitzen" 8 . Somit kann der demokratische Aufbau der Parteien, durch den die Oligarchisierung zwar nicht verhindert, aber zumindest eingeschränkt und eine M i t w i r k u n g der Parteimitglieder ermöglicht wird, innerparteiliche Demokratie bewirken. „Wenn nicht durch demokratische Meinungs- und Willensbildung innerhalb der Parteien", schreibt Abendroth, „die an diesem Prozeß der Bildung der politischen Meinung und des politischen Willens teilnehmen, dafür Sorge getragen wird, daß sie i n sich der Tendenz nach echte demokratische Meinungs- und Willensbildung ihrer Mitglieder vermitteln, also nicht von einer Oligarchie manipuliert werden können, müßte das Management dieser Organisationen geradezu allmächtig werden 9 ." I n seiner Untersuchung über die Kandidatenaufstellung zur Bundestagswahl 1965 rückt B. Zeuner folgende Hypothese i n den Vordergrund: 5 Hättich, S.124.
Manfred: Demokratie als Herrschaftsform, Köln/Opladen 1967,
7 Varain,
Heinz-Josef: Parteien u n d Verbände, Köln/Opladen 1964, S. 148.
6 Hättich 124.
8 BVerf.GE. 24/300, S. 349. 9 Abendroth 313.
2. Kandidatenaufstellung und Wahlsystem
11
Je größer die Autonomie lokaler Organisationseinheiten ist, u m so größer sind die Chancen innerparteilicher Demokratie 1 0 . Ermöglicht dies, die Strukturen von innen her aufzulockern und die jeweiligen Parteiführer m i t Hilfe des Mehrheitsprinzips „ i n ihrer Autorität von unten h e r " 1 1 zu legitimieren, darf andererseits nicht unberücksichtigt bleiben, daß das Führungspersonal, angetrieben durch die Furcht vor Statuseinbußen, seine Machtbefugnisse zur Erhaltung seiner Statuspositionen einsetzen und so die demokratisierende W i r k u n g des Wahlmechanismus einschränken kann. Denn „das soziologische Grundgesetz, dem die politischen Parteien . . . bedingungslos unterworfen sind, mag . . . etwa so lauten: die Organisation ist die Mutter der Herrschaft der Gewählten über die Wähler, der Beauftragten über die Auftraggeber, der Delegierten über die Delegierenden" 12 . Für Robert Michels ist deshalb die Bildung von Oligarchien innerhalb der mannigfaltigen Demokratieformen eine organische Tendenz, der jede Organisation notwendigerweise unterliegt 1 3 . Trotz dieser z. T. auch heute noch zutreffenden Bemerkung Michels über die Struktur der Parteien bleibt festzuhalten, daß die Kandidatenaufstellung innerhalb des gesamten Komplexes der innerparteilichen Willensbildung „eines der Scharniere (ist), das die Parteiorganisation außerhalb des Parlaments m i t der Parlamentsfraktion verbindet" 1 4 , und somit als grundlegendes M i t t e l anzusehen ist, m i t dem Parteimitglieder und -anhänger (vgl. USA) auf die Zusammensetzung der neuen Fraktion Einfluß nehmen können. 2. Kandidatenaufstellung und Wahlsystem Der Kandidatenausleseprozeß w i r d stark durch das i n dem betreffenden Land bestehende Wahlsystem beeinflußt. Von den hierzu zahlreich aufgestellten Hypothesen sei eine kurz dargestellt: Für Rudolf Wildenmann 1 5 hat die reine Verhältniswahl eine „ungeheure Stärkung der Parteiführungsstäbe zur Folge, ohne daß diese auch nur annähernd von den Wählern zur Verantwortung gezogen werden könnten". Da das io Zeuner, Bodo: Kandidatenaufstellung zur Bundestagswahl 1965. U n t e r suchungen zur innerpolitischen Willensbildung u n d zur politischen Führerauslese, Den Haag 1970, S. 8. u Leibholz, Gerhard: Das Wesen der Repräsentation, B e r l i n 1960, S. 247. 12 Michels, Robert: Z u r Soziologie des Parteiwesens i n der modernen Demokratie, 2. Aufl., Stuttgart 1925, S. 370 f. 13 Ebd. S. 371.
14 Zeuner: Kandidatenaufstellung, S. 3 f. 15 Wildenmann, Rudolf: Partei u n d Fraktion, Beiträge zur Analyse der politischen Willensbildung u n d des Parteiensystems i n der Bundesrepublik, 2. Aufl., Meisenheim a. Glan 1955.
12
I. Problemstellung
Verhältniswahlsystem auf dem Gerechtigkeitspostulat beruhe, alle politischen Gruppen sollten zum Zuge kommen, setzt dies voraus, daß die meisten Kandidaten von den einzelnen Gruppen ausgewählt werden, u m die zur Fraktionsarbeit für notwendig erachteten Kandidaten durch die Liste abzusichern. Somit w i r d durch dieses Wahlsystem eine zentrale Position der Parteiführung geschaffen, die den unteren Parteigruppen keinerlei Einflußmöglichkeit auf die Besetzung der Kandidatenlisten läßt und eine A r t faktisches Monopol der Parteiführung bei der Nominierung zur Folge hat 1 6 . Ist allerdings beim Verhältniswahlsystem das Panaschieren erlaubt, gewinnt der Wähler trotz des kollektiven Charakters der Abstimmung eine — wenn auch bescheidene — Möglichkeit, gewisse Kandidaten zu bevorzugen, was eine Stärkung des persönlichen Moments bedeutet und die Allmacht der Parteiführung einschränken kann. I m Gegensatz zur reinen Verhältniswahl „zwingt" die Mehrheitswahl die Parteiführung dazu, bei der Kandidatenauslese Personen zu nominieren, die von vornherein eine große Popularität i m gesamten Wahlkreis besitzen. „Es w i r d also klar nach Regierungsprogramm und Person gewählt" 1 7 . Als Beweis für diese These dient Wildenmann England, da sich dort die flukturierenden Wähler (die letztlich ausschlaggebend sind für Wahlerfolg oder -mißerfolg) von den Gesichtspunkten einer klaren Regierungsverantwortlichkeit und einem klaren Programm leiten lassen. Deshalb müssen sich die Parteiführer den Wünschen der unteren Parteigliederungen weitgehend anpassen als auch die Wünsche der Wähler stärker berücksichtigen, da dieses Wahlsystem einen besseren Kontakt zwischen Kandidat und Wahlberechtigten fördert und somit weniger die Partei als der betreffende K a n didat für die jeweilige Stimmabgabe entscheidend ist. Bei dieser These bleibt jedoch völlig unberücksichtigt, daß sich die modernen Parteien zu „Volksparteien" entwickelt haben, deren erklärtes Ziel die Integration sämtlicher Wählergruppen ist. Da durch diese Entwicklung eine Anpassung an die Forderungen der umworbenen Interessenverbände erfolgt und somit „Leerformelprogramme nach Tagesopportunität" 1 8 geschaffen werden, ist die Parteiführung an einer nach außen demonstrierten Geschlossenheit interessiert, die für innerparteiliche Richtungskämpfe bei der Kandidatenaufstellung keinen Raum läßt u n d somit den Einfluß der Mitglieder auf den Nominationsprozeß vermindert. iß Duverger,
Maurice: Die politischen Parteien, Tübingen 1959, S. 366.
u Wildenmann 123. 18 Vgl. Raschke, Joachim: Mehrheitswahlrecht — M i t t e l zur Demokratisierung oder Formierung der Gesellschaft, i n : K r i t i k 3, hrsg. von Steffani, Winfried, Köln/Opladen 1971, S. 208.
2. Kandidatenaufstellung und Wahlsystem
13
Auch Duverger betont, daß die Mehrheitswahl trotz der von Wildenmann dargelegten Komponenten zu ähnlichen Konsequenzen führen kann wie die Verhältniswahl, wenn die Entscheidung durch die relative Mehrheit i m ersten Wahlgang fällt und dies außerdem m i t einem Zweiparteiensystem korreliert. „Die Polarisierung w i r k t gegen den einzelnen Kandidaten und zugunsten des Monopols der Parteien" 1 9 , da parteilosen Kandidaten keinerlei Chancen eingeräumt werden. N u r eine Mehrheitswahl m i t Stichwahl (wie i n der V. Republik) ermöglicht eine gewisse Freiheit für parteilose Kandidaten, wenn die Wahlkreise nicht zu groß sind. Diese These w i r d z. T. durch die französischen Wahlergebnisse gestützt; so gelang es i m Juni 1968 neun Parteilosen ins Parlament einzuziehen 20 » 21 . Andererseits haben gerade die Wahlen i n der V. Republik die Widersprüchlichkeit dieser These aufgedeckt, da nur i n ländlichen Gebieten die Wähler von der Persönlichkeit stärker angezogen werden als vom Parteietikett. I n städtischen Bezirken w a r i. d. R. das Etikett einer Partei stimmentscheidend, so daß das Mehrheitswahlsystem bei den Gaullisten (wie noch näher auszuführen ist) keinen positiven Einfluß auf die innerparteiliche Demokratie bei der Kandidatenselektion hat. Das i n der Bundesrepublik bestehende personalisierte Verhältniswahlsystem w i r d von Wildenmann ebenfalls scharf kritisiert, da es auch den beherrschenden Einfluß der Parteioligarchie festige, die A b geordneten an ihre Parteiorganisation binde und sie den dort herrschenden Machtverhältnissen unterwerfe, was vor allem zu einer Verhinderung ihrer Wiederwahl führen könne 2 2 . Dieser K r i t i k läßt sich entgegenhalten, daß das gesamte System sich für Parteien, die i n einem Bundesland relativ viele Wahlkreise erringen, anders auswirkt, als für Parteien, die nur wenige Wahlkreise erobern, dafür aber mehr Listenplätze erringen. Untersuchungen i n Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz haben ergeben 23 , daß die Kandidatenaufstellung i n den Wahlkreisen zu 70 °/o die Entscheidung bedeutet, wer die Partei i m Bundestag vertritt. Somit gewährleistet die personalisierte Verhältniswahl, daß i. d. R. der Einfluß für die Nominierung i n den Wahl19 Duverger 366. 20 Vgl. Schröder, Heinrich-Josef: Die Kandidatenaufstellung u n d das V e r hältnis des Kandidaten zu seiner Partei i n Deutschland u n d Frankreich, B e r l i n 1971, S. 52 f. 21 F ü r Duverger ist die einzig „ w i r k l i c h e persönliche W a h l n u r bei einer Mehrheitswahl m i t Listen möglich, wenn das Panaschieren erlaubt ist. U n d auch dann beschränkt es sich auf die Kandidaten der Liste, die von der Partei kooptiert wurden". Parteien, S. 378.
22 Wildenmann 134. 23 Kaufmann, Karlheinz, K o h l , Helmut, Molt, Peter: Die A u s w a h l der Bundestagskandidaten 1957 i n zwei Bundesländern, K ö l n — B e r l i n 1961, S. 197.
14
I. Problemstellung
kreisen bei den unteren Parteiebenen liegt, während die Parteiführung durch die Landesliste Korrekturen an diesen Entscheidungen vornehmen kann, w e i l sie die für die Fraktionsarbeit notwendigen Fachleute durch günstige Listenplätze abzusichern vermag. I n diesem Zusammenhang sei auch die Wirkung der Wahlkreisgröße kurz analysiert, deren räumliche und personelle Ausmaße von erheblicher Bedeutung sind. Duverger stellt die These auf 2 4 , daß der Einfluß der Parteien auf die Kandidaten i m Verhältnis zur Größe des Wahlkreises schwankt, da der Einfluß der Parteileitung u m so stärker, je größer der Wahlkreis ist. Je kleiner ein Wahlkreis, desto eher kann ein Kandidat dort persönlich bekannt sein, und die Stimmabgabe der Wähler w i r d stärker durch die Persönlichkeit des Bewerbers als durch die Parteizugehörigkeit beeinflußt. Vergrößert sich die Zahl der Wahlberechtigten, so vermindert sich der persönliche Kontakt zwischen Kandidat und Wähler, da diese den Bewerber nicht mehr persönlich kennen, wobei auch zu berücksichtigen ist, ob es sich u m einen ländlichen oder städtischen Wahlkreis handelt. Untersuchungen haben ergeben, daß i n den relativ kleinen französischen Wahlkreisen mit ca. 90 000 Wahlberechtigten der Abgeordnete 70,5 % (in der Stadt) und 82,9 o/o (auf dem Land) der Wähler bekannt war, während die Vergleichszahlen für die Bundesrepublik (ca. 225 000 Wahlberechtigte pro Wahlkreis) nur einen Bekanntheitsgrad von 43 °/o nennen. Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß — obgleich das Grundgesetz von einer direkten Wahl zum Bundestag ausgeht — de facto zwei (in Frankreich drei) Wahlgänge stattfinden 2 5 : der Elektion durch die Wähler und der — teilweise Monate vorher erfolgten — innerparteilichen Selektion, die i n 60—70 °/o der Fälle die Entscheidung am Wahltag durch Aufstellung i n sicheren Wahlkreisen oder auf den oberen Listenplätzen präjudiziert. 3. Zur Methode Die vorliegende Darstellung versucht auf der Basis diverser Befragungen eine empirische Analyse der Kandidatenaufstellung der seit 1958 regierenden UNR für die Wahlen von 1967 und 1968 zu geben, u m die Frage innerparteilicher Demokratie bei der Kandidatenaufstellung i n dieser für die französische Verfassungswirklichkeit so relevanten Partei beantworten zu können. Da bisher — abgesehen von einer kurzen fragmentarischen Untersuchung für die Wahlen 195826 — keiner24 Duverger: Parteien, S. 364. Steffani, Winfried: Parlamentarismus ohne Transparenz, i n K r i t i k 3, Köln/Opladen 1971, S. 14. 26 Buchaillard, P i e r r e / Contat, Bruno: L'U.N.R. dans la Seine, Paris, I.E.P., 1961, S. 11 ff.
3. Zur Methode
15
lei Abhandlung über Kandidatennominierung i n Frankreich existiert, muß der Autor vor allem auf die Publikationen der Koalitionsparteien zurückgreifen, die allerdings nur rudimentäre Aussagen über Selektionskriterien bieten. Neben den 126 befragten Abgeordneten der Regierungskoalition und Interviews m i t den Wahlkampfbeauftragten der UDR und der Unabhängigen Republikaner wurde eine schriftliche Umfrage i n drei Bereichen durchgeführt: a) die nichtwieder auf gestellten Abgeordneten der Majorité b) die sogenannten „Fallschirmspringer" (parachutés) c) die Stellvertreter der Minister, die aufgrund der Inkompatibilität bei Ernennung zum Kabinettsmitglied i h r Mandat zur Verfügung stellen müssen. Hinzu trat eine ausführliche Korrespondenz m i t 18 Departementsunionen über die Möglichkeit, i m Sinne der i n der Parteisatzung festgelegten Mitbestimmung bei der Investitur partizipieren zu können. Als Quellen dienten die bibliographischen Nachschlagewerke der Assemblée Nationale und die Satzungen der verschiedenen Parteien. Außerdem wurden führende französische Regional- u n d Überregionalzeitungen systematisch ausgewertet 27 , wobei vor allem die auf diesem Gebiet außergewöhnlich gut informierte „Le Monde" hervorzuheben ist. Die i m Frühsommer 1966 vom Institut Français de l'Opinion Publique (IFOP) i m Auftrag der gaullistischen Parteileitung durchgeführten Umfragen konnten herangezogen und erstmals publiziert werden. U m diese case study i n einen Kontext zu stellen, scheint es geboten, die Nominierungskriterien auch der übrigen französischen Parlamentsparteien kurz zu erläutern und zu untersuchen, ob es der erst seit einem Jahrzehnt bestehenden UNR gelungen war, die aufgrund ihrer plötzlichen Entstehung vorherrschende Parteioligarchie abzubauen 28 und den Willensbildungsprozeß transparenter zu gestalten. Daneben soll die enge Verflechtung zwischen Partei, Regierungschef und Staatspräsidenten auf dem Gebiet der Kandidateninvestitur analysiert werden. Außerdem w i r d i n einem Überblick die Kandidatennominierung i n Deutschland, USA u n d Großbritannien dargestellt.
27
Siehe Anhang. 28 Chariot, Jean: L'U.N.R., Etude d u Pouvoir au Sein d'un P a r t i Politique, Paris 1967, S.242ff.
I I . Die Kandidatenaufstellung 1. I n der Bundesrepublik Deutschland Da die innere Ordnung der deutschen Parteien gemäß A r t i k e l 21 Absatz 1 GG demokratischen Grundsätzen entsprechen muß, ist das Verfahren der Kandidatenselektion zum Bundestag i n § 22 des deutschen Wahlgesetzes definiert: Wahlkreiskandidaten können nur durch Mitgliederversammlungen oder Delegierte, die von diesen Versammlungen gewählt werden, aufgestellt werden. Außerdem sind diese Wahlen geheim vorzunehmen, und nur die i m Wahlkreis wahlberechtigten Parteimitglieder sind stimmberechtigt. Ein Einspruch des Landesvorstandes kann durch eine erneute Abstimmung der Wahlkreisversammlung überwunden werden; somit ist der Einfluß der Parteispitze bei den Kreisvorschlägen weitgehend eingeschränkt. Demgegenüber werden die Landeslisten von den Landesvorständen zusammengestellt und den Delegierten der Landesparteitage bzw. Landesvertreterversammlungen vorgeschlagen. Durch diese Normen ist zumindest die M i t w i r k u n g der Parteimitglieder bei der Wahlkreiskandidatenaufstellung gewährleistet, da die Entscheidung über die Investitur der Direktkandidaten auf den Kreisdelegiertenversammlungen fällt, so daß von den 518 Abgeordneten immerhin die Hälfte ohne unmittelbare Einflußnahme der Bundes- oder Landesparteileitung selektiert werden kann. Zu klären bleibt allerdings die Frage, wie repräsentativ diese Delegiertenversammlungen für die Gesamtwählerschaft und auch die Mitgliederzahl der Parteien sind. Da die durchschnittliche Teilnehmerzahl an diesen Delegiertenkonferenzen bei der CDU/CSU nur ca. 60 und bei den Sozialdemokraten etwa 110 Parteimitglieder betrug 1 , nahmen nur rund 41 000 Mitglieder (von insgesamt 1,4 Millionen) 2 an der Kandidateninvestitur teil. Demnach entschieden von den knapp 39 Millionen Wahlberechtigten nur 0,1 °/o über die aufzustellenden Direktkandidaten, obwohl auf Grund der Mitgliederzahlen sich dieser Prozentsatz auf bescheidene 4 % anheben ließe, falls das nötige Interm i Kaack, Heino: Geschichte und Struktur des deutschen Parteiensystems, Köln/Opladen 1971, S.596f. 2 Nohlen, Dieter, Schnitze, Olaf: Die Bundestagswahl 1969 i n wahlstatistischer Perspektive, i n : Aus P o l i t i k u n d Zeitgeschehen, Beilage zum Paria-
ment, B 51—52/69.
1. I n der Bundesrepublik Deutschland
17
esse an M i t w i r k u n g für diesen elementaren Faktor innerparteilicher Willensbildung geweckt würde. Die bisherige äußerst geringe Teilnahme an den für die Kandidatenselektion zuständigen Versammlungen muß zwangsläufig zu einer Oligarchisierung innerhalb der Ortsvereine führen, da sich die Bewerber für eine Direktkandidatur aus dem kleinen Kreis Parteiaktiver innerhalb der Ortsgruppen rekrutieren. Bei seiner Untersuchung über die Kandidatenaufstellung 1965 kam Zeuner zu dem Ergebnis, daß i n beiden großen Parteien die Auswahl der Direktkandidaten dem Einfluß höherer Instanz entzogen war, ja sogar eine direkte Intervention der Bundesparteileitung zugunsten eines Bewerbers den entgegengesetzten Erfolg haben konnte, da die örtlichen Parteigremien stark darauf bedacht waren, diese einzige ihnen überlassene autonome Entscheidungsmöglichkeit vor jeder äußeren E i n w i r k u n g abzuschirmen. Allerdings führt diese Verlagerung der Entscheidungskompetenzen auf die untere Ebene zu keiner durchgehenden Demokratisierung der Kandidateninvestitur, da an die Stelle einer zentralen Parteioligarchie rund 220 kleine Oligarchien treten, deren K e r n jeweils die engeren Kreisvorstände bilden 3 , die somit durch den schon genannten geringen Besuch der Parteiversammlungen i n erster Linie von dieser Dezentralisierung profitieren 4 . Dadurch führt die Zusammensetzung der Wahlkreisdelegiertenversammlungen fast ausschließlich zur Wahl eines Kandidaten, der ebenfalls Funktionsträger ist und somit aus dem örtlichen Parteikern stammt. Zeuner stellte als wesentlichsten, die Konkurrenz verschiedener Führungsgruppen u n d „damit auch die Verlagerung von Entscheidungen nach unten" fördernden Faktor die geographische Inkongruenz von parteiorganisatorischer Einheit u n d Wahlkreis fest, da die diversen Führungsgruppen der i n einem Wahlkreis zusammengefaßten Parteikreisverbände bei Differenzen über den zu nominierenden Kandidaten die Entscheidung an Wahlkreisvertreterversammlungen delegierten, u m eine Einigung zu erzielen 5 . I n der Regel einigten sich aber vor der Abstimmung der Delegiertenversammlung die Kreisvorstände auf einen gemeinsamen Kandidaten, den sie anschließend der Delegiertenversammlung empfahlen. Als wesentliche Unterschiede bei der Nominierung innerhalb der großen Parteien führt Zeuner hauptsächlich den Einfluß der „Untergruppen" an 6 . Während bei der SPD regionale Untergruppen und — als einzige ökonomische Gruppe — die Gewerkschaften eine wichtige Rolle 3 Zeuner, Kandidatenaufstellung, S. 84. 4 Kaack, Parteiensystem, S. 597. s Zeuner, Kandidatenaufstellung, S. 85. o Ebd. S. 86 f. 2 Kempf
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II. Die Kandidatenaufstellung
i m Nominierungsprozeß spielten, gehörten bei der CDU/CSU die Führer der Jugendorganisationen, der Arbeitnehmer- und Unternehmergruppen sehr häufig neben den Kreisvorständen zu den Parteiführungsgruppen, die erfolgreich ihre Forderungen i m Nominierungsprozeß anmeldeten. Allerdings wurden die Arbeitnehmergruppen vor allem durch die Aufstellung ihrer Bewerber i n unsicheren Großstadt-Wahlkreisen benachteiligt, was nur durch die Landeslisten korrigiert werden konnte. 1.1. Auswahlkriterien für Direktkandidaten Kandidiert der bisherige Abgeordnete erneut, so hat er i. d. R. einen unschätzbaren Vorsprung vor seinen Mitbewerbern: das Mandatsprestige, das dem Abgeordneten erlaubt, aus „einer Autoritätsposition heraus, i n das innerparteiliche Kräftespiel i m Wahlkreis" 7 einzugreifen. Beide Parteien nominierten ihre bisherigen Abgeordneten, die an einer Wiederaufstellung interessiert waren, i m allgemeinen erneut 8 . Als nicht minder bedeutsames Auswahlkriterium ist die Ortsverbundenheit und das lokale Interesse der Kreisverbände, einen ihnen besonders verbundenen Bewerber zu nominieren, anzuführen. Wurden überhaupt Kandidaten aufgestellt, die kein politisches A m t i n der Parteiorganisation, Kommunalpolitik oder den Verbänden des Wahlkreises bekleidet hatten, so handelte es sich i n den meisten Fällen u m Bewerber m i t „besonderen Qualifikationen" 9 . Neben diesen beiden entscheidenden Kategorien treten als weitere wichtige Selektionspunkte die Bewährung innerhalb der Partei und die erwartete Intensität der Kreisverbände, insbesondere des Kontakts zu den Parteiorganisationen i m Wahlkreis. Darüber hinaus spielten die Bewährung i n der Kommunalpolitik und die parlamentarische Qualifikation eine bedeutende — wenn auch nicht unbedingt entscheidende — Rolle. Dagegen spielte die Verbindung einer politischen Richtungsentscheidung m i t der Personalentscheidung kaum eine Rolle 1 0 . Wesentlichster Unterschied zwischen den beiden Parteien w a r bei der CDU/CSU die Beziehung der Bewerber zu außerparteilichen 7 Kaack, Parteiensystem, S. 612. 8 1965 schieden bei der CDU/CSU 25 und bei der SPD acht Abgeordnete unfreiwillig aus (vgl. Zeuner, Kandidatenaufstellung, S. 91), während 1969 diese Zahlen bedeutend anstiegen: Mindestens 68 bei den i m Bundestag vertretenen Parteien (vgl. Kaack, Parteiensystem, S. 614). Als wichtigste Gründe für diese A b w a h l ist i n fast allen Wahlkreisen die mangelhafte A k t i v i t ä t des Abgeordneten i n seinem Wahlkreis u n d sein hohes A l t e r anzusehen. ö Vgl. Zeuner, Kandidatenaufstellung, S. 93 ff. 10 Vgl. Zeuner, Bodo: Wahlen ohne Auswahl — Die Kandidatenaufstellung zum Bundestag, i n : Steffani, Winfried (Hrsg.): Parlamentarismus ohne Transparenz, K r i t i k 3, Köln/Opladen 1971, S. 183.
1. In der Bundesrepublik Deutschland
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Gruppen und die erwartete Wirkung auf die Wähler; außerdem besaßen junge Bewerber hier eine größere Chance nominiert zu werden als bei der SPD 1 1 . Diesen Katalog erweiterte Kaack für die Aufstellung von „Neulingen" bei der Wahl 1969 u m folgende Kriterien 1 2 : Delegiertenstärke des eigenen oder unterstützenden Kreisverbandes, personelles Potential der Partei i m Wahlkreis, Beziehungen zu führenden Politikern i n und außerhalb des Wahlkreises, beruflicher Werdegang, Anziehungskraft auf neue Wählerschichten und Chancen auf einen guten Listenplatz. Legen die aufgeführten Kriterien aufgrund der überragenden Bedeutung der Ortsverbundenheit und der festen Verbindung zu den örtlichen Parteigremien die Vermutung nahe, daß hauptsächlich Hinterbänkler und Kirchturmspolitiker als Direktkandidaten i n den Bundestag einziehen, so zeigen jedoch die Ergebnisse der Nominierungsperioden für den fünften und sechsten Bundestag, daß zwar „der Typ des Dorfhonoratioren i m Bundestag nach wie vor vertreten ist" 1 3 , aber er immer mehr dem technokratischen Gebietsrepräsentanten, der überwiegend Akademiker und Spezialist i n einem Fachgebiet ist, weicht. Die Wahlkreisverbundenheit ist für diesen Bewerbertyp eine conditio sine qua non, jedoch betrachtet er seinen Wahlkreis nicht mehr „als Nabel seiner politischen Welt". 1.2. Kriterien für Listenbewerber Obwohl die Aufstellung der Listenkandidaten für eine Studie über die Selektion der Direktkandidaten — denn nur solche gibt es i n Frankreich — von untergeordneter Bedeutung ist, soll doch diese durch das personalisierte Verhältniswahlsystem bedingte Besonderheit knapp erläutert werden, wenn auch die Nominierung der Listenkandidaten dem Einfluß innerparteilicher Demokratie fast völlig entzogen ist. Die Landeslisten werden erst nach der Selektion i n den Wahlkreisen zusammengestellt; dadurch ergibt sich für die Landesvorstände die Möglichkeit, i n unsicheren Wahlkreisen Nominierte auf der Landesliste abzusichern und außerdem Interessenvertreter, die ausschließlich auf einer Liste kandidieren wollen, zu berücksichtigen 14 . Da die Listen i. d. R. durch die einzelnen Landesvorstände den Landesdelegiertenversammlungen „vorgeschlagen" werden, haben sich bei den bisherigen Untersuchungen 16 kaum grundlegende Änderungen an diesen Prou Vgl. Zeuner, Bundestag, S. 144. 12 Vgl. Kaack, Parteiensystem, S. 614 f. 13 Ebd. S. 619. 14 1965 kandidierten bei der CDU/CSU 41, bei der SPD 10 und bei der F D P 1 Abgeordnete(r) ausschließlich auf den Landeslisten; 1969 blieben diese Zahlen nahezu konstant: 42 reine Listenkandidaten bei der CDU/CSU, 11 bei der SPD, keiner bei der FDP, (vgl. Kaack, Parteiensystem, S. 630 f.). 2*
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II. Die Kandidatenaufstellung
Positionen nachweisen lassen, da Abänderungsvorschläge erfolglos blieben.
meistens
Die geringe Neigung der Landesdelegiertenkonferenzen, die vorgeschlagenen Listen abzuändern, ist vor allem durch das geschickte Taktieren der Landesvorstände bei der Listenzusammenstellung bedingt, denn sie verhandeln m i t einer Vielzahl von Führern innerparteilicher Gruppierungen, die Ansprüche auf eine angemessene Vertretung i m Bundestag geltend machen. Hier fällt die eigentliche Entscheidung über die Listen, denen anschließend auf den Landesdelegiertenkonferenzen die notwendige Legitimität verliehen w i r d . Folgende wesentlichen Unterschiede lassen sich bei der Gruppenberücksichtigung eruieren: Bei der SPD haben die Vorstände der regionalen Parteiorganisationen i m jeweiligen Bundesland das stärkste Gewicht, bei der CDU/CSU vor allem die Unternehmergruppen, die Junge Union und die Sozialausschüsse, die weitgehend autonom über die Besetzung der ihnen nach dem jeweiligen Proporz zufallenden Listenplätze befinden 1 6 . Auch die E i n w i r k u n g der Bundesparteivorstände beschränkt sich i. d. R. auf Einzelempfehlungen an die Landesparteileitungen, u m bestimmten für die Parlamentsarbeit erforderlichen Kandidaten einen günstigen Listenplatz zu verschaffen. Zeuner stellte i n seiner Untersuchung fest, daß i. d. R. die für die Wahlkreiskandidaten geltenden Kriterien auch für Listenbewerber zutreffen. Bei der CDU/ CSU differierten diese Kriterien, da etliche Listenkandidaten nicht gleichzeitig i n einem Wahlkreis kandidierten, so daß sie weniger i n der Kommunalpolitik verwurzelt waren als die Direktkandidaten 1 7 . Insgesamt beruht die Aufstellung der Landeslisten auf dem Konsens der Landesvorstände u n d der Führer wichtiger innerparteilicher Gruppen. Die Listenkandidaturen sind dadurch dem Einfluß der Parteimitglieder und den örtlichen Parteifunktionären i n den Flächenstaaten 18 entzogen, so daß die i m Bundeswahlgesetz geforderte innerparteiliche Demokratie bei der Kandidatenaufstellung sich nur auf ca. die Hälfte der Nominierten erstreckt. Dabei ist es fraglich, ob auch i n diesem Fall noch von einem demokratischen Modell innerparteilicher Willensbildung gesprochen werden kann, wenn insgesamt nur ein äußerst geringer Prozentsatz an Entscheidungsträgern über die Selektion befindet. Neue Aktivierungsmethoden müßten diesen minimalen Kreis erweitern helfen, u m wenigstens einen Großteil der Parteimitglieder an der Nominierung zu beteiligen und dadurch der lokalen Oligarchisierung entgegenzuwirken. 15 vgl. Kaack, Parteiensystem, S. 621 ff., und Zeuner, Bundestag, S. 195 ff. iß Vgl. Zeuner, Bundestag, S. 180. 17 Zeuner, Kandidatenaufstellung, S. 222 ff. 18 Z u den Stadtstaaten, vgl. Zeuner, Bundestag, S. 190.
2. Die Vorwahlen in den USA
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Inwiefern die bescheidenen Versuche der rheinland-pfälzischen CDU durch eine Mitgliederbefragung das Aktivierungspotential erhöhen können 1 9 , soll an dieser Stelle nicht näher diskutiert werden. Entscheidend bleibt die Frage, ob die lokalen Parteifunktionäre an einer erweiterten Partizipation, die sie gegenüber den oberen Parteigremien für sich durchgesetzt haben, interessiert sind oder ob sie nicht unter dem Feigenblatt „innerparteiliche Demokratie von unten nach oben" die bisher praktizierten Methoden fortsetzen und das Nominierungsverfahren auf ihren Kreis beschränken möchten. 2. Die Vorwahlen in den USA 2.1. Historische Entwicklung und Erscheinungsformen Während i n der Bundesrepublik nur Parteimitglieder über die Kandidatenaufstellung befinden, entstand u m die Jahrhundertwende i n den USA durch das System der Primaries die Möglichkeit, die Masse der Wähler an der Kandidatenauswahl zu beteiligen, u m die Macht der Parteimaschinen und -Oligarchien über die Kandidatenauswahl zu brechen. Grundlegend für die Entwicklung der Primaries w a r das Gesetz des Staates Wisconsin von 1903, das die wesentlichen Elemente des bis heute geltenden Vorwahlverfahrens beinhaltet und das sich die meisten anderen Staaten bis 1919 zu eigen machten. Als letzter Staat führte Connecticut 1955 die Vorwahlen ein. I n den Primaries sind alle Parteimitglieder stimmberechtigt. Da aber die Satzungen der beiden großen amerikanischen Parteien i m Gegensatz zu den europäischen keinerlei Formalia wie Mitgliedsausweise, -beiträge und regelmäßige Mitgliederversammlungen enthalten, „ w i r d die Parteimitgliedschaft von der Form her zu einer Frage der momentanen und periodisch revidierbaren, letztlich unverbindlichen Sympathiebezeugung" 20 . Dies bedeutet, daß an den Vorwahlen faktisch jeder wahlberechtigte Bürger teilnehmen kann. U m jedoch ein M i n i m u m an Parteizugehörigkeit bei der Kandidatenauswahl zu gewährleisten, haben sich zwei Verfahren herausgeschält: Beim „enrollment system" kann der Wähler bei seiner Eintragung i n die offiziellen Wählerlisten erklären, für welche Partei er votieren w i l l . Daraufhin erhält er die Berechtigung, an der V o r w a h l dieser Partei teilzunehmen. Beim „challenge system" w i r d die Parteimitgliedschaft erst am Tage der V o r w a h l durch eine formelle Erklärung festgestellt. i® Vgl. Haungs, Peter: Mitgliederbefragung zur Landtags-Kandidatenaufstellung, i n : Zeitschrift f ü r Parlamentsfragen, H. 4, 1970, S. 403—417. 20 Kölsch, Eberhard: Vorwahlen, Z u r Kandidatenaufstellung i n den USA, B e r l i n 1972, S. 12.
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II. Die Kandidatenaufstellung
Wer nun als „Demokrat" oder als „Republikaner" registriert ist, kann seine auf die genannte Weise erworbene Mitgliedschaft erst bei den nächsten Primaries (d. h. i n zwei Jahren) wechseln, u m an der Vorwahl der anderen Partei — aus ideologischen oder auch taktischen Gründen — teilzunehmen. K e i n amerikanischer Wähler ist rechtlich verpflichtet, bei der Hauptwahl auch für die Partei zu stimmen, deren Kandidaten er bei der Vorwahl seine Stimme gab, so daß seine Äußerung über die Parteizugehörigkeit ausschließlich registrativen Charakter besitzt. Da die einzelstaatliche Gesetzgebung für die Vorwahlen zuständig ist, lassen sich geschlossene und offene Primaries unterscheiden, wobei oeide Typen zahlreiche Abweichungen aufweisen: I n den Staaten m i t „closed primary" können nur die Wähler an der Nominierung der demokratischen Kandidaten teilnehmen, die sich bei der Registrierung i n die Wählerliste zur demokratischen Partei bekannt haben; das gleiche Verfahren gilt für die republikanischen Wähler. Bei den „open primaries" braucht der Wähler seine Parteizugehörigkeit nicht aufzudecken. Sieben Staaten, vor allem i m nördlichen Mittelwesten, verwenden die regelmäßige Form der offenen Vorwahl 2 1 , bei der — i m Gegensatz zur geschlossenen Form — das Wahlgeheimnis gewahrt bleibt. Der Wähler erhält nicht nur die Kandidatenliste seiner Partei, sondern die Bewerberliste sämtlicher teilnehmenden Parteien ausgehändigt. Er kann nun auf dem Zettel oder i n der Spalte der von i h m bevorzugten Partei die gewünschten Bewerber auswählen; votiert er für Kandidaten aus mehreren Listen bzw. Spalten, w i r d sein Stimmzettel ungültig. Nur Alaska und Washington erlauben es ihren Wählern, für dieselbe Wahl Kandidaten verschiedener Parteien anzukreuzen („wide-open" oder „blanket primary"). Theoretisch ermöglicht es die offene Wahl den Wählern, die andere Partei zu unterwandern: Durch massive Stimmabgabe für einen unbedeutenden republikanischen Kandidaten, der voraussichtlich i m Hauptwahlkampf unterliegen wird, lassen sich die Chancen des eigenen demokratischen Kandidaten erhöhen. Allerdings handelt es sich i n einem solchen Fall u m eine Gewissensfrage, da der Wähler i. d. R. bei der Eintragung i n die offiziellen Wählerlisten versichert, bei den Vorwahlen nur Kandidaten der Partei auszuwählen, zu der er sich bei der Registrierung bekannt hat. Eine Besonderheit ist das „write-in"-Verfahren, das die meisten amerikanischen Staaten kennen und das dem Wähler die Möglichkeit bietet, die Kandidatenselektion i n seinem Sinn zu beeinflussen. Noch am Wahltag können die Wähler i n einer besonderen auf jedem Stimmzettel vorgesehenen Spalte handschriftlich den Namen ihres Favoriten 21 F ü r Einzelheiten vgl. Magiera, Siegfried: Die V o r w a h l e n (Primaries) i n den Vereinigten Staaten, F r a n k f u r t 1971, S. 79 ff.
2. Die Vorwahlen in den USA
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eintragen. „Substantielle Bedeutung kommt der w r i t e - i n Möglichkeit i n der Praxis freilich nur dann zu, wenn die Begeisterung für einen sich selbst nicht präsentierenden Bewerber sich effektiv zu organisieren versteht, wie dies . . . beim Vorwahlsieg von Henry Cabot Lodge 1964 i n der Präsidentschaftsvorwahl von New Hampshire zu beobachten war22." 2.2. Die Auswirkungen der Vorwahlen Ist es das Ziel der primaries, die Wähler stärker als durch das bis zur Jahrhundertwende vorherrschende Caucus-Konventionssystem am Prozeß der Kandidatennominierung zu beteiligen, so stellt sich die Frage, ob die Wahlbeteiligung durch die nun existierende doppelte Wahl nicht vermindert wurde, da durch die Vorwahlen eine Wahlmüdigkeit eintreten könnte bzw. die Masse der Wähler nur an den Hauptwahlen interessiert ist. Untersuchungen haben ergeben 23 , daß an den Vorwahlen für die wichtigeren Wahlen auf Bundes- und Landesebene regelmäßig etwa 5 0 % der Wähler teilnehmen. I n Einparteien-Wahlbezirken übertrifft die Beteiligung an der Vorwahl diejenige an der Hauptwahl, da die parteipolitische Entscheidung praktisch feststeht und nur noch die Person der eindeutig dominierenden Partei zu selektieren ist. Für eine Bewerbung an der Teilnahme der Vorwahlen müssen die Bewerber nur ein i n den diversen Staaten unterschiedliches Unterschriftenquorum und eine Gebühr hinterlegen; somit erlauben die Vorwahlen mehr oder weniger spontane Bewerbungen u m eine Kandidatur ohne vorherige Absprache m i t der Parteiführung, so daß i. d. R. den Vorwahlwählern mehrere Kandidaten zur Auswahl stehen. „Dem Wettbewerb u m den Wahlsieg zwischen den Kandidaten der verschiedenen Parteien geht eine offene Konkurrenz u m die Nominierung innerhalb der einzelnen Parteien voraus 2 4 ." I n Hochburgen einer Partei, die durch das Fehlen zwischenparteilichen Wettbewerbs eigentlich die innerparteiliche Konkurrenz erheblich vergrößern müßten, bewerben sich bei den primaries i. d. R. zwar mindestens zwei Kandidaten, jedoch ließ sich i n ca. 50 °/o der sicheren Wahlkreise keine gravierende innerparteiliche Konkurrenz feststellen, so daß die Vorwahlen i n Hochburgen den fehlenden zwischenparteilichen Wettbewerb nur i n sehr geringem Maße ausgleichen konnten. Hinzu t r i t t , daß sich vor allem bisherige Abgeordnete i n den sicheren Wahlkreisen häufiger erfolgreich u m eine erneute Nominierung bemühen als i n unsicheren. Bei einer Untersuchung über Parlamentsvorwahlen der Demokratischen Partei 22 Kölsch 159. 23 Magiera 116 ff. 24 Kölsch 29 f.
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II. Die Kandidatenaufstellung
i n den für sie absolut sicheren Südstaaten gewannen i n 88°/o der Fälle die bisherigen Abgeordneten die V o r w a h l 2 5 . Da sich i n fast 50 % der sicheren Wahlkreise keine grundlegende innerparteiliche K o n k u r renz zwischen mehreren Bewerbern nachweisen ließ, stellt also — ebenso wie i n Deutschland — das bereits innegehabte Mandat einen bedeutenden Vorteil gegenüber anderen Bewerbern dar, da der Abgeordnete aufgrund seiner besseren Informationen eine größere Publizität erlangt als seine Mitbewerber. Während Zeuner für die deutschen Parteien die Ausübung eines Parteiamts als eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Nominierung eruierte, hatten ca. 30°/o der 212 i n Pennsylvania untersuchten Bewerber für dieses einzelstaatliche Parlament kein Parteiamt inne 2 6 , so daß sich trotz dieses für die gesamten USA nicht repräsentativen Querschnitts die These aufstellen läßt, daß die Vorwahlen Gruppen, die vorher nicht am politischen Leben partizipierten, die Teilnahme ermöglichen u n d auch ihre Erfolgsaussichten bei den Hauptwahlen gegenüber den Parteiführern nicht mindern. Haben die bisherigen nur kursorisch dargestellten Aspekte der Primaries gezeigt, daß der Demokratisierungsprozeß bei der Kandidatenaufstellung gegenüber dem früher üblichen Caucus-Konventssystem i n sehr erheblichem Maß gesteigert werden konnte, erhebt sich abschließend die Frage, welche Holle die Parteiführung der beiden großen amerikanischen Parteien bei der Aufstellung der Vorwahlbewerber spielt. Nach Duverger 2 7 ist der Einfluß der Parteiführung durch die Primaries nicht entscheidend verringert worden, da sie nach wie vor die Kandidaten auswählen, nur ist dieser Prozeß u m eine Stufe zurückverlegt worden: er findet nunmehr bei der Auswahl der pre-primaryKandidaten statt. Auch Kölsch stellte i n seiner Analyse fest, daß die Parteiführung unter den verschiedenen Vorwahlbewerbern möglichst f r ü h m i t „ m a x i maler Intensität selektiert", u m durch die frühe Unterstützung eines einzelnen andere von einer Bewerbung abzuhalten u n d tatsächliche Bewerber soweit zu entmutigen, daß sie ihre Kandidatur zurückziehen. Außerdem w i r d teilweise versucht, potentielle Mitbewerber rechtzeitig zum Verzicht zu bewegen, indem ihnen die Parteileitung schon jetzt die volle parteiliche Unterstützung für eine Bewerbung zu einem späteren Zeitpunkt verspricht 2 8 . Einige Staaten des mittleren Westens haben durch die Institutionalisierung des „pre-primary-system" den Einfluß der Parteiführung einzu25 Zahlen abgedruckt bei Kölsch 41 f. 26 Sorauf, F r a n k J.: P a r t y and Representation: Legislative Politics Pennsylvania, New Y o r k 1963, abgedruckt bei Kölsch 58. 27 Duverger, Parteien, S. 371.
in
3. Kandidatenaufstellung in Großbritannien
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dämmen versucht. So konstituierte sich i m Staat Colorado innerhalb der Parteiorganisation parallel zu den „party-committees" u n d den „party-conventions" ein drittes Organ: „pre-primary designating assemblies". Diese nominieren mindestens 52 Tage vor den Primaries, welchen der Bewerber sie für ein bestimmtes A m t befürworten. Wer wenigstens 20 °/o der Delegiertenstimmen erhält, w i r d auf die Vorwahlliste gesetzt. Das pre-primary-System impliziert, daß nur die Kandidaten eine Chance besitzen, i n der V o r w a h l offizieller Kandidat der Partei zu werden, die durch die pre-primary designating assemblies präsentiert werden. Kandidaten, die sich unmittelbar den Vorwahlen stellen, haben i. d. R. keinen Erfolg, da ihnen die Unterstützung der Parteiorganisation für eine publikumswirksame Popularität fehlt. Jedoch darf nicht unberücksichtigt bleiben, daß gerade die pre-primary-assemblies erneut eine Gruppe von Parteifunktionären i n die Lage versetzt, Vorwahlkandidaten zu selektieren, so daß der Einfluß der Parteiführung zwar eingeschränkt, aber keineswegs völlig ausgeschaltet werden kann. Die letzte Entscheidung über die Nominierung der Kandidaten für die Hauptwahl liegt letzten Endes i n allen US-Bundesstaaten bei den Wählern, denen vor allem durch das „ w r i t e - i n " eine wirkungsvolle Methode zur Korrektur der Bewerberlisten gegeben w i r d . Durch die Vorwahlen werden immerhin die Parteiführungen gezwungen, den W i l l e n der Parteiwähler zu berücksichtigen, wenn sie sich entschließen, einen Vorwahlbewerber gegenüber anderen zu unterstützen, da theoretisch die Parteianhänger einem „dark-horse" zum Erfolg verhelfen können. 3. Kandidatenaufstellung in Großbritannien 3.1. Formelle Kriterien Kandidaten für die Unterhauswahlen werden grundsätzlich von den Parteien nominiert, obwohl die Formalia jedem wahlberechtigten Briten eine Kandidatur gestatten, sofern er einen Bewerbungsantrag von zwei Wahlberechtigten und weiteren acht Personen (assentors) unterzeichnen läßt und eine Kaution von £ 150 beim Wahlbeamten hinterlegt. Diese Summe w i r d zurückerstattet, wenn wenigstens ein Achtel der i m Wahlkreis abgegebenen Stimmen auf den Bewerber entfallen. Während bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges bei den Konservativen die Kandidatennominierung bei den örtlichen Parteiorganisationen lag, wurde sie theoretisch anschließend weitgehend zentralisiert 2 9 . Diese 28 Kölsch 78.
29 Loewenstein, K a r l : Staatsrecht und Staatspraxis von Großbritannien, B e r l i n 1967, B a n d I, S. 176.
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II. Die Kandidatenaufstellung
Regelung wurde vor allem durch den Brauch der örtlichen Parteiformationen bedingt, i. d. E. wohlhabenden Bewerbern die Kandidatur zu übertragen, denn diese konnten für die Wahlkampfkosten selbst aufkommen u n d darüber hinaus ihrem Wahlkreis erhebliche private Spenden zukommen lassen. Seit 1948 wurden die Wahlkampf kosten vom Zentralbüro der Partei übernommen und die privaten Zuschüsse der Bewerber an den Wahlkreis auf £ 25 jährlich fixiert. Vor ihrer offiziellen Nominierung werden die konservativen Kandidaten auf drei Ebenen selektiert, die alle miteinander eng zusammenarbeiten, u m eine Diskordanz zu vermeiden: Zunächst verhandeln die örtlichen „Area-Offices" über ihre „Area-Agents" m i t dem nationalen „Vice-Chairman of the Party Organisation", der vom Zentralbüro m i t der Koordinierung der Kandidatenselektion beauftragt ist. Anschließend fertigt der Vice-Chairman für jeden Wahlkreis eine Liste m i t 10 bis 20 möglichen Kandidaten an und übergibt sie dem „LocalChairman" bzw. dem „Area-Agent", der sie dann dem örtlichen Selektionskomitee vorlegt, das den Kandidaten für den betreffenden Wahlkreis nominiert. Diese Investitur muß nunmehr noch vom „Standing Advisory Committee on Candidates" gebilligt werden, damit der Bewerber als offizieller Vertreter der konservativen Partei kandidieren kann. Dem Standing Advisitory Committee steht somit ein Vetorecht zu, die Vorschläge der örtlichen Gremien zurückzuweisen. Dies ist allerdings seit 1945 erst einmal geschehen 80 , denn durch die enge Zusammenarbeit von Vice-Chairman und Local-Chairman wurde ein Höchstmaß an Übereinstimmung vor jeder definitiven Abstimmung erzielt Der zentrale Einfluß ist somit unübersehbar u n d bietet eine ausreichende „Waffe, lokale Fehler zu vermeiden bzw. zu korrigieren" 3 1 . Bei der Labour-Party hat ein Bewerber vier Etappen zu durchlaufen, bevor i h n seine Parteifreunde auf den Schild heben. Zunächst w i r d beim „National Executive Committee" angefragt, ob i n dem betreffenden Wahlkreis ein Kandidat aufgestellt werden soll, was heute i n ausschließlich allen Wahlkreisen auch geschieht. Anschließend präsentieren die örtlichen Parteiorganisationen auf Vorschlag ihrer M i t glieder und der ihnen angeschlossenen Verbände, wobei vor allem die Gewerkschaften eine eminente Rolle spielen, ihren Bewerber; dieser Nominierungsvorschlag w i r d dann vom „National Executive Committee" geprüft, das ebenso wie das konservative Zentralbüro von seinem Vetorecht Gebrauch machen kann, dies jedoch nur i n sehr wenigen Fällen getan hat, u m eine mögliche Doppelkandidatur zu verhindern. Die dritte Etappe ist die eigentliche Nominierung durch die allgemeine so Ranney, Austin: Pathsways to Parliament, London 1965, S. 42 ff.
si Ranney 56.
3. Kandidatenaufstellung in Großbritannien
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Mitgliederversammlung i m Wahlkreis. Pro forma erhält der Nominierte abschließend vom „National Executive Committee" die offizielle Billigung als Labour-Kandidat für den betreffenden Wahlkreis. 3.2. Nominierungswirklichkeit Austin Ranney sieht einen der interessantesten Aspekte seiner Untersuchung über die britische Kandidatenaufstellung i n der Tatsache, daß der aktuelle Einfluß der zentralen Parteiorganisation auf die Kandidatenauswahl schwächer ist, als es ihre effektive Macht erlaubt 3 2 . Die nationalen Parteigremien können nur selten ihre lokalen Organisationen überzeugen, einen bestimmten Kandidaten aufzustellen; ihre Intervention schadet — ebenso wie i n der Bundesrepublik — i. d. R. den Betreffenden mehr als ihre Nichtbeeinflussung. Ebenso gelingt es den Zentralgremien nicht, bestimmte Kandidatentypen (z.B. Frauen oder Gewerkschaftler), die sie für die Parlamentsarbeit für notwendig halten oder die dem gesamten Kandidatenbild der Partei eine breitere Basis geben sollen, i n sicheren Wahlkreisen aufstellen zu lassen. Das „National Executive Committee" der Labour-Party hat seit 1945 nur zehnmal sein Vetorecht benutzt, u m die Kandidatur extrem linker Bewerber zu verhindern. Dies geschah ausschließlich i n solchen Wahlkreisen, wo die Parteiführung sicher sein konnte, daß die örtlichen Parteigremien sich diesem U r t e i l beugten, da ein offiziell Investierter den zurückgewiesenen Bewerber auf jeden Fall schlagen würde, falls dieser als Unabhängiger kandidierte. War dies jedoch ungewiß, fügte sich das „National Executive Committee" dem Votum der örtlichen Parteiorganisation. I n beiden britischen Parteien haben Parlamentsmitglieder i. d. R. beste Chancen, erneut i n ihrem Wahlkreis aufgestellt zu werden, so daß i n ungefähr 9 0 % aller sicheren Wahlkreise Abgeordnete kandidieren. Die restlichen 1 0 % der sicheren Wahlkreise ziehen besonders viele Bewerber an, so daß sich den örtlichen Selektionskomitees eine breite Auswahl an Kandidaten bietet, während diese Gremien i n unsicheren Wahlkreisen oft Schwierigkeiten haben, einen Kandidaten zu finden 3 3 . I n dem von Ranney untersuchten Zeitraum (1951—1964) kandidierten 59 % aller konservativen Neulinge i n unsicheren Wahlkreisen; bei der Labour-Party stieg diese Zahl auf 77 %. Allerdings ließ sich feststellen, daß ein Teil dieser i n aussichtslosen Stimmbezirken Kandidierenden bei späteren Wahlen erfolgversprechende Kreise erhielten, nachdem sie 32 Ranney 272. m Ebd. S. 275.
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II. Die Kandidatenaustellung
sich i n den aussichtslosen — trotz ihrer Niederlage — gut geschlagen hatten. Folgende Kriterien waren nach Ranney 3 4 ausschlaggebend für die Nominierung i n beiden Parteien, wobei Nuancen zu berücksichtigen sind: a) Wahlkampf er fahrung: Wie schon erwähnt, kandidieren i. d. R. die Abgeordneten i n sicheren Wahlkreisen, während die Neulinge i n unsicheren aufgestellt werden, aber eine echte Chance besitzen, bei den nächsten Wahlen i n einem sicheren Wahlkreis aufgestellt zu werden. b) Alter: den 40jährigen werden i n beiden Parteien der größte Prozentsatz an sicheren Wahlkreisen zugesprochen, während sowohl jüngere als auch ältere Bewerber sich m i t weniger sicheren begnügen müssen. Labour-Kandidaten sind i. d. R. älter als konservative Bewerber, da Labour vor allem ältere Gewerkschaftskandidaten unterstützen muß. c) Ortsverbundenheit: Obwohl i n Großbritannien (im Gegensatz zu den USA) für die Bewerber keine Residenzpflicht besteht und trotz der verhältnismäßig starken Zentralisierung der britischen Politik, wurden bei den Konservativen ein D r i t t e l und bei Labour ein Viertel der Bewerber, die kein Mandat besaßen, auf Grund ihrer Ortsverbundenheit berücksichtigt. Wenn auch die lokale Präsenz ebenso wie i n der Bundesrepublik bedeutenden Einfluß bei der Nominierung besitzt, ist sie nicht der ausschlaggebende Faktor, denn die Präferenz für ortsverbundene Kandidaten ist i n beiden Parteien nicht i n den ländlichen Gebieten — wie man zunächst annehmen möchte — vorherrschend, sondern i n den zehn größten Städten (außer London); für die LabourParty außerdem noch i n den Bergbaugebieten. d) Bildung: Bei Labour ließ sich i m Gegensatz zu den Konservativen, wo besonders Bewerber, die eine Public school besucht haben, i n den sicheren Wahlkreisen überrepräsentiert sind, keine nennenswerte Verbindung zwischen Schulbildung und sicheren Wahlkreisen eruieren. e) Beruf: Der größte Unterschied zwischen den britischen Parteien besteht bei den Berufsgruppen, die i n den günstigen Stimmbezirken kandidieren: Die konservative Partei bevorzugt hier Beamte und Landwirte, während Labour Gewerkschafts- und Parteifunktionäre nominiert. f) Persönlichkeit: Ebenso wie bei den deutschen und amerikanischen Parteien legen die britischen größten Wert auf eine ausgeprägte Per34 Ranney 276 ff., vgl. auch Rush, Michael: The Selection of Parliamentary Candidates, London 1969, S. 279 ff.
4. Nominierungsmodi in Frankreich
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sönlichkeit ihrer Kandidaten: sprachgewandt, leutselig (besonders wicht i g i n Industriegebieten) und vor allem bereit, die Interessen der lokalen Parteiorganisation und der Gesamtpartei zu unterstützen. Während die Konservativen eher Bewerber m i t brillanten rethorischen Fähigkeiten bevorzugen, müssen Labour-Kandidaten i. d. R. Parteifunktionen auf örtlicher Ebene übernommen haben; darüber hinaus verlangen die einflußreichen Gewerkschaftsfunktionäre eine manuelle Berufsausübung von ihren Kandidaten. Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß die beiden nationalen Gremien trotz ihres theoretisch vorhandenen Vetorechts, die lokalen Parteigremien nicht zwingen können, Kandidaten zu akzeptieren, die die Parteileitung für die Parlamentsarbeit für wichtig hält. Ihr Einfluß ist somit bei der Kandidatenaufstellung i. d. R. auf eine Beratungsfunktion reduziert, die es allerdings i n den meisten Fällen erlaubt, mit den örtlichen Selektionskomitees zu einem Konsens zu gelangen. 4. Nominierungsmodi in Frankreich 4.1. Rechtliche Grundlagen Bei der Ausarbeitung der Verfassung von 1958 fand zum ersten M a l der Begriff „Partei" Eingang i n einen französischen Verfassungstext: „Die Parteien und politischen Gruppen w i r k e n bei den Wahlentscheidungen m i t " (Artikel 4, Satz 1). Allerdings w i r d i n den folgenden Sätzen nichts genaueres über die M i t w i r k u n g der Parteien bei d«_n Wahlen gesagt: „Ihre Bildung und Ausübung ihrer Tätigkeit erfolgen frei. Sie haben die Grundsätze der nationalen Souveränität und der Demokratie zu beachten." Die Kriterien der Kandidatennominierung werden also i m Gegensatz zum deutschen Grundgesetz nicht klar definiert, auch nicht durch ein Parteiengesetz konkretisiert 3 5 . Immerhin läßt sich jedoch trotz der Ablehnung der Parteien durch General de Gaulle, wie er dies vor allem i n seiner Rede von Bayeux 1946 zum Ausdruck brachte, feststellen, daß die M i t w i r k u n g der Parteien an Wahlen durch die Aufnahme i n die Verfassung institutionalisiert wurde. Während i n der Bundesrepublik das Bundeswahlgesetz die Kandidatenaufstellung exakt definiert, enthält der Code électoral von 196436 keinerlei Bestimmungen über Kandidateninvestitur, sondern regelt aus35 1946 wurde bei der Ausarbeitung der Verfassung ein Parteiengesetz v o r geschlagen, das vor allem eine innere demokratische Organisation vorsah. Es scheiterte jedoch am Widerstand der PCF. Vgl. Charney, Jean: Le scrutin électoral, Paris 1965, S. 455 f. 36 Code électoral, ordonnance no. 58—945, no. 58—1015.
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II. Die Kandidatenaufstellung
schließlich das Wahlsystem und das Wahlverfahren: Die 487 Abgeordneten der Nationalversammlung 3 7 werden nach dem absoluten Mehrheitswahlsystem gewählt. U m i m ersten Wahlgang erfolgreich zu sein, muß ein Kandidat die absolute Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen von mindestens einem Viertel der Wahlberechtigten erhalten. Erfüllt kein Bewerber diese Konditionen, findet eine Woche später der zweite Wahlakt statt, i n dem gewählt ist, wer die relative Mehrheit erhält. Allerdings ließ de Gaulle für diesen zweiten Gang einen Passus ins Wahlgesetz einfügen, daß nur Kandidaten, die mindestens 5°/o der abgegebenen Stimmen i m ersten Wahlgang erhalten haben, an i h m partizipieren können. Dieser Prozentsatz wurde 1966 unter heftigen Protesten der Opposition auf 10 °/o erhöht 3 8 , u m dadurch ein Stimmensplitting der bürgerlichen Parteien i m zweiten Wahlgang zu vermeiden, was ausschließlich den Gaullisten und ihrem Koalitionspartner zugute kommen mußte. Jeder Kandidat ernennt einen Stellvertreter („Suppléant"), der bei seinem Ausscheiden aus dem Parlament automatisch nachrückt. Aufgrund der Inkompatibilität müssen auch Abgeordnete, die ein Ministeramt übernehmen, ihre Mandate den betreffenden Stellvertretern übertragen. Nachwahlen sind somit i n Frankreich nahezu ausgeschlossen, es sei denn, der nachgerückte Stellvertreter legt sein Mandat nieder wie 1970 i n Nancy, als der gaullistische Abgeordnete Souchal (Suppléant des damaligen Armeeministers Messmer) aus Protest gegen die Infrastrukturpolitik zurücktrat und somit Neuwahlen i n seinem Wahlkreis ermöglichte, die Jean-Jacques Servan-Schreiber gewann. Ziel dieser dem Wahlsystem der I I I . Republik ähnelnden romanischen Mehrheitswahl, dessen Entwurf bei den Beratungen i m Comité Consultatif Constitutionnel nicht unumstritten blieb 3 9 , war, die Vielfalt der i n der Nationalversammlung seit 1946 herrschenden Parteien zu reduzieren und sie zu dauerhaften Koalitionen zu zwingen, u m der Regierung jeweils eine tragfähige Mehrheit zu geben. Benachteiligt werden sollten — und wurden effektiv — vor allem die Kommunisten, deren Mândatszahlen von 147 (letzte Wahl nach dem Verhältniswahlsystem der I V . Republik) auf 10 (1958) sanken, vier Jahre später allerdings 37 Aufschlüsselung: 470 f ü r das Mutterland, 10 f ü r die überseeischen Departements (Comores 2, Côte française des Somalis 1, Nouvelle Calédonie 1, Polynésie franç. 1, St. Pierre et Miquelon 1, Wallis et Futuna 1), u n d 7 f ü r die überseeischen Territorien. 38 Gesetz Nr. 66—1022 v o m 29.12.1966. 39 Die Mehrzahl der orthodoxen Gaullisten, an i h r e r Spitze Michel Debré, plädierten f ü r die Listenwahl, da die Wahlbündnisse i m 2. Wahlgang einen festeren Charakter hätten als die individuellen Absprachen i n den E i n e r wahlkreisen.
4. Nominierungsmodi in Frankreich
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wieder auf 41 kletterten 4 0 . Bedingt wurde dieses Abrutschen der kommunistischen Mandate außerdem durch die Neuordnung der Wahlkreise, da die nunmehr verhältnismäßig geringe Zahl der Wahlberechtigten von ca. 90 000 besonders die lokalen Notablen begünstigen mußte und damit die „traditionellen, nicht-konservativen Parteien" 4 1 benachteiligte. Während große Wahlkreise — wie z. B. i n der Bundesrepublik oder auch i n der I V . Republik — die persönlichen Beziehungen zwischen der Wählerschaft und den Bewerbern verringern, erlauben überschaubare Stimmbezirke i n der Größe eines Arrondissements direkte Kontakte zwischen Kandidat und Wähler. Somit wurde (und w i r d auch heute) eine fundamentale Verzerrung des Wählerwillens m i t Hilfe des absoluten Mehrheitssystems erwirkt, denn die kommunistische Partei erhielt 1958 zwar 1 9 % der abgegebenen Stimmen i m 1. Wahlgang, aber nur 2 Ä/o der Parlamentssitze, während die UNR bei 1 8 % abgegebener Stimmen i m 1. Wahlgang schließlich 4 0 % aller Mandate eroberte 42 . Diese Unterrepräsentation der PCF ist nicht ausschließlich durch die Wahlkreiseinteilung bedingt, sondern auch durch ihre Isolierung während der ersten beiden Wahlen, da sie keinerlei Koalition m i t anderen Parteien einging, während die gaullistischen Kandidaten durch Koalitionsabsprachen i m zweiten Wahlgang z.T. die Stimmen der übrigen bürgerlichen Bewerber auf sich vereinigen konnten. Immerhin war de Gaulles Absicht, eine dem Präsidenten gefügige und arbeitsfähige Parlamentsmehrheit zu erzielen, m i t Hilfe des neuen Wahlsystems erreicht worden; es ist deshalb nicht verwunderlich, daß die Linksparteien die Rückkehr zur Verhältniswahl fordern, u m der „Verfälschung" des Wählerwillens entgegenzutreten. Nach den Bestimmungen des Code électoral spielen also die politischen Parteien bei der Kandidatenaufstellung keine Rolle, da sie kein Wahlvorschlagsrecht besitzen und Wahlvorschläge nur von den Kandidaten selbst eingereicht werden können (Art. L 154), wobei es völlig gleichgültig ist, ob sie einer Partei angehören oder nicht. Da somit ein Vorschlagsrecht der Parteien oder politischen Gruppen nicht besteht, existiert auch kein Unterschriftenquorum, das unabhängige Bewerber benachteiligen müßte. Einziges obligatorisches Element dieses formalen Aktes ist die Hinterlegung einer Kaution von 1000.— F, 40 Zahlen bei Sternberger, Dolf, Vogel, Bernhard: Die W a h l der Parlamente u n d anderer Staatsorgane, B e r l i n 1969, B a n d I, 1, S. 524 u n d 527. 41 Ziebura, Gilbert: Die V. Republik — Frankreichs neues Regierungssystem, Köln/Opladen 1960, S. 172 A n m e r k u n g 101. 42 F ü r die folgenden Wahlen von 1962, 1967 u n d 1968 läßt sich Vergleichbares feststellen; vgl. Duverger, Maurice: Institutions politiques, Paris 1970, S. 631 ff.
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II. Die Kandidatenaufstellung
die dem Bewerber zurückerstattet wird, sofern er mindestens 5 °/o der abgegebenen Stimmen erhält, u m auf diese Weise Phantasiekandidaturen zu verhindern; außerdem muß der Kandidat einen Stellvertreter benennen. Auch die Wahlpropaganda ist exakt geregelt (Art. L 164—171) und schreibt die detaillierte Zahl an Plakaten, Flugblättern und Wahlaufrufen den einzelnen Kandidaten vor, die diese auf Kosten der Staatskasse drucken, anschlagen und versenden dürfen. Weitere Propagandaschriften und Zeitungsanzeigen sind untersagt, wobei allerdings zu bemerken ist, daß diese Regelung durch diverse Aktionen umgangen werden kann, da es jeder Zeitung freisteht, für Kandidaten einer bestimmten Partei zu werben. Lediglich bei der Rundfunk- und Fernsehwerbung (Art. L 167—1) erwähnt der Code électoral die Parteien und politischen Gruppen, da nur sie diese Medien als Propagandainstrument benutzen dürfen, wobei die Opposition insofern benachteiligt ist, als ihr von den insgesamt drei Stunden Sendezeit nur die Hälfte zufällt, während die übrige der (bzw. den) Regierungspartei(en) zur Verfügung steht, die somit über eine bedeutend größere audio-visuelle Propagandamöglichkeit verfügt als die zahlreichen Oppositionsparteien 43 . Ob durch diese staatlichen Vorschriften die Chancengleichheit aller Kandidaten (zumindest auf dem Gebiet der Wahlpropaganda) gewährleistet ist, mag dahingestellt sein. Faktisch haben sich bei den bisherigen Wahlen der V. Republik bis auf wenige Ausnahmen 4 4 nur von Parteien unterstützte Kandidaten u m ein Mandat beworben, so daß der jeweilige Propagandaapparat der Parteien den Bewerbern zur Verfügung stand und dadurch die Chancengleichheit verwischt wurde. Trotz der i m Code électoral aufgeführten Bestimmungen fällt den Parteien die entscheidende Rolle bei der Kandidatenaufstellung zu, w e i l fast alle Bewerber erst nach Aufstellung durch eine Partei ihre Kandidatur erklären. Formell handelt es sich also u m eine selbständige Bewerbung des Kandidaten, die jedoch materiell ein Wahl Vorschlag seiner Partei ist. 4.2. Die Nominierung in den Parteien Da keine gesetzliche Regelung der Kandidatenaufstellung i n Frankreich existiert und A r t i k e l 4 der Verfassung sich auf das Postulat 43 Die auf die einzelnen Parteien der beiden Gruppen entfallende Sendezeit w i r d von den jeweiligen Parteiführern untereinander „gemäß ihrer Bedeutung" aufgeschlüsselt. Ist eine Partei nicht i n der Nationalversammlung vertreten, muß sie mindestens 75 Kandidaten bei der W a h l präsentieren, u m i n den Genuß von 7 M i n u t e n Sendezeit zu gelangen (Art. L 167—1, III). 44 Z u r Frage der unabhängigen Abgeordneten vgl. Schröder 52 ff.
4. Nominierungsmodi in Frankreich
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„eines Prinzips" 4 5 beschränkt, kommt demnach der Regelung i n den Parteisatzungen entscheidende Bedeutung für die Investitur zu. Bezüglich der Nominierungskriterien lassen sich die i n der Nationalversammlung vertretenen Parteien grob i n zwei Gruppen teilen, wobei der Autor sich der Problematik dieser Klassifizierung durchaus bewußt ist: 4.2.1. Die Linksparteien 1. Die Parti Communiste Français I n ihrer Satzung (Artikel 48) gewährt die PCF den Zellen und somit ihrer Basis ein Vorschlagsrecht für die aufzustellenden Kandidaten, die anschließend von den beiden nächsthöheren Instanzen (den Comités de Section und den Comités Fédéraux 46 ) gebilligt werden müssen. Die definitive Entscheidung über Akzeptierung oder Ablehnung eines Kandidaten bleibt gemäß dem demokratischen Zentralismus dem Zentralkomitee vorbehalten, so daß letzten Endes die unteren Parteiorgane keinen effektiven Einfluß auf die Investitur besitzen. Zwar kann die Initiative formal von den Zellen des betreffenden Wahlkreises ausgehen, jedoch sind diese Vorschläge nur dann erfolgreich, wenn schon vorher eine Konsultation m i t dem Zentralkomitee stattgefunden hat, u m einen Konsens anzustreben. 2. Die Parti Socialiste Unifié Diese 1960 aus diversen Spaltungen der Sozialisten und Radikalsozialisten entstandene Partei war nach den Juni-Wahlen 1968 nicht mehr i m Parlament vertreten, hatte sie doch als einzige Partei die politischen Ziele der „Gauchistes" verteidigt. Erst 1969 gelang es ihrem Parteichef Michel Roccard nach einem spektakulären Sieg über den ehemaligen Premierminister Maurice Couve de Murville i m bisher sicheren gaullistischen Wahlkreis Yvelines wieder i n die Nationalversammlung einzuziehen. Da es sich bei dieser Partei u m eine ausgesprochene Kaderpartei mit sehr geringer Mitgliederzahl handelt, werden die Kandidaten vom Zentralkomitee der Partei nominiert. 3. Die Parti Socialiste Diese 1969 unter der Führung von François Mitterand neu formierte Partei bietet als einzige Partei eine echte Partizipation ihrer Mitglieder bei der Kandidatenaufstellung, da ihre Satzung i m Gegensatz zu den übrigen kein Vetorecht der Parteiführung enthält und somit theoretisch die Möglichkeit innerparteilicher Demokratie auf dem Gebiet der Kandidatenauswahl gewährleistet ist. 45 Charnay 483. 46
„Sektionskomitees u n d Regionalkomitees".
3 Kempf
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II. Die Kandidatenaufstellung
A r t i k e l 18 der Satzung vom J u l i 1969 überträgt die Selektion der Bewerber für die Nationalversammlung den untersten Parteiorganen, den i n einem Wahlkreis existierenden Sektionen 47 . Die selektierten Bewerber werden nunmehr den Fédérations (d. h. den auf der Stufe der einzelnen Departements gebildeten Organisationseinheiten der Partei) zur Ratifizierung vorgeschlagen. A r t i k e l 18 billigt den Fédérations expressis verbis kein Veto zu, sondern beschränkt sich auf die Forderung nach Überwachung der Einheit der Parteiprinzipien und -entscheidungen, womit i. d. R. nur die Bestimmung gemeint sein kann, jeder Bewerber müsse mindestens drei Jahre ununterbrochen der Partei angehören (Artikel 17 Satz 2) und sich schriftlich bereit erklären, sein Mandat niederzulegen, falls er aus irgendeinem Grund die Parti Socialiste verläßt (Artikel 19). Die Kandidatenaufstellung vollzieht sich also ausschließlich innerhalb eines Departements, so daß sich die diversen Sektionen i. d. R. m i t ihren Vorschlägen durchsetzen, die die Parteiführung akzeptieren muß 4 8 . Untersuchungen 49 ergaben, daß von 23 der 42 befragten sozialistischen Abgeordneten 80 °/o ihre Sektionen bzw. Wahlkreiskameraden als Vorschlagsträger nannten, während nur einer die Fédérations angab. Wenn sich diese Untersuchung auch nur auf die Gewählten erstreckte, ist dennoch der minimale Einfluß der Parteiführung erkennbar. Jedoch dürfte diese Einflußnahme 1967 beträchtlich gestiegen sein, da die Parti Socialiste m i t den Kommunisten vereinbart hatte, i m zweiten Wahlgang nur den jeweils bestplaziertesten Linkskandidaten zu unterstützen. Dieser Entscheidung mußten sich auch die Fédérations beugen, deren Omnipotenz bei der Kandidatenaufstellung sich somit nur auf den ersten Wahlgang erstreckt. 4.2.2. Die bürgerlichen
Parteien
1. Die Radikalsozialistische Partei 5 0 Bei dieser Honoratiorenpartei, die m i t 14 Abgeordneten i m Parlament vertreten ist, muß bei der Wahlvorbereitung als grundsätzliches Element überhaupt eine parlamentarische Repräsentation ins Auge gefaßt werden, da der überwältigende Teil ihrer früheren Wähler zur UNR ab47 I n jeder Gemeinde bilden die Mitglieder der P a r t i Socialiste eine Sektion. Städte u n d v o r allem die Großstädte werden i n mehrere Sektionen aufgeteilt. 48 Die P a r t i Socialiste folgt damit der Tradition ihrer Vorgängerin, der SFIO, die schon i n ihrer Satzung v o n 1905 eine vergleichbare Regelung getroffen hatte, vgl. Charnay 476.
4
» Schröder
140 f.
ßo Es ist schwierig, diese Partei unter dem Begriff „bürgerlich" zu subsumieren, da sie als „Infanterie der I I I . Republik" sich seit ihrer Gründung 1901 bemühte, eine Brücke zwischen Liberalismus u n d Sozialismus zu er-
4. Nominierungsmodi. in Frankreich
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wanderte und sie nunmehr bedacht ist, Kandidaten zu nominieren, die aufgrund ihrer lokalen Popularität erfolgreich sind. Aus diesem Grund überläßt das Bureau national den lokalen Organisationen ein sehr großes Maß an Entscheidungsfreiheit bei der Kandidatenaufstellung, u m die örtliche Situation eines Bewerbers m i t seiner wahltaktischen Bedeutung zu verbinden. Nach A r t i k e l 25 Satz 2 der Satzung 51 werden die Kandidaten von den Ortsgruppen (Comités de base) den departementalen Fédérations benannt; diese präsentieren die Bewerber anschließend dem Bureau National, bei dem die definitive Zustimmung liegt (Artikel 25 Satz 1) und das somit über ein Veto verfügt. Die M i t w i r k u n g der örtlichen Parteiorgane ist zwar gewährleistet, kann jedoch theoretisch jederzeit von der Parteiführung eingeengt werden, falls wahltaktische Erwägungen unberücksichtigt bleiben. Da aber eine seit ihrer Gründung fortwährend latente Opposition der „Provinzfürsten" gegen die Pariser Parteizentrale existiert 5 2 , verzichtete das Bureau National 5 3 bisher auf massive Eingriffe gegenüber den Entscheidungen der Departements-Fédérations und akzeptierte 1. d. R. die vorgeschlagenen Kandidaten. 2. Das Zentrum Diese unter der Bezeichnung „Centre pour le Progrès et Démocratie Moderne" zusammengefaßte Fraktionsgemeinschaft von 30 Abgeordneten besteht aus drei Richtungen: — dem Centre Démocrate (unter J. Duhamel und J. Fontanet) 54 — dem Centre Démocrate (unter Jean Lecanuet) 55 — dem Centre National des Indépendants et Paysans (CNIP). Die Kandidaten des Centre Démocrate, die meist unter dem Etikett der Fraktionsgemeinschaft i n Verbindung m i t ihrem Parteinamen richten u n d deshalb nicht zu Unrecht m i t der Klassifizierung „le coeur à gauche, le portefeuille à droite" bedacht wurde. I n der I I I . u n d I V . Republik ging sie Koalitionen sowohl m i t den Parteien der L i n k e n als auch der Rechten ein u n d stellte m i t Pierre Mendès-France einen der brillantesten Ministerpräsidenten der I V . Republik. Seit 1958 ist sie zur Bedeutungslosigkeit degradiert u n d versuchte 1966/7 m i t der Linksföderation Mitterands zu koalieren. Seit J. J. Servan-Schreiber ihre F ü h r u n g übernommen hat, bemüht sie sich u m einen Zusammenschluß aller bürgerlichen, nichtgaullistischen Gruppierungen. I n der Fassung v o m 20.12.1967.
ß2 Charnay 477. 53 Bestehend aus 34 Mitgliedern. 54 Diese Gruppe koaliert seit J u n i 1969 m i t den Gaullisten. 55 Dieser T e i l u m den ehemaligen Präsidentschaftskandidaten und heutigen Senator hofft auf eine bürgerlich-sozialistische K o a l i t i o n unter Ausschluß der PCF u n d der orthodoxen Gaullisten.
3*
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II. Die Kandidatenaufstellung
kandidieren 5 6 , werden ebenso wie die radikalsozialistischen und auch gaullistischen (siehe unten) von den departementalen Parteiorganisationen dem Zentralkomitee zur Bestätigung vorgeschlagen, dem somit die Rolle des definitiven Entscheidungsträgers zufällt (Artikel 10 Satz 3). Da auch diese Partei bei jeder Wahl m i t nur einer sehr bescheidenen Abgeordnetenzahl rechnen kann und sehr locker strukturiert ist, w i r d den Vorschlägen der lokalen Gremien i. d. R. zugestimmt, w e i l etliche Bewerber sonst als Unbhängige kandidieren würden und i n ihren meist ländlichen Wahlkreisen auch siegreich wären. I m Gegensatz zum Centre Démocrate ist beim CNIP eine M i t w i r k u n g unterer Organe bei der Kandidatenaufstellung auf jeden Fall i n der Satzung vorgesehen. Zwar kann das Comité Directeur den von dem departementalen Parteigremium Vorgeschlagenen ablehnen (Artikel 15 Satz 1); es muß jedoch bei der Neubesetzung zu einem Konsens m i t den lokalen Organisation gelangen 57 . Wenn es sich i n diesem Fall auch nicht u m eine demokratische Nominierung „von unten nach oben" handelt, ist zumindest die M i t w i r k u n g regionaler Funktionäre gewährleistet, u m departementalen Belangen Rechnung zu tragen. 3. die Gaullisten und ihr Koalitionspartner Die Nominierungskriterien der Union pour la Nouvelle République und ihres Koalitionspartners, der Unabhängigen Republikaner, werden i m anschließenden Teil i n Form einer case study behandelt. 4.2.3. Zusammenfassung Die Analyse der diversen Parteisatzungen (mit Ausnahme der gaullistischen) verdeutlicht i n fast allen französischen Parteien die Entscheidungsgewalt der oberen Parteigremien über die Vergabe der Investitur bei Nationalwahlen. Zwar beinhalten die Statuten eine M i t w i r k u n g der untersten (bei den Linksparteien) und unteren (bei den bürgerlichen) Parteiorgane, jedoch handelt es sich nur um ein Propositionsrecht, das von der Parteispitze bestätigt werden muß. Nur bei der Parti Socialiste kann von innerparteilicher Demokratie auf dem Gebiet der Kandidatennominierung gesprochen werden, da Beschlüsse auf Departementsebene für die Parteiführung bindend sind. Die These, eine gewisse Rivalität zwischen der lokalen und nationalen Ebene sorge i. d. R. für die Durchsetzung der Vorschläge der ersteren 58 , 56 Schröder 140. 57 „Aucune investiture ne pourra être accordée par le Comité Directeur d u C N I P sans l'accord d u Centre départemental." ( A r t i k e l 15 Satz 2.)
58 Schröder 133.
4. Nominierungsmodi in Frankreich
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läßt sich aufgrund der Untersuchung nur bei den kleinen bürgerlichen Parteien und bei der Parti Socialiste erkennen, w e i l es sich bei den erstgenannten u m reine „Persönlichkeitsparteien" 59 handelt, i n denen der Einfluß der departementalen Verbände bedingt durch ihre Struktur sehr groß und die Nominierung gegen den Willen der sog. „Landesfürsten" fast ausgeschlossen ist. Dagegen ist das Partizipationsrecht der lokalen Gremien bei den Massenparteien 60 auf eine Empfehlung beschränkt, die allerdings i n vielen Fällen durch vorher erfolgte Kontakte zwischen den diversen Ebenen von der Parteiführung nicht übergangen w i r d ; jedoch kann von einem Durchsetzungsvermögen der lokalen bzw. regionalen Gremien bei diesen Parteien i. d. R. nicht gesprochen werden, wie nun am Beispiel der UNR näher analysiert werden soll.
Z u m Begriff vgl. Duverger, 60 Ebd. S. 81 f.
Parteien, S. 303 u n d 82 f.
I I I . Die Union pour la Nouvelle République Die UNR wurde am 1. Oktober 1958 i n Paris i n der Avenue de Friedland gegründet. Sie entstand jedoch nicht aus dem Nichts, sondern konnte vielmehr auf die Uberreste verschiedener gaullistischer Gruppen aufbauen. I n ihrer Geburtsstunde i m Büro des Informationsministers Soustelle sammelten sich vor allem die Reste des „Rassemblement du Peuple Français", das de Gaulle 1947 gegründet hatte, u m gegen die Verfassung von 1946 und gegen die I V . Republik agieren zu können. Nach verschiedenen Wahlniederlagen löste sich diese Gruppierung jedoch nach den Wahlen von 1956 auf. Ihre Führer und Funktionäre verloren sich aber nicht aus den Augen und schlossen sich i m Sommer 1958 sofort zusammen, u m die UNR zu gründen. Nach dem Referendum über die neue Verfassung fusionierten fast sämtliche gaullistischen Gruppen und Grüppchen m i t der neuen Partei: Jacques Chaban-Delmas und Roger Frey m i t ihrem „Centre national des Républicains sociaux", Jacques Soustelle und Pierre Picard mit der „Union pour le Renouveau français", Léon Delbecque und Mme Fourcade m i t der „Convention républicaine"; außerdem schlossen sich Jacques Veyssières und Albert Marcenet m i t ihren „Comités ouvriers" und A l i Mallem m i t dem „Comité d'information et d'action nationale de 1,Algérie et du Sahara" an; als letzter trat André Jarrot m i t dem „Réseau Action" bei. Die genannten Politiker bildeten nun m i t Michel Debré, Edmond Michelet und A l b i n Chalandon das erste Zentralkomitee, das 13 Gründungsmitglieder umfaßte. De Gaulle unterstützte zwar eifrigst diese neue Sammlungsbewegung, lehnte es aber entschieden ab, den Parteivorsitz zu übernehmen, da er als Präsident eine „pouvoir neutre" sei und somit über den Parteien zu stehen habe. Dies hinderte i h n jedoch nicht, massiv gegen die Absichten Soustelles vorzugehen, Präsident der UNR zu werden, da er zu intensiv die Integration Algeriens i n den Französischen Staat forderte. Nach mehreren Gesprächen verzichtete man gänzlich auf den Posten eines Parteipräsidenten und schuf dafür den des Generalsekretärs. Der Ubergang der ehemaligen Mitglieder des RPF zur UNR vollzog sich fast nahtlos; doch läßt sich die Politik der alten und der neuen Partei keineswegs auf ein und dieselbe Stufe stellen. A l l e i n schon die
1. Formelle Kriterien der Kandidatenselektion
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Umstände des Machtwechsels und damit die Geburt der UNK lassen den Unterschied deutlich hervortreten: Durch den Aufstand i n Algier und das Eintreten für ein enges Zusammenbleiben Algeriens m i t dem Mutterland entwickelte sich die UNR unter dem Einfluß Soustelles i n den ersten zwei Jahren ihres Bestehens zu einer rechts gerichteten Partei m i t einem ultrakonservativen Flügel und stand somit viel weiter rechts als die alte RPF. I m Laufe der folgenden Jahre trat jedoch eine Wandlung zur Mitte ein, da die Entwicklung des Algerienkonflikts und die Unabhängigkeit dieses Landes entscheidend Einfluß auf diese Veränderung nahmen. Soustelle und seine Anhänger wurden wegen ihres Widerstandes gegen de Gaulles Algerienpolitik 1960 ausgeschlossen und arbeiteten anschließend m i t der Terrororganisation „Organisation Armée Secrète" zusammen. Entscheidend für die politische Richtungsänderung der UNR war die Fusion m i t der „Union Démocratique du Travail" (UDT) i m Jahre 1962. Dieser linke Flügel des ehemaligen RPF trat 1958 als einzige gaullistische Gruppe der UNR nicht bei, sondern konstituierte sich als eigene Partei, ging jedoch ein Wahlbündnis und eine Fraktionsgemeinschaft m i t der UNR ein. Diese Gruppierung versuchte vor allem, den Gaullismus auch unter den Arbeitern zu propagieren, u m somit die Basis der Partei zu verbreitern. I h r Ziel war (und ist auch heute noch), Frankreich eine soziale Gesellschaftsstruktur zu verschaffen, die die herrschenden Klassenunterschiede ausgleicht und somit auch die Macht der radikalen Gewerkschaften schwächen könnte. Ihre maßgeblichen Führer, René Capitant, Louis Vallon und Léo Hamon, versuchten, de Gaulles Sozialprogramm entscheidend zu beeinflussen, was ihnen aber erst nach den Maiunruhen 1968 rudimentär gelang. Durch die Fusion m i t der UNR ist allerdings ihre Bedeutung weiter geschwächt worden, so daß nach dem Tode Capitants 1970 Louis Vallon die Partei verließ, da er keine Wirkungsmöglichkeit mehr i m Sinne der ehemaligen Ziele seiner Gruppe sah. 1. Formelle Kriterien der Kandidatenselektion A r t i k e l 45 der Satzung 1 der UNR regelt die Aufstellung der Kandidaten bei Nationalwahlen: „En cas d'élections nationales, les investitures sont accordées par le Comité central, sur proposition des Unions départementales intéressées." Somit w i r d den regionalen Gruppen ebenfalls (vgl. die übrigen bürgerlichen Parteien) nur ein Propositionsrecht eingeräumt, während die i I n der Fassung von 1963; auch die 1967 revidierte Satzung bestätigt i n A r t i k e l 28, Satz 3 den angeführten Text.
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III. Die Union pour la Nouvelle République
Entscheidung über eine Nominierung i n den Händen des Zentralkomitees liegt, das sich sehr häufig über die Vorgeschlagenen hinweggesetzt hat, wie folgende exemplarische Fälle demonstrieren: W i r d für ein prominentes Mitglied der Partei ein sicherer Wahlkreis gesucht, muß sich die Union départementale diesem Votum beugen. Der bisherige gaullistische Abgeordnete steht vor der Entscheidung, Stellvertreter dieses Kandidaten zu werden oder sich zurückzuziehen. Sofern der Abgeordnete Beamter war, hat er sich dem Willen der Partei fast immer gebeugt, u m seine berufliche Karriere nicht zu gefährden. Wenig sichere oder völlig unsichere Kreise werden dagegen oft m i t örtlichen Kandidaten besetzt, die meistens die Zustimmung der Unions départementales erhalten. Zusammenfassend läßt sich bis zu den Wahlen von 1968 folgendes Verfahren feststellen: Das Comité central bzw. das von ihm beauftragte Comité d'Investitures nominiert die Kandidaten für sämtliche Wahlkreise, wobei landsmannschaftliche und soziologische Interessen berücksichtigt werden. Anschließend werden diese Kandidaten den Unions départementales mitgeteilt, die sich i n den meisten Fällen einverstanden erklären. Je weiter ein Wahlkreis von Paris entfernt ist, desto mehr finden die Vorschläge bzw. die K r i t i k des örtlichen Gremiums Gehör. Auf die Kandidaten der Région parisienne und auf die Stadt Paris haben die Unions keinerlei Einfluß. Die Kandidatenliste für Paris wurde 1967 vor ihrer Veröffentlichung General de Gaulle vorlegt, der i n einem Fall eine Änderung veranlagte, die sofort berücksichtigt wurde. Gelegentlich weigern sich die Unions départementales, m i t dem von Paris ernannten Kandidaten zusammenzuarbeiten. I m Departement Charente-Maritime wurde 1968 M. Colin vom Comité d'Investitures als Kandidat ernannt. Daraufhin investierte sofort das örtliche Parteigremium M. Rafanou als offiziösen Kandidaten und schrieb dem Bureau national, es weigere sich, den von Paris Ausgewählten zu unterstützen. M. Colin reiste trotzdem i n seinen Wahlkreis, u m den Willen des Comité central durchzusetzen. Als er jedoch auf feindliche Ablehnung seiner dortigen Parteifreunde stieß und auf keinerlei Zusammenarbeit hoffen konnte, resignierte er und zog seine Kandidatur zurück. U m diesen Wahlkreis zu gewinnen, blieb dem Comité central nichts anderes übrig, als den Vorschlag der Union départementale zu akzeptieren und Herrn Rafanou aufzustellen. Anders dagegen verlief die Opposition der örtlichen Gaullisten 1967 gegen die Kandidatur Edmonds Michelet i m Departement Finistère.
1. Formelle Kriterien der Kandidatenselektion
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Trotz der Tomaten, die die bretonischen Gaullisten gegen i h n warfen und trotz der Unterstützung für den von Paris nicht reinvestierten Abgeordneten, hielt die Parteiführung Michelets Kandidatur aufrecht und zwang schließlich die örtliche Parteileitung, sich dem Willen der Rue de Lille zu beugen. Hervorstechend für das Verhältnis zwischen dem Comité central und den örtlichen Organisationen ist der Fall des Kandidaten M. Mille i m Departement Basses-Alpes. M. Mille wurde 1968 von seinen Parteifreunden aufgestellt und Paris zur Bestätigung vorgeschlagen, da er „ u n candidat (est) qui puisse obtenir la majorité des voix et ainsi trouver un siège de plus pour la V e République. I l est le seul ici à pouvoir contrebalancer les candidatures de gauche en prenant des voix socialistes et communistes" 2 . Das Comité d'Investitures hatte dagegen J. Cabane für diesen Wahlkreis vorgesehen und war nicht bereit, nachzugeben. Daraufhin beklagte sich der Sekretär der Union départementale: „Vous devez savoir que dans les Basses-Alpes, prèsque toujours la gauche l'emporte et vous avez fait en retirant votre aide à M. Mille, le jeu de cette gauche . . . Je comprends très bien qu'en retirant l'investiture à M. Mille au tout dernier moment, vous avez pensé que celui-ci se retirerait, mais nous avons décidé de maintenir M. Mille." Das Bureau national hielt seinerseits Herrn Mille nicht für geeignet, einen harten Wahlkampf durchzustehen und bestand auf der Kandidatur J. Cabanes. Mille wurde jedoch weiterhin von seinen Freunden unterstützt, zog aber vor dem zweiten Wahlgang seine Kandidatur zurück, u m J. Cabanes politischen Gegner zu unterstützen. Gegen diese Phalanx konnte sich der offizielle gaullistische Kandidat nicht durchsetzen. I n diesem Zusammenhang sei noch ein weiteres Beispiel erwähnt: Der Parteisekretär des Departement Gard schrieb dem Beauftragten für den Wahlkampf 1968, Michel Herson: „Lorsque hier vous m'avez fait connaître les investitures données, ma désillusion fut grande 3 ." Der von Paris für den ersten Wahlkreis des Departemens vorgeschlagene Kandidat, M. Tondut, galt i n Nîmes als „unzureichend". Andererseits wurde befürchtet, da man die örtlichen Gegebenheiten besser kenne als i n der Hauptstadt, daß die Nichtwiederaufstellung von Herrn P. Jalu der UDR einen enormen Stimmenschwund bescheren würde. Diese Gründe und der massive Widerstand der Union départementale führten dazu, daß Herr Jalu schließlich doch akzeptiert wurde. 2 8
B r i e f des örtlichen Parteisekretärs an Robert Poujade, J u n i 1968. Brief des örtlichen Sécrétaire fédéral an M . Herson.
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III. Die Union pour la Nouvelle République
Auch der Vorschlag des Comité central, für den 2. Wahlkreis M. Roustan zu investieren, fand nicht die Zustimmung der örtlichen Parteifreunde: „Là nous avons frisé la catastrophe: Le candidat que vous aviez désigné et investi, M. Roustan, n'a jamais été candidat". Das Comité verzichtete nach langem Zögern auf Roustans Kandidatur, konnte sich jedoch nicht entschließen, den Wünschen der Cadres Départementaux zu entsprechen. Man einigte sich schließlich, keinen eigenen Kandidaten i m 2. Wahlgang aufzustellen, sondern den Kandidaten des CPDM zu unterstützen. Diese Beispiele zeigen, daß i n einigen wenigen Fällen die Unions départementales erfolgreich gegen die oktroyierten Kandidaten vorgehen konnten, wobei jedoch nicht zu übersehen ist, daß die gen. Wahlkreise sich i n entlegenen Gebieten befinden und auch nicht als sicher anzusehen waren. I n den meisten Fällen akzeptierten schließlich die Parteifreunde aus der Provinz die Pariser Entscheidung. „Oft rückte das örtliche Comité m i t acht Parteikameraden i n mein Zimmer und drohte, es erst zu verlassen, wenn ihr Vorschlag angenommen war. Es gelang uns jedoch fast immer, sie von unserer Entscheidung zu überzeugen. Schwierigkeiten traten nur dort auf, wo landsmannschaftliche Gesichtspunkte politische Erwägungen überdeckten", äußerte ein Mitarbeiter des Wahlkampfleiters Herson. Gelegentlich schlichten schon die Präfekten des zuständigen Departements Unstimmigkeiten, da sie dem Comité central detallierte Kenntnisse über jeden Kandidaten und über den Wahlkreis mitteilen. Unterstützt ein Präfekt den von der Union départementale vorgeschlagenen Kandidaten, revidiert i. d. R. das Comité central seine Entscheidung zugunsten dieses Bewerbers. Das gleiche t r i t t ein, wenn der Präfekt i h n nicht empfiehlt. „C'est en effet le préfet qui gagne les élections pour la Majorité" antwortete der Präfekt eines südwestfranzösischen Departements auf die Frage, welchen Einfluß er auf die Kandidatenaufstellung seines Gebietes habe. Läßt sich anhand dieser ausgewählten Beispiele demonstrieren, daß dem i n den Statuten verankerten Vorschlagsrecht der Unions départementales nur symbolischer Charakter beikommt und von innerparteilicher Demokratie keine Rede sein kann, sollen i n den folgenden Abschnitten die detaillierten Verfahrensmechanismen bei der Vergabe der Investitur analysiert werden. 2. Die Kandidatenauswahl 1958 und 1962 Obwohl die Intension dieser Arbeit i n der Analyse über die Nominierung für die Wahlen 1967 und 1968 besteht, sollen dennoch kurz die Vorbereitungen für die beiden vorangegangenen Wahlen untersucht
2. Die Kandidatenauswahl 1958 und 1962
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werden, die trotz des fragmentarischen Materials einen Eindruck innerparteilicher Willensbildung i n der Zeit hektischer Neuorganisation dieser Partei vermitteln sollen. Wie schon erwähnt, standen die Führer der neugegründeten „Union pour la Nouvelle République" zunächst vor der schwierigen Situation, eine Organisation für die Partei zu schaffen und innerhalb kürzester Zeit die Kandidaten für die Wahlen zu ernennen. Insgesamt bewarben sich 2300 Anhänger oder Mitläufer der neuen Partei bzw. des Generals de Gaulle u m ihre Aufstellung. Innerhalb eines Monats sollten die für den Wahlkampf Verantwortlichen, Jacques Baumel, Rouland, Touret und Jacques Marette, die jeweils „Besten" aus dieser großen Zahl selektieren. „Für uns ergab sich eine sehr unangenehme Aufgabe" 4 , antwortete einer dieser vier Rapporteurs, „da w i r i n unseren Büros i n der Avenue Georges nur mangelhaft eingerichtet waren und den Parteiapparat erst einmal wiederaufbauen mußten. Die Wahlen von 1958 waren daher sehr improvisiert, und w i r konnten nur hoffen, von der Begeisterungswelle für General de Gaulle zu profitieren. Unsere Kandidaten wurden von allen möglichen Gruppen vorgeschlagen, die sich zur neuen Republik und zu den Zielen des Generals bekannten; uns blieb es überlassen, zwischen den einzelnen Gruppen zu wählen und möglichst allen einige Investituren zu verschaffen. Die Cadres locaux bzw. Unions départementales waren noch i m Aufbau begriffen und machten deshalb wenig Vorschläge. I m allgemeinen griffen w i r auf bewährte Parlamentarier des RPF zurück oder stellten Mitglieder des Résistance auf, deren Qualitäten uns sehr gut bekannt waren". Diese vier unterbreiteten ihre Vorschläge einem „Comité d'Investitures", dem die einflußreichsten Kräfte der Partei angehörten: Frey, Michelet, Soustelle, Delbecque, Debré, Chalandon, Picard, Chaban-Delmas und Marcenet. Wie improvisiert die Auswahl der Kandidaten vonstatten ging, zeigt folgendes Beispiel: „Unter meinem Parteibüro i n der Avenue Georges V befand sich eine Versicherungsgesellschaft. Kurz vor Abschluß der Investituren verirrte sich ein Bekannter aus der Provinz i n meinem Büro, obwohl er die Versicherungsgesellschaft aufsuchen wollte. Da uns i n seinem Wahlkreis eine bekannte Persönlichkeit fehlte, fragte ich ihn, ob er kein Interesse habe, für die UNR zu kandidieren. Mein Vorschlag wurde nach einigem Zögern akzeptiert, und M. . . . wurde aufgestellt 5 ." Dieser Zufall blieb zwar eine Ausnahme, zeigt aber die Schwierigkeiten, vor die sich die Partei gestellt sah. 4 5
I n t e r v i e w a m 17.3.1969. I n t e r v i e w am 17.3.1969.
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III. Die Union pour la Nouvelle République
Ein anderes Problem ergab sich durch die Bewerbung etlicher Obristen aus Algerien, die hofften, aus Dankbarkeit für ihren Aufstand die Rechte der Algerienfranzosen i n der Nationalversammlung vertreten zu können. Es gelang dem Comité d'Investitures, unter Hinweis auf den Proporz m i t den übrigen Gruppen und die Stimmung i m Mutterland nur zwei zu nominieren: die Obristen Thomazo und Broizat, denn die Parteileitung wollte unter allen Umständen verhindern, von ihren politischen Gegnern als rechtsradikal gebrandmarkt zu werden; ein Teil der Wähler i m Mutterland hätte einer solchen ultrakonservativen Partei ihre Zustimmung verweigert. I n dieser Wahl gewann die Kandidatenaufstellung für Paris und seine Umgebung eine besondere Bedeutung, da die meisten Gruppen der soeben gegründeten Partei dort ihren Kandidaten sichere Wahlkreise verschaffen wollten. Das Comité central verhandelte i n dieser Frage auch m i t einigen anderen politischen Gruppen, von denen man annahm, daß sie die Politik des Generals unterstützen würden. So wollte Soustelle ein Wahlbündnis m i t Morice u n d Bidault eingehen. Trotz Soustelles starkem Widerstand weigerte sich das Comité, dieses Bündnis zu schließen; man einigte sich schließlich, keinen eigenen Kandidaten gegen Biaggi (Seine 14) aufzustellen, der sich allerdings während des Wahlkampfes auf eine UNR-Investitur berief 6 ; außerdem verzichtete das Comité d'Investitures darauf, die Position von Dides („Union nationale des ,oui' au référendum") und Baylot durch eigene Kandidaten zu schwächen. Man hoffte allerdings, daß Baylot geschlagen und der von der UDT für diesen Wahlkreis vorgesehene M. Barberot heftig gegen i h n opponieren würde. M i t diesen Konzessionen sollten die Anhänger Soustelles zufriedengestellt werden. Die Kandidaten der Unabhängigen (CNIP), die i n Paris von Frédéric Dupont geführt wurden, versuchten i n diesem Gebiet m i t den Gaullisten zu koalieren, was jedoch von der UNR abgelehnt wurde. Man erklärte sich allerdings bereit, nur einen Scheinkandidaten, M. Sabatier, gegen Frédéric Dupont aufzustellen, der sich nach dem 1. Wahlgang zurückziehen sollte; das gleiche galt auch für Lafay, gegen den Herr Vaschetti „nominiert" wurde. Nachdem diese generelle Absprache getroffen war, beschäftigte sich das Comité d'Investitures intensiv m i t der Auswahl der eigenen Kandidaten für den Pariser Raum. Vier Gruppen lassen sich feststellen, aus denen die Kandidaten für Paris und Umgebung gewählt wurden: 6
Buchaülard 4.
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Die erste Gruppe setzte sich aus den Mitstreitern des RPF zusammen, die sich bei Nichtberücksichtigung ihrer Kandidatur enttäuscht von der neuen Partei abgewandt hätten. Z u ihnen gehörten Bourriquet, Bernanosci, Calméjane, Marcenet, Mme Devauel, Habib-Deloncle, Peytel, Plazanet, Pezé, Roulland, Touret und Veyssière. Einigen von ihnen wurden Wahlkreise zugesprochen, deren Gewinnung aussichtslos erschien. Keiner dieser Kandidaten verzichtete allerdings auf den angebotenen Wahlkreis, u m bei späteren Wahlen i n einem günstigeren Wahlkreis aufgestellt zu werden, falls sie sich dieses M a l verhältnismäßig gut behaupten würden. Die zweite Gruppe umfaßte bedeutende Mitglieder der Résistance: Carter, Karcher, Le Tac, Sanson und Dreyfous-Ducas. Hinzu kamen die lokalen Honoratioren, die vor allem i m Pariser Westen dem Image der Partei förderlich sein sollten: Der Bürgermeister von Neuilly, Achille Peretti und die Ärzte Toutain und Profichet, die aufgrund ihres Berufs über einen großen Bekanntheitsgrad verfügten. Als letzte Gruppe seien die Freunde und Anhänger der gaullistischen Spitzenpolitiker erwähnt, die ihre eigene Position m i t Hilfe dieser Kandidaten ausbauen wollten: Michel Debrés Freunde Fanton und La Malène; Malleville, der von Edmond Michelet vorgeschlagen wurde; Moatti, ein Anhänger Soustelles und vier Kandidaten, die de Gaulle empfahl, darunter der spätere Minister Missoffe. Hinzu kamen noch einige hohe Ministerialbeamte wie Foccart und Guichard. Unter den Kandidaten für die Pariser Wahlkreise befinden sich acht, die von den gaullistischen „Comités ouvriers" (Lepidi und Calméjane), vom Centre Républicain oder MRP (Roulland, Peretti und Toutain) oder vom C N I (Roulland, Nungesser und Ruais) unterstützt wurden. Diese Unterstützung zeigt den Widerhall, den die gaullistischen Kandidaten bei einigen bürgerlichen Parteien fanden, während andererseits die UNR Kandidaten der Unabhängigen oder des MRP unterstützte, u m die Mehrheit i m Parlament zu verbreitern, die de Gaulles Politik billigte. Eine vergleichbare Wahlhilfe läßt sich ebenfalls bei allen folgenden Wahlen feststellen; besonders stark trat sie 1958 hervor, was auf den Wunsch aller bürgerlichen Parteien zurückzuführen ist, nach den Wirren der letzten Monate eine arbeitsfähige Parlamentsmehrheit zu schaffen. Die Wahlen i m November 1962, die durch das erfolgreiche Mißtrauensvotum gegen die Regierung Pompidou und der anschließenden Auflösung der Nationalversammlung durch den Staatspräsidenten bedingt waren, konnten besser vorbereitet werden, da sich mittlerweile ein arbeitsfähiger Parteiapparat etabliert hatte, der eine intensivere Auswahl der Kandidaten vornehmen konnte. Durch die Lösung des
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Algerienproblems hatte sich auch das Problem der Ultras bzw. der extrem rechtsgerichteten Kandidaten für die UNR gelöst, da sie zum großen Teil schon vor den Wahlen die Partei verließen. Die Partei stand gefestigt da und konnte vor allem durch das Referendum vom Oktober auf erhebliche Stimmgewinne hoffen, da die französischen Wähler schlecht das Referendum gutheißen, der Partei aber, die es unterstützt hatte, ihre Stimme verweigern konnten. Den Mitgliedern des Zentralkomitees der Partei wurde die Aufgabe übertragen, aus 2000 Vorschlägen die rund 360 gaullistischen Kandidaten auszuwählen; es wurden also nur i n Zwei-Drittel aller Wahlkreise Gaullisten nominiert. Das Comité central beauftragte m i t der Sichtung der einzelnen Personalakten Roger Frey. Unterstützt wurde er von Jacques Baumel, der für Paris und Umgebung und von Jacques Marette, der für die Provinz verantwortlich war. Die endgültige Entscheidung fiel i m Comité central. Außerdem befaßte sich die „Association nationale pour le soutien de l'action du général de Gaulle" m i t der Kandidatenaufstellung und empfahl dem Comité central verdiente Mitstreiter des „France libre" oder der Résistance; seine Leiter, Oberst Dupérier und Jean Sainteny wurden laufend gebeten, ihre Meinung zu dieser oder jener Kandidat u r abzugeben 7 . I n diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, daß i. d. R. kein Kandidat ohne die Zustimmung der regionalen „Parteifürsten" aufgestellt wurde. Niemand erhielt z. B. i m Gebiet von Bordeaux ohne das Einverständnis des Parlamentspräsidenten Chaban-Delmas die Investitur; das gleiche Verfahren findet man i n den nördlichen Departements, wo Léon Delbecque die UNR maßgeblich aufbaute und gestaltete. Grundsätzlich läßt sich feststellen, daß die nominierten Kandidaten ausnahmslos wegen ihrer absoluten Treue zum Gaullismus oder wegen ihrer Zugehörigkeit zu den militärischen Gruppen während der Besatzungszeit ausgewählt wurden. Bei diesen Wahlen konnten die Gaullisten neben der Abstimmung über die Algerienfrage noch einen weiteren Trumph ausspielen, da Staatspräsident de Gaulle zum ersten M a l sein Schweigen brach und i n einer Fernsehansprache am 7. November 1962 die französischen Wähler aufforderte, die Kandidaten des „oui" zu unterstützen. Obwohl er die UNR nicht namentlich erwähnte, wußte jeder, welche Partei de Gaulle meinte, als er sagte: „Or i l se trouve qu'en votant ,oui' en dehors d'eux et malgré eux la nation vient de dégager une large majorité de rénovation politique. Je dis qu'il est tout à fait nécessaire, pour que 1 Chariot 41.
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dure la démocratie, que cette majorité s'affermisse et s'agrandisse et, d'abord, qu'elle s'établisse au Parlament 8 ." Das Parteiorgan der Gaullisten, La Nation, konnte seinen Enthusiasmus über diese Wahlhilfe nicht verbergen und brachte als Schlagzeile: „De Gaulle: votez pour les hommes du ,oui' 9 ." Ob der General diese Erklärung ohne Bedenken abgegeben hat, ist fraglich, da ein leitender Parteifunktionär i n einem Interview erklärte, daß de Gaulle sich zunächst unter Berufung auf seine neutrale Rolle als Staatspräsident geweigert habe. Erst als die Parteispitze den General auf eine mögliche Niederlage bei den Wahlen hinwies, durch die auch sein Ansehen i n Mitleidenschaft gezogen und außerdem die Bildung einer arbeitsfähigen Koalitionsregelung unter Führung eines gaullistischen Premiers unmöglich sein würde, gab de Gaulle seine Zurückhaltung auf. I m Gegensatz zu den Wahlen von 1958 brauchte die UNR nunmehr kaum noch Rücksicht auf das Algerienproblem zu nehmen. Bewarb sich bei den ersten Nationalwahlen der V. Republik noch eine stattliche Zahl Obristen und algerischer Ultras u m eine Kandidatur, hatte sich diese Frage mittlerweile selbst gelöst, da sich diese Kreise von der UNR getäuscht sahen. Schon i m Oktober 1959 traten neun Abgeordnete aus der UNR aus 10 , da sie den Vorschlag der „autodétermination des Algériens" nicht unterstützen wollten. Die Parteileitung versuchte, diese Absetzbewegung aufzuhalten und bat dringend einige dieser Abgeordneten, ihre Entscheidung zu revidieren. A m 16.10. bekräftigte Léon Delbecque seine Treue zu General de Gaulle und bat seine kürzliche Entscheidung als „nulle et non avenue" zu betrachten 11 . Ebenso zogen Cathala, Brice und Souchal ihr Austrittsgesuch zurück. Fünf blieben jedoch bei ihrer Entscheidung und enthoben die Partei der Notwendigkeit, ihnen eine neue Kandidatur zu verweigern. Da sich J. Soustelle ebenfalls von seiner Partei getrennt hatte, brauchte das Comité d'Investitures auf seine Wünsche keine Rücksicht mehr zu nehmen. Dafür machten die Mitglieder des Comité d'Investitures ihre positive Entscheidung für eine neue Kandidatur der gaullistischen Abgeordneten davon abhängig, ob einer von ihnen dem Kabinett Pompidou am 4.10.1962 sein Mißtrauen ausgesprochen hatte. „Sauf les députés qui nous ont trahis ou qui ont été pour nous des ennemis comme députés ne furent plus réinvestis", erklärte ein Mitglied des Comité d'Investitu8 Combat vom 8.11.1962. • La Nation vom 8.11.1962.
10 A r r i g h i , Battesti, Biaggi, Brice, Cathala, Delbecque, Grasset, Souchal u n d Thomazo.
« Chariot 65.
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res 12 . Sämtliche Abgeordnete des Parlaments wurden vom Comité d'Investitures nach ihrer Haltung i n dieser Frage beurteilt. So unterstützte z. B. die UNR auch Kandidaten anderer bürgerlicher Parteien, sofern sie gegen den Mißtrauensantrag gestimmt hatten. Bei einer Analyse der gaullistischen Abgeordneten, denen 1962 vom Comité d'Investitures die Kandidatur verweigert wurde, ergeben sich u. a. folgende Resultate: I m Departement Var eroberte die UNR 1958 sämtliche vier Sitze, da i n diesem Gebiet die Anhänger des „Algérie française" besonders stark vertreten waren und den Gaullisten ihre Stimme gaben. So fühlten sich die gaullistischen Abgeordneten ihrerseits verpflichtet, die Belange ihrer Wähler massiv zu unterstützen. Als 1959 eine Änderung der Algerienpolitik des Generals bemerkbar wurde, zogen drei dieser Abgeordneten die Konsequenzen: M. Fabre (3. Wahlkreis) trat i m Dezember 1960 aus der UNR aus; M.Vittel protestierte 1961 gegen die neuen Steuern und verließ die UNR. I m März 1962 (3 Monate vor seinem Tod) brach M. Escudier m i t seinen Parteifreunden. Sein Nachfolger, German, schrieb sich als „Parteiloser" ein und unterstützte den Mißtrauensantrag gegen Pompidou, so daß die Partei bei den Wahlen einen Kandidaten gegen i h n aufstellte. Nur M. Laurin wurde von der UNR erneut aufgestellt. Gegen den gaullistischen Abgeordneten des 3. Wahlkreises von Nizza, M. Teisseire, investierte die Partei General Corniglion-Molinier, da sich der Abgeordnete als „infidèle au parti" gezeigt hatte. R. Mocquiaux unterstützte ebenfalls das Mißtrauensvotum und wurde deshalb ausgeschlossen. Als Gegner wählte das Comité d'investitures M. Flornoy aus, u m Mocquiaux, der nun als Parteiloser kandidierte, zu schlagen. Der Abgeordnete des Department Loire-Atlantique, Le Douarec, erklärte öffentlich, er werde der Regierung Pompidou sein Mißtrauen aussprechen 13. Daraufhin beschloß das Zentralkomitee der UNR Le Douarecs Parteiausschluß, wodurch auch jegliche Unterstützung für eine Wiederwahl entfiel. Bei den nichtgaullistischen Abgeordneten, die gegen die Regierung Pompidou gestimmt hatten, differenzierte das Comité central seine strikte Gegnerschaft i n einer möglichen Wahlhilfe. So stellte die UNR i m Departement Morbihan nur gegen zwei Abgeordnete eigene Kandidaten auf: gegen M. Bonnet, MRP, i n Auray und den unabhängigen M. Le Montagner aus Lorient. Zwei MRP-Abgeordnete, M. du Halgouet und P. Thuel, wurden dagegen vom Comité central unterstützt, da sie 12 I n t e r v i e w am 17.3.1969.
13 Le Monde vom 5.10.1962.
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1958 ihre Wahlkreise schon i m ersten Wahlgang sicher gewonnen hatten 1 4 . Das gleiche gilt für die drei Abgeordneten von Haute-Savoie, die den Mißtrauensantrag gegen die Regierung unterstützt hatten. Nur einer von ihnen, M.Philippe (MRP), sah sich einem gaullistischen Kandidaten konfrontiert. Philippes Position erschien der UNR i n seinem Wahlkreis nicht gefestigt genug, u m i h n nicht schlagen zu können. Anfang November 1962 veröffentlichte das Generalsekretariat der UNR die endgültige Kandidatenliste und ein Kommuniqué, das sich m i t der Aufstellung der Kandidaten befaßte. Schon i m Oktober hatte die Parteileitung wissen lassen, „Qu'elle confirme la volonté du mouvement d'assurer dans toutes les circonscriptions la victoire de la V e République" 1 5 . Damit bekräftigte die Partei — i m Gegensatz zu 1958 — das Prinzip, i n jedem Wahlkreis einen Vertreter zu unterstützen, der die Politik des Generals gutgeheißen hatte. „Les campagnes du référendum et de élections législatives seront faites sur le thème: pour ou contre le général de Gaulle." Insgesamt wurden 441 Kandidaten (einschl. der Nichtgaullisten) von der UNR den Wählern empfohlen. 362 Gaullisten wurden aufgestellt und bildeten unter der Schirmherrschaft des Kulturministers André Malraux die „Association pour la V e République". Ihnen standen 23 Bewerber zur Seite, die m i t der UNR sympathisierten: 12 Gemäßigte (MM Duchesne, de Broglie, de Sesmaisons, Weber, Delainsy, Picquot, Jacquinot, Marcellin, Mondon, Giscard d'Estaing, Delaporte und Voilquin), sechs Mitglieder des MRP (MM Le Guen, Davoust, Maurice Schumann, Halbout, Rivière und Mme de la Chevrelière), drei Radikale (MM Douzans, Renourd und Beauguitte) und zwei Parteilose (Roger und Moynet). 33 Kandidaten der UDT erhielten durch das Comité central die Investitur, darunter ihre Sprecher Louis Vallon und René Capitant. Damit berücksichtigte das Comité central nur die Hälfte der von der UDT geforderten Kandidaturen. Der Einfluß dieser Gruppe schien geringer geworden zu sein, da die Parteiführung zurecht vermutete, die Arbeiterschaft würde nach wie vor den sozialistischen Parteien oder der PC ihre Stimmen geben. Die Hoffnung, die man noch 1958 gehegt hatte, m i t Hilfe der UDT linksgerichtete Wähler dem Gaullismus zuzuführen, schien vier Jahre später zum großen Teil verflogen zu sein. Außerdem verlor die UDT nach ihrer Fusion m i t der UNR an Bewegungsspielraum und mußte sich m i t dieser geringen Zahl zufriedengeben. 14 I n Ploermel erhielt du Halgouet Stimmen.
iß Le Monde vom 11.10.1962.
4 Kempf
i m 1. Wahlgang fast 28 000 von 34 000
50
I I I . Die U n i o n pour la Nouvelle République
Gegen 23 A b g e o r d n e t e — h a u p t s ä c h l i c h A n h ä n g e r des M R P u n d der n e u g e b i l d e t e n P a r t e i „ R é p u b l i c a i n s I n d é p e n d a n t s " 1 6 s t e l l t e die U N R k e i n e eigenen K a n d i d a t e n a u f u n d f ö r d e r t e m a ß g e b l i c h i h r e n W a h l k a m p f , da sie „ o n t f a i t campagne p o u r l e , o u i ' " . U n t e r d e n 362 g a u l l i s t i s c h e n K a n d i d a t e n b e w a r b e n sich M a l 14 a m t i e r e n d e oder e h e m a l i g e M i n i s t e r ( v o n insgesamt M a n d a t . G e n e r a l de G a u l l e s o l l p e r s ö n l i c h seine M i n i s t e r S c h r i t t a u f g e f o r d e r t haben, u m i h r Prestige f ü r die U N R
z u m ersten 25) u m e i n z u diesem zu nutzen.
i« Die Unabhängigen Republikaner und ihr Verhältnis zur UNR: Gegründet wurde diese Partei unmittelbar vor den Wahlen i m November 1962 durch die Kandidaten, die nicht erneut von C N I P aufgestellt worden waren. 35 Abgeordnete gruppierten sich u m die drei „unabhängigen" Minister des ersten Kabinetts Pompidou: de Broglie, Giscard d'Estaing u n d Jacquinot. Dieser Spaltung w a r ein Beschluß des Comité directeur des C N I P voraufgegangen, daß jedem seiner Abgeordneten die Re-Investitur verweigert werde, der nicht den Mißtrauensantrag gegen die Regierung Pompidou unterstützt hatte (vgl. Le Monde v. 5.10.1962). Daraufhin traten zwei Wochen später 32 Abgeordnete des C N I P aus ihrer Partei aus u n d entschlossen sich, eigene Kandidaten aufzustellen. Nach dem ersten Wahlgang hatten die Gaullisten dieser Gruppe ihre Unterstützung angeboten u n d entschlossen sich nun, aussichtsreiche Kandidaten der „Unabhängigen Republikaner" (so hatte sich die Gruppe m i t t l e r w e i l e genannt) durch das Zurückziehen eigener Kandidaten zu unterstützen. Insgesamt gewannen 38 „Républicains Indépendants " ein Mandat. Betrachtet man die ideologische Basis der neugegründeten Partei, schälen sich zwei Grundelemente f ü r i h r politisches Programm heraus: wirtschaftliche u n d politische Stabilität u n d Liberalismus (der allerdings nirgendswo exakt definiert wird). E i n weiteres Prinzip t r i t t hinzu: Giscard d'Estaing u n d seine Freunde geben sich betont europäisch. Diese Themen werden i n dem Wahlspruch „libéral, centriste et européen" zusammengefaßt. A u f einer Pressekonferenz wurde ein Unabhängiger Republikaner gefragt, inwiefern der Ausdruck „indépendants" gerechtfertigt sei, da die Mehrheit der Wähler diese Partei n u r als Appendix der Gaullisten betrachte. M . Boisdé erwiderte: „Nous sommes des libéraux, ce q u i nous différencie de r U N R - U D T " (vgl. Le Monde v. 5.2.1964). I n Enghien bestätigten die U n abhängigen Republikaner auf ihrem Parteitag, sie w o l l t e n „loyale Partner der U N R bleiben, aber nicht deren Knechte" (vgl. Année politique 1963, S. 52). Nach dem Ausscheiden Giscards aus dem zweiten Kabinett Pompidou mehrten sich die Anzeichen einer gewissen Spannung, die sich zwischen den Regierungsparteien entwickelte. De Gaulle u n d die othodoxen Gaullisten warfen Giscard wegen seines „oui, mais . . . " I n t r i g e n gegen die P o l i t i k der Majorité vor, u m deren Ansehen zu untergraben. Giscard erwiderte auf diese Angriffe, daß seine Partei v ö l l i g selbständig sei u n d n u r den A u f t r a g ihrer Wähler innerhalb des Regierungsbündnisses zu erfüllen habe. Er verheimlichte auch nicht seine Ambitionen, nach de Gaulles Abgang für das A m t des Staatspräsidenten zu kandidieren. Seine Empfehlung an die Wähler, dem Referendum v o m A p r i l 1969 die Zustimmung zu verweigern, brachte i h n i n völlige Ungnade des Elysée Palastes. Der neue Präsidentschaftskandidat Pompidou sah sich jedoch gezwungen, den Führer dieser Partei schon vor der W a h l als künftigen Finanz- u n d Wirtschaftsminister vorzustellen, u m die Wähler der Unabhängigen Republikaner zu gewinnen. Erst nach dieser Offerte erklärte sich Giscard bereit, Georges Pompidou zu unterstützen.
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Obwohl er nach wie vor sämtliche Parteien wenig estimierte, zögerte er dieses Mal nicht, sie für seine politischen Ziele einzusetzen 17 . Außerdem wurden 25 Mitglieder aus der Zeit der Libération nominiert. Von den 1958 i m Mutterland gewählten 188 Abgeordneten winden 161 wieder aufgestellt. Insgesamt wurden 27 Abgeordnete, die 1958 unter dem Zeichen „UNR" gewählt worden waren, nicht mehr berücksichtigt. Einige von ihnen — Villedieu, de Bénouville, Thomazo, Poutier, Battesti, Biaggi, Vaschetti und Le Douarec — waren schon vorher aus der Partei ausgeschieden oder hatten das Mißtrauensvotum gegen die Regierung Pompidou unterstützt. Der Abgeordnete von Brive, Filliol, zog sich aus „Gesundheitsgründen" zurück und überließ seinen Wahlkreis Jean Charbonnel, Mitglied des Conseil national de l'UNR. M. Carbon, Stellvertreter und Nachfolger Christian de la Malènes nach dessen Ernennung zum Staatssekretär i m Informationsministerium, übergab seinen Wahlkreis wieder de la Malène, der erneut kandidierte. Außerdem wurden u. a. die gaullistischen Abgeordneten Abbé Viallet, de Kervéguen, Mazé, Grenier und Buron nicht mehr berücksichtigt; das gleiche t r i f f t für den „Hospitanten" M. Roustan zu. I n all diesen Fällen wurden Alters- oder Gesundheitsgründe für die Ablehnung angegeben. Bei den 55 wichtigen Wahlkreisen des Seinegebietes ergaben sich i n sieben Fällen Veränderungen gegenüber 1958. Spitzenfunktionäre der Partei oder von Ministern Protegierte versuchten, die bisherigen A b geordneten zu verdrängen, u m einen sicheren Wahlkreis zu erobern: M. Touret (11. Wahlkreis) wurde Roger Freys Stellvertreter und hoffte, nach der Regierungsbildung sein Mandat zurückzuerhalten. I m 24. Wahlkreis wurde der Staatssekretär für Innenhandel, Missoffe, nominiert, während der bisherige Abgeordnete, de Préaumont, gegen den abtrünnigen Vaschetti kämpfte. M. Bellec wurde empfohlen, ins 17
Z u ihnen gehörten: a) 6 ehemalige Abgeordnete, die schon v o r 1958 gewählt worden waren u n d sich i n ihren alten Wahlkreisen aufstellen ließen: Jacquinot, Unabhängiger Republikaner (Meuse), Triboulet, UNR, seit 1946 Abgeordneter des Calvados, Marcellin, Unabh. Republikaner (Morbihan), Dusseaulx, U N R (Seine-Maritime), Maurice-Bokanowski, U N R (Seine), Giscard d'Estaing, Unabh. Republikaner (Puy-de-Dôme). b) 6 ehemalige Abgeordnete, die 1958 zum ersten M a l gewählt w u r d e n : de Broglie, Unabh. Republikaner (Eure), Maziol, U N R (Haute-Garonne), Peyrefitte, U N R (Seine-et-Marne), Missoffe, U N R (Paris 17), Boulin, UNR, i n der Gironde u n d Dumas, UNR, i n Savoyen. c) Der ehemalige Senator u n d Postminister Jacques Marette. d) Roger Frey, der sich noch nicht u m ein Mandat beworben hatte.
4*
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III. Die Union pour la Nouvelle République
Departement Seine-Maritime auszuweichen und seinen Wahlkreis (29.) R. de Lavaysse zu überlassen. Der Industrieminister Maurice Bokanowski ersetzte M. Sanglier, der nun den 22. Wahlkreis einem Indépendant zu entreißen versuchte. Comte Offenbach verließ seinen Wahlkreis i m Departement Loir-et-Cher, u m den abtrünnigen M. Poutier zu schlagen (24. Wahlkreis). „Paris-Presse" bemerkte ironisch zu diesen Verschiebungen: „Les mandats parisiens comportent plus de ,grandeur' que de ,servitudes'; pas de week-ends exténuants à passer dans les trains pour visiter la circonscription; pas de souci à avoir au sujet de mille intérêts locaux divergents et tous également honorales. L'electeur parisien n'est pas exigeant. Bref, être député de Paris cela présente u n peu les mêmes avantages que d'avoir son bureau à domicile. Politiquement i l suffit de se laisser porter par la vague 1 8 ." Der UDT wurde der 3. Pariser Wahlkreis überlassen, wo René Capitant hoffte, die Mehrheit zu gewinnen. I n der näheren Pariser Umgebung bewarben sich General Billotte und M. Rochenoir für die UDT. Dem Drängen der UDT, ihrem Sprecher Louis Vallon einen Wahlkreis i n Paris zu überlassen, wurde vom Comité central jedoch nicht nachgegeben, um anderen Gruppen keinen Vorwand zu liefern, ebenfalls ähnliche Wünsche anzumelden. Als Kandidat i n EcouenGonesse bekannte Vallon anschließend freimütig, ein „parachuté" zu sein: „Le vendredi, je ne savais pas que je serais désigné un jour plus tard pour venir dans cette lOème circonscription 19 ." Wie bedeutsam die Fürsprache eines hohen Parteifunktionärs oder sogar des Staatspräsidenten sein kann, beweist der Fall des Generalkommissars für den Tourismus, Jean Sainteny, der zugleich einer der drei Präsidenten der „Association nationale pour le soutien de l'action du général de Gaulle" war. Nachdem das Comité d'Investitures seinem Wunsch, i n Paris aufgestellt zu werden, nicht entsprochen und i h m stattdessen einen Kreis i n der Provinz angeboten hatte, „bat" de Gaulle die Herren Sainteny, Dupérier und Gorce-Franklin zu kandidieren. Alle erhielten umgehend absolut sichere Wahlkreise i n Paris und Lyon 2 0 . Einige Minister legten ihren engsten Mitarbeitern ebenfalls eine Kandidatur i n einem sicheren Wahlkreis nahe. So kandidierte R. Freys Kabinettchef, G. Prioux, i n Mantes und Hubert Germain, i m 13. Arrondissement von Paris gegen J. B. Biaggi, der wegen der Algerienpolitik die UNR verlassen hatte. 18 Paris Presse vom 18.10.1962. 19 Combat vom 14.11.1962. 20 Le Monde v o m 4.11.1962; Gorce-Franklin kandidierte i n Lyon, 5. W a h l kreis.
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Ein großer Teil der nominierten Kandidaten hatte das A m t eines Bürgermeisters, Stadtverordneten oder Präsidenten des Departementsrates inne 2 1 . Da diese Bewerber i n ihrem Wahlkreis durch ihr A m t schon eine gewisse Popularität besaßen und i n den ländlichen bzw. kleinstädtischen Gebieten die persönlichen Beziehungen zwischen Kandidat und Wähler i. d. R. bei der Stimmvergabe ausschlaggebender sind als das Etikett der Partei, wurden diese Kandidaten i n einem Wahlkreis des Departements aufgestellt, wo sie schon ein regionales Mandat besaßen. Ein Mitglied des Comité central erklärt dazu: „ E n province i l faut une personalité liée à la région 2 2 ." Ein anderer Faktor scheint für die Parteileitung von nicht minderer Bedeutung zu sein. Durch ihre Wahl zum lokalen oder regionalen Vertreter konnten diese Kandidaten darauf verweisen, schon einmal genügend Stimmen für ein Mandat erhalten zu haben, u m nun ggf. bei Nationalwahlen ähnliche Gewinne verzeichnen zu können. Der Erfolg trat erwartungsgemäß ein, da fast alle der kandidierenden Bürgermeister einen Parlamentssitz erringen konnten. Versucht man die Kandidatenaufstellung 1958 und 1962 zu vergleichen, erhebt sich die Frage, ob die Verlegenheitskandidaten der „ersten Stunde" mittlerweile ihre Sitze nicht profilierteren Kräften überlassen hatten, die das Ansehen der Partei intensiver und nachhaltiger hätten bestimmen können. Kann man für die ersten Wahlen der V. Republik die Improvisation der Investitur wegen der überstürzten Reorganisation der Partei notfalls hinnehmen, wäre für die folgende Wahl eine systematische Durchforstung der Kandidaten zu erwarten gewesen, u m sie nach rein qualitativen Aspekten zu selektieren. Das Comité d'Investiture hat sich wohl auch zu Beginn seiner Tätigkeit m i t dieser Frage beschäftigt, merkte jedoch nach dem allmählichen Ausscheiden des extrem rechten Flügels der Partei, daß eine weitere Umstrukturierung andere gaullistische Gruppen der Partei entfremden könnte, auf deren Mitarbeit die Parteileitung aber großen Wert legte. So verwundert es wenig, daß nur einer minimalen Abgeordnetenzahl aus „Gesundheits- oder Altersgründen" die Reinvestitur verweigert wurde. Keiner dieser Ausgeschiedenen besaß über einen genügend starken Rückhalt bei den lokalen Gremien oder Protektion, u m sich 21
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a) Die Präsidenten der Departementsräte v o n Oise, H a u t - R h i n , Aisne u n d Haute-Saône; b) die Bürgermeister der Städte Lisieux, L a Rochelle, Lannion, Dinard, L a Châtre, Tours, Dax, Villeneuve-sur-Lot, Nogent-Le-Rotrou, B o r deaux, Arcachon, Angers, Granville, Reims, Tourcoing, Douai, Valenciennes, Calais, Séléstat, Creusot, L e Mans, Chambéry, Neuilly, Colombes, Asnières, Vanves, Meudon, Villacoublay, St. Raphael, Sens. I n t e r v i e w i m J u n i 1969.
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III. Die Union pour la Nouvelle République
energisch zu widersetzen. Hinzu kommt ein weiteres Merkmal, daß ebenso wie 1958 bei diesen Wahlen für die UNR die entscheidende Rolle spielte: Obwohl i m Mehrheitswahlsystem die Persönlichkeit des einzelnen Kandidaten i. d. R. als entscheidend für den Stimmengewinn einer Partei betrachtet w i r d 2 3 , war für die gaullistische Parteileitung ein anderer Faktor ausschlaggebend: Nicht der einzelne Kandidat war entscheidend, u m der Partei die Mehrheit i m Parlament zu ermöglichen, auch nicht unbedingt die „Union pour la Nouvelle République", sondern allein General de Gaulle. Obwohl der Staatspräsident sich immer von den Parteien distanzierte und auch die Partei seiner Anhänger öffentlich nie namentlich erwähnte, bedeutete er für die UNR die entscheidende Möglichkeit, die Wahlen zu gewinnen. Durch ihr völliges Eintreten für seine politischen Absichten und Ziele zwang die Partei den General, sich ihr zur Verfügung zu stellen (wenn auch nur auf Plakaten). Gestärkt durch die Referenden, die vor den Wahlen zur Nationalversammlung stattfanden, konnte die gaullistische Parteileitung hoffen, das Vertrauen der Wahlberechtigten ebenfalls zu gewinnen. Deshalb hielt es das Comité d'Investitures nicht für erforderlich, einen Teil seiner Abgeordneten auszuwechseln, obwohl ihre Fähigkeit nicht der eines Parlamentariers entsprach. Erst fünf Jahre später, als die Autorität des Generals durch den zweiten Wahlgang bei den Präsidentschaftswahlen gelitten hatte und kein Referendum die Wahlchancen erhöhte, sah sich das neugebildete Comité d'Investitures auf Veranlassung Georges Pompidous gezwungen, die Kandidaten sorgfältiger als bisher zu selektieren. 3. Das Comité d'Action für die Wahlen 1967 Zum ersten Mal seit ihrem Bestehen bereitete die „Union pour la Nouvelle République" bzw. „Union des Démocrates pour la République", wie sie sich seit 1966 nannte, die Wahlen zur Nationalversammlung nicht mehr — wie bisher — kurzfristig wegen der Auflösung des Parlaments vor. Sie konnte vielmehr den Wahltermin i m März 1967 lange genug vorher ins Auge fassen, u m die notwendigen Entscheidungen zu treffen. Anders als 1958 und 1962 mußte die Partei auch die Wünsche ihrer neugewonnenen Koalitionspartner, der Unabhängigen Republikaner und einiger Mitglieder des MRP oder des Centre Démocrate, berücksichtigen. Ein weiteres Element muß bei der Betrachtung dieser Vorbereitungen herangezogen werden: Die indirekte Niederlage des Generals i m 23 Duverger,
Parteien, S. 77.
3. Das Comité d'Action für die Wahlen 1967
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Dezember 1965, als er bei der Präsidentschaftswahl zum zweiten Wahlgang gezwungen wurde. Zum ersten Mal waren die Stimmgewinne für einen Gaullisten (besser gesagt für den Gaullisten) bei bedeutenden Wahlen rückläufig, was sich sofort i n der Haltung der Koalitionspartner der Majorité niederschlug. A m Abend des 5. Dezember 1965 äußerte der Präsident der Parlamentsgruppe der Unabhängigen Republikaner, Raymond Mondon, „daß die Regierung von morgen mehr diskutieren müsse", eine der wesentlichen Forderungen der Giscardiens. Ebenso äußerte sich René Capitant, der die 1962 beschlossene Fusion von UNR und UDT vorsichtig i n Frage stellte: „Le schisme serait inévitable, si l'UNR-UDT ne trouvait pas en elle-même suffisamment de force politique et de conviction morale pour faire passer dans la réalité la grande réforme que, depuis 20 ans le gaullisme a proclamé être sa doctrine sociale 24 ." So ergab sich naturgemäß die nicht sehr angenehme Rolle für die UNR, die Besetzung der Wahlkreise m i t ihren Koalitionspartnern abzustimmen, sofern sie sich an einem einzigen Kandidaten der Majorité interessiert zeigte. Außerdem meldeten die Koalitionspartner verstärkt Forderungen an, die man nicht wie 1962 leichtfertig übergehen konnte, sondern denen Rechnung getragen werden mußte. Georges Pompidou erkannte schon frühzeitig dieses Problem und versuchte, obwohl Nichtmitglied der UNR, die Vorbereitungen für die Wahlen i m März 1967 zu koordinieren, u m jeweils nur einen einzigen Kandidaten ,,V e -République" i n jedem Wahlkreis präsentieren zu können. I m Januar 1966 erklärte er vor der Presse, er halte es für außerordentlich wichtig, ein „Comité de liaison" zwischen den diversen Richtungen der Majorité zu bilden, u m die Wahlvorbereitungen effektiv beginnen zu können 25 . Die Unabhängigen Republikaner sahen grundsätzlich die Notwendigkeit eines solchen „Comité de liaison" ein, weigerten sich aber, i n allen Wahlkreisen die Einheitskandidatur der Majorité zu unterstützen. Diese Haltung ist verständlich, da die Giscardiens große Anstrengungen unternahmen, ihre Parteistruktur zu festigen und auszubauen. Je näher der Wahltermin heranrückte und je mehr die Gaullisten auf ihre Mitarbeit angewiesen waren, desto höher konnten sie ihre Forderungen schrauben. Die Linksgaullisten ihrerseits opponierten innerhalb der Regierung Pompidou und versuchten, ihr geringes Gewicht m i t dem Argument zu erhöhen, daß sie hoffen durften „attacher les 3 millions d'électeurs de gauche qui, jusque dans les rangs du parti communiste, votent envers et contre tout pour l'homme du 18 j u i n " 2 6 . 24 Notre République vom 4.2.1966. 25 Le Monde vom 14.1.1966.
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Außerdem meldete auch Edgard Pisani seine Ansprüche an, als er einen „Contrat des Républicains" veröffentlichte und sich als einen der möglichen Führer einer neuen gaullistischen Linken empfahl 2 7 . Pompidou wußte jedoch die überwältigende Mehrheit der UNR hinter sich, u m den Koalitionspartnern ihre begrenzten Aktionsmöglichkeiten klar vor Augen zu führen. A m 18. März nahm Pompidou an einer Sitzung des Comité central der UNR teil und verkündete anschließend die Schaffung eines Aktionskomitees für die kommenden Wahlen. Er beruhigte gleichzeitig sämtliche Koalitionspartner, es sei nicht an eine Fusion gedacht: „Es handelt sich nicht darum, die bestehenden Gruppen zu fusionieren, noch eine neue Partei zu gründen. Die UNR bleibt das fundamentale Element der Mehrheitskoalition von morgen 2 8 ." Die Unabhängigen Republikaner verhielten sich abwartend äußerten sich nicht.
und
A m 11. Mai tagte zum ersten Mal dieses neugebildete „Comité d'Action pour la V e République" i m Hôtel Matignon unter der Führung Georges Pompidous. Neben dem Premierminister umfaßte es 21 M i t glieder, zu denen elf Minister gehörten. Die UNR-UDT war m i t zehn Delegierten vertreten, darunter drei Linksgaullisten, die Unabhängigen Republikaner m i t fünf und die anderen Koalitionsgruppen m i t sechs29. Noch am Vorabend hatte Giscard d'Estaing verkündet, daß seine Gruppe nicht die Absicht habe, einen einzigen gaullistischen Kandidaten i n jedem Wahlkreis zu unterstützen, sondern erst nach dem ersten Wahlgang wolle man den jeweils bestplaziertesten Kandidaten der Majorité unterstützen. Das Gegenteil forderte die UNR-UDT, u m Stimmensplittings zu verhindern und somit die Kandidaten der Opposition indirekt zu unterstützen. Nach der ersten Sitzung des neugeschaffenen Comité d'Action jedoch zeichneten sich Kompromißmöglichkeiten ab und das Zögern der Koalitionspartner konnte überwunden werden. „Nous sommes . . . pour l'unité de candidature chaque fois que ce sera possible", erklärte nun Industrieminister Marcellin, Mitglied der Unabhängigen Republikaner. 26 Notre République v o m 21.1.1966; gemeint ist de Gaulles A u f r u f 18. 6.1940. 27 Chariot, Les Préparatifs (unveröffentlicht).
vom
28 Le Monde vom 24.3.1966. 29 F ü r die U N R - U D T : J. Baumel, Generalsekretär, J. Chaban-Delmas, Parlamentspräsident, M. Debré, R. Frey, Y. Bourges, Staatssekretär i m Informationsministerium, H. Rey, Präsident der Parlamentsgruppe, R. Liot, Senator, P. Billotte, R. Capitant u n d L . Hamon f ü r die U D T . F ü r die Unabhängigen Republikaner: Giscard d'Estaing, R. Marcellin, Industrieminister, J. de Broglie, Staatssekretär i m Außenministerium, R. Mondon, J. Chamant, Vizepräsident des Parlaments; außerdem L . Joxe u n d E. Pisani (Gauche
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3.1. Das Comité d'Investitures Grundsätzlich waren sich somit alle Spitzenpolitiker der diversen Richtungen der Majorité einig, an der Arbeit des Comité d'Action teilzunehmen. Sofort nach seiner Konstituierung stimmte man der Schaffung einer Untergruppe zu, die detaillierte Vorschläge für jedes Departement ausarbeiten und dem Comité d'Action zur Beschlußfassung vorlegen sollte. Vorsitzender dieses Comité d'Investitures wurde Olivier Guichard, dem Olivier Philip als Sekretär zur Seite stand. Das Comité d'Investitures setzte sich aus drei Richtungen zusammen: UNR-UDT, Républicains Indépendants und Gaullistes de gauche (d. h. die Freunde Louis Joxes und Edgard Pisanis etc.). Jede dieser Gruppen wurde durch zwei Vertreter repräsentiert: für die UNR-UDT Jacques Baumel und Gabriel Kaspereit, die Unabhängigen Republikaner Raymond Mondon und Albert Bignon, Louis Joxe und Arbelot für die Gaullistes de gauche. „Pendant nos 35 sessions nous avons examiné chaque circonscription de chaque département par ordre alphabétique. D'abord i l était nécessaire de confirmer ou de remplacer les députés sortants ou de proposer des candidats pour les circonscriptions de l'opposition 3 0 ." Grundsätzlich sollte dieses Comité den Kandidaten ,,V e -République" herausfiltern, der von allen Parteien und Gruppen der Majorité akzeptiert wurde, was schließlich auch gelang. A u f die Frage, warum die Cadres locaux (d.h. die Parteiorganisationen auf Departements-Ebene) nicht i m Comité d'Investitures vertreten waren, antwortete ein Mitglied, daß es i n Frankreich üblich sei, den Kandidaten m i t einer „doppelten Investitur" zu versehen, d.h. Paris wähle i h n aus und schlage i h n dann den Unions départementales vor, die i n den meisten Fällen zustimmen würden (d. h. müßten). Soll sich gemäß den Statuten diese Willensbildung vertikal von der Union départementale zum Bureau national vollziehen, wurde dieser Grundsatz 1967 überhaupt nicht berücksichtigt. I n einigen Regionen erhoben sich Proteste gegen die oktroyierten Kandidaten, auf die ich später eingehen werde. Zunächst wurden alle Partei-Gruppen gebeten, ihre Vorschläge dem Comité d'Investitures zu unterbreiten. Die Unabhängigen Republikaner konnten nur eine kleine Abgeordnetenzahl aufweisen; sie begründeten dies m i t dem Schisma von 1962 gaulliste); E. Faure (Radicaux gaullistes); M . Schumann (MRP); D. Rousset (Appel des 29) u n d A . Malraux. 80 I n t e r v i e w m i t einem M i t g l i e d des Comité d'Investitures am 20.3.1969.
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und hofften, dieses M a l bedeutend größere Erfolge zu erzielen. So forderten sie, rund 100 Kandidaten aufstellen zu können, was natürlich für die UNR-UDT bedeutete, sie solle einige ihrer Wahlkreise abtreten. Die „Front travailliste" und die „Front du progrès" (Gaullistes de gauche) schlugen 70 Bewerber vor, von denen allerdings 50 sich noch nicht politisch aktiv betätigt hatten. Edgard Faure empfahl fünf seiner Freunde. Nachdem alle diese Vorschläge gesammelt waren, bat das Comité d'Investitures die Präfekten u m detaillierte Auskünfte über die politischen Ansichten und den bisherigen Lebenswandel der Vorgeschlagenen. „ I I était nécessaire de prendre des personnes favorables au gaullisme et non seulement de vrais gaullistes qui n'auraient reçu qu'un certain nombre de suffrages assez limité 8 1 ." I m Gegensatz zu 1958 und 1962 legte die Partei nun keinen übersteigerten Wert mehr auf eine aktive gaullistische Vergangenheit i n der Résistance oder i m RPF. Dachte Pompidou schon an den „Nachgaullismus", als er dem Comité d'Investitures empfahl, verstärkt jüngere Kräfte der großen Staatsschulen („jeunes loups") zu berücksichtigen? Auf jeden Fall wollte sich die Partei nicht mehr ausschließlich als Appendix des Generals betrachtet wissen, sondern vor allem als staatspolitische bürgerliche Alternative zur Opposition i m Falle eines Abtritts des Generals. Diese Überlegungen mußten bei der Auswahl der Kandidaten berücksichtigt werden; sie machten i n ihrer Konsequenz auch vor den Abgeordneten nicht halt. Die Kommission begann zunächst m i t all den Wahlkreisen, die keinerlei Schwierigkeiten bereiteten, da entweder der Abgeordnete wiederaufgestellt werden sollte oder ein „guter" Kandidat aus dem Jahre 1962 zur Verfügung stand. Wahlkreise, deren Besetzung aus parteitaktischen Gründen Schwierigkeiten bereitete, wurden übergangen, und erst gegen Ende des Jahres fiel für sie die Entscheidung. Während dieser Zeit erwähnte Giscard d'Estaing bei Pressekonferenzen, daß sich seine Partei noch nicht mit der Einheitskandidatur abgefunden habe. Seine Absicht bestand darin, durch diese Äußerungen die Chancen seiner Partei bei der Wahlkreisverteilung zu erhöhen, vor allem da nunmehr das schwierige Problem der Pariser Wahlkreise und der Région parisienne zur Debatte stand. A u f Druck des Elysée Palastes enthielt sich aber Giscard ab Mitte November jeder weiteren Äußerung zu diesem Problem bis zur endgültigen Veröffentlichung der Listen. Die Position der Unabhängigen Republikaner war außerdem nicht mächtig genug, die UNR massiv unter Druck zu setzen, da diese 31
I n t e r v i e w v o m 20.3.1969.
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immerhin auf ihre 235 Abgeordneten verweisen konnte, die sich i n den meisten Fällen u m eine erneute Nominierung bewarben. 3.2. Die Auseinandersetzungen innerhalb der Majorité Während seiner 34 Sitzungen legte das Comité d'Investitures insgesamt 7 Listen dem Aktionskomitee zur Beschlußfassung vor, das diese Kandidaten-Listen zwischen dem 21. November und dem 28. Dezember 1966 veröffentlichte* 2 . Während der genannten Sitzungen hatte sich eine Fülle von Streitfällen angehäuft, die nur m i t großer Mühe, teilweise außerhalb des Comité d'Investitures, beigelegt werden konnten. Vor allem die Verteilung der Pariser Wahlkreise und die der 1964 neugebildeten Departements der Région parisienne brachte die Unstimmigkeiten, da fast alle dortigen Wahlkreise i n den Händen der UNR-UDT lagen. Die Unabhängigen Republikaner versuchten, ein Drittel der 31 Pariser Wahlkreise für ihre Anhänger zu erhalten, w e i l diese Kreise als verhältnismäßig sicher galten. Bei jeder neuen Sitzung des Comité d'Investitures soll der ständige Vertreter der Unabhängigen Republikaner, Bignon, die getroffenen Vereinbarungen i n Frage gestellt haben, u m Verbesserungen für seine Parteifreunde zu erreichen 33 . Außerdem fiel die Bemerkung, man wolle eigene Kandidaten gegen die investierten Gaullisten i n einigen Pariser Wahlkreisen aufstellen. Jacques Baumel und Gabriel Kaspereit weigerten sich, unter diesen Voraussetzungen i n der Kommission weiterzuarbeiten und konnten erst nach längeren Gesprächen Mitte November wieder zur Mitarbeit gewonnen werden. Inzwischen hatte Pompidou mit Giscard d'Estaing konferiert und ihn an die Vereinbarung über den einzigen Kandidaten „ V e République" erinnert 3 4 . Entgegen seiner Absicht entschloß sich der Premier auf Drängen Oliviers Guichards, die Listen einzeln zu veröffentlichen und nicht gemeinsam i m Januar 1967. Dadurch sollte den Giscardiens die Möglichkeit genommen werden, weiterhin Ubereinkünfte i n Frage zu stellen und den Prozeß der Investituren zu verzögern 35 . 32
A m 3.11. w u r d e die erste Liste m i t sämtlichen Wahlkreisen von 25 Departements v o m Comité d'action gebilligt; am 10.11. 20 weitere Departements, darunter 2 Kreise der Région parisienne; am 16.11. die Kandidaten weiterer 15 Departements; ab 21. November w u r d e n die Listen publiziert. A m 25.11. ratifizierte u n d veröffentlichte das Comité d'action die Listen von 14 Departements u n d Guayanna, weitere 14 am 30.11.; a m 7.12. 13 weitere m i t dem Pariser Departement Val-de-Marne; am 14.12. neben St. Pierre-et-Miquelon u n d Wallis-et-Futuna 13 Departements; a m 20.12. neun Departements u n d L a Réunion; am 28.12. schließlich die letzten 17 Departements, die K o m o doren, Guadeloupe, Martinique, Neu-Kaledonien u n d Polynesien.
33 Nouvel Observateur
vom 23.11.1966.
34 I n t e r v i e w am 20.3.1969.
35 Nouvel Observateur
vom 23.11.1966.
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Nach diesem Beschluß gaben sich Giscards Anhänger m i t einem Pariser Wahlkreis (2. und 3. Arrondissement) zufrieden, für den sie Jacques Dominati nominierten. Außerdem mußte der gaullistische Abgeordnete des Wahlkreises Pontoise, G. Aizier, sich zurückziehen 36 und seinen Kreis Michel Poniatowski überlassen. Hinzu kamen noch die Wahlkreise Courbevoie-La Garenne 36 und Yvelines, so daß die Unabhängigen Republikaner über vier sichere Wahlkreise i n und u m Paris verfügten. Ein weiterer Wahlkreis (Auxerre) wurde ihnen i m Departement Yonne (50 Kilometer von Paris) zugestanden, wo die UNR ihren Abgeordneten P. Lemarchand 36 fallen ließ und nun der Unabhängige Republikaner J. P. Soisson kandidierte. Gegenüber ihren Forderungen zu Beginn der Verhandlungen erhielten die Républicains Indépendants nur wenige Pariser Wahlkreise. Andererseits dürften sie ihre Stärke kaum überschätzt haben, und so erklärten sie sich m i t diesem Ergebnis zufrieden. Ein Teil der Linksgaullisten hatte bei den Verhandlungen keinen leichten Stand, da er gegenüber der UNR-UDT nicht als geschlossene Gruppe auftrat, sondern während der Verhandlungen stetig m i t Hilfe der Namen „Front Travailliste" und „Front du Progrès" die Unabhängigkeit dieser Grüppchen betonen wollte 3 7 . Ihre Führer hofften vor allem, i m Norden und Südwesten Frankreichs radikale, sozialistische und kommunistische Wähler anziehen zu könne. Aber das Comité d'Investitures billigte ihnen i n den nördlichen Departements keinen sicheren Wahlkreis zu, sondern nur einige m i t ungewissen Erfolgsaussichten. Die „Front du Progrès" hatte zu Beginn der Verhandlungen m i t 12 Kandidaten gerechnet, erhielt jedoch schließlich nur vier Wahlkreise für ihre Anhänger M. d'Aragon, Arnaud, Cordouin und Mercier. Edgard Faure gelang es, fünf Freunden Wahlkreise zu verschaffen, deren Wählerstruktur als einigermaßen günstig für einen Kandidaten ,,V e -République" angesehen werden durfte. Insgesamt erhielt die UNR-UDT von den 487 Wahlkreisen 348 für ihre Kandidaten, die Républicains Indépendants 83, während sämtlichen anderen gaullistischen Gruppen 56 Wahlkreise zugesprochen wurden, deren Erfolgsaussichten etwa zur Hälfte jedoch hoffnungslos waren. Wichtiger als die absolute Zahl der aufgestellten Kandidaten erscheint die Frage, ob die Kandidaten i n einem sicheren oder unsicheren Wahlkreis nominiert wurden. I m Verhältnis zu ihrer Abgeordnetenzahl nominierte die UNR-UDT zwar weniger Kandidaten, gab ihren Bewerbern jedoch zum größten Teil die Wahlkreise m i t den sichersten *« Siehe Seite 73. 37 F ü r die ehemalige U D T ergaben sich die Probleme nicht, da sich Pompidou hütete, die Fusion durch mangelnde Zugeständnisse hinsichtlich der Kandidaten i n Frage zu stellen,
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Erfolgschancen. Als Vergleich für „sichere Wahlkreise" seien hier die Ergebnisse des ersten Wahlganges der Präsidentschaftswahlen von 1965 herangezogen. Nach Jean Chariots Berechnungen 38 ergab sich, daß die UNR-UDT 26 °/o der als „schlecht" bezeichneten Wahlkreise (weniger als 30 °/o für de Gaulle) erhielt gegenüber 27,8 °/o bei den Unabhängigen Republikanern; 32,5 °/o der „guten" Kreise (mehr als 35 °/o für de Gaulle) fielen an die Gaullisten gegenüber 30,5 % für die Giscardiens. Den Linksgaullisten dagegen wurden 37,4 °/o der „ungünstigen" Wahlkreise überlassen. Der Grund, w a r u m die „Gaullistes de gauche" nicht energisch gegen diese für sie ungünstige Verteilung protestiert haben, ist vor allem i n ihrer inneren Uneinigkeit und i n der Verkennung des Wählerverhaltens zu sehen, da kaum ein sozialistischer, geschweige ein kommunistischer Wähler dieser Gruppe seine Stimme geben würde. Hinzu kommt i h r eigenes Argument, gerade diese Wählerschichten anzusprechen, was „par la force des choses" zur Nominierung i n Arbeiterwahlkreisen führte 3 9 . Georges Pompidou war es gelungen, nach mühevollen Verhandlungen m i t seinen Koalitionspartnern den „candidat de la V e -République" nominieren zu können, so daß eine Aufsplitterung der verschiedenen gaullistischen Wählerstimmen schon i m ersten Wahlgang verhindert werden konnte. Stolz verkündete er vor den nominierten Kandidaten der Majorité i m Pariser Palais des Sports 4 0 : „ I I y a des socialistes, des radicaux, des MRP, des indépendants, des jeunes et des moins jeunes, d'autres qui n'ont jamais été d'aucun parti, d'anciens fidèles compagnons et des hommes plus recemment ralliés . . . Ils viennent de tous les horizons politiques. Diversité, parce que la ,V e -République' est ouverte à tous et ne jette aucune exclusive, dès lors qu'on est d'accord sur l'essentiel, cet essentiel qui fait notre unité." 3.3. Die Differenzen in der UNR-UDT Bei der Nominierung ihrer Kandidaten für die 67iger Wahlen stützte sich der stärkste Flügel der Majorité, die UNR-UDT, auf ihre stattliche Zahl von 235 Abgeordneten 41 , deren erklärtes Ziel die Renominierung sein mußte. Da jedoch ein Teil dieser Abgeordneten ausgewechselt werden sollte, hatte das Comité central vor Beginn der Arbeit des Comité d'Investitures den früheren Postminister Jacques Marette beauftragt, m i t Hilfe von Meinungsumfragen die Beliebtheit der gaullistischen Kandidaten i n »8 Chariot , les Préparatifs. I n t e r v i e w am 20.3.1969.
40 Le Monde vom 2.2.1967. 11
Einschließlich der „apparantés".
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38 Wahlkreisen zu untersuchen, u m gegebenenfalls wenig bekannte Abgeordnete auszuwechseln 42 . Außerdem wurden acht Wahlkreise 4 3 analysiert, die von oppositionellen Abgeordneten i m Parlament vertreten wurden. 3.3.1. Die IFOP-Untersuchungen Begonnen wurden die Tests ohne Wissen der betroffenen Abgeordneten i m März 1966 und i m J u l i bzw. Oktober abgeschlossen. Diese Methode wurde bei der UNR zum ersten M a l angewandt und sollte, trotz der verhältnismäßig geringen Zahl der Befragten (jeweils 200), eine Analyse des betreffenden Wahlkreises liefern. Ursprünglich war daran gedacht, sämtliche gaullistischen Abgeordneten mit einer — i m Verhältnis zur Partei gesehen — geringen Popularität auszuwechseln. I n ein paar Fällen wurde jedoch von dieser Maßnahme abgesehen, da es zu offenem Widerstand einiger Departements (z. B. Nord) kam und diese Ergebnisse von den Betroffenen aufgrund der geringen Zahl der Befragten als nicht repräsentativ bezeichnet wurden. Bei der Auswahl der Wahlkreise, i n denen eine Erhebung stattfinden sollte, wurde Wert darauf gelegt, daß sie über ganz Frankreich verstreut waren und sich i n einem ausgewogenen Verhältnis zwischen städtischen und ländlichen Gebieten befanden 44 . Man ging von der Frage aus, welchen Bekanntheitsgrad der Abgeordnete bei seinen Wählern besaß. Dann wurde dem Befragten ein Photo des Parlamentariers vorgelegt. Aus diesen Antworten ließen sich Schlüsse auf die Popularität i m Wahlkreis ziehen. Bei der Zusammenstellung der Ergebnisse muß berücksichtigt werden, ob es sich u m einen städtischen oder ländlichen Wahlkreis handelte, da der persönliche Bekanntheitsgrad auf dem Land i m allgemeinen höher liegt als i n der anonymen Stadtatmosphäre. Ein Vergleich ergibt einen durchschnittlichen Bekanntheitsgrad von 82,9 o/o i n ländlichen Wahlkreisen und 70,5 °/o i n der Stadt. Eine interessante Ausnahme bildet ein städtischer Wahlkreis i m Departement Sarthe, wo der Abgeordnete Chapalain den außergewöhnlich hohen Prozentsatz von 88 % erreichte. I n diesem Fall fiel der Wahlkreis 42 Folgende Wahlkreise w u r d e n untersucht: Bas-Rhin 2., Beifort 1., Bouches-du-Rhône 1., Calvados 2., Côtes-du Nord 1., Dordogne 1., Doubs 1., Eure 4., Finistère 1. u. 2., H a u t - R h i n 4., Haute-Saône 2., Hauts-de-Seine 4., I l l e - e t - V i l a i n e 2., Loire 2., Loiret 4., Loire-et-Cher 1., L o i r e - A t l a n t i q u e 1. u. 7., Maine-et-Loire 3. u. 5., Manche 1., Moselle 3. u. 8., N o r d 3. u. 7., Pas-deCalais 2., Sarthe 1., Seine 4., 9., 17., 18., 22., 27., 54., Seine. M a r i t i m e 1., V a r 2., Vendée 4., Vienne 1. 43 Aveyron , Bouches-du-Rhône 2., Côtes-d'Or 1., Lot-et-Garonne 3., N o r d 6., Saône et-Loire 1. u. 2., Seine 49. 44 Insgesamt 16 ländliche u n d 22 städtische Wahlkreise (einschl. 7 Pariser Wahlbezirke).
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allerdings m i t den Stadtgrenzen zusammen. I n Marseille dagegen, wo i n sieben Wahlkreisen gewählt wird, war der UNR-Abgeordnete Marquand-Gairard nur 32 °/o der Befragten bekannt. Diese Prozentzahlen dürfen als verhältnismäßig sehr hoch angesehen werden, da die empirischen Werte für die Bundesrepublik einen Bekanntheitsgrad der Abgeordneten i m Oktober 1961 von 43 °/o nennen 45 , wobei allerdings zu beachten ist, daß i n Frankreich die Wahlkreise bedeutend kleiner sind. A u f die Frage, ob sie schon einmal m i t ihrem Abgeordneten i n persönlichen Kontakt gekommen seien, ergaben sich sowohl für die ländlichen als auch für die städtischen Gebiete nur geringe Prozentzahlen für die positiven Antworten. Die folgenden Fragen sollten über die Meinung zum Abgeordneten und zu seiner Partei Aufschluß geben 46 . Dabei zeigte sich, daß nur i n vier der 16 befragten ländlichen Gebieten die positive Meinung gegenüber der Partei höher bewertet wurde als gegenüber dem Abgeordneten. Das Gegenteil war i n den Pariser und städtischen Kreisen festzustellen, wo die Abgeordneten von sieben Wahlkreisen 4 7 eine höhere Beliebtheit erlangten als ihre Partei, die i n 15 Kreisen höher bewertet wurde. Vergleicht man diese Ergebnisse, ergibt sich folgendes Bild: I n den städtischen Gebieten lag die „bonne opinion" für die Abgeordneten bei 41,4 o/o, auf dem Land bei 52,4 °/o. Bezieht man nun dieselbe Frage auf die Partei, erhalten w i r folgende Prozente: 44,5% i n der Stadt und 43,93 o/o der Wähler i n den ruralen Wahlkreisen haben eine gute Meinung von der UNR. Während auf dem Land somit meist persönliche Beziehungen zu dem einzelnen Abgeordneten über die Stimmabgabe entscheiden, liegt i n Paris und den größeren Städten der Provinz die Entscheidung, wem die Wähler ihre Stimme geben, weniger beim Kandidaten als bei der Partei, von der er aufgestellt wird. Ein Mitglied des Bureau national bemerkte hierzu: „C'est l'étiquette qui attire les électeurs dans les grandes villes 4 8 ." A n die Fragen, ob der Abgeordnete die Interessen seines Wahlkreises ausreichend vertreten habe und ob man i n einer persönlichen Angelegenheit genügend Vertrauen habe, sich an i h n zu wenden, 45 Jahrbuch der öffentlichen 46
Meinung 1958—1964, Allensbach 1965, S. 262.
a) „Quelle opinion avez-vous d u député sortant . . . : très bonne, plutôt bonne, plutôt mauvaise, très mauvaise?" b) „Quelle opinion avez-vous de l ' U N R - U D T à laquelle appartient M . . . : très bonne etc . . . ? " 47 Es handelt sich u m : Loire 2., Seine 9., I l l e - e t - V i l a i n e 2., Sarthe 1., Doubs 1., N o r d 7., Vienne 1. 48 I n t e r v i e w i m J u n i 1969.
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); er selbst wurde Guichards Stellvertreter. I n einigen Fällen (Seine 22., Moselle 3. und 8., Seine 54., Bouchesdu-Rhône 1.) verzichtete jedoch das Comité d'Investitures darauf, die Kandidaten auszuwechseln, obwohl ihr persönlicher Index teilweise erheblich unter dem für die Partei abgegebenen lag. Die Gründe hierfür sind i n einigen Fällen i n dem freundschaftlichen Verhältnis zu einigen Mitgliedern des Comité d'action und des Comité d'Investitures zu finden. I m Departement Nord kam es i m November 1966 zu einer Revolte gegen das Comité d'Investitures, als einer der gaullistischen Abgeordneten aufgrund der Meinungsumfragen nicht wiederaufgestellt werden sollte. Die Abgeordneten des Departements — unterstützt von einigen Großindustriellen dieses Gebietes — solidarisierten sich m i t 49
Finistère 1., L o i r e - A t l a n t i q u e 7., Moselle 8. so Bouches-du Rhône 1., Doubs 1., Hauts-de-Seine 4., Moselle 3., N o r d 7., Sarthe 1., Seine 22. u. 54., Vienne 1. 5 Kempf
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ihrem Parteifreund. Daraufhin entschloß sich das Comité d'action, alle Abgeordneten dieses Gebietes zu reinvestieren, u m i n diesem wahlpolitisch umstrittenen Gebiet innerparteiliche Auseinandersetzungen zu vermeiden 51 . Gleichzeitig wurden die Wähler gefragt, ob der Kandidat der Opposition bekannter oder beliebter sei als der jetzige gaullistische Parlamentarier. Dabei zeigte sich, daß i n den ländlichen Gebieten der mögliche Oppositionskandidat sich fast der gleichen Popularität wie sein gaullistischer Gegner erfreute 52 . Geht man jedoch von der folgenden Frage aus: „Pour chacune des familles politiques (UNR, Gauche non communiste, Gauche communiste) que je vous dis, pouvez-vous me dire si vous voterez probablement, peut-être ou en aucun cas pour u n candidat leur appartenant?", so ergibt sich, daß trotz nur geringer Popularitätsunterschiede i n allen Fällen die Wiederwahl eines gaullistischen Kandidaten gesichert war. Insgesamt erklärten 62,2 °/o der Befragten 53 , daß sie einem Kandidaten der Majorité wahrscheinlich oder vielleicht ihre Stimme geben würden; 48,7 o/o waren bereit, einen Kandidaten der „Vereinigten Linken" zu wählen. A n diesen Teil der Umfrage, der sich speziell auf die Persönlichkeit des Kandidaten erstreckte, knüpfte sich eine Frage, die die Sympathie der Wähler gegenüber General de Gaulle auf der einen, gegenüber der Majorité auf der anderen Seite betraf. A u f die Frage: „ L a fait qu'un candidat soit favorable au général de Gaulle vous incitera-t-il plutôt à voter pour ou contre ce candidat?", antworteten 39,56 %>, daß sie einen solchen Kandidaten vorziehen. Ein höherer Prozentsatz ergab sich jedoch auf die zweite Frage: „Finalement le fait qu'un candidat soit favorable à l'Union pour la V e -République vous incitera-t-il plutôt à voter pour ou contre lui?": Insgesamt werteten 47,8 °/o der Befragten 54 die Zugehörigkeit zur Majorité höher als ein starkes Bekenntnis des Kandidaten zum Staatspräsidenten. Ausgelöst wurden diese beiden Fragen durch die Präsidentschaftswahlen i m Jahre 1965. Selbst i n den gaullistischen Hochburgen war der Popularitätsgrad des Generals rückläufig, was den Premierminister bei der Vorbereitung der Nationalwahlen veranlaßte, die bisher gepflegte Personifizierung der UNR mit de Gaulle gegenüber den Wählern I n t e r v i e w am 20.3.1969. Genannt w u r d e i m m e r der Oppositionskandidat, v o n dem m a n vermuten durfte, daß er i m zweiten Wahlgang gegen den Gaullisten antreten werde. 53 H i e r : aus 23 Wahlkreisen. 54 I n 38 Wahlkreisen. 62
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zu verringern, jedoch ohne von den politischen Ideen des Staatsoberhauptes abzurücken. I n einigen Wahlkreisen (städtischen wie ländlichen) weitete sich die Popularitätsschere sehr stark zugunsten der UNR-UDT aus. I m ersten Wahlkreis der Dordogne z.B. betrug der Unterschied 14,5%. Die Befragten von nur vier Wahlkreisen 5 5 , die traditionell zu den gaullistischen Hochburgen gehörten, legten auf ein Bekenntnis des Kandidaten zur Person des Generals mehr Wert als auf die Zugehörigkeit zur Regierungspartei. I n einem Wahlkreis 5 6 ergab sich der gleiche Prozentsatz (60 % : 60 %) für beide Fragen. Nicht nur die Wahlkreise, i n denen 1962 ein Gaullist gesiegt hatte, wurden von den Meinungsforschern analysiert, sondern auch acht Wahlbezirke 5 7 , i n denen bei den letzten Wahlen die UNR darauf verzichtet hatte, einen eigenen Kandidaten zu nominieren oder der politische Gegner nur knapp den gaullistischen Kandidaten geschlagen hatte. So wurden für den Kabinettchef Couve de Murvilles, M. Malaud, zwei Wahlkreise (1. und 2. Saône-et-Loire) untersucht, i n denen es 1962 keinen eigenen Kandidaten der UNR gegeben hatte. Seine später gewählten Gegner, der Sozialist Escade und der Radikalsozialist Duraffour, besaßen bei der Bevölkerung dieser Bezirke einen hohen Popularitätsgrad, der i m ersten Wahlkreis allerdings auch für Malaud zutraf (jedoch von i h m nicht aufgeholt werden konnte). A u f die Frage, ob es dem Wahlkreis dienlich sei, von einem hohen Beamten i m Parlament vertreten zu werden, antworteten i m ersten Wahlkreis 69,5 % m i t »ja" gegenüber 49,5% i m 2. Aufgrund dieser Analyse empfahl das Institut Herrn Malaud, i m ersten Kreis zu kandidieren, da dort ein Kandidat der Regierungsparteien bedeutend besser plaziert sei. 4 5 % der Befragten äußerten hier ihre Zustimmung zur Regierungspolitik (gegenüber 2 3 % i m zweiten); außerdem bekundeten 46,5% der Befragten ihre Bereitschaft, einem Kandidaten ,,V e -République" ihre Stimme zu geben. Die positive A n t w o r t auf die Frage nach dem außenpolitischen Interesse der Interviewten wurde zwar für die Empfehlung mitberücksichtigt, dürfte aber für Malauds Entscheidung kaum Bedeutung gehabt haben. Ausschlaggebend für seine dortige Investitur war — neben dem allgemeinen B i l d und der günstigeren sozialen Struktur — die Antwort, daß 47 % eine Kandidatur der Regierungsparteien begrüßen würden (gegenüber nur 24,5 % i m zweiten Fall). Nur geringe Erfolgsaussichten konnte das IFOP-Institut aus Dijon melden, wo 1962 Pierre Poujade i m ersten Wahlgang m i t 700 Stimmen ßß Sarthe 1., H a u t - R h i n 4., Moselle 3., Finistère 1. «« Moselle 8. A v e y r o n 3., Bouches-du Rhône 2., Doubs 3., Jura 1., Lot-et-Garonne 3., N o r d 6., Saône-et-Loire 1. u. 2., Seine 5. u. 49.
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unterlag. Sein parteiloser Gegner, der Pfarrer K i r , hatte es während der letzten Legislaturperiode verstanden, seine Popularität erheblich zu steigern, während Pou jade nur der Hälfte der Befragten bekannt war; hinzu kam, daß die Sozialisten bereit waren, K i r wie schon 1962 i m zweiten Wahlgang zu unterstützen. Obwohl 61 °/o der Interviewten es nicht ausschlossen, einen Kandidaten ,,V e -République" zu wählen, schien Kirs Stellung so gefestigt, daß Pierre Pou jade nur geringe Chancen eingeräumt wurden. Auch i n Marseille (Bouches-du-Rhone 2.) erschien dem Institut die Position des sozialistischen Abgeordneten Matalon ziemlich gefestigt, obwohl er 1962 i m zweiten Wahlgang seinen gaullistischen Gegner Le Tac nur knapp geschlagen hatte. Bei der UNR bewarb sich Professor Comiti u m die Kandidatur dieses Wahlkreises. Seine Aussichten wurden folgendermaßen beurteilt: „ I I semble qu'entre l'opposition de gauche tenant actuellement le siège avec M. Matalon et UNR, l'issue de la confrontation dépend (comme en 1962) d'un faible pourcentage de voix qui pour l'instant se situe au déficit de l'UNR 5 8 ." Trotz des Angebotes, i n einem sicheren Wahlkreis zu kandidieren, bestand Comiti darauf, hier nominiert zu werden, i n der Hoffnung durch persönliche Begegnungen m i t den Wählern eine Mehrheit zu gewinnen. Außerdem betrachtete das Comité d'Investitures die Wahlniederlage von 1962 als Ausnahme, da 1958 ein Gaullist diesen Parlamentssitz gewonnen hatte. Es darf jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, daß nach wie vor die Ablehnung des Algerienreferendums von 1962 auch noch 1967 i n den südfranzösischen Regionen eine nicht zu unterschätzende Rolle spielte. Bedauerlicherweise sagt das Interview über dieses Problem nichts aus; es dürfte aber die Chancen der Gaullisten ziemlich beeinträchtigt haben, wie die Wahlergebnisse anschließend zeigten. Zwei Minister des Kabinetts Pompidou, Edgard Faure und Außenminister Couve de Murville, ließen einen für sie günstigen Wahlkreis testen. Während Faure wieder i n Ostfrankreich kandidieren wollte, suchte Couve de Murville einen Pariser Wahlkreis. Beide Kreise, die für Edgard Faure analysiert wurden (sein ehemaliger Wahlkreis Jura 1. und zusätzlich Doubs 3.), erschienen dem Institut geeignet, da der gaullistische Kandidat aufgrund der günstigen sozialen Struktur und seines Amtes als Landwirtschaftsminister ein enorm hohes Ansehen bei der Bevölkerung genoß. Allerdings waren die Chancen seines Gegners Jacques Duhamel i m ersten Wahlkreis des Jura auch nicht gering, da er ebenfalls sehr populär war und dadurch Faures Wahl gefährden konnte. Die bisherigen gaullistischen Abgeordneten erklärten sich bereit, ihren Sitz dem Minister abzutreten, sofern er sie als Stellvertreter 58 Die Umfrage fand i m J u n i 1966 statt.
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akzeptiere. Der Minister entschied sich aufgrund dieser Analyse und der Kandidatur Duhamels für den dritten Wahlkreis i m Departement Doubs, da seine möglichen Gegner hier nur sehr wenig bekannt waren 5 9 . I n einem A r t i k e l der Zeitschrift „France-Jura et la Terre chez nous" versuchte Edgard Faure den Wählern zu erläutern, w a r u m er i m Wahlkreis Pontarlier-Morteau kandidiere: „ E n dehors même de nos relations très amicales avec Duhamel, le climat d'entente et d'union qui s'est créé dans le département depuis plusieurs années déjà et qui est caractérisé par mon élection unanime à la présidence du Conseil général, me semblait rendre difficile un affrontement direct et personnel . . . Par contre, je ne pense pas qu' i l y ait d'objections de principe ou d'ordre moral à ce que je puisse être appelé à représenter, à défaut de l'une des deux circonscriptions du Jura administratif, une circonscription du Jura géographique, ainsi ai-je cru pouvoir accorder u n préjugé favorable à la demande qui m'a été adressé par le député sortant Maillot et par u n certain nombre de personalités représentaives, de présenter ma candidature â Pontarlier 6 0 ." Bei diesen Überlegungen dürften auch mögliche Koalitionsverhandlungen eine Rolle gespielt haben, da die Majorité sich intensiv u m eine mögliche Unterstützung der neuen Regierung durch das „Centre démocrate" bemühte, dessen Leiter J. Duhamel war. Eine frühzeitige Brüskierung Duhamels und ein hartgeführter Wahlkampf i n seinem Bezirk hätten diese Sondierungen stark beeinträchtigt. So nominierte das Comité d'Investitures dort nur den wenig bekannten Dr. Feit. 1962 gelang es dem Gaullisten Jacques Mer, den bisherigen Abgeordneten des vornehmen 7. Arrondissements Frédéric-Dupont überraschend zu schlagen. Da nach dem Willen des Staatspräsidenten fast alle Minister kandidieren sollten, suchte das Comité d'Investitures für den Außenminister einen ziemlich sicheren Wahlkreis. Die Wähler dieses Arrondissements wurden durch eine Meinungsumfrage getestet, wie sie Couve de Murvilles Kandidatur aufnehmen würden. Insgesamt wurden zwei Umfragen durchgeführt: Die erste i m Mai 1966, die zweite ein halbes Jahr später. Während die Popularitätskurve des Zentrumskandidaten Frédéric-Dupont („le député des concierges" 61 ) konstant blieb, stieg Couves Beliebtheit innerhalb von sechs Monaten stark an, so daß sich schließlich beide die Waage hielten. I m allgemeinen schien dieser Wahlkreis für den Außenminister verhältnismäßig günstig, da die Mehrheit der Befragten die Politik der Regierung guthieß (39 °/o der Wähler lasen die regierungsfreundlichen Blätter „ L e Figaro" und ß® Faures Popularität Gegner.
betrug
60 Combat vom 25.11.1966. «1 Express vom 2.1.1967.
56%
gegenüber
1 6 % bzw.
15%
seiner
70
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„Paris-Match") und ein Fortbestehen der jetzigen Regierung wünschten. Andererseits hatte es Frédéric-Dupont verstanden, sich trotz seiner Niederlage i m Jahre 1962 intensiv u m diesen Wahlkreis zu kümmern und eifrige Kontakte zur Bevölkerung zu pflegen. Seine Initiativen wurden u m so bereitwilliger aufgenommen, da Jacques Mer sich kaum u m dieses Arrondissement gekümmert hatte. Uber den möglichen Wahlausgang äußerte sich das Institut sehr vage, da es i m zweiten Wahlgang darauf ankomme, wem die sozialistischen Wähler ihre Stimme geben würden. „En conclusion, on peut souligner les progrès dans l'esprit du public du 7 e m e arrondissement, de la cote de M. Couve de Murville et de sa bonne audience parmi les milieux les plus cultivés. Cependant, la position actuelle de Frédéric-Dupont apparaît forte et s'il se présente, l'enjeu sera disputé 62 ." Inwieweit die Auswertung der Umfragen das Comité d'Investitures bei seinen Entscheidungen beeinflußte, läßt sich nur schwer feststellen. I n drei Fällen verzichtete man darauf, Abgeordnete m i t geringer Popularität zu nominieren, obwohl zu bezweifeln ist, daß allein ihre mangelhafte Popularität entscheidend war. Für die Parteileitung war durch diese Umfragen jedoch die Möglichkeit gegeben, jederzeit eine genaue Kontrolle über die A k t i v i t ä t des einzelnen Abgeordneten i n seinem Wahlkreis auszuüben. Die Mehrzahl der gaullistischen Parlamentarier jedoch äußerte ihren Unwillen über diese Methode, da sie ohne ihr Wissen durchgeführt wurde. Dieser K r i t i k wurde vom Comité central entgegengehalten, daß die Sondierungen innerhalb der Wahlkreise der Partei ein allgemeines Stimmungsbild der Wählerschaft über die Politik und die Abgeordneten der Regierungspartei liefern sollten. Da es sich u m einen ersten Versuch handelte, waren sich die Verantwortlichen dieser Methode über ihre Mängel durchaus i m klaren. Es wurde aber angedeutet man beabsichtige, dieses System zu verfeinern und zu vertiefen, u m es evtl. bei kommenden Wahlen auf die meisten Wahlkreise auszudehnen. 3.3.2. Die nicht wiederaufgestellten
Abgeordneten
Wie schon i n einem der vorhergehenden Kapitel kurz erwähnt, ergaben sich Differenzen innerhalb der Regierungsparteien nicht nur durch die Verteilung der einzelnen Wahlkreise auf Linksgaullisten, Gaullisten, Unabhängige Republikaner und Parteilose, sondern auch durch die Nichtnominierung etlicher Abgeordneter, was teilweise sogar zu Spaltungen und Gegenkandidaturen führte 6 3 . 62 P e r Außenminister w u r d e m i t r u n d 500 Stimmen Differenz i m 2. W a h l gang geschlagen. I m Bureau national erklärte man, daß ein T e i l der Wähler, die das Wochenende i n ihren Landhäusern verbracht hatten, durch einen Stau auf der Autobahn daran gehindert wurden, noch rechtzeitig ihre Stimme f ü r Couve de M u r v i l l e abzugeben.
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A u f den sieben veröffentlichten Listen befinden sich die Namen von 282 Parlamentariern 6 4 , die schon 1962 gewählt wurden bzw. als Suppléants nachrückten. Dagegen verweigerte die Partei 33 Abgeordneten die Re-Nominierung: 29 Mitgliedern der UNR-UDT Parlamentsgruppe, drei Unabhängigen Republikanern und einem Parteilosen. Vier der 29 Gaullisten versuchten als Stellvertreter verhältnismäßig unbekannter Abgeordneter, denen kaum eine Chance auf ein Ministeramt eingeräumt werden konnte, ihre Niederlage zu kaschieren 65 . Die Zahl der nichtberücksichtigten Abgeordneten (11,66%) erscheint verschwindend gering, bedenkt man, daß bei der Bundestagswahl 1969 i n der BRD fast ein Drittel der Abgeordneten nicht mehr kandidierte. Die Gründe, die zu dieser minimalen Ablösung führten, sind verschiedener A r t : Wie schon angedeutet, wich die Bereitschaf der UNRUDT, einen größeren Teil ihrer Abgeordneten auszuwechseln, dem zunehmenden Druck ihrer Koalitionspartner, mehr sichere Wahlkreise zu erhalten. Hinzu kommt, daß — abgesehen von der Région parisienne — die örtlichen Gegebenheiten besonders berücksichtigt werden mußten. Meinungsumfragen hatten ergeben, daß die Wähler i n den entfernt gelegenen Provinzen einem anderen gaullistischen Kandidaten sehr oft ablehnend gegenüberstanden. Außerdem gelang es etlichen A b geordneten nach massiver Aktivierung sämtlicher Beziehungen zu einzelnen Ministern und höheren Parteifunktionären, erneut i n ihrem Wahlkreis zu kandidieren. Der Parteileitung mußte bei diesen Wahlen daran gelegen sein, Unruhe i n den Wahlkreisen zu vermeiden, u m den oft nur knappen Vorsprung zu halten. Nur i n Gebieten, wo sich die örtlichen Parteimitglieder gegen die Abgeordneten ausgesprochen oder wo die Partei m i t einem sicheren Sieg rechnen konnte, mußten Abgeordnete auf ihre Kandidatur verzichten. Offiziell wurde auf einer Pressekonferenz, die der Sekretär des Comité d'Investitures Olivier Philip abhielt, erklärt, daß sich die o. g. Abgeordneten aus Alters- bzw. Gesundheitsgründen zurückgezogen und das Comité nicht u m eine erneute Kandidatur gebeten hätten 6 8 . Bei einer genauen Betrachtung der einzelnen Fälle lassen sich jedoch verschiedene Motive erkennen: „Nous n'avons pas réinvesti tous les députés qui étaient trop vieux ou fatigués, ensuite tous qui n'avaient pas de chance d'être réélus, qui ne s'étaient pas occupés de leur « Siehe das K a p i t e l „Die Dissedenten", 75. 64 Darunter 230 U N R - U D T u n d Apparentés, 35 Unabh. Republikaner, 11 Centre démocrate, 5 Parteilose, 1 Rassemblement démocratique. 65 Die Herren Saintout, Orabona, Berthelleau, Houcke.
66 Combat vom 30.12.1966; Le Monde vom 30.12.1966.
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circonscription et qui ont voté contre le gouvernement — bref les mauvais candidats", äußerte ein Mitglied des Comité d'action 67 . Insgesamt zehn Abgeordnete zogen sich aus Gesundheits- bzw. Altersgründen von ihrem Wahlkreis zurück. Ein Teil ging freiwillig, wie General Bourgund, obwohl er vom Comité d'Investitures gebeten wurde, erneut zu kandidieren oder wie der Abgeordnete Albert Görge, der m i t 83 Jahren die Assemblée nationale verließ. „Dès le début de 1966 j'avais décidé et fait connaîre qu'en raison de mon âge je ne serais en 1967 n i candidat n i suppléant 68 ." Ein Parlamentarier verzichtete offiziell aus. gesundheitlichen Gründen auf seine Nominierung. Der wahre Grund dürfte aber darin zu suchen sein, daß er als Suppléant nach dem Tod Herrn Falalas sen. ins Parlament einrückte. Der Abgeordnete Richards machte ebenfalls die o. g. Gründe geltend, obwohl die örtlichen Parteifreunde sich seiner Nominierung widersetzt hätten; inwieweit seine Hautfarbe dabei eine Rolle spielte, läßt sich nicht definitiv feststellen.. Der Abgeordnete Fric wurde von Giscard d'Estaing nicht erneut aufgefordert, sein Suppléant zu werden und verzichtete nicht zuletzt wegen seines Alters auf eine Kandidatur. I n einem Fall suchte ein ehemaliger Mitarbeiter des Ministers R. Frey, M. Garnet, einen sicheren Wahlkreis. Nach einigem Suchen entschied er sich für den Kreis Nogent, den bisher Herr Durlot i n der Assemblée nationale vertrat. Dieser erklärte sich nach einer Unterredung m i t dem Comité d'action bereit, sich „aus Altersgründen" zurückzuziehen. I n einigen anderen Fällen berief sich das Comité d'Investitures ebenfalls auf die genannten Begründungen. Es muß jedoch betont werdén, daß diese Gründe nicht zutreffen: Fast alle Abgeordneten, die i m Laufe der Legislaturperiode ihr Mandat durch den Tod eines 1962 gewählten Parlamentariers (dessen Suppléant sie gewesen waren) erhalten hatten 6 9 , mußten auf eine Wiederwahl verzichten. Der Abgeordnete der Unabhängigen Republikaner, M. Plantain, der nach dem Tode des Herrn Duchesne nur kurze Zeit dieses A m t besessen hatte, mußte seine Kandidatur zurückziehen, da man i h m vorwarf, sich nicht genügend u m seinen Wahlkreis gekümmert zu haben. Drei Abgeordnete wurden aufgrund der mangelhaften Popularität, die durch die erwähnten Meinungsumfragen ermittelt worden waren, gebeten, sich zurückzuziehen. M. Evrard zweifelte diese Begründung an und kandidierte als Parteiloser gegen den ehemaligen Minister Edmond I n t e r v i e w am 17.3.1969. «8 Umfrage i m März 1969. 69 Die Herren Orabona^ Dèltimple, Raület u n d Plantain.
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Michelet. M. Tirefort 7 0 wurde das gleiche vorgeworfen; nach längeren Auseinandersetzungen verzichtete er schließlich nach einem Besuch beim Premierminister auf seinen Wahlkreis. Bei der Umfrage des Verfassers erklärten einige der nicht nominierten Abgeordneten, sie hätten sich aus beruflichen Gründen von der aktiven Politik zurückgezogen. Die Recherchen ergaben jedoch, daß sie sich nicht genügend u m die Belange ihres Wahlkreises gekümmert hatten und i n fünf Fällen sich die örtlichen Parteifreunde gegen sie stellten. Das Comité d'Investitures kam diesen Wünschen bereitwillig nach, vor allem i m Fall des Wahlkreises Longjumeau bei Paris, wo ein Mitglied des Comité d'Investitures den bisherigen Abgeordneten ersetzen wollte. Dieser gab seinen Sitz erst frei, als seine berufliche Karriere i m staatlichen Rundfunk i n Frage gestellt wurde. Die Cadres départementaux andererseits widersetzten sich der Kandidatur eines Gaulliste de gauche; die Auseinandersetzung konnte erst abgeschlossen werden, als General de Gaulle persönlich intervenierte und den Botschafter Barberot bat, dort zu kandidieren. U m den Unabhängigen Republikanern einige sichere Wahlkreise i n der Région parisienne zu bieten, forderte das Comité d'Investitures zwei Gaullisten auf, sich zurückzuziehen. M. Saintout wurde als Begründung seine Wahlniederlage bei den Kommunalwahlen i m Jahre 1965 genannt. Trotz seiner Proteste gegenüber dem Premierminister und der Presse blieb es bei dem Beschluß und seinen Wahlkreis (20. Arrondissement) erhielt ein Gaulliste de gauche. M. Brousset überließ „schweren Herzens" seinen Wahlkreis dem Républicain Indépendant M. Dominati: „Ce sacrifice me fut très cruel. Je l'ai fait par discipline 7 1 ." Beide Abgeordnete wurden jedoch anschließend m i t einem hohen A m t i m Staatsdienst „entschädigt". Die Entführung des marokkanischen Politikers Ben Barka veranlaßte das Comité d'Investitures, den Abgeordneten des Wahlkreises Auxerre, Herrn Lemarchand, aufzufordern, auf eine erneute Kandidatur zu verzichten, u m durch seine Verwickelung i n diese Affäre die Partei nicht zu kompromittieren 7 2 . Sein Wahlkreis wurde M. Soisson überlassen, u m den Forderungen der Unabhängigen Republikaner entgegenzukommen, die i n dieser Region einen Sitz verlangt hatten. I n einem Fall wurde der Abgeordnete des Jahre 1962, M. Durbet, durch seinen Suppléant M. Ramey, Bürgermeister von Nevers, ersetzt, erklärte sich jedoch erstaunlicherweise bereit, seinerseits dessen Ersatzmann zu werden. 70 Berufs-Offizier. 71 Umfrage i m März 1969. 72
L'Humanité vom 29.12.1966.
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Ein fast amüsanter Fall ereignete sich i m Departement Somme, wo das Comité d'Investitures dem bisherigen Abgeordneten Dr. Heitz die Investitur gewährt hatte. Fünfzehn Minuten vor Schließung der Wahllisten erschien Dr. Heitz m i t seinem Stellvertreter Massoubre beim Präfekten und verzichtete auf seine Kandidatur, so daß automatisch sein bisheriger Suppléant offizieller Kandidat und er selbst von diesem als Stellvertreter deklariert wurde. Der Präfekt weigerte sich, diesen Wechsel ohne die Zustimmung der Parteileitung, die völlig ahnungslos war, vorzunehmen und telegraphierte den Fall nach Paris. Dort entschloß man sich, Dr. Heitz' eigenmächtiges Handeln zwar nicht zu billigen, aber man mußte Massoubre unterstützen, da sonst kein Gaullist i n diesem Wahlkreis (Somme 2.) kandidiert hätte. Dr. Heitz begründete seinen plötzlichen Sinneswandel m i t seiner angegriffenen Gesundheit. So verschiedenartige Motive i n den einzelnen Fällen zur Nichtwiederaufstellung geführt haben, i m Gegensatz zu den Wahlvorbereitungen des Jahres 1962 läßt sich erkennen, daß kaum ein Abgeordneter auf seinen Wahlkreis verzichten mußte, w e i l er sich „disziplinlos" (d.h. gegenüber der Regierung) verhalten hatte. Da i n den meisten Fällen der örtlichen Parteiorganisation bei der Kandidatenauswahl das Mitspracherecht verweigert wurde und sie die Beschlüsse aus der Hauptstadt nur konstatieren konnte, ist ein Widerstand gegen ortsfremde Abgeordnete, die sich kaum u m ihren Wahlkreis gekümmert haben, durchaus verständlich, obwohl das Comité d'Investitures dieses M a l vorsichtiger als 1962 taktierte und i n einigen Fällen die örtlichen Wünsche — sofern sich seine Interessen damit deckten — berücksichtigte. I m allgemeinen wurden die scheidenden Abgeordneten von einem Mitglied des Comité d'Investitures über ihre Nichtnominierung informiert. Teilweise ergaben sich sehr erregte Debatten, die i n einigen Fällen nur m i t Hilfe des Premierministers beigelegt werden konnten. Eine Rolle bei der Nominierung ihres Nachfolgers spielten bis auf eine Ausnahme die ehemaligen Parlamentarier nicht, unterstützten jedoch nach einigem Zögern diesen bei seinem Wahlkampf 7 3 . A u f die Frage „qu'on fait les militants de votre circonscription"? antworteten ausnahmslos alle, daß sich ihre Parteifreunde i m allgemeinen den Beschlüssen des Comité d'Investitures gebeugt hätten. Folgende A n t w o r t schildert treffend diese Situation: „Iis ont été du côté du plus fort, de celui qui ,arrosait 4 , qui avait des moyens et devant qui toutes les portes s' ouvraient 7 4 ." 73
General Bourgund schlug dem Comité d'Investitures seinen Nachfolger vor, der auch akzeptiert wurde. 74 Umfrage v o m März 1969.
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Andererseits darf jedoch nicht vergessen werden, daß einige Cadres locaux sich gegen das Comité d'Investitures durchzusetzen vermochten und an ihrem bisherigen Kandidaten festhielten, wie der Fall des Herrn Danel i n einem nordfranzösischen Departement beweist. Da sich i n den meisten o. g. Fällen die Abgeordneten jedoch zu wenig u m die Belange ihres Wahlkreises gekümmert hatten, durften sie über die Reaktion ihrer örtlichen Parteifreunde nicht erstaunt sein. 3.3.3. Die Dissidenten Als Reaktion auf ihre Zurücksetzung schlossen sich einige der o. g. Abgeordneten m i t Kandidaten der Wahlen des Jahres 1962, deren Wahlkreis dieses M a l durch einen anderen Gaullisten repräsentiert werden sollte, gegen die Investierten ,,V e -République" zusammen. Vier Abgeordnete der letzten Legislaturperiode kandidierten gegen die offiziell nominierten Kandidaten der Majorité: Roger Evrard gegen Edmond Michelet (Finistère 1.), A r t h u r Richards gegen Jean Valleix (Gironde 1.), E. Pezé gegen Gerard-Dèprez (Hauts-de-Seine 5.) und Plantain, der i m dritten Wahlkreis des Departement Calvados als „unabhängiger liberaler Zentrist und Europäer" kandidierte. Neben diesen Einzelaktionen kristallisierten sich auf DepartementsEbene verschiedene Gruppen nichtberücksichtigter ehemaliger Kandidaten heraus, die sich ebenfalls u m das Mandat ihres früheren Wahlkreises bewarben. Die erste Gruppe konstituierte sich i m Departement Tarnet-Garonne u m den ehemaligen gaullistischen Abgeordneten Camille Bégué. 350 seiner Anhänger beschlossen spontan, eine unabhängige gaullistische Partei zu gründen, den ,,Club-V e -République" 7 5 . Bégué wurde per Akklamation ihr Vorsitzender und kandidierte i n seinem ehemaligen Wahlkreis gegen den offiziell nominierten Dr. Bonhomme. Einge Tage später wurde Bégué von der Commission nationale de l'UNR ausgeschlossen und die örtliche gaullistische Parteiorganisation für aufgelöst erklärt. Eine weitere Gruppe „ L e Comité de coordination des gaullistes de l'Hérault pour la nouvelle République" scharte sich u m den Abgeordneten von 1958, Cerf-Lurie, und befürwortete seine Nomiriierung. Die Linien ihres „Parteiprogrammes" lassen sich folgendermaßen umreißen: Unterstützung der Außenpolitik de Gaulies, wirtschaftliche und soziale Reformen, vermehrte innenpolitische Demokratisierung 7 6 . Mitte Januar 1967 gelang es C. Draillard, der ebenfalls i n seinem Wahlkreis Limoges keine erneute Investitur erhalten hatte, die meisten Vereinigungen der „Dissidents gaullistes" zum „Centre national pour 7« Le Monde vom 6.12.1966. 76 Combat vom 4.1.1967.
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la V e -République" zusammenzuschließen, zu dessen Gründungsmitgliedern auch R. Evrard gehörte. „Je n'accepte pas la dictature de Baumel. C'est à mes électeurs de me juger et non à un état-major parisien", erklärte er i m Express. Draillard motivierte die Gründung des „Centre national" m i t dem Ziel, „de rassembler à titre individuel toute personne morale ou physique de tout mouvement se déclarant favorable à l'action du général de Gaulle . . . Nous cherchons à amender la majorité et i l n'est donc pas question, au second tour, que nous nous désistions en faveur de l ' U N R " 7 7 . Der Vorstand dieses neugebildeten Komitees hoffte, ungefähr 100 Kandidaten aufstellen zu können, davon allein 30 i n der Région parisienne. A u f die Angriffe des Bureau national der UNR, die Abtrünnigen würden i m Grunde nur versuchen, die Gaullisten zu spalten, die Wähler irrezuführen und die Verhältnisse der IV. Republik wiederherstellen zu wollen, antwortete Bégué: „Nous refusons que le député soit nommé par le pouvoir central, comme u n préfet. Nous entendons que le mandataire du peuple souverain demeure un élu, comptable de ses votes devant ses commettants et devant sa conscience, conformément à l'article 27 de la constitution qui interdit le mandat impératif 7 8 ." Es gelang dem „Centre national" jedoch nicht, alle zurückgewiesenen Abgeordneten und Dissidenten unter seinen Fahnen zu vereinigen (so verzichteten G. Aizier und L. Bourgeois auf diese Hilfe). I n Korsika stützte sich der nicht wiederaufgestellte Gaullist Sammarcelli auf die besonderen Gegebenheiten seiner Heimat und hoffte auf weitgehende Unterstützung gegen den vom Comité d'Investitures nominierten Bürgermeister von Bastia, Faggianelli. General de Bénouville, Dissident i n Fougère, mietete für seine Wahlpropaganda einen ganzen Zirkus mit 20 000 Plätzen und trat während der Vorstellung auf, u m seine Wahlreden halten zu können 7 9 . Insgesamt versuchten 55 abtrünnige Gaullisten, durch ihre Kandidatur als „Unabhängige" gegen die Entscheidungen des Comité d'Investitures zu protestieren; 30 von ihnen schlossen sich den „Centre national" an. Ihre Erfolge waren jedoch minimal; nur einem einzigen, Raymond Guilbert (Manche 1.), gelang es, einen offiziellen gaullistischen Kandidaten, C. Lepourry, zu schlagen. Die anderen konnten die Positionen ihrer gaullistischen Gegner nicht erschüttern; 17 der 23 Nachfolger der o. g. Nichtnominierten gelang es, ins Parlament gewählt zu werden. Trotz ihrer geringen Bedeutung scheinen die genannten Reaktionen erwähnenswert, u m die Verstimmung der regionalen Gruppen einer 77 Aurore vom 16.1. und Combat vom 20.1.1967. 78 Combat vom 9.1.1967. 7« Quest-France vom 10.2.1967.
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straff zentralistisch geführten Partei gegenüber einem kleinen Gremium der Pariser Parteispitze zu verdeutlichen. Sogenannten Protestkandidaten ist es auch i n einem Mehrheitswahlsystem nahezu unmöglich, erfolgreich zu sein, sofern sie sich gegen die offiziell Investierten bewerben, die den Vorzug besitzen, neben der Personalalternative zusätzlich eine Sachalternative zu bieten; außerdem gibt der Wähler i. d. R. seine Stimme nur solchen Kandidaten, die eine reelle Chance besitzen, gewählt zu werden. 3.4. Kriterien für die Nominierung 3.4.1. Der Kandidaten Als A n t w o r t auf die Frage: „ A u f welche Gesichtspunkte führen Sie es zurück, daß das Comité de'Investitures Sie nominierte?", erhielt der Autor eine solche Fülle von Erklärungen, Deutungen und Rechtfertigungen, daß es unmöglich erscheint, einen generellen Nenner zu finden. Zunächst wurde auf die erfolgreiche Tätigkeit i m Parlament verwiesen, die eine erneute Nominierung rechtfertige; oder auf die persönlichen Bindungen und den Einfluß i m betreffenden Wahlkreis, so daß das Comité d'Investitures den Abgeordneten berücksichtigen mußte, u m nicht eine Wahlniederlage zu riskieren. Rund 40 °/o sämtlicher Kandidaten der Majorité führten diese Motive als hauptsächlichen Grund für ihre erneute Kandidatur an. Die Parteileitung selbst hatte i n einer Mappe „Services et Méthodes", die jedem Kandidaten der Majorité als Wahlunterstützung dienen sollte, einige grundsätzliche Kriterien genannt, wie ein Kandidat der Majorité profiliert sein sollte: Neben den selbstverständlichen Voraussetzungen, gepflegtes Äußeres und guter Redner, werden als Hauptmerkmale für die Aufstellung sein „Einfluß" i m Wahlkreis genannt. I n der Regel versucht die Parteileitung, Bürgermeister oder Vertreter der Departementsparlamente für eine Kandidatur zu gewinnen, da diese nicht erst „aufgebaut" werden müssen. Hinzu t r i t t , daß sämtliche Kandidaten „verantwortliche und fähige Politiker sein sollen, die sich der nationalen Probleme annehmen und als Kandidaten General de Gaulles Politik vertreten" 8 0 . Wenn auch das Comité d'Investitures die Kandidaten der Majorité unter sehr verschiedenen Gesichtspunkten selektierte, schälte sich zumindest ein Grundelement bei allen Kandidaten heraus: Ihre Verbundenheit m i t den Zielen der Politik des Staatspräsidenten. Alle Befragten führten neben den o. g. Gründen ihre langjährige Zugeso Dossier du candidat V e-République, Tome I, C, vademecum technique 4,
S. 4.
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hörigkeit zur RPF oder zur UNR für ihre Nominierung an. A u f dieser Basis bauen sich weitere Elemente auf, die für eine Berücksichtigung i n den diversen Wahlkreisen maßgebend waren. 1967 berücksichtigte das Comité d'Investitures auf Drängen des Premierministers noch einen weiteren Gesichtspunkt, der bei den Wahlen 1958 und 1962 kaum eine Rolle gespielt hatte, da die Partei noch nicht i n sich genug gefestigt war und man teilweise aus Verlegenheit auf diesen oder jenen Gaullisten zurückgreifen mußte. Bei dieser Wahl aber versuchte Pompidou, die politischen Kader zu verjüngen. Eine verhältnismäßig große Zahl (rund 40) ehemaliger Schüler des „Institut des Sciences Politiques" oder der Verwaltungshochschule „Ecole Nationale d'Administration" wurden gebeten, die Farben der ,,V e -République" i m Wahlkampf zu vertreten. Oftmals waren diese Kandidaten nur unter Druck bereit, zu kandidieren 8 1 , und es gab erhebliche Auseinandersetzungen mit den örtlichen Parteifunktionären, die ihre eigenen Hoffnungen auf Nominierung eigener Bewerber begraben mußten. „L'essentiel reste", schreibt Duverger dazu i n „Le Monde", „qu'on offre à une société renouvelée des cadres politiques également renouvelés, alors que l'adversaire s'accroche aux cadres anciens." Pompidous Überlegung erscheint taktisch verständlich, da die Partei zum ersten Mal nicht auf die altbewährten verdienten Gaullisten zurückgreifen wollte, sondern sich als moderne, dynamische Partei den Wählern präsentieren wollte. Bei dieser Taktik war es weniger bedeutsam, wo diese Technokraten nominiert, als daß sie überhaupt aufgestellt wurden. I n den meisten Fällen darf man sie aber als „Kamikazes" bezeichnen, da sie i n Wahlkreise geschickt wurden, die mit Sicherheit an die Opposition fallen mußten. So kandidierte u. a. Jacques Mercier i n Château-Chinon gegen den Führer der Linksföderation, François Mitterand, und Paul Theeten gegen Guy Mollet. Je jünger diese Kandidaten waren, desto geringer war ihre Chance, gewählt zu werden, da sie meist den Vorsprung des Kandidaten der Opposition kaum gefährden konnten. So kandidierte M. Vie, 31, z. B. i n Carcassonne gegen den sehr beliebten Sozialisten Jules F i l oder M. Baby, 32, gegen Gilbert Faure i n Foix (Ariège). I n der Presse tauchte die Frage auf, ob die UNR aus Mangel an örtlich namhaften Persönlichkeiten auf diese „jeunes loups" zurückgreifen müsse. Dagegen sprechen aber die schon erwähnten Gründe; außerdem sollte diesen jungen Kräften eine Gelegenheit zur Bewährung gegeben werden, u m ihnen bei späteren Wahlen sichere Wahlkreise anvertrauen zu können. si Le Monde vom 14.12.1966.
3. Das Comité d'Action für die Wahlen 1967 3.4.2. Die Haltung
der „cadres
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départementaux "
I n einigen Kapiteln ist schon auf den Widerstand der örtlichen Parteiorganisation („cadres locaux" oder „cadres départementaux") hingewiesen worden, der den Pariser Entscheidungen besonders bei den Wahlen des Jahres 1967 entgegenschlug, da genügend Zeit zur Vorbereitung, zur Diskussion und zu Protesten der einen oder anderen Seite blieb. Sobald eine Kandidatenliste vom Comité d'Action veröffentlicht wurde, erhoben sich i n den einzelnen Departements Proteste gegen die Entscheidungen des Comité d'Investitures. I n Soissons hielt das Comité d'Action an seinem Kandidaten fest 82 , obwohl sich die Cadres locaux gegen i h n stemmten; das gleiche galt für einen Wahlkreis des Departement Finistère. I n beiden Fällen verweigerten die örtlichen Parteispitzen dem Kandidaten jegliche Unterstützung, wagten jedoch nicht, einen eigenen aufzustellen, da die örtlichen Funktionäre m i t einer Maßregelung durch das Zentralkomitee rechnen mußten. I n Chartres wurde M. Gerbet auf Wunsch der Unabhängigen Republikaner nominiert, obwohl sich die Cadres locaux und die UNR gegen ihn stellte, „parce que l'on le trouvait très peu gouvernemental". Da sich aber keine geeignete örtliche Persönlichkeit fand, mußte er schließlich von allen Beteiligten akzeptiert werden. (1968 wurde er nicht nominiert, gewann aber als Parteiloser die Wahl.) In%wei Fällen zogen sich die offiziell Investierten nach zahlreichen Protesten der Ortsgruppen „pour des raisons de santé" zurück. So entschloß sich das Comité d'Action nach dem Rücktritt von Herrn Joncquoy (Nord 6.), den ehemaligen Abgeordneten Van der Meersch wieder zu unterstützen, der schon als Parteiloser kandidierte 8 3 . Ebenfalls wurde Dr. Maridet, von 1958 bis 1962 gaullistischer Abgeordneter, nach dem Verzicht des offiziellen Kandidaten, J. Pligot (Allier 1.), von der UNR unterstützt, u m diesen Wahlkreis nicht an die Opposition zu verlieren 8 4 . G. Gorce, Botschafter i n Algerien, soll seinen Wahlkreis „Boulogne-Billancourt" während einer Kabinettssitzung unter dem Vorsitz des Staatspräsidenten am 13.12.1966 erhalten haben m i t der lakonischen Bemerkung: „Allez donc à Boulogne-Billancourt, monsieur l'Ambassadeur. Les socialistes y sont aimés. Et vous fûtes u n peu socialiste 85 ." Diese Einzelfälle verdeutlichen drastisch die mangelhafte Kooperation zwischen der Parteispitze und den regionalen Organisationen, von 82 83 84 85
M. Tranié. Le Monde v o m 11.12.1966. Ebd. v o m 4. 2.1967. Express v o m 2.1.1967.
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III. Die Union pour la Nouvelle République
denen zwar eine Wahlkampfunterstützung der Investierten erwartet, ein Mitspracherecht aber i n dem einzigen für sie relevanten Bereich von Bedeutung kategorisch versagt wurde. Demokratische Selektion der Kandidaten als Ausdruck innerparteilicher Demokratie existierte nur i n Ansätzen auf dem Papier; i n der Realität wurde der für die Administration vorherrschende Zentralismus auch auf den Bereich der Investitur übertragen, u m den oligarchischen Führungsorganen den ausschließlichen Einfluß zu ermöglichen. 3.4.3. Die „Parachutés " Die größten Auseinandersetzungen zwischen den Ortsgruppen und dem Comité d'action riefen die sogenannten „Parachutés" hervor, d. h. Kandidaten, die ohne jegliche Beziehung zu ihrem Wahlkreis dorthin entsandt wurden. I n den meisten Fällen übernahmen sie die sicheren Bezirke nicht re-nominierter Abgeordneter. Edmond Michelet wurde der Wahlkreis Roger Evrards i n Quimper zugeteilt. Zwei Tage vor der offiziellen Bekanntgabe seiner Kandidatur erklärte er i m „Le Télégramme de Brest": „Je ne serai pas candidat. Je n'ai pas d'attaches dans le département 86 ." U m so erstaunter waren die örtlichen Gaullisten, die nach wie vor Evrards Kandidatur unterstützten, als ihnen mitgeteilt wurde, daß Michelet doch kandidiere. Inzwischen wurde er nämlich vom Premierminister aufgefordert, die dortige innerparteiliche Opposition zu überwinden. Bei seiner A n k u n f t empfing i h n ein Hagel „gaullistischer" Tomaten, und man überklebte seine Wahlplakate. Erst nach energischen Demarchen Pompidous erklärten sich die örtlichen Funktionäre zur Mitarbeit bereit. I n nicht allen Fällen war die Reaktion derart stürmisch; aber keiner der Parachutés wurde i n seinem Wahlkreis mit offenen Armen empfangen. Einem ehemaligen General wurde ein Wahlkreis i m Departement Alpes-Maritimes zugewiesen, obwohl ihn nur eine Kandidatur i n Paris interessierte. „Si je n'avais pas été d'accord, on n'aurait pas eu de circonscription favorable pour moi", entgegnete er auf die Frage, warum er als Parachuté kandidiert habe 87 . Schwierigkeiten m i t dortigen Parteifreunden konnten aber bald überwunden werden. Befragt, ob die örtlichen Parteianhänger sofort nach Bekanntwerden der Nominierung den „candidat-parachuté" unterstützt hätten, konnte nur ein einziger zustimmend antworten 8 8 . Wenn auch die Exzesse wie i n Quimper i n den übrigen Wahlkreisen unterblieben, verhielten sich die Gaullisten des betreffenden Departements i m allgemeinen ab86 Express vom 2.1.1967. 87 I n t e r v i e w i m J u n i 1969. 88 M . Marie (Basses-Pyrénées, Bayonne).
3. Das Comité d'Action für die Wahlen 1967
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lehnend gegenüber den oktroyierten Kandidaten, „parce qu'ils avaient leurs propres candidats" oder „n'étant pas de la région, je gênais le jeu des investitures qui ne pouvaient se dénouer, car i l y avait trop d'intrigues et d'ambitions personnelles" 89 . Da jedoch zwischen Veröffentlichungen der Listen und den Wahlen fast drei Monate lagen, blieb dem Comité d'action genügend Zeit, die aufgebrachten Freunde zu beruhigen, wobei man sich nicht scheute, einigen Beteiligten berufliche Konsequenzen anzudrohen. I n fast allen Auseinandersetzungen sahen sich die Cadres locaux nach wenigen Wochen gezwungen, die Entscheidung des Hôtel Matignon zu akzeptieren und die Wahlkampagne zu unterstützen. Da jedoch zwischen Veröffentlichung der Listen und den Wahlen saßen und i m allgemeinen i n ausgesprochen sicheren Wahlkreisen kandidierten, durften sie außer auf eine große Stammwählerschaft auch auf die persönliche Wahlhilfe des Premierministers hoffen; hinzu trat, daß sie den Wählern versprechen konnten, die Belange ihres Departements i n Paris gegenüber den Ministerien besonders energisch zu vertreten. Somit erübrigt sich die Frage, ob diese ortsfremden Kandidaten zu Stimmverlusten führen konnten. Die IFOP-Untersuchung ergab, daß i. d. R. die Wähler bereit waren, dem Kandidaten ihr Vertrauen zu geben, der die Belange seines Wahlkreises besonders erfolgversprechend vertreten könne. Die Wahlergebnisse bestätigen dies, da i n keinem der Wahlkreise, i n denen diese Kandidaten aufgestellt wurden, die Majorité Stimmverluste erlitt. Die Cadres locaux dieser Bezirke waren sich ihrer Ohnmacht durchaus bewußt, was nicht zuletzt die geringe Unterstützung der abtrünnigen Gaullisten i m Wahlkampf beweist. Andererseits mußten sie sich fragen, ob durch ihre Opposition gegenüber den Pariser Entschlüssen nicht ihre eigene Stellung als Bürgermeister oder Conseiller général gefährdet wurde. Aus diesem Grunde ist es nicht verwunderlich, daß sie sich schließlich dem oligarchischen Parteiapparat beugten. 3.4.4. Die Ministerkandidaturen I n diesem Zusammenhang bedarf noch ein anderes Problem einer genaueren Betrachtung, da es sich von der Problematik der „parachutés" nur geringfügig unterscheidet: die Kandidatur der einzelnen Minister. I m Jahre 1958 stand de Gaulle einer Kandidatur seiner Minister ablehnend gegenüber, u m sich auch auf diesem Gebiet von den politischen Parteien zu distanzieren. Vier Jahre später revidierte er seine Haltung und gestattete den meisten Ministern zu kandidieren. 89 Umfrage i m März 1969. 6 Kempf
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III. Die Union pour la Nouvelle République
Als i n den Vorbereitungen für die Wahlen des Jahres 1967 die Meinungsumfragen ein Absinken des gaullistischen Stimmenanteils voraussagten, bat der General auf Vorschlag seines Premiers alle 28 Minister und Staatssekretäre, für die Majorité zu kandidieren. Bis auf zwei Ausnahmen, Kulturminister Malraux und Sozialminister Jeanneney, der Pompidous Vorschlag, i n Grenoble gegen Mendès-France zu kandidieren, ablehnte 90 , suchten daraufhin alle übrigen günstige Wahlkreise und verhandelten m i t den bisherigen Abgeordneten. Das Ziel dieser ministeriellen A k t i o n sollte weniger eine rechnerische als psychologische Wirkung sein, da ein Minister i m allgemeinen über einen größeren Bekanntheitsgrad verfügt als ein lokaler Kandidat. Pompidou empfahl seinen Ministern, i n denjenigen Wahlkreisen zu kandidieren, wo die bisherige gaullistische Mehrheit laut Umfragen gefährdet sei, da ein Minister als politische Wahllokomotive bekanntlich erheblich mehr Stimmen gewinnen könne, zumal dann, wenn er seinen Wählern eine bessere Berücksichtigung der Interessen ihres Wahlkreises i n den einzelnen Ministerien zusagen könne. Die einzelnen Wahlkreise wurden den Ministern vom Comité d'Investitures vorgeschlagen, wobei spezielle Wünsche nach Möglichkeit berücksichtigt wurden. Fast jede Region wurde m i t einer oder mehreren Ministerkandidaturen bedacht; jedoch blieben die landsmannschaftlichen Gesichtspunkte des Kandidaten i n fast allen Fällen unberücksichtigt. Man könnte also die Kandidaturen der Minister ebenfalls unter dem Begriff der „parachutés" fassen, jedoch ist zu bedenken, daß die o. g. Parachutés i n ihren Wahlkreisen völlig unbekannt waren, während ein Minister dem größten Teil seiner Wähler bekannt sein mußte. U m Schwierigkeiten m i t den bisherigen Abgeordneten und den örtlichen Parteispitzen aus dem Wege zu gehen, akzeptierten die Minister sie als „Suppléants", u m ihnen auf diesem Umweg — i m Falle ihrer erneuten Ernennung zum Kabinettsmitglied — einen sicheren Sitz i m Parlament zu garantieren. I n einigen Fällen waren ohnehin die bisherigen Vertreter des betreffenden Wahlkreises nur durch die Ernennung des 1962 Gewählten zum Minister zu ihrem Parlamentssitz gelangt, so daß sie sich verpflichtet sahen, 1967 wieder sein Stellvertreter zu werden und i h m den Wahlkreis „anzubieten", andernfalls wäre ihnen eine Reinvestitur verweigert worden. Monsieur Souchal bot — nach eigenen Angaben — seinen Wahlkreis Meurthe-et-Moselle 1. Minister Fouchet an „pour des raisons régionales", u m m i t dessen Hilfe die Opposition i m eigenen Lager auszuschalten, die m i t seiner ®o Bei den Wahlen 1968 kandidierte er jedoch i n Grenoble gegen MendèsFrance.
3. Das Comité d'Action für die Wahlen 1967
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erneuten Kandidatur nicht ganz einverstanden war. Als Suppléant zog er nach den Wahlen wieder ins Parlament ein, da Fouchet ein Ministeramt übertragen wurde. Schwierigkeiten ergaben sich bei all diesen Verhandlungen nicht, da es etliche Abgeordnete als große Ehre betrachteten, Stellvertreter eines Ministers zu werden. Nur i n einem Fall äußerte ein „Suppléant" seine Verstimmung über diese Methode. Da er seinen eigenen Wahlkreis i n der Région parisienne „pour des raisons de lutte et de marchandage entre tendances" an einen anderen Kandidaten auf Wunsch des Comité d'Investitures abtreten mußte, schlug der Premierminister i h m vor, Suppléant eines Ministers i n einem anderen Kreis („totalement inconnu de moi") zu werden. I h m blieb keine andere Wahl, da er sonst auf jegliche Kandidat u r hätte verzichten müssen. („Le premier ministre fit pression à la fois sur le ministre et sur moi-même.") Nur zwei Ministern gelang es nicht, ihren Wahlkreis zu erobern: Couve de Murville und Armeeminister Messmer, der i m Departement Morbihan kandidierte. Daß für Staatspräsident de Gaulle ein Wahlmißerfolg keinen Einfluß auf die Ernennung zum Minister hatte, beweisen beide Fälle, da die Herren bei der Kabinettsneubildung wieder i n ihren Ä m t e r n bestätigt wurden. Das teilweise außerordentlich gute Abschneiden aller übrigen Minister bewies die Richtigkeit der These Pompidous über die Anziehungskraft eines Ministers auf die Wähler und sicherte der Majorité etliche Wahlkreise, die ohne „ministerielle Hilfe" wahrscheinlich an die Opposition gefallen wären 9 1 . 3.5. Die nichtgaullistischen Kandidaten I n den o. g. Kapiteln wurde öfter die Bedeutung der nichtgaullistischen Kandidaten erwähnt, die auf Vorschlag des Premierministers die Unterstützung der Gaullisten genossen. 3.5.2. Die Républicains
Indépendants
Zahlenmäßig an erster Stelle standen die Unabhängigen Republikaner, denen es unter der Führung des ehemaligen Finanzministers Giscard d'Estaing gelang, 83 Wahlkreise für ihre Parteifreunde zu erhalten. Noch i m Februar 1966 hatte Giscard beabsichtigt, Kandidaten i n 150 Wahlkreisen zu nominieren vor allem dort, wo die UNR-Abgeordneten m i t Schwierigkeiten rechnen mußten. 91 Joxe (Rhône 4.) gewann seinen Wahlkreis m i t weniger als 500 Stimmen; Chirac (Corrèze 3.) u n d B o u l i n (Gironde 9.) m i t weniger als 1000, Guéna (Dordogne 1.) m i t fast 2000 Stimmen Vorsprung.
6*
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III. Die Union pour la Nouvelle République
Bei einer der ersten Sitzungen des Comité d'Investitures fragte ein Vertreter der UNR seinen Kollegen der Unabhängigen Republikaner ironisch, ob er überhaupt eine Liste m i t 150 qualifizierten Namen vorweisen könne. I n der Tat mußten die Républicains Indépendants zu Beginn der Verhandlungen — gemäß der Aussage ihres Wahlkampfleiters 9 2 — m i t erheblichen Schwierigkeiten kämpfen, da ihre Parteistruktur noch i n den Anfängen steckte und die örtlichen Parteigruppen sich erst seit dem Frühjahr 1966 konstituiert hatten. Deshalb konnten von den örtlichen Funktionären nur i n sehr geringem Maße Kandidatenvorschläge kommen, die bei der Ernennung der Kandidaten für die m i t den Gaullisten ausgehandelten Wahlkreise nur eine minimale Rolle spielten. Stützen konnte sich die Parteileitung einerseits auf die bisherigen Abgeordneten, die seit 1962 m i t den Gaullisten koalierten, und andererseits auf ihre Bürgermeister und Departementsräte. Fast alle 1967 gewählten Unabhängigen Republikaner besaßen neben ihren Abgeordnetenmandat noch eine regionalpolitische Funktion. Giscard d'Estaing wandte sich i m Frühjahr 1966 während seiner Frankreichrundreise bewußt gegen „le parachutage, erreur fondamentale de l'UNR" und versprach, nur solche Kandidaten zu ernennen, die „représentants authentiques des régions" seien 93 . Dieses Versprechen war u m so leichter zu geben, als die neugeschaffenen Parteigruppen i n den Regionen kaum Fuß gefaßt hatten und keinerlei Forderungen stellen konnten. Während die UNR teilweise erhebliche Schwierigkeiten bei der Kandidatennominierung zu überwinden hatte, verlief die Selektion bei den Républicains Indépendants bedeutend reibungsloser (die Fälle der Nichtnominierung einiger Abgeordneter wurden schon erwähnt). Bei den Sitzungen des Comité d'Action ergaben sich i n einigen wenigen Fällen Schwierigkeiten zwischen den Koalitionspartnern, da weder der eine noch der andere den für den Wahlkreis vorgeschlagenen Kandidaten zu akzeptieren bereit w a r 9 4 . I n vier Fällen sah sich die UNR veranlaßt, einen neuen Kandidaten zu präsentieren, u m auch die Zustimmung der Republikaner zu finden, die sonst m i t einem Gegenkandidaten drohten; die Indépendants mußten einen Kandidaten zurückziehen (der anschließend als Parteiloser kandidierte), da er sich öffentlich von der Politik de Gaulles distanziert hatte. Die Kandidaten der Républicains Indépendants wurden ausnahmslos vom Zentralkomitee der Partei nominiert, das die Selektion seinem »2 I n t e r v i e w a m 24. 3.1969.
»3 France moderne vom Juni 1966. 94 u . a. Ardèche 2.
3. Das Comité d'Action für die Wahlen 1967
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Wahlleiter M. Chinaud übertragen hatte. Eine politische Willensbildung der Mitglieder oder der örtlichen Gruppen wäre trotz der erst kürzlich erfolgten Gründung möglich gewesen und hätte den Einfluß einer kleinen Gruppe von Spitzenfunktionären eingeschränkt. Aufgrund der fragmentarischen Organisation regten sich gegen die Entscheidungen dieser Führungsgruppe nur geringe Proteste, die jedoch keinerlei Einfluß auf das Geschehen nehmen konnten. Das Problem dieser oligarchischen Entscheidungen läßt sich vielleicht durch den Satz eines prominenten Mitglieds des Comité central etwas aufhellen: „ W i r sind noch eine so kleine Partei, daß jede K r i t i k an unseren Entscheidungen — bevor sie i n die Öffentlichkeit gelangt — i m eigenen Bereich diskutiert und geklärt werden kann 9 5 ." 3.5.2. Unterstützte
Kandidaten
des MRP
Schon bei den Wahlen i m Jahre 1962 hatten die Gaullisten — neben den Unabhängigen Republikanern — einige weitere Kandidaten unterstützt, die nicht für den Mißtrauensantrag gegen die Regierung Pompidou gestimmt hatten. Fünf Jahre später entschloß sich die Parteileitung zum gleichen Schritt, da Meinungsumfragen ergeben hatten, daß die Stellung dieser Abgeordneten außerordentlich gefestigt war und einem Gaullisten keinerlei Chance eingeräumt werden konnte. „Bevor w i r einen Sitz an die Opposition fallen lassen, unterstützen w i r lieber den nichtgaullistischen Kandidaten, der bereit ist, unsere Politik i m Parlament zu unterstützen", wurde dem Verfasser i m Bureau National erklärt. Gleichzeitig ergab sich für diese Kandidaten die Möglichkeit, m i t Unterstützung der Gaullisten ihre eigene Stellung zu behaupten bzw. auszubauen. Eine Kandidatin äußerte, daß sie 1962 und 1968 ohne gaullistische Wahlhilfe eine Niederlage erlitten hätte; 1967 jedoch habe dieses Wahlbündnis ihre Chancen beeinträchtigt, „car la majorité de mes électeurs n'est pas inconditionnelle". Den größten Teil dieser Wahlbündnisse ging die UNR m i t einigen Mitgliedern des ehemaligen MRP ein, das sich seit 1966 dem „Centre Démocrate" Lecanuets angeschlossen hatte. Zehn Mitglieder dieser Gruppe konnten auf Unterstützung der UNR rechnen 96 . Vor allem i n der Bretagne und i n Ostfrankreich hofften die Gaullisten m i t Hilfe dieser Zentrumskandidaten, Mandate zu gewinnen, die i n der Assemblée nationale m i t ihnen koalierten; außerdem sollte ein Stimmensplitting •5 I n t e r v i e w am 24.3.1969. M m e de la Chevrelière (Niort), M l l e Dienesch (Loudéac), L e Guen (Guingamp), L e h n (Molsheim), Maurice Schumann (Tourcoing), Bizet ( A r r a n ches), de Chambrun (Lozère), Chapuis (Vienne 1.), Bonnet (Auray), Chauvet (Aurillac).
86
III. Die Union pour la Nouvelle République
zwischen den bürgerlichen Parteien vermieden werden, das der Opposition zum Erfolg verholten hätte. Neben diese rechnerischen Erwägungen trat der Gedanke, die gaullistische Partei auch anderen kleinen bürgerlichen Parteigruppen zu öffnen, u m einerseits die eigene Basis i n der Wählerschaft zu vergrößern, andererseits eine Polarisierung des politischen Parteilebens auf diesem Weg zu beschleunigen, da m i t Hilfe der o. g. Gruppe die A t t r a k t i v i t ä t der UNR für weitere Anhänger des „Centre Démocrate" steigen mußte 9 7 . Joseph Fontanet, Generalsekretär des MRP, wandte sich nach Veröffentlichung der Kandidatenlisten der Majorité scharf gegen dieses Bündnis seiner Parteifreunde: „Les instances du MRP ont décidé que c'est dans le cadre du Centre démocrate, créé par Lecanuet après le scrutin présidentiel, que nos hommes et nos équipes participeraient aux élections. Le MRP, en conséquence, n'accordera aucune investiture particulière. Une minorité de députés MRP ne suit pas les directives nationales et accepte l'investiture de la V e -République . . . Cette minorité s'est placée en dehors de notre mouvement . . . (et) nous critiquons nos camarades 98 ." Ein formeller Parteiausschluß wurde jedoch nicht verhängt, und 1968 kandidierte dieselbe Gruppe erneut unter den Zeichen der Majorité. Welchen Vorteil erhofften sich die MRP-Abgeordneten von diesem Zusammengehen mit den Gaullisten, nachdem die eigene Parteiführung ihr Vorgehen scharf mißbilligt hatte? Übereinstimmend antwortete man 9 9 , daß sich keine andere Möglichkeit für die Gemäßigten ergab, wenn man eine arbeitsfähige Regierung befürworte, die i m Einvernehmen m i t dem Staatspräsidenten eine „nationale und realistische Politik" führe. Für die Zentrumsabgeordneten sei bei dem heutigen Wahlsystem kein Platz, und die einzige Chance, die Politik der Regierungspartei zu beeinflussen, sei, m i t ihr zusammenzuarbeiten. „C'était (la Majorité) la seule formation politique capable de devenir majoritaire, donc de gouverner le pays et d'éviter les crises de la I V e République." I n ähnlichem Sinne äußerten sich auch die fünf parteilosen Abgeordneten de Rocca-Serra, Cousté, Hunault, Frys und Royer und auch der Vertreter des Rassenblement Démocratique, Victor Sablé ( . . . „parce que le style de la politique du général de Gaulle me convient et qu'elle concorde avec mes propes idées"), die sich nach den Wahlen als 97 A l s Beweis f ü r diese These erlaube ich m i r , auf die Präsidentschaftswahlen 1969 zu verweisen, bei denen ein großer T e i l des CPDM den gaullistischen Kandidaten unterstützte.
»s he Monde vom 26.12.1966. 09
Umfrage v o m März 1969.
4. Die Vorbereitungen für die Wahlen im Juni 1968 Hospitanten der UNR bzw. den Unabhängigen Republikanern schlossen.
87 an-
Dieser Konsens i n den politischen Ansichten dürfte für die genannte Abgeordnetengruppe nicht allein ausschlaggebend gewesen sein, unter dem Zeichen ,,V e -République" zu kandidieren 1 0 0 , sondern mindestens ebenso wichtig war das rechnerische K a l k ü l , da man auf die Popularität des Staatspräsidenten i n diesen Gebieten bauen durfte, dessen Politik man i m Parlament zu unterstützen bereit war. Jedoch besitzt dieses Argument nur begrenzte Aussagekraft, da i n einem F a l l 1 0 1 der Kandidat — nach eigenen Angaben — Stimmverluste aufgrund der Wahlunterstützung durch die Majorité erlitt, i n einem weiteren F a l l 1 0 2 sogar von einem zentristischen Parteifreund geschlagen wurde, „car i l eut mieux valu dans ma circonscription avoir l'investiture centriste pour être élu". 4. Die Vorbereitungen für die Wahlen im Juni 1968 4.1. Die allgemeine Situation nach der Auflösung der Nationalversammlung A u f dem Höhepunkt der Maiunruhen verkündete Staatspräsident de Gaulle am 30. Mai 1968 die Auflösung der Assemblée nationale und gab als Termin für die Neuwahlen den 23. und 30. Juni an. M i t diesem Schritt folgte der General einer Aufforderung seines Premierministers, dem Volk die Verantwortung für das Verbleiben einer gaullistischen Regierung zu übertragen oder eine generelle Änderung der herrschenden Mehrheitsverhältnisse — und damit ggf. einen Rücktritt de Gaulles — herbeizuführen. Gleichzeitig hoffte Georges Pompidou, auf Grund der immer weiter u m sich greifenden Furcht bei den bürgerlichen Wählern eine stabile Mehrheit i m Parlament zu erreichen. Die seit den Wahlen i m März 1967 amtierende Regierung war i n ihren Entscheidungen und Parlamentsabstimmungen fast immer auf die Zustimmung ihrer Koalitionspartner oder auf einige parteilose Abgeordnete angewiesen. I m Juni 1968 ergab sich jedoch für die Regierung und die gaullistische Parteiführung eine ideale Möglichkeit, diesem Druck der Koalitionspartner zu entgehen und das Ergebnis der bisher einzigen „normalen" Wahlen m i t Hilfe der verkündeten Auflösung zu revidieren. 100 Eine Ausnahme bildete M . Royer, der nicht unter diesem Zeichen kandidierte u n d v o n der U N R deshalb den Wählern n u r „empfohlen" wurde, während i n den anderen Fällen eine massive gaullistische Wahlunterstützung zugunsten der o. g. Kandidaten einsetzte. 101 Niort. 102 Côtes-du-Nord.
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III. Die Union pour la Nouvelle République
Bisher hatten die Gaullisten ihre größten Wahlerfolge nach einem Referendum und nach einer Auflösung des Parlaments verzeichnen können. Auch während der dritten Legislaturperiode bedrängte eine sehr einflußreiche Parteigruppe den General, nach den Präsidentschaftswahlen Neuwahlen auszuschreiben, was jedoch zurückgewiesen wurde. Während die Wahlen und der Wahlkampf i m Jahre 1967 lange vorbereitet und die Interessen der einzelnen politischen Gruppierungen der Majorité hinsichtlich der Kandidatenaufstellung ausreichend diskutiert und koordiniert werden konnten, verblieben den Parteien i m Juni 1968 nur knapp drei Wochen für sämtliche Vorbereitungen. Für die Gaullisten ergaben die Ereignisse des Mai 1968 die Notwendigkeit, ihren Wahlkampf dieses M a l ohne das Prestige des Generals führen zu müssen und sich nur auf die „Verteidigung der Republik und ihrer verfassungsmäßigen Ordnung" zu konzentrieren. Hatte schon 1967 Pompidou erkannt, daß ein allzu starkes Werben m i t und für den Staatspräsidenten der Partei nur wenige Vorteile einbrachte, da sie dem Wähler gegenüber als selbständiger politischer Faktor auftreten müsse, wurde ein Jahr später diese Erkenntnis durch die Ereignisse noch weiter untermauert. Die Parteileitung stellte zum ersten Mal seit Bestehen der UNR die eigene Partei mehr i n den Vordergrund des Wahlkampfes als de Gaulle. Die UDR versuchte, sich den Wähler als politische Alternative und als Garanten der Stabilität zu präsentieren, sollte de Gaulle eines Tages abtreten müssen. „C'est extrêmement simple: nous estimons que cette crise a fait apparaître le danger pour la République et les l i b e r t é s . . . " , erklärte Pompidou 1 0 3 . „ I I s'agit de savoir si on est pour ou contre ce communisme totalitaire. Je n'ai pas besoin de dire que nous sommes contre et prêts à faire face au danger et pour cela à faire appel à tous les citoyens, à tous les hommes politiques qui sont prêts à préparer avec nous l ' a v e n i r . . . Nous mettrons ces élections sous l'éclairage qui est celui de la grande majorité de la population." Durch diese Taktik versuchte Pompidou, das Vakuum zu füllen, das viele Franzosen bei einem möglichen Rücktritt des Generals befürchteten. 4.2. Gespräche zwischen den Führern der Majorité Sofort nach Verkündung der Parlamentsauflösung bat Pompidou den Führer der Unabhängigen Republikaner, Giscard d'Estaing, u m eine Aussprache und bot i h m eine gemeinsame Kandidatenaufstellung wie 1967 an; außerdem empfahl er wieder die Bildung eines gemeinsamen Zeichens, unter dem alle Kandidaten kandidieren sollten. los Le Monde vom 5. 6.1968.
4. Die Vorbereitungen für die Wahlen im Juni 1968
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I m Gegensatz zu 1966 besaß aber Giscard d'Estaing auf Grund der Maiunruhen und der erheblich gefestigten Struktur seiner Partei die Möglichkeit, unabhängig von den Gaullisten einige Kandidaten zu nominieren. Er ging von der Annahme aus, die Gaullisten wären nach den Wahlen noch stärker auf die Unterstützung seiner Partei bei der Regierungsbildung angewiesen als i m März 1967. Der Generalsekretär seiner Partei, Michel Poniatowski, empfahl sogar, i n etlichen Wahlkreisen Kandidaten gegen die gaullistischen Bewerber zu nominieren, u m auf diese Weise einmal die Unabhängigkeit der Indépendants zu demonstrieren, andererseits die Chance zu erhalten, von den Gaullisten m i t nur knapper Mehrheit gewonnene Sitze zu erobern 1 0 4 . Giscard d'Estaing mußte jedoch auf Druck einer starken Gruppe innerhalb seiner Partei unter Führung Marcellins von diesen Vorschlägen abrücken; er bestand aber darauf, kein gemeinsames Aktionsprogramm m i t den Gaullisten zu gründen. M i t ihrem Abrücken vom gaullistischen Koalitionspartner hofften die Unabhängigen Republikaner, sich von de Gaulle und seiner Politik geringfügig zu distanzieren und Wählerkreise anzuziehen, die m i t der bisherigen Politik unzufrieden waren, aber wiederum keinen generellen Machtwechsel wünschten. I n seinen Gesprächen i m Hôtel Matignon verstand es Giscard, sich gegenüber Pompidous Absichten durchzusetzen. Man verzichtete auf ein gemeinsames Aktionsprogramm und kam überein, jeweils eigene Kandidaten zu nominieren. Aber es sollte auf jeden Fall vermieden werden, daß ein Gaullist einen Unabhängigen Republikaner als Gegner habe. U m dieser Gefahr aus dem Wege zu gehen, erklärte sich Pompidou bereit, der Forderung Giscards nachzukommen, die Zahl der republikanischen Kandidaten zu erhöhen. Insgesamt wurden den Républicains Indépendants 115 Wahlkreise auf der gemeinsamen Liste zugebilligt, deren Kandidaten jedoch ohne den Einfluß der Gaullisten nominiert wurden. Da Minister Pisani i m Mai die „Majorité" verlassen hatte, brauchten die Gaullisten seine Freunde kaum zu berücksichtigen und überließen die meisten dieser Wahlkreise den Republikanern. Die Kandidatenlisten der Majorité wurden schließlich unter folgendem Signum veröffentlicht; „Républicains Indépendants-V e République" und „Union pour la Défense de la République", so hatte sich die UNR unmittelbar nach de Gaulles Rede umbenannt, u m durch ihre Namensänderung den Wählern ihre Bereitschaft für die Wiederherstellung normaler Verhältnisse zu dokumentieren. 104
I n t e r v i e w i m März 1969.
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III. Die Union pour la Nouvelle République
4.3. Die Nominierung bei der UDR und den Unabhängigen Republikanern 4.3.1 Die Errichtung
des Comité d'Investitures
Nach Abschluß der Gespräche m i t den Giscardiens bildete Pompidou ein Comité d'Investitures unter der Leitung Roger Freys und Michel Hersons, das — anders als 1966/67 — allein für die Nominierung der gaullistischen, parteilosen und einiger anderer Kandidaten zuständig war. Der Entscheidungsweg wurde wegen der Zeitnot erheblich verkürzt, da nunmehr das Comité d'Action entfiel (in dem 1966/67 auch die Unabhängigen Republikaner saßen) und Pompidou m i t Unterstützung des Generalsekretärs der Partei die Entscheidung des Comité d'Investitures billigte oder eine sofortige Änderung verlangte. War es während der Wahlvorbereitungen i m Jahre 1966/67 zu erheblichen Differenzen zwischen der Parteiführung und den örtlichen Organisationen der UNR gekommen, bemühten sich Pompidou und die Parteispitze nunmehr, den Forderungen nach Transparenz bei der Auswahl i n beschränktem Maß nachzukommen, soweit dies nicht den Einfluß der Parteispitze auf die Kandidatennominierung erheblich beeinträchtigte. Das Comité d'Investitures und Pompidou waren zu der Erkenntnis gelangt, daß bei den Neuwahlen, die über den Fortbestand der V. Republik entschieden, eine erhebliche Änderung i n den Reihen der 1967 nominierten Kandidaten vorgenommen werden mußte, u m i m damaligen Wahlkampf unterlegene und verbrauchte Kräfte abzulösen. „ I I fallait renouveler les candidats pour qu'ils attirent mieux les électeurs", erklärte ein Mitglied des Comité d'Investitures 1 0 5 . 4.3.2. Verhandlungen
mit den Unions Départementales
U m diese Ablösung zu erreichen, verschickte das Comité an sämtliche departementalen Parteigruppen die Aufforderung, Vorschläge für die einzelnen Wahlkreise einzureichen, i n denen 1967 kein Mitglied der Majorité gesiegt hatte. Dieses Vorgehen grenzte an einen revolutionären Umschwung bei der Kandidatenauswahl, betrachtet man die Vorgänge bei den bisherigen Wahlen; aber die Parteispitze folgte m i t dieser Befragung der lokalen Gruppen nur den Parteistatuten, denn „les investitutes sont accordées . . . sur proposition des unions départementales" 1 0 6 . Da den Departementsgruppen wegen des nahen Wahltermins nur sehr wenig Zeit blieb, wurde i n den meisten Fällen dem Comité 105 I n t e r v i e w i m November 1968. io« Statuts de l ' U N R (in der Fassung v o m M a i 1963) I X , 45.
4. Die Vorbereitungen für die Wahlen im Juni 1968
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d'Investitures ein Kompromißkandidat genannt. Man war dieses M a l nicht mehr bereit, einen von Paris nominierten Parachuté zu akzeptieren. Andererseits versuchte eine einflußreiche Gruppe gaullistischer Spitzenfunktionäre, ihre Wahlkreise, i n denen sie vor einem Jahr unterlegen waren, gegen sichere auszuwechseln; das betraf besonders Armeeminister Messmer, der aus dem Morbihan ins Departement Meurtheet-Moselle überwechselte und Alexandre Sanguinetti, Vorsitzender des Verteidigungsausschusses der Assemblée nationale, der i n Toulouse zu kandidieren beabsichtigte („un élément de surprise de la dernière campagne électorale", äußerte er dem Autor gegenüber). Die Bedenken der örtlichen Parteifreunde gegen diese Kandidatur wurden zurückgewiesen; man einigte sich erst, als das Comité d'Investitures die übrigen fünf Kandidaten des Departements Haute-Garonne akzeptiert hatte. I n einem Fall trat allerdings das Gegenteil ein, da die örtliche Parteigruppe des Departement Nièvre das Pariser Bureau national aufgefordert hatte, einen schlagkräftigen Kandidaten gegen den Führer der Sozialisten, F. Mitterand, zu benennen. Der bisherige gaullistische Kandidat, Jacques Mercier, hatte sich nach seiner Niederlage i m Frühjahr 1967 nicht mehr u m seinen Wahlkreis gekümmert und das Comité d'Investitures u m einen Bezirk i m Departement Essonne gebeten 107 . A u f Vorschlag des Zentralkomitee-Mitglieds der UDR, Mathé, bat am 9. Juni (d. h. 15 Stunden vor Schließung der Kandidatenlisten) der Premierminister Jean Claude Servan-Schreiber, sich gegen Mitterand aufstellen zu lassen 108 . Servan-Schreiber hatte vorher das Comité d'Investitures um einen Pariser Wahlkreis gebeten, lehnte jedoch das i h m vorgeschlagene 13. Arrondissement ab, „car je ne voulais pas me présenter contre Pierre Cot (député communiste) pour toute une série de raisons politiques et personelles". Da sich keine andere Möglichkeit ergab, einen anderen Pariser Wahlkreis zu erhalten, akzeptierte Servan-Schreiber Pompidous A n gebot, obwohl er — gemäß eigener Äußerungen — keinerlei Beziehungen zu seinem neuen Wahlkreis besaß. Aus diesem Grunde war seine Aufnahme durch die départementale Gruppe teilweise sehr zurückhaltend; man erachtete seine W i r k u n g gegen den Sozialistenführer Mitterand für zu gering. Nach einigen Tagen jedoch schlug die Stimmung i n eine eifrige Mitarbeit um; unterstützt wurde er aber vor allem durch junge Gaullisten aus Paris 1 0 9 . i07 Mercier kandidierte i n Essonne 3. los Umfrage am 13.7.1969 u n d Le Monde v o m 19.6.1968. lo» Servan-Schreiber erhielt i m ersten Wahlgang 4 Stimmen mehr als M i t t e r a n d ; er w u r d e jedoch i m zweiten Wahlgang geschlagen, da die K o m munisten den Führer der Linksföderation unterstützten.
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III. Die Union pour la Nouvelle République
Innerhalb weniger Tage trafen beim Comité d'Investitures die Kandidatenvorschläge der einzelnen Unions départementales ein, „que nous avons en générale respectées selon nos possibilités". Vor der Presse erklärte Pompidou: „Les investitures que nous serons amenés à donner iront à des hommes qui sont prêts à défendre avec nous la République et les l i b e r t é s . . . Car l'important, c'est dans l'immédiat de sauver la République et les libertés, mais ce qui est essentiel aussi, c'est de créer des bases d'une majorité cohérente et importante 1 1 0 ." Schon am 7. Juni konnte die erste Liste m i t insgesamt 325 Kandidaten der Majorité (einschließlich der Républicains Indépendants) publiziert werden, die weiteren folgten am 8., 10. und 11. Juni. Inwieweit das Comité d'Investitures den Vorschlägen und Wünschen der Unions départementales gefolgt war oder den örtlichen Parteifreunden akzeptable Kandidaten präsentierte, läßt sich an den Reaktionen feststellen, die den Veröffentlichungen der Listen folgten. Waren i m Dezember 1966 und i m Januar 1967 erhebliche Steitfälle zwischen dem Bureau national und den Unions départementales entstanden, die zum Teil zu den Kandidaturen der „Dissidents" führten, ergaben sich i m Juni 1968 nur wenige Meinungsverschiedenheiten, was auch auf die erheblich veränderte politische Situation zurückzuführen ist. Folgende Disharmonien ließen sich feststellen: Die Fédération départementale de l'UDR i m Departement Ardennes erhob gegen die Pariser Entscheidung, Dr. Sourdille zu nominieren und nicht ihren Kandidaten Henri V i n zu berücksichtigen, der dem Comité d'Investitures für die bevorstehende Auseinandersetzung m i t den Wählern und der Opposition nicht profiliert genug erschien, Einspruch. Auch i n Blois 1 1 1 ergaben sich Kontroversen, da die cadres locaux m i t dem offiziellen Kandidaten Deniau nicht zusammenarbeiteten. M. Bouchacourt wurde i m Departement Nièvre 1 1 2 ebenfalls nicht akzeptiert, da er ein „Parachuté de Paris" sei und „on n'aime pas beaucoup les parachutés, qui une fois élus, disparaissent à jamais, sans plus s'occuper de leur circonscription 1 1 3 ." Andererseits erschien der von den örtlichen Gaullisten vorgeschlagene Kandidat für die Aufgaben i n der Assemblée nationale ungeeignet. I n all diesen Fällen mußten sich die regionalen Gruppen jedoch schließlich dem Pariser Votum beugen und somit ihre faktische Inkompetenz bei dem Prozeß der Investitur demonstrieren. no Ouest-France vom 4.6.1968. m 112 113 Juni
L o i r - e t - C h e r 1. 2. Wahlkreis. Briefliche Äußerung eines Mitgliedes einer U n i o n départementale v o m 1968.
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Bei zwei Selektionen gelang es jedoch den Unions départementales, sich gegenüber dem Comité d'Investitures durchzusetzen: I n Pau führte die örtliche Parteigruppe seit Verkündung der Neuwahlen eine massive Propaganda zugunsten Nicolas Inchaupsé, so daß sich das Comité d'Investitures gezwungen sah, i h n zu nominieren, obwohl es einen anderen Kandidaten für diesen Wahlkreis vorgesehen hatte. I m Departement Haut-Rhin entschlossen sich die Mitglieder der starken Union départementale, M. Gissinger zu nominieren, da der 1967 gewählte Abgeordnete, M. Scholer, unheilbar erkrankt war. Paris widersetzte sich zunächst dieser Kandidatur und befürwortete die Nominierung von Scholers Stellvertreter, der sich jedoch — trotz Scholers Krankheit — kaum u m seinen Wahlkreis gekümmert hatte. Deshalb weigerten sich die örtlichen Gaullisten, m i t ihm zusammenzuarbeiten und drohten, auf jeden Fall an Herrn Gissinger festzuhalten, da dieser Scholers Wahlkampf i m Jahre 1967 organisiert hatte und bei der Bevölkerung sehr populär war. Unmittelbar vor Schließung der Kandidatenlisten traf beim Präfekten die Zustimmung des Comité d'Investitures ein, so daß Gissingers Kandidatur offiziell gebilligt war. I n diesem Zusammenhang ergab sich noch ungefähr ein Dutzend weiterer Unstimmigkeiten zwischen dem Bureau national und den einzelnen Unions départementales; sie konnten jedoch nach Gesprächen zwischen den Beteiligten beigelegt werden, wobei zu bemerken ist, daß die vom Comité d'Investitures nominierten Kandidaten auf Grund des besonderen Kräfteverhältnisses von den Unions départementales akzeptiert werden mußten. I n den genannten Fällen bedeutete Transparenz bei der Kandidatenaufstellung für die Parteiführung nichts anderes als Akzeptierung ihrer Bewerber durch die regionalen Funktionäre, deren Mitspracherecht somit ad absurdum geführt wurde. Die Aufforderung an die regionalen Gruppen, aktiv an der Nominierung zu partizipieren, stellte sich nur für ca. ein D r i t t e l der 487 Wahlkreise (s. S. 90), von denen ein Großteil m i t Sicherheit an die Bewerber der Opposition fallen mußte. Dadurch war den lokalen Organisationen kaum eine Einflußmöglichkeit auf die Zusammensetzung der zukünftigen Parlamentsfraktion gegeben. 4.3.3. Auswechselung
eines Teiles der Kandidaten
von 1967
Vergleicht man die i m J u n i 1968 veröffentlichten Kandidatenlisten m i t denjenigen des Jahres 1967, so läßt sich konstatieren, daß unter dem Druck der Ereignisse eine verhältnismäßig große Zahl früherer Bewerber nicht nominiert wurde. Insgesamt erhielten 30 °/o der 1967 nominierten Kandidaten dieses Mal nicht die Billigung des Comité d'Investitures; unter ihnen befanden sich aber nur 11 Abgeordnete 114 .
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III. Die Union pour la Nouvelle République
Analysiert man die Gründe, die zu diesem hohen Prozentsatz führten, so ergeben sich verschiedenartige Aspekte: Grundsätzlich muß bei diesen Überlegungen die Ansicht berücksichtigt werden, wie sie ein Mitglied des Comité central folgendermaßen umriß: „Ce qu'il nous fallait en 1968, c'étaient des hommes nouveaux et dynamiques, pas usés par des querelles électorales." Diesem Postulat fielen vor allem diejenigen Kandidaten zum Opfer, denen es i m Frühjahr 1967 nicht gelungen war, sich i n ihren Wahlkreisen zu behaupten oder m i t denen die örtlichen Parteikader jegliche Zusammenarbeit verweigerten, da sie sich seit ihrer Wahlniederlage i m März 1967 nicht mehr oder nur mangelhaft um ihren Wahlkreis gekümmert hatten. I n diesen Wahlkreisen erhofften die Unions départementales eine stärkere Berücksichtigung ihrer Vorschläge. Von den insgesamt 64 Abgeordneten, denen es 1967 nicht gelang, ihren Wahlkreis zu erobern, fanden 34 ein Jahr später keine Berücksichtigung mehr auf den Kandidatenlisten; zu ihnen gehören die Herren Comte Offenbach, Karcher und Marquand-Gairard, die 1967 trotz ihres geringen Popularitätsgrades nominiert wurden. Ein weiterer Grund, fast ein Drittel der 67er Kandidaten nicht mehr zu nominieren, war ihre verhältnismäßig knappe Niederlage gegenüber einem Kandidaten der Linksförderation oder des Centre Démocrate. Aus diesem Grunde finden sich sechs Kandidaten 1 1 5 , die m i t weniger als 500 Stimmen unterlagen, nicht erneut auf den 68er Listen, da das Comité d'Investitures hoffte, ein anderer Kandidat der Majorité werde genügend Ausstrahlungskraft besitzen, u m die fehlenden Stimmen auf sich zu vereinigen. Das gleiche t r i f f t für sieben Fälle zu 1 1 6 , wo der Unterschied zu dem siegreichen Kandidaten der Opposition fast 2000 Stimmen betrug, so daß die dortigen Wahlchancen mit den geschlagenen Kandidaten der Majorité als zu gering erachtet wurden und die Stimmendifferenz nur durch neue unverbrauchte Kräfte verbessert werden konnte. Hinzu trat bei etlichen ehemaligen Kandidaten der psychologische Effekt einer Wahlniederlage, so daß sie von sich aus keine neuen Kandidaturabsichten äußerten. Ein Teil dieser unsicheren Wahlkreise wurde den Linksgaullisten überlassen, die m i t den Maiereignissen ihre Forderung nach stärkerer Berücksichtigung auf den Wahllisten begründeten. Das Comité d'Investitures kam ihren Wünschen entgegen, denn eine Abspaltung dieser Gruppen hätte für die Partei starke negative Folgen hervorgerufen; 115
Einschl. des aus der F r a k t i o n ausgeschiedenen Pisani. Halbout, Roques, Lalle, Marquand-Gairard, Ridiet, Voyer. Malleville, Sanson, Maridet, Schmittlein, Lepourry, Bouillon u n d Delory.
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man hoffte gerade durch die psychologische Wirkung der Maiunruhen, einen Teil der bisher sozialistisch Wählenden durch die Kandidaten der gaullistischen Linken zu gewinnen 1 1 7 . Außerdem sollte auf Anweisung des Premierministers das Image der UDR — ebenso wie 1967 — durch eine verstärkte Kandidatur junger Gaullisten allgemein gehoben werden. So nominierte das Comité d'Investitures i m ersten Wahlkreis der Pyrénées Orientales den 25jährigen Studenten Godfrin, obwohl seine dortigen Wahlchancen als minimal angesehen werden durften, aber „nous voulions donner une chance à la jeunesse de se présenter" 1 1 8 . Ebenso aussichtslos war die Kandidatur des Vorsitzenden der UJP, Robert Grossmann, der i n Dole (Jura 2.) gegen Jacques Duhamel kämpfte. Die Parteileitung betrachtete diese Kandidaturen als „expérience", u m die Reaktion der Bevölkerung nach den Maiereignissen auf sehr junge Kandidaten zu testen. Allerdings wurde etlichen jungen 67er Bewerbern, die nur erneut kandidierten, aussichtsreichere Wahlkreise als 1967 übertragen, da sie sich bei den letzten Wahlen verhältnismäßig gut i n ihren (für die Gaullisten) unsicheren Stimmbezirken gegenüber dem Sieger der Opposition behauptet hatten, so daß ihr prozentualer Anteil an der Verteilung der sicheren Wahlkreise gegenüber den vergangenen Wahlen stieg. Einige wenige der nicht berücksichtigten Kandidaten erhoben heftige Proteste gegen die Beschlüsse des Comité und forderten ihre ehemaligen Wähler auf, dem Kandidaten der Opposition ihre Stimme zu geben. So warf i n Boulogne-Billancourt A. Roulland, der 1967 als Stellvertreter des Jugendministers Missoffe ins Parlament eingezogen war, dem offiziellen Kandidaten der UDR, G. Gorse, vor, „de figurer parmi multiplicité de candidats sans lien avec la population qu'ils prétendent représenter ... et sans la moindre consultation et dans le plus parfait mépris des électeurs" 119 . Ebenso forderte i n Paris der frühere Abgeordnete Malleville die Wähler auf, dem offiziellen Kandidaten der UDR ihre Stimme zu verweigern 1 2 0 . Jedoch gelang es i m Gegensatz zu den Wahlen 1967 den Unzufriedenen wegen der kurzen Vorbereitungszeit nicht, sich i n selbständigen Parteien oder Gruppen zu organisieren und als „Dissidents" zu kandidieren, so daß ihre Proteste keinerlei Widerhall fanden. u? i n t e r v i e w i m Nov. 1968. " 8 Ebd. am 21.11.1968.
il» Le Monde vom 21. 6.1968. 120 Combat vom 20.6.1968.
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Während 1967 11,66% der Abgeordneten auf den Kandidatenlisten nicht berücksichtigt wurden, verweigerte das Comité d'Investitures ein Jahr später nur 11 Abgeordneten (4,9%) die Nominierung. A u f die Frage, warum nur so wenige Abgeordnete nicht aufgestellt wurden, antwortete ein Mitglied des Comité, daß die Parteileitung nach den wenig günstig ausgefallenen Wahlen des Jahres 1967 hoffte, dieses Mal würden alle Abgeordneten ihren Wahlkreis erfolgreich verteidigen können, da durch die sozialen Unruhen die bürgerlichen Wähler den Kandidaten der Majorité eher ihre Stimme gäben als ein Jahr vorher. Diese Hypothese sollte sich als richtig erweisen, da nur ein Abgeordneter (in Paris) seinen Wahlkreis an die Opposition verlor, während i m März 1967 64 Abgeordnete der Majorité geschlagen wurden. Insgesamt wurde 10 gaullistischen und einem unabhängigen republikanischen Abgeordneten die Investitur verweigert. I m folgenden sollen kurz die Motive dafür angeführt werden, u m einen Einblick i n die 68er Selektionsmechanismen zu geben: A u f Korsika verzichtete Herr Faggianelli nach einer Unterredung m i t dem Generalsekretär der Partei auf eine erneute Kandidatur, da sein Image durch Unregelmäßigkeiten bei Kommunalwahlen erheblich gelitten hatte; außerdem besaß er nur einen minimalen Vorsprung von knapp 500 Stimmen gegenüber dem Konkurrenten der Linksförderation. Seine örtlichen Parteifreunde hielten einen Wechsel ebenfalls für vorteilhaft und unterstützten — auf Faggianellis Empfehlung — Dr. Giacomi. Während es den Vertretern des Departements Nord i m Jahre 1966 gelungen war, gegen den Willen des Comité d'Investitures eine erneute Kandidatur sämtlicher Abgeordneter durchzusetzen, wurden dieses Mal zwei Abgeordnete, die schon 1967 abgelöst werden sollten, nicht mehr berücksichtigt: Nachdem das Comité Erziehungsminister Ortoli für den ersten Wahlkreis des Departement Nord vorgeschlagen hatte, zog sich Louis W. Christiaens aus „Altersgründen" nach einer Unterredung m i t dem Wahlkampfleiter zurück. I m zweiten Wahlkreis sträubte sich Herr Duterne, seinen Kreis M. Billecocq zu überlassen. Da sich aber seine örtlichen Parteifreunde weigerten, i h n weiterhin zu unterstützen, konnte das Comité diesen Wahlkreis neu besetzen. I n Paris brach der ehemalige Stellvertreter des Jugendministers Missoffe, A. Roulland, m i t seiner Partei, da er nicht wieder als Suppléant nominiert wurde, und unterstützte den Kandidaten der Opposition. Ebenso verzichtete das Comité darauf, Herrn Peyret-Forcade (Réunion 2.) erneut zu nominieren, der erst i m Februar 1968 nach dem Tod des Abgeordneten Macé ins Parlament eingezogen war.
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Aus „Gesundheitsgründen" verzichtete Herr Lepidi auf seinen Pariser Wahlkreis, erklärte sich aber kurz vor den Wahlen bereit, erneut zu kandidieren und konnte nur m i t Mühe vom Comité d'Investitures von einer eigenen Kandidatur abgehalten werden. Mangelnde Zusammenarbeit i m Parlament warf das Comité Herrn Salardaine (Charente-Maritime) vor und verweigerte i h m eine erneute Kandidatur. I n Herrn Thomas' Wahlkreis (Sarrebourg) wechselte Armeeminister Messmer über, der 1967 i m Departement Morbihan unterlegen war und nun einen sicheren Stimmbezirk suchte. Thomas' Bitte, als sein Stellvertreter nominiert zu werden, lehnte Messmer ab. U m nun überhaupt einen Wahlkreis zu finden, mußte sich Thomas damit zufriedengeben, i n Messmers altem Kreis (Morbihan 6.) zu kandidieren. I m Departement Meurthe-et-Moselle verzichteten die Unabhängigen Republikaner auf eine erneute Nominierung ihres Abgeordneten Picquot, da er aus beruflichen Gründen nicht genügend Zeit für die Arbeit i n seinem Wahlkreis erübrigen konnte. 4.3.4. Differenzen
mit den Unabhängigen
Republikanern
Eine heftige Kontroverse zwischen dem Comité d'Investitures auf der einen und den Républicains Indépendants auf der anderen Seite entstand durch die erneute Kandidatur Michel Poniatowskis 1 2 1 , Generalsekretär der „Fédération des Républicains Indépendants" und somit einer der wichtigsten Mitarbeiter Giscard d'Estaings. Kurz vor Schließung der Wahllisten nominierte das gaullistische Comité d'Investitures Herrn Dr. Salle (1967 ein Führer der Abtrünnigen) gegen Michel Poniatowski und hielt sich durch diesen Schritt nicht an die getroffene Vereinbarung zwischen Pompidou und Mondon, dem Fraktionsvorsitzenden der Giscardiens, keinen Gegenkandidaten gegen einen Bewerber der Majorité zu nominieren. Poniatowski erfuhr von diesem Schritt durch die Presse, hielt seine Kandidatur aufrecht und veranlaßte Giscard d'Estaing zu einer Presseerklärung: „En ce qui concerne M. Poniatowski, j'indique que le Premier Ministre a dit qu'il n'envisagerait pas de présenter u n candidat contre l u i . . . Je ne mets pas en doute ses paroles et je préfère imaginer qu'il s'agit là d'une intrigue de politiciens locaux 1 2 2 ." Dieser Auffassung widersprach allerdings Pompidou i n einem Brief an Dr. Salle: „Vous me dîtes qu'un de vos concurrents, député sortant (républicain indépendant), répand le bruit que votre candidature résulterait d'une initiative personelle en violation d'un accord qui serait intervenu entre 121 Seit 1967 Abgeordneter von Pontoise (Val-d'Oise). 122 Le Monde v o m 12. 6.1968. 7 Kempf
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III. Die Union pour la Nouvelle République
moi-même et M. M o n d o n . . . Le comité réuni sous ma présidence vous a donné et a donné à vous seul cette investiture. Vous êtes à Pontoise le candidat de la fidélité au général de Gaulle et à son gouvernement 1 2 3 ." Der Grund, der zu dieser Haltung des Comité der UDR führte, ist i n dem Versuch Poniatowskis zu finden, Giscard d'Estaing zu einer distanzierteren Haltung gegenüber den Gaullisten zu drängen. Obwohl Poniatowski nie gegen Gesetzesvorlagen der Regierung gestimmt hatte, tat er oft genug seine Mißbilligung gegenüber gewissen Entscheidungen der Regierung öffentlich kund. „ I I recherchait la participation au sein de la majorité par le dialogue. I l se refusait à être inconditionnel", stellte i h n der „Combat" seinen Lesern vor. Unter diesen Umständen i m Pompidous Weigerung, den Generalsekretär der Unabhängigen Republikaner zu unterstützen, als eine Warnung an Giscard d'Estaing zu betrachten, sich zu sehr diesen Kräften des „mais" zu nähern und dadurch die Koalition zu belasten. A u f Anraten seiner Parteifreunde sah sich Poniatowski zu einem öffentlichen Treuebekenntnis zur Politik de Gaulles veranlaßt, „que le soutien au général de Gaulle est même le premier point de ma profession de foi. Car je crois que dans les circonstances très graves que nous traversons, le seul point de soutien, le seul point de la résistance à la subversion est précisément le président de la République" 1 2 4 . Trotz dieser Haltung weigerte sich das Comité d'Investitures, Dr. Salle zurückzuziehen, der allerdings Poniatowskis Wahl nicht gefährden konnte. A u f Grund derartiger Ereignisse beschloß die Parteileitung der Unabhängigen Republikaner, sich i n einigen Fällen ihren Parteifreunden, die gegen einen Gaullisten kandidieren wollten, nicht zu widersetzen: So kandidierte i m 8. Pariser Wahlbezirk Xavier de la Fournière gegen den orthodoxen Gaullisten Claude Marcus, der diesen Wahlkreis von Herrn Lepidi übernommen hatte. Angesichts der Auseinandersetzungen war es kein Zufall, daß Giscard d'Estaing Fournières Wahlkampf durch gemeinsame Wahlveranstaltungen unterstützte. I n Auxerre kandidierte der 1967 unterlegene Unabhängige Republikaner Soisson, dem auf Grund des Wahlergebnisses die Nominierung entzogen worden war, gegen den offiziellen Kandidaten der UDR, Chenot. U m diesen Sitz der Majorité zu sichern, sah sich Chenot auf Grund der Stimm Verteilung veranlaßt, i m 2. Wahlgang zu retirieren. I n vier der sechs Toulouser Wahlkreise opponierten Kandidaten der Républicains Indépendants gegen die nominierten Gaullisten, deren 123 Combat vom 15./16.6.1968. 124 Le Monde vom 20. 6.1968.
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Position dadurch merklich geschwächt wurde 1 2 5 . Außerdem bewarben sich i n Rambouillet zwei Kandidaten der Majorité u m diesen Parlamentssitz 126 . Abgesehen von diesen Fällen vermieden beide Parteien weitere Auseinandersetzungen, u m ihre Wahlchancen nicht zu mindern und der Öffentlichkeit kein B i l d der Zerrissenheit zu bieten. Vor der Presse erklärte Pompidou, daß bei einer so großen Koalition wie der Majorité solche Spannungen von untergeordnetem Interesse seien. „Qu'ils appartiennent à l ' U D - V e ou qu'ils soient Républicains Indépendants: dans leur quasi-totalité ils reprendront le combat. . . . pour sauver la République et les libertés 1 2 7 ." 4.3.5. Nominierung
etlicher Parteiloser
Wie bei den Wahlvorbereitungen 1967 versuchte die Parteileitung der UDR, etliche Mitglieder kleinerer bürgerlicher Parteien für ihre Listen zu gewinnen und i m Wahlkampf zu unterstützen. Neben die schon erwähnten Abgeordneten des früheren MRP trat nunmehr eine starke Gruppe Parteiloser und Abgeordneter des CPDM. „Nous avons accordé", erklärte Pompidou, „l'investiture à des députés sortants venant soit du groupe des non-inscrits, soit du groupe CPDM et nous l'aurions accordée à d'autres s'ils avaient voulu nous rallier dès le premier t o u r " 1 2 8 . Ausschlaggebend für die Wahlunterstützung war die Einstellung dieser Abgeordneten zur bisherigen Regierung. Obwohl fast alle die Regierungsvorlagen kritisiert hatten, votierten sie jedoch i n keinem Fall dagegen. A u f Grund von Umfragen ließ sich feststellen, daß die Wahlhilfe i n allen Fällen vom Comité d'Investitures ausging und auch i n keinem untersuchten Fall zurückgewiesen wurde. Allerdings sahen sich einige Kandidaten veranlaßt, ihren Wählern mitzuteilen, „qu'on n'a demandé n i accepté aucune investiture" (so der Bürgermeister von Tours, Royer) 1 2 9 . Folgenden Mitgliedern des CPDM stellte das Comité d'Investitures keinen gaullistischen Kandidaten gegenüber: de Montesquiou (Gers), Pleven (Côtes-du-Nord), Lafay (Paris 22.), Baudis (Haute-Garonne), Fouchier (Deux-Sèvres) und Jacquet (Loire). Z u den schon 1967 unteres Toulouse 1.: Sanguinetti (UDR) gegen V i e i l l a r d (R. I.) Toulouse 3.: Moron (UDR) gegen Pigasse (R. I.); Toulouse 4.: Diffre (UDR; nicht gewählt) gegen Vigneux (R. I.); Toulouse 6.: de Pibrac (UDR, nicht gewählt) gegen Barbe, der von der U D R zu den R. I. übergewechselt war. 126 L a u r i n (UDR) gegen de la Panouse (R. I.). 127 Ouest-France v o m 10.6.1968. 128 Ebd. v o m 10. 6.1968. 129 Ebd. v o m 10. 6.1968.
7*
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III. Die Union pour la Nouvelle République
stützten Parteilosen traten: Beucler (Haute-Saône), Guilbert (Manche), X . Hunault (Loire-Atiantique) und de Pierrebourg (Creuse). Hatten einige Wahlergebnisse des Jahres 1967 gezeigt, wie vorteilhaft sich die Wahlunterstützung sowohl für die Gaullisten als auch für die geförderten Abgeordneten auswirken konnte, war jedoch damals i n den o. g. Wahlkreisen ein so starkes Stimmensplitting zwischen dem Gaullisten und dem bürgerlichen Kandidaten eingetreten, daß bei den jetzigen Wahlen der Verlust dieses Wahlkreises an die Opposition befürchtet werden mußte, wenn es zu keinem Wahlbündnis zwischen einzelnen Parteilosen, Mitgliedern des CPDM und Gaullisten käme. Die örtlichen Parteikader protestierten zwar gegen die von Pompidou und dem Comité d'Investitures geplante Wahlhilfe und schlugen eigene gaullistische Kandidaten vor, deren Wahlchancen als nicht gering angesehen wurden; aber auf Grund der Maiereignisse war die Regierung um eine möglichst breite Mehrheitsbasis bemüht und wies u. a. aus diesem Grund die — verständlichen — Forderungen ihrer Parteifreunde zurück. Zu diesen bürgerlichen Kandidaten traten zwei ehemalige Mitglieder der SFIO, denen noch i m März 1967 ein Gaullist gegenübergestanden hatte: A r t h u r Conte, von 1951 bis 1962 Abgeordneter des Departement Pyrénées Orientales, wurde ebenso wie der Bürgermeister von Douai, Charles Fenain, vom Comité d'Investitures Wahlhilfe angeboten. Beide erklärten sich nur unter der Bedingung bereit, die Unterstützung zu akzeptieren, wenn sie i n ihren Wahlprogrammen ihre politische Unabhängigkeit zum Ausdruck bringen konnten. Während sich die UDR 1967 diesen Forderungen widersetzt hatte, willigte sie dieses Mal ein, da einem eigenen Kandidaten kaum Chancen eingeräumt, die Erfolgsaussichten der beiden ehemaligen Sozialisten aber beeinträchtigt werden konnten. 5. Alter und Beruf der Kandidaten der Majorité Nachdem bisher die Problematik der innerparteilichen Auseinandersetzung bei den diversen Selektionen analysiert wurde, erhebt sich abschließend die Frage, inwiefern berufliche und altersmäßig bedingte Gründe eine maßgebliche Rolle bei der Auswahl der Kandidaten spielten. Der kleinere Koalitionspartner, die Républicains Indépendants, versuchte nach der Trennung vom „Centre des Indépendants" i m Jahre 1962, sein Image durch den Wahlslogan zu profilieren, man vertrete „das moderne jugendliche Frankreich". I n der Tat war ein Teil der damaligen Spitzenfunktionäre dieser Gruppe jünger als 40 Jahre 1 3 0 .
5. Alter und Beruf der Kandidaten in der Majorité
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Während der folgenden Legislaturperiode, besonders aber während des Wahlkampfes, beherrschte das angeblich jugendliche Image sämtliche Wahlveranstaltungen der Unabhängigen Republikaner, deren Führungsgremien sich gerne als Skiläufer oder beim Tennismatch photographieren ließen. I h r Generalsekretär erklärte i m Frühjahr 1967: „Nous recherchons donc de préférence, je ne dis pas systématiquement, des garçons qui auront entre 35 et 40 ans au moment des élections et qui auront fait leurs preuves auparavant dans leur vie professionnelle 1 3 1 ." Demgegenüber entsprach jedoch die überwiegende Mehrheit der bisherigen (und reinvestierten) Abgeordneten diesem Idealbild wenig: Betrachtet man ausschließlich die Abgeordnetengruppe, so ergibt sich ein Altersdurchschnitt von 53 Jahren 4 Monaten. Andererseits präsentieren die Unabhängigen Republikaner keinen neuen Kandidaten, der älter als 65 Jahre ist; außerdem w i r d die von den Abgeordneten gebildete Alterspyramide durch die neuinvestierten Kandidaten erheblich korrigiert: Der Altersdurchschnitt sämtlicher Kandidaten der Unabhängigen Republikaner betrug 1967 46 Jahre 7 Monate. Der Mehrheit dieser jungen Kandidaten wurden allerdings Wahlkreise zugeteilt, i n denen die Erfolgschancen minimal waren, so daß sich nach den Wahlen der Altersaufbau beträchtlich veränderte 1 3 2 . Während sich die Unabhängigen Republikaner m i t einer verhältnismäßig jungen Mannschaft den Wählern präsentierten, hatte die UNR unter dem Handicap zu leiden, daß ein Großteil ihrer 1958 bzw. 1962 gewählten Abgeordneten die Alterspyramide erheblich negativ beeinflußte. Jedoch hätte sie, ebenso wie die Républicains Indépendants, diese ungünstige Struktur durch verstärkte Heranziehung junger Kandidaten verhindern können. Obwohl 1967 etlichen Abgeordneten aus Altersgründen die Investitur verweigert wurde, versäumte es die Parteileitung, die freigewordenen Plätze hauptsächlich m i t jungen Gaullisten zu besetzen. Vielfach wurden Gleichaltrige (oder nur geringfügig Jüngere) i n denselben Wahlkreisen nominiert. Dreißigjährige finden sich nur vereinzelt auf den Kandidatenlisten, dagegen ist der A n t e i l der Grandseigneurs über 65 Jahren proportional übermäßig hoch. Dem Comité w a r dieser negative Aufbau durchaus bewußt, jedoch konnte man sich 1967 nicht entschließen, etlichen einflußreichen und u m die Partei verdienten Gaullisten die Kandidatur allein aufgrund 18° Giscard d'Estaing kandidierte 1962 als 35jähriger. 132
France moderne, no. 306, April 1967. Durchschnittsalter bei den Abgeordneten der R. I . : 51 Jahre 7 Monate.
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I I I . Die Union pour la Nouvelle République
ihres Alters zu verweigern. Betrug der Altersdurchschnitt der UNR i m Jahre 1958 46 Jahre 6 Monate 1 3 3 , so kletterte er vier Jahre später auf 49 Jahre 8 Monate und erreichte bei Veröffentlichung der Kandidatenlisten 1966 einen Durchschnittswert von 53 Jahren 2 Monaten. Berücksichtigt man 1967 sämtliche Kandidaten der Majorité, so ergibt sich ein etwas positiveres Bild, da das Durchschnittsalter u m acht Monate sinkt. Spielte bei der Nominierung i m Jahre 1967 das Alter des einzelnen Kandidaten nur eine untergeordnete Rolle, änderte sich dies grundlegend bei den Wahlvorbereitungen 1968, denn die Maiereignisse und die gegen den Staat revoltierende Jugend zwangen nach Auflösung der Nationalversammlung das Comité d'Investitures der Wählerschaft eine Kandidatenliste zu präsentieren, die den Forderungen nach Verjüngung zumindest optisch Rechnung trug. Da aber fast alle Abgeordneten reinvestiert wurden, konnte diese Änderung nur durch das Auswechseln eines erheblichen Teils der Kandidaten des Jahres 1967 geschehen. Das Comité entschloß sich, die freiwerdenden Wahlkreise nach Möglichkeit m i t solchen Bewerbern zu besetzen, die den Verjüngungsprozeß zu forcieren halfen. So wurden i m Departement Nord fünf neue Kandidaten nominiert, deren Alter zwischen 30 und 40 Jahren lag. Insgesamt betrug der Altersdurchschnitt der Neuinvestierten 44 Jahre und 1 Monat. N u r sieben Kandidaten, die die Sechziger überschritten hatten, wurden vom Comité d'Investitures berücksichtigt 1 3 4 ; als Gegengewicht wurde eine starke Gruppe sehr junger Kandidaten unterstützt, denen allerdings i. d. R. Wahlkreise zugewiesen wurden, die bisher die Opposition erobert hatte. Durch das erhebliche Anwachsen dieser Kandidaten verbesserte sich die Alterspyramide der Majorité i m Jahre 1968 zwar nur geringfügig u m vier Monate (auf 52 Jahre 2 Monate), dabei ist aber zu berücksichtigen, daß die bisherigen Abgeordneten und Kandidaten u m 19 Monate gealtert waren 1 3 5 . Dem Comité d'Investitures w a r es somit auf Empfehlung des Premierministers gelungen, ein weiteres automatisches Anwachsen der Alterspyramide zu verhindern. Es ist fraglich, ob diese für die Arbeitsfähigkeit und Effektivität der Partei notwendige Entwicklung ohne die Mairevolte i n diesem Maße durchgeführt worden wäre. „Verdiente Parteifreunde konnten w i r davon überzeugen, daß die jugendlichen 133 134
Chariot , UNR S. 189.
M . Hautisse (Val-de-Marne), General K a t z (Allier), Rafaneau (CharenteMaritime), Lachaud (Corrèze), de Pibrac (Haute-Garonne), Lassoure (Ille-etVilaine), Dezoteux (Somme). i3ß Differenz zwischen der Veröffentlichung der Listen i m Dezember 1966 und i m J u n i 1968.
5. Alter und Beruf der Kandidaten in der Majorité
103
Kräfte verstärkt i n der Assemblée nationale vertreten sein müssen, u m die Glaubhaftigkeit des parlamentarischen Systems i n den jüngeren Schichten der Wählerschaft zu festigen", kommentierte ein Mitglied des Comité d'Investitures diese Entwicklung 1 3 6 . Hinter dieser Evolution — zumindest bezüglich des Alters der neuen Kandidaten — verbirgt sich das wahltaktische Verhalten, den Unabhängigen Republikanern und dem oppositionellen CPDM nicht allein die Möglichkeit zu geben, m i t jungen sportlichen Kandidaten zu werben und die UDR i n den Augen der Wähler als überaltert und dadurch unattraktiv erscheinen zu lassen. „Ces efforts pourraient porter des fruits. Dans pas mal de circonscriptions incertaines, où la lutte sera rude, une jeune droite dynamique affrontera la vieille gauche traditionelle. Même si le programme de la seconde est meilleur . . . , la première offrira un visage plus attirant pour les nouvelles générations . . . " , bemerkte Maurice Du verger treffend zu dieser neuen Taktik des Premierministers. Während das Alter der Kandidaten bei den Unabhängigen Republikanern und bei der UDR — wenn auch erst seit 1968 — eine nicht zu unterschätzende Rolle bei der Selektion spielte, w i r d den Berufen i. d. R. kaum Bedeutung beigemessen. Grundsätzlich ist jede Partei bestrebt, Kandidaten zu nominieren, die durch ihre berufliche Tätigkeit einen großen Bekanntheitsgrad i n ihrem Wahlkreis besitzen. Ebenso hat die soziologische Zusammensetzung der Wähler i n den jeweiligen Stimmbezirken einen Einfluß auf die Auswahl der zur Verfügung stehenden Kandidaten, da die Gaullisten z. B. nie einen Arbeiter i m 16. Arrondissement nominieren werden, u m diesen Wahlkreis nicht an die Opposition zu verlieren. Andererseits kandidierte 1968 Hubert Germain, hoher Regierungsbeamter i m Armeeministerium, erfolgreich i m 13. Arrondissement, dessen Wählerschaft zum großen Teil aus Facharbeitern und kleinen Angestellten besteht. Vergleicht man den sozio-professionellen Ursprung der Kandidaten i n den einzelnen Richtungen der Majorité, läßt sich feststellen, daß alle eine gleichgeartete Struktur aufweisen m i t einer Ausnahme: Bei den Républicains Indépendants begann die soziale Hierarchie m i t vier Volksschullehrern, während bei den Gaullisten 1968 immerhin drei Arbeiter kandidierten. Die freien Berufe (Ärzte, Rechtsanwälte, Industrielle und Landwirte) dominierten eindeutig i n beiden Parteien; bei den Unabhängigen Republikanern betrug ihr Anteil 58 °/o. Bei den Gaullisten überwogen die freien Berufe und die höheren Beamten m i t I n t e r v i e w am 21.11.1968.
104
III. Die Union pour la Nouvelle République
60 °/o; jedoch berücksichtigte die Partei nach Möglichkeit alle Berufsgruppen einschließlich der Theologen, die M. Laudrin repräsentiert. Bei einem Vergleich der einzelnen Wahlen von 1962 bis 1968 blieb der prozentuale Anteil der einzelnen Berufsgruppen erstaunlich konstant. 1968 läßt sich jedoch eine starke Verminderung der Juristen (um 38 %>), gleichzeitig aber ein Anwachsen der Mediziner und Journalisten (um 78 °/o) feststellen. Berufe der Kandidaten der Majorité 1962 Landwirte Seeleute Industriedirektoren Gewerbetreibende Ingenieure Handwerker Angestellte Arbeiter Mediziner (einschl. med. dent. u. vet.) Pharmazeuten Juristen Experten Journalisten Architekten Pfarrer Volksschullehrer Professoren u n d Gymnasiallehrer Hohe Regierungsbeamte (einschl. Ministerialbeamte) Beamte Offiziere Verschiedene Rentner 0
insgesamt )
.... .., . .... ...
28 1 27 43 31 11 22
. . , .45— .. . .... ....
8 52 15 18 3 1 —
., . .
22
,, . ....
11 63 12 9 3
,.
425
1967
1968
29
33
—
—
47 35 22 5 39 6 63 56 22 12
30 39 21 1 39 3 69 7 35 19 22
—
—
1 13 27
1 6 21
19 71 3
26 67 5 3
—
—
1 471
—
447
a) Diese Zahlen bedeuten nicht die absoluten Nominierungen, sondern nur die mir bekanntgegebenen Berufe.
Die schon 1967 erkennbare Tendenz, junge Verwaltungsbeamte aus den Ministerien („jeunes loups") ins Parlament wählen zu lassen, wurde ein Jahr später von Pompidou verstärkt fortgesetzt: z. B. M. Fortuit, 33, Sekretär i m Außenministerium, Léo Hamon, Mitglied des Conseil Economique et Social, M. Lecat, 33, Kabinettsmitglied i m Hôtel Matignon, M. Manini, 34, Auditeur i m Conseil d'Etat, M. Garnier,
5. Alter und Beruf der Kandidaten in der Majorité
105
33, Kabinettschef i m Handelsmarineamt, M. Chaumont, 33, Botschaftssekretär. Die Absicht, die den Premierminister zu diesen Kandidaturen bewog, w i r d durch folgenden Aspekt erhellt: Durch ihr Studium an der ENA und ihre jahrelange Arbeit i n den Ministerien können die „jeunes loups" die Regierungsarbeit i m Parlament und innerhalb der Majorité erheblich erleichtern und Einwände ihrer Parteifreunde gegen Regierungsvorlagen m i t Hilfe ihrer Kenntnisse und durch ihre Loyalität gegenüber der Regierung neutralisieren helfen. Während diese Gesichtspunkte ausschließlich parteiinterne Bedeutung besitzen, erhebt sich die Frage, ob die Wählerschaft, die die Majorité mit ihren Kandidaten ansprechen möchte, durch den Beruf eines solchen Kandidaten bewogen wird, ihre Stimme der ,,V e -République" zu geben. Es ist schon früher darauf verwiesen worden, daß bei allen Wahlkämpfen — m i t Ausnahme 1968 — das Prestige des Staatspräsidenten und die Unterstützung seiner Politik den Kandidaten zum Erfolg verholfen hat. Somit hatte für die Wähler, die durch ihre Stimmen bei den Wahlen zur Assemblée nationale indirekt dem General das Vertrauen aussprachen, der Beruf des gaullistischen Kandidaten keinen nennenswerten Einfluß auf ihre Stimmentscheidung; außerdem vermieden es die konservativen Parteien der Majorité, ihre Wähler durch Kandidaturen, die von der soziologischen Struktur der einzelnen Wahlkreise extrem abwichen, zu provozieren.
I V . Zusammenfassung und Ausblick Die Untersuchung hat ergeben, daß sich das Gewicht bei der Kandidatennominierung i n der UNR bei den bisherigen Wahlen zur Nationalversammlung eindeutig zuungunsten der örtlichen Parteiorganisationen verschoben hat, obwohl diese nach der Satzung gemeinsam m i t der Parteileitung die Kandidatenselektion vornehmen sollen. Wurde i n den einzelnen Departements über den vorzuschlagenden Kandidaten debattiert und abgestimmt, war die Entscheidung i n den meisten Fällen durch eine winzige Minderheit exponierter Parteifunktionäre gefallen — oft gegen den erklärten Wunsch der Unions départementales. Bei dreien der bisherigen Wahlkämpfe der V. Republik war wegen der Auflösung der Nationalversammlung eine frühzeitige Sondierung und Meinungsbildung über den zu nominierenden Bewerber unter den Mitgliedern der Departementsunionen nur schwer möglich. Zum ersten Mal hätte sich i m Sommer 1966 für die gaullistischen Ortsgruppen i n der Provinz die Möglichkeit geboten, eine effektive politische Willensbildung innerhalb ihrer örtlichen Organisationen über die Kandidaten herbeizuführen. Das Vorhaben scheiterte jedoch am Willen des Comité central der UNR, das für dieses Gremium so wichtige Instrument der politischen Einflußnahme auf die Struktur der zukünftigen Parlamentsfraktion und für die Disziplin der Abgeordneten aus der Hand zu geben oder auch nur geringfügig zu demokratisieren. Da das Comité central bei diesen dritten Wahlen der V. Republik nicht mit der zeitlichen Kürze des Wahltermins argumentieren konnte, wurde das Comité d'Investitures geschaffen, dessen Aufgabe u. a. theoretisch darin bestand, die berechtigten Wünsche der Parteileitung und der Unions Départementales zu koordinieren, praktisch aber jegliche M i t w i r k u n g dieser Gruppen auszuschalten — von einigen Konzessionen abgesehen. A u f die Zusammensetzung des Comité d'Investitures, der eigentlichen Schaltstelle für den Selektionsprozeß, besaßen die örtlichen Parteikader nicht den geringsten Einfluß, da sich dieses Gremium auf Wunsch des Premierministers allein nach parteitaktischen Gesichtspunkten konstituierte, u m Divergenzen zwischen den Koalitionspartnern der Majorité zu neutralisieren. Die wenigen leidenschaftlich ausgetragenen Differenzen wegen einiger „Parachutés" verdeutlichen das starke Unbehagen der Mitglieder i n
IV. Zusammenfassung und Ausblick
107
den Unions départementales gegenüber den Entscheidungen dieses vom Comité central geschaffenen Filters. I n einigen Fällen gelang es der Parteizentrale nur unter Androhung beruflicher Repressalien, die Parteidisziplin wiederherzustellen. Erst unter dem Druck der Maiereignisse kündigte sich i m Juni 1968 ein Wandel i m Verhalten des Comité Central gegenüber den örtlichen gaullistischen Gruppen an. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob der zentralistische Charakter bei kommenden Nominierungen weiter gemildert werden kann. Während 1958 und 1962 die UNR aus taktischen und organisatorischen Gründen auf Mitglieder des RPF zurückgreifen mußte und fast ausschließlich verdiente Kämpfer der Résistance m i t Hilfe sicherer Wahlkreise ins Parlament wählen ließ, kündigte sich i m März 1967 eine — wenn auch noch i n den Anfängen steckende — Evolution i n diesem Bereich an. Premierminister Pompidou — selbst kein Mitglied der Résistance oder des RPF — förderte allmählich die Durchdringung des alten gaullistischen Kaders m i t etlichen Technokraten, die i h m durch ihren beruflichen Werdegang und ihre Qualifikation als loyale Mandatsträger geeignet schienen. Außerdem wies er das Comité d'Investitures an, jüngere Gaullisten zu nominieren, die wegen ihres Alters i n keiner der bisherigen gaullistischen Organisationen hatten m i t w i r k e n können. Seine Taktik, m i t Hilfe dieser jungen, „ideologisch" nicht vorbelasteten Parlamentarier ein Gegengewicht zu den orthodoxen Gaullisten zu schaffen, wurde ein Jahr später verstärkt fortgesetzt. Allerdings erreichten es die „verdienten Gaullisten" aufgrund ihres Einflusses und ihres Rückhalts bei Staatspräsident de Gaulle, die sichersten Wahlkreise zu besetzen, den jungen Kräften dagegen zum Teil wenig erfolgversprechende Bezirke zuweisen zu lassen. Für den einzelnen gaullistischen Bewerber u m einen Wahlkreis ist es von entscheidender Bedeutung, über welche Beziehungen er zu hochgestellten Parteifunktionären oder gegebenenfalls sogar zu de Gaulle selbst verfügt. Gelingt es ihm, ein Mitglied des Bureau national für seine Kandidatur i m gewünschten Wahlkreis zu gewinnen, so dürfte seiner Bewerbung — sofern sie sich nicht auf Paris erstreckt — vom Comité d'Investitures nichts entgegengesetzt werden. Da die Parteioligarchie bis 1967 ausnahmslos über die Vergabe eines chancenreichen Wahlkreises entschied, konnte ein Bewerber ohne die notwendige Förderung durch ein prominentes Mitglied kaum sein Ziel erreichen. Maßgeblich für diese Unterstützung w a r seine Zusammenarbeit m i t den gaullistischen Organisationen während des Krieges oder der IV. Republik. Grundvoraussetzung, die jeder Kandidat zu erfüllen hatte, war seine Loyalität gegenüber den Entscheidungen des Staatspräsidenten und
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IV. Zusammenfassung und Ausblick
der Regierung. E i n — auch nur geringes — Abweichen von dieser gemeinsamen Linie konnte zum Mandatsverlust führen, da der Betreffende bei erneuter Kandidatur entweder unberücksichtigt blieb oder einen ungünstigeren Wahlkreis zugeteilt bekam. Dieses Druckmittel gegenüber den Abgeordneten gab der Parteileitung eine wirksame Waffe, K r i t i k an der Regierungspolitik innerhalb der gaullistischen Fraktion zu verhindern; von der o. g. Maßnahme konnten auch einzelne Koalitionspartner betroffen werden, die gegebenenfalls m i t einem gaullistischen Gegenkandidaten konfrontiert wurden. Neben diesen wichtigsten Kriterien spielt die Funktion des Bewerbers innerhalb der Partei eine entscheidende Rolle, denn durch seine Parteiarbeit und Loyalität kann er i n den engeren Kreis möglicher Kandidaten gelangen. Dabei ist es für seine Bewerbung sehr vorteilhaft, das A m t eines Bürgermeisters oder Conseiller général (Departementsabgeordneter) zu besitzen, um auf seine Popularität und Wahlkampferfahrung zu verweisen. I n diesem Zusammenhang ist das Prestige zu nennen, das sich ein Abgeordneter i n seinem Wahlkreis erworben hat. Abgeordnete, denen mangelnde Popularität oder gar Desinteresse bei den Wählern nachgewiesen werden konnte, wurden nicht mehr berücksichtigt. Dagegen ist eine Orts Verbundenheit (wie sie B. Zeuner für die BRD als charakteristisch ansieht) von nur untergeordneter Bedeutung, da die Kandidaten ihren Wohnsitz i n vielen Fällen nicht i n dem vom Comité d'Investitures zugewiesenen Wahlkreis haben und sich dort nur wenige Tage i m Monat aufhalten. Erstaunlicherweise bedeutet diese mangelnde Präsenz für die sogenannten Parachutés keinen Nachteil bei der Stimmabgabe, sofern es ihnen gelingt, ihre Wähler während der Parlamentsperiode durch Schriften oder Versammlungen über ihre Arbeit i n der Assemblée Nationale zu informieren und für den Wahlkreis auf wirtschaftlichem oder infrastrukturellem Gebiet Vorteile zu verschaffen. Nicht unwichtig für die Auswahl ist weiter die berufliche Qualifikation des Kandidaten der Majorité. Einmal soll er sich durch seinen Beruf nicht grundlegend von der sozio-ökonomischen Struktur der Mehrheit seiner Wähler unterscheiden, andererseits sich aber m i t Hilfe seiner beruflichen Kenntnisse für die Parlamentsarbeit qualifizieren. Der Rekrutierungsmodus hatte zur Folge, daß regionale Partizipation i n dem einzigen eminenten den departementalen Parteigliederungen verbliebenen Bereich systematisch blockiert wurden. Das von der Parteiführung praktizierte Verfahren mußte (und muß) den einzelnen Abgeordneten immer stärker an die Parteioligarchie
IV. Zusammenfassung und Ausblick
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binden, w i l l er nicht eine Zurückweisung durch das Zentralkomitee bei den nächsten Wahlen riskieren. Engagement und Interesse für seinen Wahlkreis muß daher hinter die absolute Loyalität gegenüber dem Selektionskomitee treten, da er von den regionalen Parteiinstanzen nicht zur Rechenschaft gezogen werden kann, geschweige ihren ernsthaften Widerstand gegen seine evt. erneute Kandidatur zu befürchten hat. Die vorliegende Analyse ergab, daß weder die Verfassung noch das französische Wahlgesetz näher definiert, wie die Parteien ihrer institutionalisierten Verpflichtung nachkommen sollen, die Grundsätze der nationalen Souveränität und der Demokratie zu beachten. Den Parteien wurde somit keine normative Verpflichtung über die Gestaltung ihrer inneren Struktur auferlegt; deshalb kristallisiert sich bei fast allen eine Oligarchisierung u. a. auch auf dem Gebiet der Kandidatenselektion heraus. Unter dem Einfluß des späteren Staatspräsidenten der IV. Republik, Vincent Auriol, sollte 1946 i n den Text des Verfassungsentwurfs ein Parteienstatut aufgenommen werden, das neben der Parteienpluralität, dem Bekenntnis zur Deklaration der Menschenrechte, der Kontrolle der Finanzmittel eine demokratische interne Struktur vorsah, die die Kandidateninvestitur demokratisiert und die Partizipation der regionalen Parteiorganisationen erzwungen hätte. Da aber dieses Statut, vor allem durch seine Bestimmung über die Offenlegung der Parteifinanzen die Parteien einer staatlichen Kontrolle unterworfen hätte, lehnte die PCF und auch die Radikalsozialisten kategorisch diesen Entwurf ab. I n Anlehnung an diesen Vorschlag empfahl das „beratende Verfassungskomitee" 1958 ein Gesetz über die Struktur und Funktion der Parteien. Die Regierung griff diesen Vorschlag jedoch nicht auf, sondern beschränkte sich auf A r t i k e l 4, der allerdings i n seiner vorliegenden Form eine „lettre morte" 1 bleibt, da seine Normen allzu vage gehalten sind. Somit ist auf Grund der heute i n der Nationalversammlung herrschenden Mehrheitsverhältnisse keine Ausfüllung des Artikels 4 durch ein Parteiengesetz zu erwarten. Auch bei einer völligen Umkehrung der Parlamentsmehrheiten hätte ein solches Projekt keinen Erfolg, da von den bisherigen Oppositionsparteien vermutlich nur die sozialistische Fraktion einen Gesetzentwurf über die innerparteiliche Demokratie unterstützen würde. Die ablehnende Haltung der Parteien gegenüber den Forderungen ihrer unteren Gremien nach mehr Transparenz läßt sich deshalb nur durch innerparteilichen oder außerparlamentarischen Druck ändern i Charney 458.
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IV. Zusammenfassung und Ausblick
wie die Ereignisse bei der Nominierung 1968 i n der UDR gezeigt haben. A u f die Gaullisten übertragen bedeutet dies, daß die Führungsspitze dieser Partei versuchen wird, dem innerparteilichen Druck, sofern dieser nur sporadisch ist, flexibel zu begegnen — was i m Juni 1968 geschah — ohne die Parteisatzung einer fundamentalen Revision in diesem Punkt zu unterziehen. Der 1968 erreichte Erfolg eines Teils der Union départementales, bei der Investitur aktiv partizipieren zu können, vollzog sich ausschließlich i m Rahmen der gesetzten Norm, ohne diese auf die gesamten Regionalunionen auszudehnen. Da jedoch die Stellung der departementalen Parteigruppierungen gegenüber dem Zentralkomitee äußerst schwach ist, werden unter normalen politischen Verhältnissen grundlegende Innovationen auf dem Gebiet der Kandidatenaufstellung kaum zu erwarten sein. Immerhin ist durch die Erschütterung der Maiereignisse ein Lernprozeß der Führungsgruppe eingeleitet worden, der bei kommenden Wahlen bewirken könnte, das satzungskonforme Partizipationsrecht der unteren Gliederungen auf alle Unions départementales auszudehnen. Dagegen ist eine effektive Demokratisierung der Kandidatenaufstellung, wie sie i n der Parti Socialiste existiert, bei den Gaullisten wegen ihrer autokratischen Struktur unwahrscheinlich. Jede Partei ist allerdings auf die Mitarbeit lokaler Gruppen angewiesen, ohne die sie keinen Wahlkampf erfolgreich führen kann. U m i n den Regionen Parteimitgliedern einen Anreiz für aktive Parteiarbeit zu bieten, w i r d die Parteiführung nicht umhin können, diesen Kräften auf dem für sie relevanten Gebiet Entscheidungskompetenzen einzuräumen. Deshalb w i r d den Wahlkreisorganisationen i n der Provinz auch zukünftig eine bescheidene M i t w i r k u n g übertragen werden, während die wichtigen Wahlkreise i n und um Paris ausschließlich zentralistisch besetzt werden. Verglichen m i t der bisherigen Praxis der Kandidatenaufstellung der UDR, wäre dieser minimale Kompromiß eine erhebliche Stärkung der lokalen Gliederungen. Eine grundlegende Reform des gesamten Komplexes der Investitur wäre nur durch eine Entscheidung durch den Gesetzgeber möglich, dem das deutsche Parteiengesetz als Grundlage dienen könnte.
Anhang Liste der Parlamentarier der U.N.R. bzw. U.D.R. u n d der Unabhängigen Republikaner Gruppe
„Union
pour
la Novelle
République "
am
22.1.1959
Albrand, A r a b i el Goni, P. A r r i g h i , Battesti, Bayrou, Becker, Becue, Bégué, F. Bénard, de Benouville, Bérard, Bernasconi, R. Besson, Biaggi, Bignon, Bisson, Boinvilliers, Bord, Borroco, Boscher, Bouchet, Boudet, Boulet, Boulin, G. Bourgeois, Bourgoin, Bourgund, Bourriquet, Brice, Bricout, Briot, H. Buot, G. Buron, Cachat, Calméjane, Camino, Carous, Carter, Catalifaud, Cathala, Chaban-Delmas, Chapalain, Charié, Charret, Chatenay, Chavanne, Mohamed Said Cheikh, Clément, Clerget, Clermontel, Collette, Comte-Offenbach, Cornut-Gentille, Coumaros, Dalbos, Damette, Danilo, M. Dassault, Degraeve, Delbecque, Deliaune, E. Denis, M. Devaud, Diet, Dreyfous-Ducas, Dronne, Drouot-L'Hermine, Duflot, Dumas, Durbet, Dusseaulx, Duterne, Duvillard, Falala, Fanton, F i l l i o l , Fouques-Duparc, Frys, Gamel, Garnier, Garraud, Godefroy, de Garcia, J. M. Grenier, Grussenmeyer, Guillon, H a b i b Deloncle, Hauret, Hostache, M. Jacquet, Jacson, Jamot, Jarrot, Jouhanneau, Karcher, de Kerveguen, Labbé, L a Combe, Lapeyrusse, L a u r i n , Lavigne, Le B a u l t de la Morinière, Lecocq, Le Douarec, R. Leduc, Lemaire, Lepidi, L e Tac, Le Theule, Liogier, Liquard, Lopez, Luciani, Lurie, Maillot, Mainguy, Malbrant, de la Malène, A l i Mallem, Malleville, Marcenet, Marchetti, Martinache, Maurice-Bokanowski, Maziol, Mazo, Bezzeghoud-Mekki, Mirguet, M i r i o t , Missoffe, Moatti, Mocqiaux, M. Montagne, Moore, Moras, Morisse, Moulin, Nader, N e u w i r t h , Noiret, Nou, Nungesser, J. P. Palewski, Pasquini, Peretti, J. Perrin, Pezé, Peyrefitte, Peyret, Peytel, Picard, Plazanet, de Poulpiquet, Poutier, Profichet, Quentier, Radius, Raphael-Leygues, Réthoré, Rey, R. Ribière, Richards, Rivain, Roques, Roulland, Rousseau, Roux, Ruais, Sagette, de Sainte-Marie, Sammarcelli, Sanson, Santoni, Sarazin, Schmittlein, Sicard, Souchal, Soustelle, Teisseire, Terrenoire, Thomazo, Thorailler, Tomasini, Touret, Toutain, Triboulet, Valabrègue, van der Meersch, Vanier, Vaschetti, Vendroux, Viallet, Vidal, J, Vitel, Voisin, Wagner, R. Walter, Weinman, Ziller. Apparentés 1: Ehm, Escudier, H. Fabre, Hoguet, Laudrin, Maridet, J. Taittinger. Gruppe
U.N.R./U.D.T.
am 10.12.1962
Aizier, Albrand, Ansquer, Bailly, M . Bardet, Bas, Bayle, Becker, Becue, F. Benard, Beraud, Berger, Bernasconi, Bignon, Billotte, Bisson, Boinvilliers, Bord, Bordage, Borocco, Boscher, Boulin, G. Bourgeois, L . Bourgeois, Bourges, Bougoin, Bourgund, Bousseau, Bricout, Briot, H. Buot, Cachat, A. Caill, R. Caill, Calméjane, Capitant, Carter, Catalifaud, Catroux, Chaban-Delmas, Chapalain, Charbonnel, Charié, E. Charret, Cherasse, Clerget, Clostermann, 1 Die Apparentés stehen den Fraktionen, denen sie sich anschließen, sehr nahe, sind jedoch keine offiziellen Parteimitglieder.
112
Anhang
Collette, Comte-Offenbach, Coumaros, Damette, Danel, Danilo, M. Dassault, Dassie, Degraeve, Delatre, Deliaune, Delong, Delory, Drouot-L'Hermine, Duflot, Dumas, Duperier, Durbet, Durlot, Dusseaulx, Duterne, D u v i l l a r d , Ehm, R. Evrard, Fagot, Fanton, Flornoy, Fossé, Foyer, Frey, Gamel, Gasparini, Georges, H. Germain, Godefroy, Goemaere, Gorce-Franklin, de Grailly, Grussenmeyer, Guéna, Guillermin, Guillon, Habib-Deloncle, A . Halbout, Hauret, de Hautecloque, Heitz, Herman, Herzog, Hinsberger, Hoffer, Houcke, M. Jacquet, Jacson, Jamot, Jarrot, Karcher, Kaspereit, Krieg, Kroepfle, L a Combe, Lapeyrusse, Laudrin, Laurin, Lavigne, Le B a u l t de la Morinière, Lecocq, F. Le Douarec, R. Leduc, Le Gall, L e Goasguen, Lemaire, Lemarchand, Lepage, Lepeu, Lepidi, L e Tac, L e Theule, de L i p k o w s k i , Lotoux, Luciani, Macquet, Maillot, Mainguy, de L a Malène, Malleville, Marcenet, Marette, Marquand-Gairard, Maurice-Bokanowski, M a x - P e t i t , Maziol, Mer, Meunier, Miossec, Missoffe, Morisse, A . Moulin, Nessler, Neuw i r t h , Noiret, Nou, Nungesser, J. P. Palewski, Pasquini, Peretti, J. Perrin, Perrot, Peyrefitte, Peyret, Pezé, Ploux, Poirier, Poncelet, de Poulpiquet, de Préaumont, Prioux, Quentier, Rabourdin, Radius, Raffier, Raulet, Réthoré, H. Rey, Ribadeau-Dumas, R. Ribière, L . Richard, A. Richards, Richet, Risbourg, Ritter, Rivain, Rives-Henrys, Roques, Roux, Ruais, Sabatier, Sagette, Sainteny, Saintout, Salardaine, Sallé, Sanglier, Sanguinetti, Sanson, Schmittlein, Schwartz, Serafini, Souchal, Taittinger, Terrenoire, Thillard, Thorailler, Tirefort, Tomasini, Toury, Triboulet, Valenet, L. Vallon, Vanier, Vendroux, Vivien, Voisin, Voyer, Wagner, Weinman, Westphal, Ziller, Zimmermann. Apparentés: Boudoin, Bérard, Catry, Christiaens, Corniglion-Molinier, Deniau, Didier, Frys, J. Hébert, Hoguet, Said Ibrahim, L . Jacquinot, Lepourry, J. M i l l o t , Ahmed Mohamed, A h m e d Idriss Moussa, P. Rvivière. Gruppe der der „Républicains
Parlamentsabgeordneten Indépendants " (1962—1967)
Ailliers, Anthonioz, Beauguitte, Boisdé, Boscary-Monsservin, de Broglie, Cattin-Bazin, Chamant, Couderc, Dalainzy, Delachenal, Denis, Giscard d'Estaing, Grimaud, Halgouet, Icart, Loste, M a r t i n , Maujouan d u Gasset, Marcellin, Mondon, Moynet, Paquet, Pianta, Picquot, Plantain, Renouard, Roche-Defrance, Schnebelen, Terre, V a n Haeck, Vitter, Voilquin, Weber. Apparentés: Boyer-Andrivet, Commenay, Laine, Lalle. Gruppe
„Union
démocratique
pour la V e République" 1967/68
Abdoulkader Moussa A l i , Ansquer, Baclet, Bailly, Balança, Baridon, P. Bas, Batier, Baumel, Bécam, Belcour, F. Bénard, Beraud, Berger, Bignon, Bisson, Blary, Boinvilliers, Bordage, Borocco, G. Bourgeois, Bourgoin, Bousquet, Bousseau, Bozzi, Brial, Bricout, Briot, Buot, P. Buron, A. Caill, R. Caill, Catalifaud, Chaban-Delmas, Chalandon, Charié, Charret, Chassagne, Chauvet, Clostermann, Cointat, P. Cornet, M. Cornette, Coumaros, Damette, Danel, Danilo, Dassault, Degraeve, Delatre, L. A . Delmas, Delong, Dusseaulx, Duterne, A. Ehm, Faggianelli, Falala, Fanton, J. Favre, Flornoy, Fossé, Foyer, Georges, Gerbaud, Girard, Godefroy, de Grailly, Granet, Grussenmeyer, Guillermin, Habib-Deloncle, Hamelin, Hauret, de Hauteclocque, Hébert, Herzog, Hinsberger, Hoffer, Inchauspé, Ithurbide, M. Jacquet, Jacson, Jamot, Jarrot, Jenn, Julia, Kaspereit, Krieg, Labbé, L a Combe, Laudrin,
113
Anhang
Le Bault de la Morinière, L e Douarec, Lemaire, Lepage, Lepeu, Lepidi, L e Tac, L e Theule, Limouzy, de L i p k o w s k i , L i t o u x , Luciani, G. Macé, Macquet, Maillot, Mainguy, de la Malène, Marette, Marie, Massoubre, Mauger, Meunier, Miossec, Nessler, Neuwirth, Noël, Offroy, J . P . Palewski, Peretti, Perrot, C. Petit, Peyret, Pezout, Pisani, Ploux, Poirier, Poncelet, Pons, R. Pou jade, de Poulpiquet, P. Pouyade, de Préaumont, Quentier, Rabourdin, Radius, Réthoré, H. Rey, Ribadeau-Dumas, R. Ribière, J. Richard, L. Richard, Rickert, Ritter, Rivain, P. Rivière, Rivierez, de Rocca-Serra, Roulland, Roux, Ruais, Sabatier, Sagette, Salardaine, L . Sallé, Scholer, Schwartz, Sers, Souchal, Sprauer, Taittinger, A . Terrenoire, L. Terrenoire, Tomasini, Triboulet, Tricon, Trorial, Valenet, Valentino, Valleix, J. Vendroux, J . P h . Vendroux, Vertadier, R. A . Vivien, Wagner, Weinman, Westphal, Ziller, Zimmermann. Apparatentés: A y m é de la Chevrelière, Baudouin, Bizet, Boscher, Capitant, Cerneau, de Chambrun, Chapalain, Christiaens, Cousté, X . Deniau, Dienesch, Frys, Hoguet, Jacquinot, Lehn, Mohamed Ahmed, Said I b r a h i m , Thomas, V e r kindere, Voisin. Gruppe
Républicains
Indépendants
im Juni 1967
d'Aillières, Anthonioz, Barrillon, A. Beauguitte, Bichat, R. Boisdé, Ch. Bonnet, Boscary-Monsservin, Boyer-Andrivet, de Broglie, Chaillaud, CattinBazin, Chedru, Couderc, Delachenal, B. Denis, Destremau, Dijoud, Dominati, Duval, R. Feit, Giscard d'Estaing, Grimaud, Griotteray, C. Guichard, du Halgouet, Maujouan d u Gasset, Mondon, Morison, d'Ornano, Paquet, Pianta, Picqout, Poniatowski, Renouard, Sanford, Schnebelen, de la Verpillière, Vitter, Voilquin, Weber. Apparatentés : Deprez, Lainé, Sablé. Gruppe
„Union
des démocrates
pour
la République "
am
2.12.1969
MM. Abdoulkader Moussa A l i , Alloncle, Ansquer, H e n r y Arnaud, Aubert, A y m a r , Pierre Bas, Bayle, Bécam, Bégué, Belcour, François Bénard, Mario Bénard, de Bennetot, Bérard, Beraud, Berger, Bernasconi, Beylot, A l b e r t Bignon, Charles Bignon, Billotte, Bisson, Blary, Boinvilliers, Bolo, Bordage, Borocco, Boscher, Bouchacourt, Georges Bourgeois, Bourgoin, Bousquet, Bousseau, Bozzi, Bressolier, Brial, Bricout, Briot, Buot, Pierre Buron, Antoine Caill, René Caille, Caldaguès, Calméjane, Carter, Cassabel, Catalifaud, Catry, Chabrat, Chambon, Charbonnel, Charié, Edouard Charret, Jean Chassagne, Chaumont, Chauvet, Clavel, Cointat, Colibeau, Colette, Collière, A r t h u r Conte, Pierre Cornet, Maurice Cornette, Coumaros, Couveinhes, Cressard, Damette, Danel, Danilo, Dassault, Degraeve, Dehen, Delahaye, Delatre, Delhalle, Deliaune, Louis-Alexis Delmas, Jacques Delong, Donnadieu, Duboscq, Dumas, Dupont-Fauville, Dusseaulx, A l b e r t Ehm, Fagot, Falala, Jean Favre, Feuillard, Flornoy, Fontaine, Fortuit, Fossé, Fouchet, Foyer, Fraudeau, des Garets, de Gastines, Georges, Gerbaud, Germain, Giacomi, Gissinger, Godefroy, Godon, Gorse, de Grailly, Grandsart, Granet, Grondeau, Grussenmeyer, Guilbert, Guillermin, Habib-Deloncle, Jean Hamelin, Hauret, M m e de Hauteclocque, M M . Helène, Herman, Herzog, Hinsberger, Hoffer, Marc Jacquet, Jacquinot, Jacson, Jalu, Michel Jamot, Pierre Janot, Jarrot, Jenn, Joxe, Julia, Kédinger, Krieg, Labbé, Lacagne, L a Combe, Lassourd, Laudrin, Lavergne, Lebas, Le B a u l t de L a Morinière, Lecat, Le Douarec, 8 Kempf
114
Anhang
Lelong, Lemaire, Lepage, Leroy-Beaulieu, Le Tac, Le Theule, Liogier, Lucas, Luciani, Macquet, Magaud, Mainguy, de la Malène, Marcenet, Marcus, Marette, Marie, Michel Marquet, Claude M a r t i n , Massoubre, Mauger, Mazeaud, Menu, Mercier, Messmer, Miossec, M i r t i n , Missoffe, Modiano, A h m e d Mohamed, Moron, A r t h u r Moulin, Mourot, Murat, Narquin, Nessler, N e u w i r t h , Nungesser, Offroy, Jean-Paul Palewski, Papon, Pasqua, Peretti, Perrot, Camille Petit, Peyrefitte, Peyret, Plantier, M m e Ploux, M M . Poirier, Poncelet, Robert Pou jade, de Poulpiquet, Pierre Pouyade, de Préaumont, René Quentier, Rabourdin, Rabreau, Radius, Raynal, Réthoré, Ribadeau Dumas, Ribes, René Ribière, Jacques Richard, Lucien Richard, Richoux, Rickert, Ritter, Rivain, Rives-Henrys, Paul Rivière, Rivierez, de Rocca Serra, Hubert Röchet, Rolland, D a v i d Rousset, Claude Roux, Ruais, Sabatier, I b r a h i m Said, Louis Sallé, Sanglier, Sanguinetti, Santoni, de Sarnez, Schvartz, Sers. Sibeud, Souchal, Sourdille, Sprauer, Stirn, Jean Taittinger, A l a i n Terrenoire, Louis Terrenoire, T h i l l a r d , Thorailler, Tiberi, Tomasini, Tondut, Torre, Toutain, Tremeau, Triboulet, Tricon, M m e Troisier, M M . Valenet, Valleix, Vancalster, Vandelanoitte, Jacques Vendroux, JacquesPhilippe Vendroux, Verkindère, Vernaudon, Vertadier, A l b a n Voisin, Volumard, Wagner, Weinman, Westphal, Ziller, Zimmermann.
Apparatentés : Mme A y m é de la Chevrelière, M M . Baudouin, Bizet, Bonhomme, Capelle, de Chambrun, Corrèze, Cousté, X a v i e r Deniau, Edgar Faure, Frys, Glon, Hoguet, Lehn, Meunier, de Pierrebourg, Joseph Rivière, Robert, Tisserand, André-Georges Voisin. Gruppe „Républicans
Indépendants "
am 2.12.1969
M M . d'Aillières, Arnould, André, Beauguitte, Bichat, Raymond Boisdé, Pierre Bonnel, Christian Bonnet, Boscary-Monsservin, Boyer, Brocard, de Broglie, Buffet, Georges Caillau, Paul Caillaud, Carrier, Cattin-Bazin, Chamant, Chedru, Couderc, Delachenal, Bertrand Denis, Deprez, Destremau, Dijoud, Dominati, Ducray, Durieux, Duval, René Feit, Gardeil, Gerbet, Olivier Giscard d'Estaing, Grimaud, Griotteray, Claude Guichard, du Halgouet, Icart, Michel Jacquet, Joanne, Hubert Martin, Maujouan d u Gasset, Morellon, Morison, Nass, d'Ornano, Paquet, Jean-Claude Petit, Pianta, Poniatowski, Renouard, Schnebelen, Soisson, Tissandier, de la Verpillière, Vitter, de Vitton, Voilquin, Weber.
Apparatentés: M M . Baudis, Lainé, Mathieu, Sablé.
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