Zur Geschichte der teleologischen Naturbetrachtung bis auf Aristoteles 9783110841879, 9783110051568


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German Pages 121 [124] Year 1965

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Table of contents :
Vorwort
Vorwort zum Neudruck
Erster Teil: Vor Plato
A. Anaxagoras
B. Diogenes von Apollonia
I. Grundlegung
II. Teleologie des Diogenes
C. Die teleologischen Partien bei Xenophon im ganzen und ihre Beziehung zu außernaturphilosophischen Gedanken
Anhang I Über Vergleich und μίμησις bei den Vorsokratikern
Anhang II Die Stoa und Diogenes von Apollonia
Zweiter Teil: Plato
A. Der frühe Plato
B. Der spätere Plato
I. Allgemeines
II. Spezielle Fragen der Teleologie
Anhang Der Mythus des Politikos
Dritter Teil: Aristoteles
A. Aristoteles im Dialog περὶ ϕιλοσοϕιας
B. Der spätere Aristoteles
I. Die neue ϕύσις-Auffassung
II. Teleologische Fragen
Abschluß
1. Peripatos
2. Ärzte
3. Stoa
Index
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Zur Geschichte der teleologischen Naturbetrachtung bis auf Aristoteles
 9783110841879, 9783110051568

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W. Theiler Zur Geschichte der teleologischen Naturbetrachtung bis auf Aristoteles

Willy Theiler

Zur Geschichte der teleologischen Naturbetrachtung bis auf Aristoteles

Zweite Auflage

Walter de Gruyter & Co · Berlin vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung · J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung Georg Reimer · Karl J . Trübner · Veit Äc Comp.

1965

Berichtigter, um ein Vorwort und einen Index erweiterter Neudruck der im Jahre 1925 bei Orell Füssli, Zürich und Leipzig, erschienenen ersten Auflage

ArchiT-Nr. 36 44 651

©

1965 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung * J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung · Georg Reimer · Karl J . Trübner · Veit & Comp., Berlin 30, Gcnthiner Str. 13 Printed in Germany Alle Rechte, insbesondere das der Ubersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege (Photokopie, Mikrokopie, Xerokopie) zu vervielfältigen

Peter Von der Muß ff zugeeignet.

Vorwort. Eine Untersuchung wie die folgende, die über eine bestimmte Zeitspanne hin einem bestimmten Gedanken nachgeht, ist fruchtbar nur dann, wenn sie größere Zusammenhänge, in denen er steht, aufdecken und andererseits von ihm aus dem Bild des Ganzen einige neue plastische Züge verleihen kann. So versuchte ich ζ. B. aus meiner Aufgabe heraus den Blick auf eine nicht unwichtige Seite der athenischen Vorsokratik zu lenken, deren Nachwirkung leicht gegenüber der der Atomistik unterschätzt wird, so eine kurze Charakteristik der platonischen Naturphilosophie überhaupt zu geben und dann die Fortführung der Gedanken bei Aristoteles aufzuzeigen. Es versteht sich von selbst, daß bei solcher Problemstellung weniger die Besonderheiten hervortreten als die durchgehende Linie; daß aber diese Linie, falls sie durch philologisch gesicherte Punkte gezogen ist, einfach als Realität anzuerkennen ist, ist heutzutage nötig zu sagen, wo vielfach subjektive Deutung die Gegebenheiten negieren will. Bemerken möchte ich, daß ich neue Literatur nur zitierte, wo nicht überall Bekanntes oder Anerkanntes in Frage stand, oder wo ich ihr persönlich Anregung verdankte. Nicht auf alles, was mit dem Problem zusammenhängt oder schon in Zusammenhang gebracht worden ist, wollte ich eingehen; auch vermied ich im allgemeinen Polemik. Die Blätter Herrn Prof. Dr. P. Yon der Mühll Basel zuzueignen war mir Bedürfnis. Weg und Ziel und inneres Glück philologischer Arbeit habe ich am meisten bei ihm gelernt. Dankbar will ich außerdem nennen Herrn Prof. W. Jaeger in Berlin, der zu sonstiger Förderung hinzu auch dem ersten Entwurf des Dargelegten sein Interesse bezeugt hatte, und Herrn Prof. K. Joël Basel, dessen große Freundlichkeit und reiches Wissen mir zugute kam.

—Vili — Vorwort zum Neudruck Der Verlag Walter de Gruyter & Co., Berlin, hat mich schon vor einigen Jahren aufgefordert, die Zustimmung zu einem Neudruck meiner Erstlingsarbeit zu geben. Wenn ich mich schließlich dazu bewegen ließ, so nicht zum wenigsten deswegen, weil sie nun mein Basler Lehrer Peter Von der Miihll, dem ich sie vor 40 Jahren widmete, zum 80. Geburtstag am 1. August 1965 noch einmal entgegennehmen kann. Seine Art, der Philologie zu dienen, stand mir vor der Seele, als ich die Arbeit schrieb, in jugendlich-heiterer Hochstimmung, wie sie nicht immer spätere Versuche begleitete. Nach dem Erscheinen bestritt H. von Arnim in der Deutschen Lit.-Zeitung 1926, 464ff. die Rückführung von Partien Xenophons auf Diogenes von Apollonia und die darauf hinleitende — doch wohl richtige — Beobachtung von Brüchen in Xenophons Darstellung; hatte er doch kurz vorher in einem mir noch nicht zugänglichen Kopenhagener Akademiebericht (1923) die Memorabilien nicht als Sammlung von erfundenen Gesprächen, sondern als geschichtliche Hauptquelle über Sokrates' Person und Lehre erweisen wollen. Mehr geneigt zeigte er sich meiner Behandlung von Plato und Aristoteles. Gerade diesen gegenüber vermißte im Gnomon 1926, 321 ff. J. Stenzel, dem ich bald in Kiel näherkommen sollte, ein tieferes philosophisches Durchdenken des Teleologieproblems. Und in der Tat, ich bin damals und nachher mehr darauf ausgegangen, die antike Aussage aus der Verdeckung, in die sie durch ungewohnte Darbietung sowohl wie durch die Verschiedenheit moderner Denkintention gelangt ist, ans Licht zu bringen, als die Reflexion über sie an ihre Stelle zu setzen. Damit konnte freilich die Arbeit auch nicht auf die philosophische Diskussion einwirken. Der Historiker mochte immerhin anerkennen, daß die Teleologie der Stoa nicht erst von der Schule Piatos angeregt ist, sondern schon früher und nicht zufällig im geistig lebendigen, technisch vorschreitenden Athen durch den Kreis des Anaxagoras vorbereitet wurde, nachdem Empedokles in dichterischer Metapher die Kunstfertigkeit auf die Natur übertragen hatte (K. Joël, Gesch. der ant. Philosophie 1, 1921, 534ff.). Ganz übernahm den teleologischen Diogenes von Apollonia W. Jaeger, seinem Sinn für philologische Entwicklungslinien folgend, in seine Theology of the early Greek Philosophers, Oxford 1947, deutsche Fassung: Die Theologie der frühen griechischen Denker, Stuttgart 1953. Glücklich sind manche

-IXseiner Formulierungen, etwa nach Zitierung von Xenophon Mem. 4, 3,14: «In Diogenes' Kosmologie baut sich die Seele des Universums, die Luft, sozusagen ihren eigenen Körper. Das wird ermöglicht durch einen Prozeß allmählich differenzierter Modifikationen (έτεροιώσεις) der Grundsubstanz. Vgl. Diogenes Β 5» (S. 293). Eng war auch die Gefolgschaft von J. Zafiropulo, Diogène d'Apollonie (Paris 1956, angezeigt Gnomon 1959, 82), zu eng, denn nach 0 . Gigons Kommentar zum Ersten Buch von Xenophons Memorabilien (Basel 1953) verlangt die besondere Weise, wie sich Gedanken des Diogenes — und des Konkurrenten Archelaos, den F. Lämmli in seinem reichen Buch Vom Chaos zum Kosmos (Basel 1962) in den Vordergrund schiebt — umgeformt bei dem zwei Generationen später schreibenden Xenophon wiederspiegeln, neue Überlegung; auch die Antistheneshypothese Joëls in seinem nie genügend ausgeschöpften Werk Der echte und der xenophontische Sokrates (Berlin 1893 ff.) hätte von mir größere Berücksichtigung beanspruchen können. Gerade darauf geht die kürzlich veröffentlichte an sich verdienstliche Überprüfung der vorliegenden Schrift nicht ein, aber abgesehen davon, es konnte auf wenigen Seiten Fr. Hüffmeier (Philologus 107, 1963, 131 ff.) nicht gelingen, die dichten Maschen des Beweisnetzes zu durchbrechen; bezeichnend, daß er das allein seinen Widerspruch abweisende Zeugnis des Theophrast, des zuverlässigsten Ubermittlers (64 A 19, 42), wonach Diogenes gemäß einer mikromakrokosmischen Analogie die Luft im Innern des Menschen ein kleines Teilchen Gottes nannte, erst am Schluß vorbringt und als ungültig erklären muß. Für mich war freilich einst die einfache Formel, mit der ich den „Geist" des Aristoteles gleichsam als Kombination von Idee und Weltseele (deren Hypostase der platonische Demiurg sein sollte) zu fassen meinte, ebenso wichtig. Dieses an sich ältere Problem ist bis jetzt nicht zur Ruhe gekommen. Immer wieder drängt sich die Ansicht vor — nicht freilich in der tiefsinnigen Deutung von W. J. Verdenius, Entretiens von Vandoeuvres 1, 243ff. —, daß mit dem Demiurgen die Idee des Guten gemeint sei, von der gewiß nicht zu leugnen ist, daß sie den Sinn und die Gesetzmäßigkeit — würde der moderne Ausdruck lauten — alles Seienden garantiert. Wenn nicht die Ergebnisse, so finden vielleicht die Wege, auf denen sie gewonnen worden sind, immer noch einiges Interesse bei den Philologen. Bern, 1. März 1965

Willy Theiler

Inhaltsverzeichnis. Seite

Vorwort Vorwort zum Neudruck E r s t e r T e i l : Vor Plato

V VIII

A. A n a x a g o r a s Β. D i o g e n e s yon A p o l l o n i a I. Grundlegung 1. Seine Werke 2. Zur Nachwirkung des Diogenes 3. Terminologie bei Nachahmern und Berichterstattern 4. Diogenes in der Homerexegese

1 6

. . . .

II. Teleologie des Diogenes 1. Fragmente 2. Bei Xenophon a) Allgemeines zu den teleologischen Kapiteln der Memorabilien b) Beziehung yon Mem. 1,4s zu Plato Phil. 28 d ff. . . . . c) Xen. Mem. I,4i7 und Diogenes d) Xen. Mem. 1,48 und Diogenes Die Argumentation bei Aristoteles π. ψ οχ. 411a 7 ff. . . e) Xen. Men. 1,4β und Aristoteles Aristoteles abhängig yon Diogenes Spuren yon Technikyergleichen bei Diogenes f) Xen. Cony. 5 6 ff. und Diogenes g) Xen. Mem. 1,4 π und Diogenes h) Der naturphilosophische Untergrund yon Mem. 4,818 f. . . 3. Zusammenfassung: Notwendigkeit und Geistigkeit C. Die ihre 1. 2.

t e l e o l o g i s c h e n P a r t i e n bei X e n o p h o n im g a n z e n und B e z i e h u n g zu a u ß e r n a t u r p h i l o s o p h i s c h e n G e d a n k e n . Allgemeines Uber die Arbeitsweise Xenophons Xen. Mem. 4s und seine drei Hauptquellen a) Das mit Sur. Hik. 201 ff. verwandte Stück b) Das mit Dio. Chrys. 3 gemeinsame Stück c) Die Verknüpfung durch Xenophon. Weitere Einflösse des Antisthenee?

6 6 7 9 10 18 18 14 14 16 19 21 23 24 25 29 81 32 32 35 36 36 38 38 43 46

Seite 3. Xenophon und die Naturphilosophie; Angleichung an die eigene Gottesvorstellung

49

4. Vorxenophontische Gedanken in Mem. 14

51

Anhang I Über Vergleich und μίμηση bei den Vorsokratikern

54

A n h a n g II Die Stoa und Diogenes von Apollonia

57

Z w e i t e r T e i l : Flato Α. D e r f r ü h e P l a t o

62

1. Flato und die Naturphilosophie

62

2. Die statische Seele B. D e r s p a t e r e P l a t o

63 :

64

I. Allgemeines

64

1. Die Bewegungsseele des Fhaidros

64

2. Die Einfügung der Bewegung in das System Flatos; die Auseinandersetzung mit Farmenides Parmenides und Piatos Timaios

65 68

3. Seele und Demiurg Demiurg nicht Idee des Guten Ewigkeit der Welt Kosmos und Idee

69 70 73 73

I I . Spezielle Fragen der Teleologie Technikvergleiche Diogenee von Apollonia bei Plato? ί"|νη=:ς Anhang

74 75 76 77

Der Mythus des Politikos

78

D r i t t e r T e i l : Aristoteles A. A r i s t o t e l e s i m D i a l o g περί φ ι λ ο σ ο φ ί α ;

83

Β. D e r s p ä t e r e A r i s t o t e l e s

84

I. Die neue φύσις-Auffassung

84

1. φύσις als Nachfolgerin der platonischen ψυχή-δημιουργός . . . a) Grundsätzliche Ähnlichkeit zu Flato b) Die neue Auffassung schon im Protreptikos c) Einzelne Beispiele f ü r das Fortwirken platonischer Ausdrucksweise

84 85 86 89

2. φόοις als οδοία-τέλος

90

3. Verschmelzung von Bewegungsprinzip und ε15ο;

91

4. φύσις und ψυχή 5. Die Durchbrechung der φύσις im Makro- und Mikrokosmos .

92 .

93

Seite 95

II. Teleologische Fragen 1. Trennung von άνάγκη und ου ενεχα Das πνεύμα als όργανον Die Ewigkeit des Werdens 2. μίμησις

95 96 97 99

3. Das είδος in der organischen Welt 4. Fortfahrung früherer Gedanken nnd Ausdrucksweise Abschluß 1. Peripatos

Index

99 . . . .

100 102 102

2. Ärzte

103

3. Stoa

104

I. Teil.

Vor Plato. A. Anaxagoras. Es wird wohl keine teleologische Naturerklärung geben, die nicht in irgend einer Form die Zweckvorstellung ihres Verfechters auf das Weltganze überträgt oder, andere ausgedrückt, den Menschengeist gleichsam in die Rolle des Weltschöpfers versetzt 1 . Wir haben also die Naturforschung von dem Punkte an zu verfolgen, wo sie Gestaltung und Ordnung ihrer Objekte auf eine analog dem Menschen urteilende und schaffende Kraft zurückführt. — Wie Plato, der im Phaidon als erster Mechanik und Teleologie einander gegenüberstellt und charakterisiert, werden auch wir erwarten, zuerst im philosophischen System des Anaxagoras®, der den von Menschen ins All projizierten Geist zum Erklärungsprinzip des Weltwerdens erhob, teleologischen Gedanken zu begegnen. Aber Plato gibt der Enttäuschung stärksten Ausdruck (98 b). Yor diesem, so scheint es, dürfen wir solche nicht erwarten, und wenn es doch der Fall sein sollte, müssen wir später noch einmal auf den Abschnitt des Phaidon zurückkommen. — Hier will ich noch darauf hinweisen, dass Plato nicht einen historisch genauen Bericht gibt; weder des Sokrates noch sein eigener Entwicklungsgang ist geschildert: wie würde sich auch jemand vor der Kenntnis des Anaxagoras eingehend mit Diogenes von Apollonia beschäftigt haben (der ist ohne Zweifel mit der Theorie von der Luft als Denkmedium gemeint 96 b) oder mit Archelaos (seine Urzeugungslehre ist in 96 b gestreift — das für ihn typische Gegensatzpaar θερμον—ψοχρόυ darf 1

Überaus bezeichnend hierfür ist, wie Flato Phaed. 97 c d vom νοϋς, der die Welt aufs beste ordnet, fibergehen kann zum Menschen, der das Beste kennt; dieses Beste — das ist der Qedanke — muß sich in der Welt verwirklicht haben. 8 Warum nicht bei den froheren Ioniern, auch nicht bei Heraklit, vgl. unten S. 5».



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man mit Yogel: Sokrates 1918 S. 10 nicht zerstören)? Für den νέος Σωκράτης dürften übrigens die beiden zu jung sein. Âber weiter: Der sprechende Sokrates ist ja gar nicht unbekannt mit dem System des Anaxagoras. Er vertritt 96 d aufs bestimmteste die Homöomerienlehre; vgl. Anaxagoras fr. 10: πώς γάρ αν έκ μή τριχός γένοιτο θρίξ και σάρξ έκ μή σαρκός; selbstverständlich ist diese subtile Lehre nicht früher bekannt gewesen als der νοΰς von dem Anaxagoras seinen Übernamen bekam (Diog. Laert. 2 β). Nein, was Plato darbietet, ist eine geschichtsphilosophische Konstruktion. Das zeitliche Nacheinander ist Ausdruck für die fortschreitende menschliche Erkenntnis 1 . Der Weg ist geschildert — wenn ich mich etwas pointiert und mit den aristotelischen Termini ausdrücken darf — den die Forschung nahm von der Berücksichtigung der δλη zu der der άρχή της κινήσεως, zu der des είδος. Im ersten Buch der Metaphysik hat Aristoteles eine durchaus vergleichbare Entwicklungslinie aufgestellt. Die Reihe ist um ein Glied vermehrt, die αιτία τοδ εϋ και καλώς, eben die, die Plato bei Anaxagoras nicht gefunden hatte. Sehen wir, wie Aristoteles diesen einordnet. Die ersten Philosophen kannten, schreibt er Met. 983 b 7, nur τάς έν όλης ειδει αρχάς [daß dann auch Empedokles und Anaxagoras mit ihrer Materie genannt werden (984 a β), stimmt nicht zur Ankündigung, die Abirrung ist aber leicht verständlich, freilich dann 984 a 17 nicht sehr glücklich : έκ μεν ουν τούτων μόνην τις αίτίαν νομίαειεν αν την έν δλης εΐ'δει λεγομένην]. Danach trat ein Fortschritt ein: Das Prinzip oítev ή αρχή της κινήσεως wurde gesucht (984a25ff.). — Wieder bricht sich dann die Wahrheit Bahn (984be). Die Entdeckung der Ursache des ευ και καλώς, der Zweckursache, wird Anaxagoras zugesprochen. Wer die vierte αιτία eingeführt hat, wird nicht in derselben Weise klar und bestimmt nambar gemacht'. Überhaupt stellen sich im weitern Verlauf des 1. Buches viele Fragen über die Art der Disposition ein, die zu erörtern hier nicht der Platz ist. — Auf eine Schwierigkeit, die uns speziell angeht, will ich eintreten. Daß sich Aristoteles an genannter Stelle in der Beurteilung des Anaxagoras in Gegensatz zu Plato stellt, bat nichts weiter Auffälliges an sich; merkwürdig wird die Sache erst, wenn wir uns die Behandlung des zweiten Punktes in seiner Ent1 3

Etwas ähnlich formuliert Susemihl, Philol. XX 227. 988 as« in der Zusammenfassung c. 7 stellt auf anderm Brett (unten S. 3i).



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wicklungsreihe vergegenwärtigen. Einleuchtend wird 9 8 4 a 27 die Bewegungsursache postuliert und dargelegt, wie viele sich der Nötigung nicht bewußt geworden seien, andere der Aporie ausgewichen seien durch die Annahme, daß das Alleine unbeweglich sei. Natürlich denkt Aristoteles und denken wir alle in erster Linie an Parmenides. Und nun soll gerade in diesem Zusammenhang von seiner Entdeckung der Bewegungsursache die Bede sein? E r ist nämlich gemeint mit denen, die θερμόν και ψοχρόν ή πδρ και γην zugrunde legen (vgl. 9 8 6 b 33) und das erstere zum κινητικόν machen. Die Auffassung der Grundstoffe ist sicher falsch; Aristoteles setzt ihr selber eine bessere gegenüber, wenn er 984 b 26 bemerkt, daß Parmenides den Eros als Bewegungsursache annehme und 9 8 6 b 31 eine andere, richtigere Erklärung des Paares θερμόν—ψοχρόν gibt. Und weiter: 9 8 5 a 11 heißt e s : ούτοι μεν ουν (die bisher behandelten), ωιπερ λίγομεν καΐ μέχρι τούτου Su ο tv αίτίαιν, ών ήμείς διωρίσαμ,εν έν τοις περί φίηεως, ήμμένοι φαίνοντα*., της τε δλης και τοδ δθεν ή κίνηα'.ς (der folgende Vorwurf einer bloß episodischen V e r wendung der Bewegungsursache ähnelt Plato Phaidon 98 b). Also, während die Entwicklung vorher schon zu drei αίτίαι fortgeschritten war, sind hier deutlich nur zwei vorausgesetzt. Und 9 8 5 a 29 wird Empedokles die Doppelung der Bewegungsursache zugesprochen anders als 9 8 5 a 5. Bloß von zwei αίτίαι ist auch 9 8 5 b 21 und 987 a n ff. die Rede Κ E r s t 988 a u taucht die αίτια τοδ ευ wieder auf, in einem mit έ'τι eingeleiteten Nachtrag, nachdem eben 988 a » bemerkt war, daß Plato nur zwei Prinzipien (der Materie und der Wesenheit) gekannt habe 8 . U m zusammenzufassen: eine gewisse Wahrscheinlichkeit, daß Aristoteles ursprünglich Anaxagoras (und Empedokles) unter Punkt 2 einreihte, dürfte sich aus dem Vorhergehenden ergeben. In diesem Zusammenhang wäre dann auch 9 8 4 b 22—31 über den "Ερως an einem guten Platz und wirklich bestätigt 988 a 34 (in der ZusamEntsprechend wird 988 a m (in der Zusammenfassung c. 7) unter Punkt 2 (Bewegungsui sache) auf Anaxagoras und Empedokles angespielt. 1 Wenn in der Zusammenfassung c. 7 die Entwicklungslinie deutlich gezeichnet ist: δλη — άρχή της κινήσεως — ο&αία — οδ ενεχα, so ist hier, um anderes Erwägenswertes, weil hier nicht der Platz dafür ist, zu fibergehen, vielleicht die ursprüngliche Reihenfolge bewahrt. Dann stand einstens an Stelle des genannten „Nachtrages" eine AnsführnDg über das oh ενεχα und seine nur andeutungsweise Berücksichtigung von Anaxagoras bis Plato. Nachdem die Zweckursache dem Punkt 3 gegeben war, mußte die Ausführung wegfallen; sie wurde durch den Nachtrag ersetzt. 1



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menfassung) unsere Annahme. Der geschichtsphilosophischen Kon· struktion zuliebe wird Aristoteles die Änderung vollzogen haben: ein Zeugnis für eine teleologische Weltbetrachtung des Anaxagoras können wir aus Metaph. A nicht entnehmen. Aus den Fragmenten selber läßt sich dafür auch nicht viel beiziehen. Freilich — das ist ein wichtiger Unterschied zu Parmenides und Empedokles — der νοϋς ist nicht bloß Exponent der Mischung wie die Δαίμων oder Φιλία und Νείκος sondern (Vs. 40415 γνώμην γε περί παντός πάσαν ισχει und 405 1 και τα σομμισγόμενά τε και άποκρινόμενα καΐ διακρινόμενα πάντα Ιγνω νοδς. Aber dafür, daß die Kenntnis des Geistes sich zu zweckvoller Gestaltung erhob, fehlt jedes Zeugnis. Für unser Empfinden scheint allerdings der Übergang zu einer teleologischen Betrachtungsweise damit gegeben zu sein, und nicht nur Plato und Aristoteles erwarten entsprechende Ansichten bei ihm, sondern e3 hat auch wirklich, wie sich zeigen wird, ein solches System von seiner Seite die Anregung bekommen. Das Nichtvorhandensein von direkten Zeugnissen braucht nun selbstverständlich nicht die Möglichkeit auszuschließen, daß doch schon bei Anaxagoras ein vereinzelter teleologischer Gebrauch vom νοδς gemacht worden ist. Aber ich halte mich hier an das Gesicherte und möchte nur bemerken, daß diese Größe sicher primär nicht zur Erklärung der zweckvollen Weltordnung eingeführt worden ist. Im Banne eleatischer Lehre durfte Anaxagoras die Bewegung nicht auf den Stoff zurückführen; aber dem nüchternen Denker genügte nicht die Annahme dämonischer (d. h. immer im gewissen Sinne unerklärlicher) Kräfte. Die Erfahrung zeigte ihm im menschlichen νοος ein real faßbares Bewegungsprinzip. Es ist dann ferner nicht Unvermögen, wenn — was viel Anstoß erregt hat — die Geistigkeit getrübt erscheint, wenn dem νοδς materielle Bestimmungen anhaften; gerade das Bestreben, physikalisch greifbare Prinzipien gelten zu lassen, mußte ihn dazu führen. Bedeutungsvoll könnte 46 A 66 (aus Alexander de fato) erscheinen: λέγει γαρ οδτός γε (Anaxagoras) μηδέν των γινομένων γίνεσθαι καθ·' είμαρμένην, άλλ' είναι κενόν τοδτο τοδνομα. Allerdings wird ανάγκη und ειμαρμένη von Aetius 1297 (Vs. ebenda) dem Anaxagoras zugesprochen, ja Cic. de fato 39 heißt es: omnia ita fato fieri, ut id fatum vim necessitatis adferret: in qua sententia Democritus, 1

Diele, Vorsokratiker, 3. (mit der 4. übereinstimmende) Auflage, Bd. I S. 404 Zeile 15. Falla ein Α, Β, C oder fr. ( = B ) dabei steht, sind die Dielsschen Nummern gemeint.



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Heraclitus Empedocles, Aristoteles, Anaxagoras [? del. Karsten] fuit. Aber auf ähnliche Sammel-δόξαι ist ohnehin nie Verlaß. Aber dürfen wir das Wort ειμαρμένη Anaxagoras zutrauen? und in welchem Sinn, hinsichtlich des Weltgeschehens oder des Menschenlebens? Die Notiz bei Alexander macht in ihrer Formulierung einen zuverlässigen Eindruck ; zu κενόν δνομα vgl. Hipp, de arte 6 (VI io L). τό αδτόματον ou φαίνεται οδσίην έχον οδδεμίαν αλλ' ή οδνομα μοόνον. Vielleicht liegt in dem Satze doch eine prinzipielle Negierung der Grundvoraussetzung jonischer Philosophie, wie sie uns in ehrwürdiger Form aus Anaximander überliefert ist (2 A 9): έξ ων δέ ή γένεαίς έστι τοις οδσι, καΐ την φθοράν ε!ς ταύτα γίνεσθ·αι κατά τό χρεών, διδόναι γαρ αοτά δίκην και τίσιν άλλήλοις της αδικίας κατά την τοϋ χρόνου τάζιν. — Notwendigkeit und Gesetz, die in gewissen Erscheinungen (Wechsel von Tag und Nacht, der Jahreszeiten usw.) beobachtet werden, sind mit großer Kühnheit den Veränderungen des gesamten Urstoffes dekretiert worden. Die δίκη hat nichts mit Pessimismus oder Orphik zu tun, sondern die juristische Sphäre, in der zuerst das Bewußtsein einer allgemein gültigen Norm auftaucht (vgl. Emped. fr. 135), hat das Wort geliefert. Bei Heraklit finden wir ähnliche Ausdrücke. Sein λόγος, den die Menschen stolz auf ihre φρόνησις — wir würden sagen: ihren freien Willen — verachten (fr. 2), ist das Weltgesetz. Mehr als aus den spärlichen Fragmenten 1 — Heraklit ist ja überhaupt nur nebenbei Physiker — erfahren wir aus einem Bericht bei Simplikios (12 A 5), der vielleicht nicht durch die stoische Schule vermittelt und verfälscht ist, sondern direkt aus Theophrast stammt (fr. 1, D. 475): πορός γαρ άμοιβήν είναι φησιν Ηράκλειτος πάντα, ποιεί δέ και τάξιν τινά και χρόνον ώρισμένον της τοϋ κόσμου μεταβολής κατά τινα είμαρμένην ανάγκην2. Falls wir nun aus den Worten bei Alexander (46 A 66) einen Protest des Anaxagoras gegen das Grundprinzip der frühem Naturphilosophie herauslesen, so wäre doch eine positive teleologische 1

(θΐϊος).

Ich notiere fr. 94 Αίχη (dort auch μέτρα, vgl. fr. 30), fr. 114 νόμος

1 Nor ans einem Mißverständnis oder unzulässiger Ausdeutung der Stoiker heraus konnte der λόγος Heraklita als dem geistigen Prinzip späterer Systeme gleichbedeutend aufgefaßt werden. Bei den Ioniern begegnen zwar anch, wie oben festgestellt, Maß und Ordnung, also, so scheint es, teleologische Zage. Aber das Problem ihres Zustandekommens wird gar nicht empfunden. Im Grund ist es der Ionier selber, der den Weltlauf in ein naturnotwendig geordnetes Schema hineinzwängt.



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N a t u r b e t r a c h t u n g damit noch nicht erwiesen. Die Anfänge einer solchen dürften sich bei seinem bedeutendsten Schüler Diogenes von Apollonia feststellen lassen. Ihm wenden wir uns zu.

B. Diogenes von Apollonia. ι. «raniiegüng.

E s gibt aus neuerer Zeit eine Monographie über ihn, die freilich unsere Kenntnisse nicht s t a r k bereichert: E r n s t Krause, Diogenes von Apollonia, 1. u. 2. Teil P r o g r a m m Qnesen 1908, 1909; 3. Teil J a n u s 1914; 4. u. 5. Teil (mir nicht zugänglich) J a n u s 1915; vgl. Lortzing, Β ph. W . 1916 1017 ff.

ι. seine werke.

Ich schicke voraus — und finde mich gleich hier im Gegensatz zu Krause (I S. 7 ff.), wie auch zu andern —, d a ß ich der Nachricht des Simplikios (51 A 4: . . . 'ιστέον ώς γέγραπται μεν πλείονα τφ Διογένει τούτψ συγγράμματα, ώς αοτός έν τφ Περί φύσεως έμνήσθη και πρός φυσωλόγοος άντειρηκέναι λέγων οδς καλεί και αυτούς σοφιστάς, και Μετεωρολογίαν γεγραφέναι, έν ή και λέγει περί της αρχής είρηκεναι, και μέντοι παί Περί άνθρώποο φάσεως. έν δέ γε τφ Περί φύσεως, δ των αυτοϋ μόνον εις έμέ ήλθε, προτίθεται μέν δια πολλών δείξαι, δτι έν τη δπ' αυτοϋ τ ε θ ε ί ς άρχή έστι νόηαις πολλή) unbedingt Glauben schenke, daß Diogenes mehrere W e r k e v e r f a ß t hat. Wenn es auch Simplikios gelegen kommen m u ß t e , um den Widerspruch zwischen Porphyrios einerseits und Theophrast bzw. der ihm vorliegenden Schrift Περί φύσεως andererseits (vgl. Vs. 416 IB ff. u. 51 A 5) zu erklären, verschiedene Schriften n a m h a f t machen zu können, wenn es auch a n und f ü r sich sehr wohl möglich ist, d a ß er nur das erste Buch des Werkes über die N a t u r in den Händen gehabt h a t : nie und nimmer h ä t t e e r einen Verweis auf eine spätere Stelle (wie wir einen solchen d i r e k t im f r . 4 vor uns haben) auf ein früheres W e r k deuten können. Die letzten ausgeschriebenen W o r t e des Simplikios hat m a n als Beweis angesehen, d a ß dieser nur das erste Buch der S c h r i f t über die N a t u r vor sich hatte, da doch die ganze W e l t erklärung sich darin habe finden müssen. Aber f r . 4 könnte beinahe darauf schließen lassen, d a ß das Verhältnis von αήρ und νόησις d e r Hauptinhalt der συγγραφή war. Darauf, daß Galen f r . 9 ein περί φύσεως δεύτερον m i t medizinischem Inhalt ei wähnt, dürfen wir nicht allzusehr bauen, da Galen aus zweiter Hand zitiert und eine Verwechslung m i t Περί άνθρώποο φύσεως vorliegen könnte. E s ließe sich aber auch denken, d a ß die W e r k e des Diogenes gesammelt wurden unter V o r t r i t t des von Simplikios gekannnten, so d a ß das



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Ganze den Titel Περί φάσεως bekam, wie auch die Katharinen des Empedokles als 3. Buch Π. φύσεως zitiert werden 21Β134 (Nestle, Philol. 65 651, Diels Nachtr. Ys. I xxx 23). Danach ließe sich auch die Angabe bei Demetrios von Magnesia (D. L. 9 67. 681), der wie es scheint, nur eine Schrift kennt, erklären. Sei dem wie es wolle, an der Notiz des Simplikios dürfen wir nicht zweifeln, die Möglichkeit bleibt sogar, daß Diogenes noch anderes verfaßt hat. Daß die alten Physiologen nicht mehr als ein Werk geschrieben haben, ist natürlich auch kein stichhaltiger Gegengrund. Sie standen im praktischen Leben und mochten in ihrem Alter 1 die Summe ihrer Erkenntnisse niederschreiben 2 . Im Laufe des 5. Jahrhunderts aber hatte sich ein eigentlicher Professorenstand herausgebildet. Und was wir Sophisten und Ärzten gestatten, die Abfassung mehrerer Schriften, dürfen wir einem Physiologen nicht nehmen, der gleichzeitig war mit der Schule von Abdera und der Fülle ihrer wissenschaftlichen Schriftstellerei. Wir fügen nun einiges über die Nachwirkungen des Diogenes bei 3 . 2. Zur NaehmrH e r o d o t sei genannt, um auszusprechen, daß seine Erklärung kung des Dio~ der Nilschwelle (2 24 ff.) nicht die diogenische ist, wie behauptet wurde (Ed.Meyer, Gesch. d. Alt. 4i08, W. Nestle Progr., Schöntal 1908, S. 12). Während — kurz gesagt — bei Herodot der verstärkte Sonnenbrand die Ursache des Niederwassers des Flusses ist, ist er bei Diogenes gemäß seiner seltsamen Theorie 51 A 18 gerade umgekehrt die Veranlassung der Schwellung. A n t i p h o n der Sophist und physikalische Eklektiker möchte in der Lehre von der Bahn und der Ernährung der Sonne (fr. Β 26) und vom Meer (B 32) von Diogenes (besonders 51A17) abhängig sein. Auf die M e d i z i n e r ist der Einfluß besonders groß (Diogenes war wohl selber Arzt). Ich brauche auf sie aber nicht näher einzugehen, da F. Willerding in einer sorgfältigen Dissertation (Studia Hippocratica, Göttingen 1914) das Problem behandelt und den Anteil des Diogenes gegenüber den andern Ärzten gut abgegrenzt hat. Die Wirkung ist am tiefsten auf die dem gleichen Verfasser 1

Parmenides fr. 121 spricht nicht dagegen. — Ein Dichter wie Xenophanes ist auszunehmen. 1 Vergleichbar und typisch zugleich für die verschiedenen Interessen des Römers ist die Tatsache, daß die ersten römischen Historiker ihre Werke am Lebensabend verfaßt haben. 3 Die folgenden Ausffihrnngen sollen der spftteren Behandlung des eigentlichen Themas zustatten kommen.



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(v. Wilamowitz SBB. 1901, S. 16) angehörigen Schriften Περί άέρον υδάτων τόπων und Περί ίερης νοάσοο; nicht gering auch auf die Rede (vgl. c. 14 Anfang) Περί φοσέων. Nur akzessorisch ist Περί σαρκών abhängig; vgl. Ve. 51 C 3. Auch die Schriftreihe, zu der Hipp, περί νοόσων Δ gehört, hat Anklänge; vgl. besonders den Fall, den Diels Ys. Nachtr. I XLVIII 19 abgedruckt hat. Über die Beziehung von A r i s t o p h a n e s Wolken zu Diogenes hat grundlegend gehandelt Diels, Verhandlungen der Philologenversammlung, Stettin 1880, S. 105 ff. Auf einige Punkte will ich eingehen, andere werden uns später beschäftigen. Diogenes nahm als Grundstoff den αήρ an: nur weil dieser unsichtbar ist und der Chor eine größere Zahl verlangte, treten dafür die Νεφέλαι ein, die θεαί genannt werden Vers 265, 316, 329, wie der Urstoff des Diogenes θεός ist (51 Β 5); die unsterblich sind, vgl. 275, 289 x , wie jener (fr. 8 άίδιόν τε και άθάνατον). Okeanos wird als Vater der Wolken (271, 277) bezeichnet, weil sie aus seinen Dünsten entstehen, wie schon Xenophanes den πόντος γενέτωρ νεφέων nennt (fr. 30 e). In V. 346 ff. ist vielleicht auf die Verwandlungsfähigkeit des άήρ angespielt, aus dem alles wird. Lustig sind die Schwüre beim neuen Gott ; 667 beim Άήρ ; 814 bei der 'Ομίχλη; sie wird genannt in einem von Diogenes abhängigen Stück von π. ά(έρων) ο(δάτων) τ (ó πω ν) 45 i Kühl. Ein Schwur bei der Dreiheit 'Αναπνοή Χάος 'Αήρ findet sich 627. 'Αναπνοή (vgl. Diog. fr. 4 τά ζφα άναπνέοντα ζώει τφ αέρι) erklärt sich 4 aus der Tatsache, daß durch die Lehre des Diogenes die Nase als das dem Weltstoff zugehörige Organ überaus an Bedeutung stieg. Deshalb sind auch die Wolken mit großen vorgebundenen Nasen aufgetreten (344 ρίνας Ιχουσιν und Scholion dazu). Ob Χάος (von Scholion 424 richtig als αήρ erklärt) bei Diogenes vorkam, ist ungewiß (vgl. Arist. Av. 192 mit Scholion). 264 werden 'Αήρ, Αίθήρ, Νεφέλαι angerufen, 424 Χάος, Νεφέλαι und Γλώττα als Götter bezeichnet. Die letztere erklärt eich wohl von der Auffassung aus, daß die Luft die Sprache erst möglich macht (vgl. Anaxagoras A 106, Archelaos Vs. 411s, Hipp. π. σαρκών c. 18). So heißt es 317 von den Νεφέλαι (den poetischen Vertretern des αήρ): αιπερ γνώμην και διάλεξιν και νοδν ήμίν παρέχουσιν. 1

Zu άέναος vgl. Hipp, π.φυζ. Β 6 ώήρ αέναος ίων. » Vgl. Diels a. ». Ο. S. 108.



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Dies f ü h r t uns zur Verspottung des Euripides hinüber. In den Fröschen 892 hält dieser ein Gebet zu seinen eigeneil Göttern: αίθήρ έ[ΐόν βόσκημα και γλώττης στρό'ίίγξ και çôvsot και μοκτηρες όσφραντήριοι . . . D e r αίθήρ 1 als βόσκημα erklärt sich aus dem zu Wolken 627 Bemerkten (vgl. dort 570 Αίθήρ βιοθρέμμων). Die γλώττης στρόφιγξ werden wir mit den ähnlichen Wolkenstellen zusammenbringen. Die σόνεσις h ä n g t nach Diogenes (bei Theophrast Vs. 4218) auch mit der L u f t zusammen. Das W o r t — das sich nicht selten bei Euripides findet — kommt in genau entsprechender Bedeutung Hipp, π. Up. v. c. 16 vor (vgl. v. Wilamowitz, Herakl. 655). Die μυκτήρες έσφραντήριοι sind ganz gleich zu erklären wie die 'Αναπνοή Wolken 627. Radermacher h a t die Stelle unrichtig verstanden (Kommentar z. St. S. 270); wenn er an n a r e s emunctae denkt. Auch Thesm. 272 l ä ß t Aristophanes Euripides beim Αίθήρ schwören". Über die Verse 13 ff. werden wir später sprechen. Bei E u r i p i d e s selber ist eine Beziehung auf Diogenes schon b e m e r k t worden: Troad. 884 ff. (Vs. 51 C 2, Diels Rh. M. 42 12 f). Anderes ist unsicherer 3 . Ü b e r die Terminologie ist einiges zuzufügen. E s zeigt sich nämlich die Merkwürdigkeit, d a ß das W o r t νόησις, das in den F r a g menten des Diogenes allein zur Bezeichnung des Geistigen im Mensehen sowohl als im All gebraucht wird, bei allen Nachahmungen und Berichten über die L e h r e (abgesehen von Simplikios) nicht vorkommt. N u r νόημα h a t Aristophanes Wolken 229 an einer sicher Diogenes parodierenden Stelle. F e r n e r findet sich einigemal an ebenso abhängiger Stelle νοείv: Hipp. π. σαρκών 2 (Vs. 51 C 3), π. Up. v. ( V I L.) 3 8 6 i l 4 , auch 3924. Sonst lesen w i r φρόνησις π. Up. v. 3907, 10, 3941; ferner findet sich vielfach φρονεϊν ib. 3 8 6 1 1 und sonst; auch Theophrast über Diogenes (worauf nicht viel zu geben ist) 41928; 42081,33; bezeichnender ist φρόνιμον π. Up. ν. 39012 (worüber gleich) und άφρων (vom Vogel und vom Kind) Theophr. 4211, 4. D a s W o r t γ ν ώ μ η könnten wir bei Diogenes e r w a r t e n (vgl. 1

"Vgl. Eurípides selber fr. 487 όμνομι δ' ιερόν αίθέρ' οιχησιν Ató;. Scholion z. St.: è* της Μελανίππης Ε&ριπίδοο; vgl. fr. 487. 3 Über Philemon fr. inc. II (4«ι M.) = Ys. 51 C 4 später. 1 Die letzte Zahl bezieht sich nicht auf die Zeile, sondern anf die Verweisnngsziffer bei Littré. s

3. Terminologie

statte™.



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darüber nach andern Willerding S. 8£f.), vgl. besonders π. ίερ. v. 39012: Die Luft läßt im Gehirn zurück οτι αν Ιη φρόνψόν τε καί γνώμην δχον, statt dessen lesen wir Diog. f r . 5 δοκεΐ τδ την νόησιν Ιχον είναι ó αήρ, aber etwa der anaxagoreische νοδς γνώμψ ισχει (Vs. 40416). Zu vergleichen ist ferner Ar. Wolken 317 αΐπερ (αί Νεφέλαι) γνωμών καί διάλεξιν καί νοδν ήμΐν παρέχοοσιν. Ähnlich drückt sich Hipp. π. ίερ. v. aus 390 7 τήν δέ φρόνησιν αοτφ ó άήρ παρέχεται (sc. τφ έγκεφάλφ). Interessant ist auch Wolken 762; weniger typische Fälle lasse ich beiseite. Eben nannten wir das Wort νοδς; Theophrast braucht es für Diogenes Vs. 420 32, 84. Auf sichererem Boden scheinen wir mit dem Wort φροντίς zu sein; Aristophanes schwelgt in ihm und seinen Ableitungen. Neben φροντιστήριον treffen wir φροντιστής 266, 414, μεριμνοφροντιστής 101, φρόντισμα 155. Besonders findet sich φροντίς in Diogenes parodierender Umgebung: 229 (233), vgl. Vs. 51 C 1. Dazu ist auch 762f. zu rechnen; vgl. die Erklärung der λήθη Vs. 4217 f. Auch 137 steht φροντίς. φροντίς in der Bedeutung „Sorge" gibt Hipp. π. iep. v. 3881; dagegen heißt 39210 το φροντίζον offenbar das Denkende (vgl. v. Wilamowitz, Griech. Leseb., Erläut. II S. 172). Auch das Wort σόνεσις ist direkt für Diogenes nicht bezeugt, findet sich aber im parodischen Gebet. Ar. Frösche 893; ferner π. ίερ. ν. 390ii, auch π. ά. υ. τ. 394 Kühl. Es könnte aus Alkmaion (fr. l a ) Diogenes bekannt sein; Theophrast gibt ihm das Verbum Vs. 4218. Eine ähnliche Differenz zeigt sich bezüglich des Wortes für Luft. In den Fragmenten findet sich nur άήρ; dagegen lesen wir Ar. Wolken 570 ΑΙθήρ βιοθ·ρέμμων; ähnlich Frösche 892 Α'ιθήρ έμόν βόσκημα und ebenso in einigen der S. 8 f. aufgezählten Schwüre. Zur Erklärung der verschiedenen Terminologie ist natürlich einmal darauf hinzuweisen, daß sie vom Nachahmer und Berichterstatter geändert werden konnte. Aber in einigen Fällen, wo Übereinstimmung zwischen den Benützern besteht, dürften wir damit nicht auskommen. Wir haben ja immerhin nur verhältnismäßig wenig Fragmente; man kann sich aber auch die Frage stellen, ob in den verschiedenen Schriften des Diogenes die Terminologie verschieden war. . majßiica in icr Die Nachwirkung des Diogenes will ich noch an zwei BeiRomerexegete. spielen zeigen, die meines Wissens noch nicht in diesen Zusammen-



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hang gerückt wurden und die zugleich unserer spätem Untersuchung zustatten kommen. Es findet sich in den Scholien zu A 53, 54 ein ζήτημα1 des Porphyrios, dessen Verwandtschaft mit π. ά. ó. τ. c. 8 schon bemerkt worden ist (C. Reinhardt: de Graecorum theologia capita duo Diss. Berlin 1910, S. 32 ff.). Eben jenen Abschnitt des Hippokrates hat Willerding a. a. 0. S. 14 ff. einwandfrei als von Diogenes abhängig erwiesen. Den Zusammenhang von Hippokrates und Porphyrios zeigt die Gegenüberstellung deutlich. Ich schreibe nur die wichtigere erste Hälfte hin. Porph. A 53, 54 p. 161 Sehr. ^ητέον ouv, Ζτι το τοδ ύδατος λεπτότατον και κοϋφότατον àρπάσαν το πδρ τό τοδ ήλίοο

μετεωρον εςηρανε και κατεμιςε τώ άέρι και το μέν θ-ολερόν αϋτοδ και βαρί) έκκριθεν ομίχλη γίνεται, τό δε καθ·αρώτατον καί κουφότατον γλυκαίνεται καταλελειμμένον, εψοντος τοδ ήλίοο καΙ καίοντος . εί γαρ καί τά αλλα τοδ δδατος, έάν -jj άλμυρά, τό παρ' ήμϊν πδρ γλυκέα απεργάζεται, τί χ ρ ή προαδοκάν περί τοδ δονατωτέρου πορός 8 -ξλιον λέγομεν; etc.

H i p p . π . ά . δ . τ . ρ. 44« K ü h l . τήν τε γάρ άρχήν ó "ί)λιος άναγε ι και άναρπάζει τοδ δδατος τό τε λεπτότατον και κοοψότατον (es folgen 44 β ff. Beispiele; dann 4426 ετι Se πρός τοΰτοισιν) επειδάν ς äv αòrjj 4)86 y¡, οδτω τίθεσθαί %αί μή τό σόν μεν όμμα 8όναα6·α·. επί πολλά ατά-

χα: μο; δοχεϊ το τήν vóvjgiv εχον elvat è άήρ καλούμενος όκό τών άνθρώπων . . πάντα

1

Scaudívai

So sage ich im folgenden.



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Dio?, fr. 5. Xen. 1,4 li f. Sia εξικνείσθαι, τόν δε τοδ επί. πάν άφϊχθαι1 — α&τό γάρ θεοδ όφθαλμον άδύνατον μ,οι τούτο θεός δοχεί είναι είναι £μα πά·τα έράν, μ,-ηδέ [α&τό-θεός Usener sicher τήν σήν μίν ψυχήν xaî περί für überl. άπό γ.fi·.τ. εθος] τών ενθ·άδε xai περί των έν Αίγόπτψ xat έν ϋιχελία δΰνααθαι φροντίζειν, τήν δε τοδ θεού φρόνησαν ¡ιή ίκανήν Hipp. : δοχέει δέ μοι δ χαλέοείναι [δμα πάντων επιμελει- [ΐεν θερμών άθάνατόν τε είναι οθ·αι etc. . γνώσει τί> θείον δτι (vgl. Diog. fr. 8) xal νοέειν τοσούτον xal τοιούτον εστίν πάντα xal ορήν xai άχοόειν ώσθ·'] 6μα πάντα épâv xai .. . πάντα vgl. Diog. 426ιι. πάντα άκούειν καί πανταχού Diog· 425io: tino τοότοο παρείναι xai &μα πάντων πάντας xai χϋβερνάαθαι® xai έπιμελεΐσθαι [αότοός] πάντων χρατεΐν

Phil. 4: 'Αήρ . . . εγώ δ* ο θ- ε ο δ'οτιν έργον ε?μί πανταχού ένταδθ·' έν 'Αθήναις, εν Πάτραις, έν Σικελία ò δέ παρών άπανταχοδ πάν τ' εξ άνάγχης οίδε πανταχού παρών.

Die Parallelen scheinen mir für sich selbst zu sprechen, wenn auch nicht auf alle gleiches Gewicht zu legen ist. Gleich bemerken will ich, daß wir nicht Xenophon das Zusammenlesen der Diogenesstellen zuzutrauen brauchen; Diogenes konnte sehr wohl irgendwo ungefähr die Folge der Argumentation darbieten, die wir bei Xenophon lesen. Über die Terminologie vgl. das S. 9 f. Bemerkte. Man wird beachten, wie leicht man ein in Klammern gesetztes Stück Xenophon herausschneiden kann. Es würde keinem Naturforscher zuzutrauen sein: es unterbricht aber ganz deutlich die Deduktion. Soll doch aus dem örtlich ungehemmten Sehen und Denken des Menschen auf das des Gottes geschlossen werden. Auch das doppelte αμ,α πάντων έπιμελεΐσθαι zeigt die Änderung Xenophons. Und der Grund der Änderung ist ganz klar. Xenophon hat einen Gedankengang, der dazu bestimmt war, Dasein und Macht des Gottes zu beweisen (man muß, wie bemerkt, vor § 17 § 8 denken), haushälterisch geteilt und die zweite Hälfte, eben die von der wir sprechen, als nützliches Glied seiner Schlußparagraphen, die von der persönlichen Fürsorge 8 der Götter handeln, aufgespart! Das Wort φροντίζειν, das wohl bei Diogenes in der Bedeutung .denken" vorkam (vgl. S. 10), hat Xenophon dann für die Fürsorge der 1 Das Hingelangen schließt zugleich (vgl. Philemon fr. Schloß) das Sehen bezw. Denken in sich. Der άήρ ist ja im ganzen auch νόησις; es gilt fttr ihn Xenophanes fr. 24 ούλος ¿pò, ούλος δε νοεί, οολος δέ τ'άκοόει. » Wort Pl. Philebos 28 d.' * Schon Aischylos Âg. 369 sagt: oòx ε-fa τις θεούς βροτών άξιοΰσθαι μέλειν.



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Götter gebraucht. Sehr bezeichnend ist, daß in dem ausgeschiedenen Stück also gleich wieder die θεοί erscheinen. Von den Parallelen wird besonders die zu Philemon überraschen: wenn es auch wunderlich scheinen könnte, daß sich ein Fragment einer neuen Komödie und eine Xenophonstelle gegenseitig erklären, ein Zufall scheint mir ausgeschlossen. Da Diogenes νόηαις der Seelenluft und νόψις der Luft des Alls genau parallelisierte, macht es nichts aus, daß Xenophon an der Seele, Philemon an Gott die räumliche Unumschränktheit exemplifiziert. Die Vorstellung, daß Gott alles weiß, alles vermag, überall ist (auch daß er unsichtbar ist), war selbstverständlich älter 1 . Es war der Triumph eines Diogenes, Physik und Theologie in Einklang zu bringen, diese durch jene erst recht zu begründen. Nach dem Vorhergehenden wird man in Mem. 1,1 θ einen knappen Zusammenzug unserer Stelle sehen: die „Schutzschrift" gehört eben in dieselbe (späte) Zeit wie die Memorabilien überhaupt (richtig Joël Gesch. d. ant. Phil. I 753). Wir sind nun endlich so weit, Xen. l , 4 e (das aus selber Quelle d) Xen. Mem. und Dio stammen muß wie 1,4x7) mit Plato Phil. 28 d ff. zu konfrontieren, 1,4 genes. ' so, daß wir von letzterm nur das Wichtigste ausschreiben. '

'

Xen. 1,4«. άλλοθι δέ οΰδαμοδ οϋδέν οΐει φρόνιμον είναι ν.αΐ ταδτ' είδώς Ζτι γης τε μιχρόν μέρος tv τω σώματι πολλής ούσης εχεις χαί δγροΰ βραχύ πολλού δντος χαί των δλλων δήποο μεγάλων όντων έχάστοο μιχρον μέρος λαβόντι τό σώμα σονήρμοσταί σοι · νοδν δε μόνον δρα οδδαμοδ όντα σε εϋτοχώς πως δοχείς συναρπάσαι, χαί τάδε τά όπερμεγέθη χαί πλήθος δπ«ρα δι' άφροσόνην τινά οδτως οϊει εκτάκτως εχειν ;

7

Pl. Phileb. 29b e μιχρον εχαστον παρ' ήμίν ίνεστι 29 c ο&χοδν σμιχρόν μεν τι το παρ' ήμίν χαί ασθενές χαί φαδλον, το δ' έν τω παντί* πλήθει τε θαομαστόν . . . (und zwar 29 b e πδρ, d s γή) 29 d » χαί των άλλων δή πάντων . . . 30a» τό παρ' ήμίν σώμα äp'oü ψοχήν φήσομεν εχειν; — πόθεν* λαβόν . . . 28 d 5 τά σόμπαντα χαί τόδε τό χαλοΰμενον δλον έπιτροπεόειν φώμεν τήν τοδ αλόγου χαί ε!χ·§ δόναμιν . . ή νοδν χαί «ρρόνησίν τινα . . διαχοβερνάν*; 29 a» . . άτάχτως εχειν

Wir finden hier also eine durchgeführte Analogie zwischen Mikrokosmos und Makrokosmos. Von allen Stoffen findet sich ein 1

Vgl. auch Kritias im Sisyphos Ve. 81 Β 25, V. 17ff.,falls er nicht gerade dabei an Diogenes denkt. ' Vgl. Xen. l,4n(!) τήν εν τω παντί φρόνησιν. 3 Zufällig: Cic. n. d. 2is nnde enim haue (mentem) homo adripoit, at ait apad Xenophontem Socrates. * Das Verb bei Diog. 425 n.

(TAnpq



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kleiner Teil (μικρόν μέρος bei Xen.) im Lebewesen, darunter auch ein „μικρόν μόριον τοδ θεού", wie uns dies für Diogenes durch Theophrast bezeugt ist (Vs. 420 21). Die Mikro - Makrokosmosvorstellung, die sich auch im § 17 in der Parallelisierung der menschlichen und Welt-Geistigkeit gezeigt hat, ist in ihren Grundzügen schon a l t : Schon Anaximenes, dem Diogenes die Luftlehre entnahm, schrieb nach Aet. 1, 34 (fr. 2): οίον ή ψοχή ή ήμετέρα αήρ οδσα συγκρατεί ήμάς, και δλον τόν κόσμον πνεύμα καΐ άήρ περιέχει. Die Doxograpben melden folgerichtig (51 A 8): Διογένης u. a. τήν τοδ κόσμοο ψοχήν (θεόν (pastv). ψοχή für Weltseele braucht der Anaxagoreer von Hipp. π. διαίτης (vgl. Fredrich Hippokr. Untersuchungen S. 94 ff.) und π. έβδ. c. 13. Ein Bedenken freilich gibt es — das sei nicht verschwiegen — gegen die Zuweisung an Diogenes (falls wir die Abhängigkeit nicht indirekt auffassen), nämlich daß (wenigstens bei Plato Phil. 29a) von vier Elementen die Rede ist. Nicht die Tatsache, daß überhaupt eine Mehrzahl von Elementen vorkommt — wir sahen, daß diese Unkonsequenz offenbar Diogenes gar nicht zu Bewußtsein kommt, daß er speziell in der Psychologie durchaus als „Dualist" erscheint — aber die Vierzahl ist anstößig, da noch das Geistige dazu tritt, das doch mit der Luft identisch sein soll. Aber es ist sehr wohl möglich, daß Diogenes von den vier Elementen 1 ausging (die werden ja auch im fr. 2 genannt), daß er dann nachwies, daß ein νόηαιν έχον nötig sei (oder wie er sich in diesem Zusammenhang ausdrückte) und daß er hierauf dieses νόησιν Ιχον mit dem άήρ identifizierte 2 (vgl. Anfang v. fr. 5). Es ist daran zu erinnern, daß die Stoa, die den Beweisgang aufgenommen hat, an derselben Unkonsequenz keinen Anstoß genommen hat. Das Seelische fiel hier mit dem Feuer-Äther zusammen ; und auch sie redet trotz des einheitlichen Urstoffs von den Elementen. Für Diogenes läßt sich noch einiges ins Feld führen. PI. Phil. 29 bc. ist vom Feuer bei uns (το παρ' ήμΐν πορ) im Gegensatz zum Feuer im All (Sonne, Gestirne usw.) die Rede. Wir erinnern uns, daß in dem von uns aus dem Porphyrios-ζήτημα dem Diogenes zugewiesenen Stück gerade der Ausdruck τό παρ' ήμΐν πορ vorkommt in Gegenüberstellung zur Sonne. Freilich handelt es 1

Hipp, π.φυαέων 3 (51 C 2) weist nach, daß alle vier Elemente Anteil am πνίΟμα haben. Für .Luft" muB der Verfasser deshalb τδ μεταξύ γης xs xal oi>ρανοδ sagen. * Dies ließen natürlich Xenophon und Plato weg.



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sich da nicht um das F e u e r speziell im Lebewesen, a b e r im Grund will auch die besprochene Memorabilien-Philebosstelle die andern kleinen F e u e r nicht vom Verhältnis zum großen ausnehmen ; von dem im Lebewesen (bei Xen. noch spezieller dem im Menschen) ist die Rede, weil auf das Vorhandensein einer „Weltseele" geschlossen werden soll. — Solche Analogien zwischen Großem und Kleinem werden uns bei Diogenes sonst noch begegnen. Eine w e i t e r e Stütze erhält unsere Auffassung aus Aristoteles Die Argumentai o n bel περί Aristoteles e r k l ä r t 4 0 3 b 25 ff.,» 4 0 4 b 7 ff.,» d a ß die Seele tπ.φυχ. ^ 411b,. ¡f1' Γ ψυχής. τ Λ I sich entweder als Bewegendes oder als Erkennendes auffassen lasse, wobei sie im letztern Fall den άρχαί gleich sei. Von 4 0 5 a i an sucht e r in einem offenbaren N a c h t r a g [der Anschluß k l a p p t n i c h t ; die E r k l ä r u n g von Bonitz H e r m e s 7 420ff. hilft n i c h t ; ü b e r h a u p t finden sich in diesem Stück Notizen, die zur sonst innegehaltenen Disposition nicht passen] auch die Bewegung auf die άρχαί zurückzuführen, offenbar durch den Mittelbegriff des λεπτότατον. — N a c h der Darstellung der verschiedenen Seelenauffassungen folgt — aristotelischem Gebrauche g e m ä ß — 4 0 5 b 3 i f f . die K r i t i k . Am Schluß 410 b 16 ff. kommen wieder Einzelaporien a u ß e r h a l b der Gesamtdisposition an die Reihe. D a findet sich die Stelle, die uns i n t e r essiert 4 1 1 a 7 : και έν τφ δλφ Sé τίνες αυτήν |ΐεμ.ΐχθ·αί φασιν (sc. την ψοχήν), δ&εν ίσως καί Θαλής φήθη πάντα πλήρη θεών είναι. τούτο δ' Ιχει τινάς άπορίας· δια τίνα γαρ αΐτίαν έν μεν τφ αέρι ή τφ πορί ούσα ή ψυχή οί> ποιεί ζψον, έν δέ τοις μ,ικτοϊς, καί ταύτα βελτίων έν τούτοις είναι δοκοδσα ; έπιζητησειε γαρ αν τις καί δια τίν' α'ιτίαν ή έν τφ άέρι ψυχή της έν τοις ζφοις βελτίων έστί καί άθανατωτέρα etc. Also Thaies — V e r t r e t e r der Luftseele — V e r t r e t e r der F e u e r seele, genau wie in jenem vorher genannten N a c h t r a g (405 a 19 ff.) Thaies — Diogenes mit dem άήρ — H e r a k l i t m i t der άναθυιΰασις (πόρ). Beidemal T h a i e s 1 honoris causa u n t e r Vorbehalt g e n a n n t . Aber 4 1 1 a 7 ff. spricht von einer Mischung der Seele m i t L u f t oder F e u e r ; das h e i ß t doch nicht, d a ß sie identisch sind? Und doch k a n n nichts anderes gemeint sein, wie eben 4 0 5 a 19 ff. zeigt; auch 4 0 5 b 18, 25 sind L u f t - und F e u e r h y p o t h e s e nebeneinandergestellt. E s offenbart sich hier wieder die Schwierigkeit, die uns auch bei Diogenes begegnete, nicht sofort in dualistische Ausdrucksweise zu 1

Der Vergleich der beiden parallelen Nachrichten über Thaies zeigt schön, daß das πάντα πλήρη θ·εών im Hinblick auf den Magneten gesagt war (richtig Burnet, Anf. d. Gr. Phil. S. 41).



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verfallen. Die Behauptung 4 1 1 a xi, daß die Seele in L u f t und Feuer βελτίων erscheint, ferner daß sie άθανατωτέρα ist, hat nur Sinn, wenn eben L u f t bzw. Feuer das unsterbliche Element ist (vgl. Diog. fr. 7, schon Simplikios wundert sich über die Ausdrucksweise). 411 a 16 υπολαβεΐν δ' έοίκασιν είναι την ψοχήν έν τούτοις, οτι το δλον τοις μ,ορίοις όμ,οειδές · ώστ' άνιγκαΐον αυτοίς λέγειν καί την ψοχήν ομοειδή τοις μ,ορίοις εΐναι, ει τψ άπολαμβάνεσθαί τι τοδ περιέχοντος εν τοις ζφοις Ιμ,ψοχα τά ζφα γίνεται. Da haben wir in aristotelischer Sprache und Konzentration den Beweisgang von Xen. Mem. 1, 4 s und PI. Phil. 2 8 d f f . Daß übrigens Aristoteles den Beweis vom Luftvertreter nimmt, zeigt sich darin, daß die Luft zweimal allein genannt ist, a 12 und a 20. [Zu άπολαμβάνεσθαι vergleiche PI. Phil. 30 a πόθεν . . λαβόν; περιέχον kommt bei Anaxagoras fr. 2 vor.] Die interessante Kritik des Aristoteles lasse ich beiseite. Im ganzen dürfen wir wohl glauben, einen Gedankengang teleologischen Inhalts mit ziemlicher Sicherheit auf Diogenes zurückgeführt zu haben. Und falls keine direkte, liegt doch eine indirekte Abhängigkeit Piatos und Xenophons vom Apolloniaten vor. Wir versuchen an einem andern Stück Xenophon ebenfalls diesen Ursprung nachzuweisen. Ich denke an die bekannten Vergleiche von Einzelheiten des Körperbaus mit Erzeugnissen menschlicher Technik. Ich will der Einfachheit halber von Technikvergleichen sprechen. Solche Vergleiche kennen wir hauptsächlich aus der stoischen 1 Literatur. Die größte Ähnlichkeit aber bis in den Wortlaut hinein besteht mit einigen Sätzen aus Aristoteles π(ερί) ζ(ψων) μ(ορίων). e) xen.Mem. 1,4« Die Hauptstellen, die schon Krohn und Dickerman und Aristoteles, gegenübergestellt haben, sind folgende :

einander

Xen. 1,4». où δοκει σοι καί τάδε προνοίας εργοις έοικέναι . . β λ ε φ ά ρ ο ι ς αδτήν(τήνόψιν) Φορώσαι . . . ώς δ'δν μηδέ ίνεμοι

βλάπτ) DAS mit DÌO zuwenden (vorläufig bis § 12 [von 4 3]). Er enthält ja mehr als Euripides. Er nennt insbesondere anfangs als Geschenk der Götter die Sonne, die Nacht, die Sterne, ferner zwischen hindurch redet er von der segensreichen Bahn der Sonne und unserer Überlegenheit über die Tiere (§§ 8—10). Hat Xenophon erweitert oder Euripides gekürzt ? Beides wäre denkbar. Zur Entscheidung der Frage muß nun aufmerksam gemacht werden, daß die Mittelparagraphen offenbar die Darlegung unterbrechen. Denn wenn es § 11 heißt: m δε . . . προσθείναι τοις άνδ-ρώποις αισθήσεις etc., so ist für den Infinitiv kein Subjekt vorhanden, die Götter müssen gemeint sein, waren aber schon lange nicht mehr Subjekt. Schließen wir dagegen an § 7 an, so paßt alles gut: Es findet sich §§ 11, 12 dieselbe Infinitivkonstruktion mit το δε και . . . eingeleitet, wie wir sie §§ 5—7 vor uns 1 Dagegen sagt der aufgeklärte Kyklop (Eur. Cycl. 332f.): ή γή δ'άνάγχν;', y.äv θέλ-jj κδν μή ϋ-έΧι/j, | τίκτοοοα ποίαν τάμα πιαίνει βοτά. 1 Und bei Eur. Ion 1434, Troad. 801 ff. (worauf O. Schröder a. a. O. S. 21 verweist), wo Athene Bringerin des Ölbaums ist. " Daß die Erwähnung eines tierähnlichen Zustandes bei Euripides unpassend ist und sich durch Kontamination erklärt, haben wir bemerkt. 4 Später wird Prometheus Ausdruck der teleologischen Gestaltung des Menschen (vgl. Norden, Jb. f. Phil. Suppl. 1892, 428ff., 453 ff.); sehr typisch z. B. Galen π.χρείας μορίων 2,642eff., 214ioff. Η. Volkstümlich scheint die Men. schenechöpfung immer gewesen zu sein; vgl. Äsop 155H, worauf Aristoteles π.ζ.μ. 663aio anspielt.

— 44 — haben. Weiter: diese Infinitivkonstruktion findet sieb für alle die Funkte, die auch bei Eurípides zu treffen sind. [An der genau entsprechenden Stelle (nach der Nennung des Wassers) haben Euripides und Xenophon scheinbar beide etwas Eigenes, jener Kleidung und Schiffahrt, dieser das Feuer; aber es ist eben das Feuer, das zu allen τέχναι führt; Euripides hat ihrer zwei ausgewählt; die Parallelität erweist wieder auch das ,τό δέ και" bei Xen. § 7 *.] Wae Xenophon mehr hat gegenüber Euripides, hat andere Konstruktion ; ein ganz sicheres Zeichen, dati Xenophon zu einer Grundquelle Zusätze gemacht hat. Weiter alle diese Zufügungen — und nur diese 2 (§§ 3, 4, 8, 9; nicht § 10; davon unten) finden sich vereinigt bei Dio Chrysostomos 3 in den §§ 74, 81, 74, 82, 77—80 (in dieser Reihenfolge; gut nebeneinandergestellt beiKlimek S. 51 ff.). Dabei zeigt sich die Ursprünglichkeit der dionischen Fassung sogleich; denn man hat sich mit Recht gefragt, warum Xenophon zweimal auf die Sonne (bzw. auf das Licht) zu sprechen kommt. Ferner wird § 3 f. den Göttern das Geschenk von Sonne und Nacht übertragen, während § 8 f. dann notgedrungen die Sonne selbst als aktiv fürsorgend dargestellt werden muß. Bei Dio spendet vortrefflicherweise allen Segen die Sonne allein. Und zwar ist das Ganze zu einem Preis des πόνος der Sonne gewendet (vgl. § 83). Die glänzende Entdeckung von Joël (Sokr. 2 3so) bestätigt sich, daß die gemeinsame Quelle für die betreffenden Xenophon- und Dioparagraphen in Antisthenes — ein anderer kommt wohl nicht in Frage — zu suchen ist'. Das Resultat läßt sich aber noch stärker stützen. Nämlich einen Teil der Argumentation hat auch Xen. Cyr. 6, 2 29 in anderm Zusammenhang. [Gleich vorher § 28 findet sich eine Parallele zu Mem. 4, 3β; und da die Cyr.-Stelle sinnvoller, Mem. 4, 3β ganz recht verständlich nur aus jener ist (wenn sie auch nicht so töricht ist, wie man schon behauptet hat), so könnte darin ein Argument für 1

Zu § 7 τό δέ xat τò πδρ πορίσαι ήμΐν èitixoopov . . ψύχους vgl. Pl. Gesetze 666 b (Διόνοσος) τοις άνθρώποις èitixoopov της τοδ γήρως αόστηρότητος Ιδωρήσατο τόν οίνον; ein Zug, der die Xenophonstelle mit den S. 40 betrachteten Fällen verbindet (aus Plato und Isokrates). 3 Einzig αυζειν xal τρέφειν findet sich bei Dio § 74 und Xenophon § 6, bei jenem von der Sonne (was ganz natürlich ist, ygl. etwa PI. Staat 509 b), bei Xenophon yon der Nahrung, wo die Wörter selbstverständlich sind, wenn auch das kontaminierte Stück (siehe gleich) schon abgefärbt haben kann. 8 Die Folgerungen Joels für das ganze Xenophonkapitel verwerfe ich, wie man sieht. — Dio zeigt in Stil und Zusätzen auch eigene Arbeit.

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die auch sonst für wahrscheinlich erklärte Reihenfolge CyropädieMemorabilien gesehen werden. In jenem § 6 hat ja wohl — was immer zu berücksichtigen ist — Xenophon die Sache neu formuliert (Euripides sagt kurz bloß αρδη τε νηδόν), worauf ja vielleicht (S. 44 2) auch das an Dio anklingende συναόξειν und σοντρέφειν zurückzuführen ist. Xenophon hat oft in verschiedenen Schriften ganze anklingende Sätze. Hier mochte er sich an die Cyr.-Stelle erinnern, wo auch Antisthenes benutzt sein muß.] Cyr. 6,229.

Xen. Men. 4, 3 ο.

ή γαρ κατά μικρόν παράλλαξις πάσαν ποιεί φύαιν ό π ο φ έ ρ ε ι ν τάς μεταβοiBiiaiiBiiuaiiaiiii λάς · διδάσκει δέ καί ó ••lian,χι , , , θεός, απαγων ημάς κατα

το δ'επειδή καί τοδτο φανερόν, οτι οδκ αν ό π ε ν ε γ κ ο ι μ ε ν ουτε τό καδμα οϊίτε τό ψδχος, el έξαπίνης γίγνοιτο, οδτω μέν κατά μικρόν προσιέναιτόν ήλιον, οδτω δε χαί χατά μικρόν άπιέναι, ωστε λανθάνειν ή μ δ ς είς έκάτερα τα ισχυρότατα καθιστάμενους,

ΙΒΙΙΒΙΙΒΙΙΒΙ

μιχρον ε* τε τοδ χειμώνος είς τό άνέχεσθαι ipiiBiiaiíaiiiiiaiiaiiB! (Ισχυρά . θ ά λ π η εχ τε τοΰ θάλπους ΙΒ;ΙΙΙΙ·ΙΙΒΒΒΙ εις τον ίσχορον χειμώνα

ον χ ρ ή μιμούμενους . . . laiiBiiBiKjiiiiÉiiaiiaiiBiii

Dio S so. επεί δέ ασθενέστεροι φέρειν έσμέν τήν μεταβολήν άθρόαν ΙΒΙΙΙΙΙΒΙΙΙΙΙΒΙ^ΒΙ Μ,ιιΙΙ

f

γιγνομένην, κατ Ολίγον ταύτα μηχανάται, καί τρόπον τινα λανθ·άνει συνεθί£ων μέν ήμάς δια του ήρος ό π ε ν ε γ χ ε ί ν τό θέρος, προγυμνάζων δε δια τοδ μετοπώρου χειμώνα lάνέχεσθαι, ^ aiBiiMmiaiaiBili εκ μέν τοδ χειμώνος θαλπών, , λ leiiBiiaijaneiiai κατ'ολιγον, έκ δέ θέρους αναψυχων, ώστε άλύπως άφικνείσθαι πρός έκατέραν τήν μεταβολήν. 82 . . . μιμεΐσθαι ^ ¿ΒΙΙΒΙΙΒΙΙΒΙΙΒίμι τήν εκείνου (θεοδ-·ηλιου) δυIIBIBIBI ναμιν . . . r

Im Wortlaut stimmen also teilweise alle drei überein (gesperrt) teilweise Dio und Xen. Mem. ( — ) , teilweise Xen. Cyr. und Mem. ( ), was aber besonders wichtig ist, es zeigen sich Ähnlichkeiten spezieller Art zwischen Cyr. und Dio (» •»•·). Es wäre nun jeder Methode zuwider, anzunehmen, daß Dio im ganzen sich an die Memorabilien anschlösse (soja überhaupt vom § 74 an), dann sich aber auch der Parallelstelle in der Cyropädie erinnert und diese im § 80 benutzt hätte. Dazu sieht sich Klimek gedrängt (S. 55, natürlich hätte Dio den interpolierten Mem .-Text benützt); diese eine Stelle wirft die Athetese über den Haufen. Die Cyropädiestelle, die das antisthenische Argument zu andern Zwecken braucht (wie wieder zu andern der Memorabilienparagraph), hat offenbar Ursprüngliches bewahrt; mit θεός ist die Sonne gemeint, wie sie bei Dio § 73, § 82 heißt. Auch der Schluß betreffend das |Α'.μ.=ισθαι zeigt — wieder ist der Sinn etwas anders — den Zusammenhang mit Dio-Antisthenes. Es sei noch bemerkt, daß wie die Hervorhebung des πόνος



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überhaupt (vgl. etwa Antiphon Ys. II 300 6, 9 ff. mit dem teilweise sicher antisthenisch beeinflußten „Herkules am Scheideweg" Vs. II 27217, 28), auch die δουλεία der Sonne (Dio 75) sich schon früher nachweisen läßt: Eur. Phön. 546; die Verse haben überhaupt eine gewisse Ähnlichkeit zu unserm Zusammenhang, c) die verknopSo sehen wir deutlich wieder, wie Xenophon aus zwei Vor'""nophon * * l a g e n ein Ganzes gemacht hat und einen Teil der einen (über Licht weitere Bin- und Nacht unter Beifügung der Sterne, weshalb — wie Krohn a. a. 0 . nonne des An- g 5 4 g e i t e n c i m a c h t e — die Sache nicht ganz klappt) dem richtunggebenden Beweisgang der andern angeglichen hat; so daß halbwegs eine Kosmologie vorhanden zu sein scheint, was Dümmler (Akad. 100 ff.) und andere getäuscht hat 1 . Auch das πυρ hat, wie wir sahen, nichts Physikalisches an sich; es ist notwendiger Faktor für die Technik; man wird übrigens hier einen sichern Fall von Kürzung durch Euripides erblicken, der lieber ein paar Einzel-τέχνα·. herausgriff (dies zur Ergänzung des S. 44 Bemerkten). Wir haben noch nicht erklärt § 10 und die Umstellung von Xenophon gegenüber Eurípides. Dies findet zusammen eine Lösung. Xenophon wollte eine Trennung machen zwischen allgemeiner Fürsorge der Götter und speziell den Menschen gewidmeter und letztere an zweiter Stelle behandeln (ganz dieselbe Teilung bemerkten wir in I i und sahen, wie darob Xenophon einen Beweisgang geteilt hat). So hat er die Reihenfolge der Vorlage, die bei Euripides bewahrt sein könnte, geändert, was der Mensch vom Tier voraus hat nach hinten gestellt und den Teil durch den Gemeinplatz von der Bezwingung der Tiere eingeleitet. Eine ganz bestimmte Quelle dafür zu suchen wäre zu viel verlangt. Anaxag. fr. 2 1 b klingt etwas an. Der Ausdruck πολυ γένος ανθρώπων für πολλοί άνθρωποι ist (dies gegen Klimek S. 63) so wenig auffällig wie ανθρώπων τδ πάν γένος (Cyr. 8, 783) für πάντες oí άνθρωποι. Möglich ist 2 , daß unsere Stelle zu Arist. Pol. 1256 aio u. 38 in Beziehung steht, und 1256 biB müßte beigezogen werden: das ginge auf Rechnung einer gemeinsamen Quelle, um so mehr als die letztgenannte Politikstelle eine Art der Teleologie (daß die Pflanzen der Tiere, die Tiere der MenAuch den Interpolator der Mernjannschen Handschrift, der im § 7 die von ihm vermißte Luft nachträgt (το χαί τόν άέρα . . . διαχδσαι etc.). Schlagend als unrichtig erwiesen wird so die eben geäußerte Vermutung von H. Gomperz (N. Jahrb. 1924, 1451; vgl. schon Dickerman a. a. 0 . 371), jene Worte seien echt. 1 Klimek S. 63. 1

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sehen wegen da seien) zeigt, die der weniger naiven des Aristoteles nicht entspricht 1 . Vom § 10 abgesehen ergibt sich also: Xenophon hat zwei ganz verschiedene Beweisreihen in eins verschmolzen, die eine, teleologische, einen Preis der göttlichen κατασκευή, von einem Geistesverwandten Xenophons stammend 2 , die andere, ursprünglich ein Lob des πόνος der Sonne. Wenn letztere sehr wohl etwa im Kyros des Antisthenes stehen konnte (Xenophon hat sie ja auch in der Cyropädie benützt), so müßte, antisthenischen Ursprung auch der ersten vorausgesetzt, diese einem ganz andern Zusammenhang entstammen. Aber es spricht eigentlich nichts für diesen Ursprung. Antisthenes hätte in Auswahl und Reihenfolge eine Vorlage rein reproduziert (während doch wenigstens Xenophon Änderungen eintreten ließ). Der Preis der τέχναι § 7 und die Betonung der Mantik § 1 2 sieht auch nicht antisthenisch aus. Daß freilich ähnliche Wendungen und Gedanken vorgekommen sind, läßt sich aus folgendem erschließen, ohne daß dies meiner Meinung nach die Zuteilung der mit Eurip. Qik. parallel gehenden Gedanken an Antisthenes nach sich zöge (auch andere Sokratiker werden sich übrigens ähnlich ausgedrückt haben): Έβ ist bekannt, daß Xenophons Οικονομικός antisthenische Gedanken enthält; besonders muß man die sich im ersten Kapitel findenden Ubereinstimmungen zu [Plato] Eryxias darauf zurückführen 8 . Aber auch sonst hat sich Xenophon wohl von Antisthenes anregen lassen; das zeigt etwa die Empfehlung der καρτερία 723 4 : ρίγη μ.έν γάρ και θάλπη καί δδοιπορίας καΐ στρατείας του ανδρός το βώμα καί την ψυχήν μάλλον δυνασθαι καρτερείν κατεσκευασεν (δ θεός). Da begegnen wir also dem Wort κατασκευάζειν wie Mem. 4 , 3 3; auch έμφύειν findet sich in der Nähe 724, vgl. Mem. 4, 3ii. Daß (Ök. 7 82) das Bild von der Bienenkönigin bei den Kynikern beliebt ist, hat Joël (Sokr. II 378) gezeigt. Besonders ähnlich 7 28 ist nun Ages. 9 β εδφραινε δέ αυτόν (Ages.) καί τάδε οτι αυτός μέν ηδει τη τών θεών κατασκευή δυνάμενος άλόπως χρήσθαι, τόν δέ (βάρβαρον) Ιώρα φεύγοντα μέν θάλπη, (ρεόγοντα δέ ψύχη δι' άσθένειαν ψυχής, οόκ ανδρών αγαθών 1

Vgl. Β. Encken, Methode der arietot. Forschung S. 86. Xenophon hat den Ton mehr auf das Subjekt (die Götter) als auf das Objekt (die Vollkommenheit) gesetzt. * Vgl. die nicht in die Tiefe gehende Dissert, yon O. Schrohl, De Eryxia qui fertur Piatonis, Gött. 1901. 4 Vgl. Joël, Sokr. II 880. 1



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άλλα θηρίων των άσθΐνεστάτων βίον μιμοόμενον (vorher findet sich das antisthenische Schlagwort φιλόπονος). Wieder ist die göttliche κατασκευή, freilich nicht im optimistischen Sinne, mit dem Gedanken verbunden. Wichtig kann es nun scheinen, daß im Eynikos des Lukian sich Anklänge zu Xenophon finden. Das Schriftchen, das übrigens als unecht angesehen wird, wogegen sich Helm N. Jb. 1902 360 wendet, macht den Eindruck, aus kynischen Floskeln zusammengesetzt zu sein. (Auch der berühmte Protreptikosanfang : ποί φέρεσθε [c. 18] findet sich da, doch wohl nicht aus [Pl.] Eleit. 407 b, sondern aus dem Vorbild, dem bei Dio Chrysostomos 13ieff. in vollständigerer Fassung vorliegenden Protreptikos des Antisthenes (vgl. Joël: Sokr.II 422). Da kommt § 11 auch der Ausdruck τοό θεού κατασκευάσματα vor. Die merkwürdigste Parallele zeigt aber Luk. Kyn. § 14 zu Xen, de re eq. 5 e f.: L u k . (Die Männer der Urzeit) τόν πώγωνα κόσμον 4νδρ6ς ενόμιζον ώαπερ χαι ίππων χαίτην καΐ λεόντων γένεια οίς δ θεός αγλα'ίας xai χόαμοο χάριν προαέθ-ηκέ τινα.

X e n . : τοί>ς θεούς οΐεσθ-at χ ρ ή δεδωκέναι ταύτας τάς τρί-/ας . . dann : δέδοται παρά θ-εών χαί άγλαΐας ένεκα Τππω χαίτη χαί προκόμιόν τε χαί οόρά.

Freilich der Zusammenhang ist verschieden, so, daß wir bei Xenophon eher das Ursprüngliche zu sehen meinen. Er schließt seinen Satz an eine durchaus richtige Naturbeobachtung an, während bei Lukian gezeigt wird, daß das ungepflegte Äußere des Kynikers der natürlichen Ordnung entspricht. Nun aber ist die Zurückführung des äußern kynischen Gehabens auf Antisthenes sehr anfechtbar, wie besonders von Wilamowitz (Platon II 1634) nachdrücklich betont. Wir lassen da, bis wir neues Material finden, die Sache in der Schwebe, bemerken aber, daß wir sicher aus Lukian keinen Beweis entnehmen dürfen, daß Antisthenes nicht nur von der άγλαΐα der Mähne und Stirnhaare sprach, sondern auch von der Schutzwirkung (de re eq. 5 6), und daß also auch die ähnliche Argumentation von Mem. 1,4 e auf ihn zurückzuführen sei. Wenn er auch nur als Vermittler in Betracht kommen könnte, wir denken eher daran, daß Xenophon der Pferdefreund und Darsteller des Pferdesportes, was ihn die Naturwissenschaft über den Schutz des Menschengesichtes gelehrt hatte, auf sein geliebtes Roß übertragen konnte. Die Worte τρίχες άντί τών μεγάλων ώτων (de re eq. ib.) könnten übrigens im Kompensationsgedanken naturwissenschaftliche



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Schulung verraten ; er ist bei Aristoteles περί ζφ»ν μορίων häufig zu treffen, etwa 692bieff. So werden wir nun auf Mem. 14 geführt; wir müssen aber noch bemerken, daß 4,313 zu keiner der angenommenen Hauptquellen gehört. Weder erwarten wir zu der Beweisführung, die sich schon in den Hiketiden des Euripides findet, einen Anhang über die Unsichtbarkeit Gottes, noch gehört eine .solche Darlegung zu einem Lob des πόνος der fionne. Ein typisch naturwissenschaftlicher Unterton ist deutlich geworden S. 32 ff. Die Anpassung dieser Grundlage an die xenophontische Gedankenwelt könnte man Antisthenes geben wollen. Dies wäre dann in einer ganz andern Schrift geschehen, etwa im φοσικός λόγος (vgl. Philod. de piet. 72 G ; Cic. n. d. 132). Aber gerade da wurde das Bestehen vieler Götter für bloße Konvention erklärt, es wäre seltsam, wenn hier die υπηρέται των θεών oder auch nur τοδ θεοδ aufgetreten wären. Daß übrigens Antisthenes, so gut wie Plato, im Anschluß an volkstümliche Redeweise von θεοί sprach, halte ich für sicher, so gut wie er, wo es darauf ankam, die Sonne als Gott bezeichnen konnte, die gewiß nicht unsichtbar ist 1 . Wir müssen uns überlegen, ob nicht Xenophon selber naturphilosophische Sätze in das seiner Anschauung entsprechende Gewand kleiden konnte. Daß er überhaupt zu einem naturwissenschaftlichen Buch griff, das scheint mir nichts Unglaubliches an sich zu haben. Wundern σ könnte man sich höchstens, wie er sich erlaubte, Abschnitte daraus in den Mund des Sokrates zu legen (vgl. S. 503). Aber die dialogische Literaturgattung besaß weitgehende Freiheit in der Wahl des Stoffes, und wenn man etwa Antisthenes als Vermittler annimmt, wird ja der Anstoß bloß zurückverschoben. Nun wird man sagen, daß für Antisthenes wenigstens naturwissenschaftliche Interessen bezeugt sind (Diog. Laert. 6 IB περί ζφων φύσεως, 17 περί φύσεως α'β', ¿ρώτημα περί φύσεως β'). Aber abgesehen davon, daß mir über die Art dieser Schriften nichts ausgemacht erscheint, — daß sich ein Antisthenes in naturphilosophischen Dingen ganz nur Diogenes von Apollonia angeschlossen haben sollte (und das wäre nach der Sachlage bei Xenophon der Fall, außer für die Memorabilienkapitel besonders auch für Conv. 56ff. [oben S. 31 f.]), 1 Die aas einem andern Zusammenhang genommene Stelle dttrfen wir nicht mit dem kombinieren, was Xen. Mem. 4,3 K fiber die Sonne sagt.

3. Xenophon «. die alur hl f i> '°; top hie, Angleiehung an die eigtnt a t^¡ "



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scheint mir schwer glaublich zu sein. Dazu kommt: Xen. Mem. 1,46 hat wörtliche Anklänge an Aristoteles (S. 24 f.) ; die Erklärung wird zum mindesten erschwert, wenn die beiden nicht denselben Text benutzten; denn daß Aristoteles nicht Antisthenes vor sich hatte, ist ganz sicher. Noch bedenkenerregender liegt die Sache bei Mem. 1,4 s. Die Annahme der Abhängigkeit dieses Paragraphen von Antisthenes zöge fast notwendig auch Phil. 28dff. mit. Das ist an und für sich unwahrscheinlich, und wenn Plato sich auf die frühern beruft, auf Anaxagoras anspielt, denken wir am ehesten an einen Anaxagoreer 1 . Daß Xenophon, wenn er das Bedürfnis hatte, etwas von Physiologie zu erfahren, gerade auf den σχεδόν νεώτατος των περί ταδτα σχολασάντων2 verfiel, der ziemlich bekannt sein mußte und den noch der Komiker Philemon hervorholte, ist begreiflich; so zeigt sich auch sonst noch ein Anklang an ihn: Conv. 226 bei zuviel Regen τά φοόμενα . . . ou δύναται όρθοόσθαι οοδέ ταίς α'ύραις διαπνεϊσθαι. Die Gefahr der Nässe, die Wichtigkeit der Luft und die Beziehung zur όρθότης sind Gegenstand diogenischer Lehre. Auch die beiden quaestiones naturales 7 i mögen durch ihn angeregt sein. Ich möchte besonders noch auf folgendes hinweisen: Xenophon, der vom aristophanischen Diogenes-Sokrates wußte (Conv. 6 6 f. wird halb ernsthaft auf die μετεωρολογία des Sokrates angespielt), möchte wohl, als er 40 Jahre nach dem Tode des Meisters, den er nur flüchtig gekannt hatte, Material für die Sokratika sammelte, glauben, daß sich bei jenem Naturphilosophen etwas Verwendbares finden lasse 8 . Was er fand, mußte er freilich seinen eigenen Vorstellungen, besonders den über die Götter, anpassen. Diesem Anpassungsprozeß wenden wir uns zu. Die Gottesauffassung des Xenophon ist durchaus persönlich; Gott oder die Götter spielen bei ihm eine große R o l l e A u c h wo 1

Auch im Kratylos schien mir (oben S. 284) direktes Zurückgehen auf Diogenes wahrscheinlicher. 2 Theophrast bei Simplikios 51 A 5. 3 Daß Sokrates selber in den Zwanzigerjahren jene Spekulationen mitmachte, halte ich für ausgeschlossen. (Anders A. Busse, Sokrates [„Die großen Erzieher VII«] 108f.; E. Horneffer, Der junge Plato 94ff.; abenteuerlich H. Gomperz, N. Jahrb. 1924, 148 ff., der auch bei Eurip. Hik. 201 ff. Gedanken des Sokrates sehen möchte.) 4 Zwischen Singular und Plural dürfen wir keine Nuance suchen, der Wechsel war typisch für jene Auffassung; schon bei Herodot findet er sich; dann gerade etwa Eur. Hik. (202 8ς θεών gegenüber allgemein 214 θ·εοΰ χατααχεοήν),



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wir es nicht erwarten, läßt er sie oft auftreten (vgl. Joel Sokr. 1118 ff.). Ein besonders auffälliges Beispiel ist Mem. 4, 7 6 δλως δ! των ουρανίων, η έκαστα ó θεός μ-ηχανάται, φροντιστήν γίγνεσθαι άπέτρεπεν (Σωκράτης) · ο'ότε γαρ εδρετά άνθρώποις αότά ένόμ,ιζεν είναι οδτε χαρίζεσθαι θεοίς αν ήγείτο τόν ζητοδντα . . . auch Anaxagoras war von Sinnen ó μ,έγιστον φρονήσας έπί τφ τάς των θεών μ,ηχανάς έξηγείσθαι (wieder Wechsel des Numerus!). Also sogar ins System des Anaxagoras, der sogleich widerlegt wird, dringen die Götter ein. — Einen andern Fall finden wir zu Beginn der Πόροι. Er hat dort Athen ins Schema der Klimatheorie hineingesetzt, wie wir sie am großartigsten entwickelt finden bei Hipp, περί άέρων όδάτων τόπων. Während jene Theorie aber bewußt das Göttliche nicht zur Erklärung beizieht, lesen wir Xen. de vect. 1, 3: οσα-ερ oí θεοί έν ταΐς ώραις άγαθά παρέχοοσιν und § 5 θεία. μοίρα; ein wohl volkstümlicher Ausdruck (bezeichnend ist sein Gebrauch Plat. Prot. 322a), der sich auch sonst bei Xenophon findet; Mem. 2,318 in einer Umgebung, die in der Auffassung mit den teleologischen Kapiteln Ähnlichkeit hat (§ 19 [von den Augen] έπί πλείστον έξικνείσθαι ist direkter Nachhall von 1, 417). Die Tatsache, daß Xenophon in der Weise eine Vorlage seiner 4. Denkweise anpassen konnte, müssen wir bei der Betrachtung von 14 im Auge behalten. Wie wir in 43 auf drei Hauptquellen geführt wurden, so haben wir auch in Ii kein Recht anzunehmen, daß Xenophon einer einheitlichen Vorlage gefolgt sei. Ebensowenig dürfen wir daran denken, die beiden Schilderungen der körperlichen und geistigen Vorzüge des Menschen stammten aus gleicher Quelle; wir würden der offenbaren Häufigkeit solcher Darstellungen nicht Rechnung tragen; sie sind übrigens auch im Wortlaut ganz verschieden. Die Eigentätigkeit des Xenophon dürfen wir nicht zu gering anschlagen, der nur allgemein einem Muster folgen, dann aber in Formulierung und Zusätzen (selbstverständlich auch Streichungen) selbständig sein konnte. Wir müssen in der Scheidung der Quellen vom Singulären ausgehen. Da hat sich ergeben, daß §§ 8, 17 und 18 (hier von einer xenophontischen Ergänzung abgesehen, vgl. S. 20) herausfällt. Ebenso zeigt § 6 mit seinen so gearteten Technikvergleichen etwas für alte Zeit Außergewöhnliches. Wir nahmen, wie im vorgenannten Stück, Abhängigkeit von Diogenes von Apollonia an. Die Form weiter kann man Kritias Sisyphos (81 Β 25) trotz der andern Tendenz beiziehen: V. 16 το θείον . . ώς εστι δαίμων gegenüber V. 27 τοί>ς θ-soôç.

vorxenopkon-



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freilich, die Heranziehung eines persönlichen Schöpfergottes ist xenophontisch. Es ist auch sehr wahrscheinlich, daß bei Diogenes der Zustand der zweckmäßigen Gestaltung geschildert war, daß erst Xenophon den Akzent auf die Schöpfung gelegt hat. Auch der Abschnitt Conv. 5 6 ff. würde dafür sprechen. Nur einmal bricht die speziell xenophontische Redeweise durch (§ 6) ένεποίησαν . . ¿ίνας oí θεοί. So heißt es gerade in der zu Mem. 1 , 4 β parallelen Stelle des Aristoteles, obgleich dieser sonst überaus oft die φόπις als handelnd einführt, daß die Augenbrauen des Schutzes wegen da sind, gleichsam ein γείσωμα sind usw., während Xenophon den Gott diese Gestaltung bewerkstelligen läßt. Allerdings hieß es gerade Ar. Thesm. 14 ff., wo wir eine Anspielung auf Diogenes sahen: α'ιθηρ . . . έμηχανησατο ¿φθαλμόν und χοάνην ώτα διετετρήνατο (μηχάνημα1 (und τέχνημα) findet sich Xen. 1, 4 7). Aber wenn auch Diogenes die technische Zweckmäßigkeit in der Natur zum Erweis einer im All wirkenden Vernunft mitbenutzt haben kann, so würde ich ihm doch diese durchgeführte Vorführung des Weltprinzips gleichsam als δημιουργός nicht zutrauen. — Damit komme ich an das Wort bei Xenophon, das vielfach Anstoß gefunden hat und das Lincke N. Jb. 1906, 678 mitverwandte zum Nachweis, daß das Xenophonkapitel zeitlich nach dem platonischen Timäus entstanden und also interpoliert sei. Aber schon im Staat hat Plato den Ausdruck; 507c αισθήσεων δημιουργός, 530a τοδ οδρανοο δημιουργός, und zwar ganz nebenbei; er ist nicht der Schöpfer des Wortes in dieser Bedeutung. Wo es aufkam, ist freilich ungewiß; es scheint, daß nicht in der Natur philosophie. Nur in poetischer Redeweise kann Empedokles die Φιλότηε gleichsam als Schmied darstellen fr. 73, oder sonst an handwerkliche Tätigkeit anspielen; fr. 75, 95, 86, 87, 96 (vgl. Joël Gesch. d. ant. Phil. I 535). Zusammen mit einer technischen Auffassung der Natur finden wir den δημιουργός-Gedanken bei Hipp, περί καρδίης. Die Schrift wurde früher vielfach in nacharistotelische Zeit gerückt. Fredrich aber weist nach (Hippokr. Untersuchungen S. 77), daß sie sehr wohl schon in der Zeit des Diokles geschrieben sein kann, ja muß, 1 Der Ausdruck μηχανάοθ·αι findet sich auch PI. Prot. 320 e. Daß ursprünglich einmal Prometheus der Schöpfer war in einer Xen. Men. 1, 4 entsprechenden Darstellung oder gerade in seiner Quelle, braucht man mit Joël (Sokr. 2«7>f.) nicht zu schließen Die χατααχβοή im Sinne von Mem. 4a und £ur. Hik. 201 ff. ist gerade so technisch-schöpferisch.



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und M. Wellmann (Fragm. d. griech. Ärzte I S. 94ff.; 107) denkt an Einfluß des Philistion. Hier heißt es von den Herzohren (IX 84) c. 8 : lau δέ δργανα τοΐσιν ή φύσις αρπάζει τόν ήέρα . καίτοι δοκέω tò ποίημα χειρώνακτος άγαθοδ . . . κατασκεψάμενος γαρ σχήμα στερεόν έσόμενον τό σπλάγχνον . . παρέθηκεν αυτέψ φόσας, καθάπερ τοίσι χοάνοισιν οι χαλκέες, ωστε δια τοοτέων χειροδται την πνοήν. (Technikvergleich !) Auch das Wort μηχανάσθαι findet sich S. 88. Ich will keine weitern Schlüsse aus diesem Vorkommen der Werkmeisteridee ziehen; das Vorhandensein der Vorstellung wird auf alle Fälle bezeugt. Auch das Wort πρόνοια (§ 6) hat Lincke a. a. 0 . zum Erweis nachplatonischen, ja stoischen Ursprungs beigezogen. Nun aber läßt sich dafür sehr gut auf Herodot 3ios verweisen: και κως τοδ θείοο ή προνοίη, ωσπερ και ο'ικός έστι, έοδσα σοφήι, οσα μεν [γαρ] ψοχήν τε δειλά και έδώδιμα, ταδτα μεν πάντα πολόγονα πεποίηκε, ίνα μή έπιλίπη κατεσθιόμενα, δσα δέ σχέτλια και άνιηρά, όλιγόγονα*. An der Stelle, wo sich religiöse Anschauung des Volkes und Erkenntnisse der ίστορίη verbinden — und da steht Herodot — wird man diesen Gedanken entstanden denken. Es wäre meiner Ansicht nach falsch, einen bestimmten Autor als Quelle Herodots suchen zu wollen, etwa Protagoras (W. Nestle Programm Schöntal 1908 S. 16 f.), deswegen weil PI. Prot. 321b von όλιγογονία und πολογονία die Rede ist. Über einzelne Punkte im xenophontischen Beweisgang von der glücklichen Ausstattung des Menschen wollen wir noch sprechen. Den Gegensatz τύχη-γνώμη § 4 (in kosmischer Bedeutung findet er sich implicite bei Diogenes fr. 3) trifft man wörtlich gleich Hipp, π. παθών (6 254 L), wo es heißt, daß die φάρμακα nicht από γνώμης, sondern άπό τύχης gefunden seien. (Sonst findet sich ähnlich in medizinischer Literatur die Gegenüberstellung von τε'χνη und τύχη [π. τέχν. c. 4, π. αρχ. Ιατρ. c. 12].) Vgl. auch Thukyd. 1, 144 4. Der Gedanke von § 7 steht sehr ähnlich in PI. Symp. 207 a b. 1

Vgl. Xen. M. 1 , 4 7 οοφοδ τίνος ίημιοοργοδ. ' E s Bcheint die einzige Stelle vor dem 4. J h . mit; der in Frage stehenden Bedeutung zu sein: vgl. Lennep, Phalaridis epistulae (Groningen 1777) p. 148 Anm. — Das ίσως òtti προνοίας im Bericht von der Neigung des Kosmos (bei Anaxagoras und Diogenes) 46 A 67 gehört natürlich dem Doxographen. Demokrit (55 Β 10 a) περί ειδώλων f j itepl προνοίας ist verderbt.



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Wieder ist da rein das Faktum nicht die Schöpfung Gottes (vgl. S. 52) hervorgehoben. Daß § 11 sehr wahrscheinlich etwas von der Lehre des Diogenes abbekommen hat, haben wir früher bemerkt. Auch der folgende Gedanke könnte ev. daher kommen, wenn wir uns an Anaxagoras 46 A 102 aus Aristot. de part. an. 687 a 7 erinnern und den Anklang von ib. 687 a 21 an unsere Xenophonstelle anerkennen (Klimek S. 32 f.). Die Artikulation der Stimme (§ 12) wird mit demselben Ausdruck (άρθροδν) bezeichnet Hipp. π. σαρκ. Vili 608 L. Die Hervorhebung des Gottesglaubens der Menschen (§ 13) ist alter Bestandteil in derartiger Literatur; vgl. PI. Prot. 322 a, Menex 237 d, Isokr. Paneg. (4) 33. (Die Stellen oben S. 41 f.) Das πρός μ,άθησιν Ικπονηααι und das folgende ίκανωτέρα (§ 13) zeigt einen Anklang an Cyr. 4, 311. Daß die Menschen wie Götter leben (§ 14) im Vergleich mit den Tieren, wird vertreten auch in fr. 61 des aristotelischen Protreptikos. Solche Ähnlichkeiten zwischen dem in der Sophistik entwickelten protreptischen Genus und unserem Zusammenhange werden wir gern voraussetzen. An einigen Punkten sehen wir da, wie Xenophon Gedanken der zeitgenössischen Literatur aufgenommen und für einen Gottesbeweis verwendet hat, der im Prinzip sich anlehnt an das 43 mit Euripides gemeinsame Stück; er hat sich besonders auch Gesichtspunkte eines naturphilosophischen Buches nutzbar gemacht, alles aber unter den Aspekt einer Schöpfung durch Gott gestellt.

Anhang 1. Über Vergleich und μίμ,ησις bei den Vorsokratikern. Von der ältesten Zeit an bediente sich die naturphilosophische Forschung zur Verdeutlichung der Erklärungen des Vergleichs : So verglich schon Anaximander (2 A 10) die Feuerschale, die sich um die Luft herum bildet, mit der Binde eines Baumes, und zur Erklärung seiner merkwürdigen Gestirnansicht nimmt er ein Wagenrad zur Hilfe (2 A 21 f.). Besonders reich ist in dieser Hinsicht Empedokles: der poetische Veranschaulichungstrieb verstärkt die Neigung. Joël (Gesch. d. ant. Phil. I 534 f.) zählt die Beispiele auf; einiges erinnert an die Technikvergleiche, wenn das Ohr mit einer Glocke



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fr. 99, das Auge mit einer Laterne verglichen wird fr. 84. Aber es fehlt die Absicht, daraus auf die Zweckmäßigkeit in der Natur zu schließen. Ein& besondere Art der Vergleiche sind die mikro-makrokosmischen. Über solche haben wir S. 27 einiges gesagt. Interessant sind die Fälle, wo ein Teil der kleinen Welt als Nachahmung der großen bezeichnet wird. Dazu gehört Ar. Thesm. V. 17 : (α'ιθήρ έμηχαVτράτο) δφθαλμον άντί(ΐψ.ον ήλίοο τροχφ Nun könnte man dies ja auf Rechnung einer Parodierung des Tragödienstiles setzen. Aber gerade für die anaxagoreische Schule sind analoge Beispiele bezeugt. Es ist beizuziehen Hipp. π. διαίτης, die Schrift, deren grundlegende Behandlung durch C. Fredrich, Hippokratische Untersuchungen (Philol. Untersuchungen 15) 81 ff. ich voraussetze. Fredrich sieht in der μίμησις-Vorstellung von 1 io heraklitischen Einfluß; wie er ja c. 11 ff. für sicher anzusehen ist. Die Art dieser μψ,ησ'.ς (in c. 11 ff.) ist aber anders und wenn wir in der Schrift rapi εβδομάδων ähnliche Vorstellungen treffen wie in c. 10, werden wir et\vas mißtrauisch. Denn nicht nur der zweite Teil von π. έβδ. ist voll von Ähnlichkeiten mit physikalischen Anschauungen von περί διαίτης (Fredrich 226 f.), Ähnlichkeiten, die sich durch Beeinflussung eines Anaxagoreers erklären (Archelaos?), auch im ersten Teil (c. 1—12) finden sie sich. Ich vergleiche einiges von π. διαιτ. 1 io und π. έβδ. 6 (aus dem ersten Teil), 15 (aus dem zweiten Teil). Den grauenhaften Text der lateinischen Ubersetzung lasse ich stehen. évi 8s λόγω πάντα διεκοσμήζατο *ατά τρόπον αδτο έαυτώ τα èv τω σώματι τί> ιτδρ, άπομί¡i-YjOtv τοδ δλοο, μικρά προς μεγάλα και μεγάλα προς μικρά

c. 6 : quae autem in terra sunt corpora et arbores naturam similem liabent mundo quae minima et quae magna: Decesse est enim mundi partes cum sint omnia similiter, comparan mundo; ex equalibus enim partibus et similibus mundo consistunt.

κοιλίην μέν . . ί αλάααης δύναμιν® ζώων συμφόρων τροφόν . . Kepi îè ταότην δδατος ψυχρού xai δγροδ σόατααιν . . ά^ομίμηotv γης

c. 15: est autem terra mundi nutrix (vgl. c. 1 Ende: γη πάντροφος und unten S. 57), . . . aqua vero nutrimentum . . . aeris frigida irrigatio constituit et coagulat licorem et simulât terram. c. 6 : terra . . . media lapidi quidem ossa imilationem habens.

1

Für die Vorstellung vgl. F. Boll, Aus der Offenbarung Johannis (Στοιχεία I) 66. s Wie das Folgende zeigt = άπομίμηαιν ; der Vergleich von κοιλία und θ-άλαττα ist bei Arist. Meteorol. 355be, 3 5 6 b i vorausgesetzt.

— . . toy περιέχοντα πάγον èv τούτω (dem Sonneiifeaer) ψοχή νόος φρόνηοις χίνηαις αδξηοις μείωσις etc.

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c. 6 : aqna autem fluminum imitatio est v e n a e . . . Ende: inseparabilis soliditas quae mundum continet omnem (δκριτον πάγον Gal. X I X 73). c. 15: quod autem solis calor est crementun) et motns omnibus,

Ich habe etwas mehr ausgeschrieben1 als für unsern Zweck nötig wäre, um diese merkwürdige, kaum einem Zufall zuzuschreibende Übereinstimmung von zwei getrennten Kapiteln von π. έβδ. mit einem von π. διαιτ. 1 io hervortreten zu lassen. Dessen letzter Gedanke verrät auch nicht direkten Einfluß des Heraklit, sondern anaxagoreische Terminologie spielt hinein: so in dem διακοσμ,εΐν des Anfangs; πάντων κρατειν gehört ebenso dazu. Und wie dem Prinzip hier ψοχή, νόος zugesprochen wird, so bei Diogenes fr. 3 ψοχή und νόησις (zwei weitere Glieder habe ich aus c. 15 von π. έβδ. in Parallele gesetzt). Prinzipiell läßt sich der Standpunkt von π. σαρκών 2 (51 C 3) vergleichen. Wenn wir nun die in π. έβδ. mit π. διαιτ. parallelen Gedanken nicht heraklitisch nennen, so gilt dies auch für den μ.ίμησις-Gedanken von π. διαιτ. 1 io. Das Verhältnis von beiden Schriften kann ich nicht näher erklären. Man könnte in Versuchung kommen, π. διαιτ. von π. έβδ. abhängig sein zu lassen. Die Siebenerlehre von π. έβδ. 8 und 9 hat eine bemerkenswerte Parallele in π. διαιτ. 123. Ich kann aber doch nicht recht daran glauben. Auf alle Fälle schiene mir verfehlt zu sein, auf ein hohes Alter von π. έβδ. zu schließen. Der erste Teil ist zwar abzutrennen, hat vielleicht Altes bewahrt, ist aber doch offenbar mit modernen Anschauungen der anaxagoreischen Schule durchsetzt, so gut wie der zweite. Er kennt schon die Kugelgestalt der Erde, die wir bei Anaxagoras (Capelle N. Jb. f. d. klass. Altert. [43] 1919,97) und Archelaos (E. Frank Plato und d. sog. Pythagoreer S. 24, der auch S. 67, 184 ff. dem alten Pythagoreismus die Erdkugellehre nehmen will) noch nicht finden, wohl aber beim Autor π. διαιτ. VI L p. 532. Interessant ist, daß wir aus demselben Kreise noch von einer μίμ,ησις vernehmen und zwar bei Archelaos selber. Aus 4 7 A I § 1 7 (und A 4 § 5) ersehen wir, daß er Tiere und Menschen aus der Erde entstehen ließ, die ίλυν παραπλησίαν γάλακτι von sich gab. Er hat also wohl die gebärende Erde mit einem Weibe verglichen, die ihre Auf beiden Seiten ist einiges unverständlich; die Haupteache, die μ;·μηαις des Kosmischen durch das Lebewesen ist deutlich. 1



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ersten Geschöpfe gleichsam mit Milch nährte Da Demokrit diese Vorstellung, wie es scheint, nicht kennt — deutet doch auch nichts darauf hin, daß er ihr folgend von Gebärmüttern der Erde sprach —, wohl aber Epikur (wie uns dies besonders bei Lukrez erhalten ist: 5 808 ff.), so muli sie dieser wohl von Archelaos übernommen haben. Ich halte es nun für sehr wohl möglich, daß Plato Menex. 237 d ff. mit von Archelaos beeinflußt ist. Denn der Anschluß an naturwissenschaftliche Lehre ist deutlich: έν έκείνψ τφ χρόνφ, έν φ ή πάσα γη άνεδίδοο και εφυε ζφα : damit ist die Zeit der Urzeugung gemeint, denn (Archelaos A 4 § 5) οστερον . . . ή έξ αλλήλων γένετις συνέστη. Menex. 237 e wird von ή ήμ.ετέρα γή τε και μήιηρ gesprochen. Dann folgt 238 a der wichtige Gedanke: ou γαρ γή γοναικα μ.εμίμ.ηται κοήσει και γεννήαε;, άλλα γονή γήν. Daß als τροφή die Früchte eintreten, entspricht Ton und Genus der Rede. (So wie sich Isokr. Pan. [4] 25 ausdrückt, möchte eine ältere, traditionelle Wendung vorliegen; vgl. die Anm. 1 und Pohlenz Aus PI. Werdezeit 272.)

Anhang 2. Die Stoa und Diogenes von Apollonia. Die Stoa hat in manchen Punkten unter Übergehung der neueren Forschung der Akademie und des Peripatos an frühere angeknüpft, und zwar genügt es nicht, nur auf Heraklit zu verweisen. Wir versuchen im folgenden den Nachweis, daß sie (es braucht nicht ausschließlich Zeno gewesen zu sein 2 ) ein besonderes Interesse hatte an Diogenes von Apollonia. Wenn dieser glückt — der Unsicherheit sind wir uns bewußt —, dann möchte auch einiges Teleologische in der Stoa von ihm herstammen. Daß die Stoiker unseres Wissens Diogenes nie nennen, ist kein Gegenbeweis, wie es andererseits natürlich ist, daß sie sich gern auf Sokrates (bei Xenophon) berufen. Ich machte schon früher (S. 31) darauf aufmerksam, daß der Vergleich der Nase mit einer Mauer bei Cicero n. d. II 143 belegt ist 1 Natürlich bat er eich da an volkstümliche Anschauungen angeschlossen (A. Dieterich, Mutter Erde s S. 53 n. s.). Solchen einen naturphilosophischen Untergrund zu geben, war die Tendenz des Anaxagoruskreises; man denke an das oben S. 21 über Diogenes Bemerkte und an die Anfänge allegorischer Ausdeutungen der Dichter. 8 Ich branche im folgenden allgemein den Ansdrnck „Stoa" nnd vermeide mit Absicht, anf die Poseidoniosfrage n. dgl. einzugehen oder auch nur mehr Parallelstellen hinzuschreiben.



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und bei Xenophon Conv. 5 β so damit gespielt wird, daß das τείχος gerade als Hindernis dargestellt wird. Ciceros Quelle ist also sehr wahi scheinlicher weise nicht von jener Xenophonstelle abhängig; allerdings bleibt die Möglichkeit einer Neuschöpfung. Ähnliches gilt von dem Vergleich des Ohres mit einem Trichter, den wir aus Diogenes zu Aristophanes Thesmophor. V. 18 gelangen ließen. Er findet sich auch bei L a k t a n z de op. 8 7, wie Diimmler Akad. 117 bemerkt h a t t e . Dieser h a t ebenso den Vergleich des πρωκτός των έμπίδων mit einer Trompete bei Arist. Wolken 165 zusammengestellt mit dem Vergleich des menschlichen Stimmorgans (das ist wieder das U r sprünglichere) m i t einer Pfeife bei L a k t . de op. 15 2. Eine ganz merkwürdige Ubereinstimmung eines Diogenesdogmas mit einer Stelle desselben L a k t a n z h a t Diimmler S. 114 aufgezeigt: Diog. nach Theophr. Ys. 420si 8τι δ= 6 εντός άήρ αισθάνεται μικρόν ών μόριον του θ-εοδ, σημεΐον είναι, διότι πολλάκις jtpί>ς δλλατόν νοδν έχοντες οϋθ-'όρώμεν ουτ' άκοόομεν (Selbstverständlich müssen wir bei der Mittelquelle von Lakt. starke Überarbeitung annehmen.)

Lakt. de op. 16 β f. videtur enim mens, quae domiiiatum corporis tenet, in summo capite constituta tamquam in caelo deus: sed cum in aliqua ait cogitatione videtur cominear» ad pectus et quasi ad secretum aliquod penetrale secedere, ut consilium tamquam ex tbesauro recondito eliciat et proférât, ideoqne cum intenti ad cogitandum sumus et cum mens occupata in altum se abdiderit neque audire quae circumsonant ñeque videro quae obstant solemus.

W i r müssen aber damit auch Cic. Tuse. 1 46 vergleichen : . . . sed u t non physici solum docent verum etiam medici, qui ista a p e r t a et p a t e f a c t a viderunt, viae quasi quaedam sunt ad oculos, ad auris, ad naris a sede animi peiforatae. itaque saepe aut cogitatione a u t aliqua vi morbi impediti apertis atque integris et oculis et auribus nee videmus nec audimus, ut facile intellegi possit animum e t videro et audire, non eas partes quae quasi fenestrae sint animi. Also die Unmöglichkeit der Wahrnehmung während des Denkens wird auch hier hervorgehoben. Diogenes ist ohne Zweifel der U r heber der „Fenstertheorie", die besonders auch Strato der Physiker vertreten hat (vgl. Heinze zu Lukr. 3 350. 869), und deren Bekämpfung durch Lukrez 3 359 ff. sehr bekannt ist. D a ß aber auch Krankheit die W a h r n e h m u n g verhindern könne, ist bezeugt f ü r — Diogenes selber (Theophr. 420 4) την κόρην . . . μ&γνομ,ένην τφ έντός άέρι ποιεΐν αΐ'σθησιν · σημ,ΐίον δέ · έάν γαρ φλεγμααία γένηται των φλίβών, OD μ.είγνΐ)σθ·αι τφ έντός οοδ' όράν ομοίως της έμ.φάσεως ούσης (!) Die φλέβες entsprechen



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den viae bei Cicero, vielleicht war hier Diogenes dem Alkmaion gefolgt (Theophr. de sens. 26). Die physici et medici würden gut zu Diogenes passen. An der S. 13 erwähnten Stelle aus den Quaest. Horn, des Herakleitos standen sie auch vor einem diogenischen Dogma. Daß der Geist ein μικρόν μόριον τοδ θεοδ ist, ist eine so pointierte Wendung, daß sie kaum zufällig auch bei den Stoikern auftritt, ζ. B. Epikt. 1,14 6 at ψυχαί . . . aütoö (toó θεοδ) μόρια οΰσαι 7.ai αποσπάσματα1; ähnlich 2,8 li. Ich notiere noch Horaz Sat. 2,2 79: divinae partícula aurae. Die Lehre von der Abkühlung der Seele bei der Geburt (die stoische στόμωσις) ist zwar auch im Sinne anderer Physiologen, aber ausdrücklich für Diogenes bezeugt 51 A 28; daß die Seele für Zeno (135 Α) πνεύμα ενθ-ερμον ist, kann durch Anregungen von anderer Seite aus erklärt werden ; aber auch für Diogenes ist sie αήρ θερμός (fr. 5, 4261). Weiter haben die Stoiker der Lehre von der Ernährung der Sonne durch Dünste gehuldigt, die wir für Diogenes erschließen können aus 51 A17 (aus Alexander in Meteorol.) und aus π. φοσ. 3 (Vs. 431 is). Auch die Wenden werden mit der Fütterung zusammengebracht wie bei Diogenes (an genannter Alexanderstelle) s , so etwa bei Kleanthes Cic. n. d. 337 (fr. 501A). Der Preis der Bedeutung der Luft bei Hipp. π. ψοα. 3 (Vs. 51C 2) läßt sich wohl zusammenstellen mit der allerdings großartigeren Schilderung bei Sen. q. n. 2 6. Es sind auch andere Parallelberichte beizuziehen: Cic. n. d. 2ioi könnte im ganzen bei Diogenes stehen. Griechisch steht dasselbe bei Gregor. Naz. or. 28, II 65 Migne. Dort το της πτηνής φάσεως όχημα für die Luft, was dem γης δχημα π. φοσ. Vs. 43122 und Euripides Vs. 43124 analog ist. Die Luft spielt auch sonst in der Stoa teilweise eine Rolle, die in ihrem System nicht begründet ist. Nach Philodem de piet. 1

άπόιπααμα im Pythagoreerabschnitt Diog. Lacrt. 823 ist wie der Bericht im ganzen (trotz M. Wellinann, Hermes 1919 225, Diels Vs. Nachtr. I, XLI1 und ganz neuerdings E. Bickel, Philol. 1924 358, der nicht zum mindesten deswegen zu schiefen Aufstellungen kommt) ohne jeglichen Alterswert. 1 Krause faßt die τροπα; ήλίοο τε xat σελήνης mit Unrecht als die täglichen Himmelsdrehungen auf, da es Tropen des Mondes nicht gebe (Progr. Gnesen 1909, S. 4). Es gibt aber die Anschauung, daß der Mond in einem Monat die gleiche Bahn macht wie die Sonne in einem Jahr. Anaxag. Vs. 385uff., Lukrez 5, 618.



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80 G sagte Chrysipp neben Δία τδν αιθέρα: Δία είναι τόν περί την γη ν αέρα. Ebenso identifiziert Krates nach Scholion Germ. 17717 M Zeus und Luft. Dies ist Lehre des Diogenes 5 1 A 8 ; C2 (Eur. Troad. 886), C4 (Philemon). Für die Stoa ist die Anschauung seltsam, wenn sie sie nicht übernommen hat. Denn Philemon, den Krates zitiert, dürfte nicht den einzigen Anhalt gegeben haben [die poetische Formulierung wurde zitiert, wie Epikur vielleicht einen Gedanken des Archelaos wiedergab in der vom selben Archelaos abhängigen Fassung des Euripides fr. 839 vgl. S. 821 ']. Die Etymologie von Zeus könnten die Stoiker, wie wir S. 284 bemerkten, von Diogenes haben. Wir wiesen auf den Epicharmus des Ennius (Vs. 13 Β 53). Das Fragment (das nur im Dualismus einen archelaischen Gedanken enthalten könnte) hat eine ganz merkwürdige Ähnlichkeit zu dem schon zitierten Cic. n. d. 2 ιοί. Die stoische Etymologisierungswut könnte überhaupt mit durch Diogenes angeregt sein. Auch für die Erklärung der menschlichen Sprache war die stoische Atherseele unpraktisch. So setzt denn an deren Stelle Σ Arat 1 (S. 335 IB M) in Übereinstimmung mit der S. 8 erwähnten Lehre die Luft. Und etwa ein Sätzchen wie Minuc. Felix 326 (in stoischer Umgebung) animam tuam qua vivificane (vgl. die Zeusetymologie) et loqueris . . . läßt noch ganz die diogenische Anschauung von einer Luftseele durchschimmern. Wenn ich schließlich noch auf die zwei Spuren von Diogenes in der Homererklärungsliteratur (oben S. 11 ff.), wo man wohl einen Stoiker als Vermittler anzunehmen hat. hinweise, so wird die Wahrscheinlichkeit nicht gar zu gering scheinen, daß seine Lehre auf die eigenen Theorien Einfluß haben konnte. Schon Dümmler hat auf Grund der eingangs genannten Parallelen auf ein Fortwirken diogenischer Gedanken bei den Stoikern 1 Daß Epikur nicht nur die Atomisten ausschrieb, sondern auch andere Vorsokratiker berücksichtigte, beweisen weniger seine Auswahllisten physikalischer Erklärungen, die einer Doxographie folgen können (vgl. G. Bergsträßer, Neue meteorol. Fragm., S. B. Heidelberg 1918 28 ff.), als etwa der Vergleich von Lukrez 1,271 ff. mit Hipp, π.φοσ. c. 3 (Ys. 4319 ff.), wonach wir auf Benutzung gerade unseres Diogenes schließen dttrfen. Denn man wird nicht glauben, daß hier gemäß einer Theophrastnotiz (Vs. 417 s») Abhängigkeit des Diogenes von Leukipp vorliegt; sicher ist der Atomist, der den Wind nur als Beispiel beizieht, sekundär. Andererseits möchte Demokrit kaum ein solches Argument von Diogenes entlehnt haben.



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geschlossen, hat sie aber durch Antisthenes vermitteln lassen. "Wir haben aber kein einziges Zeugnis für ein Nachwirken naturphilosophischer Lehren des Antisthenes; abgesehen davon, daß für ihn ein so weitgehender Anschluß an den Apolloniaten schwer glaublich ist. Ich sehe keinen Grund dazu, einen halb sicheren Weg mit einem ganz unsicheren zu vertauschen.

II. T e i l .

Plato. a. Der frühe ι. piato und die

Naturphüo-

Wenn wir nun aber schon in vorplatonischer Zeit Glieder einer teleologischen Naturanschauung glauben nachgewiesen zu haben, wie k o n nte Plato den Stab über der Naturphilosophie brechen, da sie das teleologische Moment vernachlässigt habe? Selbstverständlich dürfen wir nicht als Grund vorschützen, Plato rede ja von Anaxagoras, nicht von Diogenes. Er hat letztern, wie wir bemerkten, sicher gekannt. Aber wenn er die „Entwicklung der menschlichen Erkenntnis" nicht weiter hinab verfolgte, geschah es, weil ihm Anaxagoras als Typus einer vorideellen Wissensstufe vollauf genügte. Plato suchte das Geistige (demgegenüber die Materialisicrung des Diogenes ein ganz prinzipieller Rückschritt scheinen mußte), das Ewige, das Gute. Das Reich des Werdens war ihm damals fern und unbegreiflich. Von der Ideenwelt führte kein W e g zum Werden der .Natur hinüber 1 . Sein eigenes Studium, seine eigenen Interessen lagen physikalischen Dingen fern. Von der physiologischen Bewegung und der sophistischen (logisch-„geisteswissenschaftlichen") hatte ihn im tiefsten Herzen in der Jugend nur die letztere ergriffen. In der Auseinandersetzung mit ihr und im Widerstreben ist er zur Ideenlehre gekommen. Sokrates wandelt, so betrachtet, in den Bahnen der Sophisten, die sich der geistigen Beziehungen des Lebens bewußt werden; aber er hält sich bloß ans Ethische und seine Untersuchung zweckt weder auf praktische Verwendung ab, noch ist sie geistreiches Spiel, sondern Anfang der Selbstbesinnung, W e g zur geistigen Autarkie des Menschen s . 1

Nur ein Dämon, der Eros, kann nach dem Symposion die Kluft über-

brücken; er ist der Vermittler zur Schau der Ideen und des Einen. 2

Damit kann man vergleichen, vric bei Plato zeitlebens (vgl. 7. Brief 344 b)

die Dialektik die Rolle behalten hat, W e g zu sein, nun nicht zur Persönlichkeit, sondern zum überpersönlichen, objektiven ε ν άγαθόν.



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Diese beiden Wege der Bildung, die die geistige Welt Athens am Ende des 5. Jahrhunderts beherrschten, konnten sich selbstverständlich bei einzelnen kreuzen; noch mehr mußten sie vom Standpunkt der überkommenen Anschauungen nebeneinanderrücken, so daß sie Aristophanes in den Wolken als eins verspotten kann. Fast gewaltsamer ist die Kontinuation, in die Plato an der Phaidonstello die beiden Riebtungen hineinstellt. Denn wenn er (99 e) das Naturstudium aufgibt, sich zur Dialektik flüchtet, so hat nicht er zuerst den δεύτερος πλοδς unternommen, hier waren ihm im gewissen Sinn die Sophisten vorangegangen; für ihre logischen Aporien 96cd 1 weiß er den Ausweg, die vielbcrufene Lehre vom Ding an sich (vgl. insbesondere 100 e). Aber diese sophistischen Probleme hatte er vorher in den Zusammenhang gebracht mit der Physik 96d (während er sie nun 2 101 e richtig den άντιλογ'.κοί zuspricht). Er durfte ÜGe die Lösung nicht kennen, um vorher, als Schlußpunkt der „vorsokratisclien" Entwicklung Anaxagoras nennen zu können, wo natürlich von der hineingezogenen sophistischen Aporie keine Rede mehr ist. Nun ist die Entwicklung so weit fortgeschritten, daß Plato die Antwort geben kann (99 d if.), aber eine Antwort, die bewußt nichts mit Physik zu tun hat (es ist also unerlaubt, oder zum mindesten sehr pointiert ausgedrückt, wenn II. Maier Sokrates 543 von der Physik des Phaidon spricht). Zwar hat Plato die Prinzipien einer künftigen Physik aufgestellt (97 c—99 c), aber wenn er keinen Versuch macht, die Lösung in die Hand zu nehmen, so geschieht das offenbar deswegen, weil er sie gar nicht geben kann, weil er dem Problem des Werdens und der Bewegung nicht beigekommen ist, weil er, etwas konkreter ausgedrückt, die Seele als Bewegendes noch nicht erfaßt hatte 3 . Denn, das ist ja bekannt, im Phaidon ist dio Seele in ihrem 2. Die statische SeeU eigentlichen Wesen den Veränderungen entrückt. Daß sie zeitlose ' geistige Realitäten erkennt, setzt auch sie in Verwandtschaft mit denselben (76de) nach dem alten, besonders von Empedokles berühmt gemachten Satz (21 Β 109), daß Gleiches nur vom Gleichen 1

Das τοφλωθ-είην 09 c 2 und 96 c 0 markiert die Zusammengehörigkeit. Im Philebos 15dff. (vgl. auch Staat 539b, Soph. 259 c, 251 b [Antisthencs steht auf der Stufe der νέοι]) denkt er an die Kämpfe der Jugend zurück. 8 Dio „Physik" des Kratylos — nur Mittel zum Zweck — operiert mit Anschauungen des Diogenes von Apollonia (oben S. 28 4) und Heraklit und darf nicht ins Feld geführt werden. 2

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erkannt werde. So ist sie σογγενής den ideellen Wesenheiten (79 d). Nicht als ob dieser Subjektscharakter der Seele der allein im Phaidon festgehaltene wäre, der Dialog hat ja überhaupt wie in einem Brennspiegel die verschiedensten Seelenvorstellungen vereinigt, wo sie die Unsterblichkeit stützen konnten. Ich brauche nur etwa die orphischpythagoreischen Vorstellungen zu nennen. Der letzte künstlich durchgeführte Unsterblichkeitsbeweis benutzt wieder eine ganz andere Seelenauffassung. Die Seele wird selber — ohne daß freilich Plato die Konsequenz klar ausspricht — zur Idee; sie steht im selben Verhältnis zur Idee des Lebens (είδος τής ζωής 106d) wie die Ιδέα της τριάδος zur Idee des Ungeraden; vgl. Wortlaut von 105 d mit Wortlaut von 104 d. Daß so die Ideen eigentlich vervielfacht werden, ist für die Zeit des Phaidon noch kein Problem. Auch in den verschiedenen sinnlichen τριάδες ist ja die Idee der τριάς (und des Ungeraden) stets enthalten. Damit scheint die Bewegung in der Welt des Irdischen aus der Idee erklärt zu sein; aber ebensowenig wie die Idee des bewegten Himmels Staat 529 d schon zu einer Physik des Kosmos führt, ebensowenig zeigen sich hier die Ansätze zu einer Physiologie. Piatos Denken ist dem Irdischen abgewandt, soweit hinter ihm nicht die statischen Wesenheiten des Intellegibeln erkennbar sind. Β. DER EPAEs war offenbar eine große, durch äußere Einflüsse mitbedingte tere piato. vVandlung in Piatos Anschauungen, die zu einer neuen Auffassung ι. Allgemeine». Seelischen führte. Zum erstenmal bei Plato nennt Phaidros gungiseeu de» 245 d in berühmten Worten die Seele αρχή της κινήσεως, zum erstenphaidrot. j j , ^ w j r ( j e j n e Tatsache der" sichtbaren Raumwelt zum Beweis ihrer Ewigkeit angeführt, zum erstenmal ihr Wirken im Kosmos angedeutet. (Bekannt ist die Ähnlichkeit zu dem von Aristoteles für Alkmaion Berichteten, Vs. 14 A 12.) Diese kinetische Seelenauffassung steht im schroffsten Gegensatz zur statischen der Zeit bis zur Republik und stellt jede Ansetzung des Phaidros vor den Staat außer Diskussion. Wenn auch keine Folgerungen naturerklärender Art sich sonst im Phaidros finden die Formulierung ist so ähnlich der in den Gesetzen (245 e3 u. 6, vgl. Gesetze 895 d 4 u. 896 a3) s , 1 Freilich mit dem Götterzug sind vielleicht die Planeten gemeint nnd mit dem Mitgerissenwerden vom Himmel (247 c) könnte angedeutet sein, daß die Planeten, abgesehen von der eigenen Bahn, auch den Umschwung des Fixsternhimmele mitmachen. s Vgl. Stenzel (Über zwei Begriffe der platonischen Mystik, ζωον und κίνη-







daß sich Plato scbon weitgehend klar gewesen sein muß über die neu eingeführte Bewegungsseele. Die theoretische Einbeziehung ins System des" Plato und so 2- Die Ein. die Möglichkeit einer ganz neuen Einstellung zur Natur bringt — ν der Beso seltsam es scheinen mag — die Auseinandersetzung mit der s'J*tm hiatos,· èleatischen Lehre mit sich, die zugleich der Ideenlehre Piatos viel- die -dumnan„

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fach ein anderes Aussehen gibt. Parmenide». Im Dialog Parmenides hatte Plato alle Einwendungen, die sich gegen seine Ideenlehre machen ließen, aufgezählt-, dem Abschnitt des Theätet, der die neue Form der Ideenlehre zeigt [er findet sich innerhalb der Widerlegung des Satzes, daß Wahrnehmung und Wissen identisch sei Theät. 184 b —186 e], geht die Berufung auf Parmenides voran (183 e) — ganz sicher zugleich eine Berufung auf den gleichnamigen Dialog Nach der Bemerkung, daß die Sinneseindrücke durch die Seele vermittels der όργανα2 aufgenommen würden (184d), folgt ein Abschnitt über die der Sinnlichkeit entzogenen „Kategorien", der schon verschiedene Grundbestimmungen des Sophistes vorausnimmt. Was den Einfluß eleatischer Lehre anbetrifft, vgl. Theät. 185 a (über Farbe und Stimme) . . . έκάτερον έκατέρου μεν Ιτερον, έαοτψ δε ταοτόν mit Parm. 8 67 (es* sind hier auch zwei Dinge verglichen πύρ und vö£), έωυτψ πάντοσε τωότόν, τφ δ' έτέρψ μ.ή τωυτόν. Dies gilt von den beiden μορφαί der Δό£α: Parm. will hier mit möglichst geringen Abweichungen von der 'Αλήθεια (jede der beiden μορφαί hat die Bestimmungen des einen wahren ό'ν) die dem Auge (darum das Paar Tag und Nacht), dann überhaupt die den Sinnen dargebotene Welt erklären. Plato konnte sich hier sehr wohl an die Δόξα anschließen, für ihn hatte die Aporie (betreffs der Mehrheit der δντα) gar nie bestanden; er ist eben nicht von der Seinslehre des Parmenides, sondern von den ethischen Bestimmungen des Sokrates ausgegangen. Jetzt aber sah Plato im è'v des Parmenides etwas seinen Ideen Vergleichbares. σις, Progr. Breslau 1914). In der astronomischen Ausdeutung der Seelenvorstellung scheint er mir zu weit zu gehen. 1 Hier folge ich der zeitlichen Anordnung yon Arnims nicht, während ich den Phaidros gleich einreihe wie dieser. - Im Phaidros, dem zeitlich nachfolgenden Dialog, kann dann das Wort ohne nähere Erklärung gebraucht werden (250 b). Die Auffassungeweise hängt in irgendeiner Art mit der des Diogenes von Apollonia zusammen, der (vgl. S. 58) die „Fenstertheorie 1 aufstellte.



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Auch s o n s t sind die G e s i c h t s p u n k t e e l e a t i s c h , 1 8 5 b Z a h l (Parm.8e εν). Ä h n l i c h k e i t ( P a r m . 822) vgl. 1 8 5 c. Die V e r w a n d t s c h a f t m i t dem Soph, z e i g t sich s o f o r t . Mit d e r oben ausgeschriebenen T h e ä t . - S t e l l e 1 8 5 a vgl. Soph. 2 5 4 d : ουκούν αυτών εκαατον τοΐν μεν δυοΐν Ιτερόν έστιν, αυτό δέ έαυτψ ταυτόν. Mit T h e ä t . 185 c vgl. Soph. 254 c ff., w o sich a u c h w i e d e r j e n e K a t e g o r i e n , 8 ν - μ ή ò'v, ταυτόν-θάτερον finden, dazu ( w ä h r e n d T h e ä t . s o n s t m e h r P a a r e a u f z ä h l t ! ) στάσις und κίνησες. D a s i s t d e r e n t scheidende S c h r i t t , d e r f ü r P l a t o die P h y s i k e r s t möglich m a c h t e . D i e σύμμειξις των γενών und speziell des Seins und der B e w e g u n g ist V o r b e d i n g u n g f ü r die Anschauungen des E m p e d o k l e s und H e r a k l i t , ohne deren A n e r k e n n u n g e s m i t i h r e r P h y s i k n i c h t s ist 252 b. Die f u n d a m e n t a l e B e d e u t u n g und den W e g zugleich der E n t d e c k u n g z e i g t u n s die Polemik gegen die εΙδών φίλοι. D a ß e r zuv o r d e r s t d a r u n t e r zu zählen i s t — „die s c h ö n e W e i s h e i t von den είδη" s a g t e r j a , w i r können e s n u r m i t R ü h r u n g lesen, noch im 6. Brief 3 2 2 d — , d a ß er in d e m g e r ü g t e n Sinn noch d a r u n t e r zu zählen w a r z u r Zeit des T h e ä t e t , z e i g t Soph. 2 4 8 a, d e r g e n a u d a s R e s u l t a t von T h e ä t . 1 8 5 d e d e n Ideenfreunden in den Mund l e g t . Zum E r w e i s der Realität d e r B e w e g u n g b e n u t z t e r nun 2 4 8 b ff. z u e r s t ein A r g u m e n t (über die δύναμις), zu dem i h n die K r i t i k d e r M a t e r i a l i s t e n g e f ü h r t h a t t e (247 e) Man w i r d es n i c h t schlagend n e n n e n . D a n n a b e r geht e r plötzlich dazu ü b e r — und die W o r t e ü b e r s t ü r z e n s i c h : Τί δε προς Διός; ώς άληθώς κίνησιν και ζωήν και ψυχήν καί φρόνησιν ή ραδίως πεισθησόμεθα τφ παντελώς ό'ντι μή παρείναι, μηδέ ζην αυτό μηδέ% φρονιίν, άλλα σεμνόν και αγιον, νουν ούκ Ιχον, άκίνητον έοτός είναι; (248 β), und w e i t e r αλλά νοδν μεν ε'χειν, ζωήν δέ μή φώμεν; und d a n n : αλλά ταδτα μέν αμφότερα ένόντ' αυτψ λέγομεν, ου μην έν ψυχή γε φήσομεν αυτό εχην αυτά; und d a n n άλλά δήτα νοδν μέν καί ζωήν καί ψυχήν ζεχειν^, άκίνητον με'ντοι τό παράπαν £μψυχον ον έστάναι; D a ß d a n i c h t m e h r vom δν die R e d e ist, ü b e r d a s d e r T h e ä t e t h a n d e l t e 1 8 5 c d , und wie es im Soph, w e i t e r h i n w i e d e r v o r k o m m t (gleich 2 4 9 c sind κίνησις und νους Gegensätze, w ä h r e n d es 2 4 9 b h e i ß t : συμβαίνει δ' ουν ακινήτων τε όντων νοδν μηδενί περί μηδενός είναι μηδαμοδ), ist k l a r ; die Ideen k ö n n e n n i c h t g e m e i n t sein und sei e s a u c h die I d e e des L e b e w e s e n s 2 . Die Personifizierung i s t g a n z a u s ' Er hat übrigens offenbar Anregung dafür bekommen durch die κομψοί δνδρες, deren Lehre Theät. 156 a ff. (bes. a 6 f.) geschildert ist. 3 Dies gegen Stenzel: Piaton und Demokrit in N. Jb. f. klass. Alt. (45)



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geschlossen — ein Spuk der Philosophiegeschichten ist es, wenn sie noch von der Beseelung der Ideen sprechen. Es liegt eine μετάβασις εις äXko γένος vor, wir können auch sagen, das transzendente 8v des Parmenides, in dem Plato die Verwandtschaft zu den Ideen sah (vgl. S. 65) 1 , geht über in das πάν, das Parmenides eigentlich gemeint hatte. Parmenides wollte die wahre Physik geben (die falsche des Heraklit bekämpfte er [ f r . 6 i ff.]). Seine Seinskugel ist also materiell zu denken und würde ungefähr der Kosmoskugel entsprechen. — So heißt es Soph. 249cd: τφ δή φιλοσόφψ . . . ανάγκη . . . μήτε των iv η και τα πολλά ε'ίδη λεγόντων τό π & ν έστηκός άποδέχεσθαι, των τε αδ πανταχή το δ ν κινοόντων μηδέ το παρ άπαν άκοόειν, άλλα κατά την των παίδων ευχήν, δσα ακίνητα και κεκινημένα, τό δ ν τε και τό π α ν σοναμφότερα λέγειν. Das πάν ist aber ganz neu aufgefaßt ; ein Hauptstück der Lehre des Timaios ist vorweggenommen; vergleiche mit der oben ausgeschriebenen Stelle Soph. 249a9 Tim. 30b7 δει λέγειν τόνδε τόν κόσμον ζφον έ'μψοχον Ιννοον τε . . . γενέσθαι; beidemal geht voran die Bemerkung, daß der νους sich in der Seele befinde (Soph. 249 ae, Tim. 30 b 4). Wie eine Selbstkorrektur mutet es an, daß es heißt Tim. 30 b ι λογισάμενος οδν ηυρισκεν (der Demiurg) έκ τών κατά φόσιν δρατών ουδέν άνόητον τοδ νοδν έχοντος . . . κάλλιον Ισεσθαι. Über die Beziehung zwischen dem parmenideischen und platonischen πάν werden wir bald noch mehr zu sagen haben. — Die κίνησις, die ja nicht nur Ortsbewegung umfaßt (vgl. Nom. 893c ff.), war ein Rätsel gewesen für Plato; sie konnte am wenigsten mit dem starren Sein der Ideen in Verbindung gebracht werden. Jetzt glaubte er, nachdem er im Phaidros das Göttliche, die Seele mit der Bewegung in Zusammenhang gebracht hatte, ihre Realität bewiesen zu haben; κίνησις und στάσις werden neben dem δν zu den μέγιστα γένη (254dé). Die Verknüpfung der γένη aber verlangt richtige Einsicht über das ταότόν und θάτερον (253 d), und diese beiden, die schon im Theät. 185 c eine Rolle gespielt hatten, treten zu den drei γένη hinzu 255 c, ja werden nun zum gemeinsamen Nenner für alle Gegensatzpaare; die θατέροο φόσις tritt an 1920, 98 [in dem hier dargelegten Sinne kann ich an eine Beziehung zwischen Plato and Demokrit nicht glauben]. Von einer διαίρίαις, die Stenzel zur Hilfe nimmt, steht nichts da. 1 So spricht auch Aristoteles Met. 986bis dem Parmenides das χατά τ4ν λόγον εν zu im Gegensatz zu dem χατά τήν δλ^ν und ähnlich vielfach die moderne Philosophiegeschichte.



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die Stelle des μ.ή 8v des Pannemdes (256dia, 258d7) und nimmt dem Sein die eleatische Starrheit 1 . Der Timaios zeigt die Bedeutung der beiden Begriffe. Die beiden zusammen machen die οδσία 2 aus (so genannt ohne Zusatz 35 b 1, 37 a 3) ; eben weil nach dem Sophistes diese ταότόν und θάτερον umfaßt 8 . Die έτ=ρότης wird dann ferner — sie ist in Nachwirkung parmenideischer Lehre nicht ganz gleichwertig — der Planetensphäre zugeordnet (36 d), in ihr sozusagen hypostasiert. W o vor im Soph. 253d gewarnt wird, der Verwechslung von ταότόν und Ιτερον, läßt sich so anschaulich machen in der Verwirrung der Kreise des Menschengeistes, der ja ein Abbild der W e l t seele ist, Tim. 43 d ff. Parmenide« und So zeigt sich hier die Nachwirkung der Auseinandersetzung piatos Tímalos. m ¡ t Parmenides, sie zeigt sich noch mehr darin, wie Plato seinen sichtbaren Kosmos in Analogie stellt zu der ja auch physikalisch gemeinten Seinskugel des Eleaten. Durch seine Korrektur braucht er zur Rettung der Phänomene die Δόξα nicht, konnte sich in Gedanken und Ausdrücken an die 'Αλήθεια halten. Tim. 81b» (vgl. 92 c 8) είς μονογενής 84b> und 83a7 δλον 88 b t σφα'.ροειδές, έκ μέσου πάντίβ πρός της τελεοτάς toov άπέχον vgl. 84 b i πανταχ-β τε i * μέσου ίσον . . xal τέλεον 88 c * οδδ'αδ τίνος επιδεές ήν δργάνοο 88Ce άπ^ει τε γαρ obhiv οδδε πρδσ-jjetv α&τψ ποθ-εν — ουδέ γαρ ήν 40 & (das Gestirn, das Abbild des Kosmos) εδκοκλον εποίει 40 b ähnlich von den άπλανή : κατά ταδτά Ιν τ α δ τ ω στρεφόμενα αεί μένει

Parm. 8 1 μονογενές, 8 β εν 84 οδλον 8 42 τετελεσμένον εστίν πάντοθεν, εδκΰκλοο σφαίρης έναλίγκιον ογκω, μεσσόθ·εν Ισόπαλες πάντ^ [vgl. Biels Parm. p. 88] 8 ω εστι γαρ ο&κ επιδευές vgl. 8 7 ff. 848 εδκόκλοϋ σφαίρας (von Pl. Soph. 244e zitiert) 82« τα&τόν τ' εν τ α ΰ τ ψ τε μένον (nach Proklos: μίμνει; vielleicht richtig)

Man wird diese Anklänge nicht für Zufall halten; wohl sind sie nur spielerische Verzierungen, aber doch Ausdruck der BeschäfVgl. E. Hoffmann, Ztschr. Sokrates 1923, 7 f. Dort ist von der Seele die Rede, die nach dem S. 63 genannten Satz dem Erkenntnisobjekt gleichartig sein muß. * Unsicher ist mir, ob die gegenwärtig herrschende Ansicht (Zeller I i i 7761; Hoffmann Sokr. Jahresb. 1915, 191) richtig ist, daß Plato Tim. 35af., 87a fünf Substanzen unterschied. Plato könnte wohl gewaltsam die Natur des Unteilbaren und Selbigen einerseits und des Teilbaren und Andern andererseits identifiziert haben. Der Wortlaut wflrde dafür sprechen. 1

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tigung Platos mit dem Eleaten, die ihn die Bedeutung der ταδτότης und έτερότης erfassen ließ, der Begriffe, durch die er vor allem der Bewegung Seinscharakter verleihen konnte. Nachdem Plato im Phaidros die Seele, die er bis jetzt als mit dem einzig Realen, den Ideen, verwandt angesehen hatte, als bewegendes kosmisches Prinzip anerkannt hatte, veränderte sich seine Stellung zum Kosmos in entscheidender Weise. Jetzt war die sichtbare Welt nach einer Seite hin, eben insofern das Seelische in ihr wirkte, rational, erklärbar und zugleich werthaft geworden. Im Sophistes brach gewaltsam die neue Kosmosidee hervor und erzwang die Anerkennung der Realität der Bewegung. Zugleich sieht und sucht er in der ganzen Natur die θεία τέχνη. Bis zum Unorganischen hinab verfolgt er sie (Soph. 265c); wir sehen deutlich den Keim des Timaios. Und zugleich ist auch die Kritik der Materialisten da (Soph. 265 c ff.). Sie ist prinzipiell dieselbe wie in den Gesetzen 889 a ff., die Pohlenz wohl mit Recht speziell gegen Demokrit gerichtet sein läßt (Hermes 1918, 416 f.). Freilich hatte Leukipp erklärt (fr. 2) ουδέν χρημα μάτην γίνεται, άλλα πάντα έκ λόγου τε και υπ' ανάγκης, während Plato den Gegnern die Erklärung durch den Zufall vorwirft. Die αΙτία ανευ διανοίας φόουσα ist ihm eben αίτια αυτομάτη (Soph. 265 c 7), oder nach dem Tim. (48 a 7) die ανάγκη ist πλανωμένης είδος αίτιας. Uber das platonische Prinzip müssen wir uns klarer werden. Er bemerkt Nom. 889 c, daß den Materialisten zufolge stoffliche Qualitäten den ganzen Himmel erzeugt hätten und alles in ihm, und wiederum auch alle Tiere und Pflanzen, und daß auch alle Jahreszeiten daraus entständen [nämlich etwa durch Veränderungen in der Luft, Temperatur usw.], nicht aber διά voöv, οόδέ διά τινα θεον οδδέ διά τέχνην (889ce). Er tadelt ferner 891 e 7 den Seelenbegriff der Unfrommen, die das zeitliche Verhältnis umgedreht hätten und so im Irrtum seien περί θεών της δντως ουσίας. Er macht klar 892a7b, daß, was der Seele verwandt sei: δόξα, έπιμέλεια, νους, τέχνη ebenfalls an der Priorität teilhaben müsse. Es ist aus alldem die notwendige Folgerung, daß νους und τέχνη von 889 ce auch der ψυχή angehören, daß der θεός mit ihr identisch ist, ebenso wie die sich von der Weltseele differenzierenden Sternseelen θεοί sind (899 b) 1 . 1

Weltseele ist ja nur der zusammenfassende Ausdruck für den geistigen Ursprung aller im Weltall erscheinenden Bewegungen.

3. Seele und Demiur





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Die Seele ist nicht nur, wie es Phaidr. 245 d heißt, wo man bloß an Ortsbewegung denken könnte, κινήσεως αρχή, sondern: 8 9 1 e γενέσεως και φθοράς αίτιον απάντων; 8 9 2 a μεταβολής και μετακοσμήσεως άπάσης δρχει; 896 b μεταβολής τε καΐ κινήσεως άπάσης αιτία απασιν; 896 a πρώτη γένεσις και κίνησις, oder einfach 894 c των όντων πάντων μεταβολή και κίνησις. Ausdrücklich werden auf sie 894 b 9 auch διάκρισις, αυξη, γένεσις und das Gegenteil zurückgeführt, vgl. 8 9 7 a : Das Primäre ist der Denkakt. E s ist deutlich: ein δημιουργός θεός ist neben der Weltseelc nicht nötig, sie selber ist αίτιον γενέσεως (891e), entspricht selber dem δημιουργός des Timaios, der das αίτιον ist: πάν . . . το γιγνόμενον υπ' αιτίου τινός έ£ ανάγκης γίγνεσθαι ( 2 8 a i c2). Wir können nun auch die Epinomis beiziehen ; wenn ihr Verfasser, Philipp von Opus, auch oft geneuert hat (besonders auf die Richtung des Absurden hin), die Grundpfeiler platonischer Anschauung h a t er doch bewahrt; so findet sich gerade auch 988 c verkürzt die Polemik gegen die Materialisten, die wir aus Nom. 889 a ff. kennen, findet sich dort auch die Definition der Seele als das den Körper und sich selbst Bewegende, und so wird die Seele (988 d 5) als αιτία του δλου bezeichnet. Philipp hat aber auch den Tiinaios benutzt; die fünf στερεά σώματα samt dem Ausdruck κατά τον εικότα λόγον stammen 9 8 1 b aus ihm. Aber den δημιουργός hat er nicht neben die Weltseele gesetzt. Deutlich sehen wir ihn beide identifizieren. Vgl. 981 b 7 τούτο (το θειότατον δντως ψυχής γένος) δ' εστί . . . φ μόνω πλάττειν καί δημιουργεΐν προσήκει und noch deutlicher bei der Schöpfung der Dämonen 984be αιθέρα μίν γαρ μετά το πυρ θώμεν, ψυχήν δ' έ£ αυτού τιθώμεν πλάττειν ζφα . . . ähnlich CD, dann c4: πάντα δέ δημιουργήσασαν ταύτα ψυχήν ζφων εικός ολον ουρανόν έμπλήσαι. (πλάττειν von der Tätigkeit der „Unter-δημιουργοί" Tim. 42 d; vgl. μεταπλάττειν Tim. 92 b, κηροπλάστης 74 c; Staat 415 a.)

Demiurg nicht idee dee Guten.

Aber wir können weiter gehen und sagen : die Epinomis gibt die erste authentische Interpretation des δημιουργός aus dem Timaios. Anders l ä ß t er sich überhaupt nicht erklären. Man setzt ihn zwar meist mit der Idee des Guten gleich; aber daß er mit αγαθός beGerade die Seele z e j c i m e j . w j r ¿ Tim. 29 a 3 , e, ist kein Beweis. ist άγαθών αίτια Nom. 896 d 6, die Seelen sind άγαθαί πάσαν άρετήν 899 be ; die αρίστη ψυχή w i r k t im Kosmos 897 c 7 und vielleicht gibt es daneben die κακή 8 9 7 d l . Denn auch im Bilde dürften wir den Ideen nicht eine solche schöpferische Rolle zuweisen. W a s sie auszeichnet, ist gerade, daß



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sie der Sinnenwelt völlig entrückt sind, auf sie keinen aktiven Einfluß ausüben können. Die Sinnendinge sind es, die, um überhaupt erkennbare Form zu bekommen und so da zu sein, nach der Idee streben (sehr kühn Phaidon 75 a) oder sie als Vorbild παράδειγμΛ, nehmen, ihre εικόνες sind. Der Schwierigkeit dieser Trennung wurde sich Plato erst recht im Parmenides bewußt 133 c ff. Es ist der Dialog, der auf der Grenze des frühern und spätem Plato steht. Dann zeigte die fundamentale Neuauffassung der Seele einen Weg zur Überwindung der Aporie, zugleich zu einer persönlichen Auffassung Gottes. Iin philosophischen System des frühen Plato hatte eine solche eigentlich keinen Platz, und wenn das Persönliche zum Begriff „Gott" gehört, war Plato als Philosoph damals Atheist·, das hindert nicht, daß er mannigfach von Göttern spricht, aber immer in Anlehnung an den Volksglauben; und wenn die ethische Grundeinstellung Piatos nach einer richtenden Gottheit verlangte, konnte er mit der Idee des Guten nicht auskommen, er flüchtet zu orphischen Anschauungen. Es ist also weder Scheu noch Vorsicht, wenn Plato die Idee des Guten nicht selber Gott nannte. Die einzige Stelle, aus der man es schließen könnte, wäre Staat 597bfif. Aber sie würde gerade beweisen, daß der Demiurg des Timaios nicht mit der Idee des Guten zu identifizieren ist, denn an jener Stelle schafft der Gott die Idee und nicht den Kosmos. Aber auch von einer Änderung der platonischen Anschauung dürfen wir nicht sprechen, denn nur jene Vorstellung läßt sich einigermaßen verstehen, sofern der Idee des Guten die Bedeutung zukommt, der andern Ideen Dasein zu ermöglichen, indem sie ihr gemeinsames Grundmerkmal, eben das Gute, ist. Aber es wäre kein glücklicher Ausdruck, das gegenseitige Verhältnis als das eines Künstlers zum Kunstding aufzufassen. Wir würden aber auch aus jener Stelle des Staates 697 b ff. viel zu viel herauslesen. Plato will dort die Minderwertigkeit des nachahmenden Künstlers dartun und braucht, entsprechend der Abstufung der Gegenstände, etwa der ideellen, der sinnlichen, der gemalten κλίνη, auch drei Verfertiger in Parallele damit, um so zu zeigen, daß jener Künstler im dritten Bange steht. [601 d wird dann diese ad hoc gegebene Dreistufung durch eine andere ersetzt, wo drei τέχναι, χρησομ,ένη, ποιήσοοσα, μ,ιμ,ησομένη unterschieden werden.] Wenn man nun die Gleichsetzung von Demiurg und Idee des Guten nicht aufrecht halten kann, so würde doch der Ausweg unbefriedigt sein, den δημ,ιοοργός als bloßes Spiel platonischer Phantasie



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— im Anschluß an Anschauungen, von denen wir S. 52 f. sprachen, aufzufassen. Hängt doch die Grundansicht vom Weltbau, seine Zielstrebigkeit und seine Ordnung vom δημιουργός ab, so daß sie selber wankend werden müßte, wollte man ihn für bloßes Spiel erklären. Und nun ist es Tendenz seit dem Phaidros, die Weltseele als kosmisches Prinzip klarzulegen, nun zeigen eben die Gesetze die Weltseele in schöpferischer Funktion, weist ihr die Epinomis ganz bewußt die Tätigkeit des Demiurgen im Timaios zu — auch hier kann nichts anderes gemeint sein als das seelische Prinzip selber. Plato deutet im gewissen Sinn selber darauf hin, er führt Unterδημιουργοί ein 41 a ff. ; sie sind das ουράνιον θεών γένος von 39e, sie sind selber ψοχή oder ψοχαί (Nom. 899 b), die Gestirnseelen. Ihnen parallel muß der Welt-νοϋς, die Weltseele stehen, Ober-δημιουργός sein. Es ist im gewissen Sinn ein Versehen, aber um so bezeichnender, wenn es Tim. 47e2 heißt: τα μέν ουν παρεληλυθοτα των είρημένων πλην βραχέων έπιδέδεικται τά δια νου δεδημιουργημένα; die ψυχή ist ja Träger des νους Soph. 249 a, Tim. 30 b. Man kann auch darauf hinweisen, daß die αίτια des Philebos genau dem αίτιον-δημιουργός des Timaios entspricht (vgl. Phil. 26 e 2 : δρα γαρ εΐ σοι δοκεΐ άναγκαΐον είναι πάντα τά γιγνόμενα διά τινα αίτίαν γίγνεσθαι mit Tim. 28 a 4 πάν δέ au τό γιγνόμενον υπ' αιτίου τινός 14 ανάγκης γίγνεσθαι), daß das αίτιον sogar direkt Phil. 27 b ι als δημιουργούν bezeichnet wird. Die αιτία des Philebos hat aber nichts mit einem außerweltlichen δημιουργός zu tun, sondern entspricht als Vermittler des ideenhaften und materieverwandten (πέρας und άπειρον) der Seele. Dem νοϋς des Anaxagoras wird sie dann nachher gleichgesetzt 28 cff.; Plato wurde sich der Verwandtschaft von dessen Ansicht mit der seinigen bewußt, er spielt darauf auch an, wenn er Nom. 966 o die Seele νοϋς το πάν διακεκοσμηκώς nennt. An der Philebosstelle konnte er ohne große Änderung einen Beweisgang des Diogenes, des Anaxagorasschülers, übernehmen, wie wir im ersten Teil zu erweisen suchten; vielleicht hängt damit auch die Nennung des Zeus zusammen, 30 d ι, den Diogenes in seinem Prinzip gefunden h a t t e 5 1 A 8, 51 C 4 (Philemon V . 4 ) ; 51 C 2 (die Stelle Euripides Troad. 886). Wenn dies alles nun richtig ist, dann haben wir den δημιουργός des Timaios sozusagen als Verdoppelung der Weltseele aufzufassen, als Hinausprojektion gleichsam ihrer künstlerisch wirkenden Seite. Plato h a t t e den Wunsch, die technisch waltende K r a f t im Weltall



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anschaulich zu machen, als konkrete Größe vor Augen zu stellen. Dazu mußte — und der Mythus erlaubte es — der Weltkünstler eingeführt werden. Aber er wollte deswegen die Weltseele nicht weglassen, denn auch ihre Vollkommenheit wollte er schildern. Zusammen hängt die Frage, ob Plato einen zeitlichen Anfang der Welt angenommen hat. Die Analogie jedes ζψον, das Vorbild des Anaxagoras, könnte die Frage bejahen lassen. Aber wenn wir nun richtig erwiesen haben, daß Seele und δημιουργός eins sind, wenn es unmöglich ist, daß die Seele von selbst entstehen kann, muß sie immer dagewesen sein, wie das ja auch der Phaidros sagt (245cf.), wie es immer für die platonische Seele gegolten hatte. Dann ist also die Seelenschöpfung Mythus, und Mythus können wir dann wohl auch gleich die Schöpfung des Kosmos überhaupt nennen, wie dies alte und neue Erklärer getan haben. Wenn der Demiurg Exponent der Technik im Weltgebäude ist, so konnte nur, indem die einzelnen Teile der Welt während ihres Entstehens verfolgt wurden, der Anteil zweckvoller Überlegung gezeigt, die Analogie vollständig gemacht werden. Diese Lösung hatte noch den Vorteil, daß sie das ständige Werden des Physikalischen (Tim. 59 c 8, Phil. 59 a) gegenüber dem ewigen Sein der Ideen deutlich, sozusagen auf einen Punkt zusammengedrängt, zum Ausdruck zu bringen gestattete. Zugleich konnte die größere Wertigkeit der Seele gegenüber dem Körper durch ein zeitliches Verhältnis ausgedrückt, die „Priorität" des Seelischen in Abwehr der materialistischen Ansicht (Nom. 891 e und sonst) überhaupt bezeichnet werden. Dazu hatte er die Möglichkeit, die Komponente der ανάγκη, die neben dem νοΰς in der Welt eine Rolle spielt (Tim. 47 e), isoliert im demokritischen Wirbelzustand der vorhergehenden Epoche darzustellen (darüber Anhang). — Soweit die Seele nicht von ethischen Betrachtungen a U S ihre Bestimmungen bekam, erschien sie in der Frühzeit wesentlich als Subjekt für die Idee, verdankte sie ihre hohe Stellung dem Zusammenhang und der Verwandtschaft mit dem ewig Wandellosen. Nun gab es im Kosmos die göttliche Weltseele ; in der materiellen Welt mußte die göttliche Leitung zum Ausdruck kommen. Während der Staat (436 c) noch ohne Aufhebens von der Kreisbewegung spricht, 1 Auch die empirische Zeit wird als bewegt angesehen (Tim. 87 d s), so ala werdend, und nicht wie das παράδειγμα als immer seiend; sie ist tiv άπαντα Xpoyov γ e γ ο ν ώ ς χε χα! ων γ.α\ Ιαόμενος (38 c).

Ewigkeit der Welt

"

Kosmos und Idee

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wird sie sichtbar am Himmel, Symbol 1 (Nom. 897 e f.) und bestimmender Faktor der Weltseele (im Tim. 36 c ff.). Der Kreislauf wird zum Zeichen der Göttlichkeit. Und wenn der Staat aufforderte 500 c τεταγμένα αττα και κατά ταότά άεί Ιχοντα μιμείσθαί τε καΐ Ott μάλιστα άφομοιοόσ&αι und die Ideen damit meint, verlangt der Tim. 47 c, daß wir μιμούμενοι τάς toó θεού πάντως απλανείς οδσας (περιφεράς), τάς èv ήμϊν πεπλανημενας καταστησαίμε&α ; ähnlich Tim. 90 c d (τψ κατανοοομένψ το κατανοούν έξομοιώσαι). Überhaupt bekommt die Himmelsbewegung die Attribute der Idee, Nom. 898 a8, Epin. 982 b3. Das Göttliche wird also im Diesseits direkt sichtbar; dieses steigt im Wert, wird im Kosmos Gegenstand der Verehrung; die Ideen treten ohne Zweifel etwas in den Hintergrund, ohne daß Plato freilich an ihrem idealen Seinscharakter zweifelte. Praktisch sind sie für den Timaios nichts anderes — wir können insofern an die Deutung antiker Erklärer anknüpfen — als die Gedankenbilder des δημιουργός, d. h. also der Weltseele, wie (Staat 484 c) der Künstler ein παράδειγμα έν τ% ψυχή hat [vielleicht kann man Nom. 906 b i beiziehen], oder wir können auch sagen, die Ideen sind die Normen und Gesetze für die geistgewirkte Weltordnung. Xenokrates (fr. 5 H.) und Speusipp (fr. 38 L.) behalten die Trennung zwischen νοϋς und Idee bei. [Daß die Resultate modernster astronomischer Forschung, besonders über die Kreisbahnen der Planeten (vor allem Nom. 821b ff.) die Schätzung des Kosmos begünstigten, ist klar; doch darf man nicht einzig dort den Ausgangspunkt suchen wollen. Nach Simpl. in Ar. de coel., 48821H. hat gerade Plato den Astronomen das Problem erst gestellt, die Planetenbewegungen auf Kreisbewegungen zurückzuführen.] IL epeiieiie Wir wenden uns nun spezielleren Fragen der platonischen ÎY'ïogîr Naturphilosophie zu. Die stärkste Hinwendung zum Reich des Werdens zeigt sich in der Übernahme von Anschauungen Demokrits im Timaios 2 . Er hatte schon im Phaidon von Hilfsursachen gesprochen, von jenem, ανεο οδ το αίτιον ουκ αν ποτ' εϊη αίτιον und so klingt Tim. 69a an (ανευ τούτων); von σοναίτια spricht er 46c (ähnlich für die Technik Polit. 281 e). Im Timaios wird der materielle Faktor durch eine lange Strecke hindurch (Tim. 48 a—68 d) 1

Zum Überfluß, aber bezeichnend für die kinetische Weltordnung, bekommen (Tim. 40 b) die Gestirne auch eine Drehung um die eigene Âchse. 2 Auf die freilich höchst bedeutungsvolle Umgestaltung der Atomlehre durch Plato gehe ich hier nicht ein.



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in den Vordergrund geschoben, daß Simplikios Plato denselben Vorwurf machen kann, den dieser im Phaidon gegen Anaxagoras erhob; nichts ist bezeichnender f ü r die veränderte Stellung Piatos zur Physik (Simpl. phys. 1 7 7 1 2 f f ) : τοιγαροδν αυτός ó Πλάτων έν Τιμαίψ την ποιητικήν πάντων αιτίαν ολικώς παραδους έν τοις κατά μέρος διαφοράς ό'γκων και σχημάτων αιτιάται της τε θερμότητος και ψυχρότητας και έπί τών άλλων ωσαύτως. Plato mochte selber empfinden, daß er die Resultate strenger physikalischer Forschung nicht negieren konnte. D a ß er dann aber doch die ganze W e l t unter teleologischen Aspekt ansehen konnte, wird nachträglich, was wir S. 36 für Diogenes von Apollonia in Anspruch nahmen, verständlicher machen. W a s nun den teleologischen W e l t a u f b a u anbelangt, der von einer künstlerisch waltenden Macht ausgeht, kann es natürlich nicht ohne vielfache Ähnlichkeit zu den Versuchen, die wir im ersten Teil betrachteten, abgehen. W i e bei Xenophon Mem. 1, 46 lesen wir von der πρόνοια Gottes; 30 b, 44 c. Besonders spielt das Technische hinein ; das Welt-ζωον έκ τέχνης γέγονε 33 d l (vgl. Nom. 889b). Hände und Füße μάτην 1 ουκ ψετο (der Demiurg) δείν αί>τφ προσάπτει·;. Besonders interessant sind nun die Technikvergleiche, die sich bei Plato finden. F r ü h e r Betrachtetes Technikbringt uns überhaupt in den Sinn 45 d : σωτηρίαν . . . ην oí θεοί της •«βω. άστρωτοι (vgl. Pl. Prot. 321c) θ-υραυλοδντες τά πολλά ένέμοντο· το γάρ τών α'ιρών αϊιτοϊς αλοπον έκέκρατο, μαλαχάς δέ ε&νάς είχον ¿ναφοομένης è* γης πόας άφθ·όνοο.

L n k r . 5 sie f. terra cibum pueris, vestem vapor, berba cubile I praebebat multa et molli lanugine abundans . at novitas mundi (vgl. 943!) nec frigora dura ciebat | nec nimios aestus nec magnis viribus auras.

Daß ursprünglich keine πολιτείας (271e) vorhanden waren, ist wohl ein traditioneller Zug dieser Literatur; vgl. den plat. Protagorasmythus, Archelaos a. a. 0., Lukrez 1108 ff. Zu Polit. 27Id και δή καΐ τά ζψα κατά γένη και άγέλας οίον νομής, θείοι διειλή-ρασαν δαίμονες (diese sind natürlich platonische Zutat, beigefügt, weil die Analogie βασιλεός-νομεός Problem ist) ωστε . . . πόλεμος τε οόκ ένήν ουδέ στάσις kann herangezogen werden Tzetzes XIV 16 [freilich ist unsicher, ob das ein alter Zug ist] φιλαλληλίαν δέ μόνον ασκούντες άγελαιον διέζων τόν βίον δίκην ποιμνίων έπΐ νομάς Ιξιόντες. Als die Zeit erfüllet w a r 1 (Polit. 272d), hatte die Urzeugung ein Ende, und (274a) die Lebewesen pflanzten sich aus sich fort; das berichtet 47 A4 von Archelaos (vgl. auch über Anaxagoras Ys. 376 a); vgl. Diodor 1,7 s, Tzetzes XIV 9, Lukrez 2 ubo ff. Die selbstwachsende Nahrung hörte auf 274 c, vgl. Lukrez 2 1167 ff. Nach naturphilosophischer Ansicht hatte die χρεία allmählich die Menschen zur Technik geführt (usus bei Lukr. 51452); dagegen wendet sich nun Plato 274 c: . . . δια τό μηδεμίαν αυτούς χρείαν πρότερον άναγκάζειν. Das ist offenbar Polemik, und dem gegenüber stellt Plato die an volkstümliche Anschauungen anschließende Vorstellung eines Geschenkes der Götter; wir haben davon S. 40f. gesprochen. 1 Die χρόνου τάξις ist ein wichtiger Begriff seit Anaximander A 9; vgl. είμαρμένος χρόνος Pl. Prot. 320 d. Bae certo tempore des Lukrez ist za vergleichen (gerade auch 5 su).



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Im ganzen sehen wir, wie Plato die αρχαία κατάστασις eines Kulturtheoretikers mit leisem ironischen Unterton in die fiktive Epoche des göttlichen Weltregimentes setzt. Einige der verglichenen Züge nun könnten auf Demokrit weisen. Freilich scheint Lukrez nicht ganz harmonierende Vorstellungen nebeneinander zu haben; etwa die zitierte Stelle 816 ff. paßt eigentlich nicht zu der tellus dura von 925 ff., man könnte sie in Zusammenhang bringen mit dem Vergleich der Erde mit einem Weibe, die Epikur wohl von Archelaos übernommen hat (S. 57) und also Plato von Archelaos abhängig denken; aber die Vorstellung von der Erdmutter spielt im Polit, nicht hinein und nach Arch. Vs. 4125 waren die Urwesen kurzlebig; das sieht nicht nach günstigen Verhältnissen aus 2 . So wird man vielleicht doch geneigt sein, die Kulturtheorie in Beziehung zu setzen mit Demokrit, um so mehr, als eine andere Stelle dies uns nahelegte und der Anschluß bald ganz sicher (im Tim.) zutage tritt. Und man wird sich freuen, neue Fäden zwischen zwei der Größten des Altertums zu sehen, die trotz aller Gegensätzlichkeit doch die φιλοσοφία eint. Daß man, wenn man das Vorige anerkennt, auch manches von Pl. Nom. 676 cff. direkt von Demokrit angeregt denken wird, wie das K. Reinhardt (Hermes 1912, 506) aus andern Gründen schon vorgeschlagen hat, will ich nur noch andeuten. 1

Lukrez streift dort den Dualismus v o n Erde und B i m m e l 795 ff. in Anspielung auf 2 m», w o er Euripides fr. 839 übersetzt hatte. Epikur könnte die bei Ärchelaos vorgefundene dualistische Anschauung m i t den Euripidesversen a u s g e s c h m ü c k t haben, die man selber gern als dem Archelaos folgend ansieht. D e r bei Archelaos stark pointierte Vergleich der Erde m i t einem Weibe, einer Mutter, ruft eigentlich auch n a c h einem Vater. — Über den Ursprung bzw. die Vermittlung v o n Dio Chr. 12 ao w a g e ich keine Entscheidung (vgl. Dümmler, Akad. 233 f.). 3

Seiteamerweise scheint übrigens Eritolaos bei P h i l o de aet. mundi 67 den Ausweg, den Schutz der ersten Menschen auf die Temperierung des K o s m o s zurückzuführen, n i c h t zu kennen oder nicht kennen zu wollen [wohl aber (57) den Vergleich der Erde mit dem W e i b e und den Ausdruck, daß die Erde πάντων μήτηρ έστίν χα; νενόμισται (nach Eur.)]. Undenkbar, d a ä das Argument erst z w i s c h e n Eritolaos und Lukrez als Folge seiner Kritik ausgedacht wurde. D a s Alter wird j a gerade durch die Fiatostelle bewiesen.

III. Teil.

Aristoteles. Der junge Aristoteles geht in den Fußstapfen des alten Plato, Besonders aus den Fragmenten des 3. Buches περί φιλοσοφίας wird das klar (vgl. — überhaupt zum Folgendem — W. Jäger Aristoteles, bes. S. 140 ff.). Wo schon beim alten Plato die ewiggleiche Ordnung des Himmels Gegenstand der Verehrung geworden ist und die ewige Gleichheit der Ideen aus dem Vordergrund des Interesses gerückt hat, so mußte, nachdem Aristoteles eben in jenem Dialog den Kampf gegen die Ideenhypothese (vgl. fr. 9) aufgenommen hatte, noch viel erhabener der Kosmos dastehen, der ορατός θεός fr. 18, 19 (vgl. PI. Tim. 34b, 40d, Nom. 931a). — Fragment 26 hat Jäger (S. 141) erklärt. Nach des Epikureers Bericht (bei Cic. n. d. 133) nennt Aristoteles Gott bald die „mens", das ist der νοδς (Pl. Nom. 966e), den Plato meist mit ψοχή bezeichnet, bald den Kosmos, das ist eben der όρατός θεός, bald den Äther dann wohl, wenn er ihn nach seiner körperlichen Substanz charakterisieren will, bald soll er der Welt einen Vorgesetzten geben mit der Aufgabe, ut replicatione quadam mundi motum regat atque tueatur. Man kann darin mit Jäger die Vorstufe des πρώτον κινούν άκίνητον sehen; schon damals hat Aristoteles die platonische Selbstbewegung modifiziert, bzw. sich der Erklärungsweise angeschlossen, die Plato selbst Nom. 898 e f. als dritte Möglichkeit vorbringt. Man kann aber auch an Pl. Polit. 272 e f. erinnern und den Welllauf des Aristoteles sozusagen als Verewigung des Zustandes auffassen, den Plato im 1 Daß schon im Dialog π . cp-.λοσοφίας Aristoteles vom Äther sprach, wird man sicher Jäger (145ff) zugeben müssen trotz der fatalen Schwierigkeit, die sich daraus ergibt — Jäger weist S. 156 selber darauf hin —, daß er keine rechte Verwendung für ihn hat, ja, daß sein Ëeweisgang im fr. 24 gestört wird, wenn zu den vier empirischen Elementen ein fünftes tritt, über dessen Eigenbewegung nichts ausgesagt werden kann; wenn aber ohne weiteres angenommen wird, daß es von Natur in die Höhe steige, ist die Harmonie gestört, die in den zwei nach oben, zwei nach unten strebenden Elementen liegt. Man wird schließen müssen, daß Aristoteles nicht der Begründer der Hypothese ist.

a. Aristoteles lm DiaIog

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Polit, beschreibt, wo der Gott nicht aktiv innerhalb der Welt Hand angreift und den Kosmos άνέστρεφίν ειμαρμένη τε καΐ σύμφυτος Ιπιθομία (272 e β) nach der Lehre des Vaters (273 h l ) 1 . Besonders wichtig ist, daß nach dem schon genannten Fragment 24 die Gestirne volúntate sich bewegen, daß sie Lebewesen, daß sie Götter sind (wie neben Plato Nom. 899 b u. s. besonders auch die Epinomis des Philipp von Opus behauptet 982 c, 985 b, 986 b). — Ausdrücklich wird ganz im Sinne Piatos für unmöglich erklärt, daß die φύσις sie so bewegen könnte. Aristoteles steht hier in (von Jäger vielfach nachgewiesener) Ubereinstimmung zu Epin. 983 a, nach der es keineswegs angeht τοσούτον περιφέρε tv ογκον τινά φύσιν τόν αυτόν αεί χρόνον. Vom Wirken des göttlichen Geistes im einzelnen können wir uns aus π. φιλοσοφίας kein Bild machen. Daß ihn Aristoteles als primären Faktor für die ganze Weltordnung angesehen hat, darf angenommen werden; denn die gepriesene Vollendung des Kosmos (fr. 21, 22) schließt auch das einzelne mit ein. Β. Der epaDann aber hat sich eine neue Auffassung von φύσις bei Aritere stoteles Bahn gebrochen. Diese Begriffsverschiebung geht im get I. Die nene wissen Sinn schon auf Plato zurück. Wir haben früher von der φύαι;-Anitas- P o l e m i k piatos gegen die Materialisten gesprochen, bemerkten wie er (Nom. 899 a ff.) die unseelische φύσις, τύχη, ανάγκη entgegenstellt der ψυχή, νοδς, θεός, τέχνη (nach 892 b auch δόξα, έπιμ,έλεια, νόμος). Dann aber verschieben sich von 889 e an die Begriffe. Er ist unwillig darüber, daß die Gegner behaupten, die Götter, das Gute, das Gerechte seien τέχνη, νόμοις und nicht φύσει, und im Widerspruch zu ihnen bekommt nun φύσις selber Wertbedeutung; er wirft den Gegnern vor (892 b φύσις, ην οόκ ορθώς έπονομάζοοσιν), daß sie den Namen φύσις falsch für das rein Materielle brauchten; gerade wenn ihre Definition richtig sei (892 c φύσιν βούλονται λέγειν γένεσιν την περί τα πρώτα [ = την των πρώτων wie die Umgebung zeigt] ), ergebe sich aus der richtigen Auffassung der πρώτα, daß allem voran die ψοχή zur φύσις gehöre. ι. φύσ,ς Aristoteles ist nun einen Schritt weitergegangen; bei ihm ist Grundsätzlichen Bedeutungen werden wir nachher sprechen) Pliys. 200 b u Uche Ähnllch" °

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als αρχή κινήσε