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German Pages 267 [268] Year 1995
Franz Xaver Scheuerer Zum philologischen Werk J. A. Schmellers und seiner wissenschaftlichen Rezeption
W DE G
Studia Linguistica Germanica
Herausgegeben von Stefan Sonderegger und Oskar Reichmann
37
Walter de Gruyter · Berlin · New York 1995
Franz Xaver Scheuerer
Zum philologischen Werk J. A. Schmellers und seiner wissenschaftlichen Rezeption Eine Studie zur Wissenschaftsgeschichte der Germanistik
Walter de Gruyter · Berlin · New York 1995
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ClP-Einheitsaufnahme
Scheuerer, Franz Xaver: Zum philologischen Werk J. A. Schmellers und seiner wissenschaftlichen Rezeption : eine Studie zur Wissenschaftsgeschichte der Germanistik / Franz Xaver Scheuerer. - Berlin ; New York : de Gruyter, 1995 (Studia linguistica Germanica ; 37) Zugl.: Bayreuth, Univ., Diss., 1993 ISBN 3-11-014650-9 NE: GT
© Copyright 1995 by Walter de Gruyter & Co., D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen Printed in Germany Druck: Werner Hildebrand, Berlin Buchbinderische Verarbeitung: Lüderitz & Bauer-GmbH, Berlin
meinen Eltern und meinem D.U.R.-Dreiklang, Daniela, Uli und Rita
Vorwort Diese Arbeit entstand im Rahmen eines Forschungsschwerpunktes "Wissenschaftsgeschichte" am Lehrstuhl für Germanistische Linguistik und Dialektologie der Universität Bayreuth. Was hier geringfügig aktualisiert vorliegt, wurde 1993 von der sprach- und Literaturwissenschaftlichen Fakultät an der Universität Bayreuth als Dissertation angenommen. Allen Kollegen dort möchte ich für ihre Unterstützung danken. Besonders gilt mein Dank Herrn Professor Hinderling, der diese Arbeit während eines Seminars an der Münchner Staatsbibliothek angeregt und später betreut hat. Er und seine Frau haben mir manchen wertvollen Hinweis gegeben und mich großzügig mit dem Ausleihen schwer zu erreichender alter Ausgaben bedacht. Danken möchte ich auch Anthony Rowley und Ulrich Schmid von der Kommission für Mundartforschung an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, die mich bei meiner Arbeit in der Handschriftenabteilung der Staatsbibliothek in München freundschaftlich unterstützt haben und mir manchen guten Rat erteilten. Nicht zuletzt möchte ich meiner Familie für das Verständnis danken, das sie vor allem in der letzten Phase der Arbeit für mich aufgebracht hat.
Laaber im Oktober 1993
F.X.S.
Abkürzungsverzeichnis ADB ahd APSt. BV. BW BWB Cgm. Clm. DG DWB Gsp. LV MB mhd. Schilt. Schm.Amm. St.J. Stati Stat.2 StSG. Tahd(B) TB T1(F) T1(G) Vulg.
= Allgemeine Deutsche Biographie = althochdeutsch = Robert Priebsch - Elias Steinmeyer. Briefwechsel.. = Bergmann, R., Verzeichnis der althochdeutschen und altsächsischen Glossenhandschriften = Schindlers Briefwechsel, hg. v. Werner Winkler (vgl. Johann Andreas Schindler, Briefwechsel..) = Schindler, J.,A., Bayerisches Wörterbuch = Kürzel des Handschriftenkataloges der Staatsbibliothek München fur die deutschsprachigen Codices = Kürzel des Handschriftenkataloges der Staatsbibliothek München für die lateinischsprachigen Codices = Grimm, J., Deutsche Grammatik.. = Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm = Graff, E.,G., Althochdeutscher Sprachschatz.. = Literaturverzeichnis = Schmeller, J.,A., Die Mundarten Bayerns.. = mittelhochdeutsch = Schilter,J., Scherz, J., Tatiani Syri Evangelica.. = Schmellers Ausgabe des Ammonius (Tatian) von 1841 (vgl. Schmeller, Ammonii Alexandrini...) = Steyskals Ausgabe der "Jagd" Hadamars von 1880 = Sievers, E., (Hg.), Tatian. Lateinisch und altdeutsch... 1872 = Sievers, E., (Hg.), Tatian 1892 = Steinmeyer, Ε.,ν., Sievers, E., Die althochdeutschen Glossen.. = Althochdeutscher Text des Tatian nach dem Apographon Junianum in Oxford = Schmeller, Tagebücher (vgl. Johann Andreas Schmeller, Tagebücher..) = Text des Tatian nach dem Victor-Codex in Fulda (nur Latein) = Lateinischer Text des Tatian nach Cod. Sangall.56 = Text der Vulgata
Inhaltsverzeichnis 1.
Einleitung
1
1.1. 1.2.
Begründung, Einordnung und Ziele der Arbeit Aspekte zur Wissenschaftsgeschichte
1 5
2.
Zum forschungsgeschichtlichen Schmellerbild
9
2.1. 2.1.1.
Geistesgeschichtliche Hintergründe Geistige Strömungen und ihr Einwirken auf die entstehende Deutsche Philologie 2.1.2. Zur geistesgeschichtlichen Einordnung Schmellers 2.1.2.1. Schmellers eigene Aussage
9 9 15 26
2.2. 2.2.1. 2.2.1.1. 2.2.1.2. 2.2.1.3. 2.2.2.
Schmellers Position in der Wissenschaftsgeschichte Zeitgenössische Bewertungen Textphilologie und Sprachwissenschaft Schmeller und Jacob Grimm Schmellers Selbsteinschätzung Schmellers Darstellung durch die Forschungsgeschichte . . .
28 28 28 30 37 47
2.3. 2.3.1. 2.3.1.1. 2.3.1.2. 2.3.2. 2.3.3. 2.3.4.
Schmeller als Philologe Das philologische Werk im Überblick Die Editionen Unveröffentlichte Sammlungen Die Arbeitsweise Schmellers Das Verhältnis zu den Fachkollegen Die forschungsgeschichtliche Bewertung Schmellers als Textphilologe
59 59 59 65 71 80 91
3.
Zur Rezeption von Schmellers philologischem Werk
100
3.1. 3.1.1. 3.1.2.
Schmellers ahd. Glossensammlungen Glossensammlung: Bedeutung und Einordnung Zur Beschreibung und Rezeption der Glossensammlungen
101 101 108
χπ 3.1.3. 3.1.4. 3.1.5.
Inhaltsverzeichnis
3.1.6. 3.1.7.
Glossarla vetera alphabetica (gl.a.) Glossarla vetera onomastica (gl.o.) Glossae theudiscae veteres interlineares aut marginales (gl.i.) Zusammenfassung Das ahd. Glossar Schmellers
143 172 174
3.2. 3.2.1. 3.2.1.1. 3.2.2. 3.2.2.1. 3.2.3.
Zur Tatianausgabe von 1841 Vorbereitung und Druck der Tatianausgabe Aufnahme und Bewertimg der Tatianausgabe Zu den Vorwürfen von Eduard Sievers Textausschnitte im Vergleich Zu den Folgen von Sievers'Urteil
178 178 191 194 199 205
Zur Ausgabe der "Jagd" Hadamars von Laber "Jagd" Hadmars v. Laber: Vorbereitung und Druck der Ausgabe 3.3.1.1. Schmellers Vokabular zur "Jagd" 3.3.2. Die Rezeption von Ausgabe und Vorarbeiten Schmellers durch Karl Stejskal 3.3.2.1. Stejskals Anmerkungen zur "Jagd"
211
3.3. 3.3.1.
113 132
214 221 222 230
4.
Zusammenfassung
234
5.
Literaturverzeichnis
239
Handschriftliche Quellen
239
Literatur
240
Anhang
249
6.
1. Einleitung 1.1. Begründung, Einordnung und Ziele der Arbeit Für nahezu die gesamte erste Hälfte unseres Jahrhunderts trifft offensichtlich zu, was Robert Hinderling in seiner Studie über den Briefwechsel Schmellers mit der Familie Hopf ausgesprochen hat und womit er das Zurückhalten eines Teils der Korrespondenz durch den Schmeller-Biographen Nicklas kommentiert: "[•••] denn wo waren die Germanisten, Dialektologen, Historiker, die das 'desiderium', den Wunsch nach mehr, Anfang des Jahrhunderts noch zum Ausdruck brachten? Kein Zweifel: Schmeller war zu jener Zeit fast völlig vergessen. "' In diesen Zeitraum des Schweigens über Schmeller fallen einige heimatkundliche Aufsätze, die in kleineren heimatkundlichen Blättern abgedruckt sind und meist Ausschnitte aus Schmellers Biographie mehr oder weniger anekdotenhaft darstellen.2 Als das größte Ereignis jener Jahrzehnte kann die Leipziger Ausgabe des "Bayerischen Wörterbuches" von 1939 gelten, die Otto Maußer besorgte und mit einem wissenschaftlichen Vorwort ausstattete. Die kurzen Ausführungen, die darin zu Person und Werk, hier vor allem zum Wörterbuch gemacht werden, gehen nicht über das hinaus, was die Wissenschaftsgeschichte über dieses Thema seit Rudolf v. Raumer gewissermaßen kanonisiert hat und worauf noch einzugehen ist. Dasselbe gilt auch für den Artikel im "Goedeke" von 1929.3 Im zeitlichen Umfeld von Schmellers 100. Todestag belebte sich die Erinnerung an ihn wieder etwas. 1949 erschien der grundlegende Aufsatz über Schmellers geistesgeschichtliche Stellung von Hermann Kunisch (vgl. LV). Wie noch zu zeigen sein wird, brachte diese geistesgeschichtliche Zuordnung keine Möglichkeit für eine Neuorientierung innerhalb der Wissenschaftsgeschichte, sondern untermauerte deren alte Aussagen auch von ihrem Standpunkt aus. Eine wichtige Arbeit für eine weitergehende Beschäftigung mit Schmeller und seinem Werk unter eventuell neuen 1
2
3
ROBERT HINDERLING, Der Briefwechsel J.A. Schmellers mit S.,M. und A. Hopf, in: Keine Weltherrschaft, keine Weltsprache!", hg. von L. WOLFRUM u.a. (Jahrbuch der J.-A.-SchmellerGesellschaft 1987), Grafenau 1988,36-51, hier: 51 Vgl. z.B. ROLL LUDWIG, Andreas Schmeller, der Erforscher der bayerischen Mundarten (Die Oberpfalz 2) 1908; ein beredtes Zeugnis mag auch folgende Titelangabe sein: REGLER J., J.[!] Rückert und A. Schneller!!] als Gelegenheitsdichter (Oberfränkische Heimat 7) 1930 GOEDEKE KARL, Johann Andreas Schmeller (GOEDEKE KARL, Grundriß zur Geschichte der Deutschen Dichtung aus den Quellen. 2. Aufl. Bd. 12) 1929, 502-506.
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Einleitung
Aspekten war die Herausgabe der Schmeller-Tagebücher 1954-1957 durch Paul Ruf. Damit war eine wissenschaftsgeschichtliche Quelle ersten Ranges zugänglich gemacht worden. Es sollten jedoch noch mehr als zwei Jahrzehnte vergehen, ehe eine intensivere Beschäftigung mit Schmellers Nachlaß alte Zuweisungen der Wissenschaftsgeschichte hinterfragen und neue Perspektiven für eine differenziertere Beurteilung von Schmellers Werk ermöglichen konnte. Zunächst sind vorsichtige Neuansätze vor allem bei WILHELM WISSMANN 1959 und in dessem Gefolge bei RICHARD J. BRUNNER 1971 zu erkennen, die jedoch noch ganz in den Rahmen der alten Bewertungen gestellt sind. Der Blick ist dabei hauptsächlich auf das sprachwissenschaftlich-dialektologische Werk Schmellers gerichtet. 1979 setzt gleichzeitig mit der Gründung der Johann-Andreas-Schmeller-Gesellschaft in Tirschenreuth eine gründliche Revision alter Standards der sprachwissenschaftlichen Schmellerforschung ein. Die Jahrbücher der Gesellschaft bilden das Organ, in dem im Laufe der achtziger Jahre der Dialektologe, der Lexikograph und der Grammatiker Schmeller unter neuen Aspekten betrachtet wird. Besonders zahlreich sind diese Beiträge natürlich 1985 (Jahrbuch 1984) zum doppelten Jubiläumsjahr von Schmeller und Jacob Grimm erschienen (vgl. LV). In einigen Darstellungen wird denn auch auf das Verhältnis dieser beiden Gelehrten am Beginn der Germanistik eingegangen. Dabei gelingt es vor allem fìir den sprachwissenschaftlichen Bereich, Schmeller aus dem Schatten der Grimmschen Grammatik, in den ihn die traditionelle Wissenschaftsgeschichte gestellt hatte, herauszulösen. Im Zusammenhang mit den sprachhistorischen Forschungen Schmellers werden dabei immer wieder Hinweise auf sein philologisches Schaffen gegeben.4 Manche dieser Hinweise deuten bereits darauf hin, daß auch das traditionelle Bild vom Philologen Schmeller zum Klischee erstarrt ist und eine eingehendere Untersuchung durchaus neue Standpunkte aufzeigen könnte.s Auf das Zustandekommen der herkömmlichen Standards in dieser Frage und ihre wissenschaftsgeschichtliche Überlieferung ist noch näher einzugehen. Auch die wenigen zusammenhängenderen Darstellungen über die philologische Arbeit Schmellers wurden in ihren Rahmen gestellt, so z.B. BASLER 1955 oder BRUNNER 1971. Detailliertere Hinweise für eine 4
5
Vgl. besonders die Jahrbücher der Johann-Andreas Schmeller-Gesellschaft von 1981, 1983, 1984, 1986 und 1990. Auf die einzelnen Beiträge dort wird an gegebener Stelle näher verwiesen. Besonders zu erwähnen sind darüber hinaus folgende Publikationen: ROCKINGER LUDWIG, An der Wiege der bayerischen Mundartgrammatik und des bayerischen Wörterbuches (Oberbayerisches Archiv für vaterländische Geschichte, Bd.43) München 1886. Erweiterte Neuausgabe 1985 von ROBERT HINDERUNG [im folgenden zitiert als: ROCKINGER/HINDERLING 1985]. Hinderling hat diese Ausgabe um sieben Beilagen aus Schmellers Münchner Nachlaß (SCHMELLERIANA), die für das frühe sprachwissenschaftliche Arbeiten Schmellers sehr aufschlußreich sind, erweitert. Johann Andreas Schmeller (1785-1852). Der Mann und sein Wirken (Ausstellungskatalog zur Ausstellung anläßlich des 200. Geburtstages am 6. August 1985 arrangiert von der J.-A.-Schmeller-Gesellschaft) Bayreuth/Tirschenreuth 1985. EICHINGER LUDWIG/ NAUMANN BERND (Hrsg.), Johann Andreas Schmeller und der Beginn der Germanistik, München 1988. So z.B. ULRICH WYSS in EICHINGER/NAUMANN 1988,11-33.
Begründung, Einordnung und Ziele der Arbeit
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mögliche Neubearbeitung dieses Feldes gingen von der Darstellung Karin Schneiders im Katalog zur Schmeller-Ausstellung der Münchner Staatsbibliothek (1985) und seiner Besprechung durch Robert Hinderling (1985) aus.6 Dort wurde auch wieder auf die umfangreichen Glossensammlungen, die sich im handschriftlichen Nachlaß Schmellers befinden, und auf das 15 Foliobände umfassende ahd. Glossar, welches aus diesen Sammlungen und der sprachlichen Auswertung einiger ahd. Textdenkmäler angefertigt wurde, hingewiesen. Wahrscheinlich war es Konrad Hofmann, der 1855 die Fachwelt zuletzt auf diese ergiebigen und sorgfältig durchgearbeiteten Sammlungen aufmerksam gemacht hatte.7 Die nach Hofmann damit zu verbindende kritische Bearbeitung des gesamten ahd. Glossenschatzes ist dann erst in den "Althochdeutschen Glossen" von Steinmeyer und Sievers (1879-1922) vorbildlich durchgeführt worden. Sicher ist das auch ein Grund mit gewesen, warum sich über die Glossensammlungen Schmellers der Schleier des Vergessens gebreitet hatte. Das große Glossenwerk von Steinmeyer und Sievers ist für sie kein öffentliches Forum mehr geworden. Nicht zu unrecht wird im Münchner Ausstellungskatalog unter der Nr. 107 von Karin Schneider darauf hingewiesen, daß aus dem Dank, den Steinmeyer an die Münchner Staatsbibliothek ausspricht, nicht klar hervorgeht, inwieweit Schmellers Glossennachlaß benutzt wurde. Dies näher zu beleuchten, soll u.a. Aufgabe der vorliegenden Arbeit sein. Einen weiteren Schwerpunkt soll die Untersuchung ausgewählter Texteditionen Schmellers bilden. Dafür wurde je ein Beispiel aus dem Bereich der ahd. und der mhd. Textdenkmäler ausgewählt. Die Gründe für diese Auswahl liegen in der Rezeptionsgeschichte der beiden Editionen. Den Ausgangspunkt für die Beschäftigung mit der Tatian-Edition von 1841 bildet Sievers überaus harte Kritik in seinen Tatian-Ausgaben von 1872 und 1892. Robert Hinderling hat mit Recht darauf hingewiesen, daß dieses harte Urteil durch keinerlei Hinweise belegt ist.8 Es hat aber sicher dazu beigetragen, die philologische Position Schmellers innerhalb der wissenschaftsgeschichtlichen Überlieferung in einer Weise festzulegen, die eine unbefangene Beschäftigung mit dieser Frage auf längere Zeit verhindert hat. Durch den exemplarischen Vergleich der betreffenden Editionen untereinander und mit der Handschrift, soll in die6
JOHANN ANDREAS SCHMELLER: 1785-1852, Bayerische Staatsbibliothek, Gedächtnisausstellungzum 200. Geburtsjahr (Ausstellungskataloge/Bayerische Staatsbibliothek 34),München 1985, darin: KARIN SCHNEIDER, Sprach- und Literaturgeschichte des Mittelalters, 115-152. Dazu: HINDERLING ROBERT, Bairischer Grimm oder Gegengrimm? Zur Ausstellung "Johann Andreas Schmeller 1785-1852" in der Bayerischen Staatsbibliothek,in: Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel- Frankfurter Ausgabe -Nr. 95 vom 29. November 1985, A 419-A 424.[zit. HINDERLING 1985a] 7 HOFMANN KONRAD, Mittheilungen Ober die beabsichtigte Herausgabe des Schmeller'schen literarischen Nachlasses und eine damit zu verbindende kritische Bearbeitung des gesammten althochdeutschen Glossenschatzes (Gelehrte Anzeigen 40) 1855, Sp. 265-269. * HINDERLING 1985a, A 421
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Einleitung
ser Albeit versucht werden, diese Zusammenhänge differenzierter darzustellen. Vor allem auch die handschriftlichen Vor- und Nacharbeiten aus der SCHMELLERIANA werden dafür mit einbezogen. Denn schon ein flüchtiger Blick in die nachgelassenen Aufzeichnungen Schmellers bestätigt, was spätestens seit der Herausgabe der 2. Auflage des Bayerischen Wörterbuches durch Karl Frommann (1872-1877) bekannt ist: Für Schmeller war die editorische Arbeit mit der Drucklegung eines Werkes keineswegs abgeschlossen. Ahnlich wie bei seinem Wörterbuch hat er auch bei seinen anderen Editionen weiter gesammelt und verbessert. Das bedeutet aber gleichzeitig, daß für spätere Neu-Herausgeber meist ein reicher Fundus an weiterreichenden Erkenntnissen vorlag, der in textphilologischer Hinsicht manchmal schon hinreichend war, eine Neuausgabe zu begründen. Daß dies für den "Tatian" zutrifft, wird hier ebenso zu zeigen sein wie die Art und Weise in der Sievers die Editio princeps von Schmeller benützte. Für Schmellers Edition der "Jagd" Hadamars von Laber, einer Minneallegorie aus dem ersten Drittel des 14. Jahrhunderts, liegen sehr ähnliche Verhältnisse vor. Hier läßt sich klar die Benützung der Vor- und Nacharbeiten aus dem Schmeller-Nachlaß durch den späteren Herausgeber feststellen und zeigen, daß dieser die daraus entnommenen Stellen nicht oder nicht erkennbar zuweist. Fast könnte man sagen: Was die großen Vorbilder einer Wissenschaftsgeneration mit den großen Werken im kleinen tun, das machen die kleinen Nacheifernden mit den kleinen Werken im großen. Es wird also in dieser Untersuchung auch darum gehen, Vergessenes, Verschleiertes und unter fremden Federn Bekanntgewordenes aus dem philologischen Schmeller-Nachlaß in Erinnerung zu rufen, genau zu beschreiben und seinem Ursprungsort zuzuweisen. Die Behandlung des ausgewählten Nachlaßteiles durch die nachfolgenden Wissenschaftsgenerationen und deren durch das jeweils gültige Wissenschaftsparadigma bestimmtes Urteil über Schmellers philologische Leistung sollen aufzeigen, wie es im Wechselspiel von Fachkollegenurteilen unterschiedlicher Standpunkte und Zeiten und den durch sie bestimmten Blickwinkeln der Wissenschaftsgeschichtsschreibung zu den Standards kommen konnte, die bis in die jüngste Zeit die philologische Arbeit Schmellers und deren Stellenwert am Beginn der Germanistik geprägt haben. Damit soll die bisher - nicht zuletzt aus den eben genannten Zusammenhängen herzuleitende - etwas vernachlässigte Darstellung des Philologen Schmeller mehr in den Blickpunkt gerückt werden. Die Ausgabe des Schmeller-Briefwechsels 1989 durch Werner Winkler, die die Tagebuchausgabe von Paul Ruf in hervorragender Weise ergänzt, hat einiges dazu beigetragen, die methodischen Standpunkte, die Schmeller bei der Edition alter Texte grundsätzlich vertrat, zu erhellen. Vor allem den Briefen an Jacob Grimm kommt hier eine wichtige Bedeutung zu. Zur Erreichung der hier gesetzten Ziele bedeutete dies eine große Hilfe.
Aspekte zur Wissenschaftsgeschichte
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1.2. Aspekte zur Wissenschaftsgeschichte Wissenschaftsgeschichtsschreibung hat sich immer mit dem Problem zu befassen, vergangene Epochen vom Standpunkt der eigenen Zeit aus zu beschreiben. Mit diesem Problem der Zeitlichkeit hängt eng zusammen die Frage nach der "objektiven Wahrheit", die man als ontologische Bezugsgröße auch für die Wissenschaftsgeschichte ansehen könnte. Es ist die alte Frage des sogenannten Historismusproblems: Wie kann man beanspruchen, absolute Wahrheiten zu erkennen, wenn doch der Erkennende immer in den Vorurteilen seiner eigenen Epoche gefangen ist und deshalb jenseitig der eigentlichen Wissenschaftlichkeit bleiben muß? Der historische Relativismus, wie ihn etwa Dilthey formuliert hatte, bleibt immer eine unübersehbare Mahnung an jede Geschichtsschreibung: Jede Epoche hat ihre eigene Beziehung zur Wahrheit, eine absolute Beziehung zur absoluten Wahrheit kann es nicht geben.9 Wenn man Wissenschaftsgeschichte als ständige Annäherung an die "Wahrheit" betrachtet, werden diese Einschränkungen des Historismus insofern problematisch, als man nicht einfach mehr annehmen kann, diese Annäherung bestehe im Preisgeben von Hypothesen, die einem streng methodischem Prüfungsverfahren nicht standgehalten haben. Nach Ulrich Wyss hat aus ähnlichen Gründen Thomas S. Kuhn in relativistischer Skepsis den wissenschaftlichen Prozeß innerhalb der Forschergemeinschaft verankert, in der entschieden wird, welche Problemlösungsstrategien sich durchsetzen. Können diese keine befriedigenden Resultate mehr ermöglichen, setzt sich ein neues Paradigma durch, das wiederum nur relativ zu anderen Paradigmen bewertet werden kann, nicht aber in bezug auf Wahrheit. Dieser Relativismus geht Wyss insofern zuweit, weil die Soziologie der wissenschaftlichen Gemeinschaft nicht hinterfragt werden kann. Um dieser soziologischen Reduktion zu entgehen, macht er auf das "Forschungsprogramm" von Imre Lakatos aufmerksam. Dieses "Forschungsprogramm", das sich "rational rekonstruieren" lassen muß, befinde sich solange im Fortschritt, solange sein theoretisches Wachstum sein empirisches vorwegnimmt, und stagniere im umgekehrten Falle. Wyss weist für diesen Ansatz darauf hin, daß sich seine Methodologie möglicherweise einer beliebigen Festsetzung von "rational" ausliefert. Er resümiert daraus, daß sich in der modernen Wissenschaft ein problematischer Drang zur methodischen Sauberkeit als Wert eo ipso feststellen lasse, dem die meisten Wissenschaftler nicht widerstehen könnten. Diesen methodischen Sauberkeitswahn bezieht er auch auf die Grimm-Rezeption etwa durch Karl Müllenhoff und Moriz Haupt. Gleichzeitig wird hier auf Paul Feyerabend hingewiesen, der zeigen konnte, daß wissenschaftliche Erfolge oft nicht in der konsequenten Anwendung einer Methode zustande kamen, sondern aufgrund 9
Vgl. dazu: GADAMER HANS-GEORG, Zur deutschen Philosophie im 20. Jahrhundert, in: Philosophisches Lesebuch, Frankfurt 1965, Lizenzausgabe des Deutschen Bücherbundes Stuttgart/München 1988, Bd.3,367 f.
6
Einleitung
inkohärenter Theorien.10 Diese gut nachvollziehbare Auffassung von Wyss ist gerade auch fìir die Einordnung von Schmellers philologischem Schaffen durch die Wissenschaftsgeschichtsschreibung der nachfolgenden Generation von nicht unerheblicher Bedeutung. Ein Blick auf die methodischen Grundzüge der wissenschaftsgeschichtlichen Darstellung der Deutschen bzw. Germanischen Philologie im vergangenen Jahrhundert ist hier angebracht. Werner Bahner setzt in seiner Darstellung11 einen kurzen Überblick an, den er mit Theodor Benfey beginnt und mit Rudolf von Raumer bis Hermann Paul fortsetzt.12 Es geht hier vor allem darum, was in diesen drei grundlegenden Arbeiten trotz teilweise unterschiedlicher Konzeptionen als gemeinsames methodisches Merkmal herauszustellen ist. Wie Bahner zurecht hervorhebt, besteht diese methodische Gemeinsamkeit darin, daß sich alle drei Autoren auf denselben Zeitpunkt festlegen, ab dem von exakter Wissenschaftlichkeit in der Entwicklung der Germanischen Philologie gesprochen werden kann. Benfey sieht die Entwicklung der historischvergleichenden Sprachwissenschaft als tiefen Einschnitt, den es zu markieren gilt und der den vor ihm liegenden sprachwissenschaftlichen Erkenntnissen nur noch historischen Wert zuweist. Für Rudolf von Raumer bedeutet das Erscheinen von Grimms Grammatik den entscheidenden Wendepunkt, ab dem in der Germanischen Philologie "streng wissenschaftlicher Boden betreten" wird. Zusätzlich wird dieser Boden noch durch die Arbeiten von Lachmann und Bopp untermauert. Hermann Paul betont zwar, daß die Grenzen zwischen Wissenschaft und NichtWissenschaft in der Geschichte der Sprachwissenschaft zu Beginn des 19. Jahrhunderts fließend waren, aber er teilt im wesentlichen die Auffassung von Benfey und Raumer, daß Sprachwissenschaft als wissenschaftliche Disziplin erst mit der historisch-vergleichenden Sprachwissenschaft (Bopp und Grimm) einsetzte und bezeichnet dies als maßgeblich wissenschaftsmethodischen Einschnitt. Diese Betrachtweise, so stellt Bahner fest, wird in den Handbüchern bis in die 1960er Jahre hinein beibehalten - und der Augenschein gibt ihm recht. Zwei naheliegende Schlüsse zieht Bahner aus diesem Sachverhalt: Einmal wird der weitgespannte Charakter einer Wissenschaftsgeschichte auf die Geschichte der Methoden eingeengt. Zum anderen findet eine Zweiteilung in Geschichte und Vorgeschichte der Sprachwissenschaft statt, was die Verleitung zu dem Apodiktum "wissenschaftlich / nichtwissenschaftlich" impliziert.13 Im Grunde genommen liegt da schon eines jener zeitgeschichtlich bedingten Urteile im Sinne 10 11 11 13
Vgl. WYSS 1979, 49-51 Vgl. NEUMANN/BAHNER 1985, 5 ff. Vgl. BENFEY 1869; RAUMER 1870; PAUL 1891 Vgl. NEUMANN/BAHNER 1985, 5-11. Die Darstellung Bahners, die im Rahmen der Geschichte einer "sprachwissenschaftlichen Germanistik" geschrieben ist, verläßt übrigens von diesem Punkt an den Entwicklungsgang der "Germanischen/Deutschen Philologie" und fährt mit Ferdinand de Saussure auf den Bahnen der "Linguistik" fort.
Aspekte zur Wissenschaftsgeschichte
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des historischen Relativismus vor. Durch seinen Filter sind hier die Grundkonstellationen fur die Geschichtsschreibung einer wissenschaftlichen Disziplin auf lange Zeit festgelegt worden. Es wird bei der Beschreibung von Schmellers wissenschaftshistorischer Position wieder begegnen. Die Wissenschaftsgeschichte hat hier im Dienste einer Methodologie gestanden, die für die sich institutionell etablierende Deutsche Philologie selbstbestätigend und legitimierend wirkte. Man könnte ohne Schwierigkeiten auch wissenschaftspolitische Gründe ausfindig machen, die in ähnlicher Weise wie die Methodologie einengend auf die wissenschaftsgeschichtliche Beschreibung der deutschen Philologie eingewirkt haben. Sie werden jedoch an gegebener Stelle evident gemacht und sollen dort für sich selbst sprechen. Hier erscheint es nur als wichtig, solche zeitgeschichtlichen Einengungen in ihren Wirkungsmechanismen als ursächliche Rahmenbedingungen erkannt zu haben, um sich möglicherweise von ihnen befreien zu können. Solche Befreiung versucht sich auch Ulrich Wyss zu verschaffen, um sich beispielsweise dem Frühwerk Jacob Grimms unbefangen von methodologischen Bedenken nähern zu können. Darüber hinaus möchte er dem "Spiel der imaginären Spiegelungen, in dem der Vater und die Söhne, der Gründer und die Begründeten, der Dichter und die Wissenschaftler aufeinander bezogen werden", entrinnen und statt dessen eine Art Archäologie betreiben, in der er den Zusammenhang der Trümmer aus einer bestimmten diskursiven Formation der Philologie des 19. Jahrhunderts, die längst aufbereitet und zusammengesetzt sind, neu rekonstruiert.14 Das Bild von einer " archäologischen Formation", in der Wyss seine neu zu konstruierenden Teile aufsucht, scheint sich auch für eine Neukonstruktion der Darstellung des philologischen Schmellerwerkes zu eignen. Hier scheint mir allerdings seine Übertragung von einer archäologischen Formation auf einen Steinbruch nicht gänzlich ungeeignet, wenn man diesen Steinbruch mit dem handschriftlichen Schmellernachlaß gleichsetzt, in dem sich die Wissenschaftsgeschichte machende und beschreibende Nachkommenschaft zur freien Auswahl bedienen konnte. Gelingt es, die Trümmer, mit denen auf diese Weise nachträglich ein bestimmtes Bild von Schmellers philologischer Tätigkeit zusammengesetzt wurde, neu und vielleicht genauer zuzuordnen, dann könnte es auch möglich sein, das aus der bisherigen Zuordnung der Wissenschaftsgeschichte bekannte Bild zu relativieren und neu zu bewerten. Ob damit ein Fortschreiten im Sinne einer "Wahrheitsfindung" getan ist, mag im historiekritischen Sinne dahingestellt bleiben. Davon hängt sicher auch die Frage nach einer "gerechteren" Bewertung ab, die hier jedenfalls angestrebt ist und die ja in einer wissenschaftsgeschichtlichen Darstellung auch immer impliziert sein sollte. 14
Vgl. WYSS 1979,51-52
8
Einleitung
Es ist dabei nicht beabsichtigt, alles, was bisher über die philologische Bewertung Schmellers gesagt wurde, abzulehnen und Anspruch auf ein privilegiertes Wissen zu erheben. Das neu zugeordnete und bekanntgemachte Material soll vielmehr in seinem neuen Zusammenhang für sich selbst sprechen und dazu anregen, die alten Klischees kritisch zu hinterfragen für eine neu belebte wissenschaftsgeschichtliche Diskussion. Dabei möchte ich bewußt darauf verzichten, meinen Blickwinkel auf eine bestimmte Position zwischen Historizität und Modernität festzulegen. Sie sollen jedoch Orientierungspunkte bilden, zwischen denen sich die vorliegende Untersuchung auf der Grundlage einer eher positivistischen Faktizität ähnlich wie zwischen Skylla und Charybdis - bewegt. Das heißt, wenn z.B. ein Sachverhalt innerhalb der philologischen Tätigkeit Schmellers von sich aus auf eine "moderne" Position Schmellers in der Textphilologie hinweist, so wird er nicht dazu verwendet, um Schmeller als "modernen" Philologen, der seiner Zeit voraus war, zu kennzeichnen, sondern er soll neben anderen Sachverhalten und im Verhältnis zu ihnen stehen bleiben, um in diesem Umfeld bewertet werden zu können.15 Hingewiesen wird auf solche Parallellitäten zwischen historischem und modernem Forschungsstand schon, allerdings ohne weitergehende Ansprüche daraus abzuleiten. Insofern wird versucht, eine Position einzuhalten, die sich zwischen eindeutiger Historizität und Modernität befindet, ohne sich dadurch dem Dilemma zwischen beiden Perspektiven vollständig entziehen zu können oder zu wollen. Wenn man - um noch einmal das oben entworfene Bild vom Steinbruch zu bemühen - die vorgefundenen Sachverhalte als die Scherben bezeichnet, die neu zugeordnet und zusammengesetzt werden sollen, so geschieht dieses Zusammenfügen zwar auch unter biographischen, ideen- und methodengeschichtlichen Aspekten, versucht aber eine Einengung auf einen dieser Aspekte genauso wie auch nur positivistisches Aneinanderreihen von Fakten zu vermeiden. Diese eher flexible Haltung ist nach meiner Ansicht besser geeignet, der Darstellung eines so vielschichtigen Untersuchungsgegenstandes gerecht zu werden, als die methodenstrenge Einhaltung eines einzigen Verfahrens, die leicht zu einseitiger Sehweise fuhren kann.
15
HARNISCH 1985, 49-51 weist daraufhin, wie von heutigen Wissenschañshistorikern häufig auf die 'Modernität' der von ihnen behandelten Forscherpersönlichkeiten aufmerksam gemacht wird. Dabei wird eben dieses Dilemma zwischen historischem und modernem Blickwinkel erörtert: Soll zwischen dem historischen und dem aktuellen Forschungsstand ein Bezug hergestellt werden oder sollte die wissenschaftshistorische Leistung lieber in ihrer Zeit gesehen und bewertet werden? Für beide Perspektiven gilt wohl, daß die Schreiber die von ihrer Zeit und ihren Paradigmen getönte Brille wohl nicht ganz abnehmen können. Beide Perspektiven - so ist das Resümee - haben wohl ihre Berechtigung.
2. Zum forschungsgeschichtlichen Schmellerbild 2.1. Geistesgeschichtliche Hintergründe 2.1.1. Geistige Strömungen und ihr Einwirken auf die entstehende Deutsche Philologie Zwei große ideengeschichtliche Bewegungen bilden den geistigen Hintergrund der Zeit von Schmellers Wirken: die Aufklärung und die Romantik. Im großen Rahmen der abendländischen Geistesgeschichte, die in einem Zyklus von Bewegung und Gegenbewegung abläuft, kann man die Romantik als eine von Reformation und Aufklärung bedingte Gegenbewegung zur Aufklärung ansehen. Dabei handelt es sich aber keineswegs um zwei in sich abgeschlossene Systeme, die einander gegenüberstehen, sondern sie stehen eher in einer ständigen Wechselbeziehung von Geben und Nehmen. Die Aufklärung als die wesentlich ältere der beiden Bewegungen hatte in Deutschland, als in den Siebziger Jahren des 18. Jahrhunderts die "Sturm-und-Drang-Periode" einige Denkansätze der späteren Romantiker bereits vorformulierte, ihre führende Position eigentlich schon eingebüßt. Nicht nur die Dichter des "Sturm und Drang" stellten neben alte Freiheitsforderungen der Aufklärung z.B. bereits ein Naturerleben, wie es später für die Romantik bedeutsam wurde. Auch andere Denker - für unsere Belange wird vor allem noch Herder zu erwähnen sein - trugen zur schwerwiegenden Modifizierung "reiner" Aufklärungsideen, worunter man in Deutschland wohl am ehesten die Gedanken von Leibniz und ihre systematische Ausprägung bei Christian Wolff verstehen kann, bei. Am wesentlichsten sicherlich Kant, ihr berühmtester Vertreter und zugleich Überwinder. Etwa während des oben genannten Zeitraumes bereitete er seine "Kritik der reinen Vernunft" (1781) vor, mit der er die "reine" Aufklärungsphilosophie durch seine Transzendentalphilosophie ersetzte, die der gesamten Entwicklung des spekulativen Idealismus von Fichte bis Hegel zugrunde liegt. Und eben diese als "Deutscher Idealismus" bekannte Geistesströmung ist es, die ihrerseits den ideengeschichtlichen Hintergrund für die vielschichtige Bewegung der Romantik in Deutschland abgibt. Schon in dieser kurzen Auflistung allgemein bekannter Vorgänge innerhalb der Geistesgeschichte im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts kommt zum Ausdruck, wie fließend die Grenzen zwischen der Aufklärung und jenen Gedankengängen waren, die später eine prägende Rolle in der Romantik spielen sollten. Wie vielschichtig und komplex die gegenseitige Verflechtung der beiden Geistesströmungen in
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Zum forschungsgeschichtlichen Schmellerbild
ihrem zeitlich-räumlichen Nach- und Nebeneinander wirklich ist, wurde meines Wissens geistesgeschichtlich noch nicht umfassend und erschöpfend dargestellt. Es gibt allerdings unzählige Einzelbetrachtungen über Biographie und Werk von Einzelpersönlichkeiten wie etwa Goethe, Herder oder Möser, die in ihrem Denken von beiden geistigen Strömungen beeinflußt wurden. Die Gedanken, die sie sich um Geschichte, Sprache und Dichtung gemacht haben, sind natürlich nicht ohne Einfluß auf die unter romantischen Vorzeichen entstehende deutsche Philologie geblieben. Besonders jene Gedanken, deren System man aus späterer Sicht vielleicht etwas unzureichend "Historische Schule" genannt hat und die auch einen gedanklichen Hauptstrang der Romantik bilden, sind hier von großer Bedeutung gewesen. Der in ihr wirkende geschichtliche Geist versucht, das Sein als Gewordensein zu betrachten und möchte Erkenntnis des Lebens durch das Aufsuchen und Betrachten seines Ursprungs und seiner Entwicklung gewinnen. Eine tiefe Ehrfurcht vor dem Ursprünglichen und vor dem Altertum ist damit einhergegangen. Für die Philologie bedeutete das natürlich in erster Linie ein enorm gesteigertes Interesse an alten textlichen Überlieferungen. Derselbe historische Geist, der bei den genannten Gelehrten der Geniezeit sichtbar ist, wurde vielleicht noch in stärkerem Maß bei Vertretern der Romantik wie etwa Novalis, Tieck oder Wackenroder und besonders auch bei den Brüdern Grimm wirksam. Er ist immer dem Universalismus verpflichtet gewesen, auch wenn er in der romantischen Zeit unter dem Eindruck der Kriege Napoleons sich intensiver der eigenen, "nationalen" Vergangenheit zugewendet hatte. Daß sowohl romantische wie auch aufklärerische Ideen Einfluß auf die Entstehung und Entwicklung der deutschen Philologie gehabt haben, scheint für ihre geschichtliche Darstellung immer mit Schwierigkeiten verbunden gewesen zu sein. Typisch dafür scheint mir der Kampf, den Konrad Burdach in seiner Einleitung zum Briefwechsel der Gebrüder Grimm mit Karl Lachmann gegen dieses scheinbar auswegslose Dilemma führt: "[...] diese drei Briefschreiber, die hier vor den Augen des ergriffenen Lesers in Freundschaft sich verbinden, sind einig zwar in der romantischen Wurzel ihres wissenschaftlichen Antriebs, aber ebenso auch darin, daß sie dem romantischen Geist entwachsen, daß sie sich ihm mit bewußtem Willen entwinden, weil der allen drei gemeinsame, ihrem Wesen tief eingepflanzte Drang zur Klarheit, zur wissenschaftlichen Erkenntnis des Wahren sie aus der Dämmerung und dem Nebel der poetischen oder philosophelnden Spekulation hinaustreibt. [...] Der Kultus des Unbewußten in der psychischen Welt, des unmittelbaren Erlebens der Seele, den gleich der Geniebewegung auch die Romantik vertrat, kämpfte freilich gegen die rationalistische Auffassung des Lebens, der Geschichte, der Kunst und der Poesie, der Sprache, aber er war deshalb noch keineswegs ein Kultus des Irrationalismus. Sonst hätte daraus nimmermehr die Wisssenschaft hellste und wirksamste Erleuchtung empfangen, sonst wäre niemals daraus
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der unübersehbar segensreiche Aufschwung geschichtlicher Welt- und Menschenbetrachtung hervorgegangen, den man als historische Schule mit den großen Namen Savigny, Eichhorn, Niebuhr, Böckh, We Icker, Karl Ottfried Müller, Jacob Grimm, Bopp. Ranke, Karl Ritter und Lachmann zu kennzeichnen pflegt. [...] Immerhin, eine Abwehr der irrationalistischen Gefahr war notwendig. Unser Briefwechsel zwischen den Brüdern Grimm und Lachmann ist das großartigste Denkmal dieser Abwehr. "'6 Auffällig sind besonders Begriffe wie "Klarheit" oder "hellste Erleuchtung", die eindeutig der Aufklärungsmetaphorik zugeordnet sind. Es scheint klar, daß zur Konstitution einer strengeren Wissenschaftlichkeit - was immer das in diesem Zusammenhang bedeuten mag - eine rationale Begrifflichkeit unumgänglich ist, nur sollte sie eben nicht aus der rationalistischen Auffassung der Aufklärung hervorgehen, sondern der romantischen Gedankenwelt entspringen. Wenn das nicht möglich ist, muß man notgedrungen die rationalen Züge der romantischen Grimms und Lachmanns hervorheben. Auch Scherer hatte in seiner Grimmbiographie ähnliche Schwierigkeiten zu bewältigen. Er spricht zwar dem romantischen Jacob Grimm eine "wissenschaftliche Solidität" zu, die er sonst der Romantik abspricht. Aber nachdem er für seine frühesten und spätesten Werke ein "Überwiegen der Combinatsionslust" entdeckt hat, will er dieser Solidität doch nicht so recht trauen und kritisiert, daß Solidität und Genialität eben doch nicht ganz vereinbar seien. Da dies aber nicht ausreichend scheint für die Konstitution einer strengeren Wissenschaftlichkeit, macht er den scheinbar "solideren" Lachmann für die Methode zuständig mit der Formel, daß Lachmann "ein Genie der Methode" wie Grimm "ein Genie der Combination" sei.17 Offensichtlich zweifelt auch Scherer daran, daß das Gedankengut der Romantik zur Bereitstellung eines letztlich rationalen Begriffsapparates für eine strengere Wissenschaftlichkeit geeignet sei. Er beläßt dem Wissenschaftsbegründer Grimm seine geniehafte, romantische Intuition und "Combinationslust" allerdings ganz und schiebt den notwendigen rationalen Aspekt Lachmann zu. Damit ist die romantische Gründerfigur vollständig erhalten. Diese Schwierigkeiten reichen bis in die neuere Zeit der Wissenschaftshistoriographie herein, wenn auch hier schon ein vorsichtiges Einbeziehen aufklärerischen Gedankengutes in den Prozeß der Wissenschaftsbegründung stattfindet. Wenn an entsprechenden Stellen immer noch die "deutsche Bewegung" die "Fesseln der Aufklärung" sprengt, kann man auch Stellen wie diese finden: "Der gewaltige Aufbruch der romantischen Bewegung, [...] ist auch für die beschränkteren Bedürfhisse der dt. Ph. nicht auf einen einzigen Nenner zu bringen. Es wäre zu wenig, wollte man flir diesen Zweck nur Fortsetzung und Ausbau der vorromantischen Herderzeit und ihrer Ideen in ihr erblicken. So sehr dies auch der Fall ist, man darf nicht übersehen, daß gerade bei den 16 17
Vgl. BURDACH in LEITZMANN 1927, XVI-XVII Vgl. dazu Wyss 1979, 12-13, der diese Zusammenhinge kritisch darstellt.
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führenden Gestalten wie den Brüdern Schlegel die wertvollsten Einsichten der Aufklärung wesentlich mitverarbeitet werden, daß auch die Einsichten der klassizistischen Ästhetik, Winckelmanns und Schillers, daß vor allem aber auch das große Vorbild Goethes mithelfen, Geschichte, Sprache, Dichtung, Kunst in tieferen Zusammenhängen zu sehen und methodisch sicherer darzustellen, als es den Vorläufern noch möglich war. Der Kampf der Romantik gegen die Aufklärung richtet sich nicht so sehr gegen ihre bedeutendsten Repräsentanten, wie Lessing etwa, sondern gegen die in ihrer geistigen Substanz verdünnten und verengten Nachfahren dieser Bewegung. "'8 Das methodisch notwendige Rüstzeug wird hier schon mit deutlich weniger Berührungsängsten seiner aufklärerischen Herkunft zugeordnet. Allerdings müssen die "wertvollsten Einsichten" daraus erst durch die großen Männer aus der Dichtung veredelt werden. Später, bei der Einführung Grimms, steht dann hauptsächlich die Hinwendung zur "Idee eines streng wissenschaftlichen Verfahrens, einer methodischen Durchdringung und Ordnung des vielfältigen Stoffes", der nun die Forschung leitet, im Mittelpunkt. Der romantische Grimm muß hier nicht anwesend sein, er wird im Zusammenhang mit seinen frühen Arbeiten und seiner Auflassung von "Volkspoesie" erwähnt.19 Wichtig scheint aber im Zusammenhang mit ihm zu sein, daß die sogenannte Gründerepoche der Germanistik immer im verklärenden Rahmen romantischer Poesie beschrieben wird. Konrad Burdach hat das in einer für die Wissenschaftshistoriographie sehr bezeichnenden Weise ausgedrückt, wenn er über das sanktionierte Gründertrio Grimms/Lachmann sagt: "Aber jedenfalls, die romantische Hochstellung der Poesie lag allen drei im Blut. Jacob Grimm hat sein Leben lang in der Sprache, im Recht, in der Mythologie, in der Sitte das poetische Element aufgespürt und dargestellt: er hat, um ein bekanntes schönes Wort Uhlands über ihn aus der Frankfurter Germanistenversammlung von 1846 zu wiederholen, in seiner Forschung überall 'den Goldfaden der Poesie gesponnen'. " (BURDACH in LEITZMANN, 1927, XV) Einige Beobachtungen, die ich in den genannten und auch anderen einschlägigen Darstellungen zu machen glaubte, sind folgende: Zum einen ist das eine Parteinahme für die Romantik gegen die Aufklärung, zum anderen fällt immer wieder eine Höheibewertung dessen auf, was ich einmal mit "Poesie" und "genialischer romantischer Spekulation" umschreiben möchte. Dabei wird der Aufklärung zwar begriffliche Klarheit zugesprochen, gleichzeitig aber auch geistige Seichtheit und Enge, wenigstens bei ihren "weniger bekannten Vertretern", wozu natürlich auf keinen Fall Lessing zählen darf. Hier wird noch eine weitere Vorliebe deutlich: die bevorzugte Stellung literaturgeschichtlicher Inhalte, die von Scherer über Schröder und Burdach bis hin zu
" J. DONNINGER 1957, Sp. 139-140 19 Vgl. J. DÜNNINGER 1957, Sp. 148 ff.
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J. Dünninger zu verfolgen ist.20 Womit könnte man diesen doch etwas einseitig anmutenden Zug, der scheinbar immer wieder in das Dilemma zwischen wissenschaftsmethodischer Klarheit und genialisch-romantischer Spekulation fuhrt, zu begründen versuchen? Nach der obigen Aussage Burdachs fällt der Blick dabei zuerst auf Jacob Grimm. Ulrich Wyss hat mit Nachdruck auf den Topos vom Wissenschaftsbegründer Grimm hingewiesen, den Scherers 1864/65 zum ersten Mal erschienene Grimmbiographie festgelegt hat. Er spricht dabei von einem Gespenst des Gründervaters, das bis in die neueste Zeit herein auch nicht durch den Fortschritt ihrer eigenen Forschungsarbeit zu bannen gewesen sei. Scherer bedient sich dabei eines Bildes aus dem Bereich der Landschaftsmalerei: Die Entwicklungen, die vor Jacob Grimm zur allmählichen Herausbildung einer zunächst altdeutschen Philologie führten (vor allem Lessing, Bodmer, Herder, Möser und die frühen Romantiker), werden wie die Landschaft zunächst als Hintergrund dargestellt, der sich allmählich (wie die altdeutsche Philologie durch die Hintertüren der Geschichte, Theologie usw.) in die Realität des Vordergrundes gedrängt hat. Auf dieser Grundlegung schildert seit Scherer - so Wyss - jede Geschichte der Germanistik den jungen Jacob Grimm, der mit den Romantikern in engster Verbindung stand.21 Dieser romantische Gründermythos kann ein Grund für das zu beobachtende starre Festhalten einer Höherbewertung der Romantik sein, dem vielleicht schon eine Minderbewertung der Aufklärung implizit ist. Im engen Zusammenhang könnte damit auch die Bevorzugung poetischer bzw. literaturhistorischer Inhalte stehen. Vielleicht ist es auch der Tribut, der dem Gründervater recht gern zugestanden wurde, konnte man doch damit einigen Glanz einer weitgespannten poetischen Geistigkeit in eine methodenstrenge, überwiegend dem Handwerk zugeneigte Wissenschaft mit einbringen. Ein Leitsatz in dieser Beziehung dürfte spätestens seit Scherer gelautet haben: Wir erheben weiterhin Anspruch auf die Werte des genialen und umfassenden poetischen Geistes unseres Begründers, aber wir erst sind in der Lage, seine wissenschaftlichmethodischen Absichten und Ansätze streng zu verwirklichen. Wieder ist ein Wort Konrad Burdachs dafür bezeichnend: "Der vorzeitige große Anlauf geschichtsphilosophischer Spracherforschung mißlang, wenn auch die Faustische Kühnheit, die geniale Intuition und der gelehrte Scharfsinn dieses Versuchs flir alle Zeit bewundernswert bleiben. Aber aus Scherers sprachgeschichtlicher Methode erwuchs eine neue wissenschaftliche Richtung, die man sich gewöhnt hat die junggrammatische zu nennen, [...] Jetzt erst war Jacob Grimms Saat voll aufgegangen, nachdem die letzten Nebelwolken romantischer Sprachanschauung verflogen schienen und endgültig eine entschlossene, auf klar gefaßte Grundsätze sich stützende Methode das natürli20
21
Vgl. SCHERER (Olms) 1985; Schröder 1890 und 1930; BURDACH in LEITZMANN 1927; J. DÜNNINGER 1957 Vgl. WYSS 1979,12
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che Werden der Sprache im Sinne einer historischen Erklärung ihres lautgesetzlichen Lebens zu begreifen versuchte. " (BURDACH in LEITZMANN 1927, XXX) Das Problem scheint in der Trennung zwischen Poesie und Sprachbetrachtung zu bestehen, möglicherweise auch in einem Überschneiden hermeneutischer und linguistischer Methoden. Für Grimm, der "den Goldfaden der Poesie" auch in seiner Sprachforschung "spann", waren solche Trennungen bedeutungslos. Ulrich Wyss hat in einem Aufsatz über Grimms und Schmellers Literaturauffassung auf diesen Umstand hingewiesen und festgestellt, daß Grimms Werke in dieser Hinsicht auch für die Germanistik ihrer Zeit untypisch waren. Er erinnert an ein Wort von Michel Foucault, wonach die Philologie des 19. Jahrhunderts für ihre entscheidende Errungenschaft damit bezahlen mußte, daß sie die Sprache zum Objekt unter Objekten machte; "um das in ihr sedimentierte geschichtliche Leben zu explizieren, mußte neben die Linguistik die Hermeneutik alter Texte treten. Und um die Wörter in den beziehungsreichen Glanz ihres Seins, den die Grammatik gelöscht hatte, wieder glitzern zu machen, entstand die moderne Literatur..." Grimms Philologie habe diese Kompensationen nicht benötigt, wogegen Schmeller sie für notwendig erachtete - insofern sei eigentlich Schmeller die emblematische Figur der frühen deutschen Philologie.22 Vielleicht spiegelt sich dieselbe Problematik auch in der langen Diskussion um die Abtrennung einzelner Fachdisziplinen wieder. Eine solche Trennung, die heute in der institutionalisierten Germanistik in drei Teildisziplinen de facto vollzogen ist und Tendenz nach weiterer Aufgliederung anmeldet, wurde für die Sprachwissenschaft spätestens seit Hugo Schuchardt (1885) gefordert. Er wies damals bereits darauf hin, daß die einzelnen Sprachwissenschaften (Linguistiken) untereinander näher methodologisch verwandt seien als die Literatur- und Sprachwissenschaft einer Sprache.2 Bei J. Dünninger wird für die wissenschaftsgeschichtlichen Abläufe bereits nach einzelnen Teilgebieten berichtet, obwohl durch den Titel "Geschichte der deutschen Philologie" noch eine Einheit angedeutet wird, auf deren Erhaltung auch immer wieder durch entsprechende Anstrengungen einzelner bedeutenderer Fachvertreter hingewiesen wird. Welcher Seite man sich in der scheinbar immer noch bzw. immer wieder aktuellen Diskussion auch zugeneigt fühlen mag - es scheint gerade die starke Betonung eines einheitlichen Faches zu verwirrenden Vermischungen von Methoden und Bewertungen zwischen literatur- und sprachwissenschaftlichen Gesichtspunkten besonders in Fragen der Textphilologie geführt zu haben, wo sich beide Disziplinen natürlich am intensivsten durchdringen. Die oben angesprochene Beobachtimg der Bevorzugung oder Höherbewertung von literaturgeschichtlichen Inhalten und Verfahren scheint 22 23
Vgl. WYSS 1988, 32 Zu diesem Vorgang nimmt BAHNER in NEUMANN/BAHNER 1985, 1 f. näher Stellung.
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mit diesem Problem eng verknüpft zu sein. In diesem Zusammenhang wird dies deshalb wichtig, weil es zu den monotonen Bewertungsstandards Uber Schmellers philologische Leistungen geführt hat, die teilweise auch sachlich falsch sind, wie noch zu zeigen ist.
2.1.2. Zur geistesgeschichtlichen Einordnung Schmellers Schmellers Einordnung in die Geistesgeschichte wurde durch den grundlegenden Aufsatz von Herman Kunisch "Johann Andreas Schmellers geistesgeschichtliche Stellung" im Historischen Jahrbuch der Görres-Gesellschaft von 1949 vorgenommen. Er ist - bis auf Ergänzungen der neueren Literatur unverändert - auch 1968 in seine "Kleineren Schriften" aufgenommen worden. Da er bis heute in wesentlichen Teilen Gültigkeit beansprucht und entsprechend auf die Beurteilung des Philologen Schmeller einwirkt, soll hier versucht werden, seine Annahmen noch einmal kritisch zu durchleuchten. Bezeichnenderweise beginnt die Darstellung mit dem Hinweis auf den engen Zusammenhang zwischen dem Beginn der deutschen Philologie als Wissenschaft und der Romantik. Darauf folgt das Stichwort "Historische Schule" und seine Erläuterung, nicht ohne die Aufzählung maßgeblicher Namen wie Moser, Herder, Novalis und - mit Andeutung seiner Einstellung zum Verhältnis "Naturpoesie/Kunstpoesie" - Jacob Grimm nebst seinem Bruder Wilhelm. Nach diesem geräumigen Vorspann erst wird die Hauptperson der Betrachtung eingeführt mit den Worten: "In diesen Zusammenhang, der im folgenden in einzelnen Zügen näher beschrieben werden muß, gehört der Süddeutsche Johann Andreas Schmeller nicht hinein. Die Wissenschaft von deutscher Sprache und Literatur leitet sich nur zu einem, wenn auch dem gewichtigsten Teil aus der geistigen Welt der Romantik her; einer ihrer Zweige, eben der von Schmeller vor allem vertretene der Erforschung der lebenden Mundart, ist nicht romantischen Ursprungs. Der einzige, den man mit einigem Recht neben Jacob Grimm nennen kann - wenn man von den Jacob am nächsten Stehenden, seinem Bruder Wilhelm und seinem Freunde Karl Lachmann absieht -, der Verfasser der 'Mundarten Bayerns' und des 'Bayerischen Wörterbuches', hat in den Tiefen seines Wesens romantischer Art nicht nur fremd, sondern abwehrend gegenübergestanden, trotz seiner Bewunderung und Verehrung für Jacob Grimms Größe und Leistung und der Jacobs für ihn. In die neu entstandene Wissenschaft von deutscher Art und Geschichte, die ihre wesentlichsten Kräfte aus ihrem Gegensatz zur Aufklärung entfaltete, tritt in Schmeller die Aufklärung noch einmal in bedeutender Gestalt und Eindringlichkeit wirkend und bahnbrechend ein. 'ΰ4
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KUNISCH 1968, 206-207
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Was man aus dem beschriebenen Vorspann und der zitierten Stelle schließen kann, ist folgendes: Die Romantik nimmt den Vorrang gegenüber der Aufklärung ein und ist höher zu bewerten. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch das Verhältnis der Grimms und Lachmanns als Romantiker und Schmellers als Aufklärer zu beurteilen. Andererseits ist auch Schmellers wissenschaftsgeschichtliche Position als Begründer der wissenschaftlichen Mundartforschung abgesteckt. Dieser Zweig der "Wissenschaft von deutscher Sprache und Literatur" leitet sich nicht wie diese selbst aus der Romantik ab. Da sein Begründer ganz entschieden der Aufklärung zugewiesen wird, muß er wohl aus dieser Richtung kommen. Immerhin wird aber darauf hingewiesen, daß Schmeller mit Recht neben Jacob Grimm genannt werden darf. Dieses Recht hat wohl einst Jacob Grimm selbst erteilt mit seiner lobenden Bemerkung über das Bayerische Wörteibuch (DWB I, XVII), mit der er Schmeller gleichzeitig seinen Platz innerhalb der Wissenschaftsgeschichte zugewiesen hat. Darauf wird in anderem Zusammenhang noch einzugehen sein. Für den hier zu besprechenden Aufsatz von Klinisch zeichnet sich also an dessen Beginn schon eine starre Dichotomie ab, welche die ganze Arbeit konsequent durchzieht: Auf der einen Seite stehen Jacob Grimm - sein Bruder Wilhelm und Lachmann sind dabei immer ausdrücklich mit Inbegriffen - und die "geistig tiefere" Bewegung der Romantik, auf der anderen findet man Schmeller und die "gedanklich zwar klare aber geistig seichte" Aufklärung. Die Trennung wird so strikt eingehalten, daß es keine Möglichkeiten ftir die Beschreibung jener Fälle gibt, in denen Schmellers Haltung genauso gut einer romantischen Geisteshaltung zugeordnet werden kann. Nicht selten ensteht dadurch eine Situation, in der die angesprochene Zweiteilung nur mit Mühe aufrecht erhalten werden kann. Zunächst ein Beispiel dafür: An einer Stelle, an der über die Auseinandersetzung der "Landshuter Romantiker" mit dem Kreis der "Münchner Aufklärung" gesprochen wird, fallt auch der Name Schelling. Auf Schmeller, der in diese Ausführungen nicht direkt einbezogen ist, wird an dieser Stelle durch eine Fußnote verwiesen, in der es heißt: "Daß Schmeller später selbst Schelling gehört hat, geht aus seinen Tagebüchern hervor. Vgl. seinen Bericht über Schellings Vorlesung 'Das System der Weltalter' vom 25.3.1828 (Tagebücher 2, 60). "25 Auch wenn man diesen Bericht Schmellers noch nicht kennt, könnte man sich fragen, warum ein für das zu Erläuternde scheinbar wichtiger Hinweis nur kurz und kommentarlos in einer Fußnote erwähnt wird. Mehr Aufschluß erhält man durch die erwähnte Bemerkung Schmellers selbst. Sie ist sehr ausführlich und enthält eine Inhaltsangabe der SchellingVorlesung nach dem Verständnis Schmellers. Schmeller geht auf widersprüchliche Stellen in der logischen Gedankenführung Schellings ein und bemerkt: "Hier ward es mir schwer, die Distinctionen Schellings zwischen 25
KUNISCH 1968, 214, Anm.26)
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Eins seyn und doch nicht Eins seyn, und drgl., die Begriffe eines Willens ohne Wollen, einer Freyheit ohne Freyheit, einer Zeit ohne Dauer und drgl. zu denken. Es schien mir oft, daß an der Beißzange des Wortes, das die Sprache gefällig darbietet, nichts wirklich Denkbares, und also blos die Beißzange da sey. So ging es mir auch mit der weitern Deduction, wodurch aus Gott, = a, = Vater, und Gott, = b, = Sohn, noch ein Gott, = c, = Geist entsteht.,a6 Hier schlägt die typische Kritik der Aufklärung am spekulativen Gedankengut der Romantik durch. Diese Stelle aus seinem Tagebuch hat Schmeller interessanterweise auch seinem romantischen Freund und Kollegen Jacob Grimm in einem Brief vom 20.4.1828 (Bw 11,124) mitgeteilt, nicht ohne noch einige ironische Bemerkungen hinzuzufügen. Das allein spricht auch schon gegen das in der Wissenschaftsgeschichte immer wieder beschworene Bild vom selbstunsicheren Schmeller, der zu seinem romantischen Vorbild "Meister Jacob" immer nur aufblickte. Weiterhin ist den Anmerkungen Schmellers indirekte Kritik dadurch entnehmbar, daß schon im ersten Satz auf den Titel "System der Weltalter" hingewiesen wird, während es zuletzt heißt: "Erst in der letzten Vorlesung war von dem System der drey Weltalter [...] entsprechend die Rede." (Tb II, 60). Der gesamten Inhaltsangabe Schmellers zufolge, handelte es sich in jener Vorlesung in der Hauptsache um Gedanken, die Schelling vor allem in seinen "Erlanger Vorträgen über die Natur der Philosophie als Wissenschaft" ausgesprochen hat und die in der Werksausgabe (München 1927 ff.) abgedruckt sind.27 Daß Schmeller den Gedankenkosmos Schellings für eine etwas krause Sache hält, bringt er ebenso zum Ausdruck wie die gleichzeitige Bewunderung von Schellings Gedankenführung: "Wunderlich kamen mir die Autoritäten aus dem alten und neuen Testamente, und der ganze Parallelismus mit den jüdisch-christlichen Dogmen vor, neben den schlagenden, wahrhaft erhebenden Beziehungen auf innere und äußere Erfahrungen, durch die der Mann von großem und freyem Geiste immer wieder zur Aufmerksamkeit zu rufen verstand. 'ûs Da klingt Befremden mit, vor allem wenn es um die religiösen Belange geht. Da ist aber auch neidlose Anerkennung des "großen und freyen Geistes", die zumindest Verstehen und Einverständnis signalisiert. Da ist jedoch nichts zwingend zu erkennen von Ablehnung der "Tiefe und Fülle einer dunkeln und schwierigen Sprache" seitens einer Position der "Klarheit und Verständlichkeit als Ausdruck von Seichtheit und Mangel".29 Stellt man an dieser " SCHMELLER Tb II, 60 27 Schellings Werke. Nach der Originalausgabe in neuer Anordnung hrsg. von M.SCHRÖTER, München 1927 ff., Bd. 1,1-40 28 SCHMELLER Tb II, 60 29 Vgl. KUNISCH 1968,213: Kunisch bedient sich dieser Formeln für Romantik und Aufklärung als er die geistige Position von Cajetan Weiller,dem Lehrer und jugendlichem Vorbild Schmellers,beschreibt. Er legt dabei ein Zitat Weillers aus dem Vorwort zu dessen satirischer Schrift "Der Geist der allerneuesten Philosophie der Romantik der HH. Schelling, Hegel und Kompagnie" aus. [Zitat KUNISCH, 1968, 213]: "Kennzeichnend ist ein Bekenntnis im Vorwort zum zweiten Teil:
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Stelle noch einmal die Frage, warum Kunisch auf diese für sein Thema so aufschlußreichen Ausführungen Schmellers nicht näher eingeht, so könnte die Antwort lauten: Sie fügt sich nicht in das dichotomische Konzept seiner Darstellung. Diese konzeptionelle Festlegung ist um so erstaunlicher, weil sie Schmeller in eine Position zwingt, in der ihn der Autor gar nicht haben will. Beeindruckt von Schmellers Beitrag zur Begründimg einer "romantischen Wissenschaft" und angerührt von dessen menschlichen Zügen, stellt er ihn als Opfer seiner Lebensumstände dar, die ihn in die Lehre einer aufklärerischen Erziehung getrieben haben: "Der mittellose Schmeller konnte die Universität nicht besuchen und geriet statt dessen als Soldat ins Ausland. Als er 1815 zurückkam, nahmen die politischen Ereignisse sein ganzes Empfinden in Anspruch. Im Geistigen blieb Weiller durch solche Umstände sein einziger Führer. Als die Romantik später auch in München wirksam wurde, war es für eine Persönlichkeit von der Schwere Schmellers zum Umlernen zu spät. " (KUNISCH 1968, 221) Vorher schon heißt es: "Es ist schmerzlich, Schmeller die von Weiller bestimmte Richtung einhalten zu sehen, als sich längst erwiesen hatte, daß deren rationale Enge und unfruchtbare Starre den Kräften der neuen Bewegung nicht gewachsen war." (KUNISCH, 1968, 220) Zur Abrundung: "Es geht ein Bruch durch das Leben Schmellers. Er hat die Früchte seines verborgensten Wollens nicht austragen können, denn dieses Wollen war dem Vergangenen verschworen; er rang um Werte, gegen die die Zeit bereits entschieden hatte. " (KUNISCH 1968, 238) Schmeller als unglücklicher Aufklärer, der aufgrund seines Lebenswerkes eigentlich hätte Romantiker sein sollen, um in Harmonie mit sich und seinem Werk ähnlich selbstsicher wie Jacob Grimm wirken zu können, mit dem ihn die Darstellung in jedem Punkt immer wieder vergleicht. Ganz abgesehen davon, daß eine Geistesströmung nicht unbedingt dazu geeignet ist, biographisch-psychische Prozesse zu fordern oder zu hemmen, verweist dieser Zusammenhang auch noch auf eine andere Frage. Es ist die Frage nach dem Verhältnis des Süddeutschen Schmeller zu einer überwiegend durch Norddeutsche geprägten Romantik. Dazu wäre zu bedenken, daß die deutsche Romantik in so zentralen Bereichen wie Religion und Kunst eigentlich eine norddeutsch-protestantische Bewegung mit süddeutsch-katholischen Inhalten ist. Richard Benz hat darauf hingewiesen, daß die Romantik als ChristlichKatholisches sich in den protestantischen Ländern als Sehnsucht nach verloUnd wenn ich auch in manchem Worte, das er [der Anhängerder neuen Schule] sich mühsam schafft, keine Bedeutung mehr finde, so will ich ihm ja selbst in einem solchen Falle nicht allen Sinn absprechen, sondern nur einen augenblicklichen Schlaf desselben vorwerfen' (S. XIII). Das ist der Einwand der Aufklärung aller Zeiten gegenüber einer schöpferischen Sprache, die für neu erlebte Inhalte die entsprechende, wenn auch ungeläufige Form prägt. Es gibt aber eine Dunkelheit und Schwierigkeit der Sprache, die das Abbild wirklicher Tiefe und Fülle ist, und eine Klarheit und Verständlichkeit, die der Ausdruck ist der Seichtheit, der Dürre und des Mangels. - In dieser geistigen Welt wuchs der junge Schmeller auf."
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renen alten Bindungen bilden konnte. In katholisch gebliebenen Nationen und Landesteilen verbreiteten sich ihre Gedanken erst später und hauptsächlich dort, wo die von ihnen selbst bewahrten Geisteswerte mit einbezogen wurden.30 Es könnte unter diesem Gesichtpunkt schon angenommen werden, daß vieles, was norddeutsche Romantiker als Gedankengut eines romantischen Aufbruchs betrachteten, für den Süddeutschen Schmeller altvertraut und selbstverständlich war. Jedenfalls mußte er gerade zum religiösen Bereich eine ganz andere Einstellung haben als die nach Ursprünglichem und Verlorengegangem suchenden Romantiker. Aufgrund seiner kritischaufgeklärten Haltung hat er auch dem Begriff des Religiösen, wie er in der süddeutschen Romantik vor allem durch Michael Sailer geprägt wurde, nicht nahestehen können und wollen. Ob sich eine solche Ausrichtung auf andere Lebensbereiche übertragen läßt, ist sehr fraglich. Kunisch verfolgt in seiner Konzeption eine solche Vorgehensweise allerdings konsequent, was ihm für die religiöse und pädagogische Seite auch gut gelingt. Für den wissenschaftlichen Bereich allerdings scheint sich ein so starres Einordnungssytem nicht mehr zu eignen. Doch noch einmal zum Aufbau der zugrunde liegenden Darstellung. Im Anschluß an die besprochene konzeptionelle Festlegung wird auf das Verhältnis zwischen Grimm und Schmeller näher eingegangen, indem die grundsätzliche Verschiedenheit ihres jeweiligen Volksbegriffes erläutert wird. Nachdem der gesellschaftliche Volksbegriff Schmellers vom Volk als "dem gemeinen Mann", der "breiten Masse", die durch Hebung ihrer Bildung zur Freiheit erzogen werden soll, eingeführt ist, wird in geradezu tadelndem Ton gezeigt, was diesem Begriff fehlt und was bei den Romantikern immer vorhanden ist: "die Verbindung mit der Poesie, den aus dem Volksgeist wirkenden schöpferischen Kräften, [...] Volksdichtung (= Naturdichtung), Volkslied, -sage und -märchen haben keinen Zusammenhang mit seinem Begriff des
Volkes. " (KUNISCH, 1968, 208) Dahinter steht Grimms Verständnis, und richtig: "Schmellers Sicht geht von unten nach oben; er erreicht nie die schöne Sicherheit mit der die Grimms zu Religion, Vaterland, Volk, Regierung standen. "
Solche Gegenüberstellungen, in denen meist ein tadelnder Unterton mitschwingt, kehren in allen Bereichen, in denen Schmellers Haltung erläutert wird, regelmäßig wieder. Weiterhin wird nun der geistige Umkreis Schmellers, vor allem sein Münchner Lehrer, Cajetan Weiller, und der Kreis der Müncher Aufklärung besprochen. Analog zur Gegenüberstellung Grimm /Romantik und Schmeller/Aufklärung findet hier der Vergleich Landshuter/Münchner Romantik und Münchner Aufklärung statt. Im Zusammenhang mit der Erläuterung Schmellers zu Schellings Vorlesungen wurde davon 30
RICHARD BENZ, Die romantische Geistesbewegung, in: Propyläen Weltgeschichte, Frankfijrt 1960-64, Sonderausgabe 1986, Bd. 8, 195-234, hier: 196
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schon ein Punkt berührt. Auch sonst muten diese Ausführungen teilweise wie eine posthume Abrechnung mit dem Kreis der Münchner Aufklärung und Weiller an. Ferner werden Schmellers religiöse und pädagogische Ansichten durch Auszüge aus seinen Werken und Tagebüchern dargestellt. Damit wird die Position Schmellers als reinen Aufklärers vollständig befestigt. Zuletzt wird versucht, dieses Bild auch durch seine wissenschaftliche Tätigkeit zu bestätigen, natürlich wiederum in engem Vergleich mit Jacob Grimm: "Nachdem sich gezeigt hat, daß Schmeller in seinem Welt- und Lebensgefilhl der Aufklärung angehört, stellt sich von selbst die Frage, wie sich seine wissenschaftliche Arbeit zu dieser Grundeinstellung verhalte. Bei Jacob Grimm und er steht hier immer stellvertretend mit ftir seinen Bruder und Lachmann besteht kein Zweifel, daß seine Forschung in romantischem Wesen tief verwurzelt ist. Selbst die großen kritischen Werke seiner reifen Jahre - die 'Deutsche Grammatik', die 'Weistiimer', die 'Mythologie' und das 'Deutsche Wörterbuch' - sind nicht nur aus romantischer Liebe zu deutschem Volksgeist und der Vergangenheit entstanden, sondern tragen unverkennbar romantisches Gepräge. Ebenso ist bei Schmeller die Art seiner wissenschaftlichen Forschung von seiner geistigen Gestalt bestimmt, wie es im Grunde selbstverständlich ist - wenn auch zeitweise solches Abhängigsein strenger Forschung nicht eingestanden wurde. Gewiß liegen bei fachwissenschaftlichen Arbeiten, wie den Mundartendarstellungen Schmellers oder seinen Textausgaben, die Kennzeichen der geistigen Herkunft nicht immer offen zutage. Aber sie sind zu erkennen, was im einzelnen aufgezeigt werden soll. " (KUNISCH, 1968, 228) Diese Stelle ist im oben gezeigten Sinn typisch für die Anlage der Darstellung und führt auch noch einmal in eindrücklicher Weise den romantischen Gründertopos "Grimms/Lachmann" vor Augen, wie er so häufig in der Wissenschaftsgeschichtsschreibung anzutreffen ist. Da damit die wissenschaftsgeschichtliche Stellung Schmellers in mehreren Punkten berührt wird, soll auch im späteren Zusammenhang nochmals davon die Rede sein. An dieser Stelle sei nur ein zentrales Beispiel herausgegriffen: Schmellers Auffassung von der Mundart und seine Beziehung dazu. Mit Recht stellt Kunisch fest, daß Schmellers Interesse für die Volksmundarten zuerst von einem pädagogischen Impetus geleitet wurde, der darauf zielte "ein Volk in Masse höher heben zu können", wie Schmeller in seinem Vorwort zu den "Mundarten Bayerns" selbst sagt. Diese Stelle, die auch bei Kunisch angesprochen wird, eignet sich gut, um den aufklärerisch-pädagogischen Zug bei Schmeller zu untermauern. Noch ein Beleg aus dem Vorwort muß dazu dienen, um die rein aufgeklärte Position Schmellers als Sprachwissenschaftler zu zeigen: "[...] ihm erscheint die Mundart neben der Schriftsprache 'wie eine reiche Erzgrube neben einem Vorrathe schon gewonnenen und gereinigten Metalles, wie der noch ungelichtete Theil eines tausendjährigen Waldes neben einer Partie desselben, die zum Nutzholz durchforstet, zum Lusthain ge-
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regelt ist' (VIII). Gerade das letzte Bild zeigt, wie sehr Adelungs aufklärerische Sprachbetrachtung [...] trotz Jacob Grimms Einwirkung - unter der Schmeller damals stand - noch nachwirkte. " (KUNISCH, 1968, S. 230) Es ist richtig, wenn hier festgestellt wird, daß Schmeller in seiner Sprachbetrachtung bei Adelung anknüpft. Gerade in neuester Zeit wird wieder verstärkt auf die sprachphilosophischen Züge Schmellers aus der Tradition des 18. Jahrhunderts hingewiesen und betont, daß Schmeller trotz seiner sprachhistorischen Sicht - zu der er übrigens selbständig und ohne Grimm gelangt ist, wie noch zu zeigen sein wird - bewußt sprachphilosophische Prinzipien beibehielt, wo er dies für angemessen fand.31 Deutlich zeigt sich dabei, daß Schmeller nicht bedingungslos bewährte Grundsätze mißachtete, nur weil sie den Strömungen momentaner Paradigmen entgegenstanden, sondern daß er sie in ganz bewußter Weise für seine ihm eigene Methode nutzbar machte. Das läßt sich jedoch schlecht in die starre Dichotomie, die der Darstellung von Kunisch zum Prokrustesbett wird, einfügen. Kunisch muß sich an dieser Stelle entweder ganz oder gar nicht für Adelung und seine Sprachbetrachtung entscheiden, indem er auch das Verhältnis Schmellers zur Mundart ähnlich wie jenes von Adelung und der meisten Aufklärer beschreibt. Dabei hätte er in demselben Vorwort, in dem er seine Belege für die bisher ganz akzeptablen Aussagen Uber Schmellers Sprachauffassung findet, genügend Hinweise feststellen müssen, die gerade in diesem Punkt auf eine völlig konträre Position Schmellers zu den Sprachwissenschaftlern der Adelungschen Aufklärungstradition hindeuten. Schmeller bezieht nämlich dort eindeutig Stellung gegen die in diesem Kreis allgemein verbreitete Verachtung der Mundart und ihre absolute Unterordnung unter das Diktat der Schriftsprache.32 Kunisch stellt also dennoch Schmeller auch in dieser Frage in das Lager Adelungs. Das geht allerdings nicht ohne Unstimmigkeiten. Einmal ist das beim Vergleich seiner eingeschobenen Zitatstellen aus dem Vorwort der "Mundarten Bayerns" mit den zusammenhängenden Passagen dort festzustellen: Alles, was sich ausdrücklich persönlich gegen die Mundartverächter wendet, ist vorsichtig umschrieben und nicht direkt zitiert (KUNISCH 1968, 230 und Mb VII-VIII). Vorher schon wurde schließlich die Aussage getroffen, die entschieden zu weit geht: "So hat er im Grunde auch die Mundart, die, wie er später sah, öfter ältere Formen zeigt als die Schriftsprache, wenn auch nicht verachtet (darin unterscheidet er sich von extremen Aufklärern), aber doch unter die Schriftsprache als die Sprache der Bildung gestellt. Es fehlt jedes verklärende Licht, in dem er Altertum und Volkssprache betrachtet hätte. Volk - davon war schon die Rede - ist der gemeine Mann, hat also bei ihm 31 32
Vgl. z.B. HARNISCH 1985, NAUMANN 1988, WOLF 1988 EICHINGER 1988 hat neuerlich in einem Vergleich des ungedruckten Vorworts von 1818 mit dem gedruckten Vorwort von 1821 daraufhingewiesen, daß diese Stellungnahme Schmellers gegen die Mundartverächter in der ungedruckten Fassung noch viel stärker zum Ausdruck kommt. Vielleicht hat Schmeller hier auf Jacob Grimm Rücksicht genommen, der in dieser Frage Adelung wesentlich näher stand als er selbst.
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nichts von romantischen Nebentönen. Man merkt nicht einmal, daß er in der Mundart die Sprache seiner Eltern (an denen er doch mit großer und rührender Liebe hing, und als deren Sohn er sich immer föhlte) geliebt hätte. Er sieht sie nüchtern und ohne innere Bewegung; sie bleibt ihm, wie Volk, ein gesellschaftlicher und sozialer Begriff. " Der höchste Grad der Verlegenheit kommt hier in dem Klammerzusatz von den "extremen Aufklärern" und in der Wendimg "wenn auch nicht verachtet" zum Ausdruck. Die einmal festgelegte Dichotomie muß auch um den Preis von unterdrückten Widersprüchlichkeiten eingehalten werden. Beide Aussagen, die von der Unterordnung der Mundart unter die Schriftsprache (wenn auch nicht gerade Verachtung) und die von der fehlenden inneren Bewegung gegenüber der Mundart, ja sogar die vom fehlenden "verklärenden Licht", mit dem Altertum und Volkssprache betrachtet werden, treffen für Schmellers Verhältnis zur Mundart nicht zu. Das kann Schmeller am besten mit seinen eigenen Worten bestätigen: "Man ist gewöhnt, auf jede Mundart, die nicht mit der einmal angenommenen Schriftsprache übereinstimmt, mit Verachtung herabzusehen. Darinn geht das Streben nach Einheit wahrlich zu weit. Was in Vergleichung mit einem angenommenen Muster abweichend und fehlerhaft ist, kann auch für sich selbst bestehend und als einzig rechtmäßiges Muster gedacht werden. Es braucht weiter nichts, als daß der Wörter=Vorrath einer Mundart gesammelt, ihre Regeln wissenschaftlich aufgestellt, und in ihr geschrieben werde, um sie selbständig in die Reihe der Sprachen zu setzen, wie wir z.B. an der portugiesischen hinsichtlich der spanischen, und an der holländischen sehen, die sich stolz neben die hochdeutsche Stammhalterinn hinstellt,"33 Am 14.1.1814 notiert Schmeller: "Wie ein Neuerer, von Griechenlands und Roms Großzeit begeistert in Athens und Roms Umgebungen umherwandelt, so seh ich in der Sprache, in der Sitte dieser Dörfer ehrwürdige Überreste und Mahnungen an die Zeit der Sigfriede und Chriemhilden eine Menge. Wahrhaftig, mit frommer Aufmerksamkeit lausch ich den seit einem Jahrtausend rein und eigenthümlich bewahrten Tönen und Worten dieser einfachen Hütten. Eine eigene Regelmäßigkeit waltet in den Aussprachegesetzen dieser heimatlichen Mundart, welche als eine der ältesten viel Ausbeute für den ganzen deutschen Sprachbau liefern muß. " (Tb I, 232) Die Belege widerlegen die Zuordnungen von Kunisch deutlich. Ebenso deutlich dürfte geworden sein, daß sich das Schema von Schmeller als reinem Aufklärer nicht auf alle Lebensbereiche, vor allem aber nicht auf seine wissenschaftliche Arbeit übertragen läßt. Seine typische Zwischenstellung zwi" Vgl. HINDERLING/ROC KINGER 1985,71. Das Zitat stammt aus der dort abgedruckten Beilage I, einem Aufsatz Schmellers vom 14.2.1816 mit dem Titel "Sprache der Baiern. Gedanken über ein zu bearbeitendes baierisches Idiotikon, oder Sammlung des EigenthOmlichen der baierischen Volkssprache."
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sehen Aufklärung und romantischer Sprachwissenschaft ist vor allem für den Sektor seiner sprachlichen Forschungen in der neueren Zeit gut nachgewiesen worden (Vgl. Anm. 31 u. 32). Daß sich ähnliches auch für seine philologische Tätigkeit nachweisen läßt, soll noch gezeigt werden. In diesem Punkt ist die Darstellung von Kunisch stark von den wissenschaftsgeschichtlichen Zuordnungen geprägt worden und hat wiederum auf sie zurückgewirkt. Die Arbeit von Hermann Klinisch war grundlegend als geistesgeschichtliche Untersuchung über Schmellers Geisteshaltung und ihren ideengeschichtlichen Hintergrund. Sie ist daher nicht ohne Wirkung auf die weitere Beschäftigung mit Schmellers Leben und Werk geblieben. Schmeller wurde durch sie in allen Belangen bedingungslos dem Denken der Aufklärung verpflichtet. Dabei gibt es zumindest aus dem Bereich seines wissenschaftlichen Tuns deutliche Hinweise, daß diese einseitige Zuordnung nicht geeignet ist, den Wissenschaftler Schmeller angemessen zu beurteilen. Es scheint überhaupt fraglich, ob man so vielschichtig wirkende Gedankensysteme, die wie Aufklärung und Romantik häufig Verflechtungen aufweisen, so eindeutig gegeneinander abgrenzen sollte, wie es in Kunischs Aufsatz geschieht. Wie für den sprachwissenschaftlichen Teil neuerlich deutlich gemacht wurde (vgl. oben), scheint Schmeller eher ein souveräner Denker zwischen Aufklärung und Romantik gewesen zu sein, der sich für die Entwicklung seiner eigenen Methoden mit sicherem Zugriff im fachwissenschaftlich aufbereiteten Gedankengut beider geistiger Lager bedienen konnte. Der Vergleich mit dem ebenso in sich abgeschlossenen romantischen Lager der Grimms und Lachmanns hat viel zu dem starren Einordnungsschema des Kunisch-Aufsatzes beigetragen und damit bewirkt, daß schon alte Zuweisungen Schmellers innerhalb der Wissenschaftsgeschichte noch verstärkt wurden. Besonders der Umstand, daß so deutlich Stellung gegen die Aufklärung bezogen wird, hat dies noch um so mehr betont. Formeln wie "geistige Enge und Seichtheit", "Dürftigkeit der geistigen Substanz", "Enge des Weltbildes", wenn auch "gedankliche Klarheit", auf der einen und solche wie "wirkliche Tiefe und Fülle" einer weitgespannten Gedankenwelt auf der anderen Seite haben dazu beigetragen, den Blick auf die wissenschaftliche Leistung Schmellers einzuengen. Die Formel vom Fehlen einer weitergehenden oder "gar der höheren Kritik" in seinen Textausgaben, wie sie z.B. SCHRÖDER 1890 verwendet und wie sie ähnlich immer wieder in den Beurteilungen des 19. Jahrhunderts auftaucht, hat in der Beurteilung durch Kunisch sicher auch eine Rolle gespielt. Daß er sie geisteswissenschaftlich abgesegnete, hat noch bis in die neueste Zeit herein seine Auswirkungen gezeigt - vor allem bei der Beurteilung der philologischen Leistungen Schmellers. Die nächste größere zusammenhängende Darstellung über Schmeller als Sprachwissenschaftler und Philologen war die Dissertationschrift von Richard BRUNNER, die 1971 in den "Innsbrucker Beiträgen" abgedruckt wurde. Sie
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übernimmt Kunischs Bild von Schmeller als reinem Aufklärer, der zeitlebens von Weiller beeinflußt bleibt, in vollem Umfang. Diese Feststellungen werden hier allerdings ohne viel inneren Bezug aneinandergereiht, wie das leider mit den meisten anderen Sachverhalten in dieser Arbeit auch geschieht.34 Ein 1985 veröffentlichter Vortrag von Eberhard DÜNNINGER über Schindlers Leben und Werk weist die erwähnten Zuordnungen durch Kunisch noch recht deutlich auf, wenn es dort in bezug auf Schindlers Verhältnis zu seinen mittelalterlichen Texten heißt, daß er keine intensive innere Beziehung zu ihrem geistigen Gehalt gewinnen könne, und wörtlich: "Schmellers Stellung in der Germanistik ist ja trotz seiner Beziehung zu Jacob Grimm durch eine von Hermann Kunisch herausgearbeitete Distanz zur geistigen Welt der Romantik und der historischen Schule vor allem Jacob Grimms gekennzeichnet. Der Gedanke an die Romantik des zeitgenössischen Landshut und Regensburg liegt diesem noch in die Grenzen der Aufklärung eingebundenen Gelehrten des 19. Jahrhunderts fern. [...] In seiner Auffassung des Volkes, seiner Sprache und Literatur, klingt nicht der romantische Begriff von schöpferischem Volksgeist und poetischer Ursprünglichkeit an, Volk ist fur ihn - verständlich angesichts seiner Herkunft und seines Bildungsweges - eher ein sozialer Begriff, eine sozial benachteiligte Schicht, deren bildungsmäßiger und ethischer Stand einer Hebung im Sinne des Fortschritts bedarf. Schmellers pädagogische Absichten, sprachwissenschaftliche Interessen und literaturgeschichtliche Forschungen verweisen so auf eine gemeinsame geistige Grundlage. "35 Das ist noch einmal Kunisch im Konzentrat. Da wird auch noch einmal die ganze Übergewichtung romantisch-poetischer und literaturgeschichtlicher Inhalte deutlich, deren Problematik innerhalb der Wissenschaftshistoriographie schon angedeutet wurde. Dünninger hat die obigen Aussagen 1988 in einem Sammelband-Beitrag über "Heimat und Geschichte bei J.A. Schmeller" übrigens wieder relativiert: "Es war in dem heimatverbundenen Sprachhistoriker und Sprachenkenner Schmeller, so will es scheinen, der Geschichtssinn mächtiger als die Gesinnung eines rationaler Ideologie verhafteten Aufklärers. Entschiedene Einwände gegen Kunischs Aussage vom Fehlen innerer Bewegung gegenüber seiner Mundart werden bei REIFFENSTEIN 1981/1984 (S.23) erhoben. Dort wird in bezug auf die betreffende Stelle bei Kunisch erklärt, daß Schmeller dem Volk und seiner Sprache wohl zu nahe gestanden und sie zu gut gekannt habe, als daß er sie in romantischer Verklärung habe sehen können. Es sei einfach nicht wahr, daß sein Verhältnis zu den Menschen und ihrer Sprache "ohne innere Bewegung" gewesen sei. 34 33 36
Vgl. BRUNNER 1971, 11-12 DÜNNINGER 1985,14 DONNINGER 1988, 207
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An die geistesgeschichtlichen Nachweise in Kunischs Aufsatz erinnernd, macht Hans-Werner EROMS in einem Beitrag über die politische Haltung Schmellers in der Münchner Restaurationszeit darauf aufmerksam, "daß die Etiketten 'Aufklärung' und 'Romantik' - zumindest was die Personen betrifft, die nicht gerade Protagonisten dieser Bewegungen waren - die Vielschichtigkeit der Verhältnisse eher zu- als aufdecken. " Außerdem ließen sich politische und weltanschauliche Fragen nicht einsträngig mit den Problemen des Faches, die für Schmeller vorrangig waren, in Deckung bringen. Ferner ist es Eroms wichtig, auch die politische Eigenständigkeit Schmellers zwischen den beiden Lagern zu zeigen. Er weist darauf hin, daß sich diese Haltung auch im Stil seiner Tagebucheintragungen während der Restaurationszeit spiegelt: "Schmellers Tagebücher in der restaurativen Epoche sind eher nüchtern, ihre literarische Qualität gewinnen sie durch ihre völlig unromantischen, aber auch nicht rationalistischen, sondern eher realistischen Beobachtungen und Schilderungen, die in treffender, teilweise sehr origineller Wortwahl und komplexen und doch prägnanten Sätzen gegeben werden. "37 Walter ZIEGLER hat neuerlich versucht, das starre Bild von Schmeller als reinen Aufklärer auch für andere Bereiche zu revidieren. Er geht dabei von der Einordnung Kunischs aus und zeigt vor allem die Annäherung Schmellers an das romantische Bayern des Kronprinzen Ludwig. Als Eckpunkte für Schmellers Weg setzt er einerseits das aufgeklärte Bayern Montgelas', das die äußerste politische und geistige Souveränität für Bayern forderte, und andererseits das romantische Bayern des Kronprinzen Ludwig, das tief geschichtlich dachte und die unverbrüchliche Zusammengehörigkeit Bayerns und Deutschlands forderte. Ziegler beschreibt diese Annäherung, indem er Schmellers Einstellung zu Sprache und Nation, zu Bayern in seiner geschichtlichen und traditionellen Bedeutung und zu Ludwig I. hinterfrägt. Zum ersten weist er darauf hin, daß Schmeller schon in Spanien den Begriff einer Sprachnation für sich entwickelt habe und erwähnt, wie er nach seiner Rückkehr in die Heimat über die Beobachtung der lebenden Mundarten endgültig zu historischer Tiefe auf sprachlichem Gebiet vorgedrungen sei. Für den zweiten Punkt geht er zunächst von Schmellers Begeisterung für das Deutschtum aus, für die allerdings die Bedeutung Bayerns und seine geschichtliche Tradition noch keine Rolle spielte. Mit Ort und Beruf habe sich aber seine Einstellung dem romantischen Bayernbild in einigen Punkten genähert, auch wenn er in aufgeklärt-liberaler Manier dabei immer eine gewisse kritische Distanz bewahrt habe. Schmellers Einstellung zu Ludwig I. wird so geschildert, daß er nach anfänglicher Begeisterung auf kritische Distanz gegangen sei, die es ihm trotz späterer Annäherung ermöglicht habe, immer zu
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EROMS 1985, 188-189
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einem sehr selbständigen Urteil zu finden. Seine Aussagen kann Ziegler mit entsprechenden Passagen aus den Tagebüchern überzeugend belegen.3 Abschließend läßt sich sagen, daß Schmellers Denken zweifellos dem Ideengut der Aufklärung verpflichtet ist. Das trifft besonders für den religiösen Bereich zu, für den sich Kunischs absolute Zuordnung am ehesten aufrecht erhalten läßt. Aber selbst schon für die politische Haltung Schmellers kann diese Einstufung nicht mehr voll akzepiert werden, wie Ziegler gezeigt hat. Vollends unmöglich kann man ihr noch im wissenschaftlichen Bereich Folge leisten. Schmeller kann hier am ehesten in einer selbständigen Zwischenposition gesehen werden, in der er sich in meist souveräner Art der aus beiden geistigen Richtungen abgeleiteten Methoden bediente, um seine eigenen Methoden auszubilden. Das wird auch noch öfter bei der Betrachtung seiner philologischen Leistungen durchscheinen.
2.1.2.1. Schmellers eigene Aussage Zur Abrundung dieses Themas ist es wohl angemessen, Schmeller selbst noch einmal zu Wort kommen zu lassen. Er tut dies sehr ausführlich in dem schon erwähnten Brief an Jacob Grimm vom 20.April 1828. Der Brief ist für das Vorangegangene deshalb so wichtig, weil er noch einmal in eindrucksvoller Weise die sehr eigenständige Stellung Schmellers zwischen den Lagern der Münchner Aufklärung und Romantik zeigt. Zugleich gibt er dafür Zeugnis, in welch freier und unbefangener Art der junge Schmeller seine Meinung an Grimm mitteilt, auch wenn er annehmen muß, daß sie in einigen Punkten den Ansichten Grimms entgegenstehen könnte. Hier ist nichts zu finden von dem sich nicht gleichberechtigt Fühlenden, dessen Blick sich immer nur bewundernd zu "Meister Jacob" erheben kann. Vorausgegangen sein muß dem Brief wohl ein Schreiben Grimms an Schmeller, in dem er sich nach dem geistigen Leben in München erkundigt (einschließlich des Vorlesungsbetriebes an der Universität) und wissen will, welchen Personen Schmeller dabei nahesteht (Bw II, Nr. 799 u.800, S. 122-125): "Verehrter Freund. Wohl ist eigenes Treiben in diesem München. Ich selbst kenne es nicht in seinen Einzelheiten; aber ein gewisses Geföhl weht mich daraus an, daß es wenigstens ein freyes, nicht nach einer bestimmten Pfeife bewegtes sey, und dieses Geföhl läßt mich dabey wohl seyn. Obschon einige Farben ganz besonders Mode zu seyn scheinen, so werden doch auch alle andern u. die entgegengesetztesten ebenfalls zur Schau getragen. Der liberale runde Hut ist seit einer Generation die gemeinste Tracht geworden, u. bis zum Bürger und Bauern gekommen; was Wunder, daß die Elegants in der geistigen Welt zu 38
Vgl. ZIEGLER 1986, 27-42
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einer andern neuen, d.h. schon früher dagewesenen Form greifen. Mit dem hier sogenannten (dreyeckigen) Gottvaterhütlein römischer Abbe's nicht ohne einige dreyfarbige Maschen u. Federn, prangt voran Philosoph Franz v. Baader [Vorlesung über 'Religiöse Natur- und Sozietäts-Philosophie'J. Görres [Vorlesung über 'Allgemeine Geschichte'] singt das Hochamt dessen, was Er Geschichte nennt, vor einer immer dünner werdenden Gemeinde im förmlichen Priester-Barette ab. Er ist am Schluße des ersten Semesters bis an die Sündßuth gelangt. Den schroffsten Gegensatz machte der alte Mannert [Vorlesung über 'Statistik des Königreichs Bayern'], der im Negligé seine zahlreichen Zuhörer die großen Triebfedern des unter den Menschen geschehenen in den Vorzimmern u. hinter den Gardinen finden lehrte. Man hat ihm nicht den Befehl, aber den Wunsch zukommen lassen, daß er als ein Emeritus sich nicht weiter mit Vorlesungen plagen möge. Was Schelling [Vorlesung über 'Das System der Weltalter'] aufhabe, bin ich, obschon ich ein fleißiger Hörer seines Systems der Weltalter, außer Stande zu bestimmen. Viele sehen es für einen dreyeckigen Hut an, u. sprechen sogar davon, daß der Mann selbst wol noch vor Pfingsten werde katholisch werden. Ich meinestheils erkenne noch immer einen guten runden, der nur durch seinen phantastischen Überzug jenen Irrthum veranlaßt. Im großen Satz Welt ist Seyn das Prädikat, Object, das durch das Subject Nichtsevn (Freyheit zu seyn u. nicht zu seyn, Wille, aus der Sprache der Menschen aufgegriffen: Gott) gesetzt wird. Gott als = a setzt sich selbst als Objekt = b, u. als weder a noch b seyend ist er = c. Nun wird die ganze Deductionjn hebräisch-christliche Sprache gekleidet u. es geht ein Vater, ein Sohn, u. ein Geist, kurz eine Dreyeinigkeit daraus hervor. Ich sehe darinn weit weniger Mysticismus, als, wenn man will, ein Spiel mit Zangen, die die Sprache darbietet, und an welchen Begriffe festgehalten zu seyn scheinen; obschon ich meines Theils z.B. in einem Nichtseyenden Seyn, einem Willen ohne Wollen, einer Zeit ohne Dauer, meines kurzen Gesichts wegen, nur die Zange wahrgenommen habe. Sie fragen, mit welchen der genannten Männer ich nähern Umgang habe. Mit keinem. Sie stehen mir zu hoch; u. ich bringe die wenige freye Zeit lieber mit Gleichen, wovon mich freilich nicht viele ansprechen, am liebsten mit mir selbst u. (die Conjunction hier cum grano salis zu nehmen) den Besten anderer Zeiten und Orte zu. [...]" Man sieht, wie differenziert Schmeller das romantische Lager in München beurteilt. Schelling ist für ihn trotz seiner romantisch-spekulativen Philosophie ein liberaler Mann. Er setzt also nicht die in der Aufklärungsliteratur gängigen Formeln wie z.B. "Mystiker, Mönche und Schellingianer" oder "Obskuranten, Mönche und Mystiker" (KUNISCH, 1968, 214) ein, um damit eine ganze Gruppe einzustufen. Er teilt vielmehr mit scharfem Wahrnehmungsvermögen die Unterschiede, die er bei den genannten Männern festgestellt hat, in ironisch-sarkastischem Ton mit. Dann die persönliche Konse-
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quenz: Mit keinem pflegt er näheren Umgang, sie sind ihm zu hoch - was wohl eher ironisch gemeint sein dürfte. Er geht lieber mit Gleichen um. Die Wenigen - ohne Namen - werden wohl, wie z.B. Martius, eher liberale Hutträger gewesen sein. Am liebsten aber ist er zusammen mit jenen Lieben, die aus zeitlichen und räumlichen Gründen nicht in Person anwesend sein können - oder mit sich allein. Allein, "mit sich selbst", im Sinne auch von ideeller und wissenschaftlicher Eigenständigkeit, nicht im absoluten Gefolge bestimmter Denkrichtungen - das ist scheinbar auch die geeignetste Beschreibung für die Position Schmellers.
2.2. Schmellers Position in der Wissenschaftsgeschichte 2.2.1. Zeitgenössische Bewertungen 2.2.1.1. Textphilologie und Sprachwissenschaft Für die Beschreibung der wissenschaftsgeschichtlichen Position Schmellers gilt es zunächst auf einige begriffliche Fragen einzugehen. Da ist erst einmal die Namensfrage der Wissenschaft. Karl Stackmann weist darauf hin, daß "Germanistik", auf eine philologische Disziplin angewendet, wahrscheinlich zum ersten Mal in Jacob Grimms Bericht über die Frankfurter Zusammenkunft der Germanisten in der Augsburger Allgemeinen Zeitung vom 2. Oktober 1846 zu fixieren sein werde. Mit "Germanisten" seien hier nicht nur wie üblich Rechtswissenschaftler, sondern auch Sprach- und Geschichtsforscher gemeint, erklärt Grimm bezüglich der Überschrift. Der Inhalt des Wortes hat sich im Laufe der Zeit gewandelt, sehr genau wurde er nie festgelegt. Heute bedeutet "Germanistik" wohl die "Wissenschaft von den Sprachen und Literaturen der germanischen Völker" oder im engeren Sinne "Wissenschaft von der deutschen Sprache und Literatur". Die Unscharfe des Begriffs werde noch vergrößert - so Stackmann -, weil er in einer unklaren Konkurrenz zu "Germanische Philologie" und "Deutsche Philologie" stehe.39 Unter diesen Bezeichnungen einer Wissenschaft laufen verschiedene Forschungsrichtungen nebeneinander her, überschneiden sich, sind eng verflochten und gehen wieder auseinander. Aus heutiger Sicht besteht grundsätzlich eine Zweiteilung des Faches in Sprach- und Literaturwissenschaft. Beide weisen zwar enge Verbindungen zueinander auf, unterscheiden sich aber in methodischer und stofflicher Hinsicht erheblich voneinander. Zur Zeit Schmellers wurde das junge Fach noch 39
STACKMANN 1979, 240; in einer Anmerkung wird dort darauf aufmerksam gemacht, daß "Deutsche Philologie" zuerst im Titel einer BQcherkunde auftauchte, die Hoffmann v. Fallersleben 1836 veröffentlichte; "Germanistische Philologie" kommt schon 1646 in Harsdörffers "Specimen Philologiae Germanicae" vor, wie H. Paul in seinem "Grundrifl" (Bd. 1, S.3) aufmerksam macht.
Schindlers Position in der Wissenschaftsgeschichte
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durchaus einheitlich begriffen, wenn auch schon gegensätzliche Tendenzen von sprach- und literaturwissenschaftlichen Interessen, besonders bei der Behandlung der Textdenkmäler, sichtbar wurden. Dabei spielte die Philologie, im engeren Sinne als Textphilologie, eine Vermittlerrolle, in der sprach- und literaturwissenschaftliche Methoden Hand in Hand gingen.40 In diesem Sinne ist auch zu verstehen, wenn in neuerer Zeit wieder öfter darauf hingewiesen wurde, daß die Textedition das Zentrum der frühen deutschen Philologie gewesen sei.41 Im Mittelpunkt ist dabei wohl das Verhältnis von Sprachwissenschaft und Philologie im engeren Sinne zu sehen. Es ist in seiner engen Abhängigkeit geradezu als eine Symbiose zu verstehen: beide sind wechselseitig auf ihre Methoden angewiesen. Gerade für die sprachgeschichtliche Betrachtung war die Arbeit der Philologie nötig, weil fur das Auffinden einzelner historischer Sprachstufen editorisch zuverlässige Texte unabdingbar waren. Umgekehrt waren für die Edition eines Textdenkmals gründliche Kenntnisse der jeweils vorliegenden historischen Sprachstufe nicht zu entbehren. Zur Zeit Schmellers verbinden sich diese beiden Richtungen der Germanistik mit den Personen Jacob Grimms und Karl Lachmanns. Das Gewicht ihrer Autorität und auch ihre persönliche Verbindung haben viel zu dem in der Wissenschaftsgeschichte gepflegten Gründertopos der Germanistik beigetragen. Ihre Autorität entsprang unterschiedlichen Quellen. Bei Jacob Grimm war es die als umwälzend empfundene "Deutsche Grammatik" von 1819, in der er Ergebnisse der vergleichenden Sprachforschung Franz Bopps mit der historischen Methode verband. Indem er systematisch die Entwicklung der einzelnen germanischen Sprachen und Dialekte unter Berücksichtigung der ältesten Textdenkmäler von einer historischen Stufe zur anderen verfolgte, kam ein Längsschnitt vom Gotischen bis zum Neuhochdeutschen zustande, der zugleich die erste historische Formenlehre einer indogermanischen Sprache war. Bei Karl Lachmann war es die Entwicklung der textkritischen Methode für die deutsche Philologie, in der an die Stelle subjektiver Textkritik die objektive Textgeschichte trat und die ein einem jeweiligen Text inhärentes Regelwerk herausfinden half. Dazu hatte Lachmann die Behandlung von mhd. Texten übertragen. 40
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Werner Bahner hat neuerlich in BAHNER/NEUMANN 1985, 332 darauf verwiesen, daß eine Dominanz der Sprachforschung hinsichtlich des germanischen Altertums und der älteren deutschen Sprachgeschichte damals schon unübersehbar war. Selbst die auf Textkritik und Edition konzentrierte Philologie, die ihre Methoden aus der klassischen Philologie ableitete, aber stets auf sprachwissenschaftliche Kenntnisse angewiesen war, gab seit Mitte des 19.Jahrhunderts ihre privilegierte Stellung an die Sprachforschung ab. DaB Lachmann und Haupt als die eigentlichen Begründer der Philologie auf germanistischem Gebiet nicht zum Germanistentag 1846 erschienen, war - so Bahner - hierfür symptomatisch. Man könnte hinzufügen, daß ihnen in diesem Falle offensichtlich die fast gleichzeitig stattfindende Tagung der Altphilologen in Jena wichtiger gewesen ist (Vgl. dazu BURDACH in LEITZMANN 1927, LXXVIII). Vgl. z.B. SONDEREGGER 1985, 43 ff. und 5 0 ff.; in STACKMANN 1979, 242 f. wird im gleichen Sinn auf diesen Umstand hingewiesen.
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Hinter ihm stand also zugleich die strengen philologischen Methoden der klassischen Philologie auf die Autorität einer etablierten und hoch angesehenen Wissenschaft. Vom zweiten Jahrzehnt bis über die Jahrhunderthälfte des 19. Jahrhunderts hinaus hatten diese beiden Persönlichkeiten mit ihren Methoden die Normen fur das Fach gesetzt.42 Wer immer sich ernsthaft mit sprachwissenschaftlichen oder textphilologischen Fragen beschäftigen wollte, mußte diese Normen beachten, um nicht als Dilettant zu gelten. Daß auch Grimms Grammatik letztlich im Zusammenhang mit dem Erschließen alter Textdenkmäler entstanden ist - hingewiesen sei nur auf die berühmteBesprechung der "Altdeutschen Wälder" A. W. Schlegels in den HeidelbergerWälder" A. W. Schlegels in den "Heidelberger Jahrbüchern" von 1815, worin mangelnde genaue grammatische Kenntnis kritisiert wird - macht die zentrale Stellung der Textedition noch einmal sehr deutlich. Es ist daher verständlich, wenn ein "Germanist" dieser Zeit vor allem ein "Philologe" war und sein wissenschaftlicher Stellenwert an seiner philologischen Leistung gemessen wurde, die wiederum nach der "richtigen" Umsetzung der genannten Normenbeurteilt wurde. Insofern konnten die stilisierten Gründerpersönlichkeiten Jacob Grimm und Karl Lachmann als Zuordnungs- und Bewertungsinstanz auch für die übrigen Mitforscher des Faches gelten. Ihre Urteile wirken - wie sich zeigen wird - auf die Wissenschaftsgeschichtsschreibung bis in die neuere Zeit ein.43 Auch für Schmellers Einordnung in die Wissenschaftsgeschichte ist dieser Umstand von zentraler Bedeutung gewesen.
2.2.1.2. Schmeller und Jacob Grimm Es war ganz offensichtlich Jacob Grimms Einschätzung, die zu Schmellers traditioneller Position in der Wissenschaftsgeschichtsschreibung gefuhrt hatte. Das Urteil lautet: Schmeller ist zuständig für den Dialekt und für die Dialektlexikographie. Zwei Aussagen Grimms können hierfür herangezogen werden. Beide sind erst nach Schmellers Tod gemacht worden, zu einer Zeit, in der Grimm selbst hinreichende Erfahrung in der Lexikographie hatte sammeln können, um so die Leistung Schmellers angemessen zu würdigen. 42
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z.B. hat Werner Bahner, der sich kürzlich mit diesen Vorgängen beschäftigte (Vgl. BAHNER/NEUMANN, 1983, 340 ff.), darauf hingewiesen, daß erst um die Mitte des vergangenen Jahrhunderts kritische Stimmen auf Gefahren einer Dominanz der nach Lachmann entwickelten Editionstätigkeit hinwiesen, die z.B. reinen Technizismus des Verfahrens mit sich brächten. Darauf ist später noch näher einzugehen, auch auf die Tatsache, daß Kritik schon früher laut wurde und Schmeller z.B. als einer der frühesten Kritiker Lachmanns gelten kann. Anne Marie Hinderling hat kürzlich in ihrer Besprechung von Eckhard Grunewalds Arbeit über Friedrich Heinrich von der Hagen (MUTTERSPRACHE Bd. 102/1, 1992, 91 ff) darauf verwiesen, daß es dem Verfasser in seiner sonst recht verdienstvollen Arbeit doch nicht ganz so wohl mit seinem "Helden" gewesen sei, da er ihn letztlich wieder an der Bewertung Lachmanns bemesse, d.h. die alte, nicht immer objektive Kritik weitertradiere, in der v.d.Hagen nach seinen (mangelhaften) philologischen Leistungen bewertet wird.
Schmellers Position in der Wissenschaftsgeschichte
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Die erste, bekanntere und häufig zitierte steht 1854 in Grimms Vorwort zum Deutschen Wörterbuch: "Fürs deutsche Wörterbuch behauptet die kenntnis aller hochdeutschen volksmundarten hohen werth, und ich musz sogleich zum lobe der Baiern hinzusetzen, dasz kein andrer unserer Stämme ein Wörterbuch aufzuweisen hat, das dem von SCHMELLER irgend gleichkäme, so meisterhaft ist hier die spräche selbst und ihr lebendiger Zusammenhang mit sitten und brauchen dargestellt, ... " (DWB I, XVII). Die zweite Aussage machte Grimm 1859 in der Plenarversammlung der historischen Commission bei der Akademie der Wissenschaften: "Ihm stand ein Genius zur Seite, der ihm zuraunte und eingab, was er unternehmen sollte und was er ausgeführt hat. Sein baierisches Wörterbuch ist das beste, das von irgendeinem deutschen Dialekt besteht, ein Meisterwerk ausgezeichnet durch philologischen Scharfsinn wie durch reiche, nach allen Seiten hinströmende Sacherläuterung, ein Muster für solche Arbeiten, von dem unwandelbaren Triebe seines emsigen, liebenden Geistes durchdrungen und belebt." (zit. nach HINDERLING/ROCKINGER 1985, 60). Beide Aussagen zeugen von aufrichtiger Bewunderung für Schmellers Leistung, legen sie aber eindeutig im Bereich des Dialekts fest. Robert Hinderling hat für die zweite Aussage darauf hingewiesen, daß Grimm offenbar daran gelegen gewesen sei, das Schmellersche Wörterbuch "nur" als ein Dialektwörterbuch zu loben und nicht als Wörterbuch schlechthin. Er führt dies mit auf die völlige Verschiedenheit von Schmellers und Grimms Dialektauffassung zurück. Ulrich Wyss sieht in der ersten Aussage ebenfalls eine wissenschaftsgeschichtliche Einordnung Schmellers durch Grimm gegeben. Er hält dies für ebenso richtig wie mythologisch. Denn ebenso wie Grimm "ursprungsmythologisch" die Totalität dessen, was das Fach später erst ausdifferenziert hat, repräsentierte, gilt für Schmeller analog, daß seine mundartkundlichen Gewichtungen auf allen Gebieten der deutschen Philologie seiner Zeit ausgemacht werden können, bevor er zum Experten für den Dialekt Bayerns erklärt wurde (Vgl. WYSS 1988, 14). Daß diese Zuweisung Grimms - mit ihrer konsequenten Einengung Schmellers auf den Dialekt - wissenschaftsgeschichtlich bis in die neueste Zeit bestehen blieb, wird noch öfter deutlich. Sie mußte sich auf Schmellers Leistung zusätzlich abwertend auswirken, wenn - wie dies häufig geschah und noch geschieht - die Beschäftigung mit Dialekten rangmäßig unter die Betrachtung der Hochsprache gestellt wird. Die Frage nach der Berechtigung einer solchen Bewertung ist mit 44
Vgl. dazu HINDERUNG 1988, 54 f.; es wird dort ferner die Unterschiedlichkeit dieser Mundartbetrachtungen eingehender erläutert: Grimm schätzte die Mundarten hierarchisch tiefer ein als die Schriftsprache. Schmeller hat in seinem ersten Brief an Jacob Grimm vom 25.1.1822 (BW I, 443447) eine Stelle in dessen Grammatik, an der dies offensichtlich zum Ausdruck kommt, moniert. Auch eine Rangordnung unter den Mundarten, wie sie Grimm in seinem Vorwort zum Deutschen Wörterbuch (S. XVII) ausdruckt, lehnt Schmeller ab. Hinderling betont, daß für Schmeller "jede faktisch vorkommende Sprachvarietät eigentlich gleichberechtigt ist". Es gibt für ihn keine wesensmäßigen Unterschiede zwischen Mundart und Schriftsprache.
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Zum forschungsgeschichtlichen Schmellerbild
den obigen Hinweisen auf die Gründerautorität Grimms teilweise schon beantwortet. Um Genaueres über diese Umstände erfahren zu können, müssen allerdings Forschungsarbeit und -ergebnisse der beiden Gelehrten wie auch ihre Persönlichkeiten und ihr Verhältnis zueinander kurz beleuchtet werden. Neben dem Bereich der Mundarten, für den Schmeller allein zuständig sein soll, bietet sich zunächst die Lexikographie an. Und hier wird sehr schnell deutlich, daß die Einschätzung Grimms, Schmeller treibe "nur" Dialektlexikographie nicht zutreffend ist. Sein Blick geht in seinem Wörterbuch bis zu den frühesten erreichbaren Sprachstufen zurück und umfaßt sehr häufig den gesamten germanischen Bereich. Kürzlich haben Hinderling und Reiffenstein mit Nachdruck darauf hingewiesen, daß die historische Dimension zum ersten Mal in einem deutschen Wörterbuch von Schmeller und nicht von Grimm eingeführt wurde.45 Beide sind sich darüber einig, daß Schmeller den Grimms als Lexikograph überlegen war. Hinderling belegt diese Annahme für alle lexikographischen Ebenen mit guten Beispielen (vgl. HINDERLING 1988, 45-52). Auch Schmeller selbst hatte seinerzeit seine Überlegenheit auf diesem Gebiet klar erkannt. Nachdem er einen Musterdruck des Deutschen Wörterbuches erhalten hatte, schrieb er am 24.3.1852 in sein Tagebuch: "Eben recht kommt mir der Weidmann'schen Buchhandlung Prospect über das endlich druckbegonnene deutsche Wörterbuch von J. und W. Grimm. 500 Bogen in Lieferungen von 15 Bogen zu 20 Neugroschen. Lästig war mir dieser Tage der Zweifel gewesen, ob sich, da doch die Grimm'sehe Arbeit bevorstehe, ein Nachtrag zu meinem Wörterbuch überhaupt der Mühe lohnen könne? Es scheint mir nach 45
Bei REIFFENSTEIN 1986, 16, wo auf die Ansätze einer historischen Lexikographie schon bei Leibniz aufmerksam gemacht wird, heißt es: "Es wäre an der Zeit, daß in germanistisches Wissenschaftsbewußtsein einginge, daß Schmeller als Lexikograph, die Brücke zwischen Leibniz und uns heute schlagend, den modernen Typ des historischen Wörterbuches geschaffen hat, und nicht erst die Brüder Grimm. Schmellers Sprachbegriff entspricht darüber hinaus modernen Anforderungen an ein Wörterbuch sehr viel besser als der der Grimms." Bei HINDERLING 1988, 45 heißt es dazu: "Wenn wir uns nun den tragenden Prinzipien der beiden Unternehmen [DWB und BWB] zuwenden, so liegt es nahe, mit der historischen Dimension anzufangen, die als das eigentliche Novum des DEUTSCHEN WÖRTERBUCHS gilt. [...] Es ist jedoch mit Nachdruck daraufhinzuweisen, daß diese Betrachtungsweise zum ersten Mal in einem deutschen Wörterbuch von SCHMELLER verwirklicht wurde, der sie schon lange vor dem Erscheinen seines Wörterbuchs (Band 1: 1827) entwickelt hatte, wie sich aus einem am 19. Juli 1819 datierten ungedruckten Vorwort zum Wörterbuch ergibt. Darin wird deutlich, daß er sein BAYERISCHES WÖRTERBUCH durchaus in einem gesamtgermanischen Zusammenhang sieht." Auf die Tatsache, daß Schmeller und nicht Grimm den Typ des historischen Wörterbuchs in Deutschland geschaffen habe, weist Hinderling in einer Fußnote die zuständige Redaktion der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG hin, die in einem Artikel vom Dez. 1984 über das DEUTSCHE WÖRTERBUCH wieder einmal das Gegenteil behauptet hatte. Interessant ist dies för unseren Zusammenhang auch deshalb, weil es zeigt, wie Grimms Botschaft über die ausschließliche Dialektlexikographie Schmellers seinerzeit von der Wissenschaftsgeschichte aufgenommen und weitertradiert wurde, und wie sie sich als kanonisches Handbuchwissen heute noch in der Öffentlichkeit präsentiert.
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dem von Weidmann gegebenen Muster, daß dies denn doch der Fall sein werde. " (TB II, 545) In keinem anderen Bereich ist Schindler von der Wissenschaftsgeschichte so eng an Jacob Grimm gebunden und an dessen Leistungen gemessen worden wie in seinem sprachwissenschaftlichen Ansatz. Das hängt natürlich in erster Linie damit zusammen, daß die historisch-vergleichende Methode als das Grimmsche Paradigma schlechthin galt. Und da ihre Einführung mit der Deutschen Grammatik Grimms seit spätestens Scherer als eigentlicher Akt der Wissenschaftsbegründung galt, kommt hier der bereits beschriebene Zuweisungsmechanismus durch die Gründerautorität am stärksten zur Geltung, besonders auch deshalb, weil sich das historisch-vergleichende Paradigma so ausschließlich durchsetzen konnte. Sprachwissenschaftliche Ansätze früherer Zeiten, wie der traditionellen Grammatik oder der allgemeinen (philosophischen) Grammatik, führen während des gesamten 19. Jahrhunderts eine vernachlässigte Randexistenz.46 Wie sehr Schmeller in der Frage der SprachaufFassung an Grimms Paradigma gebunden worden ist, soll später noch an einem Beispiel deutlicher werden (vgl.S.66 ff.). Die neuere Schmeller-Forschung hat jedoch gerade auch für den sprachwissenschaftlich engeren Bereich eine starke Eigenständigkeit Schmellers gezeigt, die sich vor allem durch das Fortsetzen grammatischer Traditionen der Spätaufklärung zeigt. Rüdiger Harnisch hat kürzlich darauf aufmerksam gemacht, daß Schmeller durch seine Stellung als Mitbegründer der Germanistik wissenschaftsgeschichtlich zu sehr in den Bannkreis der historisch-genetischen Sprachforschung Grimmscher Prägung gezogen werde. Man könne ihn aber nur angemessen in die Wissenschaftsgeschichte einordnen, wenn man ihn auch als Grammatiker der Spätaufklärung würdige, dessen SprachaufFasssung durch den Einfluß des einschlägigen antiken Schrifttums und der logisch-physiologisch ausgerichteten Fachliteratur des 18. Jahrhunderts eindeutig von einem sprachtheoretisch-universalistischen Strang durchzogen sei.47
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Werner Bahner hat in BAHNER/NEUMANN 1985, 169 in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß diese Ausschließlichkeit in Verbindung mit einer nationalen deutschen Philologie, die den Wechsel eines bürgerlich-progressiven zu einem obrigkeitlich-reaktionären Patriotismus bzw. Nationalismus mitvollzog, mit dazu beigetragen hat, ein ernstes Manko an linguistischem Engagement und international vereinbarter Begrifisbildung entstehen zu lassen. Auch der Versuch der Junggrammatiker, der germanistischen Sprachwissenschaft durch den neuen strengen Gesetzesbegriff ein linguistisches Korsett anzulegen, sei am elitären Selbstbewußtsein der Philologen gescheitert. Vgl. HARNISCH 1992, 275; zusammenfassend (S. 300) wird dort u.a. festgestellt, daß Schmellers Mundartgrammatik von 1821 die erste vollständige dialektale Flexionslehre und die erste Lautlehre nicht nur eines Dialekts, sondern des Germanischen Oberhaupt gewesen sei. Da aber auch die Mundartforschung bis ins 20. Jahrhundert hinein den historisch-vergleichenden Weg ging, seien von Schmellers grundlegenden theoretischen und methodischen Ansätzen forschungsgeschichtlich nur jene aufgenommen worden, die sich in dieses Paradigma fügten.
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Die Leistungen Grimms und Schmellers auf dem Gebiet der Textphilologie sollen später noch ausführlicher erläutert werden. Hier sei nur soviel gesagt, daß es Schmeller wohl immer mehr um die sprachliche Erschließung eines Textdenkmales ging, während sich Grimm mehr für inhaltliche und gattungsgeschichtliche Zusammenhänge interessierte. Die persönliche Beziehung der beiden Forschergestalten ist wohl im Grundton durch einen beiderseitig hohen Respekt vor Person und Leistung gekennzeichnet. Die 59 erhaltenen Briefe von Schmeller an Jacob Grimm, die in Werner Winklers "Briefwechsel" (1989) gut zugänglich gemacht sind, und zahlreiche Tagebucheintragungen zeugen von gegenseitiger Freundschaft und Loyalität. Das einseitige "Emporblicken" Schmellers zu Jacob Grimm, wie es vor allem in den Arbeiten späterer Wissenschaftshistoriographen immer wieder anklingt (z.B. SCHRÖDER 1890, 790; KUNISCH 1968, 207; BASELER, 1955, 453), stimmt jedenfalls nicht mit dem Gesamteindruck überein, der sich beim genauen Lesen der Briefe Schmellers an Jacob Grimm ergibt. Freilich sind auch hier genügend Stellen auszumachen, in denen eine unbedingte Verehrung Schmellers für Grimm und gleichzeitig eine bis zur Selbstverleugnung gehende Zurücksetzung seiner selbst auszumachen ist. Da ist z.B. der Brief vom 27. Oktober 1837, in dem Schmeller auf die Widmung Grimms im vierten Band seiner Grammatik zu sprechen kommt. Grimm hatte diesen Band "den mitforschenden Freunden Haupt, Hoffmann, Massmann, Schmeller und Wackernagel gewidmet". Schmeller geht nun auf seine Beziehungen zu den anderen Mitgeehrten ein und erwähnt dabei Unstimmigkeiten zwischen ihm und Hoffmann von Fallersleben. Er fährt fort: "Sonst mit allen geht es mir ganz wie Ihnen. Ich kann über meine persönliche Neigung nicht gebieten, aber noch weniger den Leistungen dieser Männer meine Achtung versagen. Wen Meister Jacob unter seine Freunde zählt, dem zugesellt zu seyn kann der Lehrling Hans Andres nur schmeichelhaft finden. " (BW II, 390)
Im gleichen Brief sind noch einige Angaben zu den Münchner RuodliebFragmenten, die Schmeller in den "Lateinischen Gedichten des X. und XI. Jahrhunderts", einer gemeinsamen Ausgabe mit Grimm (1838), edierte. Da heißt es neben technischen Hinweisen u.a.: "Übrieens,bitte, ich, wegzulassen, zu ändern, was u. wo es Ihnen eut dünkt. Kurz thun Sie das Ihrige, damit Sie sich nicht gar zu sehr zu schämen haben des im Vertrauen gewählten Gefährten auf diesem kleinen Ausflug in die böse Welt - Ihres Schmellers. " (BW, II,
391) Neben solchen sich selbst zurücksetzenden Wendungen, die am häufigsten als eine Art Demutsfloskel am Anfang oder Ende der Briefe an Grimm auftauchen, finden sich aber auch zahlreiche Stellen, an denen Schmeller selbstbewußt für das von ihm als richtig Erkannte eintritt - auch gegen Grimms Anschauung. Ein gutes Beispiel dafür bietet gleich der erste erhaltene Brief überhaupt, den Schmeller am 25. Januar 1822 an Jacob Grimm schrieb. Vorausgegangen war offenbar ein Schreiben Jacob Grimms, in dem dieser sich
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über die "Mundarten Bayerns" (1821) lobend geäußert und einige Bogen der zweiten Auflage des 1. Bandes seiner "Deutschen Grammatik" mitgeschickt hatte. Schmeller begrüßt die Zuschrift als "hocherfreuliches Neujahrsgeschenk [...] insoferne sie ein nicht ungünstiges Ur-theil von dem sten Richter in diesem Fache über meine Arbeit enthält".
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Weiterhin bezieht Schmeller zu einzelnen Punkten der Grammatik Grimms Stellung, gibt dazu seine eigene Meinung wieder und bringt eigene Beispiele dafür ein. Dabei bringt er zum Ausdruck, daß er sich nicht ganz in die weitgreifende Idee von den drei Urkiirzen a, i, u finden könne - immerhin eine Lieblingsidee Grimms! Entschieden wendet er sich gegen eine Abwertung der Mundarten, die er offenbar an einer Stelle in Grimms Grammatik findet, mit den Worten: "Seite 452 ist den jetzigen lebenden Mundarten denn doch gewiß ein Bischen zu nahe getreten. Mir scheinen sie einen Grad von Folgerichtigkeit bewahrt zu haben, der aller Ehren werth ist. Sie haben, obwohl mit manichfaltiger Modificierung des Materiellen nach Zeit & Ort, wol alle HauptAnalogien & Parallelismen treu fortgeflihrt & zeugen für die innere, von keiner Kunstbildung abhängige Herrlichkeit des natürlichen Menschenverstan-
des. Vox populi vox Dei. " (BW 1,445) An einer anderen Stelle des Briefes bedauert Schmeller, daß man in der neuhochdeutschen Orthographie die alten Langvokale nicht von den durch die neuhochdeutsche Dehnung entstandenen Langvokalen auseinanderhalten kann: "Ich kann nicht helfen, es thut mir wehe, in Ihrer neuhochdeutschen Orthographie die revolutionären Parvenüs von Langvocalen, die Sie so treffend unorganische nennen, allzu liberal mit der Decoration, die von Rechtswegen nur den altadelichen (organischen) zukommt, beschenkt, Schneiderkreaturen wie Nase, Hosen, war, namen, Son &c zum Ärgernis etymologischer Augen & dialektischer Ohren so breit dastehen zu sehen als die hochgebornen: Blase, Rosen, war, Namen, Ion &c. und leim & leim, Zug und Krug, Haube und Glaube in Einer Rangklasse zu erblicken. " (BW, I, 445)
Ferner weist Schmeller Grimm darauf hin, daß er das "bayrische oa", welches er vermißt habe, nicht vorfinden könne (in seinen MB), weil er fìir das a den Schwachlaut gesetzt habe, was der wirklichen Aussprache genauer entspräche. Vor allem sind es immer wieder die Laute der gesprochenen Sprache, besonders der lebenden Mundarten, die Schmeller besser erfaßt und mehr beachtet als Grimm. Schon in seiner Erstlingsschrift von 1804 unterscheidet er zwischen Laut und Buchstabe, also zwischen gesprochener und geschriebener Sprache. Im Abschnitt "Aussprache" seiner MB werden diese Unterschiede ausführlich erläutert. Er geht dabei weit über die Anregungen, die ihm in diesem Punkt wahrscheinlich Stalder und Rask gegeben haben, hinaus und nimmt schon vieles von dem, was sich später unter den "Junggrammatikern" als Lautphysiologie bezeichnete, vorweg. In Grimms Grammatik dagegen steht die Lautlehre unter der Überschrift "Von den Buchstaben", auch noch in
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der zweiten Auflage, in der sie inhaltlich schon ausgeweitet ist. Der Unterschied zwischen Laut und Schriftzeichen wurde also entweder nicht erkannt oder auf alle Fälle nicht beachtet. Erst in der dritten Auflage wird dieses Manko behoben. Grimm könnte hier unter Umständen von Schindler gelernt haben. Jedenfalls ist den entsprechenden Stellen, in denen es in den Schmeller-Briefen um lautliche Angelegenheiten geht, anzusehen, daß Schmeller sich hier sicher, wahrscheinlich sogar überlegen gefühlt hat. Er glaubt auch vermutlich zurecht -, daß er vom Standpunkt der lebenden Mundarten aus eher die Schreibgewohnheiten der alten Schreiber erklären könne, als dies Grimm von seinem "papierenen" oder besser gesagt "pergamentenen" Standpunkt aus gelinge. Kurz und bündig schreibt er zu dieser Frage in einem Brief an Jacob Grimm (27.1.1827): "Ihre Ansichten über bayrische und schwäbische Vokale kann ich nach meiner Erfahrung vor der Hand nicht theilen. Darüber ein andermal. " (BW II, 61). Diese angekündigte Erklärung erfolgt in einem der späteren Briefe. Auf sie muß noch im Rahmen von Schmellers philologischer Arbeit eingegangen werden. Faßt man diesen exemplarischen Ausschnitt aus Leistungen und persönlichen Beziehungen zusammen, so kann man wohl sagen, daß Grimms Zuordnung insofern zutrifft, als Schmellers dialektologische Arbeiten wirklich den Grund für eine wissenschaftliche Dialektologie nicht nur gelegt haben, sondern diese auch lange Zeit bestimmt haben und heute noch unmittelbar wirksam sind.48 Insofern ist Schmeller nicht nur Experte für die Mundarten in der "Grimm-Zeit", sondern auch der Begründer (um im Bild des Begründermythos zu bleiben) einer streng wissenschaftlichen Dialektologie. Das ist aber noch nicht alles. Wie oben schon für seine Arbeit an Grammatik und Wörterbuch angesprochen wurde, beschränkt sich Schmeller nicht darauf, die historisch-vergleichende Methode kritiklos nach Grimms Muster für seine Bereiche anzuwenden. Das ist ihm von einer Wissenschaftsgeschichte immer wieder zugewiesen worden, die sich nur schwer aus dem Bannkreis der Grimmschen Zuweisimg lösen konnte. Schmeller ist selbständig zu einer historischen Sprachbetrachtung gelangt, wenn ihm auch Grimms Grammatik nach eigener Aussage häufig die Richtung gewiesen und in seiner eigenen Auffassung bestätigt hat.49 Gegangen ist er die gewiesene Richtung aber immer selbständig. Für die Grammatik wurde dies überzeugend von der neueren Forschung nachgewiesen (vgl. S.40 u. S.66 ff.). Ebenso wurde gezeigt, daß er 48
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Dem Resume Brunners (BRUNNER 1971, 130-132) ist hier zuzustimmen, wenn er sagt, daß Schmeller Arbeitsweise und Ziele der deutschen Dialektologie bis zu Jost Winteler (1876) festgelegt habe. Deutlicher ist zu betonen, daß die phonetische Erforschung der Mundarten und ihre dialektgeographische Betrachtung, die erst im 20. Jahrhundert weiter entwickelt wurde, schon in Schmellers Arbeiten klar angelegt sind, nicht nur "in nuce", wie Brunner sagt. Sehr schön faßt er das selbst noch einmal zusammen im Brief vom 25.1.1822 (BW I, 443), in dem er auf Grimms Grammatik eingeht: "Innig freute es mich, zu bemerken, wie Sie so mancher Wahrnehmung, zu der ich von unten auf gekommen bin, von oben herab begegnen. Dieß ist gewiß die vollkommenste Bestätigung Ihrer Richtigkeit."
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auch das Urheberrecht für ein historisch begründetes deutsches Wörterbuch besitzt, das noch dazu ein weiter gefaßtes Konzept der Quellenausschöpfung besitzt als das Wörterbuch der Grimms. Zieht man all diese Dinge in Betracht, so mag es verwundern, wie ihn die Zuweisung Grimms trotzdem so stark auf den Bereich der Mundarten einengen konnte, daß er in der späteren Forschungshistoriographie nur noch als eine Blüte des Kranzes aufscheint, mit dem das Gründertrio Grimms/Lachmann bekränzt wird. Davon ist noch ernsthafter zu handeln. Eine Bewertung, die von Lachmann ausging, sei an dieser denkwürdigen Stelle der Gründerdreieinigkeit noch erwähnt. Sie könnte vor allem bei der Bewertung von Schmellers textphilologischer Arbeit eine Rolle gespielt haben, allerdings erst für jene Gestalter der Wissenschaftsgeschichte, die Zugang zum Briefwechsel Grimm-Lachmann hatten. Ob dies schon vor der Herausgabe dieses Briefwechsels durch Leitzmann (1927) wenigen Auserwählten möglich war, ist schwer zu sagen. Interessant ist jedenfalls, daß in diesem Brief von der "Biederkeit" Schmellers die Rede ist - ein Urteil, das immer wieder zwischen den Zeilen zu lesen ist, wenn der Vorwurf an den Herausgeber Schmeller gemacht wird, er habe sich mit seinen literarischen Beurteilungen allzu sehr zurückgehalten (z.B. SCHRÖDER 1890; BASELER 1955). Gemeint ist der Brief, den Lachmann am 17.10.1824 während seiner Bibliotheksreise an Jacob Grimm geschrieben hatte. Die Stelle lautet: "So freundlich Arx gegen mich hier [St. Gallen] ist, und Docen in München war [...] Scherer ist ein Esel und Klenze dazu - doch glauben Sie nicht, wie kindisch ich mich auf Cassel freue, um wieder unter Menschen zu kommen [!]. Schmeller ist gut, aber, wenn Sie's recht verstehn wollen, mir allzu bieder. " (LEITZMANN, 1927,1, 443) Wenn es darum geht, die philologischen Leistungen Schmellers darzustellen, soll diese Bewertung Lachmanns noch einmal aufgegriffen werden.
2.2.1.3. Schmellers Selbsteinschätzung Um weitere Klarheit über die etwas einseitige Festlegung Schmellers in der Wissenschaftsgeschichte zu erhalten, muß sich der Blick als nächstes auf Schmellers Persönlichkeit selbst richten. Natürlich ist dabei zu berücksichtigen, daß biographische Daten nicht ohne weiteres in wissenschaftsgeschichtliche Konstellationen umgesetzt werden können. Daß es nicht unproblematisch ist, biographisch zu argumentieren, wenn es um Wissenschaftsgeschichte geht, hat auch der oben besprochene Aufsatz von Hermann Kunisch gezeigt. Aber auch eine akademische Disziplin kann nicht auf ein Bewußtsein ihrer selbst, d.h. auch ihrer Träger, verzichten. Und dabei spielen Lebenstat-
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sachen eine doch recht beträchtliche Rolle.50 Als eine sehr einfühlsame und verständnisvolle Skizze von Schmellers Persönlichkeit kann nach wie vor die Abhandlung bezeichnet werden, die Paul Ruf, einer der BibliotheksNachfolger von Schmeller und Herausgeber seiner Tagebücher, dem ersten Band der Tagebuchausgabe vorangesetzt hat. Aufgrund seiner Editionsleistung ein intimer Kenner der Schmeller-Tagebücher, schöpft er für seine Darstellung aus Schmellers Selbstzeugnissen mit sicherer Hand jene Stellen, die für Schmellers inneres Wesen bezeichnend sind. Einen Zug in Schmellers Charakter, der für das Verständnis seiner Person sehr wichtig scheint, schildert Ruf ziemlich am Beginn seiner Darstellung so: "Trug er doch das ganze Leben lang schwer an seiner ärmlichen Herkunft, von der er glaubte, daß sie in den Augen Höherstehender als Makel galt. Unzählige sind gleich ihm aus den untersten Schichten zu Ansehen und Ruhm emporgestiegen, aber wohl kaum einer hat das Demütigende, das der arm Geborne nur zu oft erdulden muß, so wenig überwunden, sich so wenig davon freimachen können wie er. Hierin liegt zu einem nicht geringen Teil die Tragik seines Lebens und der Schlüssel zum Verständnis seines Wesens. " (TB I, 5*) Geschämt hatte sich Schmeller seiner Herkunft allerdings nie, oder gar versucht, sie zu verbergen. Dazu hing er mit viel zu großer Liebe an seinen Eltern, denen er zeitlebens herzliche Zuneigung und Hochachtung entgegenbrachte. Viele Stellen in seinen Tagebüchern und Briefen zeigen, daß er oft und gerne über sein Zuhause mitgeteilt hat - ja auch im Bayrischen Wörterbuch finden sich solche Zeugnisse, das berühmteste und am meisten zitierte wohl unter dem Stichwort "Die Körben, Kürben". Dort heißt es bei "Kürbenzäuner" in einem Klammerzusatz: "Unter allen Gewerben ist dieses unscheinbare dem Verfasser des b. Wörterbuchs das ehrwürdigste, denn es ist das eines bald achtzigjährigen Ehrenmannes, dem er sein Daseyn und seine erste Erziehung verdankt. " (BWB I, Sp. 1287) Wie man weiß, war in seinen Siegelring das Bild einer Kürbe geritzt (Vgl. TB II, 196), das an seine Herkunft erinnern sollte. Daraus spricht ein gewisser trotziger Stolz, der wohl auch zu Schmellers Eigenschaften gehörte, wenn es um Zusammenhänge ging, von denen er seine Herkunft berührt glaubte. In jeder echten oder vermeintlichen Zurücksetzung seiner Person macht sich dieser verletzliche Stolz bemerkbar. Meistens äußert er sich in einem Zurückziehen Schmellers in sich selbst und macht sich höchstens noch in selbstquälerischen Bemerkungen, die dem Tagebuch anvertraut werden, bemerkbar. 50
WYSS 1988, 12-14 argumentiert ganz ahnlich, als er einen Vergleich zwischen Schmellers und Grimms Lebensläufen anstellt, um ihre Auswirkung auf das Literaturverständnis der beiden Gelehrten zu untersuchen. Er listet vorher eine Reihe von unglücklichen Fügungen in Schmellers Leben auf und formuliert dann die Ausgangsfrage für seine Überlegungen: "Mit anderen Worten: vielleicht sind die Leistungen JACOB GRIMMS gar nicht so viel bedeutender als jene SCHMELLERS, wenn wir die so ganz unglücklichen Umstände seines Lebens in Betracht ziehen. SCHMELLER wäre also gegen seine eigene Selbsteinschitzung zu verteidigen..."
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Ein Vorgang mag dies beispielhaft erhellen: Schnieder war mit Oberkonsistorialrat Heintz durch ein Ministerialreskript aufgefordert worden, die schwedischen Papiere im Reichsarchiv zu sichten und getrennt nach dänischer und schwedischer Provenienz zu ordnen. Offenbar hatte Heintz diese Aktion organisiert, Schmeller aber die Hauptarbeit mit den Akten selbst erledigt oder zumindest den gleichen Anteil an Arbeit bewältigt. Vom dänischen Hof in Kopenhagen wurden beide mit einem Ehrengeschenk bedacht (TB II, 94). Die schwedische Krone hatte sogar die Güte, den Wasa-Orden für diese Dienste zu verleihen - aber nur an Heintz. Schmeller reagiert mit folgendem Eintrag in sein Tagebuch: "Im Landboten, den ich, meines Leides voll, gedankenlos durchfliege, lese ich: Se. M. haben genehmigt, daß der H. Oberconsistorialrath Dr. Heintz die ihm vom König von Schweden verliehene Decoration des Wasaordens annehmen und tragen dürfe. Hos ego versículos feci ..., dacht ich, und war getröstet über das eingebildete wie über das wirkliche Leid, das ich ja auch nicht so ganz selber verschuldet habe [bezieht sich auf eine Auseinandersetzung mit seiner Lebensgefährtin und späteren Frau, die er beim Lesen des Artikels flihren mußte]. [...] Und was die ¡Vasa-honores betrifft, so war ja Heintz immerhin der erste Motor, ich nur Helfer. Daß in diesem Helfen, der Sprache wegen, größere Mühe, als im Movieren lag, ist nicht H's Schuld. Überdieß weiß ich ja nicht einmal, ob die schwedische Gnade überhaupt gerade oder nur dieses Acten-Verdienst belohnen wollte. " (TB II, 195; zum ganzen Vorgang noch: TB I, 533, 555, II, 7, 10, 54) Die Reaktion vieler anderer auf diese offensichtliche Zurücksetzung hätte vermutlich darin bestanden, wenigstens zu ergründen, wie diese zustande kam, um sich dann entsprechend an den oder die Verantwortlichen zu wenden. Schmeller reagiert mit einem Rückzug in seinen verletzten Stolz und sucht zum Teil sogar die Schuld bei sich selbst ("eingebildetes Leid"). Dieser mit Unsicherheit und Minderwertigkeitsgefühlen vermischte Stolz kann sich noch in einer anderen Variante zeigen. Das wird am besten im Zusammenhang mit den Vorgängen bei seiner Anstellung in der Münchener Bibliothek deutlich: Die Stelle des verstorbenen Custos Bernhard Docen mußte neu besetzt werden. Durch seine bisherigen Arbeiten und Verbindungen mit der Bibliothek empfahl sich Schmeller sicher als eine der geeignetsten Personen. Als er seinem Freund Martius am 22.11.1828 den Tod Docens mitteilt, rät ihm dieser, sich sofort beim König bzw. Minister Schenk um die frei gewordene Stelle einzukommen. Darauf Schmeller: "Ich sage: ich mag nicht; es widerstrebt meinem Sinn. - Ich werde es nicht thun. Brauchen sie einen Mann für die Stelle, und finden mich geeigneter als andere, die vielleicht längst darauf warten, so wissen sie, wo ich bin. " (TB II, 67) Der Vorgang geht allerdings noch weiter und enthüllt mehr als eine Variante von Schmellers verletzlichem Stolz, in dem sich Unsicherheit und Minderwertigkeitsgefühle spiegeln. Dazu zunächst die entsprechenden Tagebucheinträge:
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Am 25.11.1828: "Maßmann durchschneidet den Nebel und sagt mir im Vertrauen: er sey von Hormayr und dem Minister Schenk gefragt worden, ob er sich nicht um Docens Stelle bewerben wolle. Da habe er gedacht und gesagt, dieser Platz könnte vielleicht auch Schmeller'n erwünscht seyn, und da wolle er nicht in den Weg treten. Ich dankte dem wackeren Deutschen fiir die Rücksicht und Offenheit; sagte, daß ich allerdings lieber Bibliothekar als Lateinlehrer der Knaben im Cadettencorps seyn möchte, daß ich diese Ansicht vor niemand verberge, - aber nicht förmlich um jene Stelle anhalten würde. " (TB II, 67) Am 13.12.1828: "Sitzung der philologisch-philosophischen Klasse. Vor dem Sitzen nahm mich Herr v. Schelling bey Seite. Er: Sie wollen sich um Docens Stelle melden? Ich: Nein, ich werde mich nicht melden. Er: Aber Sie würden sie, wenn man sie Ihnen antrüge, nicht ausschlagen? Ich: Das würde ich nicht. Er: Der Gehalt ist 1200 Fl.; wieviel beziehen Sie gegenwärtig? Ich: Gerade so viel. Dabey sind eben auch die 200 Fl. von der Universität. Er: Diese würde man dem Dr. Maßmann, der um die Stelle eingekommen ist, um ihm doch einigen Ersatz zu geben, zuwenden. Ich darf also dem Herrn Minister sagen, daß Sie, wenn Sie die 1200 Fl. erhalten, dieses Ihnen mehr als das im Cadettencorps entsprechende Amt übernehmen? Ich: Ja, Herr Geheimer Rath. " (TB II, 67) Am 18.12.1828: "Lichtenthaler hatte mir durch Martius vorgestern mittheilen lassen, daß es ihm unbegreiflich sey, warum ich nicht um Docens Stelle einkäme, da es mir doch nicht unbekannt sey, wie sehr er (L.) selbst wünsche, mich bey der Bibliothek zu wissen. Heute sah ich den immer noch an den Augen leidenden Ehrenmann selbst auf der Bibliothek. Gleiche Anmahnung. Es sey nun einmal der Gang des Geschäftes so: nur der erhalte einen Posten, der sich darum melde. Schon seyen mehrere Petitionen, unter diesen eine von Dr. Maßmann eingegangen. Seine Gründe waren so ad hominem, daß ich nur in meinem Ausspruche: "ich werde nicht einkommen", den ich im ersten dunkeln Gefühl gegen Martius und Maßmann gethan hatte, einen Halt dagegen fand. Schon oft hatte sich mir ein solches erstes Gefühl gegen spätere Berechnungen als das Beste, Würdigste erwahrt. Ich erklärte, nun einmal dabey bleiben zu wollen. " (TB II, 68) Am 21.1.1829: "[...] Freyberg läd't mich in ein inneres Zimmer. 'Der König und der Minister wünschen, daß Sie um die erledigte Stelle bey der Bibliothek einkommen. ' - Ich habe dem Dr. Maßmann das Wort gegeben, mich nicht zu bewerben. - 'Der König will den Dr. Maßmann dem Turnwesen erhalten. Das ist mit der bewußten Stelle nicht vereinbar. Er wird sie nicht bekommen. Dieser Grund fällt für Sie weg'. Mich nicht gleich erinnernd, daß Herr v. Freyberg statt des zum Minister vorgerückten Herrn v. Schenk, als Referent dessen frühere Geschäfte zu besorgen habe, fragte ich, ob ich dieser Erklärung wegen auf ihn compromittieren könne. 'Allerdings'. Ich werde also die Sache Herrn Dr. Maßmann mittheilen, und wenn er mich meines Wortes entbindet, die verlangte Eingabe machen. Von da gieng ich zum Bibliothek-
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Director Lichtenthaler, der noch immer am Auge leidend, sich über diese Wendung freute - und dann zu Maßmann, den der um das Neujahr im Turnen mit dem Prinzen Otto, und dem Prinzen Max v. Leuchtenberg verrenkte linke Arm noch immer das Zimmer hüten läßt - und nun bin ich frey und hole mir ein paar Stempelbogen. " (TB II, 70) Am 24.1.1829: Die Frau von Thiersch macht Schmeller eine Andeutung, daß er auf einer Akademiesitzung, auf die er offenbar als außerordentliches Mitglied nicht geladen war, vielleicht eben zum ordentlichen Mitglied gewählt werde. Schmeller fährt fort: 'Wirklich - es kann seyn, daß man an Docens Stelle ein anderes, ordentliches Mitglied wählen wolle. Da würde ich selbst, zwar nicht an das mir vorgehende außerordentliche Mitglied, den glänzenden Geheimen Oberbaurath Klenze, aber an die verdienstvollen Frank und Moritz denken, denen vorgestellt zu werden schon allein die Ehre verbittern müßte. Jedenfalls hat der Rou'n Andrê-l in diesem Augenblick die Möglichkeit vor sich, Wächter des großen Nationalschatzes von Büchern seines Landes zu werden. Immer Sach gnuâ 'fur einen Rou'n Andrê-l. Er fühlt sich aber nicht durch diese Möglichkeit, sondern dadurch, daß es ihm sehr gleichgültig ist, wenn sie keine Wirklichkeit wird, glücklich. " (TB II, 71) Schmeller wurde übrigens einstimmig gewählt und im Juni 1829 ernannt. Der ganze Vorgang wurde in seinen entscheidenden Aussagen wörtlich ganz zitiert, weil es hier wirklich auf den originalen Wortlaut ankommt. Er ist m.E. von zentraler Bedeutung für die Selbsteinschätzimg Schmellers und zugleich für den ihr zugrunde liegenden Charakter: Schmeller möchte die Stelle gerne, auf jeden Fall lieber als seine Schultätigkeit, haben. Er weiß, daß er dafür geeignet ist, erwägt aber, daß andere eventuell vorrangige Ansprüche haben, und meint, man müsse ihm die Stelle antragen, wenn man ihn für den geeignetsten hielte. Neben einem gewissen, auf seine Leistungen gegründeten Stolz kann man seine Haltung auch von Unsicherheit seiner selbst und vor allem von einer nahezu selbstverleugnerischen Rücksicht auf andere geprägt finden. Diese Rücksicht ist vor allem auf Maßmann gerichtet, der zu dieser Zeit als Turnlehrer in der Kadettenanstalt fungierte und dessen Haltung hier zumindest nicht ganz eindeutig ist. Schmeller gegenüber behauptet Maßmann, Hormayr und Minister Schenk hätten ihn gefragt, ob er sich nicht um die Stelle bewerben wolle. Zwei Wochen später erwähnt Schelling gegenüber Schmeller, daß Maßmann um die Stelle eingekommen ist, sie aber wahrscheinlich nicht erhalten werde. Daraufhin sagt Schmeller seine grundsätzliche Bereitschaft zu, das Amt zu übernehmen, wenn man es ihm antrüge. Lichtentaler gegenüber bleibt er allerdings fünf Tage später bei seinem Nein, das sich jetzt schon auf eine Position der Würde zurückgezogen hat. Sollte er das Handeln des "wackeren Deutschen" Maßmann zu diesem Zeitpunkt doch nicht mehr für so rücksichtsvoll und offen gehalten haben wie drei Wochen vorher? Am 21. Januar 1829 findet das Gespräch zwischen Freyberg und
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Schindler statt. Auffällig ist der vorhergehende, besondere Hinweis Schindlers, daß Hormayr sich mit Freyberg und anderen Herren zusammen bei seiner Ankunft im Reichsarchiv in einem äußern Zimmer aufgehalten habe (Vgl. TB 11,70). Dabei fällt die Aussage Maßmanns gegenüber Schindler ein, daß er von Hormayr und dem Minister Schenk gefragt worden sei, ob er sich um die Stelle Docens bewerben wolle. Und dazu steht nun im grassen Widerspruch, was Freyberg zu Schindler sagt, nämlich "der König und der Minister [Schenk war seit 1.September 1828 Innenminister] wünschen, daß Schmeller um die Bibliotheksstelle einkomme. Es scheint daher widersprüchlich, daß Schenk vier Wochen vorher Maßmann aufgefordert hatte, sich für Docens Stelle zu bewerben, wie dieser gegenüber Schmeller geäußert hatte. Die genannten feinen Hinweise in Schmellers Tagebuch könnten darauf deuten, daß er durchaus selbst auf diese Widersprüchlichkeiten aufmerksam geworden war. Er blieb jedoch Maßmann weiterhin freundschaftlich verbunden, erst später, als Maßmann 1843 seine neue Stelle in Berlin antritt, scheint sich das Verhältnis abgekühlt zu haben: "Maßmann und ich waren einander in der letzten Zeit etwas fremder geworden. Auf mich hatte die Weise, wie er, der ehemalige Wartburgmann, sich in der Vorrede zu seinem Eraclius gegen den ohne Urtheil und Recht abgesetzten Dichter der unpolitischen Lieder [gemeint ist Hoffmann v. F.] ausläßt, einen widerlichen Eindruck gemacht. Dazu das Haschen nach Gunst der Großen [...] nach Belobungsschreiben und Medaillen, und ein gewisses immer wiederkehrendes Gerede von Natürlichkeit, Wahrheit, Deutschheit, dem das Thun mitunter etwas zu widersprechen scheint. Dennoch kann ich vielen trefflichen Eigenschaften meine Achtung nicht versagen [...]" (TB II, 342) Schmellers übergroße Rücksichtsnahme auf Maßmann entspringt möglicherweise auch einem schlechten Gewissen diesem gegenüber, das sich Schmeller in einer für ihn bezeichnenden Weise selbst errregt hat. In einem Brief an Jacob Grimm (6.1.1827) heißt es: "Maßmann grüßt Sie. Er sucht eine Anstellung als Turnlehrer, hat aber immer noch keine Entscheidung erhalten können. Hielte ich ihn für einen weniger guten Menschen so müßte ich denken, daß er mir gram sey, weil er gerade auf das, was mir zum Theil ohne mein Ansuchen geworden ist, selbst angetragen hat, z.B. auf das Lesen über altd. Litteratur, auf die Aushilfe im Cadettencorps. Sogar daß Cotta die Kaiserchronik nicht übernommen, schreibt er gerade meinem Wörterbuch zu. Ich wünschte so sehr, niemandem im Wege zu stehen!" (BW II, 61) Noch einmal ein eindrucksvolles Zeugnis von Schmellers bis zur Selbstverleugnung gehenden Hintanstellung seiner eigenen Person. Wie weit damals die übrigens von Schmeller öfter erhobene Forderung, eine ordentliche Professur für die deutsche Sprache und Literatur an der Münchner Universität zu errichten, bei König und Ministerium Gehör gefunden hatte, ist schwer zu sagen. Mir scheint eine Begebenheit in diesem Zusammenhang interessant genug, um kurz auf sie einzugehen. Schmeller notiert am 26. De-
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zember 1828 in sein Tagebuch: "Kränzchen bey Thiersch - v/o auch ein Professor Wahlberg aus Stockholm, der Reisebilddichter Heine, der jugendliche Professor Spengel. " (TB II, 68). Wie Martín Greiner im Nachwort seiner Heine-Ausgabe schreibt, habe Heinrich Heine in einem Brief an Cotta durchblicken lassen, daß er sich in München eine Professur für Literaturgeschichte erhoffe.51 Ob nun entsprechende Pläne zur Einrichtung einer solchen Professur auf Seiten des Königs und seines Ministers existierten oder nicht - Schmeller, und wohl auch Maßmann, scheinen davon nichts gewußt zu haben, obwohl sich eine solche Einrichtung doch sicher auf das Fach der deutschen Philologie bezogen hätte. Zusammenfassend kann man die Haltung Schmellers in den gezeigten Beispielen noch einmal so charakterisieren: In Schmellers Wesen hat sich ein tiefes, komplexhaftes Minderwertigkeitsgefühl eingegraben, das herkunftsund jugendpsychologische Ursachen hat. In einer Welt "höhergestellter" Persönlichkeiten, in der er aufgrund seiner geistigen und beruflichen Entwicklung zwangsläufig verkehren und sich auch durchsetzen muß, fühlt er sich unwohl und unsicher. Nur seine persönlichen Freundschaften mit gleichgesinnten Gelehrten können diesem psychischen Überdruck entgegenwirken. Insgesamt jedoch verstärkt diese sozial und psychisch angespannte Situation seine Minderwertigkeitsgefühle. Er ist daher übersensibilisiert für Situationen, in denen er eine Zurücksetzung seiner Person durch andere zu sehen glaubt. Man gewinnt den Eindruck, daß die eigene Hintanstellung einer Zurücksetzung durch andere zuvorkommen soll. Erfahrt er nun tatsächlich eine Mißachtung oder Hintanstellung seiner Person, so reagiert er mit einem totalen Rückzug in seinen verletzten Stolz, mit Entsagung und mit Schweigen. Er 51
Vgl. HEINRICH HEINE, Werksausgabe im Taschenbuch, ausgew. u. hrsg. von MARTIN GREINER, Lübbe Verlag, Bergisch Gladbach, o.J., Bd. 4, 1646-1647. Greiner verweist u.a. darauf, daß Heine mit Schenk gesellschaftlichen Umgang pflegte und nicht müde wurde, diesem seine höchste Loyalität zu versichern. In Erwartung einer ehrenvollen Berufung sei er dann im Juli 1828 von München nach Italien weitergereist. Er habe aber vergeblich gewartet. Vielleicht hat er während des von Schmeller bezeugten Aufenthaltes in München (Dezember 1828) auch von seiner Ablehnung erfahren. Heine , so erwähnt Greiner weiter, habe damals den Dichter August von Platen verdächtigt, seine Münchner Pläne hintertrieben zu haben und er habe ihn dafür auf schamloseste Weise öffentlich in seinen "Bädern von Lucca" entwürdigt. Vielleicht hat sich Heines Zom in diesem Zusammenhang auch gegen Maßmann gerichtet. Als er nämlich in seiner Denkschrift über Ludwig Börne (1840) in einem Vergleich des Wartburgfestes (1817) und des Hambacher Festes (1832) mit den "Altdeutschen" abrechnet, gerät besonders Maßmann in sein Visier: "Eben deijenige, welcher das Bücherverbrennen auf der Wartburg in Vorschlag brachte, war auch zugleich das unwissenste Geschöpf, das je auf Erden turnte und altdeutsche Lesarten herausgab. Wahrhaftig, dieses Subjekt hätte auch Bröder's lateinische Grammatik in's Feuer werfen sollen! Sonderbar! Trotz ihrer Unwissenheit hatten die sogenannten Altdeutschen von der deutschen Gelahrtheit einen gewissen Pedantissmus geborgt, der eben so widerwärtig wie lächerlich war. Mit welchem kleinseligen Silbenstechen und Auspünkteln diskutirten sie über die Kennzeichen deutscher Nationalität! Wo fängt der Germane an? Wo hört er auf? Darf ein Deutscher Tabak rauchen? Nein, behauptete die Mehrheit. Darf ein Deutscher Handschuhe tragen? Ja, jedoch von Büffelhaut. (Der schmutzige Maßmann wollte ganz sicher gehen und trug gar keine.) [...]"
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verzichtet darauf, sich zu rehabilitieren, der Gegenseite ihr eventuelles Unrecht nachzuweisen. Zur Bestätigung dieser Annahmen sei noch einmmal ein Fall erwähnt, in dem Schmeller diese Empfindungen sogar poetisiert: Schmeller ist mit Martius und Hoffinann v. Fallersleben nach Stuttgart zu einem Kongreß der Naturwissenschaftler gefahren, wozu ihn Martius eingeladen hatte. Durch einen organisatorischen Irrtum vermutlich waren für Schmeller und Hoffmann keine Eintrittsbillets für die Veranstaltung bereitgelegt worden. Der Astronom Littow nimmt sie ohne Billets mit in die Konferenz. Zufällig wird Schmeller dort von einem Saaldiener nach seinem Billet gefragt, fühlt sich durch die Bemerkimg desselben aus dem Saal gewiesen und verläßt gekränkt die Veranstaltung, ohne dieses Mißverständnis aufklären zu lassen, was sicher leicht möglich gewesen wäre (Vgl. TB 11,202). Auf der Heimfahrt nach München verfaßt er ein Gedicht mit dem Titel "Tröstimg auf der Reise" in dem es u.a. heißt: Was kamst du auch, dir selber ungetreu, Ein Ungeladner zum fernen Feste, Drangst unberufen in den Kreis der Gäste, und streiftest ab die wohlererbte Scheu!? Du wußtest ja von je, dir lass' es schlecht, Dich in der Vielbegabten Kranz zu mischen, Mit Glücklichen zu scherzen und zu tischen! Entsagen nur und Schweigen steht dir recht. Die nächste Frage wäre, wie Schmeller die deutsche Philologie einschätzte, sein Fach, dem sein Tun hauptsächlich gegolten hatte und von dem auch ein Großteil seiner bibliothekarischen Arbeit belegt war. Hier scheint mir ein kurzer Eintrag in seinem Tagebuch von grundlegender Bedeutung dafür zu sein, wie Schmeller sein eigenes Tun auch immer wieder eingeschätzt hat. Nach einem Landaufenthalt von Starnberg nach München zurückkehrend, schreibt Schmeller im September 1832: "Mittwoch den 12ten kehrte ich wieder heim zu meiner Wortklauberey. Ich hatte unter den Menschen, nicht am wenigsten unter den Bauersleuten, wie fast immer, recht demüthigend empfunden, wie wenig ich Tüchtiges kann und weiß und bin. " (TB 11,147) Aus diesen Worten, die Schmeller als gereifter Mann, der bereits bedeutenden wissenschaftlichen Erfolg mit seinen Arbeiten verbuchen konnte, aussprach, klingen immer noch die bekannten und oft zitierten Worte seines Vaters: "Andrê-l dei~ Sach is nex!". Nicht selten wird bei Leuten, die in einer Umgebung aufgewachsen sind, in der körperliche Arbeit dominierte, eine ähnliche Geringschätzung geistiger Arbeit oder auch nur irgendeiner Bürotä-
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tigkeit u.ä. angetroffen. Dies scheint eine biographisch bedingte Werthaltungskonstante zu sein, die auch bei Schmeller eine wichtige Rolle in der eigenen Beurteilung seiner Arbeit spielte. Erinnert sei nur daran, wie der jugendliche Schmeller nach langem quälenden Ringen um seine berufliche Zukunft sich zunächst dafür entschieden hatte, den Beruf des Landmannes zu ergreifen, weil er ihm als einer der ehrlichsten und würdigsten erschien, und wie er dann 1803/04 auch im elterlichen Anwesen arbeitete, wo er nebenbei seine Erstlingsschrifl erstellte, die ihm später Zugang zu Pestalozzi und dem Erzieheiberuf verschaffen sollte (Vgl. BRUNNER 1971, 12). Auch Paul Ruf hat darauf verwiesen, daß Werteinstellungen, die schon in der frühen Jugend Schmellers angelegt wurden, bis ins Alter hinein ihre Gültigkeit bewahrt haben (Vgl. TB 1,23*). Das kommt auch noch einmal in einer Einschätzung seines Bayerischen Wörterbuchs, die er am 10.6.1837 in sein Tagebuch schreibt, zum Ausdruck: "So ist denn doch etwas gethan, das ich nicht wieder thun könnte, nicht wieder thun möchte. Nicht ganz umsonst hab ich gelebt, wenngleich aus dem Gesetzgeber, Weltverbesserer, Dichter etc. der Jünglingsträume nur ein Wortklauber, ein Pedant geworden ist. - Und es ist doch auch nennenswerth, aus fast nichts oder wenigstens dem schlechtesten Stoffe etwas gemacht, und die Sprache des bayrischen Bauers in die Stube hochgelehrter Leute an der Nord- und Ostsee, ja in die eleganten Cabinete hoher Herrn gebracht zu haben. " (TB 11,244) Auch hier wird die Tätigkeit des gereiften Wissenschaftlers an Einstellungen aus der Jugendzeit gemessen, die zwar in ihren weitgesteckten Ansprüchen erkannt und als Jünglingsträume eingestuft werden, die aber immer noch so stark wirksam sind, daß sie beschworen werden müssen. Diese psychologischen Zusammenhänge scheinen sich in der fast gewohnheitsmäßigen Abwertung, die Schmeller nahezu immer der Bewertung seiner eigenen Arbeiten mit beimischt, widerzuspiegeln. Fast könnte man glauben, daß er hierin genauso verfährt wie mit seiner eigenen Person, die er manchmal zurücknimmt, um scheinbar einer Zurücksetzimg durch andere zu entgehen. Aber wie auch schon in der oben zitierten Bemerkimg anklingt, sieht er seine Arbeit trotz ihrer "Bedeutungslosigkeit" als notwendig an. Mit Bezug auf das Bayerische Wörterbuch in einem Brief vom 24.7.1837 an Franz Voitel bringt Schmeller den Wert des Werkes, der in seiner aufwendigen Vorbereitung steckt, zum Ausdruck (BW 11,376): "Man glaubt nicht, was aufjeder Seite so einer an sich wenig bedeutenden Sammlung für eine Arbeit steckt. Alles will belegt, begründet, vielfältig verglichen seyn, u. am Ende steht es doch fur neunzig Leser unter hunderten ungenießbarer da als der einfältigste Roman. Wer mir vor 30 Jahren gesagt hätte, daß mein Lebenswerk in solch einem kahlen Idioticon bestehen würde, der hätte mich wahrlich nicht besonders erbaut. Und dennoch bin ich, der Zweyundflinfiiger, froh, wenigstens diese Spur meynes Daseyns zurückzulassen. " Ungeachtet der Wertschätzung, die er der mühseligen Arbeit am Wörterbuch beimißt, unterläßt er es auch hier nicht, auf die geringe Bedeutung sei-
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nes Werkes hinzuweisen und sich entäuscht über dessen "Kahlheit" zu zeigen. Diese gespaltene Haltung zwischen Wertschätzung und Zurücksetzung seiner Arbeit begegnet in Schmellers Urteil immer wieder. Zum einen scheint sie auf die Haltung des Meisters hinzudeuten, der weiß, was seine Arbeit wert ist, und der durch ihre Zurücksetzung ein gegenteiliges Urteil provozieren will. Zum anderen aber ist eine überzogene Selbstkritik schon aus den genannten herkunftspsychologischen Gründen so sehr im inneren Wesen Schmellers verankert, daß ihm dieses Herabmindern seiner Arbeit zur ehrlichen Notwendigkeit geworden ist. Diese Ursachen einer überzogenen Selbstkritik waren vermutlich auch ein wichtiger Antrieb für Schmellers überaus genaue Arbeitsweise und fìir das unglaubliche Arbeitspensum, das uns in seinen gedruckten und nachgelassenen Werken bezeugt ist. Wie schätzte nun Schmeller die deutsche Philologie insgesamt als wissenschaftliches Fach ein? Diese Frage ist eng verknüpft mit der Beurteilung seiner eigenen Arbeit zu sehen. In einer oben erwähnten Tagebuchnotiz ist mit dem Begriff "Wortklauberey" schon eine Tendenz angedeutet worden. Ein Brief vom 22.10.1827 an Jacob Grimm bestätigt, daß Schmeller dazu eine ähnlich gespaltene Stellung einnahm wie zu seinen eigenen Arbeiten. In diesem Schreiben antwortet Schmeller vermutlich auf eine Nachfrage Grimms bezüglich Schmellers Einstellung zu den alten Dichtungen. Aufgrund der Formulierung könnte man annehmen, daß sich Schmeller in einem früheren Brief über die Bewertimg dieses Themas in der Öffentlichkeit gegenüber Grimm geäußert hat - wahrscheinlich in seiner Antrittsvorlesung von 1827. Es heißt dort: "Ich denke nicht, daß meine Meinung von dem Werth unserer alten Dichtungen u. Ihre Ansicht sogar verschieden seyen. Ich hatte das vulgäre, jetzt noch nur zu allgemeine Vorurtheil gegen dergleichen im Auge, u. dieses hoffte ich durch ein gewisses Entgegenkommen mit mehr Erfolg wankend zu machen, als durch das Stehenbleiben auf einem Punkte, den man als blinde pedantische Mittelalterey bemitleiden zu müssen glaubt. Soll ja sogar ein Niebuhr [vermutlich der bekannte Historiker Barthold Georg Niebuhr] einmal zu Lachmann gesagt haben, es freue ihn, unter den Leuten, die sich mit dem Altdeutschen abgeben, auch einmal einen Mann gefunden zu haben, der auch zu sonst etwas brauchbar sey. Und so gehe ich denn wirklich nicht blos unter unsern Professoren, sondern auch unter Officieren u. Beamten mit der Demut eines Solchen herum, der sich mit Dingen abgibt, die alle unter ihrer Würde halten würden. Ist es nicht kopflos, über eine Bauernsprache ein ganzes dickes Buch zu schreiben! Diese Ansicht ist übrigens so natürlich, daß ich ganz gewohnt bin, sie bey Jedem, der sich nicht besonders in einem andern Lichte zu erkennen gibt, vorauszusetzen. Schlimm wäre es, wenn man nicht in sich selbst Kraft u. Muth fände, zu thun, - was man denn doch nicht lassen kann. " (BW II, 111-112) Daraus spricht zunächst eine Geringschätzung des eigenen, erwählten Faches, die schwer zu begreifen ist. Sie wird eigentlich nur in engem Zusam-
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menhang mit den erwähnten Persönlichkeitsproblemen Schmellers verständlich: Schmellers Selbstbewertung ist, wie sich gezeigt hat, in einem hohen Maße an den Erwartungen und Beurteilungen, anderer orientiert gewesen, was sich häufig in seiner vorwegnehmenden Selbstkritik äußerte. Von da her ist es zu verstehen, wenn er im Umfeld des Münchner Akademie- und Universitätsbetriebes, wo sich eine Anerkennung der deutschen Philologie gegenüber einem etablierten Fach wie der klassischen Philologie nur sehr schwer durchsetzen konnte, ein Bewußtsein von der Bedeutungslosigkeit der altdeutschen Studien nur allzu leicht annahm. Von daher ist seine Haltung sogar sehr realistisch bezüglich seiner Zeit gewesen. Und dennoch kommt in dem Schreiben ein unverbrüchliches Bekenntnis zum erwählten Fach zum Ausdruck: "zu thun - was man denn doch nicht lassen kann." Daraus spricht
schon eine beträchtliche Zuneigimg zum Fach, die sicher auch notwendig war, um die wahren Herkulesarbeiten, die Schmeller darin geleistet hatte, zu bewältigen. Oft genug hat es ihn ja über die vielen Unebenheiten seines persönlichen Alltags hinweggetröstet. Ohne Schmeller erneut auf ein Urteil Grimms festlegen zu wollen, scheint doch fur das zeit- und fachgenössische Urteil der allgemeine Ton gefunden zu sein, wenn Grimm, anläßlich Schmellers Tod, der Bayerischen Akademie von einem "edlen, liebenswürdigen, bescheidenen" Schmeller schreibt, der in der Wissenschaft unablässig Fortschritte gemacht, aber nie eine Zeile niedergeschrieben habe, die seiner unwürdig gewesen sei (Vgl. HINDERLING /ROCKINGER 1985, 44). Schmeller ist von den zeitgenössischen Kollegen und auch von jenen Leuten der nachfolgenden Fachgeneration, die ihn noch persönlich gekannt haben, als kompetenter germanistischer Kollege und als Persönlichkeit von hohem ethischen Wert geachtet worden. Dies zeigt sich in der frühen Wissenschaftshistoriographie vor allem noch bei Rudolf von Raumer. In der Zeit zwischen 1890 und 1950 scheint das Interesse der Forschungsgeschichte für Schmeller stark zurückgegangen zu sein. Vielleicht auch eine Folge von Schmellers mangelnder Selbstdarstellung und seiner bescheidenen Art, Kollegen den Vortritt zu überlassen.
2.2.2. Schmellers Darstellung durch die Forschungsgeschichte Es ist bezeichnend, daß die eigentliche Forschungshistoriographie mit einer Biographie Jacob Grimms einsetzte. Wilhelm Scherers Grimm-Monographie, die zum ersten Mal 1864 in den "Preußischen Jahrbüchern" gedruckt und zur Jahrhundertfeier 1885 neu aufgelegt und umgearbeitet wurde, hat für die Wissenschaftschaftsgeschichtsschreibung bis in die Gegenwart unübersehbare Folgen gehabt. Eine dieser Folgen, die auch in unserem Zusammenhang eine Rolle spielt, ist die Zentrierung aller forschungsgeschichtlichen Vorgänge in der deutschen Philologie des frühen 19. Jahrhunderts auf den zum Gründerva-
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ter mythisierten Jacob Grimm. Aus Gründen der Methodenstrenge wird ihm für den zentralen Bereich der Textphilologie noch Karl Lachmann zur Seite gestellt. Bruder Wilhelm und Benecke vervollständigen schließlich die erweiterte Gründergruppe.52 Auch wenn sich schon Scherer von diesen Festlegungen teilweise wieder entfernen mußte, so hat sich doch dieser GrUndertopos hartnäckig in der Forschungsgeschichtsschreibung erhalten. Für die Plazierung anderer Forscherpersönlichkeiten war der Raum innerhalb der "Gründerepoche" enggeworden. Schmeller war dabei insofern eine Ausnahme, weil seine dialektologische Forschungsrichtung außerhalb des Interessens- und Betätigungsfeldes der "Gründergruppe" lag. Insofern konnte er Originalität beanspruchen und eine Sonderstellung in der "Gründergeneration" einnehmen. Seit Rudolf v. Raumers grundlegender Darstellung der "Geschichte der germanischen Philologie" (1870) ist daher in forschungsgeschichtlichen Abhandlungen immer wieder zu lesen, daß neben der glücklichen Ergänzung der Textkritik durch Lachmanns philologischen Scharfsinn die ebenfalls sehr wichtige Untersuchung der Volksmundarten eine epochemachende Bereicherung für Grimms Forschungen bedeutete (vgl. RAUMER 1870, 555). Während Schmeller bei Raumer noch als Mitforscher Grimms mit eigenem Zuständigkeitsbereich auftritt und andere Philologen, wie z.B. Maßmann, Graff und Uhland, immerhin noch als Mitforscher gelten (555 ff.), ist bei Scherer nur noch von "Mitarbeitern" der Grimms, von denen wiederum nur Lachmann und Benecke als "eigentliche Mitarbeiter" gelten, die Rede.53 Schmeller wird unter diesen Umständen gerade noch zweimal in der gesamten Monographie erwähnt.54 Selbst wenn man bedenkt, daß die Monographie Scherers eigentlich eine Grimm-Biographie ist, so tritt sie insgesamt doch mit einem Anspruch auf, der die gesamte Situation der frühen deutschen Philologie umfassen will und ist insofern schon einer breiteren forschungsge52
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In WYSS 1979, 11-22 wird über die sogenannte "Gründerlegende" gehandelt und über ihre Widersprüchlichkeiten, die schon Scherer zu immer neuen Abstrichen zwangen und schließlich zu einer Distanzierung von Grimm in seiner "Deutschen Sprachgeschichte" (1868) führten, in der Grimms Name ins "Beinhaus der Fachterminologie" abgeschoben wird, weil Scherers Interesse nicht mehr mit der Anlage der Grimmschen Sprachwissenschaft vereinbar war. Bei EROMS 1988, 70 wird auf diesen Umstand hingewiesen und dabei betont, daß die Wissenschaftsgeschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts als Filter in die Oberlieferung des 20. Jahrhunderts hineingewirkt habe. Dies habe z.B. seinen Durchschlag darin gefunden, daß Graff in Friedrich NEUMANNS "Studien zur Geschichte der deutschen Philologie" (1971) als ein "Gelehrter mittlerer Kraft" im Umkreis der Grimms bezeichnet wird, was nach EROMS nicht so gesagt werden kann. Ergänzen könnte man dazu noch den Vorgang bei BURDACH in LEITZMANN 1927, LXIV-LXV. Burdach verteidigt dort die persönlichen Ausfälle Lachmanns gegen Graff wegen einer Akademieintrige und nennt Graff dabei einen "mittelmäßigen" Gelehrten. Vgl. SCHERER (Olms) 1985, 294: dort wird Schmeller im Zusammenhang der "Lateinischen Gedichte des Mittelalters" genannt, die er zusammen mit J. Grimm herausgegeben hatte. Es heißt dort, Grimm habe sich "mit dem bescheidenen, feinsinnigen und grundgelehrten Schmeller in München, dem Verfasser des Baierischen Wörterbuches" zur Herausgabe verbunden. Wie man sieht, scheint in dem kurzen Zitat die fachbezogene Zuweisung Schmellers und seine persönliche Charakterisierung durch J. Grimm auf. Auf Seite 298/299 wird Schmeller noch einmal unter der Kategorie "gleichaltrige oder jüngere neue Mitarbeiter" erwähnt.
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schichtlichen Darstellung vergleichbar. Immerhin ist Karl Lachmann in Scherers Darstellung an 28 Stellen genannt, wobei diese Schilderungen häufig einen breiteren Raum einnehmen. Bei Raumer ist Schmeller ein eigenes Kapitel mit etwa 11 Seiten (555-566) gewidmet, in dem auch genauer auf sein wissenschaftliches Arbeiten eingegangen wird. Vor allem wird dort ausführlich, mit Zitaten aus Schmellers Antrittsrede von 1827, auf den selbständigen Weg zu einer historischen Sprachauffassung, den Schmeller ohne Grimm gefunden hat, aufmerksam gemacht.55 Auch eine erste zaghafte Andeutung auf Schmellers lautphonetische Leistungen klingt durch, wenn sich Schmeller für die "mit feinem Ohr gehörten Laute" ein neues Bezeichnungsmittel schafft, das die Besonderheiten dieser Laute erfassen kann (RAUMER 1870, 564). Deutlicher drückt sich zu diesem Punkt Konrad Hofmann in seiner akademischen Gedenkrede auf Schmeller (25 Juli 1885; S. 1516) zur Jahrhundertfeier aus: "Neben dem Wörterbuch wird die Grammatik heutzutag wenig mehr gelesen. Gleichwohl verdient sie dies aus 4 Gründen. Sie enthält 1) eine klare und wohldurchdachte Phonetik, die nur von einem Manne ausgehen konnte, der ein so fein gebildetes Ohr und eine so geübte Zunge fiir so viele lebende Sprachen und Mundarten hatte. In dieser Beziehung ist sie der erste große Anfang zu der Disziplin, welche heutzutage eine so große Rolle spielt, der Phonetik und Lautphysiologie." (zit. nach ROCKINGER/HINDERLING 1985, 65-66, N. 86) Es ist zu bedenken, daß diese öffentliche Aussage vor Fachpublikum zu einer Zeit gemacht wurde, in der die darin genannten Methoden von der stren35
Vgl. RAUMER 1870, 562-564; Raumer gibt dort die Schilderung Schmellers aus dessen Antrittsrede an der Münchner Universität von 1827 wieder, wovon hier ein Ausschnitt zitiert sei. Schmeller hatte gerade die Erkenntnis von der organischen Fortentwicklung der historischen Sprachstufen gewonnen, als Grimms "Deutsche Grammatik" erschien: "Ausgestattet mit ganz außerordentlichem Talent für Forschungen nicht bloß dieser Art, war dieser Mann viel früher und gleich von oben herein zur vollen klaren Anschauung dessen gekommen, wozu ich mich erst von unten auf mühsam emporzuarbeiten suchte. Was ich aus den mannigfaltigen, vielfach versiegten oder trüben Bächen des wirklichen Volkslebens in mancherlei Gauen deutscher Zunge auf die nicht bequemste Weise zusammentrug, das schöpfte er bequemer und reiner aus den schriftlichen Quellen selbst, die dem gemeinsamen Ursprung, von welchem alle diese weitzertheilten Bäche ausgegangen sind, um zehn bis fünfzehn Jahrhunderte näher liegen. Statt auf einem einzigen Wege fortzuschreiten, der bei befangener Aussicht, eh er zurückgelegt ist, immer keine rechte, innere Sicherheit vor der Gefahr des Sichverlierens gewährt, umfaßte Grimm gleich das ganze vor ihm liegende Gebiet, rückte mit möglichster Umsicht auf allen Wegen zugleich vorwärts, und auf solche Art wurde gefunden und bis zur Evidenz nachgewiesen die organische Einheit des germanischen Sprachstammes und der durchgehende Parallelismus, unter welchem seine Aeste von Knoten zu Knoten auseinandertreten. Durch die überraschenden Resultate, die er in seinem großen, noch nicht geschlossenen Werke über die deutsche Sprache im weitesten Sinne niedergelegt hat, findet sich die nächste Gegenwart in klarem Zusammenhang mit der entferntesten Vergangenheit" (zit. nach RAUMER 1870, 563 f.) Raumer bemerkt dazu: "Man kann Schmeller's Verhältnis zu Grimm nicht treffender schildern, als es hier von Schmeller selbst geschieht. [...] Und gerade diese Verknüpfung der beiden entgegengesetzten Enden der Forschung ist das Epochemachende in Schmeller's mundartlichen Arbeiten." Hinzufügen müßte man hier, daß diese immer wieder zitierte Stelle vielleicht deswegen häufig falsch ausgelegt wurde, weil das Verzerrende in Schmellers typischer Demutsfloskel, die sich darin findet, übersehen wurde. Die Ansicht, daß Schmeller in seiner historischen Sprachauflfassung völlig von Grimm abhängig war, konnte hier leicht entstehen.
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gen Schule der "Junggrammatiker" als ihre ureigenste Erfindung gepflegt und gehütet wurden! Die Aussage mußte also doppelt gut gegründet sein, um nicht sogleich einen stürmischen Protest seitens der junggrammatischen Schule auszulösen, der es ja an streitbaren und selbstbewußten Mitgliedern nicht gefehlt hat. Mehrere Angehörige dieser Forschungsrichtung hätten genügend Grund gehabt, auf diesen Punkt des sprachwissenschaftlichen Ansatzes bei Schmeller hinzuweisen, um sich für eventuelle Anregungen erkenntlich zu zeigen. Wie noch deutlich wird, hat sich vor allem Eduard Sievers am hartnäckigsten zu diesem Punkt ausgeschwiegen. Dabei hätte er, der als eine Hauptfigur der lautphysiologischen Richtung galt, guten Grund gehabt, sich dazu zu äußern. Daß die grundlegenden Gedanken Schindlers zu dieser Forschungsrichtung in junggrammatischen Kreisen nicht unbekannt waren, zeigt die Tatsache, daß einer ihrer ganz großen Männer, Hermann Paul, in seinem "Grundriß" (1891) auf sie hingewiesen hat. Er hat es allerdings dabei vermieden, einen so deutlichen Zusammenhang zur Lautphysiologie herzustellen, wie Hofmann es in seiner Denkrede mit guten Gründen getan hatte. Paul spricht dabei von einer Förderung der Grimmschen Grammatikstudien durch die lebenden Mundarten. Grimm selbst habe diesen Teil vernachlässigt, im Widerspruch mit seiner sonstigen Richtung auf das Volkstümliche, ihm sei einfach die Fähigkeit zur Erfassimg der Sprachlaute abgegangen. Im weiteren Zusammenhang verweist Paul auf die Arbeit Stalders, dessen Leistung aber bedeutend übertroffen wurde durch J.A. Schmeller: "Das eigenthiimlichste in seinen 'Mundarten Bayerns', wodurch er in einem wesentlichen Stücke über Grimms erste Auflage hinausging, war der erste Abschnitt, welcher noch die anspruchslose Überschrift 'Aussprache' fiihrt, aber als die erste eigentliche Lautlehre eines germanischen Sprachgebietes betrachtet werden kann. Wie Lachmann die ursprünglichen Lautverhältnisse, namentlich die Quantitätsunterschiede der Vokale aus den Reimen bestimmte, so bestimmte sie Schmeller aus den Lauten der lebenden Mundarten. " (Vgl. PAUL 1891, 85) Dazu erwähnt Paul lobend, daß es schon ein eminenter Fortschritt für die 2. Auflage der Grimmschen Grammatik gewesen sei, wenn dort wenigstens die Bezeichnung der Vokalquantitäten erfolgt sei (S.85). Diese Aussage Pauls über die originelle Eigenständigkeit Schindlers gegenüber J. Grimm, die nicht nur für die erste, sondern auch für die zweite Ausgabe der Grimmschen Grammatik gilt, scheint in den folgenden Jahrzehnten bei der Bewertung Schindlers wieder in den Hintergrund getreten zu sein. Das mag aus der Darstellung dieses Punkts bei Burdach erhellen: "Den Terminus 'Buchstabenlehre' bewahrt Jacob Grimm freilich fiir die Überschriften in der ersten und selbst noch der zweiten Ausgabe des ersten Grammatikbandes nach einem meines Wissens kaum beachteten, aber in seiner Wirkung nicht hoch genug zu veranschlagenden Grundgesetz aller geistigen Fortbewegung. Ich nenne es dem verwandten physikalischen Gesetz entsprechend das geistige Trägheitsgesetz oder das Geschichtsgesetz der kleinen Schritte. Man nimmt es besonders deutlich in der Wissenschaftsgeschichte wahr, und schon mancher
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Gelehrte wird es selbst an seinen eigenen Arbeiten, sobald sie veröffentlicht waren und Nachfolge oder Widerspruch weckten, mit Überraschung und Verdruß öfter festgestellt haben. Die Untersuchung und Darstellung Grimms ist dagegen über den in den Überschriften noch fortgeschleppten alten papiernen Schulbegriff der uralten grammatischen Tradition hinausgeschritten zu demjenigen Verfahren, das einzig der neue Ausdruck 'Lautlehre' deckt. Ihn bringt dann die dritte Ausgabe (1840) auch als Überschrift (S.30.3J). " (BURDACH in LEITZMANN, XXI-XXII) Diese Art der Darstellung verschleiert einen wichtigen Vorgang, auf den Eduard Studer aufmerksam gemacht hat: Er bedauert, daß Schmellers wertvolle deutsche Lautlehre, seine 176 Seiten starke "Einleitung" zu den "Mundarten Bayerns" (1821), für Grimms zweite Auflage des ersten Grammatikbandes zu spät gekommen sei (vgl. aber unten S.64), um diesem den Unterschied zwischen Laut und Schrift klarzumachen. Er hätte sich darüber aber in einem anderen Buch informieren können, nämlich in Stalders "Die Landessprachen der Schweiz oder Schweizerische Dialektologie", das 1819 in Aarau erschienen war. [Schmeller hatte zu diesem Zeitpunkt unabhängig davon schon sein Kapitel über Aussprache für die 1818 fertige, erste Fassung seiner "Mundarten Bayerns" geschrieben.] Der einzige unter den derzeitigen deutschen Germanisten, die das Werk richtig hätten würdigen können, sei Schmeller gewesen (vgl. STUDER 1952, 351). Burdach hätte also nicht mühsam ein "geistiges Trägheitsgesetz" oder ein "Geschichtsgesetz der kleinen Schritte" einfuhren müssen, um einen Schwachpunkt der Grimmschen Grammatik zu rechtfertigen. Es hätte genügt, auf Schmellers Aussprachekapitel in seinen MB zu verweisen, um die Zusammenhänge deutlich zu machen. Ob er [Burdach] Stalders Werk gekannt hat, ist schwer zu sagen, die Aussage Hermann Pauls über die Lautlehre Schmellers dürfte ihm allerdings bekannt gewesen sein.56 Zu dem bei STUDER 1952 geschilderten Vorgang sei übrigens bemerkt, daß J.Grimm in Briefen an Benecke (undatiert) und Lachmann (11.12.1821) sowohl auf Schmellers Grammatik wie auch auf Stalders Werk eingegangen ist, wobei er Schmellers Arbeit als "weit geordneter und vollständiger als Stalders dialectologie" bewertete. Außerdem enthält sie - so an Lachmann - "in der ausfuhrlichen lautlehre, so viel ich sehe, manche feine Wahrnehmung" (Vgl. BW 11,435). Daß Schmellers MB nicht zu spät kam, um wenigstens Eingang in den Nachtrag der 2.Auflage von J.Grimms Grammatik zu finden, deutet eine Bemerkung in einem Brief an Lachmann (7.7.1822) an, in der sich Grimm über den Setzer beschwert: "1074,13 bestelle ich Schmellers ad zu 56
Hingewiesen wurde auf diesen Umstand in einer Gesamtdarstellung Ober die Geschichte der germanistischen Sprachwissenschaft neuerlich wieder bei BAHNER/NEUMANN 1985, 349: "Im Gegensatz zu Grimm erwies sich Schmeller als ein scharfsinniger phonetischer Beobachter, der erstmals für das Deutsche eine eigene Lautumschrift für feinere phonetische Unterscheidungen schuf."
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Zum forschungsgeschichtlichen Schmellerbild
setzen und es geschieht, beim abdruck haben sie wieder ae draus gemacht. " (LEITZMANN 1927,1,353) Pauls "Grundriß" baut auf Raumers Darstellung auf und führt die Geschichte der deutschen Philologie um 20 Jahre weiter fort. Gegenüber Raumer scheint sich die geschichtliche Spannweite etwas verengt und mehr auf methodengeschichtliche Abläufe konzentriert zu haben. Dies entsprach allerdings dem damaligen Bedürfnis, sich einen handbuchmäßigen Überblick über die gerade befestigten und etablierten Methoden der inzwischen voll anerkannten Wissenschaft zu verschaffen und sie zu dokumentieren. Bedauerlich ist allerdings, daß Hoffmanns deutlicher Ruf und Pauls aufrichtiger Hinweis auf Schmellers Pionierleistungen bezüglich einer phonetisch-lautphysiologischen Forschungsrichtung scheinbar ungehört verhallt sind. Schmeller, der eigentlich seinen Platz mehr in der von den Naturwissenschaften geprägten Richtung der deutschen Philologie gehabt hätte, bleibt hier ebenso "außerhalb" wie bei der in die geisteswissenschaftlich tendierenden Richtung, die schließlich in das abgetrennte Lager der Literaturwissenschaft führte. Am Ende wird dies wohl wirklich die Position Schmellers am besten wiedergeben. Er war Vorläufer und Anreger, genau wie Jacob Grimm. Ihre Zeit war nicht die Zeit, in der sie ihre Einordnung in die Wissenschaftsgeschichte erfuhren. Daß Jacob Grimm nicht genauso in Vergessenheit geraten konnte wie Schmeller, liegt nicht nur an seiner Leistung, in der ihm Schmeller sicher gleichzustellen ist, begründet. Es liegt ferner nicht nur an dem glücklicheren Zeitpunkt, zu dem Grimms Grammatik erschien und an ihrem umfassenderen Stoffgebiet. Es liegt auch nicht nur an Grimms besserer Selbstdarstellung, die mit einem höheren Selbstbewußtsein einherging, oder an seinem Vermögen, Poesie mit Sprachwissenschaft zu verbinden. All das hat sicher mit dazu beigetragen, ihn schon in den Augen seiner Forschergeneration mit der höchsten Fachautorität auszustatten. Ein wichtiger, wenn nicht der wichtigste, Grund für die zentrierte Darstellung Grimms in der Wissenschaftsgeschichte liegt in der Beschreibung dieser Disziplin selbst. Das ist schon öfter deutlich geworden. Das hat aber auch besonders mit dem Umstand zu tun, daß Schmeller gerade in dem Zeitraum zwischen etwa 1890 und 1950 fast nur noch für heimatgeschichtliche Darstellungen interessant gewesen zu sein scheint, wie eingangs dieser Arbeit bereits erwähnt wurde. Einer Wissenschaftsgeschichtsschreibung, die seit spätestens Scherer Probleme hatte, sich zum Hauptbegründer ihrer Wissenschaft zu bekennen, konnte wenig daran gelegen sein, gerade für jene Forschungsrichtungen, deren Begründung sie für sich beanspruchte, einen Vorläufer zu suchen. Gerade aber die Leistung Schmellers, die in Richtung Lautphysiologie bzw. Phonetik ging, war ein origineller Punkt seines Werkes, der ihn aus der Grimmschen Zuweisung in die Dialektologie hätte herausholen können. Da diese Würdigung von seiten der Forschungshistoriographie in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts versäumt worden war (mit Ausnahme von Fritz TECHMER, der Schmellers ABC-Büchlein in
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der Internat. Zeitschr. f. allg. Sprachwiss. 3, 1887, 127-144 herausgab), blieb Schmeller weiterhin der Mundartspezialist, als den ihn Grimm ausgewiesen hatte. Auf allen anderen Fachgebieten, in denen er auch originell genug tätig war, wurde er in die Bahnen Jacob Grimms gewiesen. Für die textphilologische Arbeit ist das noch näher zu zeigen, auch der Umstand, daß er hier an Lachmanns Methode und letztlich auch an dessen Literaturauffassung gemessen wurde. Erreichen konnte er die Meisterschaft der Originale nie - so der forschungsgeschichtliche Tenor (Vgl. z.B. SCHRÖDER 1890, 789 u. 792). Eine Wissenschaftsgeschichtsschreibung, die in dem besagten Zeitraum zwischen Jahrhundertwende und Jahrhundermitte des 20. Jahrhunderts wieder mehr geistes- und literaturwissenschaftlich orientiert war, konnte Schmellers Person und Werk nicht im Mittelpunkt ihrer Interesssen finden. So war es möglich, daß die alten Zuweisungen durch Grimm und die nachfolgende Wissenschaftsgeschichte nicht nur Bestand hatten, sondern auch Schmellers originelle Leistungen - sofern sie nicht auf die Dialektologie bezogen waren - in die Bahnen Jacob Grimms umgeleitet wurden. Dafür mag ein Beispiel sprechend genug sein. Es geht dabei um die Frage, wie stark und auf welche Weise Schmeller in seiner historischen Sprachauffassung von J. Grimm beeinflußt werden konnte. Im Mittelpunkt stehen zwei Aussagen Schmellers. Am 16. Juli 1819 trägt er in sein Tagebuch ein: "Grimms historisch begründete Grammatik, die manches meiner Hirngespinste auseinanderbläst - beschäftigt mich sehr." (TB 1,408) In seiner Antrittsvorlesung vom 8. Mai 1827 in München sagt er rückblickend: "Ich sah, wie sehr ich die organische Natur der Sprache darin verkannt hatte, daß ich glaubte, das, was war, müsse durch das, was ist, erklärt und gemeistert werden, statt das ewige Gesetz alles Organismus zu bedenken, nach welchem alles, was ist, nur aus dem, was war, hervorgegangen sein kann. - Auf diesem Standpunkt befand ich mich, als Jacob Grimms deutsche Grammatik erschien. " (zit. nach RAUMER 1870, 563) Diese Aussage hat offenbar verschiedene Auslegungen erfahren. Naumann z.B. interpretiert sie im Zusammenhang mit dem zuerst zitierten Tagebucheintrag scheinbar so, daß Schmeller "diesen Standpunkt", nämlich die historische Sprachauffassung, erst durch Grimm erreicht hat. Wenn man zu den hier zitierten Aussagen Schmellers die unmittelbar folgenden Passagen seiner Antrittsrede von 1827, die oben schon zitiert wurden (vgl. S.61, Anm.55), hinzunimmt und die darin enthaltenen Demutsfloskeln berücksichtigt, kann man m.E. durchaus zu dem Schluß kommen, daß Schmeller "diesen Stand", also die historische Sprachauffassung, schon selbständig und vor der Lektüre von Grimms Grammatik gewonnen hatte. Diese Meinung vertritt z.B. auch Reiffenstein (vgl. unten S.69). Seit Raumers "Geschichte" und Hermann Pauls "Grundriß" wird die zuletzt zitierte Aussage Schmellers fur seine Einstufung in dieser Hinsicht herange-
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zogen (vgl. RAUMER 1870, 562-564 und PAUL 1891, 84 f.). Die Aussagen fixieren sich etwa darauf, daß Schmeller gewissermaßen "von unten" auf die "Höhe" der älteren Sprachstufen gekommen sei, indem er in den Mundarten auf dieselbe größere Konsequenz gegenüber der modernen Schriftsprache stieß, wie sie sich in den älteren Sprachstufen zeigte, wie in beiden manches klar wurde, worüber die Schriftsprache keinen Aufschluß gab. So die Paraphrasierung von Schindlers eigenen Aussagen in seiner Antrittsvorlesung. PAUL 1891 (S. 85) fährt an dieser Stelle fort: "Grimms Grammatik zeigte ihm [Schmeller] dann deutlich die organische Einheit des germanischen Sprachstammes, an die er auch die Resultate seiner Dialektstudien anschließen konnte." Das ist richtig, wenn auch etwas stärker ausgedrückt als bei Schmeller (Vgl. oben Anm. 55). Die Forschungsgeschichte hat das recht häufig so interpretiert, daß sie Schmeller in die von Grimm zugewiesene Bahn der Dialektforchung gestellt hatte, innerhalb der er methodisch der breit angelegten Spur Grimms nacharbeitete - mit beachtlichem Erfolg, aber ohne das Vorbild je zu errreichen (z.B. Schröder 1890, 789 oder Baseler 1955, 467). Das eigenständige Auffinden des Kernprinzips der historischen Sprachbetrachtung durch Schmeller ohne Grimm wird nicht mehr gewürdigt, ist vergessen. Betont wird nur noch die Abhängigkeit von Grimm. Bei SCHRÖDER 1890 heißt es z.B.: "Dazu ließ die glücklichste Fügung mitten unter den Vorarbeiten [zu MB und BWB] den ersten Band von Jacob Grimms Grammatik ans Licht treten und gab so auf historischem Gebiete dem noch unsicheren Tasten Schmeller's einen festen Halt. " (S.789)
Schindlers eigene Aussagen werden hier fast ins Gegenteil verkehrt, das Wesentliche wird Grimm zugeschrieben. Diese Einschätzung läßt sich bis in die Fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts hinein verfolgen. Hermann Kunisch schreibt in seinem Aufsatz über die geistesgeschichtliche Stellung Schmellers 1949 noch: "Langsam beginnt die Erkenntnis zu wachsen, daß die ältere Sprache nicht verderbt sei, sondern der Anfang, aus dem sich der heutige Zustand gebildet habe. Völlige Sicherheit gewinnt er [Schmeller] aus dem 1819 erscheinenden ersten Bande der Grimmschen Grammatik, der ihn als "Zauberleuchte" die wahren Verhältnisse erkennen läßt: [...]" (KUNISCH
1968, 232) Im Neudruck desselben Aufsatzes von 1968 in seinen "Kleineren Schriften" holt Kunisch dann zu diesem Punkt in einer Fußnote nach, was WISSMANN 1959 unter anderem zu Schmellers sprachhistorischer Leistung dargestellt hat und gelangt dann etwa wieder zu dem, was schon Hermann Paul darüber ausgesagt hat (Vgl. dort Anm. 79). Die vorsichtigen Neuansätze, die bei Wissmann anklingen, kommen nicht zum Zug. Auf sie hat Harnisch 1985 erneut aufmerksam gemacht und zugleich auf ähnliche Bemühungen bei BRUNNER 1971 hingewiesen. Wenn beide Autoren auch noch stark auf Schmellers sprachhistorische Leistung fixiert blieben, so habe doch Wissmann immerhin zuerst auf Schmellers sprachphilosophisches Schaffen aufmerksam gemacht und Brunner habe immerhin bemerkt, [was auch schon aus RAUMER und
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PAUL ersichtlich war] daß Schmeller selbst zu seiner historischen Betrachtung der Sprache gelangt und sich darin von Grimm unterscheide, daß er auf dem retrospektiven Weg dahin gekommen sei. Wie Harnisch zutreffend bemerkt, werden diese vorsichtigen Ansätze "durch Wertungen wieder erdrückt, die Schmeller so hinstellen, als ob er ein Grimm oder gar ein Junggrammatiker hätte sein wollen aber nicht können [...]".57 Die von Raumer und Paul umschriebene sprachhistorische Position Schmellers wird von Reiffenstein 1981 und 1985 noch einmal schärfer gefaßt: "Eines allerdings läßt sich mit ziemlicher Sicherheit sagen, daß nämlich Schmeller ohne und vor (oder gleichzeitig mit) Grimm zu einer modernen historischen Auffassung von Sprache gelangt war. [...] Galt Grimms Interesse in erster Linie den älteren Sprachstufen, und in romantischer Blickverengung nur ihnen, so konnte Schmeller an den Dialekten die historische Kontinuität von den ältesten Sprachformen bis in die Gegenwart zeigen. " (Reiffenstein 1985, 13) Hinderling, der in seiner erweiterten Neuausgabe von Rockingers Darstellung (1886) einige wichtige Aufsätze aus der Frühzeit von Schmellers dialektologischem Aibeiten veröffentlicht hat, stellt in seiner Einleitung die weiterführende Frage nach der Art der Abhängigkeit Schmellers von Grimm bezüglich seiner Mundartgrammatik. Diese Frage beinhaltet wohl auch die Frage, wie Schmellers historische Betrachtung der Sprache mit der Grimmschen zusammenhängt.58 Dieser Frage wurde bei HARNISCH 1985, NAUMANN 1988 und WOLF 1988 unter verschiedenen Aspekten nachgegangen und dabei auch auf die sprachphilosophische und rational-grammatische Tradition Schmellers hingewiesen. Dabei ist es in unserem Zusammenhang von Bedeutung, daß NAUMANN 1988 hinsichtlich der historischen Sprachauffassung Schmellers 57
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Vgl. HARNISCH 1985, 52. Nicht weiter eingegangen werden kann in diesem Zusammenhang auf die dortige Beurteilung Schmellers als sprachtheoretischen Grammatikers, der außer der historischvergleichenden Sicht auch Konzeptionen der rationalistischen Grammatik mit in seine Mundartgrammatik eingebracht und dabei auch auf Theoreme der mittelalterlichen bzw. antiken Grammatik zurückgegriffen hat. Ahnliche Hinweise finden sich neuerdings auch bei NAUMANN 1988 und WOLF 1988. Harnisch sieht gerade in dieser Verbindung unterschiedlicher Wissenschaftsparadigmen, die um eigene Ideeen angereichert wurde, das Große an Schmellers Leistung (Vgl. HARNISCH 1985,77). Dabei kann Hinderling vom Vergleich der Inhaltsverzeichnisse und eines Teils des Vorwortes der MB in den Fassungen von 1818 und 1821 ausgehen. Erstere Fassung wird in der Ausgabe ROCKINGER/HINDERLING 1985 erstmals veröffentlicht. Auf zwei Dinge weist Hinderling vorab hin: wie der Abdruck zeige, hat Schmeller nicht einfach seine Lautlehre um eine Formenlehre nach dem Muster Grimms ergänzt, wie vielleicht einige seiner Aussagen nahelegen könnten (vgl. den oben zitierten Tagebucheintrag vom 16.7.1819 und eine Bemerkung in seinem Handexemplar der MB, die besagt, daß er bei Druckbeginn erst eine Idee vom zweiten, grammatischen Teil hatte). Zudem scheine "auch im Einzelnen viel mehr Kontinuität zwischen der Fassung von 1818 und der von 1821 vorhanden" zu sein. "Die Frage nach der Art der Abhängigkeit, die freilich bisher noch kaum zu beantworten versucht wurde, ist also zunächst einmal mit aller Deutlichkeit zu stellen. Das Manuskript macht deutlich, daß die Antwort auf diese Frage jedenfalls nicht leicht zu geben ist."
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hinter die Aussagen von Reiffenstein zurückzugehen scheint.59 Er stellt zunächst die oben zitierten Aussagen Schindlers (TB I, 408; Antritssrede (1827) zit. nach RAUMER 1870, 563) gegenüber und kommentiert sie so: "Hier vertauscht Schmeller im Rückblick wohl Ursache und Wirkung, denn wenn er 1819 wirklich schon Erkenntnisse gehabt hätte, für die GRIMMS Grammatik nur noch die nachträgliche Bestätigung gewesen wäre, hätte Grimm ja wohl keine 'Hirngespinste' mehr auseinanderblasen müssen." (NAUMANN 1988, 83) Als Bestätigung für diese Annahme wird eine Eintragung Schmellers in seinem Handexemplar (zit. nach HINDERUNG 1985, 243) herangezogen: "Schon im May 1818 legte ich der philologisch-philosophischen Classe der K. Akademie der Wissenschaften eine grammatische Darstellung der bayerisch-oberpfälzischen Mundart vor. Später gewann ich über Manches umfassendere Ansichten. Es erschien J. Grimms deutsche Grammatik. Es wurden mir im Sommer 1820 vom K. Grenadier-Garderegiment auch Leute aus Franken, Schwaben und dem Rhein zugeschickt. Das bestimmte mich die Arbeit von 1818 (.....) ganz umzuschmelzen und dieselbe über alle Dialekte des gegenwärtigen Bayerischen Staates auszudehnen (.....) Als ich den ersten Abschnitt über die Aussprache in die Druckerei schickte, hatte ich vom zweiten oder eigentlichen grammatischen nur erst die Idee im Kopf." (NAUMANN 1988, 84) Außer der Bestätigung seiner oben zitierten Annahme sieht Naumann in der Bemerkung Schmellers einen Anstoß für die Ausweitung seines Belegmaterials für seine MB auf ganz Bayern. Er zieht den naheliegenden Schluß, daß "die Idee im Kopf' Schmellers in der Umordnung des Belegmaterials nach den Prinzipien der historischen Grammatik Grimms bestanden habe. Letzteres wird durch die Erörterung Naumanns näher beschrieben und beantwortet sicher einen Teil der Frage nach der Art des Grimmschen Einflusses auf die Ausgabe der MB von 1821, die Hinderling gestellt hatte. Erstere Annahme scheint Naumann gegen Ende seiner Ausführung selbst etwas relativieren zu wollen (NAUMANN 1988, 91): "Bei GRIMM findet SCHMELLER die Bestätigung der Überzeugungen, die er durch viele eigene Erfahrungen entwikkelt hatte. Diese Bestätigung legitimiert seine eigene Tätigkeit, der gegenüber er zeitlebens Komplexe und Zweifel behielt, und wertet sie auf. So ver59
Naumann vergleicht die Inhaltsverzeichnissse von Schmellers MB in den Fassungen von 1818 und 1821 und versucht, über die unterschiedliche Anordnung und Gewichtung des Stoffes Einflüsse der Grimmschen Grammatik herauszuarbeiten. Dabei wird vor allem auf eine unverkennbar morphologische Gewichtung hingewiesen, die sich letzlich auf die Grimmsche Wertschätzung der Morphologie zuräckleiten lasse: "Damit wird die 'Logik der Morphologie' zum Motor der Sprache Oberhaupt, erhält ähnliches Gewicht wie bei Grimm, aber nicht mit historisch-diachroner, sondern mit universalistisch-synchroner Begründung " (NAUMANN 1988, 86). Das scheinbare Resumé der Gegenüberstellung - daß nämlich Schmeller trotz Grimms Einfluß Rationalist des 18. Jahrhunderts blieb - relativiert Naumann dahingehend, daß Schmeller nicht wie ein Enzyklopädist nach dem "Richtigen" und Allgemeinen in den verschiedenen Sprachformen suchte, sondern ihre Faktizität zunächst nach Ort und Zeit dokumentierte (NAUMANN 1988, 90-91).
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standen hatte SCHMELLER schon recht mit seiner eingangs zitierten Rückerinnerung in seiner Antrittsvorlesung, die den tiefen Eindruck des GRIMMschen Werkes auf seine eigene Arbeit bekundet: Den Wert der Mundart hat ihm GRIMM nur bestätigt, historische Arbeitsweise hat er erst von ihm gelernt, in seine Grammatik hat er sie nur ansatzweise integriert. " Wenn man daraus den allerdings nahe liegenden Schluß ziehen könnte, daß diese Einschätzung des historischen Sprachverständnisses von Sctuneller tatsächlich wieder etwas hinter die Position von REIFFENSTEIN 1985 zurückgehen sollte, dann könnte man sagen, daß auch bei gegenwärtigen forschungshistorischen Beurteilungen des Verhältnisses Grimm-Schmeller der sprachhistorische Schatten Grimms noch immer (zurecht?) übermächtig auf dem Werdegang von Schmellers sprachhistorischer Auflassung liegt. Wenn das seine Berechtigung hätte, dann hätte Schmeller in seinem Brief vom 25.1.1822 an J. Grimm zu diesem Punkt sicher nicht davon gesprochen, wie er [Grimm] "so mancher Wahrnehmung, zu der ich von unten auf gekommen bin, von oben herab " begegnet sei (vgl. BW I, 443). Versucht man, Darstellung und Bewertung Schmellers durch zeitgenössische Fachkollegen und Forschungsgeschichte zusammenfassend zu verfolgen, so ergibt sich etwa folgendes Bild: Die zeitgenössische Meinung stellt Schmeller respektvoll neben die Grimms und Karl Lachmann, ist aber schon von den Zuweisungen Grimms, die Schmeller auf den Bereich der Dialektforschung einengen, geprägt. Immerhin wird die textphilologische Leistung noch in vollem Umfang erkannt und gewürdigt. Raumer und Paul werden den eigenen und gegenüber Grimm originellen sprachwissenschaftlichen Leistungen Schmellers gerecht, auch wenn sie dabei seine sprachphilosophischen und rational-grammatischen Züge nicht erkennen oder erwähnen. Paul weist korrekterweise auf Schmellers Lautlehre hin, ohne allerdings den von Konrad Hofmann formulierten Zusammenhang mit der Lautphysiologie der junggrammatischen Epoche deutlicher herauszustellen, was auch nicht im Interesse seiner Forschergeneration liegt. Die Arbeiten von FÖHRINGER 1855 und NICKLAS 1885 sind für den germanistischen Standpunkt weniger ergiebig. Im Umkreis der Jahrhundertfeier weisen der schon erwähnte Konrad Hofmann und ROCKINGER 1886 noch einmal deutlich auf die originellen sprachwissenschaftlichen Arbeiten Schmellers hin, bevor die Phase des Schweigens über ihn anbricht. In der folgenden Zeit wird die von Scherer begonnene Zentrierung der frühen deutschen Philologie auf die stilisierte Gründergruppe Grimms/Lachmann weitergeführt und verstärkt, wobei originäre sprachwissenschaftliche - und wie zu zeigen ist auch textphilologisch eigenständige methodische Leistungen - zum Teil nicht mehr erkannt oder erwähnt bzw. nur in engster Abhängigkeit von J. Grimm und Lachmann gewürdigt werden (z.B. bei SCHRÖDER 1890; BURDACH 1927; KUNISCH 1949; BASELER 1955 und DÜNNINGER 1957). Daran hat auch die Herausgabe der Tagebücher Schmellers vorläufig nichts zu ändern vermocht. Deutlicher
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gehen auf die eigenständigen sprachwissenschaftlichen Ansätze Schmellers jene Gesamtdartstellungen der germanistischen Sprachwissenschaft ein, die mehr von den forschungsgeschichtlichen Arbeiten der allgemeinen Sprachwissenschaft beeinflußt sind (z.B. ARENS 1969 und BAHNER/NEUMANN 1985). Nach vorsichtigen Neuansätzen bei WISSMANN 1959 haben vor allem forschungsgeschichtliche Beiträge, die meist in den Jahrbüchern der 1979 gegründeten Schmeller-Gesellschaft, aber auch in Sammelbänden und Austellungskatalogen60 ein Forum fanden, besonders die Eigenständigkeit von Schmellers sprachwissenschaftlichem Ansatz, aber auch seine lexikologische Überlegenheit gegenüber Grimm - vielfach mit einer modernistischen Blickrichtung - hervorgehoben. Es ist damit gelungen, fast vergessene Leistungen Schmellers wieder in Erinnerung zu bringen, genauer darzustellen und forschungsgeschichtlich nutzbar zu machen. Eine Neubewertung von Schmellers Position innerhalb der Wissenschaftsgeschichte wird damit einhergehen müssen. Im Zuge dieser Neubewertung von Schmellers germanistischen Arbeiten ist auch wieder stärker auf die textphilologische Arbeit Schmellers aufmerksam gemacht worden. Die exemplarische Auseinandersetzung mit diesem Teil seines Werkes, vor allem aber auch die Art und Weise seiner Rezeption durch die nachfolgende Forschergeneration soll im folgenden den Mittelpunkt dieser Darstellung bilden. Zunächst aber noch ein Überblick über die philologischen Arbeiten und der Versuch, seine Editionsmethoden im Lichte der zeitgenössischen Auseinandersetzung und der späteren Bewertung zu beschreiben.
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z.B. der von EICHINGER/NAUMANN 1988 herausgegebene Sammelband "J. A. Schmeller und der Beginn der Germanistik" oder die Kataloge zu den Ausstellungen über Schmellers Leben und Werk, die in Tirschenreuth und in der Münchner Staatsbibliothek zu Schmellers 200. Geburtstag 1985 veranstaltet wurden.
Schmeller als Philologe
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2.3. Schmeller als Philologe 2.3.1. Das philologische Werk im Überblick Unter Philologie wird im folgenden die engere Bedeutung des Wortes verstanden, nämlich der wissenschaftlich-methodische Umgang mit Texten, in diesem Fall, genauer gesagt, mit deutschen und lateinischen Textdenkmälern des Mittelalters. Vor aller weiteren Beschäftigung mit solchen Texten steht erst einmal das Sammeln der erreichbaren Handschriften (Hss.) und Inkunabeln bzw. Drucke. Schmeller hat eigentlich schon 1813 mit dem Sammeln solcher Textzeugen begonnen. Noch in seiner Schweizer Zeit kopierte er während mehrerer Besuche bei dem St. Galler Studienpräfekten Leonz Füglistaller die Nibelungen-Hs. Β (Vgl. NICKLAS 1885, 69 und STUDER 1952, 392). Er hat solche Textzeugen mit verschiedener Zielsetzung, am intensivsten wohl zwischen 1824 und 1840, gesammelt. Zwei hauptsächliche Absichten lassen sich in der Anordnung dieser Sammlungen in seinem Nachlaß erkennen: einmal wurde für eine spätere Edition gesammelt, zum anderen legte sich Schmeller eine Art Handbibliothek ahd. und mhd. Textdenkmäler an, die er zu sprachhistorischen Beleg- und Nachschlagezwecken hauptsächlich für seine Wörterbucharbeit, aber auch fiir seine weitergehenden sprachlichen Studien benützte. Entsprechend können seine philologischen Arbeiten in zwei große Komplexe aufgeteilt werden: die Textsammlungen mit den Vor- und Nacharbeiten im Umkreis seiner Editionen und die umfangreichen Textsammlungen für seine Handbibliothek, die nicht ediert wurden und somit einer breiteren Fachöffentlichkeit unbekannt blieben.
2.3.1.1. Die Editionen Einen guten Überblick mit kurzen, aber zuverlässigen Beschreibungen gibt Karin Schneider im Münchner Ausstellungskatalog sowohl für den Bereich der Editionen als auch für die ungedruckten Arbeiten (KATALOG MÜNCHEN 1985, 115-152). Ihr Bericht stützt sich auf Autopsie des handschriftlichen Materials im Schmeller-Nachlaß und gibt die einschlägige Literatur an. Um einen Eindruck vom Umfang der Editionen zu geben und zugleich einen zeitlichen Rahmen zu gewinnen, seien hier die Textausgaben in ihrer zeitlichen Abfolge kurz vorgestellt. Die Informationen sind für diesen Zweck bewußt knapp gehalten, da im übrigen auf die einschlägige Literatur verwiesen werden kann. Einzelheiten zu einigen der Arbeiten kommen noch bei der Beschreibimg von Schmellers methodischem Ansatz und bei der Bewertungsfrage zur Sprache. Die für den rezeptionsgeschichtlichen Teil ausgewählten Komplexe, ahd. Glossen, "Tatian" und Hadamars "Jagd", werden dort eingehend beschrieben.
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Zwischen 1824 und 1827 bereitet Schmeller eine Ausgabe des Matthäusevangeliums, das er aus der St. Galler Tatianhandschrift auszieht, vor.61 Dazu hat er die Matthäus-Textstellen aus seiner Abschrift des St. Galler Codex herausgenommen und zu einem vollständigen Evangelientext ergänzt. Interessant ist, daß er im Text schulmäßig auch Quantitätsbezeichnungen setzt, die in der Hs. nicht enthalten sind. J. Grimm bedauert in seiner Rezension, daß Schmeller nicht den gesamten "Lückentext" (im Abdruck des Oxforder Manuskripts fehlen Kap. 76-152 der Harmonie) wiedergegeben hat und kritisiert, daß er den von Tatian weggelassenen Matthäustext "selbst verfaßt und cursiv gedruckt einrücken" ließ (Vgl. KATALOG MÜNCHEN 1985, 132). 1830 gibt Schmeller seinen Heliand heraus, an dem er schon 1824 zu arbeiten begonnen hatte (TB.I, 510). Den heute gültigen Namen "Heliand" hat die früher als "altsächsische Evangelienharmonie" bekannte Dichtung von Schmeller erhalten. Es handelt sich um ein umfangreiches Stabreimepos vom Leben Christi in altsächsischer Sprache, dessen Entstehungszeit zwischen 822-840 angesetzt wird. Es ist in zwei vollständigen Hss. (Cgm 25, aus der Bamberger Dombibliothek 1804 nach München gekommen; London, Brit. Libr. Cotton Caligula A VII) überliefert, wovon Cgm 25 die ältere ist und die Cottonische Hs. in die 2. Hälfte des 10. Jahrhunderts datiert wird. Schmeller konnte für seine Ausgabe die Vorarbeiten von Wilhelm F.H. Reinwald (Abschriften der 2 Hss., Glossar und as. Grammatik) benützen. Die umfangreichen Vorarbeiten des Münchner Bibliothekars Scherer gab das Stadtgericht München erst 1840 frei, als auch Schmellers Glossar schon erschienen war (TB. II, 304). In der Textausgabe des Heliand ist der Text des Münchner Codex Cgm 25 handschriftengetreu abgedruckt. Seine Lücken sind durch die Londoner Hs. ergänzt und deren abweichende Lesarten im kritischen Apparat wiedergegeben.62 Erst zehn Jahre später, 1840, erscheint das Glossar zum 61
J.A. Schmeller, Evangeli· secundum Matthaeum versio Francica saeculi IX, nec non Gothica saec. IV. quoad superest Das Evangelium des hl. Matthaeus im Hochdeutsch des 9. Jahrhunderts, aus dem St Galler Codex der Tatianischen Evangelienharmonie, mit Vergleichung der Schilter'schen Ausgabe des Oxforder Manuscripts zusammengestellt und nebst den entsprechenden Resten der Gothischen Uebersetzung zum Gebrauche bey Vorlesungen hrsg. v. J.A.S. Stuttgart, Tübingen 1827 VI, 106 S. [Rezensionen: (Allgemeine Literatur-Zeitung (Halle) 1829) Nr.224, Sp. 511-512 und (Göttingische Gelehrte Anzeigen 1828, S. 641-647; auch in: J.GRIMM, Kleinere Schriften 5, Berlin 1871, S. 35-39)]. Dazu: Handexemplar Schmellers mit eigenhändigen Korrekturen und Nachträgen: Schmelleriana Vili. 12.a; J.A.SCHMELLER, Evangelii secundum Mattaeum versio germanica. Zwischen 1824-1827. Manuskript: Schmelleriana VIII.12.b Vgl. auch: KATALOG MÜNCHEN 1985, 132. 62 J.A. SCHMELLER, Heliand. Poema saxonicum seculi noni. Accurate expressum ad exemplar Monacense insertis e Cottoniano Londinensi supplementis nec non adjecta lectionum varietate nunc primum editit. [Auch mit dem Titel:] Heliand oder die ahsächsische Evangelienharmonie. Hg. v. J.A.S. Erste Lieferung: Text Monachii [u.a.] 1830. [Rezension von J. Grimm (Göttingische Gelehrte Anzeigen 1831, S. 66-79)]. Dazu: J.A SCHMELLER, Harmonía Evangeliomm saxonica. 1829. Manuskript: Schmelleriana IX.4; Heliand. Poema saxonicum saeculi noni... Hrsg. v. J.A. SCHMELLER. Erste Lieferung Text, München 1830. Druckbögen mit eigenhändigen Korrekturen: Schmelleriana DC2.a; Schmellers Exemplar: Schmelleriana IX.9 und IX. 1. Lit.: BRUNNER
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Heliand. 63 Es stellt die sprachliche Auswertung des Heliand dar und gliedert sich in ein altsächsisch-lateinisches Glossar mit Korrektlirvorschlägen für die verderbten Stellen der Münchner Hs., in ein lateinisch-altsächsisches Glossar und in einen grammatikalischen Abriß des Altsächsischen. Über Metrum und Stabreim des Heliand existiert ein Akademievortrag Schmellers vom 4.5.1839. 64 1832 erscheint das Muspilli,65 ein ahd. Stabreimgedicht, dem Schmeller seinen Namen nach dem im Text vorkommenden, ungeklärten Wort "Muspilli" gegeben hat: "vora demo Muspilli" kann niemand dem Menschen helfen. Schmeller faßte die Bedeutung des Wortes als "Ende der Welt", "Weltenbrand" oder personifiziert als "Weltzerstörer" auf, ohne sich auf eine Etymologisierung einzulassen. Der Inhalt des Gedichts handelt vom Schicksal der Seele nach dem Tod, vom Weltende und vom Jüngsten Gericht. Überliefert ist das Bruchstück in einer Pergamenthandschrift des späten 9. Jahrhunderts aus dem Regensburger Raum. Schmellers Vorgänger in der Bibliothek, Docen, hatte es aus einem St. Emmeramer Codex (Clm 14098) gelöst, den Schmeller später ausfindig machte. Er druckt den Text zuerst handschriftengetreu ab, anschließend gibt er eine emendierte ahd. Fassung und schließlich eine genaue Übersetzung. Dabei erweist er sich übrigens als genialer Konjekturalkritiker. Ein Glossar, das den Text sprachlich erschließt, liefert ferner zwei wichtige Beiträge zur richtigen Lesung des Hildebrandliedes. Davon später noch mehr. 1838 erscheint der Ruodlieb, ein weltlicher Versroman in lateinischer Sprache, der nur bruchstückhaft überliefert ist,66 in einem Sammelband, den Jacob
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1971, 86-92; Heliand, hrsg. von E. SIEVERS (Germanistische Handbibliothek 4), Halle 1878, bes. S. XIX f. (Vgl. dazu auch: KATALOG MÜNCHEN 1985, 133-135). Glossarium Saxonicum e Poemate Heliand inscripto...collectum, cum vocabulario Latino-Saxonico et synopsi grammatica. [Auch mit dem Titel:]Heliand oder die altsächsische Evangelien-Harmonie. Hg. v. J.A.S. 2. Lief. Wörterbuch und Grammatik, nebst Einleitung. Monachii [u.a.] 1840. [Rezension (Allgemeine Literatur-Zeitung (Halle) 1841), Nr. 105-108; 127-131; 148-149; Sp.225-227; 233-256; 401-431; 435-440;]. Dazu: J.A Schmeller, Heliand. Repertorium vocabulorum, 1830-1837, Manuskript: Schmelleriana DC7.a-c; Durchschossenes Exemplar Schmellers: Schmelleriana IX.6.C und DC6.a-b. J.A. Schmeller, Ober den Versbau in der alliterirenden Poesie besonders der Altsachsen, nachträglich gedruckt in: Abhandlungen der philos.-philol. Kl. der K. Bayer. Akad. d. Wiss. 4,1. München 1844, S. 205-227. Vgl. dazu: KATALOG MÜNCHEN 1985, 135-136; BRUNNER 1971,92 ff. Muspilli. Bruchstück einer alliterirenden Dichtung vom Ende der Welt. Aehestes Denkmal hochdeutscher Poesie. Aus einer Handschrift der königl. Bibliothek, zu vorläufigem Abdruck mitgetheilt v. J.AS. (Neue Beiträge zur vaterländ. Geschichte, Geographie u. Statistik 1) München 1832, 89-117, 1 Faks. Zugl. als Sonderdruck aber mit Glossar: München 1832. 39 S. 1 Faks. [Rezension (Bayer. Blätter f. Geschichte, Statistik, Literatur u. Kunst 1832) S. 110-111], Dazu: J.A. Schmeller, Muspilli, 1830-1832. Manuskript (unvollständig) und Schmellers Exemplar mit eigenhändigen Notizen: Schmelleriana VIII.8 Lit.: BRUNNER 1971,94-96 GRIMM JACOB und ANDREAS SCHMELLER, Lateinische Gedichte des X. und XI. Jahrhunderts, Göttingen 1838 [Enth. S. 127-240 Ruodlieb hg. v. J.A.S.], Ruodlieb. [Nachtrag zu dem lat romantischen Gedichte Ruodlieb]. (Zeitschr. f. deutsches Altertum 1) 1841, 401-423. Dazu:
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Grimm zusammen mit Schindler herausgegeben hat. Schmeller ediert die Münchner Fragmente aus einer Pergamenthandschriñ (letztes Drittel 11. Jahrhundert) des Klosters Tegernsee (Clm 19486), nachdem ihm H.Hoffmann in Moriz Haupts "Exempla" im gleichen Jahr zuvorgekommen war und Bruchstücke des Romans aus einer St. Florianer Hs., die Schmeller ebenfalls bekannt war, abgedruckt hatte. Schmellers Vorgänger Docen hatte die Bruchstücke auf einigen Pergamentblättern entdeckt, die auf die Innenseite von Einbanddeckeln einiger Tegernseer Codices geklebt waren. Schmeller, der gezielt weitergesucht hatte, fand noch weitere Blätter. Ferner fand er heraus, daß die St. Florianer Bruchstücke aus einer Abschrift der Münchner (Tegernseer) Hs. stammen mußten. Für die Edition mußte die Reihenfolge der Bruchstücke mühsam rekonstriert werden. Der nächste Herausgeber, Friedrich Seiler, nahm 1882 nochmals Umstellungen vor. Schmeller druckte den Text aller ihm bekannt gewordenen Münchner Bruchstücke ab und brachte dazu einen Fundbericht und die Nacherzählung des Inhalts. Er stellte einen Bezug zu Gestalten der deutschen Heldensage her und schlug den Tegernseer Mönch Froumund als möglichen Autor vor. Dieser Vorschlag ist heute überholt. Ein Glossar mit ungewöhnlichen mittellateinischen Wörtern, von denen einige aus dem Deutschen herzuleiten sind, erschließt den Text sprachlich (Vgl. KATALOG MÜNCHEN, 1985, 138-140). Ein weiteres Doppelblatt, das Schmeller im Nachlaß des verstorbenen Naturforschers Karl E. von Moll fand, als seine Edition bereits erschienen war, veröffentlichte er 1841 in der neugegründeten "Zeitschrift für deutsches Altertum" (Vgl. Anm. 66) und trug dort auch neuentdeckte motivgeschichtliche Belegtexte nach (Vgl. KATALOG MÜNCHEN 1985, 140). 1841 folgte die Tatian-Ausgabe, deren ahd. Text nach dem St. Galler Codex wiedergegeben wurde. Eine eingehende Beschreibung dieser Ausgabe im Vergleich mit anderen Ausgaben und der Hs. wird im Rezeptionsteil gegeben. Auch eine Auseinandersetzung mit der einschlägigen Literatur findet dort statt. 1844 gibt Schmeller zwei Reiseberichte über die Reise des böhmischen Ritters Leo von Rozmital (1465-1467) heraus.67 Zwei Reisebegleiter hatten über die-
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Ruodlieb-Fragmente in St. Florian. Abschrift von Jodok Stülz, 1830: Schmelleriana XIII.3.b; Exemplar Schmellers von S. 129-240 mit eigenhändigen Notizen: Schmelleriana XIII.3.a; Lit.: Ruodlieb, der älteste Roman des Mittelalters...Hrsg. von F. Seiler, Halle 1882, bes. S. 15-21; BRUNNER 1971,99-109. Des böhmischen Herrn Leo's von Rozmital Ritter-, Hof-, und Pilger-Reise durch die Abendlande 1465-1467 beschrieben von zweien seiner Begleiter. Herausgegeben von J.A. SCHMELLER (Bibliothek des Literarischen Vereins in Stuttgart 7) Stuttgart 1844. Leu's von Rosmital, Bruders der Königin von Böhmen, Ritter-, Hof-, und Pilger-Reise durch die Abendlande in den Jahren 1465 bis 1467, nach zweyer Gefährten, Schaschko's des Böhmen und Gabriel Tetzel's von Nürnberg, Berichten. Sitzung der philol.-philos. Klasse am l.Febr,1840.(Gelehrte Anzeigen 10) 1840, Sp.
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se halb diplomatische Reise durch Europa einen Reisebericht verfaßt. Bis 1837 war nur der eine Bericht eines Schachek bekannt, in dem auch ein anderer Reiseteilnehmer, ein Tacelinus, genannt wird. Der Bericht war ursprünglich in tschechischer Sprache verfaßt und nur noch in einem lateinischen Druck (1577) und in einer deutschen Nacherzählung (1824) zugänglich. 1837 hat Schmeller bei der Katalogisierung der Münchner Hss. eine deutsche Beschreibung der gleichen Reise entdeckt (Cgm 1279, Bl. 128.r-178.v), der von dem Nürnberger Gabriel Tetzel verfaßt war - jenem Tacelinus, den Schascheks Bericht erwähnt. Freudig hat er darüber in der Akademiesitzung vom 1.2.1840 berichtet (Vgl. Anm. 67). Die Edition von 1844 bringt zuerst den unveränderten lateinischen Text des Schaschek-Berichts, den Stanislaus Pawlowski 1577 in Olmütz herausgegeben hat. Dann folgt auf Seite 143-196 der deutsche Bericht des Gabriel Tetzel, nach der Nürnberger Papierhandschrift (Cgm 1279) originalgetreu abgedruckt. Fehlerhafte Orts- und Personennamen sind im Text belassen und nur in den Fußnoten gebessert. Der sprachliche Aspekt bleibt unbeachtet, der Text ist durch ein Orts- Personenund Sachregister kulturhistorisch aufgeschlüsselt. (Vgl. KATALOG MÜNCHEN 1985, 140-142). Ebenfalls 1844 erscheint die Ausgabe von St. Ulrichs Leben.68 Etwa um 1200 wurde die lateinische Vita des Augsburger Bischofs, die der Reichenauer Abt Berno 1030 verfaßt hatte, von einem Albertus in deutsche Reimpaare übersetzt. Zuerst hatte dieses Denkmal Docen bemerkt, als es während der Säkularisation aus der Klosterbibliothek von St. Ulrich und Afra in Augsburg nach München entfuhrt wurde. Auch Heinrich Hoffmann scheint sich für eine Edition des Textes interessiert zu haben; davon ist noch zu handeln. Die Edition von 1844 gibt den deutschen Text in einem vorsichtig normalisierten Mittelhochdeutsch wieder, die entsprechenden lateinischen Textstellen, die in Schmellers Manuskript auf halben Blättern eingebunden wurden, erscheinen in den Fußnoten. Im Vorwort werden die auffälligsten Eigenheiten des alten Schreibers, die in ihrer ursprünglichen Orthographie auf die damals am Lech übliche Ausprache hindeuten könnten, zusammengestellt. Schmellers Erstausgabe von 1844 wurde 1971 durch einen neuen Abdruck ersetzt (Vgl. KATALOG MÜNCHEN 1985,142-143). Den strengen Grundsatz absolut handschriftengetreuer Wiedergabe, den Schmeller bei seinen ahd. Texteditio-
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425-431; 433-439; 441-446; 449-452. Dazu: Schmellers Abschrift von Cgm 1279, 1837: Schmelleriana X.7. Lit.: Verfasserlexikon 4.2, Sp. 400 f. St. Ulrichs Leben, lateinisch beschrieben durch Bemo von Reichenau und um das Jahr 1200 in deutsche Reime gebracht von Albertus. Herausgegeben von J.A. SCHMELLER, München 1844. Dazu: St. Ulrichs Leben, 1841. Manuskript von Schmellers Hand (Abschrift des Cgm 94 mit eingebundener lateinischer Vorlage der Verslegende): Schmelleriana X.l. Lit.: Albert von Augsburg, Das Leben des hl. Ulrich. Hrsg von K.-E. GREITH (Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgeschichte der germanischen Völker NF 39) Berlin, New York 1971.
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nen und auch beim Ruodlieb und beim Rozmital einhält, hat er hier aufgegeben. 1847 gibt Schmeller die Carmina Burana heraus.69 Der Name, den Schindler für die berühmte Liedersammlung gewählt hat, ist bis heute verbindlich geblieben. Die Sammelhandschiift (Clm 4660) enthält 318 überwiegend lateinische, aber auch deutsche Lieder fast ausschließlich weltlichen Inhalts und stellt die umfangreichste Lyriksammlung des frühen 13. Jahrhunderts dar. Im Anschluß an die Lieder und Gedichte enthält der Codex noch ein Lateinisches Weihnachts- und ein Passionsspiel. Die Schreibsprache der deutschen Texte verweist am ehesten auf Südtirol als Entstehungsort. Seit dem 18. Jahrhundert im Kloster Benediktbeuren nachweisbar, kam der Codex 1803 nach München. Einzelne Lieder - besonders sämtliche deutsche - veröffentlichte schon Docen (Miszellaneen 2, S. 189-208). 1843 interessierte sich Jacob Grimm bei seinem Besuch in München für den Codex und machte daraus Auszüge. Grimm war es auch, der Schmeller schließlich zur Erstausgabe dieser Liedersammlung anregte (TB. II, 409). Das Druckmanuskript Schmellers enthält auf den einen Seiten den Text aus Clm 4660 und auf den jeweils gegenüberliegenden Seiten Notizen zur Überlieferung und sonstige Literaturangaben. Die Vermischung von belehrenden und unernsten Gedichten in der Hs. empfand Schmeller als störend und ordnete neu in zwei Hauptgruppen, die römisch gezählten "Seria" und die arabisch numerierten "Amatoria, potatoria, lusoria". Einige ihm zu derb und drastisch erscheinende Gedichte ließ er in der Edition weg und brachte sie dafür im Anhang zum Abdruck. Die Reihenfolge der Lagen und Blätter des Codex richtig zu stellen, glückte ihm nur teilweise. Der Edition ist ein alphabetisches Verzeichnis der Liedanfange beigegeben (Vgl. KATALOG MÜNCHEN 1985, 143-144). Die letzte seiner Editionen, die "Jagd" Hadamars von Laber, erscheint 1850. Auf sie wird im Rezeptionsteil ausführlich eingegangen. Hier sei nur soviel erwähnt, daß Schmeller den Text des spätmittelalterlichen Werkes in textkritischer Arbeitsweise aus den besten Hss. erschlossen hat. Er hat damit gezeigt, daß er die Methoden der Lachmannschen Textkritik meisterhaft anwenden konnte, wenn ihm diese Methoden aufgrund der Überlieferungslage und der Art des Denkmals angemessen schienen.
" Carmina Burana. Lateinische und deutsche Lieder und Gedichte einer Handschrift des 13. Jahrhunderts aus Benedictbeuren auf der k. Bibliothek zu München. Hrsg. von J.A. S[chmeller] (Bibliothek des Literarischen Vereins in Stuttgart 16), Stuttgart 1847. Dazu: Codex Carminum Buranus, 1846, Manuskript von Schmellers Hand (Aschrift des Clm 4660 mit eingefügten Notizen): Schmelleriana XIII. 1. Lit.: BRUNNER 1971, 109-115; - R. DÜCHTING, Carmina Burana. J.A. Schmeller und Carl Orff, in: Ruperto-Carola 31, 1962, S. 127-134; - Zum Codex: Carmina Burana. Faksimile-Ausgabe. Einführung von BERNHARD BISCHOFF, München 1967; - Verfasserlexikon 1.2, Sp. 1179-1186.
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Grundsätzlich muß für alle Editionen noch einmal darauf verwiesen werden, daß sich in Schmellers Nachlaß nicht nur seine handschriftlichen Vorarbeiten, die meist weit über das Veröffentlichte hinausgehen, nachweisen lassen, sondern daß sich auch weiterführende Arbeiten und Nachbesserungen, die meist in die gedruckten Handexemplare eingearbeitet sind, finden. Dieser Umstand ist für die Rezeption von Schmellers philologischen Arbeiten von besonderer Bedeutung gewesen, wie sich zeigen wird.
2.3.1.2 Unveröffentlichte Sammlungen Auch diese kurze Überschau über die handschriftlichen Materialsammlungen Schmellers zur germanischen Sprach- und Literaturgeschichte ist möglichst knapp gefaßt und basiert im wesentlichen auf dem Münchner Ausstellungskatalog. Der dort beschriebene, größte Teil dieser Sammlungen ist repräsentativ und zur Beschreibung ihres Umfangs gut geeignet. Für die erschöpfende Aufzählung auch kleinerer handschriftlicher Notizen zum Komplex der Materialsammlungen wird auf das Verzeichnis der "Schmelleriana" in der Handschriftenabteilung der Bayerischen Staatsbibliothek in München hingewiesen, dessen Angaben - soweit sie hier relevant sind - in den Fußnoten gegeben werden. Der Hauptteil dieser Sammlungen, die ahd. Glossen, wird im Rezeptionsteil dieser Arbeit erschöpfend beschrieben und erläutert. Die Materialsammlungen zum Gotischen, Alt-und Angelsächsischen, Altnordischen und Althochdeutschen sind wohl in erster Linie als Handbibliothek für Schmellers sprachliche Studien konzipiert gewesen. Den Grundstock dazu legte er in den Jahren zwischen 1813 und 1830, besonders intensiv in den Jahren, in die seine Studien dieser Sprachen fielen. Natürlich haben sie besonders seine Arbeit am Bayerischen Wörterbuch begleitet. Wer den Umfang und die Gründlichkeit dieser Sammlungen kennt, der weiß, woher die viel- und hochgerühmte sprachhistorische Qualität dieses Wörterbuches kommt. Daneben waren sicher seine Vorlesungen und Übungen, die er an der Universität seit 1827 abhielt, ein Grund mit für diese Sammeltätigkeit. Schmeller schrieb dabei meist in eine Hälfte der gefalteten Bögen die Texte ein und ließ die andere für spätere Nachträge frei, die er dann auch zeitlebens eintrug. Auf diese Weise hielt er seine Handbibliothek durch Vermerke über neuere Literatur zu den betreffenden Denkmälern, durch eigene Handschriftencollationen oder Bemerkungen über neuentdeckte Codices immer auf aktuellem und umfassendem Stand. Die so beschriebenen Bögen ließ er von Zeit zu Zeit binden und erschloß die übersichtlich geordneten Texte eines Bandes durch Glossare und Register. Karin Schneider weist z.B. in ihrer Beschreibung eines der Bände mit Interlinearglossen zurecht darauf hin, daß diese Glossensammlungen "an Vollständigkeit in ihrer Zeit einmalig waren", da sie ständig durch Nachträge ergänzt und auf den neuesten wissenschaftlichen
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Stand gebracht wurden (KATALOG MÜNCHEN 1985, 125). Welchen Wert diese wohlgeordneten und genaustens geführten Aufzeichnungen auch noch für die neu edierende, nachfolgende Wissenschaftsgeneration darstellten, läßt sich leicht absehen. Gesammelt wurden alle damals bekannten Literaturdenkmäler der oben genannten Sprachen in eigenhändigen Abschriften aus Handschriften, aus Publikationen und aus den Abschriften befreundeter Gelehrter. Das jeweils besondere Verfahren dabei wird bei der Beschreibung der ahd. Glossensammlungen ausfuhrlich behandelt (Vgl. dazu auch KATALOG MÜNCHEN 1985, 115-117). Schindler fertigte im Juni 1824, dem von ihm benannten "gotischen Monat" seines Lebens, wohl hauptsächlich die Materialsammlungen zum Gotischen70 an (Vgl. TB. I, 509). In Schmelleriana VI.l.a-b finden sich die Abschriften der bis dato edierten gotischen Sprachdenkmäler, der Bibeltexte des Wulfila (Codex argenteus, Uppsala und Codices Ambrosiani, wovon die fortgesetzten Teileditionen 1829 und 1830 nachgetragen wurden). Schmeller erarbeitete zu der Textsammlung ein alphabetisches Glossar mit Stellennachweis. Im Zusammenhang mit seinen gotischen Studien plante Schmeller eine Reise nach Mailand, um in die von Carlo O. di Castiglione und Angelo Mai bekanntgegebenen Palimpseste der Codices Ambrosiani selbst Einblick zu nehmen. In diesem Zusammenhang hat er Briefe an Castiglione und Jacob Grimm geschrieben, von dessen Antwort er allerdings enttäuscht war. 1833 wurde schließlich Maßmann von König Ludwig nach Mailand geschickt und mit der Gesamtausgabe der gotischen Denkmäler beauftragt.71 In Schmelleriana VI.8. liegen handgeschriebene Manuskripte für Vorlesungen über die historische Grammatik des Deutschen vor, die im Mai 1827 gehalten wurden. Schmeller geht darin ausführlich auf die einzelnen gotischen Sprachdenkmäler und ihre Überlieferung ein, charakterisiert ihre Schrift und 70
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Schmelleriana Vi l a: Monumentorum linguae Germanicae hactenus cognitorum antiquissima vulgo Gothica. [1824 mit Nachträgen]. 408 eS. geb., davon 6 S. leer u. 1 S. (270a) eingeklebt, beiliegend 31 eBl. lose. Schmelleriana Vl.l.b: Repertorium Ulphilanum. 56 eBl. geb., davon 5 Bl. leer u. 1 S. (21a) lose beiliegend. Schmelleriana VI.2.a: Matthaeus Ulphilanus explicatus. 135 eBl. dazu die auf Autopsie beruhende Bemerkung Robert HINDERLINGS: (Zettelsammlung Ahd., Mhd. Nichts Gotisches!). Schmelleriana VI.2.b: Ev. Matth. Goth. 175 eS. geb., davon 4 S. lose u. 2 S. (5, 25a) eingeklebt. Schmelleriana VI.3.: Exzerpte Ober Goten und andere germanische Volsstämme. 122 eBl.. Schmelleriana VI.4.: Monumentorum linguae Germanicae hactenus cognitorum vetustissima vulgo Gothica. 144 eBl. Schmelleriana VI.5.: Studien zur gotischen Grammatik. 56 eS. geb., davon 16 S. leer, zwischen S. 1/2 u. 37/38 wurden 2 S. herausgeschnitten. Schmelleriana VI.6.: Tabellen mit den Paradigmen der gotischen Deklination u. Konjugation. 60 Lithographien. Schmelleriana VI.7.: Vergleichende Deklinations- und Konjugationsmuster zwischen gotischer, althochdeutscher und anderen Sprachen. 46 eS. teilw. geheftet, 1 Bl.(6a) lose beiliegend. Schmelleriana VI.8.: Vorlesungen über historische Grammatik der deutschen Sprache, 1827. 41 eBl. Teilw. geheftet, 5 Bl. (la, 23a, 33a, 34a, 35a) lose beiliegend Vgl. zu diesem Vorgang die Tagebucheinträge vom 28.7.1824 (TB I, 511) und vom 10.12.1825 (TB 1,553) sowie den Brief an J. Grimm vom 20.11.1825 (BW I, 506-508). Dazu z.B. auch: BASLER 1955, 451-452; KATALOG MÜNCHEN 1985, 117-118; WINKLER in BW I, 508509.
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spricht von der Geschichte der Goten. Schmelleriana VI.6. enthält lithographierte Tabellen über Deklination und Konjugation des Gotischen, die als Lehrmaterial gedacht waren (Vgl. KATALOG MÜNCHEN 1985, 118). Von Schmellers altnordischen Sammlungen72 sind im Münchner Katalog Abschriften aus der Edda und dazugehörige Worterklärungen näher beschrieben (Schmelleriana VII.l.a-b). Schmeller hat darin einige der Edda-Lieder aus dem ersten Band der Edition der "Edda Saemundar" von ARNE MAGNAEUS (3 Bände, Kopenhagen 1727-1828) abgeschrieben und den kopierten Texten Worterklärungen beigegeben, die wahrscheinlich von ihm selbst zu Vorlesungszwecken erarbeitet wurden. Den größten Teil der Sammlungen zum Alt- und Angelsächsischen bestreiten die Vor- und Nacharbeiten zum Heliand und zum Heliandglossar. Sie wurden unter den Editionen bereits erwähnt.73 Von den unveröffentlichten Sammlungen wird im Münchner Katalog die Abschrift des altenglischen Beowulfs (Schmelleriana IX. 14.) vorgestellt, die Schmeller nach einem Vermerk in seinem Tagebuch in den Monaten November und Dezember 1824 nach der Ausgabe von G.J.Thorkelin (1815) angefertigt hat. Von den Sammlungen zum Althochdeutschen wird der Großteil, nämlich die Glossensammlungen mit dem ahd. Glossar und der Tatian-Komplex, im zweiten Teil dieser Arbeit ausführlich unter dem Aspekt seiner Rezeption dargestellt werden. Aus den übrigen Textsammlungen sind zunächst die kurzen Auszüge aus der Benediktinerregel von St. Gallen (Cod. Sang. 916) zu 72
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Schmelleriana Vll.l.a: Edda.(Eigenhändige Abschrift von Liedern aus der Edda) 180 eS. geb., davon 41 S. leer, dazu Schmelleriana Vll.l.b: Glossar und Worterklärungen, 1827. Schmelleriana VII.2.: Evangeliorum Fragmenta Islanice. 153 eBl. geb., 1 Bl. (la) eingeklebt und 1 Zeitungsausschnitt (36a) lose beiliegend. Schmelleriana VII.3.: Isländische Sprachlehre vom Islander Runolph Jonas mit Hickes Zugaben, 1811. 32 eBl. geheftet, davon 3 Bl. leer. Schmelleriana VII.4.: Ober die Kreuze auf den Runensteinen. 16 eBl. Schmelleriana VII.5.: Anfänge von Aufsätzen, Tractaten, Liedern etc. deren Verfassern oder sonstigem Titel nachzuspüren bleibt, cf Mss Docen E. 74 eBl. geb., davon 43 Bl. leer, zwischen Bl. 7/8 wurde 1 Bl. herausgeschnitten. Schmelleriana VII.6.: Veiledning til det Islandske eller gamie nordiske Sprog af Rasmus Kristian Rask. SO eBl. geb., davon 8 Bl. leer Zum erwähnenswerten Rest gehören: Schmelleriana IX.10.: Altsächsische Evangelienharmonie. Handschrift, weiland von J. Scherer zum Abdruck bestimmt. II eBl. 274 hsBl., davon 2 Bl. leer. R. HINDERLING ergänzte hier folgende handschriftl. Bemerkung Schmellers: "Sie wurde von HR. Hoheneicher als unter seinen Papieren vorgefunden, mir gewiesen und zum Geschenk angeboten am 18tMerz 1839. JA.Schmeller". Schmelleriana ΓΧ.11.: Altsächsische und angelsächsische Vorlesungen 1848. 1 Drucksache mit e Anmerkungen, S6 eBl. Schmelleriana IX. 12.: Evangeliorum versio anglo-saxonica. 181 eBl. geb. Schmelleriana IX.13: Caedmonis monachi paraphrasis poetica, 1829. (Verschiedene Abschriften) 187 eBl. geb., davon 55 Bl. leer. Schmelleriana LX. 14.: Beowulf, Epos anglo-saxonicum sec. VII-VIII ex editione G.T.Thorkelini, cum emendationibus Grundtvigii, descriptum. 1 Drucksache mit eAnmericungen, 198 eS. geb., davon 12 S. leer. Schmelleriana IX.15.: Vocabula Saxonica ordine etymorum, 1837. 93 eBl. geb.,davon 55 Bl. leer; IX. 16.: Glossar, Saxonicum. 95 eBl.geb., 20 Bl. leer. Schmelleriana IX.19.: Ober den Vers in der alliterierenden Poesie, namentlich der Altsachsen. 75 eBl.
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erwähnen.74 Otto Basler weist darauf hin, daß Schmeller die Interlinearübersetzung der Benediktinerregel "freilich lieber dem Glossenbestand" zurechnen möchte (Vgl. BASLER 1955, 457). Dabei verweist dieses tadelnde "freilich" auf den Umstand, daß Jacob Grimm in seiner Grammatik (DG I, 1819, 53) gegenteiliger Meinimg ist, wie Basler in der Fußnote erläutert. Basler führt die Formulierung des Titels, die Schmeller für diese Aufzeichnungen gewählt hat ("Glossarii interlinearis theudiscis in Regulam Sti. Benedict.."), zur Bekräftigung dieser Auffassung an. Für den Umstand, daß sich Schmeller der problematischen Zwischenstellung, welche die ahd. Wörter jener Interlinearversion in dieser Hinsicht einnehmen, bewußt war, spricht allerdings die Tatsache, daß er sie nicht direkt in seine "Glossae interlineares" aufgenommen hat und entsprechend in seinem "Ahd. Glossar" ihre Belegstellen nach der "Regula Benedicti" angibt. Was in Schmelleriana VIII.5.a-b vorliegt, ist nicht - wie Basler richtig bemerkt (a.a.O.) - die gesamte Abschrift der Regel nach Cod.Sang.916 sondern nur die des Anfangs, eigentlich des Prologs (VIII.5a). Nur die ersten 11 Zeilen sind lateinisch-deutsch, der Rest ist nur ahd. geschrieben,75 davon ein Teil im Faksimile. Auch aus diesem Grund ist es schwer zu sagen, ob diese Abschrift von Emil Brauns Hand stammt - wie Basler behauptet. E. Braun, ein Schmellerschüler, hat ja 1832 in St. Gallen die Tatian-Abschrift Schindlers mit dem Original verglichen. Allerdings läßt ihn Basler die Abschrift von Teilen des Cod.Sang.916 bereits 1831 anfertigen. Auf der letzten Seite der 8 Bll. folgt: "Symbolum apostolicum / prout inscriptum est folio penultimo supra / citati codicis Sangallensis."/ Basler betont, daß dieses "Symbolum apostolicum" von der gleichen Hand wie die vorhergehenden Einträge in Schmelleriana VIII.5.a (bei Basler noch Nr. 17) geschrieben ist. Im Vergleich mit Schmelleriana 19 (=VIII.6.a) führt er - angesichts "der völligen Verschiedenheit der Schriften" - den Beweis, daß Schmelleriana 17 (=VIII.5.a) von anderer Hand geschrieben ist.76 Interessant wäre es auch, der Frage näher nachzugehen, was in Schmelleriana VIII.5.b vorliegt. Das Verzeichnis bemerkt dazu lapidar "Tabellarische Auflistung der Glossae Keronis". Von den 18 Blättern sind 10 Blätter numeriert 74
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Schmelleriana VIII.5.a: Glossarli interlinearis theudisci in Regulam St. Benedicti, quod Keroni monache Sangallensi in 8°No.916. 8eBl. VIII.5.b: Tabellarische Auflistung der Glossae Keronis. 18 eBl. geb., davon 1 Bl. leer Basler bemerkt dazu kommentarlos (BASLER, 1955, 457, Anm.33): "Das entspricht Steinmeyers Kleineren ahd. Sprachdenkmälern. Berlin 1916.S. 190-196,5." Will er damit andeuten, daß Steinmeyer den Inhalt von Schmelleriana VIII.5.a einfach unter seinem Namen veröffentlicht hat? Natürlich hat auch Basler gewußt, daß Steinmeyer die ahd. Textsammlungen Schmellers genau durchgesehen hat bei der Vorbereitung seiner großen Glossenedition. Sicher war ihm auch bekannt, daß Steinmeyer diese Sammlungen nur summarisch und tabellarisch in seinen Quellenangaben nennt Sollte das Zusammenhänge haben? Vgl. BASLER 1955, 457, Anm.33: Der Vorgang ist dort sehr ausführlich behandelt, wobei auch auf Schmellers Abschrift des Vaterunsers und des Credo aus Cod.Sang.911 (1824!) in Schmelleriana VIII.6.a., den "Kleineren Monumenten", hingewiesen wird. Ferner wird in diesem Zusammenhang auf Druckfehler im BWB (I.XIV u. 11,402) und einem daraus resultierenden Irrtum Graffs im Sprachschatz (IV,633) hingewiesen.
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und beschrieben, dazwischen liegen leere Seiten. Auf die beschriebenen Seiten sind offensichtlich ahd. Wörter (Glossen?) aus der Benediktinerregel notiert. Sie sind in der etymologisch-alphabetischen Ordnung des BWB angeführt und mit kombinierten Buchstaben- und Zahlenzuweisungen versehen, z.B.: D/T 1-2; S 3-4; C/K 5; Κ 8; L 9; usw. Ob sich diese Zuweisungen auf das "Ahd. Glossar" Schmellers (Schmelleriana VIII.4.a-r) beziehen, wird nicht auf Anhieb klar. Die Wörter (Glossen) selbst sind offenbar nicht unmittelbar aus der Hs. gewonnen sondern wahrscheinlich aus ihrer Ausgabe von Franck in Schilters "Thesaurus", die ja Schmeller und Lachmann zusammen am 18.9.1824 mit dem Original (Cod.Sang.916) kollationiert haben (TB 1,517). Unter Schmelleriana VIII.6.a schreibt Schmeller kleinere ahd. Textdenkmäler zusammen.77 Darunter befinden sich z.B. das schon erwähnte Vaterunser und das Credo aus Cod.Sang.911, das Wessobrunner Gebet nach Grimms Ausgabe, das Hildebrandslied, das Ludwigslied u.a. Im restlichen Bestand der ahd. Sammlungen finden sich femer Auszüge aus alten Rechtsbüchern, der Windberger Psalter, Willirams Hoheliedparaphrase, Auszüge über Ortsnamen, Exzerpte aus Grimms Grammatik und Manuskripte zu Graffs "Diutiska".78 Zuletzt blieben noch der Akademievortrag von 1824 und die Antrittsvorlesung von 1827 zu nennen.79 Über den ersteren, der auf Schmellers Wunsch ungedruckt blieb und später nur im Auszug in den Akademieberichten wiedergegeben wurde (Vgl. BASLER 1955, 466), hatte Otto Basler in dem schon öfter erwähnten Aufsatz von 1955 ausführlich gehandelt. Schmeller erklärte darin einleitend, daß moderne Sprachen nur aus ihrer geschichtlichen Entwicklung heraus begreifbar werden und daß deshalb den alten Denkmälern jeder Sprache ein hoher Wert zukäme. Daran schließt sich eine Übersicht über die frühesten germanischen Denkmäler mit Schwerpunkt auf den gotischen an. Baslers in manchen Details recht gründliche Untersuchung kann trotz man77
Schmelleriana VIII.6.a: M.M. oder Kleinere Monumente der deutschen Sprache aus der Karolingischen Zeit. XVI, 405 eS. geb., davon 217 S. leer, 2 Drucksachen (53, 87) beigebunden, 1 Drucksache (220a) lose beiliegend 78 Schmelleriana VIII.7.: Linguae Theotiscae in antiquissimis nationum germanicamm legibus Vestigia. 380 eS. geb., davon 61 S. leer. Schmelleriana VIII.9.: E Psalterio Windberg Holzmann. 218 eBI. Schmelleriana VIII. 14.a: Deutsche Sprachdenkmäler des X.-XI. Jhrh. Willirami Canticum Canticorum. 30 eBI. geb., davon 8 Bl. leer, 14.b.: Incipit Prologus Willirami abbatis. 91 hsS. Schmelleriana VIII.15.: Ex Codice diplomatico Ratisponensi a sec.VIII usque ad XII (Sammlung von Ortsnamen). 20 eS. geheftet, davon 7 S. leer. Schmelleriana VIII.16.: Paul. Diacon. de gestis Langobardorum. 80 eS. geb., davon 2 S.leer. Schmelleriana VIII. 17.: Excerpte Ober den Namen Bayern. 47 eBI. (Notizzettel). Schmelleriana VIII. 18.: Eigen Namen der Orte. 22 eBI. Schmelleriana VIII.19.: Exzerpte aus Grimms Grammatik. 229 eBI. Schmelleriana VIII.21.: E.G. Graffs Manuskripte von Diutiska. 2 Konvolute 79 Schmelleriana VIII.6.b: Ober die ältesten Denkmäler der deutschen Sprache und ihre Bedeutung fur uns. Gelesen in der öffentlichen Sitzung der philologisch, historisch. Classe d. Akad. d.W. in München d. 11. December 1824. 12 eBI. geheftet J.A.Schmeller, Ober das Studium der altdeutschen Sprache und ihrer Denkmäler, München 1827
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eher Erhellung vor allem über die von Schmeller benützte Literatur, mit der er sich einen Überblick über die Überlieferungssituation der Textdenkmäler verschaffte, seiner eigentlichen philologischen Leistungen nicht ganz gerecht werden, weil sie diese in guter forschungshistorischer Tradition zu eng auf Jacob Grimm und auch auf Lachmann festlegt. Basler stellt vor allem den Grundgedanken Schmellers heraus, daß noch wenig geschehen sei "für die allgemeine leichte Zugänglichkeit jener ältesten Monumente durch correcte, bequeme, wohlfeile Druckausgaben". Schmeller habe hier die allgemein verspürte Notwendigkeit auch für den ahd. Bereich formuliert, die veralteten Sammelwerke durch neue, bessere und kritische Ausgaben zu ersetzen. Und sogleich wird diese Hauptforderung Schmellers, der nach Basler eigentlich wertvolle und weiterfuhrende Gedanke in Schmellers Vortrag, den germanistischen Gründervätern zugeführt: "Grundlage dazu würden Jacob Grimms Deutsche Grammatik in ihrem strengen systematischen Aufbau, George Friederich Beneckes und Karl Lachmanns sich mehr und mehr verfeinernde textkritische Methode werden müssen. Und dann käme erst der breite Strom der Worterklärung, des Wörterbuchs, der Mundartforschung..." (BASLER 1955,467). Das ist eine klare Hintanstellung der Lexikographie und der Methoden der Mundartforschung, die bei Schmellers textphilologischen Überlegungen immer eine wichtige Rolle gespielt haben. Das ist letztlich eine Unterordnung jener Bereiche, für die Schmeller traditionell zuständig ist, unter eine von Grimm und Lachmann beherrschte sprachlich-historische und philologischtextkritische Methode. Bisher hat sich allerdings angedeutet, daß Schmeller immer jene Methoden bei seinen textphilologischen Arbeiten anwendete, die er dem Textdenkmal gegenüber für angemessen hielt. Gerade seine Editionen im ahd. Bereich sind daher z.B. bewußt zurückhaltend in allem, was Konjektur und Normalisierung betrifft, und berufen sich immer auf den Respekt vor dem Überlieferten und seinen sprachlichen Eigenheiten, denen ja häufig regionalsprachliche Prägung auch in der geschriebenen Variante zugrunde liegt. Basler hat dies offenbar zu wenig berücksichtigt. Dafür greift er nochmals den Gedanken Schmellers an neue Ausgaben der alten Monumente auf und verknüpft ihn mit dem Vorschlag, den Schmeller nach einem diesbezüglichen Gespräch mit dem Verleger Cotta an Jacob Grimm machte: der Herausgabe eines Corpus monumentorum germano-glotticorum saeculo XIII superiorum (TB 1,551). J.Grimm hat diesem Gedanken eher zögerlich und mißtrauisch gegenübergestanden, wie Schmeller aus seiner Antwort entnahm (TB 1,553). Dazu schließt Basler mit den Worten: "Dieses von vaterländischer Liebe getragene und aus wissenschaftlicher Überzeugung geforderte Werk ist nicht zustande gekommen - es aber bei Jacob Grimm angeregt zu haben, bleibt ein ehrendes Zeichen für Johann Andreas Schmeller. " (BASLER 1955,468)
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Die Antrittsvorlesung von 1827 gehört streng genommen nicht mehr unter das unveröffentlichte Werk Schmellers, sie ist 1827 bereits als Druck erschienen (Vgl. oben). Sie ist vor allem immer wieder als Quelle für Erkenntnisse über Schmellers sprachwissenschaftliche Entwicklung wichtig gewesen und wurde in diesem Zusammenhang auch hier schon zitiert. In der Tat ist der Schwerpunkt dieser Vorlesung auf die Bedeutung der altdeutschen Texte für die Sprachforschung gelegt. Im philologischen Zusammenhang ist daraus eine Gliederung nach literarturhistorischen Epochen erwähnenswert. Schmeller bezeichnet darin die ahd. Literatur als "fränkische oder grammatische", die hochmittelalterliche als "schwäbische oder poetische" und die spätmittelalterliche als "practisch prosaische".
2.3.2. Die Arbeitsweise Schmellers Häufig gewinnt man aus rückblickenden forschungsgeschichtlichen Darstellungen von Schmellers Editionsverfahren den Eindruck, daß im Hintergrund dieser Verfahren ein bereits fertig ausgebildeter Methodenapparat zur Verfügung gestanden habe, dessen Schlüssel, verbunden mit "höherer Kritik", in den Händen Lachmanns und der Grimms gelegen habe (vgl. z.B. BRUNNER 1971,86 oder BURDACH in LEITZMANN 1927,XV ff.). Vor allem ist dabei von der textkritischen Methode die Rede, welche von Benecke und besonders von Lachmann für die Texte des Hochmittelalters angewendet wurden. Hier kommen jedoch zwei Aspekte m.E. zu kurz: einmal wird übersehen, daß die meisten Editionen Schmellers ahd. Texte betrafen und dort eine ganz andere Überlieferungssituation gegeben war als bei den meisten Texten des Hochmittelalters, auf die sich z.B. die Lachmannschen Ausgaben nahezu allein beschränkten. Spätestens seit dem mißlungenen Versuch E.G.Graffs, die Methode Lachmanns auf seinen "Otfrid" anzuwenden, hat man die Untauglichkeit dieses Verfahrens für ahd. Denkmäler ohnehin eingesehen. Zum anderen ist darauf hinzuweisen, daß auch für die textkritische Methode Lachmanns noch kein fertiges Konzept niedergeschrieben war. Erst mit Hermann Pauls "Grundriß" erhielt das Fach eine eigene Enzyklopädie mit einer Bestimmung des Begriffs "Germanische Philologie" und einer Methodenlehre. Karl Stackmann hat dazu treffend bemerkt: "Die Begründer der Germanistik haben sich kaum mit Problemen der Methode beschäftigt. Die Sache war ihnen alles, die Erörterung von Prinzipienfragen überließen sie den älteren, etablierten Wissenschaften. Das heißt aber, wer Auskunft über die wissenschaftstheoretische Position der Gründergeneration geben will, muß sich mit beiläufigen Bemerkungen zufrieden geben, und er darf auch den Umweg über biographische, ja anekdotische Details nicht scheuen." (STACKMANN 1979,242) Trifft diese Aussage auch nicht voll auf Lachmann zu, der ja in den Vorworten seiner Ausgaben doch einiges Programmatische erkennen läßt, so
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kann man sie bei den meisten anderen und besonders auch bei Schmeller gelten lassen, dessen Äußerungen über textphilologische Verfahrensweisen in den Vorworten seiner Ausgaben knapp aber präzise sind. Sonst sind sie hauptsächlich in seinen Briefen an Jacob Grimm und andere Fachkollegen verstreut. Auch aus den technischen Anweisungen an den Setzer und in seinen Erläuterungen an den Verleger, die in manchen Briefen zu seinen Editionen erhalten sind, scheinen sie manchmal auf. Eine grundlegende Bemerkung zu seinem Editionsverfahren, deren Umsetzung in allen seinen Ausgaben immer wieder zu beobachten ist, macht Schmeller in seinem allerersten Brief an Jacob Grimm (25.1.1822): "Man bemerkt (& dieß ist auch beym Betrachten & Bearbeiten der todten wie der lebenden Sprachmonumente der Fall) gewöhnlich nur das, worauf man im voraus aufmerksam ist, & so werden unsere Nachfolger noch manches sehen, was uns zehnmal entgangen war. Deswegen wäre ich auch dafür, bey der Edition alter Monumente, die, wenn schon noch so absurd scheinenden orthographischen & andern Eigenheiten der Codices nie so geradehin nach der Theorie zu verbessern & habe drum Hrn Füglistaller gerathen, den Text seines Notker genau mit allen anscheinenden Nachlässigkeiten & Anomalien der Urschrift, kurz um kein Haar besser zu geben, als er ihn findet. In den Noten mag er seine individuellen, allerdings gewichtigen Ansichten aussprechen. " (BW 1,443) Mit dem "nie so geradehin nach der Theorie zu verbessern" kann auch eine der ersten Kritiken an jener Haltung verstanden werden, die das von Lachmann entwickelte Normalisierungsverfahren um jeden Preis anwenden zu müssen glaubte. Das Prinzip des genauen Handschriftenabdrucks mit der Wiedergabe von Lesarten anderer Hss. bzw. eigenen Konjekturen oder "Normalisierungen" in den Fußnoten, das hier zum Ausdruck kommt, hat Schmeller am reinsten in seiner Ausgabe des as. Heliand eingehalten, aber auch in der ahd. Ausgabe des Tatian und im Muspilli sowie in seinen anderen Ausgaben, außer den mhd. Ulrich und Hadmar, hat es klaren Vorrang erhalten. Die Richlinie lautet: Das tatsächlich Gegebene hat höchste Priorität und ist zugleich oberstes Ordnungsprinzip. Daß dieses Tatsächliche auch über den Wünschen Jacob Grimms hinsichtlich einer Heliandausgabe stand, mag ein Brief Schmellers an ihn (24.2.1830) zeigen. Er rückt zugleich auch das leicht mißzuverstehende Bild zurecht, das Brunner von diesem Vorgang entworfen hat. In BRUNNER 1971,89 f. heißt es mit Blick auf die Aussagen in Grimms Grammatik (DG I 1819, S.LXV) vorwurfsvoll, daß Schmeller den Wünschen Grimms "freilich nur teilweise" entsprochen habe, weil er die Texte der Cottonischen und der Münchner Hs. nicht nebeneinander mit äußerer Herstellung der Alliteration habe abdrucken lassen. Hinter dem vorwurfsvollen "freilich" könnte man durchaus die Meinung vermuten, Schmeller habe hier gegen ein unumgängliches Gesetz verstoßen, vielleicht sogar aus Unvermögen, denn er hat ja "im wesentlichen nur den Text der Münchner Handschrift" abgedruckt,
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wenn auch mit Ergänzung ihrer Lücken durch die Cottonische Hs. und Angabe derer abweichenden Lesarten. Und weil die Münchner Hs. eben keine Rücksicht auf Versmaß und Verszeile nehme, könne Schmellers Abdruck auch nicht der von Grimm geforderten äußeren Herstellung der Alliteration dienen. Mit anderen Worten: Schmeller vermochte eben nur den genauen Abdruck einer Hs. zu geben, ohne die inneren Zusammenhänge des Textes zu durchschauen. In diesem Sog wird auch bemängelt, daß Schmeller zu den verwirrenden Punktsetzungen der Hs. auch noch eigene Punkte gesetzt hat, "wo nach seiner Ansicht geteilt werden sollte" und daß sich diese Punkte in seiner Ausgabe "rein äußerlich kaum unterscheiden" von jenen der Hs. Der besagte Brief an Jacob Grimm kann diesen Sachverhalt selbst am besten aufklären. Außerdem ist er dazu geeignet, das tiefe Verständnis Schmellers fìir Editionsfragen prinzipiell aufzuzeigen und wirft ferner ein Licht auf das Schmeller in seinen philologischen Leistungen immer wieder abgesprochene Gefühl für Poesie und "höhere Kritik" (vgl. oben). Er ist für eine historisch gerechtere Beurteilung der textphilologischen Leistungen Schmellers insgesamt so wichtig, daß er hier zum größten Teil wiedergegeben werden soll: Verehrter Freund. München den 24.Februar 1830 Vom Text der E.H. [Evangelienharmonie=Heliand] ist die Hälfte gedruckt. Ich weiß wohl, daß er erst durch das Glossar für die Forschung bequem u. Bequemen überhaupt brauchbar wird. Aber ich kann dieses nun einmal doch nicht sogleich mitgeben. Ich muß entweder den bis Ostern fertigen Text als erste Lieferung vorangehen lassen, oder sie zurückhalten, bis auch Grammatik & Glossar beigefügt werden können.[...] Inzwischen habe ich dennoch bereits alle Wörter & Formen für Gramm. & Glossar ausgezogen, so daß nur noch die Bearbeitung bevorsteht. Doch, um auf den Eingang zurückzukommen, was Andern unbrauchbar seyn würde, die Aushängebogen der ersten Hälfte, können meinem Jacob, der, wie kein Andrer, aus der Quelle zu fischen versteht, willkommen seyn. Scherers eigene Arbeiten liegen, so viel ich weiß, noch zur Stunde unter gerichtlicher Hand. Zum Glück gehört die für Reinwald gemachte, fur Scherer durch den damals jungen am brittischen Museum angestellten Antonin v. Schlichtegroll (Sohn des verstorbenen General-Secretärs der Acad.) mit dem Original collationierte Abschrift des Londner Codex der Bibliothek. Ich hatte also die beiden Quellen. Da aber der Londner Text auch nach Schlichtegroll's Collation, wie die Vergleichung mit den Hickesschen u. seither fur mich gefundenen Temlerschen Fragmenten [Vgl. Heliand Praefatio] zeigt, noch verschiedene Zweifel übrigläßt, so stand ich keinen Augenblick an, den hiesigen, als welchen ich mit eignen Augen einsehen konnte, zu Grund zu legen, u. ihn Wort für Wort, Zeile für Zeile, Seite fur Seite genau wiederzugeben, wodurch ich nebenbey fttr die Citation, ohne willkürliche Abtheilungen zu machen, einen ganz bestimmten Anhaltspunkt gewann, u. ferner die Möglichkeit, die Abweichungen des Cottonischen Textes auf die einfachste Weise
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mitlaufen zu lassen. Was, oben durch Cursive signalisiert, unten nicht ausdrücklich aufgeführt ist, ergibt sich aus einigen in der Einleitung über das Verhältnis beider Texte vorangestellten Regeln. Cursives im blos Cottonischen Text soll nur das Auffallende einer Lesart bezeichnen, z.B. gleich 1.9 enan wol enon (soli), 3.1 sumeas, das leider im Münchner Text zu gut ausgekratzt ist, u. ich gerne für sumeas, statt suneas, eg. sumes verschrieben ansehen möchte. Ich habe diesen Augenblick nicht die Fälle gegenwärtig, über die ich mich gerne an Ihrem Lichte aufklären möchte, z.B. 78.16 und er beuuod cume neben beuuo bredost 79.14 -. 58.20.2 etwa te endie bebrengiad? Ich hoffe von Ihrem Wohwollen für mich, u.v. Ihrer Liebe zur Sache selbst, daß Sie mich, auch ohne meine bestimmte Bitte, überall wo Sie mir zutrauen, u. Sie dürfen mir der Art viel zutrauen, daß ich nicht auf den Grund sehe, oder wo ich bestimmt gefehlt habe, freundlich am Ohrläppchen zupfen. Selbst ein paar Druckfehler hab ich zufällig schon wahrgenommen, z.B. 34.24.4; 60.21.2 imo st. imu; 47.24.7; 56.24.3 Note (wo das 2. suuara sonst seltsam ist.). Was die Verseintheilung betrifft, die in einem allit. Gedichte selbst flir den Text so belehrend ist, so mußte ich natürlich das zeilenweise Absetzen von vorne herein zurückweisen. Der Münchner Cod. hat Punkte, aber theils mehrere theils wenigere, als die Versabsätze zu fordern scheinen. Der Schreiber setzt z.B. auch zwischen zu nah aneinander gerathene Wörter Punkte, auch nach einem Worte, das der Alliteration nach zum Folgenden, dem Sinn nach zum Vorhergehenden gehört. z.B. 17.4 nach 8; 19.16 nach 1. - Und so würde er gleich 1.2 erst nach 3, dem Sinn nach, interpungiert haben. Dieses Übergreifen des Sinnes aus einem Alliterationsganzen, ja manchmal im Cod.Cott. aus einem Capitel ins andere, scheint, wie Sie irgendwo bemerkt haben, dieser Poesie-Epoche eigen. Da in der Urschrift außer dem Punkt u. einigen Fragezeichen keine andre Interpunction vorkommt, so glaubte auch ich, dem Sinne, der ja ohnehin den Versgliedern zur Richtschnur dient u. durch sie so ziemlich articuliert ist, zulieb, die alterthümliche Einfachheit durch unsre modernen Commata, Semicolons &c. nicht entstellen zu dürfen. Ich suchte also den Punkt auch zur Abtheilung der Alliterationsglieder in solcher Art zu benutzen, daß die von mir herrührenden Punkte von denen, die im Original stehen genau zu unterscheiden wären. Die letzten stehn auf gewöhnliche Weise neben dem Fuß, die meinigen neben dem Kopfe des nächsten Buchstaben. Jene bloßen Sinnpunkte der Urschrift aber habe ich als die Alliteration störend aus dem Text weggelassen, u. werde sie, falls es nöthig seyn sollte (was glauben Sie?) im Vorbericht nachtragen. Für die Verbindung der Composita gibt die Urschrift keine Regel, wie sie denn nach alter Weise oft ganze Complexe von Wörtern in Einem fort schreibt. Doch scheinen Präpositionen regelmäßig mit dem folgenden Nomen verbunden. Ich habe mich hieran nicht gehalten, u. da die Sache, wenn dieses
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Umstandes sonst erwähnt wird, von keiner Consequenz ist, nach jedesmaliger besten Meinung verfahren. Iudeoliudi, galileoland habe ich för Comp, aus iudea, galilea (den Ländern) genommen. Der herkömmliche Titel: alts. E.H. hat mir theils nicht ganz passend, theils för Citationen unbequem geschienen (So liest man auch von einer Görlitzer E.H.). Ich habe daher als gleich die Sache & Sprache selbst andeutend folgenden gewählt, den ich gleich mit dem projectierten Titelblatt Ihrem Urtheil unterwerfe. [Es folgt ein Titelblattentwurf, in dem der Name "The Heliand", der schließlich zu "Heliand" verkürzt wird, auftaucht und die sprachliche Form des Vorwortes erörtert wird.] [...] Eine Übersetzung des Textes zu geben, nehme ich gewaltigen Anstand. Für das Verständniß der Sachen ist durch die von Seite zu Seite fortlaufenden Überschriften u. sogar Angabe der Evangelienstellen gesorgt. Dadurch sind die Umrisse des Kunstgebildes gegeben. Das übrige ist Sprache, sind Farben; deren Eigenthümlichkeit, Reichtum und Mannichfaltigkeit das moderne Idiom, selbst das Lateinische gehörig wiederzugeben nicht vermag. Ich habe Reinwalds deutsche Version vor mir. Sie klingt so unerträglich gemein, daß sie mir wie eine Prostitution der ehrwürdigen Antike vorkommt. Sie so, ihrer in der Sprache liegenden, eigenthümlichen Reize entkleidet, des großen Haufens mitleidiger Geringschätzung blos zu stellen, möchte ich mir nicht zu Schulden kommen lassen. Eine freyere schwunghaftere Übersetzung, wie sie etwa Klopstock geliefert haben würde, müßte wieder in einer andern Rücksicht ungeeignet erscheinen. Mag man doch seinen eigenen Messias, obschon er an Erfindung und Bildern weit über der Armuth dieses frühern steht, kaum mehr lesen. Alles Billige, was daher im Interesse des Lesers sowohl als des Denkmals gefordert werden kann, scheint sich auf Grammatik und Glossar zu beschränken. Ich stehe [!] übrigens durchaus nicht in Abrede, daß bey einer etwa künftigen Ausgabe des Denkmals, die in Verse abgesetzt, mit Accenten versehen, aus der jedesmaligen bessern Lesart beider HSS. nach grammatischen Analogien, gleichförmig aufgebaut & durchgeführt seyn kann, auch för das bequemere Verstehen auf irgend eine Weise, die weder eben Glossar noch Version wäre, gesorgt werden möchte. Dieser Editio princeps aber, hoffe ich, wird man aus höhern Rücksichten das servile Wiedergeben offenbarer Fehler des alten Schreibers sowohl, als die Unschönheit des Gemenges schiefer u. gerader Buchstaben, langer u. kurzer Zeilen in Gnaden zu gute halten. Wenig würde sich um andere Kritiken kümmern, könnte auf Ihre Zustimmung hoffen Ihr Schmeller." (BW11,199-203) Damit sind nicht nur die leicht mißverständlichen Aussagen von Brunner geklärt und z.T. widerlegt, damit ist nicht nur das oben erwähnte Editionsprinzip Schindlers nochmals eindrucksvoll bestätigt, sondern damit dürfte
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auch eine Bewertung von Schmellers textphilologischem Verständnis, die immer wieder - meist implizit - in den Beurteilungen seiner Textausgaben zu finden ist, endgültig revidiert sein. Diese Bewertung wurde hier schon öfter angesprochen, und sie läßt sich etwa so fassen: Schmellers Ausgaben der meisten deutschen Textdenkmäler seien "von großer Sauberkeit", "getreu nach den Handschriften gereicht", von "nirgendwo sonst übertroffener Akribie" und "z.T. heute noch recht wertvoll". Er reicht sie mit äußerster Zurückhaltung und lasse das Denkmal fiir sich selbst sprechen. Über die zum Wortverständnis notwendige Emendation gehe er nie hinaus, er tue nichts "zur Erschließung des Ganzen", eine "höhere Kritik" oder die Erforschung literaturhistorischer Zusammenhänge liegen ihm fern usw. (So u.ä. zu lesen bei SCHRÖDER 1890,792; SIEVERS 1878,XIX,f.; DÜNNINGER 1957,168; KUNISCH 1968,237.). Daraus könnte man aber auch lesen: Im Grunde genommen ist Schmeller meist nur in der Lage, eine Hs. genau wiederzugeben, ohne daß er in die Zusammenhänge des Textes und dessen Sinn tiefer eindringt, die "höhere Kritik" im Sinne Lachmanns bleibt ihm verschlossen. Die überzogene Kritik Sievers' an Schmellers Tatianausgabe, von der noch zu handeln sein wird, hat mit dafür gesorgt, daß diese stillschweigende Herabsetzung der Schmeller-Ausgaben in dem hier anklingenden, ebenfalls stillschweigenden Vergleich mit den Lachmann- oder Grimm-Ausgaben letzlich bis in die Gegenwart durchgeklungen ist. Schröder (a.o.a.O.) spricht z.B. davon, daß über der Tatian-Ausgabe "kein guter Stern gewaltet" habe und BASLER 1955,461 spricht gar von einer "leidvollen Geschichte der ahd. Tatianausgabe bis zu Ed. Sievers". Wie dem auch sei - vor allem mit seinen Bemerkungen im letzten Teil des obigen Briefes hat Schmeller bewiesen, wie tief er sich in ein Textkunstwerk und in den Umkreis seiner Entstehungszeit hineinfuhlen konnte. Auch mit literarhistorischen Verhältnissen, wie z.B. epochalen Moden, scheint er gut vertraut gewesen zu sein. Die fur die Überlieferungslage des Heliand in Frage kommenden Verfahren der textkritischen Methode Lachmanns nennt er im Hinblick auf eine mögliche spätere Neuausgabe mit beiläufiger Leichtigkeit. In den Vorworten seiner Ausgaben ging Schmeller nie in so detaillierter Weise auf Fragen ein, die nicht unmittelbar mit der für den vorliegenden Text gewählten Verfahrensweise etwas zu tun hatten. Und selbst die Erörterung seines Vorgehens bei der Textbearbeitung ist dann meistens knapp, wenn auch präzise genug gewesen. Sein umfassendes Wissen über Editionstechniken und sein Gespür für Dichtung, wie sie hier zum Ausdruck kommen, sind in den Vorworten nicht faßbar. Das ist gut mit dem vereinbar, was in dem Stackmann-Zitat am Anfang dieses Abschnitts zum Ausdruck kommt, nämlich daß man sich über die wissenschaftstheoretischen Positionen der Gründergeneration auch auf biographischem Umweg Auskunft holen muß. Nach den edierten Tagebüchern scheint für die Belange der Schmeller-Philologie der nunmehr edierte Briefwechsel eine bedeutende Rolle zu spielen, jedenfalls hat der oben zitierte Briefausschnitt Hintergründe von Schmellers theoretischem Wissen über texteditorische Zusammenhänge
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in weiterem Umfang deutlich gemacht. Die Art und Weise in der er dieses Wissen für das eigene Editionsverfahren einsetzte, scheint heute durch die moderne Philologie vorzugsweise bestätigt zu werden. Forschungsgeschichtliche Aussagen wie die oben genannten könnten dazu beitragen, das handschriftengetreue Editionsprinzip Schmellers als rein mechanische und penibel buchstabengerechte Wiedergabe einer Hs. zu verkennen. Daß dies jedoch keineswegs zutrifft, kommt in einem anderen Brief an Jacob Grimm (8.12.1828) zum Ausdruck, wo Schmeller ein Editionsprojekt des Münchner Hauptstaatsarchivs anspricht: "Freyberg läßt nun auch das hierher versetzte Original des alten Augsburger Stadtbuchs abdrucken. Ich wünschte ihm, der größern Genauigkeit willen, daß er sich etwas mehr in Ihrer Grammatik umsähe. Seine Abschreiber und Collationierer sehen zwar aufjeden Buchstaben, allein diese blos mechanische Controle wird doch manches übersehen lassen." (BW 11,144) Im gleichen Brief bringt Schmeller Überlegungen zum besseren Verständnis der alten Schreiber zum Ausdruck, die man klar als grundlegende Gedanken fìir eine dialektgeographische Methode zur Textuntersuchung ansprechen muß. Damit geht er weit über seine Zeit, die im Bannkreis der erst beginnenden textkritischen Methode Lachmanns stand, hinaus, und damit dürfte er auch in dieser Zeit recht allein gestanden haben. Dennoch ist er sich seiner durchaus originellen Überlegungen so gewiß, daß er sie auch vor einem Jacob Grimm auspricht. Er sucht dabei nach einem Kriterium, das es ermöglicht, einzelne Hss. nicht nur zeitlich sondern auch räumlich genauer einzuordnen. Die besagte Briefstelle weist Schmeller als kompetenten Kenner dialektgeographischer Zusammenhänge aus und zeigt, wie Schmeller die lebenden Mundarten in seine sprachgeschichtlichen Untersuchungen mit einbezieht, was ihm letztlich in diesen Fragen einen Vorsprung vor J.Grimm zu geben scheint. Auf diesen Brief wurde schon bei der Darstellung des Verhältnisses von Schmeller und J.Grimm vorausgewiesen, als es darum ging, daß Schmeller in lautlichen Fragen seine Überlegenheit gegenüber Grimm erkannte und deshalb hierin einen etwas selbstsichereren Eindruck machte als in sonstigen fachlichen Belangen. Über die betreffende Frage wurde offenbar schon öfter brieflich ausgetauscht (Vgl. Brief vom 6.1.1827, BW 11,61). Grimm hatte dabei scheinbar behauptet, daß bairische Schreiber ô bzw. ao setzen, wo alemannische uo bzw. ô haben. Schmeller hatte das als generelles Kriterium bezweifelt und schreibt nun zurück (8.12.1828): "Schön wäre es, wenn die Forschung allmählig Kriterien nicht blos fiir die Zeit sondern auch fitr das Vaterland der alten Schreiber gewönne. Dahin würde Ihr bayrisches_ô fiir das alamannisehe uo, das bayr. ao fiir alam._ô gehören. Ich habe dieses Kriterium früher angefochten. Sie verlangen nun Gründe. Ich muß sie Ihnen gleichwol noch fortan schuldig bleiben, wenn Sie den bedenklichen Schluß aus dem heutigen Dialekt auf den frühern nicht gelten lassen. Auch muß ich jene beiden Fälle trennen. Was ao für öbetrifft, so scheint der jetzige Dialekt
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allerdings noch dem alten zu entsprechen, wenn sein áu, ou (bayr. Gramm. § 335. 336; § 337, zum Gothischen stimmend, würde ich jetzt anders fassen) Ausdruck jenes ao ist. Indessen kommt diese [!] ao auch in den Pariser Glossen vor u. z.B. das bursund. autpertus (in dem merkwürdigen Verzeichniß alamannischer u. bürg. Namen in Goldasts rer. alam. ser. II 1.95) ist wol das aotperht bey Ried4., und selbst [wenn] ô aus au isot.!] entstanden ist, so kann auch ein andrer Dialekt jenes au [got.!] unzusammengezogen fortgeführt haben. In Hinsicht der_ößir uo aber muß ich bemerken, daß der jetzige Dialekt Bayerns diesseits der Donau, ja das ganze süddonauische Gebiet v. den Vogesen bis Ungarn nur uo (uà) kennt. Wäre das dem_o [got.!] entsprechende ältere ô in der tenax vetustatis Bavarie später als in andern Gegenden in uo übergegangen, oder hätten nur ihre Schreiber-Schulen länger an einer ältern Orthographie gehalten? Doch z.B. Hruodmunt Huolo Ried S.2 Hruotaoz S.6 Hroadoluing Chuanrat meichelb 29A =J*o auch in den gl. "St. Galli" N° 913. alphab. St. Galler u. Pariser Gl. bald oa baldó" (BW 11,144) Wir gewinnen hier einen Einblick in die deutlich von mundartgeographischen Überlegungen geprägten sprachlichen Kriterien, mit denen Schmeller an alte Texte herangeht und sehen, wie er dabei seine umfassende Kenntnis der lautgeschichtlichen Entwicklung, die er u.a. in kritischer Auseinandersetzung mit J.Grimms Grammatik gewonnen hat, einsetzt. Zugleich wird deutlich, wie er mit seinen handschriftlichen Glossensammlungen gearbeitet hat. Für die dialektgeographische Arbeitsweise Schmellers im Umgang mit alten Texten, die m.E. enorm wichtig ist für ein umfassenderes Verständnis von Schmellers editorischem Werk, sei noch auf ein weiteres Beispiel in seinen Briefen hingewiesen. Schmeller schreibt am 24.6.1845 an Franz Karl Grieshaber, der ihm ein Exemplar seiner Ausgabe von "Deutsche Predigten des XIII. Jahrhunderts" geschickt hatte. Er geht dort auf auffällige morphologische Erscheinungen ein, die von den Normalformen jener Zeit abweichen, und erklärt sie vor allem durch Dialekteinflüsse des oberrheinischen Dialektraumes: "Unter den Formen sind mir erklärlich die Conjunktive der Verba ege, esest, eee etc. dem oberrheinischen sige, tüege entsprechend, auch liier esen, wacheeest, voleeeen, straphese. dienesest, dunchese, spechege, opherege, erabese. dieneee, machesest, wonese, wellese und dergl. [...] Demselben Dialekt angemessen auch: hên (habere), ir sont (sollen), noch das alte: ir bint (estis). [...]" (BW 11,544) Lautgeschichtlich unerklärliche Erscheinungen der Flexionsmorphologie, die Schmeller aufgefallen sind, fuhrt er auf dialektale Ausspracheeinflüsse des Schreibers zurück: "Unerklärlich sint mir aber die Endsylben a,i,o in Declinationsfällen, wo sie den Regeln der ältern Sprache durchaus widersprechen: wunda, töchtera, séla, Ata, bina, sträza. sassa. iliusa. schüssela, vriuninna, nacheeburina, kircha, sarba. visa, mussa, brosema, vacella, swalwa.
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iunchfrowa lauter Nominative oder Accusative der Mehrzahl weiblichen Geschlechts, für deren einige in jener Zeit zwar ^e: wunde, töhtere, sêle, straze etc. flir andere aber -en zu erwarten wäre: riten, kirchen etc., 13a diu nxte gaz die_rüta; ze ainer tßtL 103b ainer swalwen, die swalwa plur., 106b do giengen die iunchfrowa, ze dirre iunchfrowen; 41a kain fliuge, 40b die töten MugaNoch auffallender sind die Genitive plur auf o: ochso, tözstapho, êwarto, judo, - Schiero, bino, krono brosemo, fliuso. wundo, - der hailliso, der foto, derrehto, derg$to werche, - deren einigen fur jene Zeit ^ den übrigen aber -en zerecht wäre. Darneben ein Gen. sing. fem. der armen witiwo 62a. Ferner die adverbialen 58a ie vasto un ie vasto ... ie baldo un ie baldo, zwiero, 123b su Sens to. 133a hundersto. " Endlich das iu als Plural der Diminutive auf i: 26a voeelliu, 64b vischeliu, neben visceliu, 98b schäfeliu, schäfliu, 106 kemmeliu, kembeliu, lila kindeliu; auch 127b kiziu plur. neben dem Genitiv sine, kiziz 128a. Wollte man noch einige Reste der althochdeutschen Formen als bis ins XIII. Jahrhundert erhalten annehmen, so würden doch nur einige der genannten regelrecht seyn z.B. sêla, strâza ... fözstapho, erwarto ..., während den übrigen die Endungen -un, -ono, oder doch on gemäß wären. Ich möchte deshalb das Seltsame jener Formen auf Rechnung des Schreibers setzen, der die Vocale, die damals in tonlosen Sylben längst zum indifferenten e(d) geworden war [!], schrifllich bald durch bald durch_o dargestellt, und das, also ebenfalls schon damals in der Aussprache des rheinischen wie schwäbischen Dialects vernachläßigte Schluß-n auch in der Schrift weggelassen hätte. Er schreibt: als er ferdampnot so wil er och verdampno, vezzelli, schäfeli, bröcheli, kunezli, kränzeli, lämbeli, wo wol nur das η von lin weggelassen ist, während es im Plural haftete, wenn vielleicht satt liu denn doch lin zu lesen wäre [...] Nach meiner Ansicht stünde also zeftir (d) undfur (â~),_ofur en_(â~), ie vasto, ie baldo vermag ich nur als ie vaster, ie balder (vastâc, baldâc ) zu deuten. " (BW 11,544-545) Die gezeigten Beispiele weisen also fur Schindlers textphilologische Arbeitsweise eindeutig frühe dialektgeographische Überlegungen nach. Forschungsgeschichtlich ist das insofern bedeutend, weil damit erkennbar wird, daß zumindest die Möglichkeit für eine dialektgeographische Kritik am Normalisierungsverfahren der Lachmannschule nicht erst zur Zeit eines Jost Trier bestand, dessen Äußerungen dazu in der Realienliteratur meist verwendet werden, um die grundsätzliche In-Frage-Stellung der Lachmann-Methode zeitlich zu terminieren.80 Auch wenn sich Schmellers Hinweise noch in erster 80
So wird z.B. in Hans-W. Seifferts Reallexikonartikel "Edition" die sich verändernde Einstellung der Herausgeber gegenüber der Textüberliefening mit einem Zitat aus Jost Triers Nachruf auf Edward Schröder gekennzeichnet: "Vollends hatte die mächtig aufstrebende Dialektgeographie das Sicher-
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Linie auf die Schreiber beziehen, so sind sie doch der erste Schritt dazu, einheitliche Schreibdialekte in Frage zu stellen und nicht die Ursachen für abweichende Schreibungen in der mangelhaften Beherrschung der Norm durch den Schreiber zu suchen. Von da kann man sich eine gerade und kurze Linie zu der für die Textphilologie durch Wrede, Bach, Wagner, Maurer und Frings nutzbar gemachten Sprachraumforschung vorstellen. Daß bei diesen Vorgehensweisen auch ein Lachmannscher Archetypus erschlossen werden kann nur eben mit anderen Mitteln - steht nicht im Widerspruch zu Schmellers Ansichten. Daß er Lachmanns Methoden mit seinen dialektgeographischen Frühbetrachtungen kombiniert anwenden konnte, hat er z.B. bei der Edition von Hadamars "Jagd" gezeigt. Er gibt dort einen normalisierten mhd. Text, berücksichtigt dabei aber wichtige oberdeutsche Eigenheiten der Orthographie. All das zeigt, daß Schmeller einerseits mit der textkritischen Methode Lachmanns durchaus vertraut war und sie anwenden konnte. Andrerseits hat er nie versucht, sie sklavisch genau nachzuahmen, sondern ist immer auf kritischer Distanz zu ihr geblieben. In der Hauptsache jedoch ist er seinen eigenen, oben beschriebenen Weg gegangen, den man durchaus als eine vorweggenommene Variante der überlieferungsgetreuen Ausgabe ansehen kann.
2.3.3. Das Verhältnis zu den Fachkollegen Das hier darzustellende Verhältnis zwischen Schmeller und den Fachkollegen seiner Generation bezieht sich hauptsächlich auf das Arbeitsgebiet der Textphilologie. Im Betrachtungszeitraum der "Gründergeneration" stehen dabei zwei Größen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit: die Einstellung zur textkritischen Methode Beneckes und Lachmanns und der "Wettlauf' um die Editio princeps. An ersterer mußte sich zumindest jeder Herausgeber eines mhd. Textes messen lassen, am zweiten beteiligten sich eigentlich ausnahmslos alle. Auch Schmeller konnte sich nicht ganz dem Sog dieser Art von Wettstreit entziehen. Beispiele von mehr oder weniger hart geführten Auseinandersetzung im Umkreis einer Erstausgabe gibt es aber vor allem zwischen seinen Fachkollegen genügend. Dabei wurden jene Gelehrten, die sich bei der Herausgabe von mhd. Texten nicht strikt an die Methode Lachmanns hielten, von der Kritik meist als verwissenschaftliche Diletanten abgestempelt. Das in der Sache häufig gerechtfertigte Urteil wirkte sich oft genug auf das gesamte wissenschaftliche Betätigungsfeld eines solchermaßen Getadelten aus und führte zu einer forschungsgeschichtlich unangemessenen Würdigung seiner übrigen Leistungen. Das Paradebeispiel dafür dürfte wohl F.H.v.d.Hagen gewesen sein, der wegen seiner rührigen Editionstätigkeit oft genug die Schußlinie Lachmanns kreuzte. Oben (Anm.43) wurde schon gezeigt, wie die forheitsgefühl des Textkritikers älterer Schule in seiner Mitte erschottert. Die innere Einheitlichkeit der Schreibdialekte zerann. [...]" (SEIFFERT 1958,317)
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schungsgeschichtliche Beurteilung v.d.Hagens heute noch im Schatten der Bewertung Lachmanns steht. Wie Lachmann und J.Grimm sich vor der rasanten Editionstätigkeit von Kollegen wie v.d.Hagen und Büsching sorgten, kommt in einem Brief J.Grimms (22.2.1829) an Lachmann zum Ausdruck, in dem er diesen ermahnt, wegen der Hs. des "Ulrich v. Lichtenstein" schnell nach München zu schreiben, ehe ihm etwa v.d.Hagen oder Büsching zuvorkomme. Die Stelle sei hier zitiert, weil sie zugleich ein Licht auf das Verhalten Bernhard Docens im Wettstreit um Ersteditionen wirft und einen Hinweis darauf gibt, wie J.Grimm und Lachmann das Verhältnis zwischen Schmeller und Docen beurteilten. (LEITZMANN 1927, 11,623): "Wie gerathen Sie auf die vermuthung, von Docens Lichtenstein sei schon irgend was gedruckt? er hatte den codex bloß jähre lang in seiner stube verschlossen. Sie sollten hinschreiben und ihn kommen lassen, eh es ein andrer thut, Hagen etwa oder gar Büsching. Schmeller hat jetzt Docens Stelle erhalten. " Der letzte Satz ist zugleich ein Hinweis darauf, daß Schmeller nicht wie Docen für einen Gralshüter der Münchner Handschriftenschätze gehalten wird, der die Codices eifersüchtig verschließt, um sie für eine eigene Erstherausgabe zu bewahren. Vielleicht war diese Haltung bei Docen der Grund für eine Bemerkung Lachmanns an J.Grimm, die er über das Verhältnis von Schmeller und Docen machte. Anscheinend wollte er von Docen ahd. Glossen haben und Grimm hatte ihm geraten, sich der Vermittlung Schmellers zu bedienen: "Durch Schmeller läßt sich nichts machen, sie können sich nicht leiden. " (31.10.1825, LEITZMANN 1927,11,470) Ein anderes Beispiel soll zeigen, wie hart und persönlich ein Streit um die Editio princeps geführt werden und welch unübersehbare Folgen er nach sich ziehen konnte. Es geht dabei um den Schmellerschüler Carl Greith und um die Erstveröffentlichung von Hartmanns Legende nach der Gregorius-Hs.A (Cod. 1354 der Christina) in seinem "Spicilegium Vaticanum" (1838). Diese Hs., die den wertvollsten Teil von Greiths vatikanischen Funden ausmachte, veröffentlichte er im zweiten Teil seines Buches und gab damit die Erstpublikation von Hartmanns Legende. Schmeller hatte das Buch insgesamt anerkennend in den "Münchner Gelehrten Azeigen" (1838, Nr.63) besprochen. Lachmann, der seit längerem eine Gregorius-Ausgabe vorbereitete und sich nun der Priorität beraubt sah, fiel über die Herausgabe her und verstieg sich dabei bis zu persönlichen Beleidigungen. In der zweiten Auflage zum Iwein (1843) nannte er den bloßen Textabdruck Greiths eine "schülerhafte Ausgabe", in einem Brief an Wackernagel (4.4.1838) schrieb er, die Vorrede zu seiner Gregorovius-Edition sei deshalb entfallen, weil er nicht "Lassberg zu Leide die Anmassung des unwissenden Pfaffen" habe tadeln wollen und in Briefen an M.Haupt nannte er seinen Rivalen gar "dummer Katholik" und "Vieh". Eduard Studer, der diesen Vorgang genau beschrieben und belegt hat (STUDER 1952, 419-421), sieht in diesem unmäßigen Verhalten Lachmanns "den Keim zu der später an der Nibelungenftage ausbrechenden und die germanistische Forschung auf Jahrzehnte hinaus vergiftenden Spaltung zwischen Berlin und Heidelberg/Wien gelegt"
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(S.421), weil Pfeiffer schon bald zu Greith in freundschaftliche Beziehung trat. Die Beispiele haben einerseits gezeigt, wie hart und folgenreich die Auseinandersetzungen um die Erstausgabe sein konnten, andererseits wurde erkenntlich, daß für die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts Lachmann und seine Schule einen nahezu absoluten Bewertungsmaßstab für den Bereich der Textedition darstellten. Die Einstellung Schmellers zu Lachmanns textkritischer Methode ist im vorigen Punkt schon erläutert worden. Dabei ließ sich feststellen, daß Schmeller einer der ersten Kritker vor allem am Normalisierungsverfahren war. J.Grimm, dem er diese Kritik 1822 brieflich mitteilte, hatte ebenfalls nicht die eindeutige Haltung für Lachmanns Methode eingenommen, wie dies z.B. im Vorwort Konrad Burdachs zu LEITZMANN 1927 anklingt. Er scheint seine Einstellung dazu öfter geändert zu haben. 1815 vertrat er in den "Altdeutschen Wäldern" (2,160) hinsichtlich des Nibelungenliedes den Grundsatz der erst viel später zur Geltung gekommenen überlieferungsgetreuen Ausgabe und stand damit der prinzipiellen Position Schmellers nahe. In seiner Deutschen Grammatik forderte er allerdings kritische Ausgaben, in denen die Kritik durch Grammatik, Eigentümlichkeit des Dichters und Vergleichung der Hss. geleitet wird (ALZ-Rezension der DG, 1829, 430). 1850, in seiner Vorrede zu Johannes Merkels Ausgabe der Lex Salica, hat er sich wieder kritisch zur "critischen philologie" geäußert (SONDEREGGER 1985,51). Vermutlich hat er ähnlich wie Schmeller den Wert der textkritischen Methode in ihrer Anwendung von der Art und Überlieferungslage eines Denkmals abhängig gemacht. Was Schmeller betrifft, so fügt er seiner Kritik am Normalisierungsverfahren der Lachmann-Schule noch eine Beanstandung anderer Art hinzu. Am 1.5.1833 schreibt er an H.Hoffmann (BW 11,285): "Dieser Tage hat Lachmann seinen Wolfram v. E. geschickt. Eine Arbeit, beider würdig. So erhalten wir allmählich alle unsere ältern Klassiker in genießbarer Form; Schade, daß das Publicum dafiir noch so klein, u. im allgemeinen noch so kotzebueisch gesinnt ist. Einige Schuld mag auch die Vornehmheit der Herausgeber tragen, die es unter ihrer Würde halten, das ungewohnte u. so wie es ist, unverdauliche Futter, durch Glossare &c. etwas klein zu schneiden. " Wieder scheint Schmeller mit seiner Kritik seiner Zeit voraus zu sein: Die Erschließung alter Textdenkmäler durch Glossare ist erst im späteren 19. Jahrhundert eine unabdingbare Selbstverständlichkeit geworden. Schmeller mag dabei auch an die sauere Mühe gedacht haben, die eine solche Arbeit erforderte und die er sicher bei der Erstellung seiner eigenen Glossare zu einigen seiner Ausgaben kennengelernt hatte. Er fügt an oben zitierter Stelle auch gleich eine Entschuldigung dafür hinzu, daß sein Heliandglossar noch nicht erschienen sei. In Pfeiffers GERMANIA (12, 1867, 250), in der dieser Brief gleichfalls abgedruckt wurde, ist dem Tadel Schmellers eine Fußnote beigesetzt, in der es im Hinblick auf die als fehlend bemängelten Glossare
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heißt: "Diese Ansicht von einem Manne wie Schmeller hier schon ausgesprochen zu finden, gereicht mir zur grösten Genugthuung, insofern sie mit wörtlicher Übereinstimmung genau dasselbe sagt, was ich seit Jahren als den Hauptgrund bezeichnet habe, der die Verbreitung unserer Textausgabe in weitern Kreisen verhindert hat. " (Vgl. BW 11,286 Anm.3) Der Adressat des eben zitierten Briefes, H.Hoffmann v. Fallersleben, ist es auch, der Schmellers Editionspläne einige Male in sehr fragwürdiger Weise kreuzte. Schmeller hatte aus dem Nachlaß Docens einige Blätter mit Fragmenten des "Ruodlieb" (vgl. oben) erhalten, die jener von den Deckeln einiger Tegernseer Codices gelöst hatte. Sein Freund Martius hatte ihm von einer Wienreise eine Abschrift von zwei Pergamentblättern mit Ruodliebfragmenten aus St. Florian mitgebracht, die der dortige Stiftsbibliothekar Jodok Stülz 1830 entdeckt hatte. Der Inhalt dieser Blätter bestätigte die Münchner Fragmente, war darüber hinaus numeriert und enthielt einen eigenen Teil. Schmeller wendet sich nun an H.Hoffmann v.F., den er auf einer Bibliotheksreise in Wien weiß und demnächst in München erwartet. Er bittet ihn, für ihn das Original zu vergleichen, wenn er von Wien aus über St. Florian nach München käme, und betont sein großes Interesse an den Fragmenten (1.5.1834, BW 11,302-303). Wie aus einer Randnotiz H.Hoffmanns auf diesem Brief bekannt ist, hat ihn das Schreiben erst in Melk erreicht (11. Mai 1834), als er schon in St. Florian gewesen war. Am 10. September 1834 trifft H.Hoffmann in München ein und überreicht Schmeller eine Kopie des St. Florianer Bruchstückes. Was Schmeller zu diesem Zeitpunkt noch nicht wußte, war die Tatsache, daß H.Hoffmann vorher schon in Wien das Florianer Bruchstück in Moriz Haupts "Exempla poesis latinae medii aevi" veröffentlichen ließ, nicht ohne den Münchner Fund als eine "res derelicta" zu bezeichnen.81 In einem Brief an J.Grimm (7.7.1835), mit dem er ihm seine eigenen Kopien der Ruodliebfragmente schickt und in dem er motivgeschichtliche Zusammenhänge des Ruodlieb erörtert und Grimm um Rat für eine 81
Zum gesamten Vorgang vgl. WINKLER 1988, 112-114 und BW 11,302-303, besonders Anmerkung 6), wo dieser Vorgang genau recherchiert ist: "Vgl. die Anm. von Hofimann v. Fallersleben: Ich hatte bereits Abschrift genommen, welche später Moriz Haupt in Wien drucken ließ: Exempla poesis latinae medii aevi (vgl. Widmungsexemplar für Sch.[meller] 12.Augustl834: Druckschrift mit eigenhändigen Anmerkungen, in: Schmelleriana V.10). - Schs B[rief] errreichte Hofimann v. Fallersleben erst nach dessen Aufenthalt in St. Florian. In einem Schreiben an J. Stülz vom 17.Mai[1834] teilt Hofimann Schs B[rief] auszugsweise mit u. fährt dann fort: Machen Sie also gefälligst ein Facsimile. Bei so vielen HSS., die mir unter die Hände kommen, könnte ich leicht vergessen, wie Ihr Bruchstück ausschaute. (Stiftsarchiv St. Florian) Eine persönliche Abschrift durch Hofimann während seines Aufenthaltes in St. Florian scheint damit infrage gestellt. Stülz hatte daraufhin vermutl. eine Kopie an Hofimann geschickt, in der Erwartung, dieser würde sie an Sch weiterleiten. Dies geschah jedoch nicht, Hofimann beeilte sich vielmehr, das Fragment selbst in Haupts Exempla zu veröffentlichen. Gleichsam entschuldigend wendet er sich anschließend (10. August) an den Stiftsbibliothekar: Es ist Ihnen doch recht, daß der Ruotlieb Gemeingut geworden ist? (Stiftsarchiv St. Florian). Schs Vorbehalte gegen Hoffmann mögen hier ihren Anfang genommen haben."
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Veröffentlichung ersucht, kommentiert Schmeller diesen Vorgang mit folgenden Worten: "Um aufjene Fragmente zurückzukommen, so habe ich in Haupts 'Exempla... ' p.8 mit Befremden von einer res derelicta gelesen, nachdem ich den Fallerslebener nach Wien geschrieben hatte, er möchte, wenn er über St. Florian käme, mir ein Facsimile des Stülzischen Blattes mitzubringen die Güte haben, damit ich sehen könnte, ob es mit den Tegernseeischen, die mich sehr beschäftigten, zu Einem u. demselben Exemplar gehört haben könne. " (BW 11,330) H.Hofimann v.F. scheint Schmeller für mehr als gutmütig-verzeihend gehalten zu haben, denn er setzte diesem philologischen Streich noch ein weiteres Kapitel textphilologischen Wetteifers hinzu. Wie aus dem Antwortbrief Schnieders vom 10.3.1837 hervorgeht, scheint er kurz vorher Schmeller brieflich darum ersucht zu haben, ihm die unikalen Hss. des St. Ulrich und des "Alexanders" Maerlants für die Edition zu schicken. Die Antwort Schindlers sei hier in einem größeren Auszug wiedergegeben, weil sie für diesen Punkt sehr aufschlußreich ist: "Jedoch, und ich schäme mich nicht sehr, es zu gestehen, etwas unerwartet kam mir das Verlangen nach Mittheilung des St. Ulrich und des Alexander, gerade zweyer Unica, die, wie Sie denken können, auch Ihr Münchner Collega zu würdigen weiß. Wenn er, minder glücklich als Sie an Ihrer längst geordneten u. wenig zu thun gebenden Bibliothek, all seine Zeit und geringe Kraft vor der Hand der dringenden Arbeit des Verzeichnens und Ordnens, also der nächsten Berufspflicht widmen muß, so hat er bisher sich durch die Hojhung trösten und stärken zu dürfen geglaubt, daß ihm wenigstens in der Folge etwas mehr Zeit und noch einige Kraft übrig seyn werde, an einigen nicht eben dringend nach Erlösung schreyenden Dingen, die er vorgefunden, etwas von den süßen HerausgeberFreuden erleben zu können. Und so liegt er, wie ein neidischer Hund auf solchem Plunder u. knurrt Jeden an, der auch nur darauf hin sieht, gleich meinend, man wolle ihn an jenen süßen Freuden verkürzen. Der Arme spiegelt sich nicht in dem Beyspiele des Nächsten. Er bedenkt nicht, daß man, wenn er irgend ein in sein Fach einschlägiges Anecdoton der Breslauer Bibliothek sich ausbitten wollte, es ihm ohne anders entgegen tragen würde. Was aber noch unverzeihlicher ist, der Beschränkte erwägt nicht, daß, ohne Rücksicht auf locale u. drgl. Verhältnisse, schon im Interesse der Wissenschaft, in solchen Dingen der Rüstigere, Tüchtigere ein natürliches Recht über den Schwächern hat. Doch, halt! Das war Nachmittagsschwatz. [Anspielung auf Hoffmanns Aufenthalt in München, vgl. TB 11,200] Nun ein Wort zum Vormittagsfreund H. [...] Was die Übersendung des Cod.germ.94 [St. Ulrichs Leben] betrifft, so wird sie, selbst unter diplomatischer Vermittelung, Schwierigkeit haben, da die hiesige Staatsbibliothek [...] Unica in der Regel nicht den Wechselfällen einer Versendung preisgiebt. " (BW 11,366-367)
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Wenn man diesen Vorgang vor dem Hintergrund dessen betrachtet, was zwischen Schmeller und H.Hoffmann bezüglich der Ruodlieb-Fragmente vorgefallen war, dann gibt dieser Briefausschnitt einigen Aufschluß über die wechselseitige Beziehung und Einschätzung Schmellers und seiner Fachkollegen. Da ist einmal die Einschätzung Hoffmanns, dafl man von dem bescheidenen und anständigen Schmeller jeden Steigbügeldienst erwarten kann, auch wenn man schlechte Gegendienste geleistet hat. Daß mehrere Kollegen Schmellers so über ihn dachten, wird noch an weiteren Beispielen deutlich. Diese Meinung kann durchaus in jenem schon gezeigten Charakterzug Schmellers, "niemandem im Wege stehen zu wollen", seinen Ursprung haben. Er reagiert auch in diesem Falle nicht ungehalten sondern äußerst höflich. Im nicht zitierten Teil des Briefes bietet er H.Hoffmann sogar die Mitherausgeberschaft im Falle des Maerlantschen "Alexanders" an - unter der Bedingung, daß Hoffmann den Glossenteil besorgt. Er hat hier die Spezialisierung Hoffmanns aufs Niederländische berücksichtigt. Aber was den St. Ulrich betrifft, lehnt er deutlich ab. Was hier vor allem bezeichnend für Schmellers Art ist, wird durch die feine Ironie am Beginn seines "Nachmittagsschwatzes" deutlich, die sich allerdings zu einem beißenden Sarkasmus am Schluß steigert. Man muß dabei an den Ruodlieb-Vorgang denken, wenn Schmeller davon spricht, daß er (der Arme) "sich nicht an dem [edlen] Beyspiele des Nächsten [Hoffmanns]" spiegele, wenn er hier seine Editionsinteressen bevorzuge. Er treibt es auf die Spitze, wenn er davon spricht, daß er als der Schwächere im Interesse der Wissenschaft vor dem Tüchtigeren [Hoffmann] zurückzutreten habe. Und es mag ihm dieser Sarkasmus wohl selbst zu weit gegangen sein, wenn er mit einem "Doch,halt!..." wieder einlenkt. Diese Art der Reaktion ist häufig in seinen Briefen zu beobachten, wenn er sich von seinem Briefpartner unrecht behandelt fühlt. Selten ist jedoch dabei ein so scharfer Sarkasmus zu beobachten, meistens nur feine Ironie. Es mag durchaus sein, daß diese feine Ironie, die häufig auch in seinen Tagebucheinträgen auftaucht und die als häufigstes Stilmittel seine eigene Selbsterniedrigung und die gleichzeitige Erhöhung des anderen andeutet, öfter nicht durchschaut worden ist. Schmeller selbst hat sich beim kollegialen Wettstreit um Erstausgaben eher zurückgehalten. Immer ist er dabei korrekt gewesen, hat sich vorher erkundigt, ob ein anderer Vonechte habe, hat gegebene Versprechen eingehalten und hat die Kollegen freigiebig mit Handschrifitencollationen, Auszügen und Abschriften aus dem Bestand der Münchner Bibliothek bedient, was ihm natürlich auch manche Gegenleistung einbrachte. Als er z.B. den Plan zur Herausgabe der Carmina faßt, frägt er erst bei Endlicher in Wien an (25.3.1845, BW 11,539), ob dieser noch an der vor vier Jahren gegenüber Maßmann geäußerten Absicht festhalte, die Liederhandschrift herauszugeben, da er in diesem Falle zurückstehen wolle. Natürlich sah auch Schmeller es nicht gerne, von einem vorschnellen Kollegen um die Früchte jahrelanger Arbeit gebracht zu werden. So äußert er in
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einem Brief an den Verleger Georg v. Cotta (14.6.1837, BW 11,373) die Befürchtung, daß ihm aufgrund des langen Zögerns beim Druck seines "Glossarium Saxonicum", in das neben dem Heliand-Glossar auch die anderen bekannten altsächsischen Denkmäler lexikalisch-glossarisch eingearbeitet wurden, jemand aus Deutschland, den Niederlanden, Großbritannien, Dänemark oder Schweden zuvorkommen könnte, und seine "in der That etwas saure Mühe vergeblich machen möchte". Auch mag es ihm nicht leicht gefallen sein zuzusehen, wie andere in der Bibliothek Editionen vorwegnahmen, die ihm auch lieb gewesen wären. In seinen Tagebüchern spricht er in diesem Zusammenhang einmal von Franz Mone als einem "bibliothekarische[n] Streuner und Freybeuter" (TB 11,257), der wieder hier war, "mir die Blumen , die mir das langweilige Absicheln so vielen schlechten Grases allein versüßen, vorweg brechend" (TB 11,259). In einem Brief an J.Grimm (6.9.1842) faßt er diese Umstände einmal resignierend zusammen (BW 11,502): "Über der peinlichen Arbeit [Ordnen der Hss.J wars mir wohl erlaubt, dies u. jenes, was einer Ausgabe werth schien, mir filr die Zeit, wo ich als Catalogmacher fertig seyn würde, zum PrivatVergnügen auszuersehen. Wenn mir einiges, ohne mich deshalb auch nur zu begrüßen, vor weg genommen worden ist, so ist dies ein Umstand, worüber eine Klage von meiner Seite lächerlich seyn würde. Daß ich nicht, wie mein Vorgänger, dergleichen Reservata ausgeschnitten oder beiseite gestellt, ist meine Schuld, u. eine solche, die mein Gewissen wenig beschwert. " Schmeller fand es ferner ziemlich verdrießlich, wenn vor allem Kollegen der jüngeren Generation ihre Vorgänger nicht angemessen zitierten und würdigten, deren Leistungen abzuwerten oder gar zu verschweigen versuchten. Ein wahrhaft prophetischer Zug im Umgang mit seinen jüngeren Fachkollegen, wenn man bedenkt, wie nachfolgende Generationen speziell mit seinem philologischen Nachlaß verfahren sind! Doch dies im zweiten Teil dieser Arbeit. Hier zunächst ein Beispiel. Am 25.4.1844 Schmeller notiert Schmeller im Tagebuch: "Mich überrascht was Professor Höfler in Nr. 73 der Münchner Gelehrten Anzeigen über die Handschrift des Albertus Bohemus (Ald.42) sagt, als ob vor Böhmer und ihm (Höfler) die Perle vor Schweinen gelegen hätte. Ahnlicher Unbill gegen Docen und mich hat sich Gessert (Wessobr.Cod.), Franz Pfeiffer (Bedeutung der Messe), Reyscher (als Herausgeber des von Fr. v. Laßberg vorbereiteten Schwabenspiegels) zu rühmen. Daß mich solche Lappalien verdrießen können, verdrießt mich. " (TB 11,370) Offenbar hatten die genannten Gelehrten in Ausgaben, Teilausgaben und Abhandlungen jener Hss. die Arbeiten ihrer Vorgänger an ihnen abgewertet oder verschwiegen, wie z.B. im Falle Pfeiffers. An ihn hatte sich Schmeller schon vorher brieflich in dieser Angelegenheit gewandt (12.10.1841): "Im 2. Hefte v. M.Haupts Zeitschr.f.d.A. lese ich so eben einen Abdruck des alten
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Gedichtes von der Bedeutung der Messe, das Sie in Ihrer Nachschrift S.283 als bisher unbeachtet angeben. Ich überlasse es Ihrem eigenen Gefühle, ob Sie eine solche Bemerkung wagen durften, ehe Sie von Ihrer Richtigkeit überzeugt waren. Der selige Docen wird Ihnen verzeihen. Auch ich thue es für den Theil der davon auf mich fallen mag. " (BW II,479-480)82 Schmeller schließt mit der Bitte, daß Pfeiffer ihm mitteilen solle, was er aus dem Codex, den er ganz abgeschrieben hatte, außer dem erwähnten Stück noch herausgeben wolle. Er besitze nämlich einige von Docen und ihm in extenso abgeschriebene Stücke, die er sich selbst für eine eventuelle Herausgabe vorbehalten habe. Er wolle jedoch nur darüber informiert sein, damit er im Katalog anmerken könne, was schon gedruckt sei. Pfeiffers Antwort wurde offensichtlich nicht abgeschickt. Sie liegt als Briefentwurf dem Schreiben Schmellers bei. In diesem Entwurf hatte sich Pfeiffer für sein "bisher unbeachtet" quasi entschuldigt und versprochen, von seiner Abschrift keinen weiteren Gebrauch zu machen (BW 11,480-481). Ein anderes Beispiel bezieht sich auf das mhd. Handwörterbuch von Ziemann. Offenbar hatte Ziemann viele Belege aus dem BWB Schmellers übernommen, ohne sie entsprechend zu kennzeichnen. An Wackernagel schreibt dieser am 11.10.1838: "Über den industriösen Ziemann haben nicht Sie allein sich zu beschweren.83 Oder darf es mich nicht wundern, daß der Mann aus vielen bayrischen Schriften, die ich bisher, allein, und nicht ohne Selbstverleugnung u. Mühe, durchgegangen zu haben geglaubt, gerade dieselben Stellen als Belege anführt, die ich bezeichnet habe? Wenn nun freylich alle diese Opera u. Opuscula wol auch nach Quedlingburg gekommen u. v. Hr.Z. durchgelesen seyn können, so bleibt doch noch rätselhaft genug, wie er bey so manchem Ausdruck ganz auf dieselben Erklärungen, Vermuthungen, sogar auf dieselben Irrthümer gerathen konnte, die ich als die meinigen anzusprechen u. zu verantworten habe. Es wäre albern, wenn ich förmlich sagen zu 82
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Zum besseren Verständnis der Zusammenhänge sei hier die Anmerkung, die WINKLER in BW 11,480 zum Stichwort 'Z.f.d.A.'. wiedergibt, angeführt: "2) Zeitschrift für deutsches Alterthum. F.Pfeiffer hatte im Auftrag H.F.Maßmanns die Münchner HS Cgm 39 abgeschrieben u. wollte die hier enthaltenen Predigten vermutl. selbst herausgeben (vgl. B[rief]e v. F.Pfeiffer an den Verleger Basse v. 4.Mai 1839 u. 20.Juli 1839, in: Dammann, S.72-76, hier S.73-75). Sie schienen ihm durch Sprache und Inhalt mehr als irgend andere Bekanntmachung zu verdienen (Pfeiffer 1870, S.XXVIII). Eine Publikation unterblieb jedoch (vollständige Edition der HS erst 1858 durch Johann Kelle unter dem Titel Speculum ecclesiae altdeutsch). Allerdings hatte er dem Verleger Basse angeboten, sie als 3.Teil der in der Nationalbibliothek erschienenen Predigten zu übernehmen. In der oben genannten Zschr. wurde von F.Pfeiffer nur die Deutung der Meßgebräuche in Versen aus dem Codex veröffentlicht (vgl. 1(1841),S.270-284). Auf dieses Gedicht bezieht sich Sch[meller] (s. auch BEntw. v. F.Pfeiffer v. 12.0ktober 1841)." Vgl. zu dem Vorgang WINKLER in BW 11,412, Anm. 4): "Adolf Ziemann (1807-1842) Altphilologe, Gymnasiallehrer in Quedlinburg. - Vgl. auch W.Grimms Kritik im B[rief] v.27.Mai 1841 an Karl August Hahn. W.Wackernagel u. Jac.Grimm kritisierten besonders Ziemanns Mittelhochdeutsches Wörterbuch zum Handgebrauch nebst grammatischer Einleitung, Quedlinburg 1838 (vgl.ADB Bd.45,S.193)"
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müssen glaubte, daß ich mir auf meine Arbeiten, nun sie hinter mir liegen, nicht Großes einbilde; aber einer gewissen innern Entrüstung kann ich mich doch nicht erwehren, wenn ich sehe, wie ein Andrer fast mir selbst zweifelhaft machen will, daß ich dies oder jenes gethan. " (BW 11,411) In einem Brief an den Verleger Georg Heinrich Basse (2.12.1838), in dem sich Schmeller u.a. für die Zusendung dieses Wörterbuches bedankt, schreibt er zu diesen Fällen folgendes (BW 11,418): "Das Ziemannsche Wörterbuch betreffend, so hat es mich erfreut und nicht. Erfreut hat es den beßren Menschen in mir, der sein Scherflein gerne zum größren für möglichst Viele gewonnenen Capital geschlagen sieht, minder erfreut den eiteln Egoisten, der jedem Spänchen, das er mit oder ohne Mühe geschnitzt, seine Firma aufgedrückt wissen will. Aber es soll beym Anblick und Gebrauch des nützlichen Buches der bessere Mensch den schlechtem nicht aufkommen lassen. "®4 Schmeller schien bei seinen zeitgenössischen Fachkollegen und besonders auch bei der jüngeren Kollegengeneration durchaus einen guten Ruf als Textphilologe zu genießen. H.Hattemer z.B. bedauert im 3. Band seiner "Denkmahle des Mittelalters", daß er zu spät gekommen war, um Schmeller einzuladen, seinen Tatian in dieser Sammlung zu veröffentlichen und fügt respektvoll hinzu: "Nach ihm durfte ich keine neue Ausgabe wagen. Es mag Schmellers Ausgabe als der zweite Band unserer Sammlung gelten" (DENKMAHLE 111,615-616). Als der Verleger Basse im Zusammenhang mit der Begründung der "Bibliothek der gesammten deutschen Nationalliteratur" H.F.Maßmann um Mitarbeit gebeten und ihm scheinbar eine Reihe anderer Namen genannt hatte, antwortet Maßmann (5.1.1836), daß dabei gewichtige Namen fehlten, "z.B. unser Schmeller, Wackernagel in Basel pp" (DAMMANN 1924,14). Alexander J. Vollmer, ein jüngerer Kollege scheint Schmeller gar als einzige ihm angemessene Beurteilungsinstanz angesehen zu haben. Anscheinend hatte Basse, dem der eine Ausgabe des Nibelungenlieds nach der Hohenemser Hs. angeboten hatte, nach Empfehlungen verlangt und offenbar auch Namen genannt. Vollmer antwortet ihm darauf (3.9.1838) und schreibt bezüglich der vorgeschlagenen Beurteiler u.a.: "[...] - oder Graf/7 - dagegen dagegen müs't ih mih feierlih ferwaren. [...] ih habe seinen Otfrid mit der hiesigen handshrift ferglihhen und berihtigt. die fäler sind kaum zu zälen. weih ain man dagegen Smeller, dessen Heliand ih ebenfals im forigen sommer mit der ürshrift aufs genaueste fom anfange biz zum ende 84
Noch früher als die beiden zitierten Briefe zu datieren ist eine deutliche Äußerung J.A. Vollmers, eines Philologen der jüngeren Generation, die er in einem Brief an den Verleger Basse (3.9.1938) getan hatte. Sie sei hier nach WINKLER in BW II,418,Anm.3) wiedergegeben: [...] und da waiz doh jeder, wen er nur äugen hat, daz Zieman bizhêr nur ausgeshriben hat. der wakkere Smeller, frei fon allem stolze, fon allem êrgeize, beklagte sih bitter darüber. Zieman schreibt in 1000 mal auz, on' in zu nennen, un hâtt' er ez meinetwegen auch getân. er sol wenigstens die stellen nâhslagen. aber wo dem guten Smeller etwaz mänshlihez begegnet ist, hat Zieman die fäler treü nâgeshriben, ganz mit denselben Worten. (S.57)
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ferglihhen habe, beinahe möht' ih sagen, er sei unfâlbâr. wie gut wären wir daran, wen unsere gelêrten so treu, so gewizzenhaft wären! und diser man ist für mih. " (DAMMANN 1924,56) Das klingt parteiisch und vor allem eigennützig, beruht aber scheinbar doch auf sachlichen Überlegungen. Und anscheinend hat Basse Schmeller tatsächlich um eine Beurteilung Vollmers gebeten, denn am 18.12.1838 schreibt dieser an ihn : "Herr Vollmer, der eine Ausgabe der hiesigen Hohenemser Handschrift des Nibelungenliedes als solcher, nach dem Muster der Laßbergischen, anbietet, ist dem Unternehmen allerdings gewachsen. Es kommt dabey fast einzig auf Genauigkeit an, und Herr Vollmer, wie sein Freund Roth, ist ein geborner Corrector. Die Frage ist nur, ob nach dem, was der in die Tiefe selbst eingehende Lachmann geleistet, eine Ausgabe der Art sich noch lohnen könne. " (BW 11,418) Der "Corrector" bezieht sich offenbar auf die emsige Collationstätigkeit Vollmers, die auch vor Schmellers Heliand nicht halt machte. Diese besserwisserische Art scheint Schmeller recht gut durchschaut zu haben, denn er fahrt fort: "Allerdings hat das Benehmen der beiden Herren, die sich seit ein paar Jahren ins Altdeutsche geworfen haben, und nun schon allen Vorgängern am Zeug flicken wollen, auch fur mich etwas Widerwärtiges, [...] Indessen muß ich den Eifer achten, mit welchem sich dieser Orest und Pylades auf dem neuen ökonomisch wenig ergiebigen Felde umthun, [...]" (BW 11,418). Schmellers Ruf als Textphilologe scheint unter den zeitgenössischen Fachkollegen jedenfalls gut genug gewesen zu sein, um ihn als Beurteilungsinstanz in textphilologischen Fragen anzurufen und zu akzeptieren. Entsprechend hat man ihn auch um Rat in textlichen und kodikologischen Belangen gefragt, entsprechend konnte er Kritik auch an älteren und bekannteren Kollegen üben. Daß selbst J.Grimm es nicht scheute, sich mit Schmeller auf Erörterungen von textlichen Fragen einzulassen, ist oben schon gezeigt worden. Zwei weitere Beispiele sollen das noch verdeutlichen und auch in bezug auf andere Kollegen zeigen. Ludwig Uhland schreibt am 2.9.1849: "Im bayer. Wörterb.111,524 [=BWB II,Sp.617] ist aus dem Cod.lat.monac.560 f. 145 folgende Bemerkung 'von alter Hand' angeführt: Suevi non sunt nati sed seminati. Diese Stelle ist mir für eine kleine Arbeit im Gebiete des schwäbischen Alterthums von besonderem Belang und ich erlaube mir daher, Herrn Prof. Schmeller, unter freundschaftlichem Gruße, um kurze Notiz zu bitten: 1) aus welcher Zeit jener Codex und die eingetragene Bemerkung stammen möge? 2) ob nicht etwa aus dem Zusammenhang, in welchem die Bemerkung gemacht ist, sich Einiges zur Aufhellung derselben ergebe?" (BW 11,652) Schmellers Antwort vom 10.9.1849 lautet: "Dieser Codex ist aus dem Xll.Jhrh. Er enthält des Hermannus Contractus (+ 1054) liber de astrolapsu, des Julius Firmicus Siculus matheseos libros II, des Aratus Phaenomena, des Boethius Geometria. Auf Bl. 149 (dem vorletzten) von wol nicht jüngerer
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Hand eine descriptio Civitatum et reeionum ad Septentrionalem plaeam Danubii (abgedruckt in Du Buat hist.anc.despeuples de l'Europe XIp. 145, neuerlich in Schafariks slawischen Alterthiimern unter den Beilagen). Darauf folgt die Bemerkung: Suevi non sunt nati sed seminati. Beire non dicuntus Bavari sed Boiarii a boia fluvio. Ein Zusammenhang entweder mit der merkwürdigen Aufzählung der Slawenstaaten oder mit den vorausgehenden astronomischen & mathematischen Materien ist nicht abzusehen. Im April 1841 schrieb mir der selige Kopitar: 'Suevi sunt seminati hab auch ich in den Codd.sec. Vili.X. gefunden. Seminati von semino, nicht etwa von seminascor, gibt 60,100,200 für eins nati nur 1, selten 2. Copia eorum facit ut seminati videantur sicut Cadmi draconitae. "' (BW 11,652-653) Uhland hat den Hinweis Schmellers in seinem besagten Beitrag über das schwäbische Altertum (L.Uhland, Schriften, VII,24) verwendet und weist dort auf Schmeller hin. Unter das Antwortschreiben Schmellers hat er geschrieben: Eiselein Sprichw.558: "Warum saiest du grobe Schwaben und nicht subtile? - Das Erdreich tragts nicht. Geiler." Zeuß 9. Anm.oben. - Livii hist. 1,8 - Plat, de republ.libr.3 sub.fin. Das Beispiel zeigt, daß man sich in schwierigen philologischen und kodikologischen Einzelfragen an Schmeller wandte und eine zuverlässige Antwort erwartete, die in diesem Fall auch prompt gegeben wurde und Verwendung finden konnte. Es zeigt, wie hoch sein philologisches Wissen auch bei berühmteren Fachkollegen eingeschätzt war und wie er dieses umfassende und tiefgehende Wissen durch Auswertung des neueren Schrifttums und durch Anfragen bei Kollegen (hier bei Kopitar) ständig aktualisierte und vergrößerte. Als Schmeller im Oktober 1840 bei den Grimms in Kassel war, hatten sie ihm scheinbar auch Fragen zu ungelösten philologisch-kodikologischen Einzelproblemen gestellt. In einem Brief vom 4.4.1841, in dem er J.Grimm u.a. Auszüge aus seinen Tagebuchnotizen über den Besuch in Kassel mitteilt, geht Schmeller auf diese Fragen ein, indem er sie zunächst auflistet: "Nicht zu vergessen, was Jacob fragte: 1) über Wendeline bergen, 2) über Veronica, ob in ältern Darstellungen mit der Dornenkrone, 3) über Maise als besonders heiligen Vogel, 4) über das altböhmische nadéliboh; 5) fiir Wilhelm, das lat. Bruchstück: aurea fabrica." (BW 11,464) Anschließend beantwortet Schmeller die Fragen der Reihe nach. Für unseren Zusammenhang ist besonders die Antwort auf die erste Frage wichtig: "1) Über Wendeline bergen liegt, aus zuverlässiger Vernehmung, bei. Wie mochte v.d.Haeen gerade die am wenigsten verbürgte, unsauberste Form in seinen Text stellen?" (BW 11,464 mit Hinweis auf BWB II,Sp.923) Die umfangreicheren Antworten hatte Schmeller offensichtlich dem Brief als Beilagen hinzugefügt. Vermutlich ist das, was für Frage 1) "aus zuverlässiger Vernehmung" beigelegt ist, mit dem Eintrag in der Neuauflage des BWB, welcher aus Schmellers Nachträgen stammt, etwa identisch. Es heißt dort u.a.: "Jac.Grimm zeigte mir in Cassel den 5.October 1840 das Wenline
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bergen in v.d.Hagen's Minneliedern Ill.Bd.,S. 189-190 und 758-759. Er [Grimm] denkt an Andelane als Übergabssymbol. [Dann werden die Formen wemplink und wemplins bei Nithart Nr. VII ßir ein Spiel und im zotigen Gebrauch genannt] Die bey v.d.Hagen hinten, 758 f . aufgezählten Lesarten bieten nie wemplink. sondern abwechselnd wenelinck. wennline. wenneling, wenlinck. Wendling. - Den 30. October 1840: Die rechte Form (wie um Frau-
enzell im b. W.) ist Wendelim." [Anschließend gibt Schmeller eine genaue Beschreibung der Spielregeln des damit bezeichneten Spiels und die dazugehörigen Verse um den Wendeling wieder, die er vermutlich nach den Angaben eines Einheimischen aus der Frauenzeller Gegend aufgezeichnet hatte.] (BWB II,Sp.923) Einmal mehr wird deutlich, wie wertvoll die verbindende Betrachtung von älteren Sprachstufen mit den lebenden Mundarten ist und welch gute Dienste diese sprachwissenschaftliche Arbeitsweise Schmellers auch fìir seine textphilologischen Belange leisten konnte. In diesem Falle hat sie ihn vor Grimm zur richtigen Deutung des Wortsinns befähigt und zugleich an der in v.d.Hagens Text gewählten Lesart berechtigt Kritik üben lassen. Schmellers guter Ruf als Textphilologe und Editor, den er mit seiner Heliandausgabe begründet und durch seine übrigen Textausgaben fortgesetzt hatte, stand bei seinen zeitgenössischen Fachkollegen außer Zweifel, das haben die erläuterten Fälle gezeigt. Dabei scheint sein kodikologisches Wissen besonders geschätzt gewesen zu sein. Daß in dieser Zeit auch seine handschriftlichen Textsammlungen, vor allem die ahd. Glossen, unter den Kollegen einen hohen Ruf besaßen, wird noch deutlich werden. Seine Einschätzung als Textphilologe scheint sich in der forschungsgeschichtlichen Darstellung vor allem der späteren Zeit verschlechtert zu haben, was im folgenden näher zu erörtern ist.
2.3.4. Die forschungsgeschichtliche Bewertung Schmellers als Textphilologe Die forschungsgeschichtliche Bewertung Schmellers wurde schon berührt, als es um die Einordnung seiner sprachwissenschaftlichen Leistungen im Zusammenhang mit seiner Persönlichkeit und um die Erörterung seiner geistesgeschichtlich geprägten Einstellungen ging. Sie soll hier ergänzt werden um die Darstellung seiner textphilologischen Leistungen durch die Wissenschaftshistoriographie. Die erste Beschreibung dieser Art findet sich wieder bei Rudolf Raumer. Dort wird Schmeller unter den Herausgebern älterer germanischer Sprachdenkmäler eine der ersten Stellen eingeräumt, nicht ohne den Verweis, daß sein größtes Verdienst in seinem Bayerischen Wörterbuch liegt. Angemerkt wird dankbar die Ausgabe des Heliand, und das Glossar dazu wird als ungemein sorgfältige Arbeit bezeichnet, die in ihrer Mustergültigkeit die Grundlage für die nachfolgenden altsächsichen Studien gebildet habe.
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Mit der gleichen Sauberkeit, so heißt es weiter, habe Schmeller die Evangelienharmonie des Ammonius oder Tatianus nach dem St. Galler Codex erstmals vollständig und kritisch herausgegeben. Erwähnt werden noch die Ausgaben des Muspilli, des Hadamar und des Ruodlieb. Es wird darauf verwiesen, daß diese Ausgaben mit wertvollen Einleitungen und einige auch mit ausführlichen Erläuterungen versehen sind. Auf eine nähere Beschreibung des Editionsverfahrens wird nicht eingegangen (RAUMER 1870,564-565). Demgegenüber wird der Entwicklung des textkritischen Verfahrens durch Lachmann breiter Raum gewidmet, um sie ausführlich zu beschreiben. (Vgl.RAUMER 1870,541-554). Diese Gewichtung ist aus ihrer Zeit heraus verständlich. Von der Anerkennung einer handschriftengetreuen Überlieferung und ihrer damit verbundenen Wertschätzimg hatte man sich weit entfernt, sie galt gegenüber der textkritischen Methode Lachmanns als "vorwissenschaftlich". Handschriftengetreue Textausgaben wurden gelobt, wenn sie genau waren und die Textüberlieferung keine textkritische Ausgabe im Sinne Lachmanns zuließ. Waren mehrere Hss. da, und der Text wurde nach einer Hs. mit den Varianten der anderen Hss. wiedergegeben - was Schindlers prinzipielles Verfahren war -, so lautete das Urteil von "sauber", "exakt", "genau" bis hin zu "akribisch", implizierte aber im Grunde genommen: "vorlachmannisch", also "vorwissenschaftlich". Damit ist der Gründermythos mit Lachmann als drittem Gründermitglied, den die Wissenschaftshistoriographie aufgebaut und gepflegt hat, wieder ein Parameter für die forschungsgeschichtliche Bewertung Schmellers - in diesem Falle für seine Editionstätigkeit - geworden. Schmellers originelle Leistung auf dem Gebiet der Textphilologie - der frühe mundartgeographische Ansatz mit genauer Berücksichtigung lautgeschichtlicher Vorgänge - konnte so nicht berücksichtigt werden und geriet in "Vergessenheit". Um die Jahrhundertwende, als sich mit Gustav Roethes "Deutschen Texten des Mittelalters" ein gewichtiger Teil der Fachwelt der überlieferungsgetreuen Ausgabe zuwandte, waren Schmellers Vorleistungen in diese Richtung kaum mehr bekannt. Es war die eingangs zitierte Zeit des Schweigens über ihn. Dasselbe trifft auch für die entscheidenden mundartgeographischen Ansätze in den Ausgaben Bachs, Frings, Wagners und Maurers in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts zu, als deren Vorläufer Schmeller in seiner textphilologischen Arbeitsweise gelten kann, wie sich gezeigt hat. So ist es einigermaßen erklärbar, wie die vorsichtigen und eher verschleiernden Standardbewertungen von Schmellers Editionen zustande kamen, die eine genauere Untersuchung seines Editionsverfahren auch später als überflüssig erscheinen ließen. In Edward Schröders ADB-Beitrag sind sie noch einmal zusammenfassend auf den Punkt gebracht. Nachdem er die "große Sauberkeit" der meisten Editionen ahd. Texte durch Schmeller hervorgehoben und den Heliand als vorbildlich für seine Zeit gelobt hat, erwähnt er, daß über der Tatianausgabe "kein guter Stern gewaltet", wogegen sich Schmeller bei den Editionen der Ulrichslegende und Hadamars "Jagd" wieder von der vorteilhaftesten Seite gezeigt habe. Und weiter: "[...] er selbst aber tritt nicht mehr
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hervor [in seinen Ausgaben], als unbedingt erforderlich ist. Diese zugleich vornehme und liebenswürdige Art, seine Gaben zu reichen [!], ist flir S. ungemein charakteristisch: er freut sich, die schönen Sachen recht bequem zur Benutzung zu stellen; der Ehrgeiz, sie selbst auszubeuten, reizt ihn nicht. S. hat viele gute und einzelne recht scharfsinnige Conjecturen zu altdeutschen Denkmälern gemacht, aber er ging nie über die Emendationen hinaus, die ihm zum Wortverständnisse unbedingt nothwendig erschienen. Die Handhabung einer freieren Conjectural- und gar der höheren Kritik [!], eindringende Erforschung sagenhafter und litterar-historischer Zusammenhänge hielt er nicht fiir seine Aufgabe. Aber er dachte frei genug, um an den kühnsten Emendationen und Hypothesen Anderer seine rechte Freude zu haben, und so hat er einen Conjecturalkritiker wie Konrad Hofmann mit Stolz aus seiner conservativen Schule hervorgehen sehen. " (SCHRÖDER 1890,792) Es sind vor allem verschiedene Partikel, die zuerst auf den "Sinn zwischen den Zeilen", auf die implizite Bewertung des Verfassers hinweisen: "einzelne recht scharfsinnige Conjecturen", ein mehr als einschränkendes recht, "aber er ging nie über..", ein vorwurfsvolles und zugleich bedauerndes aber, "und gar der höheren Kritik", ein ausschließendes gar. Sodann sind einige Stellen unklar und widersprüchlich ausgedrückt: Was ist unter "selbst auszubeuten" zu verstehen? Literaturwissenschaftliche Interpretation? Will Schmeller das nicht, oder kann er das nicht? Freiere Conjectural- oder gar eine höhere Kritik sowie die Erforschung sagenhafter und literarhistorischer Zusammenhänge hielt er nicht für seine Aufgabe - aber er dachte frei genug, um sich bei anderen darüber zu freuen. Deutet das darauf hin, daß Schmeller das nur nicht machen wollte oder dazu nicht fähig war, sich aber freute, daß andere es waren? Später ist dies möglicherweise sehr vorsichtig so interpretiert worden, daß er das nicht leisten konnte (vgl. KUNISCH 1968,235-238). Daß Schmeller sich auch mit solchen Fragen im Umkreis seiner Editionen sehr intensiv beschäftigt hat, zeigt am besten das Beispiel seines Ruodlieb. Er hat sich dabei mit motivgeschichtlichen und personellen Zusammenhängen der Sagenforschung auseinandergesetzt. Das zeigen am deutlichsten einige Briefe an J.Grimm, die z.T. auch an Wilhelm gerichtet sind. So meint er in einem Brief vom 7.7.1835, daß es vor allem Wilhelm Grimm ist, der sagen kann, "ob unser Ruodlieb der Ruotliep des Ekkenliedes, der Rozleif der Wilkinasaza. ob der auf Fol. la ganz verwaist stehende Dietmar etwa des Bernaeres Vater, ob die schöne Heribure mit den Namensschwestern in der Wilkina-Saga, in der Gudrun &c, auch sonst verwandt, ob Hartunch einer der Helden des Rosengartenliedes sey, und drgl. mehr. " (BW 11,329) Davon ist auch einiges ins Vorwort eingegangen, ebenso Bemerkungen über den Zusammenhang mit anderen, ähnlichen und gleichzeitigen Dichtungen sowie Vermutungen über den Verfasser. Schmeller hat nach der Ausgabe des Gedichts noch weitere motivgeschichtliche Belegtexte mit einem später gefundenen Bruckstück (Clm 19486) in ZD A 1(1841) veröffentlicht. Ebenso
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hat er den Grimms Mitteilung über ein cornisches Märchen mit ähnlichen Motiven gemacht: "In Bezug auf unsern Ruodlieb hat mich Garnett (am britischen Museum angestellt) auf ein cornisches Märchen aufmerksam gemacht, welches Lhuyd 1707 seiner Archeologia Britannica p. 251 f f . u. daraus 1790 Pryce seiner Archeologia Cornu-britannica p.55 einverleibt hat. Es stimmt in seinen Hauptzügen so genau zum Tegemseer Gedichte, daß man beide kaum anders als aus gemeinsamer Quelle geflossen betrachten kann. Hätte es der Tegernseer Benedictiner von einem irischen (schottischen) gehört u. in seiner Art, durch Anknüpfungen an die d. Heidesage gehoben, ausgearbeitet? Ich hatte vor Jahren selbst die Anschaffung beider Archeologien veranlaßt, und mußte doch erst von London auf dieses Stück, das mir vor dem Abdruck unsers Buches so willkommen gewesen wäre, aufmerksam gemacht werden. Solche Fälle kommen genug vor und sind gute Lehrmeister in der edeln Tugend Bescheidenheit." (BW 11,429) Das zeigt deutlich, daß Schmeller sehr wohl in der Lage war, sich mit der Erforschung sagenhafter und literarhistorischer Zusammenhänge erfolgreich zu beschäftigen, und wenn das in seinen Ausgaben nicht deutlich genug zum Ausdruck kommt, dann hängt es damit zusammen, daß er sich als eher praktischer Charakter auf das Notwendige und Unumstößliche beschränkte, daß er sich auch keiner literaturhistorischen Spekulation hingeben wollte. Insgesamt ist in Schröders Darstellung eine implizite Höherbewertung literaturwissenschaftlich-interpretatorischer Verfahren übergewichtig, die fur die Bewertungen der damaligen Forschungsgeschichtsschreibung typisch gewesen zu sein scheint. In diesem Falle hat sich ein weiteres Mal die Vermengung literaturwissenschaftlicher und linguistischer Bewertungskriterien nachteilig auf die forschungsgeschichtliche Einordnung Schmellers ausgewirkt. Vor dem Hintergrund des übermächtig wirkenden textkritischen Verfahrens Lachmannscher Prägung, verbunden mit der Höherbewertung hermeneutischer Methoden, bedurfte es nach solchen Aussagen einer geachteten Fachautorität keinerlei Nachprüfung dieser Bewertung mehr. Schmeller hatte seinen festen Platz in der Geschichte der Textedition erhalten. Die überzogene - und wie zu zeigen ist - ungerechtfertigte Kritik Sievers' an Schmellers Tatian-Ausgabe hat sich dazu noch verstärkend ausgewirkt und ist in diesem Urteil bereits mit enthalten. Demnach konnte Schröder sagen, über der Tatian-Ausgabe habe kein guter Stern gewaltet, demnach konnte er sagen, daß sich in Schmellers Ausgaben der mittellateinischen Texte genügende Sicherheit vermissen lasse (S.792) und demnach konnte er die übrigen ahd Ausgaben als "saubere, tüchtige" Leistungen abtun - auf die man aber nicht mehr näher einzugehen braucht, weil sie im Grunde genommen durch die Ausgaben Sievers' (Heliand und Tatian) als "vorwissenschaftlich" - mit Ausnahme des Glossarium saxonicum - überholt sind. Genau dazu passend ist Schröders Bemerkung, daß sich Schmeller bei den Ausgaben der Ulrichslegende und der "Jagd", beides mhd Texte, wieder "von der vorteilhaftesten Seite" gezeigt ha-
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be. Für beide Texte hat nämlich Schmeller einen vorsichtig normalisierten Text hergestellt, wobei er sich Lachmanns Verfahren dienstbar gemacht hatte. Diese Aussagen haben durch ihren endgültigen Zuweisungscharakter möglicherweise dazu beigetragen, daß in der ersten Jahrhunderthälfte unseres Jahrhunderts eine nähere forschungsgeschichtliche Beschäftigung mit Schmellers textphilologischer Arbeit, und hier besonders mit seiner Editionstätigkeit, nicht mehr stattgefunden hat. Dadurch konnten auch die für seine Zeit originellen mundartgeographischen Ansätze in seiner textkritischen Arbeit eigentlich nicht bekannt werden. Im Grunde genommen ist diese Bewertung bis heute nicht überholt, wenn man von den Neuansätzen bei WYSS 1988 absieht, wo auf die geniale Konjekturalkritik Schmellers in der Muspilli-Ausgabe hingewiesen und besonders darauf aufmerksam gemacht wird, daß Schmeller wertvolle und bis heute gültige Beiträge zur Geschichte des Verses geliefert hat. Vorerst hat sich 1952 Eduard Studer in seiner gründlichen und für die Frühzeit der Germanistik sehr aufschlußreichen Studie über Leonz Füglistaller am Rande auch mit Schmeller und seiner textphilologischen Tätigkeit beschäftigt.85 Er schätzt Schmeller neben J.Grimm, Graff und Lachmann als den besten Kenner ahd Schriftums ein, indem er erwähnt, daß Füglistaller im Alter seine führende Stellung an diese Kollegen eingebüßt hatte (STUDER 1952,314-315). Studers Verdienst war es, darauf aufmerksam zu machen, daß Schmeller in seinem Muspilli-Glossar zwei entscheidende Beiträge zur richtigen Lesung des Hildebrandlieds leistete. Seine Ausführungen dazu seien hier aus guten Gründen wörtlich mit den dazugehörigen Anmerkungen wiedergegeben: 6 "Am meisten Mühe bereiteten den frühen Bearbeitern die ersten Worte der Zeile 10 der Hs.: die GRIMM lasen mit ECCARD und REINWALD "(ik) mideo dreuuet..." (Anm.l:Vgl. die Lichtbild-Tafel I bei BAESECKE, Das Hil83
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Es ist bedauerlich, daß Studer für seine Arbeit noch nicht auf die Tagebücher Schmellers zurückgreifen konnte und daß er scheinbar auch sonst wenig Unterstützung erfuhr, als er sich in München nach der wissenschaftlichen Korrespondenz in Schmellers Nachlaß erkundigte. Er bemerkt: Auf meine Anfrage bei der Direktion der Hss.-Abt. der Bayer.Staatsbibl. erhielt ich von Dr. Ruf den Bescheid, der Schmeller-Nachlaß sei noch "auswärts verlagert", sein Inhalt indesssen vollständig im "Catal.cod.mscr.bibl.regMon.tom.VI", Monachi 1866, verzeichnet. Hier (Schmelleriana S.563-572) sind keine Briefe aufgeführt. Wohin Schmellers Privatnachlaß nach dem Tode seiner einzigen Tochter gekommen ist, weiß ich mcAf.(STUDER 1952,393, Aran. 1) Er bemerkt weiter, daß nicht einmal die gedruckte wissenschaftliche Korrespondenz Schmellers (GERMANIA 13,1868) in der Schmeller-Literatur verwertet sei und erwähnt NICKLAS, THIERSCH, FÖHRINGER und HOFMANN, deren Darstellungen vom germanistischen Standpunkt aus viele Wünsche offen ließen. ROCKINGER 1885 erwähnt er nicht, fährt aber fort: Außer den sorgfältigen Angaben bei RAUMER (S.555-566) existiert über Schmeller nur der sehr gedrängte aber wertvolle Artikel EDW.SCHRÔDERS in derADB.31 (1890),S. 786-792. In der neueren Literatur ist dieser Vorgang nach BRUNNER 1971,95 f. zitiert worden (WYSS 1988,16), wo er in der Tat auch verzeichnet ist, und öfter sogar gleichlautend wie bei Studer. Wahrscheinlich hat Brunner diesen Passus aus STUDER 1952,301-302 übernommen und vergessen, ihn an Ort und Stelle zu kennzeichnen. Nur in seinem Literaturverzeichnis hat er die Arbeit Studers angeführt
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debrandslied, Halle 1945. - Dagegen erkannten die Grimm das Reinwaldsche "min alir deot = mein Alter [!], mein Geschlecht" (Zeile 11 der Hs.) als Fehlesung; irmindeot kannten sie aus dem Heliand (irminthiod).)·, erst 1832 erfuhren diese Worte durch SCHMELLER ihre richtige Deutung: ik mi de odre uuet (Anm.2: Im Glossar zum Muspilli S.32a ). Die Fehllesungen "mideo" und "dreuuet" veranlaßten die GRIMM und F.(ÜGLISTALLER) zu phantastischen Abhandlungen mit dem Ergebnis, daß jene mideo auf ein Verb mi tan = retribuere ("lohnen",S. 11) zurückzuführen suchten, dieser auf NOTKERisches midan = vereri tippte. Schlimmer noch erging es dem "dreuuet": die Brüder meinten mit "Drilchgewand, tunica trilix: Acc.Sg." (S.12) den "drei Gewändern" ECCARDS und REINWALDS den Rang ablaufen zu können; F. zog das dunkle Wort zum nachfolgenden chind und vermutete einen Sinn "ähnlich dem itzigen t r a u t".(STUDER 1952,301) Und weiter: "Zu Vers 3: "heriuntuem heißt nicht Heerenden" (gegen GRIMM S.9). heriun verstand F. sonderbarerweise nicht, aber: "tuem halte ich für = zuem i.e. zweyen". - J.GRIMM in der Dt.Gramm.I(l.Aufl.) S.309 Anm. erwog die Konjektur: "hueriun-tuem: unter ihnen beiden". Den ganzen Halbvers faßte SCHMELLER erstmals richtig auf (Glossar zum Muspilli 33a)." (STUDER S.302) Die nächste Studie über die philologische Arbeit Schindlers ist die von Otto Basler kommentierte Akademierede von 1824 "Über die ältesten Denkmäler der deutschen Sprache." Auf sie wurde schon im Zusammenhang mit den Textsammlungen Schmellers eingegangen. In diesem Zusammenhang ist interessant, daß Basler im wesentlichen die bei Schröder zusammengefaßten Zuweisungen und Bewertungen übernimmt und Schmeller auch in textphilologischer Hinsicht in engster Abhängigkeit von J.Grimm und Lachmann darstellt. Des weiteren ist die auf Schmeller als Sprachwissenschaftler und Philologe ausgerichtete Arbeit von Richard Brunner zu nennen, die schon öfter herangezogen wurde. Der philologische Teil davon bietet auf 34 Seiten im wesentlichen eine nähere Beschreibung der Ausgaben des Heliand, des Muspilli, des Tatian, der Carmina Burana, des Ruodlieb und der Jagd Hadamars. Dabei schöpft Brunner vor allem aus den Vorworten der Ausgaben, aus Grimms Grammatik, aus den Tagebüchern Schmellers und aus einigen speziellen Darstellungen zu den einzelnen Texten. Hinzugezogen wurden auch die handschriftlichen Vor- und Nacharbeiten zu den Editionen aus den Schmelleriana in München. Gegeben wird mit diesen Hilfsmitteln eine eingehendere Beschreibung der Textaustattungen, die aber nicht immer ohne Widersprüche und Unklarheiten bleibt. Vor allem ist aufgrund der etwas unübersichtlichen Zitierweise nicht immer genau feststellbar, aus welcher Quelle die Informationen stammen. Das wurde vorhin schon angesprochen, und das wird nochmals bei den Schwerpunkten "Tatian" und "Jagd" nachgewiesen werden.
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Auch Brunner übernimmt die eben erläuterten Bewertungsmaßstäbe fur die Einordnung der Schmeller-Ausgaben. Das bringt er gleich eingangs zum Ausdruck: "Freilich ist er [Schmeller] auch in seinen Editionen letztlich Sprachforscher. Anders als die Brüder Grimm und Lachmann interessiert ihn an den Literaturdenkmälern der Vergangenheit nur die rein formale Seite. Es geht ihm allein um die Herstellung und Darbietung des Textes; die Erschließung des Gehaltes überläßt er anderen. " (BRUNNER 1971,86)
Entsprechend mißt Brunner die textphilologischen Leistungen Schmellers vor allem an den Erwartungen J.Grimms. Die Abweichung von diesen Erwartungen bzw. die Annäherung an sie werden mehr oder weniger tadelnd oder lobend registriert. Es verwundert daher nicht, daß die Grammatik Grimms als häufig verwendete Kontrastquelle zitiert wird. Dies wurde oben schon bei der Beschreibung der Arbeitsweise Schmellers deutlich gemacht und belegt. Auch im Münchner Ausstellungskatalog, dessen Verdienst es vor allem ist, erneut auf die handschriftlichen Textsammlungen Schmellers, vor allem seine Glossensammlung, aufmerksam gemacht zu haben, werden die beschriebenen Bewertungsstandards für die Editionsweise noch einmal zusammenfassend wiederholt (KATALOG MÜNCHEN 1985,130-131). Man gewinnt den Eindruck, daß es nicht zuletzt diese immer gleichlautenden Beurteilungen von Schmellers Editionen waren, die möglicherweise verhinderten, daß auf seine unveröffentlichten textphilologischen Sammlungen und Studien so wenig geachtet wurde. Das eigentlich Neue der wertenden Darstellung bei Ulrich Wyss ist die klare Trennung von literaturhistorischen und sprachhistorischen Bewertungsmaßstäben. Sie scheint vor allem bei der Betrachtung der textphilologischen Leistungen einer Zeit, deren Philologie Sprache und Literatur noch kaum auseinandergehalten hat, gerechtere Bewertungen zu ermöglichen. Dies ist mit ein Grund dafür, warum es Wyss gelingt, die wenig aussagekräftigen traditionellen Bewertungsstandards zu überwinden und konkret auf die literaturwissenschaftlichen Leistungen Schmellers einzugehen, sie von den philologischsprachwissenschaftlichen abzuheben. Dieses Verfahren führt m.E. letztlich zu einer angemesseneren Bewertung, die ihre Begründungen im einzelnen nachweisen kann und sie nicht durch allgemeine Aussagen zu ersetzen versucht. Es wird z.B. darauf hingewiesen, daß sich die Enthaltung gegenüber literarischer Ästhetik kaum stärker ausdrücken könne als dies in der diplomatisch getreuen Weise der Heliandausgabe geschehen sei. Das wird aber als Wert für sich betrachtet und nicht sofort an den Forderungen eines J.Grimm gemessen, wie das noch bei Brunner geschieht. Die Ausgabe ist wertvoll und unentbehrlich für jenen, der sich seine eigenen Gedanken über den Text machen will, so der Tenor. Aus dieser Enthaltsamkeit gegenüber literarischer Ästhetik - so Wyss - lasse sich jedoch nicht schließen, daß sich Schmeller keine Vorstellung von der Gestalt eines altgermanischen Dicht-
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werkes machen konnte. Zur Begründung dieser Aussage führt er das Vorgehen Schmellers bei seiner Muspilli-Ausgabe an. In dieser Ausgabe sei es Schmeller gelungen, aus dem "sinnlosen Buchstabenhaufen in der Handschrift" ein Stück Literatur herzustellen. Dazu bedurfte es zunächst einmal der Courage eines genialen Konjekturalkritikers. Wie ganz anders lautet die obige Aussage Schröders! Schmeller mußte sich bei der Textherstellung des Muspilli ein genaues Bild von der metrischen Gestalt des Ganzen machen. Dabei habe er sich den Stabreim als hoch entwickeltes künstlerisches Prinzip vorgestellt, "das wahrscheinlich eine Rezitation mit 'tonkünstlerischen Mitteln' ergänzte". Bei der Erklärung der Wörter, so schreibt Wyss, kam ihm sein Bayerisches Wörterbuch zu Hilfe. Vor allem - so müßte man ergänzen - war es die intensive Arbeit mit seiner handschriftlichen Glossensammlung, die nicht nur das Bayerische Wörterbuch in seiner historischen Dimension so wertvoll machte sondern auch bei der textkritischen Arbeit reiche Früchte trug. Der fertige Muspilli-Text hat natürlich noch immer fragmentarischen Charakter, da Anfang und Schluß fehlen. Aber er ist zum Sprechen gebracht worden. Dazu habe es neben der Fähigkeit, grammatische Fakten zu kombinieren, ausgreifender Kenntnisse der altgermanischen Literatur bedurft (vgl. WYSS 1988,15-17 u.24). Das steht im Widerspruch zu Schröders obigen Aussagen und zur Bemerkung Hermann Kunischs, Schmeller habe kein Verhältnis zur mittelalterlichen Literatur gewonnen (KUNISCH 1968,236). Aus Schmellers Arbeit mit dem Heliand und dem Muspilli, so betont Wyss, sei die Akademieabhandlung "Ueber den Versbau in der alliterirenden Poesie besonders der Altsachsen" (1839) hervorgegangen. In der altsächsichen Metrik habe Schmeller bereits Prinzipien erkannt, die bis heute nicht anders eingeschätzt werden. Andreas Heusler habe in seiner "Deutschen Versgeschichte" fast hundert Jahre später anerkennen müssen, "daß 'schon Schmeller' die Kadenzregeln erkannt habe, und seine 'Zweitaktlehre' richtigem 'Versgefühl' entsprungen sei" (WYSS 1988,19). Wyss, der in seiner Studie Schmellers Literaturauffassung im Vergleich mit J.Grimm untersucht, trifft seine Wertungen klar vom literaturhistorischen Standpunkt aus. Dies und die Tatsache, daß er sich seinen Blick von der "Gründerautorität" Grimms freihält, läßt ihn zu einer differenzierteren Betrachtung der literaturhistorischen Leistungen Schmellers kommen, die von der traditionellen Bewertung von vorneherein abgesprochen werden. Ansonsten bemerkt Wyss, daß die Beiträge Schmellers zur frühen deutschen Literaturwissenschaft gerade dadurch bestechen, daß er notwendige Kärrnerarbeit ausgeführt und sich dieser Aufgabe, ohne viel Umstände zu machen, entledigt habe. Besonders die Arbeitsweise Schmellers am Muspilli und seine Betrachtungen über die alliterierende Poesie scheinen darauf hinzuweisen, daß Schmeller durchaus in Geist und Sinn der mittelalterlichen Dichtung einzudringen vermochte, was ihm ja von der traditionellen Kritik abgesprochen wurde, weil er sich in seinen Ausgaben nicht darüber verbreitete. Aber es geht hier nicht darum, das literarische Verständnis oder die literaturwissenschaftlichen Lei-
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stungen Schmellers zu rehabilitieren. Wichtig werden diese Zusammenhänge nur dadurch, daß ihre Bewertung im Hinblick auf Schmellers textphilologische Arbeit zu einseitigen Urteilen führte, die ihrerseits eine eingehendere Beschäftigung mit dem gesamten philologischen Werk auf längere Zeit als unergiebig erscheinen ließen, besonders für die Zeit der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts. Andererseits hatte sich etwa die Generation der Junggrammatiker auch um seine nicht veröffentlichten philologischen Arbeiten intensiv bemüht. Daß dies in einer Weise geschah, die nicht unbedingt zur Erhellung forschungshistorischer Abläufe beitrug, wird im zweiten Teil der Arbeit zu zeigen sein.
3. Zur Rezeption von Schmellers philologischem Werk Aus dem philologischen Werk Schindlers, dessen immenser Umfang im vorhergehenden Teil dieser Darstellung vorgestellt wurde, sollen für diesen Teil Ausschnitte herausgenommen werden, welche die oben beschriebenen Verfahrensweisen Schmellers noch einmal bestätigen können und die vor allem zeigen, wie die philologischen Arbeiten Schmellers von der Fachwissenschaft des späten 19. Jahrhunderts aufgenommen und verwertet wurden. Aus der festgestellten Rezeptionsweise mag sich dann ein Hinweis darauf ergeben, wie diese, ergänzend zu den beschriebenen forschungsgeschichtlichen Bewertungen, dazu beigetragen hat, die bis gegen Ende des letzten Jahrhunderts festgelegten Urteile über die textphilologischen Leistungen Schmellers mitzuprägen. Solche Urteile haben mitbewirkt, daß eine imbefangene Auseinandersetzung mit diesen Leistungen eigentlich bis in die Gegenwart herein nicht mehr stattgefunden hat, weil sie in ihrer scheinbaren Endgültigkeit eine solche Beschäftigimg als unergiebig erscheinen ließen. Nur so ist es zu erklären, warum in der heutigen Realienliteratur, z.B. bei der Darstellung der Glossenforschung, Schmellers Name - wie noch zu zeigen ist - überhaupt nicht mehr erwähnt wird. Nur so läßt es sich verstehen, daß z.B. die DiatessoronForschung erst relativ spät eine Überprüfung der Tatian-Ausgabe von Sievers am Original vornahm. Wie zu zeigen ist, hätte eine nähere Auseinandersetzung mit der Ausgabe Schmellers einen solchen Vergleich viel eher anregen können. Das weist schon auf die zur näheren Untersuchung ausgewählten Teile des philologischen Werkes hin. Wie eingangs schon erwähnt, handelt es sich dabei um die ahd. Glossensamlung Schmellers, um seine Ammonius/Tatian-Ausgabe und um die Ausgabe der Jagd Hadamars von Laber. Da die handschriftliche Glossensammlung Schmellers auch in der Fachöffentlichkeit so wenig bekannt geworden ist, daß sie nicht einmal Eingang in die Realienliteratur gefunden hat, soll sie hier eingehend beschrieben und forschungsgeschichtlich einzuordnen versucht werden. Dies geschieht im engen und direkten Vergleich mit der Glossenedition von Steinmeyer und Sievers. Ebenso werden für den Teil der Tatian-Edition mehrere Ausgaben miteinander verglichen. Das bezieht sich vor allem auf die textgeschichtlichen und theoretischen Aussagen ihrer Vorworte und - exemplarisch - auf ihre Texte, die wiederum an der St. Galler Hs. überprüft werden. Vor allem aber sollen
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dazu die handschriftlichen Vor- und Nacharbeiten aus der Schmelleriana herangezogen werden. Ein ähnliches Verfahren gilt auch für die Jagd-Edition, die ausgewählt wurde, weil sie mit am deutlichsten zeigt, daß die Rezeption des SchmellerNachlasses häufig in einer mehr "ausbeuterischen" Art verlaufen ist, die den Anteil Schmellers an der forschungsgeschichtlichen Entwicklung der jeweiligen Gegenstände verdeckt hat.
3 .1. Schmellers ahd. Glossensammlungen 3.1.1. Glossensammlung: Bedeutung und Einordnung Die Bedeutimg der Schmellerschen Glossensammlung wird wohl in erster Linie durch das BWB selbst ausgewiesen, in dem zahlreiche ahd Glossen als sprachhistorische Belege mit Verweis auf die Glossensammlung angeführt werden. Schon ein schnelles Durchsehen der Sammlung bestätigt, was Karin Schneider im Münchner Ausstellungskatalog allgemein über die Textsammlungen Schmellers sagt, ganz besonders auch für die Glossensammlung: "daß ihm diese Textsammlungen als selbstgeschriebene Handbibliothek dienten, von Zustandekommen und Zweck her dem mittelalterlichen Codex vergleichbar. " (KATALOG MÜNCHEN 1985,115) Zunächst nun ein Beispiel für die Verwendung im BWB: Unter dem Stichwort galt (BWB 1,903) heißt es bei den historischen Belegen: gl.i.776: "sterilem (vaccam) gialta": unter Gelter (BWB 1,905): Gl.a.687: cinsgelto, tributarius-, unter Der ewige Gelt schreibt Schindler (BWB 1,906): "Ob das gothische gild (...Luc.20,22) masc. oder neutr. sey ist zweifelhaft; (kaiseraeilda ... Marc. 12,24 ist wol fem.). Doch sprechen duos geldos. z.B. capitulare Ill.anni 813, für das masc.; auch octoeild, uuidrieild (Edict.Rothar.). Bey Otfrid V,24,48 ist seit (retributio) masc.; hingegen hovagelt (vectigalia, gl.i.78), zwifaltaz kelt (ampliorem summam, gl.i.1017) sind neutra." Unter Scheiren wird auf etymologische Erklärungen/Spekulationen zur Herleitung von Scheyern als Orts- und Geschlechtsnamen der frühen Wittelsbacher eingegangen. Es heißt u.a.(BWB 11,455): "In Bezug auf die Grafen von Scheiern, die Grafschaft Scheiern haben Einige das angelsächsische scire (Geschäft, Verwaltung, Verwaltungsbezirk, territorium, dioecesis, comitatus), das auch hochdeutsch gewesen seyn muß (scira habat procurât, gl.a.190, scirono negotiorum, gl.a.363; cf. sich scheren, curare, bekümmern), mit in Frage gebracht; allein, abgesehen davon, daß das / in diesem Wort wahrscheinlich ein kurzes, nicht dem neuern ei entsprechendes war, so hätte ein einzelner Ort, wenn auch Hauptort, nur durch einen seltsamen Tropus den
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Zur Rezeption von Schindlers philologischem Werk
Namen einer Verwaltung oder eines ganzen verwalteten Bezirkes erhalten können." Die Verwendung der Glossen aus der handgeschriebenen Sammlung für das BWB geht also vom einfachen sprachhistorischen Wortbeleg bis zur historisch-vergleichenden Untersuchung grammatischer und etymologischer Fragen. Schmeller scheint schon bald nach der Drucklegung seiner MB zielstrebig mit dem Sammeln ahd Glossen zur Verwendung für sein BWB begonnen zu haben. Daß er 1826 schon den größten Teil der Sammlung beendet hatte, beweist ein Schreiben an J.Grimm vom 24.7.1826, und auch die Datierungen, die er vielen seiner Glosseneinträge beigesetzt hat, weisen dies nach (vgl. die unten folgende Beschreibung der Glossenbände). Grimm hatte offensichtlich bei Schmeller nachgefragt, ob er ihm seine Glossensammlung ausleihen könne. Schmeller antwortet: "Die Glossen, die ich von Graff abgeschrieben habe, stehen vermischt unter andern, die ich aus Drucken und MSS. in vier Quartbände zusammengetragen, u. je nachdem die lat. Originale, bey denen sie vorkommen, alphabetische Vokabulare, oder Onomastica oder sonst fortlaufender Text sind, in alphabetische, onomastische und interlineare Glossen abgetheilt habe. Da ich am MS. zu meinem Wörterbuch, so wie ich es portionsweise zum Drucke (nach Augsburg) versende, fortwährend zu revidieren habe, kann ich jene Sammlung nicht wohl entbehren. Kann ich einen hinlänglichen Vorsprung vor dem Setzer gewinnen, so sollen Sie sie haben. Wäre es Ihnen zu spät, wenn dieses erst gegen Ostern der Fall wäre?" (BW 11,41) Da Schmeller die Glossen offensichtlich auf lose, voher in der Mitte gefaltete Blätter geschrieben hatte, die er erst nachträglich binden ließ (vgl.z.B.TB 1,509), kann, da er bereits von vier Quartbänden spricht, davon ausgegangen werden, daß er zu diesem Zeitpunkt schon die meisten Glossen eingetragen hatte, denn die Anzahl der Bände erhöhte sich nur noch um einen. Ferner ist hier bezeugt, wie intensiv er sein Glossenmaterial ins BWB eingearbeitet hat. Zugleich wird darauf hingewiesen, daß über die Abschrift der Grafischen Glossen hinaus weitere Glossen aus Drucken und Hss. eingetragen waren. Da aus Graffs Vorrede zu "Diutiska",I erhellt, daß Schmeller sämtliche Glossensammlungen Graffs abgeschrieben hatte,87 bedeutet das zugleich, daß seine Glossensammlung die umfangreichste seiner Zeit gewesen sein muß, zumindest aber größer als die Grafische. Die Übersicht ahd. und as. Glossen von August Heinrich Hofimann, die 1826 erschien und eine wertvolle Zusammenfassung des damaligen Kenntnisstandes über die bekannten glossierten Handschriften und Glossensippen darstellte, mußte sich noch mit weniger Material begnügen, wie bei der eingehenden Beschreibung von Schmellers Sammlung 87
Die Anmerkung bei Graff lautet: "Diejenigen Glossen, die sich nicht zum Drucke eignen, sind durch eine 2te Abschrift, die Hr. Oberlieutenant Schmeller, Mitglied der königl.bairischen Akademie der Wissenschaften, der geistreiche Verfasser der Grammatik des bairischen Dialekts, zum Behuf seines nächstens erscheinenden bairischen Idiotikons, eines Musterwerkes deutscher Sprachforschung, sich von allen meinen Glossensammlungen genommen hat, einigermaßen gesichert." (DIUTISKA I,S.VII)
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deutlich werden wird. Eine Zahlung nach StSG.IV ergab, daß in den Glossenbänden Schmellers über die bei Hoffmann beschriebenen Glossenhss. hinaus aus 54 weiteren geschöpft ist. Außerdem konnte Hoffmann wichtige Glossare, die Schindler bereits abgeschrieben oder z.T. schon mit der Hs. verglichen hatte, nur nach brieflichen Mitteilungen beschreiben oder nach Veröffentlichungen zitieren, so z.B. das "Abrogans-Glossar" nach Cod.Sang.911 (HOFFMANN 1926 §68) oder nach der Pariser Hs.(§ 134) und der Reichenauer Hs.(§ 130). Für die Annahme, daß Schmellers Glossensammlung wahrscheinlich die umfangreichste ihrer Zeit war, spricht auch der vermutlich dem oben zitierten Brief zugrunde liegende Wunsch J.Grimms, sich die Sammlung auszuleihen. Schmeller kommt in einem Brief vom 6.1.1827 nochmals auf diesen Umstand zurück: "Ich habefur mein Wörterbuch [...] so viel vorgearbeitet, daß ich den Band mit meinen handschriftlichen alphabetischen Glossen Ihnen jetzt schon auf einige Monate anbieten kann. Da ich aber beßlrchte, er sey Ihnen das Porto nicht werth, so bezeichne ich Ihnen ohngefähr den Inhalt, damit Sie daraus bestimmen können ob ich ihn Ihnen zusenden soll. Glossae alphabeticae (d.h. nach alphabetisch stehendem Latein). p.1-24 Florentinae aus Eccard 27-58 Hamburgenses aus Ecc. nach dem Kramerschen Gloss, berichtigt. 62-122 lunii C. 167-372 Sangallenses (vulgo Keronis) nebst den entsprechenden aus Paris u. Carlsruhe (auch in der Diutiska abgedruckten). Das Latein aus dem Münchner Cod.Synonymorum saec. VIII an vielen Stellen berichtigt. 379-494 Vindobonenses (vulgo Hrabani) aus Eccard. nebst einem entsprechenden Münchner Fragment 495 Vindobon. aus Denis Codd.Mss.theol. Tom I col. 158 499-538 Zwetlenses aus Gerbert, nebst den entsprechenden eines Münchner Cod.(Glossae Salomonis episc.Const.) 541-588 Pruviningenses aus einem Münchner Cod.fol.max. 591-596 Carolsruhenses des Cod.N°86,v. Graff mitgetheilt. 597-602 Parisienses, des Cod.N°2685 v. Graff mitgetheilt. 605-611 Sanftelii, vom Verfasser des Catalogs der hier befindlichen StEmmeram, Codd.MSS. aus zwey nun verlornen Pergamentblättern in denselben eingeschrieben 613-614 Glossen aus einem hiesigen Cod. des Fabius, Fulgentius Planiades. 615-633 Gl. aus einem dem Hrn.Prof.Mone gehörigen kleinen OctavCodex, durch Graff mitgetheilt. 641-691 Gl. aus 4 Münchner Codd.(Summarium Henrici) 697-738 Auszüge aus einem Münchner Vocabular MS. v. 1489 740-798 MS. v. 1429
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Dünkt es Sie der Mühe werth, dieß alles durchzusehen, so sagen Sie mirs. Bis Sie mir dann diese alphab. Glossen rücksenden kann ich Ihnen auch die allerdings reichhaltigem interlinearen überlassen. " (BW 11,59-60) Gegenüber der Inhaltsübersicht von Gl.a., die im BWB I,S.X abgedruckt ist, sind hier auch noch Angaben aus dem zweiten Band von Gl.a. gemacht. Leider sind keine Briefe bekannt, aus denen eindeutig hervorgeht, daß Grimm von Schmellers Angebot Gebrauch gemacht hatte. Nur eine Stelle in dem Brief vom 8.12.1828 könnte darauf hindeuten, daß der Austausch stattgefunden hat. Dort heißt es: "Das Carmulum, das nach der Lex die Bayern fìir seditio gebraucht haben sollen, ist mir nicht weiter vorgekommen; daß nach gl.a.508.650 aus Zwetl u. München carmula durch urluge gedeutet wird wie anderwärts (a.678 o.56, ja noch im Voc. v. 1429 rachimbureius durch lanntrehtaere - wissen Sie. " (BW II, 145) Das "-wissen Sie" könnte sich auf eine Einsichtnahme Grimms beziehen. Jedenfalls ist aus den dargestellten Fakten zu erkennen: Es gab zur Zeit als Schmeller seine Glossenbände anlegte (im wesentlichen zw. 1820 und 1826) kein Sammelwerk, das den bekannten Glossenbestand zusammenfaßte und damit den Bedürfnissen Schmellers entsprochen hätte - also sammelte Schmeller selbst. Weiter ist zu erkennen, daß er Graffs sämtliche Sammlungen abgeschrieben und noch weiteres aus Drucken, vor allem aber aus noch nicht bekannten Müncher Hss. und aus noch ungedruckten Beständen Docens ergänzt hat. Aus dem Grund kann es nicht verwundern, wenn aus dem Münchner Auktionskatalog von 185388 hervogeht, daß Schmellers Exemplar des "Althochdeutschen Sprachschatzes" von Graff keine handschriftlichen Einträge Schmellers aufwies. Er hatte mit seinem eigenen Material gearbeitet, dem er vielleicht - und wie sich an manchen Stellen noch zeigen wird, zurecht - mehr vertraute. Dennoch hat er jene Belege aus Graffs "Sprachschatz", die aus Graffs eigener Sammlung kamen, immer sorgfaltig nach dem "Sprachschatz" zitiert. Seine Sammlung bildete also eine breitere Basis als sie Graff selbst für seinen ab 1834 erscheinenden "Althochdeutschen Sprachschatz" zur Verfügung hatte. Allerdings dürfte in den "Sprachschatz" auch das meiste aus Schmellers Sammlung durch dessen freundschaftliche Mitteilung mit eingegangen sein. Diese Zusammenarbeit zwischen Graff und Schmeller kommt auch in der schon zu einem anderen Punkt zitierten Gedenkrede Konrad Hofmanns (1885) zum Ausdruck. Die Stelle ist von Ludwig Rockinger bezüglich der Glossensammlungen Schmellers zitiert und lautet: 88
Für die Nachlaßversteigerang von Schmellers Privatbibliothek,die nach Angabe des Bücherverzeichnisses am 7.3.1853 und am folgenden Tage in Schmellers Wohnung in der Theresienstraße stattgefunden hatte, ließ der Auktionar Cl.Steyrer ein Bücherverzeichnis drucken, in dem die von Schmeller mit handschriftlichen Vermerken versehenen Bücher mit einem Asterisk gekennzeichnet wurden. Der vollständige Titel lautet: Verzeichnis der Bücher-Sammlung vorzüglich philologischen und historischen Inhalts aus dem Rücklasse des Dr. Joh.Andr.Schmeller, kgl. UniversitätsProfessors u. Bibliothekars der kgl. Hof- und Staatsbibliothek. München 1853 (SCHMELLERI ANA XIX, 1).
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"Sie [diese Sammlungen] sind also dem Titel nach längst bekannt, man muß sie aber aufmerksam durchgelesen haben, um zu wissen, welcher Schatz von philologischer Akribie und umfassender Kentniß der ahd. Sprache darin enthalten ist. Aus ihnen ging dann jenes Riesenwerk des ahd. Glossars in 14 Folianten und einer Anzahl 8°-Blättern hervor, welches allein eine Arbeit für ein ganzes Menschenleben gewesen wäre, und doch nur einen verhältnismäßig kleinen Theil von Schmeller's Arbeiten bietet. Es hat nicht nur als Basis des baierischen Wörterbuches gedient, sondern auch Graff die wesentlichsten Dienste bei der Anlage des ahd. Sprachschatzes geleistet, wie er denn auch umgekehrt eine Menge von ihm gefundener Glossen mit eigener Hand in Schmeller's Glossar eintrug, ein großes und seltenes Beispiel wissenschaftlichen Zusammenwirkens. " (HINDERLING/ROCKINGER 1985,49,Anm.74) Eigenhändige Eintragungen in Schmellers ahd. Glossar durch Graff scheinen mir allerdings zweifelhaft zu sein. Die nicht von Schmeller stammende und gut lesbare Handschrift, die ich beim Durchsehen des Glossars feststellen konnte, geht wahrscheinlich auf Schmellers Schüler Emil Braun zurück. Graffs Schriftzüge waren sehr klein und schwer lesbar, wie die DiutiskaManuskripte zeigen, die unter SCHMELLERIANA VIII.21 in München aufbewahrt sind. Darauf deuten auch einige Hinweise aus Schmellers Tagebuch hin, die zugleich weitere Datierung zu den Eintragungen liefern. Am 10.4.1831 heißt es: "[...] außerdem ist mein altdeutscher Glossenvorrath zum Theil unter freundlicher Hilfe Emil Brauns in 11 Foliobände eingetragen - es fehlen nur noch die Buchstaben B, P, D, T, W und 1. " (TB 11,127) Dazu noch mehr bei einer kurzen Beschreibung des ahd.Glossars. Auch nach Graffs Tod, als Maßmann den 6.Band des "Sprachschatzes" 1842 posthum herausgibt, ist die Sammlung Schmellers hilfreich gewesen. Maßmann schreibt im Vorwort des ó.Bandes (S.V), daß er "den jetzt in Berlin versammelten Stimmführer[n] deutscher Sprachforschung" auf ihr Drängen hin zugesagt habe, Graffs Werk im Dienste der Wissenschaft zu vollenden und nach Einsicht in die vorliegenden Manuskripte um so getroster sein konnte, "[...] als ich schon damals der freudigen Aussicht lebte, zu den vom s. Graff seit Jahren angelegten Grundbänden, in denen er bereits den ganzen althochdeutschen Wort- und Wurzelvorrath nach allen von ihm erreichten oder erreisten Vorkommnissen vertheilt hatte, außer eigenen Sammlungen später in München die gleichzeitig gleichmäßig von Schmeller angelegten und ununterbrochen fortgeführten alphabetischen Bände zum Gegenhalte dargeliehen zu bekommen." [und S.VI]: "Was auf die bemerkte Weise aus Schmeller's Sammlungen, denen des s. Pocen's Glossennachlaß eingereiht ist, als Ergänzung im Einzelnen entnommen ward, ist nach beider Bezeichnungsweise, mit Schm. und Doc. eingefügt und aufgeführt worden, trägt dadurch seine sicherste Gewähr in sich und wird gewiß von jedem jetzigen und zukünftigen Besitzer des Sprachschatzes Schmeller's bereitwilliger Freundlichkeit, welche dadurch mühsames und die Vollendung des Werkes aufhaltendes
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Nachgehen in den hiesigen Handschriften abkürzte, aufrichtig gedankt werden. " (GSp. VI,S.Vu.VI) Als prophetisches Wort betrachtet, scheint die letztere Bemerkung Maßmanns nicht viel Gültigkeit erlangt zu haben. Jedenfalls ist schon vier Jahrzehnte später, als noch einmal durch Schmeller-Schüler (K.Hofmann und Rockinger) zu seinem Geburtsjubiläum auf seine Leistung für die Glossenforschung aufmerksam gemacht wurde, von jenen, welche diese Forschungen fortführten, kaum mehr von Schmellers Glossensammlungen und erst recht nicht von seinem Glossar gesprochen worden. In Paul Pipers "Sprache und Litteratur Deutschlands" (1880) heißt es im Kapitel "Glossen" z.B.: "Oefter zu nennen sind auch Schmeller, bair. Wörterbuch Ι,ρ.ΧΙ ff.; Pez, Nyerup u.a." Männer aus der "vorwissenschaftlichen" Zeit - so könnte man hinzufügen. Im Anschluß wird eine Zusammenstellung von 483 Hss., in denen sich Glossen und Glossare finden, gegeben. Schmeller ist darin einmal mit seinem BWB (1,13, Salomonische Gli. aus Zwetl) und einmal mit seinen "Carmina Burana" zitiert (S.67). Nach dem, was Maßmann im oben zitierten Vorwort zum 6.Band des Sprachschatzes der Fachöffentlichkeit bekannt gemacht hatte, ist es schon erstaunlich, daß man sich bei der weiteren Erforschung der ahd. Glossen lediglich auf die Inhaltsübersicht über seine Glossarien, die Schmeller im BWB S.X-XII wiedergibt, im Zitat beruft und so tut, als seien sie dort von alleine hineingekommen, während man seine großen handschriftlichen Sammlungen mit keinem Wort näher erwähnt. Die Angaben im BWB selbst sind ihrerseits so knapp gehalten, daß man daraus nicht auf Sammlungen von solcher Bedeutung schließen könnte, obwohl sich aus dem Umfang des Inhalts einiges erkennen läßt. Allgemein heißt es dort nur (BWB I,S.VII): "Dieses Wörterbuch ist, nach seiner auf dem Titel ausgesprochenen Aufgabe, nicht blos ein Idiotikon über die, in den lebenden Dialekten vorkommenden Ausdrücke, und nicht blos ein Glossarium über die, in ältern Schriften und Urkunden gefundenen, sondern beydes zugleich. " Und speziell zu den Glossensammlungen (S.X u.XI): "Gl.a. Glossario vetera alphabetica, eine nach und nach entstandene handschriftliche Sammlung von alten deutschen Glossen zu alphabetischen lat. Vocabularien; " [später, für die 2.Auflage, noch der Klammerzusatz von Karl Frommann]: "(s.die deutschen Handschriften der k. Hof-u. Staatsbibliothek zu München, München, 1866.S.564: Schmelleriana, C.13): [...] Gl.i. Glossae theudiscae veter es interlineares auf marginales Sammlung von Interlinear= oder Mareinalzlossen, die zu fortlaufenden lateinischen Texten geschrieben sind, [Zusatz Frommann]: (s. die deutschen Handschriften etc. S.564: Schmelleriana, C.14): [...] Gl.o. Glossario vetera onomastica. Sammlung von alten deutschen Glossen zu lateinischen onomastischen Vocabularien. [Zusatz Frommann]: (s. die deutschen Handschriften etc. S.564: Schmelleriana, C.15):" Wenn Karl Frommann den knappen Angaben, wo sich die ausschließlich mit gl.a, gl.o und gl.i zitierten Glossana und Glossae befinden, nichts weiteres hinzufügt, hat er damit seine Aufgabe als Nachlaßverwalter und Neuher-
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ausgeber des Wörtefbuchs mit Schmellers Nachträgen vollkommen erfüllt. Wenn sich aber jemand die Aufgabe gestellt hat, einen Beitrag zur Glossenforschung zu leisten und dabei jene knappen Angaben, die eine so umfangreiche Arbeit zu den Glossen andeuten, nicht näher erläutert, obwohl er sie nolens volens nennen muß, dann gibt es dafür zweierlei Erklärungen. Entweder er ist den Quellenhinweisen nicht nachgegangen und kennt die handschriftlichen Sammlungen nicht. Dann spricht das nicht für die Gründlichkeit seiner Arbeit, er zitiert ihm Unbekanntes. Oder er hat die Belegquelle untersucht und erkennt sie als wertvolle Sekundärquelle, welche die eigene Arbeit erleichtert, der gegenüber man allerdings keine weiteren Verpflichtungen im Hinblick auf ausführliche Zitierung eingehen muß, solange es die Primärquelle (in diesem Falle die Glossenhs. oder ihren Abdruck) gibt. Das ist zwar legitim, aber es erschwert jede klare Erkenntnis über die Entwicklung einer Forschungsrichtung und führt letztlich auch zu lückenhaften Darstellungen innerhalb der Forschungsgeschichte. An der Realienliteratur lassen sich solche Zusammenhänge ablesen. In Herbert Thomas Artikel "althochdeutsche Glossen" im Reallexikon der dt.Literaturgesch. heißt es z.B.: "Die systematische Erforschung der Gl. η und Bereitstellung des Materials begann mit E.G. Graff, sie wurde von H. Hoffmann, R.v. Raumer, A. Holtzmann, F. Kögel u.a. gefördert, und Elias von Steinmeyer hat ihr die Arbeit seines Lebens gewidmet: [...]" (REALLEXIKON 1,579) Namen wie Schmeller oder Docen sind hier unter dem "u.a." zu erraten, was allerdings nicht ihrem Anteil an der Glossenforschung entsprechen dürfte. Das oben gezeigte Zitierverhalten Pipers deutet diese Zusammenhänge an. Daß viele, auch bekanntere Kollegen seiner Zeit diese Arbeitsweise für angemessen hielten, wird noch beim Vergleich der Schmellerschen Sammlung mit der großen Glosssenedition von Steinmeyer und Sievers zu zeigen sein. Allgemein scheint dieser Zeitraum am Ende des späten 19.Jahrhunderts auch von scharf getrennten Parteiungen mit beachtlichem Konkurrenzstreben gekennzeichnet gewesen zu sein. Dies kommt nicht selten in den Briefwechseln der Fachgelehrten zum Ausdruck. Als Beispiel dafür mögen einige Stellen aus dem Briefwechsel Robert Priebsch - Elias von Steinmeyer dienen, worin sich Steinmeyer zu Priebsch gegen den eben zitierten Piper äußert (26.3.1897; BPSt.48): "Den zweiten und dritten Band der Gli. hat soeben Piper im Litteraturbl. Märzheft besprochen. Er weiß im Grunde nur an einigen von Sievers genommenen Copien (Arundel 393.514 undJun.83) einiges zu tadeln; im übrigen redet er entweder Blech oder man sieht, wie verdrießlich es ihm ist, nichts ernsthaftes aussetzen zu können. " Und am 21.2.1898 (BPSt.55) zu einer falschen Lesart Pipers: "Das [falsche Lesart] hat aber munter wi(e)der der neue von der Hagen oder Massmann, nämlich der große Schmierfink Paul Piper, der in der Kürschnerschen Nationallitteratur Bd. 162 einen Band Nachträge zu seiner Ahd.Litteratur kürzlich hat erscheinen lassen, worin er die ganze Benediktinerregel, die Murbacher
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Hymnen, die ganze Cambridger Hs. und vieles andere von neuem abdruckt. [Anm.des Hrsg.: wieder behauptet.]" Und am 13.4.1899 (BPSt.70): "In den ersten Ferienwochen habe ich Pipers Otfridfacsimilia für den Anzeiger mit erlesener Bosheit recensiert: das Buch ist meines Erachtens eine Tendenzschrift schlimmster Art und ein arger Schwindel. " Vielleicht ist auch in dieser z.T. eifersüchtig-selbstbedacht anmutenden Art, welche ein solcher Umgangston verrät, der Grund für das oben angesprochene Zitierverhalten zu suchen. Gepaart mit der Verächtlichkeit, mit der über die Leistungen vorausgehender Kollegen (hier v.d.Hagen und Maßmann) gesprochen wird, ließe sich diese Haltung durchaus erklären. Hier kommt wieder die schon angesprochene Sehweise vergangener Epochen durch den Filter der eigenen Zeitlichkeit in Betracht, die sich hier mit Blickrichtung von "Wissenschaftlichkeit" auf "Vorwissenschaftlichkeit" umschreiben läßt. Das paßt auch gut in den Ton von breiter Selbstsicherheit und Herablassung, mit dem Steinmeyer teilweise die Arbeit seiner Vorgänger in den Vorworten zu seinen Glossenbänden kommentiert (vgl. z.B. StSG IV, S.IX). Doch scheint das für die Epoche eine ganz übliche Haltung gewesen zu sein. J.Dünninger hat eine Bemerkung Scherers zum Triumpf der Naturwissenschaften in seiner Darstellung so kommentiert: "Solche Worte Scherers zeigen uns erschütternd die Hybris des 19.Jahrhunderts." (DÜNNINGER 1957,Sp.l79) Vielleicht ist er ein wenig zu weit gegangen, wenn er ein ganzes Jahrhundert in seiner Totalität nach dem Ausspruch eines einzelnen so charakterisiert. Er meint aber damit im Grunde eine Haltung, die sich besonders in breiten Kreisen einer fortschrittsoptimistischen Wissenschaft vor allem in der zweiten Jahrhunderthälfte finden läßt. Aus einer solchen Haltung heraus kann man allein den Umgangston verstehen, der sich in obiger Äußerung gegenüber einem eben nicht gänzlich unverdienten vorausgegangenen Fachkollegen ausdrückt. Diese herablassende Haltung gegenüber der "vorwisssenschafllichen" Leistung der Vorgänger ist grundsätzlich in Betracht zu ziehen, wenn es im folgenden darum geht, die Schmellersche Glossenssammlung vor dem Hintergrund der Glossenedition von Steinmeyer und Sievers eingehend zu beschreiben.
3.1.2. Zur Beschreibung und Rezeption der Glossensammlungen Wie schon eingangs dieser Arbeit erwähnt, haben erneut auf die Glossensammlungen Schmellers aufmerksam gemacht Karin Schneider und Robert Hinderling (KATALOG MÜNCHEN 1985,122-125; HINDERLING 1985a, A421). Danach erschloß das auf den selbst zusammengestellten Glossensammlungen basierende ahd. Glossar Schmellers das ganze damals zugängliche Glossenmaterial lexikographisch. Konrad Hofmann machte in der Münchner Akademiesitzung vom 3.3.1855 auf die Glossensammlungen in Schmellers Nachlaß aufmerksam und regte eine Gesamtausgabe der Glossen
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auf der Grundlage des bisher Geleisteten an. Verwirklicht worden sei die vollständige Edition der ahd.Gll. erst durch die Glossenedition Steinmeyers und Sievers. "Wieweit diese beiden Autoren aber Schmellers Glossennachlaß benutzten, ist aus ihrem Dank nicht klar zu erkennen, der an die Hof- und Staatsbibliothek München ausgesprochen wird." (KATALOG MÜNCHEN 1985,125) Die vollständige Stelle bei Steinmeyer lautet: "aber mein aller wärmster dank gebürt dem director und den beamten der k. hof- und Staatsbibliothek zu München, deren unermüdliche gefälligkeit und nachsichtige geduld während eines vierteljahrhunderts sich immer gleich blieb, so sind mit dieser -weltberühmten anstalt die deutschen gli. auf das engste verknüpft: ihrer obhut ist die hauptmasse der denkmäler anvertraut, in ihren räumen haben BJDocen und JASchmeller den plan einer Sammlung erwogen und vorbereitet, KHofmann und FKeinz ihn weitergeföhrt, ihr wirksamer beistand endlich hat auf baierischem boden der ausgabe zum ersehnten abschluss verhelfen. " (StSG. IV.S.X/XI) Angesichts der Leistungen vor allem Docens und Schmellers auf dem Gebiet der Glossenforschung ist das mehr als undeutlich ausgedrückt. Es ist weit davon entfernt, die Grundlage fiir eine angemessene forschungsgeschichtliche Einordnung der Arbeiten dieser Männer zu bilden. Grundsätzliches zur Rezeptionsweise der Glossensammlungen wurde schon im vorhergehenden Punkt angesprochen. Hier soll das noch einmal im Hinblick auf die Glossenedition von Steinmeyer und Sievers geschehen. Das scheint mir für die Rezeptionsgeschichte der Schmellerschen Sammlungen der zentrale Ansatzpunkt zu sein, da aus den äußerst knappen Hinweisen im 4.Band der Glossenedition (hauptsächlich StSG.IV,371 u.687-704) doch gefolgert werden kann, daß auch die Arbeiten der vorhergehenden Zeit mit berücksichtigt wurden. Was die Sammlungen Schmellers betrifft, so geschieht das in einer Weise, die sicher dazu beigetragen hat, daß die umfangreichen Arbeiten weiterhin unbekannt blieben. Für den germanistischen Gebrauch spielte das natürlich keine besondere Rolle, da die große Glossenedition eine weitere Auseinandersetzung erübrigte, und auch viele andere Einzelbeiträge den Stand der Schmeller-Sammlungen eingeholt hatten. Aber auch fiir Untersuchungen zur Geschichte der Glossenforschung waren damit die Spuren, die zu den Sammlungen führten, ziemlich verwischt. In seinen vorausgehenden Erklärungen zum Handschriftenverzeichnis erwähnt Steinmeyer die Sammlungen Schmellers wie folgt (StSG.IV,371): "am ende jeder beschreibung [einer Handschrift] stehen hinter einem fett gedruckten gedankenstrich die bisherigen erwähnungen, abdrücke, collationen, facsimilia der gli., hinter einem zweiten Graffs siglen und in eckigen Klammern die paragraphen oder nrn der Übersichten Hoffmanns, Pipers und Schmellers (s. unten tabelle 1-4) verzeichnet, von einer bezugnahme auf vRaumers ganz unselbständige und darum wertlose angaben sah ich ab. "
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Schmellers Sammlungen werden als "Übersichten" bezeichnet und mit solchen tatsächlich in eine Reihe gestellt. Daß sie aber fast ohne Ausnahme die gesamten Glossen der von ihm erreichten Hss., Abdrücke und Freundesabschriften enthalten, kann aus diesen Angaben allerdings nicht geschlossen werden. Daß diese vollständigen Abschriften schon im Hinblick auf ihre Gruppenverwandtschaft miteinander in Verbindung gebracht wurden und zahlreiche Querverweise sicherstellen, an welchen Stellen die gleichen ahd. Glossen wieder verwendet sind, wird sich in der folgenden Beschreibung zeigen. Für Steinmeyer selbst bedeutete dies eine ungeheure Erleichterung seiner Arbeit und seine Anordnungs- und Verweisprinzipien in seiner Glossenausgabe deuten nicht selten auf Schmellers Ordnungsprinzipien zurück. Die eben genannten Querverweise Schmellers haben sicher mit dazu beigetragen, daß Steinmeyer seine Nummern innerhalb eines jeden glossierten Werkes nach dem Verwandtschaftsprinzip ordnete, und sie spiegeln sich in Steinmeyers Verweistechnik wieder, die er so beschreibt (StSG.I,S.IX): "Ich habe also innerhalb der glossierten bûcher diejenigen gruppen vorangestellt, welche zu einander in verwandtschaftlicher beziehung stehen: um die erkenntnis dieser Verwandtschaft zu erleichtern, wurden hinter der einzelnen gl. in eckigen klammern die nummern verzeichnet, in denen das gleiche deutsche wort zur widergabe der gleichen textstelle erscheint; ein 'vgl' vor der zahl deutet an, dass die identität keine absolute ist, sondern geringe abweichungen stattfinden. " Das 'vgl. ' deutet auf Schmellers 'cfr. ', welches er in diesen Fällen setzte. Dies wird sich in der Beschreibung öfter bestätigen. Die Durchführung eines gleichen Ordnungsprinzips wie in Schmellers Sammlungen scheint unverkennbar zu sein. Solch auffallende Ähnlichkeit rechtfertigt m.E. die Bemerkung, daß es die Verdienste der Herausgeber dieses großen Standardwerkes sicher nicht geschmälert hätte, wenn einer so wichtigen "Sekundärquelle" eine ausführlichere Beschreibimg gewidmet worden wäre. Daß Steinmeyer die Sammlungen Schmellers genau durchgesehen hat, wird bei der folgenden Beschreibung noch öfter deutlich. Hier geht es schon aus der von ihm unter Tabelle 3 angeführten "übersieht" hervor: Es handelt sich im Grunde um das bereits erwähnte, im BWB I,S.X-XII abgedruckte Inhaltsverzeichnis der Sammlungen. Steinmeyer hat es etwas vollständiger wiedergegeben und überschreibt das Ganze so: "3. SCHMELLERS SAMMLUNGEN (BWB l,2.Aufl., X-XII, BERICHTIGT UND ERGÄNZT)". Dann listet er den Inhalt der fünf Quartbände nach den genauen Seitenzahlen auf, schreibt aber nicht die Bezeichnungen der einzelnen glossierten Handschriften dazu, wie dies im BWB geschieht sondern setzt den jeweiligen Seitenangaben die fortlaufenden Nummern seines Handschriftenverzeichnisses gegenüber. In seinen Hss.Beschreibungen verweist er in der oben zitierten eckigen Klammer, unter den "Übersichten" auf die in der Tabelle angeführten Seitenzahlen Schmellers. Steinmeyer muß also bei der genauen Durchsicht auch auf all die Vorteile gestoßen sein, welche diese Sammlung für die Arbeit zu seiner Edition bedeu-
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tete. Daß er diese Vorteile auch wahrgenommen hat, wird die folgende Darstellung erkennen lassen. Eine etwas nähere Beschreibung von den Arbeiten seiner Vorgänger bietet Steimmeyer nur zur DOCENIA (StSG.IV,694-696). Diese nimmt er fürs erste allerdings zum Anlaß, um Fehler seiner Vorarbeiter zu tadeln und falsch Zugeordnetes zu berichtigen. Weil dies auch fìir die folgenden Zusammenhänge Bedeutung hat, seien daraus einige Stellen ausführlicher zitiert: "Für den von ihm herausgegebenen sechsten band des Grafischen Sprachschatzes hat Maßmann neben Schmellers Sammlungen auch Docens glossographischen nachlass in ausgibiger weise benutzt und dadurch heillose Verwirrung angerichtet. denn gelegentlich fuhrt er die gleiche gl. unter drei oder vier verschiedenen Bezeichnungen an, sodass der benutzer glauben muss, ebenso viele zeugen für das wort vor sich zu haben; zu Graffs sigle gesellen sich Schmellers band- und Seitenzahl sowie das citat aus Docens papieren, die häufig éine gl. an mehreren Stellen bringen. [...] damit der leser einigermaßen in der läge sei, eine nach Docen angejahrte gl. in unserem werke zu finden, scheint unter solchen umständen eine knappe übersieht über Docens glossenmaterial geboten. " [Diese Übersicht wird zunächst einmal benützt, um Kritik und Berichtigung an Schmeller zu üben]: "Was der Doceniana A signierte karton der Münchner hof- und Staatsbibliothek enthält, fiinf quartconvolute sehr ungleichen umfangs, ist erst nach Docens tode durch Schmeller in seine gegenwärtige gestalt gebracht worden: dieser hat die zufällig an verschiedenen orten und offenbar ganz unvollständig erhaltenen glossenzettel Docens nach wechselnden principien geordfnjet und aufgeklebt; begreiflicher weise wurde dabei vielfach zusammengehöriges auseinandergerissen. " [unklar wirkt das "wechselnde principien", sehr unterstellend das "begreiflicher weise"] "Zum convolut Ab bemerkte Schmeller am 3. VII. 1830 auf dem vorsatzbl. 'die in einiger etymologisch alphabetischer Ordnung auf die nächstfolgenden hundert bll. geklebten gli. lagen zerschnitten ohne alle Sichtung in mehreren schachteln zusammen, ohne angabe woraus sie genommen seyen. diejenigen derselben, die auf größere andersfarbige papierabschnitte geschrieben waren, und vermutlich aus einer andern quelle als die sonstigen herrühren, sind handschriftlich nachgetragen', bl.1-96 bilden ein alphabetisches wb., hauptsächlich geschöpft aus Clm.6277. 12625. 14689. 18547, 2. 18550, 1; ihnen folgt bl.97-100 ein unalphabetischer nachtrag, aus gli. in geheimschrift oder verderbten bestehend, deren einordnung mit voller Sicherheit nicht vorgenommen werden konnte. Convolut Ac, 44bll. mit aufgeklebten gli. mehrere alphabetisierte reihen sind zu unterscheiden, und zwar la-3b Prudentiusgll. aus Clm. 14395, 3b-10a Prisciangll. aus Clm. 18375: neben beiden hat Schmeller am Rande Boethiusgll. aus Clm. 18765 eingetragen. [...] Convolut Ad, 6 bll., enthält gli. aus Clm 14395 nach anlauten geordnet. Schmeller bemerkt dazu folgende gli. lagen zerschnitten unter einem Umschlag, worauf geschrieben stand: Glossae sup. Prudentii opp. Cod. Emme-
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ram. diese alphabetisch aufzukleben um beym nachholen aller übrigen das schon ausgezeichnete zu erkennen und nötigen falls zu berichtigen'." (StSG.IV,694 f.) Mehreres ist für unseren Zusammenhang aus diesen ausführlicher zitierten Abschnitten zu erkennen. Neben dem bei sich bietender Gelegenheit ausgesprochenen Tadel an der Arbeit der Vorgänger, der bei Schmeller übrigens nur vage angedeutet, aber nicht begründet wird, scheint es vor allem darum zu gehen, eigene Berichtigungen zu betonen. Außerdem ist aus den letzten beiden Abschnitten zu ersehen, wie Schmeller Docens Glossensammlungen mit in seine Arbeit einbezog. Bei der Beschreibung des Glossars wird deutlich, daß hier unter "nachholen aller übrigen" etc. die genaue Identifizierung nach den Hss. und die Einordnung in sein Glossar angesprochen ist, wo die Docen-Glossen meist mit roter Tinte bei den entsprechenden Handschriftbelegen eingetragen und exakt nach Docens Sammlung zitiert sind. Im übrigen ist die Beschreibung und Zuordnung zu den einzelnen Hss., die Steinmeyer von Docens Sammlungen gibt, auch aus den Schmeller-Sammlungen herauszulesen, weil dort meist an den entsprechenden Stellen auf Docen verwiesen wird. Vor diesem Hintergrund beabsichtigt die folgende ausführliche Beschreibung der Glossensammlungen Schmellers einmal, diese Sammlungen in ihrem Umfang und nach ihrer inneren Struktur bekanntzumachen und damit eine Lücke in der geschichtlichen Darstellung der Glossenforschung zu schließen. Zum anderen versucht sie, im Vergleich mit der Glossenedition Steinmeyers und Sievers, vor allem mit derem Handschriftenverzeichnis, zu zeigen, in welcher Weise die Schmeller-Sammlung den Vorarbeiten dieser Edition dienlich war. Insgesamt wird dadurch erhofft, einen klareren Blick auf die Entwicklung der Glossenforschung zu bekommen, der auch den Anteil Schmellers an der Förderung dieses Fachzweiges besser erkennen läßt. So gesehen mag diese Beschreibung auch als eine Ergänzung zum Quellenverzeichnis des vierten Bandes der Glossenedition von Steinmeyer und Sievers gelten. Für die Gli. aus jeder glossierten Hs. stehen am Beginn ihrer Beschreibung der Titel oder die Benennung nach Schmellers Angaben und die dazugehörigen Seitenzahlen des jeweiligen Quartbandes, in dem sie aufgezeichnet sind. Dazu werden die entsprechenden Nummern aus Steinmeyers Handschriftenverzeichnis, die wiederum mit den Nummern des Bergmannschen Verzeichnisses abgestimmt sind, dazugesetzt, um einen schnellen Vergleich zu ermöglichen. Bei den Glossen die aus Hss. entnommen sind, wird die Bibliotheksnummer nach StSG. angegeben, die zumindest für die Staatsbibliothek München auch heute noch Gültigkeit besitzt. Dann folgt die Beschreibung der glossierten Hs. durch Schmeller oder die Wiedergabe seiner Anmerkungen zu Abdrucken und seine Hinweise auf Freundesabschriften und andere Quellen usw. Auch seine Randbemerkungen über kodikologische Eigenarten oder über den Vergleich mit anderen Hss., welche ähnliche oder
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diesselbe Glossierung aufweisen u.ä. sind hier mit einbegriffen. Die deutschsprachigen Bemerkungen sind dabei grundsätzlich in deutscher Schrift geschrieben, während lateinische Bemerkungen und Zitate in lat. Schrift stehen. Auf Informationen, die in StSG. verwendet wurden, wird an Ort und Stelle in der folgenden Beschreibung hingewiesen. Dort wird - nach jeweiligem Anlaß - nochmals auf Grundsätzliches zur Rezeptionsweise durch StSG. verwiesen. Auch die räumliche Aufteilung der Einträge wird kurz beschrieben. Da versucht wird, die Bemerkungen und Angaben Schmellers zeilengetreu wiederzugeben, bedeutet der Schrägstrich bei diesen Wiedergaben den Zeilenschluß. Die Art, wie die einzelnen Gli. eingetragen sind, besonders wenn dieselben Glosssen aus mehreren Hss. synoptisch zusammengestellt oder verschiedene Lesarten verschiedener Hss. angegeben werden, wird anhand von Beispielen beschrieben. Die Lesarten, die oft über dem betreffenden Wort und manchmal nur mit der abweichenden Silbe angegeben sind, werden wegen der besseren Übersichtlichkeit immer als ganzes Wort neben dem betroffenen Glossenteil wiedergegeben. Weitere Details mögen aus der Beschreibung selbst ersichtlich sein. Insgesamt liegen in Schmellers Sammlungen die Glossen aus 172 glossierten Hss. und hs. Vokabularien vor. Neun davon sind nicht in StSG. eingegangen, weil sie jüngeren Ursprungs sind. In StSG. sind mit den Nachträgen in Band V etwa 684 Hss. erfaßt worden. Doch die wichtigsten und auch umfangreichsten Glossengruppen sind aus jenen 163 Hss. gewonnen, die auch schon in Schmellers Sammlungen erfaßt waren. Das mag ein weiteres Zahlenverhältnis verdeutlichen: Die Quartbände Schmellers umfassen 2650 beschriebene Seiten wovon, etwa 2500 mit Gli. beschrieben sind und im Durchschnitt etwa 40 Glossen auf eine Seite kommen. Die fiinf Qaurtbände (eigentlich etwas kleiner als Quart, nämlich 16x21 cm) sind in blaugraue Pappe gebunden. Ihre Blätter wurden in der Mitte gefaltet und zunächst in den außenbündigen Spalten beschrieben. Die innenbündigen Spalten nahmen spätere Vermerke zu Glossenvergleichen, Hinweise auf die Gli. anderer Hss. und andere philologische Vermerke auf. Sehr häufig sind in ihnen auch die zur gleichen Gruppe gehörenden Glossen einer anderen Hs. eingetragen. Die Glossen, sowohl das lateinische Lemma als auch das ahd. Interpretament, sind nebeneinanderstehend in lateinischer Schrift geschrieben, wobei das Interpretament häufig unterstrichen ist. Das gilt auch für die meist über die Zeilen eingetragenen Lesarten aus anderen Hss. und für lateinische Titel und Beschreibungen etc. Alle zusätzlichen Bemerkungen Schmellers sind in Sütterlin geschrieben.
3.1.3. Glossarla vetera alphabetica (gl.a) Die Glossana vetera alphabetica sind in zwei Bände eingetragen: Bd.l (SCHMELLERIANA Vlll.l.a.) umfaßt S.l-640, Bd.2 (VIII.l.b.) S.641-1064.
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In Bd.l ist vorne am Buchinnendeckel ein Zettel eingeklebt, auf welchem Schmeller das Rezept einer Tinktur zum Lesbarmachen verblichener Schrift wiedergibt. In Klammern steht davor der Name Ildefons v. Arx, von dem es wahrscheinlich herstammt. Es folgt ein leeres, paginiertes Blatt und auf S.3 beginnt der Eintrag mit der Überschrift GLOSSARLA/ vetera/ alphabetica./ Dann folgt: gl.a.3-24 = StSG.Nr.137 = BV.Nr. 151: "Glossae Florentinae alphabeticae/ Eccard Fr.or.II.986/ [Darunter wurde in kleiner Sütterlin nachträglich eingefugt:] Nach Graff in Florenz/ nicht mehr zu finden"/ Anschließend sind die Gli. eingetragen. Auf S.5 gl.a. steht bei der Glosse colossus altissi-/ma columna \ Irminsul in der linken Blatthälfte folgende Bemerkung: "Truncum Ugni non parvae magnitudinis in altum/ erectum sub dio colebant patria eum lingua Irminsul! appellantes quod latine dicitur universalis columna/ quasi sustinens omnia. Adam.Bremensis./ Annales Fuldenses, idolum Saxorum Irminsul vo-/catur esse tradunt."/ gl.a.S.9: Bei der Gl. depravo \ ih ferboson steht links cfr.36. Auf S.36 (Gl.Hamburgenses) findet sich diesselbe Glosse mit anderer Lesart: depravor I ich /erbosen. gl.a.S.13: Neben der Gl. mansus/ vel \ houba/ hizaz ist rechts vermerkt: "Diutisca/ II 237/ hisaz". pl.a.S.19: Links neben Gl. scro(p)fae i.e. I spuxiruns: cfr.55, auf S.55 (Gl.Hamburg.): supparum . inmisia/sumen . pinguido/ in mamilla scrophae \ spunruns. Es ist also immer wieder der sorgfaltige Vergleich verwandter Glossengruppen untereinander durch Querverweise festgehalten. Nach dem Vergleich mit Graffs und Steinmeyers (Diut.11,231; StSG.IV,430432) Bemerkungen zu den Glossae Florentinae ergibt sich etwa folgendes: Schmeller hat die Glossae Florentinae (an dieser Stelle die Vocabulare der Hs.) zunächst aus J.G.Eccard, Comentarii de rebus Franciae orientalis 2(1729),981-991 in die außenbündigen Spalten eingetragen und gibt am linken Rand die fortlaufenden Seitenzahlen Eccards dazu an. (Die Interlineargli, dieser Hs. hat er nach Eccards Abdruck in gl.i. 123-142 und 82-86 eingetragen.) Unter dem Titel (S.3) notiert er den Hinweis Graffs, daß diese Gli. in Florenz nicht mehr zu finden seien. Graff schreibt in Diutiska 11,231 dazu: "Nachdem ich in der Laurentiana zu Florenz nach dem Codex, aus welchem, ohne ihn zu bezeichnen, Ekkard in seiner franc, orient, die eloss. florent. hat abdrucken lassen, acht Tage lang vergeblich gesucht hatte, fand ich, zwar nicht diese ekkardischen, aber folgende Glossen in cod. 5 plutei XVI., welcher auf den ersten 86 Blättern Beda super Donati erammaticam, von fol. 87 bis zum letzten (Nisten) Blatte mehrere mit deutschen Glossen untermischte Glossarien enthält. Das erste Glossar ist alphabetisch geordnet; die darauf
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folgenden Glossensammlungen beziehen sich auf epist. Petri, cánones apostolorum, Prudentii carmina und Anderes. Im Bandinischen Katalog wird bemerkt, daß nach dem Zeugniß des Oudinus, diese Glossen dem Remigius antisidoriensis beizulegen sind. Sie gehören dem ll-12ten Jahrhundert an. Aus dem alphabetischen Glossar habe ich die unter a, b, c, befindlichen deutschen Glossen alle mitgetheilt, von d an aber, so -wie aus den folgenden Glossarien, nur die merkwürdigsten ausgewählt. Die lindenbrogischen Glossen scheinen mit den vorliegenden einen gemeinschaftlichen Urtext zu haben. " Hoffmann macht auf die unterschiedliche Reihenfolge der Gli. bei ECCÄRD und einer Lindenbrogischen Abschrift in der COTTON.BIBL.(Vespas.E.6.4 0 ) aufmerksam und bemerkt dazu, daß der Abdruck Eccards nach einer anderen Abschrift besorgt sein müsse, wobei er darauf hinweist, daß sich auch VOSSIUS de victiis serm.69 auf diese Gli. beruft (HOFFMANN 1826,§72). Steinmeyer nennt zwei Abschriften Lindenbrogs auf der Hamburger Stadtbibliothek. Die eine, Cod.germ.22 p.366, macht er als die Vorlage Eccards aus. Die andere, Cod.phil.253, ist nach Steinmeyer die ursprünglichere Lindenbrogsche Fassung und weist eine abweichende Reihenfolge der Gli. auf. In StSG. sind die alphabetischen Gli. nach einer Abschrift, die Jänicke für Steinmeyer aus dem Florenzer Codex besorgt hat, unter der Nr. DCCCCXXXIIId, die interlinearen Gil. (Priscian, Prudentius usw.) unter den entsprechenden Nrr. dort abgedruckt (vgl.StSG.IV,430-432). Steinmeyer identifiziert also die Florentiner Gli. bei ECCARD (986-991) mit denen des Florenzer Codex XVI,5, den auch Graff gesehen hat. Graffs Bemerkung, der Codex, aus dem Eccards Glossae Florentinae stammen, sei in Florenz nicht mehr auffindbar, wird wohl auf die unterschiedlichen Anordnungen der Lindenbrogischen Abschriften zurückzuführen sein, aus deren einer Eccard geschöpft hat (vgl.StSG.IV,431). Graff datiert die Gli. ins 11.-12.Jahrhundert, Steimeyer weist die Hs., in der sie sich finden, dem 13.Jahrhundert zu. Graff deutet in Diutiska 11,231 schon auf die Verwandtschaft mit den Hamburger GH. hin. Schmeller hat in seinen gl.a. immer wieder einzelne Gli. der beiden Hss., bzw. ihrer Abdrucke, miteinander verglichen und ihre unterschiedlichen Lesarten gegenübergestellt, wie oben an Beispielen gezeigt wurde. Ebenso hat er in die innenbündigen Spalten die abweichenden Lesarten aus Graffs Abschriften aus dem Florenzer Codex (u.später auch aus Diutiska) angegeben und fehlende GH. ergänzt. Vergleicht man die schon auf den richtigen Weg weisenden Bemerkungen in Hoffmanns Beschreibimg (HOFFMANN 1826,§§ 72,73), die immer noch andeutenden und vermutenden Charakter haben, so ist die Gegenüberstellung der für sich sprechenden Fakten in Schmellers gl.a ein deutlicher Fortschritt. Wahrscheinlich hat diese vergleichende Darstellung auch Steinmeyer geholfen, die Überlieferungsstränge der Florenzer Gli. zu entwirren.
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S.25/26 gl.a. leer, dann folgt in der rechten Blatthälfte (außenbündig) von S.27: gl.a.27-58 = StSG.Nr.244 = BV.Nr.339: "Glossae Hamburgenses/ seu/ Glossae ex manuscripto/ Lindenbroggii codice Biblio-/thecae publicae Hamburgen-/sis seculo X exarato editae/ in Eccardi Franc.orient./ Tom.II.p.991.7 Darunter folgen außenbündig eingetragen die Glossen nach dem Eccardschen Abdruck mit fortlaufender Seitenangabe aus ECCARD. Die linke, innenbündige Blatthälfte ist mit Bemerkungen zur Schreibweise des Glossators und Hinweisen auf verwandte Glossen gefüllt: "Statt sc gar zu häufig blos/ s, so daß wirkliche Aussprache / zu Grunde zu liegen scheint"/ Dann folgen links untereinander geschrieben die Beispiele: 36. surphen/ 42. subelinc/ - housrechil/ 44. silhinder/ 45. selfsalbali/ 47. sarsahs/JO.jritsuhe/. Rechts daneben steht die Bemerkung: "nach J.G. Schel/horns [unleserl.] 1.122 hatte / Lindenbrog ein/ altd. Glossar v./ weit größerm/ Umfang zum/ Druck ausge-/arbeitet, das/ aber nie erschienen"/. Darunter steht: "cfr. sarf, sal v. scarf, scoi/ etc./ ommituntur glossae/ mere latinae/ nec quid singularis/ offerentes./ cfr. Diutiska 11.231. Glossen/ aus Florenz/ acinax I azzeri amurca | drusina/ etc./ Vergi. S.846" [Dort sind die von Graff aus dem Florenzer Codex abgeschriebenen alphabet.Gll. ab d, von denen er nur die "merkwürdigem" abgeschrieben hat, eingetragen. Dort auch Rückverweis nach hier.] Darunter folgt die Angabe der Quelle, aus der Schmeller die Lesarten und Ergänzungen geschöpft hat, die er innenbündig eingetragen und mit Pfeilen an die zugehörige Stelle zwischen die Eccardschen Glossen verwiesen hat: "Glossarium Krameri/ leti Kielensis a°.1821/ Coloniae emptum/ Ms.saec.XI)teste/ Graff hic addit." Scheinbar hat er die Ergänzungen nach einer Grafischen Abschrift des Codex übertragen, obwohl sie manchmal den Eindruck vermitteln, als habe Schmeller das Original selbst gesehen. Der Verkauf des Codex nach Köln ist auch in StSG.IV,472 erwähnt: ein A.W.Cramer in Köln hatte sie aus Lindenbrogs Nachlaß in der Hamburger Bibliothek erworben und vermachte sie später der Kieler Universitätsbibliothek. Als Quelle dafür wird H.RATJEN, Verzeichnis von Hss. der Kieler Universitätsbibliothek, Kiel 1873 angegeben. Nun einige Beispiele aus den Einträgen: gl.a.28: amphibulum \ mandil, darüber: mandai Kramer/ gl.a.32: complodo I ich samane/slaho, daneben: (ich samene/slaho . Kramer)/ gl.a.33: cicladis I hema, links daneben, innenbündig: Gl.Krameri: cedria i.e. udri resina/ vel succus cicladis . hema/. Insgesamt 48 solcher Eintragungen weisen die Glossae Hamburgenses auf. S.59-61 gl.a. ist leer, dann folgt: gl.a.62-166 = StSG.Nrr.493; 54 = BV.Nrr.725; 296: "Glossae Junii B. [gl.a.62-122] und C [gl.a. 123-166]". Unter dem Titel, in der linken Blatthälfte (außenbündig) steht zum Titel gehörig: "Nyerup Sym-
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bolae/ p. 193". Darunter folgen die Gli. In der rechten Blatthälfte (innenbündig) ist daneben vermerkt: "cfr. Boxhora hist.univers./ Lugd.Bat. 1625.p.457-9/ Cod.Reichenaugiensis XCIX (nunc/ Carolsruhensis 86) p.8-98/ secundum Grafiti apographam'7. Schmeller hat die Junischen Glossare zunächst aus NYERUP SYMBOLAE,194-196 in die außenbündigen Blatthälften eingetragen, wobei er die fortlaufende Paginierung Nyerups mit angibt. Dann vergleicht und ergänzt er die Glossae Junii Β mit Boxhorns Historia universalis, wo dieses Glossar auszugsweise gedruckt ist, und mit der Grafischen Abschrift des Glossars Rd aus dem Reichenauer/Karlsruher Codex. Es handelt sich dabei um das größere der beiden alphabetisch geordneten Glossare aus diesem Codex, das mit dem Glossar Junii Β übereinstimmt (vgl. Diutiska 1,491), und das in StSG.IV,400 als Glossar Rd. bezeichnet ist. Grafi hat in seiner Diutiska (1,490-533) nur das nicht alphabetisch geordnete, von ihm als Glossar R.b. bezeichnete, abgedruckt. Das Verdienst Schmellers ist es, daß er, den Hinweisen Graffs nachgehend, die Abschrift aus Karlsruhe (Reichenau) mit den beiden Drucken der Junischen Glossare vergleicht. Der auzugsweise Druck von Boxhorn wird in den Literaturangaben zu StSG.Nr.493 (Cod.Jun.83, Oxford) nicht genannt. In folgender Weise wird bei Schmeller verglichen und ergänzt: gl.a.62: ad meditandum | za lirnenne, daneben: R. za lirnee/ accedere \ zuakan, darüber: zuagan und rechts dazu: R.p.9/ gl.a.63: Hier sind links neben den einzelnen Gli. Zahlen angegeben, welche die Reihenfolge der GH. im Reichenauer Codex anzeigen. Ferner sind innenbündig Glossen aus dem Reichenauer Codex angeführt, die dem Abdruck bei Nyerup fehlen. Sie sind mit Auslassungs/Einfiigezeichen den fortlaufenden Gli. aus Nyerup zugeordnet. gl.a.64: Rechts neben der Gl. arnia \ cluat farina steht ein X, oben rechts die Erklärung: "Die mit X bezeichneten haben im Reichenauer Codex eine andere Stelle." alethiopissa \ dea ethiopissa (lat.), daneben: "hat Graff als lat. nicht abgeschrieben/ gl.a.66: agon \ ellinod. ila, daneben: "die Glossen v. agon bis anhelat/ fehlen im Cod.R./ gl.a.68: Bei der Gl. cum partu/riret \ denne sik karati/ za peranne ist vermerkt: "hue usque Boxhorn p.459'7. gl.a.72 - gl.a.74: Von Gl. circumquoque \ alahalbon bis zur Gl. de industria \ fona uuisheiti ist der Raum in den außenbündigen Spalten mit den NyerupGll. freigelassen, weil dieser Teil bei Nyerup fehlt. Dafür sind in den innenbündigen Spalten die Gli. aus dem Reichenauer Codex fortlaufend eingetragen. gl.a.75: Bei Gl. disputavit \ segita. arrahta findet sich die Bemerkung: "Von Littera D hat der R.Cod./ nur noch auf p.42 [Paginierung nach Graffs Abschrift] dissseruit |/ untarsegita. Dann folgt gleich/ Littera E.'V gl.a.76: Manchmal wird auch die Stelle in der Grafischen Abschrift des Reichenauer Codex angegeben, und zwar wenn die Reihenfolge zwischen Nyerup und der Codex-Abschrift voneinander abweichen: effringens \ arprehanti, darüber: arprechanti, daneben: R.c. X (auf p.43 am Ende)/, gl.a.82: Nach fovetur \ pruette/... steht: "Das folgende bis Gr fehlt im Cod.R." gl.a.87: Bei Gl. inter-
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pellaverint \ erruafant/ mahalont ist ein Hinweis auf die biblischen Schriften vermerkt: "Deuteronom.25.1". Bei den in der Reihenfolge untereinander stehenden Gli. inliciant \ farspanen/ incantator \ kalstrari ist neben der letzteren vermerkt: "c.R. hat zu incantator fehlerhaft/ wieder farspanen." Entweder der Glossator des Codex oder der Abschreiber (Graft) hat sich also beim Übertragen der Gli. in der Zeile geirrt, und Schindler verweist auf diesen Irrtum. gl.a.88: Nach interpetrabis \ kidigis steht der Vermerk: "alles folgende bis Κ fehlt in Cod.R."/ gl.a.104: Bei parssimonia \ spari ist auf gl.a.594 verwiesen; dort (Glossae R.Augienses alphabetica II) steht dieselbe Glosse mit: parsimonia I spari/ Vor der obigen Gl. der Vermerk: "Das folgende bis Q fehlt im Cod.R." Schindler hat also die abweichenden Lesarten aus der Grafischen Abschrift des Reichenauer Glossars Rd. in seine Nyerup-Abschrift eingetragen, die abweichende Reihenfolge zwischen dem Abdruck des Junius-Glossars und dem Rd.-Glosar synoptisch verdeutlicht und fehlende Teile beider Glossare synoptisch ergänzt. Damit hat er einen beachtlichen Beitrag zur näheren Bestimmung des Verwandtschaftsverhältnisses von Junius-und Rd.-Glossar geleistet, der wenigstens erwähnenswert ist. Ferner hat er auf Widersprüche in Graffs Apographum hingewiesen und hat Querverweise zu denselben oder änlichen Interpretamenten in den Gli. anderer glossierter Hss. gegeben. Insgesamt 325 Hinweise und Einfügungen dieser Art, exklusiv des aus Glossar Rd. ergänzten, größeren Teils sind in seine Glossae Junii Β (gl.a.62-122) eingefügt. Für Steinmeyer, der die Glossare und Glossen des Reichenauer Codex (Karlsruhe Aug.IC) und des Oxforder Codex Jun.25 nach Abschriften von Eduard Sievers bearbeitet hatte, bedeuteten diese Vorleistungen Schmellers vermutlich auch eine kleine Hilfe. Nachzuweisen ist dies allerdings kaum, weil der knappe Verweis auf die "Übersicht" Schmellers dies nicht bezeugen kann. Das Glossar Junius C (gl.a. 123-166) ist nach Nyerups Abdruck des Glossars Ib. aus dem Cod.Jun.25 außenbündig eingetragen worden. Nyerup hatte für seinen Abdruck nach StSG.IV,590 die Kopie Rostgaards von Junius Abschrift (Oxf.Jun.117) benützt. Es finden sich in Schmellers Eintrag einige Querverweise auf Gli. der sogenannten Hrabanisch-Keronischen Sippe, die Schmeller nach verschiedenen Hss. in seine Glossarla eingetragen hat: gl.a. 124: Bei Gl. attritus \ ferzoran/ ferthroson steht rechts: "ferthroscan? cfr.189. 390. Unter gl.a. 189 (Voc.theuth.) ist dann nach dem St Galler Codex 911 eingetragen: attritus \ farthroscan. daneben die Lesarten des Pariser (p.) und Reichenauer Codex (r.): p. farthrosgan\ r. fardroscan. Unter gl.a.390 (Gloss. Vindobon.Hrab.) steht: attritus \ fardroscan. gl.a. 138: Bei der Gl. patibulum I mizipoum verweist Schmeller auf seine Interlineargli, (gl.i.549). Dort vermerkt Schmeller bei der Beschreibung einer glossierten Prudentiushs. aus München: "Am Rande von fol.33b:/ Am Rande steht/ est genus poenae
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hamharapha/ und darüber ?ruzpoume" Darunter setzt Schmeller: "Pmizipoume/ cfr. gl.alph.p./ 138/". Ein weiteres Beispiel, wie intensiv Schmeller mit seinen Glossensammlungen gearbeitet hat, und wie umfangreich und genau seine Kenntnis des damals bekannten Glosenmaterials gewesen sein muß. Die Seiten 167-171 von gl.a. dienen zur Beschreibung der verschiedenen hs. "Abrogans-Glossare" und ihrer Überlieferung. Meist am Rand Bemerktes bezieht sich auf technische Hinweise zur Übertragung dieser Glossare in gl.a. Die Seiten sind im folgenden möglichst genau dargestellt: gl.a.167-372 = StSG.Nrr.220; 508; 55 = BV.Nrr.253; 747; 298: "Vocabulariam theutiscam/ (saec.VIII-(IX)[gestr.])/ e Cod. Ms. San-gallensi N°911/ descriptam a Lachmann & Schmeller mense Septembre/ 1824/ e Codice Ms. Parisiensi/ a Graff 1825/ e Cod. R.augiensi CXI, nünc Carolsruhensi/ N°185 in fol. perg. a Graff"/. Unter dem Titel folgt: "M. Gail (Profess. & Biblioth.) a fait insérés, quant à ce dernier,/ dans le journal des savans (Octobre 1825 p.629)/ ce qui suit: Parmi les/ manuscrits de la Biblio-/theque royale à Paris/ se trouvent des glossaires/ allemands-latins rédigés au moyen âge à partir du/ VIII siecle. M. Graff, professeur de langue e de littérature/ allemande (à Koenigsberg) a recueilli dans ces glossaires/ un assez grand nombre de mots ou tout-à-fait inconnus,/ ou qui ne s'offrent jamais dans les autres monumens littéraires./ En voici exemples exc." Graff wurde wahrscheinlich während seines Bibliothekbesuchs in Paris von Gail betreut, der so auf dieses Glossar aufmerksam wurde. Noch bevor Graff das Glossar in seiner Diutiska (1,122 ff.) 1826 veröffentlichen konnte, hatte also Gail das Glossar im Journal de savants 1825 bekanntgemacht und einige Auszüge daraus abgedruckt. In StSG.IV,596 wird Gail mit Bezug auf diesen Artikel als erster, der über das Glossar Nachricht gibt, genannt. Auf S.168 gl.a. folgt eine Beschreibung Cod.Parisiens. 7640 im Vergleich zum Glossar aus dem Reichenauer Codex (Karlsruhe Aug.CXI (185)). Dabei gibt Schmeller eine Seite des Pariser Glossars in faksimile wieder. Darunter steht die Bemerkung: "So stehen die Wörter" [darübergeschrieben]: "{jedes mit seinem Gefolge u. s. Synonymen} auf jeder/ Seite des Pariser Cod. in drey Columnen neben-/einander./ Die ersten 123 Blätter enthalten ein/ lat. aiphabet. Vokabular, die letzten (124-133)/ ein zweites, nur bis I gehendes , mit/ übergeschriebenen deutschen Glossen./ Im Reichenauer Codex sind die Wörter in/ zwey Columnen, u. in etwas andrer/ Ordnung als im St. Galler u. Pariser Codex/ geschrieben. Sie fangen an mit: [faks.] adseverat..."/. Schmeller hat den Reichenauer Codex 1836 selbst gesehen (vgl. TB 11,225; unten: Beschr. v. gl.i.619-621).
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Auf S.169 wird der Codes Sangallensis m.8° N°911 genauer beschrieben: "Auf dem ersten Pergamentblatt steht von neuerer Hand: Vocabularium antiquo-theotiscum super S. scrip-/turam Keronis nostri/ in fine Pater noster ext symbolum/ apostolium in eadem idiomate./ Auf der anderen Seite des Pergamentblatts:/ [faks.J INCJPUNT closas ex vetere/tes tarnen to;;;;;;/Abrogans. dheomodi...." usw.: Schmeller gibt eine ganze Seit in faksimile wieder. Auf S. 170 steht oben die Bemerkung: "Die Glossen laufen so ohne allen Absatz in/ einem fort. Die Anfangsbuchstaben der meisten/ Wörter sind mit rother Farbe betupft, auf einigen Blättern mit rothen Punkten eingefaßt./ Es kommen allerley schwer zu entziffernde Verschlingungen/ der Buchstaben, und Abkürzungen vor, z.B."/ Dann folgen in zwei Spalten untereinander geschrieben die Auflösungen der Ligaturen von: ec/ en/ et/ ei/ nt/ ri/ lg. Ferner werden verkürzte Wörter aufgelöst: entes/ uenusta/ uerumtamen/ micat/. Zuletzt die Bemerkung: "r und s sind oft schwer zu unterscheiden."/ S.71 beginnt der Eintrag der Gli. innenbündig, während außenbündig Hinweise zu den Gli. und Anleitungen für das Verständnis der folgenden synoptischen Darstellung der Glossare gegeben werden. Solche wurden auch nachträglich in enger Schrift am oberen Blattrand über dem Titel eingefugt. Sie lauten: "NB.: r bedeutet Reichenauer (Carlsruh.) Cod. p. bedeutet Pariser Codex/ p.c.; r.c. Cod. Paris oder R. caret hac glossa./ p.s.; r.s. - similiter oder/ eadem habet glossas/ was sich übrigens auch/ da versteht, wo gar/ nicht beygeschrieben"/ Dann folgt: "Glossae Keronis/ quo-ad latinae, eadem ferme/ cum glossis Hrabani Mauri,/ quas confer.p.379 ff." [gemeint ist gl.a.379 ff., wo diese Gli. aus einem Wiener Cod. vermerkt sind] "Itae Keronis/ glossae distinguendae ab eis, quas Goldasti/ (rer.alam.) e Regula Benedicti digessit."/ [Übers.: Es folgen die Glossen des Keron, die, soweit sie das Latein betreffen, genauso sind wie die Glossen des Hrabanus Maurus, was verglichen werden kann. Folglich sind die Glossen des Kerons von denen zu unterscheiden, die GOLDAST (rer.alam.) aus der Benediktinerregel abteilt] Darunter ist in Klammern gesetzt: "(in demu haremees faterlih fater/ in quo clamans abba pater/ Kero Regula B. S.7)" Unter dem eingefügten Klammerzusatz fahrt der obige lateinische Text fort: "quasque Eccard Fr.or.II.326 monacho/ uuidum superiorum saeculorum male/ tribuit."/ [sinngem.: und die Eccard in Fr.or.II.326 dem Mönch der früheren Jahrhunderte (Kero) zu unrecht zugewiesen hat.] Darunter steht: "NB. rg^ bedeutet Reichenauer wie St.Galler/ rg. - Reichenauer wie Pariser"/ Darunter: "Das also Übergeschriebene, ohne/ daß das darunter stehende vertilgt/ sey, bedeutet immer die Lesart des/ Pariser Codex./ Siehe p.374." [gl.a.374: Gloss.Vindobon.(Hraban.Gll.)] "der lat. Text hie u. da/ daraus berichtigt"/ Auf der linken, innenbündigen Blatthälfte beginnen, wie schon erwähnt, die Gli. des Glossars aus Sangallensis 911. Darüber steht: "Codex S.Gallensis N°911/ m - 8 7 Incipiunt closas ex vetere/ testamento p. in [unleserl.] glosae ex novo/ et veteris testamenti, r. incipiunt
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Glosen[!] ex nou~ et vetr~.'V Dann folgen die GII. wobei die lat. Lemata mit ihren lat. Glossemen in Gruppen miteinander verbunden werden, z.B. die ersten beiden Gil.: abrogans | dheomodi. daneben: r. theomtil p. aotmot und darunter eingerückt: humilis, übergeschrieben: humiles p. | samfbnoati. daneben: p.c./ r. samftmotH usw. Wegen der Bedeutung dieses Glossars und weil sich hier Schmellers Arbeitsweise besonders deutlich zeigt, sollen die ersten Seiten aus gl.a. in faksimile dem Anhang beigegeben werden. Ein genauer Vergleich dieser Seiten mit dem Druck der StSG.I,S.2 ff.(I), der hier den Rahmen sprengen würde, ist dann jederzeit möglich. Als auffälligstes Merkmal eines ersten Vergleichs ist natürlich die gemeinsame synoptische Darstellungsweise zu nennen. Auch Graff hatte schon die Glossare aus der Pariser (P.a.) und aus der Reichenauer (R.a.) Hs. synoptisch abgedruckt (Diutiska 1,128 ff.). Die Herausgabe des St.Galler Glossars erwartete er damals von Füglistaller oder v. Arx (S. 124). Er wies schon wie Schmeller auf die verwandten Gl.Hrabani Mauri der Wiener Hss. und die Bruchstücke in den Münchner Hss. hin, die in StSG unter Nr.I in die Synopse von Pa., Gl.K. und Ra. miteinbezogen und dort insgesamt als "Hrabanisch-Keronische Sippe" bezeichnet sind (Diutiska 1,123). In der eben kurz angedeuteten Weise (deutlicher und ausführlicher auf dem Faksimile im Anhang) hat nun Schmeller die Gl.K. aus Sangallensis 911 in die außenbündigen Blatthälften eingetragen: Links das lateinische Lemma, rechts das unterstrichene deutsche Interpretament. Daneben oder darüber die Lesarten des Pariser und des Reichenauer Glossars. Das übrige erhellt aus seinen eigenen, oben angegebenen Bemerkungen. Auf der innenbündigen Blatthälfte ist in den meisten Fällen das lateinische Lemma mit seinen lat. Glossemen in der orthographischen Normalform wiederholt und häufig um weitere lat. Synonyme in der gleichen grammatischen Form ergänzt, z.B. gl.a. 172: Abluit/ emundat/ lavati | aruuaskit/ cachrenit (carenit)/ touuahit fduahit% daneben (innenb.) stehen: abluit lavit detersit u labat/ abluit expiât mundat purgat/. Die Pariser Lesart des dt. Interpretaments carenit weicht von der Form bei StSG.I.(Nr.I),S.4 übrigens ab, dort steht: careinit. Hier bietet sich ein weiterer Vergleich mit StSG.I.(Nr.I) an. Zunächst weist Studer auf diese zwei Fälle hin: "Selbst für die sonst mustergültig genauen Ahd.Gll. hat KÖGEL (LG:I:2,434/35) nachgewiesen, daß SIEVERS zwei deutsche Wörter (144.27 sculla = mhd. schülle, Knecht, Schelm; 233.36 Prodio, nach GRAFFS Ahd.Sprachsch.III,313 und nach Kögel I.e. = ordino, von prurten ordinare) unter die lat. reihte." (Vgl. STUDER 1952, 234). Schmeller weist in gl.a.324 prodio als deutsches Interpretament aus: ordino I endi prodio. Bei sculla ist er sich offenbar nicht sicher, denn er schreibt das Wort ungewöhnlicherweise versetzt in den Raum zwischen den lat. Lemata und den dt. Interpretamenten, ordnet es aber letzlich nach dem Codex dem
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Interpr. tripil zu: sculla | tripil r. sculta | trípili Im BWB wird unter den Lemmata Schalle und Schelm nicht avi sculla (gl.a.258) hingedeutet. Häufiger verweist Schmeller auf den innenb. Blatthälften auf Glossen aus der Benediktinerregel, z.B. gl.a. 172: opitolantem \ helflantem. darüber: helphantem, daneben: r. helfantan, daneben (innenb.): "cfr. Kero II 68.77"/. Ferner sind dort kodikologische Vermerke zu finden, z.B. gla.172: "im St.G. Codex/ haben die Anfangsbuchstaben eine Ver-/zierung von rothen Punkten"/. Oder neben Gl. Adversat \ cafrumit: "Hier fängt der R.Cod. an."/ In dieser Weise sind die drei genannten Abrogans-Glossare in gl.a. 167-372 zusammengefügt. Bei der genauen Durchsicht habe ich Bleistiftnotizen entdeckt, die nicht von Schmellers Hand herstammen. Eine davon scheint mir besonders interessant: Neben der Gl. speculatio \ anascauuunka (gl.a.352) findet sich eine schwer lesbare Notiz: "Das einzige Wortfrgt.,wo unsere/ 'Philologen' den Nagel auf den/ Kopf getroffen haben ...[unleserlich]" Die Schrift, eine geradestehende, etwas links geneigte Sütterlin stammt nicht von Schmeller, der eine mehr rechts geneigte Sütterlin mit kleineren und besser geformten Buchstaben schreibt. Auch der Schreibstil, der sich in diesen wenigen Worten zeigt, ist nicht Schmellers Stil. Es dürfte nicht sehr viele Philologen gegeben haben, die sich mit diesen Glossarien im einzelnen so genau befaßt haben, daß sie zu den Glossen passende Bemerkungen setzen konnten. Doch weitere Schlüsse aus dieser Sache zu ziehen, hieße das Wort speculatio noch mehr zu strapazieren. Auf Seite 372 heißt es: "finit closas." Darunter ist ein Verweis auf die Interlinearglossen (gl.i.619) gegeben, wo die Interlinearglossen aus einer anderen Schrift des Cod.Aug.CXI(185) eingetragen sind und nach hier zurückverwiesen wird. Rechts daneben findet sich ein eingehefteter Zettel mit einer anderen Schrift folgenden Inhalts: "Wenn dieser Sammlung [gemeint ist das Glossar aus Sangall.911] ein schon/ vorhandenes latein. Original zu Grunde / läge: so wäre es zu wünschen, solches nach-/ weisen zu können, da so oft die/ lateinischen Wörter hier durch den Schrei-/ber bis zum Unkenntlichen verderbt/ erscheinen.// Das [unleserl.] Werkchen, Ciceronis/ Synonyma, habe ich in obiger Abschrift ver-/glichen ohne eine bemerkbare Aehnlich-Aeit beiderseits zu finden; vielleicht/ sind auch die Synonyma Ciceronis von/ jüngerer Herkunft. Die Glossae Keronis/ (?) haben doch mehr den Charakter eines/ allgemeinen latein. Vocabulars - . "/ Schmeller setzt in latein. Schrift darunter: "cfr. p.376 Docen"/Die Notiz stammt also von Docen, der sich mit der Herkunft des Glossars beschäftigte und die Verfasserschaft von Kero, die sich aus verwirrenden Benennungen der Benediktinerregel (Sangall.916) durch Goldast und von Sangall.911 durch Kolb herleitete, bezweifelte.
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Die dargestellten Beispiele und die Beschreibung der Einträge in gl.a. 167-372 vermitteln ein Bild davon, wie intensiv sich Schmeller mit den AbrogansGlossaren beschäftigt hat. Seine Bemühungen gehen klar über die Verwendung der Gli. für sein BWB hinaus. Es ist schwer zu sagen, welche Erkenntnisse Graff von Schmeller und Docen über das St. Galler Glossar gewinnen konnte, als er sich, aus Paris kommend, vom Dezember 1825 bis zum I.4.1826 in München aufhielt (vgl.TB 1,552 und 11,6). In seiner Vorrede zum Reichenauer und Pariser Glossar (Diutiska 1,122) erwähnt er nur Lachmann, der ihm seine Abschrift des St.Galler Glossars mitgeteilt hatte. Bekanntlich hatte Schmeller die Abschrift Lachmanns im Sept. 1824, während eines gemeinsamen Aufenthaltes in der Stiftsbibliothek, kopiert und anschließend gemeinsam mit Lachmann noch einmal am Original verglichen (13.15.9.1824; TB 1,516). Diese Abschrift hat er während Graffs Aufenthalt in München mit dessen Pariser Abschrift verglichen und ergänzt (5.1.1826; TB II,2). Im übrigen scheint Graffs Auftauchen in München auch für Schmeller einen besseren und bequemeren Zugang zu den dortigen, glossierten Hss. gebracht zu haben. Schmeller notiert dazu im Tagebuch (24.1.1826): "Meister Docenius Osnabrugensis ist mit diesem Crapho Regiomontanus übel zufrieden, daß er ihm von den Codices mit deutschen Glossen, auf denen er bisher wie ein Lindwurm gelegen hatte, den einen nach dem andern zum Abschreiben abfordert. Ich, ich mache es dabey wie Fuggers Hund. " (TB 11,3) Sicher sind während dieser Zeit viele Informationen über die ahd. Glossen insgesamt ausgetauscht worden. In StSG.IV,459 ist bei der Beschreibung des Sangall.911 nur Lachmanns Abschrift auf der kgl.Bibliothek in Berlin und sein veröffentlichter Beitrag darüber (Specimina linguae francicae 1825) ausdrücklich erwähnt. Graff wird nur mit seiner Quellenangabe im Sprachschatz (Bd.l,XLIV) und Schmeller nur wie üblich unter den "Übersichten" zitiert. Sogar für spezielle forschungsgeschichtliche Darstellungen blieb daher Schmellers Beitrag zur Erforschimg der Abrogans-Gll. unbekannt. Das zeigt die überaus gründliche Darstellung Eduard Studers, dem dafür bedauerlicherweise - wie schon erwähnt - weder der Nachlaß Schmellers noch die Tagebücher zur Verfügung standen. Es heißt daher bei ihm, daß die wissenschaftliche Erforschung von Sangall.911 mit Füglistaller beginne und durch Graff, Hattemer, Steinmeyer, Sievers und Kögel wesentlich gefördert worden wäre. Gl.a.373-378: Auf den Seiten 374-377 ist das Liber synonymorum (Abavus maior) des Clm.14252 (Rat.St.Emm.C LXXI) genau beschrieben. Diese Beschreibung ist auch in StSG.IV,690, Tabelle 3 vermerkt. Worauf dort nicht hingewiesen wird, ist ein ausführlicherer Hinweis auf S.373.gl.a. Er nimmt Bezug auf ein scheinbar verschollenes Manuskript der Colbertschen Bibliothek zu Paris und bringt dieses Ms. in Veibindung mit Clm. 14252. Am inneren Rande von gl.a.373 ist außerdem längsseits vermerkt: "Cod.N°2326 der großen Pariser
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Bibliothek". Nun die Beschreibung des Ms. aus Colbert auf S.373: "Es wäre der Mühe wert, in der Colbert'schen/ Bibliothek zu Paris, wenn sie unter diesem oder irgend/ einem Namen noch besteht, das Ms.N°4859 nachzu-/sehen, welches außer dem zum Theil ins Althochdeutsche/ übersetzten Tractat des Isidor 'de naturitale &c. Christi'/ auf den 78 ersten, und einigen latein.theologischen/ Fragen u. Antworten auf den letzten 4 Blättern,/ auf den 6 mittlem Blättern enthält:// Synonyma quaedam latina alphabetico/ ordine a quaedam latina alphabetico/ ordine a quodam anonymo digesta (usque/ ad litteram C continuata).// Diese oder ähnliche Synonyma könnte unser im höchsten Grad/ unwissender u. seinen Text oft auf die lächerlichste/ Weise mißverstehender Glossator [wahrscheinl. des Münchner Bruckstücks, vgl. unten gl.a.375] vor Augen ge-/habt haben.// Das Latein scheint von einem der Mönche/ (einem französ. Italiener?)/ einem anderen dictiert, der immer nach/ seiner Auffassung ex tempore das Deutsche/ beysetzte."/ Zwischen diese Zeilen und daneben sind offensichtlich meherere Beispiele dafür geschrieben. Allerdings sind sie sehr klein und eng und mit schwachem Bleistift ausgeführt, so daß sie kaum zu entziffern sind. Diese Beispiele kommentiert Schmeller auf S.374 in einem Klammerzusatz so: "(mit ähnlicher Gelahrtheit gibt (bey Lye v.vesten) ein/ Angelsachse desertum durch festen feallap.)" Leider war nicht herauszufinden, woher Schmeller diese Informationen hatte. In Graffs Aufzeichnungen zu seiner Diutiska, die in München aufbewahrt sind (SCHMELLERIANA VIII,21), konnte ich nichts finden. Wie gesagt, erwähnen StSG. diese Beschreibung in gl.a.373 gar nicht, auch von den beiden erwähnten Pariser Hss. steht nichts in ihrem Handschriftenverzeichnis. Ob Steinmeyer diesen Hinweis Schmellers gekannt und vielleicht deshalb nicht erwähnt hatte (gl.a.373 ist in seiner Tabelle ausgelassen!), weil er die darin besagte Pariser Hs. auch nicht finden konnte, ist nach Lage der Dinge letztlich nicht zu entscheiden. S.374 beginnt Schmeller mit der Beschreibung des Münchner Liber synonymorum: "May 1826) In der Münchner Bibliothek steht unter/ den Codices aus StEmmeram ein Quartant,/ auf der Rückseite bezeichnet: Liber Svnonv/morum saec.VIII C. LXXI (foliorum 179)./ Er enthält in viel besserer, nemlich ziemlich genau/ alphabetischer Ordnung den ursprünglichen vollständigem/ bloß lateinischen Text dieser synonymischen/ Glossen. [Am unteren Blattrand stehend, als Fußnote hierzu]: Doch fehlen darin manche der hier vorkommenden/ Artikel, so wie er andererseits deren weit/ mehrere & correcter hat. Sondeibar ist der Artikel/ atque in orbem qua stipatus cogitur aer et/facit nubem nach attonitus u. vor/ atque untinum utinam magis.l manches fehlerhaft abgeschrieben: 312.310.309.323. 336.340.333.354.357./ [Ende der Fußnote] Er ist in zwey Spalten geschrieben./ Voran geht (von anderer Hand): De orthographia Terenten Scaurc. Dann einige theologische (antiarianische)/ Sentenzen mit einer Empfehlung der heil. Schrift, femer:
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INCIPIT PROLOGUS/ endlich: [faks. unleserl.]. In dieser [vermutl. 'Einleitung'] wird gesagt, daß mehrere Exemplare v. Glossen verglichen &/ das beste hier (pulchro contemptü) zusammengetragen worden."/ Dann wird der Beginn der GH. in faksimile mitgeteilt. Am Rande ist bemerkt: "Fol.7 [Codex]/ Auch unbiblisch./ cfr.p.343.329/ 344.348.353/ 366 [gl.a.]" Auf S.375 gl.a. sind innenbündig weitere Gli. aus dem Codex in normaler lateinischer Schrift mitgeteilt. Außenbündig ist folgendes vermerkt: "Dieses alte Vocabularium synonymicuml ist der Text zu dem entsprechenden/ deutsch glossierten/ a) St. Galler/ b) Reichenauer/ c) Pariser/ d) Wiener (vulgo Rhabanus)/ e) dem in Bechers [?] Händen/ gewesenen, nach p.310.319.350. v./ allen diesen verschiedenen/ Exemplar./ f) dem Münchner Bruchstück"/, gl.a.376-377 folgt eine Wiedergabe und kurze Kommentierung des Inhalts der Codexseiten fol. 173, 176,185 und 191. Auf Seite 378 sind zwei Gli. mit Herkunftsangabe eingeklebt. Dann folgt: gI.a.379-494 = StSG.Nrr. 578; 594; 298 = BV.Nrr. 895; 915; 442: Rechte, außenb. Blatthälfte(S.379): "Glossae Vindobonenses/ 'Congregationes verborum/ de novo et vetere testa-/mento'/ In nomine Dei summi/ incipiunt glossae/ HRAB:MAURI/ [Vor Beginn der Gli. steht zweispaltig, in lat.ahd. Text die Überschrift aus dem Wiener Codex Hist.prof.629: Incohant/ congregationes/ verborum/ex novo/ ex vetere/ testamento \ pikinnant/ samanunga/ uuorto/fona dera/niuuun/ anti deru altun/ eun.[?J] "/. Dann beginnen
die Gli. mit abrogans | sanflmoti usw. Auf der linken, innenb. Blatthälfte steht folgendes: "e codice caesareo/ antiquissimo/ Folium unicum alius cuiusdam/ earundem glossarum codicis/ extat/ in Bibliotheca monacensi ex Emmera-/mensi allatum. vide p.449 [gl.a.]// Confer glossas Sangallenses,/ Parisienses, Richenaugiensis/ p. 187 [gl.a.]/ Ante Eccardum harum/ glossarum specimen edi-/ derit cum notis suis/ Diecmannus:"/ Daneben am Rand steht: "Eccard/ Fr.or.II/ p.950"/ Darunter: "Vergi, das Bruchstück/ aus Wien Cod.652 [632] hist.prof./ in Graffs Diut.II 373-4./ daraus z.B.:/ abluit \ arduoog/ matura \ riijjìn/ armonia \ liudeon/ arua \ angar/ Collation in Diut.II
192 ff./ Schmeller benützte beim Eintrag des sogenannten Hrabanischen Glosars den Abdruck Eccards und Graffs Collation davon mit der Wiener Hs. Hist.prof.629 und Bruchstück aus Wien Cod.632 histprof. Darüber hinaus trägt er ein Bruchstück dieses Glossars ein, das er in einem Emmeramer Codex gefunden hat (vgl. gl.a.449). Die Gli. aus diesem Bruchstück setzt er in den innenbündigen Blatthälften den jeweils identischen Gli. aus den Wiener Hss. gegenüber (gl.a.449, 450, 451,456,457). Vor dem Beginn dieser Hinzufügung bemerkt er auf S.449: "Dem Münchner Codex E.52./ Pergam.m.4° (aus Emmeram)/ enthaltend ein altes lat.Lexikon/ u. die Libri Fabii Fulgentii ad/ caludium grammaticum, liegt ein früher daran genähtes, Per-/gamentblatt
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bey, welches folgen-/de in zwey Columnen geschriebene/ Glossen enthält:"89 Dann folgen die Einträge dieses Bruchstücks, die immer mit "Folium Emmeramense" überschrieben sind. In StSG.IV,505,Nr.298 ist das von Schmeller gefundene Bruchstück so beschrieben: "Cgm 5153, früher auf den deckein von Clm 14429 (Rat.SEmm.E LH), ein doppelbl. in octav, IX jhs., mit je zwei spalten zu 14 zeilen auf der seite: bruchstück des Hrabanischen glossars aus dem buchstaben I..." Schmeller ist nur wie üblich in den eckigen Klammern unter den "Übersichten" zitiert. Kein Wort davon, daß er das Bruchstück gefunden und dem Hrabanischen Glossar in seinen gl.a. eingefugt hat! gl.a.495 = StSG.Nr.600 = BV.Nr.926: Schmeller teilt hier die hrabanischen Gli. aus dem Wiener Cod.408 (Theol.460) mit, die im Auszug bei DENIS abgedruckt sind: "Gloss. Vindobonenses/ (alphabeticae) apud/ Denis Codd.Mss.Theol./ Tom I.col.158/ Seite 496/497 bleiben leer. gl.a.498-538 = StSG.Nrr.660; 296; 420 = BV.Nrr.1020; 440; 626: Schmeller hat hier das sogenannte Salomonische Glossar eingetragen. Auf S.499 steht außenbündig: Glossae Zwetlenses/ e/ Codice Ms.Zwetl./ editae in appendice/ ad Gerberti iter ale-/mannicum (1765)/ p.109 seqq./ Darunter sind die Gli. aus den beiden Salomonischen Glosssaren der Zwettler Hs.l (StSG.Nr.660) nach dem Abdruck Gerberts eingetragen. Auf der innenbündigen Spalte eine Beschreibung des Münchner Codex (Schäftlarn) Clm 17152 (StSG.Nr.420), mit dem Schmeller die Zwettler Gli. verglichen und ergänzt hat: "Glossae/ e codice monac./ membran. in folio/ majori:"/ Daneben der eingeklammerte Hinweis: "cfr. Gloss./ Prufining/ p.541 [gl.a.]"/ Dann weiter: "Incipiunt glose/ a Salomone Constantiensis/ ente epo ex diversis auctori-/bus collecte"/ Hier verweist Schmeller mit einem Auslassungszeichen auf S.498, auf der eine nähere Beschreibung des Codex und Erklärungen zu seiner Einfügung in die Zwettler Gli. in gl.a.499-538 gegeben werden: "Das Bild womit/ diese Hs. [Clm 17152] beginnt, stellt den/ Schreiber vor u. neben ihm/ Einen, der das Licht hält./ Die vor ihm aufgeschlagene/ Rolle enthält die Worte:/ Ego Uodalricus scribo hurte/ librum missa Domni et/ magistri mei hein ...II m.c. bedeutet daß dieser/ Münchner Cod. die deutsche/ Glosse nicht hat./ Ein Punkt bey einer d. Gl./ bedeutet, daß sie auch der / Münchner Cod. hat./ Das Übergeschriebene/ ist Lesart des Münch. Cod./ Das mit X bezeichnete/ steht im Münchner Codex als/ alphabetischer Nachtrag."/ Auf S.499 ist unter dem nach S.498 verweisenden Auslassimgszeichen nachträglich mit sehr kleiner Schrift eingesetzt worden: "Extat in bibliotheca Mon. etiam foli89
Neben dieser Bemerkung gibt Schmeller am Rand einen längsseits geschriebenen Hinweis auf gl.i.645, wo der Emmeramer Codex beschrieben ist und seine Interlineargli, eingetragen sind.
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um unicum/ membranae glossarli latini. Cum glossulis hic NB./insignitis."// Darunter folgen die meisten dieser Gli. Gemeint ist mit diesem Codex Cgm 187, eine Fragmentenmappe, die in StSG. unter Nr.296 beschrieben und dort auch richtig zu Schmellers gl.a.499538 zugeordnet wird. Dies ist ein deutlicher Hinweis darauf, wie genau Steinmeyer die Sammlungen Schmellers durchgearbeitet hat, denn dieser Zusammenhang ist nur durch eine sehr genaue Untersuchung der ziemlich unübersichtlichen Vermerke in gl.a.498/499 herauszufinden, zumal die im BWB abgedruckte Inhaltsangabe von gl.a. dieses Münchner Bruchstück noch gar nicht nennt. Dort heißt es nur: "Glossen aus Zwetl in Gerbert's iter alem.p.109, berichtigt und ergänzt nach einem Cod. (Udalrici), (saec.XLXII.)." Für die Zuordnung von gl.a.499-538, die Steinmeyer in seinen Ausführungen (IV, Nr.296) richtig vornimmt, muß er also die entsprechenden Einträge in gl.a. genau untersucht haben. Zur Beschreibung des Clm 17152 (Schäftlarn) geben StSG.Nr.420 übrigens die gleiche Textstelle wieder wie gl.a.498 (vgl.oben). gl.a.539-589 = StSG.Nr.374 = BV.Nr.558: Ab S.541 trägt Schmeller die Salomonischen GII. aus dem Prüfeninger Codex (Clm 13002) ein. Die Beschreibung auf SS.539/40 lautet (links, innenbündig.): "E Codice monacensi/ membran. in fol.maximo,/ a°.1158 a Bruuinin-/gensibus scripto,/ qui Glossarium etymologicum/ (Salomonis epsi Constantientis) con-/tinet./ ("? Mater verborum")"/ Darunter folgt eine urkundliche Aufzeichnung von 1158, daß ein WOLFGER und ein SWICHER unter dem Abt ERBO die Hs. fertiggestellt haben. Sie ist von S.539 (innen) bis S.540 (außen) wörtlich wiedergegeben. S.539 (außen) findet sich eine weitere Beschreibung der Hs.: "Nach verschiedenen Schilderungen auf den ersten Blättern [der Hs.] steht fol.5 ein Inven-/tar der Prüflinger Kirchenornamente,/ S.6 ein Catalog der Büchersammlung/ 'seors tarnen habemus psalterium/ quator editionum gallice, romane,/ hebrayice, grece. Ί cfr. M.B.XIII 134 ff."/ Über dieser Notiz steht rechts, neben der obigen Überschrift: "Kloster Prüfling bey/ Regensburg/ clm 13002"/ Ab Seite 541 bis 588 sind außenbündig die Gli. aus der Hs. eingetragen. Die Reihenfolge des Codex ist dabei eingehalten worden, d.h. die alphabetischen Nachträge zu einzelnen Buchstaben werden am Schluß, ab S.583 zusammen angehängt und nicht wie im Falle des Münchner Codex bei den Zwettler Glossen (gl.a.499-538) fortlaufend ins Glossar eingearbeitet. S.556 werden Hinweise auf schwer zu unterscheidende Buchstaben des Codex gegeben. Auf S. 582 hat Schmeller den Rest der Gli. aus dem salomonischen Glossar des Clm 17152, den er in die Zwettler Gli. nicht passend einfügen konnte, im Block nachgetragen. S.588 steht: "Schluß des Vokabulars"/ Darunter ist ein im Codex folgender lat. Text mit zwei dt.Glossen eingeschrieben und für diese Gli. ein Verweis auf
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gl.o.228 und 538 gegeben. Er gehört einem Verzeichnis über menschliche Glieder an. Dann folgen zwei sachlich geordnete griech.-lat. Glossare mit untergemischten Dialogen, was Schmeller S.589 so kommentiert: "Das erste Buch bis f.213 ist/ ein aiphabet. griech.-lat. Wörterverzeichnis./ Darauf folgt wieder ein Dialog. Dazu/ das 2. Buch bis 217 ein griech.-lat./ Namenciator. (f.214 unter Dearum/ nomina steht slithyathea Nixe).! Hierauf wieder ein Dialog."/ (vgl. die knappere Beschreibung in StSG.Nr.374). Dann gibt Schmeller noch einen Hinweis auf die folgenden, hauptsächlich zu den biblischen Büchern gehörigen Interlineargli, des Codex: "Fol.218 des Codex fangen die beinahe/ ganz mit den Mondseeischen übereinstim-/menden nur späteren Glossen/ in vetus et novum testamentum an."/ Darunter der Hinweis: "gl.interlin.p.211 p.219 +Explicunt glose veteris ac novi testamenti"/ Zu einzelnen Gli. sind häufig Querverweise auf andere Stellen in den Glossenbänden gegeben, wo sich dieselben Gli. ähnlich oder genauso befinden. Am häufigsten ist dabei natürlich auf die vorhergehenden Zwettler/Münchner (Schäftlarner) Salomon-Gll. verwiesen. Auf S.576/577 sind vom Lemma rancor bis sedacium die alphabetischen Nachträge des Schäftlarner Codex (Clm 17152) zu den Buchstaben r und s ergänzend innenbündig eingetragen. Diese Arbeitsweise ist für Steinmeyer sicher sehr förderlich gewesen, eines seiner wichtigsten Ordnungsprinzipien für seine Edition zu verwirklichen. Im Vorwort zu StSG.I,S.VIII heißt es dazu: "denn es lag mir daran, schon äußerlich der Überzeugung ausdruck zu geben, dass den einzelnen glossenhss. einer familie kein selbständiger wert innewohne, und vor der weiteren anwendung des bisher beliebten grundsatzes zu warnen [!], wonach die gleichen an der gleichen stelle in verschiedenen hss. widerkehrenden glossen als ebenso viele selbständige zeugen far die existenz des deutschen Wortes galten. " gl.a.591-596 = StSG.Nr.54 [?] = BV.Nr.296 [?]: Die Überschrift lautet: "Glossae Codicis Richenaugensis XCIX/ nunc Carolsruhensis 86/ p.99-104 nach Graffs/ Mitteilung"/ Die GH. sind außenbündig eingetragen. Am Anfang steht innenbündig die Bemerkung: "cfr. p.62 u. gl.i. p.837/ Scheint ein Auszug der Gloss.p.379 (Hrabani)"/ Wenn diese Bemerkung zutrifft, dann ist die Überschrift falsch; sie müßte dann die Wiener Hs(s). nennen. Auch StSG IV,690, Tabelle 3 hat sie nach der Überschrift dem Reichenauer Codex zugewiesen. Ein weiterer Eintrag am Schluß (S.596) deutet ebenfalls wieder auf den Reichenauer Codex hin: "cfr. gl.interlin.p.6097 Dort ist vermerkt: "cfr. gl.alphab./p.596/ worauf in jenem Codex/ diese Glossen vorkommen."/ Gemeint sind die interlinearen Bibelgll. aus dem Reichenauer Codex.
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gl.a.597-602 = StSG.Nr.506(bl.58a ff.) = BV.Nr.741: "Glossae Parisienes/ Cod. 2685 alphabeticae/ Darunter der Vermerk: "vid. gl.interlin./ p.949-954"/ Dort sind die Interlineargli, aus diesem Codex mit Angabe der Schriften, in denen sie stehen, nach Graffs Abschrift eingetragen. Dabei ist an Ort und Stelle auf einen wichtigen Zusammenhang zur Rezeption der gl.i. durch StSG. hinzuweisen. Aus derselben Quelle stammen die hier eingetragenen Gli. aus einem lat.-dt. Bibelglossar. Sie sind nicht in der Diutiska veröffentlicht worden. Schmeller hat sie aus Graffs Abschriften, die er ja - wie erwähnt - alle kopiert hatte, übertragen. Auch die Bemerkung in gl.a.600 bei Gl. pestilintes \ bistliendi deutet darauf hin: "bist oder bit undeutlich bey Graff."/ Die Seiten.603/604 bleiben leer. gl.a.605-611 = StSG.Nr.482 = BV.Nr.710: "Glossae/ a. P. Saniti (+ 1809) catalogo/ codicum mss. StEmmeramensum/ (tom.III.p.1805) inscriptae/ e duabus, quae impingendo/ alicui codici inservierant et/ in Bibliotheca/ Monacensi jam desiderantur membranis."/ Einige Querverweise auf ähnliche Gli. sind wieder interessant: gl.a.605: institium \ uuof, daneben: "cfr. 565 [gl.a]"/, dort: insticium \ sèri chalybs \ Krücke, daneben: "cfr. 288. 459 [gl.a.]"/ dort: 288: Kalyps \ Kruhke [daruntergeschr.Lesart aus Reichenau]: r. chruckicr, 459: Kalips \ chrucha/ Meines Wissens dürfte Schmeller der erste gewesen sein, der diese Glossenabschrift Sanftls genannt und abgeschrieben - aber eben nicht veröffentlicht - hat. Graff, der sie wohl entweder bei seinem Münchner Aufenthalt kopiert oder später von Schmeller erhalten hat, nennt sie als Belegquelle im Sprachschatz (Em.29). Es existieren also noch eine oder zwei Kopien von Sanftls Abschrift im Emmeramer Katolog. Dessen ungeachtet wird die Quelle, deren Herkunft Schmeller nach Sanftl mit eigenen lat. Worten angegeben hat (vgl.oben), in StSG.Nr.482 so beschrieben: "*Zwei den deckein einer SEmmeraner hs. aufgeklebt gewesene bruchstücke eines alphabetischen lat.deutschen glossars saec.IX, nur erhalten durch Coloman Sanftls abschritt in dessen katalog der SEmmeramer hss. III, 1805 f vom j. 1809 mit der angabe Fragmenta duo glossarli latino-theotisci. seculi IX. haec erui ex quodam codice cui ligando adhibitafuerunt:..." gl.a.613-614 = StSG.Nr.389 = BV.Nr.586: "Glossae e Cod. Monac.E.52 [Clm 14429]/ (De libro IUI fabii fulgentii plannadis ad caludium gram-/maticum)/ v. gl.interl.p.645'7 Links daneben die Bemerkimg: "Die mit X bezeichneten d. Glossen/ sind im Kontext hinzugeschrieben, die/ übrigen stehen über den latein. Wörtern."/ Der Hinweis auf gl.i.645 scheint irrtümlich für 659 zu sein, denn dort erst werden die Interlineargli. aus diesem Codex wiedergegeben. Das lat. Salomonische Glossar aus diesem Codex hat Schmeller in gl.a.449 bei der ersten Beschreibung dieser Hs.genannt, hier trägt er außenbündig die wenigen dt. Glossen zu einem drei-
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spaltigen alphabetischen Glossar (222a-226b, vgl. StSG.IV,540) aus dem Codex ein. gl.a.615-633 = StSG.Nr.18 = BV.Nr.53: "(Berlin Lat.8° 93) Glossae Mone"/ darunter links: "Auf einer Seite steht: Est sancii Emerami. "/ rechts (außenbündig): "Glossae aus einem kleinen Pergament-/codex (Herrn Prof. Mone in Heidelberg gehörig) in 8°, welcher/ 2 Vocabularia, eine Belehrung,/ was an jedem Tage des Monats und/ in jeder Constellation desselben gut/ vorzunehmen ist, dann einige medizinische Rezepte enthält. Das erste/ Vocabular, das nur bis milus P. geht, enthält unter den lateinischen/ Erklärungen auch folgende deutsche./ Nach Graffs Mittheilung."/ Dann ist das Vokabular, beginnend xm\. Arabo \ pfant usw. außenbündig eingetragen. Die Seiten 634-640 gl.a. sind leer. Ab S. 641 beginnt der zweite Band der gl.a. (Schmelleriana VIH. Lb.). gl.a.641-691 = StSG.Nrr.313; 316; 419; 421 = BV.Nrr.461; 464; 625; 627: "Glossen (seltenere),/ die in/ den Münchner Codd. 1) Heinrici Summarium/ [Clm 2612 ] u. zwar lib.XI deinterpretatione quorundam/ verborum saepius praetermissorum/ (cfr. Gl. onom.p.19)"/ Von dort ist wieder zurückverwiesen. 2) N°1231 - m 8° aus Aspach./ vorkommen./ cod.Asp. 15" Von anderer Hand ist nachgetragen: "clm.3215" "3) Dieselben Glossen hat ein 3ter/ Münchner Cod. m breit 8° [Clm 17151 ] 4) und ein folio Codex/ aus Scheftlarn [Clm. 171531" Dann folgt die Bemerkimg:. "3 fangt an: Incipiuntglose/super alphabetum./Adam terrenus etc."/ Darauf folgt das Vokabular, das aus den 4 Glossaren in den oben genannten Codices zusammengestellt ist, wobei die deutschen Interpretamente mit den Ordnungszahlen (1),2),3),4) ) der erwähnten Hss. bezeichnet sind. Links steht nach den ersten vier Gli.: "Von hier an sind/ die minder/ ungewöhnlichen/ weggelassen"/. Es handelt sich also um eine Zusammenstellung weniger bekannter Gli. aus den aiphabet. Glossaren der vier Codices. Am Schluß (S.691) steht: "Explicit liber Heinrici Summarii./ Noch folgt im Codex ein kleines/ aiphabet. Glossar v. Pflanzennamen, welches/ man sehe in gl.onomast./ p.10."/. Seite 692-696 gl.a. ist leer. gl.a.697-739 (nicht in StSG. aufgenommen): "Vocabularius 1419/ Cod.m 4° min.chartac./ (aus St.Ulrich in Augsb.)/ folionun 168"/Darunter von anderer Hand: "jetzt Cgm.6747. Darunter schreibt Schmeller mit roter Tinte: "Der Schreiber versüßt sich oft/ seine Arbeit durch/ eine Apostrophe an seine / liebe mätz." Die entsprechenden Stellen im Glossar wurden ebenfalls mit roter Tinte markiert. Auf der rechten außenbündigen Blatthälfte (S.697) sind Überschrift und Einleitung des Schreibers z.T. in
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faksimile wiedergegeben: "Vokabularius scriptus/ durch Petry Smidhawser/ canonicum i. Undensdorff i~/ vig~ undecim milium vi~ge/ [Kürzel in faks.] Anno D. 1419/ piz grüzzt mäczl/ Ex quo vocabularii/ autentici videlicet Hugwicio/ Katholicon p~silogus papias/ alique codices in ..."/ Dann folgt außenbündig eingetragen das Vokabular, das in StSG. keine Aufnahme fand weil es zu jungen Datums ist. Das gilt auch für das folgende. gl.a.740-798 (nicht in StSG): "Vocabularius v. 1429/ Vocabularius/ fundamentarius/ Joannis plebani/ ex rectoris in Gabiingen/ (Grafsch. Burgau) 1429/ Cod.monac.chartac./ 339 foliorum'V Dann folgt außenbündig das Glossarium. Beim Stichwort Nappa \ napf eine kodikologische Bemerkung: "Von hier (f.268) an ein Codex/ schlechterer ungeübterer/ Hand, magrerer Text."/ Aus den Schlußworten des Vocabulars, die Schmeller wiedergibt, geht hervor, daß es von Johannes Dyemer verfaßt wurde. Zuletzt das Eintragedatum (798): 9.Aug. 1826. Seite 798/99 leer. gl.a.801-829 (nicht in StSG.): "Vocabularius Florianense/ saec. XIV/ von Kurz als Auszug eingerückt in das / Anzeigenblatt zu den / Wiener Jahrbüch.d.Litt./ Band XLI (v. 1828) p. 16-23/ (cfr. gl.i.1199)". rechts: "Niederdeutschlnd."/ Es folgen die Gli. außenbündig mit Querverweisen auf ähnliche Gli. in den Glossenbänden, dabei unter gl.i. 1181 der Verweis auf die Collation der Gil. in Graff, Diutiska III. 195 ff. Am Ende (S.829) das Eintragsdatum: lt Juni 1828. gl.a.830-845 (nicht in StSG.): "Auszug aus einem/ lat-niederdeutschen/ Wörterbuch des 13.Jh./ aus dem Berner/ Pergam.Cod.641/ in/ Graffs Diutiska II.195/-230.7 Eintragdatum: 31.Dez. 1828 gl.a.846-850 = StSG.Nr.137 = BV.Nr.151: "Glossen/ aus Florenz bey Graff/ Diutiska II 231./ Die merkwürdigem: 3 lt.Xber 1828"/ Daneben: "cfr. gl.a.S./ 27 ff. 641 ff." Dann folgen die Gli., S. 850 ein Hinweis auf gl.i. 1200, wo die Interlineargli. (Isidor, Priscian usw.) eingetragen sind (am selben Tag). gl.a.851-1054: Die Seiten 851-856 sind leer. S. 856-1054 hat Schmeller Auszüge aus Glossenmaterial von gl.a. in der alphabetisch-etymologischen Anordnung des BWB zusammengestellt, was ihm zugleich als Vorarbeit zu seinem hs. ahd. Glossar gedient zu haben scheint.
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gha. 1055-1066: Hier hat Schmeller eine Anzahl von Gli. aus den Junischen Glossenhss. zusammengestellt, die er so beschreibt: "Ex glossis mss. Franci Junii/ loca in ejasdem glossario/ gothico laudata./ gloss. A/ Β/ C/ D/ E/ F [diese Siglen sind hinter den einzelnen Gli. vermerkt]/ ex codd. Mss. bibliothecae/ Vossianae collegerat/ et cum annotationibus/ suis prelo praeperaverat/ Fr.Junius F.F. at prius vitâ decessit./ gl.G extant in Goldasto/ gl.H - dito - / gl.K. - dito - / gl.J extant in Gemma/ gemmarum Snollis edita/ nec Petrum O.s de Breda./ gl.L ex perantiqua psalmorum/ versione theot. collectae/ a. J. Lipsio/ gl.M ex theotisca herbarum/ nomenclatura Ms. vossian./ Gl.N ex Egenhardo de vita Caroli M."/ Auf S. 1056, wo die Glosseneinträge beginnen, ist übergeschrieben: "Junii gl. Gotte, edit v. 1665"/. Damit enden die Glossarla vetera alphabetica.
3.1.4. Glossarla vetera onomastica (gl.o.) gl.o.1-7 = StSG.Nr.299 = BV.Nr.443: Seite 1-3 ist leer. S.4: "Glossae Benidictoburanae [Clm 5248]/ apud Meichelbeck/ Hist.Fris.Tom.il p.XIV'7. Dann folgen die wenigen Gli. (Gerätschafts- und Tiernamen) nach dem Abdruck Meichelbecks. Merkwürdig ist dabei, daß Schmeller die Gli. aus der Hs., einem Münchner Bruchstück, nicht eingearbeitet hat. Daß er es gekannt hat, geht aus StSG.Nr.299 hervor. Dort heißt es: "dass das für verloren angesehene Bruchstück nach München gekommen sein müsse, ergab J A Schindlers citat BWB l,2.Aufl.441 'Parbredum, barefed', gl. in fragm.Monac." Die eingetragenen Gli. nach Meichelbeck lassen keine Bearbeitung oder Ergänzung durch das Bruchstück erkennen. Erkennbar wird hier aber, daß StSG alles, was von Schmeller gedruckt ist, sorgfaltig zitiert. Wie sich schon einigemale gezeigt hat, ist das bei seinem ungedruckten Nachlaß viel weniger genau geschehen. gl.o. 10-167 = StSG.Nrr.573; 313; 35 = BV.Nrr.887; 461; 68: Die vorhergehenden Seiten 8-9 gl.o. sind leer, S.10: "Glossae Blasianae/ ex Codice/ San.Blas. nunc/ Vindobon. saec.XI aut XII [Wien 9 u. 10]/ Nomenclatio herbarum/ & aliarum rerum ad/ rem medicam spectan-/tium. Alia manu glossae/ gerum. adjectae sunt."/ Darunter (außenb.) folgt das Sachglosssar in aiphabet. Ordnung. Innenbündig steht oben: "Nomina herbarum/ e Codice Monacensi 345./ (summarium Henrici)/ vide p.20/ [vide] gl.alphab.p.691'7: Bis gl.a.691 sind die aiphabet. Gli. des Codex eingetragen. Auf gl.o.20 steht die vollständige Bezeichnung der Hs.: "Glossae in Heinrici/ Summarium/ Cod.Monacens.mem-/bran.N°345 foliorum/ XCIV saec.XII-XIII [heute Clm.2612], Hier durch H. bezeichnet./ (Die selteneren &/ abweichenden/ Lesarten nebenbei u./ übergeschrieben.)"/. Daneben ein Verweis auf S.19, dort
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steht: "Die onomastische Ordnung des Münchner Cod. ist von der des/ St.Blas. ganz verschieden & folgende:"/. Darunter ist über die ganze Seite hinweg eine Einteilung des Sachglossars aus dem Münchner Codex gegeben. Neben der Titelangabe des Münchner Codex (S.20) findet sich ein Verweis auf gl.i. 1021, wo die Interlineargli, des Codex eingetragen sind. Die Gli. aus dem Kräuterglossar der Hs. St. Blasius (Wien) sind außenbündig nach GERBERT, ITER ALEM. appendix eingetragen, wobei die Paginierung Gerberts am Rande mitläuft. Ungewöhnlich ist, daß Schmeller die Quelle nicht ausdrücklich in der Überschrift angibt, wohl aber die Seitennumerierung der Quelle. Wahrscheinlich hat er es übersehen. In der Inhaltsübersicht der gl.o. in BWB Ι,ΧΙ hat er Gerbert neben dem Münchner Codex angegeben. Innenbündig sind die Gli. aus Clm.2612 nach Schmellers obiger Beschreibung ergänzend eingefügt. Von S. 10-18 ist das Kräuterverzeichnis aus der St.Blasianer Hs.(Wien 9 u. 10) nach Gerbert eingetragen. Von S. 19/20 an, wo der Münchner Codex noch einmal genau beschrieben ist, folgen außenbündig die sachlich geordneten Gli. aus einer verschollenen St.Blasianer Hs. von Heinrici Summarium nach Gerberts Abdruck, innenbündig sind in oben beschriebener Weise die entsprechenden Gli. aus dem Münchner "Heinrici" eingetragen, z.B.: gl.o.20: primogénitos \ ersborner, darübergeschrieben aus H.: erista', gl.o.23: gener | eidem, danebengeschrieben: "H. hat statt eidem Dohterman". Ab S.154 werden zu den Themen De armis und De partibus navium einzelnen Gli. wiederholt GH. aus Cgm.572, einer Augsburger Herzog-ErnstHs. aus dem 15.Jahrundert gegenübergestellt, z.B. H.: fagidilus \ svertveszil cgm.572: fagidulis \ swertfezil. Eine Beschreibung der Musen aus der griechischen Mythologie und eine Zusammenstellung der Tugenden einzelner Völkerstämme (De vitiis gentium) in lat. Sprache, die auch bei Gerbert gedruckt sind, gibt Schmeller am Schluß der Glossare (S. 166-67) wieder. Eintragsdatum am Ende: 19.9.1825. gl.o.168-175 = StSG.Nrr.115; 144; 307; 330; 554; 560 = BV.Nr.124; 160; 454; 491; 853; 863: Schmeller trägt außenbündig die von ihm betitelten "Glossae Einsidelenses" nach dem Abdruck des Einsiedler Codex 239 in Gerberts Iter alem. ein und gibt die Seitenzahlen bei Gerbert fortlaufend an. Es handelt sich um die Versus de volucribus. bestiis. arboribus (vgl.StSG.Nr.115) mit deutschen Interlineargli. Auf den innenbündigen Spalten stellt er die Lesarten aus fünf weiteren Hss. gegenüber, welche die gleichen Schriften mit dt. Gli. besitzen. Mit äußerster Sorgfalt wird jede Lesart mit der Nummer ihrer Herkunftshandschrift bezeichnet. Auf S.168 steht außenbündig der Titel des Einsiedler Codex, innen listet er die fünf anderen Hss. mit genauerer Bezeichnung auf und numeriert sie durchgehend; außen: "Glossae Einsidelenses/ ad/ Calcem Cod.Eins. saec.XII/ Frouuini abbatis de/ libero arbitrio scrip-/tae et in appendice/ ad Gerberti Iter ale-/mannicum p.136 editae"/; innen: "1) Codex monac. in 8° lat.614 [Clm.614], [daneben:] cfr.p.458/ 2) Cod.monac. (Benedictobur.)
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in 4° [Clm.4660]/ 3) Codex A 157. membr. m 8 7 Bibliothecae S.Johannis Argen/toratentis/ eadem exsubetit [Straßburg ehem.Unibibl.A 157 der ehem.Johannitertbibl.]/ 4) Cod. versus Stuttgard [ Stuttgart Theol. et phil. fol.218; daneben:] ν p.430 [gl.o.]/ vide gl.i.p.527. 1164 [wo die anderen Gli. aus dem Codex eingetragen sind]/ 5) Cod. Francoftirt 2 Pergamentbl.[Frankf.Stadtbibl.unsign.] im Archiv v. Archivar/ Dr.Böhmer an Maßmann/ mitgetheilt/ [späterer Zusatz:] Haupt Zeitschr. v.360"/. Bei Hs. 2) handelt es sich um den Codex der Carmina Burana. In StSG.Nr.330 wird daher Schmeller nicht nur in seinen eckigen Klammern erwähnt, sondern ausführlich nach seiner Edition von 1847 zitiert. Das kann als ein weiterer Hinweis darauf gelten, daß Gedrucktem beim Zitieren in StSG ein höherer Stellenwert zukommt als handschriftlich Nachgelassenem. Im Zusammenhang mit Hs. 3) ist ein ebenfalls eindeutiger Hinweis auf den Gebrauch von Schmellers Glossensammlung durch Steinmeyer gegeben. Er bemerkt in StSG.Nr.554 über die nicht mehr erreichbare Hs.: "abdruck von W Wackernagel Altdt.bll.l (1836) 348-352. seine Originalabschrift auf der Basler bibliothek verglich für mich an den von Schmeller abweichenden stellen dr. G Binz." Steinmeyer hatte also den Abdruck Wackernagels und Schmellers Eintrag in Gl.o. 168-175 miteinander verglichen und ließ nun die Abweichungen an der Abschrift Wackernagels überprüfen. Schmellers Glossenbände waren scheinbar für seine Arbeit eine Art Vergleichsbasis gewesen. Besonders wertvoll war dies natürlich im Falle von verschollenen Originalen, aber auch bei der Arbeit mit den Münchner Hss. dürften sie wertvolle Unterstützung bedeutet haben. Noch einige Beispiele für die Art der Synopse beim Eintrag der Gli. gl.o. 168: Als Basiseintrag (außen) die Gli. nach Gerbert: aecipiter \ habich\ rechts daneben: 5.habeh\ innenb.: 2.3. idem 1) habech, d.h. Hss.2) und 3) lesen wie Cod.Eins.(nach Gerbert), 1) und 5) weichen ab wie gezeigt. Dann: capus [übergeschrieben:] capur 4 | falcho daneben: 4. falch und innenbündig: 3) idem 1) valch. gl.o.176-182 = StSG.Nrr.408; 403 = BV.Nr.611; 604: "Glossae Emmeramenses/ (Nomenclatoriae)/ Pez.thes.anecd.nov./ T.l.column. 414 [Clm.14747]/ [späterer Eintrag:] cod. nunc monacensis m 8 7 membran.B 1"/. Nach dem Abdruck von Pez.Thes. des Clm 14747 sind die lat.-dt. Kräuter- und Tiernamen außenb. mit Paginierung nach Pez eingetragen. Beim späteren Ordnen der Münchner Hss. stößt er auf die gleichen Gli. in dem oben nachgetragenen Emmeramer Codex (membran.B. 1) Hermann! Contracti (Clm. 14689). Er vergleicht sie mit den nach Pez eingetragenen und schreibt sie innenbündig dazu - eine Arbeit, die er in der Regel bei ähnlichen Fällen gemacht hat. S. 183-185 gl.o. leer.
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gl.o.186-194 = StSG.Nr.79 = BV.Nr.337: "Glossae Casselanae/ Glossarium romano-/ theotiscum ex codice/ sec. octavi, qui olim/ monaster» Fuldensis fuit/ nunc vero in Bibliotheca/ HassoCasselana asservatur. Editum in Eccardi/ Franc.orient.Tom.I f.853"/ Schindler hat die Gil. nach Eccard übertragen, dessen laufende Seitennummern er am Rand mitführt. Später hat er sie mit Graffs Abschrift aus dem Codex verglichen und trägt die abweichenden Lesarten Graffs ein, die er manchmal auch kommentiert: über die Gl. birle \ pheral, darübergeschrieben: "bisle | phesal Graff' stellt er vergleichende Betrachtungen an, indem er fünf ähnliche Wortbeispiele mit Kontext aus anderen Werken angibt. S.187: "calcemel kann, nach Graff, auch calamel gelesen werden." S.195 die durchgestrichene Überschrift: "Glossae Ebnerianae" (nach Eccard). gl.o.196-204 = StSG.Nr.221 = BV.Nr.254: "Glossae/ ex Cod.Sangall.913 (m duodecimo) script anglosax./ saec.VIII vel VII./_In vetere catalogo libellus hic ex S.Gallo/ scriptus dicitur.'V Fol. 181 des Codex, wo der Vocabularius S Galli beginnt, gibt Schmeller faksimile wieder. Er hat wahrscheinlich den Codex bei einem seiner Besuche in St. Gallen duchgesehen und die Gli. kopiert. In StSG.Nr.221 ist nur die Abschrift Lachmanns ausdrücklich erwähnt, Schmeller wie üblich zitiert. Am Schluß des Vokabulars bemerkt Schmeller (gl.o.203): "Die letzten Seiten [der Hs.] 203-204. 205-206 unlesbar." Er hat die Glossen dennoch so übertragen, wie er sie lesen konnte, und setzt dahinter meist ein Fragezeichen. Interessant wäre es, zu untersuchen, ob Schmellers vorgeschlagene Lesarten in Hennings detaillierten Mitteilungen (StSG.IV,461) auch in Betracht gezogen wurden. Auf S.204 (gl.o.) gibt er ags. Tiernamen wieder, die sich auf S.139 ff. des Codex im Buch Leviticus finden. Auch in StSG.Nr.221 sind diese Tiernamen abgedruckt. Dazu bemerkt Steinmeyer folgendes: "die tiernamen s.139 ff aus Leviticus c. 11, welche zwar, weil ags., in unsere Sammlung nicht gehören, aber zur erläuterung der nrn XXXIX f f dienen und seitens der herausgeber ags. gli. unbeachtet blieben - nur Kluge Ags. lesebuch 9 f macht eine rühmliche ausnahme -, drucke ich hier nochmals vollständig ab; dabei löse ich die abbreviaturen auf (reproduction von Graffs copie mit sämmtlichen abkürzungen bei JCHBüchler Vocabularius SGalli (1869) s.10 f), setze die einzelnen gli. ab wie Hattemer (1,10), aber richtiger, und notiere endlich die Zeilenschlüsse des codex, die lat. erklärungen selbst kehren großenteils wider in den bei Arevalus Isidor 7,413 f herausgegebenen bibelgll. sowie in den glossaren Ib. Rd. und Ja. 162d. 163ab. "
Von den aufgezählten Leistungen im obigen Zitat hatte Schmeller ebenfalls schon einige erbracht: Er hat die Abbreviaturen (bis auf zwei selbstverständliche) aufgelöst, die einzelnen Gli. durch Unterstreichung abgesetzt bzw. aus dem Kontext geholt und hat schließlich auf Bibelgll. in der Pariser Hs.2685
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hingewiesen, wo sich lateinische Erklärungen zu den Tiernamen finden (gl.i.950). Das wäre neben den im Zitat genannten Veröffentlichungen sicher auch erwähnenswert gewesen, hatte aber nicht den Vorzug veröffentlicht zu sein. Auf S. 205 gl.o. steht: "Alia vocabularia Vetera theotisca/ seu glossae extant in Codic. S.Gallensibus: N°193 saec.VIII vide p.206 [gl.o., wo eine Seite mitgeteilt wird]/184 saec.IX vide p.434/ 242 [saec.IX] vide p.445/ 397 [saec.IX]"/. Auf S.206 gl.o. ist vermerkt: "ad gl.interlin./ Cod.S.Gall. 193 4° Homilie S. Caesarei/ Von Prof Maßmann/ copiert 7ber 1830"/. Schmeller teilt 42 Gli. aus dem Codex nach Maßmanns Kopie mit und fügt 2 Gli. aus Cod.S.Gall.393 Ekkehardi carmina hinzu. S. 207 gl.o. ist leer. gl.o.208-210 = StSG.Nr.629 = BV.Nr.959: "Glossae e Codice Guelferbvt./ Ms.Aug. 4/ (Pompeius Festus de/ verb, significatione/ etc.)/ [links innen:] mitgeteilt v. Maßmann 1826/ 431 [gl.o.] Lachmann"/. Schmeller trägt im folgenden die Wolfenbüttler Gli. nach der oben genannten Abschrift Maßmanns ein. Maßmann hatte die GH. 1827 in den Heidelberger Jahrbüchern, S.1087 (nach StSG.Nr.629) veröffentlicht. Auf S.431-433(gl.o.) sind dieselben Gli. nach einer Abschrift von Lachmann (in StSG.Nr.629 nicht erwähnt) eingeschrieben. Von dort ist hierher rückverwiesen. Schmeller hat beide Abschriften miteinander abgeglichen und die abweichenden Lesarten festgehalten. S.211-223 gl.o. leer. gl.o.224-225 = StSG.Nr.430 = BV.Nr.638: "Glossae Gothahelmi Cellarii/ Tegernseensis./ Codice monacensi [Clm 18181]/ (Zeitschrift für Baiern und/ die angrenzenden Länder/ Jhrg.1817 l.B. p.1257. Dem Eintrag in gl.o.224 liegt Docens Beschreibung und Abdruck der Gli. in der im Titel zitierten Zeitschrift (1817) bei (Zeitungsausschnitt, verfaßt im November 1816). Wie dort aus einer Bemerkung hervorgeht, nimmt Docen bereits Bezug auf Schmellers beginnende Wörteibucharbeit. Es heißt dort: "Die deutschen Benennungen, die im Original durch Gotahelm selbst überall ober den lateinischen geschrieben sind, erwarten ihre nähere Benützung von dem Verfertiger eines Handwörterbuches der ältesten deutschen Sprache [Graff?] von 800 bis etwa 1150"; dazu ist eine Fußnote beigefügt, in der steht: "So wie Herr Schmeller hier vermuthlich einige Belege für noch gangbare Provinzial-Benennungen im südlichen Baiern antreffen wird." Schmellers Eintragungen in gl.o. stützen sich auf die Hs. selbst, an der Docens Abdruck verglichen wird, wie eine Notiz neben dem Titel in gl.o.224 sagt: "Einiges noch/ nach Ztschr. zu ergänzen"/. Der Hinweis Docens auf Schmellers Arbeit zeigt deutlich, daß die Verbindung von lebender Mundart
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und ältester (monumentaler) Sprachstufe schon 1816 in die Konzeption eines historischen Wörterbuchs mit eingegangen war! S.226 gl.o. ist leer. gl.o.227-237 = StSG.Nrr.403; 409; verlorener Teil von 218; 147 = Bv.Nrr.604; 612; v.T.v.251; 167: Unter dem Titel "Gloss. Hrabani Mauri apud Goldast" sind die GH. von S.228-235 eingetragen. Über den außenbündig eingetragenen Gli. nach Goldasts Abdruck steht: "Hrabani Mauri/ abbatus Fuldensis/ glossae latinobarbaricae/ de partibus humani/ corporis./ Walafridus Strabus Mauri/ discipulus"/. Innenbündig, daneben: "in Goldasti rer./ alamann. script./ de 1606 Tom.II p.89"/. Darunter: "Cod. monac. (Emmeram.)/ b.8. in 47/ Cod.monac. Her(manni Contracti)"/. Daneben sind Vermerke auf gl.a.588 und gl.o.414 gegeben, wo alphabetisch bzw. andere sachlich geordnete Gli. stehen. Schmeller trägt die Glossen aus Goldast rer.aleman. mit Angabe der dortigen Paginierung außenbündig ein. Es handelt sich dabei um die Gli. aus dem verlorenen Teil des Codex Sangall.899 (vgl.StSG.IV,690 Tab.3). Der restliche Teil des Codex ist unter StSG.Nr.218 genauer beschrieben, wobei auf die Unvollständigkeit der Hs. hingewiesen wird. Die Andeutung von StSG.IV,690 Tab.3, daß die bei Goldast abgedruckten Sachgll. aus dem verlorenen Teil der Hs. stammen, ist hier nicht mehr mit einbezogen worden, auch der übliche Hinweis auf Schmellers "Übersicht" fehlt hier. Beim Eintrag der Gli. in gl.o.228-235 setzt Schmeller die Lesarten der neben dem Titel notierten Münchner Codices (Cod.monac.Emm.b.8.= Clm. 14754; Cod.monac. Herm.Contr.= Clm. 14689) ein und bezeichnet sie jeweils mit den Kürzeln B.8 und H. Über den Titelangaben auf S.228 hat Schmeller, kleiner und eng geschrieben, nach 1842 eingefugt: "In einem Schulprüfungsprogramm des Gymnasiums zu Fulda v. 1842 gibt der Direktor/ desselben, Ernst Dronke. diese Glossen aus dem dortigen aus Weingarten stammenden/ Cod.miscell. nr.182.4 C.21 auf Perg. u. fol. sec.XV Β1.960.970.·7. In StSG.Nr.147, wo dieser Codex sehr ausführlich beschrieben ist, stehen im Literaturanhang nur die oben bei Schmeller genannte Veröffentlichung Dronkes im "Fuldaer Gymnasialprogramm" und der eingeklammerte Hinweis auf Schmellers "Übersicht". gl.o.236-237 = StSG.Nr.428; verlorene Hs. bei Goldast= BV.Nr.634: "Nomina mensium/ secundum Todiscam/ (Goldast rer.alem. script, ν. 1606/ Tom.II.p.90)7. Schmeller teilt 24 Gli. aus Goldast (p.91/92) mit. Es handelt sich um Monatsnamen und um die Bezeichnungen verschiedener Winde. Zum Vergleich wird auf das in gl.o. stehende Glossar aus St.Blasien und auf die ebenfalls in gl.o. eingetragenen "Glossae Herradinae" verwiesen, wo sich auch Bezeichnungen für die Winde finden. Nach Mitteilung in StSG.IV,690 Tab.3 ist die Goldast zugrunde gelegene Hs. verloren. Nach dem Eintrag der Goldast-Gll. verweist Schmeller auf den "Tegernseer Vergil" (Clm. 18059): "Auf dem ersten Blatt des/ Münchner, ehm. Tegernseer Ser-/vius d Virgilium
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und Virgil/ (fol.majori) stehen die Winde/ folgender Maßen dargestellt:"/. Darunter zeichnet er die Windtafel aus dem Codex ein. Daneben findet sich ein Verweis auf gl.i.1105, wo die Vergilgll. eingetragen sind. Die Seiten 238/239 gl.o. sind leer. gl.o.240-283 = StSG.Nr.557 = BV.Nr.857: Außenbündig steht: "Glossae Herradine/ e/ Herradis abbatissae Hohenburgensis (+ 1195)/ Horto deliciarum excerptae a/ Chr.Mauritio Engelhard (Herrad von/ Landsperg bey Cotta 1818 p.178 ff.)"/. Innenbündig daneben: "Corrigiert nach Graffs Collation mit dem/ Original Codex/ Diut.III"/. Schmeller hat die Gli. aus Herrad außenbündig mit Herrads Paginierung eingetragen. Innenbündig setzt er die Ergänzungen Graffs dazu, über die an den entsprechenden Stellen durchgestrichenen Buchstaben schreibt er die Lesart von Graff, z.B. bei purpuras ist -us durchgestrichen und -am übergeschrieben. Am Ende des Eintrags steht das Datum der Grafischen Nachträge: 13.11.1825. S.285-287 gl.o. leer. Die Hs. aus der ehemaligen Straßburger Universitätsbibliothek, die Graff noch gesehen hatte, war für Steinmeyer nicht mehr verfugbar. Er benutzte wie Schmeller neben der gedruckten Ausgabe von Herrad (1818) Graffs Ausgabe seiner Collation in Diut.III (1829), S.212221 (vgl.StSG.Nr.557). gl.o.288-367 = StSG.Nr.494 =BV.Nr.726: "Glossae Junnii D/ exarate manu perantiqua/ in libro Msto. membranaceo/ Catal. Mstor. Augi, p.253,/ Junii 85, qui simul con-/tinet prognostica quaedam et calendarium & etiam/ olim fuit Boxhornii./ Ipse scriba operis frontispicio/ hunc olim addidit titulum:/ 'Incipit libellus diversam/ glossarum in vêtus & novum testamentumVV Darunter ist das Glossar Id aus Cod. Jun.83 nach dem Abdruck aus NYERUP, SYMBOLAE ad literaturam teutonicam antiquiorem (1787) Sp.260-344 eingetragen. gl.o.368-371 = StSG.Nr.256 = BV.Nr.375: "Glossae Junii M/ sive theotisca herbarum/ nomenclatura antiqua/ manu adoram adscripta/ manuscripto Macro ex/ Bibliotheca Vossiana."/. Darunter hat Schmeller die Kräutergll. aus Voss.lat 8° 78 nach NYERUP SYMBOLAE (Sp.406-409) mit der Paginierung eingetragen. Eintragsdatum: 31.8.1825. S.372-373 gl.o. leer. gl.o.374-387 = StSg.Nrr.600; 607; 613 = BV.Nrr.926; 935; 941: S.374 nur folgender Titel: "Glossae Vindobon./ apud Denis/ Codd. Mss.Tom.I"/. Darunter sind die Sachgll. nach den Auszügen aus DENIS, 158160 eingetragen, die Denis aus folgenden Wiener Hss. zusammengestellt hat: 804 (Theol.460); 1234 (Theol.313) und 1761 (Theol.863). Vgl. dazu die Angaben in den obigen StSG.Nrr.
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gl.o.388-392 = StSG.Nr.459 = BV.Nr.680: Außenbündig der Titel: "Glossae Wessofontanae/ Cod. monac olim Wessofontana/ saec.VIII Cim.III.4.m7. Darunter folgen die Wessobrunner Gli. aus Clm 22053 (Wess.53). Innenbündig (S.388) ist das Inhaltsverzeichnis der Hs. wiedergegeben, darüber ein Vermerk, wo bisher etwas aus dem Codex veröffentlicht wurde: "Mon.boic.VII. p.373-377/ Pez.thes.I. col.4.7"/. Am Rand ist zu den Gli. die fortlaufende Paginierung des Codex angezeigt. Zu einzelnen Gli. finden sich Querverweise auf gleiche/ähnliche Gli. in den Glossenbänden. S.393-395 gl.o. leer. gl.o.,396-421 = StSG.Nr.403 = BV.Nr.604: S.396 außenbündig der Titel: "Vocabula rerum/ e Codici in 4° Monacensi/ qui Hermanni Contracti/ (+ 1054) opusculum continet/ in fine Glossarli biblici & eccle-/siastici & super Focam fol.46"/. Darunter beginnt der Eintrag der Gli. Innenbündig steht die Fortsetzung des Titels: "Cod.Em.G. LXXIII in 4 7 aus S.Emmeram. (Docenio Her.) [=Clm. 14689]"/ Der Klammerhinweis bezieht sich auf die Zuordnungsstelle in Docens Glossensammlung. Unter diesen Angaben ist innenb. das Inhaltsverzeichnis des Codex angegeben. Die hier eingeschriebenen Sachgll. sind aus fol.38a-48a des Codex übertragen. Die anderen Sachgll. aus dieser Hs. wurden in gl.o. 177-182 (Glossae Emmeram.) und in gl.o.228-235 (Gloss.Hrab. ap. Goldast) vergleichend gegenübergestellt. Die GH., die in der Hs. am Rande einzelner Seiten notiert sind (Marginalgll.), werden innenbündig angegeben. Wiederum finden sich viele Querverweise auf verwandte Gli. in den Glossenbänden. S.422-423 gl.o. leer. gl.o.424-430 = StSG.Nr.554 u.Straßbg. C.IV.15 = BV.Nr.853: Außenbündig der Titel: "Glossae Argentoratenses/ Exscripsit Graff 1825 ex/ Codice in folio membranaceo/ (C.IV.15) saec.IX vel VIII, qui/ inter alia Epitomen Etymologi-/arum Isidori continet, cui (fol./ 4-14) glossae sequentes interlineares/ adscriptae sunt."/. Darunter folgen die restlichen Gil. aus Graffs Abschrift des Codex, die auch in Diut.II, 192 ff. veröffentlicht sind, wie Schmeller innenbündig bemerkt. Dort ist auch darauf verwiesen, daß er die Grafischen Gli. mit einer Abschrift Maßmanns verglichen hat. Bei einigen Gli. sind auch die abweichenden Lesarten eingetragen, z.B.: glutinare ferantus I rennian tribocan: dem c in tribocan ist ein k aus Maßmanns Abschrift übergeschrieben. Auf S.430 sind die restlichen Gli. aus dem Straßburger Codex A 157 eingetragen. Darüber der Titel der Hs.: "Glossae Argoratenses/ e/ Codice A.157 (Bibliothecae/ s. Johannis) Membran, in 8 7 qui versibus latinis nomina/ volucrum, ferarum, lignorum/ et piscium continet. Exscriptae/ a E.G.Graff'/.Die anderen Gli. aus dem Sachvokabular dieser Hs. sind nach Graffs Apographum in gl.o. 168-175 (Gloss.Einsidelens.) vergleichend eingearbeitet. Dort ist auch ein Zusammenhang beschrieben, der deutlich beweist,
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daß Steinmeyer die Schmeller-Sammlung intensiv benutzt hatte (vgl. oben S.169Í). gl.o. 431-433 = StSG.Nr.629 = BV.Nr.959: "Gloss.Guelfenbyt'7 Die Wolfenbüttler Gli. sind unter gl.o.208-210 bereits nach der Abschrift Maßmanns eingetragen, wo sie Schmeller schon mit den hier stehenden verglichen hat, die nach der Abschrift von Lachmann eingeschrieben sind. gl.o.434-444 = StSG.Nr. 171 =BV.Nr.l98: "Glossae Sangallenses/ Codicis N° 184/ (Exscripsit Lachmann)"/. Darunter sind die Sachgll. aus den Seiten 255 und 261/262 des angegebenen Codex nach der Abschrift Lachmanns eingetragenen StSG.Nr.171 ist von der Abschrift Lachmanns nichts erwähnt. Es bleibt letztlich unklar, ob in StSG hier eine ungedruckte Sekundärquelle nicht genannt oder nicht zur Kenntnis genommen wurde. Graff hat die Gli. in Diut.III (1829), 224-226 abgdedruckt. gl.o.445-453 = StSG.Nr.179 = BV.Nr.208: "Gloss. Sangallenses/ e Codice n°242/ p.247-251 nach Lachmann"/. Schmeller trägt zunächst außenbündig die Sachgll. aus den angegebenen Seiten des Codex nach Lachmanns Abschrift ein (Sie ist in StSG.Nr. 179 nicht erwähnt.). Innenbündig stellt er abweichende Lesarten und Reihenfolgen aus v.d.Hagens Denkmäler (1824),33.35, wo die Gli. abgedruckt sind, gegenüber. Aus Graffs Diutiska III (1829),221-224, wo die Gli. gleichfalls veröffentlicht wurden, führt er auch die Abweichungen an. Am Ende des Eintrags zitiert Schmeller eine gegen v.d.Hagen gerichtete Bemerkung aus Lachmanns Abschrift: "Hiermit endigt p.251 (wozu also/ Hagens 'u.s.f.'?) Das folgende/ ist leer, doch ist oben Spur von/ zwei Zeilen Schrift. (Lachmann)". Am Schluß ein Verweis auf gl.i.827, wo die Interlineargli, dieser Hs. stehen. gl.o.454-455 = StSG.Nr. 125 = BV.Nr. 135: "Glossen/ die auf dem Bücherdeckel/ eines medizinischen Pflanzen-/tractats zu Einsideln [Einsiedeln 364]/ stehen. An Graff mitge-/theilt v. Hrn. Pr. Mone/ in Heidelberg."/. In StSG.Nr. 125 steht dazu folgende für die Rezeption der SchmellerSammlungen aufschlußreiche Stelle: "[...] s.45-48 zwei octavbll. (die äußersten einer läge) [...] ziemlich schlecht geschrieben [...] — Es. (Graff benutzte nur die ihm abschriftlich von Mone mitgeteilten ss.45 und 48, da die bruchstücke damals noch dem deckel eines medizinischen pflanzentractats - codex 177, alt 165. s. Archiv der gesellschaft 8,738 - aufgeklebt waren: s. Schmeller Gl.o.454 f). [P.447. S.o.454-455]." Es ist fast die einzige Ausnahme, daß auf Schmellers Angaben aus seinen Glossenbänden über die eckige Klammer mit den "Übersichten" hinaus ge-
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sondert hingewiesen wird. Wahrscheinlich war die Nachricht vom früheren Fundort des Bruchstückes nur noch bei Schmeller überliefert. Jedenfalls ist dies ein weiterer Hinweis, wie intensiv Steinmeyer die Schmeller-Sammlung benutzt hatte. gl.o.456-457 = StSG.Nr.38 = BV.Nr.70: "Glossen/ aus einem Pergamentbande/ in folio Düsseldorfer Biblio-/thek, die Etymologiae Isodori/ enthaltend, wo sie auf des/ letzten Blattes Seiten/ stehen. (Graffs Mittheilung)"/. Rückverweis auf gl.o.305, wo in den "Gloss. Junii D" ähnliche Tiernamen stehen. gl.o.458-464 = StSG.Nr.307 = BV.Nr.454: "Aus dem Münchner/ Codex in 8° Ms.Iat.614/ was nach den p. 168-173 [gl.o.]/ eingetragenen Glossen/ noch in demselben an Glossen vorkommt."/. Schmeller trägt hier die Gli. aus Clm 614, die er nicht in die "Glossae Einsidelenses", mit 1) gekennzeichnet, vergleichend eingearbeitet hat, nach. Es sind Tier- und Pflanzennamen. S.465 ist leer. gl.o.466-476 = StSG.Nr.144 = Β V.Nr. 160. "Ex membranis Franco-/furt. vide p. 168.175 [gl.o.]"/. Die Fisch- und Kräuternamen aus dem Frankfurter Codex, die nicht schon vergleichend unter 5) in die "Glossae Einsidelenses" eingearbeitet wurden, sind hier nachgetragen. Der Eintrag endet nicht, wie in StSG IV,690 Tab.3 angegeben, S.475 sondern S.476. Darunter teilt Schmeller einige Zeilen aus der Hs. mit, die über das Leben der Kleriker handeln. gl.o.477-480 = StSG.Nr.628 = BV.Nr.958: S.477 oben: "Aus dem Wiesbadener Codex (s.folge. Seite)/ Faksimile des Mr. Dennistoun of Dennistoun/ 22. 11. 1836"/. Darunter gibt Schmeller den Anfang von Ignota lingua per simplicem HILDEGARDE plata mit zahlreichen übergeschriebenen lat. und dt. Gli. in faksimile wieder (vgl. auch StSG.Nr.628). Auf S.478 steht außenbündig über den Gli.: "Aus einem Wiesbadener/ Codex daselbst abgeschrieben/ u. hier mitgetheilt von/ Archiv Rath Dr. Kiefhaber 1826, April"/. Innenbündig steht: "Siehe auch Denis Codd.theolog./ II II 1728-1730/ wo ein Faksimile aus/ dem Wiener Codex"/. Das scheint ein Hinweis auf den gleichen Inhalt eines Wiener Codex zu sein. Ob sich die unter dem obigen Hinweis auf Kiefhaber stehenden kodikologischen Hinweise auf die Wiesbadener Hs. beziehen und ob Schmeller den Codex selbst gesehen hat, ist etwas unklar, wenn auch die detaillierten Hinweise darauf schließen lassen. Möglich könnte eine Einsichtnahme z.B. gewesen sein, als er sich am 8.9.1836 auf der Durchreise kurz in Wiesbaden aufhielt aufhielt (TB 11,232). Ein Eintrag neben dem obigen Hinweis auf Kiefhaber in gl.o.478 lautet: "(Ich bezweifle nun, was mir beym/ ersten An-
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blick wahrscheinlich/ war, daß die nicht lateinischen/ Wörter blos durch Geheimschrift/ versteckte deutsche seyen.)/ 'Ignota lingua per simplicem/ hominem Hildegardem pro-/lata. '/ An der Spitze steht ein großes/ lat. A mit rother Farbe, daran/ Deus . Angls-."/. Daneben steht ein Verweis auf gl.o.49, wo in den "Glossae Blasianae" Gli. zum selben Thema (Gottesnamen und Ordnung der Engel) eingeschrieben sind. Auf S.480 gl.o. teilt Schmeller nach dem Eintrag der Gli. das unbekannte Alphabet aus dem Codex in faksimile mit. S.481 gl.o. ist leer. gl.o.482-491 (In StSG nicht aufgenommen): "Aus dem Vokabular/ v. 1419 (s. Gl.a.697)'7. Aus dem Vokabular des Petrus Schmidhauser (1419), aus dem die alphabetisch geordneten Gli. in gl.a.697739 stehen, ist hier das sachlich geordnete Glossar über Vögel, Fische, Tiere und Pflanzen eingetragen. gl.o.492-493 = StSG.Nr.190 = BV.Nr.221: "Cod. St.Gallensis 292 in 4 7 s. Graff Diutiska II.B.S.167"/. Darunter sind Glossen über Kräuternamen eingeschrieben, die Graff aus dem Codex in Diutiska (oben) veröffentlicht hat. gl.o.494-500 (in StSG. nicht aufgenommen): Aus dem Vok./ saec.XIV. des Stifts/ StFlorian (s. Gl.a.801,/ i.1181-1199.)/ abgedruckt im XLI. Band/ (v.1828) der Wiener Jahib.d.L./ Anzeigenblatt S.23-26'7. Aus dem selben Abdruck hat Schmeller das alphabetische Glossar in gl.a.801-829 eingetragen, hier gibt er das sachlich geordnete Glosssar daraus wieder. In StSG. ist es wegen seines jungen Ursprungs nicht aufgenommen (vgl.IV,690 Tab.3). gl.o.S01-502(S03) = StSG.Nr.658 = Β V.Nr. 1001: "Glossae Turicenses/ aus Graff Diutiska 11.273/ Die merkwürdigem 1. Jan. 1829"/. Ein Auszug aus den Kontextgll., die Graff aus dem Summarium Heinrici dieser Hs. (Zürich C 58/275) in seiner Diutiska abgedruckt hat. S.503 versehentlich nochmals mit 502. gl.o.504: Oben steht: "Aus einer Hs. des Schottenklosters S.Jakob zu Regensburg von Mr. Dennistoun/ mitgetheilt 9.ber 1836"/. Darauf folgen zwei Zeilen eines mit vielen Abkürzungen versehenen Textes in faksimile, der mit einigen Gli. vermischt ist. Die Seiten 505-593 gl.o. sind leer. Ende der gl.o.
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3.1.5. Glossae theudiscae veteres interlineares aut marginales (gl i.) Am vorderen, inneren Buchdeckel sind kleinere Zettel mit einzelnen Gli. aus Docens Sammlung (Doc.A.e. 15-98) eingeklebt. gl.i.1-34 = StSG.Nr.521 = BV.Nr.779: "Glossae Augustanae/ ex Codice in 8° membra-/naceo 248 foliorum mona/sterii SS. Ulrich & Afrae/ Augustani erutae/ a Placido Braun/ videatur ejusdam 'Notitia/ historico-literaria de codice/ Mss. Bibliothecae S.Ulri-/cianae 1792'. Tom.II.p.3 &/ 117-127"/. Die Hs. befindet sich heute in der Stiftsbibliothek St.Paul unter der Nr.XXV d/82 (vgl. StSG.Nr.521). Schmeller überträgt die Gli. aus den biblischen Büchern und die Glossae pastoralis aus P.Braun (vgl.Titel) mit fortlaufender Paginierung außenbündig in gl.i. Innenbündig sind zu mehreren Gli. die Lesarten von Gli. aus einer anderen Hs. angegeben, deren Herkunft hier nicht vermerkt ist. Sie stammen aus den "Glossae Florianenses" (gl.i.1181), wie sich aus einem dortigen Vermerk ergibt. Manche dieser vergleichend hinzugfiigten Gli. sind mit einem Fragezeichen , andere mit einem Anführungszeichen versehen. Ab gl.i.19, wo die glossae liber Pastoralis beginnen, bis gl.i.21 sind innenbündig mit roter Tinte Kapitel- und Seitenzahlen angegeben, die sich auf Gregorii regulae pastoralis liber Ingolstadt 1822 beziehen, dessen Lesarten manchmal rot übergeschrieben sind. gl.i.35-47 = StSG.Nr.522 = BV.Nr.775: "Glossae S.Blasianae/ cui glossae quas/ Martini Geiberti/ (S.PrI. principis & abba-/tis congr. S.Blasii in/ sylva nigra) Iter/ alemannicum/ (1765 Typis S.Blasianis)/ in appendice exhibet,/ e Schedis San-Blasianis/ saeculi IX"/. Die ursprünglich in St.Blasien aufbewahrte Hs. ist jetzt in der Stiftsbibliothek zu St.Paul. Steinmeyer konnte sie 1873 nicht einsehen, später (1875) hat sie Holder gesehen, der sie in Germ.21 (1876),135-139 drucken ließ (vgl. StSG.Nr.522). Schmeller hat die Gli. zu Genesis, Exodus und anderen biblischen Büchern aus GERBERT (vgl.Titel) mit Gerberts Paginierung übertragen. Am Innenrand bemerkt er fortlaufend die entsprechende Kapiteleinteilung der Vulgata, gl.i 35 steht in lateinischer Schrift: "Omittuntur hic Joannis/ Sprengii Professoris Basi-/liensis Notulae, glossis/ passim adjectae."/. S.48-50 gl.i. leer. gl.i.51-53 = StSG.Nr.41 = BV.Nr.292: "Glossae Bremenses/ Glossae in Bedae artem/ metricam ex codice Gold/astino Bibliothecae Bre-/mensis seculo IX exarato/ excerptae, et editae in/ Eccardi Franc.or.Tom.II/ fol. 1002."/. Es handelt sich um dt. Kontextgll. zu Adhelms De laudibus virginum. Die im gleichen Codex (Stadtbibl. Bremen b 52) stehenden Interlineargli, zu Adhelms Aenigmata sind in Eccards
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"Franciae orientalis" nicht abgedruckt. StSG. teilt mit, daß sich die Kopie, die diesem Abdruck zugrunde liegt, in der Hannöverschen Bibl. IV,452,S. 17 befindet (StSG.Nr.41). Schmeller erwähnt, daß sie von Goldast stammt. In gl.i. hat er hier den unvollständigen Abdruck Eccards eingetragen. S.S4 ist leer. gl.i.55-61 = StSG.Nr.245 = BV.Nr.340: "Glossae Ebnerianae/ Glossae ex Ebneriano Pru-/dentii Codice seculo XI exarato/ depromptae et Eccardi/ Franc.or.Tom.il f. 1002/ insertae"/. Es handelt sich um die Prudentiusgll. (bis Kap. Psychom.605) aus einer Augsburger Hs., die später nach Nürnberg und von da über A.W.Cramer nach Kiel gelangten (vgl.StSG.Nr.245). Schmeller überträgt sie aus dem Abdruck Eccards (Titel) mit dessen Seitennumerierung. Am Außenrand seines Eintrags fügt er in roter Tinte die Seitenzahlen des "Prudentiae Coloniae 1701" (vgl. gl.i.532 ff.) ein und gibt einige Lesarten daraus den entsprechenden Gli. bei. Auf gl.i.55 folgende Bemerkung: "Ist wol der in der/ Ebnerischen Biblioth. (einem/ Theil der Nürnberg. Stadtbibl.)/ vorhandener Prudentius (N°4)/ wo auch ein Terenz./ Prudentius Coloniae 1701/ (cfr. gl.i.533/ i.687)[wo dieser Druck ebenfalls mitverglichen wurde]"/. Es folgt ein späterer Nachtrag: "Prediger & Bibliothekar Ranner/ zu Nürnberg hatte diesen Prudentius wol aus der Ebnerischen/ Bibliothek erkauft aber nach der/ Hand an den berühmten Juristen/ Kramer in Kiel für/ 3 Dukaten abgelassen. So sagt er mir den 2. April 1833"/.Im Tagebuch ist das unter dem 2.4.1833 gleichfalls festgehalten und dazu bemerkt: "Dieser Reisezweck also fur mich verfehlt." (TB 11,135) Schmeller war mit Martius nach Erlangen zu dessen Eltern gereist, um u.a. den Ebnerschen Prudentius in Nürnberg zu vergleichen (TB 11,154). Steinmeyer führt in StSG.Nr.245 seine eigene Rechnung über den besagten Verkauf: "[...] laut handschriftlichem vermerk in meinem exemplar für 2,30 fl. von prediger Ranner ersteigert; dann im besitz des Juristen A WCramer, der sie der Kieler Universitätsbibliothek schenkte) [...]"
Prediger Ranner scheint also noch einen kleinen Gewinn beim Verkauf der Hs. gemacht zu haben, von dem wir allerdings nichts erfahren, weil Schmellers Notizen aus gl.i in StSG. nicht zum Zuge kommen. Sie müßten wieder aus den "Übersichten" in der eckigen Klammer geschlossen werden, wo gl.i. wie gewöhnlich zitiert werden, wenn diese Bemerkung nicht auch noch im BWB 1, XI von Frommann abgedruckt worden wäre. S.62 gl.i. ist leer. gl.i.63-120 = StSG.Nrr.408; 386; 446 = BV.Nr.611; 581; 663: "Glossae theodiscae/ in/ Cánones Apostolorum/ et Conciliorum,/ Passiones Sanctorum/ et Hieronymum super/ Mattheum./ Vocabula it idem arborum/ oleorum & bestiarum [dazu innenbündig der Verweis auf gl.o.]/ e/ Codice Emmeramensi/ nunc Monacensi B.l. in 8 7 extracta/ a B.Pezio, et sub/ titulo: Mis[c]ellaneorum/ theodiscorum ex diversis Mss./ Codd. collectorum Pars
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altera,/ ejusdem Thesauro anecdotorum/ novissimo. T.l. col.401-414/ inserta"/. Für den Eintrag der "Glossae Emmeram." benützt Schmeller neben dem Abdruck bei PEZ die zugrundeliegende Originalhs. und noch zwei andere Codices, was er auf gl.i.64 so vermerkt: "1) Cod.Emmeram. in 8° B.l fol.6481 [Clm. 14747, die Pez' Abdruck zugr.liegt]/ 2) Codex monac. (Emmeram.) in 4 7 E.30 [Clm. 14407]/ 3) Cod. monac. (Tegernsee) membr. in 8°[?]/ S.40. 3° [Clm. 19417]"/. Die Clm-Nrr. sind nach den StSG.Nrr. angegeben. Schmeller hat die Bibelgll. zuerst nach PEZ (401-414) mit dessen Paginierung außenbündig eingetragen. Die abweichenden Lesarten aus der zugrundeliegenden Originalhs.(Clm. 14747) setzt er über die entsprechenden Gli. Die anderen Lesarten aus Clm. 14407 und Clm.19417 schreibt er innenbündig neben die betreffenden Gli. und kennzeichnet sie mit den Siglen E. und S. Die Seiten 121-122 bleiben leer. gI.i.123-142 = StSG.Nr. 137 = BV.Nr. 151 : "Glossae Florentinae/ (in Sedulium)/ e Bibliotheca Magni Ducis/ Laurentiana./ (Eccardi Franc.or.Tom II/ p.981 insertae. cfr.p.926)"/. Innenbündig steht die Notiz: "Für Graff 1827 in/ Florenz unauffindbar./ Diutiska 11,231"/. Dieser Sachverhalt wurde unter gl.a.3-24 schon näher erläutert (vgl.oben), wo das lat.-dt. Vokabular aus dieser Hs.(Florenz Laurent.XVI,5) nach ECCARD eingetragen ist. Die Interlineargli, zu den anderen Schriften des Codex sind hier wiedergegeben. Am Ende des Eintrags findet sich der Rückverweis auf gl.a.3-24. gl.i.143-173 = StSG.Nr.493 = BV.Nr.725: Auf den Seiten 143-144 schließt sich dem Titel eine ausführliche Beschreibung zur Überlieferung der Hs. an, die Schmeller in lat. Sprache, wie die meisten seiner Titelangaben, verfaßt hat: "Glossae Junianae A/ Junio F.F. e Codd. Mss./ Biblithecae Vossianae/ collectae - et in Bibliotheca Bodleiana sub/ N°116 & 17 inter Juniana/ asservatae (cfr. Wanleii/ catalog, libror. vet. septentr./ p.324 & Catal. Ms.corum anglicae p.255).// Frid. Rostgaard 1694/ descripsit, et ejus/ schedae in Bibliotheca/ regia Havniensi asser-/vantur. Harum apogra-/phum satis vitiosum/ in auctione Bibliothecae/ Möllmannianae Bartholdo/ Christiano Sandvig cessit,/ id quod ille in libro cui/ titulus: Symbolae ad/ literaturam Teutonicam/ antiquiorem ex codicibus/ manus exaratis qui Havniae/ asservantur editae -/ publici juris facturus/ obiit_(1786). Post Sandvigii mortem/ ille ejus liber, sumptus/ suppeditante Petro Fride-/rico Suhm regii cubicu-/li parastata clidacho [?],/ publicatus est Havniae/ 1787 a Mag. Erasmo/ Nyerup in Bibliotheca/ regia a manu, qui se apographum Sandvi-/gianum cum Rost-/gaardiano rite contu-/lisse et emendisse/ in praefatione affirmat."/ Dann folgt: "Glossae Junianae. Α. Β & C/ signatae, depromptae videntur in/ Nyerupio ex codice membra-/naceo Juniano 25, ejus sin-/guli tractatus recensentur in/ catalogo Mstorum Angliae p.251/ collât.
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Wanleii catal. librorum/ veter. septentrionalium p.322./ Ex iisdem membranis vetustis-/simis Marc.Zuerius Boxhornius/ glossas istas eruit quas Historiae/ universali Lugd.Bat.1652 editae/ p.451 inseruit, et quae ex/ latino-francicis franco-latinae/ factae calci Tom.III Thes. Schilter/ subjunctae habentur.// Continet Codex iste 1) Cosmographiam/ Et hic ab Hieronymo translatant/ 2) Alcuinum ad Carolum de Rhetorica &/ philosophia"/. Die Seiten (143/144) auf denen diese ausführlichen Bemerkungen zur Überlieferungsgeschichte der Hs. und ihrer Gli. niedergeschrieben sind, werden in StSG.IV,690 Tab.3 als Leerseiten erwähnt! Beim Vergleich mit den Hinweisen zur Überlieferungs- und Editionsgeschichte der Gli. in StSg.Nr.493 ist unverkennbar, daß die genauen Angaben aus gl.i. 143/144 wertvolle Hinweise für die dortigen Ausführungen geliefert haben. Schmeller hat die Interlineargli, zu den Schrifte des Codex nach NYERUP SYMBOLAE, 173-193 mit dieser Paginierung in gl.i. 145-173 eingeschrieben. Die alphabetischen Glossare aus dieser Hs. (Ib, Ic) hat er ebenfalls nach NYERUP in gl.a.62-166 (vgl.oben) eingebracht. S.174 gl.i. ist irrtümlich mit dem Eintrag von Glossar Ib begonnen worden. Dieser Anfang wurde anschließend durchgestrichen und mit einem Verweis auf gl.a. versehen. gl.i.175-181 = StSG.Nr.494 = BV.Nr.726: "Glossae Junii D'7. S. 175-181 ist ein Anhang zum Glossar Id aus Jun.83 nach NYERUP wiedergegeben, der dort auf S.344-360 abgedruckt ist. Das Sachglossar selbst ist nach NYERUP, 260-344 in gl.o.288-367 eingetragen. S.182 gl.i. ist leer. gl.i.183-196 = StSG.Nr.258 = BV.Nr.372: "Glosssae Junii E/ e Codicibus Mss.Vossianis/ erutae"/. Die Bibelgll. aus dem Leidener Codex Voss.lat.4°69 (vgl.StSG.Nr.258) werden nach NYERUP SYMBOLAE, 360-382 eingeschrieben. Innenbündig stehen zu einigen Gli. andere Lesarten, die mit dem Kürzel A.S. markiert wurden. Häufig sind auch Verweise auf andere Stellen in gl.i. zu finden, um auf ähnliche bzw. gleiche Gli. dort hinzuweisen. Auch gleiche GH. aus verschiedenen Stellen des Nyerup-Abdrucks werden miteinander verglichen, z.B.: gl.i. 188: orion | eburdnung, daneben: "cfr. 369 (Nyerup) ebirdhring. gl.i.197-198 = StSg.Nr.54 = BV.Nr.296: "Glossen v. Graff gesammelt/ aus Codex XCIX der Abtey Reichenau/ jetzt N°86 der Carlsruher/ Bibliothek Pergam. Fol./ Incipiunt glossae in/ Genesim:"/. Dann folgen die Gil. Innebündig schreibt Schmeller zu den einzelnen Gli. die Bezeichnung der bibl. Bücher, zu denen sie gehören. Den GH. sind fast allen Verweise auf die Glossae Junii E, vor allem in gl.i. 185-187 beige-
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geben, und dort wird zum Vergleich rückverwiesen. In den Angaben bei StSG.Nr.54 ist von der Grafischen Abschrift nichts erwähnt. gl.i.199-201 = StSG.Nr.254 = BV.Nr.373: "Gloss. Junii I"/ Dem Titel folgt eine ausführliche Beschreibung der Herkunft des Codex, welche wie die GU. selbst nach NYERUP SYMBOLAE, XXX und 382-384 übertragen ist. Steinmeyer bemerkt in StSG.Nr.254, daß er durch die Übereinstimmung der Beschreibung aus NYERUP mit der aus der Leidener Hs. durch Bethmann mitgeteilten Beschreibung diese als Vorlage für die Junius-Kopie ausmachen konnte. gl.i.202-208 = StSG.Nr.491 = BV.Nr.721: "Gloss.Junii H."/ e/ Servio ad Virgilii georgicon IV., qui manuscriptus penis/ Nuol.Heinsium, collectae."/ Innenbündig ist vermerkt: "Niederdeutsch/ cfr. gloss in Vergilium Tegern-/seenses7. Die Gli. der Hs. Oxf.Auct. F. 1.16 sind nach NYERUP SYMBOLAE, 387-406 eingetragen. S.209-210 gl.i. leer. gl.i.211-498 = StSG.Nrr.328; 337; 365; 371; 374; 400; 403; 411; 427; 429; 448; 561; 620 = BV.Nrr.486; 500; 548; 555;558; 600; 604; 614; 633; 637; 665; 867; 949: Unter dem Titel "Monseer Glossen" hat Schmeller verwandte Gli. aus 13 Hss. vergleichend in gl.i.211-498 zusammengestellt. Auf S.211 gibt er seine Quellen folgendermaßen an. Außenbündig steht: "Glossarium/ theotiscum/ in Sacra Biblia./ Erutum ex codice Ms./ celeberrimi monasterii/ Monseensis ord. S.Bened./ in Austria/ a/ Bernardo Pezio, Benedicti-/no & Bibliothecario Melli-/censi/ in ejusdem Thesauro/ anecdotorum novissimo/ edit. 1721 Tom.I.p.319-370"/ [= Abdruck Pez' von: Wien 2723 (Rec.3325); StSG.Nr.620], Darunter sind folgende Hss.angefuhrt und mit einem Kürzel für den anschließenden Vergleich bezeichnet: "Codex Stuttgard (Weingartensis vide/ p.1015) hic St insignitur.[= Stuttg.Herm.26; StSG.Nr.561]/ Cod.Monac. G.5. (vide p.1033) [= Clm.14804; StSG.Nr.411]/ Cod. Ranshofens. (vide p.329 & 1036) [= Clm. 12625; StSG.Nr.371]/ Cod. altacens. (v. p.1093) [= Clm.9534; StSG.Nr.365]/ Cod. tegerns. in 8° in gegenwärtig un-/gebundenen Pergamentlagen -/ hier durch Ç bezeichnet (S. p.1073) [= Clm 19440; StSG.Nr.448]/ Cod. Frising. in 4 o A.H.4. hic F r insignitus/ (v. p.1089) [= Clm.6217; StSG.Nr.337]/ Cod. tegerns. in fol. R.10 (p.342-355), hier R. [= Clm. 18036; StSG.Nr.427]/ Cod. Benedictobur. in 8°N°106 hier wie bey Docen/ Bc. [= Clm.4606; StSG.Nr.328]"/. In der innenbündigen Spalte wird das Quellenverzeichnis fortgeführt: "Completius extat/ glossarium hoc in/ Codice (membran. in - 4°)/ Tegernseensi nunc/ Monacensi N°10/ ('Glossae Vocabulorum/ in libros veteris testa-/menti &c.'), hic teg. sive t [= Clm. 18140; StSG.Nr.429]/ Eadem glossae superscriptae/ exstant in Cod.Monac. (Emmeram.)/ F.87 in 4° membr.san.IX fol./ 125-167 hic R insi-
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gnito (cfr.631)/ [zwischen den Zeilen mit Bleistift:] Docen gefunden zu/ haben glaubt vom/ Emmeram. Mönch Otloh/ um 1060 [= Clm. 14584; StSG.Nr.400]/ Earundem glossarum Epitomen/ [...] Cod.Monacens, (Emmeram.)/ G.73 in 4° qui et quasdam Hermanni con-/tracti continet odas, et hic Her vel H. insignitur. [=Clm. 14689; StSG.Nr.403]/ Similiter Codex Pruvining-/ensis in folio máximo de/ anno 1156 (Rat.Civ.2) post Salomonis/ Vocabularium & onomasticon/ graeco-latinum fol.213/ easdem ferme cum Monseensibus/ glossas in vet. & nov. Testamentum/ usque ad [in unum?] apocalipseos continet. [= Clm 13002; StSG.Nr.374]"/. Schmeller trägt zuerst die Glossen aus Monsee nach PEZ THES. (vgl. erster Titel) mit dessen Paginierung außenbündig ein. Die unterschiedlichen Lesarten, die sich nach Graffs Collation mit der Hs. (Diut.HI, 172-183) ergeben haben, setzt er den Gli. mit rötlicher Tinte bei. Das erhellt aus gl.i.212, wo steht: "Berichtigung nach dem Wiener Codex...(Graff Diut.III,172)". Damit hat er sich eine Vergleichsbasis zu den anderen Codices geschaffen, deren abweichende Lesarten oder Ergänzungen er innenbündig mit einarbeitet. Die Bezeichnung der einzelnen Schriften des Codex werden aus der Monseer Hs. nach Pez' Abdruck angegeben. Die Lesarten aus den anderen Codices werden durch die oben angegebenen Kürzel markiert und auf die Seitenzahlen bezogen, unter denen sie in der jeweiligen Hs. stehen. Die im Titel nicht mit einer Kürzel versehenen Hss. sind mit ihren abgekürzten Herkunftsnamen gekennzeichnet. Insgesamt kann man sich vorstellen, daß diese immens umfangreiche philologische Feinaibeit in ihrer Zeit und wahrscheinlich auch noch für die Glossenedition von Steinmeyer/Sievers eine Basis für die Erforschung der Bibelgll. gelegt hat und eine ungeheuere Erleichterung für die Ordnung der Gli nach ihrem Verwandtschaftsverhältnis in StSG. bedeutete. Das allein schon rechtfertigt eine forschungsgeschichtliche Erörterung der Schmellerschen Glossenbände. Die Gli. aus den genannten Hss., die Schmeller nicht in die Monseer Gli. mit eingefügt hat, trägt er an anderen Stellen der gl.i. zusammenhängend nach und erschließt ihre vergleichende Benützung durch Querverweise. Einige der oben genannten Hss. seien hier noch einmal im Zusammenhang mit der Handschriftenbeschreibung in StSG. erörtert. Für die Gli. des Benediktbeurer Codex (Clm.4606) wird in den Überlieferungshinweisen von StSG.Nr.328 Docen als erster Veröffentlicher (Aretins Beytr. 3.3 (1804),77) genannt, was ihn wohl auch als Finder der Gli. ausweisen soll. Dies stimmt auch mit dem kurzen Verweis Schmellers in der obigen Titelangabe überein. Beim Oberalteicher Codex (Clm.9534) vermutet Steinmeyer in seiner Beschreibung (StSG.Nr.365) aufgrund von Orts- und Personennamen, die in Tauschverträgen der Hs. vorkommen, daß diese ursprünglich nach St. Emmeram in Regensburg gehört habe. Schmeller beschreibt diese Hs. ebenfalls kurz in gl.i. 1093, wo er ihre übrigen Gli. zusammenhängend eingetragen hat. Dort
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hat er Auszüge aus den von StSG. erwähnten Tauschverträgen wiedergegeben und die Federproben auf der letzten Seite der Hs. Diese Zusammenhänge sollen bei gl.i.1093 noch ausführlicher erläutert werden. Für die Beschreibung dieser Hs. in StSG. sei hier nur festgehalten, daß Schmellers eingehende Beschäftigung mit ihr keine besondere Erwähnung erfuhr, obwohl durch sie vermutlich wichtige Hinweise fur die Entstehungsgeschichte der Hs. gegeben wurden (vgl. Beschr. zu gl.i. 1093). Ein deutlicher Hinweis darauf, wer diese Hs. und ihre Gli. zuerst genauer beschrieben hat - auch wenn diese Beschreibung nicht veröffentlicht wurde - ist für die Forschungsgeschichte von nicht unerheblicher Bedeutung. Er sei damit nachgeholt. Der Prüfeninger Codex (Clm. 13002), aus dem Schmeller einige Gli. mit eingearbeitet hat, wurde oben unter gl.a.539-589 nach Schmellers Beschreibung dargestellt. Bei den Überlieferungshinweisen für Cod.Monac.(Clm. 14584) in StSG.Nr.400 wird zuerst Maßmanns Veröffentlichung in DENKMAELER 1(1828) 91.100 ff. genannt. Hs. Aufzeichnungen über den Codex und seine Gli. finden sich aber schon früher bei Docen und Schmeller, wie in gl.i.211 und aus der dort dazwischen geschriebenen Bleistiftnotiz über Docens Entdeckung hervorgeht. Die nicht in die Monseer Gli. eingearbeiteten GH. dieser Hs. trägt Schmeller in gl.i.631-632 ein. Es sei hier einmal grundsätzlich darauf verwiesen, daß der durch einen fett gedruckten Querbalken gekennzeichnete Anhang, der in StSG den einzelnen Beschreibungen der Hss. beigegeben ist, zwar in den meisten Fällen nur veröffentlichte Arbeiten, die sich auf die Hs. oder ihre Gli. beziehen, angibt, daß aber in einigen Fällen - wie sich schon gezeigt hat - auch unveröffentlichte Arbeiten (z.B. Abschriften usw.) genannt werden. In diesem Sinne sind die eben erwähnten hs. Aufzeichnungen Schmellers und Docens als Ergänzung zu den Anhängen in StSG. zu verstehen, die mehr Wert auf eine genauere forschungsgeschichtliche Beschreibung legen (vgl.unten: Beschr. v. gl.i.632). Die Gli. der Tegernseer Hs. (Clm. 18140), der Steinmeyer als der reichhaltigsten aller Glossenhss. eine Monographie gewidmet hat90, hat Schmeller in gl.i.957-987, 989-1001 und 1005-1013 eingetragen. Die zu den Monseergll. verwandten hat er hier, in gl.i.211-498 mit eingearbeitet. Die Gli. des anderen Tegemseer Codex (Clm. 19440), die nicht mit in die Monseer Gli. eingeschrieben wurden, sind in gl.i.989-1001 in die Gli. des eben genannten Tegernseer Codex Clm. 18140 vergleichend eingearbeitet worden. Die hier nicht mehr erwähnten Hss. aus Schmellers Titelangaben werden mit Verweis nach hier bei den Einträgen ihrer restlichen Gli. in gl.i. nochmals mit ausführlicherem Titel genannt.
90
Elias v.Steinmeyer, Beiträge zur Entstehungsgeschichte des Clm. 18140. Festschrift s. kgl. Hoheit dem Prinzregenten Luitpold von Bayern zum Achtzigsten Geburtstage dargebracht v.d. Univ. Erlangen, IV,1 Philos. Fakultät, Erlangen; Leipzig 1901, S. 17-60.
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gl.i.499-502 = StSG.Nr.288 = BV.Nr.276: "Glossen / aus/ Öttingen-Wallerstein./ Cod. membran. 4. seculi IX./ 1) Calendarium, Necrologium (9 1/2 fol.)/ 2) Excerpzu~ a co~puto domni/ Bede pteri'7. Darunter folgt der Eintrag der Gli. Auf S.499 steht: "Mitgetheilt durch Dr. Maßmann/ 9.t Jul. 18257. In StSG.Nr.288 ist von Maßmann nichts erwähnt, auf Schmellers "Übersicht" wie üblich verwiesen. S.503-506 gl.i. leer. gl.i.507-510 = StSG.Nn.600; 608; 613 = BV.Nrr.926; 936; 941: "Glossae Vindobonenses/ (interlineares)/ apud Denis Codd.Mss./ theol.Tom.I.colum. 140"/. S.507 sind 10 GH. aus dem Codex Wien 1761 (Theol.863) nach dem Abdruck aus DENIS, CODICES MSS.1,1 (vgl. Titel) eingetragen (StSG.Nr.613). Es folgt ein Leerraum für eventuelle Nachschriften. S.509 stehen Auszüge aus Cod. Wien 804 (Theol.640) nach dem Abdruck bei DENIS, 151 u. 158 (vgl.StSG.Nr.600). Nach einem weiteren Leerraum finden sich bis S.510 GH. des Wiener Codex 1239 (Theol.312) nach DENIS, 126 (vgl.StSG.Nr.608). gl.i.511-512 = StSG.Nr.645 = BV.Nr.987: "Glossae Wirzeburg./ Glossae Burchardi/ In Codice homiliarum/ S.Burchardi episcopi/ Wirceburgensis, in biblio-/theca ecclesiae cathedralis/ Wirceburgensis existente/ ad marginem & supra/ lineas hinc et inde aliquae/ voces latinae theodisce/ expositae sunt, veteri/ seculi ejusdem (Vlll.t) manu/ quas exhibet Eckhardus/ in comentario de rebus/ Franciae orientalis 1729/ Tom.I.f.846"/. Innenbündig die Bemerkung: "S.Burchardus obiit 752"/. Dann folgen die wenigen Gli. aus der Würzburger Hs. Mp.th.f.28 (Dombibl.35) nach dem Abdruck in ECCARD (vgl.Titel). gl.i.513-526 = StSG.Nrr.641; 647; 646; 644 = BV.Nrr.978; 995; 993; 985: "Glossar Wirceburg./ Glossae e primo & ultimo folio/ cuiusdam Codicis Canonum Wirceburgensis depromptae ab/ Eckhard - & in ejus/ Franc.or.II.f.977 impressae"/. Darauf sind nach ECCARD, 977-981 (vgl.Titel) die Gli. zu Canonum aus vier Würburger Hss.(Mp.th.f.3; Mp.th.f.146 ; Mp.th.f.77 ; Mp.th.f.21 ) zusammengestellt. Die Reihenfolge, in der die Gli. nach ECCARD in gl.i. wiedergegeben werden, weicht von der Ordnung in StSG. ab (vgl. die oben genannten StSG.Nrr.). Bei den Gli. aus der Schrift Adhelm verweist Schmeller auf gl.i.574, -wo Adhelm-G\\. aus einer Pariser Hs. eingetragen sind. gl.i.527-532 = StSG.Nr.560 = BV.Nr.863: "Glossae Zwifaltensis/ seu Elwangenses/ in codice membranaceo/ foliorum ex Monast./ Zwifaltensi in Bibliothe-/cam Elwangensem allato/ extantes,/ quarum sequentia exhibet/ specimina C.L.Sch(übler)/ in Gräters Iduna und/
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Hermode. Erster Jhrg. Bres-/lau 4.°p.ll8 ff."/. Innenbündig, neben dem Beginn des Glosseneintrags steht: "Jetzt in der Stuttgarter/ öffentlichen Biblliothek/ (Theol. & philos. fol.N.218)/ v. Maßmann (1826)/ abgeschrieben & hierher/ mitgetheilt.'V. Es handelt sich um Interlinear- und Kontextgll. aus den biblischen Schriften. Schmeller hat die Gli. nach dem Abdruck Schüblers (vgl. Titel) außenbündig eingetragen. Innenbündig trägt er Ergänzungen und abweichende Lesarten aus Maßmanns Abschrift ein und vermerkt, wenn bei Maßmann etwas fehlt, was im Abdruck vorhanden ist. S.532, bei Gl.forcipes I zango bricht der Eintrag mit dem Vermerk "Fortsetzung p.1157" ab. Anschließend beginnt der Eintrag der Prudentiusgll. In gl.i. 1157-1173 ist dann der Rest der hier genannten Glossen aus Stuttgart wie beschrieben vollständig eingetragen. gl.i.533-572 = StSG.Nrr.306; 378; 384; 441; 137 = BV.Nrr.453; 563; 579; 658; 151: "Glossae Prudentii/ e Codice/ Prudentii Emmeramensi (XVIII) [=Clm. 13495]"/. Schmeller trägt zunächst die GH. aus diesem Emmeramer Codex in die außenbündigen Blatthälften (gl.i.534-572) ein. Innenbündig schreibt er später mit hellerer Tinte die Gli. aus drei weiteren Prudentiushss., die nach München gekommen sind, dazu. Dies ist grundsätzlich häufiger der Fall gewesen und hängt damit zusammen, daß Schmeller später als Bibliothekar (ab 1829) leichteren Zugang auch zu den glossierten Hss. hatte, die Docen oft zurückhielt, und daß er beim Sichten und Ordnen der Hss. in der Münchner Bibliothek selbst immer wieder auf neue Hss. mit Glossierungen stieß. Im vorliegenden Fall der Prudentiushss. handelt es sich um Codices mit folgenden (späteren) Clm.Nrr.: Clm.475 (Seine Gli. sind nach Mitteilung Steinmeyers aus Clm. 14395 abgeschrieben.), Clm.13108 (früher Rat.civ.108) und Clm. 18922 (früher Tegernsee X.25.2°). Erstere beide und die im Titel genannte (Clm. 14395) scheinen jedenfalls erst nach 1826 bekannt geworden zu sein, denn sie sind in HOFFMANN 1826 noch nicht erwähnt. Schmeller gibt die Titel in gl.i. innenbündig wie folgt an: "Es finden sich außer diesem/ Codex aus Emmeram/ 1) (E.XVIII), noch drey/ andere Prudentius mit/ deutschen Glossen auf der/ Münchner Bibliothek, [daneben am Rand:] cfr. p.55 u./ 687// 2) X.25.2° in 4° aus Tegernsee saec.X/ 3) Einer aus dem Xll.Jh/ 4) manusc.lat.475 in 4 7 prud. de origine peccate./ Die hier folgenden Nachträge/ v. wichtigern Glossen sind mit/ den Nummern der Codices 2. 3. 4./ bezeichnet, wo sie nicht blos zu Cod.l gehören"/. Dann sind innenbündig, wie beschrieben, die "wichtigern" Gli. aus den besagten Hss. mit ihrer jeweiligen Nummernmarkierung vergleichend eingearbeitet. Ein Teil davon ist vollständig eingetragen (gl.i.534-538). Am Rand steht dazu vermerkt: "Von hier an bis S.538 auf der 3.t u. 4.t Spalte [innenbündig] die ganze Folge der Codices selbst."/. Fast allen Gli. sind mit roter Tinte Seitenzahlen beigesetzt, die sich auf einen frühen Druck Prudentius Coloniae 1701 beziehen, aus dem auch manchmal Lesarten dazugeschrieben sind. Auf S.533
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ist dieser frühe Druck so angegeben: "In den Prudentius Coloniae 1701/ dessen Seiten hier roth zitiert sind,/ steht:"/. Dann folgt das Inhaltsverzeichnis zu den Prudentiusschriften, wie es der Druck aufweist. Dazu ist ein schmaler Druckausschnitt mit folgender Titelangabe eingeklebt: "Prudentii, Aur., opera c. Nie. et Dn. Heins, aliorumque notis. Coloniae 1701.8" Der oben bei den Titelangaben vermerkte Hinweis auf gl.i.55 und 687 ist so zu verstehen: In gl.i.55 sind in die "Glosae Ebnerianae" ebenfalls mit roter Tinte Lesarten aus dem Kölner Prudentius-Druck eingeschrieben, ebenso in gl.i.687, wo Reichenauer Gli. zu St.Petri stehen. Auch dort finden sich die entsprechenden Querverweise wieder. Auf S.566 und 572 sind einige Prudentiusgll. aus der in gl.a.3-24 erwähnten Florentiner Hs. eingetragen. S. 572 weist Schmeller auf 15 weitere Codices hin, in denen sich glossierte Prudentiusschriften befinden: "Glossas in Prudentium e XV/ Codicibus/ Bernensi, Carlsruh.. IV Codd. Einsidel. III Codd. Sangall../ Codice Paris. Cod. Rhinow. II Codd. Romanis./ Cod. Wiennens.. Cod. Turicens./ (Graff Diut.11,311)/ Vide pag. 12027. Dort sind die Codices nach Graffs Aufzeichnungen eingetragen. Die Gli. dieser Codices hatte Schmeller aus Graffs Abschriften gekannt, sie aber nicht mehr in seine Glossenbände eingetragen, weil er ihre Lesarten vermutlich für seine Vergleiche zu wenig interessant fand. Gedruckt sind die meisten davon ohnehin in Graffs Diutiska (vgl. z.B. die Beschreibung der drei Codices aus Einsiedeln mit Prudentiusgll. nach den StSG.Nrr. 117, 119, 120). Die Hinweise, die an besagter Stelle in StSG. zur Geschichte und Überlieferung der Gli. und ihrer Hss. gegeben werden, führen die Glossenbände Schmellers lediglich in der gewohnten Weise unter "Übersichten" an. Bei den StSG.Nrr. 306 (Clm.475), 378 (Clm.13108) und 384 (Clm. 14395) werden nach dem fett gedrucktem Querbalken die Publikationen Steinmeyers zu den Hss. als erste genannt. Damit wird jedoch der Umstand, daß allem Augenschein nach Schmeller die Gli. dieser Hs. zuerst ausgewertet hat, nicht deutlich. Es ist anzunehmen, daß für Graffs Sprachschatz vieles daraus erst durch Schmeller mitgeteilt worden ist (vgl. Maßmanns Vorwort Bd.VI, S.V und VI). In StSG.Nr.441 (Clm. 18922) wird Docens Veröffentlichung der Gli. (Misceli. 1 (1807), 188 f. 199) vor Steinmeyers Publikation genannt. Wieder ist das Prinzip zu beobachten, daß von tatsächlichen Leistungen nur die veröffentlichten mit entsprechender Verweisung bedacht werden. Insofern reduziert sich die Geschichte der Glossenforschung auf eine Geschichte der Glossenveröffentlichungen. gl.i.573 = StSG.Nr.517 = BV.Nr.770: "Glossae Parisienses/ Einzelne sehr verblichene/ v. Graff gefunden in dem/ Codex 271 (Notre Dame)/ enthaltend Carmina Sedulii ../ Clementis de vitiorum virtitutum/ pugna etc./ aus diesem letzten Gedicht"/. Innenbündig steht: "S. die aiphabet. Pariser Glossen/ bey den Gloss. St.Gallens." [vgl. gl.a. 167-372]/. Zu den wenigen Gli. sind wieder mit roter Tinte die Seiten-
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nummern des in vorhergehender Nummer beschriebenen Prudentius Colonae 1701 eingetragen. gl.i.S74 = StSG.Nr.516 = BV.Nr.768: "Glossae Parisienses/ aus dem Cod. Paris. Sarbonne 434/ in 4° (nach den ungedruckten Cata-/log-Bulletins) enthaltend Adhelmi/ metrica Expositio de virginitate/ sanctorum gezogen v. Graff [daneben:] cfr.525"/. Der Vermerk weist auf die Gli. zu Adhelm aus einer Würzburger Hs. hin (gl.i.525). gl.i.575-592 = StSG.Nr.141 =BV.Nr,157: "Glossae Francofurt/ e codice membranaceo in folio/ Bibliothecae cathedralis N.°50/ continente Cánones apostolorum/ (Decreta roman. Pontificum)/ (Von Maßmann abgeschrieben und an Grimm,/ von Grimm an Graff, u. v. Graff hierher mitgetheilt Xber 1825)/ Vergleich mit Maßmanns eigener Abschrift 1826"/. In obiger Bemerkimg steht nach "abgeschrieben" ein Auslassungszeichen, das auf die innenbündige Spalte verweist, dort steht: "den 19.t u. 20.t November 1824,/ wie er sagt in dem Kaisersaal/ auf dem Römer zu Frankfrt. a.M./ abgedr.in dessen Denkm.1.83/ Es sind Randglossen & mit/ Zeichen (/./ S. J -)/ auf das Textwort bezogen."/. Es folgen bis S.592 die Gli. außenbündig eingetragen. Sie wurden zuerst nach Graffs Mitteilung eingetragen (Dez. 1825) und später (1826) mit Maßmanns eigener Abschrift verglichen. Zu den von Schmeller gemachten Angaben über die Abschrift der Gli. und ihre weitere Mitteilung an Fachkollegen soll zum direkten Vergleich ein Zitat aus StGS.Nr.141 mitgeteilt werden: "— zuerst benutzt, wol in Maßmanns copie, von JGrimm Gramm. 2(1826), vgl. Kleinere Schriften 4,405. HFMaßmanns Denkmaeler 1 (1828), 83-90. [...] RKögel Gesch. der deutschen litteratur 1,2(1897), 521 f , der aber irrt, wenn er behauptet, der codex sei zu Eckharts zeiten in Würzburg gewesen: die von Eckhart FO 1,768 gemeinte hs. befindet sich vielmehr alsMp.th.f.72 nach wie vor in Würzburg, s. Oegg Korographie 535. - Can. 4. [H. §131. P. 174 S. i 575-592.]" Beim Vergleich dieser Aussagen mit den Bemerkungen Schmellers in gl.i.575 fallt folgendes auf: Da ist zunächst die irritierende Wendung Steinmeyers "wol in Maßmanns copie", die scheinbar Grimms Benützung der Maßmannschen Abschrift für seine Grammatik als unsicher betrachtet. Der folgende Hinweis auf die Kleineren Schriften Grimms legt nahe, daß er diese mehr vermutende Annahme dort herausgelesen hat. Die bestimmte Mitteilung Schmellers, daß Maßmann seine im November 1824 genommene Abschrift zuerst an Grimm (noch vor Dezember 1825) geschickt hat, läßt jedoch eine sichere Aussage über die besagte Benützung zu. Es ist kaum denkbar, daß Steinmeyer bei seiner - wie sich gezeigt hat - genauen Durchsicht der Glossenbände diese bestimmten Angaben Schmellers in der Titelangabe zu den
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Frankfurter Gli. übersehen hat. Wenn er sie aber tatsächlich gesehen haben sollte, hätte er seinen obigen Hinweis durchaus bestimmter formulieren können und nicht auf eine vage Stelle in den Kleineren Schriften verweisen müssen. Dann hätte er auch die Angaben nach Schmeller zitieren und den forschungsgeschichtlich doch recht interessanten Weg, den die Abschrift Maßmanns bis zu Schmeller gemacht hatte, zeigen können. Es wurde jedoch nur im üblichen Rahmen auf Schmellers "Übersicht" verwiesen, und damit blieb der ganze Vorgang unbekannt. gl.i.593-594 = StSG.Nr. 143 = BV.Nr. 159: "Gloss. Francofurt./ Auf dem pergamentenen hintern/ Deckel von dem Codex membr. 117/ in klein folio der Frankfurter/ Dombibliothek gefunden &/ abgeschrieben von Graff./ Dieses an den Deckel quer aufge-/klebte Pergamentblatt, ursprünglich/ wie es scheint ein in Quart gebogenes/ Folio, enthält in schöner angel-/sächsischer Schrift lateinisch glossierte/ Briefe des Apostel Paulus./ [innenbündig hinzugefügt:] Auch ein Fragment der Regeln/ S.Benedicti cap.LXXI & LXXH'V. Schmeller hat die außenbündig eingetragenen Gli. wohl aus Graffs hs. Aufzeichnungen abgeschrieben (vgl. Vorw. zu Diutiska I, S.VII). gl.i.595 (594Ì-607 = StSG.Nr.283 = BV.Nr.427: "Glossae Moguntienses/ aus einem Pergament Codex/ in - 4° der Maynzer Bibliothek/ (Ecclesiae sc~i Mauritii Moguntinae)/ die Evangelien mit der Vorrede des/ Hieronimus &c. enthaltend (sec.VIII-IX ?)/ [innenbündig steht:] Von Graff mitgetheilt/ Xber 1825/ gedruckt Diutiska/ II 282"/. Dann folgt der außenbündige Eintrag der Gli. bis S.607 mit der fortlaufenden Seitennumerierung des Codex. S.608 leer. S.595 (gl.i.) ist versehentlich mit 494 numeriert worden. gl.i.609-619 = StSG.Nr.54 = BV.Nr.296: "Glossae ILAugiensis/ Codicis XCIX nunc/ Carolsruhensis 86./ [innenbündig der Hinweis:] cfr. alphab./ p.596/ worauf in jenem Codex/ diese Glossen vorkommen."/. Hier sind die Bibelgll. aus dem Reichenauer Codex nach der Abschrift Graffs eingetragen (vgl. gl.a.591-596). Die biblischen Schriften, aus denen sie stammen, nennt Schmeller innenbündig an den entsprechenden Stellen, ebenso die Seitenzahlen, die sich auf Graffs Abschrift beziehen (vgl. gl.a.62-122 und 591-596). gl.i.619-621 = StSG.Nr.55 = BV.Nr.298: "E Codice RAugiensi CXI/ nunc Carolsruhensi 185./ (ad Exhortationem, quae post/ glossas alphabet, sequitur)/ [innenbündig steht:] cfr. gloss.alph. pag.372" [Dort ist das Abrogans-Glossar dieses Codex mit eingearbeitet]/. Es folgen die Gli. zu Exhortatio. Bei der Gl. ebitudo sensus \ muatsleuui steht:
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"Graff hat/" Das deutet darauf hin, daß Schindler den Reichenauer Codex auch selbst gesehen hat. Tatsächlich wird dies durch die Notiz vom 3.9.1836 im Tagebuch bestätigt: "Mich interessierte besonders der schöne Codex, aus welchem Graff die Reichenauer Glossen, aber, wie Mone sagt, so ungenau abgeschrieben, daß sie Hoffmann ganz neu zu copieren für nöthig hielt. Das Deutsche steht auf einer besondern Columne neben dem Latein. Alles ungleich deutlicher als im St.Galler Codex. " (TB 11,225) gl.i.621-631 = StSG.Nr.67 = BV.Nr.313: "Glossae e Codice/ R .Augiensi CCXX nunc/ Carolsruhensi 134 membran./ 8.° min. (Tractatus de predi-/cationibus & quomodo aliter am-/monendis sunt.)/ [Innenbündig ist vermerkt:] Gregorii M. cura pastoralis/ cfr. gl.i.1933; 435-457; 1181-1197 P o r t sind ebenfalls Gli. aus Gregorii regula pastoralis aus anderen Hss. eingetragen]/ [Bleistifivermerk:] Gregor. M. pastoral. Reg./ II. C.l. p.63"/.Es folgen die Gli. außenbündig eingetragen, am Rand läuft die Paginierung des Codex mit. Die Gli. sind offensichtlich nach dem Apographum von Graff eingetragen und später an einigen Stellen scheinbar nach dem Original verbessert worden, das Schmeller wahrscheinlich bei seinem kurzen Besuch der Karlsruher Bibliothek selbst gesehen hat (vgl. TB 11,225 u. die Beschr. v. gl.i.619-621). Auch hier lassen das einige Stellen vermuten, z.B. gl.i.624: misselices. daneben notiert: "(undeutlich); so heißt es einigemale und bei gl.i.626: zinselot, daneben: "(oder zinsclot/ Graffs c ist undeutlich)"./. Zwingend läßt sich daraus eine Autopsie durch Schmeller allerdings nicht ableiten. gl.i.631 = StSG.Nr.99 = BV.Nr.103: "Düsseldorf Cod. in fol. membr. Hieronym./ in epístolas Pauli & epist. canonic." I. Daraus sind nachfolgend zwei Gli. mitgeteilt: "p.3. suspicione \ curi uuarido/ 10. obstinationem \ uuidaribruht"/ In StSG.Nr.99 ist dazu bemerkt: "Graff hatte die gli. gekannt und an Schmeller mitgeteilt, s. dessen Gl.i.631." Auffällig ist die Zitierung von Schmellers gl.i. außerhalb der eckigen "Übersichtenklammer", sonderbar ist, daß die Quelle dieser Information unklar bleibt. Es wird zwar auf gl.i.631 gewiesen, dort ist jedoch nicht zu erkennen, daß Schmeller die Gli. von Graff mitgeteilt bekam. Auch im Sprachschatz sind sie scheinbar nicht aufgenommen, wenigstens weist kein Siglum darauf. Die Informationsquelle von StSG. bleibt unklar, Steinmeyer sah hier offenbar keinen Grund, genauere Angaben zu machen. gl.i.631 = StSG.Nr.400 = BV.Nr.600: S.631 unten: "Münchner Codex (Emmeram) F.87 [Clm. 14345]"/. Darunter sind die restlichen 5 Gli. dieser Hs. aus dem Matthäusevangelium mitgeteilt. Die anderen wurden in die "Monseer Gli." (gl.i.211-498) vergleichend eingearbeitet. Am Schluß der Vermerk: "vide gl.i.211"
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gl.i.632 = StSG.Nr.383 = BV.Nr.573: "Aus den Münchner/ Emmeramer Cod. D.70 [Clm. 14345]"/. Darunter sind einige Gli. aus Korinther- und Hebräeibrief mitgeteilt. Bei den Überlieferungshinweisen der Handschriftenbeschreibung in StSG.Nr.383 wird die Veröffentlichung der Gli. durch K.Roth Denkmäler (1840),S.XI an erster Stelle genannt, Schmeller wird wie üblich in den eckigen Klammern erwähnt. Ein weiteres Mal unterbleibt so der Hinweis auf den wahrscheinlich ersten Bearbeiter der Glossen. In gl.i.633 sind mit Bleistift zwei Lesarten zu GH. in gl.i.597 und 600 eingeschrieben, jedoch ohne Angabe der Quelle. Vielleicht könnte man sie auf den Römerbrief der zuletzt genannten Hs. beziehen. gl.i.634-636 bleibt leer.Im inneren Rückdeckel vom ersten Band der gl.i. ist eine kleinformatige Druckschrift mit der Randleistenüberschrift J.LIPSI EPIST. I CENT.III. AD BELGAS, worin die gedruckte Paginierung 753-765 durchgestrichen und mit der Hand als gl.i. 637-650 paginiert ist. In dem Druck sind alphabetisch nach Nomina und Veiba getrennte Gli. mitgeteilt. Am Rand von S.637 hat Schmeller folgendes notiert: "cfr. Sommers Commentar über diese Glossen/ bey Meric.Casaubonus (L.as. 8°128)'7. In StSG.IV,690,Tab.3 sind diese Gli. mit "Gll.Lpsii" bezeichnet, wurden aber nicht aufgenommen. Ende des l.Bandes der gl.i.(S.l-650V Beginn des 2.Bandes (S.651-1297). gl.i.651-657 = StSG.Nr.391 = BV.Nr.588: "Glossae/ e Codice Emmeramensi nunc Monacensi E.79/ in 4.° pergam. cui insunt/ Varia de computo, breve/ chronicon. (usque ad annum 823)./ Prima VI folia quae continent/ has glossas formae minoris/ sunt et scripturam antiquio-/rem produnt. In secundâ pri-/mi folii pagina documentimi quoddam, deletum in primâ, sic/ continuatur: Hludouuicci quarti/ indu~ X die XVI K~l mac~ dicat/ omnis qui nunc titulam légat/ ut eum misericors D~s et hic et/ in futuro cum aeterna gloria/ remunerare dignetus & similiter/ anime patris ejus bone memorie/ Caroli. / Fol.lb-3b legitur: De deum/ nominibus quibus apud
Hebraeos/D~s vocatur, idem de angelis.l Fol.4a-6a sequenter glossae:/ (mere latine hic ommittuntur)"/. Innenbündig steht neben dem Beginn des Glosseneintrags: "Ohne Zweifel aus einer/ lateinischen Grammatik."/. Bis S.657 sind die Glossen außenbündig eingetragen. Sehr viel genauer ist die Beschreibung der Hs. auch in StSG.Nr.391 nicht, wenn man von der exakten Angabe der Seitenzahlen dort absieht. Steinmeyer hat außerdem noch eine Spekulation über die Interpretetion der Jahreszahl (823 oder 817) hinzugefügt. S.658 gl.i. ist leer.
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gl.i.659 = StSG.Nr.389 = BV.Nr.586: Hier wird die einzige dt. Glosse aus dem Fulgentiusglossar in folgender Weise mitgeteilt: "Glossae/ e Codice Monacensi (Emmer-/amensi) E.52 in 4.° membr./ cui insunt: lexicon vetus/ (hoc quidem Charaktere [!] anglo/saxonico), De libro III Fabii/ Fulgentii plarticadis ad calci-/dium grammaticum, ubi/ sequentia leguntur./ Celocem genus/ naviculi parvis-Zsimum q~d bamblum/ dicimus/ nutare, cinnum/ facere id~ uuinchan -/ [darunter steht:] Glossas alphabeti-/cas hujus codicis/ vide gl. alph./ p.613 & 449"/. In gl.a.449 ist in die "Glossae Vindobonenses" (gl.a.379-494) ein Bruchstück des Abrogans-Glossars, das Schmeller auf den Buchdeckeln dieser Hs. aufgeklebt fand, zu den sog. Hrabanischen Gli. der Wiener Hss. mit eingearbeitet. In gl.a.613 f. sind einige Gli. aus dem dreispaltigen, lateinischen Glossar dieser Hs. eingetragen. Seite 660 gl.i. ist leer. gl.i.661-698 = StSG.Nr.73 = BV.Nr.324: "Glossae/ e Codice StPetri/ (in Sylva nigrâ)/ nunc Carolsruhensi/ membran. in folio [Karlsruhe Reich, fragment 60 s. Aug.CCLXI S.Peter 87]/ [Innenbündig steht:] (nach Graffs Mittheilung/ Aschermittwoch 1826)/ [nachträglich darübergeschrieben:] Graffs Diutiska II 168-188"/.Nach diesen Vorlagen trägt Schmeller die hauptsächlich aus den biblischen Schriften stammenden GH. außenbündig ein. Innenbündig setzt er Ergänzungen und Lesarten aus dem St.Gallener Codex 292 dazu, die er nach Graffs Aufzeichnungen und deren Abdruck in Diutiska überträgt. Über den innenbündigen Einträgen deren Quellenangabe: "Cod. 4.°S.Gallensis N.°292/ (Diutiska 11.167)7. Seite 699-700 gl.i. leer. gl.i.701-814b/6 = StSG.Nr.428 = BV.Nr.634: "Glossae/ interlineares & marginales/ e/ Codice membranaceo 232 foliorum/ 2 maj. saec. Xll.t Tegernseensi/ nunc Monacensi (II d. lat. a)[=Clm. 18059]/ cui insunt/ Virgilii Moronis/ Eclogae X f. 163/ Georgiorum libri IV f.161/ Aeneidos libri XII f. 179/ Moretum/ Maecenas/ Dirae/ Priapeia/ Copa./ Codex continet notas margínalos/ et glossas interlineares in/ Eclogas, Geórgica & Aeneida/ nec non Proemia metrica/ Pseudo-Ovidii./ Vergilii carminibus praecedit/ Servii expósito in Maronem./ Subsequitur vita P. Vergilii M./ cum versibus Betaviani Caesaris/ Aug. de Iaudanda ac affirmanda/ arte Virgilii post mortem ejus;/ item cum versibus Pseudo-Ovidii/ Nasonis & carmine ejusdem/ tetrasticho. / P.178 avers, leguntur versicali/ Virgilii."/. Bis Seite 814 sind die Gli. zu Servius Kommentar (gl.i702), zu Vergils Georgicon (702-750) und Aeneis (750-814) außenbündig eingetragen Datum des Eintrags: 27.12.1825). Am Rand sind fortlaufend die Seitennunmmern der Hs. angegeben und zu jeder Gli. die dazu gehörige Versnummer. Schmeller hat sich mit dieser Hs. und ihren Gli. sehr intensiv beschäftigt. Das beweisen die vielen sorgfaltig abgefaßten Kommentare, die in den innenbündigen Spalten
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zu den Einträgen stehen. Einige Beispiele seien dafür gegeben, gl.i.715 (fol. 170b; Georgic.lib.il, Vers 124): jactu | scuza, daneben steht: "von zwey ζ ist eines durch/ Punkte ungültig gemacht/, gl.i.715 (fol. 170b; Georgic.lib.il, Vers 146): "über [lat.] campo steht ar/arduus \ hohaz", daneben: "ist also ein Substneut./ hinzugedacht/, gl.i.725 (fol. 172; Georgic.III, Vers 64): mares \ chórala"!, daneben: "charala steht am Rand ohne Bezeichnungs-/zeichen. Doch scheint charala auf: ¡al zu gehen, das über invenere, u. dieses/ auf das Zeichen :, das nach & über/ mares steht." gl.i.768 (fol. 190; Aeneidos IV, Vers 27): resolvo \ intueren, daneben: "nicht ganz deutlich ob wirklich deutsche glosse"/. In dieser Weise sind die Eintragungen häufig kommentiert, wobei öfter durch Querverweise auf verwandte GH., die in den Bänden unter anderen Hss. eingetragen sind, aufmerksam gemacht wird. Nach dem Eintrag der Gli. folgen von S.814bl bis 814b6 sechs Seiten mit der genauen Beschreibung der Hs. In StSG.IV,690, Tab.3 werden diese Seiten insofern übergangen, als dort nur 701-814b angegeben und mit 815 fortgesetzt ist. Diese Beschreibung Schmellers, die ausführlicher ist als die Beschreibung in StSG.Nr.428 sei hier also nachträglich gewürdigt: S.814bl: "Die folgenden Stücke: Moretum/ Mecenas/ Dira/ Priapeia/ &Copia/ haben keine Glossen./ Auf dem letzten Folio/ verso steht als gleichzeitige/ Federprobe: omnia uincit/ amor et nos cedamus amori.! was eben keinen Mönch/ verrathen würde./ Auf der inneren Seite des/ hinteren Deckels steht von anderer Hand: Iste liber/ est monasterii Tegernsee./ Und von wol noch neuerer in einer Ecke:/ E coelo cecidi [und darübergeschrieben:] Rabenstein./ Auf Folio 1 verso steht die/ Orientierung (s. onomast.p.237 [dort ist eine Windtafel mit Himmelsrichtungen eingezeichnet])/ Auf fol.33 am Schluß des Servius/ in libr.III Georgicon steht auf/ der leer gebliebenen Columne b/ vielleicht v. der selben Hand aber mit/ blasserer Dinte die in MB.VI. 162/ [S.814b2:] als um das Jahr 1060 geschrie-/ben aufgeführte Notiz über die dem Kloster Tegernsee/ (von Herzog Arnold) ent-/zogenen Güter[,] jedoch/ mit mehrern Abweichungen/ & Zutaten. Hier die/ getreue Abschrift:"/. Von S.814b2 bis 814b4 gibt Schmeller die Abschrift der Urkunde wieder, wobei er die Personennamen in faksimile schreibt. Die Ortsnamen der darin genannten Güter hat er unterstrichen. Er hat dabei sicher an die historisch-regionalen Laut- und Schreibeigentümlichkeiten gedacht. Nach der Wiedergabe der Urkunde stellt Schmeller Betrachtungen über die zeitliche Einordnung des Schriftstückes an, bei denen er zu dem Schluß gelangt, daß es ein anderes und älteres als das in MB.VI.,162 abgedruckte sein muß (S.814b4-b6). Die Beschreibung gibt insgesamt ausfuhrlicheren Aufschluß Uber die Hs. als die Beschreibung in StSG.Nr.428 und zeigt zugleich Schmellers exakte Arbeitsweise.
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gl.i.815-818 = StSG.Nr.457 = BV.Nr.678: "Glossae/ e Codice Virgili· Weihenstephanensi/ D.6. in 4 ° [=Clm.21562] (cfr. Pez/thes. anecd. diss, isagog. T.l.p.XXV seq. Aretins Beytr. 7/ S.287)"/. Schmeller hat diese Vergilgll. außenbündig eingetragen und die dazugehörigen Seitennummern des Codex angegeben. Der im Titel vermerkte Druck von Pez ist in StSG.Nr.457 als erste Erwähnung genannt. Der obige Hinweis auf Aretins Beiträge fehlt dort. Er ist dafür in StSG.Nr.305 gegeben, wo jener Codex beschrieben wird, aus dem die beiden entsprechenden Schriften des Clm.21562 nach Steinmeyer abgeschrieben sein sollen. gl.i.819-820 = StSG.Nr.305 = BV.Nr.450: "Glossae/ e Codice Horatii/ (Cod. Monac. lat.375 in 4.°/ saec.XI [=Clm.375] (cfr. Aretins/ Bextr. 7.t H.S.287)"/. Darauf folgen die Gli. mit fortlaufender Paginierung des Codex (vgl.Beschr. v. gl.i.819-820). gl.i.820b-826 = StSG.Nrr.554; 556 = BV.Nrr.853; 856: "Straßburger Cod.C.V.6/ Leg.alamann./ In capitular. Carol.M."/. Aus beiden Schriften sind die wenigen Interlineargli, nach Diutiska 1,342 mitgeteilt. Ab S.821: "Glossae Argentorat/ e Codice bibliothecae S.Johannis/ A. N.°157/ (cfr. Gloss, onom. p.430)"/. Darunter folgen die Gli. aus den "gesammelten lat. Gli. mit übergeschriebenen deutschen" aus dieser Hs., die in einigen Fällen als Ergänzung zu den oben eingetragenen stehen. Auf gl.i.826 steht am Ende des Eintrags: "Den übrigen Theil des Codex nimmt/ das hohe Lied mit Erklärungen ein./ Alles lateinisch."/. Die Gli. aus diesem Codex zu Versus de volucribus, bestiis, lignis, piscibus sind in gl.0.168-175 und 424-430 eingeschrieben. Sie stammen alle aus einer Abschrift Graffs, die Schmeller mit einer Abschrift Maßmanns verglichen hat. gl.i.827-833 = StSG.Nr.179 = BV.Nr.208: "Glossae Sangall 242"/. Die Gli. sind nach einer Abschrift Lachmanns, die Schmeller mit den Abdrucken in v.d.Hagens Denkmälern (1824),33-35 und in Graffs Diutiska 111,221-224 (wohl auch nach Graffs Abschrift) verglichen hatte (vgl. dazu Beschr. v. gl.o.445-453). Seitlich läuft die Paginierung des Codex mit. die Gli. ab Aldhelms de laudibus virginum scheinen mit kräftigerer Tinte nachgetragen zu sein. Wie eine Bemerkung auf gl.i.831 sagt, sind sie nach einer Mitteilung Maßmanns vom Oktober 1830 eingetragen. Den Raum dafür hatte Schmeller offenbar schon vorher ausgespart. S.834-836 gl.i. leer. gl.i.837-944 = StSG.Nr.54 = BV.Nr.296: "Glossen/ aus dem ehemaligen/ Reichenauer Codex/ N.°XCIX/ jetzt zu Carlsruhe/ unter Nummer 86 befindlich/ Pergam. Folio/ Entdeckt & mitgetheilt durch Graft? Januar 1826"/. Innebündig stehen Querverweise auf die
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Stellen der Glossenbände, an denen die anderen Gli. und Glossare dieses Codex eingetragen sind: "cfir. gl.a.62 & 591 [vgl. die dortigen Beschr.]/ vergi. 197 [gl.i.]"/. Dann folgt S.837-944 der Eintrag der restlichen GH. aus diesem Codex (aus bibl. Schriften). Nach dem Glosseneintrag (S.944) bemerkt Schmeller: "Auf den folgenden/ 8 Seiten des Codex sind nur die/ lat. Wörter ge-/schrieben mit Frey-/lassung eines/ Raumes für/ deutsche Erklärungen."/. Das scheint hinzugefügt worden zu sein und deutet darauf hin, daß Schmeller bei seinem kurzen Besuch der Karlsruher Bibliothek auch diesen Codex gesehen hat (vgl. oben und TB 11,225). S.945-948 gl.i. leer. gl.i.949-955 = StSG.Nr.506 = BV.Nr.741: "Glossae Parisienses/ e Cod.2685 in 4.7 qui continet a) S.Hieronymi/ interpretationem nominum/ hebraicorum b) glossas latinas/ de Canone apostolorum, de Niceno concilio, de anehiritano concilio/ de gangrensi Consilio, de antioceno/ concilio, de regula Benedicte/ De Genesi"/. Darauf folgen die restlichen Gli. aus diesem Codex bis S.955. Das alphabetische lat.-dt. Bibelglossar hat Schmeller in gl.a.597-602 eingeschrieben. Am Ende des Glosseneintrags (S.955) steht: "Das Ende fehlt. Zweimal kommt vor: non est in Brittania/ woraus man auf den Wohnort des/ Schreibers schließen könnte. (Grafi)/ Die Glossen scheinen ein Werk/ des Vili. Jhrh. (Grafi). S.956 gl.i. ist leer. Das Lemma fuligo in gl.i.955 ist von besonderem Interesse für die Rezeption der Glossenbände Schmellers durch StSG. Steinmeyer bemerkt dazu in der Beschreibung des Pariser Codex unter StSG.Nr.506 folgendes: "Fuligo, idê suia (CGI 3, 590, 47 uö. sugia, frz. suie\ bei Grafi 6,64 zu streichen)." Im Sprachschatz VI,64 lautet diese Stelle so: "SUIA, fuligo (la suge). Schm. i.954 [richtig: 955]" Auffallend ist dabei, daß die Gl. nicht nach dem Pariser Codex mit dem dafür vorgesehenen Siglum Pbl zitiert wird, sondern nach Schmeller gl.i. In gl.i.955 steht zu dieser Stelle: "fuligo idë \ suie [daneben steht:] la suye?"/. Graff oder Maßmann hat nun dieses la suye als ein la suge gelesen, wie aus dem Eintrag in Sprachschatz VI,64 hervorgeht. Vielleicht war er sich unsicher und es liegt darin auch der Grund, warum diese Stelle nach Schmeller gl.i. zitiert wurde und nicht nach Pbl. Der Vorgang zeigt deutlich, daß bereits Schmeller in dem vermeintlichen deutschen Interpretament ein französisches Wort erkannte. Bei Steinmeyer wird das nicht deutlich gemacht, obwohl nicht anzunehmen ist, daß er die Stelle in gl.i. nicht gekannt hat, wenn man die Zitierweise im Sprachschatz in Betracht zieht und bedenkt, wie genau er die Glossenbände Schmellers durchgearbeitet hat. gl.i.957-987 = StSG.Nr.429 = BV.Nr.637: "Glossae Tegernseenses [Clm. 18140]/ Continuado paginae 394 [gl.i]/ Fol.230b codicis: Incipit glossa sup~ p~logum/ (S.Hieronimi)/ Historiae ec-
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clesi-/astice"/. Darunter folgen die Gli. aus der Hss., die nicht vergleichend in die "Monseer" Gli. (vgl. Beschr. v. gl.i.211-498) mit eingearbeitet wurden. Es sind Gli. aus Hist.ecclesiastica, Gregorii Dialogi, Curia und Homiliae. Am Schluß des Eintrags der Hinweis, wo die restlichen Gli. in die "Monseer" eingefügt sind: "Nun folgt im Teg. Cod. glossa/ in libr. pastoralem v. p.435 [gl i]"/. S.988 el.i. ist leer. gl.i.989-1001 = StSG.Nr.429 (Forts.); 448 = BV.Nr.637; 665: Von S.989-1001 werden die Glosseneinträge von gl.i 987 aus Clm. 18140 außenbündig fortgesetzt (fol.251b-254a). Innenbündig fügt Schmeller die Gli. aus einem anderen Tegernseer Codex (Clm. 19440) ein bzw. schreibt deren abweichende Lesarten über und kennzeichnet sie mit Ç. Die restlichen Gli. dieses Codex hat er in gl.i. 1073-1082 eingetragen (vgl. dort). Außerdem fügt er die Paginierung einer nicht näher bezeichneten Inglostädter Ausgabe (1822) von Schriften aus diesem Codex an. S.1001 steht: "Nun folgen die im Teg. Codex mit/ fol.254b die Glossae/ in cánones apostolorum./ vide p.396 [gl.i., wo diese Gli. eingetragen sind; vgl. dortige Beschr.]"/. S. 1002-1004 gl.i. leer. gl.i.1005-1013 = StSG.Nr.429 (Forts.) = BV.Nr.637: Hier sind in Fortsetzung zu gl.i.1002 die weiteren Gli. aus Clm.18140 aufgeschrieben. Darüber steht: "Glossae super/ Regulam S.Benedicti/ Continuado Codicis tegerns./ fol.269/ (vide p.430) [gl.i., wo ein Teil der Gli. in die Monseer eingsetzt ist]"/. Nach der angegebenen Seitennummerierung des Codex folgt auf fol.269b gleich 280a. Dazu ist am Rand bemerkt: "270-279 im/ Nummerieren des Codex aus-/gelassen"/. Die Numerierung stimmt hier nicht mit den Angaben aus StSG.Nr.429 überein. Dort sind nur "271 bll." angegeben, ohne auf die Numerierung einzugehen. gl.i.1014-1017 = StSG.Nr.561 =BV.Nr.867: "Glossen Stuttgart/ aus dem Codex Weingartensis/ B.110. in 4.° Pergam./ der Stuttgarter k. Privat/ Bibliothek" [Stuttg. Herm.26]/. Offensichtlich hat Schmeller die Gli. nach dem Original eingetragen, denn er erwähnt nicht die Abschrift Graffs von 182591 oder den Abdruck in Diut.2, 41-54. Wie seine sonstige Genauigkeit im Nachweisen von Quellen vermuten läßt, hätte er dies sicher getan, wenn die Einträge nach diesen Vorlagen gemacht worden wären. Es könnte auch sein, daß er die Gli. zu einem späteren Zeitpunkt nach der Hs. eingetragen und vergessen hat, Graffs Abschrift zu erwähnen. Dafür spräche der Umstand, daß er auch die folgenden Gli. (bis gl.i. 1020) aus zwei weiteren Stuttgarter Hss., aus deren einer gleichfalls die GH. in Diut.2, 40 ff. abgedruckt sind, in derselben Weise wiedergibt. Deutlichere Hinweise für die 91
In StSG.Nr.561 wird erwähnt: "EGGraff Diut2 (1827), 41-54 (er hatte die hs. laut einem eingeklebten Zettel im Nov. 1825 benutzt)"
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Benützung der Originale finden sich dort (gl.i. 1017/1018). Die Bestätigung für eine persönliche Einsichtnahme könnte aus den Tagebucheinträgen über Schmellers Stuttgarter Aufenthalt im August 1843 geschlossen werden. Dort hatte er zwischen 4. und 7. August 1843 an mehreren Tagen die Bibliothek besucht (TB 11,348-349). Die Gli. aus Herm.26 sind in folgender Weise eingetragen: Vom Beginn im Codex bis zur Gl. bithalassum | zuimelichan (f.4 im Codex), dort ist vermerkt: "cfr. p.387 [gl.i., Monseer Gli.] ν. wo an das hier im Codex/ bis zur Apocalypse folgende als Varianten/ eingetragen sind."/. Nach der Gl. peculio \ chellari sunscate (f. 14 Codex) steht: "Als Varianten sind p.212 ff. [gl.i., Monseer Gli.] eingetragen/ Glossen zur Vorrede des Hieronym. pag. des Codex"/. Unter "pag." sind die entsprechenden Seitennummern des Codex (bis S.71 = B1.35b) aufgelistet. Anschließend die Bemerkung: "Dann folgen, ohne daß gesagt wäre, wohin sie/ gehören die nachstehenden Glossen."/. Bei der Gl. philacteria \ phechar, darunter: bremelin bemerkt Schmeller: "Dieses öft. ei statt ie ist/ den Glossen dieses Codex eigen."/. Schließlich folgt der Eintrag der restlichen Gli. (bis S.76= B1.38 Codex). gl.i.1017-1020 = StSG.Nr.562 = BV.Nr.868: "Codex in 8.°C.5 aus Wein-/garten, jetzt N.°2 der/ Stuttgarter Bibliothek [=Stuttg. Jur. et polit. 109]/ enthält nach Verschiedenem/ auf den letzten 11 Seiten ein/ lat. Glossar, worin folgende/ d. Glossen (in concilia & cánones) vorkommen."/. Am Beginn des Glosseneintrags ist innenbündig auf andere Stellen in gl.i verwiesen, an denen Gli. aus den Cánones nach anderen Hss. stehen: "cfir. gl.i.64. 575. 396. 1023"/. Der Abdruck der Gil. in Graffs Diutiska 11,40 f. wird nicht erwähnt, wahrscheinlich sind die Gli. nach dem Codex selbst eingetragen oder nachgetragen worden (vgl. gl.i. 1014-1017). Die alten Signaturen der Hs., die Steinmeyer nicht mehr vorfand, sind bei Schmeller noch vorhanden. In StSG.Nr.562 heißt es dazu: "(bl.la Monastery Weingartensis A° 1630; die von Graff angeführten Signaturen C V resp. 2 sind nicht mehr wahrzunehmen)". Auf S. 1017/1018 f. finden sich deutliche Hinweise, daß Schmeller den Codex selbst gesehen hat. Dort ist eine Gl. zur Hälfte mit einem unleserlichen Schriftzug in faksimile wiedergegeben mit der danebenstehenden Bemerkung: "unlesbar", und S.1018: portentos \ unga hiuro: das unga ist in gepunkteten Buchstaben faksimile nachgemacht und daneben steht: "(unga ist aus-/gekratzt). el.i.1020 = StSG.Nr.558 = BV.Nr.860: In der unteren Blatthälfte von gl.i. 1020 steht: "Stuttgarter Codex (philosoph.)/ in 4 ° n° 56"/. Darunter sind 10 dt. Gll.mit ihren lat. Stichwörtern mitgeteilt. Auch hier scheint Schmeller aus dem Codex selbst geschöpft zu haben, und ein Hinweis auf Graffs Diut.2,71 f. fehlt.
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gl.i.l021 = StSG.Nr.313 = BV.Nr.461: "Glossen/ auf dem 24.t Blatt des/ Münchner Summarium/ Henrici s. gl.o. p.20" [wo das Sachglossar aus diesem Codex eingetragen ist]/. Darunter sind 21 Interlineargli, aus dieser Hs. mitgeteilt. Nach StSG.Nr.313 sind die Gli. erstmals von Docen in Aretins Beytr. 2 (1804),5,92 veröffentlicht worden. S. 1022 gl.i. ist leer. gl.i.1023-1031 = StSG.Nr.320 [443 !] =BV.Nr.470; 509: "Glossen/ aus dem Münchner (ehem./ Augsburger) Codex/ aug.eccl.160a in folio [= Clm.3860]/ die Cánones & Concilia/ & Decreta enthaltend/ und/ aus dem Münchner (ehem./ Tegernseer) Codex B.F.3. [Clm.6242] Hier/ durch F bezeichnet"/. Innebündig steht: "aug.eccl. 160a = can.5 (Graffio) [Siglum im Sprachschatz]/ Auf dem letzten Blatt/ sind kleine Stiftungsurkunden/ (ad ann.1122. 1130 circa) bey-/geschrieben."/. Darauf folgen außenbündig Gli. aus Cánones apostolorum und Decreta. Innenbündig sind Verweise auf Vergleichsstellen in den Glossenbänden angebracht: "cfr. [gl.i.] 64. 396. 575. 1017. Die Gli. sind aus Clm.3860 und Clm.6242 ergänzend zusammengestellt, wobei die aus Clm.6242 stammenden mit F bezeichnet sind. Am Schluß des Eintrags steht: "Weiter sind keine/ deutschen Glossen übergeschrieben"/. Steinmeyer hatte diese Zusammenstellung wahrscheinlich übersehen, denn er gibt nur Clm.3860 für gl.i.1023-1031 an (StSG.IV,691, Tab.3). Entsprechend ist auch im Anhang seiner Beschreibung von Clm.6242 (StSG.Nr.343) nicht auf Schmellers "Übersichten" verwiesen. S.1032 gl.i. ist leer. gl.i.1033-1034 = StSG.Nr.411 = BV.Nr.614: "Glossae/ e Codice Monacensi (Emmer-/amensi) membr. in 8.°/ G.5 saec.XI [= Clm. 14804]/ (Vocabularum latinum, inter-/pretationem psalmorum et alia/ continente)."/. Dann folgen die GH., die nicht schon in die "Monseer" Gli. (gl.i.211-496) eingearbeitet wurden. Am Schluß des Eintrags kommt der Verweis darauf: "(vide p.247-249/ bis summa \ zala"/. gl.i. 1035 = StSG.Nr.409 = BV.Nr.612: "Glossen aus dem/ Münchner ehemals St./ Emmeramer Cod.b.8 in 4.° [= Clm. 14754]/ (vgl. onom. p.228)"/. In gl.o. hat Schmeller die Sachgll. über Körperteile aus dieser Hs. eingeschrieben. Hier gibt er die wenigen Gli. zu Orosius mit der Seitennummerierung der Hs. wieder. gl.i. 1036 = StSG.Nr.371 = BV.Nr.555: "Aus dem Münchner/ ehemals Ranshofener Codex [Clm. 12625]/ Beda super proverbia/ Salomonis/ Hier nur was nicht in p.329/ eingetragen werden konnte."/. Darunter sind die restlichen 10 Gli. der Hs., deren anderer Teil in die "Monseer" Bibelgll. (vgl. Titel) eingearbeitet wurden, wiedergegeben.
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Vielleicht war dieser Umstand eine Anregung für Steinmeyer, diese Gli. nach näherer Prüfung unter den Bibelgll. abzudrucken. In StSG.Nr.371 heißt es dazu: "[...] dieselben [GH.] sind offenbar einer größern bibelglossatur entlehnt: darum nahm ich sie unter die bibelgll. auf und brachte sie nicht im zweiten band (CCXXIX)." Schmeller ist wie üblich unter den "Übersichten" im Anhang zitiert. Er dürfte die Gli. wohl als erster notiert haben. gl.i.1037-1038 = StSG.Nr.392 = BV.Nr.590: "Glossen/ aus dem Münchner (Emmer-/amer) Codex E.84 groß 8.°/ 9.Jhrh. [=Clm. 14461] Isidori liber ojjfi/cioruml (Die merkwürgigern)"/. Dann ist bis S.1038 der Auszug der "merkwürdigem" Gli. aus dem Liber Isidori des Clm. 14461 wiedergegeben, wobei die Schnittstellen des Auszugs nach der Paginierung des Codex vermerkt sind. Häufig ist den Gli. die Bemerkung "undeutlich" beigefügt. In StSG.Nr.392 werden mehrere glossierende Hände angenommen. Graffs Sprachschatz ist dort an erster Stelle zitiert (nicht unter dem gewöhnlichen Siglum), weil er in Bd.I, Vorrede, XL VII diese Gli. im zusammenhängenden Text des Codex mitteilt. gl.i.1039-1040 = StSG.Nr.379 = BV.Nr.566: "Codex aus Emmeram/ B.2S in fol. X.Jhrh. [=Clm.l4117]/ Ambrosius in Lucam"/. Darunter folgen die dazugehörigen Gli. mit Angabe der Paginierung des Codex. Ab S.1040 bis 1044 ist Raum freigelassen für evtl. Nachträge. Auch hier dürfte Schmeller der erste Sammler der Gli. gewesen sein. Außer Graffs Siglum ist in StSG.Nr.379 nichts angegeben, abgesehen vom gewöhnlichen Hinweis auf Schmellers Tabelle. gl.i.1045-1066 = StSG.Nr.437 = BV.Nr.650: "Glossae/ e Codice Monacensi (Tegernseensi) X.56. 2° in 4.° [= Clm. 18547]/ Sulpicii severi vitas/ sanctorum continente/ [Innenbündig steht:] Später beygebunden scheint/ vita su~ Godtharti epi~/ (Hildesheim 960-1038)"/. Darunter gibt Schmeller die Aufschlüsselung einer Geheimschrift, in der die deutschen Gli. in der Hs. beigschrieben sind. Auch in gl.i. setzt er zu den entschlüsselten Gli. noch einmal das Faksimile in Geheimschrift. Nach StSG.Nr.437 stammt die erste Nachricht über die Gli. von Docen in Aretins Beitr. 7(1806),288. Graffs Sprachschatz Bd.I, Vorw.LI ist ebenfalls an besonderer Stelle zitiert, dort sind die GH. zusammenhängend nach der Hs. abgedruckt. gl.i.1067-1068 = StSG.Nr.211 = BV.Nr.243: "Glossae ad Boethius/ De Consol. Philosophiae/ e Codice Sangall 845/ Graff Diutiska 11,302. 305/ [Innenbündig steht:] l.t Januar 1829"/. Darüber befindet sich die Aufschlüsselung einer Geheimschrift, in welcher die dt.Gll. in der Hs. eingefügt sind. Unter dem Eintragsdatum steht: "Edit, in 12.°/ Venetii
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1694"/. Daraus ist die Seitennumerierung am Rande der GH., die in Diut.II,302-305 abgedruckt sind, beigesetzt. Es ist schwer zu sagen, ob Schindler den Codex in St. Gallen selbst gesehen hat. Von der genannten Edition der Boethius-Schriften aus Venedig, deren Seitennumerierung angegeben ist, wird weder in Diutiska noch in StSG.Nr.211 etwas erwähnt. Ob darin die Gli. angegeben sind, ist fraglich. gl.i.1069-1072 = StSG.Nr.440 = BV.Nr.657: "Glossen/ aus dem Tegernseer Codex/ S.39.9 in 4 ° [=Clm. 18765]/ Boethius de trinitate und/ De consolitatione philosophiae/ (fol. 15.74)/ [Innenbündig steht:] Editio in 12.° Venetiis 1694 [was sich offensichtl. auf Boethius' Schriften bezieht]"/. Die Gli. sind teilweise zweispaltig eingetragen, ohne daß die innenbündig stehenden auf eine andere Hs. verwiesen würden, denn sie sind identisch mit den Gli. der vorliegenden Hs. (vgl. StSG. DLXXIV). Schindler scheint sie erst nachträglich aus dem Codex eingefugt zu haben, da auch die Tinte eine etwas unterschiedliche Färbung auiweist. Wahrscheinlich war sein erster Eintrag nach dem Auszug Graffs geschrieben, der sie nicht alle erfaßt hatte, während Schmeller bei der späteren Durchsicht und Einordnung der Hs. auch die von ihm entdeckten restlichen Gli. eingetragen und an Graff mitgeteilt hatte. Da er beim Ersteintrag keinen freien Raum gelassen hatte, bot sich für den Nachtrag nur noch die innenbündige Spalte, an. Das könnte grundsätzlich öfter so gewesen sein bei jenen glossierten Hss. aus München, in denen nur Graffs Siglen und Schmellers Tabelle in StSG angegeben werden, und nicht Docen als erster Veröffentlicher und quasi Entdekker der Gli. Schmeller hatte ja in vielen Fällen beim Ersteintrag freien Raum für Nachträge gelassen, wie schon bei mehreren Beschreibungen deutlich wurde. Aber auch dieser Zusammenhang blieb durch die Zitierweise in StSG für die Geschichte der Glossenforschung verborgen. gl.i.1073-1082 = StSG.Nr.448 = BV.Nr.665: "Aus dem/ Tegernseer 8-Codex [=Clm. 19440] (gegenwärtig/ ungebunden), hier, wie in Docens Miscellen,/ durch C. bezeichnet, [vgl. gl.i.987]/ Vor den homilischen p.458 ff./ eingetragenen Glossen bis S.63 & 190 ff./ steht: Liber de proprietate/ sermonum rerum; worin/ folgende deutsche Glossen vorkommen."/. Darunter steht das Eintragsdatum (May 1826), dem eine Wiedergabe des Inhaltsverzeichnisses der Hs. mit Hinweis auf die darin stehenden Gli. folgt. Diese Angaben stimmen mit den Angaben in StSG.Nr.448 überein. Die anschließenden Glosseneinträge sind manchmal von Einschüben Schmellers unterbrochen. Gl.i.1079: "S.295 des Codex stehen zu (hier) p.325 gehörig/ aber wegen Mangel an Platz daselbst/ nicht mehr eintragbar folgende/ Glossen am Rande"/. Die sind dann bis gl.i. 1082 eingeschrieben, dort steht die Bemerkung: "S.402 [Codex] stehen einzelne Glossen,/ darunter folgende deutsche:"/, worauf die restlichen Gli. eingetragen sind.S. 1082-1084 gl.i. leer.
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gl.i.1085-1092 = StSG.Nrr.337; 436 = BV.Nrr.500; 649: "1) Aus dem Tegernsee!·/ Codex/ R17. 2.° in 4.° [=Clm. 18530]/ Pauli/ apostoli epistolae canonicae epist./ cum glossa. Liber beate Job./ 2) aus dem Freisinger Codex/ A.H.4. [=Clm.6217] (cfr. p.211)7. Innenbündig, oben sind die Kurzbezeichnungen Docens angegeben: "In Docens Misceli, als A.2/ angeführt/ In Docens Miscellen Fr."/. Die Gli. aus beiden Hss. sind so eingetragen, daß diejenigen aus dem Freisinger Codex (Clm.6217) mit 2) vor der dt. Gl. markiert werden. Am Rand ist die Paginierung beider Codices angegeben, ebenso, was einzelnen Gli. in Geheimschrift beigefügt ist. Nach StSG.Nr. 436 hat Docen in einer Bleistiftnotiz auf Bl.la der Hs. notiert, daß die Hand der lat. und dt. Gli. von B1.24 an identisch sei mit der von B/7.3, was Steinmeyer sehr bezweifelt. In gl.i. ist davon nichts erwähnt. ehi. 1093-1097 = StSG.Nr.365 = BV.Nr.548: "Aus dem/ Oberaltaicher Codex IV. libri/ Regum)/ Auf dem letzten Blatt [des Codex] steht/ ellenhart scripsit domino suo/ baturico ep~o iubente./ (Baturicus war v. 816-842/ Bischof in Frankfurt) ['Frankfurt' ist nachtr. durchgestrichen]/ Auf dem ersten Blatt ist auf/ eine leere Stelle folgende Salurkunde/ geschrieben:/ Quidam vir η [Lücke] in loco âcinchova/ nuncupato iugera XII etc. ../ Dann die Namen Folchrat/ Cigil [Steinmeyer hat: ßgil\/ Uuerinhart! Auf B1.3 Tradidit Reginh~t/ ancillas N. Adalsuind Amalsuind/ e contra accepit unam de ecclesia Ν. Testes Rienhilt/ Papo/ Ruodph~t/ Engilmar/ Faramunt/ Ruodolf/ Tuoto/ Uuirunto/ Machalm/ Otpr~ht/ Lioparto/. [Innebündig unten steht:] Auf dem letzten Blatt: "Tradidit/ quisquidp~ pietatis/... ad wzzant/Zeizlinchov"/. In gl.i. 1094-1097 sind die restlichen Gli. aus dem Codex eingeschrieben, die nicht schon in die "Monseer" Gli. eingearbeitet wurden (gl.i.211-498 ). In StSG.Nr.365 sind diese Salurkunde und die Einträge auf dem letzten Blatt des Codex, die dort als Federprobe bezeichnet werden, noch genauer beschrieben und im ganzen Text wiedergegeben. Aufgrund der Namen in Urkunde und Federprobe nimmt Steinmeyer an, daß der Codex ursprünglich aus St.Emmeram in Regensburg stammt. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Bemerkimg Schmellers über den auf dem letzten Blatt genannten Bischof. Er schreibt: "Batricus war v. 816-842 Bischof in Frankfurt." Dieses "Frankfurt" ist anschließend mit offenbar stärkerer Tinte durchgestrichen, wobei nicht zu entscheiden ist, ob Schmeller die Streichung selbst vornam. Steinmeyer setzt in StSG.Nr.365 seine Erkenntnis, die er wahrscheinlich aus RIED COD.DIPL. oder aus F.Janner (Gesch. der Bischöfe v. Rgb. 1883) geschöpft hat, entgegen: "[...] auch spricht für die entstehung der hs. in Regensburg die federprobe auf bl. 169a, denn Baturich war 817-847 bischof von Regensburg."92 Wenn Schmeller nun die oben genannte Streichung selbst 91
Hinzufügen möchte ich, daß unter den Zeugen der Salurkunde ein weiterer Name auftaucht, der auf Regensburg als Entstehungsort der Urkunde und eventuell auch der Hs. hinweist, nämlich: Papo.
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vorgenommen hat, ist immerhin verwunderlich, daß er dann keine Verbesserung daneben setzte. Jedenfalls geht Steinmeyer mit keinem Wort auf die Beschreibung der Urkunde durch Schmeller ein, obwohl er sie bei der Durcharbeitung von gl.i. gesehen haben müßte. Er muß sie nämlich sehr genau durchgearbeitet haben, denn die Zuweisungen der Seitennummern in gl.i. zu seinen Handschriftenbeschreibungen weichen erheblich von den Inhaltsangaben in BWB ab und sind detaillierter. Eine sichere Aussage läßt sich über eventuelle Rezeptionszusammenhänge aber nicht machen, weil eben in StSG.Nr.365 nur wieder in den eckigen Klammern auf die Tabelle Schmellers verwiesen wird. S. 1098-1100 gl.i. leer. gl.i.1101-1105 = StSG.Nr.439 = BV.Nr.654. "Aus dem Tegernsee·*/ Codex in 4.° (X.46. 3.°) [=Clm. 18628]/ Passio s~corum Petri & Pauli./ Carmina aliquot Seduli."I. Bis S.1104 sind die Gli. aus den im Titel genannten Schriften des Codex eingetragen. Dann folgt die Bemerkung: "Auf Bl. 111-118 letzt. VI. aetates mundi.I Auf dem letzten Blatte, welches ausgerissen war u./ durch ein anderes mit neuerer Schrift ersetzt ist, steht:"/. Dann wird der lat. Text über die Geschlechterfolge der Karolinger von Arnolfiis bis Karl d.Gr. nach der Hs. wiedergegeben. Am Schluß steht: "Alles vollständiger/ in Canisii aut. lect./ Tom.V.pass.II. p.638/ aus einem St.Galler/ Codex s. folg. Seite" [gemeint ist gl.i. 11061/. Dort ist der betreffende Text aus dem genannten St. Galler Codex zum Vergleich eingetragen. S. 1105 zeichnet Schmeller die Windtafel mit den dt. Namen ein, die sich auf fol. 105 des Codex befindet und verweist zum Vergleich auf eine ähnliche Windtafel mit dt. Windnamen, die in gl.o.237 eingefügt wurde. Nach StSG.Nr.43 9 wurden die Gli. der Hs. zuerst durch Docen in Aretins Beitr.7 (1806),627 f. erwähnt. gl.i.1107 = StSG.Nr.354 = BV.Nr.536: "Aus dem Freysinger Codex [=Clm.6402]/ des Juvenicus (Historia/ evangelica versibus heroceis)/ D.3. vide Aretins Beytr.7.b/ S.243"/. Dann folgt der Eintrag der Gli. mit Angabe der Seitennummern im Codex. Auch in StSG.Nr.354 wird Docens Veröffentlichung als erste Mitteilung der Gli. genannt. gl.i. 1108 = StSG.Nr.355 = BV.Nr.537: "Aus dem Freisinger Codex/ M.I.7. in 4.°" [=Clm.6404]/. Am Anfang steht eine Inhaltsübersicht der Hs. mit Seitenangabe, dann folgen ihre Gli. Nach StSG.Nr.355 hat Docen die Gli. in Aretins Beitr.7(1806),253 zuerst mitgeEr deutet auf eine Familie aus dem alten bayerischen Hoch- und Stammesadel hin, die bis 1289 das Burggrafenamt in Regensburg ausübte. Vgl. dazu: M.Spindler, Die Anfänge des bayerischen Landesfürstentums, Manchen 1937 (^Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte 26), S.14-19. Für die nähere Umgebung der Babonen: F.X.Scheuerer, Die Herren von Prunn-Laaber und ihre Herrschaft von 1040-1475, Zul. masch. Univers. Regensburg, 1980, S.30 ff.
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teilt. Generell soll hier einmal eingeschaltet werden, daß nur jene Gli. aus den Münchner Hss., die Docen veröffentlicht hat, auch in HOFFMANN 1826 beschrieben werden. Von den 54 schon erwähnten Glossenhss., die Schmeller über die bei Hoffmann beschriebenen hinaus ausschöpfen konnte, entfallen allein 30 auf die Münchner Bibliothek (Zählung nach StSG.IV). Dazu kommen noch jene, die Schmeller aus den Abschriften Graffs gar nicht übertragen hatte (vgl. oben). gl.i.1109-1123 = StSG.Nr.443 = BV.Nr.660: "Aus/ einem Münchner, früher/ Tegernseer Codex in 8.7 des 8.t Jhrh. [=Clm. 19410]/ 1) Interrogationes variael p. 16/ quo pretioso [darüber:] steinac/ venditus est/ XXX Denariis/ 2) p.24 &25 Glossarium latinum! usw."/. Darauf sind die Gli. wiedergegeben, Schriftenbezeichnung und Seitennummern nach dem Codex hat Schmeller am Rand mitnotiert. Auf S. 1118 ist ein lat., griech. und ein Runenalphabet (Codex S.58-59) abgeschrieben. S.1124 gl.i. ist leer. In StSG.Nr.443 ist für die Beschreibung des Inhalts der Hs. allgemein auf MSD 2, 3.Aufl., 353 verwiesen. Der Passus mit dem übergeschriebenen steinac ist extra hinzugefügt. Dieser Punkt ist auch bei Schmeller hervorgehoben, wie man sieht. Beide machen hier auf die eingefügte Bemerkung über den Verkauf der Hs. besonders aufmerksam, wohl unabhängig voneinander. gl.i.1125-1137 = StSG.Nr.302; 431; 356 = BV.Nr.446; 642; 538: "Glossen/ übergeschrieben in zwey/ Münchner Codices mit Prisciani/ Grammatica.! 1) aus Tegernsee X.28. I o [=Clm. 18375]/ 2) Cod. in fol.280 [=Cgm.280 A in folio]/ [Innenbündig steht:] Ein dritter Priscian aus/ Freysing Cod. in 4.° M.X.6. [=Clm.6408]/ hat nun folgendes./ Die aus letzterem sind mit 2 bezeichnet"/. Die darauf folgenden GH. zu 1) und 2) sind einander ergänzend in gl.i.1125-1137 außenbündig eingearbeitet, indem die aus Cgm.280 A stammenden mit 2) markiert werden. Ab gl.i. 1125 sind die Gli. aus dem Freisinger Priscian (Clm.6408) innenbündig eingetragen. Schmeller dürfte der erste Aufzeichner gewesen sein. Jedenfalls ist Docen in den drei angegebenen StSG.Nrr. nicht als erster Veröffentlicher genannt, der Sprachschatz nach seinen Siglen und Schmeller nach seiner Tabelle zitiert. gl.i. 1138 = StSG.Nr.433 = BV.Nr.646: "Aus dem Tegernseer/ Codex S.9. 2.° in 4.7 Ambrosium super Lucam.l Auf einem Deckel steht: Nunc librum abbas Gospertus/ comparavit (982-1001). p i e Jahreszahlen sind von Schmeller hinzugefügt] Dann folgen 8 GH. aus dieser Schrift. Auch hier dürfte Schmeller der erste Aufzeichner der Gli. gewesen sein (vgl. Beschr. v. gl.i.1125-1137). S. 1139-1140 gl.i. leer.
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gl.i.1141-1148 = StSG.Nr.348 = BV.Nr.529: "Glossae inJ Isidorum de officiis/ ecclesiasticis Cod. in 8.°/ saec.VIII [=Clm.6325]/ [Innebündig steht:] Abgedruckt in Aretins Beytr./ 7.t B. S.248 ff./ zu verbessern."/. Außenbündig sind darauf die Gli. aus Clm.6325 eingetragen. Von S. 1141-1143 sind die oben angekündigten Verbesserungen zu Docens Abdruck innenbündig den jeweils betroffenen Gli. beigeschrieben. Wo ein Lese- oder Druckfehler bei Docen nicht eindeutig für sich spricht, steht ein kurzer Kommentar dazu, z.B. gl.i. 1141 : churiter/churtter. da Docen churiter liest, bemerkt Schmeller daneben: "churiter kann auch/ wie der Sinn will/ churiter gelesen werden."/. S. 1139-1140 gl.i. leer. gl.i.1149-1156: In StSG. nicht aufgenommen: "Glossase rhetoricae/ e Codice in 4.° Mona-/censi saec.XI. aus Bene/dictbeuren, der einen rhetor. Tractat,/ eine der "Legenda de Haelprunne" u. anderes enthält./ [Innenbündig steht:] Gedruckt in Aretins/ Beytr. 7.t B. S.290 ff./ zu verbessern:/ [und oben am Rande:] cfr. Eckehardus Immoni fratri De lege/ dictamen ornandi/ in Canisii ant. lect./ tom.V pars II p.794"/. Auf S.1149 sind innenbündig wieder die Verbesserungen zu Docens Abdruck wie in gl.i. 1141-1143 eingetragen, während außenb. die GH. nach Docens Abdruck stehen. In StSG., wo die Gli. nicht aufgenommen sind, wird in Schmellers Tabelle (IV,691) nur der Druck Docens zitiert und damit der Eindruck erweckt, die Gli. seien in gl.i. nur nach dem Abdruck Docens "übersichtsmäßig" dargestellt. Eccards "De lege" sind dort nicht erwähnt. gl.i.1157-1173 = StSG.Nr.560 = BV.Nr.863: "Vgl. gl.i.527-532 (Fortsetzung)" [Cod. Stuttg. Theolog. et phil. fol. 218]/. Schmeller hat einen Teil der Bibelgll. in die "Monseer" Gli. (gl.i.527-532) vergleichend eingearbeitet und trägt hier den Rest der von Maßmann mitgeteilten Gli. ein (vgl. gl.i.527). S.174 gl.i. ist leer. gl.i.1175-1176 = StSG.Nr.632 = BV.Nr.965: "Glossen aus/ dem Wolfenbütteler Codex/ Opus Aldhelmi de/ laude virginitates &c./ & quaedam instituto con-/uhorum/ [Innenbündig steht:] cfr. Eccard Fr. or.II 981/ Canisii ant. lect. tom.V. pars II. p.798/ Biblioth. patrum. tom.3 P.P. ed. 2a/ Von Maßmann mitgeth./ 1826/ aber fast unlesbar schlecht geschrieben." Von Maßmanns Hand (?): "Wozu diese Glosse?" Die Gli. sind außenbündig mit der Seitennummerierung des Codex eingetragen. In StSG.Nr.632 ist als erster Veröffentlicher Hoffmann, Ahd. aus Wolfenbütteler Hss. (1827), XXII ff. angeführt, dann folgt Maßmann, Heidelberger Jbb. 1827, S.1087. Schmeller hat die Gli. von Maßmann also noch vor dessen Veröffentlichung erhalten.
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gl.i.1177-1178 = StSG.Nr.633 = BV.Nr.966: "Aus Poeta Saxo/ (v. Perz)/ S.Adelbert ... adiit [Cod. Wolfenbüttel (Helmst.553)]/ [Innenbündig steht:] Durch Maßmann mitgetheilt./ 1826"/. Dann sind die wenigen Gli. aus poeta Saxo und Passio Adalberti eingetragen. Der kurze Hinweis auf Maßmanns Mitteilung gewinnt forschungsgeschichtliches Interesse, wenn man ihn mit den Angaben im Anhang zu StSG.Nr.633 vergleicht: "die gli. zum Poeta Saxo und zur Passio Adalberti teilte GHPertz im apparat seiner ausgaben MG SS 1(1826), 225 ff. nebst facs. auf tafel 6, 3 und IV (1841), 581 ff. mit (abschriftlich hatte er sie schon vorher JGrimm zukommen lassen, s. dessen brief vom 3.IX. 24 in der Wissenschaftl. beilage der Leipziger zeitung 1882 nr 91): daher kannte sie auch Graff 1, 956. die zu Juvencus veröffentlichte OKorn Die hss. der Historia euange li ca desJuuencus in Danzig, Rom und Wolfenbüttel (1870) s.ll ff" Von Maßmann, der die Gil. an Schmeller schickte ist nichts erwähnt. Scheinbar kannte er sie auch nur aus Grimms Brief von 1824 in der Leipziger Zeitung oder aus den MG nach Pertz, denn er hatte Schmeller nur die Gli. aus Passio Adalberti und aus Poeata Saxo mitgeteilt, nicht aber die aus Juvencus. gl.i.1179 = StSG.Nr.445 = BV.Nr.662: "Aus dem Tegernsee-Cod./ (Cimelia) D.3 in leg. Baiuv./ [links:] Diut.I 342"/. Die einzelne Gl. aus Lex Alamannorum, die in StSG unter DCCXXXI abgedruckt ist, scheint bei Schmeller nicht angegeben zu sein. S.1180 gl.i. leer. gl.i.1181-1199 = StSG.Nr. 138 = BV.Nr. 152: "Glossae Florianenses./ Aus einem im oberösterreichischen Chorherrnstift St.Florian/ befindlichen Codex Gregorii regula pastoralis! (Pez, thes. anecd. noviss. T.l in dissertatione isagogica/ p.LXI) in das Anzeigeblatt zum XXXVII. u. XLI. Band/ der Wiener Jahrbücher der Litteratur (Jan. Febr. März/ 1827 u. 1828) eingerückt von Franz Kurz, reguliertem/ Chorherrn & Pfarrer zu St.Florian./ [Innebündig steht:] Collation/ auch in/ Graffs/ Diutiska/ 111,195 ff./ s. auch gl.i. 19-33/ 435-457/ 621-6317. Bei den Rückverweisen auf gl.i. handelt es sich um Gli. aus Pastorales, die in einer Augsburger, der Monseer und einer Karlsruher Hs. (vgl. dort) stammen. Schmeller hat einzelne Gli. von hier diesen Einträgen vergleichend hinzugefügt, gibt aber hier nochmals alle Gli. der Florianer Hs. wieder. Der hier angegebene Abdruck in PEZ ist in StSG.Nr. 138 nicht erwähnt. S.1198 stehen Eintragsdaten: "22.t Juli 1827; [S. 1198-1199:] 2.t Juni 18287. gl.i.1200 = StSG.Nr. 137 = BV.Nr. 151: "Glossen aus Florenz zu: De fide Catholica (Diutiska IV 238.) s. gl.a.850/ 31.t Xber 18287. Hier finden sich die restlichen Gli. aus der Florentiner Hs. XVI,5; die Vokabulare und die Gli. zu Priscian und Prudentius, die aus die-
Schmellers ahd. Glossensammlungen
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ser Hs. stammen, sind nach dem Druck Eccards und Graffs Abschrift in gl.a.3-24; 846-850 und gl.i. 123-142; 566-572 eingetragen bzw. vergleichend eingearbeitet worden. S.1201 gl.i. ist leer. gl.i.1202-1263 = StSG.Nrr./ BV.Nrr. vgl. unten i. d. Beschr.: "Glossae/ in Prudentium e XV Codd./ (1 Bern. 1 Carlsmh. 4 Einsiedeln. 3/ San Gall. 1 Paris. 1 Rhinoco. 2 Rom.,/ 1 Turic. 1 Vien.)/ [Innenbündig:] Vergi. S.523" [gl.i.; dort sind Prudentiusgll. aus 5 Hss. zusammengestellt.]/. Diese Zusammenstellung von Prudentiusgll. ist auch in Diutiska 11,311 ff. abgedruckt. Für den Eintrag hat Schmeller wieder den schon erwähnten Kölner Druck "Prudentius Coloniae 1701" mitverglichen, wie die Einträge zeigen; zur Gl. scema (gl.i. 1261) z.B. steht die Lesart schema und daneben: "edit.Colon.904". Ferner ist aus mehreren Einträgen zu erkennen, daß er neben dem Kölner Druck wahrscheinlich auch die Abschriften Graffs verwendet hat. Dazu einige Beispiele, die auf eventuelle Druckfehler in Diutiska hinweisen. In Diut.11,354 steht: pollice \ thurno Ζ./ thxmfn E.2; in gl.i. heißt es dazu: "thumo so zu lesen" Diut.11,354; in Diut.11,354: classis \ mficssa E.2; in gli. 1261 dazu: "meissa Diut.II 354 so zu lesen." Im zweiten Falle hat Schmeller die Geheimschrift entschlüsselt, mit der die Gli. in einem der Einsiedler Codices (E.2) stehen. Solche Bemerkungen zu Graffs Diutiska und Aufzeichnungen finden sich mehrere, dazu auf S. 1230 der kritische Seufzer: "Was sind Glossen ohne die Originalstellen?" Am Ende des Eintrags (gl.i. 1263) steht: "1829 Einläuten der Dreikönigs Tuld". In StSG IV,691 Tab. 3 wird die hier deutlich gewordene, kritische Vergleichung des Drucks in der Diutiska nicht erwähnt, dort heißt es nur: "12021263 = Prudentiusgll. aus Graffs Diut.2,311 ff." Auch die entsprechenden Nrr. der Handschriftenbeschreibungen sind dort nicht angegeben. Dies soll hier nachgeholt werden. Die 15 von Schmeller angegebenen Codices sind, mit den Angaben in StSG und in Diut.11,311 f. agbgeglichen, folgende: Es sind hintereinander angegeben die jeweilige Bibliothek und dortige Ordnungskennzahl, die StSG.Nr. und die Β V.Nr.: Bern 264 = 32 = 65; Karlsruhe Reich.fragm.60 = 73 = 324; Einsiedeln 15 = 102 = 108; Einsiedeln 302 = 117 = 126; Einsiedeln 312 = 119 = 128; Einsiedeln 316 = 120 = 129; St.Gallen 134 = 160 = 186; St.Gallen 136 = 162 = 188; St.Gallen 292 = 190 = 221; Paris Lat. 18554 = 517 = 770; Rom Pal.1715 = 539 = 813; Rom Vat.5821 = 547 = 835; Wien 247 = 584 = 901; Zürich (Kantonb. C 164) = 651 = 1008; Zürich (Kantonb. Rheinau 62) = 653 = 1014. gl.i.1264 = StSG.Nr.223 = BV.Nr.256: "Biblische Glossen/ auf 4 St.Gallischen Perga-/mentblättern [Sangall. 1395]/ Graff Diutiska II 378-9./ Die merkwürdigem:/ [Innenbündig:] Fragmentorum Collectio 11.4.°/ fol.449-452.7. Neben den Gli. sind die bliblischen Bücher angegeben, in die sie eingeschrieben sind.
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gl.i.1265 = StSG.Nr.342 = BV.Nr.508: "Ex Codice
Frisingensi
B.E.l.[=Clm.6241]/ Cánones
apostolorum
cum
Constitutionibus/ RabaniJ fol. 100, Die / deutsche Eidesformel/ Daz ih dir hold pin &c./ [Innenbündig:] 23. May 1835.7. Dann sind die acht Gli. aus der Hs. übertragen. Als erste Veröffentlichung aus der Hs. ist in StSG.Nr.342 genannt Maßmann, Abschwörungsformeln (1839). Schmeller dürñe die Gli. beim Ordnen der Hss. als erster herausgeschrieben haben. S. 1266-1294 gl.i. leer. gl.i.1295-1296 = StSG.Nr.287 = BV.Nr.45: "Cod. Boethii f.3b in Wallerstein-Mainingen" [=Fürst.Wallerst.Bibl. 1.2. (Lat.) 4.° 3]/. Zwei Blätter, die in gl.i. 1295/96 eingeklebt wurden; sie enthalten Gli. aus Boethius, De consolatione, die sich nach Schmellers Angabe auf fol.3b-fol.47 des Codex befinden. Darüber steht: "Eingetragen in mein Biblioth. Ex. des 6. Wetb. 2.9.berl846." Seite 1297 gl.i. leer. Damit enden die Glossae interlineares.
3.1.6. Zusammenfassimg Nach dem eben Dargestellten ist die Frage, ob Steinmeyer die Glossensammlungen Schmellers genau durchgesehen und für StSG. ausgewertet hat, klar mit ja zu beantworten. Das geht aus einigen Stellen in den Beschreibungen der Handschriften (StSG.IV) deutlich hervor (vgl. oben S.127; S.135Í; S.143; S.170). Die Frage ob die Schmeller-Sammlungen irgend einen Einfluß auf StSG. genommen hat, ist mit dem Hinweis auf das sehr ähnliche Ordnungsprinzip in StSG. eventuell positiv zu beantworten. Auch Schmeller hatte in seinen Sammlungen die Glossen nach der Verwandtschaft der glossierten Hss. zugeordnet, auch bei ihm wird durch seine Querverweise auf ähnliche und gleiche Glossen an gleichen Stellen erkennbar, daß er gleiche an der gleichen Stelle in verschiedenen Hss. wiederkehrende Glossen nicht als ebensoviele selbständige Zeugen ftir die Existenz des deutschen Wortes ansah (vgl. oben S.128). Viele Querverweise und Bemerkungen in seiner Sammlung, die eine immense philologische Feinaibeit verraten, weisen auf diese Prinzipien hin, die für die gesamte Edition Steinmeyer/Sievers Gültigkeit besitzen (vgl. z.B. oben S.148 Monseer Gli.). Erwähnung oder gar ausführlichere Würdigung haben diese wertvollen Vorarbeiten Schmellers weder im eben genannten Falle der Monseer Glossen noch bei den Abrogans-Glossen (vgl.oben S.119123) erfahren. Damit ist schon ein Hinweis auf das Fazit zur Zitierweise von Schmellers Sammlungen in StSG. gegeben. Dazu ist vorerst grundsätzlich auf das hinzuweisen, was schon bei der Beschreibung der Monseer Gli. (vgl.oben S.149)
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erwähnt wurde, nämlich daß die Anhänge, die nach jeder Handschriftenbeschreibung von StSG. hinter fettgedrucktem Querbalken stehen, nicht nur als Literaturhinweise aufzufassen sind, sondern auch als Hinweise zur Überlieferung der Glossen aus den Handschriften. Das läßt sich auch aus dem Vorwort Steinmeyers zum vierten Band von StSG. entnehmen, wo es an einer Stelle, an der Steinmeyer sein Verfahren bei der Beschreibung der glossierten Hss. erläutert, so heißt: "dagegen scheint es mir als eine pflicht wissenschaftlicher dankbarkeit, jedes mal festzustellen, wer die deutschen gli. einer hs. zuerst aufgefunden und wer nachmals um sie sich verdient gemacht hat. " (StSG.IV. Vorw. S.VIII) Demnach müßte also nicht nur derjenige in diesen Anhängen genannt werden, der die Glossen zuerst publiziert hat, sondern auch derjenige oder diejenigen, die sie zuerst aufgefunden und sich nachmals verdient gemacht haben. Nim ist bei einer ganzen Reihe von Münchner Hss. davon auszugehen, daß Schmeller der Erstauffinder war, zumindest aber deijenige, der die dortigen Glossen herausgeschrieben und zugeordnet hat (vgl. z.B. oben S.126; S.149; S.156; S.164; S.165; S.168; S.172). Besonders dürfte das überall da der Fall gewesen sein, wo sich in Docens Sammlung nichts findet und folglich auch nichts von ihm veröffentlicht wurde. Bei der Beschreibung in StSG. geht dies aus den eben genannten Beispielen allerdings nicht hervor, weil dort nur sehr unverbindlich die "Tabellen Schmellers" in den bekannten eckigen Klammern zitiert sind. Graff dürfte bei seinem Aufenthalt in München wenigstens jene glossierten Hss. nicht gesehen haben, die erst durch Schmeller gesichtet und ins Bibliothekssystem eingeordnet wurden. Wenn die Gli. daraus dennoch im Sprachschatz Verwendung finden konnten, so liegt das an dem Umstand, daß er sie von Schmeller mitgeteilt bekam. Auf eine solche Zusammenarbeit hatten schon Maßmann (Sprachschatz VI, Vorw. V/VI) und Konrad Hofmann in seiner Akademierede (vgl. oben) hingewiesen. Weitere Beispiele, in denen Schmellers Vorarbeit zur genaueren Bestimmung der Glossen durch ungenaue Zitierung verborgen bleibt, finden sich auch bei solchen Hss., die nicht in München aufbewahrt werden (vgl.oben S.132; S.135Í; S.144; S.146; S.150; S.153f.; S.160; S.171). Wenn man die eben zitierte Bemerkung Steinmeyers wörtlich nimmt, ergibt sich für alle Fälle von unverbindlicher und ungenauer Zitierung in StSG. die Notwendigkeit, Schmellers entsprechende Einträge in die Glossenbände genauer bekannt zu geben, was in der obigen Darstellung geschehen ist. Damit soll Schmeller als Erstbearbeiter oder als deijenige ausgewiesen werden, der sich zuerst um die Bergung der Glossen verdient gemacht hat. Auf diese Weise kann der beträchtliche Anteil, den Schmeller an der Glossenforschung genommen hat und der bis heute auch engeren Fachkreisen nicht ganz bekannt zu sein scheint, angemessener dargestellt werden. In diesem Sinne ist die Darstellung der Schmellerschen Glossensammlung auch als eine Ergänzung von StSG.IV
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Zur Rezeption von Schmellers philologischem Werk
zu verstehen, die eine Lücke in der Geschichte der Glossenforschung schließen soll.
3.1.7. Das ahd. Glossar Schmellers In seinem hs. ahd. Glossar hat Schmeller den gesamten Glossenvorrat seiner Glossenbände exakt nach dem alphabetisch-etymologischen Anordnungsprinzip des BWB erschlossen. Es besteht aus 15 Foliobänden (Format 21x35 cm), die in der Handschriftenabteilung der Münchner Staatsbibliothek unter Schmelleriana VIII.4.a-r aufbewahrt werden. Wie einige Eintragsdaten in den Bänden und einige Hinweise im Tagebuch ergeben, scheinen die meisten Einträge aus den Glossenbänden in den Jahren 1830-1832 z.T. auch mit Hilfe des Schmeller-Schülers Emil Braun vorgenommen worden zu sein. Das wurde bereits in dem oben gegebenen Zitat aus TB 11,127 deutlich (vgl. S.131). Dort war auch zu erfahren, daß am 10.4.1831 bereits 11 Foliobände angelegt waren, in denen der Glossenvorrat aus Schmellers Sammelbänden bis auf die Buchstaben B, P, D, T, W und Ζ übertragen war. Die Bände selbst sind so angelegt, daß in den meisten Fällen jedes zweite Blatt leer für nachträgliche Belege bleibt, die in manchen Fällen auch schon zahlreich eingetragen wurden. Die außenbündigen Ecken dieser durchschossenen Blätter sind abgerundet, während die der beschriebenen Blätter unbeschnitten blieben. Im folgenden sei der Inhalt der einzelnen Bände kurz nach seinem Umfang beschrieben. Wie gesagt, liegt die Anordnung des BWB zugrunde; der LemmaAnsatz richtet sich dabei nach den ahd. Wortstämmen. Die Erklärung ist lateinisch. Die einzelnen Wörter sind mit ihren Ableitungen zusammen dargestellt. Die Zuordnung der einzelnen Wortartikel nach Wurzeln, wie sie im Sprachschatz häufig in spekulativer Weise nach dem Sanskrit zugrunde gelegt werden, entfällt in Schmellers ahd. Glossar. Band I: A-U: Hier sind alle Stichwörter mit vokalischem Anfang in der "AUB-C-Reihenfolge" des BWB mit viel Zwischenraum fur nachträgliche Belege eingeschrieben. Auf der letzten Seite das Datum: 3.t X.ber 1830. Ein Beispiel für den Aufbau der einzelnen Wortartikel sei hier kurz wiedergegeben. Es handelt sich um das Lemma acus. das bei Graff im Spraschschatz 1,136 steht: acus Grimm III 442/ Otf. 1. 2. 3. 101/116 achus sacurras 0.191. accus securis 0.379 achus zuuiuuas bipinnis a.127 riutachus sarculo i.932 acchussi securis Ο.401 ackes securis o.82
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helmackes spata 0.326 bradaccus dolabella i. 126 Beim Vergleich mit Sprachschatz 1,136 ist eine Ähnlichkeit des Aufbaus deutlich zu erkennen. Allerdings gibt es hier keine Zuordnimg unter eine Wortwurzel. Band II: F: Alle mit F (V) anlautenden Stichwörter von fa bis fruz. Der Eintrag reicht von S. 11-204 mit viel Zwischenräumen. Ab S.204 folgen etwa 100 nicht mehr numerierte Blätter. Auffällig sind beim Durchblättern die besonders vielen Belegstellen aus dem ahd. Tatian. Band III: G: Alle mit G anlautenden Stichwörter von ga bis gruz. Der Eintrag reicht von S.10 bis S.160 und ist mit viel Zwischenräumen versehen: bis S.260 leer. Band IV: H, J, K: Von ha bis kruz. Auffällig sind die mit roter Tinte eingetragenen Stichwörter, die aus der Glossensammlung Docens stammen und mit den entsprechenden Ordnungskürzeln nach Docen markiert sind. Von S.130 (ja-) bis S. 147 (kuburru) ist von anderer Hand - wahrscheinlich Emil Brauns geschrieben. Die Eintragungen sind wieder mit viel Zwischenräumen versehen und reichen von S.l bis S.257, die Seiten bis 281 bleiben leer. Band V: L: Alle mit L anlautenden Stichwörter in oben dargestellter Ordnung. Die Einträge mit viel Zwischenräumen reichen von S.l 1-259, bis S. 278 ist leer. Band VI: M, N: Ein gebundener Band mit 275 Seiten und eine Fortsetzungsmappe mit 32 Seiten. Im gebundenen Band reicht der Eintrag von S.7 bis 274 zum Stichwort niphen. dann führt die beiliegende Mappe unter der Bezeichnung "Continatur N" bis S.307 zum Stichwort nutz fort. Wiederum ist viel Zwischenraum für Nachträge gelassen. Zum Stichwort machon werden zusammenhängende Textauszüge aus Sangall.Cod.911 und 916 (Benediktinerregel) gegeben. Solche Auszüge sind bei den einzelnen Stichwörtern öfter zu sehen. Band VII: R: Der Eintrag beginnt auf S.6 mit râia und geht bis S.274 zu ruozzit. Zum Stichwort reht steht eine laut- und wortgeschichtliche Betrachtung zu Rachinburgius. die hier als Beispiel für viele ähnliche Anmerkungen zu einzelnen Wörtern gegeben werden soll: "Rachinburgius/ der a. fränk. Gesetze wird in späteren Glossen (a.678, voc./v,1429) auch lantrehtere. lantrichter gegeben. Die/ gewöhnliche Form Rachin- muß wol aus der im Pariser/ Cod.4404 vorkommenden ragan. racin entstellt sein,/ wenn Grimms (11.473) Ableitung v. einem dem goth./ ragin - eis consiliarius procurator, ragin -ôn. regere./ procurare zu Grunde liegenden Subst. ragin. dem/ isl. regin.
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ags. regen, mittelhochd. rein (wie in Rein-/hard. Reinfirid. Reinmar. Reinwald) richtig sein soll./ Vielleicht erklärte man sich diesen dunkel gewordenen Bestand-/theil schon früh auf das alte rahta. racha causa,/ res. Vgl. Grimms Rechtsalt. S.293. 794./ König Ottokar setzt in östereich vier lantrichtär/ zwen enthalb Tunowe, zwen dishalb. Rauch östr. Gesch.III.31./ unser(rre) lantrehtäre [übergeschrieben:] -ihtere sitzen liistet da niemannes klage W.v.d.V. [Walther v. d. Vogelweide] 16.15."/. Die Aussagen Schmellers sind in Sütterlin, die Beispiele in lat. Schrift geschrieben. Band VIII: S. Sc.: Auf S.l steht das Datum "1. November 1830", auf der Rückseite beginnt der Eintrag mit "S. pro Sc: sarf - scarf/ sal - seal" usw. Von S.29 (sachs) -S. 109 (seine) sind fast alle Einträge auf eingeklebte Zettel geschrieben. Bis S.272 (scraz) reichen die Einträge, die insgesamt merklich dichter stehen als in in den vorhergehenden Bänden mit konsonantischem Anlaut; bis S.339 leer. Band IX: SL. SM. SN. SP: Auf S.9 beginnen die Einträge mit dem Datum "9. Februar 1831 Faßnachtferien"; sie reichen bis zu S.272 (spriuzan), bis S.280 bleibt leer. Die Einträge weisen wieder mehr Zwischenräume auf als in Band 8.
Band X: ST: Die Einträge reichen von S.7 bis 252, wo das Datum "l.Merz 1831" steht, bis S.260 bleibt leer. Auffällig sind viele Belege aus Leg.Baiv. und Leg. Sax. Band XI: Wa-Wein: Einträge beginnen S.l (uuâie) mit dem Datum "22.August 1832" und reichen bis S.132; bis S.139 bleibt leer. Band XII: Win - Würz: Der vorhergehende Band wird mit S.140 (uuinid) fortgeführt bis 271 (wurzones); bis S.279 ist leer. Band XIII: WAS - Wuz: Auf dem Deckblatt steht das Datum "7.t 8.ber 1832". Die Einträge beginnen S.2 (zauua), dem anschließend bis S.16 (zabal) die Vorsilben za-, ze-, zi-, zuo- mit leerem Raum für Einträge folgen; sie enden bei S.134 (zuizirunfaz), wo das Datum "15.t 8.ber 1832" steht; bis S.140 leer. Band XV: BP u. DT: ungebunden. Die Stichwörter sind auf einzelne Blätter eingetragen, die zum Einkleben in einen gebundenen Band gedacht waren. Sie werden als zwei Konvolute mit 311 und 160 Blättern aufbewahrt. In der beschriebenen Weise wurden in das ahd. Glossar Schmellers sämtliche Glossen aus den fünf genau dargestellten Quartbänden eingetragen. Darüber hinaus sind zahlreiche Belege aus ahd. Schriften angeführt. Sehr häufig kommen z.B. vor die Benediktinerregel nach Sangall.916, Otfrid, Notker,
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Tatian, Isidor und die Gesetzessammlungen, um nur einige zu nennen. Zu den vielen Zwischenräumen für Nachträge kommen zusätzlich die durchschossenen Seiten mit den abgeschnittenen Ecken. Das alles läßt den Schluß zu, daß Schmeller zumindest noch vor dem Erscheinen des Grafischen Sprachschatzes erwogen hat, eine Grundlage für ein künftiges umfassendes ahd. Wörterbuch zu legen. In erster Linie hat er das Glossar wahrscheinlich für sein BWB angelegt, da der erste Band des Sprachschatzes erst drei Jahre vor dem Erscheinen des letzten Bandes vom BWB herauskam. Daß Schmeller auch nach dem Erscheinen des Sprachschatzes noch umfangreiche Nachträge in sein Glossar gefügt zu haben scheint, deutet mindestens darauf hin, daß er den Sprachschatz als durchaus ergänzungswürdig betrachtet hat . Auf diese Weise ist sein ahd. Glossar als eine wertvolle Ergänzung zum Sprachschatz zu betrachten. Interessant wäre es natürlich zu untersuchen, ob das Ahd. Wörterbuch von Frings und Karg-Gasterstädt in seinen bis heute vorliegenden Lieferungen von diesem wertvollen Vermächtnis Notiz und Gebrauch genommen hat. Denkbar wäre das zumindest für das Material aus Steinmeyers nachgelassenen Sammlungen, auf denen das Wörterbuch begründet wurde. Doch das müßte in einer gesonderten Studie vorgenommen werden.
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3.2. Zur Tatianausgabe von 1841 3.2.1. Vorbereitung und Druck der Tatianausgabe Die Vorbereitungen für die Erstausgabe des ahd. Tatian nach der StGallener Hs. (Sangall.56) beginnen eigentlich schon 1824 mit der Abschrift Schmellers in St. Gallen. Allerdings hatte Schmeller zu dieser Zeit scheinbar noch keinen Gedanken an eine Gesamtausgabe dieses Handschriftentextes gehegt. Dagegen stand auch das Verbot Ildefons v. Arx', der sich eine Erstausgabe des gesamten Textes vorzubehalten schien.93 Zum Vorgang des Abschreibens in St.Gallen heißt es im Tagebuch zum 3. und 4. September 1824 (TB 1,315 und 316): "Es ward mir der Codex des Tatian, der mich eigentlich nach St.Gallen geführt hatte, vorgelegt. Ich erschrak fast über die Menge der Blätter, die abzuschreiben waren. Vor zwey, drey Monaten, meinte v.Arx, sey es gar nicht möglich damit zu stände zu kommen. Ich bestand darauf denn doch mit einem Versuch anzufangen. Bis zum 11t. wurde im Kloster unausgesetzt zum Tatian geschrieben. Zum Collationieren war mir Felix [v.Kerstorf Schmellers Reisebegleiter] behilflich. So war, was die Arbeit von 2-3 Monaten schien, in 8 Tagen bezwungen. " Dieser Tagebuchbericht hat oft Verwunderung über diese ungewöhnliche Leistung hervorgerufen. Eine genauere Untersuchimg des Schmellerschen Exemplars der Tatian-Ausgabe von Scherz nach der Junischen Abschrift von Hs. Β in Schilters Thesaurus, das zugleich zum Druckmanuskript ausgearbeitet wurde, läßt darüber nähere Aufschlüsse zu. Es wird in der Staatsbibliothek München unter SCHMELLERIANA VIII. 11. aufbewahrt und ist im dortigen Verzeichnis so beschrieben: "J. Schilter: Tatian. Ulm 1727/ 1 Drucksache mit eAnm./ beigebunden: Abschrift des St.Galler Codex/ IV eBl., 99 eS. geb., 2 Bl. (la. Ib.) lose beiliegend"/. Was sich unter dieser Titelangabe wirklich verbirgt, soll im folgenden etwas genauer beschrieben werden, weil es zu" In BRUNNER 1971, 99 heißt es dazu: "Schmellers Ausgabe des vollständigen Textes wäre sicher schon früher erschienen, hätte er nicht 1827 dem StGallener Stiflsbibliothekar I.v.Arx das Wort gegeben, den Tatian nach der StGallener Handschrift nicht herauszugeben. Als nun im Jahre 1838 St.L.Endlicher in Wien von Maßmann erfahren hatte, daß Schmeller eine Textherstellung des Tatian druckreif fertig habe, trat er an Schmeller heran, ihm den Text zum Abdruck zu übergeben, da durch von Arxens Tod (1833) sein Versprechen als erloschen betrachtet werden könnte.Am 28.2.1838 schickte ihm Schmeller das Manuskript zum Abdruck und reiste Anfang Oktober 1839 selbst nach Wien." Zu diesem Passus wurden in Biunners Arbeit keinerlei Hinweise auf die Belegquellen dieser Aussagen gegeben. Zu dem Versprechen an Ildefons v.Arx findet sich in dem Literaturbericht Schmellers über die germanistischen Neuerscheinungen der Jahre 1825 ein Hinweis, wo es zur Begründung des Verbots durch v.Arx heißt: "...der eine derley Ausgabe sich selbst oder vielmehr einer von ihm dazu ausersehenen dritten Person vorbehalten wissen wollte." (Zitiert nach KATALOG MÜNCHEN 1985,132; vgl. dort auch S.148). Für die Aussage Brunners über Endlicheis Hinweis, daß durch den Tod v.Arx Schmeller an sein Versprechen nicht mehr gebunden sei, findet sich ein Hinweis in einem Brief an J.Grimm vom 25.3.1838. Dazu noch weiteres im fortlaufenden Text.
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gleich aufschlußreich für das philologische Vorgehen Schindlers bei seiner Tatian-Edition ist: Schindler hat also seinem Exemplar der Scherz-Ausgabe die Abschrift aus St. Gallen beigefügt und es zugleich zum Druckmanuskript für seine Ausgabe von 1841 umgearbeitet. Auf einem eingeklebten Blatt auf der Innenseite des vorderen Buchdeckels wird der Codex Sangall.56 näher beschrieben. Diese Beschreibung ist in das Vorwort der Ausgabe von 1841 mit eingegangen. Unter ihr steht ein Vermerk darüber, wer von dem Codex bereits eine Abschrift genommen hat oder besitzt: "Es wurde för Zahn eine Abschrift genommen. Gegenwärtig befindet sich eine in Göttinnen (auf der Bibliothek)/ & eine andere in des He. Graff zu Königsberg Hand. "/. Dem Deckblatt sind zwei Zettel mit folgendem Inhalt aufgeklebt: 1) "Ein Fragment einer förmlichen Übersetzung/ der Evangelien wo nicht der ganzen Bibel, die/ schon im IX.jhrh. vorhanden. Matthaeus cap./XII. 40-50, XIII. 1. enthaltend u. auf einem Bücher-Zdeckel (in Wien?) befindlich, ist abgedruckt in/ Eccards/ Quaternio p.42 - abschriftlich in mein/ Ex. des Ev. Matthaei/ eingeklebt. " 2) "Die gegenwärtige Abschrift im April 1831 v. Herrn Emil Braun/ aus Gotha - in St. Gallen nach der Urschrift revidiert. 'm Auf dem zweiten Zettel steht außerdem: "Zahn über Tatian in Henschens's Sprach- & Sittenanzeiger v. 1817/p. 199-234 ff u. Jac.Grimm ibidemp.345-347"/. Unter das Vorwort des Lektors der Scherz-Ausgabe auf S. 1 schreibt Schmeller: "Der Conferenzrath v. Rostgaard (sieh Dänische Biblioth. 1 & 2t. B.)/ hatte schon a.° 1694 das die Tatian E.H. enthaltende Ms. des Franc. Junius/ zu Oxford abgeschrieben u. allem Anscheine nach war es erst durch ihn dem Hen. Palthen bekannt geworden. "/. Am Beginn des Vorwortes in der SchilterScherz-Ausgabe (S.III) bemerkt Schmeller zu der Textstelle è bibliotheca Bonaventurae Vu lean i i posse dit FRANC:JUNIUS etc.: "B.Vulcanius, De Uteris & lingua/Getarum [sive?] Gotharum & [..] Lombardices/Leyden 1597 8.°"/. Am Ende des Vorworts (S.IV unten) steht: "Tatiani harmonía evangelica latino-francica cum notis/ ad earn Annotatis. Deo vitam viresque largiente propediem/ praelo subjicietur sagt Franc.Junius in der Vorrede seiner Gloss.eothic. v. 1665/ u. zitiert dieses Werk häufig, so wie seinen Willeram."/. Diese Informationen über die vorbereitenden Arbeiten Zahns zu einer Gesamtausgabe des StGallener Codex sowie über die Junische Abschrift der Hs.B von Tahd. und Rostgaards Kopie davon sind in das Vorwort von Schindlers Ausgabe eingegangen (Schm. Amm., I-III). Dann bearbeitet Schmeller den Schilterschen Druck in folgender Weise und formt ihn so zur Druckvorlage för seine Ausgabe um: Der lateinische Text aus Schilt, wird 94
Eduard Sieveis schreibt in seinem Vorwort zu seinen Ausgaben von 1872 und 1892 über Schmellers Ausgabe: "Diese Ausgabe basiert auf einer 1824 angefertigten und 1832 von Emil Braun collationierten Abschrift Schmellers." Er gibt dabei das Jahr 1832 an, das auch in Schmellers Prolog zur Ausgabe von 1841 (S.I) steht. Möglicherweise handelt es sich hierbei auch um eine fehlerhafte Angabe im Druck (Druckfehler?), da dort auch die Abschrift Schmellers nicht ins Jahr 1824 sondern mit 1827 datiert ist.
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beibehalten und am Rande mit den zutreffenden Vulgata-Bezeichnungen versehen. Die Vulgata-Angaben, die in Schilt, nur allgemein über den Textabschitten unter der Kapitelnumerierung standen, ohne die genauen Schnittstellen innerhalb der einzelnen Kapitel der Harmonie zu markieren, werden durchgestrichen. Schindler weist diese Angaben genau den entsprechenden Textabschnitten des Tatiantextes zu - eine ungeheuere Kleinarbeit, deren Resultat auch Sievers in seinen Ausgaben beibehalten hat. Durch Doppelstriche im Text zeigt Schmeller die von ihm gewünschte Zeileneinteilung an. An den Rand sind die Stellen, die in T1(G) zusätzlich stehen oder andere Lesarten haben, hingeschrieben. Textstellen in Schilt., die T1(G) fehlen, sind leicht durchgestrichen mit dem Vermerk: "fehlt im S.G." Wahrscheinlich sollte das alles mit in einen kritischen Apparat aufgenommen werden, der in der Ausgabe jedoch viel spärlicher und verschwindend klein ausfiel. Der ahd. Text ist genau nach Tahd(G) in der Weise erstellt worden, daß die abweichenden Stellen in Schilt, jeweils unter- oder durchgestrichen, eingeklammert und mit Asterisk versehen wurden. Dazu wurde am Seitenrand und unten oder oben mit entsprechender Kennzeichnung die Lesart nach Tahd(G) eingefügt. Zu bestimmten Buchstaben wurden dabei Hinweise für den Druck gegeben. Hier einige Beispiele aus Kapitel V und VI der Harmonie (Schilt.S.7): Luc.II.l: ...gibot fon themo aluualten Keisare,/ thaz giscribirt uuirde.. Schmeller streicht das große Κ und das a in Keisare und schreibt keisure (nach Tahd(G)), indem er die neuen Buchstaben über die gestrichenen gedruckten schreibt. Das giscribirt uuirde in Schilt, streicht er durch und setzt an den Rand: gibrieuit wurdi. Die nach Tahd(G) an den Rand geschriebene Lesart versieht er mit einem Stern, der auf den unteren Seitenrand verweist, wo steht: "giscribirt Schilter". Es ist also so, daß alles, was in Schilt, von Tahd(G) abweicht, durchgestrichen und nach Tahd(G) darüber oder an den Rand geschrieben wird. Möchte Schmeller die alte Lesart aus Schilt, im Apparat seiner Ausgabe anführen, so versieht er sie mit einem Stern und schreibt sie mit diesem unter den durchgestrichenen Apparat von Schilt. In dem gezeigten Fall ist diese Anweisung vom Setzer richtig ausgeführt worden und das Gewünschte in der Ausgabe von 1841 so erschienen (vgl. dort a.a.O.). Luc.II.2: ...fort themo. Schmeller streicht th und setzt dh\ das ganze versieht er mit Stern und verweist in den Apparat, wo steht: "Cod. S. Gali, demo, litteram d more anglosaxonum lineaola transversa distinguendo, pro qua figura/ in hac nostra editione usurbabimus dh"/. Auch dies erscheint im Druck wie gewünscht. Luc.II.2: ... thionost, jogiuuelih in sinero burgi. Das jogiuuelih ist eingeklammert und mit Stern in den Apparat verwiesen, wo steht: "iogiuuelih deest in Cod.S.Gall. Hier scheint der Setzer mißverstanden zu haben, denn es erscheint im Druck wohl die Fußnote, aber auch das iogiuuelih bleibt im Text stehen, allerdings mit dem Fußnotenverweis. Meiner Mei-nung nach wollte Schmeller mit Klammer und Stern andeuten, daß es nur in der Fußnote erscheinen sollte. Luc.II.8: ...nahtuuahta ubar irò euuit. Das i in irò
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ist unterstrichen und mit Stern in die Fußnoten verwiesen, wo steht: "Cod.Sg. ero pro iro". Auch hier läßt der Setzer das iro aus Schilt, stehen, bringt aber den Hinweis in der Fußnote. Natürlich ließe sich in diesem Fall auch so argumentieren, daß Schmeller durch die Unterstreichung des i die Schiltersche Lesart im Text und die Lesart nach Tahd(G) in der Fußnote haben wollte, zumal ja in der Fußnote der Hinweis auf Tahd(G) erfolgt. Das wiederum ließe sich auch für den vorhergehenden Fall des eingeklammerten jogiuuelih anfuhren, wobei aber die Einklammerung deutlich darauf hinweist, daß das Wort aus dem Text genommen werden soll. Die Kennzeichnungen sind also nicht immer widerspruchsfrei. Es ist so leicht denkbar, daß solche Stellen entweder bei der Korrektur übersehen oder, was aufgrund von Schmellers Klagen über die mangelhafte Zusammenarbeit von Verlag und Druckerei mit ihm (TB 11,308) wahrscheinlicher ist, daß entsprechende Korrekturen übersehen, vielleicht sogar mißachtet wurden. Jedenfalls ist in der beschriebenen Weise der gesamte Text in Schilt, nach Tahd(G) umgearbeitet worden. Es ist dabei eindeutig zu erkennen, daß Schmeller den ahd. Text genau nach Tahd(G) wiedergeben und nicht einen "kritisch gesichteten Text" zwischen Schilt, und Tahd(G) bringen wollte, wie es etwa Brunner behauptete (BRUNNER 1971,96 u. 97). Von Kapitel 75 bis Kapitel 153 der Harmonie fehlt der Text im Junischen Apographum (B) und damit auch im Abdruck bei Schilter. Hier ist die Abschrift Schmellers eingebunden, die sich genau mit dieser Lücke deckt. Sie ist von S.l an durchlaufend numeriert und beginnt mit Kapitel 75. Am ersten Blatt oben ist vermerkt: "Sieh die Fortsetzung des/ Gedruckten nach diesem/ Ms. "/. Von Kap.75 bis Kap.79 hat Schmeller den ahd. und lateinischen Text aus Sangall.56 abgeschrieben. Bei Kap.80 und Kap.81 ist vermerkt: "Abgedruckt in Graffs Sprachschatz I.p.LXVIlI. " Dabei sind in der Spalte des lat. Textes Klebestellen mit Resten von einem eingeklebt gewesenen, lat. gedruckten Text zu erkennen. Die erkennbaren lat. Textreste stimmen mit dem ahd. Text der gegenüberliegenden Spalte überein. Wahrscheinlich handelte es sich um den zitierten Abdruck Graffs (vielleicht aus dessen Korrekturbögen?). Einige der Papierreste weisen auch handschriftliche Stellen auf. Ab Kap. 82 ist der lat. Text von anderer Hand für die gesamte Lücke bis Kap. 153 eingetragen. Der Eintrag stammt sehr wahrscheinlich von Emil Braun, der ja nach der Angabe vom Deckblatt im April 1831 (1832?) die Abschrift Schmellers in St. Gallen collationierte und bei dieser Gelegenheit auch den lat. Text, den Schmeller 1824 offensichtlich nicht aus Sangall.56 abgeschrieben hatte, nachtrug. Die rechte Spalte mit dem ahd. Text dagegen ist durchweg von Schmeller geschrieben. Dabei sind durchlaufend Hinweise auf Rasuren und Korrekturen in Tahd(G) gegeben. Auf Seite 11 der Abschrift steht: "Der Punkt bedeutet den/Anfang einer neuen Zeile/im Codex. "/. Zu manchen (von Emil Braun?) nachgetragenen lat. Textstellen sind als Kürzel die ersten sieben Buchstaben des griech. Alphabets von Alpha bis Eta angegeben. Das er-
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innert an die sieben Hände, die Sievers als die Schreiber, bzw. die siebte als Zweitkorrektor, von Sangall.56 ausgemacht und ebenfalls mit diesen Buchstaben bezeichnet hat (STat.2.,XII). Auf S.44 der Abschrift ist vermerkt. "Bis hierher den/ Abdruck revidiert/ 12.X.ber 1838"./. Nach der Textlücke in Schilt., ab Kap. 153 geht die Bearbeitung des gedruckten Textes weiter wie vorher beschrieben. Zwischendurch finden sich immer wieder drucktechnische Hinweise für den Setzer. Auf der letzten Seite des Textes der Eintrag: "Cont. ad S.Gall. 20-23 April 1831 Emil Braun"/. Also doch 1831 und nicht 1832, wie im Prolog der Ausgabe von 1841 und im Vorwort von Sievers steht. Aus dem beschriebenen Druckmanuskript geht manches hervor, was die hernach zu behandelnden Vorwürfe Sievers gegen die Editio princeps von Schmeller relativieren und auch schon entkräften kann, wie dann zu zeigen ist. Zunächst jedoch noch einmal zu der Abschrift von 1824. Der oben zitierte Eintrag Schmellers im Tagebuch kann leicht den Eindruck erwecken, Schmeller habe damals den gesamten Tatiantext des Sangall.56 in lat. und ahd. abgeschrieben, was tatsächlich kaum in 8 Tagen zu bewältigen gewesen wäre. Eine solche vollständige Abschrift Schmellers ist jedoch nicht erhalten, auch wenn es im KATALOG MÜNCHEN 1985,132 dazu heißt, Schmeller habe die Textlücke in Schilt, aus der in St. Gallen angefertigten Kopie ausgefüllt. Wo ist dann die Kopie oder der Rest dieser Kopie? Im SchmellerianaVerzeichnis ist nichts zu finden. Auch der Umstand, daß die Abschrift bei Kap.75 beginnt und von S.l an durchnumeriert ist, spricht dagegen, daß es eine solche vollständige Abschrift gibt. Den lat. Text scheint Schmeller nur von Kap.75-79 abgeschrieben zu haben (vgl.oben). Aufgrund dieser Zusammenhänge neige ich zu der Ansicht, daß Schmeller in jener Septemberwoche 1824 nicht den gesamten Tatiantext des Sangall.56 kopiert hat, auch nicht den ganzen ahd. Text, sondern daß er nur den ahd. Text der Lücke vollständig kopiert und in den Druck bei Schilter die Lesarten von Tahd(G) eingesetzt hat. Das genügte allerdings, um einen vollständigen ahd. Text nach Tahd(G) zu bringen. Den lat. Text hat er offenbar etwas flüchtiger mitverglichen und auch hier Lesarten und Straffungen bzw. Ergänzungen aus T1(G) eingetragen. Der lat. Text der Lücke wurde scheinbar von Emil Braun ergänzt. An dieser Stelle scheint es angebracht, einen Blick auf den Verlags- und Druckvorgang zu werfen. In einem Brief an J.Grimm vom 7.6.1836 dürfte der früheste Zeitpunkt festzumachen sein, für den nachgewiesen werden kann, daß sich Schmeller mit Plänen für eine Gesamt- und damit Erstedition des Tatian nach dem St.Gallener Codex 56 beschäftigte. Dort lesen wir die ironische Wendung, daß vom Tatian bald so viele Bogen gedruckt sind als vom altsächsischen Glossar - zu diesem Zeitpunkt nämlich gar keine (vgl. BW 11,349 u. dazu 374 f.). Der zeitlich nächste Hinweis auf die Herausgabe des ahd. Tatiantextes nach Sangall.56 ist bereits zugleich mit dem Einsenden des Manuskripts an Stephan L. Endlicher am letzten Februartag 1838 nach Wien verbunden. Dem Briefnachlaß zu schließen fand Schmellers erster brieflicher
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Kontakt mit Endlicher schon im Oktober 1834 statt, wo er sich für die Zusendung von einem Exemplar der "Fragmenta theotisca" bedankt, die Endlicher zusammen mit Hoffmann v.F. herausgegeben hatte. In einem Tagebucheintrag vom 19.4.1838 erfahren wir in einer scheinbar nachgetragenen Bemerkung, daß Endlicher scheinbar von Maßmann über Schmellers Arbeiten am Tatiantext nach Tahd(G) erfahren habe. Es heißt dort: "Maßmann, aus Wien zurückgekommen, sprach von Endlicher's Wunsch, endlich den vollständigen Tatian ans Licht zu ziehen. Ich bereitete meine Abschrift, und schickte sie nach Wien. Bereits ist, mit 60 rothen Kremnitzern, der erste gedruckte Bogen eingelaufen. " (TB 11,257) Am 1.5.1839 notiert Schmeller im Tagebuch, daß er bereits den letzten Korrekturbogen vom Ammonius (Tatian) vor sich liegen habe (vgl. TB 11,267). Jener Einsendung des Manuskripts an Endlicher liegt ein Brief bei, der für den technischen Ablauf des Druckvorgangs und damit auch für die textphilologischen Belange so wichtig ist, daß er hier vollständig wiedergegeben werden muß(BW 11,398 - 399): "Verehrter Freund München letzten Frebruar 1838. Mir Ihre Thatfertigkeit zum schwer erreichbaren Vorbild nehmend, übergebe ich heute dem Postwagen die ersten 74 Capitel des Tatian, zugleich mit einem Musterblatt, das zeigen soll, wie ich das Ding meinestheils abgesetzt wünsche. Sie ersehen daraus, daß ich in dieser Edition sowohl die Evangelisten u. ihre Capitel & Verse, denen jede Stelle entspricht, als auch die Eintheilung Schilter's, auf die in bleibenden Werken so oft verwiesen ist, evident zu halten gesucht habe. Was alles Übrige betrifft, bin ich mit Ihnen grundsätzlich einverstanden; also Format wie Ihre 2. te Ausg. der Monseer Bruchstücke - nur denke ich, daß es nicht nöthig seyn würde, den latein. Text mit andrer Schrift als den Deutschen zu setzen, da der Leser ohnehin, schon aus der Lage der Spalten, sogleich merkt, was er auf jeder zu suchen habe, u. die gleiche Schrift besser ins Auge fällt. Die Sorge für den lat. Text des noch unedierten Theiles Ihnen aufzuladen, kann ich nicht über's Herz bringen, da die Ausscheidung nach den Evangelistenstellen etwas umständlich ist. Ich werde, ehe der Setzer darauf ansteht, beide Texte auf die begonnene Weise zurecht gemacht, nachliefern. Der Setzer wird ohne Zweifel aus der Probeseite meines Musterblattes erkennen, daß er nicht nach den Alinea's des Schilterischen Druckes sondern nach den von mir angebrachten //abzusetzen hat, so daß den entsprechenden lateinischen Stellen immer die deutschen gegenüber zu stehen kommen. Alle andern /, welche vorkommen und blos die Enden der Zeilen in der St.Galler Handschrift andeuten, gehen ihn nichts an. Die angelsächsischen 3, welche hie & da in der St. G. HS. stehen, habe ich, da es kaum der Mühe werth ist, sie eigens schneiden und gießen zu lassen, unter gehöriger Bemerkung in den Noten, in dh aufgelöst. So habe ich die u der HS., für uuu (wu) durch wu gegeben. H. Dr. Braun hat mit großer Sorgfalt die Wörtchen die mit ihnen folgenden enclitisch verbunden sind,
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durch ν z.B. invthero bezeichnet. Ich wünschte daß der Setzer diese Anlehnung durch ein Durchschieß-Spatium andeuten möchte. Denn mit dem folgenden Wort zu Einem verbunden, würden diese Wörtchen unnöthiger Weise das Verständniß erschweren. Zudem kann die Trennung u. Verbindung, die im Cod. erfolgt ist, nichts weniger als zu alleiniger Richtschnur dienen. Doch diese Kleinigkeiten, so wie die Jnterpunction werden sich bey der Correctur am besten abthun lassen. Weiterer vorläufiger Proben von Papier, Format, Satz &c. braucht es demnach mit nichten, da Alles Ihrem Ermessen heimgestellt ist. Und in welche andere Hand könnte dieses und Alles vertrauensvoller legen - Ihr Verehrer Schmeller. " Was die Hinweise für den Setzer angeht, wird in dem Brief noch einmal z.T. bestätigt, was sich schon bei der Beschreibung der Druckvorlage zeigte. Darüber hinaus scheint dem Brief bereits eine Korrespondenz zwischen Schmeller und Endlicher in Bezug auf eine Tatianausgabe stattgefunden zu haben, bei der Endlicher Vorschläge zur Gestaltung gemacht und sich scheinbar erboten hatte, den lat. Text der Schilterschen Lücke aus dem Sangall.56 zu besorgen. Dies bestätigt zunächst einmal die aus der Beschreibimg der Druckvorlage folgende Annahme, daß Schmeller den lat. Text der Lücke (außer Kap.75-79) nicht abgeschrieben hatte. Ferner stellt es die Annahme in Frage, daß Emil Braun 1831 diesen lat. Text nachgeliefert habe. Dies könnte aber durchaus der Fall gewesen sein, und Schmeller wollte unter Umständen noch einmal eine Überprüfung des Textes haben. Jedenfalls scheint er Endlicher gegenüber geäußert zu haben, daß der betreffende lat. Text erst noch zu besorgen sei. In diesem Zusammenhang ist ein erst vor kurzem entdeckter, in BW noch nicht abgedruckter Brief aus dem Ostberliner Literaturarchiv von besonderem Interesse.95 Aus diesem Grund soll der noch unveröffentlichte Brief in seinem für diesen Zusammenhang wichtigen Teil, der zugleich der größte ist, wiedergegeben werden: "Verehrter Freund. München 25. März 1839 Der Bogen hat ganz meinen Beyfall. Daß der obere Rand etwas schmächtig aussieht, ist wohl nur Zufälliges bey dieser Correctur. Sehr zweckmäßig sind die Marginalien M.Mc.4.I. .., u. vollends die Übersicht nach der Capitelreihe der Evangelien, womit Sie das Werk auszustatten vorhaben. Dadurch findet sich jeder Leser in den Stand gesetzt, jede Stelle, jedes Wort der Evangelien in dieser Sprache nachzuweisen in so ferne es nemlich sonst hier vorkommt. Ihr gütiges Anerbieten, den fehlenden lateinischen Text selbst zu besorgen, nehme ich, da Sie wiederholt darauf zurückkommen, mit dem größten Danke an. Ich werde Ihnen demnach mit einem Anfangs April nach Wien reisenden 95
Der Brief wurde vor kurzem von einem Mitarbeiter des Lehrstuhls fur Germanist. Linguistik und Dialektologie in Bayreuth, neben mehreren, aus einem Ankauf stammenden Schmellerbriefen im Ostberliner Literaturarchiv gefunden. Er ist dort aufbewahrt unter: Allgemeine Sammlung (Ankauf)/ l.Brief 1838/ 2 Β II.
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Engländer, Hrn. Vipan, der nicht weniger stark in der deutschen als in den altclassischen Sprachen ist, den ganzen rückständigen Text zusenden. Da die Hs. in ihrer Accentuierung keine Consequenz zeigt, u. über kurze, gerade wie über lange, Vocale dasselbe Zeichen setzt, so habe ich statt des Circumflexes lieber überall den Acutus gesetzt, dem wir seine so bestimmte Geltung beylegen. Das in Sch. veränderte Tat, [gemeint ist die Kapitelbez. im ahd. Text] u. ähnliches werden Sie, hoffe ich, gutheißen. [...]" Dem Brief ist ein Titelblattentwurf beigelegt, der so aussieht: HARMONIA EVANGEUORUM quae TA TIANI ALEXANDRINI vulgo dicitur, e versione Victoris Capuani latina Seculo IX in lineuam zermanicum translata. Adfidem Codicis S. Galli nunc demum integram edididerunt St. Endlicher & J.A. Schmeller. Auf der Rückseite dieses Titelblattentwurfes ist vermerkt: "Titel, der vielleicht, wenn der römische Tatian/ wirklich ein Tatian wäre (ich habe bereits/ um nähere Auskunft geschrieben), noch einen/ Zusatz erhalten müßte, sofern nemlich die/ Lesarten daraus unserer Edition ange-/ hängt würden."/. Der Hinweis auf den römischen Tatian bezieht sich auf einen im Katalog der Vatikanischen Bibliothek aufgelisteten Titel Anonymi Harmonía Evangelistarum theutonice, den Schmellers Schüler Karl Greith bei seinen Untersuchungen in dieser Zeit dort entdeckte (vgl. Greith, Spicilegium Vaticanum, Frauenfeld 1838, 72), der aber im neuen Katalog der Codices Palatini Latini I schon fur 1798 als fehlend ausgewiesen wird (vgl. dazu Schm.Amm.Prol.II u. STat.2,XVI). Nochmals erfahren wir wertvolle Hinweise auf Gestaltung des Drucks, vor allem auf Setzung der Akzente nach Tahd(G). Völlig überraschend ist jedoch der Titelblattentwurf, der Endlicher als Mitherausgeber nennt. Schmeller war zu diesem Zeitpunkt entschlossen, den fehlenden lat. Text von Endlicher besorgen zu lassen. Gleichzeitig deutet aber die Bemerkung, daß er den ganzen rückständigen Text (nach dem Brief vom Februar hatte er die ersten 74 Kapitel, also jene vor der Textlücke geschickt) zusenden wolle, darauf hin, daß darunter auch der (von Emil Braun?) nachgetragene lat. Text der Lücke dabei ist. Daß die Hand, die den Text im oben beschriebenen Manuskript nachgetragen hat, nicht die Hand Endlichers sein kann, darauf weist der Umstand, daß Endlicher schließlich doch nicht als Mitherausgeber in der Ausgabe von 1841 erscheint. Letztlich scheint Endlicher, der zunächst mit großer Eile und Unrast den Druck vorantrieb, im Interesse daran nachgelassen zu haben. Einige Briefe Schmellers an J.Grimm zeugen für die anfängliche Eile Endlichers. Am 25.3.1838 spricht er in einem Brief an
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Grimm, den er am selben Tag wie den oben zitierten an Endlicher geschrieben hatte, von einem "rastlosen Endlicher" in Wien, der ihn durch Maßmanns Dazwischenkunft bestimmt habe, jetzt, wo sein Versprechen nach v.Arx' Tod gegenstandslos sei (vgl. Anm.93), den ganzen Tatian drucken zu lassen (BW 11,403). Und am 11.3.1839 schreibt er an J.Grimm: "Der Tatian ist durch Endlichers 'Endlichkeit' bis auf ein paar Bogen fertig. Es thut mir leid, daß ich damit Graffen in die Queere gekommen bin, der, wie er auf meine Anzeige mir geschrieben, ebenfalls daran war, seine Abschrift drucken zu lassen. " (BW 11,425) All das weist darauf hin, daß die Editio princeps des Tatian nach der St.Gallener Hs. zunächst in großer Eile den Verlags- und Druckvorgang durchlaufen hatte. Von September bis Ende Oktober 1839 reist Schmeller selbst nach Wien. Allerdings erfahren wir kaum etwas näheres von dieser Reise, auch nicht über den Verlags- und Druckvorgang beim Tatian. Im Tagebuch notiert er am 21 September nur, daß er in Begleitung der Familie Martius die Reise nach Wien angetreten habe und daß näheres darüber in seinem Reiseheftchen in der Allg.Ztg. vom 1. Oktober zu erfahren sei (vgl. TB 11,269). Davon hat sich leider nichts erhalten. Schon vor Schmellers Abreise nach Wien scheint der ganze lat. und dt. Text des Ammonius (Tatian) bis auf die Tabellen des synoptischen Index gedruckt gewesen zu sein, wie Schmeller am 21.3.1841 in seinem Tagebuch bemerkt und hinzufugt, daß die Bogen mit diesem Index, die ihn acht Tage vor dem Eintragsdatum (21.3.1841) erreichten, schon seit Jahr und Tag fertig gelegen hätten, und er auf diese Weise keine Möglichkeit zur Korrektur erhalten hätte (vgl. TB 11,308). Ein Tagebucheintrag Schmellers vom 10.5.1840 deutet zuerst darauf hin, daß Endlichers Interesse am Fortgang der Arbeit stark nachgelassen hatte. Schmeller bemerkt darin, daß er von der Beck'schen Buchhandlung, nicht von Endlicher, der jetzt ein großer Herr geworden sei und ihn ganz vergessen habe, endlich die Vorrede zur Korrektur erhalten habe (vgl. TB 11,272-273). Durch die anfängliche Eile Endlichers und seine spätere Interesselosigkeit scheint das ganze Unternehmen stark gelitten zu haben. Wäre die anfängliche Eile nämlich nicht gewesen, so hätte Schmeller all jene Erkenntnisse, die er während seiner Reise nach Berlin und Kassel im Herbst 1840 vor allem über den lat. Text des Tatian nach T1(F) gewinnen konnte, noch mit in den Text einbringen können. So konnte er nur noch in den Prolog einige dieser Erfahrungen einfügen. Im oben erwähnten Tagebucheintrag vom 21.3.1841 sagt er dazu: "Zum Glück ist wenigstens der Prolog in der Form [Druckform] stehen geblieben, so daß ich noch Einiges, was ich durch die Berliner Reise usw. gelernt, hineinpracticieren kann." (TB 11,308) So bleiben ihm nur resignierte Feststellungen wie am 12.6.1841 im Tagebuch: "Den Morgen kommt Martius mir zu sagen von einem Briefe Endlichers, worin dieser schreibt vom Ammonius seyen für mich Exemplare über Leipzig auf dem Weg. Also bereits fertig, und wie die Tabellenbogen wieder ohne mich eine Revision machen zu lassen." (TB 11,313) Und am 3.9.1841 näheres dazu, als Schmeller das fertige
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Exemplar in seinen Händen kommentiert: "Mehr Ärger als Freude. Die Zusätze und Berichtigungen des von 1840 her noch im Satze gestandenen Prologus, welche ich nach der Berliner Reise an Beck und Endlicher gesandt hatte, mit dem ausdrücklichen Verlangen, mir sie vor dem Abdruck noch zur Revision zuzusenden - sind - wie früher die Tabellen - ohne meine Revision unter die Presse genommen worden. Nun Monstra wie dubicantes, und im Corrigendenverzeichniß selbst monenti (momenti), undisset (audisset), fructu (fracto), internuntiate (ite, nuntiate). " (TB 11,315) Schmeller hatte während seiner Berliner Reise die Möglichkeit, seinen Ammomus mit den Abschriften des lat. Textes nach dem Fuldaer und dem St.Gallener Codex, die Karl Lachmann genommen hatte, zu vergleichen. Ebenso konnte er den ahd. Text des St.Gallener Codex nach der Abschrift Graffs vergleichen. Diese Vergleichsaibeit führte er vom 25. bis 29.September in Berlin durch (vgl. TB 11,289-291). Offenbar hatte Schmeller dazu die Korrekturfahnen seiner Wiener Ausgabe zum Vergleich mitgenommen. Einige dieser Korrekturbögen sind noch in Schindlers Handexemplar der Ausgabe von 1841 eingelegt. Die Unterschiede, die er bei den Collationen in Berlin festgestellt hatte, sind alle in diesem Handexemplar (SCHMELLERIANA VIII. 10.) an Ort und Stelle eingetragen. Es wird im folgenden hier genauer beschrieben, weil sich daraus wertvolle Hinweise für eine Widerlegung der später zu behandelnden Vorwürfe E.Sievers gegen die Edition Schmellers ergeben. Außerdem kann es zeigen, wie Schmeller auch dieses Werk noch nach seinem vorläufigen Abschluß durch den Druck weiter verbesserte, und daß viele Verbesserungen, welche die Edition von Sievers für sich beansprucht, auch hier schon eingearbeitet waren. Sicher wäre es für die Arbeiten Sievers zu dessen Ausgabe von 1872 eine wertvolle Hilfe gewesen. Es ist wohl kaum anzunehmen, daß Sievers diese Arbeiten gekannt und für seine Edition nutzbar gemacht hatte, denn er spricht in seinem Vorwort nur von der Ausgabe Schmellers. Die hatte er allerdings, wie sich noch zeigen wird, bei den Vorarbeiten zu seiner Edition schon neben sich liegen. Zu SCHMELLERIANA VIII. 10.: Auf dem vorderen Buchdeckel steht innen mit roter Tinte eingetragen: "Graffs Abschrift S.Gallen April 1826/ verglichen Berlin 23.-29.Sept. 1840/ Lachmanns Abschrift des lat. Textes Fulda 13.Sept. 1839/ Göttingen (aus dem St./Galler Codex) 9.Jan.l840/ Verglichen Berlin 23.-28t. 7t.ber 1840/ Friedrichsstr. N.°73. 2 Tr./ (bei Hrn. Grießenkorth) "/.Die Lesarten aus den genannten Abschriften Lachmanns und Graffs wurden durchgehend mit roter Tinte in das Handexemplar Schmellers eingetragen! Vorne eingelegt sind die Korrekturbögen folgender Seiten: I-XI (=Prologus); 89-96; 97-112; 137-144; 145-152; 153-156; Bögen mit Inhaltsübersicht Elenchus capitum Harmoniae (157-160). Zuletzt sind die synoptischen Tabellen ebenfalls lose beigelegt. Auf der Rückseite der Korrekturbögen S.X-XI (Prolog) sind Lesarten aus T1(G) und T1(F) zu Schilters lat.
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Text angegeben, die offensichtlich mit in das Vorwort unter S.X-XI eingearbeitet werden sollten. S.XI steht am linken Rand in Sütterlin: "Die Collat. des lat. bei Schilter fehlenden/ Textes hier nicht angegeben. "/. Die Zusätze sind in roter Tinte mit dünner Feder und winziger Schrift angeführt und einzelne Pfeile weisen auf die Stellen des Vorworts, wo sie eingefugt werden sollen. Die einzelnen Wörter und Textteile sind mit den entsprechenden Kapitelnummern versehen, auf die sie bezogen sind. Gewöhnlich sind die Stellen angegeben, die in T1(G) anders oder zusätzlich sind oder fehlen. Manchmal finden sich Hinweise wie "fehlt S.G./ & F", oder "fehlt S.G.", wenn T1(F) und T1(G) nicht übereinstimmen. Wie ein Vergleich mit der Ausgabe von 1841 zeigt, sind diese Einfügungen der lat. Lesarten aus T1(F) und T1(G) auf S.VIII-X des Prologs durchgeführt worden. líber dem ersten Korrtekturbogen S.I steht: "München 1 O.May 1840/ Wird zur Revision erbeten, so wie die ausständigen Bogen des tabellarischen/ Index zur CorrecturJ den 30.May/Revision"/. Dann folgt eine Anweisung für den Setzer, daß er die Namen im Prolog in gewöhnlicher Schrift, aber durchschossen setzen soll, was im Druck der Ausgabe auch tatsächlich ausgeführt ist. Auf S. 1 des Handexemplars ist, wo der Text beginnt, vermerkt: "F. Codex/ Fuldensis/ Victoris"/. Die mit roter Tinte eingetragenen Lesarten von T1(F) sind dann durchgehend mit F. bezeichnet. Auf S.2 steht unten rechts: "Bis hierher/ ausgezogen zum Glossar/ 3.Febr.l839"/. Das bezieht sich auf Schmellers Ahd. Glossar (vgl. oben, S.215 ff ). Auf S.3 steht bei Luc.1.29 est (in sermone... salutatio) neben dem Eingeklammerten mit roter Tinte: "v. Lachmann hier gestrichen u. bei Vers/ 36 eingeschaltet"/. Bei Vers 36 ist dann auf diese Stelle zurückverwiesen. Oder S.24 ist bei Luc. V. 3 5 nihil inde sperantes ganz durchgestrichen und am Rand steht: "S.G. disperantes/ F. desperantes". Oder S.38 ist bei Matth. VII Vers 41 und 42 von Viri Ninivitae bis einschließlich in judicio eingeklammert und am Rand steht: "Fehlt in F. ". Oder S.33 bei Matth.VIII.8 ist in tantum die verbum das Wort verbum unterstrichen und am Rand vermerkt: "S.G. & F. verbo". Oder S.99 bei Joh.VIII.27 ejus dicebat ist ejus gestrichen und am Rand steht: "Sg. eis". Im Druck von 1841 stehen alle die angestrichenen, durchgestrichenen und eingeklammerten Stellen. Dies also ein Nachweis dafür, wie Schmeller den fertig gedruckten lat. Text seiner Ausgabe noch nachträglich mit den Lesarten T1(F) und T1(G) versehen hat. Solche Nachträge finden sich im ganzen lateinischen Text durchlaufend und recht zahlreich in Schmellers Handexemplar. Eine Stelle verrät, daß er zum Vergleich des lat. Textes auch einen Münchner lat. Tatiantext (Clm.23346) herangezogen hat. Darauf muß später noch eingegangen werden, weil sich erweisen wird, daß er diesen Münchner Codex nicht nur hier für die Nacharbeit an der fertigen Ausgabe,
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sondern auch schon zur Vorarbeit für sein Druckmanuskript verwendet hat. Hier erst einmal die Stelle: S.149 (Kap.221.Sch.) bei Joh.XX.ll ist hinter Dum ergo ßeret, ein Verweiszeichen gemacht bei dem steht: "Hier fehlt u. ist auch im Cod.Monac. erst v. späterer Hand nachgetragen: inclinavis se et prospexit in monumentum et vidit duos angelos/ in albis sedentem unum ad caput et unum ad pedes ubi positum fuerat corpus/ Jesu. Dicunt ei Uli: mulier, quid ploras? Dicit eis"/. Am rechten Rand daneben steht: "fehlt auch/ im F. u. S.G. "/. Es zeichnet sich nach dem Beschriebenen also hier schon ab, daß von einem rein automatischen Abdruck des lat. Textes von Schilter, wie Sievers es in den Vorworten seiner beiden Ausgaben behauptet, keinerlei Rede sein kann (vgl. STat.1,4 U.2.XIV). S.122 nach der Textlücke in Schilter (Kap. 153) ist vermerkt: "Incipit fragmentorum/ a palthenio et Schiltero/ editorum posterius"/. Gegenüber in der lat. Spalte steht: "finis Fragmenti a Hesso editi p.571. "/. Für die Bearbeitung des ahd. Textes möchte ich ein paar Stellen herausgreifen, die eindeutig belegen, daß Schindler nicht stillschweigend Varianten aus dem ahd. Text bei Schilter übernommen hat. S.125 (Kap.Sch.CLIX.2.) ist bei Joh.XIII.26 in thaz githuncota brót das a von githuncota als Druckfehler moniert. Daneben steht vermerkt: "das Schiltersche / githuncotoj ist von mir bey/ der Collation mit/ dem Cod. ungeän-/dert geblieben./ auch Graff läßt githuncoto"/. Eine Überprüfung am Mikrofilm von Tahd(G) hat ergeben, daß eindeutig o steht. Auch STat.1/2 druckt o. Das a in der Ausgabe wird also eindeutig als Druckfehler ausgewiesen. Von einer stillschweigenden Übernahme einer Schilterschen Lesart kann nicht die Rede sein. S.125 (Kap.Sch.CLIX.4.) ist in .. thu tuos, tuoz .. das Wort tuos unterstrichen und am Rand steht: "Sch. tuost". Das bedeutet, daß im Text der Ausgabe richtig nach Tahd(G) tuos gedruckt ist und daß das tuost von Schilter in die Fußnoten gehört, was im Druck der Ausgabe nicht geschehen war. S.125 (Kap.Sch.CLIX.8) ist in .. got ist giberehtot.. das Wort giberehtot als Druckfehler unterstrichen und am Rand dazu vermerkt: "Cod. giberehto (Grafi)/ Sch. giberehtota"/. In der Ausgabe Schmellers von 1841 steht also giberehtot, und das wird hier als Druckfehler moniert mit dem Hinweis, daß in Tahd(G) giberehto stehe und auch Graff das so abgeschrieben habe. Eine Überprüfung am Mikrofilm hat dies als richtig bestätigt. Und jetzt die Überraschung: Auch E.Sievers druckt in STat. 1,289 an genau dieser Stelle das giberehtot aus der Ausgabe Schmellers von 1841 ab, mit dem einzigen Unterschied, daß er über das o den schulmäßigen Zirkumflex setzt, dessen Einfügung er in der 1. Auflage seiner Ausgabe regelmäßig durchgeführt hat! Diese Lesart kann er eigentlich nur aus Schmellers Ausgabe oder von Schilter haben, denn Schmellers Hinweis auf die Lesart giberehtota bei Schilter bezieht sich erst auf das nächste im Satz stehende giberehtot. Es ist sicher, daß Sievers zumindest Schmellers Ausgabe bei seinen Arbeiten immer mitverglichen
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Zur Rezeption von Schindlers philologischem Werk
hat, das zeigt sich auch eindeutig noch an einer Stelle im lat. Text, von der später noch zu handeln ist. Man könnte ihm nun hier auch den Vorwurf machen, den er selbst gegen Schmeller erhoben hat (vgl. STat.1,4 u.2,XIV), aber auch das wäre eine ungerechte Unterstellung, denn er hat die Lesart - genau wie Schmeller in ähnlichen Fällen - ja nicht stillschweigend, also wissentlich übernommen sondern sich beim Vergleichen der Texte nur versehen. Eine andere Stelle weist auf einen Fehler hin, den Schmeller offensichtlich beim Abschreiben des ahd.Textes in St.Gallen gemacht hatte: S.125 (Kap.Sch.CLX.5) ist bei ..ir coman, inti.. das o in coman unterstrichen, und am Rand steht: "Sch. coman/ vielleicht v. mir übersehen/ nach dem Cod. in cuman zu corrigieren/ auch Graff läßt coman"!. Eine Überprüfung am Mikrofilm ergab die Lesart coman, die auch Sievers druckt. Noch ein weiterer klarer Beweis, daß Schmeller nicht "stillschweigend" Lesarten aus Schilter übernahm, wie Sievers es ihm vorwirft (vgl. oben): Auf S.38 (Kap.LVI.4.) ist bei .. ih uúilu das auslautende u durchgestrichen und daneben vermerkt: "/ Sch. uuillu"/. Übergeschrieben steht uuili. Der Mikrofilm von Tahd(G) liest MM/7/, das auch Sievers hat. Ein Blick in das oben beschriebene Druckmanuskript Schmellers zeigt, daß Schmeller das Schiltersche uuillu in uúilu korrigierte und dabei vergessen hatte, auch das u in / umzusetzen. In der Ausgabe von 1841 steht demnach uúilu. Es handelt sich hier um einen unbeabsichtigten Fehler. Das beweisen die nachträgliche Korrektur und die Tatsache, daß im Druckmanuskript die Schiltersche Lesart ja z.T. schon nach Tahd(G) korrigiert worden ist. Übermäßig zahlreich sind die Druckfehler, die wahrscheinlich nicht - wie sich an den erwähnten Beispielen z.T. schon erwiesen hat - einer mangelhaften Korrektur Schmellers angelastet werden können und die sicher mit der Eile zusammenhängen, mit der Endlicher den Druck in Wien anfanglich vorangetrieben hatte. Schmeller hat sie alle in seinem Handexemplar nachkorrigiert. Noch ein Beispiel, welche laienhaften Fehler dem Setzer z.T. unterlaufen sind: Im Kap. 89 (Zählung nach Tahd) sind die fortlaufenden Nummern des ahd. Textes so ausgedruckt: 1./ 2./ 3./ 14./ 15./ 16. Schmeller bemerkt auf S.65 seines Handexemplars dazu: "In der nach Wien gesendeten Version waren dem Setzer im 89t. Capitel/ die Nummern 4. 5. 6. am Rande, wie üblich, so bemerkt: / 4/ 5/ 6/ Er hat die Avisostriche für Einser genommen. " Ein Blick in diese "Version" (oben beschr. Druckmanuskript = SCHMELLERIANA VIII. 11) bestätigt diese Bemerkung. Neben den Einträgen der Lesarien nach T1(G) und T1(F), der nachträglichen Richtigstellung von Schilterschen Lesarten, die durch Schmellers Versehen oder durch die Schuld des Setzers im ahd. Text stehen blieben und schließlich der Korrektur der zahlreichen einfachen Druckfehler sind noch einige Stellen zu erwähnen, an denen Schmeller Angaben zu Rasuren in der St.Gallener Hs.
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macht: Auf S.45 (Kap.Sch.LXVII.8) ist bei.. rtibi ther .. das Wort ther unterstrichen, daneben steht: "S.G. vorher stand thie. S.45 (Sch.LXVII.15): .. ther .. "aus thie verändert. S.53 (Sch.LXXX.6): .. bróton .. "vorher stand brotum"\ und: "..thio .. thio, das o nachkorrigiert". S.56 (Sch.LXXXII.10): Ih
bin leib .. "altes m in η corrigiert"; und: Ih bin ther lebento .. "ältere Schrift bim". S.61 (Sch.LXXXVII.8): ..ist ther sait, inti.. "Es stand früher sahit. Das
h ist ausradiert". Auch hier deutet sich an, daß Schmeller die Rasurstellen im St.Gallener Codex schon beachtet hat, auch wenn er sie hier erst nachträglich den entsprechenden Stellen im fertigen Druck zuweist. Wie sich aber zeigen wird, hat er sie auch in seinem Vorwort allgemein erwähnt. Von einer gänzlichen Nichtbeachtung der Rasuren, wie Sievers sie ihm vorwirft (STat.1,4 U.2.XIV), kann ebenfalls keine Rede sein. Die beschriebenen Korrekturen, Hinweise und Einfügungen finden sich regelmäßig auf nahezu allen Seiten des Handexemplars eingetragen. Zahlenmäßig überwiegen im ahd. Text die einfachen Korrrekturen (durchschnittlich 4-5 pro Seite), dicht gefolgt von der Zuweisung Schilterscher Lesarten in die Fußnoten und Angaben über Rasuren des Codex (durchschnittlich 2-3 pro Seite). Auf S.160 steht mit roter Tinte vermerkt: "Bibl. p-p. Lugd. 1677 tom.III/ Ammonius Alexandrinus tempore Alexandri/ imperatoris vixit & scripsit ommnes evangelium/ quos allii Harmonium evangelicum vocant/ quam Victor Capuanus cum Tatiani Diatessaron/ confudisse videtur. Bellar-
mus de scriptoribus/ ecclesiatici'V. Diesen Hinweis hat Schmeller offenbar in seinem Prolog verwendet, wo er für Ammonius als Verfasser der Harmonie plädiert, aber auch für andere den Tatian gelten lassen will (vgl. Schm.Amm. Prol.VI-VIII).
3.2.1.1. Aufnahme und Bewertung der Tatianausgabe Im letzten Punkt wurde schon darauf hingewiesen, wie verdrossen Schmeller selbst das fertige Druckexemplar seines Ammonius begrüßt, wie er sich dabei nochmals bitter über fehlende Revisionsmöglichkeiten beklagt hatte. Sicher ist ihm dabei auch bewußt gewesen, daß der anfänglich allzu rasche Verlauf des Druckvorgangs und seine eigentliche Betreuimg durch eine dritte Person, deren Interesse an der Sache bald zu erlahmen schien, letztlich keine guten Auswirkungen auf die Qualität des Drucks haben würde. Eine weitere Äußerung zu dem Vorgang ist anläßlich einer entsprechenden Kritik Karl Roths ebenfalls aus dem Tagebuch zu entnehmen. Am 8.April 1842 bemerkt er darin (TB 11,327): "Wie ich heute von Dr. Karl Roth's beispielloser Aufrichtigkeit erfahre, hat er die beiden Feiertage 3. und 4. (Sonntag und Mariä Verkündigung), während ich harmlos tafelte, darauf verwendet, die Unzahl der 'Böcke' in meinem Ammonius, den ich ihm vorlängst geschenkt, anzustreichen. Wie jener Römer gesagt, 'noch so ein Sieg und wir sind verloren',
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so könne auch ich sagen, noch so eine Ausgabe, und um meinen Kredit sey es geschehen. " Und einige Monate später, in einem Brief vom 6.9.1842 an J.Grimm (BW 11,501): "Ich dagegen hatte so gar nichts gethan, mich in geneigtem Andenken zu erhalten. Mit meinem Ammonius (Tatian) habe ich mir nicht geschmeichelt große Ehre einzulegen, da die Vorrede so wie hinten die Tabellen durch Endlicher's anfangs eifrige & höchst dankenswerthe aber zuletzt nachlassende Dazwischenkunft abgedruckt worden sind, ohne mir, wie es bedungen war, zur letzten Correctur zugesendet zu werden, unter welcher manche Ziffer zu ändern war. " Deutlich weist hier Schmeller noch einmal selbst auf die oben schon recherchierten unglücklichen Umstände des Druckverlaufs hin. Vermutlich hätte Schmeller noch mehr Berichtigungen und Hinweise, auf die er durch seine Textvergleiche in Berlin und vor allem durch ihre nachträgliche Auswertung gestoßen war, wenn schon nicht mehr im Text so doch wenigsten im Vorwort und bei den Corrigenda untergebracht. Vermutlich wurde die briefliche Erwähnung gegenüber Grimm auch deshalb gemacht, weil Schmeller wenigstens auf ein kleines Echo von kompetenter Seite hoffte. Es scheint nämlich auffällig ruhig um seinen Ammonius gewesen zu sein. Eine zeitgenössische Rezension, die sich wirklich genauer und gerecht damit auseinandergesetzt hätte, scheint es nicht gegeben zu haben. Die genauso harsche wie ungerechtfertigte Kritik Sievers im Vorwort seiner ersten und auch seiner zweiten Auflage hat schließlich endgültig den Stab über der Editio princeps Schindlers gebrochen. Im weiteren Verlauf wird nur mehr unverbindlich und allgemein über Schmellers Ausgabe gesprochen. Auch solche Darstellungen, die sich unter forschungsgeschichtlichem Aspekt mit der philologischen Arbeit Schmellers auseinandersetzen, bleiben zu diesem Punkt vage und unverbindlich. Wie sich oben zeigte, wird in BRUNNER 1971, 96/97 sogar irrtümlich angenommen, daß Schmeller einen "kritisch gesichteten" Text aus Tahd(G) und Schilters Abdruck des Apographon Junianum herstellen wollte. Im übrigen werden dort die Angaben zu Schmellers Ausgabe und deren Vorgeschichte gemacht, die auch Sievers im Vorwort seiner Ausgabe etwa so darstellt. Auch in BASLER 1955,461 werden dazu nur dunkle Andeutungen in einer Anmerkung gemacht: "Zur leidvollen Geschichte der ahd. Tatian-Ausgaben bis zu Ed. Sievers' 2. neubearb. Ausgabe 1892 wird gerade im Zusammenhang mit Schmellers Arbeiten - die von Anfang an unter dem unguten Stichwort der Restitutio standen - und der Ausgabe : Evangelii secundum Mattheum versio francica ...'zum Gebrauche bey Vorlesungen (München 1827) - [...] - und endlich der Ausgabe nach der St.Galler Hs. G: Ammonii Alexandrini quae et Tatiani dicitur Harmonía Evangeliorum (Wien 1841) = Schmelleriana 23 - zu handeln sein. "
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Leider wird aber nichts näheres darüber gehandelt, sondern es bleibt bei dieser etwas unklaren Aussage. Was die leidvolle Geschichte betrifft, auf die Basler hier anspielt, könnte damit zunächst der Auszug aus Tahd(G) gemeint sein, den Schmeller für sein Matthäusevangelium machte. Wie unter Punkt 2.3.1.1. schon beschrieben wurde und auch aus dem Titel des Drucks hervorgeht, hatte Schmeller dieses Evangelium ausschließlich zum Gebrauch fur das Studium herausgegeben. Entsprechend hat er den Text durch eigene Konjektur nach der Vulgata ergänzt und schulmäßig mit Akzenten und Längenbezeichnungen u.ä. versehen. Grimm hatte damals dieses Verfahren mißbilligt und bedauert, daß Schmeller nicht die gesamte Textlücke in Schilters Abdruck des Apographon Junianum nach Hs. Β mit dem entsprechenden Text aus Tahd(G) ergänzt habe. Eine eigennützige Kritik, wie mir scheint, die obendrein verkennt, daß der Auszug keine kritische Edition sein wollte sondern eben für Schulzwecke gedacht war. Dennoch scheint mit dieser Kritik auch noch zu Baslers Zeiten eine leidvolle Geschichte der Tatian-Ausgaben verbunden zu sein. Scheinbar rechnet Basler auch noch die erste Auflage der Sievers-Edition zu dieser leidvollen Geschichte. Wahrscheinlich meint er damit, daß Sievers in dieser Ausgabe Akzente und Längenbezeichnungen regelmäßig nach dem Schulgebrauch gesetzt hat. Hier ist eine solche Kritik freilich angemessener als bei Schmellers Matthäus-Evangelium, weil hier tatsächlich der Anspruch auf eine vollständige und kritische Edition des Tahd(G) erhoben worden ist. Bleibt noch das ungute Stichwort von der Restitutio zu klären, auf das Basler dunkel anspielt. Schmeller hatte sich mit einer gut fundierten Begründung im Prolog seiner Ausgabe für Ammonius als den Verfasser der Harmonie entschieden, fügte aber hinzu, daß er bei anderen auch den Tatian gelten lasse. Der Satz, mit dem Schmeller den Ammonius in seine Verfasserrechte einweist, lautet: "Restituimus igitur quod suum potius quam alius cujusdam esse videbatur, Ammonio." (Schm.Amm.Prol.,VIII). Und am 6.8.1839 schreibt Schmeller dazu in sein Tagebuch: "Nach Tisch am Conspect der alten und der neuen Evangelien-Eintheilung zum Ammonius (den ich wieder in seine, dem Tatian zugeschanzte, Rechte einsetzen will) gearbeitet, [...]" (TB 11,268). Da ja nach STat.2,XVIII durch die Veröffentlichung der arabischen Version der alten syrischen Übersetzung seit spätestens 1883 die Autorenschaft für Tatian entschieden war, konnte man aus der Sicht von 1955 leicht sagen, diese "Wiedereinsetzung" des Ammonius durch Schmeller sei eine ungute Sache gewesen. Denn sie wird wohl mit Baslers Bemerkung vom "unguten Stichwort der Restitutio" gemeint sein. Im folgenden soll nun versucht werden, zu den vernichtenden Vorwürfen Sievers u.a. anhand einiger Textstellen, an denen seine Ausgaben mit den Ausgaben Schmellers und Scherz/Schilters sowie dem Mikrofilm von Tahd(G) verglichen werden, genauere Stellung zu nehmen und damit auch eine differenziertere Würdigung der Schmeller-Ausgabe nachzuholen.
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3.2.2. Zu den Vorwürfen von Eduard Sievers Vor dem Hintergrund der eben dargestellten Zusammenhänge ist nun entscheidend, wie Sievers als zweiter Herausgeber und Autorität eines inzwischen etablierten wissenschaftlichen Faches, das sich exakte Wissenschaftlichkeit in einem höheren Maße als seinen Begründern zugestand, über die Editio princeps von 1841 urteilen würde. Es wurde schon bei der Beschreibung von Schmellers Druckmanuskript und seinem nachkorrigierten Handexemplar angesprochen, daß dieses Urteil vernichtend ausfiel. Es wurde auch bereits sichtbar, daß es ebenso überzogen wie unberechtigt gewesen zu sein scheint. Dies soll nun näher untersucht werden, um Falsches und Ungerechtfertigtes zurückzuweisen oder zu relativieren. Dazu erst einmal die Vorwürfe Sievers im Zitat: "Die erste vollständige Ausgabe des Tatian nach G lieferte J:A:Schmeller: Ammonii Alexandrini quae et Tatiani dicitur Harmonía Evangeliorum, Viennae 1841. Diese Ausgabe, basiert auf einer bereits 1824 angefertigten und 1832 von E.Braun collationierten Abschrift Schmellers, ist bis jetzt die einzige geblieben, obwol einerseits der deutsche Text durch eine bedeutende Menge falscher Lesarten, die kritisch gar nicht zu rechtfertigende stillschweigende Aufnahme von Varianten aus Schilter und die gänzliche Nichtbeachtung der zahlreichen Correcturen und Rasuren entstellt ist, andererseits der Abdruck des lateinischen Textes aus PalthenSchilter, der, wie der erste Blick lehrt, von Palthen in möglichst genaue Übereinstimmung mit dem deutschen gebracht worden ist, jede Quellenuntersuchung oder auch nur eine richtige Würdigung der Übersetzung unmöglich machte. " (STat.l, 3-4) Soweit die entsprechende Stelle aus dem Vorwort der ersten Ausgabe von 1872. Die zweite Ausgabe (1892) hat diese Aussagen zwar etwas modifiziert, aber im Grunde aufrecht erhalten. Die dort veränderten Stellen lauten so (STat.2, XIV): "Diese Ausgabe basiert auf einer 1824 angefertigten und 1832 von Emil Braun collationierten Abschrift Schmellers. In ihr ist der deutsche Text durch eine Anzahl falscher Lesarten, die stillschweigende Aufnahme von Varianten aus Schilter und die Nichtbeachtung der zahlreichen Correcturen und Rasuren entstellt. Außerdem ist der beigegebene lateinische Text statt aus G selbst vielmehr aus den Ausgaben von Palthen und Schilter herübergenommen, soweit er in diesen vorlag. Diese aber geben ihrerseits Junius' Bearbeitung in der Hs.B wider, die das Lateinische in möglichst genaue Uebereinstimmung mit dem Deutschen gebracht hat. " In der zweiten Ausgabe erscheinen also die Vorwürfe insofern etwas abgeschwächt formuliert, als die verstärkenden Attribute beiseite gelassen sind. In ihrer Kernaussage aber sind sie geblieben, wobei besonders die "stillschweigende Aufnahme von Varianten aus Schilter" eine schwerwiegende Unterstellung bedeutet, da sie auf eine absichtliche Täuschung hinweist. Verändert ist auch die Aussage über den lateinischen Text bei Palthen und Schilter. Während im ersten Vorwort noch Palthen den lat. Text ans Deutsche
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angepaßt hat, wird dies im zweiten Vorwort der Bearbeitung des Junius zugeschrieben. Das geht allerdings schon aus dem Prolog zu Schmellers Ausgabe hervor wo es heißt: "Nam quod inter codices ab eodem Junio relictos in Bibliotheca Bodleinana Oxoniensi hujus Harmoniae latino-francicae asservatur exemplum non est ipse antiquus Vulcanii codex, sed modernum tantummodo ejus apographon, a Junio, dum inter vivos esset, cum commentariis suis prelo paratum. " (Schm.Amm.,1) Zu diesen Vorbereitungen zum Druck durch Junius kann man sicher auch die Angleichung des lat. an den dt. Text (hauptsächlich durch Satzzeichen) rechnen. Schmeller verweist in einer umfangreichen Fußnote darauf, daß er diese Zusammenhänge von B.Bandinel, dem Leiter der Bodleiiana, brieflich mitgeteilt bekommen habe und zitiert die Mitteilungen Bandinels. Dieser beschreibt vor allem ein der Junischen Abschrift vorgeheftetes Blatt, auf dem vermerkt ist, wie eine Abschrift der Hs.B, die sich 1653 in Heidelberg finde und die in 244 Kapitel eingeteilt sei und in der Mitte ab Kap.76 eine größere Lücke aufweise, von Vulcanius an Marquard Freher gelangt sei. Dann folgt in der von Schmeller zitierten Mitteilung Bandinels der Hinweis, daß in den Papieren von Junius unter der Nr.42 ein von diesem angelegtes "Auctarium notarum in Tatianum" aufbewahrt werde, auf dessen Seite 290 sich neben Anmerkungen über das Wort ubarhuhtige nochmals der Hinweis befindet, daß die besagte Abschrift von Vulcanius an Freher geschickt worden sei. (Schm.Amm.,I-II). Sievers stellt diese Zusammenhänge in seinen beiden Vorworten ebenfalls dar. Wie er schreibt, hat er im Winter 1870 das Apographon Junianum in Oxford collationiert. Dabei hat er scheinbar auch jene Mitteilungen Bandinels an Schmeller überprüft und keine Neuigkeiten hinzugewinnen können. Er fugt der Mitteilung Schmellers nur den Schluß hinzu, daß die besagte Abschrift 1653 aus Marquard Frehers Nachlaß in den Besitz von Franz Junius gelangt sei. Interessant für sein Rezeptionsverhalten ist nun, wie er diesen Sachverhalt im Zusammenhang mit der eben beschriebenen Fußnote Schmellers darstellt. Weil ich dieses Zitierverhalten als sehr wichtig für den Umgang Sievers mit Schmellers Edition erachte, soll die entsprechende Anmerkung zu dem oben beschriebenen Vorgang aus dem Vorwort seiner 2. Ausgabe hier im Haupttext zitiert werden: "Dieser Sachverhalt ergibt sich deutlich aus der Vergleichung der bereits von Schmeller p.l*** mitgeteilten Notiz des Junius auf einem vorgehefteten Blatt der Abschrift in Ms.Jun.13: 'Indici Heidelbergae (ubi primus huius lucís auras ipse hausi) anno Domini MDCLIII in Tatiani Alexandrini Harmoniam Evangeliorum latina-francicam a Bonaventura Vulcanio quondam ad Marquardum Freherum transmissam atque in capita CCXLIV distinctam, sed in medio sui LXXVJ circiter capitum lacuna foedam' mit der Bemerkung des Auctarium (Ms.Jun.42) p.290: 'De verbo ubarhuhtiee superbos. Quum in huius Harmoniae apographo quod Marquardo Frehero miserai Bonaventura Vulcanius, scriptum invenissem zispreitta ubarhubtise. videbatur ubarhubtiee illud referendum ad ufarhabanen, quod occurrit CLXXI. Posteaquam vero clarissimi domini Nicolai
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Heinsii Dan. filli beneficio in ipsius Vulcanii codicem incidissem atque ubarhuhtiee scriptum invenissem, statim quoque, missa priore coniectura, sensi vocem hanc pienissime referendam ad alamannica hueen, erhusen. eehugen, de quibus fusè agimus in annotatis ad XXVII, Γ. Allerdings gibt Junius hier nicht ausdrücklich an, daß sein Exemplar eben das von Vulcanius an Freher geschickte sei; aber diese Annahme ist doch sehr natürlich. [In der 1. Ausgabe führt Sievers diese Annahme noch auf die Vermutung Palthens zurück, daß ein Teil der Anmerkungen und Korrekturen im Apogr.Jun. z. T. von der Hand Frehers herrühre und bemerkt, daß darin die Angabe von Schmeller p.II zu verbessern sei.] Denn die Abschrift rührt - entgegen allen sonstigen Gewohnheiten des Junius - nicht von ihm selbst her, sondern von einer unbekannten Hand, und ist nur von ihm stark durchkorrigiert worden. Auffällig ist freilich die Angabe, daß Frehers Exemplar bereits die Einteilung in 244 Capitel gekannt habe, denn auch die Capiteleinteilung der Oxforder Copie ist erst von Junius eingetragen worden. Vielleicht liegt ein Gedächtnisfehler des Junius vor. Für die Hauptsache selbst ist übrigens diese Frage ganz ohne Belang. " Sievers bringt also das vollständige lateinische Zitat nach Schmeller. Er stellt es jedoch in einer Weise dar, die vermuten läßt, daß der zweite Teil des Zitats nicht mehr nach Schmeller geht sondern nach dem Auctarium des Junius selbst ("...ergibt sich deutlich aus der Vergleichung der bereits von Schmeller p. 1 *** mitgeteilten Notiz ... '... ' mit der Bemerkung des Auctarium ...'..."'). Das mag durchaus auf seiner eigenen Autopsie des Auctarium beruhen, denn Bandinels Mitteilung an Schmeller war sicher auch das wörtliche Zitat danach. Es erweckt aber den Anschein, als habe Schmeller die Mitteilung des Auctariums nicht gekannt. Daß dies nicht nur eine zufallige und ungeschickte Zitierweise ist, bestätigt das Vorwort zur ersten Ausgabe von 1872. Dort wird Schmellers Anmerkung gänzlich getrennt und in zwei voneinander getrennten Fußnoten gebracht, wobei sie nur in der ersten als Anmerkung Schmellers ausgewiesen ist. Man gewinnt insgesamt den Eindruck, daß Sievers entäuscht war, in Oxford keine über Schmeller hinausgehenden Neuigkeiten zu diesem Punkt zu gewinnen und wenigstens die Mitteilung aus dem Auctarium des Junius als auf seiner Autopsie beruhend darstellen wollte. Von Bandinels Mitteilung an Schmeller erwähnt er gar nichts. Soviel zur Verwendung von Schmellers Informationen in den Vorworten Sievers. Mindestens zwei der oben zitierten Vorwürfe Sievers gegen Schmeller lassen sich schon mit Stellen aus Schmellers Prolog, die bei Sievers allerdings nicht genannt werden, entkräften. Der Vorwurf Sievers, Schmeller habe den lat. Text aus Palthen-Schilter einfach abgedruckt, ist so formuliert, als habe Schmeller sich über den lat. Text überhaupt keine Gedanken gemacht, und in der Ausgabe von 1872 wird nicht einmal darauf eingegangen, daß ja auch im lat. Text bei Schilter eine Lücke von etwa 78 Kapiteln klafft. Darauf wird in der 2. Ausgabe zwar hingewiesen, aber es ist keine Rede davon, wo Schmeller den lat. Text der Lücke hergenommen hat. Nun hat sich bei der Beschreibung
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von Schmellers Druckmanuskript und Handexemplar schon gezeigt, daß der lat. Text 1840 in Berlin mit den Lesarten von T1(G) und T1(F) nach den Abschriften Lachmanns und Graffs verglichen wurde und daß wenigstens einige Lesarten daraus noch in den Prolog (VIII-X) aufgenommen werden konnten. An einer anderen Stelle des Prologs bedauert Schmeller die Tatsache, daß er den lat. Text nicht exakt nach T1(G) übernommen habe, weist aber gleichzeitig darauf hin, daß dieser Text an nicht wenigen Stellen zu der deutschen Übersetzung beliebig aus der Vulgata entnommen und mehr oder weniger abweichend hinzugelugt worden sei. Dabei habe er die Regel entdeckt, daß dort, wo die dt. Übersetzung von der Vulgata abweiche, auch der lat. Text Abweichungen von ihr aufweise, wie sie dem Übersetzer gerade noch vertretbar erschienen wären (Schm.Amm.VIII). Das deutet darauf hin, daß sich Schmeller den lat. Text sehr genau angesehen hat, bevor er sich entschied, ihn aus Schilter, ergänzt mit dem Text aus T1(G) und wahrscheinlich auch der Münchner Harmonie, zu übernehmen. Wie sich beim Textvergleich zeigen wird, hat er nämlich den lat. Text der Lücke auch nicht so übernommen wie er in T1(G) steht, sondern hat ihn in der Zeichensetzung, dem Text aus Schilter ähnlich, der dt. Übersetzung angeglichen. Das hat später auch J.Rathofer erkannt, der erwähnt, daß Schmeller einen von keiner Hs. überlieferten lat. Text bietet (vgl.RATHOFER 1973,262). Jedenfalls kann man aber nicht behaupten, er habe den Text aus Schilter nur abgedruckt. Seine Gedanken über die Abweichungen von der Vulgata in T1(G) deuten schon Argumentationen des späteren germanistischen Forschungsstandes bei der Beurteilung der lat. Vorlage an (vgl. dazu BAUMSTARK 1964,1-5). Ganz glücklich aber scheint Schmeller bei seiner Entscheidung zur Wiedergabe des lat. Textes trotzdem nicht gewesen zu sein. Das bezeugen z.T. seine nachträglichen Eintragungen der Lesarten nach T1(G) und T1(F) in sein Handexemplar und vor allem auch der Umstand, daß er Endlicher gegenüber zu Beginn der Verlagsphase auf dem nachträglichen Einholen des lat. Textes aus T1(G) bestanden zu haben schien und ihm sogar die Mitherausgeberschaft anbot, wenn er diesen Text noch besorgen würde, wie Endlicher es ihm offensichtlich öfter angeboten hat (vgl. oben). Die Beschreibung des Handexemplars hat schon gezeigt, daß sich Schmeller durchaus mit den Rasuren und Korrekturen im ahd. Text des St.Gallener Codex befaßt hat, auch wenn diese Hinweise dort nachträglich als Verbesserung gegeben wurden. In den Ausführungen des Prologs, die über die Bearbeitung des ahd. Textes handeln, weist Schmeller nicht nur ganz deutlich auf die Rasuren und nachträglichen Korrekturen im Codex hin sondern beschreibt diese auch in generalisierender Weise. Er bemerkt, daß herausholende und hinzufügende Korrekturen späterer Hände z.B. den Buchstaben u in verschiedenen Schlußsilben in ein o, die schwachtonigen thie, the, these in ther, deser usw. umgewandelt hätten. Die Stelle lautet:
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"Exhibendas quoque putavimus correctiones manu i posteriori adscribendas, e.gr. literam_u in variis syllabis fmalibus in_o, voculas thie. the, these in ther. deser. flexionem primae personae pluralis verborum ex -emes, -umes in -enmes, unmes. (,slizenmes 203.3, comenmes 165.2, eisahunmes 95.1), secúndete ex -et.jwt in -ent. -unt (briment 92.3, infahent 232.6. uuizzunt 104.8. ineienzunt 87.8, sihortunt 30.1, saztunt 135.21) mutatas. " (Schm.Amm.XII) Wie die Überprüfung am Mikrofilm bei meinen Textvergleichen bestätigt hat, machen die von Schmeller angeführten Korrekturtypen bei weitem den größten Teil der Korrekturen mit und ohne Rasuren aus. Von einer "gänzlichen Nichtbeachtung der zahlreichen Correcturen und Rasuren" kann also überhaupt nicht die Rede sein! Bei der weiteren Beschreibung seines Vorgehens in der Behandlung des ahd. Textes erläutert Schmeller im Prolog, daß er den lat. Text nach dem Codex in 181 Kapitel eingeteilt, beim ahd. aber die Einteilung von Scherz/Schilter in 244 Kapitel belassen habe, weil er im Schrifttum bereits häufig nach dieser Ordnung zitiert worden sei und weil er darin eine gewisse Dankbarkeit gegenüber den früheren Editoren gesehen habe (Prolog,XI). Diese Einteilung hat auch Sievers in seinen beiden Ausgaben beibehalten. Dann verweist Schmeller darauf, daß er die Lesarten der Editionen von Palthen und Schilter oder vielmehr deren protypische Varianten des Junius den Fußnoten beigefugt habe, wo immer sie ihm von Bedeutung erschienen seien. Der Juniussche Apograph, so habe ihm geschienen, hätte nicht gerade skrupulöse Treue verdient, auch wenn er der Vorlagen keineswegs entbehrt habe. Anschließend gibt er eine ganze Reihe dieser typischen Lesarten wieder, indem er die Silben kennzeichnet, in denen sie von Tahd(G) abweichen bzw. dessen Wörter ganz gegenüberstellt, z.B. 6.2 crippea; 26.2 thinges pro duomes usw. (vgl. Prolog,XII). Dann weist Schmeller darauf hin, daß die Participia praesentis, die weiblichen oder männlichen Substantiven im Nom. und Akk. beigegeben sind, in der Schilterschen Lesart auf ein e auslaufen, während sie in Tahd(G) am Ende den Buchstaben i behalten. Dazu gibt er wieder Beispiele an (Prolog,XII). Das Offenkundige der Fehler - so Schmeller weiter -, das vom Schreiber im Sangall. herrührt und nach Achtlosigkeit aussah, habe er einfach verbessert wiedergegeben, z.B. hillit 165.3 pro hellit; zihen pro zehen usw. (vgl. Prolog,XII). Bewahrt habe er aber solche Erscheinungen wie gisente pro gisehente, glinesse pro glihnesse, gizeinit pro gizeihnit (Prolog XII). Weiter folgt der Hinweis, daß Enklisen und Proklisen, so wie sie im Cod. gelesen wurden, wiedergegeben sind, z.B. thih 177.3 pro thie ih, obih, obir pro aoba ih, oba ir usw. Hierher gehörte auch die verstümmelte Konjunktion inti in int und in, z.B. intin 145.15; inist 112.1; inlazze 227.1 usw. (Prolog,XIIXIII)). Ferner wird mitgeteilt, daß er Zusammensetzungen in getrennter Weise nach dem Codex gegeben habe, z.B. fora faran, after folgon, thuruh uuonen, die der Leser wieder verbinden möchte (Prolog XIII). Es folgen weitere Anweisungen zum Lesen von abgetrennt wiedergegebenen Präpositionen und Partikeln. Am Ende einige drucktechnische Hinweise, die wir schon im oben
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zitierten Brief an Endlicher kennegelernt haben, z.B. dh für 3 oder ww- für uuu- usw. Eigentlich ist an dieser Stelle schon erreicht, was im Grunde mit der Darstellung dieses Punktes beabsichtigt war. Die Beschreibung der Einträge in Schmellers Handexemplar, die Darstellung seines Druckmanuskripts und schließlich der Vergleich seines Prologs mit Teilen der Sievers-Vorworte in dessen Ausgaben haben schon hinreichend nachgewiesen, daß die überzogenen Vorwürfe, die Sievers der Editio princeps von Schmeller gemacht hatte, nicht gerechtfertigt waren. Es hatte keiner dieser Punkte der bisherigen Überprüfung stichgehalten. Trotzdem sollen im folgenden noch die Ergebnisse des Vergleichs von Textausschnitten zwischen den Editionen und dem Mikrofilm des Codex dargestellt werden.
3.2.2.1. Textausschnitte im Vergleich Zunächst richtete sich die Aufmerksamkeit beim Textvergleich auf die 15 Textlücken, die Sievers im Abdruck Schilters festgestellt hatte (vgl. STat.2,XX). Davon umfassen zwölf eine Zeile (5.1; 13.6; 14.2; 22.6; 26.3; 34.3; 159.1; 160.6; 180.1; 197.7; 218.5; 233.6; Zählung nach dem ahd. Text), eine umfaßt 2 Zeilen (13.4), eine nur ein paar Wörter (18.2) und schließlich fehlt bei Kap. 5 der größte Teil des Geschlechtsregisters. Von den 13 Lücken, die eine und zwei Zeilen umfassen sind 9 im lat. und ahd. Text vorhanden und vier nur im ahd. Text. Alle Lücken sind in der Ausgabe Schmellers nach dem Cod. Sangall. 56 ergänzt und mit Sievers Ausgaben identisch bis auf eine Ausnahme. Bei 218.5. (Mt.28.7) heißt es im Codex (=A), bei Schmeller (=C) bei STat. 1 (=E) und STat.2 (=F): A uuanta her arstuont fontode | quia surrexit a mortuis C .. uuanta her arstuont,../1.. quia surrexit,../ E .. uuanta her arstuont fon tôde,.. |.. quia surrexit a mortuis ../ F .. uuanta her arstuont fon tode,.. |.. quia surrexit a mortuis ../ Bei Schmeller fehlt also das fon tode im lat. und im ahd. Text. Eine Überprüfung von Schmellers Druckmanuskript in München (SCHMELLERIANA Vili. 11) hat eindeutig ergeben, daß es sich hier um einen Irrtum des Setzers handelt. Schmeller hat in seiner Druckvorlage den bei Schilter fehlenden lat. Text an den Rand neben die vorhergehende Textstelle in folgender Weise geschrieben: quia surrexit/_a mortuis. Neben den ahd. Text setzt er ein Einfügezeichen, das auf den unteren Seitenrand verweist, wo als einzufugend steht: uuanta her arstuont fon tode (SCHMELLERIANA VIII. 11, S.91). Scheinbar hat also der Setzer diese Zusätze nicht vollständig eingefügt. Auch in seinem gedruckten Handexemplar (SCHMELLERIANA VIII. 10, S.148) korrigiert Schmeller diesen Setzerfehler noch nachträglich, indem er die Zusätze nach Cod. Sangall.56 mit Auslassungszeichen an den Rand verweist.
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Zur Rezeption von Schmellers philologischem Werk
Bei den Vorarbeiten zu dieser Darstellung habe ich nach der Zeileneinteilung des Cod.Sangall.56 den lat. und ahd. Text der Editionen untereinander und mit dem Mikrofilm des Codex verglichen. Weiterhin wurden nach dieser Zeileneinteilung der Abdruck in Schilter (1727) und das Matthäusevangelium Schmellers (1827, nur ahd.!) zum Vergleich herangezogen. Es wurden insgesamt 168 Zeilen zeilengetreu miteinander verglichen und auf Karteikarten synoptisch zusammengeschrieben. Die Textausschnitte wurden über den ganzen Text so verteilt, daß auf jeden der sechs angenommenen Schreiber (alpha bis zeta) etwa ein Kapitel entfiel. Dabei ist natürlich auch der Text der großen Lücke in Schilters Abdruck des Junischen Apographon berücksichtigt. Die Vergleichstexte wurden folgenden Kapiteln entnommen (Zählung nach ahd. Text): Kap.8 vollständig, Kap.28 vollständig, Kap.29 vollständig, Kap.99.1-5 (außer letztem Vers), Kap. 131.9-12, Kap. 192.2-5, Kap.222 vollständig. Auf diese Weise kam eine repräsentative synoptische Übersicht über die Abweichung der Lesarten in den Editionen untereinander und gegenüber der Hs. zustande. Gleichzeitig ist dabei recht gut zu verfolgen, was wer von wem unabsichtlich - übernommen hat. Ich möchte mich hier auf die Wiedergabe von wichtigen Vergleichsergebnissen beschränken werden. Eine ausführliche Darstellung des gesamten verglichenen Materials könnte durchaus den Rahmen einer eigenen Untersuchung gut füllen, hier wäre es zuviel. Vorab einige grundsätzliche Bemerkungen zum Zustand des Mikrofilms und zu den Angaben in Sievers' kritischen Apparaten. Der Mikrofilm von Cod.Sangall.56 ist fast durchweg gut lesbar. Manchmal sind aufgrund des Pergamentzustandes einige Stellen überbelichtet, aber auch dort ist die Schrift noch erkennbar. Dort wo Rasuren stattgefunden haben, sind sie meist durch hellere Flecken im Film erkennbar. Häufig sind die korrigierten Wörter auch daran zu erkennen, daß sie engere Schriftzüge aufweisen. Das ist vor allem dann der Fall, wenn ganze Zeilen radiert und in neuer Einteilung geschrieben wurden. Korrekturen einzelner Buchstaben oder Silben, die auf Rasur geschrieben stehen, sind oft an auslaufenden Tintenrändern zu erkennen. Häufig aber kann man an jenen Stellen, an denen nach den Apparaten Sievers Rasuren stattgefunden haben, nichts erkennen. Das wird nicht selten noch dadurch erschwert, weil die Beschriftung der Rückseite fast ganzzeilig durchscheint. Auch im Originalcodex, den ich in St. Gallen eingesehen habe, sind diese Stellen mit bloßen Augen nur schwer erkennbar, meist aber durch Aufrauhung des Pergaments als Rasurstellen ausgewiesen. Dies trifft für die meisten von Sievers angegebenen Rasurstellen zu, aber nicht für alle (vgl. unten zu Kap. 99, S.260ff.). Sievers hat in seinen Apparaten die verschiedenen Rasuren mit Kürzeln versehen, die er in seinen Vorworten erklärt. Im Falle von Korrekturen, die auf Rasur stehen, bringt er im Text grundsätzlich die Lesart, die vor der Rasur gestanden hatte, und setzt die korrigierte Form in den Apparat, wo er sie mit den entsprechenden Kürzeln erklärt. Daß dieses Verfahren nicht immer unproblematisch ist, wird gleich zu zeigen sein.
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Schmeller dagegen bringt grundsätzlich die korrigierte Form die deutlich lesbar dasteht. Im folgenden sollen nun die Abweichungen, wie sie sich nach ihrer Art und Anzahl in den verglichenen Textausschnitten gezeigt haben, kurz dargestellt werden. Das Hauptgewicht liegt dabei auf dem ahd. Text. Für den lateinischen Text werden nur solche Stellen näher herangezogen, die Aufschluß über die Arbeitsweise der beiden Editoren geben und in Schmellers Fall zu dem schon beschriebenen Verfahren bei der Herstellung seines lat. Textes ergänzende Hinweise liefern. Grundsätzlich hat sich auch bei diesem Vergleich bestätigt, daß Schmeller einen lat. Text gibt, der zumindest in der Zeichensetzung stark der deutschen Übersetzung angepaßt und dabei auch öfter gegen den Text bei Schilter geht, wobei sich solche Fälle fast ausschließlich auf die Zeichensetzung begrenzen. In einem Fall, in dem Schmeller im lat. Text gegen Schilter geht, handelt es sich um eine nach T1(G) verbesserte Lesart. In 22 Fällen weicht Schmeller mit Schilter von T1(G) ab. In 18 Fällen davon ist der lat. Text dem deutschen genauer angepaßt. In seinem Handexemplar hat er später 8 dieser Fälle, bei denen es sich um Schreibfehler handelte, nach T1(G) ausgebessert. In 5 dieser Fälle geht auch Sievers mit Schmeller und Schilter gegen T1(G). Bei den folgenden Vergleichen steht immer A = Codex Sangall.56, C = Schm.Amm.1841, D = Schilt. 1727, E = STat.l 1872, F = STat.2 1892. Β wurde für Schm.Matth.Ev. 1927 reserviert, das wegen der Setzung von Akzent- und Längenzeichen im Hinblick auf E, wo diese Zeichen auch gesetzt sind, mitverglichen wurde. Bei den folgenden Vergleichen ist es außer acht gelassen. Nun zu den 5 angesprochenen Fällen: A lam moechatus eam in corde suo. | iu habet sia forlegana in sinemo herzen C ..jam moechatus est eam in corde suo./1 iu habet sia for-/legana in sinemo herzen./D jam moechatus est eam in corde suo./1 ju habet sia forlegana in sinemo herzen,/ E ..iam moecha-/tus eam in corde suo./-1 iu habet/ sia forlegana in sînemo herzen./F ..iam meocha-/tus est* eam in corde suo./-1 iu habet/ sia forlegana in si nemo herzen./Das est geht bei C und D gegen Α. E hat es mit A gegen C und D nicht. In F jedoch fügt Sievers das est hinzu und bemerkt im Apparat: "est fehlt G" [=A]. Das Beispiel stammt aus Kap.28.1. (=Mt.5.28). Der folgende Fall ist aus Kap.8.5 (=Mt.2.9): A staret supra erat puer. | stuont oba fhar thie kneht uuas. C ..staret/ supra ubi erat puer./-1 stuont oba thar thie kneht uuas./D staret supra ubi erat puer./1 stuont oba thar thie Kneht uuas./ E staret supra ubi* erat puer./-1 stuont oba thâr thie kneht uuas./F staret supra ubi* erat puer./-1 stuont oba thar thie kneht uuas./-
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Zur Rezeption von Schmellers philologischem Werk
Das ubi geht bei Schmeller und Schilter gegen A, Sievers geht in beiden Ausgaben mit und gibt jeweils im Apparat an: "ubi fehlt G". In Kap.8.4. (=Mt.2.7.) beginnt der Vers im lat. Text von A mit Tunc herodes, in C und E mit Tum Herodes. Diese Lesart schreibt auch Sievers in E, in F verbessert er sie. Das geschieht jeweils ohne entsprechende Angaben in den Fußnoten. Im selben Kapitel (Mt.2.8.) steht in A ut ego, während Schmeller und Schilter zur selben Stelle ut et ego haben. Dies wurde von Sievers in E gegen A übernommen und blieb auch in F unverbessert. Im letzten Fall übernimmt Sievers sogar einen Lese- oder Druckfehler nach Schmeller. Da diese Textstelle in der Textlücke bei Schilter liegt, kann D nicht verglichen werden. Schmeller (C) schreibt in Kap.99.1. (=Mt.28.24) millia talenta gegen A. In E hat Sievers diesen Schreib- oder Druckfehler übernommen und bessert ihn erst in F. Die drei letzten Fälle zeigen m.E. deutlich, daß Sievers zumindest bei der Textherstellung zu seiner ersten Ausgabe die Editio princeps zum direkten Vergleich neben sich liegen hatte und auch fleißig in Anspruch nahm. Nur so sind diese Fälle erklärbar. Ähnlich wird es seinerzeit auch Schmeller mit der Ausgabe von Schilter gemacht haben. Solche Zusammenhänge kann man jedoch sicher nicht als absichtliche Übernahmen bezeichnen, wie es ähnlich von Sievers gegen Schmeller formuliert wurde. Hier würde sich sein eigener Vorwurf gegen ihn selbst richten. Seine Aussage über den lat. Text Schmellers triff nach der Bilanz des Vergleichs in eingeschränktem Maße wahrscheinlich für jene Textstellen zu, die auch bei Schilt, gedruckt sind, also Kap. 1-75 und Kap. 153-244. Bei der Kommasetzung weicht Schmeller allerdings sehr häufig von Schilter ab - ein Zeichen dafür, daß er selbst den lat. Text sehr sorgfaltig durchgegangen und nicht einfach abgedruckt hat, wie das die Aussage Sievers' nahelegt. In einem Fall ist er sogar mit A gegen D gegangen. Für die Textlücke hat Schmeller T1(G) herangezogen, aber auch ihn nicht rein nach dem Codex übernommen sondern vor allem auch in der Zeichensetzung dem dt. Text angenähert. Einige abweichende Lesarten deuten daraufhin, daß er noch andere Vorlagen verglichen hat. Wahrscheinlich hatte er neben dem Vulgatatext, den er ja für die Kennzeichnung der Schnittstellen in der Harmonie und zum Vergleich mit den Kanontafeln des Eusebius brauchte, noch einen lat. Tatiantext aus München vorliegen, wie oben schon gezeigt wurde. Wie sieht nun die Vergleichsbilanz fiir den ahd. Text aus? Zunächst ein Hinweis auf den Umfang der Apparate von Schmeller und Sievers. In RATHOFER 1973,262 wurde behauptet, Schmeller hätte auf einen kritischen Apparat noch völlig verzichtet. Wenn man die wenigen Anmerkungen Schmellers zu den Lesarten im Text ansieht und dabei an die moderneren Apparate bei Sievers denkt, könnte man geneigt sein, dieser Annahme zu folgen. Sie trifft jedoch in der dargelegten Form nicht zu, denn völlig hatte Schmeller eben doch nicht darauf verzichtet, die Lesarten des dt. Textes zwi-
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sehen Sehilter und Tahd(G) zu vergleichen. Im verglichenen Ausschnitt kommen jedoch nur zwei solche Fälle vor, z.B. In Kap.8 wo Schmeller eine Lesart Schilters in den Fußnoten anmerkt und einmal im selben Kapitel, wo er ein vollständiges inti aus Schilt, im Text behält und das verstümmelte in aus Tahd(G) dafür in den Fußnoten anzeigt. Im Vorwort hat er ja selbst darauf hingewiesen, daß er nur die merkwürdigeren Lesarten aus Schilt, angeben wolle. Beim Durchblättern der Ausgabe sind denn auch solche Angaben zwar durchweg, aber sehr vereinzelt anzutreffen. Wie schon gezeigt wurde, hat er in seinem Münchner Handexemplar versucht, nachträglich die abweichenden Lesarten aus Schilter systematisch nachzutragen. Bei den Apparaten Sievers' ist schon beim ersten Anblick festzustellen, daß der Apparat in E viel umfangreicher ausgefallen ist als der in der in der späteren Ausgabe (F). Das hängt damit zusammen, daß Sievers in seiner Ausgabe von 1872 die Quantitäten systematisch nach dem Schulgebrauch und nicht nach der Hs. setzte. Immer, wenn nun die Hs. auch eine solche Bezeichnung gesetzt hatte, mußte das im Apparat extra vermerkt werden, um sie als handschrifteneigene Bezeichnung auszuweisen. In den verglichenen Textteilen nehmen solche Fälle den bei weitem meisten Platz im Apparat von Sievers' erster Ausgabe ein (18 Verweise). Dies mag vielleicht auch mit ein Grund gewesen sein, warum er diesen Gebrauch in der zweiten Ausgabe von 1892 nicht wiederholte. Seine Begründung im Vorwort lautet dort: "Daß die Quantitätsbezeichnung im deutschen Texte fallen gelassen ist, wird die Billigung all derer finden welche wissen wie wenig Sicherheit in solchen Dingen zu erreichen ist: "
(STat.2,VIII) Dies scheint ein Lernprozeß gewesen zu sein, den Schmeller nach der Herausgabe seines Matthäusevangeliums (1827) ebenfalls hinter sich gebracht hatte. Allerdings ist dort ausdrücklich betont worden, daß die Herausgabe des Textes für den Gebrauch beim Studium gedacht sei. In seiner Tatian-Ausgabe setzt er die Quantitätsbezeichnungen jedenfalls genau nach der Handschrift. Doch weiter im Vergleich. 13 Fälle sind in Sievers' Apparaten genannt, bei denen eine Silbe oder ein Wort bzw. mehere Wörter auf einer Rasurstelle stehen. Am Mikrofilm sind nicht immer alle eindeutig zu erkennen. Zwei weitere Fälle sind aufgenommen, wo eine ganze Zeile auf Rasur steht. Ein Fall ist angegeben, bei dem ein Wort radiert und nicht mehr ersetzt oder ausgebessert wurde, aber noch lesbar ist. Schmeller hat dieses Wort nicht im Text aufgenommen, Sievers nur im Apparat. Und dann folgen die Fälle von Korrekturen auf Rasuren. Zunächst jene, die auch Schmeller in seinem Prolog typisierend ausweist: u > o ist dreimal vermerkt rc, d.h. der Korrektor hat seine Verbesserung auf die Rasurstelle geschrieben, die Rasur ist gut erkennbar. Viermal ist in gleicher Weise angemerkt thie > ther. Die Rasur ist auch hier zu erkennen. Sievers setzt in all diesen Fällen den Buchstaben, der vor der Rasur gestanden hat. Er ist in manchen, aber nicht in allen Fällen eindeutig zu identifizieren, auch im Originalkodex nicht. Die nächsten Fälle sind sechs in dieser Weise angegebene Korrekturen von a zu e.
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Zur Rezeption von Schmellers philologischem Werk
Es handelt sich um folgende Stellen: Kap.99.2.: A nihabeta\ C nihabeta\ E ni hâbata; F ni habata. Auf dem Mikrofilm deutet das zerflossene e auf eine Rasur hin, es ist aber absolut nicht zu erkennen, welcher Buchstabe vorher stand. In der Originalhs. sieht man unter dem e nur einen verblaßten, nicht näher identifizierbaren Flecken. Am Pergament zeigt sich keine aufgerauhte Stelle, das e ist mit stärkerer Tinte nachgezogen. Kap.99.2.: A uallenti\ C uallenti\ E uallanti, F vallanti. Das betroffene e ist nachgebessert, der frühere Buchstabe aber nicht erkennbar. Im Original ist zu erkennen, daß nur das e und der nachfolgende Aufstrich des η mit stärkerer Tinte nachgezogen sind. Kap.99.2.: A habe, C habe, E habâ\ F haba. Eine Rasur ist an der betroffenen Stelle kaum feststellbar, erst recht nicht ein verbesserter Buchstabe. Die Schrift der Rückseite scheint stark durch. Die Nachprüfung am Original hat ergeben, daß eine aufgerauhte Stelle dort auf Rasur hindeutet und das e mit stärkerer Tinte nachgezogen ist. Der vorher an dieser Stelle gestandene Buchstabe ist auf keinen Fall erkennbar. Auch in den drei gleichen Fällen (habe, gisehente, sagetun), die im selben Kapitel unmittelbar folgen, verhält es sich ähnlich: der Buchstabe, der vor der Verbesserung gestanden hat, ist auf keinen Fall zu erkennen. Der Vergleich mit der Originalhs. hat dies in vollem Umfang bestätigt: Aufrauhung des Pergaments weist auf eine Rasur hin, das e ist mit stärkerer Tinte nachgezogen, der vorhergehende Buchstabe nicht erkennbar. Jedenfalls ist es auffälig, daß Schmeller diese scheinbar so häufig vorkommenden Korrekturfalle nicht in seinem Prolog angesprochen hat (vgl. oben). Das heißt aber für diese Fälle, daß Sievers nicht nach dem Augenschein sondern nach seinem eigenen - wenn auch zwingenden - Schluß, den er entweder aus anderen Textstellen oder aufgrund sprachhistorischer Entwicklungen ziehen konnte, geschrieben hat. Nicht anders verhält es sich bei zwei Fällen im selben Kapitel, an denen Sievers Korrektur von redea zu reda annimmt und erstere Form gegen den Augenschein in den Text aufnimmt. Schmeller beläßt nach dem Augenschein im Codex reda. Die Überprüfung am Original hat hier ergeben, daß unter dem ausgebesserten a Konturen durchscheinen, die mit äußerster Vorsicht auf ein früheres ea schließen lassen könnten. Ahnliches läßt sich in einem von zwei Fällen aus dem selben Kapitel sagen, in denen thie zu thia corrigiert wurde. Im zweiten Fall ist das ausgebesserte thie am Mikrofilm scheinbar gerade noch zu erkennen. Am Original ist allerdings keine Rasur feststellbar, das ia ist enger nachgezogen und die vorhergehenden Buchstaben sind nicht zu erkennen. Schmeller läßt beide Male thia.
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Zu nennen sind noch zwei im Sieversschen Appari angeführte Fälle, bei denen m zart gebessert wurde. In F verändert Sievers gelobtun (131.12.) in geloubtun und verweist in der Fußtnote auf die Lesart des Codex. Zuletzt bleiben noch drei Fälle zu nennen, in denen Schmeller mit der Schilterschen Lesart gegen A geht (Kap.29.2; 193.3; 222.3). Alle drei Fälle sind im Handexemplar nachträglich als Fehler getilgt und nach Tahd(G) verbessert. Das sind wahrscheinlich solche Fälle, von denen Sievers behauptet, sie wären stillschweigend von Schilter übernommen worden, was aber durch die nachträgliche Korrektur eindeutig widerlegt wird. Es waren im Grunde dieselben Fehler, die ihm gerade beim Vergleichen der lat. Texte nachgewiesen werden konnten. Damit dürften insgesamt die Vorwürfe Sievers gegen die Editio princeps relativiert bzw. widerlegt sein.
3.2.3. Zu den Folgen von Sievers' Urteil Welche Auswirkungen das vernichtende Urteil Sievers auf die Beschäftigimg mit Schindlers philologischem Werk möglicherweise gehabt hat, ist in dieser Arbeit schon einigemale angesprochen worden. An dieser Stelle soll auf ganz konkrete Folgen für den germanistischen Diskussionsstand bei den Fragen der Diatessaron-Forschung eingegangen werden. Es geht dabei in erster Linie um die Textvorlage des Tatiantextes. Dazu bedarf es zunächst einiger Erläuterungen, die ich in einer Zusammenfassung aus BAUMSTARK 1964 in der nachträglichen Ausgabe und Überarbeitung durch J.Rathofer kurz wiedergeben will. Der erste Diskussionsstand ist danach im Vorwort der Sievers-Auflage von 1872 festzumachen. Er besagt, daß alle anderen lat. Tatianhss. aus dem Fuldaer Codex T1(F) geflossen seien, auch der lat. Text des Cod.Sangall.56 T1(G). Der Fuldaer Text, der heute noch erreichbar vorliegt, stimmt mit der Textform der Vulgata überein. Die Übersetzung von Tahd(G) sei unmittelbar aus ihm entstanden. Dagegen gab es schon ab 1876 Bedenken von Hugo Gering, der meinte, bei der Übersetzung von Tahd(G) hätten außer T1(F) noch andere lat. Hss. vorgelegen.96 J.Zacher äußerte sich dahingehend, daß T1(G) als lat. Schultext und Tahd(G) als Schulinterpretation zu gelten habe, die durch andere Texte und Kommentare beeinflußt wurde. Oskar Schade faßte in seinem Althochdeutschen Wörterbuch die Ergebnisse von H. Wengoborski von 1878 zusammen, die besagten, daß weder T1(F) noch T1(G) die Vorlage zu Tahd(G) waren, sondern ein anderer Text mit vielen Lesarten aus der alten ITALA. C.Dietz meinte, daß Tahd(G) auf einem T1(G) nahestehenden Tati96
Zu den Literaturangaben vgl. BAUMSTARK 1964,1-5, aus dem die Zusammenfassung entnommen wurde.
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ancodex beruhe, doch mit vielen fremden (italistischen) Einflüssen (wahrscheinlich aus noch älteren angelsächsischen Evangelienübersetzungen) behaftet sei. Sievers stellte in seiner Ausgabe von 1892 drei Varianten zur Erörterung: 1. Die Thesen von Dietz, 2. neben dem Vulgatatext des Tatian wurde gelegentlich noch ein Evangelientext "italistischer Färbung" zur Übersetzung verwendet, 3. den Übersetzern lag bereits ein kritisch präparierter Text vor. Er verwarf sie jedoch alle drei, um lediglich festzustellen, daß das zu erklärende Phänomen nach wie vor gleichmäßig von T1(F) und T1(G) abweichende Erscheinungen des ahd. Textes sind, die sich mit altlateinischem Evangelientext berühren. Die unbefriedigenden Erklärungsversuche bewirkten innerhalb der germanistischen Forschung, daß man wieder zum status quo ante zurückkehrte, den Ehrismann 1932, ähnlich wie schon Sievers 1872, formulierte (vgl. zum bisherigen Überblick BAUMSTARK 1964, 1-5). Erst 1936 rollte Baumstark die Vorlagenfrage erneut auf. Er ging von der These aus, daß T1(F) nicht die Stammhandschrift aller erhaltenen lat. Hss. und ihr Text nicht mosaikartig aus dem Vulgatatext zusammengesetzt sei. Seine Ergebnisse faßte er in zwei Hauptpunkten zusammen: 1. Die Verschiedenheit der in Tahd(G) übersetzten lateinischen Vorlage von T1(F) und T1(G) ist weitaus größer als sich anhand der Stellen feststellen läßt, an denen T1(F) und T1(G) im lat. Text selbst auseinandergehen. 2. Der Text der vermuteten und verlorengegangenen Vorlage erweist sich als besonders guter Überlieferungszeuge, der weniger durchgreifend vulgatisiert ist als alle erhaltenen lat. Tatiantexte und der an mehreren hundert Stellen statt des Vulgatawortlautes die echte Tatianfassung bringt. Baumstark meint sogar, daß die zugrunde gelegte lat. Vorlage durch Übereinstimmungen zwischen Tahd und altlateinischem Evangelientext oder anderen abendländischen und orientalischen Zeugen der Tatianüberlieferung erschlossen werden könnte. Er leitet als Folgen für die Germanistik ab, daß beim Festhalten an der alten Sievers-These und der Aussage Ehrismanns zumindest alle Stellen mit den festgestellten Übereinstimmungen (es sind etwa 360) zwischen Tahd und altlateinischem Text bzw. anderen abend- und morgenländischen Zeugen als methodisch entwertet gelten müßten. Es müßte wenigstens die Möglichkeit eingeräumt werden, daß an diesen Stellen der ahd. Wortlaut die getreue Wiedergabe eines von T1(F u.G) abweichenden Textes sein könnte (vgl. dazu BAUMSTARK 1964, 99). J.Rathofer, der die Arbeit Baumstarks posthum herausgab und sie mit einem Vorwort ausstattete, weist darauf hin, daß in der Zwischenzeit W. Wissmann zu ähnlichen Ergebnissen gelangt sei und diese Feststellungen mit 36 Beispielen untermauert habe - wie gesagt - bei Baumstark sind es fast zehnmal so viele. Rathofer schließt sich den Ergebnissen von Wissmann und Baumstark an und fordert entsprechende Konsequenzen für den germanistischen Sprachforscher und Literaturhistoriker, wobei er zugleich die Notwendigkeit sieht, die wirkliche Vorlage von Tahd wieder herzustellen, um eine Basis für die weitere Diskussion über Einheitlichkeit und Nichteinheitlichkeit des Werkes zu schaffen, (vgl. BAUMSTARK 1964, VII-XII).
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J.Rathofer hat sich 1972 erneut mit dieser Vorlagenproblematik beschäftigt. Inzwischen hatte er offensichtlich den Text der Sieversedition mit dem Text des Cod.Sangall.56. an den besagten Stellen genauer unter die Lupe genommen und auch den Fuldensis hinzugezogen. Ausgehend von dem oben geschilderten Forschungsstand, der jetzt mit G. de Smet und P.Ganz noch einen Schritt weitergegangen war und auch den fuldischen Ursprung der Übersetzung in Zweifel zog, ging Rathofer der Kernfrage nach, was es denn in der Sangaller Handschrift gebe, das auf Fulda weist. Die Unterstreichung des Wortes Handschrift deutet darauf hin, daß er dieser Frage wirklich anhand der St.Gallener Hs. nachgehen und sich nicht wie alle bisherigen Recherchen auf die Edition von Sievers stützen wollte. Er weist dabei nochmals auf das unerschütterliche Vertrauen in die Sievers- Edition hin, das bisher alle bewiesen hatten, die sich an der Vorlagendiskussion beteiligt hatten. Zuletzt zitiert er dazu Baesecke, der sich 1948 dazu so geäußert habe, daß nur der feste Glaube an die alleinige Überlieferung des altlateinischen Tatian durch F verhindert habe, aus dem kritischen Apparat unserer Ausgaben zu schließen, daß weder das Latein von T1(G) aus der Fuldaer noch das Ahd. der St.Gallener Hs. aus ihrem nebenstehenden lat. Text stamme (vgl. RATHOFER 1972, 337340). Baesecke fuhrt dazu aus den ersten Kapiteln drei Beispiele an, von denen zwei bei Baumstark und eines bei Wissmann zur Stützung ihrer Aussagen stehen. Rathofer weist dann am Codex nach, daß alle drei Beispiele auf Editionsfehlern von Sievers beruhen. Eines der Beispiele ist auch fiir unseren Zusammenhang so interessant, daß es hier ausfuhrlicher behandelt werden soll: 1. Joh 1,10 F
Glat 13,5 Tahd
In In hoc
mundo mundo
In
mundo
in therro
uueralti
Baeseckes Schlußfolgerung laute, so Rathofer, daß das falsche therro nicht aus G stamme. Rathofer weist darauf hin, daß Baumstark die gleiche Stelle anführt um zu untermauern, daß die Vorlage von Tahd dem Vulgata-Einfluß weniger unterlegen war als G. Beide Aussagen aber gründen auf einem Irrtum von Sievers, da der Codex G so schreibe: in hoc mundo erat
her uuas in therro uueralti.
(vgl. RATHOFER 1972,340) In unserem Zusammenhang ist nun interessant, daß Sievers die Lesart in seiner Edition, die im obigen Baesecke-Zitat bei Rathofer mit Glat bezeichnet ist, offensichtlich nicht aus T1(G) sondern aus Schindler übernommen hat, der sie wiederum nach Schilters Abdruck wiedergibt! Rathofer fugt dann noch 10 weiter Fälle hinzu, in der ein Irrtum Sievers zu einer Scheinlesart von T1(G) gefuhrt hat. Eine davon sei herausgegriffen, weil an ihr noch einmal bestätigt werden kann, daß Schmeller zur Herstellung seines lat. Textes auch einen lat. Tatian aus München verwendet hat: F (Ranke 99,24): contra
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Glat adcontra (vgl. Sievers 157) Tahd uuidar Schmeller adversus Rathofer bemerkt, daß G mit dieser Lesung ganz allein dastünde, da alle Harmonien - mit Ausnahme des Cassellanus - adversus schreiben. Er führt dann das ganze darauf zurück, daß F eigentlich adcontra liest und das d als zu tilgend angibt, was der Schreiber des Casselanus bemerkt habe, während es dem Schreiber des Sangallensis entgangen war. Ranke habe es versäumt, seinen Irrtum aufzuklären und Sievers habe ihn übernommen (vgl. RATHOFER 1972,346). Für unseren Zusammenhang ist folgendes wichtig: Schmeller kann seinen Text hier nicht aus Schilter haben, weil bei diesem die Stelle fehlt (Lücke). Er hat ihn aber offensichtlich auch nicht aus T1(G). Da nach Rathofer alle anderen Harmonien außer der Kassler adversus schreiben, und da Schmeller dies auch hat, liegt der Schluß nahe, daß er ihn aus der Münchner Harmonie hat, die er in seinem Prolog so beschreibt: "Qui in Monacensi habetur est saeculi X. codex in 4° manu sat eleganti exaratus atque a posteriori quadam correctus. Capita numerai 184, cum S.Gallensis, in 181 tantum distinguatur. " (Prolog VIII) Eine Nachprüfung in der Münchner Staatsbibliothek hat ergeben, daß es sich bei dem beschriebenen Codex um Clm.23346 handelt, den Rathofer ins ^Jahrhundert datiert (RATHOFER 1972,348). Denn die oben (S.240) schon zitierte, fehlende Stelle im lat. Text findet sich im Clm.23346 bei Kap.CLXXIII von späterer Hand an den Rand geschrieben. Dies und die fehlende Stelle hat Schmeller sowohl in seiner Druckvorlage (SCMELLERIANA VIII. 11, S.93) als auch in seinem gedruckten Handexemplar (SCHMELLERIANA VIII. 10, S.149) eingetragen. Außerdem ist im vorderen Innendeckel von Clm.23346 ein Zettel mit Schmellers Handschrift eingeklebt, auf dem er auf weitere vorhandene lat. Tatianhss. verweist. Im Codex selbst steht zu der oben genannten fraglichen Stelle adversus und darunter ist mit anderer Tinte und feinerer Feder geschrieben: t. acontra. Es könnte durchaus sein, daß Schmeller nach Vergleich von F und G dies als wahrscheinliche Variante aus F und G im obigen Sinne eingetragen hat. Jedenfalls zeigt sich hier einmal mehr, wie sorgfältig er bei der Erstellung seines lateinischen Textes vorgegangen ist. Rathofer, der in dieser Weise 85 sachlich belangvolle Lesarten für seinen Aufsatz von 1972 untersucht hat, meint, daß eine Korrektur sämtlicher Irrtümer bei Sievers zeigen würde, daß dadurch Glat von F und besonders von Tahd gegen den tatsächlichen Befund erheblich entfernt worden sei. Von den 85 belangvollen Lesarten, die er untersucht hat, geht Glat nunmehr zu über 60% zusätzlich zu F und in mehr als 70% der Fälle zu Tahd. Anschließend räumt er zwar ein, daß der verbleibende Rest von Abweichungen zwischen den Texten immer noch genügend sei, den Beweis einer direkten Abhängigkeit unmöglich zu machen, zumindest solange daran festgehalten werde, eine
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solche Abhängigkeit nur bei völliger Textgleichheit anzuerkennen. Schließlich meint er, daß eine Überprüfung einer solchen methodischen Voraussetzung zu überprüfen wäre, denn - so argumentiert er - man behaupte ja auch nicht, daß der Text von Sievers, weil ihm, als modernem Editor sogar, ca. 200 Fehler unterlaufen seien, keine "direkte Abschrift" aus G sei (RATHOFER 1972,347-348). Hier wagen wir einen kleinen Widerspruch mit dem Hinweis, daß Sievers manchmal - wie gezeigt - vor allem im lat. Text ungewollte Übernahmen von Lesarten aus Schmeller unterliefen, die dieser nach Schilter (Apogr.Jun.) gegeben hatte. Abschließend behandelt Rathofer (S.348-356) die obligatorischen Beigaben des Textes, die bei Sievers bis auf den - wie er feststellt - mangelhaften Abdruck der Inhaltsübersicht (Capitula) vernachlässigt sind. Praefatio, Capitula, Cánones und Marginalkonkordanzen werden im Hinblick auf Gemeinsamkeiten und Abweichungen zwischen G und F behandelt. Deutet der Aufsatz von 1972 schon eine Distanzierung Rathofers von den Ergebnissen Baumstarks und vor allem den daraus gezogenen Schlüssen an, so vollzieht er 1973 in einem größeren Beitrag zur Festschrift für Karl Langosch eine Abwendung von den Ergebnissen der Diatessaronforschung, die schon im Titel angekündigt ist: "Die Einwirkung des Fuldischen Evangelientextes auf den althochdeutschen Tati an. Abkehr von der Diatessaronforschung". Nachdem er nochmals den Stand der innergermanistischen Vorlagendiskussion, wie sie von den Ergebenissen der Diatessaronforschung beeinflußt wurde, dargestellt hat, fahrt er mit seinen Beweisen da fort, wo er 1972 aufgehört hatte. Das heißt, er weist nochmals auf die von ihm schon 1972 gezeigten Irrtümer in Sievers Edition hin, die aufgrund des unerschütterlichen Vertrauens in diese Ausgabe zu Scheinlesarten geführt hatten und damit ein immer weiteres Auseinanderklaffen von Glat [=T1(G)], F [=T1(F)] und Tahd [=Tahd(G)] bewirkten, wobei F völlig in die Isolation gedrängt wurde (vgl. RATHOFER 1973, 256-265). Rathofer meint, er habe das Vertrauen in die Methode der Diatessaronforschung auch deshalb verloren, weil er es bestürzend empfand, daß sich für viele der von den Editoren verschuldeten 'Varianten', ja selbst für Druckfehler, die in den Corrigenda noch gebessert wurden, Parallelen aus der östlichen und westlichen Diatessaron- und Evangelienüberlieferung beibringen ließen, die diesen Irrtümern die Qualität 'echter Tatianismen' verliehen (RATHOFER 1973, 266). Ungleich stärker habe sich der künstlich gezogene Graben zwischen F und Glat noch geebnet durch die Heranziehung der sogenannten Textbeigaben (Praefatio Victors, Capitula [Inhaltsverzeichnis], Kanontafeln und Marginalkonkordanzen) zum Vergleich. Und Rathofer fährt fort (RATHOFER 1973, 266): "Da Sievers den Capitula nur wenig Aufmerksamkeit und geringe Sorgfalt widmete, die Kanontafeln und Randkonkordanzen samt den zusätzlichen Evangelistensiglen, die innerhalb des Textes den Wechsel der Quellen signalisieren, nicht einmal abdruckte, mußte bislang verborgen bleiben, daß beide Hss. hier einen derart
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Zur Rezeption von Schmellers philologischem Werk
hohen Identitätsgrad außveisen, daß kein Zweifel mehr an der unmittelbaren Abschrift dieser Teile von Glat aus F bestehen kann. " Dieses Ergebnis vergleicht Rathofer anhand einer Fülle von Textstellen sehr ausführlich mit der übrigen Diatessaronüberlieferung und beschreibt mögliche Konsequenzen für sie. Ausgehend von den Editionsfehlern Sievers ist er zu seinem Ergebnis - daß Glat ein durch keinerlei Zwischenstufe vermittelter direkter Abkömmling von F ist - vor allem auch durch den Vergleich der Textbeigaben gelangt. Dies ist für unseren Zusammenhang wichtig. Wie Rathofer sagt, hat Sievers die Capitula nur wenig sorgfältig und - außer der Praefatio - alles andere gar nicht abgedruckt und damit verhindert, daß schon eher ein augenfälliger Hinweis auf gemeinsame Vertauschungen und Zuordnungsfehler in diesen Teilen zwischen Glat und F gegeben wurde, der zu dieser Erkenntnis fuhren konnte. Auch hier müssen wir wieder auf die Ausgabe Schmellers verweisen. Schmeller hat zwar die Capitula nach Rathofers Begriffen noch unsorgfältiger abgedruckt, denn er gibt die Überschriften in eigener Kürzung wieder, aber alles andere, was bei Sievers fehlt, hat er abgedruckt. Im Anhang gibt er die Kanontafeln nach Eusebius wieder. Die Randkonkordanzen hat er in seine synoptischen Tabellen mit eingearbeitet. Es kostet zwar anfänglich etwas Mühe, sich darin zurecht zu finden, aber nach einer gewissen Gewöhnung kann man die Konkordanzangaben sehr schnell herausfinden und hat sie auch noch im übersichtlichen Vergleich zu alter und neuer Verseinteilung der Vulgata und für die Harmonie selbst zwischen dem Text des Cod.Sangall.56, Schmellers Ausgabe und der Ausgabe des Apogr.Jun. nach Schilter. Rathofer erwähnt diese Zusammenhänge nicht. Sollte auch er aufgrund von Sievers Urteil über die Editio princeps fur diese nur einen flüchtigen Blick übrig gehabt haben? Jedenfalls wären die von ihm angesprochenen Hinweise durch die Gemeinsamkeit der Textbeigaben schon früher möglich gewesen, wenn sich jemand die Mühe gemacht hätte, in der Editio princeps von Schmeller genauer nachzusehen. Daß dies nicht geschehen ist, kann nach den obigen Ausführungen Rathofers nicht weiter verwunderlich sein. Danach hatten sich Generationen von Forschern auf die absolute Zuverlässigkeit der Sievers-Edition verlassen und nicht einmal die Hs. befragt. Wie sollte man da in der von Sievers abgeurteilten Ausgabe finden wollen, was man in der besseren nicht fand?
Zur Ausgabe der "Jagd" Hadamars v. Laber
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3.3. Zur Ausgabe der "Jagd" Hadamars v. Laber Die letzte mittelalterliche Edition, die Schmeller besorgte, widmete er dem Werk eines oberpfälzischen Landsmannes. Es handelt sich um die Minneallegorie mit dem Titel "Jagd", die Hadamar (III.) von Laber verfaßt hatte, ein Angehöriger einer der letzten überlebenden Familien aus dem alten bayerischen Hoch- und Stammesadel.97 Da es sich um ein heute wenig bekanntes Werk handelt, soll es kurz beschrieben sein. Es ist nach der leicht veränderten Strophenform des jüngeren Titurel geschrieben und umfaßt etwa 600 Strophen zu je 7 Verszeilen. Es erzählt von einem Minnejäger der ausreitet, um mit seinen Hunden (canifizierte Eigenschaften wie Herze, Fröude, Wille, Wunne, Trost, Staete, Triuwe usw.) einem edlen Wild (meint allegorisch eine edle Frau) nachzustellen. Einmal kommt der Jäger dem edlen Wild sehr nahe, ein zweitesmal versäumt er, den Hund Ende auf das im bîl gestellte Wild zu hetzen und bleibt so ohne Erfolg. Er begegnet vier weiteren, älteren Jägern, die erfahren sind in den Belangen der Minne. Von ihnen wird er in längeren Gesprächen beraten. Er beklagt sein Mißgeschick und mit seiner Hoffnung, durch treues Ausharren (Hund Harre) das edle Wild doch noch erreichen zu können, endet das Gedicht. In modernerer Zeit ein langweilig anmutetender Inhalt ohne konsequente Handlungsstränge und wohl auch ohne viel Bedeutung, zumal die Symbolik des Werkes schon sehr früh nicht mehr verstanden zu worden sein scheint. Zumindest beklagt sich bereits Pütrich von Reichertshausen in seinem 1462 erlassenen Ehrenbrief in Reimen, die - wie Schmeller sagt - "holpricht und unverständlich genug" der "Jagd" nachgezimmert sind, darüber, daß niemand mehr lebe, der ihm "die glos des edeln dichtes" erklären könne. Dieser Brief ist nach Schindlers Darstellung im Vorwort seiner Ausgabe (Schm.J.VII-VII) das einzige Zeugnis, in dem der Vorname des Dichters genannt und eindeutig mit dem Werk in Bezug gesetzt wird. Wie unverständlich die Symbolik des Gedichts oder wie langweilig sein Inhalt auch immer sein mögen, so sind doch häufige Einschübe darin festzustellen, die klar formulierte Lebensweisheiten von zeitloser Gültigkeit zum Ausdruck bringen und dem Gedicht insgesamt einen eher lehrhaften Wert geben. Ingeborg Glier hat das Werk als eines der erfolgreichsten Bücher des späten Mittelalters bezeichnet, das eine didaktische Norm und eine literarische Mode gestiftet habe. In seiner Nachfolge steht eine Reihe von Gedichten, die gemeinsame Züge haben durch die ihnen eigene Minnethematik ('hohe Minne', Dienstminne), eine lehrhafte Tendenz, die Form der Titurelstrophe (bzw. 97
Zur Herkunft des Dichters vgl. F.X.Scheuerer, Die Herren von Prunn und Laber und ihre Herrschaft von 1040-1475, Zul. masch. Univers. Regensburg. Dort wird die genealogische Frage behandelt und die Herkunft der Familie auf die Babonen zunickgeführt, die bis 1187 das Burggrafenamt in Regensburg ausübten. In der Geschlechterfolge konnte Hadamar III. als Dichter der "Jagd" identifiziert werden. Vgl. dazu auch an späterer Stelle die Recherchen Schmellers zur Person des Dichters und zur Entstehungszeit des Gedichts.
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Zur Rezeption von Schmellers philologischem Werk
Labrers dori), Ansätze zum blilemen und häufig auch allegorische Züge (vgl. GLIER 1968,144). Das ist sicher auch der Grund mit dafür, warum das Werk noch heute in 18 Hss. überliefert ist, wovon 7 (oder 8 ?) bruchstückhaft sind. Schmeller selbst hat das Werk schon 1833 aus der Erlanger Hs. abgeschrieben und vor allem für die Arbeit an seinem BWB benützt. Immerhin wird in beiden Bänden der 2. Auflage der Labrer 567 mal als Belegquelle angegeben.98 Als Beweggrund für eine Edition dieses Werkes, dessen literarischen Wert Schmeller offensichtlich nicht sehr hoch eingeschätzt hat", gibt er hauptsächlich sprachliches Interesse an und weist darauf hin, daß er es im Hinblick auf eine andere Aufgabe - gemeint ist das Wörterbuch - als verpflichtend angesehen habe, sich mit der größeren Arbeit eines bayerischen Dichters besonders aus dieser Zeit so gut wie möglich vertraut zu machen. Und weil auch kompetente Fachkollegen dieses Werk nicht für unwürdig erachtet hätten, sei er unter den Bestrebungen, es näher kennen zu lernen, unversehens auf den Gedanken gekommen, es auch der Öffentlichkeit zum beliebigen Gebrauche zu bieten. Mit herausgegeben hat Schmeller zugleich drei epigonenhafte kleinere Stücke, nämlich "Des Minners Klage", "Der Minnenden Zwist und Versöhnimg" (aus der Heidelberger Hs.Pa) und "Der Minnefalkner"(aus der Hohenloher Hs.). Sie wurden zusammen mit Hadamars "Jagd", der sie nachempfunden sind, im 20. Band der Bibliothek des Literarischen Vereins in Stuttgart (1850) abgedruckt. Was aus diesen "eigenthümlichen Schöpfungen des 14. und 15. Jahrhunderts", wie Schmeller sie nennt, sprachlich zu gewinnen war, hatte er in den Nachträgen zum BWB bereits verarbeitet (vgl. Schm.J.,XX). Dreißig Jahre später wurde das Werk erneut herausgegeben von Karl Stejskal in Wien. In welcher Weise er dabei die Ausgabe Schmellers und dessen handschriftliche Vorarbeiten aus dem Nachlaß gebraucht hat, wird nach der näheren Beschreibung der Schmeller-Ausgabe zu zeigen sein. Stejskal hatte über das Werk zusätzlich Reim- und Stiluntersuchungen durchgeführt und es mit Anmerkungen versehen.100 Stejskal hatte zwei Jahre vor der Veröffentlichung 98
Diese genaue Zählung verdanke ich der freundlichen Auskunft von Frau Annemarie Hinderling, die in mühsamer Kleinarbeit entsprechende Belegregister für das BWB erstellt hat 99 In seinem Vorwort rechnet Schmeller das Werk unter die minder gehaltvollen, "weil die Art der Allegorie, in welcher es durchgeführt ist, obschon damals auch bei anderen Nationen beliebt, nicht eben geeignet scheint, unserm heutigen, wenigstens in dieser Hinsicht geläutertem Geschmacke sonderlich zuzusagen" und weil es eben nicht mehr in die Zeit gehöre, welche die der W.v.Eschenbach, W.v.d. Vogelweide und ihresgleichen war. Ansonsten läßt er die literarische Wertfrage offen und verweist darauf, was Gervinus und Mone darüber in kunstrichterlicher Art lobend erwähnen (vgl. Schm.J.VI-VlII). 100 Am Ende der knappen Beschreibung von Schmellers Ausgabe in BRUNNER 1971 steht der Hinweis, daß die eigentliche Ausbeute dieses Werkes in genauen Untersuchungen von Hadamars Stil, Metrik und Klanggestalt gelegen hätte, Schmeller sich dazu aber leider nicht geäußert habe. Diese Bemerkung deutet darauf hin, daß Brunner von der Ausgabe Stejskals, die ja solche Untersuchungen durchführt, gewußt haben muß. Er hat sie jedoch nicht in seine Darstellung mit aufge-
Zur Ausgabe der "Jagd" Hadamars v. Laber
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seiner Ausgabe in ZDA.22(1878) bereits einen ausführlicheren Aufsatz über das Werk abgedruckt, in dem er von seiner geplanten Ausgabe berichtete. Es wäre in unserem Zusammenhang natürlich interessant gewesen, zu erfahren, aus welcher Schule Stejskal hervorging und welcher Art seine Beziehungen zur damaligen Redaktionsleitung der ZDA. (u.a. Steinmeyer) waren. Ich konnte jedoch auch in einschlägigen regional bezogenen biographischen Sammelbänden keine in diese Richtung weisende Auskunft über ihn finden. In BAHNER/NEUMANN 1985,203 wird er unter den Schulmännern genannt, die sich gegen Ende des 19 Jahrhunderts noch an der Entwicklung der Sprachwissenschaft engagiert hätten.101 Doch nun zunächst zur Ausgabe Schindlers von 1850 und zu den Hss., in denen das Werk überliefert ist. Bei der folgenden Aufzählung, welche die von Schmeller bzw. Stejskal benützten 14 Hss. nennt, steht immer zuerst das Kürzel, welches Schmeller für die Hs. verwendet hat, dann folgt eingeklammert das Kürzel von Stejskal, dahinter der Aufbewahrungsort und die Entstehungszeit der Hs. Für eine genauere Beschreibung der Hss. verweise ich auf die Vorworte von Schmellers und Stejskals Ausgaben und des letzteren Aufsatz in ZDA.22(1878), 263-299. Va (A) Wien Nr.2720 14.Jahrhundert Vb (h) Wien Nr.2799 14./15Jahrhundert Ve (a) Wien Nr.2931 14Jahrhundert Κ (C) Karlsburg gräfl.Batthyan.Bibl. (k 5.VI.6) 14.Jhrh. Brachst., 317 Str. Lw (D) Löwen 14 Jahrhundert, Bruchst. 17 Str. Pa (b) Heidelberg Nr.326 15Jahrhundert Pb (c) Heidelberg Nr.376 15Jahrhundert Pc (E) Heidelberg Nr.455 15Jahrhundert Pd (d) Heidelberg Nr.729 15.Jahrhundert, Bruchst. 345 Str. E (e) Erlangen 15Jahrhundert H (f) Hohenlohe-Kirchberg 1467 L (g) Laßberger Hs., Bodensee 1493 A (F) Straßburg 15 Jahrhundert, nach Maßmann ohne Schluß (vgl. St. J. XV) Β München Cgm. 179 14. Jahrhundert nommen, obwohl er durch sie sicher auch Ober die Existenz einer Münchner Hs.B (Kürzel von Stejskal!) informiert worden ist, die zu Schmellers Zeit noch nicht bekannt war. Das hindert ihn jedoch nicht daran zu bemerken, daß Schmeller für seine Ausgabe u.a. die Münchner Hs.B außer acht gelassen habe. Sie wurde nach einem Vermerk auf dem Deckblatt erst 1856 von der Bibliothek erworben und wird unter Cgm. 179 aufbewahrt. 101 An dieser Stelle danke ich Herrn Prof.Wiesinger, der von der Akademiekommission für das Biographische Lexikon in Wien in Erfahrung bringen konnte, daß über Stejskal ein Artikel vorgesehen ist Die Daten, die er mir mitteilen konnte, waren folgende: "Karl Stejskal wurde am 18.8.1854 in Znaim geboren, studierte Germanistik und promovierte (wo?). Er war dann Gymnasialprofessor und Landesschulinjpektor in Wien und starb am 27.12.1932 in Leitmeritz (Böhmen). Die Neue Freie Presse in Wien brachte am 29.12.1932 einen Nachruf." Allerdings war sind daraus auch keine Angaben darüber zu entnehmen, aus welcher wissenschaftlichen Schule (Richtung) Stejskal hervorging. In der Titelei seiner Hadmar-Ausgabe dankt er seinem Lehrer, Prof. Richard Heinzel.
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Zur Rezeption von Schniellers philologischem Werk
Niewöhner nennt in seinem Artikel" Hadamar von Laber" im Verfasserlexikon noch drei weitere Hss. zu den hier aufgelisteten: München Cgm.5152 Stuttgart nach Kellers Verzeichnis altdt. Hss. S. 158 Nr.99 Innsbruck Codex 21, III Statthaltereiarchiv Innsbruck (Pergamentdoppelblatt) Ingeborg Glier spricht in ihrem Artikel "Hadamar von Laber" in der Neuausgabe des Verfasserlexikons von insgesamt 8 Bruchstücken, die sie aber nicht näher benennt. Wenn in ihrer Zählung die Straßburger Hs.(vgl. oben) als Bruchstück gilt, so wäre zu den von Niewöhner genannten bruchstückhaften Hss. noch ein weiteres Bruchstück hinzugekommen.
3.3.1. "Jagd" Hadamars v. Laber: Vorbereitung und Druck der Ausgabe Wie schon erwähnt, hat Schmellers Beschäftigung mit Hadamars "Jagd" schon 1833 begonnen. Vom Gründonnerstag, dem 4.3, bis zum Karsamstag, dem 6.3.1833, schreibt er den Text der Hs. in Erlangen ab, wie aus den Tagebucheinträgen hervorgeht (TB 11,155). Die Abschrift, in welche zugleich die Lesarten der anderen von Schmeller verwendeten Hss. eingetragen sind, wird heute unter SCHMELLERIANA X.5.a.l. in München aufbewahrt. Schmeller scheint sich zu diesem Zeitpunkt noch keine Gedanken über eine Edition gemacht sondern nur an eine sprachliche Auswertung für sein BWB gedacht zu haben. Aber schon 1840 scheint er solche Absichten gehegt zu haben. Das geht aus einem Brief von Franz Pfeiffer an den Verleger Georg Heinrich Basse vom 3.3.1840 hervor, in dem er diesen um einen Vorschuß von 200 Gulden bittet, um eine Bibliotheksreise nach Stuttgart und Heidelberg ausführen zu können. Er könne die Reise auch dazu nutzen, um "die wichtigem dortliegenden Werke (z.B. Hermann von Fritzlar für Professor Maßmann, Laberer für Custos Schmeller etc.), die Ihrer Bibliothek einverleibt werden, abzuschreiben" (DAMMANN 1924,14). Also war offensichtlich um diese Zeit der Plan für eine Edition schon so weit gediehen, daß Schmeller mit Basse darüber sprechen konnte. Wie man weiß, ist aus diesen Plänen nichts geworden, denn die Ausgabe der "Jagd" erschien nicht in Basses "Bibliothek", sondern in der Bibliothek des Lit. Vereins in Stuttgart. Zu diesem Zeitpunkt hatte Maßmann schon die Lesarten der Wiener Hss. in Schmellers Erlanger Abschrift eingetragen. Näheres über die Vorbereitungsarbeiten Schmellers für eine Edition erfahren wir aus seinem Brief an Karl August Hahn vom 17. April 1842, der für den Vorgang insgesamt so wichtig ist, daß er hier zum größten Teil wiedergegeben werden soll (BW 11,491-493): "Bey Ausarbeitung des bayr. Wörterbuchs hatte ich öfter schmerzlich empfunden, daß ich einen ältern bayrischen Dichter, den doch schon Scherz benutzt hatte, und der mir fur meine Zwecke vorzugsweise ergiebig [!] schien, durchaus unberücksichtigt lassen mußte. Ich meine Hadamar von Laber.
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Im J. 1833 hatte mir zwar ein Ausflug nach Erlangen Gelegenheit gegeben, die dortige HS. abzuschreiben. Allein ich fand bald, daß schon derjenige, von dem sie herrührt, was er schreiben wollte und schrieb, nicht mehr verstanden haben kann, und daß es um so weniger für mich brauchbar seyn konnte. Die Hoffnung dennoch einen leidlichen Text zu gewinnen fand Nahrung durch die Collation, die im J. 1839 auf meinen Wunsch der gefällige Maßmann mit den 3 Wiener HSS. vorgenommen hat. Im J. 1840 überraschte mich Pfeiffer mit einer säubern Abschrift der Straßburger HS., u. seit einigen Wochen ist mir eine bisher unbekannte v. 1467 aus der Fürstl. Hohenloheschen Bibliothek zu Kirchberg zum Gebrauche zugesandt. Von der sehr jungen Laßbergischen findet sich wenigstens die Reihenfolge der Strophen durch Ettmüller in Mone's Anzeiger ν. 1834 Sp. 164-175 angegeben, das Löwener Bruchstück gibt Mone in s. Quellen & Forsch. 1226-230, auf die Siebenbürgische HS. in Karlsberg wird wol vor der Hand zu verzichten seyn. So bleiben denn noch die vier Heidelbergerinnen näher zu Rathe zu ziehen, als es aus Mone's [in den obgenannten Werken & im badischen Archiv 1.9098] gedruckten und einigen handschriftlichen Mittheilungen Maßmanns möglich gewesen. Da die Zahl und Folge der Strophen fast in jeder HS. eine andere ist, so käme es vor allem darauf an, die Summe derselben, wie sie sich aus allen Texten zusammen ergibt, vor Augen zu haben. Und so fehlen mir denn aus Pal.A (Nr.326) diejenigen, die sie allein hat, nemlich 1-76 am Anfang u. 587-643 am Ende, aus Pal.B. (Nr.376) die Str. 474 Ez wil uns vorsenesen(?). u. 520 bitent sie durch alle triwe aus Pal.C. (Nr. 455) die Str. 533. vrâgen an wunnen. Über Pal.D. [729] fehlt mir überhaupt Näheres. Sie scheint (nach Wilkens Gesch. d. H BS p.526 u. Lachmann's Vorrede vom Parcival XXVIII) auch Bruchstücke aus dem Titurel zu enthalten, was in der Hohenlohe-Kirchberger HS. ebenfalls statt hat. Eine zweite Arbeit würde darin bestehen, einen Versuch zu machen, wie alle diese, zum theil seltsam durcheinander gewürfelten Strängen etwa in eine conséquente Reihenfolge zu bringen wären, wobey natürlich die Ordnung, in welcher sie die meisten u. bessern HSS. wirklich vorftihren, maßgebend seyn müßte. Erst eine dritte Rücksicht könnte darauf gehen, überall die stichhaltigem Lesarten auszuwählen u. eine dem Zeitalter und Dialekte des Dichters entsprechende Orthographie durchzufuhren. Daß dieses Dritte mir in Bezug auf Heidelberg im nächsten Herbste zu thun möglich seyn werde, hoffe ich wenigstens. Vorläufig aber wünschte ich, was die beiden andern Rücksichten betrifft, ins Reine kommen zu können. Meine Bitte wäre daher, Sie möchten die Güte haben, mir durch eine verlässige Hand gegen Remuneration l)tens eine Abschrift der oben bemerkten mir fehlenden Strophen, 2)tens einen blos in Nummern oder Ziffern bestehenden
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Zur Rezeption von Schmellers philologischem Werk
Conspect der Folee, in welcher eine jede Ihrer HSS. die Strophen gibt, zu verschaffen. In diesem Conspect wären in einer ersten von oben nach unten laufenden Reihe die in Mone's Anzeiger v. 1834 Sp. 164-177 gegebenen Nummern der Laßberg HS., in einer zweiten, dritten, vierten, fünften die entsprechenden der Codd. A.B.C.D. anzusetzen. L. A. B. C. D. 1. 77. 1 2. 78. .. 3. 79. .. Ich mache mir über den innern Werth dieser Dichtung keine Täuschung. Aber sie bezeichnet mit eine Epoche der d. schönen Literatur im XIII/XIV Jhrh. u. ist für die Sprache, namentlich die provincielle, nicht ganz ohne Bedeutung. Und so reut mich, da Mone sich vom Labrer viel u. dennoch zu keiner Ausgabe hat jagen lassen, keine der spärlichen freyen Stunden, die ich dem alten Landmann zum Opfer bringe. Gerüsteter zu solcher Arbeit wäre wol keiner als eben Sie selbst; allein so lange Besseres zu thun ist, wird sich niemand, den nicht specielles Interesse, wie mich mein landsmannschaftliches und lexicales, treibt, Schlechterem zuwenden. " Wir erfahren also, daß Schindler bereits im März 1842 die Lesarten aller damals bekannten Hss. außer jenen der Karlsburger und den vier Heidelbergern kannte. Ganz wichtig ist auch die Beschreibimg seines geplanten Textherstellungsverfahrens, weil sie die dortigen Aussagen ergänzt und zeigt, welchen Weg Schmeller bei der Normalisierung des Textes einschlagen will, vor allem aber den wichtigen Hinweis bringt, daß er dazu die stichhaltigem Lesarten heranziehen, also erst nach abgeschlossener Rezension und Examination zur Normalisierung übergehen will. Außerdem wird hier die Technik bekanntgemacht, mit der Schmeller seine synoptische Übersicht über die Strophenfolge angelegt hat. Am 3.4.1844 hat er sich bei J.J.Dworzak, Bibliothekar der fürstlich lobkowitzschen Bibliothek in Raudnitz an der Elbe, nach einem Gedicht mit dem Titel "Der Löberer" erkundigt.102 Daß Dworzak seinerzeit dieses Schreiben beantwortet hat, wissen wir aus der Mitteilung im Vorwort von Schmellers Ausgabe, wo es heißt: "So findet sich, wie mir durch M.Haupt aufmerksam gemacht der Jiirstl. lobkowitzische Bibliothekar Dworzak gefälligst berichtet, zu Raudnitz an der Elbe in einer Handschrift von 1464 ein ähnliches Gedicht von 175 Strophen, worin Minne und Treue als Personen auftreten und welches überschrieben ist der Löberer. " (Schm. J.IX) Am 8.August 1843 gibt der Heidelberger Bibliothekar Bähr Schmeller die drei vollständigen dortigen Hss. Pa,Pb und Pc mit nach Hause in seine Feri102
Bei einer Exkursion dorthin ist es Robert Hinderling 1991 gelungen, den Brief ausfindig zu machen und eine Kopie anzufertigen. Er wird heute in einer Außenstelle des Leitmeritzer Archivs in Zitenice unter der Signatur 1.152 aufbewahrt.
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enwohnung (Hauptstr. C.26); die vierte, ein größeres Bruchstück war zu diesem Zeitpunkt an v.d.Hagen nach Berlin ausgeliehen. Am 9.August "Arbeit vom frühen Morgen bis 6 Uhr Abends." Und so lesen wir bis zum 14.August jeden Tag (vgl. TB 11,350). Am 19.August hatte ihn seine Reise bereits in die Johanniteibibliothek in Straßburg geführt, wo er allerdings die Hs., die er in der Abschrift Pfeiffers besaß, nicht vorfand. Nach dieser Reise hatte Schindler also die drei vollständigen Hss. aus Heidelberg mit seiner bisherigen Textarbeit verglichen. So konnte er am 11.9.1847 an K.Weigand schreiben: "Ganz erwünscht ist mir die Stelle gekommen, in welcher des Laberers Erwähnung geschieht, obschon der gute Geselle, allerdings so ziemlich fertig zum Ausfahren, noch immer in meinem Schranke still liegt... "I03 Es sollte noch bis 1850 dauern, bis der gute Geselle ausfahren konnte. Am 25.3.1850 frägt Ludwig Holland als Sekretär des Literarischen Vereins in Stuttgart auf Anregung J.Grimms bei Schmeller nach, ob er das früher schon zur Veröffentlichung voibereitete Manuskript des Hadamar von Laber dem Verein zur Veröffentlichung zusenden wolle (BW 11,672). Schmeller hatte sich J.Grimm gegenüber schon am 6.9.1842 über eine Veröffentlichung des Hadamar geäußert (BW 11,502), was möglicherweise mit Grimms Anregung an den Verein zusammenhängt. Von diesem Zeitpunkt an ist eine längerer Briefwechsel zwischen Schmeller und W.L. Holland erhalten, der sich bis in die drucktechnischen Details hineinbezieht und hier in Ausschnitten besprochen werden soll. Schon in der Antwort Schmellers vom 6.4.1850 auf die Anfrage Hollands ist eine wichtige Information über das Druckmanuskript enthalten, die bestätigt, daß das Manuskript aus lauter Oktavzettelchen mit jeweils einer Strophe besteht (BW 11,673). Es wird in München unter SCHMELLERIANA X.5.b.2. in einem Zettelkasten aufbewahrt, ist im Verzeichnis der Schmelleriana allerdings mit einem nicht zutreffenden Titel bedacht.104 Diesem Schreiben, dem Schmeller auch seine Bedingungen - u.a. Vorbehalt der letzten Revision vor Druckbeginn - beigab, folgte am 4.5.1850 die Antwort Hollands, in der auf die Bedingungen Schmellers eingegangen wird (BW 11,676 f.). Einem weiteren Brief von Holland (26.5.1850) entnehmen wir, daß Schmeller inzwischen eine Probe seines Manuskripts an ihn geschickt hatte. Er bittet Schmeller darin um Äußerungen zur Druckeinrichtung und stellt die Frage, ob die Zahlen und Varianten, die nicht zum Text gehören, wegen der besseren Übersicht unter die Strophen gesetzt werden könnten 103
Der Briefauszug ist veröffentlicht in: E.Stengel (Hrsg.), Private und amtliche Beziehungen der Brilder Grimm zu Hessen. Eine Sammlung von Briefen und Aktenstücken als Festschrift zum 100. Geburtstag W.Grimms den Febr. 1886, Bd.II, Marburg 1895, 2. Aufl. Der Brief ist in Auszügen auch in BW 11,600 abgedruckt, wo diese Stelle aber fehlt. 104 Dort steht als Titel: "Strophen die der Erlanger und einigen anderen HSS fehlen"/ 725 eBl. Bei einer Durchsicht im Sommer 1988 konnte ich mich jedoch überzeugen, daß es sich hierbei um ein vollständiges Druckmanuskript handeln mußte, auf dem sogar Anweisungen für den Setzer zu erkennen waren. Der vorliegende Brief bestätigt dies ausdrücklich.
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Zur Rezeption von Schindlers philologischem Werk
(BW 11,677 f.). Der darauf folgende Brief Schmellers vom 28.5.1850 enthält wieder kurze, aber wichtige Hinweise auf die Textherstellung: "Ganz einverstanden, verehrter Herr Doctor, bin ich damit, daß die Zeilen mit der Rtickweisung auf die Strophen Nummern der übrigen HSS. zusammen, so wie es im Probe=Abdruck geschehen, unten an den Rand gesetzt werden. Was die im Manuskript beigesetzten Varianten betrifft, so hat der Setzer wahrscheinlich das Blättchen nicht beachtet, das ich an der Spitze des MS. mitgesendet. Er hat diese Varianten mit abgesetzt. Sie sollen aber wegbleiben. Erst am Schluß werden die erwähnenswürdigen darunter (die meisten sind es nicht) aufgeführt werden. Die letzte (siebente) Zeile jeder Strophe muß, so weit es das Format leidet, etwas eingerückt werden. Ich finde im Probeabdruck kein 8. Diese Type wird doch der Officin nicht fehlen, da sie doch mit ¡ neben ζ versehen ist. Sonst müßte wo das MS 8 zeigt überall uo gesetzt werden. " (BW 11,678 f.) Damit deutet sich ein weiteres Vorgehen Schmellers bei der Textherstellung an, das, durch die Einträge in die Erlanger Abschrift ergänzt, ein klares Bild über die Textherstellung vermittelt: Maßmann hat 1839 zwischen die Zeilen der Erlanger Abschrift die Lesarten der drei Wiener Hss. eingetragen. Meist sind die abweichenden Silben oder ganze Wörter über die betreffenden der Erlanger Abschrift geschrieben. Eine kurze Notiz Maßmanns auf S. III der Vorblätter in dieser Abschrift weist darauf hin, wie er beim Eintrag vorgegangen ist. Links steht am Rand: "Maßmann Wien/ November 1839"/. Daneben folgt: Schwarz Übergetragenes ist Cod.Vindob.2720 (A) Roth 2931 (C) " " 2799 (B) Wenn man diese Hinweise mit den Einträgen in der Erlanger Abschrift vergleicht, ergibt sich folgendes. Die übergeschriebenen Silben und Wörter, die schwarz geschrieben und ebenso unterstrichen wurden, sind Lesarten der Hs. Va. Dasselbe in roter Tinte bezieht sich auf Hs. Vc. Manchmal sind die Wörter aus der Abschrift selbst rot und schwarz unterstrichen, ohne daß etwas übergeschrieben ist, was wohl in besonderen Fällen darauf hinweist, daß alle drei Wiener Hss. so lesen wie die Erlanger Abschrift. Alle nicht unterstrichenen Einträge beziehen sich auf Hs. Vb. Oder: ein Wort ist schwarz unterstrichen, eine Lesart mit roter oder ohne Unterstreichung steht darüber, d.h. Va wie E, die Lesart darüber gehört zu Vc oder Vb. usw. Es kann jedenfalls deutlich festgestellt werden, welche Lesart aus welcher Hs. stammt. Der Erlanger Text geht in der Abschrift bis Strophe 601. Auf den letzten Seiten hat Schmeller die Mitteilungen aus Mones oben erwähnten Forschungen und Quellen über die Heidelberger Hss. Pa, Pb und Pc und über das Löwener Bruchstück eingetragen. Dann folgen die erste und letzte Strophe aus Va, und die Anfangsstrophe aus Vb und Vc., sowie Auszüge aus der Straßburger Hs.
Zur Ausgabe der "Jagd" Hadamars v. Laber
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Die letzten drei Seiten sind mit Recherchen über die Geschichte der Familie Hadamars beschrieben. Auf den einzelnen Oktavblättchen des Zettelkastens befindet sich nun der bereits normalisierte Text, wie er zum Druck gedacht ist, mit den Angaben der Varianten aus den anderen Hss. und Angabe von deren Strophennummer. Die Zettel selbst sind nach der Zählung der Erlanger Hs. geordnet, die auch dem Druck zugrunde liegt, wie Schmeller im Vorwort mitteilt (Schm.J.XIV-XV). Wie Schmeller im oben zitierten Brief an K. A.Hahn angedeutet hat, wollte er eine Normalisierung erst nach Sichtung und kritischer Prüfung aller erreichbaren Hss. vornehmen. Das heißt also, er hat den Zettelkasten für das Druckmanuskript erst nach den Aufzeichnungen in Heidelberg gemacht. Nun befinden sich unter SCHMELLERIANA X.5.a.7 und X.5.a.l3. Aufzeichnungen über weitere Hss. aus der Jagd. Es ist allerdings zweifelhaft, wer im Falle von X.5.a.l3. der Schreiber war. Schmeller hat dort notiert "Ferd. Wolf, Juny 1850".105 Es scheint sich jedenfalls um die zusätzlichen Strophen zu handeln, die in Pa stehen und die Schmeller unter seinen Anhängen als "Des Minners Klage" und "Der Minnenden Zwist und Versöhnung" herausgegeben hat. Bei SCHMELLERIANA X. 14. handelt es sich um die Strophen aus der Kirchberger Hs., die im Anhang unter dem Titel "Der Minnefalkner" abgedruckt sind und die Schmeller aus der Kirchberger Hs. abgeschrieben hatte. Die Lesarten aus den Heidelberger Hss. Pa, Pb und Pc hatte Schmeller vermutlich z.T. in seine Erlanger Abschrift mit eingetragen, denn dort sind Streichungen und nachträgliche Einträge von seiner Hand festzustellen, die auch nicht in das System passen, nach denen Maßmann die Lesarten der Wiener Hss. eingeschrieben hatte. Jedenfalls sind in SCHMELLERIANA keine sonstigen Abschriften als die genannten zu finden. Auch die Abschrift Pfeiffers von der Straßburger Hs., aus welcher ebenfalls Angaben zu Lesarten und zur Strophenfolge in der Erlanger Abschrift auftauchen (sie sind mit der Kürzel A bezeichnet), findet sich dort nicht. Angesichts dieser Sachlage könnte man auch annehmen, daß Schmeller innerhalb der sechs Tage in Heidelberg, in denen er laut Tagebuch von früh bis spät am Labrer gearbeitet hatte, schon den Zettelkasten für das Druckmanuskript angelegt hatte. Zusammenfassend gesehen hatte also Schmeller seinen Text aus der Erlanger und den drei Wiener Hss., aus den Heidelberger Hss. Pa, Pb, Pc, der Hohenlohe-Kirchberger Hs. (heute Stuttgart), einer Abschrift der Straßburger Hs. und dem bei Mone abgedruckten Löwener Bruchstück erstellt. Nicht gesehen hatte er das Heidelberger Bruckstück, die Laßberghandschrift, die er aller109
Robert Hinderling hat mich darauf aufmerksam gemacht, daß Wolf Österreicher, Wiener und wohl auch Bibliothekar war. Er vermutet, daß es sich in SCHMELLERIANA X.5.a.l0., wo auch eine fremde Hand aufscheint, um dieselbe handeln könnte. Diese Zusammenhinge müßten evtl. in einer eigenen Studie geklärt werden.
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dings für eine Abschrift der Straßburger ansieht und die Hs. aus Karlsburg in Rumänien (vgl. Schm.J.XII-XIV). Wie er bei der Normalisierung des Textes vorgegangen ist, haben wir zum Teil schon aus den zitierten Briefstellen gesehen. In seinem Vorwort zur Ausgabe bemerkt er dazu noch folgendes: "Der Herausgeber hat sich, was das Hauptstück betrifft, durch die Abweichungen der verschiedenen Handschriften und in Ansehung des wahrscheinlich doch ziemlich höhern Alters des Gedichtes flir berechtigt gehalten, freilich mit einiger Rücksicht auf oberdeutsche Eigenheiten,106 im Texte die Formen und die Orthographie des XIVbisXIII Jahrhunderts durchzuführen, [...] [...] Eine Nachweisung der Varianten wird dieser Ausgabe um so billiger erlassen sein, als weitaus den meisten blosses Nichtverstehen oder gedankenlose Willkür der Schreiber zu Grunde liegt. " (Schm. J.XIX-XX) Wie diese vorsichtige Normalisierung aussieht, macht ein Blick in die Ausgabe deutlich, wo regionalsprachliche Eigenheiten berücksichtigt wurden. Es steht z.B. in der ersten Strophe alweg für alwec, manig fur manic, liep für lieb, ze für zuo,fâhen für vâhen. Noch mehr darüber wird beim Vergleich der Ausgabe Schmellers mit der von Stejskal zu sagen sein. Je zwei Briefe von Schmeller und von Holland, die zwischen dem 25.6. und dem 6.7.1850 gewechselt werden, klären die Frage, ob die Buchstaben ζ und 3 unterscheiden sind, wegen der schwierigen Korrekturarbeiten zugunsten von einheitlich ζ (vgl. BW 11,681, 682, 683, 684). Dann folgen weitere Briefe Schmellers aus Wildbad im Schwarzwald und wechselnden Ferienadressen, wohin die Revisionsbögen zu schicken sind (vgl. BW 11,684, 687-690). In seinem Brief vom 25.9.1850 zeigt sich Schmeller erleichtert bei den letzten Revisionsbögen angelangt zu sein ("Froh bin ich, wenn dieses Gelaber endlich abgethan ist.") und stellt es Holland zur freien Verfügung, ob er den "Minnefalkner" und das beigefügte Strophenverzeichnis abdrucken lassen will (BW 11,693). Beides ist dann aber gedruckt worden. Dann, am 19.11.1850, als schon alles abgeschlossen schien, noch einmal eine Nachricht von Schmeller an Holland: "2) Eben erhalte ich endlich aus Hermanstadt die früher erbetenen Notizen über den Karlsburger Labrer - C. Wären die Abdrücke nicht bereits versendet, so hätte ich den Wunsch, daß Beifolgendes auf einem Blatte abgedruckt u. dieses der Ausgabe angeklebt werden möchte. Ist's zu späte, so erbitte ich mir das Manuskript zurück. " (BW 11,699) Und Holland am 2.12.1850 zurück: "Hinsichtlich des von Ihnen eingesanten nachtrages zum Laberer habe ich den auftrag, Sie zu bitten, denselben wo 106
Schmeller hat dazu in die Fußnote gesetzt: "Z.B. das häufige Abfallen des e am Ende, die Nichtverhärtung der schliessenden b d g zu ρ t k. Statt des ν ist, gegen den früheren Schreibergebrauch, das f angewendet. Die eu, ew der meisten Handschriften durften wohl, für das vermuthete Zeitalter des Dichters, noch auf iu zurückgeführt werden, da dieses sogar heute noch in den Dialekten theils als iu, ui, theils als ü fortlebt"
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möglich so zu redigieren, daß er auf einem einzigen blatte abzudrucken wäre; wir würden ihn dann wenn Sie nicht etwa vorziehen sollten, ihn in Haupts Zeitschrift oder auf ähnliche weise zu veröffentlichen, gelegentlich einer späteren publication beigeben, da er nicht mehr dem buche selbst angehängt werden konnte.-" (BW 11,703) Stejskal schreibt in seinem Aufsatz von 1878, daß er über die Karlsburger Hs. einen "ebenso genauen und klaren bescheid" vom Superintendenten Dr. HD.Teutsch aus Hermannstadt erhalten habe (ZDA. 1878,285). Bei der Beschreibung der Hs. bemerkt er am Schluß: "s. den nachtrag, den Schmeller im jähre 1851 gibt und welcher der 23. pubi, des litt. ver. in Stuttgart beigefügt ist." (ZDA. 1878,281). Beim Nachsehen im 23. Band dieser Reihe, in dem Bechstein den "Ring" von Heinrich Wittenweiler veröffentlicht hat, habe ich keinen entsprechenden Anhang finden können. Allerdings war das Exemplar, das mir zur Verfügung stand, ein Nachdruck von 1968 bei RODOPI Amsterdam. Vielleicht wurde der Nachtrag dort nicht mit abgedruckt oder er fehlte bereits der Druckvorlage. Eine Originalausgabe konnte ich in der mir zur Verfugung stehenden Zeit leider nicht mehr erreichen. Eine Suche in numerisch benachbarten Bänden der Stuttgarter Reihe blieb ebenso ohne Erfolg. Vielleicht könnte man das Manuskript Schmellers bei nochmals gezielter Suche in den SCHMELLERIANA finden.
3.3.1.1. Schmellers Vokabular zur "Jagd" In den Vorarbeiten Schmellers findet sich ein Vokabular zur "Jagd", in dem auf 70 beschriebenen Seiten der Wortschatz des Werkes ausgezogen wurde. Wie schon erwähnt, wertete Schmeller das Werk Hadamars in erster Linie lexikographisch für das BWB aus. Dazu ist er so vorgegangen, daß er beim Durcharbeiten des Werkes alle Wörter, die ihm nach Form und Inhalt für sein Wörterbuch interessant erschienen, mit ihrem Kontext herausschrieb. Später hat er dann die einzelnen Notizen in Streifen geschnitten und diese Streifen in passender Form in dieses Vokabular geklebt. Auf diese Weise wurden die Wörter nach ihrer Wortsippe zusammengestellt. Sooft ein Wort in gleicher semantischer Weise gebraucht wurde, ist mit der Strophennummer auf die jeweilige Belegstelle im Text verwiesen. Steht es in anderer semantischer Umgebung, wird es in seinem neuen Kontext aufgeschrieben. Die Reihenfolge ist genau nach der alphabetisch-etymologischen Ordnung des BWB festgelegt. Ein gutes Beispiel dazu bietet die Wortfamilie von brechen. Das Verb selbst ist zweimal in unterschiedlicher Bedeutung mit seiner semantischen Umgebung notiert und mit einigen Strophennummern auf seine Belegstellen im Text verwiesen. Im BWB ist es unter brechen: 1) Bahn brechen, zerstören, vernichten und 8) gebrechen, ermangeln, fehlen in seinem Zusammenhang zitiert und auf seine Belegstellen im Text verwiesen: 1 " 'Etl) ich (fart) was
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verbrochen', Labr.25 (cf. das. 31: die briiche sind durchgrunde). [...] 'Dô ich die fart ze walde von ienem felde brächte, mit einem rìse balde ich sie verbrach ... swer disen bruch ersaehe, daz mich die fiirbaz einen hengen liezen', Labr.69." (BWB I,Sp.339). 8) " 'Ich hân an im gebrochen', Labr.521. cf.447(?).500.523.524." (BWB I,Sp.340). Der substantivische Gebrauch ist einmal aufgezeichnet mit zwei Belegstellenverweisen und erscheint im BWB unter Das Brechen, Gebrechen: Mangel, Fehler: c "Ί h waen der Staeten marter sì der Unstaeten trugliches brechen' (oder = schwatzen? vrgl. mhd. brehten, rufen; BM.I.243.246), Labr.447. cf.500. s. Bruch,2." (BWB I,Sp.341) Der Hinweis ist im letzten Zitat schon gegeben: Unter Bruch 2a): Entgang, Gebrechen, Beeinträchtigung (BWB I,Sp.341), steht ohne Zitat nur der Hinweis: "cf. Labr.5.6.18.119.492.502.522.523.524." In dieser Weise sind die meisten Wörter aus dem beschriebenen Vokabular in das BWB eingearbeitet. Wenn man also das Vokabular im Zusammenhang mit dem BWB sieht, kann auf diese Weise von einem Glossar zu Hadamars "Jagd" gesprochen werden. Davon wird noch beim Vergleich mit der Ausgabe Stejskals zu sprechen sein. Das Glossar ist, wie ein Eintrag auf S. 1 zeigt, erst im August 1849 während eines Ferienaufenthaltes in Gastein fertiggestellt worden. Das bedeutet einerseits, daß die sprachliche (lexikographische) Auswertung für das BWB in der Hauptsache erst den Nachträgen zugute kam, was man auch aus den oben dargestellten Zusammenhängen schließen kann und was ein Vergleich zwischen erster und zweiter Auflage des BWB bestätigt. Daraus könnte man andererseits schließen, daß Schmeller vielleicht doch beabsichtigt hat, so quasi als Nebenprodukt ein Glossar zum Hadamar zu erstellen. Ausgeführt ist dieser durchaus denkbare Plan allerdings nicht geworden. Aber das vorliegende Vokabular stellt für jeden, der es im Zusammenhang mit dem BWB gebraucht, schon so etwas ähnliches zur Verfügung, auch wenn nicht alle Wörter aus ihm im BWB aufgenommen sind. Jedenfalls dürfte es für einen, der ein Glossar zu Hadamars "Jagd" schreiben wollte, eine überaus wertvolle Hilfe und Grundlage gewesen sein.
3.3.2. Die Rezeption von Ausgabe und Vorarbeiten Schmellers durch Karl Stejskal Bevor Karl Stejskal die "Jagd" Hadamars zum zweitenmal herausgab, veröffentlichte er 1878 in der ZDA. eine Studie über das Werk, in der er vor allem über den Dichter und die Entstehungszeit des Werkes und über seine handschriftliche Überlieferung handelt. Dabei versucht er am Schluß, das Verwandtschaftsverhältnis der Hss. vor allem anhand ihrer Strophenordnung zu bestimmen und stellt es in einem schulmäßigen Stemma dar, in dem zwei Hs.-Familien (x,y) eingeteilt werden. Er hat dabei sicher die Aufforderung Schmellers wörtlich genommen, in der es heißt: "[...] aber die Strophen selbst in eine ganz einleuchtende Aufeinanderfolge zu bringen, hat sich, nach
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allerlei Versuchen als eine kaum lösbare Aufgabe erwiesen. Nach solcher Erfahrung war's wohl das gerathenste, das Material in dem Zustande zu lassen, in dem es sich zusammengefunden, damit es Scharfsinnigem, die es etwa der Mühe werth halten möchten, einmal dienen könne, sich daran zu versuchen. " (SchmJ.XIV) Stejskal kommt einer Lösung letzlich auch nicht näher, und auch sein Stemma-Ansatz bleibt fraglich, weil sein Verfahren bei der Strophenordnung allzu interpretatorisch-spekulativ vorgeht (vgl.ZDA.1878, 289-298). Er wirft zwar Schmeller viele Ungenauigkeiten und Irrtümer bei der Erstellung seiner Strophenordnungen vor, begeht aber gleichzeitig ebenfalls Fehler bei der Zitierung der Schmellerschen Strophenordnung. So gibt er z.B. die Strophennummern aus der Straßburger und der Hohenlohe-Kirchberger Hs., deren Zählung er - wie er selbst vorher sagt - nach Schmellers Ausgabe (Schm.J.XV) übernommen hat, fehlerhaft an (vgl. ZDA. 1878,285 u. 287). Im übrigen dürfte ihm die Vergleichung der Strophennummern ungleich leichter als Schmeller gefallen sein, da er sich sowohl der Zählungen in dessen Vorwort als auch der synoptisch unter den dortigen Text gesetzten Strophennummern der anderen Hss. bedienen konnte. Außerdem standen ihm die gesamten handschriftlichen Vorarbeiten zu Schmellers Ausgabe zur Verfugung. Das erwähnt er in seiner Studie nur nebenbei in einer Fußnote, wo es um historische Recherchen zur Familiengeschichte des Dichters geht, und im Vorwort seiner Ausgabe gar nicht. Nur an einer einzigen kleingedruckten Stelle in den anhängenden Anmerkungen habe ich eine Stelle entdeckt, wo vage auf die "Vorarbeiten Schmellers" hingedeutet wird (vgl.St.J.179, Anm.zu Str.24).107 Alle Zitate sind sonst auf die Ausgabe bezogen. Was die Irrtümer und Ungenauigkeiten in Schmellers Strophenzählungen angeht, so lassen sich nach einem Vergleich zwischen seinen hss. Vorarbeiten und der Ausgabe viele davon als Druckfehler identifizieren. Einen sehr breiten Raum in der Studie von 1878 nehmen die Bestimmung der Dichterperson und die Feststellung der Entstehungszeit des Gedichts ein. Auch hier greift Stejskal auf Schmellers Vorwort zur Ausgabe, aber auch auf die handschriftlichen Recherchen Schmellers in den Entwürfen zu seiner Vorrede und in seiner Erlanger Abschrift zurück. Schmeller hat diese Recherchen in der Hauptsache dazu benützt, die Dichterpersönlichkeit und die Entstehungszeit des Gedichtes festzustellen. Dabei stellt er innerhalb der Geschlechterfolge fest, daß der Dichter einer der urkundlichen Hadamare vor dem 15. Jahrhundert gewesen sein muß, da einige Hss. schon ins 14. Jahr107
Daß Stejskal die gesamten Vorarbeiten zur Ausgabe Schmellers aus München ausgeliehen hatte, steht außer Zweifel. Bei meinen Untersuchungen habe ich dort im Sommer 1988 zwischen den Papieren von SCHMELLER1ANA X einen Leihschein mit der Nr. 183/43 gefunden, der auf den S.Januar 1877 datiert ist. Auf ihm stehen alle Titel der "Vorarbeiten zur Ausgabe des Hadamar von Laber" (damals noch Schmelleriana 53) aufgelistet und rechts unten steht: "Öst. Gessch. Sejskal in Wien". Das heißt also ohne Zweifel "Stejskal", der über die Österreich. Gesandtschaft die besagten Vorarbeiten ausgeliehen hatte - gerade rechtzeitig für die Vorbereitung seiner Ausgabe.
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hundert datieren. Zur weiteren Einengung des Personenkreises weist Schmeller auf eine Stelle im Werk selbst hin, an der es heißt: "Herzog Ludewig den grîsen von Decke" (Str.293). Schmeller erkennt darin das Geschlecht der schwäbischen Titularherzöge von Teck. Nach Lage der urkundlichen Quellen findet er heraus, daß ein Ludwig von Teck und ein Hadamar von Laber zur selben Zeit am Hofe Kaiser Ludwigs des Bayern eine Rolle spielen. Somit hat er seinen Hadamar auf den Zeitraum von 1317 bis 1347 eingegrenzt. An einigen Stellen im Werk weist Schmeller nach, daß Hadamar zur Zeit der Niederschrift noch ein jüngerer Mann gewesen sein muß. Sonst legt er sich nicht näher auf die Person des Dichters fest und begnügt sich damit, die Entstehungszeit der "Jagd" auf die ersten Jahrzehnte des 14.Jahrhunderts festlegen zu können (vgl. Schm.J.IX-XI u. SCHMELLERIANA X.5.a.l.). Genau diese Überlegungen Schmellers übernimmt Stejskal für seine Recherchen. Er findet dabei heraus, daß der Dichter Hadamar III. in der Geschlechterfolge derer von Laber gewesen sein muß.'08 Den Entstehungszeitraum für das Gedicht engt er auf die Jahre 1335-1347 ein. So verdienstvoll es sein mag, daß Stejskal die neueren Ergebnisse historischer Forschung für diesen Zusammenhang nutzbar machte, so bleibt doch in jedem Falle bedenklich, daß er die Herkunft des entscheidenden Ansatzpunktes zur Feststellung der Dichterpersönlichkeit nicht ordnungsgemäß zitiert. Es findet sich kein direkter Hinweis auf die Überlegungen, die Schmeller dazu angestellt hatte. Dabei geht Stejskal so vor, daß er den Quellenhinweisen Schmellers nachgeht und sie verwertet, indem er ausschließlich nach ihnen zitiert, und eigenes Material hinzufügt. Das mag legitim sein, doch der gedankliche Ansatz Schmellers, der zur Auffindung der Dichterpersönlichkeit geführt hat, hätte deutlich auf Schmeller zurückgeführt werden müssen. Dies ist jedoch nicht geschehen (vgl. ZDA. 1878,269-280). Auch andere Kriterien, die Schmeller zur Datierungsfrage verwendet hat, werden bei Stejskal für diese Frage übernommen und nicht eindeutig und ordnungsgemäß zitiert. Schmeller weist dabei auf Reime hin, "die als solche der Erneuerungslust der Abschreiber weniger denn andere Wörter unterworfen sein konnten", nämlich: î/ei (d.h. das spätere ei mit ai)\ u/ou (da beide später in au zusammenfallen); iu/ou (später eu.äu neben au) (vgl. SchmJ.XI). Stejskal übernimmt diese Reimpaare von Schmeller genau so, ohne die Stelle in Schmellers Vorwort anzugeben, an der sie so beschrieben sind. In den Fußnoten gibt er sieben Wortbeispiele dazu an, denen er ein "Schm. 117.425" usw. hinzufügt, was wohl so viel heißen mag, als daß die Wortbeispiele aus dem Text der Schmeller-Ausgabe genommen sind.
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Dazu stand ihm inzwischen die Regestensammlung von Josef Plaß (VHVO 1863,144 ff.) zur Verfügung. Die neueren Arbeiten zur Gesch. der Herren von Prunn-Laaber konnten die bei Plaß angenommene Geschlechterfolge bis zu Hadamar IV. bestätigen. Vgl. Max J.Neudegger, Zur Geschichte der Reichsherrschaft Laaber auf dem Nordgau von 1118-1882, in: VHVO 1902,Bd.54. F.X. Scheuerer, Die Herren von Prunn-Laaber und ihre Herrschaft von 1080-1474 (Zulass, masch. Univers. Regensburg), 1980.
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Die Rezeptionsweise, die sich in der Vorstudie bei Stejskal schon angekündigt hat, wird in seiner Textausgabe von 1880 fortgesetzt und erfährt noch einige Varianten anderer Qualität. Die Ausgangsfrage soll sein: Was ist anders wie bei der Schmellerausgabe, was hat sie ihr gegenüber zusätzlich. Anders ist sicherlich die Absicht, die Ausgabe unter stärkerer Gewichtung literaturgeschichtlicher Aspekte neu herauszugeben. Davon zeugte schon die oben erwähnte interpretatorische Verfahrensweise bei der Herstellung einer neuen Strophenordnung und der entsprechende Versuch, aufgrund der verschiedenen Strophenanordnungen ein Stemma zum Verwandtschaftsverhältnis der Hss. zu gewinnen. Etwas anders ist dann auch diese Strophenordung in der Ausgabe durchgeführt. Im wesentlichen ist nur die Reihenfolge der 17 ersten Strophen in beiden Ausgaben unterschiedlich wie folgt: Schm.J. 1 = St.J. 8; 2=9; 3=1; 4=2; 5=3; 6=5; 7=4; 8=6; 9=7; 10=11; 11=12; 12=13; 13=14; 14=15; 15=16; 16=17; 17=10. Von Strophe 18 an sind die Strophenfolgen bis zu Strophe 568 (nach Schm.J.) gleich. Es gibt ab Str. 31 eine Verschiebung der Numerierung um eine Nummer, die Textabfolge aber bleibt gleich: Schmeller hat N.531 ausgelassen, weil sie identisch ist mit Nr. 153, und im Apparat wird darauf verwiesen. Stejskal hat den Text dieser Strophe ebenfalls ausgelassen, aber in der Numerierung weiter gezählt. Dasselbe geschieht noch einmal bei Str.540 und 541, so daß der in gleicher Reihenfolge abgedruckte Text bei Stejskal mit Str.565, bei Schmeller mit Str.568 endet. Der Inahlt dieser Strophe bezeichnet das Ende des Gedichtes. Die nun folgenden Strophen sind in manchen Hss. zusätzlich geschrieben. Schmeller numeriert sie weiter bis 613 unter Aussetzung der Zählung von 589 bis 602 mit Rücksicht auf die Erlanger Hs., dessen Zählung seiner Ausgabe mit leichten Abwandlungen zugrunde liegt. Ab Str.614 beginnen die besagten Anhangtexte zur "Jagd", die Stejskal nicht abgedruckt hat. Stejskal gibt denselben Strophen Buchstaben von a-s bei. Insgesamt wurde also, wenn man von den Eingangsstrophen absieht, die Textabfolge nicht verändert. Wie sieht es mit dem Text aus? Ist auch er anders? Wenn man die einleitenden Worte Stejskals zu seiner Textherstellung liest, dann ist er auf jeden Fall ganz anders. Seine Aussagen dazu deuten an, daß Schmeller ein völlig anderes Textherstellungsverfahren gewählt hat, nämlich den Handschriftenabdruck. Um diese Aussage wirklich genau zu fixieren, sollen die entsprechenden Bemerkungen aus beiden beiden Ausgaben gegenübergestellt werden. Stejskal sagt zu seiner Textherstellung mit Seitenblick auf Schmeller folgendes: "es erübrigt mir nur noch mit einigen Worten das verfahren, das ich bei der herstellung des textes beobachtete, anzudeuten, die große Verschiedenheit der in den hss. vorliegenden texte, die mannigfachen 'Verbesserungen' der Schreiber, die vielen misverständnisse endlich, die sich in allen, jungen wie alten, handschriflen finden, ließen es mir schon von vorneherein gebotener erscheinen, mich nicht auf die wiedergäbe des textes einer handschrift zu be-
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schränken, wie dies mehr oder weniger Schmeller gethan, sondern denselben auf die Überlieferung aller oder doch wenigstens aller alten handschriften aufzubauen, und diesen letzteren weg habe ich auch nach gewonnener Überzeugung, dass den änderungen der jüngeren handschriften fast nur mehr Unverstand der schreiber zu gründe liegt, eingeschlagen: Α Β (C) D a wurden wort für wort collationiert und auf diese basis hin die textrecension vorgenommen. " (St.J.XLIII) Unklar ist darin die Angabe der Hs. (C) und D nach Stejskals Kürzeln ist die erstere die Karlsburger Hs. und die zweite das Löwener Bruchstück. Von der Karlsburger Hs. hatte Stejskal nur einen "ebenso genauen als klaren Bescheid", wie er sich in seiner Studie von 1878 ausdrückt, wo er die Hs. nach diesem Bescheid beschrieben hat (vgl. ZDA. 1878,281 u. 285). Ich kann mir nicht vorstellen, daß unter dieser Formulierung die gesamte Abschrift der Hs. gemeint ist. Wie soll er sie dann Wort für Wort collationiert haben? Was soll die Einklammerung der Kürzel für die Hs. andeuten? Bei D ist bekannt, daß in ihr nur knappe 17 Strophen überliefert sind. Folglich kann sich die Vergleichung Wort für Wort nur auf diese Strophen beziehen. Jetzt aber zum eigentlichen Punkt hinsichtlich der Rezeption von Schmellers Arbeiten. Oben wurden bereits zwei Stellen ausfuhrlich zitiert, an denen sich Schmeller über die Herstellung seines Textes äußert (vgl. S.280Í). Zum einen weist er darauf hin, daß er für seine Ausgabe die Strophenfolge (nicht den Text selbst) der Erlanger Hs. zugrunde gelegt habe (vgl.Schm.J.IX-XV). Zum anderen bemerkt er, daß er den Text normalisiert nach dem 13./14. Jahrhundert geben und regionale Eigenheiten berücksichtigen will (vgl.Schm.J.XIX f.). Ganz wichtig ist in diesem Zusammenhang der Hinweis darauf, daß er die Strophenzählung der Erlanger Hs. (nicht den Text!) seiner Ausgabe zugrunde gelegt hat. Schon ein kurzer Vergleich der Ausgabe mit den Hss. und Vorarbeiten Schmellers läßt erkennen, daß der Text der Ausgabe nach Prinzipien Lachmanns textkritisch hergestellt wurde. Wir haben das auch noch zusätzlich in dem oben zitierten Brief an K.A.Hahn bestätigt bekommen. Stejskal jedoch kann auf keinen Fall sich darauf berufen, die Aussage mißverstanden zu haben, weil er sich sowohl mit dem Text von Schmellers Ausgabe als auch mit dessen Vorarbeiten, worunter vor allem die Erlanger Abschrift für diesen Fall wichtig ist, intensiv beschäftigt hat. Wenn er also behauptet, Schmeller habe sich bei der Textherstellung mehr oder weniger auf die Wiedergabe des Textes einer Handschrift beschränkt, so kann ihn nicht einmal mehr das einschränkende "mehr oder weniger" vor dem Verdacht bewahren, hier etwas verschleiern zu wollen. Ging es ihm darum, eine erneute Ausgabe des Textes durch mehr als seine Anhänge, die im Anschluß zu besprechen sind, begründen zu wollen? Wenn aufgrund der Aussagen allein schon bewiesen ist, daß Stejskal hier, zumindest gesagt, eine verwirrende Behauptung aufstellte, so soll dies doch auch noch anhand des Textes selbst überprüft werden. Dabei kann eine weitere unterschiedliche Behandlung des Editionstextes durch
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Stejskal verfolgt werden. Er selbst sagt darüber: "wie Schmeller habe auch ich mich mit rücksicht auf die entstehungszeit des gedichtes für berechtigt gehalten im texte die formen und die orthographie des 14. und 13. Jahrhunderts durchzuführen, ja ich vermeinte auch oberdeutsche eigenheiten wie die nichtverhärtung des schließenden b g d zu ρ k ν [! vermutlich t] mit recht unberücksichtigt lassen zu können, da die ältesten handschriften wiederholt inlautender media auslautende tenuis gegenüberstellen. [...] in dingen indifferenter natur endlich wie in der Schreibung von -ec oder -iç, von anlautendem_v oder_f folgte ich fast durchwegs der ältesten und sorgfältigsten handschrift,
der Hs. A. " (St.J.XLIII-XLIV) Also doch noch ein kleines Zugeständnis an die Eigenheit der Hss., ansonsten aber konsequente Normalisierung nach der Theorie. Auf die Wiener Schule von Pfeiffer und Bartsch scheint das nicht hinzudeuten, eher schon in Richtung Berlin und Müllenhoff. Auf eine solche Nähe läßt auch der Umstand schließen, daß die umfangreiche Vorstudie zur Ausgabe in der ZDA. herauskam, die zu dieser Zeit von Steinmeyer unter Mitwirkung von Müllenhoff und Scherer redaktionell geleitet wurde. Doch nun zum Text. Ich habe die ersten sieben Strophen nach der Zählung Schmellers mit den entsprechenden Strophen bei Stejskal und der Erlanger Abschrift mit den Einträgen der Wiener und z.T. Heidelberger Lesarten abgeglichen. Im folgenden sind die Strophen nach Schmellers Ausgabe aufgeschrieben und die Abweichungen der Stejskal-Ausgabe dazugeschrieben, während im Anschluß erwähnt wird, welche Lesarten Schmeller direkt aus welchen Hss. übernommen hat. Bei den unkommentierten Lesarten handelt es sich meist um normalisierten Text, der so in keiner Hs. steht. 1. "Hüet alweg din, geselle! des wis ot staet gewarnet, ez welle swar ez welle. Vil manig lieb mit leide man eramet. Diu halse dich ûflialte fur vergâhen ", sprach ich ze mînem Herzen, dò ich ez an die strängen wolde fâhen.
8. alwec bis et manic liep ûf halte zuo vähen
Vers 2: Schmeller übernimmt wis ot aus Vc, Stejskal aus Β bis, zu êt keine Angabe. Sonst normalisieren beide. 2. Band, miner staete riemen, ein sloz der minen triuwen, die mag enpinden niemen in liep, in leide, in fröuden noch in riuwen. Ez ist gebunden und wirt nicht enpunden. Min herze daz sol in staete ir undertaeniclîchen werden fanden.
9.
Bant...staete slôz den mac enbinden liebe niht enbunden
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3. Betlich ersiuftig riuwe, 1. Bete, ersiuftic gerechticllch begeren erwirbet fröude niuwe. Unbetlich bet kan selbe sich entweren. unbetlich Hie ist ein anefang aller miner fröuden. anvanc Nû wünschet, gSt gesellen, nu... guot daz von dem ende frôlich werd ze göuden. froelich Vers 1: Stejskal normalisiert Bete aus Vb, Schmeller emendiert zu Betlich. 4. Swie minne ein anefähen 2. anevâhen si fröuden aller meiste, doch rät ich, nicht vergâhen râte ich niht sich, allen den, den ich nû triuwe leiste. sich allen den, ...nu Swer im durch minne ein lieb ze fröuden kiese, liep der warte wol und schouwe, warte ê wol daz er sin besten zît icht dà Verliese. beste ... iht Vers 6: Schmeller übernimmt warte wol aus Vc, Stejskal wart ê wol normalisiert aus B. 5. Ich mein die staeten alle, 3. die da ân allez wenken gar sunder briìche galle ir triuwe durch niemen wellent überdenken. triuw... nieman Swä sich der einer durch unstaete wirret, ...einer mit... der toetet sich an fröuden und ist sin leben hie und dort verirret. Vers 4: Stejskal hat nieman nach E und Β belassen. 6. Daz ieglich gelîche sinen geliehen 5. Daz ieglîch geliche in herzen wol erkante, sin glichen wol erkande, so müest diu werlt riehen. so waer diu werlde riche. Wann geliche wol sinem geliehen kumber wante,/wan glichen sinem glichen... wände die staeten kund an staete wol benüegen, künden staete.genüegen so möcht man den unstaeten sô möht mit brüchen ouch ir fröude nicht verbüegen. Beide emendieren, in Vers 4 geht Schmeller mit stärkerer Anlehnung an Pb und Stejskal näher zu Vc. 7. Wie manig herze verhouwen wirt in solcher mâzze! Ein iäger m&z beschouwen vil dicke ein fart, daz er icht misselazze, die wil er henget; daz m&z er besinnen. Also ir iungen, hüetet, lût iu daz herze nicht zefr%entrinnen.
4. manic herz solher mäze muoz vart..iht..misselâze wile...muoz niht.. .fruo
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Es wurden nur jene Stellen kommentiert, an denen eine direkte Übernahme aus einer der Hss. erkennbar war. Anhand der eingetragenen Lesarten in Schmellers Hs. konnte dies für Schmeller und z.T. auch für Stejskal gut erkannt werden. Es ist jedenfalls klar, daß die oben zitierte Behauptung Stejskals, Schmeller habe seinen Text mehr oder weniger nach einer Hs. wiedergegeben, nicht zutrifft. Eine Folge der falschen Behauptung Stejskals hat sich vielleicht auch im Quellenverzeichnis zum DWB niedergeschlagen. Es heißt dort (DWB, Quellenverz.Sp.338): "HADAMAR V.LABER *ul300, stammschlosz in d. Oberpfalz an d. Schwarzen Laber. - jagd. hg. v. K.Stejskal. Wien 1880. - jagd und drei andere minnegedichte seiner Zeit und weise (entstanden etwa 1335-40): des minners klage, der minnenden zwist und Versöhnung, der minne-falkner. hg. (nach handschriften d. lS.jhs.) v. J.A.Schmeller. Stuttgart 1850." Das nach handschriften des 15.jhs. scheint sich nicht nur auf die drei Werke in Schmellers Anhang zu beziehen sondern auch auf die "Jagd" selbst, wie die Zeichensetzung nahelegt. Man könnte durchaus annehmen, daß hier die Behauptung Stejskals (St.J.XLII), Schmeller habe den Text nach einer Hs. wiedergegeben und die Aussage Schmellers (Schm.J.XIV-XV), daß er die Strophen nach der Ordnung des Erlanger Codex gezählt habe, zusammenwirkend durchscheinen. Ferner wird aus obigem Vergleich ersichtlich, daß viele der Abweichungen zwischen den Editionstexten auf das unterschiedliche Normalisierungsverfahren zurückzuführen ist, das oben zum Ausdruck kam. Stejskal hat seine Textrezension ausschließlich auf der Basis der Hss. Va, Ve und Β erstellt, wenn man die "genauen Angaben" über K=(C!) und über das kleine Löwener Bruchstück nicht berücksichtigt. Er begründet das mit dem Textzustand der jüngeren (Heidelberger) Hss., der durch Unverständnis der Schreiber entstellt ist (vgl. StJ.XLIII). Schmeller hat ähnlich argumentiert, als er begründete, warum er die Varianten der Hss. nicht abdrucken ließ (vgl. Schm.J.XX). Soviel zur Frage, wie sich die Ausgaben unterscheiden. Was hat nun die Ausgabe Stejskals gegenüber der Schmellerausgabe zusätzlich? Abgesehen vom erwähnten Stemma, in dem die Verwandtschaft der Hss. dargestellt wird und abgesehen von einer literaturgeschichtlichen Einordnung des Werkes, fällt im Vorwort Stejskals eine ausführlichere Untersuchung über Reim und Sprachstil Hadamars auf. Das weist in die Lachmannsche Tradition der Reim- und Stiluntersuchungen und stellt eine Ergänzung unter literaturtheoretischem Blickwinkel dar. Sie hätte ohne weiteres auch auf der Basis von Schmellers Text gemacht werden können. Zusätzlich bei Stejskal ist der Anhang der Lesarten zu erwähnen. Allerdings wurde dabei
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wenig konsequent verfahren, wie schon aus seiner Bemerkung dazu zu schließen ist (St.J.XLIII, Anm.44): 'Was irgend eine dieser genannten handschriften [gemeint sind Va, Β, Κ, Lw und Ve] an lesarten bietet, ist möglichst gewisssenhaft s. 151-172 verzeichnet, hier und da fligte ich auch bemerkenswerte lesarten aus jüngeren hss. bei. orthographische und dialektische Varianten blieben meist unberücksichtigt. " Das bestätigt ein Blick in die angehängten Lesarten in vollem Umfang. Hauptsächlich sind dort die Lesarten der Wiener Hss. und der Hs.B eingetragen, häufiger auch die der Hohenlohe-Kirchberger Hs., die Stejskal aus den Einfügungen Schmellers in seine Erlanger Abschrift kennt, seltener schließlich Lesarten der Erlanger und der Heidelberger Hss. Die Mißachtung orthographischer Varianten fällt hier ebenso auf wie vorhin die Nichtbeachtung der oberdeutschen Lauteigenheiten, was im krassen Widerspruch zu Schmellers methodischem Ansatz steht, der auch hier mundartgeographische Überlegungen erkennen läßt. Insgesamt gesehen sind die Lesarten unter solchen Voraussetzungen auch nicht besonders wertvoll. Bleiben an Zusätzlichem noch die Anmerkungen zu betrachten.
3.3.2.1. Stejskals Anmerkungen zur "Jagd" Das Vokabular, das Schmeller aus dem Text der "Jagd" ausgezogen hatte, wurde oben unter Punkt 3.3.1.1. näher beschrieben. Dabei wurde festgestellt, daß man es zusammen mit dem BWB wie ein Glossar zur Jagd gebrauchen kann. Im Anhang seiner Ausgabe gibt Stejskal unter dem Titel "Anmerkungen" Erläuterungen zum Wortschatz der "Jagd" heraus, die den Charakter eines Glossars haben. Er ordnet dabei das Material nach der Folge der Strophen im Text an, d.h. er gibt zu jeder Strophe hauptsächlich lexikalisch-semantische, seltener auch grammatikalische Hinweise auf besondere oder besonders gebrauchte Wörter darin. An einigen Fällen soll gezeigt werden, wie er dabei vorgeht und wie er dazu das handschriftliche Vokabular Schmellers und das BWB benützt. Es sei nochmals daran erinnert, daß auf die Benützung speziell dieses Vokabulars jeder eindeutige Hinweis fehlt. Nur an einer Stelle (Str.Nr.24) macht er eine vage Andeutung über Schmellers "Vorarbeiten", ohne jedoch das Vokabular nach seiner Signatur zu nennen oder gar zu beschreiben. Daß er es mit Sicherheit intensiv benützt hat, kann nicht nur aus der oben erwähnten Tatsache, daß er es laut Leihschein mit allen übrigen Vorarbeiten Schmellers aus München ausgeliehen hatte, geschlossen sondern auch durch die folgende Stelle in seinen Anmerkungen bewiesen werden, die auf ein Wort in Stophe 24 hindeutet. Dort heißt es nach Schm.J.: sin aneeborne frucht ez muste lerne St.J. gibt das Wort mit fruot wieder. Dazu kommentiert er: "fruot stf. Verständigkeit, instinkt? das durch die Überlieferung aller hss. gestützte frucht bei Schmeller scheint alter fehler zu sein, denn was soll hier sin anseborniu
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frucht bedeuten? Schmeller notierte in seinen Vorarbeiten zu dieser Stelle 'indoles?'" (St.J.179 Anm. zu Str.Nr24) Die Formulierung "Schindlers Vorarbeiten" ist so allgemein gewählt, daß man naheliegend daraus schließen muß, es handle sich dabei um die entsprechende Wortstelle in Schmellers Textrezension. Ein Vokabular als wichtige Informationsquelle kann dahinter nicht vermutet werden. Immerhin kann man aus dem Hinweis auf Schmellers fragendes indoles entnehmen, daß auch Schmeller die Lesart frucht angezweifelt hat und Stejskals fruot lateinisch vorwegnahm. Weil es alle Hss. gleich überliefern, respektiert er es auch für seinen Text. Das zeigt zugleich noch einmal, wie ungleich vorsichtiger Schmeller im Vergleich zu Stejskal den Text normalisiert hat und weist auf den sensibilisierten Sprachwissenschaftler Schmeller hin, der solche Texteigenheiten ernst nimmt. Bei der Behandlung der Stichwörter geht Stejskal folgendermaßen vor: Er schreibt hinter das Stichwort seine Erklärung und anschließend die Hinweise, unter welchen Strophennummern es im Text zu finden ist. Dabei bedient er sich häufig des Mhd.Wörterbuches von Matthias Lexer, des DWB, soweit es schon geliefert ist, und anderer, hauptsächlich Jagdwörteibücher. Bei manchen Stichwörtern, darunter auch solchen, die sich nicht ohne weiteres aus dem Kontext klären lassen, gibt er keine Hinweise auf lexikalische Werke; dazu setzt er manchmal "fehlt bei Lexer". Auf das BWB verweist er äußerst selten, auch wenn das Stichwort darin behandelt ist. Zunächst ist festzustellen, daß es für Stejskal eine ungeheure Erleichterung gewesen sein muß, zu den Stichwörter in seinen Anmerkungen die Textbelegstellen so übersichtlich in Schmellers Vokabular vorzufinden. Sodann war es ihm aufgrund ihrer Anordnung ein Leichtes, ihre Verwendungsstellen im BWB aufzufinden. Mit Hilfe der dortigen Quellenangaben hatte er leichten Zugang zu weiteren Quellen. Meistens hat er dies nicht entsprechend gewürdigt. Das mag der folgende Fall zeigen. Es geht dabei um das Stichwort bere und um die Redensart vischen ane beren. Diese Wendung ist ins Vokabular Schmellers und ins BWB (I,Sp.261), wo sie mit weiteren Quellen belegt ist, eingetragen. Stejskal hält das aber nicht fur erwähnenswert, obwohl er alle Belege, die im BWB angegeben sind, auch für seine Anmerkungen beansprucht. Er sucht die im BWB angegebenen Belegquellen offenbar selbst auf und fügt daraus noch einen oder mehrere Belege hinzu, die von der Sache her eigentlich nicht mehr erforderlich wären. Dann zitiert er ausschließlich nach diesen Quellen, ohne den geringsten Hinweis auf das BWB zu geben, schon gar nicht auf das Vokabular Schmellers (vgl. St.J. 197, Anm. zu Str.239). Ähnlich verhält es sich bei dem Stichwort warte (St.J. 177, Str.Nr.ll; BWB 11,1007), zu dem Stejskal zusätzlich noch Belege aus Wolkenstein und Tristan beibringt. Beim Stichwort tagalt (St.J. 185, Anm. zu Str.Nr.64; BWB 1,592) ist wieder ein ähnliches Zitierverhalten festzustellen. Dort werden auch keine zusätzlichen Beispiele angeführt. Ein ähnlicher Fall beim Stichwort kobern
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(ST.J. 184, Anm. zu Str.Nr.51; BWB 1,1217), wo zugleich sichtbar wird, daß Stejskal nach anderen Wörteibüchern durchaus zitiert. Er gibt dort die Stelle an, wo das Stichwort im DWB steht und bemerkt: "fehlt bei Lexer 1,875". Die Reihe ließe sich beliebig fortsetzen. Von den Anmerkungen zu den ersten 25 Strophen habe ich etwa 48 Stichwörter gezählt, die ins BWB aufgenommen sind. Davon ist das BWB zweimal zitiert, einmal normal (Stichw. abrihten, St.J. 179, Anm. zu Str.Nr.20), und einmal, um Kritik zu üben bzw. zu verbessern (Stichw. verbrechen,St. J. 180, Anm. zu Str.Nr.25). Das DWB und Lexer sind in den meisten Fällen zitiert. Das Beispiel verbrechen·. Schmeller hat die entsprechende Stelle aus der "Jagd" unter dem Stichwort brechen 1) mit mhd. verbrechen in der Bedeutung von zerstören, vernichten angegeben (BWB 1,339) und folgende Belegstellen angegeben: Etlich (fart) was verbrochen (Labr.25) und Dô ich die fart ze walde von ienem felde brächte, mit einem rìse balde ich sie verbrach...swer disen bruch ersaehe, daz mich dieförbaz einen hengen liezen (Labr.69). Stejskals Anmerkung dazu: "verbrechen stv. weidm. 'Verbrechen heißt so viel, da man das abgebrochene ästlein oder den bruch nimmt, und mit der spitze, wo es abgebrochen worden, in die ferte legt' Döbels Neueröffnete jägerpraktik. Wien 1785 f f . 1,289; vgl. damit der iäzer soll von stund an darauf, dieweilen sein hund noch hitzie ist, dem hirsch fürsreiffen und bestättieen. und hoch- und niederjägerischem Gebrauch nach. verbrechen, sowolen auf den grossen breiten offenen wegen ... als in dickem eehölz... Jagd-Lust 1, 183. der ausdruck verbrechen begegnet in alten wie neuen jagdbüchern oft, ich verweise hier nur auf die Jägerkunst 18b, 19a, auf die schon genannten jagdwörterbücher und auf Grimms Altd. Wälder 3, 132. etlich (vart) was verbrochen heißt demnach: einige fährten waren (von anderen Jägern bereits) mit 'briichen' markiert worden: vgl. 69: mit einem rìse balde ich si (die vart) verbrach. Schmeller 2 I, 339 und Lexer HI, 81 übersetzen beide male verbrechen irrthümlichmit 'zerbrechen, zu nichte machen' u.ä. " Der Grund, warum Stejskal hier ausnahmsweise das BWB zitiert, liegt auf der Hand: um Kritik üben zu können. Der Anteil der ordnungsgemäßen Zitate nach dem BWB, der - wie eben erwähnt - für die Anmerkungen zu den ersten 25 Strophen etwa ein knappes Prozent beträgt, läßt sich nach einer flüchtigeren Untersuchung der übrigen Anmerkungen etwa aufrechterhalten. Wenn man die Rezeptionsweise Stejskals insgesamt in Betracht zieht, dann stellt sich in zunehmender Weise das Bild ein, welches eingangs dieser Arbeit entworfen wurde: Der Nachlaß Schindlers als Steinbruch, in dem sich auch im vorliegenden Fall frei bedient werden konnte. Die herausgebrochenen Trümmer wurden nach Belieben neu eingesetzt und verwertet. Ihre Herkunft blieb dabei in den meisten Fällen dunkel. Übrig bleibt einmal mehr eine Edition Schmellers, die nicht angemessen durch den Neuherausgeber bewertet wird, dabei sogar eine unangemessene Abwertung erfahrt, durch welche die
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neue Edition offensichtlich aufgewertet werden soll. Dieser sich fast systemhaft wiederholende Vorgang hat sich im Fall der Stejskal-Ausgabe besonders deutlich gezeigt. Ein weiterer Mosaikstein zur Bewertung von Schmellers philologischen Leistungen fügte sich damit in das Gesamturteil der Forschungsgeschichte ein. Die Erörterung zur Rezeption von Schmellers Hadamar-Arbeiten sollte gleichfalls dazu dienen, um in der Revision gegen dieses Urteil ein angemesseneres zu erwirken. Dazu war es nötig, jene Teile aus den betreffenden Arbeiten Schmellers, die nicht oder nur undeutlich nach ihrer Herkunft ausgewiesen waren, nochmals in ihrem herkömmlichen Zusammenhang zu betrachten und deutlicher zu markieren.
4. Zusammenfassung Die vorliegende Arbeit strebt an, die bisher nur summarische und überblicksartige Darstellung von Schmellers philologischen Leistungen zu ergänzen. Das geschieht nach der Darstellung Schmellers als Philologe mit einem Querschnitt durch das philologische Werk, in dem exemplarisch die Arbeitsweise Schmellers gezeigt und auf die wissenschaftliche Rezeption dieser Werksteile näher eingegangen wird. Zum einen soll damit erreicht werden, stärker auf die eigenständigen Ansätze in Schmellers philologischer Arbeitsweise aufmerksam zu machen, zum anderen kann die Darstellung der Rezeptionsweise von Schmellers philologischen Arbeiten einiges in ihrer bisherigen Beurteilung relativieren oder vielleicht auch ändern und einiges in den Leistungen der wissenschaftlichen Nachfolger, das bisher undeutlich oder gar nicht als Schmellers Ertrag bekannt war, deutlicher ausweisen, um zu einer gerechteren Gesamtbewertung zu kommen. Dabei wird gezeigt, wie in der Wechselwirkung von zeitgenössischer Zuweisung durch Fachautoritäten, der Darstellung durch die Forschungsgeschichtsschreibung und einer in der Tendenz als abwertend und ausschlachtend zu bezeichnenden Rezeption von Schmellers Arbeiten festgefugte Bewertungsstandards über seine philologische Leistung zustande kamen, die im wesentlichen bis heute nicht näher hinterfragt wurden und z.T. immer noch gültig sind. Als forschungsgeschichtlicher Hintergrund wird zu diesen Vorgängen die Ablösung der wissenschaftlichen Gründergeneration durch eine sich institutionell etablierende und in forschungsmethodischer Hinsicht absolut und elitär denkende Nachfolgergeneration kontrastiert. Zunächst wird versucht, Schmellers Stellung zwischen den geistesgeschichtlichen Srömungen seiner Zeit zu zeigen. In diesem Zusammenhang wird die Festlegung Schmellers auf die Position des reinen Aufklärers, wie sie in einem Aufsatz von Hermann Kunisch 1949/1968 festgelegt wurde, zu hinterfragen und zu revidieren versucht. Es kann dargestellt werden, daß Schmeller nicht nur dem Ideengut der Aufklärung verpflichtet war und vor allem nicht einseitig in seinen wissenschaftlichen Arbeiten davon bestimmt war. Auch wenn er in seiner sonstigen Lebenshaltung von der Aufklärung geprägt war, so war ihm doch romantisches Gedankengut nicht so fremd und feindlich, wie es bei Kunisch dargestellt wird, und in seinem wissenschaftlichen Denken nahm er eher eine eigenständige Position ein, die ihm eine kritische Auswahl
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und Verbindung von Forschungsmethoden erlaubte, welche von der Aufklärung und von der romantischen Philologie zugleich geprägt waren. Bei der Untersuchung von Schmellers forschungsgeschichtlicher Position wird erst einmal auf den Zusammenhang zwischen Textphilologie und Sprachwissenschaft eingegangen und festgestellt, daß die Textphilologie die zentrale Mitte der jungen Germanistik darstellte. Entsprechend wichtig für die Beurteilung einzelner Forscherpersönlichkeiten war daher die Bewertung ihrer philologischen Arbeit im engeren Sinne. Es wurde dargestellt, daß der einzige Fachkollege, dem zugestanden wurde, das Fach in seiner Totalität gleichermaßen zu überblicken und zu beherrschen, J.Grimm gewesen ist, der mit seinem Bruder allgemein als Fachbegründer anerkannt wurde. Als weitere beherrschende Figur trat Karl Lachmann als Experte für den Kernpunkt des jungen Faches, die Textphilologie, hinzu. Diese Autoritäten verteilten die forschungsgeschichtlichen Rollen. Schmeller wurde dabei zurecht zum Spezialisten für die Mundartforschung ernannt. Dies geschah jedoch in einer so ausschließenden Weise, daß die Beurteilungen seiner anderen Leistungen nur in engster Abhängigkeit zu der historischen Methode Grimms, was die Sprachwissenschaft betrifft, und der textkritischen Methode Lachmanns, was die Textphilologie angeht, beurteilt wurden. Eine den Lachmannschen Traditionssträngen der literaturwissenschaftlich orientierten Textkritik zuneigende Forschungsgeschichtsschreibung der Jahrhundertwende hat diese Abhängigkeit Schmellers in textphilologischen Belangen noch verstärkt. Der Philologe Schmeller wird in ihr meist nach Beachtung oder Nichtbeachtung der von Lachmann aufgestellten Regeln beurteilt, dessen Leistungen zwar lobend erwähnt, aber immer als hinter den Vorgaben Lachmanns herlaufend und sie nie erreichend dargestellt werden. Nicht selten ist mit einschlägigen Beurteilungen eine implizite Abwertung von Schmellers philologischem Werk verbunden. Ermöglicht hat die Entstehung von solchen Bewertungsmechanismen auch Schmellers übergroße Bescheidenheit, mit der er sich den Grimms und Lachmann gegenüber hintanstellt. Gültig sind sie für das Bild von Schmeller als Philologen im Grunde genommen heute noch. Was die forschungsgeschichtlichen Bewertungen von Schmellers sprachwissenschaftlichen Leistungen betrifft, so haben ihn erst die neueren Darstellungen der achtziger Jahre unseres Jahrhunderts aus der engen Abhängigkeit Grimms gelöst und als selbständigen Grammatiker ausgewiesen, der immerhin den Weg zur historischen Sprachbetrachtung ohne Grimm schon beschritten hatte und der in der Lage war, Grundsätze der traditionellen und philosophischen Grammatik früherer Zeiten, dort, wo sie angemessen schienen, zu bewahren und mit Erkenntnissen der historischen Grammatik zu verbinden. Schmellers eigenständige Ansätze in der Textphilologie waren vor allem durch Prinzipien geprägt, wie sie später erst von der seit etwa Jost Triers Zeiten an sich rasch entwickelnden Mundartgeographie formuliert wurden.
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Ahnliche Ansätze Schmellers innerhalb der Textphilologie waren zu der Zeit scheinbar vergessen. Sie stellten allerdings einen der frühesten Ansatzpunkte dar, von dem aus die Normalisierungsmethode bei der Textherstellung nach Lachmanns Muster wirklich und ernsthaft kritisch in Frage gestellt war. Sie konnten forschungsgeschichtlich einerseits deshalb in "Vergessenheit" geraten, weil eine gegen die "Unwissenschaftlichkeit" der Frühzeit gerichtete Nachfolgegeneration kaum Interesse daran haben konnte, jene Dinge, die sie als ihre eigentlichen und originellen Schöpfungen ansah, auf die Gründergeneration zurückzuleiten, wenn dies nicht unumgänglich war. Daß es im Falle von Schmellers philologischer Arbeit nicht unumgänglich war, hängt eben mit der forschungsgeschichtlichen Position zusammen, die Schmeller von den zeitgenössischen Autoritäten zugeschrieben bekam und die ihn fast ausschließlich auf die Mundartlexikographie einschränkte. Bei diesen Vorgängen ist immer der historisch bedingte Hintergrund einer institutionalisierten und selbstbewußten Forschergeneration des späten 19.Jahrhunderts zu sehen, die sich im Rahmen des deutschen Nationalstaates als stabilisierendes und elitäres Element empfand. Fachintern ist für die Germanistik zusätzlich noch eine Spaltung in scharf voneinander abgegrenzte Schulen zu beobachten, die einander bis hin zur persönlichen Verunglimpfung bekämpften, wie vor allem die Briefwechsel jener Jahre zeigen. Vor diesem Hintergrund ist es leicht denkbar, daß die angemessene und gerechte Zuweisung von Verdiensten am Fortgang der Wissenschaft nicht unbedingt als Hauptinteresse galt. Vor allem gilt es bei der Betrachtung dieses Zeitraumes einmal mehr, die Selbstsicherheit zu beachten, mit der eigene Methoden verabsolutiert und entgegenstehende Meinungen abgewertet, ja als falsch und stümperhaft bezeichnet wurden. Die nachfolgende Generation legte bei der Darstellung der Forschungsgeschichte wieder größeren Wert auf die romantische Gründungsphase der Wissenschaft. Dabei wurden häufig literaturwissenschaftliche Belange höher eingestuft als die sprachwissenschaftlichen, wobei sich hier schon die Trennungstendenzen des Faches in eine Literatur- und sprachwissenschaftliche Fachrichtung zeigten. Das galt vor allem in Fragen der Textphilologie. Da sich in Schmellers Editionen in der Tat keine hermeneutischen Ansätze zur "höheren Kritik" seiner Texte fanden, konnte es in dieser Zeit auch kaum zu einer Neubewertung seiner philologischen Leistungen kommen, in denen bisher unerkannt gebliebene, eigene Ansätze zur Textphilologie festgestellt wurden. Schmeller hatte ohnedies seinen festen Platz von den in dieser Phase und in dieser Fachrichtung wieder als absolut geltenden Gründerautoritäten zugewiesen bekommen (vgl. z.B. die Einleitung von Konrad Burdach zur Ausgabe des Briefwechsels der Gebrüder Grimm mit Lachmann). Zudem waren seine Editionen zu diesem Zeitpunkt schon von den Neuherausgebern des späten 19.Jahrhunderts z.T. durch deren Rezeptionsweise entwertet worden.
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Besonders das Urteil von Eduard Sievers über Schmellers Tatianedition scheint hier eine tragende Rolle gespielt zu haben. Im zweiten Teil der Arbeit wird anhand der drei ausgewählten Beispiele gezeigt, wie das philologische Werk Schmellers, vor allem aber die handschriftlichen Sammlungen von Texdenkmälern und die Vor- und Nacharbeiten zu seinen Editionen durch die Fachkollegen des späten 19.Jahrhunderts rezipiert wurden und diese Art der Rezeption dazu beigetragen hat, die alten Bewertungsstandards über Schmellers philologische Leistungen eher noch zu verschlechtern. Wie bei der Darstellung der ahd. Glossensammlung Schmellers gezeigt werden konnte, stellte diese Sammlung das umfangreichste aufbereitete und unter vergleichenden Gesichtspunkten zugeordnete Glossenmaterial seiner Zeit dar, das durch die bei Schmellers Bibliotheksaufgabe gewonnenen Nachträge sogar über die Sammlung Graffs hinausging. Manche dieser Nachträge sind erst durch Schmellers Mitteilung an Graff und später noch an Maßmann in den Althochdeutschen Sprachschatz eingegangen. Daß Steinmeyer diese Sammlungen für die Vorbereitimg der großen Glossenedition intensiv genutzt hat, konnte beim Vergleich der Ausgabe mit den Sammlungen gezeigt werden, ebenso wurde deutlich, daß er ein von Schmeller vorstrukturiertes Material vorfand, das den Ordnungsprinzipien seiner Glossenausgabe sehr entgegenkam, sie vielleicht sogar beeinflußt hat. Es wurde erkennbar, daß Steinmeyer die Vorleistungen Schmellers nur sehr ungenau, häufig in verwirrender Form und nicht vollständig ausweist. Sie werden als wertvolle Sekundärquelle benützt, der gegenüber keine weitere Verpflichtung besteht, sie ausfuhrlich nachzuweisen, solange es die Hss. als Primärquelle dazu gibt. Alles was dagegen an Glossen gedruckt ist, wird genau nachgewiesen und zugeordnet. Insofern wird der Blick auf die Entwicklung der Glossenforschung getrübt und auf eine Geschichte der Glossenveröffentlichungen eingeengt. Ein Blick in die einschlägige Realienliteratur unserer Tage zeigt die Folgen: der wichtige und wesentliche Beitrag Schmellers zur Entwicklung der Glossenforschung ist dort mit keinem Wort erwähnt. In der vorliegenden Arbeit wurden deshalb die Glossensammlungen Schmellers nach Umfang, Inhalt und innerer Struktur genau beschrieben, was auch als forschungsgeschichtliche Ergänzung zur Glossenedition von Sievers und Steinmeyer verstanden werden kann. Im zweiten Beispiel zur Rezeption des Schmellerwerkes wurde Schmellers Tatianausgabe (1841) mit den Ausgaben von Scherz/Schilter (1727) und den Ausgaben von Sievers (1872 und 1892) verglichen. Ziel war es, die Vorwürfe, die Sievers der Editio princeps (nach Cod.Sangall.56) gemacht hatte, zu überprüfen und gegebenenfalls einzuschränken oder zurückzuweisen. Diese Vorwürfe unterstellten Schmellers Ausgabe eine Menge falscher Lesarten, die stillschweigende Übernahmen von Lesarten aus der Schilterausgabe (nach
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Jun.Apogr.), die gänzliche Nichtbeachtung sämtlicher Rasuren der Hs. und die Übernahme des lat. Textes von Scherz/Schilter. Mit Hilfe des Druckmanuskripts Schmellers, des nachkorrigierten Handexemplars aus seinem Nachlaß und der Vergleichung der Ausgaben mit dem Mikrofilm des Cod.Sangall.56 konnten alle Vorwürfe als unbegründet erwiesen und z.T. sogar gezeigt werden, daß Sievers seinerseits unbeabsichtigt Lesarten aus Schmellers Ausgabe übernommen hat. Sievers Vorwürfe hatten wesentlich zu einer unangemessenen Beurteilung von Schmellers philologischer Arbeit beigetragen. In diesem Zusammenhang konnte auch gezeigt werden, daß die innergermanistische Vorlagendiskussion die Ergebnisse der Diatessaronforschung viel früher zum großen Teil auf Editionsfehler von Sievers hätte zurückführen können, als dies schließlich J.Rathofer ab 1973 tat, wenn man zu dieser Frage die synoptischen Tabellen in Schmellers Ausgabe genauer untersucht hätte. Im letzten Beispiel wurde Schmellers Ausgabe zur "Jagd" Hadmars von Laber vorgestellt. Schmeller hatte das Gedicht nach Vergleich der 10 Hss., die für ihn von 14 erreichbar waren, auf der Vergleichsbasis dieser Hss. nach einem vorsichtigen Normalisierungsverfahren veröffentlicht. Dabei hatte er ein Vokabular daraus ausgezogen, das in seinem BWB ausgewertet wurde. Seine Ausgabe und die Vorarbeiten dazu hatte Karl Stejskal benützt, um 1880 das Werk neu herauszugeben. Dabei stellte er die Behauptung auf, Schmeller habe den Text seiner Ausgabe nach mehr oder weniger einer Hs. besorgt. Ein Vergleich der Vorarbeiten Schmellers und seiner Ausgabe konnten diese Behauptung als falsch nachweisen. Darüber hinaus konnten Übernahmen von Schmellers Erörterungen zur Dichterpersönlichkeit und Entstehungszeit des Werkes nachgewiesen werden, die nicht entsprechend kenntlich gemacht wiirden. Vor allem ließ sich nachweisen, daß Stejskal für seine Anmerkungen zum Wortschatz der "Jagd" Schmellers Vokabular intensiv benützt und dies nicht kenntlich gemacht hatte. Ferner hatte er nur mangelhafte Nachweise für seinen eindeutig zu beweisenden Gebrauch des BWB erbracht. Zusammenfassend konnte sich die Vermutung bestätigen, daß der Schmellernachlaß von der Forschergeneration des späten 19.Jahrhunderts einem Steinbruch ähnlich ausgebeutet wurde. Die Steine wurden - um im Bild zu bleiben - für ein neues Gebäude verwertet, ohne daß ihre Herkunft bekannt gemacht wurde. In den gezeigten Beispielen hat das dazu geführt, daß zwei Textausgaben Schmellers abgewertet und seine umfangreichen Arbeiten zur Glossenforschung erst gar nicht bekannt wurden. So gesehen haben diese Vorgänge dazu beigetragen, im Zusammenwirken mit der Zuweisung durch zeitgenössische Autoritäten und der Darstellung in der Forschungsgeschichte ein summarisches, unabgestuftes und z.T. unangemessenes Bild von der philologischen Leistimg Schmellers entstehen zu lassen. Die vorliegende Arbeit wollte einen kleinen Beitrag dazu leisten, dieses Bild neu zu entwerfen.
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6. Anhang
Anhang
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