Wesensmerkmale der arbeitnehmerähnlichen Person [1 ed.]
 9783428447206, 9783428047208

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GUSTAV WACHTER

Wesensmerkmale der arbeitnehmerähnlichen Person

Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht Band 53

Wesensmerkmale der arheitnehmerähnlichen Person

Von

Dr. iur. Gustav Wachter

DUNCKER & HUMBLOT /

BERLIN

Alle Rechte vorbehalten

@ 1980 Duncker ". Humblot, Berlln 41

Gedruckt 1980 bei Buchdruckerei A. Sayffaerth - E. L. Krabn, BerUn 81 Prlnted in Germany ISBN S 428 04720 6

Meiner Frau Brigitta

Vorwort Voraussetzung für die Anwendung arbeitsrechtlicher Vorschriften ist im Rahmen der österreichischen Rechtsordnung bekanntlich grundsätzlich das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses bzw. das Vorliegen der Arbeitnehmer-Eigenschaft. In bezug auf diverse arbeitsrechtliche Rechtsfolgen wird jedoch nicht nur an den Bestand eines Arbeitsverhältnisses, sondern (auch) an das Vorliegen eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bzw. der Eigenschaft "arbeitnehmerähnliche Person" angeknüpft. Der Katalog der auf diese Weise auch auf die Arbeitnehmerähnlichkeit abstellenden arbeitsrechtlichen Vorschriften ist in den letzten Jahren in Österreich durch den Gesetzgeber stetig ausgeweitet worden. Man kann daher heute den Begriff der arbeitnehmerähnlichen Person mit gutem Grund als zu den Grundbegriffen des Arbeitsrechts gehörig bezeichnen. In einem merkwürdigen Gegensatz zu dieser nicht unerheblich angewachsenen Bedeutung des Begriffes der arbeitnehmerähnlichen Person steht in Österreich die als geradezu stiefmütterlich zu bezeichnende Behandlung der arbeitnehmerähnlichen Person durch das rechtswissenschaftliche Schrifttum. Dieses hat sich nämlich bisher nur vereinzelt und häufig bloß in Randbemerkungen mit der arbeitnehmerähnlichen Person befaßt. Und auch die rein quantitativ betrachtet an sich sehr zahlreichen einschlägigen Äußerungen in der Rechtsprechung sind bedauerlicherweise überaus kasuistisch und über weite Strecken widersprüchlich. Insgesamt betrachtet kann man im Zusammenhang mit der arbeitnehmerähnlichen Person von einer außerordentlich großen Rechtsunklarheit und Rechtsunsicherheit sprechen. Und der bis dato erarbeitete Entwicklungsstand des Begriffes der arbeitnehmerähnlichen Person erscheint mit dem des Arbeitnehmerbegriffes zur Zeit nach dem Ende des Ersten Weltkrieges vergleichbar. Hier nach Möglichkeit etwas Licht ins Dunkel zu bringen und einen Beitrag zur Präzisierung der Grenzziehung zwischen der arbeitnehmerähnlichen Person und dem Unternehmer einerseits sowie zwischen dem Arbeitnehmer und der arbeitnehmerähnlichen Person andererseits zu leisten, ist das Ziel der vorliegenden Untersuchung. An zentraler Stelle haben dabei zunächst methodologische Überlegungen zu stehen. In deren allgemeinem Teil wird zugleich der Versuch einer rationalen Rekonstruktion der in letzter Zeit verschiedentlich ins

Vorwort

8

Kreuzfeuer der Kritik geratenen Lehre vom Rechtsdenken in Typen unternommen. Die Arbeit ist primär der österreichischen Rechtsordnung gewidmet. Die arbeitnehmerähnliche Person ist jedoch sozusagen ein "Geschöpf des deutschen Rechts" und auch heute noch in der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland von nicht unerheblicher Bedeutung. Es wurden daher auch die dortige Rechtsprechung und Literatur im Rahmen des Sinnvollen mitverarbeitet. Rechtsprechung und Schrifttum konnten bis Anfang 1980 berücksichtigt werden. Die Arbeit hat der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck 'im Jahr 1980 als Habilitationsschrift vorgelegen. Innsbruck,31.~ärz1980

DeT VerfasseT

Inhaltsverzeichnis 1. Der Gegenstand der UntersuehunI' .... . .............. . .............. ,

17

2. Die Stellung arbeitnebmerihnlicber Personen im fisterreiehJscben Recht

22

3. Bisheriger Meiuungsstand ............................ . .............

27

3.1. Positive Merkmale

............................................

3.1.1. Wirtschaftliche Unselbständigkeit -

wirtschaftliche Abhängigkeit ........................................................

29 29

3.1.2. Wirtschaftliche Unterordnung

31

3.1.3. Einschränkung der Entschlußfähigkeit ....... . ...... . ..... . .

32

3.1.4. Einschränkung der Tätigkeit für andere ....... . ............

34

3.1.5. Verpflichtung zu persönlicher Arbeitsleistung. . . . . . . . . . . . . . ..

35

3.1.6. Berichterstattungspfticht ....................................

36

3.1.7. Arbeitsleistung im Auftrag und für Rechnung anderer Per-

sonen ......................................................

36

3.1.8. Fremdbestimmung der Arbeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

38

3.1.9. Tätigkeit für einen oder mehrere bestimmte Unternehmer . . ..

38

3.1.10. Längere Dauer, gewisse Regelmäßigkeit ......... . . . . . . . . . . .

40

3.1.11. Art und Weise bzw. Höhe der Entlohnung ..................

41

3.1.12. Erforderlichkeit für den Lebensunterhalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

42

3.1.13. MittelsteIlung zwischen Arbeitnehmer und Unternehmer ....

43

3.1.14. Einem Arbeitnehmer näher stehend als einem Unternehmer ..

44

3.2. Negative Merkmale ................ . ... . . . . . ...................

44

3.2.1. Unternehmen

45

3.2.2. Betrieb 3.2.3. Betriebsstätte

46

..............................................

47

3.3. Irrelevante Merkmale ........................................ ..

47

3.3.1. Rechtsnatur, sozialversicherungsrechtliche und steuerrechtliche

Behandlung ................................................

47

3.3.2. Unternehmerrisiko ........................... . . . ............

50

10

Inhaltsverzeichnis 3.3.3. Sonstige wirtschaftliche Lage, sonstige Einkünfte

51

3.3.4. Verhältnis der Einkünfte aus mehreren Tätigkeiten zueinander ......................................................

53

3.3.5. Gewerbeschein ......... . .................................. "

53

3.4. Methodologische Feststellungen ................................

54

3.4.1. Notwendigkeit der Gesamtbetrachtung ......................

54

3.4.2. Arbeitnehmerähnliche Person ist Typus .................... "

54

3.4.3. Keine enge Auslegung bei sozialer Schutzbedürftigkeit ...... "

55

4. Die Entwicklungsgeschichte der Bestimmungen für die arbeitnehmerähnlichen Personen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . ..

56

4.1. § 2 Abs. 1 Satz 2 ArbGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

56

4.2. § 226 Abs. 11. Teilentwurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

63

4.3. § 1 Abs. 1 Satz 2 DNHG

64

4.4. § 2 Abs. 2 lit. b AuslBG

65

4.5. § 2 Z. 3 IESG .......... . .......................................

65

4.6. § 1 Abs. 4 KSchG ........... . . . ................................

66

4.7. § 17 ORFG 1974 ................................................

66

4.8. Das Medienmitarbeitergesetz

67

5. Der Zwem der an die Arbeitnehmerähnlichkeit anknüpfenden Bestimmungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

70

5.1. Der Gesetzeszweck von § 2 Abs. 1 Satz 2 ArbGG ........... . . . ..

70

5.2. Der Zweck von § 1 Abs. 1 Satz 2 DNHG ... . ........ . ...... . . . ..

71

5.3. Der Zweck von § 2 Abs. 2 lit. b AuslBG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

72

5.4. Der Zweck von § 2 Z. 3 IESG ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

73

5.5. Der Zweck von § 1 Abs. 4 KSchG ........................... ;..

73

6. Die soziale Schutzbedürftigkeit der arbeitnehmerähnlichen Person ..

75

6.1. Die wirtschaftliche Unselbständigkeit als Basis der Schutzbedürtigkeit des Arbeitnehmers und der arbeitnehmerähnlichen Person

75

Inhaltsverzeichnis

11

6.2. Die Reduktion des Arbeitnehmerbegriffs auf die organisatorische Komponente der wirtschaftlichen Unselbständigkeit ............ 81 6.3. Der Begriff der arbeitnehmerähnlichen Person als direkt an die wirtschaftliche Unselbständigkeit anknüpfender Tatbestand . . . . .. 87 7. nie Wesensmerkmale der arbeitnehmerihnlidlen Person. . . . . . . . . . . . ..

93

7.1. Natürliche Person. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

93

7.2. Fehlende Arbeitnehmereigenschaft und fehlender Entgeltschutz für Heimarbeit ....................................................

94

7.3. Tätigkeit für einen anderen aufgrund eines schuldrechtlichen Vertrages ........................................................

98

7.4. Wirtschaftliche Unselbständigkeit .............................. 103 7.4.1. Methodologische Vorbemerkung zur Erfassung der wirtschaftlichen Unselbständigkeit .................................... 109 7.4.1.1. Grundzüge typologischen Denkens in der Rechtswissenschaft 7.4.1.1.1. Die Merkmale des Typus .............................. 7.4.1.1.1.1. Merkmalsmäßige Offenheit ........................ 7.4.1.1.1.2. Merkmalsmäßige Kompensierbarkeit .............. 7.4.1.1.1.3. Merkmalsmäßige Abstufbarkeit .................... 7.4.1.1.2. Als Merkmale des Typus nicht geeignete Kriterien .... 7.4.1.1.2.1. Abstufbarkeit des betreffenden Terminus selbst .... 7.4.1.1.2.2. Bestehen fließender "übergänge .................... 7.4.1.1.3. Das Verhältnis des Typus zum Klassenbegriff .......... 7.4.1.1.4. Der Typus - ein geschlossener Terminus oder ein Typus? ..............................................

109 111 113 120 121 124 125 126 128 131

7.4.1.2. Der Terminus "wirtschaftliche Unselbständigkeit" - ein Typus? .................................................. 133 7.4.2. Konkretisierung des Typus "wirtschaftliche Unselbständigkeit" 137 7.4.2.1. Der konstitutive Wertgesichtspunkt des Typus "wirtschaftliche Unselbständigkeit" .................................. 137 7.4.2.2. Typische Merkmale der wirtschaftlichen Unselpständigkeit 146 7.4.2.2.1. Unter dem finanziellen Aspekt relevant erscheinende Merkmale der wirtschaftlichen Unselbständigkeit ...... 146 7.4.2.2.1.1. Tätigkeit für eine oder mehrere bestimmte Personen 148 7.4.2.2.1.2. Längere Dauer, gewisse Regelmäßigkeit ............ 150 7.4.2.2.1.3. Einschränkung der Tätigkeit für weitere Personen .. 152 7.4.2.2.1.4. Sonstige Einkünfte, sonstige wirtschaftliche Lage bzw. Vermögen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 156 7.4.2.2.1.5. Art und Weise der Entlohnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 158 7.4.2.2.1.6. Höhe der Entlohnung .............................. 159 7.4.2.2.1.7. Arbeit mit Arbeitsmitteln des Vertragspartners ... ~ 162

12

Inhaltsverzeichnis 7.4.2.2.2. Unter dem organisatorischen Aspekt relevant erscheinende Merkmale der wirtschaftlichen Unselbständigkeit .. .. 7.4.2.2.2.1. Weisungsunterworfenheit .......................... 7.4.2.2.2.2. Verpflichtung zU persönlicher Arbeit ................ 7.4.2.2.2.3. Persönliche Erbringung der geschuldeten Tätigkeit .. 7.4.2.2.2.4. Berichterstattungspflicht .......................... 7.4.2.2.2.5. Betrieb, Betriebsstätte ............................ 7.4.2.2.2.6. Sonstige Einschränkungen organisatorischer Art .... 7.4.2.3. Zur Erfassung der wirtschaftlichen Unselbständigkeit bzw. Arbeitnehmerähnlichkeit nicht geeignete Umstände . . . . . . .. 7.4.2.3.1. Sozialversicherungsrechtliche und steuerrechtliche Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 7.4.2.3.2. Gewerberechtliche Beurteilung ........................ 7.4.2.3.3. Wirtschaftliche Unterordnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 7.4.2.3.4. Fremdbestimmung .................................... 7.4.2.3.5. Unternehmerrisiko .................................... 7.4.2.3.6. Unternehmen

162 163 165 166 166 167 169 172 173 177 178 179 180 182

7.4.2.4. Die Gesamtwürdigung .................................... 183 8. Die zwingende Natur der Arbeitnehmerähnllcbkeit ................... 196

9. Zusammenfassung und Ergebnisse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 199

Scbriftumsverzeicbnis ................................................. 209

Abkürzungsverzeicbnis a.A. ABGB Abs. AcP AGBG a.M. AngG Anm. AnwZ AöR AP Arb. ArbG ArbGG ArbuR ArbVG ARDBD ARS ARSP Art. ASVG A.T. Aufl. AuslBG

anderer Ansicht Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch Absatz "Archiv für die civilistische Praxis" Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vom 9. 12. 1976 BGBl. I S. 3317 anderer Meinung Angestelltengesetz BGBI. 1921/292 Anmerkung "Osterreichische Anwaltszeitung" "Archiv des öffentlichen Rechts" "Arbeitsrechtliche Praxis", "Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts" "Sammlung von arbeitsrechtlichen Entscheidungen der Gerichte und Einigungsämter" Arbeitsgericht Arbeitsgerichtsgesetz "Arbeit und Recht" Arbeitsverfassungsgesetz BGBl. 1974/22 "ARD-Betriebsdienst" s. BenshSlg "Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie" Artikel Allgemeines Sozialversicherungsgesetz BGBl. 1955/189 Amtlicher Teil Auflage Ausländerbeschäftigungsgesetz BGBI. 1975/218

BMfsV BRD BSG BSGE BUrlG bzw.

"Bundesarbeitsblatt" Bundesarbeitsgericht "Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts" "Der Betriebsberater" Band "Entscheidungen des Reichsarbeitsgerichts und der Landesarbeitsgerichte", verlegt bei Bensheimer (1928 bis 1944; ab 1934: "Arbeitsrechts-Sammlung") Bundesgesetz; Bezirksgericht Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrats "Blätter für Steuerrecht, Sozialversicherung und Arbeitsrecht" Bundesministerium für soziale Verwaltung Bundesrepublik Deutschland Bundessozialgericht "Entscheidungen des Bundessozialgerichts" Bundesurlaubsgesetz vom l. l. 1963 BGBl. I S. 2 beziehungsweise

DB DBetrVerf

"Der Betrieb" "Die Betriebsverfassung"

BABl. BAG BAGE BB Bd. BenshSlg BG BGBl. BGH BlgNR BIStSozAR

14

Abkürzungsverzeichnis

d.h. DNHG DRGB1. DRWiss

das heißt Dienstnehmerhaftpflichtgesetz BGBl. 1965/80 Deutsches Reichsgesetzblatt "Deutsche Rechtswissenschaft"

E.

Entscheidung "Evidenzblatt der Rechtsmittelentscheidungen"

f. ff.

Fn. FuR

und der (die) folgende und die folgenden Fußnote "Film und Recht"

GewGG GewO ggf. GP

Gewerbegerichtsgesetz BGBl. 1922/229 Gewerbeordnung RGBl. 1859/227 gegebenenfalls Gesetzgebungsperiode

H. HeimAG HG Hrsg, HVG

Heft Heimarbeitsgesetz 1960 BGBl. 105 Handelsgericht Herausgeber Handelsvertretergesetz BGBl. 1921/348

i. d. F. IESG i. e. S. i. o. S. i. S. i. V.m. i. w. S. IZTR

in der Fassung Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz BGBl. 1977/324 im engeren Sinn im obigen Sinn im Sinn in Verbindung mit im weiteren Sinne "Internationale Zeitschrift für Theorie des Rechts"

JBl. Jg. JR JRSRTh JZ

"Juristische Blätter" Jahrgang "Juristische Rundschau" Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie "Juristenzeitung"

KG KSchG

Kreisgericht Konsumentenschutzgesetz BGBl. 19791140

LAG leg. eit. LG LGBl. LGZ lit. LPfG

Landarbeitsgesetz BGBl. 19481140 legis citatae Landesgericht Landesgesetzblatt Landesgericht für Zivilrechtssachen litera (Buchstabe) Lohnpfändungsgesetz BGBI. 1955/51

m.a.W. MDR

MMG m.w.A.

mit anderen Worten "Monatsschrift für deutsches Recht" Medienmitarbeitergesetz mit weiteren Angaben

NJW Nr. NZfA

"Neue Juristische Wochenschrift" Nummer "Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht"

o. öJT ÖJZ

oben Österreichischer Juristentag "Österreichische Juristenzeitung"

EvBl.

Abkürzungsverzeichnis

15

öRdA OGH o. J. ORFG

"Das Recht der Arbeit" Oberster Gerichtshof ohne Jahr Bundesgesetz über die Aufgaben und die Einrichtung des Österreichischen Rundfunks BGBl. 1974/397

RABl. RAG RGBl. Rivdirintcomplav Rz.

"Reichsarbeitsblatt" Reichsarbeitsgerich t Reichsgesetzblatt "Rivista di diritto internazionale e comparato dellavoro" Randzahl

s. S.

siehe Seite "Sammlung arbeitsrechtlicher Entscheidungen" sogenannte(r) "Sozialrechtliche Mitteilungen der Arbeiterkammer Wien" Spalte "Entscheidungen des Oberlandesgerichtes Wien im Leistungsstreitverfahren zweiter Instanz der Sozialversicherung" Steiermärkische Landarbeitsordnung 1972 LGBl. 1973/34 "Entscheidungen des österreichischen Obersten Gerichtshofes in Zivil- (und Justizverwaltungs-)sachen"

SAE

sog. SozM

Sp. SSV StLAO SZ TE TVG

Teilentwurf Tarifvertragsgesetz

u.a. UFITA usf. usw. u. U.

und andere; unter anderem "Archiv für Urheber-, Film-, Funk- und Theaterrecht" und so fort und so weiter unter Umständen

v. VersRdSch VfS vgl. Vorbem.

vom,von "Die Versicherungsrundschau" "Vierteljahresschrift für Sozialrecht" vergleiche Vorbemerkung, -en

Z ZAS z.B. ZBl. ZBlHR ZfA ZfS ZfsR ZfSR ZHR

Ziffer "Zeitschrift für Arbeitsrecht und Sozialrecht" zum Beispiel "Zentralblatt für die juristische Praxis" "Zentralblatt für Handelsrecht" "Zeitschrift für Arbeitsrecht" "Zeitschrift für Sozialrecht" "Zeitschrift für soziales Recht" "Zeitschrift für Sozialreform" "Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht" "Zeitschrift für Versicherungswissen"

ZVersWiss

1. Der Gegenstand der Untersuchung Voraussetzung für die Anwendung von Arbeitsrecht ist im Rahmen der geltenden österreichischen Rechtsordnung bekanntlich grundsätzlich das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses bzw. - wenn man die Betrachtung nicht am Rechtsverhältnis, sondern an den daran beteiligten Personen orientiert - das Vorliegen der Arbeitnehmer- bzw. der Arbeit· gebereigenschaft einer Person. In bezug auf verschiedene arbeitsrechtliche Rechtsfolgen wird jedoch nicht nur an das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses, sondern auch an das Vorliegen eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bzw. der Eigenschaft "arbeitnehmerähnliche Person" oder Partner einer solchen angeknüpft. Wann das Tatbestandsmerkmal der Arbeitnehmerähnlichkeit verwirklicht ist, insbesondere wo die Grenzen zwischen arbeitnehmerähnlichen Personen und Unternehmern verlaufen, ist jedoch in Österreich (ebenso wie übrigens auch in der Bundesrepublik Deutschland) bis heute bei weitem nicht mit der wünschenswerten Präzision geklärt. Dies muß doch als einigermaßen erstaunlich bezeichnet werden. Denn die arbeitnehmerähnliche Person ist - wie noch näher zu zeigen sein wird1 - arbeitsrechtlich von nicht unerheblicher Bedeutung, und zwar sowohl in Österreich als auch in der Bundesrepublik Deutschland. Ja angesichts der in den letzten Jahren zu konstatierenden legislatorischen Aufwertung der arbeitnehmerähnlichen Person erscheint es sogar durchaus nicht übertrieben, den Begriff der arbeitnehmerähnlichen Person als zu den Grundbegriffen des Arbeitsrechts gehörig zu bezeichnen, wie dies beispielsweise Strasser tut3. Die österreichische Rechtsprechung hatte sich zwar im Laufe der Zeit außerordentlich häufig mit der arbeitnehmerähnlichen Person auseinanderzusetzen4, und sie hat auch etliche wichtige Grundsätze herausgears. den Überblick unter 2. ArbVG-Handkommentar (1975), 199. Auch Schwarz I Holzer I Holler, IESG (1978), 75, sprechen neuerdings von einer grundsätzlichen Bedeutung des Begriffes der arbeitnehmerähnlichen Person. a Erst jüngst ist der rechtliche Stellenwert der arbeitnehmerähnlichen Person durch die Aufnahme in das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz und ihre (wenngleich nur negative) ausdrückliche Nennung im Konsumentenschutzgesetz neuerlich verstärkt worden. , Es liegt dazu in Österreich die stattliche Anzahl von nicht weniger als rund 100 veröffentlichten Entscheidungen vor. Eine sehr instruktive, aber schon vom Erscheinungsdatum des Buches her natürlich bei weitem nicht vollständige Übersicht bietet Kapfer, ArbGG, 2. Auf!. (1968), 43 ff.; einen Über1

!

2 Wachter

18

1. Der Gegenstand der Untersuchung

beitet. über weite Strecken ist die einschlägige österreichische Judikatur aber doch sehr kasuistisch und in Summe betrachtet widersprüch· lich geblieben5• Eine einheitliche Linie, die für zukünftige den Gerichten zur Beurteilung vorliegende Fälle eine auch nur einigermaßen sichere Entscheidungsprognose zulassen würde, ist bisher leider nicht entwikkelt worden1l• Auch das Schrifttum leistet im vorliegenden Zusammenhang bis dato keine allzu große Hilfestellung. Denn die österreichische rechtswissenschaftliche Literatur hat dem vorliegenden Problemkreis bei weitem nicht die ihm von der Sache her gebührende Aufmerksamkeit gewidmet, sondern sich bisher nur vereinzelt und häufig bloß in Randbemerkungen mit der arbeitnehmerähnlichen Person befaßt7 • Außerdem enthalten sogar diese wenigen Stellungnahmen noch in etlichen (und zwar grundlegenden) Punkten unterschiedliche Auffassungen. überhaupt ist eine ausreichende methodologische und inhaltliche Vertiefung der überlegungen bisher unterlassen worden. Insgesamt betrachtet kann man von einem in der rechtswissenschaftlichen Literatur stark vernachlässigten Bereich des Arbeitsrechts sprechen. Umfangreicher und tiefergehend ist das Schrifttum in der BRD8. Von einer befriedigenden Klärung sämtlicher einschlägigen Fragen ist man aber auch dort noch weit entfernt'. Alles in allem stellt es gewiß keine übertreibung dar, wenn man feststellt, daß in Österreich (ebenso wie übrigens auch in der BRDIO) im bHck auf dem Stand Anfang 1977 bringen Dittrich / Veit / Tades, Arbeitsrecht, Bd. III, Entscheidungen zu § 2 ArbGG unter 8. 5 Vgl. die herbe Kritik TomandZs, Wesensmerkmale, 59 ff. S Auch in der BRD liegt übrigens eine größere Zahl einschlägiger Entscheidungen vor; insgesamt gesehen erscheint diese Judikatur aber von einer einheitlichen und konsequenten Linie noch weiter entfernt als die österreichische; zur jüngeren Rechtsprechung in der BRD s. zuletzt Dersch / Neumann, BUrlG, 5. Aufl. (1977), Rz. 67 ff. zu § 2; Grunsky, ArbGG, 3. Auf!. (1980), Rz. 16 ff. zu § 5; Wiedemann / Stumpf, TVG, 5. Aufl. (1977), Rz. 1 ff. zu § 12 a; zur älteren Judikatur in Deutschland s. vor allem Dersch / VoZkmar, ArbGG, 6. Auf!. (1955), Rz. 66 zu § 5. 7 Kramer, Arbeitsvertragsrechtliche Verbindlichkeiten neben Lohnzahlung und Dienstleistung (1975), 87, spricht zu Recht von einem grundsätzlich klärungsbedürftigen Gebiet. S Auch dort meinte übrigens vor nicht allzulanger Zeit HerscheZ, DB 1977, 1185, zu Recht, daß das Echo, das die arbeitnehmerähnliche Person bisher in der Arbeitsrechtswissenschaft gefunden hat, nicht ihrer Bedeutung entspricht; s. weiters die Klage von Herschel, Film und Recht 19'77, 290 f. D Schwerdtner, ZfA 1979, 26 f., bezeichnet die arbeitsrechtliche Einordnung der arbeitnehmerähnlichen Person als ein großes Dunkelfeld des gegenwärtigen Arbeitsrechts und wirft der Arbeitsgesetzbuchkommission, die bekanntlich die Auffassung vertreten hat, daß der Begriff der arbeitnehmerähnlichen Person und die für arbeitnehmerähnliche Personen geltenden Vorschriften des Arbeitsvertragsrechts im Rahmen eines folgenden Buches bestimmt werden sollten, vor, damit ein brennendes Problem des gegenwärtigen Arbeitsrechts ausgeklammert zu haben.

1. Der Gegenstand der Untersuchung

19

Zusammenhang mit der Arbeitnehmerähnlichkeit ein außerordentlich großes Maß an Rechtsunklarheit und Rechtsunsicherheit besteht. Hier nach Möglichkeit etwas Licht ins Dunkel zu bringen und den mit einschlägigen Fragen befaßten Personen sowie den Gerichten eine gewisse Orientierungshilfe an die Hand zu geben, ist Ziel der folgenden Untersuchung. Dabei wird zwar sicher kein absolutes Patentrezept für die endgültige zweifelsfreie Lösung aller denkbaren Fälle geliefert werden können (angesichts der Schwierigkeit der Materie und der jahrzehntelangen Ungelöstheit des Problems ist das auch nicht weiter verwunderlich). Immerhin sollte es aber möglich sein, einen substantiellen Beitrag zur Entwicklung des arbeitsrechtlichen Wissens um die so problembeladene arbeitnehmerähnliche Person zu liefern und der wissenschaftlichen Erörterung dieses grundlegenden arbeitsrechtlichen Begriffes neue Anstöße zu geben. Rechtstatsächlichl l ist von der vorliegenden Einordnungsproblematik eine nicht unerhebliche Zahl von Personen betroffen. Wenn man sie nach der Berufszugehörigkeit grob schematisiert, sind es vor allem Handelsvertreter!2, Tankstelleninhaber13 sowie die große Gruppe der freien Mitarbeiter im Bereich der sogenannten Kulturberufe 14, namentlich bei Rundfunk und Fernsehen. Daneben kommen arbeitnehmerähnliche Personen aber auch noch in einer ganzen Reihe weiterer Beschäftigungssparten vor, die hier nicht im einzelnen aufzuzählen sind 15 • Wenngleich an sich eine umfassende Untersuchung der Stellung der arbeitnehmerähnlichen Person in den diversen Rechtsbereichen wün10 Vgl. z. B. Herschel, DB 1977, 1185 ff.; weiters Lieb, RdA 1974, 257 ff.; Rancke, Die freien Berufe zwischen Arbeits- und Wirtschaftsrecht; Materiale Kriterien des Arbeitnehmerbegriffs (1978), 82 ff.; Seidel, BB 1970, 971 ff.; StoUerfoht, Die Selbständigkeit des Handelsvertreters (1973), 6 ff.; dens., DB 1973, 1068 f.

11 Zur Rechtstatsachenforschung vgl. vor allem die grundlegenden Arbeiten von Nußbaum, Die Rechtstatsachenforschung; Ihre Bedeutung für Wissenschaft und Unterricht (1914); Ziele der Rechtstatsachenforschung (1920); Die Rechtstatsachenforschung (1955). Diese Arbeiten sind zusammengefaßt in Bd. 12 der Schriftenreihe zur Rechtssoziologie und Rechtstatsachenforschung, ausgewählt und eingeleitet von Rehbinder. 12 Zur Rechtswirklichkeit bei den Handelsvertretern vgl. z. B. Schwerdtner, Handelsvertreterrecht und Handelsvertreterwirklichkeit, BIStSozAR 1972, 17 ff.; und StoUerfoht, Die Selbständigkeit des Handelsvertreters (1973), 37 ff. lS Zur Lage der Tankstelleninhaber vgl. Rehbinder, Der Tankstellenvertrag im Blickfeld der Rechtstatsachenforschung (1971). 14 Zur rechtstatsächlichen Situation im Bereich der zuletzt genannten Berufsgruppe in der BRD vgl. nunmehr ausführlich Fohrbeck / Wiesand / Woltereck, Arbeitnehmer oder Unternehmer? Zur Rechtssituation der Kulturberufe (1976); weiters Fohrbeck I Wiesand, Der Autoren-Report (1972); dieselben, Der Künstler-Report (1975). 15 Zu weiteren Beispielen vgl. z. B. Rancke, Die freien Berufe zwischen Arbeits- und Wirtschaftsrecht; Materiale Kriterien des Arbeitnehmerbegriffs (1978), 15; ferner Friedrich, MDR 1979, 190.

20

1. Der Gegenstand der Untersuchung

schenswert wäre, kann diese in einer einzigen Monographie naturgemäß nicht erfolgen. Um die vorliegende Darstellung in einem einigermaßen vertretbaren1' Rahmen zu halten, muß vielmehr notwendigerweise eine Beschränkung erfolgen: Es können nur Fragen behandelt werden, die sich im Zusammenhang mit dem Begriff der arbeitnehmerähnlichen Person in den verschiedenen Bereichen des Arbeitsrechts sowie im Insolvenzentgeltsicherungsrecht und im Konsumentenschutzrecht stellen. Nicht untersucht werden können namentlich jene Probleme, die sich bei den aus der Sicht der angeführten Rechtsgebiete als arbeitnehmerähnlich zu qualifizierenden Personen im Rahmen des allgemeinen Sozialversicherungsrechts 17 sowie dem des Steuerrechts18 stellen. Im Zuge der Untersuchung ist dabei zunächst ein kurzer überblick darüber zu geben, in welchem Zusammenhang das Vorliegen eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses in Österreich rechtlich relevant ist, mit anderen Worten, welche Stellung die arbeitnehmerähnliche Person im geltenden österreichischen Recht einnimmt.

In der Folge sollen im Zuge einer Bestandsaufnahme die bisher in Österreich in Rechtsprechung und Schrifttum zum Begriff der arbeitnehmerähnlichen Person vertretenen Meinungen dargestellt werden. Im Anschluß daran ist ein überblick über die historische Entwicklung der Anknüpfung rechtlicher Bestimmungen an die Arbeitnehmerähn':' lichkeit zu geben. Sodann ist zur Vorbereitung der später vorzunehmenden Bedeutungsanalyse des Terminus "arbeitnehmerähnlich Person" der Zweck der 18 Nicht zuletzt unter dem Gesichtspunkt der Finanzierbarkeit der Drucklegung der Arbeit, die bekanntlich gerade bei wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu Spezialproblemen in den letzten Jahren leider zu einem überaus großen Problem geworden ist. 17 Es sei z. B. nur das Stichwort "Beschäftigungsverhältnis" genannt; s. dazu in Österreich zuletzt allgemein eingehend Krejci, Das sozialversicherungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis; zugleich eine Kritik der Faktizitätstheorie, VersRdSch 1976, 224 ff., 277 ff. und 306 ff.; dens., Das Sozialversicherungsverhältnis (1977), 21 ff.; zu sozialversicherungsrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der arbeitnehmerähnlichen Person im besonderen s. Krejci, Sozialversicherungsverhältnis, 73 ff.; in der Rechtsprechung z. B. OLG Wien 2. 8. 1977 SSV 17/106; in der BRD s. zum Beschäftigungsverhältnis allgemein zuletzt z. B. Seiter, Sozialversicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis und Arbeitsverhältnis, VfS 1976, 179 ff.; und Wallerath, Das sozialversicherungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis, ZfS 1977, 159 ff.; zur Stellung arbeitnehmerähnlicher Personen im deutschen Sozialversicherungsrecht vgl. vor allem Heußner, Die freien Mitarbeiter bei Rundfunk und Fernsehen im Sozialversicherungsrecht, RdA 1978, 12 ff.; Krause-Ablaß, Zur Frage der Sozialversicherungspflicht freier Mitarbeiter der Rundfunkanstalten, ZfSR 1972, 323 ff.; und Voigt, Die Sozialversicherungspflicht der freien Mitarbeiter bei den Sendeanstalten, ZfS 1978, 78 ff.; in der Rechtsprechung der BRD s. zuletzt BSG 1. 12. 1977, BB 1978, 966 f. 18 Erwähnt seien beispielsweise nur die Stichworte "Unternehmer" und "Einkünfte aus selbständiger Arbeit".

l. Der

Gegenstand der Untersuchung

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diversen rechtlichen Vorschrüten für die arbeitnehmerähnlichen Personen im einzelnen darzulegen. Ferner ist eine nähere Analyse der sozialen Schutzbedürftigkeit der arbeitnehmerähnlichen Personen vorzunehmen, d. h. zu untersuchen, worauf sich eigentlich das Schutzbedürfnis der arbeitnehmerähnlichen Personen stützt. Dabei ist zum Vergleich auch auf das Schutzbedürfnis der Arbeitnehmer einzugehen. In der Folge sind die Wesensmerkmale der arbeitnehmerähnlichen Person ausführlich darzustellen, wobei auch methodologische Überlegungen nicht fehlen dürfen. Schließlich wird noch auf den zwingenden Charakter der Arbeitnehmerähnlichkeit einzugehen sein.

2. Die Stellung arbeitnehmerähnlicher Personen im österreichischen Recht Bevor in die eigentliche Untersuchung eingetreten wird, ist im folgenden zunächst darzustellen, in welchen österreichischen Rechtsvorschriften überhaupt spezielle Regelungen für arbeitnehmerähnliche Personen getroffen sind. Geboten werden soll dabei hier allerdings nur ein kurzer Überblick. Das bedeutet zum einen, daß nur jene Vorschriften angeführt werden können, in denen zweifelsfrei unmittelbar an die Arbeitnehmerähnlichkeit angeknüpft wird; Normen, bei denen dies nicht der Fall ist, bei denen aber u. U. an eine analoge Anwendung auf. arbeitnehmerähnliche Personen gedacht werden könnte, sind hier nicht darzustellen. Zum anderen heißt das, daß auf die Behandlung der Rechtsfolgenproblematik gänzlich verzichtet werden mußt. Die arbeitnehmerähnliche Person ist in der österreichischen Arbeitsrechtsordnung nicht von genereller Bedeutung; die Rechtslage ist vielmehr bekanntlich so, daß der Eintritt arbeitsrechtlicher Rechtsfolgen grundsätzlich das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses voraussetzt und daß nur in bestimmten Vorschriften (auch) auf die Arbeitnehmerähnlichkeit abgestellt wird. Pauschal gesprochen geht es dabei hauptsächlich darum, daß bestimmte Rechtsvorschriften, die primär für Arbeitnehmer erlassen worden sind, auch auf arbeitnehmerähnliche Personen angewandt werden sollen2 • In den letzten Jahren ist dabei übrigens in Österreich ebenso wie in der Bundesrepublik Deutschland eine im Prinzip begrüßenswerte Tendenz zur Ausweitung des Katalogs der auch auf arbeitnehmerähnliche Personen anwendbaren arbeitsrechtlichen Vorschriften bzw. zur Schaffung eigener Regelungen arbeitsrechtlichen Charakters für bestimmte Gruppen von arbeitnehmerähnlichen Personen zu konstatieren. Ein wesentlicher Schwerpunkt der Bedeutung der arbeitnehmerähnlichen Person im österreichischen Arbeitsrecht liegt nach der bestehenden Rechtslage im Prozeßrecht, und zwar im Bereich der Arbeitsgerichtsbarkeif!. Denn § 2 Abs. 1 Satz 2 ArbGG stellt den Arbeitern und Angestell1 Dies erscheint deswegen sachlich gerechtfertigt, weil allfällige Zweifelsfragen in bezug auf die Rechtsfolgen in der Regel keine speziellen Probleme der arbeitnehmerähnlichen Personen sind, sondern zumeist solche der jeweiligen Vorschrift ganz allgemein. 2 Zum wertungsmäßigen Hintergrund dieser Regelung s. später, insbesondere unter 6.

2. Die Rechtsstellung arbeitnehmerähnlicher Personen

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ten Personen gleich, die den Entgeltschutz für Heimarbeit genießen, sowie sonstige nicht mit gewerblicher Heimarbeit beschäftigte Personen, die im Auftrag und für Rechnung bestimmter anderer Personen Arbeit leisten und wegen wirtschaftlicher Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind. Damit ist die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte gemäß § 1 ArbGG nicht nur dann gegeben, wenn ein Arbeitsverhältnis vorliegt, sondern auch bei Verhältnissen, in deren Rahmen der Entgeltschutz für Heimarbeit zur Anwendung gelangt, und auch dann, wenn ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis gegeben ist.

In den letzten Jahren ist des weiteren ein deutlicher Zug zur vermehrten Einbeziehung der arbeitnehmerähnlichen Personen auch in das materielle Arbeitsrecht bzw. zur Schaffung materieller arbeitsrechtlicher Vorschriften für bestimmte Gruppen arbeitnehmerähnlicher Personen zu registrieren, der seinen vorläufigen Höhepunkt in der noch zu behandelnden Regierungsvorlage eines Medienmitarbeitergesetzes· gefunden hat. Von Bedeutung ist die arbeitnehmerähnliche Person in diesem Bereich zum einen im DienstnehmerhaftpfHchtrecht5 • Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 DNHG sind nämlich die Vorschriften des DNHG auch für Personen, die, ohne in einem Dienstverhältnis zu stehen, im Auftrag und für Rechnung bestimmter anderer Personen Arbeit leisten und wegen wirtschaftlicher Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnlich anzusehen sind, im Verhält·· nis zu ihren Auftraggebern sinngemäß anzuwenden. Außerdem spielt die arbeitnehmerähnliche Person eine Rolle im Rahmen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes". Denn als Beschäftigung i. S. dieses Gesetzes gilt u. a. (gemäß § 2 Abs. 2lit. b AuslBG) die Verwendung in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Arbeit nicht aufgrund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschrüten ausgeübt wird. Damit unterliegt die Verwendung von Ausländern im Rahmen arbeitnehmerähnlicher Verhältnisse grundsätzlich dem AusIBG. 3 Zur Arbeitsgerichtsbarkeit im allgemeinen s. vor allem Holzhammer, Osterreichisches Zivilprozeßrecht, 2. Aufl. (1976), 389 ff.; Kapfer, ArbGG, 2. Auf!. (1968); Mayer-Maly, Osterreichisches Arbeitsrecht (1970), 235ff.; Stanzl, Arbeitsgerichtliches Verfahren (1954); Tutschka, Handbuch des österreichischen Arbeitsrechts, 3. Auf!. (1979 ff.), 495 ff.; weitere Angaben bei Dittrich I Veit I Tades, Arbeitsrecht, Bd. IH, vor § 1 ArbGG. 4 Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes betreffend den arbeitsrechtlichen Schutz von journalistischen und programmgestaltenden Mitarbeitern von Medienunternehmen vom 13. 6. 1979, 19 BlgNR 15. GP. 5 Zur Dienstnehmerhaftung im allgemeinen s. insbesondere Dirschmied, Dienstnehmerhaftpflichtgesetz (1972), und Dittrich I Veit I Tades, Arbeitsrecht, Bd. H, DNHG. 8 BG v. 20. 3. 1975, mit dem die Beschäftigung von Ausländern geregelt wird, BGBL 218. Zu diesem Gesetz allgemein s. vor allem Dittrich I Veit I Tades, Arbeitsrecht, Bd. H, AuslEG; Neurath I Steinbach, AuslEG (1976); und Schnorr, AuslEG (1976).

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2. Die Rechtsstellung arbeitnehmerähnlicher Personen

Ebenfalls auf arbeitnehmerähnliche Personen zur Anwendung kommt das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz7 • Heißt es doch in dessen § 2 Z. 3, daß die Bestimmungen dieses Gesetzes "auf arbeitnehmerähnliche Personen gemäß § 2 Abs. 1 des ArbGG sinngemäß Anwendung" finden. Von gewisser Bedeutung ist die arbeitnehmerähnliche Person schließlich auch in einem Gesetz, von dem man das nicht unbedingt erwarten würde, und zwar in dem vor nicht allzu langer Zeit8 in Kraft getretenen KonsumentenschutzgesetzD• Der Stellenwert der arbeitnehmerähnlichen Personen im Rahmen des KSchG ist allerdings nur ein negativer. § 1 Abs. 4 dieses Gesetzes ordnet nämlich an, daß das erste Hauptstück des KSchGlO für "Verträge, die jemand als Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnliche Person (§ 2 Abs. 1 ArbGG) mit dem Arbeitgeber schließt", nicht gilt. Ferner ist an dieser Stelle zur Abrundung des Bildes auf Vorschrüten hinzuweisen, die zwar nicht direkt an die Arbeitnehmerähnlichkeit anknüpfen, die aber offenbar auf bestimmte Gruppen von arbeitnehmerähnlichen Personen gemünzt sind. Zunächst ist hier das schon erwähnte, in statu nascendi befindliche Medienmitarbeitergesetz zu nennen. Gemäß seinem § 1 Abs. 1 soll der Abschnitt 1 der Regierungsvorlage dieses Gesetzes für journalistische und programmgestaltende Mitarbeiter eines Medienunternehmens gelten, die, ohne in einem Arbeitsverhältnis zum Medienunternehmen zu stehen, im Auftrag und für Rechnung des Medienunternehmens ständig tätig, vom Medienunternehmen wirtschaftlich abhängig sind und die bedungenen Leistungen persönlich erbringen. Ständige Tätigkeit in diesem Sinn soll gemäß § 1 Abs. 2 leg. cit. vorliegen, wenn der Mitarbeiter während eines Zeitraumes von sechs Monaten ununterbrochen oder innerhalb dieses Zeitraumes in kürzeren zeitlichen Abständen öfter für das Medienunternehmen tätig wird. Wirtschaftliche Abhängigkeit im obigen Sinn soll nach § 1 Abs. 3 leg. cit. nicht vorliegen, wenn das vom Medienunternehmen während des Zeitraums von sechs Monaten zu leistende Entgelt den sechsfachen im § 5 Abs. 1 Z. 1 des Lohnpfändungsgesetzes, BGBI. Nr. 5111955, genannten Betrag nicht erreicht. Der angegebene Abschnitt des MMG-Entwurfs enthält eine weitgehende Regelung der materiellrechtlichen Stellung der dadurch erfaßten arbeitnehmerähnlichen Personen. Insbesondere finden 7 BG v. 2. 6. 1977 über die Sicherung von Arbeitnehmeransprüchen im Falle der Insolvenz des Arbeitgebers, BGBL 324; s. dazu allgemein Fritscher, Das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz (IESG) - behandelt an Hand von Zweifels· fragen, öRdA 1978, 114 ff.; und Schwarz / Holzer / Holler, Das Arbeitsverhältnis bei Konkurs und Ausgleich; Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz (1978). 8 Am 1. 10. 1979. D BG vom 8. 3. 1979, mit dem Bestimmungen zum Schutz der Verbraucher getroffen werden (Konsumentenschutzgesetz - KSchG), BGBL 140. 10 Das "besondere Bestimmungen für Verträge zwsichen Unternehmern und Verbrauchern" enthält.

2. Die Rechtsstellung arbeitnehmerähnlicher Personen

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sich dort in Abschnitt 1 Bestimmungen über die schriftliche Aufzeichnung des Vertragsinhaltes, die Entrichtung des Entgelts, den Auslagenersatz, die Entgeltfortzahlung, den Urlaub, die Fürsorgepflicht, den Mutterschutz, das Zeugnis, die Beendigung des Vertragsverhältnisses, das Wettbewerbsverbot und die Wettbewerbsklausel, die Konventionalstrafe, die Beschränkung des Schadenersatzes u. a. Außerdem bringt Abschnitt 1 dieses Entwurfs eine Regelung über Gesamtverträge über die Entlohnungs- und Beschäftigungsbedingungen der oben angeführten journalistischen und programmgestaltenden Mitarbeiter von Medienunternehmen sowie über die Rechtsbeziehungen der Vertragsparteien der Gesamtverträge. Eine bestimmte arbeitnehmerähnliche Personen betreffende Regelung findet sich überdies im ORFG 1974 11 • Denn dieses Gesetz enthält bekanntlich in den §§ 17 ff. Bestimmungen über die Stellung der programmgestaltenden Mitarbeiter des Österreichischen Rundfunks. Insbesondere ist dort eine - neben den allgemeinen betriebsverfassungsrechtlichen Organen zu errichtende12 Sondervertretung für journalistische Mitarbeiter vorgesehen. Journalistische Mitarbeiter in diesem Sinn sind jedoch nach der Legaldefinition des § 17 Abs. 3 ORFG 1974 alle an der Gestaltung von Hörfunk- oder Fernsehprogrammen journalistisch mitwirkenden Personen, insbesondere Redakteure, Reporter, Korrespondenten und Gestalter von Programmen journalistischen Charakters, die als Angestellte des Österreichischen Rundfunks oder als freie Mitarbeiter diese journalistische Tätigkeit ständig und nicht bloß als wirtschaftlich unbedeutende Nebenbeschäftigung ausüben. Die Vorschriften über die Sondervertretung gelten demnach - grob gesprochen - für in Beziehungen zum ORF stehende arbeitnehmerähnliche Personen ebenso wie für Angestellte des ORF. Im Gesetz keine Stütze findet hingegen die von einem Autor13 getroffene (nicht näher belegte) Feststellung, "freie Mitarbeiter" unterlägen bezüglich ihres Urlaubsanspruchs nach BGBl. 1971/317 seit 1. 1. 1973 dem AngG. Das Bestehen eines Anspruchs auf bezahlten Erholungsurlaub nach dem AngG war vielmehr auch nach dem 31. 12. 1972 vom Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses abhängig gewesen1'. Die Stellung als "freier Mitarbeiter" war in diesem Zusammenhang nicht ausreichend gewesen15 • Auch nach den inzwischen in Kraft getretenen neuen Urlaubs11 BG v. 10.7. 1974 über die Aufgaben und die Einrichtung des Österreichischen Rundfunks, BGBl. 397. 11 s. Floretta in Floretta / strasser, ArbVG-Handkommentar, 260. 13 Kramer, Arbeitsvertragsrechtliche Verbindlichkeiten neben Lohnzahlung und Dienstleistung (1975), 88, Fn. 262. " s. §§ 1 ff. AngG und Art. IX Abs.l des BG BGBI. 1971/317. 15 Vgl. LGZ Wien 29. 11. 1973 ARDBD 2642/12.

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2. Die Rechtsstellung arbeitnehmerähnlicher Personen

bestimmungen U1 genügt im übrigen für das Bestehen eines Urlaubsanspruchs das Vorliegen eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses nicht 17• Eine gewisse Einschränkung wird nach dem wohl in absehbarer Zeit zu erwartenden Inkrafttreten des Medienmitarbeitergesetzes lediglich insoweit gelten, als den vom MMG erfaßten arbeitnehmerähnlichen Personen gemäß § 6 dieses Gesetzes eine Urlaubsabgeltung zustehen soll. Verfehlt erscheint auch die vom LGZ Graz 18 unlängst zum Ausdruck gebrachte Auffassung, daß einem Winzer, der in einem dienstnehmerähnlichen Rechtsverhältnis stehe1t, gemäß § 30 StLAO ein Abfertigungsanspruch zustehe. Sowohl § 30 StLAO als auch das LAG sprechen nämlich im Zusammenhang mit dem Abfertigungsanspruch ganz klar von "Dienstnehmern". Und beide Gesetze enthalten keinen wie immer gearteten Hinweis, daß unter diesen Begrüf "Dienstnehmer" auch arbeitnehmerähnliche Personen zu subsumieren seien. Da das Gericht auf seine diesbezüglichen bemerkenswerten Ausführungen nicht eine Zeile einer Begründung verschwendet, dürfte es sich des außergewöhnlichen Charakters seiner Behauptung wohl kaum bewußt gewesen sein. Es drängt sich daher der Verdacht auf, daß der Entscheidung ein schlichter Rechtsirrtum des betreffenden Senats dahingehend zugrundeliegt, daß "dienstnehmerähnliche Personen" in Österreich arbeitsrechtlich generell wie Dienstnehmer behandelt würden.

U BG v. 7. 7. 1976 betreffend die Vereinheitlichung des Urlaubsrechtes und die Einführung einer Pflegefreistellung, BGBI. 390. Zu Einzelheiten s. namentlich Klein I Martinek, Urlaubsrecht (1977). 17 Anders die Rechtslage in der BRD. Dort gelten als urlaubsberechtigte Arbeitnehmer gemäß § 2 S. 1 BUrlG bekanntlich auch arbeitnehmerähnliche Personen; zu Einzelheiten s. statt aller Dersch I Neumann, BUrlG, 5. Auf!. (1977), Rz. 67 ff. zu § 2. 18 ZAS 1979, 201. 10 Daß der aufgrund eines Winzervertrages Tätige in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis stehen kann, erscheint zutreffend.

3. Bisheriger Meinungsstand Im folgenden ist zunächst zur Schaffung eines gewissen Überblicks eine Bestandsaufnahme vorzunehmen, welche Kriterien bisher in Österreich von Rechtsprechung und Schrifttum herangezogen worden sind, um das Tatbestandsmerkmal "arbeitnehmerähnliche Person" in den Griff zu bekommen; ferner ist eine Übersicht über die einschlägigen methodologischen Feststellungen in der österreichischen Judikatur und Literatur zu geben 1• Die österreichischen Gerichte hatten sich - wie erwähnt - schon in außerordentlich zahlreichen Fällen mit der Arbeitnehmerähnlichkeit auseinanderzusetzen. Und die einschlägige Rechtsprechung ist auch sehr reichhaltig. Vom Gegenstand her haben sich die vorliegenden publizierten Entscheidungen - soweit ersichtlich - mit ganz wenigen Ausnahmen ausschließlich auf die arbeitnehmerähnZiche Person gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 ArbGG bezogen. Einige wenige Entscheidungen! beziehen sich auf das Kautionsschutzgesetz (und zwar wird dort jeweils die Anwendbarkeit des Kautionsschutzgesetzes auch auf arbeitnehmerähnliche Personen vertreten). Eine Entscheidungll bezieht sich auf das DNHG4. Und ein Erkenntnis ist zur StLAO ergangen5 • Zu den anderen oben angeführten Vorschriften liegt bis dato überhaupt keine veröffentlichte Judikatur vor. Diese Rechtsprechung ist - und zwar bis in allerjüngste Zeit - in wesentlichen Punkten kontroversiell geblieben. Von einer einheitlichen Linie kann bei näherem Hinsehen absolut keine Rede sein. Bedeutend weniger reichhaltig sind die Ausführungen im österreichischen Schrifttum. Auch ist die Meinungsbildung dort in noch erheblich 1 Zur Situation in der BRD vgl. vor allem das in Kapitell Fn. 6 angegebene Schrifttum und zuletzt Rancke, Freie Berufe, insbesondere 82 ff. (jeweils m. w.

A.).

I OLG Wien 23. 2. 1938, ZBl. 1938, Nr. 186; ArbG Wien 31. 3. 1971 SozM I Ale 911 f.; LG Innsbruck 22. 2. 1978, AK-Jahrbuch 1978 der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Tirol, 42. 3 OGH 7. 11. 1972 Arb. 9043. 4 In der interessanten, aber überaus problematischen Entscheidung des OGH vom 12. 7. 1977 Arb 9605 = öRdA 1978, 133 ff. (mit zustimmender Anmerkung von Waas) = ZAS 1978, 185 ff. (mit ablehnender Anmerkung von Koziol), ist zwar in einem Halbsatz auch einmal von arbeitnehmerähnlichen Personen die Rede. Das Urteil scheint sich aber letztlich weniger auf ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis als auf eine Art mittelbares Arbeitsverhältnis zu stützen. 5 LGZ Graz 5. 7. 1979 ZAS 1979, 201.

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3. Bisheriger Meinungsstand

geringerem Maße zum Abschluß gekommen als in der Judikatur, so daß sich ein auch nur einigermaßen gefestigter Meiungsstand in der Literatur nicht feststellen läßt. Insgesamt gesehen müssen die in der österreichischen Lehre zum vorliegenden Problemkreis abgegebenen Stellungnahmen als ausgesprochen spärlich bezeichnet werden. Das in der Judikatur und im Schrifttum vorliegende Material soll zunächst in der Richtung aufbereitet werden, daß die diversen im Laufe der Zeit zur Arbeitnehmerähnlichkeit getroffenen Feststellungen dargestellt werden. Wenn man dieses Material im einzelnen sichtet, ergibt sich, daß im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerähnlichkeit von den Gerichten bzw. den Autoren eine verhältnismäßig große Zahl von Merkmalen für relevant gehalten wird. Die Richtungen, in denen die verschiedenen Merkmale Wirkung entfalten sollen, und das Gewicht, das ihnen beigemessen wird, sind jedoch sehr unterschiedlich. Es würde allerdings ohne Zweifel zu weit führen, wollte man hier alle Merkmale, denen in Rechtsprechung oder Schrifttum irgendwann einmal irgendeine Bedeutung beigemessen worden ist, erschöpfend anführen. Es muß vielmehr eine Beschränkung auf diejenigen Merkmale erfolgen, denen über den einzelnen zur Beurteilung anstehenden Fall hinaus eine gewisse allgemeinere Aussagekraft zukommt. Eine von Tomandl in seiner bekannten Untersuchung zum Arbeitnehmerbegriff6 beklagte Schwierigkeit der Darstellung besteht analog auch im vorliegenden Zusammenhang. Sie liegt darin, daß die gerichtlichen Entscheidungen bzw. Stellungnahmen im Schrifttum nur höchst selten zur Abgrenzung ein einziges Kriterium verwenden. Meist finden sich in den Urteilen bzw. literarischen Äußerungen verschiedene Kriterien kombiniert, ohne daß sichtbar würde, welchem Kriterium besondere Bedeutung zukommt oder welche Kriterienkombination für eine klare Beurteilung als ausreichend angesehen wird. Will man die Bedeutung der einzelnen Kriterien analysieren, muß man aber jedes isoliert betrachten. Es erscheint im Zuge der Darstellung des bisherigen Meinungsstandes zwecks größerer übersichtlichkeit sinnvoll, die im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerähnlichkeit genannten Merkmale zunächst in folgende grobe Gliederung einzuordnen:

- Positive Merkmale (Darunter sind Umstände zu verstehen, deren Vorliegen für, und solche, deren Nichtvorliegen gegen Arbeitnehmerähnlichkeit sprechen soll); - Negative MermaZe (Merkmale, deren Vorliegen gegen, oder solche, deren Nichtvorliegen für Arbeitnehmerähnlichkeit sprechen soll); eWesensmerkmale, 36.

3.1. Positive Merkmale

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- Irrelevante Merkmale (Merkmale, von denen ausdrücklich festgestellt wird, daß ihnen im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerähnlichkeit keine Bedeutung zukomme, und die hier nur zur allfälligen Beseitigung von Zweifeln über die Erheblichkeit eines Merkmals aufzuführen sind). Am Ende dieses Abschnittes sind schließlich noch die wichtigsten bisher im Zusammenhang mit der rechtlichen Erfassung der arbeitnehmerähnlichen Person vertretenen methodologischen Auffassungen anzuführen. 3.1. Positive Merkmale In der Folge sollen Merkmale dargestellt werden, deren Vorliegen nach Auffassung der Gerichte oder des Schrifttums für, und solche, deren Nichtvorliegen gegen das Bestehen von Arbeitnehmerähnlichkeit spricht. Dabei sind einerseits solche Kriterien anzuführen, deren Vorliegen nach der Rechtsprechung oder der Literatur einerseits notwendig, andererseits hinreichend ist, um Arbeitnehmerähnlichkeit zu konstatieren, bzw. deren Fehlen ausreicht, um Arbeitnehmerähnlichkeit auszuschließen. Andererseits sind Umstände darzustellen, deren Vorliegen nach der Rechtsprechung oder dem Schrifttum bloß ein Indiz für Arbeitnehmerähnlichkeit bzw. deren Nichtvorliegen ein Indiz gegen Arbeitnehmerähnlichkeit ist7 • 3.1.1. Wirtschaftliche Unselbständigkeit -wirtschaftliche Abhängigkeit

In einer außerordentlich großen Zahl von Entscheidungen wird zum Ausdruck gebracht, daß für das Bestehen von Arbeitnehmerähnlichkeit wirtschaftliche Unselbständigkeit wesentlich sei8 • 7 Eine exakte Trennung dieser aus methodologischer Sicht grundlegend verschiedenen Umstände ist in dieser Übersicht über den Meinungsstand nicht möglich, weil den Entscheidungen bzw. den Stellungnahmen im Schrifttum leider nicht immer mit der erforderlichen Klarheit entnommen werden kann, in welche Richtung die Ausführungen gemeint sind. e s. z. B. LG Feldkirch 16.11.1948 Arb. 5006, KG Leoben 25.7.1952 Arb. 5476, OGH 21. 10. 1952 Arb. 5539, OGH 21. 9. 1953 Arb. 5819, OGH 29. 1. 1954 SZ 27/20, OGH 2. 3. 1954 Arb. 5933, OGH 26. 10. 1954 Arb. 6100, OGH 22. 3. 1955 Arb. 6195, OGH 6. 9. 1955 Arb. 6300, OGH 13. 12. 1955 Arb. 6355, OGH 21. 3. 1956 Arb. 6408, LGZ Wien 15. 6. 1956 Arb. 6464, OGH 18. 7. 1956, Arb. 6491, LG Innsbruck 31. 10. 1956 SozM IV A 109, OGH 12. 12. 1956 Arb. 6559, LGZ Graz 31. 12. 1957 Arb. 6765, LGZ Linz 20. 12. 1961 Arb. 7469, KG Leoben 8. 3. 1963 Arb. 7727, OGH 23. 3. 1965 Arb. 6062, OGH 16. 11. 1965 Arb. 8159, LGZ Graz 18. 3. 1966 Arb. 8214, OGH 12. 12. 1966 Arb. 8330, OGH 19. 1. 1967 Arb. 8338, ArbG Wien 15. 3. 1967 SozM IV A 303, OGH 17. 10. 1967 Arb. 8468, LGZ Wien 16. 10. 1969 Arb. 8689, OGH 23. 6. 1970 Arb. 8769, LGZ Wien 15. 3. 1972 Arb.

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3. Bisheriger Meinungsstand

Im Schrifttum sieht Harmos t die wirtschaftliche Unselbständigkeit (neben der Arbeitsleistung im Auftrag und für Rechnung bestimmter anderer Personen) als das entscheidende Merkmal der Arbeitnehmerähnlichkeit an. Und auch Schwarz / Holzer / Holler 10 betrachten die wirtschaftliche Unselbständigkeit als wesentliches Merkmal der Arbeitnehmerähnlichkeit. In einer Reihe von weiteren Entscheidungen wird ebenfalls die wirtschaftliche Unselbständigkeit als entscheidend für das Vorliegen von Arbeitnehmerähnlichkeit angesehen, es wird dort aber ohne nähere Überlegung synonym mit dem Ausdruck "wirtschaftliche Unselbständigkeit" auch die Bezeichnung "wirtschaftliche Abhängigkeit" verwendetl l oder ausdrücklich betont, daß wirtschaftliche Unselbständigkeit mit wirtsch.aftlicher Abhängigkeit gleichzusetzen seil2 • In der Literatur findet sich dazu einerseits bei Harmos 13 eine Stellungnahme. Er spricht sich gegen die Gleichsetzung von wirtschaftlicher Unselbständigkeit mit wirtschaftlicher Abhängigkeit aus. Und auch Schwarz / Holzer / Holler 1• äußern sich gegenüber der erwähnten Gleichsetzung kritisch. In einer größeren Zahl weiterer Entscheidungen wiederum wird festgestellt, es komme im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerähnlichkeit entscheidend auf die wirtschaftliche Abhängigkeit an15 • Seit längerer Zeit 8960, OGH 7. 11. 1972 Arb. 9043, OGH 30. 10. 1973 EvBl. 1974/85, OGH 18. 4. 1974 Arb. 92217, OGH 6. 4. 1976 ARDBD 287118/76, OGH 5. 7. 1977 Arb. 9600 (wo es heißt, daß in erster Linie eine entsprechende wirtschaftliche Unselbständigkeit und Abhängigkeit entscheidend sei); OGH 11. 10. 1977 ARDBD 3030110/78. 8 ZAS 1966, 25 ff. (Anmerkung zu OGH 29. 6. 1965). 10 IESG, 74 ff. 11 s. z. B. OGH 27. 6. 1951 Arb. 5282, LGZ Graz 2. 10. 1952 Arb. 5521, OGH 10. 3. 1954 Arb. 5942, OGH 17. 7. 1954 Arb. 6056, OGH 21. 12. 1954 Arb. 6138, OGH 14. 6. 1955 SozM I Ale 118, LGZ Wien 15. 6. 1956 Arb. 6464, LGZ Graz 17.1. 1958 Arb. 6769, OGH 29. 6. 1965 Arb. 8102, LGZ Wien 19. 1. 1975 ARDBD 2782/13, OGH 30.1. 1975 Arb. 9317, OGH 7.10.1975 Arb. 9400, OLG Wien 20. 4. 1978 ARDBD 3066/18/78, OGH 17. 10. 1978 ARDBD 3142/12179, OGH 5. 12. 1978 Arb.9747. 1t LGZ Wien 2. 12. 1960 SozM IV A 227, LGZ Wien 22. 11. 1963 Arb. 7883, LGZ Wien 5. 4. 1968 Arb. 8510. 13 ZAS 1966, 26. 14 IESG, 75 f. 15 S. Z. B. OGH 7. 5. 1949 Arb. 5072, OGH 11. 5. 1949 Arb. 5074, LGZ Wien 12. 11. 1952 Arb. 5558, LGZ Wien 20. 5. 1953, SozM I Ale 44, OGH 14. 7. 1953 Arb. 5773, OGH 11. 11. 1953 SZ 26/270, OGH 3. 2. 1954 Arb. 5902, OGH 17. 7. 1954 JBl. 1954, 595 f., OGH 29. 3. 1955 Arb. 6210, OGH 14. 6. 1955 SozM I Ale 118, OGH 3. 7. 1956 Arb. 6487, LG Salzburg 29. 1. 1959 Arb. 6979, LGZ Wien 11. 6. 1959 Arb. 7076, KG Leoben .19. 1. 1961 Arb. 7321, OGH 29. 11. 1961 JBl. 1962, 509, OGH 23. 10. 1962 Arb. 7641, LGZ Graz 25. 1. 1963 Arb. 7717, OGH 6. 11. 1963 EvBl. 1964/69, KG Ried i. 1. 21. 12. 1964 Arb. 8019, LGZ Wien 6. 9. 1966 Arb. 8270, LGZ Wien 19. 9.1968 Arb. 8547, LGZ Wien 9. 2.1972 Arb. 8955, OGH 14. 1. 1975 Arb. 9315, OGH 24. 4. 1975 Arb. 9346, OGH 29. 4. 1975 Arb. 9347,

3.1. Positive Merkmale

31

findet sich dabei die stereotype Formulierung, wesentlich sei die faktische wirtschaftliche Abhängigkeit von bestimmten, wenn auch mehreren, nicht aber von einer unbegrenzten, ständig wechselnden Anzahl von Unternehmern. Im Schrifttum wendet sich Harmos 1G dediziert gegen die Meinung, daß es im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerähnlichkeit auf die wirtschaftliche Abhängigkeit ankomme. Entscheidend ist nach ihm die wirtschaftliche Unselbständigkeit und nicht die wirtschaftliche Abhängigkeit. Auch SchwaTZ / HoLzeT / HoUeT17 stehen der Aussagekraft der wirtschaftlichen Abhängigkeit im Konnex mit der Arbeitnehmerähnlichkeit kritisch gegenüber. Dagegen ist StanzL18 zufolge das entscheidende Merkmal der Arbeitnehmerähnlichkeit die wirtschaftliche Abhängigkeit, und zwar von bestimmten, wenn auch mehreren, nicht aber von einer unbegrenzten, ständig wechselnden Zahl von Unternehmern. 3.1.2. Wirtschaftliche Unterordnung

In zahlreichen Entscheidungen wird der Meinung Ausdruck verliehen, die für die Arbeitnehmerähnlichkeit wesentliche wirtschaftliche Abhängigkeit bzw. Unselbständigkeit sei dann gegeben, wenn die Arbeit in wirtschaftlicher Unterordnung für die Zwecke eines anderen geleistet werde111 . In zwei weiteren Entscheidungen wird die wirtschaftliche Unterordnung in negativer Hinsicht für die Fallösung fruchtbar gemacht: Einmal wird wegen des festgestellten Fehlens einer völligen Unterordnung unter die Organisation die Arbeitnehmerähnlichkeit eines Handelsvertreters verneint20 • Ein anderes Mal wird das Fehlen der wirtschaftlichen Unterordnung als Umstand angesehen, der (neben anderen) gegen Arbeitnehmerähnlichkeit spreche!1. In einer einzigen Entscheidung wird die Irrelevanz der wirtschaftlichen Unterordnung festgestellt22 • OGH 21. 10. 1975 Arb. 9405, LGZ Wien 2. 6. 1976 ARDBD 2864/13/76, OGH 21. 9. 1976 Arb. ß518, LGZ Wien 22. 12. 1976 Arb. 9544, OGH 5. 7. 1977 Arb. 9600

(wo es etwas abweichend heißt, daß in erster Linie eine entsprechende wirtschaftliche Unselbständigkeit und Abhängigkeit entscheidend sei), LGZ Wien 4. 11. 1977 Arb. 9652. 18 ZAS 1966, 26. 17 IESG, 75 f. 18 Arbeitsgerichtliches Verfahren, 94. u s. z. B. OGH 14. 6. 1955 SozM I Ale 118, OGH 13. 12. 1955 Arb. 6355, OGH 15.6. 1956 Arb. 6464, OGH 6. 11. 1963 EvBl. 1964/69, OGH 29. 6. 1965 Arb. 8102, OGH 17. 10. 1967 Arb. 8468, LGZ Wien 15. 3. 1972 Arb. 8960, OGH 30. 10. 1973 EvBl. 19'74/85, OGH 18. 4.1974 Arb. 9227, OGH 30.1. 1975 Arb. 9317, LGZ Wien 22. 12. 1976 Arb. 9544. 20 s. OGH 27. 6.1951 Arb. 5282. n s. OGH 3. 2. 1954 Arb. 5902.

32

3. Bisheriger Meinungsstand

Im Schrifttum finden sich zu diesem Punkt bis dato keine Äußerungen. 3.1.3. EiDsdlrinkung der EntsdlIußfihigkeit

In einer ganzen Reihe von Entscheidungen wird im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerähnlichkeit dem Umstand Bedeutung beigemessen, daß jemand im Rahmen der in Rede stehenden Tätigkeit in seiner Entschlußfähigkeit eingeschränkt ist. Alles andere als einheitlich sind aber die in der Judikatur vorgetragenen Auffassungen darüber, ob das Bestehen einer Einschränkung der Entschlußfähigkeit nur eines von mehreren möglichen Indizien ist, das für Arbeitnehmerähnlichkeit spricht, bzw. ob das Fehlen einer Einschränkung ein Indiz ist, das gegen Arbeitnehmerähnlichkeit spricht, oder ob die Einschränkung der Entschlußfähigkeit von so schwerwiegender Bedeutung ist, daß bei ihrem Vorliegen Arbeitnehmerähnlichkeit zu konstatieren ist bzw. bei ihrem Fehlen Arbeitnehmerähnlichkeit zu verneinen ist. So meint der OGH am 27. 6. 1951 23, daß es für die Frage der wirtschaftlichen Unselbständigkeit u. a. von Bedeutung sei, ob die selbständige Entschlußfähigkeit weitgehend eingeschränkt sei. Am 11. 11. 1953 24 wertet der OGH das Bestehen einer selbständigen Entschlußfähigkeit also das Fehlen einer Einschränkung der Entschlußfähigkeit ...,.... als Umstand, der gegen Arbeitnehmerähnlichkeit spreche (wobei allerdings nicht eindeutig zu ersehen ist, ob lediglich als Indiz oder mit Ausschlußwirkung). Am 17. 7. 195426 führt der OGH aus, der Mangel an selbständiger Entschlußfähigkeit würde als ein wesentliches Merkmal wirtschaftlicher Unselbständigkeit die arbeitnehmerähnliche Stellung unterstreichen. Am 29. 3. 195526 wird das Bestehen einer selbständigen Entschlußfähigkeit durch das Höchstgericht als Umstand ins Treffen geführt, der (neben anderen) gegen Arbeitnehmerähnlichkeit spreche. Später gehen die Gerichte dann des öfteren weiter und verleihen der Meinung Ausdruck, daß es im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerähnlichkeit nur darauf ankomme, ob jemand in bezug auf die ausgeübte Beschäftigung in seiner Entschlußfähigkeit auf ein Minimum eingeschränkt sei27 • In den letzten Jahren ist neuerlich ein Schwanken zu reU s. LGZ Wien 5. 4. 1968 Arb. 8510, wo ausgeführt wird, daß es im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerähnlichkeit u. a. nicht auf die persönliche und wirtschaftliche Unterordnung ankomme. n Arb. 5282. !4 SZ 26/270. 16 Arb. 6056. 11 Arb. 6210. 17 s. z. B. OGH 6. 11. 1963 EvBl. 1964/69, OGH 16. 11. 1965 Arb. 8159, LGZ Wien 16. 10. 1969 Arb. 8689, LGZ Wien 9. 2. 1972 Arb. 8955.

3.1. Positive Merkmale

88

gistrieren. Denn am 15. 3. 1972 28 wertet das LGZ Wien die Einschränkung der Entschlußfähigkeit auf einmal bloß als einen von vielen Umständen, der für Arbeitnehmerähnlichkeit spricht, am 16. 5. 197328 hingegen führt es aus, daß es für das Vorliegen von Arbeitnehmerähnlichkeit ausschlaggebend sei, daß eine Person in bezug auf die ausgeübte Beschäftigung in ihrer Entschlußfähigkeit weitgehend eingeschränkt sei. Beim OGH wiederum ist die Einschränkung der Entschlußfähigkeit am 18. 4. 197430 und am 21. 9. 197631 nur einer von mehreren Umständen, der für Arbeitnehmerähnlichkeit spricht. In seinem bis dato letzten einschlägigen Beschluß32 meint das LGZ Wien hinsichtlich eines Tabakverlegers, es ergäben sich zahlreiche Punkte, welche für seine Zuordnung zum Typus der arbeitnehmerähnlichen Person sprächen, weil durch die besondere Vertragsgestaltung der Bereich freier unternehmerischer Entscheidung des Tabakverlegers weitgehend eingeschränkt sei. Der OGH wiederum hat am 5. 12. 197833 seine zuletzt referierte Position mit den Worten "MitentscheidendM ist der Umstand ... " neuerlich verdeutlicht. Im Schrifttum finden sich zur Relevanz der Einschränkung der Entschlußfähigkeit folgende Ansichten: L. Müller führt unter Bezugnahme auf zwei Entscheidungen aus, die aus dem Vertrag hervorgehende freie Entschlußfähigkeit spreche für die wirtschaftliche Unabhängigkeit35 • Und Schwarz / Holzer / Hollere meinen, es komme im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerähnlichkeit auf die Kriterien der Fremdbestimmung an, die das Gesetz mit dem Begriff der "wirtschaftlichen Unselbständigkeit" umschreibe; den Kern dieser Fremdbestimmung habe der OGH so formuliert, daß zu prüfen sei, ob der Verpflichtete in bezug auf die ausgeübte Beschäftigung in seiner Entschlußfähigkeit auf ein Minimum eingeschränkt sei. Wahle3 7 lehnt die Auffassung, daß es lediglich darauf ankomme, ob der Beschäftigte in bezug auf die ausgeübte Beschäftigung in seiner Entschlußfähigkeit auf ein Minimum eingeschränkt sei, ab. Und auch Wetscherek 38 kritisiert die Auffassung, nur wenn die Entschlußfähigkeit auf ein Minimum eingeschränkt sei, könne man von einem arbeitnehmerähnlichen Beschäftigungsverhältnis sprechen. 28

28

Arb. 8960. Arb. 9118.

Arb. 9227. Arb. 9518. 31 4. 11. 1977 Arb. 9652. n Arb.9747. 34 Hervorhebung vom Verfasser. n öRdA 1957, 122. a. IESG,75. 37 Tankstelleninhaber, 332. 38 ZAS 1967, 186. 30

31

3 Wadlter

34

3. Bisheriger Meinungsstand 3.1.4. Einsdlränkung der Tätigkeit für andere

In einigen wenigen Entscheidungen finden sich auch Äußerungen dazu, inwieweit einer in einer vertraglichen Abmachung normierten Einschränkung der Tätigkeit für andere Personen im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerähnlichkeit Bedeutung zukomme. Die Rechtsprechung ist allerdings nicht einheitlich. So bejaht der OGH am 7. 5. 19493' bei einem Handelsvertreter die Arbeitnehmerähnlichkeit trotz dessen Berechtigung zur Tätigkeit auch für andere Firmen. Am 11. 11. 195340 hingegen zieht der OGH die Tatsache, daß einem Handelsagenten eine anderweitige Erwerbstätigkeit nicht untersagt war, in Verbindung mit anderen Umständen dazu heran, um die Arbeitnehmerähnlichkeit zu verneinen. Am 21. 12. 1954 wiederum billigt der OGH einem Handelsagenten, der hauptsächlich für eine Firma arbeitet, Arbeitnehmerähnlichkeit zu, obwohl er auch für andere Firmen arbeiten durfte41 • Am 7. 10. 197542 spricht der OGH ganz deutlich aus, daß es für die Qualifikation als arbeitnehmerähnliche Person belanglos sei, daß dem Handelsvertreter eine anderweitige Erwerbstätigkeit nicht untersagt gewesen sei. Am 15. 3. 197243 hingegen bezeichnet das LGZ Wien und am 18.4. 1974" der OGH die Einschränkung der Tätigkeit für andere Personen als Kriterium der Arbeitnehmerähnlichkeit. Auch am 2. 6. 197645 sieht das LGZ Wien den vertraglichen Ausschluß einer Tätigkeit für andere Unternehmer als Umstand an, der für Arbeitnehmerähnlichkeit spreche, wobei das Gericht seine Auffassung noch dahingehend präzisiert, daß die vertragswidrige Tätigkeit für einen zweiten Unternehmer belanglos sei, da es lediglich auf die rechtliche Gestalt des Vertragsverhältnisses und nicht auf vertragswidrige Abweichungen ankomme. Weiters wird vom OGH am 21. 9. 197640 in der vertraglichen Verpflichtung eines Frächters, die ihm vom Spediteur erteilten Aufträge jeweils durchzuführen und zu diesem Zweck ständig und ausschließlich sein Zugfahrzeug bereitzuhalten, ein Umstand gesehen, der wesentlich für Arbeitnehmerähnlichkeit spreche. Schließlich sieht das LGZ Wien am 4. 11. 1977 einen Umstand, der für Arbeitnehmerähnlichkeit spreche, auch in der Verpflichtung einer Person, nur von ihrem Partner gelieferte Produkte zu vertreiben41 • 3t

40 41 42 (8

44 45 48 47

Arb. 5072. SZ 26/270. Arb. 6138. Arb. 9400. Arb. 8960. Arb. 9227. ARDBD 2864/13/76. Arb. 9518. ARDBD 2984/13/77 1. V. m. ARDBD 2980/15a/77.

3.1. Positive Merkmale

35

Und der OGH sieht im 5. 12. 1978 48 in der vertraglichen Untersagung branchengleicher Geschäfte einen Umstand, der auf Arbeitnehmerähnlichkeit hindeute. Im Schrifttum ist als Stellungnahme zu diesem Punkt wohl eine Äußerung von Wahle aufzufassen. Er meint, es müsse als völlig abwegig bezeichnet werden, wenn aus der Auferlegung eines Konkurrenzverbotes auf das Bestehen eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses geschlossen werde49 • 3.1.5. Verpflichtung zu persönlicher Arbeitsleistung

In einigen wenigen Entscheidungen wird der Verpflichtung zu persönlicher Arbeitsleistung eine Bedeutung im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerähnlichkeit beigemessen. Zum einen wird der Meinung Ausdruck verliehen, daß das Fehlen einer Verpflichtung zu persönlicher Arbeitsleistung gegen Arbeitnehmerähnlichkeit spreche50• Zum anderen finden sich Auffassungen des Inhalts, daß das Bestehen einer Verpflichtung zur persönlichen Arbeitsleistung für Arbeitnehmerähnlichkeit spreche51 • Ob das Fehlen bzw. Bestehen einer Verpflichtung zu persönlicher Arbeitsleistung dabei eine unabdingbare Voraussetzung oder bloß ein Indiz für das Fehlen bzw. Bestehen von Arbeitnehmerähnlichkeit ist, ist in den angeführten Entscheidungen nicht eindeutig zu ersehen. Des weiteren wird die Meinung vertreten, daß der Umstand, daß sich jemand u. U. anderer Personen als Hilfskräfte bei seiner Arbeit bedient, ihm noch nicht das Merkmal einer gewissen wirtschaftlichen Unselbständigkeit zu nehmen vermöge 52 • Außerdem findet sich noch die Meinung, daß es im Zusammenhang mit der Prüfung der Arbeitnehmerähnlichkeit nicht darauf ankomme, ob eine Verpflichtung zu persönlicher Arbeit bestehe53 • In der Literatur äußert sich zu diesem Punkt L. Müller. Er meint im Anschluß an SZ 26/270, die Möglichkeit, sich bei der Arbeitsleistung Arb.9747. Tankstelleninhaber, 334. 50 s. OGH 11. 11. 1953 SZ 26/270, OGH 29. 3. 1955 Arb. 6210. 51 s. LG Salzburg 29. 1. 1959 Arb. 6979, OGH 30. 1. 1975 Arb. 9317, LGZ Wien 4. 11. 1977 Arb. 9652 (hier wird die Verpflichtung zur grundsätzlichen persönlichen Führung des Tabakverlages als Indiz in Richtung Arbeitnehmerähnlichkeit herangezogen). 52 KG Leoben 25. 7. 1952 Arb. 5476. 53 s. LGZ Wien 22. 11. 1963 Arb. 7883. 48

48

3. Bisheriger Meinungsstand

86

durch andere Personen vertreten zu lassen, spreche für die wirtschaftliche UnabhängigkeitS'. Wahle ist der Auffassung, Voraussetzung für Arbeitnehmerähnlichkeit sei persönliche Arbeitspflicht; allerdings gehe die Verpflichtung zur persönlichen Dienstleistung in der Regel weniger weit als beim Arbeitnehmer; so sei meist die gelegentliche Vertretung durch Angehörige oder Dritte nicht ausgeschlossen; es seien aber alle Vertragsverhältnisse von der Qualifikation als arbeitnehmerähnlich ausgeschlossen, bei denen auf die persönliche Arbeit des Vertragspartners überhaupt kein Gewicht gelegt werde, weil hier das Merkmal der persönlichen Verpflichtung zur Arbeit überhaupt fehle ss . 3.1.6. Beridlterstattungspßicht

In etlichen Entscheidungen wird das Bestehen einer Berichterstattungspflicht als Indiz für Arbeitnehmerähnlichkeit einer Person angesehenSG • In einer älteren Entscheidung wird das Fehlen einer Verpflichtung zur regelmäßigen Berichterstattung als Indiz gegen Arbeitnehmerähnlichkeit betrachtetS7. In drei Entscheidungen aus jüngerer Zeit wird festgestellt, daß das Fehlen einer Berichterstattungspflicht nicht unbedingt zum Wegfall der Arbeitnehmerähnlichkeit führen müsseS8 . hn Schrifttum wird von L. Müller unter Bezugnahme auf Arb. 5282 ausgeführt, daß das Fehlen einer Verpflichtung zur regelmäßigen Berichterstattung neben anderen Umständen für wirtschaftliche Selbständigkeit spreche58 • 3.1.7. Arbeitsleistung im Auftrag und für Rechnung anderer Personen

In einigen Entscheidungen aus neuerer Zeit wird betont, daß dem Wortlaut von § 2 Abs. 1 ArbGG nach zur Verwirklichung von Arbeitnehmerähnlichkeit nicht die wirtschaftliche Unselbständigkeit genüge, sondern daß auch noch die Arbeitsleistung im Auftrag und für Rechnung anderer dazukommen müsse60 • Letzteres wird also offenbar neben öRdA 1957, 122. Tankstelleninhaber, 331. 5e z. B. OGH 29. 3. 1955 Arb. 6210. LGZ Graz 17. 1. 1958 Arb. 6769, LG Salzburg 29. 1. 1959 Arb. 6979, KG Leoben 19. 1. 1961 Arb. 7321, LG Linz 20. 12. 1961 Arb. 7469, LGZ Wien 15.3. 1972 Arb. 8960, OGH 5.12.1978 Arb. 9747. sr s. OGH 27.6.1951 Arb. 5282. 58 s. OGH 14. 1. 1975 Arb. 9315, OGH 7.10.1975 Arb. 9400, OLG Wien 20. 4. 1978 ARDBD 3066/18/78. 58 öRdA 1957,122. Ge

55

3.1. Positive Merkmale

37

der wirtschaftlichen Unselbständigkeit als unabdingbares Kriterium für das Vorliegen von Arbeitnehmerähnlichkeit angesehen. Präzisierend ist dazu in einer Entscheidung aus jüngerer Zeittl festgestellt worden, daß mit dem Begriff "im Auftrag" nicht ein zugrunde liegendes Auftragsverhältnis, also die Verpflichtung, für den anderen tätig zu sein, gemeint sei, sondern daß dem Zuständigkeitstatbestand des § 2 Abs. 1 ArbGG auch Streitigkeiten aus einem Rechtsverhältnis zu unterstellen seien, kraft dessen derjenige, der mit Ermächtigung"2 eines anderen und auf dessen Rechnung Arbeit leiste, wegen wirtschaftlicher Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnlich anzusehen sei. In derselben Entscheidung wird unter offenbarer Übernahme einer Bemerkung von Kapfer63 ausgeführt, daß der Begrüf "für Rechnung anderer Personen" i. S. des § 2 Abs. 1 ArbGG nicht in dem strengen Sinn aufzufassen sei, wie er etwa § 383 HGB zugrunde liege. Dieser Begriff bringe lediglich zum Ausdruck, daß die arbeitnehmerähnliche Person nicht der eigentliche Unternehmer sei, daß sie kein (oder doch nicht das überwiegende) Unternehmerrisiko trage und daß ihr Arbeitsergebnis vom Auftraggeber im Rahmen seines Unternehmens verwertet werde (das Gericht beruft sich dabei auf die Entscheidung des OGH 4 Ob 25/76 vom 6. 4. 1976 - in der veröffentlichten Fassung dieser EntscheidungM ist die diesbezügliche Passage allerdings nicht abgedruckt). Dieselbe Auffassung findet sich in der Entscheidung des LGZ Wien vom 4.11.1977". Im Schrüttum ist die Bedeutsamkeit des Arbeitleistens "im Auftrag und für Rechnung anderer Personen" schon früher herausgestrichen worden. So führt Harmos aus, der Gesetzgeber verstehe unter arbeitnehmerähnlichen Personen jene, die unter anderem "im Auftrag" und für Rechnung bestimmter anderer Personen Arbeit leisteten66 • Kapfer6 7 bemerkt im vorliegenden Zusammenhang, daß das über das GewGG 1943 aus der deutschen Gesetzgebung übernommene Begriffsmerkmal ,für Rechnung anderer Personen' nicht in dem strengen Sinn zu verstehen sei, wie dieser Ausdruck etwa in der Definition des Kommissionärs (§ 383 HGB) verwendet werde, sondern daß es nach der einschlägigen deutschen Lehre und Rechtsprechung nur bedeute, daß die arbeitnehmerähnliche Person nicht der eigentliche Unternehmer sei, kein Unter80 OGH 6. 4. 1976 ARDBD 2871/8/76, OGH 21. 9. 1976 Arb. 9518, LGZ Wien 22. 12. 1976 Arb. 9544, LGZ Wien 4. 11. 1977 ARDBD 2984113/77 i. V. m. ARDBD 2980/15 a/77. 81 LGZ Wien 22. 11. 1976 Arb. 9544. 81 Hervorhebung vom Verfasser. n ArbGG, 2. Aufl., 35. 84 ARDBD 2871/8176. 15 ARDBD 2984/13177 i. V. m. ARDBD 2980/15 a177. 88 ZAS 1966, 27. 87 ArbGG, 2. Aufl., 34 f.

38

3.

Bisherige~ Meinungsstand

nehmerrisiko trage und daß ihr Arbeitsergebnis vom Auftraggeber im Rahmen seines Unternehmens verwertet werde. Tomandl68 meint, die Worte "im Auftrag und für Rechnung bestimmter anderer Personen Arbeit leisten" ließen erkennen, daß ein Auftragsverhältnis vorliegen müsse, schlössen aber die Beteiligung auch anderer Rechtsverhältnisse nicht aus. Wahle 89 schließlich betont, daß Arbeitnehmerähnlichkeit außer der wirtschaftlichen Unselbständigkeit noch voraussetze, daß eine bestimmte Person im Auftrag und für Rechnung einer bestimmten anderen Person Arbeit leiste. 3.1.8. Fremdbestimmung der Arbeit

In zwei Entscheidungen des OGH ebenfalls aus jüngerer Zeit70 wird ausgeführt, das entscheidende Merkmal der Arbeitnehmerähnlichkeit sei - neben der wirtschaftlichen Unselbständigkeit bzw. Abhängigkeit - die Fremdbestimmung der Arbeit, d. h. der wirtschaftliche Erfolg müsse dem Unternehmer zukommen, in dessen wirtschaftlicher Abhängigkeit sich die arbeitnehmerähnliche Person befinde. Von der Fremdbestimmung der Tätigkeit einer arbeitnehmerähnlichen Person ist schließlich auch in einer Entscheidung des LGZ Wien aus letzter Zeit71 die Rede. Im Schrifttum äußern sich zu diesem Punkt neuerdings Schwarz / Holzer / Holler72 • Sie meinen, es komme weder auf die rechtliche Natur der bestehenden Rechtsverhältnisse noch auf die steuerliche oder sozialversicherungsrechtliche Behandlung oder auf die allgemeine wirtschaftliche Lage an, sondern auf die Kriterien der Fremdbestimmtheit, die das Gesetz mit dem Begriff der "wirtschaftlichen Unselbständigkeit" umschreibe; den Kern dieser Fremdbestimmtheit habe der OGH so formuliert, daß zu prüfen sei, ob der Verpflichtete in bezug auf die ausgeübte Beschäftigung in seiner Entschlußfähigkeit auf ein Minimum eingeschränkt sei. 3.1.9. Tätigkeit für einen oder mehrere bestimmte Unternehmer

Nicht einheitlich sind die in der Rechtsprechung vertretenen Auffassungen dazu, ob bzw. inwieweit es im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerähnlichkeit eine Rolle spielt, daß jemand faktisch nur für einen oder mehrere bestimmte Unternehmer tätig ist. Wesensmerkmale, 30. n Tankstelleninhaber, 331. 70 24.4. 1975 Arb. 9346, 5. 7. 1977 Arb. 9600. 71 4.11.1977 ARDBD 2984/13/77. 71 IESG,75.

SB

3.1. Positive Merkmale

39

So wird in etlichen Entscheidungen von LG die nach Ansicht des jeweiligen Gerichts die Arbeitnehmerähnlichkeit begründende wirtschaftliche Abhängigkeit bei Tätigkeit einer Person nur für einen einzigen Unternehmer bejaht73 • Diese Tätigkeit nur für einen einzigen Unternehmer wird als ausreichend angesehen, um Arbeitnehmerähnlichkeit zu konstatieren. Etwas anders ist hier offenbar die Meinung des OGH. In einem Teil der Entscheidungen sieht er in der Tätigkeit nur für einen oder mehrere bestimmte Unternehmer lediglich einen Umstand, der für Arbeitnehmerähnlichkeit spricht (aber nicht ausreicht, um sie zu begründenF'. In einer weiteren einschlägigen Entscheidung wird die wirtschaftliche Unselbständigkeit und damit die Arbeitnehmerähnlichkeit vom OGH trotz ausschließlicher Tätigkeit eines Handelsvertreters für einen einzigen Unternehmer verneint75 • Andererseits wird in einigen Entscheidungen eine Tätigkeit für mehrere Unternehmen als Argument gegen Arbeitnehmerähnlichkeit vorgetragen. So verneint das ArbG Salzburg am 23. 1. 195070 und das KG Ried i. I. am 21. 12. 196477 bei Handelsvertretern die wirtschaftliche Unselbständigkeit bzw. Abhängigkeit wegen ihrer Arbeit für mehrere Firmen und der OGH führt am 18. 4. 197478 aus, die Tätigkeit für eine ständig wechselnde Zahl von Auftraggebern spreche gegen wirtschaftliche Unselbständigkeit, weil derjenige, der gleichzeitig mit einer unbestimmten größeren und deshalb auch häufig wechselnden Zahl von Auftraggebern zu tun habe, von keinem einzelnen von ihnen wirtschaftlich abhängig sei. Schließlich wird in einer Entscheidung noch der Standpunkt eingenommen, daß es im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerähnlich.keit irrelevant sei, ob jemand Arbeit nur für einen Vertragspartner oder auch für andere besorgt habe 71 • Aus dem Schrifttum ist im vorliegenden Zusammenhang eine Äußerung von Stanzl zu erwähnen, auch wenn diese nicht ganz unmittelbar die hier behandelte Tätigkeit für einen oder mehrere bestimmte Untern s. z. B. LGZ Wien 12. 11. 1952 Arb. 5558, LGZ Graz 17. 1. 1958 Arb. 6769, LGZ Wien 11. 6. 1959 Arb. 7076, LGZ Graz 25. 1. 1003 Arb. 7717, LGZ Wien 6. 9. 1966 Arb. 8270, LGZ Wien 15. 10. 1970 Arb. 8821. 74 s. z. B. OGH 23.10.1962 Arb. 7641, OGH 29. 6. 1965 Arb. 8102, OGH 17. 10. 1967 Arb. 8468, OGH 30. 10. 1973 EvBl. 1974/85, OGH 29. 4. 1975 Arb. 9347, OGH 7. 10. 1975 Arb. 9400, OGH 17. 10. 1978 ARDBD 3142/12/79, OGH 5. 12. 1978 Arb.9747. 75 23. 6. 1970 Arb. 8769. 78 Arb. 5143. 77 Arb. 8019. 78 Arb. 9227. 7t OGH 29.1. 1954 SZ 27/20.

3. Bisheriger Meinungsstand

40

nehmer anspricht. Stanzl80 meint, das entscheidende Merkmal der arbeitnehmerähnlichen Personen sei das der wirtschaftlichen - wenn auch nicht persönlichen - Abhängigkeit, und zwar "von bestimmten, wenn auch mehreren nicht aber von einer unbegrenzten, ständig wechselnden Anzahl von Unternehmern". Neuerdings äußern sich in diese Richtung auch Schwarz / Holzer / Hollers 1• Sie führen aus, es liege auf der Hand, daß eine wirtschaftliche Unselbständigkeit im Falle der Beschäftigung bei mehreren Auftraggebern vorliegen könne; wesentlich sei die faktische wirtschaftliche Abhängigkeit von bestimmten, wenn auch mehreren, nicht aber von einer unbegrenzten, ständig wechselnden Anzahl von Unternehmern. 3.1.10. Lingere Dauer, gewisse Regelmißigkeit Eine stark gefestigte Meinung ist der Rechtsprechung in der Richtung zu entnehmen, daß eine längere Dauer oder eine gewisse Regelmäßigkeit der zu beurteilenden Tätigkeit für das Bestehen von Arbeitnehmerähnlichkeit spreche82, wobei allerdings dieser Umstand Arbeitnehmerähnlichkeit nicht zu begründen vermöge, aber doch ein Indiz dafür abgebe. Umgekehrt kann das Fehlen einer längeren Dauer oder einer gewissen Regelmäßigkeit nach Ansicht des OGH offenbar Arbeitnehmerähnlichkeit nicht ausschließen. In der Entscheidung des OGH vom 5.7. 197783 heißt es nämlich, der Umstand, daß es sich nur um eine vorübergehende Nebenbeschäftigung für andere Personen handle, schließe die Arbeitnehmerähnlichkeit nicht aus. Im Schrifttum wird die Auffassung von der Relevanz der längeren Dauer bzw. einer gewissen Regelmäßigkeit einer Tätigkeit im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerähnlichkeit von Stanzl84 geteilt. Er führt aus, (die von ihm für entscheidend gehaltene) wirtschaftliche Abhängigkeit sei vor allem gegeben, wenn es sich um eine gewisse RegelmäßigArbeitsgerichtliches Verfahren, 94 f. IESG,76. 8! s. Z. B. OGH 11. 5. 1949 Arb. 5074, OGH 27. 6. 1951 Arb. 5282, OGH 21. 12. 1954 Arb. 6138. OGH 13. 12. 1955 Arb. 6355, LG Salzburg 29. 1. 1959 Arb. 6979, LGZ Wien 11. 6. 1959 Arb. 71176, LGZ Wien 2. 12. 1960 SozM IV A 227, KG Leoben 19. 1. 1961 Arb. 7321, OGH 29. 11. 1961 JBl. 1962, 509, OGH 23. 10. 1962 Arb. 7641, KG Leoben 8. 3. 1963 Arb. 7727, LGZ Wien 22. 11. 1963 Arb. 7883, OGH 29. 6. 1965 Arb. 8102, LGZ Wien 4. 1. 1967 Arb. 8333, OGH 19. 1. 1967 Arb. 8338, LGZ Wien 5. 4. 1968 Arb. 8510, LGZ Wien 15. 3. 1972 Arb. 8960, OGH 30. 10. 1973 EvBl. 1974/85, OGH 18. 4. 1974 Arb. 9227, OGH 14. 1. 1975 Arb. 9315, OGH 30. 1. 1975 Arb. 9317, OGH 29. 4. 1975 Arb. 9347, OGH 7. 10. 1975 Arb. 9400, LGZ Wien 2. 6. 1976 ARDBD 2864113176, OGH 21. 9. 1976 Arb. 9518, OGH 5. 12. 1978 Arb. 9747. S3 Arb. 9600. 84 Arbeitsgerichtliches Verfahren, 95. 80.

81

3.1. Positive Merkmale

41

keit der Arbeitsleistung handle und die betreffende Person auf die Entlohnung zur Bestreitung des Lebensunterhalts angewiesen sei. Gegen die dargestellte Rechtsprechung wendet sich Harmos 85 , der meint, die längere Dauer eines Auftragsverhältnisses könne keineswegs ein Kriterium sein, das für die arbeitnehmerähnliche Stellung einer Person spreche. 3.1.11. Art und Weise bzw. Höhe der Entlohnung

In etlichen Entscheidungen wird auch der Entlohnung eine Relevanz im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerähnlichkeit beigemessen. In zahlreichen Entscheidungen wird der Art und Weise der Entlohnung eine Bedeutung zugesprochen. Und zwar wird die Entlohnung in regelmäßigen Zeitabständen bzw. nach Arbeitszeit als Umstand angesehen, der zwar Arbeitnehmerähnlichkeit nicht zu begründen vermöge, der aber immerhin für deren Vorliegen spreche86 • In einem anderen Fall wiederum wird die Art des Entgelts - nur Provision, kein Fixum ... - als Umstand betrachtet, der gegen Arbeitnehmerähnlichkeit spreches7 • In einer Entscheidung aus jüngerer Zeit88 wird im Empfang wechselmäßig besicherter Provisionsvorauszahlungen durch einen Handelsvertreter und dem damit für diesen verbundenen Zwang zu einer regelmäßigen, intensiven und ausschließlichen Tätigkeit für den Geschäftsherrn ein wesentliches Argument für Arbeitnehmerähnlichkeit gesehen. In zwei weiteren - allerdings vereinzelt gebliebenen und verhältnismäßig alten - Erkenntnissen werden schließlich auch aus der Höhe des Entgelts Schlüsse in bezug auf die Arbeitnehmerähnlichkeit gezogen. So leitet das LG Feldkirch am 21. 10. 194889 bereits aus der geringen Höhe der Einkünfte wirtschaftliche Unselbständigkeit ab. Andererseits meint der OGH am 29.11. 19619°, ein hoher Stundenlohn spreche eher für Selbständigkeit als für Abhängigkeit. In einer Entscheidung aus jüngster Zeit wird vom OGH91 hingegen ausdrücklich festgestellt, die Höhe des Entgelts sei für die wirtschaftliche Abhängigkeit (und damit Arbeitnehmerähnlichkeit) nicht entscheidend. ZAS 1966, 27. s. Z. B. KG Leoben 25. 7. 1952 Arb. 5476, OGH 21. 12. 1954 Arb. 6138, OGH 6.9.1955 Arb. 6300, LGZ Graz 17. 1. 1958 Arb. 6769, OGH 23. 10. 1962 Arb. 7641, LGZ Wien 4. 1. 1967 Arb. 8333, OGH 19. 1. 1967 Arb. 8338, LGZ Wien 5. 4. 1968 Arb. 8510, LGZ Wien 15. 3.1972 Arb. 8960. 87 ArbG Salzburg 23. 1. 1950 Arb. 5143. 88 LGZ Wien 2. 6. 1976 ARDBD 2864/13/76. 88 Arb. 5006. to JBl. 1962, 509. 81 21. 9. 1976 Arb. 9518. 85

88

42

3. Bisheriger Meinungsstand

Im Schrifttum äußert sich StanzZ92 zur Relevanz der Höhe des Verdienstes im vorliegenden Zusammenhang. Und zwar meint er, die Höhe des Verdienstes allein sei für die wirtschaftliche Unselbständigkeit nicht entscheidend. WahZe 93 wiederum nimmt zur Erheblichkeit der Art der Entlohnung Stellung, indem er ausführt, daß dem Umstand, ob die Entlohnung auf Provisionsbasis erfolge, keine Bedeutung zukomme. 3.1.12. Erforderlidtkeit für den Lebensunterhalt

In zwei verschiedene Richtungen geht die Judikatur dazu, inwieweit es im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerähnlichkeit eine Rolle spielt, ob eine Person auf die aus dem zu beurteilenden Verhältnis erzielten Einkünfte zum Lebensunterhalt angewiesen ist. So meint der OGH einerseits am 14. 6. 1955114 , unter wirtschaftlicher Abhängigkeit sei nicht zu verstehen, daß der Dienstnehmer ohne den Bestand des Dienstverhältnisses wirtschaftlich nicht bestehen könnte. Allerdings bleibt in dieser Entscheidung letztlich offen, ob die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts wegen Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses oder eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bejaht wird. Ganz eindeutig auf die Arbeitnehmerähnlichkeit bezieht sich die Entscheidung des OGH vom 30. 1. 197595 , wo es heißt: Unter wirtschaftlicher Abhängigkeit ist aber nicht etwa zu verstehen, daß der Arbeitende ohne den Bestand des Auftragsverhältnisses nicht bestehen könnte. Andererseits wird in zahlreichen Entscheidungen die Bejahung der Arbeitnehmerähnlichkeit ganz wesentlich darauf gestützt, daß jemand auf das für seine Arbeit geleistete Entgelt zur Bestreitung seines Lebensunterhalts angewiesen war96 • In einer neue ren Entscheidung des LGZ Wien97 heißt es diesbezüglich, das Angewiesensein auf das Entgelt aus diesem Rechtsverhältnis könne ein Merkmal der wirtschaftlichen Unselbständigkeit sein, müsse es aber nicht. Arbeitsgerichtliches Verfahren, 95. Tankstelleninhaber, 334. D4 SozM I Ale 118. 95 Arb.9317. e8 s. z. B. OGH 11. 5. 1949 Arb. 5074, LGZ Graz 17.1. 1958 Arb. 6769, LG Salzburg 29. 1. 1959 Arb. 6976, KG Leoben 19. 1. 1961 Arb. 7321, OGH 29. 11. 1961 JBl. 1962,509, OGH 23. 10. 1962 Arb. 7641, LGZ Graz 25. 1. 1963 Arb. 7717, LGZ Wien 6. 9. 1966 Arb. 8270, OGH 17. 10. 1967 Arb. 8468, OGH 30. 10. 1973 EvBl. 1974/85, OGH 14. 1. 1975 Arb. 9315, LGZ Wien 19. 1. 1975 ARDBD 2782/13, OGH 7. 10. 1975 Arb. 9400, LGZ Wien 2. 6. 1976 ARDBD 2864/13/76, OGH 21. 9. 1976 Arb. 9518, LGZ Wien 20. 4. 1977 ARDBD 2932/9/77, OGH 5. 12. 1978 Arb. 9747. 87 22. 12. 1976 Arb. 9544. 9!

83

3.1. Positive Merkmale

43

In der Literatur führen Schwarz / Holzer / Holler98 aus, wesentlich sei die faktische wirtschaftliche Abhängigkeit von bestimmten, wenn auch mehreren, nicht aber von einer unbegrenzten, ständig wechselnden Anzahl von Unternehmern. In dieser Tatsache sei auch das Erfordernis des Angewiesenseins auf das Entgelt zur Bestreitung des Lebensunterhalts mit inbegriffen; es sei nicht ganz zutreffend, wenn drei (näher angeführte) oberstgerichtliche Entscheidungen dieses Kriterium des Angewiesenseins - neben der Regelmäßigkeit der Tätigkeit - als eigenständig hervorhöben, weil dieser Umstand gerade aus der beschränkten Zahl der Auftraggeber erschlossen werden müsse und konkrete Nachprüfungen, aus welchen Mitteln der Lebensunterhalt bestritten werde, nicht zielführend seien und in der Judikatur auch nicht getätigt würden. Stanzl99 meint, wirtschaftliche Abhängigkeit sei vor allem dann gegeben, wenn es sich um eine gewisse Regelmäßigkeit der Arbeitsleistung handle und die betreffende Person auf die Entlohnung zur Bestreitung des Lebensunterhalts angewiesen sei. Wahle 100 äußert sich, es sei verfehlt, wenn die Meinung vertreten werde, daß nur diejenige Person als arbeitnehmerähnlich anzusehen sei, bei der die Einkünfte, aus denen sie ihren Lebensunterhalt bestreite, im wesentlichen aus dem Auftragsverhältnis gegenüber dem Geschäftsherrn stammten. 3.1.13. MittelsteIlung zwisrhen Arbeitnehmer und Unternehmer

In etlichen Entscheidungen findet sich eine weitere Bemerkung, die wohl ebenfalls als (allerdings sehr allgemein gehaltene) Charakterisierung der arbeitnehmerähnlichen Person zu verstehen ist. Dort wird ausgeführt, daß die arbeitnehmerähnliche Person eine Mittelstellung zwischen dem rechtlich und wirtschaftlich unselbständigen Arbeitnehmer und dem rechtlich und wirtschaftlich selbständigen Unternehmer einnehme 101. Im Schrifttum äußert sich diesbezüglich L. Müller. Unter Bezugnahme auf einige Entscheidungen meint er, alle Vertreter, die eine MittelsteIlung zwischen dem rechtlich und wirtschaftlich unselbständigen Dienstnehmer und dem rechtlich und wirtschaftlich selbständigen Unternehmer einnehmen, gehörten zufolge der durch ihre wirtschaftliche Unselbständigkeit bedingten Arbeitnehmerähnlichkeit noch zum Personenkreis des § 2 Abs. 1 Satz 2 ArbGGl02. Und auch Schwarz / Holzer / Holler 103 führen IESG,76. Arbeitsgerichtliches Verfahren, 95. 100 Tankstelleninhaber, 331. 101 s. Z. B. OGH 29. 1. 1954 SZ 27/20, OGH 6. 9. 1955 Arb. 6300, OGH 21. 3. 1956 Arb. 6408, LGZ Graz 31. 12. 1957 Arb. 6765, LG Salzburg 29. 1. 1959 Arb. 6979, OGH 19. 1. 1967 Arb. 8338, LGZ Wien 15. 3. 1972 Arb. 8960. lot öRdA 1957, 122. D8

ft

3. Bisheriger Meinungsstand aus, bei den arbeitnehmerähnlichen Personen handle es sich um Personen, die eine Art Mittelstellung zwischen dem rechtlich und wirtschaftlich unselbständigen Arbeitnehmer und dem rechtlich und wirtschaftlich selbständigen Unternehmer einnehmen. 3.1.14. Einem Arbeitnehmer niher stehend als einem Unternehmer In zahlreichen Entscheidungen wird ausgeführt, daß die arbeitnehmerähnliche Person einem Arbeitnehmer näher stehe als einem Unternehmer104 • Kommt das Gericht zum Ergebnis, daß jemand einem Unternehmer näher stehe als einem Arbeitnehmer, wird die Arbeitnehmerähnlichkeit verneint105 • Ist das Gericht der Auffassung, daß jemand einem Unternehmer nicht näher stehe als einem Arbeitnehmer oder einem Arbeitnehmer näher stehe als einem Unternehmer, wird die Arbeitnehmerähnlichkeit bejahtl 06 • Eine etwas abweichende Formulierung findet sich in der Entscheidung des LGZ Wien vom 9. 2. 1972 101 • Dort wird ausgeführt, die Rechtsstellung der beklagten Partei ähnle mehr einer arbeitnehmerähnlichen Person als einem selbständigen, freien und unabhängigen Unternehmen (und daher sei die arbeitsgerichtliche Zuständigkeit gegeben). Im Schrifttum äußert sich hiezu niemand. 3.2. Negative Merkmale In Rechtsprechung und Schrifttum finden sich auch immer wieder Äußerungen des Inhalts, daß das Vorliegen bestimmter Merkmale gegen bzw. das Nichtvorliegen gewisser Kriterien für Arbeitnehmerähnlichkeit spreche. Über diese Merkmale ist im folgenden ein Überblick zu geben. Dabei sind einerseits solche Kriterien anzuführen, bei deren Vorliegen nach der Meinung von Rechtsprechung bzw. Literatur ArbeitnehIESG, 75. s. Z. B. OGH 5. 7. 1949 Arb. 5072, KG Leoben 28. 2. 1953 Arb. 5638, OGH 29. 1. 1954 SZ 27/20, OGH6. 9. 1955 Arb. 6300, OGH 21. 3. 1956 Arb. 6408, OGH 12. 12. 1956 Arb. 6559, LGZ Graz 31. 12. 1957 Arb. 6765, LG Salzburg 29. 1. 1959 Arb. 6979, OGH 29. 6. 1965 Arb. 8102, OGH 30. 10. 1973 EvBI. 1974/85, OGH 21. 10. 1975 Arb.9405, OGH 11. 10. 1977 Arb. 9628, LGZ Wien 4. 11. 1977 Arb. 9652; ähnlich heißt es in LGZ Wien 22.12.1976 Arb. 9544, durch § 2 Abs. 1 ArbGG sollten alle Streitigkeiten aus Rechtsverhältnissen, die in ihrer Gestaltung und Durchführung dem Arbeitsverhältnis näher stünden als einem Verhältnis zwischen zwei rechtlich und wirtschaftlich selbständigen Personen, der Zuständigkeit der Arbeitsgerichte unterworfen werden. 105 Arb, 5638, SZ 27/20. 101 s. die übrigen oben angeführten Entscheidungen. 107 Arb. 8955. 103

104

3.2. Negative Merkmale

45

merähnlichkeit auszuschließen ist bzw. bei deren Nichtvorliegen sie zu konstatieren ist. Andererseits sind Merkmale darzustellen, deren Vorliegen bloß ein Indiz gegen Arbeitnehmerähnlichkeit bzw. deren Nichtgegebensein ein Indiz für Arbeitnehmerähnlichkeit seP08.. 3.2.1. Unternehmen

In der Judikatur wird des öfteren die Auffassung zum Ausdruck gebracht, daß jemand, der seine berufliche Tätigkeit so organisiert habe, daß diese Organisation als Unternehmen angesehen werden könne, keine arbeitnehmerähnliche Person seP". Mit Ausnahme von Arb. 6138 und 8102 geht dabei aus allen diesen Entscheidungen klar hervor, daß das Fehlen einer als Unternehmen qualifizierbaren Organisation unabdingbare Voraussetzung für Arbeitnehmerähnlichkeit sei. Relativiert wird die Bedeutung dieses Merkmals neuerdings in der Entscheidung des LGZ Wien vom 2. 6. 1976110. In neueren Entscheidungen des LGZ Wien11l ist weiters etwas modifizierend davon die Rede, daß es im vorliegenden Zusammenhang wesentlich sei, daß die arbeitnehmerähnliche Person nicht der eigentliche Unternehmer sei. Im Schrifttum spricht sich Harmos ll2 gegen die referierte ganz überwiegende Auffassung der Gerichte aus. Derselben Meinung wie der erwähnte Autor ist anscheinend Tomandl l13 , dessen Ausführungen sich allerdings nicht direkt auf die arbeitnehmerähnliche Person beziehen, sondern auf die wirtschaftliche Abhängigkeit im Zusammenhang mit der Arbeitnehmereigenschaft. Anderer Auffassung ist hingegen Wetscherek. Er führt im Zuge seiner Feststellungen zum entscheidenden Kriterium der Arbeitnehmerähnlichkeit aus, bei der inhaltlichen Erfassung der wirtschaftlichen Unselbständigkeit sei vom Begriff des Unternehmens auszugehen; ein Unter108 Auch hier ist eine exakte Trennung dieser aus methodologischer Sicht grundverschiedenen Arten von Merkmalen nicht möglich, weil vor allem den Entscheidungen, aber auch den literarischen Stellungnahmen nicht immer mit der erforderlichen Klarheit zu entnehmen ist, in welche Richtung die Ausführungen jeweils gemeint sind. 108 s. z. B. OGH 7. 5. 1949 Arb. 5072, OGH 21. 12. 1954 Arb. 6138, OGH 6. 9. 1955 Arb. 6300, OGH 21. 3. 1956 Arb. 6408, OGH 29. 6. 1965 Arb. 8102 (hier etwas abgeschwächt durch die Formulierung "in der Regel"), LGZ Wien 6. 9. 1966 Arb. 8270, OGH 7. 11. 1972 Arb. 9043, OGH 14. 1. 1975 Arb. 9315, OGH 29. 4. 1975 Arb. 9347, OGH 7. 10. 1975 Arb. 9400, OGH 21. 10. 1975 Arb. 9405, OGH 11. 10. 1977 ARDBD 3030/10178, OLG Wien 20. 4. 1978 ARDBD 3066/ 18/78. 110 ARDBD 2864/13/76. 111 22. 12. 1976 Arb. 9544, 4. 11. 1977 ARDBD 2984/13177 i. V. m. 2980/15 a/77. UI ZAS 1966, 26. m Metamorphose, 436.

3. Bisheriger Meinungsstand

46

nehmen im Rechtssinn sei eine selbständig organisierte Erwerbsgelegenheit; diese zerfalle in ein persönliches Substrat (Unternehmerarbeit) und ein sachliches (Unternehmerkapital); Unternehmer i. S. des Arbeitsrechts sei demnach nur derjenige, der auch die finanziell-materielle Basis der Erwerbsgelegenheit beistelle; von diesen überlegungen ausgehend sei eine wirtschaftliche Selbständigkeit einer Person nur dann anzunehmen, wenn bei Beginn der Zusammenarbeit der Einsatz ihrer Mittel ausdrücklich oder schlüssig vereinbart worden sei 1l4 • 3.2.2. Betrieb

In etlichen Entscheidungen wird dem Umstand Bedeutung beigemessen, daß die Arbeit nicht in einem Betrieb des Arbeitenden geleistet wird; und zwar wird dies als Umstand angesehen, der maßgeblich für das Bestehen von Arbeitnehmerähnlichkeit spreche. So heißt es in der Entscheidung des OGH vom 22. 3. 1955115, wirtschaftliche Abhängigkeit sei schon dadurch gegeben, daß die Arbeit nicht in einem wirtschaftlich selbständigen Betriebe des Arbeitenden geleistet werde. Und in der Entscheidung des OGH vom 6. 9. 1955 11G wird ausgeführt, daß es für die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts maßgeblich sei, daß der Kläger in einem fremden Betrieb betriebszugehörige Arbeiten leiste, ohne selbst als Inhaber eines selbständigen Betriebes angesehen werden zu können. überdies wird in einigen weiteren Entscheidungen die Tatsache, daß jemand nicht Inhaber eines eigenen Betriebes ist bzw. die Arbeit nicht in einem eigenen Betrieb leistet, als Umstand gewertet, der für Arbeitnehmerähnlichkeit spreche 117 • In zwei Entscheidungen des OGH aus jüngerer Zeit wiederum wird das Fehlen einer Einordnung in einen fremden Betrieb als Umstand angesehen, der gegen Arbeitnehmerähnlichkeit spreche 118 • Im Schrifttum steht Harmos 118 der Feststellung, wirtschaftliche Abhängigkeit sei dann gegeben, wenn die Arbeit nicht in einem selbständigen Betrieb des Arbeitenden geleistet werde, sondern in wirtschaftlicher Unterordnung für die Zwecke eines anderen, zweifelnd gegenüber.

114

115

ZAS 1967, 187.

SozM I Ale 118.

Arb. 6300. s. z. B. LGZ Linz 20. 12. 1961 Arb. 7469, OGH 29. 6. 1965 Arb. 8102, ArbG Wien 15.3. 1967 SozM IV A 303, OGH 30. 10. 1973 EvBl. 1974/85, OGH 30. 1. 1975 Arb.9317. 118 21. 10. 1975 Arb. 9405, 5.7. 1977 Arb. 9600. 118 ZAS 1966,27. 118

117

3.3. Irrelevante Merkmale

47

3.2.3. Betriebsstätte

In etlichen Entscheidungen wird der Meinung Ausdruck verliehen, daß das Fehlen einer eigenen Betriebsstätte ein Merkmal für das Bestehen von Arbeitnehmerähnlichkeit sei120 • Im Schrifttwn meint L. Müller, es spreche vor allem für die wirtschaftliche Selbständigkeit eines Vertreters, wenn er eine eigene Betriebsstätte habe und selbst bei Besorgung seiner Tätigkeit Angestellte beschäftige 121 • Wahle meint, da die arbeitnehmerähnliche Person nach außen hin aus Unternehmer auftrete, was regelmäßig eine gewisse organisatorische Selbständigkeit erfordere, so deute das Vorhandensein einer dem Beauftragten gehörenden Betriebsstätte nur darauf hin, daß der Inhaber nicht Dienstnehmer sei, beweise aber nicht, daß er als arbeitnehmerähnliche Person anzusehen sei, wenn er keine Betriebsstätte besitze, zwnal bei vielen Unternehmungen, wie Buchprüfern, gewissen Agenturen USW., eine eigene Betriebsstätte gar nicht erforderlich sei122 . 3.3. Irrelevante Merkmale

Neben den bisher behandelten Ausführungen in Rechtsprechung und Schrifttwn, daß bestimmte Merkmale im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerähnlichkeit in positiver oder negativer Hinsicht von Bedeutung seien, finden sich in zahlreichen Entscheidungen bzw. in der Literatur auch noch ausdrückliche Feststellungen des Inhalts, daß diverse Umstände in diesem Konnex irrelevant seien. Auch solche Äußerungen vermögen im einen oder anderen Fall einen Beitrag zur Klärung der Frage der Arbeitnehmerähnlichkeit zu leisten. Sie sollen daher im folgenden ebenfalls kurz referiert werden. Zu nennen sind vor allem die folgenden Umstände. 3.3.1. Rechtsnatur, sozialversicherungsrechtliche

und steuerrecbtliche Behandlung

Eine seit langer Zeit gefestigte Meinung ist der Rechtsprechung in der Richtung zu entnehmen, daß im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerähnlichkeit die Rechtsnatur sowie die sozialversicherungsrechtliche und die steuerrechtliche Behandlung des zu beurteilenden Verhältnisses ohne Belang seien. 120 s. z. B. OGH 21. 12. 1954 Arb. 6138, OGH 23. 10. 1962 Arb. 7641, LGZ Wien 5. 4. 1968 Arb. 8510, LGZ Wien 15. 3. 1972 Arb. 8960, OGH 18. 4. 1974 Arb. 9227,OGH 14.1. 1975 Arb. 9315, OGH 30.1. 1975 Arb. 9317. tU öRdA 1957, 122. 122 Tankstelleninhaber, 333.

48

3. Bisheriger Meinungsstand

Die gegenteilige Auffassung war lediglich ganz kurze Zeit nach Inkrafttreten des ArbGG vertreten wordenl23 und in zwei späteren, aber vereinzelt gebliebenen Entscheidungen, nämlich einer des KG Ried i. I. vom 21. 12. 1964124 und einer des LGZ Wien vom 20. 4. 1977 126 • Die ganz herrschende Rechtsprechung ist jedoch seit langem auf die eingangs skizzierte Linie eingeschwenkt und hat diese bis zum heutigen Tage beibehalten126• Wie die Beziehungen zwischen der betreffenden Person und ihrem Partner vertragsrechtlich zu beurteilen sind, ist daher nach der Rechtsprechung für die Arbeitnehmerähnlichkeit irrelevant. Ganz besonders deutlich kommt dies in der OGH-Entscheidung vom 21. 9. 1976121 zum Ausdruck, wo es unter Übernahme der Auffassung von StanzZ heißt, das zwischen Unternehmer und Beschäftigtem bestehende Vertragsverhältnis könne ein Werkvertrag, ein Auftrag, ein Agenturvertrag oder ein anderes allenfalls sogar überhaupt kein Vertragsverhältnis sein. Ebenso wird es für belanglos gehalten, ob die Tätigkeit aus der Sicht des lU s. OGH 6. 9.1947 Arb. 4929 (wo wegen Vorliegens eines Werkvertrages das Bestehen von Arbeitnehmerähnlichkeit ausgeschlossen worden war) und ArbG Salzburg 23. 1. 1950 Arb. 5143 (wo die mangelnden Lohnsteuerabzüge und die fehlende Krankenversicherung als Umstände gewertet worden sind, die gegen Arbeitnehmerähnlichkeit sprechen). tU Arb. 8019 (wo ausgeführt wird, daß ein freier Vertretervertrag kein dienstnehmerähnliches Verhältnis darstelle). 125 ARDBD 2932/9/77 (wo ebenfalls die Arbeitnehmerähnlichkeit wegen Vorliegens eines freien Vertreterverhältnisses verneint worden ist). 128 s. z. B. OGH 7. 5. 1949 Arb. 5072, OGH 27. 6. 1951 Arb. 5282 (hier ist von der Irrelevanz der sozialversicherungsrechtli~en Behandlung die Rede), LGZ Wien 12. 11. 1952 Arb. 5558 (hier wird nur die Irrelevanz der steuerlichen Behandlung betont), OGH 2. 3. 1954 Arb. 5933 (in dieser Entscheidung wird erstmals generell ausgeführt, daß die Rechtsnatur sowie die sozialversicherungsrechtliche und steuerliche Behandlung des Rechtsverhältnisses belanglos seien), OGH 17.7. 1954 Arb. 6056, OGH 21. 12. 1954 Arb. 6138, OGH 6. 9. 1955 Arb. 6300 (hier ist die Irrelevanz der steuerrechtlichen Behandlung betont), LGZ Wien 16. 9. 1957 Arb. 6728 (hier wird trotz Anmeldung zur Sozialversicherung und Lohnsteuerabzugs das Bestehen von Arbeitnehmerähnlichkeit verneint), LG Salzburg 29. 1. 1959 Arb. 6979, LGZ Graz 25. 1. 1963 Arb. 7717, KG Leoben 8. 3. 1963 Arb. 7727 (hier wird die Irrelevanz der Rechtsnatur hervorgehoben), OGH 6. 11. 1963 EvBl. 1964/69, OGH 16. 11. 1965 Arb. 8159, LGZ Wien 6. 9. 1966 Arb. 8270 (hier ist nur von der Irrelevanz der Sozialversicherungspflicht die Rede), LGZ Wien 16. 10. 1969 Arb. 8689, LGZ Wien 15. 3. 1972 Arb. 8960 (hier ist nur von der Irrelevanz der Sozialversicherungspflicht die Rede), OGH 7. 11. 1972 Arb. 9043 (hier wird die Bedeutungslosigkeit der Rechtsnatur hervorgehoben), OGH 30. 1. 1975 Arb. 9317 (wo die Irrelevanz der Rechtsnatur betont wird), OGH 21. 10. 1975 Arb. 9405 (wo ausgeführt wird, daß Arbeitnehmerähnlichkeit auch dann gegeben sein könne, wenn die Vertragsbeziehungen als Werkvertrag zu beurteilen seien), OGH 21. 9. 1976 Arb. 9518 (Irrelevanz der Rechtsnatur), OGH 11. 10. 1977 ARDBD 3030/10178 (wo ausdrücklich ausgeführt wird, daß auch bei Vorliegen eines Werkvertrages eine arbeitnehmerähnliche Stellung desjenigen angenommen werden könne, der die Arbeit leiste) und LGZ Wien 4. 11. 1977 ARDBD 2984/13/77 (Irrelevanz der Rechtsnatur), OGH 5. 12.1978 Arb. 9747 (Bedeutungslosigkeit der Rechtsnatur). 117 Arb. 9518.

3.3. Irrelevante Merkmale

49

Sozial rechts ein Beschäftigungsverhältnis begründet oder nicht. Desgleichen wird es für bedeutungslos gehalten, ob die Steuer im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens einbehalten wird oder ob eine Veranlagung zur Einkommensteuer durchgeführt wird. Der gegenteilige Standpunkt wird (abgesehen von den oben angeführten frühen und vereinzelten späteren Entscheidungen) in der Rechtsprechung nirgends eingenommen. Im Schrifttum führt Harmos l28 im Zusammenhang mit der Rechtsnatur aus, daß ein Bevollmächtigungsvertrag i. S. von §§ 1002 ff. ABGB vorliegen müsse. L. MülleT meint, daß im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerähnlichkeit die sozialversicherungs- und steuerrechtliche Stellung nicht von entscheidender Bedeutung sei; die sozialversicherungs- und steuerrechtliche Behandlung sei für die Entscheidung nicht mehr als ein Indiz im Zweifelsfall, auch von der rechtlichen Qualifikation des Vertragsverhältnisses sei die Zuständigkeitsfrage gelöst129 • SchwaTz / HolzeT / HolleT 13o vertreten die Auffassung, die arbeitnehmerähnlichen Personen stünden in keinem Arbeitsverhältnis, hätten aber häufig andere vertragliche Beziehungen, wie solche aufgrund eines Auftrags- (Bevollmächtigungs-)verhältnisses oder eines freien Dienstvertrages, die auch mit Elementen anderer Verträge, z. B. des Werkvertrages, verbunden sein könnten; es komme weder auf die rechtliche Natur des Verhältnisses noch auf die steuerliche oder sozialversicherungsrechtliche Behandlung ... an. Stanzt führt aus, daß das Gesetz über die Art des Vertragsverhältnisses zwischen Unternehmer und Beschäftigtem nichts bestimme; es möge ein Werkvertrag, ein Auftrag, ein Agenturvertrag oder ein anderes, vielleicht auch überhaupt kein Vertragsverhältnis gegeben seinl31 • Tomandzt 32 meint in einer Randbemerkung, es sei gesichert, daß das Kriterium der wirtschaftlichen Abhängigkeit von der Art der Rechtsbeziehung unabhängig sei und ausschließlich im Wege einer sozio-ökonomischen Analyse ermittelt werden könne. Wahle l33 führt aus, die arbeitnehmerähnliche Person stünde in einem Auftragsverhältnis nach §§ 1002 ff. ABGB. WetscheTek lehnt die völlige Außerachtlassung der Rechtsnatur des Vertragsverhältnisses ab, weil sie geeignet sei, den Parteiwillen vollständig zu übergehenl34 •

118 120 180 131

1111 131

134

ZAS 1966, 27. öRdA 1957, 122. IESG, 75. Arbeitsgerichtliches Verfahren, 95. Metamorphose, 43'6. Tankstelleninhaber, 330. ZAS 1967, 187.

• Wachter

3. Bisheriger Meinungsstand

50

3.3.2. Unternebmerrisiko Nicht einheitlich sind die in der Judikatur vertretenen Auffassungen darüber, ob der Tragung des Unternehmerrisikos im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerähnlichkeit eine Bedeutung zukomme. Vorwiegend in älteren Entscheidungen findet sich die Meinung, daß diese Frage zu bejahen sei. So führt etwa das LGZ Wien am 20. 5. 1953 135 aus: "Für die Beurteilung der Frage, ob der Beklagte selbständiger Vertreter oder bloß als arbeitnehmerähnlich anzusehen ist, ist entscheidend, ob der Beklagte ein Unternehmerrisiko zu tragen hatte." Beim OGH wird das Fehlen eines Unternehmerwagnisses am 21. 12. 1954133 als Umstand gewertet, der (neben anderen) für Arbeitnehmerähnlichkeit spreche. Am 16. 9. 1957 131 wird vom LGZ Wien festgestellt, daß jemand dadurch, daß er für seine Tätigkeit nur Provision erhalten hatte, das Unternehmerwagnis selbst zu tragen habe. Dies wird dann als eines von mehreren Argumenten für das Bestehen eines freien Vertreterverhältnisses betrachtet, welches nach Ansicht des Gerichts kein arbeitnehmerähnliches Verhältnis i. S. von § 2 Abs. 2 ArbGG darstellt. Die neuere Rechtsprechung nimmt diesbezüglich eine andere Position ein. So wird vom OGH am 17.10.1967 138 ausgeführt: "Daß wirtschaftliche Unselbständigkeit nur dann anzunehmen sei, wenn kein Unternehmerrisiko getragen werde ... , kann dem Gesetz nicht entnommen werden". Am 23.6. 1970 139 führt der OGH allerdings den Umstand, daß eine Person ein Unternehmerrisiko zu tragen hatte, auf einmal wieder als Argument gegen das Vorliegen von Arbeitnehmerähnlichkeit an. Das LGZ Wien stellt am 16. 5. 1973 140 unter Berufung auf Arb. 8468 generell fest, das Fehlen eines Unternehmerrisikos sei kein Kriterium für die Beurteilung eines Vertragsverhältnisses als arbeitnehmerähnlich. Der OGH lehnt am 30. 12. 1973 141 die Auffassung ab, daß die Übernahme eines Unternehmerrisikos durch den Vertreter ausschließe, ihn als wirtschaftlich unselbständig zu beurteilen (und zwar mit der Begründung, daß die im Gesetz vorausgesetzte wirtschaftliche Unselbständigkeit verschiedene Grade der wirtschaftlichen Unterordnung aufweisen könne). Denselben Standpunkt nimmt der OGH am 29. 4. 1975142 ein. Auch am 7. 10. 1975143 meint der OGH, daß dem Gesetz nicht entnommen werden könne, daß wirtschaft131

SozM I Ale 44. 6138. 6728. 8468. 8769. 9118. EvBl. 1974/85. Arb. 9347. Arb. 9400.

Arb. IS7 Arb. 138 Arb. IS. Arb. uo Arb. IS1

141

141 143

3.3. Irrelevante Merkmale

51

liche Unselbständigkeit nur bei völligem Fehlen eines Unternehmerrisikos angenommen werden dürfe. Am 21. 9. 1976 leitet der OGH144 aus der Tragung eines erheblichen wirtschaftlichen Risikos sogar eine Verstärkung der wirtschaftlichen Abhängigkeit ab. Das LGZ Wien wiederum meint am 22. 12. 1976145, daß die arbeitnehmerähnliche Person kein oder nicht das überwiegende Unternehmerrisiko trage, fügt jedoch hinzu, daß die Tragung eines gewissen Unternehmerrisikos die wirtschaftliche Unselbständigkeit nicht von vornherein auszuschließen vermöge. Im Schrifttum meint Harmos 1Ü , die für Arbeitnehmerähnlichkeit wesentliche wirtschaftliche Unselbständigkeit sei bei einer Person nur dann gegeben, wenn sie - gleich einem unselbständigen Arbeitnehmer - kein Unternehmerrisiko trage. TomandP47 lehnt die Prüfung der Tragung des Unternehmerrisikos im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Abhängigkeit ab. WahLe l48 führt aus, charakteristisch für mangelnde wirtschaftLiche Selbständigkeit sei der Umstand, daß die arbeitnehmerähnliche Person trotz ihrer rechtlichen Qualifikation als Beauftragter kein Unternehmerrisiko trage und daher weder einen Unternehmergewinn noch einen Verlust trage; sie dürfe daher nicht für den Markt, sondern nur für bestimmte Personen arbeiten, denn wer für den Markt arbeite, trage notwendigerweise auch das damit verbundene Unternehmerrisiko. Nicht notwendigerweise sei damit das Erfordernis verbunden, daß er nur für einen Auftraggeber arbeite, es könnten auch mehrere sein, doch müßten die Bezüge so geregelt sein, daß er kein Betriebsrisiko trage; das schließe nicht aus, daß er in engen Grenzen ein eigenes Risiko trage. Festzuhalten sei jedenfalls, daß für die Abgrenzung der Arbeitnehmerähnlichkeit gegenüber dem selbständigen Unternehmer immer nur das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein eines Betriebsrisikos maßgebend sein könne; alle anderen Umstände, die für die wirtschaftliche Unselbständigkeit angeführt zu werden pflegten, seien bestenfalls ein Indiz in Zweifelsfällen, aber nicht mehr. 3.3.3. Sonstige wirtschaftliche Lage, sonstige Einkünfte

In zahlreichen Entscheidungen wird der Meinung Ausdruck verliehen, daß die sonstige wirtschaftliche Lage bzw. Einkünfte außerhalb des in Rede stehenden Verhältnisses im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerähnlichkeit einer Person ohne Bedeutung seien. 1" 145

141 147 148

••

Arb. 9518. Arb. 9544. ZAS 1966, 26. Metamorphose, 436. Tankstelleninhaber, 332 f .

52

3. Bisheriger Meinungsstand

Lediglich in der Entscheidung vom 3. 2. 19541

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mangelnde persönliche

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sonstige Einschränkungen organisatorischer Art b )

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a) Die Tätigkeit wurde mit 4 weiteren Männern erbracht. b) Darunter fällt die regelmäßige Kontrolle der Arbeiten.

194

7. Die Wesensmerkmale der arbeitnehmerähnlichen Person Graphik 5

Gesamthafte Gewichtung der im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Unselbständigkeit relevanten Kriterien im Falle Arb. 9600 (mit der zusätzlichen Annahme des Fehlens eines erheblichen Vermögens) Umstände, die gegen wirtschaftliche Unselbständigkeit sprechen stark

mittel

Umstände, die für wirtschaftliche Unselbständigkeit sprechen

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