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German Pages 328 [330] Year 1974
ZOOLOGISCHE ABHANDLUNGEN
Herausgegeben vom STAATLICHEN
MUSEUM
FÜR T I E R K U N D E
IN
DRESDEN
In Kommission AKADEMISCHE VERLAGSGESELLSCHAFT
GEEST & PORTIG KG
DDR — 701 Leipzig, Goldschmidtstraße 28
Staatliches Museum für Tierkunde, 801 Dresden, Augustusstraße 2 Redakteur: Dipl.-Biol. RÜDIGER KRAUSE
ABHANDLUNGEN UND BERICHTE AUS DEM STAATLICHEN MUSEUM FÜR TIERKUNDE IN DRESDEN Hinweise für unsere Autoren Die Publikationen des Staatlichen Museums für Tierkunde Dresden dienen der Veröffentlichung von Arbeiten aus dem Museum und solchen, die Material des Museums behandeln bzw. über Materialien berichten, von denen Belegstücke in die Sammlung des Museums kommen. Die Arbeiten müssen musealzoologischen Inhalts sein (Taxonomie, Entwicklungslehre, Faunistik, Ökologie, Tiergeographie, Morphologie, Anatomie, Museumsgeschichte, Musealtechnik). Arbeiten, die diesen Voraussetzungen nicht oder nur teilweise entsprechen, können nur bedingt angenommen und zweitrangig veröffentlicht werden. Es werden nur Originalarbeiten veröffentlicht, die weder ganz noch teilweise anderwärts erschienen sind. Manuskripte können in deutscher, englischer und französischer Sprache eingereicht werden. Für Inhalt und sprachliche Gestaltung und Beachtung einer eventuellen Genehmigungspflicht durch Dritte sind die Autoren selbst verantwortlich. Eine redaktionelle Bearbeitung bleibt dem Herausgeber vorbehalten. Die Autoren erhalten 100 Sonderdrucke ihrer Arbeiten, bei Veröffentlichungen, die mehr als 200 Seiten umfassen, 50 Sonderdrucke. Diese Zahlen können aus tedinischen Gründen auch bei zwei oder mehr Autoren nicht erhöht werden. Honorare können nicht gezahlt werden. Der Eingang der Manuskripte wird bestätigt, über die Annahme wird nach Beratung im Redaktionskollegium entschieden und der Verfasser benachrichtigt. Manuskriptgestaltung Personennamen werden mit Großbuchstaben geschrieben (z. B. GANGLBAUER) bzw. wenn das nicht der Fall ist, einfach unterstrichen (Gangibauer). Beachte: GANGLBAUERsche Beschreibung (richtig), GANGLBAUERSCHE Beschreibung (falsch). Kursivsdirift wird durch wellige Unterstreichung gefordert und nur bei wissenschaftlichen Tiernamen verwendet. Doppelte Unterstreichungen werden für fetten Satz verwendet, S p e r r s a t z wird durch das Sperrungszeichen gekennzeichnet. | Kleinsatz wird durch eine senkrechte Wellenlinie am Rand der Seite vermerkt, [ die im gleichen Schriftsatz gesetzten Fußnoten werden durch fortlaufende | Numerierung mit hochgestellter Zahl gekennzeichnet.1 Der Herausgeber behält sich in jedem Falle die Entscheidung über die zu verwendende Setzart vor. Die Manuskripte sollen mit Schreibmaschine auf einseitig beschriebenem Papier mit fortlaufend numerierten Seiten eingereicht werden. Die Zeilen sollen IV2—2 Zeilenabstände voneinander entfernt sein. Die oft auf eingereichten Manuskripten vorhandenen Angaben: „Aus dem Institut für . . ." usw. werden grundsätzlich nicht veröffentlicht. Jede Veröffentlichung (außer den Arbeiten für Reichenbachia) muß eine kurze Zusammenfassung in 2 Sprachen enthalten, wobei zwischen Deutsch/Russisch, Deutsch/ Französisch und Deutsch/Englisch die Wahl gelassen wird. Das Literaturverzeichnis am Ende der Arbeit wird alphabetisch nach Autorenneimen, bei mehreren Arbeiten eines Autors chronologisch, geordnet. An den Schluß jeder Arbeit gehört die vollständige Adresse des Autors. 1 Sämtliche Korrekturen und Setzhinweise sind stets mit weichem Bleistift vorzunehmen.
Z O O L O G I S C H E ABHANDLUNGEN Herausgegeben vom
S T A A T L I C H E N MUSEUM FÜR T I E R K U N D E IN
DRESDEN
Band 32 1971-1973
Die Nummern 1 - 2 0 erschienen wie folgt: Nr. 1--6 Nr. 7--13 Nr. 14--20
am 28. 12. 1971 am 19. 12. 1973 am 28. 12. 1973
In Kommission AKADEMISCHE VERLAGSGESELLSCHAFT GEEST & PORTIG KG DDR - 701 Leipzig, Goldschmidtstraße 28
II
Inhalt:
Nr.
Seiten II-III III IV-V
Inhaltsverzeichnis Neue Namen Buchbesprechungen AMPHIBIA ENGELMANN, W.-E. und K. KABISCH : Das Serumproteinmuster von Bufo bufo (L.) und Bufo viridis Laurenti im Polyacrylamid-Gel. (Amphibia, Anura, Bufonidae). 1 Abb. OBST, F. J.: Die Mittelmeer-Erdkröte, Bufo bufo spinosus Daudin, neu f ü r Bulgarien. (Amphibia, Anura). 2 Abb.
(20)
313-315
(9)
149-153
(6)
69-73
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309-312
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203-247
(1)
1-4
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75-119
(10)
155-169
(13)
199-202
(17)
267-273
(16)
257-265
(5)
57-67
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275-307
(12)
175-198
(3)
17-41
(11)
171-174
REPTLLIA STEMMLER, O. : Die Eierschlange, Dasypeitis scabra (Linnaeus, 1758), eine weitere aethiopische Form in der marokkanischen Herpetofauna. (Reptiiia, Colubridae). 3 Fotos, 1 Karte. STEMMLER, O. : Beschreibung von zwei jungen hybriden Bachschildkröten: Clemmys caspica rioulata X Clemmys caspica caspica. (Reptiiia, Testudines). 3 Abb. AVES BAUMGART, W„ S. SIMEONOV, M. ZIMMERMANN, H. BÜNSCHE, P. BAUMGART und G. KÜHNAST: An Horsten des Uhus (Bubo bubo) in Bulgarien. I. Der Uhu im Iskerdurchbruch (Westbalkan). (Aves, Strigidae). 10 Fotos. ECK, S.: Ein Würger-Bastard im Elbtal bei Pirna. 1 Farbtafel und I Foto. ECK, S.: Intraspezifische Ausformungen im Flügel- und Schwanzbau bei Würger-Formenkreisen der Gattung Lanius. (Aves, Laniidae). (Mit einem Anhang über den Formenkreis der Nachtigall.) 15 Abb. ECK, S.: Katalog der ornithologischen Sammlung des Zoologischen Institutes der Karl-Marx-Universität Leipzig, übernommen vom Staatlichen Museum f ü r Tierkunde Dresden. I. Strigidae. 1 Abb. ECK, S.: Über palaearktische Waldohreulen, Asio otus. (Aoes, Strigidae). ECK, S. und A. FEILER: Buteo lagopus menzbieri bei Wolmirstedt? (Aoes, Accipitridae). 4 Abb. ECK, S. und B. GEIDEL: Die Flügel-Schwanz-Verhältnisse palaearktischer Wendehälse (Jynx torquillä). (Aoes, Picidae). 3 Abb. EMMRICH, R.: Zur Nahrung und Ernährungsbiologie des Sprossers (Luscinia luscinia L.). 1 Abb. EMMRICH, R.: Das Nahrungsspektrum der Dorngrasmücke (Sylvia communis Lath.) in einem Gebüsch-Biotop der Insel Hiddensee. (Aves, Sylviidae). (Ein Beitrag zur Kenntnis der Ernährungsbiologie von Singvögeln.) 22 Abb. KEVE, A.: Über einige taxonomische Fragen der Eichelhäher des Nahen Ostens. (Aves, Corvidae). 1 Karte. MAKATSCH, W.: Ornithologische Beobachtungen in Lappland. I I Fotos, 1 Karte. SCHMIDT, E.: Quantitative Daten des Haussperlings (Passer domesticus) aus ungarischen Schleiereulengewöllen. (Aves, Passerinae). 1 Karte.
III TYRNER, P. und Z. BÄRTA: Kleinsäuger als Nahrung der Schleiereule (Tyto alba, guttata Brehm) in Nordwestböhmen. 1 Foto. WIESNER, J „ S. KLAUS und F. VOGEL: Ein Beitrag zum Auerwildproblem im Elbsandsteingebirge. II. Tagesrhythmik und Verhalten während der „Hochbalz". (Aves, Tetraonidae). 3 Geländeskizzen, 23 Fig.
(2)
5-16
(8)
121-148
(15)
249—255
(4)
43-55
MAMMALIA HAENSEL, J . : Über die Saisonwanderung der Wasserfledermäuse, Myotis daubentoni (Leisl.), ausgehend vom Massenwinterquartier Rüdersdorf. (Mammalia, Chiroptera). l Karte. ROER, H. : Zur Lebensweise einiger Microchiropteren der Namibwüste. (Mammalia, Chiroptera). 7 Fotos, 2 Diagramme.
Neue Namen AVES Strigidae Otus scops obsti ssp. n., p. 158: ECK Corvidae Garrulus glandarius
susianae
ssp. n., p. 189: KEVE
III TYRNER, P. und Z. BÄRTA: Kleinsäuger als Nahrung der Schleiereule (Tyto alba, guttata Brehm) in Nordwestböhmen. 1 Foto. WIESNER, J „ S. KLAUS und F. VOGEL: Ein Beitrag zum Auerwildproblem im Elbsandsteingebirge. II. Tagesrhythmik und Verhalten während der „Hochbalz". (Aves, Tetraonidae). 3 Geländeskizzen, 23 Fig.
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MAMMALIA HAENSEL, J . : Über die Saisonwanderung der Wasserfledermäuse, Myotis daubentoni (Leisl.), ausgehend vom Massenwinterquartier Rüdersdorf. (Mammalia, Chiroptera). l Karte. ROER, H. : Zur Lebensweise einiger Microchiropteren der Namibwüste. (Mammalia, Chiroptera). 7 Fotos, 2 Diagramme.
Neue Namen AVES Strigidae Otus scops obsti ssp. n., p. 158: ECK Corvidae Garrulus glandarius
susianae
ssp. n., p. 189: KEVE
IV
Buchbesprechungen HARALD SIOLI (Herausgeber) : Ökologie und Lebensschutz in internationaler Sicht (Ecology and Bioprotection. International Conclusions). 548 Seiten, Leinen 132,- DM. Verlagshaus Rombach & Co. Freiburg, 1973. Umweltproblematik und Umweltschutz sind in unserer Zeit zu allgemein bekannten Begriffen geworden, welche (unter den entsprechenden gesellschaftlichen Bedingungen) teilweise bereits schon zu einer Entfremdung vom ursprünglichen Anliegen geführt haben, indem sie „zu eigensüchtigen Zielen" ausgenutzt werden. Auf der anderen Seite erkennen immer mehr Menschen die reale Situation der Biosphäre, sehen aber die Lösung der Probleme nur in der Behebung der äußerlich sichtbar werdenden Symptome mittels immer perfekter zu entwickelnder technischer Methoden. Indem diese beiden Aspekte voraussetzend genannt werden, fügt H. SIOLI, der Leiter der Abteilung Tropische Ökologie des Max-Planck-Institutes für Limnologie in Plön/Holstein (BRD), bekannt durch seine wissenschaftlichen Arbeiten zur ökologischen Erforschung der brasilianischen Amazonasregion, als Herausgeber einen umfangreichen Band zu dieser Problematik hinzu. Sein Ziel ist, an Hand der heute vorrangig zu lösenden umweltbedingten Fragenkomplexe „den Grundprinzipien nachzugehen, die zu dieser Situation geführt haben" und darauf aufbauend „Grenzen von Voraussagen abzustecken und einige unerläßliche Schutzmaßnahmen zu entwickeln". Im einführenden Kapitel betrachtet SIOLI die heutige Umweltkrise als Ergebnis der falschen Einstellung des Menschen zu seiner Umwelt, deren Eigengesetzlichkeiten man auf Grund der rapide zunehmenden menschlichen Machtmittel glaubte mehr und mehr vernachlässigen zu können. In den weiteren Kapiteln geben international kompetente Autoren globale Übersichten im obigen Sinne über: Veränderungen und gegenwärtige Situation der Schadstoffkonzentrationen in Atmosphäre und Boden, Veränderungen in der limnischen Biosphäre (Eutrophierung abgeschlossener Gewässer, Rolle der Ozeane als Endabnehmer der Abstoffe), Kontamination der Umwelt durch toxikologische Rückstände, Gesundheit des Menschen unter dem Gesichtspunkt der Anpassung an die veränderte Umwelt, Rolle der Erhaltung natürlicher Landschaften als Schutzgebiete in der Hochzivilisation, Probleme der landwirtschaftlichen Bodenintensivnutzung in Hinsicht auf die Aufrechterhaltung des Stoffkreislaufes und schließlich ein umfassendes und daher etwas summarisches Kapitel über die ökologischen Prinzipien des Schutzes und der Erhaltung der natürlichen Tierwelt. Eine Reihe weiterer Kapitel befassen sich mit theoretisch-ökologischen Problemen der Wechselwirkung zwischen Mensch und Umwelt, untersuchen die historischen und gegenwärtigen Beziehungen der menschlichen Gesellschaften zur Umwelt vorwiegend aus sozialer Sicht und geben ein umfassendes Bild zu entwickelnder neuer Einsichten und Verhaltensweisen des Menschen. Das Schlußkapitel zeigt die bereits vorhandene, umfassende internationale Zusammenarbeit in wissenschaftlicher und organisatorischer Hinsicht zur Lösung der Probleme. Die Übersichten sind fachwissenschaftlich dokumentiert, jedoch allgemeinverständlich dargestellt und wenden sich an einen breiten Leserkreis, besonders an alle Personen, die Verantwortung tragen. Die einzelnen Kapitel sind teils in deutscher, vorwiegend aber in englischer Sprache geschrieben, mit kurzen Literaturhinweisen und viersprachigen Zusammenfassungen (in Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch) versehen. Thematische Überschneidungen lassen sich sicher bei Heranziehung vieler Autoren nicht vermeiden. Die Darstellungen von subjektiven Auffassungen, besonders beim Folgern der sich ergebenden gesellschaftlichen Konsequenzen, belegen die Ansichten der jeweiligen Autoren. Das Buch ist gut ausgestattet, aber nur sparsam illustriert. Es sollte allen empfohlen werden, welche sich an einer sachlichen Überschau über die Umweltproblematik orientieren möchten
-
R. Emmrich
V Bonner Zoologische Beiträge, 24. Jahrgang, Heft 3 : Festheft zu Bhren des 70. Geburtstages von Dr. phil. HANS KUMERLOEVE. Selbstverlag Zoologisches Forschungsinstitut und Museum Alexander Koenig, Bonn, September 1973, Seiten 161-330. Das Zoologische Forschungsinstitut und Museum A. Koenig in Bonn widmete das genannte Heft der Bonner Zoologischen Beiträge Dr. phil. H. KUMERLOEVE als Festgabe anläßlich seines 70. Geburtstages. Dr. KUMERLOEVE, welcher von 1936—39 Direktor der damaligen „Staatlichen Museen f ü r Tier- und Völkerkunde" in Dresden war, beschäftigt sich seit vielen Jahren besonders mit dem Studium der Vogelwelt Kleinasiens, darüber hinaus auch mit allgemeinen Fragen des Natur- und Tierschutzes in diesem Raum, und hat über diese Thematik eine größere Zahl von wissenschaftlichen Arbeiten veröffentlicht. So faßt das genannte Heft eine Reihe ihm gewidmeter Arbeiten unter dem Blickpunkt „Fauna des östlichen Mittelmeerraumes und des Nahen und Mittleren Ostens" zusammen. R. Emmrich
GUNTER EULEFELD: III. Zoologie: Zytologie - Histologie - Systematik. 222 Seiten, broschiert. IV. Zoologie: Physiologie — Ökologie. 223 Seiten, broschiert. Biologie in Stichworten. HIRTs Stichwortbücher. Verlag Ferdinand Hirt Kiel, 1972. In den beiden vorliegenden Bändchen III und IV der Stichwortbücher-Reihe werden die wichtigsten Begriffe der Zoologie in den im Titel genannten Gebieten behandelt. Nur die Themen Biochemie, Vererbungs- und Abstammungslehre, Probleme der Schädlingsbekämpfung und des Umweltschutzes sollen in gesonderten Bänden zusammengefaßt werden. Der Verfasser bemüht sich, den deutschen Bezeichnungen im Text und im Register den Vorrang zu geben und kommt damit dem angesprochenen Benutzerkreis, Studenten, Lehrern und Schülern höherer Schulen, fachfremden Lesern, entgegen, ohne in den Fehler zu verfallen, dieses Prinzip auf jeden Fall durchsetzen zu wollen. Definitionen, Beschreibungen, Erläuterungen sind in kürzester Form gegeben, dadurch bleibt der Taschenbuchcharakter der Bände nach Inhalt und Umfang vollauf gewahrt. Eine Vielzahl von Verweisen zeigt die Beziehungen des jeweils behandelten Begriffes zu anderen Begriffen und Themen. Dieses Verweissystem bezieht auch die Bände gegenseitig ein und macht sie zu einer Einheit. Die Fülle der Information auf so engem Raum ist groß und wird durch das Verweissystem und ausführliche Sach- und Namenregister gut überschaubar. Die strenge Hierarchie in der weit getriebenen Gliederung des Stoffes hat zur Anwendung einer vielfältigen typographischen Gestaltung geführt (Rotdruck, Versalien, Fett-, Kursivdruck in mehreren Kombinationen), wodurch das Auge stellenweise beim Überschauen eher verwirrt als unterstützt wird. Das Anliegen der Gestaltung, die Ordnung des Stoffes sichtbar zu machen, ist dadurch nicht voll geglückt. Weniger wäre dort mehr gewesen. Die vielen Abbildungen sind eine gute Ergänzung des Textes, ihre Schematisierung ist, unterstützt durch bestechend sauberen Druck, hervorragend gelungen. „ „
IV
Zool. Abh. Mus. Tierk. Dresden
Band 32
1971-1973
Verantwortliche Redakteure: Dipl.-Biol. RÜDIGER KRAUSE und Dr. RAINER EMMRICH Staatliches Museum für Tierkunde Dresden DDR — 801 Dresden, Augustusstraße 2
Genehmigt: Regierung der DDR, Ministerium für Kultur, unter Nr. 105/21/71, 105/12/72 und 105/18/73 Satz und Druck: III-4-14 Industriedruck Bischofswerda und III-28-2 Oberlausitzdruck Großschönau Klischees: Graphischer Großbetrieb „Völkerfreundschaft" Dresden
ZOOLOGISCHE ABHANDLUNGEN S T A A T L I C H KS M U S E U M F Ü R T I E R K U N D E I N Bd. 32
DRESDEN
Ausgegeben: 28. Dezember 1971
Nr. 1
Ein Würger-Bastard im Elbtal bei Pirna mit 1 Farbtafel und 1 Foto
SIEGFRIED E C K Dresden
Bei Birkwitz, nahe der Elbe zwischen Dresden und Pirna, beobachtete H. JÄGER im Juni 1969 ein „Schwarzstirnwürgerpärchen", welches sich an der Fütterung nestjunger Rotrückenwürger (Lanius cristatus collurio) beteiligte (vgl. „Der Falke" 1971, im Druck). Während der ganzen Beobachtungszeit wurde kein männlicher collurio gesehen. JÄGER vermutete nun, daß dieses Auftreten der Schwarzstirnwürger (Lanius minor minor) am Brutplatz des Rotrückenwürgers auf dem Verlust der eigenen Brut beruhen könnte. Obgleich die Geschlechter des Schwarzstirnwürgers feldornithologisch nicht unterscheidbar sind, glaubte jener Beobachter, in dem kleineren und dunkleren der beiden Schwarzstirnwürger das Weibchen zu erkennen. Den anderen (wohl männlichen) Schwarzstirnwürger hatte JÄGER mit Sicherheit bestimmen können. Der Hinweis auf die gedrungene, rundliche Gestalt auch des „Weibchens" paßt nach meiner Kenntnis gut auf Lanius minor. Dieser „weibliche Schwarzstirnwürger" kam — wie ich vermute, nicht zufällig — ums Leben und wurde am 30. Juni 1969 gefunden. — Dankenswerterweise ließ Herr JÄGER den gefundenen Würger präparieren, doch ist zu bedauern, daß es nicht möglich war, dieses interessante Stück für das Dresdener Museum zu erwerben. Bei der eingehenden Untersuchung dieses im Besitz H. JÄGERs befindlichen Würgers boten sich folgende Deutungsmöglichkeiten an: 1. melanistischer Lanius cristatus collurio oder 2. Bastard zwischen Lanius minor minor X L. cristatus collurio. Die beigefügte farbige Abbildung, die ich Herrn H. QUINTSCHER verdanke, erspart die Beschreibung der Gefiederfärbung, jedoch nicht den Hinweis auf eine Reihe Einzelheiten.
2
Zool. Abh. Mus. Tierk. Dresden, 32, Nr. 1, 1971
Blick auf den Fundplatz des „Schwarzstirnwürger" -Pärchens F l ü g e l - und
Schwanzmaße
Erläuterung: Handflügelindex = Verhältnis der Flügelspitze zur Flügellänge; Schwanzindex = Verhältnis der äußersten (kürzesten) Schwanzfedern zur Schwanzlänge; Schwanz-Flügel-Index = Verhältnis der Schwanz- zur Flügellänge. collurio (n=61) minor (n=12) Birkwitzer Vogel 89—99 mm 115-119 mm 93 mm Flügellänge 27—34 mm 3 9 - 46 mm 28 mm Flügelspitze 29,5-35,8 % 30,1 % Handflügelindex 33.6- 39,3 % 78,3-87,8 % 78,5 % Schwanz-Flügel-Index 73.7- 79,3 % 71—82 mm 73 mm Schwanzlänge 8 7 - 92 mm Differenz zwischen längsten und kürzesten Schwanzfedern 10— 20 mm 11 mm 5—14 mm 84,9 o/o 82,9-93,5 % Schwanzindex 7 8 - 89,1 % Die Maße und teils auch die Maßverhältnisse stellen den Birkwitzer Vogel zu Lantus cristatus collurio. Das Schwanz-Flügel-Verhältnis liegt dabei (wohl zufällig) in der Überschneidungszone der beiden verglichenen Arten. Auch die distale Handschwinge ist lang und überragt die Handdecken um 8 mm, hingegen ist die 9. Handschwinge (von innen nach außen gezählt) etwas länger als die 7., was ich unter reichlich 60 collurio nur ein einziges Mal fand. Bei Lanius minor ist die 9. Handschwinge vielleicht nie kürzer als die 7.
ECK: Ein Würger-Bastard im Elbtal bei Pirna
3
Färbung Die Färbung zeigt Charaktere des Rotrücken- wie des Schwarzstirnwürgers. Der Schwanz gleicht dem eines männlichen collurio, nur ist die dunkle Zone an der äußeren Schwanzfeder bei unserem Vogel etwas ausgedehnter (23 mm). Auf Grund der breiten weißen Schwanzbasis wie des großen Flügelspiegels (sichtbare Breite 4 mm) halte ich es für ausgeschlossen, daß ein melanistischer Rotrückenwürger vorliegt. Der Flügelspiegel ist bei collurio in den weitaus meisten Fällen von den Handdecken verdeckt, bei minor ist er größer. Der breite schwarze Augenstreif setzt sich über die Stirn fort und hat dort eine Breite von 5 mm, bevor er sich, vermischt mit Grau, auflöst. Auch dieses Merkmal weist auf den Schwarzstirnwürger. Ich möchte deshalb nicht daran zweifeln, daß es sich bei diesem Vogel um einen Bastard zwischen Schwarzstirnwürger und Rotrückenwürger handelt. Dazu passen auch die Beobachtungen JÄGERs sehr gut. Welche der beiden Elternarten das cT, welche das 9 stellte, kann nicht gesagt werden. Bemerkenswert ist ferner die Färbung der Unterseite und das stark abgeriebene Gefieder. Obwohl junge Würger unterseits gelblich überhaucht sind, muß die Färbung dieses Bastards anders gedeutet werden. Der Vogel ist mindestens einjährig. Der Schnabel ist nicht der eines Jungvogels, das Gefieder zeigt keinerlei Wellenzeichnung, das Großgefieder ist ausgewachsen. Außerdem haben die Würger nur eine Brut, der Vogel kann nur vom Vorjahre stammen. Vielleicht ist diese Gelbfärbung (an den Flanken sogar rotgelb), die sich bei den östlichen Verwandten beider LaniusArten findet, als Ubersteigerung zu verstehen, wie sie bei einem Bastard denkbar wäre. Ebenfalls als Ausdruck der Bastardnatur könnte auch der Gefiederzustand bewertet werden, insofern nämlich, als das Gefieder anfälliger f ü r Abnutzung ist. Da die Würger in der Winterherberge eine Vollmauser durchmachen, befindet sich das Gefieder zur Brutzeit in einem sehr guten Zustand. Jedenfalls ist der Unterschied dieses Bastards gegenüber anderen Würgern der gleichen Jahreszeit sehr erheblich. Herr JÄGER bezeichnete diesen Vogel als weiblich und das Ovar als für die Jahreszeit charakteristisch. Er selbst hat aber den Vogel nicht untersucht und mir konnte der Präparator keine zuverlässige Auskunft geben. Auch wollen einige Gefiedermerkmale nicht so recht zu einem Weibchen passen. Ich möchte deshalb die Geschlechtsangabe lieber offen lassen. Eine Randbemerkung: Herr JÄGER bezeichnete das Rotrückenwürger-9 als im Fortschrittskleid befindlich. Nach meinen Feststellungen (siehe auch STEGMANN 1930, pp. 107—108) dürfte für collurio- 9 dieser Nachweis schwierig sein, sofern es sich um einjährige, also voll vermauserte Vögel handelt, denn es ist bei den Weibchen dieses Würgers normal, daß sie mit unauffälliger Färbung bis zu einer fast dem Männchen entsprechenden zu finden sind. Es ist auch bezeichnend, daß dies außerdem noch für andere Rassen dieses Formenkreises gilt. Nach JÄGERs Beobachtungen zu urteilen, kann es sich bei der leider vernichteten Rotrückenwürger-Brut durchaus wieder um eine Bastard-Brut gehandelt haben. Da Würger bekanntlich ortstreu sind, kann vermutet werden, daß der Bastard ebenfalls Ortstreue bewies und sich an seinem Geburtsort an jener Aufzucht beteiligte. Nach A. P. GRAY (1958) ist ein Bastard dieser Kombination noch unbekannt. Der einzige Bastard dieser Gattung, wenn man von Lanius cristatus X collurio absieht, wurde von O. KLEINSCHMIDT (1930) abgebildet: Lanius Senator Senator X Lanius
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Zool. Abh. Mus. Tierk. Dresden, 32, Nr. 1, 1971
cristatus collurio. Nun beschrieb aber C. L. BREHM (1845) einen Lanius Feldeggi nach zwei von FELDEGG im Mai bei Eger erlegten alten cf cT, über deren Verbleib auch HARTERT (Vögel pal. Fauna III, p. 2129) nichts in Erfahrung bringen konnte. Nach BREHMs eingehender Beschreibung (Isis pp. 243—244) gleicht „Lanius feldeggi" in starkem Maße dem Birkwitzer Vogel. Es ist somit wahrscheinlich, daß jene beiden, BREHM vorgelegenen cfcT (Geschwister ?) auch Bastarde zwischen Schwarzstirnund Rotrückenwürger waren. Literatur BREHM, C. L., 1845: Drey neue deutsche Vogelarten. — Isis, pp. 243-270. GRAY, A. P., 1958: Birds hybrids, Farnham Royal. (Commonw. Agr. Bur.), Techn. Commun. 13. JÄGER, H., 1971: Schwarzstirnwürgerpärchen im Elbtal bei Pirna. — Der Falke 1971, im Druck. KLEINSCHMIDT, O., 1930: Bastardstudien II, Berajah, Zoographia infinita. STEGMANN, B., 1930: Über die Formen der paläarktischen Rotrücken- und Rotschwanzwürger und deren taxonomischen Wert. — Orn. Monatsber. 37/4, pp. 106-118. Anschrift des Verfassers: Siegfried Eck, Staatliches Museum für Tierkunde DDR - 801 Dresden, Augustusstr. 2
ZOOLOGISCHE ABHANDLUNGEN STAATLICHES M U S E U M FÜR T I E R K U N D E IN D R E S D E N Bd. 32
Ausgegeben: 28. Dezember 1971
Nr.2
Kleinsäuger als Nahrung der Schleiereule (Tyto alba guttata Brehm) in Nordwestböhmen mit 1 Foto
PAVEL T Y R N E R und ZDENEK Litvinov/CSSR
BÄRTA
Die Nahrung der Schleiereule ist in Mitteleuropa dank der grundlegenden Arbeiten von UTTENDÖRFER (1939, 1952) ziemlich gut bekannt. Er untersuchte auch Gewölle dieser Eule aus Vysoke Tatry (Hohe Tatra). Die erste Analyse der Nahrung dieser Eule aus Ostböhmen veröffentlichte KINSKY (1942), seine Ergebnisse verglich RYBAfi, (1969) mit den eigenen aus der letzten Zeit und von demselben Standort. Er deduzierte eine Veränderung der ökologischen Bedingungen. Die Analyse einer kleinen Zahl Gewölle von Podebrady stammt von SACHLOVÄ (1965). Das umfangreichste Gewöllmaterial von sechzehn Standorten aus Südmähren und der Slowakei bearbeitete BAL AT (1956). Eine Notiz über die Vorräte der Schleiereule am Nest bringen JIRSlK (1949) und BALÄT (1946). Auf die universale Auswertung von Eulengewöllanalysen macht noch KAHMANN (1954) aufmerksam. Bei faunistischer Arbeit wird in der CSSR diese Möglichkeit nur ungenügend genützt. Angesichts der Tatsache, daß die Schleiereule nur in der freien Landschaft nach Beute jagt und nicht hoch ins Gebirge steigt, ist es bei der faunistischen Arbeit über Kleinsäuger notwendig, auch Gewölle anderer Eulenarten zu analysieren. Unsere Arbeit will die lokalen Unterschiede in der Nahrung der Schleiereule im Zusammenhang mit den verschiedenen Biotopen aufklären und zur Erforschung der wenig bekannten Kleinsäugerfauna Nordwestböhmens (Ceske stredohori, Mosteckä kotlina, Krusne hory) beitragen. Für die Hilfe beim Sammeln der Gewölle danken wir den Herren RNDr D. LlM aus Praha und RNDr I. FLASAR aus dem Regional Museum Teplice v Cechäch. Die Herren RNDr J. HANZÄK, National Museum, Praha, und Dipl.-Biol. H. RICHTER, Institut für Landesforschung und Naturschutz, Dresden, waren so liebenswürdig und überprüften eine Anzahl der gesammelten Crocidurasehädel, auch ihnen gehört unser Dank.
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Zool. Abh. Mus. Tierk. Dresden, 32, Nr. 2, 1971
Material und Methodik In den Jahren 1967 bis 1969 konnten wir die Schleiereule an dreiundzwanzig Standorten in vier geographischen Einheiten (Mosteckä kotlina, Cesk6 stredohori, Krusnö a Doupovske hory) in einer Höhe von 190 bis 834 m über NN nachweisen (TYRNER, BÄRTA, 1970 ')). Das Material bilden 1 871 Gewölle; es ist im ganzen etwa so umfangreich wie das Material von BALÄT (1956). In der CSSR veröffentlichte Ergebnisse der Schleiereulen-Gewöllforschungen mit Ausnahme der Arbeit UTTENDÖRFERs (1939) stammen durchweg aus niederen Lagen. Wir hatten auch Gewölle von der oberen Grenze des Vorkommens im Erzgebirge. Die Gewölle wurden bei Besuchen der Niststätten gesammelt. An zwei Standorten wurde wiederholt gesammelt. Die größte Zahl der an einem Standort gesammelten Gewölle betrug 239, die kleinste 17. Die Gewölle wurden einzeln zergliedert und die Wirbeltiere nach dem Schädel und Skelettresten bestimmt. Die Belege der selteneren Arten sind im Kreismuseum Litvinov aufbewahrt. Die Zerstörung der Gewölle erfolgt nicht nur durch die Motte, Trichophaga tapetzella, wie UTTENDÖRFER (1939) angibt, sondern auch durch Tineola bisselliella und Tinea pelionella, weiter durch die Larven der Käfer Attagenus pellio, seltener durch Anthrenus scrophulariae und Ptinus sp. Wirbeltiere in den Gewöllen Der Inhalt von Gewöllen ist variabel. Ein wichtiger Anzeiger des Nahrungsanspruches der Schleiereule ist hauptsächlich die Gesamtmasse der Beute. In den kleinsten Gewöllen fanden wir ziemlich oft nur eine Microtus arvalis, einmal auch nur eine Micromys minutus und einmal eine Sorex araneus. Es ist wahrscheinlich, daß die kleinsten Gewölle den Jungen gehörten. Die größte Masse hatte ein Gewölle, welches zwei Rattus norvegicus, eine Crocidura suaveolens und einen Passer domesticus enthielt, in einem anderen Gewölle waren eine Microtus arvalis, zwei Sorex araneus, eine Sorex minutus, drei Crocidura suaveolens und ein Passer domesticus. Die größte Zahl der Kleinsäuger in einem Gewölle betrug zehn Microtus arvalis und drei Sorex minutus. Die durchschnittliche Zahl von Wirbeltieren in Gewöllen variierte zwischen 2,07 (212 Wirbeltiere in 104 Gewöllen aus Horni Jifetin) und 4,50 (72 Wirbeltiere in 17 Gewöllen aus Litvinov). Der niedrigste Durchschnitt von 2,07 Wirbeltieren pro Gewölle entstand dadurch, daß in der Nahrung ein hoher Prozentsatz von Vögeln enthalten war (33 %), welche infolge ihres Skelettbaues eine schlechter zu bearbeitende Beute darstellen. Zum Unterschied von BALÄT (1956) fanden wir niemals ein Gewölle ohne Skelettreste. Der Gesamtdurchschnitt in allen von uns zergliederten Gewöllen betrug 2,62 Wirbeltiere je Gewölle (KINSK"? [1942] - 4,5; UTTENDÖRFER [1939] - 3,7; BALÄT [1956] - 3,45). ') Die Angaben über das Vorkommen der Schleiereule bezeichnen für diese in der CSSR als Höhengrenze 600 m ü. NN (HUDEC-KONDELKA-NOVOTN"?, 1966, STANEK, 1967). In der Kammregion des Erzgebirges, in dem Dorf Zäkouti, Bezirk Chomutov, 834 m ü. NN, wurde am 25. Januar 1969 eine junge Schleiereule gefangen, welche wir am 9. August 1968 in Luzice, Bezirk Most, 268 m ü. NN, beringten. Die Entfernung beträgt 30 km. Das entwaldete Terrain und die Agrarbiotope ermöglichen hier wahrscheinlich das Vorkommen.
TYRNER und BARTA: Kleinsäuger als Nahrung nordwestböhm. Schleiereulen
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Übersicht der Sammelorte M o s t e c k ä k o t l i n a — Brüxer Becken Teplice v Cechäch (260 m ü. NN), Nistplatz in der Schloßkapelle. Stadt mit dem nahen Park und Wasserbehälter (214 Gewölle). Kopisty (240 m ü. NN), Kirche. Kleinstadt mit durch den Bergbau devastierter Landschaft (19 Gewölle). Litvinov (320 m ü. NN), Kirche. Kleinstadt am Fuße des Erzgebirges mit Vorstadtgelände (17 Gewölle). Dolni Jiretin (235 m ü. NN), Nistplatz im Kirchturm. In der Nähe Kippen und Wasserbehälter (238 Gewölle). Horni Jiretin (270 m ü. NN), Kirchturm am Rande des Ortes. In der Umgebung brachliegende Felder und eine große Obstplantage (104 Gewölle). Jirkov (300 m ü. NN), Stadtturm. Kleinstadt am Fuße des Erzgebirges mit Feldern in der Umgebung (41 Gewölle). Racice (305 m ü. NN). Nistplatz auf dem Boden der Kirche. Umgebung nur landwirtschaftlich genutzt (239 Gewölle). Kralupy u Chomutova (324 m ü. NN), Rathausturm. Ein Ort mit Feldern in der Umgebung (18 Gewölle). Krbice (329 m ü. NN), Kirche. In der Umgebung Felder und nasse Wiesen (62 Gewölle). Klästerec nad Ohri (330 m ü. NN). Kirche und Friedhof am Rande der Stadt. Wiesen und Felder (36 Gewölle). Slatenice (260 m ü. NN), Kirchturm, in der Nähe Agrarbiotope (121 Gewölle). C e s k e s t r e d o h o r i — Böhmisches Mittelgebirge Luzice (268 m ü. NN). Nistplatz im Kirchturm. In der Umgebung Weideplätze, Wiesen, Felder, Feldhecken und Laubwald mit Quercus pubescens (278 Gewölle). Vtelno (292 m ü. NN). Nistplatz im Kirchturm. Ein Wohnort mit landwirtschaftlichem Charakter in einer Landschaft ohne Wald (201 Gewölle). Ceske Zlatniky (226 m ü. NN). Nistplatz im Kirchtum. Landwirtschaftlicher Ort im Auengebiet des Flusses Belä. In der Nähe Felsensteppen und Felder (188 Gewölle). Krusne
h o r y — Erzgebirge
Kvetnov (630 m ü. NN), Kirche. In der Umgebung Wiesen, Felder und Wald der Buchenstufe (22 Gewölle). Krimov (727 m ü. NN), Kirche. Flache, waldlose Ebenheit mit Viehweiden (71 Gewölle) .
Zusammensetzung der Nahrung Den Grundbestandteil der Nahrung von Tyto alba guttata bilden Nagetiere (Rodentia), welche in den Gewöllen mit 3 705 Stück (75,58 %) vertreten waren. An zweiter
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Stelle stehen die Insektenfresser (Insectívora) mit 872 Stück (17,78 %) und die Vögel (Aves) mit 319 Stück (6,51 %). Andere Anteile der Nahrung sind sporadisch vertreten: Fledermäuse (Chiroptera) — 0,08 % (4 Stück), Lurche (Amphibia) - 0,04% (2 Stück). In den Gewöllen waren auch Insekten enthalten. Nagetiere
(Rodentfa)
Die Feldmaus (Microtus arvalis) ist das häufigste Beutetier und in den von uns gesammelten Gewöllen mit 3 201 Stück vertreten (65,30 %). RYBÁft (1969) stellte annähernd denselben Wert fest (63,70%), BALÁT (1956) unter etwas anderen Bedingungen 70,121 %. Mit Ausnahme eines einzigen Standortes (Krimov, Erzgebirge), wo Waldspitzmaus (Sorex araneus) und Hausmaus (Mus musculus) den größten Anteil der Beutetiere bildeten, stellt die Feldmaus immer den Großteil der erbeuteten Tiere. Der Prozentsatz der Feldmäuse schwankte zwischen 40,3 % (Krbice) und 94,5 % (Kralupy u Chomutova). Feldmäuse fanden wir zweimal als Vorrat bei den Nestlingen. In dem einen Fall waren es 14 Stück, im zweiten 7. Mit genügendem Nahrungsangebot, hauptsächlich beim Uberhandnehmen der Feldmäuse (UTTENDÖRFER, 1939), hängt auch die zweite Brut der Schleiereule zusammen. In Vtelno fanden wir am 17. Juni 1969 vier Eier und einen vor kurzem geschlüpften Jungvogel; in der Nähe beobachteten wir zwei halbwüchsige, flügge Jungvögel, die von der ersten Brut stammten. Die Feldmaus war hier mit 80,7 % vertreten. Erhöht sich die Populationsdichte der Feldmaus, erhöht sich auch ihr Anteil in der Nahrung der Schleiereule, dagegen sinkt der Anteil anderer Arten und Gattungen. In Luzice war in den Gewöllen vom 9. 8. 1968 der Prozentsatz der Feldmäuse 46,7 %, aber in den Gewöllen vom 10. 9. 1968 war er schon auf 72,7 % gestiegen. BALÁT (1956) und KRATOCHVÍL (1959) betonen die bedeutende Rolle der Schleiereule bei der Vertilgung von Feldmäusen. Mäuse (Apodemus sp.) wurden übereinstimmend mit BALÁT (1956) und im Gegensatz zu K I N S K I (1942) und RYBÁft (1969) an allen Standorten nach ihrer Häufigkeit gleich an zweiter Stelle festgestellt. Die Zahl (251 Stück = 5,12 %) ist etwas höher als bei BALÁT (1956, — 3,847%)- Die maximale Zahl in den Gewöllen eines Standortes war 16,1 % (Krbice). Der Anteil der Mäuse (Apodemus sp.) war in stark gegliederten Biotopen mit Gruppen von Sträuchern und Bäumen größer. In der Gesamtzahl sind zwei Arten eingeschlossen, die Waldmaus (Apodemus sylvaticus) und die Gelbhalsmaus (Apodemus flavicollis); auf ihre Trennung, die nach den oft beschädigten Schädelteilen in den Gewöllen nicht immer verläßlich ist, wurde verzichtet. Entsprechend den Jagdbiotopen der Schleiereule überwiegt wahrscheinlich Apodemus sylvaticus. Apodemus flavicollis wurde in den Gewöllen aus dem Erzgebirge mit Sicherheit festgestellt. Auch STEIN (1955) stellte fest, daß auf den Ackerflächen in Norddeutschland Apodemus sylvaticus die zweithäufigste Art ist. Die Brandmaus (Apodemus agrarius) wurde nicht festgestellt, auch wenn sie im nahen Sachsen vorkommt und nach MOHR (1954) und KAHMANN (1953) gut zu bestimmen ist. Die Hausmaus (Mus musculus) ist in der Beute mit 3,35 % (164 Stück) vertreten. BALÁT (1956) führt 2,658 % und RYBÁft (1969) 3,43 % an. In einem Falle (Krimov, Erzgebirge) waren die Hausmäuse an zweiter Stelle in der Gesamtzahl der Kleinsäuger in den Gewöllen. An diesem hoch im Erzgebirge liegenden Standort sind im Winter, wenn die Schleiereule in den Gebäuden jagt, die Hausmäuse eine leichter
TYRNER und BARTA: Kleinsäuger als Nahrung nordwestböhm. Schleiereulen
Schädelreste der Zwergmaus (Micromys aus dem Gewölle der Schleiereule.
minutus)
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und H a u s m a u s (Mus musculus) Foto: P. Tyrner
zugängliche Beute als andere Arten. In den Gewöllen vom 9. 8. bis 10. 9. 1968 aus Luzice w a r e n ü b e r h a u p t keine Hausmäuse vertreten. Die Zwergmaus (Micromys minutus) w u r d e an elf Orten mit insgesamt 47 Stück (0,96 %) festgestellt. Über die Verbreitung dieser Art in dem von uns bearbeiteten Gebiet gibt es von f r ü h e r her keine Angaben. I m Erzgebirge w u r d e sie in der Nahrung der Schleiereule nicht festgestellt, aber wir besitzen Belege über ihr Vorkommen in der Kammregion (Kliny, 720 m ü. NN, Kreis Most). HANZÄK (in verb.) stellte sie in der Umgebung des Klinovec (Keilberg) in einer Höhe von 1000 m ü. NN fest. Es ist interessant, daß in der CSSR diese Art in der Nahrung der Schleiereule vorher nicht festgestellt worden w a r ! Die Rötelmaus (Clethrionomys glareolus) k a m nur an zwei Standorten vor, welche an den Wald angrenzten (13 Stück = 0,27%). Der geringe Prozentsatz entspricht den Feststellungen anderer Autoren (BALÄT, 1956, UTTENDÖRFER, 1939). Die Schermaus (Arvicola terrestris) k a m n u r an vier Standorten vor, in deren Nähe es Wasserflächen und feuchte Wiesen gab. Sie w a r mit 13 Stück (0,27 %) in der Gesamtausbeute von Wirbeltieren vertreten. Die E r d m a u s (Microtus agrestis) ist mit 12 Stück (0,24 %) an 5 Standorten vertreten. Sie w u r d e an zwei Stellen im Erzgebirge festgestellt (Krimov, Kvetnov), am zweiten Ort w a r sie mit 2,4 % in der Nahrung anwesend. Faunistisch und ökologisch interessant ist das Vorkommen dieser Art in Mosteckä kotlina (Horni Jiretin, Dolni Jire-
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tin, Krbice) an niedrig gelegenen, waldlosen Standorten, sogar in dem Gebiet, welches durch den Braunkohlenabbau stark devastiert ist. Wir deuten das Vorkommen bei Horní Jiretin als Immigration einzelner Tiere aus dem Erzgebirge entlang des Baches. Die Entfernung beträgt etwa 1 km. Bei Dolni Jiretin und Krbice h a t das Vorkommen einen reliktären Charakter. KRATOCHVÍL-PELIKÁN-SEBEK (1956) betonen die enge Bindung dieser Art an Waldsumpfgebiete. Aus den Gebirgsgebieten dringt sie vornehmlich in Westböhmen auch in die Niederungen ein. Ihr Vorkommen in den Niederungen ist nach den oben genannten Autoren reliktär und ökologisch eng spezialisiert. Die Funde dieser Art bei Dolni Jiretin sehen wir im Zusammenhang mit dem ehemaligen K o m m e r n e r See. Reste von diesem — die sumpfige Seewiese — wurden erst in den fünfziger J a h r e n unseres J a h r h u n d e r t s beseitigt, u n d es gab hier zweifelsohne geeignete Bedingungen zur Erhaltung dieser Art. Auf den geringen Flächenfragmenten der Seewiese erhielt sich eine Population der Erdmaus. Hier wurden von der Schleiereule auch die größte Zahl der Wasserspitzmäuse (Neomys fodiens) und eine Sumpfspitzmaus (Neomys anomalus) erbeutet. Das Vorkommen der Erdmaus in den Gewöllen der Schleiereule gibt nur UTTENDÖRFER (1939) f ü r die CSSR aus der Hohen Tatra an. Die Wanderratte (Rattus norvegicus) f a n d sich nur in 4 Jungtieren (0,08 %) in Gewöllen von einem typischen Stadtstandort (Teplice v Cechách). Insektenfresser
(Insectívora)
Die Waldspitzmaus (Sorex araneus) wurde, mit Ausnahme eines einzigen Standortes (Kralupy, 18 Gewölle), überall festgestellt. Die Gesamtzahl von 615 Stück (12,55 %) entspricht den Feststellungen von BALÁT (1956, — 13,635%). Der Anteil schwankte zwischen 52,1 % (Krimov) und 0,5 % (Racice). Die Populationsdichte bei Sorex araneus unterliegt viel m e h r kleineren Schwankungen als bei den Nagetieren (PELIKAN, 1955). In dem Populationsmaximum der Feldmaus sinkt der Anteil von Waldspitzmäusen in der Nahrung der Schleiereule. So betrug in Luzice der Anteil von Sorex araneus in den älteren Gewöllen 27,0 °/o, er sank bei jenen aus der Zeit vom 9. August bis 10. September 1968 auf 12,8 %. Die Waldspitzmaus zeigt eine breitere ökologische Valenz. Wo die ökologischen Bedingungen f ü r die Feldmaus weniger optimal sind, steigt der Bestand von Sorex araneus, vor allem in den stark gegliederten und baumreichen Biotopen und im Gebirge (Krimov — 52,1%, Kvétnov — 32,8 %, Luzice — 27,0 %). In den Gewöllen aus dem Erzgebirge w u r d e nach der Alpenspitzmaus (Sorex alpinus) gesucht, aber ein Nachweis gelang uns — auch mit den Klappfallen an verschiedenen Standorten — nicht. Die Zwergspitzmaus (Sorex minutus) fehlte an zwei Standorten in den Gewöllen. Die Gesamtzahl betrug 124 Stück (2,53%), bei BALÁT (1956) 1,208%. Sie ist etwa f ü n f m a l spärlicher als Sorex araneus vertreten. Der größte von uns festgestellte Anteil w a r 9 % (Luzice). Die Gartenspitzmaus (Crocidura suaveolens) w a r in der Gesamtzahl an dritter Stelle unter den festgestellten Insektenfressern. Es w u r d e n 75 Stück (1,53 %) an 12 Standorten gefunden. Diese Art, welche bis in die letzte Zeit in der CSSR als selten galt (diese Meinung entstand wahrscheinlich dadurch, daß sie sich sehr selten in Klappfallen fängt), ist häufiger, als m a n annimmt. An drei Standorten, in den trockenen und w a r m e n Gebieten auf Agrarbiotopen des Böhmischen Mittelgebirges u n d Mostecká kotlina (Brüxer Becken) (Racice - 0,7 %, Vtelno - 2,4 %, Zlatniky - 3,6 %)
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6.! Es handelt sich aber vermutlich nur um eine extreme Variante. Die (p. 185) unter Nr. 41 genannten und zunächst noch keiner Subspezies zugewiesenen Halsband- oder Seidenzwergohreulen von Borneo müssen zu der aus Sarawak beschriebenen Form Otus asio lemurum DEIGNAN, 1957 gestellt werden. Der stark defekte „Glaucidium siju" (p. 196) ist Glaucidium brasilianum (wahrscheinlich G. b. ridgmayi), wie sich jetzt beim Vergleich mit dem neuen Material herausstellte. Die Angabe „Kuba" war irreführend und mit Sicherheit falsch. Auch das Flügelmaß war ja für G. siju zu hoch.
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Ninox nooaeseelandiae novaeseelandiae (p. 199) stammt aus Dunedin, nicht, wie auch in den Sammlungsunterlagen versehentlich angegeben, aus „Demedin". Herr Dr. MEES (Leiden) wies mich freundlicherweise darauf hin. TYTONINAE Auch in diesem Nachtrag wird der Einteilung der Eulen in zwei Unterfamilien, Tytoninae und Striginae, durch MEISE gefolgt. BRODKORB (Bull. Florida State Mus., Biol. Sei., 15, Nr. 4, 1971, pp. 163-266) unterteilt die rezenten Eulen in Strigidae (Buboninae, Striginae), Phodilidae und Tytonidae. Tyto BILLBERG XYto alba T. a. guttata (C. L. BREHM, 1831) 2 Ex.: C44345-46», Dederstedt, 1. 8. 1925, 9 , 305 g, Gesamtlänge 39 cm ; April 1916, o" Coll. A. KLEINSCHMIDT, erworben Dez. 1970 (Geschenk). Flügel: 273/ca. 270. T. a. javanica (GMELIN, 1788) 1 Ex.: C 44384 A, Java - bezogen von v. SCHIERBRAND. Flügel: 307. T. a. lurcata (TEMMINCK, 1827) 1 Ex.: C 44385 A, Havanna, 1843 - leg. JÖRG. Flügel: 338. Der Typus dieser Subspezies wurde von E. POEPPIG gesammelt und wird im Rijksmuseum van Natuurlijke Historie in Leiden aufbewahrt (Dr. MEES briefl.). T. a. contempta (HARTERT, 1898) 1 Ex.: C 44383 A, Anden von Peru - leg. DÜRFELD. Flügel: 293. STRIGINAE OtUS P E N N A N T
Otus scops O. s. scops (LINNAEUS, 1758) 2 Ex.: C 44411-12 A, S-Europa und ? Flügel: 159/-. Über Otus scops vgl. auch unter Otus asio floridanus! Otus podarginus O. podarginus (HARTLAUB u. FINSCH, 1872) 1 Ex.: C44433 •, Palau-Inseln, 1883, leg. KUBARY — im Tausch vom Museum Berlin am 23. 9. 1971 erworben. Flügel: 169, Schwanz: 92.
ECK: Ornithol. Sammlung d. Zoolog. Institutes d. Universität Leipzig
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Otus asio O. a. (bakkamoena) iettia (HODGSON, 1836) 1 Ex.: C44416 A, Sikkim, 1887 - ex Coli. NEHRKORN. Flügel: 175. Es erscheint fraglich, ob der im Katalog (p. 185) als lettia bezeichnete Vogel von Bangkok wirklich zu dieser Subspezies gehört, für die HARTERT eine Flügellänge von 163—180 mm angab. Allerdings können die Geschlechtsunterschiede sehr beträchtlich sein, wie die japanischen Vögel (semitorques) zeigen. CHASEN (Bull. Raffl. Mus., Nr. 11, p. 86, 1935) bezeichnete siamesische Vögel als condorensis KLOSS, 1930, doch erkennt DEIGNAN diese Subspezies nicht an. O. a. (bakkamoena) lempiji (HORSFIELD, 1821) 2 Ex.: C 44741—42 •, beide männliche pulli aus Cheribon/Java mit brauner Iris, 25. 4. 1928 und 18. 2. 1929 - leg. J. J . MENDEN ex Coli. O. NEUMANN. Auf dem Etikett des zweiten, jüngeren Vogels hatte O. NEUMANN die Zugehörigkeit zu lempiji bezweifelt auf Grund des an Bauch, Beinen und Kopf stark weißlichen Gefieders. Schnabel und Zehen wurden auf dem Etikett als grau bezeichnet. O. a. (asio) naeoius (GMELIN, 1788) 3 Ex.: C44413-15 A, Pennsylvania - leg. E. POEPPIG. 9 rot, 1824 — cf grau, 1824 - ? grau, Jan. 1825. Flügel: 170/158/170. O. a. (asio) floridanus (RIDGWAY, 1873) 1 Ex.: C 44417, „Java" - leg. vermutlich GERHARDT. Flügel: 156, Schwanz: 75. Die Bestimmung dieses Vogels macht einige Erläuterungen unumgänglich. Das dem Postament aufgeklebte Etikett trägt den Vermerk: „Strix spadicea Reinw., Java, v. Schierbrand". Außer diesem Stück befindet sich in der Leipziger Sammlung noch eine zweite Zwergohreule von Java, determiniert als „Strix Lempiji" und von v. SCHIERBRAND erworben, an deren Herkunft Zweifel nicht berechtigt sind, wenngleich dies nicht von jedem Stück gilt, das durch v. SCHIERBRAND bezogen wurde! Dieser zweite Otus, ein schwärzlich-graubrauner Vogel, hat mit dem ersten, einem leuchtend roten von gleicher Größe, nach eingehendem Vergleich nichts zu tun, so verfänglich auch der Gedanke war, es könne sich um zwei Färbungsextreme handeln, wie sie bei Otus häufig sind. Die rote Eule paßt zu keiner südostasiatischen Otus-Art, so daß ich Arten aus anderen Gebieten zum Vergleich heranzog. Es war verblüffend, wie genau die Grundfärbung dieses Vogels zu der der roten Phase von O. asio naeoius paßte. Die geringere Größe wie schwächere Zehenbefiederung stimmten hingegen mit O. a. floridanus überein, bei welcher geographischen Form allerdings extrem rote Stücke selten sein sollen (vgl. Farbfotografie, Taf. XX bei LOWERY jr„ 1955, Louisiana Birds). Die Tatsache, daß ein bestimmter Charakter der Grundfärbung auch bei diskrepanten Formen eines Formenkreises erhalten sein kann, ist nicht neu. Im vorliegenden Falle wäre aber nun die Frage zu klären, woher das Leipziger Institut Vögel aus den südöstlichen USA erhielt, da Material von dort in unseren Sammlungen selbst heute noch rar ist. GERHARDT, ein Schüler POEPPIGs, bereiste als Sammler von 18481851 die Staaten Florida, Georgia und Tennessee (vgl. JACOBI, J. Orn. 1928, p. 436 ff.) und
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von dieser Reise muß der Vogel stammen. Dafür spricht außerdem, daß der überaus gewissenhafte TOEPP1G in dem von seiner Hand herrührenden Katalog der Leipziger Vogelsammlung (1868) für diese Eule tatsächlich keine Bezugsquelle angab, im Gegensatz zur „Strix Lempiji", und auch die Gattungsbezeichnung offen ließ. Der sich auf dem Etikett findende Name Strix spadicea gehört zu dem stark roten javanischen Sperlingskauz G/aucidium castanopterum (HORSFIELD, 1821) und wäre schwerlich durch v. SCHIERBRAND beigefügt worden. So bleibt nur übrig, ein Versehen beim nachträglichen Aufstellen und Etikettieren in Leipzig anzunehmen. Die schon erwähnte schwärzlich-graubraune Zwergohreule der Leipziger Sammlung („Strix Lempiji" der Collectio v. SCHIERBRAND), vor 1868 von v. SCHIERBRAND erhalten, stammt aus Java. Der erste Eindruck gemahnt wohl an Otus trichopsis aus Mittelamerika (!), doch besteht kein Grund, eine abermalige Verwechslung anzunehmen. Otus trichopsis, von mir im Museum Berlin verglichen, ist auf den ersten Blick auffallend kleinfüßig (Mittelzehe nach RIDGWAY nicht über 14 mm) und hat im Nacken verstärkte Fleckung. Beides trifft für den vorliegenden Vogel nicht zu. Färbung und Zeichnung oberseits erinnern an den anders als O. trichopsis gefleckten Otus scops cyprius, während Flügelbau und Füße O. scops manadensis gleichen, was auch für die Bauchzeichnung gilt. Dieser javanische Vogel ist jedoch ein graues Extrem, wie es sich bei manadensis nicht findet! Ich benenne die Form, der dieser Vogel angehört, als Otus scops obsti ssp. n. (manadensis-Gruppe) Oberseits ein Gemisch von zartem Rostbraun und Schwarz, über und über weiß gefleckt (zwei bis vier Flecken pro Feder), Oberkopf dunkler, Schleier schwärzlich, Federohren etwa 30 mm lang, weiße Augenbrauen. Gesamte Unterseite bräunlich, grau und schwarz gefärbt, an den Körperseiten mit markanten schwarzen Längszeichnungen, an den Flanken und Schenkeln mit Rostgelb vermischt. Die bis zu den Zehenwurzeln reichende Tarsenbefiederung ist weiß mit braunen Spritzern, Bauchmitte nicht weiß, Unterschwanzdecken weiß und rostgelb mit dunkelbrauner Längs- und Querzeichnung. Schwanz dunkelbraun mit hellen Querbinden (acht mehr oder weniger deutliche Binden an den Mittelfedern). Flügel dunkelbraun mit weißen bis rostfarbenen Binden an den Außenfahnen (sieben an der 10., äußeren Handschwinge), Innenfahnen im Spitzenteil mit marmorierten helleren Binden, deutlicheren an der Basis, dazwischen ungezeichnet; Armschwingen mit heller Bänderung, die an den distalen Armschwingen reduziert ist; schwarz gesäumte weiße Skapularflecken. Flügellänge 155 mm, 6.-8. Handschwinge (HS) (Zählung von innen nach außen!) gleich lang und am längsten, 9. HS < 5., 10. < 2., Schwanzlänge 74 mm. Tarsus (oberseits gemessen bis zum Spalt zwischen der 2. und 3. Zehe) 27 mm, 3. Zehe ohne Nagel (vom Spalt zwischen der 3. und 4. Zehe bis zum Ende der Nagelhaut mit dem Zirkel gemessen) 19 mm. Die Zehen sind — am Balg — dunkel lederfarben und ohne jede Spur einer Befiederung oder Beborstung. Die Krallen sind dunkelbraun und bilden zusammen mit den großen dunklen Zehen sowie dem dunkelbraunen Oberschnabel einen lebhaften Kontrast zu dem anderen als O. asio floridanus bestimmten Vogel, dessen Füße gelblich und zierlich sind, desgleichen der Schnabel (zudem mißt dessen Mittelzehe nur 16 mm, dagegen der Tarsus 32 mm). Otus scops obsti hat, wie erwähnt, auch einen dunkelbraunen Schnabel, der von den Nasenlöchern zur Spitze hin dunkler wird, und welcher vom Vorderrand des Nasenloches bis zur Spitze, mit dem Zirkel gemessen, eine Länge von 11 mm hat.
Abb. 1. Vorder- und Rückansicht des Typus von Otus scops obsti ssp. n., mit Abbildung einer Flankenfeder. Original: Heinz Quintscher,
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Zool. Abh. Mus. Tierk. Dresden, 32, Nr. 10, 1973
T y p u s : Staatliches Museum für Tierkunde Dresden, Nr. C 44418, Terra typica: Java. Die außerordentlichen Bemühungen meines Kollegen F. J . OBST um diese (hier nur erst im kleinsten Teile vorgeführten) Sammlungen aus Leipzig machen es mir zur angenehmen Pflicht, ihm diese neue Subspezies zu widmen. Die Großfüßigkeit dieser Eule ist kennzeichnend für manche südliche Eulenform und ist noch erheblicher als bei O. s. matiadensis. Es ist damit zu rechnen, daß sich zu obsti auch noch das rote Extrem findet, analog O. s. mendenil - Wie unterscheiden sich die anderen javanischen Otus-Formen von O. s. obsti? Otus angelinae angelinae (FINSCH) ist bedeutend kleiner, hat völlig ungezeichnete Innenfahnen der Handschwingen, ein Fleckenband im Nacken und gelben Schnabel (vgl. Orn. Monatsber., 20, p. 156 ff., 1912). Otus asio lempiji (HORSFIELD) hat andere Schwingenverhältnisse (u. a. ist die 9. HS < 4., bisweilen < 3.), hat ein Nackenband und eine abweichende Grundfärbung, dabei keine solchen extremen Färbungsphasen. Otus rufescens ruiescenS (HORSFIELD) ist in solcher Färbung aus keinem Teil seines Verbreitungsgebietes bekannt, hat im untersten Teil nackte Tarsen und keine weißen Skapularflecken. Ob noch eine weitere Otus-Art auf Java vertreten ist, kann noch nicht entschieden werden. STRESEMANN vermutete und CHASEN bekräftigte, daß eine von ROBINSON in Ost-Java gesammelte Ohreule zu Otus brookei gehört, aber SMYTHIES (1960) schließt Java aus dem Verbreitungsgebiet von O. brookei aus. — Vgl. Abbildung 1.
Otus atricapillus Nach brieflicher Mitteilung von Herrn Dr. G. P. HEKSTRA (Amsterdam) sind Otus atricapillus und O. matsoni als konspezifisch aufzufassen. O. a. 7 sanctaecaterinae (SALVIN, 1897) 1 Ex. : C 44419 A, Brasilien. Nach der Größe zu urteilen, möglicherweise zu dieser Form gehörig (KELSO, Biol. Leafl., No. 4, p. 47, 1934), doch gliedert sich diese Art nach HEKSTRA in viel mehr Subspezies als man bislang unterschied. Flügel: 187. O. a. usta (SCLATER, 1859) 2 Ex.: C 44421 und C 44423, beide A, Maynas, 1831 und 1830 von E. POEPPIG gesammelt. Flügel: 166/165. Das „Maynas" zur Zeit POEPPIGs bezieht sich auf ein landschaftlich sehr verschiedenartiges Gebiet in Nord-Peru. Es umfaßte einerseits Hochgebirge, andererseits Tiefland mit Urwäldern. JACOBI (J. Orn. 1928, p. 437, Fußnote) bemerkte, daß dieser Bezirk nicht mehr Maynas, sondern Loreto heiße, doch taucht neuerdings innerhalb Loretos die Bezeichnung Maynas wieder auf für die Urwaldgebiete in Nord-Peru. Nach Vergleich mit den in Frage kommenden Otus-Formen Nord-Perus blieb für vorstehende Stücke, von denen C 44423 noch Reste des Dunenkleides trägt, nur Otus atricapillus (bzw. Otus matsoni s. str.) übrig, und zwar die südlich des Amazonas beheimatete Subspezies usta. Der Jungvogel sowie der im Katalog genannte Vogel (p. 187, C 44241) der ssp. matsoni lassen jede Aufhellung an den Außenfahnen der Skapularen vermissen, icterorhynchus die bei C 44421 aber vorhanden sind. Diese Erscheinung ist auch bei Otus holerythrus (SHARPE) bekannt.
ECK: Ornithol. Sammlung d. Zoolog. Institutes d. Universität Leipzig
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Otus roboratus O. roboratus BANGS u. NOBLE, 1918 1 Ex.: C 44422 A, Maynas, 1830 - leg. E. POEPPIG. Flügel: 171, Flügelspitze 41 (8. HS = 5. HS, 9. HS > 3.; von innen nach außen gezählt!), Schwanz : 88. Dieser als „Strix decussata" bestimmte Vogel mit Resten des Dunenkleides gehört unmöglich zu O. choliba crucigerus. Der Vergleich mit einem unterseits ähnlich schwach gezeichneten Exemplar von O. guatemalae napensis im Museum Berlin ergab, daß eben napensis die Schwanzzeichnung von guatemalae hat, desgleichen die geringeren Größenverhältnisse (vgl. Amer. Mus. Nov., Nr. 332, p. 4, 1928). Die Maße, die Schwingenverhältnisse, die Schwingen- und Schwanzzeichnung gleichen einem cf von O. roboratus vom Rio Chinchipe (American Museum of Natural History, New York), das mir Herr Dr. C. VAURIE freundlicherweise auslieh. Nach E. H. KELSO (Biol. Leafl., No. 4, p. 47, 1934) bewohnt O. roboratus die tropische Zone Perus, vom unteren Maranon-Tal bis Bellavista und Chachapoyas, stößt also an den Reiseweg POEPPIGs. Otus choliba O. choliba ssp. 2 Ex.: C 44424-25 A, angeblich 1825 und 1828 von POEPPIG in Pennsylvania gesammelt, was auf einem Irrtum beruhen muß. Flügel: 161/162. Otus roboratus und O. choliba sollen mit O. as/o einen „Artenkreis" bilden (G. P. HEKSTRA briefl.). Bubo DUMERIL Bubo bubo B. b. hispanus ROTHSCHILD u. HARTERT, 1910 1 Ex.: C44325», Linares/Salamanca, Spanien, 28. 6. 1938, 9 , leg. H. GRÜN - ex Coli. O. NEUMANN. Flügel (Bandmaß): 45,5 cm. B. b. bengalensis (FRANKLIN, 1831) 1 Ex.: C 44373 A, Sind, August 1865 - bezogen von JAMRACH. Flügel (Bandmaß): 40,5 cm. B. b. (capensis) diüoni DES MURS u. PREVOST, 1846 1 Ex.: C 44738 • , 1. 6. 1925, cf, Iris orange, leg. M. GAJDACS - ex Coli. O. NEUMANN. Flügel (Bandmaß): 38 cm. B. b. (oirginianus) nacurutu (VIEILLOT, 1817) 1 Ex.: C 44372 A, Ega (Teffe), 1831 - leg. POEPPIG. Flügel (Bandmaß): 33 cm.
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Zool. Abh. Mus, Tierk. Dresden. 32, Nr. 10, 1973
Bubo africanus B. a. africanus (TEMMINCK, 1821) 2 Ex.: C44374 A, Süd-Afrika, 1841 - leg. GUEINZIUS; C44375 A, Inneres von Süd-Afrika, 1841, $ - leg. ZEYHER. Flügel (Bandmaß): 33 cm/34,5 cm. B. a. cinerascens GUfiRIN-MfiNEVILLE, 1843 1 Ex.: C44324 •, südlich von Addis-Abeba, November 1928, 9 - ex Coli. O. NEUMANN. Flügel: 317. Bubo lacteus B. lacteus (TEMMINCK, 1820) 1 Ex.: C 44376 A, Äthiopien, 13. 9. 1847, 9 - leg. SCHIMPER. Flügel (Bandmaß): 43,5 cm. Bubo sumatranus B. s. strepitans (TEMMINCK, 1823) 1 Ex.: C44378, Java, 1864. Flügel (Bandmaß): 38,5 cm. Bubo ketupu B. k. ketupu (HORSFIELD, 1821) 1 Ex.: C 44377 A, Java — erworben von v. SCHIERBRAND. Flügel (Bandmaß): 35,5 cm. Pulsatri« KAUP Durch das freundliche Entgegenkommen Dr. VAURIEs (American Museum of Natural History, New York) konnte ich einen Balg der Pulsatrix koenismaldiana (A. W. BERTONI, 1901) untersuchen und mit P. melanota (TSCHUDI, 1844) aus dem Berliner Museum sowie mit P. perspicillata, insbesondere mit P. p. pulsatrix, vergleichen. Danach kam noch der unten aufgeführte koenismaldiana-Balg vom Görlitzer Museum hinzu. L. KELSO unterteilte diese Gattung auf Grund augenfälliger äußerer Unterschiede in vier Arten: perspicillata, pulsatrix, melanota und koenismaldiana. Es wird aber den natürlichen Verwandtschaftsbeziehungen dieser Käuze eher entsprechen, wenn man einerseits, wie bereits geschehen, perspicillata und pulsatrix und andererseits melanota und koenismaldiana (= sharpei) in zwei Formenkreisen unterbringt. Hierbei bilden P. p. pulsatrix und P. m. koenismaldiana hinsichtlich intensiver Gelbfärbung und erheblicher Größe einen deutlichen geographischen Parallelismus. Pulsatrix perspicillata P. p. pulsatrix (WIED, 1820) 1 Ex.: C44388 A, ohne Angaben, mit hauChfein angedeuteten rötlichen Querlinien auf dem Bauchgefieder. Flügel: 363.
ECK: Ornithol. Sammlung d. Zoolog. Institutes d. Universität Leipzig
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P. p. perspicillata (LATHAM, 1790) 2 Ex.: C 44389, Ega/Nordwest-Brasilien, 1831 - leg. E. POEPPIG; C 44426 •, Sao Jeronimo/Nordwest-Brasilien, April 1938, 9/ I r i s gelb. Flügel: 318/338. Pulsatrix melanota P. m. koenismaldiana (A. W. BERTONI, 1901) 1 Ex.-. C 44477 A Canto Galto/Prov. Rio de Janeiro, 1869, 9 , leg. P. EULER - im Februar 1972 durch Tausch vom Museum für Naturkunde Görlitz erworben. Flügel: 300 (HS 7 keimend). Schwanz: Sämtliche Federn noch mit Blutkielen, aber S 3 - 6 so gut wie ausgewachsen, S 2 18 mm kürzer, S 1 noch kürzer. Bauch ohne jede Andeutung von rötlicher Querbänderung und darin auffallend abweichend von dem oben erwähnten Stück des New Yorker Museums, einem 9 aus Misiones, Argentinien (vgl. HELLMAYR, Verh. Orn. Ges. Bayern, 12, pp. 158-159, 1915). Nyctea STEPHENS NYCtea scandiaca N. scandiaca (LINNAEUS, 1758) 2 Ex.: C44370, Lappland, 1840, fast weiß; C44371 A, ohne Angaben, 9 - braun gebändert. Flügel (Bandmaß): 41,5 cm/44,5+ cm. Surnia DUMÉRIL Surnla ulula S. u. ulula (LINNAEUS, 1758) 2 Ex.: C 44398 A, Litauen, 9 ; C 44399 A, ohne Angaben. Flügel: 235/230. Glaucidium BOIE Glaucidium minutissimum G. m. griseiceps SHARPE, 1875 1 Ex.: C44420, Vera Paz/Guatemala, 1876. Flügel: 97. Glaucidium siju G. s. siju (D'ORBIGNY, 1839) 1 EX.: C44407 A, Santa Elena/Kuba, 1823 - leg. POEPPIG. Flügel: Mauser. Glaucidium, Artefakt C 44408 A, ohne Angaben, defekt, mit dem zerschnittenen Schwanz eines Aegolius funereus, dem Körper eines G. brodiei und dem Kopf eines vermutlichen G. brasilianum.
Zool. Abh. Mus. Tierk. Dresden, 32, Nr. 10, 1973
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Glaucidium brasilianum G. b. brasilianum (GMELIN, 1788) 1 Ex.: C 44409 A, ohne Angaben, rote Phase, Schwanz nur schwach hell und dunkel gebändert. Flügel: 102,5. G. b. ucaya/ae CHAPMAN, 1929 1 Ex.: C44410 A, Peru (in^dßF kalten Region), 1861, graues Stück. Flügel: 96. . ... .. G. b. ridgwayi SHARPE, 1875 1 Ex.: C 44405 A, Vera Paz/Guatemala, c f . Flügel: 103. G. b. nanum (KING, 1827) 2 Ex.: C44404 A, Valdivia/Chile, rot; C 44406 A, Osorno/Chile, 1847, grau. Flügel: 105/99. Ninox HODGSON Ninox scutulata N. s. 7 hirsuta (TEMMINCK, 1824) 1 Ex.: C 44394 A, „Himalaya", wohl irrig, denn dieser Vogel ist sehr dunkel (dunkler als das Stück unserer Sammlung von Ceylon, C 38297). Unterseits breite Längsstreifen, keine Herzflecken, also wohl auch nicht zu ¡ugubris (TICKELL) gehörig. Flügel: 196. N. scutulata ssp. 1 Ex.: C 44393 A, Sumatra, nicht ssp. scutulata (RAFFL.), sondern Gast aus dem Norden. Flügel: 220. N. s. botneensis (BONAPARTE, 1850) 1 Ex.: C44431 • , Nordwest-Borneo, 2. 9. 1937, 9 - ex Coli. O. NEUMANN. Flügel: 182 (Mauser), Schwanz: 98. Athene BOIE Athene noctua A. n. saharae (KLEINSCHMIDT, 1909) 1 Ex.: C 44391 A, Oued Nakhla/Tunis, cf - leg. P. SPATZ. Flügel: 159, Schwanz: 78. A. n. vidalii A. E. BREHM, 1857 1 Ex. : C 44793 • , Linares/Salamanca, Spanien, 2. 10. 1935, 9 - leg. H. GRÜN. Flügel: 157. Über die Steinkäuze der iberischen Halbinsel s. SOARES (1972), Arqu. Mus. Bocage, 2. Ser,, III, Nr. 12, pp. 355-365.
ECK: Ornithol. Sammhing d. Zoolog. Institutes d. Universität Leipzig
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Athene brama A. brama. ssp. (nicht indica) 1 Ex.: C44392 A, „Himalaya", August 1863. Flügel: 162.
Athene cunicularia A. c. cunicularia (MOLINA, 1782) 1 Ex.: C 44390 A, Talcahuano/Chile, 1828 - leg. POEPPIG. Flügel: 195. A. c. grallaria (TEMMINCK, 1822) 2 Ex.: C 44791-92 •, Santa Caterina, Brasilien - leg. APEL. Flügel: 184/Mauser. C 44791 ist unterseits leicht rostig überflogen, C 44792 hat unterseits spärlichere Zeichnung auf weißem Grund.
Strix LINNAEUS Strix woodfordi S. w. nuchalis (SHARPE, 1870) 1 Ex.: C 44427 •, ohne Angaben - ex Coli. O. NEUMANN. Flügel: 247.
Strix leptogrammica S. 1. myrtha (BONAPARTE, 1850) 1 Ex.: C 44380 A, Sumatra, Rücken üngebändert! - erhalten von v. SCHIERBRAND. Flügel: 379. S. /. leptogrammica TEMMINCK, 1831 2 Ex.: C 4 4 7 3 9 - 4 0 » , Parit/Sampit, Süd-Borneo, 6. 7. 1935, cf, Iris dunkelbraun, Schnabel schwarz, Füße grau, leg. J . J . MENDEN; Koemai, Süd-Borneo, 14. 1. 1938, 9 - Iris dunkelbraun, Schnabel elfenbeingelb, Füße grau, leg. J . J . MENDEN - beide ex Coli. O. NEUMANN. Flügel: 301/295. Das zweite Stück, C 44740, ist auffallend hell und erinnert sehr an Daga, doch zeigt die Oberbrust den mehr rötlichen Ton von ssp. leptogrammica (bei Daga brauner). Ob der Unterschied in der Schnabelfärbung zwischen den Geschlechtern zufällig ist? Strix seloputo S. s. seloputo HORSFIELD, 1809 1 Ex.: C44379 A, Java - erhalten von v. SCHIERBRAND. Flügel: 343.
Zool. Abh. Mus. Tierk. Dresden, 32, Nr. 10, 1973
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Strix uralensis S. u. (varia) geórgica LATHAM, 1801 2 Ex.: C44402 A, Georgia, 22. 9. 1850 - leg. GERHARDT; C 44403 A, „Nordamerika", Determination nicht ganz sicher. Flügel: 341/348. Innerhalb des Formenkreises des Habichtskauzes ist der Dar/a-Sektor relativ kurzschwänzig. Unter den relativ langschwänzigen Formen des ura/ens/s-Sektors hat carpathica den (im Verhältnis zur Flügellänge) längsten Schwanz (Schwanz :Flügel-Index mindestens bis 83,6%). Strix virgata E. H. KELSO (Biol. Leafl., No. 4, 1934) sondert die drei Gruppen dieses Formenkreises artlich voneinander. Er trennt „Ciccaba" borelliana, „C." superciliaris (ssp. superciliaris und macconnellii) und „C." virgata mit ihren Subspezies. Die beiden superciliaris-Formen neigen unterseits zur Querbänderung. S. v. virgata (CASSIN, 1848) 1 Ex.: C44381 A, Venezuela. Der im Katalog (p. 211) genannte Vogel befindet sich im Mesoptilkleid und wirkt gelblich, hat aber weißliche Schwanzbinden. Flügel: 242. S. v. borelliana (BERTONI, 1901) 1 Ex.: C44382 A, Brasilien, 1888 - leg. KAPS. Flügel: 256. Asió BRISSON Asio otus A. O. otus (LINNAEUS, 1758) 3 EX.: C 44368», Radebeul bei Dresden, 28. 3. 1970, o"; C 4 4 3 6 9 * , Radeberg, 25. 1. 1970, cf; C 44386 A, Connewitz/Leipzig, 1848, cT - leg. VOLLSACK. Flügel, Schwanz: 292, 142/295, 150/296, 139. Asio flammeus A. f. (capensis) capensis (A. SMITH, 1834) 1 Ex.: C44386 A, Inneres von Süd-Afrika, 1842 - leg. ZEYHER. Flügel: 290. A. í. suinda (VIEILLOT, 1758) 2 Ex.: C 44400 A, Süd-Chile, 1846; C 44401 A, Chile, 1845 - leg. RENSUS. Flügel: 326/320. Aegolius KAUP Aegolius funereus A. f. funereus (LINNAEUS, 1758) 4 Ex.: C 44395-97, A, Litauen, Sachsen, Deutschland (Mesoptilkleid); C 44779, Weißig bei Kamenz, 15. 10. 1962, 104 g, leg. M. MELDE - Coli. Dr. G. CREUTZ, Geschenk 1972. Flügel: 176/166/162/167.
ECK: Ornithol. Sammlung d. Zoolog. Institutes d. Universität Leipzig
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Gesamtübersicht der im Staatlichen Museum für Tierkunde Dresden vorhandenen Eulenformen Tyto longimembris amauronota (CABANIS) T. 1. punctata (G. R. GRAY) Tyto alba pusilla (BLYTH) T. a. ernesti (KLEINSCHMIDT) T. a. rhenana (KLEINSCHMIDT) T. a. guttata (C. L. BREHM) T. a. ? affinis (BLYTH) T. a. javanica (GMELIN) T. a. delicatula (GOULD) T. a. pratíncola (BONAPARTE) T. a. furcata (TEMMINCK) T. a. contempta (HARTERT) . T. a. tuidara (J. E. GRAY) Tyto novaebollandiae rosenbergi (SCHLEGEL) T. n. nooaeholiandiae (STEPHENS) T. n. castanops (GOULD) Tyto tenebricosa arfaki (SCHLEGEL) Tyto nigrobrunnea NEUMANN Otus spilocephalus hambroecki (SWINHOE) Otus scops cycladum (TSCHUSI) O. s. cyprius (MADARASZ) O. s. scops (LINNAEUS) O. s. pulchellus (PALLAS) O. s. stictonotus (SHARPE) O. s. malayanus (HAY) O. s. manadensis (QUOY & GAIMARD) O. s. mendeni NEUMANN O. s. obsti ECK O. s. mentami CHASEN & KLOSS O. s. leucospilus (G. R. GRAY) O. s. bouruensis (SHARPE) O. s. magicus (S. MÜLLER) O. s. albioentris (SHARPE) O. s. rutilus (PUCHERAN) O. s. capensis (SMITH) O. s. flammeolus (KAUP) Otus podarginus (HARTLAUB & FINSCH) Otus asió lempiji (HORSFIELD) O. a. eoeretti (TWEEDDALE) O. a. lemurum DEIGNAN O. a. bakkamoena PENNANT O. a. /ettia (HODGSON) O. a. ? condorensis KLOSS O. a. g¡abripes (SWINHOE)
O. a. semitorques TEMMINCK & SCHLEGEL O. a. naeoius (GMELIN) O. a. floridanus (RIDGWAY) Otus roboratus BANGS & NOBLE Otus choliba margar/tae CORY O. c. crucigerus (SPIX) O. c. decussatus (LICHTENSTEIN) Otus guatemalae ssp. Otus atricapillus ssp. O. a. sanctaecatprinae (SALVIN) O. a. watsoni (CASSIN) O. a. usta (SCLATER) Otus albogulatiß remotus BOND & DE SCHAÜENSEE Ptilopsis leucotis leucotis (TEMMINCK) P. I. granti (KOLLI BAY) Lophostrix cristata cristata (DAUDIN) Bubo bubo hispanus ROTHSCHILD & HARTERT B. b. bubo (LINNAEUS) B. b. ruthenus BUTURLIN & ZHITKOV B. b. interpositus ROTHSCHILD & HARTERT B. b. sibiricus (GLOGER) B. b. ussuriensis POLJAKOW B. b. kiautschepsis REICHENOW B. b. tibetanus BIANCHI fl. b. bengalensis (FRANKLIN) B. b. auspicabilis DEMENTIEW B. b. ascaiaphus SAVIGNY B. b. dilloni DES MURS & PREVOST B. b. capensis SMITH B. b. occidentalis STONE B. b. heterocnemis (OBERHOLSER) B. b. nigrescens BERLEPSCH B. b. deserti REISER B. b. nacurutu (VIEILLOT) Bubo africanus cinerascens GUfiRINMfiNEVILLE B. a. africanus (TEMMINCK) Bubo lacteus (TEMMINCK) Bubo zeylonertsis ssp. Bubo blakistoni doerriesi SEEBOHM
168 Bubo sumatranus sumatranus (RAFFLES) B. s. strepitans (TEMMINCK) B. s. tenuifasciatus MEES Bubo philippensis philippensis (KAUP) Bubo ketupu ketupu (HORSFIELD) Pulsatrix perspicillata perspicillata (LATHAM) P. p. pulsatrix (WIED) Pulsatrix melanota koeniswaldiana (A. W. BERTONI) Nyctea scandiaca (LINNAEUS) Surnia ulula ulula (LINNAEUS) S. u. ? pai/asi BUTURLIN S. u. caparoch (S, MULLER) Glaucidium passerinum passerinum (LINNAEUS) G. p. grinnelli RIDGWAY G. p. californicum SCLATER G. p. licua (LICHTENSTEIN) ? G. p. diurnum CLANCEY Glaucidium minutissimum griseiceps SHARPE Glaucidium siju siju (D'ORBIGNY) Glaucidium brasilianum ridgwayi SHARPE G. b. ucayalae CHAPMAN G. b. brasilianum (GMELIN) G. b. nanum KING Glaucidium jardinii jardinii (BONAPARTE) Glaucidium brodiei brodiei (BURTON) G. b. pardalotum (SWINHOE) Glaucidium castariopterum vohitelyi (BLYTH) G. c. persimile HARTERT G. c. brugeli (PARROT) G. c. cuculoides (VIGORS) Glaucidium radiatum radiatum (TICKELL) Glaucidium capensis capensis (SMITH) Ninox strenua (GOULD) Ninox rufa humeralis (BONAPARTE) Ninox connivens assimilis SALVADORI & D'ALBERTIS N. c. conniDens (LATHAM) Ninox variegata theomacha (BONAPARTE) N. v. goldii GURNEY N. v. hypogramma (G. R. GRAY) Ninox novaeseelandiae rudolfi MEYER N. n. fusca (VIEILLOT) N. n. ocellata (BONAPARTE)
Zool. Abh. Mus. Tierk. Dresden, 32, Nr. 10, 1973
N. n. boobook (LATHAM) N. n. leucopsis (GOULD) N. n. novaeseelandiae (GMELIN) Ninox scutulata japonica (TEMMINCK & SCHLEGEL) N. S. totogo (MOMIYAMA) ? N. s. burmanica HUME N. s. hirsuta (TEMMINCK) N. s. borneensis (BONAPARTE) Ninox philippensis ssp. (philippensisGruppe) N. ph. spilocephala TWEEDDALE Ninox punctulata (QUOY & GAIMARD) Ninox odiosa SCLATER Ninox ochracea (SCHLEGEL) Ninox jacquinoti jacquinoti (BONAPARTE) N. ;'. grant! SHARPE Athene noctua ? mira WITHERBY A. n. vidalii A. E. BREHM A. n. noctua (SCOPOLI) A. n. sarda (KLEINSCHMIDT) A. n. indigena C. L. BREHM ( (incl. caucasica) A. n. ruficolor (KLEINSCHMIDT) A. n. saharae (KLEINSCHMIDT) A. n. glaux (SAVIGNY) A. n. bactriana BLYTH A. n. somaliensis REICHENOW Athene brama indica (FRANKLIN) Athene cunicularia hypugaea (BONAPARTE) A. c. floridana (RIDGWAY) A. c. nanodes (BERLEPSCH & STOLZMANN) A. c. cunicularia A. c. grallaria
(MOLINA) (TEMMINCK)
Strix leptogrammica newarensis (HODGSON) S. 1. myrtha (BONAPARTE) S. 1. vaga MAYR S. 1. leptogrammica TEMMINCK Strix seloputo seloputo HORSFIELD Strix ocellata ocellata (LESSON) Strix aluco mauritanica (WITHERBY) S. a. clanceyi v. JORDANS S. a. aluco LINNAEUS S. a. ma (CLARK)
ECK: Ornithol. Sammlung d. Zoolog. Institutes d. Universität Leipzig
Strix woodfordi nigricantia (SHARPE)
S. w. nuchal is (SHARPE)
Strix uralensis georgica LATHAM S. u. Daria BARTON S. u. davicli (SHARPE) S. uralensis aus Japan S. u. daurica STEGMANN S. u. uralensis PALLAS S. u. liturata LINDROTH S. u. ? carpathica DUNAJEWSKI
Strix nebulosa nebulosa J. R. FORSTER S. n. lapponica THUNBERG
Strix Birgitta, oirgata (CASSIN) S. v. boreiliaha
(BERTONI)
Strix huhula nigrolineata (SCLATER) S. h. huhula DAUDIN
169
Strix albitarsus atbitarsus (BONAPARTE) Asio clam at or clamator (VIEILLOT) Asio otus otus (LINNAEUS)
A. o. wilsonianus (LESSON) A. o. madagascariensis (SMITH) Asio flammeus flammeus (PONTOPPIDAN) A. f. suinda (VIEILLOT) A. f. sandwichensis (BLOXHAM) A. f. tingitanus (LOCHE) A. f. capensis (SMITH)
Aegolius acadicus acadicus (GMELIN) Aegolius funereus richardsoni (BONAPARTE)'
A. f. sibincus (BUTURLIN) A. f. funereus (LINNAEUS)
Anschrift des Autors: Siegfried Eck, Staatliches Museum für Tierkunde, DDR — 801 Dresden, Augustusstraße 2.
Z O O L O G I S C H E ABHANDLUNGEN STAATLICHES M U S E U M FÜR T I E R K U N D E IN D R E S D E N Band 32
Ausgegeben: 19. Dezember 1973
Nr. 11
Quantitative Daten des Haussperlings (Passer domesticus) aus ungarischen Schleiereulengewöllen (Aves, Passerinae) mit 1 Karte EGON
SCHMIDT
Budapest
Über den Haussperling sind quantitative Untersuchungen in größeren, zusammenhängenden Gebieten Europas noch nicht durchgeführt worden. Außer ganz lokalen Ergebnissen (z. B. STEGMANN 1959) kann man in der Literatur kaum eine Arbeit finden, wo die Mengenverhältnisse dieser, auch in das IBP-Programm aufgenommenen Art, geschildert werden. Der Grund mag darin liegen, daß der Haussperling, ganz vom jeweiligen Nahrungsangebot abhängend, auch in relativ kleinen Gebieten in sehr wechselnder Zahl vorkommen kann. Die Mengenverhältnisse in einer Großstadt können sich z. B. auch mit den Jahreszeiten ändern. Im Winter kommen sie in die Innenstadt von Budapest in ungeheuer großen Mengen, um zu schlafen, und zu diesen Zeiten sind die ziemlich dicht stehenden Bäume einiger Straßen sozusagen mit Sperlingen überfüllt. Die Peripherie einer Großstadt bietet auch gute Nahrungsmöglichkeiten (Mühlen, Mastanstalten), und die Sperlinge versammeln sich tagsüber an diesen Stellen. In freigelegenen Dörfern und Kleinstädten ist das Problem einfacher, da die Sperlingspopulation praktisch durch das ganze Jahr hindurch in der Umgebung bleibt, quantitative Bestandsaufnahmen sind aber auch in diesem Fall schwierig. Die im Ungarischen Ornithologischen Institut seit mehr als 10 Jahren planmäßig durchgeführten Gewölluntersuchungen der Schleiereule haben neben kleinsäugerfaunistischen und quantitativen Daten auch Angaben über die mengenmäßige Verteilung der Sperlingspopulation in verschiedenen Gebieten des Landes ergeben, so daß es lohnend erschien, diese kurz zusammenzufassen. Die Hauptnahrung der Schleiereule sind verschiedene Kleinsäuger, Spitzmäuse, Wühlmäuse und echte Mäuse, daneben kann aber auch die Vogelbeute beträchtlich sein. Die Vogelnahrung besteht in Ungarn praktisch fast ausschließlich aus Haussperlingen. Wie die vierteljährlichen Kontrollen der Gewölle einzelner Paare zeigten, ist die Zahl der Sperlingsbeute besonders in den Wintermonaten hoch (SCHMIDT 1968). Das hängt offensichtlich mit der schwer gewordenen Jagd auf Kleinsäuger in dieser Jahreszeit (hoher Schnee) zusammen. Dazu zwei Beispiele aus Bäcsalmäs (S-Ungarn) und Telki (NO-Pannonien). Die Prozentzahlen zeigen Passer domesticus im Verhältnis zu allen anderen Beutetieren :
172
Zool. Abh. Mus. Tierk. Dresden, 32, Nr. 11, 1973
Bäcsalmäs L.: j : RfiKÄSI 31. 5. 1967
30. 11. 1966
21.4% 31. 5. 1968 11,4 O/o 31. 5. 1969 59,9 % Telki L . : E. S C H M I D T 21. 5.1965 10,3 % 31. 5. 1966 17,2 O/o
11,6%
28. 2. 1967 34.6 0/0 29. 2.1968 47,1% 28. 2.1969
15,8 % 31. 8. 1969 60,6 %
30. 11.1967 6,0 O/o 30. 11. 1968 54,4 0/o 30. 11. 1969 45,6 O/o
31. 8. 1965 13,2 0/0 31. 8. 1966 3,0 O/o
30. 11.1965 20,0 % 30. 11.1966 6,2 0/o
28. 2.1966 64,0 O/o
31. 8. 1967 10,2 % 31. 8. 1968
80.7 %
Leider k o n n t e n wir das Sammeln der Gewölle wegen des Verschwindens der Schleiereulen nicht fortsetzen. Aus diesen Zahlen ist jedoch ersichtlich, daß die Kulmination der Sperlingsbeute immer auf die Winterperiode fällt, obzwar sie auch in anderen J a h r e s seiten beträchtlich sein kann. Im allgemeinen ergeben a b e r die Sommer- und Herbstm o n a t e die niedrigsten Werte, da dann die verschiedenen Kleinsäuger in Mengen auftreten und sie für die Eulen leicht zu fangen sind. Bei meinen Untersuchungen habe ich in jedem Fall Material von m e h r e r e n J a h r e n aufgearbeitet und b e k a m so einen guten Durchschnitt der Beutetiere für alle vier J a h r e s z e i t e n zusammen. Ich n a h m nur Material mit großer Beutetierzahl (min. 250 Stück), kleinere Gewöllsammlungen wurden außer acht gelassen. Als Beutetiere wurden nur Wirbeltiere betrachtet. Es ist natürlich kaum zu erwarten, daß die Gewölle ein genaues Bild ü b e r die Größe der einzelnen Sperlingspopulationen geben können. Es ist a b e r doch mit Recht zu erwarten, daß ein grobes Bild der Mengenverhältnisse im Lande durch diese Methode zu erreichen ist. Ohne Zweifel hängt sehr viel auch von der Eule selbst ab. Es gibt individuelle Verschiedenheiten bei der Jagd, d. h., die eine jagt m e h r in der Stadt oder im Dorf selbst als die andere, w o b e i bei der ersten die Sperlingsbeute theoretisch größer sein kann. B e i größeren Gewöllmaterialien k ö n n e n sich a b e r diese Differenzen wohl ausgleichen, und m a n b e k o m m t ein ziemlich reelles Bild über die Mengenverhältnisse der Haussperlinge. Ich habe von 35 Stellen stammendes Gewöllmaterial mit 30 429 Beutetieren b e a r b e i t e t (siehe Karte). Die gesamte Zahl der Haussperlinge w a r 4 376, also 14,4 % im ganzen Land, wobei die Prozentzahlen einzelner Landesteile bedeutend g r ö ß e r waren. Leider k o n n t e ich von den mittleren Gebieten der Großen Ungarischen T i e f e b e n e kein genügendes Gewöllmaterial b e k o m m e n . Die Schleiereule scheint in diesem Gebiet ziemlich selten zu sein, die Kontrollen der Kirchtürme waren meist negativ oder ergaben höchstens ein kleineres, für die Untersuchungen ungenügendes Material. Die anderen Landesteile mit, Pußta-Charakter, also Süd- und Ost-Ungarn, sowie die nördlichen Gebiete, besonders das Hernäd-Tal, w a r e n dagegen genügend vertreten. Aus Pannonien habe ich v o m nordöstlichen und südlichen Teil ein ziemlich großes Material, es fehlten a b e r Gewölle von Nordwest-Pannonien, vor allem von der Kleinen Ungarischen Tiefebene. Die erhaltenen Resultate müssen also später noch durch Ergebnisse aus diesen Gebieten ergänzt werden.
SCHMIDT: Quantit. Daten d. Haussperlings aus ung. Schleiereulengewöllen
173
Karte: Der prozentuale Anteil der Haussperlinge (Passer domesticus) in ungarischen Schleiereulengewöllen.
Die beigefügte Karte zeigt deutlich, daß der Haussperling in der größten Anzahl im südlichen Teil der Tiefebene und in der Umgebung von Budapest verbreitet ist, sonst gibt es nur Lokal-Populationen, die eine ähnlich größere Dichte aufweisen. Die südliche, vor allem die südöstliche, östlich der Theiß liegende Tiefebene gehört zu den wärmsten und aridesten Gebieten Ungarns, daran schließt sich die südöstliche Ecke Pannoniens (Kom. Baranya). Hier fiel die scheinbar sehr dichte Verbreitung des Haussperlings mit einer außergewöhnlichen Wohndichte der wärmeliebenden Weißzähnigen Spitzmäuse (Crocidura) und auch mit dem recht häufigen Vorkommen der Hausmaus (Mus musculus) zusammen (SCHMIDT 1971). Bei der letzteren ist die steppenbewohnende sogenannte Wildform das ganze Jahr hindurch in freien Kulturbiotopen aufzufinden, und so ist es verständlich, daß sie auch in der Nahrung der Schleiereule mit hoher Prozentzahl vorkommt. Der Haussperling, ursprünglich auch eine steppenbewohnende Art, nistet in Ungarn nicht nur in den geeigneten Löchern und Spalten der Gebäude, sondern auch frei, auf Akazien oder Pappelbäumen, einzeln oder in lockeren kleineren Kolonien. In den Produkten der Getreidewirtschaft gibt es keine wesentlichen Unterschiede in den verschiedenen Teilen der Tiefebene, und so hängt die größere Dichte der Haussperlinge in den südlichen Teilen nicht mit diesem Faktor zusammen. Auch klimatische Verhältnisse scheinen hier keine wesentliche Rolle zu spielen, obzwar der Haussperling wahrscheinlich eher Trockenheit als Feuchtigkeit bevorzugt, und seine große Menge in den Gewöllen aus dem aridesten Landesteil scheint diese Meinung zu unterstützen. Aus Gewöllen kann man keine weiteren Folgerungen ziehen, das Problem müßte auch von anderen Seiten angegangen und gelöst werden.
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Z o o l . A b h . M u s . T i e r k . D r e s d e n , 32, N r . 11, 1973
Hat man als Vergleich europäische Schleiereulen-Ausbeuten aus der Literatur vor sich, dann sieht man, daß der Haussperlings-Anteil in keinem einzigen Land so hoch wie eben in Ungarn ist. Nur in einem polnischen Material (RUPRECHT 1964) ist der Passer domesticus-Anteil dem ungarischen ähnlich (18 %), bei allen anderen bleibt er unter 1 0 % der Beutetiere. In kleinster Zahl sind die Haussperlinge in Gewöllen west- und südwesteuropäischer Schleiereulen vorzufinden. So fand VAUK (1963) in NW-Deutschland unter 615 Beutetieren nur 3 „Vögel" (0,5 %), und in Portugal war der „Vogel"-Anteil bei 6487 Beutetieren ebenfalls nur 0 , 8 % (NIETHAMMER 1970). Bei diesen Angaben waren die eigentlichen Sperlingszahlen wahrscheinlich noch niedriger. In der Eifel hat ROTHKOPF (1970) unter 4834 Beutetieren nur 7 Passer domesticus (0,1 %) gefunden, und ähnlich war der Fall im Nordharz-Vorland, 30 Haussperlinge unter 8518 Wirbeltieren (0,4 %) (HAENSEL und WALTHER 1966). Auch in Frankreich fand THIOLLAY (1968) nur 0,2 % unter 31 147 Beutetieren. In Berlin waren es schon 2,6 % (SCHNURRE 1967), und in Polen fand man 3,8 % (CZARNECKI et al. 1955), 1,8 und 4,0 % (CAIS 1960) und 18 % (RUPRECHT 1964). Aus der Tschechoslowakei hat BALÄT (1956) folgende Werte bekommen: Südmähren 3 , 8 % ; Hohe Tatra 2,1 % ; Ostböhmen 3 , 7 % ; Südslowakei 7,8%. Die höchsten Zahlen sind also auch hier in der Nähe der Ungarischen Ebene zu finden. Literatur BALÄT, F., 1956: Beitrag zur Ernährung der Schleiereule (Tyto alba) in Südmähren und in der Südslowakei. — Zool. Listy, 5, p. 237-258. CAIS, L., 1963 : Badania nad skladem pokarmu kilku gatunköw söw. — Zesz. nauk. Uniw. pozn. (Biol.), 4, p. 3-21. CZARNECKI, Z„ J. GRUSZCZYNSKA und E. SMOLENSKA, 1955: Investigations on the composition of the food consumed by the Barn-Owl (Tyto alba guttata [C. L. BR.]). - Pozn. TPN, 16, p. 3-37. HAENSEL, J „ und G. J. WALTHER, 1966: Beitrag zur Ernährung der Eulen im NordharzVorland unter besonderer Berücksichtigung der Insektennahrung. — Beitr. Vogelkunde, 11, p. 345-358. NIETHAMMER, J „ 1970: Über Kleinsäuger aus Portugal. - Bonner Zool. Beitr., 21, p. 89-118. ROTHKOPF, D., 1970: Eine Analyse von Gewöllen der Schleiereule, Tyto alba, aus der Eifel. - Bonner Zool. Beitr., 21, p. 63-82. RUPRECHT, A., 1964: Analyse der Nahrungsbestandteile der Schleiereule Tyto alba guttata (C. L. BR.), vorkommend in Aleksandröw Kuj., Ciechocinek und Raciazek in den Jahren 1960-1961. - Zesz. nauk. UMK, Biol., 7, p. 45-66. SCHMIDT, E., 1968: Der Haussperling (Passer domesticus [L.]) und der Feldsperling (Passer montanus [L.]) als Nahrung der Schleiereule (Tyto alba [Scop.]) in Ungarn. — Intern. Stud. on Sparrows, Warszawa, 2, p. 96—101. SCHMIDT, E., 1971 : Beispiele zur Bedeutung von Gewölluntersuchungen für die Kenntnis der Kleinsäugerwelt in einem engeren tiergeographischen Bezirk (Ungarn). — Säugetierkundl. Mitt., 19, p. 44-48. SCHNURRE, O., 1967: Ernährungsbiologische Studien an Schleiereulen (Tyto alba) im Berliner Raum. — Milu, 2, p. 322—331. STEGMANN, B„ 1959: Sperlinge und Schutzmethoden gegen sie. - Aquila, 65, p. 61-78. THIOLLAY, J. M., 1968: Le régime alimentaire de nos rapaces: quelques analyses françaises. — Nos Oiseaux, 29, p. 249—268. VAUK, G., 1963: Nahrungsökologische Untersuchungen an einer Schleiereule der nordwestdeutschen Marschlandschaft. - Beitr. Naturk. Niedersachsen, 16, p. 6 - 9 . Anschrift des Autors: Egon Schmidt, Madârtani Intézet, Budapest XII., Költö utca 21, VR Ungarn. III-28-2 D 2/4/73
Z O O L O G I S C H E ABHANDLUNGEN STAATLICHES MUSEUM FÜR TIERKUNDE IN DRESDEN Band 32
Ausgegeben : 19. Dezember 1973
Nr. 12
Über einige taxonomische Fragen der Eichelhäher des Nahen Ostens (Aves, Corvidae) mit 1 Verbreitungskarte ANDRAS
KEVE
Budapest
Das Areal des Eichelhähers, Garrulus glandarius (L., 1758), wie die Verteilung seiner Subspezies in diesem, stellen uns bezüglich der Evolution dieser Art vor viele Fragen. Die sehr verschieden gefärbten Formen bilden Gruppen, die wieder Untergruppen haben können. Es gibt sogar einzelne Subspezies, die man ohne Zwang keiner der Gruppen zuordnen kann. Die Formen der südlichsten Teile des Areals der Art haben eine schwarze Kappe. Es sind dies die Populationen aus Hinter-Indien, aus Nahost wie aus NordwestAfrika. In meiner jetzigen Studie möchte ich nur die Subspezies des Nahen Ostens, des Pontus, behandeln. Diese Unter-Gruppe der Schwarzkappen-Formen lebt isoliert von anderen Subspezies. Der einzige Punkt, an dem sie sich vielleicht mit den europäischen streifenköpfigen Formen treffen könnten, ist die Gegend von Istanbul. Aber auch hier liegt zwischen ihren Arealen ein baumarmes Gelände, das freilich nicht so weit reicht, daß es streichende Exemplare nicht überwinden könnten. Eines ist allen Unter-Gruppen gemeinsam, daß sich nämlich am Rande ihrer Brutareale die schwarze Kappe des Kopfes in breite Streifen auflöst. Das ist besonders deutlich bei den afrikanischen Subspezies zu sehen, welche deshalb von einigen Forschern, aber zu Unrecht, zu der streifenköpfigen europäischen Gruppe gerechnet werden. Das gleiche ist aber auch bei den pontischen Formen festzustellen. Die systematische Gliederung dieser Subspezies oder Unterarten erfuhr sehr verschiedene Beurteilungen. HARTERT (1903) hat folgende anerkannt: G. gl. krynicki, G. gl. caspius, G. gl. hyrcanus und G. gl. atricapillus, später (1921) noch iphigenia. HARTERT und STEINBACHER (1932) hielten dann auch die Abtrennung von G. gl. thodius für berechtigt. Diese Reihe habe ich (1939) mit drei Inselformen G. gl. zerpasi, chiou und samios, später (1967) mit G. gl. hansguentheri ergänzt. VAURIE (1962) erkennt nur fünf Unterarten an und auch WATSON (1964) ist, wenngleich mit etwas mehr Vorsicht, bereit, die Unterarten zu vereinigen.
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Zool. Abh. Mus. Tierk. Dresden, 32, Nr. 12, 1973
Gelegentlich meiner ersten Studie (1939) standen mir 72 Bälge zur Verfügung, die durch weitere 7 ergänzt wurden. Somit bestand mein Gesamtmaterial aus 79 Bälgen, von denen ich 32 nun wieder untersuchen konnte, während 47 Bälge entweder verbrannt oder aus anderen Gründen für mich nicht zu erlangen waren. Um die offenen Fragen zu klären, begann ich nach dem Kriege, neues Material zu sammeln, und es ist mir auch gelungen, 21 Bälge zu erhalten, doch ging einer davon durch schlechte Konservierung verloren, bevor ich ihn untersuchen konnte. Die am Schluß angeführten Museen hatten die Güte, mein Material auf 223 Bälge zu erweitern. Ich konnte dieses auch mit zwei Bälgen aus Hinter-Indien, sechs aus Nordwest-Afrika und mit einigen Hundert aus anderen Gebieten, wenn es nötig war, vergleichen. Diese Revision wäre aber ohne die ganz vorzügliche Sammeltätigkeit von WATSON auf den Ägäischen Inseln nie möglich gewesen. Die politischen Häher als Strichvögel und ihre Ökologie Das Habitat der pontischen Häher wird am ausführlichsten von KUMERLOEVE (1961) beschrieben: „ . . . Hügelland und Gebirge, von der Mediterranzone bis weit in den Trockenwald. Bei Haruniye war er weniger im Kulturland (Obstplantagen, Gärten) als in Pinus brutia-Beständen, Gehölzen, im Mischwald der Hänge und weiter aufwärts zu finden, im Mitteltaurus am locker bewaldeten Südhang und gelegentlich bis zur Baumgrenze . . . KRÜPER fand Nester in Olivenhainen und Granatäpfelpflanzungen. MAAS GEESTERANUS traf sie im Bergland . . . vornehmlich in Quercus und Fagus . . . Nur in Istanbul . . . Parkanlagen, große Gärten . . . " Nach WATSON (1964) : „On Mytilene, Chios, Samos and Icaria, Jays are common in a variety of habitats including pine and oak woods, olive groves and scrubs from sea level up to the limit of tree growth . . . On Rhodos they are locally common in the remains of the Quercus ilex woods . . . rare in the pine and cypress forest . . . in olive trees". HOLLOM (1959) sagt, daß in Jordanien, in den North Jordan Hills, die ziemlich bewaldeten und mit Gebüsch bestandenen Teile bis ca. 1000 m bewohnt werden. KUMERLOEVE (1962) faßt die Daten der Literatur über den Libanon zusammen: TRISTRAM fand Häher in Oliva-Anpflanzungen, NEVINS fand sie in Mischwäldern (Eichen, Nadelhölzer), WEST traf sie im Zedernwald. Nach CHAPMAN und McGEOCH (1956) sucht der Häher die Eichen-Gebüsche auf. PALUDAN (1940) bemerkt über das Auftreten in Nord-Iran: „ . . . common in the woods of lowlands . . . " , was SCHÜZ (1959) insofern einschränkt, als die Verbreitung hier nur lokal ist. RUSTAMOW (1954) spricht hauptsächlich über die vertikale Verbreitung im Kaukasus bis 2400 m. Diese Angaben müssen streng beachtet werden, weil wir durch sie mit Hilfe der in PALUDANs (1938) Studie veröffentlichten Pflanzenkarte von VIDAL, de la BLACHE und GALLOIS auf die genaueren Grenzen der Areale einzelner Subspezies folgern können. Die Schwarzkappen-Eichelhäher wandern auch, aber sie sind dabei an die Vegetation gebunden. Dafür findet sich der beste Beweis bei KUMERLOEVE und NIETHAMMER (1934): „Im Herbst erschien die Art uns überraschend auffällig und zwar umsomehr, je höher wir uns befanden . . . " bei Kastamonu in Nord-Kleinasien. Auch WATSON (1964) ist der Meinung, daß diese Häher nicht Standvögel sind, doch wurde über die Meereskanäle hinweg kein Zug festgestellt. Im Kaukasus streichen die Häher in vertikaler Richtung, d. h., sie besuchen im Herbst beispielsweise bei Maikop die Obstgärten, wo sie beträchtlichen Schaden anrichten. Auch die im Sommer vagabundierenden Vögel haben eine Nadelholzanpflanzung durch Ab-
KEVE : Taxonomie der Eichelhäher' des Nahen Ostens
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picken der frischen Zweige, sie „ringelnd", zu Grunde gerichtet (SIROECHKOVSKIJ, 1953; KALANDADZE und LOZOVOI, 1942; LOZOVOI, 1955). Zur Beurteilung der Möglichkeiten der geographischen Abschnürung einzelner Populationen genügen uns diese Daten, denn aus ihnen ist ersichtlich, daß die Inselpopulationen keine Beziehung zu den Festlandspopulationen haben, und selbst auf dem Festland kommt eine Wanderung in baumarmen Ebenen nur sporadisch vor. Regelmäßige Wanderungen sind allein in Wäldern zu erwarten.
Garrulus glandarius hyreanus BLANFORD, 1873 Untersuchtes Material: 8 ( + 1) Bälge. Astrabad 1; Elburs 5; Gilan 2 Stück. Die Färbung der Serie ist einheitlich und entspricht den veröffentlichten Beschreibungen. Diese Rasse ist die dunkelste ihrer Gruppe, sehr violett-rötlich. Die „Kappe" ist nicht einheitlich schwarz, sondern in breite schwarze Streifen aufgeteilt, an denen feine blaue Querbinden zu sehen sind. Von den sieben Altvögeln haben vier etwas weiße Bänderung innerhalb der schwarzen Streifen, zwei haben lediglich einen sehr schmalen weißen Rand an den Federn, und einem fehlt selbst dieser Saum völlig. Es muß betont werden, daß der Elburs-Häher in seiner Färbung den zyprischen nahesteht, da sie beide dunkle Formen sind, doch kann der Zypern-Häher zur glandariusGruppe gerechnet werden, nicht zur atricapillus-Gruppe. Die Grundfärbung der „Kappe" von G. gl. glaszneri ist ebenfalls violett-rötlich, aber die schwarzen Streifen sind sehr schmal, auch ist der Rücken nicht violett-rötlich, sondern méhr grau. Flügelmaße: d : 169, 170, 171; 9 : 163, 165, 168; sex.?: 172 mm. Verbreitung: Elburs und Gilan-Gebirge in Nord-Iran. Die Formulierung bei der Darstellung der Verbreitung durch PORTENKO (1954) führte zu einem Mißverständnis, und so ließ RUSTAMOW (1958) in der Liste der Vögel von Turkmenien den Eichelhäher weg. Nach der gütigen Mitteilung PORTENKOs (briefl.) wollte er nicht sagen, daß der Eichelhäher im Kopet-Dag vorkommt, sondern daß er bis dorthin verbreitet ist. PORTENKO ist auch der Ansicht, daß Eichelhäher östlich von Astrabad (Gorgan) nie gefunden wurden. Ein Balg aus dem Museum von Dresden soll separat besprochen werden (C 31108 „Transkaspien" Coli. R. SCHLEGEL, No. 2883). Der Vogel hat die typischen Merkmale von G. gl. krynicki, so daß ich annehme, daß es sich um einen Schreibfehler handelt (muß wohl Transkaukasus heißen). Flügelmaß: sex.?: 178 mm.
Garrulus glandarius caspius SEEBOHM, 1883 Untersuchtes Material: 12 Bälge. Lenkoran 8; Kumbaschinsk 2; Kizil-Agach l ; Andrejewski 1 Stück. Diese Subspezies wurde von HARTERT (1903) und KEVE (1939) anerkannt. BUTURLIN und DEMENTIEW (1933) bemerken aber: „Cette race est peut-être le résultat d'hybridisation entre G. gl. krynicki et G. gl. hyreanus" und viele übernahmen bereits diese Meinung als Endresultat. Nach SATUNIN (1912) leben die zwei Unterarten horizontal getrennt in Nord-Iran, was aber nicht bestätigt werden konnte (SCHÜZ, 1959).
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Sechs Exemplare aus Lenkoran sind ziemlich gleich gefärbt und gehören auch zu dieser sehr dunklen Form. Der Rücken ist ähnlich dem der hyrcanus-Bälge, er variiert aber stärker. Drei davon haben ausgesprochen rötlichen Rücken, nur eine Nuance grauer als hyrcanus. Der Rücken zweier Exemplare ist deutlich grau. Der Unterkörper ist bei allen einheitlich dunkel rötlich. Im allgemeinen haben sie eine einheitlich schwarze „Kappe", an deren Federn feine blaue Querbinden vorhanden sind. Zwei Exemplare präsentieren eine Variation, deren „Kappe" sich in breite Streifen teilt. Eines hat dunklen Rücken, verhältnismäßig kurze und bläulich quergebänderte „Kappe" (hyrcanus-Merkmal), aber im übrigen ziemlich helles Gefieder (ferynicfei'-Merkmal). Die stärksten Abweichungen finden sich bei zwei Stücken aus dem Museum von Leningrad: das erste ist der hellste Vogel von allen, aber die „Kappe" ist in breite Streifen geteilt. Wenn wir dieses Stück ohne einen Vergleich determinieren wollten, könnten wir es sogar für ein der glandariusGruppe angehörendes Exemplar halten, denn im Vergleich mit einem mazedonischen Stück aus dem Peabody Museum ist es viel heller, und auch die Kopfstreifen sind beim Lenkoran-Stück schmaler als bei dem Exemplar aus Drama (G. gl. graecus). Das andere Stück vertritt das entgegengesetzte Extrem, so daß es hyrcanus sehr nahe steht. Von den Stücken aus Lenkoran halte ich das des Münchener Museums (cf, 23. 12. 1908) für einen verstrichenen G. gl. krynicki. Kurz gesagt, ist die Variation von G. gl. caspius zwar breit, doch hat der Durchschnitt eine einheitliche Färbung, die weder mit der von hyrcanus noch mit jener von krynicki identisch ist. Verbreitung: die Gebirge von Talysch, d. h. die Gegend von Lenkoran. Dieses Gebiet grenzt im Süden an das Brutgebiet von G. gl. hyrcanus und im Westen an den Kara-Dagh, also besteht die Möglichkeit, daß manche Stücke von beiden Seiten hierher verstreichen. Somit wird es auch zur Vermischung kommen können, was die Variationsbreite erweitert. Im Norden ist aber das Areal des G. gl. caspius vom Areal des G. gl. krynicki durch das breite Tal des Kura-Flusses getrennt. Das Überqueren desselben dürfte für manche umherstreifenden Vögel keine unüberwindliche Schwierigkeit darstellen, doch deshalb ist noch nicht auf eine regelmäßige Kreuzung zu schließen. Flügelmaße: ( f 1 7 3 , 175, 2X180, 2 X 1 9 5 ; 9 : 166; sex.?: 170, 176, 180 mm.
Garrulus glandarius krynicki KALENICZENKO, 1839 Untersuchtes Material: 75 Bälge. Armenien 4 ; Grusinien ( = Georgien) 16; Aserbaidshan 3; Dagestan i ; Nord-Kaukasus 51 Stück. Die Verteilung der Bälge nach Monaten: I-. 5; II: 2; III: 7; IV: 9; V: 7; VI: 7 (5 ad., 2 juv.); VII: 5 (3 ad., 2 juv.); VIII: 2; I X : 6; X : 11; X I : 2; X I I : 9; ohne Daten 9 Stück. Nord-Kleinasien: Kars 1; Lasistan 7; Bithynien 21; Mysien 4, insgesamt 33 Stück. Die Verteilung der Bälge nach Monaten: I: 1; VI: 2 (1 ad., 1 juv.); VII: 5 (2 ad., 3 juv.); VIII: 2 juv.; I X : 13 (12 ad., 1 juv.); X : 8; X I : 1 Stück. Die Eichelhäher des Kaukasus und Nord-Kleinasiens sind heller als G. gl. caspius. Auf dem Rücken haben sie mehr Grau mit violett-rötlichem Anflug, auch der Unterkörper ist heller. Eine weiße Stirn war fast an jedem Exemplar zu finden. Ich benützte zur Einteilung des Materials die Abbildungen von RADDE (1884). Danach gehören die meisten Vögel zur Varietät Abbildung No. 5 oder zwischen Abbildung 4 und 5 (Taf. V). Vom Typ
KEVE: Taxonomie der Eichelhäher des Nah'en Ostens
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N o . 4 hatte ich kein typisches Exemplar und v o n T y p N o . 6 nur eines. B U T U R L I N (1906) schreibt über diese Phase: „ . . . differing in glance . . . f o r e h e a d entirely black . . . side of head much m o r e rieh coloured . . . " und gibt ihm den N a m e n G. gl. nigrifrons
auf Grund
der Exemplare aus Armenien. Doch meine Stücke unterschieden sich nicht v o n den anderen aus verschiedenen Teilen des Kaukasus. A l l e v i e r hatten eine w e i ß e Stirn. D i e extremsten Varianten vertraten z w e i Exemplare aus Grusinien. Das eine (Zakavkas, 9. 10. 1898, sex.?) w a r das dunkelste und sehr ähnlich G. gl. caspius.
Seine „ K a p p e " tendiert zur A u f -
teilung in Streifen, und im Grunde ist der V o g e l nur eine Nuance heller als der H ä h e r aus Lenkoran. Das andere Stück w a r das hellste (Lagodechi, 6. 6.1959, ( f ) , a b e r diese Färbung könnte auch durch Mauser entstanden sein. Ein anderes zu dieser Phase gehörendes Stück stammt aus Kabardinsk. Es hat sehr weißliche Wangen und Stirn, die „ K a p p e " ist verhältnismäßig kurz; das K ö r p e r g e f i e d e r ist dunkel, zeigt a b e r nicht das übliche Violett-Grau, sondern ist gräulich-zimtfarben überhaucht und ist so im Nacken besonders hell. Die hellen Varianten sind außer auf die individuelle Variation auf z w e i Ursachen zurückzuführen, auf geographische und auf Saisonkleider. Die H ä h e r des nordwestlichen Kaukasus (Sotschi, M a i k o p , Krasnodar) zeigen die T e n d e n z zur Aufhellung. Die jahreszeitlich bedingte Färbung ändert sich w i e f o l g t : I m V I I I sind die KaukasusH ä h e r schon in der Mauser, der Rücken ist stark grau; die V ö g e l v o m I X sind ähnlich. Eine Ausnahme bildet ein Exemplar aus Sotschi, dessen „ K a p p e " nicht ganz geschlossen schwarz ist, und auch der Schimmer der bläulichen Querstreifen ist gut zu sehen. I m X haben die H ä h e r ein komplettes frisches Kleid, auf dem Rücken sind sie gräulich. V o n diesen gehört ein Exemplar v o m Terek-Gebiet (Chilik) zu der helleren, rötlichen Phase, am hellsten ist das Stück aus Sotschi. Ähnlich den v o r h e r g e h e n d e n sind die Exemplare v o m X I . I m X I I w i r d die Färbung durch Abnutzung — o b w o h l das G e f i e d e r noch intakt bleibt — m e h r rötlich auf d e m Rücken und weißlicher auf d e r Unterseite, desgleichen die Stücke v o m I. Das einzige Exemplar v o m I I w a r auch rötlich überhaucht. D i e deutliche Abnutzung des Gefieders zeigt sich im I I I . D e r Rücken w i r d mehr rötlich, ebenso die Unterseite, und so w e r d e n sie fast so hell w i e die hellste Phase. A n den Federn der schwarzen „ K a p p e " w e r d e n die blauen Querbinden deutlicher. Die Abnutzung steigert sich im IV, o b w o h l man noch nicht v o n einem zerschlissenen G e f i e d e r sprechen kann, w a s auch f ü r die V ö g e l v o m V gilt. Richtig abgenutztes G e f i e d e r haben die Kaukasus-Häher im VI, und damit hellt sich die Färbung auf, was sich im V I I noch m e h r steigert. Die Variation der Jungen ist noch größer. Diese sind an den lockeren Federn leicht erkennbar. Sie sind auch etwas heller, und besonders charakteristisch ist die fuchsbraune Färbung des Nackens, die mit der Färbung des G. gl. cervicalis
v o n A l g i e r vergleichbar ist.
Die Eichelhäher v o n Nord-Kleinasien, besonders v o m Kars und aus Lasistan, unterscheiden sich nicht v o n kaukasischen. K E V E (1939) charakterisierte ihre Variation folgenderm a ß e n : „Eine große Zahl der kleinasiatischen H ä h e r hat eine hellere Unterseite, w i e die M e h r z a h l der kaukasischen, auch scheinen sie in Serien etwas kleiner zu sein. Diese Unterschiede sind aber nicht so groß, daß man die kleinasiatische Population mit d e m N a m e n G. gl
anatoliae
SEEB. unterscheidet . . . " . Dies w i r d v o n K U M E R L O E V E (1961)
bestätigt: „Geht man v o n typischen
ferynicki-Stücken
führte Vergleichsmaterial nach Westen zu -
des Kaukasus aus, so läßt das ange-
w i e bereits K E V E - K L E I N E R b e m e r k t hat
-
eine b e g r e n z t e Aufhellung erkennen, relativ gut sichtbar in der Färbung v o n Kopfseiten und Kehle, meist auch in der Tönung der Unterseite, w e n i g e r deutlich und individuell
Zool. Abh. Mus. Tierk. Dresden, 32, Nr. 12, 1973
180
bzw. nach Gefiederzustand variabel im Farbton der Oberseite . . . " . Diese Resultate wurden auch gelegentlich meiner jetzigen Untersuchungen gefestigt, und klarer formuliert, muß es heißen : weniger grau, mehr rötlich. In der kleineren Serie von 1939 kam der Unterschied in den Maßen zum Vorschein, jedoch nur der durchschnittliche. Nun kann ich die folgende Tabelle der Flügelmaße vorlegen: cfcf Kaukasus Nord-Kleinasien Kaukasus Nord-Kleinasien 9 9 Kaukasus Nord-Kleinasien
—
193 2
Sex.? Kaukasus Nord-Kleinasien
181 —
1 196 1
182 2 2 198 3
184 1 —
200 1
185 186 1 1 1 — 210 mm
187 1 2
189
182 183 1 1 2 — 204 mm 1
184 1
—
1
190 5 2
191 3
185
186 2 1
187 2 1
193 1 1
200 2
—
192 3 1
—
1 174 1 — '
188 Kaukasus Nord-Kleinasien
180 1 2 195 6
179 1
1 178 1
175 1
'
•
189 1 —
179 1
176 —
177 —
1 190 3 1
1 191 1
181 2
183 1
—
180 —
2 194 1 —
184 2
181 —
1 195 —
1 185 2
—
—
1
—
186 2
188 1
189 3
190 3
—
Die Maßunterschiede sind also nicht so überzeugend, zudem mit zu großen Schwankungen (die gewissermaßen widersprechend sind), als daß wir daraus endgültige Resultate erzielen könnten. Sie rühren aber an das Problem, daß, wenn auch nicht mit sicheren Grenzen, doch das Durchschnittsmaß der kaukasischen Häher etwas höher liegt als bei den kleinasiatischen. Das ist für eine Subspezieskennzeichnung jedoch zu unsicher, und deshalb können wir sagen, daß G. gl. krynicki im Kaukasus und in Nord-Kleinasien lebt. Die genaueren Grenzen des feryn/cfef'-Brutareals sind selbst heute noch nicht feststellbar. Wir sehen schon, daß die südöstliche Grenze von der nördlichen Seite des Tales des KuraFlusses gebildet wird. Für das Gebiet weiter westlich sagt VAURIE (1954) : „A large series that I have examined from Azerbaijan west to Lake Urmia is identical with topotypical krynicki." Nun bleibt es aber fraglich, wie weit die Form nach Süden und nach Westen in den persischen Kara-Dagh vorgedrungen ist, und dazu werfen wir einen Blick auf die Pflanzenkarte von PALUDAN (1938), wie in die Zusammenfassung der Ornis von Persien SARUDNYs (1911). Die Karte zeigt eine Hochsteppe. Ob diese den ökologischen Ansprüchen des Eichelhähers entspricht, ist fraglich. SARUDNY sagt auch nichts über das Vorkommen des Eichelhähers in Iran, in den Bergen der Südküste des Kaspischen Meeres und des Zagross-Gebirges Nordwest-Irans. Da aber hier nur sehr wenig geforscht wurde, müssen wir die Frage offen lassen, d. h. in späteren Untersuchungen auf ihre Bedeutung zurückkommen. Das Vorkommen von Eichelhähern ist wieder bekannt aus der Gegend von Batum und Artwin (BUTURLIN, 1906). Ich hatte auch einen Balg von Kars in der Hand. Nördlich von diesem Gebiet unterbricht das Tal des Rion-Flusses die Verbreitung im SüdwestKaukasus, aber ringsumher ist die Art bekannt. Nordöstlich des Kaukasus ist die Ebene nicht geeignet für Häher. Im Norden kann ich nach dem Material, das zu meiner Verfügung stand, die Verbreitungslinie nach folgenden Städten angeben: Krasnodar - Mai-
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kop — Stawropol, im weiteren muß ich mich aber auf die Literatur verlassen, denn da folgt Georgijewsk, die Terra typica der Subspezies, und wahrscheinlich läuft die Nordgrenze bis Machackala (Machatschkala). G. g/. krynicki trifft nicht mit G. gl. iphigenia zusammen, bedingt durch die breite Ebene der Asowskischen Küste. PORTENKO (briefl.) teilte mir dazu freundlicherweise mit: »Zwischen den Arealen krynicki und iphigenia besteht tatsächlich ein Vakuum und die Übergänge existieren nicht." Aber von Kars bis zum Bolu-Dag und etwas südlicher bis zum Ulu-Dag ist G. gl. krynicki wieder anzutreffen. Fraglich bleibt, ob nördlich, westlich und südlich dieses Gebirges die zum größten Teil flache Landschaft dem Häher entspricht (Belegstücke fehlen). Die Bälge, die ich untersuchte, sowie Fundorte der Literatur ergeben folgende Südgrenze: Sogukpunar - Sakarya-Flußtal - Kastamonu (KUMERLOEVE u. NIETHAMMER, 1934) - Almus (VASVÄRI, in KEVE, 1939) - Kurayiseba - Kars. Die Verbreitungskarte von ETCHECOPAR und HÜÉ (1970) ist verallgemeinernd, denn sie bezeichnet ganz Anatolien als Brutgebiet des Hähers, obwohl das zentrale Hochplateau Kleinasiens für die Art ganz und gar ungünstig ist.
Garrulus glandarius iphigenia SUSCHKIN et PTUSCHENKO, 1914 Untersuchtes Material: 22 Bälge (21 ad., 1 juv.). Der Häher der Krim ist eine gut erkennbare helle Form. Die schwarze „Kappe" ist nicht einheitlich, sondern meist in breite schwarze Streifen geteilt, an denen der Schimmer der blauen Querbinden zu sehen ist. Die individuelle Variation entspricht etwa der von G. gl. caspius, mutatis mutandis, denn das Körpergefieder ist nicht dunkler als das von krynicki, sondern im Gegenteil heller und eher grau mit einem gewissen zimtfarbenen Anflug. Nur ein einziges Exemplar aus dem Oktober (ohne näheren Fundort und Jahreszahl) ist von G. gl. krynicki nicht zu unterscheiden. Die bläulich schimmernden Querbinden an den schwarzen Kopffedern sind vorhanden. Ich halte den Balg für die äußerste Variante von G. gl. iphigenia. Der Unterkörper dieses Stückes ist rötlich überhaucht und weißlich. Die Mauserzeit scheint verschieden zu sein, denn wir finden zwischen den Exemplaren aus der Brutzeit manche, deren Federn ebenso intakt sind wie die der Herbstvögel, und wieder andere, deren Gefieder stark abgenützt ist, wodurch der zimtfarbige Ton mehr zur Geltung kommt. Ein Stück vom August ist in solchem Mauserzustand, daß Kopf und Kehle fast nackt sind, während das Körpergefieder ganz intakt ist. Das Brutareal der Krim-Häher ist inselartig. Nach Osten ist es durch die Ebene der Halbinsel Kertsch von Krasnodar, also vom Areal des Kaukasus-Hähers, weit getrennt. Es liegt nördlich des Gebirges der südlichen Krim, also in der nördlichen Krim, und es ist fraglich, wie es sich weiter nach Norden und nach Westen durch die Ebene der Ukraine erstreckt, die ebenfalls kein günstiges Habitat für den Eichelhäher ist. Nur eine einzige Angabe gibt es aus dem nördlicher liegenden Gebiet: BARABASCH (1933) sammelte und beobachtete mehrere Stücke bei Dnjepropetrowsk am 26. 8. 1927. Ich halte diese für im Frühherbst verstrichene Exemplare, die ja, wie gesagt, auch in solchen Landschaften erscheinen, die für ihre Brut ungünstig sind. Flügeimaße: d1-. 175, 2X184, 187, 188, 189, 2X190, 191, 2X192, 193, 196; 2X181, 187; sex.?: 175, 186, 187 mm.
176, 179,
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Garrulus glandarius hansguentheri KEVE, 1967 Untersuchtes Material: 11 Bälge: 1 ( J , 1 9 '
9 sex
?
Diese Subspezies von Istanbul ist von der der Krim schwer zu unterscheiden. Sie ist ebenfalls eine sehr helle Form und dadurch von dem nächst brütenden Kleinasien-Häher gut unterscheidbar. KUMERLOEVE (1961) hatte schon bemerkt, daß sich die Aufhellung der kleinasiatischen Häher von Osten nach Westen und weiter bis nach Europa hinein fortsetzt. Von der Krim ist diese ebenfalls inselartig auftretende Population weit entfernt und durch breite, für Eichelhäher ungünstige Ebenen getrennt. Auf dem Balkan finden sich die Brutareale ganz verschiedener Formen, die der g/andarius-Gruppe angehören, so daß trotz der Ähnlichkeit des Istanbul-Hähers mit dem Krim-Häher ein Zusammenwerfen beider vom Evolutionsstandpunkt aus etwas Absurdes wäre. Es handelt sich lediglich um Konvergenz. Uber die Färbung kann gesagt werden, daß sie eine Nuance heller ist als bei G. gl. iphigen/a und daß die Variation der Färbung bei dieser Subspezies viel größer ist. Diese Variation wird wahrscheinlich auch durch den Umstand hervorgerufen, daß sich bei Istanbul die atricapillus- und gJandar/us-Gruppen fast treffen, d. h., das baumarme Zwischengebiet, das nach Norden bis zum Istrandja-Gebirge, nach Westen bis Thrakien reicht, ist nicht so groß, daß es von streichenden Hähern nicht zu überwinden wäre. Dafür gibt es Beweise: LAUBMANN (1914) untersuchte z. B. fünf Exemplare aus dem Monat Oktober und bestimmte vier davon als glandarius und eines als Übergang zwischen den schwarzköpfigen und den gestreiftköpfigen Formen. In seinem Material gab es kein richtig schwarzköpfiges Stück. Auch ALLEON und VIAN (1873) meinten, daß in der Umgebung Istanbuls beide Formen vorkommen. Material war dort zufällig kaum gesammelt worden. Die eventuelle Möglichkeit der Vermischung und die widersprechenden Berichte verschleierten die Frage, ob schwarzköpfige Häher bei Istanbul brütend vorkommen oder nicht. Diese Frage lösten dann KUMERLOEVE und NIETHAMMER (1934, 1935), als sie behaupteten, daß sie zwischen dem 5. und dem 9. April 1933 im Belgrader Wald Flüge nur der schwarzköpfigen Form sahen. In der Serie, auf Grund derer ich die Subspezies 1967 beschrieb, hatte das Typus-Exemplar — welches jetzt nicht in meinen Händen war — einen mehr gräulichen, die anderen Stücke einen ins Rötliche ziehenden Rücken. Meine jetzige Serie stimmt mit dem Paratyp überein. Sechs der Exemplare befanden sich im Zustand starker Mauser. Die abgenützten Federn haben einen gräulichen Ton. Die weiteren Stücke haben einen hellen und rötlichen Rücken und weißlich-rötliche Unterseite. Die Wangen sind auffallend weiß, wodurch sie den südkleinasiatischen Bälgen sehr ähneln. Die Ausdehnung der schwarzen „Kappe" variiert sehr: Beim Typus-Exemplar ist sie in breite Streifen aufgelöst, bei den übrigen Bälgen ist sie einheitlich schwarz, aber mit gewisser Variation. Sie reicht nicht so weit auf den Rücken wie bei den anatolischen Stücken. Auch die bläulichen Querbinden sind an den schwarzen Federn zu sehen. Von den 11 vorhandenen Exemplaren sind 8 bei Cekmece, eines im Belgrader Wald gesammelt worden, und eines trägt als Fundort nur „Bosporus". Von einem weiteren Exemplar wird noch die Rede sein. KUMERLOEVE (1961) gibt außerdem folgende Fundorte an: Bebek, Büyükdere; auf der asiatischen Seite der Friedhof von Üsküdar (Skutari) und Camlican. Eventuell liegt der Fundort des Typus (Tash-Köprü) auch auf dieser Halbinsel, aber wie gesagt (1967), ist das kaum zu entscheiden. Über das Habitat sagt KUMERLOEVE
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(1961): . . . . durch Parkanlagen, große Gärten usw. (in Bebek, Therapia, Arnautköy) begünstigt. . . " . Es handelt sich also um die nächste Umgebung von Istanbul, hauptsächlich um Kulturbiotope. Nur der Belgrader Wald mit dichtem Bewuchs ist eine Gegend, welche vom zoogeographischen Standpunkt aus, also im Vergleich mit anderen Tierarten, ganz eigentümlich ist. Sie hat viel mehr mit Kleinasien als mit Europa gemein (KRETZOI mdl.). Mein jetziges Material beweist auch, daß selbst der Istanbul-Häher umherstreicht. Prof. KOSSWIG sammelte einen am 1. 3. 1945 im Istranca-Gebirge. In unserer früheren Studie (KEVE u. DONCEV, 1967) beschäftigten wir uns mit einem Balg, der jetzt nicht in meinen Händen war und den KATTINGER bei Furera (Chalkidiki) am 26. 11. 1932 sammelte. Auffallend ist nur, daß KATTINGER dies in seinen Studien nicht erwähnte. Es kann möglich sein, daß er den Balg kaufte und deshalb den Fundort nicht genügend verläßlich fand. Andernfalls wäre es ein Istanbul-Häher auf dem Strich. Selbst das Typus-Exemplar könnte ein umherstreifender Vogel gewesen sein, wenn er richtig vom Innern der SkutariHalbinsel stammt (?). Flügelmaße: cf : 182; 9 : 176; sex.?: 179, 180, 182, 184, 185, 186, 187, 188, 190 mm.
Garruius glandarius zervasi KEVE, 1939 (G. gl. Chiou KEVE, 1939) Untersuchtes Material: 9 Bälge (Mytilene): 7 cf, 1 9 - 1 juv.; 3 Bälge (Chios): sex ? 1 Ex., 2 juv. Die Häher beider Inseln gehören auch zu den hellen Formen. Sie stehen somit denen von Istanbul wie den süd-kleinasiatischen Stücken sehr nahe. Sie sind aber etwas grauer und dunkler als G. gl. hansguentheri, jedoch heller als die Exemplare der Gegend von Izmir (Smyrna). Gegenüber dem Istanbul-Häher besteht zudem der Unterschied, daß dieser bisweilen bei Abnützung des Gefieders einen gräulichen, der Mytilene-Häher aber einen rötlichen Anflug erhält, während sich die Färbung ihrer Unterseite nicht ändert. Die Serie aus Mytilene war ziemlich einheitlich gefärbt ohne bedeutendere Variation, nur der Rücken eines der cf (Agisos, 11. 11. 1959) war etwas mehr grau überflogen als bei den anderen. Ein anderes cf (Skalakhorion, 22. 5. 1960) hatte stark abgeriebenes Gefieder, wodurch auf dem Rücken ein leicht zimtfarbener Ton entstand. Die Unterseite war etwas dunkler als bei den Herbstvögeln. Die Färbung des Gefieders im frischen wie im abgenützten Zustand ist dunkler als bei den RhodosHähern, und während die Kopfzeichnung von G. gl zervasi mehr einen ferynicfei-Charakter hat, steht G. gl. rhodius der atr/cap///us-Zeichnung näher. Das Verbreitungsgebiet dieser Subspezies ist die Insel Mytilene ( = Lesbos). Flügelmaße: c f : 172, 2X176, 179, 184, 2 X 1 8 5 ; 9 : 185 mm. Da der Typus von G. gl. zeroasi KEVE, 1939 im Ung. Ornith. Institut verbrannt ist, bezeichne ich als Neotypus: cf, Agiasos-Sanatorium, Mytilene, 16. 11. 1959, Coli. G. E. WATSON, Peabody Museum of Yale University, No. 60129. Ich beschrieb 1939 den Häher der Insel Chios als G. gl. chiou auf Grund von zwei Exemplaren, was tatsächlich nicht genügt (STRESEMANN, 1940; VAURIE, 1954, 1959, 1962; WATSON, 1964). Beide Exemplare sind während des Krieges verbrannt, aber Herr PANOS ZERVAS (Athen) hatte die Güte, mir nach dem Kriege wieder je einen Balg von beiden
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Inseln zu senden. Diese Bälge kamen nicht zu gleicher Zeit an und waren undatiert. Ehe ich noch den Brief von Herrn ZERVAS mit den Daten erhielt, konnte ich schon sagen, welcher Vogel von Mytilene und welcher von Chios stammt. Dies und was ich bei den Jungvögeln feststellte (s. u.), macht bedenklich. Leider waren beide Bälge schlecht konserviert, und so ist das Stück von Mytilene noch vor meiner Revision unbrauchbar geworden. Auch das Stück von Chios wurde stark defekt. WATSON sammelte nur Jungvögel. Dies genügt nun bei der Revision wieder nicht zur Entscheidung der Frage, ob tatsächlich die Häher von Mytilene und Chios die gleichen sind. Soweit man überhaupt einen Vergleich anstellen kann, finde ich die Färbung beider ziemlich ähnlich. In meiner Diagnose betonte ich den kleinen Schnabel des Chios-Hähers. Dies stimmt auch, doch erfahrungsgemäß.— nach Untersuchung eines solchen Materials — ist auch der Schnabel variierend, so. daß man dieses Merkmal als gültig annehmen konnte. Aber auch jetzt kann ich die Validität.vxm G. gl. chiou nicht entscheiden und lasse diese Frage offen. Flügelmaß: 9 : 185 mm.
Garrulus glandarius samios KEVE, 1939 Untersuchtes Material: 3 Bälge (Samos): 1 cf.
2
juv.; 3 Bälge (Ikaria): 1 cf. 1 9 -
1
iuv-
Der Samos-Häher ist gut zu unterscheiden, besonders von den anderen Insel-Formen und auch von den süd-anatolischen Hähern. Schon in der Diagnose betonte ich, daß es sich um eine graue Form handelt. Was ich aber über den Farbton wie über die Reihe der einander folgenden Populationen schrieb (1939), kann ich jetzt nicht mehr bestätigen. Der SamosHäher, wie der Häher von Ikaria, wo ihn erstmals WATSON (1964) fand, ist eine der dunkelsten Formen der pontischen Häher. Er ist nur mit G. gl. caspius vergleichbar und weit verschieden von allen hellen Subspezies, besonders von den anderen Insel-Formen, und auch dunkler als G. gl. krynicki, mit dessen Areal sich das seine nicht trifft. Beider Areale liegen sogar weit voneinander entfernt. Wenn überhaupt auf dem benachbarten Festland ein Häher vorkommt, dann ist er viel heller (s. u.), aber wahrscheinlich ist das westliche Küstengebiet Kleinasiens nur bei Izmir (Smyrna) für ein Brüten des Eichelhähers geeignet. Es wäre nicht richtig, G. gl. samios, der zwar in den Flügelmaßen größer erscheint, jedoch sehr variiert wie die anderen Insel-Formen, mit G. gl. krynicki zu synonymisieren (VAURIE, 1954, 1959, 1962; WATSON, 1964). Der Rücken des Samos-Hähers hat ein zum Rötlichen neigendes dunkles Grau. Auch die Flügelmusterung ist sehr intensiv pigmentiert, was jedoch individuelle Variation sein kann. Der Nacken ist auffallend violett-rostfarben getönt. Die etwas hellere Unterseite hat gewisse Beziehungen zur Färbung des Hähers von Smyrna, ist aber im Vergleich mit Hähern von Mytilene dunkler, rötlicher. Verbreitung : Inseln Samos und Ikaria. Flügelmaße: Samos, c f : 185, sex.?: 184, 185 mm; Ikaria, c f : 185, 9 :
179
mm
-
Der Typus von G. gl. samios KEVE, 1939 ist auch während des Krieges verbrannt. Deshalb bezeichne ich als Neotypus: cf. Vourlistes, Samos, 16. 6. 1960, Coli. G. E. WATSON, Peabody Museum of Yale University, No. 1670. Die beschriebenen Merkmale sind an den Bälgen von Ikaria noch ausgeprägter, was vermuten läßt, daß der Häher von Ikaria eine selbständige Unterart ist. Dies kann man aber auf Grund des wenig umfangreichen Materials nicht entscheiden.
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Verbreitungskarte: 1. G. gl. hyrcanus, 2. G. gl. caspius, 3. G. gl. krynicki, 4. G. gl. 5. G. gl. hansguenthcri, 6. G. gl. zervasi, 7. G. gl. samios, 8. G. gi. rhodius, 9. G. gl. 10. G. gi. atricapillus, 11. G. g/. susianae.
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iphigenia, anatoliae,
Garrulus glandarius rhodius SALVADORI et FESTA, 1913 Untersuchtes Material: 3 Bälge; 1 cf, 1 sex.?, 1 juv. HARTERT u. STEINBACHER (1932) haben besonders nach der Überprüfung durch GHIGI (1929) diese Subspezies anerkannt, die auch SASSI (1937) bestätigte. Nach WATSON (1964): „Both zeroasi and rhodius are inseparable from atricapillus." Der Rhodos-Häher ist unter den Formen der Ägäischen Inseln die hellste und steht G. gl. atricapillus sehr nahe, doch ist er etwas dunkler als der letztere, der Rücken grauer. Die weiße Stirn ist sehr breit, und dies bleibt beim Rhodos-Häher konstant. Das kann, allerdings nur als eine ziemlich seltene individuelle Variation, auch bei Kaukasus-Hähern vorkommen. Da ich weder von Torino noch aus Brno das Material der dortigen Museen erhalten konnte, mußte ich mich mit den wenigen Bälgen der Museen von Wien und Milano begnügen. Doch da die Frage schon von GHIGI (1929) und SASSI (1937) ausführlich besprochen worden war und dies mit meinen bescheidenen Resultaten übereinstimmt, halte ich die Rasse für valid. Ich stimme der Meinung von WATSON (1964) völlig zu, daß dann, wenn man die Frage allein vom morphologischen Gesichtspunkt aus behandelt, alle die Formen, die den inselartig verbreiteten G. gl. krynicki in einem Halbkreis von der Krim durch Istanbul, die Ägäischen Inseln — mit Ausnahme von Samos und Ikaria — und Südanatolien bis
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Israel bzw. bis zum Persischen Golf umgeben, zu G. gl. atricapillus gerechnet werden könnten. Die Frage wäre so vereinfacht, aber wenn wir bedenken, daß die Entwicklung der Subspezies unter solchen Umständen nicht so einfach ablief und daß es auch Konvergenzerscheinungen gibt, können wir alle diese Fragen nicht mehr so einfach sehen. Verbreitung: Rhodos. WETTSTEIN (1938) fand den Häher auch auf der Insel Kos, wo er „ . . . in der Gesamtfärbung noch heller, weißlicher zu sein schien als jene auf Rhodos gesehenen". Aber WATSON (1964) fand bereits eine große Änderung im Habitat und traf keinen Häher mehr: „Suitable habitat is scanty on Kos; the scrubby pine forests which now cover parts of the north slopes of Mt. Dyctic have been planted recently enough so that at the time of WETTSTEIN's visit they were even less favorable for Jays, though olive trees may provide suitable habitat. None of the people consulted on Kos knew of the bird . . . " . So ist es möglich, daß vor unseren Augen eine selbständige Form verschwunden ist, die von niemandem untersucht wurde. Flügelmaße: c f : 184, sex.?: 189 mm. Garrulus glandarius anatoliae SEEBOHM, 1883 Untersuchtes Material: 16 Bälge. Izmir ( = Smyrna): 3 cf. 2 9 ; Lycien: 1 juv. ; Cilicischer Taurus (Eregli bei Konya, Gozna, Genbr Dere, Haruniye, Bahce, Maras): 6 cf, 1 9 - 2 s e x ? und 1 Ex. ohne Fundort und Geschlechtsbezeichnung. HARTERT (1903), BUTURLIN (1906), KEVE (1939), v. JORDANS u. STEINBACHER (1948), KUMERLOEVE (1961) und VAURIE (1954, 1959, 1962) sind übereinstimmend der Meinung, daß G. gl. anatoliae ein Synonym von G. gl. krynicki ist. Sie behaupten lediglich, daß die Färbung der Populationen von Osten nach Westen immer heller wird, doch ist dies nur an Serien und nicht an einzelnen Exemplaren zu sehen. Dazu kam die Frage, zu welcher Subspezies die Eichelhäher des Cilicischen Taurus gehören: STRESEMANN (1928), VAURIE (1959, 1962), KUMERLOEVE (1961) sowie ETCHECOPAR und HÜE (1970) bestimmten sie als G. gl. atricapillus, BIRD (1937) als G. gl. krynicki und MADARASZ (1907) beschrieb sie als selbständige Unterart nach einem jungen Exemplar unter dem Namen G. gl. lendli. HARTERT (1903) machte darauf aufmerksam, daß eine nähere Untersuchung des G. gl. anatoliae erwünscht ist. LAUBMANN (1914) hielt die Subspezies für einen „Übergang" und behielt den Namen anatoliae bei. HARTERT (1921) äußert sich später wie folgt: „Garrulus glandarius anatoliae scheint durch schmäler weiße Stirn von der Kaukasusform unterschieden und ganz Kleinasien zu bewohnen." Auch HARTERT u. STEINBACHER (1932) sagen: „Möglicherweise lassen sich kleinasiatische Stücke von C. gl. krynicki aus dem Kaukasus unterscheiden." KUMERLOEVE (1961) weist darauf hin, daß die Bestimmung der Häher des Cilicischen Taurus nicht so einfach ist. KUMERLOEVE u. NIETHAMMER (1934) fanden, daß die Exemplare aus Kastamonu (Paphlagonien) von denen aus Eregli unterscheidbar sind. Wenn ich nun die mir zur Verfügung stehende Serie betrachte, muß ich allen Meinungen recht geben, auch wenn das als paradox erscheint. Wir haben alle den gleichen Fehler begangen. Wir suchten die Terra typica von G. gl. anatoliae in Nordwest-Anatolien. Wir hatten die Smyrna-Vögel, weil am Rande des Verbreitungsgebietes in West-Kleinasien lebend, für die hellsten gehalten und achteten nicht darauf, daß zwischen dem iJlu-Dag und den Bergen von Smyrna kein für Eichelhäher geeignetes Habitat besteht. Sie können
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zwar dorthin verstreichen, aber kaum brüten. In Mittel-Anatolien liegt ein weites Hochplateau, das die Berge Nord-Kleinasiens vom Taurus trennt. Hier fand KUMERLOEVE nie einen Häher. Wir untersuchten nicht, anhand welcher Bälge SEEBOHM 1883 G. gl. anatoliae beschrieben hat. In der Originalbeschreibung SEEBOHMs (1883) können wir lesen, daß die von DANFORD gesammelten Bälge zu seiner Verfügung standen. DANFORD sammelte in erster Linie bei Smyrna und nördlich von Mersin. Wir finden in dieser Beschreibung eine Methode des Publizierens, die irreführend sein kann. SEEBOHM spricht nämlich erst über G. gl. atricapillus, dann fügt er in Klammern die Beschreibung von G. gl. krynicki hinzu, und zuletzt gibt er die Diagnose: „G. atricapillus subsp. anatoliae. It is much darker ...". Wenn man also nicht acht gibt, könnte man annehmen, daß SEEBOHM anatoliae für dunkler als den Kaukasus-Häher hält. Dies stimmt aber nicht, denn er schreibt ausdrücklich über eine Unterart von atricapillus aus dem Libanon. Wenn wir all dies beachten, dann haben wir den Schlüssel zur Lösung dieser Fragen. Alle Vögel aus dem Taurus sind einheitlich hell gefärbt. Der Rücken ist rötlich, die Unterseite hell rötlich, und sie haben eine breite weiße Stirn. Sie stehen G. gl. krynicki näher als G. gl. atricapillus, doch erinnert ein Merkmal, welches bei der Beobachtung besonders ins Auge fällt, sehr an atricapillus .• die breiten weißen Wangen. Jedenfalls sind die TaurusHäher kaum von den hellsten Varianten der nord-kleinasiatischen Häher zu unterscheiden. Dies führt in einigen Fällen zu Schwierigkeiten, wie ich z. B". einen Balg mit dem Fundort „Asia Minor" hatte, den ich nicht genau bestimmen konnte. Nach den Merkmalen ist dieser den Taurus-Vögeln ähnlich. Der Sammler heißt ROBSON, auf dem Etikett „ROBSOW" geschrieben. Nach KUMERLOEVE (1961) sammelte ROBSON in NordwestKleinasien, aber er besaß eine stattliche Sammlung, die nicht allein auf eigener Sammeltätigkeit beruhte, so daß dieses Exemplar auch vom Taurus stammen kann. Die Taurus-Häher sind bedeutend mehr grau überhaucht als die Vögel aus Israel. Die letzteren haben eine weiße Unterseite, die Taurus-Häher eine rötliche. Nun aber stellen uns die Bälge aus der Gegend von Izmir (Smyrna) vor eine Frage. Sie stehen den Exemplaren von Israel und Syrien näher als den Taurus-Vögeln. Sie sind etwas heller, was dazu verführen könnte, sie sämtlich zu atricapillus zu rechnen. Dies wäre nach dem Gesagten aber gerade so verkehrt, als wollte man die Population aus der Gegend von Smyrna für eine selbständige Form halten. Wir sahen aber schon bei den nordanatolischen Vögeln, daß sie von Osten nach Wösten etwas heller werden, so daß die Annahme einer Parallelerscheinung bei den südanatolischen Hähern nicht unbegründet ist. Nach diesen Resultaten können wir G. gl. anatoliae SEEBOHM, 1883 für eine valide Subspezies halten. Wenn aber doch jemand bezweifeln möchte, was über die Sammeltätigkeit von DANFORD geschrieben wurde, dann hätte der Name G. gl. lendli MADARASZ, 1907 die Priorität, wenn auch die Beschreibung nur auf einem und dazu noch jungen Exemplar beruhte. Dies scheint mir aber unwahrscheinlich. Verbreitung: Süd-Kleinasien; nach den mir zur Verfügung stehenden Bälgen verläuft die Nordgrenze der Verbreitung zwischen Izmir (Smyrna) — Eregli — Maras. Leider sind keine Bälge in Caria und Pamphylien gesammelt worden, und auch aus Lycien liegt nur ein Jungvogel vor. Weiter im Osten fand KUMERLOEVE (1969) den Häher beim Wan-See: „Leider konnte . . . kein Belegstück gesammelt werden. Ein von mir am 14. VII. (1968) auf nächste Entfernung überraschter Eichelhäher entsprach nach seiner Gesamt- und insbesondere nach seiner Oberkopffärbung — schwarz mit auffällig weißer Stirn- und Augen-
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region — der Subspezies G. gl. atricapillus." Dieser Hinweis stimmt mit dem oben Gesagten überein und deutet auf G. gl. anatoliae. Mit dem genannten Gebiet sind die Berge des nördlichen Irak sehr eng verbunden. Leider hatte ich keinen Balg von dort. Nach CHAPMAN und McGEOCH (1956) ist der Eichelhäher in den gebüschreichen Eichenwäldern von Ser Amadia häufig; weiter erwähnen diese Autoren folgende Fundorte: Dohuk, Sersang und Ali Ghabri und rechnen die dortigen Vögel zu G. gl. krynicki. Unter diesem Namen führen MAHDI u. GEORG (1969) in ihrer Liste der Vögel des Irak den dortigen Häher auf. MOORE und BOSWELL (1956) sagen folgendes über die Eichelhäher, die sie bei Penjwin, Rayet und Amadia trafen : „The bird examined in winter came nearest to description of the race atricapillus ...". Zu einem anderen Resultat kam TICEHURST (1927): „ . . . the Dohuk bird is much nearer the Caucasus one. It is greyer abow and below than atricapillus, the Palestine bird and less pure white on the forehead and ear-coverts." Diese Beschreibung entspricht auch der Färbung von G. gl. anatoliae. TICEHURST und nach ihm viele andere sahen in der Gegend von Dohuk (N-Irak) das Zusammentreffen der Subspezies krynicki und atricapillus, doch handelt es sich dort um das südöstlichste Vorkommen von G. gl. anatoliae. Weiter nach Osten, fast bis Kermansha, ist nicht bekannt, wo Eichelhäher in Kurdistan vorkommen. Ob ein Flußtal oder höhere Bergspitzen eine Barriere zwischen N-Irak und Luristan bilden? Direkt nach Westen wird das Verbreitungsgebiet durch die Syrische Wüste und für ein Brüten ungeeignete Terrains vom Areal des atricapillus völlig getrennt. G. gl. anatoliae geht aber nach KUMERLOEVE (1961, 1969) im Mediterraneum bis Iskenderun (Alexandrette), Osmaniye und Gölbasi in der Türkei nach Süden, er lebt sogar in NW-Syrien in den Küstenbergen von Lakatya. Östlich und südlich davon gibt es kein für die Brut günstiges Gebiet, und somit ist G. gl. anatoliae auch hier von G. gl. atricapillus getrennt. Es muß offen bleiben, wo krynicki und anatoliae zusammentreffen. Wie gesagt, ist es kaum wahrscheinlich, daß sie sich in West-Anatolien berühren, von verstrichenen Exemplaren abgesehen. Im Osten besteht zwischen Kars-Kurayiseba und dem Wan-See die gleiche Situation. Wir beziehen uns auf McGREGOR (1917), der den Häher bei Erzerum nicht fand. Er schreibt sogar: desolated piain . . . The entire region may be characterized as treeless . . . " , und wie schon bei krynicki besprochen, haben wir allen Grund, die gleichen Umstände auch zwischen dem Urmia- und dem Wan-See anzunehmen. Dies soll noch genauer untersucht werden. Flügelmaße: Izmir (Smyrna): c f : 173, 178, 180, 9 : 178, 179 mm ; Cilicischer Taurus: c f : 176, 182, 184, 185, 190 mm, 9 : 176 mm, sex.?: 183, 186 mm. Um weitere Mißverständnisse zu vermeiden, ist es in diesem Falle besonders begründet, einen Lectotypus zu bezeichnen: cf, Gozna (nördlich von Mersin), 15. 12. 1875, leg. C. G. DANFORD, British Museum (Natural History), No. 87.11.20.331/24. Garrulus glandarius atricapillus GEOFFROY ST. HILAIRE, 1832 Untersuchtes Material: Syrien: 1 cf, 2 juv.; Israel: 5 cf. 3 9 -
3
sex.?; Jordanien: 2 cf •
G. gl. atricapillus ist unter allen pontischen Schwarzkappen-Hähern der hellste und ist von allen anderen, sogar von hellen Subspezies, gut zu unterscheiden. Vom Standpunkt der katalogisierenden Systematik aus können die hellen Formen — die morphologisch einander ähnlich, aber nicht identisch sind — vereinigt werden. Leider hatte ich kein Exemplar von der Terra typica, d. h. aus dem Libanon, doch im Vergleich mit den atricapillus am nächsten stehenden Subspezies sind die Bälge aus Syrien und Israel, verglichen
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mit dem Smyrna-Häher, auf dem Rücken heller und ohne jeden irgendwie grauen Anflug, mehr weißlich überhaucht. Auf der Unterseite sind sie zwar ähnlich hell, doch einheitlicher weißlich. Verglichen mit dem Rhodos-Häher ist atricapillus mehr hell violett-rötlich auf dem Rücken und hat keinen grauen Anflug wie jener. Die Unterseite ist bei atricapillus weißlicher, die „Kappe" des Rhodos-Hähers ist scheinbar kürzer. Es besteht auch ein Unterschied zu allen westlicheren Formen darin, daß die Abnützung des Gefieders der Israel-Häher viel schneller erfolgt. Im abgenützten Gefieder sind die breiten weißen Wangen, die sie gewissermaßen ähnlich machen, an Israel-Bälgen doch noch rötlicher. Die zu meiner Verfügung stehende Serie war einheitlich gefärbt. Das Gefieder der JuniVögel ist sehr abgerieben und ausgeblichen, doch die neuen Federn wachsen bereits. Die Nordgrenze des Brutgebietes von G. gl. atricapillus ist der Anti-Libanon (KUMERLOEVE, 1969). Es hat also keine Verbindung mit dem Areal von G. gl. anatoliae, welche Rasse erst bei Lakatya vorkommt. Vom Anti-Libanon an durch den Libanon — dort „ . . . not uncommon . . . " (BENSON, 1970) — hat atricapillus ein zusammenhängendes Gebiet bis in die Berge von Israel, also bis ins Karmel-Gebirge und nach Jerusalem (HÜE und ETCHECOPAR, 1970). Zwei Bälge der Museen vpn Bonn und Leningrad hatten einen interessanten Fundort: cfcf. Wadi Sir („Ostjordan-Land"), 3. und 5. 5. 1895, „gekauft von W. SCHLÜTER" (Sammler nicht bekannt). Wenn die Daten des Händlers stimmen, so bedeutet dieser Fundort das südöstlichste Vorkommen der Form. Die Bälge unterscheiden sich von Israel-Bälgen nicht. MOUNTFORT (196S) fand den Häher im Frühling 1963 im Dibbin Forest, nördlich von Amman. Flügelmaße: c f : 165, 176, 177, 180, 2X182, 186; ? : 173, 178, 179; sex.?: 178, 180 mm. Garrulus glandarius susianae ssp. n. Untersuchtes Material: 8 cfDer Eichelhäher des Zagross-Gebirges wird fast von allen Forschern zu G. gl. atricapillus gerechnet (HARTERT, 1903; WITHERBY, 1907; PALUDAN, 1938; VAURIE, 1954, 1959, 1962). Die Subspezies ist aber tatsächlich neben dem Libanon-Häher die hellste der pontischen schwarzköpfigen Eichelhäher. WITHERBY (1903) sagte jedoch schon, daß die Exemplare von Fars „ . . . slightly paler on mantel..." sind als die syrischen, aber dies spricht er der Abnützung des Gefieders zu. Die zu meiner Verfügung stehenden acht Exemplare sind einheitlich gefärbt, obwohl sie von vier verschiedenen Sammlern und aus verschiedenen Jahren und Jahreszeiten stammen (SARUDNY, 1904; WOOSNAM, 1905; NESTEROW, 1914; PALUDAN, 1935). Nach Monaten geordnet: I: 1 Ex., IV: 3 Ex., V: 3 Ex., VI: l Ex. So ist die Möglichkeit ausgeschlossen, daß es sich um eine Musealform, einen jahreszeitlichen Unterschied oder um einen durch eine eigentümliche Präparationsweise hervorgerufenen Unterschied handeln könnte. Die Färbung der Unterseite wie der Wangen stimmt mit der von G. gl. atricapillus überein; die schwarze „Kappe" ist kürzer als bei atricapillus, eventuell mit der von rhodius vergleichbar. Der Rücken ist nicht hell violett-rötlich wie bei atricapillus, sondern mehr zimtfarbig überhaucht, auch ein grauer Anflug wie bei G. gl. anatoliae fehlt, demgegenüber susianae auch heller ist. Wenn man überhaupt einen Vergleich mit den hinterindischen Hähern anstellen darf, dann steht der Zagross-Häher am nächsten G. gl. leucotis, doch trifft das nur hinsichtlich der Rückenfärbung zu, und auch diese ist bei leucotis grau
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angeflogen und dunkel zimtfarbig. Gegenüber leucotis ist der Zagross-Häher mehr violett überhaucht, was wir beim Vergleich mit atricapillus nicht bemerken können. Bei manchen Exemplaren beginnt die schwarze „Kappe", sich in schwarze Streifen aufzulösen, aber an den schwarzen Federn gibt es keine blauen Querbinden. Nach Jahreszeiten getrennt sind die hellsten, an der Unterseite weißlichsten Exemplare die aus dem April. Auf dem Rücken der Stücke aus den Monaten Januar, Mai und Juni zeigt sich ein schwacher gräulicher Anflug, und bei diesen Exemplaren ist auch die Unterseite etwas rötlicher. Solche Stücke sind eine Nuance dunkler als Bälge aus Israel vom März (vgl. WITHERBY, 1903). Flügelmaße: cf : 173, 176, 183, 184, 186, 187, 191, 192 mm. Diagnose: G. gl. susianae steht G. gl. atricapillus am nächsten, hat aber eine kürzere schwarze „Kappe"; die dunkle Phase der Subspezies ist eine Nuance dunkler als G. gl. atricapillus, die helle Phase ist auf dem Rücken mehr zimtfarbig. Die dunkle Phase ist auf der Unterseite rötlicher, die helle Phase weißlicher als atricapillus. Sie haben gemeinsam breite weiße Wangen. Typus: cf. Mal Amir, 16. 4.1905, coli. R. B. WOOSNAM, British Museum (Natural History), reg. No. 1907.12.21.593/29. Cotypus: cf, Derl-i-Dir, 5. 1. 1904, coli. N. SARUDNY (ex coli. Prof. A. v. JORDANS), Zoologisches Forschungsinstitut und Museum A. KOENIG, Bonn, No. 7.VII.8.a 6.E. Zur Erstbeschreibung hinzugezogene weitere Exemplare: 1 cf, Mal Amir, 16. 4. 1905, coli. R. B. WOOSNAM; 2 cf, Baikha, Kurdistan, 26. 5. 1914, und 1 cf, Suredoze, Kurdistan, 29. 6. 1914, coli. P. V. NESTEROW (leider konnte ich die genaue Lage beider Ortschaften nicht feststellen); 1 cf, Bishe Porem, Luristan, 22. 4. 1935; 1 cf, Chamchid, Luristan, 5. 5. 1935. Diese Exemplare sind Eigentum der Museen von London, Leningrad und Kobenhavn. Das Verbreitungsgebiet von G. gl. susianae ist das Zagross-Gebirge in W-Iran vom Persischen Golf bis Kurdistan. Nach WITHERBY (1903) liegt das südlichste Vorkommen westlich von Shiraz (Dasht-i-Arjan), am nördlichsten traf diesen Häher BELDI (1918) unweit von Kermanshah bei Paitak. Wenn vielleicht die Sammeltätigkeit von NESTEROW geklärt werden kann, wird sich diese Grenze noch weiter verschieben. Mit G. gl. atricapillus kann sich G. gl. susianae nirgends treffen, weil die Ebene von Mesopotamien wie die Wüste Syriens sie weit voneinander trennt. Fraglich bleibt, ob mit G. gl. anatoliae oder mit G. gl. krynicki ein Kontakt besteht, worauf schon Bezug genommen wurde. Die Ähnlichkeit mit G. gl. atricapillus ist nur eine Konvergenz. Das Jugendkleid der politischen Schwarzkappen-Eichelhäher Mit dem Jugendkleid der schwarzköpfigen Häher beschäftigten sich schon mehrere Autoren. Sogar Erstbeschreibungen wurden anhand jugendlicher Exemplare vorgenommen. So gab GLOGER, zwar als Nomen nudum, den Namen G. gl. iliceti einem Jungvogel aus Syrien (1833), welches Exemplar ich durch die Güte von Dr. MAUERSBERGER (Berlin) in Händen hatte. G. gl. lendli MADARASZ (1907) wurde ein Junghäher von der nördlichen Seite des Taurus genannt. Besonders sorgfältig wurden die Jungvögel der Insel Rhodos von GHIGI (1929) behandelt, und eine meiner Studien (1967) hat das Jugendkleid des Eichelhähers überhaupt zum Gegenstand.
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Wie ich behauptete, gibt es keinen so großen Unterschied zwischen dem Jugend- und Alterskleid der pontischen Häher, wie er sich bei der g/andarius-Gruppe zeigt. Diesen Gedankengang führte ich dann weiter, indem ich die Jungvögel verschiedener Subspezies aus Europa und Sibirien verglich, was hier nicht wiederholt sei. Hier standen mir die folgenden Exemplare im Jugendgefieder zur Verfügung: Gilan 1, Aserbaidshan 1, Grusinien 1, Kuban 1, Nord-Kleinasien 7, Krim 1, Mytilene 1, Chios 2, Samos 2, Ikaria 1, Rhodos 1, Süd-Kleinasien l, Syrien 2 Ex. Der Jungvogel der Subspezies G. gl. hyrcanus (Gilan, 22. 7. 1914) ist der dunkelste von allen, sogar dunkler als die Jungen der Populationen der Inseln Samos und Ikaria. Die Färbung neigt sich aber nicht zum Grau, sondern geht ins Zimtrötliche. Eine zusammenhängende schwarze „Kappe" fehlt. Der Rücken der kaukasischen und nord-kleinasiatischen Exemplare ist grau-violett mit starkem rostbraunen Anflug; die Unterseite ist meist bräunlich und weißlich überhaucht, aber an den Stücken vom August und September zeigt sich schon der Anfang des violettgrauen Altersgefieders, am Rücken wie auf der Unterseite. Sie haben sämtlich eine kurze schwarze „Kappe". Der Jungvogel von der Krim ist heller und grauer, auf der Unterseite weißlicher als die vorigen, und seine „Kappe" ist in Streifen aufgeteilt. Die violett-bräunlichen Rückenfedern des Exemplares von Mytilene sind rostbräunlich überflogen, der Vogel ist heller, auf der Unterseite weißlicher als die Stücke von Riza oder Abant-Gölü (Nord-Kleinasien). Die beiden Jungvögel von Chios sind auf dem Rücken mehr grau und auf der Unterseite weniger violett überhaucht als das Stück von Mytilene (dazu muß erwähnt werden, daß sein Gefieder schon entwickelter ist). Das Exemplar vom Juni von Samos hat gegenüber dem Stück vom August auf dem Rücken dunkles Gefieder mit starker rostbrauner Tönung, auch die flaumigen Federn der Unterseite sind stärker rostbraun. So unterscheidet sich ersteres Exemplar von denen aus Chios, nicht aber das zweite. Über den Jungvogel von Ikaria (der Monat Februar ist offenbar ein Irrtum) ist schwer etwas zu sagen. Die Federn sind stark verfettet. Wahrscheinlich ist er aber dunkler als die Vögel von Samos und unterseits mehr violett. Der Rücken des Jugend-Exemplares von Rhodos ist hell aschgrau. Nur am unteren Ende des Nackens, am Bürzel und an den Spitzen der Federn des Unterrückens zeigt sich ein wenig Braun. Die Unterseite ist weißlich. Der Vogel von Lycien (Süd-Kleinasien) war von dem gleichaltrigen aus Abant-Gölü (NordKleinasien) nicht zu unterscheiden. Die hellsten Jungvögel sind die aus Syrien. GLOGERs Typus-Exemplar ist sehr stark rostbraun, also scheint es jünger zu sein als das andere aus Damaskus (10. 6. 1890). Im allgemeinen muß betont werden, daß das Jugendgefieder schnell abgenutz wird. Deshalb ist auch seine Variation zu groß, um aus ihr sichere Schlüsse ziehen zu können. Jedenfalls sind die Junghäher vom Kaukasus und aus Kleinasien dunkler als die anderen, ausgenommen die dunkelsten von Gilan, Samos und Ikaria,- die syrischen sind die hellsten, und während z. B. der Krim-Vogel grau ist, sind erstere mehr zimtfarbig.
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Diskussion In einer unserer Studien, zusammen mit KRETZOI (Manuskript), haben wir darüber gesprochen, daß der Eichelhäher Europa von Hinterindien aus wahrscheinlich im Oberen Pliozän erreichte, als sich ein Waldgebiet, u. a. mit dem Kleinen Panda als Bewohner, von Hinterindien bis England erstreckte. Vielleicht war dieser Häher dem heutigen G. gl. leucotis ähnlich? Am Ende des Pliozäns hat die Versteppung, ja teilweise Wüstenbildung, dieses Waldgebiet in Stücke geteilt. Der Fund aus Thüringen beweist, daß der Eichelhäher an der Grenze zwischen Pliozän und Pleistozän in Europa lebte. Die tropischen Bedingungen änderten sich, und so mußte sich diese Population auf eine andere Nahrung (siehe Eichelfraß) einstellen. Wahrscheinlich verursachten diese zahlreichen Änderungen und Anpassungen an neue Verhältnisse eine zu starke Belastung, die sich eventuell auch genetisch auswirkte? Möglicherweise war diese selbständig gewordene Population dem heutigen HäHerivom Zagross ähnlich? Die Vereisung eines großen Teiles von Europa brachte abermals große Veränderungen mit sich. Der Eichelhäher vermochte sich nicht, wie der Unglückshäher, den subarktischen Verhältnissen anzupassen. Deshalb war er gezwungen, sich in Refugien zurückzuziehen. Die Reste von Eichelhähern sind heute in Eulengewöllen ziemlich häufig zu finden, so daß man hätte erwarten können, daß sie in den Höhlen-Ablagerungen aus den Glazialen, wenigstens aus den Interglazialen — dort, wo in Europa keine Eisdecke lag und die Gebiete nur sekundär beeinflußt wurden — öfters zum Vorschein kommen. Es gibt fossile Häherfunde, die jedoch nach geologischen Schichten nicht genau zu bestimmen sind. Die neueren, schon exakteren Ausgrabungen haben trotz ihres Reichtums an Vogelresten den Eichelhäher weder in den Interglazialen noch in den Glazialen nachweisen können. Er wurde nur postglazial gefunden. Zwei Gebiete können als Refugien in Betracht kommen: Maghreb, d. h. Nordwest-Afrika, und der Kaukasus, wo nur in den höchsten Gebirgen eine lokale Vereisung eintrat (KRETZOI mdl.). Die Maghreb-Häher zeigen viele parallele Züge mit den pontischen, wie z. B. die einheitlich schwarze „Kappe" im Zentrum (G. gl. ceroicalis) und die Aufteilung der „Kappe" in breite schwarze Streifen in den Randgebieten wie Tanger und Marokko (G. gl. vohitakeri und G. gl. minor). Doch wurde bisher kein Zusammenhang mit der europäischen glandarius-Gruppe gefunden. Bei den pontischen Hähern sehen wir eine gewisse Konvergenz zwischen dem nordiranischen G. gl. hyreanus und G. gl. glaszneri von Zypern, obwohl der erste der schwarzköpfigen Gruppe, der zweite der europäischen gestreiftköpfigen Gruppe angehört. Vom Zypern-Häher können wir über Kreta und den Balkan auf die verwickelten Ausbreitungsmöglichkeiten des Eichelhähers von Europa bis zur jetzigen weiten Verbreitung folgern (KURODA, 1957; KEVE, 1966; KEVE u. DONCEV, 1967). Dies erlaubt anzunehmen, daß das wichtigste Refugium der ehemaligen europäischen Häher im Kaukasus zu suchen ist. Hier konzentrierte sich wahrscheinlich eine stattliche Population mit großer Variation (RADDE, 1884). Wir finden dort auch heute die extremsten Färbungen und Maße. Das Randgebiet der Verbreitung blieb lange geologisch sehr unruhig, und teilweise ist das noch heute so. Im Zentrum des Gebietes erreichte der Bestand eine weite Verbreitung (Kaukasus, Nord-Kleinasien), doch mußte er sich der neuen Umwelt anpassen, welche kühleres Klima brachte, infolgedessen weniger Eichenwald und mehr Nadelholz auftrat, ähnlich wie in Sibirien. Da gewiß die hohe Populationsdichte ein größeres genetisches Spektrum aufwies und damit mehr Gelegenheit zur Anpassung bot, entstand der heutige
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Dagegen verlief die Entwicklung am Rande des Areals anders. Das Randgebiet erstreckte sich auf Inseln oder auf inselartige Wälder des Festlandes, in manchen Fällen auch auf Auenwälder und Gebirge. Die Populationen waren getrennt und klein und hatten somit weniger Umbildungsmöglichkeiten. Dadurch hat sich die helle Färbung besser erhalten. Wo größere Populationen entstehen konnten (Taurus, Libanon, Zagross), haben sie sich auch leichter der mediterranen Umwelt angepaßt. Wenn die Verbreitung der einzelnen Populationen genauer untersucht ist, werden wir sehen, daß die einzelnen Subspezies durch Halbwüsten oder wenigstens für ein Brüten ungünstige Landschaften getrennt sind, wie in den westlichen Teilen Kleinäsiens oder zwischen den Bergen von Nord-Syrien und dem Anti-Libanon usw. Einiges muß noch genauer geprüft werden. Dazu kam die die Landschaft umgestaltende Tätigkeit des Menschen. Das Beispiel der Insel Kos zwischen jener Zeit der Forschungen von WETTSTEIN im Jahre 1935 und den Feststellungen von WATSON in den Jahren 1959-60 zeigt deutlich, daß auch kurze Zeitabschnitte bedeutende Änderungen hervorrufen können. Welchen Einfluß das Holzfällen der Römer im Libanon hatte, können wir nur noch ahnen, usw. So ging die Entwicklung der voneinander getrennten kleinen Häher-Bestände selbständige Wege. Sie blieben einander morphologisch ziemlich ähnlich, doch genauer untersucht, zeigen sie alle ihre Selbständigkeit. Es ist leicht, in systematischer Hinsicht die Frage zu vereinfachen und sämtliche hellen Formen zusammenzuziehen, aber es sind die Ziele der Taxonomie, die biologischen Ursachen der Entwicklung im Auge zu behalten. Eine andere Beurteilung erfordern die Populationen von Lenkoran und Nord-Iran, die zunehmend immer dunkler werden. Die schwarze „Kappe" teilt sich Schritt um Schritt mehr in breite schwarze Streifen — eine den Randpopulationen gemeinsame Eigenschaft. Diese Färbung geht bei G. gl. hyrcanus so weit, daß die Subspezies von manchen für eine selbständige Gruppe gehalten wird. Ich habe sie 1939 als einen „Übergang" bewertet, doch muß ich heute meine frühere Meinung als übertriebene Suche nach „Übergängen" bezeichnen und bezweifeln. Sie hat nichts mit der sibirischen brandt/ Gruppe zu tun und lebt auch weit entfernt vom Areal jener Subspezies. Ich, verwendete nicht genügend Aufmerksamkeit auf die Variation der kaukasischen Häher und auf die Eigenschaften der Randpopulationen. Noch weniger beachtete ich die zwischen G. gl. hyrcanus und G. gl. glaszneri bestehende Konvergenz. Beide Subspezies können wir als Resultate einer später abgeschnürten Arealausweitung auffassen. Dies ist beim Zypern-Häher besonders wichtig, wenn wir diese Subspezies als Ausgangspunkt der glandkrius-Gruppe auffassen. Die neuere, noch nicht bestätigte Auffassung der Palaeontologen könnte, sofern sie zu beweisen ist, zu unserer Kenntnis der postglazialen Verbreitung der Eichelhäher viel Interessantes beitragen, denn falls südlich von Kleinasien tatsächlich ein weiteres Festland existierte, dann gab es auf diesem wahrscheinlich auch Wälder und damit individuenreichere Häher-Populationen mit reicheren genetischen Variationsmöglichkeiten. Natürlich ist diese Hypothese heute noch zu gewagt, um sie ohne weiteres annehmen zu können. Wir müssen noch die endgültigen Resultate der Palaeontologie abwarten. Am schwierigsten ist die Lösung der Frage nach der Herkunft der Häher der Inseln Samos und Ikaria. Morphologisch stehen sie tatsächlich G. gl. krynicki am nächsten, aber das Areal der letzteren Unterart liegt zu entfernt von Samos, und dazwischen wohnen helle Unterarten. Warum schiebt sich gerade hier eine dunkle Form zwischen die hellen? Das ist ein Beweis dafür, daß die Mutation nicht gerichtet ist. Ob diese Unterart nun ein in eine Sackgasse geratener Versuch der Ausbreitung war oder eine ausnahmsweise entstandene Form ist, läßt sich heute noch nicht sagen.
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Das Beispiel der politischen Eichelhäher ist sehr lehrreich dafür, daß ein katalogisierendes Zusammenziehen der einander ähnelnden — aber nicht identischen — Subspezies ebensowenig ein Ausweg aus den Problemen der Systematik ist wie eine Spaltung. Leider gaben uns im Bereich der Unterarten weder die Chromosomen- noch die Protein-Forschungen einen Schlüssel in die Hand. Wir machten, zusammen mit KRETZOI, den Versuch, die anstehenden Fragen von Seiten der Palaeobiologie zu beleuchten. Wir sind uns bewußt, daß dies nur ein erster Schritt war - ob dieser Weg zum Ziel führt? Ich benutze hier die Gelegenheit, einen in meiner früheren Studie (1967) begangenen Fehler zu berichtigen. Ich bestimmte einen Neotypus für G. gl. glaszneri MADARASZ, 1902, und ließ dabei außer acht, daß ich selbst bereits 1939 schrieb, es seien aus der GI.ASZNER-Sammlung von Zypern nicht nur in der (inzwischen verbrannten) Sammlung des Ung. National-Museums Bälge, sondern auch im Naturhistorischen Museum in Wien. So ist der Lectotypus: 9 - Troodos, Cyprus, 26. 5. 1902, No. 22968, und damit ist kein Neotypus erforderlich.
Zusammenfassung Die Revision der pontischen Untergruppe des Eichelhähers, der Schwarzkappen-Eichelhäher, führte ich auf der Basis eines Materials von 223 Bälgen durch. Die zahlreichen einander widersprechenden Meinungen machten diese Revision nötig. Die Validität der folgenden Subspezies wurde bestätigt: 1. G. gl. hyrcanus BLANFORD, 1873 (Elburs und Gilan); 2. G. gl. caspius SEEBOHM, 1883 (Lenkoran); 3. G. gl. krynicki KALENICZENKO, 1839 (Kaukasus und Nord-Kleinasien); 4. G. gl. iphigenia SUSCHKIN et PTUSCHENKO, 1914 (Krim); 5. G. gl. hansguentheri KEVE, 1967 (Istanbul); 6. G. gl. zeroasi KEVE, 1939 (Mytilene = ? G. gl. chiou KEVE, 1939, Chios); 7. G. gl. samios KEVE, 1939 (Samos, Ikaria); 8. G. gl. rhodius SALVADORI et FESTA, 1913 (Rhodos); 9. G. gl. anatoliae SEEBOHM, 1883 (Süd-Kleinasien, Nord-Irak, Nord-Syrien); 10. G. gl. atricapillus GEOFFROY ST. HILAIRE, 1832 (Anti-Libanon, Libanon, Israel); 11. G. gl. susianae ssp. n. (Zagross-Gebirge). Wenn wir die Subspeziesfrage nur morphologisch oder vielmehr nur katalogisierend auffassen und weder die Entwicklungsgeschichte noch die geographische Isolation der Subspezies gebührend berücksichtigen und gar den zoogeographischen Gesichtspunkt außer acht lassen, dann sollten nur G. gl. hyrcanus, G. gl. krynicki und G. gl. atricapillus valid bleiben. Die hellen Populationen von der Krim über Istanbul, die Ägäischen Inseln, SüdKleinasien bis Israel bzw. bis zum Persischen Golf würden die dunklere Form G. gl. krynicki in einem Halbkreis umgeben, und G. gl. paspius wäre ein Mischprodukt zwischen G. gl. krynicki und G. gl. hyrcanus. Aber die Populationen, die auf den Inseln leben oder inselartig verbreitet sind, zeigen eben doch feine Unterschiede. Es gelang, die Terra typica von G. gl. anatoliae zu klären. Diese ist nicht in NordwestKleinasien zu suchen, denn SEEBOHM hatten zur Beschreibung Bälge aus Süd-Kleinasien vorgelegen. Diese Population gehört aber weder zu G. gl. atricapillus noch zu G. gl. krynicki, wie man bisher, sich dabei widersprechend, angenommen hatte, sondern sie ist selbständig und G. gl. lendli ist der Jungvogel dieser Subspezies. Mit Hilfe der Literatur war ich bestrebt, die Grenzen der einzelnen Subspezies-Areale genau festzulegen.
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Die Lectotypen der Unterarten G. gl. anatoliae und G. gl. glaszneri wurden bestimmt, desgleichen die Neotypen von G. gl. zervasi und G. gl. samios. Abschließend beschäftigte ich mich mit Hypothesen der Entstehungsmöglichkeiten der Unterarten der pontischen Eichelhäher. Danksagung Ich äußere meinen allerbesten Dank denen, die die Güte hatten, mir als Ersatz meines verbrannten Materials teils mit Geschenken, teils durch Tausch zu helfen: Dr. N. I. BURCHAK-ABRAMOVICH (Tbilissi), Dr. E. ETEMAND (Teheran), Ing. H. HOVEL (Haifa), Prof. Dr. L. A. PORTENKO (Leningrad), I. REGÖS (Haifa), A. M. SUDILOWSKAJA (Moskwa), M. A. WOISTVENSKY (Kiew), PANOS ZERVAS (Athen). Für Vergleichsmaterial bin ich den folgenden Museen, d. h. den Leitern der Sammlungen, sehr verbunden: Dr. G. ROKITANSKY und Dr. H. SCHIFTER (Naturhistorisches Museum, Wien - 36 Bälge), Dr. G. MAUERSBERGER (Zoologisches Museum der Humboldt-Universität, Berlin - 31 Bälge), Prof. Dr. G. NIETHAMMER (Zoologisches Forschungsinstitut und-Museum A. KOENIG, Bonn - 30 Bälge), Prof. Dr. L. A. PORTENKO (Zoologisches Museum, Leningrad - 27 Bälge), A. M. SUDILOWSKAJA' (Zoologisches Museum, Moskwa — 26 Bälge), Prof. Dr. CH. G. SIBLEY (Peabody Museum of Natural History, Yale University, New Häven - 1 7 + 2 Bälge), Dr. D. W. SNOW (British Museum, Natural History, London - 14 Bälge), Dr. G. DIESSELHORST (Zoologische Sammlung des Bayrischen Staates, München - 11 Bälge), W. HEBIG [S. ECK] (Staatliches Museum für Tierkunde Dresden - 7 Bälge), Dr. F. SALOMONSEN (Zoologiske Museum Universitetets, Kebenhavn - 2 Bälge), Prof. Dott. E. MOLTONI (Museo Civico di Storia Naturale, Milano — 2 Bälge). Zum Schluß sage ich meinen innigsten Dank denen, die mich mit guten Ratschlägen, mit Literatur oder auf andere Weise unterstützten: W. BAUER (Frankfurt a. M.), J. C. DANIEL (Bombay), Prof. Dr. W. HEPTNER (Moskwa), Prof. Dr. M. KRETZOI (Debrecen), Dr. H. KUMERLOEVE (München), Dr. J. MARTENS (Mainz), Prof. Dr. L. A. PORTENKO (Leningrad), S. URBAN (Basel), J . VIELLIARD (Paris), Dr. A. WETMORE (Washington), R. L. ZUSI (Washington). Anmerkung (25. 8. 1971): Nach dem Abschluß meiner Studie habe ich die freundliche Information von Prof. Dr. L. A. PORTENKO (Leningrad) erhalten, daß die Fundorte der von NESTEROW in Kurdistan 1914 gesammelten Bälge in der Nähe des Punktes liegen, an dem der 46° östl. Länge die iranisch-irakische Grenze schneidet: Baikha liegt südlich von Suredoze, östlich vom Awromam-Gebirge. Dies bedeutet, daß sich die Verbreitungsgrenze der Subspezies G. gl. susianae nach Nordwesten um etwa 150 km über Kermanshah hinaus verschiebt. Literatur ALLOUSE, B„ 1953 : The Avifauna of Iraq. - Iraq Nat. Hist. Mus. Pubi., No. 3., pp. 163. ARNOLD, P., 1962: Birds of Israel. BARABASCH, U., 1933: Verbreitung von Garrulus glandarius iphigenia Suschk. et Ptusch. - Orn. Mb., 41, p. 55. BAUER, W„ HELVERSON, v. O.. HODGE, M„ MARTENS, J., 1969: Aves, in KANELLIS, A., Catalogus Faunae Graeciae. Thessaloniki, pp. 203. BÉLDI, G., 1918: Ornithologische Notizen aus West-Persien und Mesopotamien. — Aquila, 25, p. 89-101.
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Anschrift des Autors: Dr. Andras Keve, Madärtani Intezet, Budapest XII, Költö u. 21, VR Ungarn IIL-28-2 D 2/S/73
Z O O L O G I S C H E ABHANDLUNGEN S T A A T L I C H E S M U S E U M F Ü R T I E R K U N D E IN D R E S D E N Band 32
Ausgegeben: 19. Dezember 1973
Nr. 13
Über palaearktische Waldohreulen, Asio otus (Aves, Strigidae) SIEGFRIED
ECK
Dresden
Der Formenkreis der Waldohreule zeigt im Süden seines Areals eine ausgeprägtere Rassenbildung als im Norden, sofern man die afrikanischen Rassen abyssinicus und grauer/, die madagassische madagascariensis und eventuell auch noch die braunäugige mittel- und südamerikanische As/o clamator in diesen einbezieht. Die nordamerikanischen Rassen milsonianus (im Osten) und die blassere tuftsi (im Westen) stehen durch deutlichere Querzeichnung des Kleingefieders, gelbe Iris und stark rötliches Gesicht wie wohl auch durch ihre gedrungenere Gestalt von den palaearktischen Waldohreulen weiter ab. RIDGWAY (1914, Bull. U. S. Nat. Mus., No. 50, Part VI, S. 656) gibt für milsonianus folgende Durchschnittsmaße der Flügellänge an: cf 292, 9293,9 mm. Von Asio otus otus (Japan bis Spanien, N-Afrika und Azoren) wird bisher nur A. o. canariensis wegen dunklerer Färbung und geringerer Maße abgetrennt. HARTERT (Vögel pal. Fauna, II, S. 986— 987) vermerkt von 11 Exemplaren eine Flügellänge von 263—275, eine Schwanzlänge von etwa 132-142 mm. Asio otus turcmenica wurde 1918 von ZARUDNYJ und BILKEWITSCH aus Transkaspien beschrieben. KUMMERLÖWE und NIETHAMMER (J. Orn., 83/1, S. 49, 1935) lassen es offen, ob diese hellere östliche Rasse auch in N-Kleinasien vorkommt, und nennen von dort Flügelmaße für c f : 295, 295, 302 mm, für ein 9 = 288 mm. Mir lagen keine Bälge dieser Rasse vor, die heute in die Synonymie von As/o otus otus gestellt wird. Von den eurasiatischen Waldohreulen untersuchte HARTERT 100 Bälge und vermerkte (ohne Trennung der Geschlechter) eine Flügellänge von „285—305, sehr selten nur 280 und mitunter über 305, bis 310" mm. Die Schwanzlänge beträgt nach HARTERT „etwa 140— 155" mm. NIETHAMMER (Handbuch deut. Vogelk., II, S. 86, 1938) gibt Flügelmaße an, die für die cf zwischen 282 und 292 (lmal 300), für die 9 zwischen 288 und 302 mm liegen. Er hatte ein Material von 10 deutschen Brutmännchen und 6 Brutweibchen und zitiert WITHERBY, wonach cf und 9 bis 300 mm Flügellänge haben sollen. KOLLIBAY (Vögel Schlesiens, S. 152, 1906) vermerkt für zwei cf 289 und 300, für 3 9 293, 293 und 295 mm. STRESEMANN (Avifauna Macedonica, S. 214, 1920) nennt aus Mazedonien ein cf mit 295 und zwei 9 mit 285 und 296 mm Flügellänge. MEISE (Naturgeschichte der Vögel, II, S. 353) vermerkt 276—320 mm und stützt sich dabei offenbar auf die Angaben DEMENTIEWs (Vögel der Sowjetunion, I, 1951), wonach 125 cf im Flügel 276-309 (Durchschnitt 294,8) und 150 9 282—320 (Durchschnitt 298,6) mm messen. Leider wurde dieses Material nicht nach seiner geographischen Provenienz unterteilt. Ob die in „Birds of Japan" (1956) von KOBAYASHI mitgeteilten Maße ausschließlich für japanische Vögel gelten, erscheint
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fraglich: Flügel 2 7 5 - 3 1 0 , Schwanz 127—155 mm. Bemerkenswert sind die Maße in LA TOUCHEs „Handbook of the Birds of Eastern China" (1932, Vol. II, S. 104). Die dort genannten Schwanzlängen stimmen mit meinen Maßen ostasiatischer Vögel überein, lediglich meine Flügellängen sind niedriger. Wenn man bedenkt, wie schwierig oft Eulenflügel zu messen sind, zumal das Handskelett im getrockneten Balg die unterschiedlichsten Rundungen haben kann (besonders bei Schleiereulen), so liegt es auf der Hand, daß Frischmaße bei diesen Vögeln deutlich höher liegen müssen. Ich nehme deshalb an, daß es sich bei diesen chinesischen Maßen um Frischmaße handelt: Flügel der c f $ 0 5 - 3 0 7 , Schwanz der cf 140-145, Flügel der 9 3 1 0 - 3 2 5 (!), Schwanz der 9 1 4 6 - 1 5 8 mm. Das mir zur Verfügung stehende Material, das ich erneut auf geographische Unterschiede untersucht habe, nachdem HANS J O H A N S E N (J. Orn., 97, S. 209, 1956) abschließend feststellte: „In Eurasien keine anerkannten Rassen.", ist bei weitem nicht so umfangreich wie das von DEMENTIEW und umfaßt nur 85 Bälge. Aber die Trennung desselben in Vögel O-Asiens und Europas erwies sich als aufschlußreich. Die 51 europäischen Waldohreulen (einschließlich einiger weniger Bälge aus SW-Asien) gliedern sich in 22 gf, 1 2 9 und 17 Stücke unbestimmten Geschlechts, die ostasiatischen 34 Vögel (Japan; Mandschurei; China; Altai, 1 Stück) gliedern sich in 4 cf, 16 9 u n c * 1 4 Von jedem Stück wurde das Flügel- und Schwanzmaß genommen. Die 7. Handschwinge (von innen nach außen gezählt) ist im Osten wie im Westen mal kürzer und mal länger als die 10. Handschwinge. Maße aus Europa: Flügel Durchschnitt Schwanz Durchschnitt
cTd" (265) 2 7 9 - 2 9 5 (299) 287,8 1 3 1 - 1 4 8 (154) 140,5
Maße aus O-Asien:
cfcf Flügel Durchschnitt Schwanz Durchschnitt
285-296 292 139-146 143,5
99
sex. ?
279-301 292 141-149 144
275-299 289 133-150 142,8
99
(281) 2 8 6 - 3 1 0 299 (132) 1 3 7 - 1 5 7 148
insgesamt 2.89,3 insgesamt 142,1
sex. ? 282-311 297 140-153 146,6
insgesamt 297,2 insgesamt 146,9
Da die geographische Zusammensetzung von DEMENTIEWs Material nicht bekannt ist und ich vielleicht nicht ganz diese Streckung des Handflügels beim Messen erreicht habe, kann man schwerlich die Durchschnittsmaße meiner ostasiatischen 9 mit denen der 150 9 ' die DEMENTIEW untersuchte, vergleichen. Wesentlich ist aber, daß bei solchen Untersuchungen alle verglichenen Exemplare von demselben Untersucher geprüft wurden. Deshalb finde ich auch die Ergebnisse meines Vergleichs von 85 Waldohreulen Europas und O-Asiens mitteilenswert.
ECK: Über palaearktische Wäldohreulen
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Flügel/Schwanz-Einzelwerte r O-Asien
Europa cfcf 265/131 ! 279/134 279/136 283/137 283/143 286/140 287/135 287/137 287/142 289/140 289/144 290/136 290/140 291/137 292/140 292/142 292/146 292/154! 293/138 293/148 295/150 299/141
9 9 1279/143 286/142 288/146 289/141 290/147 292/149 293/141 294/142 295/143 298/146 301/142 301/146
sex. ? 275/133 279/139 284/137 284/141 286/139 287/139 287/140 289/150 291/149 292/140 292/146 292/148 293/142 293/148 294/144 299/146 299/147
cfcf 285/143 291/139 296/146 296/146
9 9 281/132! 286/137! 291/146 294/147 294/148 296/144 298/150 301/149 302/151 304/150 304/155 306/146 306/151 309/154 309/157 310/152
sex. ? 282/146 287/140 287/141 287/145 291/142 295/150 297/149 298/146 299/144 302/148 302/152 304/147 307/153 311/150
Unter meinen östlichen Vögeln zeigt ein 9 aus der Mandschurei mit 281 mm Flügel- und 132 mm Schwanzlänge kümmerliche Maße, desgleichen ein europäisches c f . Ein anderes europäisches cf hat einen relativ langen Schwanz. Dieser mißt 154 mm bei einer Flügellänge von 292 mm. Die Maße eines mongolischen 9 i m Jugendkleid von 249 mm Flügelund 122 mm Schwanzlänge, die PIECHOCKI (Mitt. Zool. Mus. Berlin, 44, S. 277, 1968) mitteilt, fallen völlig heraus und können sich meines Erachtens nur auf einen Vogel mit wachsendem Großgefieder beziehen. Man trage interessehalber die oben aufgeführten Flügel/Schwanz-Einzelwerte in ein beide kombinierendes Diagramm ein, wenn man sich die Differenz zwischen Europa und O-Asien besser veranschaulichen möchte. Bei natürlich starker Überschneidung überragen die östlichen Vögel die westlichen deutlich. Dabei nimmt die Schwanzlänge im Osten etwas weniger stark zu als die Flügellänge. Die mitgeteilten Meßwerte lassen die Vermutung zu, daß die ostasiatischen Waldohreulen eine von A. o. otus (LINN.) durch größere Maße verschiedene Subtilform bilden. Von einer Benennung derselben sehe ich noch ab, allerdings nicht aus Rücksicht auf die 75 % Regel. Die Frage, ob 75 11 n der ostasiatischen Waldohreulen verschieden sind, ließe sich zwar stellen, aber im direkten Sinne nicht beantworten. Im übrigen sollte den dritten Namen ternärer Tierformen-Bezeichnungen nicht eine Rolle zugedacht werden, die der der Längen- und Breitengrade auf der Landkarte vergleichbar wäre. Zunächst wird durch die hier getroffenen Feststellungen der Eindruck einer recht erheblichen individuellen Größenvariation von A. o. otus korrigiert.
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Der Untersuchung diente das Material der Museen Dresden und Berlin. Den Herren Dr. G. MAUERSBERGER und Dr. B. STEPHAN (Zoologisches Museum Berlin) sei für ihr stetes Entgegenkommen vielmals gedankt.
Anschrift des Autors: Siegfried Eck, Staatliches Museum für Tierkunde, DDR - 801 Dresden, Augustusstraße 2.
ZOOLOGISCHE ABHANDLUNGEN S T A A T L I C H E S M U S E U M FÜR T I E R K U N D E I N D R E S D E N Band 32
Ausgegeben: 28. Dezember 1973
Nr. 14
An Horsten des Uhus (Bubo bubo) in Bulgarien I. Der Uhu im Iskerdurchbruch (Westbalkan) (Aves, Strigidae) mit 10 Fotos WOLFGANG
B A U M G A R T / Berlin, SIMEON
D. S I M E O N O V / Sofia.
M A N F R E D Z I M M E R M A N N / Schwerin, HORST B Ü N S C H E / Staßfurt, PET JA B A U M G A R T / B e r l i n ,
GUSTAV K Ü H N A S T / Schmölln
1. Einleitung Was wir v o m Uhu auf unserem Kontinent wissen, ist regional recht unterschiedlich. Während über Vorkommen, Lebensweise und Ernährung dieser Großeule in Nord- und Mitteleuropa teilweise umfassende Angaben vorliegen, sind in Südeuropa diesbezüglich bisher kaum Untersuchungen durchgeführt worden. Hier an der Schließung einer Lücke mitzuarbeiten, boten Sich uns (W. BAUMGART, M. Z I M M E R M A N N , H. BÜNSCHE, G. K Ü H N A S T ) während eines Auslandsstudiums in Sofia günstige Möglichkeiten. Das Interesse am Uhu führte zum Kontakt mit Herrn S. D. SIMEONOV (Lehrstuhl für Biologie der Wirbeltiere an der Sofioter Staatsuniversität), und so wurde der Grundstein für eine langandauernde Gemeinschaftsarbeit gelegt. In der VR Bulgarien sind die Voraussetzungen für eine Beschäftigung mit dem Uhu besonders günstig. Sein Bestand ist hier, im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Staaten, noch sehr beachtlich, und das Vorkommen im Landesmaßstab erscheint in keiner Weise bedroht. Schon REISER (1894) weist darauf hin, daß die Großeule im Lande staunenswert häufig sei und von hier und aus Bosnien, weniger aus Serbien, halb Europa mit lebenden und ausgestopften Uhus versorgt werde. Auch nach STRESEMANN (1920) und v. JORDANS (1940) soll der Uhu in Bulgarien keineswegs selten sein. Ähnliches weiß noch M A K A T S C H (1950) zu berichten. PATEV (1950) bezeichnet in seiner Landesornis den Uhu als sehr häufig und weit verbreitet. Er komme sowohl in der Ebene wie auch im Gebirge vor, nach v. BOETTICHER (1919) bei Sitnjakovo im Rila sogar bis 1700 m. Damit ist ein weiterer Vorteil genannt, den man bei Untersuchungen am Uhu in der VR Bulgarien hat. Die Vielfalt der oft fließend ineinander übergehenden Lebensräume vom Hochgebirge bis zum Donauufer oder Schwarzmeerstrand gewährleistet beste Vergleichsmöglichkeiten. Darüber hinaus wirkt sich hier keineswegs der Einfluß des Menschen und der Technik überall so nachteilig aus wie etwa in unserer Heimat.
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Relativ am besten bekannt ist das Vorkommen des Uhus im Küstengebiet, worüber von MÜLLER (1927), PETROV und ZLATAROV (1955), MOUNTFORT und FERGUSONLEES (1961) und BAUMGART (1970, 1971) berichtet wird. Aus dem Landesinneren liegen dagegen bisher fast nur Einzelmeldungen vor. Das Auftreten des Uhus im Iskerdurchbruch findet erstmals bei BALAT (1962) Erwähnung. Bei Lakatnik fand er im Nest eines Hausrotschwanzes eine eingebaute Uhufeder. Die Angaben von SIMEONOV (1967) lassen dann auf eine beachtliche Häufigkeit schließen. Genannt werden Beobachtungen bei Cerovo, Cerepis, Brusen und Karlukovo sowie ein Horstfund in der Umgebung von Lakatnik. Aus der Umgebung von Kurilo erhielt der Autor am 13. 5. 1964 einen Jungvogel. Von 1961 an hatten wir Gelegenheit, im Iskerdurchbruch dem Uhu nachzuspüren und sechs Horstplätze über mehrere Jahre zu kontrollieren. Obwohl wir der Ernähruhgskontrolle weiten Raum widmeten, wollten wir uns doch keineswegs darauf beschränken, nur „Beutetierkuhde" zu betreiben, sondern waren bestrebt, das Geschehen in den Uhurevieren möglichst komplex zu erfassen. Außer eigenen Beobachtungen werden daher in den nachfolgenden Darstellungen auch Hinweise verwertet, die wir bei Umfragen in der Bevölkerung erhielten. 2. Charakteristik des Lebensraumes 2.1. Landschaft und Klima Nördlich von Sofia durchbricht der Isker als einziger größerer Fluß Bulgariens den Balkan. Die Länge dieses so gebildeten, tief in den Kalkstein eingeschnittenen vielgestaltigen Tales beträgt 67 km. Die teilweise ackerbaulich genutzte Talsohle unterschiedlicher, meist aber geringer Breite wird von steilen, kahl-gerölligen oder mit Büschen und Wald bestandenen Hängen eingeschlossen, die vielerorts reich mit Felsen bestückt sind. Im Zentralteil und am Nordausgang des Passes beherrschen ausgedehnte Felskomplexe, die sich auch in die Seitentäler fortsetzen, das Landschaftsbild. Bei Lakatnik überragen die Wände den Flußspiegel beispielsweise um über 400 m. An den Oberrand der Talhänge schließt sich zumeist eine leicht ansteigende, hügelige Zone an, die stellenweise landwirtschaftlicher Nutzung unterliegt. Die dem Tal unmittelbar anliegenden Balkangipfel erreichen bis zu 1500 m Höhe und haben nur Mittelgebirgscharakter. Der Höhenunterschied zwischen dem am Paßeintritt etwa 500 m und am Austritt 200 m hoch liegenden Spiegel des Isker und den umliegenden Höhenzügen kann somit 1000 bis 1300 m betragen. Nach Verlassen des eigentlichen Passes bei Ljutibrot verlangsamt der Fluß seinen Lauf und tritt in den weiträumigen Kessel von Mezdra ein, in dessen Randgebieten sich gleichfalls noch ausgedehnte Buschzonen mit eingestreuten Felsgruppierungen befinden. Der Iskerdurchbruch ist ein wichtiger Verkehrsweg zwischen Nordbulgarien und der Landeshauptstadt. Ihn durchziehen eine Eisenbahnlinie und eine Asphaltstraße, ohne daß die ursprüngliche Natur hierdurch wesentliche Veränderungen erfährt (MILCEV, DIKOV und GEORGIEV, 1961). Größere Dörfer befinden sich im Tal und auf den Anhöhen. Außerdem liegen vielerorts in den Talseiten einzelne Gehöfte oder kleinere Siedlungen mit begrenzten Anbauflächen. Der Iskerdurchbruch weist ein gemäßigt kontinentales Klima auf. Der Winter ist lang und kalt (mittlere Januartemperatur in Iskrec: —2,6 °C). Die höchsten Temperaturen werden im August gemessen. Die jährliche Niederschlagsmenge beträgt 150 bis 700 mm.
BAUMGART: Uhuhorste in Bulgarien. I.
205
Das Minimum liegt im Februar, das Maximum im Mai und Juni.Während dieser Monate kommt es zu oft tagelang anhaltenden Regenfällen, auf den Anhöhen noch bis in den Mai hinein zu Schneefällen. Trotzdem versiegen viele der Zuflüsse zum Isker auf dem kalkigen Grund bereits im Juni. Die Vielfalt in der Oberflächenstruktur führt zu großen Gegensätzen im Mikroklima. Während in den hohen Kalkwänden bisweilen schon im März sommerliche Temperaturen herrschen, liegt auf den umgebenden Anhöhen noch Schnee. Im Hochsommer lagert über dem Karstgelände meist eine Gluthitze, die während der Mittagsstunden jegliches Leben ersterben läßt. 2.2. Die Lage der Horstplätze In der Umgebung aller Horstplätze sind Felsen, Ödländereien, Buschwälder, Anbauflächen und Weideland sowie wenigstens zeitweilig wasserführende Fluß- und Bachläufe vorhanden, wobei jedoch anteilmäßig bedeutende Unterschiede zu verzeichnen sind. Von der Höhenlage und Landschaftsstruktur her handelt es sich bei den einzelnen Uhupaaren um: a. Bewohner des Gebirgsrandes und der vorgelagerten Ebene (Platz 1 u. 2), b. Bewohner tiefeingeschnittener Gebirgstäler (Platz 3 u. 4), c. Bewohner der Kammlage hoher Mittelgebirge (Platz 5 u. 6). Die Mehrzahl der Beobachtungen stammt vom Horstplatz 3. Doch auch an den Plätzen 2 und 4 wurde intensiv beobachtet, während die Horste l, 5 und 6 wegen ihrer Abgelegenheit nur selten aufgesucht werden konnten. Horstplatz
1
Er befindet sich außerhalb des eigentlichen Passes in der weiteren Umgebung der Stadt Mezdra auf den Fluren des Dorfes Brusen. Der Isker fließt hier träge zwischen ausgedehntem ebenen Ackerland und karstigen Ödflächen zur Linken und überwiegend mit Büschen und Buschwald bestandenem Hügelland zur Rechten, das von mehreren tiefer eingeschnittenen, meist trockenen Tälern durchzogen wird. Hier finden sich ebenso wie im Haupttal verstreut Felsgruppierungen geringeren Ausmaßes, die dem Uhu Ruheplätze und Horstgelegenheiten bieten. Horstplatz
2
Der Uhu bewohnt hier eine enge Schlucht in der letzten großen Felsgruppierung vor dem Nordausgang des Passes in der Umgebung der Gara Cerepis. An die schroffen Wände und Zinnen des ausgedehnten Kalksteinmassives schließen sich steile, busch- und baumbewachsene Hänge mit eingestreuten Felsbändern an, die in die Ebene mit ihren Anbauflächen und Weiden auslaufen. Horstplätze
3 und 4
Beide im Zentralteil des Passes befindlichen, nur 4 km voneinander entfernten Plätze weisen hinsichtlich ihrer Lage viele Gemeinsamkeiten auf. Das Landschaftsbild des Tales wird hier durch zum Isker und seinen Zuflüssen hin steil abfallende, reich mit hohen Felswänden bestückte sowie im wesentlichen mit Hainbuchen und Eichengestrüpp bewachsene Hänge bestimmt. Auf den Anhöhen liegen verstreut Anbauflächen und Weiden. Bevorzugte Aufenthaltsorte und Horstplätze der Uhus sind etwa 30 m hohe höhlenreiche Südostwände, 200 bzw. 150 m über dem Niveau des Isker, in Seitentälern nahe der Einmün-
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206
dung in das Haupttal. Ein Unterschied zwischen beiden Plätzen besteht dkiin, daß in der Umgebung von Platz 3 der felsige Charakter des Tales ausgeprägter ist, während Platz 4 zwar flußabwärts an ein ausgedehntes Felsmassiv grenzt, ansonsten jedoch überwiegend von buschbewachsenen Hängen umgeben ist. Horstplatz
5 und 6
Etwa 6 km beträgt die Entfernung zwischen diesen, durch ein tiefeingeschnittenes Tal getrennten, 1050 bzw. 1000 m hoch im Südteil des Gebirgszuges Ponor gelegenen Plätze. Für die unteren Lagen sind steile buschbestandene Hänge charakteristisch, deren Bewuchs nach der Höhe zu immer spärlicher wird. Die höchsten Erhebungen sind immer kahl. Felsen umschlingen sie in Form gestaffelter Bänder, in denen auch die Uhus als Bewohner der Kammlage ihren Einstand haben. An den Oberrand der Talkerbe schließt sich eine leicht hügelige, überwiegend weidewirtschaftlich genutzte Hochfläche an. Der Platz 5 befindet sich an der Grenze zwischen Buschwald und Hochweiden. Platz 6 liegt dagegen etwas tiefer und ist völlig in die Buschzone eingeschlossen. 3. Ernährung Neben ungestörter Lage der Tageseinstände und Horstplätze ist das Nahrungsangebot des jeweiligen Lebensraumes f ü r den Bestand eines Uhuvorkommens von entscheidender Bedeutung. Aus dieser Sicht erscheint es förderlich, nach Darstellungen über den Lebensraum mit den Beutelisten fortzusetzen, um so die Existenzbedingungen der einzelnen Uhupaare ganz allgemein zu umreißen. Sehr nachteilig für das Aufsammeln von Belegmaterial für die Beutelisten erwies sich der Umstand, daß mit Ausnahme von Platz 1 den Uhus weiträumige, ungestörte und stark zerklüftete Felskomplexe als Ruheplätze zur Verfügung standen und sie insgesamt recht unstet waren. Ein beachtlicher Teil der gesichteten Gewölle lag unerreichbar auf Zinnen und in Wänden oder verstrickte sich herabfallend im Gesträuch. 3.1. Die Beutelisten *) Horstplatz
l
Von November 1961 bis März 1965 sammelten wir unregelmäßig Gewölle an dem vom Uhu bewohnten Felsstock. Rupfungen wurden nicht gefunden. Besonders gut war die Ausbeute am 6. 11.1964. Insgesamt wurden 49 Säuger, 36 Vögel und 5 Wirbellose nachgewiesen. Säuger : Igel (Erinaceus europaeus) 22 Hase (Lepus europaeus) 12 Wanderratte (Rattus noroegicus) 9 Waldmaus (Apodemus syloaticus) 2 Maus unbest. 1 Schermaus (Arvicola terrestris) 2 Siebenschläfer (Glis g/i's) 1 l
) Herr ROBERT MÄRZ (Sebnitz), der vom 31. 5.-6. 6. 1965 auf Einladung und unter Führung der Autoren die Horstplätze 2, 3 und 5 besuchte, übernahm freundlicherweise die Bestimmung des überwiegenden Teils der Rupfungen und Gewölle. Wir sind ihm dafür zu besonderem Dank verpflichtet.
207
BAUMGART: Uhuhorste in Bulgarien, I.
Vögel: Reb- und Steinhuhn (Perdix perdix! AI ectoris graeca) (in den ersten Jahren nicht getrennt) 16 Rebhuhn (Perdix perdix) 4 Wachtel \Qoturnix coturnix) 2 Turteltaube (Streptopelia turtur) 2 Ente (Art unbest.) 2 Teichralle (Gallínula chloropus), Mäusebussard (Buteo buteo), Habicht cf (Accipilcr gentilis), Waldohreule (Asio otus), Steinkauz (Athene noctua), Zwergohreule (Otus scops), Dohle (Corpus monedula), Amsel (Turdus merula), Drossel unbest. (Turdus sp.) und Buchfink (Fringilla coelebs) je 1 Ex. Wirbellose: Hirschkäfer 1, Nashornkäfer 1, Käfer unbest. 2, Krebs 1. Horstplatz
2
Er wurde von November 1961 an besucht, ohne daß es anfangs gelang, die Einstandsplätze des Uhus zu entdecken. 1964 und 1965 wurden dann die Horste gefunden. Die Beuteliste enthält im wesentlichen das, was in ihnen aufgesammelt werden konnte. 1969 war nur ein unvollständiges Aufsammeln der Beutetierreste möglich. Eine nach Jahren getrennte Darstellung erscheint hier, wie auch an den folgenden Plätzen, von Vorteil, da sich so abzeichnet, inwieweit die Beutetierzusammenstellung konstant bleibt. Insgesamt wurden 65 Säuger, 59 Vögel, 2 Lurche und 1 Wirbelloser nachgewiesen. Säuger Igel (Erinaceus europaeus) Hase (Lepus europaeus) Wanderratte (Rattus noroegicus) Waldmaus (Apodemus syloaticus) Schermaus (Arvicola terrestris) Eichhorn (Sciurus vulgaris) Siebenschläfer (Glis güs) Gesamt
1964
1965
1969
Gesamt
15 6 8
12 4 4 1 2 2 2 27
2 1 1
4
29 11 13 1 3 3 5 65
— — — — — — — — — — —
7 6 1 3 3 1 1 2 2 2 1
—
1 1 3 34
— —
Vögel: Rebhuhn (Perdix perdix) Steinhuhn (Alectoris graeca) Haushuhn Hohltaube (Columba oenas) Turteltaube (Streptopelia turtur) Haustaube Stockente (Anas platyrhynchos) Turmfalke (Falco tinnunculus) Waldohreule (Asio otus) Waldkauz (Strix aluco) Steinkauz (Athene noctua)
5 — — 1 2 — 1 1 1 1 —
2
1 1
2 6 1 1 1 —
1 1
208
Zool. Abh. Mus. Tierk. Dresden. 32, Nr. 14, 1973
1964
1965
1969
2
Zwergohreule (Otus scops) Kuckuck (Cuculus canorus) Blauracke (Corac/as garrulus) Alpensegler (Apus melba) Grünspecht (Picus viridis) Nebelkrähe ( C o n u s corone) Dohle (CorDus monedula) Eichelhäher (Garrulus glandarius) Pirol (Oriolus oriolus) Star (Sturnus vulgaris) Singdrossel (Turdus philomelos) Drossel unbest. (Turdus sp.) Vögel unbest. Gesamt
Gesamt
2
1 1 1 1 6 10 2 1 1 1 2 1 59
27
1 30
—
2
—
2
—
l
—
1
Lurche: Frösche Wirbellose: Maulwurfsgrille Horstplatz
3
Er wurde von Frühjahr 1962 an besucht. In diesem Jahr und 1963 lasen wir nur Gewölle und Rupfungen in der Umgebung der Horstwand auf. Erst 1964 glückte der Horstfund, aber die Brut entfiel. Die im Horst gesammelten Knochenreste stammten z. T. nicht aus diesem Jahr. Das Material von 1965 wurde im Horst, seiner Umgebung und an den späteren Aufenthaltsorten des wandernden und flüggen Jungvogels gesammelt. Die Liste enthält insgesamt 111 Säuger, 88 Vögel, 29 Lurche und 10 Wirbellose. 1962/63
Säuger: Igel (Erinaceus europaeus) Weißzähn. Spitzmaus (Crocidura sp.) Hase (Lepus europaeus) Wanderratte (Rattus noroegicus) Ratten unbest. (Rattus sp.) Waldmaus (Apodemus sylvaticus) Schermaus (Arvicola terrestris) Feldmaus (Microtus arvalis) Mäuse unbest. Eichhorn (Sciurus vulgaris) Siebenschläfer (Glis gIis) Gesamt
1965
Gesamt
22
39 1 4
65 ' 1 7 1 3 18 1 1 5 4 5 111
3 1
2
3 14
1
3
1
2
1 33
Vögel : Reb- u. Steinhuhn (Perdix perdix/Alectoris Rebhuhn (Perdix perdix)
1964
graeca)
2 1
2
4 70
209
BAUMGART: Uhuhorste in Bulgarien. I.
Steinhuhn (Alectoris graeca) Haushuhn Hohltaube (Colum ba oenas) Turteltaube (Streptopelia turtur) Stockente (Anas platyrhynchos) Knäkente (Anas querquedula) Wachtelkönig (Crex crex) Teichralle (Gallinula chloropus) Fischreiher (Ardea cinerea) Wanderfalke (Falco peregrinus) Turmfalke (Falco tinnunculus) Mäusebussard (Buteo buteo) Waldohreule (Asio otus) Waldkauz (Strix aluco) Steinkauz (Athene noctua) Zwergohreule (Otus scops) Kuckuck (Cuculus canorus) Blauracke (Coracias garrulus) Alpensegler (Apus melba) Nebelkrähe (Corvus corone) Eichelhäher (Garrulus glandarius) Pirol (Oriolus oriolus) Amsel (Turdus merula) Singdrossel (Turdus philomelos) Würger unbest. (Lanius sp.) Schwalbe unbest. Größere Vögel unbest. Kleinvögel unbest. Gesamt
1962/63
1964
1965
Gesamt
— — — 1 1 — — — — — 1 1 l
— — 2 — — — — — 1 1
2 •• l — 4 — 1 1 1 — 2 4 — —
2 1 2 5 1 1 1 1 1 3 7 1 l 3 2 1 3 1 15 2 3 1 4 1 l 1 6 4 88
2 — — 1
— —
—
2
— — 1
— l —
2 1 1
1
— l — 1
1 13 2 1
— — — — — 2 — 14
— 1 —
— —
1 —
1 1
3 1 l
— 2 1 21
— 1 2
3 53
Lurche: Frösche Froschartige unbest. Gesamt
27 1
28 1 29
Wirbellose: Hirschkäfer 3, Nashornkäfer 1, Heldbock 1, Käfer unbest. 5. Von den 1965 nachgewiesenen Beutetieren waren folgende in Gewöllen enthalten, die dem Nachwinter bzw. zeitigen Frühjahr entstammten und eine gewisse Vorstellung von der Winterernährung dieser Uhus vermitteln: 1 Weißzähnige Spitzmaus (Crocidura sp.), 1 Hase (Lepus europaeus), 11 Waldmäuse (Apodemus sylvaticus), 2 Amseln (Turdus merula) und 9 Frösche. Horstplatz
4
In die Beuteliste geht ein, was im Herbst 1962 an der Horstwand nach einer erfolgreichen Brut gesammelt werden konnte und 1963 von März bis Oktober im Horst und in der
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Horstwand zu finden war. Am 14. 3. 1965 lagen nochmals zwei Gewölle am Ruheplatz eines Uhus. Die Gesamtliste enthält 106 Säuger, 25 Vögel, 4 Lurche und 16 Wirbellose.
Säuger: Igel (Erinaceus europaeus) Maulwurf (Talpa europaea) Hase (Lcpus europaeus) Wanderratte (Rattus noroegicus) Schneemaus (Microtus nivalis) Waidmaus (Apodemus sylvaticus) Siebenschläfer (Glis glis) Gesamt
1962
1963
27
35 1 3 1 2 2 24 68
8 38
1965
Gesamt 62
1 5 2
2 2
32 106
Vogel: Reb- u. Steinhuhn (Perdix perdix/Alectoris graeca) Steinhuhn (Alectoris graeca) Wachtel (Coturnix coturnix) Turteltaube (Streptopelia turtur) Ente unbest. (klein) Mäusebussard (Buteo buteo) Ziegenmelker (Caprimulgus europaeus) Grünspecht (Picus viridis) Bunt- oder Blutspecht (Dendrocopus major/ Dendrocopus syriacus) Eichelhäher (Garrulus glandarius) Amsel (Turdus merula) Drossel unbest. (Turdus sp.) Star (Sturnus vulgaris) Rotrückenwürger (Lanius collurio) Vögel unbest. (groß) Vögel unbest. (klein) Gesamt
2 1 1 4 1 1 1 1
2 — — — — 1 l — — — — — — — — — 4
1 2 2 1 1
1 2
2
2
3 1 20
3 1 25
2
1 1
Lurche: Frösche
—
Wirbellose: Hirschkäfer 12, Käfer unbest. 1, Nacktschnecke 1, Gottesanbeterin 1 und Skorpion 1.
Horstplatz
5
Die in der Liste enthaltenen Beutetiere sind in Gewöllen nachgewiesen worden, die 1965 an den Ruheplätzen der Uhus gefunden wurden. Im gleichen Jahr glückte es auch, den Horst von 1964 zu entdecken, der gleichfalls Knochen von Beutetieren in größerer Zahl enthielt. Am 2,5 km entfernten, hochgelegenen Felsstock Stol zeigten sich im Sommer 1966 ebenfalls unregelmäßig Uhus, bei denen es sich möglicherweise um Vögel von diesem Platz
BAUMGARTi Uhuborste in Bulgarien. I.
211
gehandelt hat. Da hierüber keine Sicherheit besteht, werden die dort nachgewiesenen Beutetiere getrennt aufgeführt. Insgesamt umfaßt die Liste dann 43 Säuger und 15 Vögel. Horst u. Ruheplatz 1964/1965 Säuger: Igel (Erinaceus europaeus) Hase (Lepus europaeus) Wanderratte (Rattus noroegicus) Waldmaus (Apodemus syloaticus) Feldmaus (Microtus aroalis) Schneemaus (Microtus nivalis) Kleinwühlmaus (Pitymus subterraneus) Blindmull (Spalax leucodon) Ziesel (Citellus citellus) Vögel: Rebhuhn (Perdix perdix) Steinhuhn (Alectoris graeca) Wachtel (Coturnix cotumix) Turmfalke (Falco tinnunculus) Greifvogel unbest. (klein) Steinkauz (Athene noctua) Bekassine (Gallinago gallinago) Nebelkrähe (Corous corone) Amsel (Turdus merula) Vögel unbest.
Gipfel Stol 1966
9 14 1 8 2 — l 1 l
— l — — — 1 — 1 3
3 1 3 l 1 l 1 1 1 1
— 1 — — — — — — — —
Von den genannten Beutetieren entfallen folgende auf ein am 13. 3.1965 gefundenes Wintergewöll: 7 Waldmäuse (Apodemus syloaticus), 2 Feldmäuse (Microtus aroalis), l Amsel (Turdus merula). Horstplatz 6 Hier wurden 1965 und 1966 Uhus beobachtet, ohne daß es gelang, in der Busch- und Felswildnis Beutereste oder Gewölle aufzufinden. Die Liste wurde nach den 1965 im Horst von 1964 gefundenen Beutetierknochen aufgestellt. Sie umfaßt insgesamt 36 Säuger und 11 Vögel. Säuger: Igel (Erinaceus europaeus) Weißzähnige Spitzmaus (Crocidura sp.) Hase (Lepus europaeus) Waldmaus (Apodemus sylvaticus) Schermaus (Aroicola terrestris) Feldmaus (Microtus aroalis) Schneemaus (Microtus nivalis) Rötelmaus (Clethrionomys glareolus) Ziesel (Citellus citellus) Siebenschläfer (Glis glis)
1964 16 1 s 3 2 4 2 1 1 l
Zool. Abh. Mus. Tierk. Dresden, 32, Nr, 14, 1973
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Vögel: Rebhuhn (Perdix perd/x) Knäkente (Anas querquedula) Steinkauz (Athene noctua) Kuckuck (Cuculus canorus) Schnepfenvogel unbest. Eichelhäher (Garrulus glandarius)
5 2 1 1 1 1
3.2. Die Bedeutung der einzelnen Beutetiere für die Ernährung des Uhus Die Nahrung des Uhus im Iskerdurchbruch setzt sich aus Säugern, Vögeln, Lurchen und Wirbellosen zusammen. Läßt man letztere außer acht, so ergeben sich folgende Anteile: Horstplatz Säuger (15 Arten) Vögel (38 Arten) Lurche
1 49 36 —
2 65 59 2
3 111 88 29
4 106 25 4
5 43 15
6 36 11
—
—
Ges. 410 234 35
%
60,4 34,4 5,2
Säuger steuern an allen Hostplätzen den größten Anteil zum Unterhalt der Uhus bei und rangieren vor den Vögeln. Lurche spielen demgegenüber nur eine untergeordnete Rolle. Die Dedeutung der einzelnen Säugetier- und Vogelarten ist an den einzelnen Horsten gleichfalls verschieden, was einer gründlicheren Betrachtung bedarf. Säuger I g e l : Unter den 410 Säugern befinden sich 203 Igel (49,5 %). Damit ist der Igel für die Uhus am Isker das mit Abstand wichtigste Beutetier und steht mit Ausnahme des Platzes 5 stets an erster Stelle in der Beuteliste. Extrem hohe Werte erreicht der Igelanteil mit 58,6 bzw. 58,5 % an den Plätzen 3 und 4. Derartige Verhältnisse werden in keiner -der von JANOSSY und SCHMIDT (1970) aufgeführten Beutelisten erkennbar. Am nächsten kommt noch die Liste von der Krim (GROMOW, 1961), in der der Igelanteil 31,8 % ausmacht. Igel sind für den Uhu eine bequeme Beute (UTTENDÖRFER, 1939, 1952 ; MÄRZ, 1958) und im Buschwald, der damit gleichzeitig als Hauptjagdgebiet der Uhus ausgewiesen wird, erstaunlich häufig. Die Phase ihrer Hauptaktivität überdeckt sich mit der des Uhus (BOCHENSKI, 1960). Von einer Spezialisierung der Uhus auf Igel, die nach MAKATSCH (1959) bei manchen Stücken vorliegt, kann aber keine Rede sein, da der Begriff der „Spezialisierung" immer das Vorliegen individueller Neigungen oder Befähigungen einschließt. Die bevorzugte Stellung der Igel als Nahrung an den genannten Plätzen resultiert nur daraus, daß sich keine anderen Beutetiere in annähernd gleicher Häufigkeit im Jagdrevier der Uhus finden. Den Uhus am Gebirgsrand bieten sich andere alternative Nahrungsquellen, und auf den Höhen dürfte er schon nicht mehr so häufig sein, was sich jeweils in den entsprechenden Listen widerspiegelt. H a s e : Mit 55 überwiegend kleinen oder halbwüchsigen Exemplaren rangiert der Hase als zweithäufigster Säuger (13,4 %) deutlich hinter dem Igel. Sein Anteil steht in gewissem Maße im umgekehrt proportionalen Verhältnis zu dem des Igels und ist als Hinweis auf die Jagd im offenen Gelände zu werten, denn an den Plätzen 3 und 4 fungiert er nur als Zufallsbeute, zeigt bei den anderen eine steigende Tendenz und bei den Uhus von Platz 5, in deren Jagdgebiet der Buschwald zugunsten der Hochweiden zurücktritt, erreicht sein Anteil in den leider nur wenig umfangreichen Listen 34,9 % (Igel hier nur 20,9 %).
BAUMGART: Uhuhorste in Bulgarien. I.
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S i e b e n s c h l ä f e r : Wenn sie auch mit 44 Ex. (10,7%) an dritter Stelle der Säuger stehen, so täuscht dies doch etwas über die wahre Rolle, die sie als Uhubeute spielen. In der Kammlage und am Gebirgsrand (Platz 1, 5 und 6) fehlen sie oder können als Zufallsbeute gewertet werden. Dort, wo sich größere buschreiche Felskomplexe finden (Platz 2 und 3), steigt ihre Zahl etwas an. Von grundlegender Bedeutung sind sie aber nur am Platz 4, wo allein 32 Schläfer (30,2 % der Säuger) nachgewiesen werden konnten. Möglicherweise lag in besagten Jahren ein Überangebot in diesem Gebiet vor. Dieser Fall ist von besonderem Interesse, da nach MÄRZ (1963) Schläfer nur in erstaunlich geringer Zahl von Eulen erbeutet werden. Bemerkenswerterweise wurden auch an den Schweizer Horsten Schläfer in beachtlicher Zahl gefunden (WAGNER, SPRINGER, MELCHERS und SUTTER, 1970). R a t t e n : Insgesamt sind sie mit 29 Ex. (7,1 % der Säuger) vertreten. Ihr Erscheinen auf der Beuteliste ist nicht unbedingt als Hinweis für ein Jagen im Siedlungsgebiet zu werten, da sie auch in der freien Kulturlandschaft, vor allem an Bächen und Abflußgräben, angetroffen werden. Ihr Anteil ist folglich an den Plätzen 1 und 2 am höchsten, um mit steigender Höhenlage zurückzugehen. M ä u s e : Der Anteil der Mäuse erscheint mit 62 Ex. (15,1 %) gering, dürfte jedoch vor allem im Winter an den Plätzen 3 bis 6 wesentlich höher liegen. Die gefundenen Wintergewölle liefern hierfür einen Hinweis. Während die Waldmaus mit 34 Ex. deutlich dominiert, ist die Feldmaus erstaunlich schwach vertreten. Offenbar fehlt sie in der gebirgigen Landschaft vielerorts. Scher-, Schnee-, Kleinwühl- und Rötelmaus fungieren gleichfalls nur als Zufallsbeute. Die Schneemausfunde sind nicht unbedingt ein Hinweis für ein Jagen in der Kammlage, da die Art am Isker noch bei 300 m über NN angetroffen wird (PESEV, mündl. Mitt.). E i c h h o r n und Z i e s e l : Mit 7 bzw. 4 Ex. haben diese beiden vornehmlich tagaktiven Arten für den Uhu nur geringe Bedeutung. Sie werden wohl nur gelegentlich mit im Buschwald oder auf den Hochweiden erbeutet. Der Gegensatz zu nordeuropäischen Plätzen, an denen Eichhörnchen in großer Zahl gefunden werden (JANOSSY und SCHMIDT, 1970), ist teilweise auch damit zu erklären, daß sich mit zunehmender Südlage die Phase der Dämmerung verkürzt und somit auch die Chancen für ein Zusammentreffen tages- und nachtaktiver Arten geringer werden. B1 i n d m u 11 (2 Ex.): Er wird nur von den auf Hochweiden jagenden Uhus gelegentlich erbeutet. W e i ß z ä h n i g e S p i t z m a u s und M a u l w u r f : Sie rangieren mit 2 bzw. 1 Ex. an den kontrollierten Plätzen als Zufallsbeute. Vögel Vögel wurden in einer Vielzahl von Arten erbeutet, ohne daß die meisten von ihnen für den Uhu insgesamt ernährungsmäßig von Bedeutung wären. Lokale Unterschiede treten hier besonders deutlich hervor, d. h., eine Vogelart kann an einem Horstplatz, und sei es nur zeitweilig, als Beute in größerer Zahl nachgewiesen werden, während sie an anderer Stelle kaum in Erscheinung tritt. H ü h n e r v ö g e l (69 Ex.): Reb- und Steinhuhn sind die am häufigsten und regelmäßigsten nachgewiesenen Vögel. Sie machen zusammen mit Haushuhn und Wachtel fast ein
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Drittel (29,5 %) der Vogelbeute aus. Sie werden bei der Jagd auf Anbauflächen und Weiden bzw. auf felsigem Ödland erbeutet. Bei dem vornehmlich im Buschwald jagenden Uhu von Platz 4 ist ihr Anteil dementsprechend gering. K r ä h e n v ö g e l (28 Ex.): Obwohl sie ( 9 Nebelkrähen, 11 Dohlen, 8 Eichelhäher) mit 12 % unter den Vögeln die zweite Stelle einnehmen, fällt ihr Anteil gegenüber dem der Hühner deutlich ab. Von einiger Bedeutung sind sie lediglich für den Uhu von Platz 2, der sowohl Nebelkrähen und Eichelhäher im Buschwald als auch die in der Umgebung des Horstplatzes in beachtlicher Zahl brütenden Dohlen zehntet. Interessanterweise fehlen, außer in einem Ex. an Platz 1, Dohlen, die der Uhu nur an ihren Brut- und Schlafplätzen zu schlagen vermag, an den anderen Plätzen. So flogen Dohlen beispielsweise tagsüber am Platz 3 regelmäßig vorüber, ansässig waren sie hier aber nicht (wofür die Anwesenheit eines Wanderfalkenpaares als Erklärung dienen könnte), denn wenige Kilometer flußaufwärts brüteten sie in großer Zahl. Der hier ansässige, in diesen Jahren vornehmlich im Buschwald jagende Uhu behelligte sie aber nicht. T a u b e n (20 Ex.): Die erbeuteten Tauben (14 Turtel-, 5 Hohl- und 1 Haustaube) ergeben 8,5 % der Vogelbeute. Turteltauben werden wohl regelmäßig im Buschwald erbeutet. Hohl- und Haustaube finden sich dagegen nur auf den Listen vornehmlich in Felsen jagender Uhus (Platz 2 und 3). E u l e n (19 Ex.): Sie machen mit 8,1% einen beachtlichen Anteil der Vogelbeute aus, wobei die Reihenfolge lautet: 6 Steinkäuze, 5 Waldkäuze, je 4 Wald- und Zwergohreulen. Sie fehlen am Platz 4 und erreichen am nahen Platz 3 erstaunlicherweise den höchsten Anteil. G r e i f v ö g e l (18 Ex.): Sie rangieren mit 7,7 % nur wenig hinter den Eulen. Mit 10 Turmfalken und 3 Wanderfalken sind felsbewohnende Arten in der Überzahl, was wohl mit daran liegt, daß ihre Schlafplätze eher auffallen als die der baumbewohnenden (3 Mäusebussarde, 1 Habicht). Entsprechend findet sich der überwiegende Teil auch auf der Liste von Platz 3. A1 p e n s e g 1 e r : 15 Ex. konnten, wie bereits an anderer Stelle berichtet wurde (MÄRZ und BAUMGART, 1967), an Platz 3 nachgewiesen werden. Nachträglich wurde auch an Platz 2 ein Alpensegler gefunden. Demnach beherrschen auch andere Uhus die Jagd auf den Segler. Das Vorhandensein von Seglerbrutplätzen im Jagdgebiet ist aber hierfür Voraussetzung. S u m p f - und W a s s e r v ö g e l (14 Ex.): Sie werden wohl nur zufällig erbeutet und spielen insgesamt keine große Rolle. Es überrascht natürlich, an einem Uhuhorst inmitten schroffer Felsen (Platz 3) Reste von Wachtelkönig, Teichralle, Enten und Fischreiher vorzufinden. Es handelt sich offenbar um Durchzügler, von denen die drei letztgenannten Arten wohl mit bei der Froschjagd erbeutet wurden. M i t t e l g r o ß e V ö g e l und Kl e i n v ö g e 1 (50 Ex.) : Sie konnten leider zu einem großen Teil nicht bestimmt werden und haben für die Uhus nur mäßige Bedeutung. Unter ihnen dominieren Drosselartige (14 Ex.). Andere Arten sind als Zufallsbeute zu werten, wobei Kuckuck (4), Blauracke (2) und Ziegenmelker (1) besondere Beachtung verdienen. Lurche F r ö s c h e (35 Ex.) : Sie haben zur Überbrückung des nahrungsarmen zeitigen Frühjahrs an einigen Plätzen wohl größere Bedeutung, als aus den Listen hervorgeht. Offensichtlich
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wird das am Platz 3. Ganz allgemein können Frösche als typische Saisonbeute angesehen werden. Ihr gehäuftes Auftreten ist ein Hinweis auf eine Notlage, was durch die Darlegungen von MÄRZ (1954), BOCHENSKI (1960), SCHAEFER (1970, 1971) und WAGNER, SPRINGER, MELCHERS und SUTTER (1970) bestätigt wird. Das Fehlen von Fischen, die ja oft an den Horsten in hohem Grade von Fröschen lebender Uhupaäre nachweisbar sind, wird dadurch erklärlich, daß der aus dem Sofioter Kessel kommende und mit Abwässern übersättigte Isker im Gebiet der untersuchten Uhuhorste völlig fischfrei ist. Wirbellose Es versetzt immer wieder in Erstaunen, was der Uhu auch an Insekten und anderen Wirbellosen aufnimmt. Die dominierende Rolle des Hirschkäfers wird auf Grund seiner Häufigkeit im Eichenbuschwald und seiner Dämmerungsaktivität verständlich. Ob er auch im Fluge gefangen werden kann, ist fraglich. Die Gesamtzusammensetzung dieses Beuteanteils (nachgewiesen wurden noch Nacktschnecken, Maulwurfsgrille, Gottesanbeterin, Skorpion und Krebs) läßt eher auf ein Fangen am Boden schließen. Insgesamt gesehen tauchen fast alle im Iskerdurchbruch vorkommenden und von der Größe her geeigneten Arten in den Listen auf. In welchem Grade sie als Uhunahrung Bedeutung erlangen, hängt in erster Linie davon ab: 1. Wie häufig sie im Uhurevier sind, 2. Ob sich die Phase ihrer Aktivität mit der des Uhus überlagert bzw. in welchem Maße sie diesem auffallen. Werden diese Aspekte berücksichtigt, so läßt sich meist schon erklären, warum einige Arten wider Erwartung nicht geschlagen wurden. Bemerkungen hierzu sind nach SCHNURRE (1936) von besonderer Wichtigkeit. So betrachteten wir den Schmutzgeier an Platz 3 als durch den Uhu besonders gefährdet. Da er nur etwa 2000 g wiegt (FISCHER, 1963), kommt er als Beute durchaus in Betracht. Wahrscheinlich schützt ihn aber seine Gewohnheit, in tiefen Höhlen zu nächtigen und früh zur Ruhe zu gehen, vor dem Zugriff der Eule. Ähnlich dürften die Verhältnisse bei der Alpendohle liegen. In ihren Brutschächten (BAUMGART, 1967) sind sie für den Uhu gleichfalls unerreichbar. Verschmäht werden sie von ihm nicht, und an Schweizer Uhuhorsten wurden Alpendohlen in beträchtlicher Zahl gefunden (WAGNER, SPRINGER, MELCHERS und SUTTER, 1970). Auch das Fehlen jeglicher Raubsäuger erscheint bemerkenswert, soll aber an dieser Stelle nicht weiter diskutiert werden. Katzen holt der Uhu nach Aussagen der Bevölkerung bisweilen weg. Bevor diese Behauptung aber nicht eindeutig zu belegen ist, muß sie fragwürdig bleiben. 3.3. Die Nutzung des umweltbedingten Nahrungsangebotes durch den Uhu Bei der Mehrzahl der Beutetiere des Uhus läßt sich mit einiger Sicherheit sagen, wo sie erbeutet worden sind (z. B. Igel, Siebenschläfer, Krähen, Eichelhäher und Turteltauben im Buschwald, Hasen, Rebhühner und Wachteln auf Anbauflächen und Weiden, Falken, Alpensegler und Dohlen in Felsen usw.). Demzufolge erscheint es auch möglich, über die Beutelisten zu einer Vorstellung vom Landschaftscharakter in der Umgebung der Uhu-
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horste zu gelangen und so eine Abhängigkeit des Beutetierspektrums von den landschaftlichen Gegebenheiten nachzuweisen. Die nachfolgende Übersicht soll die Überprüfung dieser Annahme erleichtern. Ein auf eine Landschaftsform entfallender Beutetieranteil von 10 % wird in ihr durch ein Kreuz ( + ) dargestellt. Horstplatz Buschwald Felsen und Ödland Anbauflächen und Weiden
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Wasserläufe
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Diese Aufstellung zeigt, daß die über die Beuteliste gewonnene Vorstellung von dem LandschaftscharakLer in der Umgebung eines Uhuhorstes weitestgehend mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Der Uhu ist also nicht von vornherein hinsichtlich seines Jagdgebietes festgelegt, sondern seine Körperbeschaffenheit und die daraus resultierende Vielseitigkeit gestattet es ihm, in vielen Landschaftstypen zu jagen. Indem er, an keine Oberflächenstruktur gebunden, sich von dem ernährt, was er vorfindet, spiegelt der Speisezettel des Uhus zur Brutzeit im wesentlichen die Situation der Wirbeltierfauna in der Umgebung des Horstes wider. Diese Feststellung findet sich bereits bei SCHAEFER (1970). Auf diese Weise wird auch deutlich, daß individuelle Neigungen, wenn überhaupt, nur eine untergeordnete Rolle spielen. Da selbst die Beutelisten eng benachbarter Uhupaare recht beachtliche Unterschiede aufweisen können, ist eine Aussage über den Ernährungsstatus einer Population erst nach umfassenderen vergleichenden Studien möglich. Darüber hinaus kann dieser Tatbestand in Übereinstimmung mit KÖNIG und HAENSEL (1968) und SCHAEFER (1970, 1971) auch als Hinweis dafür gewertet werden, wie verhältnismäßig klein das vom Uhu zur Brutzeit bejagte Gebiet ist. 3.4. Zur Kontinuität des Nahrungsangebotes Eine tiefergehende Betrachtung der Bculeiisten gestattet es außerdem zu beurteilen, in welchem Grade die Ernährung der Uhus auch im Jahreszyklus kontinuierlich gesichert ist. Für den Uhu, der als ausgesprochener Standvogel ganzjährig im angestammten Revier bleibt, ist der Faktor Kontinuität von grundlegender Bedeutung. Nach Mac ARTHUR (zit. nach KLOPFER, 1968) hängt die Stabilität einer Raubtierpopulation davon ab, wie viele Beutetierarten zur Verfügung stehen, von denen die jeweils häufigsten vermehrt als Nahrung genutzt werden. Gradlinige „Futterketten" (food chains), d. h. enge Spezialisierung und Abhängigkeit von einem oder wenigen Beutetieren, haben eine hohe Instabilität zur Folge, während bei einem echten „Futtergewebe" (food web) mit vielen parallelen Fäden (alternative Nahrungsquellen) eine maximale Stabilität erreicht wird. Aus dieser Sicht erscheinen die Uhus des Gebirgsrandes und der vorgelagerten Ebene mit Igeln, Hasen, Ratten und Hühnervögeln als am besten versorgt. Auch die Kontinuität ist gesichert, denn außer dem Igel sind alle Beuteobjekte ganzjährig vorhanden. Die Uhus der Kammlage (Platz 5 u. 6) haben demgegenüber wohl schon Ernährungsschwierigkeiten,
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liegt doch, obwohl die wenig umfangreichen Listen kein abschließendes Urteil erlauben, der Schluß nahe, daß sie sich in ihrer Versorgung hauptsächlich auf Igel und Häsen stützen, von denen nur letztere ganzjährig erreichbar sind. Während des Winterhalbjahres deutet sich Nahrungsmangel an. Noch ungünstiger steht es aber diesbezüglich um die Uhus der Gebirgstäler (Platz 3 und 4). Hier dominiert in den Listen eindeutig der Igel und wird zahlenmäßig von keinem anderen Beutetier auch nur annähernd erreicht, woraus sich eine enge Abhängigkeit der Uhus vom Igelbestand ableiten läßt. Auch die anderen bevorzugten Beutetiere dieser Uhus (Siebenschläfer und Alpensegler) fallen im Winter aus. Es ergibt sich hier also, wie an einigen Schweizer Horsten (WAGNER, SPRINGER, MELCHERS und SUTTER, 1970), eine erhebliche Diskrepanz zwischen winterlichem und sommerlichem Nahrungsangebot, die durch das Schlagen nicht artgerechter Beutetiere (Frösche, Mäuse, Kleinvögel) in gewissem Maße ausgeglichen werden kann. Auf eine Notlage im Frühjahr weist außer den zahlreich eingetragenen Fröschen am Platz 3 auch noch die Buntheit der Beuteliste, nach SCHNURRE (1936) und MÄRZ (1954, 1958) ein untrügliches Zeichen für Ernährungsschwierigkeiten, hin. Welche Konsequenzen hieraus für das Fortpflanzungsgeschehen erwachsen, soll noch betrachtet werden.
4. Die Beziehung des Menschen zum Uhu und auf menschliche Einwirkung zurückführbare Verluste Neben der Eignung des Lebensraumes und Reichhaltigkeit des Nahrungsangebotes ist das Verhalten der Menschen ihm gegenüber für die Existenz der Uhus von größter Bedeutung. Vom Menschen können direkte und indirekte Einflüsse ausgehen, die, sei es durch Umweltveränderungen, Schmälerung der Nahrungsgrundlage oder direkte Nachstellung, schon in weiten Teilen unseres Kontinentes sein Vorkommen beschränkt oder gar zum Erlöschen gebracht haben. Darüber, ob der Uhu als Kulturfolger oder Kulturflüchter zu bezeichnen ist, kann man geteilter Meinung sein, wie überhaupt die Zweckmäßigkeit einer solchen Einteilung fragwürdig ist. Keinesfalls handelt sich bei ihm aber um einen äußerst scheuen und Störungen gegenüber extrem empfindlichen Nachtvogel. Lärm toleriert er, wie schon MEBS (1953), MÄRZ (1958), WEGENER (1960) und BAUCH (1963/64) feststellen, weitestgehend, sofern er in Verbindung damit nicht noch auf andere Weise behelligt wird. BEZZEL und WILNER (1970) sprechen diesbezüglich von der Gewöhnung an einen dauernden Geräuschpegel. Unmittelbar unter dem Platz 2 führte eine vielbefahtene Eisenbahnlinie (bisweilen 30 Züge je Nacht) vorbei. Lärm und Rauchschwaden füllten die enge Schlucht, deren Grund zitterte, ohne daß sich die Uhus darum auch nur im geringsten gekümmert hätten. Bei Durchsteigen der Wände während der Gewöllsuche verheißen die Vögel ihre Ruheplätze erst unmittelbar vor Erreichen derselben. Vor allem das 9 wacht bis zuletzt bei den Jungen. Nachts sind die Uhus auch im freien Gelände recht vertraut und dulden Annäherungen bis auf 30 m, was bei gleichgroßen Taggreifen undenkbar ist. WEGENER (1959) stellt ein solches, an einem Uhu im Harz beobachtetes Verhalten als Ausnahme dar. Wir möchten es als unter ursprünglichen Verhältnissen völlig normal bezeichnen. Diese „Nachtvertrautheit" findet sich nach EIBL -EIBESFELDT (1969) auch bei anderen Nachttieren (Dachse, Löwen).
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Der schädigende Einfluß des Menschen ist am Isker an den einzelnen Plätzen unterschiedlich. Unter leider immer noch erfolgenden direkten Nachstellungen hat er besonders am Platz 1 zu leiden. In der Umgebung der Kreisstadt Mezdra sind viele Jäger ansässig, die im Uhu einen Konkurrenten auf Hasen und Hühner sehen und ihn, wo sie ihm begegnen, beschießen. In dem kleinen Felskomplex sind die Uhus leider auch leicht zu beschleichen und zu überraschen. An den Plätzen 2 bis 4 sind die Uhus gleichfalls der Verfolgung ausgesetzt, infolge der Unwegsamkeit des Geländes und der sicheren Lage der Ruheplätze aber nur wenig gefährdet. Die Bergbauern in den Kammlagen stellen ihm schließlich kaum nach. Entweder beachten sie ihn nicht oder hegen für ihn ebenso wie für den Steinadler sogar Sympathie. 1964 wurden, wie uns Einwohner berichteten, die beiden Junguhus wiederholt zum Spielen aus dem Horst genommen, ohne daß es hierdurch zu einer Störung gekommen wäre. Die infolge ihres bauschigen Gefieders sehr niedlich aussehenden Jungvögel geben zu solchem Vorgehen wohl immer wieder Veranlassung, denn KÖNIG und HAENSEL (1968) wissen von ähnlichen Vorkommnissen zu berichten. Auch die fortschreitende Technisierung, vor allem aber die Verdrahtung der Landschaft, fordert immer wieder Opfer (DESFAYES und GEROUDET, 1949; HAURI, 1950; SCHIFFERLI, 1950; WITZIG, 1950; MÄRZ, 1958; FISCHER, 1959; NIETHAMMER und KRAMER, 1964). Auch hier sind die Folgen in den tieferen Lagen schwerer als in den dünnbesiedelten Gebirgsgegenden. Besondere Bedeutung kommt diesbezüglich einer in der Nähe des Platzes 1 befindlichen Elektrozentrale und zwei am Platz 2 vorbeiführenden Hochspannungsleitungen zu. Die an den Plätzen von 1960 bis 1966 (Platz 2 bis 6) bzw. 1970 (Platz 1) registrierten Ausfälle, von denen wir zumeist durch die Bevölkerung Kenntnis erhielten, spiegeln die bereits getroffenen allgemeinen Feststellungen wider. Wahrscheinlich sind noch einige Stücke mehr umgekommen, denn nicht alle toten Vögel dürften überhaupt gefunden worden sein. Insgesamt ergibt sich folgendes Bild: P l a t z 1 : September i960: ein Uhu am Isker erlegt; 5.11. 1961: ein Uhu am Ruheplatz erlegt; 10. 3. 1965: ein Uhu tot unter der längs des Isker zur Zentrale führenden Leitung verendet gefunden; Februar 1966 u. September 1967: je ein Uhu erlegt, nähere Umstände unbekannt; 25. 9. 1970: ein Uhu verendet unter der Elektrizitätsleitung nahe der Stelle, an der bereits 1965 ein totes Ex. gefunden worden war. P l a t z 2: April 1960: ein Uhu tot in der Horstschlucht aufgefunden, Todesursache unbekannt; 1. 5. 1966: ein Uhu unter der Hochspannungsleitung tot gefunden. P l a t z 3 : 4.2. 1965: ein Uhu an der Horstwand erlegt. P l a t z 4 : Juli i960: ein Uhu im Talgrund angeblich beim Schlagen eines Huhnes überrascht und erlegt; 15. 2. 1962: ein Uhu 3 km vom Horstplatz entfernt im Haupttal unter Drähten an der Bahnlinie tot aufgefunden (fraglich, ob zu diesem Platz gehörig); März 1965: ein Uhu talaufwärts 1 km vom Horst entfernt tot aufgefunden, Todesursache unbekannt.
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P l a t z S und 6: es ergaben sich keine Hinweise auf erfolgte Ausfälle, und unter der Bevölkerung war nichts über geschossene oder verendet aufgefundene Uhus in Erfahrung zu bringen. Diese Aufstellung weist an 4 Horstplätzen zwischen 1960 und 1966 bzw. 1970 12 verendete Uhus aus, von denen 6 erlegt wurden und 4 an Leitungsdrähten verunglückten. Von den zwei Vögeln mit unbekannter Todesursache wäre wenigstens bei dem Stück vom Platz 2 ein Anfliegen an Drähte in Erwägung zu ziehen. Andererseits sei noch darauf hingewiesen, daß auch das Schlagen von Igeln für den Uhu nicht völlig ungefährlich ist. In einem von BOCHENSKI (1960) beschriebenen Falle verendete ein Uhu, weil sich ihm ein Stachel in den Gaumen gebohrt hatte. Die Zahl der Ausfälle ist dem Einfluß des Menschen direkt proportional und am Platz 1 mit Abstand am höchsten (6 Todesfälle = 50 %). Hier wurde durch die steten Verluste ein normales brüten unmöglich. Dennoch war es erstaunlich, daß sich nach Ausfällen bald erneut Uhus zeigten. Offenbar zog das relativ günstige Nahrungsangebot immer wieder auf der Reviersuche umherstreifende Vögel an. Wie schnell sich Ersatz einstellen kann, zeigen die Geschehnisse von 1965 am Platz 3, wo am 4. 2. ein Uhu erlegt worden ist und es dennoch in diesem J a h r noch zu einer erfolgreichen Brut kam. Es liegt nahe, daß außer den verpaarten reviertreuen Standvögeln stets noch eine gewisse Zahl umherstreifender oder wenigstens ungebundener Stücke existiert, die für den Artbestand von größter Bedeutung sind. Jungvögel haben nach KÖNIG (1968) in den ersten zwei Lebensjahren einen recht starken Wandertrieb und streichen oft weit umher. Die Darstellungen von KÖNIG und HAENSEL (1968) über den Verbleib eines Jungvogels machen das Vorhandensein einer solchen „Populationsreserve" sehr wahrscheinlich. Bei isolierter Lage und ohne ständigen Zuzug wäre der Platz 1 wohl längst verwaist. An den Plätzen 2 bis 4 sind demgegenüber die auf merfschliche Einwirkungen zurückführbaren Verluste erträglich. Als nahezu ideal können diesbezüglich die Verhältnisse an den Plätzen 5 und 6 bezeichnet werden. 5. Lebensweise und Verhalten 5.1. Revierbindung und Jahresperiodik Einmal angesiedelt, verlassen Uhus ihr Revier offenbar nie. Dieser Tatbestand wird auch von MÄRZ (1954) und KÖNIG (1968) erwähnt und von WEGENER (1960) durch einen interessanten Fall belegt. Nach SCHAEFER (1970) ist es unwahrscheinlich, daß Uhus ihre Wohnsitze über weite Entfernungen verlegen. Die Plätze 3, 4 und 6 sind seit Menschengedenken von Uhus besetzt, und selbst die ältesten Einwohner konnten sich daran erinnern, in ihrer Jugend, d. h. noch vor der Jahrhundertwende, hier die Großeule gehört oder gesehen zu haben. Daraus ist zu schließen, daß die Reviere über Jahrzehnte und länger in ihrer Ausdehnung Bestand haben und bestimmte örtlichkeiten auf Uhus besonders anziehend wirken. V/enn auch nicht immer zentral gelegen (SCHNURRE, 1936), nimmt der Horstfelsen eine zentrale Stellung im Revier ein. Die Bindung an ihn ist zur Balz- und nachfolgenden Brutzeit sowie zur Herbstbalz besonders eng. Im Falle des Nichtbrütens sind die Uhus den Sommer über, ebenso wie im Winter, recht unstet und oft lange Zeit nicht zu spüren. Offenbar verweilen sie dann in Revierteilen, die besonders günstige Ernährungsbedingungen bieten. Hin und wieder zeigen aber dann abendliche Rufe sowie Schmelzspritzer,
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Mauserfedern oder Gewölle an, daß die Horstwand oder ihre Umgebung aufgesucht worden sind. Am Platz 4 hatte beispielsweise 1964 ein Uhu von April bis Juni seinen Einstand wenigstens 1,5 km vom Horstfelsen entfernt talaufwärts. Er strich aber regelmäßig in den frühen Abendstunden (18. 4. 19.05, 26. 6. 20.35) hier vorbei, ohne allerdings zu landen. 5.2. Verhalten im Tageszyklus und Flugvermögen Beobachtungen über die tageszyklische Aktivität der Uhus glücken meist nur zu Zeiten enger Bindung an den Horstfelsen (Balz, Brutzeit). Außerhalb derselben sind sie rein zufällig. Der abendliche Abflug zur Jagd erfolgt, wie schon WAGNER, SPRINGER, MELCHERS und SUTTE& (1970) feststellten, bei den einzelnen Individuen zu recht unterschiedlichen Zeitpunkten. Während die Uhus an den Plätzen 2 und 4 recht früh, meist noch bei voller Helligkeit, ihre Tageseinstände verließen, war das Uhu-cf vom Platz 3 ein ausgesprochener „Spätflieger", der erst bei fortgeschrittener Dämmerung aktiv wurde. Interesse verdient noch die Tatsache, daß die einzelnen Stücke ihre Zeit recht konstant einhielten und sich teilweise fast auf die Minute genau wie am Vortage zeigten, wobei nicht immer eine Abhängigkeit von der Helligkeit (Messung mit dem Belichtungsmesser) nachweisbar war, denn diese konnten infolge unterschiedlicher Bewölkung in recht weiten Grenzen variieren. Hier ist die Wirkung einer physiologischen Uhr im Sinne von BÜNNING (1963) wahrscheinlich. Bei Regen, selbst feinstem Sprühregen, fliegen die Uhus nicht aus, und auch die bereits begonnene Balz wird bei einsetzendem Niederschlag abgebrochen. Offenbar saugt sich das bauschige Gefieder schnell voll Wasser, und der leichte, lautlose Flug wird unmöglich. Das 9 am Platz 4 war einmal nach einer am Horst durchwachten Regennacht so durchnäßt, daß es erst bei einer Annäherung auf 20 m nur widerwillig mit schwer wuchtenden Schwingenschlägen flüchtete. Welche Bedeutung dem Niederschlagsmaximum im Mai und Juni aus dieser Sicht für den Bruterfolg der Uhus am Isker zukommt, wird noch zu betrachten sein. Erstaunlich gut kommen die Uhus mit starkem Wind zurecht. Gerade zur Zeit ihres Ausfliegens mit beginnender Dämmerung treten an manchen Tagen in den Schluchten an den Plätzen 3 und 4 Fall- und Aufwinde beachtlicher Stärke auf, ohne daß die Vögel hierdurch behindert werden. Lediglich das Landen bereitet ihnen dann Schwierigkeiten. Auch in den Sturmnächten vom 12. und 13. 2. 1962 verließ am Platz 2 ein Uhu zur gewohnten Stunde (18.20 bzw. 18.21) seinen Ruheplatz und schoß gleich einem Phantom mit stark angewinkelten Schwingen über das Haupttal und die gegenüberliegenden Steilhänge hinauf. Aufsteigende Luftströmungen, die sich in der Abenddämmerung über den erhitzten Kalkfelsen bildeten, nutzten die Uhus an den Plätzen 3 und 4 in. hervorragender Weise, um ohne Flügelschlag kreisend aus den Tälern nach den Höhen zu gelangen. Am letztgenannten Platz überwand ein Uhu am 29. 3. 1964 so wenigstens einen Höhenunterschied von 150 m. Er erinnerte dabei im Flugbild an einen Bussard. Diese Beobachtung zeigt, daß Uhus im Gegensatz zu anderslautenden Mitteilungen (MAUERSBERGER, 1965) durchaus zu einer solchen Flugweise befähigt sind. Es müssen hierfür aber besonders günstige Voraussetzungen vorliegen. Eine Bedeutung im Sinne eines Balzfluges wie bei Greifvögeln kommt diesem Verhalten nicht zu, obwohl die Darstellungen von FISCHER (1959) derartige Erwägungen keineswegs völlig abwegig erscheinen lassen.
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Das nächtliche Treiben der Uhus im Jagdrevier entzieht sich in der Regel unseren Blicken. Nach SCHNURRE (1936) ist kein „Raubvogel" so schwer bei der Jagd zu beobachten wie der Uhu. Die Rückkehr zum Tageseinstand kann bis zu zwei Stunden nach Tagesanbruch erfolgen. Am Platz 4 stieß das q" bisweilen (3. 3. und 27. 3. 1963 gegen 6.45 bzw. 6.30),, von den Anhöhen der gegenüberliegenden Talseite kommend; im Sturzflug in die Wand, wobei ein deutlich hörbares Rauschen das Tal füllte. Der Flug des Uhus ist also keineswegs immer geräuschlos. Bei dem Überangebot an günstigen Ruheplätzen erwiesen sich die Uhus in der Wahl derselben als recht unstet. An aufeinanderfolgenden Tagen wurde nie die gleiche Stelle angeflogen. Besonders bevorzugten sie grasbewachsene Felsbänder, auf denen sie sich ausgiebig sonnen konnten, eine Gewohnheit, auf die SCHNURRE (1941) besonders hinweist. Nach gründlicher Gefiederpflege schliefen die Uhus dann bisweilen erstaunlich fest. So bemerkte das cf vom Platz 4 am 3. 3. 1963 gegen 9 Uhr eine keineswegs sehr vorsichtige Annäherung auf 20 m nicht. Auf Rätschlaute (ähnlich dem Ruf des Eichelhähers) erfolgte keinerlei Reaktion. Erst bei wiederholtem Ansprechen in Zimmerlautstärke öffnete der Vogel die Augen, brauchte aber wenigstens 3 Sek., um die Situation zu erfassen und erschreckt abzufliegen. Verständlicherweise sind schlafende Uhus so äußerst gefährdet, und wie HEINROTH und HEINROTH (1967) feststellen, kommt ihnen, wie auch anderen Eulen, die Schutzfärbung des Gefieders sehr zustatten. Unbehelligt wechseln die Uhus ihren Tageseinstand kaum. Nicht selten werden sie aber von anderen Vögeln belästigt. Das Uhu-cf von Platz 4 flog dann immer in eine der reichlich vorhandenen Höhlen. Am Platz 3 kroch er in solch einem Falle unter einen Busch an der Wandoberkante. 5.3. Jagdweise, Reviergröße und -Verteidigung Die in der Literatur verzeichneten Angaben über die Größe des Uhurevieres schwanken in erheblichen Grenzen. Im Gegensatz zu LOOS (1936), der einen Durchmesser von 20 bis 30 km annimmt, veranschlagt MÄRZ (1958) hierfür 5 bis 7 km. WAGNER, SPRINGER, MELCHERS und SUTTER (1970) fanden im Oberengadin auf einem Talabschnitt von 18 km 4 Brutpaare und geben den Revierradius mit 3 km an. SCHNURRE (1936) nennt aus Thüringen einen Horstabstand von nur 2 km und MEBS (1953) aus dem Fränkischen Jura einen solchen von knapp 3 km. Entscheidend für die Größe des Jagdrevieres ist offenbar das Nahrungsangebot, denn in der diesbezüglich äußerst günstigen Dobrudscha stehen manche Horste kaum weiter als 1 km voneinander entfernt (BAUMGART, 1970). Am Isker dürfte der Durchmesser der. iiahrungsreviere wie in anderen gebirgigen Gegenden auf etwa 4 bis 7 km (12—40 schätzen sein. Hierfür spricht die Entfernung von 4 km zwischen den Horsten 3 und 4, bzw. von 6 km zwischen den Horsteais und 6. Die teilweise großen Entfernungen zwischen den anderen Horstplätzen (Platz.. 1 zu 2: 14 km ; Platz 2 zu 3: 17 km ; Platz 4 zu 5 und 6: 14 bzw. 17 km) sind zur Beurteilung der Reviergröße bedeutungslos, da der dazwischenliegende Raum nicht gründlich abgesucht werden konnte. Die kontrollierten 6 Paare sind nur ein Teil des am Isker und in seinen Seitentälern ansässigen Bestandes. Am 12. 2. 1962 konnte der ins Jagdrevier abfliegende Uhu von Platz 2 bis zu einer Entfernung von 3 km mit dem Fernglas verfolgt werden. Auch am 29. 3. 1964 flog das cf vom Platz 3 in großer Höhe wenigstens ebensoweit. Das direkte Anfliegen derart entfernter Ziele wird aber nur verhältnismäßig selten und dann hauptsächlich während der nahrungsarmen kalten Jahreszeit beobachtet. Erklärt werden kann
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es damit, daß dann nur an wenigen Stellen Nahrung zu finden ist. Meist beginnen die Uhus nämlich bereits in unmittelbarer Nähe der Horstwand mit der Jagd, fliegen beim Betreiben der Anstandsjagd immer wieder die gleichen erhöhten Warten an oder suchen im Pirschflug die Wände und Hänge ab. Ihre hierbei gezeigte Wendigkeit ist erstaunlich, vor allem wenn sie, wohl zur Nutzung des Überraschungsmomentes, blitzschnell um Felskante und Vorsprünge fliegen. Für diese Kombination von Pirsch- und Anstandsjagd ist, wie schon WAGNER, SPRINGER, MELCHERS und SUTTER (1970) feststellen, der konsequente und intensive Geländekontakt bezeichnend, was bei dieser sich vornehmlich nach dem Gehör orientierenden Art nicht verwundert. Erst allmählich entfernen sich die Vögel, von Warte zu Warte wechselnd, immer weiter. Am Platz 2 wurde ein Uhu beim Schlagen eines Igels nur 150 m vom Horst entfernt beobachtet, und der intensiv Alpensegler fangende Uhu von Platz 3 mußte auch nicht weiter als 800 m fliegen. Hier stieß das wachende 9 einmal direkt aus der Horstwand auf ein kleineres Beutetier. Eine nichtbejagte Zone um den Horst scheint es also nicht zu geben. Ganz allgemein wird aber wohl nicht weiter geflogen als nötig, und intensivster Nutzung unterliegt der Bereich mit dem Radius von 1 bis 2 km um den Horst. Das weiträumig erscheinende Revier wird also keineswegs ständig und überall gleichmäßig, dafür aber, wie MÄRZ (1958) ausführt, auf mannigfaltige Weise ausgebeutet. Wie sich Uhus gegenüber in ihre Reviere eindringenden fremden Artgenossen verhalten, zeigte eine Beobachtung vom 18. 6. 1966 am Platz 6. Bereits gegen 20 Uhr und bei voller Helligkeit meldete ein Uhu aus einer vom vorjährigen Horst 400 m entfernten Wand. Der Tonhöhe nach handelte es sich um das 9 • Bald war zu erkennen, wie sich hier zwei Uhus jagten, wobei das verfolgende 9 stetig rief und eine charakteristische Haltung ein : nahm. Der Stoß war aufgerichtet, und die Flügel wurden wie in Abwehrstellung seitlich vom waagerecht gestellten Körper abgehalten. Durch das angelegte Kopfgefieder kamen die schräg abgespreizten Federohren voll zur Geltung. Diese Pose bezeichnet BOSSELMANN (1971) treffend als „auerhahnähnlich". Die Auseinandersetzung zog sich wenigstens 30 Minuten hin. Wegen der hereinbrechenden Dunkelheit war aber bald nichts mehr zu sehen. Eindeutig vom verfolgten Stück stammende Lautäußerungen wurden flicht verzeichnet. Entweder rief es nicht oder war der Stimme nach nicht von seinem Gegner zu unterscheiden. Demnach hätte es sich bei ihm gleichfalls um ein 9 gehandelt. Am nächsten Tag wurden hier keine Uhus bemerkt. Wie diese Beobachtung zeigt, verteidigen auch nichtbrütende Uhus ihre Reviere. Ein solches Verhalten wird offenbar ganzjährig gezeigt und ist nicht nur an die Balzzeit gebunden. 5.4. Herbstbalz Da der Herbstbalz, wie noch zu begründen sein wird, aller Wahrscheinlichkeit nach eine Funktion im Rahmen der Revierbehauptung zukommt, sollen die entsprechenden Beobachtungen kurz hier dargelegt werden. Auf die Herbstbalz des Uhus weist MÄRZ (1958) hin. FISCHER (1959) und KÖNIG und HAENSEL (1968) verzeichneten sie im Oktober bzw. noch später und sprechen von einer gesteigerten Rufaktivität des cfBei Besuchen an Uhuplätzen teilte man uns seitens der Bevölkerung mehrfach mit, die Uhus hätten sich von Ende September bis Mitte Oktober, verstärkt rufend, bemerkbar gemacht. Gegen Ende des Monats wurde das Rufen dann wieder seltener, ohne allerdings, wie schon erwähnt, das gesamte Winterhalbjahr über jemals ganz aufzuhören. Besonders eindrucksvoll verlief ein Ansitz am 29. 9. 1962 beim Platz 4. Bereits 18.20 meldete bei warmem, windstillem Wetter das cf vereinzelt aus der der Horstwand gegen-
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überliegenden Talseite und erhielt stets sofort vom 9 aus der Horstwand Antwort. Nach 10 Minuten häuften sich dann die Rufe, und das am gedehnten „uhh" gut erkennbare 9 wechselte mehrfach seinen Standort, flog dabei aber stets Plätze an, die als Horststelle geeignet gewesen wären. Zu einer Annäherung der wenigstens 400 m voneinander entfernten Uhus kam es aber nicht. Sie waren bis gegen 19 Uhr zu vernehmen; Am 29. 9. 1965 verlief die Herbstbalz am Platz 6 in gleicher Form. Die nach Mitteilungen der Einwohner schon mehrere Tage sehr ruffreudigen Uhus meldeten an diesem Abend über eine halbe Stunde von entfernten Warten wechselweise, wobei das cf wiederum der anrufende Teil war. Beim Besuch des 6 km entfernten Gipfels Stol berichtete uns am nächsten Tag ein Schäfer gleiches über die dortigen Uhus. An diesen Tagen herrschte warmes, windstilles Wetter. Neben ungünstiger Witterung — bei Regen und Wind wurde während herbstlicher Besuche an Uhuhorsten kein Rufen registriert — scheint auch das Vorhandensein noch nicht selbständiger Jungvögel die Herbstbalz zu beeinträchtigen. In keinem Falle wurde ein entsprechendes Verhalten verzeichnet, wenn gleichzeitig noch Junguhus mit Bettelrufen meldeten. Besonders auffällig war das 1962 am Platz 4. Sowohl am 28. und 30. 9. als auch am 6. 10. war der Jungvogel schon in den frühen Abendstunden sehr rege, und die Altvögel wurden nicht gehört. Während der Gewöllsuche am 29. 9. scheuchten wir ihn am Tage hoch, und er strich weit talaufwärts. Abends fehlte er, woraufhin die Altvögel in der bereits beschriebenen Weise balzten. Das Wetter war an allen Tagen gleichmäßig warm und windstill. Erwähnt sei noch, daß der Uhu in weiten Teilen Bulgariens bei der Landbevölkerung als Wetterprophet gilt, der vor allem rufe, wenn ein Wetterumschlag bevorstünde. An einigen Orten wies man uns direkt „Schlechtwetterwände", aus denen der Ru f nur ertöne, wenn schlechte Witterung zu erwarten wäre, während er aus Gegenwänden im umgekehrten Falle zu vernehmen wäre. Wir konnten nicht eindeutig feststellen, inwieweit diese Meldungen den Tatsachen entsprachen. Wahrscheinlich handelt es sich hierbei um eine zufällige Verknüpfung voneinander unabhängiger Sachverhalte, d. h. Vorfrühling und Herbst als Jahreszeiten mit recht unbeständiger Witterung sind gleichzeitig auch, allerdings aus anderen Gründen, Zeiten erhöhter Rufaktivität der Eule.
S.S.
Verhalten zu anderen Arten
Die Anwesenheit des Uhus wird von einer Vielzahl von Vogelarten durch ihr mehr oder weniger heftiges „Hassen" angezeigt. Als besonders ausdauernd erwiesen sich hierbei in Übereinstimmung mit den Angaben von SCHNURRE (1936) und MAILICK, BAUMGART und MAILICK (im Druck) Drosseln und Eichelhäher. Amseln verfolgten bisweilen gemeinsam mit Hausrotschwänzchen die abends zur Jagd ausfliegenden Uhus über längere Strecken, ohne allerdings besonders beachtet zu werden. Auch andere Mitbewohner der Uhuwände, wie Mehl- und Felsenschwalben, Alpensegler, Zippammern und Mittelmeersteinschmätzer, erfaßte dann eine erhöhte Unruhe. Ernsteren Belästigungen waren die Uhus durch Eichelhäher ausgesetzt, die es in einigen Fällen zu mehreren sogar schafften, die Uhus von ihren Ruheplätzen zu vertreiben. Einmal wurde sogar beobachtet, wie ein Häher vor dem Uhu schreiend umherhüpfte, während sein Kumpan sich von hinten leise an die Eule heranschlich und an den Schwanzfedern zupfte, woraufhin diese erschreckt herumfuhr. Als wesentlich zurückhaltender erwiesen sich die Nebelkrähen, die zwar stets paarweise erschienen, wenn ein Uhu gestellt war, sich aber nie unmittelbar am Hassen beteiligten.
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sondern nur stumm aus größerer Höhe dem Treiben zuschauten und bald wieder abstrichen. Hierzu muß aber bemerkt werden, daß in keinem Falle Krähen in der näheren Umgebung der Uhuhorste brüteten. Die morgendliche, oft recht späte Rückkehr des Uhus von Platz 2 wurde von den zahlreichen Dohlen zwar immer lautstark gemeldet, zum Hassen gingen sie aber nie über. Wurde ein Uhu zum Auffliegen veranlaßt, so war stets in Sekundenschnelle ein Turmfalke zur Stelle, der kickernd auf ihn stieß, wobei nur selten zu erklären war, woher die Falken so schnell kamen. Auf sitzende Uhus haben wir sie nie stoßen sehen. Auch ein Wespenbussard griff einmal sehr energisch an (19. 5. 1963 — Platz 4). Die Turmfalken gestatteten darüber hinaus an' den Plätzen 3 und 4 eine schnelle Orientierung über den Verlauf und Erfolg der Uhubrut. Bewohnten die Uhus noch die Wand, so waren die Falken nicht zu spüren. Brüteten die Uhüs dagegen nicht oder hatten sie den Brutplatz aufgegeben. So wurden die Wände später regelmäßig von'Turmfalkenpaaren bezogen, bei deren Anblick jegliche weitere Suche nach einem Horst der Uhus als nutzlos aufgegeben werden konnte. Die Wanderfalken am Platz 3 wurden nie an der Uhuhorstwand gesehen oder bei Angriffen auf die Uhus beobachtet. Sie fielen ihnen zum Opfer, obwohl sich ihr Einstand etwa 800 m von dem der Eulen befand. Die 1965 am Gipfel Stol ansässigen Würgfalken (BAUMGART, 1966) fehlten 1966, was möglicherweise mit den im gleichen Jahr sich hier einstellenden Uhus in Verbindung zu bringen ist. Wie in vielen Landesteilen waren auch am Isker (Platz 2 und 3) Schmutzgeier als Brutvögel in der Umgebung der Uhuhorste ansässig. Einige Anzeichen ließen darauf schließen, daß die Geier beim Uhu schmarotzten und somit ein Verhalten zeigten, wie es schon vom Mäusebussard bekannt ist (MÄRZ, 1958). Hierüber wird noch an anderer Stelle zu berichten sein (BAUMGART, im Druck). Am Platz 6 waren die Horste von Uhu und Steinadler nur etwa 500 m voneinander entfernt und an schräg gegenüberliegenden Wänden gelegen. Leider kann über das wechselseitige Verhältnis beider Arten kaum etwas mitgeteilt werden, denn 1965 brüteten die Uhus nicht. Sie meldeten jedoch abends aus einer vom Adlerhorst entfernten Felsgruppierung. Als 1966 die Adler fehlten, wurden die gleichfalls nicht brütenden Uhus aber aus deren Horstwand gehört, und in ihr kam es auch zu der Auseinandersetzung zwischen zwei Uhus. Diese Feststellungen lassen den Schluß zu, daß der Uhu dem Adler weicht und einen gewissen Sicherheitsabstand einhält. Zu ernsten Auseinandersetzungen zwischen beiden kommt es aber offenbar nicht, denn die Nachbarschaft besteht nach Mitteilung der hiesigen Einwohner schon Jahrzehnte. In einer Entfernung von 700 m vom Platz 5 befindet sich der Horst eines anderen Steinadlerpaares, der jedoch 1965 und 1966 nicht bezogen war. Recht eindrucksvoll gestaltete sich am 11. 7. 1963 eine Begegnung zwischen dem am Horst 4 wachenden Uhu- 9 und einem Ziegenmelker, der die Wand entlangflog und beim Anblick des ruhenden Uhus sofort wendete sowie mehrmals etwa 1 m über ihm rüttelte, ohne allerdings zu hassen. Zweimal flog er ab, um gleich darauf wieder zu erscheinen und die Eule zu umfliegen. Erst nach rund 3 Minuten verließ er dann den Platz. Diese Begegnung gleicht in ihrem Verlauf der von BERG (1952) beschriebenen. Ein Unterschied besteht lediglich darin, daß gerade diesem Uhupaar ein Ziegenmelker als Beute nachgewiesen werden konnte, während dieser Autor es bezweifelt, daß ihn der Uhu auf Grund seiner Gewandtheit überhaupt zu schlagen vermag. Wahrscheinlich ist aber der Ziegenmelker am Boden überrascht worden und fand keine Möglichkeit, seine Wendigkeit auszuspielen. Abschließend sei noch bemerkt, daß der Steinmarder mit die Horstwand von Platz 3 be-
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wohnte und an Platz 4 und 5 regelmäßig vorbeikam. Am Fuße der Horstwand von Platz 4 zog mehrfach eine Füchsin ihr Geheck auf. Wechselseitige Beeinflussungen ergaben sich aber nicht, und wie bereits ausgeführt wurde, konnten den Uhus keine Raubsäuger als Beute nachgewiesen werden. 6. Brutbiologie Die den nachfolgenden Darstellungen zugrundeliegenden Beobachtungen stammen überwiegend von den Horsten 2 bis 4. Besuche an den übrigen Plätzen erfolgten seltener und waren in der Kammlage wegen schlechter Witterung im zeitigen Frühjahr fast ohne Ausnahme erfolglos. Zudem wurde hier 1965, dem Jahr intensivster Kontrolltätigkeit, nicht gebrütet. 6.1. Balz Für die Überwachung des Balzverlaufes erwies sich Platz 4 als sehr geeignet. Die Talbreite von 'etwa 400 m ermöglichte es, das Geschehen in der Horstwand von der gegenüberliegenden Hangseite aus gut zu verfolgen, ohne daß die Uhus gestört wurden. Am Platz 3 fehlte leider eine solche gegenüberliegende Talseite, und am Platz 2 war die Schlucht derart eng, daß entweder aus der Ferne nur ein Teil der Geschehnisse erfaßt werden konnte oder bei zu großer Annäherung immer die Gefahr einer Störung bestand. Vollständig erfaßten wir den Balzverlauf 1963 am Platz 4, weshalb eine ausführlichere Beschreibung gestattet sei. Im Februar war von den Uhus noch nichts zu bemerken. 2. 3. cf ruft bei klarem, frostigem und recht windigem Wetter gegen 18.15 4mal mit „bu-bo" aus der Horstwand, fliegt dann diese und nach Überqueren des Tales auch die gegenüberliegende Wand entlang und entschwindet über das Haupttal zur Jagd. Ein weiterer Uhu verläßt gegen 18.40 die Gegenwand und streicht talaufwärts. Die ganze Nacht über ist von ihnen nichts zu hören. Erst gegen 6.45 stößt das cf aus größerer Höhe und unter weithin hörbarem Rauschen in die Horstwand, putzt sich, läßt 7.45 noch zweimal seinen Ruf ertönen, um danach fest zu schlafen. 15. 3. d verläßt bei klarem, etwas windigem Wetter 18.27 seinen Tageseinstand und fliegt rufend die Wand entlang. Mit den Flügeln wird dabei ähnlich wie bei balzenden Haustauben weit ausgeholt, und es ist möglich, daß so das von MÄRZ (1958) und KÖNIG und HAENSEL (1968)' erwähnte Flügelklatschen entsteht. Zu hören war es über diese Entfernung nicht. Das Rufen hielt bis 18.15 an (ca. I20mal), als von der gegenüberliegenden Hangseite aus großer Höhe ein weiterer Uhu herabschwebte, nur 30 m neben dem cf einfiel und sich mit zweimaligem „bu-hu" als $ zu erkennen gab. Bis 19.45 saßen sich die Uhus dann stumm gegenüber. Als bei fast völliger Dunkelheit ein verspäteter Hirte seine Herde am Fuße der Wand entlangtrieb, flogen beide ab, wobei einer (wohl 9 ) mit „chräch" warnte. Im weiteren Verlauf der Nacht blieb es ruhig. Das cf kehrte 6.30 wiederum im Schrägstoß in die Wand zurück. Vom 9 war nichts zu spüren. 17. 3. Beim morgendlichen Ansitz werden keine Uhus bemerkt. 17.45 kommt bei völliger Helligkeit ein Uhu die gegenüberliegende Hangseite herunter, scheut dann vor einer unterhalb der Horstwand weidenden Ziegenherde, wendet und streicht nach kurzem Aufhaken auf einem Felsblock im Hangwald ins Jagdgebiet. 18.48 fliegt dann ein weiterer Uhu ( 9 ?) stumm in die Horstwand ein und bleibt hier nahe des späteren Horststandortes bis zur völligen Dunkelheit sitzen.
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30. 3. cf fliegt 18.39 rufend die Horstwand entlang und wieder zurück, wobei es 60mal ruft und dann übers Tal zum Jagdgebiet strebt. 9 wird 19.05 beim Einflug in die Horstwand gesehen. Nach zweimaligem Standortwechsel wie zur Jagd Abflug in den Talgrund. Bis 22 Uhr keine weiteren Feststellungen. 31. 3. cf meldet ab 18.37 7mal aus der Gegenwand und sucht dann die Horstwand auf. Hier noch mehrfaches Rufen. Als es gegen 19 Uhr zu regnen beginnt, verstummt er sofort. 9 fliegt 20.02 bei starkem Niederschlag übers Tal zur Horstwand und blockt, ohne zu' rufen, 200 m vom q* entfernt auf. 13. 4. cf meldet bei herrlichem, klarem und warmem Wetter ab 18.40 ständig (etwa 150mal) von seinem Tageseinstand, um dann 19.20, immer noch rufend, die Horstwand entlang zu wechseln. In dem Teil der Wand, den das 9 in letzter Zeit bevorzugte, verstummt er dann plötzlich, streckt sich und sieht fast eine Minute lang sehr angespannt unter einen kleinen Überhang. Danach fliegt er stumm talaufwärts. Offenbar hatte sein Interesse dem brütenden 9 gegolten, denn an dieser Stelle und mit auf Grund dieser Beobachtung wurde später der Horst gefunden. 14. 4. cf ruft 18.52 nur kurz (etwa lomal). In den nächsten Tagen und Wochen war von den Uhus nichts mehr zu bemerken. Auch KÖNIG und HAENSEL (1968) verzeichneten die Beendigung der Balz mit erfolgter Eiablage. 1964 war an diesem Platz von einer Balz kaum etwas zu spüren. Erst Mitte März (14. und 15. 3.) meldete das cf vereinzelt in den Abendstunden, um dann die ganze Nacht über dem Platz fernzubleiben. Am 30. 3. wurden keine Rufe gehört, und nur ein Uhu (9 ?) flog stumm aus der Gegenwand recht früh zur Jagd. Ähnlich unauffällig war in diesem Jahr, wie auch schon 1962, der Balzverlauf am Platz 3. Am 29. 3. wurde kurz das rufende cf gehört und beim Abflug zu einem weit entfernten Jagdgebiet beobachtet. Zu unserer großen Überraschung brütete aber dann am 18. 4. das 9 doch. 1965 verlief das Geschehen an beiden Plätzen ähnlich. Am 13. 3. wurde bei Platz 3 nur ein Uhu vor der Horsthöhle gesehen, der auf Annäherung hin ratschende Laute ausstieß, sich aber nach erneutem Entfernen der Beobachter nicht weiter um diese kümmerte. Es liegt nahe, daß es sich hierbei um das 9 gehandelt hat, das vom cf Beute erwartete. Lange blieb es, sich gelegentlich putzend, auf seinem Platz sitzen, um letztlich bei schon fast völliger Dunkelheit Weit übers Tal abzustreichen. Am nächsten Tag wurde Platz 4 aufgesucht, wo nur zwei frische Gewölle die Anwesenheit eines Uhus anzeigten. Hier flog dann am 26. 3. in der Dämmerung ein Vogel ohne Ruf ab. Von den Besuchen zur Balzzeit an den Plätzen der Kammlage verlief der vom 12. bis 14. 3. 1965 am Platz 5 noch am erfolgreichsten. Nach andauernden, von heftigen Böen begleiteten Schnee- und Regenschauern klarte es in den Morgenstunden des 13. 3. f ü r kurze Zeit auf, und das Uhu-cf wurde mehrmals gehört. Im Gegensatz zu dem mäßigen Balzgeschehen an den genannten Plätzen war dieses am Platz 2 wesentlich ausgeprägter und auffälliger. 1964 standen die Uhus bereits am 17. 3. in der Hochbalz. An diesem Tage beobachtete SIMEONOV (1967) hier auch eine Begattung. Das cf w a r nach längerem Monolog wie zur Jagd abgeflogen, kehrte dann aber nach kurzer Zeit zurück und flog das freisitzende, ständig fordernd mit „chriä" meldende 9 direkt an. Über andere Lautäußerungen wird von dem Autor leider nichts mitgeteilt.
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Während eines Besuches v o m 28. 3. waren beide etwa 50 m voneinander entfernt sitzenden Uhus schon 17.55 zu hören. Dem über lOOmal mit „bu-bo" rufenden cf antwortete das 9 jeweils alternierend mit „chriä" aus dem späteren Horst. Diese verhältnismäßig leisen Rufe sind an den anderen Horsten wohl wegen der größeren Entfernung nicht gehört worden. Das mehrfach seinen Standort wechselnde cf beachtete während des Rufens sein 9 nicht und flog anschließend zur Jagd, woraufhin Ruhe eintrat. A b 22 Uhr rief das cf dann wieder bis 1 Uhr mit nur kurzen Unterbrechungen. A m 4. 4. wurden bei einem nochmaligen Besuch keine Uhus gehört. 1965 trafen wir das intensiv rufende Uhu-cf schon am 12. 3. an (ab 18 Uhr). Wiederum antwortete das 9 mit „chriä" aus der Umgebung des späteren Horstes. 18.30 war das cf zur Jagd geflogen. Von 0 Uhr bis zum beginnenden Morgengrauen waren dann wieder fast ununterbrochen seine Rufe zu hören, wobei bis zu 500 m v o m Horst entfernte Warten aufgesucht wurden. Gegen 7 Uhr kehrte das cf dann, im Fluge rufend, mit weitausholenden Schwingenschlägen in die Horstschlucht zurück und meldete noch vereinzelt bis 7.45. Das 9 saß die gesamte Zeit frei neben der Horsthöhle und nahm w e d e r v o m cf noch v o n den bis auf 40 m herangekommenen Beobachtern Notiz. Nach den Aussagen der Bahnwärter waren die Uhus schon wenigstens 14 Tage derart aktiv. Faßt man die an den Plätzen 2 bis 4 während der Balz gemachten Beobachtungen zusammen, zeigt sich, daß diese in Übereinstimmung mit K Ö N I G und H A E N S E L (1968) sehr variabel ablaufen kann, hinsichtlich des Beginns und der Intensität aber zwischen den Plätzen 3 und 4 einerseits und dem Platz 2 andererseits Unterschiede bestehen. Die Uhus des Gebirgsrandes beginnen 2 bis 3 Wochen früher mit der Balz, und der Verlauf derselben ist wesentlich ausgeprägter. Da das Balzgeschehen auch sehr witterungsabhängig
ist,
kann es in der wetterunbeständigen Kammlage (Platz 5 und 6) bisweilen über längere Zeit völlig durch Witterungsunbilden unterdrückt werden. Im Gegensatz zur Herbstbalz, während der die beiden Geschlechtern eigenen Rufe in langen Dialogen vorgetragen werden, hörten w i r im Frühjahr fast ausschließlich Monologe des cf • Die A n t w o r t des 9 bestand in einem fauchenden „chriä", das nur über kurze Entfernungen zu hören war. Im Anschluß an die Abendbalz fliegt das cf regelmäßig zur Jagd, und am Horstfelsen tritt Ruhe ein. Der Zeitpunkt der Rückkehr des cf hängt v o m Jagderfolg ab. Danach kann das Rufen fortgesetzt werden. Insgesamt kümmern sich die Partner während des Vortrages ihrer Balzrufe nur wenig umeinander. Andere Lautäußerungen, die auch in der Literatur beschrieben werden, hörten w i r nicht, was auf ungünstige Umstände während der Beobachtung (große Entfernung) zurückgeführt werden kann. Schon 3 bis 4 Wochen v o r der Eiablage hält sich das 9 in der Umgebung des späteren Horstes auf und wird v o m cf mit Nahrung versorgt. Eine diesbezügliche von FISCHER (1959) ausgesprochene Vermutung kann also bestätigt werden. Die Feststellungen v o m 30. 3. 1963 am Platz 4 und v o m 13. 3. 1965 an Platz 3 lassen den Schluß zu, daß das 9 bei schlechter Versorgung durch seinen Partner auch dann noch bisweilen gezwungen ist, sich allein zu versorgen. 6.2. Die
Brutverlauf Lage
der
Horste
Während das rufende cf zur Abendbalz meist ungerichtet in der Horstwand umherfliegt, diese also in ihrer Gesamtheit markiert, und aus seinem Verhalten wenig über die spätere
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Abb. 1. Vom Uhu bewohnter Felsen (Platz 1) in einem Seitental des Isker. Als Horststelle und Ruheplätze dienten die Höhlungen im oberen Wanddrittel.
Lage des Horstes zu entnehmen ist, hält sich das 9 schon wenigstens 3 Wochen vor Brutbeginn in der näheren Umgebung desselben oder in ihm auf. Offenbar obliegt ihr die endgültige Auswahl der Horststelle, was auch die Beobachtungen von STEINBACHER (1956) bestätigen. Es sind keineswegs nur hohe und schroffe Wände, in denen der Uhu seine Horste anlegt. Allgemein charakteristisch ist, daß sie zerklüftet und bewachsen sind, in sich Höhlungen bergen und meist von einem Gürtel dichten und dornigen Buschwerkes eingefaßt werden. Dem Bedürfnis des Uhus nach Deckung wird so in hervorragender Weise Rechnung getragen. Eine Bevorzugung von Ost-, Südost- und Südwänden war offensichtlich. In den tieferen Lagen mochte das mit umweltbedingt sein, denn hier wiesen hauptsächlich Wände mit dieser Lage die genannten Vorzüge auf. An den Plätzen der Kammlage (Plätze 5 und 6) schienen so ausgerichtete und auch ansonsten wettergeschützte Wände (Lage in einer Talkerbe bzw. einem Seitental) wegen ihres günstigen Mikroklimas mit Vorliebe bezogen worden zu sein, denn hier bestand hinsichtlich der Himmelsrichtung freie Wahl zwischen von der Struktur her gleichwertigen Horstwänden. Grundvoraussetzung für die Anlage des Horstes ist neben der Geräumigkeit der Plattform und einer Überdachung das Vorhandensein einer Erdschicht, die das Ausscharren der Horstmulde gestattet. Über die Lage des Horstes an Platz 1 kann nur gemutmaßt werden. Er war unerreichbar und befand sich offenbar in einer der zahlreichen Höhlungen im oberen Drittel der 30 m hohen Wand.
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Abb. 2. Steile, reich mit Felsen bestückte H ä n g e bestimmen das Landschaftsbild in dei Umgebung des Horstplatzes 3. Die Uhus bewohnen die Wand im Bildmittelgrund. Links im Hintergrund befinden sich die Wände mit den Brutplätzen von Schmutzgeier, Wanderfalke und Alpenseglern.
Das Paar von Platz 2 wechselte wenigstens zwischen zwei 60 m voneinander entfernten Horsten, in jedem Falle Höhlungen im unteren Teil des Felskomplexes von 1 m Höhe, 2 bzw. 1,5 m Breite und 1,5 bzw. 2,5 m Tiefe. Die erste hiervon wurde 1964 und 1969 bewohnt und w a r ohne großen kletterischen Aufwand über ein breites grasbewachsenes Felsband zu erreichen. Zum Horst von 1965 gelangte man dagegen n u r mit einem Seil. . Der Horst am Platz 3 ist ein Beispiel dafür, wie d a u e r h a f t an einigen besonders günstigen Horststellen festgehalten wird. In der 2 m breiten 1,5 m hohen und etwa gleich tiefen Höhlung zwischen dem unteren und mittleren Wanddrittel (9 m hoch) haben Uhus nach Mitteilungen eines alten Schäfers schon im ersten Jahrzehnt dieses J a h r h u n d e r t s ihre Jungen aufgezogen, die mehrfach ausgehorstet und erschlagen worden sind. Damals w a r der Horst über ein Felsband, das später abgebrochen ist, leicht zu erreichen. Jetzt kann m a n sich dem Horst ohne Seil nur auf etwa 4 m nähern. Ein Wechselhorst existiert hier offenbar nicht. Trotz zahlreich vorhandener Höhlungen b r ü t e t e n die Uhus am Platz 4 1963 auf einem überdachten Felsband zwischen mittlerem und oberem Wanddrittel (20 m hoch) unter einem Rosenbusch. Über die Lage des Horstes von 1962 besteht keine Klarheit. Ohne kletterischen Aufwand waren die Horste an den Plätzen 5 und 6 zu erreichen. Trotz Vorhandenseins höherer Wände bezog das Paar am erstgenannten Platz 1964 den Rücken eines abgestürzten, am Fuße einer Wand lehnenden und völlig von dichtem Gestüpp eingeschlossenen Felsblockes in 2,5 m Höhe. Diese Stelle war 1966 von Wildrosen über-
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Abb. 3. Die H o r s t w a n d der Uhus von Platz 3. Die Horsthöhle (s. Markierungspfeile) wird schon wenigstens seit Beginn dieses J a h r h u n d e r t s bezogen.
wachsen. In diesem J a h r hielten sich die Uhus häufig in der Umgebung einer zum Horsten sehr geeignet erscheinenden Höhlung auf. Bei einer Kontrolle erwies sich ihr Boden aber als mit grobem Geröll bedeckt und zum Scharren einer Horstmulde völlig ungeeignet. Die Steine wurden entfernt. Da aber der Platz später nicht mehr besucht worden ist, kann über das Resultat dieser Bemühungen nichts mitgeteilt werden. Der Horst von Platz 6 befand sich gleichfalls nur 4 m hoch in einer sich nach hinten allmählich verengenden Höhlung von 1 m Breite und Höhe. Ein fast undurchdringlicher Buschgürtel schützte auch hier zuverlässig. Diese Darstellungen zeigen, wie mit zunehmender Ausschaltung menschlicher Einflüsse die Anlage der Horste im Sinne von MÄRZ (1958) immer „sorgloser" wird. Daraus kann gefolgert werden, daß unauffällige, deckungsreiche Wände wohl am ehesten den Bedürfnissen des Uhus entsprechen. Das Horsten in hohen schroffen Wänden könnte daher als Reaktion auf menschliche Störungen gewertet werden, denn u n t e r ursprünglichen Verhältnissen erscheinen sie f ü r ihn gar nicht so geeignet. Einmal ist er hier Witterungseinwirkungen in viel stärkerem Maße ausgesetzt, und auch eine höhere Gefährdung durch große Taggreife, die ja in abgelegenen Gegenden oft in unmittelbarer Nachbarschaft ansässig sind, zeichnet sich ab. Nachtaktive Raubsäuger, die Taggreifen bei ähnlicher Horstplatzwahl starken Schaden zufügen können, braucht der Uhu dagegen kaum zu fürchten.
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Abb. 4. Jagdgebiet der Uhus am Platz 4 von der gegenüberliegenden Seite des Haupttales aus gesehen. Die Horstwand befindet sich links im Bildmittelgrund. Die Hänge sind hier weniger felsenreich und stärker mit Buschwald bestanden als am Platz 3.
Die
Brut
Während des Brütens und der nachfolgenden Jungenaufzucht verhalten sich die Uhus recht unauffällig. Ein Rufen des d" vor dem Abflug zur Jagd haben wir bei brütenden Paaren ohne besonderen Anlaß nie gehört, was aber möglicherweise z. T. mit einer ungünstigen Wahl der Ansitzplätze zu erklären ist. Wegen dieser „Heimlichkeit" wurden wir 1962, als unsere Erfahrungen mit dem Uhu noch gering waren, über die wahren Verhältnisse an den Plätzen 2 und 3 vollständig getäuscht und glaubten, da Mitte April kaum noch Anzeichen auf die Anwesenheit der Uhus hindeuteten, die Plätze seien aufgegeben worden. Erst im Herbst wurde uns beim Auffinden der Jungdunen (s. MÄRZ, 1958) und zahlreicher Gewölle klar, daß am Platz 3 dennoch erfolgreich gebrütet worden war. Von den gründlicher kontoliierten Uhupaaren begann das Paar vom Platz 2 am frühesten mit der Brut. 1964 wäre der Termin hierfür mit dem 30. 3. und 1965 etwa mit dem 15. 3. zu veranschlagen (nach Balzverlauf und geschätztem Alter der später gefundenen Jungvögel). Am Platz 3 fällt der Brutbeginn 1964 etwa auf den 10. 4. und 1965 auf die ersten Apriltage. Verhältnismäßig spät, erst um den 13. 4., begannen die Uhus vom Platz 4 1963 mit der Brut. Der im Oktober 1962 noch recht unselbständige Jungvogel läßt auch für dieses Jahr einen späten Brutbeginn vermuten. Um Störungen zu vermeiden, haben wir die Horste
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Abb. 5. Horstwand der Uhus von Platz 4 (Markierungspfeile zeigen die Lage des Horstes von 1963 an).
während des Brütens kaum aufgesucht. Über Eimaße und Legeabstand können wir daher nichts aussagen. Am Horst 4 bestand das Gelege von 1963 aus 2 Eiern, aus denen auch Junge schlüpften. Der Horst von Platz 3 enthielt 1964 dagegen nur ein Ei, und aus dem Zweiergelege von 1965 schlüpfte nur ein Jungvogel. Die Uhus am Platz 2 zeitigten sowohl 1964 als auch 1965 ein Dreiergelege, von dem sich im ersten Jahr ein Ei als unbefruchtet erwies, während 1965 alle drei Jungen schlüpften. Bei Annäherung an den Horst ruft das cf nach MÄRZ (1954) und FISCHER (1959) warnend, was wir 1962 an Platz 3 und 1964 an Platz 4 verzeichnen konnten. Der Tageseinstand wurde von ihm stets so gewählt, daß die Umgebung des Horstes, keineswegs aber immer auch dieser, eingesehen werden konnte. Am erstgenannten Platz saß das cf schräg über dem Horst, an letzterem, etwa 200 m entfernt, am anderen Ende der Wand. Das nach STEINBACHER (1956) und MÄRZ (1954, 1958) allein brütende 9 sitzt sehr fest, was schon SCHNURRE (1936) ausdrücklich hervorhebt. Am Platz 3 war es möglich, aus nur 4 m Entfernung einen kurzen Blick auf das in der Horstmulde mit aufgeplustertem Gefieder und halb oder ganz geschlossenen Augen sitzende 9 z u werfen, ohne daß dieses davon Notiz nahm. Offenbar war es an solche Störungen gewöhnt, denn in den Wänden weidende Schafe kamen, wie umherliegende Losung zeigte, hier sicher oft vorbei. Wiederholt wurde beobachtet, wie das 9 in den frühen Morgenstunden, wohl um sich zu lösen und das Gefieder zu pflegen, den Horst verließ.
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Abb. 6. Am Platz 5 bewohnen die Uhus ein Felsband an der Grenze zwischen Buschzone und Hochweiden in 1050 m Höhe.
Die A u f z u c h t
der
Jungen
Der Horst von Platz 4 enthielt am 19. 5. zwei Jungvögel 2), von denen der kleinere wohl erst wenige Stunden (die neben ihm liegende Eischale w a r innen noch völlig sauber und etwas feucht), der über doppelt so große andere Jungvogel aber schon wenigstens 2 Tage alt war. Der mit dem 17. 5. zu veranschlagende Schlupftermin des ersten Junguhus paßt, legt man die von STEINBACHER (1956) und MÄRZ (1958) mit 31 bzw. 35 Tagen angegebene Brutdauer zugrunde, etwa zu dem vermuteten Brutbeginn. Der Horst von Platz 3 barg am 17. 5. einen höchstens 3 Tage alten Junguhu, von dem am 2. 6. jegliche Spur fehlte. 1965 war das Junge am 3. 6. rund 4 Wochen alt. Im H o r s t 2 befanden sich am 16. 5. 1964 2 Junge mit einem Alter von 14 Tagen. Der einzige verbliebene Jungvogel an diesem Horst von 1965 w a r am 31. 5. sehr groß und etwa 5 bis 6 Wochen alt. Die Jungvögel wurden wenigsten die ersten 4 Wochen vom 9 nicht verlassen, das bis zuletzt bei ihnen ausharrte. Bei Besuchen am Horst flog es meist erst buchstäblich vor den Füßen der Eindringlinge ab. Auch in den nachfolgenden Wochen w a r der Kontakt zwischen Alt- und Jungvögeln noch sehr eng. Näherte man sich dann dem Horst, so ließ das in dessen Umgebung wachende 9 einen dem Reiherruf nicht unähnlichen Rätschlaut hören, den auch MÄRZ (1958) und KÖNIG und HAENSEL (1968) in ähnlichen Situationen
2
) Der kleinere der beiden Jungvögel wurde ausgehorstet. Über später an diesem Ex. durchgeführte Verhaltensstudien berichten MAILICK, BAUMGART und MAILICK (im Druck).
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Abb. 7. Der Felsstock „Stol", an dem sich im Sommer 1966 unregelmäßig Uhus zeigten.
vernahmen, und der die Jungen offenbar warnte, denn daraufhin verstummte am 11. 7. 1963 am Platz 4 der Jungvogel sofort und zog sich in ein Versteck zurück. Andererseits ließ sich das 9 an diesem Horst auch nachts in keiner Weise durch am Fuße der Wand sitzende Beobachter stören. Auch das cf, dem ja die Versorgung der Familie mit Nahrung obliegt, reagierte kaum und flog den Horst mit Beute an. Von einer Übergabe auf erhöhten Punkten in der Horstumgebung war hier nichts zu bemerken. Wenigstens an den Plätzen 3 und 4 wurde wie auch in dem von BERG (1962) beschriebenen Falle, alle für die Jungen bestimmte Atzung vom 0" immer direkt in den Horst getragen. Da hier auch das Rupfen erfolgte, bot die Horsthöhle des in hohem Grade von Vögeln lebenden Paares von Platz 3 am 3. 6. 1965 einen unvergleichlichen Anblick, ruhte doch der Jungvogel auf einem Federkissen von einzigartiger Buntheit. Über die Gefiederreste mehrerer Alpensegler waren Federn von Turmfalke, Kuckuck, Wachtelkönig und Blauracke gestreut. Im Horst von Platz 2 lagen, obwohl Vögel in beachtlicher Zahl erbeutet wurden, stets nur wenige Federn. Da auch keine Rupfkanzel in der Horstschlucht gefunden wurde, liegt es nahe, daß vom cf die geschlagenen Vögel überwiegend im Revier, möglicherweise gleich am Erbeutungsort, gerupft worden sind. Nach SCHNURRE (1936) sind die Rupfgewohnheiten des Uhus individuell sehr verschieden. Weder bei dem brütenden 9 noch zur Zeit der Jungenaufzucht fanden wir in den Horsten jemals Beutetieransammlungen, was belegt, daß allen Uhus ein Überfluß fehlte und sie jeweils „von der Hand in den Mund" lebten. Schon im Alter von einem Monat begannen die Junguhus zu wandern. Über ihren jewei-
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Abb. 8. Die Umgebung des Horstplatzes 6. Die Uhus brüteten 1964 in den niedrigen Felsen am rechten Bildrand. Der Felskomplex links im Bildmittelgrund diente dem Steinadler als Horststätte.
ligen Standort informierten ihre vor allem in den Abend- und frühen Morgenstunden stetig in kurzen Abständen ausgestoßenen fauchenden Bettelrufe, die etwa mit „fzscht" (MÄRZ, 1958) wiederzugeben sind, sowie Schmelzfahnen und Mauserfedern. Als 1964 am Platz 2 zwei Junge zu versorgen waren, hörten wir deren Rufe im fortgeschrittenen Alter fast die gesamte Nacht über, was auf mangelhafte Versorgung schließen ließ. Eine zweiphasige Nachtaktivität, wie sie HAGEN (1951, zit. nach BOCHENSKI, 1960) beschreibt, wird daher nicht immer offensichtlich. Der etwa 4 Wochen alte Jungvogel von Platz 3 sprang 1965 bei der Annäherung aus dem Horst und flatterte zum Fuße der Wand. Hier war er bei der nachfolgenden Suche kaum zu entdecken, so gut hatte er sich in einer überwachsenen Felsspalte versteckt, um sich dann vor dem Ergriffenwerden fauchend und schnabelknappend auf den Rücken zu werfen und die Fänge vorzustrecken. Untereinander sind die Jungvögel sehr verträglich. Wann sie die Flugfähigkeit erlangen, konnten wir leider nie feststellen, da in den Monaten Juli und August keine Beobachtungsmöglichkeiten bestanden. In der Umgebung von Platz 2 wurden 1964 die beiden bettelnden Jungvögel, die immer eng zusammenhielten und einen beachtlichen Größenunterschied aufwiesen (cf und 9 noch am 13. 9., also im Alter von 20 Wochen (5 Monate) angetroffen. Am Platz 3 hielt sich der Junguhu von 1965 noch wenigstens bis zum 20. 9. auf. Auch der Jungvogel vom Platz 4 war 1962 noch am 6. und 7. 10. am Horstfelsen und ließ ständig seinen Bettelruf hören. Schon gegen 18.25 flog er kreischend über das Tal und wechselte mehrfach seinen Stand-
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Abb. 9. Der H o r s t (s. Markierungspfeile) am Platz 6 war durch einen dichten Gürtel fast undurchdringlichen Buschwerkes zuverlässig geschützt.
ort, wobei er sich bisweilen etwas weiter entfernte. Hin und wieder brach das Rufen f ü r 15 bis 20 Minuten ab. Gegen 1 Uhr wurde er immer noch gehört, und f r ü h strich er gegen 6.20 rufend auf die Horstwand zu. Wenig später kam einer der Altvögel zurück und wurde sofort unter Bettelrufen angeflogen. Der alte Uhu reagierte jedoch kaum und hatte offenb a r auch nichts mitgebracht. Bei allzu dreisten Anflügen wich er n u r aus, um letztlich f ü r das Junge unsichtbar in einer Biegung der Wand zu verschwinden. Die Bindung zwischen beiden w a r wahrscheinlich nicht mehr sehr fest, und in der folgenden Zeit wurde der Platz auch vom Junguhu verlassen. Am 6. 11. w a r er nicht mehr anwesend. Insgesamt befand er sich 20 bis 24 Wochen unter der Obhut der Alten. Unklar blieb, weshalb der Horst am Platz 3 1964 verlassen worden ist. Wegen seiner Abgelegenheit d ü r f t e es kaum zu Störungen gekommen sein. Am ehesten ist zu vermuten, daß starke und andauernde Regenfälle in der zweiten Maihälfte die Nahrungsbeschaffung erschwert bzw. unmöglich gemacht haben und so die Hauptvoraussetzung f ü r eine normale Jungenaufzucht fehlte. Für diese Annahme sprechen auch die Geschehnisse von 1965 am Platz 2. Hier lag am 31. 5. v o r dem einen 5 bis 6 Wochen alten Jungvogel beherbergenden Horst der völlig plattgetretene, doch in seiner Gesamtheit erhaltene Kadaver eines etwa 3 Wochen alten Jungvogels. Als der H o r s t am 16. 6. zum Aufsammeln der Gewölle erstiegen wurde, fanden sich im Gewöllgrus seine Knochen, wodurch, wäre die vorangegangene Beobachtung nicht geglückt, das Vorliegen von Kannibalismus hätte vorgetäuscht werden können! Auch die Knochen eines kaum 14 Tage alten Jungvogels wurden noch
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Abb. 10. Die Höhlung, in der 1964 am Platz 6 gebrütet wurde.
gefunden, was dafür spricht, daß alle drei Jungvögel geschlüpft sind. Für den Tod von zwei von ihnen könnte Nahrungsmangel, bedingt durch heftige und andauernde Regenfälle, die von Mitte bis Ende Mai im Iskerdurchbruch niedergingen, gleichfalls als Erklärung dienen. Das Niederschlagsmaximum im Mai und Juni kann sich also in manchen Jahren sehr verhängnisvoll auf den Brutverlauf der hiesigen Uhus auswirken. Am Fuße des Felsens von Platz 1 wurden am 6. 11. 1964 die Knochen eines in diesem Jahr fast erwachsenen verendeten Jungvogels gefunden. Über die Todesursache ist nichts bekannt. Damit ist für diesen Platz für 1964 wenigstens ein Brutversuch erwiesen.
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Bruterfolg Da sich das Brutgeschehen an den verschiedenen Plätzen unterschiedlich gestaltete, seien die einzelnen Daten nochmals kurz in tabellarischer Form zusammengestellt: PlatzNr. 1 2 3 4 5 6
Zahl der kontrollierten Brutjahre 5 4 5 5 3 3
(1961-1965) (1964-66, 1969) (1962-66) (1962-66) (1964-66) (1964-66)
Zahl der erfolgreichen Brüten 1? 3 2 2 1 1
Zahl der ausgekommenen Jungvögel ? 4* 2* 2 1* 2
* Für das Jahr, in dem bei erfolgreicher Brut die Zahl der Jungvögel nicht mit Sicherheit zu ermitteln war, wird diese mit 1 veranschlagt. Klammert man aus dieser Übersicht den Platz 1 wegen Fehlens genauer Angaben aus, so entfallen an den Plätzen 2 bis 6 auf 20 Brutjahre wenigstens 11 ausgekommene Jungvögel (0,55/Platz und Jahr). Besonders günstig steht es diesbezüglich am Platz 2 mit wenigstens 4 Jungvögeln in 4 Jahren, d. h. 1 Juv./Jahr (1969 wurde nur ein fast flügger Junguhu noch im Horst vorgefunden, weitere Jungen konnten ihn schon verlassen haben; eine gründliche Nachsuche war leider nicht möglich). Wesentlich schlechter war der Bruterfolg an den Plätzen 3 und 4 mit wenigstens je 2 Jungvögeln in 5 Jahren (0,4/Jahr). An den Plätzen 5 und 6 entfallen auf insgesamt 6 Brutjahre wenigstens 3 Junge (0,5/Jahr). Diese Werte sind nur grob orientierend und für eine gründlichere statistische Auswertung unzureichend. Sie zeigen aber eine gewisse Übereinstimmung mit den Angaben von MEBS (1953) von 0,58/Jahr an Horsten im Fränkischen Jura und MÄRZ (1958) von 0,6 Jungen/Jahr an einem Horst in der Tschechoslowakei. Das Brutergebnis am Platz 2 gleicht dagegen dem von FISCHER (1959) an einem Thüringer Horst, wo die Rate bei 1,1 Jungen/Jahr lag. Da über den Bruterfolg in einigen Jahren Unklarheit besteht (Platz 2 - 1969, Platz 3 - 1962, Platz 5 — 1964), ist es durchaus möglich, daß insgesamt einige Jungvögel mehr ausgekommen sind. Damit dürfte sich die Zahl der Ausfälle (12 Ex.) mit der des Zuwachses etwa die Waage halten. Von den untersuchten Jahren ist 1964 mit 3 geglückten Brüten und 2 Brutversuchen das mit Abstand günstigste. Der Gesamtzuwachs ist aber äußerst gering. Das liegt nicht nur daran, daß oft einige Jahre hintereinander mit dem Brüten ausgesetzt worden ist. Auch die Zahl der Jungen liegt mit 2 unter dem üblichen Maß. Hier wird ein krasser Unterschied zu Uhupaaren in anderen Landesteilen (Nordostbulgarien) deutlich, über die an anderer Stelle zu berichten sein wird. Diese brüteten nicht nur viel regelmäßiger, sondern zogen auch mehr Junge auf. Für das Aussetzen mit der Brut oder deren erfolglosen Verlauf können in einigen Fällen Ausfälle von Altvögeln als Ursache in Betracht gezogen werden (Platz 4 — 1965, Platz 2 — 1966). Am letztgenannten Platz verlief im Frühjahr die Balz normal, und alles deutete bis zum Zeitpunkt des Todes eines der Altvögel (1. 5.1966) auf einen erfolgreichen Brutverlauf hin. Durch diesen Unglücksfall war auch das Schicksal der Brut besiegelt. In der Mehrzahl der Fälle sind die Gründe für das Aussetzen mit der Brut aber nicht offensichtlich. Auch der Verlust einer Horststelle befriedigt diesbezüglich nicht völlig (Platz 5 — 1966). Die möglicherweise hierfür stehenden Ursachen sollen daher in der Diskussion betrachtet werden.
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7. Diskussion Eine vergleichende Auswertung der von 1961 bis 1965 an Uhupaaren im lskerdurchbruch durchgeführten Untersuchungen ist vor allem lohnend, weil, obwohl die kontrollierten 6 Plätze innerhalb eines Raumes mit größtem Durchmesser von nur 45 km (größtmöglicher Abstand zwischen zwei Horsten) lagen, zwischen ihnen grundlegende Unterschiede bestanden. Bei einheitlicher geographischer und Großwetterlage waren Landschaftsstruktur, Lokalklima, Nahrungsangebot und die Folgen menschlicher Einwirkungen an fast allen Uhuplätzen, die sich am Gebirgsrand (200—300 m hoch), in tiefeingeschnittenen Tälern (400—600 m hoch) und in der Kammlage hoher Mittelgebirge (900-1000 m hoch) befanden, anders. Die einzelnen Umweltfaktoren wirkten sich recht unterschiedlich auf die Lebens- und Verhallensweise der Uhus aus. Da die Großeule über ein ausgezeichnetes Flugvermögen verfügt, kam sie mit jeder Oberflächenstruktur gut zurecht und konnte in allen Landschaftstypen jagen. Besonders günstige Jagdbedingungen boten sich ihr im aufgelockerten Buschwald. Auch Kälte und Hitze fochten die Uhus nicht an, und selbst bei ausgesprochen stürmischem Wetter waren sie aktiv. Von den klimatischen Einwirkungen erwiesen sich dagegen anhaltende Niederschläge als besonders ungünstig, und selbst bei feinstem Sprühregen wurde nicht zur Jagd ausgeflogen. Dadurch ergibt sich im Frühjahr eine Benachteiligung der Uhus in der wetterunbeständigen Kammzone, ist doch die Niederschlagsr menge eine Funktion des Reliefs. Das Niederschlagsmaximum im Mai und Juni wirkte sich aber auch an den anderen Plätzen recht folgenschwer während der Jungenaufzucht aus. Im Gegensatz hierzu waren in den Kammlagen keine Verluste durch Abschüsse und infolge Anfliegens an Drähte zu verzeichnen. Diese stiegen mit wachsender menschlicher Besiedlungsdichte proportional an und erreichten an einem Platz am Gebirgsrand die gleiche Höhe wie an allen anderen zusammen. Besondere Beachtung verdient das sich mit Höhenlage und Oberflächenstruktur stark verändernde Beutetierangebot. Von den untersuchten Uhupaaren wiesen die des Gebirgsrandes die beste Versorgungsgrundlage auf, indem ihnen mehrere mittelgroße Säugetierund größere Vogelarten ganzjährig in ausgewogenen Relationen eine ausreichende Ernährung sicherten. An den Plätzen der Gebirgstäler war durch die umweltbedingte einseitige Orientierung auf den Igel vor allem während der kalten Jahreszeit das Nahrungsangebot wenig reichhaltig, zumal auch die nächstwichtigsten Beutetiere dieser Uhus im Winter fehlten (gleichfalls Winterschläfer oder Zugvögel). Auch bei den Paaren der Kammlage deuteten sich ähnliche Verhältnisse an. Mit kleinen Nagern, vor allem Wald-, weniger Feldmäusen, und Fröschen wird der Mangel an artgerechten Beutetieren im Winter und im zeitigen Frühjahr ausgeglichen. Wirkliche Not muß der Uhu daher wohl nie leiden, und da sein Unterhalt stets gesichert ist, bleibt er als ausgesprochener Standvogel nach dem Jugendstrich (s. BRÜLL, 1964), einmal angesiedelt, lebenslang in seinem Revier und hält auch an günstigen Horststellen sehr zäh fest. Sofern Wechselhorste vorhanden waren, befanden sie sich in der gleichen Wand bzw. in einem eng umrissenen Teil des Horstfelsens, was mit den Angaben von FISCHER (1959) und SCHAEPER (1971) übereinstimmt. Bei scheinbaren Horstplatzwechseln felsbrütender Uhus über größere Entfernungen sollte immer in Erwägung gezogen werden, ob nicht gleichzeitig mit dem Erlöschen eines Vorkommens eine Neuansiedlung an anderer Stelle erfolgte. Die Uhupaare hielten untereinander immer Distanz und duldeten in der Umgebung ihrer Horstplätze keine fremden Artgenossen. Das Vorhandensein einer Populationsreserve in
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Form jugendlicher Stücke in der Peripherie der Reviere ist wahrscheinlich und zur Auffüllung von Bestandslücken von größter Bedeutug. Zur innerartlichen Kommunikation und Anzeige des Revierbesitzes spielen beim Uhu als nachtaktive Art akustische Signale eine bedeutende Rolle. Das „bu-bo" des cf, das in Betonung und Lautstärke sehr variieren kann — bisweilen hört man auch nur die erste Silbe —, ist nicht nur ein Lockruf. Es zeigt die Anwesenheit eines Q" und damit auch dessen Revieranspruch an. Daß dieser Ruf auch einen drohenden (abweisenden) Gehalt hat, findet noch auf andere Weise seine Bestätigung. So wird er während innerartlicher Auseinandersetzungen ebenso wie bei der Abwehr von Habichten und Krähen ausgestoßen (KÖNIG und HAENSEL, 1968). Auch das „Warnen" des d 1 beim Eindringen von Menschen in den Horstbereich könnte in dieser Weise interpretiert werden. Die während des Rufens aufblitzende weiße Kehle wäre als eine zusätzliche optische Untermalung dieses Ausdrucks zu bewerten. Interessanterweise ist dieses Merkmal beim mehr tagesaktiven amerikanischen Uhu stärker ausgebildet. Dem „bu-hu" des 9 - das ja wegen seiner höheren Tonlage gut vom Ruf des c? zu unterscheiden ist, kommt offenbar die gleiche Bedeutung zu. Es ist nun sehr wahrscheinlich, daß auch die Vögel diese Verschiedenheiten wahrnehmen und beachten. Diesbezüglich sind noch die Feststellungen von SCHNURRE (1936), FISCHER (1959), HEINROTH und HEINROTH (1967) und MAILICK, BAUMGART und MAILICK (im Druck) von Interesse, wonach angerufene Uhus fast stets antworten, also gewissermaßen unter einem inneren Zwang stehen, ihre Identität und damit ihr Geschlecht anzuzeigen. Es liegt nahe, daß die Rufe die Geschlechter unterschiedlich beeinflussen, d. h., die Lautäußerungen des c? müßten das 9 anlocken, auf andere cTcf dagegen drohend wirken. Den Rufen des 9 wäre dann der entgegengesetzte Effekt zu unterstellen. Es ist nicht auszuschließen, daß sich Uhus an ihren Rufen auch individuell erkennen. Die Bedeutung der Herbstbalz bestünde dann darin, die eigenen selbständig gewordenen Jungvögel, die dann schon den Ruf der Altvögel äußern können (oder müssen?), sowie andere umherstreifende Stücke aus dem Revier zu „drohen". Das Unterbleiben der Herbstbalz beim Vorhandensein von noch den Bettelruf ausstoßenden Jungvögeln wäre mit einer beschwichtigenden Wirkung dieser Lautäußerungen (wie auch anderer Fauch- und Zischlaute) zu erklären. Die Rufgemeinschaft („Wechselgesang") des Uhupaares im Herbst fördert außerdem wohl noch den Zusammenhalt der Partner im Sinne von IMMELMANN (1963) und EIBL-EIBESFELDT (1969), und es wird auch angezeigt, wo komplette Paare ansässig sind bzw. wo es zu Ausfällen gekommen ist. Damit bieten sich günstige Bedingungen zur Auffüllung von Bestandslücken, denn zu keiner anderen Zeit ist das Angebot an ungebundenen Stücken derart groß. Wie die Darstellungen von MAILICK, BAUMGART und MAILICK (im Druck) zeigen, können sich noch nicht einmal einjährige Junguhus verpaaren, wobei nicht geklärt ist, ob sie auch schon zeugungsfähig sind. 3) Die von diesen Autoren festgestellte geringe Rufaktivität ein- und zweijähriger Stücke (bedeutende Steigerung erst ab 3. Lebensjahr) könnte dazu beitragen, daß sie zu dieser Zeit noch eher im Revier von Standpaaren geduldet werden und der Jugendstrich möglich ist. Zur Frühjahrsbalz, während der die zur Fortpflanzung erforderliche enge Annäherung der Brutpartner erreicht und das zur Jungenaufzucht notwendige Nahrungsrevier abgesteckt werden muß, hört man hauptsächlich Monologe des cf. Ihm obliegt dann offenbar, wie schon MÄRZ (1958) feststellte, im wesentlichen die Reviersicherung, während das 9 3
) Anmerkung bei der Korrektur: 1972 brütete ein noch nicht einjähriges (J mit einem alten $ erfolgreich.
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in Vorbereitung der Eiablage diesbezüglich nur geringe Aktivitäten zeigt und im fortgeschrittenen Stadium der Balz kaum sein „bu-hu", sondern das nur über kurze Entfernungen hörbare „chriä" ausstößt. Dieser dem Bettellaut der Jungvögel nicht unähnliche Ruf könnte sowohl eine Beschwichtigung des dann sehr erregten ( J a ' s auch die Forderung nach Nahrung ausdrücken. Er ist nicht identisch mit dem reiherartigen „chräck" (MÄRZ, 1958; KÖNIG und HAENSEL, 1968), das in Übereinstimmung mit MAILICK, BAUMGART und MAILICK (im Druck) als Warnruf für Jungvögel, darüber hinaus aber möglicherweise noch als Ausdruck allgemeiner Verärgerung, gedeutet werden könnte. Hinsichtlich der Wahl des Horstplatzes sowie des Brutbeginnes, der Gelegestärke und Jungenzahl, des Verhaltens während der Jungenaufzucht und im Jahreszyklus sind, legt man die Angaben von SCHNURRE (1936), NIETHAMMER (1938) und MÄRZ (1954, 1958) zugrunde, gegenüber den Verhältnissen in Mitteleuropa keine wesentlichen Unterschiede zu verzeichnen. Eine südlichere Lage bedingt also keineswegs zwangsläufig einen früheren Beginn des Brutgeschäftes. Bemerkenswert war weiterhin die Tatsache, daß die Uhupaare der Gebirgstäler und der Kammlage nicht so regelmäßig brüteten wie das Paar am Gebirgsrand sowie im Falle der Brut ein geringeres Gelege zeitigten und weniger Junge aufzogen. Vom Menschen ausgehende Störungen können hierfür nicht als Erklärung dienen. Zusammenhänge lassen sich aber ableiten, wenn die Brutergebnisse dem Ernährungsstatus gegenübergestellt werden. Darauf, daß der Uhu im Falle der Nahrungsverknappung im Frühjahr, meist in Verbindung mit ungünstigen Witterungsverhältnissen, mit der Brut aussetzt, wurde schon verschiedentlich hingewiesen (UTTENDÖRFER, 1939, 1952; SCHNURRE, 1936; MÄRZ, 1954, 1958; BOCHENSKI, 1960; SCHAEFER, 1970). Nach SCHNURRE (1936) ist, sofern es, doch zur Fortpflanzung kommt, die Eizahl geringer. Eine Erklärung für die diesen Vorgängen zugrundeliegenden Regelmechanismen wird von diesen Autoren aber nicht gegeben. Eine Beeinflussung des Fortpflanzungsgeschehens durch die Ernährungslage vorausgesetzt, ergeben sich unter Berücksichtigung der bei der Auswertung der Beutelisten erzielten Ergebnisse folgende Schlüsse: Infolge ihres auf einer hohen Leistungsfähigkeit fußenden breiten Beutetierspektrums und des nach HEINROTH und HEINROTH (1967) während der kalten Jahreszeit gesenkten Nahrungsbedarfes — es wird in hohem Grade von im Herbst angelegten Reserven gezehrt — überstehen Uhus den Winter in der Regel in guter Kondition. Eine aus dieser Zeit resultierende Unterernährung erscheint als Ursache für einen Brutausfall oder eine geringere Fortpflanzungsrate wenig wahrscheinlich. Diese Verhältnisse ändern sich aber mit dem Eintritt der Balz grundlegend, wobei nachfolgend genannte Kriterien eine ursächliche Rolle spielen : 1. Konnte vor der Balz der Zeitraum von Abenddämmerung bis Morgengrauen allein zum Beuteerwerb genutzt werden, so muß jetzt ein wesentlicher Teil der zur Verfügung stehenden „Aktivzeit" für die Annäherung der Brutpartner und Balzhandlungen aufgewendet werden. Eine gewisse Rolle könnte hier auch die mit fortschreitender Jahreszeit erfolgende Zunahme der Tageslänge spielen. 2. Das 9 m u ß wenigstens drei Wochen vor der Eiablage mit Nahrung versorgt werden. Dem cf obliegt es also somit, doppelt soviel, evtl. sogar noch mehr Nahrung zu erbeuten, als für den Eigenbedarf erforderlich wäre. 3. Konnte während des Winters von den solitär lebenden Uhus die Beute am Fangort gekröpft werden, so muß jetzt wenigstens der für das 9 bestimmte Teil über bisweilen erhebliche Strecken herangeschafft werden. Damit erfährt das Beutetierspektrum auto-
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matisch eine Einengung, denn als „Brautgeschenke" kommen nur solche Beutetiere in Frage, die vom ohnehin kleineren cf getragen werden können. Hasen, die nach KÖNIG und HAENSEL (1968) eine nicht zu unterschätzende Rolle als Winternahrung spielen, fallen beispielsweise hierfür aus, da im zeitigen Frühjahr die dann vorhandenen Althasen vom cf wohl geschlagen, aber nicht weggetragen werden können. Kleine Nager und Frösche, die als Zusatzbeute eine wichtige Funktion haben, sind für diese Zwecke gleichfalls nicht geeignet, da so der Flugaufwand unverhältnismäßig ansteigt. Wenn also in der näheren Umgebung des Horstes artgerechte Beutetiere, deren Gewicht im Idealfall mit 300 bis 1000 g zu veranschlagen ist, nicht in ausreichender Menge vorhanden sind oder infolge schlechtem Wetters die Jagd unmöglich wird, kann es zu Störungen im Balzverlauf kommen. Im ersten Falle muß das cf, statt mit dem 9 z u balzen, zeitaufwendige und weitführende Beuteflüge unternehmen. Besonders kritisch wird die Situation, wenn das 9 während dieser Zeit gezwungenermaßen selbständig zu jagen beginnt und von dem letztlich doch zurückkehrenden cT nicht angetroffen wird. Wie IMMELMANN (1963) und EIBL-EIBESFELDT (1969) feststellen, legen bei vielen Vogelarten die 9 erst, wenn sie längere Zeit mit dem cf zusammen waren. Für den Uhu, der den Angaben von MAILICK, BAUMGART und MAILICK (im Druck) zufolge fremden Artgenossen gegenüber sehr unleidlich und aggressiv, dem Brutpartner dagegen individuell verbunden und sehr zugetan ist, hat dies offensichtlich besondere Bedeutung. Auf diese Weise kann sich der Mangel an artgerechten Beutetieren indirekt auf Bruterfolg, Gelegestärke, Befruchtungsergebnis und Fortpflanzungsrate auswirken. Als Übersicht lassen sich diese Verhältnisse wie folgt darstellen : Geringes artgerechtes Beutetierangebot
Anhaltende Niederschläge oder andere Witterungsunbilden i
Aufwendige und langdauernde Beuteflüge des cf
gesenkte Flugaktivität
i
>• Unzureichende Nahrungsversorgung >
Störungen im Balzablauf
+
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3 7 D = 4,7 (2,0 : 5,5)
n
Das Beutespektrum zeigt, daß das qualitative Angebot formenmäßig auch recht vollständig widergespiegelt wird. Aufenthalts- und Lebensweise der meisten dieser Formen kommen den Besonderheiten der Beutesuche der Dorngrasmücke sehr entgegen. Die meisten der hier festgestellten Beutearten dieser Gruppe weisen ausgeprägte jährliche Aspektbildungen auf, welche vom jeweiligen konkreten Angebot geprägt zu sein scheinen. Deutlich zeigt sich eine solche Aspektbildung z. B. bei Ptusia gamma (L.) oder Malacosoma neustria (L.). Das plötzliche starke Auftreten von Faltern von P. gamma im letzten Drittel der Brutperiode 1966 (Abb. 7) entspricht dabei fast deckungsgleich dem für den nordostdeutschen Raum für das letzte Drittel des Juli angegebenen Gipfelpunkt des in jenem Jahr sehr auffälligen Massenauftretens dieser als Wanderfalter bekannten Art. Ein ähnlicher, typischer Jahresaspekt der Imagines von M. neustria (Abb. 8) liegt zeitlich aber schon fast außerhalb der Nestlingsperiode (1967). Saisonbedingte Aspekte der Reflektierung von Beuteformen lassen sich, wie bei den genannten, auch bei allen anderen Lep-Im. erkennen, bedingt durch die relativ kurzzeitigen Erscheinungs- und Entwicklungsweisen
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290
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Abb. 7. Plusia gamma (L.) (Makro-Lep. Im.): jährliche und saisonale Anteile an der Nestlingsnahrung.
65
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M Larv. • Im.
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67 10% ro
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20 Juli
Abb. 8. Malacosoma neustria (L.) (Makro-Lep.): jährliche und saisonale Anteile an der Nestlingsnahrung. der einzelnen Stadien. So spiegelt sich z. B. der Flugbeginn einiger „Frühjahrs"- oder „Sommer"-Formen auch im Beutespektrum wider. Da der Großteil der hier registrierten Formen jedoch erst mit fortschreitender Jahreszeit imaginal erscheint, sind saisonale Aspektbildungen besonders für die zweite Hälfte der Nestlingsperiode kennzeichnend. Einige Lep.-Formen weisen als Beuteobjekte individuelle Aspektbildungen auf, d. h., sie erscheinen bevorzugt im Spektrum weniger Brutpaare. Vereinzelt wurden auch sehr große Falter, dann jedoch entsprechend „bearbeitet", gefüttert (Arctia caja L., Cosmotriche potatoria L.). Der Anreiz zur Bearbeitung der Beuteobjekte durch den Vogel schwankt hier deutlich mit der Größe: Faltern z. B. von mittlerer Noctuiden-Größe wurden in der Regel nur ein bis alle Flügel entfernt, kleine Falter der Gattung Lygris (oder alle Mikro-
EMMRICH: Nahrungsspektrum der Dorngrasmücke (I)
291
Lep.) wurden unversehrt verabreicht. - Bei Betrachtung der Anteile der einzelnen Lep.Familien dominieren die Noctuidae und Geometridae weitaus. Nach Lebensweise der Formen sind es entsprechend die nachtaktiven Formen. Makro-Lepidoptera
(L.)
nA = I = 855 ca. 45 D = 15,1 (12,7 : 23,7)
n
Diese Gruppe muß als die für die Ernährung der Nestlinge bedeutungsvollste angesehen werden, da die Beuteformen ein z. T. hohes Volumen erreichen. Im Untersuchungsgebiet waren für die Dorngrasmücke Formen der Gattungen Monima und Amathes am effektivsten, welche durchschnittlich 15—25 mm Länge erreichen und deren Larvenphasen ungefähr mit der ersten Hälfte der Nestlingsperiode parallel laufen. Nur wenige Formen der Gruppe weisen einen solchen Entwicklungszyklus auf, daß sie für den Vogel nur noch kurz zu Beginn der Nestlingsperiode larval zur Verfügung stehen und dann aus dem Angebot (infolge der eintretenden Verpuppung) verschwinden. Das ist am deutlichsten in der Widerspiegelung des Auftretens der Larvengenerati'on von Arten der Gattung Operophthera festzustellen, welche im Untersuchungsgebiet auf dem Sanddorn gute Entwicklungsmöglichkeiten finden, und welche von den ersten Brutpaaren der Dorngrasmücke frequent bis zu diesem Zeitpunkt erbeutet werden. In der Nestlingsperiode 1965 verlängerte sich diese Frist wahrscheinlich dadurch weiter, daß die klimabedingte phänologische Verspätung dieses Jahres auch die Entwicklung der Operophthera-Population weiter hinausgeschoben hat (Abb. 9). Das gegenüber den anderen beiden Jahren auffallende Erscheinen der Larven von Pyrameis atalanta (L.) beruht ebenfalls auf einem plötzlich entstandenen hohem
Abb. 9. Operophthera
sp. (Makro-Lep. L.): jährliche und saisonale Anteile an der Nestlingsnahrung.
292
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65 n/0% 66 10%
• Larv. y Im.
—
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n
10 Juni
20
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Juli
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Abb. 10. Crocallis elinguaria. (L.) (Makro-Lep.): jährliche und saisonale Anteile an der Nestlingsnahrung. Angebot (Wanderfalter: Nachkommen der starken Einflugwelle von Juli 1966, welche u. a. auch auf Hiddensee zu einem auffälligen Massenauftreten der Falter im darauffolgenden Monat führten). Wenige andere Formen liegen mittels ihres Entwicklungszyklus mit der Phase, welche als Nahrungsobjekt ungeeignet ist, in der Nestling«phase der Dorngrasmücke und fallen daher als Beuteformen weitgehend aus (Crocallis elinguaria L„ Abb. 10). Auch hier werden (wahrscheinlich zunehmend vollständiger) die Formen bis zur oberen Größengrenze im Beutespektrum reflektiert. So erreichten noch viele der verfütterten Objekte aus den Gattungen Archanara, Plusia, Meganephria, Boarmia u. a. Körperlängen von 35-45 mm ; ebenso wiesen die besonders in der Nestlingsperiode 1967 erbeuteten Larven der Gattung Pergesa trotz des noch juvenilen Stadiums ebenfalls Längen in diesem Bereich auf. Makro-Lepidoptera
(P.)
I = 91 n A = ca. 9 D =5= 1,6 (0,9 : 2,1)
n
Lep.-Formen in der Entwicklungsphase der Puppe können potentiell dann in das Beutespektrum geraten, wenn diese Entwicklungsstadien innerhalb der Vegetationsschicht an Teilen derselben greifbar sind. Hier wurden vor allem die kleineren und weniger chitinisierten Puppenformen der Geometriden erbeutet. Größere Objekte aus den Familien der Vanessidae und Noctuidae trugen nach der Verfütterung deutliche Bearbeitungsspuren. Auch Puppen einer Form der Lasiocampidae mit noch anhaftenden Resten der Gespinsthülle wurden vereinzelt gefüttert. Häufigste erkennbare Beuteform waren Puppen der Gattung Lygris (Geometridae)] von welcher auch die Larven sowie die Imagines innerhalb der Nestlingsperiode sowie im Beutespektrum erscheinen. Vegetabilische sowie sonstige Bestandteile der Nestlingsnahrung In den Halsring-Proben finden sich, wie auch schon von anderen Autoren genannt, bei Singvögeln in sehr geringer Frequenz Objekte anderer Herkunft, welche nicht als Nahrungsobjekte zu bezeichnen sind. Vegetabilischer Herkunft waren im vorliegenden Fall Früchtchen von CYperaceen oder Galiaceen, Samenkörnchen von Polygonaceen u. a. Viele dieser Objekte waren so klein, daß sie bei einer Analyse von Halsring-Proben ebensogut
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293
übersehen werden können. Daneben fanden sich aber auch Reste größerer pflanzlicher Strukturen, wie etwa Bruchstücke von Grashalmen, Blattreste, aber auch ganze SanddornBlättchen, Hüllblätter von Knospen und Blüten usw. ist anzunehmen, daß solche Objekte beim Ergreifen und Wegnehmen der Beute durch den Vogel von pflanzlichen Gebilden mit ergriffen oder abgerissen werden und so mit in die Nahrung der Nestlinge geraten. Eine Verfütterung von Beeren konnte trotz lokal für einzelne Brüten bestehenden Angebotes nur mittels einer einzigen Probe bei einem Brutpaar festgestellt werden. Mineralische Bestandteile der Nestlingsnahrung der Dorngrasmücke im Untersuchungsgebiet sind neben den genannten Molluskenschalen bzw. -schalenbruchstücken auch Steinchen bis zu der beachtlichen Größe von 3 - 4 mm Durchmesser. Kleinere Objekte sind mittels Halsring-Methodik nicht mehr sicher nachweisbar, einzelne Sandkörnchen im Schlund der Nestlinge wurden jedoch öfter festgestellt. Ein solches Verfüttern von Steinchen sowie noch feinkörnigeren mineralischen Materials an die Nestlinge stellten bei Sylviiden bereits M A L C E V S K I J / K A D O C N I K O V (1953) fest. Auch hier erhebt sich die Frage der aktiven oder nur passiven Verfütterung solcher Objekte. 4. Das Nahrungsspektrum der Dorngrasmücke in sYnökologischer und vergleichender Sicht 4.1. Wechsel der Nestlingsnahrung in zeitlicher Sicht Die Fülle der als Nestlingsnahrung aufgenommenen Beuteformen und ihre Wechsel weisen auf die vielfältigen Beziehungen zwischen angebotener und gewählter Nahrung hin. Sie unterstreichen andererseits die z. B. von WILLSON (1966) genannte Tatsache, daß die enorme Variation in Nahrung und Nahrungswahl den begrenzten Wert von einzelnen, aus dem Zusammenhang gerissenen Beobachtungen zeigt. Bei Zusammenfassung der einzelnen Beuteformen zu den genannten umfassenden taxonomischen Gruppen ergeben sich naturgemäß mehr oder weniger große, zufällige oder ursächlich bedingte Differenzen zwischen den Anteilen der jährlichen BrutzYklen. So fütterten die Brutpaare der Brutsaison 1965 mit einer ungünstigen und gegenüber den anderen beiden Jahren abweichenden großklimatischen Situation (mit einer während der ganzen Saison bestehenbleibenden phänologischen Verspätung von ca. 1 Woche) in verstärktem Maße Beuteformen aus den Hauptbeutegruppen der Araneen und LepidopterenLarven, vor allem bedingt durch die verspätete Entwicklung der Operophthera-Population. Höhere Anteile von Beutegruppen mit vorwiegend flugfähigen und beweglichen Formen enthalten die Spektren der vergleichbaren Jahre 1966/67, dazu aber auch oftmals erstaunlich gleiche Anteilwerte von Beutegruppen wie die Moll., Ar an., Orth., Lep. I m + L . Ursächlich bedingte Unterschiede zwischen den beiden letzteren Jahren lassen die Anteilwerte der besonders witterungsbeeinflußbaren Dipt. Im. sowie die ausschließlich kleine Beuteformen enthaltenden Gruppen der Horn. Aphid. und Horn. Psyllid. erkennen. Neben langfristigen, zyklischen Populationsschwankungen, wie sie etwa bei gradierenden Forstinsekten auftreten, scheinen vor allem die klimatisch bedingten und mehr oder minder kurzfristigen Verschiebungen der Angebotslage Ursache solcher, sich in jährlicher Sicht äußernder Differenzen des Spektrums zu sein (BÖSENBERG 1964). Sie lassen sich sowohl bei einzelnen Beuteformen als auch, dadurch bedingt, bei größeren Beutegruppen nachweisen. Augenfälliger und bei der Mehrzahl sowohl der einzelnen Beuteformen als auch der aus vielen Einheiten bestehenden Beutegruppen auftretend sind Schwankungen in der Reflek-
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[J Aran. H Kok.
10%
Juni
3
3
Juli
Abb. 11. Araneae/Aran.-Kokons : saisonale Schwankungen der Anteile an der Nestlingsnahrung.
10%
1
2
3
Juni
1
2
3
Juli
Abb. 12. Orthoptera.- saisonale Schwankungen der Anteile an der Nestlingsnahrung.
10%
m Im. • Larv. i.'K&ii
1 2 Juni
3
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2 Juli
3
Abb. 13. Horn. CicadeUidaesaisonale Schwankungen der Anteile an der Nestlingsnahrung.
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295
10%
1
2 Juni
3
1
2 Juli
3
Abb. 14. Diptera Im.: saisonale Schwankungen der Anteile an der Nestlingsnahrung.
Ü Im. • Larv. ü Pupp.
10%
3 Juni
3 Juli
Abb. 15. Makro-Lep/doptera.- saisonale Schwankungen der Anteile an der Nestlingsnahrung.
tierung dieser Einheiten durch den futtersuchenden Vogel in saisonal-zeitlicher Sicht, also innerhalb einer einzelnen Brutsaison. Saisonalaspekte von Beutegruppen im Untersuchungsgebiet sind z. B. in den Abb. 11-15 dargestellt; Aspekte solcher Art bei einzelnen Beuteformen sind in vielen der Abb. l - i o zu erkennen. Bei formenmäßig vielfältig genutzten Beutegruppen spiegeln sich im Verlauf dieser Kurven die allgemeinen saisonalen
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Entwicklungsschemata der Mehrzahl ihrer Glieder wider. Saisonaspekte und damit Reflektierungen des saisonalen Angebotswechsels durch die nahrungssuchenden Vögel treten vor allem sichtbar bei den Beutetiergruppen auf, welche innerhalb der Nistperiode insgesamt im Angebot erscheinen oder hier zumindest Entwicklungsphasen durchlaufen, innerhalb welcher sie für den Vogel als akzeptable Beuteobjekte gelten. Grundsätzlich gilt, daß eine solche Reflektierung der Angebotsschwankungen durch den futtersuchenden Vogel um so vollständiger und genauer erfolgt, je „geeigneter" jene Beuteform oder Formengruppe als Nestlingsnahrung ist und je ausschließlicher der Vogel, etwa infolge Fehlens anderer geeigneter Beuteformen, auf deren Erbeutung angewiesen ist. Einschränkend wirkt sich aus, daß fast alle hier genannten Beutegruppen nur zu bestimmten Phasen ihres Entwicklungszyklus für den Vogel generell erreichbar sind (so z. B. Dipt. oder Trich. nur im Imaginalzustand usw.). Bei hemimetabolen Insektengruppen rückt die allmähliche Größenzunahme dieser Beuteformen sie als Nahrungsobjekte in das Beuteschema des Vogels (hier z. B. bei den Orth., Het., Horn. C/cad.). Holometabole Insekten weisen besonders große Saisonalschwankungen und damit auch Bedeutungswechsel als Beuteformen für den futtersuchenden Vogel auf, da ihr Entwicklungszyklus mehrere morphologische Gestaltwechsel in Form von Entwicklungsetappen einschließt, welche sie oftmals völlig aus dem potentiellen Angebot rücken. Vielleicht beruht darauf auch die oftmals genannte Rolle der Spinnen als „Ausweichnahrung" infolge des andersartigen, langfristigen Entwicklungszyklus der Mehrzahl der als Nestlingsnahrung immer wieder genutzten Formen. Saisonale Aspektbildungen lassen sich schließlich auch bei Betrachtung der zeitlichen Entwicklung der „Artenvielfalt" des Spektrums der Nestlingsnahrung feststellen. Errechnen wir für jeden einzelnen Tag der Brutsaison, an welchem Halsring-Proben abgenommen wurden, die absolute Zahl der in diesem Spektrum der Nestlingsnahrung nachweisbaren einzelnen Beuteformen und ordnen diese Zahlen zu einem Mittelwert pro Dekade (Abb. 16, für die Brutsaison 1967), so tendiert das Artenquantum etwa zu einem höchsten Wert in der Mitte der Brutsaison, also hier nach dem Ausklingen der wesentlichen Beuteformen der Lep.L. und noch vor dem Eintritt der folgenden Orth, in das Spektrum. Offenbar wird in dieser Periode ohne ein wesentliches Angebot der beiden genannten Hauptbeutegruppen das zu dieser Zeit zu erwartende vielfältige Angebot an akzeptablen Beuteformen von den futtersuchenden Vögeln am vollständigsten reflektiert.
1967
10 sp.
15 Juni 10
lü
Juli ~W
Abb. 16. Saisonale Entwicklung der Anzahl der in den HR-Proben registrierten taxonomischen Einheiten („Artenvielfalt") in der Nestlingsnahrung 1967. (Punkte: Mittel dieses Wertes aller HR-Proben des jeweiligen Tages — schwache Linien: Extremwerte aller Tagesmittel einer Dekade — starke Linien: Mittel dieses Wertes einer Dekade).
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297
4.2. Wechsel der Nestlingsnahrung in individueller Sicht Bei einer Analyse des Beutespektrums nach möglichst kleinen systematischen Einheiten fielen Abweichungen in der Form auf, daß bestimmte Beuteformen in Anzahl und frequent nur von einzelnen Brutpaaren gefüttert wurden, während die gleichen Formen für alle übrigen Brutpaare vergleichsweise unbedeutend blieben (Formen der Aran., Col, Dipt. und Makro-Lep.). Bei solchen, als „individuell" bezeichneten Unterschieden des Nahrungsspektrums nahmen oftmals ökologisch stenovalentere Arten einer gleichen Gattung die Stelle sonst frequent erbeuteter, häufiger und weit verbreiteter Formen ein (Aran. •. Gattungen Theridion, Clubiona, Tetragnatha; Makro-Lep.: Gattung Parastichtis u. a.). Diese Erscheinung geht auf die schon von PALMGREN (1938) erwähnte Tatsache der relativen Ortstreue von Singvögeln bei der Nahrungssuche zurück: Kleinvögel kehren zur Nahrungssuche, ein ökonomisch zu nutzendes Angebot vorausgesetzt, immer wieder zu einem bestimmten Punkt zurück, „wo sie eine Larvenherde, eine Blattlauskolonie oder dergleichen gefunden haben", und wofür die Vögel offenbar ebenfalls eine Vorstellung in Form des „search image" von TINBERGEN besitzen müssen. Die Ursache dessen, wohl meist nur temporär bestehende, lokale „Überangebote" solcher Beuteformen, wissen nahrungssuchende Singvögel kurzfristig zu finden und auszunutzen, wie im Schrifttum erörterte Versuche zeigen. Unterschiede solcher Art im Angebot dürften vor allem dort zu erwarten sein, wo die Arthropoden-Zönose von Natur aus vielgestaltig ist und nicht von Überangeboten kurzfristig dominierender (z. B. gradierender) Beuteformen überlagert wird. Sie dürften sich darüber hinaus besonders bei Vogelarten mit einem relativ breiten Spektrum der Nestlingsnahrung (z. B. Haussperling: ENCKE 1965) oder bei Arten mit ausgesprochener Revierbildung ausprägen, wie etwa im vorliegenden Fall. Diese möglichen Differenzen belegen, daß nicht vorbehaltlos vom Nahrungsspektrum weniger Brutpaare auf die Gesamtheit geschlossen werden kann, vor allem wenn nur kurze Zeitperioden berücksichtigt werden. 4.3. Die Hauptbeutegruppen der Nestlingsnahrung der Dorngrasmücke im Vergleich Entsprechend den im Spektrum registrierten Anteilen erfüllen im Untersuchungsgebiet vorwiegend Beuteformen der Gruppen der Aran., Orth, und Lep. die Eignungsbedingungen der Nestlingsnahrung. Gruppen mit ausgesprochener Selektivnutzung (d. h. nur wenige Formen entsprechen diesen Bedingungen) sind z. B. die Moll. (Gattung Cepaea), Trich. (Gattungen Limnophilus, Phrygänea), Horn. Cicad. (Gattungen Aphrophora, Philaenus), Hym. (wenige Symphyta, Geschlechtsformen der Formicidae), Dipt. (div. Brachycera). Alle anderen Gruppen werden hier nicht adäquat ihres quantitativen und qualitativen Angebotes im Biotop widergespiegelt (z. B. Het., Horn. Cicad. part., Co/., Hym. part., Dipt. part.). Beim Vergleich der Anteilwerte von Beutetiergruppen mit den analogen Untersuchungen von SIEFKE und MANSFELD/BÖSENBERG zeigt sich, daß auch unter anderen Bedingungen die Nestlingsnahrung der Dorngrasmücke neben den zu erwartenden hohen Anteilen von Lep. aller Entwicklungsstufen relativ gleiche und hohe Anteile von Beuteformen der Aran. und Moll, enthalten kann. So liegen die Anteile der Moll, (in Form von kleinen oder juvenilen Ge:häuseschnecken) an der Nestlingsnahrung in den genannten Fällen, bedingt durch die Besonderheiten der Nahrungssuche der Dorngrasmücke, für eine Singvogelart relativ hoch. Sehr unterschiedliche Anteile weisen Beuteformen aus den Gruppen der Horn. Cicad., Orth., Hym. und Dipt. auf, aus denen je nach Ort und Zeit der Hauptteil der übrigen Beuteformen der Nestlingsnahrung stammt. Welche dieser
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Beutegruppen vorrangig die Nahrungsobjekte der Nestlingsnahrung stellt, scheint vor allem eine Frage der saisonalen Angebotslage zu sein. Im vorliegenden Fall bilden die Formen der Orth, die Grundlage der Nestlingsnahrung der Art in der zweiten Hälfte der jährlichen Brutsaison, so daß diese Periode hier als „Orthopteren-Phase" zu kennzeichnen ist. Während der ersten Hälfte der Nistsaison wird hier ebenfalls das in dieser Periode gewöhnlich ausgeprägte Angebot an Lep.L. genutzt, da das Gros der Lep. imaginal erst mit fortgeschrittener Vegetationsperiode erscheint („Lepidopteren-phase"). 5. Zur ernährungsökologischen Charakterisierung der Nestlingsnahrung der Dorngrasmücke Als Diskussionspunkte sind einige der folgenden Kriterien von Interesse, welche von der Ökologie der Beuteformen her Aussagen über allgemeingültige Prinzipien der Beutewahl des nahrungssuchenden Vogels gestatten. 5.1. Schichtgebundenheit der Beuteformen Es war von vornherein zu erwarten, daß die Nestlingsnahrung der Art zum ganz überwiegenden Teil aus der Kraut- und Strauchschicht des Nistbiotopes stammt (nach Anzahl der Beuteobjekte hier 98,6 % ) ; darunter befinden sich alle großen und voluminösen Formen. Nach Aktivität der Beuteformen betrachtet, besteht dieser Anteil zu 82,9 % aus nicht flugfähigen bzw. praktisch fluginaktiven Formen. Lediglich 9 , 9 % aller Beuteobjekte stellen aktive Flugformen dar, von denen aber auch noch ein Teil zu Zeiten der Flugruhe erbeutet worden sein dürfte. Nur 1,4 % aller Beuteobjekte (alle Zahlen stellen den Durchschnitt des gesamten Untersuchungszeitraumes dar) stammten von der Bodenoberfläche. Sie gelangten vor allem bei Brutpaaren in Bezirken mit einförmiger Strauchvegetation auf trockenem Untergrund in das Spektrum, denen wahrscheinlich ein qualitativ weniger umfangreiches Angebot zur Verfügung stand (z. B. Diplop., Aran.: Lycosidae, Col. L.). 5.2. Witterungsbedingte Einflüsse auf das Beutespektrum Einflüsse der Witterung auf Nahrungswahl und Beutespektrum von Singvögeln sind bisher im Schrifttum in wenigen Fällen diskutiert worden. Sie laufen darauf hinaus, daß sich unter Einfluß abweichender Witterungsfaktoren (hauptsächlich Niederschlag) bei Analyse eines zahlenmäßig umfangreicheren Materials Verschiebungen in den Anteilen einzelner Beutegruppen ergeben sollen, welche sich aber durchaus nicht immer im Zurücktreten insgesamt als witterungsempfindlich bekannter Beutetiergruppen bemerkbar machen. Teilweise wurde auch versucht, Einflüsse maximaler oder minimaler Tagestemperaturen auf die Zusammensetzung des Beutespektrums zu analysieren (KABISCH 1965). Für einen solchen Vergleich wurden vom Untersuchungsmaterial die Anteile aller registrierten Beutegruppen entsprechend den einzelnen Jahren für jeden einzelnen Tag der Nistperiode, an welchem Halsring-Proben abgenommen wurden, nach Relativanteilen aufgegliedert, indem die Anteile der einzelnen Beutegruppen in das prozentuale Verhältnis zum gesamten, an diesem Tag gewonnenen Material gesetzt wurden. Als Beispiel seien hier die Tageswerte für die Makro-Lep.L. der Brutsaison 1967 dargestellt (Abb. 17). Diese Tageswerte drücken ihrer Tendenz nach im wesentlichen den Saisonaspekt aus (vgl. Abb. 15). Die Schwankungen weisen aber auf die großen (vor allem methodisch bedingten) Abweichungen hin, die sich ergeben, wenn das Material nur weniger Tage als repräsentativ betrachtet wird. Da kaum zu erwarten war, daß sich beim Vergleich von extremen Tageswetterlagen (starker Niederschlag, hohe positive und negative Temperaturabweichungen vom langjährigen Mittel) mit den entsprechenden Tageswerten charakteristischer
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20%
Wv UA
10Juni
20
1 °Juli
\
i 20
Abb. 17. Makro-Lep/doptera Larv..- Anteile an der Nestlingsnahrung der Brutsaison 1967. ausgedrückt als einzelne Tageswerte. Beutegruppen Analogien ergeben würden, wurden schließlich die entsprechenden Werte nach den genannten Witterungsfaktoren für alle drei Untersuchungsperioden zusammengefaßt. Die sich ergebenden Anteilwerte des Spektrums an klimatisch abweichenden Tagen können offensichtlich nur mit großer Unsicherheit als durch die jeweilige Witterungssituation bedingt angesehen werden. Vielmehr ist ersichtlich, daß auch bei abweichender Witterung vor allem die saisonale Angebotslage die Zusammensetzung des Beutespektrums bestimmt. Liegen die entsprechenden, klimatisch abweichenden Tage gehäuft innerhalb einer zeitlich begrenzten Periode, so muß zuerst geprüft werden, ob entstandene Abweichungen einzelner Beutegruppen nicht auf normale, dem Lebenszyklus dieser Gruppen entsprechende Änderungen des Angebotes zurückzuführen sind. So können imaginale Dipteren als allgemein in ihrer Aktivität witterungsbeeinflußbare Beuteformen nur dann bei ententsprechender extremer Witterung verstärkt erbeutet werden, wenn aus dieser Gruppe akzeptable Beuteformen im Angebot sind. Einflüsse solcher Art dürften nur dann klar erkennbar sein, wenn einzelne, witterungsbeeinflußbare Beuteformen große Anteile der Nestlingsnahrung ausmachen. So sind z. B. die nur an Tagen mit optimalen klimatischen Bedingungen fliegenden Eichenwickler-Falter während Gradationsperioden solche Beuteformen, auf welche, wie schon genannt, auch nahrungssuchende Dorngrasmücken deutlich reagieren können. Das betrifft auch Vogelarten, deren Nestlingsnahrung nyr oder zu dominierenden Anteilen aus Flugbeuteformen besteht (z. B. SCHLEGEL 1967). 5 3 . Nahrungswahl und Nestlingsalter Über selektive, dem Nestlingsalter angepaßte Auswahl von Beuteobjekten durch die Altvögel liegen bisher aus dem Schrifttum eine Reihe von bestätigenden Angaben vor. Sie besagen ihrer Tendenz nach, daß entweder die Beutetiergröße oder bzw. und der Chitinisierungsgrad der ausgewählten Beuteobjekte dem Nestlingsalter annähernd angepaßt sind, was vor allem für die ersteh Nestlingstage gilt. Zu diesem Punkt wurden die Nahrungsproben aller dreitägigen Nestlinge (als jüngste Altersstufe, deren Nahrung untersucht werden konnte) gesondert auf die Anteile an mor-
300
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phologisch abweichenden Beuteformen untersucht. Dann wurden alle vorliegenden Nahrungsproben aus dem gesamten Untersuchungszeitraum nach dem Nestlingsalter getrennt und für alle bedeutsamen Beutegruppen die Anteilwerte für jeden der NestlingsaltersTage 3—10 ermittelt. Die Abb. 18-20 zeigen die Werte von Beutegruppen mit einem klarer erkennbaren Trend. Es zeigt sich bei Betrachtung des qualitativen Spektrums der Nestlingsnahrung der dreitägigen Nestlinge, daß diesen auch Beuteobjekte gefüttert wurden, welche nach dem hier registrierten Größenmaßstab der Nestlingsnahrung als groß bezeichnet werden müssen (Orth.: Gattungen Pholidoptera, Chorthippus; Dipt.: Gattung Stratiomyia; Lep.: Parastichtis-Im., Boarmia-, Archanara-, Haritala ruralis-L.). Beim Vergleich der Anteilwerte abundanter Beutegruppen zwischen drei- und achttägigen Nestlingen (Abb. 21; die analysierten Materialmengen der einzelnen Nestlingstage schwanken naturgemäß in ihrem
Aran.
Lep. L. (gr.)
5 %
3
4
5
6
7
8
9
10
Abb. 18. Araneae und Lepidoptera Larv. (große Formen) : Anteile am Nahrungsspektrum nach Nestlingsalter (Tage).
Lop. L.(kÜ -i
5 % (i
Horn. Cic. L. 3
Abb. 19. Lepidoptera
L
\ 4
I 5
I
6
I
7
I
8
I 5
Larv. (kleine Formen) und Horn. Cicadellidae Nahrungsspektrum nach Nestlingsalter (Tage).
10 Larv.: Anteile am
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Orth. Ma.Lepl.
5 %
Horn. Cic. I. 5 Abb. 20. Orthoptera,
10
Makro-Lepidoptera Im. und Horn. CicaQellidae Nahrungsspektrum nach Nestlingsalter (Tage).
Im.: Anteile am
Umfang, da die Erlangung von Halsring-Material bei den jüngsten und ältesten Nestlingen schwieriger wird) zeigen sich die dargestellten Differenzen für die Beutegruppe der Aran., aber auch noch für die Gruppen der Horn. Aphid. und Mikro-Lep.L. statistisch hochsignifikant (p < 0,1 %), für die Gruppen der Orth, und Makro-Lep.L.'signifikant (p = 0,1— 1,0%). Demnach wären im vorliegenden Fall den jungen (dreitägigen) Nestlingen anteilig mehr Spinnen sowie auch mehr Lepidopteren-Larven gefüttert worden, was vor allem dann klarer hervortritt, wenn der regelmäßige Abfall der Anteile mit steigendem Nest-
d>10%
d 5-10%
d3-5%
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in
Moll.
PT
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ÜU Aphid.
3
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Orth.
|
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31mg. 8 mg.
Abb. 21. Anteile von Beutetiergruppen am Nahrungsspektrum der drei- und achttägigen Nestlinge im Vergleich, geordnet nach der Höhe der Schwankungsdifferenzen. lingsalter betrachtet wird (Abb. 18 u. 19, auch für die Beutegruppe der Horn. C/cad.L.). Dagegen ist eine umgekehrte Tendenz bei den Gruppen der Orth., Makro-Lep.Im. oder Horn. Cicad.Im. zu erkennen (Abb. 20), ohne daß sich diese jedoch so klar ausdrückt wie bei den vorher genannten Gruppen. Alle weiteren Differenzen zwischen Anteilwerten von Beutegruppen nach Nestlingstagen sind entweder als zufällig anzusehen, oder sie können, wenn sie den Signifikanzbereich erreichen, nicht als selektiv entstanden betrachtet werden.
302
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Auch bei der Diskussion dieses Punktes ist zu beachten, daß vor allem die saisonale Angebotslage primär das gefütterte Formenspektrum bestimmt. So kann z. B. das Nahrungsspektrum der jungen Nestlinge keine kleinen Lep.L. enthalten, wenn die Brut zu einer Zeit stattfindet, zu welcher diese Beutegruppe weitgehend nicht mehr im Angebot vertreten ist. Singvogelarten mit einer relativ langen Nestlingsdauer schließen so von vornherein eine längere Zeitspanne ein, innerhalb derer sich Veränderungen im Angebot und damit auch im Spektrum der von den Altvögeln erbeuteten Nahrungsformen ergeben können, welche u. U. einer Selektion zugeschrieben werden. Auf eine weitere Tendenz, welche möglicherweise die Herausbildung solcher Unterschiede bei der Analyse von durch Halsring-Proben gewonnenen Materials begünstigt, sei hier noch hingewiesen. Bekanntlich besonders bei den jüngsten Nestlingen führen etwa verfütterte, große und sperrige Beuteobjekte am ehesten dazu, daß diese vom Jungvogel (besonders bei angelegtem Halsring, da das Schlucken dadurch verhindert wird und somit eine Reizung dauernd besteht) kurz oder lang wieder ausgespieen und dann vom Altvogel aufgegriffen, erneut verfüttert oder auch vielleicht selbst aufgenommen werden, während kleine und weiche Beuteobjekte eine erhöhte Chance haben, im Schlund zu verbleiben und nachher entnommen zu werden (vgl. GRÜN 1972). Im Schrifttum vorliegende Beobachtungen von Fütterungen der Nestlinge von Singvögeln zeigen, daß auch sehr jungen Nestlingen von den Altvögeln bereits so umfangreiche Beuteobjekte angeboten werden, daß ein Schlucken dieser nicht möglich ist, was letztlich einen negativen Fütterungserfolg bedeutet. 5.4. Zur Diskussion einiger ernährungsbiologischer Charakteristika der Nestlingsnahrung Ein im Schrifttum der jüngsten Zeit oft erwähnter Fakt ist die Körpergröße der als Beuteobjekte dienenden Nahrungstiere in der Nestlingsnahrung von Singvögeln. Betrachten wir das qualitative Formenspektrum der verfütterten Objekte, so zeigt sich, daß die meisten reflektierten Arthropodengruppen mit den im Biotop vertretenen großen, wahrscheinlich sogar größten Arten ebenso im Spektrum der Nestlingsnahrung vertreten sind, wobei einige dieser großen Formen auch nach ihren zahlenmäßigen Anteilen gegenüber den anderen, noch verfütterten Beuteformen aus der gleichen Gruppe die erste Stelle einnehmen (in Klammern: Relativanteile nach Anzahl in der Nestlingsnahrung 1965-67): Moll. Aran..-
Cepaea sp. (6,2) Araneus cornutus CL. / A. patagiatus CL. (0,7; 4,5), Pisaura mirabilis (CL.) (1,1) Trich.: Grammotaulius sp. (0,1) Phryganea div. sp. (0,1) Odón.-. Orthetrum cancellatum (L.) (0,1) Orth.: Phoiidoptera griseoaptera (DEG.) (3,3) Chorthippus albomarginatus (DEG.) / Ch. biguttulus (L.) (1,7; 0,5), Omocestus viridutus (L.) (1,6) Horn. C/cad.: Aphrophora alni (FALL.) (Im.: 1,3) Philaenus spumarius (L.) (Im.: 1,2) Djpt.Im.: Stratiomyia furcata (F.) (0,6) Típula div. sp. (0,1) Hirtea longicornis (SCOP.) « 0,1) Eristalis div. sp. (0,2) Dysmachus trigonus (MG.) (0,1) Hym.Im.: Rhogogaster viridis (L.) (0,4) Mikro-Lep.L.: Harita/a ruraiis (SCOP.) (1,3)
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303
Makro-Lep.Im.: Arctia caja (L.) (0,1) Cosmotriche potatoria (L.) « 0,1) Makro-Lep.L.: Pyrameis atalanta (L.) (0,2) Pergesa porcellus (L.) / P. elpenor (L.) (0,3; < 0,1) Archanara sp. (0,3) Plusia div. sp. (0,7) Triphaena pronuba (L.) (0,4) Boarmia sp. (1,2) u. a. Bei einem formenmäßig umfangreichen Spektrum der Nestlingsnahrung ergibt sich auch ein weiter Größendifferenz-Bereich, der im vorliegenden Fall bis zu einer unteren Größengrenze der aufgenommenen Formen von wenigen Millimetern reicht (Psoc., alle Horn. außer den Cicad., Moli.-. Vallönia sp., Pupilla sp. ; Dipt.: Hele/cJae, Psychodidae gen. sp.; Hym.: Chalcididae gen. sp.). Von den genannten Gruppen wurden im wesentlichen nur Formen der Horn, frequenter erbeutet, viele andere dieser kleinen Beuteobjekte schienen nur zufällig mit ergriffen worden zu sein. Auch für die Nestlingsnahrung der Dorngrasmücke ist mittels des genannten Formenspektrums gut zu erkennen, daß hierfür vor allem die obere Größenkategorie der angebotenen Arthropodenfauna Bedeutung hat, da mit den aufgenommenen großen Beuteformen eine etwaige obere Größengrenze der Beute nicht zu erkennen ist, während das im allgemeinen zu erwartende, umfangreiche Angebot an Arthropodenformen geringer Größe nur andeutungsweise reflektiert wird. Im allgemeinen bedingt die Körpergröße und direkt die Schnabellänge eines Singvogels die obere Größengrenze der aufnehmbaren Arthropoden. Beuteformen, welche sich diesem oberen Größen-Grenzbereich nähern, sind daran zu erkennen, daß der Vogel versucht, sie zu „bearbeiten", d. h. sperrige, über den Schnabel hinausragende Teile zu entfernen. Insbesondere sind es Teile, welche nach dem Erfassen des Beuteobjektes noch weitere, mit dem Schnabel nicht mehr kontrollierbare Bewegungen ausführen, d. h. Körperanhänge in jeder Form. Im untersuchten Material gehörten solche Beuteformen vor allem den Gruppen der Odon., Orth.Im., Dipt.Im. part. und den Makro-Lep. Im.+L. part. an. Eine Bearbeitung dieser Beuteformen erfolgte jedoch keineswegs nach erkennbaren Prinzipien. So waren besonders große Odon. oder Makro-Lep.L. teilweise „gefaltet" und damit verkürzt. Bei den übrigen genannten Gruppen regten die Hinterbeine bzw. die Flügel zu einem „Zurechtstutzen" an. Die Bearbeitung der letzteren konnte so weit gehen, daß (bei großen Faltern) praktisch nur noch das Abdomen mit einem Thoraxrest gefüttert wurde. Daneben wurden große, wahrscheinlich wenig bewegliche Makro-Lep.L. ohne irgendwelche Bearbeitungsspuren gefüttert. Von anderen Beutegruppen wurden teilweise bearbeitet Formen der Moll. (juv. Cepaeen : Gehäuse teilweise zerdrückt, zuweilen ganz entfernt), Ar an. (Beine einiger großer Formen teilweise entfernt) und der Co/.Im. (einige mittelgroße, hart chitinisierte Formen wurden ähnlich zubereitet wie große Makro-Lep.Im.). Die bei Singvögeln besonders hinsichtlich des Erwerbes der Nestlingsnahrung zu erwartenden Wechselbeziehungen zwischen morphologischen Kriterien wie Größe und Färbung der Beute, Beutedichte, Erreichbarkeit und Entfernung der Beute, Eignung und Mannigfaltigkeit der angebotenen Beuteformen sowie Nahrungsbedarf der Nestlinge (TINBERGEN 1960) lassen sich wohl nur in wenigen überschaubaren Fällen und nur für die jeweiligen konkreten Bedingungen klären. Theoretisch kann erwartet werden, daß Größe und Dichte der angebotenen Beuteformen umgekehrt miteinander korreliert sind. Infolgedessen können Beutegruppen einheitlich kleiner Formen in ihren Anteilen an der Nestlingsnahrung zu verschiedenen Zeiten große Schwankungen aufweisen, da ihre Wertung
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als akzeptable Beuteformen infolge zeitlich sehr unterschiedlicher Angebotslagen für den futtersuchenden Vogel ebenfalls sehr verschieden sein kann. Eine solche Beutegruppe könnten im vorliegenden Fall die Horn. Aphid. darstellen, welche eine verhältnismäßig hohe Schwankungsrate der Jahresanteile trotz relativ geringen Gesamtanteils in der Nestlingsnahrung aufweisen (1965: 0,3; 1966: 0,1; 1967: 4,6). Unmittelbar mit den Faktoren Größe und Dichte der Beuteformen verknüpft dürfte der Faktor Entfernung sein. Der Grad der Entfernung geeigneter Beuteformen beeinflußt ebenfalls die Fütterungsfrequenz, da hohe Fütterungsraten auch ausdrücken können, daß kleine Beuteformen aus der nächsten Nestumgebung gesucht und gefüttert werden, während niedrige Raten signalisieren können, daß große, jedoch energetisch ungleich hochwertigere Beuteobjekte mittels längerer Suchflüge eingetragen werden (MOREHOUSE/ BREWER 1968). Auf die Dorngrasmücke angewandt, erlangt dieser Umstand dort Bedeutung, wo das Brutgelände sehr stark zergliedert und demzufolge auch die Verteilung des Nahrungsangebotes sehr differenziert ist. Das kann z. B. in einer offenen FeldheckenLandschaft der Fall sein, wo MANSFELD/BÖSENBERG (1960) Nahrungsflüge futtersuchender Vögel über 100 m registrierten. Die Nestlingsnahrung einer Singvogelart ist unter der generellen Anforderung zu betrachten, daß der Bedarf an Nahrungsobjekten, welcher grundsätzlich höher ist als etwa der Eigenbedarf des bzw. der Altvögel und welcher darüber hinaus noch innerhalb der Entwicklungsperiode der Jungvögel im Nest weiter anwächst, mit seiner quantitativen Zunahme auch zu qualitativen Änderungen des Beutespektrums führen muß. Hauptkennzeichen dessen ist die Zunahme der qualitativen Verschiedenheit des Beutespektrums (ROOT 1967), d. h. die nach Zahl und Form steigende Erbeutung von Nahrungsobjekten, welche für das Spektrum des Vogels unter „normalen" Bedingungen (z. B. wenn der Vogel Beuteobjekte nur zu seiner eigenen Erhaltung aufnimmt) untypisch sind. In diesem Zusammenhang sind vor allem die erwähnten Unterschiede der Nestlingsnahrung zwischen den ersten und letzten Nestlingstagen zu sehen, da der im Verhältnis zum älteren Nestling wesentlich geringere Nahrungsbedarf des Jungvogels der ersten Lebenstage auch noch geringere Anforderungen an die Fütterungskapazität der Altvögel mit sich bringt. 6. Zur Charakterisierung der Nestlingsnahrung der Dorngrasmücke im Vergleich zu einigen anderen Singvogelarten Eine schematische Kennzeichnung des Nahrungsspektrums einer Singvogelart bzw. einq Abgrenzung dürfte wohl kaum über den absoluten Vergleich der Anteile einzelner Beutegruppen möglich sein, da, wie auch hier ersichtlich, die Variabilitätsfaktoren hierfür zu vielgestaltig sind. Das ist um so weniger für Singvögel wie die Syloia-Arten möglich, welche infolge von Nutzungsmöglichkeiten auch körperlich kleiner Beuteformen, infolge intensiver Nahrungssuche in dicht strukturierten Biotopen, infolge ausgesprochener Revierbildung sowie des zu erwartenden qualitativ umfangreichen und je nach Gegebenheiten sehr verschiedenartigen Arthropoden-Angebotes in „Grasmücken-Biotopen" lokal, zeitlich und individuell sehr verschiedene Nahrungsspektren aufweisen werden. Besser möglich sein dürfte eine solche Charakterisierung (für Vögel allgemein) über die Kenntnis des bevorzugten Nahrungssuchstratums, über die Größenkategorien der aufgenommenen Nahrung sowie über die Beutesuchtaktik der Art (ROOT 1967). Bei Betrachtung der wesentlichen Beuteformen und -gruppen (auch bei Berücksichtigung der Angaben aus dem Schrifttum) zeigt sich für den vorliegenden Fall, daß diese vorwiegend den niedrigen Strata eines Biotopes (nicht jedoch der Bodenoberfläche) angehören. Nahrungsökologisch
EMMRICH: Nahrungsspektrum der Dorngrasmücke (I)
305
dürfte eine höhere und dichte (nistökologisch gut strukturierte und bis zur Bodenoberfläche reichende) Krautschicht den bevorzugten Bereich der Nahrungssuche darstellen. Die allen Arten der Gattung Sylvia eigene Form der Nahrungssuche beim „Durchschlüpfen" dichter. Pflanzenstrukturen ermöglicht das Erbeuten unbeweglicher (z. B. taginaktiver) und sich verbergender Beuteformen in hohem Maße. Eine Charakterisierung der Nestlingsnahrung der Dorngrasmücke mittels absoluter Größenkategorien läßt sich kaum vornehmen, da das potentielle Beutespektrum zu vielseitig ist und nicht nur ähnliche Größenkategorien von Beuteformen umfaßt. Besser ist eine solche Kennzeichnung als Relatiwergleich gegenüber anderen Singvogelarten möglich. Tab. 2. Anteile von Beuteobjekten extremer Größenklassen an der Nestlingsnahrung der untersuchten Singvogelarten im Vergleich zur Dorngrasmücke. („Kleine" Beuteobjekte: alle Collembola, Psoc., Psyll., Coccid., Aphid., Mikro-Lep. L. part., NeUropt.; „große" Beuteobjekte: Odon., Orth., Makro-Lep. I m . + L . part.)
Sprosser Goldammer Fitislaubsänger Heckenbraunelle Gartengrasmücke Mönchsgrasmücke Rohrammer Dorngrasmücke
Stückprozentanteil „kleine" „große" Beuteobjekte Beuteobjekte 7,0 14,5 0,5 43,0 15,6 10,5 24,5 0,5 16,8 7,1 36,0 14,6 24,1 37,8 7,9
28,2
positive/ negative Tendenz + 7,5 + 42,5 — 5,1 — 24,0 — 9,7 — 21,4 + 13,7 + 20,3
Anzahl der Beuteobjekte/ syst. Kat. 6,3 6,0 6,6 4,8 4,3 3,8 1,7 20,8
Tab. 2 enthält die Anteile einiger einheitlich besonders „kleiner" bzw. besonders „großer" Beuteformen in der Nestlingsnahrung von Singvogelarten, welche im Untersuchungszeitraum und -gebiet neben der Dorngrasmücke brüteten. Die analysierten Materialmengen sind entsprechend geringer als von der letzteren und für Garten- und Mönchsgrasmücke sowie Rohrammer nur bedingt aussagekräftig (s. Tab. 1); als Maßzahl hierfür kann das Verhältnis „Zahl der analysierten Beuteobjekte" zu „Zahl der registrierten systematischen Einheiten" gelten (Tab. 2, letzte Spalte). J e nachdem, ob „kleine" oder „große" Beuteformen überwiegen, läßt sich das Verhältnis beider zueinander als negative oder positive Bilanz ausdrücken. Erkennbar ist, daß bei der Dorngrasmücke, im Vergleich gesehen, der durchschnittlich bevorzugte Größenbereich der Beuteformen der Nestlingsnahrung im Untersuchungsgebiet niedriger liegt als der entsprechende Größenbereich der Goldammer, aber noch weit höher als bei Fitislaubsänger oder Heckenbraunelle, daneben wahrscheinlich auch wesentlich höher als der Größenbereich der hier genannten, nächst verwandten Sylviiden. Wie bei Goldammer und Sprosser bleiben in der Nestlingsnahrung der Dorngrasmücke im untersuchten Fall die Beutegruppen mit einheitlich kleinen Beuteformen in der Minderzahl. Neben der unterschiedlichen Körpergröße der genannten Vogelarten, welche sich in unterschiedlichen Größenvorzugsbereichen der Beute ausdrückt, sind hierfür auch die räumlich unterschiedlichen Nahrungsbereiche die Ursache. Über die Nestlingsnahrung der in diesem Zusammenhang interessanten, hier jedoch kaum
Zool. Abh. Mus. Tierk. Dresden, 32, Nr. 18, 1973
306
berücksichtigten übrigen einheimischen Arten der Gattung Sylvia, finden sich, wenn auch unter uneinheitlichen Bedingungen, Angaben bei den folgenden Autoren : S. nisoria
POKROVSKAJA (1956) MANSF./'BÖSENB. (1959) KADOCNIKOV (1960) BOZKO (1961)
S. borin
S. atricapiüa
S.
X X
X
X X
X
X X
curruca
X X X
Die gesammelten Nahrungsproben bleiben für jede Art zahlenmäßig gering und stammen nur jeweils von wenigen Brutpaaren, darüber hinaus differieren Untersuchungsorte, Brutbiotope sowie die saisonal berücksichtigten Zeiten, so daß keine direkten Vergleiche gezogen werden können. Hinsichtlich der Größe der verfütterten Beuteformen hebt sich bei BOZKO die Nestlingsnahrung der körperlich größten Art (Sperbergrasmücke) deutlich hervor, nicht so sehr durch das Dominieren als „groß" zu bezeichnender Beuteformen, sondern vor allem durch das vollständige Fehlen aller Beutegruppen mit einheitlich kleinen Formen (Horn.). Die übrigen Arten fütterten große Beuteformen (Orth., Makro-Lep. Im.+L.) ebenso wie kleine (Horn. Aphid.), wobei kleine Beuteformen vereinzelt große Anteile stellen. Den Grundstock der Nestlingsnahrung bildeten für alle Arten Beuteformen
Hbr
K+S BO K+S BO
Hn
K+S BO
1
1
Dgr II
I u
II
I 1
I
1
i
S-F
I
I ^
f
I
l
D
—
H
—
^
Spr
K+S BO K+S BO
Fl-F.
Abb. 22. Anteile von Beuteformen aus der Kraut- und Strauchschicht (K+S) und von der Bodenoberfläche (BO) an der Nestlingsnahrung von Dorngrasmücke, Heckenbraunelle, Goldammer, Fitislaubsänger und Sprosser. (S-F.: Beuteformen, welche ausschließlich an die Strauchschicht gebunden sind — Fl.-F.: Beuteformen mit Flugvermögen und tagaktiver Lebensweise)
EMMRICH: Nahrungsspektrum der Dorngrasmücke (I)
307
aus der Gruppe der Lepidopteren aller Entwicklungsstufen. Hinsichtlich des Nahrungssuchstratums wird besonders für Garten- und Mönchsgrasmücke die mehr oder weniger ausschließliche Nahrungssuche in der Gebüsch- bzw. unteren Baumschicht genannt (MANSFELD/BÖSENBERG, KADOCNIKOV, B02K0). Das drückt sich u. a. darin aus, daß die verfütterten Orthopteren, soweit auftretend, fast ausschließlich den Tettigoniiden angehören, also die ökologisch gebüschbewohnende Gruppe umfassen, während z. B. bei der Dorngrasmücke im untersuchten Fall entsprechend die der Feldschicht angehörenden Acrididen im Beutespektrum dominieren. Alle genannten Sy/p/a-Arten fütterten regelmäßig Mollusken in Form von kleinen oder juvenilen Gehäuseschnecken. Der für die Dorngrasmücke verhältnismäßig hoch liegende Anteil dieser Beutegruppe an der Nestlingsnahrung ist ursächlich wohl mit dem tief liegenden Nahrungssuchstratum in Verbindung zu bringen, welches die Begegnungswahrscheinlichkeit mit Formen dieser Gruppe erhöht. Früchte und sonstige vegetabilische Objekte werden frequent ebenfalls nur für die Nestlingsnahrung von Garten- und Mönchsgrasmücke genannt. Eine weitere Einschätzung erlaubt ein Vergleich der Anteile der boden- bzw. bodenoberflächenbewohnenden Beuteformen (BO), der Anteile von Beuteformen, welche an die Strauchschicht als Habitat gebunden sind (S-F.), sowie der Anteile von tagsüber aktiven Flugbeuteformen (Fl-F.) in der Nestlingsnahrung von Dorngrasmücke (Dgr), Heckenbraunelle (Hbr), Goldammer (Ga), Fitislaubsänger (Fitis) und Sprosser (Spr) (Abb. 22). Trotz des niedrigen Nahrungssuchstratums der Dorngrasmücke ist der Anteil von bodenoberflächenbewohnenden Beuteformen in der Nestlingsnahrung sehr gering und wird von den direkt auf dem Boden Nahrung suchenden Vogelarten wie Goldammer und Sprosser weit übertroffen. Auf der anderen Seite sucht die Dorngrasmücke auch in der Strauchschicht nicht in dem Maße nach Nahrung, wie etwa der Fitislaubsänger, dessen Nahrungssuchbereich der Nestlingsnahrung die oberen Strata des Brutbiotopes umfaßt. Der Anteil an flugfähigen Beuteformen erreicht einen wesentlich höheren Wert, wenn bei der Dorngrasmücke der hohe Anteil an tagsüber inaktiven Formen hinzugerechnet wird. Während sich noch bei NAUMANN (1898) findet, daß nahrungssuchende Dorngrasmücken nur „höchst ungern" Jagd auf fliegende Insekten außerhalb des Gebüsches machen, zeigen die Beobachtungen von FRIELING oder ROER, daß zu Zeiten erhöhten Nahrungsbedarfes wie in der Periode der Jungenaufzucht auch aktiv fliegende Beute systematisch genutzt wird. Ein ansteigendes Berücksichtigen fliegender oder auffliegender Beuteformen, deren Fang einen erhöhten Energieaufwand erfordert (ROOT 1967), ist wahrscheinlich ein Ausdruck des steigenden Nahrungsbedarfes vieler Singvögel während der Fütterungsperiode. (Die hier zitierten Schrifttumsnachweise werden im Verzeichnis am Schluß des II. Teiles der Arbeit wiedergegeben)
Anschrift des Autors: Dr. Rainer Emmrich, Staatliches Museum für Tierkunde DDR — 801 Dresden, Augustusstraße 2
ZOOLOGISCHE ABHANDLUNGEN STAATLICHES MUSEUM FÜR TIERKUNDE IN DRESDEN Band 32
Ausgegeben: 28. Dezember 1973
Nr. 19
Beschreibung von zwei jungen hybriden Bachschildkröten: Clemmys caspica rivulata X Clemmys caspica caspica (Reptilia, Testudines) mit 3 Abbildungen OTHMAR
STEMMLER Basel
Schildkrötenbastarde sind nur wenige bekannt. Unter dem Sammeltitel „Über Reptilienbastarde" berichtete MERTENS (1950, 1956, 1964, 1968, 1972) über die bisher bekanntgewordenen Fälle. Unter den von ihm erwähnten 10 sicheren und 10 hypothetischen Schildkrötenhybriden fehlen solche der Gattung Clemmys. Deshalb sollen im folgenden zwei junge Subspezies-Hybriden dieser Gattung kurz beschrieben werden. Sie wurden in Gefangenschaft gezüchtet und erlagen am 24. 4. 1971 (etwa 7 Monate alt) unglücklicherweise einem Hitzschlag. Die Belegexemplare befinden sich im Naturhistorischen Museum Basel (MBS). Eltern Das weibliche Eitertier, Clemmys caspica rivulata (VALENCIENNES, 1833), wurde im August 1956 in einem seichten, schmalen Wasserlauf in Küstennähe gefangen (2 km S Radanovic, N von Budva, Montenegro, Jugoslawien). Beim Fang wog es 530 g bei einer Carapaxlänge von 152 mm. Es kopulierte in der Folge mehrere Male mit einem rassengleichen Männchen aus der Ägäis. Befruchtete Eigelege (je 6 - 9 Eier) wurden in den Jahren 1964, 1965, 1966 und 1969 gefunden. Von diesen Gelegen kamen meist alle Eier aus. Die heutige Carapaxlänge beträgt 181 mm bei einem Gewicht von 1000 g. Das männliche Eitertier, Clemmys caspica caspica (GMELIN, 1774), wurde im August 1968 in einem gut meterbreiten und knietiefen, stark fließenden Bewässerungsgraben in Flußnähe gefangen (30 km E Khosrovi, Kurdistan, Iran). Das Tier wiegt heute 800 g bei einer Carapaxlänge von 195 mm. Haltung und
Zucht
Die Tiere wurden zusammen mit verschiedenen Land- und Wasserschildkröten in einer rund 25 m 2 großen Freilandanlage gehalten, wo ihnerj zwei Wasserbecken (100X100X20 cm, 100X40X5-15 cm) zur Verfügung standen. Gefüttert wurden Fische, daneben auch Säugerherz und Hackfleisch; außerdem nahmen die Clemmys gerne Früchte und Grünfutter.
Zool. Abh. Mus. Tierk. Dresden, 32, Nr. 19, 1973 -
310
Eine Paarung konnte nicht beobachtet werden, da diese im Wasser stattfindet, das durch Grünalgen stark getrübt war. Anfang Juni 1970 legte das Weibchen 8 Eier in eine selbstgegrabene Erdgrube. Die Ablagestelle lag weit vom Wasserbecken entfernt zwischen im harten Lehmboden eingebackenen Kalksteinen, unweit eines kleinen schattenspendenden Busches. Die Grube hatte glattgestrichene Wände und war nach unten birnenförmig erweitert. Die Eier lagen darin völlig frei; der Eingang zur Grube war mit einem Gemenge von nasser Erde und Grashalmen zugepflastert. Die Eier wurden ausgegraben und in leicht feuchten Torfmull eingelagert; die Bruttemperatur schwankte zwischen 25—32 °C. Anfang Oktober 1970 schlüpften zwei junge Schildkröten. Die restlichen 6 Eier waren verdorben. Diese (verglichen mit anderen J a h ren) niedere Schlüpfrate von nur 25 % war auffällig, noch mehr aber das Aussehen der Jungtiere. Ein Vergleich mit reinrassigen Nachzuchttieren desselben Weibchens erwies den Hybrid-Chaiakter dieser zwei Jungtiere eindeutig.
Abb. 1. Clemmys
caspica
rivulata
x Clemmys caspica Dorsalansicht.
Beschreibung
der
caspica
(hybride Jungtiere),
Jungtiere
Die folgende Beschreibung basiert auf den Tieren im frischtoten Zustand (24. 4. 1971). Sie wurden inventarisiert unter den Nummern MBS 18842—18843. Wo nicht anders vermerkt, gilt die Beschreibung für beide Tiere (Abweichungen von MBS 18813 in Klammern).
311
STEMMLER: Beschreibung-zweier ClemmYs-Hybriden
A b b . 3. Clemmys
caspica
rivulata
x Clemmys
caspica
Lateralansicht.
caspica
(hybride Jungtiere),
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Zool. Abh. Mus. Tierk. Dresden, 32, Nr. 19, 1973
Morphognostische Merkmale : Carapax: 3 Längskiele; Schuppennähte stark eingetieft; boune Grundfarbe,- Costalia schwach hell gelblichbraun gezeichnet; Marginalia deutlich hell gelblichbraun gezeichnet; Zeichnung besteht aus hellen Makeln, die zum Teil von einem feinen dunklen Rand eingefaßt sind. Plastron: Grundfarbe schwarz; entlang den Nähten rosa bis hellgrau; Zone um Nabel rosa; Gularia mit rosafarbenem Seitenrand; Humeralia mit rosafarbenem Seitenrand; Pectoralia seitlich mit großem rosafarbenem Fleck; Abdominalia seitlich mit rosafarbenem Fleck; Femoralia mit rosafarbener Randzone und rosafarbenem Querstreifen (der letztere nur angedeutet). Unterseite der Marginalia: hell, leuchtend rosafarbene Grundfarbe; beiderseits der Nähte schwarzgraue Ringzeichnungen. Halsseiten, Halsoberseite, Kehle: olivgrüne Grundfarbe, rosafarbene Streifenzeichnung. Kinn, Temporal-, Frenal-, Nuchalzone: olivgrüne Grundfarbe, gelbe Streifenzeichnung. Beine: in Körpernähe gelblich-rosa, distal bräunlich-rosafarben gestreift. Schwanz: grünlichgelb längsgestreift. Brücke: Naht dunkel, zwei rosafarbene Flecken (dunkle Naht breiter). Morphometrische Merkmale: Carapaxlänge 33,0 (35,1) mm; Carapaxbreite (7. Marginale): 21,5 (29,1) mm; Carapaxhöhe: 13,0 (14,0) mm ; Schwanzlänge: 22,0 (22,5) mm ; Kopfbreite (hinter dem Auge): 8,0 mm; Kopfhöhe (hinter dem Auge): 6,0 (5,8) mm; Gularnaht: 3,1 (3,4) mm ; Humeralnaht: 3,2 mm ; Pectoralnaht: 4,8 (5,6) mm; Abdominalnaht: 6,5 (7,2) mm ; Femoralnaht: 6,0 mm; Analnaht: 3,0 mm.
Literatur MERTENS, R., 1950: Über Reptilienbastarde. - Senckenbergiana biol. (Frankfurt/M.), 31 (3/4): 127-144. MERTENS, R„ 1956: Über Reptilienbastarde, II. - Senckenbergiana biol., 37 (5/6): 383 -394. MERTENS, R., 1964: Über Reptilienbastarde, III. - Senckenbergiana biol., 45 (1): 33-49. MERTENS, R„ 1968: Über Reptilienbastarde, IV. - Senckenbergiana biol., 49 (1): 1 - 1 2 . MERTENS, R„ 1972: Über Reptilienbastarde, V. - Senckenbergiana biol., 53 (1/2): 1-19. STEMMLER, O., 1969: Aus anderen Zeitschriften. - Aquaterra (Biberist), 6 (12): 152.
Anschrift des Autors: Othmar Stemmler, Naturhistorisches Museum, Augustinergasse 2, CH—4051 Basel, Schweiz.
Z O O L O G I S C H E ABHANDLUNGEN S T A A T L I C H E S M U S E U M F Ü R T I E R K U N D E IN D R E S D E N Band 32
Ausgegeben: 28. Dezember 1973
Nr. 20
Das Serumproteinmuster von Bufo bufo (L.) und Bufo viridis Laurenti im Polyacrylamid-Gel (Amphibia, Anura, Bufonidae) mit 1 Abbildung WOLF-EBERHARD
ENGELMANN
und KLAUS
KAB I SCH
Leipzig
Die Serumproteine europäischer Amphibien wurden unter vergleichendem Aspekt bisher nur von wenigen Autoren untersucht. So trennten FLINDT, H E M M E R und J A E G E R (1968) die Serumproteine aller in Mitteleuropa vorkommender Anuren mit Hilfe der CelluloseAcetat-Folie auf, während CHEN (1967; verschiedene Urodelen und Anuren) sowie FACHBACH und ALBERT (1971; Gattung Salamandra) mit der PolYacrylamid-Disk-Elektrophorese arbeiteten. Nach MAURER (1968) kommt die Disk-Elektrophorese in der Trennleistung dem Auflösungsvermögen der Immunelektrophorese nahe, dadurch werden jedoch auch zum Teil individuelle Proteinvariationen (wie z. B. Haptoglobintypen im-Humanserum: PASTEWKA, NESS und PEACOCK 1966, FELGENHAUER, BACH und STAMMLER 1967) sichtbar, die vergleichende Untersuchungen erschweren. Nach den Befunden von CHEN (1967) sind die Serumproteinmuster von Bufo bufo und Bufo caiumita sehr ähnlich. Daher bot sich an, durch Untersuchung eines weiteren Vertreters der Gattung Bufo, der Wechselkröte ( B u f o viridis LAURENTI), nach charakteristischen Merkmalen im Serumproteinmuster dieser Gattung zu suchen. Material und Methoden Das Blut wurde von 10 Erdkröten (5cf, 5 9 ; Fangort Leipzig) und 6 Wechselkröten (2 c f , 4 9 ; Fangort Nessebar, Bulgarien) gewonnen. Abtrennung der Blutzellen durch Zentrifugation bei 1800 U/min. Lagerung der Seren bei —20 °C. Auftrennung der Serumproteine mit der vertikalen Disk-Elektrophorese, Gelsystem Nr. l nach MAURER (1968), modifiziert mit 15%igem Trenngel; Trenndauer 90 Min. bei 5 mA pro Röhrchen. Die aufgetragene Serummenge betrug jeweils ca. 3 |xl. Färbung der Gele mit Amidoschwarz 10 B, Entfärbung elektrophoretisch. Ergebnisse und Diskussion Nach der elektrophoretischen Auftrennung konnten bei Bufo bufo 24 und bei Bufo viridis 25 Fraktionen nachgewiesen werden. In den Pherogrammen treten bei beiden Arten, wie
Zool. Abh. Mus. Tierk. Dresden, 32, Nr. 20. 1973
314
5==
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I
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+ Bb
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Bb
Bv
Abb. 1. Pherogramme der Seren von Bufo bufo (Bb) und Bufo viridis (Bv). I, II = fraktionen. Links Originalfoto, rechts schematische Darstellung.
Haupt-
auch bei Bufo calamita (CHEN 1967) jeweils zwei kräftige Proteinfraktionen (Hauptfraktion I und II; Abb. 1) deutlich hervor. Die Hauptfraktion I unterteilt sich in zwei Anteile, die bei Bufo bufo und Bufo calamita (vgl. CHEN 1967) gleich stark und bei Bufo viridis unterschiedlich stark ausgebildet sind. Diese identifizierte CHEN (1970) für Bufo bufo als Transferrin, das eine geringere Mobilität als Humantransferrin zeigt. Bei den anderen Arten sind offensichtlich entsprechende Verhältnisse zu erwarten, dabei zeichnet sich diese Fraktion bei Bufo viridis allerdings durch eine noch geringere Mobilität aus. Ob die Hauptfraktion II ein echtes Albumin darstellt (CHEN 1970), kann nicht mit Sicherheit gesagt werden (vgl. AMBROSIUS 1970). Sie weist gegenüber dem Humanalbumin eine um 1 0 % geringere Mobilität auf (vgl. CHEN 1967, FACHBACH und ALBERT 1971). Ein? ähnliche Relation existiert auch bei Triturus, dagegen zeigen Alytes, Bombina, Hy/a und Rana eine mit dem Humanalbumin etwa identische Mobilität (CHEN 1967). Vor der Hauptfraktion I befinden sich bei beiden untersuchten Arten 9 Fraktionen. Die Auftrennung dieser zum Teil feinen Banden gelingt nicht immer optimal (vgl. ENGELMANN und KABISCH 1972, Rana temporaria). Zwischen den Hauptfraktionen treten bei Bufo bufo 10 und bei Bufo viridis 11 Banden auf, die in ihrer Mobilität und Stärke bei beiden Arten nicht übereinstimmen. Ein interessanter Aspekt ergibt sich durch den Nachweis von zwei schwachen Fraktionen (etwa gleiche Mobilität wie das Humanalbumin) vor der Hauptfraktion II. Oftmals tritt vor dieser aber auch nur eine breite Bande auf. In diesem Zusammenhang sei auf CHEN (1967) verwiesen, der eine entsprechende Bande bei Bufo calamita beschreibt, diese für Bufo bufo sowie für andere Anuren aber nicht angibt. Auf Cellulose-Acetat-Folie tritt bei
ENGELMANN und KABISCH: Serumproteinmuster von Bufo bufo und B. viridis
315
Bufo bufo und Bufo viridis subsp. auch eine derartige Bande auf, fehlt hier aber bei Bufo calamita und den anderen Anuren (FLINDT, HEMMER und JAEGER 1968). Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß nach unseren Befunden in Verbindung mit den vorliegenden Literaturangaben für die Gattung Bufo die anodische Mobilität der Hauptfraktion II im Polyacrylamid-Gel deutlich geringer ist als bei anderen Anuren. Weiterhin scheinen die vor dieser Fraktion liegenden 1 - 2 Banden innerhalb der Anuren für die Gattung Bufo typisch zu sein. Summary Comparison of serum protein patterns of Bufo bufo and Bufo Diridis in Polyacrylamide gel together with information on Bufo calamita obtained from literature shows two characteristics for these Bufonidae. 1. The mobility of the main fraction II in comparison to human albumin is about 1 0 % lower. 2. There are one or two fractions in front of the main fraction II. Literatur AMBROSIUS, H., 1970: Die Phylogenese der Serumproteine, insbesondere der Immunglobuline. — Folia haemat., 93, 277-293. CHEN, P. S., 1967: Separation of serum proteins in different amphibian species by Polyacrylamide gel electrophoresis. — Experientia, 23, 483—485. CHEN, P. S., 1970: Patterns and metamorphic changes of serum proteins in amphibia. — Roux Arch., 165, 132-149. ENGELMANN, W. E„ und KABISCH, K., 1972: Vergleichende Untersuchungen der Winterund Frühjahrsserumproteine von Rana temporaria L. — Biol. Zbl. 91, 571—577. FACHBACH, G„ und ALBERT, W., 1971: Zur Klärung verwandtschaftlicher Beziehungen bei Vertretern der Gattung Salamandra mit Hilfe der Polyacrylamid-Disk-Elektrophorese, I. — Z. zool. Syst. Evolutionsforsch., 9, 4 9 - 6 0 . FELGENHAUER, K., BACH, S„ und STAMMLER, A„ 1967: Elektrophorese von Serum und Liquor cerebrospinalis in Polyacrylamid-Gel. - Klin. Wochenschr., 45, 371-377. FLINDT, R„ HEMMER, H. und JAEGER, R„ 1968: Das Serumeiweißbild mitteleuropäischer Anuren. - Zool. J b . Physiol., 74, 155-163. MAURER, H. R., 1968: Disk-Elektrophorese. Berlin. PASTEWKA, J . V., NESS, A. T., und PEACOCK, A. C„ 1966: Electrophoretic patterns of normal human serums by disc-electrophoresis in Polyacrylamide gel. — Clin. Chim. Acta, 14, 219-226.
Anschrift der Autoren: W. E. Engelmann und Dr. sc. nat. K. Kabisch, Sekt. Biowissenschaften der Karl-MarxUniversität, Bereich Taxonomie und Ökologie, DDR — 701 Leipzig, Talstraße 33.
Illustrationen Für Strichätzungen werden einwandfreie Original-Tuschezeichnungen auf weißem Papier oder Transparentpapier (ohne Braun- und Grautöne!) gefordert. Bei Zusammenstellungen von Tafeln aus Zeichnungen auf Transparentpapier ist darauf zu achten, daß zum Aufkleben farbloser Leim verwendet wird! Bei der Anfertigung der Zeichnungen ist auf den Verkleinerungsmaßstab zu achten. Unser Satzspiegel mißt 12 X 18 c m - Die dünnste, gerade noch durch die Strichätzung reproduzierbare Linie (bzw. der Abstand zwischen zwei Strichen) ist 0,1—0,15 mm stark bei einer Wiedergabe von 1:1. Soll eine Zeichnung um die Hälfte verkleinert wiedergegeben werden, dann sollte der dünnste Strich bzw. schmälste Abstand von 0,2 (besser 0,3) mm zwischen zwei Strichen auf keinen Fall unterschritten werden. Große Zeichnungen mit winzigen Punktierungen und Strichelungen sind also für eine stark verkleinerte Reproduktion nicht zu verwerten! Fotos sollen scharf sein, auf weißem Hochglanzpapier abgezogen und einzeln eingeschickt werden. Sämtliche Abbildungen und deren Legenden sind vom Manuskript gesondert zu halten. Korrekturgang Änderungen und Zusätze zu eingereichten Manuskripten sind unerwünscht und, wenn unerläßlich, baldigst nachzureichen. Der Autor erhält je zwei Fahnen- und Umbruchexemplare seiner Arbeit zur Korrektur; je eines ist mit der Korrektur versehen zurückzusenden. Die Rücksendung hat bis spätestens 2 Wochen nach Erhalt der Korrekturexemplare zu erfolgen, bei später abgeschickten Korrekturen muß der Autor damit rechnen, daß diese nicht mehr berücksichtigt werden können. Sämtliche Reihen unserer Publikationen, außer „Reichenbachia", nehmen nur Arbeiten über Material aus der palaearktischen Region auf. Publikationen über Material aus dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik und den angrenzenden Gebieten werden vorrangig behandelt. Für Arbeiten über museumseigene Bestände kann diese regionale Begrenzung überschritten werden. Reichenbacbia: Inhalt: Entomologische Taxonomie, vorwiegend für Neubeschreibungen und kleinere Revisionen (einschl. Spinnentiere und Tausendfüßer), Gebiet: orbis terrarum Seitenzahl pro Arbeit: nicht mehr als 48 Seiten. Entomologische Abhandlungen: Inhalt: Bestimmungstabellen, Revisionen, Monographien, biologische, morphologische, anatomische Arbeiten, Entwicklungslehre. (Insekten, Spinnentiere, Tausendfüßer) Seitenzahl pro Arbeit: In der Regel nicht mehr als 200 Seiten. Faunistische Abhandlungen: Inhalt: Faunistik unter ökologischem, tiersoziologischem oder tiergeographischem Aspekt (Insekten, Spinnentiere, Tausendfüßer) Seitenzahl pro Arbeit: In der Regel nicht mehr als 80 Seiten. Zoologische Abhandlungen: Inhalt: Taxonomie, Biologie, Faunistik, Tierökologie und -geographie, Anatomie, Morphologie, Entwicklungslehre. (Nicht Physiologie, Ethologie usw.) Umfassend: Säuger, Vögel, Amphibien, Reptilien, Fische, Wirbellose (außer Insekten, Spinnentiere, Tausendfüßer, Mollusken, Protozoen). Seitenzahl pro Arbeit: In der Regel bis zu 80 Seiten. Malakologische Abhandlungen: Inhalt: Taxonomie, Ökologie, Faunistik, Tiergeographie, Anatomie, Morphologie, Entwicklungslehre bei Mollusken. (Nicht Physiologie, Palaeontologie usw.). Seitenzahl pro Arbeit: In der Regel bis zu 80 Seiten. Der Herausgeber
Übersicht über die Publikationen des Staatlichen Museums für Tierkunde Dresden Nach 1945 erschienen b i s h e r f o l g e n d e B ä n d e : Abhandlungen und Berichte aus dem Staatlichen Museum für Tierkunde Dresden Band Band Band Band
21 (1953) 22 (1) (1954) 22 (2) (1955) 23 (1) (1956)
B a n d 23 (2) (1957) B a n d 24 (1958) B a n d 25 (1960)
A b 1961 w u r d e n d i e A b h a n d l u n g e n u n d B e r i c h t e des S t a a t l i c h e n M u s e u m s f ü r T i e r k u n d e in D r e s d e n in f o l g e n d e R e i h e n u n t e r t e i l t : Entomologische Abhandlungen Zoologische Abhandlungen (ab 1964 o h n e Mollusken) Später kamen folgende Reihen hinzu: Reichenbachia (ab 1962) Faunistische Abhandlungen (ab 1963) Malakologische Abhandlungen (ab 1964) D a v o n sind erschienen o d e r in V o r b e r e i t u n g : Entomologische Abhandlungen Band Band Band Band Band Band Band
26 27 28 29 30 31 32
(1961/62) (1962) (1963/64) (1963/64) (1964) (1964/65) (1964/67)
Band Band Band Band Band Band Band
33 34 35 36 37 38 39
(1966) (1966/68) (1966/68) m i t S u p p l e m e n t b a n d (1967/70) (1969/71) S u p p l e m e n t b a n d i m D r u c k (1970/71) in V o r b e r e i t u n g
Zoologische Abhandlungen Band Band Band Band
26 27 28 29
(1961/64) (1964/65) (1965/66) (1967/68)
B a n d 30 (1969/71) B a n d 31 (1970) B a n d 32 in V o r b e r e i t u n g
Reichenbachia Band Band (1963/64) Band (1964) Band (1964/65) Band (1965) B a n d 6 (1965/66) B a n d 7 (1965/66)
Band Band Band Band Band Band Band
8 9 10 11 12 13 14
(1966/67) (1967/68) (1968) (1968/69) (1968/70) (1970/71) i m Druck
Faunistische Abhandlungen B a n d 1 (1963/66) B a n d 2 (1967/69) Malakologische Abhandlungen B a n d 1 (1964/67) B a n d 2 (1966/69) B a n d 3 i m Druck
B a n d 3 (1969/71) B a n d 4 i m Druck