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German Pages 562 [572] Year 1985
Hamburger Klopstock-Ausgabe
FRIEDRICH
GOTTLIEB
WERKE
UND
KLOPSTOCK
BRIEFE
HISTORISCH-KRITISCHE
AUSGABE
Begründet von Adolf Beck, Karl Ludwig Schneider und Hermann Tiemann Herausgegeben von Horst Gronemeyer, Elisabeth Höpker-Herberg, Klaus Hurlebusch und Rose-Maria Hurlebusch Verlag Walter de Gruyter in Berlin und New York
Abteilung Briefe: II
Friedrich Gottlieb Klopstock Briefe Herausgegeben von Rainer Schmidt Walter de Gruyter Berlin, New York 1985
I.
VON
SACK,
BERLIN,
5. JANUAR
I75I
Berlin, den 5ten Jan: 1 7 5 1 . HochEdelgebohrner Herr, Werther Freund, Ew: HochEdelgeb. werthes Schreiben vom 2ten Dec: a. pt. hat mich erfreuet, und auch betrübet; erfreuet, daß ich bey Ihnen annoch in gutem Andencken stehe, und von Ihrer Gesundheit Nachricht erhalten; betrübet aber, daß eine Zwistigkeit entstanden, die ich sonst vor gantz ohnmöglich gehalten. Wie? Bodmer und Klopstock lieben sich nicht mehr! Die zwey Dichter, die von der Freundschaft so erhaben, so schön, dencken, und derselben göttliche Reizungen und Rechte aus Einem Hertzen und Einer Seele besingen, und zwar so starck und zärtlich-besiegend besingen, daß dieß himmlische Feuer auch die kältesten Hertzen entzünden kan. Dieß ist mir eine so unerwartete Seltenheit, daß ich fast eine gewiße poetische ErbSünde glauben solte, wann ich nicht zugleich als gantz gewiß glaubte: Bodmer und Klopstok sind schon wieder ausgesöhnt, und lieben sich stärker, als jemals. Nie werden die Verfaßer des Meßias und des Noah dem besten und frömmsten Theil des Menschlichen Geschlechts den betrübenden Anstoß und dem boßhaften Unglauben die Freude geben, zu sehen, daß man zwar von der Religion und Tugend sehr hoch und einnehmend, ja bemeisternd schön dencken, und doch sich entzweyen könne. Mein Hertz blutet, wann die quälende Gedancke mir einfällt: Nun wird der Meßias und der Noah nicht mehr erbauen. Nein! Bodmer und Klopstok müßen sich lieben, und Klopstok muß das Hertz seines Bodmers wieder gewinnen, und nie wieder verliehren. Er muß hingehen, wäre er auch der beleidigte, und Thränen der zärtlichsten Wehmuth weinen, die ich so oft weinte, wann ich den Meßias läse. Klopstock muß dieß thun, er muß aus Zürch als Bodmers Freund reisen, oder mein Hertz wird kalt bleiben, und mein Auge wird nicht mehr weinen, wenn ich gleich die stärksten Stellen im Meßias lese; meinem Sohne werde ich sein Bildnis zeigen, und sagen: so sähe Klopstok aus, den dein Vater als den schönsten Geist, als das beste Hertz liebte, der so neu-schön dachte, der aber
J a , Klopstock muß aus Zürch als Bodmers Freund
reisen, oder kein Mensch fühle die Stärcke seiner Gedichte, sein Meßias werde ein mittelmäßiges Stück, und seine Oden kriechend, und seine Schmidtin dencke nicht mehr an ihn! Bodmer muß Klopstoken wieder lieben, oder die gantze Welt müße glauben, Klopstok hat Unrecht, und Bodmer hat Recht.
Mein werther Freund, so denckt mein Hertz und ihr
Hertz wird diese Sprache der wahren Freundschaft fühlen, und sich wieder in Bodmers Arme werffen, und dadurch mich wieder beruhigen. Was meinen Berlinischen Entwurf betrifft, so war es gantz natürlich, daß ich nicht mehr an denselben dencken konnte, so bald ich die Ruhe und die Vortheile mit Gewißheit erfuhr, die Ihnen in Dänemark angebothen werden. So viel hätte ich hieselbst nicht erlangen können. Dänemarks Anerbieten muß von Ihnen ohne Verzögerung angenommen u zu völliger Ausarbeitung des Meßias angewandt werden. Alle Ihre Freunde erwarten solches von Ihnen, und Sie sind dazu gegen die Vorsehung verbunden, oder Sie streuen den Saamen der tiefsten Reue in Ihr Hertz. Ich wenigstens mag es nicht erleben, daß Klopstok dem Meßias untreu werden, und die besten Seelen dadurch so sehr betrüben solte. Herr Sulzer ist mit seiner Keusenhoffinn gestern aus Magdeburg allhier wieder angekommen, und genießet nun in ihren ehelichen Armen das Glück, welches Klopstok einmal in den Armen seiner Schmidtin genießen wird, wann er sich mit Bodmern versöhnt, und den Meßias zu Ende bringt. Leben Sie glücklich, mein lieber Klopstok, aber versöhnt mit Bodmern, und dencken zuweilen an Ihren wahren Freund und ergebenen Diener Sack. P.S. Daß ich auf Ew HochEdelgeb. erstes Schreiben nicht geantwortet, wollen Dieselbe mir freundschaftlich verzeihen. Ich konnte doch in der Antwort nichts andres sagen, als daß ich Ihr treuer Freund sey; und das, dachte ich, wüßten Sie schon zu genüge.
Z. A N
ANDREAS
GOTTLIEB
BERNSTORFF,
ZÜRICH,
13.
JANUAR
I75I
Zürch, den 1 3 ten Jenner 1751 Hochwohlgeborner Freyherr, Gnädiger Herr Landrath, Seiner Excellenz, Dero Herrn Bruder in Koppenhagen, bin ich für so viel ungemeine, u beständig fortdaurende, Gütigkeiten, so sehr verpflichtet, daß ich zwar wenig im Stande bin, meine Freude über diese ungewöhnliche
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13, J a n u a r 1 7 5 1
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Großmut vollkommen auszudrücken; dennoch aber mir die Freyheit nehme Ew. Hochwohlgeborn Gnaden zu ersuchen, diesen Brief, als ein Zeichen meiner Dankbarkeit, so wohl gegen Seine Excellenz, Dero Herrn Bruder, als auch gegen Sie Selbst, da ich Denenselben auch für sehr gütige Gesin-
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nungen verbunden zu seyn, Ursach habe, anzusehen, u mir die Erlaubniß zu geben, mich Dero ferneren Wohlgewogenheit zu empfehlen. Sonst ist auch die Absicht dieses Briefs, Ew. Hochwohlgeb. zu ersuchen, daß ich auf meiner Reise nach Koppenhagen, die ich, um Ihnen meine Aufwartung zu machen, über Hannover thun werde, die Erlaubniß habe, Die-
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selben in Person zu versichern, mit welcher wahrhaften Hochachtung ich sey, Hochwohlgeborner Freyherr, Gnädiger Herr Landrath, Dero
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gehorsamster Diener, Klopstock.
3.
AN A N N A
MARIA
ZÜRICH, 13. JANUAR
UND
GOTTLIEB
HEINRICH
KLOPSTOCK,
1751
den 1 3 ten Jenner 1 7 5 1 Ich habe diesen Brief dem Hr. Breitinger zugeschickt, von ihm zu erfahren, welche wahrscheinliche Wirkung der Brief auf Hr Bodmer machen würde. Herr Breitinger hat mir unter andern, nach dem er den Brief einen Tag bey sich behalten hatte, ausdrücklich zurückgeschrieben: »daß er besorge, daß
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dieser Brief die Versönung ganz unmöglich machen würde.« Da ich dieß Urtheil gewissermassen für Hr. Bodmers Urtheil halten kann; so habe ich den Brief an Bodmer selbst nicht geschickt. Ich habe diese zwo Anmerkungen bey der Sache gemacht: Bodmer ist weder ein Freund, noch ein edelmütiger Feind zu seyn fähig! Ferner, die Bemühung einer Aussönung würde ganz vergebens seyn.
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Ich bitte Sie, liebste Aeltern, den Brief, Hern Cra-
mer, Gleim, u Schlegel unter der Bedingung zu zeigen, daß die Sache noch geheim gehalten werde. Wenn diese Freunde es haben wollen, so kann er auch auf Braunschweig, an Herrn Gärtner, Ebert, Giseke u Jerusalem; doch unter eben der Bedingung geschickt werden. Ich vermute daß Hr. Bodmer auch an den Hr von Hagedorn auf Hamburg meinentwegen geschrieben hat. Man kann hier überlegen, ob man abwarten will, daß Bodmer sich bey
i5
4
Nr 4
13. J a n u a r
1751
Hagedorn auf neuen Seiten zeige, oder ob man dem Hr. von Hagedorn Nachricht von der Sache geben will. Ich überlasse dieß, wofern man den 10
Brief auf Braunschweig schickt, besonders den Hr. Giseke u Ebert. Klopstock.
4 . AN G L E I M , Z Ü R I C H , 1 3 . J A N U A R
1751
Zürch, den 13 ten Jenner 1 7 5 1 Liebster Gleim, Ich habe zeither oft, wenn ich einen Brief von meinen Aeltern empfangen habe, u einen von Cramern u Schlegeln darinn gefunden, vergebens nachge5
sucht, ob nicht auch einer von meinem liebsten Gleim dabey wäre. Soll ich Sie, oder wollen Sie sich selbst anklagen? Sie sind überzeugt, daß ich Sie so sehr liebe, daß ich wegen Ihres Stillschweigens Sie endlich bey Ihrem Herzen verklagen muß. Ich fordere hiermit mit dem zärtlichen Ungestüm der Freundschaft einen Brief von Ihnen. Und Sie müssen, so bald Sie dies
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Brief erhalten, alles, auch die notwendigsten Geschäfte bey Seite sezen, u, wenn es gleich nicht Posttag ist, gleich den Augenblick an mich schreiben. Sie müssen mir von sich selbst u auch von Schmidten Nachricht geben. Denn der schreibt auch nicht an mich. Sein Stillschweigen fängt mir beynah an zu einem Räthsel zu werden, das ich nicht ergründen kann. Ich weis gar
is
nicht, wie ihm dieß möglich ist, da er es weis, wie sehr ich ihn liebe. Ich bitte Sie an ihn zu schreiben, u sich dieses Räthsel auflösen zu lassen. Habe ich ihm von Sachen geschrieben, darüber er mir nichts mehr sagen kann: so weis er ja, wie biegsam mein Gemüt ist, u er mit mir gerade zu offenherzig reden, oder mit eben dieser Offenherzigkeit sagen darf, daß er hierüber
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schweigen müßte. Wahrhaftig, mein liebster Gleim, wenn ich manchmal in der sanften Melancholie der Freundschaft meinem Herzen nachdenke, u damit einige Scenen vergleiche, wie mir manchmal mein Schmidt, der mich doch gewiß auch liebt, kleine Wendungen seines Herzens gegen mich hat entwischen lassen, so wird mir mein Herz, das oft, glücklich zu seyn, zu
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empfindend ist, ganz schwer. Wenn Sie bey diesen Worten denken, daß ich ihn anklagen will, oder, daß ich ihn nicht eben so sehr, wie vorher, liebe, so habe ich mich gewiß nicht richtig genung ausgedrückt. Ich rede mit Ihnen ganz offen, wie Sie selbst sind. Denn meine Freundschaft gegen Sie, u unsre Freunde, ist wie das Anakreontische Mädchen, κουρη βαθυκολπος. - Sie
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werden bey meinen Aeltern, wenn Sie sie besuchen, einen Brief an Bodmer,
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16. Januar 1 7 5 1
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finden, u zugleich die Ursachen erfahren warum der Brief an Bodmer selbst nicht überschickt worden ist. Sie werden mit mir die Anmerkung machen, daß Bodmer nicht einmal ein edelmütiger Feind zu seyn weis. Wenn wir einander Wiedersehen, wollen wir weitläuftiger darüber reden, daß ich einen nicht geringen Theil meines Lebens damit zubringen mußte, meine liebsten Freunde zu verlassen, eine weite Reise zu thun, einen andern, von dem wir glaubten, daß er ein Freund, wie wir seyn könnte, aufzudecken. Sie werden zugleich bey meinen Aeltern den vollendeten IVten u Vten Gesang des M e s s finden. Ich habe mir vorgenommen, nun an der Episode vom Weltgericht zu arbeiten. Ich habe diesen ganzen Abend den Jones gelesen; u die Sophia hatte mich in so tiefsinnige Betrachtungen verleitet, daß ich den allerliebsten Mädchen noch einmal die Hand drückte, u mich ihr empfal an meinen lieben Gleim zu schreiben. Jezt bin ich ganz müde. Schlafen Sie künftige Nacht so wohl, als ich zu schlafen denke, ob ich gleich nicht gleich werde einschlafen können. Was es doch für eine süsse Sache ist, die Freundschaft! daß man solche Kleinigkeiten an seinen Freund schreiben darf, u der Freund sie liest, als wenn es was wäre. Ihr Klopstock
5.
AN
HEMMERDE,
ZÜRICH, 16. JANUAR
I751
Zürch, den i6ten Jenner 1 7 5 1 Hochedler, Hochgeehrter Herr, Ich beziehe mich auf mein leztes, daß Sie von Quedlinburg aus, mit dem IVten Gesänge, u mit der Nachricht, daß Sie bald darauf auch den Vten erhalten sollen, werden bekommen haben. Da Sie mir in Ihrem vom 4ten dieses, die Nachricht geben, daß Sie die Kupfer weglassen wollen, so muß ich Ihnen sagen, daß ich hierüber sehr vergnügt bin. Sie können nun beide Editionen mit deutschen Lettern machen. Nur habe ich eine Bitte an Sie, deren Willfahrung mich sehr vergnügen wird. Wenn Sie in Octav drucken, so ist es, bey der Grösse der Lettern, fast unmöglich, daß nicht die Zeilen sehr oft müssen gebrochen werden. Und dieses Brechen der Zeilen ist mir u vielen Lesern ganz u gar zuwieder. Meine Bitte war also, daß Sie 4 Format nähmen; Mir ist zwar der Format an sich beynah gleichgültig, es kömmt
6
15
Nr 6
3. F e b r u a r
1751
mir nur darauf an, daß die Zeilen nicht gebrochen werden. Wenn diese Absicht auf dem größten Octav, wie etwa Hr. von Hagedorns Lieder mit den Musiknoten sind, kann erreicht werden, so bin ich zufrieden. Ferner wünschte ich, daß die Zeilen eine gute Weite von einander kämen. Ich erbiete mich deßwegen zween Bogen weniger bezahlt zu nehmen.
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Wenn ich
alle Buchdruckerzierathen weg haben will; so verstehe ich auch e Anfangsbuchstaben mit Zügen, oder sonst mit ner Auszierung, darunter. Ich wiederhole auch dieß noch einmal. Auf den Titel sezen Sie schlechtweg: Der Messias
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u dann auf die folgende Seite allein: Erster Gesang, auf die andere Seite: Inhalt des ersten Gesangs u s.w Daß auch die neuen Änderungen, die ich an Hr. Professor Meier geschickt habe, genau eingerückt werden.
Ich erin-
nere mich auch, daß in dem M . S . des Vten Gesangs ein unvollendeter Vers steht. 30
Nämlich zu Anfang des Vten G. nach dem lezten Verse der
Antwort Gottes an Eloa, heißt der i4te Vers: Also ertönte, da Gott von ihm aufstand Der Vers muß so heissen: Also ertönte der himmlische Thron, da Gott von ihm aufstand. Sie vergessen ja nicht diesen Vers so hineinzuschreiben Ich bin übrigens
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Ew. Hochedl. Meines Hochgeehrten Her ergebener Diener Klopstock.
6. A N A N N A
MARIA
UND
Z Ü R I C H , 3. F E B R U A R
GOTTLIEB
HEINRICH
KLOPSTOCK,
1751
Als Auszug überliefert ich werde mich mit Peltzen versehen, als wenn ich auf Ißland reisen wolte. Rahn, und der Sohn der rechtschaffensten Frau, die ich in Zürch kenne, reisen mit mir. Von Hr Sack habe ich einen sehr freundschaftligen Brief erhalten, worin er 5
mir meldet, daß er seinen Berlin. Entwurf aufgegeben, da er die Nachricht von der Koppenh. pension bekommen, so viel hätte er in Berlin nicht ver-
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6. F e b r u a r 1 7 5 1
7
langen können. Er hält Bodmern noch für den, für den ich ihn selbst hielt, da ich zu ihn reißte. etc. Herr Bar von Bern, der gewiß nicht, wenn ich ihn sehen werde, Bodmerisiren wird — — — — —
7. AN A N N A M A R I A
UND GOTTLIEB
Z Ü R I C H , 6. F E B R U A R
HEINRICH
KLOPSTOCK,
1751
Als Auszug überliefert ich melde Ihnen, daß es sehr nahe ist, daß Bodmer und ich uns versöhnen, und daß eine völlige Amnistie des vergangenen unter uns erichtet werden wird. Dieß ist gewiß zu der Zeit, da Sie diesen Brief erhalten, schon geschehen. Ich schreibe Ihnen noch einmahl, damit Sie meiner Reise wegen, ganz außer
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Sorge seyn. Die Reise machen wir so. Da wir uns wieder die Winter Nächte genungsam mit Pelzwerck versehen haben, so reisen wir die Nächte. Wenn es zu dunckel ist, so gehet ein Kerl mit einer Fackel vorher. Wir haben auch, um auf alle Fälle gefast zu seyn, einen Wohlbewafneten Bedienten bey uns, der treu ist, und als Soldat gedienet hat. Wir selbst haben gute Pistolen. Jedoch dieß sind nur die kleine Vorsichtigkeiten. Die Vorsehung, die mich glücklich hergebracht hat, wird auf der Rückreise meine Begleiterinn seyn. Meinen lieben Gleim will ich bald mündlich antworten.
8. A N G L E I M , Q U E D L I N B U R G , 6. M Ä R Z 1 7 5 1
Gemeinschaftsbrief von Klopstock und Gottlieb Heinrich Klopstock Guten Morgen, liebster Gleim, Hier bin ich. Kommen Sie ja bald zu mir, zu Ihrem Klopstock. O! des Laconismi! allein so gehets, wenn Kinder ihren Eltern nicht folgen wollen, und res actas agiren. Gelt, Sie würden, Mein Wehrtester Freund! auf Morgen Mittag ohne diesem Vergeblichen Bothen, gantz gewiß bey uns gewesen seyn, wie ich Sie denn, trotz aller Abhaltungen, die möglich sind, ohnfehlbar erwarte, bringen Sie doch Ihren alten Hofmann auch mit. Zwey
IO
8
Nr 9
7· März 1 7 5 1
wackere Schweitzer Lieben Ihnen schon jetzt, und ich zweifele gar nicht, daß Sie selbige wieder zu lieben würdig finden werden Tuus G. H. Kl:
9. A N
GLEIM,
Q U E D L I N B U R G , 7. M Ä R Z
Gemeinschaftsbrief
1751
von Klopstock, Johann Andreas Cramer, Juliane
lotte Cramer und Gottlieb
Heinrich
Char-
Klopstock Quedlinburg den 7ten März 1 7 5 1
Liebster Gleim, Wie vergnügt war ich, da ich gestern meinen Brief an Sie fortschickte. Aber niemals ist für mich eine fatalere Versamlung gewesen, als Ihr Generalcapitel ist. Liebster Gleim, ich kann heute u auch Morgen noch nicht kommen Und wenn ich zu Ihnen komme, bin ich nicht einmal bey Ihnen. Unterdeß sagen Sie mir doch, ob izt alle Tage gleich bey Ihnen sind? Oder, ob Sie einen Tag mehr abkommen können, als den anderen. Und wenn dieß ist, so bestimmen Sie mir diesen Tag. Wie viel habe ich Ihnen zu sagen; aber nicht in Briefen. Cramer u ich küssen Sie. Wir sind beyander. Alleweile hat mich Charlotte zu Ihren Erstgebornen Sohne angenommen. Ich habe Schlegeln Seine Erstgeburt um ein Linsengericht abgekauft.
Ich bin
Ihr Klopstock. Und ich bin
Ihr Cramer
Juliane
Charlotte
Cramer:
Und ich Ihre Mutter Charlotte Gottlieb
Heinrich
Klopstock:
Bedaurenswürdiger Freund. Wann werden wir Sie wieder entbunden sehen G Klopstock: Charlotte sagt zu Cramern: Pfuj! Willst du noch was schreiben!
ΙΟ. A N
HEMMERDE,
Q U E D L I N B U R G , ΙΟ. M A R Z
1751
Quedlinburg den ioten März 1 7 5 1 . Wohledler Hochgeehrter Herr, Hier ist auch der IVte Gesang. Ich ersuche mir 20 Exempl. auf das beste holländische Papier zu geben. Ich brauche sie. Ich habe Ihnen zwo adressen gegeben, zween Exempl. zu verschicken. Hier haben Sie noch zwo. meine Eltern
1 ) an
2) a Mr. le Baron de Bernstorf Conseiller Provincial et de
guerre de Sa Maieste Britannique a Hannover. Was Sie mir von den andern schlechten Exemplaren noch geben wollen, schicken Sie mir hierher an meine Eltern.
Die sechzehn übrigen guten
müssen Sie, so bald es nur möglich ist, auf Koppenh. schicken. 40 Rthlr. Geld ersuche ich Sie, mir mit nächster Post an spanischen Golde zu schikken. Herrn Prof. Meier empfehlen sie mich, u wünschen Ihm von mir baldige völlige Herstellung seiner Gesundheit. Ich bin Ew. HochEdl ergebner Diener Klopstock. Was an den Kupfern noch zu ändern ist, will ich schreiben, so bald Sie mir geantwortet haben werden. Der Einfall von Ihnen, sie besonders zu verkaufen, ist gut. Beygelegte Ode wird zu der grossen u kleinen Edition, allezeit mit den Lettern, wie sie in jeder Edition sind, vorne hin gedruckt, die Zeilen weit aus einander u nur drey Strophen auf eine Seite. Der Vorbericht zu der Ode wird mit gleichen Lettern gedruckt. Nach dem Titel des Messias kömmt:
Ode an Ihro Μ
Dann wird auf die folgende Seite der
Vorbericht zu der Ode gesezt. Ich schicke die Ode mit nächster Post.
II.
AN
HEMMERDE
(?),
Q U E D L I N B U R G , IO. M Ä R Z
1751
Ich habe Hr. Hemmerde, S. T. Buchhändler in Halle, die ersten fünf Gesänge des Messias zum Verlag überlassen.
Quedlinburg den ioten
März 1 7 5 1 . Klopstock.
ΙΟ II.
Nr Ii AN
i3.Märzi75i
HEMMERDE,
QUEDLINBURG, 13. MÄRZ
1751
Quedlinburg, den 13 ten März 1 7 5 1 Hochedler, Hochgeehrter Herr, Ich beziehe mich auf mein leztes, worinn ich Ihnen den IVten Gesang ge5
schickt habe. Sie lassen also die Ode so drucken, wie ich neulich geschrieben habe, mit eben den Lettern wie der M e ß selbst gedruckt wird; den Vorbericht mit etwas kleinern Lettern. Ich erinnere mich, daß ich in meinen Briefen schon Anmerkungen genug über die Kupferstiche gemacht habe; wenn man sich dieser nur bediente, so werden Sie die Kupfer besonders
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schon gut verkaufen können. Ich erwarte baldige Antwort von Ihnen weil ich bald verreise, u bin Ew. HochEdlen ergebner Diener Klopstock
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Noch eins. Sie schicken eins der ganz guten Exemplare auf Langensalze mit der adresse:
a Mr.
Schmidt Candidat en droit
Mein Vater
wird Ihnen künftige Woche schreiben
13.
AN J O H A N N
CHRISTOPH SCHMIDT,
QUEDLINBURG, 14.
MÄRZ
I75I Quedlinburg den i4ten März 1 7 5 1 Mein Schmidt, Ich schrieb Ihnen von Halberstadt aus, gleich den Abend darauf, da Ihr Brief an Gleimen u mich des Morgens angekommen war. Ich dachte, Sie 5
hätten mich ganz vergessen gehabt. Aber da mein Brief schon fort war, in der eigentlichen mitternächtlichen Stunde, las mir Gleim Ihre Briefe an Ihn vor, die Sie seit meiner Abwesenheit geschrieben haben. Nun verklagte ich auf einmal meinen fortgeschickten Brief bey mir selbst. Ach, warum (dacht ich) hat denn mein Schmidt nicht eine halbe Zeile von dem an mich selbst
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geschrieben, was er an Gleimen schrieb? . . . . Mein Herz, das mir Ihrentwegen so sehr schwer gewesen war, durfte es nun wieder zuversichtlich fühlen, daß Sie mich liebten. Wenn Sie alles wüßten, was ich, seitdem Sie mir
nicht schrieben, gedacht u gethan habe; es würde Ihnen gewiß recht nahe gehen, daß Sie mich in dieses Labyrinth geführt haben. Nun ist mir nur noch von dem Labyrinthe ein Bischen Räthsel übrig geblieben, das werden Sie mir schon auflösen, wenn ich Sie sehe. Wie freue ich mich darauf, Sie zu sehen! Das werde ich Ihnen nur alsdann erst recht sagen können, wenn es geschieht. Schreiben Sie mir aber unterdeß noch einmal. Unsre Abreise wird, wegen Gleims Geschäften, noch über acht Tage aufgeschoben werden müssen. Jezt werde ich abgehalten, mehr zu schreiben. Sie empfehlen mich Ihrer Frau Mama. Ich bin Ihr Klopstock.
1 4 . AN M A R I A S O P H I A S C H M I D T ,
QUEDLINBURG, 14. MÄRZ 1751
Quedlinburg den i4ten März 1 7 5 1 . Liebste Cousine, Ich kann es gar nicht vergessen, was ich von Gleimen erfahren habe, daß Sie so krank gewesen sind, u daß Sie erst den i9ten Jul. schreiben konnten, »daß Sie noch lebten«. Wenn ich von Ihnen rede, u ich meinem Herzen dabey nur ein Wort zu sagen erlaube, so habe ich so unendlich viel zu sagen, daß ich nicht weis, w o ich anfangen soll. Niemals bin ich mehr davon überzeugt worden, als da ich hörte, daß Sie krank gewesen wären. Sollten wohl meine feyerlichen Unterredungen mit Ihrem Genius, u die frömmsten Gebete, die iemals gethan worden sind, ein wenig zu Ihrer Besserung beygetragen haben? Vielleicht haben Ihnen diese, nach Ihrem eignen guten Herzen, am meisten geholfen Doch ich muß mich nur von den Gedanken, daß Sie krank gewesen sind, mit Gewalt losreissen. Aber was hätte ich Ihnen überdieses nicht noch zu sagen, wenn ich wieder einen Befehl handeln dürfte, den Sie mir durch Ihr halbjähriges Stillschweigen gegeben haben. Gleichwohl kann ich, da ich an Sie schreibe, noch nicht schliessen, u sollte ich Ihnen auch eine Kleinigkeit erzählen müssen. Sie erinnern Sich noch wohl, daß einmal eine Bauerfrau ein gewisses Frauenzimmer, das Sie genauer kennen, als ich, für die junge Prinzessinn hielt, die damals durch Langensalz gieng. Ich bin bey dieser Prinzessinn sechs Tage gewesen, u das königliche Mädchen hat mir so wohl gefallen, daß ich bey nah ein Nachahmer der Bauerfrau geworden wäre, u an der Prinzessinn ein bischen Fanny gefunden hätte. Denn ich bin doch
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16. M ä r z i 7 5 i
einmal dazu da, immer an Fanny zu denken; Fanny mag auch noch so viel is
wieder mich über Ihr liebenswürdiges Herz bringen können. Empfehlen Sie mich doch der schönen Fanny. Ich bin Ihr ergebenster Klopstock. 15.
AN
GLEIM,
Q U E D L I N B U R G , 16. M Ä R Z
1751
Quedlinburg, den i6ten März 1 7 5 1 Liebster Gleim, wir sind so nah bey einander, u müssen uns schreiben. Jagen Sie doch das verdrießliche Kapitel auseinander. Und reisen Sie dann ja nicht nach Wal5
bek. Es ist mir wirklich in recht vielen Absichten, die ich Ihnen alle sagen kann, recht viel daran gelegen, daß ich bald in Koppenh. bin. Sie können es nun vielleicht bestimmen, wenn das Kapitel aus seyn wird. Schreiben Sie mir dieß bald. Die Abschrift von den Circularschreiben haben Sie mir nicht geschickt. Das müssen Sie auch bald thun. Unterwegs auf Langens. wollen
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wir recht viel von der Sache reden, die mein Herz am nächsten angeht. Meine ganze Liebe ist aus den versteckten Winkeln des Herzens, wohin sie entflohen war, in mein ganzes Herz zurück gekommen. Ich habe den furchtbaren Knaben (ich muß doch auch einmal in meinem Leben dieß wort brauchen!) schon lange gekannt, u ich kenne ihn von neuen. Einige Zeit, davon
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ich Ihnen gesagt habe, sagte ich zu dem bösen Knaben: Schlaf, oder scheine mir zu schlafen! Wenn ich recht zurück denke, so hat er mir eigentl. niemals gehorcht. Eben da ich nun hiervon weiter schreiben will, so sehe ich, daß ich es nicht kann. Ich glaube nicht, daß Sie sich die Enge des Herzens recht eigentlich vorstel-
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len können: Wenn jede Stüze der Hofnung, indem ich sie kaum sezen will, wieder einsinkt
Ich weis nicht recht, was ich schreibe. Ich will auf-
hören. Ich habe noch nie so kalt von meiner Liebe geschrieben Ich habe von neuen an Schmidten u Seine Schwester geschrieben. Gleim, Gleim, mich deucht, Sie werden es einmal noch schlimm mit mir haben; 25
weil Sie auch eine Ursach meiner neuen kleinen Hofnungen sind. Küssen Sie Hr. Sucro von mir, u sein kleines loses Mädchen. Ich habe zweymal Seine Augen voll Schalkheit gesehn.
Ich bin Ihr Klopstock.
Nr 16
16. März 1 7 5 1
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1 6 . A N M A R I A S O P H I A K L O P S T O C K , Q U E D LI Ν Β U R G , l 6 . M Ä R Z 1 7 5 1
Quelinburg, den i6ten März 1 7 5 1 . Liebe Schwester, Ich wäre mit der größten Freude auf Eisleben gekommen, wenn ich nicht, fürs erste notwendige Geschäfte, wegen des neuen Drucks meines Gedichts in Halle gehabt hätte; fürs zweite, ich Euch doch nur auf einige Stunden, wegen meiner Reisegesellschaft, hätte sehen können, u mir dieß vielmehr, wie ein Abschied, als ein wirklicher Besuch, vorkam. So bald ich wieder in Deutschland komme, werde ich Euch gewiß sehen. Ihr könnt überzeugt seyn, daß ich Euch zärtlich liebe, u, so bald ich im Stande seyn werde, Euch meine Liebe durch Proben zeigen werde. Hannchen hat Euch die Briefe der Rowe geschickt. Dieß Buch müsset Ihr, nach der B i b e l , am meisten lesen, u ausüben. Empfehlet mich der Fr Hofräthinn, u dem Herr Hofrath, wenn Er zurück kömmt. Ich bin Euer treuer Bruder F. G. Klopstock.
1 7 . AN G I S E K E , Q U E D L I N B U R G , 1 7 . M Ä R Z
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Quedlinburg, den i7ten März 1 7 5 1 . Liebster Giseke, Das ist freylich ziemlich lange, daß wir einander nicht geschrieben haben. Ich dächte, wir machten die Sache kurz aus, u nennten uns beide schuldig. Ich habe mich ein klein bischen getröstet, da ich hörte, daß Sie Cramern u Schlegeln auch nicht oft schrieben. Überhaupt ist izt vom Schreiben nicht die Rede. Denn ich werde Sie bald, u das vielleicht in Gleimens Gesellschaft, sehen. Vorher können Sie mir aber, mein liebster Giseke, gleichwohl noch schreiben. Was Sie, wenn Sie von sich geredt haben, hauptsächlich zu schreiben haben, das verstehet sich, daß Sie es wissen. Nicht zu erst von Gärtnern oder Eberten, auch nicht der Mad. Kruse; sondern von dem allerliebsten unter allen poetischen Mädchens, der Gärtnerinn. Ob Sie nun einen kleinen Poet, oder eine Poet (denn so muß man sich nach Cramern ausdrücken!) mit zärtlichem Umarmungen, als Gärtnern selbst, umschließt? Verzeihen Sie mir diese lange Umschreibung. Ich weis nicht recht, wo sie hergekommen ist. Ich wollte nur nach der Parenthese kein einsylbichtes Wort sezen. Nun, lieber Giseke, schreiben Sie mir von diesen u andern süs-
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Nr 18
20. März 1 7 5 1
sen Sachen recht vieles. Sie sehen wohl, daß ich in diesem Briefe nicht anfangen kann zu erzählen. Ich liebe Sie, wie sonst, u das, denke ich, erinnern Sie sich noch ein bischen. Ich bin izt recht glücklich. Ich sehe alle unsre Freunde. Rabnern, Schlegeln, Gelierten, Rothen Cramern, Gleimen, hab ich gesehn. Und euch, meine lieben Kinder, die Mädchens nicht ausgenommen, werde ich auch bald sehen. Denn, Brüderchen, du must nicht denken, daß du es allein einsiehst, daß es allerliebste Mädchens sind Ich bin, Ihr Klopstock.
1 8 . AN G L E I M ,
Q U E D L I N B U R G , ZO. M Ä R Z I 7 5 I
Quedlinburg den 20ten März 1 7 5 1 Liebster Gleim, Sie schreiben mir nicht, u kommen auch nicht zu mir. Vielleicht haben Sie das, was ich auf das couvert meines lezten Briefs schrieb, nicht so nahe geglaubt. Ich habe von Kopp, einen Brief von dem Baron Bernstorf bekommen, der schon auf Hannover adressirt war. Und dieser Brief ist vom 6ten dieses. Mein liebster Gleim, es kommen gar zu viele Ursachen zusammen, daß ich notwendig den 22ten reisen muß. Lassen Sie mich keine Beschreibungen von meiner Traurigkeit machen, daß wir nun nicht auf Langensalz reisen können. Wenn es Ihnen nur immer möglich ist, so kommen Sie doch Morgen zu uns. Geht das nicht an, so werde ich den Montag Nachmittag zu Ihnen kommen, u des Nachts auf Braunschweig, w o ich auch nur etliche Stunden bleiben kann, reisen. Können Sie morgen nicht kommen, so schreiben Sie mir wenigstens Ihrem Klopstock.
1 9 . A N G L E I M , Q U E D L I N B U R G , 2.O. M Ä R Z 1 7 5 1
Quedlinb. den 2oten März 1 7 5 1 Lieber, lieber Gleim, Da ich inliegenden Brief fortschicken will, kömmt Ihr Bothe. Ich kann Ihnen kein Wort mehr sagen als, daß, wenn Sie mich recht lieb haben, Sie
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ίο. M ä r z 1751
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mich nicht mehr bitten sollen, zu bleiben. Nebst einer grossen Anzahl Um-
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stände, war Bernstorfs Brief müssen wissen, daß Bernstorf ein allerliebster Ma ist!) mich schon in Hannover zu finden glaubte. Ich beschwöre Sie noch einmal, Ihre Bitten sind Götterkinder, Töchter Jupiters, wie im Homer; aber, allerliebster Gleim, wenn Sie mich recht lieb haben so, bitten Sie mich nicht mehr! Ich wer auf den Montag, aber als ein Rei-
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sender, bey Ihnen seyn. Empfehlen Sie mich Friederickchen u Ihrem Sucro Schmidt hat Sie gewiß nicht so lieb, als Ihr Klopstock
ZO. A N J O H A N N C H R I S T O P H S C H M I D T , Q U E D LI N B U R G , 2 0 . M Ä R Z
1751 Quedlinburg den 2oten März 1 7 5 1 Mein Schmidt, Da ich ganz von dem süssen Gedanken, Sie zu sehen, voll bin, bekomme ich von Hannover einen Coppenhagner Brief, der schon auf Hannover an mich adressirt ist. Womit soll ich anfangen, Ihnen meinen Schmerz auszudrük-
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ken, daß ich Sie nun nicht eher, als künftigen Sommer, sehen kann? Denn es ist schlechterdings notwendig, daß ich izt reise. So viel kann ich Ihnen sagen (aber wenn mir das Räthsel Ihres halbiährigen Stillschweigens wieder einfällt, so getraue ich mich auch dieß kaum!) daß nur eine einzige Person in der Welt ist, die mich im eigentlichen Verstände glücklich machen kann, u
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daß es um derselben willen geschah, daß die Veränderung, die Sie mit den alten Verwandlungen vergleichen, mit mir vorgieng. Ich habe Ihnen immer mein ganzes Herz gesagt. Jezo stehen meine Sachen so. Der König u der Graf Moltke sind mir gut, u der Baron Bernstorf liebt mich. Die Fabrique, von der ich Ihnen einmal geschrieben habe, wird durch meine Vermittlung,
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sehr wahrscheinlich von dem Copenhagner Hofe unterstüzet, oder arbeitet für eine der dortigen indischen Compagnien. Ich habe dieser Sache wegen schon Briefe von Bernstorfen
Aber warum sage ich Ihnen dieß?
Wahrhaftig, ich weis es selbst kaum, warum ich es thue
Sie lieben
mich, wie zuvor. Denn ich will mein Herz mit keinem Zweifel, der meinen Schmidt auch quälen würde, mehr quälen. Sie lieben mich gewiß! Aber Sie thun das hinter der Scene. Wenn ich mich frage, warum hinter der Scene? So denke ich, mein Schmidt wird mir schon einmal die Ursach davon sagen.
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Nr 2.1
I i . März 1 7 5 1
Beklagen Sie mich, u nicht sich, daß ich Sie izo nicht sehen kann. Wenn ich is
recht daran denke, so blutet mir mein Herz, daß Sie mich durch Ihr Stillschweigen zu furchtsam machten, gerade zu, eh ich auf Leipzig gieng, nach Langensalz zu kommen. Ich kann nichts mehr schreiben. Ο wenn Sie es wüßten, wie sehr ich Sie u Ihre Schwester liebe. Vielleicht schreibe ich morgen auch an Ihre Schwester, wenn ich an Sie schreiben kann, ohne daß sich
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mein Herz darein mischt, welchem die kleine Glückseligkeit, traurig zu seyn nunmehr ganz u gar verboten zu seyn scheint. Wäre es möglich, daß ich hierinn nur einigermassen unrecht haben könnte, so werden Sie nicht böse auf mich, wie Sie einmal in Halberstadt wurden, sondern beklagen Sie mich vielmehr. . . . Ich erwarte ganz gewiß Briefe von Ihnen. Sollten schon
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welche unterwegs seyn, so habe ich es so eingerichtet, daß ich sie bey dem Hr. von Hagedorn finde. Haben Sie noch keine geschrieben, u schreiben Sie bald, nach Empfang dieses, so können Sie den Brief, Aohne an Hagedorn zu schreiben\ nur an ihn einschliessen, so werde ich den Brief auch gewiß antreffen. Machen Sie mir die Freude, einen Brief bey Hagedorn von Ihnen zu
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finden. Die Freude, Hagedorn das erstemal zu sehen, wird kaum so groß seyn. Ich bin Ihr Klopstock.
2.1. A N
GLEIM,
QUEDLINBURG, 21. MÄRZ
1751
den 21 ten März 1 7 5 1 Liebster Gleim, Zerreissen Sie mein Herz nicht so sehr! Ich kann Ihre beynah unüberwindlichen Bitten nicht mehr aushalten. Ich muß reisen. Weiter kann ich Ihnen 5
nichts sagen. Ich muß reisen, damit ich künftigen Sommer, oft, lange, u recht in voller Freude bey Ihnen seyn könne. Wenn Sie mein Herz sähen, u wüßten, wie sehr es anders redte, als meine Vernunft izt reden muß; mein lieber Gleim, Sie würden mir kein Wort mehr sagen, mich nicht zu traurig zu machen. Ich würde wenn ich auch bliebe, kein Vergnügen in Ihrer Ge-
ro
sellschaft empfinden können, weil ich immer unruhig seyn würde Auf den Dienstag früh um neun Uhr bin ich in Halberstadt, u bleibe bis des Abends um zwölfe. Sehen Sie, mein Gleim, mehr als ich beynah geben kann. Cramer, Charlotte, u so gar meine Eltern geben mir in allen diesem
Nr 22
V o r d e m o d e r am 2 3 . M ä r z 1 7 5 1
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Recht Was das aes triplex anbetrift, so müssen Sie wissen, daß ichs, in Betrachtung der Reisen, mit Ihnen u Schmidten annehme. Ich habe vor kur-
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zen traurige Briefe auf Langensalz fortgeschickt. Ich will Sie noch recht zärtlich umarmen Ihr Klopstock.
22. AN G L E I M , H A L B E R S T A D T , VOR DEM ODER AM 23. M Ä R Z 1 7 5 1
Liebster Gleim Die Gesellschaft, w o Sie sind, mag Ihnen auch noch so angenehm seyn, so muß ich Sie doch diesen Abend noch sehn Ihr Klopstock Bey Hr. Sucro.
2 3 . AN R A M L E R , Β RAU Ν S CH WE I G , 2 7 . M Ä R Z I 7 5 I
Gemeinschaftsbrief von Gleim, Zachariä, Klopstock, Ebert, Gärtner und Giseke Gleim: Braunschweig den 27ten März 1 7 5 1 .
Mein liebster Ramler, Hier bin ich in Braunschweig auf Zachariäs Zimmer mit Klopstock, Ebert, Gärtner, Kirchmann, Alberti, Fleischer (ein Orpheus unsrer Zeit) und Giesecke, der sich ärgert, daß ich ihn nicht zuerst genant habe,
Zachariä: Ihr lieber Gleim hat eben eine Ode von Ihnen her gesagt, und er vergißt drüber seinen Brief fortzuschreiben, soll ich Ihnen sagen mein lieber Ramler daß ich ihre Ode fühle und bewundre, aber das versteht sich — ich will Ihnen lieber sagen, daß ich Sie unendlich liebe, nun soll Gleim fortschreiben.
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Nr 13
17. März
1751
Gleim: Nein, Klopstock, schreib du fort — -
Klopstock: Ich dächte Gleim könnte nur fortschreiben. Denn ich kann mich nicht gleich auf den glücklichsten Ausdruck besinnen, wie ich es Ihnen sagen soll, wie sehr ich Sie liebe
Nun, Gleim, wieder her an Tisch!
Gleim: Nein, Ebert, schreib du fort —
Ebert: Billig sollte kein Mensch die Feder ansetzen, als Sie, mein allerliebster Rammler! und doch will alles schreiben, was noch nicht lesen kann. Gleim will gar eine Druckerey für sich, bloß für sich, anlegen; vielleicht auch noch für seine Domherren. Und wenn das geschieht, so dürfen Sie ihm nicht einmal mehr Briefe schreiben; er läßt alles drucken, was man spricht und denckt. Warnen Sie Spalding auch davor. Gleim sagt mir eben, daß ich Ihnen nicht schreiben soll, daß ich die Nachtgedancken meines Young übersetze. Ich sage aber, der Zusammenhang erfordert es. Ich bin also itzt Autor; denn jeder Uebersetzer dünckt sich doch auch Autor zu seyn. Auf Ostern erscheinen die ersten vier Nächte, und zugleich der Anfang einer ganzen Sammlung der vortrefflichsten englischen Lehrgedichte. Aber fahren Sie doch fort, oder fangen Sie vielmehr an, im eigentlichen Verstände Autor zu werden. Sie und Spalding haben den göttlichsten Beruf dazu; Sie sind dazu ordinirt. Ich muß doch wieder auf mich kommen. Das versteht sich, daß ich alles in Prosa überseze. Wer keine andre, als poetische Uebersetzungen zulaßen will, der weiß nicht, was Uebersezen heißt. — Ich brauche aber, außer den Aufmunterungen meiner andern Freunde, noch die Ihrigen. Darum schreiben Sie mir bald. Doch die Wahrheit zu sagen, ist mir noch weit, unendlich mehr an Ihrem Herzen, als an Ihrem Verstände gelegen, wofern sich diese beyde von einander trennen laßen. Und wenn ich selbst jemals Verstand habe, so muß er aus dem Herzen kommen. Ich bewundre und haße Voltairen: Aber Sie, mein allerliebster Rammler! bewundre und liebe ich. Nicht wahr? das letztere ist noch mehr, als bewundern. —
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ζ7. M ä r z i 7 5 i
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Gleim: Nun kommen sie, mein lieber Gärtner, so bekomt mein Ramler doch einen
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Brief. Selbst hätte ich doch keinen Brief zu Stande gebracht. Aber können sie heute auch wohl schreiben? Der sie vielleicht heute noch Vater werden?
Gärtner: Gleim hat mich also schon im voraus entschuldigt, wenn ich Ihnen nicht viel schreibe, mein lieber Ramler. Ich hoffe und dencke heute so viel, daß ich nur wenig sagen kann. Machen Sie mir die Freude, und rechnen Sie
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mich unter die Zahl ihrer Freunde, und schreiben Sie recht viel. Ich will gewiß alles lesen. Luise empfiehlt sich Ihnen durch meine Feder.
Gleim: Giesecke ist eben weggegangen, sonst solte ihnen der auch schreiben, und dann würde er ihnen sagen, daß er mit ihnen gar nicht zufrieden ist, indem sie ihm nicht so viel, als Klopstocken und Eberten zu übersetzen gegeben
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haben. Martial, sagt er, das ist ja gar nichts. Wie viel Epigramme hat er denn, die meiner Uebersetzung wehrt sind? Machen sie indeß ihr Project nur fertig. Ich glaube, es wird noch eben so leicht ausgeführt werden, als mein Project zum Dohmkeller. Schicken sie sich nur auf ein Dutzend Trincklieder, oder weil Dohmherren nicht trincken, auf so viel Sauflieder.
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Denn der Dohmkeller, den wir anlegen, soll recht feyerlich eingeweiht werden. Trincklieder, bey Einweihung des Dohmkellers zu Halberstadt. Sehn sie das ist der Titul, der wohl verdient, daß er kein bloßer Titul bleibe, sondern daß unter ihm ein Buch erwachse. Mein Project zu einem Buchladen mag Eberten vorkommen, wie es will, so dünckt es mich doch recht schön.
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Die Intereßenten sind alle gute Köpfe, und alle Nachkommen aller guten Köpfe. Das DohmCapitul giebt das Geld, die Unkosten des Drucks behält es inne, den Profit last es den Scribenten. Wäre gleich alles so wie es seyn solte, so wolte ich sie bitten ihr Journal keinem Buchhändler in Verlag zu geben; sie solten um unsere Anstalten gewiß sich verdienter machen, als um
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irgend einen Verleger, wenn es auch der einzige ehrliche auf der Welt wäre. Aber mir, und allen die sie nur halb so kennen, als ich ist gar zu viel daran gelegen, daß sie dem dummen Deutschlande schreiben. Darum machen sie nur fort und fangen wieder an so leicht zu schreiben als Sack predigt. Jetzt predigt auch ein Mann unter uns, (Herr Alberti) der rechte Pantomime aller
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27. M ä r z
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Priester Stimmen — Aber ich habe ihnen unter dem Geräusch seiner Frazentöne noch etwas beßres zu sagen. Klopstock reist auf den Montag von hier nach Hannover, von da nach Hamburg und so weiter nach Koppenhagen ab. Morgen wird er durch die Frau Obristin von Kannenberg, mit der ich 75
ihn bekant gemacht habe, und die schon eine Kennerin seines Meßias ist, dem Herzoge und der Herzogin präsentirt werden. Diesen Abend speise ich mit ihm und Herrn Ebert, bey den drey jüngsten hiesigen Prinzen, allerliebste Prinzen, von denen der älteste, in den drey Minuten, die ich ihn heute gesprochen habe, mir würdig schien, ein Cronprinz zu seyn. Auf ihren lieb-
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sten Brief, mein liebster Ramler will ich ihnen aus Halberstadt antworten. Ich bin in 8 Tagen wieder zu Hause, und werde etwas mehr Zeit haben als bisher. Denn seit 6 Wochen, bin ich ein rechter Esel der Dohmherren gewesen. Ich will dann auch Herrn Sulzern antworten. Grüßen sie ihn und sein Mädchen unterdeß und entschuldigen sie mich. Alle Poeten, (denn sie sind
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ja wohl alle hier beysammen,) laßen sie grüßen mein liebster Ramler. Aber keiner auf der Welt liebt sie zärtlicher als Ihr Gleim. Ich bin als Begleiter der besten Dame auf der Welt, der Frau Obristin von Kannenberg hieher gereist, und begleite sie übermorgen nach Walbeck, w o
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ich den Herrn Obristen und Herrn von Berg wieder finde, und w o wir noch einige Tage seyn werden. Den fürtreflichen Berg, der sich um mich wieder so verdient gemacht hat, besuchen sie doch ja, wenn er durch Berlin reist und dancken sie ihm für mich. Er hat mir wieder i z o Thaler Zulage ausgemacht. Sie können bey Herrn Meyern erfahren, wenn er dort ist, ohngefehr
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in 10 Tagen. Ist es nicht ein göttlicher Zufall, daß ich eben hieher reisen muste, da Klopstock auch hier vorsähe? Ebert: Grüßen Sie mir um des Himmels willen den rechtschaffenen Kleist, für welchen der Beyfall der ganzen Welt ein zu geringer Lohn ist. Gott und die Engel, Pope und Thomson und Young werden ihn beßer loben. Ich küße Sie
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und ihn tausendmahl in Gedancken. Machen Sie, daß er seinen Sommer fertig macht, und dann die übrigen. Er ist wehrt, Englisch zu dichten. Giseke: Man hat mir nur wenig Platz gelassen, mein liebster Rammler, an Sie zu schreiben. Ich wende den wenigen Raum dazu an, Ihnen so viel zu sagen,
Nr
2.4
7. A p r i l
1751
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als ich Ihnen in den weitläuftigsten Briefen nur immer sagen kann. Und was denn? — Was alle andern Ihnen gesagt haben, und was ich von Ihnen auch zu verdienen wünsche, nehmlich, daß ich Sie liebe, recht sehr liebe, und noch mehr zu lieben dencke, wenn ich Sie auch von Person kenne. Giseke. Gleim: Kleist, mein liebster Kleist, was mag er dencken, daß ich ihm so lange nicht geschrieben habe? Vielleicht schreibe ich ihm noch. Schreiben sie mir bald wieder, und schicken sie mir doch einmahl wieder etwas von ihrer Muse nur eine Zeile schicken sie mir. Denn sie muß man immer um das wenigste bitten, sonst schicken sie doch gar nichts. Ich küße und umarme sie! Ο wären sie bey uns!
24. VON MARIA
SOPHIA
SCHMIDT,
L A N G E N S A L Z A , 7. A P R I L I 7 5 I
Langensalze den 7 Ap. 1751 Mein lieber Herr Vetter Ich will das anacreontische Täubgen, deßen Ankunft sie so begierig entgegen sehen, nur immer fliegen laßen, ob es gleich eine sehr große Foderung ist, daß ein so Kleines u. zartes Geschöpf sich auf eine so lange u. weite Reise u. so gar über das Meer wagen soll. Wo sind sie jezo? u. wo wird es sie antreffen? Das arme kleine Ding, es wird ganz außer Athem u müde von der Reise seyn ehe es in ihre Hände komen wird. Fragen sie es nur nicht gleich gar zu viel. Denn an statt, daß es so geschwätzig als der Bothe des Anakreons seyn sollte, wird es ihnen aus Müdigkeit kaum sagen könen, daß es eben so wie ich recht böse auf sie ist, daß es Sie so lange u so weit hat suchen müßen. Es wird mir angst u bange, wenn ich dran dencke, daß man so viel Länder mit s. Gedancken durchstreichen muß ehe man sie ganz nahe unter dem Nordpole ertappen kan. Warhaftig eine weite Entfernung für ein Mädchen, die es allemahl schon vor ein großes Unternehmen gehalten hat sich nur zu einer Reise nach Leipzig zu entschließen. Machen sie den kleinen anakr. Vogel, den ich ihnen sende nur immer tausend liebkosungen, damit Er ihnen, alles das böse, was ich von ihnen, wegen ihrer Nachläßigkeit uns in Langensalze nicht zu besuchen, gedacht habe, ja nicht sagen möge. Erkennen sie denn nicht, daß ich, wenn ich von Natur nicht so gütig wäre, als ich bin die Vorwürfe die ich ihnen zu machen hatte, nicht leicht,
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Nr 2.5
Um den 7. A p r i l 1751
zu hoch treiben könte, da sie mich um die beste Hofnung der Freude u des Vergnügens, um die Hofnung sie zu sehen gebracht haben? Es ist ihr großes Glük, daß ich so wenig geneigt bin, auch um eine Sache, die nicht mehr zu ändern ist, zu zanken, besonders mit jemanden, den ich gern unschuldig dencken möchte. Ich glaube, daß sie sich recht freuen werden, die Verheyrathung der M a d . Hagenbruch mit H r Lutteroth zu hören, ihr so liebes freundliches Mädchen! ich weiß nicht, ob sie künftig noch immer so freundl seyn wird. Ich habe ihr eine Ode auf ihre Hochzeit versprochen, ich sagte daß sie doch auch eine machen werden. Lachen sie mich ja nicht über mein Versprechen aus, ich bin zwar eben keine geborne Dichterin, mein Umgang mit ihnen hat mich aber doch zu etwas dergleichen gemacht. Wie ich denn noch eben daher mit der grösten Freundschaft bin Ihre ergebene Dienerin Μ S Schmiedin
25. VON J O H A N N C H R I S T O P H S C H M I D T , LANGENSALZA, UM 7. A P R I L
DEN
I75I
Als Auszug überliefert Ihre Gegenwart in Langensalz würde mir die Schwierigkeit, Ihnen mein ganzes Herz in Absicht auf den Inhalt ihres lezten Briefs zu eröfnen, erspart haben. Jezt lassen Sie mich Ihnen nur dieß wenige sagen: Fahren Sie fort, uns zu lieben. Das Glück, das Ihnen in andern Dingen so geneigt zu seyn scheint, wird sein Werk nicht unvollendet lassen. Es ist eben so verdrießlich für mich, so geheimnißvoll seyn zu müssen, als es Ihnen nur seyn mag. Meine Schwester schreibt Ihnen hiermit, u ob Sie sich gleich in ihrem Briefe aus Ihrem Charakter nicht herauswagt, so werden Sie ihn doch gern lesen.
2 6 . AN M A R G A R E T A M O L L E R ,
Η Ο H E N W E S T E D T , 8. A P R I L 1 7 5 1
Hovestäden, wie es die Wirthinn ausspricht, den 8ten April 1 7 5 1 Liebe, kleine Mollerinn, Sehen Sie, weil Sie keinen grössern Beweis der Freundschaft, als das Schreiben, verlangten, so schreibe ich schon an Sie. Kaum habe ich mich von dem Schrecken erhohlt, in das ich gerieth, als ich Sie beym Abschiede krank sah. Werden Sie mir ja nicht wieder krank, meine kleine liebe Freundinn. Und
Nr 17
Ii.
April
1751
2.3
gehen Sie fein hübsch früh zu Bette. Ferner bessern Sie sich auch darinn, daß Sie mich nicht mehr auf den Fuß eines n e u e n Freundes ansehn. Das verlange ich durchaus von Ihnen. Ich habe Sie recht sehr lieb. Sie können mir, dächte ich, nur auch immer ein bischen gut seyn. Das hat mich erschrecklich verdrossen, daß Sies, in Betrachtung der neuen Robe nicht gerade zu auf meinen Geschmack wollten ankommen lassen. Sehen Sie, was Sie für Unheil damit angerichtet haben. Nun weis ichs nicht bestimmt, was für Blumen Sie künftigen Frühling auf die Alster begleiten werden. Und ich wollte doch gern eine völlig richtige Vorstellung von allen Kleinigkeiten, die Sie umgeben, haben, wenn ich Sie mir mit einigen, doch nicht allzutreuen Seufzern, auf der Alster oder Promenade denken werde. Doch Mannspersonen, wie ich bin, dürfen dergleichen Freiheiten nicht verstattet werden. Ich merke, daß ich anfange böse zu werden. Ich will nur schliessen. Meine Complimens! Das versteht sich von selbst. Ich bin, Ihr ergebener Freund Klopstock. Ο lassen Sie mich einen Brief von Ihnen in Koppenhagen, Bey dem B u c h h ä n d l e r M u m m a finden. Machen Sie mir ja die Freude.
27. AN M A R I A II. APRIL
SOPHIA
SCHMIDT,
AUF
DEM
GROSSEN
BELT,
1751
Auf dem grossen Belte, den ersten Ostertag 1 7 5 1 Liebste Cousine, Ich hatte mir einige Hofnung gemacht, einen Brief von Ihnen bey Hagedorn in Hamburg anzutreffen. Ich hatte Sie in meinem lezten Briefe so sehr darum gebeten. Da ich mich Hamburg näherte kam es mir viel schöner vor, als es iemals einem Fremden vorgekommen ist, weil ich glaubte, daß in Hamburg ein Brief von Ihnen wäre. Aber ich fand keinen. Muß ich nicht glauben, daß Sie mich ganz u gar vergessen haben? Ich denke immer an Sie. Wenn ich so oft hätte schreiben wollen, als ich unterwegs an Sie gedacht habe, so hätte ich nicht reisen, sondern schreiben müssen. Unser Schiff gehet sehr gut. Aber ich hatte die Neuheit des Schiffs u der See bald vergessen, um an Fanny zu schreiben, wenn ich Sie anders noch so nennen darf. Hier
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N r 28
Ii.
April
1751
muß ich wieder abbrechen, weil ich allezeit, wenn mein Herz am vollsten ist, schweigen muß. Leben Sie wohl. Küssen Sie Ihren Bruder.
Ich bin,
Liebste Cousine, Ihr Freund Klopstock. Meine adresse in Kopp, ist: Bey Mumma Marchand Libraire.
2 . 8 . AN G L E I M ,
AUF
DEM
GROSSEN
BELT,
II.
APRIL
I75I
Auf dem grossen Belte, den ersten Ostertag 1 7 5 1 Liebster Gleim, Ich habe izt gleich an Fanny geschrieben. Ich hatte Fanny in meinem lezten Briefe sehr gebeten, daß Sie mich einen Brief von ihr bey Hagedorn möchte 5
finden lassen. Aber ich habe keinen gefunden. Liebster Gleim, schreiben Sie mir doch bald, was sie macht. Ich habe keine Hofnung so bald Briefe von ihr zu bekommen. Ich wollte, daß Sie izt hier bey uns wären, es ist recht schön so mit vollen Segeln zu fahren. Nicht so? Sie wollen izt keinen langen Brief von mir haben. Schreiben Sie mir bald. Ich bin
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Ihr Klopstock Adressiren Sie den Brief an den Buchhändler Mumma in Kopp.
2 9 . AN M A R G A R E T A
MOLLER,
AUF DEM
GROSSEN
BELT,
I I . APRIL 1751
Auf dem grossen Belte, den ersten Ostertag 1 7 5 1 Liebes, kleines Mädchen, Das merken Sie sich, ich werde Ihnen in jedem Briefe einen neuen Beynamen geben, so lieb habe ich Sie. Denn Sie sind doch wirklich ein recht gutes 5
Mädchen. Ein recht gutes, gutes Mädchen, das muß ich sagen. Diesen kurzen Brief schreibe ich nur, Ihnen zu sagen daß ich Ihnen einen sehr langen schreiben würde, wenn ich nicht im Schiffe wäre. Nun fängt der Wind ein bischen an, das ist doch recht schön. Leben Sie wohl, kleines, allerliebstes
Nr 30
13. April 1 7 5 1
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Mädchen. Ich dächte Sie giengen hin, u besuchten Hagedorn, u küßten ihn von mir. Ich bin Ihr ergebenster Klopstock. Ich komme wieder herunter, Ihnen noch einmal zu schreiben. Und das ist, Sie müssen auch fein meinem Exempel folgen, u mir oft schreiben. Sie haben nun schon einen Brief aus dem Holsteinischen von mir. Und nun haben Sie zween. Das müssen Sie überhaupt von mir merken, ich lasse mich in der Freundschaft nicht übertreffen. Leben Sie noch einmal wohl.
30. V O N M A R G A R E T A
M O L L E R , H A M B U R G , 1 3 . APRIL I 7 5 I
Hamburg den 13 April 1 7 5 1 . Mein lieber Herr Klopstock. Ihr Brief, den ich lange noch nicht erwarten konnte, hat meine Freundschaft zu Ihnen gewiß viele Jahre älter gemacht. Sie haben es wol gemerkt, daß ich schon grosse Lust hatte, wie Sie noch in Hamburg waren, Sie nicht als einen neuen Freund anzusehen. Ich muste mir aber doch Gewalt anthun mich dieser Lust nicht so gleich zu überlassen, weil es doch möglich war, daß die guten Eigenschaften, die ich an Ihnen bemerkte, nur so s c h i e n e n . Ist es recht wahr, daß Sie mir gut sind? Ich glaube es bey nahe. Sie sind so gut gewesen alle Zeit, die Ihnen nur möglich war, bey mir zu zubringen, und schreiben schon den Tag nach Ihrer Abreise an mich. Ob ich Ihnen gut bin, das wissen Sie wol, und ich sehe es nunmehr wol ein, daß es nur aus einer kleinen Eitelkeit hergekommen, wenn Sie mich so oft darum gefraget. Machen Sie nur nicht daß ich es einmal bereue, daß ich jetzt, zum ersten mal in meinem Leben, jemande so geschwinde bin gut geworden. In der Entfernung, wie wir jetzo sind, können Sie das schon dadurch verhüten, daß Sie fleissig an mich schreiben. Das ist wenigstens ein Zeichen, daß Sie mich nicht ganz vergessen. Sie verweisen es mir mein lieber Klopstok, daß ich in Ansehung des Tafts, es nicht habe gänzlich auf Ihren Geschmack wollen ankommen lassen. Woher könnte ich aber wissen, daß Sie, als eine M a n s p e r s o n einen guten Geschmak darinn hatten. Es folgt doch nicht, wenn man in einer Sache einen guten Geschmak hat, daß man es auch in einer andern hat. Es folgt doch gar nicht, daß ein grosser Poete ein grosser Kenner von Taftenmuster seye. Wenn ich das nur einigermaaßen hätte ver-
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Nr 31
17. April
1751
muthen können, so würde ich gar keine Schwierigkeiten gemacht haben. Auf daß Sie Sich es aber gänzlich vorstellen können, so will ich Ihnen wiederholen, was ich H: Rahn gesagt habe; es kann ihm auch zu einer Erinnerung dienen, wenn er es etwa nicht recht mehr wüste. Es soll ein sehr freyes Muster seyn, viele Stengel, wenig und kleine Bluhmen und Blätter. Ich sähe noch lieber wenn es zusammenhängend wäre, als in abgesonderten Sträussen. (bouquets detaches) Sie schliessen Ihren Brief recht nach Ihrem kleinem Kopfe. Sie merken, daß Sie böse werden? Und warum? Weil ich Sie eine Mannsperson genannt, und mich doch so gegen Sie aufgeführet habe, als wären Sie ein Frauenzimmer. Sie verdienen kaum hier nach, daß ich Ihnen noch so gut bleibe. Ich wünsche daß Sie angenehmere Briefe, als die meinigen sind antreffen mögen. Erinnern Sie Sich aber auch, daß Sie versprachen, mir einen solchen zu schicken.
p r e u n ^ i n n M . Moller.
Dieser Brief ist an einem Morgen geschrieben
3 1 . AN
MARGARETA
MOLLER,
KOPENHAGEN, 17. APRIL
I751
Koppenhagen, den i7ten April 1 7 5 1 Diesen Morgen empfange ich von dem kleinen, süssen Mädchen einen lieben Brief; u diesen Morgen schon (ich weis selbst nicht, was mein unruhiges Herz alle damit haben will) muß ich dem süssen Mädchen wieder antworten. Willkommner ist dem Anakreon, sein Liebling, seine weisse Taube, nicht auf die Leyer, u zu dem rothen Chierbecher geflogen, als mir der Brief von der kleinen Mollerinn kam. Wie sagt doch Anakreon davon? Ich möchte mich fast noch einmal an Ihnen rächen u es Ihnen sagen, wie Anakreon sagt. Nicht für die M a n n s p e r s o n , an der Sie so böse sind, mich wieder zu erinnern, sondern dafür, daß Sie mich H e r r K l o p s t o c k heissen; u dann auch vornehmlich deßwegen, daß ich Ihnen nicht einen einzigen Kuß habe geben dürfen. Kleines Mädchen, das werden Sie in Ihrem Leben nicht verantworten können, daß Sie das gethan haben. Wahrhaftig, ich kann nicht eher weiter schreiben, eh ich mich nicht gerochen habe. Nur für jede Ihrer beiden grossen Bosheiten einen anakreontischen Vers. Nur das bischen Rache. Ερασμία πελεία Πόθεν, πόθεν πετάσοα;
Nr 31
Ι7-ΑΡΓΠΙ75 1
2-7
Nun schlägt mir mein Herz wieder sanfter. Nun gutes Kind, seyn Sie nur nicht böse. Sündigen Sie nicht mehr, so will ich nicht mehr strafen. »Es ist, sagen Sie, aus einer kleinen Eitelkeit hergekommen, daß ich Sie so oft gefragt, ob Sie mir gut seyn?« Niemals hat ein Freygeist die Schrift schlimmer ausgelegt, als Sie mich hier erklären
Ich will nur wenig
sagen. Oft wenn ich vor Ihnen stand, u Sie mit meinem ganzen freundschaftlichen Herzen ansah; so warens kaum Ihre Augen ganz, die mich bemerkten.
—
?...!
Sie haben mir geschrieben, daß mein
Brief, den Sie nicht erwartet hatten, mich zu Ihrem ältern Freunde, als ich vorher war, gemacht habe. Ich muß Ihnen geschwinde ein neues Verdienstchen von dieser Art sagen. Ich habe den ersten Ostertag vom grossen Belte an Sie geschrieben. Wie alt ist Ihr Freund nun bey Ihnen? Machen Sie mich nun zum Greise. Der Greis soll dem Jünglinge künftigen Sommer auf der Alster nichts schaden. Ja! Aber wie lange Zeit ist es gleichwohl noch, daß ich Sie nicht sehen werde. Wenn Sie mir auch ein bischen gut sind, so hätte ich wohl eine Bitte an Sie, die Ihnen alsdann nicht zu kühn vorkommen würde. Und welche? Wissen Sie was? wenn Sie mir gut sind, müssen Sie die Bitte errathen können. Ja, wirklich ein Mädchen von so geistvollen Augen muß das können, u die noch dazu an Ihrer Toilette so oft Gelegenheit hat, die Bitte zu sehen. Schreiben Sie mir bald. Laß Sie diesen Brief wenigstens ein bischen über einen Monat gelten. Ich bin Ihr Freund Klopstock Ich habe von L keine Briefe bekommen. Und was die anbelangt von denen ich Ihnen eine Abschrift versprochen habe, so muß ich Ihnen sagen, daß ich grosse Lust habe mein Wort nicht eher, als künftigen Sommer zu halten. Aber wenn Sie meine Bitte erriethen, da wäre das Ding ganz was anders.
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3Z. V O N
2.1. A p r i l ι 7 5 1
MARGARETA
MOLLER,
HAMBURG,
21. APRIL
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Hamburg den 2iten Aprkl i 7 5 i > Mein lieber, lieber Klopstock. Sie sind gewiß ein süsser Freund. Schon zweene Briefe, und Sie sind noch nicht einmal in Koppenhagen! Ihr zweyter Brief hat mir eine rechte Freude s
gemacht. Ich bekam ihn eben zu einer Zeit, da ich recht im Stande war die Freude zu fühlen. Sie rathen doch wol daß es des Nachts um drey war? Ich kam von einer Gesellschaft zu Hause, w o ich zwar viele Menschengesichter hatte um mich dulden müssen, wo ich aber auch meine liebste Freundinn gefunden hatte. Sie denken es wol, daß ich mich nur allein bey ihr aufhielte;
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und dieses Vergnügen bereitete mich recht auf die Freude, die mich noch erwartete, Ihren Brief auf meinem Nachttische zu finden. So lieb es mir auch ist daß Sie auch auf dem Belte an mich denken, so fürchterlich ist es mir doch wenn ich Sie mir da vorstelle. Der Wind fängt n. Sie freuen sich dazu, weil Sie nun hoffen bald über zu kommen: Aber ich, ich fürchte mich.
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Wenn der Wind nun zu stark würde? Wenn Sie nun gar
Ο ich mag
daran nicht denken. Ich hoffe Sie sind nun glücklich in Koppenhagen. Schreiben Sie mir doch bald, daß Sie es sind. Schreiben Sie mir auch daß Sie gesund sind, und daß der Belt Sie nicht krank gemacht hat. Ihren Kuß an Hagedorn habe ich noch nicht überbracht, ich werde es aber bey der ersten zo
Gelegenheit thun. Sie lassen sich in der Freundschaft nicht übertreffen Herr Klopstok. Wir wollen sehen. Ich habe Ihnen von Giseken und von meiner Schwester sehr freundschaftliche Grüsse zu bestellen. Ich habe mich bey Giseke erkundigt, ob ich Ihnen wol völlig so gut seyn dürfte als ich bin, und weil er sagt, daß ich es ohne Scrupel seyn kann, so bin ich Ihre ganz äusser-
es
ordentlich starke Freundinn. M . Moller.
33.
VON
MARGARETA
MOLLER,
HAMBURG,
29. APRIL
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Hamburg, den 29 April 1 7 5 1 . Niemals würde ich es Ihnen vergeben, kleiner unartiger Klopstock, daß Sie den Anfang von Anacreons Taubenode an mich, an ein Frauenzimmer griechisch schreiben, wenn Sie nicht meinen Brief mit Anacreons Taube vergli5
chen hätten. So sehr groß die Schmeicheley auch ist, daß mein Brief Ihnen so willkommen gewesen, als dem Anacreon seine Taube: So sehr angenehm
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ι. Μ a i ι 7 j ι
2.9
ist sie mir doch. Welche Freude Ihre Briefe mir verursachen, daß kann ich Ihnen nicht sagen. Ich hoffe aber künftigen Sommer Ihnen davon zu überzeugen. Sie müssen aber auch ja kommen mein lieber Freund. Ich thue mir schon sehr viel darauf zu gut. Wir wollen gewiß fleissig auf der Alster fah-
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ren und fleissig spatzieren. Und dann so reisen wir auch nach Braunschweig, wissen Sie wol? Ο wie vergnügt wollen wir da seyn. Ich habe Giseken schon einen r mich sehr angenehmen Plan davon gemacht. Nur Schade daß es noch so lange hin ist. Wie geht es Ihnen aber jetzt mein lieber Klopstok? Schreiben Sie mir doch
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ja recht wie es Ihnen geht. Sind Sie mit dem Anfang Ihres Aufenthalts in Koppenhagen zufrieden? Haben Sie schon Gelegenheit gehabt in der Antichambre zu reimen? Ihre Bitte Herr Klopstok, doch nein, ich soll Sie nicht so nennen, Ihre Bitte, mein lieber Freund, habe ich ungeachtet meiner Toilette doch nicht er-
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rathen können. Ich dächte Sie verschöben sie immer bis künftigen Sommer. Entweder Sie haben sie alsdann vergessen, oder ich kann sie Ihnen auch besser beantworten. Vergessen Sie nie daß Sie mein F r e u n d sind, so werde ich gewiß beständig Ihre Freundinn bleiben. M . Moller.
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Koppenh. den iten May 1 7 5 1 auf der Cramercompagnie Liebster Gleim, Ich schreibe Ihnen, wie ich es hier gefunden, mit Fleiß nicht, weil ich gern wollte, daß mein lieber Gleim Cramern u meine Eltern gleich nach dem
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Empfange dieses Briefs besuchte. Ich habe vor einigen Tagen an meine Eltern geschrieben, u heute auch an Cramern. Ihnen, mein lieber Gleim, habe ich ein Briefchen vom grossen Belte geschrieben, worauf ich mich beziehe. Da mir Koppenh. schon so angenehm geworden ist; ach, liebster Gleim, wie traurig bin ich da nicht, daß ich von Fanny gar keine Briefe bekomme.
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Was soll ich nun, da ich in den Umständen bin verschiednes, das mein Glük angehet, zu thun, was soll ich thun, u was soll ich nicht thun? Denn ganz anders würde ich handeln, wenn Fanny mich liebte, u ganz anders, wenn Sie (welches wohl nur gar zu gewiß ist,) mich nicht liebt. Nun sind es beynah drey Jahre, daß ich Sie das erstemal in Lang wieder sah. Mein Gleim, ich schwöre bey unsrer Freundschaft, u wie kann ich Ihnen u mir
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was theureres nennen? bey dieser schwöre ich, so wird sie nie wieder geliebet werden!
Diese Wolke wird wohl über mein Leben ausgebreitet
bleiben, u wenn ich sonst auch noch so glücklich seyn könnte. Und warum das? . . . . Damit mein Herz noch empfindender würde, als es war? Und damit ich mich mehr befestigte, ins Geheim tugendhaft zu seyn?
Viel-
leicht sind diese Entzwecke der Vorsehung würdig . . . Ich will nicht weiter forschen!. . . Aber vielleicht sind nun diese Endzwecke schon erreicht. Und ich soll doch noch immer unglücklich seyn? Ich muß mir noch einmal das Gesez geben, nicht weiter zu forschen! Ich breche also ganz ab. Jezt habe ich Ihnen etwas zu sagen, das ich aber Ihnen, mein Gleim, merken Sie sich das wohl! nur ganz allein sage. Vielleicht haben Sie von Giseken in Braunschweig die Mollerinn von Hamburg nennen hören. Bey diesem Mädchen habe ich meine meiste Zeit, die ich in Hamburg gewesen bin, zugebracht. Dieses Mädchen ist in eigentlichsten Verstände so liebenswürdig u so voller Reize, daß ich mich bisweilen kaum enthalten konnte, ihr ins Geheim denjenigen Namen zu geben, der mir der theuerste auf der Welt ist. Ich bin oft u lange bey Ihr allein gewesen. Ich habe ihr viel von meiner melancholischen Geschichte erzehlen müssen. Wenn Sie, mein Gleim, hätten sehen sollen, wie Sie mir zuhörte, wie sie mich manchmal unterbrach, wie sie weinte
u wie sehr Sie meine
Freundinn geworden ist. . . dieses Mädchen litt so viel, so unaussprechlich viel, u Sie war doch diejenige nicht, um derentwillen ich so viel gelitten habe. Was muß sie für ein Herz haben! . . Und denn habe ich eine Vergleichung machen wollen, u dann hat sich eine dunkle Nacht vor meine Augen gezogen. Wenn ich den geheimsten Empfindungen meines Herzens hiebey nachforsche, so finde ich zulezt, daß ich noch unglücklicher bin, als ich vorher war. Und dieß deßwegen, weil mich dieß edle Mädchen durch ihr sanftes Mitleiden, auf eine so starke Art an meine alte Traurigkeit erinnert hat, daß ichs von neuen in seinem ganzen Umfange fühle, wie unglücklich ich bin. O, könnten Sie mir Nachrichten geben, die dieß nur einigermassen wiederlegten. Geben Sie mir Nachrichten, sie seyn von welcher Art sie wollen. Ich hoffe auf keine guten. Zu viel, zu viel vom Verhängniß Im Durchgang des Lebens gefordert. Empfehlen Sie mich unsrem Sucro, u seinem kleinen Mädchen.
Ich bin
Ihr Klopstock.
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Koppenhagen, auf der Cramercompagnie den 4ten May 1 7 5 1 . Liebster Giseke, Du must einen Brief von mir, vom grossen Belte her, empfangen haben. Ich hätte auch wohl von hieraus eher schreiben können, wirst du sagen. Ich würde es eher gethan haben, wenn ich eher hätte umständlich schreiben können, wiewohl ich auch dieß noch nicht völlig thun kann.* Ich habe an Moltke u Bernstorf zween so würdige Männer gefunden, als ich Sie in der Ferne glaubte. Auch Moltke, den ich in der Ferne auf dieser Seite noch nicht gekannt hatte, ist ein Kenner. Er selbst hat mich veranlasset, von dem iezigen Zustand unsrer schönen Wissenschaften zu reden. Bernstorf, der zwar gegen das Ende dieses Monats verreiset, aber, wie mir es wahrscheinlich ist, wiederkommen wird, wird die Beyträge, von denen ihm nur der lezte Theil bekannt war, izt ausdrücklich lesen, u ich werde Ihm die Namen der Verfasser über die vornehmsten Stücke sezen. Er ist recht im eigentlichen Verstände ein Kenner, sein Geschmak geht aber vorzüglich aufs ernsthafte. Ich bin oft bey Ihm gewesen, u habe viel mit Ihm gesprochen. Wie kann ich dir aber alles das schreiben? Ich will izt nur eins anführen. Er sagte mir: »Es würde mir völlig überlassen, ob ich in meinen Gedichten unterweilen etwas vom Könige sagen wollte, oder nicht. Er würde davon gar nichts sagen, wenn Er nicht glaubte, daß es für einen rechtschaffenen u freydenkenden Mann ein wahres Glück wäre, von einem wirklich Liebenswürdigen Könige zu reden. Unterdeß sollte ich Ihm hierinn nicht gerade zu glauben, sondern wenn ich etwan etwas von dieser Art schreiben wollte, schreiben wie ichs fände, gut, oder böse.« Wie gefällt dir das, kleiner Giseke? Wie überzeugt muß Bernstorf, der zu nichts weniger, als zur Schmeicheley geboren ist, von dem edlen Charakter des Königs seyn? Da ich beym Könige war, so gab Er mir in sehr gnädigen Ausdrücken Seinen Beyfall wegen des M e s s . »Er redete von meiner Ode, u sagte, daß sie sehr schmeichelhaft für Ihn wäre. Er beklagte Schlegels frühen Tod, der so viel Geist gehabt hätte. Er redete von der Wollust des Gemüts, die ein Geist, der sich immer zu erweitern fähig wäre, in den Wissenschaften fände, daß man wahre Gelehrte mehr, als Gold, schäzen müßte.« Ich muß dir sagen, daß ich des Königs eigne Worte anführe. Er fragte mich, ob sich die Sachsen mit Recht der besten deutschen Sprache rühm-
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ten? Ich konnte hier etwas von der wenigen Unterstüzung der belles lettres in Sachsen reden. Ich hatte auch vorher schon von unserm Schlegel, bey Erwähnung seines Bruders, geredet. Der König wüste auch, daß der jüngste Schlegel bey Ranzau wäre. Ich kann dir nicht alles auf einmal erzählen, lieber Giseke. So viel ist gewiß, daß der König einer der liebenswürdigsten Männer ist, die iemals verdient haben, nicht in den Hübnern, sondern in der Geschichte wählender Geschichtschreiber vorzukommen. Der König nahm mich, da ich weggieng, bey der Hand; u vorher schon, noch eh als ich Ihn sähe, hatte Er mir hundert Dukaten für meine Herreise geschenkt. Deine Fragen, die du im lezten Briefe an mich thatst, will ich nun auch beantworten. Aber nur kurz. Denn ich schreibe auch an Hagedorn. ι ) Du bist ein guter Giseke 2) Ich habe Hagedorn ganz u gar so gefunden, als ich dachte. 3) Die Mollern habe ich freylich gesehen. 4) Ich kenne u liebe auch Ihre würdige Schwester. 5) Was die Bestellung von Hannchens Küssen anbetrift, so läßt sich die Mollern durchaus nicht küssen. Denn ein Kuß auf die Backen, der noch dazu so ganz kaltsinnig angenommen wird, ist gar kein Kuß. 6) Ich habe beiden gesagt, daß Hannchen eine rechte süsse Frühlingsblume von einem Mädchen sey. 7) Ich habe deinen Seip verschiednemal gesprochen, u ihn recht brav gefunden. Doch ich kann auch nicht alle die vielen Fragen auf einmal beantworten. Kleiner A f f e (dir ist dieß paradisische Wort doch bekannt?) weißt du wohl was in den weisen Sprüchen Salomons von den vielen Fragen steht? Nun Kleiner, werde nur nicht böse, ich habe es so schlimm nicht gemeint. Wohl ein bischen schlimm, aber nicht allzu schlimm. (Textverlust) Küß ihn von mir, u auch Louisen wenn Sie sich von dir will küssen lassen. Und die kleine Frühlingsblume küß auch von mir, denn da bist du leider einmal eingewurzelt. (Textverlust) Ich bin Dein Klopstock. (Textverlust) Bald hätte ich vergessen, dir von der Aufname der Fabrique etwas zu schreiben, da ichs doch, um dir hiervon Nachricht geben zu können, so lange aufgeschoben habe, zu schreiben: die Sache hat des Königs Beyfall erhalten, u wir haben alle Wahrscheinlichkeit, daß die verlangten, u gemachten Propositionen von Rahns Seite, gut werden aufgenommen werden. Ich erwarte alle Tage, daß mir Bernstorf von Friedensburg, wo der Hof
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izt ist, schreibt, u mich zu Sich hinauskommen läßt. Du sollst, so bald wir bestimmte Resolution haben, Nachricht davon bekommen. *Nehmlich in Betrachtung der Fabrique.
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Sind Sie heute Nachmittag zwischen 4 u 5 Uhr zu Hause? Ihr Klopstock. den
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SCHMIDT,
FRIEDENSBURG,
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Friedensburg, den 1 1 ten May 1 7 5 1 Liebster Schmidt, Wie ist es Ihnen möglich, nur einen Augenblick den Gedanken zu denken, daß es etwas anders, als die Notwendigkeit, bald in Kopp, zu seyn, gewesen seyn könnte, daß ich nicht zu Ihnen gekommen bin. Wie könnte ich aufhören, Sie zu lieben! Wie wäre das mir möglich! Wenn Sie wüsten, was ich empfunden habe, da ich reisen muste. Es würde Sie gewiß sehr rühren. Wie oft, u wie bey vielen Gelegenheiten ist es mir schon so gegangen, daß man mein Herz nicht ganz gekannt hat. Eh ich Zürch verlies
doch diese
Sachen lassen sich allein einer Unterredung anvertrauen. Das können Sie sich vorstellen, was allein die Ursach seyn konnte, worinn ich meinen Plan veränderte. Jezt ist es mir zwar sehr lieb, daß beide Plane haben können vereinigt werden. Wie viel Umstände aber musten zusammen kommen, daß dieses geschah. Welche sorgfältige Behutsamkeit gehörte dazu, das so zu machen. Und wie viel Gefahr war dabey, den einen fahren lassen zu müssen. Doch ich will in dieser dunkeln Schreibart nicht weiter fortfahren. Aber, mein liebster Schmidt, was sind es doch eigentlich für Ursachen, daß Sie geheimnißvoll gegen mich seyn müssen. Ich hätte dawieder gar nichts zu sagen, wenn Sie mich nicht kennten, u wenn Sie nicht wüßten, daß Sie mir alles sagen könnten. Mein liebster Schmidt, ich habe es lange um Ihr Herz verdient, daß Sie mir mehr schreiben, als daß Sie mich nur d e m G l ü c k e überlassen.
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Ich hätte hier viel Anlässe, vergnügt zu seyn, wenn ich nicht seit drey Jahren wie unfähig dazu geworden wäre. Der König ist ungemein Liebenswürdig; u Moltke u Bernstorf sind, nicht nach der gewöhnlichen Art der Minister, meine Freunde. Es ist an Leuten von Stande besonders schäzbar, wenn sie mehr thun, als sie versprochen haben; u wenn sie, was sie thun, ohne Geräusch u mit Delicatesse thun. Der König hat mir 100 Dukaten für meine Herreise gegeben; u izt lebe ich auf seine Kosten auf dem Lande. Es ist hier von keiner geringen Bedeutung um Moltke u Bernstorf zu seyn. Ich bin aber über das, was gewissen Leuten hierbey so sehr in die Augen fällt, weg. Mir ist dabey nichts grösser u würdiger, als daß sie beide rechtschafne Männer sind. Die Post eilt. Ich werde niemals aufhören zu seyn Ihr Klopstock. Die Post ist schon fort. Und nun kann ich die Briefe erst den i4ten schicken. Nun kann ich auch noch an unsern lieben Gleim schreiben.
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Friedensburg, vier Meilen von den u t e n M a y i < 7 J i > Liebste Cousine, Ihre kleine anakreontische Taube kam mir gestern, an e Frühlingsabend, den der volle Mond noch schöner machte, u in einer Gegend zugeflogen, die so reizend, als irgend eine in Sachsen, ist. Die Nachtigallen singen hier so schön, als bey Ihnen. Und schicken Sie nur fein viel der Kleinen Tauben, sie sollen mit mir in ieden Liecbbingsbusch der Nachtigallen spazieren fliegen. E ist hier so nahe am Nordpole nicht, als Sie denken, u ich dachte. alle Ruhe u alle Süssigkeit des Landlebens, besonders da es der beste u menschlichste Mann in Dännemark, der König, haben will, daß ich hier sey. Es sind eine rechte Menge prächtiger Landschlösser über die Insel zerstreut. Der König hat sich das kleinste, aber das angenehmste in Betrachtung der Lage zu seiner Landlust erwählt. Er selbst hat nur ein Zimmer für sich, u nur ein kleines Audienzzimmer, aber rings um sich Wald, u hundert durchgeschnittene Alleen im Walde, worinn sich das Auge verliert. Als ich gestern Abend Ihren so unerwarteten Brief empfieng, gieng h in eine dieser Alleen, an den Ufer einer See hinauf, u da
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ich ihn noch etlichemal gelesen hatte, redte ich die kleine Taube so an: Und du bist endlich, kleine liebenswürdige Taube, zu mir gekommen, nachdem du so lange unterwegs zugebracht hast. Ich wollte dich gern viel mehr fragen, als du mir sagst, aber du bist, wie du sagst, ganz ausser Athem, u willst nicht viel gefragt seyn. So setze dich denn auf diesen hangenden Zweig, Mond am heitersten scheint, u wo die Abendlüfte am sanftesten Schwenke hier ein wenig, u erhoe dich von deicner Müdi>gkeit. Ich will dich hierauf nur ein klein wenig fragen Nun, so höre mir denn zu, kleine liebe Taube. du wegflogst, da war noch kein Frühling bey euch, u a besuchte deine Gebieterinn iene Gegenden noch nicht, wo mmal mit ihr, u zu oft allein war? »Das t sie bisweilen, aber Sie kehrte bald zurück.« — War sie oft allein wenn sie dieß that? »Sie war oft allein, u immer sehr heiter.« — Redte sie nicht manchmal mit dir von ihren Freunden? »Das that sie.« — Ach, kleines Täubchen, war ich denn auch unter ihren Freunden? »Sie redte nur selten von dir!« — Hast du sie nicht manchmal gesehen, wenn sie Briefe bekam? »Das habe ich gesehen. Bisweilen legte sie die Briefe mit einer ernsthaften Mine weg, u nahm gleich darauf ein Buch, etwas zu lesen, oder that sonst etwas.« — Hast du nicht manchmal eine Thräne des Mitleids in ihrem schönen Auge gesehen? »Niemals. Dazu ist sie viel z gesezt.« — Warte, Taube, ich reisse dir eine deiner schönsten Federn aus, wenn du noch einmal Deiner Beherrscherinn, mit dem schönen Namen des Gesezten, eine solche Härtigkeit Schuld giebst. »Wenn du mir dafü, daß ich dir die Wahrheit sage, so begegnen willst, so kann ich wohl wieder wegfliegen.« — Bleib, kleine Taube, will dir nichts thun. »So will ich denn bleiben. Aber warum fragst du mich nichts mehr? Und warum bist du so sehr niedergeschlagen?« — Sehe ich denn nicht heiter aus, liebes Täubchen? »Ach, was ist das für eine Heiterkeit! Das ist nur eine leichte Decke einer alten tiefen Traurigkeit, von der du dich nicht losmachen kannst, u die, wie es scheint, einen beständigen Schatten auf dein Leben werfen wird. Du sähest ia recht von Herzen fröhlich aus, da ich zu dir kam, warum hast du dich auf einmal so geändert? Ich habe dir doch nichts gethan? Ach, das wollte ich, bey allen Göttern nicht/1,λ daß ich dir etwas gethan hätte! Denn ich habe noch nie ein so starkes Gefühl des Schmerzes gesehen, als ich bey dir sehe. Und du scheinest mir ein Herz voll Edelmütigkeit u Rechtschaffenheit zu haben.« kleine Taube, ich habe dich viel zu lieb, als daß ich dich traurig machen wollte. Komm her, kleiner Liebling, u seze dich auf meine Leyer, u will dir ein Lied von einer Fanny spielen, die der einzige Gedanke meines Lebens ist.
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Warum senkst du deinen schimmernden Fittig herunter? Warum wirst du so traurig? »Höre auf, dieß Lied zu singen, oder ich fliege in iene dunkeln Schatten, u sehe dich nicht wieder.« — Bleib bey mir, kleine Gespielinn, ich will aufhören zu singen. Aber noch etwas darf ich dich doch fragen? Warum hast du mir gesagt, daß deine Gebieterinn es Nachlässigkeit nenne, daß ich nicht zu ihr gekommen sey? Da es doch das gar nicht war. »Du forderst zu viel von mir. Ich bin ja nur ihre Gesandtinn. Kann ich dir von allem, was Sie denkt, Rechenschaft geben?«
Sehen Sie, so habe ich u die kleine
Taube mit einander gesprochen, bis mich eine Gesellschaft gefunden, u mir selbst u meinem schönen Baume u dem schönen Ufer weggenommen hat. Wollen Sie denn nun fein oft an mich schreiben? Die Briefe sind ordentlich nicht lange über acht Tage unterwegs, ob gleich der Ihrige dießmal länger zugebracht hat. Wenn es Ihr Ernst ist, ein Gedicht auf Mil. Hagenbruch zu machen, so schicken Sie mir es ja. Vielleicht fällt Ihnen auch das Gedicht wieder in die Hand, das Sie mir einmal zu schicken versprachen, u von dem Sie mir sagten, daß dieser Vers darinn stünde: Wie glücklich war ich nicht, eh ich die Liebe kannte. Empfehlen Sie mich Ihrer Fr. Mama. Ich bin mit wahrhafter Freundschaft Ihr ergebener Klopstock. Meine adresse ist: a Coppenhague auf der Cramercompagnie. Ich muß Ihnen noch sagen, daß ich Ihnen vom grossen Belte aus einen Brief geschrieben habe, um zu erfahren, ob Sie ihn bekommen haben.
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GLEIM,
F R I E D E N S B U R G , II.·,
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Friedensburg den u t e n May 1 7 5 1 Liebster Gleim, Sie müssen nun zween Briefe von mir haben, einen vom grossen Belte, u den andern von Koppenhagen. Gestern Abends bekam ich Ihren lieben Brief. Ich beziehe mich auf meine vorhergehenden Briefe, u zugleich auf diese zween eingeschloßenen. Sie fragen mich, was ich beym Abschiednehmen empfand? Gewiß so viel als Sie. Vielleicht noch mehr. Denn ich bin in dieser Art des Streits sehr an den Sieg gewohnt. Wenn ich darinn was sagen darf, ob Sie nach Langensalz reisen, oder Schmidten zu sich kommen lassen sol-
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len; so wollte ich, daß Sie dahin reisten u Schmidten mit zu sich brächten. Das wäre eine grosse Freude für mich, wenn Sie Fanny an meiner Statt sähen, einige Winkel Ihres Herzens, die ich nicht habe ausforschen können, ausforschten, u mir dann recht viel schrieben
Ich bin izt ein we-
nig im Schreiben unterbrochen worden. Ich bekam Briefe von meinen Eltern. Das ist doch schön. Nun bekomme ich doch Briefe. Gestern u heute welche. Aber ich verlies Sie in Langensalz. Sie wären also dort, u giengen mit Fanny in dem Weissischen Garten spaziren. Und izt wären Sie beym Apollo, dem ich, wie das böse Mädchen Fanny einmal sagte, ähnlich wäre. Aber gehen Sie lieber zu Orpheus u Euridice. Te veniente die te decedente canebat Qualis populea moerens philomela sub umbra Flet noctem. Das sey der Inhalt Ihrer Rede. Ich beneide Sie sehr wegen dieser Rede, denn etwas davon möchte ich lieber selber sagen.
Endlich sind Sie wieder
weggereist, u dann schreiben Sie an mich. Nun, was werden Sie zu schreiben haben? Mit ungeduldigen Schlägen sieht ihm mein Herz entgegen. Aber wie lange ist dieß noch hin, daß ich Briefe von dieser Art von Ihnen bekomme. Wenn Sie auch bald reisen, wenn Sie auch bald schreiben; denn das lezte thun Sie gewiß, wenn Sie das erste können, Wie lange ist es gleichwohl für mich! Wenn ich wieder zu Ihnen kommen werde, will ich Ihnen Bald schreiben. Die Sachen wegen der Fabrique haben einen guten Anfang genommen. Nur lassen sich solche Sachen nicht gleich machen, besonders wenn man mit zwo Compagnien zu thun hat. Rahn ist Ihnen recht sehr gut. Und wie sollte er Sie nicht kennen? da er Sie vorher durch mich kannte, u Sie gesehn hat. Empfehlen Sie mich unserm Sucro u dem kleinen Mädchen, das ich, wie Sie zu sehen, das Vergnügen izt nicht mehr haben kann. Ich liebe Sie mit meinem ganzen Herzen, u bin
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Ihr Klopstock.
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40. VON M A R G A R E T A
MOLLER,
H A M B U R G , 14. MAI
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Hamburg, den 14 M a y 1 7 5 1 . Es ist mir recht lieb, daß ich vorigen Posttag verhindert bin, Ihren Brief zu beantworten mein lieber Klopstock. Ich war würklich recht aufgebracht
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über Ihren letzten Brief, und da ich auch nicht von den aller Gefassensten bin: So hätte ich Ihnen vielleicht auf eine Art antworten können, die Ihnen noch böser gemacht hätte, und die mich jetz verdrösse. Sind Sie aber nicht ein rechter kleiner Affe Klopstok! Sie nehmen es so übel daß ich Ihre Bitte nicht so beantwortet habe, als Sie es sich vorgestellt. Sie können ja wol denken daß ich sie nicht recht errathen habe. Was kann ich dafür, daß Sie mir mehr Verstand zutrauen als ich habe? Warum haben Sie es nicht gerade heraus gesagt, daß Sie mein Portrait haben wollten? Ich will Ihnen aber sagen, wie ich Ihre Bitte ausgeleget habe. Vorher müssen Sie wissen H. Klopstock, daß ich Ihnen erstaunlich gut war, und wenn Sie es erlauben wollen, so bin ich es auch noch. Je mehr Freundschaft man nun für jemand hat, je mehr fürchtet man. Und die Furcht macht einem allemal eine Sache wahrscheinlicher, als sie sonst ist. Nun glaubte ich schon, wie Sie noch hier waren, daß es Ihnen verdrösse, daß ich etwas von Ihrer Liebe wüste, und daß Sie selbst mir davon gesagt hätten. Ich glaubte dieses daher, weil Sie allemal, wann ich davon sprach, den Kopf schüttelten, ein krauß Gesicht machten und mir kaum antworteten. Sie werden sich dieses erinnern. Ich dachte also, Sie glaubten, daß, weil ich ein Frauenzimmer und jung bin: So wäre Ihr Geheimniß nicht sicher bey mir. Da ich nun in dieser Furcht war: So dachte ich, Ihre Bitte bestünde darin, daß ich von Ihrer Liebe, von Madl. Sch und von allem was dahin gehörte nicht mehr erwähnen sollte. Denn, weil Sie mir erst von Madl. Sch: nichts schreiben und hernach nur ganz kurz sagen, daß Sie mir ihren Brief, den Sie mir versprochen hatten, nicht schicken wollen, und dabey Ihrer Bitte wieder erwähnen: So dachte ich, Ihre Bitte müste mit Ihrer Liebe einiges Verhältniß haben. Meine Furcht hatte mich so eingenommen, daß, wie Sie schreiben, ich hätte Gelegenheit Ihre Bitte an meiner Toilette zu sehen; So glaubte ich, Sie wollten mich dadurch erinnern, daß Sie eben bey der Toilette mit mir von Ihrer Liebe sprachen, und daß Sie mir auch da schon merken Hessen, daß Sie es nicht gerne thäten. Nunmehr werden Sie es wol einsehen, warum ich keine Erklärung Ihrer Bitte verlangte, warum ich sagte, Sie möchten sie entweder vergessen oder bis künftigen Sommer aufschieben. Ich hoffte, Sie würden mich in der Zeit besser kennen lernen. Ich bat Sie auch, Sie möchten sich erinnern, daß Sie mein F r e u n d wären. Nämlich, Sie sollten sich nicht nur als einen g u t e n B e k a n d t e n von mir ansehen. Mein ganzer Fehler ist also nur aus grosser, zärtlicher Freundschaft hergekommen. Denn wenn ich nicht sehr viel von Ihnen hielte: So hätte ich nicht so gahr für Ihre Freundschaft gefürchtet.
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Haben Sie nun Recht, mein lieber Klopstok, mir so sehr böse zu seyn? Haben Sie Recht dazu, weil ich ein Räthsel, das Sie mir aufgeben, nicht recht auflöse? Sie fragen nicht einmal, wie ich Ihre Bitte auslege. Es ist Ihnen ganz gleichgültig. Genung ich bin verdammt, weil ich sie nicht recht ausgeleget. Ich bin nun nicht mehr das süsse Mädchen, die liebe, kleine Moller; ich bin nur Ihre Freundinn. Dieser Titel ist mir freylich sehr angenehm; aber nicht, wann er mit solcher Kaltsinnigkeit gegeben wird. Schickt sich denn klein, lieb und süß nicht auch zur Freundinn? Es ist eine erstaunliche Kaltsinnigkeit, die in dem ganzen Briefe herrscht. Nein mein lieber Klopstok, das habe ich wahrlich nicht an Ihnen verdient. Darum bin ich so sehr von Ihnen eingenommen gewesen, ehe ich Sie jemals gesehen hatte? Darum muste mir Giseke, unter allen seinen Freunden, immer am meisten von Ihnen erzählen? (Ja, wann ich das noch bedenke; es war schon so unter uns eingeführt, daß wir Sie immer m e i n e n K l o p s t o k nannten.) Darum habe ich so sehr gewünscht Sie kennen zu lernen, ehe ich wüste daß Sie hier kamen. Darum, wie Sie nun kamen, habe ich mir so viele Mühe gegeben, daß dieses geschehen möchte? Und, wie ich Sie nun kannte, so bin ich darum so sehr Ihre Freundinn geworden, Ihre Freundinn in so einem Grade! Darum habe ich so entzückt von Ihnen zu allen meinen Freunden gesprochen und geschrieben! Darum habe ich mich so sehr betrübt, wie Sie wegreiseten! Darum habe ich mich so sehr gefreut, wie ich Ihre drey ersten Briefe bekam, auf daß ich diesen vierten bekommen sollte? Ein Brief, der es zwar nicht deutlich sagt, dem man es aber doch sehr deutlich ansieht, daß Sie nicht mehr mein Freund sind. Ο Klopstok Sie kennen mich noch nicht! Ich sage es noch einmal, ich habe das nicht verdient Sie legen mir auch das zur Last, daß ich Giseken gefragt, ob ich ohne Scrupel Ihnen so g u t s e y n d ü r f t e a l s ich bin. Dieses letzte hat Ihnen aber nicht beliebt zu bemerken. Muß man nicht jemand ausserordentlich gut seyn, wann man fragt, ob man ihm auch so g u t seyn darf? Und welche Antwort will man haben, wenn man einem Freunde darum fragt, der selbst von ihm eingenommen ist? Und wenn man dieses nun dem ersten wiedersagt, warum thut man das wohl, als aus Freude, daß man sich seiner Neigung nun völlig überlassen darf? Ich wiederhole es Ihnen, mein lieber Kl, daß ich in der Freundschaft eben so stark bin als Sie. Endlich nachdem Sie mir Ihr Herz beschrieben, so fragen Sie: was ich mit diesem Herzen anfangen will? Wie geschwinde würde ich Ihre Frage beantworten, wenn Sie mir keinen vierten Brief geschrieben hätten! Aber nun weis ich nicht ob ich das thun darf. Ich bin gewiß noch sehr Ihre Freundinn.
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Um Ihnen dieses zu beweisen würde ich Ihnen gewiß mein Portrait schikken, wenn ich nur gemahlt wäre. — M . Moller Ich weis nicht H: Kl. wie Sie diesen Brief aufnehmen werden. Ich dächte, er verdiente eine sehr gute Aufnahme. Geschieht es aber nicht; so bedenken Sie, daß Sie selbst bestimmen wie weit meine Freundschaft zu Ihnen gehn darf.
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