Ziele und Vorgeschichte des Evang. Bundes: Zwei Reden 9783111599984, 9783111224916


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Die Ziele des Evangelischen Bundes. Rede bei der Begründung des Zweigvereins in Elberfeld.
Die Vorgeschichte des Evangelischen Bundes. Rede bei der Begründung des Zweigvereins in Barmen
Nachwort
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Ziele und Vorgeschichte des Evang. Bundes: Zwei Reden
 9783111599984, 9783111224916

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Ziele und Vorgeschichte des Evang. Sundes. Zwei Reden von Prof. D. F. Nippold.

(Abgedruckt aus der Protestantischen Kirchenzeitung, 1888 Nr. 44, 45.)

Berlin.

Druck von Georg Reimer in Berlin.

1889.

Die Ziele des Evangelischen Bundes. Rede bei der Begründung des Zweigvereins in Elberfeld.

Ebenezer: Bis hierher hat der Herr geholfen! Es ist ein Gefühl freudigen Dankes für die göttliche Hülfe, daß wir an diesem Tage und an diesem Orte uns so zusammen­ gefunden haben. In der Rede meines lieben 33orrebnet§!) ist Ihnen ein Nachhall des großen Tages von Duisburg ent­ gegengetreten. Wenn ich nun das Wort ergreife, so rede ich unter dem Eindruck mächtiger, innerer Bewegung. Es ist das Gefühl der Unzulänglichkeit der eigenen Kraft selten so stark in mir gewesen, wie gerade jetzt. Aber dies bange Gefühl muß gegenüber jenem andren des freudigen Dankes zurücktreten. Denn es sind nicht meine Worte, auf die es hier viel an­ kommen kann. Viel wichtiger als jedes Wort, das Sie von mir hören können, ist eine einfache Tatsache. Ich schöpfe meinen Mut aus dem Bewußtsein, daß es diese Tatsache ist, von der Sie alle erfüllt sind, nämlich, daß es möglich geworden ist, daß wir hier an diesem Orte neben einander reden können und so zusammenstehen Schulter an Schulter. Mein lieber Herr Vorredner hat auf eine Parallele hinge­ wiesen, die sich in unsrem nationalen Leben vollzogen hat. Ich hatte auch an die gleiche Parallele gedacht und brauche sie nun nicht mehr durchzuführen: ich will nur das Eine noch !) Pfarrer Lic. Weber in München-Gladbach. seinen Vortrag die Schlußnote S. 3*2.

Dgl. über

4 sagen: wir finden uns hier doch nicht zusammen als berech­ nende Politiker, sondern voll rückhaltlosen Vertrauens, als Knechte des Einen Herrn.

Denn dem Evangelischen Bunde

haben sich die Herzen unsrer Gemeinden in einer Weise er­ schlossen, die wir nicht zu hoffen gewagt hatten.

Ich darf

mich hier nicht über das Thema verbreiten, welches mir nach­ her für die Versammlung in Barmen gestellt ist, worin ich die Vorgeschichte des Vereins bis in seine ersten Ansänge hinein beleuchten werde.

Aber eins darf ich doch hier zu

sagen nicht unterlassen; das, was wir gesehen haben, war wie ein Wunder vor unsren Augen.

Das haben wir schwachen,

sündigen Menschen nicht fertig gebracht. zwischen

Die Fäden, die

den Menschenherzen gewoben werden,

muß eine

höhere Hand leiten, und es sind die Herzen der Tausende und Hunderttausende wie Wasserbäche vom Herrn geleitet worden: das haben wir in den letzten Jahren anbetend er­ lebt.

In solchen Tagen lernt man doppelt aufblicken zu dem

göttlichen Herrn.

Da verstehen wir das Bild des alten Bun­

des, „wie der Geist Gottes schwebte über den Wassern", und da ahnen wir immer mehr das, was der neue Bund in dem andren Bilde gibt:

„der Wind weht, wohin er will, und

man hört sein Sausen wol, aber man weiß nicht, von wannen er kommt und wohin er fährte also ein jeglicher, der aus dem Geist Gottes geboren ist."

Da lernen alle unsre theo-

logischen Schulen immer wieder ringen um den Segen, daß nicht sie es sind, die da reden, sondern unsres Vaters Geist. Es ist ein Gefühl des Aufatmens in unsren Gemeinden verspürbar gewesen, ein Gefühl der Erlösung von schwerem Druck.

Das ist uns überall in Nord und Süd, in Ost

und West entgegengetreten.

Das hat die Stillen im Lande

ebenso durchzuckt wie die Männer, welche im Getümmel des

5 Kampfes stehen. Jmgrunde ist es aus allen Kreisen un­ serer Gemeinden ein und derselbe Mahnruf gewesen, den wir hadernden Theologen immer lauter vernehmen mußten, der Mahnruf nämlich: „Es ist jetzt nicht Zeit, Euch zu zerfleischen, Ihr seid uns etwas andres schuldig. Hört auf, Euch zu verurteilen, ohne daß Ihr Euch näher kennet! Lernt Euch kennen; Ihr habt einander nötig!" Eigentlich habe ich damit das Thema, das mir für den heutigen Abend als Wunsch ausgesprochen wurde, über das Ziel unsres Bundes zu re­ den, schon beantwortet. Denn besser läßt sich das Ziel des Bundes ja nicht ausdrücken, als daß wir lernen: wir ha­ ben uns einander nötig, daß wir unsren gemeinsamen Glauben kräftigen, daß unser evangelisches Gemeingefühl belebt und gestärkt werde. Freilich, als Zukunftsideal könnte ich mir doch noch ein höheres Ziel denken. Denn es genügt nicht, daß wir fühlen, wir haben uns einander nötig; wir werden auch anfangen müssen, von einander gegenseitig zu lernen. Erst dann werden wir immer mehr verstehen die ewige Wahrheit von den mancherlei Gaben in dem einen Geist. Schon jetzt geht uns mehr und mehr auf das Ahnen, was das gewaltige Bild des Apostels von dem einen Leib Christi in den verschiedenen Gliedern bedeutet, und wie da Hand und Fuß und Auge und Ohr einander bedürfen, und wie keins dieser Glieder von dem andren verlangen darf, daß es ihm gleich werde, weil sie eben verschiedene Functionen zu verrichten haben. Die ganze neuere Entwicke­ lung der Papstkirche ist ja eigentlich unter das Gericht dieses gewaltigen Bildes gefallen: wenn der ganze Leib ein Glied würde, wo bliebe der Leib? Wir haben uns darum nicht nur untereinander nötig, sondern wir haben gegenseitig von einander zu lernen, trotzdem die rabies theologica, die theo-

6 logische Verbissenheit, so sprichwörtlich geworden ist. Jnbertöt, sie ist sprichwörtlich. Aber vergönnen Sie es dem Kirchenhistoriker, hier doch ein gutes Wort für die Ursache einzulegen, warum die theologischen Kämpfe oft einen so bitte­ ren Charakter tragen. Die Ursache ist, daß es sich bei diesen Kämpfen um die heiligsten Ueberzeugungen handelt, daß der ganze Mensch, das innerste Gemütsleben von diesen Fragen erfaßt wird. Aber gerade weil ich ein Wort der Entschul­ digung vorgebracht habe, so möchte ich nun umsomehr die Mahnung anknüpfen, die man gerade dann aus der Geschichte zieht, wenn man sich in die verschiedenen, mit einander rin­ genden Schulen vertieft, daß man wirklich auch eine andre Anschauung kennen lernen muß. Wie leicht ist das Abur­ teilen über eine andre Auffassung. Da bleibt auch wieder ein altes Sprichwort wahr: Peccatur intra et extra muros — es wird innerhalb und außerhalb der Mauern gefehlt, vor allem der Mauern jeder Partei! Aber darum ergeht an sie alle die gemeinsame Mahnung: Lernt Euch kennen unter dem Kreuze des einen Herrn. Wenn Ihr Knechte Jesu Christi seid, die sein Werk suchen, und nicht das Euere, dann lernt auch, warum eben der Herr selbst den Jüngern, die sich beschwerten über den, der in seinem Namen, aber ohne mit ihm zu gehen, Teufel austrieb, das Wort ent­ gegenhielt: Wer nicht wider mich ist, der ist für mich. Wo das erkannt wird, da wird aber noch mehr erkannt werden. Da lernen wir auch unsre eigne verborgene Kraft kennen. Denn wir haben gar keine Ahnung von der Kraft, die in der evangelischen Kirche vorhanden ist, in der evan­ gelischen Kirche, die, an Händen und Füßen gebunden, doch so Gewaltiges aus ihrem Schos hervorgebracht hat. Hier gilt wahrlich das Wort von der Kraft in der Schwachheit.

7 Es sind großartige Werke, wie sie die Kirche des 19. Jahr­ hunderts kennt von der äußern und innern Mission, von dem Diaconissenwerk und den andern Anstalten der barm­ herzigen Liebe, und es sind nicht minder großartige Erschei­ nungen auf dem Gebiet der religiösen Poesie, bei denen wir oft an die Zeiten des alten classischen Kirchenliedes erinnert werden, so wenn wir von Novalis zu Ernst Moritz Arndt und von ihm wieder zu Gerok und zu Sturm und zu Spitta und den vielen andern kommen, die in frommen Liedern, in der Sprache unsrer Zeit, Gott und seinen Sohn verherrlichen konnten.

Wenn wir diese Dinge nicht außer acht lasten,

dann wird uns auch das Ringen der Theologie verständlicher werden, auch in den Schulen, die andre Ausdrücke gebrau­ chen, als wir selber gewöhnt waren.

Dieses ganze Ringen

ist doch auch in unsrem Jahrhundert, in der kaum zu über­ schauenden Literatur über das Leben Jesu, in der einen Frage begriffen: Was dünket euch um diesen Jesus von Nazareth?

Wes Sohn ist er?

Ich darf nicht weiter auf diese Dinge eingehen.

Nur

das eine will ich noch andeutend sagen: Nicht eine klägliche, nein eine Ruhmesgeschichte ist es, die Geschichte der evan­ gelischen Kirche unsrer Zeit, und mit dem, was wir in Deutsch­ land von ihr überblicken, haben wir zudem erst nur einen klei­ nen Teil von dem gesamten Gebiete des evangelischen Pro­ testantismus. gemäß

Unser Evangelischer Bund kann sich natur­

nur auf

die Wahrung

Interessen beschränken.

der deutsch-protestantischen

Aber eben darum kann

er

selbst

wieder nur ein Glied in einem größeren Organismus sein, und wir erhoffen die Zeit, wo von Land zu Land eine verbin­ dende Kette sich zieht.

Gerade hierfür liegt in der Missions­

geschichte unsres Jahrhunderts eine gar wunderbare Fügung,

8 auch abgesehen davon, daß sie uns darauf hingewiesen hat, was es doch für ein gewaltiges Ding ist um den Zukunfts­ blick in den Gleichnissen des Herrn und den Briefen seiner Jünger, um den Zukunftsblick auf die Zeit, in welcher in allen Zungen, in allen Sprachen der Völker Jesus Christus be­ kannt wird als der Herr, in dessen Namen alle Kniee sich beugen sollen.

Unsre Mission hat uns aber noch etwas an­

deres gegeben, unsre Katholicität, die wir nötig haben.

Denn

dieses echte katholische Ideal, welches das Gegenteil vom Papismus ist, liegt ebenso wie das echte protestantische Ideal in jedem Bilde unsres Herrn von dem Himmelreich, das er begründet: von dem Himmelreich, das

für

die

ganze

Menschheit bestimmt ist, aber zugleich auch in jeder zelnen

Seele wurzeln soll.

cismus

und

der

ideale

Das ist

der

ein­

ideale Katholi­

Protestantismus,

und

das

ist

gerade dieser weite Horizont, den die Mission uns eröffnet und uns wiedergegeben hat,

und darum

ist diese Mission

unter den vielen andren Ursachen vielleicht die erste gewesen, die den Evangelischen Bund als eine Notwendigkeit hat er­ kennen lassen. Es wird hier das gewaltige Buch D. Warneck's nicht unbekannt sein: die protestantische Beleuchtung der römischen Angriffe

gegen

unsre

evangelische Heidenmission,

wie

in

jedem Lande auf dem weiten Erdenrunde unsre Glaubens­ genossen von Rom aus als diejenigen bekämpft werden, die nach dem Wort des Friedenspapstes das Werk des Fürsten der Finsternis treiben.

Was für Gefahren uns auf deut­

schem Boden bedrohen, das ist Ihnen vorher schon vorge­ führt worden, und es läßt sich dieses Bild noch nach den verschiedensten Seilen hin weiter ausmalen.

Ich will nur

den einen Punkt noch zu den erwähnten Daten hinzufügen,

9 wie jetzt die Gesellschaft Jesu mit ihren gelehrtesten, scharf­ sinnigsten Köpfen selbst auf den Plan getreten ist, und zwar, wie die Literatur des vorigen Jahres zeigt, nicht nur in der Theologie, nicht nur in der Geschichtschreibung, in der Staats- und Gesellschaftsforschung, sondern ebenso in zwei großen Zeitschriften auf dem Gebiet der Philosophie, die auf Thomas von Aquino sich aufbauen soll,

nicht nur in

den Naturwissenschaften, wo sie eine kaum zu überblickende clericale Literatur schon

heute haben, sondern ebenso auf

dem Gebiet der Pädagogik, und wo wir uns auch sonst um­ schauen mögen.

Aber wenn wir auch alles

überschauen,

was an solchen Erzeugnissen dieses vaticanischen Eroberungs­ krieges gegen unsre deutsche evangelische Kirche hervortritt, so ist

nicht

zu

vergessen,

ein kleines Stück ist. land so.

daß

es

doch

wiederum

nur

Denn es ist nicht nur in Deutsch­

Von dem Moment an, wo Deutschlands Nieder­

lage im Culturkampf begann, konnten wir sofort verspüren die Einwirkung auf Belgien,

wo

sofort das Ministerium

Frvre-Orban gestürzt wurde, auf die Schweiz, wo mit einem male die Wahlen zu dem Nationalrat und zu dem Stände­ rat anders ausfielen, auf die Niederlande, wo der kluge Shaepman eine ähnliche Bedeutung erlangte, wie Windthorst in den deutschen Parlamenten. in England und in Amerika. der Hamburger lutherischen

Nicht anders steht es

Im. vorigen Jahre wies auf Conferenz der Deputirte, der

von Amerika herübergekommen war, daraus hin, daß, wenn der Präsident Cleveland zum Besuch nach Baltimore komme, er sofort dem dortigen römischen Bischof einen Besuch ab­ statte.

Einen protestantischen Pfarrer zu besuchen fällt ihm

aber nicht ein.

Nicht lange nachher wurde die „katholische

Universität" zu Washington eingeweiht, und da waren der

10 Präsident und alle seine Minister zugegen. Als neu­ lich General Sheridan in New,Jork beerdigt wurde, was für ein pomphaftes Schauspiel war es da, als der Cardinal Gibbons alle Würdenträger in der herrlichen New-Dorker Kathedrale um sich versammelte, in der Stadt, wo die Ge­ meindeangelegenheiten schon seit Jahrzehnten durch die irischen Stimmen beherrscht werden. Soll ich daneben an den Sohn des Generals Sherman, der einer Mischehe ent­ sprossen, erinnern, der schon vor längerer Zeit Jesuitenpater geworden ist? Sein Erstlingswerk galt der Verherrlichung der Inquisition, und darum erhielt auch seine Mutter die goldne Rose vom heiligen Vater in Rom. Das was in Amerika sich so zeigt, hat seine weiteren Parallelen in Australien, ja überall auf dem weiten Erdenrunde, und eben darum fordere ich hier so ganz besonders zur Lectüre des Warneck'schen Buches auf, das auf diesem ganzen weiten Erdenrunde ins Auge zu fassen sucht, was für ein Kampf auf allen Gebieten gleichsehr entbrannt ist. In diesem Kampf sehen wir die staatliche Politik keine Lorbern ernten, und das ist auch nie der Fall gewesen, so lange es eine Kirchengeschichte gegeben hat. Denn wer mit politischen Factoren kirchliche Mächte besiegen will, der hat sich noch immer getäuscht: auch im ärgsten Misbrauch religiöser Ideen liegt eine gewaltige Macht. Das sollten auch wir aus dem Culturkampf gelernt haben. In der Geschichte der Staaten und der Kirche wieder­ holt sich stets das gleiche Mysterium des Kreuzes, von dem aus allein die Geschichte des einzelnen Menschenlebens in der Nachfolge des Herrn verständlich ist; denn es sind immer wieder solche Zeiten gewesen, in denen Buße getan wurde,

11 das heißt, in denen die richtige Selbstkritik angelegt wurde. Diese Buße haben wir als Volk in den Jahren nach 1806 und 1807 getragen, und dann kam der Befreiungskrieg. Diese Bußempfindung ist durch unser Volk gegangen in den Tagen nach Bronzell und Olmütz, in den Tagen, wo die Verhältnisse in Kurhefsen und in Hannover und in Schles­ wig-Holstein auf jedem deutschen Gemüt lasteten. Denn war's nicht ein Gefühl, das wirklich auch den deutschen Michel wecken mußte, wie ihm der kleine Däne auf dem Kopf herum tanzte? Nun, ein ähnliches Gefühl mag auch in diesen letzten Jahren durch viele Herzen gegangen sein. Darum wollen wir Gott dafür danken, daß wir bis heute noch keine unfehlbare Instanz in unsrer Kirche haben, keine un­ fehlbare, das heißt keine unverbesserliche Instanz, und daß wir eben uns bessern und Buße tun können. Dazu soll der Evangelische Bund die rechten Mittel uns an die Hand geben. Allerdings, wir stehen noch erst in den allerersten An­ fängen, denn vor allen Dingen fehlen uns noch alle äußeren Mittel, und ich will das gleich einschalten: darauf dürfen wir ja nicht den Schwerpunkt legen, für diese Zwecke große Geldsummen zusammen zu bringen. Denn wir dürfen keinem der älteren Vereine irgendwie Abbruch tun. Auf der letzten Gustav-Adolf-Vereins-Versammlung ist von Fricke bezeugt worden, wie der Gustav-Adolf-Verein gewachsen ist, seitdem der Evangelische Bund aufgetreten. Daneben kön­ nen wir die Tatsache stellen, daß die älteren Missionsgesellschasten keinen Nachteil davon haben, daß ein neuer Verein ihnen zur Seite getreten ist, welcher es sich zur Pflicht gemacht hat, nirgends in das Gebiet einzugreifen, wo die älteren Vereine sich entfaltet haben, und welcher sich das Ziel steckt, die Leute für die Mission zu interessiren, die bis

12 dahin nichts von ihr haben wissen wollen. Nun, die Sta­ tistik hat uns schon gelehrt, daß da, wo jener neue Verein zu den alten getreten ist, diese nicht darunter gelitten haben. Unser Evangelischer Bund hat darum auch dasselbe Ziel im Auge zu behalten, nirgends zu schädigen und Abbruch zu tun an dem, was wir bereits haben. Darum wollen wir keine unnötigen Sammlungen machen, aber in den ersten Jahren sind sie hochnötig, bis wir erst ein wirkliches Cen­ tralbureau haben. Wie können wir überbürdeten Männern neben der Arbeit, die Gott auf ihre Schultern gelegt, noch eine neue schwere Tätigkeit zuweisen? Das geht nicht. Wir haben Männer nötig, die ihre ganze Kraft in den Dienst dieser Sache stellen, und dazu haben wir auch die Mittel nötig. Aber dann wird es auch möglich werden, daß man auf dem ganzen Gebiet der Kirche überall auf der Warte steht, und daß das, was verborgen in der Finster­ nis gegen uns versucht wird, alsbald an das Licht der Oeffentlichkeit kommt. Eine zähe, ununterbrochene Arbeit ist von nöten. Wir stehen einer Organisation gegenüber, die keinen Augenblick stille steht, die alle Länder und Ver­ hältnisse umspannt. Da ist nichts gewonnen mit einer augenblicklichen Aufwallung, nichts mit dem Aufflackern einer momentanen Feststimmung. Da gilt eben nur die ernste, die ununterbrochene Arbeit, unter dem Aufblick zu dem ge­ meinsamen Herrn. Unsre Kraft ist schwach. Aber wie die gesamte Geschichte unsrer Kirche es gezeigt hat, so wollen wir hoffen, daß es in Zukunft auch die Geschichte des Evan­ gelischen Bundes betätigen werde, daß er stark ist in der Schwachheit, damit sein Wirken immer mehr sich auf dem Grunde aufbaue, außer dem nach dem Zeugnis der gesam­ ten Menschheitsgeschichte kein andrer gelegt werden kann.

13

Denn gegenüber den päpstlichen Drohungen und gegenüber all' den päpstlichen Verfluchungen wird sich umsomehr die alte frohe Botschaft, das alte Evangelium bewähren müssen, unter dem wir uns immer wieder zusammenzufinden haben: „Also hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn gab, auf daß alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben."

Die Vorgeschichte des Evangelischen Bundes. Rede bei der Begründung des Zweigvereins in Barmen.

Die Worte meines lieben Vorredners haben in Ihnen allen den wärmsten Widerhall gefunden, und ich selbst stehe mit am mächtigsten unter dem Eindruck derselben.

Wenn

ich daher einfach meinem Gefühl folgen dürfte, so würde ich jetzt am liebsten das in Elberfeld behandelte Thema auch hier behandeln und das für Barmen angekündigte ganz fallen lassen.

Ich habe in Elberfeld im Anschluffe an das von

meinem Vorredner entworfene, mächtig ergreifende Bild den Versuch unternommen, noch einige Einzelheiten über die Ziele unsres Bundes hinzuzufügen: wie wir davon ausgegangen sind, daß aus allen Gauen unsres Vaterlandes heraus an uns

hadernde

Theologen der

Ruf

zur Einigung erging;

wie das Bewußtsein uns ergriff, daß wir einander nötig haben und von einander lernen müffen; wie wir nicht nur auf deutschem Boden uns zusammenfinden müffen, sondern wie wir der gewaltigen, internationalen Gefahr des römischen Papsttums nur dann begegnen können, wenn das, was uns jetzt auf deutschem Boden vereinigt hat, auch die anderen evangelischen Kirchen in engere Verbindung mit uns gebracht hat.

Aber das Thema, welches ich selbst mir für heute abend

gestellt habe, zwingt mich leider von allen diesen Dingen Abstand zu nehmen.

Ich sage leider: denn es kommt mir

jetzt doppelt schwer vor, daß ich hier eine Reihe von trocke-

15 nen Tatsachen zusammenstellen soll, statt dem Gefühle Ausdruck zu geben über das mächtig Ergreifende deS heutigen Tages. Aber auch in den trockenen Tatsachen liegt doch wieder das gleiche Schlußergebnis, von dem ich in Elberfeld reden durfte, daß das, was uns vorschwebt, nicht mehr ein bloses Ziel ist, sondern schon tatsächlich vor uns steht. Daß wir über­ haupt hier Schulter an Schulter stehen, das ist etwas, was uns so recht zeigt, wie wir arme sündige Menschenkinder das nicht haben fertig bringen können: die Fäden, die da von Herz zu Herz gewoben sind, hat eine höhere Hand zu­ sammengefügt. Angesichts solcher Tatsachen ergreift uns im­ mer wieder das Gefühl, wie der Herr es ist, der Großes an uns getan hat, und dieser Eindruck erfaßt uns doch auch immer wieder, wenn man an die große Reihe der anderen Tat­ sachen denkt und sie zusammenzustellen sucht, die uns zu dem heutigen Zusammengehen Und zu einheitlichem Handeln in der Verteidigung der Güter des Evangeliums geführt haben. Freilich ist es nun auch in der Form schwer für mich, das richtige Wort zu finden, ich kann nur von der dürftigsten Skizze aus reden und vermag vorher nicht zu berechnen, wie weit der eine und andre Punkt führen kann. Ich will da­ her die verschiedenen Dinge, welche hier zusammengekommen sind, zuerst kurz zusammenfassen und dann den Versuch ma­ chen, einzelne von diesen wirklich tief ergreifenden Bildern etwas näher auszuführen. Als erstes in der Vorgeschichte unsres Vereins möchte ich die These ausstellen: alle unsre bisherigen Vereinsbildungen wiesen sämtlich hin auf die Notwendigkeit dieser Erzänzung. Es ist aus den bisherigen Vereinen heraus, aus dem einen wie aus dem andern, dieses Bedürfnis er­ wachsen. Ich möchte dann in einer zweiten These ebenfalls

16 zu erweisen versuchen, wie in allen unsren kirchlichen De­ nominationen sich gleich sehr dieses Bedürfnis geregt hat, nicht blos in den mehr als dreißig deutschen Landeskirchen und Landeskirchlein, die ja so gut wie garnichts unter einander gemein haben, die jede für sich stehen, sondern auch unter den andern kirchlichen Gemeinschaften, die vom kirchengeschichtlichen Standpunkte aus sehr ungenau als Secten bezeichnet werden. Es ist dies eine Verlegenheitsdefinition, die ich vom kirchen­ historischen Standpunkte aus immer wieder bekämpfe. Denn was heißt das, wenn von dem römischen Standpunkte aus alle protestantischen Kirchen Secten heißen, wenn vom luthe­ rischen Standpunkte aus die reformirte Kirche so genannt wird, wenn in der reformirten Kirche von der calvinistischen Gruppe die remonstrantische so genannt wird u. s. nx? Da­ mit kommen wir nicht aus. Wenn wir das Hohe, was wir in unsrer Landes-, in unsrer Volkskirche Gottlob haben, verteidigen wollen, so können wir das nur dadurch, daß wir einem andern abweichenden Standpunkt auch nach die­ ser Seite hin gerecht zu werden versuchen. Ich gehe jedoch auf diesen Punkt hier so wenig ein, wie auf den früheren, ich hoffe, daß ich Ihnen auch da die Tatsachen des Beweises anführen kann. Dann aber möchte ich weiter die dritte, noch wichtigere These danebenstellen: wie alle theologi­ schen Richtungen und Gruppen nach einer Abhülfe ge­ sucht haben, wie hier nebeneinander die verschiedensten Wege schon vorher gesucht sind, und keiner ausreichte. Ich werde aber jetzt nur noch die Thesen als solche zusammenfassen, unter­ liege natürlich leicht der Versuchung, gleich überall einiges zur Erklärung hinzuzufügen, und will mich lieber beschränken, in­ dem ich sofort die vierte These den früheren zur Seite stelle: die gesuchte Einigung wurde zur Tatsache da, wo sie allein mög-

17 lich war: auf dem Boden der gemeinsamen practischen Arbeit.

Diese These dürfte in der Vorgeschichte die wich­

tigste sein, fast noch wichtiger als das, was nun im folgen­ den ferner zu zeichnen sein würde: über die Reihe von stillen Vorberatungen, sowol in Conferenzen wie im Brief­ wechsel.

Ich möchte auch darüber ganz rückhaltlos, soweit

die Zeit es erlaubt, die nötigen Mitteilungen folgen lassen, dann weiter auf die Erfurter Versammlung, die ja bis dahin auch in der Oeffentlichkeit noch nicht geschildert wer­ den konnte, zurückkommen, und ferner auf das, was in dem auf dieselbe folgenden Winter an weiteren Sitzungen und Vorbereitungen vor dem öffentlichen Aufruf, sowie dem Jnslebentreten der „Kirchlichen Korrespondenz" folgte. Sie sehen, der Stoff ist erschreckend reich.

Lassen Sie mich

darum gar keine weiteren Worte allgemeinerer Art machen, sondern in die Sache selbst hineinführen, zunächst also den Beweis dafür antreten,

daß aus att-en unsern kirch­

lichen Vereinen heraus dieses Bedürfnis erwach­ sen ist. Ich nenne in erster Reihe unsre evangelische Mission. Ohne unsre Mission hätten wir keinen Evangelischen Bund. Es ist das eine Ueberzeugung, die ich vor wenigen Wochen in Zürich auf einer Versammlung des jüngsten Missions­ vereins aussprechen konnte und mußte.

Ich habe die dor­

tigen Ausführungen zusammenzufassen gesucht unter daß eine gemeinsame

Ergebnis,

kirchengeschichtlich

betrachtet:

des

Wachstums in der Gnade und in der Erkenntnis unsres Herrn Jesu Christi; denn das ist das Centrum, um welches sich alle einzelnen Kreise bewegen.

Wenn man die Missions-

geschichte unsres Jahrhunderts verfolgt, so findet man, was die Beteiligung daran für jeden einzelnen Christen, für jede Ni PP old, Ziele u. Vorgeschichte.

2

18 Kirche, welche diese Aufgabe in ihren Bereich zieht, für die Verbindung der verschiedenen Kirchen untereinander, für die Fortbildung der theologischen Wissenschaft, für die gesamte Cultur und vor allem für den Zukunftsblick im Lichte der Weissagung unsres Herrn bedeutet. Diese Ausführungen durften aber in Zürich überhaupt nicht begonnen werden, ohne einen dankbaren Gruß für das, was von Basel in dieser Beziehung ausgegangen war, und ebenso darf ich hier in Barmen nicht weiter reden, bevor ich hier eben auch das ergänzend hinzufüge: was so lange hier im kleinen, im eng­ sten Kreise versucht wurde, es hat auch die Zeit erlebt, wo es von den Dächern gepredigt wird. Was unsre deutsche Colonisation in Südafrika heute versucht, sie kann es doch nur, weil ihr die Pioniere der Barmer Mission den Boden geebnet haben. Auf demselben Gebiete lagen nun aber auch zugleich die großen Gedanken, die in dem Evangelischen Bunde ihre Verwirklichung suchten; denn es war diese Mission, die uns das gab, was wir wissenschaftlich unsre Katholicität oder unsre Oecumenicität nennen, daß wir eben den Blick auf den Gesamtumfang des Himmelreichs im Ge­ danken unsres Herrn richten. In jedem seiner Gleichnisse liegen die großen Ideale des Katholicismus (als des christ­ lichen Universalismus) und des Protestantismus (als des christlichen Individualismus) neben einander. Diese Ideale sind im Lause der Geschichte zeitweilig auseinandergetreten, aber an sich stehen sie nicht mit einander im Krieg. Daß wir sie wieder.verbinden lernten, verdanken wir jedoch ge­ rade der Mission. In ihren Kreisen wurde der Blick zuerst wieder geweitet von der einzelnen Sondergemeinschaft auf das große Ganze. Damit wurde uns aber zugleich zum ersten Male die Möglichkeit der internationalen Abwehr ge-

19

geben: gegen die internationale Macht Roms. Es ist vor allem das gewaltige Buch D. Warneck's, das ich auch hier wie in Elberfeld in Erinnerung rufen möchte als eine protestantische Beleuchtung der römischen Angriffe auf unsre evangelische Mission. Das ist eben eins der Ereignisse, eine der Taten, die in der Vorgeschichte des Evangelischen Bundes die größte Bedeutung gewonnen hat, und von hier aus sind wir nun ohne unser Zutun von selbst weiter und weiter geführt worden. Wenn es mir dabei persönlich eine recht eigentliche Herzensfreude gewesen ist, hier neben dem verdienstvollen Führer der christlich-socialen Richtung im Rheinland auftreten zn dürfen, ich darf ich daneben doch erwähnen, daß wir auch in Jena schon nach der gleichen Richtung hin tätig gewesen sind. In unsrem jungen studentischen Missionsverein haben Kurze und G runde mann schon gesprochen, auch Paulus Cassel ist dagewesen, und im nächsten Winter wird ein früherer Barmer Missionar von seiner Tätigkeit in Borneo berichten. So haben wir uns auf dem Gebiete der Mission gefunden, aber es hat darum auch seine guten Gründe gehabt, daß D. Warneck von Anfang an unter den Vorkämpfern des Evang. Bundes gestanden hat. Ich möchte nur bei jedem der Punkte, die ich hier zu berichten habe, wünschen, daß ich sie genauer ausmalen dürfte. Denn genau das Gleiche, was von der Mission gilt, gilt ja auch weiter von der Diaconissensache. Ich kann aber hier nur kurz daran erinnern, wie schon in Frankfurt a. M. Pastor Fliedner von Madrid auf diese Seite auch der Tätigkeit des Evangelischen Bundes hinge­ wiesen hat, und wie schon von Frankfurt aus die Mahnung an unsre evangelische Christenheit erging, gerade diesen Auf­ gaben der evangelischen Gemeinden mehr Kräfte zuzuführen. 2*

20 Und wie in diesen beiden Fällen schon die Namen es be­ sagen, es sind die Männer, welche bisher schon

an

der

Spitze solcher Vereine standen und darauf Hinweisen: wir haben die Ergänzungen nötig — so war es auch sonst. durfte

weiter

der verdiente Präsident

des

So

gottgesegneten

Gustav-Adolf-Vereins, Fricke, in Halle darauf hinweisen, wie

gerade seit der Gründung des Evangelischen Bundes

die Gustav-Adolf-Vereine sondern

bedeutende

nicht

Beiträge

etwa

Beiträge verloren,

hinzugewonnen haben.

Ich

glaube daher, die These, welche ich vorher an die Spitze stellte, wie die bisherigen Vereinsbildungen von selber auf die Notwendigkeit ihrer

Ergänzung

bedarf keines weiteren Beweises.

hinweisen, diese These Wol würde ich

gerne,

wenn die Ueberfülle. des Stoffes es gestattete, auch noch auf die zahlreichen andern Vereinsbildungen näher eintreten: von dem Verein für Reformationsgeschichte bis zu den Vagabundenasylen

und Ferieneolonien, von den Jünglingsver­

einen bis zur Diasporaconferenz, um es darzulegen, wie überall gleich sehr die zersplitterten Kräfte der Zusammen­ fassung bedürfen, wie es kein Lebensgebiet mehr gibt, auf dem wir nicht die Früchte des Evangeliums sichern müssen vor den päpstlichen Unterdrückungsgelüsten.

Aber der schla­

gendste Beweis ist ja doch einfach darin gelegen, daß in den kirchlich lebendigen Kreisen unsrer Gemeinden solches Bedürfnis geweckt wurde.

überall

ein

Außerdem bin ich in der

erfreulichen Lage, diese Tatsache speciell hkr am Orte damit belegen zu können, wie gerade aus der schon mehrere Jahre, bevor der Bund ein solcher

Wunsch

hiesigen

Gegend

gegründet wurde,

Ausdruck gefunden hat.

Es

ist ein

Brief aus dem Jahre 1883: an Professor Schlottmann in Halle

gerichtet, aus dem ich ein par Worte anführen

21 möchte. Ich habe zwar kein Recht, den Verfasser dieses Briefes zu nennen; aber der Inhalt gehört sicherlich hier­ her. Der Brief lautet: „Die Lutherfeier rückt immer näher; Wittenberg steht vor der Tür, aber was geschieht, damit diese Feier einen dauernden Segen dem deutschen Volke hinterläßt? Wollen wir nur feiern und weiter in Spaltung und Jndifferentismus ruhig zusehen, wie die Errungenschaften der Refor­ mation dem deutschen Volke mehr und mehr abhanden kommen, wie auf der einen Seite durch den Materialismus mit seinem Gefolge crassesten Unglaubens, auf der andren Seite durch den Vaticanismus, der mit Eifer und leider Gottes mit großem Erfolge um sich greift, das evangelische Bewußtsein dem deutschen Volke immer mehr schwindet? Wäre es nicht angesichts der Begebenheiten gerade in letzter Zeit auf socialem und kirchenpolitischem Gebiete hoch an der Zeit, die Evangelischen Deutschlands aufzurufen zur Einig­ keit, zur Tätigkeit? Und wenn diese Frage im Lutherjahre nach Wittenberg hin gerichtet wird, sollte nicht gerade Wittenberg der Platz sein, in einer öffentlichen Versamm­ lung zur Gründung eines deutsch-evangelischen Vereins auf­ zufordern mit folgendem Programm: Der deutsch-evange­ lische Verein stellt sich die Aufgabe 1. das evangelische Bewußtsein im deutschen Volk nach allen Seiten hin zu stärken und neu zu wecken, vor allem in der Bekämpfung des Jndifferentismus, und 2. die Betätigung dieses Be­ wußtseins im practischen Leben anzuregen und zu fördern." Ich habe erst vor wenigen Tagen Kenntnis von dem Briefe erhalten; Sie sehen aber alle, das Programm unsres Evangelischen Bundes liegt imgrunde schon in diesem Briefe aus dieser Gegend.

22 Als die zweite These hatte ich aufgestellt: In allen unsren kirchlichen Denominationen hat sich das gleiche Bedürfnis geregt, und so liegt hier zugleich die Hoffnung, daß auch manche Trennungen,

manche Spaltungen, die bisher

stattgefunden haben, sich ebenfalls überwinden lassen.

Dürfte

ich das nun näher ausmalen, so würde ich zunächst aus unseren Landeskirchen, von dem Königreich Sachsen bis zum Königreich Württemberg, und von den Hansestädten an bis nach Bayern hinein, eine Reihe von Daten zusammenstellen. Aber andres ist noch wichtiger, und

so will ich nur

kurz

das jetzt erklären, was ich früher schon abschweifend vor­ hergeschickt, daß auch außerhalb unsrer Landeskirchen der Ge­ danke eines Bundes» der über die Grenzen unsrer Landes­ kirchen hinaus die evangelischen Christen verbindet, gezündet hat.

Ich darf dies zunächst constatiren von den Kreisen der

Brüdergemeinde, die von Anfang an sich auf das wärmste für unsren Evangelischen Bund interessirt haben.

Ich darf

es weiter betonen von dem amerikanischen Zweige des Metho­ dismus, der eine Reihe der großartigsten Anstalten und Vereinigungen ins Leben gerufen hat, von denen wir noch vieles zu lernen haben, wo aber auch auf der andren Seite das Gefühl immer wieder wach wird: die haben dort auch wieder unsre deutsche Hülse, unsre deutsche Wissenschaft nötig. Wenn irgend, so ist dort drüben in Amerika — und ich könnte hier hervorragende Persönlichkeiten nennen — unser Evangelischer Bund, noch bevor er ins Leben getreten war, mit Jubel begrüßt worden.

Es gibt manche verschrieene

Ketzernamen, aber wenn man sich näher mit den Dingen beschäftigt, dann erkennt man, daß doch überall ein gewisser idealer Zusammenhang vorhanden ist, und ich kenne keine solche Gemeinschaft, die blos durch menschliche Willkür ins

23 Leben getreten wäre.

Wenn eine Reihe von Männern, die

Opfer bringen für ihre Ueberzeugung, sich in gemeinsamer Ueberzeugung zusammengefunden hat und eine Gemeinschaft begründet,

die

über die einzelne Generation hinausreicht,

dann gibt uns das zu denken.

Da sind zum Beispiel die soge­

nannten Jrvingiten und die sogenannten Darbysten.

Ich

gehe hier nicht auf die Unterscheidungen ein, die unsre landes­ kirchliche Auffassung von jenen trennen.

Aber ich darf wieder

constatiren, der Gedanke des Evangelischen Bundes zündete sowol in

dem einen wie in dem andren Kreise: da finden

die Freunde von Irving das wieder, was ihnen die Ideale der Apostolicität der Kirche zu sein schienen, da finden die Freunde Darby's ihr allgemeines Priestertum wieder, und so sehnt man sich hüben und drüben wieder nach engerer Gemeinschaft, auch mit unsrer Kirche.

Genau das Gleiche

gilt von unseren gerade im letzten Jahrzehnt sich so bedeut­ sam wieder aufraffenden Mennoniten.

Und so möchten

sich überhaupt alle diese kleineren Gemeinschaften in ein Ver­ hältnis zu uns stellen, das ich wol am besten mit dem der zugewandten Orte in der alten Eidgenossenschaft vergleichen kann.

Besonders

rührend

war schon

in Frankfurt,

wie

dort bereits der gegenwärtige Leiter des deutschen Tem­ pels zugegen

war, der

an im Namen seiner der

palästinensischen

mit warmem Sinn von Anfang

Gemeinschaft und auch Colonieen

unsren

im Namen

werdenden

Bund

begrüßte. Es genügen diese Daten aus der Vorgeschichte unsres Ver­ eins gewiß, um es Ihnen lebendig vorzuführen: wenn alle diese Gemeinden in den verschiedensten Formen mit uns sich zu­ sammenfinden lernen,so erkennenauch wir,das haben nicht schwache Menschen, das hat nicht menschliche Weisheit und menschliche

24 Klugheit zustande gebracht.

Aber nun weiter: auch alle unsre

Richtungen, alle unsre Gruppen suchten ja nadfo „einet Form, um dieselben Ziele zu erreichen. Eigentliche Gegner haben sich nur

in einer Gruppe

gezeigt, die sich

zusammengefunden

hatte in Hamburg auf der Allgemeinen lutherischen Conferenz des Vorjahres.

Und doch, wenn wir den Verhand-

lungen nachgehen, sehen wir, die Leute haben doch die gleichen Bedürfnisse erkannt, und auch sie suchen diesen Bedürfnissen entgegenzukommen.

Früher

oder

später

werden

sie

sich

doch mit dem Evangelischen Bunde insoweit begegnen müssen, daß sie die Waffen, die der Bund ihnen in die Hände gibt, auch ihrerseits gebrauchen.

Und sie werden es schon besonders

von ihren

Freunden

amerikanischen

hören,

wie

dort

in

Amerika die Dinge liegen, wie dort der Einfluß des Papis­ mus gestiegen ist.

Doch ich habe diesen Punkt bereits in

Elberfeld berührt, und hier ist noch zu viel andres hervor­ zuheben.

So lassen Sie mich denn weiter neben diese all­

gemeine lutherische Kirchenconferenz zunächst die Evange­ lische

Allianz stellen.

Auch mit ihr haben allerlei Be­

rührungen und Beziehungen stattgefunden,

natürlich

nicht

officiell, aber schon in der Zeit als unser Evangelischer Bund noch ganz im Entstehen war.

Ich betone das: nicht officiell,

denn es ist ja daran Kritik geübt worden, daß nicht die Vor­ stände der verschiedenen Parteigruppen als solche vorher zum Beitritt angegangen worden seien.

Aber wir wären auf dem

Wege gewiß nicht zum Ziele gekommen, und ähnlich liegt es bei den andren großen Vereinigungen.

Gerade die Ziele der

Evangelischen Allianz und des Evangelischen Bundes aber berühren sich mannigfach, und die gemeinsame Arbeit wird nicht ausbleiben. suche gemacht.

Es sind daneben aber noch andere Ver­ In den letzten Jahren war mehrfach, und

25 besonders aus den Kreisen, welche dem seligen Präsidenten des preußischen Ober-Kirchenrates Dr. Herrmann nahe standen, der Gedanke aufgetaucht: ist es nicht möglich, den alten Kir­ chentag wiederherzustellen und ihm allgemeine Bedeutung zu geben?

zugleich

eine größere

Die Männer, welche die­

sen Gedanken hatten, haben dann wieder zu den Ersten ge­ hört, welche ihren Wunsch im Evangelischen Bund erfüllt sahen.

Es wäre weiter noch manches beizufügen aus den

Kreisen des Protestantenvereins, und ich würde mich nicht scheuen, so dellcat eine solche Frage sich auch anläßt, auch

hier

zählen.

rückhaltlos

eine

Reihe

von

Daten

zu

die Fülle der Tatsachen mich zu weit führen würde, es

er­

Ich muß nur deshalb darauf verzichten, weil eben

wäre

dann auch

so

manches

nicht

zu

und

verschweigen,

was an Urteilen gefällt wird von Leuten, die niemals die Dinge, wie sie in Wirklichkeit sind, kennen gelernt haben. So wäre hier zum Beispiel, um wenigstens so viel zu er­ wähnen, sofort die Behauptung, die in verschiedenen Zeitun­ gen und Kirchenblättern so lange stand, richtig zu stellen, daß Jena das Hauptquartier des Protestantenvereins sei.

Die Ueberlieferungen

der Jenaer Facultät

und

die

Stellung ihrer alten Führer sind wirklich andrer Art gewesen. Wol aber ist es für mich persönlich

ein

Ehrenpunkt,

es

hier nicht zu verschweigen, daß, als ich das erste mal hier im Wuppertal sprach, ich in einem Protestantenverein ge­ sprochen habe.

Ich führe diese Tatsache aber grade des­

halb

gerne

an,

auch

in den Kreisen des Protestantenvereins,

um daran die andere anzuknüpfen,

wie

bevor noch

der Evangelische Bund begründet wurde, schon der Wunsch weite auch

Verbreitung ihrerseits

zu

gefunden gewinnen

hatte, statt

eine des

breitere engeren

Basis Partei-

26 standpunktes, der nicht mit dem ursprünglichen Ziele identisch war.

Sie können dieses ursprüngliche Ziel leicht den im

hiesigen Friderichs'schen Verlage erschienenen Vorträgen und Abhandlungen Rothe's entnehmen.

Doch ich darf auf der­

artige Principienfragen nicht eintreten, die eben angedeutete Tatsache.

schulde statt dessen

Vor nicht ganz zwei Jahren

ist in Wiesbaden eine Versammlung des Protestantenvereins abgehalten worden, wo das gleiche Thema wie hier auf der Liste stand, und ich will abermals auch das nicht verschweigen, daß ich selbst gefragt worden bin, ob ich dort das Referat über­ nehmen wollte.

Denn es ist mir wieder ein eigentlicher Ehren­

punkt, es zu. bekunden, in wie selbstverleugnender Weise diese Frage an mich herantrat.

Ich hatte kurz vorher strenge Kritik

geübt und hatte, wie es die Pflicht des Historikers ist, über manche Erscheinung in der Entwickelung des Protestantenver­ eins gerade als Kritiker gesprochen. ben:

Da wurde mir geschrie­

„Wir fragen Sie unter der Voraussetzung, daß auch

wir es offen erklären, Sie sind nicht unser Mitglied, aber wir wollen gerade dadurch, daß wir Sie um das Referat bitten, zeigen, daß wir einen breiteren Boden zu gewinnen suchen." Es wäre eine schöne Aufgabe gewesen.

Ich habe ihr nicht

folgen können, weil vorher bereits andre practische Aufgaben in die Hand genommen waren.

Aber gerade, weil vielfach

über den Namen Protestantenverein die Meinungen so sehr auseinandergehen, darum

habe ich

auch hier die Tatsache

constatiren wollen, in welcher Weise man in Wirklichkeit in jenen Kreisen gesinnt war. Aber die Hauptsache, der Mittelpunkt von alledem, woraus der Evangelische Bund diesen Dingen noch nicht.

erwuchs, liegt doch

auch in

Er liegt auch nicht in dem instincti-

ven Bedürfnis, das gleich sehr auf der Allgemeinen lutherischen

27 Conferenz

wie in den Kreisen des Protestantenvereins

sich

regte.

Es war vielmehr obenan eine gemeinsame prac-

tische

Arbeit nötig, um die Männer zusammenzuführen,

die dann auch andre zur Mitarbeit aufriefen.

Und wo liegt

nun der erste Anfang dieser practischen Arbeit? Er liegt in Württemberg.

Dort waren, obgleich die württembergische

Kirche lange Zeit in so vielen Beziehungen eine Muster­ kirche genannt werden durfte, die Verhältnisse unter dem Mittnacht'schen Regiment allmählich so eigentümlich geworden durch die Umgarnung, welche auch dort stattfand, mit allen möglichen ultramontanen Anstalten und durch alle möglichen Kanäle, daß man sich sagte: so kann es nicht bleiben.

So

wurden denn allerlei Flugschriften an die Hand genommen, um zunächst einmal jene doch gar zu wunderbare Sachlage vor der Oeffentlichkeit zu beleuchten.

Man fand aber keinen

Verleger, bei dem so etwas herausgegeben werden konnte. Es

ist

das

sicherlich

eine merkwürdige Parallele zu der

Ihnen aus nächster Nähe bekannten Erscheinung, daß Pfarrer Thümmel in Elberfeld keinen Verteidiger fand, so daß dieser Verteidiger auswärts gesucht werden mußte.

Sind es aber

nicht überhaupt merkwürdige Verhältnisse, wenn man gerade solche Parallelen

nebeneinander stellen muß?

Genug, die

Württemberger kamen zu uns mit der Bitte, ihnen einen Verleger zu schaffen.

Da haben wir

ihnen den Verleger

in Halle angewiesen, wo schon in den letzten Jahren eine Reihe ähnlicher Schriften herausgegeben waren.

Man soll

neben diesen in Halle erschienenen Schriften gewiß auch andere nicht vergessen.

Es ist auch in Duisburg mit besonderer

Betonung hingewiesen worden auf das, was die im hiesigen Hugo Klein'schen Verlage erscheinenden Heftchen für die Feste und Freunde

des Gustav-Adolf-Vereins und

die Samm-

28 1 mißen der Natorp'schen Bruderliebe bedeuten, und was in der letzten Zeit hinzugekommen ist an Wiemann'schen 33er» öffentlichungen.

Damals aber, als die Württemberger unsere

Hülfe nötig hatten, war Halle der gegebene Ort.

Da sind

also zunächst diese württembergischen Broschüren mit der Be­ leuchtung der confessionellen Zustände in Württemberg, aus welchen noch heute so viel zu lernen ist, erschienen. es

regten

sich

bald

Aber

noch weitere Bedürfnisse, und diese

wurden besonders von Nom aus geäußert.

Rom spielt über­

haupt eine große Rolle in der Geschichte des evangelischen Protestantismus unsres Jahrhunderts.

Unsre kleine evan­

gelische Gemeinde in Rom ist ein Licht auf dem Leuchter, an ihr haben eine Reihe der bedeutendsten Persönlichkeiten unsrer Kirche nach einander gearbeitet.

In diesem Kreise

war es denn auch, wo — im Anblick der internationalen Macht Roms

und der

Beherrschung der gesamten

Presse

durch

die Fiction von einem Friedenspapste — der Gedanke zuerst in einem kleinen Kreise besprochen wurde, der Gedanke, welcher seine Erfüllung gefunden hat in der „Kirchlichen Corre­ spond enz" des Evangelischen Bundes, welche an die ver­ schiedensten Zeitungen gesandt wird. Arbeiten,

der verschiedensten

Parteirichtungen

Das waren also schon verschiedene practische

wozu

man

sich

zusammenfand.

Dazu

kamen

dann andere größere in der Provinz Sachsen, die ihr Er­ gebnis teilweise gefunden haben 'bei den Verhandlungen der letzten

sächsischen Provinzialsynode,

schiedenen

kirchlichen

wo Männer der ver­

Fractionen sich sagten:

„Haben wir

denn nicht außer dem, was uns trennt, noch andere bessere Dinge, die wir gemeinsam haben?

Lassen Sie uns doch

anfangen, diese Dinge in den Vordergrund zu stellen!" So waren also schon lange in der verschiedensten Weise

29 die Herzen, die Gemüter bewegt, und aus einer solchen Be­ wegung gingen dann jene einzelnen Beratungen, jene mancher­ lei Correspondenzen hervor, über die ich hier nun auch ganz rückhaltlos berichten möchte. nötigt,. mich

kürzer

kurze Daten. in

Aber ich bin nun leider ge­

zu fassen.

Es hat

Immerhin

zunächst

in Halle

noch

ein par

eine Conferenz

engstem Kreise stattgefunden bei Gelegenheit einer Ver­

sammlung Sachsen.

der

Evangelischen

Vereinigung

der

Provinz

Ich sage: eine Versammlung im engsten Kreise;

denn unter denen, welche von auswärts dort hinkamen, sah man gar manche Männer aus Halle selbst nicht, die man in erster Reihe zu finden gedacht hatte. mann nicht, Jaeobi nicht.

Man sah Schlott-

Ich darf beide Heimgegangene

hier nennen, weil sie sich ja sowohl vorher wie nachher so große Verdienste um unsere Sache erworben haben.

Als man

fragte, warum sind die nicht dabei? bekam man zur Antwort: weil sich bei ihnen von selbst versteht, daß sie hier mitarbeiten, aber es ist zunächst eine kleinsten Kreise nötig, sicher weiß,

geschäftliche Beratung im aller»

und die Männer,

daß sie diese Gedanken ebenfalls selbst teilen,

werden nicht empfindlich sein, Einladung.

von denen man

sie brauchen keine besondere

Ich will nicht sagen, daß die Art, wie derar­

tige Gesichtspunkte auch weiterhin durchgeführt wurden, immer eine ganz glückliche war.

Es hat dann ja auch in der Tat

in Berlin und anderswo nicht an verletzten Empfindlichkeiten gefehlt.

Aber das darf ich zugleich dem gegenüberstellen: von

allen den Männern, die sich allmählich zusammengefunden, ist die

gleiche Selbstverleugnung geübt worden.

Nur auf

diese Weise haben die gewöhnlichen menschlichen Schwächen, die Ecken und Kanten, mit denen jeder Mensch, auch jeder Christ, nach wie vor zu ringen hat, so bald sich abschleifen

30 lassen. Doch genug! Jene Versammlung also wählte ein kleines Comite, zunächst aus fünf, dann aus sechs Män­ nern bestehend, die beauftragt wurden, jeder in seinem Kreise in Briefwechsel mit anderen Freunden zu treten, die zunächst einmal über die Lebensfähigkeit der Gedanken, die man in sich getragen hatte, befragt werden sollten. Von allen diesen Dingen aber darf ich nicht reden, ohne obenan wieder eines Heimgegangenen dankbar zu gedenken. In der Duisburger Versammlung ist schon ein Wort rührenden Dankes dem seligen Professor Niehm nachgerufen worden. Wenn ich vorhin sagte, ohne die evangelische Mission hätten wir den Evan­ gelischen Bund nicht, so darf ich es nun ganz besonders von Niehm bekunden, daß er es gewesen ist, dem es ge­ geben war, die verschiedensten Männer zu einigen. Es sind trotzdem noch manche schmerzliche Erfahrungen gemacht worden, als ablehnende Antworten kamen, wo man sie nicht erwartet hatte. Die Schwierigkeit der Arbeit wurde erst recht deut­ lich, nachdem man sie wirklich an die Hand genommen hatte. Aber man kam langsam weiter. Und so konnte denn zur Erfurter Versammlung eingeladen werden. Wie gerne möchte ich hier nun noch wenigstens einige kleine Daten einschalten, mit welchen Schwierigkeiten unser Werk zu tun hatte, wenn in den Sitzungen zunächst eine Reihe von Mit­ teilungen entgegengenommen werden mußten, und man über den Mitteilungen nun nicht dazu kam, sich zu verständigen über das, was zu tun sei. So hatte man beispielsweise einen ganzen Tag getagt und war nicht weiter als vorher. Und nun stand die Erfurter Versammlung vor der Tür. Da war dann am Vorabend eine neue Beratung in Er­ furt selbst, und da haben die unpractischen Gelehrten, die bis dahin vorwiegend mit einander beraten hatten, den

31 ihnen von Gott gegebenen Leiter bekommen in dem Grafen v. Wintzingerode, dessen gewichtiges Verdienst Sie seit der Duisburger Versammlung ja alle kennen. Ich sollte nun noch näher auf die Erfurter Versammlung zurück­ kommen; aber ich sehe, das Thema ist zu grob gewesen, und so will ich mich lieber auf diesen Teil der Vorgeschichte beschränken. Auch die weitere Geschichte darf ja allerdings jetzt bis in alle Einzelheiten mitgeteilt werden, und es ist eine Fülle wahrhaft ergreifender Tatsachen, die in der Ver­ bindung miteinander doppelt ergreifend sind. Aber lassen Sie mich heute nur das Gefühl noch einmal aussprechen, das von Anfang an und bei den immer neuen Schwierig­ keiten, bei den immer neuen Hemmnissen uns alle immer wieder ergriffen hat: hier ist nicht etwas, was Menschen tun konnten, „Gott will es."

Nachwort.

Die

Separatausgabe

der vorstehenden

kleinen Reden

bedarf einer kurzen Erläuterung, die dann gleichzeitig Gele­ genheit zu einem etwas eingehenderen Nachwort bieten mag. Daß es sich hier um keine ausgearbeiteten und gefeilten Vor­ träge handelt, sondern um Kinder des Augenblicks, wird der Leser ihnen sofort anmerken.

Dieselben sind aber zu­

nächst auch nur für den speciellen Kreis bestimmt gewesen, an den sie sich richteten. deutschen Zeitung"

Erst das Stenogramm der „West­

ersetzte

die

fehlende Niederschrift und

bot zugleich die Gelegenheit zur nachträglichen Revision durch den Verfasser.

Damit wurde es ihm aber zugleich zu einer

recht eigentlichen Pflicht, auch den Lesern der „Protestan­ tischen Kirchenzeitung"

Kenntnis

gesprochenen Worten zu geben.

von den im Wupperthal Wie sich jedoch in solchen

Dingen überhaupt der erste Schritt von selber den andern anreiht, so entstand nun schließlich noch der weitere Wunsch, in derselben Weise, wie die gleichzeitig gehaltenen trefflichen Reden von Pfarrer Lic. Weber, auch diese den seinigen sich anlehnenden Worte den allgemeinen Bundeszwecken dienstbar zu machen*). *) Die Vorträge von Lic. Weber sind unter dem Titel: „Wer soll und muß dem E. B. beitreten?" im Separatabdruck aus der „West­ deutschen Zeitg.", Därmen, Wiemann, erschienen (Preis 10 Pfg; 100 Ex. 5 Mk.; 1000 Ex. 25 Mk).

33 Auf diese Weise läßt sich nun aber zugleich wenigstens in etwa die Lücke ausfüllen, welche sich aufdrängen wird, wie dem Verfasser.

dem Leser ebenso

Der erste Anlaß für

das in Barmen gewählte Thema war die bezüglich der Ur­ sache der Gründung des Bundes von Herrn von Hammer­ stein abgegebene Erklärung und der daraus hin entstandene Briefwechsel mit den Herren C. R. Leuschner und Pfr. Thümmel.

Mit dem Eintreten auf diese Controverse aber hatte

der mündliche Vortrag mehr in Aussicht gestellt, als er wirk­ lich zu halten vermochte.

Allerdings schließt die Vorgeschichte

des Bundes mit der Erfurter Versammlung vom 5. Oetobet 1886.

Mit dieser letzteren beginnt die wirkliche Ge­

schichte; dort ist die „Gründung"

des Bundes

beschlossen.

Eben darum aber mochten diejenigen, welche jene Controverse kannten, vor allem erwartet haben, über die in Erfurt ge­ faßten Beschlüsse etwas Näheres zu hören. in Barmen

selbst

jedoch

nicht

Auf diese konnte

mehr eingegangen werden.

So die einfache Ursache, weshalb der Wunsch einer nachträg­ lichen Ergänzung laut wurde. Schon die ganze Vorgeschichte des Bundes ist nun frei­ lich ein einziger fortlaufender Belag dafür, daß die von dem Chef-Redacteur der „N. Preuß. Ztg."

vertretene Meinung

über die Ursachen des Bundes schlechterdings jeder Stütze in den Tatsachen entbehrt. ten Tatsachen

geben

Zum Vergleiche mit jenen schlich­

wir jedoch der

in No.

287 d. Bl.

abgegebenen Erklärung auch hier vollen Raum: „Die Libe­ ralen gründeten den Bund um den Orthodoxen nicht den Ruhm zu lassen, daß sie das evangelische Bewußtsein zuerst wieder wachgerufen hatten.

Das haben uns noch neuerdings

in die Entstehungsgeschichte des Bundes durchaus eingeweihte Leute bestätigt."

Der

innere Gehalt

Nippold, Ziele u. Vorgeschichte.

dieser

in No. 310 3

34 aufrecht erhaltenen Erklärung ist von dem Schriftführer des Bundes genügend beleuchtet.

Nichtsdestoweniger ist dieselbe

nach wie vor in einflußreichen Blättern so hingestellt worden, als ob ihr doch irgend etwas Tatsächliches zu Grunde liegen könnte.

Zur Ergänzung der im Obigen gegebenen Vorge­

schichte

will daher hier wenigstens noch insoweit auf den

Verlauf des Erfurter Tages

und dasjenige,

was

daran

weiter sich anschloß, eingegangen werden, als auch diese Dinge die directeste Widerlegung jener Erklärung einschließen. Am liebsten wäre ich freilich

schon in Barmen selber

noch mit auf den Erfurter Tag eingegangen, d. h. gerade in demselben Kreise, in welchem seinerzeit Frhr. von Ham­ merstein für seine bekannten Anträge eine Aufnahme gefunden hatte.

so sympathische

Denn es wäre gewiß nicht unwe­

sentlich gewesen, eben in diesem gleichen Kreise es unzwei­ deutig constatiren zu können, wie bereits in Erfurt etwa gleich viel Freunde

und Gegner jener kirchenpolitischen

zusammengetroffen sein mögen.

Anträge

Es ist in der Tat für die

Folgezeit nicht ohne innere Bedeutung gewesen, daß schon bei diesem ersten Anlaß von allen Seiten gleich sehr betont werden durfte,

wie die persönliche Stellung zu jenen An­

trägen von der Teilnahme am Bunde durchaus unberührt bleiben müsse.

Ja man könnte sogar eher von einer diesen

Anträgen günstigen Stimmung unter den Versammelten reden. Die Freunde derselben haben nämlich gerade in dem,, was sie gegen das bisherige Vorgehen kritisch einwandten, allge­ meinste Zustimmung gefunden.

Gleich das erste Wort der

Kritik ist auf keinen Einwand, sondern auf volle Zustimmung gestoßen.

Den Unterzeichnern der ersten Einladung gegen­

über ist damals ganz offen gesagt worden: „Was stellt ihr doch an? Ihr nehmt etwas in die Hand, was auch unsern

35 vollsten Beifall

hat.

Ihr verlangt

dafür ein allgemeines

Vorgehen, wollt die Parteien sammeln. ist nur von Mitgliedern unterzeichnet.

Aber euer Aufruf

der Mittelpartei und der Linken

Wie könnt ihr erwarten, daß man anderswo

an euren guten Glauben glaubt, daß ihr kein Parteiunter­ nehmen beabsichtigt?" Aber die offene Frage hat eine ebenso offene Antwort

gefunden:

„Eben darum haben wir euch

für heute eingeladen, um gemeinsam mit euch zu beraten. Ihr werdet sofort erkennen, daß das Gegenteil jener Be­ fürchtung das Rechte trifft, wenn ihr eurerseits euch einfach bitten laßt, mit an die Spitze zu treten und die Leitung dessen, was ja erst begonnen werden muß, mit in die Hand zu nehmen". Mit demselben rückhaltlosen Vertrauen sind auch fürder, hin gerade die schwierigsten Fragen am offenherzigsten be­ handelt.

Der so sichtlich auf dem ganzen Werke ruhende

göttliche Segen ist wol nicht am wenigsten dadurch bedingt gewesen, daß nicht nur die Personen, sondern auch die durch sie

vertretenen

Richtungen

stets

der

Mahnung

eingedenk

blieben: „Durch Demut achtet euch untereinander, einer den andern

höher,

denn

sich selbst.

Dienet einander,

ein

jeglicher mit der Gabe, die er empfangen hat, als die guten Haushalter der mancherlei Gabe Gottes." Nur auf diesem Wege konnte hüben und drüben gleich sehr die Erfahrung aufs Neue gemacht werden, welche schon die Emmausjünger sich gegenseitig bezeugten: „Brannte nicht unser Herz auf dem Wege, als er uns die Schrift öffnete?" Die schwere Notlage unserer unter die Füße getretenen Kirche hatte sich auch den heutigen Jüngern des Herrn unter das Gericht seines Wortes stellen müssen (eines Wortes, welches in der Geschichte wie des Einzelnen so der Kirche sich stetig

36 neu wiederholt): „Mußte nicht Christus solches leiden, um zur Herrlichkeit einzugehen?" allen Genossen solcher das

gleiche

Gefühl

Menschen machen de geworden".

Eben darum ist aber auch in

unvergeßlichen Tage immer wieder

geweckt können,

worden: das

Nur das

ist

„Das durch

haben Gottes

nicht Gna­

eine stille Gebet hat die mit

einander arbeitenden Männer getragen, daß nicht irgendwie das eigene Ich schädlich einwirken möchte, daß jeder einzel­ ne

wie

alle

zusammen

davor

bewahrt

werden

möchten,

durch persönliche Fehlgriffe dem Werke Gottes Schädigung zu bereiten. Gerade aus einer solchen Sachlage heraus ist nun aber gerade dem Schreiber dieser Zeilen jene Erklärung immer unerklärlicher geworden: „Die Liberalen gründeten den Bund um den Orthodoxen nicht den Ruhm zu lassen, daß sie das evangelische Bewußtsein zuerst wieder wachgerufen hätten." Wenn auf einen der Teilnehmer an der ersten Einladung die Definition des „Liberalen"

zutrifft, so ist es sicherlich

bei dem „Jenenser" gewesen, der überhaupt einzige Vertreter der sog. „Liberalen" war.

damals

der

Merkwürdiger

Weise ist nun gerade seine persönliche Stellung zu dem Kern der Hammersteinschen Antrüge

eher

antipathische

einem aus

zu

nennen.

Bei

eine sympathische als der

rheinischen

Kirche, deren schönste Tradition in der Entscheidung kirch­ licher Dinge nach kirchlichen Gesichtspunkten besteht, hervor­ gegangenen Theologen versteht selber.

sich das

im Grunde

von

Aber eS ist auch mehr als einmal öffentlich von mir

ausgesprochen, daß das „Gemeindeprincip" des „Protestanten­ vereins"

und die „kirchliche Selbständigkeit" der Hammer-

stein'schen Anträge eine kirchenhistorische Parallele von um so höherem Interesse bilden, da die von dem entgegengesetzten

37 Parteistandpunkte aus formulirten Forderungen um so deut­ licher den allerseits empfundenen wundesten Punkt in der ganzen kirchlichen Lage blosstellen.

Wo aber sonst in aller

Welt die „Liberalen", auf welche die Erklärung des Herrn von Hammerslein abzielt, gesucht werden sollen, wenn sie nicht einmal in Jena zu finden sind, ist wol nicht

blos

mir persönlich ein unlösbares Rätsel. Uebler jedoch noch, als die geschichtswidrige Erklärung über die „Gründung" des Bundes, ist die nachträglich für diese Erklärung vorgebrachte Entschuldigung.

Die Berufung

auf „durchaus eingeweihte Leute" hat sich aufgelöst in den Hin­ weis auf einen Brief von Herrn Pfarrer Thümmel.

Auch über

diesen Punkt ist nun zwar nicht nur bereits von Herrn C. R. Leuschner alles Nötige gesagt, sondern auch Herr Pfarrer Thümmel hat sofort von sich aus erklärt, daß er durchaus nicht

zu

jenen

„Eingeweihten"

gehöre.

Dessenungeachtet

schien es die gesamte heutige Sachlage mit sich zu bringen, einmal die ernste Frage zu stellen, wann, wo und wie über­ haupt der vielgenannte Remscheider Pfarrer in den Kreis der „Eingeweihten" eingetreten sein soll. Nachdem die Erfurter Versammlung die Gründung be­ schlossen — die Constituirung ist bekanntlich erst ein Jahr später in Frankfurt erfolgt —, hat ja die eigentliche Arbeit erst anfangen können.

Sie war der Natur der Sache nach

eine doppelte, teils von Seiten des provisorischen Vorstandes, teils die des Erfurter Preßcomites.

Beiderseits waren jetzt

erst die Beratungen ermöglicht, bei welchen man sich zum ersten Mal Auge ins Auge sah, und wo es obenan galt, jene Hemmnisse aus dem Wege zu schaffen, welche von vorn herein darin gelegen waren, daß man nur zu gut wußte, worin man sich von einander unterschied, aber sehr wenig

38 von betn kannte, was man mit einander gemein hatte.

Eine

vollständige protokollarische Geschichte dieser Verhandlungen (rote

sie zur Zeit wol nur der von

Herrn Hammerstein

so auffallend behandelte Herr C. R. Leuschner zu geben im Stande wäre) würde es zweifellos in jedem Einzelsalle zur Evidenz belegen, rote wol alle die Punkte, welche nachmals, in der Meinung damit etwas neues zu sagen, von dieser oder jener Kritik getroffen wurden, die eingehendste gemein­ same Erörterung gefunden haben.

Ueberhaupt wird alles

dasjenige, was hier in vollstem Vertrauen unter wenig Teil­ nehmern behandelt wurde, das Tageslicht niemals zu scheuen haben.

Aber es kann niemals Sache eines Einzelnen sein,

in der Veröffentlichung eines gemeinsamen Schatzes dem ge­ meinsamen Entschluß vorzugreifen. Wir gehen darum auch hier weder auf die vielfachen Beratungen ein,

über Statuten, Programm und Aufruf,

über die Zeit des öffentlichen Vorgehens wie über die vor­ herigen vertraulichen Mitteilungen, u. dgl. m., noch auf die nebenhergehenden Vorarbeiten des Preßcomitös.

Nur mit

Bezug auf den letzteren Punkt sei die allgemeine Andeutung gestattet, daß die von der Erfurter Versammlung aus den verschiedenen deutschen Kirchen gewählten Fachmänner zwar über alle die Dinge, welche überhaupt schon an die Hand genommen werden konnten, sogut rote über das, was noch vertagt werden mußte, eingehend berieten, daß aber dabei niemals sind.

innerkirchliche

Parteiungen

in

Frage

gekommen

Nur ein einziger Grundsatz ist von Anbeginn strict

eingehalten,

alle

diese

Parteiungen

absolut

fernzuhalten.

Um die Ausführung dieses Grundsatzes zu ermöglichen, ist in den Bundesorganen prinzipiell auf keinen innerprotestan­ tischen Angriff reagirt worden.

39 Ueber den zahlreichen dem Vorstande wie dem Comite gestellten Einzelarbeiten ist der Winter 1886/7 hingegangen. Wenn daher überhaupt einmal von „Eingeweihten" die Rede sein soll, so können dieselben doch gewiß nur in denjenigen Kreisen gesucht werden, welche sich irgendwie an einer dieser Arbeiten beteiligten. Wie schon bemerkt, kann ich mich nicht für befugt er­ achten, als einer von den dabei beteiligten ohne ausdrück­ liche Ermächtigung von den erst werdenden Dingen zu reden. Um so weniger liegt dagegen irgend ein Grund vor, es zu verschweigen, wann, wo und wie Herr Pfarrer Thümmel von den bereits fertig gewordenen Dingen die erste Mittei­ lung erhalten hat.

Bevor überhaupt der öffentliche Aufruf

ans Licht trat, waren zunächst die Reichstagswahlen abge­ wartet worden, schon aus der selbstverständlichen patriotischen Rücksicht

auf

die

Staatsmannes.

großen nationalen Ziele

des

leitenden

Jenem Aufruf hat sich am 1. April 1887,

nachdem vorher Herausgeber und Verleger gefunden worden waren, schloffen.

der Beginn der „Kirchlichen Correspondenz"

ange­

Gerade 2 Wochen vorher, wenige Tage vor dem

90. Geburtstage unseres ehrwürdigen Kaisers, ist der Ver­ fasser dieser Zeilen zum ersten Mal in Berlin mit Herrn Pfarrer Thümmel zusammengetroffen.

Während eines dorti­

gen Aufenthalts, welcher ganz anderen Zwecken diente, erfuhr ich zugleich das erste von den — der Kirchengeschichte des 19. Jahrhunderts allerdings mit Fracturschrist eingezeichneten — Vorgängen bei der Confiscation seiner Schrift und der Einleitung des Elberfelder Prozesses. Nach diesen, — an sich ja recht untergeordneten Mitteilungen

wird hier

wol



der Ausdruck der Hoffnung

erlaubt sein, daß auch die Redaction der N. Pr. Ztg. so--

40 wol die vorgenannte Erklärung über die Ursachen der Bun­ desgründung wie den späteren Rechtfertigungsversuch als hinfällig erkennen wird. Jene im Grunde so kleinlichen persönlichen Daten durften aber auch aus dem andern Grunde nicht Übergängen werden, weil es ein immer wiederholter Versuch der Gegner gewesen ist, die Sache des Evangelischen Bundes mit den Thürnmel'schen Prozessen zusammenzuwerfen. Beides hat schlechterdings nichts miteinander zu tun. Daß in Berlin ein Vertheidiger des Remscheider Pfarrers gesucht werden mußte, nachdem in Elberfeld sich keiner gefunden, geht doch die Bundesorgane ebensowenig an, wie die Schrif­ ten des Verfassers zu dieser Frage. Ganz im Gegenteil! Man ist allerseits darüber einig gewesen, daß der Bund sich schlechterdings nicht einmischen dürfe, vielmehr nur ein Einzelner auf sein Risico hin (man entschuldige die roma­ nischen Fremdwörter, sie sind hier am bezeichnendsten) das Odium auf sich nehmen dürfe, für eine gerechte Behandlung des ebenso arg gescholtenen wie hochverdienten Mannes in die Schranken zu treten. Eine Einwirkung haben allerdings die Thürnmel'schen Prozesse auch für den Ev. Bund zweifelsohne gehabt. Es ist nicht am wenigsten dem Vorgehen der Elberfelder Staats­ anwaltschaft zu danken gewesen, daß die schon vor der Er­ furter Versammlung ausgesprochene Hoffnung so bald in Erfüllung ging und der Schwerpunkt des Bundes in den Westen verlegt wurde, in die rheinische und württembergische Kirche. Jene Hoffnung bzw. der ihr zu Grunde liegende Wunsch hat gerade darauf beruht, den werdenden Bund, den Parteikämpfen der östlichen Kirchenprovinzen zu entziehen. Die Natur der hier gegebenen Mitteilungen schloß es im übrigen aus, Namen zu nennen. Nur bei diesem Zukunfts-

41 Prognostikon

scheint

eine

Ausnahme

am Platze.

Es

ist

Prof. Beyschlag gewesen, der dasselbe zuerst aufgestellt hat. Gewiß ein Grund mehr, um den Irrweg unbegreiflich zu finden, auf welchen die Redaction einer in andern Dingen häufig gut unterrichteten Tageszeitung geriet. Mögen die hier gegebenen Mitteilungen wenigstens für die Zukunft derartige innerprotestantische Controversen aus­ schließen! zu tun.

Wir

haben

insgesamt

Der Verfasser aber

Anderes

und

Besseres

darf die Behandlung dieser

heikelsten innerkirchlichen Fragen nicht abschließen ohne war» men Dank für die hocherfreulichen Belehrungen, welche ihm bei diesem Anlaß gerade aus andersgerichteten Kreisen über die unvergänglichen Lebenskräfte der evang. Kirche zu Teil wurden.

Es

scheint

ihm

dadurch zugleich

einer Zukunstshoffnung näher gerückt,

die Erfüllung

welche zur Zeit für

die Meisten wol nur wie eine Paradoxie klingt.

(Vgl. das ein­

heitliche Princip des Protestantismus, Bern'1885, S. 55): „Von der Treue gegen ihr Princip ist die Zukunft der einzelnen protestantischen Kirchen abhängig.

Die kirchliche Linke

hat diese Treue in der Verteidigung des Evangeliums gegen Materialismus und Naturalismus, die kirchliche Rechte in der Abwehr gegen Papalismus und Kryptopapalismus, die vermittelnde Richtung durch principielles Eintreten

auf die

der Zukunft gestellten Principienfragen zu erweisen."