Ovid in Antike und Mittelalter: Geschichte der philologischen Rezeption 3515103759, 9783515103756

Pierluigi Leone Gatti beleuchtet die Geschichte der philologischen Rezeption von Ovids Werk. Anhand von exegetischem Mat

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German Pages 276 [280] Year 2014

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Table of contents :
VORWORT
INHALTSVERZEICHNIS
EINLEITUNG
ABKÜRZUNGEN
I. KOMMENTAR, SCHOLIEN UND GLOSSEN: NEUE ANSÄTZE FÜR DIE GESCHICHTE UND DIE GATTUNGSPROBLEMATIK
1. KOMMENTAR, SCHOLIEN UND GLOSSEN: GATTUNG UND GRENZE
II. PHILOLOGISCHE KRITIK ZU OVIDS WERKEN
1. ANTIKE UND MITTELALTERLICHE KOMMENTARE ZU OVIDS WERK
2. OVID IN DER SCHULE
III. KURZE EINLEITUNG ZU OVIDS IBIS
1. DATIERUNG
2. DER TITEL UND DIE IDENTITÄT VON IBIS
3. LITERARISCHE GATTUNG
4. STRUKTUR UND INHALT
5. DIE QUELLEN
6. DIE KENNTNIS DER IBIS
IV. DIE SCHOLIEN ZU OVIDS IBIS
1. ACCESSUS
2. DAS ZEITALTER, DIE URFORM DER SCHOLIEN UND DER KULTURELLE KREIS: DAS PORTRÄT EINES KOMMENTATORS IM 1. JH. N.CHR.
3. DER WERT DER IBIS-SCHOLIEN
4. DIE TRANSFORMATIONEN
5. DIE FIKTIVEN VERSE
SCHLUSS
LITERATURVERZEICHNIS
ANHÄNGE
1. GLOSSARIUM OVIDIANUM – KRITISCHE AUSGABE
2. DIPLOMATISCHE TRANSKRIPTION DER GLOSSEN DER CODICES VATICANUS LATINUS 1471 UND PARISINUS LATINUS 7530
3. LISTE DER OVIDISCHEN ZITATE BEI DEN GRAMMATIKERN
4. OVID IN DEN CATALOGI BIBLIOTHECARUM ANTIQUI
5. MITTELALTERLICHE ZEUGNISSE ÜBER OVIDS BIOGRAPHIE
6. METRISCHE ANALYSE DER FIKTIVEN VERSE
INDICES
NAMEN- UND SACHREGISTER
STELLENREGISTER
PAPYRI
INSCHRIFTEN
HANDSCHRIFTEN
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Ovid in Antike und Mittelalter: Geschichte der philologischen Rezeption
 3515103759, 9783515103756

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Pierluigi Leone Gatti

Ovid in Antike und Mittelalter Geschichte der philologischen Rezeption

106 Klassische Philologie Franz Steiner Verlag

HERMES – Einzelschriften 106

Pierluigi Leone Gatti Ovid in Antike und Mittelalter

H E RME S zeitschr if t f ü r klas si sch e ph i lo lo g i e Einzelschriften

Herausgeber: Prof. Dr. Siegmar Döpp, Universität Göttingen, Seminar für Klassische ­Philologie, Humboldtallee 19, D-37073 Göttingen (verantwortlich für Latinistik) Prof. Dr. Karl-Joachim Hölkeskamp, Universität zu Köln, Historisches Institut – Alte Geschichte, D-50923 Köln (verantwortlich für Alte Geschichte) Prof. Dr. Wolfgang Kullmann, Bayernstr. 6, D-79100 Freiburg (verantwortlich für Gräzistik)

Band 106

Pierluigi Leone Gatti

Ovid in Antike und Mittelalter Geschichte der philologischen Rezeption

Franz Steiner Verlag

Gedruckt mit Mitteln, die die Deutsche Forschungsgemeinschaft dem Sonderforschungsbereich 644 „Transformationen der Antike“ zur Verfügung gestellt hat.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. © Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2014 Dieses Buch ist mit LaTeX gesetzt worden. Druck: Offsetdruck Bokor, Bad Tölz Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Printed in Germany. ISBN 978-3-515-10375-6 (Print) ISBN 978-3-515-10772-3 (E-Book)

A Niccolò M. Meli che risplende senza fine nei nostri cuori.

VORWORT Il presente lavoro costituisce la mia tesi di dottorato in filologia classica per il conseguimento del titolo di doctor philosophiae inoltrata presso la Humboldt-Universität di Berlino. Ulrich Schmitzer, sottile e intendente relatore, ha supervisionato l’opera dall’inizio alla fine. Markus Schauer ha accettato di seguire come correlatore il progetto di ricerca: ad entrambi un particolare ringraziamento. Tuttavia anche altri contributi intellettuali sono da menzionare. Markus Asper ha messo a mia disposizione il suo ingegno ellenistico con rara gentilezza e generosità. Trattando di metrica con Diana Bormann ho ravvivato le mie plumbee giornate invernali. Marco Buonocore, scriptor Vaticanus, ha dato il suo imprimatur alle mie conclusioni sul glossario ovidiano. Con Giambattista D’Alessio ho discusso aspetti relativi alle διηγήσεις callimachee e mi sono avvalso dei suoi preziosi consigli. Le riflessioni sulla tradizione delle metamorphoses sono state sottoposte alla ferula severa di Widu-Wolfgang Ehlers e Paolo Fedeli ricevendone la piena approvazione. Giuseppe Germano, amico e maestro, mi ha insegnato molto guidandomi per le vie umanistiche. Jürgen Hammerstaedt mi ha aiutato a districarmi nel roveto degli scholia all’Ibis, spesso salvato da errori, e, soprattutto, offerto un modello di studioso e di uomo. L’amico Ronny Kaiser ha non solo contribuito a germanizzare con garbo il mio tedesco, ma ha svolto il difficile ruolo di maieuta di riflessioni ovidiane. Mathias Lawo e Günther Poethke, maestri berlinesi, mi hanno iniziato benevoli ai misteri delle antiquae chartae. Le amiche Roberta Marchionni ed Elena Merli si sono rivelate due Muse filologiche e indispensabili maestre di critica testuale e letteraria. Matteo Roccati mi ha fatto gentilmente omaggio del suo programma di analisi metrica. Il personale della Staatsbibliothek zu Berlin mi ha supportato (e sopportato) fornendo un servizio umano e professionale davvero esemplare. Gli amici Kai Schöpe, Enrica Fantino, Luca Quaglierini e Christian Syperek hanno corretto il mio lavoro. Christoff Neumeister, con cui ho avuto il piacere e l’onore di condividere la stanza alla Goethe Universität, ha riletto pazientemente le bozze di stampa. Se tuttavia il lettore incontrerà errori di forma e contenuto, sia benevolo: essi sono ovviamente appannaggio esclusivo dello scrivente. Un particolare ringraziamento è dovuto a Siegmar Döpp e ai referees delle HermesEinzelschriften che hanno accettato il mio lavoro nella loro prestigiosa collana. W. Scott Chahanovich mi è stato vicino e – cosa ancor più straordinaria –, giunti alla fine di questo libro, lo è ancora. L’Università Statale di Milano e la Freie Universität Berlin hanno finanziato interamente queste ricerche. La Fondation Hardt mi ha ospitato con la nota generosità a marzo 2013 permettendomi di concentrarmi appieno nella fase di revisione del manoscritto. Infine la Deutsche Forschungsgemeinschaft si è fatta carico dei costi di pubblicazione di questo libro.

8

Vorwort

Il mio contributo vuole essere un omaggio e una continuazione ideale del lavoro di due Dioscuri degli studi ovidiani: Marco Buonocore e Frank Thomas Coulson. Nel cui nome piace licenziare l’opera. Berlin-Tiergarten – Napoli, Officina dei Papiri ottobre 2013 Pierluigi Leone Gatti

INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7

Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 I. 1. II. 1. 1.1. 1.2. 1.3. 1.4. 1.5. 2. 2.1. 2.1.1.

Kommentar, Scholien und Glossen: Neue Ansätze für die Geschichte und die Gattungsproblematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Kommentar, Scholien und Glossen: Gattung und Grenze . . . . . . . . . . . . . 15

Philologische Kritik zu Ovids Werken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antike und mittelalterliche Kommentare zu Ovids Werk . . . . . . . . . . . . . Vita Ovidiana . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die narrationes fabularum Ovidianarum des Ps.-Lactantius Placidus . . . Margaritae in liminibus sparsae. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die mythographi Vaticani . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Glossae indigestae: Der älteste Kommentar zu den metamorphoses . . . . . Ovid in der Schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ovid als Sprachlehrer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der misshandelte grammaticus: L. Caecilius Minutianus Apuleius und Ovids Verbannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2. Ein neues Fragment der verlorenen Medea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. Die argumenta der epistulae heroidum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3. Die centones: Ovid in vergilischer Verkleidung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 6.1. 6.2. 6.3.

27 27 27 28 39 41 44 53 53 69 78 82 84

Kurze Einleitung zu Ovids Ibis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Datierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Der Titel und die Identität von Ibis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 Literarische Gattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Struktur und Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 Die Quellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 Die Kenntnis der Ibis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 Die Antike . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 Die Spätantike . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 Das Mittelalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

10 IV. 1. 2. 3. 4. 4.1. 4.2. 5.

Inhaltsverzeichnis

Die Scholien zu Ovids Ibis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 Accessus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 Das Zeitalter, die Urform der Scholien und der kulturelle Kreis: Das Porträt eines Kommentators im 1. Jh. n.Chr.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 Der Wert der Ibis-Scholien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 Die Transformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 Auswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 Veränderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 Die fiktiven Verse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154

Schluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Anhänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 1.

Glossarium Ovidianum – Kritische Ausgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189

2.

Diplomatische Transkription der Glossen der codices Vaticanus Latinus 1471 und Parisinus Latinus 7530. . . . . . . . . . . . . . . . . 205

3.

Liste der Ovidischen Zitate bei den Grammatikern . . . . . . . . . . . . . . . . . 209

4.

Ovid in den catalogi bibliothecarum antiqui . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227

5.

Mittelalterliche Zeugnisse über Ovids Biographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231

6.

Metrische Analyse der fiktiven Verse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235

Indices . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Namen- und Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Stellenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 Papyri . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 Inschriften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 Handschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258

EINLEITUNG Wenn es eine große Lücke in der Forschung zu Ovid gibt, so liegt sie zweifellos im Mangel an einer Geschichte der antiken Ovid-Kritik: Umfassende Werke wie Esegesi Virgiliana antica von Gino Funaioli (1930) oder Untersuchungen zur mittelalterlichen Horaz-Rezeption von Maria-Barbara Quint (1988) sind für Ovid bisher nicht erschienen. Gemäß der communis opinio versank Ovid kurz nach seinem Tode im Exil in Bedeutungslosigkeit für das große Publikum: Der Dichter habe über die Spätantike bis zum hohen Mittelalter, als plötzlich ein regelrechter Ovidkult ausbrach, kein Interesse unter den Philologen erweckt und als Sprachmuster keinen Platz in der Schulwelt eingenommen. Seine Rezeption sei demnach nur auf das Fortleben in anderen poetischen Werken beschränkt. Darin unterscheide sich Ovid gänzlich von Vergil. Die Ursache für diese Meinung besteht darin, dass es einerseits an systematischen scholiastischen corpora, vergleichbar mit Servius’ Werk, fehlt und dass andererseits das reichhaltige Beweismaterial, das eine andere Ansicht hätte entstehen lassen können, bisher vernachlässigt worden ist. Infolgedessen ist das Vorurteil entstanden, bis zum 12. Jh., zur so genannten aetas Ovidiana, habe der Dichter nur eine sehr marginale Rolle in der Schule gespielt und außer den umstrittenen Scholien zur Ibis habe es kein anderes Kommentierungswerk gegeben. Mit der vorliegenden Arbeit lege ich eine Geschichte der philologischen Rezeption vor, d.h. sowohl eine Rekonstruktion der Stellung Ovids in der Schule von der Antike bis zum Mittelalter im Rahmen der verschiedenen Sprachtendenzen und Vorlieben, die im Laufe der Zeit aufeinander gefolgt sind, als auch eine ausführliche Analyse von Material, das auf eine exegetische Tätigkeit zurückgeht, wie Scholien, Glossen und Zusammenfassungen. Im Allgemeinen scheinen Erläuterungstätigkeit und Schule in der Antike eng verbunden gewesen zu sein, und dieses wechselseitige Verhältnis zwischen der Schulwelt und der Gelehrtenwelt ergibt sich auch für Ovid. Dank der neuen Forschungsentdeckungen und -errungenschaften der letzten Jahre hat sich unsere Kenntnis der Kommentierungspraxis in der griechisch-römischen Antike und der folgenden Transformationen deutlich vertieft: All dies hat ermöglicht, die Reste der Erläuterungswerke zu Ovid wieder zusammenzusetzen und zu einem einheitlichen Bild zusammenzufassen. Entscheidend dafür ist der Vergleich mit den ὑπομνήματα, die uns vorliegen, und den besser überlieferten scholiastischen lateinischen corpora. Bei diesem Durchgang durch die Handschriften ist neues Licht nicht nur in die Textüberlieferungsgeschichte Ovids gebracht worden, sondern auch in die der lateinischen Kommentare im Allgemeinen durch die Ermittlung des missing link in der Reihe von Transformationen, die von den commentarii in der Rolle bis zur für uns üblichen Form der hochmittelalterlichen Handschriften geführt hat.

12

Einleitung

Im Laufe der Forschungsarbeit über den Platz des Ovid in der Schule ist ein neues Fragment der verlorenen Medea aufgetaucht, und die Hypothese über politische Gründe für Ovids Exil hat festere Umrisse angenommen. Die Scholien zur Ibis werden, nach einer Einführung zu diesem einzigartigen Werk Ovids, getrennt behandelt werden, da sie ein besonderes Problem darstellen: Sie sind im Allgemeinen wenig von der bisherigen Forschung in Betracht gezogen worden und wenn, dann vor allem wegen des Verhältnisses zu Kallimachos, um ihre Zuverlässigkeit als Quellen für die Kenntnis der verlorenen kallimacheischen ῏Ιβις zu bewerten, ohne dafür von großem Nutzen gewesen zu sein. Auch in diesem Fall hat sich eine Veränderung der Forschungsperspektive als ergiebig erwiesen. Vom Standpunkt der antiken Kommentierungspraxis aus und anhand der Evidenzen, die von Papyrusfunden und der handschriftlichen Überlieferung angeboten werden, ist es nun möglich gewesen, die Entstehung und die Entwicklung dieser Scholien seit dem antiken commentarius in der Papyrusrolle bis hin zur aktuellen inhaltlichen und graphischen Form am Rande der mittelalterlichen Codices und in den humanistischen Kommentaren zu verfolgen und zu schildern. Die vorliegende Arbeit fokussiert nicht nur auf die Geschichte der Ovidstudien in der Antike, sondern, sofern es möglich ist, auch auf die moderne Forschungsdebatte.

ABKÜRZUNGEN Mit den folgenden Abkürzungen verweise ich auf die nachstehend aufgeführten Werke: CGL

Corpus glossariorum Latinorum, a G. Loewe incohatum, composuit recensuit edidit G. Goetz, vol. I–VII, Leipzig 1888–1923.

ChLA

Chartae Latinae antiquiores. Facsimile-edition of the Latin charters prior to the ninth century, edited by A. Bruckner and R. Marichal (–G. Cavallo–G. Nicolaj), Zürich 1954– .

CIG

Corpus inscriptionum Graecarum, ed. A. Böckh et J. Franz, Berlin 1828–1877 (= Hildesheim 1977).

CIL

Corpus Inscriptionum Latinarum, editum consilio et auctoritate Academiae Litterarum Regiae Borussicae, Berlin 1863– .

CLA

E. A. Lowe, Codices Latini antiquiores. A paleographical guide to Latin manuscripts prior to the ninth century, Oxford 1934–1966.

FGrH

F. Jacoby, Die Fragmente der Griechischen Historiker, Berlin/Leiden/New York 1923– .

GL

Grammatici Latini, ex recensione H. Keil, vol. I–VIII, Leipzig 1855– 1890 (Hildesheim 1961²).

Kristeller

P. O. Kristeller, Iter Italicum. Accedunt alia itinera. A finding list of uncatalogued or incompletely catalogued humanistic manuscripts of the Renaissance in Italian and other libraries, London/Leiden 1963– .

LDAB

http://www.trismegistos.org/ldab/index.php

M-P³

http://www2.ulg.ac.be/facphl/services/cedopal/index.htm

MGH

Monumenta Germaniae historica, Hannover 1835– .

PL

Patrologiae cursus completus, accurante J.-P. Migne, Series Latina, Paris 1844– .

SH

Supplementum Hellenisticum, ediderunt H. Lloyd-Jones–P. Parsons; indices in hoc Supplementum necnon in Powellii Collectanea Alexandrina confecit H.-G. Nesselrath, Berlin 1983.

14

Abkürzungen

ThGL

H. Stephanus, Thesaurus graecae linguae, Paris 1831–1865 (Nachdruck Graz 1954).

ThLL

Thesaurus linguae latinae, Leipzig 1900– .

Travaglione

A. Travaglione, Catalogo descrittivo dei Papiri Ercolanesi, Napoli 2008.

Die lateinischen und griechischen Autoren und Werke werden nach den Abkürzungen im Index librorum scriptorum inscriptionum ex quibus exempla afferuntur, editio altera, Leipzig 1990 des ThLL und in H. G. Liddell–R. Scott, A Greek-English Lexicon, revised and augmented by H. S. Jones Oxford, 1843 (1940 ⁹ + New Supplement 1996), die Papyrussammlungen nach den Abkürzungen von J. F. Oates–R. S. Bagnall–W. H. Willis–K. A. Worp, Checklist of editions of Greek, Latin, Demotic, and Coptic papyri, ostraca, and tablets, Bulletin of the American Society of Papyrologists Supplements 9, Oakville 1978 (2001⁵) zitiert.

I. KOMMENTAR, SCHOLIEN UND GLOSSEN: NEUE ANSÄTZE FÜR DIE GESCHICHTE UND DIE GATTUNGSPROBLEMATIK Fachbegriffe wie Kommentar, Scholien und Glossen verweisen auf genaue, je unterschiedliche Kommentierungstypologien mit verschiedenen Gattungsmerkmalen und differenzierten Entstehungsdynamiken. Trotzdem werden sie oft in nicht eindeutiger Weise gebraucht. In den folgenden Seiten lege ich eine kurze Geschichte dieser Texte und eine entsprechend vorgenommene Unterscheidung vor. Paul Maas hat in seiner Textkritik ein anschauliches Gleichnis geschildert, um die Wege der Textüberlieferung darzustellen¹: Ein Strom entspringt unterirdisch unter dem Gipfel eines unzugänglichen Berges. Er spaltet sich unterirdisch, seine Arme spalten sich weiter, und einige dieser Arme treten dann am Berghang in Sprudeln an die Erdoberfläche; das Wasser dieser Sprudel versinkt sofort wieder und kann noch mehrmals an tiefergelegenen Stellen an die Oberfläche treten und schließlich dort sichtbar weiterfließen. Das Wasser hat von Ursprung an stets wechselnde, aber edle und reine Farben; es fließt unterirdisch an mehreren Stellen vorbei, an denen von Zeit zu Zeit verfärbende Stoffe in das Wasser einströmen; dasselbe geschieht bei jeder Spaltung und bei jedem Aufsprudeln.

Wie man in dieser Arbeit sehen wird, ist dieses Bild besonders geeignet, um die (Um-)Wege, die solche Texte im Allgemeinen und besonders im Verhältnis zu Ovid gegangen sind, zu veranschaulichen.

1.

KOMMENTAR, SCHOLIEN UND GLOSSEN: GATTUNG UND GRENZE

Der Begriff commentarius (liber) weist auf eine direkte Ableitung von commentus, comminiscor hin, entspricht in Bezug auf die semantische Bedeutung dem griechischen ὑπόμνημα² und hat im klassischen Latein vielfache und weitgehende Bedeutungen, nämlich:³ livre où l’on note ses réflexions, cahier de notes; mémoire; archives, formulaire exposé; au pluriel, commentāriī «mémoires» et «commentaires» (= ὑπομνήματα).

Die Gemeinsamkeit der unterschiedlichen Bedeutungen besteht in der nichtamtlichen Textnatur dieser Aufzeichnungen, für welche andere Begriffe üblich waren, wie acta oder annales. Der Gebrauch bezieht sich auf die Gewohnheit der Magistrate in der republikanischen Zeit, die Maßnahmen und die wichtigen Ereignisse ihrer eigenen Amtszeit in privaten Sammlungen zu überliefern; das erste Zeugnis hierfür sind die commentarii rerum gestarum von L. Cornelius Sulla († 78 v.Chr.). „Com1 2 3

Maas 1957, S. 14. ThLL s.v. commentarius. Ernout–Meillet 1959, s.v. commentor, -āris, -ātus sum, -ārī . Dazu siehe auch von Premerstein 1901, Sp. 726–759; Bömer 1953.

16

I. Kommentar, Scholien und Glossen

mentarii heißen schließlich die Notizen von Lehrern und Schülern, dann in spätrepublikanischer Zeit auch erläuternde Schriften“⁴, und genau die enge Verbindung des ὑπόμνημα bzw. des commentarius mit der Schulwelt erklärt die Eigenschaften dieser Texte: Diese besondere Gattung der Sekundärliteratur geht in der Regel von den Schulräumen aus⁵, wurde in der griechischen Welt entwickelt und ging im Dienst der lectio von Rom ohne Unterbrechung auf das lateinische Mittelalter über. Aber auch darüber hinaus wurden diese Werke gebraucht und produziert: Der Kommentar von Crassicius zu Cinnas Zmyrna und der Kommentar zu Ovids Ibis weisen wahrscheinlich auf einen Leserkreis außerhalb des schulischen Kontextes hin⁶. Der Kommentar war ursprünglich in einer getrennten Rolle verfasst⁷, er stand aber mit dem kommentierten Text in enger Verbindung, weil der Kommentator in den Kommentar ein Textzitat (λῆμμα) übertrug und danach zur jeweiligen Erläuterung überging. Die einzige Ausnahme ist der P.Strasb. inv. 84 verso (1. Jh. n.Chr. aus Bahnasa-Oxyrhynchus, M-P³ 310 = LDAB 625), der so genannte anonymus Argentinensis, ein Kommentar zu der Rede contra Androtionem des Demosthenes ohne Lemmata⁸. Überdies war der Zusammenhang zwischen Text und Kommentar durch Verweiszeichen (besonders die διπλῆ nach Aristarchos’ System, aber auch ὀβελός, παράγραφος, κορωνίς usw.) hergestellt, wie die Papyrusfunde deutlich zeigen⁹. Derartige Werke mussten selbstverständlich zusammen mit dem kommentierten Text gebraucht werden. Später, in der Zeit des Übergangs von der Rolle zum Codex¹⁰, wurden die antiken Kommentare in ähnlicher Weise wie die anderen Werke in selbständige 4 5

6

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Püschel 1998, Sp. 1179. Turner 1968, S. 113: „The commentaries, hypomnemata, are complementary to the copy of the text. The Greek word (which carries us back to Plato’s Phaedrus) shows that they originate in the lecture room, as lecture notes of the scholar concerned. This oral origin is perhaps one reason why persons who draw on them shorten them or add to them without compunction; it may also be why abbreviations are used regularly in them in an age when abbreviation is not normally admitted to library texts“; zur philologischen Tätigkeit in Rom siehe Zetzel 1984 Criticism; über die Schultexte unter den Papyrusfunden siehe Cribiore 1996; über die enge Beziehung zwischen der Erläuterung von Homer und philosophischen Texten siehe Sluiter 1999. Suet. gramm. 18 L. Crassicius genere Tarentinus ordinis libertini cognomine Pasicles, mox Pansam se transnominavit. hic initio circa scenam versatus est dum mimographos adiuvat, deinde in pergula docuit donec commentario Zmyrnae edito adeo inclaruit ut haec de eo scriberentur Uni Crassicio se credere Zmyrna probavit / desinite indocti coniugio hanc petere. / Soli Crassicio se dixit nubere velle / intima cui soli nota sui extiterint. Cicero (Phil. 13.3) nennt ihn unter den conlusores et sodalis des M. Antonius, siehe Goetz 1901, Sp. 1681. Was den Kommentar zur Ibis betrifft, siehe Kapitel IV. Zu den ,kommentierten Ausgaben‘, die eine Ausnahme darstellen, siehe Vannini 2006. Arrighetti 1977 Hypomn., S. 50; über die unübliche Gestalt dieses Papyrus Dorandi 2000, S. 24– 25. Über die ὑπομνήματα im Allgemeinen siehe Turner 1968, S. 112–124; maßgebend, aber schwierig aufzufinden, McNamee 1977; del Fabbro 1979. Über die Verweiszeichenbedeutung und -anwendung siehe McNamee 1977, S. 96–130; McNamee 1992. Diese Transformation soll zwischen dem 3. und 5. Jh. n.Chr. stattgefunden haben (Roberts–Skeat 1983, S. 37 und 73–75: „The crucial date in the history of the codex is circ. . . 300, when the codex achieved parity with the roll. Thereafter the use of the roll rapidly diminished. By the fifth century, at least if we may judge from texts found in Egypt, the roll held barely 10% of the market“); über diese epochale Wendung in der Kulturgeschichte siehe Cavallo 1977; 1989; 1998; Roberts–Skeat 1983; van Haelst 1989; über die typischen Schreibfehler für diesen Wechsel siehe Zelzer 1989, die auch einen guten Rückblick auf die vorherige Literatur anbietet. Die Geschichte

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1. Kommentar, Scholien und Glossen: Gattung und Grenze

Codices versetzt – wenn sie nach der Verbreitung des Codex verfasst worden sind, ist die ursprüngliche Form selbstverständlich diejenige des Codex –, und sie hatten in dieser Phase noch eine eigene Textüberlieferung. Sie waren möglicherweise in diesem Vorgang schon Um- und Überarbeitungen ausgesetzt. Die Gründe für den Wechsel zum Codex und die Vorliebe für das neue Buchformat sind, wie man weiß, von verschiedener Art: mehr Praktikabilität, mehr Inhalt auf weniger Raum, niedrigere Kosten¹¹. Erst später nahmen die Kommentare die für uns übliche Gestalt des Rahmens an, der um den zu erläuternden Text herum gruppiert ist. Man kann diese Transformationen folgendermaßen schematisieren: 1. Phase Autorwerk

Rolle

2. Phase →

3. Phase

Codex ↘ derselbe Codex ↗

Kommentar

Rolle vom Anfang an



Codex 3.–6. Jh.

6.–8. Jh. Abb. 1

Ein deutliches Zeugnis unter den lateinischen Kommentaren für die zweite Phase sind die so genannten scholia Bobiensia zu Cicero. Dieser Kommentar ist heutzutage in zwei Handschriften enthalten, dem Vaticanus Latinus 5750 und dem Ambrosianus E 147 sup. des 5. Jh. (CLA 1.28) aus Bobbio in Unzialschrift¹², die selbstverständlich anfangs demselben Buch angehörten und danach aufgeteilt worden sind¹³. Der Vaticanus Latinus 5750 ist ein Palimpsest aus Pergament, dessen erste Schrift zu unserem Glück nicht gut gelöscht worden ist, so dass unter den acta concilii Chalcedonensis die epistulae von Fronto, ein Kommentar zu zahlreichen Reden Ciceros (fälschlicherweise durch die Herausgeber als Scholien gekennzeichnet) und andere Werke durchscheinen. Die so genannten scholia Bobiensia sind in zwei ordentlichen Spalten pro Seite und in einer schönen Unziale geschrieben; nach der üblichen Art folgt auf das Lemma die zugehörige Kommentierung. Wenn man sich den ersten Codex ansieht (siehe Tafel 1), kann man sich vorstellen, wie ein Kommentar in einem (spät-)antiken Codex aussah und welchem Schicksal diese Werke ausgesetzt waren¹⁴. Die Handschrift vermittelt eine Vorstellung von der

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der aktuellen Scholien zu Homer, die als Beispiel gelten kann, ist hervorragend von Hartmut Erbse in der praefatio zum vol. I rekonstruiert worden. Skeat 1982. Zum scriptorium von Bobbio siehe Ferrari 1975, S. 314–320. Zur Geschichte dieser Handschriften siehe Stangl 1894; die praefatio in M. Cornelii Frontonis aliorumque reliquiae… 1906, S. 5–25; Pellegrin 2010, S. 553–559. Ich bedanke mich herzlich bei Herrn Dr. Paolo Vian, scriptor der Biblioteca Vaticana, für die Erlaubnis zur Einsicht in die Handschrift.

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I. Kommentar, Scholien und Glossen

originalen Gestaltung römischer commentarii, die sehr ähnlich derjenigen der griechischen ὑπομνήματα in den Papyri ist¹⁵: Bis jetzt hat der Palimpsest noch nicht die gebührende Aufmerksamkeit für die Rekonstruktion der Geschichte der römischen Kommentare bekommen. Im Orient ist nur ein Beispiel dafür aufgefunden worden: P.Würzb. 1 (inv. 18) (6. Jh. vielleicht aus Hermopolis, M-P³ 419 = LDAB 1002) mit dem Text und Auszügen aus einem Kommentar zu den Phoenissae des Euripides¹⁶. Die Überlieferungstypologie dauerte ungefähr bis zum Auftreten einer neuen Codexform mit mehrspaltigen Seiten, derer erste Beispiele im Abendland auf die karolingische Zeit zurückgehen (s.w.)¹⁷. Das neue Buchformat erlaubte, den Kommentar (oder mehr als einen) zusammen mit dem erläuterten Werk in denselben Band einzufügen. Wenn man die Codices Latini Antiquiores prüft, bemerkt man, wie wenige Codices des vorkarolingischen Alters zeitgenössische marginalia und interlineare Anmerkungen tragen (d.h. CLA 1.30¹⁸; der Vergilius Mediceus 3.296; mit griechischen Scholien 2.226, 3.288; von christlichen Autoren 3.374a¹⁹, 4.479, 7.984; juristische Handschriften 3.295, 5.700²⁰, 8.1221 mit griechischen Glossen, 10.1538). Den genannten Zeugnissen ist auch das Fragment von Iuvenal aus Antinoë (um 500; CLA Suppl. 1710 = M-P³ 2925 = LDAB 2559) hinzuzufügen. Unter diesen Codices sind Anmerkungen mit Lemmata, die einen sicheren Beweis der Herkunft aus und der ursprünglichen Zugehörigkeit zu einem Kommentar darstellen, eine Ausnahme. Sie sind nur in den Scholien zu Terenz des Codex Bembinus des 4.–5. Jh. (CLA 1.12) und in den scholia Veronensia des 5. Jh. (CLA 4.498) zu Vergil²¹ auffindbar. Das 15 16 17 18 19 20 21

Menci 1997. Maehler 2000. Siehe die Beiträge von Louis Holtz und meinen vorsichtig(er)en Datierungsvorschlag in der Fußnote 30. Die c. 63–64 und 77–78 des Codex Vaticanus Latinus 5750 enthalten Auszüge aus den saturae Iuvenals (14.323–15.43) und Persius (1.53–104) mit Randscholien Siehe auch für die Beschreibung Lowe 1914, S. 55, Fußnote 3 und S. 264; Lowe 1929, Nr. 2. In der Beschreibung des P.Rein. inv. 2219 (6. Jh. aus Ägypten, M-P³ 2971 = LDAB 2555) im CLA ist das Vorhandensein von Marginalien fehlerhaft nicht angegeben. McNamee 1998, S. 277: „The usual vehicle for literary texts, through the third century, was the roll. It rarely contained notes. Among the surviving Greek and Latin literary texts from Egypt, of which the majority are bookrolls, only a small proportion of rolls have marginal or interlinear comments. Comments that do appear are usually sporadic and brief. Even when they are lengthy, they appear to have been added by readers, not by the professional scribes who in most cases copied the texts. In the fourth century the codex replaced the roll as the standard form of book and for the most part practices in annotation and layout remained the same. Most literary codices – the well preserved Cairo Menander illustrates the norm – have margins too narrow to carry much commentary“. In wenigen Zeilen habe ich ein breites, uneindeutiges Phänomen seinen grundlegenden Tendenzen nach schematisiert, welches selbstverständlich viel differenzierter ist (siehe Wilson 1984; Maniaci 2002; Messeri Savorelli–Pintaudi 2002). Da wir bis dato über kein einziges Fragment antiker lateinischer Kommentare in den Rollen verfügen (siehe die Standardkataloge bei Collart 1941; Cavenaile 1956–1958; M-P³; LDAB), ist es unvermeidlich, sich an den griechischen Papyri zu orientieren, in Erwartung neuer Funde. Über den Bembinus und diese Scholien siehe die Introduction und die Discussions in der Ausgabe von James Frederick Mountford, S. 1–9 und 113–126; Prete 1950, S. 96–108; über die scholia Veronensia siehe Keil 1848; Bücheler 1866; Baschera 1999; über die Schrift und den Codex Condello 2002; über ihre Beziehung zu den additamenta des Servius auctus siehe Abbamonte 2000 und Baschera 2000,

1. Kommentar, Scholien und Glossen: Gattung und Grenze

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neue Format wird allmählich in Gebrauch gekommen sein, und es wird einige Zeit gedauert haben, bis das neue Format das alte verdrängt hat. Einen anderen Beweis für diese Rekonstruktion erbringt meiner Meinung nach auch eine Prüfung der catalogi bibliothecarum antiqui von Gustav Becker, welche die positive Evidenz bestätigt. Denn Handschriften cum glossis sind erst seit dem letzten Viertel des 9. Jh. zu finden (10.38; 11.186; 11.203), und früher sind eigenständige Kommentare in den Katalogen (6.332; 6.392–395; 7.30–31; 10.3; 10.6; 21.31; 25.1; 22.418) eingetragen. Das Abschreiben von Kommentaren als eigenständige Werke in die Codices ist eher aus kulturellen Motivationen zu erklären als aus materiellen; die Zeit zwischen dem 3. und dem 5. Jh. ist die aurea aetas der Kommentierung, in der Persönlichkeiten wie Aelius Donatus (um 354 war er berühmt) und Servius (Ende 4.–Anfang 5. Jh. n.Chr.) tätig waren²². Die Reflexion über die Klassiker tritt gegenüber der aktiven neuschöpferischen Produktion von Literatur eher in den Vordergrund; die Erklärungen zu den Klassikern waren zu dieser Zeit noch umfangreich und ausführlich. Als Kommentare waren noch selbständige Werke in Gebrauch. Was das materielle Format der codices betrifft, sind die Ränder der spätantiken Codices noch nicht so breit wie in späterer Zeit, denn sie mussten keine großen und auf ordentliche Art und Weise hinzugeschriebenen Textabschnitte aufnehmen²³. Die oft wiederholte Aussage, dass die Kommentare von den Rollen in die Ränder der Codices versetzt worden seien, ist also unter Berücksichtigung dieses wichtigen Zwischenschrittes zutreffend²⁴. Diese Mittelstufe zwischen Rolle und Codex mit Randkommentar kann am besten auch über Sonderfälle Aufschluss geben, in denen Text und Kommentar verschiedene Wege gegangen sind, so wie die Kommentare von Asconius Pedianus (1. Jh. n.Chr.) zu den verlorenen Reden pro Cornelio und in toga candida von Cicero, die uns trotz des Verlusts von Ciceros Text überliefert worden sind²⁵, oder mittelalterliche Kommentare zu Ovid, welche die Klöster ohne die entsprechenden Texte besaßen²⁶. Es

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derer Beiträge einen ausführlichen Überblick über den status quaestionis anbieten (S. 236–240 bzw. S. 9–35). Im Fall der scholia Veronensia bietet Claudio Baschera, der Herausgeber, folgende Erklärung (Baschera 1999, S. 45): „se gli scolii veronesi costituiscono, come probabile, appunti didattici per lezioni virgiliane, essi erano esclusivamente “ad uso e consumo di chi li compilò’’ e non avevano necessità della coerenza intrinseca che sarebbe doverosa nei confronti di un lettore esterno“. Einen analogen Fall in der griechischen Welt stellt der P.Vindob. inv. G 29817 (= P.Rain. 1.23; 5.–6. Jh., M-P³ 1356 = LDAB 3741) mit „school notes“ zu der ersten Pythischen Ode Pindars dar, siehe McNamee 1994. Siehe II.2.1., S. 62, Fußnote 136. Siehe die oben genannten Abbildungen der CLA; über das Format der spätantiken Codices Turner 1977; Muzerelle 1989; Cavallo 1995, S. 32–39; Menci 1997. Besonders von Eric Gardiner Turner ist das Verhältnis zwischen großformatigen Codices und der Möglichkeit, marginalia zu enthalten, betont worden (Turner 1977, S. 84). Diese großen Bücher sind eben selten, siehe table 1 Papyrus Codices Grouped by Dimensions (S. 14–22) und table 2 Parchment Codices Grouped by Dimensions (S. 26–30). Zur Evidenz der Funde tragen auch die berühmten Zeugnisse von Martial (epigr. 1.2; Homer 14.184; Vergil 14.186; Cicero 14.188; Livius 14.190; Ovid 14.192) bei. Siehe z.B. Spallone 2002, S. 85. Die Dissertation von Paul Schmiedeberg (Schmiedeberg 1905) ist der einzige und ein wertvoller Beitrag über die Überlieferung von Asconius’ Werken. Munk Olsen 1987, S 83: „Il y avait apparemment des bibliothèques qui possédaient les commen-

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I. Kommentar, Scholien und Glossen

scheint, dass die ersten Änderungen im Buchformat, um einen Text mit dem zugehörigen Kommentar in einem einzigen Band zu vereinigen, im 5. und 6. Jh. im Orient und im Rahmen der juristischen Lehre geschehen sind, und zwar in Beirut, damals Sitz einer berühmten Rechtsschule: In dieser Zeit fängt man an, die Papyri der juristischen Texte mit breiteren Rändern anzufertigen, und sie erhalten dadurch umfangreichere Randnotizen²⁷. Die Durchsetzung der Praxis, die Kommentare in die Ränder zu versetzen, ist wahrscheinlich auch mit der späteren Einführung der griechischen Minuskel verbunden, die die Unterbringung von mehr Text auf weniger Raum ermöglicht hat²⁸. Im Abendland muss man nach der Rekonstruktion von Louis Holtz noch auf weitere Transformationen warten, bis kommentierte Ausgaben der Klassiker üblich und sozusagen zum Standard werden. Die ersten Zeugnisse für eine Handschrift mit der zwei- und dreispaltigen mise en page, in der eine Spalte vom Autorentext und der restliche Platz von den Scholien ordentlich belegt sind, sind die Extrakte aus einer Homilie von Gregorius Magnus als Kommentierung zum Buch von Ezechiel in der Handschrift A.G. 19 XII des Staatsarchivs Zürich des 8.–9. Jh. (CLA 7.1008) in irischer Minuskel und die Handschriften zu Vergil Bernensis 165 und Bernensis 172 + Parisinus Latinus 7929 aus dem 8. Jh. mit Vergils Werken und Servius²⁹, wobei das Verlangen, einen einzigen Band mit Text und Kommentar zu haben, schon für die Mitte des 6. Jh. bezeugt ist³⁰.

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taires sans avoir les textes correspondants. C’était le cas à Saint-Antonin de Plaissance („Glose Homeri et Auiani et Ouidi de arte amandi“), à Saint-André de Bruges („Glosas de Lucano et Ouidii magno“) et à Engelberg („Glose Ouidi magni“). Mais les textes étaient peut-être dans la possession du scholasticus, ou bien on avait profité d’une bonne occasion pour se procurer un commentaire en attendant que le texte même surgisse un beau jour“. Ich habe weitere ähnliche Fälle ermittelt, siehe Anhang 4, Nr. 56.31; 56.33; 95.174; 103.46. McNamee 1997; McNamee 1998, S. 277: „Before the fourth century, nothing of the sort is known“. Das erste Beispiel eines Codex von literarischen Texten mit solcher mise en page im Orient ist bis heute der bekannte P.Oxy. 2258 (aus Oxyrhynchus, M-P³ 186 = LDAB 523) mit Fragmenten von Kallimachos’ Werken. Edgar Lobel, Eefje Prankje Wegener und Colin Henderson Roberts, die Herausgeber des Bandes, bemerken (S. 71): „A date in the neighbourhood of A.D. 500 or of A.D. 600 would appear on general grounds to be more acceptable than one in the neighbourhood of A.D. 700 for the copying in Egypt of a Callimachus of this amplitude“. Wilson 1967, S. 247; Maehler 2000, S. 34. Holtz 1977, S. 259–266; Holtz 1984; Holtz 2000. In der Forschung ist umstritten, ob der Bernensis 167 (mit zweispaltigen mise en page, Text und Kommentar) eine Kopie vom Bernensis 172 + Parisinus Latinus 7929 ist. Frau Dr. Silvia Ottaviano gilt mein herzlicher Dank, weil sie mir innerhalb weniger Stunden nach meiner Anfrage die Abbildungen dieser Handschriften zur Verfügung gestellt hat. Zum Bernensis 165 siehe Savage 1925; Savage 1932, S. 106–108; Murgia 1975, S. 19; zum Bernensis 172 + Parisinus Latinus 7929 Savage 1932, S. 100; Murgia 1975, S. 9–10, und zum Bernensis 167 Savage 1932, S. 103; Murgia 1975, S. 10–14. Cassiod. inst. 1.11.3 sed quoniam sacras litteras in novem codicibus cum introductoribus et paene cum omnibus Latinis expositoribus suis, ut datum est, Domino iuvante collegimus; inst. 1.3.1 ex omni igitur Prophetarum codice quinto sanctus Hieronymus primum annotationes faciens propter tyrones et parvulos competenter eos et breviter explanavit; quas vobis in annotato nuper codice Domino praestante dereliqui. in quo botrionum formulae ex ipsis annotationibus forsitan competenter appositae sunt, quatenus vinea Domini caelesti ubertate completa suavissimos fructus intulisse videatur. Die institutiones divinarum litterarum sind Mitte des 6. Jh. verfasst worden. So wie im Fall der scholia Veronensia zu Vergil scheint Cassiodorus’ Zeugnis auf einen Schulgebrauch hinzuweisen. Mit diesen kann man einen früheren Text vergleichen, der über dassel-

1. Kommentar, Scholien und Glossen: Gattung und Grenze

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Ein Merkmal dieser weiteren Stufe ist das allgemeine Verschwinden der Lemmata, die früher wegen der Selbständigkeit der Bücher nötig waren. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Reduzierung und Konzentration der Kommentare in den Rändern besonders seit dem 7.–8. Jh. einem niedrigeren Niveau des Wissens und des Strebens danach entspricht und wegen der hohen Kosten der Handschriften im Mittelalter auch ökonomische Gründe hat³¹. Unter σχόλιον (spätantiker terminus technicus mit der Bedeutung von „Erklärung, Interpretation philosophischer Texte“) sind unterschiedlich ausführliche Erklärungen einer einzigen Textstelle zu verstehen, „die in der Regel an den Rand der zu erläuternden Textstelle, häufig auch darüber oder darunter geschrieben wurden“³². Der Begriff wurde im Griechischen selten in diesem Zusammenhang verwendet und ist erst spät belegt³³, während die erste Verwendung im Lateinischen bei Cicero vorkommt³⁴. Isidor von Sevilla (ca. 560–636) bietet folgende Definition:

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be Phänomen berichtet, und zwar Marin. Procl. 27 Μηχανὴν οὖν ἐνταῦθα ἄλλην ἐπινοῶν, ἠξίωσα [γὰρ] παραγράφειν αὐτὸν τὰ ἀρέσκοντα τοῖς τοῦ διδασκάλου βιβλίοις· πεισθέντος δὲ τοῦ ἀγαθοειδεστάτου καὶ παραγράψαντος τοῖς μετώποις τῶν ὑπομνημάτων, ἔσχομεν συναγωγὴν εἰς ταὐτὸν ἁπάντων, καὶ ἐγένετο καὶ εἰς Ὀρφέα αὐτοῦ σχόλια καὶ ὑπομνήματα στίχων οὐκ ὀλίγων, εἰ καὶ μὴ εἰς πᾶσαν τὴν θεομυθίαν ἢ πάσας τὰς ῾Ραψῳδίας ἐξεγένετο αὐτῷ τοῦτο ποιῆσαι. Die vita Procli ist nach dem Jahr 486 n.Chr. verfasst worden, so bestätigen die literarischen Zeugnisse die papyrologische Evidenz. Über diese neue mise en page siehe Maniaci 2002. In Anbetracht dessen, dass sich die Transformationen im Buchformat über längere Zeit erstrecken konnten und es uns an vielen Gliedern in dieser Kette fehlt, würde ich die Entstehung und die erste Verbreitung des Bandes mit Text und Kommentar für die klassischen Texte auf den Zeitraum zwischen der ersten Hälfte des 6. Jh. und dem Ende des 8. Jh. datieren. Eine Koexistenz der beiden Codices und Kommentierungsformen ist selbstverständlich für die ersten Zeiten anzunehmen, wie Herwig Maehler für den Orient gezeigt hat (Maehler 2000). Eine Datierung ins 9. Jh. erinnert an den analogen Versuch für die griechischen Scholien von Günther Zuntz (Zuntz 1938; besonders Zuntz 1939; Zuntz 1965, S. 272–275), der sich als fehlerhaft erwiesen hat (siehe trotz der Papyrusfunde Zuntz 1965, S. 274, Fußnote ‡), siehe auch Fußnote 35. Louis Holtz hat seine Meinung in seinem letzten Beitrag teils verändert und schlägt eine Datierung vor, die meiner ähnlicher ist (Holtz 2000, S. 107). Über die frühmittelalterlichen Kommentare und deren Transformationen siehe Leonardi 1975; Spallone 1993, S. 412–443; über die karolingische Schulkommentierung siehe Spallone 2002; über Horaz siehe Villa 1992; siehe auch Fußnote 35. Jacobsen 1995, Sp. 1528–1529. ThLG s.v. σχόλιον, Arr. Epict. 3.21.6 ταῦτα ἡμῖν δεῖξον, ἵν’ ἴδωμεν, ὅτι μεμάθηκας ταῖς ἀληθείαις τι τῶν φιλοσόφων. οὔ: ἀλλ’ ἐλθόντες ἀκούσατέ μου σχόλια λέγοντος; als Anmerkung Luc. vit. auct. 23 πρότερον δὲ ἀνάγκη πολλὰ προπονῆσαι λεπτογράφοις βιβλίοις παραθήγοντα τὴν ὄψιν καὶ σχόλια συναγείροντα καὶ σολοικισμῶν ἐμπιπλάμενον καὶ ἀτόπων ῥημάτων; die Stelle von Gal. in Hippocratis de medici officina librum commentarius 18.2.84 (S. 847.2 Kühn) τὰ δὲ ἔξω τῆς τέχνης περὶ τὴν λέξιν ἔτι πλείονα σχόλια ist von Carl Gottlob Kühn fehlerhaft transkribiert worden (siehe Lundon 1997, S. 77–78). John Lundon gelangt durch eine präzise Prüfung der antiken und spätantiken Belege des Begriffes zu einer Definition (Lundon 1997), die aber nur noch teils zweckdienlich ist, weil sie die Breite und Tiefe der σχόλια in Vergleich zu den Kommentaren und den Glossen nicht berücksichtigt. Ich habe versucht, eine bessere Bestimmung dieser drei Gattungen darzubieten, die alle Merkmale umfassen soll. Cic. Att. 16.7.3 (der Atticus’ Worte zitiert) graviora quae restant: ‘velim σχόλιον aliquod elimes ad me, oportuisse te istuc facere’. Klar erscheint die Bedeutung von σχόλιον als „Erklärung“.

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I. Kommentar, Scholien und Glossen

Isid. orig. 6.8 . Opusculorum genera esse tria. Primum genus excerpta sunt, quae Graece scholia nuncupantur; in quibus ea quae videntur obscura vel difficilia summatim ac breviter praestringuntur.

Darin erwähnt er zwei wichtige Merkmale der σχόλια, und zwar die Herkunft durch Exzerpieren aus anderen Werken, wie συγγράμματα und Kommentaren³⁵, und deren Kürze, die in einer kleinen und summarischen Erklärung besteht. Die Scholien sind deswegen nicht als ununterbrochener Text strukturiert, also keine organische und beständige Erläuterung und Kommentierung des Textes, sondern sind bunt zusammengewürfelt. Sie analysieren meist nicht die zahlreichen Aspekte des jeweiligen Textes (Etymologie, Grammatik, Metrik, Mythologie, Stil usw.), sondern konzentrieren sich jeweils auf ein bestimmtes Phänomen. Schließlich meint der Begriff γλῶσσα die oft sinnverwandte Erklärung für ein einzelnes schwieriges Wort; diese Bedeutung von „erläuterndem Begriff“ stammt etymologisch vom „erklärungsbedürftigen Wort“ her, es vollzog sich also eine semantische Verschiebung von γλῶσσα in der Bedeutung „nicht übliches, dialektales, seltenes Wort“ zu der Bedeutung „erklärende Worte“. Die Bedeutung von γλῶσσα als nicht alltägliches, unübliches Wort wurde schon von Aristoteles bestimmt, der den Grund (zeitlicher bzw. räumlicher Abstand zwischen Sender und Rezipient), den Verwendungsbereich (Poesie, besonders die Epik) und die Relativität des Begriffs feststellt³⁶. In ähnlicher Weise bezieht sich Quintilian (ca. 35–100 n.Chr.) auf den Begriff³⁷, während Isidor von Sevilla die Beziehung zwischen den beiden Bedeutungen γλῶσσα (i.S.v. schwieriges Wort) und γλῶσσα (i.S.v. Glosse) erhellt³⁸. Die Glossen wurden schon in der griechischen Welt gesammelt und in Glossaren, Sammlungen mit einem 35

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Die Scholien zur Ilias sprechen deutlich von λέξεις ἐκ τῶν Πρὸς Κομανόν (1.97 Erbse aus einem σύγγραμμα), λέξις Ἀριστάρχου ἐκ τοῦ Α τῆς Ἰλιάδος ὑπομνήματος oder Ἀριστάρχου λέξεις ἐκ τῶν ὑπομνημάτων (1.423 Erbse bzw. 2.125 aus dem Kommentar von Aristarchos). Eine Rekonstruktion von Entstehungsdynamiken und -alter der scholiastischen corpora findet sich in den Beiträgen von Günther Zuntz und Nigel Wilson, hauptsächlich über die griechischen Texte (Zuntz 1938; besonders 1939, S. 545–614; Zuntz 1965, S. 272–275; Wilson 1967; Wilson 1968; Wilson 1983; Maehler 1998), und von James E. G. Zetzel über die lateinischen (Zetzel 1975; Zetzel 2005, S. 3–9); siehe auch Fußnote 30. Arist. po. 1458 a 22–23 ξενικὸν δὲ λέγω γλῶτταν καὶ μεταφορὰν καὶ ἐπέκτασιν καὶ πᾶν τὸ παρὰ τὸ κύριον; Arist. po. 1459 a 8–10 τῶν δ’ ὀνομάτων τὰ μὲν διπλᾶ μάλιστα ἁρμόττει τοῖς διθυράμβοις, αἱ δὲ γλῶτται τοῖς ἡρωικοῖς, αἱ δὲ μεταφοραὶ τοῖς ἰαμβείοις; Arist. rh. 1406 b 1 διὸ χρησιμωτάτη ἡ διπλῆ λέξις τοῖς διθυραμβοποιοῖς (οὗτοι γὰρ ψοφώδεις), αἱ δὲ γλῶτται τοῖς ἐποποιοῖς (σεμνὸν γὰρ καὶ αὔθαδες), ἡ δὲ μεταφορὰ τοῖς ἰαμβείοις (τούτοις γὰρ νῦν χρῶνται, ὥσπερ εἴρηται); Arist. po. 1457 b 3–6 λέγω δὲ κύριον μὲν ᾧ χρῶνται ἕκαστοι, γλῶτταν δὲ ᾧ ἕτεροι· ὥστε φανερὸν ὅτι καὶ γλῶτταν καὶ κύριον εἶναι δυνατὸν τὸ αὐτό, μὴ τοῖς αὐτοῖς δέ· τὸ γὰρ σίγυνον Κυπρίοις μὲν κύριον, ἡμῖν δὲ γλῶττα. Quint. inst. 1.1.35 Winterbottom protinus enim potest interpretationem linguae secretioris, id est quas Graeci glossas uocant, dum aliud agitur ediscere, et inter prima elementa consequi rem postea proprium tempus desideraturam; inst. 1.8.15 Winterbottom circa glossemata etiam, id est uoces minus usitatas, non ultima eius [scil. grammatici] professionis diligentia est. Isid. orig. 1.30 . Glossa Graeca interpretatione linguae sortitur nomen. Hanc philosophi adverb[i]um dicunt, quia vocem illam, de cuius requiritur, uno et singulari verbo designat. Quid enim illud sit in uno verbo positum declarat, ut: ‘conticescere est a tacere’. Item (Virg. Aen. 10.314): Latus haurit apertum. ‘haurit, percutit’. Item cum ‘terminum’ dicimus ‘finem’, aut ‘populatas’ interpretamur esse ‘vastatas’, et omnino cum unius verbi rem uno verbo manifestamus.

1. Kommentar, Scholien und Glossen: Gattung und Grenze

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didaktischen Zweck, alphabetisch angeordnet: Der erste Beleg dafür ist die Schrift des Demokritos (geb. um 460 v.Chr.) περὶ Ὁμήρου ἢ ὀρθοεπείης καὶ γλωσσέων (von Diogenes Laertius bezeugt)³⁹, aber erst in alexandrinischer Zeit kamen diese Hilfsmittel im Zusammenhang mit der exegetischen und philologischen Tätigkeit zur breiteren Anwendung⁴⁰. Oft boten Kommentare Material für die Zusammenstellung von Glossaren: Dies ist der Fall bei der so genannten lex Hecker über die Hecale des Kallimachos, bei Vergil und, wie man sehen wird, bei Ovid⁴¹. In der römischen Welt finden sich die ersten Spuren entsprechender Fassungen in zwei Hinweisen von Terentius Varro Reatinus (116–27 v.Chr.)⁴²; die älteste Glossartradition wird von Verrius Flaccus’ de verborum significatu (nach 60 v.Chr.–nach 14 n.Chr.) und seinen zwei Epitomestufen de verborum significatione des Sextus Pompeius Festus (2. Jh. n.Chr.) und excerpta ex libris Pompeii Festi des Paulus Diaconus (720–799) repräsentiert. Der Wert der glossaria besteht besonders darin, dass sie uns oft exegetisches Material bewahren, dessen Existenz wir ansonsten nicht kennen würden. Es wird z.B. generell in der Forschung wiederholt, dass es an Kommentierungen zur appendix Vergiliana fehle, doch tatsächlich sind in den glossaria abstrusa und im liber glossarium Glossen zu culex, ciris, moretum, copa und catalepton enthalten, die wahrscheinlich auf die Kompilation älterer Materialien seitens des irischen Gelehrten Adamnan aus Iona (623/624–704 n.Chr.) zurückgehen⁴³. Auch mythographische Werke schöpfen aus Kommentaren und Scholien, ebenso wie andersherum⁴⁴. Was die literarische Funktion und die Natur der Kommentare, Scholien und Glossen anbelangt, so unterscheiden sich diese Texte insofern nicht, als es sich stets um 39 40 41

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D. L. 9.48.11. Zur Glossographie in der griechischen Welt siehe Tosi 1998, Sp. 1098–1099. Alphonse Hecker fand den roten Faden, um die Fragmente der Hecale im lexicon Suidas zu ermitteln: [scil. Suidae] lexicon excutiens miratus sum nullum in eo exstare de deperdito Callimachi carmine testimonium, quod ab aliis non sumserit [sic] et in suam farraginem retulerit, ex una Hecale plura nobis servaverit fragmenta cum nemine communia, vel, si apud alium quoque exstant, longe uberiora. […] Hecales fragmenta nomine et poëtae et carminis addito in ejus Lexico exstant tredecim, solo Callimachi nomine, a viris doctis ad Hecalen relata, viginti fere, multo saepius tacite ejus fragmenta laudantur, ut v. ἄλλικα et v. ἐνέτῃσιν citat fr. 149. […] Nam illud urgemus nullum in Suidae lexico legi versum heroicum alibi non inventum, qui non in Hecale olim affuerit, adeo ut non nisi gravissimis argumentis aliis poëtis aliisve carminibus vindicari possint, i.e. si de iis certiores nos fecerit disertum veteris scriptoris testimonium. Talibus autem indiciis, si adhuc inedita in lucem proferantur, vel jam e tenebris eruta nos latuerint, vix dubitamus nostras conjecturas firmatum iri […] (Hecker 1842, S. 83; 87; 133). Richard Reitzenstein identifizierte die Fundgrube Suidas im Kommentar zu Kallimachos von Salustius (Reitzenstein 1890/1891, S. 13–16); zu Kallimachos in den griechischen etymologica siehe außerdem Pfeiffer Callimachus 1953, S. XXIX–XXX; zu Homer siehe Henrichs 1971 I, Henrichs 1971 II, Henrichs 1971 III, Henrichs 1973; allgemein zu den lateinischen Glossaren siehe Dionisotti 1996; zu Vergil kann man den 1. und 2. Teil des 3. Bandes der interpretationes Vergilianae minores durchsehen; zu Ovid siehe § II.1.5., S. 46–47. Varro ling. 7.10 quod addit templa ut si〈n〉t ‘tesca’, aiunt sancta esse qui glossas scripserunt; 7.34 In Medo (Pac. 232 R.): ‘c〈a〉elitum camilla, expectata advenis: salve, 〈h〉ospita’. camilla〈m〉 qui glos〈s〉emata interpretati dixerunt administram; zur Glossographie in der römischen Welt siehe Rohmer 1996. Thomson 1920; Lindsay–Thomson 1921, S. 154. Siehe § II.1.2. und § II.1.4.

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I. Kommentar, Scholien und Glossen

erläuternde Texte handelt⁴⁵. Alle Texte sind „sekundär“, also im Unterschied zum „primären“ Text unselbständig; dies bedeutet, dass ihre Existenz von diesem abhängig ist (es wäre selbstverständlich absurd, einen Kommentar ohne Text zu schreiben, obwohl dies als literarisches Experiment geschehen ist, wie in Giorgio Manganellis Nuovo commento; darüber hinaus erzeugen sekundäre Texte normalerweise keine anderen Texte – abgesehen von Texten akademischer Natur – und folgen zeitlich dem Primärtext nach⁴⁶). Im Rahmen dieser Gruppe antiker Erläuterungstexte gibt es auch andere Unterscheidungskriterien und Bestimmungen, meistens jedoch nicht hinsichtlich ihrer Funktion. So kann man eine Rangordnung dieser verschiedenen Sekundärtextformen 45

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Püschel 1998, Sp. 1180: „Texte mit kommentierender Funktion können, müssen aber nicht, ‹K.› heißen. So treten neben commentarii konkurrierende Bezeichnungen auf wie σχόλιον, schólion und γλῶσσα, glóssa“. In den letzten zwanzig Jahren war die Debatte über die theoretischen Ansätze und die allgemeinen Grundlagen der Kommentierung sehr lebhaft. Im Folgenden biete ich eine generelle Übersicht der Beiträge, die meine Arbeit über Ovid zwar nicht direkt betreffen, von denen man aber nicht absehen sollte. Karlheinz Stierle (Stierle 1990) bietet Überlegungen über die Kommentierungsorte und deren theoretischen Implikate für die Interpretation der Kommentargattung(en) von der Antike bis zur Renaissance. Cesare Segre (Segre 1992) definiert den Kommentierungsakt auf der theoretischen Ebene und ermittelt generelle Grundnormen (Verhältnis zwischen Text und Kommentar; Quellenforschung; Erläuterung des Undeutlichen; diachronische und synchronische Prüfung des Sprachssystem; Funktion der Paraphrase; Analyse der syntagmatischen Verhältnisse). Hans Ulrich Gumbrecht thematisiert in seinem oft überkomplizierten Beitrag das Verhältnis zwischen Kommentar und Interpretation. Der Kommentar „always provides supplementary knowledge and always fulfills an ancillary function in relation to interpretation“ (Gumbrecht 1999, S. 443), d.h. Kommentare sind diskursiv betrachtet unendlich. Interpretation dagegen sollte „normally be brought to an end“ (S. 444). Demzufolge versucht Gumbrecht eine Erklärung durch den Begriff der „Copia“ herzuleiten, wobei der Autor sie als „great commentary“, „rich and opulent“ beschreibt. Der gumbrechtsche Begriff „Copia“ ist in dieser Hinsicht abstrus; Gumbrecht erklärt ihn für ein modernes Werkzeug der Philologie, ein historisierendes Mittel, „eager to resolve philological problems, to supplement historical context, to keep the reader’s reading afloat without distracting it from the text to be commented“ (Gumbrecht 1999, S. 446). Kommentare als „Copia“ seien also eine condicio sine qua non nicht nur für die Philologie, sondern auch für die Geisteswissenschaften tout court. Historischer Kommentar werde daher zum „canon“ und zur „school“; dieses Resultat erwächst aus den „institutions of text-commentary“ (Gumbrecht 1999, S. 448). Von diesem theoretischen Ausgangspunkt über „Copia“ und Kommentar als multivariables und nie zu Ende gehendes Mittel des philologisch-linguistischen Diskurses ausgehend, steht folgende Frage für Gumbrecht offen: Gehen Kommentare in der Zeit der „technischen Reproduzierbarkeit“ – wie Walter Benjamin es zu sagen pflegte – des textuell zu übermittelnden Wissens, wie z.B. durch das Internet, Hard-drives mit „infinite storage capacity“ (Gumbrecht 1999, S. 452) aufgrund einer „atomization“ (Gumbrecht 1999, S. 453) der philologischen Strömung der humanistischen Bildung zu Grunde (Gumbrecht 1999, S. 451), oder verspricht diese eine Rückkehr, eine „reappreciation (Wieder-Einschätzung) of the venerable principle of – and a desire for – substance and copia within a limited space“ (Gumbrecht 1999, S. 451)? Simon Goldhill postuliert eine auf Texten basierte diskursive Geschichte der Philologie über das letzte Jahrhundert. Seines Erachtens dienen Kommentare als Primärtexte. Durch eine genaue Analyse von „citation“ and „morselization“ abstrahiert Goldhill eine historisch-kritische Skizze der Verwandlung der Philologie als Fach in der westeuropäischen Akademie – wie es „the realignment of politics and culture and education itself“ (Goldhill 1999, S. 384) verkörpert und wie die Kommentierungstheorie die akademische und sozio-kulturelle Debatte über Wissen und Ausbildungspolitik widerspiegelt.

1. Kommentar, Scholien und Glossen: Gattung und Grenze

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aufstellen, je nach dem Quantum an Schrift, Inhalten und Tiefe der Erläuterung sowie des zu erläuternden Textes. An oberster Stelle steht der Kommentar, in der Mitte das Scholion und unten die Glosse. Ein Beispiel dafür könnten die Kommentare von Servius zu Vergil oder die partitiones duodecim versuum Aeneidos principalium von Priscian (ca. 470–6. Jh.) sein, ein sehr breiter Kommentar nur zu den Anfangsversen der Aeneis⁴⁷. Hinsichtlich der editorischen Planung lässt sich festhalten, dass Scholien und Glossen am Rand in der Regel nicht ediert wurden, während neben dem primären Text nur die Kommentare dieses Privileg genossen. Nur in der modernen Zeit werden Scholien und Glossen aus wissenschaftlichen Gründen publiziert. Darüber hinaus unterscheiden sich Scholien und Glossen voneinander gemeinhin nicht. Beide Textformen sind Randbemerkungen zu und neben einem Text, während der Kommentar eher einen Autor voraussetzt, der ihn nach einem einheitlichen Prinzip und mit einer gewissen Stileinheit erarbeitet hat. Darum wird im Allgemeinen z.B. Servius für einen Kommentar, der Servius Danielinus dagegen für eine Scholiensammlung gehalten. Bei der Verwendung der Begriffe Scholien und Glossen setzt man den Akzent darauf, dass das Material anonym, oft am Rand von Handschriften überliefert und vorwiegend durch das Zusammenfassen mehrerer Quellen (Kommentare, enzyklopädische und mythographische Sammlungen, private Randnoten usw.) entstanden ist. Die gegenseitigen Bezüge zwischen diesen drei Textformen sind oft sehr eng: Zumindest in einer frühen Phase wurden, wie schon erwähnt, Glossen und Scholien aus den Kommentaren abgeleitet, obwohl man für das Mittelalter von einem Entstehungskreis „Kommentar-Scholien-Kommentar“ spricht, da spätere Kommentare unter Wiederverwendung der Scholien verfasst worden sind⁴⁸. Darüber hinaus haben oft Scholien den Glossen zugrunde gelegen und umgekehrt: „Die Grenze zwischen Glossen und Sch. ist fließend, insofern Glossen ebenfalls aus Glossarien exzerpiert und an den Textrand als Sch. geschrieben sein können“⁴⁹, oder es wurden Scholien, besonders zu klassischen Autoren, gesammelt, um Glossare zu erstellen⁵⁰. Die Beschreibung der „Gattungen“, die Präzisierung ihrer Entstehung und ihrer Merkmale im Zusammenhang mit der Geschichte der materiellen Transformationen der Datenträger (das Materielle als Spiegel des Kulturellen) sollte zeigen, dass einerseits diese Texttypologien normalerweise auf die Schulumwelt hinweisen, andererseits, wie die bis heute erhaltenen Kommentierungen zu Ovids Werken entstanden sind und sich im Laufe der Zeit geändert haben. Meiner Rekonstruktion nach ist Ovid in unterschiedlich starkem Maße Schulautor gewesen, und dies hat die Überlieferung des Kommentierungsmaterials stark beeinflusst. Im vorliegenden Exkurs habe ich versucht, alle Typologien der Texte, die mit diesem Thema zu tun haben, zu erfassen.

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GL III.459–515. Was den Bernensis Bongarsianus 711 mit den Scholien zur Ibis angeht, siehe § IV.4., S. 145, Fußnote 138 und Tafel 12. Dyck 2001, Sp. 210. Siehe Lapidge 1989, Sp. 1509.

II. PHILOLOGISCHE KRITIK ZU OVIDS WERKEN 1.

ANTIKE UND MITTELALTERLICHE KOMMENTARE ZU OVIDS WERK

Was exegetische Werke zu Ovid betrifft, sind uns nur zwei Sammlungen aus der Antike und Spätantike überliefert worden, nämlich die narrationes fabularum Ovidianarum des Ps.-Lactantius Placidus, Erzählungen aus Ovids metamorphoses durch einen Autor, über den wir nichts wissen und dessen Verfasserschaft selbst in der handschriftlichen Überlieferung nicht einheitlich ist¹, und die anonymen Scholien zur Ibis, aber keine vita oder kein Gesamtkommentar im eigentlichen Sinne. Zu diesen zwei Sammlungen kommen aber die zahlreichen Scholien zu fast allen Werken Ovids hinzu, die in mittelalterlichen Handschriften in Hülle und Fülle vorhanden sind und noch nicht ediert worden sind². In Anbetracht der Position Ovids in der römischen Literaturgeschichte und seines Fortlebens ist dieser Mangel an Gesamtkommentaren und Erläuterungswerken, deren Entstehung üblicherweise eine exegetische Tätigkeit bezeugt, so ungewöhnlich und verdächtig, dass gelegentlich in der Forschung Zweifel aufgetaucht sind, ob es entgegen dem Anschein nicht doch eine gelehrte Auseinandersetzung mit Ovid in der Antike und Spätantike gegeben hat³.

1.1. Vita Ovidiana Die Spannung zwischen der Rezeption von Ovids Werken und dem Mangel an biographischen Nachrichten anderer Herkunft als aus eben diesen Werken ist in der Forschung bereits thematisiert worden⁴. Diese Lücke war in der Antike aber nicht vorhanden: Ovid ist nämlich einer der von Sueton (ca. 70– ca. 130) in de poetis behandelten Autoren⁵. Diese Liste der Autoren reicht bis zu Lucan (39–65) und Persius (34–62), während Sueton die Dichter der flavischen Epik nicht behandelt. Daraus kann man 1

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Siehe § II.1.2.; über den ältesten von mir gefundenen terminus ante quem für die Zuschreibung dieses Werkes zu Lactantius siehe § II.1.4., S. 43; über den von mir gefundenen terminus post quem siehe § II.1.2., S. 35. Siehe § II.1.3. Nur die halieutica scheinen ohne Kommentierungen im Mittelalter überliefert worden zu sein, siehe Coulson–Roy 2000; Coulson 2002; 2009. Der gute Beitrag von James E. G. Zetzel zur philologischen Rezeption in Rom (Zetzel 1984 Criticism) lässt nur einen Autor aus: Ovid. Dazu soll meine Erforschung eine Vervollständigung bieten. Schmitzer 2001, S. 11–12: „In Gegensatz zu dieser Wirkungsgeschichte steht der geringe Umfang an Fakten, die über die Biographie des Publius Ovidius Naso bekannt sind. Das meiste ist aus seinen eigenen Werken zu ermitteln. […] Nur wenige externe Zeugnisse, die aus unmittelbarer Zeitgenossenschaft schöpfen, kommen ergänzend hinzu“. Siehe das vitae-Verzeichnis in Suet. de viris illustribus 1 Reifferscheid ⋅ . Die vita Ovids ist aber nicht überliefert worden, nur der titulus ist nachwiesen.

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II. Philologische Kritik zu Ovids Werken

auch schließen, dass sich Suetons Interesse auf die Schulautoren der damaligen oder der unmittelbar vorhergehenden Zeit konzentriert hat⁶. Eine solche vita stützte sich wegen der Zugangsmöglichkeit Suetons zu den kaiserlichen Archiven und der geringen zeitlichen Distanz zu Ovids Tod wohl auf Material aus erster Hand. Es ist darüber hinaus wahrscheinlich, dass Ovid die Beachtung auch anderer Biographen gefunden hat. Nur die Angaben über Geburt und Tod aus der vita Suetons sind auf das chronicon (ca. 380) des Hieronymus⁷ übergegangen und vielleicht von hier in die mittelalterlichen accessus⁸. Die Angaben von L. Caecilius Minutianus Apuleius zu Ovids Verbannung, die ansonsten nirgendwo anders zu finden sind, lassen vermuten, dass dem Kommentar zu den metamorphoses, von dem ich gleich berichten werde, eine vita vorangestellt war oder dass im Kommentar zur Ibis Teile dieser Biographie vorhanden waren. Vielleicht war diese vita ein Teil eines breiteren σύγγραμμα über Ovid, das sich an den alexandrinischen Traktaten περὶ τοῦ δεῖνα⁹ orientierte. Eine vita Ovidii war vielleicht in Oviedo erhalten, wie folgender Eintrag aus dem Bücherkatalog Vita Vergili, Ovidii Nasonis, in libris Eneidarum et quędam sententie filosoforum. corpore uno nahelegt¹⁰. Die Interpunktion von Gustav Becker veranlasst zu der Vermutung, es könnte auch um die argumenta des Ps.-Ovid gehen (siehe § II.2.3.).

1.2.

Die narrationes fabularum Ovidianarum des Ps.-Lactantius Placidus

Nicolaas Heinsius (1620–1681) war der Erste, der nach seinen Vorgängern in der Antike gefragt hat. Er hat die Verwendung eines alten Kommentars zu den metamorphoses für die Abfassung der narrationes vermutet¹¹. Diese These wurde im Lauf des 19. Jh. weiterentwickelt und durch Beweise gestützt.

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Derselben Meinung ist John Crowell Thibault (Thibault 1964, S. 21–22): „The De poetis of Suetonius extended at least to the time of Lucan, so that it almost certainly included a biographical sketch of Ovid, even if the two lines in Jerome, which are generally accepted as coming from that sketch, have another provenance. Ovid would have merited a biography as extensive as that which Suetonius devoted to Horace, and no reader of Suetonius will doubt that he would have told his readers all that he knew about a subject so provocative as the exile of the poet“. Siehe § II.2.1., S. 60. Hier. chron. 158–171 Ouidius Naso nascitur in Paelignis […] Ouidius poeta in exilio diem obiit, et iuxta oppidum Tomos sepelitur. Siehe für den Tag von Ovids Tod auch § II.2.1.1., S. 74 und für das Mittelalter und § IV.1., S. 114. Der Begriff ist von Friedrich Leo geprägt worden (Leo 1901, S. 104–107). Siehe Anhang 4, S. 227, Nr. 26.38. Zu den Katalogen siehe Bischoff 1972. Thomas Muncker zitiert einen Brief von Heinsius auf den nicht nummerierten Seiten 6–7 der præfatio der mythographi Latini (tomus alter, 1681): „nec de auctore Argumentorum Metamorphoſeon Naſonis quicquam habeo, quod certum ac indubitatum eſſe affirmare auſim; immo nec Illuſtris Heinſius habet, cujus hæc verba ſunt in literis ea de re ad me datis: Scriptor ille, inquit, cujuſcunque nominis, qui argumenta Metamorphoſeon Naſonianarum concinnavit, viſus mihi ſemper est vixiſſe poſt belli Gothici tempora: quo factum eſt; ut bibliothecæ pleræque libris ſpoliarentur, atque ingens

1. Antike und mittelalterliche Kommentare zu Ovids Werk

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Conrad Bursian hat die Quellen des Vibius Sequester, eines spätantiken Geographen (s.w.), in seiner kritischen Textausgabe untersucht und sie in Erläuterungswerken zu Vergil, Ovid, Lucan und Silius Italicus ermittelt¹². Vibius Sequester (4.–5. Jh.?) ist der Verfasser des de fluminibus, fontibus, lacubus, nemoribus, paludibus, montibus, gentibus per litteras libellus, eines Lexikons geographischer Begriffe mit den zugehörigen Erklärungen, die aus für uns verschollenem Kommentierungsmaterial zu Vergil, Lucan, Silius Italicus und Ovid exzerpiert und zusammengestellt wurden. Dieses Werk war für die Lektüre und das Verständnis der antiken Dichtung hilfreich¹³. Insbesondere anhand der Übereinstimmungen zwischen Vibius und den narrationes konnte Bursian den Gebrauch einer gemeinsamen Quelle plausibel machen und zwar eines Kommentars zu den metamorphoses¹⁴. In derselben Weise sieht Richard Foerster die Ursache für die Entstehung mancher Interpolationen in den narrationes in dem Ursprung aus dem gleichen Kommentar¹⁵. Reinhold Franz beschränkt sich auf einige Präzisierungen der Aussagen von Foerster und führt einen anderen Beweis zur Unterstützung an¹⁶.

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penuria ſuboriretur auctorum veterum. Certe ſublata jam tum videntur, ſi quæ in Metamorphoſes haſce exſtiterant, ut exſtitiſſe non dubito, commentaria. Secutus enim eſt mendas, quæ jam tunc exemplaribus hujus poematis inoleverant; ut Lib. vers. 760. ubi Laiades pro Naiades ſcribendum monui, cum argumenti auctor prava illic lectione ſit deceptus. Libro eodem vers. 466. idem confirmat veterem in Naſone ſcripturam, quamque impia prodit Arne, & docet bello Minoio id geſtum, cujus ſi quis exſtaret ſcriptor, rem expeditam haberemus; nunc omnia in obſcuro ſunt. Curis ſecundis multa huc congeſſi, ac pertendi in Naſone corrigendum: Quamque impia prodidit Arne Siphnon; at accepto, quod avara popoſcerat, auro, Mutata eſt in avem. Nam ſcripti vetuſtiores, Sithon & accepto. Siphni quoque nomen in argumento reſtituendum. Hæc Heinſius [e.q.s.]“. Bursian 1867, S. III: „additis quibusdam de regionibus et qualitatibus eorum […] obseruationibus, quas maximam partem e commentariis quibus litteratores magis minusue eruditi poetarum illorum carmina illustrauerant haustas esse facile intelleget quicunque paullo curiosius in hanc rem inquisiuerit […] mihi tamen persuasi aliisque etiam me persuasurum esse spero, illum quattuor tantum uel quinque poetarum carminibus usum esse: Vergili Bucolicis Georgicis Aeneide; Ouidi metamorphoseon et fastorum libris; Lucani Pharsalicis; Sili Italici Punicis“. Siehe Parroni Vibii 1965, S. 7–14. Zur Schulbestimmung von Vibius Sequesters Werk siehe § II.2.1., S. 65–66. Bursian 1867, S. VII–VIII: „ad Ouidi carmina qui solus praeter medi quod dicunt aeui commenta inani uerborum copia at solidae doctrinae inopia conspicua superesse uidetur commentarius – Lactanti Placidi quem uocant narrationes fabularum quae in P. Ouidi Nasonis libris XV Metamorphoseon occurrunt – is aliquotiens sane cum eis quae Vibius scripsit ita conuenit, ut hoc ipso libro Vibium usum esse dixeris. At si paullo accuratius in hanc rem inquisiueris, omnes locos in quibus Lactanti illius si diis placet uerba ipsa cum Vibianis fere consentiunt, in libro XV commentari illius inueniri uidebis quem librum, cum in codicibus antiquis qui commentarium illum seruarunt desideretur, non tam antiqui litteratoris opus quam centonem a Joanne Rainerio ex Regii maxime commentariis consutum esse docuit Thomas Muncker in praefatione tomo alteri Mythographorum Latinorum ab ipso editorum praemissa; ita ut eum qui hunc librum consarcinauit Vibi potius libello usum, Vibium autem et haec et alia ex antiquiore librorum Ouidi commentario hausisse statuendum sit“. Foerster 1874, S. 290: „Die Quelle jenes Irrtums hinsichtlich der petra Martis [scil. statt der korrekten Bezeichnung ,Apollofelsen‘ heißt es ,Marsfelsen‘] ist vermutlich dieselbe, wie diejenige, welcher jene Einschaltungen verdankt werden: ein Commentar zu Ovids Metamorphosen, ähnlich dem zu Vergil, Lucan, Statius, mit argumenta fabularum. Aus diesem Commentar sind die erhaltnen [sic] narrationes ein Rest, ähnlich wie die erhaltnen Scholl. zu den genannten Dichtern“. Franz 1890, S. 264: „qui [scil. Foerster] quae contra monuit, eis unum addere placet exemplum:

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II. Philologische Kritik zu Ovids Werken

Hugo Magnus hat in seiner Ausgabe der metamorphoses und der narrationes die Überzeugung geäußert, dass am Ende des Altertums Ovids Text emendiert, ausgelegt und mit Kommentaren ausgestattet worden sei¹⁷. Auch Brooks Otis hat in den narrationes Teile der alten Erläuterung ermittelt, die in den Text der narrationes eingedrungen seien und sich mit ihnen vermischt hätten¹⁸. Nach seiner Rekonstruktion gab es im 5. oder 6. Jh. eine mit ausführlichen Anmerkungen versehene Ausgabe, die sowohl die Inhaltsangabe als auch Scholien an den Rändern enthielt, welche ihrerseits auf einen Kommentar zurückgriffen¹⁹. Remo Gelsomino, der Herausgeber von Vibius Sequester, hat seine Aufmerksamkeit auf das Verhältnis zwischen Ps.-Lactantius und Vibius Sequester gerichtet und die gemeinsame Quelle dieser beiden Texte in alten Scholien zu den metamorphoses identifiziert, die er „primo stadio“ im Gegensatz zum „secondo stadio“ (der am besten von den narrationes repräsentiert wird) nennt²⁰. Vor der Entdeckung des Papyrus aus Qaṣr Ibrîm 78–3–11/1 hatten wir nur ein einziges Fragment von Cornelius Gallus, überliefert von Vibius Sequester. Auch Adrian Swayne Hollis hat als wahrscheinliche Quelle dieses frg. 1 einen Kommentar zu Verg. georg. 4.370 oder zu Ov. met. 15.285 vorgeschlagen²¹. Gabriella Senis hat neues Licht in den Codex Neapolitanus IV F 3, eines der testimonia der narrationes, und seine Beziehung zum Rest der Überlieferung gebracht: Die erneute Lektüre des Codex sei sehr nützlich, nicht nur um die Ausgabe von Magnus zu verbessern, sondern auch um die Physiognomie der kompositorischen Schichtung

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narratur enim XIII 3 p. 873 St. mater Memnonis impetrare, ‘ut – – sorores in volucres convertantur’, qui error originem traxit ex obiter lectis Ovidii (XIII 608) verbis ‘pariter sonuere sorores’ [sc. aves ex Memnonis cinere natae]. – Non superfluum videtur monere narrationes etiam interpolatorum manus multis locis passas esse“. Magnus metamorphoses 1914, S. VI: „exeunte tandem aevo antiquo fuisse hominem non plane indoctum, qui carmen male habitum et deformatum emendaret, interpretaretur, commentariis adornaret, colligere licet ex reliquiis, quae hic illic deprehenduntur in Lactanti Placidi qui dicitur narrationibus huic editioni adiectis, apud mythographos, qui hinc pendent, Vaticanos, apud Probum (ad georg I 399, cf test nostra ad XI 736), Servium, Vibium Sequestrem“. Otis 1936, S. 140: „It is obvious that even the archetype of our present manuscripts must have been itself a garbled copy of this annotated edition – a copy which had already omitted a large part of the original scholia“. Otis 1936, S. 160: „The common archetype of all these manuscripts was probably a copy of a fifth or sixth century majuscule codex […] written in continuous script. It is also fairly clear […] that this was written in rustic capitals. It contained the Argumenta written in the margin; they were probably not yet completely condensed into the present compact fabulae […]. Along with them in the margin were numerous scholia perhaps themselves going back to a fuller edition or ‘commentary’. Our archetype, in copying this codex, omitted the vast majority of the scholia but did copy the summaries and often erroneously included scholia with these“. Diese Rekonstruktion konnte aufgrund der frühen Entstehungszeit die aus der Papyrusforschung entstandenen Beiträge zur Geschichte der Scholien noch nicht berücksichtigen, siehe § I.1. Richard John Tarrant scheint am Anfang gegen Otis’ Hypothese zu sein (Tarrant 1995, S. 100–101), danach schlägt er dieselbe Lösung wieder vor (Tarrant 1995, S. 108 ff.). Gelsomino 1962, S. 17. Hollis Fragments 2007, S. 240–241. Er vertritt dieselbe Meinung wie Luigi Castiglioni, siehe § II.1.3., S. 40, Fußnote 59.

1. Antike und mittelalterliche Kommentare zu Ovids Werk

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dieses Werkes zu begreifen, da der Codex Neapolitanus noch Textteile und Worte in Form von Glossen beinhalte, die dem Kommentar angehörten²². Richard John Tarrant hat in einem gelungenen Beitrag schärfere Umrisse dieses Werkes und dessen Autors bestimmt und das Verhältnis zwischen der Überlieferung der narrationes und derjenigen der metamorphoses rekonstruiert. Der Gelehrte glaubt an einen Ursprung aus einem einzigen Kommentar²³: The material known generically as the Narrationes originally formed only a part of a larger body of interpretative comment on the Metamorphoses, small portions of which were preserved by accident or design when the tituli and narrationes were excerpted from their context. Certainly there is nothing implausible in seeing tituli and narrationes as components of a full commentary.

Dieser Kommentar sei aus verschiedenen Gründen (Kenntnis der hellenistischen Dichtung, Wortschatz, Stil, Anwesenheit des cursus mixtus) als Werk einer einzigen Person zu verstehen. Laut Tarrant ist er auf das Ende des 4. Jh. oder Anfang des 5. Jh. zu datieren²⁴. Tarrant bringt scharfsinnig die Überlieferung der narrationes und diejenige der metamorphoses in Zusammenhang. Aus der Präsenz von narrationes-Material in den Handschriftenfragmenten Bernensis 363, Lipsiensis Repositorium I 74 und Parisinus Latinus 12246 der met. und dessen Spuren in den Codices der „non-Lactantian family“ postuliert er eine spätantike ,kritische‘ Ausgabe, auf welche die mittelalterlichen Überlieferung zurückgehe und welche die Doppelfassungen erklären könne²⁵. Ich stimme dieser Rekonstruktion nicht uneingeschränkt zu und zwar in Hinsicht auf die Datierung dieser kommentierten Ausgabe aus den oben angeführten Gründen (siehe § I.1.): Tarrant selbst erkennt, dass die übliche Form eine andere war²⁶. Meiner Meinung nach ist diese Ausgabe der metamorphoses mit dem Kommentar, aus dem die narrationes stammen, in den Rändern später entstanden: Außer den kodikologischen Einwänden gegen Tarrants Datierung gibt es gute Gründe anzunehmen, dass bis zur Schwelle der karolingischen Zeit Kommentare zu den metamorphoses in Umlauf waren (siehe § II.1.4., § II.1.5. und § II.2.1.1.). Meine spätere Datierung entkräftet nicht Tarrants Grundidee, sondern macht sie plausibler. Schon Giorgio Pasquali bemerkte vor fast einem Jahrhundert, dass die Lesarten der metamorphoses selbst eine kritisch-editorische Tätigkeit von Philologen in der Antike zeigen²⁷: Delle due classi in cui si sogliono dividere grosso more i mss. o almeno quelli non frammentari, O (tranne in I, 544 sgg. dove, come si diceva, la contaminazione delle due versioni è avvenuta, 22

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Senis 1990. Nach meiner eigenen Prüfung der Hs. hat mir der Bibliothekar Herr Dr. Vincenzo Boni seinen Beitrag über diesen Codex zur Verfügung gestellt (Boni 2008). Ihm sei dafür gedankt. Siehe auch Lord 2011, S. 257–259. Tarrant 1995, S. 94–95. Tarrant 1995, S. 99: „in the late fourth century or the first half of the fifth would therefore seem more probable than the late fifth or sixth centuries“. Tarrant 1995, S. 108–109: „The late antique edition of which I have spoken was largely responsible for fixing and propagating the form of the text that survives in the medieval witnesses“. Tarrant 1995, S. 101: „Ancient practice would in general seem to tell against such a view: commentaries were conceived as autonomous works, not as marginal adjuncts to a text, and in the few surviving examples of ancient codices with notes (such as the Bembinus of Terence), the annotations are a later addition rather than a planned component of the book“. Pasquali 1952, S. 388. Über diese Varianten siehe auch Tarrant 1995, S. 107 ff.

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II. Philologische Kritik zu Ovids Werken

per quanto in varia misura, in tutta la nostra tradizione) dà sempre il testo più breve, deve dunque risalire a un’edizione più critica, a un’edizione critica. Medievale? È poco credibile. Ne ricaviamo che le Metamorfosi, non pubblicate dell’autore medesimo, subirono ben presto mutamenti secondo il capriccio degli editori: un’edizione critica venne tardi, e non riuscì a soppiantare del tutto la vulgata (o le vulgate), sicché questa (o queste) è continuata in varie mescolanze anche in manoscritti carolingi.

In zwei Beiträgen über die Revision des Textes von (Vergil und) Ovid in der Antike geht Otto Zwierlein von einer Analyse vermutlicher Interpolationen und Eingriffe im Text der metamorphoses und anderer Werke Ovids aus und schlägt eine umstrittene Rekonstruktion vor²⁸: (Vergils und) Ovids Werke seien von Iulius Montanus²⁹ in Tiberischer Zeit ediert worden und auf dieses Stadium gingen u.a. die Alternativfassungen zurück. Ich will an dieser Stelle nicht in der Debatte über Zwierleins Hypothese und Arbeitsmethode, die ihm erlaubt haben würden, dem editor Vergils und Ovids Werke einen präzisen Namen zu geben und so viele Eingriffe einer fremden Hand im überlieferten Text ermitteln zu können, Stellung nehmen³⁰; ich stimme mit Zwierlein überein, wenn er zu dieser Zeit eine lebhafte editorische Tätigkeit um Ovids Werke erkennt. Die Arbeitsweise und das onus probandi sind sehr unterschiedlich: Zwierleins Analyse hat sich unmittelbar und ausschließlich mit dem Text Ovids beschäftigt und setzt keine nachvollziehbaren Maßstäbe, die vorliegende Arbeit dagegen bezieht Erläuterungswerke zu Ovid mit ein und stützt sich damit auf ein festeres Fundament. Die mit den oben genannten Positionen der Forschung nicht übereinstimmenden Meinungen sind zahlenmäßig gering; so die von Gottfried Bernhardy, nach dessen Auffassung Ovids Werken trotz ihrer Beliebtheit keine kritische Auseinandersetzung widerfahren wäre und das mangelnde Interesse der Gelehrten die logische Konsequenz der Eitelkeit ovidischer Dichtung gewesen sei³¹. Ähnlich positioniert sich Sebastiano Timpanaro³², der sich für einen Mangel an antiker Exegese zu Ovid im Allgemeinen ausspricht, ohne jedoch sein Urteil zu begründen. Ich möchte hier nur darauf hinweisen, dass der Grammatiker Apuleius Minutianus einen Kommentar zu den metamorphoses als Quelle ausdrücklich (Ovidius et eius interpres) zitiert, der, wie man sehen wird, offenbar keineswegs nur oberflächli-

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Zwierlein 1999; 2000. Über Iulius Montanus siehe Hollis Fragments 2007, S. 368–371. James E. G. Zetzel (Zetzel 2000) und Karl Galinsky (Galinsky 2002) haben Zwierleins ersten Beitrag durch eine genaue Kritik an Methodik und Inhalten verrissen; Bruno Rochette (Rochette 2003) hat sich auf ein bloßes Resümee des zweiten Beitrags beschränkt, ohne seine Meinung äußern. Was Zwierleins Zuschreibung der Ibis an Ovid betrifft, siehe § III.2., S. 88, Fußnote 3. Bernhardy 1872, S. 543: „Seine Gedichte haben in die Bildung und den litterarischen Geschmack der Nation eingegriffen, aber keinen moralischen Einfluß ausgeübt. Sie wurden auch nicht in die Studien der Gelehrsamkeit gezogen oder von Gelehrten kommentirt: sie gehörten der großen Welt und füllten in der engen zünftigen Schule keinen Platz“. Timpanaro 1978, S. 454, Fußnote 47: „Mi sembra ovvio che a rendere così ricchi di assurde invenzioni questi scolii [scil. zu der Ibis] hanno contribuito: 1) la difficoltà del poemetto, che costituiva un incitamento a cercare (e, quando cercare era impossibile o troppo faticoso, a fabbricare di sana pianta) spiegazioni lambiccate; 2) la mancanza di una ricca e solida tradizione esegetica antica. Virgilio si trovava in una situazione esattamente opposta“.

1. Antike und mittelalterliche Kommentare zu Ovids Werk

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che Bemerkungen beinhaltet hat, und dass die Reste des ältesten Kommentars in der vorliegenden Arbeit erforscht und kritisch ediert werden³³. Vor kurzem hat Alan Cameron eine neue These über Datierung, Quellen, Gattung und materielle Form der narrationes vorgestellt: Die Datierung, zumindest vor dem 3. Jh., ist in ihren Grundzügen überzeugend bewiesen worden³⁴; die Quellen der narrationes seien die vollständige Fassung von Hyginus’ fabulae und andere griechische mythographische Werke. Viel gelehrtes Material, das Hyginus und die narrationes enthalten (die Hesiod und anderen griechischen Autoren zugeschriebenen Zitate und loci paralleli), stammt, so Cameron, aus Zwischenquellen³⁵. Die narrationes gehören der ,literarischen Gattung‘ der διηγήσεις, zusammenfassende Inhaltsangabe, an. Ihr hervorstechendstes Pendant ist in den διηγήσεις zu Kallimachos (s.w.) zu finden³⁶. Nach Camerons Erachten sind die narrationes am Anfang als ein selbständiges Werk verfasst worden, ihr materieller Träger ist eine getrennte Rolle, und erst dann sind sie der Textüberlieferung der metamorphoses einverleibt worden³⁷. Die Meinung, dass sie Teil eines Kommentars zu den metamorphoses sind, wird deswegen von Cameron strikt abgelehnt³⁸. Ich werde dagegen zuerst nachweisen, wie die narrationes aus ei33 34

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Siehe die ausführliche Abhandlung im § II.2.1.2., die Beiträge von Hollis (Hollis 1992; 1996) und § II.1.5. Cameron 2004, S. 23: „Thus the Narrationes is definitely earlier than the Statius scholia (ca 450) and Vibius Sequester (ca 350), and (if I am right) also earlier than the Germanicus scholia, which were known to Lactantius (ca 300)“. Camerons Datierung von Vibius Sequester weicht von der traditionellen ab, siehe § II.2.1. Franz Bretzigheimer hat in seiner Dissertation (Würzburg 1937) sowohl das Quellenverhältnis zwischen den narrationes und den Scholien zu Statius’ Thebais (nicht vor dem 4. Jh. n.Chr.), die auch Lactantius Placidus zugeschrieben sind, und zwischen den narrationes und den fabulae von Hyginus (nicht nach dem 2. Jh. n.Chr.) als auch die daraus folgende Datierung schon geschildert. Der Verfasser der narrationes und der so genannte Lactantius Placidus, Kommentator der Thebais, sind trotz der Zuschreibung in einigen Handschriften nicht dieselbe Person, außerdem scheint der Kommentator die narrationes verwendet zu haben (S. 19– 20). Der Verfasser der narrationes soll übrigens Hyginus verwendet haben (S. 24), so dass die chronologische Reihe der Entstehung sein sollte: fabulae von Hyginus – narrationes – Scholien zu Statius’ Thebais. Cameron hat somit diese Ergebnisse größtenteils wiedergegeben. Aus Platzgründen werde ich die Frage des Verhältnisses zwischen den narrationes und den fabulae von Hyginus in einem gesonderten Beitrag behandeln. Siehe auch Cameron 1995, S. 123–127. Cameron 2004, S. 78 und Chapter VII: „In its original form the Narrationes must have been an independent work circulating on its own, like the Callimachean Diegeseis. But it was intended to be a companion to the Metamorphoses, and at some point it began to be copied into the same manuscripts as the poem. In the ordinary way it might seem natural to assume that this did not happen until the codex with its wider margins came into general use for literary texts, perhaps not until late antiquity“. Cameron 2004, S. 9: „Such a commentary is a convenient postulate, but there is little reason to believe that anything of the sort ever existed. We have no Carolingian manuscripts of the Metamorphoses, but the earliest we do have (from the eleventh century on) carry a variety of unidentified scholia, mainly devoted to questions of mythology and grammar. If a learned ancient commentary existed, it has left no trace in these scholia“. Abgesehen von den Einwänden zu den Widersprüchen Camerons von Stephen Trzaskoma (Trzaskoma 2005) will ich betonen, dass die „unidentified scholia“ noch nicht ediert sind; im Gegensatz hatte Luigi Castiglioni den (möglichen) Wert dieser Scholien betont (siehe § II.1.3.). Zur Anwesenheit von „earlier glosses“ im Vulgata-Kommentar zu den metamorphoses siehe auch Frank Thomas Coulson, zitiert in § II.1.5., S. 51. Vgl. dazu die

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II. Philologische Kritik zu Ovids Werken

nem Kommentar zu den Metamorphosen hervorgegangen sind, und im Anschluss ihre literarische Gattung besprechen. An dieser Stelle erscheint es angebracht, einen Abschnitt einer narratio wiederzugeben und, was bisher gesagt worden ist, anhand dieses Beispiels zu präzisieren. Es wird die erste fabula aus dem 1. Buch vollständig zitiert: Chaos, ut Hesiodus indicat volumine, quod deorum originem continet, fuit initio rerum confusio, quae postea in suas species distributa est ita, ut levissima corporum, aether igneus et hunc infra aer frigidus ceteraque sidera sublimem partem peterent universa, per quae solis splendor ac lunae vagaretur, gravissima autem, humus liquorque, in ima parte subsiderent. ex terra cum omnia generata sint variarumque rerum mater repperiatur, tum humanum genus, quod cuncta vinceret, Prometheus Iapeti filius, ut idem Hesiodus ostendit, ex humo finxit, cui Minerva spiritum infudit. saecula etiam dicta auctoritate Varronis vertuntur, quoniam aureum in deterius argenteum et post in aeneum ac postea, quod opprobrium antedictis est, in ferreum cessit.

Schon aus diesem Beleg geht eindeutig hervor, dass die narrationes die Wesensart einer Überarbeitung von excerpta aus einem umfangreicheren Text haben, was ich im Folgenden zeigen werde. Die Varro zugeschriebene Definition von saeculum ist aufgrund ihrer Kürze unverständlich, da die Etymologie nicht deutlich zum Ausdruck gebracht ist; es fehlt ihr an der notwendigen Verbindung zwischen saeculum und verto, sei es etymologisch oder volksetymologisch. Dieses Anzeichen für einen typischen Zusammenfassungsvorgang wird darüber hinaus noch deutlicher bei einer einfachen Prüfung der vorgeblichen Stelle bei Varro³⁹; Varros Stelle hat in der Tat nichts zu tun mit der vom Autor der narrationes angedeuteten Erklärung, so dass es guten Grund gibt, daran zu glauben, dass die Stelle im Kommentar zu den metamorphoses auch andere Etymologien neben derjenigen von Varro als mögliche Erklärung lieferte, die z.B. auch von Cassiodorus (vor 490–nach 580) und Isidor von Sevilla (ca. 560–636) bezeugt sind⁴⁰: An dieser Stelle wäre die Etymologie von Isidor viel passender gewesen. Der Begriff saeculum kommt in met. 1.1–150 überhaupt nicht vor, wo hingegen die Worte aetas (89), proles (114, 125), tempora (116) und aevum (128) erscheinen. Vielleicht wurde im Originaltext eine semantische und etymologische Differenzierung angegeben, so wie in den differentiae verborum. Der Vergleich zwischen der direkten und der indirekten Überlieferung dieser Stelle erlaubt es, meine Rekonstruktion ,unter Dach und Fach zu bringen‘. Der Kommentar in ad Hebraeos divi Pauli epistolam von Ps.-Primasius (6. Jh.) cap. 11 bietet nämlich einen anderen Text⁴¹: 39 40

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Rezensionen von Federico 2005 und Mora 2005 zu Camerons Arbeit. Siehe für das ähnliche Phänomen § II.1.5., S. 49. Die von Robert Maltby angegebenen Etymologien sind (Maltby 1991, S. 537–538): Varro ling. 6.11 seclum spatium annorum centum vocarunt, dictum a sene, quod longissimum spatium senescendorum hominum id putarunt; Cassiod. in psalm. 24.6 alii enim saecula dicta esse uoluerunt, quod in se iugiter reuoluant tempora; Isid. orig. 5.38 saecula generationibus constant; et inde saecula, quod se sequantur: abeuntibus enim aliis alia succedunt. PL 68.759 c–d. Die notitia in den prolegomena (PL 68.407 b Primasius, gente Afer, Adrumeti urbis quae Justinianopolis etiam dicta est, in provincia Byzacena episcopus, unus ex iis qui ad res Ecclesiae Africanae procurandas Constantinopolim circa an. 550 missi sunt: ubi anno sequente episcoporum conventui interfuit, quo Vigilius excommunicationis sententiam in Theodorum Caesariensem, Acephalorum ducem, intorquebat. Anno 553, saepius licet advocatus, synodo oecumenicae interesse

1. Antike und mittelalterliche Kommentare zu Ovids Werk

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quod autem dicit saecula perfecta esse verbo Dei, per saecula debemus intelligere omnia quae facta sunt in tempora sive saecula verbo Dei Patris, juxta quod Joannes dixit: Omnia per ipsum facta sunt. Saecula vero, ut Ovidius Naso dicit, dicuntur a sequendo, eo quod sese sequantur atque revolvantur, teste Varrone. Saecula autem ex eo dici possunt, ex quo varietas coepit esse temporis.

Daraus ergibt sich, dass im 6. Jh. die Fassung der narrationes anders war, nicht nur verständlicher, sondern auch ausführlicher und breiter (saecula vero […] dicuntur a sequendo, eo quod sese sequantur atque revolvantur, teste Varrone). Der Ps.-Primasius repräsentiert auch den terminus post quem für die Zuschreibung der narrationes an Lactantius, da diese Autorschaft nicht erwähnt wird. Es scheint mir auch sehr wahrscheinlich, dass Ps.-Primasius zum Ovid-Kommentar Zugang hatte, weil er von Ovid spricht, nicht von Ps.-Laktanz bzw. von den narrationes. Im Text Ovids findet sich diese etymologische Beziehung (saeculum aus sequor) aber nicht. Der gelehrte Bischof mag wohl Ovid mithilfe dieses Kommentars gelesen haben und, was er in diesem exegetischen Werk (Kommentar + narrationes) gefunden hat, in Ovids Mund gelegt haben⁴². Ich bin deswegen überzeugt, dass jene Fassung der narrationes möglicherweise diejenige war, aus der die heute erhaltene Fassung erstellt worden ist. Gerade Cameron gibt einen ähnlichen Fall dafür (commentator pro auctore)⁴³: der Apologet Laktanz zitiert die scholia Basileensia in Germ. 318 als „Caesar in Arato“: Lact. inst. 1.11.64 Caesar quoque in Arato refert Aglaosthenen dicere, «Iouem cum ex insula Naxo aduersus Titanas proficisceretur et sacrificium faceret in litore, aquilam ei in auspicium aduolasse, qua uictor bono omine acceptam tutelae suae subiugarit». schol. 91.19–22 Aglaosthenes dicit, Iouis cum ex Naxo aduersus Titanas proficisceretur et sacrificium faceret, aquilam ei in auspicio apparuisse. quam bono omine acceptam tutelae suae subiecisse. habet stellas IIII. 19 Aglosthenis A || Aglosthems P || Iouem AP || Iouis scripsi nisi forte hoc loco ex Cat. XXX 21 quaedam excidisse statuendum est || 20 naxo corr. ex nata P || titanas cum proficisceretur P || 21 homine A || animo P || P omine Buhlius, haut scio an pro bono omine legendum sit || 22 tutelle A || ḥ eis P ||

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noluit; sed una cum aliis subscripsit Vigilii constituto pro tribus capitibus, quod tempore synodi papa imperatori obtulit) bietet uns etliche biographische Hinweise, die als terminus post quem für die Datierung dieses incertus auctor dienen. Die Stelle ist auch von Haymo Halberstatensis (PL 117.901 c) zitiert: quod autem dicit, saecula perfecta esse Verbo Dei, per saecula debemus intelligere omnia quae facta sunt in tempore, sive saecula Verbi Dei Patris, juxta quod Joannes dicit: Omnia per ipsum facta sunt (Joan. I): saecula autem, ut Ovidius Naso dicit, dicuntur a sequendo, eo quod sese sequantur, atque in se revolvantur, teste Varrone: saecula autem ex eo dici possunt, ex quo varietas coepit esse temporis. Von der vorherigen Forschung (Haupt 1876, S. 428–429; Ehwald 1889, S. 3) ist die Stelle des Ps.-Primasius für ein Fragment Ovids oder für ein Fragment eines Grammatikers Ovidius Naso (Heraeus 1930) gehalten worden, ohne dass bis jetzt der richtige Ursprung identifiziert worden ist. Vielleicht schöpft auch Iunius Philargyrius Verg. ecl. 3.104 aus einem Kommentar: item Oledius Nasso 〈putei〉 orificium ait, quod tantum caelum patere videtur, quantum 〈putei〉 orificium patet. In der Erklärung von Vergils Rätsel (ecl. 3.104–105 dic quibus in terris, et eris mihi magnus Apollo, / tris pateat caeli spatium non amplius ulnas) werden viele Möglichkeiten angegeben, immer vom Adverb aliter eingeleitet. Es mag aus einer Erläuterung zu met. 4.610 ff. entnommen sein. Mangels einer sicheren Bestätigung verzichte ich auf nähere Aussagen. Für die Lesart Oledius vgl. Anhang 3, S. 212, Fußnote 3. Cameron 2004, S. 20.

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II. Philologische Kritik zu Ovids Werken

Die mehrteilige Struktur der narrationes (etymologische Angabe; poetische Quelle und Vergleichstelle⁴⁴, z.B. Hesiodus und vielleicht Ovid selbst, da der Codex M (Marcianus Florentinus 225) trist. 1.7.35–40 nach dem Wort cessit angibt; mythologische Varianten, die anders als Ovids Version sind, z.B. dass Minerva der menschlichen Gestalt aus Erde den Geist eingegeben habe⁴⁵) weist auf die Struktur eines ausführlicheren Kommentars hin. Der stärkste Beweis dafür besteht aber im Verweis des Autors der narrationes auf eine frühere Stelle, die wir nicht mehr besitzen: quod opprobrium antedictis est. Wie kann sich das auf die vorhergehenden Wörter (quoniam aureum in deterius argenteum et post in aeneum) beziehen? Viel wahrscheinlicher geht diese Formulierung auf eine ausführlichere und nicht überlieferte Beschreibung des menschlichen Verfalls seit der aurea aetas zurück. Solche inneren Verweise sind in der Kommentierungstätigkeit üblich (z.B. Servius in Aen. 1.19; 1.52; 1.64; 1.76; 1.139 usw.)⁴⁶. Paradoxerweise zeigt genau der Vergleich mit den Mailänder διηγήσεις zu Kallimachos (P.Mil.Vogl. 18; 1.–2. Jh. n.Chr. aus Tebtunis, M-P³ 211 = LDAB 470) den gemeinsamen Ursprung dieser Texte aus einem ὑπόμνημα bzw. commentarius, da beide auch von diesen exegetischen Werken ausgehen: Die mailändischen διηγήσεις sind die verkürzte Form von umfassenderen Erzählkommentaren, denn sie gliedern auch exegetisches Material ein, das aus Kallimachos’ Text nicht direkt erschließbar ist. Schon Rudolf Pfeiffer mahnte: „diegeseon auctor igitur et e poetae ipsius verbis et e commentario eruditionis pleno sua hausit“⁴⁷. Auch Giambattista D’Alessio hat bezüglich des 1. Iambus angemerkt, dass⁴⁸: Callimaco al v. 9 parla solo del «santuario fuori le mura»: l’autore dell’argomento, presumibilmente sulla scorta di qualche dotto commentatore, lo identifica con il «Serapeo di Parmenione».

Ein kurzer Blick auf die Stelle zeigt, dass der Gelehrte ,ins Schwarze‘ trifft⁴⁹: Call. iambus 1.9 frg. 191 Pfeiffer ἐϲ τὸ πρὸ τείχευϲ ἱρὸν | ἁλέεϲ δεῦτε

dieg. 6.1–4 frg. 191 Pfeiffer Ἀκούϲαθ’ Ἱππώνακτοϲ· οὐ γὰρ ἀλλ’ ἥκω Ὑποτίθεται φθιτὸν Ἱππώνακτα συγκαλοῦντα τοὺϲ φιλολόγουϲ εἰϲ τὸ Παρμενίωνοϲ καλούμενον Cαραπίδειον

Die Erwähnung von etwas, was nicht unmittelbar im Text zu finden ist, seitens des διηγητής ist in der Tat die einzige Möglichkeit, um die Abhängigkeit der διηγήσεις nur von Kallimachos’ Dichtungen ausschließen zu können. Im Übrigen gilt es, noch eine Stelle in Betracht zu ziehen, die meiner Meinung nach auf eine Ableitung und Umarbeitung eines ὑπόμνημα hinweist, und zwar die dieg. 7.19–24. Der διηγητής

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Zur Auslassung der poetischen Quelle und der Vergleichstellen siehe auch § IV.4.1., S. 147. Die Version bei Hesiod ist aber anders (vgl. Hes. op. 60–68; th. 570–577). Siehe z.B. Ovids Erzählung von Arachne und die narrationes-Fassung; dasselbe Phänomen kommt auch in den mythographi Vaticani vor, siehe § II.1.4., S. 42. Vgl. § II.2.1.1., S. 80 und § IV.4.1., S. 151. Pfeiffer Callimachus 1953, S. XXVIII. Der Gelehrte änderte seine Meinung im Laufe der Zeit (vgl. Pfeiffer 1934, S. 6). D’Alessio 2001, S. 46. Die Graphie des διηγήσεις-Texts ändert sich je nach den Ausgaben (Norsa–Vitelli 1934; Pfeiffer 1934). Ich zitiere aus Pfeiffers’ Callimachus 1949–1953.

1. Antike und mittelalterliche Kommentare zu Ovids Werk

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verrät uns, dass die Zielscheibe von Kallimachos’ 5. iambus (frg. 195 Pfeiffer) nach manchen Interpreten Apollonios, nach anderen Kleon ist⁵⁰: 20

Ὦ ξεῖνε––ϲυμβουλὴ γ[ὰ]ρ̣ ἕν τι τῶν ἱρῶν–– Γραμματο[δ]ι̣δάϲκαλ[ο]ν, ὄνομα Ἀπολλώνιον, οἱ δὲ Κλέωνά τινα, ἰαμβίζει ὡϲ τοὺϲ ἰδίουϲ μαθητὰϲ καταιϲχύνοντα, ἐν ἤθει εὐνοίαϲ ἀπαγ[ο]ρεύων τούτῳ δρᾶν, μὴ ἁλῷ.

Selbstverständlich war die Identität dieses Lehrers im Text nicht explizit, und die Formel οἱ δέ, die in den griechischen Kommentaren und Scholien oft vorkommt, führt eine andere Erklärung oder die Meinung anderer Kommentatoren ein, so wie es in der späteren Praxis der catenae üblich ist⁵¹. Außerdem wird diese Anmerkung und Präzisierung von großer Bedeutung für die Scholien zur Ibis sein, da sie die διηγήσεις zu Kallimachos bis ins Wörtliche (oder besser: den Kommentar zu Kallimachos, dessen der διηγητής sich bedient hat) übersetzen und so erlauben, ihre materielle Form und Überlieferungsgeschichte zu rekonstruieren und deswegen eine vernünftige Datierung vorzuschlagen. Die so genannten florentinischen Scholien (PSI 1219, 2.–3. Jh. n.Chr. aus Oxyrhynchus, M-P³ 196 = LDAB 498; P.Oxy. 2263, 2.–3. Jh. n.Chr. aus Oxyrhynchus, MP³ 205 = LDAB 501) sind ein weiteres Beispiel ausgearbeiteterer Art von διηγήσεις: Am Ende der Zusammenfassung werden die Quellen angegeben, die Kallimachos für die Verfassung des αἴτιον verwendet hat⁵². Außer den διηγήσεις gibt es andere Texte, die sehr ähnlich sind: die ἱστορίαι. In P.Oxy 418 (M-P³ 1164 = LDAB 2753) und PSI 1173 (M-P³ 1209 = LDAB 2760) sind die mythographischen Erzählungen über die Vv. 263, 264 und 399 des 1. Gesanges der Ilias bzw. die Helden und Heldinnen der Gesänge 11.–14. der Odyssea enthalten⁵³. Im Fall des P.Oxy 418 repräsentieren sie für uns keine neuen Texte, da sie in den zugehörigen Scholien Α zur Ilias enthalten sind. Ich will nicht verneinen, dass einige der von Cameron angegebenen Texte einen anderen Ursprung haben, nicht von einem Kommentar stammen und auf einem selbständigen Datenträger in Umlauf gewesen sein könnten. Ein Merkmal der Verbindung mit einem Kommentar ist aber die Tatsache, dass die narrationes (und die διηγήσεις zu Kallimachos) der Inhaltsanordnung im Autorwerk entsprechend verlaufen. Dank der scholia Bobiensia zu Cicero kann man auch rekonstruieren, welchen Umfang, Inhalt und Platz die διηγήσεις bzw. die narrationes in einem Kommentar wahrscheinlich hatten: Es reicht, die Ausgabe von Thomas Stangl durchzublättern, 50 51

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Zur Identität von Kleon siehe D’Alessio 2000. Z.B. schol. in Hom. Il. E 330; Z 21; K 43 Erbse usw.; zur Verwendung solcher Formeln, um andere Meinungen einzufügen siehe (schol. in Hom. Il. A 594; Γ 121; Ν 307; Ω 192 Erbse). Zum Codex der Ilias Venetus A (Marcianus Graecus Z. 454), zur Kombinierung der gelehrten Kommentare von vier Alexandrinischen Gelehrten siehe die praefatio von Hartmut Erbse zum Bd. 1, S. LII– LVI. Es fehlt jedoch bis heute an einer erschöpfenden Untersuchung solcher Formeln, siehe die partiellen Abhandlungen von Theodor Freyer (Freyer 1882), Wilson 1967. Siehe auch § IV.1., S. 115 und § IV.2., S. 136, Fußnote 114. Zu diesen Texte siehe van Rossum-Steenbeek 1998, S. 74–84, deren Beitrag andere διηγήσειςartige Papyri zu Kallimachos verzeichnet; Bastianini 2006. Arrighetti 1968, S. 81 und 95; Arrighetti 1977 Hypomn., S. 51–52.

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II. Philologische Kritik zu Ovids Werken

um zu sehen, dass solche Zusammenfassungen am Anfang der Behandlung standen und zwar unmittelbar nach dem Titel⁵⁴. Wie hilfreich diese Texte sind, um den Inhalt der verloren gegangenen orationes zu erfahren, deren Kommentare aber erhalten sind, wissen die Ciceroforscher. Letztendlich wird die Rolle als Mittel der Indexierung, die Cameron den narrationes zuschreibt⁵⁵, in den Codices nicht von den narrationes selbst eingenommen, sondern von einem jedem Buch vorangestellten inhaltlichen Verzeichnis der fabulae. So befindet sich z.B. vor der ersten fabula das folgende Verzeichnis, das den Inhalt des ganzen ersten Buches stichwortartig angibt: LIBER I. I. Chaos in species. II. Terra in varias personas. III. Mundus in saecula quattuor, aureum, argenteum, aereum et ferreum. IIII. Item annus in tempora quattuor. V. Gigantum sanguis in homines. VI. Lycaon, Pelasgi filius, in lupum. VII. A Deucalione iactati lapides in viros et a Pyrrha in mulieres. VIII. Python serpens in figuras. VIIII. Daphne, Penei filia, in laurum. X. Io, Inachi filia, in vaccam. XI. Mercurius in pastorem. XII. Syringa nympha in fistulam. XIII. Argus, Arestoris filius, in pavonem. XIV. Io supradicta in Isidem.

Dieses Verzeichnis dürfte dem Leser, der nach einem bestimmten Mythos und dessen Stelle in den metamorphoses suchte, viel nützlicher gewesen sein als die ganze Rolle der narrationes. Von solchen stichwortartigen Verzeichnissen gibt es ansonsten auch Beispiele für andere Autoren und Werke: die capitula ad Lucretii de rerum natura, Kommentare⁵⁶ und epitomae, wie die so genannten capitula ad Valerii Maximi epi54

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Man kann auch das argumentum in den Scholien zu Theokritos (schol. in Theoc. 14.294.2–6 Wendel ἐν τούτῳ τῷ εἰδυλλίῳ διήγησίς ἐστι καταστάσεως ἐρωτικῆς καὶ Κυνίσκας ἔρωτος. ἡ γὰρ γυνὴ τοῦ Αἰσχίνου μᾶλλον προσέκειτο Λύκῳ τινί, καταφρονοῦσα τοῦ Αἰσχίνου. Θυωνίχου δέ τινος ἑταίρου προσιόντος αὐτῷ διὰ χρόνου δικαίως εἰσάγεται προλέγων ‘χαίρειν πολλά’ ὁ Αἰσχίνης) und das zur Hecale im späteren P.Oxy. 2258 (6.–7. Jh. aus Oxyrhynchus, M-P³ 186 = LDAB 523) zum Vergleich heranziehen. P.Oxy. 2258 enthält das argumentum vor dem Text (frg. A 9 back a–d = frg. 230 Pfeiffer) und andere Werke von Kallimachos zusammen mit einem Randkommentar. Cameron gibt widersprüchlich als Beispiel von διήγησις auch das argumentum zur Hecale in P.Oxy. 2258 an, ohne zu bemerken, dass gerade dieser Codex einen Kommentar in den Rändern neben dem Text enthält: „The fifth, in the seventh-century codex P.Oxy. 2258, like the hypotheseis to Greek tragedy (and indeed the Narrationes), has been transferred from a separate book to appear immediately before the text of the work it summarizes, Callimachus’s Hecale“ (Cameron 2004, S. 53). Cameron 2004, S. 86: „it cannot have been easy to locate Orpheus, Pygmalion, or Pyramus and Thisbe in the Metamorphoses, especially when it was still circulating in 15 separate rolls. The Narrationes are an inventory of the stories in Ovid’s poem, however briefly told. The fact that each transformation is given its own title, with all the titles of each book collected together at its beginning as a table of contents, greatly increases its utility, a quick way of locating a particular story in a long poem“. Unter den Papyri habe ich den P.Berol. inv. 9780 (BKT 1, aus Hermopolis Magna 2. Jh n.Chr., M-P³ 339 = LDAB 769) gefunden, den Kommentar zu Demosthenes von Didymus, auf dessen

1. Antike und mittelalterliche Kommentare zu Ovids Werk

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tomam von Iulius Paris und die ad epitomam de Tito Livio von Florus. Im Fall der narrationes scheinen mir die tituli aus dem ursprünglichen Kommentar hergeleitet zu sein. Wenn ich einen Versuch wagen sollte, den Kommentar zu den met. zu rekonstruieren, würde ich beispielhaft etwas wie das Folgende zum zweiten Buch vorschlagen: Nach einem generellen Index (die tituli, die auch im oberen Randbereich stehen konnten) mit dem stichwortartigen Inhalt des 2. Buchs begänne die Kommentierung mit der Inhaltsangabe (fab. 2.1) des ersten Abschnittes (met. 2.1–324). Darauf würde eine Erläuterung Vers für Vers bzw. nach Versgruppen folgen, die wahrscheinlich schwierige Begriffe erklärte, so wie pyropum (met. 2.2)⁵⁷, die Aufschlüsse über die Genealogie und die Natur der caerulei dei (met. 2.8–14) gäbe oder auch astronomische Aufklärungen über die Konstellationen (met. 2.70–83) mit Hinweisen auf griechische Quellen wie Aratos usw. Eben diese Verweise auf die griechische Literatur sind mitunter erhalten (fab. 2 et 3 ut Hesiodus et Euripides indicant). Die Erläuterung zu den jeweiligen Versen würde von der Zitierung des Verses in Form von Lemmata eröffnet. Dieselbe Reihenfolge würde sich für den zweiten Abschnitt mit der narratio und der zugehörigen Kommentierung wiederholen. Da die narrationes das ganze Werk Ovids umfassen, nehme ich an, dass es um einen Kommentar in extenso ging.

1.3.

Margaritae in liminibus sparsae

Außer den narrationes und den Scholien zur Ibis existieren zahlreiche Rand- und Zwischenzeilennoten zu allen anderen Werken Ovids, die allerdings noch unediert sind. Im 20. Jh. hat Luigi Castiglioni einige Beispiele des pristinum patrimonium, also der älteren Kommentierung, angeführt, die in den Scholien über Ikarios und Erygones zu met. 10.450–451 bzw. über die Telchinen zu met. 7.366 der Ambrosianischen Handschriften P 43 sup. und S 32 sup. (siehe Tafeln 2–3) zu sehen sind⁵⁸:

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oberem Rand eine capitulatio den Inhalt jeder Kolumne zeigt. Vgl. S. XI der Einleitung in der Ausgabe von Hermann Diels und Wilhelm Schubart: „Über den einzelnen Kolumnen stehen Überschriften, die den Inhalt bezeichnen sollen, meistens aber nur einen Punkt betreffen und häufig etwas Unwesentliches hervorheben. Ihre Schrift ist nachlässiger und viel entschiedener kursiv als die des Textes, könnte aber nach den Indizien der Schrift allein vielleicht demselben Schreiber zugeschrieben werden“; siehe auch Dorandi 2000, S. 21–24. Derselben Meinung ist auch Tarrant 1995, S. 94–95: „Certainly there is nothing implausible in seeing tituli and narrationes as components of a full commentary: the surviving commentaries on Lucan and Statius’ Thebaid offer parallels for the tituli in the bare lists of contents prefixed to the scholia on each book, and mythological summaries comparable to the narrationes appear frequently, though unsystematically, in Servius and in the Statian commentary ascribed to Lactantius Placidus“. Vgl. Isid. orig. 16.20.6 pyropum igneus color vocavit. Namque in singulas uncias aeris additis auri scripulis senis praetenui brattea ignescit flammasque imitatur; unde et pyropum dicitur. Castiglioni 1910, S. 193, Fußnote 1 und S. 275, Fußnote 1. Die Hs. P 43 sup. ist an die zweite Hälfte des 13. Jh. oder an das Ende des 13. Jh., und die Hs. S 32 sup. zwischen 1240 und 1260 zu datieren (Munari 1957, S. 7–8); Herr Dr. Marco Petoletti, der Paläograph der Biblioteca Ambrosiana, hat mir in einer privaten Mitteilung freundlicherweise bekannt gegeben, dass beide Hss. aus Frankreich stammen, und hat mir die Datierung bestätigt.

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II. Philologische Kritik zu Ovids Werken

(S 32 sup. c. 76v; P 43 sup. c. 99r) notum est quod (Notandum est q. P) Bacchus (bachus codd.) per Icarum (ycarum P) servum (filium P) suum vinum misit operariis suis. Illi vero inebriati putantes Icarum sibi dedisse venenum ad potandum, eum interfecerunt (Haec ita contraxit S: qui Icarum interfecerunt) et in profundum puteum (inv. ord. S) proiecerunt. Canicula vero quae eum secuta fuerat ad domum rediit (Canicula vero Icari domum r. S), et per hoc (unde P) cognovit Erigone quod patri suo male acciderat (accidisset P) et, canicula ducente illam, ivit ad locum ubi pater suus erat interfectus (interf. om. P) et ibi tantum flevit, donec Bacchus (bachus codd.) misertus illius Icarum et ipsam et caniculam (ycarum et caniculam cum puella P) stellificavit, et adhuc id signum canicula appellatur [unde dicti sunt dies caniculares P, om. S]. Icarus et Erigone filia (filia sua P) dicuntur texisse (pᵒ texisse S) vultus suos (texisse post suos traiecit P) quia illi bono amore se dilexerunt nec volebant videre tale nefas (nephas P, qui codex hanc postremam adnotationis partem toti narrationi praeposuit). (S. 32 sup. c. 50 v; P 43 sup. c. 64v) Telechine (sic) fratres fuerunt, filii Ialysii (yasilii cod.), qui omnia mutabant solo visu, Iupiter autem submersit illos in mari [et] timens ne mutarent se ipsum vel caelum [solo visu]. Vel, secundum quosdam, fratres fuerunt qui carpebant per invidiam suam omnia, 〈quos〉 Iupiter propter invidiam submersit in mari, unde mu · omnia visu, quia invidi mutant ea quibus invident, nec recte volunt aspicere, unde alibi de Invidia 〈Met. II 776〉 ‘nunquam recta acies’. Vel viciantes quia ‘carpitque et carpitur una’ 〈Ovid. Met. II 781〉.

In seiner Rezension zu der accessus-Sammlung von Gustav Przychocki hat Castiglioni vorgeschlagen, weitere Beweise für und Informationen über diesen alten Kommentar durch die Untersuchung der Randnoten in den Ambrosianischen Handschriften, des mythographus Laurentianus und des Ps.-Lactantius Placidus zu gewinnen. Für diese Varianten und ihre scholiastischen Erläuterungen führt er zwei Beispiele an, zum einen den oben angeführten Mythos von Ikarios und Erygones, zum anderen den der Telchinen⁵⁹. Auch Tarrant hat dieselbe Hypothese wie Castiglioni vorsichtig formuliert⁶⁰: no secure examples of additional fragments of commentary have yet been found in Metamorphoses mss., though some scholia in Harley 2610 resemble the surviving fragments and also look as though they may have been detached from a connected commentary, e.g., the following gloss on met. 2, 514 ff. (‘Mentior, obscurum nisi nox cum fecerit orbem, / nuper honoratas summo, mea vulnera, caelo / videritis stellas illic, ubi circulus axem / ultimus extremum spatioque brevissimus exit’): “quasi diceret ‘forte videor mentiri, sed cum nox venerit scire potestis quod cerum dicam’. Triones autem clarissimae sunt inter alias stellas’’.

Trotzdem hat die Anregung, solches Material zu edieren, in der Ovidforschung im Grunde genommen noch nicht viel Gehör gefunden, auch wenn die Philologen inzwischen über einen ausgezeichneten Ausgangspunkt für eine solche Arbeit verfügen, seit Frank Thomas Coulson und Bruno Roy für die recensio des überlieferten Materials gesorgt haben⁶¹. 59

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Castiglioni 1912, S. 250–251: „interessanti mi sono parsi e con qualche traccia di non indegna o spregevole dottrina quelli [scil. Scholien] che si riferiscono ai difficili accenni mitologici di VII 382, sgg. Da un accurato esame di questi residui, delle varianti del mitografo Laurenziano e del cosiddetto Lattanzio, non so se non si possa cavare qualche risultato in favore dell’esistenza di un commentario relativamente antico, dal quale siano derivate a Servio e agli altri quelle notazioni di favole lievemente differenti dalla pura versione Ovidiana“. Trotz umfangreicher Recherchen habe ich diesen „mitografo Laurenziano“ nicht identifizieren können. Es könnten die mythographi Vaticani gemeint sein, aber diese sind nicht von Hss. der Biblioteca Mediceo-Laurenziana überliefert. Tarrant 1995, S. 101, Fußnote 63. Coulson–Roy 2000; Coulson 2002; Coulson 2009.

1. Antike und mittelalterliche Kommentare zu Ovids Werk

1.4.

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Die mythographi Vaticani

Die mythographi Vaticani sind drei mythologische Sammlungen, so genannt von Angelo Mai (1782–1854), dem ersten modernen Herausgeber (Roma 1831)⁶². Die ersten zwei Sammlungen sind anonym, die dritte wird in den Handschriften einem unbekannten magister Alb(e)ricus Londoniensis oder manchmal (fälschlich) auch Alexander Neckam (1157–1217) zugeschrieben. Der erste mythographus ist zwischen 875 und 1075 geschrieben worden, der zweite verwendet den ersten als Quelle⁶³, und der dritte ist zwischen dem 10. und dem 11. Jh. anzusetzen⁶⁴. Diese Werke sind Kompilationen von fabulae und Berichten sowohl aus römischer als auch aus griechischer Mythologie und Geschichte, zusammengefügt als nützliches Mittel für die Lektüre der heidnischen auctores. Diese mittelalterlichen Handbücher für Mythologie sind durch das Zusammentragen von allerlei Quellen verfasst, insbesondere Kommentierungsmaterial, vor allem aus den Kommentaren zu Vergil von Servius, zu Horaz von Acron, zu Statius vom so genannten Lactantius Placidus, aus den narrationes und aus den verschiedenen Kommentaren des Remigius von Auxerre (um 841–um 908)⁶⁵. Neben diesen Hauptquellen finden sich zahlreiche Übereinstimmungen mit anderen Werken, so Kommentare zu Vergil und Horaz, aber andere als die von Servius, Porphyrio und Acron⁶⁶. An dieser Stelle will ich belegen, dass in der Verfassungszeit dieser Werke die narrationes noch Teile des vormaligen Kommentarmaterials enthielten. Zudem möchte ich einige Hinweise zu einer möglichen Kommentierung anderer Werke Ovids wie der heroides und der fasti bieten⁶⁷. Was den ersten mythographus angeht, hat schon Nevio Zorzetti bemerkt, dass verlorene Kommentare zu Ovid für manche fabulae anzunehmen sind⁶⁸: Die fabula 1.28 fasst die Handlung von Hero und Leander zusammen und findet sich in dieser Form in 62

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Der dritte mythographus wurde aber bereits 1520 in Paris unter dem Titel allegoriae poeticae seu de veritate ac expositione poeticarum fabularum libri quatuor Alberico londonensi authore nusquam antea impressi bei der Druckerei Marnef ediert. Zorzetti–Berlioz Mythographe 1995, S. XI–XII. Raschke 1913, S. 11: „Albericum scriptoribus saeculi X vel XI esse accensendum opinantes non nimis a vero aberrabimus“. Eine Einleitung zu den mythographi Vaticani wird von Guillaumin 1997 angeboten. Keseling 1908, über die narrationes besonders S. 98–105; Zorzetti 1993, besonders S. LIV; Zorzetti–Berlioz Mythographe 1995, S. XII–XXIX. Zorzetti–Berlioz Mythographe 1995, S. XIV. Guillaumin 1997, S. 42: „ci sono già tracce di Ovidio nelle fabulae 1, 16; 1, 26; 2, 54 del nostro Mitografo, che ha potuto attingere da fonti che non conosciamo molti materiali da lui utilizzati a proposito di questo poeta (si veda la fabula 1, 28 per le Eroide [sic], 1, 76 per i Fasti, 1, 48 per le Metamorfosi)“. Ich habe diesen interessanten Beitrag erst in der Endrevision entdeckt, deswegen überschneiden sich die Ergebnisse teilweise. Zorzetti–Berlioz Mythographe 1995, S. XXXIV: „il faut supposer en outre des sources inconnues surtout pour les matériaux liés à Ovide“. Zu einem ähnlichen Schluss, was den fabularius Konrads von Mure angeht, ist Tom van de Loo gekommen: „Es kann aber als sicher gelten, dass Konrad darüber hinaus auch Scholien-Material bzw. Kommentare zu anderen Werken verwendet hat. So kann man davon ausgehen, dass das Exemplar der Metamorphosen, das Konrad benutzte, reich glossiert war und manchen Mythos an Konrad vermittelt hat“ (van de Loo Conradus 2006, S. XXX).

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II. Philologische Kritik zu Ovids Werken

keiner der erhaltenen Quellen; das Detail von Heros Tod durch den Sturz vom culmen⁶⁹ ist nicht in den heroides 18 und 19 enthalten, wo lediglich ein subtiles Anspielungsnetz Leanders Tod evoziert. Es ist also nicht direkt aus Ovids Text ableitbar. Die fabula 1.76 über die Geschichte von Castor und Pollux könnte wegen gelehrten Detailinformationen (Dianisa als Name der Schwester Phoebes) aus einem Kommentar zu den fasti 5.699–720 stammen, wobei der Inhalt manchmal abweicht, so z.B. in der Beschreibung der Waffe, mit der Lynceus Castor umbringt: ein normaler ensis bei Ovid und ein unausweichliches telum im mythographus⁷⁰. Auch in den narrationes erscheint dasselbe Phänomen, dass im Text andere Varianten als diejenigen der Version Ovids vorkommen⁷¹. Der Abschnitt über die Göttin Flora kann als Beispiel dienen: Mythogr. suppl. BA 4 Kulcsár Flora Rome fuit nobilissima meretrix ac ditissima, que cum ad ultimum uite spacium deuenisset, populum heredem instituit Romanum. Ob quod meritum populus Romanus post eius mortem ueris deam esse uoluit et ludos in eius memoriam constituit qui Florales dicti sunt.

Dieses αἴτιον erklärt die Gründe für Floras Vergöttlichung. Die Stelle ist ohne Parallele, bezieht sich auf fast. 5.331–354 und stellt eine ,rationale‘ Erklärung des Mythos dar. Unbestreitbare Spuren des Kommentierungsmaterials, das in den narrationes vorhanden war, finden sich in den Erklärungen in Form von Glossen im Text der fabula 1.153, die sich auf die narrationes und den Kommentar zur Thebais stützt⁷². Im Zuge der Quellenüberarbeitung und -kombinierung sind sie aus Versehen in den mythographus eingeflossen und haben deswegen keine Verbindung in diesem Zusammenhang: 69 70

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Mythogr. 1.28 Kulcsár (= 1.28 Bode = 1.28 Zorzetti) cuius corpus dum postero die eiectum littore [sic] fluctibus Hero uidisset, dolore instincta culmine cecidit. Ov. fast. 5.709 pectora traiectus Lynceo Castor ab ense; mythogr. 1.76 Kulcsár (= 1.77 Bode = 1.76 Zorzetti) [Ida scil.] qui telum habebat quod diuini teli similitudinem habebat ita ut nullus posset illud euadere. Siehe § II.1.2., S. 36. Ps.-Lact. Plac. fab. Ov. 6.2 Niobe Tantali Sipylo Lydiae orta ob insolentiam Apollinis ac Dianae numen experta est. nam ex Amphione septem filiis totidemque virginibus editis dum comitata gauderet et quodam tempore Tiresias Eueri filius responso monuisset Thebanos, ut Latonae et filiis eius per preces tura redderent, sola exstitit, quae sacrificio interesse noluerit praedicans potentiorem se numine deae ac liberis eius esse. itaque oratione instincta Latona, questa cum filiis, quod suarum iniuriarum non exsisterent ultores. confestim itaque Apollo et Diana tecti nubibus, ut praeceperat genetrix, Thebas venerunt ac Niobae filios, cum in campo equis exercerentur, sagittis necaverunt. quorum nomina haec sunt: Ismenos, Sipylus, Phaedimus, Tantalus, Alphenor, Damasicthon, Ilioneus. pater Amphion post necem filiorum ferro se interfecit; schol. in Stat. Theb. 3.191–193 ( / / ) prope est ut haec infelicitas consolatione careat, si nihil unquam tale contigit. ideo subdidit exemplum. quia, ut Ouidius 〈met. VI 165 sqq.〉 ait, Niobe Latonam coli uetabat in se cupiens transferre honorem numinis, quod illam in utroque sexu liberorum se iactabat fetibus anteire. Tantalis autem Niobe, quia Tantali fuit filia. filii Niobae hi: Archemorus, Antagoras, Tantalus, Phaedimus, Sipylos, Xenarchus, Epinicos, item filiae: Astycratia, Pelopia, Ch[e]loris, Cleodoxe, Ogime, Pthia, Neaera; schol. in Theb. 1.711–712 ( )( / ) 〈uiridis〉 aut epitheton est serpentum, quia uirides sunt, aut 〈uiridis〉 veneni plenus. ( ) Nioben dicit, Tantali filiam, Amphionis uxorem, fecundam, antequam Latonam sperneret. namque cum quattuordecim mater filiorum esset … Iuuenalis 〈VI 177〉 ait: ‘atque eadem scrofa 〈Niobe〉 fecundior alba’.

1. Antike und mittelalterliche Kommentare zu Ovids Werk

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seu fo(e)dere und quae et Trivia [scil. dicitur] haben eine andere Bedeutung und sind ein Synonym von pignore bzw. von Diana⁷³. Etwas Ähnliches hat sich im dritten mythographus ereignet, in dem erklärt wird, warum Apollo der Gott der Medizin ist, und in dem eine ungewöhnliche Interpretation des Beiwortes inaequalis als morbidus geliefert wird, die aus einem Kommentar hergeleitet worden ist⁷⁴. Eine letzte Betrachtung: Der dritte mythographus bietet den terminus ante quem für die Zuschreibung der narrationes an Lactantius; der Autor des Kommentars zur Thebais und der narrationes werden hier für dieselbe Person gehalten⁷⁵. Die vermutliche Autorschaft kann nur aus dem titulus oder incipit der Codices, die der Autor des mythographus gelesen hat, stammen. Die communis opinio der bisherigen Forschung ist, dass die Verbindung zwischen Lactantius Placidus und den narrationes in der Renaissance entstanden sei⁷⁶. Aus den oben genannten Stellen kann man schließen, dass Kommentierungswerke zu Ovid sehr wahrscheinlich vorhanden und in der Verfassungszeit der mythographi Vaticani noch im Umlauf waren. Dieser Schluss ist besonders wichtig für das neue Fragment der Medea Ovids⁷⁷.

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Mythogr. 1.153 Kulcsár (= 1.156 Bode = 2.54 Zorzetti) quorum numerositate cum se iactaret Nyobe et diceret: Si Latona ideo colitur quia gemino natorum pignore seu federe uiget, quanto magis ego digna sum ueneratione que xiiii𝑐𝑖𝑚 filios genui, Apolline et Diana que et Triuia sagittis ipsa et maritus et omnes filii sunt interfecti. Mythogr. 3.8.15 Bode medicorum Phoebus non immerito deus dicitur vel quod herbae, quibus physici utuntur, solis calore producuntur, vel quod praecipuae temporum mutationes, quas solis cursus disponit, humoribus aequalitates apportant vel inaequalitates, ex quibus salus aegritudinesque generantur. Unde etiam Ovidius in primo Metamorphoseon autumnos inaequales, id est morbidos vocat; quorum videlicet singulis annis graves experimur pestilentias; Ov. met. 1.117 perque hiemes aestusque et inaequalis autumnos. Mythogr. 3.1.10 Bode praeterea, ut refert Lactantius, dum deerat usus casarum, ipsi in morem pecorum vagabantur; filios autem suos aut arborum caveis, aut montium specubus contegebant. Quos transeuntes arborum vel saxorum fetus existimabant; Ps.-Lact. Plac. fab. Ov. 1.3 deinde secundum saeculum in argenteum ab aureo colore migravit. tunc primum et aestus ardentior caeli et graviora frigora incubuere mortalibus. tunc meditata domorum tutiora secreta: antea enim aut in antris habitabant aut incolebant frutecta silvarum; mythogr. 3.6.28 Bode cupressus vero funeribus adhibita est juxta Lactantium, quia incestatas familias Romani hac notabant; schol. in Stat. Theb. 4.460 haec causa est quare cupressus adhibetur locupletum funeribus. Lucanus 〈III 442〉: ‘et non plebeios luctus testata cupressus’, quia inclutas familias Romani hac notabant. quidam uolunt ad hoc munus electam arborem, quia infructuosa apta defunctis est, uel quod in tutela[m] eam dixerint inferorum. Zum terminus post quem siehe § II.1.2., S. 35. Bespielhaft Tarrant 1995, S. 89: „In pre-fifteenth-century mss. this material is presented anonymously, but in several fifteenth-century manuscripts and early printed editions it is variously attribuited to several authors known to have composed scholia on other Latin poets or associated with an interest in mythological exposition: Donatus, Fulgentius and ,Lactantius‘, (also ,Luctatius‘ or ,Lutatius‘)“; Cameron 2004, S. 316: „Why some Renaissance reader connected this composite name of a nonexistent person with the Narrationes is anyone’s guess“. Für eine mögliche Erklärung der Zuschreibung der Scholien an Statius’ Thebais dem Lactantius Placidus siehe Tarrant 1995, S. 91; Cameron 2004, S. 313–316. Siehe § II.2.1.2., S. 80.

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II. Philologische Kritik zu Ovids Werken

1.5.

Glossae indigestae: Der älteste Kommentar zu den metamorphoses

Reste eines antiken Kommentars zu den metamorphoses sind in zwei Glossaren auffindbar und reich an Überraschungen. Im Codex Parisinus Latinus 7530 der Bibliothèque nationale de France, 779–797 n.Chr. in Beneventana geschrieben⁷⁸, auf den c. 302v–303v, sind Glossen zu met. 1.1–133 und manche andere enthalten (siehe Tafeln 4–6). Diese Glossen tauchen in verkürzter Form auch in einem anderen Glossar auf, dessen excerpta sich im Codex Vaticanus Latinus 1471 der Biblioteca Apostolica Vaticana, auf den c. 157r–157v (siehe Tafeln 7–8), im 9. Jh. in karolinischer Minuskel geschrieben⁷⁹, befinden; in beiden Glossaren wird die alphabetische Reihenfolge der Stichwörter beim Buchstaben A unterbrochen: Es erscheinen nur die Stichwörter aus met. 1.1–133 bzw. aus met. 1.7–42 bis zum Ende des Abschnitts ungefähr in der Sequenz, in welcher sie im Text Ovids vorkommen. Die Glossen des Codex Parisinus Latinus 7530 sind zahlreicher, umfassen einen größeren Textabschnitt, sind manchmal ausführlicher und zeigen einen weniger verderbten Text. Diese zwei Glossare haben unmittelbar oder mittelbar eine gemeinsame Abstammung, die in einem Kommentar oder – weniger wahrscheinlich – in Randscholien zu Ovid zu identifizieren ist, wie bereits angemerkt⁸⁰. Da nach meiner eigenen Prüfung der Codices die urkundliche Transkription von Georg Goetz⁸¹ an manchen Stellen unvollständig und auch ungenau ist, habe ich selbst für eine kritische Ausgabe dieser Glossare (siehe Anhang 1) gesorgt: Dank elektronischer Hilfsmittel (Acrobat 8.1, Photoshop CS6), die eine höhere Auflösung und einen stärkeren Kontrast als eine einfache Lupe bieten, konnte vieles besser gelesen und ediert werden. Die Ausgabe eines solchen Textes bietet drei Apparate: Der erste enthält die zugehörigen Stellen der metamorphoses, der zweite die wichtigsten Stellen anderer Werke der antiken Gelehrsamkeit von Varro bis Isidor (die loci similes), um einen besseren Vergleich der Reste vom Kommentar zu Ovid mit ihnen zu erlauben, und der dritte Apparatus (also der eigentliche apparatus criticus) liefert die Lesarten und die Leitfehler. Die Graphie ist normalisiert worden, während

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Dieser Codex ist hervorragend von Elias Avery Lowe beschrieben und dank der Bestattungsdaten der Äbte von Monte Cassino und den Osterkalendern genau datiert, siehe Lowe 1929, Nr. 9 (siehe auch Lowe 1914, S. 143); CLA 5.569; siehe auch Cavallo 1975, S. 368–369. Eine tiefgehende Untersuchung dieses Codex findet sich bei Holtz 1975, wo auch die vorherige Literatur angegeben wird. Siehe auch de Paolis 2004, besonders S. 189–196. Die von Georg Goetz vorgeschlagene Handschriftdatierung auf das 9. Jh. (CGL 5.528) bezieht sich nur auf einen Teil des Codex, da dieser „codex et diversis temporibus et tribus manibus exaratus est. Vetustiorem manum in foliis 1–6 invenies, quam saeculo IX tribuere par est. Alteram in foliis 77–92, quae saeculi X propria videtur; recentiorem in reliquis foliis [scil. c. 157 col. 2]. Qua re e tribus codicibus mutilis hic unus codex compactus esse videtur“ (Nogara 1912, S. 9); zur Ausgabe von Goetz siehe Dionisotti 1996. CGL 1.96: „in his [scil. glossariis] sunt etiam glossae ad Metam. I.1 sqq., quarum pars sine dubio ex scholiis fluxit“. Schanz–Hosius 1959, S. 252: „Wie die Schriftstellererklärung den Anlass zur Schaffung von Glossaren gab, so zeigen sie diesen Ursprung noch aufs deutlichste. So gibt das Corp. 5 p. 546, 23 [sic] veröffentlichte Glossar [scil. codex Vaticanus 1471], augenscheinlich aus einem glossierten Codex des Ovid geflossen, viele Worte vom Anfang der Metamorphosen in der Reihenfolge des Gedichtes wieder“. Parisinus Latinus 7530 in CGL 1.95–97; Vaticanus Latinus 1471 in CGL 5.546–547.

1. Antike und mittelalterliche Kommentare zu Ovids Werk

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sich meine diplomatische Transkription mit Anmerkungen über die Graphie der Glossen im Anhang 2 befindet. Nach einer eingehenden Prüfung dieses Materials glaube ich nun, Herkunft und Bestimmungszweck ermitteln und seine Textgeschichte folgendermaßen rekonstruieren zu können: Das Verwandtschaftsverhältnis zwischen den zwei Glossenabschnitten besteht in der Abstammung aus einem gemeinsamen Exemplar (α), was sich folgendermaßen beweisen lässt: Die beiden Glossare zeigen zwei Reihen von Glossen. Die eine steht vor den Ovidglossen und besteht aus fast identischen Stichwörtern des Buchstaben A (almus, arbiter, aether, arduus usw.), die andere sind die Ovidglossen selbst. Der Parisinus bietet nach dem Ovidglossenabschnitt auch andere Glossen unbekannter Herkunft sowie noch eine Glosse zu met. 14.781. Der Vaticanus kann nicht von dem Parisinus abgeschrieben sein, weil im Vaticanus manche Stellen (1–2 das Distichon; 17–18 amnis und auiduus; 38 Margo; 65 et lacum unum) vorhanden oder unversehrt sind, die im Parisinus fehlen oder korrupt sind; der Parisinus seinerseits ist älter als der Vaticanus. Die beiden Hss. zeigen aber zwei Bindefehler: die Auslassung eines Wortes (66 stagnum oder stagna stando dicta statt a stando dicta) und eine falsche Schreibung (67 obliguum)⁸². Es ist also nötig, ein plenius glossarium – das gemeinsame exemplar (α) – zu postulieren, in dem diese Fehler vorhanden waren. Zwischen der Vorlage α einerseits und V und P andererseits ist zumindest noch eine andere Zwischenabschrift, eine erforderliche Mittelstufe, anzunehmen, um die übrigen Fehler und die Auslassung des Großteils der Glossen in V zu erklären. Außer den Bestattungsdaten der Äbte weist die Anwesenheit der bekannten didascalia zu Varius’ Thyestes in P und außerdem nur noch im Codex Casanatensis 1086 (9. Jh.) auf Monte Cassino als Ort, wo die in P enthaltene grammatische Sammlung entstanden sein dürfte, und auf den Kreis um Paulus Diaconus (720–799 n.Chr.) hin⁸³. Abgesehen von Auslassungen und Verwirrungen sind zahlreiche Fehler aus den Vertauschungen zwischen , und (67 obliguum; 123 graegus; 125 graegus vom Schreiber selbst korrigiert; 127 vielleicht claucus) und zwischen und (30 molis; 36 suspinsa; 26 elimentorum; 56 elimenta; 62 efficit; 111 subire) typisch für das Abschreiben von Texten in capitalis rustica, der ältesten lateinischen scriptura libraria⁸⁴. 82 83

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Diese so nahen Fehler sind vielleicht dem Aufmerksamkeitsabfall des Schreibers nach dem Fehlerkonzentrationsphänomen zuzurechnen. Lejay 1894, S. 52; Morelli 1910; Bloch 1972, S. 567–570; Cavallo 1975, S. 364; Holtz 1975, S. 142–150. Dagegen hat Wallace Martin Lindsay in de orthographia von Beda, im Codex Parisinus zusammen mit anderen grammatischen Schriften enthalten, die Glosse „forboten“ gefunden und hat infolgedessen eine aus Deutschland stammende Vorlage für P angenommen (Lindsay 1916, S. 399). Charles Henry Beeson hat Fulda als Entstehungsort von P vorgeschlagen (Beeson 1927). Für Ovid in Monte Cassino siehe § II.2.1., S. 66–68. West 1973, S. 25–26. Die / -Vertauschung lässt sich vielleicht aber auch auf eine Vorlage in älterer Unziale zurückführen. Die capitalis wurde aber für Texte heidnischer Autoren bevorzugt, während die Unziale für Texte christlicher Autoren vorgezogen wurde. Es handelt sich dabei jedoch nicht um eine Regel, sondern nur um eine statistische Tendenz: In diesem Zusammenhang ist nicht zu vergessen, dass der Guelferbytanus 13.11 Augusteus 4° des 5. Jh., der codex omnium veterrimus der epistulae ex Ponto (siehe CLA 9.1377) in Unziale geschrieben ist. Bei der

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II. Philologische Kritik zu Ovids Werken

Die zwei Glossare zeigen eine ungeordnete Anordnung der Stichwörter, welche nicht derjenigen der metamorphoses folgt (z.B. 25 tellus, das erste Stichwort, geht den neun Lemmata zu met. 1.7–11 voran; in zwei Fällen ist die Erklärungsordnung im selben Vers nicht berücksichtigt, denn 37 Amphitrite steht vor 38 Margo, während der Vers met. 1.14 lautet margine terrarum porrexerat Amphitrite, und dasselbe passiert mit 45 secreuit vor 46 liquidum und 47 spissum im Vers 1.23 et liquidum spisso secrevit ab aere caelum). Ich denke, dies folgendermaßen erklären zu können: Ein Glossarverfasser hat einen perpetuus commentarius zu Ovid, welcher den Text Wort für Wort ausführlich erläuterte, exzerpiert, daraus die Stichwörter extrapoliert⁸⁵, modifiziert und in ein Glossar, den Archetypus (Ω), in der Anordnung abgeschrieben, nach welcher sie sich in den beiden Glossaren befinden. Aus einem Hyparchetypus (α), immer noch in capitalis, stammen über Zwischenstufen der Vaticanus und der Parisinus ab. Dies kann folgendermaßen veranschaulicht werden: comm. Ω. in met. α

– P



– V Abb. 2

Es könnte auch sein, dass der Glossarverfasser nicht direkt einen Kommentar exzerpiert hat, sondern Scholien an den Rändern und zwischen den Zeilen eines Codex der metamorphoses, wie die scholia Veronensia zu Vergil (CLA 4.498) oder das Fragment von Iuvenal aus Antinoë (um 500, M-P³ 2925 = LDAB 2559), von dem eine schöne (und lehrreiche) Reproduktion in der Ausgabe von Colin Henderson Roberts vorhanden ist⁸⁶. Dies ist aus chronologischen Gründen weniger wahrscheinlich, jedoch nicht a priori unmöglich⁸⁷. Man kann sich fragen, aus welchem Grund die Lemmata aus einem Kommentar zu den metamorphoses in ihrer ursprünglichen Anordnung, d.h. ohne der erwarteten Ausarbeitung in alphabetischer Anordnung unterzogen worden zu sein, in ein Glossar eingeflossen sind. Die Frage wäre legitim und vollkommen zutreffend: In einer solchen Reihe sind offensichtlich die Lemmata von keinem Nutzen für denjenigen, der nach einem Begriff im Glossar sucht. Dieses scheinbare Paradox ist vermöge der so genannten lex Lindsay leicht zu erklären. Wallace Martin Lindsay, der Herausgeber von Nonius Marcellus’ de compendiosa doctrina (3–4. Jh. n.Chr.), einem spätantiken Lexikon, das eine beträchtli-

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/ -Vertauschung könnte es sich auch um ein vor allem seit der Spätantike, aber auch schon in vulgärlateinischen Inschriften verbreitetes Phänomen handeln, siehe Stotz 1996–2004, Bd. 3, S. 14–26 und 190–195. Über die Schriftarten der ovidischen Codices und deren Besonderheiten siehe Gottlieb 1890, S. 133–145. Siehe Kapitel § I.1., S. 23. Roberts 1935, S. 208–209. Siehe § I.1., S. 20–21, Fußnote 30.

1. Antike und mittelalterliche Kommentare zu Ovids Werk

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che Menge Zitate sowohl bekannter als auch unbekannter Autoren und Werke enthält – es reicht zu bedenken, dass Nonius’ Werk den größten Anteil des Materials für die Sammlungen der Fragmenta der römischen Literatur bietet –, hat die Lektüre- und Exzerpiermethode von Nonius rekonstruiert⁸⁸. Lindsay hat bemerkt, dass die Zitate der Autoren und deren Schriften immer in einer bestimmten und festen Anordnung wiederkehren, denn die Zitate sind reihenweise demselben Autor entnommen und folgen der Ordnung, in der sie im Text eines Autors vorkommen. Des Weiteren werden auch die von Nonius nachgeschlagenen Texte immer in derselben Reihenfolge zitiert. Dies verrät die Methode des Exzerptors: Nonius hat aus den von ihm gelesenen Büchern Karten oder Hefte mit Vokabellisten (und selbstverständlich neben den Vokabeln das zugehörige Zitat) exzerpiert; bei der Verfassung eines Buches seiner de compendiosa doctrina hat er die Zitate in derselben Anordnung wie in der Liste auf der jeweiligen Karte verwendet. Überdies findet man genau dieselbe Methode bei den juristischen Kompilationen, wie den Mosaicarum et Romanarum legum collatio (Ende 4.–Anfang 5. Jh.), den fragmenta Vaticana (4. Jh.), oder den digesta (erlassen 533 n.Chr.)⁸⁹. Der Verfasser von Ω hat es einfach unterlassen, die Lemmata in alphabetische Ordnung zu bringen, nachdem er sie exzerpiert hat. Dasselbe Phänomen stellt man auch bei dem Glossenabschnitt am Ende (108–162) fest. Der Glossenabschnitt von V wird von einem glückverheißenden Distichon eröffnet, etwas wie einem incipit feliciter. Eine ähnliche Formulierung habe ich nur in einem späteren religiösen Werk gefunden, in der epistola ad domnum Petrum abbatem Cluniacensem von Petrus Pictaviensis (um 1080–21.08.1161) auxiliare tuo, rex invictissime, servo, / ut duplicata tibi lucra reportet ovans⁹⁰. Dies zeigt, dass diese Glossen als selbständiger Abschnitt in V abgeschrieben worden sind, da ihnen in V ein Abschnitt von allerlei Glossen vorausgeht, der in P nicht vorhanden ist. P und V haben eine unterschiedliche mise en page. Das kann uns behilflich sein, uns die Seitengestaltung des Archetypus (Ω) und des Hyparchetypus (α) vorzustellen: Die Glossen sind in P dicht nacheinander geschrieben, während sie in V auf zwei columnae verteilt sind. Der Wille des Schreibers von V, ein solches Layout zu erhalten, zeigt sich für mich ganz deutlich darin, dass in V der Text in wenig Raum absichtlich hineingezwungen worden ist, obwohl genug Platz zur Verfügung stand und es keinen Grund dafür gab, zwischen den Zeilen zu schreiben. Daraus kann man auf eine Vorlage zu dieser zweispaltigen Form schließen; darüber hinaus kommt dieselbe mise en page auch in den Homerglossaren vor (s.w.), so dass es höchstwahrscheinlich ist, dass Ω diesen Umbruch hatte. Der Schreiber von P (oder einem vorhergehenden Exemplar zwischen α und P) hat die ursprüngliche Form verändert, um Schreibmaterial zu sparen oder um das Layout mit demjenigen der anderen im Codex enthaltenen Texte zu vereinheitlichen. Die Lemmata der Glossen liefern auch einen neuen Beitrag zur Textüberlieferung der metamorphoses, da sie ein bisher unbekanntes Zeugnis der metamorphoses zeigen, 88 89 90

Lindsay 1901, S. 1–7; wichtige Präzisierungen dazu durch Dionisotti 1996 und Krenkel 2006; zur Verfassungsmethode im Allgemeinen siehe Dorandi 2007, S. 29–46. Schulz 1935, S. 9–25. Zu Vibius Sequester siehe auch § II.2.1., S. 65. PL 189.50 A.

48

II. Philologische Kritik zu Ovids Werken

insofern der glossierte Text zum Teil verwandt ist mit demjenigen des Bernensis 363 (Ende 9. Jh.) und dem des Parisinus 12246 (9. Jh.), der ältesten Codices von Ovids metamorphoses, die unmittelbar vom Archetypus der metamorphoses abstammen⁹¹: glossarium 88 disepserat

Anderson met. 1.69 vix ita limitibus dissaepserat omnia certis 69 dissepserat α disserpserat N1 discerpserat A

104 subiit

met. 1.114 sub Iove mundus erat, subiit argentea proles 114 subiit αεENP subiitque MN2 UW subiit hinc L

Mitunter jedoch geben die Lemmata einen Text wieder, der mit den übrigen Codices übereinstimmt und von demjenigen des Bernensis 363 und des Parisinus 12246 abweicht: 37 Amphitrites

met. 1.14 margine terrarum porrexerat Amphitrite 14 amphitrite U3 amphitrites A

Mein Verdacht, dass der Text der Lemmata nicht vom bekannten Archetypus abstammt, sondern von einem anderen Text, ist in diesem Fall nicht mit letzter Sicherheit zu beweisen, da die Lemmata zu wenige Worte bieten. Dass die Überlieferungsgeschichte der metamorphoses neu zu schreiben ist, zeigt aber ein anderer Codex, der Marcianus Latinus Z. 497 (= 1811) des 10. Jh., nicht zufällig Apographus einer Handschrift aus Monte Cassino in Beneventana (siehe § II.2.1.)⁹². Ein bestimmter Fehler weist wahrscheinlich auf ein süditalisches scriptorium hin, nämlich die Verwechslung zwischen und (3 sibe; 45 segregabo; 62 gloui; 69 liuerior; 84 fabonius). Es findet sich auch eine Tendenz zur Überkorrektheit durch Einfügung des Buchstabens an falscher Stelle (58 cohercuit). Im Lemma 144 ist Crepa mein Emendationsvorschlag für das überlieferte Ripa, das sinnlos ist, auf der Basis der Erklärung fissura parietis uel cuiusque rei, der verwandten Synonyme crepatio und crepatura, beide erst in der Spätantike seit dem Zeitalter von Diocletianus belegt⁹³, und der Endstufe in den romanischen Sprachen (rum.

91

92 93

Tarrant 1986, S. 276–282. Die Ausgabe von Richard John Tarrant (2004) bietet einen besseren Text, aber eine praefatio und einen Apparatus von geringem Nutzen wegen der ekdotischen Fehler. Über die Vorzüge und Fehler dieser Ausgabe siehe Luck 2005; Fedeli 2007. Alle diese drei Hss. (Parisinus Latinus 7530; Vaticanus Latinus 1471; Marcianus Latinus Z. 497) fehlen in Munaris Verzeichnis (Munari 1957), so wie in allen kritischen Ausgaben. Im ThLL s.v. crepatura, col. 1166 ist itin. Anton. Plac. 19.5 ad ipsum altarium est creptura, ubi ponis aurem et audis flumina aquarum et iactas melum aut quod potest natare, et vadis in Siloa fonte et ibi eum suscipis (außer creptura vom Codex Rhenaugiensis 73 (R) sind die Lesart cripta vom Codex Berolinensis Latinus octavo 32 (N) der recensio altera und die Emendation crepatura von Johann Gildemeister vorhanden) als ältere Stelle angegeben; die Verfassung der Scholien zu Iuvenal (schol. in Iuv. 3.195 crepturas parietum calce modica perfundunt) geht auf das 5. Jh. zurück. Der ThLL verweist irrtümlich auf die recensio altera, wobei es sich um die recensio prima handelt, und zitiert einen von der Ausgabe Paul Wessners abweichenden Text.

1. Antike und mittelalterliche Kommentare zu Ovids Werk

49

crepatura, it. crepatura, log. krebadura, afrz. creveure, prov., kat. crebadura, sp., pg. quebradura)⁹⁴. Trotz der knappen Stichwörter erkennt man durch die grammatische Erklärung ganz üblicher Formen, so wie 31 nec quicquam nec aliquid (zu met. 1.8), 61 foret esse (zu met. 1.35) bzw. die Doppelbedeutungsangaben, wie 56 elementa initia cuiuscumque rei vel litterae (zu met. 1.29) eine Bestimmung für den Schulgebrauch. Besonders häufig war seit der Antike bis zum Mittelalter in der Schule die Übung, sinnverwandte Wörter zu sammeln und sie von den Schülern auswendig lernen zu lassen. Solche Synonymik spiegelt die so genannte Tradition der differentiae verborum wider⁹⁵. Die Erklärung einiger Stichwörter bewahrt einen größeren Anteil der älteren Kommentierung, weil die Erläuterungen hier weiter und ausführlicher sind als an anderen Stellen, wo sie normalerweiser in der Nennung von einem oder von zwei Synonymen bestehen; diese ausführlichere Erläuterungsart gehört nicht zu einem glossenartigen Stil, so wie 26 Chaos permixtio elementorum qualis mundi fuit antequam per species diuideretur (zu met. 1.7) oder 128–130 Iliades singulari numero Romulus intellegitur filius Iliae et est patronimicum plurali numero Iliades Troiani uel Troianae dicuntur ab alio oppido est autem nomen patriae (zu met. 14.781). Die genannte Glosse über Romulus stammt aus met. 14.781 und bezieht sich auf Ilia, den Namen der Mutter von Romulus und Remus. In ihr ist unter anderem angegeben, dass sich nach ovidischem Gebrauch das Epitheton im Plural auch auf die trojanischen Frauen beziehe⁹⁶. Das weist außerdem darauf hin, dass der Kommentar die metamorphoses vom Anfang bis zum Ende erläuterte, da wir Spuren der Erläuterung des 14. Buches haben. Der ursprüngliche Kommentar war bestimmt umfassender. Dass hier ein Zusammenfassungsvorgang stattgefunden hat, ist offensichtlich, weil die Erklärungen von 62 Glomerauit in similitudinem globi rotundam effecit und von 66 Stagna sed et stagna 〈a〉 stando dicta ubi aqua pigra est durch die Auslassung des Subjekts (quisquis fuit ille deorum, der unbekannte Gott, der den Kosmos schuf) bzw. des Verbs esse (dicta sunt) konzentriert sind. Um dieses Phänomen besser zu veranschaulichen, kann man noch die Glosse 5 mit der Parallelstelle von Varro vergleichen⁹⁷. Einige Glossen zeigen die korrekte Verwendung des Stichwortes in ähnlicher Weise wie bei Servius, so wie 106–107 fuluus color est qualem harenam uidemus habere nam et aurum fului coloris est (zu met. 1.115) oder 49–50 aceruus congregatio lapidum uel cuiuscumque sed et congregatio manipulorum sic dicitur (zu met. 1.24). Dieser Glossenabschnitt (und besonders die ursprüngliche Karte des Exzerptors) weist eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem P.Berol. inv. 5014 (M-P³ 1158 = LDAB

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95 96

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Friedrich Diez erklärt den semantischen Übergang „von crepare, dessen bed. ein geräusch machen in den jüngeren sprachen erloschen ist“ (Diez 1887, S. 112). Siehe auch Meyer-Lübke 1935, S. 214. Für die Emendation arbutum des überlieferten arbertum siehe die katalanische Form arbozar ,mit Erdbeerbäumen bestandenes Landstück‘ in Stotz 1996–2004, Bd. 1, S. 241, Fußnote 139. Brugnoli 1955. In der Tat stammt diese Form von Ilias, -adis und stimmt mit Iliades, -ae überein. Der Gebrauch für Männer ist nicht belegt; die einzige Stelle in der Latinität, die den Anlass zur Vermutung dieses Gebrauchs geben könnte, ist Ov. epist. 16.337–338 dona pater fratresque et cum genetrice sorores / Iliadesque omnes totaque Troia dabit. Für das ähnliche Phänomen siehe § II.1.2., S. 34.

50

II. Philologische Kritik zu Ovids Werken

2173) auf⁹⁸. Es geht um ein opisthographisches Codexblatt aus Papyrus des 5. Jh., bei Arsinoites (Fayum) gefunden und heute im Ägyptischen Museum zu Berlin verwahrt, das eine Reihe von Glossen zu Homer bietet, die nicht alphabetisch angeordnet sind, sondern in der Reihe, in der die Lemmata in Ilias 1.1–12 vorkommen. Ich gebe an dieser Stelle das recto des Papyrusblattes als Beispiel für diese Glossen wieder:

5

10

15

[θεά] Πη[ληϊάδεω] Ἀχιλῆος² οὐλομένην ἣ μυρία Ἀχαιοῖς⁴ ἄλκεα [ἔθηκ]εν [πολ]λὰς⁵ δὲ [ἰφ]θίμους ψυχὰς ἡρώων αὐτοὺς δὲ ἑλώρια τεῦχε κύνεσι οἰωνοῖσι δὲ πᾶσι

20 Διὸς δὲ ἐτελείετο βουλή ἐξ οὗ δὴ τὰ πρῶτα διαστήτην⁸

[μο]ῦσα παιδὶ¹ το[ῦ Π]ηλέως τοῦ Ἀχιλλέως³ ὀλεθρίαν ἥτις πολλὰ τοῖς Ἕλλησι κακὰ ἐποίησεν πλείστας δὲ ἰσχυρὰς⁶ τὰς ψυχὰς τῶν ἡμιθέων ἀνδρῶν τὰ δὲ σώματα αὐτῶν ἑλκίσματα σπαράγματα ἐποίει τοῖς κυσὶ καὶ πᾶσι τοῖς σ[αρκο]φά[γ]οι[ς]⁷ ὠρνέοις λεγ[ομένοις] ἡ δὲ τοῦ Διὸ[ς] ἐτελειοῦτο ἡ γνώμη ἀφ’ οὗ δὴ χρό[νου] τὴν ἀρχὴ[ν] [δι]έστη[σαν]

1 παιδὶ Ziebarth : [τω] παιδι suppl. ed. pr. 2 Ἀχιλῆος del. Ziebarth : Αχιλληος P 3 Ἀχιλλέως corr. Ziebarth : Αχιλλεος P 4 Ἀχαιοῖς Ziebarth : [αχ]αιοις ed. pr. 5 [πολ]λὰς Ziebarth : [πολλ]ας ed. pr. 6 ἰσχυρὰς del. Ziebarth : ϊσχυρας P 7 σ[αρκο]φά[γ]οι[ς] Ziebarth : σ[αρκω]φα[γ]οι[ς] ed. pr. 8 διαστήτην Ziebarth : διαστητ[ην] ed. pr.

Wie die Forschung schon gezeigt hat, verraten die Glossen zu Homer einen Ursprung aus einem Kommentar bzw. Scholien zur Ilias und eine Schulbestimmung: mutatis mutandis (Ort und Autor) weisen diese Glossen zu Homer und Ovid auf diesselbe Texttypologie hin⁹⁹. 98 99

Wilcken 1887, S. 818–819; Ziebarth 1913, S. 13–14; zum Verhältnis zu den Scholien siehe Renner 1979. Über die homerische Glossographie siehe u.a. Gallazzi 1982, der die handschriftlich überlieferten Scholien und Glossare zu Homer benutzt, um den Papyrustext zu beheben; Cribiore 1996, S. 258 Nr. 343; West 2001, S. 59, 76, 129–136, wo auch dieser Papyrus zitiert wird; siehe auch die Bibliographie in der Fußnote 98 und § I.1., S. 23, Fußnote 41. Das erste Beispiel von einem solchen Übergang sind der P.Berol. inv. 9780 (BKT 1, aus Hermopolis Magna 2. Jh. n.Chr., M-

1. Antike und mittelalterliche Kommentare zu Ovids Werk

51

Die Glossen zu Ovid haben etliche Berührungspunkte mit den antiken etymologischen Erklärungen, während sie eine besondere und selbständige Position im Vergleich mit den spätmittelalterlichen (und bisher edierten) Glossen zu Ovid haben, denn weder die Glossen von Arnulf von Orléans noch die so genannte vulgata stehen in Zusammenhang mit ihnen. Die Glossen von Arnulf von Orléans (12. Jh.) sind samt den allegoriae super Ovidii metamorphosin [sic] und den übrigen Glossen zu den anderen Werken ein Produkt der Erläuterungstätigkeit zu Ovid für Schulzwecke im 12. Jh. Es handelt sich um wenige Glossen zum 1. und 2. Buch des Ovidius maior. Leider ist der mit den Glossen des Parisinus und des Vaticanus vergleichbare Abschnitt auf die Vv. 1–13 des ersten Buches beschränkt, da das Blatt mit den restlichen Glossen des Codex Marcianus Latinus XIV 222 (= 4007) ausgefallen und verloren gegangen ist¹⁰⁰. Dank der gemeinsamen Glossen kann man aber eine Verwandtschaft ausschließen, z.B. werden die Stichwörter 28 rudis und 29 indigesta von dem Parisinus und dem Vaticanus als novus bzw. incomposita erklärt, während Arnulf sie als sine artificio bzw. indivisa, inordinata bezeichnet; außerdem kontrastieren die größtenteils kurzen Angaben des Parisinus und des Vaticanus mit den ausführlicheren Erklärungen Arnulfs, so bieten der Parisinus und der Vaticanus für 34 Titan und 35 Phoebe nur die schlichten Synonyme sol und luna, während Arnulf weitere Informationen über die Gigantomachie und den Gebrauch einer anderen Quelle angibt¹⁰¹: Nullus i. nullus de Titanibus. Titanes enim fuerunt gigantes geniti a terra de quibus fuerunt Phebus et Diana sed quia faverunt diis in gigantomachia, remunerati sunt alter quadriga, altera biga. Secundum alios fuerunt filii Iovis et Latone

Die so genannte vulgata ist der umfangreichste und im Mittelalter am weitesten verbreitete Kommentar zu den metamorphoses. Als solcher ist dieser Text bereits von Fausto Ghisalberti identifiziert worden¹⁰² und in letzter Zeit dank Frank Thomas Coulson teilweise herausgegeben und untersucht worden. Coulson liefert die folgenden Kenndaten¹⁰³: The ‘Vulgate’ was composed about 1250 in central France, probably in the Orléanais, and possibly at Orléans. Several internal features of the work argue persuasively for a central French origin […]. The commentary may be dated on internal evidence to ca. 1250 […]. The author of the commentary remains unidentified. Indeed, it may be more appropriate to describe the ‘Vulgate’ as a compilation of earlier and contemporary glosses on the poem.

Es ergibt sich keine Abhängigkeit zwischen der vulgata in ihren zwei Formen (Interlinearglossen bzw. marginaler ausführlicher Kommentar) und den Glossen des Parisinus und des Vaticanus. Man nehme als Beispiel den Vers 1.7 und die darauf bezogenen Erläuterungen:

100 101 102

103

P³ 339 = LDAB 769) mit dem Kommentar von Didymos zu Demosthenes’ Philippicae und die zugehörigen Stellen im Lexikon von Harpokration (siehe S. LI–LIII der Einleitung in der Ausgabe von Hermann Diels und Wilhelm Schubart). Ghisalberti 1932, S. 181–182. Obwohl weitere Handschriften mit Arnulfs Kommentar gefunden worden sind, gibt es noch keine vollständige Edition; siehe Coulson 1991, S. 5, Fußnote 11. Ghisalberti 1932, S. 182. Ghisalberti 1932, S. 177. Fausto Ghisalberti schreibt Arnulf von Orléans den vulgata-Kommentar zu, während Coulson eine andere Meinung vertritt. Ich werde in einem zukünftigen Beitrag zu diesem Thema zurückkehren. Coulson 1991, S. 6–7; siehe auch Coulson 1987; Hexter 1987.

52

II. Philologische Kritik zu Ovids Werken

26–30 Chaos permixtio elementorum qualis mundi fuit antemquam per species diuideretur Rudis novus Indigesta incomposita Moles magnitudo

-

-

Lemma quem dixere chaos

bez. Erklärung uultum philosophi id est confusionem

rudis indigestaque

sine forma

moles

erat

Quem dixere chaos quem uultum uel aceruum philosophi dixere appellauere chaos id est confusionem. Vel quam scilicet quam uoluntatem dei rudis sine artificio indigesta inordinata et sine cultu. Vel aliter: uultus dico rudis que pro quia erat moles indigesta et quicquid non erat in uultu illo.

Die Codices Parisinus und Vaticanus (8.–9. Jh.) sind sehr alt im Vergleich zu den ältesten Handschriften der metamorphoses und der anderen mittelalterlichen Kommentare. Abgesehen von den Fragmenten des 9. Jh. (Bernensis 363, Lipsiensis Repositorium I 74, Parisinus Latinus 12246) gehen die übrigen Handschriften auf das 11. Jh. zurück¹⁰⁴; das älteste Exemplar der Kommentare, in der Münchener Handschrift Clm. 4610 (Anfang des 12. Jh.) aus dem Kloster Benediktbeuern erhalten, zitiert einen früheren Kommentator, nämlich Manegold von Lautenbach († 1109). Nach dem aktuellen Forschungsstand fand also die bis jetzt bewiesene Kommentierung zu den metamorphoses im 11. Jh. statt¹⁰⁵. Wenn meine Rekonstruktion der Überlieferung korrekt ist, stehen wir vor den Spuren eines sehr wahrscheinlich spätantiken, vielleicht aus dem süditalischen Raum stammenden Kommentars, möglicherweise einer Umschreibung eines commentarius, wie sich aus der Graphieprüfung und Textgeschichte erschließen lässt.

104 Für die Datierung und Benennung der Hss. habe ich mich auf den CLA und den Catalogue des manuscrits classiques latins (Munk Olsen 1985, S. 126–181) gestützt, siehe auch Tarrant 1986, S. 278–279. 105 Munk Olsen 1987, S. 82–83: „Le plus ancien de ceux-ci est un commentaire allemand du début du XIIᵉ siècle sur les Métamorphoses; il cite à plusieurs reprises un „Manogaldus“ qu’on peut identifier avec Manegold de Lautenbach (ca. 1035–ca. 1103), qui serait donc le premier commentateur médiéval connu d’une oevre d’Ovide“. Der Kommentar zu den metamorphoses der Münchener Handschrift Clm. 4610 ist von Karl Meiser ediert worden (Meiser 1885). Siehe auch Haupt 1873, S. 190–192. Andere identifizierte Hss. mit diesem Kommentar sind bei Coulson 1987, S. 55, Fußnote 2 und S. 57, Fußnote 10 angeführt. Siehe auch § IV.1., S. 122.

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2. Ovid in der Schule

2. OVID IN DER SCHULE Ich singe nicht für kleine Knaben, Die voller Stolz zur Schule gehn Und den Ovid in Händen haben, Den ihre Lehrer nicht verstehn. (G. E. Lessing, Für wen ich singe aus Vom Küssen und vom Trinken)

Die gesamte Frage nach der kritischen Auseinandersetzung mit Ovids Werken ist einerseits mit der Schul- und Erziehungswelt¹⁰⁶, die sich solcher Werke bediente, andererseits mit den unterschiedlichen Tendenzen der literarischen Kritik im Laufe der Zeit¹⁰⁷ verbunden. Die Verbindung zwischen der Sprachlehre und den linguistischen auctoritates als Vorbild und Quelle des Sprachgebrauchs ist sehr eng. Um die Geschichte der ovidischen Studien von der antiken Kritik über die Spätantike bis zum Mittelalter besser umreißen zu können, erscheint eine Untersuchung und eine Prüfung der Präsenz Ovids in der römischen grammatischen Tradition sowie eine Suche nach Überresten und Spuren didaktischer Texte, die Ovid als Sprachmodell verwendet haben, sinnvoll.

2.1.

Ovid als Sprachlehrer

Unter dem Sammelbegriff Grammatici Latini ist eine ansehnliche Reihe von Schriftstellern zusammengefasst, die sich mit verschiedenen Fächern der ars grammatica (Formenlehre, Rechtschreibung, Verslehre usw.) beschäftigt haben und in einer sehr breiten Zeitspanne (vom 1. bis 8. Jh. n.Chr.) tätig waren. Es handelt sich im Grunde genommen um die ganze antike, spätantike und frühmittelalterliche Spekulation – also bis zu Julianus Toletanus, Beda und dem anonymus de dubiis nominibus¹⁰⁸ –, die sowohl eine Kompilierungstätigkeit vorhergehender Texte als auch das Auftreten neuer Versbauarten zeigt. Unter den GL sind heidnische und christliche Autoren, sie stammen aus sehr verschiedenen Ländern: Priscianus z.B. war in Konstantinopel tätig, Beda kommt aus Wearmouth in Northumbria. Die Spuren des Gebrauchs von Ovid als Sprachmuster seitens der Grammatiker findet man in Zitaten, deren vollständige Liste sich im Anhang 3 befindet¹⁰⁹: 106 Zur Bildung und Erziehung in der Antike siehe Marrou 1960; Bonner 1977, S. 212–249; Frasca 1996, besonders S. 255–297 und 517–536; Christes–Klein–Lüth 2006. 107 Exkurse über die Literaturwissenschaft von der Antike bis zum Mittelalter finden sich in Nettleship 1890; Curtius 1948, S. 435–461; Rawson 1985, S. 117–155 und besonders S. 267–281. 108 Kaster 1988. 109 Diese Idee verdanke ich meinem ovidischen sodalis Ralph Hexter (Hexter 1986, S. 3, Fußnote 4): „Citations by grammarians may (with care) be made to yield evidence of an author’s place in the educational landscape of late-antique and early-medieval centuries. These are most conveniently consulted in Keil’s Grammatici Latini. The indexes allow one to obtain a rough idea of which au-

54

II. Philologische Kritik zu Ovids Werken

Albinus Agroecius anonymus anonymus anonymus Bobiensis anonymus Sangallensis anonymus Sangallensis anonymus Atilius Fortunatianus Beda Charisius Cledonius Diomedes Eutyches Iulianus Toletanus Plotius Sacerdos Priscianus [Probus] [Probus] Servius [Sergius] Marius Victorinus

de orthographia de orthographia ars Bobiensis (excerpta Bobiensia) de dubiis nominibus de versibus de scansione heroici versus de pentametro glossae in Priscianum ars metrica de orthographia ars grammatica ars ars grammatica ars de verbo ars artes grammaticae institutiones grammaticae partitiones de catholicis de ultimis syllabis in Donati artem maiorem explanationes in artes Donati de barbarismo et soloecismo

IV 1/2 oder früher? V 2/4 (–3/4 ?) V Mitte des VII Jh. ? ? ? ? vor IV ? 672/673–735 IV 2/4–2/3? V Mitte–2/2 IV 2/2–V VI ½ 642–690 III 2/2 V Ende–VI 1/3 IV IV IV 3/3–V 1/3 VI Anfang IV

1 2 1 11 1 1 1 3 2 6 9 2 6 13 3 2 81 3 2 1 1 3 1

Abb. 3 Die oben dargestellten Ergebnisse bieten Gelegenheit, einige Betrachtungen anzustellen. Die erste Anmerkung betrifft die Zitatanzahl (156 Zitate): Sie ist sehr niedrig, wenn man sie mit derjenigen von Vergil vergleicht, der nach dem Index der GL über thors were read and studied by grammarians. As the grammatical works were themselves objects of study in the following centuries (some more than others, naturally), the pattern of selection among and the citations of classical authors they represent tended to become canonical“. Um die folgenden Daten zu sammeln, habe ich als Ausgangspunkt den index scriptorum der GL verwendet, der sich (wegen des Umfangs der zu indizierenden Werke) als oft fehlerhaft erwiesen hat. Der Index Grammaticus. An Index to Latin Grammar Texts von Valeria Lomanto und Nino Marinone (1990) und die Scriptores latini de re metrica. Concordantiae-Indices. Equipo de Investigación dirigido por J. Luque Moreno, Granada 1987– , bis jetzt in 18 Bänden erschienen, sind übrigens von geringer Hilfe gewesen, da es sich um elektronisch bearbeitete Werke handelt. Deswegen sind nur die Anzahl der Stellen als statistischer Wert oder nur die Stellen verzeichnet worden, an denen der Autor namentlich vorkommt, d.h. ‘Ovidius in I metamorphoseon: …’, aber nicht die Stellen, die von den Formeln ‘idem in: …’, ‘in eodem: …’, ‘item: …’, ‘ibidem: …’ usw. eingeleitet werden. Auch die BTL 4 und die database http://kaali.linguist.jussieu.fr/CGL/ sind kaum hilfreich gewesen (siehe Fußnote 143 und Gatti 2011 CGL). Daher kann ich die Vollständigkeit meines Verzeichnisses nicht ganz gewährleisten. Größtenteils sind die ovidischen Zitate jedoch ausfindig gemacht worden, und wenn mir auch manche entgangen sind, würde dies wegen der geringen Anzahl die Ergebnisse nicht entkräften.

2. Ovid in der Schule

55

5000mal vorkommt¹¹⁰. Zudem reduziert sich die Zahl der Ovidzitate weiter, wenn man bedenkt, dass in 26 Fällen das jeweilige Zitat aus einem vorhergehenden grammatischen Werk stammt, welches ein Autor als Quelle gebraucht hat – denn es ist äußerst unwahrscheinlich, dass verschiedene Autoren zufällig genau dieselbe(n) Stelle(n) als Beispiel angeführt haben, obwohl noch andere analoge Beispiele vorhanden waren. Eher handelt es sich um die Abhängigkeit eines Autors von den vorhergehenden Werken. Dasselbe Phänomen läßt sich auch heutzutage in Schulbüchern beobachten. Das Auftreten derselben als Beispiel ausgewählten Verse und manchmal derselben Erklärungen verrät den üblichen Abfassungsvorgang, der grundsätzlich im Kompilieren bestand¹¹¹. Das Phänomen ist in mehreren Fällen zu beobachten, z.B. beschreiben Charisius (ars grammatica 91.28), Eutyches (ars de verbo 473.3–8) und Beda (de orthographia 35.24) die Abweichung von der Norm bei Ovid im Gebrauch von mendum und führen genau dieselben Verse (ars 1.249 und ars 2.653) an, obwohl es sechs Belegstellen gibt¹¹².

mendum neutraliter Varro in admirandis dixit, ‘magnum mendum’; sed Ovidius feminine ‘nocte latent mendae’, item ‘eximet ipsa dies omnis e corpore mendas’. ergo mendum in mendaci significatione dicetur, menda in culpa operis vel corporis.

ab eo quoque quod est menda vel mendum [nomine] (utramque enim terminationem veteres usurpant: Cicero in praetura Siciliensi ‘quod mendum ista litura correxit’, Ovidius artis amatoriae libro I ‘nocte latent mendae vitioque ignoscitur omni’, idem eiusdem libro II ‘eximet ipsa dies omnes e corpore mendas’).

mendum neutraliter. Varro in admirandis dixit, ‘magnum mendum’; sed Ouidius feminine, ‘nocte latent mendae’. Item: ‘eximet ipse dies omnis e corpore mendas’. Ergo mendum in mendacii significatione dicitur, menda in culpa operis uel corporis.

Dies gibt Anlass zur Vermutung, dass all diese Belege auf eine gemeinsame Quelle zurückgehen. Welche diese sein könnte, ist eine Frage, deren Beantwortung nicht das Ziel dieser Arbeit ist.

110 Hexter 1986, S. 3, Fußnote 4: „In these treatises medieval students would have met Ovid considerably less frequently than the major school authors. The totals are: Vergil: references to 3298 lines in 5730 places, plus an additional 56 references to Vergil in general and to the juvenilia; […] Ovid: 110 lines in 113 places, plus 6“; vgl. auch Lomanto–Marinone 1990, S. 2067–2068. 111 Nach Michael von Albrecht ist dies ein Merkmal der literarischen Technik (von Albrecht 2012, S. 489): „Die erhaltenen grammatischen Texte sind voneinander abhängig und weisen geringe Selbständigkeit auf“. 112 Außer bei ars 1.249 und 2.653, kommt menda auch bei am.1.5.18 in toto nusquam corpore menda fuit; ars 3.261 rara tamen menda facies caret: occule mendas; ars 3.781 [scil. femina] cui femur est iuuenale, carent quoque pectora menda; rem. 417 tunc animo signa, quaecumque in corpore menda est vor.

56

II. Philologische Kritik zu Ovids Werken

Wenn man diese Autoren in eine chronologische Ordnung einteilt, sofern es angesichts der Datierungsschwierigkeiten bei manchen Autoren und Texten möglich ist¹¹³, erhält man nachstehende Reihenfolge: —



Atilius Fortunatianus

Albinus

Agroecius

Eutyches

de dubiis nominibus

Plotius Sacerdos

Charisius

ars Bobiensis

Priscianus

Iulianus Toletanus

Diomedes

Cledonius

Sergius

[Probus] de cathol.

Servius

Beda

[Probus] de ult. syll.

1. Jh.

2. Jh.

Marius Victorinus 4. Jh.

3. Jh.

5. Jh.

6. Jh.

7. Jh.

8. Jh.

Abb. 4 Dabei sollte auch die Häufigkeit der Ovidzitate berücksichtigt werden: Verteilung der Zitate auf die Jahrhunderte 140 120

100

100 80 60

Anzahl der Zitate

40 20 0 .

20 0

0

4

1.

2.

3.

14

6 4. 5. Jahrhundert

6.

7.

6 8. Abb. 5

Die Verteilung auf die Autoren ist ungleichmäßig: Mehr als die Hälfte der Zitate (84 von 156) ist Priscian zuzuschreiben, gefolgt von Eutyches (13 von 156) und einem anonymen Text, dem de dubiis nominibus (11 von 156). 113 Für die Datierung der grammatischen Werke habe ich mich an die von Robert A. Kaster (Kaster 1988, S. 237–440) vorgeschlagene Datierung gehalten, für die dort nicht enthaltenen Werke habe ich zu den verschiedenen Ausgaben der Grammatiker und dem Index des ThLL gegriffen.

57

2. Ovid in der Schule

Verteilung der Zitate auf die Werke

100

93

80

60

Anzahl der Zitate

40 21 20

12

7

6

4

3

2

1

am.

epist. trist.

Ib. medic. rem.

zugeschriebene Werke

0 .

met.

fast.

ars

verlorene anderes Werke

Abb. 6 Die Aufteilung nach Werken zeigt eine überwiegende Präsenz der Metamorphosen (93 von 156, d.h. 59,61%), gefolgt von den Fasten (21 von 156, d.h. 13,46%). Die Resultate spiegeln einen antiken und spätantiken Sachverhalt wider, der sich im Mittelalter änderte: Die remedia amoris (2 von 156, d.h. 1,28%) wurden zu einem der beliebtesten Werken in der Schule, wie die Anzahl der Handschriften bezeugt¹¹⁴. Das Verhältnis zwischen den Grammatikern und einem Autor, dessen Fortleben so intensiv war, wie die moderne Forschung es aufgezeigt hat, ist sehr auffällig. Das Fortwirken des Dichters in der Kaiserzeit und in der Spätantike erscheint gespalten und vollzog sich offenbar auf zwei Bahnen: Einerseits ist die Rezeption in der literarischen Welt und in der Gesellschaft beeindruckend und ohne Unterbrechung. Der Dichter selbst war sich seines Erfolges bewusst¹¹⁵. Schon zu seinen Lebzeiten hatte er 114 Zum Verhältnis zwischen den antiken Handschriftenkatologen und der Verwendung der Schulautoren siehe Anhang 4; zur Stellung der remedia amoris in der mittelalterlichen Bildung siehe Pellegrin 1957. 115 Ov. trist. 4.10.121–132 tu mihi, quod rarum est, vivo sublime dedisti / nomen, ab exequiis quod dare fama solet. / nec, qui detrectat praesentia, Livor iniquo / ullum de nostris dente momordit opus. / nam tulerint magnos cum saecula nostra poetas, / non fuit ingenio fama maligna meo, / cumque ego praeponam multos mihi, non minor illis / dicor et in toto plurimus orbe legor. / si quid habent igitur vatum praesagia veri, / protinus ut moriar, non ero, terra, tuus. / sive favore tuli, sive hanc ego carmine famam, / iure tibi grates, candide lector, ago; Ov. Pont. 4.16.45–46 dicere si fas est,

58

II. Philologische Kritik zu Ovids Werken

Imitatoren, so seinen Freund Sabinus, welcher Briefe als Antwort auf die epistulae Heroidum verfasste¹¹⁶. Die Anzahl der apokryphen Schriften, der so genannten appendix Ovidiana, setzt ihn darüber hinaus auf dieselbe Ebene wie Vergil¹¹⁷. Andererseits ist das Desinteresse der Grammatiker der späten Kaiserzeit bis zu Priscianus und seiner Schule mindestens ebenso erstaunlich. In Bezug auf die Präsenz Ovids in den Schulen von der Kaiserzeit bis zur karolingischen Zeit kann man drei Abschnitte feststellen: Ovid als Schulautor von der frühen Kaiserzeit ungefähr bis zum Ende des 1. Jh., dann eine Tendenzwende in der Flavierzeit, die allmählich zum Ausschluss Ovids und anderer Autoren aus dem Schulkanon geführt hat, und schließlich seit dem Ende des 5. und dem Anfang des 6. Jh. eine Wiederaufnahme in den Kanon der Schullektüre. Die Verwendung des Dichters als Schulautor in der frühen Kaiserzeit kann man nicht durch die Analyse grammatischer Werke beweisen, weil die ars grammatica von Remmius Palaemon und die Werke der anderen Grammatiker verloren gegangen sind (die ersten systematischen Lehrbücher, die Traktate de orthographia von Q. Terentius Scaurus und Velius Longus, gehören dem 2. Jh. n.Chr. an). Sie ist nur aufgrund von Beweisen und Indizien anderer Natur zu vermuten, etwa wegen zwei Anspielungen von Seneca dem Älteren¹¹⁸ und wegen der didaktischen Tendenz, der so genannten tendance moderniste, von Caecilius Epirota eröffnet¹¹⁹, nach welcher jeder Dichter zum Schulautor werden und so auch Ovid durch den Schulvorhang, der die Schüler von der Straße trennte, wohl hindurchschimmern konnte, genauso wie Vergil und

claro mea nomine Musa / atque inter tantos quae legeretur erat. 116 Ov. am. 2.18.27–28 quam cito de toto rediit meus orbe Sabinus / scriptaque diuersis rettulit ipse locis. 117 Ich betrachte diese Werke auch als „ein Zeichen der Hochachtung, die man diesem Autor entgegenbrachte“ (Schmitzer 2001, S. 177). 118 Sen. exc. 3.7 Alfius Flavus hanc sententiam dixit: ipse sui et alimentum erat et damnum. hunc Cestius, quasi corrupte dixisset, obiurgans: ‘apparet’, inquit, ‘te poetas studiose legere: iste sensus eius est, qui hoc saeculum amatoriis non artibus tantum sed sententiis implevit’. Ovidius enim 〈in〉 libris metamorphoseon dicit: ipse suos artus lacero divellere morsu / coepit et infelix minuendo corpus alebat; contr. 10.4.25 P. Vinicius, summus amator Ovidi, hunc aiebat sensum disertissime apud Nasonem Ovidium esse positum, quem ad fingendas similes sententias aiebat memoria tenendum. Alfius Flavus war Schüler von Cestius Pius und seinerseits auch berühmter Rhetor (siehe Sen. contr. 1.1.22). P. Vinicius war Rhetor und Gerichtsredner (siehe die Proben seiner Deklamationen bei Sen. contr. 1.2.3; 7.6.11; 20 n.Chr. war er als Anwalt tätig, vgl. Tac. ann. 3.11.2). Wie man aus diesen Abschnitten entnehmen kann, wurde Ovid in der Zeit durchaus studiert und als Modell empfohlen. Zu Senecas des Älteren Verhältnis zu den auctores siehe Bonner 1949, S. 132–167, zu Ovid besonders S. 143–144; Berti 2007, S. 264–310. Emanuele Berti analysiert tiefgehend Senecas Verhältnis zu Ovid und die Bedeutung beider für die Schulwelt (S. 285–308): „Ovidio ha un rapporto ben più organico con l’ambiente scolastico, che lo vede ricoprire un ruolo non solo indiretto, come modello offerto all’imitazione degli scholastici o oggetto di discussioni sulla poesia, ma anche di attore protagonista, dedito in prima persona alla pratica della declamazione“ (Berti 2007, S. 290). 119 Suet. rhet. 16.3 [scil. Q. Caecilius Epirota] primus dicitur Latine ex tempore disputasse primusque Vergilium et alios poetas novos praelegere coepisse, quod etiam Domitii Marsi versiculis indicat〈ur〉 Epirota tenellorum nutricula vatum †; siehe Bonner 1977, S. 217; Mayer 1982, S. 310.

2. Ovid in der Schule

59

Lukan¹²⁰. Die Beziehung zwischen den Autoren und der Schule war ambivalent: Einerseits trat der Autor kraft der Würdigung, die er beim Publikum zu finden begann, in die Welt der Schule ein, andererseits prägte die Schule weitgehend den literarischen Geschmack der Zeit und verschaffte den Autoren größeren Ruhm. Nur aus diesem Zirkelverhältnis von Autor und Schule heraus kann man die Präsenz des Dichters neben Vergil in den graffiti auf den pompejanischen Wänden, die – ebenso wie die Alphabete und die Buchstaben¹²¹ – sehr wahrscheinlich von Schülern oder denjenigen, die eine Schulbildung erhalten hatten, eingeritzt worden sind, verstehen¹²²: CIL 4.1520

candida me docuit nigras odisse puellas: Odero s[i] potero, sed non invitus amabo scripsit Venus fisica Pompeiana

Ov. am. 3.11.35

odero, si potero; si non, inuitus amabo¹²³

CIL 4.1895

quid pote tan durum saxso aut quid mollius unda? dura tamen molli saxsa cauantur aqua

Ov. ars 1.475– 476

quid magis est saxo durum, quid mollius unda? dura tamen molli saxa cauantur aqua

CIL 4.1893

surda sit oranti tua ianua laxa ferenti audiat exclusi uerba receptus amans

Ov. am. 1.8.77

surda sit oranti tua ianua, laxa ferenti

120 Prob. vita Pers. 51–56 sed mox ut a schola et magistris deuertit, lecto Lucili libro decimo uehementer saturas componere instituit. cuius libri principium imitatus est, sibi primo, mox omnibus detrectaturus cum tanta recentium poetarum et oratorum insectatione, ut etiam Neronem illius temporis principem inculpauerit; siehe Marrou 1960, S. 373. Über die Änderungen in Erziehungsstufung und -weise in Rom siehe Booth 1978. 121 Zahlreiche Belege sind u.a. in CIL 4.9263–9312a; 10250–10259a gesammelt. 122 Die vorliegende Sammlung von Beispielen bezieht sich ausschließlich auf die deutlichsten Fälle unter den pompejanischen graffiti, die als Beweis der Kenntnis des Dichters seitens der niederen Gesellschaftsschichten und der Schüler an einem bestimmten Ort und zu einem bestimmten Zeitpunkt betrachtet werden sollen. Inschriften und graffiti literarischer Natur so wie gemma velim fieri (Gigante 1979, S. 88–99) sind ausgelassen worden. Die Wiederaufnahmen des Dichters in den Inschriften, von einfachen Versanfängen, Junkturen und Klauseln bis zu Hemistichien und ganzen Versen, sind so zahlreich (siehe den Index der carmina Latina epigraphica und als Beispiel CIL 6.9632 oder CIL 6.21521, die uns ein wertvolles Zeugnis sind; das ovidische Material in CIL 6.21521 ist in Bömer 1982–1984 analysiert), dass sie einer besonderen Abhandlung wert sind. Der Fall von CIL 4.10595 [? . . .]cio s(alutem?) morieris Tomi feliciter über den Tod Ovids in Tomi ist umstritten (prima autem littera potest esse etiam , ut conici possit primum verbum [Ovi]dio). Die angegebenen Beispiele repräsentieren nur einen Ausschnitt des Materials, siehe den maßgebenden Beitrag von Marcello Gigante. Er stellt Ovid auf dieselbe Ebene wie Vergil: „Fortuna non minore di Virgilio ebbe a Pompei il principe sfarzoso dell’elegia romana, il cantore delle brillanti avventure d’amore“ (Gigante 1979, S. 185). Peter Knox hat beim APA meeting in Seattle (Januar 2013) einen schönen Vortrag zur Rezeption Ovids in der pompejanischen Wandmalerei gehalten. Leider ist die schriftliche Fassung noch nicht erschienen. Es ist das Pendant zum Virgilio nei dipinti (Gigante 1979, S. 178–183). 123 Diese Inschrift erscheint wiederholt, siehe CIL 4.1526; 4.1528; 4.1523 (?); 4.1536 (?).

60

II. Philologische Kritik zu Ovids Werken

CIL 4.1595

[Ser]pentis lusus si qui sibi forte notauit, Sepumius iuuenis quos fac(i)t ingenio, Spectator scaenae siue es studiosus e[q]uorum: Sic habeas [lanc]es se[mp]er ubiq[ue pares]

Ov. epist. 20.207

ut te conspecta subito, si forte notasti

Ov. am. 3.2.1

non ego nobilium sedeo studiosus equorum

CIL 4.3149

militat omnes [sic]

Ov. am. 1.9.1–2

militat omnis amans, et habet sua castra Cupido; Attice, crede mihi, militat omnis amans

CIL 4.4133

non ego socia¹²⁴

Ov. epist. 4.17

non ego nequitia socialia foedera rumpam

Diese Beispiele zeigen, dass einige Verse der Liebesgedichte Ovids fast sprichwörtlich geworden und in volkstümliche Gedichte eingebaut worden waren. Wenn man die auctores prüft, welche in den literarischen graffiti mehrfach vorkommen, kann man eindeutig die Schlussfolgerung ziehen, dass es sich dabei um (schul)kanonische Autoren handeln muss. Es scheint in der Forschung unumstritten zu sein¹²⁵, dass die berühmten Literaturdigressionen in Velleius Paterculus’ Werk (1.5–7; 1.16–18; 2.9; 2.36) den Kanon der griechischen und römischen Literatur widerspiegeln, die in der Rhetorikschule zu Velleius’ Zeit (Blütezeit zur Regierungszeit des Tiberius) studiert wurden. Der letzte Exkursus ist besonders geeignet, meine Rekonstruktion zu stützen, da Ovid und Vergil erwähnt werden: paene stulta est inhaerentium oculis ingeniorum enumeratio, inter quae maxime nostri aeui eminent princeps carminum Vergilius Rabiriusque et consecutus Sallustium Liuius Tibullusque et Naso, perfectissimi in forma operis sui; nam uiuorum ut magna admiratio, ita censura difficilis est.

Ralph Hexter lässt die narrationes fabularum Ovidianarum teilweise auf eine in der damaligen Schule übliche Übung zurückgehen, indem er eine bestimmte Ähnlichkeit zwischen den narrationes und Libanius entdeckt¹²⁶. 124 Der ovidische Ursprung wird klar, wenn man den Kontext der Inschrift berücksichtigt: in pictura Hippolytum, Phaedram et nutricem repraesentante. 125 Diese These ist zum ersten Mal von Alfons Schöb in seiner Dissertation (Schöb 1908) aufgestellt worden, über Ovid besonders S. 104–105; siehe auch Bolaffi 1935, S. 5–12; della Corte 1937; Mayer 1982, S. 308. 126 Hexter 1987, S. 66: „It appears to me that the argumenta are clearly in the tradition of a particular form of elementary exercise employed in the ludi grammatici or grammarian’s school, fabula or narratio in Latin, diēgēma in Greek, the second of the elementary progymnasmata described and prescribed by writers, both Greek (Theon, Aphtonius, Hermogenes) and Latin (Quintilian, and Hermogenes as translated by Priscian). That all argumenta we have arose in rhetorical schools and either are or represent actual school exercises in which students summarized portions of Ovid is hard to maintain. Obviously, their collection in Ovid manuscripts, perhaps first to accompany a text of Ovid, clearly indicates the idea of creating a text ancillary to Ovid“; siehe dazu auch § II.2.2., S. 82–83.

2. Ovid in der Schule

61

Dies alles bestätigt die Präsenz Ovids in der Liste der von Sueton in de poetis behandelten Autoren¹²⁷. Ungefähr seit der Flavierzeit lässt sich eine Stilwende und eine Abkehr vom Asianismus feststellen, die sich als eine klassizistische Reaktion oder eine archaisierende Richtung – immer aber als eine Rückkehr zu einer mehr oder weniger fernen Vergangenheit – verwirklicht hat: Die Vertreter dieser Tendenzen sind Quintilian (35–nach 96 n.Chr.) bzw. Fronto (vor 100–vor 170 n.Chr.), der Erzieher von Marcus Aurelius und Lucius Verus, und Gellius (um 130–nach 170 n.Chr.)¹²⁸. William Scovil Anderson hat eine ähnliche Auffassung hinsichtlich der ersten aetas Ovidiana wie ich¹²⁹: Aetas Ovidiana, quae prima fuit, Ovidio vivente incepta post eius mortem circa centum et quinquaginta annos duravit. nam ingenium, ars, gratia, lascivia quoque apud scriptores rhetoresque Romanos tantum valuere, ut eius versus a Seneca rhetore et eius filio, a Quintiliano, Iuvenale, Statio, Apuleio persaepe aut afferrentur aut ad imitationem conferrentur aut castigarentur. versibus autem hexametris soli Vergilii Aeneidi cesserunt Metamorphoseon libri.

Ein weiteres Indiz dieser Tendenzwende kann man – mit einiger Vorsicht – auch in der Dichtung der Flavierzeit selbst und insbesondere im zweideutigen Verhältnis der Epiker Valerius Flaccus (Ende 1. n.Chr.), Statius († 95/96) und Silius Italicus († 100/101) zu Ovid finden, wenn man sie als Reflex des literarischen Geschmacks interpretiert: Die genannten Dichter grenzen sich stilistisch von Ovid ab und zeigen gleichzeitig Bewunderung für den Inhalt eines gewissermaßen antiklassizistischen Autors. In der Zeit des wiederherstellenden Klassizismus ist die imitatio Ovids nur mittelbar und in geringem Maß feststellbar, im Gegensatz zur imitiatio Vergils, dessen Einfluss auf Statius z.B. offensichtlich und stark ist¹³⁰. Genau diese Ambiguität dem Modell gegenüber, das nicht so deutlich durchscheint, könnte am besten den Ausschluss Ovids aus dem Schulkanon und die dennoch gleichzeitig ununterbrochene Lektüre durch Dichter und professionelle Literaten erklären. Quintilian reagiert auf den Modernismus durch einen Aufruf zum klassischen Stil Ciceros und Vergils (z.B. inst. 10.1.105–112; 10.1.85–86; über Vergil in der Schule 127 Siehe § II.1.1., S. 27. 128 Es ist notwendig, die Grenze jeder Periodisierung als etwas Elastisches zu betrachten. Im Fall einer Veränderung des ästhetischen Geschmacks ist selbstverständlich ein Nebeneinander gegenseitiger Richtungen anzunehmen, solange bis die eine die andere verdrängt hat. 129 Praefatio, S. V seiner Ausgabe der metamorphoses. Er setzt die zweite aetas Ovidiana der Tradition folgend am Ende des 11. Jh. an. 130 Wenn der beste Poesiekritiker der Dichter selbst ist, dann ist die Meinung von Dante Alighieri um so wertvoller: „Al mio [scil. von Statius] ardor fuor seme le faville, / che mi scaldar, de la divina fiamma / onde sono allumati più di mille; / de l’Eneida dico, la qual mamma / fummi e fummi nutrice poetando: / sanz’essa non fermai peso di dramma“ (Purgatorio 21.94–99). Über Statius und Ovid siehe Aricò 1963; Colton 1967; Rosati 1994; Hinds 1998, S. 5, Fußnote 13 und besonders S. 136–144. Was Silius Italicus angeht, hat schon Ernst Julius Wezel der (typischen) Quellenforschung des 19. Jh. seine Dissertation gewidmet (Wezel 1873) und ist zu folgendem Schluss gekommen (S. 104): „quod vero ad ornatum poeticum attinet imprimis imitatus est Vergilium, tum Ennium, denique Homerum, postremo alios poetas. Et Homerum quidem Enniumque, fortasse Valerium Flaccum quoque secutus dis deabusque in rebus gerendis magnas tribuit partes; ex Ovidio singulas fabulas parvasque narratiunculas hausit, ex Horatio sententias maxime poetice dictas“; über Ovid ausführlich S. 86–89; in neuerer Zeit Bruère 1958; Bruère 1959.

62

II. Philologische Kritik zu Ovids Werken

1.8.5). Er meldet Vorbehalte gegenüber Ovid an, ohne in toto seinen Stil zu verurteilen¹³¹. Die folgende Epoche hingegen hat sich neben Vergil noch ältere Sprachmuster auserkoren und diese ästhetischen Ideale in der Poetik der poetae novelli (Kaiser Hadrian, Annianus, Septimius Serenus) ausgedrückt¹³². Wahrscheinlich spiegelt sich in der lateinischen Welt die gleichzeitige Tendenz zum Attizismus in Griechenland wider, insofern das römische Kaisertum, obwohl zweisprachig, dennoch eine kulturelle Einheit darstellte; die Einflüsse des griechischen Attizismus auf die archaisierende Strömung in der römischen Welt zu bestimmen, würde die Grenzen dieser Arbeit bei weitem sprengen, die Gleichzeitigkeit der beiden Bewegungen ist aber auf jeden Fall bemerkenswert. In dieser Zeit beschränkte und verringerte sich die Schar der auctores allmählich, bis der Schulkanon aus vier festen Stützen bestand: für die Poesie Vergil und Terenz, für die Prosa Cicero und Sallust. Diese Autoren wurden als Sprachmuster herangezogen, Aemilius Asper¹³³ schrieb Kommentare nur zu Terenz, Sallust und Vergil; am Ende des 4. Jh. hat Arusianus Messius seine exempla elocutionum ex Vergilio Sallustio Terentio Cicerone digesta per litteras verfasst¹³⁴. Dies bedeutet nicht, dass ausschließlich diese Autoren gelesen wurden, aber dass sie den Lektürekern bildeten¹³⁵. Ein vielsagendes testimonium ex silentio für dieses Phänomen ist im Kommentarverzeichnis in der apologia adversus libros Rufini (401) von Hieronymus enthalten, die sich aber sehr wahrscheinlich auf die zweite Hälfte des 4. Jh. – auf die Schulzeit des Gelehrten (ca. 347–420) – bezieht. Hier wird kein Kommentar zu Ovid oder zu Statius erwähnt¹³⁶.

131 Siehe dazu Curtius 1948, S. 299 und 488; Gelzer 1978; Adamietz 1992. 132 Zu den literarischen Vorlieben Hadrians siehe die hist. Aug. Hadr. 16.5–7 amauit praeterea genus vetustum dicendi. controversias declamavit. Ciceroni Catonem, Vergilio En〈n〉ium, Salustio Coelium praetulit eademque iactatione de Homero ac Platone iudicavit. Der Autor bietet damit auch eine Angabe zu den kanonischen auctores (Cicero, Vergil, Sallust). 133 Die Schaffenszeit dieses Grammatikers ist unbekannt: „Asper a écrit après Cornutus dont il réfute une opinion et avant Julius Romanus qui le cite, soit entre le milieu du premier siècle et le milieu du troisième siècle après J.-C.“ (Tomsin 1952, S. 17). Die zwei chronologischen termini stammen aus schol. Ver. in Aen. 3.691 Baschera ( . Cornutus: nam indecore hoc dicitur, qum sit Ulixes hostis Aeneae. Asp.: non indecore, sed [poe]tic[e et], magnifice, quoniam eadem erroribus et periculis patiebatur Aeneas) und Char. 280.7–13 rumore primo Sallustius historiarum ˻I˼ (inc. fr. 17 M.); ubi Asper (fr. 12 W.) ‘non est’ inquit ‘nomen sed aduerbium’, ut illud (Verg. A. 1.613) ‘obstipuit primo aspectu Sidonia Dido’. Recens. Asper (fr. 5 W.) commentario Sallustii historiarum I nunc aduerbium nunc nomen id esse dicit, 〈ut〉 ‘recens scripsi’ (fr. 2 M.). potest enim esse temporis. 134 Das Werk ist durch die Erwähnung der Konsuln Olybrius und Probinus (395 n.Chr.) zu datieren (GL VII.447). 135 Eine vollständige Sammlung der Zeugnisse, aus der ich teilweise geschöpft habe, und eine intelligente Diskussion davon wird von Peter Lebrecht Schmidt geboten (Schmidt 2000, S. 103–121). 136 Hier. adv. Rufin. 1.16 puto quod puer legeris Aspri in Vergilium ac Sallustium commentarios, Vulcatii in orationes Ciceronis, Victorini in dialogos eius, et in Terentii comoedias praeceptoris mei Donati, aeque in Vergilium, et aliorum in alios, Plautum uidelicet, Lucretium, Flaccum, Persium atque Lucanum. Argue interpretes eorum quare non unam explanationem secuti sint, et in eadem re quid uel sibi uel aliis uideatur enumerent. Siehe auch Cameron 2004, S. 3–4.

2. Ovid in der Schule

63

Die so genannten Celtis hermeneumata, ein ungefähr zeitgenössischer Schultext, erwähnen eine andere Reihe Autoren¹³⁷: Απιουϲι προτοϲχολοι προϲ διδα〈ϲκαλον〉, αναγενοϲκουϲιν αναγνωϲιν περι Ελιαδοϲ, αλλην Eunt priores ad magistrum, legunt lectionem de Iliade, aliam περι Οδιϲϲειαϲ. λαμβανουϲι τοπον, παρενεϲιν, αμφιϲβητηϲιν, ιϲτοριαν, κωμηδιαν, de Odysseia. accipiunt locum, suasoriam, controversiam, historiam, comoediam, δραγματα, απαϲιν φιλοπονιαν/ρηθωριαϲ, προφαϲιν του Ελλιακου πολεμου, προφαϲιν narrationes, omnem industriam /orationis, causas Troici belli, materiam τηϲ αναγορευϲιϲ, αναδοϲιν· Πραξηϲ του Κικερωνοϲ, Ουεργιλιον, φωτιδιον, recitationis, redictationes; actiones Tullianas, Maronem, Persium, Lucanum, διο μαχη, τρειϲ κωμεδιαϲ, Statium, duo bella, Terentium, Sallustium, tres comoedias, Theocritum, Thucydidem, και τουϲ κυνικουϲ Demosthenem, Hippocraten, Xenophontem et Cynicos.

Die archaisierende Tendenz stand nicht im Gegensatz zu Autoren wie Cicero und Vergil, beide Meilensteine der Tradition, und fand in Sallust und Terenz eine Schicht Archaismen, die der Vorliebe für die weit zurückliegende Sprachvergangenheit wohl entsprach. Der Grund für den Ausschluss Ovids aus dem Schulkanon ist eher in seinem Stil und in seiner Sprache zu finden und weniger, wie immer wieder vermutet wurde, in seiner ,Immoralität‘. Der blumige Stil, von sententiae und colores genährt, und der Wortschatz Ovids, der reich an Begriffen der Umgangssprache und arm an Archaismen war, standen im Gegensatz zu Vergil. Gerade dieser war der in der Schule am häufigsten gelesene Autor, trotz der Gedichte und Stellen, welche unserer Meinung nach für den Schulunterricht nicht geeignet wären, wie die 2. Ekloge oder die spelunca-Szene der in der Aeneis (4.165 ff.), die aber genauso wie die anderen damals erläutert worden sind. Die Spärlichkeit an Belegen für Ovid in den grammatischen Werken dieser Zeit spiegelt also die beschriebene Tendenzwende wider. Mithilfe von Servius’ Verhältnis zu Ovid kann man am besten veranschaulichen, dass Ovid nicht mehr als Sprachmodell verwendet wurde. Servius wählt andere Autoren neben Vergil als Sprachmodell aus¹³⁸, Ovid zählt dagegen unter sprachlichen Gesichtspunkten nicht zu den idonei auctores, während er hinsichtlich der Mythenbehandlung immer wieder als Vergleich herangezogen oder als bloße mythologische Fundgrube benutzt wird¹³⁹. Was den usus scribendi betrifft, wird er zweimal im Kontrast zu Vergil zitiert: in georg. 2.7 mustum numero tantum singulari dicimus, sicut vinum, licet Ovidius abusive dixerit musta. sed hoc ille plus fecit, quod et ‘mustis’ dixit, cum, ut diximus 〈I 210〉, de his nominibus tres casus tantum usurpari consueverint. 137 Hermen. Celtis 37–38. Anna Carlotta Dionisotti datiert sie auf „the late third or more probably fourth century“, Dionisotti 1982 From Ausonius, S. 123. Eleanor Dickey, die letzte Herausgeberin von Ps.-Dositheus’ hermeneumata, teilte mir in einer privaten Nachricht Folgendes zur Datierung mit: „In the case of the Celtis’ hermeneumata I think most of the material is from the third and fourth centuries, but some is certainly earlier and some is almost certainly later“. 138 Siehe Kaster 1978. Zu den ovidischen Zitaten und deren Hinzufügungen in Servius’ Handschriften siehe die praefatio in der Ausgabe von Georg Thilo und Hermann Hagen, S. XCI–XCIII. 139 Serv. in ecl. 3.106; 5.10; 6.54; 10.62; in georg. 1.43; 1.378; 4.494; 4.522; in Aen. 1.259; 3.34; 5.95; 6.134; 6.529; 7.715; 10.145; 12.405.

64

II. Philologische Kritik zu Ovids Werken

comm. in artem Donati 4.432.10–13 nomen nec in totum fixum nec in totum mobile dixit 〈leo〉 leaena secundum Vergilium, ‘torva leaena lupum sequitur’; secundum Ovidium mobile est, qui dixit ut lea saeva sitim multa conpescuit unda¹⁴⁰.

In einem Fall wird Ovid als normativer Beleg angegeben: In der Erklärung zu Aen. 4.462 rechtfertigt Servius den Ausdruck Vergils sola bubo (gegen die bona grammatica und den erwarteten solus bubo) und bietet als Beispiel dafür Lucan 5.396 und Ovid. Als einfaches Beispiel für die Kennzeichnung des Erwachsenenalters wird Ovid bei in Aen. 5.409 benutzt¹⁴¹. Es geht in beiden Fällen um kennzeichenlose Ausdrücke. So kann man sagen, dass die Form Ovids abgelehnt wird, während die Inhalte seines Werkes von großer Wichtigkeit für den Grammatiker sind. Demselben Kontrast zwischen Form und Inhalt begegnet man auch in den centones (siehe § II.2.3.). Nach diesen für Ovid also ungünstigen Zeiten vom Ende des 1. bis ins 5. Jh. erfolgte ein Wandel, dessen Anfänge meines Erachtens ungefähr auf das Ende des 5. und den Beginn des 6. Jh. festzusetzen sind, und der zu einer Verbreiterung des Schulkanons mit der folgenden Aufnahme und dem Wiedereinschluss einiger Autoren, wie z.B. Horaz und Statius, führte¹⁴². Die meisten ovidischen Belege kommen bei Priscianus (84 von 156, 81 in den institutiones und 3 in den partitiones¹⁴³) und Eutyches (13 von 156) vor, nicht zufällig, wie ich denke, da er in Konstantinopel ein Schüler Priscians war. Priscianus, ca. 470 in Caesarea in Mauretania geboren, ging wohl zwischen 480 und 490 nach Konstantinopel, wo er in der Schule von Theotistus studierte und am Ende des 5. Jh. doctor an der örtlichen Universität wurde. In der Zeit des Kaisers Anastasius I. (491–518) ist er wohl ziemlich berühmt gewesen, er verfasste den Panegyrikus de laude Anastasii imperatoris und stand in Kontakt mit den Hofkreisen und der römischen Aristokratie. In den Jahren 526 bis 527 ließ er seine institutiones grammaticae von Flavius Theodorus, einem seiner Schüler, abschreiben, wie die subscriptiones beweisen, aber er hatte sie wohl schon früher verfasst und mit der Niederschrift vielleicht bereits während der Reise von Symmachus dem Jüngeren nach Konstantinopel in den ersten zehn Jahren des Jahrhunderts begonnen¹⁴⁴. Die große Anzahl von

140 Vgl. Anhang 3, S. 212, Fußnote 3. 141 Serv. in Aen. 4.462 […] ‘sola’ contra genus posuit. Lucanus 〈V 396〉 et laetae iurantur aves bubone sinistro, item Ovidius infandus bubo. et hoc est in usu; sed Vergilius mutavit, referens ad avem: plerumque enim genus relicta specialitate a generali sumimus, ut si dicas ‘bona turdus’ referendo ad avem: item si dicas ‘prima est a’, id est littera, cum ‘a’ sit neutri generis; in Aen. 5.409 secundum Varronem ‘senior’ et ‘iunior’ comparativi sunt per inminutionem. hinc est 〈VI 304〉 ‘iam senior, sed cruda deo viridisque senectus’: additum enim hoc est ad exprimendum, quid sit ‘senior’: item Ovidius inter iuvenemque senemque. et re vera non convenit hunc satis senem accipi, qui et vincere potest, et uno ictu taurum necare. ergo ‘senior’ non satis senex, sicut ‘iunior’ non satis iuvenis, intra iuvenem, sicut ‘pauperior’ intra pauperem. 142 Glauche 1970, S. 7. 143 Aus unerfindlichen Gründen kommt man bei der Suche nach ouid*/ovid* in der BTL 4 nur auf 69 Einträge, siehe auch Fußnote 109. 144 Siehe Ballaira 1989.

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Ovidzitaten in Priscians Werk kann man nur durch die auctoritas erklären, die dieser Autor im Gegensatz zu den vorherigen Grammatikern Ovid zuschreibt¹⁴⁵. Obwohl es an unmittelbaren Beweisen über die Autoren eines ,Schulkanons‘ sowie an expliziten Lehrplänen oder Schulhandschriftkatalogen mangels einer weitergehenden Dokumentation für diese Zeit fehlt¹⁴⁶, kann man einen Versuch wagen, mithilfe grammatischer Traktate und anderer Zeugnisse die auctores zu ermitteln, nach deren Sprachgebrauch Latein gelehrt und gelernt wurde. Wie schon gesagt¹⁴⁷, hat sich Vibius Sequester in seinem Werk de fluminibus, fontibus, lacubus, nemoribus, paludibus, montibus, gentibus per litteras libellus auf Kommentare und Glossen zu Vergil, Lucan, Silius Italicus und Ovid gestützt, und daher hat er das Material für sein Verzeichnis entnommen. Im Widmungsbrief zu diesem Werk, das er seinem Sohn widmet, kann man ein weiteres Zeugnis für die damaligen Schulautoren finden¹⁴⁸: Vibius Sequester Virgiliano filio salutem. Quanto ingenio ac studio, fili carissime, apud plerosque poetas fluminum mentio habita est, tanto labore sum secutus eorum et regiones et vocabula et qualitates in litteram digerens. quod ipsi tibi non inutile factum scio fore. fontium etiam et lacuum, paludumque et montium, nemorumque et gentium, qua tamen persequi potui sicut amnium, huic libello in litteram digesta nomina subieci. quo lecto non minimum consequeris notitiae, praesertim cum professioni tuae sit necessarium. et ne pluribus epistola oneretur, incipiemus ab eo fluvio, qui et litteram et nomen obtinet primum.

Erdkunde war anders als heutzutage in der antiken Schule keine selbständige Disziplin. Sie diente in erster Linie der literarischen und rhetorischen Bildung der Schüler. Nur unter Berücksichtigung dieser Tatsache wird die Funktion von Vibius’ Lexikon im Rahmen des Unterrichts für uns verständlich. Es gibt in Vibius’ Text noch einen Hinweis, der meine These der Zugehörigkeit Ovids zum Schulkanon jener Zeit unterstützt, denn der Adressat scheint nach den Worten des Vibius Sequester (professioni tuae sit necessarium) ein Lehrer zu sein¹⁴⁹. Die plerique poetae des Briefes sind hauptsächlich auf Vergil, Lucan, Silius Italicus und Ovid zu beschränken. Im Unterschied zu geographischen Werken, wie denjenigen von Plinius, Pomponius Mela oder Ptolemaeus und Strabo, ist das Interesse von Vibius ausschießlich auf die Dichtung fokussiert, und bei ihm findet man dementsprechend nur spezifische Angaben (nomen, regio, qualitas in einer ähnlichen Wei145 Schon Ernest Henry Alton hat darauf hingewiesen (Alton 1960, S. 25): „Ovid, as I have already indicated, had an ancient connection with the schoolroom; he is cited by Grammarians of the fifth and sixth centuries“. Aber seine Untersuchung hatte die Position Ovids in der mittelalterlichen Schule als Thema. 146 Glauche 1970, S. 8: „Bis an die Schwelle der Karolingerzeit gibt es keine direkten Zeugnisse über einen Schulautorenkanon. Ergänzend kann jedoch hinzugefügt werden, daß mit der Auswahl der Belegstellen im Anonymus de dubiis nominibus (s. VIᵉˣ) und besonders in einigen vorkarolingischen grammatischen Traktaten ein Licht auf die damals benutzten Autoren fällt“. Auch in der umfangreichen Testimoniensammlung von Wilfried Stroh gibt es eine Leerstelle für diese Zeit, da es an Zeugnissen von Sidonius († nach 478) bis zu Theodulf († 821) fehlt (Stroh 1969, S. 13–14). Diese Leerstelle soll durch meine Angaben partiell ausgefüllt werden. Zu den auctores und den catalogi siehe Bischoff 1972. Ich habe alle Einträge in Becker 1885 im Anhang 4 verzeichnet und angeordnet. 147 Über Vibius Sequester und sein Werk siehe auch § II.1.2., S. 28. 148 Vib. Seq. geogr. 5–16. Für die Methode des excerpere, siehe § II.1.5. S. 46–47. 149 Siehe auch Gelsomino 1962, S. 31–33; Parroni Vibii 1965, S. 7–14.

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II. Philologische Kritik zu Ovids Werken

se wie bei Servius) über die von Dichtern erwähnten gelehrten Begriffe, aber keine wissenschaftlichen Angaben, so wie in den Werken der oben genannten Geographen. Zur Rolle Ovids in der Schule des 6. Jh. in Afrika gibt uns Fulgentius wichtige Hinweise. In seinem mythologischen Handbuch erspart er sich die Mühe, die fabula der Gorgonen wiederzugeben, da sie allen Schülern u.a. aus dem Werk Ovids bekannt sei: myth. 1.21 Gorgonas dici uoluerunt tres, quarum prima Stenno, secunda Euriale, tertia Medusa, quarum quia fabulam Lucanus et Ouidius scripserunt poetae grammaticorum scolaribus rudimentis admodum celeberrimi, hanc fabulam referre superfluum duximus.

Fulgentius gibt uns auch weitere Aufschlüsse über das Niveau der Schullektüre: Ovid war ein verbreiteter Schulautor in den grammaticorum scolaribus rudimentis, in dem Anfangsstadium (rudimenta) der schola grammatici. Die Verbindung zwischen Fulgentius und Ovid wird sich als besonders wichtig erweisen, auch was die Geschichte der Scholien zur Ibis betrifft (siehe § IV.4.2.). Zu einer etwas späteren Zeit haben wir eine Angabe des Isidor von Sevilla (ca. 560–636) als Beleg für eine Reihe klassischer Autoren, die in der frühmittelalterlichen Schullektüre üblich waren¹⁵⁰. Dazu nimmt der schon von Günther Glauche erwähnte anonymus de dubiis nominibus (Mitte des 7. Jh.) mit einer recht großen Anzahl an Zitaten den dritten Platz in der von mir erstellten Statistik zu Ovidzitaten ein. Damit ist die Fortsetzung der zur Zeit des Priscian einsetzenden Wende in der Ovidrezeption bewiesen. Wobei Ovid in der literarischen Erziehung das gesamte Mittelalter hindurch von gewisser Bedeutung war, selbstverständlich mit Höhen und Tiefen, je nach Zeitpunkt und Ort¹⁵¹. Wie schon angedeutet, spielte Ovid eine besondere Rolle an einem besonderen Ort: im Kloster von Monte Cassino. Das Vorhandensein der Ovidglossen in einer Sammlung von grammatischen Schriften, dem Codex Parisinus Latinus 7530, die „le souci de réunir des textes utilisables directement et concretèment dans l’enseignement“¹⁵² und die nicht geringe Anzahl von Zitaten aus Ovids Werk in der ars grammatica des Hildericus, eines Schülers des Paulus Diaconus (720–799), bestätigen die Präsenz Ovids in dieser Schule¹⁵³. Hildericus’ Grammatik ist im Codex Casinensis 299 enthalten, der höchstwahrscheinlich zu seiner Zeit und in diesem Kloster geschrieben worden ist¹⁵⁴. Der Text 150 Isid. carm. 11 Sánchez Martín si Maro si Flaccus si Naso et Persius horret / Lucanus si te Papiniusque tedet, / pareat eximio dulcis Prudentius ore / carminibus uariis nobilis ille satis. / Perlege facundi studiosum carmen Auiti / ecce Iuuencus adest Seduliusque tibi, / ambo lingua pares florentes versibus ambo / fonte euangelico pocula larga ferunt. / Desine gentilibus ergo inservire poetis, / dum bona tanta potes quid tibi Calliroen? 151 Alton 1960; McGregor 1978; Munk Olsen 1991, S. 23–55; im Allgemeinen siehe den neuen J. G. Clark–F. T. Coulson–K. L. McKinley (Hrsg.), Ovid in the Middle Ages, Cambridge 2011 und § III.6.3., S. 107. In dieser Hinsicht sind Ludwig Traubes Worte aetas Vergiliana, Horatiana und Ovidiana und deren Gebrauch oft missverstanden worden (Traube 1911, S. 113). 152 Holtz 1975, S. 143. 153 Lentini 1953 Ars; zu Hildericus im Allgemeinen siehe Bloch 1972, S. 570–573. 154 Lentini 1952. Der Codex Casinensis 299 ist in Beneventana geschrieben und ist eine der ältesten Handschriften in dieser Schrift, ähnlich wie der Parisinus Latinus 7530, siehe Lowe 1914, S. 143; Lowe 1929, Nr. 20.

2. Ovid in der Schule

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diente der Schule des Kreises von und um Paulus Diaconus für Studienzwecke und bietet oft von der übrigen Überlieferung abweichende Varianten der zitierten Texte¹⁵⁵: Hildericus’ ars stellt eine grammatische Tradition, unabhängig von Einflüssen von jenseits der Alpen und unmittelbar von der klassischen Tradition abstammend, dar. Ebenso auf Monte Cassino und auf seine Schule weist der Codex Marcianus Latinus Z. 497 (= 1811) hin, der auf den c. 53r und 57r excerpta der Metamorphosen mit Glossen enthält (siehe Tafeln 9–10). Diese Handschrift ist bis jetzt der Aufmerksamkeit aller Ovid-Herausgeber entgangen, und sie wird von einigem Nutzen unter anderem auch für die Herausgeber von Horaz und der appendix Vergiliana sein¹⁵⁶. Sie ist in Minuskel romanesca bzw. Farfa-type geschrieben und Laurentius (995/997– 1048/1050), Bischof von Amalfi seit 1030, aber früher Mönch und Lehrer in Monte Cassino, oder seinem Kreis zuzuschreiben¹⁵⁷. Ihre Vorlage war ein verloren gegangener Codex in Beneventana, wie die Fehler beweisen¹⁵⁸. In den betreffenden zwei Abschnitten (auf der c. 53r Bücher 2–8; auf der c. 57r Bücher 1; 2; 4–5; 7–8) liegen einfache Begriffe, iuncturae, Hemistichien und Verse der metamorphoses vor. Es handelt sich zweifellos um eine Schulanthologie. Der didaktische Zweck dieser Anthologie ist offensichtlich, denn die anderen enthaltenen Texte gehören in den Bereich der Schule und der Unterrichtstätigkeit (c. 52r excerpta aus Priscian und anderen Grammatikern; c. 53r Erklärung poetischer, aber üblicher Begriffe wie Cytherea Ven〈us〉; c. 53r und 57r und v Präsenz von Schulautoren wie Publilius Syrus und Martianus Capella). Einige Wörter Ovids sind mit Glossen versehen (c. 53r, Kolumne 1, Zeile 40–41 illita, Erklärung der leicht verwechselbaren oblĭta 4.97; c. 57r, Kolumne 1, Zeile 16 nomen est zu Thĕstĭăs [sic] bei met. 8.452 oder 8.473) und die Kürzen und die Längen sind oft angegeben (c. 53r, Kolumne 1, Zeile 40 fābŭla, Sĕmīrămĭs; c. 57r, Kolumne 1, Zeile 6 lŏquámen, O sălūtifer). Die Tatsache, dass in der Handschrift zwei separate Sektionen ausschließlich Ovid gewidmet sind, zeigt die Wichtigkeit dieses Autors in der Schule von Monte Cassino. Schon im Fall des Tibull förderte dieser Codex neue Erkenntnisse zu Tage¹⁵⁹, und im Fall Ovids haben wir es mit einem Text zu tun, der nicht in das allgemein akzeptierte Stemma passt. Ich gebe an dieser Stelle nur ein paar Beispiele:

155 Lentini 1953 Citazioni. 156 Ich beabsichtige, so schnell wie möglich die Auszüge auf den c. 19r–58v des Codex Marcianus zu publizieren und derer Beitrag zur Überlieferungsgeschichte Ovids und anderer Autoren zu analysieren. Aus Zeit- und Platzmangel wird die Edition nicht mit und in dieser Arbeit erscheinen. Eine ausführliche Behandlung der Rezeption und der Überlieferungsgeschichte Ovids in Monte Cassino wird auch von mir vorbereitet. Zu den anderen florilegia mit dem Text der metamorphoses siehe Ullman 1932, S. 14. 157 Zu Laurentius von Amalfi und dieser Handschrift siehe Holtzmann 1947; Newton 1965; Bloch 1972, S. 578–581; Ward 2008. 158 Newton 1962, S. 260–263. 159 Die Beschreibung dieses Codex ist in Newton 1962, S. 259–263 zu finden.

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II. Philologische Kritik zu Ovids Werken

Marcianus Latinus Z. 497

Anderson

c. 53r, Kolumne 1, Zeile: 33–34 lingua faciente loquamen

met. 2.540 lingua fuit damno: lingua faciente loquaci

c. 53r, Kolumne 2, Zeile: 6 Regia diues habens

met. 4.468 regia dives habet, qui me cum coniuge semper

11–12 Ille sibi ablatus fuluis amicitur alis

met. 5.546 ille sibi ablatus fulvis amicitur in alis

22 Ut timeam fraudes meritique obliuia nostri

met. 7.45 ut timeam fraudem meritique oblivia nostri

c. 57r, Kolumne 1, Zeile: 5 Videbitis stellas illic ubi circulus axem

met. 2.516 videritis stellas illic, ubi circulus axem

6 O salutifer

met. 2.642–643 adspicit infantem ‘toto’ que ‘salutifer orbi / cresce puer’ dixit… 642 totique UW2

6–7 omnibus aeuis

met. 2.649–650 tu quoque, care pater, nunc immortalis et aevis / omnibus ut maneas nascendi lege creatus 649 nunc immortalis LW Vat. 5179 nunc iam mortalis εFM1 NU1 non iam mortalis EM2 PU2

Die Folgen dieses Befundes verändern unseren Blick auf die Überlieferungsgeschichte von Ovids Text, wie wir sie vorher zu kennen glaubten: Die nur hier enthaltenen Lesarten und eigenen Fehler zeigen eine Überlieferung, die nicht von Ω abstammt, und den Forschern begegnet der seltene Fall, sich mit zwei Redaktionen desselben Textes auseinandersetzen zu müssen, die eine vom mittelalterlichen Archetypus abhängig, die andere nicht¹⁶⁰. Ich habe schon im Fall des Glossars (siehe § II.1.5.) diesen Verdacht geäußert, der jetzt dank größerer Textteile die schärfere Gestalt einer Feststellung annimmt. Paulus Diaconus, Hildericus und Laurentius von Amalfi repräsentieren einen sichtbaren Arm des Flusses, der bei Monte Cassino in der Blüte grammatischer Studien und ovidischer Handschriften hervorsprudelte¹⁶¹. Schließlich kommt zur Bestätigung der Zeugnisse für die Schulpräsenz Ovids auch die praefatio des 2. Buches der disticha Catonis, eine spät der Sammlung hinzugefügte Dichtung, die eine Reihe klassischer Autoren empfiehlt: Ovid ist unter ihnen, und darüber hinaus hat er wahrscheinlich dem anonymen Dichter den Anlass gegeben, die

160 Pasquali 1952, S. 15–21. 161 Zu anderen Handschriften Ovids in Monte Cassino siehe passim Cavallo 1975, S. 367, 384, 385, 391, 393.

2. Ovid in der Schule

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Lektüre des Macer vorzuschlagen, da dieser Dichter ihm aus met. 14.387 und trist. 4.10.43–44 bekannt ist. Das ganze Gedicht lässt oft Ovid anklingen¹⁶². Die Datierung dieses Stückes ist nicht einfach: Als terminus ante quem gilt Ermoldus Nigellus (9. Jh.), ein Dichter vielleicht in Verbindung mit dem Hof Karls des Großen, sicherlich Schützling von Ludwig und Pippin, der dieses Gedicht wieder aufnimmt¹⁶³. Diese Ergebnisse erlauben uns tiefere Einblicke in die Bildungsgeschichte und die Rezeption Ovids bis in die Karolingerzeit hinein¹⁶⁴.

2.1.1. Der misshandelte grammaticus: L. Caecilius Minutianus Apuleius und Ovids Verbannung Die Geschichte des Textes von L. Caecilius Minutianus Apuleius und dessen Bewertung ist ein Sonderfall. Es handelt sich um Fragmente von de orthographia, einem grammatischen Traktat vermutlich in drei Büchern¹⁶⁵, überliefert in einem einzigen Codex, dem Vallicellianus R 26, c. 201r–209r, von Achilles Statius (mit bürgerlichem Namen Achilles Estaço, 1524–1581) selbst (ab)geschrieben, danach wiederentdeckt und ediert zum ersten Mal von Angelo Mai 1823 und noch einmal von Friedrich Osann 1826¹⁶⁶, auf dessen Ausgabe – mit meinen Korrekturen anhand der Hs. – ich mich beziehe. Teile des Textes sind Zitate, die sich aber nicht immer im Vallicellianus befinden, sondern von Caelius Rhodiginus (mit bürgerlichem Namen Ludovico Ric-

162 Ps.-Cato dist. (praef. libri II, S. 90) telluris si forte velis cognoscere cultus, / Vergilium legito; quodsi mage nosse laboras / herbarum vires, Macer haec tibi carmina dicit. / Si Romana cupis et Punica noscere bella, / Lucanum quaeres, qui Martis proelia dixit. / Si quid amare libet vel discere amare legendo, / Nasonem petito; sin autem cura tibi haec est, / ut sapiens vivas, audi quae discere possis, / per quae semotum vitiis deducitur aevum: / ergo ades, et quae sit sapientia disce legendo. Dazu merken die Herausgeber (Boas–Botschuyver 1952, S. 95) an: „haec praefatio metrica libri II insiticia est et una cum praefationibus metricis libr. III et IV inserta“. Zum Anklang siehe Ov. trist. 4.10.43–44 saepe suas volucres legit mihi grandior aevo, / quaeque necet serpens, quae iuvat herba, Macer und Boas–Botschuyver 1952, S. 94. 163 Ermoldus Nigellus in honorem Hludowici 1.17–22 (MGH, Poetae Latini Aevi Carolini, tomus II) Si Maro, Naso, Cato, Flaccus, Lucanus, Homerus, / Tullius, et Macer, Cicero, sive Plato, / Sedulius nec non Prudentius atque Iuvencus, / seu Fortunatus, Prosper et ipse foret, / omnia famosis vix possent condere cartis, / atque suum celebre hinc duplicare melos. Über Ermoldus Nigellus siehe Manitius 1911, S. 552–557. 164 Für die Stellung Ovid in der Bildung des 12. und 13. Jahrhunderts siehe Curtius 1948, S. 58– 64; 265–269 und 458–459; Pellegrin 1957; Günter Glauche vertritt eine andere Meinung als ich (Glauche 1972, S. 628–629); Canet Vallés 2004; Coulson 2011. 165 Die c. 202r trägt den folgenden Titel, der von der Hand des Achilles Statius stammt: L. Caecilii Minutiani Apulegii Gramatici De orthographia trium libror(um) Fragmenta. 166 Mai 1820, S. 347; Mai iuris civilis 1823, S. LXXII–LXXX und 127–140; Osann 1826. Die letzte Ausgabe ist die Dissertation von Paolo Cipriani, die bisher nur online publiziert, aber noch nicht druckgelegt worden ist. Über diese Handschrift siehe Kristeller 1967, S. 130; besonders über die Zuschreibung zu Statius siehe Rosa–Formica 1987; Formica 1989.

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II. Philologische Kritik zu Ovids Werken

chieri, 1469–1525) in seinen antiquarum lectionum commentarii (1516) überliefert wurden¹⁶⁷. Der Codex Vallicellianus R 26 ist eine Sammlung von vielen opuscula verschiedenen Umfangs und Inhalts, die aber nicht alle Achilles Statius zuzuschreiben sind. Zur Bestätigung der Angabe zur Eigenhändigkeit im äußeren Vorsatz (propria manu scripta a clarissimo viro Achille Statio) habe ich einen Graphievergleich mit einem sicheren Autograph, dem Vallicellianus B 104, c. 55v, vorgenommen. Zu dem Grammatiker Apuleius Minutianus verfügt man ansonsten über keine ausdrücklichen Nachrichten bzw. anderen Zitate. Mai identifizierte ihn mit dem Grammatiker Lucius Apuleius, den Sueton in de grammaticis erwähnt¹⁶⁸. Die Natur der Informationen und auch die indirekte Überlieferung haben dazu beigetragen, die Frage nach der Echtheit aufkommen zu lassen, die am Anfang des 19. Jh. in der ,definitiven‘ Verurteilung durch Otto Crusius mündete: Die Traktatfragmente seien eine humanistische Erfindung von Caelius Rhodiginus und deswegen als gefälscht anzusehen¹⁶⁹. Obwohl Camillo Cessi und Salomon Reinach dagegen scharfsinnige Einwände erhoben, war das Urteil so glatt und endgültig, dass Apuleius keinen Platz im Index des ThLL gefunden hat und sein Werk in den meisten Bibliotheken auch unter Caelius Rhodiginus’ Namen katalogisiert worden ist. Die ganze Frage war darüber hinaus noch komplizierter, da unter dem Namen eines einfachen Apuleius (sonst Apuleius minor in den Beiträgen genannt, wie Osann es als Erster gemacht hat, um die beiden Autoren zu unterscheiden) zwei grammatische Werke überliefert worden sind, de nota aspirationis und de diphthongis, beide von Mai und Osann mit den Fragmenten von de orthographia zusammen ediert. Deren Verfasser – für den wir auch über keine Informationen verfügen – hätte aber nach dem aktuellen Standpunkt der Forschung zwischen dem 11. und der zweiten Hälfte des 12. Jh. gelebt¹⁷⁰. Die bei167 Es gibt auch weitere Zitate in anderen humanistischen Werken, die aber nichts Neues bieten und darum nicht als unabhängige Zeugnisse anzusehen sind, siehe Jocelyn 1990, S. 209–212. Die antiquarum lectionum commentarii sind in Venedig im Jahr 1516 von Aldo Manuzio und Andrea Torresano herausgegeben und später bis 1666 oft erweitert und wieder aufgelegt worden. Über den Humanisten und sein Werk siehe Marangoni 1997. 168 Mai iuris civilis 1823, LXXVIII: „quae patria quaeque aetas Lucii Caecilii Minutiani Apuleii fuerit, quis satis probabili coniectura divinet? Insignis ceteroqui est Svetonii locus plurimique faciendus“. Die Stelle ist Suet. gramm. 3.5 pretia vero grammaticorum tanta mercedesque tam magnae ut constet Lutatium Daphnidem quem Laevius Melissus per cavillationem nominis Panos agasma dicit, DCC milibus nummum a Q. Catulo emptum ac brevi manumissum, L. Apuleium ab Aeficio Calvino equite Romano praedivite quadringenis annuis conductum ut Oscae doceret. Ich habe zwei griechische Inschriften (CIG 4770 a ῾Ο δᾳδοῦχος τῶν Ἐλευσινίων Νικαγόρας Μινουκιανοῦ Ἀθηναῖος ἱστορήσας τὰς θείας σύριγγας ἐθαύμασα und CIG 4770 b ῾Ο [δ]ᾳδοῦ[χ]ος τῶν [ἁ]γιω[τά]των Ἐλευσῖνι μυστηρίων [Νικαγόρας] Μινουκιανοῦ Ἀθηναῖος ἱστορήσας τὰς σύριγγας πολλοῖς ὕσστερον χρόνοις μετὰ τὸν θεῖον [Π]λάτωνα ἀπὸ [τ]ῶ[ν] Ἀθηνῶ[ν] ἐθαύμασα καὶ [χ]άρι[ν] ἔσχον τοῖς θεοῖς καὶ τῷ εὐσεβεστάτῳ βασι[λ]εῖ Κωνσταντίνῳ τῷ τοῦτό μοι παρασχό[ν]τι) gefunden, die den Namen Minutianus überliefern. Hinzu kommen fünf Stellen im lexicon Suidas (590.18–19 Μένανδροϲ; 12 Παγκράτιοϲ; 2098.29 Πορφύριοϲ; 132.9 Γενέθλιοϲ; 1087 Μινουκιανόϲ), die sich auf zwei Redner namens Minutianus beziehen, zur Frage siehe Deichgräber 1932. 169 Crusius 1889. 170 External evidence ergibt sich aus dem ältesten Testimonium (Codex 432 der Bibliothèque Municipale de Reims), auf das letzte Viertel/Ende des 12. Jh. datiert (Biondi 1997). Strukturelle

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den Traktate weisen einige Berührungspunkte mit de orthographia auf¹⁷¹. Ich werde hier nur die Hauptpositionen der Forscher kurz zusammenfassen und aus Platzgründen auf ausführlichere Beiträge über die Echtheitsfrage mit einigen bibliographischen Ergänzungen verweisen. Johan Nicolai Madvig hat diesem Problem seine 1829 verfasste Dissertation gewidmet und hat als Erster die Meinung verfochten, die Fragmente von de orthographia seien eine humanistische Verfälschung, ohne aber eine bestimmte Person identifizieren zu können¹⁷². Rudolf Merkel in seiner prolusio zur Ibis-Ausgabe¹⁷³ ist der Erste, der in Caelius Rhodiginus den Verfasser von de orthographia gesehen hat, nachdem er viele Übereinstimmungen mit den in Ibin Ovidii sarritiones annotationum ultra centum von Constantius Fanensis (Fano 1508) bemerkt hat. Dabei hat er den Nutzen der Informationen für den Aufschluss über manche schwierigen Stellen der Ibis hervorgehoben, Informationen, die sich in den Scholien zur Ibis nicht finden. Robinson Ellis, selbst von der Fälschungsthese überzeugt, hat in seiner Ausgabe der Ibis bemerkt, dass die in den Fragmenten enthaltenen Informationen die Kenntnis der griechischen Dichter und der zugehörigen Scholien voraussetzen und dass sie viele Erklärungen zu sechs loci obscuri der Ibis anbieten¹⁷⁴, so wie Merkel schon formuliert hat. Otto Crusius stützte sich auf Übereinstimmungen mit anderen humanistischen Werken, hauptsächlich den commentariorum grammaticorum de orthographia dictionum e Graecis tractarum libri (1471) von Giovanni Tortelli (ca. 1400–1466), dem ersten Vorsteher der Biblioteca Vaticana, und den adagiorum chiliades tres ac centuriae

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Gleichartigkeit und Einklang mit anderen grammatischen Texten, wie den regulae über die Silbenquantität und artes lectoriae, führen arüber hinaus zu einer Datierung zwischen dem 11. und der zweiten Hälfte des 12. Jh.; vielleicht stammte Apuleius aus Italien, weil er die germanischen Namen Heinricus und Humbertus als transalpini definiert (Apuleius de nota aspirationis 44 Osann ita Heinricus, Humbertus et quaedam alia virorum nomina, quae moderno a Transalpinis accepimus, aspiramus, quoniam constat testimoniis eiusdem linguae peritorum, quod haec nomina ab eisdem Transalpinis non sine aspiratione spiritus proferantur). Siehe Biondi 2001; 2004. Siehe L. Caecilius Minutianus Apuleius de orthographia frg. 46 Osann halo, las per aspirationem, ut differat ab alo, lis…; Apuleius de nota aspirationis 5 Osann .A. ante .l. aspiratur in halo coniugationis primae, ut ab alo differat coniugatonis tertiae. Concordat enim in hoc verso aspirationis nota cum ipsa verbi significatione: halare enim spirare est, et halitum spiritum dicimus. Außerdem L. Caecilius Minutianus Apuleius de orthographia frg. 50 Osann und Apuleius de nota aspirationis 39 Osann auf S. 73. Madvig 1887, S. 1–22. Die dissertatio ist in den opuscula academica leicht verändert wieder gedruckt worden. Merkel Ibis 1837, S. 387–388: „hactenus iste homo a Constantino mutuatus est: nisi fortasse quaedam me fugerunt […]. Satis, opinor, convulsa est auctoritas L. Caecilii Minutiani Apuleii Coelii Rhodigini, ut puto, filii“. Ellis Ibis 1881, S. VII: „qua de re, quamquam Maduigio assentior ficticia ea fragmenta uideri, praecipue propter scriptorum ignotorum multitudinem qui in iis laudantur, (quod fraudis indicium etiam in scholiis notabimus) nondum tamen mihi persuasit Merkelius ducta ea fuisse ex Constantio. Illud suspicor, ficta fuisse quo tempore Ibis in manibus adhuc esset eruditorum, sed postquam Graeci poetae et in eos ueterum scholia innotuissent ac lectitarentur. Quae si iam anno 1507 paucorum manibus teri coepta est, uti confirmat Constantius Hecat. , fragmenta ista ante finem saec. conflata crediderim. A quocumque orta sunt, lectorem produnt Ibidis“.

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II. Philologische Kritik zu Ovids Werken

fere totidem (1508)¹⁷⁵ von Erasmus Desiderius aus Rotterdam (zwischen 1466 und 1469–1536), um die Dependenz von Apuleius’ Werk von diesen zu beweisen. Unabhängig von Merkel beschuldigte er Caelius Rhodiginus intellektueller Unehrlichkeit: „Der Verfasser der lectiones antiquae und der fragmenta de orthographia sind dieselbe Person, Niemand anders als Ludovicus Caelius Rhodiginus“¹⁷⁶. Derselben Meinung ist auch Sebastiano Timpanaro¹⁷⁷. Für Rhodiginus’ Ehrlichkeit und für den möglichen Wert von de orthographia bezogen nur wenige Philologen Stellung: Cessi erhob gegen Crusius’ Methode treffende Einwände (cui prodest eine solche Verfälschung? Rhodiginus hat keinen Nutzen gehabt) und brachte das Verhältnis zwischen Rhodiginus und Erasmus auf den Punkt¹⁷⁸, während Reinach bemerkte, dass auch Georgios Trapezuntios (1395/96–1484) über das von Tomis Einwohnern für Ovid errichtete Grabmal unterrichtet war¹⁷⁹, so dass es keine Erfindung von Caelius Rhodiginus sein kann (s.w.); die von Caelius Rhodiginus überlieferten Fragmente erlauben wegen der Erwähnung der Übersetzung der metamorphoses von Maximos Planoudes (um 1255–um 1305) eindeutig, die Absicht einer Fälschung seitens des Humanisten auszuschließen. Reinach weist korrekterweise darauf hin, dass¹⁸⁰: une des sources du grammairien affublé du nom d’Apuleius était un recueil de scolies sur Ovide, probablement aussi mêlées de fausse science que les scolies conservés sur l’Ibis, dont le redacteur vivait probablement au VIᵉ siècle.

Henry David Jocelyn vertritt eine sehr merkwürdige und extreme Position, ohne sie aber wissenschaftlich zu beweisen: Die Fragmente von de orthographia seien ein humanistischer Scherz, dessen Opfer unter anderen auch Rhodiginus sei¹⁸¹. An dieser Stelle will ich die Fälschungsdiskussion zu Gunsten von Rhodiginus’ Aufrichtigkeit mit einem chronologischen Argument definitiv abschließen, nämlich dass Rhodiginus (1469–1525) die fragmenta des Apuleius nicht hätte verfälschen können, da sie schon von Giovanni Pontano (1426 oder 1429–1503) für die Verfassung seines de aspiratione, deren editio princeps in Neapel 1481 erschien, verwendet und ausdrücklich als Werk des Apuleius (wörtlich!) zweimal zitiert worden sind¹⁸²: 175 Crusius 1889 (S. 443) verwechselt Erasmus’ Werke, da er die Chiliaden mit dem Erscheinungsjahr 1501 zitiert, während es sich um die adagiorum collectanea (1500) handelt, da die erste Ausgabe der adagiorum chiliades in Venedig bei Aldo Manuzio 1508 erschienen ist. 176 Crusius 1889, S. 445. 177 Timpanaro 1952, Sp. 208–209. 178 Cessi 1900. 179 Über das Grabmal siehe Amante 1884; § II.1.1., S. 28 und § IV.1., S. 114. 180 Reinach 1906, S. 280. Auch Augusto Rostagni ist dieser Meinung (Rostagni 1920, S. 23 Fußnote 4: „Ma i frammenti del cosiddetto Minuziano Apuleio, scoperti e pubblicati dal Mai […], sebbene contengano varii e preziosi brani illustrativi dell’Ibis, non possono adoperarsi se non con grande cautela. […] Io credo poi, con S. Reinach […], che sieno dell’epoca di Planude e della cerchia dei primi dotti greci trasmigrati in Italia, (XIV sec.), e abbiano avuto per fonte principale scolii di Ovidio, particolarmente dell’Ibis“. 181 Jocelyn 1990, S. 215–217: „Se si tratta di una contraffazione, il Ricchieri ne era una vittima, non l’autore. […] Insomma non era tanto un falsario quanto un burlone. Eppure soffrì il fato che hanno sofferto molti burloni, cioè di venire preso sul serio da uomini dottrinalmente dotati ma poveri di acume“. 182 Es scheint mir, dass G. Pontano die zwei Schriften (de orthographia, de nota aspirationis) gleich-

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L. Caecilius Minutianus Apuleius de orthographia frg. 40 Osann hedera habet aspirationem, ut differat a verbo edo in temporibus ederam, ederas, ederat; et ab hereo trahitur. Nec debet mirum videri quod prima hederae corripiatur, licet eadem in hereo producta sit; quoniam unum idemque verbum in praesenti tempore .ae. diphthongum habet, in praeterito .e. breve, ut caedo cecidi. Apuleius de nota aspirationis 13 Osann hedera ab haerendo dicitur, ideoque aspiratur: quamvis haereo per .ae. diphthongon hedera vero per .e. brevem scribatur. Non est autem mirum .ae. diphthongon in .e. brevem converti in dictionibus diversis, quando unum idemque verbum in praesenti quidem .ae. diphthongon, in praeterito vero .e. brevem invenitur habere, caedo cecidi. Johannes Pontanus de aspiratione (c. 17r) hedera uero aſpirationem exigit, qua differt a uerbo edo in illis uidelicet temporibus ederam, ederas, ederis, edere. haud ſane recte opinatus e(st) Apuleius uocem hanc deduci ab hæreo uerbo, & ab eo aſpirationem trahere. Non debet, inquit, uideri mirum quod prima hederæ corripitur, licet eadem in uerbo hæreo producta ſit, quando unum, idemque uerbum in præſenti tempore ae diphthongum habet, in præterito uero e breuem, ut cædo cecidi. Quod abſurdiſſimum eſt. L. Caecilius Minutianus Apuleius de orthographia frg. 50 Osann hostis ideo .h. habet, ut genetivus eius pluralis secernatur ab eo quod ostium in nominativo casu: vel quod ab hostio verbo ducatur, quod aequo significat, quoniam in hostium conflictu quaedam ordinum aequatio fieri consuevit. Concordat enim in hoc nomine aspirationis signum cum re quae significatur; quod nota aspirationis secundum veterem scripturam ita formaretur, quasi biceps gladius inter duas hostiles partes. Apuleius de nota aspirationis 39 Osann hostis autem aspiratur, ut per genitivum pluralem ab eo nominativo, quod est ostium secernatur, vel ideo aspiratur hostis, quod a verbo hostio derivatur, quod aequo significat, quoniam in hostium conflictu quaedam consuevit fieri aequatio ordinum. Concordat etiam in hoc nomine aspirationis signum cum re, quae significatur. Ita enim effigiatur nota aspirationis secundum veterem scripturam, quasi biceps gladius inter duas hostiles partes, hoc modo├. Johannes Pontanus de aspiratione (c. 26r) hoſtis, inquit Apuleius, quem iam pudet totiens uocare in iudicium, ideo aſpirationem habet ut genitiuus eius pluralis ſecernatur ab eo, quod eſt Oſtium in nominatiuo caſu, uel quod ab Hoſtio uerbo ducatur, quod æquo ſignificat, quoniam in hoſtiun conflictu quædam conſueuerit fieri ordinum æquatio. Concordat enim ut ait in hoc nomine aſpirationis ſignum cum re quæ ſignificatur quod nota aſpirationis ſecundum ueterem ſcripturam ita formaretur quaſi biceps gladius inter duas hoſtiles partes.

Eine solche Verfälschung wäre selbst für ein sehr frühreifes Kind schwer ausführbar gewesen. Eine erste Wende im Urteil über dieses umstrittene Werk ist vor kurzem vollzogen worden. Die einzige Nachricht, die uns die Identität von Ibis ausdrücklich enthüllt¹⁸³, ist von Caelius Rhodiginus dem Apuleius zugeschrieben worden. Ibis sei laut dem Grammatiker mit ,Corvinus‘ zu identifizieren¹⁸⁴: illud obiter adnotarim, In Cæcilii Minutiani Apulei fragmentis obſeruatum, Annis ſeptem in exilio conſumptis, functum eſſe fato Ouidium, Cal(endis) Ian(uaris): qua die T(itus) quoque Liuius zeitig benutzt und für das Werk eines einzigen Apuleius gehalten hat, ohne mehrere Persönlichkeiten zu unterscheiden. Das Problem, ob die zwei Grammatiker von einer gemeinsamen Quelle abhängig sind oder dieselbe Person sind, werde ich bei anderer Gelegenheit behandeln. Mein Freund und Lehrer Giuseppe Germano ist der Erste, der den Zusammenhang zwischen Apuleius’ Schrift und Pontanus’ Werk entdeckt hat. Aus dem Vergleich zieht er aber ganz andere Schlüsse (Germano 2005, S. 95–134). 183 Für die verschiedenen Hypothesen siehe § III.2. 184 Osann 1826, S. XXV. Im Exemplar der Staatsbibliothek zu Berlin, S. 334, ist die oben angegebene Stelle im Kapitel 7.22 (nicht 13.1!) von Rhodiginus’ Werk. Zu den mittelalterlichen Nachrichten zu Ovids Grabmal siehe auch Ghisalberti Mediaeval Biographies 1946, S. 35 und § IV.1., S. 114– 117.

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deceſſerit. Structum item illi a Barbaris per multas lachrymas Tymbon ante Ianuam. Auctor Idem Minutianus eſt, Coruinum ab Ouidio appellatum fuiſſe Ibin ex Auis fœditate, cui uentrem roſtro purgare, inſitum ſit, et hoc ex Callimachi imitatione, pulſum quoque in exilium, quod Aug(usti) inceſtum uidiſſet.

An diesen Erklärungen hat man wegen ihres Ursprungs gezweifelt. Darüber hinaus verfügte man über keine Nachricht von diesem Corvinus, bis ihn Lorenzo Braccesi durch eine Inschrift von 110 n.Chr. als Marcus Valerius Messalla Messalinus, Sohn von Messalla, identifiziert hat¹⁸⁵. Es gibt darüber hinaus noch eine frühere und meines Erachtens nützlichere Inschrift, auf das Jahr 28 n.Chr. zurückgehend und im 19. Jh. im Bett des Tibers entdeckt, wo ein Messalla Corvinus genannt wird¹⁸⁶, der aus chronologischen Gründen nicht der bekannte Redner sein kann, da er, wie aus Ovids Briefen zu entnehmen ist¹⁸⁷, vor dessen Verbannungszeit gestorben ist. Christian Hülsen und Theodor Mommsen haben an einen anderen, ansonsten unbekannten Messalla Corvinus gedacht. In diesem Fall handelt es sich meiner Meinung nach um denselben wie in der anderen Inschrift. So wird Apuleius’ Zeugnis jetzt durch zwei externe und antike Beweise gestützt. Man kann diese Überlegungen mit dem heiklen Problem der relegatio Ovids verbinden und sich auf die Hypothese der politischen Gründe für die Strafmaßnahme gegen den Dichter auch wegen der starken Bindung zwischen Tiberius und Messalinus berufen¹⁸⁸. Apuleius liefert uns auch eine präzise Angabe, nämlich dass Ovid am ersten Januar, demselben Tag wie Livius, gestorben sei. Laut dem chronicon von Hieronymus (347–420 n.Chr.) – bis heute die einzige externe Quelle für die Datierung von Ovids Leben – ist das Todesjahr der beiden dasselbe¹⁸⁹, was seitens der Forschung für glaubwürdig gehalten wird. Der genaue Tag mag wohl überzogen sein, da solche synchronischen Zusammenfälle den antiken Biographen gefielen¹⁹⁰, ich betone hier nur die 185 Braccesi 1974; CIL 6.10243.1 Lentulo et Corvino Messala co(n)s(ulibus). Über Messalinus siehe von Lunzer 1955. 186 CIL 6.32338.11 〈M. Valerio M〉essalla Corvinus. 187 Ov. Pont. 1.7.27–30 nec tuus est genitor nos infitiatus amicos, / hortator studii causaque faxque mei, / cui nos et lacrimas, supremum in funere munus, / et dedimus medio scripta canenda foro; Pont. 2.2.51–52 uiuit enim in uobis facundi lingua parentis, / et res heredem repperit illa suum. Siehe Syme 1978, S. 123–125. 188 Schmitzer 1990, S. 315–318; Schmitzer 2001, S. 19–20; Schmitzer 2002. Messalinus bekam die ornamenta triumphalia (Vell. 2.112.2 praepositus Illyrico, subita rebellione cum semiplena legione uicesima circumdatus hostili exercitu, amplius XX milia hostium fudit fugauitque et ob id ornamentis triumphalibus honoratus est) und nahm an Tiberius Triumph (Ov. Pont. 2.2.79–82 ipse super currum placido spectabilis ore / tempora Phoebea uirgine nexa tulit. / quem pia uobiscum proles comitauit euntem, / digna parente suo nominibusque datis) am 23.10. des Jahres 12 n.Chr. teil. Über Messallinus und Ovid siehe von Lunzer 1955, Sp. 159–162; Syme 1978, S. 114–134. 189 Hier. chron. 171 Liuius historiografus [sic] Patauii moritur. Ouidius poeta in exilio diem obiit, et iuxta oppidum Tomos sepelitur. 190 Z.B. Don. vita Verg. 6 initia aetatis Cremonae egit usque ad virilem togam, quam XVII anno natali suo accepit isdem illis consulibus iterum, quibus erat natus, evenitque ut eo ipso die Lucretius poeta decederet. Dazu siehe D’Anna 2002. Vgl. die synchronisierenden Angaben über das Leben der drei Tragiker, das sich um die Perserkriege drehen sollte (Apollodoros von Athen FGrH 244 F 35; Marmor Parium FGrH 239 A 48–50; Aeschyli vita Mazon 3–4; Sophoclis vita 3 Pearson; Euripidis vita Méridier 2–4 und 19–21).

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Tatsache, dass Hieronymus darin mit Apuleius übereinstimmt, während die Angabe annis septem in exilio consumptis (= 16 n.Chr.) nicht gänzlich stimmt. Noch ein stärkerer Beitrag zur Rehabilitierung von de orthographia ist im Rahmen der Forschung über die hellenistische Dichtung von Adrian Swayne Hollis geliefert worden, der das vorherige Urteil umgekehrt und Apuleius’ Glaubwürdigkeit bewiesen hat. Denn die Aussagen über Kallimachos frg. [815] Pfeiffer und Euphorion frg. 166 Meineke, die in Apuleius Fragment 31 und 51 enthalten sind, sind nach einer korrekten Rekontextualisierung in Euphorions und Kallimachos’ Werk als authentisch anzusehen. L. Caecilius Minutianus Apuleius de orthographia frg. 31 Osann Aesacus habet .ae. diphthongum, pater Priami, auctoribus Callimacho, Porphyrio, Nasone eiusque interprete. L. Caecilius Minutianus Apuleius de orthographia frg. 51 Osann Azania est pars Archadiae, ubi natum Iovem tradit Euphorion, absque .h. Inde se proselenes Archades, et Cretensibus infensi: quorum bella scripsit ineptus poeta Carmenides. Sextus Gracchus in Thyeste…

Darum können sie nicht von einem Fälscher des frühen 16. Jh. erfunden worden sein, da diese zwei Autoren zur damaligen Zeit noch gar nicht bekannt waren. Die Quelle dieser Nachrichten ist ein spätantiker Kommentar zu Ovids metamorphoses, wie der Grammatiker selbst erklärt¹⁹¹. Zum Kommentar zu den Metamorphosen, der als Quelle für Apuleius gedient hat, ist Hollis in einem späteren Artikel zurückgekehrt. Die ausschließlich von Apuleius überlieferten Informationen – um allein das beste im Beitrag enthaltene Beispiel zu zitieren – können nicht autoschediastisch sein und erklären zwei miteinander verbundene loci obscuri der metamorphoses hervorragend¹⁹²: Ov. met. 6.124 […] ut pastor Macareida luserit Issen. Ov. met. 2.676–679 flebat opemque tuam frustra Philyreius heros, Delphice, poscebat. nam nec rescindere magni iussa Iovis poteras, nec, si rescindere posses, tunc aderas: Elim Messeniaque arva colebas. L. Caecilius Minutianus Apuleius de orthographia frg. 52 Osann Isse filia Macharei citra aspirationem, cuius amore pavit armenta patris in Archadia Apollo. Ovidius ait mandato Iovis id factum; quo tempore Mercurius ex Pilio agro boves illi rapuit … Scribebatur per duplex .ss.

Arachne erwähnt unter den caelestia crimina eine Affäre von Apollo, und im 2. Buch wird erzählt, wie der Kentaur Chiron wegen der Verwandlung seiner Tochter Ocyroe weine und Apollo zu Hilfe rufe, aber der Gott nichts dagegen machen könne, da er sich weit weg – und eben in den Armen der Isse! – befand¹⁹³. Obwohl Apuleius’ Verweise auf andere Werke nicht immer stimmen und manchmal die Überlieferung verderbt ist (siehe z.B. den Polarfehler pater Priami statt filius Priami im frg. 31), ist laut Hollis diese Quelle für glaubwürdig zu halten. 191 Hollis 1992; L. Caecilius Minutianus Apuleius de orthographia frg. 31 Osann. Dies ist das schon genannte Zeugnis über das Bestehen eines Kommentars zu den metamorphoses, siehe § II.1.2., S. 32. 192 Hollis 1996; Hollis hat darauf hingewiesen, dass Osanns Emendation des überlieferten und auch von Mai edierten Pylio in Pierio vollkommen falsch ist (S. 162–164). Darüber hinaus findet die überlieferte Lesart eine Bestätigung in Ps.-Lact. Plac. fab. Ov. 2.11 Apollo, Iovis et Latonae filius, cum pecus Admeti, Pheretis filii, pasceret, fistulae cantu solitudinem protegens, boves eius in agros Pyliae regionis progressae sunt, quas Mercurius avertit et in silva occuluit. 193 Siehe Bömer 1969; 1976, comm. ad. loc.

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II. Philologische Kritik zu Ovids Werken

Der letzte kritische Beitrag zu de orthographia ist eine Dissertation mit Einleitung, kritischer Ausgabe und Kommentar, die online verfügbar ist. Der Autor, Marco Cipriani, behauptet, dass die Fragmente unecht seien, ohne neue Beweise zu liefern und Braccesis und Hollis’ Argumente zu widerlegen¹⁹⁴. Durch innere Kriterien und aufgrund einer vom Vorurteil nicht geprägten Analyse der Fragmente kann man aus diesem Text erschließen, dass es um eine grammatische Kompilation großenteils aus exegetischen Werken zu Ovid nach dem schon bekannten System der Wiederverwendung und des Übergangs von vorher bestehendem Material in neue Texte geht¹⁹⁵. Der Ursprung von de orthographia und die ganze Polemik um diesen Text und Caelius Rhodiginus erinnert stark an die Frage des so genannten commentator Cruquianus bzw. an den flämischen Humanisten Jacobus Cruquius (mit bürgerlichem Namen Jacques de Crucque, vor 1520–1584)¹⁹⁶. Jacobus Cruquius kollationierte für seine Horaz-Ausgabe (1565 und folgende) einige Handschriften, die in der Benediktinerabtei St. Peter auf dem Mont Blandin bei Gent aufbewahrt wurden und 1566 in den Unruhen verbrannten. Darunter war auch der Codex Blandinianus vetustissimus (oder Blandinius), der sowohl ansonsten nirgendwo bewahrte Lesarten (vor allem sat. 1.6.126 fugio Campum lusumque trigonem gegen die Vulgata fugio rabiosi tempora signi) als auch eine frühere Kommentarrecensio als Porphyrio beinhaltete. Cruquius fügte die Scholien dieser Handschriften zusammen mit eigenen Bemerkungen unter dem Namen ,commentator‘ – daher die Benennung ,commentator Cruquianus‘ – in seine Horaz-Ausgabe ein. Die Existenz dieser Scholien hat eine ähnliche Debatte über die Echtheit entstehen lassen, die heute zu einem positiven Schluss gekommen ist¹⁹⁷. Um zu Apuleius’ de orthographia zurückzukehren: Die Herkunft aus Kommentaren zu den metamorphoses und zur Ibis erklärt genau den Grund für die folgenden Merkmale dieser Fragmente. Apuleius’ Rechtschreibregeln spiegeln nicht den üblichen Inhalt und die präskriptive Gangart der grammatischen Tradition wider, vielmehr ist ihre Form sehr merkwürdig: Auch wenn die Regeldarstellung mehr oder weniger erklärend, so wie in de 194 Cipriani 2008/2009. 195 Siehe § I.1., S. 23–25. Ich habe noch ein Beispiel für die Benutzung der Scholien zur Ibis für die Verfassung von grammatischen Traktaten im Mittelalter in Cremonina des Folchinus de Borfonibus gefunden siehe, § IV.1., S. 119, Fußnote 45. 196 Otto Keller und dessen Doktorand Johann Endt nahmen Stellung gegen den Wert und die Echtheit des commentator Cruquianus (Keller 1879, S. 800–804; Endt 1906). Dagegen Zangemeister 1864; Häussner 1884; Pasquali 1952 (siehe Fußnote 197). 197 Pasquali 1952, S. 381–382: „Del Cruquius è stata sospettata sia la credibilità oggettiva sia la buona fede. Quest’ultima è superiore a ogni sospetto. Gli si è fatta colpa di un’edizione compilatoria di scolii ad Orazio, appunto il «Commentator Cruquianus», nella quale egli dichiara di fare uso dei Blandinii, particolarmente dello stesso Blandinius vetustissimus che adopra per il testo. Ma egli stesso non ha fatto nulla per nascondere questo carattere compilatorio della propria opera: «quidquid in antiquis scriptis et Blandiniis et aliis offendimus....ad finem usque descripsimus»; «quae ex scriptis plerumque Blandiniis legi atque coadunavi», sono sue parole. E un’edizione di scolii rimane in qualche misura compilatoria, per la sua stessa natura, ancor oggi; tale era del tutto nel secolo XVI. E che il Cruquius abbia scolii che non si ritrovano nei nostri commenti, significa solo che il Blandinius vetustissimus era singolare non solo nel testo ma anche nelle annotazioni; si risolve in una prova di buona fede“.

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orthographia von Velius Longus (2. Jh. n.Chr.), mehr oder weniger normativ, so wie in de orthographia von (Ps.-)Flavius Caper (2. Jh. n.Chr.?) sein mag¹⁹⁸, findet man nirgendwo sonst so zahlreiche mythologische Nachrichten, und manchmal gibt es überhaupt keine Informationen über den vom Lemma angekündigten Inhalt, sondern Hinweise anderer Natur: L. Caecilius Minutianus Apuleius de orthographia frg. 14 Proteus filius Oceani, qui Homero et Virgilio testantibus, ut notissimum est, in varias formas vertebatur: unde proverbium est apud Plutarchum et Democritum, interpretem Aristophanis et Lucianum in tergiversantes, mutabiles, inconstantes, vafros ac versipelles. Set et Horatius eos qui facile vertunt sententiam, et deprehendi difficile possunt, Proteos vocat. Varro in Punico bello…

Als Autor zum Sprachvorbild genommen, spielt Ovid bei Apuleius eine viel bedeutendere Rolle (frg. 2; 4; 12; 16; 18; 31; 43; 52; 53, d.h. 14% der Fragmente) als Vergil, der nur einmal erwähnt wird. Aus einem guten Zweig der Scholien zur Ibis stammt wahrscheinlich die Lesart Chao im Vers 84 in nostrum cuncti tempus adeste Chao¹⁹⁹: Apuleius ist das einzige indirekte Zeugnis außer einigen humanistischen Codices (m₁, m₅, o₁²⁰⁰), das uns diese Lesart gegen die Fehler der anderen Codices überliefert: L. Caecilius Minutianus Apuleius de orthographia frg. 44 Osann Aeternus .ae. diph. est qui nec principium nec finem habet, ut deus: quamquam Orpheus, Linus et Hesiodus deos ex chao ab initio erupisse dixerit, quos et plerique ex nostris sequuntur: ut ab antiquo chao veteresque divique novi i. n. t. d. c. a.

Wie man sieht, ist der Vers 84 nicht vollständig, sondern als Lemma präsentiert, d.h. aus einem Kommentar extrapoliert (siehe § I.1.). Die Wort- und Abkürzungssequenz der Vv. 83–84 ist nicht ganz genau. Der Eindruck, den ich nach meiner eigenen Prüfung des Codex Vallicellianus R 26 gewonnen habe, ist, dass diese Fragmente private Notizen des Humanisten waren, da andere leere Blätter in diesem Abschnitt vorhanden waren (c. 209v und folgende), die entsprechenden Zitate systematisch ausgelassen worden sind (siehe Tafel 11), als ob sich Statius’ Aufmerksamkeit bei der Lektüre nur auf das, was für ihn von Interesse war, konzentriert hat und nur das abgeschrieben worden ist. Dies war die Arbeitsweise des Statius, so wie der Codex Vallicellianus B 104, ein den Epigraphikern wohl bekannter Codex, zeigt. Das wäre auch eine ver198 Vel. gramm. VII 69.18–24 t quoque et d litterae, quae sunt inter se adfines, non nullam habent observationem, ne intempestive invicem succedant. nam scimus diversas partes orationis fieri, cum modo per d, modo per t scribimus. at cum t coniunctionem disiunctivam facit, ut at regina gravi iam dudum saucia cura: ad per d praepositionem, ut ad te confugio et supplex tua numina posco; Caper gramm. VII 100.5–8 protenus per e adverbium locale est, id est porro tenus, ut ‘cum protenus utraque tellus Vna foret’. protinus per i adverbium temporale est, id est statim, ut protinus Aeneas celeri certare sagitta. Auch bei späteren Autoren gibt es keinerlei Änderungen in der expositio zu verzeichnen, z.B. in de orthographia von Cassiodorus († ca. 580 n.Chr.): Cassiod. gramm. VII 151.3–6 Intervallum duas l habet: vallum enim ipsum non aliter scribitur, a quo intervallum. Varro dicit intervalla esse spatia quae sunt inter capita vallorum, id est stipitum quibus vallum fit; unde cetera quoque spatia intervalla dicuntur. 199 Zum chronologischen Verhältnis zwischen Apuleius und unserer Fassung der Scholien zur Ibis siehe § IV.1., S. 118. 200 Antonio La Penna (Ibis 1957) gibt im Apparatus für diese Lesart auch die Handschrift u² an. Ich habe sie weder im Kapitel VI noch im conspectus codicum et notarum finden können, vielleicht handelt es sich um eine Korrektur zweiter Hand in der Handschrift u (Urbinas Latinus 347).

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II. Philologische Kritik zu Ovids Werken

nünftige Erklärung dafür, dass größtenteils Abschnitte mit Nachrichten über seltene Autoren und Werke aus de orthographia entnommen worden sind. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wenige Texte gleichzeitig so viele einander widersprechende Indizien über ihr Entstehungsalter liefern. Ich bin überzeugt, dass das in de orthographia enthaltene Material teilweise antiker Herkunft ist. Deswegen ist die beste methodologische Einstellung, an diesen Text heranzugehen, die Suche nach externen Beweisen für die Bestätigung der Aussagen des Grammatikers, wie im nächsten Paragraphen gezeigt wird.

2.1.2.

Ein neues Fragment der verlorenen Medea

Als sehr interessant erweist sich auch das frg. 18 Osann: Vulcanus cum duplici .uu. Praecipitatus est a Iove de coelo, quia matri in se auxilium ferre voluerit, Homero in primo Ili(adis) . . . et . . . Sed et Bal(bus) in Argonauticis. At Ovidius in Medea a Iunone.[…]

Dieses liefert uns ein bisher unbekanntes Fragment der verlorenen Medea von Ovid²⁰¹, das glaubwürdig zu sein scheint, da alle Aufschlüsse nach eingehender Prüfung stimmen: Die beiden Versionen der Sage von Vulkans Sturz stammen aus derselben Zeit, da sie auf die Ilias zurückgehen, wo Hephaistos selbst seine Geschichte(n) erzählt. Zu der ersten zitiert der Grammatiker korrekterweise das erste Buch der Ilias und noch eine Stelle, die hinter der Lücke verborgen ist, nämlich das 15. Buch der Ilias²⁰²; darüber hinaus ist auch der Verweis auf Valerius Flaccus vollkommen zutreffend²⁰³. 201 Das Fragment fehlt in den Sammlungen von O. Ribbeck TRF 1897³, E. Baehrens (1879–1886), W. Morel (–K. Büchner–J. Blänsdorf 2010⁴), S. G. Owen (1915), R. Ehwald (–F. W. Lenz 1932), in der grundlegenden Textausgabe von F. W. Lenz (1956²) und im Kommentar von H. Dahlmann (1987, S. 5–18). Herr Markus Schauer hat es in seine neue Ausgabe der TRF (2012) als testimonium aufgenommen. 202 Hom. Il. 1.586–594 “τέτλαθι, μῆτερ ἐμή, καὶ ἀνάσχεο κηδομένη περ, / μή σε φίλην περ ἐοῦσαν ἐν ὀφθαλμοῖσιν ἴδωμαι / θεινομένην, τότε δ’ οὔ τι δυνήσομαι ἀχνύμενός περ / χραισμεῖν· ἀργαλέος γὰρ Ὀλύμπιος ἀντιφέρεσθαι· / ἤδη γάρ με καὶ ἄλλοτ’ ἀλεξέμεναι μεμαῶτα / ῥῖψε ποδὸς τεταγὼν ἀπὸ βηλοῦ θεσπεσίοιο, / πᾶν δ’ ἦμαρ φερόμην, ἅμα δ’ ἠελίῳ καταδύντι / κάππεσον ἐν Λήμνῳ, ὀλίγος δ’ ἔτι θυμὸς ἐνῆεν· / ἔνθα με Σίντιες ἄνδρες ἄφαρ κομίσαντο πεσόντα”; Hom. Il. 15.18–24 ἦ οὐ μέμνῃ ὅτε τ’ ἐκρέμω ὑψόθεν, ἐκ δὲ ποδοῖιν / ἄκμονας ἧκα δύω, περὶ χερσὶ δὲ δεσμὸν ἴηλα / χρύσεον ἄρρηκτον; σὺ δ’ ἐν αἰθέρι καὶ νεφέλῃσιν / ἐκρέμω· ἠλάστεον δὲ θεοὶ κατὰ μακρὸν Ὄλυμπον, / λῦσαι δ’ οὐκ ἐδύναντο παρασταδόν· ὃν δὲ λάβοιμι / ῥίπτασκον τεταγὼν ἀπὸ βηλοῦ, ὄφρ’ ἂν ἵκηται / γῆν ὀλιγηπελέων· […]; zur zweiten Version Hom. Il. 18.393–399 τὴν δ’ ἠμείβετ’ ἔπειτα περικλυτὸς ἀμφιγυήεις· / “ἦ ῥά νύ μοι δεινή τε καὶ αἰδοίη θεὸς ἔνδον, / ἥ μ’ ἐσάωσ’, ὅτε μ’ ἄλγος ἀφίκετο τῆλε πεσόντα / μητρὸς ἐμῆς ἰότητι κυνώπιδος, ἥ μ’ ἐθέλησε / κρύψαι χωλὸν ἐόντα· τότ’ ἂν πάθον ἄλγεα θυμῷ, / εἰ μή μ’ Εὐρυνόμη τε Θέτις θ’ ὑπεδέξατο κόλπῳ, / Εὐρυνόμη, θυγάτηρ ἀψορρόου Ὠκεανοῖο”. Siehe auch h. Ap. 315–-321 αὐτὰρ ὅ γ’ ἠπεδανὸς γέγονεν μετὰ πᾶσι θεοῖσι / παῖς ἐμὸς ῞Ηφαιστος ῥικνὸς πόδας ὃν τέκον αὐτὴ / ῥίψ’ ἀνὰ χερσὶν ἑλοῦσα καὶ ἔμβαλον εὐρέϊ πόντῳ· / ἀλλά ἑ Νηρῆος θυγάτηρ Θέτις ἀργυρόπεζα / δέξατο καὶ μετὰ ᾗσι κασιγνήτῃσι κόμισσεν· / ὡς ὄφελ’ ἄλλο θεοῖσι χαρίσσασθαι μακάρεσσι. 203 Val. Fl. 2.82-91 tempore quo primum fremitus insurgere opertos / caelicolum et regni sensit novitate tumentes / Iuppiter aetheriae nec stare silentia pacis, / Iunonem volucri primam suspendit Olympo / horrendum chaos ostendens poenasque barathri. / mox etiam pavidae temptantem vincula matris

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Als Quelle zu der zweiten Version von Vulkans Sturz zitiert er keinen griechischen Text, sondern die Medea: Das Vorkommen der Göttin in einer mit Medea verbundenen Handlung kann schwer geleugnet werden, da Iunos Rolle als Beschützerin Iasons und als Urheberin der Liebe Medeas zu Iason, um dem Helden zu helfen, integraler Bestandteil des Mythos von Homer bis zur Spätantike war²⁰⁴: 70

οἴη δὴ κείνῃ γε παρέπλω ποντοπόρος νηῦς Ἀργὼ πασιμέλουσα, παρ’ Αἰήταο πλέουσα· καί νύ κε τὴν ἔνθ’ ὦκα βάλεν μεγάλας ποτὶ πέτρας, ἀλλ’ ῞Ηρη παρέπεμψεν, ἐπεὶ φίλος ἦεν Ἰήσων.

Darum musste Iuno selbstverständlich in dieser Tragödie auftreten. Die Tatsache, dass Ovid die Version angenommen hat, nach welcher Vulkan nicht von Iuppiter vom Olymp herabgeschleudert worden ist, sondern von Iuno, ist von Apuleius expressis verbis als im Gegensatz (At…) zu der vorherigen Tradition stehend und als Sondermerkmal betrachtet worden. Dieser Anteil der Nachricht ist auch durch external evidence bestätigt: Ich habe keine parallele Stelle unter den Bruchstücken der verschiedenen Medeae sowohl in den Tragicorum Romanorum Fragmenta als auch in den Tragicorum Graecorum Fragmenta finden können, in der der Sturz Vulkans durch Hera geschieht; insgesamt kommt nur eine einzige Stelle im Philocteta des Accius vor, in der der Tragiker der ersten Version zu folgen scheint (alto ab limine caeli = ἀπὸ βηλοῦ θεσπεσίοιο)²⁰⁵. Apuleius’ Zeugnis verstärkt also die allgemeine Annahme der Originalität von Ovids Drama²⁰⁶, wie ich in der Fußnote näher erläutere. In diesem / solvere praerupti Vulcanum vertice caeli / devolvit. ruit ille polo noctemque diemque / turbinis in morem, Lemni dum litore tandem / insonuit. […]. 204 Hom. Od. 12.69–72; Drac. Romul. 10. 205 Accius trag. frg. 525–536 Ribbeck . . . . Lemnia praesto / litora rara, et celsa Cabirum / delubra tenes, mysteria quae / pristina castis concepta sacris / Volcania 〈iam〉 templa sub ipsis / collibus, in quos delatus locos / dicitur alto ab limine caeli / nemus expirante uapore uides, / unde ignis cluet mortalibus clam / diuisus: eum dictus Prometheus / clepsisse dolo poenasque Ioui / fato expendisse supremo. 206 Zu diesem Punkt Tac. dial. 12.6 plures hodie reperies, qui Ciceronis gloriam quam qui Vergili detrectent; nec ullus Asini aut Messallae liber tam inlustris est quam Medea Ovidi aut Vari Thyestes; Quint. inst. 10.1.98 Winterbottom Ouidi Medea uidetur mihi ostendere quantum ille uir praestare potuerit si ingenio suo imperare quam indulgere maluisset; nur Anastasios G. Nikolaidis (Nikolaidis 1985) glaubt, dass die Medea als Jugendwerk nicht so brillant und originell sein konnte; zu Recht interpretiert André Arcellaschi (Arcellaschi 1990, S. 253–255) die oben angegebene Quelle als eine Huldigung Ovids, und Ulrich Schmitzer betont die Originalität Ovids und seine Kunst des referre aliter idem (Schmitzer 2008). Dass Ovids Tragödie ein Meisterwerk war und dessen Ruhm auch über die Spätantike hinaus fortlebte, wird auch von der Zuschreibung der Medea des Hosidius Geta an Ovid in einigen Hss. und Ausgaben bezeugt (Tert. praescr. 39.3–4 uides hodie ex Virgilio fabulam in totum aliam componi, materia secundum uersus et uersibus secundum materiam concinnatis. Denique Hosidius Geta Medeam tragoediam ex Virgilio plenissime exsuxit). Die Codices Paterniacensis 439 (P) des 11. Jh., Leidensis Latinus BPL 2 (L) des 15 Jh. und die Tertullianus-editiones von Beatus Rhenanus, mit bürgerlichem Namen Beat Bild, Basel 1521 (S. 103) und Pamelius, mit bürgerlichem Namen Jacques de Joigny de Pamèle, Antwerpen 1579, schreiben nämlich Ovidius (Geta) den ansonsten anonymen cento Medea (anth. 17 Riese) zu. Das letzte eventuelle Zeugnis ist in der Hieronymus zugeschriebenen epistula Valerii ad Rufinum ne uxorem ducat (PL 30.269), wahrscheinlich einem Werk von Walter Map (siehe auch die Ausgabe von Montague Rhodes James), enthalten: sed ne longo te dispendio suspendam, ut majori testimonio mihi fides adhibebatur: lege aureolum Theophrasti, et Medeam Jasonis [Al. Nasonis], et vix pauca

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II. Philologische Kritik zu Ovids Werken

Zusammenhang will ich gar nicht behaupten, dass Apuleius unmittelbar die Medea gelesen habe²⁰⁷, sondern dass er sehr wahrscheinlich als Quelle denselben Kommentar zu den metamorphoses gebraucht hat, dessen er sich schon woanders bedient hat. Diese Stelle könnte sich möglicherweise auf met. 13.313²⁰⁸ beziehen, wo der Adjektivgebrauch von Vulcanius in Bezug auf die Insel Lemnos nach der Sagenwendung der Ilias 1.586–594 hätte erklärt werden können und wo dazu noch diese Stelle als Vergleich hätte angegeben sein können. Der Mythos war woanders auf unterschiedliche Art und Weise vom Autor erwähnt worden und zwar in der Medea, wie es in der Dichtung Ovids dem ästhetischen Prinzip des referre aliter idem nach und in der Kommentierungspraxis zu anderen Autoren häufig war²⁰⁹. Ich möchte hervorheben, dass wir darüber hinaus – und nicht zufälligerweise – nur über eine einzige lateinische Quelle verfügen, die Iuno den Sturz ihres eigenen Sohnes ausdrücklich zuschreibt, und zwar die so genannten mythographi Vaticani²¹⁰, so dass sich der Kreis schließt.

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invenies mulieri impossibilia. Auch in diesem Fall scheint die Lesart (Medea Nasonis/Iasonis) nicht sicher zu sein. Über den Verlust der griechischen und römischen Texte, besonders der Dramen, siehe Blanchard 1989; Cavallo 1986, S. 85–104; Cavallo 1995, S. 39–47. Siehe § III.3., S. 92, Fußnote 21. Met. 13.313–314 nec Poeantiaden quod habet Vulcania Lemnos, / esse reus merui […]. Z.B. Serv. in ecl. 6.62 Clymenes et Solis filias, quae dum extinctum fratrem flerent, conversae sunt in arbores: ut hoc loco dicit, in alnos, ut in decimo 〈189〉, in populos; ubi etiam plenius hanc diximus fabulam. Siehe auch § II.1.2., S. 36 und § IV.4.1., S. 151. Mythogr. 2.51 Kulcsár (= 2.40 Bode) Vulcanus autem ignis est, et dictus est Vulcanus quasi uolicanus quod per aerem uolet. Dicitur autem Vulcanus a Iunone propter deformitatem deiectus, quam aerem esse constat ex quo fulmina procreantur. Ideo autem Vulcanus de femore Iunonis fingitur natus quia fulmina de imo aere nascuntur, unde et Homerus dicit eum de aere precipitatum in terras quod omne fulmen de aere cadat. Quod quia crebro in Lemnum insulam iacitur, ideo in eam dicitur cecidisse Vulcanus. Claudus autem dicitur quia per naturam nunquam rectus est ignis. Man kann noch die Quellenmischung des Abschnittes erkennen: Der erste Satz nimmt Servius wieder auf, der zweite die Information aus dem Kommentar zu Ovid und die folgenden noch Servius. Vgl. Serv. in Aen. 8.414 Vulcanus, ut diximus 〈I 171〉, ignis est, et dictus Vulcanus quasi Volicanus, quod per aerem volet; ignis enim e nubibus nascitur. unde etiam Homerus dicit eum de aere praecipitatum in terras, quod omne fulmen de aere cadit. quod quia crebro in Lemnum insulam iacitur, ideo in eam dicitur cecidisse Vulcanus. claudus autem dicitur, quia per naturam numquam rectus est ignis; Serv. in ecl. 4.62 . . . . . . . . . sicut Vulcano contigit, qui cum deformis esset et Iuno ei minime arrisisset, ab Iove est praecipitatus in insulam Lemnum. illic nutritus a Sintiis, cum Iovi fulmina fabricasset, non est admissus ad epulas deorum. Man kann die anderen Stellen in den Kommentaren und mythographischen Werken über diese Geschichte vergleichen (Philarg. Verg. ecl. 4.63; Philarg. Verg. ecl. 4.63 rec. II; schol. Bern. ecl. 4.62; schol. Bern. ecl. 4.63; der commentarius des Codex Leidensis Vossianus F 79 gebraucht dazu den Begriff abiectus, ich denke i.S.v. „abscheulich, verabscheuenswert, hassenswert“ (in ecl. 4.62–63 Brewer [sic] Iuppiter sine concubitu dicitur de capite suo Minervam genuisse, Iuno Vulcanum claudum cui propter deformitatem abiecto nec Iuppiter illi nec Iuno adrissit [sic] nec epulas eum Iuppiter accepit nec Minerve [sic] matrimonio copulatus est. […] 63. et reliqua, Iuppiter et Iuno cum ex altercatione sine coitu filios se debere suscipere, Iuppiter de capite edidit Minervam, Iuno Vulcanum claudum. Hic precipitatus de caelo arti fabrili operam dedit; fecit sellam miram in qua cum Iuno sedisset dicitur haesisse); mythogr. 1.125 Kulcsár [= 1.128 Bode = 2.26 Zorzetti] und mythogr. 1.173 Kulcsár [= 1.176 Bode = 2.74 Zorzetti]). Man wird bis zu Giovanni Boccaccio (1313–1375) warten müssen, damit diese Nachricht im lateinischen Abendland wieder auftaucht (genealogiae deorum gentilium 7.2 preterea ubi de hac Omerus loquitur, inducit Vulcanum loquentem Thetidi pro Achille arma poscenti, et ut se paratum

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Dies alles zeigt die Schwierigkeit, eine solche Nachricht im Mittelalter ex novo zu erfinden, ohne griechische Quellen lesen zu können. Es lohnt sich an dieser Stelle, den Versuch zu wagen, das Fragment in den jeweiligen Kontext wiedereinzufügen, und ich räume von Anfang an ein, dass meine Rekontextualisierung rein spekulativ ist und es sich nur um eine Hypothese handelt, da es uns an anderen ausführlichen Zeugnissen den Inhalt betreffend fehlt. Was mir selbstverständlich erscheint, ist, dass die Erwähnung von Iunos brutaler Tat gegenüber ihrem Sohn sehr gut in den Zusammenhang mit Medeas facinus passt, die damit auf einer göttlichen Ebene ein Muster für ihr Verhalten gefunden hätte. Viel wagemutiger ist es, die Stelle dieses Fragmentes in der tragischen Handlung zu bestimmen. Man könnte aber zwei Möglichkeiten vermuten: Im Rahmen einer tragischen ῥῆσις Medeas, in der die Figur vor dem materiellen Kindermord über ihr Rachevorhaben nachdenkt – also eine Situation ähnlich derjenigen in der epist. 12 oder am Anfang des 2. Aktes der Oper Norma von Vincenzo Bellini –, oder im Kontext eines Appells bzw. Aufrufs an Iuno als Ehebürgegöttin seitens der Medea, eine Rolle, die in der Elegie oder in der Tragödie sehr üblich war²¹¹, und einer sarkastischen Antwort von Iason, der sich auf Iunos Verhalten gegenüber ihrem Sohn bezieht. Dies wäre natürlich nach dem Mord an ihren Kindern geschehen. Was ich aber mit großer Sicherheit ausschließen kann, ist, dass sich der Vergleich zwischen der Göttin und Medea auf die Art des Kindsmordes, d.h. durch Hinunterstürzen der eigenen Kinder, bezieht, weil wir tout court kein literarisches Zeugnis über eine solche Version haben, während sonst andere Sagenwendungen vorhanden sind. Ovid läßt in den Metamorphosen Medea die Kinder mit einem Schwert ermorden²¹², und die ikonographischen Quellen stellen Medea immer mit einem Schwert entweder vor oder bei dem Mord an ihren Kindern dar²¹³. Auch in Senecas Medea bringt die Heldin die Kinder mit einem Schwert (Vv. 969–975 und Vv. 1019–1024) um und wirft dem Vater die Leichen (Vv. 1024–1025) herunter. In Anbetracht der Bedeutung für die Debatte habe ich mir vorgenommen, auf die Frage zu den Fragmenta des Traktats de orthographia auch anhand des originalen, von Caelius Rhodiginus geschriebenen Manuskripts der antiquarum lectionum commentarii (Hs. Concordiano 306 der Accademia dei Concordi von Rovigo²¹⁴) demnächst zurückzukommen.

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ostendat, dicit quod cum a matre de celo [sic] proiceretur, quia claudus, ab ipsa Eurinomi et Thetide susceptus atque nutritus est). Der Gelehrte versuchte, sich die griechische Sprache mit der Hilfe des kalabrischen Mönches Barlaam anzueignen, konnte sie jedoch nicht alleine fließend lesen. Ov. epist. 2.41 [scil. per] Iunonemque, toris quae praesidet alma maritis; epist. 6.43–44 […] pronuba Iuno / affuit et sertis tempora vinctus Hymen; epist. 12.89 conscia sit Iuno sacris praefecta maritis; Sen. Med. 1–2 di coniugales tuque genialis tori, / Lucina; Hos. Geta Med. 1–4 esto nunc Sol testis et haec mihi Terra precanti / et Dirae ultrices et tu, Saturnia Iuno!/ Ad te confugio; nam te dare iura loquuntur / conubiis; 29–31 Et tu, Saturnia Iuno, / cui vincla iugalia curae, / oculis haec aspicis aequis? Ov. met. 7.396–397 sanguine natorum perfunditur inpius ensis, / ultaque se male mater Iasonis effugit arma. Schmidt 1992, LIMC 6.1, S. 388–391 und LIMC 6.2, S. 195–198. Frau Dr. Michela Marangoni, Bibliotheksvorsteherin der Accademia dei Concordi, hat mir

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II. Philologische Kritik zu Ovids Werken

2.2. Die argumenta der epistulae heroidum Weitere Spuren der Präsenz Ovids in der Schule lassen sich mit guten Chancen noch in den Eingangsdisticha der epistulae heroidum finden. Seit der Renaissance sind die den epistulae heroidum 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 17, 20, 21 vorgesetzten Disticha angesichts ihrer Überlieferungsgeschichte und aus stilistischen Gründen verdächtigt worden, Produkt eines Interpolators zu sein²¹⁵. Heinrich Dörrie, der letzte Herausgeber der Heroides, hat, obwohl er zuerst die Echtheit der Eingangsdisticha der Briefe 5, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 17, 20, 21 (also alle, ausgenommen das Eingangsdistichon des 6. Briefes) in seinen Untersuchungen zur Überlieferungsgeschichte verteidigt hat²¹⁶, nach dem überzeugenden Beweis von Ernst-Alfred Kirfel²¹⁷ in seiner Ausgabe (1971, S. 8 der praefatio) alle gestrichen und als vestigia priscae editionis in eckige Klammern gesetzt. Die Beweisführung von Kirfel stützt sich im Grunde genommen auf Sprach- und Stilgründe und zeigt sich schlüssig: Die Frage, wieso ein Interpolator diese Disticha eingefügt haben sollte, wurde allerdings nicht beantwortet. Die ältere Forschung hatte diese Interpolationen von Fall zu Fall als Dämpfung eines zu abrupten Anfangs, Verlust des echten Anfangs oder Schmuck erklärt. Erst Dörrie hatte nur im Fall des Eingangsdistichons des 6. Briefes eine andere Herkunft mit einem unmittelbaren Zweck, d.h. eine aus einer Inhaltsangabe abgeleitete Interpolation, vorgeschlagen²¹⁸. In der Ausgabe der heroides hat er schließlich die Eingangsdisticha für ornatus gratia geschmiedet und insbesondere die Disticha zu Beginn der Briefe 5, 6, 9, 10, 11, 12 für tituli instar composita gehalten²¹⁹. Diese ὑποθέσεις bzw. argumenta bilden eine ,zweitrangige‘ Literaturgattung – die Papyri, die uns solche Texte bewahrt haben, heißen auf englisch ,subliterary‘ or

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freundlicherweise mitgeteilt, dass dieses Werk in der Hs. Concordiano 306 enthalten ist, wobei Giuseppe Mazzatinti als Handschriftsnummer 400 angibt (Mazzatinti 1893, S. 48). Siehe z.B. Vahlen 1881, der einen guten Überblick über die Meinungen der vorherigen Forscher bietet. Dörrie 1960, S. 208–214. Kirfel führt die verschiedenen Meinungen der Kritiker an und beweist die Unechtheit der Anfangsdisticha der epist. 5; 6; 9; 10; 11; 12; 20; 21, während er diejenigen der epist. 7; 8; 17 für echt hält (Kirfel 1969, S. 37–112). Dörrie 1960, S. 215: „dies Distichon führt auf eine Ausgabe der Her, in der den einzelnen Briefen je ein Distichon vorangestellt war, das den Inhalt des ganzen Briefes zusammenfaßte. Daß man einer Dichtung eine metrische Inhaltsangabe voranstellt, hat gute Vorbilder – die Plautus- und Terenz-Ausgabe des 4. Jh. mit ihren Hypotheseis sind vor allem zu nennen. Das Bedürfnis, einen solchen Schmuck anzubringen, hat lange gelebt; noch der Schreiber der Hs Bi hat jeden Her-Brief mit zwei selbstgemachten Hexametern eingeleitet“. epist. 5.0/ᵃᵇ nympha suo Paridi, quamvis suus esse recuset, / mittit ab Idaeis verba legenda iugis; epist. 6.0/ᵃᵇ Lemnias Hypsipyle Bacchi genus Aesone nato / dicit: et in verbis pars quota mentis erat?; epist. 9.0/ᵃᵇ mittor ad Alciden a coniuge conscia mentis / littera si coniunx Deianira tua est; epist. 10.0/ᵃᵇ illa relicta feris etiam nunc, improbe Theseu / vivit. et haec aequa mente tulisse velis?; epist. 11.0/ᵃᵇ Aeolis Aeolidae quam non habet ipsa salutem / mittit et armata verba notata manu; epist. 12.0/ᵃᵇ exul, inops contempta novo Medea marito / dicit, an a regnis tempora nulla vacant?; zur 5. epist. im Allgemeinen und zu ihrer Textüberlieferung siehe auch Lingenberg 2003, S. 205– 206, besonders Fußnote 5.

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,paraliterary‘ – , die übrigens ziemlich gut bezeugt ist: Den entsprechenden Werken vorangesetzt, sind in den Handschriften die argumenta zu Plautus Komödien, die periochae zu den Komödien von Terenz und die argumenta zu Statius Thebais²²⁰, in der anthologia Latina die argumenta Aeneidis (anth. 1 und 672a Riese), die tetrasticha in cunctis libris Vergilii (anth. 2 Riese) des Ps.-Ovid, die argumenta Lucani (anth. 806 Riese) und in den commenta Bernensia die argumenta zum 2. und 5. Buch von Lucans bellum civile überliefert worden²²¹. Ferner kann man hier en passant bemerken, dass alle diese Schriftsteller im Laufe der Zeit Schulautoren gewesen sind und dass zahlreiche argumenta für Vergil bezeugt sind. Es ist schon für Vergil gezeigt worden, inwieweit diese Inhaltsangaben eine didaktische Funktion ausübten²²², und das Zusammenfassen der Werke und die Verfassung solcher Inhaltsangaben war eine Aufgabe der Lehrer und der Kommentatoren: Suid. 254 Ὅμηροϲ, Σέλλιοϲ χρηματίϲαϲ, γραμματικόϲ. ἐποίηϲε τάδε· ὕμνουϲ, παίγνια δι’ ἐπῶν, εἴδη πλεῖϲτα· καταλογάδην Περὶ τῶν κωμικῶν προϲώπων, Περιοχὰϲ τῶν Μενάνδρου δραμάτων. schol. in Stat. Theb. 1.61 harum omnium seriem fabularum in argumento digessimus.

Es handelt sich dabei tatsächlich um kleine metrische Aufsätze, wobei es auch welche in Prosa gibt, z.B. zu den anderen Büchern des bellum civile, meistens anonym (außer den dem Sulpicius Apollinaris zugeschriebenen periochae zu Terenz und den dem Sulpicius subdiaconus in den subscriptiones zugeschriebenen argumenta des 2. Buches des bellum civile), die in der Regel dasselbe Versmaß wie das Werk aufweisen und im Umfang schwanken (von einem Vers, wie die monosticha Aeneidis, bis zu den 12 Versen von jenen zu Terenz, Lucan und Statius) und in groben Zügen die Handlung zusammenfassen oder sich auf die Namen und die Hauptereignisse des Werkes konzentrieren²²³. Die Datierung dieser Aufsätze schwankt zwischen dem 2. Jh. n.Chr., wie im Falle von C. Sulpicius Apollinaris, Gellius’ Zeitgenossen, und dem Mittelalter, wie im Falle der anth. 806 Riese. Die argumenta Aeneidis des Ps.-Ovid²²⁴ und die zu Statius weisen eine formale Eigenheit auf: Sie sind durch die Zusammenstellung von gesamten Versen, Hemistichien, incipit und Klauseln von z.B. Plautus, Vergil und Statius gebaut und genau dies ist ein gemeinsames Stilmerkmal mit den Eingangsdisticha der Heroides²²⁵. Analog zu Vergil sind die den heroides vorangestellten Inhaltsangaben wahrscheinlich ein mnemonisches Hilfsmittel für die Schüler, um sich mittels der Metrik besser 220 Klotz 1908; Clogan 1963. 221 Die einzige Abhandlung, die alle diese Aufsätze in Betracht gezogen hat, ist Opitz 1883. Was die griechischen ὑποθέσεις angeht, ist van Rossum-Steenbeek 1998 maßgebend. 222 Marpicati 1999; Marpicati 2000. 223 Z.B. das Monostichon zum 1. Buch der Aeneis anth. 1.1 Riese Aeneas primo Libyes adpellitur oris oder zum 11. anth. 1.11 Riese undecimo victa est non aequo Marte Camilla; das argumentum zur Thebais des Codex Toletanus in Ausgabe von Queck solvitur in primo fratrum concordia libro. / Denegat et foedus repetitaque regna secundus. / Tertius in Thebas inflammat Dorica castra usw. Trotz umfangreicher Recherchen habe ich diesen „vetustissimus codex Toletanus“ nicht identifizieren können. 224 Hexter 2011, S. 295–296. 225 Was die stilistischen Wiederaufnahmen von Plautus, Statius und Ovids Werken anbelangt, siehe die ausführliche Diskussion bei Opitz 1883, S. 259; Klotz 1908; Kirfel 1969, S. 37–112.

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II. Philologische Kritik zu Ovids Werken

an den Inhalt der Gedichte erinnern zu können; sie können als Zeugnisse der Erziehung in der Antike betrachtet werden. Denn seit Ciceros Zeit ist die historiarum cognitio²²⁶ einer der Inhalte der enarratio und, wie Henri-Irénée Marrou präzisiert: Der Begriff „désigne non pas l’histoire au sens moderne et étroit du mot, mais de façon très générale tout «ce que raconte» le texte étudi铲²⁷. Wie man sieht, sind diese Texte sehr nah an den διηγήσεις bzw. ἱστορίαι oder den narrationes, was ihre Typologie angeht – beide sind Zusammenfassungen –, der Umfang und wahrscheinlich die materielle Position im Buch waren aber anders, da diese Inhaltsangaben am Anfang, vor dem Autortext standen, wie der P.Ant. 1.29 (4. Jh. n.Chr. aus Antinoopolis, M-P³ 2937 = LDAB 4148) zu bestätigen scheint: In diesem Papyrus ist Vergils Text ein Resümee vorangestellt, während die narrationes Teil eines Kommentars waren, so wie die Zusammenfassungen von Ciceros Reden.

2.3.

Die centones: Ovid in vergilischer Verkleidung

Abschließend ist eine Betrachtung der centones, einer typischen Schulgattung hinsichtlich Herkunft und notwendiger Vorkenntnisse, die das Verständnis dieser Werke ermöglichen, sehr erhellend. Wir besitzen ovidische centones aus der Antike nicht, aber ein poeta centonarius, der ovidische centones verfasst hat, ist in einem Epigraph aus Itri im südlichen Latium bezeugt²²⁸. Die Benennung Ovidianus poeta verweist auf die übliche Bezeichnung für diese Dichter, wie das parallele Beispiel von Q. Glitius Felix aus Rom bezeugt²²⁹. Diese Bezeichnung ist in einer entsprechenden Art und Weise auch in Griechenland für Autoren von Homerocentones belegt²³⁰. Einige Inschriften und graffiti erweisen sich als ovidische pastiches (wie CIL 4.1520 oder 4.1595)²³¹. Immer noch im 6. Jh. erscheint darüber hinaus ein interessantes Phänomen: Drei von den sieben vergilischen centones mit mythologischem Inhalt (anth. 9 Riese Narcissus; 10 iudicium Paridis; 11 Hippodamia; 12 Hercules et Antaeus; 13 Procne et Philomela; 14 Europa; 15 Alcesta) behandeln mythologische Themen, die den metamorphoses entnommen sind. Sie sind alle anonym außer dem anth. 10 Riese, der Mavortius (consul im 527) zugeschrieben ist. Der erste anonyme cento ist über Narcissus (met. 3.344–510) verfasst und die anderen über Procne und Philomela (met. 6.424–674) und Europa (met. 2.833–875)²³². Sie alle scheinen ovidischen Stoff mit vergilischer Form verkleidet zu haben²³³. 226 Die Teile der ars grammatica waren nach Cicero (de or. 1.187) poetarum pertractatio, historiarum cognitio, verborum interpretatio, pronuntiandi quidam sonus. 227 Marrou 1960, S. 377. 228 CIL 10.6127 Ovidianus poeta / hic quiescit (aber fehlerhaft nummeriert als 6271). 229 CIL 6.638 Silvano Caelesti / Q(uintus) Glitius Felix / Vergilianus poeta / d(onum) d(edit); CIL 6.639 Securitati Cae[l]e[st]i / Q(uintus) Cli[tius] Felix / Vergilianus poeta / d(onum) d(edit). 230 Epigr. 1009 Kaibel Ἀρείου ῾Ομηρικοῦ ποιητοῦ ἐκ Μουσείου ἀκούσαντος. 231 Siehe § II.2.1., S. 59–60. 232 Anth. 9; 13; 14 Riese. 233 Eine detaillierte Analyse des cento Narcissus und seine Beziehung zu Ovid in McGill 2005, S. 79.

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Ein ovidischer cento ist übrigens im Mittelalter nachgewiesen. Es handelt sich um den cento des Albertino Mussato (1261–31.05.1329), der uns einen Eindruck vermitteln kann, wie antike Ovid-centones klangen²³⁴: Cento ex P. Ovidii Nasonis libris V de tristibus ad filium Fili, nostrarum residens fiducia rerum Fortunae memorem te decet esse meae Sicut habes nostris similes sub imagine vultus Moribus et vivas tempus in omne meis 5 Te rogo, quae sensi, senti simul, optime Fili, In vultu qui me fersque refersque tuo. Denique securus famae mecum ire memento Quae mihi non ullo tempore laesa fuit. Ingenio, mi Nate, meo comitorque fruorque 10 Mundus in hoc potuit iuris habere nihil. Non ita se nobis tribuit Fortuna secundum, Nubila sunt subitis tempora facta meis. Nam tribuit, quodcunque libet, Fortuna rapitque, Cirus enim parvo tempore Cresus erat 15 Sic subito vultu risit Fortuna secunda, Ut me tacturum sydera summa putes. Nunc ea dissimilis subito est effecta priori, Dictus eram populi publicus ore reus. Scis bene, quot gladios fugi, totiesque minata 20 Obruit infelix nulla procella caput. Dum circum gladiis dubius iactabar et undis, Ullus obumbravit non mea corda timor. Est quoque multoties nostri pulsata sepulcri Ianua; sed nullo tempore aperta fuit. 1) trist. 5.6.1. 2) 1.1.10. 3) 1.7.1 (Siquis–in). 4) 1.6.36 (Carminibus vives). 5) 1.7.5 senti tamen optime dici. 6) 1.7.6 (In digito). 7) 1.1.49 (liber). 8) Hic versus fictus ad 3.2.24 ianua sed nullo tempora aperta fuit. 9) 3.7.47 (tamen ipse). 10) ib. 48 (Caesar) 11) 1.1.51 (praebet, codex nullus tribuit). 12) 1.1.40 (nostra). 13) 3.7.41 (Nempe dat id; codex nullus tribuit). 14) 3.7.42 (Irus et est subito, qui modo Croesus erat; Cirus et est subito cod. Berol.²³⁵ cf. supra p. 17). 15) 1.5.27 (Dum iuvat et vultu ridet F. sereno; secundo codd. nonnulli et Vincent. Bellov. 16) 1.2.22 (iam iam tacturas). 17) 1.1.121 (Namque). 18) 1.1.24 (Et peragar). 19) 3.2.25 (Cur ego tot). 20) ib. 26 21) 3.2.15 (tamen et terris). 22) ib. 16 (Fallebat curas aegraque c. dolor). 23) 3.2.23 (Ei mihi quod nostri totiens). 24) ib. 24.

234 Ehwald 1889, S. 20. Ich habe die Graphie normalisiert und die Ursprungsverse Ovids geprüft. 235 Ich habe die Handschriften der Staatsbibliothek zu Berlin geprüft und die Lesart Cirus im Diez Berolinensis Santenianus 1 (c. 207v) gefunden: Cirus et est subito qui modo Cresus erat. Diese Lesart ist in den modernen kritischen Ausgaben noch nicht aufgenommen worden.

III. KURZE EINLEITUNG ZU OVIDS IBIS Bevor ich zu den Scholien zur Ibis übergehe, halte ich es für sinnvoll, eine kurze Einleitung zu diesem besonderen Werk voranzustellen, damit die Fragen, die dieser Text sowohl an den antiken als auch an den modernen Leser stellt, deutlich werden: man wird besser verstehen, auf welche Aspekte des Textes sich die Aufmerksamkeit der Leser und – als Auswirkung – auch der Kommentatoren im Laufe der Zeit gerichtet hat. Das Gedicht stellt einen rabiaten Angriff dar, welchen der Dichter, verbannt und fern von Rom, gegen einen persönlichen Feind, Ibis genannt, führt. Dabei greift er auf ein kallimacheisches Modell zurück.

1.

DATIERUNG

Die Ibis wird von der modernen Kritik ausschließlich aufgrund innerer Anzeichen und mittels in den anderen Exilwerken wiederkehrender Anspielungen und Motive datiert. Ovid gibt uns gleich am Anfang eine erste Zeitangabe: Ib. 1–2 tempus ad hoc lustris bis iam mihi quinque peractis omne fuit Musae carmen inerme meae.

Die Ibis muss nach 8 n.Chr. entstanden sein, weil sie die relegatio-Maßnahme im Herbst dieses Jahres voraussetzt. Zudem wurde der Dichter am 20. März 43 v.Chr. geboren, und das elfte Lustrum endete am 20. März des Jahres 13 n.Chr. Für eine genauere Datierung ist der neunte Brief des vierten Buches der tristia hilfreich, in dem sich Ovid vermutlich an Ibis wendet. Er droht ihm damit, ein Gedicht gegen ihn zu schreiben: 15 21 27

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denique vindictae si sit mihi nulla facultas, Pierides vires et sua tela dabunt. […] ibit ad occasum quicquid dicemus ab ortu, testis et Hesperiae vocis Eous erit. […] iam feror in pugnas et nondum cornua sumpsi, nec mihi sumendi causa sit ulla velim. Circus adhuc cessat; spargit iam torvus harenam taurus et infesto iam pede pulsat humum. hoc quoque, quam volui, plus est: cane, Musa, recessus, dum licet huic nomen dissimulare suum.

Dieser Brief ist auf das Ende des Jahres 10 oder den Anfang des Jahres 11 n.Chr. zu datieren, und wenn, was wahrscheinlich ist, die Adressaten identisch sind, ist dieser Brief als terminus post quem anzusehen. Damit kann man die Ibis in die Zeitspanne nach 10 oder 11 n.Chr. und vor 13 n.Chr. datieren¹. Aus Vollständigkeitsgründen 1

La Penna Ibis 1957, S. VII–XII; La Penna Scholia in Ibin 1959, S. 203; La Penna 1961, S. 259; André Contre Ibis 1963, S. VI–VII schlägt dieselbe Datierung vor („Nous pensons que le in Ibin fut

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III. Kurze Einleitung zu Ovids Ibis

sind noch die Datierungsversuche von Léon Herrmann und von Otto Zwierlein zu erwähnen, die beide meines Erachtens nicht überzeugend sind, da sie im Ganzen nicht begründet sind. Herrmann datiert die Ibis auf die Jahre 62–65 n.Chr. und schreibt sie dem C. Caesius Bassus zu². Zwierlein geht davon aus, dass der Verfasser sowohl der Ibis als auch zahlreicher weiterer Werke Iulius Montanus sei, und datiert sie folglich auf die ersten zwei Dezennien des 1. Jh. n.Chr.³. Aus Mangel an Gegenbeweisen gibt es aber keinen Grund dafür, an Ovids Worten zu zweifeln, und es erscheint vernünftig, die üblicherweise von der Kritik vorgeschlagene Datierung (10 oder 11 n.Chr.–12 n.Chr.) anzunehmen. Es ist klar, dass es dieser auf Ovids Worte und auf wiederkehrende Anspielungen und Motive gestützten Datierung an einer externen Bestätigung fehlt und dass sie gänzlich selbstreferentiell ist.

2. DER TITEL UND DIE IDENTITÄT VON IBIS Die Ibis unterscheidet sich sehr von den anderen ovidischen Werken. Der Adressat – oder besser: die Zielscheibe – des Gedichts ist ein persönlicher Feind Ovids, mit dem Pseudonym ,Ibis‘ gekennzeichnet. Im Verschweigen des Adressaten, wahrscheinlich einer Vorsichtsmaßnahme des Dichters, kann man einen Verwandtschaftsaspekt zu den tristia sehen. Der wirkliche Name des Feindes wird vom Dichter weder in diesem Gedicht noch in anderen Exilwerken offenbart, genauso wenig wie die Verbannungsgründe. Wegen einiger mutmaßlicher Anspielungen hat man angenommen, dass Ibis • vermutlich in Afrika geboren wurde oder mit Afrika irgendwie verbunden war: Ib. 221–222 qui simul inpura matris prolapsus ab alvo Cinyphiam foedo corpore pressit humum. Ib. 501–502 feta tibi occurrat patrio popularis in arvo sitque Phalaeceae causa leaena necis.

• Redefähigkeiten hatte und das Forum besuchte: Ib. 13–14 vulneraque inmitis requiem quaerentia vexat, iactat et in toto nomina nostra foro; Ib. 232 latrat et in toto verba canina foro.

• eine besondere Beziehung zum Dichter hatte, vielleicht eine freundschaftliche, vielleicht eine verwandtschaftliche. Darüber hinaus habe Ibis versucht, sich Ovids Güter anzueignen: Ovid war relegatus, nicht exul, und deswegen durfte er über sein

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écrit au début de l’exil, entre 10 et 12“, S. VII), aber er verwendet eine andere relative Chronologie; Leary 1990, S. 99–101. Richard Heinze (Heinze 1921, Sp. 896) und Italo Lana (Lana 1960, S. 83) plädieren für eine noch frühere Datierung, genau am Anfang der Verbannungszeit. John Anthony Richmond scheint für eine spätere Datierung zu sein (Richmond 1959, S. 9: „it was written by Ovid towards the end of his life“), obwohl Augustus noch zu leben scheint (Ib. 23–26). Herrmann 1965, S. 289–290. Zwierlein 1999. Merkwürdigerweise wird hierbei die Ibis dem Montanus zugeschrieben, ohne jegliche Diskussion. Besondere Ironie auf diese Methodik übte James E. G. Zetzel in seiner Rezension (Zetzel 2000), siehe § II.1.2., S. 32, Fußnote 30.

2. Der Titel und die Identität von Ibis

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Vermögen verfügen, so dass eine Strafumwandlung für ihn die publicatio bonorum bedeutet hätte, wie uns die juristischen Quellen klar zeigen⁴: Ib. 17–20 cumque ego quassa meae conplectar membra carinae, naufragii tabulas pugnat habere mei, et, qui debuerat subitas extinguere flammas, hic praedam medio raptor ab igne petit.

Die Philologie hat im Laufe der Jahre viele Hypothesen über die Identität des betreffenden Mannes aufgestellt: 1. Corvinus: Er wird als einziger in einer (spät)antiken Quelle erwähnt, und diese Vermutung könnte am ehesten zutreffen (siehe § II.2.1.1.). 2. Augustus: Diese Behauptung wurde zum ersten Mal von Brunetto Latini (um 1220–1294) aufgestellt⁵ und erst in den letzten Jahren wieder aufgenommen. Alessandro Schiesaro versucht, Brunetto Latinis Identifizierung des Ibis mit Augustus mit inter- und innertextuellen Bezügen und archäologischen Funden zu belegen: Octavian habe sich in der Propaganda mit Hermes gleichgestellt (Hor. carm. 1.2.41–49), Ovid lasse Mercurius sich in einen Ibis verwandeln (met. 5.331), darüber hinaus deute die wahrscheinliche Anwesenheit des Vogels auf der ara pacis und die gesicherte auf einer Münze mit dem Kopf des Kaisers auf dem Avers auf eine solche Gleichstellung hin. Infolgedessen (wenn Augustus = Mercurius und Mercurius = Ibis, dann Augustus = Ibis) sei Ibis mit Augustus zu identifizieren⁶. 3. Caius Iulius Hyginus: der von Augustus ernannte praefectus bibliothecae Palatinae. Dies ist die von Salvagnius (mit bürgerlichem Namen Denis Salvaing de Boissieu, 1600–1683), einem humanistischen Kommentator der ovidischen Werke, formulierte Hypothese⁷. Über den Geburtsort von Hyginus berichtet Sueto4

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Siehe Paul. dig. 4.5.11 P libro secundo ad Sabinum. Capitis deminutionis tria genera sunt, maxima media minima: tria enim sunt quae habemus, libertatem civitatem familiam. igitur cum omnia haec amittimus, hoc est libertatem et civitatem et familiam, maximam esse capitis deminutionem: cum vero amittimus civitatem, libertatem retinemus, mediam esse capitis deminutionem: cum et libertas et civitas retinetur, familia tantum mutatur, minimam esse capitis deminutionem constat. Zur capitis deminutio siehe Leonhard 1899. Zur Behandlung des Stoffes in den Scholien zur Ibis, siehe § IV.1., S. 114–117. Tresor 1.160.7 Et sachiez que Ovide li tres bon poetes, quant li empereres le mist en prison, fist un livre ou il apeloit l’empereor par le nom de cel oisel, car il ne savoit penser plus orde cr[e]ature. Schiesaro 2011. Abgesehen davon, dass die Stelle bei Horaz, wenn sie richtig gelesen wird, Schiesaros Interpretation nicht bestätigt, lässt Schiesaro einige Frage offen: In welchen Kreisen war Ovids Ibis in Umlauf? Wann ist das Werk nach Rom gelangt? Wäre es für Ovid nicht waghalsig gewesen, wenn Augustus den libellus gelesen und verstanden hätte, wie Schiesaro es nahelegt? Diese Hypothese wird auf den Seiten 9–14 seiner observationes zur Ibis im Paragraph Ibidis nomen coniectvra entwickelt: Higynum [sic] itaque ſuſpicor eſſe, quem Ouidius Ibin appellat (S. 9) […] teſte Suetonio, Higynus ex Alexandria puer aduectus eſt, & Ouidio familiariſſimus fuit […] ſubortum equidem inter ipſos diſſidium ſuſpicari licet; quod Higynus Ouidij exulantis vxorem, ob priſtinam cum illo conſuetudinem, proculdubio ſibi notiſſimam, ambire, ac de adulterio interpellare auſus eſſet, eiuſque facultates ab Auguſto, cuius libertus erat, contra ius, & fas impetrare conaretur. Proinde Naſo, iure in ipſum inuectus, Callimachum imitari voluit; ſcilicet, vt ille Apollonium, quod Alexandrinus eſſet, Ibin appellauit, ipſe viciſſim Higynum, qui teſte Suetonio, a nonnullis Alexandrinus habitus eſt, Ibin indigetaret (S. 12). Über die humanistischen Interpreten der Ibis siehe Guarino Ortega 1999, S. 24–28 und 460–477; über Salvagnius besonders die S. 472–473.

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III. Kurze Einleitung zu Ovids Ibis

nius von einer anderen Tradition, nach welcher dieser in Alexandria und nicht in Spanien geboren sei⁸. Darüber hinaus spricht gegen diese Vermutung auch, dass Hyginus der Adressat von trist. 3.14 sein soll und der Ton Ovids hier ganz freundlich ist⁹. 4. Manilius: der Autor der astronomica, der unter Augustus und Tiberius lebte. Diese Vermutung wird von Rudolf Merkel in seiner Ibis-Ausgabe geäußert, weil Manilius als Poenus in einem Codex Vossianus genannt ist¹⁰, aber das ist an sich wenig konsistent und stützt sich auf eine wörtliche Interpretation der Vv. 221–222 und 501–502 (siehe oben). 5. Ein fiktiver Feind: Alfred Edward Housman und Augusto Rostagni kamen – selbst wenn sie bezüglich des Werturteils der Ibis, der Quellen und der Scholien sehr uneinig sind – zur selben Hypothese über Ibis’ Identität: Ihrer Meinung nach ist er ein fiktiver Feind, laut Housman vom Dichter aus literarischen Gründen erfunden, laut Rostagni ein Produkt seiner „fantasia malata“¹¹. Alan Cameron ist derselben Meinung¹² und auch Gareth D. Williams hat 1996 eine ähnliche Auffassung vertreten, nämlich dass Ibis einen so schwer zu fassen-

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Suet. gramm. 20.1–2 C. Iulius Hyginus Augusti libertus, natione Hispanus, – nonnulli Alexandrinum putant et a Caesare puerum Romam adductum Alexandria capta – studiose et audiit et imitatus est Cornelium Alexandrum grammaticum Graecum quem propter antiquitatis notitiam Polyhistorem multi, quidam Historiam vocabant. Antonio La Pennas Einwand (La Penna Ibis 1957, S. XVI– XIX) „anche ammesso che fosse di Alessandria, un egiziano, per gli antichi, è ben diverso da un libio (si sa che per gli antichi l’Egitto era Asia piuttosto che Libya“) rechnet nicht mit dem besonderen Wesen der antiken Erdkunde und Weltdarstellung, z.B. Apul. mund. 7 sed alii alio modo, ut quidam ab exordio Tanais ad ora Nili Asiae terminos metiuntur. Africam uero ab isthmo Rubri maris uel ab ipsis fontibus Nili oriri putandum eiusque in Gaditanis locis fines esse. Sed ipsam Aegyptum plerique Asiae, plures Africae adiungunt, ut insularum situs sunt qui cum finitimis locis conprehendunt et sunt qui in alia diuisione eas habendas putant. Suet. gramm. 20.2–3 [scil. C. Iulius Hyginus] praefuit Palatinae bibliothecae nec eo secius plurimos docuit fuitque familiarissimus Ovidio poetae; unter den zahlreichen Dank- und Zuneigungsbekundungen siehe z.B. das incipit von trist. 3.14.1–2 cultor et antistes doctorum sancte virorum, / quid facis, ingenio semper amice meo?. Merkel Ibis 1837, S. 383–407, besonders S. 400–401: „credo igitur Ibin vero nomine appellatum fuisse M. Manilium Poenum […] nimirum si, quod puto, Poeni illa appellatio in codice Vossiano non pro adiectivo, sed pro cognomine accipienda est“. Diese unidentifizierte Handschrift könnte der Leidensis Vossianus Latinus O 18 oder der Leidensis Vossianus Latinus O 3 sein. Housman 1920, S. 1040–1042: „Who was Ibis? Nobody. He is much too good to be true. If one’s enemies are of flesh and blood, they do not carry complaisance so far as to choose the dies Alliensis for their birthday and the most ineligible spot in Africa for their birthplace. Such order and harmony exist only in worlds of our own creation, not in the jerry-built edifice of the demiurge. Nor does man assail a real enemy, the object of his sincere and lively hatred, with an interminable and inconsistent series of execrations which can neither be read nor written seriously. To be starved to death and killed by lightning, to be brayed in a mortar as you plunge into a gulf on horseback, to be devoured by dogs, serpents, a lioness, and your own father in the brazen bull of Phalaris, are calamities too awful to be probable and too improbable to be awful“ (S. 1041); Rostagni 1920, S. 28. Zur Diskussion der Stelle siehe S. 24–32. Cameron 1995, S. 228.

3. Literarische Gattung

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den Charakter habe, dass die einzige Identität, die zu ihm wirklich passe, eben ,Nobody‘ sei¹³. 6. Cornelius Fidus: Diese Vermutung ist zuerst von Léon Herrmann geäußert und dann von Hubert Le Bourdellès wiederholt worden¹⁴. Es handle sich um Ovids Schwiegersohn, den Prokonsul von Africa und zweiten Ehemann von Ovidia¹⁵. Die Junktur male fidus kommt zweimal in Ovids Werken vor und könnte ein Wortspiel mit dem Namen seines Schwiegersohnes darstellen¹⁶. Ein Einwand dagegen ist von Raoul Verdière erhoben worden, nach welchem diese Hypothese im Widerspruch zu Ib. 349–354 steht, wo Ovid seinem Feind eine untreue Frau wünscht¹⁷. 7. C. Ateius Capito: Raoul Verdière schlägt ihn aufgrund der Anwesenheit eines vermutlichen Telestichons sehr vorsichtig vor¹⁸: trist. 5.8.1–4 non adeo cecidi, quamvis abiectus, ut infra te quoque sim, inferius quo nihil esse potest. quae tibi res animos in me facit, improbe? curve casibus insultas, quos potes ipse pati?

Verdières Hypothese ist von Lucien Janssens wieder aufgenommen worden, der sie mit einem komplizierten Spiel von Akrosticha, Mesosticha und Telesticha bestätigen zu können glaubt¹⁹.

3. LITERARISCHE GATTUNG Der Titel, die literarische Gattung und die Beziehung zum Muster erscheinen als dringliches Problem, mit dem sich seit langem besonders die Kallimachosforschung auseinandergesetzt hat. Das poetische Muster für seine Ibis ist laut Ovids Worten ein

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Williams 1996, S. 22: „Even if Ibis survives Housman’s attempt on his life (and it certainly hangs in the balance), he is still no more than a figment of the Ovidian imagination, at least in the sense that Nobody is the only name that can safely be given to so elusive a character“. Herrmann 1965, S. 291–293; Herrmann 1968, S. 843–844; Le Bourdellès 1982. Ov. trist. 1.3.19 nata procul Libycis aberat diversa sub oris; Ov. trist. 4.10.75–76 filia me mea bis prima fecunda iuventa, / sed non ex uno coniuge, fecit avum; Sen. dial. 2.17 in senatu flentem uidimus Fidum Cornelium, Nasonis Ouidi generum, cum illum Corbulo struthocamelum depilatum dixisset; aduersus alia maledicta mores et uitam conuulnerantia frontis illi firmitas constitit, aduersus hoc tam absurdum lacrimae prociderunt: tanta animorum inbecillitas est, ubi ratio discessit. Ov. Ib. 85 carmina dum capiti male fido dira canuntur; Ov. trist. 1.6.13–14 sic mea nescio quis, rebus male fidus acerbis, / in bona venturus, si paterere, fuit. Verdière 1992, S. 132. Ov. Ib. 349–354 nec tibi contingat matrona pudicior illa, / qua potuit Tydeus erubuisse nuru, / quaeque sui venerem iunxit cum fratre mariti / Locris in ancillae dissimulata nece, / quaeque, parare suis letum patruelibus ausae, / Belides adsidua colla premuntur aqua. / Tam quoque di faciant possis gaudere fideli / coniuge quam Talai Tyndareique gener. Verdière 1971, S. 632–635, S. 635: „Ai-je réussi à lever la masque d’Ibis? Ai-je apporté une preuve? Je ne le crois pas. Tout au plus y a-t-il présomption qu’Ibis pourrait être C. Ateius Capito“; Verdière 1973, S. 10. Janssens 1981.

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III. Kurze Einleitung zu Ovids Ibis

Gedicht von Kallimachos²⁰, das aber nicht mehr in unserem Besitz ist²¹. Wir erhalten jedoch Informationen darüber aus anderen Zeugnissen, und zwar von einem anonymen Inhaltsepigramm zu Kallimachos’ Werk (testimonium 23 Pfeiffer) und vom lexicon Suidas (testimonium 1 Pfeiffer) neben, wie gesagt, Ovids Worten in seiner Ibis (testimonium 39–40 Pfeiffer) und den zugehörigen Scholien (schol. in Ib. 315 und 449 = frg. 381–382 Pfeiffer). Das Inhaltsepigramm und das lexicon Suidas sind von großer Bedeutung, weil sie die einzigen griechischen Zeugnisse sind, alle anderen sind lateinisch (siehe frg. 381–382 Pfeiffer). Das iambische Epigramm des 6. Jh. n.Chr. (oder später) am Anfang des Codex Parisinus Graecus Supplément 1095 der Hymnen des Kallimachos (Π in Pfeiffers Apparatus) liefert uns in den Vv. 8–10 wertvolle Informationen über den Charakter und die literarische Gattung von Kallimachos’ Werk²²: ϲκώπτω δ᾿ ἐπαραῖϲ ἶβιν Ἀπολλώνιον· καὶ τὴν Ἀθηνᾶν ὕϲτατον μέλπω πάλιν 10 γρίφῳ βαθίϲτῳ καὶ δυϲευρέτοιϲ λόγοιϲ. 8 ἐπ᾿ ἀραῖϲ Π, an. Bern.: corr. Wil. ἴβον Π (cf. test. I, 13) 10 -ευρήτοιϲ Π

Das lexicon Suidas (spätes 10. Jh. n.Chr.) bietet uns in Kallimachos’ Werkverzeichnis weitere Informationen: Suid. 227.1 Καλλίμαχοϲ: ῎Ιβοϲ (ἔϲτι δὲ ποίημα ἐπιτετηδευμένον εἰϲ ἀϲάφειαν καὶ λοιδορίαν, εἴϲ τινα ῎Ιβον, γενόμενον ἐχθρὸν τοῦ Καλλιμάχου· ἦν δὲ οὗτοϲ ᾿Απολλώνιοϲ, ὁ γράψαϲ τὰ ᾿Αργοναυτικά).

Meine erste Bemerkung betrifft einen Aspekt, der in der Forschung noch nicht aufgefallen ist: Der Titel in den griechischen Quellen ist einheitlich anders als in den lateinischen Quellen überliefert und zwar ῎Ῐβος statt der vulgata ῏Ιβις (darüber hinaus mit ῐ gegen ῏Ῑβις). Es ist unmittelbar einsichtig, dass eine Verwechslung zwischen ι/ο bzw. / paläographisch wohl unwahrscheinlich ist. Im Epigramm ist die Dehnung (aus ῎Ῐβος zu ῏Ῑβις) eine metrische Emendation von Rudolf Pfeiffer zur Vermeidung der Kürze an der dritten Hebung: ϲκώπτω δ᾿ ἐπαραῖϲ ῎ῐβον Ἀπολλώνιον (also ῐ statt ῑ an der dritte Hebung) – wobei die Metrik des Epigramms ohnehin nicht gänzlich stimmt, man vergleiche z.B. V. 1 ῾Υμνῶ τὸν ὑψῑ́ζῠγον ἐν πρώτοιϲ Δία (ῠ statt ῡ immer noch an der dritten Hebung).

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Ov. Ib. 55–60 nunc, quo Battiades inimicum devovet Ibin, / hoc ego devoveo teque tuosque modo, / utque ille, historiis involvam carmina caecis, / non soleam quamvis hoc genus ipse sequi. / Illius ambages imitatus in Ibide dicar / oblitus moris iudiciique mei. Für die zugehörigen Scholien siehe § IV.1., S. 119–121. Die ganze Debatte über die ῏Ιβις des Kallimachos und über ihr Verhältnis zur Ibis Ovids dreht sich im Grunde genommen um wenige Zeugnisse, insbesondere um die oben genannten Verse und die V. 449–450, welche Gegenstand heftigster Diskussionen waren (Schneider 1873, S. 273–283; Riese 1874; Rostagni 1920; Heinze 1921; Perrotta 1925; Martini 1932; Kolář 1933; Watson 1991). Die Dissertation von Marina Martelli über dieses Thema ist noch nicht publiziert worden und war mir deswegen nicht zugänglich. Über den Verlust der griechischen Texte, siehe Blanchard 1989; Cavallo 1986, S. 85–104. Siehe auch II.2.1.2., S. 80, Fußnote 207. Reitzenstein 1891; Nigra 1892.

3. Literarische Gattung

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So ist der Titel ῏Ιβις eine moderne Rekonstruktion, sehr wahrscheinlich aufgrund von Ovids Zeugnis (für die Form Ībis mit ī in Ovid siehe Ibis 55 nunc, quo Battiades inimicum devovet Ibin und 62 Ibidis interea tu quoque nomen habe)²³. Eine zweite Bemerkung kann man über die Bedeutung des Titels und den Inhalt von Kallimachos’ Gedicht angesichts des Begriffs σκώπτω anfügen, mit dem der Epigrammautor dieses Werk charakterisiert. Die philologische Debatte der vorherigen Jahrhunderte hat viele Hypothesen über das Verhältnis zwischen Kallimachos und Apollonios von Rhodos und besonders über die möglichen Titeldeutungen aufgestellt, manchmal mit lächerlichen Resultaten – man denke an die querelle, ob das κλύσμα eine hygienische oder eine schmutzige Praxis ist! Ich möchte an dieser Stelle in der vexata quaestio keine Stellung nehmen²⁴, sondern nur auf einen Aspekt hinweisen, der noch nicht bemerkt worden ist: Das Verb des Verses über die ῏Ιβις könnte ein Sprachspiel enthalten. Der Name ῏Ιβις ist ein Vogelname und σκώπτω wurde in der Antike etymologisch mit dem σκώψ, einem Vogel, wahrscheinlich der Ohreule oder dem Kauz, verbunden. Aelianus’ und Athenaeus’ Zeugnisse bringen den Vogel und seine besondere Neigung zur Imitation mit dem Verb σκώπτω deutlich in Zusammenhang: Ael. NA 15.28 λέγουσι δὲ καὶ τοὺς σκῶπας (ὧν καὶ Ὅμηρος ἐν Ὀδυσσείᾳ [Od. 5.66] μέμνηται λέγων πολλοὺς αὐτοὺς περὶ τὸ ἄντρον τὸ τῆς Καλυψοῦς εὐνάζεσθαι) καὶ ἐκείνους ἁλίσκεσθαι ὀρχήσει. […] καὶ τὸ μιμεῖσθαι δέ τινα ἐπὶ τὸ γελοιότερον καὶ διαπαίζειν ἥδιστον δοκεῖ τοῖσδε τοῖς ὄρνισιν· ἔνθεν τοι καὶ ἐτράπη ὁ λόγος, καὶ ἡμεῖς τὸ σκώπτειν οὕτω καλοῦμεν. […] Καλλίμαχος [frg. 418 Pf.] δὲ δύο φησὶν εἶναι γένη σκωπῶν, καὶ τοὺς μὲν φθέγγεσθαι, τοὺς δὲ συγκεκληρῶσθαι σιωπῇ· καὶ τοὺς μὲν αὐτῶν λέγεσθαι σκῶπας, τοὺς δὲ ἀείσκωπας. Ath. 9.45 Kaibel τὸ δ’ αὐτὸ (scil. 9.44 ὁ ὦτός […] ἀνθρωποειδὴς δ’ ἐστὶ τὴν μορφὴν καὶ πάντων μιμητὴς ὅσα ἄνθρωπος ποιεῖ) ποιεῖν λέγουσι καὶ τοὺς σκῶπας· […] χαίρουσι δὲ οἱ σκῶπες καὶ ὁμοιότητι καὶ ἀπ’ αὐτῶν ἡμεῖς σκώπτειν καλοῦμεν τὸ συνεικάζειν καὶ καταστοχάζεσθαι τῶν σκωπτομένων διὰ τὸ τὴν ἐκείνων ἐπιτηδεύειν προαίρεσιν. […] Καλλίμαχος δέ φησι (frg. 418 Pfeiffer) δύο γένη εἶναι σκωπῶν καὶ τοὺς μὲν φθέγγεσθαι, τοὺς δὲ οὔ. διὸ καὶ καλεῖσθαι τοὺς μὲν σκῶπας αὐτῶν, τοὺς δ’ ἀεί σκωπας.

Diese Vogelart war Kallimachos bekannt, wie man aus der Erwähnung folgern kann (siehe auch frg. 418 Pfeiffer), und wurde von ihm sehr wahrscheinlich in περὶ ὀρνέων behandelt (frg. 414–428 Pfeiffer). So könnte die Hypothese Gestalt annehmen, dass Kallimachos in seiner ῏Ιβις Apollonios des poetischen Diebstahls beschuldigte und ihn deswegen verspottete²⁵, Ovid wiederum für seine Ibis die verve des Musters übernommen und sich dieser frei bedient hat, ebenso wie er sich in anderen Werken in der üblichen Weise der Augusteer zu den hellenistischen Mustern verhalten hat. 23

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Aristide Calderini verzeichnet in seiner Rezension zu Rostagnis Beitrag verschiedene Personennamen aus den Papyri, die mit dem Vogelnamen verbunden sind (Calderini 1921, S. 116). Hingegen ist der Name Ibis außerhalb des ovidschen Kontexts weder in lateinischen Papyri noch Inschriften (siehe Solin 2003; 2012) bewiesen. Dies scheint das literarische Wesen des lateinischen Titels zu zeigen. Ich werde in einem zukünftigen Beitrag zu diesem Thema zurückkehren. Zur Debatte über das Verhältnis zwischen Kallimachos und Apollonios siehe die geschichtliche Darstellung der Diskussion über diese Frage in Benedetto 1993, S. 40–54; zu den modernen Auffassungen siehe Jurenka 1885; Perrotta 1925, S. 86; Lefkowitz 1980; 1981, S. 117–135; Rengakos 1992; Cameron 1995, S. 225–232; Lefkowitz 2008.

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III. Kurze Einleitung zu Ovids Ibis

Was die Gattung der ῏Ιβις von Kallimachos betrifft, scheint der Autor des Epigramms die ῏Ιβις für der Gattung der ἀραί zugehörig zu halten, und dies widerspricht keineswegs den Angaben des lexicon Suidas. Werke dieser literarischen Gattung entstanden in der hellenistischen Zeit und verfügten über alle Merkmale der alexandrinischen Dichtung²⁶. Wir haben Nachrichten über ἀραί von Moiro²⁷ und verfügen über Fragmente der ἀραὶ ἢ ποτηριοκλέπτης (frg 8–9 Powell) und des Θρᾷξ (frg. 26–27 Powell = 413–415 SH) von Euphorion von Chalkis. Zusätzlich besitzten wir zwei anonyme Papyrusfragmente, die Papyri Brux. 2.22 + Sorb. inv. 2254 (2. v.Chr. aus Ankyropolis, M-P³ 461.11 = LDAB 1116), die ursprünglich zusammen eine Rolle und einen einzigen Text von ἀραί, wahrscheinlich von Hermesianax, bildeten und neues Licht in diese dunkle Gattung gebracht haben²⁸. Gemäß den eigenen Aussagen Ovids betrifft die Imitation in seiner Ibis das Wesen, den dichterischen modus und vielleicht das Versmaß der kallimacheischen ῏Ιβις, deren Merkmale in groben Zügen erwähnt werden. Er verfasst also einen libellus²⁹, d.h. eine kurze Dichtung³⁰, die darauf abzielt, eine besondere Art und Weise von Ver26

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Albin Lesky hat scharfsinnig herausgearbeitet, dass die hellenistische Gattung der ἀραί die gelehrte Form der tabellae defixionum ist, die als Volksgattung eine literarische Erhöhung gefunden haben (Lesky 1971, S. 848). Die erhaltenen tabellae defixionum sind Blätter aus Metall, normalerweise aus Blei, aber nicht ausschließlich; diejenigen aus Papyrus oder die auf den pugillares geschriebenen sind schlecht erhalten. Diese Blätter enthalten Verfluchungen auf Latein und Griechisch und sind in großer Zahl gefunden worden. Bestimmte Experten benutzten sie in Ritualen, die das Ziel hatten, eine Person sterben oder erkranken zu lassen oder sie unfähig zu machen zu handeln oder zu sprechen. Die Fachterminologie dieser Rituale stammt aus dem Griechischen, während die ὀνόματα βαρβαρικά, an denen die tabellae reich sind, assyrische und besonders ägyptische Götternamen sind. Dies ließe an eine orientalische Herkunft denken. Die tabellae defixionum trugen normalerweise den Namen des Adressaten und den seiner Mutter, jedoch selbstverständlich nicht den des Kommittenten oder des Zauberers, wohl aber eine lange Reihe von Flüchen. Das Medium sollte zu den unterirdischen Gottheiten befördert werden, und so wurden quasi als Postämter besonders häufig, aber nicht ausschließlich, Gräber benutzt. Man suchte den Kontakt mit allem, was mit dem Hades bzw. dem Unterirdischen verbunden war: Heiligtümer von Demeter, Wasserleitungen und natürlich Nekropolen. Es gibt eine Art räumliche Orientierung nach unten, wie die Etymologie de-figere „rammen, hineinstoßen, stoßen“ zeigt (Audollent 1904, S. XXXI–CXXVIII; Graf 1994, S. 139–198). Mit diesen tabellae defixionis ist die Ibis in mancher Hinsicht von einigen Kritikern in Zusammenhang gebracht worden: Karl Zipfel, dem Richard Heinze und Gennaro Perrotta folgen, behauptet in seiner wertvollen Arbeit über die Quellen der Ibis, dass sie Ovids Hauptquelle für die V. 67–250 gewesen seien (Zipfel 1910, S. 5–27; Heinze 1921, Sp. 893; Perrotta 1925, S. 170). Auguste Audollent hat in seiner wichtigen Sammlung der tabellae (Audollent 1904, S. LXXXVIII–XC) vier Typen der defixio identifiziert (iudiciariae, in fures calumniatores et maledicos, amatoriae, in agitatores et venatores). Wenn man die tabellae defixionis Nr. 193 und 197 liest, die zu den in fures calumniatores et maledicos gerichteten gehören und auf Latein verfasst sind, versteht man aber sofort, wie wenig diese tabellae defixionis mit der Ibis gemeinsam haben. Eine hervorragende Zusammenstellung dieser Diskussion findet sich in Watson 1991, S. 194–216. Parth. narr. 27 περὶ Ἀλκινόης Ἱστορεῖ Μοιρὼ ἐν ταῖς Ἀραῖς (= frg. 4 Powell). Huys P.Brux. 1991, S. 99–102. Ib. 51; Ib. 639. Zur Beschreibung von Kallimachos’ Werk siehe Vv. 449–450 et quibus exiguo volucris devota libello, / corpora proiecta quae sua purgat aqua. Ein Versuch, diese Verse in chronologischen Zusammenhang mit Ps.-Vergils ciris zu bringen, ist bei Hoffmann 1885 zu finden. Man kennt den Umfang der ῏Ιβις von Kallimachos selbstverständlich nicht. Neben dem drittletz-

3. Literarische Gattung

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wünschung – dieser Aspekt wird durch die Wiederholung des Verbs devovere betont – gegen einen persönlichen Feind, dessen Identität nicht zufällig verheimlicht wird, in einem absichtlich dunklen Dichtungsstil auszusprechen. Dieser Stil besteht also in caecae historiae und in ambages, die aliquantum noctis besitzen, und weist somit Merkmale auf, die der ovidischen Poetik eigentlich nicht entsprechen. Meines Erachtens muss man in der Wiederholung des devovere und in der Variation der zwei Begriffe in den Vv. 55–58 eine offene Muster- und Poetikerklärung lesen. Diese poetische Dunkelheit ist Ovid fremd, und er geriert sich, als ob er sie nie hätte produzieren wollen, aber sozusagen von den besonderen Umständen dazu gezwungen worden sei. Dies sind die Voraussetzungen und Merkmale von Ovids Ibis hinsichtlich der literarischen Gattung. Ein zusätzliches Signal, welches mich zu einer Definition in diesem Sinn neigen lässt, wird in V. 85 angeboten³¹, wo sich die Wörter dira carmina auf die poetische Tradition der ἀραί beziehen. Was das Versmaß von Kallimachos’ Werk angeht, können wir vom aktuellen Fund- und Forschungsstand aus nicht bestimmen, ob das griechische Muster in Hexametern oder in elegischen Disticha gedichtet war. Ein paar Überlegungen lassen sich jedoch anstellen. Obwohl sich die kritische Debatte auf die Verse Ib. 55–57 nunc, quo Battiades inimicum devovet Ibin, hoc ego devoveo teque tuosque modo, utque ille, historiis involvam carmina caecis

konzentriert hat, bieten sie keinen Anlass, das Wort modus ausschließlich auf das Versmaß zu beziehen und daraus zu schließen, dass Kallimachos’ ῏Ιβις in Disticha verfasst gewesen sei. Die Prüfung der restlichen ἀραί kompliziert die Frage noch weiter, da die Fragmente des Euphorion hexametrisch sind, die anonymen ἀραί des P.Brux. 2.22 + P.Sorb. inv. 2254 hingegen in elegischen Disticha verfasst sind (Huys 1991). Ich denke, dass diese Gattung kein festes und ausschließliches Versmaß hatte, sondern mehrere, so wie andere nicht primäre Gattungen, z.B. das Epigramm (Hexameter, elegisches Distichon, Phalaeceus, Ionici, Iamben, Hinkiambus) und die Priapeia (elegisches Distichon, Iamben, Phalaeceus), in der griechischen Literatur aber auch der Hymnos (Hexameter, elegisches Distichon, lyrische Maße)³². Der einzige Versuch, die Ibis als eine Invektive zu interpretieren, ist von Grazia Maria Masselli untenommen worden³³. Sie hält die Zuordnung zu dieser literarischen

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ten Vers der zweiten Kolumne des frg. C in PSI 1390 des Θρᾷξ von Euphorion befindet sich das stichometrische Zeichen Ζ (= 600) und danach beginnt der Hippomedon maior. Ich kann die Lektüre von Alberto Ciampi (Ciampi 2007, S. 13) nach meiner Prüfung des Papyrus durch das neue Mikroskop vom Istituto Vitelli bestätigen. Dies bedeutet, dass der Θρᾷξ 602 Verse umfasste, d.h. einen demjenigen der Ibis Ovids (Vv. 644) ähnlichen Umfang hatte. Ich mutmaße, dass die ἀραί gattungsgemäß etwa einen solchen Umfang hatten. Ich bedanke mich bei Herrn Guido Bastianini für seine Hilfsbereitschaft bei meinem Besuch. Ov. Ib. 85 carmina dum capiti male fido dira canuntur. Über das Versmaß im Epigramm siehe Citroni 2004, S. 126–128. Nicht nur die nicht primären Gattungen hatten kein festes Versmaß, sondern auch die primären Gattungen in ihrer frühen Phase, so wie die Satiren des Ennius. Masselli 2002, S. 9–19. Zur Invektive in der Antike maßgebend ist Koster 1980. Auch Severin Koster behauptet, dass die Ibis nicht der Gattung der Invektive zugehört (Koster 1980, S. 35–

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III. Kurze Einleitung zu Ovids Ibis

Gattung und die rhetorische Aufteilung des accessus C für antik oder spätantik³⁴, ohne zu bemerken, dass die von ihr erwähnten Abfassungen der accessus auf das Mittelalter zurückgehen und keine antike formale Aufteilung aufweisen bzw. keine Zuschreibung zum genus eloquentiae der invectiva beinhalten. Ihre chronologische Distanz zur Antike beträgt nicht wenige Jahrhunderte. Diese Aufteilung kommt fast unverändert auch in anderen mittelalterlichen accessus, aber auf Texte wie die ars amatoria angewendet, und in mittelalterlichen argumenta Lucani vor³⁵. Darüber hinaus konzentriert sich die Analyse von Masselli eigentlich nur auf die Verse 1–250 und auf den Schluss, so dass die lange Reihe der dirae, die die stilistische Chiffre der Ibis repräsentiert, beiseite gelassen ist.

4. STRUKTUR UND INHALT Das Gedicht besteht aus 644 Versen und gliedert sich in Hauptteile und Unterabschnitte nach einer bestimmten und sichtbaren Struktur³⁶:

1–66

Proömium.

67–87

Götteranrufung: Sie mögen mit den Gestirnen bei der devotio³⁷ anwesend und günstig gesinnt sein.

88–106

Beginn des Ritus.

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36): „Ebenso kann die Verfluchung oder Verwünschung, die ihren literarischen Ausdruck in der Poesie gefunden hat, wie etwa den „Dirae“ der Appendix Vergiliana und Ovids „Ibis“ keinesfalls der Invektive zugeordnet werden“. Masselli 2002, S. 12: „A questa stessa tradizione scoliastica risale, inoltre, il primo tentativo di cogliere, assecondando la precettistica retorica, alcune fondamentali partizioni, che costituiscono una sorta di “scaletta’’ lungo la quale Ovidio avrebbe proceduto nel proporre al lettore la “novità’’ del suo impegno civico e poetico: Iste auctor sicut et ceteri praeter satyros tria facit: praeponit cum dicit: Tempus ad hoc lustris (v. 1); invocat cum dicit: 〈Di maris et terrae (v. 67); exsecratur cum dicit:〉 Terra tibi fruges (v. 107); longam facit propositionem in qua de duobus quae possent sibi obici ponit excusationem: primum enim quod facit invectivam, cum non consueverit, secundum quod non co genere metri quo solent scribi (C)“; zu der Gattungszuschreibung in den accessus siehe § IV.1., S. 123. 〈Accessus〉 Ovidii de Amatoria Arte: videndum etiam est quia [scil. Ovidius] morem recte scribentium sequitur: proponit, invocat, narrat. Proponit ubi dicit: Siquis in hoc, invocat ubi dicit: Ceptis mater, narrat ubi dicit: Principio quod amare (in Huygens accessus 1970, S. 33); anth. 806.1–3 Riese proponit primus liber, invehit, invocat atque / exponit causas, cursus properantis ad urbem / Caesaris et nimios hic narrat in urbe timores. Siehe für die Datierung Opitz 1883, S. 308–309. Michael von Albrecht (von Albrecht 2012, S. 672–673) hat eine ganz andere Struktur erkennen wollen, nach welcher die Ibis „aus zwei Teilen ungleichen Umfangs (1–206; 207–642)“ bestünde. Seinen Vorschlag halte ich jedoch für wenig überzeugend. Ich lehne mich teilweise an La Pennas Vorschlag an. Zur devotio siehe Wissowa 1903; Versnel 1997.

4. Struktur und Inhalt

107–126

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Flüche: 1. Verweigerung der lebensnotwendigen Elemente; 2. Ibis soll verbannt werden, an den Bettelstab kommen und erkranken, 3. bei niemandem Mitleid erregen, 4. sich den Tod wünschen, aber erst nach langen Qualen sterben.

127–130

Günstige omina für den Erfolg der devotio.

121–139

Friede zwischen Ovid und Ibis ist unmöglich, auch post mortem; Serie von ἀδύνατα.

139–208

Ovids Geist verfolgt Ibis; Zerfleischung von Ibis’ Leiche und Strafe des Ibis im Jenseits.

209–250

Ibis’ Geburt.

251–638

dirae.

639–644

Schluss.

Der größte und charakteristischste Teil dieses Werkes besteht, wie gesagt, aus den dirae, einer sehr langen Reihe von caecae historiae und ambages. Durch den Vergleich mit ihnen wünscht Ovid seinem Gegner alle möglichen Übel, Krankheit und Tod. Jeder γρῖφος ist nach dem Prinzip der Analogie aufgebaut, indem Ovid eine Komparation zwischen einem geschichtlichen bzw. mythologischen Ereignis und Ibis anstellt, in der Form: ,mögest du… so wie…‘ oder ,möge es dir geschehen genauso wie…‘. Die formale Verbindung ergibt sich durch den Gebrauch der Bindewörter ut, qualis, sicut³⁸. Eine präzise Anordnung in den dirae gibt es nicht. Die mythologischen oder historischen Anspielungen lassen sich zum Teil zwar inhaltlich und thematisch gruppieren; die Anordnung wird aber oft durch ein Abwechslungsprinzip unterbrochen, wie Antonio La Penna richtig bemerkt hat³⁹. Die Vv. 259–272 z.B. kreisen um die Thematik der Blendung, und es wird angespielt auf Phoenix, Oedipus, Tiresias, Phineus, Polymestor, Polyphemos, die Kinder von Phineus, Thamyras und Demodocus⁴⁰. Auf diese 38 39 40

García Fuentes 1986. La Penna Ibis 1957, S. XLVI–XLIX. Ov. Ib. 259–272 id quod Amyntorides videas trepidumque ministro / praetemptes baculo luminis orbus iter. / Nec plus adspicias quam quem sua filia rexit, / expertus scelus est cuius uterque parens; / qualis erat, postquam est iudex de lite iocosa / sumptus, Apollinea clarus in arte senex, / qualis et ille fuit, quo praecipiente columba / est data Palladiae praevia duxque rati, / quique oculis caruit, per quos male viderat aurum, / Inferias nato quos dedit orba parens; / pastor ut Aetnaeus, cui casus ante futuros / Telemus Eurymides vaticinatus erat; / ut duo Phinidae, quibus idem lumen ademit / qui dedit; ut Thamyrae Demodocique caput.

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III. Kurze Einleitung zu Ovids Ibis

folgt ein γρῖφος über Uranus, den sein Sohn Saturnus entmannt hat, ohne eine direkte inhaltliche Verbindung⁴¹, und die dirae setzen mit einer Gruppe von Gestalten fort, die ertrunken sind oder in Gefahr waren zu ertrinken (Ceyx, Ulixes)⁴². Die gleiche Thematik kann wiederauftauchen, so dass z.B. weitere Gestalten, die ertrunken sind oder in der Gefahr waren zu ertrinken, in den Vv. 463–464 (Perseus und Tenes oder Anius, Gestalten, die in eine Truhe eingeschlossen und in die See geworfen worden sind)⁴³ und in den Vv. 589–594 (Leander, ein komischer Dichter, vielleicht Eupolis oder Terenz, Palinurus)⁴⁴ erscheinen. Zahlreich sind auch die Mythen, auf die der Dichter zweimal anspielt⁴⁵. Eine andere Stoffanalyse ist von María Cruz García Fuentes vorgeschlagen und mit der Grundidee durchgeführt worden, dass die Häufigkeit, nach welcher eine Straf- oder Todesart vorkommt, ihrer Wichtigkeit entspreche⁴⁶.

5. DIE QUELLEN Das komplexe Problem der Quellen von Ovids Ibis⁴⁷ spielt eine fundamentale Rolle für die Auslegung und das Verständnis dieses gelehrten Werks, insbesondere der Vv. 251–638. In der langen Reihe von dirae, die in V. 251 beginnt, kann man grundsätzlich zwei Arten von Anspielungen klassifizieren: eine historische und eine mythologische, ohne dass es eine feststehende Grenze zwischen Mythos und Geschichte gibt. Das bedeutet selbstverständlich auch, dass es nicht möglich ist, a priori den direkten Gebrauch von historiographischen bzw. mythographischen Werken als Quellen für den Inhalt festzustellen. Andere Dichter, vermutlich hellenistische, deren Werke Ovid gelesen hat, haben möglicherweise diese historiographischen Quellen benutzt. Das Problem kompliziert sich weiter, weil wir weder die historiographischen Werke, aus denen manche hellenistischen Dichter oder Ovid selbst schöpfen konnten, noch die poetischen – die Lektüre Ovids – besitzen bzw. überhaupt kennen.

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Ov. Ib. 273–274 sic aliquis tua membra secet, Saturnus ut illas / subsecuit partes, unde creatus erat. Ov. Ib. 275–278 nec tibi sit tumidis melior Neptunus in undis, / quam cui sunt subitae frater et uxor aves; / sollertique viro, lacerae quem fracta tenentem / membra ratis Semeles est miserata soror. Ov. Ib. 463–464 aut ut Abantiades, aut ut Cycneius heros, / clausus in aequoreas praecipiteris aquas. Der Name Cycneius ist unsicher, und eine andere Lesart wäre Lyrceius, also Anius, der Sohn von Apollo und Rhoio (siehe La Penna Ibis 1957, comm. ad loc., S. 117–118). Ov. Ib. 589–594 si qua per alternos pulsabitur unda lacertos, / omnis Abydena sit tibi peior aqua. / comicus ut liquidis periit, dum nabat, in undis, / et tua sic Stygius strangulet ora liquor. / aut, ubi ventosum superaris naufragus aequor, / contacta pereas, ut Palinurus, humo. Polydorus und Polymestor 267 und 579; Polyphem 269 und 387; Minos 289 und 509; Prometheus 291 und 543; Phalaris und Perillus 439 und 437; Ajax 339 und 617; Marsia 343 und 551; Herkules 347 und 605; Orestes 348 und 527; Makareus 357 und 562; Thyestes 359 und 429; Atalanta 371 und 457; Diomedes 381 und 401; Tydeus und Melanippus 427 und 515; Lycaon 431 und 473; Attis 455 und 507; Krotopus und Psamathe 480 und 573; Orpheus und Eurydike 482 und 600; Astyanax 496 und 564; Adon 503 und 565. García Fuentes 1992 1. Teil, S. 143–153; García Fuentes 1992 2. Teil. Zipfel 1910; La Penna Ibis 1957, S. LVI–LXXI.

5. Die Quellen

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Was die poetischen Quellen betrifft, dürfen wir an manche hellenistische Dichter denken, aufgrund der Gattungsaffinität besonders an Euphorion von Chalkis (ca. zwischen 275 und 268 geboren), Kallimachos (um 320 v.Chr.–nach 245) und Nikandros von Kolophon (Mitte des 2. Jh. v.Chr.)⁴⁸, neben den Werken von Homer, Hesiod, den Tragikern⁴⁹ und Vergil, die ein allgemeines Kulturgut darstellten, und von denen der Autor der metamorphoses eine sehr profunde Kenntnis hatte. Dies zeigen die zahlreichen Anklänge und Anspielungen an die oben genannten Autoren, die sich in der Ibis ermitteln lassen. Der von Ovid für seine geschichtlichen exempla gebrauchte Stoff könnte aus poetischen Quellen oder unmittelbar aus einigen Geschichtsschreibern geschöpft worden sein. Insbesondere für die Nachrichten über Dichter, Philosophen und politische Figuren (Staatsmänner, Könige, Tyrannen) denke man an Biographien, wie Satyrus’ vita Euripidis oder die anonymen Biographien, die in den Papyri entdeckt worden sind⁵⁰. An dieser Stelle ist eine weitere Betrachtung hilfreich: Die unmittelbare Verwendung vieler Quellen ist auch mit der Möglichkeit für den Dichter verknüpft, auf bestimmte Texte zugreifen zu können, und deswegen auch mit der Datierung verbunden (siehe § III.1.). Als Ovid die Ibis verfasst hat (vorausgesetzt, dass unsere Datierung korrekt ist), befand er sich am Anfang seines Aufenthaltes in Tomi, auf jeden Fall fern von Rom und von dessen Bibliotheken, d.h. er konnte nur auf wenig Literatur zugreifen. Obwohl wir nur knappe Informationen über die Dynamik des Büchermarktes in der Antike haben, können wir vermuten, dass Tomi in den ersten zehn Jahren des 1. Jh. n.Chr. wegen seiner peripheren Lage keine große Auswahl an volumina anbot. Die Blütezeit des literarischen Lebens in den römischen Provinzen und die hierfür erforderliche Verbreitung der Bücher fällt in eine spätere Zeit, nämlich in das 2. Jh. n.Chr.⁵¹. Die Klagen des Dichters über den Mangel an Büchern, die eine reelle Grundlage jenseits des literarischen τόπος haben müssen, bestätigen die Vermutung⁵². Dass er Texte aus Rom erhielt, ist nicht auszuschließen, jedoch hätten sie einen langen Weg zurücklegen müssen. Davon haben wir jedenfalls keine Nachricht. Die Quellenfrage war ein bevorzugtes Forschungsgebiet des 19. Jh. und des frühen 20. Jh.: In den zwanziger Jahren des 20. Jh. erregte ein fragwürdiges Buch von Augusto Rostagni eine Debatte über die Ibis, die Scholien und deren Wert. Die von 48 49 50

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Was die aetia angeht, siehe § IV.2., S. 126, Fußnote 79. Eine Anspielung im Proömium der Ibis auf die iambi des Kallimachos ist neulich von Yannick Durbec (Durbec 2010) erkannt worden. Richmond 1959, S. 10–16. Zu P.Oxy. 1176 (M-P³ 1456 = LDAB 3905) und besonders P.Oxy. 1800 + 2081 (M-P³ 2070 = LDAB 5102). Dazu siehe Arrighetti 1977 Erudizione. Zur griechischen Dichterbiographie siehe Lefkowitz 1976; 1978; 1981. Zu den biographischen Papyri von politischen Figuren und Philosophen siehe die zwei Bände von Italo Gallo (Gallo Frammenti 1975–1980). Kleberg 1977, S. 59–60. Ov. trist. 3.14.37–38 non hic librorum, per quos inviter alarque, / copia: pro libris arcus et arma sonant; trist. 5.12.53–54 non liber hic ullus, non qui mihi commodet aurem, / verbaque significent quid mea, norit, adest. Derselben Meinung ist auch Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff (von Wilamowitz 1962, S. 100), der aber danach zu anderen Schlussfolgerungen kommt.

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III. Kurze Einleitung zu Ovids Ibis

Rostagni formulierte Hypothese besagt, dass die Ibis Ovids die Übersetzung mit Änderungen und Zutaten eines griechischen Gedichtes ῏Ιβις sei, das zu Ovids Zeit als Werk von Kallimachos gegolten habe, und stützt sich hierbei auf eine Interpretation der Vv. 57–60, insbesondere der Bedeutung von imitari, Rostagnis Erachtens: „übersetzen, übertragen“⁵³. Diese griechische ῏Ιβις sei, so Rostagni, in Wirklichkeit in der ersten Hälfte des 2. Jh. von einem Nachahmer des Kallimachos verfasst worden. Der Beweis für diese Zuschreibung und Datierung wäre der γρῖφος über Achaeus, den Regenten von Antiochus III., welcher sich gegen Antiochus III. erhob und von diesem am Flusse Pactolus bei Sardi im Jahre 214 v.Chr. gefoltert und umgebracht worden ist⁵⁴. Rostagnis Gedankengang nach hätte Kallimachos (um 320 v.Chr.–nach 245) das Ereignis nicht verwenden können, also sei die ῏Ιβις, Ovids Modell, nicht von Kallimachos, sondern von einem Imitator verfasst worden⁵⁵. Der Titel Ibis, so Rostagni weiter, habe keine Verbindung mit dem Vogel Ibis, sondern sei eher der Name eines fingierten Feindes libyscher Herkunft und diene dem Zweck der ἀραί. Die Scholien seien entsprechend die Übersetzung griechischer Scholien und gelehrten Inhalts⁵⁶. Diese Hypothese wurde sofort, besonders von Alfred Housman, vernichtend kritisiert, und daraus entstand, wie gewöhnlich, eine querelle unter Gelehrten, die zuweilen ins Vulgäre verfiel⁵⁷. Heutzutage erhält Rostagnis Interpretation auch wegen der Papyrusfunde⁵⁸ keine Zustimmung mehr; es ist ihm jedoch immer noch als Verdienst anzurechnen, das Interesse für dieses Gedicht geweckt und zur Klärung mancher schwieriger Stellen beigetragen zu haben.

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Ov. Ib. 57–60 utque ille, historiis involvam carmina caecis, / non soleam quamvis hoc genus ipse sequi. / Illius ambages imitatus in Ibide dicar / oblitus moris iudiciique mei. Rostagni 1920, S. 12: „I Latini non ponevano una chiara differenza fra imitazione e traduzione. L’arte di tradurre con fedeltà e con obiettività non la conoscevano. Per volgere nella loro lingua un originale greco rimaneggiavano, adattavano, abbreviavano, amplificavano […]. Analogamente, imitare non era soltanto prendere da un modello lo spunto o il motivo dei propri scritti: era un ripetere con maggiori o minori variazioni, richieste dalla lingua e dalle circostanze diverse, quel modello stesso“. Ov. Ib. 299–300 more vel intereas capti suspensus Achaei, / qui miser aurifera teste pependit aqua. Rostagni 1920, S. 46–53; besonders S. 52: „L’Ibis imitato da Ovidio ed annoverato dagli storici fra le opere di Callimaco non era opera autentica di Callimaco. Fu composto nella prima metà del II secolo av. Cr. da un imitatore del poeta di Cirene, il quale nella forma delle ἀραί molto in voga a quel tempo e già abusata da Euforione, pensò sfoggiare, originalmente, il suo ricco patrimonio di erudizione antiquaria“. Rostagni 1920, S. 65: „gli scolii dell’Ibis ovidiano, nella loro parte sostanziale (esclusi cioè i pochi e tardivi autoschediasmi e le poche ed eterogenee citazioni da Ovidio, Virgilio, Stazio), altro non sono se non la traduzione degli scolii greci che naturalmente dovevano accompagnare l’Ibis pseudocallimacheo, e che naturalmente erano forniti di copiose citazioni da Callimaco e da altri poeti greci: fossero questi scolii opera di Teone oppure di Achibio o di chi altri si vuole, non molto dopo il principio dell’êra volgare“. Siehe besonders S. 65–68. Die querelle läßt sich so beschreiben: einerseits Heinze 1921; Housman 1921; Perrotta 1925, besonders S. 140–155; andererseits Reinach 1920; Funaioli 1921; Lenchantin de Gubernatis 1921; Immisch 1920 und die Antwort von Rostagni gegen Housman (Rostagni 1922). Rostagni kam auf das Thema zehn Jahren später kurz zurück (Rostagni 1932). Aristide Calderini zeigt Stärken und Schwächen von Rostagnis Werk in einem sehr ausgewogenen Beitrag (Calderini 1921). Siehe § IV.2., S. 126–126.

5. Die Quellen

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Ebenfalls mit der Vorstellung einer reichen Bibliothek, aus welcher geschöpft werden konnte, ist – genausowenig überzeugend – die Vermutung über die Kompositionsmethode Ovids von Ulrich von Wilamowitz-Moellendorf entstanden, nach welcher der Dichter „einen Helfer hatte, der ihm dieses Material zusammentrug“⁵⁹. Wilamowitz erklärt aber weder, wer genau das gewesen sein könnte (ein Sklave? ein Freund?), noch, wo dieser „Helfer“ die Texte auffand. Ovid erwähnt in seinen eigenen Werken keine derartige Person, und die Meinung, nach der dieser „Helfer“ dem mit der Abfassung beschäftigten Dichter die Mythen verschafft hätte, ist wenig plausibel. Eine eventuell mögliche Figur für diesen „Helfer“ wäre ein Sklave mit der Aufgabe, unter Anleitung Ovids in den cistae nach den volumina zu suchen, sie vorzulesen oder nach Ovids Diktat zu schreiben⁶⁰. Der einzige Präzedenzfall für eine derartige Hilfe, den Wilamowitz aber nicht erwähnt, ist Parthenius aus Nicaea (oder aus Myrlea, 1. Jh. v.Chr.–1. Jh. n.Chr.), der mit seinen ἐρωτικὰ παθήματα Cornelius Gallus eine mythologische Sammlung als Hilfe für die Verfassung seiner Werke anbieten wollte. Wie man sieht, sind die Umstände sehr unterschiedlich. Auf jeden Fall bleibt die Frage nach der Grundlage von Wilamowitz’ Meinung ohne Antwort. Seine apodiktisch vorgestellte Vermutung stützt sich weder auf Beweise noch auf Indizien, aber aus Vollständigkeitsgründen und wegen des Ranges von Wilamowitz ist sie dennoch erwähnenswert. Außer der Hypothese, Ovid habe zahlreiche Texte konsultiert, ist jene aufgestellt worden, dass Ovid ein Lexikon der Mythologie gebraucht habe, meiner Meinung nach aber ohne überzeugende Argumente⁶¹. Es scheint mir, dass dies eher die Projektion unserer eigenen Gewonheit ist, bei Bedarf auf ein gutes Lexikon zurückzugreifen. Es ist viel vernünftiger anzunehmen, dass ein poeta doctus wie Ovid die griechische Literatur, von Homer bis zu Euphorion, und die lateinische beherrschte und eine sehr profunde Kenntnis der Mythologie unter Einschluss der raren Variante hatte, dass er die so genannten Quellen weit im Voraus gelesen und so verinnerlicht hatte, dass sie ihm immer präsent waren, auch dann, wenn er sie nicht mehr konkret vor Augen hatte. Eine letzte Überlegung könnte diese Annahme stützen: Als Ovid die Ibis (10 oder 11 n.Chr.–12 n.Chr.) gedichtet hat, hatte er die metamorphoses (etwa zwischen 2 und 8 59 60 61

Von Wilamowitz 1962, Bd. 1, S. 101. Zu den Verfassungsmethoden in der Antike und dem aktuellen status quaestionis siehe Dorandi 2007, S. 47–64. Siehe Zipfel 1910, S. 48ff.; La Penna Ibis 1957, S. LVIII–LX. Alan Cameron vermutet, dass Ovid sich mit den διηγήσεις zu Kallimachos geholfen haben könnte: „But suppose that, when writing the Ibis, he wanted to check the story of Limone and the horse. Suppose too that, in order to maintain his tone of mystification, he decided to conceal her name behind a patronymic (Hippomeneïde, 335) and so needed to know her father’s name. He could always go direct to the Aetia, but that might take a while in a four-book poem that included scores of different stories in apparently random sequence. The obvious shortcut was to consult the Diegeseis, which might give him all he wanted in a matter of moments, and at the very least would tell him exactly where to look in the poem itself“ (Cameron 2004, S. 183). Die Hypothese, dass Ovid Lexika der Mythologie für die Komposition seiner Werke verwendet habe, ist schon von Hermann Kienzle (Kienzle 1903, S. 15ff.) formuliert worden. Dass Ovid Dichtung, besonders hellenistische, mithilfe von ὑπομνήματα gelesen hat, ist sehr wahrscheinlich. Zum Gebrauch von Kommentierungsmaterial zu Apollonios von Rhodos seitens Valerius Flaccus siehe Bessone 1991.

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III. Kurze Einleitung zu Ovids Ibis

n.Chr.) bis auf die Revision beendet (es fehlte nur die suprema manus) und befand sich bereits in der Mitte der fasti⁶², für deren Abfassung er schon viel Material eingehend studiert haben musste, wie es aufgrund der zahlreichen Zitate und Anklänge an Werke der griechischen und lateinischen Literatur offensichtlich erscheint. Die Tatsache, dass die Menschen der Antike ganze Passagen in dichterischen Werken meist korrekt auswendig kannten, muss nicht verwundern, wenn man berücksichtigt, dass sich die vorwiegend rhetorisch und literarisch geprägte Erziehung auf das Auswendiglernen der traditionellen Werke stützte: Horaz z.B. erinnert sich daran, wie er und seine Schulkameraden die carmina Livi auswendig lernen mussten⁶³. Der notgedrungene Verzicht auf weitere Quellen und die Eigenheit der Mnemotechnik der Antike könnten möglicherweise einige Fehler⁶⁴ in der Ibis erklären, die dem Autor in wenigen Fällen unterlaufen sind, wenn es sich nicht um sehr feine γρῖφοι handelt. Ein „Fehler“ könnte immer auch ein (noch) schwieriges Rätsel sein, das unter Verwendung rarer Traditionen und preziöser historisch-mythischer Varianten gedichtet wurde: eine Mythenkorrektur, um den neulich von Martin Vöhler und Bernd Seidensticker in die Forschung eingeführten Begriff zu benutzen⁶⁵. Ovid selbst bezeichnet am Ende der langen Reihe von dirae (251–639) seinen libellus als subitus⁶⁶, im Sinne von ,einem labor limae nicht ausgesetzt‘. Als solcher wird der Begriff auch von Plinius verwendet⁶⁷, um eine Rede als eine zu kennzeichnen, die keiner langen Bearbeitung unterzogen wurde. Jenseits des literarischen τόπος, demzufolge manche Autoren, wie z.B. Chrysippus, Lucilius und Cicero⁶⁸, ihr Werk als rasch und ohne labor limae komponiert darstellen, haben wir keinen Grund zu der Annahme, dass die Ibis einer langwierigen, von der Konsultation vieler anderer Texte begleiteten Bearbeitung unterzogen worden sein könnte.

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Von Albrecht 2012, S. 664; zumVerhältnis der Exilwerke zu den Metamorphosen und den Fasten siehe Hinds 1999. Hor. epist. 2.1.69–71 non equidem insector delendave carmina Livi / esse reor, memini quae plagosum mihi parvo / Orbilium dictare […]. Siehe von Wilamowitz 1962, Bd. 1, S. 101, Fußnote 1; den Kommentar von La Penna und von Carol Jean Gordon zu den Vv. 295–296; 511–512; 427–434; 475–476. Vöhler-Seidensticker 2005. Ov. Ib. 639–640 haec tibi tantisper subito sint missa libello, / inmemores ne nos esse querare tui. Plin. epist. 1.16.2 audiui causas agentem [scil. Pompeium Saturninum] acriter et ardenter, nec minus polite et ornate, siue meditata siue subita proferret. Subitus bei Ovid in Sinne von „rasch, in Eile vorbereitet“ in epist. 3.103 per tamen ossa viri subito male tecta sepulcro, / semper iudiciis ossa verenda meis; fast. 6.531–532 liba sua properata manu Tegeaea sacerdos / traditur in subito cocta dedisse foco. D. L. 7.181 ἡ δὲ παρεδρεύουσα πρεσβῦτις αὐτῷ, ὥς φησι Διοκλῆς, ἔλεγεν ὡς πεντακοσίους γράφοι στίχους ἡμερησίους; Hor. sat. 1.4.9–10 nam fuit [scil. Lucilius] hoc vitiosus: in hora saepe ducentos, / ut magnum, versus dictabat stans pede in uno; Plu. Cic. 40 τῇ δὲ πρὸς τὴν ποίησιν εὐκολίᾳ [scil. Κικέρων] παίζων ἐχρῆτο· λέγεται γάρ, ὁπηνίκα ῥυείη πρὸς τὸ τοιοῦτον, τῆς νυκτὸς ἔπη ποιεῖν πεντακόσια.

6. Die Kenntnis der Ibis

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6. DIE KENNTNIS DER IBIS Die Geschichte des literarischen Fortlebens der Ibis umfasst selbstverständlich nur einen geringen Aspekt der weiten und reichen Ovidrezeption, und die dünnen Fäden von Zitaten, Anklängen und Reminiszenzen, welche die Ibis in anderen Werken gezogen hat und dank derer ihre Kenntnis seitens anderer Leser rekonstruierbar ist, sind im Grunde schon von der bisherigen Forschung entdeckt worden, so dass es an dieser Stelle unnötig ist, sie ausführlich zu wiederholen. Ich beabsichtige, hier nur in groben Zügen die bisherigen und treffenden Ergebnisse darzulegen und diesen noch weitere hinzuzufügen, wie im Fall von Silius Italicus, Claudian und den Sprichwörtern, damit in Auseinandersetzung mit der Forschung ein vollständiges Bild entsteht. Antonio La Penna hat schon gegen die Parallelstellenverzeichnisse von Robinson Ellis (1881) und Friedrich Walter Lenz (1956) den treffenden Einwand erhoben, dass die angegebenen Stellen größtenteils kein Beweis für eine Lektüre der Ibis seien⁶⁹, und in dieser Hinsicht stimme ich La Pennas Einwand zu. Meinerseits habe ich die bisherigen Parallelstellenverzeichnisse erneut kontrolliert und außerdem alle Parallelstellen im Lateinischen Hexameter-Lexikon⁷⁰ geprüft. Eine Wiederaufnahme kann als solche bewiesen werden, indem neben formellen Übereinstimmungen gezeigt wird, dass die betreffende Stelle nur auf die Ibis verweist, d.h. dass man die Herkunft aus anderen Werken ausschließt und mittels Rekontextualisierung beweist, dass semantische Verbindungen zwischen den beiden Texten bestehen⁷¹. Meine Prüfung hat ergeben, dass einerseits kein weiteres echtes Zitat in den dichterischen Texten (zumindest in den bisher edierten) aufgefunden werden kann und dass andererseits wahrscheinlich noch einige weitere Anklänge von mir ans Licht gebracht werden können.

6.1.

Die Antike

Der Behauptung von Robinson Ellis „Ouidianae Ibidis apud ueteres rarissima mentio“⁷² kann zugestimmt werden. Nur wenige sichere Beweise hat man dafür, dass die Ibis in der Kaiserzeit bekannt war und gelesen wurde. Das Oxymoron des „toten Lebendigen“ der Ibis⁷³ scheint auf Seneca (4/5 v.Chr.– 65 n.Chr.) gewirkt zu haben. Mindestens zwei Stellen bezeugen dies, sofern die Epi69

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La Penna Ibis 1957, S. LXXXV–LXXXVII: „credo che siano da scartarsi la maggior parte dei confronti finora fatti dagli studiosi; in parte perché essi non sussistono, in parte si spiegano con la derivazione da altre opere ovidiane ben più note“. Dieses Lexikon von Otto Schumann (Schumann 1979–1983) verzeichnet dichterisches Formelgut (incipit, iuncturae, clausulae) in chronologischer Anordnung von Ennius bis zum Archipoeta (zwischen 1125 und 1135–nach 1165). Die Bibliographie zu den theoretischen Ansätzen des literarischen Fortlebens in der Antike ist schier grenzenlos; hier werden nur ein einige wichtige Beiträge erwähnt: Pasquali 1942; ConteBarchiesi 1989, S. 81–114; Hinds 1998. Ellis Ibis 1881, S. L. Ov. Ib. 16 Non patitur vivi funera flere viri.

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III. Kurze Einleitung zu Ovids Ibis

gramme echt sind: die Worte des Oedipus zu Antigone in den Phoenissae, wo der tragische Held sich selbst als toten Lebendigen kennzeichnet⁷⁴, und das identische Bild, in dem Seneca im Epigramm 2 im Exil von sich selbst spricht⁷⁵. Eine weitere Reminiszenz kann man in der von Creon berichteten Verwünschung des Oedipus durch Laius im Oedipus sehen⁷⁶, wo Seneca das Bild vom blinden Phoenix⁷⁷ wieder aufnimmt und auf Oedipus überträgt. Vielleicht spielt auch Silius Italicus (26–102 n.Chr.) auf die Ibis an, indem er das Bild der langsamen Agonie im Sinne hat, die Ovid Ibis wünscht: Im 6. Buch der Punica bringt Marus, ein alter ausgedienter miles von Regulus, dem Serranus, dessen verletztem Sohn, Hilfe und erzählt ihm von den Heldentaten des Vaters⁷⁸. In der Schilderung der furchtlosen virtus von Regulus vor der Folterung und dem Tode scheint ein Anklang an die Ibis vorhanden zu sein⁷⁹: In der ganzen lateinischen Literatur kommen nur an diesen zwei Stellen Darstellungen mit solchen Begriffen vor, und die variatio (relucto statt lucto und auf die Glieder der Sterbenden bezogen) wird von Silius geschickt ausgeführt. Die Ibis scheint Martial (40 n.Chr.–um 103) an mehreren Stellen und auf verschiedene Arten inspiriert zu haben. Das ganze Epigramm 10.5 weist nicht nur wörtliche Anklänge und Reminiszenzen an die Ibis auf, sondern auch Inhalts- und Bildanalogien. Es ist als eine kurze Reihe von Verwünschungen gegen Dichter aufgebaut, die respektlose Verse gegen Matronen oder Behörden verfasst haben. Man kann in diesem Epigramm ein dünnes Anspielungsnetz erkennen und sehen, wie Martial das Prinzip der imitatio cum variatione in der Verfassung dieses Epigramms hat spielen lassen. Einige wörtliche Anklänge an die Ibis und zahlreiche mehr oder weniger unmittelbar entnommene Bilder sind zu bemerken: so die bessere Lage der Toten im Vergleich mit dem Schicksal des Adressaten, die Fortsetzung der Marter im Jenseits, der Streit der Aasfresser um dessen Leiche, die Strafe des Sisyphus, das von den Furien erzwungene Geständnis, die Lage der Bettler und Verbannten⁸⁰. 74 75

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Sen. Phoen. 94–98 […] funus extendis meum / longasque uiui ducis exequias patris. / aliquando terra corpus inuisum tege; / peccas honesta mente, pietatem uocas / patrem insepultum trahere […] Anth. 236.7–8 Riese parce relegatis; hoc est: iam parce solutis! / vivorum cineri sit tua terra levis!. Für die textkritischen Probleme des Verses 7 weise ich auf den Apparatus von Alexander Rieses (und David Roy Shackleton Baileys) Ausgabe hin. In seinen Forschungen über die Epigramme hat Alfred Breitenbach die Ibis-Stelle nicht in Betracht gezogen (Breitenbach 2009, S. 34–36; Breitenbach 2010, S. 86–87). Sen. Oed. 656–657 […] reptet incertus uiae, / baculo senili triste praetemptans iter. Ov. Ib. 259–260 id quod Amyntorides videas trepidumque ministro / Praetemptes baculo luminis orbus iter. Sil. 6.123–126 […] sacer ille et numine nullo / inferior tuus ille parens decora alta parauit / restando aduersis nec uirtutem exuit ullam, / ante reluctantes liquit quam spiritus artus. Ov. Ib. 125–126 luctatusque diu cruciatos spiritus artus / deserat et longa torqueat ante mora. Mart. 10.5.8–9 vocet beatos clamitetque felices, / Orciniana qui feruntur in sponda – Ov. Ib. 123– 124 causaque non desit, desit tibi copia mortis: / optatam fugiat vita coacta necem; Mart. 10.5.13 nec finiantur morte supplicis poenae – Ov. Ib. 161 his vivus furiis agitabere, mortuus isdem und Ov. Ib. 195–196 nec mortis poenas mors altera finiet huius, / horaque erit tantis ultima nulla malis; Mart. 10.5.10–12 at cum supremae fila venerint horae / diesque tardus, sentiat canum litem / abigatque moto noxias aves panno – Ov. Ib. 169–172 unguibus et rostro tardus trahet ilia vultur, / et scindent avidi perfida corda canes, /deque tuo fiet (licet hac sis laude superbus) / insatiabilibus corpore rixa

6. Die Kenntnis der Ibis

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Außerdem erzählt Martial im Epigramm 11.82 von einem Freund, der betrunken das Treppenhaus heruntergestürzt ist, und vergleicht ihn mit dem Mythos von Elpenor, einem Gefährten des Ulixes⁸¹. Nach der homerischen Erzählung war dieser auf dem Dach des Palastes betrunken schlafen gegangen, wegen des Radaus der Genossen aus dem Schlaf aufgefahren und vom Dach herabgefallen⁸². Martial hingegen scheint genau Ovid zu folgen, der sich von der homerischen Tradition entfernt, wenn er Ibis wünscht, dass er das Treppenhaus herunterstürzen möge⁸³. Auch der anonyme Dichter der nux hat die Ibis produktiv rezipiert⁸⁴. Wie bei anderen Gedichten der appendix Ovidiana (consolatio ad Liviam, epicedion Drusi und ferner die de vetula) ist der Zweck der imitatio unklar (absichtliche Falsifikation, Schulprodukt o.a.), und die Art der Wiederaufnahme differiert: Von den abgehäuteten Glieder des Marsyas, die im Selbstporträt des Baumes, welcher über seine von Steinwürfen entrindeten Äste klagt, als Reminiszenz wieder auftauchen⁸⁵, bis zu Versen, die fast wörtlich wiederaufgenommen und unter Verlust der ursprünglichen Metapher in einen neuen Kontext versetzt werden⁸⁶.

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lupis; Mart. 10.5.15 Nunc inquieti monte Sisyphi pressus – Ov. Ib. 175 Sisyphus est illic saxum volvensque petensque; Mart. 10.5.18 et cum fateri Furia iusserit verum – Ov. Ib. 183–184 hic tibi de Furiis scindet latus una flagello, / ut sceleris numeros confiteare tui; Mart. 10.5.3–5 erret per urbem pontis exul et clivi, / interque raucos ultimus rogatores / Oret caninas panis inprobi buccas – Ov. Ib. 113–114 exul inops erres alienaque limina lustres, / exiguumque petas ore tremente cibum und Ov. Ib. 417–418 qualis erat nec non fortuna binominis Iri, / quique tenent pontem, † quae tibi maior erit †. Mart. 11.82 a Sinuessanis conviva Philostratus undis / conductum repetens nocte iubente larem/ paene imitatus obît saevis Elpenora fatis, / praeceps per longos dum ruit usque gradus. / Non esset, Nymphae, tam magna pericula passus, / si potius vestras ille bibisset aquas. Hom. Od. 10.552–560 ᾿Ελπήνωρ δέ τις ἔσκε νεώτατος, οὔτε τι λίην / ἄλκιμος ἐν πολέμῳ οὔτε φρεσὶν ᾗσιν ἀρηρώς, / ὅς μοι ἄνευθ᾿ ἑτάρων ἱεροῖς ἐν δώμασι Κίρκης / ψύχεος ἱμείρων, κατελέξατο οἰνοβαρείων· / κινυμένων δ᾿ ἑτάρων ὅμαδον καὶ δοῦπον ἀκούσας / ἐξαπίνης ἀνόρουσε καὶ ἐκλάθετο φρεσὶν ᾗσιν / ἄψορρον καταβῆναι ἰὼν ἐς κλίμακα μακρήν, / ἀλλὰ καταντικρὺ τέγεος πέσεν· ἐκ δέ οἱ αὐχὴν / ἀστραγάλων ἐάγη, ψυχὴ δ᾿ ῎Αϊδόσδε κατῆλθεν. Ov. Ib. 485–486 neve gradus adeas Elpenore cautius altos, / vimque feras vini quo tulit ille modo. Ich gehe davon aus, dass die nux unecht ist (vgl. den Index des ThLL) und post Ovidium anzusetzen ist. Die Meinungen der Kritik über dieses und die anderen Gedichte der so genannten appendix Ovidiana sind unterschiedlich, man schwankt zwischen der Zuschreibung an Ovid und der Datierung ins Mittelalter. Martin Pulbrook, der letzte Herausgeber dieses Textes, liefert alle bibliographischen Auskünfte über diese Frage (Pulbrook 1985, S. 29–39). Nux 37–38 at mihi saeva nocent mutilatis volnera ramis, / nudaque deiecto cortice ligna patent – Ov. Ib. 551–552 nudave derepta pateant tua viscera pelle, / ut Phrygium cuius nomina flumen habet. Nux 132–133 at simul induimus nostris sua munera ramis, / saxa novos fructus grandine plura petunt – Ov. Ib. 467–468 aut te devoveat certis Abdera diebus, / saxaque devotum grandine plura petant.

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III. Kurze Einleitung zu Ovids Ibis

6.2. Die Spätantike Was die Kenntnis der Ibis in der Spätantike anbelangt, lassen sich ebenfalls nur noch wenige Spuren finden. Die indirekte Überlieferung ist sehr arm: Erhalten sind tout court zwei Zitate der Ibis im grammatischen Werk von Eutyches ars de verbo in der Mitte des 6. Jh., der häufig Ovid zitiert. Die Verse werden hier als Sprachbeispiele verwendet⁸⁷. Ausonius (310–393/4 ca.) scheint die Ibis in anderer Weise als die bisher behandelten Dichter zu imitieren: Im 21. carmen der parentalia⁸⁸, seinen Schwägern gewidmet, überträgt er einen Vers der Ibis⁸⁹ auf den angeheirateten Schwager – bei Ovid ist er gegen den verhassten Gegner gerichtet –, um ohne Hass oder Verleumdung ein mildes obsequium gegenüber dem verstorbenen Verwandten auszudrücken. Im 4. Jh. schildert Pacatus in den Paragraphen 40–42 des panegyricus auf Theodosius (389 n.Chr.) die Verdienste der Fortuna, die zu den Erfolgen von Theodosius gegen Maximus den Usurpator, den Mörder des Kaisers Gratianus, beitrug. Fortuna habe den Sinn von Maximus stumpf gemacht und ihn daran gehindert, Selbstmord zu begehen, damit Theodosius selbst habe Rache üben können. Der Panegyriker fügt auch die Möglichkeit hinzu, dass Gratianus selbst Maximus verwirrt und vom Vorhaben abgebracht haben könnte, der Strafe durch Selbstmord zu entgehen. Er schildert das Gespenst, das erscheint und samt den Furien von Maximus Besitz ergreift⁹⁰. In dieser Darstellung sind Anklänge an das Bild von Ovid als „Verfolgergespenst“ seines Gegners Ibis enthalten⁹¹. Prudentius (348–nach 405) zählt in seiner Beschreibung der Sünde in der hamartigenia⁹² auch die heidnische Beredsamkeit auf und verwendet dazu einen Vers der Ibis⁹³, tauscht aber das Subjekt (anstelle des Ibis die Beredsamkeit) und das Versmaß (anstelle des Pentameters den Hexameter) aus. Im 5. Jh. nimmt Rutilius Claudius Namatianus (floruit ca. 415 n.Chr.) das Oxymoron des schon toten Lebendigen wieder auf⁹⁴, das Ovid für die Darstellung seiner 87

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Eutyches ars de verbo 5.475.16 (= Ib. 11–12) Ovidius in Ibide participium ponit, ‘ille relegatum gelidos aquilonis ad oras / non sinit exilio delituisse meo’; Eutyches ars de verbo 5.484.2 (= Ib. 503 leto letas, Ovidius in Ibide ‘quique Lycurgiden letavit, et arbore natum’. Auson. 180.1–4 . notitia exilis nobis, Attusia, tecum, / cumque tuo plane coniuge nulla fuit. / uerum tu nostrae soror es germana Sabinae, / adfinis quoque tu, Regule, nomen habes. Ov. Ib. 62 Ibidis interea tu quoque nomen habe. Paneg. 12.42 nisi uero tu tuum, uenerabilis Gratiane, carnificem Diris comitatus ultricibus obsidebas, et irata 〈ac〉 minax umbra ob os eius oculosque fumantes infernis ignibus taedas et crepitantia torto angue flagra quatiebas. Ov. Ib. 155–160 me vigilans cernes, tacitis ego noctis in umbris / excutiam somnos visus adesse tuos. / Denique quidquid ages, ante os oculosque volabo / et querar, et nulla sede quietus eris. / Verbera saeva dabunt sonitum nexaeque colubrae, / conscia fumabunt semper ad ora faces; Ov. Ib. 183–184 hic tibi de Furiis scindet latus una flagello, / ut sceleris numeros confiteare tui. Prud. ham. 401 inde canina foro latrat facundia toto. Über Prudentius und Ovid siehe auch Salvatore 1959. Ov. Ib. 232 latrat et in toto verba canina foro. Rut. Nam. 1.517–518 adversus scopulus, damni monumenta recentis: / perditus hic vivo funere civis erat.

6. Die Kenntnis der Ibis

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Befindlichkeit als Exul verwendet hat⁹⁵. Damit unterstreicht er, dass er die Wahl eines Freundes, sich dem monastischen Leben zu widmen und sich auf die Insel Gorgona im Gebet zurückzuziehen, verabscheut. Auf der christlichen Seite widmet Orientius (2. Hälfte des 5. Jh.) den Heiden und den Götzendienern einen besonderen Raum in seiner Beschreibung der Höllenqualen und der Sünden. Er hebt durch einen gegen Ibis gedichteten Vers die schreckliche Lage der Verdammten hervor⁹⁶. Was den Einfluss Ovids auf diesen christlichen Dichter anbelangt, sind ferner die Worte Mildred Dolores Tobins, einer guten Kennerin des Orientius, zu erwähnen⁹⁷: In the Commonitorium we find proof that the influence of Ovid also had gained much ground. […] The number of certain and probable imitations from Ovid in the Commonitorium is only slightly less than that from Vergil.

6.3.

Das Mittelalter

Die Lektüre der Ibis im Mittelalter ist nur ein spezifischer Aspekt der Rezeptionsgeschichte Ovids. Vor sechzig Jahren schrieb Salvatore Battaglia⁹⁸: Nonostante siano numerose e anche autorevoli le ricerche particolari sul destino di Ovidio medievale, manca tuttavia un’opera d’insieme che possa equivalere in qualche modo al Virgilio nel Medio Evo di Domenico Comparetti.

Heutzutage ist das Vorhaben, ein erschöpfendes und gleichzeitig synthetisches Werk über die Rezeption Ovids im Mittelalter zu verfassen, trotz der Breite des Themas und besonders dank der Zusammenarbeit vieler Forscher mit dem Ovid in the Middle Ages, herausgegeben von J. G. Clark–F. T. Coulson–K. L. McKinley, gut gelungen⁹⁹. Die Ibis ist aus einsichtigen Gründen beiseite gelassen worden, und außer den in den Einleitungen zur kritischen Ausgabe von Ellis, Lenz und La Penna enthaltenen knappen Worten ist kein Beitrag zu erwähnen. Sehr wenige Spuren des kleinen Gedichtes kann man im Frühmittelalter finden. Vielleicht ist eine Reminiszenz der Ibis in einem poetischen an Modoin adressierten Brief von Theodulf (um 760–821) enthalten. Der Vers 72.15 exul, inops, pauper, tristissimus, anxius, egens beginnt mit denselben Worten wie Ovids Verwünschung des Ibis¹⁰⁰. Eine solche Wortkombination kommt in der ganzen Latinität nur bei Ovid vor, und zwar außer an der oben zitierten Stelle der Ibis noch einmal in den metamorphoses 95 96

Ov. Ib. 16 non patitur vivi funera flere viri. Orient. comm. 2.313–315 hos inter, rerum dominum quicumque negarit / summittens saxis stipitibusque caput, / ille miser vere, nec erit miserabilis ulli klingt an Ov. Ib. 117–118 sisque miser semper nec sis miserabilis ulli: / gaudeat adversis femina virque tuis. 97 Tobin Orientii 1945, S. 13. 98 Battaglia 1959, S. 186. 99 Frühere Beiträge über Teilaspekte: Manitius 1900; Wilmotte 1935; Battaglia 1959; Lehmann 1959; Monteverdi 1958; Monteverdi 1959 Aneddoti; Monteverdi Ovidio 1959; Ussani jr. 1959; Munari 1960; Demats 1973; Munk Olsen 1987; Kugler 1989; Klopsch–Briesemeister–Sauer 1993; Tilliette 1994; Gatti 2011 Ovidio. 100 MGH, Poetae Latini Aevi Carolini, tomus I; Ov. Ib. 113 exul inops erres alienaque limina lustres.

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III. Kurze Einleitung zu Ovids Ibis

(dort aber nicht an der Anfangsstelle wie in der Ibis und im Gedicht des Theodulf)¹⁰¹. Es gibt außerdem eine Kontextaffinität zwischen der Ibis und dem Brief Theodulfs, denn beide sind von einem Verbannten gedichtet – der ehemalige Bischof von Orléans wurde 818 von Ludwig dem Frommen abgesetzt, in Angers inhaftiert, und starb 821 im Exil –, während die Stelle in den metamorphoses dem planctus von Hecuba über Polyxena angehört. Der Dichter und Grammatiker Micon von Saint-Riquier († nicht vor 853) verfasste das opus prosodicum, ein prosodisches Florileg, in dem er Verse alphabetisch nach den Wörtern, deren Messung angegeben wird, angeordnet hat. Neben den Versen werden auch die jeweiligen Autoren genannt. Zum Vers 394 TEMÊTUM Pullos ovaca . dum te . meti . nempemo . do isto wird zudem Theodotus Ovidius angegeben: Die bloße Angabe bezieht sich auf die Ibis 464¹⁰². Der Vers 406 wird im Codex Reginensis Latinus 1401 des zweiten mythographus Vaticanus (2.32 Kulcsár = 2.22 Bode) in Form eines Scholions von der Hand desselben Schreibers, von dem auch der Text stammt, zitiert. Später wurde die Wirkung der Ibis mächtiger. So verfasste der Chronist Albert von Stade (Ende 12. Jh.–nach 1265) außer seinen annales, einer Weltchronik, das Epos Troilus (1249) über den Trojanischen Krieg in sechs Büchern. Der Einfluss Ovids ist erstaunlich: Die Zitate, die Anklänge und Reminiszenzen an Ovid überschreiten im Verweisapparat die an Vergil, und der Autor verwendet das elegische Distichon, ein Versmaß, das nicht der epischen Gattung entspricht. Im 6. Buch nach der Rede des Priamus gegen Antenor hebt der trojanische König die Menge des Unglücks durch einen sehr geläufigen τόπος hervor: Die Menge sei so groß, dass sie selbst für zahlreiche Münder unaussprechlich sei. Er verwendet ohne irgendeine Variation genau die Wörter, die Ovid gegen Ibis verwendet hat¹⁰³. Vincent de Beauvais (zwischen 1184 und 1194–um 1264), der französische Gelehrte und Verfasser des speculum maius, welches eine der ersten und umfassendsten Enzyklopädien des Mittelalters ist, widmet Ovid im dritten Teil, dem speculum historiale, ein Kapitel, in dem er nur skizzenhafte Informationen und eine Anthologie der Werke anbietet, wobei er verschiedene Verse der Ibis zitiert¹⁰⁴; seine Kenntnis der Ibis geht auf das florilegium Gallicum, eine große und sehr verbreitete mittelalterliche Anthologie, zurück und stützt sich insbesondere auf die Handschrift Parisinus Latinus 17903¹⁰⁵. Von dort ist auch die Zuschreibung der Gattung der invectio in Vin101 Ov. met. 13.510 nunc trahor exul, inops, tumulis avulsa meorum. 102 MGH, Poetae Latini Aevi Carolini, tomus III; der Vers 394 ist Hor. epist. 2.2.163 pullos, ova, cadum temeti: nempe modo isto. Zu Theodotus Ib. 465–466 victima vel Phoebo sacras macteris ad aras, / quam tulit a saevo Theudotus hoste necem. 103 Albertus Stadensis Troilus 6.141–148 Amphimacus sequitur, intrante palatia rege, / de rixa placiti mentio surgit ibi. / Rex ait: Antenor, audisti! quanta profudit / non nostris, facilis hostibus esse volens, / et quod pro nihilo ducamus damna, dolores / quasque tulit nobis gens inimica neces. / Nec mala voce mea poterunt tua cuncta referri, / ora licet tribuas multiplicata mihi. – Ov. Ib. 203–204 nec mala voce mea poterunt tua cuncta referri, / ora licet tribuas multiplicata mihi. 104 Nämlich die Verse 31; 34; 37–40; 43; 44; 107–118; 120; 123–126. 105 Ullman 1932, S. 16: „Vincent’s citations as given by Manitius and Merkel agree in location with those in n. The readings also agree with those of n in 43, 109, and 111, just quoted. Thus we may be sure that Vincent made use only of n for the Ibis“. Über Ovid und die Ibis im florilegium

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cents Werkverzeichnis¹⁰⁶ übernommen, weil dieser Codex derartige Inhaltsangaben enthält. Schließlich ist die Verwendung von Ovid und insbesondere der Scholien zur Ibis seitens Konrads von Mure (ca. 1210–30. März 1281) anzuführen. Er verfasste den fabularius, entsprechend dem Untertitel repertorium vocabulorum exquisitorum oratorie poesis et historiarum ein alphabetisch angeordnetes Handbuch, in dem das Wissen aus verschiedenen Disziplinen (Grammatik, Poetik, Literatur, Historiographie, Mythologie und Hagiographie) zusammengeflossen ist. Konrad macht von Ovid massiven Gebrauch für die Verfassung der Stichworte – sogar mehr als von Vergil –, wobei er die Ibis und die zugehörigen Scholien nach den metamorphoses am häufigsten als Quelle verwendet¹⁰⁷. Die Präsenz der Ibis in zwei mittelalterlichen Sprichwörtern ist ein weiteres Zeugnis für ihre Verbreitung. Im Allgemeinen sind die klassischen Texte im Mittelalter für eine Quelle von Weisheit und Stil gehalten worden, weswegen viele kurze und wirkungsvolle Wendungen extrapoliert wurden¹⁰⁸. Von einem anderen Standpunkt aus betrachtet kann man in einem spezifischen Bereich beobachten, wie häufig aus Wendungen des Primärtextes neue Texte hervorgebracht wurden: Dies wird beispielsweise deutlich, wenn man die monumentale Sammlung von Hans Walther durchblättert, die eine beeindruckende Häufung von Aussprüchen aufweist, welche unmittelbar und mittelbar aus klassischen Werken entnommen wurden. Da ein Index der zitierten Quellen fehlt, ist es allerdings schwierig, präzise Daten über die Häufigkeit von Zitaten aus Texten Ovids in dieser Sammlung zu erfassen – eine Aufgabe, die außerdem über die Grenzen dieser Arbeit hinausginge. Man kann aber nach einer ersten Analyse durchaus behaupten, dass die Sprichwörter grundsätzlich aus klassischen Werken, aus religiösen, aus juristischen Texten und nur zu einem kleinen Teil aus Werken von mittelalterlichen Autoren entnommen wurden. Unter den klassischen Autoren ragt selbstverständlich Vergil hervor, aber auch Ovid ist sehr präsent. Dieser Aspekt der Rezeption Ovids ist von der Forschung offensichtlich noch nicht in Betracht gezogen worden. Zwei Verse der Ibis sind zu Sprichwörtern geworden und als solche im Codex Salemitanus IX.62 der Universitätsbibliothek Heidelberg auf der c. 127v überliefert. Die Salemer Handschrift, die gegen Mitte des 13. Jh. verfasst wurde und, wie der Besitzvermerk beweist, dem Kloster Salem gehört, enthält auf den c. 123ra–143vb verschiedene florilegia (Rhetorik, Grammatik, Philosophie usw.), von denen eines die proverbia auctorum antiquorum enthält. Dieser Abschnitt (c. 123ra–135ra) enthält extrapolierte und zu Sprichwörtern verwandelte Verse von Dichtern, und zwar von antiGallicum siehe Burton 1983, S. 270–273. 106 Vincentius Bellovacensis speculum maius. historia naturalis, 6.108 (das Kapitel ist so nummeriert, sollte aber der logischen Abfolge gemäß mit der Nummer 106 versehen sein), S. 210 eo tempore legitur Ouidius Naſo floruiſſe; qui ſcripſit multos libros metricos. Ex quibus ſunt. De nuce libellus vnus. Inuectionis in Ibim […] De his omnibus pauca eleganter dicta, & ea præcipue quę moralia videntur excerpere, et hic inſerere volui. 107 Mayer 1916, S. 7–8: „Der Natur des Fabularius entsprechend, stammen die meisten Zitate aus Ovid, nach meiner Zählung 573, und davon wieder 162 aus den Metamorphosen und 132 aus der Ibis. Nur 7 fand ich aus den Amores. An nächster Stelle kommt Vergil mit 203 Zitaten, davon aus der Äneis 148“. Zu Konrad siehe Kleinschmidt 1985. 108 Zu den Sentenzen im Mittelalter siehe Curtius 1948, S. 67–70.

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III. Kurze Einleitung zu Ovids Ibis

ken (Vergil, Persius, Horaz, Lucan usw.) wie auch frühmittelalterlichen (Theodulus, Maximianus usw.) bzw. mittelalterlichen (Vital de Blois): Unter all diesen ist Ovid (c. 123v–127v) am häufigsten zu finden, der einzige Autor, der mehr als eine Seite in Anspruch nimmt (z.B. Vergil c. 130v, disticha Catonis c. 123r, Lucan c. 131r; teilweise auch mehrere auf einer einzigen Seite, so wie Statius und Claudianus c. 131v)¹⁰⁹. Hier kommen der Wunsch und die Drohung Ovids gegen Ibis vor. Im ersten Falle wird der ganze Vers wiedergegeben¹¹⁰, während der zweite Spruch des zweiten Hemistichion verstümmelt zu sein scheint¹¹¹. Die Salemer Handschrift scheint im Allgemeinen von dem florilegium Gallicum abzuhängen, das aber nur einen bestimmten Versabschnitt der Ibis (1–158) überliefert. Die Tatsache, dass der Vers 448 in der Salemer Handschrift vorkommt, lässt sich durch die Verwendung einer anderen Quelle bzw. Handschrift der Ibis neben dem florilegium Gallicum erklären, das diesen Vers nicht überliefert, und weist auf das Vorhandensein der Ibis in diesem Kloster im 13. Jahrhundert hin. Auch die adverbiale Redensart ab antiquo, von Víctor-José Herrero-Llorente in seiner ziemlich großen Spruch- und Ausdrucksammlung verzeichnet¹¹², scheint aus Ovids Ibis hergeleitet zu sein, da sie in der gesamten römischen Literatur nur an dieser Stelle vorkommt¹¹³, aber die genaue Quelle ist von Herrero-Llorente nicht angegeben. Im so genannten frühhumanistischen Kreis von Padua war die Ibis, so wie andere im Mittelalter nicht verbreitete Werke, bekannt, so zitiert sie Lovato Lovati (um 1240– 1309) in seinen epistulae metricae¹¹⁴ und vielleicht auch Albertino Mussato¹¹⁵. Schließlich ist noch folgendes Curiosum anzuführen: Das Stadtwappen von Avignon trägt über den zwei Adlern die Devise unguibus et rostro, die aus der Ibis 169 stammt und später auch von Filippo Picinelli (1604–1678) in seinem mundus symbolicus durch einen Zusatz leicht verändert als unguibus et rostro atque alis armatus in hostem wiedergegeben ist¹¹⁶.

109 Die Beschreibung der Handschrift findet sich in Werner 2000, S. 269–272, siehe besonders S. 271. 110 Sprichwort Nr. 8219 Walther eveniant capiti vota sinistra tuo! – Ov. Ib. 448 eveniant capiti vota sinistra tuo. 111 Sprichwort Nr. 1962 Walther bella geram tecum, nec mors… – Ov. Ib. 139 bella geram tecum; nec mors mihi finiet iras. 112 Herrero-Llorente 1995, S. 32, Nr. 78: „ : «Desde antiguo». Generalmente referido a tradiciones y costumbres“. 113 Ov. Ib. 83 denique ab antiquo divi veteresque novique. 114 Billanovich 1958, S. 159 und 231; Reynolds–Wilson 1991, S. 125: „It has been claimed that Lovato knew Lucretius, Catullus, the Odes of Horace, the whole of Tibullus, Propertius, Seneca’s Tragedies, Martial, the Silvae of Statius, Valerius Flaccus and Ovid’s Ibis“. In der zweiten Auflage (Oxford 1974) findet man diese Aussage nicht. Ich kann leider den Originaltext von Lovato Lovati nicht prüfen, da er noch unediert ist. 115 Billanovich 1958, S. 159 S. 231–232 116 Picinelli mundus symbolicus 4.36 Gryphus Scythiæ theſauros anxie cuſtodire ſolet; unde adverſus Arimaſpos, qui auro e fodinis extrahendo inhiant, aſſiduo certamine conflictatur. Emblemati integrum hunc verſum ſubſcripsere , , vel ut alii brevius , .

IV. DIE SCHOLIEN ZU OVIDS IBIS Die Scholien zur Ibis sind das wichtigste Dokument zur Rekonstruktion der Gestalt eines antiken Kommentars zu einem Werk Ovids. Sie ermöglichen es uns, die kulturellen ,Lesefilter‘ zu erahnen, durch welche die Ibis gelesen worden ist. ,Lesefilter‘ bedeutet in diesem Fall: die Weltansichten der Leser und ihre Transformationen von der Antike über das Mittelalter bis zur Renaissance, die sich in diesen Texten geschichtet haben. Die Scholien zur Ibis sind auch wertvoll für die Datierung mancher Stufe der Überlieferungsgeschichte¹.

1. ACCESSUS Im Folgenden biete ich eine kleine Abhandlung der accessus im Allgemeinen und der accessus zu Ovid und zur Ibis im Besonderen. Die Überlegungen betreffen selbstverständlich auch die Problematik der accessus zu den übrigen Werken Ovids. Sechs Handschriften (P, G, C, H, C₁, P₁), welche die Scholien zur Ibis überliefern, bieten accessus ungleichen Umfangs und unterschiedlicher Struktur: von der kurzen Bemerkung in H, die bündig nur von der materia und der intentio handelt, bis zu der ausführlicheren Abhandlung von P₁, die auch biographische Nachrichten und eine allegorische Interpretation des Vogels Ibis anbietet. Die accessus ad auctores sind selbständige Einleitungen, die Texten verschiedener Fachgebiete (Literatur, Recht, Rhetorik, Philosophie, leider auch Theologie usw.²) bzw. den zugehörigen Kommentaren vorangestellt und nach schon in der Spätantike gebrauchten Schemata entwickelt wurden. Im Mittelalter gingen solche Einleitungsteile der praelectio voran, sie stellten den ersten Kontakt des Lesers mit dem Autor dar und hatten die Funktion, dem Leser die Lektüre des Werks durch eine schematische Reihe von Informationen zu erleichtern. Diese bestanden im Wesentlichen aus Informationen zum Leben des Autors, aus Anmerkungen zu den Ursachen, welche zur Entstehung des Textes geführt hatten, aus Zusammenfassungen der Textinhalte, aus den Erläuterungen zur Absicht des Autors und zum aus der Lektüre zu erwerbenden Nutzen, aus dem Werktitel und daraus, welchem Bereich der Philosophie der Text zugeschrieben werden sollte³. Die accessus gliedern sich nach Schemata und Formeln, die sich – sei es diachron, sei es synchron, sei es schließlich nach Disziplinen – veränderten. In der Spätantike gab es grundsätzlich zwei Typologien, die eine philosophisch, die andere grammatischrhetorisch. 1 2 3

Im folgenden Kapitel werden die Handschriften der Ibis durch die Abkürzungen der Ausgabe von Antonio La Penna zitiert. Siehe auch das Handschriftenregister. Quain 1986, S. 1–2. Ghisalberti Mediaeval Biographies 1946, S. 10.

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IV. Die Scholien zu Ovids Ibis

Die philosophischen Kommentare zu Platons und Aristoteles’ Werken, von Alexandrias philosophischer Schule verfasst, gliederten sich nach einem Schema, das sehr wahrscheinlich von Ammonios (um 440–nach 517), Schüler von Proklos und Lehrer derselben Schule seit 485 n.Chr., formalisiert wurde und aus zehn Teilen, διδασκαλικά genannt, bestand⁴. Der zehnte Teil, der die κεφάλαια betraf, d.h. die Gegenstände, welche in der Einleitung zu jedem Werk des Aristoteles zu behandeln waren, wurde von Boethius (480–524 n.Chr.) in den Einleitungen zu seinen eigenen Kommentaren wiederaufgenommen. Das vollständigste Schema befindet sich in den in Porphyrii isagogen commentarii⁵ und repräsentiert die Struktur des einführenden accessus philosophischer Art. Der accessus grammatischer Art wurde aus den rhetorischen Schemata der sieben περιστάσεις oder circumstantiae⁶ von Hermagoras von Temnos (floruit in der Mitte des 2. Jh. v.Chr.) entwickelt, der mit seiner ῥητορικαὶ τέχναι, einer Abhandlung über die Rhetorik in sechs Büchern, den Römern die theoretische Anordnung der Stasislehre und die Aufteilung des forensischen Stoffes in Theseis und Hypotheseis lieferte. Diese Typologie wurde von Hermogenes von Tarsos (ca. 160–ca. 225 n.Chr.), dem Reformer der Lehre des Hermagoras, aufgegriffen, und durch die Vermittlung des römischen Rhetors Fortunatian (4. Jh. n.Chr.) und des Augustinus (354–430 n.Chr.)⁷, des Aelius Donatus (floruit 354) und des Servius (ca. 400 n.Chr.)⁸ auch später wieder aufgenommen und verwendet. Die beiden genannten Modelle von accessus, beide griechischer Herkunft, wurden im Mittelalter übernommen. In diesem Überlieferungsprozess von Deutungsschemata hat der Beitrag der irischen Gelehrten, die sich schon im 8. Jh. das Modell der sieben circumstantiae (genannt auch periochae) aneigneten und auf die biblische Exegese übertrugen⁹, eine entscheidende Rolle gespielt. Die mittelalterlichen accessus erfuhren im Laufe der Zeit eine Gliederung und beträchtliche Differenzierung: Wenn vier oder fünf Typologien (außer dem boethianischen Modell, dem der circumstantiae und dem servianischen auch das Modell extrinsecus/intrinsecus und das aristotelische Modell) aufgrund der Art der ,Formeln‘ unterscheidbar sind, nach der sie aufgebaut sind, d.h. nach der Reihe und Anzahl der zu behandelnden Punkte, ergibt sich darüber hinaus eine große Vielfalt von gemischten 4 5

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8 9

Über die Ursprünge, die unterschiedlichen Gliederungen der philosophischen Kommentare und die Belege dieser schemata isagogica siehe Mansfeld 1994, S. 10–42. Die Einleitungstypologien können sich in Bezug auf die Anzahl der behandelten Abschnitte auch bei demselben Autor und bei verschiedenen Ausgaben desselben Werks bemerkenswert unterscheiden. Dieses Phänomen, das sich z.B. bei Boethius findet, ist ein Beweis für die extreme Flexibilität der Gattung des accessus; siehe Spallone 1993, S. 395. Siehe Hermagoras frg. 7 Matthes; dazu Barwick 1965; Zanatta Ermagora 2004, S. 66–70. Fortun. rhet. 2.1 reperto statu quid consideramus? totam materiam per septem circumstantias. Cur non statim dividimus? quoniam prius universam causam confuse considerare debemus, tunc omnia quae reperta sunt, capitulatim quaestionibus ordinare. Quae sunt circumstantiae? persona, res, causa, tempus, locus, modus, materia. Siehe auch Barwick 1961, besonders S. 103–105; Calboli Montefusco Consulti 1979, S. 342–348. Petra Fleischmann (Fleischmann 2006, S. 59–114) hat unlängst eine neue Interpretation der praefatio und des accessus des Servius in heidnischer Hinsicht angeboten. Glauche 1980, Sp. 71; Spallone 1993, S. 400–406.

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1. Accessus

und sozusagen eingekreuzten Typen, deren Klassifizierung schwierig ist¹⁰. Die Überlieferung dieser üblicherweise anonymen Texte ist unterschiedlich¹¹: Manche erscheinen in Sammlungen oder Anthologien, vereinen viele Autoren oder nur die Werke eines Autors. Sie können aber auch als handschriftliche Einleitungen zu Werken auftreten.

Die in den accessus zur Ibis behandelten Punkte erlauben, wie man der folgenden Tabelle entnehmen kann, keine sichere Bestimmung der ursprünglichen Typologiezugehörigkeit. Die in C und P₁ gebrauchte Formel ließe an eine reduzierte Form des servianischen Modells denken, an eine ,moderne‘ Form, entsprechend der von Remigius von Auxerre (nach 841–908) und Konrad von Hirs(ch)au (um 1070–um 1150)¹² bezeugten, welche nur die materia, die intentio, die causa finalis und die Frage cui parte philosophiae supponitur umfasst. Doch fehlt es genau an diesem letzten Punkt, der Zuschreibung an einen bestimmten Zweig der Philosophie (ethica, logica, physica). Zusätzlich weist die Anwesenheit der utilitas auf das boethianische Modell hin. Was die accessus C und P₁ betrifft, liegt uns also tatsächlich eine reduzierte Form gemischter accessus vor, während die anderen accessus von P, G, H und C₁ zu wenig artikuliert sind, um eine ,Formel‘ ausmachen zu können.

auctor intentio materia titulus numerus librorum utilitas philosophiae suppositio

P

G

C

H

C₁

P₁





• • •

• •

• •

• • • • •

Abb. 7 Die Abfassung der accessus der Handschriften P, G, C, H, C₁, P₁ geht sehr wahrscheinlich auf das 12.–13. Jh. zurück¹³. Diese Datierung wird durch das Alter der Handschriften unterstützt, da alle außer C und C₁¹⁴ auf das 13. Jh. zurückgehen.

10 11 12

13 14

Die vollständigste Klassifizierung der Typologien von mittelalterlichen accessus findet sich bei Kelly 1992, Sp. 29–34. Kelly 1992, Sp. 34–35. Conradus Hirsaugiensis dialogus super auctores 215–220 Huygens nec te lateat, quod in libris explanandis VII antiqui requirebant: auctorem, titulum operis, carminis qualitatem, scribentis intentionem, ordinem, numerum librorum, explanationem. Sed moderni quatuor [sic] requirenda censuerunt, operis materiam, scribentis intentionem, finalem causam et cui parti philosophiae subponatur quod scribitur; dazu siehe Silvestre 1957, S. 688–689. Die Datierung stellt sich wegen der Natur dieser anonymen Texte als ein schwierig zu lösendes Problem dar; siehe Lehmann 1912, S. 572; Quain 1986, S. 2; Glauche 1980, Sp. 72. Über die besondere Lage des Oxoniensis (C), datiert auf das 15. oder sogar 16. Jh., aber zurückgehend auf eine Fassung der ersten Hälfte des 13. Jh. oder des Endes des 12. Jh., und über den Zweig des Holkhamicus (H) und des Pisanus (C₁) siehe La Penna Ibis 1957, S. CXXX–CXXXVI und CXLV; La Penna Scholia in Ibin 1959, S. XI–XVII.

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IV. Die Scholien zu Ovids Ibis

In dem sich auf den auctor beziehenden Abschnitt des accessus sind im Allgemeinen biographische Informationen über den Autor enthalten. Was die ovidischen accessus betrifft, so ist mit Fausto Ghisalberti festzustellen¹⁵: The life of the poet was, therefore, divided under these various headings and reduced to conformity with them, and this, usually only in reference to the particular poem chosen.

Solche Nachrichten stammen teils aus der Lektüre der Werke Ovids, besonders trist. 4.10, und aus den entsprechenden Erläuterungen, teils sind sie ein Autoschediasma, das sich von dem Text selbst zu einem erfinderischen Vorgehen mit erkennbaren typischen Merkmalen anregen lässt, teils gehören sie schließlich zu einer so genannten anekdotisch-volkstümlichen Tradition (siehe S. 117). Die Kompilierung der accessus folgte in der Regel auf die Lektüre des Werkes, zu welchem sie als Einleitung dienten. In ähnlicher Weise verfasst man ja auch eine Einleitung eines Textes meist am Schluss, wobei die Stellung am Anfang des Textes die retrospektive Natur der Einleitung verschleiert. Überdies war die Textlektüre der auctores üblicherweise von einer Kommentierung begleitet: Der Text bildete mit dem accessus ein geschlossenes Ganzes, so dass es, wie man später sehen wird, nötig ist, auch die Kommentierung zu berücksichtigen, um die Herkunft der Daten in den accessus zu ermitteln. Weder die der Ibis noch die den anderen ovidischen Werken vorangestellten accessus enthalten im Allgemeinen Informationen, die aus den (oder einer) im 1. Jh. n.Chr. verfassten und im Umlauf befindlichen Biographie(n) Ovids entnommen waren. Die Verwendung solcher Quellen, besonders der suetonischen vita, für die accessus und für die mittelalterlichen vitae ist sehr unwahrscheinlich, da es diesem biographischen Abschnitt in der Regel an präzisen und ausführlichen Nachrichten aus erster Hand fehlt. Auch wenn sie vorhanden sind, enthalten sie unmittelbar aus dem ovidischen corpus ableitbare Informationen und stammen folglich nicht aus einer externen Quelle. Die einzige Ausnahme ist die Nachricht des Todes in der Verbannung und des Begräbnisses in der Nähe von Tomi, die in manchen ovidischen accessus und vitae vorkommt¹⁶, meiner Ansicht nach übernommen aus Hieronymus’ chronicon (347–420 n.Chr.)¹⁷ und daher indirekt zurückgehend auf die vita Ovidii von Sueton¹⁸. Eben die Besonderheit der Angabe und das Zitat von Eusebios (ca. 260–ca. 340) in einer beachtenswerten vita Ouidii, die 1892 Richard Jahnke publiziert hat¹⁹, veranlassen mich dazu, das chronicon als die Quelle zu identifizieren. Es ist bemerkenswert, wie diese Angaben später in die Tradition über Ovids Übertritt zum Christentum und über die Komposition der de vetula²⁰ eingeflossen sind, aber dieses Phänomen der Osmose zwischen einer so genannten gelehrten und einer volkstümlichen Tradition soll später betrachtet werden. 15 16 17 18 19

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Ghisalberti Mediaeval Biographies 1946, S. 10; siehe auch Jahnke 1892, S. 461. Ambrosianus H 64 sup. (Siehe Anhang 5). Siehe § II.2.1.1., S. 74. Von Albrecht 2012, S. 1182. Vita Ouidii 21–22 anno poſt exilium IX in Ponto, ubi exulabat, e uita emigrauit, ſepultus Thomis, ut tradit Eusebius (= Jahnke 1892, S. 461). Die von Jahnke verwendete Hamburger Inkunabel ist als Kriegsverlust verzeichnet. Ich habe eine Kopie am Ende des nicht nummerierten Exemplars in der Bayerischen Staatsbibliothek zu München geprüft. Siehe Vaticanus Latinus 1479 im Anhang 5. Eine andere Legende von Ovids Bekehrung und sogar Heiligsprechung ist in der Hs. UB Freiburg Hs. 380 zu lesen, siehe Bischoff 1952.

1. Accessus

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Vier accessus zur Ibis schreiben sie der Verbannungszeit zu²¹, aber nur zwei bieten ausführliche Informationen über den Strafort in Ponto insula (C₁) und über die Art der Strafmaßnahme an, die dem Dichter auferlegt worden ist (P₁). Beide Nachrichten sind von dem Proömiumsabschnitt der Ibis ableitbar²², und die Apposition insula ist ziemlich üblich in den den anderen Werken Ovids vorangesetzten accessus und in den vitae²³, während der Gebrauch des Ausdrucks relegatus in P₁ Kenntnisse und eine unmittelbare Verwendung der römischen juristischen Quellen seitens des Verfassers des accessus annehmen lassen könnte. Ich sehe mich aber dazu veranlasst, diese Möglichkeit auszuschliessen und eher an einen Gebrauch der Scholien zu Ov. Ib. 11 EC₁ zu denken, welche im Gegensatz zu P₁ manche Spuren der reellen juristischen Unterscheidung zwischen relegatio und exilium enthalten, weil in dem Scholion der Handschrift C₁ ein Hinweis auf die juristische Quelle vorhanden ist²⁴. Die Ursachen der Verbannung sind nur von dem accessus G angeführt: Sie bestünden in den von Ibis gegen Ovid de uxore Augusti und de libro amatorio erhobenen Anklagen. Der Verfasser gibt auch eine von der vorherigen differierende Version wieder (er führt sehr wahrscheinlich mit der Formel alii dicunt die Verwendung einer anderen Quelle ein²⁵), nach welcher die Kaisergattin selbst Gefälligkeiten sexueller Natur von Ovid verlangt und ihn nach dessen Weigerung vor dem Ehegatten angeklagt hat, so dass ein Unschuldiger verbannt worden ist²⁶. Diese letzte Version drückt nicht nur die Sympathie des mittelalterlichen Lesers für Ovid und für seine menschliche Parabel aus, sondern ist auch einer der Versuche, den Dichter mit einem ,Schutzbrief‘ zu versehen. Solche Nachrichten gehörten zu den mannigfaltigen, im Mittelalter verbreiteten Erklärungen der Verbannung Ovids²⁷, die in den zahlreichen ovidischen accessus und vitae dem Leser vorgestellt wurden und das Geschehen grundsätzlich auf drei Ereignisse zurückführten: 21

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Accessus G iste [scil. Ibis] vero accusarat Ovidium de uxore Augusti, similiter de libro amatorio: quibus causis missus est in exilium; accessus H intentio sua reprehendere detractantes elisum in exilio; accessus C₁ cum Ovidius esset in Ponto insula; accessus P₁ postquam vero in exilium relegatus est. Ov. Ib. 27 audiet hoc Pontus, faciet quoque forsitan idem; Ov. Ib. 11–12 ille relegatum gelidos Aquilonis ad ortus / non sinit exilio delituisse meo. Barberinianus Latinus 26; Laurentianus Pluteus sup. 91.23; Parisinus Latinus 8207; 〈accessus〉 Ovidii De Ponto (Siehe Anhang 5). Sogar der gelehrte Giovanni Boccaccio kennt eine Thomitania Phasidis insula (de mulieribus claris 17.6; vgl. auch die biographischen Angaben in seinen Esposizioni sopra la Commedia 4.122 Appresso, qual che la cagione si fosse, venuto in indegnazione d’Ottaviano, per comandamento di lui ne gli convenne, ogni sua cosa lasciata, andare in una isola, la quale è nel mar Maggiore, chiamata Tomitania: ed in quella relegato da Ottaviano, stette infino alla morte. È questa isola nella più lontana parte che sia nel mar Maggiore nella foce d’un fiume de’ Colchi, il quale si chiama Fasis). Schol. in Ib. 11 C₁ enthält in der zweiten Hälfte Paul. dig. 4.5.11 P libro secundo ad Sabinum. Capitis deminutionis tria genera sunt, maxima media minima: tria enim sunt quae habemus, libertatem civitatem familiam. igitur cum omnia haec amittimus, hoc est libertatem et civitatem et familiam, maximam esse capitis deminutionem: cum vero amittimus civitatem, libertatem retinemus, mediam esse capitis deminutionem: cum et libertas et civitas retinetur, familia tantum mutatur, minimam esse capitis deminutionem constat. Zur capitis deminutio siehe Leonhard 1899. Siehe § II.1.2., S. 37, Fußnote 51 und § IV.2., S. 136, Fußnote 114. Accessus G alii dicunt quod noluit imperatricem stuprare ab illa rogatus; quae dolens de repulsa accusabat eum apud dominum suum. Sedlmayer 1884, S. 143–144.

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IV. Die Scholien zu Ovids Ibis

1. Publikation der ars amatoria: Barberinianus Latinus 26; Vaticanus Latinus 1479; Parisinus Latinus 7994; Parisinus Latinus 8207; Reginensis Latinus 1559; Marcianus Latinus XII 57 (= 4120); Ambrosianus G 130 inf.; Laurentianus Pluteus 36.18; Ambrosianus H 64 sup.; Neapolitanus V D 52; 〈Accessus〉 Ovidii De Ponto; 〈Accessus〉 Ovidii Tristium; Accessus Ovidii Epistolarum; Laurentianus 36.27 (siehe Anhang 5). 2. Verführungsversuch oder Beziehung mit Livia: Barberinianus Latinus 26; Vaticanus Latinus 1479; Laurentianus Pluteus sup. 91.23, wo es sich aber um Neros Frau handelt; Parisinus Latinus 8207; Laurentianus Pluteus 36.18; Neapolitanus V D 52; 〈Accessus〉 Ovidii De Ponto; 〈Accessus〉 Ovidii Tristium (siehe Anhang 5). 3. Beobachtung von Augustus beim Missbrauch eines Knaben oder bei irgendeinem incestum: Vaticanus Latinus 1479; Parisinus Latinus 8207; Neapolitanus V D 52; 〈Accessus〉 Ovidii De Ponto; 〈Accessus〉 Ovidii Tristium (siehe Anhang 5). Derart stellten sich die Exegeten die Umstände vor, welche nach einer sich auf einen Psychologismus stützenden biographistischen Deutung die Aussagen und die Klagen des Dichters verursacht hätten: Jeder Schöpfungsakt muss seine Grundlage in einer wirklichen Lebenserfahrung haben. Der Wiederentdeckungsvorgang der biographischen Daten ging also vom Text selbst aus und musste den dem Üblichen entgegengesetzten Weg gehen: vom Text zur Biographie²⁸. Dies erforderte ein gewisses Vorstellungsvermögen und eine gewisse Einbildungskraft, welche aber die durch die Erwartungen der zeitgenössischen Leser gesetzten Grenzen nicht überschreiten durften. Während man die Veröffentlichung der ars amatoria als Verbannungsgrund ziemlich einfach auf Dichteraussagen (das carmen) zurückführen konnte²⁹, war es für den error 28 29

Sprachsignale dieses Wiederentdeckungsvorgangs sind Formeln wie unde ait in libro, unde habetur in Ovidio, iuxta illud usw., denen dann das jeweilige Zitat folgt. Die ältesten Zeugnisse dafür bestehen in den Aussagen von Ps.-Aurelius Victor (ca. 400 n.Chr.) und von Sidonius Apollinaris (ca. 431–486). Die erste Vermutung könnte aus dem libellus de uita et moribus imperatorum breuiatus des Ps.-Aurelius Victor (ca. 400) entstanden sein (Ps.-Aur. Vict. epit. 1.22–25 Pichlmayr cumque esset cibi ac vini multum, aliquatenus vero somni abstinens, serviebat tamen libidini usque ad probrum vulgaris famae. Nam inter duodecim catamitos totidemque puellas accubare solitus erat. Abiecta quoque uxore Scribonia amore alienae coniugis possessus Liviam quasi marito concedente sibi coniunxit. Cuius Liviae iam erant filii Tiberius et Drusus. Cumque esset luxuriae serviens, erat tamen eiusdem vitii severissimus ultor, more hominum, qui in ulciscendis vitiis, quibus ipsi vehementer indulgent, acres sunt. Nam poetam Ovidium, qui et Naso, pro eo, quod tres libellos amatoriae artis conscripsit, exilio damnavit. Man kann sehen, wie dieses Urteil beispielweise von Rodericus Ximenius de Rada (1170–1247) übernommen worden ist (breuiarium historie catholice 9.18.35–41 Cumque esset cibi et potus et sompni abstinens, libidini tamen etiam usque ad probrum uulgaris infamie seruiebat, eiusdem tamen uicii in aliis seuissimus ultor; unde et propter hoc Ouidium poetam exilio condempnauit; relicta uxore propria nomine Scribonia tulit alteram a marito nomine Libiam matrem Tyberii et Drusi, quos ex primo marito susceperat). Die zweite Vermutung könnte auf einer Verwechslung zwischen Livia und Iulia beruhen, weil Apollinaris Sidonius (carm. 23.158–161) davon bezeugt: [quid canam scil.] et te carmina per libidinosa / notum, Naso tener, Tomosque missum, / quondam Caesareae nimis puellae, / ficto nomine subditum Corinnae? Elaine Fantham denkt eher an Iulia minor (Fantham 2006, S. 125). Die dritte Vermutung geht sowohl auf die oben angegebene Stelle des Ps.-Aurelius Victor als auch auf Suet. Cal. 23 [Caligula scil.] praedicabat autem matrem suam ex incesto, quod Augustus cum Iulia filia admisisset, procreatam zurück. Eine gesamte Erörterung der verschiedenen Argumente und Hypothesen

1. Accessus

117

erforderlich, eine oder mehrere für die spätantiken und mittelalterlichen Leser plausible Erklärungen zu finden. Weil eine Erklärung der biographischen Gegebenheit, dass Ovid Augustus’ Zorn auf sich gezogen hat, sowohl den poeta als auch den princeps miteinbeziehen musste und der sexuelle Bereich der fruchtbarste Nährboden war, um hermeneutische Schuld sprießen zu lassen, wurden als zwei mögliche Steine des Anstoßes – von verschiedener Schwere, die eine in faciendo, die andere in non faciendo – eine liaison dangereuse des Dichters mit Livia, der Kaisergattin oder mit Iulia, Augustus’ Tochter, bzw. die Entdeckung der Neigungen zur Päderastie des Augustus ermittelt. Das Motiv des Liebesskandals findet sich auch in einer reichen ,volkstümlichen‘ Tradition von Anekdoten über Ovid³⁰, nach welcher der Dichter die affaire allerdings – logischerweise, wenn man so will – eher mit Iulia hatte. Iulia, die Tochter von Augustus und Scribonia, war nämlich im Jahr 39 v.Chr.³¹ geboren, Livia Drusilla dagegen am 30. Januar 58 v.Chr.³², so dass sie also 15 Jahre älter als der Dichter und im Jahr 8 n.Chr. fast 65 Jahre alt war. Es wäre aber ein Fehler zu meinen, dass diese Art und Weise, an die Texte heranzugehen und unhistorisch fortzufahren, ausschließlich für das Mittelalter typisch sei: Schon in der Spätantike scheut Servius (ca. 400 n.Chr.) keine Autoschediasmen, der doch als summa der vergilischen Auslegung betrachtet wurde. Eine unerschütterliche Wahrheit ist für ihn z.B., dass Vergil unter den Landverteilungen des Augustus an Veteranen zu leiden hatte. Außerdem geht Servius, wie James Zetzel weitgehend bewiesen hat, ständig über die Geschichtskoordinaten in der Interpretation der eclogae hinweg³³. Die einzige von dem Verfasser des accessus G eingeführte Neuerung besteht in accusarat de uxore Augusti, d.h. in einer direkten Handlung von Ibis, darauf abzielend, Ovid verbannen zu lassen. Dieselbe Unbestimmtheit, die in Ovids Werk die unter dem Pseudonym „Ibis“ verborgene Person absichtlich umweht³⁴, ist auch in den accessus zur Ibis und in man-

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ist von John Crowell Thibault angestellt worden, besonders über die ars amatoria Thibault 1964, S. 33–37. Amante 1884; De Nino 1886, S. 37–39; Pansa 1924, S. 73–74; Paratore 1959. In dieser Tradition kommen außerdem Elemente vor, die sich auch in der Tradition zu Vergil finden lassen, wie die Beziehung mit Augustus’ Tochter und der dem Dichter gespielte Streich: Der verliebte Dichter wurde unter dem Anschein, sie besuchen zu können, von ihr verlockt, in einen Korb einzusteigen, anschließend schmählich hängen gelassen und so dem Spott der Menge ausgesetzt (Comparetti 1941, vol. II, S. 108–121; Fantham 2006, S. 125–126). Das Motiv des Streichspiels findet man umgesetzt und angewendet auch bei anderen wichtigen Persönlichkeiten wie Aristoteles und Hippokrates. Wie Domenico Comparetti bemerkt: „appartiene al vasto ciclo dei racconti relativi alle astuzie femminili, ed esprime l’idea che non v’ha grandezza d’uomo a cui la malizia donnesca non si mostri superiore“ (Comparetti 1941, vol. II, S. 109). Eck 1999, Sp. 2. Stegmann 1999, Sp. 366. Serv. in ecl. 3.20 refutandae enim sunt allegoriae in bucolico carmine, nisi cum, ut supra diximus, ex aliqua agrorum perditorum necessitate descendunt; siehe Zetzel 1984 Servius. Ov. Ib. 9 quisquis is est – nam nomen adhuc utcumque tacebo –; Ov. Ib. 51–52 et neque nomen in hoc nec dicam facta libello, / eeque brevi qui sis dissimulare sinam; Ov. Ib. 61–62 et, quoniam qui sis nondum quaerentibus edo, / Ibidis interea tu quoque nomen habe; Ov. Ib. 93–95 neve minus

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IV. Die Scholien zu Ovids Ibis

chen vitae enthalten. Ibis wird dementsprechend in den accessus³⁵ und in den Scholien³⁶ als inimicus, aemulus, invidus, malivolus und detractor bezeichnet, allesamt vage Begriffe (wie sie übrigens schon von Ovid verwendet werden³⁷), die sich auf eine nicht näher spezifizierte invidia³⁸ beziehen und immer in den Scholien auch in Bezug auf Kallimachos’ Feind vorkommen³⁹, gegen welchen die ῏Ιβις gerichtet ist. Was die relative Chronologie angeht, lohnt es sich zu bemerken, dass das einzige antike Zeugnis, das uns den konkreten Namen von Ibis überliefert, nämlich jenes von Caecilius Minutianus Apuleius⁴⁰, von den accessus-Verfassern nicht angegeben worden ist. Dies bedeutet, dass die Scholienfassung, aus welcher sie geschöpft haben, anders und wahrscheinlich jünger ist als diejenige, aus welcher Apuleius geschöpft hat. Die Tatsache, dass Ibis nicht direkt erwähnt wird und dass der Dichter zu einem Pseudonym greift, wird nur von P und G in analoger Art und Weise (pro despectu, pro maiori dedecore und causa improperii) begründet, während die accessus von C, C₁ und P₁ die hygienischen Gewohnheiten des Vogels erläutern, indem sie die Erklärung aus dem Text selbst und den zugehörigen Scholien ziehen⁴¹. In der Angabe in den accessus von G, P₁, C und in einer vita⁴² über die Versuche von Ibis, Ovids Frau zu verführen, kommt das durch irgendeinen horror vacui hervor-

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noceant fictum execrantia nomen / vota, minus magnos commoveantve deos; Ov. Ib. 643 postmodo plura leges et nomen habentia verum. Über die Identität des Ibis siehe § III.2. Accessus P contra inimicum suum; accessus C₁ quidam ei malivolus, inimicuum suum devovere; accessus G quendam aemulum suum; accessus C quidam invidus; accessus P₁ in invido, wo der Begriff oft vorkommt; Vaticanus Latinus 1479 et fecit illum [scil. librum in Ibim] contra invidos (in Nogara 1910, S. 426; hier aber mit der Variante im Plural invidos, vielleicht ein Abschreibfehler des Herausgebers); Marcianus Latinus XII 57 (= 4120) in invidum suum; Ambrosianus H. 64 sup. de Ibide i. de invido in Ghisalberti Mediaeval Biographies 1946, S. 51 und 57. Schol. in Ib. 55 s₃ ipse Ibim inimicum suum vocat. Ov. Ib. 13 vulneraque inmitis requiem quaerentia vexat; Ov. Ib. 29 at tibi, calcasti qui me, violente, iacentem; Ov. Ib. 40 gratia, commissis, inprobe, rupta tuis; Ov. Ib. 130 speque tuae mortis, perfide, semper alar. Der Anwendungsbereich des Begriffs invidia und der mit ihm verbundenen Begriffe ist sehr besonders und entspricht nur teilweise dem deutschen „Neid“ und der italienischen „invidia“, siehe Odelstierna 1949; Stiewe 1959, S. 162–165. Schol. in Ib. 55 C maledixit aemulum suum; schol. in Ib. 55 Z contra adversarium suum; schol. in Ib. 449 G in quendam inimicum suum; schol. in Ib. 449 C (FD) in invidum scribens. Siehe § II.2.1.1., besonders S. 73. Ov. Ib. 449–450 et quibus exiguo volucris devota libello, / corpora proiecta quae sua purgat aqua; schol. in Ib. 449 P Callimachi, in quo loquitur de ciconia quae sibi rostro 〈aquam per posteriora〉 inicit; schol. in Ib. 449 B (a*) Callimachus scribit de ibide, quod purgat se rostro proiciens aquam per posteriora, vel purgat corpora, i. cibum acceptum alio modo emittere non potest, nisi cum aqua emittat; schol. in Ib. 449 G Callimachus fecit in quendam inimicum suum invectiones, cuius nomen fuit Ibis, i. ciconia, quae se rostro inferius purgat; schol. in Ib. 449 C (FD) Callimachus, in invidum scribens pro eius immunditia, eum Ibidem in libro suo appellavit, quia ibis, s. ciconia, rostro purgat posteriora et in hoc exercetur; schol. in Ib. 449 C₁ ciconia est avis immundissima, quia, prius pota aqua, lacerat cum rostro posteriora. Accessus G reprehendere quendam aemulum suum et omnes per eum qui uxorem aliorum appetunt; accessus P₁ Ovidii possessiones sitiens et uxorem; accessus C Quidam invidus fuit violator uxoris Ovidii; vita des Codex Ambrosianus H 64 sup. de Ibide i. de invido qui volebat uxorem eius stuprare in Ghisalberti Mediaeval Biographies 1946, S. 57.

1. Accessus

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gerufene Bedürfnis der Interpreten zum Ausdruck, den Hinweis Ovids auf seine Frau zu erklären⁴³. Nur zwei accessus⁴⁴ interpretieren den Hinweis auf den Versuch von Ibis, enthalten in Ib. 17–21, die Strafe Ovids durch die Strafumwandlung von relegatio in exilium verschärfen zu lassen, um sich so Ovids Güter aneignen zu können, richtig. Die intentio ist der einzige Abschnitt, der in allen accessus vorkommt. Er ist in der exegetischen Praxis aller Fachgebiete seit der Spätantike von großer Bedeutung. Von den philosophischen Kommentaren zu Aristoteles’ Werken bis zu den theologischen, so wie z.B. Origenes’ Kommentar in canticum canticorum, und den grammatischen bedeutet die Ermittlung des σκοπός eines Textes, seine tiefe Natur zu bestimmen. Die accessus ermitteln vier verschiedene Arten von intentio: Außer einem Zweck rein literarischer Art (imitari Callimachum), von P und teils von C₁ präsentiert, möchte Ovid nach G und C seinen Dichterrivalen bzw. seinen Nebenbuhler tadeln (reprehendere quendam aemulum suum)⁴⁵ oder nach H und C₁ diejenigen, welche jemanden verleumden, der im Exil lebt (reprehendere detractantes elisum in exilio). Allein der accessus von P₁ ermittelt die intentio als eine Art des Gefühlsausbruchs: Durch die Verwünschungen kann der Dichter seinen Hass befriedigen und seinen Feind vom Lästern abbringen. Die Angaben über das kallimacheische literarische Muster in P und in C₁⁴⁶, das von Ovid für die Abfassung seiner Ibis befolgt wurde, und über die vermutlichen Hintergründe der kallimacheischen ῏Ιβις (Kallimachos’ Invektiven hätten seinen eigenen Feind zum Selbstmord getrieben) kommen von der Lektüre der Vv. 54–55 der Ibis und besonders der Scholien in Ibin, 54 PCF; 55 s₃; 447 b₁ [s₃] her. Diese Nachrichten der accessus schöpfen auf Umwegen aus einer antiken Tradition, über die im antiken Kommentar (was Antonio La Penna „fondo antico“ nennt⁴⁷) berichtet wurde, aber diese Erklärungen sind sozusagen vermischt und kontaminiert worden. Ich vermute, dass die Herkunft und die Kontamination der Daten folgendermaßen entstanden ist: Im Distichon 53–54⁴⁸ droht der Dichter Ibis an, gegen ihn im iambischem Versmaß Gedichte zu schreiben, und der poetische Pflichtverweis auf die Figur des Archilochos wird über Lykambes geliefert. Er war Neobules Vater, welcher nach der Tradition⁴⁹, nachdem er dem Archilochos seine Tochter verlobt hatte, sein Versprechen nicht eingehalten hat, so dass er den Zorn des Dichters erregte. Dieser richtete 43 44 45

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Ov. Ib. 15–16 perpetuoque mihi sociatam foedere lecti / non patitur vivi funera flere viri. Accessus C₁ victus sui stipendia nitebatur sibi arripere; accessus P₁ Ovidii possessiones sitiens et uxorem. Folchinus de Borfonibus (14. Jh.) hat für die Verfassung seiner Cremonina, eines grammatischen Werks, einen dieser zwei accessus gebraucht (Cremonina 2.1009–1013): Tibris dat Tibris uel Tibridis. Similiter Tigris tam pro fluuio quam pro bestia dat Tigris uel Tigridis, Paris Paris uel Paridis, et Ibis, idest ciconia, Ibis uel -idis que quia auis est inmunda, ideo Ouidius uocauit Ibin emulum suum. Das ist ein weiterer Beweis für die Wiederverwendung von Kommentierungsmaterial für die Verfassung von grammatischen Werke, vgl. § II.2.1.1., S. 76–76 für dasselbe Phänomen. Accessus P Callimachus fecit invectivam contra inimicum suum et ipsum duxit ad mortem; accessus C₁ [scil. Callimachus] invectiones faciens eum tandem suspensiones subire coegit. Siehe § IV.2. Ov. Ib. 53–54 postmodo, si perges, in te mihi liber iambus / tincta Lycambeo sanguine tela dabit. Lefkowitz 1976; 1981, S. 25–31.

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IV. Die Scholien zu Ovids Ibis

derart gewalttätige Gedichte gegen sie, dass Lykambes und seine Familie Selbstmord durch Erhängen begingen; die Scholien von P verwechseln Hipponax und Archilochos miteinander, während die von C (F) den Vers nach der traditionellen Version erläutern⁵⁰. Der Vers 55 beinhaltet einen Bezug auf Kallimachos und seinen vermutlichen Feind, in den entsprechenden Scholien befindet sich eine Notiz, nach welcher Kallimachos’ Feind sich wegen der gegen ihn gerichteten Gedichte umgebracht habe⁵¹. Die croce e delizia der Interpreten der ovidischen Ibis, das zwischen die cruces gesetzte Distichon 447–448⁵², enthält einen γρῖφος, der unter den Begriffen Pytheides und frater Medusae Hipponax bzw. Boupalos meint⁵³. Alle Scholien (B a*b*; G; CD*; Z; Conr.; C₁, b₁ [s₃]) beziehen das Distichon in einer verdrehten Art und Weise bzw. mit den umgekehrten Rollen auf Hipponax, und einige (CD*; Z; Conr.) teilen eine sehr wahrscheinlich von Archilochos übernommene Legende mit, dass der Dichter durch seine Gedichte seinen eigenen Feind zu Selbstmord durch Erhängen getrieben habe⁵⁴. Diese Legende ist aber keine Erfindung der Kommentatoren, sondern – wie von anderen Quellen bewiesen wird – schon in der Antike im Umlauf gewesen⁵⁵. Endlich stimmen die Scholien in Ibin 449 P; B (a*); G; C (FD*) geschlossen darin überein, dass Kallimachos als Autor des libellus anzusehen ist⁵⁶. 50

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Schol. in Ib. 54 P Lycambes fuit socer Hipponactis qui se suspendit propter invectivas in se factas; schol. in Ib. 54 C (F) Lycambes Neobulen, filiam suam, Archilocho desponsavit et dotem promisit; quam quia postea negavit, Archilochus in iambico metro invectivam in ipsum fecit et tam turpia de eo dixit quod ipsum et uxorem et filiam ad laqueos coëgit: maluerunt enim mori quam sub turpibus obprobriis vivere. Siehe Degani 2002, S. 59–61. Ov. Ib. 55 nunc, quo Battiades inimicum devovet Ibin; schol. in Ib. 55 C₁ Callimachus, filius Batti, fecit contra Ibim invectiones et coegit eum ad suspendium; schol. in Ib. 55 s₃ [scil. Callimachus] iambico carmine scripsit et eum [scil. Apollonium] Ibim appellavit. Ov. Ib. 447–448 et quae Pytheides fecit de fratre Medusae, / eveniant capiti vota sinistra tuo. Siehe La Penna Ibis 1957, comm. ad loc.; Gordon 1992, comm. ad loc.; Watson 1991, S. 60–62. Schol. in Ib. 447 C (D*) Penthiades, filius Abacii poetae, Hipponactem, fratrem Medusae, inimicum suum, devovit in tantum quod se suspendit, ut ait Bauciades; schol. in Ib. 447 Z […] vel frater Pentidae coegit Hipponactem, fratrem Medusae, ad suspendium invectionibus suis; schol. in Ib. 447 Conr. Penthides poeta, filius Abagi vel Ebali figuli, Hipponactem, fratrem Medusae, per invectivam tantum laesit, quod ipse laesus se prae dolore suspendit. Plin. nat. 36.12 Hipponacti notabilis foeditas voltus erat; quam ob rem imaginem eius lascivia ioco〈sa〉m hi proposuere ridentium circulis, quod Hipponax indignatus destrinxit amaritudinem carminum in tantum, ut credatur aliquis ad laqueum eos conpulisse. quod falsum est; schol. in Hor. epod. 6.14 . . Hipponactem significat, qui Bupali filiam nuptum petiit et pro deformitate contemptus est. Illud tamen uerius uolunt fuisse: Bupalum pictorem fuisse apud Laudiomenas (scripserat fort. Cladiomenas), ciuitatem Asiae. Hic Hipponactem quendam poetam deformem pro risu pincxit; quo ille furore commotus tali eum carmine perculit, ut se laqueo suspenderet. Vnde nunc similis carminis uim maledico minatur Horatius (AV* Ipponax scilicet, qui poeta erat eloquentissimus foeda et uitiosa facie. Hunc Bupalus pictor in Panathenaeis pictum proposuit, ut risum moueret populo. Ille iratus iambis eum ita fatigauit, ut uitam suspendio finiret. Etiam iste socerum suum, postquam se fraudauit, carminibus petiit Γ b). Schol. in Ib. 449 P libello] Callimachi, in quo loquitur de ciconia quae sibi rostro 〈aquam per posteriora〉 inicit; schol. in Ib. 449 B (a*) Callimachus scribit de ibide, quod purgat se rostro proiciens aquam per posteriora, vel purgat corpora, i. cibum acceptum alio modo emittere non potest, nisi cum aqua emittat; schol. in Ib. 449 G Callimachus fecit in quendam inimicum suum invectiones, cuius nomen fuit Ibis, i. ciconia, quae se rostro inferius purgat; schol. in Ib. 449 C (FD*) Callimachus,

1. Accessus

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Die Nachricht, dass Kallimachos seine ῏Ιβις gegen Apollonios von Rhodos geschrieben habe, stammt aus der Lektüre der Scholien in Ibin 55 s₃; 447 b₁, [s₃] und 449, während die Nachricht vom zum Erhängen getriebenen Gegner der griechischen, auf Archilochos und/oder Hipponax zu beziehenden Anekdotentradition entstammt und nach einem zuvor schon beobachteten Übergangsvorgang auf Kallimachos übertragen worden ist. Diese Nachrichten sind durcheinander gebracht und kombiniert worden, sehr wahrscheinlich wegen der konkreten, „physischen“ Nähe im Inneren der Kommentierung, und dieser Fehler ist vielleicht deswegen erleichtert worden, weil alle diese drei Dichter als Autoren von Invektiven in den Scholien für mehr oder weniger real gehalten worden sind⁵⁷ (auch in dem ,Wirrwarr‘ des Scholion zu Ib. 447 ergibt sich klar die Verbindung zwischen Hipponax und der Invektive), so dass dieser gemeinsame Nenner als Verwechslungsfaktor für eine Übertragung von Nachrichten auf andere Personen gewirkt haben könnte. Der dem titulus gewidmete Abschnitt wird in einer tautologischen Weise nur von den accessus von C und P₁⁵⁸ behandelt: Diese beiden accessus verwenden die übliche Formel titulus talis est; P₁ klassifiziert das Gedicht außerdem als Invektive und nennt die Bücheranzahl. Die utilitas (χρήσιμον) ist ein Abschnitt, der von dem Modell des accessus philosophischer Art abgeleitet worden ist; logischerweise affin der intentio, unterteilt er sich oft in utilitas ad auctorem und ad lectores, d.h. einerseits in einen spezifischen Nutzen, einen Vorteil, sehr oft praktischer Natur, den der Autor selbst aus dem Werk gezogen und in Hinblick auf den er es verfasst habe, und andererseits in eine auf den Leser ausgerichtete allgemeine Nützlichkeit, welche von den zufälligen Umständen befreit und von den Kontingenzen gelöst ist, die die Werkentstehung bestimmt haben. Besonders das letztgenannte ist ein dem Mittelalter wichtiges Thema: Es wird in allen ovidischen Werken, die erotischen einbezogen, ausfindig gemacht und stellt einen listigen escamotage dar, um die Klassiker als auctoritates, jenseits vom tatsächlichen Inhalt, die christliche und moralistische bzw. moralisierende Grenze förmlich überschreiten zu lassen; unter den drei accessus mit dem Abschnitt utilitas legen zwei die utilitas ad lectores dar, wobei P₁ mit der Unterteilung ad auctorem und ad lectores ausgestattet ist, zur Bestätigung dessen, dass eben die utilitas ad lectores eine wichtigere Rolle spielte. Obwohl die Ibis ein Werk von eigentümlichem Charakter ist, da es gegen einen persönlichen Feind des Dichters gerichtet ist, bestimmt der accessus von C die utilitas als die Ermahnung von Ovid zur Schamhaftigkeit durch die Stigmatisierung

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in invidum scribens pro eius immunditia, eum Ibidem in libro suo appellavit, quia ibis, s. ciconia, rostro purgat posteriora et in hoc exercetur. Schol. in Ib. 55 H Callimachus, filius Batti, fecit haec invectiva [sic] contra Ibin; schol. in Ib. 55 C₁ Callimachus, filius Batti, fecit contra Ibim invectiones; schol. in Ib. 447 Z Hipponax […] fecit Callimachum scribere in quendam inimicum suum Ibin, s. invectiones; schol. in Ib. 447 b₁ [s₃] 2. Callimachus, Batti filius, in Apollonium discipulum 〈invectus〉 est; schol. in Ib. 449 G Callimachus fecit in quendam inimicum suum Ibin invectiones; schol. in Ib. 54 P Lycambes fuit socer Hipponactis, qui se suspendit propter invectivas in se factas a genero suo per versus iambicos; schol. in Ib. 54 C (F) Archilochus in iambico metro invectivam in ipsum [scil. Lycamben] fecit. Accessus C titulus talis est incipit Ovidius Ibin; accessus P₁ titulus talis est: Publii Nasonis Ovidi liber invectionum in Ibin incipit. Non dicitur primus quia non sequitur secundus: non est enim nisi unus.

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IV. Die Scholien zu Ovids Ibis

des adulterium⁵⁹. Im accessus G wird die utilitas als causa intentionis bezeichnet, ohne dass die Sache Verwunderung erregte⁶⁰. Sie besteht in einer nicht näher bestimmten apotropäischen Möglichkeit⁶¹. Der einzige accessus, der die zwei Arten von utilitas ermittelte, ist der von P₁⁶². Die utilitas des Lesers sei eine größere Kenntnis der Mythen. Dem accessus-Verfasser nach handelt es sich also um eine Hilfe literarischer Art, wie sie in ähnlicher Weise der accessus darstellt, der dem anonymen Kommentar zu den metamorphoses, enthalten in der Münchener Handschrift Clm. 4610, vorangestellt ist⁶³. In dem die materia betreffenden Abschnitt ziehen die accessus von C, C₁ und P₁ mehr oder weniger ausführlich das Verhältnis zwischen dem Vogel und Ovids Feind in Betracht, während H seinerseits in voreiliger Weise solche Inhaltsproblematiken ,vom Tisch‘ räumt⁶⁴. Die accessus von C, C₁ und P₁ berichten in gegenseitigem Einvernehmen von den hygienischen Gewohnheiten des Vogels, aber nur C₁ und P₁ stellen eine unmittelbare symbolische Beziehung zwischen dem unsauberen Schnabel des Vogels und dem ebenso unsauberen Mund des Ibis her. Der accessus von P₁ fährt mit der physischen Beschreibung des Vogels fort und allegorisiert: Der Vogel Ibis habe einen roten Schnabel, einen weißen Körper und einen schwarzen Schwanz, weil der Dichter durch diese Farben die Flamme des Neids, die simulierten Gefühle und ein schandhaftes Ziel habe bezeichnen wollen⁶⁵ Noch einmal sind teils der Text selbst, teils die entsprechenden Scholien⁶⁶ die Quelle für diese Nachrichten, die danach weiterbearbeitet und in die Struktur des accessus eingefügt worden sind. 59

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Accessus C utilitas est ut audiendo mala quae imponentur adultero, ab adulterio abstineamus. Man hat mit Recht bemerkt, wie schwierig der mittelalterliche Leser sich von der moralischen Einstellung der Werke Ovids überzeugen konnte (Munari 1960, S. 11) und wie sehr man sich bewusst war, dass dieses in den Abschnitten der intentio und der utilitas verwendete Verfahren nur ein formales Mittel repräsentierte, um das Ansehen und mit ihm den auctor zu retten (Quain 1986, S. 11–12). Ghisalberti Mediaeval Biographies 1946, S. 16: „The terminology of these four [scil. materia, intentio, utilitas, philosophiae suppositio] is sometimes altered, but not their substance“. Accessus G causa intentionis est ut haec et his similia devitemus, ne nobis contingat tales incurrere maledictiones. Accessus P₁ utilitas est tota auctoris, s. delectatio quam habet maledicendo invido, vel utilitas est lectoris, s. cognitio fabularum in hoc opere compilatarum. Accessus ad met. utilitatem nobis confert O(vidius) quia cum fabule in aliis libris tangebantur, ignorabantur, donec iste Ovidius enodavit et enucleavit. Prodest nobis et ad ostendendam pulchram dictionum compositionum (in Meiser 1885, S. 50–51), siehe § II.1.5., S. 52. Accessus H materia sua est Ibis. Accessus C avis, quae non potest volare nisi prius bibit aquam, demum per inferiorem regionem rostro inmisso provocat officium ventris; accessus C₁ ut haec avis cum rostro lacerat, sic iste cum suo malo ore ut in sequentibus Iactat et in toto nomina nostra foro (Ib. 14); accessus P₁ per rubedinem rostri designatur flamma invidiae, qua inflammatus invidus Ovidii sanguinem sitiebat. Per candorem corporis simulatus amor notatur, cuius turpis finis per caudae nigredinem aperitur […] per simile potest dici de invido quod ore suo nihil sordidius habebat, de quo detractiones prodeunt et invidiae fel distillat. Schol. in Ib. 55 s₃ 3. est autem ibis teste Plinio volucris in Aegypto, quae vocatur ibis rostri aduncitate, per eam partem se proluens qua reddi ciborum onera salubre maxime est. A turpitudine igitur

2. Das Zeitalter, die Urform der Scholien und der kulturelle Kreis

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Die Beschreibung des Vogels im accessus von P₁ scheint vollkommen dem Eudocimus albus (Schneesichler) zu entsprechen. Dies ist aber unmöglich, weil diese Tierart ausschließlich auf dem amerikanischen Kontinent lebt und darüber hinaus die den Römern bekannten Arten der Geronticus eremita L. (Waldrapp) mit dunklem Körper, aber mit rotem Schnabel und der Threskiornis Aethiopicus L. (Heiliger Ibis) mit weißem Körper, aber mit schwarzen Schwanz, Kopf, Schnabel und Beinen ausgestattet sind⁶⁷, so dass die Beschreibung ein pures Erzeugnis der Phantasie des Verfassers zu sein scheint, allerdings gemäß dem zeitgenössischen Geschmack. Die Verfasser der accessus deuten mit der Anwendung der Begriffe facere invectivam, invectio, invehere und reprehensio, reprehendere die literarische Gattung der Ibis als Invektive⁶⁸. Auch in diesem Fall wird Material der Scholien wieder aufgenommen, aber auf diese Definition kommen die Verfasser der accessus durch einen mittelbaren Weg, da die Scholien dem Text von Kallimachos, nicht dem von Ovid, eine solche literarische Gattungszugehörigkeit zuschreiben und das Imitationsverhältnis betonen, das die zwei Texte verbindet⁶⁹. Außer diesen Begriffen werden auch andere wie maledictio, maledicere, exsecrari verwendet⁷⁰, die das semantische Feld des Fluches betreffen und sich vermutlich auch auf V. 251–638 beziehen, wo von den caecae ambages die Rede ist. Als Ganzes betrachtet sind die accessus zur Ibis viel sachlicher und nüchterner als diejenigen der anderen ovidischen Werke, besonders des so genannten Ovidius maior: Es fehlt ihnen an einer echten und artikulierten vita, die biographischen Nachrichten sind auf das Minimum reduziert, ohne alle Anekdoten, von der Gründung Sulmonas bis zum schließlichen Übertritt des Dichters zum Christentum, wie auch ohne alle Erklärungen und Etymologien der tria nomina Ovids.

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huius avis Apollonii foeditatem declarare voluit eum Ibim appellans; schol. in Ib. 449 P libello] Callimachi, in quo loquitur de ciconia quae sibi rostro 〈aquam per posteriora〉 inicit; schol. in Ib. 449 B (a*) Callimachus scribit de ibide, quod purgat se rostro proiciens aquam per posteriora, vel purgat corpora, i. cibum acceptum alio modo emittere non potest, nisi cum aqua emittat; schol. in Ib. 449 G Callimachus fecit in quendam inimicum suum invectiones, cuius nomen fuit Ibis, i. ciconia, quae se rostro inferius purgat; schol. in Ib. 449 C (FD) Callimachus, in invidum scribens pro eius immunditia, eum Ibidem in libro suo appellavit, quia ibis, s. ciconia, rostro purgat posteriora et in hoc exercetur; schol. in Ib. 449 C₁ ciconia est avis inmundissima, quia, prius pota aqua, lacerat cum rostro posteriora et in hoc exercetur. Siehe die Beschreibungen bei Aelian NA 10.29 καὶ τῷ Ἑρμῇ δέ φασι τῷ πατρὶ τῶν λόγων φιλεῖται, ἐπεὶ ἔοικε τὸ εἶδος τῇ φύσει τοῦ λόγου· τὰ μὲν γὰρ μέλανα ὠκύπτερα τῷ τε σιγωμένῳ καὶ ἔνδον ἐπιστρεφομένῳ λόγῳ παραβάλλοιτο ἄν, τὰ δὲ λευκὰ τῷ προφερομένῳ τε καὶ ἀκουομένῳ ἤδη καὶ ὑπηρέτῃ τοῦ ἔνδον καὶ ἀγγέλῳ, ὡς ἂν εἴποις und Plu. 23 [de Iside et Osiride] τῇ δὲ τῶν ποδῶν [scil. ἴβεως] διαστάσει πρὸς ἀλλήλους καὶ τὸ ῥύγχος ἰσόπλευρον ποιεῖ τρίγωνον, ἔτι δ᾿ ἡ τῶν μελάνων πτερῶν πρὸς τὰ λευκὰ ποικιλία καὶ μῖξις ἐμφαίνει σελήνην ἀμφίκυρτον; dazu Capponi 1979, S. 301–304. Die Bilder der Ibis-Arten stehen zur Verfügung unter http://www.bsc-eoc.org/avibase/avibase.jsp. Accessus P ita iste [scil. Ovidius] vult facere invectivam contra inimicum suum; accessus G reprehendere quendam aemulum suum, reprehensoria carmina; accessus H reprehendere detractantes; accessus C facit invectivam, reprehendere eum; accessus C₁ reprehendere, propter invectiones; accessus P₁ Ovidius in eum facit invectiones. Siehe § III.3. Accessus G non solum reprehendit sed etiam maledicit; accessus C exsecratur; accessus C₁ inimicum suum devovere; accessus P₁ maledicendo invido.

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IV. Die Scholien zu Ovids Ibis

2. DAS ZEITALTER, DIE URFORM DER SCHOLIEN UND DER KULTURELLE KREIS: DAS PORTRÄT EINES KOMMENTATORS IM 1. JH. N.CHR. Die Scholien zur Ibis sind anonym überliefert worden, von mittelalterlichen und humanistischen Handschriften aus dem 11. Jh. (Bernensis Bongarsianus 711) bis zum 15.–16. Jh. (Handschriftengruppe CFD), in den meisten Fällen als Randanmerkungen und Interlinearglossen. Nur der oben genannte Bernensis bietet einen fortlaufenden Kommentar ohne den Text der Ibis (siehe Tafel 12). Sie sind vom Index des ThLL als aetatis infimae klassifiziert und zeigen seltsame Merkmale, was ihre Verteilung und besonders den Inhalt angeht. Dies gab der Forschung Anlass, viele Spekulationen unterschiedlichster Art über ihre Entstehungszeit und ihren Ursprung anzustellen. Die sehr gegensätzlichen Hypothesen, die in der Debatte seit dem 19. Jh. bis heute aufgestellt wurden, sind folgendermassen zusammenzufassen: Die Scholien seien das Erzeugnis eines Klerikers des 7. oder 8. Jh. aus Frankreich (Ehwald 1876); sie seien die Übersetzung griechischer Scholien zu Ps.-Kallimachos ῏Ιβις, dem Muster von Ovid (Rostagni 1920); sie seien von Ovid selbst geschrieben (bzw. ihre Niederschrift beauftragt) worden (Wilamowitz 1924); oder schließlich, sie seien aus antiken notulae entstanden (La Penna 1959). Rudolf Ehwald, einer der besten Kenner der Textüberlieferung Ovids im 19. Jh.⁷¹, führte sie aufgrund von Sprachmerkmalen, die auf eine kirchliche bzw. christliche Entstehungsumgebung hinwiesen, wie incorporare = in corpus suum immittere (incorporare sibi Christum), festum prophanantes, in inferno (= apud inferos) auf einen Kleriker zurück⁷². Fast ein halbes Jahrhundert später stellte Augusto Rostagni eine ganz andere Hypothese auf, nämlich dass diese Scholien die Übersetzung griechischer Scholien zur griechischen ῏Ιβις, Ovids Muster, seien. Da die Ibis eine Übersetzung sei, müssten seiner Meinung nach auch die Scholien eine sein⁷³. Kurz darauf hat Ulrich von Wilamowitz-Moellendorf Überlegungen zum Verhältnis zwischen der Erläuterung und der Textnatur der Ibis angestellt. Er kam zu dem Schluss, dass der Dichter wegen der Lektüreschwierigkeit seiner Ibis die Scholien selbst verfasst habe oder unter seiner Leitung habe verfassen lassen, eine Hypothese, die an jene des Helfers anknüpft⁷⁴. Treffend bleibt aber die Vermutung, dass der Text 71

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Ehwald 1889; 1892. Siehe die Anerkennung von Alfred Edward Housman: „Mr Ehwald is an industrious scholar, and his record of Ovidian studies in the Jahresbericht, in spite of some grave inaccuracies, is a very useful piece of work“ (Housman 1902, S. 582). Ehwald 1876, S. 11: „tamen non dubito interpretem propter scholiorum ipsorum naturam septimo vel octavo, cujus barbariam illa spirant, adscribere saeculo; ac si testimoniis istis tenuibus, quae ex elocutione ejus comparantur, fidere velis, eum clericum fuisse in Gallia degentem conicias“. Für weitere ähnliche Stellen siehe schol. in Ib. 449 B (a*) est devota .i. excommunicata, schol. in Ib. 178 P § IV.3., S. 138 und schol. in Ib. 467 G (ZC₁), S. 139. Siehe § III.5., S. 99–100. Von Wilamowitz 1962, Bd. 1, S. 100: „Überlegt man sich dann, wie das Gedicht auf seine Leser wirken konnte, so muß man sagen, sie lasen es schwerlich durch, wenn sie keine Hilfe hatten, denn die Verse verstand niemand ohne weiteres. Mußte sich das nicht Ovid selbst sagen? Er war auch der beste, wenn nicht die Scholien zu schreiben, so doch schreiben zu lassen, Weisungen dazu zu

2. Das Zeitalter, die Urform der Scholien und der kulturelle Kreis

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von einer Erläuterung begleitet worden sei, seit er in Umlauf kam. In welcher Form, wird bald durch andere Beweise klar werden. Letztlich hat Antonio La Penna noch eine andere Vermutung in der praefatio seiner kritischen Ausgabe der Scholien angestellt, nach welcher sich diese Scholien immer weiter vergrößert und angereichert hätten, ausgehend von kurzen und knappen Randnoten, die in den bloßen Namen der Persönlichkeit(en) der Geschichte bzw. des Mythos und im Bezug zu anderen Autoren, vielleicht durch Suspensionen angegeben, bestanden hätten; sie hätten also zunächst nur die Lösung des jeweiligen Rätsels im Distichon und die literarischen Modelle, auf die Ovid zurückgriff, enthalten. Die Datierung dieses „fondo antico“, wie der Philologe diese Stufe genannt hat, würde auf das 1.–2. Jh. zurückgehen. Ich denke, dass die Scholien zur Ibis ihren ursprünglichen Aspekt nur dann wiedergewinnen können, wenn man sich die materielle Form der Rolle und der antiken Codices, die Herkunft mancher Nachrichten und die entsprechende Datierung vor Augen hält. Ich habe schon die Tatsache erwähnt⁷⁵, dass die Scholien zur Ibis des Codex P (Phillippicus 1796, der so genannte ,codex optimus‘ aus der 2. Hälfte des 14. Jh., in gotischer Schrift, vielleicht französischer Herkunft) in einem Fall wörtlich exegetisches Material gemeinsam mit den διηγήσεις zu Kallimachos’ aetia des P.Mil.Vogl. 18 (1.–2. Jh. n.Chr. aus Tebtunis, M-P³ 211 = LDAB 470) verwenden und die Scholien insgesamt oft Berührungspunkte mit ihnen zeigen⁷⁶ An zwei Stellen der Ibis erwähnt Ovid den Mythos von Hippomenes und dessen Tochter Limone, die ihr Vater mit ihrem μοιχός ertappte⁷⁷. Als Strafe schloss er sie mit einem Pferd ein und nahm ihm das Futter weg, so dass das hungrige Pferd das Mädchen auffraß. Der Strafort von Limone war in Athen als τόπος Ἵππου καὶ Κόρης bekannt. Der adulter wurde an einen Wagen gefesselt und bis zum Tode herumgeschleift.

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geben“. Des gleichen Wortlauts ist die Überlegung von Bruno Sandkühler, der die mittelalterlichen Kommentare zu Dante Alighieri studiert hat, zum Verhältnis zwischen schwierigen Texten und Kommentaren: „An zwei Punkten setzt die Erklärung schriftlich fixierter Werke ein: entweder, ein Werk ist seiner Natur nach schwer verständlich, weil es von geistigen Dingen und deshalb in Bildern spricht, oder das Werk war ursprünglich ohne Hilfe zu verstehen, verschließt sich jedoch nach einem Wandel des Denkens späteren Lesern“ (Sandkühler 1967, S. 13–14). Zu Wilamowitzs Hypothese des Helfers siehe § III.5., S. 101–101. Siehe § II.1.2., S. 36–37. Schol. in Ib. 465–466 = dieg. 2.29–40 (frg. 90 Pfeiffer); schol. in Ib. 467–468 = dieg. 3.12–15 (frg. 93 Pfeiffer); schol. in Ib. 505–506 = dieg. 3.34–41 (frg. 96 Pfeiffer); schol. in Ib. 623–624 = dieg. 4.36–43 und 5.1–2 (frg. 102 Pfeiffer); vielleicht schol. in Ib. 621–622 = dieg.1.10–13 (frg. 78 Pfeiffer). Was das Verhältnis zwischen schol. in Ib. 467–468 P und den διηγήσεις angeht, bemerkte schon Carlo Gallavotti, dass „La redazione P degli scolî ovidiani (ora in Ovid., Ibis, ed. Lenz, p. 131) mostra in una singolarissima concordanza, cioè ‘emptum hominem’ = ὠνητὸς ἄνθρωπος, di conoscere assai bene il testo di Callimaco o di un corrispondente riassunto“ (Gallavotti 1950, S. 96). Zu den διηγήσεις siehe § II.1.2., S. 33–37. Man verwechsle nicht diesen attischen Hippomenes mit Hippomenes, dem Sieger über Atalanta, wie es La Penna in seinem Kommentar zu Ib. 335 tut; auch die Scholien unterscheiden zwischen den beiden, siehe § IV.3., S. 142 und Arrigoni 1982, S. 36, Fußnote 3.

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IV. Die Scholien zu Ovids Ibis

Ib. 459–460 solaque Limone poenam ne senserit illam, et tua dente fero viscera carpat equus. Ib. 335–336 utque novum passa est genus Hippomeneia poenae, tractus et Actaea fertur adulter humo

Die Erläuterung von P ist zutreffend und, wie gesagt, mit den διηγήσεις bis ins Wörtliche übereinstimmend⁷⁸: schol. in Ib. 335 P c. 36v Utque nouum etc. Hippomenes pater Limo nis corpus vitiatoris illius in civitate Athe narum traxit et Limonem cum equo fero ce inclusit a quo consumpta est. b

schol. in Ib. 459 P c. 38r Solaque etc. Limone alterius Hippomenis filia, ob stuprum equi inclusa ab eodem equo consumpta est Athenis qui locus Hippukekores dicitur b

dieg. 3.25–33 (frg. 94 Pfeiffer) Τὸν νεκρ[ὸ]ν ̣[ ̣ ̣ ̣ ̣ ̣ ̣] ̣τ[ ̣ ̣ ̣ ̣]υβατονιϲ τιναευω [ ̣ ̣ ̣ ̣ ̣ ̣]μ̣[ ̣]ν̣η̣ ̣ ενουϲπωϲ αὑτοῦ πα[ῖ]δ[α Λειμ]ώνη̣ν̣ φθαρεῖϲαν λάθρα εἰϲ τὸν θ[άλα]μ̣ο̣ν [ϲ]υγκατακλείϲαϲ ἵππῳ διὰ το[ύτ]ο̣[υ] διέφθειρεν· ὅθεν Ἀθήνηϲιν τόπο[ϲ] Ἵππου καὶ Κόρηϲ· τὸν δὲ ϲυγγενόμενον αὐτῇ δόρατι παίϲαϲ νεκρὸν ἐξέδηϲεν ἵππου, ὥϲτε κατὰ τοῦ ἄϲτεοϲ ϲύρεϲθαι.

Mit dem Fund der διηγήσεις war das Schicksal nicht nur Kallimachos gewogen, sondern auch Ovid, da die διηγήσεις uns erlauben, die Scholien in ein besseres Licht zu rücken. Gestehen wir Ehwald († 1927) und Wilamowitz († 1931) zu, dass sie die διηγήσεις (1934 veröffentlicht) nicht kennen konnten. Was den ersten Forscher angeht, muss sein Datierungsvorschlag viel früher angesetzt werden. Die von ihm angenommene Entstehungszeit wird sich eher auf eine spätere Stufe der Überlieferung beziehen (siehe § IV.5.). Im Übrigen sind, wie man sehen wird, viele Bemerkungen des Gelehrten sehr nützlich. Die Scholien sind keine Übersetzung griechischer Scholien zur ῏Ιβις, wie Rostagni behauptet, da es sich bei den oben angeführten Stellen um exegetisches Material zu Kallimachos’ aetia handelt, einem Werk, aus dem Ovid häufig exempla für seine Ibis entnommen hat⁷⁹. Nach der Veröffentlichung der διηγήσεις (1934) ist der Philologe störrisch noch einmal zur Verteidigung seiner unhaltbaren Theorie zurückgekehrt⁸⁰. 78 79

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Zur zweiten Variante des Mythos, nach der Limone mit dem Hengst Unzucht getrieben habe (ob stuprum equi), siehe § IV.3., S. 142. Linus und Koroibos Ib. 573–576 = frg. 26; 28; 30 Pfeiffer; Minos und Kokalos’ Töchter Ib. 289– 290 = frg. 43.48–49 Pfeiffer; Phalaris’ Bronzestier Ib. 439–440 (cfr. zu Busiris auch Ib. 397–398) = 46 Pfeiffer; der Isindius Gast Ib. 621–622 = frg. 78 Pfeiffer; das Ritual in Abdera Ib. 467–468 = frg. 90 Pfeiffer; Theudotos aus Liparis Ib. 465 = frg. 93 Pfeiffer; Limone Ib. 335–338 = frg. 94–95 Pfeiffer; der venator gloriosus Ib. 505–506 = frg. 96 Pfeiffer; Pasikles aus Ephesos Ib. 623–624 = frg. 102 Pfeiffer; Eteokles und Polynikes Ib. 35–36 = 105 Pfeiffer; die Statue von Minerva Bistonia Ib. 379–380 = frg. 114.18 Pfeiffer. Siehe auch § III.5., S. 99. Rostagni 1934, S. 289–293. Schon Medea Norsa und Girolamo Vitelli haben ihre papyrologischironische Kritik gegen Rostagni scharf geübt: „Nulla, ad esempio, vorremo dire dell’ ῏Ιβις (ammesso che fosse in metro elegiaco), anche per non far dispiacere all’ottimo amico Rostagni, che anche dopo questo nuovo papiro callimacheo può continuare a credere che Pseudo-Callimacheo fosse quel poemetto“ (Norsa–Vitelli 1934, S. 5). Über die Einwände gegen Rostagnis Hypothese der Übersetzung der Ibis siehe § III.5., S. 99–100; zur Versmaßfrage siehe S. 95.

2. Das Zeitalter, die Urform der Scholien und der kulturelle Kreis

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Ovid ist nicht der Autor des Kommentars; erstens war es nicht üblich, dass ein Autor einen Kommentar für seine eigenen Werke verfasste. Es gibt keinen einzigen Beleg dafür in der Antike⁸¹. Das erste Beispiel dafür sind die chiliades bzw. die historiae des Iohannes Tzetzes (ca. 1110–ca. 1185), das umfangreichste Lehrgedicht der byzantinische Literatur, das Tzetzes als Kommentar zu seinen eigenen Briefen verfasst hat⁸². Die Vorgehensweise von Thomas Stearns Eliot in der zweiten Ausgabe von The Waste Land (1922), einem modernen alexandrinischen Werk⁸³, der die Lösungen schwieriger Stellen seines Werkes selbst angibt, ist eher eine moderne Erscheinung. Entscheidend dafür, Ovid die Autorschaft an den Scholien abzusprechen, ist aber die Überlegung, dass der Dichter kein ὑπόμνημα zu Kallimachos hätte abschreiben und übersetzen müssen, um einen Kommentar zu seinem eigenen Werk zu verfassen. Dazu wäre auch die Präsenz von ὑπομνήματα zu den aetia in Tomi nur schwer vorstellbar. Ob Wilamowitz mit „Scholien“ Randbemerkungen in der Rolle oder einen Kommentar meinte, ist nicht klar. Auch auf dieses Problem wird bald eine Antwort gegeben werden. Ich bin darüber hinaus der Meinung, dass der ursprüngliche Kommentar zur Ibis antik ist und in einer Rolle als selbständiges Werk vorlag, genauso wie es für die griechischen exegetischen Werke üblich war, die durch die Papyrusfunde bekannt sind: also ein commentarius perpetuus, keine notulae bzw. Randscholien, wie La Penna behauptet. Die letztgenannte Vorstellung kann man mit gewisser Sicherheit aus folgenden Gründen ausschließen: a. Interkolumniengröße b. Moment der Buchanfertigung c. Anwesenheit von Lemmata d. kein ähnlicher Fund unter den Papyri e. literarische Gründe Besonders die Argumente a. und c. geben deutlich Ausschlag zugunsten meiner Rekonstruktion. a. Der Zwischenspaltenraum hätte materiell nicht einen so großen Textabschnitt beinhalten können. Dies ergibt sich, wenn man die oben angegebenen Stellen ab81

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Alan Cameron glaubt, P.Oxy 2528 (Anfang 2. Jh. n.Chr., aus Oxyrhynchus, M-P³ 373.3 = LDAB 879) „seems to show Euphorion interpreting his own poems, and the form of the text suggests a commentary rather then a monograph“ (Cameron, S. 1995, 225). Der Text lautet im SH 432.9–12 ἀπὸ Ἔλλοπο]ϲ τοὔνομα λαβοῦϲα, πε]ρ̣ὶ ἧϲ ἐν ταῖϲ Χιλιάϲι]ν διαλεξόμεθα. In M-P³ ist der Papyrus als „Commentaire à ou par Euphorion“ verzeichnet. Die SH-editores sprechen nicht von Euphorion als Autor. Cameron glaubt sowieso nicht, dass Ovid selbst der Autor der Scholien ist (Cameron 1995, S. 225, Fußnote 176: „I am not attracted by Wilamowitz’s suggestion (HD II. 400) that Ovid or someone he commissioned was responsible for the small nucleus of genuine information of the scholia to his Ibis“). In der Tat verfasste Iohannes Tzetzes Erläuterungen zu einigen seiner Schriften, wie z.B. zu den carmina Iliaca und den prolegomena ad Aristophanem. Curtius 1954, S. 318: „Eliot ist im genauesten Sinn des Wortes ein alexandrinischer Dichter – so wie er heute aussehen muß und darf. Er ist zunächst ein gelehrter Dichter. Er kennt die Sprachen, die Literaturen, die Techniken. Er schmückt sein Werk mit den Juwelen des Zitats, mit den Reminiszenzen der Lektüre. Er tut also genau das, was die Alexandriner und die Römer taten, nur daß er die Fundorte gleich in den Anmerkungen beigibt“.

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IV. Die Scholien zu Ovids Ibis

misst, denn die Kolumne der διηγήσεις ist ungefähr 9 cm breit (siehe Tafel 13), die Ibis-Scholien sind 4,8 cm breit und 1,4 cm hoch bzw. 2,9 cm breit und 1,9 cm hoch⁸⁴ (siehe Tafeln 14–15 und meine Transkription S. 126); weiter enthielten (und enthalten) die Scholien in der Regel Suspensionen. Wir müssen noch dazu rechnen, dass in P ihr Text neben drei bzw. ungefähr vier Versen der Ibis läuft, nicht nur neben den zwei Versen des Distichons, das sie erläutern. Die Interkolumnien der griechischen Papyri aus Ägypten sind durchschnittlich 1– 2 cm breit, ebenso sind die Interkolumnien der Papyri aus Herculaneum durchschnittlich zwischen 0,8 und 1,2 cm breit⁸⁵; infolgedessen verwendet Theodore Cressy Skeat 1 cm als durchschnittliches Maß des Interkolumniums für seine stichometrischen Rechnungen⁸⁶. Diese literarischen Papyri sind wahrscheinlich denjenigen einer Rollenausgabe der Ibis des 1. Jh. n.Chr. am ähnlichsten. Ich will nicht leugnen, dass es zwischenspaltige Bemerkungen in Papyrusrollen gibt⁸⁷, man denke z.B. an den Papyrus mit dem Θρᾷξ des Euphorion von Chalkis, den PSI 1390 (2. Jh. n.Chr., aus Oxyrhynchus, M-P³ 371 = LDAB 877), in dem zwischen den Spalten kleine Glossen (drei bis vier Wörter) vorkommen, die sich auf einzelne Details beziehen. Es handelt sich dabei immer um private Bemerkungen, um die Spuren eines Lesers: Die beiden zwischenspaltigen Glossen im Θρᾷξ weisen nämlich zwei verschiedene Handschriften auf⁸⁸. Es ist also zweifellos auszuschließen, dass ein Textteil, der so viel Platz in einer Kolumne einnahm,

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Ich habe die Kolumne aus dem originalgetreuen Lichtbild in der Ausgabe von Medea Norsa und Girolamo Vitelli (Firenze 1934) und die der Scholien zur Ibis von P selbst abgemessen. Hofmann 1985, S. 471–472, die weiteren Maße der Interkolumnien im Beitrag schwanken immer zwischen 1 cm und 3 cm. Die Maße der Interkolumnien in den Oxyrhynchus-Papyri schwanken größtenteils von 1,5 cm bis 2 cm für Prosatexte und von 2 cm bis 3 cm für dichterische Texte (Johnson 2004, S. 110–113 und 118–119). Was die Papyri aus Herculaneum angeht, bemerkte Guglielmo Cavallo: „Il vacuo intercolonnare – pur sfuggendo ad una misurazione precisa dato il più o meno discontinuo allineamento delle righe lungo il lato destro delle colonne – nella più parte dei rotoli, in pratica i filodemei, si può comunque calcolare tra gli 8 e i 12 millimetri; un po’ più esteso, fino a raggiungere i mm 16 ca., si mostra in PHerc. 176, PHerc. 1027, PHerc. 1012, PHerc. 1055, PHerc. 831, e assai esteso, mm 25 ca., in PHerc. 908/1390“ (Cavallo 1983, S. 19). Etwas breiter ist das Interkolumnium in P.Qaṣr Ibrîm 78–3–11/1 (Zeitalter von Augustus, aus Qaṣr Ibrîm, M-P³ 2924.1 = LDAB 574), dem Papyrus von Gallus, 2,5 cm, und im PHerc. 817 (31 v.Chr.–79 n.Chr., aus Herculaneum, Travaglione 817), dem so genannten carmen de bello Actiaco, 3 cm. Für die Maße und die Datierung des P.Qaṣr Ibrîm 78–3–11/1, die zwischen 50 v.Chr.–20 v.Chr. oder 50 v.Chr.–25 n.Chr. schwankt, siehe Anderson–Parsons–Nisbet 1979; für die Maße des PHerc. 817 siehe Capasso–Radiciotti 1999. Die einzige Ausnahme in Hofmanns Beitrag, die ich gefunden habe, ist der P.Oxy. 3223 (2. Jh. n.Chr., aus Bahnasa Oxyrynchus, MP³ 487.3 = LDAB 1207) mit einem Interkolumnium von 4 cm Breite. Dieser Papyrus gehört aber einer späteren Zeit an. Ich bedanke mich bei Frau Dr. Agnese Travaglione, die mir die lateinischen PHerc. der Officina dei Papiri zur Verfügung gestellt hat: Ich kann die Richtigkeit der in Capasso– Radiciotti 1999 angegebenen Maße bestätigen. Im Ägyptischen Museum in Kairo durfte ich den Papyrus von Gallus nicht direkt abmessen. Skeat 1982, S. 171. Meilensteine für die Erforschung der „annotated papyri“ sind McNamee 1977 und 2007. Ciampi, S. 2007, S. 15: „La mano che ha vergato questo scolio sembra essere la stessa dello scolio (k) del fr. C, mano diversa, chiaramente meno corsiva, da quella che ha vergato tutti gli altri scolî“.

2. Das Zeitalter, die Urform der Scholien und der kulturelle Kreis

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in einem Papyrusinterkolumnium vorkommen oder in einen solchen versetzt werden konnte⁸⁹. b. Die Rolle mit dem Text der Ibis hätte von einem Schreiber, also von Anfang an im Buchanfertigungsbetrieb, mit breiten Interkolumnien geplant und geführt werden müssen, andernfalls wäre der gesamte Text (zwischenspaltige Scholien und Ibis) aus denselben Platzgründen zu einem unicum in der Rolle geworden und deswegen unlesbar gewesen⁹⁰. c. Der entscheidende Beweis für meine Rekonstruktion besteht in der Anwesenheit der Lemmata, d.h. eines oder mehrerer Begriffe des Verses, meistens abgekürzt und von etc. gefolgt, worauf sich die Kommentarerklärung bezieht. Bei meiner eigenen Prüfung des Codex Phillippicus habe ichbbemerkt, dass das Lemma unterstrichen und ihm ein Zeichen (etwas wie ein oder √ mit einem überschriebenen waagerechten Strich, siehe Tafeln 14–15 und meine Transkription S. 126) vorangestellt ist. Da die Lemmata in den Randscholien auch in den Handschriften der zweiten Familie (siehe Tafel 12) vorkommen, kann dies keineswegs ein Zufall sein, sondern muss auf die ursprüngliche (und übliche) Gestalt des Kommentars zurückgehen⁹¹. Es stellt sich die Frage, wieso in der ursprünglichen Fassung der Vers der Ibis wiederholt worden sein sollte, einmal im Text und noch einmal daneben, in den Scholien? Denn die Lemmata sind an dieser Stelle vollkommen unnütz, ja sie nehmen sogar Platz weg. Sie gehörten hingegen dem ursprünglichen Kommentar in der Rolle an, und dort waren sie nötig, um die Verbindung zwischen Text und Erläuterung herzustellen. Sicherlich sind die oben genannten Zeichen eine graphische Hervorhebung des Lemma, eine Art und Weise, dem Augen des Lesers dabei zu helfen, mit einem Blick die Stelle und deren Anfang zu finden, genauso wie die Unterstreichung der Lemmata im P.Berol. inv. 9782, dem Kommentar zu Platos Theaetetus im Ägyptischen Museum zu Berlin (2. Jh. n.Chr. aus Hermopolis, M-P³ 461.11 = LDAB 1116). Solche wichtigen Details werden von La Pennas Ausgabe nicht konsequent angegeben⁹². d. Die Vorstellung, dass l’Ibis nell’antichità non dovette avere più di un corredo di note sobrie ed essenziali, indicanti il personaggio e talora la fonte letteraria […]. Ma già prima della fine dell’evo antico

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Man kann auch ein einfaches Experiment mit dem Font Romahn_.ttf (Halbunziale), welches von http://www.historian.net/files.htm herunterladbar ist, durchführen, um das Problem am besten zu visualisieren. Es reicht in dieser Schriftart, die ähnlich der für Randbemerkungen üblichen Schrift ,kursiver Natur‘ ist, den oben angeführten Scholientext zu tippen und auszudrucken. Auch wenn das Font eine Größe von 4 Punkten hat, also manuell nicht so einfach ausführbar, kann die Schrift für die Höhe der zwei Zeilen des Distichons nicht in einen 2–3 cm breiten Raum passen. Man braucht zumindest das Doppelte an Raum. Über die editorischen Phasen in der Antike (ἔκδοσις, διάδοσις, παράδοσις) und ihre Beschreibung siehe van Groningen 1963; Mcdonnel 1996; Dorandi 2007, S. 83–121. Siehe Fußnote 95. Wie schon gesagt (siehe § I.1., S. 16), sind Lemmata die Regel in den Kommentaren in den griechischen Papyri. Der früheste Beweis unter den lateinischen Handschriften sind die scholia Bobiensia (CLA 1.28) und der Codex Parisinus Latinus 12161 der quaestiones Vergilianae von Aemilius Asper (nicht nach dem 5. Jh.), siehe CLA 5.627. Über die Stärken und Schwächen dieser Ausgabe siehe Lana 1960; Cambier 1963.

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IV. Die Scholien zu Ovids Ibis

doveva correre un’edizione in cui le note scheletriche venivano talora sviluppate narrativamente⁹³

stößt auch auf nicht geringe kodikologische und inhaltliche Schwierigkeiten: Es gibt unter den Papyrusfunden kein einziges Beispiel für eine fortlaufende Kommentierung in den Interkolumnien und Rändern⁹⁴. Darüber hinaus bleibt es offen, wie der Abfasser in der Antike den Kern der Ibis-Scholien dank der aetia und ihres ὑπόμνημα erweitern, Nikander als Quelle angeben, und Fehler, Banalisierungen und Erfindungen gleichzeitig hätte machen können? Wie man sehen wird, gibt es gute Gründe für die Annahme, dass in der Tat das genaue Gegenteil geschah, und zwar ein Zusammenfassungs- und Reduzierungsvorgang statt einer erzählerischen Entwicklung. e. Eine letzte Überlegung literarischer Natur sollte uns von der Idee der Randscholien definitiv abbringen. Das Vergnügen an der Lektüre dieser Werke besteht für einen gelehrten Leser größtenteils in der Lösung des γρῖφος. Diese typisch hellenistische Herausforderung der Gelehrsamkeit des Lesers hätte mit einer fortlaufenden Lösung daneben nicht funktioniert, wie die Fragmente des Θρᾷξ (frg. 26–27 Powell = 413–415 SH) und die P.Brux. 2.22 und P.Sorb. 2254 (2. Jh. v.Chr. aus Ankyropolis, M-P³ 461.11 = LDAB 1116) beweisen. Das alles veranlasst mich anzunehmen, dass sich die Ibis und ihr Kommentar in zwei getrennten Rollen befanden⁹⁵. Darauf dass es nicht um eine ,kommentierte Ausgabe‘ 93 94

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La Penna scholia in Ibin 1959, S. XXIV. Siehe § I.1., S. 18, Fußnote 21. Alan Cameron scheint teilweise La Pennas Vorstellung zu folgen: „Oneword glosses like this [scil. die Glossen in der Alexandra] would have been enough to explain a good many riddling couplets in the closest Latin equivalent to the Alexandra, Ovid’s Ibis“ (Cameron 2004, S. 172). P.Oxy. 4428 (Anfang des 3. Jh. n.Chr. aus Oxyrhynchus, M-P³ 1284.41= LDAB 2589) und P.Oxy. 3446 (2. Jh. n.Chr. aus Oxyrhynchus, M-P³ 1286.1 = LDAB 2587), die Cameron als Beispiel dafür zitiert, zeigen in der Tat, dass diese notulae im Interkolumnium ganz spärlich vorkommen: P.Oxy. 4428 enthält zu 16 Vv. (Alexandra 151–166) vier oder fünf notulae und zwar neben den Vv. 153; 167 (?); 161–163. P.Oxy. 3446 enthält zu Vv. 12 (Alexandra 1239–1250) eine einzige notula neben V. 1248 und zwei Interlinearanmerkungen zu Vv. 1246–1247. In allen Fällen hat Nikolaos Gonis festgestellt, dass es sich um verschiedene Hände handelt. Spärliche und kleine Anmerkungen, wahrscheinlich von derselben Hand, kommen auch in P.Oxy. 2080 (2. Jh. n.Chr. aus Oxyrhynchus, M-P³ 206 = LDAB 487) vor. Es handelt sich um Erläuterungen zum 2. Buch von Kallimachos’ aetia. Cameron hält sie für „systematic mythographic scholia“ (Cameron 2004, S. 175). Eine Idee des Verhältnisses zwischen Text und Erläuterung bietet die 2 Kolumne der Rolle, die als einzige vollständig erhalten ist: zu 47 Verse der aetia stehen vier oder fünf Randanmerkungen. Der Leser kann sich selbst ein Urteil bilden, weil die Abbildungen der P.Oxy. unter http://www.papyrology.ox.ac.uk/POxy/ frei zur Verfügung stehen. Weiter scheint Cameron sich teilweise auch an Wilamowitz’ Hypothese anzuschließen: „It was again Wilamowitz who came up with the simplest and most plausible explanation. There was no ancient commentary on the Ibis. These were occasional mythographic notes in the margins of a single copy that survived the Dark Ages. Set in the context of the many Greek papyri with marginal notes of exactly this nature, this solution must surely now be accepted“ (Cameron 2004, S. 182). Bereits La Penna hat Teile meiner Rekonstruktionshypothese in Erwägung gezogen, sie allerdings verworfen (Ibis 1959, S. XXXV): „Ma non è affatto sicuro che il fondo antico accompagnasse l’archetipo medievale dell’Ibis: può anche darsi che esso fosse tramandato indipendentemente,

2. Das Zeitalter, die Urform der Scholien und der kulturelle Kreis

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der Ibis geht, weisen meiner Meinung nach die abgekürzten Lemmata und die abgekürzten Wörter in den Lemmata hin⁹⁶. Für die mögliche Hypothese, dass der Kommentar und der Ibis-Text unabhängig von einander auf dieselbe Rolle geschrieben worden wären, gäbe es zwei Möglichkeiten: Die Erläuterung hätte entweder auf der Rückseite der Rolle (charta opisthographa oder transversa) oder auf derselben Seite im Anschluss an den Text der Ibis stehen können. Auch wenn es ein Beispiel von spärlichen Bemerkungen auf dem verso von Rollen gibt⁹⁷, würde ich diese Möglichkeit ausschließen, weil es sehr unbequem für den Leser gewesen wäre, dieselbe Rolle ständig zu drehen oder in einem fort aus- und wieder aufzurollen – von der Textstelle zur Erklärung am Ende der Ibis und wieder zurück zum nächsten Distichon. Auch der Vergleich mit den oben genannten Papyri von Euphorion und der anonymen ἀραί bekräftigt solche Aussagen, da man auf dem verso keine Spuren von der Lösung der γρῖφοι findet⁹⁸. Nach der Klärung dieser Punkte kann man den nächsten Schritt unternehmen, nämlich eine schärfere Rekonstruktion dieses Erläuterungswerks versuchen, soweit es seine Transformationen in einer Zeitspanne von mehr als 1300 Jahren erlauben. Wilamowitz war der Meinung, dass der Kommentar in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Ibis entstanden sei. In diesem Punkt stimme ich mit ihm überein. Für eine solche Datierung sprechen außer den korrekten Bemerkungen des Gelehrten über die schwierige Lesbarkeit des Werkes ohne Hilfen besonders die Verwendung griechischen exegetischen Materials zu Kallimachos und die Erwähnung von Nikander, die Erfolgszeit Ovids sowohl bei den normalen Lesern als auch in der Schule, das allgemeine Revival der hellenistischen Dichtung und der Erfolg dunklerer Gedichte in Rom am Ende der Herrschaft von Augustus und zu Tiberius’ Zeit⁹⁹. Daher schlage ich als Datierung das 1. Jh. v.Chr. vor.

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con dei lemmi, come in B ed in C: tuttavia io immagino il fondo antico poco esteso, il che mi fa sembrare non molto probabile una tradizione indipendente dal testo“. Mit ,kommentierter Ausgabe‘ sind Texte wie der Liller Kallimachos P.Lille inv. 82, 76 + 79, 78b, 78a (3. Jh.–1. Hälfte des 2. Jh. v.Chr. aus Magdola, M-P³ 207.3 = LDAB 527) gemeint, in denen auf die Lemmata in extenso die jeweils darauf bezogenen Erläuterungen folgen. Dazu siehe Vannini 2006. P.Oxy. 2694 (1.–2. Jh. n.Chr. aus Oxyrhynchus, M-P³ 103 = LDAB 258) enthält Apollonios’ Argonautica mit Bemerkungen auf dem verso. Bis dato ist dies das einzige mit solchem Merkmal in LDAB verzeichnete Stück. Es gibt vielleicht nur ein einziges Beispiel unter allen Papyri für eine solche Ausnahme eines in derselben Rolle wie der Text enthaltenen Kommentars, und zwar den P.Louvre inv. E 7733v + 7734v (3.–2. Jh. v.Chr., aus Memphis, M-P³ 1763.3 + 2579 = LDAB 7038), besser bekannt als „die Auster“, d.h. ein Rätsel in elegischer Form in 6 Versen, überschrieben mit dem Titel ὄϲτρειον (gleichzeitig die Rätsellösung) und gefolgt von einem mehr als 50 Zeilen langen mit Lemmata versehenen Kommentar, beide auf dem verso geschrieben, während sich auf dem recto die Fragmente einer Abhandlung über Optik befinden, siehe Lasserre 1975; Parson 1977. Suet. Tib. 70.2 [scil. Tiberius] fecit et Graeca poemata imitatus Euphorionem et Rhianum et Parthenium, quibus poetis admodum delectatus scripta omnium et imagines publicis bibliothecis inter ueteres et praecipuos auctores dedicauit; et ob hoc plerique eruditorum certatim ad eum multa de his ediderunt; Statius († 95/96) bietet eine Liste der griechischen Autoren, die sein Vater zu kommentieren pflegte (silv. 5.3.146–158 hinc tibi vota patrum credi generosaque pubes / te monitore regi, mores et facta priorum / discere, quis casus Troiae, quam tardus Vlixes, / quantus equum pugnasque virum decurrere versu / Maeonides quantumque pios ditarit agrestes / Ascraeus Siculusque

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IV. Die Scholien zu Ovids Ibis

Auch ein sprachliches Merkmal deutet auf eine nicht späte Datierung hin. Alan Cameron hat eine Umwandlung der Tempora, vom Präsens zum Imperfekt, in den Beschreibungen heidnischer Riten in den Kommentaren nach dem Dreikaiseredikt (380 n.Chr.) und besonders nach 391 n.Chr. richtig bemerkt¹⁰⁰. Die Scholien zur Ibis behalten noch teilweise das ursprüngliche Präsens in den Erläuterungen einiger Kultusbräuche und in den Ortschaftsbenennungen bei und „this use of the present tense is by no means restricted to pre-Servian commentators on the poets“¹⁰¹. Die Schrift des Kommentars war wahrscheinlich eine capitalis oder höchstens eine alte römische Kursive, die auch für die Rollen von literarischen Werken üblich war, man vergleiche z.B. den P.Iand. 5.90, das so genannte Giessener Fragment der in Verrem orationes (1. Jh. vor oder n.Chr. aus Arsinoites, CLA 8.1201, M-P³ 2920 = LDAB 561)¹⁰². Leider bieten unsere Scholien nicht viele Fehler zu einer sicheren Ermittlung der Schriftart für dieses Stadium, sondern nur eine Verwechslung, die auf eine capitalis hinweist, siehe § IV.4.2., S. 153. Auch dies alles bekräftigt meinen Datierungsvorschlag. Der Titel des Werkes war wahrscheinlich ( ) : Dies ist aus der Betitelung commentarius in Ibin Ovidii des Codex C, des einzigen mit einem Titel versehenen Zeugnisses, zu schließen. Derselbe Hinweis ist im explicit dieses Codex zu finden: laus deo. Finit comentum in Ybidem [sic]. Nur B hat am Vers 175 . . . Die anderen Codices tragen gar keine Angabe. Im Fall von C befindet sich der Titel vor dem accessus, und bis zum Vers 253 sind senex, qua lege recurrat / Pindaricae vox flexa lyrae volucrumque precator / Ibycus et tetricis Alcman cantatus Amyclis / Stesichorusque ferox saltusque ingressa viriles / non formidata temeraria Chalcide Sappho, / quosque alios dignata chelys. tu pandere doctus / carmina Battiadae latebrasque Lycophronis atri / Sophronaque implicitum tenuisque arcana Corinnae); siehe auch Mayer 1982, S. 307; Gatti Ciris 2010, S. 15–16 und 28. 100 Cameron 2004, S. 16–17: „Late antique commentators on the poets regularly comment on details of Roman cult in this way, and those who wrote before the banning of pagan cult acts in 391 always do so in the present tense. In Donatus, for example, who wrote around 350: ‘‘the double toga, in which the flamines sacrifice’’ and ‘‘the knife . . . which the flamines . . . and pontifices use for sacrifice’’ (DS on Aen. iv.262). But Servius, who wrote ca 420 and drew on Donatus, regularly turns these presents into imperfects“; eine ausführliche Abhandlung dazu bei Cameron 2011, S. 575–580. 101 Cameron 2011, S. 578. Siehe die Beschreibung von blutigen Opfern in schol. in Ib. 97 C in me. metaphora est sumpta a sacerdote qui, facta diis victima, securius movet ut sua fiant vota; cui debent favere in suis votis qui intersunt sacris; die Agonalia in schol. in Ib. 467 B (a*) aut te d. Abdera terra est, in qua pro more antecessorum in capite anni in festis Iani unus exponitur morti pro populo, ut ait H, dazu siehe Radke 1993, S. 179–181; die Geschichte des Thasus, Sohns von Anius, dem Apollo-Priester in Delos, schol. in Ib. 477 C (F*D*) ex illo tempore Delos canes non habet; die Benennung vom vicus Sceleratus in Rom, wo Tullia, die Tochter von Tullus Hostilius, mit einem Wagen die Leiche ihres Vaters schändete, schol. in Ib. 363 P [E] unde vicus Sceleratus dicitur; C (F*)1. qui locus adhuc dicitur Sceleratus […] 4. a quo facto nunc dicitur vicus Sceleratus in quo contigit illud scelus. Siehe weitere Beispiele bei schol. in Ib. 384 Z (vgl. Serv. in Aen. 2.116 und die Lesart fascelidis) und schol. in Ib. 379 B (a*b*). 102 Bischoff 2005, S. 86–89; Michaela Zelzer hat durch die Prüfung mancher Fehler (Verwechslung von / , / und / ) als Schriftart der Rollen, die als Vorlage einiger spätantiker Codices verwendet wurden, die Kursive ermittelt (Zelzer 1989); Cavallo 1998. Was die Schrift der Randanmerkungen angeht, siehe Norsa 1946; Natale 1957.

2. Das Zeitalter, die Urform der Scholien und der kulturelle Kreis

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die Scholien spärlich (2; 9; 14; 32 usw.), so dass die Benennung auffällig unangebracht und nicht an der richtigen Stelle wäre, wenn wir nicht vermuteten, dass sie wohl der ursprüngliche Titel des gesamten Kommentars war. Die Betitelung hatte im Original ihren Platz eher in der inscriptio, in der subscriptio oder auch κατὰ τὸν κρόταφον, d.h. in der Etikette¹⁰³. Die Anwesenheit des Titels in C kann als weiterer Beweis für meine Rekonstruktion und die Schlussfolgerungen über die ursprüngliche Form des Kommentars dienen. Der Name des Kommentators ist unbekannt. Er war sehr wahrscheinlich im Titel enthalten und ging mit der Zeit und während diverser Transformationen verloren. Dieses Schicksal traf die scholiastischen corpora und Kommentatoren sehr oft. Die auctoritas und Persönlichkeit der Kommentatoren wurde – Servius, Donatus und einige andere Gelehrten ausgenommen – im Laufe der Zeit im Vergleich zum Textautor schwächer, und deswegen sind die Namen von diesen Dienern der Autoren üblicherweise ausgelassen oder verwechselt worden¹⁰⁴. Das volumen mit dem Kommentar zur Ibis, das vielleicht zu einer Reihe von ὑπομνήματα zum Gesamtwerk Ovids gehörte, beinhaltete eine ausführliche Erläuterung der ganzen Ibis. Wie wir gesehen haben, hat sich die Verbindung zwischen der Ibis und dem Kommentar mit den Lemmata und vielleicht auch mit anderen Verweiszeichen aufzeigen lassen: Eine Kommentierung mit Lemmata beginnt ab dem Vers 2 in C und fährt im Folgenden mit Lemmata fort. Der ursprüngliche Umfang lässt sich daraus erschließen, dass der Großteil der überlieferten Scholien in allen Codices auf die Vv. 253–644 begrenzt ist und es sich um eine fortlaufende Erklärung Distichon für Distichon handelt, während zu den Vv. 1–252 nur vereinzelte und unabhängig voneinander überlieferte Erklärungen erhalten sind, außer zu den Vv. 35; 54; 55; 79; 90; vielleicht 97; 175; 176; 178; 179; 181; 216; 219. Die Scholien zu diesen Versen beinhalten gemeinsame Punkte, weisen einen ähnlichen Wortlaut auf, kommen in vielen Codices vor und erläutern besonders mythologisch-geschichtliche Ereignisse¹⁰⁵, genauso wie diejenigen zu den Vv. 253– 644. Es ist durchaus möglich, dass die Kommentierung zu den Vv. 1–252 ursprünglich aus „lemmes choisis“ und nicht aus „lemmes continus“ bestand¹⁰⁶, so wie im zweiten Teil (Vv. 253–644). Die Aufmerksamkeit und das Interesse dieser erhaltenen Scholienfassung sind im Grunde genommen nur auf den historisch-mythologischen Hintergrund des Textes fokussiert, doch wurden vom Kommentator sehr wahrscheinlich auch andere Aspekte des Textes, so wie Stilmerkmale, rhetorische Figuren, morphologische Besonderheiten usw., besonders im Teil der Ibis 1–252, in Betracht gezogen und waren im ursprünglichen Kommentar vorhanden (siehe § IV.4.1.). Ich möchte mir also für das Konzept des commentarius einen Exegeten des 1. Jh. n.Chr. an der Arbeit mit der Rolle der Ibis einerseits und den Wachstafeln andererseits vorstellen; er wird auf den tabellae ceratae die erste provisorische Niederschrift aufge-

103 Über die Titel in den Rollen siehe Caroli 2007, besonders S. 52–60 und 77 über die inscriptiones. 104 Zur Nennung des Autornamens im Mittelalter siehe Curtius 1948, S. 503–505. Zu den Ursachen siehe auch § IV.4., S. 143. 105 Zu den schol. in Ib. 178 siehe § IV.3., S. 137–139. 106 Dorandi 2000.

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IV. Die Scholien zu Ovids Ibis

setzt (oder diktiert) und danach bearbeitet haben¹⁰⁷; erst in einem zweiten Arbeitsgang wird er selbst oder ein librarius den Inhalt von dieser ersten Fassung ordentlich auf eine Rolle abgeschrieben haben. Dies werden die ersten Phasen der Abfassung des Werkes gewesen sein. Während dieser als Beispiel dienende Exeget schrieb, hatte er cistae zur Hand oder Regale mit Rollen um sich herum, wenn er sich in einer Bibliothek befand, sei sie öffentlich gewesen, wie die Bibliothek im atrium Libertatis (39 v.Chr.) von Asinius Pollio oder die von Augustus eröffnete bibliotheca Latina Graecaque (28 v.Chr.), oder privat, wie das Zimmer der Papyri in der Villa dei Papiri bei Herculaneum¹⁰⁸. Die für diesen Kommentator zugänglichen Bücher waren also die aetia, Nikander und andere Werke der griechischen und römischen Literatur, wahrscheinlich dieselben, die Ovid inspiriert haben, oft zusammen mit den zugehörigen ὑπομνήματα. Außer diesen Texten wird er wahrscheinlich auch mythographische Werke, wie das Handbuch über Verwandlungen in P.Mich. inv. 1447¹⁰⁹, und historische Abhandlungen über Familienkunde gebraucht haben: Diese Vermutung legen die Erklärungen der Scholien über die Ereignisse thessalischer und epirotischer Geschichte in den γρῖφοι der Vv. 285–288, 293–298 und 301–308 nahe. Der Kommentator wird selbstverständlich mehr als eine Quelle nachgeschlagen haben, um die richtige Lösung für den γρῖφος zu finden¹¹⁰. Handelte es sich um eine Autorin oder einen Autor? In diesem Fall ist es im Gegensatz zu späteren Stadien der Scholienüberlieferung (siehe § IV.5.) unmöglich, das Geschlecht des Autors zu bestimmen. Der Kommentator kann selbstverständlich kein ungelehrter Mensch gewesen sein, denn schließlich konnte er so fließend griechisch, dass er Homer¹¹¹ und die hellenistische Dichtung lesen konnte, da er Ovids Muster erkannt hat. Dem Zeitgeist nach bereitete ihm (und dem Leser) die Lektüre der Ibis genug Vergnügen, um ihn zu deren Erläuterung zu veranlassen. Vielleicht handelte es sich um einen (oder den?) editor der Werke Ovids, der sich um die ἔκδοσις und die διάδοσις der Ibis gekümmert hat. 107 Zur generellen Verfassungsmethode siehe Dorandi 2007, S. 29–46. Vgl. auch Quint. inst. 10.3.32– 33 Winterbottom. An einen anderen Vorgang, den Übergang von provisorischen notulae in den Kommentar mit Lemmata, denkt Louis Holtz: „Inversement pour première esquisse du commentaire à lemmes dont il a entrepris la rédaction, un maître aura utilisé le contenu des annotations qu’il avait d’abord portées sur son exemplaire, en empruntant pareillement les lemmes à cet exemplaire: ainsi les scholies passent du manuscrit d’auteur dans le commentaire à lemmes, y compris les emprunts que le maître avait faits à ses prédécesseurs“ (Holtz 2000, S. 104–105). Sichere Beweise dafür liefert Holtz jedoch nicht. 108 Seit 39 v.Chr. bis zu Vespasian ist die Entstehung von sieben öffentlichen Bibliotheken in Rom dokumentiert; über die Bibliotheken in Rom siehe Fedeli 1988; über sechs mögliche Bibliotheksbestände in Oxyrhynchus siehe McNamee 2007. 109 2.–3. Jh. n.Chr. aus Ägypten, M-P³ 516.2 = LDAB 1219, dazu siehe Renner 1978. 110 Interessante Betrachtungen theoretischer Natur über das Verhältnis zwischen der „enciclopedia dell’autore“ und der des Kommentators sind in Segre 1992, S. 5–6 zu finden. 111 Ovid wünscht Ibis dieselbe fortuna wie diejenige des Irus, des Dieners von Odysseus: Ib. 417 qualis erat nec non fortuna binominis Iri und schol. in Ib. 417 B qualis erat. Irus binomius: nam et Arnaeus dicitur apud Homerum; Hom. Od. 18.5–7 Ἀρναῖος δ’ ὄνομ’ ἔσκε· τὸ γὰρ θέτο πότνια μήτηρ / ἐκ γενετῆς· Ἶρον δὲ νέοι κίκλησκον ἅπαντες, / οὕνεκ’ ἀπαγγέλλεσκε κιών, ὅτε πού τις ἀνώγοι.

2. Das Zeitalter, die Urform der Scholien und der kulturelle Kreis

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Es ist schwierig, begründete Hypothesen über die Verbreitung dieses Werkes in der Antike und in der Spätantike aufzustellen. Die Übereinstimmungen mit anderen Erläuterungswerken (Kommentare, Scholien zu Vergil, Statius usw.) sind eher inhaltlich als verbatim. Im Allgemeinen zeigen diese Scholien nicht viele Kontaktpunkte zu den anderen Kommentaren und scheinen abgeschlossene Einzelgänger im Vergleich mit der römischen Tradition zu sein (siehe § IV.3.). Trotzdem bedarf die Ibis dieses Kommentars, und ihr Fortleben lässt auch auf einen gewissen Umlauf der Erläuterung schließen. Was man folgern kann, ist, dass der Kommentar mit der ,Textausgabe‘ der Ibis, für die er verfasst wurde, zusammen überliefert worden ist¹¹², bis sie in denselben Codex zusammengeschrieben worden sind, also bis zum Moment der Vereinigung in demselben Datenträger. Wie man weiß, sind die Lemmata eines Kommentars auch hinsichtlich der Überlieferung des Autorentextes wichtig, da sie manchmal andere Lesarten anbieten. Man denke z.B. an Servius oder an die spätantiken Kommentare zu Plato. Dies ist dann der Fall, wenn der Kommentar mit einer Textfassung in demselben Codex vereinigt worden ist, welche anders ist als diejenige, für die er verfasst wurde und die er erläutert. So findet man an den Rändern Lemmata, die nicht mit dem Text des Autors übereinstimmen und sich oft an andere Überlieferungszweige anschließen. In unserem Fall stimmen der Lemmatatext und der Text immer überein. Ansonsten sind im Apparatus nur manchmal die Lemmata von B einzufügen (Vv. 255; 257; 272; 284; 319; 326–327; 461; 351; 397; 429; 413; 434; 443; 447; 449; 455; 457; 472; 475; 499; 507; 503; 513; 516; 564; 568; 587; 615), da der Bernensis Bongarsianus 711 nicht den Text der Ibis, sondern einen perpetuus commentarius anbietet, und er selbst als testimonium gilt, das aber immer mit dem Text einer Handschriftenfamilie übereinstimmt. Wahrscheinlich ist der Kommentar jener ,Ausgabe‘, für welche er verfasst wurde, immer gefolgt, ausgehend von der Buchanfertigung bis zum Regal haben sich die zwei Rollen nie getrennt¹¹³. Dass diese ,Ibis-Ausgabe‘ und der zugehörige Kommentar zur privaten Bibliothek einer Patrizierfamilie gehörten, wo sie über die Spätantike hinaus aufbewahrt worden sind, ist eine verlockende Hypothese. Andernfalls müsste man einen Zufall oder keine Abweichung von der Vorlage zur Abschrift in der Textüberlieferung der Ibis in der Antike annehmen. Die Ibis-Scholien zeigen eindeutig, dass sie nur von einem einzigen Kommentar abstammen. Die Möglichkeit, dass sie aus der Verschmelzung mehrerer Kommentare enstanden sind, so wie die Scholien zur Ilias oder der Servius Danielinus, und die Meinungen vieler Kommentatoren in diese Scholien eingefloßen sind, ist aus folgenden Gründen auszuschließen: Wenn Erläuterungsmaterial unterschiedlicher Herkunft in den spätantiken ὑπομνήματα μικτά bewusst bearbeitet worden ist, ist die Nebenein-

112 Siehe auch § IV.4.1., S. 151. 113 Dies scheint der Fall zu sein bei der Kopie des Alkaios P.Oxy. 1233 + 2081 (d) + 2166 (b) + P.Mich. s.n. (2. Jh n.Chr. aus Oxyrhynchus, M-P³ 56 = LDAB 169) und dem zugehörigen Kommentar P.Oxy. 2307 (M-P³ 75 = LDAB 165), die der Schreiber A32 in Oxyrhynchus verfasst hat, siehe Johnson 2004, S. 64; McNamee 2007, S. 698.

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IV. Die Scholien zu Ovids Ibis

anderstellung durch bestimmte Formeln¹¹⁴ signalisiert worden. In den Scholien findet man zwar vereinzelt unterschiedliche Erklärungen zu einem Distichon innerhalb derselben Auslegung¹¹⁵, aber keine durch solche Formeln in eine catena eingeführten Meinungen. Auch im Fall einer nicht offensichtlichen ,digestio‘ vieler Kommentare könnte man Spuren davon feststellen: Hiermit will ich keinesfalls behaupten, dass in der Antike nur ein einziger Kommentar zur Ibis existierte, sondern will nur belegen, dass die erhaltenen Scholien aus demselben antiken Kommentar stammen. Ich neige dazu, das ,alii dicunt‘ und ähnliche Formeln in den Ibis-Scholien, also die sprachlichen Einleitungen zu einer anderen Deutung, für einen Hinweis zu halten, dass ein Schreiber sie selbst ausgedacht oder die Handschriftsabfassungen kontaminiert hat.

3. DER WERT DER IBIS-SCHOLIEN Ein wichtiges Problem der Ibis-Scholien ist ihr Wert und ihre Bewertung. In der Forschung sind sie allgemein für unzuverlässig und schwindeleivoll gehalten worden¹¹⁶. Schon vor der Entdeckung der διηγήσεις bestimmte Johannes Geffcken als Erster einen möglichen Wert der Scholien, was die in den Scholien enthaltenen Kallimachoszitate betrifft¹¹⁷: Die Untersuchung hat ein meist negatives Resultat ergeben; indessen haben sich doch an drei Stellen (v. 451. 475. 477) die Spuren alter guter Ueberlieferung gezeigt. Die Ibisscholien einfach über Bord zu werfen, wäre ebenso falsch als sie ohne Bedenken zu citiren. Ellis hat eine Sichtung nicht versucht; es ist aber, wenn auch nicht in allen, so doch in vielen Fällen möglich, die Spreu vom Weizen zu sondern und über die Frage, was der Scholiast hatte, ins Klare zu kommen.

Augusto Rostagni äußerte ein sehr positives Urteil über sie, das allerdings mit seiner Theorie übereinstimmte und daher oft übertrieben war (siehe § IV.5.). Ihm gebührt aber der Verdienst, ihren Inhalt tiefgehend erforscht zu haben. Ich werde versuchen, im Folgenden eine objektivere und wissenschaftlichere Inhaltsanalyse einiger Scholien vorzulegen, deren Wert der vorherigen Forschung entgangen ist oder von ihr aufgrund der noch nicht edierten Papyrusfunde nicht geschätzt werden konnte. Es ist selbstverständlich nicht möglich, alle Scholien zur Ibis an dieser Stelle in Betracht zu ziehen und von Fall zu Fall zu zeigen, ob sie richtig und auch wertvoll oder bloß eine Erfindung sind. Eine Kommentierung der Kommentierung hätte auch 114 Siehe § II.1.2., S. 37, Fußnote 51 und § IV.1., S. 115. Die lateinischen Formeln sind alii dicunt, in alio sic, item, aliter usw. 115 Z.B. schol. in Ib. 299 Z; 325 Z; 487 C (F*D*) + Conradus s.v. Driops; 493 Z; 498 F. Die Scholien zu 498 F bieten ein gutes Beispiel dafür. Der Vers 498 ut cui causa necis serra reperta fuit bezieht sich auf Perdix, die Scholien erklären korrekterweise die Figur: cui] s. Perdix, nepos Daedali. Perdix, quia invenit serram, ob invidiam ingenii capacitatis a Daedalo fingente ipsum fortuita caede cecidisse [ab eo] praecipitatus ab arce Palladis. 〈Ut〉 quidam dicunt, erat discipulus ad instruendum. O. Met.os. Die quidam sind niemand anderes als Ovid selbst, wie auch aus der Abkürzung zu entnehmen ist: met. 8.241–243 namque huic tradiderat fatorum ignara docendam / progeniem germana suam, natalibus actis / bis puerum senis, animi ad praecepta capacis. 116 Das letzte, wenig milde Urteil lautet in Cameron 2004, S. 180: „It has long been obvious that the greater part of these scholia are absolutely worthless“. Siehe auch § II.1.2., S. 32, Fußnote 32. 117 Geffcken 1890, S. 96.

3. Der Wert der Ibis-Scholien

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keinen Sinn. Ich bin überzeugt, dass der Kommentar ursprünglich reich an gelehrten Auskünften war. Zur Bekräftigung dieser Aussage genügen wenige neue Beweise¹¹⁸. Wie man sehen wird, sind die Fehler, die Autoschediasmen und die freien Erfindungen im Zuge der Transformationen entstanden, die innerhalb von dreizehn Jahrhunderten stattfanden. Im Grossen und Ganzen tragen die Scholien einen Erkenntniswert: Wenn man sie für die Lektüre der Ibis benutzt, findet man sehr oft in mindestens einem Scholion der zahlreichen Codices die mythologische Erklärung des Distichons. Selbstverständlich gibt es auch Fälle, in denen sie nicht zuverlässig sind, aber ich neige dazu, dies in vielen Fällen als eine Wirkung der Umschreibungen zu deuten, denen sie ausgesetzt waren. Wie ich über die Qualität ihres Inhalts bereits gesagt habe, sind sie tendenziell isoliert in der römischen mythographischen Tradition und zeigen oft eher Kontaktpunkte zu griechischen Werken, besonders zu den scholiastischen corpora. Ich möchte hier also einige Beispiele geben, um die Aufmerksamkeit auf den Wert der ursprünglichen facies zu lenken. Es ist bekannt, wie lange die Forschung über die Gründe spekuliert und gestritten hat, weshalb die Danaiden ihre Vettern, die Söhne des Aigyptus, nicht heiraten wollten und deswegen vor ihnen flohen. Der Grund dafür wird nämlich in den supplices des Aischylos nicht offenbart. Erst 1986 hat Martin Sicherl die richtige Lösung gefunden: Die Danaiden haben ihre Vettern nicht aus psychologischen, politischen und sozialen Gründen in der ersten Hochzeitsnacht ermordet, sondern wegen eines Orakels, das ihrem Vater weissagte, dass er von einem Sohn seines Bruders bzw. einem Schwiegersohn ermordet würde. Dieses wichtige Detail ist nur von den gelehrten Interpreten überliefert worden, nämlich in den Scholien zu Homer, zu Aischylos, zu Euripides und zur Thebais des Statius¹¹⁹. 118 Zur Verteidigung anderer Stellen dieser Scholien siehe Rostagni 1920, S. 78–120. La Penna scholia in Ibin 1959, S. VI: „Più di una volta P ci conserva da solo notizie giuste e talora preziose: per es., a 271 ci dà il nome della prima moglie di Fineo; a 459 ci riferisce (in compagnia del solo Corrado) il nome del luogo di Atene (Ἵππου καὶ Κόρης), in cui Limone fu divorata dal cavallo (questo scolio già basterebbe da solo a dimostrare la sua eccellenza); a 463 glossa Abantiades con Perseus e vede giustamente Tenes nel secondo personaggio del distico; a 470 è l’unico fra tutti gli scoliasti non recenti ad indicare il principe dei Telchini“. 119 Zum status quaestionis siehe Sicherl 1986, S. 81–88; die Diskussion der Quelle und ihres Wertes ist in den S. 88–110 enthalten. Schol. in Hom. Il. 1.42 Heyne γίγνονται δὲ ἐκ πολλῶν γυναικῶν, Αἰγύπτῳ μὲν πεντήκοντα παῖδες, Δαναῷ δὲ θυγατέρες πεντήκοντα. στασιασάντων δὲ πρὸς ἀλλήλους περὶ τῆς ἀρχῆς, ὕστερον Δαναὸς τοὺς τοῦ Αἰγύπτου παῖδας, πλὴν ἑνὸς ἢ δυεῖν, διὰ τῶν θυγατέρων ἀνεῖλε· δεδοικὼς, καθότι καὶ ἐκ χρησμοῦ ἠκηκόει, ὅτι φονευθήσεται ὑπὸ ἑνὸς αὐτῶν. καὶ ὑποθεμένης Ἀθηνᾶς αὐτῷ, ναῦν πρῶτος κατεσκεύασε τὴν κληθεῖσαν, ὡς ἀπὸ τοῦ ἀριθμοῦ τῶν θυγατέρων αὐτοῦ, Πεντηκόντορον, ἐν ᾗ τὰς κόρας ἐνθέμενος ἔφυγε; schol. in A. Pr. 853a.16–23 Herington ἐπεὶ δὲ μέσον αὐτῶν φιλονεικία ἐγένετο, ἑκάστου τὸν τῆς ἀρχῆς ὄγκον ἐφέλκοντος πρὸς ἑαυτόν, φοβηθεὶς ὁ Δαναὸς μήπως ἀναιρεθήσεται ὑπὸ τῶν υἱῶν Αἰγύπτου (ἦν γὰρ χρησμὸς αὐτῷ δοθεὶς πάλαι περὶ τούτου) ναῦν κατεσκεύασε τὴν κληθεῖσαν πεντηκόντορον ὡς ἀπὸ τοῦ ἀριθμοῦ ὧν ἐγέννησε θυγατέρων. ᾗ τὰς οἰκείας κόρας ἐνθέμενος εἰς τὸ Ἄργος ἀπῄει, φυγὼν τὸν ἀδελφὸν αὐτοῦ Αἴγυπτον ὅς, ὡς εἴπομεν ἄνωθεν, πεντήκοντα εἶχεν υἱούς· οἳ τὰς τοῦ Δαναοῦ θυγατέρας ἐζήτουν ἐπὶ τῷ συνοικῆσαι αὐταῖς; schol. in Eur. Or. 872 Dindorf Δαναὸς ἐγένετο Ἄργους βασιλεύς. οὗτος τὰς θυγατέρας ἑαυτοῦ πεντήκοντα οὔσας ἐκδίδωσι πρὸς γάμον τοῖς υἱοῖς Αἰγύπτου πεντήκοντα καὶ αὐτοῖς οὖσιν. οὗτος ἀπῆλθεν εἰς τὸ μαντεῖον, χρησόμενος εἰ

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IV. Die Scholien zu Ovids Ibis

Dieselbe Information findet sich aber auch in den Ibis-Scholien. Sie kommt nur in einer einzigen Codicesfamilie vor: schol. in Ib. 178 B (a*b*CF) [ZEC₁] 1. Danaus et Aegyptus fratres fuerunt. Aegyptus L filios habuit, Danaus autem totidem filias. Fatatum autem erat Danaum nepotem habiturum eumque sibi regna sua ablaturum.

Zwischen dem Kommentar zur Thebais und den Ibis-Scholien besteht kein Abhängigkeitsverhältnis. Es gibt keine verbale Ähnlichkeit, und die Scholien zur Ibis berichten nicht das (fehlerhafte) Detail über die Flucht, das in den Scholien zu Statius vorhanden ist, nämlich den Schiffsnamen Argo¹²⁰: schol. in Ib. 178 P 1. hic tangit fabulam Danai et Aegypti. Hi fuerunt fratres, quorum unus, s. Aegyptus, habuit XXX¹²¹ filios, Danaus autem totidem filias. Sed dum inter illos certamen foret, inquit Danaus ut certamen cessaret et pax fieret; et dicebat se velle dare filias suas filiis Aegypti, et factum est. 2. Quo facto, iussit filiabus suis Danaus quod interficerent filios Aegypti. Quod quadam nocte fecerunt omnes praeter unam. Quo quidem scelere patiuntur in inferno tormenta. 3. Haec fabula seriatim habetur in Ovidio epistolarum in illa epistola Mittit Hypermestra. schol. in Ib. 178 B (a*b*CF) [ZEC₁] 1. Danaus et Aegyptus fratres fuerunt. Aegyptus L filios habuit, Danaus autem totidem filias. Fatatum autem erat Danaum nepotem habiturum eumque sibi regna sua ablaturum. 2. Danaus autem incertus, cum L fuissent, quis ille nepotum esset, omnes filias suas cum omnibus nepotibus suis legaliter iunxit iussitque filiabus suis, ut, dum mariti earum obdormirent, unaquaeque suum interficeret, factumque est ita. 3. sola autem Hypermestra Lyn〈ce〉o, marito suo, pepercit, qui postea regnum Danao abstulit. Filiae autem Danai huiusmodi poenam in inferno patiuntur, ut urnam in imis perforatam replere assidue studeant et replere nequeant Ovidio attestante. Belides autem vocantur a Belo, patre Danai et Aegypti. schol. in Stat. Theb. 2.222 ( ) ( ) ( ) Danaus, Beli filius, ex pluribus coniugibus quinquaginta filias habuit, totidemque Aegyptus, frater eius, filios, qui Danaum fratrem filias suis filiis in matrimonium postulauit. Danaus responso comperit quod generi sui manibus interiret. Argos profectus est et primum dicitur nauem fecisse, a cuius nomine Argo dicta est nauis. Aegyptus misit filios suos ad persequendum fratrem hisque praecepit ut aut Danaum interficerent aut ad se non redirent, ut Agenor filio imperauerat. qui postquam uenerunt Argos, coeperunt patruum oppugnare. Danaus postquam uidit se resistere non posse, filias suas fratris sui filiis spopondit uxores. schol. in Stat. Theb. 6.290–291 ( )/ ex Belo nati Danaus et Aegyptus fratres. his cum par numerus filiorum filiarumque esset, Danaus deprehendit oraculo se ab uno Aegypti fratris filio occidendum. itaque simulauit se fratris filiis natas in matrimonii consortium traditurum armauitque occulte filias coniugali nocte ut sponsos occiderent. uniuersae uoluntatem patris secutae sponsos suos occiderunt. Hypermestra sola Lynceo pepercit. a quo postea Danaus, ut oraculi fides impleretur, occiditur.

Wie man sieht, stimmen alle diese Zeugnisse in der Ermittlung des Orakelspruchs als Auslöser der Mordtat miteinander überein, nur die Scholien zu Euripides’ Orestes sprechen nicht unmittelbar von Danaus’ Tod, sondern gehen gar nicht näher darauf ἄρα καλῶς ἔγημαν αἱ θυγατέρες. ὁ δὲ θεὸς ἔχρησεν αὐτὸν ἐκ τούτου κινδυνεύσειν. ὁ δὲ ἔπεισε τὰς θυγατέρας ἀνελεῖν τοὺς υἱοὺς Αἰγύπτου. μόνη δὲ ῾Υπερμνήστρα ἐφείσατο τοῦ Λυγκέως, καὶ οὗτος ἐβασίλευσεν Ἄργους. Mit Recht schlägt Martin Sicherl (S. 90) vor, das überlieferte ἔγημαν in γαμοῖεν oder γαμήσοιεν zu korrigieren. Siehe weiter schol. in Stat. Theb. 6.290–291 und 2.222. Martin Sicherl zitiert fälschlicherweise das schol. in Stat. Theb. 6.269 statt 6.290–291 und gibt die Ausgaben nicht an. 120 Vgl. die Scholien zur Ilias und Prometheus, die das Schiff πεντηκόντορος nennen, während die Scholien zur Thebais es Argo nennen. 121 Zur Ziffernverderbnis siehe § IV.4.2., S. 152.

3. Der Wert der Ibis-Scholien

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ein (ὁ δὲ θεὸς ἔχρησεν αὐτὸν ἐκ τούτου κινδυνεύσειν). Die Ibis-Scholien heben die Thronfolge durch einen Enkel (Danaum nepotem habiturum eumque sibi regna sua ablaturum) hervor und berichten zum Schluss von Danaus’ Tod und von Lynceus’ Sukzession (sola autem Hypermestra Lyn〈ce〉o, marito suo, pepercit, qui postea regnum Danao abstulit). Die Tatsache, dass eine so seltene Information in diesen Scholien überhaupt vorkommt und unabhängig vom Kommentar zu Statius ist, zeigt, wie gelehrt sie ursprünglich waren und dass ihr Verfasser aus Quellen erster Qualität schöpfte. Darüber hinaus haben wir hiermit noch einen weiteren Beweis dafür, dass die Kommentierung ursprünglich auch den ersten Teil der Ibis umfasste¹²². Noch einige weitere Beispiele können die antike Gelehrsamkeit des Kommentars näher beleuchten. Im Distichon 467–468 wünscht Ovid dem Ibis, er möge Ziel für die Steine sein, die in Abdera bei einem apotropaischen Ritual gegen einen φάρμακος geworfen wurden. Ib. 467–468 aut te devoveat certis Abdera diebus, saxaque devotum grandine plura petant.

Die Scholien erklären das Ritual in seinen Grundzügen korrekt, geben Aufschlüsse, die nicht aus dem Ibis-Text stammen, und die Scholien der Codices C (F*D*) schreiben Kallimachos¹²³ die Behandlung dieses Motivs zu: schol. in Ib. 467 P (m₃) Abderitae dicti sunt in unoquoque anno lustrasse se publice, et in his emptum hominem pro capitibus omnium devotum lapidibus occidebant. schol. in Ib. 467 B (a*) aut te d. Abdera terra est, in qua pro more antecessorum in capite anni in festis Iani unus exponitur morti pro populo, ut ait H. schol. in Ib. 467 b Abdera urbs est, in qua certis diebus victima humana pro salute populi inmolatur. schol. in Ib. 467 G (ZC₁) mos erat in Abdera civitate singulis annis hominem inmolari pro peccatis civium, sed prius VII diebus excommunicari ut sic omnium peccata solus haberet. schol. in Ib. 467 C (F*D*) Callimachus dicit quod Abdera est civitas in qua talis est mos, quod quoque anno cives totam civitatem publice lustrabant; et aliquem civium quem in illa die habebant devotum pro capitibus omnium lapidibus occidebant. schol. in Ib. 467 Conr. Abdera est terra in qua in Kalendis Ianuarii homines indigenae unum emptum pro capitibus omnium devotum lapidabant. Unde homines illius terrae dicuntur Abderitae.

Die διηγήσεις col. 2.29–40 enthalten wenige Wörter des Lemma (aetia frg. 90 Pfeiffer) und die ganze Erklärung: Ἔνθ’, Ἄβδηρ’, οὗ νῦν ̣[ ̣ ̣ ̣]λ̣εω φαρμακὸν ἀγινεῖ Ἀβδήροιϲ ὠνητὸϲ ἄνθρωποϲ καθάρϲιον τῆϲ πόλεωϲ, ἐπὶ πλίνθου ἑϲτὼϲ φαιᾶϲ, θοίνηϲ ἀπολαύων δαψιλοῦϲ, ἐπειδὰν διάπλεωϲ γένηται, προάγεται ἐπὶ τὰϲ Προυρίδαϲ καλου35 μέναϲ πύλαϲ· εἶτ’ ἔξω τοῦ τείχουϲ περίειϲι κύκλῳ περικαθαίρων (?) αὐτῷ τὴν πόλιν, καὶ τότε ὑπὸ τοῦ βαϲιλέωϲ καὶ τῶν ἄλλων λι30

122 Siehe § IV.2., S. 133. 123 Für die Suspension ut ait H. in schol. in Ib. 467 B (a*) siehe § IV.4.2., S. 153.

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IV. Die Scholien zu Ovids Ibis

θοβολεῖται, ἕωϲ ἐξελαϲθῇ τῶν 40 ὁρίων.

Vor kurzem hat Michael W. Haslam ein neues lückenhaftes Codexfragment aus Papyrus mit einer Anmerkung publiziert, und zwar P.Oxy. 3709 (aus Banhasa, Oxyrhynchus, 2.–3. Jh. n.Chr., M-P³ 2861.21 = LDAB 5400). Im Papyrus ist nicht der vollständige Text, den diese Anmerkung erläuterte, erhalten, nach Haslam handelte es sich dabei vielleicht um ein Gedicht¹²⁴. Die Grundzüge sind jedoch erhalten und bestätigen sowohl die διηγήσεις als auch die Erläuterung der Ibis-Scholien: ] ] 5] ]

ἑορτὴ ἐ̣̣ν ᾿Αβδήροιϲ ̣ ̣[ ε̣τ̣η̣· τρέφετ(αι) φαρμ̣ακ[όϲ ̣ἐ̣ν̣ ᾿Αττικῇ τοῖϲ παρ̣[ ϲιν ἑ̣̣ορτὴν̣̣ ἄγε̣̣ι· [

Nirgendwo sonst in der griechisch-römischen Literatur oder in den ikonographischen Quellen ist dieses Ritual bezeugt. So haben wir den Beweis, dass die Scholien in ihrer ursprünglichen Fassung, also dem Kommentar, richtig und gelehrt waren. Der Kommentator kannte die aetia und erkannte den Prätext von Ovid. Statt des Todes wünscht Ovid dem Ibis im Distichon 457–458 variationis causa eine Verwandlung: Ib. 457–458 inque pecus subito Magnae vertare Parentis, victor ut est celeri victaque versa pede.

Die Verwandlung des Hippomenes und der Atalanta zu Löwen ist hier angedeutet. Der mythologische Stoff wurde von Ovid schon in den Metamorphosen¹²⁵ und noch an einer anderen Stelle der Ibis behandelt: Ib. 371–372 ut qui velocem frustra petiere puellam, dum facta est pomis tardior illa tribus.

Die Identität der Göttin, die gemäß den Metamorphosen die Verwandlung bewirkte, ist klar: Sie ist Kybele (mater deum in met. 10.686 und turrita mater in met. 10.696). Die Scholien zur Ibis geben eine ungefähr richtige Erklärung der Anspielung in der Ibis: schol. in Ib. 457 B (a*b*) inque pecus M. s. v. P., id est in leones, qui dicuntur trahere currum Cybeles. Victor ut. Hippomenes et Atalanta, quia sacrificia Veneri non fecerunt, in leones mutati sunt. schol. in Ib. 457 G Hippomenes et Atalanta post cursum quo eam devicerat auxilio Veneris, nolentes ei sacrificare, in leones mutati fuerunt. schol. in Ib. 457 C (F*) Hippomenes et Atalanta, quia sacrificium Veneri non fecerant, cum in templo Cybeles concumberent, mutati sunt in leones. Ovidius Metamor. 124 Siehe auch Luppe 1992, S. 77–78. Haslam zitiert fehlerhaft Ib. 469. 125 Met. 10.686–704 templa, deum Matri quae quondam clarus Echion / fecerat ex voto, nemorosis abdita silvis, / transibant, et iter longum requiescere suasit. / illic concubitus intempestiva cupido / occupat Hippomenen a numine concita nostro. / luminis exigui fuerat prope templa recessus / speluncae similis, nativo pumice tectus, / religione sacer prisca, quo multa sacerdos / lignea contulerat veterum simulacra deorum: / hunc init et vetito temerat sacraria probro. / sacra retorserunt oculos, turritaque Mater / an Stygia sontes dubitavit mergeret unda; / poena levis visa est. ergo modo levia fulvae / colla iubae velant, digiti curvantur in ungues, / ex umeris armi fiunt, in pectora totum / pondus abit, summae cauda verruntur harenae. / iram vultus habet, pro verbis murmura reddunt, / pro thalamis celebrant silvas aliisque timendi / dente premunt domito Cybeleia frena leones.

3. Der Wert der Ibis-Scholien

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schol. in Ib. 457 Z Hippomenes, ut praedictum est, quia non sacrificavit post cursum suum Veneri, a qua poma acceperat, cum Atalanta factus est leo, quia coierunt in templo Cybeles, et dicuntur leones trahere currum deae, quia maternus amor omnem mitigat ferocitatem, et 〈dea〉 dicitur turrita, quia terra turres gerit.

Die Scholien der Handschriften C (F*) Z stimmen alle in einem falschen Detail überein, wenn man sie mit der Beschreibung der Metamorphosen vergleicht, weil Hippomenes und Atalanta nicht im Kybele-Tempel den unbedachten concubitus ausübten, sondern in einem recessus neben dem Tempel, wo sich unbekannte veteres dei befanden. Giampiera Arrigoni hat in den Ibis-Scholien zum V. 457 C₁ die richtige Lösung zur Ermittlung des Heiligtums und folglich der Identität der veteres dei gefunden: schol. in Ib. 457 C₁ Apollo dixerat Atalantae ne virum acciperet, quia, si faceret, formam sibi dissimilem subiret. Illa vero cursu connubium distulit. Sed tandem, cum ab Hippomene vinceretur et eam duceret, in templo Cereris concubuit cum ea, quare commutati sunt in leones et ideo dicit eos mutari in pecus Magnae Parentis, quia trahunt currum Cybeles.

Das Heiligtum ist Demeter (in templo Cereris) gewidmet, und deswegen sind die veteres dei (met. 10.694) mit den Kabeiroi zu identifizieren. Diese Vermutung wird bestätigt von der archäologischen Ausgrabung des¹²⁶ santuario extra-murano di Demetra, situato ad Ovest di Tebe proprio al confine fra la pianura aonia e quella tenerica, non lontano dall’antica strada che dalle porte di Nei(s)te di Tebe portava a Levadhia, via Onchesto, patria di Ippomene.

Im Distichon 601–602 wünscht Ovid dem Ibis einen ähnlichen Tod wie den des Meleagros: Ib. 601–602 natus ut Althaeae flammis absentibus arsit, sic tuus ardescat stipitis igne rogus.

Die Ibis-Scholien erklären das Distichon korrekt und geben den Mythos von Meleagros wieder: schol. in Ib. 601 P natus] Meleager. schol. in Ib. 601 B (a*b*) natus ut Al.: id est Meleager. schol. in Ib. 601 G [C₁] de Meleagro et Althaea matre sua. schol. in Ib. 601 C (F) Meleager, Althaeae et Oenei regis Calydoniae filius, fatali stipite igni a matre inposito, occisus est, quia fratres suae matris Toxippum et Plexippum interfecerat. Ovi. Meta. schol. in Ib. 601 Z 1. Oeneus, rex Calydoniae, ex Althaea genuit Tydeum, Meleagrum et Deianiram Herculis. Nato Meleagro Parcae affuerunt, quarum una dixit: «Erit pulcher», altera : «Erit probus», tertia: «Vivet quamdiu durabit haec fascicula». Assumpsit mater fasciculam et abscondit. 2. Postea, interempto apro a Meleagro, dedit apri caput Atalantae et indignati sunt Toxippus et Plexippus, avunculi eius. Quibus ab eo occisis, mater eius propter mortem fratrum suorum supposuit fasciculam igni et mortuus est Meleager.

P, B (a*b*) und G [C₁] geben bloß die Lösung des Rätsels an, der Zweig C (F) ist ausführlicher und entnimmt die Namen der Onkel Meleagros’ aus Ovids Metamorphosen¹²⁷, wie die Scholien auch bezeugen; Z bietet eine noch detailliertere Erläuterung. 126 Arrigoni 1982, S. 30; die ausführliche Behandlung findet sich auf den S. 30–35; zu diesem Heiligtum und zur dortigen Verbindung zwischen Demeter und den Kabeiroi siehe auch Breglia Pulci Doria 1986, S. 224–228. 127 Met. 8.438–444 ‘discite, raptores alieni’ dixit ‘honoris, / facta minis quantum distent’ hausitque nefando / pectora Plexippi nil tale timentia ferro; / Toxea, quid faciat, dubium pariterque volentem / ulcisci fratrem fraternaque fata timentem / haud patitur dubitare diu calidumque priori / caede

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IV. Die Scholien zu Ovids Ibis

In der Erzählung von Z kommt ein Detail vor, von dem sonst ausschließlich Hyginus in den griechisch-römischen Quellen berichtet: die Anwesenheit und die Prophezeiung der drei Parzen bei Meleagros’ Geburt. Er bekam von jeder ein Geschenk: Hyg. fab. 171 cum Althaea Thestii filia una nocte concubuerunt Oeneus et Mars, ex quibus cum esset natus Meleager, subito in regia apparuerunt Parcae Clotho Lachesis Atropos. 2. cui fata ita cecinerunt; Clotho dixit eum generosum futurum, Lachesis fortem, Atropos titionem ardentem aspexit in foco et ait, Tam diu hic uiuit quam diu hic titio consumptus non fuerit. 3. hoc Althaea mater cum audisset, exsiluit de lecto et titionem extinxit et eum in regia media obruit fatalem ne ab igni obrueretur.

Dieses Motiv kommt ansonsten nur in Märchen vor¹²⁸. Peter Grossardt behauptet, dass die Ibis-Scholien ohne Zweifel von Hygin abhängig seien¹²⁹. Ich bin mir nicht so sicher, ob das Scholion von Z tatsächlich von Hygin abhängig ist. Eine sprachliche Abhängigkeit ist, wie man sieht, auszuschließen. Einige Details sind in den zwei Fassungen verschieden: Meleagros wird in der Erzählung des Scholions als pulcher und probus, in der des Hygins als generosus und fortis bezeichnet; die von Hyginus angeführte doppelte Vaterschaft (una nocte concubuerunt Oeneus et Mars) wird in den Scholien nicht angegeben; bei Hygin kommen schließlich andere Namen für die Brüder der Mutter Meleagros’ vor¹³⁰. Wichtig ist noch einmal zu betonen, dass diese mythologische Variante sehr alt, gelehrt und selten ist. Noch ein Beispiel dürfte endgültig zu einem neuen, kritischeren Urteil über die Scholien führen. Die Scholien zu Ib. 335 scheinen uneinheitlich zu sein, denn sie stellen Limone als eine caballina Pasiphae (ob stuprum equi) dar: schol. in Ib. 459 P (m₃m₅) alterius Hippomenis filia, ob stuprum equi inclusa ab eodem equo consumpta est Athenis, qui locus Hippukekores dicitur.

In der Tat bieten sie auch eine zweite Variante des Mythos: Limone sei nicht in den μοιχός verliebt gewesen und hätte nicht mit ihm den Beischlaf vollgezogen. Der ,Partner‘ sei der Hengst gewesen, und deswegen sei sie von ihrem Vater mit dem Tod bestraft worden. Diese Variante ist von Dio Chrysostomus (40–120 n.Chr.) bezeugt: or. 32.77–78 δέδοικα δὴ κἀγὼ τὸν ἱππικὸν τοῦτον ἔρωτα τῆς πόλεως, μή τι δυσχερὲς ὑμῖν καὶ ξένον ἐνέγκῃ τῷ χρόνῳ. […] Ἀθήνησι δὲ αὐτὸ τοῦτο τὸ ζῷον ἀγαπηθῆναι τὸ καὶ παρ’ ὑμῖν εὐδοκιμοῦν· καὶ νῦν ἐστιν ἐν τῇ πόλει τόπος οὕτω καλούμενος Ἵππου καὶ κόρης ἄβατον. ὁ γὰρ πατὴρ συγκαθεῖρξε τὴν παῖδα τῷ ἵππῳ, καί φασιν οὕτω διαφθαρῆναι τὴν κόρην. σκοπεῖτε δὲ μὴ καὶ ὑμεῖς ὑπὸ τῆς τοιαύτης ἐπιθυμίας ἀπόλησθε. recalfecit consorti sanguine telum. Der Name Toxea kommt etwas verändert in den Ibis-Scholien vor. 128 Kakridis 1949, S. 15 und 128–140; Grossardt 2001, S. 257–260; zu den Varianten der Motive der „Schicksalsfrauen“ und der „external soul“ siehe Brednich 2004 bzw. Hadjioannou 1965; Cordun 1984. 129 Grossardt 2001, S. 229: „Trotz Unterschieden zu Hygin, Fabel 171,2 in den Details (erste Moire: generosus; zweite Moire: fortis; dritte Moire: Lebensdauer wie Scheit), ist nicht an der Abhängigkeit von den ,Fabulae‘ zu zweifeln“. 130 Hyg. fab. 244.1 [scil. qui cognatos suos occiderunt] Meleager Oenei filius auunculos suos Plexippum et Agenorem propter Atalantam Schoenei filiam. Die anderen zwei Stellen bei Hyginus haben textkritische Probleme: fab. 173.2 Plexippus . . . . . . . . [Ideus Lynceus] Thestii filii, fratres Althaeae; fab. 174.5 [scil. aprum] quem Meleager cum delectis iuuenibus Graeciae interfecit, pellemque eius ob uirtutem Atalante uirgini donauit, quam [Ideus] Plexippus [Lynceus] . . . . . . . Althaeae fratres eripere uoluerunt.

4. Die Transformationen

143

Ein Teil dieser Information (ab equo stupraretur) ist auch in einem anderen Scholion vorhanden: schol. in Ib. 459 G Limone, Hippomenis filia, in corio equino clausa, ut ab equo stupraretur, ab eodem equo devorata est.

Warum diese Variante zum Hauptmerkmal des Mythos in P (m₃m₅) (ob stuprum equi) gemacht worden ist oder oft nur eine Variante, so wie im Fall der Demeter, angegeben wird, wird im nächsten Paragraph deutlich werden. Hier werden die Transformationen behandelt, welche die griechisch-römischen scholiastischen corpora und in einer besonders starken Art und Weise die Scholien zur Ibis durchlaufen haben.

4. DIE TRANSFORMATIONEN Um zu einem Verständnis des negativen Urteils über die Scholien in der vorherigen Forschung zu gelangen, ist es nötig, die Transformationen genau zu umreißen, die den Text auf den heutigen Stand gebracht haben¹³¹. Die ununterbrochene Textveränderung ist ein konstantes Merkmal der Scholiensammlungen in Vergleich zum Text der auctores. Dieses Phänomen ist auch von der neuen Buchform des Codex und von der späteren mise en page (auf einer vollen Seite mit Kommentar an den Rändern) bestimmt worden. Das ist aber nicht der einzige Grund für die Veränderungen: Jede Abschrift, von verschiedenen Augen gelesen und von verschiedenen Händen geschrieben, stellt eine sowohl formale als auch inhaltliche Veränderung des Textes innerhalb der Phasen zwei und drei (siehe Abb. 1 und § I.1., S. 16–20) dar. Nicht nur der Wechsel und die neue Gestaltung des Datenträgers haben einen so eigenartigen Einfluss auf die Kommentare ausgeübt, sondern auch eine bestimmte mentale Einstellung hat einschneidende Veränderungen verursacht. Diejenigen, die den antiken Kommentar und die Scholien abgeschrieben und im Grunde genommen wiederverfasst haben, haben den Wortlaut des Textes nicht als auctoritas betrachtet¹³². Eine solche besondere mentale Einstellung hat Änderungsdynamiken in Gang gesetzt, die schon bei der Besprechung der Autornamenproblematik erwähnt worden sind¹³³. Auch wenn ein Schreiber Wörter eines Autors absichtlich veränderte¹³⁴, wurde dennoch der Text des Autors als auctoritas wahrgenommen, und deswegen war er zu respektieren und zu überliefern. Hingegen haben die Kopisten den Kommentaren gegenüber viel weniger Hemmungen beim Um- und Überarbeiten gehabt. Der Text der Aeneis beispielsweise weist in jeder Überlieferungsstufe eine annähernd gleiche Fassung auf. Bei jeder Handschrift der Ibis-Scholien dagegen liegt ein anderer, neuer Text vor. Die Folgen dieses Phänomens betreffen die Funktion und die Überlieferungsgeschichte der Scholien. Ihre Erläuterungen sind oft von einer so tiefen Umschreibung 131 132 133 134

Siehe La Penna scholia in Ibin 1959, S. V. Zum Begriff von auctoritas im Mittelalter siehe Curtius 1948, S. 67–70. Siehe § IV.2., S. 133. Zur Beschreibung des Phänomens siehe Pasquali 1952, S. 118–121.

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IV. Die Scholien zu Ovids Ibis

und Entstellung geprägt worden, dass diese Texte ihre Funktion zum Teil nicht mehr ausüben (können). Wenn die Aufgabe erläuternder Texte ist, das Primärtextverständnis der Leser zu erleichtern, dann sind die Scholien in jenen Fällen unbrauchbar. Infolgedessen hat man es nicht mehr mit einem Text und dessen Varianten zu tun, sondern mit zahlreichen Textfassungen, die voneinander sehr verschieden sind. Diese Transformationen haben im Ergebnis dazu geführt, dass die Überlieferung eines Textes im Sinne von Karl Lachmann nicht mehr existiert. Nichts ist der Idee vom Archetypus ferner als die von diesem Kommentar. Das stemma codicum ist in unserem Fall ein stemma textuum und die kritische Textausgabe wird zu einer Transkription und zum Vergleich der einzelnen Handschriften oder Grundfassungen, wie Antonio La Penna richtig betont hat¹³⁵: D’altra parte la pubblicazione di tutte le varianti avrebbe accresciuto in modo intollerabile la mole di quest’edizione, già pesante; e un tale lavoro sarebbe stato in parte inutile. Mi sono contentato, quindi, di fare in modo che ciascuna volta apparisse, più o meno chiaramente, quale spiegazione dà ciascuno dei codici più importanti. Fissate alcune redazioni fondamentali, per ciascuna redazione ho assunto un codice base: i codici indicati fra parentesi accanto al codice base sono quelli che offrono la medesima redazione, con coincidenze anche verbali; […] La scelta cade sul codice che sembra meglio riflettere la redazione dell’immediato capostipite comune; ma non si può negare che la scelta sia entro certi limiti arbitraria; se si trattasse di un testo fisso da ricostruire, noi dovremmo dare in apparato tutte le varianti dei codici usati per ricostruirlo e nel testo la lezione che riteniamo originaria. Ma, quando noi abbiamo a che fare con redazioni variamente rimaneggiate, non è possibile se non in rari casi assicurarsi della lezione originaria da cui dipendono le lezioni dei codici […] si dà quindi la redazione di un solo codice, ritoccandola qua e là dove il confronto con gli altri codici ci dà la certezza o la probabilità che il capostipite immediato leggesse in altro modo; il testo dato risulta quindi (tranne che uno non voglia riprodurre un solo codice con tutti i suoi errori) una contaminazione fra il testo di un codice e quello di una redazione a cui esso rimonta: anzi, talora, di più redazioni, perché attraverso più redazioni e stratificazioni è passato il testo di questi scolî.

Der Ausgabe von La Penna gebührt das Verdienst, eine Edition dieser Scholien geliefert zu haben, die so vollständig ist, wie es eben möglich ist. Außerdem hat er in Bezug auf die mittelalterliche Überlieferung Erkenntnisse gewonnen, mit denen ich größtenteils übereinstimme¹³⁶. Die ersten Transformationen haben im Rahmen des langsamen Textträgerübergangs stattgefunden, als dieser Kommentar von einer Rolle in einen Codex abgeschrieben worden ist. Aber wann ist dies geschehen? Auf der Grundlage des jetzigen Fund- und Forschungsstandes ist eine genaue Datierung unmöglich. Die Zeitspanne des Übergangs erstreckt sich vom 3. bis zum 5. Jh., und wahrscheinlich bestanden die beiden Formate noch eine Zeit lang nebeneinander¹³⁷. Auf diese Stufe gehen wahrscheinlich die (oder einige) Versverwechslungen im Text der Ibis und die ersten fiktiven Namen wegen der falschen Lösungen der Suspensionen im Text der Scholien (für die Beispiele siehe § IV.4.2.) zurück. Ich vermute aber, dass die tiefgehendsten Änderungen in der nächsten Stufe stattgefunden haben, d.h. während der Versetzung des Kommentars an die Ränder. 135 La Penna scholia in Ibin 1959, S. XXXVI–XXXVII. 136 Zu meinem einzigen Einwand zur Rekonstruktion der mittelalterlichen Überlieferung von La Penna siehe § IV.4.1., S. 148, Fußnote 146. 137 Siehe § I.1., S. 16–17, besonders Fußnote 10.

4. Die Transformationen

145

Ich nehme an, dass der Kommentar zur Ibis noch eine selbständige Überlieferung hatte – also als selbständiges Werk, wie im § I.1. gezeigt worden ist –, als er von der Rolle auf das neue Buchformat abgeschrieben wurde. Eine Ausnahme, so wie die der scholia Veronensia zu Vergil, würde ich ausschließen. Der Duktus der Ibis-Scholien und ihre Dichte ist deutlich anders, man vergleiche die zwei Texte: schol. Veron. in georg. 3.7 Baschera

schol. in Ib. 365 G [CDZFC₁]

Oenomai filia, [qui eius procos] veloci[ssimis equis usus] equestri certamine exsuperavit. Quae per fraudem [Myrtilo aurig]ae Mercuri filio [***] ḥụịc̣ [nomen dedit Myr]toum.

Oenomaus rex procis Hippodamiae, filiae suae, legem dedit ut victores eam ducerent, victi truncarentur, et hac lege multi perierunt. Tandem illa a Pelope in cursu devicta, truncatus est ab ipso Pelope. Myrtilum vero puellae aurigam primos concubitus petentem quia axes machinaverat quibus omnes superabat, in mare proiecit: unde dicitur Myrtoum mare.

Tatsächlich ist in den scholia Veronensia eine Lücke vorhanden, dennoch sind sie sehr dicht gedrängt, während die Ibis-Scholien erzählerischer sind. Wenn man außerdem die mise en page des Codex XL (38) der Biblioteca Capitolare in Verona aufmerksam betrachtet (CLA 4.498 oder die diplomatische Transkription in Baschera 1999, S. 6), erkennt man, dass die Scholien zur Ibis aufgrund ihrer Länge und Dichte an ähnlich breiten Rändern nicht genügend Platz gefunden hätten. Dies hätte zu einem unübersichtlichen Ineinander von Text und Erläuterung geführt. Schon die scholia Veronensia sind nicht sehr ordentlich, dazu kommentieren sie nicht jeden Vers Vergils, anders als die Scholien zu Ibis 251–638. Deswegen bin ich überzeugt, dass die Kommentarform an den Rändern auch in diesem Fall eine spätere Stufe repräsentiert. Zuerst wurde also die Erläuterung als commentarius perpetuus in einen Codex abgeschrieben, ungefähr mit derselben mise en page wie in der Papyrusrolle¹³⁸. Der kritische Moment für den Kommentar war aber der folgende Schritt, nämlich als er mit dem Text der Ibis in einem einzigen Codex vereinigt worden ist.

138 Siehe § I.1., S. 25. Im Bernensis Bongarsianus 711 (B) laufen die Scholien nicht neben und zusammen mit dem Text der Ibis, sondern sie sind in diesem kleinen Codex als fortlaufende Erklärung allein überliefert (siehe Tafel 12). Diese Handschrift (11. Jh.) ist die älteste (nach La Pennas stemma sollen diese Scholien vom Subarchetypus α direkt abhängen, siehe La Penna Scholia in Ibin 1959, S. XXII). Aus textkritischen Gründen neige ich dazu, auszuschließen, dass dieser Codex die mise en page des Kommentars reproduziert, da er die fiktiven Belegstellen enthält und eine überarbeitetere Fassung als P liefert (siehe § IV.5.). Es handelt sich hierbei um eine Wiederzusammenfügung der Randscholien. Nach Shirley Werner hat die mittelalterliche Wiederzusammenfassung der Randscholien zu Lucan in fortlaufende Kommentare im 9. Jh. (Werner 1998, S. 143–147) stattgefunden.

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IV. Die Scholien zu Ovids Ibis

ὑπόμνημα zu . Kall. aetia Ibis

1. Jh. n.Chr. in einer Rolle

comm. in Ibin διηγήσεις

Ibis

3.–5. Jh. Transkription in die Codices

comm. in Ibin

6.–8. Jh. Vereinigung von Text und Kommentar

Abb. 8 Die Transformationen, die während der Überlieferung stattgefunden haben, können in zwei Typologien eingeteilt werden: Auswahl und Veränderung.

4.1.

Auswahl

Während seiner Überlieferung wurde der Kommentar einer Auswahl des zu überliefernden Materials unterzogen. Dies hat die Detailmenge, die Erläuterungsbreite und die ursprüngliche Struktur stark beeinflusst. Die Auswahl der Stoffdetails innerhalb derselben Erklärung zu einem Distichon ist ohne einen definierten Plan getroffen worden und scheint deswegen den Wunsch, das Interesse und die Personalität derjenigen, die diesen Kommentar gebraucht, abgeschrieben und umgearbeitet haben, widerzuspiegeln. Bei einem Rückblick auf einige bereits zitierte Scholien wird der Vorgang noch deutlicher. Man vergleiche die Scholien der Codices P; B (a*b*CF) [ZEC₁] und v₈ zum V. 178 (§ IV.3., S. 138). Im Scholion von P wird durch die epist. 14, die durch das incipit zitiert wird, auf Hypermestra und Lynceus verwiesen, während B und die anderen Handschriften diese präzise Angabe auslassen. Im Übrigen ist B viel ausführlicher, denn er enthält andere Aufschlüsse: Die Fortsetzung des Mythos wird erzählt, die Danaidenstrafe wird vollständig beschrieben, es wird auf einen anderen locus von Ovids

4. Die Transformationen

147

Werk (Ovidio attestante¹³⁹) hingewiesen, und schließlich wird die Etymologie des Namens Belides angegeben. Das Scholion v₈ beschränkt sich ausschließlich auf das Risiko, Aegyptus mit Aegisthus zu verwechseln. Der Unterschied zwischen den Figuren wird durch die chronologische Angabe der zeitlichen Spanne, die zwischen beiden liegt, betont. Die Anwesenheit des Lemmas (Aegypti) beweist seine Zugehörigkeit zum ursprünglichen Kommentar: schol. in Ib. 178 v₈ Aegypti. Ubi est Aegypti non legas Aegisti: nam Aegistus est alius: ne te inducat in errorem, quod ubique pro Aegypto Aegistus scribitur, qui Aegistus fuit post Aegyptum annis circiter CCCXL.

Wie schon in § IV.3. erläutert, ist im schol. in Ib. 457 C₁ das Detail von Demeter enthalten, und im Scholion zum V. 459 der Handschriften P, m₃ und m₅ ist mit der mythischen Variante der Liebe von Limone zum Hengst ein sekundärer Zug ausgewählt worden. Diese Variante ist aber zum Hauptmerkmal in der Fassung jener Handschriften geworden. Was die Erklärungsbreite angeht, habe ich zuvor von einer Reduzierung des ursprünglichen Kommentars gesprochen und die Hypothese des gegenseitigen Verfahrens, eines antiken „sviluppo delle note scheletriche in un brevissimo commento“¹⁴⁰, entschieden abgelehnt. Dieser Reduzierungsvorgang hat den commentarius in verschiedenen Weisen betroffen, und zwar in seinem Umfang und in der Vertiefung der Erläuterung. Diese Reduzierung manifestiert sich in der konstanten und fast methodischen Beseitigung der griechischen Zitate. Dennoch sind Spuren davon geblieben, wie die bloße Angabe der Quelle zeigt. Ein gutes Beispiel für einen analogen Reduzierungs- und Auslassungsvorgang der Belegstellen während der Transformationen, denen ein Kommentar von einer Rolle bis zur aktuellen Form in den Codices ausgesetzt war, ist in den Resten eines Kommentars zu den Troades von Euripides im P.Oslo inv. 1662 (5. Jh. aus Ägypten, M-P³ 429 = LDAB 987) enthalten. Der Papyrus zitiert den ungekürzten Text von Thukidydes (hist. 1.112.5) und die Ἀτθίς von Philocorus, während die Scholien in den Handschriften nur den Historiker erwähnen, das Zitat aus den historiae und Philocorus mit dem entsprechenden Text aber weglassen¹⁴¹: P.Oslo inv. 1662.1–5 Φωκέας, Ἀθηναίων δὲ ἔμπ]αλιν Φω̣κ̣ε̣ῦ̣σ̣[ιν αὐτὸ παραδόντων αὖθις, ὡς Θουκυδίδης μέν φησι ἐν τῆι α̅· Λακεδ]α̣ιμόνιοι δὲ μετὰ ταῦτα τὸν ἱερ[ὸν καλούμενον πόλεμον ἐστράτευσαν, καὶ κρατήσαντες τοῦ ἐν Δελφ]οῖς ἱεροῦ παρέδοσαν Δελφοῖς· κ̣[αὶ αὖθις ὕστερον Ἀθηναῖοι κρατήσαντες παρέδοσαν Φωκεῦσιν. Φι]λ̣όχο(ρος) δὲ ἐν τῆι ε̅· ἐν τούτοις πε[ρὶ τοῦ ἐν Δελφοῖς ἱεροῦ τὸν ὕστερον ὑπὲρ Φωκέων ἱερὸν καλούμενον π]όλεμον ἐπολέμησαν Ἀθηναῖοι. schol. in E. Tr. 9 Schwartz ἔνθεν καὶ οἱ ἱεροὶ πόλεμοι κατερράγησαν, Λακεδαιμονίων μὲν ἀποδόντων Δελφοῖς τὸ ἱερὸν μετὰ τὸ καταπολεμῆσαι Φωκέας, Ἀθηναίων δὲ ἔμπαλιν Φωκεῦσιν αὐτὸ παραδόντων αὖθις, ὡς Θουκυδίδης φησί. καλεῖται δὲ ἱερὸς ὅτι περὶ τοῦ ἱεροῦ τοῦ ἐν Δελφοῖς ἐγένετο.

139 Met. 4.462–463 molirique suis letum patruelibus ausae / adsiduae repetunt, quas perdant, Belides undas. 140 Siehe § IV.2., S. 127–131. Das Zitat ist aus La Penna Scholia in Ibin 1959, S. XXIV. 141 Siehe Maehler 1993; Maehler 2000, S. 32–36.

148

IV. Die Scholien zu Ovids Ibis

Viele Erwähnungen von Kallimachos in den Ibis-Scholien sind von den Papyrusfunden oder von anderen Quellen bestätigt worden¹⁴². Unter diesen Umständen ist die Entfernung von Zitaten vollkommen nachvollziehbar: Es genügt, die Lücke nach dem Verweis ut Callimachus dicit mit den originalen Zitaten auszufüllen. Eine solche Umarbeitung in Richtung einer Reduzierung des zu überliefernden Materials spiegelt meines Erachtens das allgemeine Absinken des Kulturniveaus wider, infolge derer die Aufmerksamkeit der Leser sich nur noch auf das Grundsätzliche und Nötige konzentriert hat (und konzentrieren konnte), nämlich auf den Inhalt des γρῖφος, während Zitate, besonders in griechischer Sprache, für funktionslosen Schmuck gehalten wurden¹⁴³. Dasselbe Phänomen findet sich auch im Text von den narrationes und L. Caecilius Minutianus Apuleius¹⁴⁴. Ich vermute darüber hinaus, dass der Kommentar nicht gänzlich abgeschrieben worden ist, also auch einige Erklärungen zu den Disticha weggelassen worden sind. Dies könnte am besten die Autoschediasmen erklären, die in den Scholien vorhanden sind¹⁴⁵. Die Einfügung von Autoschediasmen wäre chronologisch nach der Versetzung vom Kommentar an die Ränder anzusetzen, da sie in allen Handschriften mehr oder weniger vorhanden sind, aber vor der Fassung von P und der von α, d.h. vor den Subarchetypi (vor ι und vor α in der Abb. 9¹⁴⁶): also in Ω nach dem stemma von La Penna¹⁴⁷. Der Umstand, dass alle Handschriften der Ibis-Scholien von demselben mittelalterlichen Archetypus abstammen, lässt sich daraus erschließen, dass in vielen Fällen¹⁴⁸ zahlreiche Codices deutlich übereinstimmen. Dies deutet darauf hin, dass ihnen dieselbe Fassung (Ω) zugrunde liegt, die der Auswahl und Veränderung ausgesetzt wurde (siehe § IV.4.), wie man aus dem Vergleich folgender Erläuterungen ersehen kann:

142 Siehe den Unterschied zwischen den Ergebnissen in Geffcken 1890 und in der KallimachosAusgabe von Rudolf Pfeiffer. 143 Siehe die bloßen Verweise auf Ovid in schol.178 B (Ovidio attestante), 457 C (Ovidius Metamor.) und 601 C (Ovi. Meta.). Andere unvollständige Verweise: 11; 97; 150; 166; 176; 178; 219; 230; 261; 263; 269 usw. Mit der Belegstelle versehene Verweise auf die lateinischen Autoren sind zu finden in schol. in Ib.: 1; 2; 54; 80; 107; 230; usw. 144 Siehe § II.1.2., S. 36 und § II.2.1.1., S. 77. 145 Schol. in Ib. 255*; 293*; 295*; 297*; 307*; 311*; 323*; 325*; 327*; 419*. Die folgenden Autoschediasmen fehlen in P und sind nur im zweiten Zweig vorhanden: 511; 517 nach 297 geschaffen; 523; 525; 539; 541; 569; 621; 623. Unsicher ist, ob die Erläuterungen zu Vv. 285*; 287*; 351*; 499; 549 autoschediastisch sind. Das Scholion 287 ist eher autoschediastisch, die Scholien 351 und 499 eher nicht. Ich habe die Scholien mit einem * gekennzeichnet, in denen auch eine fiktive poetische Belegstelle (siehe § IV.5.) vorhanden ist. 146 Dies ist der einzige Punkt, in dem ich mit La Pennas Stemma nicht übereinstimme: P kann kaum auf den Archetypus Ω unmittelbar zurückgehen, wie die gerade Linie denken lässt. Außer den selbständigen autoschediastischen Erneuerungen und dem konzentrierteren Gang seiner Scholien, ist die paläographische und kodikologische Datierung dieser Handschrift (2. Hälfte des 14. Jh.) zu weit von dem vermutlichen Zeitalter von Ω entfernt, der auch nach demselben Datierungsvorschlag des Philologen vor die fiktiven Belegstellen zu setzen ist (siehe S. 162). 147 La Penna scholia in Ibin 1959, S. XXII. 148 Schol. in Ib. 253; 309; 317; 329; 351; 379; 451; 465; 475; 503; 505; 507; 509; 593; 597. Eine coincidentia in errorem bei 271. Siehe La Penna scholia in Ibin 1959, S. VII.

4. Die Transformationen

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Ib. 501–502 feta tibi occurrat patrio popularis in arvo sitque Phalaeceae causa leaena necis. schol. in Ib. 501 P (m₃C*F*D*) Paphagus Epirotes, cum Ambraciam obsideret, exivit venatum et leaenae catulum nactus substulit; cui leaena occurrens laceravit eum. schol. in Ib. B (a*b*) feta tibi o. p. p. in ā. Sitque P. c. l. n. Pegasus Epirotes, cum circumsederet Ambraciam, exivit venatum et leaenae catulum nactus sustulit; quem consecuta leaena laniavit, auctore Callimaco. 501. Pephagus P Paphagus CFD ambrachiam PCFD nactus P : tacitus D tacitu C inventum F quem consecutus leaena virum membratim laniavit CFD / Paphagus b Eiropes a circumsideret ab Ambrasiam a nactus ab ea insecuta dilaniatus est b quem est secuta a

Die autoschediastischen Erläuterungen sind nur in bestimmten Kommentarteilen (von V. 255 bis zum V. 327 und von V. 511 bis zum V. 623) zu finden, und man könnte dafür eine mechanische Ursache vermuten: Der Kommentar zu diesen Stellen ist nicht abgeschrieben worden¹⁴⁹, oder er war an diesen Stellen verderbt. Der Autor dieser erfinderischen Erklärungen ist nicht der Autor der fiktiven Verse (siehe § IV.5.), da die Autoschediasmen, wie gesagt, vor den fiktiven Belegstellen verfasst worden sind. Ich habe den Eindruck, dass viele von ihnen demselben Autor zuzuschreiben sind, besonders die erste Tranche 255; 293; 295; 297; 307; 311; 323; 325; 327; 419, denn die drei Autoschediasmen in der Erläuterung zu den Vv. 293; 295; 307 und vielleicht auch 287 sind nach einem sexuell geprägten cliché oder nach wiederkehrenden Motiven geschaffen. Ein sprachlicher Hinweis kommt in den Autoschediasmen oft vor, nämlich der Gebrauch des Indefinitpronomens bzw. Adjektivs quidam, quaedam, quoddam. Ovid spielt auf das Vergiftungsmotiv an und weist auf die Geschichte vom Enkelkind des Pyrrhus (319/18 v.Chr.–272 v.Chr.) hin. Laut Ovid vergiftete ihn die Mutter Olympias mit einem aus spanischen Fliegen (Lytta vesicatoria L.) erzeugten Extrakt¹⁵⁰: Ib. 307–308 utque nepos dicti nostro modo carmine regis cantharidum sucos dante parente bibas.

Die Scholien tragen offensichtlich ein Autoschediasma: schol. in Ib. 307 P Pyrrhus, filius Achillis, habuit filium, qui postea suum filium interemit. schol. in Ib. 307 B (a*) utque n. Magnetes, Pyrrhi nepos, dato sibi veneno a matre Hermione, cui consentire noluit, periit, ut ait Tibullus:

149 Beispiele für mechanische Auslassungen sind in Codex Bernensis Bongarsianus 711 in schol. in Ib. B 421–424; 561; 595; 607; 609; 613; 617; 621 enthalten: In dieser Handschrift ist nur das Lemma erhalten, die Erläuterung dagegen fehlt. 150 Ovid ist die einzige Quelle für diese Version des Ereignisses (vgl. Iust. 28.3.1–4 iam Olympias filiis regna tradiderat, et in locum Pyrrhi, fratris defuncti, Ptolomeus successerat, 2. qui cum hostibus instructo exercitu obvius processisset, infirmitate correptus in itinere decedit. 3. Olympias quoque gemino funerum uulnere adflicta, aegrum spiritum trahens non diu filiis supervixit; Ath. 13.56 Πύρρου δὲ τοῦ Ἠπειρωτῶν βασιλέως, ὃς ἦν τρίτος ἀπὸ Πύρρου τοῦ ἐπ’ Ἰταλίαν στρατεύσαντος, ἐρωμένη ἦν Τίγρις ἡ Λευκαδία· ἣν Ὀλυμπιὰς ἡ τοῦ νεανίσκου μήτηρ φαρμάκοις ἀπέκτεινεν; Phot. bibl. 530 a 27-–29 Ὅτι ὄνομα θεραπαίνης Πηλούσιον ἦν, δι’ ἧς ὁ Μολοσσὸς Πύρρος ἀνεῖλε φαρμάκῳ τὴν μητέρα), siehe La Penna Ibis 1957, comm. ad loc.; Gordon 1992, comm. ad loc.

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IV. Die Scholien zu Ovids Ibis

5

Fas leges natura pudor superantur amore, Et solus cunctis imperat, at nihil huic. Magnetem mater, sed non ut mater, amavit; Caste equidem natum debet amare parens. Noluit esse tamen Magnetes matris adulter Et vita, quoniam noluerat, caruit. Huic vitam mater, et amans et mater, ademit, Atque eadem vitae causa necisque fuit.

schol. in Ib. 307 b Magnetes, Pyrrhi nepos, dato sibi a matre Nereide, cui consentire noluit, cantharidum veneno, interiit. Ut ait Tibullus (versuus sequuntur ficticii) schol. in Ib. 307 C (F*D*) Magnetes filius Pyrrhi, nepos Achilliis vel, ut alii dicunt, nepos Pyrrhi fuit. Dato sibi veneno a matre sua Hermione quia cum ipsa adulterari noluit, periit. Unde Tibullus vel Gallus (versus sequuntur ficticii). schol. in Ib. 307 Z Magnetes, nepos Pyrrhi, dato veneno sibi a matre, periit. Noluit enim ea abuti. Unde Tibullus (versus 1–3 tantum affert). schol. in Ib. 307 E fabula est de Magnete, nepote Pyrrhi, qui a matre sua Thessalica, quia cum ea concumbere noluit, inpotionatus interiit. Tibullus: (primum distichon tantum affert)

Die Erklärungen stammen aus dem Ibis-Text, aber einige (B; b; C; Z; E) sind mit Details einer inzestuösen Geschichte angereichert. Eine auf mechanische Umstände zurückführende Erklärung soll selbstverständlich nicht für alle Autoschediasmen gelten, denn die Scholien zu den Vv. 255; 327; 419 geben alle eine erfinderische Erklärung, allerdings unabhängig voneinander. Die Erläuterungen des γρῖφος über Telephus bieten ein gutes Beispiel dafür. Telephus, der illegitime Sohn von Herakles und Auge, wurde von ihrem Vater Aleos auf einem Berg ausgesetzt und von einer Hindin gestillt. Er wurde von Achilles in Mysien mit einem Speer verletzt und konnte nach einem Orakelspruch nur durch den Rost desselben Speeres geheilt werden: Ib. 255–256 nec levius doleas quam qui bibit ubera cervae armatique tulit vulnus, inermis opem.

Offensichtlich sind die Erklärungen falsch und völlig voneinander abweichend: schol. in Ib. 255 P Caridion fuit quidam vir prudentissimus, qui ab infantia sua nutritus fuit lacte cervino. Hic tamen litem habuit de regno cum quodam sibi adversante; statuerunt itaque bellum, iste cum inermibus, ille cum armatis. 2. Tandem captus rettulit ab infantia sua lac cervae fuisse sibi vitam, fame cuius victus aliisque langoribus in carcere positus expiravit. schol. in Ib. 255 B non levius. 1. Dareus primus, Thaletis Milesii filius, tormentorum inquirens genera, quibus cives suos posset affligere, lac cervinum, quod nimiae est amaritudinis, cogebat eos potare. 2. Idem denique a civibus suis deprehensus pati coactus est Eupoli testante. Versus qui dicunt: Lac cervae praebendo suos Dareus perimebat Exemploque suo potuque peremptus eodem est.

Der Codex P gibt im Scholion zu den Vv. 291 und 341 erfinderische Erläuterungen, der zweite Zweig hingegen bietet die richtigen. Ein solches Phänomen sollte nicht weiter auffallen: Dieser autoschediastische Vorgang ist in der griechisch-römischen Kommentierungspraxis üblich, und Erfindungen sind in allen scholiastischen corpora mehr oder weniger vorhanden¹⁵¹. 151 Ich denke z.B. an die Erklärungen der Kommentierung zu Vergil über den deus der 1. Ekloge oder über den puer der 4. Ekloge. Die Scholien zu Euripides’ Tragödien sind denen zur Ibis wegen sehr gelehrter Nachrichten und Autoschediasmen sehr ähnlich.

4. Die Transformationen

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Schwieriger ist es, die ursprüngliche Struktur des antiken Kommentars zu ermitteln, die nur aufgrund von Spuren und Indizien zu vermuten ist. In dem dargestellten Auswahlprozess ist sehr wahrscheinlich die erläuternde Einheit zerstört worden. Man findet weniger Verweise auf die schon an vorausgehenden Stellen der Ibis erläuterten Mythen, die Ovid variiert und dem Leser wieder vorgestellt hat¹⁵², als nötig gewesen wäre. Solche innere Verweise enthalten manchmal auch Poetikbemerkungen: schol. in Ib. 599 G dixerat superius de morte Orphei, hic autem de genere mortis, quem mulieres Thraciae discerpserunt.

Ein derartiges Netz ist Kommentierungswerken eigen, und seine Verdünnung fällt dem modernen Leser auf¹⁵³. Die Erklärung präzisiert nicht oft einzelne Details, Worte oder spezifische Ausdrücke. Alles scheint in eine einzige Erzählung des in der Ibis angedeuteten Mythos oder Ereignisses eingegangen zu sein. Die gewöhnliche Erklärung behandelt die Lemmakomponente bzw. die Mythosfiguren auch einzeln, wie der Kommentar zu Vergil von Tiberius Claudius Donatus. Teile davon sind noch zu erkennen: schol. in Ib. 473 P Aeolides] Salmoneus. natus] s. Lycaon. quae] s. Parrhasis ursa. schol. in Ib. 473. B (a*b*) Ut ferus Ae. Salmoneus, filius Aeoli, qui caelum fecerat, a Iove fulminatus est. ut sanguine n. e.: id est Lycaon, qui fuit de genere Aeoli; qui Lycaon genuit Callistonem, cum qua concubuit Iupiter. Vel dicamus quendam filium Lycaonis fulminatum a Iove. schol. in Ib. 473 G 1. Salmoneus, filius Aeoli, fecit caelum aeneum et ideo a Iove fulminatus est. Vel aliter: voluit unum de patria sui ventis cuidam amico suo accommodare; cumque Austrum vellet aperire, Iupiter, timens tempestatem, eum fulminavit. 2. Arpistes, filius Lycaonis, fulminatus est a Iove. Natus de eodem patre, de quo Parrhasis, quae ideo caret aquis, quia non occidit.

Auch die Etymologien, die ein typisches Merkmal der Kommentare sind, wurden tendenziell ausgelassen. Es ist selbstverständlich problematisch, zu bestimmen, inwieweit sie ursprünglich vorhanden waren. Einige sind jedoch geblieben¹⁵⁴. Das Fehlen von etymologischen Erklärungen ließe annehmen, dass dieses Werk keine große Rolle im Schulkanon spielte, wie auch lediglich zwei Zitate bei den Grammatikern zeigen. Die aktuellen Scholien zitieren auch keine unterschiedlichen Lesarten: Die Angabe unterschiedlicher Lesarten war ein typisches Kennzeichen der Kommentierung in der griechisch-römischen exegetischen Tätigkeit¹⁵⁵, das auf eine collatio zwischen mehreren Exemplaren zurückgeht. Dies bekräftigt, was in § IV.2., S. 135 gesagt worden ist.

152 Siehe schol. in Ib. 209; 265; 337; 355; 371; 401; 457; 515; 527; 551; 562; 563; 565; 579; 599; 605 und § III.4., S. 98. 153 Siehe § II.1.2., S. 36. 154 Siehe 14; 79; 103; 106; 107; 507; 543; zur Etymologie in den narrationes siehe § II.1.2., S. 34; zur Etymologie als Denkform siehe Curtius 1948, S. 486–490. 155 Vgl. z.B. die Scholien zu Apollonios 1.285; 1.516; 1.543; 1.726; 1.788; 1.801 usw.

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IV. Die Scholien zu Ovids Ibis

4.2. Veränderung Sehr eng verbunden mit der Bewertung dieser Scholien ist das Phänomen der Veränderungen. Dies ist ein bekanntes Phänomen in der Textüberlieferung der griechisch– römischen Literatur und von deren Kommentaren: Im Allgemeinen werden hauptsächlich Zahlen¹⁵⁶ – wie die Historiker der antiken Welt wohl wissen – und Eigennamen verändert. Aber nicht nur Namen werden verändert und verwechselt, mythologische Erzählungen auch werden oft Änderungen unterzogen¹⁵⁷. Dieses Phänomen ist in den Handschriften der Scholien in vielerlei Hinsicht sichtbar. Einige Quellen Ovids werden Autoren zugeschrieben, die nicht existieren oder in deren Werken der Verweis nicht zu finden ist (für die Liste siehe § IV.5.). In einigen Fällen konnte der falsche Verweis auf eine irrtümliche Lösung einer Suspension zurückgeführt werden¹⁵⁸. Ovid wünscht seinem Feind, dass er Apollo geopfert werden möge: Ib. 465–466 victima vel Phoebo sacras macteris ad aras, quam tulit a saevo Theudotus hoste necem.

Diese Verwünschung ist selbstverständlich alexandrinisch: Als die Tyrrhener Liparis belagerten, versprachen sie Apollo, ihm im Falle des Sieges den kühnsten Bewohner der Feindesstadt zu opfern. Nach dem Sieg opferten sie dem Gott Theudotos. Einige Scholien bieten die richtige Erklärung an, andere zeigen erfinderische Änderungen: schol. in Ib. 465 P (m₃) Tyrrheni, Lipareum 〈castrum〉 cum armis cepissent, fortissimum eorum Apollini voverunt, Theodotum nomine. schol. in Ib. 465 B (a*) victima vel. Tyrrheni, cum cepissent Liparium – castrum est –, fortissimum illorum de castro Phoebo mactaverunt, nomine Theodotum. Unde Gallus (sequitur distichon ficticium). schol. in Ib. 465 b [m₁₀] Theodotus poeta fuit, qui, cum liberius in Mnesarchum regem scripsisset, ab eo crudeliter in Apollinis aede caesus est. Alii dicunt Tyrrhenos, cum cepissent Liparium castrum, fortissimum illorum de castro Phoebo mactasse. Unde Gallus (sequitur distichon ficticium). schol. in Ib. 465 G Theodorus, ab inimicis suis captus, Phoebo est inmolatus. Unde Gallus (sequitur distichon ficticium). schol. in Ib. 465 C (F*D*) Terpeni, obsidentes Liparium castrum, promiserunt Apollini quod, si faceret eos victores, fortissimum Liparensium ei sacrificarent. Habita autem victoria, promissum reddiderunt, inmolantes ei quendam nomine Theodotum. Unde Gallus (sequitur distichon ficticium). schol. in Ib. 465 Z (C₁) cum Tyrrheni Liparium castrum obsederunt, voverunt se sacrificaturos Apollini fortiorem ex eis qui erant in oppido illo, ut daret eis victoriam; quod factum est de Theodoto quia erat fortior aliis et ita fiat de te, o Ibi.

Die Scholien des Codex B (a*); b [m₁₀]; G und C (F*D*) erwähnen einen Gallus. Die mailändischen διηγήσεις col. 3.12 geben uns die Zusammenfassung des αἴτιον von 156 Ein Beispiel dafür findet sich in schol. in Ib. 178 P, siehe § IV.3., S. 138. 157 Zur Bearbeitung der Tempora in den scholiastichen corpora siehe § IV.2., S. 132. 158 Die Suspensionen, d.h. abgekürzte Formen von Wörtern, in denen ausschließlich die Anfangsbuchstaben vorkommen und bei denen das Ende des Wortes konstant ausgelassen wird (z.B. ist . für Callimachus eine Suspension, während . für Marcus eine Abkürzung ist), sind seit dem 1. Jh. n.Chr. auch für Personennamen in lateinischen Texten bezeugt, z.B. für Vegetius, für Aurelius und für Sigillus im P.Heid. Lat. 12 (aus unbekannter Herkunft, 86–88 n.Chr., ChLA 11.505), siehe Giovè Marchioli 1993. Zu dieser Fehlerquelle siehe West 1973, S. 27–28.

4. Die Transformationen

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Theudotus Liparensis, P.Oxy. 2170 frg. 1 und PSI 1218 frg. c (M-P³ 207.4 = LDAB 469) überliefern uns Textauszüge des 4. Buches der aetia (frg. 93 Pfeiffer). Schon Robinson Ellis hat in den Namen Gallus, Clarius, Darius die falsche Lösung einer Suspension erkannt: (imachus) > (us) oder > Clarius und Darius statt Callimachus¹⁵⁹. Ein ähnlicher Fall ist in der Abkürzung im Scholion 467; 469; 470 und 487 zu finden. Diese Verwechslungen gehen zweifellos auf eine capitalis zurück¹⁶⁰. Die zahlreichen Verstümmelungen und Entstellungen, die sich in den Ibis-Scholien finden, kann man nur manchmal auf eine solche Fehldeutung und falsche Lektüre zurückführen. Abgesehen von den fiktiven Versen sind die Erklärungen des Kommentars in einigen Handschriften mehrmalig und so tiefgreifend umgearbeitet, dass das mythologische Ereignis oder die historische Anspielung dahinter nicht leicht zu erkennen ist. Zwei gute Beispiele dafür sind in den Scholien zu den Vv. 567 und 480 zu finden. Das erste Distichon spielt auf den Mythos von Telegonos, dem Sohn des Ulixes (Icarii gener) und der Kirke, an, welcher seinen Vater nicht kannte und ihn umbrachte: Ib. 567–568 ossibus inque tuis teli genus haereat illud, traditur Icarii quo cecidisse gener.

Einige Scholien erklären es in richtiger Weise: schol. in Ib. 567 b Ulixes, qui, a Troia reversus, a Telegono filio interemptus est. schol. in Ib. 567 C (F*) Ulixes, maritus Penelopes, filiae Icarii, et ideo gener eius, a Telegono filio suo a Circe, telo fatifero interfectus fuit. schol. in Ib. 567 Conr. Telegonum genuit [scil. Circe], qui postmodum, a matre pro quaerendo patre missus ad Ithacam urbem et patriam Ulixis, patrem Ulixem occidit.

Die anderen Handschriften dagegen gestalten die Informationen um, wobei sie ganz neue Erzählungen schaffen, indem sie neue Elemente einfügen und die originalen (und ,richtigen‘) auslassen. Alle stimmen im Grunde jedoch darin überein, dass das Opfer als Ulixes zu identifizieren und der Zeitpunkt nach seiner Rückkehr zu verorten ist: schol. in Ib. 567 B (a*) ossibus inque t. t. g. hae. illud Dicitur I. quo c. gener i. Ulixes, qui, reversus a Troia, a servientibus suis interfectus est. schol. in Ib. 567 G Ulixes, quia occiderat procos uxoris suae et servos et ancillas, ab amicis eorum occisus est, quo autem genere teli nescitur. Fuit gener Icarii. schol. in Ib. 567 C₁ cum Ulixes occidisset procos et ancillas et famulos suos, quadam die cecidit ab equo suo et ipse posuit pollicem suum sub mentone et strinxit graviter fauces et mortuus est. schol. in Ib. 567 Z 1. Ulixes, cum per mare erraret, de Scylla quendam puerum genuit, s. Telegonum. Ulixes vero, nesciens quod genuisset eum, domum rediit, antequam natus esset. Cum autem Ulixes domum rediisset, petenti responsum a quo interficeretur datum est ei in responsum quod fllius interficeret. 2. Ipse autem, credens non habere filium nisi Telemachum, filium Penelopes, removit a se eum cum matre sua in quoddam castellum et se circumclusit muris prohibens ne aliquis introiret nisi 159 Ellis hat die richtige Lösung hinter dem Clarus des schol. in Ib. 335 (Anmerkung, S. 62 seiner Ausgabe) geahnt: Clarus] imo Callimachus sicut testatur scholiasta Aeschinis 182. Die Scholien zu Aischines (in Timarchum 1.182 365 Dilts) bieten eine solche Angabe: Ἱππομένης ἀπὸ Κόδρου καταγόμενος, ἡ δὲ θυγάτηρ Λειμωνίς. οὕτω Καλλίμαχος; siehe auch La Penna scholia in Ibin 1959, S. 126. Battus, vielleicht Kallimachos, wird als Bachus bei schol. in Ib. 259 und 299 angegeben. Denselben Fehler findet man in mehr oder weniger allen Hss. der satyrica (Petron. 135.8.15– 17 qualis in Actaea quondam fuit hospita terra / digna sacris Hecale, quam Musa †loquentibus annis / †Bachineas veteres mirando tradidit aevo). 160 Siehe § II.1.5., S. 45, Fußnote 84, in diesem Fall berechtigt das Zeitalter zu keinem Zweifel.

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IV. Die Scholien zu Ovids Ibis

prius sciretur qui esset. 3. Postea Telegonus, filius Scyllae, quaerens qui esset pater suus et dicto a matre quod Ulixes, venit ad castrum Ulixis. Servis autem non patientibus eum ingredi, fregit portam et commovit bellum. Ulixes autem, audiens bellum, incurrit ut succurreret servis suis. 4. Ille autem, s. filius, telo habente in summitate os marini turturis eum occidit.

Im Vers 480 hofft Ovid, dass Ibis als Futter für die Hunde dienen möge, und zwar für jene Hunde, Ib. 480 quique Crotopiaden diripuere Linum.

Auch in diesem Fall findet man eine richtige, mehr oder weniger ausführliche Erklärung in einigen Handschriften: schol. in Ib. 480 P (m₃) Psamathe Crotopi filia fuit, quae de Apolline filium, s. Linum, habuit, quem canes comederunt. schol. in Ib. 480 B quique Cro. Linum, nepotem Crotopi, filium Psamathes et Phoebi, a canibus dilaceratum tangit, quod dicit Statius. schol. in Ib. 480 G Linum, filium Apollinis, a pastoribus nutritum et a canibus devoratum. schol. in Ib. 480 Z Crotopus rex habuit quandam filiam, cui Apollo, devicto Pythone, lotis manibus accedens, generavit Linum, quem traditum pastoribus custodiendum canes dilaceraverunt vel quem ipse avus dedit canibus. schol. in Ib. 480 Conr. Linus, nepos Crotopi, regis Argivorum, a matre propria, quam Apollo stupraverat, pastori missus ad alendum, a canibus dilaceratur.

Andere hingegen geben den Sachverhalt modifiziert wieder (in CFD* hat die Nymphe Salmakis die Stelle von Psamathe eingenommen, und in C₁ sind die Namen und das Alter des Kindes verderbt): schol. in Ib. 480 C (FD*) Apollo, victo Pythone serpente, venit ad domum Crotopi, s. ad filiam nomine Salmacem, quae domum custodiebat, et cum ea concumbens genuit filium Linum, quem ipsa pastori cuidam commendavit ad nutriendum; quem incaute depositum sui canes comederunt, ut dicit Statius. schol. in Ib. 480 C₁ Apollo genuit Linum de Tropiade, filia regis Atropi, qui a canibus dilaceratus est, dum cum opilione inter oves pergeret.

Mit diesen Rekonstruktionen und Beispielen hoffe ich, die Transformationen des Kommentars ausreichend beleuchtet zu haben. Der letzte Paragraph wird eine vexata quaestio dieser Scholien und ihr einziges Merkmal, welches die bisherige Forschung interessiert hat, behandeln.

5. DIE FIKTIVEN VERSE Ein Zweig der Scholienüberlieferung weist ein Sondermerkmal auf, das diese Scholien im Vergleich zu all den anderen scholiastischen corpora einzigartig macht, und zwar den Brauch, poetische Belegstellen anzuführen, die bekannten und unbekannten bzw. in vielen Fällen wohl erfundenen Dichtern zugeschrieben werden, um die angegebene Erklärung zu bekräftigen. Das Stemma der vorhumanistischen Scholien nach der Rekonstruktion von Antonio La Penna besteht aus zwei Zweigen. Die eine Linie wird nur von P repräsentiert, dem ,codex optimus‘, welchen der Gelehrte direkt als vom Archetypus Ω abhängig vermutet, weil sich ebendieses Merkmal nicht in ihm wiederfinden lässt. Die andere Linie umfasst alle übrigen Codices, die auch diese kurzen Gedichte

5. Die fiktiven Verse

155

überliefern¹⁶¹. Es handelt sich um 35 Dichtungen (37 wenn man die bei den schol. in Ib. 257 und 295 überlieferten als eigenständig zählt, da sie leicht variieren), von unterschiedlicher Länge, zwei bis neun Verse, größtenteils in elegischen Disticha, aber in sieben Fällen auch in Hexametern verfasst. Sie können je nach Zuschreibung und Versmaß folgendermassen verteilt werden: Elegische Disticha: Zuschreibung: scholia in Ibin: anonymus 269 Arion 309 Batus 299 (Bachus CF*D*, Bachius E) Callimachus 315 Callitenes 273 (Propertius vel Callisthenes CD*; Calixto G) Clarus 331 (Callimachus ECF; Darius G); 335 Democritus 293 Fanoxinus 329 (Favorinus E) Gallus 285; 287; 325; 327; 351; 363; 465 Lucretius 419 Lupercus 311 (Lucretius b; Lupertius Ba*); Menephronus 301 Neodes 313 (Lupertius Ba*; †lic̅s†̅ G) Propertius 257; 297 (Plautus G); 461; 463 Tibullus 307 (Gallus CF*D*) Varro 317; 319 (Maro CF*D*); 321 (Maro G) Hexameter: Zuschreibung: scholia in Ibin: anonymus 269 Battus 259 (Bachus CFD*) Callimachus 279; Ennius 295 (Crinius CFD*) Eupolis 255 Gallus 323 Menephron 305 (Homerus E) Ein Teil dieser ,Zitate‘ hat die Forschung schon lange beschäftigt – ausschließlich wegen des Problems der Autorschaft –, weil einige von ihnen Kallimachos zugeschrieben sind, andere einer Suspension, die auf Kallimachos zurückgehen könnte, ohne dass es 161 Die Voraussetzung für diese Überlieferungsrekonstruktion, die auch meiner Meinung nach größtenteils nachzuvollziehen ist (siehe § IV.4.1., S. 148, Fußnote 146), ist selbstverständlich, dass der Schreiber von P (oder vom Subarchetypus dieses Zweiges) nicht selbständige Veränderungen vorgenommen und genau diese poetischen Belege ausgestrichen hat. Da P jedoch eine weniger überarbeitete Fassung enthält (siehe § IV.2.), scheint mir diese Arbeitshypothese plausibel zu sein.

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IV. Die Scholien zu Ovids Ibis

allerdings bislang gelungen wäre, positive und definitive Beweise für oder gegen ihre Echtheit zu liefern. Wenn es im Allgemeinen wahr ist, dass sich sichere Spuren von Kallimachos im dichterischen Rahmen der imitatio in der römischen Dichtung nach der Generation von Statius († 95/96), also schon am Anfang des 2. Jh. n.Chr., verlieren, ist dennoch die Kenntnis dieses Dichters seitens der Grammatiker und Kommentatoren durch direkte Zitate, Übersetzungen ins Lateinische oder Erwähnungen zwar schwach, aber doch nachweislich bezeugt¹⁶². Die Frage nach Übersetzungen griechischer Dichter in der Spätantike wurde überdies nach der Entdeckung der epigrammata Bobiensia (nach 400 n.Chr. gesammelt) verkompliziert, da diese eine Übersetzung eines echten kallimacheischen Epigramms bieten (epigr. Bob. 63 = epigr. 23 Pfeiffer), so dass man nicht mehr behaupten kann, dass Kallimachos in der abendländischen Spätantike gänzlich unbekannt gewesen sei¹⁶³. Rudolf Pfeiffer legte einige der Zitate aus den Ibis-Scholien den fragmenta incerti auctoris seiner Ausgabe (frg. 789–798) bei. Wie er glaube auch ich nicht an die Autorschaft von Kallimachos oder der anderen Dichter, denen die Gedichte in den Scholien zugeschrieben sind, und ich denke, dies auch beweisen zu können. Eine genaue Prüfung und Kontextualisierung der Dichtungen trägt darüber hinaus viel dazu bei, die Zeit und das kulturelle Milieu ihrer Entstehung zu beleuchten, denn sie stellen eine Etappe der recensio der Ibis (und der Rezeption von Ovid) dar. Sie zeigen gemeinsame Kennzeichen, die in den folgenden Punkten aufzuführen sind: Die Gedichte kommen nur in diesen Scholien vor: Nach meiner Untersuchung aller Repertorien (Walther 1969; Bertalot 1985; Schaller–Könsgen–Klein 2005; außerdem sind auch die elektronischen Resourcen BTL 4, MGH, CLCLT, in principio und www.google.com verwendet worden) kann ich diese Aussage mit einer gewissen Sicherheit machen. Das ist eine wichtige Begrenzung, die von der bisherigen Forschung noch nicht erkannt wurde. Die Gedichte sind ausschließlich Produkt der hier vorliegenden Kommentierungstätigkeit und gehören daher einer bestimmten Stufe der Überlieferung der Scholien, nämlich dem Hyparchetypus α im stemma von La Penna, an, da sie sich in allen Codices des zweiten Zweigs finden. Sie sind im Gegensatz zu den echten Zitaten und Belegstellen, die der ursprüngliche Kommentar enthielt, 162 Z.B. wird Kallimachos direkt zitiert von Gellius (2. Jh.) = frg. 553 Pfeiffer; schol. in Stat. Theb. (nicht vor dem 4. Jh.) = frg. 683 Pfeiffer; Priscianus (6. Jh.) = frg. 61 Pfeiffer; erwähnt als Parallelstelle von Hyginus in der astronomia (nicht nach dem 2. Jh.) = frg. 569–570 Pfeiffer und von den Kommentatoren zu Vergils Werk, Servius (5. Jh.), Probus (?) und brevis expositio (6. Jh. ?) = frg. 696–699 Pfeiffer. Was Kallimachos in Rom betrifft, siehe Bornmann 1986; Wimmel 1960. Neulich hat Isabella Gualandri (Gualandri 2004; Gualandri 2005, S. 200–204) manche Wiederaufnahme von Kallimachos in Claudianus (5. Jh.) gefunden, aber Claudianus war sehr wahrscheinlich griechischer Herkunft, aus der hellenisierten Aegyptus, genauer aus Alexandria und griechischer Muttersprachler (siehe das Kapitel The poet from Egypt in Cameron 1970, S. 1–29), so dass er mit seiner Kenntnis der griechischen Sprache und Literatur kein typischer Repräsentant eines römischen Dichters der abendländischen Spätantike ist. 163 Auch andere Epigramme weisen auf eine Übersetzung oder Umschreibung hin: epigr. Bob. 10; 11; 12–15; 18–20; 22; 25–34; 44–47; 49–50; 52–55; 61–63; 65–69; Appendix 2–3 (?). Zum epigr. Bob. 67 siehe Carlini 1999. Was die Kenntnis der griechischen Sprache und Literatur im abendländischen Mittelalter angeht, siehe Courcelle 1948; Bischoff 1951; Ferrari 1975, S. 306; Irigoin 1975; Dionisotti 1982 On Bede.

157

5. Die fiktiven Verse

und die sich an unterschiedlichen Stellen innerhalb einer Erläuterung befanden, immer nachträglich als Anhang am Ende der zugehörigen Scholien mit der Formel unde und dem Namen des mutmaßlichen Dichters eingefügt worden, wie La Penna schon zu den Verweisen auf Kallimachos bemerkt hat¹⁶⁴. Diese angeblichen Übersetzungen sind alle sowohl metrisch als auch inhaltlich in sich geschlossen, während Fragmente sehr oft (wenn nicht fast immer!) eine physiologische Unvollständigkeit zeigen. Die hier vorliegenden ,Zitate‘ können jedoch keinesfalls aus einem durchlaufenden Text extrapolierte Verse sein; sie können höchstens die Übersetzung eines Epigramms sein, gerade wie die epigrammata Bobiensia. Was den Text dieser Dichtungen angeht, bestehen sie aus einer Umschreibung der Verse, auf die sie sich jeweils beziehen, teils mit denselben Begriffen, teils mit ganz neuen und nicht dem Haupttext angehörenden Wörtern, welche aus anderen Werken Ovids und den Werken anderer Dichter (Ausonius, Ps.-Seneca) oder aus dem Scholientext selbst stammen. Im Grunde genommen lassen sie sich als dichterische Paraphrasen des Textes charakterisieren. Die paraphrasenartige metrische Umschreibung ist eine bereits bekannte Gattung, vertreten durch das thema Vergilianum in der anth. 255 Riese, einer Erweiterung einiger Worte Didos¹⁶⁵ in 15 Hexametern, und durch den PSI 142 (aus Ägypten, 3.–5. Jh., M-P³ 2942 = LDAB 4157), einer Umschreibung der Iliacas ex ordine pugnas (Aen. 1.477–493) in 17 Hexametern. Das Charakteristikum der Gedichte, dass sie den Haupttext von Ovid wiedergeben, ist dem thema Vergilianum und der Paraphrase des Papyrus ähnlich. Wie bereits gesagt, schöpfen sie außerdem viel ,Baumaterial‘ aus anderen Werken Ovids¹⁶⁶: schol. in Ib. 269 Vv. 1–2 Tempus erit, Polypheme, tuum quo lumen Ulixes, Quod modo fronte geris, hoc tibi surripiet.

Ov. met. 13.771–773 Telemus Eurymides, quem nulla fefellerat ales, terribilem Polyphemon adit, ‘lumen’ que, ‘quod [unum fronte geris media, rapiet tibi’ dixit ‘Ulixes’.

schol. in Ib. 295 Vv. 1–4 Oebaliden puerum quantum dilexit Apollo, Tantum, sed frustra, Celinum Stratillus amavit. Non sic agna lupos, lupus ursos, ursa leones Ut puer ignarus studii fugiebat amantem.

Ov. ars 1.117–118 ut fugiunt aquilas, timidissima turba, columbae utque fugit uisos agna nouella lupos,

schol. in Ib. 293 Vv. 1–2 Herculides cuidam genitalia membra recidit, Scissaque membra necis causa fuere sibi.

Ov. am. 2.3.3–4 qui primus pueris genitalia membra recidit, uulnera quae fecit debuit ipse pati.

schol. in Ib. 307 V. 1

Ov. am. 3.10.29

164 La Penna Scholia in Ibin 1959, S. XXXIII. Ein ähnliches Phänomen findet sich auch in fab. Ov. 11.4, siehe dazu Bretzigheimer 1937, S. 18. 165 Aen. 4.365–367 nec tibi diva parens, generis nec Dardanus auctor, / perfide, sed duris genuit te cautibus horrens / Caucasus Hyrcanaeque admorunt ubera tigres. Ich bedanke mich herzlich bei Herrn Rosario Pintaudi für die Hilfe bei der Autopsie des Papyrus. Zur Praxis der Paraphrase siehe Quint. inst. 10.5.4–6 Winterbottom. 166 Zu ähnlichen Beispielen im Mittelalter siehe Strecker 1927.

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IV. Die Scholien zu Ovids Ibis

Fas leges natura pudor ::::::: superantur amore

uictus amore pudor: sulcos arere uideres ::::

schol. in Ib. 307 Vv. 3–4 Magnetem mater, sed non :: ut mater, amavit; Caste equidem natum debet amare parens.

Ov. ars 1.285–286 Myrrha patrem, sed non ::: qua filia debet, amauit, et nunc obducto cortice pressa latet.

Wie man sieht, verwendet die Imitation dieselben Begriffe wie Ovid, die teilweise auch dem Kontext angepasst werden¹⁶⁷. In einem Fall werden auch ::::::: ähnliche ::::::: Begriffe gebraucht, die mit denen der Vorlage etymologisch verbunden (bzw. semantisch nah) ::::::::::::::::::: :::::::::::: sind oder eine analoge syntaktische Aufgabe erfüllen. ::::::::::::::::::::::: In zwei Fällen werden dieselben Worte wie in der Erklärung verwendet, um das Gedicht zu verfassen: schol. in Ib. 259 Vv. 3–4 noluerant fratres male consentire novercae, noluerantque torum nati incestare parentis.

schol. in Ib. 279 B (a*b*) [ZE] 1. Hippolytus, filius Thesei et Penthesileae, reginae Amazonum, a Phaedra, noverca sua, Minois et Pasiphaes filia, quia eius amori consentire noluit, apud patrem accusatus est.

schol. in Ib. 295 Vv. 1–2 Oebaliden puerum quantum dilexit Apollo, ::::::: tantum, sed frustra, Celinum Stratillus amavit.

schol. in Ib. 587 b Hyacinthus, ::::: Oebali filius, a Phoebo dilectus :::

Einmal hatte der Autor der fiktiven Verse vielleicht das 11. carmen der parentalia des Ausonius (um 310–um 394) im Sinn, wie schon Rudolf Ehwald bemerkte¹⁶⁸: schol. in Ib. 301 Vv. 1–2 Argos hostilem circumdans undique Pyrrhus oppressit miserum tegula missa manu.

Auson. 170.13–14 heu, quae uota mihi, quae rumpis gaudia, Pastor! illa meum petiit tegula missa caput

Das Netz von Anspielungen ist hier sehr interessant: Ausonius kannte die Ibis, da er auf sie anspielt¹⁶⁹, der Autor der fiktiven Verse kannte wiederum ihn und benutzte ihn, um eine Belegstelle zu verfassen. Eine Reminiszenz der Epigramme des Ps.-Seneca ist vielleicht zu finden in¹⁷⁰: schol. in Ib. 273 V. 7 credere vix ausim esse deos […]

anth. 414 Riese marmoreo Licinus tumulo iacet, at Cato nullo, Pompeius paruo. credimus esse Deos?

Der Stil dieser Gedichte wirkt sehr gekünstelt. Ihr Verfasser arbeitet häufig mit Gegensätzen, und sie sind von einer gewissen Sentenzenhaftigkeit geprägt. Augusto Rostagnis Meinung, sie seien Übersetzungen von Kallimachos’ Versen, ist aufgrund dieser Anspielungen und der Papyrusfunde zu widersprechen: Der Ver167 In Fall des schol. in Ib. 295 Vv. 3–4 non sic agna lupos, lupus ursos, ursa leones / ut puer ignarus studii fugiebat amantem bietet Vergil vielleicht das Muster für die Struktur und den homoerotischen Inhalt, Ovid die Begriffe für das Gedicht, vgl. Verg. ecl. 2.63–65 torva leaena lupum sequitur, lupus ipse capellam, / florentem cytisum sequitur lasciua capella, / te Corydon, o Alexi: trahit sua quemque uoluptas. 168 Ehwald 1876, S. 6. 169 Siehe § III.6.2., S. 106. 170 In diesem Fall ist auch eine Herkunft aus anderen Stellen möglich: Ov. am. 3.9.35–36 cum rapiunt mala fata bonos, (ignoscite fasso!) / sollicitor nullos esse putare deos; Sen. Med. 1026–1027 per alta uade spatia sublime aetheris, / testare nullos esse, qua ueheris, deos. Es scheint mir, dass es sich um die Umkehrung eines τόπος homerischen Ursprungs handelt (Od. 24.351–352 Ζεῦ πάτερ, ἦ ῥα ἔτ᾿ ἐστὲ θεοὶ κατὰ μακρὸν Ὄλυμπον, εἰ ἐτεὸν μνηστῆρες ἀτάσθαλον ὕβριν ἔτισαν).

5. Die fiktiven Verse

159

gleich mit den jeweiligen Stellen der aetia, aus denen Ovid zuweilen geschöpft hat¹⁷¹, hat unsere Verse als Fälschungen enttarnt. All die gemeinsamen Kennzeichen lassen als Autor hinter den Gedichten eine einzige Persönlichkeit vermuten¹⁷². Der nächste Schritt wird ein Versuch sein, diesen Autor so scharf wie möglich zu umreißen und zu kontextualisieren. Es gibt aus der (Spät)antike bis zum Mittelalter genug Beispiele von Texten, die Schwindeleien erzählen, wie etwa L. Septimius’ Übersetzung von Dictys Cretensis’ ephemeris belli Troiani (ca. 4. Jh. n.Chr.), die historia de excidio Troiae von Dares (ca. Anfang des 6. Jh. n.Chr.), die Ravennatis anonymi cosmographia (ca. Anfang des 8. Jh. n.Chr.) und Johannes von Salisburys policraticus (ca. 1115/20–1180)¹⁷³; das Verfahren aber, eine unbekannte oder sehr wahrscheinlich erfundene auctoritas systematisch einzuführen, hat in der Geschichte der römischen Literatur nur zwei Parallelen¹⁷⁴, und zwar bei Fabius Planciades Fulgentius Afer (5.–6. Jh. n.Chr.?), dem Autor der mythologiae, der expositio sermonum antiquorum, der expositio Virgilianae continentiae usw., und bei Virgilius Grammaticus (Mitte 7. Jh.?)¹⁷⁵. Die Figur und die Datierung des Fulgentius sind wegen des Verhältnisses zum Bischof gleichen Namens und gleichen Vaterlandes Fulgentius aus Ruspe (ca. † 530) äußerst umstritten¹⁷⁶. Lässt man diese Probleme beiseite, scheinen die beiden ungefähr Zeitgenossen gewesen zu sein und aus Afrika gestammt zu haben. Virgilius Grammaticus bietet dem Leser ein geistvolles divertissement: Seine Werke sind lustige Parodien der ars grammatica, in welchen sprachliche Theorien, auctoritates und Texte in offensichtlicher spielerischer Erfindung geschaffen werden¹⁷⁷. Die Gedichte der Scholien sind weder zum Vergnügen oder als ironische Provokation – im Gegensatz zu Virgilius Grammaticus – noch aus didaktischen Gründen (z.B. anth. 485; 488; 490; 627; 679 Riese usw.) geschrieben worden, sondern ausschließlich, um eine meist falsche Erklärung zu bekräftigen¹⁷⁸. Dies tut Fulgentius ebenfalls und in einer noch feineren Art und Weise, so dass seine Zitate häufig und aus vielen Gründen bei den Philologen Zweifel bezüglich ihrer Echtheit erweckt haben – was die Herausgeber von Petronius wohl wissen.

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Siehe § III.5. und § IV.2., S. 126, Fußnote 79. Derselben Meinung ist auch La Penna scholia in Ibin 1959, S. XXX. Grundlegend zum Thema der Fälschungen ist Speyer 1971. Was ein solches Verfahren anbelangt, erwähnt La Penna (1959, S. XXXII, Fußnote 3) auch die origo gentis Romanae: Nach dem aktuellen Forschungsstand werden die zitierten Passagen der Historiker jedoch für keine Verfälschung gehalten (Sehlmeyer 2004), und dieses Werk scheint mir keine poetischen Belege unbekannter Dichter einzuführen. Die termini für die Datierung dieses Grammatikers sind folgende: Er kennt Isidor von Sevilla (ca. 560–636) und wird von Aldhelm (640–709) zitiert. Zink 1867; Skutsch 1910. Siehe Law 1995. Die fiktiven Belegstellen kommen sowohl bei richtigen als auch autoschediastischen Erklärungen vor, siehe § IV.4.1., S. 148, Fußnote 145.

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IV. Die Scholien zu Ovids Ibis

Es steht außer Frage, dass die Scholienfassung von α mit Fulgentius zusammenhängt, weil dieser Autor, von der methodologischen Analogie abgesehen, wörtlich zitiert wird: schol. in Ib. 79 E Tres sunt furiae infernales, s. Alecto, Megaera, Thesiphone. Alecto inpausabilis dicitur; Thesiphone interprae. mors, quia thesis Graece depono Latine, phonos vox; Megaera quia magna contentio dicitur et dicitur Megaera, quia megale eris. 2. Hae tres animatus figurant: prius enim non pausando iram concipimus, s. per Alecto, deinde in vocem erumpimus per Thesiphonem, tum in iurgia et in lites concidimus per Megaeram. schol. in Ib. 79 C Descriptio est Eumenidum, quae sunt tres: Allecto, Thesiphone et Megaera. Versus de Furiis: Excitat Allecto mentes ad iurgia, linguas Thesiphone, stimulat ad turpia facta Megaera. Fulg. myth. 1.7 huic quoque etiam tres Furias deseruire dicunt, quarum prima Allecto 〈secunda Tisiphone, tertia Megera〉; Allecto enim Grece inpausabilis dicitur; Tisiphone autem quasi tuton phone, id est istarum vox; Megera autem quasi megale eris, id est magna contentio. Primum est ergo non pausando furiam concipere, secundum est in uoce erumpere, tertium iurgium protelare.

Darüber hinaus sind in zehn (elf) Fällen die Namen der Autoren, denen fiktive Zitate zugeschrieben werden, in den Ibis-Scholien dieselben wie bei Fulgentius: Ibis-Scholien

Fulgentius

– Ennius

295

117.11

– Lucretius

419 (311)

126.14 (Lucretius comicus)

– Propertius

257; 297; 461; 463

118.8; 121.6

– Tibullus

307

118.14 (Flaccus Tibullus)

– Varro

317; 319; 321

113.9; 115.8; 116.3; 121.14

Damit will ich nicht behaupten, dass Fabius Planciades Fulgentius unmittelbar mit dem Autor der Verse bzw. dem Bearbeiter dieser Stufe der Kommentierung zur Ibis zu identifizieren sei, sondern will lediglich darauf verweisen, dass ihn die literarische Weltansicht von Fulgentius beeinflusst hat. Robinson Ellis schlägt als Datierung für die Gedichte aufgrund ihres Inhalts und ihrer Sprache das 4. Jh. vor¹⁷⁹, aber diese zeitliche Einordnung wird von den oben angeführten Anspielungen, dem deutlichen Einfluss des Fulgentius und der kodikologischen und textkritischen Evidenz widerlegt. La Penna hält sie aufgrund der Sprache, des Stils und der Versmaßfehler für mittelalterlich und datiert sie auf das 9. Jh.: A me pare di scorgere un colore stilistico analogo in più di un passo di Teodulfo; e nel tempo di Teodulfo o non molto dopo, quindi nel sec. IX, io collocherei quei versi, che per l’uniformità di stile attribuirei quasi tutti allo stesso autore, identico, probabilmente con il redattore del commento originario della seconda famiglia. 179 Ellis Ibis 1881, S. LIX.

5. Die fiktiven Verse

161

Was die Metrik dieser Gedichte¹⁸⁰ angeht, sind einige prosodische Besonderheiten zu konstatieren (zum Text und Analyse der Gedichte siehe Anhang 6), aber keine Fehler stricto sensu, wie Ehwald und La Penna vermutet haben¹⁸¹, da ähnliche Erscheinungen auch in der Dichtung der klassischen Zeit vorkommen. Sie steuern deswegen auch nichts zur Frage der Datierung bei. Es handelt sich um drei Phänomene: die Dehnung von kurzen Silben in der Hebung, die Synizese (oder Sinärese) und die Kürzung (Systole) langer Vokale. Die Dehnung von kurzen Silben in der Hebung geschieht meistens vor der Zäsur: stimulăt in schol. in Ib. 79 Thesiphone, stimulāt ad turpia facta Megaera; facinŭs in schol. in Ib. 257 (GCFD) hanc iuvit facinūˊs, huic nocuit pietas; gerĭs in schol. in Ib. 269 quod modo fronte gerīˊs, hoc tibi surripiet; malĕ in schol. in Ib. 273 peccat uterque malēˊ, sed cum malĕ peccet uterque; nolŭĕrăt in schol. in Ib. 279 et quia nolŭĕrāˊt, habuit pro munere mortem; modŏ zweimal in schol. in Ib. 285 vina probo, si pota modōˊ, debentque probari, / si non pota modōˊ, vina venena puto¹⁸²; vielleicht Ĭōnides und fuĭt in schol. in Ib. 287 Īˊŏnĭdes uti cupiens pro coniuge nata – / vinum causa fuīˊt – anguibus esca datur; credĭs in schol. in Ib. 299 undaque, ni credīˊs, aurea testis adhuc; minimă in schol. in Ib. 305 turbaque nec minimāˊ superastis virginem et unam¹⁸³; vom ersten matĕr in schol. in Ib. 307 huic vitam matēˊr, et amans et mater, ademit; causă in schol. in Ib. 309 coniunx et causāˊ caedis utrisque fuit; făme in schol. in Ib. 317 sunt duo, morte gravi frigore fāˊme perit; captŭs in schol. in Ib. 319 Hermias captūˊs indutus tergore tauri; Mĭlo in schol. in Ib. 325 dives erat Mīˊlo; fortis licet ipse fuisset; Thrăsyllus in schol. in Ib. 331 Thrāˊsyllo inmeritas praebuit inferias; Hy̆ permestra in schol. in Ib. 351 ancillam servūmquĕ sŭum Hȳˊpermestra necavit¹⁸⁴; natŭs in schol. in Ib. 463 et voluit natūˊs esse parente prior; homŏ in schol. in Ib. 465 Theodotus captus Phoebōˊ dătur hostia, quamvis / nequaquam sit homōˊ victima grata deo. Die Synizese (oder Sinärese) kommt meistens bei Eigennamen bzw. fremden Wörtern vor, wie Darēŭs, Lemnĕŭs, Servĭŭs aber auch bei sŭŭs¹⁸⁵: in schol. in Ib. 255 lac cervae praebendō s‿ ŭōs Dar‿ ēūs perimebat; in schol. in Ib. 315 quos multo Dar‿ ēŭs obruerat cinere; vielleicht auch in schol. in Ib. 257 s‿ ŭă, da auch sŭă möglich wäre; in schol. in Ib. 329 veste ciboque carens Lemn‿ ēŭs, rex licet esset; in schol. in Ib. 363 atque ideo natae crimine Sēˊrv‿ ĭŭs ŏbit. Die Kürzung eines langen Vokals tritt im Gegenteil gesichert nur einmal auf, und zwar bei dātur in schol. in Ib. 465 Theodotus captus Phoebōˊ dătur hostia, quamvis. Eine mögliche weitere Belegstelle ist: Ĭōnides in schol. in Ib. 287 Īŏnĭdes uti cupiens pro coniuge nata. In der Regel wird die ursprüngliche griechische Quantität behalten (schol. in Ib. 79 V. 1–2 ᾿Αλληκτώ, Τῑσῐφόνη, Μέγαιρα; schol. in Ib. 255 V. 1 und 315 V. 2 Δᾱρεῖος; 180 Zur mittelalterlichen Verskunst siehe Klopsch 1972; Klopsch 1980; Munari 1958; Norberg 1954; Norberg 1958. 181 Ehwald 1876, S. 5; La Penna scholia in Ibin 1959, S. XXX. 182 Trotz der Tatsache, dass -o in der Regel im Auslaut lang ist, ist es in der klassischen Dichtung meistens kurz in den Adverbien modo und quomodo, aber vgl. Verg. ecl. 5.50; georg. 2.226, 2.270 usw. 183 Der Sinn dieser Verse ist nicht sehr deutlich, pecudes dürfte hier wohl als Schimpfwort gelten. 184 Vgl. Hes. Pi. N. frg. 23a.5; 25.34 Merkelbach-West. 185 Zum Phänomen siehe Radford 1908.

162

IV. Die Scholien zu Ovids Ibis

schol. in Ib. 257 V. 1 Βελλεροφῶν und Χῐˊμαιρα; schol. in Ib. 269 V. 1 Πολῠˊφημος; schol. in Ib. 279 V. 1 und 4 ῾Ιππόλῠτος; schol. in Ib. 295 V. 1 Οἴβᾰλις, -ῐδος; schol. in Ib. 299 V. 1 ᾿Αντῐˊοχος; schol. in Ib. 307 V. 3 und 5 Μάγνης, -ητος, schol. in Ib. 313 V. 1–2 Καμβῡˊσης und Ἄμμων, -ωνος; schol. in Ib. 317 V. 1 Νεοκλῆς; schol. in Ib. 319 V. 1 Ἑρμεία; schol. in Ib. 329 V. 1 Νεοκλῆς; schol. in Ib. 419 V. 1 ᾿Αστέριον usw.). Die einzige Ausnahme bilden schol. in Ib. 285 Ionus (gr. ῎Ῐων, ῎Ῐωνος); schol. in Ib. 287 V. 1 Ionides (gr. ᾿Ῐωνίς, ᾿Ῐωνῐˊδος) und schol. in Ib. 321 V. 2 Phērēūs dreisilbig, da das griechische Φηρεύς zwei Silben hat, während einige Namen nirgendwo bewiesen sind, so wie Stratillus und Celinus, und daher erfunden zu sein scheinen. Der Autor der Gedichte war sicherlich ein Mann, wie die frauenfeindlichen und von Knabenliebe handelnden Themen vermuten lassen¹⁸⁶: schol. in Ib. 259 Vv. 1–2 femina nata malum est, peccati est femina origo, femina tota malum, res atra miserrima vilis. schol. in Ib. 295 Vv. 1–4 Oebaliden puerum quantum dilexit Apollo, tantum, sed frustra, Celinum Stratillus amavit. non sic agna lupos, lupus ursos, ursa leones ut puer ignarus studii fugiebat amantem. schol. in Ib. 419 Vv. 1–8 cur puer Asterion crudelis? ne fuge amantem, ne fuge: non equidem est effugiendus amans. crudeli puero nihil est crudelius unquam, crudeli puero nil mihi peius obest. Sed iam nec puer es, puero nil mitius unquam, crudeli puero nil mihi peius obest. Vis verum dicam? Sis mitis, ne fuge amantem: ni fugeres, nil te mitius esse potest.

Der Verfasser der Gedichte hat nach Fulgentius, nach dem Autoschediasmenverfasser (oder nach dem Zeitalter, in dem sie verfasst worden sind), aber auf jeden Fall vor dem 11. Jh. gelebt, da sich diese fiktiven Verse in allen Handschriften des 2. Zweigs finden lassen:

186 Zu homosexuellen Thematiken und Texten im Mittelalter siehe Curtius 1948, S. 123–127; Stehling 1984. Ich habe keinen Kontaktpunkt (Reminiszenzen, Anspielungen, Zitate) zwischen den Texten in Stehling’s Sammlung und den Gedichten der Ibis-Scholien gefunden. Dieses Merkmal differenziert die Scholien zur Ibis deutlich von der restlichen römischen Kommentierungstradition, wo die Homosexualität generell totgeschwiegen, verneint oder zensiert wird.

5. Die fiktiven Verse

163

. 6.–8. Jh. Vereinigung von Text und Kommentar

8.–9. Jh. Autoschediasmen

Ω

ι

α

fiktive Verse γ

B

11. Jh 14. Jh.

P restliche Hss. des 2. Zweiges

Abb. 9 Er muss aus denselben Gründen nach der Entstehung des Archetypus Ω gelebt haben – sehr wahrscheinlich, nachdem der Kommentar an die Ränder versetzt worden war – und bei der Abfassung des Hyparchetypus α involviert gewesen sein. Er war selbstverständlich ein Leser von Ovid, mit einer Vorliebe für die erotischen Werke, wie die Anklänge beweisen, und er konnte nicht schlecht dichten. Vor allem war er ein Leser von Fulgentius, doch wegen der enormen Verbreitung von Fulgentius’ Werk im Mittelalter ist es schwierig, ihn zu einem bestimmten Zeitpunkt und an einem bestimmten Ort zu positionieren. Wenn der Anklang an die anthologia Latina richtig und kein Zufall ist, haben wir vielleicht ein kleines Indiz, um eine Gegend für diesen Dichter zu finden, da die Codices vom Werk des Fulgentius und der anthologia Latina dort gleichzeitig vorhanden waren: Frankreich.

SCHLUSS Durch die dokumentarische Evidenz habe ich das Urteil widerlegt, dass Ovid nicht kommentiert worden sei, und den Platz dieses Autors in der Schule im Laufe der Zeit ermittelt. Es erscheint nun angebracht, die sich aus den Resultaten ergebenden Schlussfolgerungen zu ziehen. Ich denke, dass es zwei Variablen gibt, die das kulturelle Phänomen der Kommentierung zu Ovid am besten erklären können: der mythologische Inhalt einiger Werke Ovids und die Verbindung mit der Schulwelt. Diese zwei Faktoren und deren Zusammenwirken haben den Anlass zur Erläuterung der Werke Ovids gegeben. Das Interesse der Kommentatoren Ovids war meiner Meinung nach hauptsächlich auf die Mythologie fokussiert, nicht auf bestimmte Werke, Abfassungszeiten oder Gattungen. Kommentiert wurden Werke mit einem stark ausgeprägten mythologischen Inhalt. Wenn man die Verteilung der in der Antike und im Frühmittelalter kommentierten Werke betrachtet, d.h. der metamorphoses, heroides und fasti einerseits, der Ibis andererseits, könnte man annehmen, dass die Werke der Verbannungszeit (ex Ponto, tristia) bei den Kommentatoren wegen ihrer scheinbaren thematischen Monotonie kein Interesse geweckt hätten. Den Elegien und Lehrgedichten (amores, ars, remedia, medicamina) wurde seitens der Kommentatoren ebenfalls keine Aufmerksamkeit zuteil – aufgrund ihres Inhalts, nicht aus gattungsspezifischen Gründen. Dies wird von der Kommentierung zur Ibis und von der zu den heroides bestätigt. Nicht der elegische Ovid oder der praeceptor amoris, sondern der Mythenstifter wurde in der Schule gelehrt und gelernt. Die Schule spielte eine entscheidende Rolle für die philologische Rezeption Ovids: Sie rezipierte diesen Autor, erhöhte oder verminderte seine Bedeutung im curriculum studiorum und bestimmte schließlich seine Stellung und die seiner einzelnen Werke im Lektürekanon. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass es auch zu unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen in der Rezeption der Werke Ovids kam: Eine solche Verlagerung ist in der Kommentierung zur ars und zu den remedia im Mittelalter festzustellen, die zu dieser Zeit zu den am meist gelesenen Werken Ovids zählten, ohne dass sie den Primat der Metamorphosen angriffen. Die Ibis hatte ein Sonderplatz in der Geschichte der ovidischen Studien. Obwohl sie wegen einer fehlenden erzählerischen Struktur nicht für die Schule geeignet war, hat ihr dunkler mythologischer Inhalt die Anfertigung eines Kommentars notwendig gemacht. Besonders die Lektüre dieses Werkes ließ von Anfang an eine Kommentierung unabdingbar erscheinen. Somit besitzen wir die Spuren eines der ältesten lateinischen Kommentare. Aufgrund seines Alters sind seine Transformationen dazu von Nutzen, die Geschichte der römischen Kommentierung in ihren frühen Phasen besser zu rekonstruieren.

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Schluss

Der Vergleich mit der Kommentierung zu Vergil und zu Kallimachos hat geholfen, all diese Mosaiksteine in den Rahmen einer organischen und historisch artikulierten Schilderung einzupassen. Die vorliegende Arbeit hat ein Bild erzeugt, das in seiner Qualität analog zu dem von Vergil und Kallimachos ist, was die Typologien sowie die modi der Überlieferung und der philologischen Rezeption betrifft, und sich davon ausschließlich quantitativ unterscheidet. In Erwartung neuer Funde.

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TEXTE UND AUSGABE Ich habe i.d.R. die Ausgabe des ThLL Index verwendet, im Fall von mehreren oder älteren Ausgaben den Herausgeber angegeben. Accessus ad auctores. Bernard d’Utrecht. Conrad d’Hirsau: Dialogus super auctores, édition critique entièrement revue et augmentée par R. B. C. Huygens, Leiden 1970. G. Przychocki, Accessus Ovidiani, RAK Serya 3 Tom 4 (1911), S. 65–126. Claudius Aelianus, De natura animalium, ediderunt M. García Valdés, L. A. Llera Fueyo, L. RodríguezNoriega Guillén, Berlin/New York 2009. Dante Alighieri, Le opere. Edizione nazionale. A cura della Società Dantesca Italiana, vol. 7, La Commedia secondo l’antica vulgata, a cura di G. Petrocchi, Milano 1966–1967. F. Ghisalberti, Mediaeval biographies of Ovid, reprinted from the Journal of the Warburg and Courtauld Institutes vol. 9, Worcester/London 1946. Troilus Alberti Stadensis primum ex unico Guelferbytano codice editus a T. Merzdorf, Lipsiae 1875. La grammatica dell’anonymus Bobiensis (GL I 533–565 Keil), edizione critica a cura di M. De Nonno con un’appendice carisiana, Roma 1982. Anonymus de dubiis nominibus, cuius generis sint, denuo edididit F. Glorie, Turnhout 1968. ΔΙΗΓΗΣΕΙΣ di poemi di Callimaco in un papiro di Tebtynis, a cura di M. Norsa e G. Vitelli, Firenze 1934.

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Anhang 1. GLOSSARIUM OVIDIANUM – KRITISCHE AUSGABE Conspectus siglorum: P V Goetz GoetzV

codex Parisinus Latinus 7530, inter annos 779–797 scriptus, c. 302v–303r. codex Vaticanus Latinus 1471, saec. IX scriptus, c. 157r–157v. CGL 1.95–97. CGL 5.546–547.

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Auxiliare tuo, rerum pater optime, ser〈vo〉, ut parere queam princip〈io〉 imperii Almus sanctus siue ab alendo dictus. Arbiter iudex eo quod arbitrio suo causas dirimat. Aether caelum quia nobis non uidetur et igneum esse dicitur. Aethera aer notandum quia aer accusatiuum singularem aera facit sicut aether aethera. Arduus altus. Artum strictum. Amoenum delectabilem.

3 Paul. Fest. 7 alma sancta sive pulchra, vel alens, ab alendo scilicet; cf. Serv. in Aen. 1.306; Isid. diff. 1.498 alma autem ab alendo dicta. 4 Paul. Fest. 15 arbiter dicitur iudex, quod totius rei habeat arbitrium et facultatem. 5 Varro ling. 5.18–19 caelum dictum scribit Aelius, quod est c〈a〉elatum aut contrario nomine, celatum quod apertum est; non male, quod †posterior multo potius a c〈a〉elo quam caelum a c〈a〉elando. sed non minus illud alterum de celando ab eo potuit dici, quod interdiu celatur, quam quod noctu non celatur; cf. 46. 10 cf. 97. 1–10 PV P: V 1–2 hoc distichon praebet tantum V servo … principio emendaui : ser * * *… princip * * * cod. optime emendaui : optimo cod. cf. PL 189. 50 3 siue V : sibe P cf. 12 ab alendo V : abolendo P 5 igneum V : igneus P fortasse recte, sed cf. 46 6–7 quia aer accusatiuum singularem aera … aether aethera P : que aer accusatiuo significatur etha … ethera ethra V 10 praebet tantum V

Anhang 1. Glossarium Ovidianum – Kritische Ausgabe

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Affatim Alumnus Auceps Aerumna Aequor Atrox Amnis Auidus Aequitas Agelasus Angor Augur diuinus Auia Aeuum

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abundanter. et qui alit et qui aletur id est nutritor siue nutritus. aues capiens. miseria. mare siue campus ab aequalitate dictum. crudelis. fluius. glutto. iustitia. dicitur qui numquam ridet. tristitia. dictus eo quod auium garritus id est uoces adtendat. extra uiam. saeculum.

12 Non. 242.32 consuetudo quos alas vel educes vel eos qui alunt dici vult. 13 Varro ling. 8.61 si ab avibus capiendis auceps dicatur, debuisse aiunt a piscibus capiendis ut aucupem sic pisci〈cu〉pem dici; cf. Prisc. gramm. 2.16.17; 2.26.13; 2.39.7; Isid. orig. 10.13. 15 Serv. in georg. 1.50 aequor autem modo terram accipe, ab aequalitate dictam, […] unde et maria aequora dicuntur; cf. brev. expos. Verg. georg. 1.50. 22 Paul. Fest. 2 augur ab avibus gerendoque dictus, quia per eum avium gestus edicitur; sive ab avium garritu, unde et augurium. 23 schol. in Stat. Theb. 1.159–160 utique sol auius quasi sine uia, quia ab hac mundi parte semotus est; cf. adnot. Lucan. 1.569. 11–24 PV 11 abundanter P : habundanter V 12 alumnus V : alamnus P cf. 3 id … nutritus praecedit et qui … aletur in P 15 campus V : capus P 16 atrox P : aktrax V : atrax Goetz𝑉 17–18 praebet tantum GC 18 glutto correxi : glutta V : glutti Goetz𝑉 22 dictus V : dictum P adtendat P : adt * * * V

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Anhänge

Tellus Chaos

terra dicta quia ex ea fructus tollimus. permixtio elementorum qualis mundi fuit antequam per species diuideretur. G C. Rudis nouus. Indigesta incomposita. Moles magnitudo. Nec quicquam nec aliquid. Iners piger. Congesta adunata uel permixta. Titan sol. Phoebe luna. Librata suspensa ex aequali parte.

25 in Ov. met. 1.12 26–27 in met. 1.7 28–30 in met. 1.7 31–33 in met. 1.8 34 in met. 1.10 35 in met. 1.11 36 in met. 1.13 25 Isid. orig. 14.1.1 tellus autem, quia fructus eius tollimus 26–27 Aug. gen. ad litt. imperf. 466.7–8 materiae adhuc confusio exponitur, quod etiam χάος graece dicitur 25–36 PV 25 terra P : * * * *a V 26 permixtio V : permistio P elementorum P: elimentorum V antequam P : tamquam V 27 abbreuiationem GC praebet tantum P fortasse g(rae)c(e) siue g(lossae) c(ollectae) 30 moles V : molis P 33 adunata … permixta P : coadunata fortasse recte cf. schol. Gron. A 438.41 uel proxima V 34 Titan P : Tintan V 36 suspensa P : suspinsa V

Anhang 1. Glossarium Ovidianum – Kritische Ausgabe

40

45

Amphitrites Margo Pontus Innabilis Lucis egens Obstabat Umentia Diremit Secreuit Liquidum

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oceanum mare magnum. extremitas cuiuscumque rei. mare. innatabilis qui natare non potest. luce opus habens quasi dixisset obscurus. repugnabat. humida. separauit. segregauit diuisit. caelum subtile dicitur et perspicuum.

37–38 in met. 1.14 39 in met. 1.15 40 in met. 1.16 41 in met. 1.17 42 in met. 1.18 43 in met. 1.19 44 in met. 1.21 45–46 in met. 1.23 46 vd. 5 37–46 PV 37 Amphitrites P : Aphitrites V magnum praebet tantum P 38 Margo V : lemma deest in P cuiuscumque rei V : unicuique rei P fortasse recte, sed cf. 49 et 56 : unius cuiusque rei Goetz 40 Innabilis P : I * * abilis V 41 luce correxi : lucem P : L * cis … luce opus habens scripsi : opi habens V : segetis lucem opi habens Goetz𝑉 42 Obstabat repugnabat P : Obstabit repugnabit V 43 Umentia V : Umenia P 45 Segregauit P : segregabo V 46 dicitur … perspicuum P : dicitur perspacu * * V : dicit spac * * * Goetz𝑉 fortasse caelum ad lemma pertinet cf. 81

194 Spissum Exemit Aceruus 50

55

Dissociata Conuexum Emicuit Arx Densior Elementa Circumfluus

Anhänge

grassum uel pingue. eduxit. congregatio lapidum uel cuiuscumque rei sed et congregatio manipulorum sic dicitur. disiuncta. decursum uel inclinatum. superius se extulit. summitas uel repugnacula seu domus. spissior. initia cuiuscumque rei uel litterae. qui circumfluit id est qui circumdat.

47 in met. 1.23 48–50 in met. 1.24 55–56 in met. 1.29 57 in met. 1.30

51 in met. 1.25

52 in met. 1.26

53–54 in met. 1.27

47–57 PV 49 cuiuscumque V : cuiusque P cf. 38 et 56 54 Arx … repugnacula P : arum sumitas uel repugnacul V : summitas uel repugnacit Goetz𝑉 dubitanter 56 Elementa P : Elimenta V 57 circumfluit P : circumfluet V

Anhang 1. Glossarium Ovidianum – Kritische Ausgabe

60

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Coercuit Congeriem Secuit For〈et〉 Glomerauit Freta Ambitae 〈Lacusque〉 Stagna Obliquum Partim Liberior

195

refrenauit. congregationem. secauit. esset. in similitudinem globi rotundam effecit. maria. circumdatae. et lacum unum. sed et stagna 〈a〉 stando dicta ubi aqua pigra est. deuexum decursum. diuisa per partes. largior.

58 in met. 1.31 59–60 in met. 1.33 61–62 in met. 1.35 63 in met. 1.36 65–66 in met. 1.38 67 in met. 1.39 68 in met. 1.40 69 in met. 1.41

64 in met. 1.37

62 Non. 36.18 , inplicare, coniungere : dictum a glomere. 64 Varro ling. 5.28 amnis id flumen quod circuit aliquod : nam ab ambitu amnis. ab hoc qui circum A[l]ter[u]num habitant, Amiternini appellati. ab eo qui populum candidatus circum it, ambit, et qui aliter facit, indagabili ex ambitu causam dicit. cf. Macr. Sat. 1.14.5; Non. 242.6. 66 Paul. Fest. 316 stagnum quidam dici putant, quod in eo aqua perpetuo stet. Ali quod is locus a Graecis στεγνὸς dicitur, quia bene contineat aquam; cf. Serv. in Aen. 1.126. 58–69 PV 58 Coercuit P : Cohercuit V 59 congregationem V : congregatione P 61 Foret scripsi : For * * P : foreum V esset P : esse V 62 Glomerauit V : glom * * * * * * P in … globi scripsi : in … gloui P : insini. uel globi V effecit P : efficit V 64 Ambitae circumdatae V : * * * * * *e circumdare P 65 lemma omittitur et … unum praebet tantum V 66 sed … dicta scripsi dubitanter : stagna stando dicta P : sed et stagnum stando dicta V 67 Oblig(u)um PV : oblicum Goetz𝑉 cf. 123 deuexum V : dexum P 69 Liberior V : Liuerior P

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80

Plaga Totidem Temperiem Imminet Onerosior Consistere Motura Obsisto Flam[m]ina Lanient Eurus Nabathea

Anhänge

quaelibet pars mundi ut oriens uel occasu〈s〉. alias tantas. temperamentum. desuper pendet. ponderosior. inesse. mouitura. resisto. uentorum flatus. lacerent. nomen uenti. regna orientalia.

70–71 in met. 1.48 72 in met. 1.51 73 in met. 1.52 74 in met. 1.53 75 in met. 1.54 76 in met. 1.55 77 in met. 1.58 78 in met. 1.59 79 in met. 1.60 80–81 in met. 1.61 70–81 P 70 occasu〈s〉 emendaui : occasu cod. 78 flam[m]ina correxi : flammina cod. 81 fortasse regna ad lemma pertinet cf. 46

Anhang 1. Glossarium Ovidianum – Kritische Ausgabe

85

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Iuga Occiduo Zephyrus Horrifer Pluuius Carentem Dis〈s〉aepserat Neu Orbus Sublimis Satus Uisere

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summitates montium. occidentali. favonius. horridus. pluuialis pluuio pluuialit〈er〉. non habentem. diuiserat. et ne. dicitur et qui lumen amittit et qui [eum quem] diligit. altus. seminatus. uisitare.

82 in met. 1.62 83 in met. 1.63 84 in met. 1.64 85 in met. 1.65 86 in met. 1.66 87 in met. 1.67 88 in met. 1.69 89–90 in met. 1.72 91 in met. 1.85 92 in met. 1.89 difficilius in 1.82 93 in met. 1.94 82 Isid. orig. 14.8.20 iuga autem montium ex eo appellata sunt quod propinquitate sui iungantur. 90 Paul. Fest. 183 orba est, quae patrem aut filios quasi lumen amisit; cf. Isid. orig. 10.200. 82–93 P 84 favonius scripsi : fabonius cod. 86 fortasse pluius et pluuio lemmata distincta sunt pluuialiter titubanter : pluuialit’ cod. : pluuiali Goetz

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105

Norant Praecipites Oppidum Inmunis Saucia Arbuteos fetus Haerentia Patula Nectaris Flauum Subiit Deterior

Anhänge

nouerant. decliuae inclinatae. ciuitas. sine munere. uulnerata. poma arbuti quam arbutum dicunt. pendentia. aperta. dulcedinis suauitatis. coloris aurei. ascendit. peior.

94 in met. 1.96 95–96 in met. 1.97 97 in met. 1.101 98 in met. 1.102 99 in met. 1.104 100 in met. 1.105 101 in met. 1.106 102 in met. 1.111 103 in met. 1.112 104 in met. 1.114 105 in met. 1.115 97 Isid. orig. 14.8.33 amoena loca Varro dicta ait eo quod solum amorem praestant et ad se amanda adliciant. Verrius Flaccus, quod sine munere sint nec quicquam his officia, quasi amunia, hoc est sine fructu, unde nullus fructus exsolvitur; cf. Non. 30.10 dicitur sine officio, sine munere. 101 Serv. in ecl. 1.1 patulum dicimus quod patet naturaliter, ut nares, arbor; patens vero est quod et aperitur et clauditur, ut ostium, oculi. 94–105 P 99 fetus scripsi : fetas cod. arbutum correxi : arbertum cod.

Anhang 1. Glossarium Ovidianum – Kritische Ausgabe

Fuluus

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Iuppiter Ustus Canduit Subi〈e〉re Frutices Obruta Promptior Nauit Nauita

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color est qualem harenam uidemus habere nam et aurum fului coloris est. Iouis. incensus. nunc ab igne caluit nunc splenduit. intrauere. breues uirgulae. cooperta. paratior. natauit. nauta.

106–107 in met. 1.115 108 in met. 1.116 109 in met. 1.119 110 in met. 1.120 111 in met. 1.121 112 in met. 1.122 113 in met. 1.124 114 in met. 1.126 116 in met. 1.133 112 Isid. orig. 17.6.4 frutex brevis est appellatus quod terram fronde tegat; cuius plurale nomen frutecta. 116 Isid. diff. 1.390 inter nautam et navitam. Navita poeticum est. Nam dictus est a nauta, sed causa metri a poetis una littera addita est. 106–116 P 111 subiere correxi : subire cod.

200

120

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Opifex Protinus Probus Probitas Praestolatur Potitur Graius Danaus Paelasgus Atrum Glaucus

Anhänge

artifex. ilico. bonus. bonitas. expectat. fruitur. Graecus. Graecus. Graecus. nigrum. uiridem.

117 fortasse in met. 79

126 Isid. orig. 10.15 atratus et albatus: ille a veste nigra, iste ab alba.

117–127 P 122 Potitur Goetz : Portitur cod. 123 graecus correxi : gregus cod. cf. 67 127 Glaucus cod. : Claucus Goetz

Anhang 1. Glossarium Ovidianum – Kritische Ausgabe

Iliades 130

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Graiugena Troiugena. Olympum Caerulea Dapes Dumus Dirus Faustus Garrit Garrula Hiat Hiare

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singulari numero Romulus intellegitur filius Iliae et est patronomicum plurali numero Iliades Troiani uel Troianae dicuntur ab alio oppido est autem nomen patriae. †extra is genitum id est Grecis†. Troiagena id est Troianus caelum nam et nomen montis est. nigra. diuitiae. silua spinosa. crudelis. felix. uerba cum stridore emittit. uerbosa clamosa. os aperit. os aperire.

128–130 in met. 13.781 133 Serv. in Aen. 4.268 Olympos quasi ὁλολαμπὴς dictus est : sive mons sit Macedoniae, qui dicitur esse diversorium deorum, sive caelum. 137 Paul. Fest. 69 dirus dei ira natus. 138 Non. 426.15 etenim faustum quasi a favendo dictum ac per hoc prosperum et propitium. 140 Isid. orig. 10.114 garrulus proprie dicitur, qui vulgo verbosus appellatur. 128–142 P 128 Iliades correxi : aliades cod. Dumos cod. fortasse recte

131 Graiugena emendaui : Graiugene cod.

136 Dumus correxi :

202

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Hiatus 〈C〉repa Flagrum Fraglat Flagrat Dehiscit Hiulcus Patulum Priscum Redolet Neue Rus

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aperitio oris uel terrae scissura. fissura parietis uel cuiusque rei. cuius diminutiuum est flegellum. olet. ardet. aperit. inanis apertus. patentem apertum. antiquum. bene olet. uel ne. ager campus.

143 Isid. orig. 14.9.3 hiatus praeruptio terrae profunda, quasi itus. 145 Isid. orig. 5.27.14 nam plagae, quasi flagae; sed plagae et flagra primae positionis sunt, flagella autem per diminutionem dicta. 146–147 Serv. in Aen. 1.436 quotiens incendium significatur, quod flatu alitur, per ‘l’ dicimus, quotiens odor, qui fracta specie maior est, per ‘r’ dicimus. 148 Serv. in Aen. 1.106 valde hiscens. ‘de’ enim augentis est, ut in Terentio deamo te Syre. 149 Dosith. gramm. 7.397.3 hiulcus qui hiat; cf. Char. gramm. 60.8. 151 Prisc. gramm. 3.468.12 primus… fac derivativum nomen … priscus. 154 Varro ling. 5.40 quod in agris quotquot annis rursum [rursum] facienda eadem, ut rursum capias fructus, appellata rura. 143–154 P 144 crepa scripsi, fortasse cripa : Ripa cod.

Anhang 1. Glossarium Ovidianum – Kritische Ausgabe

155

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Ruscula Deicola Christicola Caelicola Amnicola Fluuicola Terrigena Multifida

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rus colens. deum colens. Christum colens. caelum colens. amnem colens. fluuium colens. terr〈ae n〉atus. multis partibus fessa

158 Aug. civ. 10.1.53–55 ipsos deos non ob aliud appellant caelicolas, nisi quod caelum colant, non utique venerando, sed inhabitando, tamquam caeli quosdam colonos; cf. Isid. orig. 10.34 caelicola, eo quod caelum colat; est enim angelus; Eutych. gramm. 5.454.19. 161 brev. expos. Verg. georg. 2.31 ‘terrigena’ a ‘terra’ et ‘generando’; cf. Eutych. gramm. 5.454.19. 155–162 P 159 amnem correxi : amnen cod.

161 lacunam trium litterarum suppleui

Anhang 2. DIPLOMATISCHE TRANSKRIPTION DER GLOSSEN DER CODICES VATICANUS LATINUS 1471 UND PARISINUS LATINUS 7530 Codex Vaticanus Latinus 1471 f. 157 r. (columna altera) GLOSA

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Auxiliari. tuo rerum pater optimo ser * * * .ut parere. queam princip * * * imperii Almus. sanctus. siue ab alendoᵈⁱᶜᵗᵘˢ Arbiter. iudex. eo quod arbitrio suoᶜᵃᵘˢᵃˢ ᵈⁱʳⁱᵐᵃᵗ. Aeter. cęlum. quia nobis non uidetur. et igneum esse dicitur. Aethera. aer. notandum que aer. accusatiuo significatur etha facit. sicut ethera ethra. Arduus. altus. Artum. strictum Amoenum. delectabilem. Adfatim. habundanter. Alumnus. et qui alit et qui aletur. id est nu tritor. siue nutritus. Auceps. aues. capiens. Aerumna. miseria.

2 corruptae sunt duae uel tres litterae. 3 corruptae sunt duae uel tres litterae.

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Anhänge

f. 157 v. (utraque columna)

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Aequor. mare. siue campus ab ᵉ ᵘᵃˡⁱᵗᵃᵗᵉ ᵈⁱᶜᵗᵘᵐ Aktrax. crudelis: Amnis. fluᵘⁱᵘˢ Auidus. glutto. Aequitas iustitia. Agelasus dicitur qui numquam ridet Angor. tristitia Augur diuinus. dicto. eo quod auium garritus: id est uoces adten* * * Auia extra uiam Aeuum seculum Tellus dicta quia ex ea. fructus tollimus. Chaos permixtio elimentorum qualis mundi fuit tamquam per spe cies diuideretur. Rudis. Nouus. Indigesta inconposita. Moles magnitudo. Nec quicquam. nec aliquid Iners. piger. Congesta. coadunata uel proˣⁱᵐᵃ. Tintan sol. Phoebe. luna. Librata suspinsa. ex equaliᵖᵃʳᵗᵉ Aphitrites oceanum mare Margo. extremitas cuiuscumque ʳᵉⁱ Pontus. mare. I * * abilis. innatabilis qui nataʳᵉ ⁿᵒⁿ ᵖᵒᵗᵉˢᵗ. L * cis egens: lucem opi habens. quasi dixisset obscurus. Obstabit. repugnabit.

Umentia. humida. Diremit. separauit Secreuit. segregabo. diuisit. Liquidum. cęlum. subtile dicitur ᵖᵉʳˢᵖᵃᶜᵘ * * Spissum grassum uel pingue. Exemit. eduxit Aceruus. congregatio lapidum. uel cuiuscumque rei. sed et cgrega tio manipulorum. sic dicitur Dissociata. disiuncta Conuexum. decursum. uel inclinaᵗᵘᵐ Emicuit. superius se extu lit. arū sumitas uel repugnaculˢᵉᵘ ᵈᵒᵐᵘˢ Densior. spissior. Elimenta. initia. cuiuscumque rei.ᵘᵉˡ ˡⁱᵗᵗᵉʳᵉ. Circum. fluus. qui circum fluet id est qui circumdat. Cohercuit. refrenauit. Congeriem. congregationem Secuit. secauit Foreum. esse. Glomerauit insini. uel. globi rotundam efficit. Freta. maria. Ambite. circumdate. et la cum unum. sed et stagnum stando dicta ubi aqua pigra est Obligum. deuexum. de cursum Partim. diuisa. per par tes. liberior. largior.

Betrachtungen über die Graphie: 1. Verwechslung zwischen: i = e elimentorum 2. zahlreiche interlineare Korrekturen. 3. Trennfehler. 4. Maiuskel n innerhalb des Wortes (indigesta). 4 corruptae sunt duae litterae. 8 corruptae sunt tres litterae suprascriptae. 27 corruptae sunt duae litterae. 28 corrupta una tantum littera

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Anhang 2. Diplomatische Transkription der Glossen

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5. Worttrennung durch Interpunktion fast konstant. Codex Parisinus Latinus 7530 f. 302 v. INCIPIT GLOSE.

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Almus. sanctus sibe abolendo dictus; Arbiter. iudex eo quod arbitrio suo causas dirimat. Aether. cęlum. quia nobis non uidetur et igneus esse dicitur. Aethera aer. notandum quia aer accusatiuum singularem aera facit sicutaether aethera. Arduus altus. Artum strictum. Affatim abundanter; id est nutritor siue nutritus. Alamnus et qui alit et qui aleturAuceps aues capiens. Aerumna miseria. Equor mare siue capus ab equalitate dictum Atrox. crudelis. Ęquitas iustitia. Agelasus. dicitur qui numquam ridet. Angor. tristitia. Augur diuinus dictus eo quod auiumGarritus id est uoces adtendat. Auia extra uiam. Euum saeculum, Tellus terra dicta quia ex ea fructus tollimus. Chaos permistio elemen torum qualis mundi fuit antequam per species diuideretur. G C. rudis nouus. Indigesta. Incomposita. Molis magnitudo. Necquicquam nec aliquid Iners piger. Congesta adunata uel permixta. Titan sol. phoebe luna, Librata. suspensa ex equali parte. Amphitrites. oceanum. mare magnum extremitas unicuique rei. Pontus mare. Innabilis Innatabilis qui natare non potest. Lucis egens. Lucem opus habens quasi dixisset obscurus, Obstabat repugnabat. Umenia. humida. Diremit separauit secreuit. segregauit diuisit. Liquidum celum subtile dicitur et perspicuumSpissum. grassum. uel pingue. Exemit eduxit. Aceruus congregatio lapidum uel cuiusque rei. sed et congregatio manipulorum sic diciturDissociata. disiuncta. Conuexum decursum. uel inclinatum.-Emicuit superius se extulit. Arx summitas uel repugnacula seu domᵘs. Densior spissior. Elementa initia cuiuscumque rei uel litterae, Circumfluus qui circumfluit id est qui circundat. Coercuit refrenauit. Congeriem congregatione. Secuit secauit. For * * esset.f. 303 r.

5

* * * * * * auit in similitudinem gloui rotundam effecit. Freta maria. * * * * * * e circumdare stagna stando dicta ubi aqua pigra est. Obliguum dexum. decursum. Partim diuisa per partes. Liuerior, largiorPlaga qu.elibet pars mundi ut oriens uel occasu.- Totidem alias tantas. Temperiem temperamentum. Imminet desuper pendet. Onerosior. ponderosior. Consistere inesse. Motura. mouitura. Obsisto. resisto. Flammina uentorum flatus. Lanient. Lacerent. Eurus nomen uenti. Nabathea regna orientalia. Iuga. summitates montium. Occiduo occidentali. Zephyrus. fabonius. Horrifer horridus. Pluuius pluuialis, pluuio 25 corruptae sunt duae litterae suprascriptae. 1 corruptae sunt sex litterae. 2 corruptae sunt quinque uel sex litterae.

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35

Anhänge

pluuialit’. Carentem non habentem. Disepserat. diuiserat. Neu et ne.Orbus dicitur et qui lumen amittit et qui eum quem diligit. Sublimis altᵘs. Satus seminatus. Uisere uisitare. Norant nouerant, precipites decliue-inclinate. Oppidum. ciuitas. Inmunis sine munere.Saucia uulnerata. Arbuteos fetas. poma arbuti quam arbertum dicunt, Herentia pendentia. Patula. aperta. Nectaris. dulcedinis sua uitatis. Flauum coloris aurei. Subiit. ascendit. Deterior peior, Fuluus color est qualem harenam uidemus habere. nam et aurum fului coloris ᵉˢᵗIuppiter, Iouis. Ustus. Incensus. Canduit nunc ab igne caluit. nunc splenduit Subire. Intrauere. Frutices breues uirgulę. Obruta. cooperta Promptior paratior. Nauit. natauit. Nauita. nauta. Opifex. artifex.Protinus. ilico. Probus bonus. Probitas. bonitas. Pręstolatur expectat.Portitur fruitur, Graius. gregus. Danaus. grecus. Paelasgus. graegᶜusAtrum nigrum. Glaucus uiridem. Iliades. singulari numero. romulus intellegitur. filius Iliae. et est patronomicum plurali numero. aliades. troiani uel troianę dicuntur. ab alio oppido. est autem nomen patrię. Graiugene extra is genitum id est grecis. Troiugena. Troiagena. id est Troianus. Olympum cęlum nam et nomen montis est. Cerula. nigra. Dapes. Diuitię dumos. silua spinosa. Dirus. crudelis. faustus. felix Garrit. uerba cum stridore emittit.Garrula. uerbosa. clamosa. Hiat. os aperit. Hiare. os aperireHiatus aperitio oris. uel terrae scissura. Ripa fissura parietis uel cuiusque rei. Flagrum. cuius diminutiuum est flegellum. Fraglat. olet. Flagrat. ardet dehiscit. †aperit. Hiulcus Inanis apertus. patulum. patentem apertumPriscum. antiquum. Redolet. bene olet. neue. uel. ne. Rus. ager campusRuscula. rus colens. Deicola. deum colens. Christicola. christum colens.Celicola. celum colens. Amnicola. amnen colens. Fluuicola. fluuium colens.Terrigena. terr * * * atus. Multifida. multis partibus fessa.Betrachtungen über die Graphie: 1. Verwechslung zwischen: o = a ab olendo ab alendo u = a alamnus alumnus t = r (ambire ambit〈a〉e) 2. Ligaturen: ri ti aber nicht immer (affatim) et (&) te sp æ 3. Zwei Arte von r; 4. Abkürzungen: uel ut l, (20; 23) per pro 36 corruptae sunt duae uel tres litterae.

Anhang 3. LISTE DER OVIDISCHEN ZITATE BEI DEN GRAMMATIKERN Die erste Spalte enthält den Namen des Autors, die zweite den Titel, die dritte die Angabe zum Band (die römischen Ziffern weisen auf Keils Ausgabe der Grammatici Latini, vol. I–VII + supplementum, die Großbuchstaben auf neuere Ausgaben hin, siehe unten die Legende), Seite und Zeile, die vierte das zitierte Werk, die fünfte das Zitat mit Teil des Kontexts. : B = Flavii Sosipatri Charisii artis grammaticae libri V, edidit C. Barwick, addenda et corrigenda collegit et adiecit F. Kühnert, Leipzig 1964². D = La grammatica dell’anonymus Bobiensis (GL I 533–565 Keil), edizione critica a cura di M. De Nonno con un’appendice carisiana, Roma 1982. G = anonymus de dubiis nominibus, cuius generis sint, denuo edidit F. Glorie, Turnhout 1968. J = Bedae Venerabilis opera didascalica, cura et studio C. W. Jones, Turnhout 1975. N = Victorini fragmentum de soloecismo et barbarismo, recensuit M. Niedermann, Neuchatel 1937. Y = ars Iuliani Toletani Episcopi. Una gramática latina de la España visigoda. Estudio y edición crítica por M. A. H. Maestre Yenes, Toledo 1973.

1

ars

ars de ortographia

de orthographia

de orthographia

institutiones grammaticae

institutio

glossae in Prisc.

Iulianus Toletanus

Agroecius

Beda

Albinus

Priscianus

Priscianus

anonymus

Die Stelle wird im Apparatus angegeben.

explanat. in artes Don.

[Sergius]

---

II

II

VII

J

VII

Y

IIII

---

149

256

301

24

115

191

565

---

11¹

16

25

424

18

14

2

siehe unten

epigr. 3 B.

fast.

fast.

fast.

fast.

met.

met.

epigr. 3 B.

et testis Ovidius in epigrammatis Larte ferox caeso Cossus opima tulit

[Ovidius fastorum inscripsit libros.]

fastus de superbia facit fastuum genetivum pluralem, fastus de libris facit fastorum

fastus, de superbia, facit fastuum genetiuo plurali, fastus, de libris, facit fastorum.

fastus de superbia facit genetivo plurali fastuum, fastus de libris facit fastorum.

unde et dictio, quae transformatione componitur, graece metamorphoseos dicitur sicut Ouidius scripsit libros quindecim uel Apuleius

nam dictio, quae transformatione componitur, metamorfoseos dicitur, quod Obidius [sic] scripsit libris XV uel Apuleius

210 Anhänge

2

de dubiis nominibus

de orthographia

ars Bobiensis²

de dubiis nominibus

Ars

explan. in artes Don.

de scans. heroici versus

de dubiis nominibus

anonymus

Beda

anonymus

anonymus

Iulianus Toletanus

[Sergius]

anon. Sangallensis

anonymus

G

VI

IIII

Y

G

D

J

G

G

770

638

524

200

815

29

56

817

769 epigr. 9 B.

epigr. 8 B.

210

19

10

142

838

15

am. 1.14.12

am. 1.2.39–40

am. 1.2.39–40

am. 1.2.40

?

epigr. 11 B.

1216 epigr. 11 B.

853

208

corticem […] sed nunc masculino genere dici debet, ut Ouidius ‘rupto cortice’

hic versus qui elegiacus dicitur, ut Ovidius ‘ ’

ut Ovidius: prior herous ‘ ’, pentameter ‘ ’

ut illud ‘ ’

vepres generis 〈masculini, et ‘hos vepres’ sed genere〉 feminino Ouidius ‘has vepres’

viscera (Ovidius singulariter: ‘viscere diviso’)

vepres et uerbera et uiscera non habent singularem declinationem nisi tantum uerbere et uiscere: Virgilius ‘Aen. 7.378’ et Ouidius, ‘viscere diviso’

vehes generis masculini, ut Ouidius: ‘innumerosque vehes’.

cristallum generis neutri, ut Ouidius: ‘currus cristallo lucidus albo’.

Es geht um die so genannten ex Charisii arte grammatica excerpta. Dazu siehe De Nonno 1982, S. XIII–XXXV.

de dubiis nominibus

anonymus

Anhang 3. Liste der Ovidischen Zitate bei den Grammatikern

211

3

ars grammatica

ars de verbo

de orthographia

ars de metris Horatianis

de versibus

ars grammatica

institutiones grammaticae

ars grammatica

ars grammatica

Charisius

Eutyches

Beda

Atilius Fortunatianus

anon. Bobiensis

Charisius

Priscianus

Charisius

Charisius

B

B

II

B

VI

VI

J

V

B

VI

92

131

333

132

624

291

35

473

91

640

1

28

15

19

13

20

707

5

28

8

ars 2.653

ars 2.375

ars 2.300

ars 2.300

ars 1.295–296

ars 1.295–296

ars 1.249

ars 1.249

ars 1.249

ars 1.8

item ‘ ’

leaena dicitur, non lea; sed Ovidius ait ‘ ’³

Seneca Ovidium sequens ‘ ’

gausapa Ovidius neutraliter dixit ‘ ’

est ergo exemplum huiusce versus tale, ‘ ’ qui versus heroo subiungitur sic ‘ ’

subiungitur autem [scil. heroum et pentameter] sic ‘ ’

mendum neutraliter […]; sed Ouidius feminine ‘nocte latent mendae’

Ovidius artis amatoriae libro I ‘ ’

mendum neutraliter […]; sed Ovidius feminine ‘nocte latent mendae’

huius exemplum ‘ ’

Vgl. Serv. comm. in Don. IIII.432.13 zitiert unter met. 4.102 und § II.1.2., S. 35. Zur Namenverderbnis (Oboedius im GL-Apparatus) siehe § IV.4.2., S. 152.

de pentametro

anon. Sangallensis

212 Anhänge

4

de orthographia

ars grammatica

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

Beda

Diomedes

Priscianus

Priscianus

Priscianus

Priscianus

II

II

II

II

I

J

V

317

343

157

331

381

35

473

4

11

8

4

29

708

7

fast. 2.56

fast. 2.55–56⁴

fast. 2.55–56

fast. 1.521

fast. 1.339

ars 2.653

ars 2.653

Ovidius in II fastorum: ‘ ’

Ovidius in II fastorum: ‘ ’

Ovidius in II fastorum: ‘ ’

Ovidius in I fastorum: ‘ ’

nec quisquam esse lacrimor credat, quamvis Ovidius dixerit ‘ ’

item ‘ ’

idem eiusdem libro: ‘ ’

II.342–343 quaeritur, an, cum ‘hic’ et ‘haec’ et ‘hoc hospes’ et ‘sospes’ dicatur, […] possit ‘ab hoc sospite’ et ‘sospiti’ dici, quod adhuc apud nullum legi, sed ‘ab hospite’ et ‘sospite’? […] et fortassis quia haec sola in ‘es’ terminantium etiam in a faciunt feminina, evitaverunt communium aliorum regulam ablativi, vel quod in heroico stare metro non possit nisi in e terminans eorum ablativus. quod autem etiam in a desinunt supra dicta nomina, usus confirmat. […] Ovidius in II fastorum: Principio mensis Phrygiae contermina matris / Hospita delubris dicitur aucta novis.

II.317 similiter ‘haec sospes’ et ‘sospita’ prolatum est ab auctoribus. Ovidius in II fastorum: Sospita delubris dicitur aucta novis.

II.157 Frequenter tamen haec duo in genere feminino a terminant auctores, […] Ovidius in II fastorum Principio mensis Phrygiae contermina matris / Sospita delubris dicitur aucta novis

Der Vers 2.56 wird als Beispiel von Priscianus an drei Stellen angegeben, aber anders zitiert:

ars de verbo

Eutyches

Anhang 3. Liste der Ovidischen Zitate bei den Grammatikern

213

institutiones grammaticae

de dubiis nominibus ars de verbo

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

partitiones

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

Priscianus

anonymus

Priscianus

Priscianus

Priscianus

Priscianus

Priscianus

Priscianus

Priscianus

Eutyches

institutiones grammaticae

Priscianus

II

II

III

II

II

II

II

V

G

II

II

365

541

463

544

530

398

96

480

776

559

475

4

10

36

1

28

24

19

33

301

5

4

fast. 4.888

fast. 4.805

fast. 4.583–584

fast. 4.583–584

fast. 4.583–584

fast. 4.583–584

fast. 4.391

fast. 4.151–152

fast. 3.140

fast. 3.11

fast. 3.11–12

Ovidius in IIII fastorum: ‘ ’

idem in IIII fastorum: ‘ ’

adeo quoque aditus: Ovidius in fastis ‘ ’

Ovidius in IIII fastorum: ‘ ’

Ovidius in fastis: ‘ ’

Ovidius in IIII fastorum: ‘ ’

Ovidius tamen ‘saluber’ dixit et ‘celeber’ in IIII fastorum: […] ‘ ’

Ovidius fastorum libro IIII ‘ ’

fores generis feminini, ut illud: ‘ante tuas fores’

Ovidius in III fastorum ‘ ’

Ovidius in III fastorum ‘ ’

214 Anhänge

institutiones grammaticae

ars de verbo

institutiones grammaticae

ars de orthographia

de orthographia

institutiones grammaticae

de catholicis

artes grammaticae

ars de verbo

ars de verbo

Priscianus

Eutyches

Priscianus

Agroecius

Beda

Priscianus

[Probus]

Plotius Sacerdos

Eutyches

Eutyches

V

V

VI

IIII

II

J

VII

II

V

II

484

475

481

30

544

30

124

332

480

203

2

16

22

19

4

570

8

10

1

5

Ib. 503

Ib. 11–12

epist. 15.18

epist. 15.18

epist. 4.67

fast. 6.65–78

fast. 6.65–78

fast. 5.371

fast. 5.309–310

fast. 4.933–934

leto letas, Ovidius in Ibide ‘ ’

Ovidius in Ibide participium ponit, ‘ ’

this tertiae declinationis this vel dis facit genetivo, haec Atthis huius Atthis vel Atthidis; sic Ovidius.

Atthis Atthidis sic Ovidius

idem in heroidibus: ‘ ’

iuventa […] a qua Iunium mensem appellatum in libris fastorum legimus.

iuventa […] a qua Iunium mensem appellatum in libris fastorum legimus.

Ovidius in V fastorum: ‘ ’

Ovidius in V libro fastorum refert: ‘ ’

Ovidius in IIII fastorum: ‘ ’

Anhang 3. Liste der Ovidischen Zitate bei den Grammatikern

215

ars grammatica

de orthographia

ars

ars grammatica

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

ars grammatica

ars de verbo

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

Charisius

Beda

Iulianus Toletanus

Charisius

Priscianus

Priscianus

Diomedes

Eutyches

Priscianus

Priscianus

II

II

V

I

II

II

B

Y

J

B

251

161

479

436

547

570

82

212

11

114

8

3

1

29

6

9

6

261

106

10

met. 1.330–331

met. 1.330–331

met. 1.304

met. 1.64

met. 1.37

met. 1.37

met. 1.13–14

met. 1.1–3

medic. 39

medic. 39

Ovidius in I metamorphoseon: ‘positoque tricuspide telo / mulcet aquas’

Ovidius in I metamorphoseon: ‘positoque tricuspide telo / mulcet aquas’

Ovidius in libro I metamorphoseon ‘nat lupus inter oves’

Continuatio est rerum contexta dictio, ut ‘Scythiam septemque triones’

ut Ovidius in I metamorphoseon: ‘ ’

Ovidius in I metamorphoseon: ‘ ’

ut apud Ovidium ‘brachia longo margine’

Item Ouidius: ‘ ’

anguis cum sit masculini generis, dixerunt tamen et feminini Ouidius, Varro, et Acinius.

anguis cum sit masculini generis, dixerunt tamen et feminini, ut Tibullus […] et Ovidius ‘ ’

216 Anhänge

institutiones grammaticae

ars grammatica

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

ars grammatica

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

de dubiis nominibus

explan. in artes Don.

de dubiis nominibus

Priscianus

Diomedes

Priscianus

Priscianus

Priscianus

Diomedes

Priscianus

Priscianus

anonymus

[Sergius]

anonymus

G

IIII

G

II

II

I

II

II

II

I

II

767

494

818

156

316

451

64

67

64

389

66

184

26

877

16

16

13

8

4

4

25

20

met. 2.825

met. 2.716

met. 2.494

met. 2.415–416

met. 2.415

met. 2.107–109

met. 1.753

met. 1.683

met. 1.682–683

met. 1.639

met. 1.390

cancer morbus generis neutri, ut Ouidius: ‘ ’

legimus et feminino, ‘rapidissima miluus exit’

ursam antiqui non declinabant in masculino, […] sed masculine Ouidius : ‘ ’

Ovidius in II metamorphoseon de Callistone loquens: ‘ ’

Ovidius in II metamorphoseon: ‘miles erat Phoebes’

nimio cultu ‘ ’

in eodem ‘Inachides’, Ionis filius Epaphus, quae filia fuit Inachi: ‘ ’

Ovidius in I metamorphoseon: ‘sedit Atlantiades’

Ovidius in I metamorphoseon: ‘ ’

item inperfecto finitivo, veluti ‘ ’

Ovidius in I metamorphoseon: ‘ ’

Anhang 3. Liste der Ovidischen Zitate bei den Grammatikern

217

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

ars de verbo

ars grammatica

ars grammatica

institutiones grammaticae

de soloec. et barbar.

de ultimis syllabis

ars de verbo

ars de verbo

Priscianus

Priscianus

Eutyches

Charisius

Diomedes

Priscianus

Marius Victorinus

[Probus]

Eutyches

Eutyches

V

V

IIII

N

II

I

B

V

II

II

480

461

264

36

241

442

368

484

260

211

9

12

13

28

2

28

5

4

9

16

met. 3.234–235

met. 3.195

met. 3.79

met. 3.79

met. 3.79

met. 3.79

met. 3.79

met. 3.55

met. 3.29

met. 2.874

Ovidius metamorphoseon libro III ‘ ’

‘summasque cacuminat aures’ Ovidius metamorphoseon libro I

antithesis est litterae pro littera inmutatio, ut ‘ ’

[scil. fit barbarismus per litteras] ut cum dicimus « olli » pro « illi » et « impete uasto » pro « impetu »

Ovidius in III metamorphoseon: ‘Impete nunc vasto’

antithesis est litterae conmutatio, ut ‘ ’

antithesis est litterae pro littera inmutatio, ut ‘ ’ pro impeto

idem in III metamorphoseon libro ‘letataque corpora vidit’

similiter Ovidius in III metamorphoseon: ‘ ’

Ovidius in II metamorphoseon: ‘dextra cornum tenet’

218 Anhänge

institutiones grammaticae

glossae in Prisc.

ars grammatica

partitiones

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

in Don. artem maiorem

ars grammatica

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

Priscianus

anonymus

Charisius

Priscianus

Priscianus

Priscianus

Priscianus

Servius

Cledonius

Priscianus

Priscianus

II

II

V

IIII

II

II

II

III

B

---

II

477

472

41

432

269

220

222

505

172

---

366

19

16

10

12

14

1

13

11

12

---

14

met. 4.252–253

met. 4.243–244

met. 4.102

met. 4.102

met. 4.66

met. 4.15

met. 3.674–675

met. 3.674

met. 3.522

met. 3.349

met. 3.341

idem in IIII: ‘nectare corpus / delicuit’

Ovidius in IIII metamorphoseon: ‘ ’

sed et haec lea dicitur: Ovidius libro quarto Metamorphoseos ‘ ’

secundum Ovidium [scil. leaena] mobile est, qui dixit ‘ ’

Ovidius in IIII metamorphoseon: ‘domui communis utrique’

Ovidius in IIII metamorphoseon: ‘ ’

sicut frequenter Ovidius ponit, ut in III metamorphoseon: ‘panda… naris erat’

et Ovidius in tertio metamorphoseon ‘panda naris’

Ovidius ‘mille lacer spargere locis’

siehe unten

Ovidius quoque in III metamorphoseon ‘fide’ pro ‘fidei’ posuit: ‘ ’

Anhang 3. Liste der Ovidischen Zitate bei den Grammatikern

219

institutiones grammaticae

ars grammatica

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

ars grammatica

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

Priscianus

Charisius

Priscianus

Priscianus

Priscianus

Priscianus

Diomedes

Priscianus

Priscianus

Priscianus

Priscianus

II

II

II

II

I

II

II

II

II

B

II

506

477

274

222

319

231

211

348

254

102

491

21

16

15

17

14

4

18

14

3

9

9

met. 6.342

met. 6.291

met. 6.290

met. 6.141

met. 5.405–406

met. 5.400

met. 5.383

met. 5.120–121

met. 5.39

met. 4.494

met. 4.252–253

Ovidius in VI metamorphoseon: ‘ ’

Ovidius in VI metamorphoseon: ‘ ’

Ovidius in VI metamorphoseon: ‘ ’

idem in VI: ‘ ’

Ovidius autem vitiose hac re oleo, ‘ ’

Ovidius etiam hoc approbat, qui in V metamorphoseon de puella Proserpina narrans dicit:‘ ’

idem in V: ‘flexile cornum’

Ovidius in V metamorphoseon: ‘ ’

Ovidius in V metamorphoseon: ‘ ’

sed et neutro genere quidam dixerunt, ut Ovidius ‘ ’

Ovidius in IIII metamorphoseon: ‘ ’

220 Anhänge

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

partitiones

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

Priscianus

Priscianus

Priscianus

Priscianus

Priscianus

Priscianus

Priscianus

Priscianus

Priscianus

Priscianus

II

II

II

II

II

II

III

II

II

II

538

260

477

132

168

164

479

340

366

482

2

12

22

2

7

16

35

25

17

20

met. 7.531

met. 7.409

met. 7.381

met. 7.305

met. 7.243

met. 7.107

met. 6.562

met. 6.508

met. 6.506

met. 6.465–466

Ovidius in VII metamorphoseon: ‘ ’

idem in VII: ‘specus est tenebroso caecus hiatu’

idem in VII: ‘ ’

Ovidius in VII metamorphoseon: ‘ ’

Ovidius in VII metamorphoseon: ‘ ’

Ovidius in VII metamorphoseon: ‘ ’

sic enim Ovidius in sexto metamorphoseon:‘ ’

Ovidius in VI metamorphoseon: ‘ ’

idem in VI: ‘ ’

Ovidius in VI metamorphoseon: ‘ ’

Anhang 3. Liste der Ovidischen Zitate bei den Grammatikern

221

5

de dubiis nominibus

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

instituitiones grammaticae

institutiones grammaticae

ars grammatica

artes grammaticae

de catholicis

institutiones grammaticae

anonymus

Priscianus

Priscianus

Priscianus

Priscianus

Cledonius

Plotius Sacerdos

[Probus]

Priscianus

II

IIII

VI

V

II

II

II

II

G

II

Die Stelle wird im Apparatus angegeben.

institutiones grammaticae

Priscianus

151

30

481

38

362

353

128

290

796

152

4

17

21

22

13

6

6⁵

16

610

2

met. 10.95

met. 9.715

met. 9.715

met. 9.548–550

met. 9.298–299

met. 8.500

met. 8.476–477

met. 8.310

met. 8.237

met. 8.86–87

Ovidius: ‘ ’

thes productum Graecum inveni apud Ovidium

Thes graecum inveni, sed productum, apud Ovidium, Ianthes Ianthis vel Ianthidis.

Ovidius in nono Metamorphoseos ‘ ’

Ovidius in VIIII metamorphoseon: ‘ ’

Ovidius in VIII metamorphoseon: ‘ ’

Ab eo autem quod est pietas compositum dixit Ovidius et consanguineas compositum: ‘ ’

Ovidius in VIII metamorphoseon: ‘ ’

perdix generis feminini, ut 〈Ouidius〉 : ‘ ’

Ovidius metamorphoseon VIII: ‘ ’

222 Anhänge

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

de verbo

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

de verbo

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

Priscianus

Priscianus

Priscianus

Priscianus

Eutyches

Priscianus

Priscianus

Priscianus

Eutyches

Priscianus

Priscianus

II

II

V

II

II

II

V

II

II

II

II

289

277

483

289

541

472

469

260

52

10

233

1

3

22

3

8

5

14

14

6

9

15

met. 13.130

met. 13.130

met. 13.106

met. 12.363

met. 11.526

met. 11.473

met. 11.405

met. 11.235– 236

met. 10.531

met. 10.531

met. 10.95

Ovidius in XIII metamorphoseon: ‘ ’

Ovidius in XIII metamorphoseon: ‘ ’

Ovidius in metamorphoseon libro XIII: ‘ ’

idem in XII: ‘ ’

Ovidius in XI metamorphoseon: ‘ ’

Ovidius tamen ‘abstit’ pro ‘abstitit’ protulit in XI metamorphoseon: ‘ ’

et apud Ovidium in XI libro metamorphoseon ‘ ’

idem in XI: ‘ ’

Ovidius: ‘ ’

Ovidius in X metamorphoseon: ‘ ’

Ovidius nominativum protulit: ‘ ’

Anhang 3. Liste der Ovidischen Zitate bei den Grammatikern

223

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

institutiones grammaticae

de verbo

Priscianus

Priscianus

Priscianus

Priscianus

Priscianus

Priscianus

Priscianus

Priscianus

Priscianus

Eutyches

V

II

II

II

II

II

II

II

II

II

469

319

63

271

208

281

277

257

242

293

16

12

14

17

4

15

12

15

1

21

met. 15.596

met. 14.825– 826

met. 14.779– 781

met. 14.404– 405

met. 14.328– 329

met. 14.825– 826

met. 14.159

met. 14.146

met. 13.928

met. 13.660– 661

apud eundem in XV ‘ ’

profert et Ovidius in XIIII metamorphoseon: ‘ ’

Ovidius in XIIII metamorphoseon: ‘ ’

Ovidius in XIIII metamorphoseon: et Noctem […] Chaoque / convocat

Ovidius: ‘ ’

sic Ovidius in XIIII metamorphoseon: ‘ ’

Ovidius in XIIII metamorphoseon: ‘ ’

Ovidius in XIIII metamorphoseon: ‘ ’

Ovidius tamen nominativum ‘haec apis’ protulit in XIII metamorphoseon: ‘ ’

Ovidius posuit in XIII metamorphoseon: ‘ ’

224 Anhänge

institutiones grammaticae

de dubiis nominibus

institutiones grammaticae

ars de metris Horatianis

de dubiis nominibus

de dubiis nominibus

glossae in Prisc.

glossae in Prisc.

glossae in Prisc.

Priscianus

anonymus

Priscianus

Atilius Fortunatianus

anonymus

anonymus

anonymus

anonymus

anonymus

785

757

291

96

771

63

suppl. CLXXVIII

suppl. CLXXVI

suppl. CLXXVI

G

G

VI

II

G

II

met. 15.624– 625

trist. 5.7.49

trist. 1.1.2

rem. 704

24

12

9

epigr. 3 B.

ps.Ov. argum. in Aen. (Anth. 1.6.5)

met. 3.349

452 trist. 1.3.71

44

16

19

223 rem. 236

18

et testis est Ovidius sic dicens: ‘Larte ferox cesus cossus opima tulit’

Ovidius Naso: ‘Agnoscit Palinurum et ibi solatur elisam’

Ovidius in IIII metamorphoseon: ‘ ’

Lucifer generis masculini, ut Ouidius: ‘nitid〈issim〉us Lucifer’

bracas, non braces, ut 〈O〉uidius ‘laxisque bracis’

habet enim prima pars duos pedes […] secunda item similiter divisa: prima sic, ‘ ’ , secunda ‘ ’

Ovidius tamen ‘saluber’ dixit et ‘celeber’ […]: ‘Phoebe saluber ades’

cingula generis femini, ut Ouidius ‘ ’.

sic idem Ovidius in XV metamorphoseon: ‘ ’

Anhang 3. Liste der Ovidischen Zitate bei den Grammatikern

225

Anhang 4. OVID IN DEN CATALOGI BIBLIOTHECARUM ANTIQUI Die folgenden Daten stützen sich auf die Prüfung und Aufzählung der Einträge im catalogi bibliothecarum antiqui von Gustav Becker. Die Einträge des Index (S. 319) sind nachgeprüft und verarbeitet worden. 15. Sangallum = St. Gallen. saec. IX 315 Ouidius de amatoria arte. I. 316 Item ouidii metamorfoseon Sili et stacii uolumen I. 26. Ecclesia Ovetensis = Oviedo. 882 38 Vita Vergilii, Ovidii Nasonis, in libris Eneidarum et quędam sententie filosoforum. corpore uno. 32. Coenobium Bobiense = Bobbio. saec. X. 373–374 libros Ovidii Nasonis duos. 54. Bernadus. saec. XI¹ 11 Ouidius metamorphoseon. 12 Ouidius tristium. 13 Ouidius in amatoria. 56. Hamersleven saec. XI 29–30 Ovidio de Ponto in duobus volum. 31 glossas super eundem. 32 Ovidium epistolarum. 33 glossas eiusdem. 34–35 Ovidius de remediis, duos libros. 70. Ovidium de Licia. 57. Tegernsee saec. XI 4 libr. Ovidii. 14 libr. Ovidii metamorph. 15 libr. Ovidii de remedio et amore. 59. Coenobium S. Petri Carnotense Chartres. saec. XI 71 Ovidius.

1

Es geht wahrscheinlich um eine private Sammlung, vgl. „hi sunt libri quos Bernardus proprio sumptu conscribi fecit“ (Becker 1885, S. 138).

228

Anhänge

65. Frisinga = Freising saec. XI 3 Chunradus Ovidium. 68. Tullum Leucorum = Toul ante 1084 202 Ovidi vol. I. 208 Quattuor quaterniones Ouidii de amore. 73. Monasterium Weihenstephenese = Weihenstephan saec. XI 46 Ovidius meta. 74. Coenobium Blavibornense = Blaubauern 1085–1101 96 Ovidius fastorum et notulae eiusdem. 97 atque idem in epistolis. 98 idem de Ponto. 99 idemque sine titulo. 100 pariter de amore atque de amoris remediis. 77. Monasterium S. Bertini = St. Bertin saec. XII 195–197 Ovidii libri III. 79. Corbeia = Corbie saec. XII 231 Nasonis poetae liber. 82. Rotomagus = Rouen. 1111–1128 22 Ovidius metamorfoseon [sic]. 44 Ovidius de amatoria arte, sine titulo et de remedio de amoris liber de nuce. 94. Fabarensis ecclesia = Pfaffers. 1155 101 expositio Servii super bucolica, Lucanus, Oratius, Salustius, Saedulius et Ovidius de remediis simul ligati. 104 Ovidius epistolarum et Maximianus in uno volumine – 105 item Ovidius epistolarum et Statius Achilleidos in uno volumine. 95. Monasterium Pruviningense = Prüfing. 1158 171 Ovidius maior. 174 glose Salustii et odarum Ovidii simul. 103. Engelberg ante 1175 46 glosse super Ouidium. 106. Rotomagus = Rouen saec. XII 94–96 tres Ovidii. 113. Bibliotheca Wessofontana = Wassobrunn saec. XII 104 Ovidius epistolarum.

Ovid in den catalogi bibliothecarum antiqui

229

131 Penelope Ulixi. 115. Monasterium ad S. Petrum Salisburgi = St. Peter bei Salzburg saec. XII 6 Ovidius minor. 7 Ovidius epistolarum. 31 Ovidius de remedio amoris. 39 Ovidius de Amore et de remedio amoris et sine titulo et de Ponto in uno volumine. 117. Ecclesia Dunelmensis = Durham. saec. XII LIBRI ANGLICI 330 Ovidius magnus. 331 Ovidii epistolae. 332 Ovidius de Ponto. 333 Ovidius trist. cum Ovidio de Ponto. 334–335 Ovidius de amatoria arte duo. 336. Ovidius sine titulo. 337. Ovidius de remedio. 338. Ovidius in Ibin. 339. Ovidius de fastis. 366. Ovidius de Nuce. LIBRI GUARINI 518. Ovidius magnus. 122. Monasterium Murense = Muri seac. XII 128 Ovidius epistolarum. 127. Beccum = Bec. saec. XII 159 in uno volumine omnes libri Ovidi excepto magno et de fastis. item auctoris multi. 134. Monasterium Fossatense ca. a. 1200 25 Publius Ovidius Naso. 136. Corbeia = Corbie circa a. 1200 324 Eneidos. Ovidius fastorum.

Anhang 5. MITTELALTERLICHE ZEUGNISSE ÜBER OVIDS BIOGRAPHIE

Ambrosianus H 64 sup. in Ghisalberti 1946, S. 57–58.

Tandem ivit in exilium […] et tunc occupatus est a morte illic, et scripsit tunc unam epistolam uxori ut saltem ossa sua faceret trasferri Romam. Tamen non potuit. Quidam dicunt quod occulte ipsa et amici eius ferri fecere ossa invito Augusto.

Vaticanus Latinus 1479 in Nogara 1910, S. 430.

ultimo com uideret Ouidius se nullo modo ab exilio posse reuerti, fecit librum de vetula intitulatom, in quo mutationem sue vite ponit […] et ad ultimum ponit fidem suam tractans egregissime de incarnatione ihesu christi, et de passione, de resurrectione, et de assencione, et de vita beate marie virginis, et de assumptione eius in celum. Isti creatori et virgini similiter commendat se in fine […].

Barberinianus Latinus 26 in Nogara 1910, S. 423.

Quodam enim tempore romanorum iuuenum rogatu impulsus, composuit librum artis amatorie, in quo docuit iuuenes solum licitas amare puellas. Illi uero mox transgredientes non solum licitis uerum etiam illicitis abutebantur puellis. Hoc autem uidentes nobilissime romane matrone, indignatione commote, eum apud imperatorem accusauerunt. Imperator uero habens eum exosum tum hac de causa tum aliis pluribus de causis, quod concubuisse cum uxore sua dicebatur, et insuper eum facientem quoddam secretum uidit. Unde timens ne ab ipso propalaretur, eum in ponto insula omnibus malis circumdata in exilio relegauit […].

Vaticanus Latinus 1479 in Nogara 1910, S. 427.

Quadam die, pergens per palacium regis solus, uidit imperatorem cesarem abutentem puero. Cesar autem videns quod ipsum ouidius cognouerat, timuit ne ipsum reuelaret, et iamque propter uxorem suam habebat suspectum et ipsum habebat in odio propter librum de arte, quod quidam se propter artem suam suspendebant, alii se cremabant, alii in aquis precipitabant propter amorem illicitum […] verumptamen tribus supradictis causis missus fuit in exilium.

Hinweis: Die Graphie der mittelalterlichen Texte ist beibehalten worden.

232

Anhänge

Parisinus Latinus 7994 in Ghisalberti 1946, S. 46.

Contigit autem longo post Artem Amatoriam compositam, Artis Amatorie causa Ovidius ab Augusto dampnari et Artem Amatoriam a publico eici armario.

Parisinus Latinus 8207 in Ghisalberti 1946, S. 49–50.

Dum ad locum suo exilio destinatum ad Pontum s. insulam tenderet, hunc tractatum [scil. epistulas ex Ponto] composuit […] dicuntur cause quare in exilio fuerit positus: vel quia cum uxore imperatoris concubuit, vel quia opus amatorium composuit, vel, quod melius est, quia vidit Cesarem cum amasio suo ludere.

Reginensis Latinus 1559; Marcianus Latinus XII 57; Ambrosianus G 130 inf. in Ghisalberti 1946, S. 51¹.

Tercio loco fecit librum de Arte Amandi et quia docuit iuvenes esse adulteros et matronas impudicas Augusti Cesaris indignationi incurrit.

Laurentianus Pluteus 36.18 in Ghisalberti 1946, S. 56.

Post hec Ovidius occasione libri de Arte predicti, et quia imperator illum de uxore suspectum habuit, in Pontum relegatus est, libro Metamorphoseos non pleno correcto.

Ambrosianus H 64 sup. in Ghisalberti, S. 57.

Quartum librum de arte Amandi [scil. scripsit] propter quem devenit in exilium et in indignationem Augusti incurrit. Videbatur enim in illo libro, ab illis qui non intellexere eum, fecisse iuvenes adulteros et matronas impudicas, cuius contrarium apparet: detestatur luxuriam et amorem, et describit qualiter honeste amemus.

Neapolitanus V D 52 in Ghisalberti 1946, S. 58.

Quarto sciendum est quod fuit familiaris Augusti Cesaris qui postea condemnavit eum, ut quidam volunt, propter librum de Arte Amandi quem composuerat, vel quod concubuit cum uxore Augusti Cesaris, vel quia quadam die vidit ipsum Augustum quodam puero abutentem.

1

Die unterstrichenen Worte entsprechen dem Text von Arnulf von Orléans.

Anhang 5. Mittelalterliche Zeugnisse über Ovids Biographie

233

〈Accessus〉 Ovidii De Ponto codicum Clm. 19475 et Palatini Latini 242 in Huygens 1970, S. 35.

Dicitur et hunc librum [scil. ex Ponto] in Ponto insula Scithiae composuisse, quo missus erat in exilium ab Octaviano Cesare propter librum quem scripserat de amore, per quem corruptae fuerant romanae matronae vel, ut quidam volunt, quia cum uxore sua sive cum puero rem eum habuisse perceperat.

〈Accessus〉 Ovidii Tristium codicum Clm. 19475 et Palatini Latini 242 in Huygens 1970, S. 35–36.

Quaeritur autem cur missus sit in exilium. Unde tres dicuntur sententiae, prima quod concubuit cum uxore Cesaris Livia nomine, secunda quod sicut familiaris transiens eius porticum vidit eum cum amasio suo coeuntem, unde timens Cesar ne ab eo proderetur misit eum in exilium, tercia quia librum fecerat de Arte Amatoria, in quo iuvenes docuerat matronas decipiendo sibi allicere, et ideo offensis Romanis dicitur missus esse in exilium.

Accessus Ovidii Epistolarum codicis Clm. 19474 in Przychocki 1911, S. 84.

Ipse accusatus fuit apud Caesarem, quia scriptis suis Romanas matronas illicitos amores docuisset.

Laurentianus Pluteus 36.27 in Sedlmayer 1884, S. 147.

Scripsit libros Heroidum, de sine titulo, de arte, qua meruit exulare.

Laurentianus Pluteus sup. 91.23 in Ghisalberti 1946, S. 44.

Auctor iste Ovidius rogatu quorundam iuvenum romanorum impulsus scripsit librum artis amatorie in quo largitus est illis periciam decipiendi; qui non solum se licitis, verum etiam ab illicitis non abstinebant, utpote sanctis monialibus et viduis et coniugatis. Unde romane mulieres et religiosissime plurimum condolebant quod non poterant resistere illis, et inceperant cogitare quomodo possent ipsum Ovidium opprimere, et finxerunt quod ipse concuberet cum uxore Neronis. Quod pervenit ad iniquissimas aures Neronis, qui vero iniquissimus Nero non solum sontes damnabatur verum etiam insontes, et hunc Ovidium posuit in Ponto insula.

Anhang 6. METRISCHE ANALYSE DER FIKTIVEN VERSE Die echte lateinische Quantität ist bei den Worten angegeben, wenn und nur wenn sie sich von der Norm abweicht.

Legende: ˉ ˘ ×

longa brevis anceps schol. in Ib. 79

Excitat Allecto mentes ad iurgia, linguas ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘˘ ˉ ˉ Thesiphone, stimulăt ad turpia facta Megaera. ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˉ ˘˘ ˉ ˘ ˘ ˘ schol. in Ib. 255 Lac cervae praebendo s‿ ŭōs Dar‿ ēūs perimebat¹ ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘˘ ˉ ˘ Exemploque suo potuque peremptus eodem est. ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ˉ ˉ schol. in Ib. 257 (B) Bellerophon monstrum potuit superare Chimaeram, ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˘ Crus laesisse tamen dicitur ille suum. ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘˘ Omnia, ni fallor, pereunt bona, sed mala crescunt: ˉ ˘˘ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘˘ ˉ ˉ Huic sua, proh facinus!, poena fuit pietas. ˘˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘˘ ˉ Hic potuit monstrum, nequeo superare puellam: ˉ ˘ ˘ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ˉ ˘ Vincam quam poterat tutius ipse quidem. ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˘˘ ˉ ˘ ˘ ˘ 1

Es ist auch möglich: Lac cervae praebendō sŭōs Dar‿ ēūs perimebat, zu suos vgl. schol. in Ib. 313; ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ˉ ˉ ˘˘ ˉ ˘ zu Dar‿ ēŭs vgl. schol. in Ib. 315.

236

Anhänge

schol. in Ib. 257 (GCFD) Bellerophon monstrum potuit superare Chimaeram, ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˘ Crus laesisse tamen dicitur ipse suum. ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘˘ Omnia, ni fallor, pereunt bona, sed mala crescunt: ˉ ˘˘ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘˘ ˉ ˉ Huic sua, proh facinus!, poena fuit pietas. ˘˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘˘ ˉ Proh pudor et pietas, proh numina summa deorum! ˉ ˘ ˘ ˉ ˘˘ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ˉ ˘ Hanc iuvit facinŭs, huic nocuit pietas. ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘˘ ˉ Hic potuit monstrum, nequeo superare puellam: ˉ ˘ ˘ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ˉ ˘ Vincam quam poterat tutius ipse quidem. ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˘˘ ˉ ˘ ˘ ˘ schol. in Ib. 259 Femina nata malum est, peccati est femina origo, ˉ ˘ ˘ ˉ˘ ˘ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ˉ × Femina tota malum, res atra miserrima vilis. ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˉ˘ Noluerant fratres male consentire novercae, ˉ ˘˘ ˉ ˉ ˉ ˘˘ ˉ ˉ ˉ˘ ˘ ˉ Noluerantque torum nati incestare parentis. ˉ ˘˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ Illa repulsa dolens converso crimine in illos ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ Accusavit eos patri: pater incitus ira ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ Nec rectum inspiciens – neque enim rectum inspicit ira – ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˉ ˘˘ ˉ˘ Ipse pater, sed iam tunc non pater, eruit illis ˉ ˘ ˘ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘˘ ˉ ˉ Quod dederat lumen poenamque secutus eandem est. ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ˉ ˉ schol. in Ib. 269 Tempus erit, Polypheme, tuum quo lumen Ulixes, ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ Quod modo fronte gerĭs, hoc tibi surripiet. ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘˘

Anhang 6. Metrische Analyse der fiktiven Verse

schol. in Ib. 273 Saturnus, credens unum laesisse parentem, ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ Tres, non tantum unum, laeserat ille patres. ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˉ Non inpune tamen: nam parte est laesus eadem ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ˉ ˘ Poenamque a nato, quam dedit, ipse tulit. ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘˘ Peccat uterque malĕ, sed cum male peccet uterque, ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ˉ ˉ ˉ ˘˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ Hic peccat peius, qui prius ista facit. ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘˘ ˉ ˘ ˘ ˘ Credere vix ausim esse deos: me iudice nempe ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ Tam male qui peccat, nec deus est nec homo. ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘˘ ˉ ˘ ˘ ˘ schol. in Ib. 279 Noluit Hippolytus Phaedrae violare pudorem, ˉ ˘˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ Et quia noluerăt, habuit pro munere mortem. ˉ ˘˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ Sed qui recta facit quod in aeternum moriatur, ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˘ ˘ˉ ˘ Denegat Hippolytus, qui vitae bis reparatur. ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ schol. in Ib. 285 Vina probo, si pota modŏ, debentque probari, ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ˘ Si non pota modŏ, vina venena puto. ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˘ Nempe nimis potus se praecipitavit Ionus, ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ˉ ˘ Vinaque pota nimis causa fuere necis. ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ˉ ˘ ˘ ˉ schol. in Ib. 287 Ĭōnides uti cupiens pro coniuge nata – ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉˉ Vinum causa fuĭt – anguibus esca datur. ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˘

237

238

Anhänge

schol. in Ib. 293 Herculides cuidam genitalia membra recidit, ˉ ˘˘ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ Scissaque membra necis causa fuere sibi. ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˘ ˘ˉ ˘ ˘ × schol. in Ib. 295 (B a*b*CFD*) Oebaliden puerum quantum dilexit Apollo, ˘ ˘ ˉ ˘˘ ˉ ˉ ˉ ˉˉ ˘ ˘ ˉ × Tantum, sed frustra, Celinum Stratillus amavit. ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘˘ ˉ ˉˉ ˘ ˘ ˉ ˘ Non sic agna lupos, lupus ursos, ursa leones ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ˉ ˉ Ut puer ignarus studi i fugiebat amantem. ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ schol. in Ib. 295 (E) Oebalidem puerum quantum dilexit Apollo, ˘˘ ˉ ˘˘ ˉ ˉ ˉ ˉˉ ˘ ˘ ˉ × Tantum, sed frustra, Celinum Stratillus amavit. ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘˘ ˉ ˉˉ ˘ ˘ ˉ ˘ Non sic agna † fugit nec ursos aut † ursa leones ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ˉ ˉ Ut puer ignarus Veneris fugiebat amorem. ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ schol. in Ib. 297 O Brotea Brotea, quam vili es morte peremptus! ˉ ˘ ˘ˉ ˘ ˘ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ Femina te potuit, te superare virum. ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˘ schol. in Ib. 299 Antiochus captum victum suspendit Achaeum, ˉ ˘˘ ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˘ Undaque, ni credĭs, aurea testis adhuc. ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˉ ˘˘ ˉ ˘ ˘ ˉ schol. in Ib. 301 Argos hostilem circumdans undique Pyrrhus ˉ ˉ ˉ ˉˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ Oppressit miserum tegula missa manu. ˉ ˉ ˉ ˘˘ ˉ ˉ ˘˘ ˉ ˘ ˘ ˉ

Anhang 6. Metrische Analyse der fiktiven Verse

schol. in Ib. 305 Ha miseri pecudes, quis honor, quae gloria, si vos ˉ ˘˘ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˘˘ ˉ ˉ Turbaque nec minimă superastis virginem et unam. ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ schol. in Ib. 307 Fas leges natura pudor superantur amore, ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ Et solus cunctis imperat, at nihil huic. ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ Magnetem mater, sed non ut mater, amavit; ˉ ˉˉ ˉˉ ˉ ˉ ˉ ˉ˘ ˘ ˉ ˘ Caste equidem natum debet amare parens. ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˉ Noluit esse tamen Magnetes matris adulter ˉ ˘˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˉˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ Et vita, quoniam noluerat, caruit. ˉ ˉˉ ˘ ˘ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘˘ Huic vitam matĕr, et amans et mater, ademit, ˉˉ ˉˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˉ˘ ˘ ˉ ˘ Atque eadem vitae causa necisque fuit. ˉ ˘˘ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘˘ schol. in Ib. 309 Leucon occidit fratrem pro coniuge eumque ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ Coniunx et causă caedis utrisque fuit. ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘˘ schol. in Ib. 311 Ut cum defuncto maior moriatur amicus ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ Aeternum morem Sardanapalus habet. ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ˘ ˘ ˘ schol. in Ib. 313 Cambysen hominesque suos spoliare parantes² ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ˉ ˘ ˘ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ Ammonem interimit pulverulentus ager. ˉ ˉ ˉ ˘˘ ˉ ˉ ˘ ˘ˉ ˘ ˘ ˘ 2

Vgl. schol. in Ib. 255.

239

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Anhänge

schol. in Ib. 315 Sic tu dispereas, sicut periere, secundus ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ Quos multo Dar‿ ēŭs obruerat cinere.³ ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘˘ ˉ ˘ ˘ ˘ schol. in Ib. 317 A patria fugiens Neocles, quae prima malorum ˉ ˘ ˘ˉ ˘ ˘ˉ ˘˘ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ˉ ˘ Sunt duo, morte gravi frigore făme perit. ˉ ˘˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˘ schol. in Ib. 319 Hermias captŭs indutus tergore tauri ˉ ˉˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ Hostibus ipse suis ridiculosus erat. ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˘ schol. in Ib. 321 Incesti inpatiens, semper sectator honesti ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ Phereus coniunx coniugis ense perit. ˉ ˉˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘˘ schol. in Ib. 323 Therodomantiades, quamvis iniusta, suorum ˉ ˘ ˘ ˉ ˘˘ ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ˉ ˘ Victima dira fuit tunc non tamen ipse suorum. ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ˉ ˘ schol. in Ib. 325 Dives erat Mĭlo; fortis licet ipse fuisset, ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ˉ ˘ Contigit esse tamen pro tumulo pelagus. ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘˘ ˘ schol. in Ib. 327 Philacides cadit igne Iovis, qui spreverat ipsum, ˉ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ Ipsumque et cunctos spreverat ille deos. ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ˉ 3

Zu Dar‿ ēŭs vgl. schol. in Ib. 255.

Anhang 6. Metrische Analyse der fiktiven Verse

schol. in Ib. 329 Veste ciboque carens Lemnĕus, rex licet esset, ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˉˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ Qua peri it Neocles, hac quoque morte perit. ˉ ˘ ˘ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘˘ schol. in Ib. 331 Eurydamas tractus ter circum busta Thrasylli ˘ ˘ ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ Thrasyllo inmeritas praebuit inferias. ˉ ˉ ˉ ˘˘ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ˉ schol. in Ib. 335 Limone moritur, sed causa est mortis adulter: ˉ ˉ ˉ ˘˘ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ Altera causa fuit moechus et altera equus. ˉ ˘ ˘ ˘ ˘ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˘ schol. in Ib. 461 Suffocabat humo vivos Cassandrus idemque, ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ Et non inmerito, passus ab ipse suis. ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ˉ schol. in Ib. 351 Ancillam servumque suum Hy̆ permestra necavit, ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ Ancillam et servum propter adulterium. ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘˘ schol. in Ib. 363 Noluit esse suae natae pater ex patre moechus ˉ ˘˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘˘ ˉ ˘ ˘ ˘ Atque ideo natae crimine Serv‿ ĭŭs obit. ˉ ˘ ˘ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˘ schol. in Ib. 419 Cur puer Asterion crudelis? Ne fuge amantem, ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ˉ ˉ ˉˉ ˉ ˘ ˘˘ ˉ ˘ Ne fuge: non equidem est effugiendus amans. ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˘ ˘ˉ ˘ ˘ ˉ

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Anhänge

Crudeli puero nihil est crudelius unquam, ˉ ˉ ˉ ˘˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˉ ˘˘ ˉ ˉ Crudeli puero nil mihi peius obest. ˉ ˉ ˉ ˘˘ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˉ Sed iam nec puer es, puero nil mitius unquam, ˉ ˉ ˉ ˘˘ ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˉ ˘˘ ˉ ˉ Crudeli puero nil mihi peius obest. ˉ ˉ ˉ ˘˘ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ ˉ Vis verum dicam? Sis mitis, ne fuge amantem: ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˉ ˉˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ Ni fugeres, nil te mitius esse potest. ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘˘ ˉ ˘ ˘ ˉ schol. in Ib. 463 Naupolus, et quamvis patruus, perit ense nepotis ˘ ˘ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ˉ ˘˘ ˉ ˘ ˘ ˉ˘ Et voluit natŭs esse parente prior. ˉ ˘ ˘ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘˘ schol. in Ib. 465 Theodotus captus Phoebo dātur hostia, quamvis ˉ˘ ˘ ˉ ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘˘ ˉ ˉ Nequaquam sit homo victima grata deo. ˉ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˉ ˘ ˘ ˉ ˘ ˘ˉ

INDICES NAMEN- UND SACHREGISTER Abdera, 126, 139 accessus ad auctores Fachgebiete, 111 grammatikalische Art, 112 philosophische Art, 112 sieben περιστάσεις oder circumstantiae, 112 Typologien, 111, 112 Achaeus, 100 Achilles, 150 Adon, 98 Afrika, 66, 88, 159 Aiax, 98 Aigyptus, 137 Alton, E. H., 65 Ammonius, 112 André, J., 87 Anius, 98, 132 anonymus de dubiis nominibus, 66 Antenor, 108 Antigone, 104 Antiochus III, 100 Apollo, 43, 75, 98, 132, 152 ἀραί, 94, 95, 100, 131 Archilochos, 119–121 argumenta zu den auctores, 82, 83, 96 Arnulf von Orléans, siehe Arnulfus Aurelianensis Arnulfus Aurelianensis, 51 Arrigoni, G., 141 Aemilius Asper, 62 Astyanax, 98 Atalanta, 98, 141 Attis, 98 Attizismus, 62 Aurelius Augustinus Hipponensis, 112 C. Iulius Caesar Octavianus Augustus, 88–90, 116, 117, 128, 131, 134 Baschera, C., 19 Battaglia, S., 107 Beda, 53 Bellini, V., 81 Berlioz, J., 41

Bernhardy, G., 32 Berti, E., 58 Biographie, 99 biographische Papyri, 99 Boas, M., 69 Anicius Manlius Torquatus Severinus Boethius, 112 Botschuyver, H. J., 69 Boupalos, 120 Bursian, C., 28 Busiris, 126 Callimachus Apollonios, 93 διηγήσεις, 33, 36, 37, 84, 101, 125, 126, 128, 136 iambi, 99 ῏Ιβις, 93 Gattung, 94 Ovids Muster, 87, 91, 92 Umfang, 94 Versmaß, 94 Vogelname, 93 in Caecilius Minutianus Apuleius, 75 Cameron, A., 33, 38, 43, 101, 127, 130, 132, 136 Castiglioni, L., 40 Castor, 42 catalogi bibliothecarum antiqui, 19 Cavallo, G., 128 Ceyx, 98 Chiron, 75 Chrysippus, 102 Ciampi, A., 128 M. Tullius Cicero, 16, 17, 19, 37, 38, 61–63, 84, 102 Comparetti, D., 117 Conradus Hirsaugiensis, 113 Corvinus, siehe M. Valerius Messalla Messalinus Coulson, F. T., 51 Creon, 104 Crotopus, 98 Cruquius, J., 76

244 Crusius, O., 71 Curtius, E. R., 127 Cycneius, 98 D’Alessio, G., 36 Danaiden, 137, 146 Danaus, 138 defixio, 94 Demeter, 141, 143 Demodocus, 97 devotio, 96, 97 Dianisa, 42 Dickey, E., 63 Diels, H., 39 Diez, F., 49 digesta, 47 Diomedes, 98 Aelius Donatus, 19, 112, 133 Dörrie, H., 82 Ehwald, R., 124 Ellis, R., 71, 103 enarratio, 84 Ephesos, 126 Erdkunde, 65 Ernout, A., 15 Erygones, 39, 40 Estaço, A., siehe Statius, A. Eteokles, 126 Euphorio, 94, 95, 99, 101, 127, 128, 131 in Caecilius Minutianus Apuleius, 75 Eupolis, 98 Eurydice, 98 Eusebius, 114 Eutyches, 56, 64

Indices

Cn. Gellius, 61 Ghisalberti, F., 114, 122 Gigante, M., 59 Glauche, G., 65 Q. Glitius Felix, 84 γλῶσσα, 22 Glossar, 22, 23 Lemma, 46, 47 Schulgebrauch, 49 Textüberlieferung der metamorphoses, 47 Glossen Handschriften cum glossis, 19 im Text, 42 zu Homer, 50 Goetz, G., 44 Goldhill, S., 24 Gorgonen, 66 Flavius Gratianus, 106 Gregorius Magnus, 20 γρῖφος, 97, 98, 100, 102, 120, 130, 134, 148, 150 Grossardt, P., 142 Guillaumin, J.-Y., 41 Gumbrecht, H. U., 24

Sex. Pompeius Festus, 23 G. Valerius Flaccus, 61 Flavius Theodorus, 64 Flora, 42 Florileg, 67, 108, 109 florilegium Gallicum, 108, 110 Salemer Handschrift, 109, 110 L. Annaeus Florus, 39 Foerster, R., 29 Consult(i)us Fortunatianus, 112 fragmenta Vaticana, 47 Franz, R., 29 M. Cornelius Fronto, 61

Hecker, A., 23 Hecuba, 108 Heinsius, N., 28 Hephaistos, 78 Hera, 79 Hercules, 98 Hermes, 89 Hero, 41 Hesiodus, 99 Hexter, R., 53, 60 Hieronymus Stridonensis, 114 Hildericus, 66, 68 Hippomenes, 141 Hipponax, 120, 121 historiarum cognitio, 84 Holtz, L., 66, 134 Homerus, 99, 101 Q. Horatius Flaccus, 64, 67, 89, 102, 110 Hosius, C., 44 Housman, A. E., 90, 124 Hypermestra, 146 ὑπόμνημα, 15, 16, 36, 127, 130 ὑποθέσεις, 82, 83

Gallavotti, C., 125 C. Cornelius Gallus, 101, 128 Geffcken, J., 136

Iason, 79, 81 Ibis Person

Namen- und Sachregister

C. Ateius Capito, 91 C. Iulius Caesar Octavianus Augustus, 89 C. Iulius Hyginus, 89 Cornelius Fidus, 91 Corvinus, 89 fiktiver Feind, 90 M. Manilius, 90 Vogel, 89, 93, 100, 111, 118, 122 Eudocimus albus, 123 Geronticus eremita L., 123 Threskiornis Aethiopicus L., 123 Ikarios, 39, 40 Itri, 84 Iulia (maior), 116, 117 Iulia (minor), 116 Iulius Paris, 39 Iuno, 79–81 Jacques de Crucque, siehe Cruquius, J. Jocelyn, H. D., 72 Kelly, D., 113 klassische auctores in den Sprichwörtern, 103, 109 Kokalos, 126 Kommentar Bedeutung, 15 Entstehungskreis, 25, 145 Etymologie, 22, 34, 147, 151 Formeln alii, οἱ δέ, 37, 115, 136 Gestaltung, 17, 20 Indexierung, 38, 39 Lemma, 17, 18, 21, 39, 48, 50, 127, 129, 131, 133–135, 139, 147, 149, 151 Lemmatatext, 135 perpetuus commentarius, 46 Verweiszeichen, 16 Kompilation, 23, 41, 47, 76 Koroibos, 126 Kybele, 140, 141 La Penna, A., 90, 103, 130, 137, 144 Laius, 104 Laurentius Amalfitanus, 67, 68 Leander, 41, 98 λῆμμα, 16 Lemnos, 80 lex Hecker, 23 lex Lindsay, 46 Libanius, 60 Limone, 125, 126, 142, 147

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Linus, 126 Liparis, 126, 152 Livia Drusilla, 116, 117 T. Livius Patavinus Todestag, 74 Lobel, E., 20 M. Annaeus Lucanus, 27, 64, 65, 110 C. Lucilius, 102 L. Aurelius Verus, 61 Lycaon, 98 Lykambes, 119, 120 Lynceus, 42, 139, 146 Lytta vesicatoria L., 149 Maas, P., 15 Macareus, 98 Aemilius Macer Veronensis, 69 Magnus, H., 29 Mai, A., 70 Manegold Lautenbacensis, 52 Manegold von Lautenbach, siehe Manegold Lautenbacensis Manganelli, G., 24 M. Aurelius Antoninus, 61 Marsia, 98 M. Valerius Martialis, 19 Marus, 104 Masselli, G. M., 95 Mavortius, siehe Vettius Agorius Basilius Mavortius Magnus Maximus, 106 McNamee, K., 18, 20 Medea, 79, 81 Meillet, A., 15 Melanippus, 98 Meleagros, 141, 142 Mercurius, 89 Merkel, R., 71 M. Valerius Messalla Messalinus, 73, 74 Minerva, 126 Minos, 98, 126 Modoinus, 107 Moiro, 94 Iulius Montanus, 32 Monte Cassino, 44, 45, 48, 66–68 Mosaicarum et Romanarum legum collatio, 47 Muncker, T., 28 Munk Olsen, B., 19, 52 mythographus Laurentianus, 40 Narcissus, 84 narrationes aktuelle Struktur, 36

246 Datierung, 33 ursprüngliche Struktur, 39 Zuschreibung an Lactantius, 34, 43 Neckam, A., 41 Neobules, 119 Nogara, B., 44 Nonius Marcellus, 46 Ocyroe, 75 Oedipus, 97, 104 Olympias, 149 ὀνόματα βαρβαρικά, 94 Orestes, 98 Orpheus, 98 Osann, F., 69 Otis, B., 30 Ovidianus poeta, 84 P. Ovidius Naso accessus auctor, 114 intentio, 119 materia, 122 Ovids tria nomina, 123 titulus, 121 utilitas, 121 Anekdoten, 117 Eingangsdisticha, 82, 83 exilium, 115, 119 Grab, 114 Grabmal, 72 Ibis Rostagnis Theorie, 100, 124 Wilamowitz’ Theorie, 101 in den graffiti, 59, 60, 84 in den Sprichwörtern, 109, 110 in der Schule Flavierzeit, 61 frühe Kaiserzeit, 58–61 Frühmittelalter, 66–69 Klassizistische Reaktion, 61 Schulanthologie, 67, 108, 113 Spätantike, 65 Sprachmuster, 53 Tendenzwende, 61, 62 Wiedereinschluss, 64 in Literaturdigressionen, 60 relegatio, 28, 74, 87, 88, 114–116, 119 Ursachen, 115 Todestag, 74 Übertritt zum Christentum, 114 Ps.Ovidius appendix Ovidiana, 105 de vetula, 105, 114

Indices

Pactolus, 100 Palinurus, 98 Parthenius, 101 Parzen, 142 Pasikles, 126 Pasquali, G., 31, 76 Paulus Diaconus, 23, 45, 66–68 Perillus, 98 periochae, 83, 112 Pfeiffer, R., 36 Phalaris, 98, 126 Philomela, 84 Phineus, 97 Phoebe, 42 Phoenix, 97 Plinius maior, 65 Pollux, 42 Polydorus, 98 Polymestor, 97, 98 Polynikes, 126 Polyphemos, 97 Polyphemus, 98 Polyxena, 108 Pomponius Mela, 65 Johannes Pontanus, 72 Priamus, 108 Priscianus, 25, 53, 56, 58, 64–67, 156 Proclus, 112 Procne, 84 Prometheus, 98 Psamathe, 98, 154 Ptolemaeus, 65 Püschel, U., 16, 24 Pyrrhus, 149 M. Fabius Quintilianus, 61 Raschke, R., 41 Regulus, 104 Remigius Autissiodorensis, 113 Remigius von Auxerre, 41, siehe Remigius Autissiodorensis Reynolds, L. D., 110 Rhodiginus, L., 69–73, 76, 81 Rhoio, 98 Ricchieri, L., siehe Rhodiginus, C. Roberts, C. H., 16, 20 Rostagni, A., 100 Salem, 109, 110 Salmakis, 154 Salvagnius, 89 Denis Salvaing de Boissieu, siehe Salvagnius

Namen- und Sachregister

Sandkühler, B., 125 Sardi, 100 Satyrus (Biograph), 99 Schanz, M., 44 Schmitzer, U., 27, 58 scholia Bobiensia, 17, 37, 129 scholia in Ibin, 147 Auslassung, 147 Autor, 133, 134 Autorname, 133, 143 Autoschediasmen, 148–150, 159, 162 christliche Sprachmerkmale, 124, 132 commentarius perpetuus, 127, 135, 145 Duktus, 145 Ehwalds Theorie, 124 Entfernung von Zitaten, 148 erfundene auctoritas, 159 Erkenntniswert, 137 exegetisches Material zu Kallimachos, 125 fiktive Verse Arion, 155 Battus (Batus, Bachus), 155 Callimachus, 155 Callitenes, 155 Clarus, 155 Democritus, 155 Ennius, 155 Eupolis, 155 Fanoxinus, 155 Gallus, 155 Lupercus, 155 Menephron, 155 Menephronus, 155 Neodes, 155 Propertius, 155 Tibullus, 155 Varro, 155 Gelehrsamkeit, 137, 139–142 heidnische Sprachmerkmale, 132 La Pennas Theorie, 125 Lemma, 127 Lemmatatext, 135 Metrik der fiktiven Verse, 161 Reduzierung, 147 Rostagnis Theorie, 124, 126 Schrift, 132 stemma codicum, 145, 148 stemma codicum, 144 Suspension, 125, 128, 139, 152, 153 Textausgabe der Ibis, 135 Titel, 132 Umfang, 133

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ursprüngliche Struktur, 146 Wilamowitz’ Theorie, 124, 127 Zeitalter, 131 scholia Veronensia, 18–20, 46, 145 Scholien Interlinear-, 39 Rand-, 39, 44 σχόλιον, 21 Schrift Beneventana, 44, 48, 66, 67 capitalis, 30, 45, 46, 132, 153 Kursive, 132 Minuskel Farfa-type, 67 Minuskel romanesca, 67 scriptio continua, 30 Unziale, 45 Schubart, W., 39 Scribonia, 117 Serranus, 104 Marius Servius Honoratus, 19, 20, 25, 36, 41, 49, 66, 112, 117, 133, 135 Servius auctus, 18, 25, 135 Ti. Catius Asconius Silius Italicus, 61, 65 Skeat, T. C., 16 P. Papinius Statius, 61, 62, 64, 83, 110 Statius, A., 70, 77 Strabo, 65 Suetonius, 27 L. Cornelius Sulla, 15 σύγγραμμα, 22, 28 tabellae defixionum, siehe defixio Tarrant, R. J., 31, 43 Telchinen, 39, 40, 137 Telegonos, 153 Telephus, 150 P. Terentius Afer, 98 Thanyras, 97 Thasus, 132 Flavius Theodosius, 106 Theudotos, 126, 152 Thibault, J. C., 28 Thyestes, 98 T. Claudius Nero, 60, 74, 90, 131 Tiberius Claudius Donatus, 151 Timpanaro, S., 32 Tiresias, 97 Tobins, M. D., 107 Tomsin, A., 62 Turner, E. G., 16 Tydeus, 98 Tyrrhener, 152

248

Indices

Übergang von der Rolle zum Codex, 16, 144 Ulixes, 98, 153 Ullmann, B. L., 108 van de Loo, T., 41 L. Varius Rufus, 45 M. Terentius Varro Reatinus, 23 M. Velleius Paterculus Literaturdigressionen, 60 Verdière, R., 91 P. Vergilius Maro, 65, 77, 83, 84, 99, 108–110, 117, 145, 158 Auslegung, 117 centones, 84 Ps.Vergilius

appendix Vergiliana, 67 M. Verrius Flaccus, 23 Vettius Agorius Basilius Mavortius, 84 Vibius Sequester, 29 Widmungsbrief, 65 von Albrecht, M., 55, 96 von Wilamowitz-Moellendorf, U., 124 Vulkan, 78, 79 Wegener, E. P., 20 Wezel, E. J., 61 Williams, G., 91 Wilson, N. G., 110 Zorzetti, N., 41

STELLENREGISTER accessus in Ovidii artem codicum Clm. 19474, 19475 et Palatini Latini 242, 96 epistulas codicis Clm. 19474, 233 epistulas ex Ponto codicis Clm. 19475, 233 epistulas ex Ponto codicis Palatini Latini 242, 233 Ibin codicis Ambrosiani H 64 sup., 118 Galeani 213, 115, 118, 119, 122, 123 Holkhamici (= Holkham) MS 322, 115, 119, 122, 123 Marciani XII 57 (= 4120), 118 Oxoniensis (= Corpus Christi College) MS 66, 96, 118, 119, 121–123 Parisini Latini 7994, 115, 118, 119, 121–123 Phillippici 1796, 118, 119, 123 Pisani bibliothecae sanctae Catharinae 37, 115, 118, 119, 122, 123 Vaticani Latini 1479, 118 metamorphoses codicis Monacensis Clm. 4610, 122 tristia codicis Clm. 19475, 233 Accius Philocteta frg. 525–536, 79 Aelianus

de natura animalium 10.29, 123 15.28, 93 Agroecius ars de orthographia 7.115.18, 210 7.124.8, 215 Albertino Mussato Cento ex P. Ovidii Nasonis libris V de tristibus ad filium 1–24, 85 Albertus Stadensis Troilus 6.141–148, 108 Albinus de orthographia 7.301.25, 210 anthologia Latina 1.1, 83 1.11, 83 236.7–8, 104 414, 158 806.1–3, 96 Apollinaris Sidonius carmina 23.158–161, 116 Apuleius de mundo 7, 90 Apuleius grammaticus de nota aspirationis frg. 5, 71 13, 73 39, 73 44, 71 argumenta duodecim librorum Thebaidos, 83 Aristoteles poetica

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1457 b 3–6, 22 1458 a 22–23, 22 1459 a 8–10, 22 rhetorica 1406 b 1, 22 Arnulfus Aurelianensis glossae in metamorphoses 1.10, 51 Arrianus Epicteti dissertationes 3.21.6, 21 ars Bobiensis 29.15, 211 Athenaeus deipnosophistae 9.45, 93 13.56, 149 Atilius Fortunatianus ars de metris Horatianis 6.291.16, 225 6.291.20, 212 Augustinus de civitate dei 10.1.53–55, 203 de genesi ad litteram imperfectus liber 466.7–8, 192 Ausonius parentalia 170.13–14, 158 180.1–4, 106 Beda de orthographia 11.106, 216 24.424, 210 30.570, 215 35.24, 55 35.707, 212 35.708, 213 56.1216, 211 brevis expositio in Vergilii georgica 2.31, 203 Brunetto Latini Tresor 1.160.7, 89 Caecilius Minutianus Apuleius de orthographia frg. 14, 77 frg. 18, 78 frg. 31, 75 frg. 40, 73 frg. 44, 77 frg. 46, 71 frg. 50, 73 frg. 51, 75 frg. 52, 75 Caelius Rhodiginus antiquarum lectionum commentarii 7.22, 73 Callimachus iambi 1.9, 36

249

Caper libelli de orthographia et de verbis dubiis 100.5–8, 77 Cassiodorus de orthographia 151.3–6, 77 expositio psalmorum 24.6, 34 institutiones divinarum litterarum 1.3.1, 20 1.11.3, 20 Charisius ars grammatica 82.6, 216 91.28, 55, 212 92.1, 212 102.9, 220 114.10, 216 131.28, 212 132.19, 212 172.12, 219 280.7–13, 62 368.5, 218 Cicero de oratore 1.187, 84 epistulae ad Atticum 16.17.3, 21 in Verrem orationes 2.2.42, 55 Cledonius ars grammatica 5.38.22, 222 5.41.10, 219 Conradus Hirsaugiensis dialogus super auctores 215–220, 113 Consult(i)us Fortunatianus ars rhetorica 2.1, 112 Dante Alighieri Purgatorio 21.94–99, 61 de catholicis 4.30.17, 222 4.30.19, 215 de dubiis nominibus 757.44, 225 767.184, 217 769.208, 211 770.210, 211 771.223, 225 776.301, 214 785.452, 225 796.610, 222 815.838, 211 817.853, 211 818.877, 217 de pentametro 6.640.8, 212 de scansione heroici versus 6.638.19, 211 de ultimis syllabis 4.264.13, 218 de versibus 6.624.13, 212

250 διηγήσεις in Callimachum 2.29–40, 139 3.25–33, 126 6.1–4, 36 7.19–24, 37 Dio Chrysostomus oratio 32.77–78, 142 Diogenes Laertius 7.181, 102 9.48.11, 23 Diomedes ars grammatica 1.319.14, 220 1.381.29, 213 1.389.25, 217 1.436.29, 216 1.442.28, 218 1.451.13, 217 Donatus vita Vergilii 6, 74 Dositheus ars grammatica 7.397.3, 202 epigramma in Callimachi opera codicis Parisini Graeci suppl. 1095 1, 92 1095 8–10, 92 epigrammata Graeca 1009, 84 Ermoldus Nigellus in honorem Hludowici 1.17–22, 69 Eutyches ars de verbo 5.461.12, 218 5.469.14, 223 5.469.16, 224 5.473.3–8, 55 5.473.5, 212 5.473.7, 213 5.475.16, 106, 215 5.479.1, 216 5.480.1, 215 5.480.33, 214 5.480.9, 218 5.483.22, 223 5.484.2, 106, 215 5.484.4, 218 explanationes in artem Donati 4.494.26, 217 4.524.10, 211 4.565.2, 210 Filippo Picinelli mundus symbolicus 4.36, 110

Indices

Folchinus de Borfonibus Cremonina 2.1009–1013, 119 Fulgentius mythologiae 1.7, 160 1.21, 66 Galenus in Hippocratis de medici officina librum commentarius 18.2.84, 21 Giovanni Boccaccio Esposizioni sopra la Commedia 4.122, 115 de mulieribus claris 17.6, 115 genealogiae deorum gentilium 7.2, 80 glossae in Priscianum CLXXVI.9, 225 CLXXVI.12, 225 CLXXVIII.24, 225 Haymo Halberstatensis expositio in epistulas s. Pauli 117.901 c, 35 hermeneumata Celtis 37–38, 63 Herrero-Llorente Diccionario de expresiones y frases latinas 32.78, 110 Hieronymus adversus Rufinum 1.16, 62 chronicon 158, 28 171, 28, 74 epistula Valerii ad Rufinum ne uxorem ducat 269, siehe Walter Map historia Augusta 16.5–7, siehe Spartianus Homerus Ilias 1.586–594, 78 1.591, 79 15.18–24, 78 18.393–399, 78 Odyssea 10.552–560, 105 12.69–72, 79 18.5–7, 134 24.351–352, 158 Horatius epistulae 2.1.69–71, 102 2.2.163, 108 saturae 1.4.9–10, 102 1.6.126, 76 Hosidius Geta Medea tragoedia 1–4, 81

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29–31, 81 Hyginus fabulae 171, 142 173, 142 174, 142 244, 142 Isidorus carmina 11, 66 differentiae 1.390, 199 1.498, 190 origines 1.30, 22 5.27, 202 5.38, 34 6.8, 22 10.15, 200 10.34, 203 10.114, 201 14.1.1, 192 14.8.2, 197 14.8.33, 198 14.9.3, 202 16.20.6, 39 17.6.4, 199 itinerarium Antonii Placentini 19.5, 48 Iulianus Toletanus ars 191.14, 210 200.142, 211 212.261, 216 Iulius Paulus iurisconsultus 4.5.11, 89, 115 Iunius Philargirius explanatio in bucolica Vergilii 3.104, 35 Iustinus epitoma historiarum Philippicarum Pompei Trogi 28.3.1–4, 149 Iuvenalis saturae 6.177, 42 Johannes Pontanus de aspiratione c. 17r, 73 c. 26r, 73 Lactantius institutiones 1.11.64, 35 Lucanus bellum civile 3.442, 43 Lucianus vita auctoris 23, 21 Marinus Proclus 27, 21

251

Marius Victorinus de soloecismo et barbarsmo 36.28, 218 Martialis epigrammata 10.5.3–5, 105 10.5.8–9, 104 10.5.10–12, 104 10.5.13, 104 10.5.15, 105 10.5.18, 105 11.82, 105 Mico Centulensis opus prosodiacum 394, 108 Mussato, siehe Albertino Mussato mythographi Vaticani 1.28, 42 1.76, 42 1.153, 43 2.51, 80 3.1.10, 43 3.6.28, 43 3.8.15, 43 suppl. BA 4, 42 narrationes fabularum Ovidianarum, siehe Ps. Lactantius narrationes fabularum Ovidianarum Nonius Marcellus de compendiosa doctrina 30.10, 198 36.18, 195 242.32, 191 426.15, 201 Orientius commonitorium 2.313–315, 107 Ovidius amores 1.5.18, 55 1.8.77, 59 1.9.1–2, 60 2.3.3–4, 157 2.18.27–27, 58 3.2.1, 60 3.9.35–36, 158 3.10.29, 157 3.11.35, 59 ars 1.117–118, 157 1.249, 55 1.285–286, 158 1.475–476, 59 2.653, 55 3.261, 55 3.781, 55

252

Indices

epistulae 2.41, 81 3.103, 102 4.17, 60 5.0/ᵃᵇ, 82 6.0/ᵃᵇ, 82 6.43–44, 81 9.0/ᵃᵇ, 82 10.0/ᵃᵇ, 82 11.0/ᵃᵇ, 82 12.0/ᵃᵇ, 82 12.89, 81 16.337–338, 49 20.207, 60 epistulae ex Ponto 1.7.27–30, 74 2.2.51–22, 74 2.2.79–82, 74 4.16.45–46, 57 fasti 5.709, 42 6.531–532, 102 Ibis 1–2, 87 9, 117 11–12, 106, 115 13, 118 13–14, 88 15–16, 119 16, 103, 107 17–20, 89 27, 115 29, 118 40, 118 51–52, 117 53–54, 119 55, 93, 120 55–57, 95 55–60, 92 57–60, 100 61–62, 117 62, 93, 106 83, 110 85, 91, 95 93–95, 117 113, 107 113–114, 105 117–118, 107 123–124, 104 125–126, 104 130, 118 139, 110 155–160, 106

161, 104 169, 110 169–172, 104 175, 105 183–184, 105, 106 195–196, 104 203–204, 108 221–222, 88 232, 88, 106 255–256, 150 259–260, 104 259–272, 97 273–274, 98 275–278, 98 299–300, 100 307–308, 149 335–336, 126 349–354, 91 371–372, 140 417, 134 417–418, 105 447–448, 120 448, 110 449–450, 94, 118 457–458, 140 459–460, 126 463–464, 98 465–466, 108, 152 467–468, 105, 139 480, 154 485–486, 105 498, 136 501–502, 88, 149 503, 106 551–552, 105 567–568, 153 589–594, 98 601–602, 141 639–640, 102 643, 118 metamorphoses 1.14, 46, 48 1.23, 46 1.69, 48 1.114, 48 1.117, 43 2.514–517, 40 2.516, 68 2.540, 68 2.642–643, 68 2.649–650, 68 2.676–679, 75 2.776, 40

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2.781, 40 4.462–463, 147 4.468, 68 5.546, 68 6.124, 75 7.45, 68 7.396–397, 81 8.241–243, 136 8.438–444, 141 10.686, 140 10.686–704, 140 10.694, 141 10.696, 140 13.313–314, 80 13.510, 108 13.771–773, 157 remedia amoris 417, 55 tristia 1.1.10, 85 1.1.24, 85 1.1.40, 85 1.1.49, 85 1.1.51, 85 1.1.121, 85 1.2.22, 85 1.3.19, 91 1.5.27, 85 1.6.13–14, 91 1.6.36, 85 1.7.1, 85 1.7.5, 85 1.7.6, 85 3.2.15, 85 3.2.16, 85 3.2.23, 85 3.2.24, 85 3.2.25, 85 3.2.26, 85 3.7.41, 85 3.7.42, 85 3.7.47, 85 3.7.48, 85 3.14.1–2, 90 3.14.37–38, 99 4.9.15–32, 87 4.10.43–44, 69 4.10.75–76, 91 4.10.121–132, 57 5.6.1, 85 5.8.1–4, 91 5.12.53–54, 99 Pacatus panegyricus 12.42, 106

253

Parthenius narrationes amatoriae 27, 94 Paulus Diaconus excerpta ex libris Pompeii Festi de significatione verborum 2, 191 7, 190 15, 190 69, 201 183, 197 316, 195 Paulus iurisconsultus, siehe Iulius Paulus iurisconsultus Petronius satyrica 135.8.15–17, 153 Petrus Pictaviensis panegyricus 50 A, 47 Philocorus Atthis fragmentum libri 5, 147 Photius bibliotheca 530 a 27–29, 149 Plinius maior naturalis historia 36.12, 120 Plinius minor epistulae 1.16.2, 102 Plutarchus Cicero 40, 102 de Iside et Osiride 23, 123 Priscianus institutiones grammaticae 2.10.9, 223 2.52.6, 223 2.63.14, 224 2.63.18, 225 2.64.4, 217 2.64.8, 217 2.66.20, 217 2.67.4, 217 2.96.19, 214, 225 2.128.6, 222 2.132.2, 221 2.149.11, 210 2.151.4, 222 2.152.2, 222 2.156.16, 217 2.157.8, 213 2.161.3, 216 2.164.16, 221 2.168.7, 221 2.203.5, 215 2.208.4, 224 2.211.16, 218 2.211.18, 220 2.220.1, 219 2.222.13, 219 2.222.17, 220 2.231.4, 220 2.233.15, 223

254

Indices

2.241.2, 218 2.242.1, 224 2.251.8, 216 2.254.3, 220 2.256.16, 210 2.257.15, 224 2.260.12, 221 2.260.14, 223 2.260.9, 218 2.269.14, 219 2.271.17, 224 2.274.15, 220 2.277.12, 224 2.277.3, 223 2.281.15, 224 2.289.1, 223 2.289.3, 223 2.290.16, 222 2.293.21, 224 2.316.16, 217 2.317.4, 213 2.319.12, 224 2.331.4, 213 2.332.10, 215 2.333.15, 212 2.340.25, 221 2.343.11, 213 2.348.14, 220 2.353.6, 222 2.362.13, 222 2.365.4, 214 2.366.14, 219 2.366.17, 221 2.398.24, 214 2.472.5, 223 2.472.16, 219 2.475.4, 214 2.477.16, 220 2.477.19, 219 2.477.22, 221 2.482.20, 221 2.491.9, 220 2.506.21, 220 2.530.28, 214 2.538.2, 221 2.541.8, 223 2.541.10, 214 2.544.1, 214 2.544.4, 215 2.547.6, 216 2.559.5, 214 2.570.9, 216 partitiones

3.463.36, 214 3.468.12, 202 3.479.35, 221 3.505.11, 219 Probus vita Persii 51–56, 59 Prudentius hamartigenia 401, 106 Ps. Aurelius Victor epitome 1.22–25, 116 Ps. Cato praefatio in disticha 2, 69 Ps. Homerus hymnus ad Apollinem 315–321, 78 Ps. Lactantius narrationes fabularum Ovidianarum 1.1, 34, 36, 38 1.3, 43 2.11, 75 2.2–3, 39 6.2, 42 scholia in Statii Thebaida 1.159–160, 191 1.711–712, 42 2.222, 138 3.191–193, 42 4.460, 43 6.290–291, 138 scholia in Statii Thebaida 1.61, 83 Ps. Ovidius nux 37–38, 105 132–133, 105 Ps. Primasius in ad Hebraeos divi Pauli epistulam 11, 35 Quintilianus institutio oratoria 1.1.35, 22 1.8.15, 22 10.1.98, 79 Rodericus Ximenius de Rada breuiarum historie catolice 9.18.35–41, 116 Rutilius Namatianus de reditu suo 1.517–518, 106 Sacerdos artes grammaticae 6.481.21, 222 6.481.22, 215 scholia in Aeschyli Prometeum vinctum 853a.16–23, 137 scholia in Aischinis Timarchum 1.182 365, 153 scholia in Euripidis

Stellenregister

Orestem 872, 137, 139 Troades 9, 147 scholia Basileensia in Germanici Aratea 91.19–22, 35 scholia in Homeri Iliadem 1.42, 137 1.97, 22 1.423, 22 2.125, 22 scholia in Horatii epodos 6.14, 120 scholia in Iuvenalis saturas 3.195, 48 scholia in Ovidii Ibin 54, 120, 121 55, 118, 120–122 79, 160, 161, 235 97, 132 178, 138, 139, 147, 148 255, 150, 161, 235 257, 161, 235, 236 259, 153, 158, 162, 236 269, 157, 161, 236 273, 158, 161, 237 279, 158, 161, 237 285, 161, 162, 237 287, 161, 162, 237 293, 157, 238 295, 157, 158, 162, 238 297, 238 299, 153, 161, 238 301, 158, 238 305, 161, 239 307, 149, 150, 157, 158, 161 309, 161, 239 311, 239 313, 239 315, 161, 240 317, 161, 240 319, 161, 240 321, 162, 240 323, 240 325, 161, 240 327, 240 329, 161, 241 331, 161, 241 335, 126, 241 351, 161, 241 363, 132, 161, 241 365, 145 417, 134 419, 162, 241 447, 120, 121 449, 118, 120, 121, 123, 124

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457, 140, 141, 148 459, 126, 142, 143 461, 241 463, 161, 242 465, 152, 161, 242 467, 132, 139 473, 151 477, 132 480, 154 498, 136 501, 149 567, 153 587, 158 599, 151 601, 141, 148 scholia codicis Ambrosiani P 43 sup. in Ovidii metamorphoses 7.366, 40 10.450–451, 40 S 32 sup. in Ovidii metamorphoses 7.366, 40 10.450–451, 40 scholia codicis Harley 2610 in Ovidii metamorphoses 2.514–517, 40 scholia in Statii Thebaida, siehe Ps. Lactantius scholia in Statii Thebaida scholia in Theocritum 14.294.2–6, 38 scholia Veronensia in Vergilii Aeneidem 3.691, 62 scholia codicis Leidensis Vossiani F 79 in Vergilii eclogas 4.62–63, 80 scholia Veronensia in Vergilii georgica 3.7, 145 Seneca philosophus de constantia sapientis 17, 91 epigramma 2.7–8, siehe anthologia Latina 236.7–8 Medea 1–2, 81 1026–1027, 158 Oedipus 656–657, 104 Phoenissae 94–98, 104 Seneca rhetor controversiae 10.4.25, 58 controversiarum excerpta 3.7, 58 Sergius, siehe explanationes in artem Donati Servius commentarius in Vergilii Aeneidem 1.106, 202 1.436, 202 4.268, 201 4.462, 64

256 5.409, 64 8.414, 80 commentarius in Vergilii eclogas 1.1, 198 3.20, 117 4.62, 80 6.62, 80 commentarius in Vergilii georgica 1.50, 191 2.7, 63 commentarius in artem Donati 4.432.10–13, 64 4.432.12, 219 Silius Italicus Punica 6.123–126, 104 Spartianus Hadrianus 16.5–7, 62 Statius silvae 5.3.146–158, 131 Suetonius Caligula 23, 116 Tiberius 70.2, 131 de grammaticis et rhetoribus 3.5, 70 16.3, 58 18, 16 20.1–2, 90 20.2–3, 90 de viris illustribus 1, 27 Suidas 227.1, 92 254, 83 Tacitus dialogus de oratoribus 12.6, 79 Tertullianus de praescriptione haereticorum 39.3–4, 79 Theodulfus epistulae 72.15, 107 Thucidydes historiae 1.112.5, 147 Valerius Flaccus Argonautica 2.82–91, 78 Varro Gallus Fundanius de admirandis 9, 55 de lingua latina 5.18–19, 190 5.28, 195 5.40, 202 6.11, 34 7.10, 23

Indices

7.34, 23 8.61, 191 Velius Longus de orthographia 69.18–24, 77 Velleius historiae Romanae 2.36, 60 2.112.2, 74 Vergilius Aeneis 1.613, 62 eclogae 2.63–65, 158 3.104–105, 35 Vibius de fluminibus, fontibus […] libellus 5–16, 65 Vincentius Bellovacensis speculum maius.historia naturalis 6.108 (= 106), 109 vita Ovidii codicis Ambrosiani G 130 inf., 232 H 64 sup., 118, 231, 232 codicis Barberiniani Latini 26, 231 codicis Laurentiani Plutei 36.18, 232 36.27, 233 sup. 91.23, 233 codicis Marciani Latini XII 57, 232 codicis Neapolitani V D 52, 232 codicis Parisini Latini 7994, 232 8207, 232 codicis Reginensis Latini 1559, 232 codicis Vaticani Latini 1479, 231 incunabuli Monacensis Rem. IV 103, 114 vulgata in metamorphoses 1.7, 52 Walter Map epistula Valerii ad Rufinum ne uxorem ducat 269, 79 Walther Lateinische Sprichwörter und Sentenzen des Mittelalters 1962, 110 8219, 110

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Inschriften

PAPYRI CLA 2.226, siehe P.Ryl. 3.477 CLA 3.288, siehe PSI 110 CLA 5.700, siehe P.Rein. inv. 2219 CLA 8.1221, siehe P.Heid. inv. L 4 CLA 10.1538, siehe P.Vindob. inv. L 110 P.Ant. 1.29, 84 s.n., 18, 46 P.Berol. inv. 5014, 49 inv. 9780, 38, 50 inv. 9782, 129 P.Brux. 2.22, 94, 95, 130 P.Heid. inv. L 4, 18 Lat. 12, 152 P.Iand. 5.90, 132 P.Lille inv. 82, 76 + 79, 78b, 78a, 131 P.Louvre inv. E 7733v + 7734v, 131 P.Mich. inv. 1447, 134 s.n., 135 P.Mil.Vogl. 18, 36, 125 P.Oslo. inv. 1662, 147 P.Oxy. 418, 37 1176, 99 1233 + 2081 (d) + 2166 (b), 135 1800 + 2081, 99

2080, 130 2170, 153 2258, 20, 38 2263, 37 2307, 135 2558, 127 2694, 131 3223, 128 3446, 130 3709, 140 4428, 130 P.Qaṣr Ibrîm 78–3–11/1, 128 P.Rain. 1.23, 19 P.Rein. inv. 2219, 18 P.Ryl. 3.477, 18 P.Sorb. inv. 2254, 94, 95, 130 P.Strasb. inv. 84, 16 P.Vindob. inv. G 29817, 19 inv. L 110, 18 P.Würzb. 1 (inv. 18), 18 PSI 110, 18 142, 157 1173, 37 1218, 153 1219, 37 1390, 95, 128

INSCHRIFTEN CIG 4770 a, 70 4770 b, 70 CIL 4.10595, 59 4.1436, 59 4.1520, 59, 84

4.1523, 59 4.1526, 59 4.1528, 59 4.1595, 60, 84 4.1893, 59 4.1895, 59 4.3149, 60

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Indices

4.4133, 60 6.10243.1, 74 6.32338.11, 74 6.638, 84

6.639, 84 10.6127, 84

HANDSCHRIFTEN Ambrosianus E 147 sup., 17 G 130 inf., 116, 232 G 34 sup., 77 H 64 sup., 116, 118, 231, 232 P 43 sup., 39, 40 S 32 sup., 39, 40 Archiv des Kantons Zürich A.G. 19 XII, 20 Archivio della Badia 150, 18 B, siehe Burgerbibliothek Bern 711 b₁, siehe Diez Berolinensis Santenianus 8 Barberinianus Latinus 26, 115, 116, 231 Berolinensis Latinus octavo 32, 48 Biblioteca Capitolare di Verona IV (4), 18 XL (38), 18, 46, 145 Bibliothèque municipale de Dijon Ms 497 (288), 118, 120, 123, 124, 132, 136, 139, 145, 149, 150, 154, 155, 161 Bibliothèque Municipale de Reims 432, 70 Bibliothèque Sainte-Geneviève Ms 1210, 118, 120, 121, 124, 132, 136, 138, 139, 141, 145, 146, 150, 152–154, 158 Blandinianus vetustissimus, 76 Burgerbibliothek Bern 165, 20 167, 20 172, 20 363, 31, 48, 52 711, 25, 118, 120, 123, 124, 131, 132, 134, 135, 138–141, 145, 146, 148–155, 158, 163 C, siehe Corpus Christi College MS 66

C₁, siehe Pisanus bibliothecae sanctae Catharinae 37 Casanatensis 1086, 45 Casinensis 299, 66 CLA 1.12, siehe Vaticanus Latinus 3226 CLA 3.296, siehe Laurentianus Pluteus 39.1 CLA 4.498, siehe Biblioteca Capitolare di Verona XL (38) CLA 1.28, siehe Vaticanus Latinus 5750 + Ambrosianus E 147 sup. CLA 1.30, siehe Vaticanus Latinus 5750 CLA 3.295, siehe Pandette CLA 3.374a, siehe Archivio della Badia 150 CLA 4.479, siehe Biblioteca Capitolare di Verona IV (4) CLA 7.984, siehe Sangallensis 1395 Clm. 4610, 52, 122 19474, 233 19475, 233 23708, 152 Concordiano 306, 81, 82 Corpus Christi College MS 66, 111, 113, 118–124, 131–133, 136, 138–141, 145, 146, 148–150, 152–155, 160, 161 D, siehe Bibliothèque municipale de Dijon Ms 497 (288) Diez Berolinensis Santenianus 1, 85 8, 119–121 E, siehe Phillippicus 124 F, siehe Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt am Main Ms. Barth. 110

Handschriften

G, siehe Galeanus 213 Galeanus 213 = Trinity College Cambridge O.7.7, 111, 113, 115, 117, 118, 120–124, 139–141, 143, 145, 151–155, 161 Guelferbytanus 13.11 Augusteus 4°, 45 H, siehe Holkham MS. 322 = British Library MS 49368 Harley 2610, 40 Holkham MS. 322 = British Library MS 49368, 111, 113, 115, 119, 121–123 Laurentianus Pluteus 36.18, 116, 232 36.27, 116, 233 39.1, 18 sup. 91.23, 115, 116, 233 Leidensis Latinus BPL 2, 79 Leidensis Vossianus Latinus VLF 79, 80 VLO 18, 90 VLO 3, 90 Lipsiensis Repositorium I 74, 31, 52 m₁, siehe Ambrosianus G 34 sup. m₃, siehe Marcianus Latinus XII 8 (= 4161) m₅, siehe Marcianus Latinus XII 85 (= 4169) m₁₀, siehe Clm. 23708 Marcianus Florentinus 225, 36 Marcianus Graecus Z. 454 (= 822), 37 Marcianus Latinus XII 8 (= 4161), 139, 142, 143, 147, 149, 152 XII 57 (= 4120), 116, 118, 232 XII 85 (= 4169), 77, 142, 143, 147 XIV 222 (= 4007), 51 Z. 497 (= 1811), 48, 67, 68 Neapolitanus IV F 3, 30, 31 V D 52, 116, 232 o₁, siehe Oxoniensis Bodleianus Auct. F 1 18 Oxoniensis Bodleianus Auct. F 1 18, 77

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P, siehe Phillippicus 1796 P₁, siehe Parisinus Latinus 7994 Palatinus Latinus 242, 233 Pandette (= Pisanus F), 18 Parisinus Graecus suppl. 1095, 92 Parisinus Latinus 7530, 44–48, 51, 52, 66, 189–203, 207 7929, 20 7994, 111, 113, 115, 116, 118, 119, 121–123, 232 8207, 115, 116, 232 12161, 129 12246, 31, 48, 52 17903, 108 Paterniacensis 439, 79 Phillippicus 124, 115, 132, 138, 146, 150, 155, 158, 160 1796, 111, 113, 118–121, 123–126, 128, 129, 132, 137–139, 141–143, 146–152, 154, 155, 163 Pisanus bibliothecae sanctae Catharinae 37, 111, 113, 115, 118–124, 138, 139, 141, 145–147, 152–154 Reginensis Latinus 1401, 108 1559, 116, 232 1801, 146, 147 Rhenaugiensis 73, 48 s₃, siehe Seminario Vescovile di Padova 36 Salemitanus IX.62, 109, 110 Sangallensis 1395, 18 Seminario Vescovile di Padova 36, 118–122 Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt am Main Ms. Barth. 110, 118–121, 123, 124, 132, 136, 138–141, 145, 146, 149, 150, 152–155, 161 Toletanus, 83 u, siehe Urbinas Latinus 347 UB Freiburg 380, 114

260 Urbinas Latinus 347, 77 v₈, siehe Reginensis Latinus 1801 Vallicellianus B 104, 70, 77 R 26, 69, 70, 77 Vaticanus Latinus

Indices

1471, 44–48, 51, 52, 189–195, 205, 206 1479, 114, 116, 118, 231 3226, 18, 31 5179, 68 5750, 17, 18, 129 Z, siehe Bibliothèque Sainte-Geneviève Ms 1210

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einzelschriften

Herausgegeben von Jan-Wilhelm Beck, Karl-Joachim Hölkeskamp und Martin Hose. Die Bände 1–8 sind in der Weidmannschen Verlagsbuchhandlung (Berlin) erschienen.

Franz Steiner Verlag

ISSN 0341–0064

72. Dirk Schlinkert Ordo senatoris und nobilitas Die Konstitution des Senatsadels in der Spätantike 1996. XI, 311 S., kt. ISBN 978-3-515-06975-5 73. Thomas Baier Werk und Wirkung Varros im Spiegel seiner Zeitgenossen von Cicero bis Ovid 1997. 208 S., kt. ISBN 978-3-515-07022-5 74. Sabine Föllinger Differenz und Gleichheit Das Geschlechterverhältnis in der Sicht griechischer Philosophen des 4. bis 1. Jahrhunderts v. Chr. 1996. 341 S., kt. ISBN 978-3-515-07011-9 75. Markus Asper Onomata allotria Zur Genese, Struktur und Funktion poetologischer Metaphern bei Kallimachos 1997. 291 S., kt. ISBN 978-3-515-07023-2 76. Marianne Wifstrand Schiebe Vergil und die Tradition von den römischen Urkönigen 1997. 194 S., kt. ISBN 978-3-515-07019-5 77. David Jones Emjoinder and Argument in Ovid’s Remedia Amoris 1997. 119 S., kt. ISBN 978-3-515-07078-2 78. Johannes Engels Funerum sepulcrorumque magnificentia Begräbnis- und Grabluxusgesetze in der griechisch-römischen Welt mit einigen Ausblicken auf Einschränkungen des funeralen und sepulkralen Luxus im Mittelalter und in der Neuzeit 1998. 272 S., kt. ISBN 978-3-515-07236-6 79. Vivienne J. Gray

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The Framing of Socrates The Literary Interpretation of Xenophon’s Memorabilia 1998. VI, 202 S., kt. ISBN 978-3-515-07313-4 Christian Pietsch Die Argonautika des Apollonios von Rhodos Untersuchungen zum Problem der einheitlichen Konzeption des Inhalts 1999. 307 S., kt. ISBN 978-3-515-07464-3 Ilja Leonard Pfeijffer First Person Futures in Pindar 1999. 105 S., kt. ISBN 978-3-515-07564-0 Odysseus Tsagarakis Studies in Odyssey 11 2000. 144 S., kt. ISBN 978-3-515-07463-6 Oliver Hellmann Die Schlachtszenen der Ilias Das Bild des Dichters vom Kampf in der Heroenzeit 2000. 218 S., kt. ISBN 978-3-515-07774-3 Peter Kruschwitz Carmina Saturnia Epigraphica Einleitung, Text und Kommentar zu den saturnischen Versinschriften 2002. 246 S. mit 23 Abb., kt. ISBN 978-3-515-07924-2 Markus Altmeyer Unzeitgemäßes Denken bei Sophokles 2001. 330 S., kt. ISBN 978-3-515-07963-1 Klaus Lange Euripides und Homer Untersuchungen zur Homernachwirkung in Elektra, Iphigenie im Taurerland, Helena, Orestes und Kyklops 2002. 302 S., kt. ISBN 978-3-515-07977-8 Douglas E. Gerber A commentary

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on Pindar Olympian 9 2002. 94 S., kt. ISBN 978-3-515-08092-7 Cornelius Motschmann Die Religionspolitik Marc Aurels 2002. 296 S., kt. ISBN 978-3-515-08166-5 Marie-Odile Goulet-Cazé Les Kynika du stoïcisme 2003. 198 S., kt. ISBN 978-3-515-08256-3 Florian Hurka Textkritische Studien zu Valerius Flaccus 2003. 147 S. und 2 Farbtaf., kt. ISBN 978-3-515-08384-3 Gunnar Seelentag Taten und Tugenden Traians Herrschaftsdarstellung im Principat 2004. 556 S., kt. ISBN 978-3-515-08539-7 Oliver Overwien Die Sprüche des Kynikers Diogenes in der griechischen und arabischen Überlieferung 2005. 500 S., kt. ISBN 978-3-515-08655-4 Doris Meyer Inszeniertes Lesevergnügen Das inschriftliche Epigramm und seine Rezeption bei Kallimachos 2005. XI, 335 S., kt. ISBN 978-3-515-08660-8 Elena Pallantza Der Troische Krieg in der nachhomerischen Literatur bis zum 5. Jahrhundert v. Chr. 2005. 349 S., kt. ISBN 978-3-515-08679-0 Marilena Amerise Il battesimo di Costantino il Grande Storia di una scomoda eredità 2005. 177 S., kt. ISBN 978-3-515-08721-6 Frank Bücher Verargumentierte Geschichte Exempla Romana im politischen Diskurs der späten römischen Republik 2006. 363 S., kt. ISBN 978-3-515-08870-1 Massimiliano Vitiello Il principe, il filosofo, il guerriero Lineamenti di pensiero politico nell’Italia

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ostrogota 2006. 284 S., kt. ISBN 978-3-515-08875-6 Angela Kühr Als Kadmos nach Boiotien kam polis und ethnos im Spiegel thebanischer Gründungsmythen 2006. 377 S., kt. ISBN 978-3-515-08984-5 Karin Haß Lucilius und der Beginn der Persönlichkeitsdichtung in Rom 2007. 260 S., kt. ISBN 978-3-515-09021-6 Rainer Friedrich Formular Economy in Homer The Poetics of the Breaches 2007. 159 S., kt. ISBN 978-3-515-09065-0 Altay Coşkun Bürgerrechtsentzug oder Fremdenausweisung? Studien zu den Rechten von Latinern und weiteren Fremden sowie zum Bürgerrechtswechsel in der Römischen Republik (5. bis frühes 1. Jahrhundert v. Chr.) 2009. 236 S., kt. ISBN 978-3-515-09303-3 Nina Otto Enargeia Untersuchung zur Charakteristik alexandrinischer Dichtung 2009. 254 S. mit 2 Abb., kt. ISBN 978-3-515-09335-4 Ferdinand Stürner Monologe bei Plautus Ein Beitrag zur Dramaturgie der hellenistisch-römischen Komödie 2011. 273 S., kt. ISBN 978-3-515-09850-2 Jochen Schultheiß Generationenbeziehungen in den Confessiones des Augustinus Theologie und literarische Form in der Spätantike 2011. 317 S., kt. ISBN 978-3-515-09721-5 Sabine Seelentag Der pseudovergilische Culex Text – Übersetzung – Kommentar 2011. 260 S., kt. ISBN 978-3-515-09895-3

Pierluigi Leone Gatti beleuchtet die Geschichte der philologischen Rezeption von Ovids Werk. Anhand von exegetischem Material (Scholien, Glossen und Zusammenfassungen) verfolgt er die Stellung Ovids und seiner Werke von der Antike bis ins Mittelalter. Die verschiedenen Sprachtendenzen und Präferenzen, die im Laufe der Zeit aufeinander folgten, und die Veränderungen im Buchformat bilden den Beobachtungsrahmen, aus dem heraus sich die Transformationen von Ovids Positionierung im literarischen und schulischen Kanon beschreiben las-

sen. Dadurch kann Gatti auch das missing link identifizieren, das sich in die Geschichte der römischen Kommentare eingeschrieben hat. Der Fokus der Erforschung liegt auf der Kommentierung der Metamorphosen und der Ibis und deren Rezeption im Mittelalter. So wird der Geschichte von Ovids Werken eine wichtige neue Facette hinzugefügt, außerdem erschließt der Autor unbeachtete Handschriften der Metamorphosen und entdeckte ein bisher unbekanntes Fragment der Medea.

www.steiner-verlag.de Franz Steiner Verlag

ISBN 978-3-515-10375-6