Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben und Neuburg [51]

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Historischer Verein oon Schwaben und Meuburg

1834*1934

ZEITSCHRIFT DES HISTORISCHEN VEREINS FÜR SCHWABEN UND NEUBURG

51. BAND 1934/35

AUGSBURG 1934 J. A. SCHLOSSERSCHE BUCHHANDLUNG (F. SCHOTT)

Buch- und Kunstdruckerei Joh. Walch, Augsburg

VORWORT Schon das äußerlich festliche Gewand der Zeitschrift zeigt, daß wir vor einem Markstein in der Geschichte unseres Vereins stehen. 100 Jahre sind immerhin ein Anlaß, in die verflossene Zeit einen Rückblick zu werfen. Wohl hat der Verein fast fortlaufend in seinen Jahresberichten Rechen­ schaft über seine Tätigkeit abgelegt. Aber unübersichtlich und für manchen schwer zugänglich haben sich diese Nachrichten erhalten. So ist hier der Versuch gemacht, die Arbeit des Vereins in einer zusammenhängenden Darstellung vorzuführen. Wenn manchmal kurze Wieder­ holungen oder Ueberschneidungen erscheinen, so waren diese zum Verständnis der Einzeldarstellung notwendig. Dank soll auch an dieser Stelle dem Stadtrat Augsburg, der Kreisregierung von Schwaben und Neuburg und dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus für die zur Drucklegung gewährten Zuschüsse ausgesprochen werden. Die Vorstandschaft des Historischen Vereins für Schwaben und Neuburg D. Wilhelm Schiller.

INHALTSÜBERSICHT Gebele, Eduard: 100 Jahre Historischer Verein .

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Zenetti, Paul: Die vor- und frühgeschichtliche Forschung im Regierungsbezirk Schwaben und Neuburg (1834—1934)........................................

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Schröder, Alfred: Der Verein und die Bistumsge­ schichte

..............................................................

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Lieb, Norbert: Der Aufbau des Augsburger Maxi­ milian-Museums .................................................

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Deininger, Heinz Friedrich: Das Stadt-Archiv Augsburg als familiengeschichtliche Quelle . .

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Nachruf : M. Wanner und O. Holzer......................

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Rechnungsberichte 1931—33 ...............................

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100 JAHRE HISTORISCHER VEREIN

Von Eduard Gebele. ENTSTEHUNG UND ENTWICKLUNG.

Die 100jährige Geschichte unseres Vereins stellt sich als ein unentwegtes Wandeln auf der von Anfang an festgelegten Bahn dar. Das Vereinsziel und die Vereinsaufgaben, auf­ gestellt bei der Gründung in den Vereinsstatuten, sind bis auf den heutigen Tag die gleichen geblieben. Es ist dies immer noch1 die Pflege der Geschichte der engeren Stam­ mesheimat. Wohl wurde diese Beschränkung manchmal als zu eng empfunden, aber sie war weise und wohlbedacht. Denn nur so konnte erreicht werden, daß eine große Zahl Berufener der Beschäftigung mit der Heimatgeschichte zu­ geführt wurde. Längst vor der Gründung des Historischen Vereins hat es in Schwaben Männer gegeben, die sich mit Erfolg der Er­ forschung der Geschichte ihrer Heimat gewidmet haben. An der Wende zum 19. Jahrhundert treten uns die Namen der beiden Paul v. Stetten, Plazidus Braun, Joh. Christoph Wagenseil, Georg Wilhelm Zapf und verschiedener anderer entgegen. Aber so anerkennenswert der Fleiß und die Lei­ stungen der Einzelnen waren, so wirkten sie doch ohne strenge Fühlungnahme mit Gleichgesinnten, meist ohne ge­ genseitige Anregung und schließlich ohne ein Publikations­ organ, das ihre Gedanken und Forschungsergebnisse wün­ schenswert verbreitet hätte. Die Entstehung der historischen Vereine ist bedingt sowohl durch den Zeitgeist des beginnenden 19. Jahrhunderts wie auch durch das gehobene Selbstgefühl des jungen bayeri­ schen Staates. Die Aufklärung ist durch die Romantik ver­ drängt: eine liebevolle, verständnisinnige Versenkung in die stolze Vergangenheit der deutschen Heimat ist wohl die beste Frucht dieser Geistesrichtung. Ein mächtiges Aufblü­ hen der Geschichtswissenschaft ist die erfreuliche Folge. Es ist heute noch notwendig, daran zu erinnern, daß wir es bei der romantischen Bewegung nicht bloß mit der roman­ tischen Dichterschule zu tun haben: die wissenschaftlichen 9

Erkenntnisse dieser Richtung sind zweifellos bedeutender als ihre Literaturerzeugnisse. Sie ist eben keine bloß ästhe­ tische Bewegung, sondern bedeutet eine kulturelle Revolu­ tion, die alle Gebiete der geistigen Tätigkeit ergriff. Aber auch das frisch erwachte Selbstgefühl des jungen bayerischen Staates stand bei der Gründung der histori­ schen Vereine Pate. Durch die Einverleibung Schwabens und Frankens war der altbayerisch-pfälzische Staat we­ sentlich umgestaltet worden. Von dieser neuen staatspoliti­ schen und kulturellen Bedeutung Bayerns aus sollte nach dem Wunsche König Maximilians I. der Blick zurückgeleitet werden auf die Vergangenheit Vorerst wurde diese Aufgabe der bayerischen Akademie der Wissenschaften anvertraut Der 1. Mai 1807 brachte ihr eine neue Konstitution, die ihr einen höheren Auftrieb als bisher geben sollte. Es entstanden ihr eine Reihe neuer Forschungsarbeiten. Durch die Säkularisation war „das platte Land an historischen Hifsmitteln in eine Armut ver­ sunken, die unfehlbar auf Generationen fortwirken mußte, und deren Folgen nur der immer rege historische Geist der Nation weniger sichtbar und fühlbar machte“1. Im Vorwort zu den „Denkwürdigkeiten des Oberdonaukrei­ ses für 1820“ klagt der Herausgeber, Job. Nep. von Raiser, daß die deutsche Oeffentlichkeit das allerdings nur kurze Wirken dieses neuerwachten historischen Geistes kaum be­ achte. Dabei führt er besonders die in und für Schwaben geleistete Forschungstätigkeit an. Präsident Stichaner* in Kempten ist ein eifriger Denkmalsforscher; seine Arbeiten läßt 1808 die Akademie in zwei Heften drucken. Weitere Aufsätze veröffentlicht er laufend im Intelligenzblatt des Illerkreises. Kleine und größere Sammlungen römischer Denkmäler finden sich auf Schwabens Boden, so die des Fürsten von Oettingen-Wallerstein, des Grafen Fugger-Glött, des Pfarrers Nack in Druisheim, des Bürgermeisters Schell in Lauingen und verschiedener Privater in Augsburg. Er nennt die Arbeiten des Reichsarchivars Vinzenz von Pall­ hausen (1816) und des Stadtpfarrers Karl Prugger in Donauwörth über Römerstraßen in Schwaben und stellt damit fest, daß in unserer Heimat manches geschehen ist. Fast gleichzeitig mit der Gründung der Gesellschaft für 10

ältere deutsche Geschichtskunde zu Frankfurt a. M. im Jahre 1819 trat in Augsburg unter der Führung des Regie­ rungsdirektors Joh. Nep. von Raiser3 eine Gesellschaft von Altertumsfreunden zusammen, die im September 1819 die Römermonumente Augsburgs aufnahm und verzeichnete und „zur besseren Aufbewahrung der noch vorhandenen und interessanteren Denkmale geeignete Einleitungen traf’4. Ihr gehörten als Mitglieder an: der Regierungsrat und Stadt­ kommissär, spätere Finanzminister, Dr. Ludwig Wirschinger, Gymnasialrektor und Bibliothekar Dr. D. E. Beyschlag, der frühere Benediktiner von St. Ulrich Plazidus Braun, die kgl. Bauinspektoren Joh1. Nep. Bürgel und Michael Voit und der städtische Baurat Balthasar von Hößlin. Es war dies die Geburtsstunde unseres Historischen Vereins. Aus den Bestrebungen dieser losen Gesellschaft ist der Historische Verein entstanden, aus ihren Publikationen die Vereinszeitschrift. Besinnung auf vergangene Größe und neu erwachtes vaterländisches Gefühl waren bei Raiser’s Gründung ebenso die Triebfeder wie bei jener der Gesell­ schaft für ältere deutsche Geschichtskunde, die übrigens am 27. Juli 1819 Raiser zum Mitglied wählte®. Die Forschungsergebnisse der Augsburger Gesellschaft ererschienen in einer Beilage zum Kreisintelligenzblatt, die auch separat gedruckt wurde. Zu bescheiden schreibt Rai­ ser, daß diese „in kurzen Mußestunden geschriebenen, bo­ genweise abgebrochenen Ausarbeitungen nur Liebhaberei ohne Anspruch auf Kunst oder Vollkommenheit “ seien. Ein namhafter Historiker, der bereits genannte Koch-Stern­ feld, urteilt darüber anders*: „...ferner ist es Regierungs­ direktor Raiser, der von Augsburg aus, der alten Augusta Vindelicorum, wo schon Marcus Welser die vielen römi­ schen Denkmäler vorzüglich zum Augenmerk nahm, und über Schwaben hin, wo, von Kempten her, zu gleichen Forschungen der Herr Präsident von Stichaner entgegen­ gekommen war, die römische Archäologie und Topogra­ phie, und sofort auch die des Mittelalters, daran an­ knüpfend, mit außerordentlichen Erfolgen betrieb. Der Historische Verein zu Augsburg, in jeder Beziehung der erste unter den damaligen Vereinen im Königreich Bayern, ging (1820) aus diesem energischen Zusammenwirken und 11

seinen reichen Funden hervor.“ So hat Raiser bis zur Gründung des Historischen Vereins fünfzehn Jahre für sich und aus sich allein mit Erfolg gearbeitet. Ihm gebührt so die große Ehre, gewissermaßen den ersten historischen Verein in Bayern gegründet zu haben. Als Publikationsorgan errichtete Raiser, wie schon erwähnt, die „Denkwürdigkeiten des Oberdonaukreises“, welche von 1820 bis 1834 in neun Bänden erschienen. Sie enthalten hauptsächlich die römischen Forschungsergebnisse und sind als abgeschlossene Bände mit eigenem Titelblatt als Einzelmonographien im Buchhandel zu haben gewesen. Seit 1829 erschienen in fünf Jahrgängen bis 1834 die „Bei­ träge für Kunst und Altertum im Oberdonau-Kreis“. Sie enthalten Fundberichte und kleinere historische Monogra­ phien und wurden später als eigene Abteilung des „Jahres­ berichtes“ weitergeführt. Beide Publikationsorgane wurden bogenweise dem Kreisintelligenzblatt beigegeben7.. Nicht mit Unrecht nennt sie das Staatsministerium des Innern in einer Entschließung vom 24. Dezember 1834 „stellvertre­ tende Jahresberichte“, deren Herausgeber „seit Jahren aus sich und sich allein die Wirksamkeit eines ganzen Vereines repräsentiere“. Ebenso zustimmend beurteilt J. Beck in der Allgemeinen Deutschen Biographie (Bd. 17,189) Raisers Ar­ beiten, „welche alle von einem ernsten und auf Quellenkunde gegründeten Betriebe der Geschichtswissenschaft zeugen“. Eine weitere Frucht der Arbeit unserer Altertumsfreunde, zu welchen inzwischen auch Hofrat Dr. J. von Ahorner sen. gestoßen war, ist die Errichtung eines römischen Anti­ quariums im Jahre 1822 zu Augsburg. Darin wurden eine große Anzahl römischer Monumente und Altertümer aufbe­ wahrt und der Oeffentlichkeit zugänglich gemacht. Im Jahre 1823 wurde auf Raisers Anregung durch den da­ maligen Regierungspräsidenten Fürst von Oettingen-Wal­ lerstein das „historische und Altertums-Bureau“ bei der Kreisregierung eröffnet. In diesem wurden alle eingelaufe­ nen Anzeigen über Altertumsdenkmäler, Funde, Materialien zu Städte- oder Gemeindechroniken, zu Biographien und Genealogien, zu Urkunden- und Registersammlungen, dann alle bildlichen Darstellungen der Römerdenkmale, mittel­ alterlichen Burgen, von Altären, Münzen, Epitaphien, die

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V

M Neueröffnung des Maximilian-Museums 1909 im Beisein von Prinz Ludwig und Graf Zeppelin,

Gemeinde- und Familienwappen, geographische und histo­ rische Karten gesammelt, kritisch gewürdigt und verwertet. Die Ausarbeitungen einzelner Themen erfolgte ebenfalls in den „Denkwürdigkeiten“ und später in den „Beiträgen“. Wir haben also hier eine großartig angelegte Inventarisation der Geschichts-, Kunst- und Bodendenkmäler Schwabens8. So lebhaft wie in Schwaben ging man wohl in keinem anderen Kreise an die Arbeit; auf jeden Fall ist die syste­ matische Arbeit Raiser’s und die Art, wie er seine For­ schungsergebnisse einer größeren Oeffentlichkeit darbietet in Bayern damals von keiner andern Stelle erreicht worden. Einige periodische Zeitschriften, die indeß für ganz Bayern gedacht waren, suchten durch Quellensammlungen und Darstellungen den Sinn für vaterländische Geschichte zu er­ wecken. Es sei hier genannt die „Zeitschrift für Bayern, Mün­ chen 1816—17“; bedeutend höher standen „Die geöffneten Archive für die Geschichte des Königreichs Bayern“ 1821 bis 1824, die aber bald aus Mangel an Teilnahme eingingen. Als daher König Ludwig I. jene berühmte Kabinettsorder aus der Villa Columbella bei Perugia unter dem 29. Mai 1827 erließ, nach welcher die Erhaltung und Aufzeichnung aller Denkmäler der Vorzeit angeordnet wurde, war man in Schwaben, wie ein Ministerialreskript vom 19. Juli 1830 ausdrücklich feststellt, „dem Vollzug jener Allerhöchst aus­ gesprochenen Willensmeinung im Oberdonaukreis vorange­ eilt“. König Ludwig I., überall vaterländische Geschichtsfor­ schung aus eigener Neigung schätzend und fördernd, „über­ zeugt, daß nur durch gemeinsames Streben der Kenner und Freunde der Geschichte in den einzelnen Kreisen aus den nach einem zweckmäßigen System9 zu sammelnden Mate­ rialien eine vollständige Geschichte der Bestandteile eines jeden Kreises und hieraus des Gesamtvaterlandes einst ge­ wonnen werden könne“, veranlaßte 1830 die Regierungs­ präsidenten historische Vereine zu gründen. Diese Stellung einer gemeinsamen großen Aufgabe wurde überall freudigst begrüßt. Nachdem bereits 1827 zu Bayreuth der erste historische Verein gegründet wurde, entstanden im Jahre 1830 zu Ans­ bach, Würzburg und Passau (ab 1845 in Landshut) eben­ solche. 1831 konstituierte sich ein solcher zu Regensburg, 13

1837 der oberbayerische in München und als der jüngste 1839 der pfälzische in Speyer. Der Oberdonaukreis wurde wegen der durch Raiser geleisteten Arbeit ausdrücklich von der Bildung eines historischen Kreisvereins entbunden. Lediglich die Vollendung der im Tätigkeitsbereich der histoschen Vereine liegenden gleichen Aufgaben durch das Alter­ tumsbüro wurde angeordnet. Ferner wurde die Kreisregie­ rung beauftragt, die im Kreise bereits bestehenden Filialvereine zu unterstützen. Neben der umfassenden Tätigkeit Raisers entstanden in Schwaben eine Reihe von historischen Vereinen, die später mit Ausnahme des Neuburger alle im Kreisverein aufgingen. Nach dem Gründungsjahr sind es folgende: Buchloe (1828), Dillingen (1831), Günzburg(1831), Aichach(1832)10, Roggen­ burg (1832), Donauwörth (1832) und Neuburg a. D. (1833). Inzwischen hatte ein allerhöchster Befehl vom 17. Septem­ ber 1833 auch für den Oberdonaukreis die Gründung eines historischen Vereines angeordnet. Bei aller Anerkennung der besonders von Raiser geleisteten Arbeit wollte man die Tradition nicht auf einige Persönlichkeiten stellen. Dazu kam die allerdings zutreffende Auffassung, daß durch einen Verein „ein schnellerer Umlauf der Ideen und ein gleich­ mäßiger Vollzug“ garantiert würde. Wenn es auch keine aktenmäßigen Unterlagen bestätigen, war es wohl Raiser, der die Gründung eines Vereins im Jahre 1830 unterbunden hatte. In seiner staunenswerten Arbeitsfreudigkeit wollte er allein, lediglich unterstützt durch die Autorität, die er als Regierungsdirektor genoß, die Altertumsforschung in Schwaben in Händen halten. Wohl hatte er, wie das kgl. Reskript betont, „mit unermüdetem Eifer... so viele Vereinsaufgaben ruhmvoll besiegt“, aber man sah oben die Zeit für gekommen, „in gleicher Weise wie in den übrigen Kreisen, einen historischen Kreis­ verein zu bilden“. Auf Grund des erwähnten kgl. Erlasses vom 17. September 1833 erließ das Regierungspräsidium unter dem 13. Okto­ ber 1833 einen entsprechenden lithographierten Aufruf an sämtliche Distriktspolizeibehörden11. Darin wurden die Gründe, die zur Bildung eines Vereins als zwingend erach­ tet wurden, aufgeführt. Als Aufgaben wurden die von König 14

Ludwig 1827 schon in seinem Erlaß aus Villa Columbella angezogenen aufgeführt, nämlich: Erhaltung und Beschrei­ bung der Altertumsdenkmale, Sammeln und Aufbewahren derselben, Benutzung dieser Sammlungen und Verwertung in Jahresberichten, Anregung und Erhaltung der Teilnahme für geschichtliche Kenntnis. Nach kurzer Zeit hatten sich bereits 1119 Mitglieder gemel­ det18: darunter zehn Standesherrn, die Mitglieder der Kreis­ regierung und des Domkapitels, zahlreiche katholische und evangelische Geistliche, fast alle höheren Beamten der Aussenstellen, zahlreiche Magistrate und fast alle Professoren der Mittelschulen, dann sehr viele Landlehrer „zum Zwecke geeigneter Belehrung in den Volksschulen“ und zahlreiche Geschichts- und Altertumsfreunde aus sonstigen Berufen. Aus dieser Gesamtzahl der angemeldeten Mitglieder wurden die in Augsburg und dessen unmittelbarer Nähe wohnen­ den (150) Mitglieder ausgeschieden. Aus diesen hatten sämtliche Mitglieder einen vierzehnköpfigen Ausschuß zu wählen, der die weitere Konstituierung des Vereins zu ver­ anlassen hatte. Ueber 500 Mitglieder beteiligten sich an der Abstimmung, die natürlich sehr umständlich sich gestaltete. Am 11. September 1834 trat der gewählte Ausschuß zum erstenmal zusammen. Es ist dies der eigentliche Geburtstag unseres Vereins. Am selben Tage noch wurden die Satzun­ gen festgelegt. Das Protokoll dieser ersten Sitzung und die Statuten sind als Fundamentalurkunden des Vereins abge­ druckt im 1. Jahresbericht (1835) S. XIII ff. Die erste Vorstandschaft des Historischen Vereins bestand aus folgenden Mitgliedern: 1. Vorsitzender: Geheimrat Arnold von Link, Regierungs­ präsident. 2. Vorsitzender: J. N. von Raiser, Regierungsdirektor. Ausschußmitglieder: 1. Joseph von Ahorner jun., Regierungsassessor. 2. Dr. Daniel Eberhard Beyschlag, Rektor bei St Anna; Vereinskonservator und Bibliothekar. 3. Christian Friedr. Beyschlag, Regierungsbaurat 4. Dr. Anton Fischer, Regierungsrat; Stellvertreter des V ereinssekretärs. 15

5. Dr. Joseph von Ahorner sen., Hof- und Sanitätsrat; Stellvertreter des Vereinskassiers. 6. Dr. Karl Egger, Domkapitular. 7. Josef Aigner, Rektor bei St. Stephan. 8. Augustin Stark, Domkapitular. 9. Michael Voit, Bezirksbauinspektor. 10. Christoph (von) Schmid, Domkapitular. 11. Christoph David von Stetten, Gutsbesitzer; Vereins­ kassier. 12. Anton Daniel Geuder, Stadtdekan und Pfarrer bei St. Anna. 13. Karl Weishaupt, Major; Vereinssekretär. Vom Staatsministerium des Innern kam unter dem 24. De­ zember 1834 die besondere Anerkennung „für die zweck­ mäßige Art und Weise, wie die Bildung eines historischen Vereins eingeleitet und durchgeführt wurde“. Zugleich er­ folgte die Genehmigung der Statuten. Nachdem bereits in der ersten Ausschußsitzung die Ver­ einsbeamten gewählt worden waren, wurden in der zweiten am 3. Februar 1835 die sechs Ausschüsse (Redaktion, Ge­ schichte, Numismatik, Kunst, Naturwissenschaft, Prüfung und Revision) besetzt. Zweck und Aufgabe des Vereins sind von Anfang an die gleichen geblieben. Paragraph 1 der Satzungen von 1887 umschreibt sie klar und eindeutig; auffallenderweise sind die Vorträge nicht angeführt: „Der Historische Verein im Regierungsbezirke von Schwa­ ben und Neuburg hat seinen Sitz in Augsburg und bezweckt die Belebung und Erweiterung der Teilnahme und des Wirkens für die vaterländische Geschichte in nachstehen­ den Richtungen: 1. durch Erhaltung der vorhandenen Kunst- und Bau­ denkmäler der Vorzeit, 2. durch Aufsuchung und Sammlung der Ueberreste von besonderen geschichtlichen und wissenschaftlichen Werte aus prähistorischer, römischer oder mittelalter­ licher Zeit, 3. durch Erwerbung von Urkunden, Büchern, Handschrif­ ten, Münzen, Siegeln usw., welche entweder das Vereins16

gebiet unmittelbar berühren oder der Geschichts­ forschung im Allgemeinen zu dienen geeignet sind, 4. durch Veröffentlichung von Quellen und Abhandlun­ gen über das Vereinsgebiet, 5. durch Verbindung mit anderen Geschichts- und Alter­ tumsvereinen, dann wissenschaftlichen Anstalten des In- und Auslandes.“ Wohl hat die Zeitentwicklung von diesen Aufgaben vieles genommen oder geschmälert. Seitdem die Stadt als eine Ehrenpflicht Bibliothek und Museum in ihre Verwaltung übernommen hat, haben namentlich diese Institute den Verein in vielen seinen Bestrebungen abgelöst. Auch staat­ liche Stellen haben die ursprünglich monopolartigen Auf­ gaben des Vereins aufgegriffen. Aber bis in die jetzige Zeit ist der Verein seiner Tradition treu geblieben: die Liebe und das Interesse für die angestammte Heimat zu wecken und zu pflegen. Die 1838 erfolgte neue Kreiseinteilung in Bayern, durch welche die Landgerichte Aichach, Friedberg, Rain und Schrobenhausen wieder zu Oberbayern und dafür das Ries nebst Wemding und Monheim zum neuen Kreise Schwaben und Neuburg geschlagen wurden, brachte manche Aenderungen im Mitgliederstand und für den äußeren Aufgaben­ kreis des Vereins. Schon vor dem Tode Raisers (f 1853) machte sich im Ver­ einsleben eine gewisse Müdigkeit geltend. Der alterndö Mann hielt vielleicht zu starr an altgewohnten Formen fest. Wohl lief das äußere Vereinsleben seinen gewohnten Gang weiter. Gegenüber Dilettanten, die sich sicher eine gewisse Routine verschafft hatten, treten allmählich geschulte Historiker hervor, eine Entwicklung, die wir in verschiedenen gleich­ gearteten Vereinen bemerken können. Das Interesse an den Bestrebungen des Vereins schwand von Jahr zu Jahr. Damit ging auch die Mitgliederzahl be­ deutend zurück. Allerdings mag an all diesem die politisch bewegte Zeit Schuld getragen haben. Wenn aber die historischen Bestrebungen in weiten Kreisen in den Hinter­ grund gedrängt wurden, so trägt die Verantwortung dafür nicht zum geringsten die neue materialistische Geistesauf­ fassung. 17

Aufklärung und Klassizismus hatten einst der Romantik weichen müssen, die mit liebevollem Sinne die stolze Ver­ gangenheit betreute. Diese geistige Bewegung wurde nun immer stärker vom Liberalismus überwuchert, der be­ kanntlich ein Ergebnis der wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands und der gesellschaftlichen Bewegung der Neuzeit ist Für hingebende Versenkung in die alte Zeit fand sich nur mehr in einem kleinen Kreise Platz. Kultur und Kunst, besonders des Mittelalters, fanden mehr Verach­ tung als Beachtung. Man denke nur an die barbarische Zer­ störung des mittelalterlichen Befestigungsgürtels unserer alten Augusta. Wenn der Verein über diese Jahre hinwegkam und zeit­ weise neuen Auftrieb erhielt, so war dies dem gesunden Sinn einiger weniger, echt deutscher Männer zu verdanken. Zu Ende der 40 Jahre des vorigen Jahrhunderts setzte sich namentlich der Regierungspräsident Karl Frhr. von Weiden stark für die Bestrebungen des Vereins ein. Das äußere Ansehen des Vereins wurde stark gehoben durch die Eröff­ nung des Maximilianmuseums (1854), wohin die Samm­ lungen verbracht wurden. Das zeigt sich schon rein zah­ lenmäßig durch die Zunahme der Mitglieder und durch reiche Geschenke und Leihgaben13. Natürlich entstand den Vereinsorganen bei der Uebersiedlung ins neue Heim eine Unsumme von Arbeit und Kosten (fast 2000 fl.). Den Ankauf und Umbau des Hauses be­ zahlte die Stadt. Der zahlreiche Besuch, den das Museum bald aufzuweisen hatte, sprach deutlich dafür, daß die Vereinsarbeit zweier Jahrzehnte nicht vergeblich gewesen war. Allerdings mußte der Historische Verein das Haus mit dem Naturwissenschaftlichen und dem Gewerbeverein (Gewerbehalle) teilen; aber eine gemeinsame Hausverwal­ tung unter dem Vorsitz des 2. Bürgermeisters verhinderte Kompetenzkonflikte. Als im September 1856 die Jahresversammlung deutscher Geschichts- und Altertumsforscher hier stattfand, entstand dem Verein neue Arbeit, aber auch neue Ehre und Aner­ kennung. Jm Museum und in den Fürstenzimmern des Rat­ hauses veranstaltete er eine Ausstellung von Kunstschätzen aus Augsburger Privatbesitz. 18

Stadt und Verein wetteiferten in Fürsorge für das neue Museum, dem auch der Kreis sein Interesse durch Gewäh­ rung eines jährlichen Zuschusses zeigte. Erhebliche An­ käufe und Geschenke bekunden den Gemeinsinn dieser Zeit. Besonders die Münzsammlung wuchs rasch' zu einer großen und auch sehenswerten heran. Tätigen Anteil nahm der Verein an der Schillerfeier 1859 sowohl im Ausschuß für die Vorbereitung des Festes selbst ebenso wie durch Veranstaltung einer Erinnerungs-Ausstel­ lung im festlich geschmückten Museum, das für diese Zeit dem Publikum zu freiem Eintritt offen stand. Die Aus­ stellung erstreckte sich hauptsächlich auf Autographen und Werke Schillers und seiner Zeitgenossen aus Augsburger Privatbesitz. Das offizielle Interesse an der Arbeit und den Leistungen des Vereins zeigt auch der alljährliche Museumsbesuch des Landrates, ein Brauch, der bis in die Vorkriegszeit eine ständige Erscheinung blieb. Die Gründung des Museums hatte eine sehr wesentliche Erhöhung der Mitgliederzahl zur Folge. Aber seit der Mitte der sechziger Jahre läßt sich ein zwar langsames, aber stetiges Sinken der Mitgliederzahl erkennen. Die Gründe dieser Krisis, die übrigens bei allen anderen Kreisvereinen zu beobachten war, haben wir be­ reits ausführlich dargelegt. In neuerer Zeit kam dazu eine gewisse Dezentralisation der Heimatforschung. Ueberall wurden lokale Geschichts- und Heimatvereine gegründet, so daß das Interesse am Kreisverein nachließ. Für viele wurde auch ein Hauptanreiz genommen dadurch, daß ver­ schiedene Vereinsaufgaben auf staatliche und städtische Stellen übergingen (Bodenforschung, Denkmalpflege, Mu­ seumsverwaltung usw.). Mag man auch die steigende Freude an der lokalen Geschichtsforschung begrüßen, so ist doch zu bedauern, daß dem Kreisverein allmählich immer mehr die Möglichkeit genommen wurde, größere Aufgaben weiter zu pflegen. Das Jahrzehnt 1860—70 zeichnet sich durch großen Zu­ wachs in den Vereinssammlungen aus. Besonders die Ge­ mälde- und Münzsammlung erhielten nennenswerte Ver­ mehrungen. Die 1864 beim Abbruch des Imhofhauses (jetzt Riedingerhaus) gemachten zahlreichen römischen Funde 19

überließ Finanzrat Riedinger kostenlos dem Verein. Eine Reihe aufgelöster Zünfte schenkte 1868 dem Verein ihre Innungsaltertümer. In der Rechtsstellung des Vereins ergab sich eine Aenderung insofern, als ihm am 29. Januar 1871 Korporations­ rechte verliehen wurden. Dadurch entging er der „Unan­ nehmlichkeit“, die neuen Vereinsgesetze auf sich nehmen zu müssen. Das Sinken des Mitgliederstandes (1860—1872 35%) führte zu ernsthaften Beratungen im Ausschuß. Man glaubte die Schuld einerseits dem damals erwachenden Vereinsleben, dann auch der veralteten Organisation des Vereins zu­ schreiben zu müssen. Man beschloß den Verein durch neue Satzungen zu reorganisieren. Es kam aber nicht so weit; durch eine Reihe von Neuerungen versuchte man das Vereinsleben aufzufrischen. Um es vorweg zu nehmen: auch1 dieser Versuch schlug fehl, der Verein krankt seit 1870 an einer stets sinkenden Mitgliederzahl. Die Vorschläge, von welchen man sich eine Besserung er­ wartete, waren folgende: 1. jährliche Generalversammlung, 2. gesellige Abendversammlungen mit Vorträgen, 3. jähr­ liche Wanderversammlungen, 4. Aufstellung von Pflegern (Vertrauensleuten) an einzelnen Orten des Kreises, 5. Um­ änderung des Jahresberichtes in eine jährlich drei- bis viermal erscheinende Zeitschrift, 6. größere Zugänglichma­ chung der Vereinssammlungen durch Aufstellung von Kon­ servatoren, welche an Sonn- und Feiertagen führen. Als bleibend hat sich nur Punkt 2 erwiesen; die Abendvorträge werden heute noch von weiten Kreisen gerne und zahlreich besucht. 1875 erhielt die Münzsammlung einen bedeutenden Zuwachs (zirka 1000 Stück) durch die geschenkweise Ueberlassung der Sammlung von Ahorner. An der Ausstellung anläßlich der im August 1880 in Berlin stattfindenden XI. Allg. An­ thropologischen Versammlung beteiligte sich der Verein mit 62 Leihgaben. 1887 traf der Münchner Altertumsverein zum Besuch des Historischen Vereines hier ein. Den Münchnern scheint es hier gut gefallen zu haben; sie kamen in späteren Jahren wiederholt (z. B. 1901) in das benachbarte Augsburg. Grö20

ßere Arbeit bereitete die Revision der Statuten, die in der Sitzung vom 22. Dezember 1887 genehmigt wurden. Frau Dr. Hoffmann, die Gattin des langjährigen Aus­ schußmitgliedes Dr. Robert Hoffmann, überwies dem Ver­ ein zum Andenken an den Verstorbenen 2000 Mark. Zum siebzigjährigen Geburtsfeste des Prinzregenten Luit­ pold fand am 12. März 1891 eine feierliche Festsitzung statt. An diesem gesellschaftlichen Ereignis nahmen die Spitzen der Behörden und alles, was in Augsburg einen Namen hatte, teil. Am 28. Juni veranstaltete der Verein einen Aus­ flug nach Günzburg, wo die Hügelgräber und die Reisensburg besichtigt wurden. Bisher hatte die Fortbildungsschule noch eine Anzahl Räum­ lichkeiten im Museum inne. Diese wurden 1891 frei gemacht und zu einer Wohnung für den Kustos umgestaltet. Große Arbeitslast brachten die Jahre 1894/95; die Museumsräume wurden neu hergerichtet; es erfolgte damit auch eine teil­ weise Neuaufstellung der Sammlungsgegenstände. Dem 1905 gegründeten Verband Bayerischer Geschichtsund Urgeschichtsvereine trat der Verein bei und gehört im heute noch an. Bemerkenswerte Exkursionen brachten die Jahre um 1900. Unter Führung von General Keim wurde 1902 das Lechfeld besucht, 1904 traf man sich in Lands­ berg mit dem dortigen Historischen Verein, 1905 besuchte man unter Rurat Frank’s Führung den Römerturm zu Kemnath. Das Jahr 1908 brachte für die Sammlungen des Vereins und ihren Unterbringungsort einschneidende Veränderun­ gen. Der Naturwissenschaftliche Verein zog mit seinen Sammlungen in das Stettenhaus am Obstmarkt. Das Maxi­ milianmuseum erfuhr durch die Professoren Gabriel von Seidl und Ludwig von Seitz einen durchgreifenden Umbau. Die neuen Räume erforderten eine Anpassung der Ausstel­ lungsgegenstände, die durch Professor Haggenmüller er­ folgte. Die Neuaufstellung der Münzsammlung besorgte Privatier R. Schmid. Die prähistorischen, römischen und mittelalterlichen Gegenstände wurden durch Dr. P. Dirr neugeordnet. Groß war die Summe der Arbeit und sie nahm geraume Zeit in Anspruch. Ueber ein Jahr blieb das Mu­ seum geschlossen. Am 29. September 1909 erfolgte inGegen21

wart des Prinzen Ludwig von Bayern, der Minister von Frauendorfer und Wehner, des Grafen Zeppelin usw. die feierliche Eröffnung. Während früher die Vereinssammlungen den Kern und Hauptinhalt des Museums bildeten, ist es jetzt umgekehrt. Durch bedeutende Erwerbungen der Stadt ist der Haupt­ inhalt des Museums jetzt städtischer Besitz, dem die Ver­ einssammlung eingegliedert ist. In geschlossenem Bestand blieb nur der vorgeschichtliche, römische und mittelalter­ liche Teil der Vereinssammlung erhalten. Das Eigentums­ recht des Vereins an seinen Sammlungen bleibt unberührt. In dem aus neun Mitgliedern bestehenden städtischen Ver­ waltungsrat für Museumsangelegenheiten war der Verein durch drei Mitglieder vertreten. Eine schwere Krisis für das Vereinsleben bedeutete die Zeit des Weltkrieges und besonders der Inflation. Doch hat er sich verhältnismäßig gut über diese schlimme Zeit hinweg­ gebracht. Im Jahre 1933 ist der Verein dem „Kampfbund für deutsche Kultur“ und dem „Reichsbund Heimat und Volkstum, Landschaft Ostschwaben“ beigetreten. Wie heute noch manchmal, so wurden schon früher des öfteren kritische Stimmen laut, welche die Leistungen der historischen Vereine als fraglich hinzustellen versuchen. In den achtziger Jahren erfolgten verschiedentlich derar­ tige Angriffe. Ihre damalige Abwehr und damit die Begrün­ dung ihrer Lebenswichtigkeit ist auch für heutige Verhält­ nisse noch wesentlich. Besonders angegriffen wurden die Vereine durch G. Haag14, der scharf und hart über die Be­ strebungen der Vereine urteilt und dabei mehrfach als Kronzeugen den bekannten Historiker G. Waitz anzieht. Als Aufgabe will er den Vereinen nur mehr „die Runde des Volkslebens, Tabellen über Zu- und Abnahme der Bevöl­ kerung, Aufzeichnungen über Stand und Beruf, Sitten, Gebräuche, Flurnamen“, also rein heimatkundliche und statistische zuteilen. Ruhig und sachlich hat J. Bossert15 diese Anwürfe und Forderungen entkräftet. Wohl kennt er so manche Fehler an, die durch lokale oder persönliche Umstände bedingt sind; aber er sieht doch Wege zur „He­ bung der historischen Vereine durch innigeres Verhältnis zur Wissenschaft“ und glaubt daß „der Frieden zwischen 22

den Königen und Kärrnern vermittelt werden könne, der zum Weiterbau der deutschen Geschichte notwendig ist“. Das Urteil Hermann Diels’16, daß die „Mitarbeit der historischen Vereine wichtig, ja ganz unentbehrlich für die gesunde Tä­ tigkeit des wissenschaftlichen Gesamtorganismus ist“, mag auch für die 100jährige Tätigkeit unseres Vereins gelten. Und wenn jetzt wieder wie vor hundert Jahren zur Zeit der Romantik im deutschen Menschen die Einkehr in die eigene Vergangenheit begonnen hat und das so lange zu­ rückgetretene nationale Bewußtsein sich wieder erneuert, so versteht es sich von selbst, daß die allgemeine Teilnahme nicht nur der Gelehrten und Gebildeten, nein weitester Kreise des Volkes sich der vaterländischen Geschichte zu­ wenden wird. Den Sinn für eine echt deutsche geschicht­ liche Betrachtungsweise zu öffnen, die deutsche Rechtsge­ schichte neu zu begründen und endlich ein für alle Zeiten gütiges Beispiel wissenschaftlicher Methodik und histori­ scher Kritik aufzustellen, das ist heute die große Aufgabe der deutschen Geschichtswissenschaft. Ein kleines Scherf­ lein möchte dazu im neuen, glücklicherem zweiten Säkulum der HistorischeVerein für Schwaben und Neuburg beitragen. GRÖSSERE VEREINSAUFGABEN.

Den Aufgabenkreis des Vereins haben wir an dem Bisheri­ gen genügend kennen gelernt. Im folgenden seien einte Reihe von größeren Arbeiten, welche der Verein teils frei­ willig, teils auf höhere Anordnung ausgeführt hat, aufge­ zählt. Die Grabungen sowie die gesamte Bodenforschung werden in diesem Band aus berufener Feder durch Hochschulprofessor Dr. Paul Zenetti, ihre Darstellung finden. Wenn man sich in neuester Zeit aus gewissen Absichten heraus manchmal bemüssigt fühlte, besonders die römische Forschung des Vereins herabzusetzen, so mögen wir uns erinnern, was Stadtarchivdirektor Dr. P. Dirr damals auf diese Angriffe erwiderte17: „Gewiß ist die römische Forschung unserer Stadt noch nicht ge­ nügend aufgehellt__ Daß aber die Forschung völlig im Argen liege__ , trifft nicht zu___Seit seinem langen Be­ stehen hat der Verein nach Maßgabe seiner allerdings begrenzten Mittel nicht nur das Ausgrabungswesen stets 23

nachdrücklich gefördert, sondern auch bei der wissen­ schaftlich-literarischen Auswertung der Funde und Ergeb­ nisse mitgewirkt. Zahlreiche Veröf fentlichungen sind hiefür Beweis. ..18 DieTätigkeit der heimischen Forschung ist übri­ gens von einem so maßgebenden Fachmann wie Friedrich Koepp, dem Leiter des Archäologischen Instituts der Frank­ furter Universität, voll anerkannt worden in dem Vortrage, den er gelegentlich der Tagung für Denkmalspflege im September 1917 dahier über das römische Augsburg hielt.“ Diese Worte dürften die vom Verein geleistete Bodenfor­ schung endgültig ins rechte Licht stellen. Nun kurz die Arbeiten des Vereins auf den übrigen historischen Gebieten. Seit 1835 hatte es sich der Verein zur Aufgabe gemacht, die von Raiser begonnenen „historischen Kataster“ des Kreises weiterzuführen. Sie enthalten viel ungehobenes und heute noch sehr wichtiges Material zur Heimatgeschichte; auf­ bewahrt werden sie im Augsburger Stadtarchiv. Für die 48 Distriktspolizeibehörden des Kreises (Städte und Land­ gerichte) war je ein Band mit drei Abteilungen angelegt: 1. Sagen und die beurkundete historische Zeit; 2. das beur­ kundet Geschichtliche in Römerzeit und Mittelalter; 3. alles historisch und lokal Merkwürdige bis auf die neueste Zeit. Rund tausend Orte sind hier behandelt. Ein Teil des Ma­ terials ist in der Vereinszeitschrift verwendet. Die Kataster wurden dem Verein durch Extradition vom 25. Februar 1835 zur Fortführung übergeben. Im Zusammenhang damit steht die Mitarbeit des Histori­ schen Vereins an der Herausgabe eines historisch-topogra­ phischen Lexikons von Bayern. Die Abfassung eines solchen war Aufgabe der Akademie der Wissenschaften. Durch kgl. Anordnung vom 25. November 1836 wurde die Vorarbeit hiezu den historischen Vereinen übertragen. Im 5./6. Jah­ resbericht (Seite 109/166) gibt der Verein eine Uebersicht über die auf seine Veranlassung bereits bearbeiteten (1050) Ortsgeschichten des Kreises und das anderweitig gesammelte Material, das von einer seltenen Arbeitsfreude spricht. Schon früh und bis in die neueste Zeit hat der Verein An­ regung zur Benennung der Augsburger Straßen gegeben, so 1836 bei der Neubenennung der Philippine Welser- und Peutingerstraße. Im selben Jahre wird er auch zur Begut24

achtung der neuen Wappen, welche den Märkten verliehen wurden, beigezogen. 1837 läßt der Verein durch sein Ausschußmitglied Major Karl Weishaupt die Römerstraßen zwischen Augsburg, Epfach und Kempten bereisen und festlegen. Für das Mi­ nisterium wird ein Gutachten angefertigt, wie die Gemeinde­ chroniken auf das Zweckmäßigste angelegt und fortgeführt werden können. Zugleich erläßt die Vorstandschaft einen Aufruf zur Ausarbeitung von Ortsgeschichten. Aus allen Bezirken wird bald großer Erfolg gemeldet. Wiederholt in den Jahren 1849 und 1852 setzt sich der Verein für die Erhaltung der Fresken in der Lindauer Peters- und Bar­ füßerkirche ein. 1854 erging vom König der Befehl, die Vorarbeiten zu einer topographischen Geschichte der vor­ züglicheren Städte Schwabens zu treffen. Der Ausschuß unternahm sofort die nötigen Schritte und hat diesen neuen Auftrag sofort „in denVordergrund seiner Aufgaben gestellt“. 1857 nimmt sich der Verein die Erforschung des Bauern­ tums nach allen Richtungen vor; ebenso sollen die Sprach­ grenzen des schwäbischen Gebietes ermittelt werden. Dem­ entsprechende Anregungen gehen an alle Mitglieder und Interessenten hinaus. Im nämlichen Jahre gewährt der Ausschuß einen namhaften Zuschuß zur Restaurierung ei­ ner mittelalterlichen Holzplastik in der Kirche zu Untermeitingen. Die Limesforschung war wiederholt (besonders auch um die Zeit um 1900) eine Lieblingsaufgabe des Vereins. Besonders verdient machte er sich dadurch, daß er eine entsprechende Arbeit des englischen Forschers James Yates 1858 drucken und den Mitgliedern als Jahres­ gabe zugehen ließ. Im selben Jahre wird ein Urkunden­ buch angelegt, in welches alle auf den Kreis und die Stadt Augsburg bezüglichen Urkunden eingetragen werden. 1860 läßt der Verein als Jahresgabe für seine Mitglieder die für die Kunstgeschichte so wichtigen Glasfenster des Domes durch Herberger beschreiben. 1862 werden auf seine Ko­ sten die romanischen Wandgemälde in Zirkesheim wieder hergestellt. Die Grabmonumente der Aebte von Jrsee wer­ den in die dortige Kirche versetzt. Professor Karl RothMünchen erhält für seine „Beiträge für deutsche Sprach-, Geschichts- und Ortsforschung“ (meist Schwaben betref25

fend) einen erheblichen Zuschuß. Seit den sechziger Jahren läßt der Verein an allen historisch merkwürdigen Gebäuden der Stadt Augsburg Gedenktafeln anbringen19 bezw. regt er die Anbringung solcher an. Ein Akt der Denkmalspflege war es, wenn im Jahre 1868 zur Wiederherstellung des Turmes der Burgruine Nieder­ haus im Ries ein entsprechender Zuschuß gewährt wurde. 1872 gibt der Verein die Anregung zur Errichtung eines Denkmals für Hans Holbein; der in jahrelanger Zähigkeit gesammelte Fonds wurde ein Opfer der Inflation. Nam­ hafte Zuschüsse wurden im Jahre 1880 gewährt: für Gra­ bungen bei Günzburg, für die Instandsetzung des Römer­ turmes bei Helmishofen (200 Mark), zur Errichtung des Albertus Magnus-Denkmales in Lauingen (100 Mark). Im folgenden Jahre wurde zur historischen Untersuchung des Auerberges eine finanzielle Beihilfe gewährt. Bei der Herausgabe der „Beiträge zur Landeskunde Bay­ erns“20 hat der Verein durch umfangreiche Literaturanga­ ben mitgewirkt. 1885 spendet man 100 Mark nach Kempten zur Feststellung des römischen Forums. Die Renovierung des Römerturms zu Kemnath verschlingt ebenfalls 200 Mark. An der großen Industrie-und Kunstausstellung des Jahres 1886 im Stadtgarten zu Augsburg beteiligt sich der Verein mit zahlreichen Leihgaben aus allen seinen Sammlungen. Die folgenden Jahre sind bemerkenswert durch eine rege Ausgrabungstätigkeit in Augsburg und verschiedenen Ge­ genden Schwabens. 1891 setzt sich der Verein für eine durchgreifende Instandsetzung der Dominikanerkirche in Augsburg ein; der Magistrat stellt daraufhin eine größere Summe zur Erneuerung der Fenster und des Daches bereit. 1898 wird abermals eine größere Summe zur Erneuerung der Feste Niederhaus genehmigt. 1900—02 machte der Ver­ ein verschiedene Vorschläge zur Erhaltung der Augsburger Leonhardskapelle. Wie schon früher von Zeit zu Zeit läßt der Verein auch 1902 wieder die Gräber von Placidus Braun und J. N. v. Raiser in würdigen Zustand versetzen. 1909/10 werden mit bedeutenden Mitteln die dem Verein gehörigen Römertürme ausgebessert. In den Jahren 1903 bis 1910 übernimmt Dr. von Rad im Auftrag der Kommission zur Erforschung der Bodenaltertümer die Inventarisation der 26

vorgeschichtlichen, römischen und mittelalterlichen Boden­ altertümer in der Umgebung Augsburgs (3 Bezirksämter). Die Kriegszeit bringt auch hier eine leidvolle Pause. Zur Hebung eines römischen Mosaikbodens am Fronhof stiftet der Verein 1919 300 Mark. In den Jahren 1925/26 wird mit einem Aufwand von 3000 Mark der Römerturm bei Kemnath wieder hergestellt. 1929 erfährt der Denk­ stein an das Gräberfeld bei Nordendorf eine Erneuerung (150 Mark). Zur Restaurierung eines Gemäldes, das bei der Reformationsausstellung 1930 zu sehen war, wird ein er­ heblicher Zuschuß gewährt. Und endlich wird dem Bezirk Donauwörth der Erwerb der berühmten Ruine zu Graisbach durch eine Beihilfe von 400 Mark ermöglicht. DIE SAMMLUNGEN DES VEREINS.

Sie sind im Aufgabenkreis des Vereins begründet. Nach den Satzungen (§ 6) von 1887 bestehen dieselben „aus 1. der Vereinsbibliothek (jetzt in der Stadtbibliothek), 2. einer Sammlung von Ueberresten und Fundstücken aus prähistorischer, römischer und mittelalterlicher Zeit, 3. einer Sammlung von Gemälden, Kupferstichen, Zeich­ nungen und Karten, 4. einer Münzsammlung, 5. einer Urkunden- und Handschriftensammlung (Stadtar­ chiv und Stadtbibliothek), 6. einer Siegelsammlung.“ Die Abteilungen 2, 3, 4 und 6 sind im Maximilianmuseum untergebracht. Die Vermehrung der Sammlungen ergibt sich nach den Satzungen (§ 7) „aus den dem Verein zukommenden Fun­ den, aus freiwilligen Gaben und Vermächtnissen, durch gelegenheitlichen Ankauf und zweckmäßigen Aus- und Ein­ tausch. Bei freiwilligen Gaben kann das Eigentumsrecht oder ein sonstiger Vorbehalt gewahrt werden.“ 1. Antiquarium Romanum und Maximilianmuseum. Den geschichtlichen und sachlichen Aufbau des Museums hat in diesem Band Dr. Norbert Lieb dargelegt. Ueber die Zahl der Museumsbesucher aus früherer Zeit sind wir selten unterrichtet. So ist es interessant aus der 27

Frühzeit unserer Sammlungen darüber Aufschluß zu be­ kommen. Der Verein besitzt in seinem Archiv das Frem­ denbuch für das Antiquarium, umfassend die Jahre 1822 bis 1846. In dieser Zeit wurde es von über 2500 Personen besucht. Seit Bestehen des Museums war für die Mitglie­ der und ihre Angehörigen der Eintritt in dasselbe frei.

Kustoden des Museums: 1. Sprachlehrer Karl Roger 1856 bis f 1877. 2. Josef Schweiger 1881 bis 1885. 3. Drechslermeister Josef Munk 1885 bis fl922. Nekrolog: Zeitschrift Bd. 45. 4. Hauptkonservator Ludwig Ohlenroth 1922 bis 1932. 5. Konservator Dr. Norbert Lieb. Seit 1933. Folgende Führer durch das Museum sind im Druck er­ schienen : 1. Führer durch das Maximilian-Museum. Historisches Mu­ seum der Stadt Augsburg. 1910. 2. P. Dirr: Das Maximilian-Museum Augsburg. Amtlicher Führer. 1916. 3. Führer durch das Maximilian-Museum Augsburg. 1930. Des weiteren ist das Museum in seinem Werden und Auf­ bau in folgenden Abhandlungen geschildert: 1. M. Mantz: Le musee d’Augsbourg, Gazette des Beaux Artes. 16 (1877), p. 489—508; 17 (1878), p. 122—124. 2. Das Maximilian-Museum in seiner neuen Gestaltung, Neue Augsburger Zeitung 1909, Nr. 219, Seite 6. 3. Ernst Bassermann-Jordan: Das Maximilian-Museum in Augsburg, Museumskunde, Bd. 6 (1910), Heft 2. 4. Aug. Vetter: Das neueröffnete Maximilian-Museum, Bay­ erland, 1910, Seite 79. 5. M. Hauttmann und E. Hanfstängl: Das Maximilian-Mu­ seum, Münchener Jahrbuch für bild. Kunst, 7 (1912), Seite 258 ff., und 8 (1913), Seite 208 ff. 6. E. Hanfstängl: Das Maximilian-Museum in Augsburg, In­ ternationale Sammler-Ztg., 5. Jhrg., Wien 1913, S. 313 ff. Augsburg 1914, Seite 31 ff. 7. G. Hager : Das Maximilian-Museum, Augsburger Kunst, 1914, Seite 31 ff.

28

Der Römerturm bei Großkemnath,

8. G. Hager: Das Maximilian-Museum, Augsburger Rund­ schau, Band 2 (1919/20), Seite 620 ff.

2. Die Vereinsbibliothek. Nach dem Museum war und ist die nächste größte Samm­ lung des Vereins seine Bibliothek. Geworden ist sie durch namhafte und wertvolle Geschenke von Vereinsmitgliedern, durch Ankauf aus Vereinsmitteln und hauptsächlich durch Tausch der Vereinsschriften mit in- und ausländischen hi­ storischen Gesellschaften. 1835 ist ihr Bestand 81 Bände. Durch Geschenke steigt ihr Umfang im Jahre 1837 bereits auf 1000 Bände. Wohl den schönsten Zugang erhielt sie 1838 durch die Augustana-Bibliothek des Ausschußmitglie­ des Benedikt von Paris (645 Nummern: Drucke und Hand­ schriften). Ein weiteres bedeutendes Geschenk bildet die Bibliothek J. N. von Raisers und seines Sohnes Ludwig (2000 Bände), die 1856 dem Verein überlassen wurde. Auch sonst verging kein Jahr, ohne daß die Bibliothek durch kleinere oder größere Geschenke erheblichen Zu­ wachs erhielt. Daneben wurde von der Vereinsleitung plan­ mäßig allgemein historische und besonders Schwaben betreffende Literatur angeschafft. Auch bibliographische Hilfsmittel und Handbücher, die für die Vereinssammlun­ gen notwendig erschienen, wurden ohne die Kosten zu scheuen mannigfach angekauft. 1862 wird die reichhaltige, hauptsächlich historische Bi­ bliothek des Gerichtsarztes Dr. Bernhard Zör in Immenstadt (zirka 600 Bände) erworben. Wohl zum erstenmal wird die Bibliothek 1860 durch P. Luitpold Brunner katalogi­ siert. 1867 gab der nämliche einen gedruckten Katalog21 in systematischer Uebersicht heraus, der allen Mitgliedern zu­ ging. Aus der beigegebenen Benützungsordnung geht hervor, daß die Bibliothek Sonntags von 10—12 Uhr geöffnet war. Ursprünglich war sie im Regierungsgebäude, wo der Ver­ ein mehrere Zimmer zugewiesen erhalten hatte, aufgestellt. 1855 kam sie in das Maximilianmuseum, wo sie bis 1910 blieb. Während dieser Zeit hat die Bibliothek schmerzliche Verluste an Büchern und Handschriften erlitten, die aus ihrer Unterbringung zu erklären sind.

29

1910 kam die Vereinsbücherei in sachgemäße Hut durch ihre Verbringung in die Staats-, Kreis- und Stadtbibliothek. Vor allem ist sie dort neben den Mitgliedern einem größe­ ren Benützerkreis zugänglich. Sie wurde neu und fachge­ mäß aufgenommen, ihre Lücken nach Möglichkeit ergänzt. Die Zählung der Bestände ergab nach vollendeter Katalo­ gisierung (1913) die Zahl von etwas über 10000 Bänden. Heute ist sie ohne die Dissertationen auf rund 15 000 Buchbinderbände angewachsen. Durch Vertrag vom 26. September 1928 ging die Vereins­ bibliothek in den Besitz der Stadtgemeinde Augsburg bezw. der Staats-, Kreis- und Stadtbibliothek über. Auch alle im Tausch verkehr künftig einlaufenden Schriften und Ge­ schenke fallen der Stadtbibliothek zu. Dafür verpflichtete sich die Stadtgemeinde den an den Verein bisher geleiste­ ten Zuschuß von 1500 RM. mindestens in derselben Höhe weiterzugewähren, ebenso hat sie alle damit verbundenen Lasten wie Buchbinderlöhne, Tauschverkehr sowie An­ schaffung von Fortsetzungen übernommen. Den größten und jetzt einzigen Zuwachs erhielt die Biblio­ thek durch den Tauschverkehr mit anderen Vereinen und wissenschaftlichen Gesellschaften des In- und Auslandes. Es war natürlich, daß man von Anfang an seine in der Vereinszeitschrift niedergelegten Forschungen und Erfah­ rungen weiteren Kreisen nutzbar machen wollte, wie es in den Satzungen § 1 Ziff. 5 auch ausdrücklich festgelegt ist. So entwickelte sich ein gegenseitiger Austausch, der seit 1910 in der Stadtbibliothek zusammenfließt und eine Reihe oft sehr wertvoller und sonst schwer erreichbarer Zeit­ schriften den Augsburger und schwäbischen wissenschaft­ lichen Kreisen dienstbar macht. Das Anwachsen des Tauschverkehrs offenbart die folgende Aufstellung: 1879: 104 1841: 21 1887: 121 1848: 26 1907: 178 1856: 43 1927: 200 1863: 49 1934: 251 1872: 69 Die verschiedenen Tau sch Verbindungen sind in den frühe­ ren Jahresberichten vermerkt; in den Jahresberichten für 1903/06 und für 1907/09 und zuletzt in Band 48 (1927) der 30

Zeitschrift erschienen alphabetische Listen der Tauschver­ eine. Es sind dies in der Hauptsache deutsche und öster­ reichische; doch steht der Verein auch mit Gesellschaften in verschiedenen europäischen Staaten, mit süd- und nord­ amerikanischen und sogar einer chinesischen Gesellschaft in Verbindung. Durch die Vereinssatzungen von 1835 und 1854 ist für die Bibliothek ein Bibliothekar vorgesehen; die Statuten von 1887 kennen zwar keinen solchen Funktionär; doch ist der Bibliothekar offenbar unter die vorgesehenen Konserva­ toren der Vereinssammlungen eingerechnet. Bis zur Uebersiedlung in die Stadtbibliothek haben sieben Bibliothekare die Bibliothek betreut, die vier letzten waren Benediktiner von St. Stephan: 1. Dr. Daniel E. Beyschlag, Rektor von St. Anna und Stadt­ bibliothekar f 1835. 2. Georg Kasp. Mezger, Rektor von St. Anna und Stadtbib­ liothekar 1836 bis 1841. 3. Benedikt Greiff, Studienlehrer bei St. Anna und 2. Stadt­ bibliothekar 1841 bis 1857. 4. Dr. P. Luitpold Brunner 1857 bis 1881. 5. Dr. P. Eugen Gebele 1881 bis 1890. 6. Dr. P. Theobald Labhardt 1890 bis 1891. 7. Dr. P. Beda Grundl 1891 bis 1910. Welch großen Wert der Verein seiner Bibliothek stets bei­ gelegt hat, das bezeugen auch die namhaften Mittel, die er im Laufe von fast hundert Jahren zum Ankauf und Einbin­ den von Büchern bereitgestellt hat. Diese betragen in run­ den Summen: 1835 bis 1875: 5 400fl. 1876 bis 1929: 18 000Mk. 3. Archivalien. Der Verein besitzt eine Reihe wertvoller, besonders für die Geschichte Schwabens wichtiger Archivalien. Sie sind größ­ tenteils durch Schenkung in das Eigentum des Vereins ge­ kommen. Leider ist auch hier sehr viel im Laufe der Jahre verschwunden; doch ist immerhin von den im obener­ wähnten gedruckten Catalog von 1867 verzeichneten viel wertvolles auf uns gekommen, das jetzt im Stadtarchiv verwahrt wird. Hier betätigt sich besonders Hofrat Ahorner der Aeltere 31

als Mäzen; 1838 schenkt er die auf das Augsburger Frauen­ kloster St. Katharina bezügliche Urkunden28, 1840 das ganze Archiv des Collegii medici88* der Reichsstadt Augsburg. 1841 erhält der Verein das ehemals im Schlosse Jllertissen aufbewahrte Archiv der Vöhlin von Frickenhausen (700 Urkunden), das allerdings 1875 an das Bayerische Reichs­ archiv in München abgegeben werden mußte. Luitpold Brunner bringt im 3. und 5. Jahrgang der Zeit­ schrift ein Verzeichnis von 115 Urkunden, das allmählich alle noch nicht edierten Urkunden im Wortlaut bringen sollte, leider aber unvollendet geblieben ist. 1867 erhält der Verein das bis dahin in Kaufbeuren auf­ bewahrte von Hörmann’sche Familienarchiv. Eine schöne Sammlung von Autographen zeitgenössischer Dichter und Schriftsteller überweist 1873 Paul von Hößlin dem Verein. Es ist dies nur ein Ausschnitt aus einer gebefreudigen Zeit, welche seit Gründung des Vereins bis zur Jahrhundert­ wende Jahr für Jahr Schenkungen im reichsten Maße dem Vereine darbot Daneben hat der Verein mehrfach eine Reihe — hauptsächlich mittelalterlicher — Urkunden durch Kauf erworben. BAUDENKMÄLER IM BESITZ DES VEREINS.

Diese Ueberreste aus mittelalterlicher Zeit — drei an der Zahl — bildeten seit jeher die Schmerzenskinder des Ver­ eins. Wohl waren sie nicht teuer erkauft, einer sogar ge­ schenkt; aber die finanziellen Aufwendungen wuchsen machmal zu einer fast unerträglichen Last. Zudem sind sie nicht alle von Augsburg besonders günstig erreichbar; des­ halb war bis in die letzte Zeit nicht immer zu verhüten, daß die bäuerliche Bevölkerung diese alten Denkmäler mit einem Steinbruch verwechselte, dem man gratis Bau­ material entnehmen dürfe. Kümmerlich sind die Reste der Ruine Wolfsberg bei Steinekirch (früher Bez.-Amt Zusmarshausen). Um 50 fl. erkaufte der Verein im Jahre 1836 diese Ueberreste von der Witwe Viktoria Lehner. Noch 1908 wurden sie durch den Amtstechniker Klopf in Zusmarshausen notdürftig instandgesetzt. Am besten erhalten ist der sogenannte Römerturm in Großkemnath88, um dessen Erhaltung sich früher auch der Al32

tertumsverein in Kaufbeuren mehrfach bemüht hat. Turm, Hofraum und Garten wurden 1838 um 130 fl. von Anna: Graf in Großkemnath gekauft**. Noch in den Jahren 1925/26 wurden fast 3000 Mark zu seiner Instandsetzung aufgewen­ det Besonders von Kaufbeuren aus wird die alte Festungs­ anlage gerne und vielfach aufgesucht. Ganz unbedeutend ist der dritte Turm, ein unansehnlicher Stumpf, der einsam im Walde bei Altenberg liegt und zur Gemeinde Staufen (Bez.-Amt Dillingen) gehört. Er wurde durch Testament vom 29. September 1885 vom Pfarrer Ferdinand Oberthanner in Staufen dem Verein überlassen*5. Ein weiterer vielbesuchter und gut erhaltener Römerturm ist der von Helmishofen (Bez.-Amt Kaufbeuren); er wurde ursprünglich von dem 1828 gegründeten Buchloer Histo­ rischen Verein betreut. Der Kreisverein hat zu seiner Er­ haltung einigemale Zuschüsse gewährt. VEREINSVORTRÄGE UND AUSSCHUSS-SITZUNGEN. Mit der Herausgabe der Vereinszeitschrift steht in engem Zusammenhang die Vortragstätigkeit; diese ist eigentlich das frühere. Denn die Vorträge sind Oftmals zu Abhand­ lungen für die Vereinszeitschrift ausgearbeitet worden. Ursprünglich fanden die Vorträge nur in den AusschußSitzungen für die Ausschußmitglieder statt. Erst verhältnis­ mäßig spät sind sie einer weiteren Oeffentlichkeit zugäng­ lich gemacht worden. Seit dem ersten Vereinsjahre fanden am ersten Donners­ tag eines Monats Sitzungen*6 statt, „in welchen der Aus­ schuß in gewöhnlicher kollegialer Form und Weise die Einläufe und ihre Erledigung beraten, über die Vor- und Anträge Beschlüsse gefaßt, die einschlägigen Gegenstände besprochen und Ideen und Meinungen gegenseitig ausge­ tauscht hat; bei ihnen ist auch über verschiedene Ausar­ beitungen der Vereins-Mitglieder Vortrag erstattet worden oder die Ausschußmitglieder haben solche abgelesen.“ Allmählich scheinen diese Sitzungen ziemlich eingeschlafen zu sein. Erst Regierungspräsident von Weiden führt 1851 wieder die allmonatlichen Sitzungen ein, die allerdings immer noch nur einem kleinen Kreis zugänglich waren. Seit 1852 erscheinen mehrere Jahrzehnte hindurch Aus-

33

züge aus den Sitzungsprotokollen in der Augsburger Post­ zeitung, der Augsburger Abendzeitung und anderen Blättern des Kreises. Eine Uebersicht über die in den Ausschüssen geleistete Arbeit gibt der Jahresbericht, von dem der letzte 1910 erschienen ist Die Ausschuß-Sitzungen werden seit ungefähr 1850 wieder frischer. Nach Erledigung der praktischen Vereinsarbeit werden Vorträge gehalten und Fund- und Ausgrabungsbe­ richte, begleitet von Demonstrationen, abgestattet. Eine lebendige Note bringt seit 1855 Archivar Herberger in die Sitzungen; seine Vorträge über mittelalterliche Kunst in Schwaben, über Sagenforschung u. a. sind richtungwei­ send für die weitere Vereinsarbeit. Greiff und Mezger spre­ chen gerne und oft über die bisher vergrabenen Schätze der Stadtbibliothek. Der Benediktiner Luitpold Brunner ist ebenfalls ein beliebter Vortragender. Seit 1873 haben sich die Ausschuß-Sitzungen nur mehr mit den äußeren Vereinsgeschäften zu beschäftigen. Wohl Sollte der Ausschuß nach den Statuten monatlich zusam­ mentreten, aber während 1880 noch zehn Sitzungen statt­ finden, hören wir 1893 nur von vier, 1903—06 von je zwei, 1907—09 von je einer. Erst in neuester Zeit ist hier wieder mehr Leben zu verzeichnen. Allerdings ist zu beachten, daß die teilweiseVerschiebungderVereinstätigkeit in den letzten Jahrzehnten ein allzuhäufiges Zusammentreten des Aus­ schusses nicht mehr notwendig machte. Die Sitzungen fan­ den von 1855 bis 1919 in der Kreisregierung statt, 1919 bis 1921 abwechselnd in der Gewerbehalle, im Rathaus und der Kreisregierung und seit 1922 in der Staats-, Kreis und Stadtbibliothek. Um das Vereinsleben auf eine frischere Grundlage zu stel­ len, versuchte man 1873 wie anderwärts gesellige Abend­ veranstaltungen mit Vorträgen abzuhalten. Der Vater die­ ses Gedankens war der Gemäldegalerie-Konservator Edu­ ard von Huber. Bis in die neueste Zeit hat sich diese Ein­ führung bewährt, sie ist allmählich zu einer Hauptaufgabe des Vereins geworden. Die Mehrzahl der Vorträge be­ schäftigt sich mit der Geschichte Augsburgs und Schwa­ bens nach jeder Richtung. Daneben erscheinen aber all­ jährlich einige allgemein interessierende Vorträge. Wech34

selnd ist ihre Zahl, fünf bis zwölf jährlich; seit der Nach­ kriegszeit sind es durchschnittlich acht bis zehn. Krieg und Revolutionszeit brachten mehrfach Unterbrechung. Als Vortragende traten früher hauptsächlich Augsburger Kräfte in Erscheinung; jetzt stellen auswärtige Redner fast die Hälfte des Programms. Viel Eindruck hinterließen die mit den Vorträgen verbundenen Ausstellungen von Kunstge­ genständen aus Privatbesitz. Auch hiezu stammt die Anre­ gung von E. v. Huber, der „diese kunsthistorischen Ausstel­ lungen zu einem Anziehungspunkt für viele gestaltete“. Seit Einführung der Lichtbildvorträge ist man davon ab­ gekommen. Die Themen der Vorträge und die Namen der Redner sind den Jahresberichten jeweils zu entnehmen. Eine Uebersicht über die 1919—30 gehaltenen Vorträge erschien in Band 48, eine solche der Vorträge 1930—32 in Band 49 der Zeitschrift. Wie früher geht auch jetzt wie­ der den Mitgliedern ein gedrucktes Winterprogramm für Vorträge und Führungen zu. Seit einigen Jahren legt die Vereinsvorstandschaft großen Wert auf Führungen durch Augsburger Kunst- und Erinnerungsstätten; diese Neuein­ führung hat in weiten Kreisen starke Beachtung gefunden. Ursprünglich fanden die Vereinsabende in der Goldenen Glocke (Kath. Kasino), seit 1886 in der Gaststätte Kern­ stock statt, ein Brauch, der nur während der Schließung des Lokals und der mehrjährigen Uebersiedlung ins Schachamayer eine Unterbrechung erlitt. In den Jahren 1873 bis 1934 wurden rund 340 Vorträg© gehalten. Leider fehlen uns die Aufzeichnungen für 1910/13 und 1915/19. Daß früher das Hauptkontingent der Redner von Augsburg gestellt wurde, ist aus den Jahresberichten leicht zu ersehen. Einzelne Herren des Vereins haben sich sehr oft als Redner zur Verfügung gestellt. Es sei hier nur an Professor Dr. Wilhelm Vogt erinnert, der siebzehnmal zu Wort kam. Weiters sprachen Studienlehrer Dr. Max Radlkofer fünfzehnmal, Domkapitular Leonhard Hörmann zehnmal, Stadtarchivar Dr. A. Buff neunmal, Professor Ludwig Simmet achtmal und Professor Hermann Vogel siebenmal. Von jetzt noch Lebenden sprachen Domdekan J. M. Friesenegger zehnmal, Oberstudienrat Dr. Karl Köberlin und Prälat Dr. M. Hartig je siebenmal. 35

Nicht uninteressant ist es, die Vortragenden nach Berufen auszusondern. An der Spitze marschiert die Geistlichkeit mit 90 Rednern (65 katholische, 19 evangelische und 6 israe­ litische). Darauf folgen: Mittelschullehrer............ 83 Volksschullehrer...................7 Kunsthistoriker ...... 27 Apotheker..............................6 Archivare.............................23 Architekten .... Hochschullehrer............17 Schriftsteller . . . Höh. Verwaltungsbeamte 11 Mittlere Beamte................... 2 Industrielle und B ankiers 10 Hochschulstudenten .... 2 Offiziere.............................. 9 Rechtsanwälte......................2 Bibliothekare..................... 8 Schauspieler........................ 2 Redakteure........................ 8 Aerzte...................................... 1 Ohne Beruf........................ 7 Eine Uebersicht über die Themen der gehaltenen Vorträge dürfte ein anschauliches Bild über die Arbeit des Vereins auf diesem wichtigen Gebiete geben. Augsburg

Vorgeschichte und Römerzeit .

6

Schwaben

AußerSchwäb. Gebiet

Gesamt

16

9

31

9

1



10

Allgemeine Geschichte

.

.

.

26

24

13

63

Kunst, Literatur, Kultur

.

.

Handelsgeschichte........................

.

47

18

23

88

Kirchengeschichte........................

12

2

4

18

Genealogie, Biographie, Heraldik

30

6

10

46

Schulwesen...................................

12

1



13

Verfassungs-u.Rechtsgeschichte

10

1

5

16

6



6

4

4

Ortsgeschichte............................. Allgemeine Geographie

.

.

.

Sonstiges.........................................

7

Gesamt:

75

152

75

7 |

302

Wenn man eine runde Besucherzahl von 40000 annehmen will — auf Grund früherer und jetziger Aufzeichnungen dürfte dies stimmen —, so hat der Verein durch seine Vor­ tragstätigkeit eine gewaltige Wirkung erzielt und zur Wekkung und Förderung des historischen Sinnes in Augsburg unendlich viel beigetragen. 36

BEITRÄGE UND ZAHL DER MITGLIEDER.

Nach den Satzungen vom 11. September 1834 war die Mit­ gliedschaft nicht durch einen festen Beitrag bedingt. Sie konnte „durch Beiträge an Geld oder an Materialien (Fund­ gegenständen) oder durch Leistungen anderer Art“ (histo­ rische Mitarbeit) erworben werden. „Für die Beiträge an Geld wird der Ausschuß jährlich eine Subskription eröff­ nen. Sie sind wie alle Leistungen freiwillig und ungemes­ sen.“ So zahlten 1835 von 1156 Mitgliedern 671 Beiträge in Höhe von 751 fl. Im folgenden Jahre wird unterschieden zwischen solchen, welche unter 1 fl. (75) und jenen, die über 1 fl. (530) geleistet haben. Dieser Zustand ist weiter zu verfolgen bis zum Jahre 1842, wo dann der Ausschuß beschließt, daß auch „aus Rücksicht für die Achtung des Vereins keine Beiträge unter 1 fl. mehr angenommen wer­ den sollten“. Seit diesem Jahre wurden auch eigene Aufnahme-Urkun­ den ausgestellt. Der Mindestbeitrag von 1 fl. wird auch in den neuen Statuten von 1854 beibehalten. Dabei kennen sie auch keine beitragsfreien Mitglieder mehr; eine Ein­ führung, die seit 1846 weggefallen ist. Bei der halbamtlichen Form, in welcher der Verein auf­ gezogen war, ist es erklärlich, wenn die Beiträge durch die Distriktspolizeibehörden bezw. die Stadtmagistrate einge­ hoben wurden. Nur in Augsburg wurden sie durch den Vereinsdiener eingesammelt Dieser Gebrauch wurde bei­ behalten bis 1871. Bei der Einführung der Mark wurde 1873 der Mitgliedsbeitrag auf 4 Mark festgesetzt. Mehr­ fache Erhöhungen brachte die Inflation. Seit dem Jahre 1925 werden 5 Mark erhoben. Was die Zahl der Mitglieder betrifft, so ist sie sehr wech­ selnd. Anfänglich war durch Pflicht und Zeitgeist ein ge­ waltiger Zulauf zu verzeichnen. Das Ende der fünfziger Jahre bringt nach kurzem Rückgang (1848/49) wieder wachsendes Interesse, das in der Hochblüte der liberalistischen Zeit erheblich nachläßt. Seit den achtziger Jah­ ren ist ein stetiger Rückgang der Mitgliederzahl zu ver­ zeichnen, den auch verschiedene Werbungsversuche gar nicht oder nur kurz aufhalten konnten. Der Grund des Rückganges ist vor allem in der Neugründung zahlreicher 37

historischer oder Heimatvereine in der Provinz zu suchen. Während früher der Kreisverein mit dem Neuburger Filialverein allein das Organ für historische Forschung im Kreise war, ist jetzt eine starke Dezentralisierung einge­ treten. Die übrigen Gründe, die den starken Rückgang er­ klären lassen, sind bekannt: allgemeine Vereinsmüdigkeit und vor allem die Geldknappheit. Zahl der Mitglieder: 1835

1156

1892

525

1845

1664

1897

580

1846

677

1900

468

1849

496

1903

356

1855

874

1909

622

1862

1112

1919

396

1871

796

1934

264

1884

602

Ehrenmitglieder. Die Verleihung der Ehrenmitgliedschaft war anfänglich nicht selten ein Akt der Höflichkeit; man war mit ihr ziemlich verschwenderisch. So zählte der Verein 1873 28 Ehrenmitglieder! Allmählich aber hat sich die löbliche Gewohnheit herausgebildet, diese höchste Auszeichnung, welche der Verein verleihen kann, nur bei besonderen Ver­ diensten zu vergeben. Die Namen der Ehrenmitglieder kann dem jeweils dem Jahresbericht beigedruckten Mitglieder­ stande entnommen werden. Heute zählt der Verein drei Männer zu Ehrenmitgliedern: 1. Dr. Pius Dirr, Stadtarchivdirektor in München; 2. Dr. h. c. Christian Frank, Oberpfarrer in Kaufbeuren; 3. Jos. M. Friesenegger, Domdekan und päpstl. Hausprälat in Augsburg. Mitgliederverzeichnisse. Die bis Ende 1834 beigetretenen Mitglieder (1119) sind verzeichnet im Kreisintelligenzblatt 1835 Nr. 1. Die Jahres­ berichte bringen im folgenden stets die Zu- und Abgänge der Mitglieder. 1845 erscheint im Druck ein „Namens-Ver38

zeichnis sämtlicher aktiven Mitglieder des historischen Kreisvereins“, das alle 1834 bis 1845 beigetretenen auf­ führt. Ein Gesamtverzeichnis der Mitglieder bringt erst wieder der 36. Jahresbericht für 1871/72. Ebensolche fin­ den wir im 8. Band für 1881 der Zeitschrift, ferner in Band 11 für 1884, Band 14 für 1888, Band 23 für 1897, Band 30 für 1906, Band 36 für 1910 und zuletzt in Band 48 für 1929. V ereinssatzungen. Der Yereinszweck und die Vereinsaufgaben sind nieder­ gelegt in den Satzungen. Sie sind zu bekannt und aus dem bisherigen klargestellt, daß ein weiteres Eingehen nicht erforderlich erscheint. Die ursprünglichen Satzungen vom 11. September 1834 finden sich abgedruckt: 1. im Jahres­ bericht für 1835, Seite XV.; 2. im Kreisintelligenzblatt 1835 Nr. 1, Seite 5; 3. im schon genannten Namens-Verzeichnis von 1845, Seite 5. Eine gründliche Revision „der in mancher Beziehung sehr mangelhaften Vereinsstatuten“ kündet der 20. Jahresbericht an; sie wurde vom 2. Vorsitzenden Dompropst F. v. Allioli durchgeführt. 1854 erschienen sie im Druck: Statuten des Historischen Vereins im Regierungsbezirk von Schwaben und Neuburg. Eine weitere Revision verspricht der 36. Jahresbericht 1873; sie scheint aber stecken geblieben zu sein. Erst im Dezem­ ber 1887 erfolgte eine Neufassung der Satzungen27, die heute noch maßgebend ist. Eine weitere Abänderung ist wiederholt geplant gewesen, aber immer wieder als un­ zweckmäßig erachtet worden. DIE VEREINSZEITSCHRIFT.

Wohl das wichtigste Organ des Vereins ist seine Zeitschrift. Was in ihr niedergelegt ist, wird in Bibliotheken und Archiven sorgfältig verwahrt. Ihre Verbreitung ist nicht auf das enge Heimatgebiet beschränkt; durch den Tausch mit anderen Vereinen geht sie hinaus in alle Welt. Sie ist nach außen die eigentliche Repräsentantin des Vereins­ lebens und Vereinswillens. Die Sammlungen des Vereins können immer nur lokal wirken; im allgemeinen erschei­ nen sie nur dem Heimatforscher wichtig und besuchens39

wert. Auch die Vorträge kommen fast ausschließlich dem ortsansässigen Teil der Mitglieder und Interessenten zu Gute. Bei der Bedeutung, die der Zeitschrift zukommt, müssen wir uns mit ihrer Entwicklungsgeschichte und ihrem wechselvollen Inhalt beschäftigen. Zum erstenmal erscheint 1836 der Jahresbericht des Histo­ rischen Vereins im Oberdonaukreis für das Jahr 1835. Er schließt nach Inhalt und äußerer Form an Raisers ,,Denkwürdigkeiten“ und „Beiträge“ an. Die letzte Publi­ kation mit dem Titel „Jahresbericht“ war der 36., der 1873 für die Jahre 1871/72 ausgegeben wurde, also eigent­ lich 36./37. Jahresbericht heißen müßte. Ebenso erschien der vorhergehende 35. für zwei Jahre (1869/70). Es müßten also statt der bezeichneten 36 Jahresberichte deren 38 erschienen sein. Ursprünglich in kleinem 4°-Format, erscheinen sie ab 1854 in 8°. Im ganzen sind 26 Bände Jahresberichte erschienen, da für 10 Jahrgänge sogenannte kombinierte Berichte herausgegeben wurden, so der 5. und 6. für 1839/40, 8. und 9. für 1842/43,10. und 11. für 1844/45, 13. und 14. für 1847/48, 15. und 16. für 1849/50,17. und 18. für 1851/52, 21. und 22. für 1855/56, 24. und 25. füll 1858/59, 27. und 28. für 1861/62, 29. und 30. für 1863/64. Der Umfang der Zeitschrift ist ziemlich gleichmäßig, die Jahrgänge 24/25 (1858/59) und 27/28 (1861/62) sind ver­ hältnismäßig klein ausgefallen. Besondere Ausgaben wie die Einrichtung des Museums bedingten einigemal eine Verkleinerung des Umfanges oder eine Zusammenfassung mehrerer Jahrgänge. Im letzten (36.) Jahresbericht wurde angekündigt, daß das Vereinsorgan künftig unter dem Titel Zeitschrift des Hi­ storischen Vereins für Schwaben und Neuburg und zwar jährlich in drei Heften erscheinen werde. Der 1. Jahrgang erschien in dieser Form 1874, ebenso die folgenden, wobei die Hefte 2 und 3 mehrfach zu Doppelheften zusammen gefaßt wurden. Ab Jahrgang 12 erscheinen wieder Jahres­ hefte. Nur einmal wurde noch der Versuch gemacht, die Zeitschrift zweimal jährlich erscheinen zu lassen und zwar bei Band 46 (1926), von dem allerdings nur das erste Heft herauskam. Im ganzen sind für die Jahre 1874 bis 1933 50 Bände erschienen. 40

Jahresberichte über die Vereinstätigkeit sind der Zeit­ schrift nicht regelmäßig beigegeben. Sie werden meist für zwei bis vier Jahre zusammengefaßt und als Beilage der Zeitschrift beigeheftet unter dem besonderen Titel „Jahres­ berichte“ oder „Bericht“. Der letzte Jahresbericht erschien für die Jahre 1907 bis 1909 und ist dem 35. Band beigelegt. In der Folgezeit wurden nur mehr die Rechnungsberichte und die Titel der Vorträge abgedruckt. Nachdem die Ver­ einsaufgaben verschiedentlich zusammengeschrumpft sind, wurde wohl kein Jahresbericht mehr als nötig erachtet. Die Jahre der Inflation und der Nachkriegszeit brachten auch bei der Zeitschrift manche Einschränkungen. Für 1918 bis 1929 erschienen nur fünf Bände. Erst seit dem Jahre 1932 kommt die Zeitschrift mit ihrem 49. und 50. Band wieder regelmäßig einmal im Jahre heraus. Neben den Jahresberichten bezw. der Zeitschrift erhielten die Mitglieder verschiedentlich Sondergaben. So in der neuesten Zeit drei Hefte der von P. Dirr herausgegebenen „Schwäbischen Geschichtsquellen und Forschungen“ und einen Vortrag von K. Schottenloher: „Das Buch im geisti­ gen Leben des 15. und 16. Jahrhunderts“. Daneben er­ schien in den Jahren 1926 und 1929 je eine familienge­ schichtliche Beilage. Gedruckt werden die Jahresberichte 1—14 (für 1834—48) in der Buchdruckerei Lauter, von 1851—73 wechselten die Firmen J. N. Hartmann, J. P. Himmer, F. C. Kremer, Ph. J. Pfeiffer. Die Zeitschrift druckte von 1874 bis 1933 die Buchdruckerei J. P. Himmer; ebenso erscheint sie seit der nämlichen Zeit in Kommission der Buchhandlung J. A. Schlosser. Die Jahresberichte 1—18 (für 1834—1851/52) waren dreigeteilt, die 1. Abteilung enthielt den eigentlichen Jahresbericht, die 2. Abteilung war betitelt „Beiträge für Kunst und Altertum“ und enthielt jeweils die Fundberichte, sie war als Fortsetzung der von J. N. v. Raiser bis zum Jahre 1833 herausgegebenen „Beiträge“ gedacht und erschien auch nach Gründung des Vereins als Beilage zum Intelli­ genzblatt des Oberdonaukreises2®. Die 3. Abteilung enthielt historische Monographien aller Art; ihr war bis 1841 ein Codex diplomaticus beigefügt. Eine vollständige Anführung der zahlreichen, größeren 41

und kleineren, wichtigen und unbedeutenderen Artikel ist natürlich nicht möglich. Wir müssen hier auf die Zeit­ schrift selbst oder auf die Register dazu verweisen. Das erste erschien 1880 und umfaßt die Jahre 1820 bis 188029. Es erstreckt sich auch auf die Vorläufer der Jahresbe­ richte, die „Denkwürdigkeiten“ und „Beiträge“ Raisers. Das zweite erschien 1917 als Beigabe zum 41. Band und umfaßt ebenso die Publikationen des Vereins und deren Vorläufer30. Es ist bearbeitet von A. Vetter. Die ersten Jahrgänge des Jahresberichts waren mehr auf die Erforschung der römischen und mittelalterlichen Bo­ denfunde und deren Auswertung eingestellt. Jedoch kom­ men schon von Anfang an Ortsgeschichten namentlich in Verbindung mit Fundberichten vor. Im Laufe der Zeit traten historische Darstellungen und daneben Urkundenund Quellenpublikationen immer stärker in den Vorder­ grund. Auf dem Umschlagblatt erschien lange Jahre das Programm der Zeitschrift: „Die Zeitschrift soll zur Förde­ rung der politischen, Rechts-, Literatur-, Kunst- und genea­ logischen Geschichte unserer Provinz dienen und finden deshalb Abschriften noch nicht publicierter oder im Text verbesserter Urkunden, Chroniken, Tagebücher, Briefe etc., sowie selbständige die Geschichte des Kreises betreffende wissenschaftliche Arbeiten Aufnahme.“ In den 76 Bänden der Zeitschrift sind viele hunderte von Arbeiten über Schwaben und seine Hauptstadt enthalten. Alle Forschungsgebiete, die für die Heimatgeschichte in Frage kommen, alle Zeitalter sind vertreten. Wohl ist in­ zwischen manches veraltert, im ganzen stehen aber die Veröffentlichungen auf beachtenswerter Höhe, so daß sie heute noch eine wahre Fundgrube sind, die nur durch ein besseres Register erschlossen zu werden bräuchte. Die ersten Jahrgänge des Jahresberichts bringen fast aus­ schließlich Fundberichte, die durch Illustrationen mannig­ fach belebt wurden. Allmählich treten die historischen Ar­ beiten immer mehr in den Vordergrund. Den Beginn macht G. K. Mezger im 2. Jahresbericht mit einer QuellenArbeit: „Ueber die Haft des Götz von Berlichingen“, der er im folgenden Jahr eine Betrachtung über die „Schlacht zwischen Sueven und Römer bei Augsburg“ folgen läßt. 42

Th. Herberger bringt im 12. Jahresbericht die erste Publi­ kation aus dem jetzt geordneten Stadtarchiv: „Briefe Lu­ thers und Melanchthons“. Ein Jahr darauf kommt durch B. Greiff die erste Veröffentlichung aus der Staats-, Kreisund Stadtbibliothek: „Tagebuch des Hans Lutz“. Zwischen beiden Gelehrten entsteht ein fruchtbarer Wettstreit; fast kein Jahr vergeht, das nicht eine Arbeit aus ihrem Tätig­ keitsgebiet aufzuweisen hat. Das Jahr 1877 hat leider für lange Zeit die letzte Publikation aus der Stadtbibliothek gebracht. Erst in neuester Zeit sind ihr wieder einige ge­ folgt. Daß auch sonst in den einzelnen Disziplinen kürzere oder längere Pausen eintreten, ist eine Erscheinung, die überall dort wahrzunehmen ist, wo historische Forschung nur auf einige wenige Männer zurückgreifen kann. Auch bei unserer Zeitschrift bemerken wir je nachdem stärkere Betonung der Numismatik, der Urkundenedition, der Frühund Vorgeschichte usw. Manche Persönlichkeiten bestim­ men oft jahrzehntelang die Einstellung und den Inhalt der Zeitschrift. Und wenn in neuester Zeit z. B. die römische Forschung seit 1919 in der Zeitschrift nicht mehr zu Wort kam, so sind dafür vor allem die finanziellen Ver­ hältnisse des Vereins schuld und weiter die Tatsache, daß diese Forschung von einer Seite betrieben wurde, die selbst eine Zeitschrift zur Verfügung hatte. Wir wollen nun einen kurzen Ueberblick über die wichtig­ sten Publikationen geben, soweit sie nicht durch die Dar­ stellungen von Schröder, Zenetti und Lieb schon erfaßt worden sind. Daß die Stadt Augsburg hier im Vordergrund steht, ist zufolge ihrer geschichtlichen Bedeutung selbst­ verständlich. Im 15./16. Jahresbericht bringt Herberger eine auf archivalischer Forschung beruhende Arbeit: „K. Peutinger in seinem Verhältnisse zu Kaiser Maximilian“. Bereits im folgenden Jahr erscheint eine weitere, welche die Bedeutung Augsburgs in der Reichsgeschichte nochmals unterstreicht: „Kaiser Ludwig der Bayer und die treue Stadt Augsburg“. Im 19. Jahresbericht (1853) sucht F. Allioli das lockende Rätsel „der Broncetüren des Domes“ zu lösen. G. Kern von Kernried bringt im 20. Jahresbericht le­ bendige „Augsburger Studien“ über Einlaß und Lueginsland. Eine kunsthistorisch prachtvolle Untersuchung er43

scheint im 24./25. Jahresbericht (1858/59) von Herberger „über die ältesten Glasgemälde des Domes“. Luitpold Brun­ ner, einer der fruchtbarsten Mitarbeiter dieser Generation, stellt uns im 34. Jahresbericht (1868) die „Totenfeier für Karl V. im Augsburger Dom“ vor Augen. Ein wertvolles Hilfsmittel und zugleich ein Ueberblick über die reichen Sammlungen des Vereins ist das „Verzeichnis der Augsbur­ ger Münzen im Besitz des Historischen Vereins“ von J. P. Großhauser im 35. Jahresbericht. Dieser letzte Band des Jahresberichtes bringt die „Selbstbiographie des Elias Holl“, herausgeben von Chr. Meyer, die sich aber als sehr ver­ besserungsbedürftig herausstellt. Den 1. Band (1873) der neuen Zeitschrift eröffnen eine Anzahl aufschlußreicher Untersuchungen zur Augsburger Geschichte: Chr. Meyer: „Die letzten Zeiten der freien Reichsstadt Augsburg“, L. Brunner: „Die Erziehung und Bildung eines Augsburger Kaufmannssohnes im 16. Jahr­ hundert“, nach den im Besitz des Historischen Vereins be­ findlichen v. Hörmann’schen Familienakten. Brunner hat auch in der Folge eine Anzahl Handschriften des Histori­ schen Vereins ediert. J. v. Ahorner, selbst ein aktiver Musi­ ker, gibt eine eingehende Schilderung „der Augsburger Musikzustände seit 1800“. Damit hat er mit den später in der Zeitschrift erschienenen Darstellungen die Grundlage zu einer Musikgeschichte Augsburgs geschaffen. In Band 2 und 4 der Zeitschrift bringt Julius Hans eine grundlegende Darstellung des „Augsburger Schulwesens“. R. Schreiber überreicht in Band 3 eine Arbeit: „Die Römer in Augsburg.“ Aus dem Nachlaß Herbergers zeigt der Aufsatz über „die Seelhäuser und Seelgeräte Augsburgs“ einen Ausschnitt aus der mittelalterlichen Caritas. In die Fußspuren Herbergers tritt sein Nachfolger A. Buff, der bis zu seinem Ableben die reichen Schätze des Stadtarchivs erschließt. Band 4 ent­ hält von ihm eine Abhandlung zur Rechtsgeschichte: „Ver­ brechen in Augsburg im 14. Jahrhundert.“ Chr. Meyer lie­ fert im 4. und 5. Band „Beiträge zur Verfassungs- und Rechtsgeschichte Augsburgs“. Der letztere Band enthält die für die Kunst- und Wirtschaftsgeschichte der Stadt wichtigen „Baurechnungen 1320—1331“, bearbeitet von R. Hoffmann. Wie die soziale Revolution des Bauernkrieges 44

Grabstätte J. N. von Raisers auf dem kath. Friedhof Augsburg.

auch auf die Städte übergreift, zeigt im 6. Band W. Vogt in seiner Geschichte „des Aufstandes des Jahres 1524 in Augs­ burg“. Einen hübschen „Beitrag zur Augsburger Buch­ druckergeschichte“ von A. Buff lesen wir im 7. Band. Eben­ dort zeigt H. A. Lier in seiner Abhandlung „Der Augsburger Humanistenkreis um 1500“ die weitverzweigten Einflüsse der Renaissance in der Reichsstadt. F. Stieve behandelt die kulturgeschichtlich interessante Affäre des „Augsburger Kalenderstreites“. Durch eine Reihe von Bänden (5., 6., 7. und 9.) ziehen sich die „Beiträge zur Geschichte desKarmelitenklosters zu St. Anna“ von Eberhard Schott. Für die Zustände an deutschen Höfen kurz vor Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges äußerst wichtig sind die „Reise­ beschreibungen des Augsburger Kunstsammlers Philipp Hainhofer“, die Chr. Häutle ediert und die den ganzen 8. Band ausfüllen. Die Veränderung des mittelalterlichen Stadtgebietes erweist ein Aufsatz von R. Hoffmann „über die Vorstadt Wagenhals“ in Band 9. Das kulturgeschicht­ lich interessante Gebiet des „Augsburger Bäderwesens“ be­ handelt der nämliche Verfasser in Band 12. In Band 14 sucht ebenderselbe das wehrhafte Augsburg in seinen „To­ ren tmd Befestigungen“ darzustellen. Grundlegend ist die Auffassung, die uns Buff über den „Bau und die Innende­ koration des Augsburger Rathauses“ vermittelt. Die Bedeu­ tung des Augsburger Bischofs Marquard von Randeck für die Reichspolitik unter Kaiser Ludwig dem Bayer und Karl IV. stellt in Band 15, 20 und 22 F. H. Glasschröder klar. Weit über Augsburgs Grenzen erregte Aufsehen der Nachweis über „Mozarts Augsburger Ahnen“, welchen A. Buff im 15. Band erbringt. Vorarbeiten zur Geschichte des Bauernkrieges liefern im 16. Band M. Radlkofer und L. Müller. Als Anfangsgeschichte des Apothekerwesens in Augsburg erscheint die Abhandlung über „Claus Hofmair“ von A. Buff. „Ph. Hainhofers Beschreibung des sogenann­ ten pommerschen Meyerhofes“ von O. Doering (Band 18) ist ein nicht unwichtiger Beitrag zur Kunstgeschichte. Band 19 enthält nur Arbeiten zur Augsburger Geschichte und Kunstgeschichte, darunter die Beschreibung der „Gold­ schmiedekapelle“ von Fr. Drechsel. Wie gerade durch den Stand der Aerzte der Humanismus vorwärts getrieben 45

wurde zeigt in Band 20 M. Radlkofer. Der Geist der Renais­ sance dringt auch in die Augsburger Klöster; besonders freudig wird er bei St. Ulrich aufgenommen, wie A. Schrö­ der an „Vitus Bild“ nachweist. In den Kreis der Reichs­ politik führt uns Joh. Müller: „Richtpunkte und Ziele der äußeren Politik Deutschlands zur Zeit des Augsburger Reichstages von 1582“ (Band 21). Derselbe Band enthält einen Beitrag zum gesellschaftlichen und sportlichen Leben in Alt-Augsburg: M. Radlkofer, „Die Schützengesellschaften und Schützenfeste Augsburgs im 15. und 16 Jahrhundert“. Die Baugeschichte des Augsburger Ulrichsmünsters, be­ sonders in der romanischen Zeit führt uns in Band 22 J. A. Endres vor Augen. Einen Blick in die geruhsame Dich­ terwerkstatt des Samuel Dilbaum gewährt uns M. Radl­ kofer. Aehnlich wie Herberger findet auch Buff den Weg zur Kunstgeschichte. Band 23 enthält von ihm „die An­ fänge der Stukkaturkunst“. P. Joachimsohn liefert einen Beitrag zur Geschichte „der Augsburger Schulmeister und des Schulwesens in vier Jahrhunderten“. In Band 24 er­ fährt die „Baugeschichte des Domes“ eine weitgehende Förderung durch A. Schröder; weitere Beiträge dazu bringt in Band 26 F. Schildhauer. Eine vergessene Größe „Therese Huber“ läßt in Band 25 L. Werner er­ stehen und führt uns damit in die Welt der deutschen Klassik. Die umfangreiche Arbeit Radlkofers über den „Augsburger Stadtschreiber Georg Fröhlich“ (Band 27) läßt uns einen Blick tun in die bewegte Politik der Reichs­ stadt während der Reformationszeit. Eine kunstgewerb­ liche Studie enthält Band 28 von J. M. Friesenegger: „Ueber den Kunstschlosser Hans Mezger.“ Der Augsburger Re­ formationshistoriker F. Roth überreicht uns in der Folge­ zeit mehrere Arbeiten aus seinem Schaffensgebiet, so in Band 30 eine solche über St. Ulrich. Die Edition einer Münchener Handschrift, „das Geschichtenbuch des Magi­ sters Konrad Derrer von Augsburg“,die G. Leidinger in Band 31 gibt, bedeutet eine begrüßenswerte Vermehrung der mittelalterlichen Erzählungsliteratur. In der Folge tritt der Augsburger Stadtarchivar P. Dirr mit einer Reihe be­ deutender Publikationen in der Zeitschrift auf. Band 33 enthält von ihm „Handschriften und Zeichnungen von 46

Elias Hoil“. Das gotische Rathaus der Stadt findet in J. Baum einen gewandten Darsteller. Einen wichtigen Bei­ trag zur Kunst- und Geistesgeschichte liefert in Band 34 F. Freude, indem er die Geschichte der vielumstrittenen „Kaiserlich Franciscischen Akademie“ bringt. Im folgenden Band klärt F. Roth die Frage des „Augsburger Stadtpirs“. Mit dem Augsburger Geschichtsschreiber Clemens Jäger beschäftigt sich in Band 36 P. Dirr. F. Roth stellt im 38. Band eine bisher unbeachtet gebliebene Chronik aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ans Licht, nicht ohne weitgehende Hinweise auf ihren bekannten Verfasser Hieronymus Fröschel. Ein interessantes Kapitel aus dem Schulwesen der Stadt erschließt uns K. Köberlin’s „Kan­ torei bei St. Anna“ (Band 39). In der Zeit der Aufklärung sehen wir uns in Band 40 durch P. Dirr versetzt: „Augs­ burg in der Publizistik und Satire des 18. Jahrhunderts“, wo mit manchem unangebrachten Urteil über unsere Stadt aufgeräumt wird. H. Wiedenmann führt uns im Band 41 in „die Fischereirechte von 1276—1806“ ein. Ein stets an­ reizendes Gebiet, „die Zensur“, hat sich im 42. Band G.Costa gewählt. Ein Augsburger Kunstheiligtum, die Dominika­ nerkirche, findet in Band 43 durch H. Wiedenmann seine längst fällige Wiedererstehung. In die hohe Reichs-und Fi­ nanzpolitik werden wir durch F. Roth in Band 44 geführt: „Die Fugger und der Schmalkaldische Krieg.“ Derselbe würdigt (Band 46 und 47) den bedeutenden und vielseitigen Historiker Clemens Jäger. Mit dem Goldenen Saale ist der Name des Augsburger Künstlers Matthäus Kager unzer­ trennlich verbunden; sein Lebenswerk stellt uns H. Nasse im 46. Band erschöpfend dar. Im 47. Band verweist M.Herre auf die Beziehungen Karl Maria von Webers zu Augsburg. Die mannigfache Einstellung Fremder zur Stadt Augsburg erweist der Aufsatz von E. Gebele im 48. Band: „Augsburg im Urteil der Vergangenheit.“ Die Kenntnisse über die Augsburger Musikgeschichte im 17. und 18. Jahrhundert erweitert L. Gerheuser im 49. Band in seiner Arbeit über Jacob Scheiffelhut. Die Wechselbeziehungen der Familie Mozart zu Augsburg erläutern die von H. Wiedenmann her­ ausgegebenen Briefe. Eine mittelalterliche Wallfahrt zum Heiligen Land, geschildert vom Augsburger Domherrn 47

Wolf Zülnhart, wird im 50. Band von E. Gebele aus einer Handschrift der Staats-, Kreis- und Stadtbibliothek ediert K. A. Fischer mit seinem Aufsatz über den „Klavier- und Orgelbauer Joh. Andreas Stein“ führt in das kulturell so lebensvolle Bild unserer Reichsstadt im 18. Jahrhundert. In die süßlich-manirierte Zeit des 17. Jahrhunderts gehört die Augsburger Dichterin Rosina Spitzlin, die in Fr. Schmidt ihren Betreuer gefunden hat. Bei der Bedeutung Augsburgs als Handelsstadt ist es selbst­ verständlich, daß eine Reihe Arbeiten zur Wirtschafts-, Handels- und Geldgeschichte der Stadt und ihrer Kaufher­ ren erschien. Das Stadtarchiv und die Stadtbibliothek wie auch das Fuggerarchiv bieten dazu fast unerschöpfliches Material. Im 26. Jahresbericht entreißt B. Greiff das in der Stadtbibliothek aufbewahrte „Tagebuch des Lucas Rem“ der Vergessenheit: es bedeutet einen wichtigen Beitrag zur Handelsgeschichte. Zugleich ediert er „Briefe und Berichte über die frühesten Reisen nach Amerika und Ostindien“ aus dem Nachlaß Peutingers, der in der Stadtbibliothek verwahrt wird. Unermüdlich erschließt Greiff weitere Quel­ len aus seinem bibliothekarischen Arbeitsgebiet. Im 34. Jahrgang des Jahresberichtes bringt er die weltgeschicht­ lich bedeutende Handschrift über „die Finanzierung der Wahl Kaiser Karls V. durch die Fugger“ ans Licht. Im 1. Band der Zeitschrift finden wir einen Beitrag von Frei­ herr von Welser zur Geschichte der Erwerbung Venezuelas durch seine Familie. Band 6 und 9 enthalten bemerkens­ werte Arbeiten F. Dobels über den „Bergbau der Fugger in Oesterreich“. J. Kränzler eröffnet in Band 3 in seinem Aufsatz über die „Augsburger Botenanstalt“ einen interes­ santen Ausblick über die damaligen Post- und Verkehrs­ verhältnisse. Abermals läßt uns Dobel im 13. Band ein lebendiges Bild über den Welthandel Augsburg entstehen: „Pfefferhandel der Fugger und Welser.“ Ein ähnliches Thema, „Gewürzhandel der Fugger“, behandelt in Band 19 K. Häbler, der sich in Band 21 auch mit der „Geschichte der Welser in Venezuela“ beschäftigt und damit auch auf die kolonisatorische Bedeutung der Augsburger Kaufmann­ schaft hinweist. Glück und Ende eines großen Augsburger Kaufmannsgeschlechts schildert in Band 30 J. Müller: „Der 48

Verlauf des Welserschen Gantprozesses.“ P. Dirr behandelt in Band 34 „die Augsburger Kaufleutezunft (1368—1548)“. Derselbe bringt eine grundlegende, viel begehrte und leider jetzt vergriffene Arbeit über die Weltgeltung „der Augsbur­ ger Textilindustrie im 18. Jahrhundert“. Einen nicht un­ wichtigen Beitrag zur Geschichte der Handelsregister lie­ fert (Band 39) M. Rintelen durch die Beschreibung „des Ragionenbuches der Augsburger Kaufmannschaft“. Ueber die Bedeutung der „oberbayerischen Steinkohlenproduk­ tion seit dem 16. Jahrhundert für Augsburg“ berichtet in Band 40 H. Wiedenmann. H. Roth führt uns in die Zeit neuer Industrieversuche; er erzählt von der „Seidenmanu­ faktur zu Lechhausen“ (Band 41). In der Familiengeschicht­ lichen Beilage zu Band 46 klärt R. Hipper „die Beziehungen der Faktoren G. und Chr. Hörmann zu den Fuggern“. Nicht alle dieser besprochenen Arbeiten sind natürlich eng auf Augsburg beschränkt; gar manche ziehen mannig­ faltig die weitere schwäbische Umwelt herein. Daneben sind aber eine große Zahl von Arbeiten erschienen, die sich mit der Orts- und Kulturgeschichte Schwabens ausschließ­ lich beschäftigen. Im folgenden nur eine Auswahl: In den Jahresberichten 20—22 bringt C. A. Böhaimb umfangreiche Ortsgeschichten von Illereichen und Illerbeuren. Im Jah­ resbericht 31 versucht H. Bauer eine „urkundliche Ge­ schichte der Edelherrn von Hürnheim“. L. Brunner bringt im Jahresbericht 31/32 eine umfassende Arbeit über „die Markgrafschaft Burgau“. Die für die Geschichte des Boden­ sees und besonders Lindaus wichtige „Chronik des Nico­ laus Stulmann“ erhält in J. Würdinger (32. Jahresbericht) einen Bearbeiter. In Jahresbericht 33 behandelt derselbe den 1. und 2. Städtekrieg in seiner Bedeutung für Schwa­ ben. Die Allgäuer Orte Weiler und Scheidegg in ihren uralten Beziehungen zu St. Gallen finden ihre Würdigung durch W. E. v. Gonzenbach (Jahresbericht 33). Im 1. Band der Zeitschrift bringt Chr. Meyer die „Geschichte der Wie­ dertäufer in Oberschwaben“, die in den Bänden 27 und 28 durch Fr. Roth ihre Fortsetzung findet. Vier interes­ sante Beiträge zur Allgäuer Geschichte liefert in Band 2 L. Baumann. Derselbe beschreibt in Band 3 die „Meister^ singer zu Donauwörth“. L. Brunner schildert die „Ge49

schichte des Klosters Elchingen im Dreißigjährigen Krieg“. „Beiträge zur Verfassungsgeschichte Memmingens“ von F. Dobel beginnen den Band. Der spätere Reichsarchivdirektor L. Baumann schenkt uns in Band 4 abermals zwei Arbeiten zur schwäbischen Geschichte, über die Grafen von Kellmünz und die Chroniken von Kempten. K. Primbs ediert das Totenbuch des Stiftes Lindau. Die umfangreiche „Kor­ respondenz des Bundeshauptmannes Ulrich Artzt“, eine unerläßliche Quelle zur Geschichte des Bauernkrieges, macht W. Vogt in Band 6—10 der Forschung zugänglich!. Nicht nur sprachgeschichtlich wichtig erscheint in Band 7 die Arbeit von F. Buck über „vordeutsche Fluß- und Orts­ namen in Schwaben“. In Band 9 erscheinen von K. Primbs abermals drei Aufsätze zur Lindauer Geschichte, während H. Arnold die vielverschlungene „Geschichte des Auerberges“ zu deuten versucht. Daß auch noch im 17. Jahrhun­ dert sich die geknechteten Bauern empören, zeigt im 11. Band F. Stieve an der Geschichte „des Bauernaufstandes zu Rettenberg“. H. Freiherr von Reitzenstein behandelt in Band 12 die „schwäbischen Reichslandvogteien“. Eine kunstgeschichtlich ebenso interessante wie genealogisch wichtige Abhandlung über die Güssen von Leipheim hat M. Radlkofer zum Verfasser. Die Bände 16 und 17 enthal­ ten voh L. Müller eine inhaltsreiche Arbeit zur „Geschichte des Bauernkrieges im Ries“. F. X. Glasschröder berichtet über „die Erwerbung der Herrschaft Mindelheim durch das Hochstift Augsburg“. Das Schicksal der Stadt Mem­ mingen während des Dreißigjährigen Krieges und die luxu­ riöse Hofhaltung Wallensteins dortselbst erfahren wir im 18. Band durch B. Bauer. Band 25 enthält eine Beschrei­ bung des Füssener Totentanzes durch A. Dürrwächter. Die­ ser und der folgende Band führt uns nochmals ins Ries: L. Müller behandelt die Geschichte der alten jüdischen Siedlungen dortselbst. J. Müller klärt im 28. Band den „An­ teil der schwäbischen Kreistruppen am Türkenkrieg 1595 bis 1597“. Die „Geschichte einer ostalemannischen Gemein­ landsverfassung“ zeigt uns (Band 29) K. Haff an dem Bei­ spiel des Ortes Pfronten. Wohl die wichtigste Publikation zur schwäbischen Geschichte ist die von H. und A. Schröder (Band 32) herausgegebene schwäbische Karte, welche die 50

Herrschaftsgebiete im heutigen Schwaben um 1800 auf­ zeigt. Fr. Behrend beschäftigt sich in Band 38 mit den „Memminger Meistersingern“. G. Grupp führt uns in die Zeit Napoleons; er schildert (Band ’41) den Fürsten Lud­ wig von Oettingen-Wallerstein als Organisator der schwä­ bischen Landwehr. Einen lokalen Ausschnitt zur Geschichte des Bauernkrieges teilt F. Bader aus Roggenburg mit. In das musikalische Gebiet führt uns (Band 45) A. Diemand, indem er die „Beziehungen Josef Haydn’s zum Wallerstei­ ner Hof“ darstellt. Die vielumstrittene Frage des Gunzenlee löst E. Wallner in endgültiger Weise. Die Bibliotheksge­ schichte einer schwäbischen Reichstadt zeigt uns an dem Beispiele Nördlingens A. Schmid (Band 47). J. Wöhrl gibt in Band 48 eine Geschichte der Reichspflege Donauwörth. Die Chronik eines weitverzweigten, einst einflußreichen Adelsgeschlechtes, der Emershofen, aus der Staats-, Kreisund Stadtbibliothek, ist von E. Gebele in der familienge­ schichtlichen Beilage zu Band 49 herausgegeben. Getreu ihrem Programm hat die Zeitschrift sehr viele Urkunden und Regesten zur schwäbischen Geschichte ge­ bracht. Von Anfang an bringt längere Zeit der Jahresbe­ richt in einem eigenen „Codex diplomaticus“ solche Publi­ kationen. Auch in der Folge hat der Verein versucht wei­ tere Quellen der Oeffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Jahresberichte 15 und 16 enthalten die Urkunden des Klosters St. Katharina, herausgegeben von A. Steichele. Diese und die zwei nächsten Jahresberichte bringen Ur­ kunden zur Geschichte des Geschlechts derer von Heimenhofen, ediert von B. Zör. Derselbe veröffentlicht in den Jahresberichten 20—22 weitere Urkunden der Laubenber­ ger. In Jahresbericht 34 ediert Herberger die vier ältesten Originalurkunden des Augsburger Stadtarchives. In Band 3 und 4 der Zeitschrift gibt L.Brunner die Urkunden aus dem Vereinsbesitz heraus. Regesten der Urkunden von St Moritz in Augsburg erscheinen in Band 9 von Chr. Meyer. Nach einer längeren Pause gibt F. X. Glasschröder (Band 20) Urkunden zur Geschichte des Augsburger Bi­ schofs Marquard von Randeck bekannt und endlich in Band 24 J. Schlecht päpstliche Urkunden für die Diözese Augsburg. 51

Eine Reihe von Ausschußmitgliedern hat ihre Kraft der Zeitschrift gewidmet. Seit Beginn der Vereinstätigkeit wurde die Redaktion durch einen engeren Ausschuss von 3 bis 4 Mitgliedern vorgenommen. In den Satzungen von 1854 und 1887 wurde dies noch ausdrücklich festgelegt. Seit dem Tode Raisers tritt fast ununterbrochen der erste Schriftführer als Schriftleiter auf, der die technische Seite der Herausgabe zu leiten hat. Folgende Schriftleiter haben die Zeitschrift durch hundert Jahre betreut: 1. Joh. Nep. von Raiser, Regierungsdirektor: 1835—1848 (1.—14. Jahresbericht.) 2 Benedikt Greiff, Studienlehrer und 2. Stadtbibliothe­ kar: 1849—1868 (15.—34. J.). 3. Dr. Anton Steichele, Domkapitular, und Dr. Christian Meyer, Stadtarchivar: 1868—1872 (35. und 36. J.). 4. Dr. Robert Hoffmann, pr. Arzt: führt, seit 1876 unter­ stützt durch A. Buff, 1873—1880 „interimistisch“ die Redaktion (Zeitschrift Bd. 1—7). 5. Dr. Friedr. Dobel, fürstl. Fuggerischer Archivar, spä­ ter Stadtbibliothekar: 1881—1883 (Z. Bd. 8—10). 6. Dr. Adolf Buff, Stadtarchivar: 1884—1899 (Z. Bd. ll bis 26). 7. Dr. Thaddaeus Rueß, Stadtbibliothekar: 1899—1905 (Z. Bd. 27—32). 8. Dr. Pius Dirr, Stadtarchivdirektor: 1906—1919 (Z. Bd. 33—39 und 44). 9. Dr. Hans Ockel, Gymnasialprofessor: Stellvertreter für Dr. Dirr, 1914—1918 (Z. Bd. 40—43). 10. Dr. Hans Wiedenmann, Stadtarchivdirektor: 1920 bis 1932 (Z.B. 45—49). 11. Dr. Eduard Gebele, Oberbibliothekar: ab 1932. DIE FINANZIELLEN VERHÄLTNISSE DES VEREINS.

Die Geldgebarung ist selbstverständlich auch für einen Ver­ ein die Grundlage seiner Existenz. Lange Jahre nehmen die Mitgliederbeiträge den größten Teil der Einnahmen ein. Wohl gibt die Stadt Augsburg gelegentlich Zuschüsse, so 1837 auf drei Jahre je 25 fl.; von Anfang an unterhält die Stadt die für das Antiquarium bereitgestellten Lokalitäten und seit 1855 stellt sie dem Verein ein Gebäude für seine 52

Sammlungen zur Verfügung, was eine starke finanzielle Erleichterung bedeutete. Zu einem regelmäßigen Zuschuß in Höhe von 1000 Mark versteht sich die Stadt aber erst seit dem Jahre 1921: nach der Inflation wird ab 1926 ein solcher in Höhe von 1500 Mark gewährt. Seit dem Jahre 1928 ist er vertraglich auf mindestens 1500 Mark festgelegt, wofür der Verein der Stadt seine Bibliothek überweist. Stärker hat sich der Kreis für den Verein interessiert; seit dem Jahre 1853 gewährt er eine jährliche Beihilfe von 300 fl., die ab 1875 auf 1000 Mark erhöht wird. Die trost­ losen finanziellen Verhältnisse zwangen den Kreistag den Beitrag ab 1926 auf 800 Mark seit 1931 auf 100 Mark her­ abzusetzen. Erst in der Nachkriegszeit entschloß sich die Staatsregie­ rung zu einem Zuschuß, der seit 1925 in Höhe von jähr­ lich 270 Mark, seit 1926 von 140 Mark und seit 1928 von 100 Mark gewährt wird. Weitere Einnahmen entstanden dem Verein durch Eingang von Zinsen, Verkauf von Wertpapieren und Jahresberich­ ten, ferner durch Legate. Es ist nun ganz interessant die Gesamteinnahmen des Vereins festzulegen; sie betrugen 1834—1875 rund 55 000 fl. 1876—1933 rund 186 000 Mark. Die Inflationsjahre sind hier wie bei den Ausgaben unbe­ achtet gelassen worden. Bei den Ausgaben nimmt den größten Teil der Druck und das Binden des Jahresberichtes ein; 1835 bis 1875 werden hiefür rund 14 300 fl. (25 Prozent) aufgewendet, wobei der Durchschnittsaufwand von 500 fl. pro Jahresband ziemlich konsequent eingehalten wird. Ungefähr 11000 fl. verschlingen im gleichen Zeitraum der Ankauf und der Unterhalt von Altertümern, Monumenten, Kunstgegenstän­ den und Münzen. Für Bücheranschaffungen und -binden wird die Summe von 5400 fl. aufgewendet. Seit Einrichtung des Maximilian-Museums hat der Verein zur Besoldung des Kustos bis 1861 jährlich 100 fl., ab 1862 150 fl. beizutra­ gen. Größere Aufwendungen zur Anschaffung von Möbeln und Vitrinen erforderte der Umzug ins Maximilian-Museum. 100 fl. wurden jährlich für Bedienung, Beheizung und Be­ leuchtung aufgewendet. 53

Auch in den Jahren 1876 bis 1933 erforderte die Zeit­ schrift den größten Aufwand (rund ein Drittel) in Höhe von 67 000 Mark. Zum Erwerb von Kunstgegenständen ver­ wendete man rund 20 000 Mark. Die Bibliothek erforderte einen Bedarf von 18000 Mark. Ungefähr 10000 Mark kostete der Unterhalt der Römertürme; dabei sind Zu­ schüsse für ähnliche Zwecke miteingerechnet. Honorare für die Zeitschrift erfordern durchschnittlich im Jahr 200 bis 300 Mark. Für Vorträge gibt der Verein jährlich rund 700 Mark (Honorar, Saalmiete, Inserate) aus. Seit dem Jahr 1876 beträgt der Gehalt des Kustos jährlich 300 Mark; er erhöht sich bis 1898 allmählich auf 835 Mark. Dazu kommt noch die Besoldung des Vereinsdieners. Im ganzen hat der Verein seit 1876 an Besoldungen rund 25 000 Mark aufgewendet Das zurückgelegte Vereinsvermögen wurde ein Opfer der Inflation. Auch diese kalten und nüchternen Zahlen geben ein leb­ haftes Bild der vielfachen Aufgaben des Vereins. Mit ver­ hältnismäßig kleinen Summen wurden im Laufe eines Jahrhunderts doch große Aufgaben gelöst, reiche Samm­ lungen aufgebaut und viel Kulturgut gerettet Das wäre nicht möglich gewesen, wenn sich nicht an der Spitze des Vereins jederzeit Männer befunden hätten, die freudig die wenigen Freistunden, die ihnen ihr Beruf gelassen, für die Vereinsarbeit in selbstloser Uneigennützigkeit geopfert hätten. Reichen Dank haben wir den Kassieren zu zollen, die im Laufe des vergangenen Jahrhunderts die Vereinskasse in vornehmen, ehrenamtlichem Sinne betreut haben: 1. David von Stetten, Gutsbesitzer: 1834—1835. 2. Josef von Ahorner jun., Regierungsdirektor: 1835—36 und 1855—1875. 3. Georg Hayn, Rechnungskommissär: 1836—1841. 4. Andreas Reisinger, Rechnungskommissär: 1841—1845. 5. Franz de Paula Bader, Domkapitular: 1845—1854. 6. Ludwig Raiser, Regierungsrat: 1854—1855. 7. Philipp Frhr. v. Thünefeld, Gutsbesitzer: 1875—1894. 8. Karl Chur, Direktor: 1894—1917 (f 1919) 9. Friedrich Würth, Bankier: seit 1917. 54

VEREINSVORSTÄNDE.

Nach den Statuten von 1834 und 1854 steht an der Spitze des Vereins als „permanenter Vorstand“ der jeweilige Re­ gierungspräsident, eine Maßregel, die durch die offizielle Eigenschaft des Vereins als staatliches Organ für Geschichtsforschung und Denkmalschutz notwendig erschien. Im allgemeinen wurde die Vereinsvorstandschaft als eine rein repräsentative aufgefaßt. Die Satzungen von 1887 sehen diesen Brauch nicht mehr vor. Der Regierungsprä­ sident erscheint nunmehr als Kurator des Vereins. I. Vorstände. 1. Arnold Ritter von Link: 1835—fl838. 2. Karl Freiherr von Stengel: 1838—1843. 3. Dr. Anton Fischer: 1843—1848. 4. Georg Karl Freiherr von Weiden: 1848—11857. 5. Ernst Freiherr von Lerchenfeld: 1858—1869. 6. Theodor von Zwehl: 1868—1870. 7. Winfrid von Hörmann: 1870—1887. 8. Hermann Freiherr von Reitzenstein, Regierungsrat: 1887—1889. 9. Edmund von Wirschinger, Regierungsdirektor: 1889—1896. 10. Dr. Otto Roger, Obermedizinalrat: 1896—1915. II. Dr. Pius Dirr, Stadtarchivdirektor: 1915—1920. 12. Franz Gentner, 2. Bürgermeister a. D. und Geheimrat: 1920—fl923. 13. Jos. M. Friesenegger, Domdekan und Hausprälat: 1923—1931. 14. Dr. Hans Wiedenmann, Stadtarchivdirektor: 1931—fl932. 15. D. Wilhelm Schiller, Kirchenrat und 1. Pfarrer: seit 1932. Kuratoren. 1. Josef von Kopp: 1889—1897. 2. Wilhelm von Lermann: 1897—1906. 3. Paul von Praun: 1906—1923. 11. Vorstände. 1. Joh. N. v. Raiser, Regierungsdirektor: 1835—f1853. 2. Dr. Franz von Allioli, Dompropst: 1853—1867. 56

3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14.

Anton Steichele, Domkapitular: 1867—1878. Dr. P. Luitpold Brunner, Professor: 1878—1880. Josef G. Dreer, Dompropst: 1880—fl885. Hermann Freiherr von Reitzenstein, Regierungsrat: 1886—1888. Konrad Raffler, Domkapitular: 1888—fl891. Franz Permanne, Domdekan: 1891—1897. Dr. Franz Keller, Dompropst: 1897—1902. Dr. Theobald Labhardt, Abt von St.Stephan: 1903—1915. Josef M. Friesenegger, Domdekan: 1915—1923. Jakob Schweiker, Kommerzienrat: 1923—j-1927. Max Wanner, Architekt: 1927—1931. Pius Guggemos, Oberstudienrat: seit 1931.

AUSSCHUSSMITGLIEDER. Manchem dürfte es überflüssig erscheinen, hier eine Zahl von vielfach längst vergessenen Namen aneinander zu reihen. Aber einerseits ist es nicht uninteressant zu erfah­ ren, aus welchen Kreisen all die Männer stammen, die ihre Vereinspflichten keineswegs repräsentativ auffaßten. Und andererseits ist es eine Pflicht der Dankbarkeit und Pietät, alle die Namen wieder zu erwecken, deren Träger sich der Erforschung der Heimat mit jener Liebe und Wärme, jener Aufopferung und Uneigennützigkeit widmeten, wie sie seit hundert Jahren ein unbestrittenes Vorrecht der historischen Vereine ist. Die in der Vereinszeitschrift erschienenen Nekrologe sind bei den einzelnen Namen vermerkt. 1. Joh. N. von Raiser, Regierungsdirektor: 1834—fl853 (19. J., S.V). 2. Josef von Ahorner, Regierungsrat, später Regierungs­ direktor: 1834—fl875. 3. Dr. Daniel Eberhard Beyschlag, Rektor von St. Anna, Stadtbibliothekar: 1834—f 1835 (I.J., S.V). 4. Christian Friedr. Beyschlag, Regierungs- und Kreis­ baurat: 1834—1837. 5. Dr. Anton Fischer, Regierungsrat (später als Regie­ rungspräsident 1. Vorstand): 1834—1838. 6. Dr. Josef von Ahorner, Hof- und Sanitätsrat: 1834—fl839 (5./6.J., S. 75). 56

7. Dr. Karl Egger, Domdekan: 1834—fl850. 8. Josef Aigner, Rektor von St.Stephan: 1834—1835. 9. Augustin Stark, Domkapitular: 1834—1*839 (5./6.J., S.94). 10. Michael Voit, Bezirksbauinspektor: 1834—1839. 11. Christoph von Schmid, Domkapitular: 1834—fl854. 12. Christoph David von Stetten, Gutsbesitzer: 1834—fl845. 13. Anton Daniel Geuder, Stadtpfarrer bei St. Anna: 1834—tl842. 14. Karl Weishaupt, Major: 1834—1844. 15. Dr. Heinrich Carron du Val, 1. Bürgermeister: 1835—fl846. 16. Georg Kaspar Mezger, Rektor von St. Anna und Stadt­ bibliothekar: 1835—f 1874. 17. Friedrich Karl J. Freiherr von Strauß, Regierungsrat (später Regierungsdirektor): 1835—37 und 1838—39. 18. Benedikt von Paris, Gutsbesitzer: 1835—fl838. (4.J., S. 21). 19. Josef Lutz, Kreisforstinspektor: 1835—1841. 20. August Friedr. Hänlein, Regierungsrat: 1835—1837 und 1841—1846. 21. Josef Kollmann, städt. Baurat: 1835—1860. 22. Wilhelm Birett, Antiquar: 1835—fl837. 23. Georg Hayn, Rechnungskommissär: 1837—1846. 24. Josef von Kolb, Regierungsrat: 1838—fl866. 25. Joh. B. von Langenmantel, Kreisbaurat: 1838—1843. 26. P. Benedikt Richter, Rektor von St. Stephan: 1838-1841. 27. Konrad Heinrich, 2. Bürgermeister: 1838—fl865. 28. Franz de Paula Baader, Domkapitular: 1838—fl854. 29. Dr. Julius Ernst Burkhart, Studienlehrer: 1838—1841. 30. Friedr. Aug. Freiherr von Zu-Rhein, Regierungsdirek­ tor: 1839— 1841. 31. Andreas Reisinger, Rechnungskommissär: 1839—1845. 32. Benedikt Greift, Studienlehrer und Unterbibliothekar: 1839—-j-1871 (35. J., S. XXXIX). 33. Marquard Freiherr von Stein, Gutsherr in Ichenhausen: 1839. 34. Dominik B. Karg, Domvikar: 1839—1841. 57

35. Albert Graf von Pappenheim, Generalleutnant: , 1841—1851. 36. Joh. Gg. Fr. Förster, Regierungsdirektor: 1842—1849. 37. Peter Gries, Regierungs- und Kreisbaurat: 1842—1856. 38. Joh. Ev. Stadler, Domkapitular: 1842—fl869. 39. Dr. P. Carloman Flor, Professor: 1842—1847. 40. Ernst von Stetten, kgl. Kammerjunker: 1845. 41. Theodor Herberger, Stadtarchivar: 1845—fl870 (35. J., S.XXXV). 42. Georg Forndran, 1. Bürgermeister: 1847—f1866. 43. P. Stefan Posteimeyer, Prior bei St. Stephan: 1847—1856. 44. Friedr. Hektor Graf von Hundt, Regierungsrat: 1847—1848. 45. Josef Eigner, Konservator der Gemäldegalerie: 1848—fl872. 46. Christoph Sedelmayer, Regierungsregistrator: 1848—1852. 47. Christoph Schill, Landrichter: 1848—1851. 48. Dr. Josef Franz Allioli, Dompropst: 1850—1867. 49. Josef von Brand, Regierungsdirektor: 1850—1866. 50. Julius Freiherr von Seckendorf, Regierungsrat: 1850—1869. 51. Ludwig Raiser, Regierungsrat: 1850—f1856. 52. Fidelis Butsch, Antiquar: 1850—1865. 53. Dr. Lorenz Klemens Gratz, Domdekan: 1852—fl885. 54. Joh. Bapt Großhauser, Domkapitular: 1853—fl878 (8. Z., S. LVIII). 55. Alois Scheuermayr, Benefiziat und bischöfl. Archivar: 1853—fl871 (35. J., S. XXXVIII). 56. P. Magnus Bernhard, Professor: 1853—1857. 57. Emerich Bisani, Landrichter: 1855—1860. 58. Georg Freiherr von Stengel, Zivilbauinspektor: 1855—1871. 59. Dr. Joh. Georg Hertel, prakt. Arzt: 1855—1864. 60. Magnus J. Soyter, Privatier: 1855—1874. 61. Friedr. H. Nagel, Privatier: 1855—fl863. 62. Moritz Rugendas, Kunstmaler: 1856—fl858. 63. Dr. Moritz Mezger, Studienlehrer: 1856—fl870 (35. J., S. XXXIII). 58

64. Karl Blersch, Buchhalter: 1856. 65. Leopold Fürst Fugger-Babenhausen: 1857—fl885. 66. Dr. P. Luitpold Brunner, Professor: 1857—fl881 (8. Z., S. LX). 67. Friedr. Hagen, Landgerichtsassessor: 1858—fl865. 68. Karl Gerheuser, Regierungsrat: 1861—1872. 69. Jakob Julius Graff, Baurat: 1861—1865. 70. Aug. Freiherr von Holzschuher, Regierungsrat: 1862. 71. Dr. Robert Hoffmann, prakt. Arzt: 1862—fl890 (18. Z., J., S.27). 72. Fr. Röth, Expeditor: 1865. 73. Ludwig Greiff, Lehrer: 1865—fl874. 74. Dr. Hans Krauß, prakt. Arzt: 1865—fl909. 75. Jos. Immler, städt. Bauingenieur: 1865—fl890. 76. Joh. Illing, Major und Geniedirektor: 1865—1868. 77. Friedr. W. Gärth, Rechnungskommissär: 1865—1878. 78. Josef Würdinger, Hauptmann: 1866—1869. 79. Benno von Pfeufer, Regierungsdirektor: 1867—1868. 80. Anton Steichele, Domkapitular: 1867—1878 (16. Z., S. VII). 81. Josef Zenz, Rechtsrat: 1867—1875. 82. G. J. Deppisch, Landrichter: 1869—fl875. 83. Dr. Adolf Bacmeister, Redakteur d. „Ausland“: 1871—fl872. 84. Fidelis Butsch, Buchhändler: 1871—1896. 85. Dr. Eugen Gebele, Abt von St. Stephan: 1871—fl903. 86. Dr. Paul Hecker, Professor: 1871—fl877. 87. Dr. Christian Meyer, Stadtarchivar: 1871—1874. 88. Karl Roger, Kustos: 1871—fl877. 89. Julius von Gosen, Redakteur der „Allg. Zeitung“: 1872—fl875. 90. Eduard von Huber, Konservator der Gemäldegalerie: 1872—f!901 (29. Z.). 91. P. Josef Nagler, Studienlehrer: 1872—fl875. 92. Ludwig Leybold, städt. Baurat: 1872—fl891 (18. Z.J., S. 30). 93. Ludwig Freiherr von Poellnitz, Rittmeister a. D.: 1872—fl896. 94. Dr. Rudolf Schreiber, Direktor des Collegiums bei St Anna: 1874—fl900. 59

95. August Kellner, Präsidialsekretär: 1874—1887. 96. Dr. Ludwig Fikentscher, Bezirksarzt: 1874—fl894. 97. Dr. Julius Hans, Kirchenrat und Pfarrer bei St. Anna: 1874—1912. 98. Dr. Robert Landmann, Redakteur d. „Allg. Zeitung“, später bayer. Kultusminister: 1875. 99. Philipp Freiherr von Thünefeld, Gutsbesitzer: 1875—fl894. ' 100. Dr. Adolf Buff, Stadtarchivar: 1877—fl901 (29. Z.). 101. August Freiherr von Feilitzsch, Generalmajor: 1877—1887. 102. Leonhard Hörmann, Domkapitular: 1877—fl890 (18. Z.J.S. 24). 103. Dr. Wilh. Vogt, Professor. 1878—1895. 104. Konrad Raffler, Domkapitular: 1878—+1891 (18. Z.J. S. 33). 105. Franz Permane, Domdekan: 1878—fl897. 106. Dr. Friedrich Dobel, Stadtbibliothekar: 1878—fl891 (18. Z.J. S. 35). 107. Karl Chur, Direktor: 1878—fl919 (45. Z.). 108. Ludwig von Kobell, Bezirksamtsassessor: 1878—1882. 109. Josef G. Dreer, Dompropst: 1880—f 1885 (14. Z.). 110. Dr. P. Theobald Labhardt, Abt von St. Stephan: 1881—1915. 111. Hermann Freiherr von Reitzenstein, Regierungsrat: 1885—1888. 112. Ludwig Simmet, Professor: 1885—fl908. 113. Karl Flacho, Vorstand des landwirtsch. Kreditvereins: 1887—1892. 114. Anton Werner, Rechtsrat: 1888—1907. 115. Anton Stäuber, Professor: 1888—fl908. 116. Hermann Vogel, Reallehrer: 1888—1893. 117. Edmund von Wirschinger, Regierungsdirektor: 1889—1896. 118. Georg Maxon, Regierungsbaurat: 1889—1890. 119. Heinrich Göringer, Major: 1889—1890. 120. Dr. P. Beda Grundl, Professor: 1890—-f*1915 (43. Z.). 121. Jos. M. Friesenegger, Domdekan: seit 1890. 122. Heinrich Gwinner, Landgerichtsrat: 1890—fl903. 123. Friedr. Steinhäusser, städt. Baurat: 1891—1911. 60

Maximilian-Museum Augsburg,

124. 125. 126. 127. 128. 129. 130. 131.

Dr. Thaddäus Rueß, Stadtbibliothekar: 1891—fl905. Karl Fries, Gymnasialrektor: 1891—fl896. Jos. Förster, Kreisbauassessor: 1891—1893. August Riedinger, Fabrikbesitzer: 1891—1905. Dr. Albrecht von Rad, Fabrikbesitzer: 1893—fl923. Dr. Max Radlkofer, Studienlehrer: 1893—fl908. Joh. Richter, Prokurist: 1893—1894. Dr. Alfred Schröder, bischöfl. Archivar, später Hoch­ schulprofessor : 1893—1898. 132. Jos. Schuster, Major a. D.: 1893—1899. 133. Eugen Bub, Privatier: 1893—fl915. 134. Richard Schmid, Privatier: 1894—fl915 (42. Z.). 135. Dr. Otto Roger, Obermedizinalrat: 1894—fl 915 (43.Z.). 136. Ferd. Schildhauer, Kreisbauassesor: 1894—1898. 137. Dr. Heinrich Groß, Rabbiner: 1894—1910. 138. Emil Ball, Hauptmann: 1895—1900. 139. Dr. P. Walter Weihmayr, Gymnasialrektor: 1895—fl925. 140. Albertv. Förster, Kommerzienrat: 1896—fl917 (44.Z.). 141. Alfred Lunglmayr, Landgerichtsrat: 1896—1903. 142. Dr. Franz Keller, Dompropst: 1897—1902. 143. Dr. Ludwig Bauer, Direktor des Kollegs St. Anna: 1899—fl908. 144. Dr. Pius Dirr, Stadtarchivar: 1902—1920. 145. Andreas Mayer, Galeriekonservator: 1902—1920. 146. Leopold Riedmüller, bischöfl. Archivar: 1902—1923. 147. Dr. Friedrich Roth1, Professor: 1902—1906. 148. Wilh. Jakob Schweiker, Kommerzienrat: 1902—f1927. 149. Gustav Euringer, Bankier: 1906—fl922 (45. Z.). 150. Karl Hauber, Rechtsrat: 1909—fl917. 151. Dr. Hans Ockel, Professor: 1909—1921. 152. Dr. Rieh. Schmidbauer, Bibliothekdirektor: seit 1909. 153. Otto Holzer, Oberstadtbaudirektor: 1912—fl933. 154. D. Wilhelm Schiller, Kirchenrat und 1. Pfarrer bei St. Anna: seit 1916. 155. Dr. Hans Wiedenmann, Stadtarchivdirektor: 1916—fl932 (49. Z.). 156. Max Wanner, Architekt: 1916—fl933, 157. Oskar Heymann, Privatier: 1916—fl932 (49. Z.). 158. Friedr. Würth, Bankier: seit 1917. 61

159. Franz Gentner, Bürgermeister a. D.: 1920—fl923. 160. Dr. Paul Geyer, Geheimer Oberstudienrat, Oberstustudiendirektor a. D.: seit 1921. 161. Eduard Wallner, Oberlehrer: seit 1922. 162. Pius Guggemos, Oberstudienrat: seit 1925. 163. Dr. Eduard Gebele, Oberbibliothekar: seit 1925. 164. Ludwig Ohlenroth, Konservator: 1929—1932. 165. August Maier, Amtsgerichtsdirektor: seit 1931. 166. Dr. Walter Heim, Oberstudiendirektor: seit 1932. 167. Dr. Walter Lampart, Oberstudiendirektor: seit 1932. 168. Dr. P. Gregor Lang, Ober Studiendirektor: seit 1932. 169. Dr. Robert Domm, Dompfarrer: seit 1932. 170. Dr. Wolfg. Frhr. v. Schäzler, Gutsbesitzer: seit 1932. 171. Dr. Max Thallmayr, Sanitätsrat, praktArzt: seit 1932. 172. Max Poell, Archivoberinspektor: seit 1932. 173. Dr. Norbert Lieb, Konservator: seit 1933. 174. Heinz Zwisler, Gaukulturwart, Studienprofessor und Stadtrat: seit 1934. 175; Dr. Heinz Friedrich Deininger, Vorstand des Stadt­ archives: seit 1934. 176. Dr. Karl Haupt, Studienrat: seit 1934.

ANMERKUNGEN 1. J. E. v. Koch-Sternfeld, Betrachtungen über die Geschichte, ihre At­ tribute und ihren Zweck. Akademierede. München 1841. S. XLV. 2. Franz Josef Wigand von Stichaner (1769-1856) seit 1813 General­ kommissär des Illerkreises. Vgl. Allg. Deutsche Biographie. 54, 505. 3. Geb. 1768 zu Freiburg i. B., seit 1817 Regierungsdirektor in Augs­ burg, f 1853. Vgl. seine Biographie von F. v. P. Baader im 19. Jahresbericht des Histor. Vereins von Schwaben und Neuburg. 1853. Ferner J. Frhr. v. Hormayr im Taschenbuch für die vater­ ländische Geschichte. Jg. 29. N. F. Bd. 11, München 1840. S. 224282. Allg. Zeitung v. 2. VII. 1853. Beilage Nr, 183. Allg. Deutsche Biogr. 27. 188 ff.

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4. Denkwürdigkeiten des Oberdonaukreises 1 (1820) S. 14. 5. Vgl. H. Breßlau, Geschichte der Monumenta Germ, historica in: Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichte. Bd. 42 (1921). S. 46. 6. a. a. S. LIII. f. 7. Eine ausführliche Würdigung und Inhaltsangabe bringt F. Baader in seinem Nekrolog auf Baiser im 19. Jahresbericht, S. XII. ff. 8. Vgl. das Programm zu dieser Inventarisation bei Th. Contzen, Ge­ schichte Bayerns. Münster 1853. S. 97. Anm. 9. Das sich mit den von Raiser eingeführten „historischen Katastern’* fast vollkommen deckt. Vgl. Contzen S. 32 Anm. und S. 97 Anm. 10. Gehörte damals zu Schwaben bezw. zum Oberdonaukreise. 11. Ein Exemplar im Akt des Vereins: Antiquarium Romanum 1836. 12. Abgedruckt im Kreisintelligenzblatt 1835 Nr. 1. 13. Das Verzeichnis der Geschenke nimmt z. B. im 21./22. Jahres­ bericht (1855/56) fast 30 Druckseiten ein. 14. Ueber die Territorialgeschichte und ihre Berechtigung. Gotha 1882. 15. Die historischen Vereine vor dem Tribunal der Wissenschaft. Heilbronn 1883. 16. Die Organisation der Wissenschaft in: Kultur der Gegenwart. Berlin 1906. T. I. Abt. 1. S. 633. 17. Neue Augsburger Zeitung 1919, Nr. 53. Die römische For­ schung und der Histor. Verein für Schwaben und Neuburg. 18. Auch die Vorträge über Ergebnisse der Bodenforschung spre­ chen für das Interesse, das im Verein dafür lebt. 19. Verzeichnet in: „Augsburg. Offizieller Führer”. 1910 S. 16. 1913 S. 17. 1922 S. 8. 20. München 1884. Vgl. dort S. X. 21. Catalog der Bibliothek des Historischen Kreisvereins im Re­ gierungsbezirk Schwaben und Neuburg. Augsburg 1867. 22. Hrsg. v. A. Steichele im 15./16. Jahresbericht. S, 75 ff, 22a. Beschrieben im 5./6. Jahresbericht, S. 75 f. 23. Vgl. die Beschreibung im 4. Jahresbericht, S. 47 f. Ferner L. Baumann, Geschichte des Allgäus. Kempten 1880-84. Bd. I 45, III 541 und öfters im Register, A. Steichele und A. Schröder; Das Bistum Augsburg. 1906/10 Bd. VII. S. 309 ff. Deutsche Gaue (1899) Bd. I S. 19. 24. Grundbuch Kemnath Bd. II S. 618 Bl. Nr. 138 (Turm, Hofraum und Garten im ganzen 0,33 Tagwerk).

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25. Der Verein ist im Grundbuch für Staufen Bd. IV BL 515 ^S. 308 ff. als Eigentümer eingetragen. Der Besitz ist lastenfrei. 26. In der Kreisregierung, wo dem Verein die früheren Lokalitäten des Altertumsbureaus und das Vereinszimmer des Polyteohn. Vereins eingeräumt waren. 27. Im Druck erschienen 1888. 28. Dadurch trat eine Verbilligung für die Herstellung des Jahres­ berichtes ein, weil der Satz ja für das Intelligenzblatt bereits gefertigt war. 29. Register über die Publikationen des Histor. Verein von Schwaben und Neuburg von 1820—1880 = Zeitschrift d. H. V. 7. Jg. (1880). 30. Register zur Zeitschrift des Histor. Vereins für Schwaben und Neuburg und den früheren Veröffentlichungen dieses Vereins.

Augsburg. Alter Einlaß.

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DIE VOR- UND FROHGESCHICHTLICHE FORSCHUNG IM REGIERUNGSBEZIRK SCHWABEN UND NEUBURG

(1834-1934). Von Paul Zenetti. EINLEITUNG. Das hundertjährige Jubiläum des Historischen Vereins für Schwaben und Neuburg bietet die passende Gelegenheit, einen Rückblick zu werfen auf eine ebenso lange For­ schungstätigkeit sowohl des Kreisvereins als auch der übrigen Altertumsvereine des Regierungsbezirkes. War ja doch der Kreisverein in der älteren Zeit seines Bestehens nicht nur die Zentralstelle für alle einschlägigen Nachrich­ ten, sondern er überspannte auch das ganze Gebiet mit seinen Filialvereinen, aus denen später selbständige Alter­ tumsvereine sich bildeten. Jetzt besteht so gut wie in jeder schwäbischen Stadt ein historischer Verein, der sich der Heimatkunde widmet. Man ist oft vorschnell bereit, auf die ältere Zeit der Boden­ forschung geringschätzig herabzusehen, als ob man erst in den letzten Dezennien gelernt hätte, die Bodendenkmale sachgemäß zu heben und wissenschaftlich zu verwerten. Wer aber die ungeheure Fülle der in den Veröffentlichungen der älteren historischen Vereine niedergelegten Ausgra­ bungsergebnisse und Fundberichte durchsieht, der wird eine ganz andere Meinung gewinnen. Er wird auf eine Menge längst vergessener, zum Teil aber sehr wichtiger Abhandlungen stoßen und dabei mit Hochachtung und stiller Verehrung derer gedenken, welche einstmals die in den Museen aufbewahrten Fundstücke der Erde entnah­ men, jetzt aber selbst schon längst in derselben Erde ihre Ruhestätte gefunden haben. Das waren auch die Gedanken des Verfassers, der einen langen Zeitraum der Entwicklung unserer Bodenforschung miterlebt hat und, nun selbst alt geworden, gern die Ver­ einsschriften durchmusterte, um dem Wunsche der Schrift­ leitung nachkommend eine zusammenfassende Darstellung der bisherigen archäologischen Unternehmungen in un­ serem Regierungsbezirk zu geben. 65

Aber die Zeit drängte. Ich konnte bei der Materialsamm­ lung nicht mit wünschenswerter Genauigkeit auch alle die kleinen Veröffentlichungen berücksichtigen, die in den klei­ neren Vereinsorganen in Menge vorhanden sind. Das wird wohl auch nicht verlangt werden. Es soll ja vielmehr das Gesamtbild einer hundertjährigen Reihe von Unterneh­ mungen dargeboten werden, das durch die Aneinanderrei­ hung allzu vieler Einzelheiten unübersichtlich würde. Die Anmerkungen weisen ja ohnehin auf die einschlägige Lite­ ratur hin. Sie werden aber vielleicht auch gegen mich zeugen, indem mancher Kritiker diesen oder jenen Fund­ bericht vermissen wird. Ich nehme hier einerseits die ungeheure Fülle des Stoffes, andrerseits die Kürze der verfügbaren Zeit zur Entschuldigung. In böser Absicht ist kein Bericht ausgelassen, kein Forscher übergangen worden. Man wird alsbald merken, daß die Erforschung des schwä­ bischen Bodens durchaus nicht gleichmäßig erfolgte. Wo eben der Spatenforscher fehlte, da ist nur wenig bekannt geworden. Das mag aber auch wieder eine gute Seite haben. So wird auch für spätere Zeiten bei verbesserten Methoden und Hilfsmitteln noch genügend Untersuchungs­ material zu Gebote stehen. Aber auch so nimmt unser Regierungsbezirk in der archä­ ologischen Welt eine geachtete Stelle ein. Hier darf nicht unerwähnt bleiben, daß der Vorstand des schwäbischen Museumsverbandes, Kemptens Oberbürger­ meister Dr. Otto Merkt, im Landrat mit Energie unsere Betätigung im Dienst der Heimatforschung vertrat und dafür sich einsetzte, daß sie in der Person des Kreisheimat­ pflegers Dr. Barthel Eberl eine zielbewußte Leitung erhielt. Auch der bayer. Akademie der Wissenschaften, des Gene­ ralkonservatoriums, später Landesamt für Denkmalpflege, sowie der Römisch-germanischen Kommission des archä­ ologischen Institutes des deutschen Reiches sei für die Gewährung reichlicher Zuschüsse zu Ausgrabungen auch hier in Dankbarkeit gedacht. A. STEINZEIT. Vor hundert Jahren reizten unscheinbare Feuersteinarte­ fakte und Scherben den Sammler wenig, schlecht erhaltene 66

Skelette noch weniger. Wir finden deshalb aus der ersten Hälfte des Jubiläums-Säkulums nur selten Fundnachrich­ ten. Seitdem aber der diluviale Steinzeitmensch sowohl in der Anthropologie als auch in der Archäologie eine so große Berühmtheit erlangt hat, ist es anders geworden. Auch in unserem Bezirk hat er gelebt und sehr wichtige Spuren seines Daseins hinterlassen. i. keltere Steinzeit. Zur Orientierung über die Fundorte nebst deren Einrei­ hung in die üblichen Stufen wird man am besten die Ab­ handlungen über das Paläolithikum benützen, die Prof. Dr. Ferd. Birkner in mehreren Heften des Bayer. Vorge­ schichtsfreundes veröffentlicht hat1. Die ältesten Stufen (Chelles, Acheul) sind in unserem Bezirk nicht vertreten. Erst mit dem Spätmoustier setzen die Spuren des Steinzeitmenschen ein, und zwar in den beiden Ofnethöhlen bei Holheim, südwestlich von Nördlingen. Hier, am Steilhang einer „Himmelreich“ genannten felsigen Hochfläche mit dem schönen Blick über ein Wie­ sental zum bewaldeten Albrand hinüber lagen die Wohnhöhlen dieser frühen Bewohner des Rieses. An diesem wichtigen Fundort haben schon viele Alter­ tumsforscher gegraben, so auch 1875 Oskar Fraas. Er ent­ nahm der „großen Ofnet“ 270 Feuersteinartefakte und 3343 Zähne und Knochenfragmente, die sich auf den Menschen und die eiszeitlichen Tiere verteilen. 1876 gruben Apo­ theker Dr. Ernst Frickhinger sen. und Prof. Beckler. 1901 veranstaltete der Naturwissenschaftliche Verein von Schwaben und Neuburg eine Ausgrabung. So gibt es Ofnetfundstücke in den Museen von Stuttgart, Tübingen, Mün­ chen, Augsburg, Nördlingen, Oettingen, Schaffhausen und anderer Orte. Diese älteren Ausgrabungen waren noch wenig sorgfältig ausgeführt. Man beachtete die Schichten­ folge nicht genügend2. Glücklicherweise war schon wäh­ rend der Steinzeit von der Decke der Höhle eine zimmer­ große Steinplatte herabgefallen und bedeckte die darunter befindlichen wichtigsten Fundstücke so lang, bis 1907 der damalige Assistent am mineralogischen Institut der Univer­ sität Tübingen, Dr. Rob. Rud. Schmidt, eine äußerst sorg67

fältige und gründliche Untersuchung unternahm*. Er konnte in regelmäßiger Aufeinanderfolge Schichten aus sämtlichen vorgeschichtlichen Perioden, vom Spätmoustier bis zur Latönezeit, feststellen. Von höchster Bedeutung aber ist die berühmte Schädel­ bestattung. Unter der erwähnten großen Steinplatte lagen zwei „Schädelnester“. Das eine enthielt 27, das andere 6 Schädel, alle in Rötel eingebettet und von einer Mengedurchbohrter Hirschgrandein und kleinen Schnecken um­ geben. Da die Unterkiefer und obersten Halswirbel noch vor­ handen waren, so ergibt sich daraus, daß die Schädel nicht etwa aus Gräbern entnommen, sondern von den Leichen abgeschnitten worden waren. Das geschah sicher aus ritu­ ellen Motiven. Die beiden Ofnethöhlen befinden sich nur einige Meter von der württembergischen Grenze entfernt. Deshalb wur­ den später die Funde für die prähistorische Staatssamm­ lung in München reklamiert Das geschah aber nicht, wie man öfters erzählen hört, auf kleinliche, schikanöse Weise. Denn Dr. Schmidt hat vom Bezirksamt Nördlingen die Er­ laubnis zum Graben nur unter der Bedingung erhalten, daß die Funde für die Sammlungen des bayerischen Staates zur Verfügung gestellt werden müßten. Diese Bedingungen hat Dr. Schmidt beim Beginn der Grabung anerkannt24. ** Einige Jahre später wurde, ebenfalls im Ries, nämlich am Kaufertsberg bei Lierheim, von Birkner und Frickhinger eine weitere Schädelbestattung festgestellt. Es war aber nur ein Schädel mit Unterkiefer und Halswirbeln vor­ handen; dazu Reste aus der Madeleine- und Mas d’Azilstufe*. Ein dritter Fundplatz für das Paläolithikum im Ries ist der Hohlenstein bei Ederheim mit Madeleinekultur. Auch diese Höhle wurde 1911 und 1912 von Dr. Birkner und Pharmacierat Dr. Ernst Frickhinger ausgegraben6. 2. Jüngere Steinzeit. Ich verweise auch1 hier wieder auf eine zusammenfas­ sende Abhandlung von Birkner, Mesolithikum und Neo­ lithikum, Bayer. Vorgeschichtsfreund IV (1924) S. 5 ff., sowie von Dr. P. Reinecke, Die Stufe der neolithischen 68

Spiralkeramik im rechtsrheinischen Bayern, ebendort VIII (1929), S. 1 ff. Auch für die Funde aus der jüngeren Steinzeit steht das Ries und seine Umgebung obenan. Hier ist zu berück­ sichtigen, daß die Jurahöhlen allerdings auch noch zum Aufenthalt des neolithischen Menschen dienten. In der jüngeren Steinzeit aber wurde der Mensch in unserem Gebiet seßhaft und ging von der Jagd und dem ein­ fachen Sammeln der Lebensmittel zum Feldbau und zur Tierzucht über. Wir kennen deshalb aus dieser Periode Siedelungen im offenen Lande. Zuerst wollen wir aber die Höhlenfunde erledigen. Die Ofnetgrotten ergaben, wie oben erwähnt wurde, über den paläolithischen Hauptschichten auch Kulturschichten aus dem Neolithikum und darüber aus der Bronzezeit, Hall­ stattzeit und Latönezeit. Dagegen stehen in der Höhle „Hänsele Hohl“ bei Fronhofen im Kesseltal die neoli­ thischen Funde im Vordergrund des Interesses. Diese Höhle wurde 1921 von Prof. Dr. Paul Zenetti, in den Jahren 1924 und 1925 von Birkner, Frickhinger und Zenetti ausgegraben7. Auch hier gab es in der Tiefe Abla­ gerungen mit Knochen eiszeitlicher Tiere. Darunter befand sich auch ein menschlicher Mahlzahn. Altpaläolithische Artefakte wurden nicht gefunden. Aus dem Neolithikum gab es einige geschliffene Werkzeuge, einen Getreidemahl­ stein, einen Muschelschmuck, bestehend aus den Schalen der im Mittelmeer heimischen Muschel Spondylus Gaederopus8. Ein solcher Schmuck wurde auch in Troja gefunden. Die Scherben zeigen so gut wie ausschließlich Bogen­ band- und Winkelbandverzierungen, die damals zum ersten Mal in einer Höhle gefunden wurden. Bis dahin wurden sie nur aus Siedelungen im freien Feld erhalten. Besonders wichtig waren die Skelettfunde. Die Knochen gehörten mindestens 5, zum Teil jungen Personen. Sie lagen aber nicht geordnet wie in Gräbern, sondern an verschiedenen Stellen zerstreut. Das kann kaum anders als mit Kannibalismus erklärt werden, der auch aus an­ deren Höhlen bekannt ist. Vielleicht war hier ein Kult­ platz, an welchem Menschenopfer dargebracht wurden. 69

Es sei auch daran erinnert, daß die Kannibalen beim Verzehren eines Menschen hofften, dessen körperliche und geistige Fähigkeiten in sich aufzunehmen. Denn Nah­ rungsmangel konnte damals kaum zum Kannibalismus veranlaßt haben. Wir wenden uns nunmehr zu den neolithischen Sied­ lungen auf den fruchtbaren Lößflächen unseres Gebietes. Auch hier nimmt das gesegnete Rieser Land eine bevor­ zugte Stelle ein. Das hängt vor allem ab von dem dortigen vorzüglichen Ackerboden, der auch die Steinzeitmenschen zur Bebauung anlockte. Die Aufdeckung so vieler neolithischer Fundstellen ergab sich aber vor allem aus Frickhingers intensiver Durchforschung seines Arbeitsgebietes. Er hat das Ries und seine Umgebung nach allen Rich­ tungen durchstöbert und wurde so überall bekannt. Dann kommen ganz von selbst die Nachrichten von Bodenfunden herein. Nun aber darf der gewissenhafte Denkmalpfleger keinen Augenblick säumen. Er muß an die Fundstelle eilen, auch im Winter und bei schlechtem Wetter. Denn gewöhnlich sind hier Erdarbeiten im Gang, die nicht unterbrochen werden dürfen. Der wichtigste neolithische Fundplatz des Rieses ist wohl Herkheim9. Diese 6 km südlich von Nördlingen gelegene Ortschaft stellt eine Kontinuität mit den in der Nähe befindlichen altsteinzeitlichen Höhlen Ofnet und Hohlen­ stein her. Die Vorgefundenen Löcher und Gruben dieser Siedlung verteilen sich auf ein Gelände von etwa 10 Tag­ werken. Es handelt sich also um eine ausgedehnte Dorf­ siedlung. Hier stellte Frickhinger die Reste von Viereck­ häusern und Ovalhütten fest. Er gibt auch Abbildungen von Rekonstruktionen solcher primitiver Behausungen. Allerdings glückte es nicht überall, einen Hausumriß um die Gruben herum zu erarbeiten. Denn die Pfostenlöcher sind oft so seicht, daß der Pflug sie schon längst zerstört hat Immerhin konnte Frickhinger nicht nur bei Herk­ heim, sondern auch andernorts die Pfostenlöcher der ehe­ maligen Wohnräume Stück für Stück aufdecken. Die Herkheimer Scherben gehören der Spiralkeramik an. Die gleiche neolithische Stufe erhielt er auch aus dem Boden der Stadt Nördlingen10, von Holheim, Nähermemmingen, 70

Oberringingen (B.-A. Dillingen)11, Kleinsorheim, Mönchsdeggingen, Heroldingen1*. Dagegen fand er Scherben des Hinkelsteintypus bei Mun­ zingen1*. Hier wurden sehr zahlreiche Kleinfunde gemacht: ungefähr 130 Werkzeuge aus Hornstein, ein tönerner Arm­ reif, ein Schleifstein, prächtig verzierte Scherben. Außer­ dem gab es hier auch Bandkeramik. Ein schnurkeramisches Skelettgrab wurde bei Mönchsdeggingen untersucht14. Auf dem Adlersberg (südlich von Nördlingen) aber ergab eine neolithische Siedlung 1911 Scherben, die mit jenen von Altheim (bei Landshut) übereinstimmen1*. Dieser Altheimer Typus, der wegen des Vorkommens von Kupfer an das Ende der Steinzeit gestellt wird, findet sich auch am Klosterberg bei Maihingen1*, am Reimlinger Berg11, am Heroldinger Burgberg1*, in der Waldabteilung Kammer­ loch bei Hohenaltheim19. Wenden wir uns nun aus Frickhingers Reich südwärts zum Bezirksamt Dillingen, so treffen wir auf eine sehr ausgedehnte neolithische Siedlung auf der „Kohlplatte“ bei Lutzingen*0. Sie erstreckt sich über eine so weite Fläche Ackerland, daß die Untersuchung noch viele Jahre in An­ spruch nehmen wird. Bis jetzt sind etwa 1800 Quadrat­ meter abgedeckt und untersucht worden. Die Arbeiten schreiten aus Mangel der nötigen Geldmittel nur langsam vorwärts. Sie fanden unter Leitung von Zenetti in den Jahren 1927, 1928, 1930 und 1931 statt. Die Römisch-ger­ manische Kommission in Frankfurt kam für die Kosten auf. Aus den zahlreichen „Wohngruben“ wurde das übliche neolithische Fundmaterial in Menge entnommen. Metall­ sachen fehlten gänzlich. Demnach hat die Lutzinger Sied­ lung anscheinend das Neolithikum nicht überdauert. Auch in den Kiesgruben der Nachbargemeinden Deisen­ hofen und Mörslingen gab es neolithische Scherben. Ein weiterer Fundort ist schon älteren Datums. Beim Bau des Schretzheimer Schulhauses stieß man 1904 auf ein neolithisches Grab, dessen Ausbeute Studienlehrer Josef Harbauer gesammelt und beschrieben hat*1. Als Endabschnitt der jüngeren Steinzeit wird die Glocken­ becherzeit angenommen. Aus diesem besitzen wir im Dillinger Museum wichtige Fundstücke. Im Westen der Stadt 71

wurden schon in den achtziger Jahren von den in der in­ zwischen eingegangenen Ziegelei beschäftigten italienischen Arbeitern Gräber zerstört. Erst nach Jahren erhielt Dr. Se­ bastian Englert davon Kenntnis und konnte 1890 Scherben mit Fingerspitzeneindrücken bergen**. Auch in der Folgezeit scheinen viele Gräber ohne Benachrichtigung der Museums­ leitung der Vernichtung anheimgefallen zu sein. Erst 1911 konnte Harbauer drei Gräber sachgemäß untersuchen. Hier­ von stammen die merkwürdigen Schüsseln mit vier Füßen, die damals noch nicht sicher datiert werden konnten, nun­ mehr aber der Glockenbecherzeit zugeordnet werden*3. Im Osten der Stadt aber hat Zenetti ein Hockergrab ausge­ nommen, das an Beigaben eine goldene Noppenspirale, einen dreieckigen Kupferdolch, eine Daumenschutzplatte und eine ungezierte Tasse enthielt. Das Grab verdient wegen seiner Metallbeigaben, namentlich des spiraligen Golddraht­ gewindes, Beachtung*4. Im südlichsten Teil des Regierungsbezirkes, nämlich in der Gegend von Oberstdorf, sammelt Graf Vojkffy schon seit Jahren Feuersteinartefakte und hat bei Schrattenwang in einer Höhe von 1400 Meter den höchst gelegenen neolithischen Siedlungsplatz unseres Gebietes festgestellt. Man sieht, daß in unserem Regierungsbezirk wirkliche Aus­ grabungen steinzeitlicher Fundplätze bis jetzt nur an weni­ gen Stellen stattgefunden haben. Das darf aber nicht so aufgefaßt werden, als ob in den übrigen Teilen des Gebietes keine Niederlassungen des steinzeitlichen Menschen vor­ handen gewesen seien. Im Gegenteil! Es sind z.B. in den Denkmalen der Heimat (Beihefte der deutschen Gaue), die Kurat Dr. Christian Frank mit großem Fleiß zusammenge­ stellt hat, an vielen Stellen die Funde steinzeitlicher Scher­ ben oder Artefakte aus den Lokalblättern aufgenommen. Sie konnten aber als Zufallsfunde in dieser Abhandlung nicht berücksichtigt werden. Wohl aber wäre sehr am Platz, wenn an solchen Stellen Grabungen stattfänden. Erst dann könnte man ein richtiges Bild von der Verbreitung der steinzeitlichen Kultur in unserem Gebiet gewinnen. B. BRONZEZEIT. Zur Orientierung über die Einteilung dieser Periode seien 72

folgende zusammenfassende Abhandlungen von Reinecke vorangestellt: Chronologische Uebersicht der vor- und frühgeschichtlichen Zeiten, B. VGFr. 1/2 (1921/2), S. 18 ff.; Das Alter der vorgeschichtlichen Grabhügel in Süddeutsch­ land, ibid., S. 36 ff.; Vor- und frühgeschichtliche Flachgrä­ ber in Deutschland, B. VGFr. 7 (1927/8), S. lff. Auch für diese Periode beginnen wir zweckmäßig im Ries, wo Frickhinger eine große Zahl bronzezeitlicher Fundstel­ len untersucht hat. Diese können in folgende Gruppen untergebracht werden. a) Die früheste Bronzezeit (Reinecke A), in welcher wie in der jüngeren Steinzeit noch die Hockerbestattung in Flachgräbern üblich war. Es werden folgende Fundstellen angeführt: Heroldingen, Flachgräber mit Hockerbestat­ tung*5, Bühl, ebenfalls Hockerbestattung mit Steinpackung. Hier scheint es sich um eine größere Nekropole zu han­ deln. Die dazu gehörende Siedlung dürfte nur wenige hundert Meter davon entfernt sein*®. Nähermemmingen, ein Hocker­ grab mit vier Bestattungen wurde geöffnet*7; Kleinsorheim, wo ein frühbronzezeitlicher Depotfund gemacht wurde**. b) Aeltere und jüngere Hügelgräberbronze­ zeit (Reinecke B, C, D) mit Leichenbrand und Skelettbe­ stattung. Von dieser Stufe hat Frickhinger folgende Fund­ plätze untersucht: In der Nördlinger Waldabteilung Blankenstein (bei Ederheim) liegen 34 bronzezeitliche Grabhügel mit Brand- und Skelettbestattung. Dazu kommen noch Skelettbestattungen der frühen Latenezeit. In der Nähe befand sich auch eine Siedlung der älteren Hügelgräberbronzezeit*9; in den städtischen Waldabteilun­ gen Eierweg und Stadtkammerholz hat Frickhinger mehrere Grabhügel geöffnet, Skelettbestattung der jüngeren Hügel­ gräberbronzezeit80; bei Munzingen fand er eine Siedlung der gleichen Stufe, sowie Hügelgräber31. Ein weiterer Wohnplatz derselben Stufe wurde in der städtischen Waldabtei­ lung Buchholz festgestellt3*, sowie bei Nähermemmingen3*. c) Die Urnenfelderbronzezeit, Flachgräber mit Leichenbrand. Diese Stufe wird von manchen Forschern schon zur Hallstattzeit gerechnet. Für diese letzte bronze­ zeitliche Stufe führt Frickhinger eine große Zahl von Sied73

lungen und Begräbnisplätzen an. Sie liegen teils auf An­ höhen, wie auf dem Hesselberg, Ipf, Goldberg, Spitzberg bei Appetshofen, Adlersberg bei Nördlingen, Reimlinger Berg, Unholderbuck bei Hohenaltheim, Rollenberg (südlich von Heroldingen). Teils findet man sie in der Niederung: bei Heroldingen, Mönchsdeggingen, Bühl8*. Aus Auhausen bei Oettingen stammt ein bronzezeitliches Schwert88. Soviel über die Funde im Ries. Aus den übrigen Teilen des Regierungsbezirkes sind nur wenige Fundplätze bekannt geworden. So berichtet Johannes Richter über sehr wichtige bronze­ zeitliche Grabfunde von Asch im Lechtal (an der Bahn­ strecke Landsberg—Schongau). Auch die Grabhügel im Guigen und im Nesselgehau bei Schäfstoß (B.-A. Zusmarshausen), scheinen der Bronzezeit anzugehören“. In Schwabmünchen hat Ludwig Ohlenroth 1927 ein bronze­ zeitliches Skelettgrab mit triangulärem Kupferdolch und anderen Beigaben untersucht87. Aus der Umgebung von Augsburg stammt ein Bronze­ schwert, gefunden 1898 auf dem Paarfeld bei Kissing88, sowie ein zweites, das bei der Lechhausener Brücke im Lechkies zum Vorschein kam“. Von Offingen kennt man Siedlungs- und Grabfunde, die im Günzburger Museum aufbewahrt werden. Aus dem Dillinger Bezirk besitzen wir nur Einzelfunde der Bronzezeit, und zwar aus Dillingen selbst eine Lanzen­ spitze*0 und Scherben*1, aus Bergheim eine Bronzenadel48 und vom Gut Helmeringen einen Bronzekelt. Ein im Augsburger Museum verwahrter sehr wichtiger und wertvoller Fund aus dem Bezirksamt Dillingen stammt schon aus dem Jahre 1834**. Aus dem Fundbericht soll hier das we­ sentlichste mitgeteilt werden, namentlich um zu zeigen, wie viele bedeutsame Altertümer früher zerstört wurden und wie nur Gegenstände aus Edelmetall einen Finder bewogen, sie aus Gewinnsucht einem Museum anzubieten. Der Fund stammt aus einem verebneten Grabhügel mit Leichenbrand. Am 7. September 1834 stieß der Stiftungspfleger Xav. Kraus von Unterglauheim auf einem Acker im sogenannten Hin­ terfeld auf einen festen Gegenstand. Es war ein „kupferner Kessel mit Handhaben“, den er für einen Feldkessel aus 74

der Schlacht bei Höchstädt hielt. Als er an den .Handhaben riß, brachen sie ab. Dann beförderte er „unseliger Weise“ mit der Hacke die Gegenstände heraus und zerstörte dabei den Kessel. Ohne auf die Ordnung zu achten, entnahm er die im Kessel befindlichen Gegenstände, als wert­ vollsten eine „Vase“ aus dünnem Goldblech. Dann begab er sich eilends nach Lauingen, um sie von einem Gold­ schmied schätzen zu lassen. Erst dann meldete der Ge­ meindevorstand den Fund ans Landgericht Höchstädt, worauf der Landrichter Müller dafür sorgte, daß die Fund­ sachen nach Augsburg gebracht wurden. In der goldenen Vase befanden sich kleine verbrannte Knochen, Asche und Kohle. Der Finder erhielt 163 Gulden 27 Kreuzer. Der Fund wurde, wie es damals üblich war, als römisch be­ zeichnet. Karl Schuchhardt schreibt hierüber in seiner Vorgeschichte von Deutschland (München 1928), S. 161: „Italischer Import. Zwei goldene Becher vom Stil der Eberswalder haben sich in Unterglauheim in einem schö­ nen italischen Bronzeeimer gefunden.“ Er reiht die Gegen­ stände in die jüngere Bronzezeit ein. Sie sind besprochen und abgebildet in L. Lindenschmit, Altertümer unserer heidnischen Vorzeit (Mainz 1864 ff.), 4. Band, Tafel 19. Aus der Neuburger Gegend erfahren wir, daß im „Reisle“ 17 Grabhügel liegen, von denen sieben geöffnet wurden. Von den Beigaben wird ein Schaftkelt hervorgehoben44. Ferner berichtet Professor Dr. Johann Wölfle von Grab­ hügeln im Burgholz bei Neuburg, welche Freiherr von Reigersberg und Appellationsgerichtsrat Lehmann ausgru­ ben. Die Hügel gehören der älteren Bronzezeit an4*. Das sind verhältnismäßig wenige bronzezeitliche Fund­ ergebnisse im Vergleich mit jenen aus dem Ries. Den Grund hiefür habe ich schon früher erwähnt. Es ist aber gerade in diesem Zusammenhang beachtenswert, wie die gleiche Frage auch von Reinecke gestellt' wird in einer Abhandlung über „Vorgeschichtliche Siedlungsspuren im Allgäu“4*. Er nimmt Stellung zu dem auffallenden Mangel an Nachrichten über Siedlungen des vorgeschichtlichen Menschen im Allgäu. Man ersehe eben auch hier, daß der kundige Forscher fehlt Reinecke meint aber des weiteren, im Allgäu sei im 19. Jahrhundert der Getreidebau stark 75

zurückgegangen und der Wiesenboden werde viel weniger umgebrochen als andernorts. So kämen beim Pflügen nicht so viele Bodenfunde heraus wie in anderen Gegenden. Immerhin sind, namentlich, durch die Bemühungen des Kreisdenkmalpflegers Eberl bei aufmerksamer Verfolgung von Erdarbeiten manche Siedlungsreste und Grabfunde ge­ rettet worden. So hat Eberl auf Veranlassung des Landes­ amtes für Denkmalpflege bei Ebersbach (östlich von Obergünzburg) verebnete Grabhügel wahrscheinlich bronzezeit­ lichen Alters aufgegraben47. Ferner hat er bei der Schwarzenburg in der Nähe von Blöcktach (B.-A. Markt Oberdorf) viel Scherben der älteren Hügelgräberbronzezeit erhalten. Der Platz ist wichtig, da hier wahrscheinlich eine befe­ stigte Höhensiedlung vorliegt4*. Endlich teilt Professor Dr. Fr. Wagner einige Funde aus dem Allgäuer Gebirge mit, beachtenswert namentlich wegen der ungewöhnlich hochgelegenen Fundstellen, nämlich: eine Bronzenadel, gefunden 1922 am unteren Breitenberg bei Pfronten-Steinach, aus der älteren Bronzezeit und eine zweite in den neunziger Jahren aus dem Agathazeller Moos (B.-A. Sonthofen)4». C. HALLSTATTZEIT. Daß diese Periode die Fortsetzung der Bronzekultur bedeu­ tet, spricht sich darin aus, daß sie bei uns mit Urnenfeldern beginnt, die zum Teil mit jenen der jüngsten Bronzezeit zusammenfallen. Auch sind in der älteren Hallstattzeit immer noch Bronzeschwerter im Gebrauch, deren Formen auch in die der späteren Eisenschwerter übergehen. Ein solches Hinübergleiten einer Periode in die nächstfolgende bringt natürlich eine gewisse Unsicherheit mit sich, wenn es gilt, Grabfunde in die einzelnen Stufen einzuordnen. Das ist wieder ein Grund, weshalb wir auch für die Hall­ stattzeit mit dem Ries beginnen. Denn die zahlreichen Fundstellen wurden von Frickhinger streng auf die vier Reinecke’schen Stufen verteilt, was für andere Gebiete unseres Regierungsbezirkes nicht mit gleicher Schärfe durchgeführt werden konnte. a) Die Reinecke-Stu'fe A der Urnenfelder verteilt sich im Ries über eine lange Reihe von Fundstätten. Reiche Bei76

Nordendorfer Spange Die hypothetische Uebertragung der Runen-Inschrift auf der Rückseite (rechte Abbildung): »Die Heirat ersiege Wotan, weihe Thonar«.

Augsburg, Maximilian-Museum)

gaben stammen aus einem Begräbnisplatz bei Bühl50. Auch für einen Grabfund aus Forheim wird Hallstatt A angege­ ben, obwohl von einem geschleiften Grabhügel die Rede ist61, während in dieser Stufe Flachgräber überwiegen.. Die meisten Fundsachen der ältesten Hallstattzeit stammen aber aus Siedlungen, von denen Frickhinger viele aufzählL So fand er die einschlägige Keramik in einem Pfostenhaus auf dem Spitzberg bei Appetshofen“. Weitere Siedlungen werden bei Merzingen, Mönchsdeggingen, Heroldingen, Deiningen, sowie zwischen Amerdingen und Zoltingen (B.-A. Dillingen) erwähnt65. In solchen Pfostenhäusern fand man Stücke der Lehmwand mit Flechtwerkeindrücken auf der einen, mit Glattstrich auf der anderen Seite. Die Siedlung bei Deiningen hat sich über eine große Fläche erstreikt. In Nördlingen selbst wurde beim Schulhaus ein Depotfund der Stufe A gemacht54. Auch beim städt. Schwimmbad befand sich eine Siedlung der gleichen Zeit55. Beim Grundausheben an der Löpsinger Landstraße wurden fünf Gruben durch­ schnitten und Kleinfunde der Stufen A und C entnommen6*. Auch auf dem Rollenberg südlich von Heroldingen fand Frickhinger eine Siedlung der Stufe A, der auch der dortige Ringwall angehört67. Auf dem Burgberg bei Hoppingen zieht sich ein ausgedehntes frühgeschichtliches Wallsystem hin. In der Waldabteilung Mittelkopf, gleichfalls bei Hop­ pingen wurde eine Siedlung aufgedeckt66. Ferner scheint der Ringwall auf dem Mühlberg bei Maihingen der Hall­ stattzeit anzugehören69. Auf dem Kirchberg bei Schmähingen fand Frickhinger ebenfalls eine ausgedehnte befestigte Hallstattsiedlung mit einer Trockenmauer am Steilhang*0. Diese gab sich durch eine Reihe von Pfostenlöchern zu erkennen. Die Pfosten waren durch Flechtwerk verbunden und dieses mit Lehm verschmiert, wie zahlreiche Stücke bewiesen. Solche mit Befestigungsanlagen umgebene Siedlungen gab es im Ries noch eine ganze Reihe: auf dem Reimlinger Berg, dem „Himmelreich“ (über den Ofnetgrotten), auf dem Heroldinger und Mögginger Burgberg, dem Goldberg bei Pflaumloch, dem Bopfinger Ipf und dem Hesselberg*1. Sie sind aber nicht etwa auf die Hallstattstufe A beschränkt, sondern reichen auch noch über diese Zeit hinaus. 77

b) Für die Hallstattstufe B (Stufe der Bronzeschwerter) finde ich keine Angabe aus dem Ries. c) Umso reichlicher aber ist die Stufe C (Stufe der Eisen­ schwerter) vertreten, die Blütezeit mit der bunten und graphitierten Keramik. Vor allem sei die große Grabhügelgruppe bei Beizheim an­ geführt6*. Auf der hochgelegenen Heide liegen 164 Grab­ hügel. Früher waren es noch mehr. Die Angrenzer erzäh­ len, daß sie beim Ackern schon öfters auf Urnen gestoßen seien. Viele Hügel sind durch den Pflug eingeebnet worden. Diese vielen, mit Heidekraut bewachsenen Hügel sollen im Herbst, wenn die Abendsonne über den bunten Blütentep­ pich scheint, einen ungemein stimmungsvollen Anblick darbieten. Das Volk nennt sie „Hünerle“. Das lö bedeu­ tet einen runden Hügel. Die Hünerle wären demnach Hünenhügel. Frickhinger hat eine Planskizze der durch­ nummerierten Hügelgräber seiner Abhandlung beigegeben. Zum erstenmal hat hier 1910 der Oettinger „Verein für Heimatkunde im Ries“ unter Leitung von Prof. Fischer gegraben. Er hat fünf Hügel untersucht. Sie enthielten Brandbestattungen mit großen Urnen und sonstigen Ge­ fäßen. Sie befinden sich im Oettinger Museum63. 1924 hat hier Frickhinger zu graben begonnen. Auch im Eichholz bei Wechingen grub Prof. Fischer vier Grabhügel aus, die zu einer Gruppe von 37 gehörten64. Bei Holzkirchen untersuchte Frickhinger zwei Hügel mit Lei­ chenbrand65. Aus der Nördlinger Gegend werden folgende Fundplätze erwähnt. Schon 1847 hoben Forstrat Mangold und Pfarrer Erhard Grabhügel südlich von Hohenaltheim66 aus und fan­ den als Grabspeise geröstete Eicheln67. Bei Burgmagerbein erhielt man aus einem längst eingeebneten Grabhügel eine Urne von ungewöhnlicher Größe (82 cm hoch, 80 cm weit)68. Frickhinger hat auch die Siedlungen der Hallstatt-C-Leute an verschiedenen Stellen aufgedeckt, bezw. als die Fort­ setzung der schon unter der Stufe A erwähnten festgestellt. Aus der 4. Stufe der Späthallstattzeit gibt er eine Wohn­ stätte bei Lierheim an. Einen Grabhügel mit Skelettbestat­ tung der gleichen Stufe öffnete er in der Schweindorfer Gegend (schon auf württembergischen Gebiet)69. 78

Nach dieser langen Reihe der Rieser hallstattzeitlichen Fundplätze erscheinen die Berichte aus den übrigen schwä­ bischen Bezirksämtern ziemlich dürftig. Im Nachbarbezirk Donauwörth grub Frickhinger bei Huisheim beschädigte Grabhügel mit Leichenbrand und zwölf Gefäßen aus70. Aus dem Bezirksamt Neuburg berichtet Wölfle über die Oeffnung von Grabhügeln der reichen Attenfelder Gruppe71. Hier wurde schon 1820/23 gegraben, planmäßig aber erst 1838/41 von dem damaligen ersten Vorstand des Neuburger Vereins, Polizeidirektor Freiherr von Reigersberg. Die Be­ richte aus den zwanziger Jahren stammen von dem Kauf­ mann Jos. Graßegger, dem Begründer der Neuburger Vor­ geschichtsforschung. Von diesen alten Ausgrabungen stammt ein großer Teil der Neuburger vorgeschichtlichen Sammlung. Von einem merkwürdigen Fund aus dem Bezirksamt Wer­ tingen lesen wir in einem Augsburger Museumsbericht vom Jahre 1857. Hier heißt es72, daß von einem Bauern sieben Schüsseln, 25 Schalen und zwei Henkel aus Bronze, gefun­ den auf dem Burgfeld bei Ehingen, um 150 Gulden für das Museum gekauft worden seien. Eine Datierung des Fundes ist nicht ersichtlich. Er könnte auch in eine andere Periode gehören. Im Bezirksamt Dillingen aber haben größere hallstattzeit­ liche Ausgrabungen stattgefunden. Im Herbst 1888 wurde der Historische Verein Dillingen gegründet. Und noch im gleichen Jahre eröffneten die Konservatoren Studienlehrer Dr. Heinrich Ortner und Dr. Englert die Ausgrabungstätig­ keit beim Katharinenhof im Dillinger Donauried73. Hier lag eine Gruppe von 15 Grabhügeln der späten Hallstattzeit, die schon Regierungsdirektor J. N. von Raiser erwähnt. Aus den gefundenen Scherben konnten einige Urnen, aus den Bronzeteilen drei bronzene Becken rekonstruiert werden. Letztere bilden sehr wichtige, in der Literatur wiederholt erwähnte und abgebildete Museumsstücke, so in „Alter­ tümer unserer heidnischen Vorzeit“, 5. Bd., S. 328, Taf. 56. Diese prächtige Hügelgruppe ist im großen Jahr 1923 trotz aller Bemühungen und Gegenvorstellungen „der Kultur“ zum Opfer gefallen. Im Donauried trat dann eine längere Pause ein, bis Pfarrer 79

Demleitner 1907 und 1908 beim Nenningshof zwei gefähr­ dete Hügel ausgrubM. Ueber Grabhügel im Tiergarten und bei Fristingen berichtet Harbauer75. Bei der Fristinger Mühle barg Zenetti die Reste aus einem zerstörten Grabhügel76. Namentlich aber sind es zwei wichtige Fundstellen, die Umgebung von Ricklingen und der Staatswald bei Zöschingen, wo umfangreiche Ausgrabungen stattgefunden haben. Bei Ricklingen öffnete Pfarrer Ludwig Schäble in einer Reihe von Jahren mit peinlichster Sorgfalt eine größere Zahl von Hügeln und übergab die sehr wichtigen Funde dem Dillinger Museum77. Den bedeutendsten bilden die Reste eines Wagens, dessen sämtliche Eisenteile, die Naben­ ringe und die vier Radreifen (besser erhalten als jene im Berliner Völkermuseum), sowie die Eisenteile des Pferde­ geschirres noch vorhanden sind und von Reinecke be­ schrieben und abgebildet wurden78. Im Walde zwischen Zöschingen und Altenberg aber haben die damaligen Forstassessoren Benz und Rüttler in den Jahren 1892 bis 1900 die dort befindliche Grabhügelgruppe ausgehoben7». Die Funde bilden eine Hauptsehenswürdig­ keit des Dillinger Museums, namentlich die gewaltigen Graburnen und Schalen. Benz stellte auch fest, daß diese Gefäße von nicht unbedeutender Technik in der Zöschinger Gegend verfertigt wurden. Denn der Ton enthielt zahl­ reiche Bohnerzkügelchen, die gerade in der Zöschinger Gegend in Menge Vorkommen. Ferner sei noch ein Fund aus Steinheim erwähnt. Beim Bau eines Güterschuppens für die dortige Eisenbahnstation stieß man auf hallstattzeitliche Flachgräber, deren Beigaben (bronzene Arm- und Fußringe, Bernsteinschmuck) von Harbauer geborgen und von Schäble beschrieben wurden80. Schließlich sei noch bemerkt, daß auf dem Michelsberg bei Fronhofen, wo die früher angeführte steinzeitliche Höhle „Hänsele Hohl“ sich befindet, ein sechsfaches Wall- und Grabensystem vorhanden ist. In den Gräben gefundene Scherben lassen nach Birkner und Frickhinger vermuten, daß der Berg in der Hallstattzeit besiedelt war81. Wir gelangen zum Bezirksamt Günzburg, wo der Histo­ rische Verein von Anbeginn über tüchtige und unermüdliche Ausgräber — Ronservator Rudolf Oberndorfer, Professor 80

P. Auer, Konservator J. Müller und Konservator Serafin Stötter — verfügte, die keine Gelegenheit vorübergehen ließen, den heimatlichen Boden zu erforschen und die Funde zu bergen. Hier liegen aber auch die wichtigsten Fundplätze auf städtischem Grund und Boden oder in nächster Nähe. Auf dem Schloßberg der Reisensburg hat Oberndorfer eine Wohnstätte der Hallstattstufe C ausge­ graben»* mit schönen Ergebnissen. Nicht weit davon ent­ fernt, auf dem Herrenfeld und im Herrenholz ist eine Gruppe von etwa 80 Grabhügeln, deren Beigaben zumeist der Stufe C, allerdings auch der Stufe A angehören®*. Auch1 bei Bubesheim84 hat Oberndorfer eine Hallstatt-Wohnstätte ausgegraben, ferner schon 1890 im Justing bei Leipheim Grabhügel geöffnet85. Hier liegen 62 Grabhügel. Auch im Bubesheimer Gemeindewald bei Leipheim hat er drei Hügel untersucht88. Bei Burgau wurden von Torfstechern schon in den sechziger Jahren größere und kleinere Gefäße ge­ funden und für das Augsburger Museum erworben87. Aus der Umgebung von Augsburg liegen folgende Fund­ nachrichten vor. In Bobingen wurden 1888 und 1892 von Karl Flacho und J. Richter Grabhügel ausgegraben88. Bei Banacker untersuchte Flacho im fürstl. Fuggerschen Wald fünf Grabhügel89, weitere bei Ottmarshausen90. In den letz­ ten Jahren wurden in Schwabmünchen beim Abräumen einer Kiesgrube Scherben der Stufe A und in Schäfers Baumschule der Stufe C gefunden. Ohlenroth hat sie ge­ sammelt und beschrieben91. Der Historische Verein Neu-Ulm hat gleich nach seiner Gründung eine sehr lebhafte Ausgrabungstätigkeit entfal­ tet, die auch hallstattzeitlichen Grabhügeln galt. So hat Pfarrer Anton Ilg bei Kadeltshofen mehrere Grabhügel mit Skelettbestattung der Stufen C und D ausgehoben9*. Pfar­ rer Franz Kolb öffnete einen Grabhügel bei Aufheim9*. Rektor Dr. Fr. Dorner berichtete über eine Gruppe von zwölf Grabhügeln zwischen dem Schlüsselhof und dem Metzgerhof südlich vom Bahnhof Schweighofen, von denen fünf ausgegraben wurden94. Später gruben hier General­ leutnant Michahelles und H. Zschischang95. Weitere Gra­ bungen fanden statt im Kirchholz bei Oberfahlheim98 und am „Postweg“ bei Unterfahlheim97. 81

In Mindelheim liegt eine Gruppe von 13 hallstattzeitlichen Grabhügeln in der Nähe des Bahnhofes, von der zwei im November 1909 untersucht wurden98. Das große Grabhügelfeld bei Pforzen (B.-A. Kaufbeuren) hat Chr. Frank aufgenommen und mit einer Planskizze be­ schrieben89. Diese große Nekropole hat leider durch die Drainierung große Veränderungen erfahren. Bei Altusried (B.-A. Kempten) wurde ein frühhall stattzeit­ licher Depotfund gemacht, den Reinecke veröffentlicht hat100. In der Nähe der Fundstelle dürfte ein Siedler ge­ wohnt haben, der den Schatz vergrub und später nicht mehr beheben konnte. Den Schluß macht das Allgäuer Gebirge. Fr. Wagner teilt mit101, daß 1910 ein hallstattzeitliches Bronzebeil an der Roten Wand bei Rohrmoos (Nähe Oberstdorf), ein anderes 1899 beim Gleygrund westlich Einödsbach gefunden wur­ den, sowie zwei aus früheren Jahren bei Hohenschwangau. D. LATENEZEIT. Früher hat man die in unserem Regierungsbezirk so zahl­ reichen Viereckschanzen ganz allgemein als keltisch be­ zeichnet und sie in die Latenezeit eingeordnet. Jetzt findet man auch hier namentlich auf Grund von Bodenfunden zeitliche Unterschiede. Die Folge davon ist, daß die mei­ sten dieser so sehr ins Auge fallenden Befestigungen jdegradiert und als Zufluchtsstätten hauptsächlich zur Zeit der Ungarneinfälle im 10. Jahrhundert erklärt wurden. Auch die vorgeschichtlichen Grabhügel hat man früher gewöhnlich „Keltengräber“ genannt und den vor dem Er­ scheinen der Römer bei uns eingesessenen keltischen Bewohnern zugeschrieben. Jetzt werden nur noch diejeni­ gen als keltisch bezeichnet, in denen Gefäße und Metall­ sachen des Latenetypus gefunden werden. Bei der Aufzählung der Funde beginnen wir wieder im Norden des Gebietes, im Ries, wo Frickhinger auch für die Lateneperiode eine Anzahl von Fundplätzen entdeckt, untersucht und beschrieben hat. Für die Frühlatenezeit liegt eine wichtige Stelle in der städtischen Waldabteilung Blankenstein bei Ederheim am Südrand des Rieses. Hier wurde schon früher eine Gruppe 82

von 34 Grabhügeln erwähnt, mit Skelett- und Brandbestat­ tung der älteren und jüngeren Bronzezeit. Es wurde aber auch ein latenezeitliches geöffnet102. Auch in der Nähe der hernach zu besprechenden Amerdinger Schanze deckte Frickhinger ein Pfostenhaus der Frühlatenezeit auf102. Südwestlich von Heroldingen befindet sich eine ausge­ dehnte Latenesiedlung. Auch auf dem Hühnerberg zwi­ schen Klein- und Großsorheim wurde neben einer Hallstatt-C-Siedlung eine solche aus der Spätlatenezeit fest­ gestellt. Zur gleichen Stufe gehört auch jene auf dem Kaufertsberg bei Lierheim104, bei Merzingen105, Herkheim106 und bei der Aumühle in der Nähe von (Dettingen107. Nun wenden wir uns zur Viereckschanze im Wald süd­ östlich von Amerdingen103. Außer dem schon erwähnten frühlatenezeitlichen Pfostenhaus sind in der Umgebung von Amerdingen und Zoltingen auch noch Siedlungen der Spätlatenezeit gefunden worden. Die Gesamtzahl beläuft sich zur Zeit auf zehn. Frickhinger nimmt an, daß hier Leute wohnten, welche das in der Gegend vorhandene Bohnerz verarbeiteten und sich bei Gefahr in die Viereck­ schanze zurückzogen. Wir verlassen das Ries und wenden uns zum Nachbar­ bezirk Dillingen. Beiderseits der Straße Aislingen-Offingen erhoben sich früher auf den Feldern Grabhügel aus der Latenezeit, die teils durch den Pflug verschleift, teils durch die Kiesgewinnung zerstört wurden. Aus einem solchen Grab in der Aislinger Kiesgrube stammen merkwürdige Fundstücke des Dillinger Museums109, so ein bronzener Brustschmuck, eine bronzene Gürtelkette mit stilisierten Tierköpfchen, zwei Bronzefibeln mit Perlen vom Frühlatenetypus, ein Armring aus Lignit (Gagat) und Gefäße aus graphithaltigem Ton. Diese Fundsachen sind in den „Altertümern unserer heidn. Vorzeit“, 5. Bd., Seite 290, Taf. 51 von Reinecke beschrieben und abgebildet worden. Im Neuburger Bezirk bildet der Stätteberg bei Unter­ hausen ein wichtiges latenezeitliches Objekt110. Er wird oben von einem Ringwall unbestimmten vorgeschichtlichen Alters eingefaßt. Oestlich davon aber befand sich ein großes keltisches Oppidum. Der Stätteberg bildet auch ein später zu erörterndes spätrömisches Problem. 83

Oestlich von Kaisheim (B.-A. Donauwörth) wurde ein spätkeltischer Eisenbarrenfund gemacht, bestehend aus 28 Luppen. Reinecke hat sie beschrieben und abgebildet111. Er zog auch Eisenbarren aus den Museen Augsburg, München, Ansbach, Dillingen und Weilheim zum Ver­ gleich heran. Aus anderen Fundorten stammen 7 Luppen vom Pfeilhof nordöstl. bei Oettingen (1836), von Wörnitzstein (B.-A. Donauwörth), Lutzingen und Frauenriedhau­ sen (B.-A. Dillingen), von Günzburg und Weißenhorn. Aus der Umgebung von Augsburg sind Funde von folgen­ den Plätzen bekannt geworden. Bei Au unterhalb Schern­ eck wurden 11 Grabhügel aus der Latenezeit geöffnet, bei Stätzling in einer Kiesgrube ein spätlatönezeitliches Grab zerstört, auf einer Moorwiese zwischen Geben­ hofen und Affing ein Eisenbarren gefunden. Diese Fund­ nachrichten stehen in dem Aufsatz von Oberamtsrichter Fr. Weber, „Zur Vor- und Frühgeschichte des Lech­ rains“11*. Bei Illerberg (B.-A. Illertissen) entdeckte man einen Renn­ ofen zur Eisengewinnung aus der Spätlatönezeit113. Auf dem Auerberg (B.-A. Markt Oberdorf) befindet sich ein ausgedehntes Ringwallsystem, das mehrere Kuppen und Flächen umschließt. Hier gab es spätlatenezeitliche Funde111. Auch in Kempten bestand vor der Römerzeit das kelti­ sches Oppidum Cambodunum der Estionen. Es lag auf der Burghalde und dem nördlich anschließenden Gelände. E. ROEMERZEIT. Wenn wir uns nun zu diesem umfangreichsten Abschnitt der archäologischen Durchforschung unseres Gebietes wenden, so müssen wir über das Jubiläumsjahrhundert etwas hinausgreifen und das wichtige Werk des Reg.Direktors v. Raiser an die Spitze stellen. Es betitelt sich: „Der Oberdonaukreis unter den Römern“, 3 Abteilungen, Augsburg 1830/32. Die erste Abteilung enthält die „Römer­ male“ von Kaiseraugst bis Augsburg, beschrieben haupt­ sächlich nach den Landgerichtsbezirken. Die zweite Abteilung behandelt die Geographie des Landes zur Römerzeit, die Römerorte, sowie die Ueberreste aus 84

(Museum Günzburg)

Gontia-Altar.

der Römerzeit an der Donau von Ulm bis Kösching. In der dritten Abteilung wird die Römerstraße von Regens­ burg nach Augsburg beschrieben. Darauf folgt noch der Abschnitt über die Römermonumente in und um Augs­ burg. Gerade diese zeitgenössische Restandsaufnahme verleiht dem Werke bleibenden Wert. Allerdings steht vieles darin, was jetzt nicht nur überholt ist, sondern auch mit­ unter etwas zu phantasievoll uns anmutet. Damals aber dachte man noch nicht so nüchtern. Das war die Zeit, in der man bei der Erklärung von Ortsnamen sich in den kühnsten Kombinationen erging, eine glückliche Zeit, in der man noch keine Furcht vor bösen Kritikern empfand. Es wäre eine dankenswerte und lohnende Aufgabe, Raisers Werk Seite für Seite durchzugehen und sämtliche Fund­ stellen einer Nachprüfung zu unterziehen. Da würde man auf manche verloren gegangene Spur kommen. Man würde sie verfolgen und an Stellen gelangen, wo wichtiges zu ergraben wäre. Leider aber ist gerade für diese Frühzeit der archäologi­ schen Durchforschung des Landes zu berichten, wie da­ mals noch an vielen Stellen römisches Mauerwerk auf­ ragte, wo jetzt keine Spur mehr zu sehen ist. Das gilt z. R. auch für die Saalburg. Hier standen noch Gebäude und Mauern, bis sie im 18. Jahrhundert zum Bau des Homburger Schlosses und der dortigen Kirchen abge­ brochen wurden und die noch übrig gebliebenen Reste 1816 zum Chausseebau bis zur Fundamentsohle heraus­ gerissen wurden115. Für unser Gebiet aber bildet Epfach, Abodiacum, ein ab­ stoßendes Beispiel. 1830 fand hier eine Ausgrabung statt11*. Eine Menge von Monumenten, Münzen und sonstigen „Anticaglien“ (so bezeichnete man damals die kleinen Museumssachen), Scherben, Knochen kamen zum Vor­ schein. Es heißt dann weiter: „Aus Mangel der Geldmittel für die Arbeitslöhne wurde diese Mauergrabung, welche so viel Ueberreste aus der Römerzeit enthält, nicht nur eingestellt, sondern die bisherigen Entdeckungen sind in der Art vernachlässigt worden, daß die Gemeinde Epfach1 nicht gehindert wurde, die kurz zuvor mit Kosten wieder 85

zu Tage geförderte Umfassungsmauer mit ihren in selbe verbauten Monumenten und architektonischen Gebäude­ teilen aus einer glänzenden uralten Zeit an den Meist­ bietenden auf Abbruch zu verkaufen.“ So kam die Mauer um die Summe von 800 Gulden an den Zimmermeister Jos. Wittmann in Augsburg. Er erhielt „nach vollständiger Enthüllung der Umfassungsmauer“ und aus den Resten von drei Türmen eine große Menge von Werksteinen, welche auf Flößen den Lech hinab nach Augsburg ge­ bracht und verwendet wurden. Nach 3 Jahren war das große Abbruchswerk vollendet. Im gleichen Jahre wurde der Historische Kreisverein gegründet. In Augsburg gelang es dann den Bemühungen mehrerer Altertumsfreunde, 8 vollständige und 2 fragmentarische römische Denkmale mit Inschriften und Bildwerken aus den Epfacher Werk­ steinen zusammenzusetzen und im Antiquarium im Hof des St. Annakollegs aufzustellen. Ueber dieses früheste Lapidarium wird 1837 berichtet117. Es sei hier kurz dieses ersten Augsburger Antiquariums gedacht. Es vermehrte sich bei dem jugendfrischen Be­ tätigungsdrang des Vereins so rasch, daß die Sorgen um die Unterbringung der Funde schon in den ersten Ver­ einsjahren begannen. Es wäre aber eine geschichtliche Abhandlung für sich, wollte man die Entwicklung dieser Sammlung darlegen, bis 1855/56 ihre Uebersiedlung in die jetzigen Räume des Maximilianmuseums erfolgen konnte. Anläßlich der Tagung der deutschen Philologen und Schulmänner in Augsburg 1862 hat der damalige Konservator Studienlehrer Dr. Moritz Mezger eine Fest­ schrift herausgegeben: Beschreibung der römischen Bau­ denkmäler, Inschriften und Gefäßstempel118. Später hat Obermedizinalrat Dr. Otto Roger in einer Reihe von Ab­ handlungen „Die römischen Funde“ besprochen119, nament­ lich aber „Die Augsburger Sigillatafunde“120. Eines der bedeutsamsten und wertvollsten Fundstücke des Augs­ burger Museums ist der bronzene Pferdekopf, gefunden in der Wertach 1769. Er trägt noch Spuren der Vergol­ dung. Roger beschreibt ihn121 und meint, er rühre von einem Kaiserstandbild her. Der emporgedrehte und zu einem Schopf zusammengebundene Haarbüschel zwischen 86

den Ohren, finde sich in ganz gleicher Weise beim Pferd der Reiterstatue des Kaisers Mark Aurel auf dem Kapitol in Rom. Wenn hierin eine nur kurz dauernde Mode vor­ läge, so könnte vielleicht die dortige Statue das Vorbild für die Augsburger gewesen sein. Von kleineren hierher gehörenden Abhandlungen seien noch erwähnt: Fr. Wag­ ner „Neue Skulpturen aus Augsburg“122 und P. Gößler „Ein römisches Büstengefäß“123. Wenn wir uns nun zur Erforschung des heimischen Bo­ dens nach Römerfunden wenden, dann können wir besser als in den vorausgegangenen Perioden eine zeitliche Glie­ derung der nun einsetzenden gewaltigen Fülle von Be­ richten in einzelne Hauptabschnitte vornehmen. Denn nun leuchtet das Licht der geschriebenen Geschichte hinein und weist uns einen sicheren Weg bei der Beurteilung der Fundnachrichten. Einen Ueberblick über die ge­ schichtlichen Ereignisse und die archäologischen For­ schungsergebnisse geben: Dr. Frz. Franziß, „Bayern zur Römerzeit“, Regensburg 1905, und Fr. Wagner, „Die Rö­ mer in Bayern“, 4. Aufl., München 1928. In Franziß’ Buch ist aber vieles überholt und stimmt nicht mehr, was bei der Benützung zu berücksichtigen ist. Dagegen ist Wagner’s Buch durchaus zuverlässig und gibt den gegenwärtigen Stand der Forschung getreulich wieder. 1. Die Besitznahme des Landes durch die Römer. Die römische Geschichte unseres Gebietes beginnt 15 v. Chr. mit der Eroberung des Alpenvorlandes unter Drusus und Tiberius. Nach der damaligen Methode: Mord und Brand, Unterjochung des Restes der eingesessenen kelti­ schen Bevölkerung und Verschleppung der jungen Mann­ schaft, war das Land bald beruhigt. Verwaltungsmittelpunkt wurde Augusta Vindelicum. Wir wenden uns aber zunächst nicht zur Stadt selbst, sondern zur Vorstadt Oberhausen, wo in den Jahren nach der Besitzergreifung am linken Wertachufer sich ein Stand­ lager für eine oder zwei Legionen mit ihren Auxilien befand. Dieses Lager läßt sich topographisch kaum mehr festlegen. Wohl aber wird sein Dasein durch Tausende von Fundstücken militärischen Charakters bezeugt. 87

Die Wahl des linken Wertachufers läßt vermuten, daß auf der Landzunge zwischen Wertach und Lech eine Siedlung der einheimischen Bevölkerung bestand. Ob es das Damasia, der von Strabo erwähnte Vorort der Likatier war, bleibt immer noch zweifelhaft, weil hinreichende Latenefunde im Augsburger Stadtgebiet nicht vorliegen. Wir müssen es als einen großen Glücksfall ansehen, daß Dr. Drexel von der Römisch-germanischen Kommission 1913 zur Abfassung einer Museographie die vor- und! frühgeschichtlichen Neuerwerbungen der bayerischen Mu­ seen besichtigte1*4. Dabei wurde er in Augsburg auf eine kleine Gruppe frühkaiserzeitlicher Kleinfunde ohne Fund­ angabe aufmerksam. Bei der Frage nach der Herkunft dieser Gegenstände erfuhr er, daß sie aus einer Kies­ grube bei Oberhausen stammen, in der andauernd Alter­ tümer zum Vorschein kämen. Drexel besuchte die Fund­ stelle. Es ist ein altes Wertachbett, in welches die Fund­ stücke durch Hochwasser eingeschwemmt und dann mit Kies überschüttet wurden. Im August 1913 konnte dann ein großes Stück der Fund­ schicht ausgebeutet werden. Es wurden ca. 10000 einzelne Gegenstände, hauptsächlich aus Metall, gesammelt und geborgen. Das war aber nur ein Rest von den Hundert­ tausenden, die vordem in ganzen Wagenladungen abge­ führt und als Abraum verworfen wurden. Ich folgte hier Reinecke’s Schilderung1**. Auch Dr. Friedr. Koepp, Direktor der Römisch-germanischen Kommission in Frankfurt, spricht sich über die eigenartige Entdekkungsgeschichte dieses außerordentlich wichtigen Römer­ platzes aus1**. Eine Aufzählung der endlos langen Liste der verschiedenen im letzten Augenblick noch geretteten Oberhausener Fundstücke gibtWagner1*7. Vorher hatte Roger eine Orientierung darüber gegeben1*8, während Dr. E. Rit­ terling, Frankfurt, die über 300 Münzen besprochen hat1*9. Ueber die mit dem Oberhausener Fund zusammenhängen­ den Fragen äußert sich Reinecke anläßlich der Aufstel­ lung der inzwischen konservierten Sachen im Maximilian­ museum180. Als Zeit für das Legionslager könne die zweite Hälfte des ersten Jahrzehntes unserer Zeitrechnung ange­ setzt werden. Das Lager muß durch eine Katastrophe zer88

stört worden sein. War es lediglich ein Hochwasser, das plötzlich das Lager überflutete und einen Teil seiner Bau­ ten mitsamt den unzähligen Ausrüstungsstücken fortriß und in einen nahen Wertacharm einschwemmte? Oder war eine vom Föhnsturm entfachte Feuersbrunst vorher­ gegangen? Reinecke meint, daß das Lager bei einem feind­ lichen Angriff in Flammen aufgegangen sei. Jedenfalls wurde es nach der Zerstörung verlassen. Ritterling ist der Ansicht, daß die Katastrophe in irgend einem ursäch­ lichen Zusammenhang mit dem großen pannonisch-dalmatinischen Militäraufstand 6 bis 9 n. Ch. oder mit der Varusschlacht 9 n. Chr. stehe. Ungefähr um die gleiche Zeit saß weltverlassen auf dem Auerberg (Bez.-Amt Markt Oberdorf) ein Auslugposten1*1. Hier hat Kurat Frank 1901/06 gegraben. Oben befand sich, wie früher schon erwähnt wurde, ein ansehnliches keltisches Ringwallsystem. Auf der höchsten Kuppe stieß Frank auf die aus Tuffsteinen bestehenden Grundmauern eines Hauses, auf die Reste eines Holzbaues und von Holzbaracken. Im Holzhaus wurden 3 römische Soldaten­ dolche mit reichverzierten Scheiden gefunden. Sie wur­ den von Dr. J. Jacobs beschrieben1»*. Dazu kamen noch andere Kleinfunde militärischer Herkunft. Der Platz war etwa von 20 bis 40 n. Ch. besetzt. Er scheint durch Feuer sein Ende gefunden zu haben. Auch hier oben innerhalb der Ringwälle vermuten manche die keltische Stadt Da­ masia. Hauptmann Hugo Arnold tritt dafür ein, weil sie eine Bergstadt gewesen sein soll1**. 2. Die Römerstadt Augsburg. Noch einmal sei die Frage nach dem keltischen Oppidum Damasia, als Vorläufer von Augsburg aufgeworfen. Strabe zählt 3 vindelizisch-keltische Städte der vorrömischen Zeit auf: Brigantium (Bregenz), Cambodunum (Kempten) und Damasia, die Stadt der Likatier. Dr. Rudolf Schrei­ ber tritt in seiner Abhandlung „Augsburg unter den Rö­ mern“1** für Damasia-Augsburg ein. Koepp aber meint in seinem Vortrag „Vom römischen Augsburg“1**, das werde stets eine Vermutung bleiben. Denn man kenne keine Latönefunde auf dem Augsburger Boden in hinrei89

ehender Zahl. Andere aber sagen, die Reste aus der Latönezeit seien nur wegen ihrer tiefen Lage unter dem römischen Schutt noch nicht zum Vorschein gekommen. Ueber die Gründung der Civitas Augusta berichtet Prof. Dr. Fr. Vollmer136, daß in zwei Gedichten des Horaz von dem Räterkrieg der kaiserlichen Prinzen im Jahre 15 v. Chr. die Rede ist. In den Scholien zu einem dieser Ge­ dichte steht: His devictis facta est civitas Augusta Vindelica (verschrieben statt Vindelicum) apud Raetos. Es gibt aber auch zwei Inschriften, in denen Aelia Augusta, bzw. Municipium Aelium Augustum vorkommt. Man kann aber schwerlich Hadrian als Gründungskaiser für Augs­ burg annehmen. Denn die häufigsten in Augsburg gefun­ denen Münzen rühren aus der Zeit des Augustus her, und darauf folgen alle Kaiser bis Hadrian. Franziß drückt sich hiezu folgendermaßen aus: „Augusta Vindelicum war an­ fangs ein Markt (Forum) ohne Stadtrecht und wurde vom Kaiser Aelius Hadrianus zur Municipalstadt erhoben, daher Aelia Augusta zubenannt. Koepp meint ferner, Augsburgsei keine Kolonie gewesen; denn es habe kein Kapitol gehabt. Wie stimmt damit aber die bekannte Stelle bei Tacitus von der Raetiae splendidissima colonia? Nun, Tacitus wird hier colonia nicht im stadtrechtlichen Sinn gemeint haben. Wohl aber war das römische Augsburg mit öffentlichen Gebäuden geschmückt, die wir teils aus ihren Resten, teils aus Inschriften kennen. Es gab Thermen, von denen man im Garten von St. Stephan im 16. Jahrhundert noch beträchtliche Reste auffand. Der Chronist Markus Welser hat den hier aufgedeckten Mosaikboden mit Darstellungen von Wagenrennen, Faustkämpfen, Vögeln usw. im Bild festgehalten. Ein Amphitheater wird nicht gefehlt haben, wenn man auch seinen Platz noch nicht kennt. Denn die Vermutung von Welser, daß einige Gassen bei St. Stephan noch das Rund des Theaters erkennen ließen, sowie von Hofrat Friedrich von Thiersch, dem späteren Präsidenten der Münchener Akademie, daß seine Form sich noch in der bogenförmigen Häuserflucht von der Annastraße zur Grottenau verrate, zeigt nur die Kombinationsfreudigkeit früherer Zeiten, die uns in der jetzigen nüchternen Zeit fast komisch vorkommt 90

Aus Inschriften aber kennen wir verschiedene Tempel: des Merkurius matutinus, den ein negotiator porcarius von Grund aus wiederherstellen ließ, des Mars, der Vik­ toria, der repariert werden mußte, des Pluto und der Proserpina, den eine Frau infolge eines Traumes bauen ließ, des Silvanus, ebenfalls als alterschwach erwähnt, dessen Instandsetzung sich ein civis Trever annahm, des Sol invictus, des Mithras. Vom Forum und der mutmaß­ lichen Basilica wird später die Rede sein. a) Die Stadtmauer. Augsburg war eine offene Stadt und wurde vermutlich erst in der gefahrvollen Zeit der Alamanneneinfälle mit einer Mauer umgeben. Nun bemerken wir aber, wie in den alten Jahrbüchern des Kreisvereins immer wieder ver­ sucht wird, an die Auffindung alten Mauerwerkes weit­ gehende Vermutungen hinsichtlich der römischen Stadt­ mauer zu knüpfen. Schon 1837, als man beim Kellerbau der Brauerei Häring in der Schmiedgasse gegen den Mauer­ berg zu eine feste Gußmauer anschnitt137, wurde diese in Beziehung gebracht zu römischen „Substruktionen“, die 1824 am Obstmarkt entdeckt wurden. Von da gehe, so nahm man an, die Mauer um die Regierung herum zur „Langen Gasse“, dann hinter dem kgl. „Stuckbohr- und Gießhaus“ gegen das Wertachbrucker Tor. Namentlich aber im Garten des Magistratsrats und Poststallmeisters Grashey seien die Stadtmauer, der Wall und der Graben noch sichtbar gewesen. Auf dem Steuer- und Katasterplan der Stadt sei das vermerkt worden. Der weitere Verlauf der Mauer ginge zum Westende des Pfannenstiels, wo sich die Zitadelle der Römer befunden haben soll. Auf der höchsten Erhebung des Lueg ins Land sei ein römischer Wachtturm gestanden. Von da lief die Mauer zum Stephinger Tor, zum St. Galluskirchlein, hinter St. Stephan vorbei, auf dem sog. Schwedenberg, auf der Höhe des Kühloch, zur Sternwarte und der angrenzenden Egidienkapelle (St Gilgen) bis zur Höhe am Mauerbad und wieder zum Häring zurück. Wenn auch diese scheinbar so sicher gezogene Linie der römischen Stadtmauer jetzt nicht 91

mehr gilt, so unterliegt es keinem Zweifel, daß an den ge­ nannten Stellen römische Reste in der Tiefe stecken. Ich habe diesen ersten Versuch, die Mauer im ununter­ brochenen Verlauf anzugeben, deshalb mitgeteilt, weil durch ihn in der Tat der Umfang des römischen Augsburg ungefähr gekennzeichnet wird, und weil mancher Leser, der, wie ich, in den 70- und 80 er Jahren als Stephaner Student diese Lokalitäten noch recht gut kannte, sich er­ innern wird, daß man sie als römische Fundstellen bezeichnete. Lueg ins Land und Pfannenstiel! Damals Tum­ melplätze der Jugend. Am Pfannenstiel noch das 1809 erbaute Kronwerk (Napoleonsschanze), woselbst man beim Aufgraben auf starke Tuffsteinmauern stieß138. Jetzt ist hier alles überbaut. Auch Rektor Dr. Friedr. Ohlenschlager hat, wohl auf Grund dieser alten Nachrichten, ebenfalls den ganzen Zug der römischen Stadtmauer beschrieben, allerdings mit manchen Varianten. Aber auch in dieser angenommenen Mauerflucht wurde weder eine Mauer, noch ein Graben gefunden138. Gegen alle diese Versuche wendet sich Koepp, damals Leiter der Römisch-germanischen Kommission, in seinem erwähnten Vortrag „Vom römischen Augsburg“, gehalten auf der 13. Tagung für Denkmalpflege (1917 in Augs­ burg). Er schreibt140: „Kaum eine einzige der spärlichen Nachrichten über die Auffindung von Resten der römi­ schen Stadtmauer kann ich' für ausreichend bezeugt hal­ ten. Keine gibt uns für die genauere Ansetzung der römi­ schen Zeit irgendwelchen Anhalt. In der augusteischen Zeit war die Befestigung auf einige Städte, ausschließlich' wohl Kolonien, beschränkt Erst aus der Zeit der Gefähr­ dung des Landes, nach dem Fall des Limes, stammt die große Zahl der befestigten Städte. Dazwischen liegt ein Zeitraum von ca. 250 Jahren, während welchem Jdie Städte unbefestigt waren und vielleicht auch unbefestigt sein mußten.“ Im Jahre 1930 aber fand Ohlenroth beim Neubau der Handelsschule in der Jesuitengasse das Eck einer Spitz­ grabenbefestigung mit Scherben der trajanisch-hadrianischen Zeit141. 92

Augsburg Schema des römischen Straßennetzes 1 : 5000.

b) Dom und Domplatz. Schon 1837 ist die Rede von dem Fragment einer Säule, die beim Abbruch des südwestlichen Giebels der Dom­ kirche gefunden wurde. Natürlich knüpften sich an solche Funde in der damaligen römerfrohen Zeit immer weit­ gehende Vermutungen. So wurde dieser Fund als ein neuer Beweis vorgebracht, daß da, wo die alte, kleinere Domkirche (der westliche Teil des jetzigen Domes) stand, das römische Forum mit einem Portikus zu suchen sei, von dem man noch mehrere',Säulen im Dom wahmehmen könne. Auch sei hier das im Antiquarium aufgestellte Monument mit den „Duunmrn“ ausgegraben worden. Ende der 60 er Jahre wurde ein schon früher eingebrachter Antrag, auf Vereinskosten in den Fundamenten der ehemaligen St Johanniskirche auf dem Fronhof zu gra­ ben, wiederholt und fand allgemeine Zustimmung. Der Archivar Theodor Herberger leitete die Ausgrabungen14*. Die Erwartung, römische Monumente als Bausteine im Mauerwerk zu finden, blieb allerdings unerfüllt Man lernte aber die Grundanlage dieser alten Kirche kennen. Nochmals, im Winter 1928/29 wurden die Fundamente der ehemaligen dreischiffigen Kirche freigelegt und unter­ sucht14*. Im Untergrund zeigten sich’ in verschiedenen Hori­ zonten römische Mauerzüge aus der mittleren und spä­ ten Kaiserzeit, die zu einer größeren baulichen Anlage gehörten. Innerhalb des Mittelschiffes der Kirche stieß man außerdem auf die Reste einer viel älteren klein|en Kirche mit Priesterbank und Altar neben dem zugehörigen Reliquiengrab. Hier wurde auch ein Brunnenschacht bis zu 14 m Tiefe ausgehoben, wobei 5 Taufanlagen ver­ schiedenen Alters festgestellt wurden. Jetzt bildet die offen gehaltene Ausgrabungsstelle einen Teil der Fronhof­ anlagen. Auch aus der Abhandlung von Baurat Ferd. Schildhauer, „Ueber die Baugeschichte des Augsburger Domes“144, ist manches hier einschlägig. Wir lesen (Seite 3), daß der erste Augsburger Dom an der Stelle des römischen Forums er­ richtet worden sei. Abt Stengel schreibe 1647 hierüber: „Hier soll früher die Basilika der römischen Kolonie, welche nachher in den ersten christlichen Tempel umge93

staltet wurde, gestanden sein. Die alten Augsburger Chro­ nisten, Welser, Paul von Stetten, äußern sich ebenso. Also reicht diese Tradition bis auf diese Zeiten zurück, in denen vielleicht noch manches aus der römischen Zeit dieses Platzes noch sichtbar oder wenigstens zugänglich war. Ein weiteres Eingehen auf die Baugeschiehte des Domes würde aber zu weit führen. c) Römische Funde aus den übrigen Stadt­ teilen. Zahllos sind die Zufallsfunde, die bei Tiefbauten, beim Grundausheben, bei Kanalisationsarbeiten, in Gärten usw. zu Tage traten und namentlich in den älteren Berichten des Kreisvereins vermerkt wurden. Manche gaben Veran­ lassung, die Fundstellen, soweit es die Verhältnisse gestat­ teten, durch kleine Grabungen weiter zu untersuchen. Denn gerade in den früheren Dezennien des Vereins herrschte eine außerordentliche Rührigkeit in der Erforschung des Augsburger Bodens. Oefters begegnet uns hier der Name des den älteren Augs­ burgern noch wohlbekannten Maurermeisters, Magistrats­ rates und Kreisfeuerwehrvertreters Max Treu, der bei allen von ihm ausgeführten Bauarbeiten stets ein wachsames Auge für archäologische Reste hatte und sie der Vereins­ leitung zur Kenntnis brachte, obwohl dadurch eine Stö­ rung dieser Arbeiten eintrat. Auch die Namen des Studien­ lehrers Dr. Moritz Mezger, des Kustos des Maximilianmuse­ ums Karl Roger (der Vater des späteren Vereinsvorstandes), des Fabrikbesitzers Dr. Albrecht von Rad finden sich häu­ fig in den Fundnachrichten. Dazu kommen die Brauerei­ besitzer Chr. Burckhardt, Georg Stötter, Deller, Gg. Müller und andere, die in den fünfziger und sechziger Jahren bei der Erweiterung ihrer tiefen Keller stets bereitwillig im römischen Schutt Grabungen anstellen ließen und deshalb in den Berichten anerkennend erwähnt werden. Schon aus den ersten Vereinsjahren spricht sich ein Be­ richt über die römischen Schuttmassen folgendermaßen aus1«: Beim Bahnbau der Linie Augsburg—München, 1838, erhoffte man sich eine reiche Ausbeute an römischen Fun­ den. Das traf aber nicht zu. Als Grund hiefür wird ange94

geben, der Boden sei durch Befestigungen, Wälle, Gräben und „Approchen“, sowie durch Zu- und Ableitung der Wasserkanäle, Neubauten und „Kultivierung“ dermaßen durchwühlt worden, daß auch bei ausgedehnten Erdar­ beiten wenig mehr im unberührten Zustand angetroffen werde. Dazu komme, daß man erst in einer Tiefe von zwei Meter auf den Boden des römischen Augsburg stoße, und daß die Ueberreste aus der vorrömischen Zeit erst unter den drei bis sechs Meter hinabreichenden römischen Schutt zu erwarten seien. Daß es hiervon aber auch Ausnahmen gab ,wird der Abschnitt über die Gräberfelder zeigen. Namentlich war man auf römische Funde gespannt, als 1877 die Röhren für die Wasserleitung gelegt wurden. Allerdings waren die Gräben nur 1,6 Meter tief. Trotzdem erhielt das Museum viele Kleinfunde. Ueberall, wo im nördlichen Teil der Stadt gegraben wird, kommen Scher­ ben, auch Sigillata, zum Vorschein. Wo in der Tiefe Säulenfragmente und Architekturteile ge­ funden werden, kann man mit der nötigen Vorsicht auf stattliche Gebäude aus der Römerzeit schließen. So fan­ den sich bei der Kanalisation der Regierungsgebäude große verzierte Pilaster und Kapitellstücke, einen Merkurtorso aus dem Ende des 2. Jahrhunderts, Keramik vom 1. bis 4. Jahrhundert, Brandschutt aus der ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts, einen Mosaik mit Personendarstellung14«. Man ersieht aus diesem einzigen Beispiel, wie in den römi­ schen Schuttmassen Reste aus vier Jahrhunderten über­ und durcheinander liegen. Größere Gebäude müssen zur Römerzeit auch am Eier­ markt147, im Pfärrle148, beim St. Antoniushaus am Stephinger Berg149, ein Thermenbau in der Georgenstraße180 gestan­ den sein. Wer sich der großen Mühe und Arbeit unterziehen würde, die älteren Fundberichte, Blatt für Blatt genau zu studieren, zu ordnen und zu gruppieren, der könnte nicht nur die Ausdehnung der römischen Stadt, die ja im großen und ganzen bekannt ist, genau umgrenzen, sondern auch viele Gebäude und Verkehrswege auf dem Plane festlegen. Unter solchen Gesichtspunkten sind ja die neueren Fundberichte auch abgefaßt worden. Es werden nicht nur die Funde als 95

solche besprochen, sondern sie werden auch in dem Ger samtrahmen der bisherigen Ergebnisse ausgewertet d) Das Straßennetz des römischen Augsburg. Hier einen umfangreichen Einblick zu gewinnen, ist sehr schwierig, da in der über den römischen Ruinen aufgebau­ ten jetzigen Stadt nur auf kurze Strecken und zu verschie­ denen Zeiten aufklärende Grabungen erfolgen können. Die Stadt Augsburg ist nicht in der gleichen Lage wie Trier, wo der Vorstand des Provinzialmuseums, Dr. Hettner, mit seinen Mitarbeitern den ganzen Plan der römischen Stadt herausgearbeitet hat. In Augsburg bleibt eben nichts anderes übrig, als von Fall zu Fall die Einzelbeobachtun­ gen vorsichtig miteinander zu verbinden. So fand man 1857 unter der Karls- und Ludwigsstraße einen römischen Straßenbau von 240 Meter Länge1*1. Stadtbaurat Josef Kollmann hat alles aufgezeichnet und die Funde eingeliefert. Das war aber ein besonderer Glücksfall. Die Hoffnung, daß die im Jahre 1919 durchgeführte große Kanalisation Klarheit bringen könnte, hat sich nicht erfüllt. Es war Ohlenroths Verdienst, daß die systematische Erfor­ schung des römischen Stadtplanes in Fluß kam, und daß einige Aufschlüsse über das Straßennetz gewonnen wur­ den1»*. Hierbei fand er, daß das heutige Straßennetz sich mit dem römischen in keiner Weise deckt, und daß auch die sonst in den Römerstädten übliche rechtwinklige Stra­ ßeneinteilung fehlt. Damit wurde Ohlenschlagers Ansicht, daß die römischen Straßen Augsburgs durchwegs im Zug der späteren zu liegen scheinen, widerlegt. e) Die Gräberfelder. Die Erforschung der Augsburger Gräberfelder begann, als 1844 die große Planierung im Bereich des Hauptbahnhofes stattfand1**. Hiezu wurde am Rosenauberg bis zur Gögginger Landstraße eine Fläche von 44 Tagwerk zur Gewin­ nung von Auffüllungsmaterial abgehoben. Bei diesen Ar­ beiten stieß man auf römische Gräber. Das Museum erhielt sechs Grabsteine und eine Menge „Anticaglien“ jeder Art, namentlich Urnen, Grablampen, römische Münzen, Gegen­ stände des Hausrates usw. So wertvoll diese Bereicherung 96

des Museums war, so wenig sachgemäß scheint man hin* sichtlich der Aufnahme des Gräberfeldes vorgegangen zu sein. Aber man mußte froh sein, daß das Fundmaterial nicht wie bei Oberhausen unbeachtet verloren ging. Ueber spätere Gräberfunde an der Frölichstraße berichtet Ohlenroth1*«. Hier wurde von der Mitte des 1. Jahrhunderts bis in die beginnende Völkerwanderungszeit begraben. Am stärksten war die Benützung des Friedhofes im späten 2. und 3. Jahrhundert. Die Mehrzahl der Gräber scheinen Brandgräber zu sein, wobei Monumente, gemauerte Grüfte, kleine Kapellen nicht gefehlt haben. Lediglich am Hang gegen die Wertach gab es Plattengräber, Skelettbestattun­ gen mit Inventar aus der späten Kaiserzeit. Bei der öst­ lichen Einfahrt zur Pferseer Unterführung fand man eine Reihe von Soldaten- und Reitergrabsteinen der Augsburger Garnison. Als wertvolle Museumsstücke seien hervorge­ hoben: drei Glasflaschen mit eingetrockneten Rotwein­ resten, ein Tränenfläschchen mit einer weißen fettigen Masse, ein Glasbecher mit der Darstellung einer Weinernte (ein Meisterwerk römischer Glaskunst). Am Nordausgang von Göggingen, zu beiden Seiten der Römerstraße Augsburg—Kempten grub man 1927 30 spät­ römische Skelettgräber aus1*38. * * * * So reichten also diese römischen Begräbnisplätze von der Pferseer Unterführung und dem Diakonissenhaus an der Frölichstraße bis nach Göggingen. Könnte man vielleicht daran denken, daß der alte katholische Friedhof an der Göggingerstraße die zeitliche Fortsetzung dieser bis in die Völkerwanderungszeit benützten römischen Gräberfelder bildet? Denn auch an der Westmauer des alten Friedhofes entlang fand man Brandgräber1*«. 3. Die Römerstadt Kempten. Auf dem Lindenberg am rechten Illerufer gegenüber Kempten gelang durch ein gewaltiges Ausgrabungsunter­ nehmen die Aufdeckung einer Stadt aus der älteren und mittleren Kaiserzeit, und zwar unter sehr günstigen Um­ ständen. Denn hier war die Untersuchung nicht, wie in Augsburg, durch die Ueberbauung mit jüngeren Anlagen erschwert. Nur Wiesen dehnen sich aus, wo einst antikes 97

Leben pulsierte. Das war eine in Deutschland einzig da­ stehende Gelegenheit. Und diese Gelegenheit konnte ge­ rade noch zur rechten Zeit ergriffen werden. Denn durch einen intensiven Kiesgrubenbetrieb wird dem Ausgrabungs­ feld fortwährend arg zugesetzt. Breite Streifen sind schon alsAbraum entfernt worden und unwiederbringlich verloren. Bei Wagner und Franziß findet man eine Orientierung über das römische Kempten und die dortigen Arbeiten157. Die Entdeckungsgeschichte der Römerstadt auf dem Lin­ denberg schildert uns Ohlenschlager158. Er erhielt 1881 einen Brief des Stabsauditeurs Sand (ein begeisterter Alter­ tumsfreund, dessen Name auch mit der Auffindung des Faiminger Kastells verknüpft ist), es seien in den beiden Kempten gegenüberliegenden Kiesgruben am rechten Iller­ ufer und oben auf den Feldern des Lindenbergs verschie­ dene Altertumssachen, wie Scherben, bemalter Wandver­ putz, Münzen, Eisenteile usw. gefunden worden. Sand meinte deshalb, die ganze Hochfläche enthalte römische Siedlungsreste. Man begann dort zu suchen und kam als­ bald auf römische Grundmauern. Als dann 1885 regelrecht ausgegraben wurde, hatte man das große Glück, sofort auf das Forum mit den umliegenden Gebäuden zu stoßen. Und damit war der Anfang gemacht zu dem großartigen Aus­ grabungsunternehmen, das, allerdings mit Unterbrechun­ gen, über einen Zeitraum von 50 Jahren sich erstreckt. In den Jahren 1885, 1886, 1888, 1889 und 1902 grub der Allgäuer Altertumsverein, und zwar mit gutem Erfolg. Ueber die Ergebnisse hat hauptsächlich August Ullrich referiert158. Im Jahre 1909 wurden die Arbeiten wieder aufgenommen. Der Verein geriet aber dadurch in finanzielle Schwierig­ keiten. Deshalb wurde im November dieses Jahres eine Denkschrift abgefaßt, es seien 11500 Mark, ausgegeben worden. Das Unternehmen übersteige die Mittel des Ver­ eins. Deshalb werde das Generalkonservatorium gebeten, die weiteren Ausgrabungen in eigener Regie und techni­ scher Leitung zu übernehmen. Das geschah. Der Hauptkonservator Reinecke übernahm die Leitung und behielt sie bis zur Gegenwart. Nach einem wohlüberlegten Plan wurde Jahr für Jahr nach Maßgabe 98

der immerhin recht bescheidenen Mittel allmählich ein zu­ sammenhängender, in sich geschlossener Gebäudekomplex aufgedeckt und untersucht. Und so entstand Schritt für Schritt der Grundriß dieser römischen Stadt, der sich würdig den Plänen der großen rheinischen Römerstädte anreiht. Leider kann aber dieses Allgäuer Pompeji nicht offen bleiben. Die so sauber ausgeräumten und ausgekehr­ ten Häuserfundamente mußten wieder der Erde übergeben werden, soweit sie nicht in die Kiesgruben abstürzten. Nach dem Krieg wurde erst 1925 von Reinecke die Aus­ grabung im großen Umfang wieder aufgenommen, zu­ nächst im Bereich des Forums180. Dann kamen der Reihe nach andere Stadtviertel daran. In der Nähe des Forums wurden ein großes Unterkunftshaus, zwei öffentliche Bäder, die großen und kleinen Thermen, aufgedeckt. Nordwestlich von diesem vornehmen Viertel lag das Geschäfts- und Wohnviertel mit den Kaufläden. Ganz im Norden aber haben die kleinen Leute in armseligen Häusern gelebt. Ganz unabhängig von diesen Stadtteilen ist das im Süden im Be­ reich der großen SchmidtschenKiesgrube gelegene Industrie­ viertel. Hier fand man eine Ziegelei, zwei Töpfereien und eine Schmiede. Hier wurde namentlich 1927 gegraben181. Im Herbst 1928 kamen weitere Insulae daran, darunter eine Anlage aus der Frühzeit der Stadt, die wegen der er­ heblichen Tiefe nur mühsam und kostspielig ausgegraben werden konnte. Dann mußte eine an die Schmidtsche Kies­ grube angrenzende Fläche in aller Eile untersucht und geräumt werden, und zwar unter den ungünstigsten Wit­ terungsverhältnissen16*. Der letzte Rest des Industrieviertels wurde 1929 in Angriff genommen. Hierbei kam ein Tempelchen zum Vorschein, in einem ummauerten Tempelbezirk, dessen Ausdehnung zu ihm in gar keinem Verhältnis stand. Am Nordrand der Römerstadt, beiderseits des heutigen Brotkorbweges, ent­ deckte man die Reste von Holzhäusern. Aber auch dieser Teil des Ausgrabungsfeldes wird bald dem Kiesgrubenbe­ trieb zum Opfer gefallen sein1**. Der Verlauf der Ausgrabungen und ihre Ergebnisse sind auch jeweils im Allgäuer Geschichtsfreund mitgeteilt wor­ den. Dazu kamen noch TSonderuntersuchungen: von Ohlen99

roth „Ueber einen römischen Keller und Eisenfunde“1*4 und von Rektor M. Förderreuther „Von Römischer Hand­ werkskunst“1*4.* Namentlich aber ist Reineckes Abhandlung „Cambodunum, ein römischer Marktort“1** zu nennen. Die Kemptener Ausgrabungen haben deshalb einen so hohen Wert, weil man hier die römischen Privathäuser