Wolf Wilhelm Graf v. Baudissin. Gedächtnisrede gehalten Am 17. Februar 1926 in der Aula der Berliner Universität [Reprint 2021 ed.] 9783112438022, 9783112438015


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German Pages 16 [20] Year 1927

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Wolf Wilhelm Graf v. Baudissin. Gedächtnisrede gehalten Am 17. Februar 1926 in der Aula der Berliner Universität [Reprint 2021 ed.]
 9783112438022, 9783112438015

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In einigen Monaten beginnt in meinem Verlage zu erscheinen:

W O L F WILHELM GRAF v. BAUDISSIN

ALS GOTTESNAME IM JUDENTUM UND SEINE STELLE IN DER RELIGIONSGESCHICHTE Herausgegeben von Prof. D . D r . O t t o E i s s f e l d t in Halle

ERSTER

TEIL:

D e r G e b r a u c h des G o t t e s n a m e n s K y r i o s in S e p t u a g i n t a ZWEITER

TEIL:

D i e H e r k u n f t des G o t t e s n a m e n s K y r i o s in S e p t u a g i n t a DRITTER

TEIL:

Der Gottesname Kyrios der Septuaginta und die Entwicklung des Gottesbegriffs in den Religionen der semitischen Völker

Die beiden ersten Teile wollen, unter erschöpfender Verwertung des gesamten den Gottesnamen angehenden Sprachgebrauchs im griechischen und im hebräischen Text, zeigen, daß die Aussprache

adonäj

„ H e r r " f ü r den nicht mehr ausgesprochenen Namen jhwh nicht, wie man allgemein annimmt, das Vorbild des xtipio; der Septuaginta bildet, sondern erst auf Grund dieses /ypto;, etwa um den Anfang unserer Ära, bei den Schriftverlesungen in den Synagogen aufgekommen und dann auch, das alte jhwh ersetzend, vielfach in den Text eingedrungen ist. Der dritte Teil stellt, unter Heranziehung des gewaltigen Materials von semitischen Gottesnamen und theophoren menschlichen Eigennamen.

WOLF WILHELM GRAF v. BAUDISSIN GEDÄCHTNISREDE GEHALTEN AM 17. F E B R U A R 1926 IN DER AULA DER B E R L I N E R UNIVERSITÄT

VON

ERNST SELLIN

19 2 6 VERLAG VON ALFRED TÖPELMANN IN GIESSEN

H o c h a n s e h n l i c h e TrauerverSammlung! Magnifizenzl Kollegen! Kommilitonen! Heute vor acht Tagen haben wir ihn zur letzten Ruhe geleitet, dem diese Erinnerungsstunde gilt, Wolf Wilhelm Graf Baudissin. Noch am Montag der Woche zuvor hielt er seine Vorlesung und unterhielt sich danach angeregt mit uns, am Dienstag beteiligte er sich noch an der Kandidatenprüfung, in der Nacht darauf stellten sich zum ersten Male Herzbeschwerden ein, die aber scheinbar nichts Ernstliches befürchten ließen. Er blieb in den folgenden Tagen außer dem Bette, erledigte Arbeiten und Korrespondenzen und am Sonnabend den 6. sprach er noch gegen Abend, indem er selbst dazu eine Konkordanz aus dem Bücherregal holte, mit seiner Schwester, die ihm durch lange Jahre eine einzigartig treue, hingebende Gefährtin gewesen ist, über das deuterojesajanische Wort: „Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße der Boten, die den Frieden verkünden." Beide ahnten nicht, daß der Bote, der ihn zum Frieden heimholen sollte, bereits im Zimmer weilte. Abends gegen 9 Uhr legte er, auf dem Lehnstuhl sitzend, seinen Kopf auf die Seite und war, wie der Dichter singt, fein sanft und stille eingeschlafen, ohne jeden Schmerz, ein beneidenswertes Ende, wie es Gott nur wenigen Begnadeten vorbehalten hat. Dem Schmerze unserer Fakultät und Universität über den Verlust, der uns damit betroffen, haben bereits unser Dekan und ein Schüler des Heimgegangenen an seinem Sarge

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Ausdruck gegeben. Aber es geziemt sich, daß wir seiner, unseres Seniors, der ein volles Vierteljahrhundert ein hervorragendes Mitglied unserer Fakultät war, der im Jahre 1912/13 als Rektor an der Spitze unserer Universität stand, der einen weithin geachteten Namen in seiner Wissenschaft besaß, noch einmal feierlich gedenken an dieser feierlichen Stätte, an der auch er oft als Rektor und Dekan gesprochen hat. Und mit wehmütiger Freude habe ich als der Nachfolger auf seinem Lehrstuhle sogleich der Aufforderung entsprochen, ihm diese letzte Ehre zu erweisen, hat er mir doch stets als ein Meister meiner Disziplin gegolten. Freilich, ein abgerundetes Bild seiner ganzen geistigen Entwicklung vermag ich heute bei der Kürze der seit seinem Scheiden verstrichenen Zeit noch nicht zu geben, dazu hätte es erst noch mancherlei Erkundigungen bei seiner Schwester und den einstigen Gefährten seines wissenschaftlichen Werdens bedurft, von denen wir zwei ja noch in der Mitte unserer Fakultät besitzen. Heute werde ich nur zeichnen können, worin die Bedeutung Baudissins für unsere Wissenschaft beruht, was sich aufGrund seiner uns vorliegenden umfangreichen literarischen Betätigung unschwer tun läßt. Vorausschicken möchte ich nur, daß Baudissin, der Holsteiner, die eigentlichen Impulse zu seinem wissenschaftlichen Werden und Wachsen an der Stelle empfangen hat, an der in den siebziger, zum Teil auch noch den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts sich ein ganz besonders reges geistiges Leben entfaltet hat, von der eine ungemein große Anzahl künftiger hervorragender theologischer Dozenten ausgegangen ist, in Leipzig. Hier war es in erster Linie der berühmte Altmeister Franz Delitzsch, daneben auch der Arabist Hermann Fleischer, die für sein ganzes Leben bestimmend wurden. Einen besonders schönen Beweis dafür, wie tiefgreifend die Nachwirkungen der Studienzeit in ihm waren, hat immer das innige Freundschaftsverhältnis geliefert, das zeitlebens zwischen ihm und dem späteren Basler Prof. v. Orelli bestand und das alle sich allmählich herausbildenden literarischen Meinungsdifferenzen überdauerte, weil der gemeinsame Grund aus der Jugendzeit unerschütterlich war. Baudissin hat auch in Erlangen zu den Füßen Hofmanns gesessen, doch ist dessen Einfluß auf ihn kein nachhaltiger geworden. Er habilitierte sich 1874 für Altes Testament in Leipzig, wurde schon im Jahre 1876 als außerordentlicher Professor

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nach Straßburg berufen, wo er 1880 zum ordentlichen Professor aufrückte. Gleichzeitig wurde er Doctor theologiae honoris causa von Gießen. Im Jahre 1881 folgte er einem Rufe nach Marburg, wo er im Jahre 1893 zum Rektor der Universität gewählt wurde. Im Jahre 1894 erging zum ersten Male nach dem Tode Dillmanns der Ruf an ihn nach Berlin, den er aber damals mit Rücksicht auf sein körperliches Befinden ablehnte. Doch, als im Jahre 1900 nach der kurzen, tragischen Professur Bäthgens sich der Ruf an ihn in höchst ehrenvoller Weise wiederholte, da nahm er ihn an, und seitdem hat er ein volles Vierteljahrhundert an der größten Universität Deutschlands gewirkt, deren Rektor er 1912/13 war. Überblickt man den sich in diesen Daten ausdrückenden Lebensweg eines 78 Jahre alt gewordenen, so sieht man, daß ihm eine glänzende akademische Laufbahn beschieden war. Gleich seine beiden Erstlingsschriften, die philosophische Doktordissertation vom Jahr 1870 über eine alte arabische Übersetzung des Buches Hiob, und die theologische Lizentiatendissertation 1874 über das Verhältnis zwischen Jahwe und Moloch verraten zwei Seiten seiner Veranlagung, die uns später immer wieder begegnen, eine gediegene orientalischphilologische Durchbildung und ein besonderes religionsgeschichtliches Interesse, das weit über den Rahmen des Alten Testaments hinausgriff. Über seine weitere publizistische Tätigkeit orientiert man sich sehr einfach durch seine vier großen Hauptwerke. Während er, wie wir am Schlüsse hören werden, im kleinen eine ungemein rege literarische Tätigkeit entfaltete, gehörte er in Bezug auf seine großen Leistungen zu den Gelehrten, die sich das nonum prematur in annum fast buchstäblich zu eigen machen, und so sind es vier gediegene Werke von zum Teil recht beträchtlichem Umfange, die als die eigentlichen Stationen seiner wissenschaftlichen Arbeit betrachtet werden müssen und denen wir zunächst unsere Aufmerksamkeit zuwenden wollen. Im Jahre 1876 erschien das erste, 1878 das zweite Heft seiner Studien zur semitischen Religionsgeschichte, die ihm mit einem Schlage einen Namen in der Theologie weit über Deutschlands Grenzen hinaus verschafften. Es handelt sich um eine Sammlung von Abhandlungen, von denen jede ein selbständiges Ganze bildet, die die alttestamentliche Religion hineinstellen in den Rahmen der andern semitischen Religionen und Einzelnes in ihr von diesen aus zu begreifen suchen. Die erste Abhandlung beschäftigt sich mit dem reli-

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gionsgeschichtlichen Wert der phönizischen Geschichte Sanchuniathons und räumt für alle Zeiten auf mit der bis dahin vielfach herrschenden Meinung, daß es sich um das Werk eines Mannes aus vordavidischer Zeit handle; vielmehr wird definitiv bewiesen, daß Philo von Byblos hier unter einem alten Decknamen die alten phönizischen Göttersagen euemeristisch umgemodelt hat. Die zweite Untersuchung wirft zum ersten Male gründlich die Frage auf, welches die Anschauung des Alten Testaments von den Göttern des Heidentums gewesen sei, und beantwortet sie unter penibler Berücksichtigung des ganzen Materials in einer Weise, wie wir es noch heute kaum besser können, scharf die einzelnen Stufen trennend, vor allem immer gesund scheidend zwischen volkstümlicher Auffassung, die sich nicht beträchtlich über die anderer semitischer Völker erhoben hat, und höherer prophetischer Erkenntnis. In der dritten Abhandlung erörtert er den Ursprung des auf Amuletten und Zaubertexten und in der gnostischen Literatur häufig vorkommenden Gottesnamens Iau> und konstatiert gegenüber vielfach verbreiteten Hypothesen, daß es sich nie um einen heidnischen Gott dieses Namens handelt, sondern überall um eine Umgestaltung des alttestamentlichen Tetragramms Jahwe; zugleich stellt er fest, daß, so weit zur Zeit die Kenntnisse reichten, dieser Name ausschließliches Eigentum des israelitischen Volkes gewesen sei, womit aber in keiner Weise ausgeschlossen wäre, daß er doch noch einmal durch neuere Funde als Gemeingut des heidnischen Semitismus mit dem Israelitismus nachgewiesen würde, eine Erwartung, die sich bekanntlich inzwischen, wenn auch nur in ganz beschränktem Maße, erfüllt hat. Die vierte Abhandlung, „Die Symbolik der Schlange im Semitismus, insbesondere im A. T.", sammelt das ganze damals bekannte mythologische Material über die Schlange bei den Assyrern, Phöniziern, Südsemiten und im A. T., und kommt zu dem Resultate, daß, was in letzterem von der Schlange ausgesagt wird, in keinem Punkte der Herleitung aus nichtsemitischen Vorstellungen bedürfe. Auf diesem Gebiete ist das Material im letzten halben Jahrhundert ja ein bedeutend reicheres geworden; der Beantwortung der Frage, inwieweit hier Entlehnung der Vorstellungen einer Rasse von der andern vorliegt, sind wir freilich damit immer noch nicht endgültig Herr geworden. Die letzte Untersuchung des ersten Heftes gilt der Klage über Hadad-Rimmon in Sach. 12,11; einfach erschöpfend wird wieder das damals bekannte Material

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über die Götter Tammuz, Adonis, Rimmon und Hadad gesammelt; Baudissin kommt zu dem Resultate, daß Adonis niemals mit dem Namen Hadad-Rimmon bezeichnet ist, und daß es sich daher an jener Stelle nicht um die Klage um einen Gott, sondern um einen Ort in der Megiddoebene handelt, dessen Name auf den Gott Hadar-Ramman zurückgeht. Hier hat er selbst später auch mit der Möglichkeit gerechnet, daß doch Übertragung der Adonisklage auf den Hadad vorliegen könnte. Von geradezu epochemachender Bedeutung sind die beiden großen Abhandlungen des zweiten Heftes geworden, die über den Begriff der Heiligkeit im Alten Testament und die über Heilige Gewässer, Bäume und Höhen bei den Semiten, insbesondere bei den Hebräern. Ersterer w a r natürlich auch zuvor schon oft in der Theologie behandelt, hier wird aber der erste Versuch einer wirklich historischen Entwicklung unternommen, anknüpfend an die allgemein semitische Vorstellung von der himmlischen, das Irdische vernichtenden Erhabenheit der Gottheit, ein Versuch, von dem auch heute noch jeder bei der Behandlung des P r o blems ausgehn muß. Und die zweite Abhandlung kann der Verfasser in der Vorrede mit Recht als einen ersten Wurf bezeichnen. Hier zehren wir bis auf den heutigen Tag alle ausnahmslos von ihm; das, w a s er damals durch Zusammentragung des ganzen Materials aus dem semitischen Heidentum m ü h s a m erarbeitet hat, erscheint uns Heutigen vielfach als so selbstverständlich, daß wir darüber nur zu leicht vergessen, welcher Energie es damals bedurfte, diesen Anschauungen einer innern Verflechtung der alttestamentlichen Religion mit den sonstigen semitischen, speziell der kanaanäischen ihre Existenz zu erkämpfen. Und das gilt wohl überhaupt von diesen Studien. Als 15-20 Jahre später mit einem gewissen T a m t a m in der alttestamentlichen Wissenschaft die religionsgeschichtliche Bewegung einsetzte, eine Bewegung, der heutzutage wohl niemand mehr eine prinzipielle Berechtigung abspricht, da haben vereinzelte Führer dieser geglaubt, etwas ganz Neues zu verkünden, ohne dessen zu gedenken, der ihnen so trefflich vorgearbeitet zu einer Zeit, wo das Material noch ein viel beschränkteres war. Das Erscheinen J a h r 1878 hinein. E s Buch erschien, das mentlichem Gebiete

des II. Heftes der Studien fiel in das w a r dasselbe Jahr, in dem ein anderes eine förmliche Revolution auf alttestaherbeiführen sollte, das im Sturm sich

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eine große Anhängerschaft erwarb und auf Jahrzehnte alle andern Fragen hinter die literarkritischen zurückdrängte, die Prolegomena Julius Wellhausens zur Geschichte Israels. Die Hypothese, die schon lange Jahre zuvor von Vatke, Graf, Reuß und Kuenen aufgestellt war, daß das kultische Gesetz Israels nicht an den Anfang, sondern an das Ende der Geschichte Israels gehöre, daß der sogenannte Priesterkodex des Pentateuch, einstmals die Grundschrift genannt, die jüngste Quelle sei und der nachexilischen Zeit, der Ära Esras entstamme, wurde von jenem in einer großzügigen Gesamtdarstellung des israelitischen Kultus so genial verfochten, daß sie plötzlich die Oberhand gewann und zum mindesten jeden Forscher zu ernster Auseinandersetzung nötigte. Zu denen, die der Konzeption Wellhausens entgegentraten, gehörte neben Dillmann, Delitzsch, Köhler, Kittel u. a, auch Baudissin. Nach langer gründlicher Vorbereitung erschien im Jahre 1889 seine Geschichte des alttestamentlichen Priestertums. Der Name Wellhausens wird in ihr nur selten genannt, die ganze Tendenz des Buches ist aber in erster Linie gegen ihn gerichtet. Die Methode ist eine geradezu mustergültige. Mit der größten Akribie wird das Priestertum zunächst nach der priesterlichen Schrift des Pentateuchs geschildert, sodann nach dem jehowistischen Buche, nach dem Deuteronomium, nach Ezechiel, nach Esra, Nehemia und der Chronik und endlich nach den älteren Geschichtsbüchern und den prophetischen Schriften. Und sodann wird durch einen Vergleich der Einzelergebnisse das geschichtliche Gesamtergebnis gewonnen; es lautet dahin: Das Priestertum, wie es uns in der Priesterschrift entgegentritt, hat unbeschadet vereinzelter nachexilischer Erweiterungen dieser seine eigentliche Heimat nicht in der Zeit nach der babylonischen Gefangenschaft, sondern im Ausgang des jüdischen Königtums, vor dem Deuteronomium und vor Ezechiel. Und daraus ergibt sich das Urteil für das ganze Priestergesetz: zwar nicht schon als allgemein gültiges Volksgesetz, wohl aber als ein solches, welches die Anschauungen und Ansprüche der jerusalemischen Priesterschaft wiedergab, muß es bereits der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts angehören. Wellhausen selbst hat auf diesen Angrifl gegen seine Konstruktion nicht geantwortet, wie er das ja überhaupt eigentlich nicht zu tun pflegte. Wohl aber hat der Holländer Kuenen sich in der Theolog. Tijdschrift in eingehender Weise mit Baudissin auseinandergesetzt und, wenn er auch ganz an

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seiner Ansicht festhielt, diesen doch als einen ernster Beachtung würdigen Gegner anerkannt. Es ist hier nicht der Ort, in dieser schwierigen und komplizierten Kontroverse Stellung zu nehmen. Aber so viel läßt sich doch wohl sagen. Wir Heutigen sind in dieser Frage noch vorsichtiger und bescheidener geworden, als es unsere Vorgänger waren, wir halten sie für noch komplizierter und schwerer lösbar, als sie es taten. Und wenn wir auch darin ausnahmslos von Wellhausen gelernt haben, daß wir in Esra erst den abschließenden Redaktor des ganzen Gesetzes und unseres Pentateuch sehen, so verschließen wir uns doch immer weniger der Erkenntnis, daß auch das Priestergesetz unendlich viel beträchtlich älteres, vorexilisches Material enthält. Und gerade in dieser Richtung werden die wuchtigen Argumente Baudissins, daß bei der Reform Esras der Hohepriester überhaupt nicht hervortritt, daß bei dem Auftreten jenes die Ithamariden sich bereits im Besitze des Priestertums befinden, wie die Priesterschrift verlangt, daß ein priesterlicher Gesetzgeber wie Esra mehr auf die realen Verhältnisse eingegangen sein und sich unausführbarer Idealkonstruktionen, wie sie uns in der Priesterschrift entgegentreten, enthalten haben würde, immer ihre Bedeutung behalten. Und wenn er am Schlüsse mit Recht darauf hinweist, daß die Meinungsdifferenz letzlich nicht nur auf eine literaturgeschichtliche Frage hinausläuft, sondern auf die viel wichtigere religionsgeschichtliche Frage, ob mit Wellhausen ein Nacheinander der prophetischen und der kultusgesetzlichen Entwicklung anzunehmen ist, oder ein Nebeneinander der beiden Entwicklungsreihen, so möchte ich mich hier mit voller Sicherheit und mit vielen Neueren auf die Seite Baudissins stellen. W i r stehen hier noch nicht am Ende der Forschung, befinden uns immer noch in der Vorhalle zur Wahrheit, manches von dem, was auch Baudissin noch als absolut sicherer Ausgangspunkt galt, Entstehungszeit des deuteronomischen und des ezechielischen Gesetzes, ist heute schon in Frage gestellt, und dahinter reckt sich immer stärker, worüber ich mich gerade noch in diesem Winter oft mit ihm unterhalten habe, das Rätsel der Entstehung des samaritanischen Pentateuchs in die Höhe, das kaum noch ernst wissenschaftlich in Angriff genommen ist. Immer wieder aber wird man bei der noch vor uns liegenden Lösung dieser ungeheuer schwierigen Frage wie auf Dillmann so auch auf Baudissin zurückgreifen müssen.

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Die intensive Beschäftigung mit den kritischen Fragen des Pentateuch hatte ihn stärker auf die Einleitungsfragen geführt, und die reife F r u c h t seiner jahrelangen ernsten Studien in dieser Richtung ist seine im Jahre 1901 erschienene Einleitung in die Bücher des Alten Testaments, ein W e r k von rund 800 Seiten. E r betritt darin einen ganz neuen W e g der Behandlung dieser Disziplin, worüber er sich selbst in dem Vorwort mit folgenden Worten ausspricht: „Bei der nach Eichhorn, nicht ohne einzelne Ausnahmen, mehr und mehr gebräuchlich gewordenen Bearbeitungsweise ist die „Einleitung" zu einer Aufzählung und Abwägung kritischer Wahrnehmungen geworden, und dabei der Einblick in die charakteristische Gestalt der ganzen Bücher und des ganzen Gebietes vielfach verloren gegangen. Soll aber ein Ersatz gegeben werden für eine unerreichbare eigentliche Geschichte der alttestamentlichen Literatur, so gilt es diese in ihrer Eigenart zu erfassen und ihr W e r d e n zu reproduzieren." In diesem P r o g r a m m hat Baudissin selbst sehr richtig den Vorzug gezeichnet, den sein W e r k vor allen sonstigen Einleitungen besitzt. E s gibt überhaupt kein Buch, welches besser in den Inhalt und die Eigenart der einzelnen alttestamentlichen Schriften einführt, welches feinere Analysen als dieses darbietet. Freilich ruht in diesem Vorzug ja auch zugleich seine Schranke; die Erörterung der Detailkomposition, des Sprachgebrauches, die Aufführung aller zur Entscheidung der kritischen Fragen erforderlichen Beleg- und Parallelstellen, bei deren Anblick in unsere sonstigen Einleitungen der Neuling zunächst schaudert, kommen in Wegfall. Und doch kann alles dies nicht entbehrt werden; man liest das Baudissinsche W e r k mit dem höchsten Genüsse, aber gerade durch seine wundervolle fließende Darstellung läßt er den uneingeweihten Leser nicht erkennen, wie unendlich viel mühsame, schwierige Einzelarbeit bei ihm selbst wie bei andern vorausgehn mußte, ehe ein solches monumentales W e r k geschaffen werden konnte, eine Arbeit, die keinem erspart werden kann, der sich ein selbständiges wissenschaftliches Urteil erringen will. Ein eigentliches Lehrbuch ist dies Buch also nicht, sollte es wohl auch nach der Absicht des Verfassers gar nicht sein. Um so mehr kann man aber jedem nur dringend empfehlen, daß er, nachdem er die Kleinarbeit der Einleitungswissenschaft erledigt hat, sich an der Lektüre dieses herrlichen Buches erfreut, aus dem ich als besondere Perlen nur die Kapitel über das Jeremia- und

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das Hiobbuch herausgreife. Der konservative Standpunkt des Verfassers verrät sich in diesem Buche zunächst abermals in seiner Auffassung von der zeitlichen Entstehung des Pentateuch, sodann aber auch bei den poetischen Schriften, für die er, abweichend von dem Urteil der Mehrzahl seiner Fachgenossen, zum guten Teile vorexilische Entstehung annimmt, ein Urteil, das, soweit einzelne Sammlungen der Psalmen und salomonischen Sprüche in Betracht kommen, gerade durch die neueste Kritik wieder Bestätigung gefunden hat. Nachdem Baudissin diesen großen W u r f literaturgeschichtlicher Arbeit getan, kehrte er wieder zu seiner ersten und eigentlichen Liebe, der religionsgeschichtlichen Arbeit zurück. Schon eine Reihe von Artikeln, die er in den Jahren 1905—7 veröffentlichte, deutete an, daß er die Arbeit seiner Jugend wieder aufgenommen habe, für die das Material inzwischen ein ungleich größeres geworden war. Und im Jahre 1911 erschien das vierte seiner monumentalen W e r k e „Adonis und Esmun", eine Untersuchung zur Geschichte des Glaubens an Auferstehungsgötter und an Heilgötter. Die staunenswerte Gelehrsamkeit, die in diesem Buche niedergelegt ist, erbringt zunächst ganz äußerlich den Erweis, daß es einen gründlicheren Auswerter der aramäischen, phönizischen, punischen Inschriften auf Stelen, Münzen usw. für die Religionsgeschichte als ihn k a u m gibt. W a s auf dem Boden des Semitismus an Vorstellungen über die Götter Adonis und E s m u n geherrscht hat, ist hier geradezu restlos gesammelt, aber auch die verwandten Gestalten des babylonischen Tammuz, des ägyptischen Osiris erfahren eingehende Würdigung und Berücksichtigung, während er sich mit gutem Grunde in den Aussagen über den phrygischen Attis noch der größten Zurückhaltung befleißigt. Doch das eigentliche Ziel des W e r k e s ist ein anderes. E s soll die Bedeutung dieser Götter für die alttestamentliche Religion eruiert werden. Und da kommt Baudissin zu einem überaus bedeutungsvollen, ganz neuen Resultate, in dessen wissenschaftlicher Nachprüfung wir jetzt noch mitten darinstehn, dessen allseitige Erörterung leider durch den Krieg und das, w a s ihm folgte, zunächst etwas zurückgedrängt ist. Es ist, kurz gesagt dieses, daß der alttestamentliche Auferstehungsgedanke nicht etwa, wie jetzt noch fast allgemein angenommen, in der zoroastrischen Religion seine Wurzel hat, — nach Baudissin ist er dort sogar ein Fremdkörper - , sondern

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daß er, wie besonders aus Hos. 6,2 und Ezech. 37 gefolgert wird, auf dem Boden Israels bereits viel älter ist und in der Berührung der hebräischen Religion mit dem kanaanäischen Adonisglauben wurzelt. Gerade in den Hoseaworten „Er wird uns nach 2 Tagen lebendig machen, am 3. Tage uns aufwecken" liege, so meint er, eine unmittelbare Anspielung auf eine im Kulte dieses am 3. Tage aus dem Tode auferstehenden Vegetationsgottes geprägte Formel vor. Aber er geht darüber noch hinaus. Mit seiner tief schürfenden, bohrenden Methode zieht er Begriffe und Vorstellungen der alttestamentlichen Religion, die man bis dahin immer als einfach gegeben betrachtet hatte, ohne die Frage des Woher aufzuwerfen, in den Kreis seiner Erörterungen. So prüfte er zum ersten Male eingehend die Vorstellung von Jahwe als dem Erretter aus Krankheit und Tod, und Jahwe als dem lebendigen Gott, und auch hier ergibt sich ihm, daß die alttestamentlichen Gedanken aus einer Berührung des hebräischen Gottesglaubens mit der kanaanäischen Vorstellung von den Tod überwindenden Vegetations- und Heilgöttern hervorgegangen sind und daß somit der Charakter Jahwes als des erlösenden Heilsgottes im Unterschiede von dem vernichtenden, erhabenen Gotte des altmosaischen Glaubens aus einem Zusammenwirken jener 2 Faktoren geboren ist. Ein ungeheuer wichtiges neues Problem hat Baudissin damit der alttestamentlichen Forschung gestellt, ein Problem, mit dem diese in den nächsten Jahren noch kräftig zu ringen haben wird. Und auch wenn sich hier noch einmal ergeben sollte, daß das Heilen der Gottheit nicht die kanaanäische Kultur vorauszusetzen braucht, oder daß der Begriff des Lebens der Gottheit doch anderswo als in der Reflexion auf die Vegetation seine Wurzel hat, so würde sein Verdienst, das Problem überhaupt gestellt zu haben, dadurch in keiner Weise geschmälert werden. Es entbehrt freilich nicht einer gewissen Tragik, daß er mit einem Spürsinn sondergleichen seine Rekonstruktion der kanaanäisch-phönizischen Religion aus einzelnen, kurzen Namen in Inschriften und aus späteren sekundären Quellen hat gewinnen müssen, während gerade schon während seiner letzten Lebensjahre durch die Ausgrabungen in Byblos, zum Teil auch in Palästina neue originale Quellen über jene zu fließen beginnen. Doch um so größer wird auch in späterer Zeit nur immer die Bewunderung bleiben für das, was dieser Mann mit beschränktem Material auf diesem Gebiete geleistet hat.

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Das waren die vier monumentalen Werke des Heimgegangenen, die seinen Namen noch lange, lange unter uns lebendig erhalten werden. Aber eine Darstellung seiner literarischen Tätigkeit wäre vollständig lückenhaft, die nicht wenigstens noch zwei Zweige seiner Betätigung erwähnte, die die zwischen jenen liegenden Jahre zum Teil ausfüllten. Das erste sind die etwa 30 Artikel, die er für die zweite, und die etwa 50, die er für die dritte Auflage der Herzogschen Realenzyklopädie lieferte. Sie gehören fast alle dem religionsgeschichtlichen Gebiete an, in erster Linie dem der westsemitischen Religionen, und repräsentieren für die alttestamentliche Forschung wertvollste Beiträge. Und das zweite ist seine Rezensententätigkeit. Er war besonders in den ersten Jahren ihres Bestehens einer der eifrigsten Mitarbeiter der Theologischen Literaturzeitung, für die er alljährlich 10—20 Beiträge lieferte, hat aber auch in allen späteren Jahren bis in die jüngste Zeit hinein für sie wie für die Zeitschrift der Deutsch-morgenländischen Gesellschaft und die Deutsche Literaturzeitung Besprechungen, besonders auch von ausländischer Literatur geliefert. Und auch hier nahm er es wie bei allen seinen Arbeiten sehr ernst; er gehörte weder zu jenen Rezensenten, die die Vorrede und den Schluß lesen und das übrige unaufgeschnitten lassen, noch zu denen, die sich auf eine einfache Inhaltsangabe beschränken. Sondern fast jede seiner Rezensionen bedeutet zugleich eine positive Förderung der Wissenschaft, wenn auch stellenweise nur auf beschränktem Gebiete. Ganz am Ende der literarischen Tätigkeit Baudissins stehen wir aber auch hiermit noch nicht. Durch alle seine Publikationen hindurch zieht sich eine ganz bestimmte Linie, die gleich im ersten Hefte seiner Beiträge anklingt, wo er sagt: „Immer mehr wird es durch die Ergebnisse der Assyriologie bestätigt, daß die israelitische Religion herausgewachsen ist, wenn auch in d e r K r a f t e i n e s n e u e n , i h r a l l e i n e i g e n e n P r i n z i p s , aus den gemeinsamen Anschauungen des Semitismus. Eine Hauptaufgabe der alttestamentlichen Theologie wird es in Zukunft sein, die Berührungspunkte und die Verschiedenheiten zwischen Israelitismus und Semitismus darzustellen und abzuwägen." Und dem entspricht genau ein Wort in seiner letzten großen Publikation, wo nur die Linie weitergeführt ist: „Die Möglichkeit der Rekonstruktion einer ältesten Form der Religion bei den Hebräern gründet sich auf die Ausscheidung der kanaanäischen Ele-

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mente aus den alttestamentlichen Anschauungen. So viel ich sehe, wird sich immer mehr herausstellen, daß die alttestamentliche Entwicklung der Religion Israels, wie sie sich in der Predigt der Propheten vollzieht, die ältesten Religionsformen der Hebräer v o r i h r e r B e r ü h r u n g m i t d e n K a n a a n ä e r n zum Ausgangspunkt und Fundament hat." An jene einzigartigen hebräischen Religionsformen hat er sich während eines langen Gelehrtenlebens von außen her, durch Ausscheidung der kanaanäischen Religionsformen, in mühevollem Ringen heranzuarbeiten gesucht. Aber schon eine Reihe von Arbeiten, die nach „Adonis und E s m u n " in den letzten Jahren erschienen, seine Rektoratsrede über die alttestamentliche Wissenschaft und die Religionsgeschichte, sein Vortrag „Die alttestamentliche Religion und die Armen", seine beiden akademischen Reden „Zur Geschichte der alttestamentlichen Religion in ihrer universellen Bedeutung" und endlich sein wundervoller Artikel „Gott Schauen in der alttestamentlichen Religion" im Archiv für Religionswissenschaft zeigten, daß er hierbei nicht stehen bleiben wollte, daß er dem höchsten Ziele aller alttestamentlichen Forschung zustrebte, den spezifischen alttestamentlichen Gottesglauben, dessen letzte Wurzeln jenseits aller Religionsgeschichte liegen, herauszustellen. W i r wissen, daß er noch vor seinem Ende diese seine letzte Arbeit, die Krone aller bisherigen, in einem fünften umfangreichen W e r k e über den Gottesgedanken im Alten Testamente in Angriff zu nehmen gesucht hat. Freilich der letzte religionsgeschichtliche Abschluß rückte ihm, dem einzigartig gründlichen Forscher, immer weiter zurück hinter dem Berge der notwendigen textlichen Vorarbeiten über den Jahweglauben. Aber er hat diese Arbeit noch siegreich zu Ende geführt. Ich selbst bin mehrfach Zeuge gewesen, mit welchem Eifer und welcher bewundernswerten Gewissenhaftigkeit der 77 und 78jährige im alttestamentlichen Seminar stundenlang die herangezogenen Texte verglich und die letzte Feile an sein letztes großes Manuskript legte, freilich auch Zeuge, wie die Sorge u m die Drucklegung infolge der pekuniären Nöte unseres Volkes ihm ernst zu schaffen gemacht hat. Ich möchte es in dieser Stunde aussprechen, daß die Ermöglichung des Erscheinens dieses Werkes, nunmehr leider eines posthumen W e r k e s , eine Ehrenpflicht für die deutsche Wissenschaft ist, die nicht dulden darf, daß das wissenschaftliche Bild eines ihrer Tüchtigen ein unvollständiges bleibt. Auch als akademischer Lehrer hat Baudissin eine reich

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gesegnete Tätigkeit entfaltet. Die Gabe hinreißender begeisternder Rede w a r ihm versagt, aber seine gründlichen, gediegenen Vorlesungen haben stets bei allen ernsten Hörern lebhaften Widerhall gefunden. Ganz besonders habe ich oft seine Vorlesung über die alttestamentliche Theologie rühmen hören, häufig haben mir einstige Hörer von ihm gesagt, daß sein Heft über diese so sehr in die Tiefen hineinführe, daß es jammerschade wäre, wenn es nicht noch einmal durch den Druck auch weiteren Kreisen zugänglich würde. Eine eigentliche Schule hat er nicht begründet, auch sicher nicht begründen wollen, dazu w a r er selbst viel zu sehr Eklektiker, aber neben dem großen Kreis von Schülern im weiteren Sinne, die jetzt im P f a r r a m t oder Schulamt dankbar dessen gedenken, w a s er ihnen einst gegeben, hat er besonders befruchtend und anregend auch auf manche Einzelne eingewirkt, die sich spezieller wissenschaftlicher Arbeit widmeten, ich nenne als solche unter andern Eißfeldt, Küchler, der zu seinem Schmerze frühzeitig dahingerafft wurde, Frankenberg und Hertzberg. Ein schönes Denkmal dankbarer Schüler- und Freundesverehrung ist ihm im Jahre 1918 anläßlich seines 70. Geburtstages in einer prächtigen, reichhaltigen Festschrift gesetzt. Baudissin w a r Gelehrter, fast ausschließlich Gelehrter. F ü r eine Betätigung in der Öffentlichkeit, in der Kirche oder gar in der Politik fehlten ihm seiner Meinung nach die Gaben. Das Predigen hat er frühe gelassen, weil er glaubte, daß seine Stimme nicht ausreichte. E i n e kirchlich-wissenschaftliche Betätigung w a r ihm allerdings besonders ans Herz gewachsen: die Prüfung unserer Kandidaten; viele von ihnen werden immer dankbar seiner gedenken. Daß er aber, wenn es sein mußte, auch in der Öffentlichkeit ganz seinen Mann stand, hat er während der beiden Rektorate bewiesen, die er in Marburg und Berlin unter allgemeiner Anerkennung verwaltete. Überhaupt darf seine Gelehrsamkeit nicht in dem Sinne eines einseitigen Stubengelehrten verstanden werden, er besaß eine sehr reiche Allgemeinbildung, ein vielseitiges Interesse für Literatur, Kunst und Geschichte, einen aufgeschlossenen Sinn für die Natur und ihre Schönheit. Aber das Beste an ihm w a r doch der liebe, feine Mensch und der ernste, tiefe Christ. Den Zusammenbruch unseres Volkes im Jahre 1918 und alles, w a s ihm folgte, mußte er nach allen Traditionen seiner Familie vielleicht noch schwerer empfinden als mancher unter uns. Aber nie k a m ein hartes,

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verbittertes Wort aus seinem Munde, nur manchmal, wenn die Dummheiten, die gemacht wurden, gar zu groß wurden, umspielte seine Lippen das ihm eigene feine ironische Lächeln. Noch ist es uns immer, als ob er mitten unter uns weilte, aber wir werden uns an den Gedanken gewöhnen müssen, daß wir ihn verloren haben. Und da werden wir alle den treuen Kollegen vornehmer Gesinnung, der wohl zunächst etwas Zurückhaltendes besaß, der aber, sobald man ihm näher trat, das Herz jedes gewann, noch lange schmerzlich vermissen. In der Wissenschaft werden sein Name und die Früchte seiner geistigen Arbeit unvergessen bleiben und fortwirken. Unter sein Bild als Mensch aber setzen wir die Worte, die den tiefsten harmonischen Unterton in all seinem Ringen und Forschen bilden: „Selig sind, die reines Herzens sind, denn sie werden Gott schauen."

T O N liÜNCHO W ' S C H £ U N I V E B S I T Ä T S D R D C K E B E I OTTO K I N D T IN G U I S S E N

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das xupioc der Septuaginta und das dadurch veranlaßte ,a don;lj des masoretischen Textes in größere Zusammenhänge und legt dar, daß beide gleichsam als letzte Glieder der Entwicklung die Quintessenz des semitischen Gottesbegriffs darstellen, jenes in hellenistischer Form, dieses in spezifisch jüdischer Färbung. Während der e r s t e Teil das Interesse aller an der SeptuagintaForschung Beteiligten in Anspruch nimmt und ihnen als willkommenes Nachschlagebuch bald unentbehrlich sein wird, wendet sich der z w e i t e Teil nicht nur an die große Zahl derer, die sich mit der Religion des Judentums und ihrem Zentrum, der Gottes-Vorstellung, beschäftigen, sondern auch an alle, die an der Forschung nach den Anfängen des Christentums teilnehmen; denn das Christentum hat den Gottesnamen xupto; und die durch ihn ausgedrückte Gottesvorstellung vom Judentum übernommen. Der d r i t t e Teil aber, eine kraftvolle synthetische Darstellung der Gottesvorstellung in den Religionen der semitischen Völker, geht besonders die auf dem Gebiete der semitischen und der allgemeinen Religionsgeschichte Arbeitenden an und wird — diese Erwartung ist nicht zu kühn — von ihnen zu den Werken gestellt werden, die ihre Bedeutung für Jahrzehnte behalten.

Das Werk wird, bei einem Gesamtumfang von etwa 120 Druckbogen im Groß-Oktavformat, in etwa 12 Lieferungen von je 10 Bogen erscheinen. Der Subskriptionspreis einer Lieferung ist voraussichtlich 8 Mk. Einzelne Lieferungen oder Teile werden nicht abgegeben. Der Bezug der 1. Lieferung verpflichtet zur Abnahme des ganzen Werkes. Da das Manuskript druckfertig vorliegt, kann das Erscheinen der Lieferungen in kurzen Zwischenräumen in Aussicht gestellt werden. Jede Buchhandlung des In- und Auslandes nimmt Bestellungen an und legt die I.Lieferung auf Wunsch auch zur Ansicht vor. Ein Bestellschein ist hier beigefügt. — Es wird darum gebeten, Interessenten auf das Erscheinen des Werkes hinzuweisen. Bei Angabe von Anschriften schickt der Verlag gern einen ausführlichen Prospekt. Gießen im Juni I02li

ALFRED TÖPELMANN Verlagsbuchhandlung