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German Pages 316 [320] Year 2017
Arthur Schnitzler Der Ehrentag
Arthur Schnitzler Werke in historisch-kritischen Ausgaben
Herausgegeben von Konstanze Fliedl
Arthur Schnitzler
Der Ehrentag Historisch-kritische Ausgabe Herausgegeben von Konstanze Fliedl und Evelyne Polt-Heinzl unter Mitarbeit von Anna Lindner, Marina Rauchenbacher und Isabella Schwentner
De Gruyter
Diese Ausgabe entstand im Rahmen des vom österreichischen Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) finanzierten Projektes „Arthur Schnitzler – Kritische Edition (Frühwerk) II“ (P 27138). Für die Abdruckgenehmigungen ist der Cambridge University Library, dem Deutschen Literaturarchiv Marbach, dem Arthur-Schnitzler-Archiv, Freiburg und dem Theatermuseum, Wien zu danken.
ISBN 978-3-11-053208-1 e-ISBN (PDF) 978-3-11-053691-1 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-053598-3
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2017 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Einbandgestaltung: Martin Zech, Bremen Satz: Dörlemann Satz GmbH & Co. KG, Lemförde Druck und Bindung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen ∞ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com
Inhalt Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Handschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Umschlag U . Deckblatt Db Skizze S . . . Handschrift H
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2. Drucktext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 2.1 Herausgebereingriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303
3. Kommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 4. Siglenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309
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Vorbemerkung
Vorbemerkung Entstehungsgeschichte Wann Arthur Schnitzler mit der Konzeption seiner Erzählung Der Ehrentag begann, lässt sich nicht genau bestimmen. Anders als bei den bisher in historisch-kritischen Ausgaben edierten Werken enthält das betreffende Nachlasskonvolut keinen (datierten) Stoffentwurf, wie er – meist mit Tinte auf einem Blatt notiert – für viele von Schnitzlers frühen Texten existiert. Erhalten ist lediglich eine Handlungsskizze und das Manuskript dieser Geschichte von einem kleinen Schauspieler, dem ein böser Streich gespielt wird: Man bestellt Claqueure, die ihn bei einem seiner unbedeutenden Auftritte bejubeln, woraufhin er sich aus Scham erhängt. Das Thema eines vermeintlichen bzw. für einen Augenblick inszenierten Ruhms beschäftigte Schnitzler seit der Arbeit an der zu Lebzeiten unpublizierten Geschichte von einem greisen Dichter (1894/95) immer wieder. „Ein Blinder, den man in dem Glauben beläßt, er sei berühmt.“ (EV 225) So lautet etwa ein unausgeführter Motivkern aus dem Jahr 1897. Überliefert ist er in einem Notizbuch mit Stoffeinfällen,1 das Schnitzler etwa bis zur Jahrhundertwende führte. Im Februar 1897 sprach Schnitzler brieflich von der Absicht, nun zunächst an „ein paar Kleinigkeiten“ zu arbeiten.2 Vielleicht dachte er dabei auch an die zeitgleich entstandenen Erzählungen Der Ehrentag und Die Toten schweigen. Die erste explizite Erwähnung findet sich am 12. 3. 1897 im Tagebuch: „Novellette (‚Sturys Ehrentag‘) zu schreiben begonnen, wegen Vorlesung.–“ (Tb II,241) Damit war eine für den 28. 3. 1897 geplante „Vorlesung von Wiener Autoren“3 gemeint. Auch das erste Blatt der erhaltenen Handschrift (H) trägt die Datierung „12/3 97“. Zehn Tage später, am 22. 3. 1897, notierte Schnitzler bereits, er habe „Sturys Ehrentag“ nachmittags seiner Freundin Marie Reinhard, abends Hugo von Hofmannsthal und Georg Hirschfeld vorgelesen; die Erzählung „gefiel mit Ausnahme des Mittelstücks“ (Tb II,242). Im Hinblick auf die Veranstaltung blieb Schnitzler unentschlossen, was er lesen sollte; am nächsten Tag schrieb er an Hermann Bahr: Wahrscheinlich eine Novellette, die ich vorgestern zu Ende geschrieben, vielleicht eine, die morgen fertig wird – am Ende was ganz anderes. Es ist nemlich zu bedenken, daß Du, Hirschfeld und ich Novelletten lesen, (Hugo wirkt
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Notizbuch, CUL, A 193,2, S. [26]. Brief Schnitzlers an Olga Waissnix vom 26. 2. 1897 (Br I,314). [O. V.]: [O. T.]. Neue Freie Presse, Nr. 11708 (27. 3. 1897), S. 12.
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Vorbemerkung
nicht mit) – dass also das Program von einer beispiellosen Langweiligkeit sein wird.4 Obwohl Hofmannsthal mit dem ‚lyrischen Dramolett‘ Der Tor und der Tod dann doch teilnahm, entschied sich Schnitzler gegen den Ehrentag. Georg Hirschfeld las die Novelle Bei Beiden, Bahr die ‚Anekdote‘ Die schöne Frau und Schnitzler aus seinem Drama „Freiwild, 1. Akt, […] das Stück war mir zuwider; ich selber kam mir läppisch vor.“ (Tb II,243; 28. 3. 1897) Die Arbeit an der Erzählung dürfte danach einige Zeit geruht haben. Am 11. 6. 1897 hielt Schnitzler jedenfalls fest: „Die vorletzte Durchsicht von Sturys (jetzt Rolands) Ehrentag […] gestern beendet“5. Am 24. 6. begann er die Erzählung „ein letztes Mal zu corrigiren“6. Knapp zwei Wochen später las er, während seines Urlaubsaufenthalts in Ischl, den Text seiner Bekannten Rosa Freudenthal vor (Tb II,254; 7. 7. 1897). Tags darauf, am 8. 7. 1897, berichtete er von der Durchsicht „in letzter Abschrift; die [Erzählung] vom Ehrentag des kleinen Schauspielers (neuer Titel ist zu finden!) ist im ganzen wohl ein mäßiger Scherz mit guten Einfällen und anständig genug gearbeitet.“7 Zwischen der erhaltenen Handschrift (H) und dem Erstdruck (ED) liegt die Namensänderung der Hauptfigur von Friedrich Stury zu Friedrich Roland. Der Name „Stury“ hätte die Zeitgenossen wohl an Richard Stury (1859–1928) erinnern können; er war seit 1887 Ensemblemitglied des Münchner Hoftheaters und berühmt für seine klassischen Heldenrollen.8 An derselben Bühne spielte von 1875 bis 1898 auch die österreichische Schauspielerin Hermine Bland (d. i. Hermine Steiner, 1852–1919), deren Künstlername, kaum verschlüsselt, in Schnitzlers Erzählung als „Albine Blandini“ erscheint. Diesen Namen behielt Schnitzler trotz seiner prinzipiellen Neigung, identifizierbare Realien im Verlauf der Arbeit zu tilgen9, von der Skizze (S) bis in die Druckfassung bei; in ED übernommen wurden auch die Vornamen der drei Freunde, August, Emerich und Fred.10 Mit der Umbenennung von „Stury“ zu „Roland“ fiel Augusts Hinweis, dass Stury „sehr den Namen dafür“ (H 28,2f.) habe, ihn zum Gegenstand eines Scherzes zu machen, in der Druckversion weg. Gestrichen wurde auch die Exposition (H 1–H 5), in der Emerich im Haus einer befreundeten Familie die bevorstehende Intrige ankün4
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Brief Schnitzlers an Hermann Bahr vom 23. 3. 1897, TMW, HS_AM 23.329 Ba. – Abgedruckt in: The Letters of Arthur Schnitzler to Hermann Bahr. Hrsg. v. Donald G. Daviau. Chapel Hill: The University of North Carolina Press 1978 (Studies in Germanic Languages and Literatures 89), S. 60. Unveröffentlichter Brief Schnitzlers an Marie Reinhard vom 11. 6. 1897, DLA, A:Schnitzler, NZ85.1.1678, Mappe 443. Unveröffentlichter Brief Schnitzlers an Marie Reinhard vom 24. 6. 1897, DLA, A:Schnitzler, NZ85.1.1678, Mappe 443. Unveröffentlichter Brief Schnitzlers an Marie Reinhard vom 8. 7. 1897, DLA, A:Schnitzler, NZ85.1.1678, Mappe 443. Ob Schnitzler Richard Stury bei seinen wiederholten München-Aufenthalten, etwa im Juni 1894, im September 1895 oder Oktober 1896 auf der Bühne gesehen hat, ist nicht verbürgt. Vgl. FBG-HKA 2. „August Witte“ und „Emerich Berger“ treten u.a. auch als studentisches Freundespaar in Schnitzlers Schauspiel Das Märchen auf (Uraufführung 1893).
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Vorbemerkung
digt. Die Druckfassung setzt unmittelbar mit der Begegnung der drei Freunde im Kaffeehaus ein, der vorangegangene Besuch wird von Emerich nur mehr erwähnt (D 13f.). Ein Zusatz gegenüber der Handschrift (H) hingegen ist Augusts scheinheilige Rechtfertigung der Aktion als einer Möglichkeit, einmal „die Kleinen“ (D 178) unter den Schauspielern zu ehren; neu hinzugekommen sind außerdem die verzweifelten Ideen des vielbespöttelten Komparsen, sich mit einem Zeitungsaufruf oder einem Kniefall auf der Bühne an das Publikum zu wenden (D 390–422).
Handschriftliches Material Die nachgelassenen Handschriften zu Der Ehrentag befinden sich an der Cambridge University Library (CUL)11 in einer mit rotem Farbstift als „146.“ bezeichneten Mappe. Dieser Umschlag (U) aus gelblich-grauem Kartonpapier, gefaltet im Format 20 × 25,6 cm, trägt von Schnitzlers Hand mit Bleistift die Aufschrift „Der Ehrentag / 1897“. Unter dem Besitzstempel von CUL steht von fremder Hand „Schnitzler“ sowie die Archivsignatur „A 146“. Das handschriftliche Material umfasst: A 146: Umschlag, dat. „1897“ (= U) A 146,1: Deckblatt, dat. „1897“ (= Db) Skizze (6 Bl.) (= S) A 146,2: Handschrift (123 Bl.), dat. „12/3 97.“(= H) 1 Bl., unbeschrieben, mit Bibliotheksstempel Beschreibstoff ist das von Schnitzler meist verwendete, etwas nachgedunkelte Papier, zugeschnitten aus größeren Bögen auf ein Format von ca. 17 × 21 cm; Schnittspuren sind an jeweils einer Längs- und Querkante sichtbar. Die Blätter von S weisen einen Längsbug auf, durch den ein zweispaltiger Seitenspiegel entsteht, der nur auf einem Blatt (S 5) genutzt wird. Das Konvolut A 146,2 befindet sich in einem weißgelben Bibliotheksumschlag mit Signatur und Stempel. Alle Blätter sind einseitig mit Bleistift beschrieben und tragen – mit Ausnahme von S 2 und H 66 – am unteren Blattrand den Besitzstempel von CUL (2,3 × 1,9 cm). Auf Db, dem ersten und letzten Blatt von S (S 1 u. S 6) sowie auf dem letzten Blatt von H (H 123) findet sich darüber die entsprechende Archivsignatur, auf dem ersten Blatt von H (H 1) steht die Archivsignatur über einem zweiten Besitzstempel (2,2 × 1,2 cm) am rechten oberen Rand. Bereits die Skizze weist eine Teilung in drei nummerierte Abschnitte auf: 1. die Vorbereitung des ‚Streichs‘ durch die Freunde, 2. die Durchführung im Theater, 3. die Entdeckung des Selbstmords. In der Handschrift werden die arabischen Ziffern 2 und 3 aus S durch römische ersetzt; Abschnitt II (H 33) bzw. III (H 83) beginnen jeweils auf einem neuen Blatt. Das Ende des ersten Abschnitts ist durch einen mittigen Strich markiert (H 32), das Ende des zweiten, welches mit dem Blattende zusammenfällt, durch einen Doppelstrich (H 82).
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Zur Geschichte von Schnitzlers Nachlass vgl. LG-HKA 1.
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Vorbemerkung
Die Paginierung von H erfolgte fortlaufend, in einigen Fällen handelt es sich aber offensichtlich um nachträglich eingelegte Korrekturblätter. So folgt dem Textfluss gemäß auf H 38 das großflächig gestrichene Blatt H 40, während H 39 mit einem doppelten Neuansatz derselben Passage beginnt, die auf Blatt H 41 fortgesetzt wird. In gleicher Weise stellt H 42 die Neufassung der gestrichenen Passage auf H 41,10–12, H 43 und H 44,1–8 dar.
Zur Umschrift Mit ihrer Tendenz zur Verschleifung setzt Schnitzlers Handschrift der Entzifferung einige Widerstände entgegen.12 Der Verlust distinkter Merkmale von Graphen und Graphenfolgen wird in der Transkription jeweils mit grauer Schriftfarbe angezeigt. Grau gesetzte Einheiten sind demnach nicht editorische Ergänzungen, sondern ‚Erschließungen‘ indistinkter Zeichen. Streichungen, Einfügungsstriche u.ä. werden graphisch nachgeahmt; dabei versteht sich die Transkription aber nicht als exakte optische Wiedergabe des Schriftbildes, sondern als Lesehilfe zu den in Originalgröße reproduzierten Faksimiles. Ein Charakteristikum von Schnitzlers Schreiben ist die Verwendung von ‚Gedankenpunkten‘ in wechselnder Anzahl; generell sind Interpunktionszeichen mit verschiedenen Abständen und gelegentlich auf unterschiedlicher Zeilenhöhe gesetzt. In der Transkription werden Gedankenstriche und ‚-punkte‘ mit Spatien wiedergegeben, alle anderen Satzzeichen werden direkt an den vorausgehenden Graphen angeschlossen. Verdeutlichendes Überschreiben bzw. Nachziehen von Zeichen oder Zeichenfolgen wird nicht imitiert. Gelegentlich zeigen die Faksimiles irreführende punktartige Eindunkelungen des Papiers, die in der Transkription nicht berücksichtigt werden. xxx
Aus indistinkten Graphen erschlossene Zeichen oder Zeichenfolgen erscheinen in grauer Schriftfarbe.
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Streichungen werden typographisch wiedergegeben; nicht vollständig durchgeführte Streichungen einzelner Zeichenfolgen werden als intentional angenommen und entsprechend dargestellt. Doppelte Streichungen werden nur dann wiedergegeben, wenn sie verschiedenen Textstufen angehören.
xxxxxx
Überschriebene Graphe und Graphenfolgen werden durchgestrichen und vor der sie ersetzenden Variante hochgestellt.
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xxxxx Ergänzungen und Varianten ober- oder unterhalb der Zeile werden in kleinerem Schriftgrad gesetzt. ?xxx?
Fragliche Entzifferungen werden durch hochgestellte Fragezeichen gekennzeichnet.
[???]
Unentziffertes wird durch Fragezeichen in eckigen Klammern markiert.
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Vgl. z.B.: LG-HKA 1–3, St-HKA 5.
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Vorbemerkung
xxx
Durch Lateinschrift hervorgehobene Wörter oder Wortteile werden kursiviert. Auch bei Mischformen mit einzelnen kurrenten Graphen gilt die Hervorhebung als intendiert und wird durch Kursivierung wiedergegeben.
[xxx]
Eintragungen fremder Hand stehen in eckigen Klammern.
Druckgeschichte Am 21. 7. 1897 schrieb Schnitzler, erfreut über den (auch finanziellen) Erfolg seiner Erzählung Die Toten schweigen (vgl. TS-HKA 5f.), an Marie Reinhard: „Heute schick ich den ‚Ehrentag‘ an die Romanwelt. So scharre ich Reichtümer zusammen. –“13 Die Romanwelt. Zeitschrift für die erzählende Litteratur aller Völker war 1893 im Verlag Cotta gegründet worden und profilierte sich von Anfang an als ein Organ der Moderne. Schnitzler hatte noch im Jahr der Gründung die Novelle Sterben an die Redaktion gesandt, die ebenso abgelehnt wurde (vgl. TS-HKA 3, Anm. 14) wie ein halbes Jahr später die Erzählung Blumen (vgl. Tb II,79; 18. 6. 1894). Der Ehrentag aber erschien im Januar 1898 in der Rubrik „Feuilleton“. Schon diese erste Veröffentlichung hatte einen unautorisierten Nachdruck14 zur Folge, was Schnitzlers Jugendfreund Eugen Deimel in seinem Brief vom 1. 2. 1898 aus New York mitteilte: „Deinen ‚Ehrentag‘ hab’ ich im letzten Sonntagsblatt der N.Y. Staatszeitung gelesen. – famos; – bis auf die Kleinigkeit, dass du Roland zehn Stufen zur Bühne hinuntersteigen läßt und blos sieben am Rückweg hinauf. (oder war’s bloß ein Druckfehler der Zeitung?)“15 Schnitzler antwortete am 15. 2. 1898: „Also den ‚Ehrentag‘ haben sie mir auch schon nachgedruckt? Es ist nur schade, dass man nie einen Kreuzer Honorar aus Amerika bekommt!“ (Deimel-Bw 107) Auf den Unterschied der Stufenzahl ging Schnitzler nicht ein; er findet sich bereits in der Handschrift (H 59,5, H 82,6) und bleibt wie in ED (D 425, D 591) auch in EA (S. 92, 98) und GW (S. 183, 188) erhalten.16 Schnitzler nahm den Ehrentag in sein „Novellenbuch“17 Die Frau des Weisen auf, das Anfang Mai 1898 vom S. Fischer Verlag ausgeliefert wurde (vgl. Tb II,284; 4. 5. 1898). Der Ehrentag ist als dritter von fünf Texten platziert.18 Während die 2. Auflage des Bandes noch 1898 im selben Herstellungsdurchgang gedruckt wurde, ließ Fischer für die 3. Auflage die Texte von seinem Lektor Moritz Heimann 13
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Unveröffentlichter Brief Schnitzlers an Marie Reinhard vom 21. 7. 1897, DLA, A:Schnitzler, NZ85.1.1678, Mappe 443. Arthur Schnitzler: Der Ehrentag. In: Sonntagsblatt der New-Yorker Staats-Zeitung, Jg. 50, Nr. 5 (30. 1. 1898), S. 9f. (gekürzt). – Dieser Nachdruck ist in den Schnitzler-Bibliographien nicht verzeichnet. Brief Eugen Deimels an Schnitzler vom 1. 2. 1898, DLA, A:Schnitzler, NZ85.1.2732, Mappe 708. – Abgedruckt in: Deimel-Bw 106. Vgl. auch ES I, 286, 289. Brief Samuel Fischers an Schnitzler vom 9. 5. 1896 (Fischer-Bw 59). – Zur Editionsgeschichte des Bandes vgl. FW-HKA 7–9. Arthur Schnitzler: Die Frau des Weisen. Novelletten. Berlin: S. Fischer 1898, S. 73–112; die Texte erschienen in der Reihenfolge: Die Frau des Weisen, Ein Abschied, Der Ehrentag, Blumen und Die Toten schweigen.
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Vorbemerkung
korrigieren (vgl. FW-HKA 7f.). Die Textrevision für diese Auflage führte bei einigen Erzählungen des Bandes zu problematischen Abweichungen (vgl. Ab-HKA 9). Bei Der Ehrentag sind das zwei Korruptelen, die sich bis in aktuelle Ausgaben tradieren: ein falsch gesetztes Elisionszeichen – aus „’s“ in ED und EA für „es“ (D 855) wird „s’“– sowie an einer Stelle die Namensänderung von „Albine“ (D 780) zu „Albertine“.19 Wenn die Rezensenten des Bandes von 1898 den Ehrentag erwähnten, beurteilten sie ihn eher zurückhaltend. „Stark ins Groß-Pathetische und das Gebiet der Schauergeschichte verirrt sich die Novellette: ‚Der Ehrentag‘“, schrieb Albert Geiger,20 und für Moritz Necker erzählt der Text „eine tragische Theateranekdote mit zuviel Aufwand“.21 Auch Hermann Ubell sprach von einer etwas grelle[n] Erfindung im Geschmacke Maupassants, als Geschichte gut eingetheilt und wirksam erzählt, nur den Schluss möchte man stärker herausgetrieben sehen: echt österreichisch in der Stimmung, die den Helden, einen Enkel des ‚armen Spielmanns‘, umfließt, ist sie zugleich sehr wienerisch in ihrer Voraussetzung eines übertriebenen neugierigen Interesses an allen theatralischen Dingen; eine Voraussetzung, ohne die die Geschichte unmöglich würde.22 Julius Sternberg besprach den Band 1898, ohne den Ehrentag zu erwähnen,23 erinnerte sich jedoch mehr als ein Jahrzehnt später so lebhaft an diese Erzählung, dass er in einem Feuilleton über den Chor der Wiener Hofoper diese „wunderschöne Novelle“ herbeizitierte, um die „Tragik des Choristendaseins“ zu illustrieren.24 Begeistert zeigte sich Otto Brahm, der Schnitzler am 15. 6. 1898 für die Übersendung des Bandes dankte: Unbekannt war mir der famos vorgetragene Ehrentag, dem ich noch besonders anrechne, daß er, obgleich doch in erster Linie auf die ‚Geschichte‘ angelegt, selbst Nebenpersonen so hübsch charakterisiert wie die drei Freunde in ihren Abstufungen von dumm, gemein und vernünftig. (OB-Bw 56f.) Schnitzler selbst notierte am 5. 8. 1903 im Tagebuch: „Las Jour de gloire, nouvelle revue, der mir französisch besser gefiel als ‚Ehrentag‘.–“ (Tb III,39)25 Noch in seiner Selbstkritik anlässlich der Korrekturen für die Gesammelten Werke 1911 ist sein Urteil zwiespältig:
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Der Ehrentag. In: Arthur Schnitzler: Die Frau des Weisen. Novelletten. 3. Aufl. Berlin: S. Fischer 1902, S. 73–112, hier: S. 106; GW/GW1922/GS 193; ES I,292; Der Ehrentag. In: Arthur Schnitzler: Komödiantinnen. Erzählungen 1893–1898. Frankfurt a. M. 1990 (Das erzählerische Werk 2; Fischer Taschenbuch 9402), S. 138–159, hier: S. 155. Albert Geiger: Neue deutsche Novellistik. In: Die Nation, Jg. 16 (1898), Nr. 8, S. 111–113, hier: S. 113. Moritz Necker: Moderne Dichtung. In: Deutsche Litteraturzeitung, Jg. 20, Nr. 8 (25. 2. 1899), Sp. 317. Hermann Ubell: Arthur Schnitzler. In: Die Zeit, Bd. 17, Nr. 211 (15. 10. 1898), S. 41f., hier: S. 41. st–g. [= Julian Sternberg]: [O. T.]. In: Illustrirtes Wiener Extrablatt, Nr. 145 (27. 5. 1898), S. 5. St–g. [= Julian Sternberg]: [Die Chorherren.]. In: Neue Freie Presse, Nr. 16633 (11. 12. 1910), S. 12. Arthur Schnitzler: Le Jour de Gloire. Übers. v. Noémi Valentin u. Maurice Rémon. In: La Revue de Paris, Jg. 10 (1903), H. 4 (Juli–August), S. 569–589.
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Vorbemerkung
Eine Novelle, die den Theatraliker verrät, insbesondere im Aufbau. Sie gehört zu den wenigst gut geschriebenen, insbesondere die psychologische Zerlegung des Roland bleibt einigermassen im Schablonenhaften stecken. Der Abschluss ist durch eine Intensität bemerkenswert, die urplötzlich die kleine Geschichte auf ein höher[e]s Niveau bis zu den Absichten ihres Schöpfers hinaufzuheben scheint.26 Als Lesetext bewährte sich Der Ehrentag jedoch über viele Jahre hinweg. Am 19. 3. 1900 las Schnitzler die Erzählung bei einer Veranstaltung in der Reihe „Montagsvorträge“, organisiert von der Vereinigung österreichischer Hochschuldozenten;27 im Tagebuch heißt es dazu: „Las Abends für den Volksbildungsverein ‚Ehrentag‘ mit einigem Erfolg“ (Tb II,324). Hermann Bahr nahm die Erzählung wiederholt in sein Vorlesungsprogramm auf.28 Auch bei der um zwei Tage vorverlegten Feier zu Schnitzlers 50. Geburtstag am 13. 5. 1912, organisiert von der Zeitschrift Der Merker, war unter den vorgetragenen Texten Der Ehrentag, gelesen von Lilli Marberg (vgl. Tb IV,329; 24. 5. 1912). Als Adele Sandrock Schnitzler am 5. 1. 1913 brieflich für eine nie realisierte „große Vorlesetournee durch ganz Deutschland und Österreich“29 um Textvorschläge bat, antwortete er ihr am 7. 1. 1913: „Aus dem Band ‚Die Frau des Weisen‘ ist die Novelle ‚Die Toten schweigen‘ recht wirksam, aber schon zu oft öffentlich gelesen worden. Gleiches gilt vom ‚Ehrentag‘.“ (Br II,7) 1930 begann sich die Filmindustrie für die Erzählung zu interessieren. „Hr. Litvak, von der Ufa, Russe; Anerbieten Film ‚Ehrentag‘ mit [Iwan] Mosjoukine; finanzielles. Zufällig heut morgens ein Brief einer ‚Filmschriftstellerin‘, die Option auf ‚Ehrentag‘ erbittet.–“ (Tb IX,313; 8. 2. 1930) Im Juli desselben Jahres traf sich Schnitzler in St. Moritz mit Sam Spiegel, der für Metro Goldwyn „Filmstoffe“ erwerben wollte (Tb IX,354; 24. 7. 1930), darunter, wie Schnitzler in seinem Brief vom 24. 7. 1930 an Suzanne Clauser berichtete, auch den Ehrentag (Br II,694). Auch dieses Projekt kam nicht zustande; erst Peter Schulze-Rohr verfilmte die Erzählung 1978 für die zehnteilige ZDF-Reihe „Spannende Geschichten“.
Drucktext Der hier edierte Drucktext D folgt dem Erstdruck der Erzählung in der Zeitschrift Die Romanwelt: ED (Erstdruck): Der Ehrentag. Von Arthur Schnitzler. In: Die Romanwelt. Zeitschrift für die erzählende Litteratur aller Völker, Jg. 5 (1897/98), Bd. 1, H. 16 [Januar 1898], S. 507–516 [zweispaltig]. 26
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Arthur Schnitzler: Selbstkritik anlässlich der Korrektur der Gesammelten Werke. Unveröffentlichtes Typoskript (ASA, N I, Mappe 20, Bl. 11). [O. V.]: Vorlesung. In: Arbeiter-Zeitung, Nr. 76 (19. 3. 1900), S. 3. Vgl. u.a.: [O. V.]: (Vorlesung Hermann Bahr.). In: Neues Wiener Tagblatt, 22. 1. 1902, S. 5. Brief Adele Sandrocks an Schnitzler vom 5. 1. 1913, DLA, A:Schnitzler, NZ85.1.4412, Mappe 1153. – Abgedruckt in: Adele Sandrock und Arthur Schnitzler. Dilly. Geschichte einer Liebe in Briefen, Bildern und Dokumenten. Zusammengestellt v. Renate Wagner. Wien: Amalthea 1975, S. 320.
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Vorbemerkung
Offensichtliche Druck- und Setzfehler in ED werden emendiert und in der Liste der Herausgebereingriffe (S. 303) verzeichnet. Hervorhebungen, die im Frakturtext in Antiqua gesetzt sind, werden durch Kursivierung dargestellt. Der Zeilenfall von ED wird übernommen, Spalten- bzw. Seitenwechsel von ED und EA werden als Marginalien angegeben: markiert in D die Stelle eines Spalten- bzw. Seitenwechsels im Erstdruck; markiert in D die Stelle eines Seitenwechsels in der Erstausgabe.
Apparat Der lemmatisierte Einzelstellenapparat im Fußnotenbereich des Drucktextes D verzeichnet die Abweichungen von ED zu EA und GW/GW1922/GS: EA (Erstausgabe): Der Ehrentag. In: Arthur Schnitzler: Die Frau des Weisen. Novelletten. Berlin: S. Fischer 1898, S. 73–112. GW (Gesammelte Werke): Der Ehrentag. In: Arthur Schnitzler: Gesammelte Werke in zwei Abteilungen. [7 Bde.] Berlin: S. Fischer 1912. Erste Abteilung: Erzählende Schriften. 3 Bde. Bd. 1: Novellen, S. 173–196. GW1922: Der Ehrentag. In: Arthur Schnitzler: Gesammelte Werke in zwei Abteilungen. [9 Bde.] Berlin: S. Fischer 1922. Erste Abteilung: Erzählende Schriften. 4 Bde. Bd. 1: Novellen, S. 173–196. GS (Gesammelte Schriften): Der Ehrentag. In: Arthur Schnitzler: Sterben und andere Novellen. Berlin: S. Fischer 1928 (Gesammelte Schriften), S. 173–196.30 GW1922 und GS sind weitgehend satzident mit GW, sie enthalten lediglich – vermutlich aufgrund der im Maternverfahren hergestellten Platten – jeweils sechs eindeutige, im Apparat nicht nachgewiesene Satzfehler in Form von nicht bzw. defizient ausgedruckten Buchstaben bzw. Satzzeichen sowie eine Emendation zu GW (s. Apparat zu D 146). Alle anderen Abweichungen von ED sind in diesen drei Ausgaben gleichlautend und werden im Apparat nur mit der Sigle GW versehen. Der Drucktext (D) übernimmt die Usance von ED, vor und nach ‚Gedankenpunkten‘ ein Spatium zu setzen, wobei in ED die Abstände aufgrund des – in D nicht imitierten – Blocksatzes variieren; EA lässt auf ‚Gedankenpunkte‘ vor einem Satzbeginn ein zusätzliches Spatium folgen, GW übernimmt diese Differenzierung nur teilweise. Beides bleibt im Apparat ebenso unberücksichtigt wie eindeutige Setzfehler in den
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Im Inhaltsverzeichnis von GW, GW1922 sowie GS ist dem Titel das Jahr der Entstehung „(1897)“ nachgestellt.
8
Vorbemerkung
späteren Drucken (EA, GW/GW1922/GS). Die Initiale „A“ am Textbeginn reicht in ED und EA über zwei, in GW/GW1922/GS jeweils über drei Zeilen. Einige regelhafte Änderungen zwischen den Drucken werden im Apparat nicht ausgewiesen: in EA: – Personal- und Possessivpronomina der 2. Person Singular und Plural werden durchgehend groß geschrieben; – „Szene“ wird (mit einer Ausnahme, vgl. D 117) zu „Scene“, „Perücke“ zu „Perrücke“; in EA und den folgenden Drucken: – einfache öffnende Anführungszeichen sind nicht wie in ED hochgestellt („‚Roland‘“); in GW/GW1922/GS: – die „th“-Schreibung bei Substantiven deutschen Ursprungs wie „Tür“, „Tor“, „Tat“, „Tränen“ oder „Genugtuung“ sowie bei den Konjugationsformen von „tun“ („that“, „gethan“) fällt ebenso weg wie das „ie“ bei Konjugationsformen von „geben“ („giebt“); – die Schreibung von „Coulissen“ wird zu „Kulissen“ modernisiert; – die in ED und EA mittig zwischen Leerzeilen gesetzten horizontalen Striche zur Abschnittstrennung werden weggelassen, stattdessen beginnen Abschnitt II und III mit einer Initiale über zwei Zeilen; – ab GW erfolgt in den Ausgaben des S. Fischer Verlags der Wechsel von Frakturschrift zu Antiqua und damit auch der Wechsel von den doppelten Trenn- und Bindestrichen der Frakturtype („=“) zu einfachen im Antiquasatz („-“), Hervorhebungen durch Antiqua-Schrift werden ab nun kursiviert; in GW1922/GS: – für die Abschnittsnummerierung werden arabische Ziffern ohne nachfolgenden Punkt verwendet. Bei den drei weiteren Abdrucken zu Lebzeiten scheint Schnitzler nicht in die Texterstellung eingebunden gewesen zu sein. Es handelt sich um: – Arthur Schnitzler / Der Ehrentag. In: Der Strom. Organ der Wiener Freien Volksbühne. Monatsschrift, Jg. 3, H. 12 (März 1914), S. 359–372. – Arthur Schnitzler: Der blinde Geronimo und sein Bruder / Der Ehrentag. In: Die Welt-Literatur. Die besten Romane und Novellen aller Zeiten und Völker. München: Die Welt-Literatur, Nr. 19 (7. Mai 1917), S. 6–10 [dreispaltig]. – Der Ehrentag. In: Arthur Schnitzler: Stories and Plays. Ed. by Allen W. Porterfield. Boston [u. a.]: Heath and Company 1930 (Heath’s Modern Language Series), S. 34–57. Alle drei Abdrucke folgen prinzipiell der Textgestalt von GW. Dem Abdruck der beiden Erzählungen in Die Welt-Literatur 1917 ist auf dem Titelblatt eine kurze, nicht namentlich gezeichnete Hommage von Wilhelm Herzog zu Schnitzlers 55. Geburts-
9
Vorbemerkung
tag vorangestellt. „Dieser Wiener Arzt war immer ein nachdenklicher, oft melancholischer Menschenfreund“, so Herzog, er gehe „zart mit den Schicksalen der ihm Anvertrauten um. Und er ist ihnen stets ein liebevoller und milder Richter.“31 Schnitzler war verärgert über dieses „Dreiminutenportrait“, es sei „lobend mit verkleinernder Tendenz, die alten platten Schlagworte, die widerlichste Art.“ (Tb VI,42; 11. 5. 1917) Zu Schnitzlers Ärger mag auch beigetragen haben, dass eine Einschaltung auf S. 9 der Ausgabe die äußerst billige Wochenschrift – 10 Pfennig pro Heft – mit dem Slogan „Schickt die ‚Welt-Literatur‘ ins Feld!“ bewarb. Der Abdruck war allerdings durchaus sorgfältig redigiert. Das seit der dritten Auflage von 1902 bis in aktuelle Drucke übernommene falsche Elisionszeichen (s. S. 5) wurde korrigiert, die unterschiedliche Anzahl der Stufen zwischen Garderobe und Bühne (s. S. 5) auf zehn vereinheitlicht; darüber hinaus wurde die Namenschreibung „Emerich“ zu „Emmerich“ verändert. Stehen geblieben ist aber auch hier der an einer Stelle verwendete Vorname „Albertine“ statt „Albine“ (D 780). Die radikalsten Eingriffe in die Textgestalt nimmt der Sammelband Stories and Plays vor: Die drei Abschnitte der Erzählung sind hier – ohne Nummerierung – nur durch Leerzeilen markiert; dafür werden insgesamt achtzehn zusätzliche Absätze eingefügt sowie zehn Gedankenstriche getilgt.
Kommentar Der Einzelstellenkommentar enthält kulturgeschichtliche Hinweise sowie Erklärungen zu Austriazismen, mundartlichen und veralteten oder fremdsprachigen Ausdrücken, jeweils beim ersten Vorkommen des entsprechenden Begriffs. Kommentare zu den Handschriften befinden sich im Fußnotenbereich der Transkription beim jeweils ersten Auftreten innerhalb eines Textkonvoluts; sie dienen an dieser Stelle nicht zuletzt der Plausibilisierung der Entzifferung. Kommt eine betreffende Stelle auch im Drucktext vor, wird auf den Kommentar zu D mit entsprechender Zeilenangabe verwiesen.
31
[Wilhelm Herzog]: [O. T.]. In: Die Welt-Literatur. Die besten Romane und Novellen aller Zeiten und Völker. München: Die Welt-Literatur, Nr. 19 (7. Mai 1917), S. 1.
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U
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Originalmaße 20 × 25,6 cm
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Handschriften
U
[146.]
Der Ehrentag
1897
[Schnitzler] [A 146]
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mit rotem Farbstift geschrieben.
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Db
Der Ehrentag
1897
[A 146,1]
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1. Emerich Berger empfiehlt sich. Eile. Wichtiges. Ins Kaffehaus. August Witte sitzt da. 5
Muss alles allein machen! Was laßt mich alles allein machen! – Alles erbestellt. – Kaṉ eine grandi Hetz werden! – Loge. –
10
Kränze bestellt, ins Orchester! – Den Wessely erwart ich noch. – Friedri koṈt. – kaṉst mit in die Loge. Was macht’s Ihr denn? – Kränze? – ?Wied? für deine Blandini
15
Blandini? . Lächerlich . . . Übrigens ich weiss was von der Blandini! –(sagt er leise zu Emerich –) ich erzähl dir’s dann . . Wessely koṈt: Also horen S . . haben
20
Sie die Leut gut vertheilt? – Im Moment weṉ der Stury herein koṈt – Applaus . . nicht enden wollend.
8
Hetz: ursprünglich: Tierhetze; hier: Spaß, Vergnügen.
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[A 146,1]
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Handschriften
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Daṉ hat er zu sagen: Schöne Dame oder Schones Weib – hier idieses Geschmei sendet Euch . . . . Dan fangt die Blan ihr Arie an – Stury steht da. – 5
Daṉ gibt sie ihm das Geschmeide . . . Ich brings dem Ritter zurück . . dan wied ein Mordsapplaus . . . . . . . . . – Fred: Ja warum den ausgesucht . . Hah, weil d Blandi gesagt hat . . der Stury
10
hat Talent . .ihnsie habesoll ihre Genugthung haben, . . Nach d Theat sind wir zusaṈen. Die Blandini; die ?kom? geht mit . . Logen . . . . So fahren wir. –
7
Mordsapplaus: Das Präfixoid „Mords-“ ist eine ugs. Verstärkung des Basisworts; besonders intensiver Applaus.
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2. Stury in der Garderobe . . Sonst 3 Herren miht ihm, allein . . Das 18. Mal! So langweilig . . ?Hand?werk[??]er . .– Er ist füurchtbar allein . . Seine Anfänge 5
Ja, in Rudolfsheim. Franz Moor . . daṉ verschlagen, TheaterSchmieren; ke Talent?. . Endlich der Hunger; seit vier Jahren hier für d allerkleinsten Rollen – jetzt nicht mehr heraus-
10
zukoṈen. Neulich war ein Artikel – in d Zeitg, Witze, daer wurde zusaṈ gestellt mit Soṉenthal . . zu Stury . . ?er? den größt zum kleinsten . . da hatte er gemerkt, dass doch noch etwas –
15
Auch alt . . . ja früher die Liebschaften das hatte ihn amusirt – in der ?Spaṉung? auch noch spürbar . . . . . jetzt findet er Veilchen für sich . . von wem? . . . . . . . . . . . . ?Wie?VomDie DirekBlandini sieht ihn
20
mitleidig an . anfangs hat sie ihn angefahren . . . . . Er fühlt sich tief unglücklich
5
12
Rudolfsheim: von 1892–1938 Name des damaligen 14., heute Teil des 15. Wiener Gemeindebezirks Rudolfsheim-Fünfhaus. Franz Moor: Am 14. 1. 1893 trat Karl Kraus im Rudolfsheimer Volkstheater als Franz Moor in Friedrich Schillers Die Räuber (1781) auf. Schnitzler notierte nach der Vorstellung im Tagebuch „[d]er kleine Kraus fürchterlich als Franz Moor“ (Tb II,10). Soṉenthal: Adolf von Sonnenthal (1834–1909), berühmtes Ensemblemitglied des Burgtheaters; spielte bei der Uraufführung von Schnitzlers Liebelei (1895) den Weiring.
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Jetzt ertönt sein Zeichen . . . Jetzt soll er hinaus . . . Er tritt hinaus . . Geirrt . . Er will zurück. Aber ein Jubel . . er versteht nicht. Brav 5
Stury! Stury! . . Stury! . . . Endlich ?Sti? . . Fassungslos. Er sagt se Worte . . Blandini flustert ih zu . die Leut sind toll . . . Machen Sie sich nichts draus . . – Lorbeerkränze
10
Nehmen Sie sie doch . . Wen Sie si verweigern . . noch ?blöder? . . . Sie singt ihr Arie . . Er zitter . ?Ich? brings? wieder. – Wieder doṉernd
?
Applaus. – die Collegen hint der 15
Scene Witze: Na, dSie bezahl sich Ih Claque! – Nein, endlich ?zum Aus? Kränze [???]– Der Inspizient. – – Warten Sie auf mich nach dem Theater flüstert ihm die Blandini zu. –
16
17
Claque: Gesamtheit der Claqueure (frz. „claquer“: klatschen), die bei öffentlichen Aufführungen gegen Bezahlung applaudieren, um das Publikum zum Beifall anzuregen. Inspizient: s. Kommentar, D 432.
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3. Die Leute, die jungen warten im Ch. sep. auf Blandin Jetzt köṉt sie wirklich da sein.
Gu
August und Emerich . . die Leut unterhalten – – Bland? –
Sie koṈt nicht. – 5
D
Es ist ein Stunde . . Ich hab ihr geschrieb –
Laune schlecht. – Clavirspieler
Fred, wa hast deṉEme
Gusti Witte wird sie abholen. – Er geht.
5
August glaubt . . . –
Fred. – Kinder, es drückt mir das Herz ab – sie hat ja mit dem 10
Stury ein Verhältnis. Die Blandin? Ja ganz bestimmt!! – Gusti [???]läutet . . am Hausthor . . . . . IchBla
Wa könt ist das? – Er weiß nicht
wie er sich das erklären soll. – 15
s st au
ti Jetz
Na da bist du ja . . Ich konnt dich erschlagen. wo fahrst deṉ du solang bei der Nacht herum? – Ich hab auf den Stury gewartet . . . .
20
– Zurück zum Theater . . haben Sie
Aber sie hatte im Wirtshaus – ?nac? gefragt.
den Stury gesehen . Nein . Wer Hast ih nicht ausgeh?alt??
weiss . . Ins Theater . . . Ich su . mei Schmuck . . Bleib heraußen
2
Ch. sep.: Chambre séparée: Pseudoentlehnung aus dem Französischen für einen abgetrennten Raum in Lokalen, der diskretes und ungestörtes Zusammensein erlaubt.
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Der Portier folgt ihr über die Stufen, links . . Aber Fräuln, d ist j die Garderobe . . . Auf E
5
!..
!–
Da hing Herr Stury im Costüm des
Pagen . . . Sagen Sie d Herrn, der drauß wartet der Stury hat sich erhängt – u ihnwenn er sich vor mir noch einmal anschau lass so spuck ich ihn an –
10
Ich will ihn lächerlich machen auf immer
[A 146,1]
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H1
.1
12/3 97. Wien .
[A 146,2]
Emerich Berger ?verab?erhob sich Gnädige Frau, sagte Emerich Berger, indem 5
er
Sie müssen schon entschuldigen – aber fort
ich muss jetzt gehen . . Ja warum deṉ fragten Frau Mautner das Theater bis zum dieas gnädige Frau gnädig F
Fräulein Jetzt schon? fragte die Dame 10
höflich . . Das Theater fangt doch noch lang nicht an, sagte die Tochter. Emerich Berger hatte sich erhoben und
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2 stand da, den Cylinder in der Hand, nah der Thüre . Ja – aber ich hab noch vor dem 5
Theater was zu thun; allerdings etw das sich gewissermaßen auf s Theater bezieht
aufs Theater bezügliches. So? fragte die gnädige Frau lächelnd. Aber gnädige Frau, keine Idee . . . . Ist ja schon lang vorbei. Weṉ Sie wissen 10
wollen, . was ich zu thun habe, so koṈen Sie heut hinein . . ich versprech Ihnen, Sie werden sich
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3 sehr gut unterhalten. Beim Anisette KüṈelbaronCuracaofürsten?. das w Was gibt man deṉ? . 5
Ist eine Premiére fragte die Tochter. Nein, erwiderte Emerich; es ist noch immer der CuracKüṈelfürst . . aber koṈen Sie hinein . weṉ Sie die Geschichte auch schon gesehen
10
haben – ich versprech Ihnen, Sie werden sich großartig amüsiren
3
Anisette: süßer Gewürzlikör mit Anisgeschmack. KüṈelbaron Curacaofürsten: Titelideen nach verschiedenen Spirituosen; der Begriff Curaçao bezeichnet Liköre mit Orangengeschmack, benannt nach einer Insel der Kleinen Antillen.
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4 Ja wieso? warum? . Das kaṉ ich nicht verraten, gnädige Frau . . . . ich sag Ihnen nur . 5
koṈen Sie; Sie werden S nicht bereuen. Ich bin wirklich neugierig . . . Jetzt werd ich aber wirklich neugierig . . . Was glaubst du, Risa? . .
10
Reden S der Mama zu, Fräuln Risa . .
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H5
5
begann
Aber der Papa – sagte die gnädige Frau. Ah, weṉ ich will, sagte Fräulein Risa . . 5
Also wollen S’ nur, Fräuln Risa . . sagte Emerich . . . sah auf die Uhr, rief aus: Es ist die höchste Zeit, und empfahl sich mit Händedrücken. Er stürzte
10
die Treppen hinunter, setzte sich in den Fiaker, der unten wartete
11
Fiaker: zweispännige Lohnkutsche, die für bestimmte Strecken, aber auch auf Zeit gemietet werden kann.
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6 und fuhr ins Kaffehaus. August Witte sass schon da und las die unmöglichsten Zeitungen hatte vor sich 5
.
einen Haufen Zeitungen da liegen , die er nicht anschaute. Na also, rief er dem eintretend Emerich entgegen, koṈst endlich. Es ist wirklich die höchste Zeit. Alles
10
laßt einen allein machen, . . Pardon, sagte Emerich, indem er
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7 sich niedersetzte, ich bin bei den Walters solang aufgehalten worden. Sie komen wahrschein5
lich auch ins Theater. Hast ihnen am End was gesagt . . Aber nein, was fallt dir deṉ ein . . Dass sie sich sehr gut unterhalten werden; hab ich ihnen gesagt,
10
weiter gar nichts . . . . . Das schadt doch nichts . . setzte er besorgt fragend hinzu.
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8 Nein, das schadt nichts . . . . . . .
Also . . ist noch was zu thu n? . . . Freilich; den Dobre Jetzt nime Jetzt 5
ist nichts mehr zu thun. Ich hab nur den Dobrdal herbestellt, um ihm die letzten Instructionen zu geben. Daher – hast du den Dobrdal bestellt? Warum deṉ nicht? Er sieht sehr an-
10
ständig au[?]s . . Wo sind deṉ die Kränze? . . lang
Die Kränze sind schon ins Theater.
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9 hingeschafft worden . . – Ist noch wer eingeweiht nebeauße dir und mir? . . 5
Keine Seel’ weiss was davon . . dem Fredy werden mir vielleich noch sagen, weil er ja ?mit uns? in die Loge geht. Glaubst nicht, wir sollens dem Fred
10
auch lieber nicht . . Ja warum deṉ .
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10 Der Fred ist m Weilßt ich mein nur, der Fred ist manchmal so komisch; der ist am End da5
gegen . . Warum soll er deṉ dagegen sein? . Was geschieht denn? . . . . Spass ist Spass . . IchWir werd uns doch noch einen Spass erlauben dürfen . . Im
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übrigen hat der Spass einen vie tiefer Sinn, als du ahnst, mein
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11 lieber Emerich, das wirst du schon noch erfahren . . . . . Grüß dichEuch Gott, sagte Fred, der 5
wied eben hereingetreten war . . Ichund reicht den beiden andern jugngen Leuten die Hand . . . Daṉ schü Geh zieh dir den Winterr[??]ock aus, Schneit’s denn so? fragte Emerich,
10
indem er den Zieh dir den Winterrock aus, sagte August . . das ist ja ein Schneelandschaft.
8
Winterr[??]ock: s. Kommentar, D 626.
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Ja, ist deṉ noch Zeit – ? Ich dank dir 12 übrigens sehr für dieas Numero von der Loge; warum gehn wir deṉ überhaupt noch einmal in die Operette – ? – 5
Aus Gründen, erwiderte August . . da ist
koṈt übrigens der Herr Dobrdal . . Was? fragte Fred . . Marqueur
Sie Kellner, rief August; sehn S den Herrn, der dort beim Billard steht 10
und jemanden sucht . . grad den FranzHerrn wa fragt . . . . rufen Sie ihn daher zu
2 7a
Numero: (veralt.) Nummer. Marqueur: s. Kommentar, D 65.
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13 uns . . Dobredal? . wandte sich Fred fragend an Emerich . . Was bedeutet 5
das? . . Wer ist Dobredal? . Emerich wies mit den Augen auf den Herrn, welcher vom Kellner an den Tisch der jungen Leute gewiesen war und eben
10
herzutrat. Er verbeugte sich. Ers Herr
hatte war ein kleiner Mann, dermit einenm braunen Rock Mentschikoff und mit
12
Mentschikoff: s. Kommentar, D 74.
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14 einer. Pelzmütze. Er trhatte einen Zwicker, der Ein Zwicker baumelte an einem Bande hin und her. – 5
August nickte ihm herablassend zu. Guten Abend, Herr Dobredal . . . lassen Sie sich vielleicht etwas geben . . . Oh . . es ist nicht notwendig . . . Also nehmen Sie Platz . . .
10
Bin so frei . . . ?er? Ich habe Sie gebeten, ins Kaffehaus zu komen, damit wir noch ein letztes Mal . .
2
Zwicker: bügellose Brille, die mit einem biegsamen Steg auf die Nase geklemmt („gezwickt“) wird.
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15 aber wollen Sie sich nicht doch etwas geben lassen . . .. . . da ist gra der Kellner . . 5
Bringen Sie mir eine Melange sagt Herr Dobredal, und nahm die Pelzmütze ab. – Also, begann August aufs neue . . . wie viel Leute haben Sie drin . .
10
Vierzig, gut vertheilt! . . Auch im Parquet?
5 11
Melange: s. Kommentar, D 87. Parquet: Parkett: s. Kommentar, D 96.
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16 Natürlich . . . mit der Gallerie allein machen wir nichts. ?B? Parquet ist das wichtigst . . . . Und sehen Sie die Leute noch, bevor 5
die Sache angeht? Natürlich . . . . . ich hab doch die Sitze für sie noch im Sack. Das ist gut . . Also hören Sie, Herr Dobredal . . Im ersten Akt – nichts. Ja, es wäre
10
mir sogar angenehm, wenn erderies Applaus lauer wäre als sonst . . Herr von Witte – das wird nicht gehn. Der Direktor besteht auf drei Hervor
2 7 13 u. H 17,2
Gallerie: Galerie: s. Kommentar, D 97. Sack: s. Kommentar, D 101. Hervorrufen: s. Kommentar, D 108.
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17 rufen. Das ist mir unangenehm . . Wisse Sie was, Herr von Witte . . . . das Parquet 5
werd ich feiern lassen – nach dem ersten Akt. Und die Gallerie wird nur jubeln. Schön . . Also jetzt koṈt der zweite Akt – und das ist der wichtigie. Da ist zuerst
10
der Chor . . Ich weiss doch, Herr von Witte –
5
feiern: s. Kommentar, D 111.
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18 Bitte hören Sie mich an . . .nur. Nach dem Chor bleibt die Blandini allein .
auf der Scene und schaut sich in den Spiegel, 5
ist fürchterlich traurig; daṉ wirft sie sich in einenauf den SDivan . . In dem Augenblick tritt der Herr Stury auf. Und jetzt gehts los . . sagetzte Dobre hinzu. rief
10
Wer ist Herr Stury, fragt Fred . .?aus? Aber das ist ja der Witz, sagte Emerich leise.
6
Divan: s. Kommentar, D 119.
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19 Im Augenblick, fuhr August fort, w der Herr Stury auftritt . . . . . . donnernder Applaus . . 5
Schön, sagte Dobredal. In diesen Applaus . . sagte August, mischen sich bereits Rufe: Stury! Stury! Bravo Stury . . Während demr ?lass? Applaus fortdauert, werd[?]en au
dr
10
dem Orchester Kränze heraufgereicht. . . . . Pardon . . unterbrach Emerich . . . . weṉ
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20 der Stury aber die Kränze nicht niṈt? Er wird ja So Er wird sie nehmen. 5
Er Daṉ koṈt ein Chorist aus den Coulissen und gibt sie ihm; – das ist ja selbstverständlich . . . Also weiter: jetzt hat der Stur zu sagen: Schöne Dame . . oder schönes Weib.
10
. . dieses Geschmeide sendet Euch . . . der Ritter So und so . mein Herr . .
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Coulissen: s. Kommentar, D 426.
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21 Darauf hat die Blandini ihre Arie – wahrend der steht der Stury an der Thür. Daṉ entschließt sich 5
die Blandini den Schmuck zuru zu geben, tritt auf den Stury zu und gibt ihm das Geschmeide . zurück. – Wie die Blandini schon ist,
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bemerkte Emerich.
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22 August betrachtete ihn streng; Emerich erröthete; dann fuhr Augut .
fort : Der Stury niṈt das 5
.
Geschmeide und sfragt : So brings mei Herrn.
ich meine Herrn Was soll ich aus richten . . . oder so was ähnliches . . Nein, sagte Dobredal: Was sag Emer Ganz was andres, sagte 10
darauf sagt die Blandin . . . . Nichts – darauf verbeugt sich der Stury
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23 und geht ab . . Jetzt colossaler Applaus . . Jawohl, sagte Dobredal. ich weiss Ein Applaus Jubel geradezu, ersetzte 5
August hinzu . . Die Gallerie wird toben, sagte Dobredal. Schön. Wissen Sie: was man für gewöhnlich . „nicht enden wollender Beifall“
10
nennt . . Jubel, setzte Dobredal hinzu.
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24 Richtig. Jubel, Toben; Rufe: Stury! Stury .
heraus ! . Und einfach nicht aufhoren, bis sich der Stury heraus 5
komen und sich verbeugen muss. Pardon unterbrach SturyEmmeric – weṉ er aber nicht herauskoṈt . von ein Choristen geschobleift
So wird er heraus gestoßen werde – sonst kaṉ man ja nicht weiter 10
spielen . . . . daṉ löst sich das
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25 ganze in einem wohlthätigen Gelächter . – Ein Misverstandnis ist doch da nicht moglich, Her Sie haben mich ?do? 5
Dobredal. Verstanden, Herr Dobrda Aber nein . . Herr vo WitteWitte;, Sie können sich auf mich verlassen! – Er trank den Rest Sollten Sie . seiner Melang
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aus, erhob sich, verbeugt sich und ging.
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26 Jetzt möcht ich doch endlich wissen, sagte Fred, wer dieser Stury ist . wozu die Geschicht arrangirt wird August 5
Aber du kennst ihn ja
sagt
erwide Emerich . .
einer, der immer diese kleinen Rollen spielt, eigentlich ein Statist, ?na? halt, gar niemand. Ja also was soll das ganze heißen? 10
– NaDu hast ja zu gehört.
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27 Ja aber wozu gehört das?ganze? Na, eine Hetz ist es, muss den alles zu was ghören, fsagte Emerich 5
Ja, sagte August; ich glaub, das muss eine unglaublich Verblüffung im Publikum sein, wenn plotzlich so ein Statist Ovationen erhält. . . Schön . . . . warum habt ihr euch gera
10
den Stury aus gesucht? .
3
Hetz: ursprünglich: Tierhetze; hier: Spaß, Vergnügen.
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28 Erstens hat der sehr den Namen dafür, dass er nichts ist . zweitens . . . Zweitens? . . fragte Fred. 5
August schwieg . . Du, sagte Emerich, – den andern Grund weiss ich auch noch nicht? Und du hast schon früher von dem tiefern Sinn gesprochen,
10
den der Spass haben soll . .
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29 Also, sagte August nach einig soup
Überlegung; – ich bin im Riedhof mit der Blandini heut nach 5
dem Theater mit der Blandin im Riedhof – ich lade euch gleichfalls ein ihr seid hoflichst dazu eingeladen – da wird sich die Sache aufklären. –
10
. . .Fred. – So . . . [???]so . . . . . flüsterte Fr AugustEmerich
2a 3
soup: soupieren: s. Kommentar, D 215. Riedhof: Von Johann Benedickter (1851/52?–1931) geführtes Restaurant im 8. Wiener Gemeindebezirk.
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30 Nichts wißt ihr, sagte August . . aber eine Carambolepartie spiel ich noch vor dem Theater . . . ?Vi?Weißt du August . . 5
meinte Fred – weṉ s einen tiefern Sinn hat – Na – ? . . fragte August etwas gereizt . . . . . . Sonst geh ich Wir werden ja sehen . . sagte Fred kurz . . . . Ich koṈgeh in die
10
Loge . . Alle schwiegen; eine plötz゠ liche VerstiṈung war über sie ge-
3
Carambolepartie: Carambole: Form des Billardspiels mit drei Kugeln.
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31 kommen. Man soll dir überhaupt nicht erzählen, sagte August nach einigen Sekund. 5
Der Emerich hat ganz recht . . . du verdirbst einem iṈer die Laune. . . . Bitt um Entschuldigung, erwiderte Fred einfach . . August stand auf.
.
. . . Gehn wir jetzt . . . sagte FreAugust, . ?inde? er aufsta 10
Ich hab den Wagen draußen stehen, sagte FrEmerich.
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32 Sie verließen schweigend das Local. Ich
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33 II. Friedrich Stury, Schauspieler am Carltheater für kleine Rollen
mit . ?vierzig?fünfzig Gulden Gage, sass in der 5
Garderobe, allein. Er war mit einem phantastischen Costüme angethan, das spanische und altdeutsch Elemente seltsam ,
vereinigte, hatte dunkelblaue Tricots un eine Perücke von herrlichen kastanien 10
.
braunen Locken , auf der ein Barrette sass. Den Degen hatte er über die Kniee gelegt., und in der Hand in den Spiegel
hielt starrte gedankenlos das sein Gesich
3
4
8 11
Carltheater: nach Plänen Eduard van der Nülls (1812–1868) und August Sicard von Sicardsburgs (1813–1868) im 2. Wiener Gemeindebezirk erbaut und 1847 eröffnet. Ab den 1860erJahren wurden hier viele Operetten von Franz von Suppé, Carl Zeller und Johann Strauß (Sohn) uraufgeführt. 1929 geschlossen, 1944 zerbombt und nach 1945 abgerissen. fünfzig Gulden Gage: Ein kleiner Beamter verdiente etwa 30 Gulden im Monat. Tricots: Trikots: s. Kommentar, D 237. Barrette: Barett: s. Kommentar, D 239.
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in
jugendlich [?]roth
aus dem ihm sein Gesicht geschminktes
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Gesicht mit dem falschen Schnurrbart entgegen sah. Er wartete hatte noch lang a Eben hatte der zweite Akt begonnen; 5
der erste Akt hatte eben geendet und Er sass So sass er schon seit Beginn des ersten Stückes da (, erdenn ehe der Vorhang zum ersten Male aufging mußte er geschminkt und angekleidet sein.) er
10
obwohl erst im 2. Akt zu thun hatte. Jetzt
– und eben war der erste Akt zu Ende,
Die Thüre An der geschlossenen Thüre vorbei eilten die Schritte der Choristen Stury hörte durch die geschlossene Thüre
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35 die Schritte und Stimmen der Choristen, an ihm vorüber
die in ihren von der Bühne in den Ankleideraum eilten; daṉ wurde 5
es wieder still. Stury war froh, dass er allein war; die neue Operette, wardie ihm schon deshalb seit acht Tagen gegeben wurde, war ihm schon deszw er
halb lieb, weil die beiden andern Collegen 10
von den zwei anderen kleinen Schauspielern, mit denen er sonst die Garderobe zu theilen hatte, keiner beschäftigt Das
ward. So mußte Es waren Menschen,
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36 mit denen er sich nicht verstand; zufrieden sogar
oft lustig manchmal lustige Herren Leute, die sich in nie was andres gewesen waren 5
als sie jetzt, die nie Hoffnungen, Träume, un
gekannt hatten und, die ihre geringe seit jeher
Kunst betrieben seit jeher inals brave Handwerker betrieben und nicht von ihr verlangten als ein bescheidenes 10
.
. Auslangen, das sie ihnen auch gewährte. – Stury ahnte wohl, dass er ?n?heute nicht mehr war als sie; aber er war einmal ein andrer gewesen . wußte bestimmt, dass
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37 er einmal einetwas andres gewesen . . war. Daran dachte er jetzt, wie er iṈer daran denn trug
denken mußte; er hatte sein Los wohl 5
hingenoṈen, alus Not ohne sich darein zu finden. Er wußte auch, dass er sein ,
Leben lang darunter leiden würde . [???]dass Denn seinen Schmerz ?Unmut? immer breṉender es war ein unaufhörliches wühlte unauf 10
hörlich wühlte Er wurde immer Er verzweifelt daran, sich je in sein Los zu finden . . ; Deṉ dieas ?se?Gefühl seiner traurig . ?Stellun? das denn er hatte sich noch nicht in sein Los . gefunden
Gefühl noch heute, nach zehnjährigem Engageme
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an diesem Theat
in diesem Theater, koṉte er denes nicht betreten, ohne ein es nicht ohne .
ein dumpfes Gefühl ders Scham betreten , das Grolls und der Scham 5
dem sich manchmal ein breṉendes Scham, nagender
zu gesehllte; wenn er mit besonders daṉ, weṉ glücklichere Collegen ihn mit herablassender Freundlichkei ansprachen und weṉ er fühlte, wie merkt 10
das untergeordnete Personal ihn als seinesgleichen behandelte. Und Denn
Spürsinn
mit dem feinen Gefühl, das gerade
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für das
Denn mit feinem Spürsinn hatten Unglück des Nebenmenschen
die andern erkannt, dass erStury sich Stellung noch iṈer
in seine Los nicht finden konnte, stellte er 5
bald
er
und so war er für sie eine komisch Figur geworden vor. und seine Entdeckungs
Deṉ mit dem feinen Spürsinn für Spür
das, was ?irg? niedrer Mensch für der Leute
das, was edeln guten einemihren gutenNeben 10
menschen am schmerzlichsten ist, hatten seine Colleg alle, die ihn kannten, bal herausgefund, dass er sich in ein Stellung noch iṈer nicht finden konnte . bald
und so war er
?auf?
für sie eine komisch Figur geword
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40 niedre Menschen für die empf verwun barsten Stellen ihrer für die . . . Stellen haben, wo ein Unglücklicher am verwund ger hatten sie ihn 5
barsten ist, wad er unter den viele herausgesucht und ihn
kleinen bald zu demr lustigen Figur des verkannten Genies gemacht. Und Er war es, um den die Scherze schwirrten, weṉ ?es??wenn? 10
den Typus es galt, ihn holte ma heraus, weṉ es galt, den Typus des
eines kleinen Schauspielers als TypArt
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k
41 Und das war bald über den Kreis hinaus engen
gedrungen, in dem er wirkte; inauch in die ganze kleine Welt des Theaters 5
alle Welt, die in der Stadt sich für Theater inte dieas Bühnen leben interressirte, kannte ihn bald besser als ihn als seinen boshafte Scherze ?e?
Namen; um ihn schwirrten um ihn 10
die Scherze, weṉ es galt, einen man vonm Wesen eine ?typen?
klein den Typus das Wesen des des unbedeutend
galt
unbedeutenden Schauspielers zu bestiṈen
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in
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und ihn humor Zeitgsnotiz, Gesprächen sowohl im Kreise der Collegen als im Publikum war er, den man sich 5
aussuchte, weṉ man mit einem kurz Namen den Typus des unbedeutend Mimen bezeichnen wollte.
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43 das Wesen des kleinen Schauspielers, bestiṈen, und ein Herr [???] mehr als einmal war es geschehen, dass 5
man ihn in humoristischen Zeitungs weṉ man einen
notizen
?wie?
als Gegens charakteristisch
Gegensatz Gegentypussatz eines zum zum
großen Mimen Mi berühmten brauchte ihn dazu ?ernant?,
Mimen be hinstellten. . .Neulich hatte er es selberst, 10
erst war es in einem Feuilleton gestanden. gelesen Er war nahe
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unheimlich
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daran selbst berühmt zu werden; und erst in den letzten Tagen hatte er wieder irgend wo gelesen gelesen, 5
einen Vergleich ge ?Feullet? gelesen in dem zugeschriebe stand: und er wußte, oft genug fand er in der Zeitung. Stellen und im und sSo war der Name Stury in seiner Art popula
10
geworden wie der Name großer wahrhaft
Schauspieler mancher große Name –
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45 nur dass ?er?man seiner zuweilen ihn den seinen stets mit heiterm oder auch mitleidigen Lächeln las, 5
und hörte. Er wußte heute nicht welchem Zufall gerade
mehr, wem er diese unwürdig Stellung verdankte; allmälig wa
aber mit unaufhaltsamer hatte gewachsen
sich sein Ruf vergrößert, und 10
selbst die Witzzblätter in ein Witzblatt war er mit mit
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46 mit bitterm . und fa in einem andern Sinn als er früher einmal gehofft, war seine ?Ru?Sehnsucht 5
nach Ruhm Bekanntwe Ruh in Erfüllung gegangen. Nun war er so weit, dass er alle die beneidet, die nichts waren, als unbekannt; als
nichts talentlos und unbekannt, 10
die Unbekannten beneidete. Deṉ durften
Alle die hatten noch Hoffnung hoffen
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dass ihr
sich besserte
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auf Besserung ihres Schicksals; sie konnten irgend einmal aus ihrem Dunkel heraustreten in ein 5
in das in ein würdig Beleucht für alle Zeit
hinaustreten. Ihm war es versagt; vor zwei Jahren hatte er das letzte Mal den Mut gehabt, den Direkto um s[?] eine anständig 10
Rolle zu bitten; der hatte ihm geantworte.
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und Stury verstand es
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.
mit lachend abgewiesen – daṉ dacht er noch ein Mal, ein letztes daran, die Stadt zu verlassen und wieder 5
in die Provinz hinaus zu wand wo er die ersten zehn Jahr seiner Carriere umhergektingeltzogen – aber die Agenten hatte alle erall
klärten, es sei zu spät, und endlich 10
seine Erfahrungen, die er als Helden-
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49 spieler in kleinen mährischen und bohmischen Städten gemacht, waren waren auch nicht triumph kaum 5
ermutigend genug, um ihn ein die er sein damZeit als Heldens seine
die Triumphe in klein mährischen Erfahru
und bohmisch Städten waren auch schon früher nicht ermutig genug, um ihm die nothige Energie zu es auf eigne Faust zu versuchen. 10
verleihen. So war es doch das beste, sich zu bescheiden und hierein
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50 kleiner wie andre stille Arbeiter ums Brod sein. Tagewerk zu ,
verrichten, um doch zu leben . 5
Aber Manchmal glaubte er mit
sogar, dass er sich in Heiterkeit darein gefunden hätte – weṉ an
er nicht seiner komischen Berühm zu schwer
heit als schlecht Schauspieler zu 10
tragen gehabt hätte. – Er war sehr einsam; weder mit den Großen noch
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zu thun hab
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mit den Kleinen mochte er verkehren; eine Wirtshausgesellschaft, in dieaus Bedienste des Theaters und kleinen Bürgern regelma 5
früher war er zuweilen nach dem Theater in ein Wirtshaus gekoṈen, wo eine harmlose Gesellschaft [?]vo klein
Theaterbediensteten und Bürgern, zusamen ?spe?fand, die stolz waren, mit 10
,
Leuten von der Bühne zu verkehren . Aber auch hier hatte es an Späßen nicht gefehlt, weṉ Stury kam, und
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52 auch
manche herzliche Worte, das zumit dem er begrüsst wurde, fasste er in wachsende ?
ei?
Mistrauen als ein spottisch gemeint 5
auf, und so koṉte er sich auch dort schon lange nicht mehr wohl fühlen Er ging jetzt nur mehr hin, weṉ er vorher anderswo allein ein :
paa Gla Wein getrunk hatte ; da 10
konnte er wurde es ihm leichter, an die Freundlichkeit der Menschen zu
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53 glauben, und selbst Scherze nahm er daṉ mit Gleichmut hin. Ja weṉ er getrunken hatte, Ja er hatte daṉ 5
sogar Augenblicke, in denen ?ihre? ihm seltsame Geda Hoffnungen des einer großartige Genugthuung aufstiegen; er hielt Zufälle für möglich, die ihn miteinem Mal an einen ander Platz
10
stellen konnten; – er die Überzeug seiner Jugend .er glaubte dachte an die Möglichkeit, vielleich ein Verkaṉter
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54 zu sein und durfte allen Spott verachten, der ihn laut und leise umklang . . . . . doch StiṈung
diese Augenblicke waren selten; undauch 5
der Wein verlieh gab sie ihm nicht alle Male, und so warging er meist als ein tief Verletzter herum, dem nie Genugthuung werden sollte. – Bis vor kurzem wenig Früher
Jahren hatten kleine Abenteuer mit 10
Frauen einige Frische die letzten Jugend゠ schimmer in sein Leben gebracht.; aber jetzt sein seit ein paa Jahren war auch das vorbei und auch den Blick
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und fragend
liebenswürdig lie . zärtlichen Blicken, die noch zuweilen vonauf ihm ruhten,enblieb glaubte er nicht mehr . . In der letzten Zeit Seit ein paar Wochen passirte 5
es manchmal, dass er auf dem klein Tisch in seiner Garderobe Veilchen ,
fand ; er forschte gar nicht, woher gewiss
sie kamen; sicher war es ein Scherz–, wie schon manchm man sie auch an ihm 10
früher zuweilen verübt, wie die süßen Briefchen, mit denen man ihn ?alten?
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entweder
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zu Stelldicheins gelockt, wo niemand .
erschienen war oder . . der Souffleur . . . oder gar ein ander Mal sie drei 5
Damen vom Chor, die sich köstlich über sein verdutztes Gesicth amüsirten . . . . . . Er war auch zu früh alt Freilich – weṉ es anders gegangen wäre, hätte mit seinen 45 Jahren
er noch heute jugendliche Liebhaber 10
spielen können; . . . aber er fühlte es; so war er einkein junger Mann mehr. Er war freilich nicht älter als der
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57 jugendlic Mann, der am gleichen Theater noch im
? ?
S
ie
neben ihm d en jugendlichen Liebhaber sang – aber der war jun 5
Unwillkürlich nahm er die Die Veilchen waren auch heute wied da; er hatte sie noch gar nicht ange selbst
rührt. Und weṉ sie ernst gemeint waren, was interessirt lag ihm daran? – 10
Er wollte von den Frauen nichts mehr wissen. Er war so schwer bedrückt, dass
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58 er keine Freude am Erleben mehr hatte. mehr werden konntene. Er spürte nur eines, iṈer und iṈer, . . seine Lächer.゠ Das Leben war ?aus? für ihn 5
lichkeit . . . . . Er spürte vom ganzen nichts eigne
Leben nichts mehr als seine Einsamkeit und seine Lächerlichkeit . . . . Er hätte Seine Sehnsucht war [?]nach Oft sehnte er Und er hatte nur einen 10
Stolz: dass keiner wußte, was er litt. – Denn Es klopfte an die Thür . . Stury stand auf
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59 Die Klingel, die ihn auf die Bühne rief, schrillte. Er stand auf und trat auf den Gang, ging gemächlich über die hinun
auf die Scene hinunt
5
zehn Holzstufen hinunter auf die Scene Er mußte sich hinter de?n? Hinter den Coulissen waren [?] Eben war der ganze Chor hinter die Scene vo der Bühne abgegangen und Stury
10
wurde von einig der sich ging zwischen Stury wurde von einig Stury stand unter den übri stand eine Weile im Gedräng, bevor er
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60 bis zu der Thüre trat, aus der er auf die Nun stan er hinter den Coulissen; mitten unter 5
demn zahlreichen Choriorsten und Cho, der eben abgegangen war, um die Primadonna alleine auf der Bühne zu lassen. Stu Einig flüchtig BeGgrüß wurden gewechselt.
10
Stury begab stellte sich ging ein paar Schritte weiter und stellte
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61 sich knapp hinter die Thüre, aus der er auf die Scene hinaus Er nahm das Geschmeide, das er derzu überbring hatte Gesch
treten sollte. Er hörte die Blandin 5
singen; bald kam sein Stichwort . . So . . . jetzt war es da; dieer ThürInspizient der neben ihm stand, machte ein Zeichen; derzwe Arbeiter zu beid Seiten öffneten die Thür, und
10
Stury trat auf die Bühne . . . Aber er merkte, dass er zu früh
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Inspizient: s. Kommentar, D 432.
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62 mußte ein Irrtum gewesen sein, [??]
dem Arbeit
der Inspizient hatte zu früh das Zeichen gegeben, die Thür zu öffnen, 5
Denn eben erst hatte sich ein starker Applaus erhoben, der offenbar der Blandini galt; obzwar es recht sonderbar war, dass selbs die sie eben gesung hatte
nach den paar Takten, Beifall 10
kam . . Und was für ei Beifall . . Das wollte ja gar nicht aufhören –
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sah
Und Stury ahnte schaute unwillkürlich . die Blandini an, die anfangs ins Publikum hinaus geschaut hatte u 5
sich jetzt zu ihm weandetete, . Er hörte sie flüstern: . Verstehen Sie das? . . Und der Applaus wurde iṈer stärker . . Stury blickte auf die Gallerie . . glaubte
da hörte er plötzlich ganz deutlich 10
unter den Bravorufen auch sein Namen . . Ah – er hatte sich gewiss
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64 getäuscht . . Die Blandini sagte: Hören Sie? . . Stury sagte. Ja. Ihr Name, sagte die Blandini . . . der 5
Applaus dauerte in gleicher Stärk fort . . Und die Rufe „Stury wurden so kräftig, dass sie nicht mehr überhört werden konnten. Was ist das . . dachte Stury . . bin
10
ich wahnsinig geworden . . ? . Träum ich? . . Reden Sie . . . . flüsterte die
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65 Blandini . . Was? fragte Stury ver wirrt . . Nun, Ihre Worte . . vom Geschmeide . . . Und Stury begann 5
zu sprechen: „Schöne Dame . . . dieses Geschmeide . .“ Aber es war ver geblich. Der Applaus dauerte fort; einig Zischlaute mischten sich drein; es wurde noch toller.
10
„Kränze“ sagte die Blandini.
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66 Und Stury, in der festen Überzeugung, sie seien für die Blandini bestiṈt, eilte zur 5
.
Rampe vor , bückte sich und nahm einen colossalen Lorbeerkranz in Empfang, den er sofort der Sängerin überreichen wollte. Aber
10
sie flüsterte: Für Sie . . Er ver゠
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67 stand es nicht; da fielen sein Augen
Blick auf die Schleifen und erblick
er merkte seinen Namen . . . . . Ein 5
Sekund
Moment lang ging jetzt etwas
sehr merkwurdges in ihm vor: er dachte: Ich bin ein großer Schauspieler . . alle Leute wissen das . . so sehr zeigt sich das bei den [?] Das merken 10
alle Menschen; auch weṉtrotzde ich ich d nichtigst Rollen spiele . . er
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68 nahm mechanisch die eine Schleife in die linke Hand – er las: Dem genialen Mimen Stury 5
die dankbare Mitwelt . . . Und plötzlich –hörte er im Saale ein stürmisches Gelächter schallen, er liess die Schleife aus der Hand fallen – er sah ins Publ
10
kum . . . . er sah tausend hocherhobene klatschende Hände,
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69 er sah [?] und man lachte, lachte . . er verstand es nicht – man lachte . . ja er verstand 5
es . . er verstand es ganz . . hatte es gleich verstanden . . man lachte über ihn, . . man höhnte ihn aus . . . . . alle das ganze Publik fasste lachte
10
war fröhlich in diese rasende
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70 Fröhlichkeit gerathen über die unendliche Komiksch Einfall – St einen Stury 5
zu feiern. Er fühlte es: hier hatte er den Gipfel seines Ruhms erreicht . . . . er fühlte es so tief, dass er das Lachen nichts mehr um sich lärm?ige?
sah und hörte und in die Menge 10
,
wie in s Stille u Leere starrte . Und – eimit einem Mal, als hätte ers
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71 damit erzwungen, – war es wirklich plötzlich
still . . Und er wußte nur, dass er seine Worte noch nicht gesprochen . . . 5
. . vielleicht auch hatte ihm die Blandi zugerufen . . .flüstert, erdass er sprechen sollte . . Und er sagte, ohne zmit der Stimme zu zittern, . . in dem er der Sängerin ruhig ins Gesicht sah: Schöne Dame,
10
dieses Geschmeide sendet euch mein Herr.“ Und die Blandini
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72 ihn
nahm das Geschmeide und sah den mit einem langen Blick an, den sie in den frühern Vorstellungen . 5
nicht gebracht hatte. Er dachte: Warum? . Da hörte er sie zu ihm sagen: Machen Sie ich –
[???]
sich nichts draus . . . . Warten . . . Aber Ssie mußte einsetzen . . die Einleitungstakte der Arie waren vorbei; die Beglei゠ 10
tungstöne erschie sie mußte einsetzen . . sie sang ihre Arie . . . Es war
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73 eine unendlich lange Arie . . . . . wie lang dauerte sie doch . . ? Stury stand an der Thür und hörte die wohlbekaṉten Töne . iṈer weiter 5
und die Blandi sang . . es war als weṉ sie Stunden u Stunden lang da sänge. Stury empfand nichts, . . es war und ging die Bühne auf und nieder, gleichmäßig, und ein tausend
10
Summen von vielen kleinen Stimmen ohne Sinn war in seiner Nähe; aber die Arie der Blandini klang mächtig, hell,
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74 als weṉ sie durch die Wände dringen müßte, hinaus ins Freie, und Stury wußte, dass man das Lied 5
jetzt in jetzt überall in der Welt zugleich hören konnte, weṉ man nur recht aufpasste . . . Es war schön von ihr, dass sie Stundenlang sang . . denn er hatte der Arie
Angst vor dem Ende . . . er glaubte . . ja; . . 10
er erinnerte sich, an einediesen wie damals bevor sie begonnen . . der Applaus . . das
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75 Gelächter getönt . . nun wurde es sicher wieder komen . . und er fühlte, er mußte stark werden, um eds noch 5
einmal ertragen zu können . . . es war entsetzlich gewesen . . . . die Arie war aus. Die Blandin reichte ihm den Schmuck . . . Bringt Euerm Herrn . . Und Stury antwortete fragte: . . Was die
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meld ich meinem Herrn . . ? . . . Und Blandini sagte: Nichts . . . Sie sagte es mit einem
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76 seltsamen zitternden wie niemals früher. flehen
Dabei sah sie ihn mit Augen an, als wollte sie ihn dabehalten, auf der Scene, 5
und er mußte doch abgehen . . Er verbeugte ..
sich, unddie Thüre wurde geöffnet er ermachte ein Schritt zum hinaus – da töntefing es wie früher so an wie vorher; Bei゠ fall und Applaus; Bravo, stuStury – 10
Stury! Bravo! . . Er stand bereits hinter der Scene; einneben ihm. Ar der Inspizient, ein paa Choristen, die
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77 sich herzugedrängt häatten . . . . . Auch der He Spieltenor jugendliche Komiker .
war da: Meisterleistung . . . . sagte er . zu Stury . . 5
Lächerlich, der Direktor trat hinzu: Ja was heißt das? Sind die Leute toll. Wissen Sie, Stury, was das zu bedeuten hat? – Stury schüttelte den Kopf . . . EineDie Ja was machen wir deṉ? rief der Direktor? .
10
Er ha Der Tenor trat hinzu kam herbei . . ;
E Der Applaus dauerte draußen fort . Eins bleibt nichts übrig; Sie müssen hinaus, sich verbeugen . . . sagte der Direktor . . . . . Ja, sagte
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78 Stury . . vielleicht legt sichs so . . Jetzt merkte er dass er den Kranz noch iṈer in der Hand hielt; der bleibt 5
er wollte ihn fallen lassen . . . . der bleibt, sagte der Direktor . . . . wen schon . . . . . Auf! . rief er; dem Arbeiter zu; die Thür flog auf, und Stury trat hinauf die Scene . . derie Bravoruf
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verstärkten sich; helles Lachen ertont zugleich . . . . der Komiker sagte zum Direktor: Meiner Ansicht nach handelt es
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79 sich um eine Wette. Möglich, antworte der Direktor . . so koṈt jeder einmal zu seinem Ehrentag . . Aber so unschul゠ wie der Stury 5
dig! sagte der Komiker . . . . Stury trat wieder zurück, die Thür wurde geschlossen. Er liess den Kranz fallen; er wollte langsam in die Garde robe gehen. Einenpaar Madeln vom Chor
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wollten ihm scherzend die Hand drücken . . aber er sah sie nicht, und liess d?ie?sein Arme an seineder Seite herunterhängen.
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80 Da fühlte er sich von rückwärts ergriff gehalten. Es war der Sie müssen noch einmal heraus; die Leute . . 5
geben keine Ruh . . . . . Stury wandte sich umruhig um; trat neuerdings wied auf die Scene, verbeugte sich tief. Er schien sich so ganz mit so viel Humor das
die
in sein Rolle zu finden, die lustig 10
man ihm nun einmal zuge dacht, dass das Lachen im Publiku
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81 iṈer heitrer und herzlicher klang; viele hatten ihn in diesem Augenblick gern. lieb. Als er abging, warf er einen ,
5
Seitenblick auf die Blandini . Sie weinte. hatte Thränen im Aug, schaute ihn nicht an. Jetzt war der Jubel drauß vorbei; der Direktor klopfte ih ?de?[?]Stury auf die Schulter und sagte lachend:
10
„Ehrentag.“ Viele standen hinter den Coulissen bereit, Schauspieler, Choristen, Arbeiter, wollten ihm gra゠
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82 den Spass aus des Zuschauerraum hier eine Fortfuhrung finden lassen; mit
aber Stury ging gesenkten Blicks vorbei, ?Haupts?Kopf 5
und sah und hört sie nicht. – Er ging langsam die sieben Stufen hinauf; ?an?kam in den Gang, öffnet die Thür seiner Garderobe, riss den falschen Schnurrbart ab; dann
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sperrte er die Thür ab.
EilEs
Das . ?k?Schloß knarrte,
aber man hörte es nicht . . ?Ein?Der Marsch vo[?]
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III.
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Seit einer Stunde saßen die drei jungen Leute in dem Cabinet particulier und warteten auf. Die Blandini war noch 5
nicht da. – Fr
Sie wird gar nicht koṈen, sagte Fred.
Das ist unmöglich, antwortete August. Wir haben es gestern mit einand ausgemacht, und außerdem hab 10
ich ?he? ihr heut Nachmittg geschrieben . . dich nicht mehr gern.
Vielleicht hat sie aufgehört dich zu lieben, .
sagte Emerich lachend.
3
Cabinet particulier: s. Kommentar, D 598.
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Fr das wäre kein Grund, sagte August 84 ernsthaft – – Weißt du was ich finde, bemerkte Emerich . . .
. . . . . Nun fragte August. 5
Wir müssen dem Stury . . Fang nur nicht nicht wieder davon an . . . der Spass ist vorbei, die Leute haben sich amüsirt, – [?]
es war was neues – und jetzt . . Schluss.
Ja, schon gut, sagte Emerich . . Aber ich 10
mein nur, wir sollten ihm, dem Stury was
morgen ein . . Geschenk’ schicken . . . . es säh Geld? – fragte Fred, der
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85 Freilich Geld . . . . es säh gut gehöret’ sich eigentlich . . . findst nicht, Gustl?! – .
Das können wir ja thun . . . antwortete August kurz. 5
Fred sah vor sich hin. Alle schwiegen. Plötzlich stand August auf . . . Ich fahr hin . . ?
Nei?
W?i?ohin? – Zum Ins Theater? fragte Emerich. Nein. Zu ihr. Sie muss längst zu Hause 10
.
Im Theater kaṉ sie nicht mehr sein , das ist ausgeschlossen. Aber haltst
es
für mogli
So glaubst du doch, fragte Fred, dass sie deine Einladung . . vergessen hat
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H 86
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H 86
86 Was willst den iṈer, sagte FrAugust argerli, indem er den Winterrock anzog . . . . KoṈst du bestiṈt zurück? fragte Emerich. ? ..
5
Ja, bestimmt , mit ihr. Ich soupire gleich Ich lasse mir gleich serviren, sagte Fred, ich warte nicht mehr. Bitte . sagte August . . Auf Wiedersehen.
10
. . Er ging raschentfernte sich rasch. Er trat An dem Zahlkellner vorbei Durch den kleinen
kleinen Gang, an den andern Zimern vorb,
6
soupire: s. Kommentar, D 215.
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87 aus derennen StiṈen einem ?ih? die Walzer töne auf einens schlechten Clavier gespielt, ihm Er mussßte an den Thüren 5
der andern kleinen Zimmer vorbei; aus einem klangen einihm ein Walzer nach, auf [?]einem harten Clavier schlecht gespielt. Als er auf Auf der Straße Noch iṈerr Er trat ins Freie; seinder Wagen w [???]Draus
10
es war still und dunkel in der Straße: noch imer. Die Straße war still, aber nicht
weniger dunkel als sonst; der Schnee,
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88 der über noch iṈer fiel weiss der vom Schnee der auf der Straße lag, verbreitete gleichmässige
strahlte kam eine matte [?]Helligkeit. u. 5
Noch hatte iṈer schneite es in großen langsamen Flocken. August Witte entschloss sich zu Fuss zu gehen, er fühlte, dass er erregt war; er weiße er
hoffte dass ihn die milde Nacht 10
beruhigen würde – und er fürchtete mußte sich sogar gestehn, dass er vor dem ZusaṈentreffen mit der
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89 eilte, Es ärgerte ihn, dass er nicht ruhig war ; eEr hatte ein leises SchuldbBewußtsein von Schuld und schämte sich dieses Bewußt 5
seins . . – Warum Er hatte einen Moment für
Lust, seine üble StiṈung . .Fred verantwortlich zu machen, der nun einmal offenb eine gewisse Art von Späßen nicht verstehen wollte 10
und mit seiner ablehnenden beinah hohnischen Art den ganzen Abend von Anfang an verdorben hatte.
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[?]
ge
90
Freilich . . . dass die Blandini ausblieb war
dafür konnte Fred das konnte er nicht Fred zum Vorwurf machen, 5
so gern er es auch gemacht hatte – vorh
da
vo
dafür mußte ein andrer Grund sein . . . . Nun ja, das dumme FrauenziṈer hatte eben auch nicht den Spass verstanden . . . hatte
oder wollte ihn nicht verstehen wollen . . 10
Sie war also bös auf ihn; natürlich schön . . Im übrigen . . . . hatte er denn wa andres wollen? . . Der ganze Streich Es
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H 91
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91 wäre ihnm gar nicht eingefallen, den Streich auszu vo heut Abend auszuund auszuführ
sinnen, weṉ nicht neulich die 5
Blandini selbst von diesem Stury dazu gereizt hätte
zu reden an[???]gefangen hätte;. Und ihn in
zwar in einer Weise, die August nothwend .
aufbringen mußt e . . . . Er hätte damals das wäre das
schweigen sollen, dann wäre die Sache beste gewesen. 10
in nichts zerflossen. Aber er hatte nicht ,
schweigen können . eEs war zu dumm, wie sie plötzlich von diesem lächerlichen Statisten
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behauptet
erklärte, es stecke mehr in ihm als in allen andern und er sei tausendhundertmal mehr meisten
werth als die Leute, die sich über ihn lustig 5
machten. Und je heftiger August wider sprochen, um so lebhafter hatte sie wiihn er sein ein Talent und sei ein schön Mensch; und je heftiger August wider sprochen, je heftiger August sie darauf
10
verhöhnt, um so lebhafter war sie für ihn eingetreten; und endlich warf hatte sie ihm insihm Gesicht gesagt gar erklärt, er seiStury
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93 der kleine . verlachte Mensch sei hundertmal manche
alle die
w
mehr werth als die Leute die sich uber
ihn lustig machten. Und endlich hatte 5
sie war sie so weit gegangen zu behaupten,, aus a
ihn August spräche die Eifersucht . . Auf
den eifersüchtig! . Ah, er wußte scho ganz gut, auf wen er eifersüchtig zu sein der Komiker
hatte . . das mußte von all Anfang als standig Rivale 10
an hingenoṈen werden; der Komiker ?
mi?
daran war nichts zu ändern . . aber wegen diesem Herrn Stury brauchte er sich wahrhaftig
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zu argern
nicht aufziehen zu lassen. Aber plotzlich merkte er, wie er durch seinen Wider spruch sie geradezu Aber nun wurde 5
es immer schlimmer, und je amehr er sie er[?] merkte Aber iṈer widersprach sie Ein nagender Zorn gegen
?den?diesen
Stury
hatte ihn
erfasste ihn; jJedesmal nahm er sich vor, mit der Bland
nicht mehr von ihm zu reden – und kaum 10
war er fünf Minuten mit der Blanihr zusaṈen – so hatte er wieder begonn
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95 fing d er Zank wieder an. – Er fühlte, i
dass es nicht klug war; er trieb die Blandini geradezu in was[???] hinein, 5
,
was er . . er mußte sichs endlich gestehn . . längst
was er fürcht
. . ;e ,
te . . [?]Und . . Jetzt, wieeṉ er
so durch die Straßen eilte, wußte er das alles. Jetzt wußte[?] er auch, das er diesen Stury einfach gehasst hatte, dass der Anlass zu dem Streich von heut abend eine 10
nicht ein lusti die Lust zu einemam gewesen war.
gegen Stury
Spass sondern ein tiefer Groll un die Hoffnung, den klein Schauspieler auch für die Blandini fur alle Zeiten
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–
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96 lächerlich zu machen . – Aber schon ,
hatte er gemer
im Theater merkte er, dass die Sache anders ausfiel, als er gewünscht. Während 5
des Applaussturms nach dem Eintreten des Stury hatte die Blandini einen raschen
Blick in die Loge geworfen, wo er mit seinen zwei Freunden sass, der gewiss keine Befriedig über den 10
Spass ausdrückte, und als der Schauspieler zum letzten Male abging, hatte sie einenihn die Augen ein paar Sekunden so verloren nach der Thüre gerichtet, dass FAugust
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Groll mächtig anwachsen
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einen wachsenden ?J?Zorn im Herzen fühlte . . Und jetztnahe, je näher er dem Hause kam, in dem die Blandi wohnt, weniger koṉte er sich selbst verhehlen, – 5
umso deutlicher wußt er, was er besorgte: ,
sie beide zusammen zu finden . ihn und sie . – . . Er beschleunigte die Schritte – noch um diese Ecke . . und er stand vor dem Hausthor. Im selben Augen゠ 10
Es war eine Es war eine der breiten Straßen im Rathausvier Rat hinter
5 11
besorgte: besorgen: hier (veralt.): befürchten. Rathausvier: Das Rathausviertel entstand im 1. Wiener Gemeindebezirk rund um das 1872 bis 1883 von Friedrich Schmidt (1825–1891) in neugotischem Stil erbaute neue Wiener Rathaus an der Ringstraße (s. Kommentar, D 708) gegenüber dem Burgtheater.
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98 dem Ring; und weit rings um war kei Mensch zu sehn . . Aber in dem Augenbl, zu ?Portier?
da er die Klingel drücken wollte, 5
um hörte er das ge durch den Schnee über
beschn beschneiten Boden Pflaster über das beschneite ?anfahr??rasselnd?
gedämpfte Geräusch eines heranrollend Wagens; er wihielt inne sein Hand, die eben die Klingel drücken woll, 10
hielt inne und er wartete: Der Wagen fuhr um die Ecke, hielt vo dem
2
Ring: s. Kommentar, D 708.
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[???]
H 99
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H 99
99 Hausthor. Er kannte ihn . . . .wohl; er hatte für die
ihn ja selbst der Blandin aufge:
nommen. [?]Rasch trat er bei Seite ; – 5
er in in sei sein es wa ihm, als wäre seine ganze Erregung geschwunden . . deṉ er wa fest überzeugt, dass er sie inm di nächsten Moment . . mit ihmrem Gelie Stury aus dem Wagen steigen
10
würde – und erdaṉ hatte er wenigst ein Gewißheit und dann wa die Sache eben aus . . . – Der Schlag offnete sich
2f. 12
aufgenommen: aufnehmen: hier: mieten. Schlag: s. Kommentar, D 722.
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H 100
100 eine junges Weib sprang setzte den Fuss a[?]uf d Tritt, stieg aus dem Wagen, un und
schlug die Thür hinter sich zu. Es war Blandin 5
die Blandini. August eilte herbei, zum Wag und schaute vor allem durch denas Fenster in den Wagen hinein. Esr war niemand darin. leer: August athmete tief auf. Warten
10
Sie, rief er dem Kutscher zu, der eben fortfahren wollte. Jetzt wandte sich die Blandini um . . . Daṉ kehrte er sich um . . und rief . . Albin . . . . Sie wandt
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H 101
101. nicht ?hin um?; im Moment, da sie ihn erkannte, machte sie ein Schritt auf ihn zu. Traust du dich noher . . 5
Ah das ist gut,, rief August, und?weil? sein Arger neu der sich plotzlich sein Rechte neu bewußt wurde, ob ich mich du
trau? . Wo steckst deṉ? Warums mach deṉ da? WirIch warte im Ried 10
zwei Stunden auf dich . . was heißt deṉ das? . . ,
Ihr seid Lausbuben . . . Mein lieber,
9
Ried: Riedhof, s. Kommentar H 29,3.
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102 du kannst lang warten, sagte die Blandini . . wir zwei sind fertig miteinander. 5
Ah! . . und waruA?u? Erstens schrei nicht; der Kutscher braucht das nicht zu wissen . . un zweite . . waru sind wir fertig . . . . Fragst noch? . . . . . . . .
10
In diesem Augenblick offnete sich das Hausthor; die ?F?Blandini eilte in den Flur und schlug das Thor hint sich zu . . August bebte vor Zorn, Aber
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H 103
103 er wollte sich vor dem Kutscher u dem Portier nicht blamiren und blie ganz ruhig stehen. Er überlegte, was 5
er thun sollte. Das ge?wiß?scheidtest schien ihm endlich . . ein pa Minu vor dem Haus auf u abzugehen um daṉ davon
fortzufahren . . . . . Aber schon nach [?] ?zw? Minuten offnete sich das Hausth 10
von neuem und Albine erschien. Sie eilte zum Wagenschlag und rief dem Kutscher etwas zu . . August
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104 eilte ihr nach und packte sie beim Arm Wohin? . Was gehts dich an . . Sie machte sich 5
los von ihm und sprang in den Wag; er ihr nach. In meinem Wagen werd ich doch woh mitfahren dürfen . . – – stiess er zwischen den Bitte. – Zähnen hervor . .
10
Bitte . . Der Wagen rollte fort . . August. Darf ich u Aufklärung bitten fragte erAugust
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105 Sie antwortete nicht . . Woher bist du gekoṈen? . Sie schwieg . . 5
Warst du mit ihm? . . Nein, sagte sie; aber ich such ihn . . Was? . Ja . . . Ich habe nach dem Theat auf Bist du seine Geliebt? . .
10
..
Nein; aber heute verlaß dich drauf . heut werd ichs noch . . August machte ein Bewegung, nach demr Signal
Pfeife . . als wollte er nach der Pfeif
12af.
SignalPfeif: Signalpfeife: s. Kommentar, D 775f.
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H 106
106 für den Kutscher . . . zog
heftig
sie riss ihm dieen HandArm herunter . . . . Du kannst später aussteigen, sagt schaute 5
August sah
auf d Straße
zum
durchs Fenster hinaus; sie fuhren
über den Ring aber . . . Es fuhr ihm durc den Kopf: Ich laß sie einfach nicht fort . . . stärker bin doch ich . . Albine sah ?ihn des? von der Seite . . .an . . 10
Interessirt’s dich, wohin wir fahren? August bebte vor Zorn und erwiderte nichts . . . . Sie haben mir früher gesagt Ich habe nach dem Theater auf ihn gewartet; aber er war schon fort . . . . . Daṉ bin ich inhin in sein Wohnung . . aber er war
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H 107
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107 nicht zu Haus . . . . Dann bin ich in das Wirtshaus wo er manchmal hinzugeh pflegt . . . aber dort war er auch nicht . . Und weißt du, warum 5
ich jetzt bei mir zu Haus war? Ich hab ?und? gedacht, er ist selbst so gescheidt und Weil ich überall, bei ihm un auch im Wirts haus, den Auftrag gegeben hab, er soll sofort zu mir koṈen . . . . . Und jetzt fahr
10
wir wied ins Theater . . . . . . weil ich kei Ruh hab . . . . verstehst du? . . . August sprach kein Wort . . . . Der Wagen rollte über die Donaubrück .
13
Donaubrück: s. Kommentar, D 797.
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H 108
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H 108
108 noch einizwei Minuten – und er hielt an dem kleine Thüre in einer schmalen Gasse an der klein Büh Hinterthür des Theaterge 5
bäudes, das auf die Bühn führte . . Es war lan[?] Die Blandin sprang aus dem Wagen; August ihr nach. ,
Die Thür war längst geschlossen . Ein Gewölbewächter, der eben vorbeiging jung Dame 10
sah neugierig die beiden Leute an, hier an
die um Mitternacht die Glocke zog;
zum ?Bu?zog . . . zum .?W?Portier des Theaters Nach ein paar Sekunden erschienwurde derdie kleine
9
Gewölbewächter: s. Kommentar, D 803.
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H 109
109 Thür geöffnet und der Portier er schien mit einer Laterne in der Hand . . Jessas Fräulein Blandini, was ist deṉ? . . 5
. . FührenLeuchten Sie michr . . . . . ich muss hinauf . . . . Jetzt . . Fraul Blandini – was ist d geschehn? haben S was da vergessen. ? . KoṈt ja nichts weg . . . . . . . Leuchten Sie mir nur – Ja . . .
10
Ja . . .
August stand hinter ihr . . . .
der Herr hat nichts d zu thun, sagt die Blandini; sperr Sie zu . . . . . Ah, der Herr von Witte . . .
4
Jessas: s. Kommentar, D 808.
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H 110
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H 110
110 Sie drängtestiess August hinter die Thür . . zurück; schloss selbst die Thür und der Portier versperrte sie . . . – 5
Unter Zwischen dem [??]?am? Boden mit dem Portier
Während sie durch einenden schmalen gingen
eilten
niedern Gang, der zur Bühne ..
führte, fragte sie ihn : Haben Sie den Stury weggehn gesehn . . 10
Na Fräuln, ersein S jetzt ist sich Der Portier lachte. Ja, Fräulein, jetzt ist sicher niemand mehr in der Garderob.
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H 111
111 War doch schon die Inspektion. Ih Vo zwei Stunden hab ich scho zugsperrt . . . . Haben Sie ihn weggehn gesehn? . . . 5
Sie standen nun auf der großen dunkeln Bühne. DiVon der Laterne, die der Portier in der Hand hielt, fiel ein Lichtkegel auf den weiß Souffleurkasten. Die Coulissen zu bei
10
Seiten im Dunkel schienen ins riesigeuner meßlich hinaufzuwachsen. Der eisern Vorhang ?l?stand d wie eine Riesenwand
2
Inspektion: Abschließende Begehung des Theaters, aus sicherheitstechnischen und – seit dem Brand des Ringtheaters 1881 – vor allem aus feuerpolizeilichen Gründen.
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H 112
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H 112
112 Ja . . gesehn . . sagte der Portier . . ich weiss mich wirklich nicht zu erinnern, ich bitt schön, Fräulein, es gehen da so viel einem 5
an mir vorbei, ich weiss wirklich . . . . . man schaut doch nicht ein’’ jeden an; nicht wahr . . Die Blandini blieb noch ein Moment, wie nachsinend stehen, daṉ nahm sie eilte sie rasch weiter, bis über die Bühne bis sie zwischen
10
den zu der kleinen Stiege, die
hint?seitli?
zwischen
hinauf den Couli hinter die Coulissen zu der kleinen Stiege . . . Sie setzte den Fuss auf die ersten Stufen . .
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H 113
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H 113
113 Aber Fräulein, rief der Portier, der ihr mit der Laterne nacheilte . . da ist ja die Herrengarderobe . . . . . . . 5
Sie antwortete nicht; sie eilte so rasch hinauf, dass sie oben plotzlich im Dunkel stand und auf den nach stolpernden Maṉ mit der Laterne warten mußte – – Sie holte tief Athem.
10
Als er endlich e[?] Als der Portier wied ein
bei ihr war und schwacher Lichtsch den Gang erhellte, fragte sie
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H 114
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114 Wo ist die vom Stury . . . Ja gnä Fräulein, das weiss ich selb nicht, ich koṈ ja während der nie da 5
Vorstellung beinah herauf . . Ab da oben sein ja die Namen angeschrieben. bei jeder . . Sie nahm ihm die Laterne aus der Hand, und versuchte aufs Gerathewohl gleidie
10
erste die erste Thür zu öffnen . . . Fräulein, das geht ja nicht . . . sindist ja zugesperrt . . . die Herren sperren sich
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H 115
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H 115
115 ja meistens zu beim Fortgehn . . . . . . das ist übrige ist die vom Und das ist ja auc nicht die vom Herrn Stury . . . . . . . . . 5
[??] Blandin eilte weiter; bei jedeiner [?]Thü nach der andern hob sie die Later höher, um die Namen zu lesen . . Endlich war sie dort, wo bei der rechten. Namen
Drei
Namen
Karten standen dort angeschrie
schma 10
?
Ein Papp? weißer Bogen klebte dort; dr Namen standen dort: Engelbert Brunn, Oskar ?Lieben?[???] . . . Friedrich Stury . . . . Die
Sie Blandi griff nach der Thürschnalle; aber
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H 116
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H 116
116 auch diese Thür war verschlossen. Der Portier schüttelte den Kopf
Ja aber Fräulein, sagte der Portier . . . . . . weṉ Sie da drin was vergessen haben . . . . morgen ist 5
ja auch noch da . . . . . . . . Ich werd selber . . Sie, . . sagen Sie . . wandte sich d Blandi an ihn . . . der Stury ist ja nach dem zweit Akt fertig; . er geht früher müßt ja eigentlich früher fortgegang sein als die andern . . . .
10
da müßt Sie ihn doch heraugeseh haben . . Ja . . Fräulein es ist ja möglich . . dass ich ih geseh hab . aber ich weiss mich halt
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1167 nicht zu erinnern . . . . Der Plotzlich fiel der Blandin etwas ein. Sie griff in ihre Tasche, nahm eine 5
Schlüss Schlüssel Die Blandi blieb ein paar Augenblick rathlos stehen. Plotzlich kam ihr fiel ihr etwas ein Sie griff in die Tasche suchte in ihre Tasche . . rief: Gott sei Dank rief
10
sie aus . . . holte einen Schlüssel athmete erleichte auf . . . Viellei ..
passt er sagteflüsterte sie . . . und hielt den Schlusselihren
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H 118
118 Garderobeschlussel in d Hand . . Sie gab dem Portier die Latern wieder zu halten und hastig steckteversuchte ob 5
sie den Schlüssel in das Schloss zu steckenpasste . . – Es gelang . . Er steckte Ein Er steckte. Er steckte Er passte . . . . Sie drehte ein m ihn ein zweimal . im Schlüß um; die Thür
10
gab nach . . . . sie druckt auf d Schnall – die Thür gabging nachauf . . . – Ihr gegenüber
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H 119
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gerade war
lag das Fenster . . . am Fenster lehnte
eine große Ge schien eine ungeheuer lange Gestalt zu ? 5
er d?
.
lehnen . . . ein Costume . . dachte sie ein Augenblick lang . . sie riss dem Portier die Latern aus der Hand, hielt sie hoch, – schrie auf. Um Gotteswillen rief der Portier . . .
10
um Gotteswillen und eiltestürzte zum Fenster hin . . . . . Da hing hing [?]
a Herr Es war, als stände Herr Fried
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120 Stury dort, seine Arme hing schlaff herunt, der Kopf fiel tief auf d Brust herab . . Er war im Costume . . . 5
des
wie Abends; als Page, das er Abends
getragen; . sogar den falsch Schnurrbart hatte er noch; nur die Perück lag [???]
straffen?
Tischchen
am Boden . . . und seine dünen grauen waren
Haare [???] zerrauft . . . . . 10
Der Portier griff nach dem Kopf des Todten . . Aufgehängt hat er sich . . stiess
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121 der Portier hervor . . . . aufghängt . . . . Er stellte die Latern auf das Tischchen zu den Schminktöpfen 5
un der Perücke. Daṉ fasste er den Todten bei daṉ fasste er den Todten die Blandin und daṉ fasste er [?] griff er nach den Händen des Todten . . . . . . Ausund fuhr mlängst den Armen
10
bis zum Hals hinauf . . . . Mit dem Schnupftüchel“ sagte er . . . . . Ja was sollen wir d?en? thun Fräulein . . . .
10f.
Schnupftüchel: s. Kommentar, D 903.
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122 Die Blandini stand regungslos un starrt den Leichnam an . . . . . Wissen Sie Fräulein, sagte der Mann, 5
ich werd vielleicht den Herrn von unt heraufholen . . . und ich werd unterdessen zur Polizei . . . Die Blandini ?sagte endliwar?, wnoch ime regungslos, sag ant ?er?regungslos dastehen,
10
antwortete: Jetzt zuckte die Blandin leicht zusamm . antworte
dann sagte sie leise . . Ja . . gehen Sie hinunt . aber dem Herren sagen Sie . . er soll fortgehn . . schnell fortgehn soll er . . dass
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123 ich ihn niṈer seh . . . . sagen Sie ihm das . . . . . . und weṉ ich ihn noch ?unten? treff, sagen S’ihm – ich spuck ihm 5
ins Gesicht . . . . . . . – Und wsie
[A 146,2]
Es folgt ein unbeschriebenes Blatt mit dem Bibliotheksstempel von CUL.
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2. Drucktext
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xzDer
1
Ehrentag.
ED 507,1 – EA [73]
Von Arthur Schnitzler.
2 3
zI. August Witte saß schon eine halbe Stunde im Kaffeehaus und hatte eine Menge Zeitungen vor sich liegen, die er nicht anschaute, als endlich Emerich Berger in großer Hast erschien. „Na also,“ rief ihm August entgegen, „kommst du endlich. Es ist wirklich die höchste Zeit. Alles läßt du einen allein machen.“ „Pardon,“ sagte Emerich, indem er sich nieder゠ setzte, „ich hab’ noch einen Besuch machen müssen, da bin ich so schwer fortgekommen — ich hab’ doch hoffentlich nichts versäumt ? Ist doch schon alles arrangiert ?“ „Gewiß,“ antwortete August mit leichtem Stirn゠ runzeln — „zum Glück bin i c h ja da.“ „Also ist eigentlich nichts mehr zu thun, bevor die Geschichte angeht !“ „Jetzt nichts mehr. Ich hab’ mir nur noch den Dobrdal herbestellt, um ihm die letzten Instruktionen zu geben.“ z„D a h e r — hast du den Dobrdal bestellt ?“ „Warum denn nicht ? Er sieht sehr anständig aus. Und dann weiß doch ein jeder, daß er nicht zu uns gehört.“ Emerich nickte zustimmend, dann fragte er : „Was ist denn mit den Lorbeerkränzen ?“ „Sind schon ins Theater geschafft.“ „Na, da ist ja alles in schönster Ordnung. — Und außer uns weiß keiner was davon, nicht wahr ?“ „Niemand. Dem Fred werden wir’s aller゠ dings noch sagen, weil er ja mit uns in die Loge geht.“ Emerich schüttelte den Kopf.
4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35
1 2 3
Der Ehrentag.] D e r E h r e n t a g. EA DER EHRENTAG GW Von] fehlt EA GW Arthur Schnitzler.] fehlt EA GW
277
EA [75]
EA 76
Drucktext
„Glaubst nicht, wir sollten den Fred auch lieber . . . überraschen ?“ „Ja, warum denn ?“ „Weißt, ich mein’ nur, der Fred ist manchmal so komisch ; der ist am End’ dagegen.“ x„Da kann ich ihm nicht helfen. Wir werden uns wohl noch einen Spaß erlauben dürfen. Und die Verantwortung haben doch wir allein, was ?“ „Freilich. D u allein.“ „Jawohl, i c h allein. Auf so einen originellen Einfall wär’ sowieso keiner von euch gekommen.“ z„Freilich,“ lächelte Emerich, „aber irgend wie steckt die Blandini dahinter, da möcht’ ich drauf wetten, . . . und zwar glaub’ ich —“ In diesem Augenblick begegnete er einem strengen Blicke Augusts, und statt weiter zu sprechen, neigte er verlegen den Kopf hin und her, warf ein Stück Zucker in den Kaffee und begann leise zu pfeifen. „Grüß’ euch Gott,“ sagte Fred, der eben herein゠ getreten war, und reichte den beiden anderen jungen Leuten die Hand. „Ich danke dir sehr für das Logenbillet,“ wandte er sich zu August, „nur möcht’ ich mir die Frage erlauben : warum geh’n wir denn noch einmal in diese irr゠ sinnige Operette ?“ „Wirst gleich hören,“ erwiderte August ; „da ist übrigens der Herr Dobrdal.“ „Wer ?“ fragte Fred. „Sie, Marqueur,“ rief August, „seh’n Sie den Herrn, der dort beim Billard steht und grad’ den Franz was fragt ? Rufen Sie ihn daher zu uns.“ „Dobrdal ?“ wandte sich Fred fragend an Emerich. „Was bedeutet das ? Wer ist Dobrdal ?“
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lieber . . .] lieber . . GW sowieso] so wie so EA irgend wie] irgendwie GW wetten,] wetten GW glaub’] glaub GW weiter zu sprechen] weiterzusprechen GW Grüß’] Grüß GW Logenbillet] Logenbillett GW geh’n] gehn GW seh’n] sehn GW
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ED 507,2
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Emerich wies mit den Augen auf den Herrn, zwelcher, vom Kellner an den Tisch der jungen Leute gewiesen, eben herzutrat und sich verbeugte. Es war ein kleiner Mann mit einem braunen Mentschikoff und mit einer Pelzmütze. Ein Zwicker baumelte ihm vorn an einem Bande hin und her. August nickte ihm herablassend zu. „Guten Abend, Herr Dobrdal, lassen Sie sich vielleicht etwas geben.“ „Oh, es ist nicht notwendig.“ „Also nehmen Sie Platz.“ x„Bin so frei.“ „Ich habe Sie gebeten, ins Kaffeehaus zu kommen, damit wir noch ein letztes Mal . . . aber wollen Sie sich nicht doch etwas geben lassen ? Da ist grad’ der Kellner.“ „Bringen Sie mir eine Melange,“ sagte Herr Dobrdal und nahm die Pelzmütze ab, die er auf den Tisch legte. Emerich nahm sie vorsichtig in die Hand und legte sie auf einen Sessel. „Danke sehr,“ sagte Herr Dobrdal. „Also,“ begann August aufs neue, „wie viel Leute haben Sie drin ?“ „Vierzig, und g u t verteilt !“ „Auch im Parkett ?“ z„Natürlich, mit der Galerie allein machen wir nichts. Das Parkett ist doch das wichtigste.“ „Und sehen Sie die Leute noch, bevor die Sache angeht ?“ „Natürlich, ich hab’ doch alle Sitze im Sack.“ „Das ist gut. Also hören Sie, Herr Dobrdal. Wir rekapitulieren noch einmal : Im ersten Akt — nichts. Ja, es wäre mir sogar angenehm, wenn nach Schluß des Aktes der Applaus lauer wäre als sonst.“
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mit einem braunen] in braunem GW geben.] geben? EA GW letztes Mal . . .] letztes Mal . . . . . EA letztesmal . . . GW wie viel] wieviel GW wichtigste] Wichtigste EA GW
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EA 79
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„Herr von Witte, das wird nicht geh’n. Der Direktor besteht auf drei Hervorrufen.“ „Das ist mir unangenehm.“ „Aber wissen Sie was, Herr von Witte, das Parkett werd’ ich feiern lassen nach dem ersten Akt.“ „Schön. Also jetzt kommt der zweite Akt — und über den müssen wir reden. Da ist zuerst der Chor.“ „Ich weiß doch, Herr von Witte.“ „Bitte, hören Sie nur. Nach dem Chor bleibt bekanntlich die Blandini allein auf der Szene und ist fürchterlich traurig ; dann wirft sie sich auf den Divan. In dem Augenblick tritt der Herr Roland auf.“ z„Und jetzt geht’s los,“ setzte Dobrdal hinzu. „Roland ?“ rief Fred aus. „Aber das ist ja der Witz,“ sagte Emerich leise. „Im Augenblick,“ — fuhr August fort, „wo der Herr Roland auftritt — donnernder Applaus.“ „Schön,“ sagte Dobrdal. „In diesen Applaus,“ sagte August, „mischen sich bereits Bravorufe ; während der Applaus xfortdauert, werden aus dem Orchester Kränze heraufgereicht. Jetzt hat der Roland zu sagen : Schöne Dame . . . oder schönes Weib . . . dieses Geschmeide sendet Euch mein Herr. Darauf hat die Blandini ihre Arie, während der steht der Roland an der Thür. Dann tritt die Blandini auf den Roland zu und giebt ihm das Geschmeide zurück.“ „Wie die Blandini schon ist,“ bemerkte Emerich. August betrachtete ihn düster. Emerich er゠ rötete ; dann fuhr August fort : „Der Roland nimmt das Geschmeide und sagt : Was soll ich meinem Herrn ausrichten — oder so was ähnliches. Darauf die Blandini : Nichts. — Nun verbeugt sich der Roland und geht ab. — Und jetzt : kolossaler Applaus.“
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geh’n] gehn GW den] d e n EA GW Divan] Diwan GW tritt der] tritt EA GW
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ED 508,2
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„Jubel,“ setzte Dobrdal hinzu. z„Richtig : Jubel, Toben ; Rufe : heraus ! — Und jetzt dürfen Sie Ihre Leute einfach nicht aufhören lassen, bis der Roland herauskommen und sich verbeugen m u ß. — Sie haben mich doch verstanden, Herr Dobrdal.“ „Herr von Witte, Sie können sich auf mich verlassen !“ „Somit,“ schloß August, „sind wir vorläufig fertig.“ Dobrdal verstand, trank eilig den Rest seiner Melange aus, erhob sich, verbeugte sich und ging. „Jetzt möcht’ ich doch endlich wissen,“ sagte Fred, „was das alles zu bedeuten hat.“ „Das werd’ ich dir sagen,“ erwiderte August. „Bin neugierig,“ sagte Fred. Emerich horchte gespannt auf. „Erstens,“ fuhr August fort, „seh’ ich über゠ haupt nicht ein, warum alles etwas zu bedeuten haben soll.“ Emerich schien enttäuscht, Fred lachte. „Und zweitens,“ setzte August rasch und gereizten Tones hinzu, „wenn ihr zwei überhaupt die Fähigkeit hättet, der Sache auf den Grund zu gehen, so würdet ihr gar nicht fragen. Ich will ja nicht grad’ behaupten, daß ich von vorn herein an zetwas anderes gedacht habe, als einmal einen guten Spaß in Szene zu setzen : aber es ist mehr, es ist etwas Gutes, etwas, ja ich möchte sagen, Sinniges, was wir thun, indem wir einmal so einem armen Teufel eine Freud’ machen, an den xim allgemeinen kein Mensch denkt. Die Großen werden genug gefeiert, find’ ich ; aber zum Theater゠ spielen braucht man die Kleinen grad’ so not゠ wendig.“ „Das ist richtig,“ warf Emerich ein. „Darum hat mein Spaß einen tieferen Sinn, und wenn die Leut im Theater heut abends darauf
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Jubel,“] Jubel“, GW heraus !] heraus’ GW heraus GW1922 GS Dobrdal.] Dobrdal? EA GW fragen.] fragen: EA vorn herein] vornherein GW und] und, EA
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eingehen, woran ja gar nicht zu zweifeln ist, und mitapplaudieren, so werden sie, vielleicht ohne es zu ahnen, in der Person des Herrn Roland all den kleinen Leuten eine Ovation bringen, die sie gewöhnlich vergessen.“ „Gewiß ohne es zu ahnen,“ sagte Fred. „Denn du hast’s ja auch vor fünf Minuten noch nicht geahnt, was du eigentlich für ein edler Mensch bist.“ „Der Emerich hat ganz recht gehabt,“ entgegnete August rasch. Emerich machte ein wichtiges Gesicht und fragte sich, worin er wohl recht gehabt hätte. z„Daß man dir nämlich überhaupt nichts er゠ zählen soll,“ fuhr August fort ; worauf Emerich sehr erschrak und Fred mit einer Art von verständ゠ nisvoller Zärtlichkeit ansah. „Du verdirbst einem zu allem die Laune,“ sagte August. „Ich versteh’ dich wirklich nicht,“ lachte Fred. „Du bist so erregt, als wenn du dich irgendwie getroffen fühltest. Alles Edle geschieht ja unbe゠ wußt, sonst wär’ es ja gar nicht edel. Irgend einem ordinären Kerl fällt ein Spaß ein — und er wird naturgemäß eine Gemeinheit ; dir fällt ein Spaß ein — er wird naturgemäß eine gute That.“ August sah ihn mit einem bösen Blick an. „Wirst du uns vielleicht das Vergnügen rauben, in deiner Gesellschaft der Vorstellung beizuwohnen ?“ „Durchaus nicht,“ antwortete Fred harmlos ; „außerdem hast du mich ja auch eingeladen, nach゠ her mit dir, Emerich und der Blandini zu soupieren.“ „Ich hatte vergessen.“ „Aber ich nicht.“
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entgegnete] bemerkte GW Emerich sehr] Emerich EA GW Art von] Art EA GW es ja] es GW Irgend einem] Irgendeinem GW ein —] ein, EA GW Gemeinheit ;] Gemeinheit, — EA GW ein —] ein, und EA GW
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„Es ist Zeit zu gehen,“ sagte August. Sie zahlten, verließen das Lokal und fuhren ins Theater. Emerich betrachtete am Weg bald zden einen, bald den andern, und ahnte, daß hier zwei Menschen in irgend einem wichtigen xPunkt nicht ganz gleicher Ansicht wären. So faßte er sich, als sie ausstiegen und die Treppe zum Logengang hinaufschritten, ein Herz und sagte : „Kinder, seid’s doch gescheit ! . . .“ August antwortete nichts. Fred aber drückte Emerich die Hand und sagte : „Ich werde versuchen.“ Die Logenthür wurde geöffnet, und den drei Freunden klangen die ersten Akkorde der Ouvertüre lustig entgegen.
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II. Der erste Akt war zu Ende. Friedrich Roland saß in der Garderobe, allein. Er war mit einem phantastischen Kostüme an゠ gethan — schwarzrotsammtenes Wams und dunkelblaue Trikots — und trug eine Perücke von herrlichen, zkastanienbraunen Locken, auf der ein Barett saß. Den Degen hatte er über die Kniee gelegt, und starrte in den Spiegel, aus dem ihm sein jugendlich rot geschminktes Gesicht mit dem falschen Schnurrbart entgegensah. So saß er beinahe regungslos schon seit Beginn des Stückes da. Jetzt hörte er durch die geschlossene Thür die Schritte und Stimmen der Choristen, die an ihm vorüber von der Bühne in den An゠ kleideraum eilten ; dann wurde es wieder still. Roland war froh, daß er allein war ; die neue Operette war ihm beinahe lieb, weil von den zwei Kollegen, mit denen er sonst die Garderobe
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Zeit] Zeit, EA GW am Weg] auf dem Wege EA GW andern,] andern EA GW irgend einem] irgendeinem GW Kostüme] Kostüm EA GW schwarzrotsammtenes] schwarzrotsamtenes GW Kniee] Knie EA GW gelegt,] gelegt EA GW
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zu teilen hatte, keiner beschäftigt war. Das waren nämlich Menschen, mit denen er sich nicht verstand ; zufriedene Leute, die ihre geringe Kunst seit jeher als brave Handwerker betrieben hatten und nichts von ihr verlangten, als ein bescheidenes Auslangen, das sie ihnen auch gewährte. Roland wußte wohl, daß er heute als ihresgleichen gelten mußte, aber er fühlte zugleich, daß er in Wahr゠ heit durchaus nicht zu ihnen gehörte. Er hätte ’was ganz anderes werden können, wenn er Glück gehabt hätte. Daran dachte er jetzt, als er ge゠ schminkt vor dem Spiegel saß ; wie er Stunde für Stunde daran dachte. Noch heute, znach zehn゠ jährigem Engagement an diesem Theater, konnte er es nicht ohne ein dumpfes Gefühl des Grolles und der Scham betreten und niemals hatte er diese Gefühle zu verbergen gewußt. So hatten seine Kollegen bald mit dem feinen Spürsinn xniederer Menschen herausgefunden, wo er am empfindlichsten zu treffen war, und jede Äußerung seines Wesens : die Art, wie er leise und müde zu reden, wie er langsam und scheinbar stolz ein゠ herzuschreiten pflegte, ja selbst eine gewisse Ge゠ wohnheit, den Kopf nach der Seite zu wenden und dabei die Augen halb zu schließen, wurden als komische Zeichen seiner Unzufriedenheit ge゠ deutet. Ob er einmal Talent gehabt, das wußte man nicht, auch war nie die Rede davon gewesen ; die Rollen, in denen er seit Jahren auftrat, waren die von Pagen, Dienern, Knechten, Ver゠ schworenen, die ohne nähere Bezeichnung auf dem Zettel standen ; ja meistens war er zweiter Knecht oder dritter Verschworener. Es war kein Grund anzunehmen, daß er mehr Anlaß hatte, sich zu beklagen, als einer von den anderen, die zu gleichen Rollen auserlesen waren wie er ; sie hatten alle eine ähnliche Vergangenheit wie Roland und hatten auf kleinen Bühnen vor Jahren erste
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verlangten,] verlangten GW ’was] was EA GW betreten] betreten, GW diese Gefühle] das GW gewesen ;] gewesen: EA GW hatten alle] hatten doch EA sahen auf GW Vergangenheit] Vergangenheit zurück GW
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Helden, Liebhaber oder Intriganten zgespielt. Vielleicht auch war mancher unter ihnen, der sich mit schmerzlichem Empfinden dessen erinnerte ; vielleicht wäre diese schmerzliche Erinnerung auch manchem anzumerken gewesen ; aber alle Scherze, alle Bosheiten kamen an ihn herangeflogen, weil man sah, daß er am meisten darunter litt. An゠ fangs hatte er sich zu wehren gesucht ; er wollte Neckereien erwidern ; aber er war zu ungeschickt gewesen ; er wollte grob werden, aber er hatte nicht den rechten Mut dazu gehabt. So begann er, sich alles ruhig gefallen zu lassen, wurde ver゠ schlossen, und man hörte tagelang kein Wort aus seinem Munde. Auch das paßte so gut wie alles andere zu dem Bild, das nun einmal von ihm feststand ; auch das war der komische Stolz des ‘verkannten Genies’. Sein Ruf war allmählich über den engen Kreis hinausgedrungen, in dem er wirkte ; alle Welt, die in der Stadt sich für das Bühnenleben interessierte, kannte seinen Namen, um den so viele Scherze schwirrten ; die Reporter in ihren geistsprühenden Notizen, das Publikum in seinen witzigen Gesprächen be゠ diente sich des Namens Roland, um den Typus des unbedeutenden, aber eingebildeten Mimen kurz zu bezeichnen. So war dieser Name in seiner Art populär geworden, und zxin einem andern Sinne, als Roland früher ein゠ mal gehofft, begann seine Sehnsucht nach Ruhm in Erfüllung zu gehen. Nun war er so weit, daß er die Unbekannten beneidete. Alle die durften noch hoffen, daß ihr Schicksal eine er゠ freuliche Wendung nähme ; sie konnten irgendeinmal aus ihrem Dunkel in eine würdige Beleuchtung
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schmerzlichem Empfinden] schmerzlichen Empfindungen EA GW dessen] jener Zeit GW wollte Neckereien erwidern ;] wollte Neckereien erwidern, EA versuchte Neckereien zu erwidern, GW gehabt] gefunden GW hörte] hörte oft GW in ihren] in GW seinen witzigen] launigen GW andern] anderen GW begann] schien GW irgendeinmal] irgend einmal EA GW
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heraustreten. Ihm war das für alle Zeit ver゠ sagt. Vor zwei Jahren hatte er das letzte Mal den Mut gehabt, den Direktor um eine anständige Rolle zu bitten. Der hatte ihn lachend abge゠ wiesen, und Roland hatte ihn verstanden. Dann dachte er noch einmal, ein letztes, daran, die Stadt zu verlassen, um wieder in die Provinz hin゠ auszuwandern, wo er in den ersten zehn Jahren seiner Laufbahn umhergezogen ; aber die Agenten erklärten alle, es sei zu spät, und die Erfahrungen, die er seinerzeit als Heldenspieler in kleinen böhmischen und mährischen Städtchen gesammelt, waren auch nicht ermutigend genug, um ihm die nötige Energie zu verleihen, es auf eigene Faust zu versuchen. So war es das beste, sich zu bescheiden und wie andere stille Arbeiter sein Tagewerk zu verrichten, um doch zu leben. Er war sehr einsam geworden ; weder mit den Großen noch mit den Kleinen mochte er zu zthun haben. Früher war er regelmäßig nach dem Theater in ein Wirtshaus gekommen, wo eine harmlose Ge゠ sellschaft von Theaterbediensteten und kleinen Bürgern sich zusammenfand, die stolz waren, mit Leuten von der Bühne zu verkehren. Aber auch hier hatte es an Späßen nicht gefehlt, wenn Roland erschien ; manches herzliche Wort, mit dem er begrüßt wurde, faßte er in wachsendem Mißtrauen als spöttisch gemeint auf, und so konnte es ihm auch dort schon lange nicht mehr behagen. Er ging jetzt nur mehr hin, wenn er vorher anderswo allein ein paar Glas Wein getrunken hatte ; da wurde es ihm leichter, an die Freundlichkeit der Menschen zu glauben, und selbst Scherze nahm er dann mit Gleichmut hin. Ja, er hatte dann sogar Augenblicke, in denen seltsame Hoff゠ nungen einer großartigen Wandlung in ihm emportauchten ; er hielt Zufälle für möglich, die ihn mit einem Mal an einen andern Platz
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letzte Mal] letztemal GW den Mut gehabt] gewagt GW bescheiden] bescheiden, GW Scherze] kleine Bosheiten GW hatte] erlebte GW einem Mal] einemmal GW andern] würdigeren GW
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stellen konnten, und durfte allen Spott verachten, der ihn laut und leise umklang . . . Da ihm xaber selbst der Wein diese Stimmungen nur selten gab, ging er meist als ein tief Verletzter herum, dem nie Genugthuung werden konnte. Früher hatten kleine Abenteuer mit Frauen die letzten Jugendschimmer in sein Leben gebracht ; zaber seit ein paar Jahren war auch das vorbei, und zärtlichen und fragenden Blicken, die noch zuweilen auf ihm ruhen blieben, glaubte er nicht mehr. Seit ein paar Wochen geschah es manch゠ mal, daß er auf dem kleinen Tisch in seiner Garderobe Veilchen fand ; er forschte gar nicht, woher sie kamen ; gewiß war es ein Scherz, wie man sie schon manchmal an ihm verübt ; ein Scherz, wie die süßen Briefchen, mit denen man ihn zu Stelldicheins gelockt, wo entweder niemand erschienen war oder der Souffleur oder gar ein paar Damen vom Chor, die sich köstlich über sein verdutztes Gesicht amüsiert hatten. Die Veilchen waren auch heute wieder da ; er hatte sie gar nicht angerührt. Und wenn sie selbst ernst gemeint waren, was lag ihm daran ? — Er war so schwer bedrückt, daß ihm keine Freude mehr werden konnte. Er spürte nichts mehr als seine Einsamkeit und seine Lächerlichkeit. Manchmal fuhr ihm durch den Sinn . . . wie soll das enden ? Und da kamen ihm sonderbare Einfälle, die er immer wieder von sich wies. Nur einmal hatte er eine Idee gehabt, die ihn längere Zeit festhielt : Er wollte es nämlich in die Zeitung geben, wie ihn die Leute quälten, und einen Appell an das Publikum zerlassen, der mit den Worten anfangen sollte : Ihr edlen Menschen ! Er hatte ihn einmal zu schreiben an゠ gefangen, hier in der Garderobe, denn sein Tisch zu Haus wackelte immer — aber es war ihm nicht gelungen. Er kam ihm vor wie ein Bettel゠
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selbst] auch GW verübt] verübt hatte GW Sinn . . .] Sinn: EA GW Haus] Hause EA GW es war] er war EA er wollte GW gelungen] gelingen GW
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brief. Und dann hätten sie doch gelacht. Etwas andres war ihm später eingefallen. Er wollte einmal mit der Blandini, der Primadonna des Theaters, die zuweilen auf der Probe ein paar gute Worte mit ihm sprach, ernstlich reden ; er wollte ihr vorstellen, daß er doch eigentlich gar nicht so komisch war, wie die Leute sich immer einbildeten, aber . . . er wagte es nicht. Und dann war ihm einmal, als er vom Wirtshaus ein wenig betrunken in der Nacht nach Hause ging, etwas ganz tolles in den Sinn xgekommen : er wollte bei nächster Gelegenheit mitten auf der Szene auf die Kniee fallen und geradezu zu beten anfangen : O edle Menschen — und ihnen sein ganzes Leid klagen und sein Elend ; und er wußte, daß er da wunderbare Töne finden würde, denen niemand widerstehen könnte ; man müßte bei dieser Gelegenheit sogar erkennen, daß er ein großer Schauspieler wäre, und viele würden weinen und er selbst vielleicht mit. — Dieser Einfall kam ihm öfters wieder, zaber nicht wie etwas, woran man ernsthaft zu denken hätte, sondern wie die Erinnerung an einen lebhaften und schönen Traum. Die Klingel, die ihn auf die Bühne rief, schrillte. Er stand auf, trat auf den Gang und ging gemächlich über die zehn Holzstufen hinab. Nun stand er hinter den Coulissen. Einige Choristen sagten ihm Guten Abend. Roland ging ein paar Schritte weiter und stellte sich knapp hinter die Thür, aus der er auf die Szene hinaustreten sollte. Er hörte die Blandini singen ; er erwartete sein Stichwort . . . So . . . jetzt war es da ; der Inspizient, der neben ihm stand, machte ein Zeichen ; zwei Arbeiter zu beiden
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Seiten öffneten die Thür, und Roland trat auf die Bühne. Aber es war etwas zu früh. Der Inspizient hatte voreilig das Zeichen gegeben, die Thür zu öffnen. Denn eben hatte sich ein starker Applaus er゠ hoben, der offenbar der Blandini galt. Ihre Beliebt゠ heit wächst noch immer, dachte er, selbst nach den paar Takten ein solcher Beifall ! . . . Das wollte ja garnicht aufhören. — Und Roland sah un゠ willkürlich die Blandini an, die anfangs ins Publi゠ kum hinausgeschaut hatte und sich jetzt zu ihm wandte. Er hörte sie flüstern : „Verstehen Sie das ?“ z. . . Und der Applaus wurde immer stärker. Roland blickte auf die Galerie . . . Plötzlich glaubte er ganz deutlich unter den Bravorufen auch seinen Namen zu hören . . . Ah — er hatte sich gewiß getäuscht. Die Blandini sagte : „Hören Sie ?“ Roland antwortete : „Ja.“ „I h r Name,“ sagte die Blandini . . . Der Applaus dauerte in gleicher Stärke fort. Und die Rufe ‘Roland’ wurden immer lauter. „Was ist das ?“ dachte Roland, „bin ich wahnsinnig geworden ? Träum’ ich ?“ „Reden Sie,“ flüsterte die Blandini. — „Was ?“ fragte Roland verwirrt. — „Nun, Ihre xWorte . . . vom Geschmeide.“ — Und Roland begann zu sprechen : „Schöne Dame, dieses Ge゠ schmeide . . .“ Aber es drang nicht durch. Der Applaus dauerte fort ; einige Zischlaute mischten sich drein ; worauf er noch lärmender wurde. „Kränze,“ sagte die Blandini. Und Roland, in der Überzeugung, sie seien für die Blandini be゠ stimmt, eilte zur Rampe vor, bückte sich und nahm einen riesigen Lorbeerkranz, den er sofort der Sängerin überreichen wollte. Aber sie flüsterte : „für Sie.“ — Er verstand es nicht ; da fiel sein Auge auf die Schleifen und er erblickte seinen Namen. Eine Sekunde lang ging jetzt etwas ihm zselbst Unbegreifliches in ihm vor : er dachte : „Ich bin ein großer Schauspieler. Das merken alle
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garnicht] gar nicht EA GW Blandini . . .] Blandini . . GW es] er EA GW drein ;] drein, EA GW für] Für EA GW Schleifen] Schleifen, EA GW vor :] vor; EA GW
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Menschen : trotzdem ich die nichtigste Rolle spiele ;“ er nahm mechanisch die eine Schleife in die linke Hand — er las : ‘Dem genialen Mimen Roland die dankbare Mitwelt . . .’ Und plötzlich hörte er im Saale ein stürmisches Gelächter schallen ; er ließ die Schleife aus der Hand fallen — er sah ins Publikum, sah tausend hocherhobene klatschende Hände, und die Gesichter der Leute leuchteten vor Vergnügen. . . . Er verstand es nicht. Man lachte lauter, immer lauter. Plötzlich verstand er es. Und es war ihm, als wenn er niedersinken müßte und sein Gesicht verstecken ; denn man lachte ja über ihn . . . man höhnte ihn aus . . . Das ganze Publikum war in diese rasende Fröhlichkeit geraten über den Einfall — i h n, Herrn Friedrich Roland, zu feiern. Er fühlte es : nun war für i h n der Gipfel des Ruhmes erreicht . . . er fühlte es so tief, daß er nichts mehr sah und hörte und in die lärmende Menge wie ins Stille und Leere starrte. Und — mit einem Mal, als hätte er es damit er゠ zwungen — war es wirklich still. Und er wußte, daß er seine Worte noch nicht gesprochen ; vielleicht auch hatte ihm die Blandini zugeflüstert, zdaß er sprechen sollte. Und er sagte, ohne mit der Stimme zu zittern, indem er der Sängerin ruhig ins Gesicht sah : „Schöne Dame, dieses Geschmeide sendet Euch mein Herr.“ — Die Blandini nahm das Geschmeide und sah ihn mit einem sehr langen Blicke an, er mußte denken : „Diese Nuance hat sie in den früheren Vorstellungen nicht gebracht.“ Er fragte sich : „warum ?“ . . . xDa hörte er sie zu ihm sagen : „Machen Sie sich nichts daraus.“ Jetzt merkte er, daß das Orchester bereits wieder spielte ; die Einleitungs゠
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Menschen :] Menschen, EA GW ‘Dem] „Dem EA GW Mitwelt . . .’] Mitwelt . . .“ EA GW fallen] fallen, EA GW Vergnügen. . . .] Vergnügen . . . GW aus . . .] aus . . GW i h n] ihn EA GW Mal] Male EA GW gebracht.“ Er] gebracht“ und GW warum] Warum EA GW
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takte der Arie waren vorbei ; die Blandini mußte einsetzen ; sie sang. Es war eine unendlich lange Arie. Roland stand an der Thür und hörte die wohlbekannten Töne, und die Blandini sang immer weiter, es war, als wenn sie stundenlang sänge. Roland empfand nichts ; nur ging die Bühne auf und nieder, gleichmäßig, und ein Summen von tausend kleinen Stimmen ohne Sinn war in seiner Nähe ; aber die Arie der Blandini klang hell, als wenn sie durch die Wände dringen müßte, hinaus ins Freie, und Roland war es, als ob man das Lied jetzt überall in der Welt zugleich hören könnte, wenn man nur recht aufpaßte. Es war gut von ihr, daß sie so lange sang, denn er hatte Angst vor dem Ende der Arie ; zer erinnerte sich, wie damals, bevor sie begonnen, das Klatschen und Gelächter getönt. Das würde sicher wieder kommen . . . und er fühlte, er müßte stark werden, um das noch einmal ertragen zu können — es war entsetzlich gewesen. — Die Arie war aus. Die Blandini reichte ihm den Schmuck. Und Roland fragte : „Was meld’ ich meinem Herrn ?“ — Und die Blandini sagte : „Nichts.“ — Sie sagte es mit einem Zittern der Stimme wie niemals früher. Dabei sah sie ihn mit flehenden Augen an, als wollte sie ihn dabehalten, auf der Szene, und er mußte doch abgehen. Er verbeugte sich, die Thür wurde geöffnet, er machte einen Schritt hinaus — da fing es so an wie vorher : „Bravo ! Roland ! Roland ! Bravo !“ Er stand bereits hinter der Szene ; neben ihm der Inspizient, ein paar Choristen, die sich herzugedrängt hatten. Auch der jugendliche Komiker war da. „Meisterleistung,“ sagte er zu Roland. Der Direktor trat hinzu. „Ja was heißt das ? Sind die Leute toll ? Wissen S i e, Roland, was das zu bedeuten hat ?“ — Roland schüttelte den Kopf.
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einsetzen ;] einsetzen, GW getönt. Das] getönt hatte; das GW werden] sein GW dabehalten,] dabehalten EA GW machte] tat GW Szene ;] Szene, GW Ja] Ja, EA GW
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„Ja, was machen wir denn ?“ rief der Direktor. „Die klatschen draußen weiter. Es bleibt nichts übrig, Sie müssen hinaus, sich verbeugen,“ sagte der zDirektor. „Ja,“ sagte Roland. Jetzt merkte er, daß er den Kranz noch immer in der Hand hielt ; er wollte ihn fallen lassen. „Der xbleibt,“ sagte der Direktor ; „das wirkt ganz gut. Auf !“ rief er. Die Thür flog auf, und Roland trat auf die Szene. Die Bravorufe verstärkten sich ; helles Lachen tönte mit. Der Komiker sagte zum Direktor : „Meiner Ansicht nach handelt es sich um eine Wette.“ — „Möglich,“ antwortete der Direktor, „so kommt jeder einmal zu seinem Ehrentag.“ — Roland trat wieder zurück, die Thür wurde geschlossen. Er ließ den Kranz fallen ; er wollte langsam in die Garderobe gehen. Ein paar Mädel vom Chor wollten ihm scherzend die Hand drücken, aber er sah sie nicht und ließ seine Arme an der Seite herunterhängen. Da fühlte er sich von rückwärts gehalten. „Sie müssen noch einmal heraus, die Leute geben keine Ruh !“ Roland wandte sich um ; trat wieder auf die Szene, verbeugte sich tief. Er schien sich mit so viel Humor in seine Rolle zu finden, die man ihm nun einmal zugedacht, daß das Lachen im Publikum immer heiterer und herzlicher klang ; viele hatten ihn in diesem Augenblick lieb. Ihm fuhr plötzlich wieder zjener Traum durch den Sinn, und er fragte sich, ob nicht jetzt der richtige Moment wäre, auf die Knie zu fallen und zu rufen : Ihr edlen Menschen ! Gnade ! Gnade ! . . . Aber er wußte, da unten war keine Gnade . . . und mitten in dem Jubel, dem Lachen, das ihn umtoste, kam es wie eine furchtbare Verlassenheit über ihn, daß ihm das Herz stille stand. Als er abging, warf er einen Seitenblick auf die
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Möglich,] Möglich; EA GW sah sie] merkte es GW an der Seite] schlaff GW um ;] um, EA GW Knie] Kniee EA Menschen !] Menschen, GW Gnade . . . und] Gnade. Und EA GW stille stand] stillestand GW
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Blandini. Sie hatte Thränen im Auge und schaute an ihm vorbei. Jetzt war der Lärm draußen vorüber ; der Direktor klopfte Roland auf die Schulter und sagte lachend : „Ehrentag.“ Viele standen hinter den Coulissen bereit, Schau゠ spieler, Choristen, Arbeiter, und hatten Lust, den Spaß aus dem Zuschauerraum hier fortzusetzen ; aber Roland ging mit gesenktem Kopf vorbei und sah und hörte sie nicht. Er ging langsam die sieben Stufen hinauf, schlich durch den Gang, öffnete die Thür seiner Garderobe, trat ein ; dann sperrte er die Thür ab. Das Schloß knarrte hinter ihm, und unten das Spiel ging weiter.
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zxIII. Seit einer Stunde saßen die drei jungen Leute in dem Cabinet particulier und warteten. Die Blandini war noch nicht da. „Sie wird gar nicht kommen,“ sagte Fred. „Das ist unmöglich,“ antwortete August. „Wir haben es gestern miteinander ausgemacht, und außerdem hab’ ich ihr heut’ nachmittags ge゠ schrieben.“ „Weißt du, was ich finde ?“ bemerkte Emerich. „Nun ?“ fragte August. „Wir müßten dem Roland . . . .“ „Fang’ mir nicht wieder davon an, der Spaß ist vorbei, die Leute haben sich amüsiert, es war ’was neues — und jetzt . . . Schluß.“ „Ja, schon gut,“ sagte Emerich. „Aber ich mein’, wir sollten ihm, dem Roland, morgen ’was schicken.“ „Geld ?“ fragte Fred. „Freilich, Geld, es gehört sich eigentlich, find’st nicht, Gustl ?“ „Das können wir ja thun,“ antwortete August kurz.
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heut’] heut EA GW Roland . . . .] Roland . . . GW ’was neues] ’was Neues EA was Neues GW ’was] was GW find’st] findst EA GW thun,“] tun“, GW
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zFred sah vor sich hin. Alle schwiegen. Plötzlich stand August auf. „Ich fahre hin.“ „Ins Theater ?“ fragte Emerich. „Nein. Zu ihr. Im Theater kann sie ja nicht mehr sein, das ist ausgeschlossen.“ „So hältst du es doch für möglich, daß sie deine Einladung vergessen hat ?“ „Was willst denn immer,“ sagte August ärgerlich, indem er den Winterrock anzog. „Kommst du bestimmt zurück ?“ fragte Emerich. „Ja, bestimmt ; m i t ihr. Auf Wiedersehen.“ Er entfernte sich rasch. Er mußte an der Thür der anderen kleinen Zimmer vorbei ; aus einem klang ihm ein Walzer nach, den irgend ein unmusikalischer Mensch auf einem harten Klavier schlecht spielte. August trat ins Freie. Die Straße war still, aber nicht dunkel. Der Schnee, der auf der Straße lag, verbreitete eine matte, gleichmäßige Helligkeit. Noch immer schneite es in großen, langsamen Flocken. August Witte entschloß sich, zu Fuß zu gehen, er fühlte, daß er erregt war, und hoffte, daß ihn die milde, weiße Nacht beruhigen werde. Er hatte einen Moment Lust, für seine üble Stimmung Fred verantwortlich zu machen, der mit seiner ab゠ xlehnenden, beinahe zhöhnischen Art den ganzen Abend von Anfang an verdorben hatte. Freilich, daß die Blandini ausgeblieben war, das konnte er Fred nicht zum Vorwurf machen, so gern er es auch gethan hätte — dafür mußte ein anderer Grund da sein. Wahrscheinlich war sie bös auf ihn ; schön. — Im übrigen, hatte er denn ’was anderes wollen ? Es wäre ihm gar nicht eingefallen, den Streich von heut abend auszusinnen und auszuführen, wenn ihn nicht die Blandini selbst dazu gereizt hätte, die seit einiger Zeit von diesem armseligen Statisten zu behaupten pflegte, er hätte den interessantesten Kopf, den sie je gesehen, und hätte sicher viel mehr Talent als alle anderen. Anfangs war es wohl nur
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irgend ein] irgendein GW werde] würde EA GW ’was] was EA GW heut abend] heute Abend EA GW
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ein Scherz gewesen, wenn sie das sagte ; aber als August unvorsichtiger Weise zu widersprechen an゠ fing, beharrte sie eigensinnig auf ihrer Meinung, bis sie endlich behauptete, aus August spräche die Eifersucht. — Das machte ihn ganz wütend. Auf Herrn Roland eifersüchtig ! — Ah, er wußte schon ganz gut, auf wen er eifersüchtig zu sein hatte. Der Komiker mußte von allem Anfang an als Rivale hingenommen werden ; daran war nichts zu ändern . . . aber über diesen Herrn Roland zwollte er sich wahrhaftig nicht weiter ärgern. Jedesmal nahm er sich vor, nicht mehr von ihm mit der Blandini zu reden — und kaum war er fünf Minuten mit ihr zusammen, so fing der Zank wieder an. — Er fühlte, daß es nicht klug war ; er trieb die Blandini geradezu in das hinein, was er längst fürchtete. — Jetzt, wie er so durch die Straßen eilte, wußte er, was er fürchtete. Jetzt wußte er, daß der Anlaß zu dem Streich von heute abend nicht die Lust am Spaß gewesen war ; auch nicht die Absicht, dem Herrn Roland eine besondere Freude zu machen, obwohl er fest davon überzeugt war, daß Herr Roland erfreut sein werde ; nein — er hatte die stille Hoffnung gehegt, daß er den kleinen Schauspieler für die Blandini lächerlich und unmöglich machen, daß sie über den lustigen Ein゠ fall Augusts lachen und sie nachher bessere Freunde sein würden als je ; mit diesem Scherz dachte er Herrn Roland für die Blandini endgiltig dahin zu verweisen, wo sein Platz war. Er hatte sich vor Beginn des Theaters vorgestellt, daß sie ihm xvor seinen Freunden um den Hals fallen und ihm wie in früheren glücklichen Zeiten sagen würde : „Du bist doch mein süßes und gescheites Afferl !“ Aber schon im Theater hatte er zbemerkt,
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unvorsichtiger Weise] unvorsichtigerweise EA GW behauptete] erklärte EA GW das] irgend etwas GW was] das GW abend] Abend EA GW war ;] war: GW endgiltig] endgültig EA GW früheren] früheren, GW bemerkt] gemerkt GW
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daß die Sache anders auszufallen schien, als er gewünscht. Während des Applaussturmes nach dem Eintreten des Roland hatte die Blandini einen bösen Blick in die Loge geworfen, wo er mit seinen zwei Freunden saß, und als Roland zum letztenmal abging, hatte sie die Augen so verloren nach jener Thür gerichtet, daß August einen mächtig anwachsenden Zorn im Herzen fühlte. Und jetzt, je näher er dem Hause kam, in dem die Blandini wohnte, umsoweniger ver゠ hehlte er sich, wovor er in Wahrheit zitterte : . . . sie beide zusammen zu finden. Er beschleunigte die Schritte — noch um diese Ecke — und er stand vor dem Hausthor. Es war eine der breiten Straßen hinter dem Ring ; ringsum war kein Mensch zu sehen. Er lauschte und hörte über das beschneite Pflaster das gedämpfte Geräusch eines heranrollenden Wagens ; seine Hand, die eben die Klingel drücken wollte, hielt inne, und er wartete. Der Wagen fuhr um die Ecke, hielt vor dem Hausthor. Er kannte ihn gut, er hatte ihn ja selbst für die Blandini gemietet. Rasch trat er beiseite ; es war ihm, als wäre seine ganze Erregung geschwunden. Denn er war fest überzeugt, daß sie im nächsten Moment mit Roland aus dem zWagen steigen würde — und dann war eben alles entschieden und alles aus. — Der Schlag öffnete sich, eine Frau stieg aus dem Wagen und schlug die Thür hinter sich zu. Es war die Blandini. August eilte herbei und schaute rasch durch das Fenster in den Wagen hinein. Er war leer. August atmete auf. Dann rief er : „Albine !“— Sie wandte sich rasch um, im Moment, da sie ihn erkannte, machte sie einen Schritt auf ihn zu. „Traust du dich her ?“ „Ah, das ist gut,“ rief August, der sich plötzlich seiner Rechte neu bewußt wurde, „ob ich mich trau ? Wo steckst du denn ? Was machst denn du ? Ich wart’ zwei Stunden auf dich ! Was heißt denn das ?“
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letztenmal] letzten Mal EA umsoweniger] um so weniger EA GW Frau] Dame GW
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„Mein Lieber, du kannst lang warten,“ sagte die Blandini, „wir zwei sind fertig miteinander.“ x„Warum ?“ „Fragst noch ?“ „Erstens schrei’ nicht ; der Kutscher braucht das nicht zu wissen — und zweitens —“ In diesem Augenblick öffnete sich die Haus゠ thür ; die Blandini eilte in den Flur und schlug die Thür hinter sich zu. August bebte vor Zorn. Aber er wollte sich vor dem Kutscher und dem zPortier nicht blamieren und blieb ganz ruhig stehen. Er überlegte. Was sollte er thun ? Warten ? — Ihr nacheilen ? — Sich der Gefahr aussetzen, von ihr nicht empfangen zu werden ? Bis zum Morgen da auf und abgehen ? Ihr in der Früh auf der Straße einen Skandal machen ? Er war so zornig, daß er sein eigenes lautes, beinahe schnaubendes Atmen hörte. — Nach zwei Minuten öffnete sich das Hausthor von neuem, und Albine erschien. Sie eilte zum Wagenschlag und rief dem Kutscher etwas zu. August eilte ihr nach und packte sie beim Arm. „Wohin ?“ „Was geht’s dich an ?“ Sie machte sich los von ihm und sprang in den Wagen ; er ihr nach. „In m e i n e m Wagen werd’ ich doch wohl mit゠ fahren dürfen,“ stieß er zwischen den Zähnen hervor. „Bitte.“ Der Wagen rollte fort. „Darf ich um Aufklärung bitten ?“ fragte August. Sie antwortete nicht. „Woher bist du gekommen ?“ Sie schwieg. z„Warst du mit ihm ?“ „Nein,“ sagte sie ; „aber ich such’ ihn.“ „Was ?“ „Ja.“ „Bist du seine Geliebte ?“ „Nein ; aber verlaß dich drauf, heute werd’ ich’s noch.“
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schrei’] schrei EA GW auf] auf゠ EA GW geht’s] gehts GW
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August fuhr mit der Hand nach der Signal゠ pfeife für den Kutscher. Sie zog ihm heftig den Arm herunter. August schaute durchs Fenster hinaus ; sie fuhren über den Ring. Albine sah ihn von der Seite an. „Interessiert’s dich, wohin wir fahren ?“ August bebte und erwiderte nichts. Sie sprach weiter ; grausam und mit Behagen. x„Ich habe nach dem Theater auf ihn ge゠ wartet ; aber er war schon fort . . . . dann bin ich in seine Wohnung, aber er war nicht zu Haus. Dann bin ich in das Wirtshaus, wo er manchmal hinzugehen pflegt ; — da war er auch nicht. Und weißt du, warum ich jetzt bei mir zu Haus war ? Weil ich überall, bei ihm und auch im Wirtshaus, den Auftrag gegeben habe, man soll ihn sofort zu mir schicken. Und jetzt fahren wir wieder ins zTheater, weil ich keine Ruh’ hab’, bevor ich ihn find’, — verstehst du ?“ August sprach kein Wort ; aber er hätte sie gern erwürgt. Der Wagen rollte über die Donaubrücke, noch ein paar Minuten und er hielt in einer schmalen Gasse, an der kleinen Hinterthür des Theatergebäudes, die auf die Bühne führt. Die Blandini sprang aus dem Wagen ; August ihr nach. Die Thür war längst geschlossen. Ein Gewölbewächter, der eben vorbeiging, sah neu゠ gierig die junge Dame an, die um Mitternacht hier an der Glocke zog. Nach ein paar Sekunden wurde die kleine Thür geöffnet, und der Portier erschien mit einer Laterne in der Hand . . . . „Jessas, Fräulein Blandini, was ist denn ? Was ist denn gescheh’n ? Haben S’ was da vergessen ?“ „Leuchten Sie mir nur.“ August stand hinter ihr.
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hinaus ;] hinaus: GW Albine] Albertine GW fort . . . .] fort . . . . . EA fort . . . GW Wirtshaus,] Wirtshaus EA GW auf die] zur GW Hand . . . .] Hand . . . GW
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„Der Herr hat nichts da zu thun,“ sagte die Blandini ; „sperren Sie zu.“ Sie stieß August zurück, schloß selbst die Thür, und der Portier versperrte sie. Während sie mit dem Portier durch den schmalen, niederen Gang eilte, der zur Bühne führte, fragte sie ihn : „Haben Sie den Roland weggehen gesehen ?“ zDer Portier dachte nach. „Ja, Fräulein, jetzt ist sicher niemand mehr in der Garderobe. Vor zwei Stunden hab’ ich schon zugesperrt.“ „Haben Sie ihn weggehen gesehen ?“ wieder゠ holte sie beinahe flehend. Sie standen nun auf der großen, dunklen Bühne. Von der Laterne, die der Portier in der Hand hielt, fiel ein Lichtkegel auf den weißen Souffleurkasten. Die Coulissen, zu beiden Seiten im Dunkel, schienen ins Unermeßliche hinauf゠ zuwachsen. Der eiserne Vorhang stand da wie eine Riesenwand. x„Ja . . . gesehen . . .“ sagte der Portier, „. . . ich weiß mich wirklich nicht zu erinnern, ich bitt’ schön, Fräulein, es gehen da so viel Leut’ an einem vorbei, man schaut doch nicht einen jeden an ; nicht wahr ?“ Die Blandini blieb noch einen Moment nachsinnend stehen, dann eilte sie rasch über die Bühne bis hinter die Coulissen zu der kleinen Stiege. Sie setzte den Fuß auf die ersten Stufen. „Aber Fräulein,“ rief der Portier, der ihr mit der Laterne nacheilte, „da ist ja die Herren゠ garderobe.“ Sie antwortete nicht ; sie eilte so rasch hinauf, zdaß sie oben plötzlich im Dunkel stand und auf den nachstolpernden Mann mit der Laterne warten mußte. Sie holte tief Atem. Als der Portier wieder bei ihr war, und ein schwacher Lichtschimmer den Gang erhellte, fragte sie : „Wo ist die Garderob’ vom Roland ?“
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gesehen] sehen GW Ja . . . gesehen . . .] Ja . . . . . gesehen . . . . . EA Ja . . . . gesehen . . . . . GW Portier,] Portier EA Portier. GW „. . .] „. . . . . EA Coulissen] Kulissen, GW
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„Ja Fräulein, das weiß ich selber nicht, ich komme ja beinahe nie da herauf. Aber da oben sind die Namen angeschrieben.“ Sie nahm ihm die Laterne aus der Hand und versuchte aufs Geratewohl, die erste Thür zu öffnen. „Fräulein, das geht nicht, ’s ist ja zugesperrt. Die Herren sperren meistens zu beim fortgehen. Und das ist ja gar nicht die von Herrn Roland.“ Fräulein Blandini eilte weiter ; bei einer Thür nach der andern hob sie die Laterne höher, um die Namen zu lesen. Endlich war sie bei der rechten. Ein weißer Bogen klebte dort ; drei Namen standen darauf : Engelbert Brunn, Oswald Friedemann, Friedrich Roland. Sie griff nach der Thürschnalle, aber auch diese Thür war verschlossen. Der Portier schüttelte den Kopf. „Schau’n S’, Fräulein, wenn Sie da drin was vergessen zhaben, da kommt ja nichts weg, morgen ist’s auch noch da.“ „Sie . . . Sie . . .“ wandte sich die Blandini an ihn, „der Roland ist ja nach dem zweiten Akte fertig, er muß doch früher fortgegangen sein als die anderen, da hätten Sie ihn doch sehen müssen ?“ „Ja, Fräulein, es ist möglich, daß ich ihn geseh’n hab’, wie man halt einen sieht, aber ich weiß mich nicht zu erinnern.“ xDie Blandini blieb ein paar Augenblicke ratlos stehen. Plötzlich fiel ihr etwas ein. Sie suchte in ihrer Tasche und atmete erleichtert auf. Vielleicht paßt er, flüsterte sie und hielt ihren eigenen Garderobeschlüssel in der Hand. Sie gab dem Portier die Laterne wieder zu halten und hastig versuchte sie den Schlüssel. Er paßte. Sie drehte ihn ein゠, zweimal im Schlosse um ; sie drückte auf die Schnalle, die Thür ging auf. — Ihr gegenüber gerade am Fenster schien eine ungeheuer lange Gestalt zu lehnen. Es ist ein Kostüm, dachte sie im ersten
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ja beinahe] ja GW ’s] s’ GW fortgehen] Fortgehen EA GW halten] halten, GW
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Augenblick. Sie riß dem Portier die Laterne aus der Hand, hielt sie hoch, — schrie auf. „Um Gotteswillen,“ rief der Portier und stürzte zum Fenster hin. Es war, als stände Herr zFriedrich Roland lebendig dort, seine Arme hingen schlaff herab, der Kopf fiel tief auf die Brust herab. Er war im Kostüme, das er abends getragen ; sogar den falschen Schnurrbart hatte er noch ; nur die Perücke war fort, und seine dünnen, straffen, grauen Haare waren zerzaust. „Aufgehängt hat er sich,“ stieß der Portier hervor . . . „aufgehängt.“ Er stellte die Laterne auf das Tischchen zu den Schminktöpfen und der Perücke. Dann griff er nach den Händen des Toten und fuhr längs der Arme bis zum Hals hinauf . . . „Mit dem Schnupftüchel,“ sagte er. „Ja, was sollen wir denn thun, Fräulein ?“ Die Blandini stand regungslos und starrte den Leichnam an. „Wissen Sie, Fräulein,“ sagte der Mann, „ich werd’ vielleicht den Herrn von unten herauf゠ holen und ich geh’ unterdessen zur Polizei, die Anzeige machen.“ Jetzt zuckte die Blandini leicht zusammen, dann antwortete sie leise : „Ja, geh’n Sie hinunter, ich bleib’ da . . . aber dem Herrn sagen Sie, er soll fortgehen, schnell fortgehen soll er, daß ich ihn nimmer seh’, sagen Sie ihm das, und wenn ich zihn noch unten treff ’, sagen S’ ihm, spuck’ ich ihm ins Gesicht.“ Die letzten Worte schrie sie so laut, daß der Portier zusammenfuhr und daß sie ihm noch in den Ohren gellten, als er im Dunkel über die leere Bühne lief.
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waren] starrten GW hervor . . .] hervor . . . . EA heraufholen] heraufholen, EA GW hinunter] zur Polizei GW bleib’] bleib EA GW Herrn] Herrn unten GW
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2.1 Herausgebereingriffe Die Vorlage für den edierten Text D ist der Zeitschriftendruck ED, dessen orthographische Textgestalt unberührt bleibt. Eingegriffen wurde bei den folgenden, offenkundigen Setzfehlern:
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verbeugte.] verbeugte fertig.“] fertig. nicht.“] nicht. Theatergebäudes, die] Theatergebäudes, das Portier,] Portier .
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3. Kommentar Die Positionsangaben beziehen sich auf die Zeilennummerierung des Drucktextes D (S. 277–301). 58
Logenbillet: Billet (frz.), Billett (dt.): Eintrittskarte. 65
Marqueur: (frz.) ursprünglich ein beim Billardspiel zählender („markierender“) Helfer, später allgemein Kellner. 74
Mentschikoff : nach dem russischen Staatsminister und Feldmarschall Alexander Fürst Menschikow (1672–1789) benannter doppelreihiger weiter Mantel. 87
Melange: von frz. „mélanger“: mischen; Wiener Kaffeegetränk mit geschäumter Milch. 91
Sessel: (öst.) Stuhl. 96
Parkett: hier: vorderer, ebenerdiger Teil des Zuschauerraumes im Theater. 97
Galerie: hier: höhere Zuschaueretage eines Theaters. 101
Sack: hier: (süddt., öst.; veralt.) Hosen- oder Jackentasche. 108
Hervorrufen: Durch starken Applaus konnte das Publikum auch bei Aktschlüssen die Darsteller vor den Vorhang rufen. 111
feiern: hier im Sinn des alten intransitiven Gebrauchs: ruhen, aussetzen, etwas nicht tun. 305
Kommentar
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Divan: alte Schreibweise für: Diwan; Liegesofa. 215
soupieren: von frz. „souper“: zu Abend essen. 236
Wams: ursprünglich gestepptes Oberteil unter dem Panzerhemd; später Herrenweste, kurze Jacke. 237
Trikots: von frz. „tricoter“: stricken; ursprünglich aus Wolle oder Baumwolle gewirkte Hosen und Jacken für Schauspieler. Später bezeichnet „Trikot“ allgemein das elastische, glatte Gewebe für Unterwäsche, Sport- und Artistenbekleidung. 239
Barett: (frz.) „barrette“; schirmlose Mütze aus Stoff, oft mit Stickereien, Schleifen oder Federn geschmückt. 404
wollte ihr vorstellen: „jemandem etwas vorstellen“: jemandem etwas zu bedenken geben. 426
Coulissen: alte Schreibweise für: Kulissen. 432
Inspizient: organisiert den Ablauf einer Theatervorstellung, ruft die Darsteller zu ihren Auftritten, gibt die Einsätze für die Ton-, Licht- und Bühnentechniker und meist auch die Zeichen für das Öffnen und Schließen des Vorhangs. 598
Cabinet particulier : (frz.) abgetrennter Raum in Lokalen, der diskretes und ungestörtes Zusammensein erlaubt. 626
Winterrock: Rock: hier: Oberbekleidungsstück für Herren. 708
Ring: Prachtstraße, die nach der – 1857 von Kaiser Franz Josef I. angeordneten – Schleifung der Befestigungsmauern und Basteien um das Wiener Stadtzentrum angelegt wurde. Entlang der Ringstraße wurden in den 1860er- bis 1880er-Jahren Repräsentationsbauten wie Oper, Parlament, Rathaus, Burgtheater und Universität errichtet.
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Kommentar
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Schlag: kurz für Wagenschlag: (veralt.) Kutschen- oder auch Autotür. 775f.
Signalpfeife: In geschlossenen Kutschen befand sich unter dem Dach ein Gummiball, verbunden mit einem Schlauch, der durch ein Loch in der Holzkonstruktion nach außen führte. Durch Zusammendrücken des Gummiballs entstand ein Geräusch; mit dem Kutscher war vereinbart, was die Anzahl der Signale zu bedeuten hatte. 797
Donaubrücke: Gemeint ist hier vermutlich die 1864 errichtete Aspernbrücke über den Donaukanal, da sich jenseits der Donau keine in Frage kommenden Theatergebäude befinden. Über diese Brücke konnte man vom Ring (Ñ 708) aus die Praterstraße erreichen, in der sich das 1847 eröffnete Carltheater befand (s. Kommentar zu H 33,3). 803
Gewölbewächter: in größeren Städten um 1860 eingerichtete Institution zur nächtlichen Sicherung von Gewölben vor Einbrüchen und Feuer. Als „Gewölbe“ bezeichnete man ebenerdige Verkaufsräumlichkeiten oder Warenlager. 808
Jessas: (mundartl.) Ausruf des Erstaunens. 904
Schnupftüchel: (mundartl.) Verkleinerungsform von Schnupftuch: (veralt.) Taschentuch.
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4. Siglenverzeichnis Ausgaben EA ED
GS GW
GW1922
Der Ehrentag. In: Arthur Schnitzler: Die Frau des Weisen. Novelletten. Berlin: S. Fischer 1898, S. 73–112. Der Ehrentag. Von Arthur Schnitzler. In: Die Romanwelt. Zeitschrift für die erzählende Litteratur aller Völker, Jg. 5 (1897/98), Bd. 1, H. 16 [Januar 1898], S. 507–516. Der Ehrentag. In: Arthur Schnitzler. Sterben und andere Novellen. Berlin: S. Fischer 1928 (Gesammelte Schriften), S. 173–196. Der Ehrentag. In: Arthur Schnitzler: Gesammelte Werke in zwei Abteilungen. [7 Bde.] Berlin: S. Fischer 1912. Erste Abteilung: Erzählende Schriften. 3 Bde. Bd. 1: Novellen, S. 173–196. Der Ehrentag. In: Arthur Schnitzler: Gesammelte Werke in zwei Abteilungen. [9 Bde.] Berlin: S. Fischer 1922. Erste Abteilung: Erzählende Schriften. 4 Bde. Bd. 1: Novellen, S. 173–196.
Edierte Texte D Db H S U
Drucktext (Grundlage: ED) Deckblatt (CUL, A 146,1) Handschrift (CUL, A 146,2) Skizze (CUL, A 146,1) Umschlag (CUL, A 146)
Zitierte Literatur Ab-HKA
Br I Br II
Arthur Schnitzler: Ein Abschied. Historisch-kritische Ausgabe. Hrsg. v. Anna Lindner. Unter Mitarbeit v. Gerhard Hubmann, Marina Rauchenbacher u. Isabella Schwentner, Berlin, Boston: De Gruyter 2016 (Werke in historisch-kritischen Ausgaben). Arthur Schnitzler: Briefe 1875–1912. Hrsg. v. Therese Nickl u. Heinrich Schnitzler. Frankfurt a. M.: S. Fischer 1981. Arthur Schnitzler: Briefe 1913–1931. Hrsg. v. Peter Michael Braunwarth, Richard Miklin, Susanne Pertlik u. Heinrich Schnitzler. Frankfurt a. M.: S. Fischer 1984.
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Deimel-Bw Heinz P. Adamek: In die Neue Welt … Arthur Schnitzler – Eugen Deimel. Briefwechsel. Wien: Holzhausen 2003. ES I Arthur Schnitzler: Die Erzählenden Schriften. Erster Band. Frankfurt a. M.: S. Fischer 1961. EV Arthur Schnitzler: Entworfenes und Verworfenes. Aus dem Nachlaß. Hrsg. v. Reinhard Urbach. Frankfurt a. M.: S. Fischer 1977. FBG-HKA Arthur Schnitzler: Frau Bertha Garlan. Historisch-kritische Ausgabe. Hrsg. v. Gerhard Hubmann u. Isabella Schwentner. Unter Mitarbeit v. Anna Lindner u. Martin Anton Müller. Berlin, Boston: De Gruyter 2015 (Werke in historisch-kritischen Ausgaben). Fischer-Bw Samuel Fischer u. Hedwig Fischer: Briefwechsel mit Autoren. Hrsg. v. Dierk Rodewald u. Corinna Fiedler. Mit einer Einführung v. Bernhard Zeller. Frankfurt a. M.: S. Fischer 1989. FW-HKA Arthur Schnitzler: Die Frau des Weisen. Historisch-kritische Ausgabe. Hrsg. v. Konstanze Fliedl u. Evelyne Polt-Heinzl. Unter Mitarbeit v. Anna Lindner, Martin Anton Müller u. Isabella Schwentner. Berlin, Boston: De Gruyter 2016 (Werke in historisch-kritischen Ausgaben). LG-HKA Arthur Schnitzler: Lieutenant Gustl. Historisch-kritische Ausgabe. Hrsg. v. Konstanze Fliedl. Berlin, New York: De Gruyter 2011. OB-Bw Der Briefwechsel Arthur Schnitzler – Otto Brahm. Vollständige Ausgabe. Hrsg. u. eingel. v. Oskar Seidlin. Tübingen: Niemeyer 1975 (Deutsche Texte 35). St-HKA Arthur Schnitzler: Sterben. Historisch-kritische Ausgabe. Hrsg. v. Gerhard Hubmann. Berlin, Boston: De Gruyter 2012 (Werke in historischkritischen Ausgaben). Tb II Arthur Schnitzler: Tagebuch 1893–1902. Unter Mitwirkung v. Peter Michael Braunwarth, Konstanze Fliedl, Susanne Pertlik u. Reinhard Urbach hrsg. v. der Kommission für literarische Gebrauchsformen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Obmann: Werner Welzig. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1989. Tb III Arthur Schnitzler: Tagebuch 1903–1908. Unter Mitwirkung v. Peter Michael Braunwarth, Susanne Pertlik u. Reinhard Urbach hrsg. v. der Kommission für literarische Gebrauchsformen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Obmann: Werner Welzig. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1991. Tb IV Arthur Schnitzler: Tagebuch 1909–1912. Unter Mitwirkung v. Peter Michael Braunwarth, Richard Miklin, Maria Neyses, Susanne Pertlik, Walter Ruprechter u. Reinhard Urbach hrsg. v. der Kommission für literarische Gebrauchsformen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Obmann: Werner Welzig. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1981. Tb VI Arthur Schnitzler: Tagebuch 1917–1919. Unter Mitwirkung v. Peter Michael Braunwarth, Richard Miklin, Susanne Pertlik u. Reinhard Urbach hrsg. v. der Kommission für literarische Gebrauchsformen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Obmann: Werner Wel-
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Tb IX
TS-HKA
zig. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1985. Arthur Schnitzler: Tagebuch 1927–1930. Unter Mitwirkung v. Peter Michael Braunwarth, Susanne Pertlik u. Reinhard Urbach hrsg. v. der Kommission für literarische Gebrauchsformen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Obmann: Werner Welzig, Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1997. Arthur Schnitzler: Die Toten schweigen. Historisch-kritische Ausgabe. Hrsg. v. Martin Anton Müller. Unter Mitarbeit v. Ingo Börner, Anna Lindner u. Isabella Schwentner. Berlin, Boston: De Gruyter 2016 (Werke in historisch-kritischen Ausgaben).
Institutionen ASA CUL DLA TMW
Arthur-Schnitzler-Archiv, Freiburg i. Br. Cambridge University Library Deutsches Literaturarchiv, Marbach a. N. Theatermuseum, Wien
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