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German Pages 25 [28] Year 1981
Joachim Gernhuber Eherecht und Ehetypen
Schriftenreihe der Juristischen Gesellschaft e. V. Berlin
Heft 70
w DE
G 1981
Walter de Gruyter • Berlin • N e w York
Eherecht und Ehetypen
Von Joachim Gernhuber
Vortrag gehalten vor der Berliner Juristischen Gesellschaft am 11. Februar 1981
w DE
G 1981
Walter de Gruyter • Berlin • New York
Dr. jur. Joachim Gernhuber o. Professor für Bürgerliches Recht an der Universität Tübingen
CIP-Kurztitelaufnahme
der Deutseben
Bibliothek
Gernhuber, Joachim: Eherecht und Ehetypen : Vortr. gehalten vor d. Berliner Jurist. Ges. am 11. Februar 1981 / von Joachim Gernhuber. - Berlin ; New York : de Gruyter, 1981. (Schriftenreihe der Juristischen Gesellschaft e.V. Berlin ; H . 70) ISBN 3-11-008671-9 N E : Juristische Gesellschaft : Schriftenreihe der Juristischen . . .
© Copyright 1981 by Walter de Gruyter öc Co., vormals G . J . Göschen'sche Verlagshandlung, J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung, Georg Reimer, Karl J. Trübner, Veit & Comp., Berlin 30. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotoltopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Printed in Germany. Satz und Druck: Saladruck, Berlin 36 Bindearbeiten: Berliner Buchbinderei Wübben & Co., Berlin 42
I. Die Ehetypen Von Typen zu sprechen, ist eine Attitüde der Zeit, die im Übermaß einem Begriff vertraut, dessen Bedeutungsspektrum erstaunlich groß ist. Sicher ist allein, daß der Typus eine Denkform des Allgemeinen ist, mag nun im mählichen Anstieg vom Konkreten zum Allgemeinen
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bestimmte Stufe der Abstraktion gemeint sein, mag auch umgekehrt im Abstieg vom allgemeinen Begriff zur individuellen Gestaltung eine Stufe der Näherung an das Konkrete als Typus begriffen werden 1 . Ehetypen, wir definieren sie als reale Erscheinungsformen der Ehe, die uns - abstrahierend von einer Fülle individueller Besonderheiten - unter einem bestimmten Aspekt (dem typenbildenden Kriterium) geläufig sind. Es handelt sich mithin um empirische Typen und nicht um normative mit ihrer Orientierung an Zielprojektionen, in denen die Ehe bis zu typisierten Idealgestalten geführt werden kann. Freilich ist empirisches Eheleben stets normativ mitbestimmtes Leben. Mit dem Begriff der bürgerlichen Ehe, der die relevanten sozialen Sachverhalte von den anderen sondert, ist die staatliche Eheordnung mitgedacht, die zwar als solche kein Objekt empirischen Bemühens ist, jedoch Haltungen und Handlungen der Ehegatten beeinflußt und insofern empirisch wirksam ist. Empirische Typisierung kann sich vieler typenbestimmender Kriterien bedienen; auch die empirische Ehe ist typisierbar unter vielen Aspekten, wenngleich nur wenigen, die sinnvoll auf das Familienrecht bezogen werden können, sofern die herkömmlichen Regelungsbereiche als Maßstab gesetzt werden. Es ist dabei gewiß kein Zufall, wenn die Gegenwart auf die Tätigkeit der Ehegatten als typenbildendes Kriterium fixiert ist. Offen liegen insoweit die Bezüge zutage: auf das Ehevermögensrecht mit seinen Fühlern nach dem Erwerb und dem Vermögen der Ehegatten, aber auch auf das Ehepersonenrecht, seit sich die Emanzipation der Frau auch und gerade der beruflichen Tätigkeit als Mittel bedient. Mag sein, daß eine
1 Wer das Wort „Typus" auf den Abstieg vom Allgemeinbegriff beschränken will (vgl. etwa Leerten, Typus und Rechtsfindung, 1971, S. 27), wird in erster Linie um einen ähnlich eingängigen Begriff für die dann ausgeklammerte generalisierende Abstraktion besorgt sein müssen.
6 künftige Gesellschaftsordnung jenes Mittel wenigstens relativieren wird; hier und heute ist es jedenfalls ein vorgegebenes D a t u m . So bilden die Hausfrauenehe, die Doppelverdienerehe, die Zuverdienstehe als E h e eines Vollverdieners mit einem
teilzeitbeschäftigten
Ehegatten und die Mitarbeitsehe als E h e , in welcher ein Ehegatte im B e r u f oder Geschäft des anderen mitarbeitet, das stets wiederholte Vokabular, dem die intermittierende E h e hinzuzufügen wäre und die Hausmannsehe dazu. D i e intermittierende E h e als kombinierender T y p u s , in welchem der U b e r g a n g von einem T y p z u m anderen und die R ü c k k e h r z u m ersten von vornherein geplant ist, insbesondere der U b e r g a n g von der Doppelverdienerehe zur Hausfrauenehe in der Generationsphase der Ehegatten und die R ü c k k e h r der Frau in das Berufsleben nach deren A b s c h l u ß . U n d die H a u s m a n n s e h e als offensichtlich nicht allzu selten verwirklichtes Spiegelbild der Hausfrauenehe mit vertauschten R o l l e n , das nach wie vor gern belächelt wird - als Zeichen lediglich der Unfähigkeit, eigenes Verhalten zu relativieren - und dennoch keine nachhaltigen Virilitätsverluste nach sich zu ziehen scheint. Typisierende Kriterien anderer A r t verfehlen die Signaturen der Zeit, sei es nun, weil sie G e s c h i c h t e wurden (ständische Unterschiede), sei es auch, weil die Gegenwart sie zu tolerieren nicht bereit wäre. D i e psychischen Strukturen der Ehegatten insbesondere sind t r o t z signifikanter Relevanz für den personalen Ehebereich kein Kriterium, das die staatliche E h e o r d n u n g aufgreifen k ö n n t e , weil der Geist der Zeit gebietet, sie zu ignorieren. Hochdifferenzierte E h e n , minder differenzierte und schließlich gröber strukturierte, w e r wollte schon leugnen, daß sie existieren und sinnvoll im E h e r e c h t verwandt werden k ö n n t e n , weil mit ihnen unterschiedliche Grade der Verletzbarkeit gegeben sind 2 . D o c h verbietet die praktische Vernunft bereits eine ernst zu nehmende D e b a t t e : E h e t y p e n , die nicht gleichen R a n g behaupten k ö n n e n , E h e t y p e n , die wie Klassen wirken und die Ehegatten als Persönlichkeiten im A b s c h w u n g von oben nach unten zunehmend abwerten, k ö n n e n gewiß nicht in das Rechtsleben unserer T a g e eingeführt werden. N i c h t o h n e G r u n d bricht sich deshalb der Protest einer (tatsächlich oder angeblich) kritischen Elite gegenwärtig nicht in der Forderung nach einem differenzierenden E h e r e c h t B a h n , sondern in der Ablehnung der E h e überhaupt (womit nur ein U m s t a n d unter vielen genannt wäre, die 2 Deshalb wollte Göppinger (Nervenarzt 1954, 292 ff.) seinerzeit zu § 45 EheG (Scheidung wegen Geisteskrankheit) nicht alle Ehegatten über einen Kamm scheren.
7 Eheverdrossenheit zu bewirken vermögen). Wer - wie es unlängst ein Richter tat' - die Ehe als Vertrag charakterisiert „nach einheitlichen allgemeinen Geschäftsbedingungen, die im Ganzen nicht die schleditL'sten sind", jedoch die „eheähnliche Gemeinschaft" empfiehlt als „eher geeignet für kritisch denkende Menschen, die die Entwicklung der Lebensgemeinschaft selbsttätig planen, im wesentlichen überschauen und bewußt gestalten", klassifiziert gewiß nicht eben wertneutral, verdeckt jedoch die Sünde wider den Zeitgeist durch die Absage an das staatliche Eherecht überhaupt. Werden freilich Vertragsformulare bereitgehalten für jene, die zwar kritisch genug sind, die allgemeinen Geschäftsbedingungen des gesetzlichen Eherechts als ihrer unwürdig zu erkennen, jedoch der helfenden Hand anderer denn doch nicht ganz entraten können, so wird in der Konkurrenz von Gesetz und Formular (das weitläufig sein muß und damit unhandlich, wenn es perfekt sein möchte und damit sicher) der Schleier durchsichtiger und das schließliche Ergebnis eines dualistischen Rechts offenbar, das zwischen Masse Mensch und einer selbstgefälligen Elite wohl zu unterscheiden weiß.
II. Das geltende Recht Achtlos fast gehen die Texte der geltenden Normen an den empirischen Ehetypen vorüber, so als gäbe es sie nicht oder doch nur als Erscheinungen des sozialen Lebens, die einer differenzierenden rechtlichen Regelung nicht bedürfen. Den haushaltsführenden Ehegatten erwähnt § 1356 1 freilich als Abstraktum, das Hausfrau und Hausmann vereinigt, ungeachtet aller Unterschiede, die aus geschlechtsspezifischen Kräften und Defiziten sowie aus einem tradierten, nur sehr allmählich verblassenden Rollenverständnis herrühren. Auch § 1360 wäre zu nennen, weil ihm zufolge der haushaltsführende Ehegatte „seine Verpflichtung, durch Arbeit zum Unterhalt der Familie beizutragen, in der Regel durch die Führung des Haushalts erfüllt". Dann aber geht auch die Hausfrauenehe und ihr männliches Ebenbild in einem allgemeinen Eherecht verloren, wenn auch in einem, das gerade ihnen mehr als allen anderen Ehetypen gerecht wird. Von Doppelverdienern ist nirgendwo die Rede, es sei denn, man wollte schon § 1356 II für wesentlich halten, weil er beide Ehegatten berechtigt, erwerbstätig zu sein. Auch von dem mitarbeitenden Ehegatten spricht seit dem 1. EheRG das Gesetz nicht mehr. Zuvor war wenigstens die Pflicht
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Vgl. Kunigk, Die Lebensgemeinschaft, Rechtliche Gestaltung von ehelichem und eheähnlichem Zusammenleben, 1978, S.34 und S.35.
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zur Mitarbeit ein Thema des Gesetzes als sorgfältig isoliertes Segment einer komplexen Problematik. Offen blieb schon die Frage nach dem Lohn erfolgreicher Arbeit mit der Folge eines bunten Straußes unterschiedlicher Meinungen, dem der B G H die Lehre von den konkludent begründeten Innengesellschaften der Ehegatten hinzufügte und damit gebrechliche Gebilde, die manch anderem gar ins Reich der reinen Fiktionen zu gehören schienen4. Daß sich das geltende Eherecht der Typenvielfalt der Ehen nicht annimmt, daß es versucht, dem Eheleben mit Normen gerecht zu werden, die einheitliches Eherecht für alle setzen, hat drei Gründe: der Legislative fehlte normative Distanz, aber auch ein entsprechender Reformimpuls und eine überzeugende Tatsachenanalyse. Ein Mangel an normativer Distanz 5 ist einer Legislative, die sich anschickt, bestehendes Recht zu verbessern, zwar nicht notwendig, aber doch regelmäßig eigen. Mag auch die Überzeugung, neues Recht zu schaffen aus umfassender Sicht in totaler Freiheit, noch so verbreitet sein, in aller Regel wird die Schwerkraft des bestehenden Rechtes nicht vollständig überwunden. In besonderem Maße wird sie spürbar, wenn Reformen als Teilreformen durchgeführt werden, also Schritt für Schritt, und eben deshalb stets belastet mit der Notwendigkeit, das Neue mit dem fortbestehenden Alten zu koordinieren'. In Teilreformen aber hat sich die Eherechtsreform vollzogen und eingebettet in das größere Ganze des B G B , 4 Vgl. für den B G H (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) B G H Z 8, 249; FamRZ 1954, 136; B G H Z 31, 197 (201); FamRZ 1960, 105 (107); 1961, 201, 432, 519, 522; 1962, 357; 1963, 279; 1967, 618 (620); 1968, 589; 1975, 35. Das Zugeständnis einer Scheinbegründung bei Jobannsen, WM 1978, 502 ff. (verbunden mit dem Versuch, die Rspr. als zunächst nicht erkannte Rechtsfortbildung zu stabilisieren). Zum Streitstand im Schrifttum vor dem l . E h e R G vgl. vornehmlich die Monographien von Fenn, Die Mitarbeit in den Diensten Familienangehöriger, 1970; Lieb, Die Ehegattenmitarbeit im Spannungsfeld zwischen Rechtsgeschäft, Bereicherungsausgleich und gesetzlichem Güterstand, 1970. Weitere Hinw. bei MünchKomm-WW&e, Schrifttum zu § 1356. Daß sich mit dem l . E h e R G die Situation grundsätzlich geändert hat (vgl. dazu Gernhuber, FamRZ 1979, 201 ff. und Lehrbuch des Familienrechts, 3. Aufl. 1980, § 20 III), ist bisher kaum registriert worden. Zumeist wird die Problematik heute noch so dargestellt, als hätte sich gar nichts ereignet. Vgl. etwa MünchKommWacke, 19ff. (23ff.) zu § 1356; Beitzke, Familienrecht, 21.Aufl. 1980, § 12 U l f ; Henrich, Familienrecht, 3. Aufl. 1980, § 7 V; Schwab, Familienrecht, 1980, § 2 1 (RdNrn. 105 ff.). 5 Vgl. zu ihr Noll, Gesetzgebungslehre, 1973, S. 76 ff. 6 Zur Problematik der Teilreformen vgl. Gernhuber, Neues Familienrecht, 1977, S. 58 ff.
9 dessen unverwechselbare Stilelemente zwar vielfach preisgegeben wurden (insbesondere in den Normenungeheuern des Versorgungsausgleichs), häufiger jedoch bestimmend blieben. Ehetypen, sie waren kein T h e m a des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Wie hätte denn auch eine Zeit den Gedanken der Typenvielfalt aufgreifen können, die Ehetypen zwar kannte, jedoch nicht im gebildeten und besitzenden Bürgertum, das sich seinerzeit als Repräsentant der nationalen Gesellschaft empfand und in eher naiver Grundhaltung die Welt der sozial bedrängteren Bevölkerungsgruppen ignorierte. Einheitlich war das Eherecht des B G B . U n d einheitlich ist das Eherecht bis heute geblieben. Ehetypen, sie waren auch kein Stichwort, das einen mächtigen R e f o r m impuls gekennzeichnet hätte. Inmitten eines ausufernden Schrifttums, das sich der Forderung nach Gleichberechtigung der Geschlechter stellte, wurden die Ehetypen zuweilen virulent, die Doppelverdienerehe zumal, die man zwar mißbilligen, jedoch nicht übersehen konnte. Eine öffentliche Meinung indessen, in welcher sich ein kollektives Bewußtsein von der N o t w e n d i g k e i t eines differenzierenden Eherechts Bahn gebrochen hätte, gab es nicht. So wurde denn in durchaus restaurativer Absicht mehr oder minder exklusiv allein die tradierte Hausfrauenehe reformiert. Später dann, als die Restauration als fruchtloses Bemühen inmitten eines Entwicklungsprozesses erkannt war, den zu bändigen die Legislative nicht in der L a g e war, bot sich der G e d a n k e , dem Polymorphismus des Ehelebens in einem ebenso p o l y m o r p h e n Eherecht gerecht zu werden, gewiß stärker an 7 . D o c h blieb der R e f o r m i m p u l s schwach, die Anregung einiger weniger, die kaum ernst genommen wurden 8 . Eine drängende öffentliche Meinung, eine gründliche Debatte, die Für und Wider, N u t z und F r o m men, Möglichkeiten und Grenzen eines derartigen Eherechts klar konturiert hätte, ein Versuch gar, mögliche Norminhalte zu fixieren, das alles hat es auch vor dem 1. E h e R G nicht gegeben. Ehetypen, sie hätten einladender gewirkt, wenn sie uns zugänglicher gewesen wären, überschaubarer in ihrer Realität. Wie groß sonst auch
7 Es wurde jedoch auch von jenen in Frage gestellt, die allein die Doppelverdienerehe als Leitbild des Eherechtes anerkannten, weil ihnen die Hausfrauenehe unvereinbar mit Art. 3 II G G zu sein schien. Vgl. Ramm, J Z 1968, 41 ff. und 90 ff. Viel Resonanz hat diese überzogene Kritik freilich nicht gefunden. 8 Vgl. dazu Gernhuber, FamRZ 1955, 193 (198) zum ehelichen Güterrecht; Ramm, J Z 1970, 705 ff. und 753 sowie 1975, 505 ff. mit der Aufforderung, zwei Ehemodelle (Hausfrauenehe und Berufstätigenehe) zu regeln; Dieckmann, Festschrift Bosch, 1976, S. 131 f. zum Unterhaltsrecht.
10 immer die Verdienste der Familiensoziologie um das Familienrecht sein mögen, ausreichende Informationen über das faktische Verhalten der Ehegatten in den einzelnen Ehetypen hat sie uns bislang nicht zur Verfügung gestellt. Die klaren Konturen der empirischen Ehetypen in ihrer grundsätzlichen Abgrenzung voneinander weichen rasch der Unsicherheit und Ungewißheit, wenn es gilt, die unterschiedlichen Verhaltensmuster durchzuzeichnen. Es ist einfach die Doppelverdienerehe zu definieren, doch wer könnte schon für sich in Anspruch nehmen, über gesicherte Daten zur Verwendung der beiderseitigen Einkünfte zu verfügen. Es ist auch einfach, die Mitarbeitsehe definitorisch zu bewältigen, doch bleibt die Frage ohne Antwort, ob und in welcher Form die Ehegatten um einen Lohn für erfolgreiches Arbeiten besorgt sind. Richter pflegen in vergleichbarer Situation das Defizit an gesichertem Wissen mit der Versicherung genügenden Einblicks kraft eigener Anschauung zu neutralisieren; die Legislative kann derart ohne Einbußen an Glaubwürdigkeit nicht verfahren.
III. Einheit des Rechts und Vielfalt der Ehetypen Eine Legislative, die einheitliches Eherecht zu setzen wünscht, muß sich der bestehenden Typenvielfalt gleichwohl versichern. Zwar schwindet die Notwendigkeit, eine Vielzahl von Leitbildern zu entwickeln, doch nicht mehr die Aufgabe, im prognostischen Vorgriff die Wirkungen einheitlichen Eherechts auf das typenverschiedene Eheleben abzuschätzen. Naiv wäre die Überzeugung, mit einem Federstrich des Gesetzgebers auch nur einige wenige Ehegatten jenem Ehetyp entfremden zu können, in dem sie sich heimisch fühlen. So wäre denn jede einzelne N o r m neuen einheitlichen Eherechts prognostisch abzutasten auf Dissonanzen zwischen Recht und Wirklichkeit, die sich mit ihr verbinden würden, und auf Einbußen an Glaubwürdigkeit, die als Folge einer forcierten Mißachtung tatsächlichen Ehelebens zu besorgen wären. Wenn die Schwäche der Legislative im Eherecht überhaupt noch eines Beweises bedurft hätte, so war er längst erbracht, als es galt, das l . E h e R G zu formulieren. Man hatte den Aufstand geprobt; erfolgreich war er nicht gewesen. Man hatte den Aufstand geprobt: seinerzeit, als man entschlossen im GleichberG den Haushalt der Ehefrau zuwies, dergestalt liebevoll den T y p der Hausfrauenehe konservierend. Erfolgreich war er nicht gewesen: Das, was da als zwingendes Recht gedacht war, sah sich in zunehmendem Maße zu dispositivem Recht relativiert mit Geltungsanspruch nur für Ehegatten,
11 die sich nicht für einen anderen Ehetyp entscheiden mochten'. Es gab damals keinen Protest und es konnte keinen geben, da doch die Opposition sich des sparsamsten Mittels bediente, um Recht und Wirklichkeit zur Deckung zu bringen. Als zwingendes Recht waren die Normen gedacht; als solche deklariert waren sie nicht. Einheitliches Eherecht, das der Typenvielfalt keinen Raum gewährt, einheitliches Recht mithin, das bewußt ein Leitbild in einer umfassenden Regelung mit dem Geltungsanspruch zwingenden Rechtes konturiert und durchzeichnet, liegt damit jenseits aller Möglichkeiten der Legislative unserer Tage. Eherecht, das inmitten der Typenvielfalt seine Einheit bewahren will, ist deshalb heute notwendig ein Recht mit charakteristischen Regelungsdefiziten. Vier Grundmuster stehen zu Gebote; das geltende Recht hat sich gewiß dreier bedient, ob auch des vierten ist streitig geblieben. Die Ausgliederung bestimmter Eheinhalte ins Private bietet sich an, der Verzicht des Staates also auf die Regelung herkömmlich vom staatlichen Eherecht besetzter Felder zugunsten privatautonomer Gestaltung der Rechtsverhältnisse durch die Ehegatten. Auf typenspezifisches Recht mit Vertragsvorbehalt kann sodann die Wahl fallen, auf Recht also mit eingeschränktem Geltungsanspruch, der vor privatautonomen Akten verhält. Recht kann zum dritten gesetzt werden, das sich sehr abstrakter Begriffe bedient, in denen die Typenvielfalt aufgehoben ist und erst in konkretisierender Entfaltung der Begriffe zutage tritt. Typenspezifisches Recht ist schließlich und endlich möglich, dem Billigkeitskorrektive eingefügt werden, vielleicht nicht nur, aber doch jedenfalls auch, um Ehegatten vor Rechtsfolgen zu bewahren, die mit dem von ihnen gewählten Ehetyp schlecht oder gar nicht zu vereinbaren sind. Inmitten dieser vier Grundmuster beweist der Entschluß, abstraktes Recht zu setzen, die größte Bereitschaft, sich der Typenvielfalt im geltenden Recht zu stellen. Wer ins Private ausgliedert, weicht widerstandslos; wer typenspezifisches Recht setzt, versucht sich in der Kunst des Ignorierens; wer dagegen abstraktes Recht setzt, verschleiert nur, nicht mehr.
IV. Das geltende Recht Die Ausgliederung ins Private, der Rückzug des staatlichen Eherechtes aus zuvor besetzten Feldern, beherrscht im geltenden Recht alle Fragen der 9 Nachw. bei Gernhuber, F n . 2 (zu § 19 I 3).
Lehrbuch des Familienrechts, 2. Aufl. 1971, S. 167
12 persönlichen Lebensgestaltung, auch und gerade im Bereich der Tätigkeiten. Hausfrauenehe, Doppelverdienerehe, Zuverdienstehe, Mitarbeitsehe, sie alle bieten sich den Ehegatten an zur Wahl in einem privatautonomen Akt, mit dem sie selbst ihre Ehe modellieren. Vorbei sind die Zeiten einer den Ehegatten vorgegebenen Eheordnung, die sie mißachten, jedoch nicht beseitigen konnten. Zurück ist allein eine lex imperfecta geblieben, die den Ehegatten die Ordnung ihrer Ehe aufgibt, und selbst sie ist im Gesetz mehr angedeutet als wirklich ausgeführt worden. „Die Ehegatten regeln die Haushaltsführung im gegenseitigen Einvernehmen" heißt es allein im § 1356 I10, obwohl das, was man die Verfassung einer Ehe nennen kann, gewiß im Haushalt nicht seinen Anfang und sein Ende findet. Unangebracht zudem das Militärdeutsch, das hier Eingang in das Familienrecht fand als Kastendeutsch, das jeden Widerspruch ausschließend den Befehl als bereits vollzogen vorwegnimmt, obwohl die Geschichte der Kriege zur Vorsicht mahnen sollte: Wer zählt sie schon, die Dörfer, Städte, Höhen, die laut Befehl zu bestimmter Uhrzeit genommen wurden, jedoch im Besitz des Feindes blieben. Auch Ehegatten sind nur gehalten, ihre Ehe zu ordnen; weigern sie sich, so kann der eine vom anderen nur jene Tätigkeiten fordern, die den Haushalt vor dem Ruin bewahren 1 ' - ein weites Feld für Ehegatten, die der Ordnung mißtrauen. Mit dem Bekenntnis zu einem Ehetyp skizzieren die Ehegatten einen Grundriß ihrer Ehe, den sie in weiteren autonomen Akten durchzeichnen und akzentuieren. Weit fächert die Selbstbestimmung aus in einer Trias rechtlicher Gestaltungsformen: Ordnungen, Verträge und Beschlüsse wirken schließlich zusammen, um das zu schaffen, was man eine „geordnete Ehe" nennen darf12. Prächtig entfaltet sich nunmehr auch hier die „Vertragsgesellschaft" unserer Tage als beredter Ausdruck einer Zeit, die weder in der Lage war, einen früher sicheren Grundkonsens zu bewahren noch einen neuen zu entwickeln.
10 Die rechtliche Qualifizierung des „gegenseitigen Einvernehmens" (gibt es auch eines, das nicht gegenseitig ist?) ist bis heute streitig geblieben. Nachw. bei Gernhuber, FamRZ 1979, 196 Fn. 10 und Lehrbuch des Familienrechts, 3. Aufl. 1980, § 18 III F n . 3 (selbst als Rechtsgeschäft qualifizierend). Vgl. ferner Schwab, Familienrecht, RdNr. 102 (Akt ohne rechtsgeschäftlichen Verpflichtungswillen). 11 Vgl. MünchKomm-Waofee, RdNr. 5 zu § 1356 ( = FamRZ 1977, 517, Abschnitt C.I. a. E.); Henrich, Familienrecht, § 7 IV 3. Anders dagegen Schwab, Familienrecht, RdNr. 100 (grundsätzlich jeder Ehegatte verpflichtet, „nach seinen Kräften und im Rahmen seiner Möglichkeiten für den Haushalt zu sorgen"). 12 Vgl. dazu den gleichnamigen Aufsatz FamRZ 1979, 193 ff.
13 Typenspezifischem Recht mit Vertragsvorbehalt vertraut gegenwärtig das eheliche Güterrecht und das Recht der Alterssicherung dazu. Typenspezifisch ist der gesetzliche Güterstand ausgestaltet, die Zugewinngemeinschaft, die ihrem Namen zum Trotz in einer Morphologie der Güterstände zu den Systemen der Gütertrennung mit Zusätzen zu zählen ist. Gestalt gewann dieser Güterstand, der fast reißbrettartig aus einigen wenigen Ideen entfaltet werden kann, im geltenden Recht freilich so manche Verwerfung erfahren hat, am Typ der Hausfrauenehe. Mag sein, daß er auch der Mitarbeitsehe im groben Raster zugeordnet werden kann15, wenngleich im feineren Raster alsbald offenbar wird, daß der Ausgleich nach Mitarbeit dem Zugewinnausgleich vorgeordnet ist, weil erst mit ihm der beiderseitige Zugewinn abschließend fixiert ist. Unverkennbar sind dagegen die harten Dissonanzen, die sich für die anderen Ehetypen ergeben, die Doppelverdienerehe zumal, die keinen Ehegatten daran hindert, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Ausgeglichen und damit neutralisiert werden in diesem Fall allein die Unterschiede in der Qualifikation und im beruflichen Erfolg, kurzum Unterschiede, die unter keinem Aspekt auf die Ehe bezogen werden können, wenn die Berufswahl ebensowenig ehebedingt war wie die schließlich erreichte Qualifikation und der schließlich erzielte Erfolg 14 . Wer hier bereit ist, das nivellierende Ergebnis als ehegerecht zu preisen15, hat längst die Grundgedanken der Zugewinngemeinschaft preisgegeben zugunsten irrationaler Empfindungen, in deren Ebene das Argument nichts mehr gilt, es sei denn, man wolle in der Berufung auf das „Wesen der Ehe" oder auch auf die „Schicksalsgemeinschaft der Ehegatten" bereits ein rational faßbares Argument sehen16.
Vgl. Ramm, J Z 1975, 507 f. Ramm, J Z 1975, 508 erwägt eine Rechtfertigung aus der üblichen Doppelrolle der berufstätigen Frau in Beruf und Haushalt, aber auch aus ihrer Diskriminierung als Berufstätige. Indessen werden Unterschiede im Haushalt bereits im Unterhaltsrecht ausgeglichen, weil die tatsächliche Betreuung der Familie seit dem GleichberG als Unterhaltsleistung anerkannt ist. Die (weithin im übrigen gar nicht vorhandene) Diskriminierung im Beruf aber ist kein ehebedingter Umstand. Ihr wirken jetzt auch die Änderungen der §§611 ff. durch das GleichberG vom 2 1 . 8 . 1 9 8 0 (BGBl. 1980 1/1308 f.) entgegen. 15 Vgl. Henrich, AcP 178 (1978), 399. 16 Auch ungerechte Einzelausprägungen der Zugewinngemeinschaft werden zuweilen so „gerechtfertigt". Vgl. zu § 1374 I Halbsatz 2 Erman-Heckelmann, 6 zu § 1374; RGRK-/mjfee, 11 und 25 zu § 1374. Vgl. ferner Müller-Freienfels, Familienrecht im In- und Ausland, Gesammelte Aufsätze, 1978, S.207. Er entnimmt jenen Floskeln immerhin den Hinweis, „daß das Zusammenleben in der sozialen Einheit ,Ehe' in Wahrheit gar nicht bis ins einzelne retrospektiv materiell auseinanderdivi13
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14 Typenspezifisch geregelt und unter Vertragsvorbehalt gestellt, das ist auch der Versorgungsausgleich nach vorzeitig beendeter Ehe. Wer Versorgungen sowie Anwartschaften und Aussichten auf spätere Rechte verteilt, weil die Teilungsmasse zur gemeinschaftlichen Lebensleistung der Ehegatten gehöre und über der mehr zufälligen Zuständigkeit nur eines Ehegatten der Zweck einer Sicherung beider in der Endphase ihres Lebens nicht in Vergessenheit geraten dürfe, hat sein Konzept erneut aus der praktischen Anschauung der Hausfrauenehe gewonnen' 7 . Auch die Mitarbeitsehe fügt sich, sofern sie nicht über die Mitarbeit zu eigenständigen Versorgungspositionen des mitarbeitenden Ehegatten führt, die etwa jenen entsprechen, die er ohne Ehe erworben hätte. In einer Doppelverdienerehe aber wirkt der Versorgungsausgleich ebenso irrational wie der Zugewinnausgleich. Mit der Zugewinngemeinschaft teilt der Versorgungsausgleich die Offenheit gegenüber dem Einverständnis der Ehegatten, das sich ihrer zu entledigen wünscht. Grenzen sind den Ehegatten erst gesetzt, wenn sie sich anschicken, ihrerseits eine Regelung zu finden, die ihrem Ehetyp in seiner konkreten Gestalt nach ihrer Überzeugung am besten entspricht. Im Güterrecht ist die zunehmende Verkümmerung ehedem gewährter Vertragsfreiheit unverkennbar 18 ; im Versorgungsausgleich vermochte sich ein reges Vertragsdenken von vornherein nicht zu entfalten. Zu evidenten, weil drittbezogenen Grenzen gesellten sich Kontroversen, denen eine um Rechtssicherheit besorgte Praxis der Notare mit einem Verzicht auf die suspekten Gestaltungsformen begegnete". Abstraktes Recht, die dritte Antwort einer Legislative, die einheitliches Recht zu setzen wünscht, auf die bestehende Typenvielfalt, es beherrscht die Normen, deren Aufgabe es ist, jene Mittel zu bezeichnen und gliedernd zu ordnen, die für den Unterhalt in Ehe und Familie von dem einen und
diert werden kann" und glaubt, damit dem Gedanken einer „Verlustgemeinschaft" Bedeutung sichern zu können. Zur Irrationalität der N o r m vgl. Gernhuber, Die integrierte Billigkeit, in: Tradition und Fortschritt im Recht, 1977, S. 196 f. 17 Zu den beiden Grundgedanken und dem verbleibenden Begründungsdefizit vgl. Gernhuber, Lehrbuch des Familienrechts, § 28 I 2. 18 Zu den bestehenden Grenzen vgl. (jeweils mit weit. Nachw.) Gernhuber, Lehrbuch des Familienrechts, § 32 III; MünchKomm-/uwz/eiter, RdNrn. 9ff. zu § 1408. " Zum Streitstand vgl. (jeweils mit weit. Nachw.) Gernhuber, Lehrbuch des Familienrechts, § 2 8 II 5; MünchKomm-A^tfz/eiier, 1. Ergänzungslieferung, R d N r . 19 zu § 1408.
15 von dem anderen Ehegatten bereitzuhalten sind20. Von Arbeit und vom Vermögen ist hier die Rede und bei letzterem von seinem Stamm und von den Einkünften, die es gewährt. In diesen abstrakten Begriffen verlieren sich die Unterschiede in den Tätigkeiten; wie Mittel aus Tätigkeit gewonnen werden, mag in der Anwendung der N o r m auf den Einzelfall relevant werden, der Text der Normen abstrahiert von dem Fächer der bestehenden Möglichkeiten. Von der Tätigkeit im Haushalt wird freilich gesondert gesprochen (§§ 1360 Satz 2,1606), doch mehr um sie überhaupt einzugliedern in das Spektrum der relevanten Tätigkeiten und damit zu bewahren vor der tradierten Qualifikation als Tätigkeit, die Mittel verwendet, jedoch nicht selbst Mittel schafft. Weit sind wir im übrigen von einem Unterhaltsrecht entfernt, das für sich in Anspruch nehmen könnte, der Tätigkeit im Haushalt in konkreten Rechtssätzen zu folgen, die unmittelbarer Applikation auf den Einzelfall zugänglich wären. Vieles blieb offen, auch und gerade die Frage nach dem Maßstab ihrer Bewertung, wenn im Einzelfall gerechnet werden muß. Mütterliche Betreuung eines Kindes, was gilt sie schon in DM und was die väterliche? O b das geltende Recht das Spannungsverhältnis zwischen einheitlichem Eherecht und einer Vielfalt empirischer Ehetypen wenn schon nicht auszugleichen, so doch jedenfalls mit Billigkeitskorrektiven inmitten typenspezifischen Rechts zu mildern sucht, ist eine Frage, die bislang ohne Antwort blieb, die allgemeiner Zustimmung sicher gewesen wäre. Zwei Normenfelder bieten sich an, die bereits durch einen Vertragsvorbehalt zu mildern suchen: Das Recht der Zugewinngemeinschaft und das Recht des Versorgungsausgleichs, mit § 1381 hier und § 1587 c Nr. 1 dort, negativen Härteklauseln, die - einer um sich greifenden Tendenz im Familienrecht folgend - nur groben Unbilligkeiten zu begegnen versuchen, obwohl sich das Grobe und das Feine dem definitorischen Zugriff entziehen 21 und schon deshalb Rechtsgleichheit nicht verbürgen können. Daß § 1381 die Form der Einrede wählt, § 1587 c dagegen die Form einer Einwendung will wenig oder nichts bedeuten: Ehegatten, die sich der Einrede aus § 1381 bedienen könnten, jedoch tatsächlich nicht bedienen, gehören ins Reich der Fabel; die Praxis der Gerichte kennt sie nicht.
20 A. A. Ramm, JZ 1975, 508. Ihm zufolge bildet der Ehetyp der Hausfrauenehe die Basis des geltenden Unterhaltsrechts. 21 Vgl. dazu Gernhuber, Die integrierte Billigkeit, in: Tradition und Fortschritt im Recht, 1977, S. 205 £.
16 Billigkeitskorrektive, die das Gesetz selbst einfügt, „integrierte Billigkeit" mithin, trifft auf Widerstände, die aus dem normativen Bezugssystem herrühren, in dem sie der Korrektur des rigor iuris dienen22. Folgerichtig entfaltet werden die §§ 1381 und 1587 c nur, wenn Maßstab die idealgerechte Gestalt des Zugewinn- und des Versorgungsausgleichs ist, jedoch unter Wahrung der von der Legislative bewußt in Kauf genommenen Verwerfungen. Konkreter: Es wäre illegitim, einem Ehegatten den Ausgleich zu versagen mit Rücksicht auf den Ehetyp, in dem er lebte, wenn die Legislative bewußt alle Ehetypen über einen Leisten schlagen wollte. In durchaus überzeugender Manier ist deshalb Doppelverdienern der Zugewinnausgleich noch niemals verweigert worden, weil er mit jenem Ehetyp rational nur beschränkt oder gar nicht verbunden werden kann. Man kannte den Ehetyp, kannte auch die Bedingtheiten des eigenen Konzepts, als man seinerzeit im GleichberG die Zugewinngemeinschaft strukturierte, und wollte die Geltung für alle, die sich nicht der Geltung durch rechtsgeschäftlichen Akt entzogen. Virulent ist die Problematik beim Versorgungsausgleich geblieben. Zwar wird sich schwerlich leugnen lassen, daß die Legislative bewußt den empirischen Ehetypen keinen Raum gewähren wollte, doch haben die Gerichte weithin die Gefolgschaft verweigert, zuweilen in Entscheidungen, die offen den Widerstand formulieren 25 , zuweilen versteckter hinter der Bereitschaft, den Ausschluß des Versorgungsausgleichs im Scheidungsfolgenvertrag unter Doppelverdienern gemäß § 1587 o großzügig und sicher vor späterer Korrektur im Instanzenzug zu genehmigen. Wo kein Kläger, ist schließlich auch hier kein Richter. So ist die Frage nach der Existenz typenspezifischen Rechts mit Billigkeitskorrektiv im geltenden Recht schließlich die Frage nach der Legitimität einer forensischen Praxis.
V. Die Defizite Eherecht, das der Vielfalt der empirischen Ehetypen nicht mit polymorphen Normen zu entsprechen wünscht, um die Einheit in der Vielfalt 22
Vgl. dazu Gembuber, a.a.O. (Fn.21), S.211 ff. Vgl. AG München, NJW 1978, 1011; AG Düsseldorf, NJW 1978, 2039; AG Cham, FamRZ 1978, 598; OLG Celle, FamRZ 1979, 596 (diese Entscheidung verweist zusätzlich auf den Wunsch der an sich berechtigten Frau, keinen Ausgleich zu erhalten, doch ist der abweichende Parteiwille im geltenden Recht nur als Vertragswille relevant). 25
17 zu erhalten, hat seinen Preis. Regelungsdefizite stellen sich ein, bewußt in Kauf genommene und andere, die man verdrängte, um nicht von ihnen bedrängt zu werden. Die vier Grundmuster möglichen Verhaltens fächern aus unter dem Aspekt der mit ihnen verbundenen Nachteile; defizitär sind sie schließlich alle. D i e schlichte Verweigerung, die Ausgliederung vordem vom staatlichen Recht besetzter Felder ins Private versagt den Ehegatten insbesondere jede Orientierungshilfe, ohne in der viel beschworenen Mündigkeit des Bürgers ein Alibi zu finden 24 . Die Ehetypen selbst sind freilich bekannt und niemand auf einen Katalog der bestehenden Möglichkeiten angewiesen. Rasch aber verflüchtigt sich das sichere Wissen im mählichen Abstieg von der grundsätzlichen Entscheidung für einen T y p zu seiner Formierung im Detail. Einheitliches Recht mit Vertragsvorbehalt verzichtet auf Richtigkeitsgewähr. Der Gedanke, Verträgen Raum zu gewähren, um dergestalt die Verantwortung für Fehlregelungen auf die Ehegatten zu verlagern, mag werbewirksam sein; entlastend wirkt er nicht, weil die Legislative, die der Vertragsfreiheit vertraut, auch die Verantwortung übernimmt für das, was in privatautonomen Akten geschieht und nicht geschieht. Privatautonomie kann von vornherein als Korrektiv nur wirken, wenn sich die Ehegatten der bestehenden Rechtslage und der Notwendigkeit
eines
anpassenden vertraglichen Eingriffs bewußt sind. Selbst wenn sich der Blick auf den „gebildeten Laien" beschränkt - und welche perspektivische Verkürzung liegt schon in dieser Beschränkung - ist indessen das Familienrecht eher eine terra incógnita als gesichertes Wissen, das ein jeder mit sich führt. Die Weisheit der Legislative hat gar dem Studenten der Rechte nur die Grundzüge des Familienrechts zum Studium verordnet, wer wollte da schon viel vom Laien erwarten? Privatautonomie verbürgt sodann Sachrichtigkeit der rechtsgeschäftlichen Regelungen nicht. Wie weit auch immer frühere Jahrhunderte in dem formalen Vertragsprinzip zugleich ein materiales Element der Richtigkeitsgewähr gesehen haben mögen, uns sind nur Restbestände jenes Gedankens verfügbar geblieben, auch und gerade im Ehevermögensrecht. Niemand fragt die Ehegatten nach den Gründen der Aversion, wenn sie
24 Zu den weiteren Nachteilen (Mangel einer O r d n u n g , wenn die Ehegatten einen Konsens nicht fanden oder nicht zu bewahren vermochten; Gefahr, abstraktes Recht für alle Ehen zu schaffen aus einer verkürzten Anschauung empirischen Ehelebens, also ohne ausreichende Information, und damit an Glaubwürdigkeit einzubüßen) vgl. F a m R Z 1979, 194 f.
18 sich der Zugewinngemeinschaft oder auch des Versorgungsausgleichs zu entledigen wünschen und niemand nach der Rechtfertigung der Vertragsordnung durch den Ehetyp, in dem die Ehegatten leben. Wer zählt sie schon, die Hausfrauen, die auf Zugewinnausgleich und Versorgungsausgleich verzichteten, obwohl gerade sie in deren Genuß kommen sollten? Eherecht, das die empirische Typenvielfalt in abstrakten Begriffen neutralisiert, delegiert Aufgaben der Legislative an die Justiz. D a Recht dieser Art typengebundene Wirklichkeit nur beschränkt oder gar nicht berücksichtigen kann, ist es infolge seiner Abstraktionshöhe der unmittelbaren Anwendung in der forensischen Praxis meist nicht fähig. Zwischen N o r m und Einzelfall tritt der entscheidende Richter, die abstrakten Begriffe ins Konkrete entfaltend und damit doch das typenneutrale Gesetzesrecht zu einem typenbezogenen Richterrecht formend. Delegiert wird die Aufgabe, rechtsprechend Recht zu setzen; zurück bleibt die Verantwortung für das gesetzte Recht. Wer abstraktes Recht setzt, das weiterer Entfaltung in richterlichen Akten bedarf, mag den Richter schelten, den er rief, und bleibt doch verantwortlich für alles Geschehen, weil er es war, der dem Richter eigene Aufgaben zur Erledigung überwies 25 . Billigkeitskorrektive inmitten typenspezifischen Rechtes schließlich bedürfen keiner weiteren Analyse, die sich ihrer Nachteile zu versichern sucht. Zu viel ist schon fast geschrieben worden über den Preis, den Billigkeit von uns auch dann noch fordert, wenn sie den Normen integriert ist und deshalb nicht mehr als „vagabundierendes Element der Rechtsgestaltung" 2 6 begriffen werden kann. Ihren Anfang und ihr Ende finden schließlich alle preisbildenden Elemente in der fatalen Erkenntnis, daß das Pendel der Billigkeit nicht bei jedermann mit gleichmäßigen Ausschlägen in die nämliche Richtung schwingt.
VI. Richterliche Richtigkeitskontrollen als Ausweg? Wer Nachteile zu mildern, Defizite zu mindern sucht, kann grundsätzlich das Grundmuster nicht behaupten, dem ein Nachteil, ein Defizit korrespondiert. Den bessernden Zugriff ohne Preisgabe des Konzepts gestattet allein das typenspezifische Recht mit Vertragsvorbehalt. Nachteilig wirkt hier der Mangel an Richtigkeitsgewähr, die Möglichkeit privat25 Insofern gibt es auch „Die Flucht des Gesetzgebers aus der politischen Verantwortung im Zivilrecht" nicht. So aber der Titel einer Schrift von Diederichsen, 1974. 26 Vgl. Esser, Billigkeit und Billigkeitsrechtsprechung im modernen Privatrecht, in: Summum ius, summa iniuria, 1963, S. 23.
19 autonomer Akte, die typengebundene Sachrichtigkeit nicht zum Ziele haben, ja sich ihr gerade zu entziehen wünschen. Richtigkeitsgewähr ist jedoch nicht nur die Folge einer Flut von Normen, die das Rechtsgeschäft als Gestaltungsmittel begräbt, sondern auch die Folge inhaltserfüllter Richtigkeitskontrolle im jeweiligen Einzelfall. Weit gefächert ist dabei der Kreis möglicher Kontrollinstanzen gewiß nicht. Wenn überhaupt, so böte sich allein der Richter an, der in einer Zeit abnehmender Autorität aller staatlichen Instanzen die seine noch am stärksten zu bewahren wußte, trotz aller Einbußen, die auch er erlitt im evidenten Abbau des Richtermythos vergangener Jahrzehnte. Richterliche Richtigkeitskontrolle wird vielen als treffliches Mittel dünken, wenn es gilt, ungebärdigem rechtsgeschäftlichem Wollen entgegenzutreten; allgemeinen Beifalls wird sie gewiß nicht sicher sein. Sie trifft auf alle Widerstände, die sich überhaupt in Bürgern regen können, die sich mündig fühlen und auch beschränkt staatlicher Kuratel nicht anheimfallen möchten. Zugestanden: Wer vorurteilsfrei sein eigenes gegenwärtiges Zeitalter besichtigt, wird bald entdecken, daß in ihm so manches, was am Ende des 19. Jahrhunderts noch indiskutabel gewesen wäre, längst seinen Schrecken verloren hat und unter dem fürsorglichen Begriff des Sozialstaates gar vertraut geworden ist. Als das 1. EheRG im § 1587 o die richterliche Inhaltskontrolle einführte für Vereinbarungen, in welchem „im Zusammenhang mit der Scheidung" 27 über den Versorgungsausgleich disponiert wird, nahm die öffentliche Meinung so gut wie keine Notiz. Einige wenige äußerten sich zwar skeptisch, doch ohne den Willen zur Auflehnung zu haben; vermutlich wären sie sonst auch alsbald als unverständige Nörgler disqualifiziert worden. Einige Amtsgerichte nur schritten zur Revolte unter Berufung auf die Verfassung 28 ; Erfolg haben sie bis heute nicht gehabt. So kann der familienrechtliche Vertrag mit richterlicher Richtigkeitskontrolle heute als Gestaltungsmittel gelten, das der Legislative verfügbar ist, wenn sie beginnt, typenspezifisches Eherecht zu setzen und von Verträgen der Ehegatten sachrichtiges Recht für alle Ehegatten zu erhoffen, die sich für einen anderen Ehetyp entschieden. Ob es indessen unbedenklich, gar richtig ist, sich des neuen Gestaltungsmittels verstärkt, gar forciert zu
27 Die genauen Grenzen dieser Einschränkung sind bis heute streitig geblieben. Nachw. zum Streitstand bei MünchKomm-StroW, 5 zu § 1587o (mit Nachtrag in der 1. Ergänzungslieferung); Gemhuber, Lehrbuch des Familienrechts, § 28 VIII1. 21 Vgl. A G Gelsenkirchen, FamRZ 1978, 598 (mit verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf die Artt. 2, 14 GG).
20 bedienen, ist eine andere Frage, die im politischen Tagesgetümmel unterschiedlicher A n t w o r t e n sicher sein dürfte. Sie ist nichts weiter als ein Segment aus dem quo vadis der Gesellschaft überhaupt, dessen Bedeutung für das G a n z e nicht an Maßstäben zu messen ist, die zum sicheren G r u n d konsens der Zeit gehören.
VII. Typenbezogenes Ehegüterrecht D e m 1. E h e R G , das ein erstes gar nicht war, wird zumindest ein zweites folgen müssen; eine R e f o r m der R e f o r m wird vielfach gefordert; wir bleiben - so scheint es - zur R e f o r m verdammt. D i e Alternative eines p o l y m o r p h e n typenbezogenen Eherechts, bislang teils nicht bemerkt, teils ignoriert, wird -
wenn nicht alle Zeichen trügen -
erneut mißachtet
werden. V o n vielem ist die Rede, von der Regelung der K o n k u b i n a t e gar, die man heute als eheähnliche Lebensgemeinschaften zu bezeichnen pflegt oder
in
ähnlicher
anheimelnder
Manier,
der
Ehetypen
wird
kaum
gedacht 29 . Absurd wird manchem gar der Vorschlag dünken, t y p e n b e z o g e nes R e c h t zu setzen, und illusionär die Vorstellung, dergestalt der Zeit das R e c h t gewähren zu k ö n n e n , das sie benötigt. Verdikte dieser A r t beruhigen; sie bewahren vor der N o t w e n d i g k e i t , tradierte und lieb gewordene Regelungsmuster ernsthaft in Frage zu stellen: wie sollte uns nicht billig sein, was ganzen Jahrhunderten recht war? Verdikte dieser A r t sind aber auch n u t z - und wertlos, wenn sie nicht gesprochen werden aus der Position des überlegenen Kenners, der sich zuvor aller bestehenden M ö g lichkeiten versicherte, sondern herrühren aus der Pose der Überlegenheit, die nur gelten läßt, was schon ist, weil mit ihm das Vorstellungsvermögen bereits endet. So wäre denn der Beweis zu erbringen für die Leistungsfähigkeit eines typenbezogenen Eherechts. Freilich kann es sich jetzt nicht darum handeln, die Alternative bis zu einem E n t w u r f zu entfalten, der für sich in Anspruch nehmen k ö n n t e , ein diskussionswürdiger Gesetzesvorschlag zu sein. W i r beschränken uns auf einige wenige W o r t e zum ehelichen Güterrecht, um an ihm zu verdeutlichen, daß typenbezogenes E h e recht nicht zu einer absurden Multiplikation von N o r m e n des geltenden R e c h t s führen m u ß , die schon für sich bedenklich umfangreich wirken. D r e i Güterstände k e n n t gegenwärtig das B G B : die Zugewinngemeinschaft, die reine Gütertrennung, deren einzige Aussage im Ausschluß
2 ' Symptomatisch Bosch, Rückblick und Ausblick, FamRZ 1980, 739 ff. und 849 ff. Der umfassende „Ausblick" weiß von den empirischen Ehetypen nichts zu berichten.
21 güterrechtlicher Wirkungen überhaupt besteht und die eben deshalb als Güterstand in Frage gestellt werden kann, und die Gütergemeinschaft, geregelt in über 100 Paragraphen mit einer Liebe, die auch sonst die Legislative unserer Tage gelegentlich im Umgang mit altem Rechtsgut auszeichnet, das nur noch bedingt oder überhaupt nicht mehr dem Denken unserer Tage integriert werden kann. Plakativ wirken zwar alte Parömien des Mittelalters: Ein Leib - ein Gut; der Satz hat Werbekraft. Wem ich meinen Leib gönne, dem gönne ich auch mein Gut; der Satz diskriminiert bereits alle, die in einem System der Gütertrennung leben. Plakativ wirken auch Äußerungen der Gegenwart. Daß „die Gütergemeinschaft einigt, die Gütertrennung trenne" 30 , „daß sich die Ehegemeinschaft auch im Vermögensrecht real widerspiegeln muß" 31 , will schließlich das Nämliche besagen und apodiktisch Vollendung in der Gütergemeinschaft suggerieren. Gar so einfach liegen die Dinge indessen nicht. Wäre es anders, ganze Nationen hätten nie begriffen, was Ehe bedeutet, weil sie sich dem Gedanken der Gütergemeinschaft nie öffneten. Apologeten der Gütergemeinschaft, die nicht Plakaten vertrauen, Apologeten, denen bewußt geworden ist, daß es keinen Weg gibt, der da geradlinig von der Gemeinschaft des Bettes auch zur Gemeinschaft der Güter führt, und die wissen, daß sich Ehe ohne jeden Substanzverlust auch in einem System der Gütertrennung entfalten läßt, geraten zunehmend in Schwierigkeiten, wenn es gilt, die Gütergemeinschaft rational zu rechtfertigen32. Schonungslos hat auch das Steuerrecht zugegriffen, als es 1974 jede Bereicherung eines Ehegatten durch Gütergemeinschaft zum schenkungssteuerpflichtigen Tatbestand erklärte33. Vollendungsschalmeien hier, Schenkungssteuer dort, wie wenig will das harmonieren, da doch kein Staat es ungestraft wagen sollte, die Steuerschraube gerade dort anzuziehen, wo sich der Bürger zu persönlicher Vollendung entschließt. Deshalb die Gütergemeinschaft generell aus unserem Rechtsleben zu entfernen, besteht kein Anlaß. Ehegatten, die in ihr eine ideale Ordnung ihrer güterrechtlichen Verhältnisse gefunden zu haben meinen, sollten sich ihrer auch künftig bedienen können. Ehegüterrecht wird langsam, Ehegüterrecht stirbt auch langsam. Die Gütergemeinschaft ist heute - um im
30
Vgl. Krauss, FamRZ 1954, 90. Vgl. Bosch, FamRZ 1954, 154. 32 Vgl. etwa MünchKomm-Äüwz/ei'ter, 17ff. vor § 1415 (mit der Übereinstimmung zwischen tatsächlicher und rechtlicher Situation als grundlegendem Vorteil, wenn die Ehegatten das beiderseitige Vermögen als gemeinschaftlich ansehen). 33 § 7 II Nr. 3 ErbStG 1974. 31
22 Bilde zu bleiben - gewiß krank - sie schwindet allmählich dahin34 doch sollten wir sie ohne Akt der Legislative sterben lassen, auch wenn das Sterben lange währt. Möglich wäre dagegen ein Verzicht auf ihre Regelung als ausgeformter Wahlgüterstand im Gesetz zugunsten einiger weniger allgemeiner Aussagen zu den Grenzen der Vertragsfreiheit im ehelichen Güterrecht, vor allem aber zugunsten einer ausgeführten Regelung eines Güterstandes der Gütertrennung mit typenbezogenen Ausgleichsregelungen. In ihm könnte sich die Zeit am ehesten wiederfinden. Für die Gütertrennung als Grundmuster spricht alles: sie ist uns vertraut (seit 1900 sind alle gesetzlichen Güterstände Systeme der Gütertrennung gewesen); sie ist einfach zu regeln, zu begreifen, zu leben. Wenn je ein eheliches Güterrecht geschaffen werden sollte, das Staatsgrenzen überschreitet und Völker verbindet, dann kann nur sie der einheitliche Nenner sein. O b sich Bindungen empfehlen, die in dieser oder jener Form die Ehegatten in der Verwaltung ihrer Vermögen beschränken, mag hier dahinstehen; von den verschiedenen Ehetypen führt jedenfalls kein Weg zu ebenso verschiedenen Bindungen. Auch die gegenwärtig der Zugewinngemeinschaft eingeordneten (freilich abdingbaren35) Beschränkungen der §§ 1365 und 1369 sind typenneutrales Recht, das ein nach Ehetypen differenzierendes eheliches Güterrecht nicht als Fremdkörper abstoßen müßte. Wer sie zu bewahren wünscht, wird nur auf andere Fragen eine Antwort finden müssen, auch auf die nach dem rechten Standort im Gesetz, da doch evident ist, daß von den beiden tragenden Grundgedanken - der Sicherung des Zugewinnausgleichs und der Sicherung der wirtschaftlichen Grundlagen des Familienlebens, insbesondere aber des ehelichen Haushalts - nur der erste güterstandsbezogen ist, während der andere in die allgemeinen Wirkungen der Ehe weist3'. 34 Eine Statistik fehlt. Eine Zählung der Eintragungen in den Güterrechtsregistern würde wenig aussagekräftig sein, weil Eheverträge oft nicht verlautbart werden. Vgl. MünchKomm-Kanzleiter, 22 vor § 1415. 35 Ganz h. M. Nachw. bei MünchKomm-Gernbuber, § 1365 Fn. 90. A. A. allein Mülke, AcP 161 (1962), 160. Auch die Befreiung nur eines Ehegatten von den Beschränkungen ist angesichts einer ganzen Reihe plausibler ökonomischer Gründe, die für eine derartige Lösung sprechen, keineswegs stets sittenwidrig und deshalb nichtig (§ 138). Vgl. dazu die Nachw. bei MünchKomm-Gernhuber, § 1365 Nr. 91. 36 Von einer teleologischen Inkonsequenz kann allerdings nur gesprochen werden, wenn man die Verfügungsbeschränkungen als Mittel eines im Allgemeininteresse liegenden Familienschutzes begreift. Werden lediglich die Interessen der Ehegatten bedacht, ist zwar immer noch der Standort im Recht der allgemeinen
23 Z u bewähren hat sich der G e d a n k e einer Gütertrennung mit typenspezifischen Ausgleichsansprüchen allein in der Entfaltung eines Fächers von Ausgleichsregelungen, der sich mit dem A n s p r u c h der Sachgerechtigkeit ü b e r den F ä c h e r der empirischen E h e t y p e n legt. A u c h die Doppelverdienerehe ist nur im Regelfall ein E h e t y p , dem sinnvoll eine Ausgleichsordnung nicht zugeordnet werden kann. Z u r ü c k bleiben die Fälle des V e r z i c h tes eines Ehegatten auf Qualifikation und Aufstieg zugunsten des Partners, die E h e etwa einer Abiturientin, die auf ein eigenes Studium der Medizin verzichtet und sich mit der weit schnelleren Ausbildung zur M T A begnügt, u m dem M a n n mit ihrem A r b e i t s e i n k o m m e n ein unbeschwertes Studium zu ermöglichen. Ausgleichsansprüche sind hier vonnöten, die den ehebedingten V e r z i c h t auf beider Schultern verlagern. Hausfrauen- und Hausmannsehe, sie sind die E h e t y p e n , für die uns längst die N o t w e n d i g k e i t eines Ausgleichs geläufig ist. W i e stark auch i m m e r unsere Zugewinngemeinschaft deren eigene Idee mißachtet haben mag, den G e d a n k e n von der N o t w e n d i g k e i t nach arbeitsteiliger E h e auch deren schließliche Ergebnisse teilen zu müssen, hat sie jedenfalls durchgesetzt und allem Anschein nach in weiten Bevölkerungskreisen stabilisiert. Evident ist auch die N o t w e n d i g k e i t eines Ausgleichs nach ehelicher Mitarbeit für den ehebedingten Verzicht auf Qualifikation und beruflichen Aufstieg, der andernorts möglich gewesen wäre. Ausgleich nach ehelicher Mitarbeit ist im übrigen kein P r o b l e m des ehelichen Güterrechts, sondern der privatautonom gesetzten O r d n u n g , mögen die Ehegatten sich nun eines familienrechtlichen
Kooperationsvertrages
bedienen,
mögen
sie
auch A r b e i t s - oder Gesellschaftsverträgen vertrauen". Periodische L e i stungen sind hier oft sachgerecht, die bereits in der Phase der Mitarbeit verdeutlichen, daß die Ergebnisse der Arbeit auf der Tätigkeit beider Ehegatten beruhen 5 8 . D i e Zuverdienstehe sodann, die einen Ausgleich gebietet für den ehebedingten Verzicht auf den vollen Einsatz der Arbeitskraft im E r w e r b s leben, mag nun die Frau, mag auch der M a n n u m des Haushalts wegen Ehewirkungen plausibler, doch handelt die Legislative nicht widersprüchlich, wenn sie nur die Interessen der Ehegatten wahrt, die in einem bestimmten Güterstand leben. 57 Zur Geltung des Vertragsprinzips und zu den bestehenden Möglichkeiten vgl. Gernhuber, FamRZ 1979, 201 ff. 38 Die früh geäußerte Uberzeugung, daß eheliche Mitarbeit ein periodisches Entgelt rechtfertigen könne (vgl. FamRZ 1958, 247 und 1959, 472), hat vor dem l.EheRG wenig Anklang gefunden und die Rspr. überhaupt nicht erreicht. Konsequent hat man mitarbeitende Ehefrauen von der Unterhaltspflicht gegenüber
24 Bescheidung üben. U n d schließlich die intermittierende E h e mit ihrem W e c h s e l von einem E h e t y p z u m anderen. Sie ist unschwer zu meistern, weil der Folge der E h e t y p e n auch eine Folge der Ausgleichsansprüche zu entsprechen hätte. Keinerlei Besonderheiten verbinden sich im übrigen mit ihr, da doch generell ein Ausgleich vorzunehmen wäre in jenem Augenblick, in dem die Ehegatten einen E h e t y p verlassen, mag auch die E h e in einem anderen T y p fortgesetzt werden. V o r dem H i n t e r g r u n d eines derart ausgeführten Güterstandes gerät der tradierte Grundsatz von der Vertragsfreiheit im ehelichen G ü t e r r e c h t in neues Licht. Angesichts eines Güterstandes, der nicht nur einem E h e t y p angemessen ist, sondern allen, weil er statt einer groben Einheitslösung ein M o s a i k sachgerechter N o r m e n f e l d e r mit sich führt, verliert der tradierte Grundsatz offenbar an Überzeugungskraft. W e r den Ehegatten das R e c h t einräumt, in Verträgen gesetzliches G ü t e r r e c h t zu verdrängen, das Sachrichtigkeit für sich nur sehr beschränkt in Anspruch n i m m t , gibt nicht eben vieles preis. W e r dagegen einen feinziselierten
Güterstand
schafft, der ausfächert und eben deshalb generelle Sachrichtigkeit für sich in Anspruch nehmen kann, darf nicht mehr in aller U n s c h u l d das gesamte W e r k zur Disposition der Ehegatten stellen. Es handelt sich nicht u m das P r o b l e m der Gütergemeinschaft, die gewiß kein taugliches Mittel einseitiger Interessendurchsetzung unter E h e gatten ist. Es handelt sich allein um die Flucht aus den Ausgleichsregelungen in die reine Gütertrennung, so wie sie heute allen Ehegatten offensteht. D a s Ehegüterrecht hat hier den A n s c h l u ß zu wahren an die T e n d e n z unserer Tage, den intellektuell und ö k o n o m i s c h Unterlegenen zu schützen vor der vertraglichen Preisgabe von R e c h t e n . H e u t e n o c h - morgen schon mag es anders sein k ö n n e n - ist die Problematik geschlechtsbezogen. Ein jeder Jurist kennt Frauen, die sich ihrer R e c h t e begaben, ohne andernorts ein Äquivalent zu erhalten, und keiner einen M a n n , dem das N ä m l i c h e widerfuhr. W e n n das Prinzip der Privatautonomie assoziiert wird nicht nur mit dem G e d a n k e n der Selbstverantwortung, sondern auch mit dem Gedanken der V e r a n t w o r t u n g vor dem Prinzip der sozialen Gerechtigkeit 3 ', wird es ihren Eltern mangels Leistungsfähigkeit während der Dauer der Mitarbeit freistellen müssen. Vgl. insbesondere L G Konstanz, FamRZ 1962, 260 mit Anm. Thomä. O b mit dem 1. EheRG ein Wandel eingetreten ist (vgl. dazu FamRZ 1979, 201 ff. mit einem Kooperationsvertrag der Ehegatten als Regelbasis ihrer Zusammenarbeit), wird die Zukunft lehren. " Zum viel verhandelten Problem der Richtigkeitsgewähr im Bereich der Privatautonomie vgl. die Schrifttumshinw. bei MünchKomm-ÄramtT, vor § 145.
25 schwer, in ihr ein Gegengewicht zu finden, das schwerer wiegt als die Sachrichtigkeit gesetzlicher Regelungen. Wer sie gleichwohl in aller Breite zu bewahren wünscht, wird jedenfalls eine ausreichende Richtigkeitskontrolle für alle Eheverträge vorsehen müssen, die Ausgleichsregelungen abbauen. Verpönt sollte die grobe Form staatlicher - und sei es auch richterlicher - Genehmigung bleiben, möglich dagegen die weit angenehmere Form der normativen Mißbrauchskontrolle anhand präziser rechtlicher Regelungen, die Ehegatten entgegentreten, welche ihre güterrechtlichen Verhältnisse unfair zu regeln wünschen.
VIII. Prognose Es gibt weit mehr Entwürfe, die Entwürfe blieben, als Entwürfe, aus denen schließlich neues Recht erwuchs. So mag auch die Chance, dermaleinst vor einem Güterstand mit typenspezifischen Ausgleichsregelungen zu stehen, klein dünken und die Gefahr für seinen Befürworter, übersehen oder gar belächelt zu werden, groß. Dennoch: wer der Zeit den Spiegel vorhält, wird unschwer in ihm alle Elemente finden, die sich zu jenem Güterstand zusammenfügen. Geringer noch ist die Hoffnung auf ein typisierendes Eherecht in anderen Bezügen, im Unterhaltsrecht etwa und im Ehepersonenrecht zumal. Dennoch: wer die Zeit betrachtet, wird unschwer in ihr die Bausteine finden, aus denen es zu formen wäre.