189 33 1MB
German Pages 20 [21] Year 1856
Zur
beurteilung der annamitischen schrift und spräche. von
WILHELM SCHOTT.
Aus den Abhandlungen der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1855.
Berlin. Gedruckt in der Druckerei der Königl. Akademie der Wissenschaften
1855. In Commission in Ferd. Dümraler's Verlags-Buchhandlung.
Gelesen in der akademie der Wissenschaften am 18. januar 1855. die Seitenzahl bezeichnet die laufende pagina des jahrgangs 1855 in den abhandlungen der philosophisch-historischen klasse der königl. akademie der Wissenschaften.
D i e spräche, schrift und litteratur der Chinesen haben auf drei nachbarvölker, welche eben so sefshaft sind wie die 'leute des mittelreichs', einen starken und bleibenden einflufs ausgeübt. Japanesen, Koreaner und Annamiten verdanken China ire geistige bildung, die jedoch nur den zwei ersten ein antrieb zu eignen litterarischen leistungen wurde, während dem Annamiten jede eigne litteratur fehlt oder fehlen s o l l ; die Schöpfungen der chinesischen denker sind ihm nur gegenstände des ehrerbietigen e r l e r n e n s , nicht muster zu belebung eigner tätigkeit. Die gelehrten der Japanesen und Koreaner schreiben manches bändereiche werk in rein chinesischer spräche und schrift; aber für ihre landessprachen besitzen sie daneben eigne Schriftarten, die denselben viel angemessener sind. Japan gebraucht eine gewisse anzahl von zeichen der chinesischen wort- oder begrifschrift (meist in mehr oder weniger stark veränderter gestalt) als s i l b e n z e i c h e n ; Korea aber bedient sich wahrer b u c h s t a b e n , die aufserdem keineswegs den character chinesischer abkunft tragen. ( * ) ( ' ) Das koreanische aiphabet soll ums jähr 374 u. z. erfunden sein und zwar von einem könige des alten States S i n - l o ( S i n r a ) auf der balbinsel Korea, die buchstaben kommen senkrecht unter einander; doch wird ein teil der vocale mit dem vorhergehenden consonanten in gleiche linie gestellt, die vocale a, 6 (ö), o und u unterscheiden sich für das auge nur durch verschiedene läge eines und desselben buchstabens; ebenso die doppellaute ia, io (iö), in, id. zugäbe eines kurzen striches unterscheidet diese diphthonggen von den angeführten einfachen vocalen, auch gewisse aspirirte consonanten von den entsprechenden t e n u e s . ds und ts sind augenscheinlich aus s entstanden; eine form des ds ist fast identisch mit der japanischen silbe su in Katakana-schrift.
A2
116 Der Annamite schreibt seine muttersprache mit characteren, die er teils ohne Veränderung den Chinesen abgeborgt, teils selbst gemacht hat; in lezteren ist aber nur die eigentümliche V e r b i n d u n g sein werk: kein einfaches bild oder symbolisches zeichen hat in Annam dasein erhalten, irer bestimmung nach ist die schrift hier wie bei den Chinesen immer eine w o r t s c h r i f t , die ganze grundwörter, keine lautelemente darstellt. Eine wortschrift war auch vor jeder anderen dem idiom des landes angemessen-, denn die annamitische spräche trägt ganz in demselben grade wie die chinesische das gepräge der erstarrung und vollkommensten unbildsamkeit. Ir l a u t s y s t e m ist, was die abschattungen der vocale betrift, reicher entwickelt, als das der Chinesen, und auch jener bedeutsamen stimbiegungen der einsilbigen sprachenclasse, die wir unrichtig a c c e n t e nennen, finden sich im annamitischen mehr als im chinesischen, die grundwörter selbst sind grofsenteils consonantenreicher als die der nördlichen Chinesen, und die häufigkeit irer consonantischen auslaute macht die spräche den dialecten des südlichen Chinas am ähnlichsten, da nun Annam das nächste südwestliche nachbarland von China ist, so läge die Vermutung sehr nahe, sein idiom sei eine schwester oder auch eine tochter des chinesischen und im lezteren falle etwa aus den dialecten Südchinas entstanden. Aber bald überzeugen wir uns von der Unmöglichkeit, eine nähere oder auch nur entferntere leibliche Verwandtschaft beider sprachen nachzuweisen. Das Wörterbuch bietet uns zwar auf jeder seite ächt chinesische Wörter, ( J ) deren oft sehr bedeutende lautveränderung sie als annamitische könte erscheinen lassen; aber für die von ihnen ausgedrükten Begriffe giebt es (wenn wir viele a b g e z o g e n e begriffe ausnehmen) immernoch ganz vers c h i e d n e Wörter d e r l a n d e s s p r a c h e , mit welchen jene öfter um den Vorrang zu kämpfen scheinen, die grundzahlen und fürwörter, die meisten partikeln, und alle ausdrücke die nicht gerade höhere abstractionen bezeichnen, haben mit den entsprechenden der chinesischen spräche nichts gemein (') aus
Die zahlreiche anwesenheit derselben
im Annamitischen erklärt sich sehr natürlich
den vielhundertjährigen berührungen beider Völker und noch mehr
aus dem eifrigen
Studium chinesischer geisteswerke, besonders seit dem 15tC11 jahrh. unserer Zeitrechnung, Ritters Erdkunde, Asien, band III, s. 9 7 2 ff.
vgl.
117 als die einsilbigkeit, oder, sofern sie composita sind, das zusammensprechen zweier wurzeln ohne die mindeste Veränderung. I.
Unabhängig von diesen tatsachen bietet uns die s c h r i f t ein untrügliches mittel zur Unterscheidung des einheimischen sprachgutes und des fremden, chinesischen, so oft ein wort dieselbe bedeutung hat, d i e d a s e n t s p r e c h e n d e s c h r i f t z e i c h e n b e i d e n C h i n e s e n a u s d r ü k t , ist es u r s p r ü n g l i c h e i n c h i n e s i s c h e s (wie sehr es auch im munde des Annamiten sich verändert haben mag), d. h. jedes den Chinesen abgeborgte wort schreibt man in Annam mit demselben schriftzeichen, dessen sich der Chinese dafür bedient, will aber der Annamite ein wort seiner l a n d e s s p r a c h e schreiben, so hält er sich gewöhnlich an eine der folgenden zwei methoden: 1. E r wählt ein chinesisches schriftzeichen das bei gleicher oder ähnl i c h e r a u s s p r ä c h e eine von dem annamitischen worte v e r s c h i e d n e b e d e u t u n g ausdrükt. beispiele: Jco (annamit.) h a l s , bezeichnet er mit dem lautähnlichen chines. hü, was (chines.) a l t e r t u m bedeutet; fei z e i t , mit k'i b e t r ü g e n - , dem n a c h t , mit tiän (in Canton dim) l a d e n , b u d e . (in China) c'ü r u b r u m bezeichnet in Annam ein wort für g e b e n (als partikel f ü r ) das c'o lautet; J ^ ma (in China c a n n a b i s ) ist in Annam eine partikel mä s e d , v e r o ; pa (os magnum), in Annam vä s i m u l , et. das offenbar selbständig aus dem indischen Budd'a gebildete hut i d o l u m schreibt man i j i (in China p'ö, p'ot: ein gewisses Sternbild etc.). hätten die Annamiten dieses but erst nach der chines. umformung fu oder foe (in Canton fat) gebildet, so würden sie ihm ohne zweifei das bei den Chinesen entsprechende schriftzeichen -fjfj} gelassen haben. ( ' )
(1 )
but i d o l u m !
Perser
und Anna-
miten haben also das indische wort in gleicher art abgekürzt und beide völter
auch in der neupersischen spräche finden wir
gebrauchen
es in gleich weiter bedeutung. C ^ J put,
eine blose verderbung jener persischen form ist das türkische
was auch der türk. Verfasser des Wörterbuches L e h g e t - ü l - l o g ä t
dem er (s. 2 7 7 ) sagt: form des im Türki gebräuchlichen put',
t ^ é ß OJ
anerkent in-
d. h. '6ut ist die richtige
vermöge eines missverständnisses sagt Bianchi in
seinem "Dictionnaire Turc-français' (s. 2 3 4 ) das gegenteil.
ganz andern Ursprungs
(ausWuo-
t a n ) ist das sehr ähnliche vut der Romanen welches ebenfalls die weitere bedeutung i d o l u m erhalten hat.
vgl. Grimms Deutsche Mythologie, s. 120.
118 Doch komt auch ein und dasselbe schriftzeichen bei den Annamiten b a l d in seiner u r s p r ü n g l i c h e n (chinesischen) b e d e u t u n g vor, b a l d in e i n e r o d e r m e h r e n von j e n e r ganz v e r s c h i e d n e n , Annam erhalten hat.
die es nur in
in Übereinstimmung damit pflegt dann auch die aus-
s p r ä c h e sich zu verändern,
beispiele: ^
heifst in China die n ö r d l i c h e
h i m m e l s g e g e n d ; ( * ) in Annam bald dasselbe, bald s c h r i t t ( p a s s u s ) , auch s t u f e (gradus) ; aber im ersten falle lautet es bak (wie bei den Canton-
Chinesen), im anderen byök, im dritten bak.
heifst abwechselnd Wur-
z e l und v i e l ( m u l t u m ) . jene bedeutung ist die chinesische und insofern lautet es bun (wie in Canton) ; diese ist die annamitische und insofern spricht
man bón.
wird djek und de ausgesprochen : als djek (aus dem südchines.
ek für i) bewahrt es die chines. bedeutung ' m u t a r e ' ; als de hat es die annamei s u p e r c i l i u m heifst ebenso in Annam, wenn es dort mài lautet, ist aber, mài gesprochen, ein p r o n o m e n zweiter person. ( 2 ) von /Je werden folgende bedeutungen aufgeführt: a r b o r (die chinesische, mok)-, a d u n c u m (mük)-, o r i r i ( mok ). ( 3 ) ist abwechselnd f r ü h l i n g (wie im chines.), b l i n d , u n d ' c u m u l a t e p l e n u m 3 ; der ersten bedeutung entspricht ìuàn (chines. c'ün), der zweiten soan, und der dritten sün. p j vereinigt mit der chines. bedeutung d o n n e r {lui) die annamitische z i h e n ( t r a h e r e ) ; aber in beiden fällen spricht man lói. (*) mitische c o n t e m n e r e .
2.
E r schaft sich durch Zusammensetzung zweier schon vorhandenen
schriftzeichen ein drittes, in welchem gewöhnlich der eine bestandteil die bedeutung, der andere aber die ausspräche anzeigt: ersterer ist alsdann das den begriff darstellende chinesische bild oder compositum, lezterer ein anderes dergleichen, von dessen etwaniger bedeutung abgesehen wird,
bei-
spiele: n a s e heifst müi: das entsprechende schriftzeichen der Annamiten ist (')
urspr. r ü k s e i t e ,
denn der Chinese kehrt das gesicht gegen süden wenn er die
himmelsgegenden bestirnt. (2)
beide mai haben gleichen accent ( — ) ,
mittelton zwischen a und o. (')
aber der vocal ä ist etwas dumpf, vielleicht
die drei mok unterscheiden sich im accente, das erste auch im vocal, denn ò ist
mittelton zwischen o und u. (4)
ausnahmsweise hat das gewählte chines. zeichen doch eine verwandte bedeutung, so
z. b. wenn cet s t e r b e n ^ j j (c'e, fei) geschrieben wird, was im chines. zwar gewöhnlich b i e g e n und b r e c h e n , aber auch v o r z e i t i g s t e r b e n bedeutet.
119 aus folgenden zwei chinesischen gebildet: (singuli); in
J | [ n a s e , und
mèi oder mài
lezteres, der phonetische teil, wird hier rechts beigegeben,
bò ochse haben wir links (fy für ^f-) das chines. bild des begriffes
und rechts
( p u l e r u m , b o n u m etc.), was in China fu lautet,
bindung von synonymen findet statt, wenn
und
eine Ver-
sich vereinigen um
den begriff w e i b und seinen laut gài wiederzugeben; denn das hier phonetisch fungirende ^
(chinesisch m e n d i c a r e ) hat in A n n a m die bedeutung
w e i b l i c h e s t i e r , wie
in C h i n a der w e i b l i c h e m e n s c h ist.
für sich
allein gebraucht lautet jenes hai, wie bei den Chinesen. In diesen drei beispielen steht der phonetische bestandteil rechter hand; er kann aber ebensowol die linke, die obere oder untere stelle einnehmen; ngai g e r a d e z. b. schreibt man mit TT*. » dem zeichen des begriffes, und einem links beigesellten ^g* ( i , ngi, uns das chines.
conveniens);
it w e n i g ,
zeigt
( w e n i g ) im bauche eines sehr vergröfserten phonetischen
(i, it), von dem es links und unten eingeschlossen wird ; len a s c e n d e r e , ist in der schrift ein kleines
( a s c e n d e r e ) über einem grofsen phonetischen
(lian, lin, c o n j u n g e r e ) u. s. w. Dafs die chinesischen Wörter für die dargestellten begriffe ganz andere sind, als die annamitischen, davon kann sich jeder überzeugen, wenn wir ihm sagen, dafs z.b. w e i b nieu und ngau;
in China niü oder n ü ; n a s e (jpp.) pi; o c h s e (^f-*)
g e r a d e ( j £ ) c'ing und ceng;
w e n i g (Jjs*) sào
und
siu;
h i n a n s t e i g e n 0\") sing und s eng heifst. wer nur die ausspräche d e r C h i s e n , zumal der n ö r d l i c h e n , kent, der wird freilich oft kaum begreifen können wie ein in Annam phonetisch gebrauchtes zeichen den verlangten annamitischen laut ausdrücken soll,
allein vor allem mufs man wissen, dafs
der Annamite, mag er nun das chines. zeichen in seiner ursprünglichen bedeutung nehmen, oder mag er es ein wort seiner landessprache bezeichnen lassen, immer die s p r a c h e S ü d c h i n a s , besondersdie ihm nächsten dialecte der beiden K u a n g ( ' ) im ohre hat.
unabhängig davon verdanken jedoch
gewisse auffallende Veränderungen chines. grundwörter erst annamitischem munde ir dasein,
davon weiter unten ein mehreres.
rätselhaft ist mir
^
(in China pie und bit) für ein annamit. tran oder lan, (2) ferner dan für (')
d. i. der provinzen K u a n g - t u n g (Canton) und K u a n g - s i .
(2)
in tran geht sonst das chinesische ring über, wie ling in Iah.
deutet d i r e r s u s , a l t e r , d i v i d e r e ; das annamitische d e c l i n a r e .
das chines.
be-
120 (chin. ta), und am meisten ngyöi (mensch) aus dem bilde des menschen (^ für und einem bestandteil der auch in China nie selbständig gebraucht wird und in einigen Zusammensetzungen den laut le (ßek) ausdrükt. Bisweilen hat ein von den Annamiten gebildetes halb - phonetisches compositum noch eine kleine zugäbe. so bezeichnet den m o n d ( t r ä n g ) eine Zusammensetzung des bildes ^ mit dem lautgebenden ling oder leng, welches sich im munde des Annamiten zu träng gestaltet hat, und damit konte man, so scheint es, sich befriedigen, allein über den beiden, einander nebengeordneten bestandteilen schwebt noch das lautzeichen ba als fünftes rad am wagen, auch schriftzeichen, die nach der ersten methode herübergenommen sind, erhalten zuweilen einen solchen (weder zur bedeutung noch zur ausspräche etwas tuenden) zusatz: das chines. ^ J Ii ges e t z etc. hat in Annam mit der ausspräche löi die bedeutung ' v e r b u m , s e r m o 1 erhalten, aufserdem noch die Überdachung — v i e l l e i c h t waren additamenta solcher art ein (nicht durchgedrungener) versuch, das aufgenommene chinesische zeichen v o n s i c h s e l b s t z u u n t e r s c h e i d e n , sofern es entweder seine in China erhaltene bedeutung behielt oder sie in Annam mit einer anderen vertauschte. In allen selbständigen annamitischen Zusammensetzungen, die wir bis jezt erwähnt, sagt das g a n z e eigentlich nicht mehr als derjenige t e i l , welcher in C h i n a den b e g r i f f darstellt; denn der andere teil ist eben nur beigegeben um den annamitischen l a u t d e s s e l b e n b e g r i f f e s zu fixiren. composita dieser art sind gerade bei den Chinesen sehr selten, da der Chinese, wenn er zusammensezt, fast immer die bildung eines n e u e n , von k e i n e m der bestandteile r e i n ausgedrükten begriffes bezwekt. ( ' ) doch finden wir auch im annamitischen beispiele dieser methode: giö z. b., was s t u n d e bedeutet, ist aus dem bilde der s o n n e und dem lautgebenden giö (chin. jü) construirt. voi e l e p h a n t , zerlegt sich in ^ (für das bild eines h u n d e s (hier für Säugetier überhaupt) und ein den laut voi ausdrückendes | | (chines. wei), u. s. w. (')
unter den wenigen ausnahmen erwähne ich J^j} pi n a s e und
in dem ersten zeichen ist | i j aber phonetischer zusatz.
c'i v o r d e r z ä h n e .
das alte bild der nase; der andere bestandteil {(j>i
schenken)
das andere besteht aus dem bilde eines geöfneten mundes mit
beiden zahnreihen, welches schon genügen könte, und einem in phonetischer eigenschaft beigegebenen
c'l (stehen bleiben).
121 Viele schriftliche composita der Chinesen enthalten gar nichts phonetisches,
sind blose definition des begriffes den sie darstellen, wenn z. b .
s o n n e (|EI s'i) hinter b ä u m (yfC mu) das compositum j j ? giebt, welches o s t e n bedeutet und tung ausgesprochen wird, so siht man gleich dafs hier nur eine definition anzunehmen ist. ( * )
von dieser methode haben die zu
selbständigem denken wenig aufgelegten Annamiten sich fern gehalten; als einzige sichere ausnähme erscheint mir, wenn sie ir eigenes wort für h i m m e l
{tröi) durch senkrechte Verbindung des chines. ^ ^ (ian (himmel) mit sang ( h o c h , e r h a b e n ) darstellen; denn sang wird in Annam zwar tan, aber niemals tröi-, es kann also hier nicht phonetisch sein, zugleich findet auf dieses Zeichen auch anwendung, was oben von überflüssig scheinenden zugaben gesagt ist. ( 2 ) ü b e r den grund gewisser anderen Zusammensetzungen, wie wenn der begriff v e r g l e i c h e n durch jüj (ausspräche vi) oder durch die Verbindung von und ^ (ausspräche san) dargestellt wird, will ich keine Vermutung wagen.
II. In den grundwörtern des annamitischen gewahren wir dieselbe starke neigung zu triphthonggen,
die das n o r d c h i n e s i s c h e
auszeichnet.
(3)
nur in diesem puncte ist das Wurzelsystem Annam's der K u a n - h o a analoger als den dialecten des südens, von welchen gerade die spräche Canton's gar keine triphthonggen kent. D a s annamitische hat alle dem chinesischen s ü d e n eigentümliche consonantische auslaute (d. h. aufser n und ng noch m, n, p, t, Je) und c dazu, e i n f fehlt dieser spräche, wie dem dialecte der chines. provinz F u - k i a n ; es wird in chines. Wörtern durch p oder b ersezt, wie dort durch p oder h. (')
die ursprüngliche bedeutung war ohne zweifei f r ü h m o r g e n
hinterm walde ist), offenbar den
(wenn die sonne noch
so hat -^j?- käo (sonne ü b e r bäum), ein ausdruck für h e l l , weiland
vorgerükten
morgen
und
jao
(sonne u n t e r bäum), ein wort für
d u n k e l , den s p ä t e n a b e n d bezeichnet. (2)
wenn ^
die chinesische ausspräche behält, ist es nie in begleitung jenes
( ) oft wird ein triphthonggisches grundwort der Chinesen im munde des Annamiten v o l l k o m m e n z w e i s i l b i g , beispiele: hujen für hiuan; hujet für hiue; tujen für f iuan und so überhaupt, wenn man es mit der Verbindung iua oder iue zu tun hat, die beiläufig gesagt, in Canton einfacher vocal ( ü ) wird: hün, hüt, f ün u . s . w . 3
Abhandlungen
der philos.-hist.
Kl. 1855. Nr. 5.
B
122 auch in Canton mufs ^ dem h nicht selten weichen, sind c (tsch) und c (ts). ( ' )
andere fehlende laute
dagegen besizt der Annamite anlaute wie tr, tl,
bl, ml; nach Taberd wäre indefs nur tr allgemein; tl, bl, ml spricht man ihm zufolge nur in Tung-kiug (dem nördlichen Annam) für das sonstige einfache l. wo tr ein den Chinesen erborgtes wort anfängt (was gar nicht selten der fall) da steht es bald für t + s oder t+s
(c', g), bald für l. der name jenes unseli-
gen getränkes {theo), chinesisch t?a, ga und te, lautet in Annam gewöhnlich tra.{2)
wo tr ein l vertritt, da mufs einfaches r die mittelstufe sein, und
auch mit diesem beginnen viele, teils einheimische, teils den Chinesen abgeborgte grundwörter.
in lezteren vertritt r übrigens nicht allein l, sondern
gelegentlich auch c oder ts (also für tr), sogar bloses s, und zuweilen t. Wenn chinesische grundwörter mit m+i
anlauten, so verwandelt der
3
Annamite dieses häufig in dj, ( ) obschon m vor i seinem Organe eben nicht widerstrebt,
die mittelstufe bildet hier wol ein 6 + / , das vor einem andern
vocale zunächst bj ward; der Übergang von diesem in dj ist aber sehr einleuchtend. ( 4 )
schon unter den dialecten Chinas hat wenigstens der von
Fu-kian sehr häufig b statt m, z. b. be — mä (pferd); bek = me (in Canton mek) tusche; ( s ) beng — ming (licht);
bi — mi (reis); biau (bjau) =
(pflanzenkeim); bien (bjen) = mian (gesicht); biet (bjet) = (')
des f entbehrt auch der dialect yon Fu-kian.
ein c' (iscli)
zwar in demjenigen laute zu besitzen, den Taberd mit ch gebene definition der ausspräche: 'ch dulci,
pronuntiatur
ac
miao
mi (löschen). scheinen die Annamer
schreibt; aber die von ihm ge-
si esset k i , proferendo k
modo
et b r e v i s s i m e l i t e r a m J ' , läfst auf ein palatinales tj (etwa gleich dem magyari-
schen ty?) schlieisen.
ich schreibe c, mag es nun anlaut sein oder auslaut.
vgl. was wei-
ter unten zu dj bemerkt ist. (2)
té ist die ausspräche von Fu-kian, w o man dem c' oder p öfter ein bloses t, dem a
öfter ein e substituirt. z. b. auf Malakka (3)
in dieser form ging das wort zuerst an die Malajen über, die es
schreiben.
dj mufs palatinal sein wie c' (s. vorher), nur weicher und ungefär wie das gy der
Magyaren lauten,
dies ergiebt sich aus der folgenden sehr umständlichen beschreibung T a -
berd's: 'in prolatione hujus vocis d e b e t l i n g u a e e x t r e m i t a s ad p a l a t u m o r i s
attolli
et statim amo veri, absque eo quod ullo modo dentes attingat; etiam poní debet post d Ii t— tera i, modo, ut ita dicam, quasi obscuro et bravissimo.' (4)
im heutigen tibetanischen schreibt man
(5)
die form dieses wortes im dialecte von Fu-kian zeigt uns am deutlichsten, dafs das
bj, pj,
und spricht respective g
mongolische und osttiirkische beke (tinte, schwärze) aus China komt.
(d+/),
ob das magyar. feh ele
123 B e i s p i e l e d e s dj f ü r mi: djen = mien; djao u n d djeu = miao (meu); djän = min (man); djän = ming (min) ; dji — mi-, djet = mi (met).
Dj vertritt auch oft das chinesische k: djam =
ferner c : djam
= ein. endlich wird es gern statt des einfachen initialen i oder / gesprochen: dja — je; djam — in-,
) djan=jen;
djep = je (jp); die = i (ik).
S vertritt öfter l: so in sap = lap; sen = lien; sau = Zoo und leu. chinesische dialecte zeigen diese erscheinung meines wissens niemals; dagegen finden wir zuweilen, dafs die Chinesen selbst ein schriftzeichen welches zunächst einem mit l anlautenden grundworte entspricht, sofern es entweder eine andere bedeutung erhält oder als phonetischer bestandteil eines gröfseren verwendet wird, auch ein mit einem sauselaut anfangendes grundwort darstellen lassen.
beispiel sei j j g lung (drache); dieses giebt als phonetischer
teil der Zusammensetzung
den laut suang. (2)
T steht: a) für p: pin wird tan; pi, ti\ pi, tat. b) für s: sin (in Canton sam) wird tan, auch tarn; sang, tang oder tan ; si, tap; si auch tai (in C. sai); sui, tai\ sfy wieder tai.
c) für c (ts), wie häufig in F u - k i a n : cai
wird tai-, cao, tau-, can und ein, tarn; eian, tan-, ei, te-, ei, tat. — D findet sich für s in dam u n t e r t a u c h e n (chines. sin, säm). T mit folgendem hauche steht: a) für c : ts'ian wird tan.
b) für c :
c'in wird gleichfalls t'an. ( 3 ) c) für s: sin wird {an, auch tarn; sing, iah-, si, t'ae.
so verwandelt sich sing-s'in (der heilige geist) in iah-t'an.
mittelbar denselben ursprung hat? schwerlich, denn dieses heifst s c h w a r z überhaupt und ihm entspricht das pegda der Ostjalcen.
hier könte man also eher an Urverwandtschaft mit dem
chinesischen he ( s c h w a r z , in Canton hak, ob auch fak?) (1)
denken.
es kann also z. b. djam an die stelle eines kan, (in und in treten! diese werden in
Canton respective kam, pam und jam. (2)
viel weniger kühn verfahren also die Annamiten wenn sie das chinesische
sofern es mit / j ^ vereinigt w i r d ,
um dessen bedeutungen
lung,
auf vivus, crudus, vivere einzu-
schränken, den laut song ausdrücken lassen, vergleichen wir dieses mit
verbundene / j * und
das für sich allein und nur in der bedeutung g e n e r a r e gebrauchte (alsdann sin ausgesprochene) , so ergiebt sich uns, dafs man hier aus e i n e m und
seine
verschiednen
bedeutungen
(auch mit
verteilt h a t ; denn in China vereinigt j i a l l e
chines. schriftzeichen z w e i
Veränderung der ausspräche)
diese bedeutungen,
ohne dafs auch nur die
ausspräche (seng) sich veränderte. (3)
gemacht
unter beide
daneben auch tram (in Canton fam).
B2
124 Hier breche ich ab, da es mir nur darum zu tun war, die wichtigsten Verwandlungen aufzuzählen, hinsichtlich der endconsonanten sei bemerkt, dafs man n dem ng yorziht, und dafs m, p, k, t in den meisten fällen stehen wo sie der dialect von Canton hat, doch statt des k auch jenes den Annamiten eigentümliche c', z . b . bac für bäk (pe) w e i f s ; fac f ü r sjak ( s i ) s t e i n . ( J ) Viele chinesische Wörter die wenigstens in der Kuan-hoa lautlich zusammenfallen, unterscheidet der Annamite sorgfältig durch den Wechsel irer auslaute: so verwandelt sich pe h u n d e r t , in pd\ pe c h i n e s i s c h e c e d e r , in hya\ pe n o r d e n , in bak-, pe w e i f s , in bac.
III. U m den grammatischen character der annamftischen spräche zu beurteilen sind wir auf überaus dürftige hülfsmittel angewiesen,
dem wörter-
buche Taberd's ( ) geht eine einleitung voraus, die eine skizze der gram2
matik, dann einen abschnitt über verschiedne 'partikeln, endlich einige wenige texte in gebundener und ungebundner rede enthält,
der zweite abschnitt ist
ein dem wörterbuche getaner abbrach; denn es werden hier über den gebrauch einer grofsen anzahl Wörter erläuterungen gegeben die viel passender in den betreffenden artikeln des Wörterbuches, wo man sie nun vermifst, ire stelle gefunden hätten,
was aber die texte betrift, so bestehen diese aus einer
kleinen anweisung zur annamit. verskunst mit einigen christlichen versen als probe, und ein par längeren christlichen leichen-carmina nebst ausführlichen anweisungen zu irer anfertigung.
Wenn die Annamiten keine eigne und
keine übersetzungslitteratur besitzen, so mufs es doch wenigstens briefe, bekantmachungen, obrigkeitliche Verfügungen in irer nationalsprache geben; und sollte die geistige verdumpfung dieses volkes so weit gehen, dafs es ganz ohne (selbständige oder erborgte) erzählungen oder mährchen wäre? wenn solcherlei vielleicht nur im g e d ä c h t n i s der eingebornen existirte, konten es die bischöfe Pigneaux und T a b e r d in irer vieljährigen amtstätigkeit als seelsorger nicht sammeln und aufzeichnen? D i e unpassend gewählten texte
( ' ) welches wort sich also im munde des Annamiten dem türkischen tas' oder tos sehr nähert ! ( 2 ) Dictionarium Anamitico-latinum, primitus inceptum ab illustrissimo P i g n e a u x dein absolutum et editum a J . L . T a b e r d . Serampore 1838. grofs 4.
125 sind aufserdem sehr schwer zu verstehen, da der verf. oder herausgeber sie nur in lateinischer schrift mitteilt und keine Übersetzung folgen läfst; er begnügt sich den sinn einiger verse in hexametern und pentametern wiederzugeben (s. w. u.). Nach dem wenigen was uns verständlich vorliegt, zu urteilen, mufs die annamitische spräche an zeichen zum ausdruck grammatischer Verhältnisse noch ärmer sein als die chinesische, betrachten wir Ostasien aus sprachlichem gesichtspuncte, so offenbart sich uns vom annamitischen und chinesischen ab eine graduelle entwiklung des grammatischen bewustseins über Siam, das Barmanenreich (dessen sprachen von den stimbiegungen schon emancipirt sind) und Tibet bis zum grofsen tatarischen geschlechte, in den sprachen von Annam und China ist die grammatik beinahe nur negativ vorhanden und was von dem gebrauche gewisser partikeln gesagt werden kann, das gehört eigentlich ins Wörterbuch. Wie im chinesischen, so kann man auch im annamitischen durch Vereinigung zweier grundwörter neue begriffe bilden oder schon vorhandne verdeutlichen. die verdeutlichenden ausdrücke werden vorangestellt, was im chinesischen bekantlich umgekehrt ist. es sind vorzugsweise J ^ kon (filius) bei lebenden, ( ' ) kai (animal femininum) bei leblosen dingen, das leztere giebt z. b. wenn es mit bän (mensa) zusammentritt ( k a i - b ä n ) , wieder nur den begriff t i s c h , seltner fügt man ein wort bei das auf die f i g u r des gegenständes anspielt, wie wenn mät-träng ( g e s i c h t - m o n d ) statt träng (mond) schlechthin gesagt wird, oder däü-göi ( k ö p f - k n i e ) statt goi allein. ( 2 ) Das Verhältnis des g e n i t i v s wird in der höheren büchersprache Chinas o f t , in der gebildeten Umgangssprache i m m e r oder fast immer und zwar durch eine partikel bezeichnet, die für beide stile verschieden ist, jedoch in beiden auf ein d e u t e w o r t zurükgeht. schon im dialecte von Canton ergiebt sich aber dieses Verhältnis ohne ausnähme nur aus der S t e l l u n g der Wörter. ( 3 ) ebenso ist es im annamitischen; nur wird hier, im gegensatze zum (1)
bei den Chinesen begleitet ir wort für s ö h n
gjr), wenn es solch ein amt hat,
vorzugsweise l e b l o s e dinge. (2) däü ist hier ein erborgtes chinesisches w o r t , das übrigens auch bei den Chinesen so verwendet werden kann, wie wenn sie z. b. si-t'eu (jät-tau) s o n n e - k o p f statt s't (jät) s o n n e sagen. (3)
beispiel: ' f ^
^ ^ ^ ^
ni
lou-kei mui t u a e a m a s i a e s o r o r - m i n o r . dieser satz
126 chinesischen, das r e g i r e n d e w o r t v o r a n g e s t e l l t , wie auch die s u b s t a n t i v e n gewöhnlich i r e n a d j e c t i v e n v o r t r e t e n , liber domini;
hüa tot r e s b o n a ,
z. b. -j{[|-
sac
óng
das unmittelbare object érgiebt
sich zur genüge aus seiner Stellung h i n t e r dem v e r b u m (wie meist auch im chinesischen) ; ein mittelbares durch eine partikel zwischen beiden, d a t i v z . b . bezeichnet
den
c'o was im gründe selbst verbum ist und g e b e n
bedeutet; (*) also gerade diejenige bedeutung, die der lateinische name dieses Verhältnisses ausdrükt:
if}-
;3fc 'flj : I