Wege der Integration: Das Papsttum und die lateinische Kirche Apuliens in normannischer Zeit (1059–1189) 3515132341, 9783515132343

Als die Normannen ab der Mitte des 11. Jahrhunderts große Teile des ehemals byzantinisch geprägten Süditaliens eroberten

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German Pages 267 [270] Year 2022

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Table of contents :
Inhalt
Vorwort
Einführung
Untersuchungsfeld
Methodik
Untersuchungsraum
Eingrenzung
Charakterisierung
Forschungstendenzen
1. Römisches Zentrum und kirchliche Peripherie
2. Päpste, Normannen und die unteritalienische Kirche
3. Die Normannen in Süditalien
Quellenlage
Untersuchungsteil I: Schriftlichkeit: Apulien als Empfängerlandschaft
1. Quantität
2. Erste päpstliche Urkunden nach der Belehnung von Melfi
3. Integrationsschub: Urkunden Urbans II. und Paschalis II.
4. Stagnation und Regression: Zeit des Innozenzianischen Schismas
5. Integration? Urkunden Alexanders III.
6. Apulien als Empfängerlandschaft: Schlussfolgerungen
Untersuchungsteil II: Präsenz und Bindung
1. Präsenz: Der Papst auf Reisen
1.1 Quantität
1.2 Fallbeispiele
1.2.1 Alexander II. (1061–1073)
1.2.2 Urban II.
1.2.2.1 Urban und Süditalien
1.2.2.2 Urban in Apulien
1.2.3 Paschalis II. (1099–1118)
1.2.4 Calixt II. (1119-1124)
1.2.5 Honorius II. (1124–1130)
1.2.6 Innozenz II. (1130–1143)
1.2.7 Alexander III. (1159–1181)
1.3 Papstreisen nach Apulien: Schlussfolgerungen
2. Bindung: Apulische Prälaten zu Gast beim Papst
2.1 Pallienprivilegien für apulische Kirchen
2.1.1 Das Pallium: Herkunft und Bedeutung
2.1.2 Pallienprivilegien
2.1.3 Pallienprivilegien für Empfänger im Untersuchungsraum
2.1.4 Das Pallium: Schlussfolgerungen
2.3 Einzelanlässe
2.3.1 Kirchweihe in Montecassino 1071
2.3.2 Bisantius von Trani in Rom: Die Kanonisation des Nikolaus Peregrinus
Untersuchungsteil III: Jurisdiktion
1. Päpstlich-delegierte Gerichtsbarkeit
1.1 Herausbildung der delegierten Gerichtsbarkeit
1.2 Päpstlich-delegierte Gerichtsbarkeit in Apulien
1.2.1 Ausgestellte Delegationsmandate und Prozessschriftgut
1.2.2 Sonderfälle und Fallbeispiel
1.2.2.1 Eine frühe Art von Delegation? Der Fall des unbekannten „G.“
1.2.2.2 Das fehlende Instrument oder der bessere (De)Legat? Der Streitfall um S. Maria Veterana in Brindisi
1.2.2.3 Vom Richter zum Gerichteten – Bertrand von Trani
1.3 Ergebnisse
2. Weitere Formen päpstlicher Rechtssprechung und jurisdiktionellerPräsenz
2.1 Legaten
2.2 Persönliches Eingreifen des Papstes
2.3 Vikariat
3. Jurisdiktion: Schlussfolgerungen
Fazit und Schlussbetrachtungen
Anhang
1. Verzeichnis der päpstlich-apulischen Kontakte im Untersuchungsraum(1059–1189)
2. Verzeichnis des Schriftgutes zur delegierten und päpstlichen Gerichtsbarkeit im Untersuchungsraum (1059–1189)
3. Verzeichnis der Legatenurkunden im Untersuchungsraum (1059–1189/93)
4. Karten
Verzeichnisse
Abkürzungsverzeichnis
Quellen- und Literaturverzeichnis
Quellenverzeichnis
Verzeichnis verwendeter Internetseiten
Literaturverzeichnis
Register der Orts- und Personennamen
Register der Personennamen
Register der Ortsnamen
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Wege der Integration: Das Papsttum und die lateinische Kirche Apuliens in normannischer Zeit (1059–1189)
 3515132341, 9783515132343

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www.steiner-verlag.de

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Wege der Integration

Recht in den Regionen der abendländischen Kirche. Weite Teile Süditaliens erwiesen sich dabei als Sonderfall, in dem die Maßnahmen der Kirchenreform nicht mit der Wirkmächtigkeit zum Einsatz kommen konnten wie in anderen europäischen Regionen. Diese Studie erforscht u.a. anhand der päpstlichen Urkunden für die Region und der päpstlichen Jurisdiktion vor Ort, inwiefern das hochmittelalterliche (Reform-)Papsttum die Entwicklung der lateinischen Kirche in der süditalienischen Region Apulien prägen konnte und sich Integrationsprozesse vollzogen.

SGO

Franz Steiner Verlag

ISBN 978-3-515-13234-3

9 783515 132343

Claudia Alraum

Wege der Integration Das Papsttum und die lateinische Kirche Apuliens in normannischer Zeit (1059–1189)

Geschichte Franz Steiner Verlag

Claudia  Alraum

Als die Normannen ab der Mitte des 11. Jahrhunderts große Teile des ehemals byzantinisch geprägten Süditaliens eroberten, entstand ein Herrschaftsbereich, der sich verstärkt nach Westen orientierte. Dies hatte auch kirchliche Veränderungen zur Folge, die eine strukturelle und hierarchische Neuordnung der süditalienischen Kirchenlandschaft verlangten. In etwa zeitgleich versuchte das Papsttum in Rom, seinen Anspruch auf die universelle Leitung der Kirche sukzessiv zu verwirklichen. Damit einher ging eine innere Reorganisation und Vereinheitlichung von Verwaltung und

Historische Forschungen - Band 31

Claudia Alraum Wege der Integration Das Papsttum und die lateinische Kirche Apuliens in normannischer Zeit

Historische Forschungen Im Auftrag der Historischen Kommission der Akademie der Wissenschaften und der Literatur herausgegeben von Klaus Herbers und Günther Schulz

Band 31

Franz Steiner Verlag Stuttgart

Wege der Integration Das Papsttum und die lateinische Kirche Apuliens in normannischer Zeit

von

Claudia Alraum

Umschlagbild: Urkunde Urbans II. für Klerus und Volk von Trani zur Kanonisation des Nikolaus Peregrinus (1097–1099, vgl. Italia Pontificia IX, S. 292, n. 6), Trani, Archivio diocesano centrale, Foto: Archiv des Deutschen Historischen Instituts Rom, W5, 6/4 Trani.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. ISBN: 978-3-515-13234-3 (Print) ISBN: 978-3-515-13237-4 (E-Book)

© 2022 by Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz Alle Rechte, einschließlich des Rechts zur Vervielfältigung, zur Einspeisung in elektronische Systeme sowie der Übersetzung, vorbehalten. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne ausdrückliche Genehmigung der Akademie und des Verlages unzulässig und strafbar. Druck: Druckerei & Verlag Steinmeier GmbH & Co.KG, Deiningen Gedruckt auf säurefreiem, chlorfrei gebleichtem Papier. Printed in Germany

Inhalt

IX

1. 2. 3.

1 3 7 9 9 11 19 19 23 26 29

Untersuchungsteil I: Schriftlichkeit: Apulien als Empfängerlandschaft ............................................. 31 1. 2. 3. 4. 5. 6.

35 39 40 42 42 44

Untersuchungsteil II: Präsenz und Bindung .................................................................................................. 47 1.

47 50 57

V

Inhalt





57 61 62 65 71 73 79 81 84 86

2.

86 88 88 95 96 123 2.2 Einzelanlässe ................................................................................................... 127 127 2.2.2 Bisantius von Trani in Rom: Die Kanonisation des Nikolaus Peregrinus ....................................................................................... 133

Untersuchungsteil III: Jurisdiktion ................................................................................................................. 139 1. 141 142 144 144 152 1.2.2.1 Eine frühe Art von Delegation? Der Fall des unbekannten „G.“ ............................................................................. 152 1.2.2.2 Das fehlende Instrument oder der bessere (De)Legat? Der Streitfall um S. Maria Veterana in Brindisi ........................ 153 1.2.2.3 Vom Richter zum Gerichteten – Bertrand von Trani ................ 154

158

VI

Inhalt

2. Weitere Formen päpstlicher Rechtssprechung und jurisdiktioneller Präsenz ......................................................................................... 161 161 164 165 3. 166 169 Anhang 1. Verzeichnis der päpstlich-apulischen Kontakte im Untersuchungsraum (1059–1189) ............................................................................................................ 173 2. Verzeichnis des Schriftgutes zur delegierten und päpstlichen Gerichts barkeit im Untersuchungsraum (1059–1189) .................................................. 196 3. Verzeichnis der Legatenurkunden im Untersuchungsraum (1059–1189/93) ...................................................................................................... 214 4. Karten ........................................................................................................................ 216 Verzeichnisse Abkürzungsverzeichnis ................................................................................................. 221 223 226 227 249

VII

Vorwort Die vorliegende Studie wurde im Wintersemester 2014/15 von der Philosophischen Fakultät mit Fachbereich Theologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg angenommen und für die Drucklegung überarbeitet und um einschlägige Neuerscheinungen ergänzt. Mit dem Erscheinen dieser Arbeit möchte ich einer Vielzahl von Personen danken, die meinen Weg begleiteten, bereicherten und unterstützen. Die Studie entstand als Teil des Forschungsprojekts „Päpstlich geprägte Integrationsprozesse in Ost- und Westeuropa (11.–13. Jh.) – Universale Einheit oder vereinheitlichte Vielfalt?“ der VolkswagenStiftung, in dem ich zusammen mit meinen Mitstipendiaten Dr. Andreas Holndonner (Erlangen), Dr. Gábor Barabás (Pécs) und Marcel Elias (Brünn/Nürnberg) unter der Projektleitung von Prof. Dr. Klaus Herbers (Erlangen) forschen und an verschiedenen Tagungen, Workshops und Kolloquien in ganz Europa teilnehmen durfte. Ihnen möchte ich für die vielen fruchtbaren Gespräche, praktischen Hilfen und inhaltlichen Anregungen herzlich danken. Auch die Co-Projektleiterin, Frau Prof. Dr. Márta Font (Pécs), gab mir wertvolle Impulse für die Anlage der Arbeit. Herr Prof. Dr. Werner Maleczek (Wien) erstellte das Zweitgutachten. Ihm danke ich für die gründliche Lektüre der Studie, seine sehr hilfreiche und freundliche Begleitung des Fortgangs der Arbeit auf verschiedenen Workshops und Tagungen sowie seine Bereitschaft, meiner Disputation als Korreferent beizuwohnen. Der größte und tief empfundene Dank gilt jedoch dem Erstgutachter und Betreuer dieser Studie, meinem akademischen Lehrer Prof. Dr. Klaus Herbers. Er weckte schon während meiner Studienzeit mein Interesse am Mittelalter und meine Liebe zur Papst- und Kirchengeschichte, die er von Anfang an in vielfältiger Weise förderte. Ihm danke ich für seinen Rat und seine Unterstützung, seine Motivation und auch für seine mitunter fordernde, aber hilfreiche Beharrlichkeit. Ich durfte von ihm, seinem Arbeitswillen, seinem Blick auf fachliche Problemstellungen und aus seinen eigenen Forschungen unendlich viel lernen. Bei Forschungsaufenthalten in Italien boten mir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Deutschen Historischen Instituts in Rom Hilfestellung in zahlreichen Belangen. Ich danke deshalb Herrn Prof. Dr. Michael Matheus, der das Institut bis 2012 leitete, und seinem Nachfolger Prof. Dr. Martin Baumeister für die Benutzung der Bibliotheks- und Archivbestände des Instituts und die mehrfache Mög-

IX

Vowort

lichkeit der Logis im angeschlossenen Gästehaus. Der Leiter der Institutsbibliothek, Dr. Thomas Hofmann, und die Mitarbeiter*innen der Bibliothek halfen mir immer wieder bei Fragen zu Literatur, Bibliotheksnutzung und Nachlässen und Herr Dr. Frank Godthardt war mir eine äußerst freundliche und große Hilfe bei der Nutzung der hauseigenen Archivalien. Die Mitarbeiter der Göttinger Arbeitsstelle des Akademie-Projekts „Papsturkunden im frühen und hohen Mittelalter“, besonders Dr. Waldemar Könighaus und Dr. Daniel Berger, boten mir Hilfestellung bei der Benutzung der hauseigenen Archivbestände und Fotosammlungen. Zahlreiche substantielle Anregungen gaben mir die Gespräche und der insgesamt enge und stets aufs neue inspirierende Austausch mit meinen Kolleginnen und Kollegen Dr. Cornelia Scherer, Dr. Veronika Unger, Dr. Judith Werner, Dr. Matthias Maser und Dr. Thorsten Schlauwitz (alle Erlangen), Dr. Viktoria Trenkle (Tübingen) und Dipl.-Historiker Markus Schütz (Augsburg). Einige von Ihnen haben auch Korrekturen und kritische Lektüre meines Manuskripts übernommen oder mir ihre unveröffentlichten Studien und Regesten zur Verfügung gestellt, wofür ich ihnen ganz besonders danken möchte. Gerade in frühen Phasen der Arbeit stand ich in bereicherndem Austausch über die Arbeit mit Dr. Angela Huang (Lübeck) und Prof. Dr. Gordon Blennemann (Montréal). Sie alle haben mich und meine Forschungen vorangebracht. Ihnen allen gilt mein herzlicher und aufrichtiger Dank! Die Publikation der Studie begleiteten durch ihre zuverlässige und engagierte Hilfe bei der Erstellung des Orts- und Personenregisters und bei der Durchsicht der Anhänge Carola Sylle (Erlangen) und Magdalena-Maria Berkes, M.A. (Marburg). Von Seiten der Reihe „Historische Forschungen“ unterstützten mich Alexandra Bumcke und Jula Endler und vor allem federführend Olaf Meding, M.A., von der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz mit viel geduldiger Empathie, Umsichtigkeit und Freundlichkeit im nicht immer leichten Prozess der Publikation, der von der Geburt zweier Kinder doppelt unterbrochen wurde und deshalb auch zweimal wiederaufgenommen werden musste. Ihnen sei für Ihre Hilfe herzlich gedankt, ebenso wie den beiden Herausgebern der „Historischen Forschungen“ an der Akademie der Wissenschaften und Literatur in Mainz für die Aufnahme in die Reihe. Für die großzügige finanzielle Unterstützung durch die Bereitstellung von Stipendien gebührt der VolkswagenStiftung sowie dem Büro für Gender und Diversity der Philosophischen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg außerordentlicher Dank. Die Arbeit an der vorliegenden Studie wäre ohne die Unterstützung und Nachsicht meiner Familie nicht umsetzbar gewesen. Ich danke von Herzen meiner Mutter Veronika, die mich oft auf ganz praktische Weise entlastete, und vor allem meinem

X

Vorwort

Mann Sebastian, der mir stets ein wahrer Fels in der Brandung ist und mich mit liebe- und verständnisvollem Zutrauen in allen Phasen trug und ertrug. Während des Prozesses der Überarbeitung und Druckvorbereitung der Arbeit haben unsere beiden Söhne Lorenz und Kilian die Familie vergrößert. Sie haben im besten Sinne alles auf den Kopf gestellt und neu geordnet. Ihnen sei diese Studie gewidmet.

XI

Einführung Die Situation der Kirche im normannisch-sizilischen Königreich unter der Regierung Rogers II. (1130–1154) zeichnet der englische Geschichtsschreiber Johannes von Salisbury im Jahr 1162 in düsteren Farben: Rex enim aliorum more tirannorum ecclesiam terre sue redegerat in seruitutem, nec alicubi patiebatur electionem libere celebrari, sed prenominabat quem eligi oporteret, et ita de officiis ecclesiasticis sicut de palacii sui muneribus disponebat.1

König Roger II. habe die Kirche seines Reiches versklavt, ganz nach Sitte der Tyrannen,2 so konstatiert Johannes. Der kirchenreformerische Ruf nach der libertas ecclesiae scheint hier im Reich des Normannen ganz und gar verhallt zu sein. Roger aus dem Hause der normannischen Hauteville hatte 1130 die Königswürde angenommen3 und somit das Königreich Sizilien begründet.4 Ferner, so schreibt der 1 Johannes von Salisbury, Historia Pontificalis, ed. Marjorie Chibnall (Oxford Medieval Texts), London 1956, c. 32, S. 65. 2 Das Bild des (normannisch-)sizilischen Reiches als patria tyrannorum wird auch im salischen Umfeld geprägt, vgl. Theo Broekmann, Wegbereiter neuer ‚Staatlichkeit‘. Das Beispiel der Normannen in Süditalien, in: Salisches Kaisertum und neues Europa, Die Zeit Heinrichs IV. und Heinrichs V., hg. von Bernd Schneidmüller und Stefan Weinfurter, Darmstadt 2007, S. 245–272. Auch spätere Chronisten greifen dieses Bild auf, vgl. Otto von St. Blasien, Chronica, ed. Adolf Hofmeister (MGH SS rer. Germ. 47), Hannover, Leipzig 1912, c. 37, S. 56: Sicilia, que nutrix tyrannorum ab antiquo fuit... 3 Von der Krönung berichtet Alexander von Telese, Ystoria Rogerii regis Sicilie Calabrie atque Apulie, ed. Ludovica de Nava (Fonti per la Storia d’Italia 112), Rom 1991, c. 2,4–6, S. 25 f. sowie etwas später Romuald von Salerno, Chronicon, ed. Carlo Alberto Garufi (Rerum Italicarum Scriptores NS VII/1), Città di Castello, Bologna 1935, S. 218. (Eine neuere Ausgabe der Chronik Romualds inklusive italienischer Übersetzung wurde 2001 von Cinzia Bonetti vorgelegt: Romualdo II Guarna, Chronicon, hg. und übers. von Cinzia Bonetti (Schola Salernitana, Studi e Testi 6), Cava de’Tirreni 2001, wobei der Quellentext auf der Edition von Garufi in den Fonti per la Storia d’Italia beruht und die Übersetzung auch die ältere MGH-Edition von Arndt von 1866 einbezieht. Ein kritischer Apparat fehlt bei Bonetti. In dieser Arbeit wird in der Regel die Edition von Garufi verwendet und mitunter auf die MGH-Edition von Arndt von 1866 verwiesen.) Der Krönungsordo wird untersucht von Reinhard Elze, The Ordo for the coronation of King Roger II of Sicily. An example of dating from internal evidence, in: Coronations, Medieval and early modern monarchic ritual, hg. von János M. Bak, Berkeley, Calif. 1990, S. 165–178. 4 Zur Übernahme der königlichen Würde durch Roger vgl. die klassische Untersuchung von Erich Caspar, Roger II. (1101–1154) und die Gründung der normannisch-sicilischen Monarchie,

1

Einführung

Chronist weiter in seiner „Geschichte der Päpste“, habe der König die freie Wahl von Kirchenmännern verhindert und zudem über Kirchenämter wie über Hofämter verfügt. Ein vernichtendes Zeugnis, welches der Abaelard-Schüler Johannes dem Herrscher ausstellt, aber zugleich ein subkutaner Hinweis auf die schwache Position der Kirche in Rogers Königreich, welches nicht nur das insulare Sizilien, sondern auch weite Teile des festländischen Unteritaliens umfasste.5 Doch das Oberhaupt der römischen Kirche, der Papst, sei sich dieses Problems durchaus bewusst gewesen und habe, ganz im Interesse seiner eigenen Autorität und zur Befreiung seiner Kirche von weltlichen Einflüssen, Verbote in der Sache verhängt: Ob hanc causam taliter electos inhibuit Romana ecclesia consecrari, adeoque processerat inhibitio ut pauce sedes propriis gauderent episcopis et fere in omnibus ecclesiis residebant uiri a multis annis electi.6

Letztendlich sei aber Frieden geschlossen worden zwischen König und Papst und die meisten Elekten hätten zum Sakrament der Weihe gelangen können.7 Als Johannes von Salisbury acht Jahre nach dem Tod von Roger II. die Situation der unteritalienischen Kirche in den Regierungsjahren des verstorbenen Königs beschrieb, mochte ihm bewusst gewesen sein, dass die Kirche des regnum siciliae in der von ihm gezeichneten Form einen Sonderfall im Gesamtgefüge der römischen Kirche darstellte. Denn zu dieser Zeit hatte die Kirche die Hochphase der Kirchenreform, die im 11. Jahrhundert ihren Ausgang nahm, bereits hinter sich gelassen. Nachdem mehrere Generationen von Päpsten und Prälaten für die libertas ecclesiae gekämpft und diese vielerorts vor weltlichen Zugriffen verteidigt hatten, wurden jene Ansprüche vor allem in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts weiterentwickelt. Einer der Kirchenmänner, die vehement für die Rechte und Unabhängigkeit der Kirche eintraten, war der Theologe und Geschichtsschreiber Johannes von Salisbury. Auch aus dieser Perspektive ist Johannes’ Urteil über die Kirche Süditaliens unter König Roger II. zu verstehen.

Innsbruck 1904 sowie Reinhard Elze, Zum Königtum Rogers II. von Sizilien, in: Ders., Päpste – Kaiser – Könige und die mittelalterliche Herrschaftssymbolik. Ausgewählte Aufsätze, hg. von Bernhard Schimmelpfennig und Ludwig Schmugge (Variorum Collected studies series 152), London 1982, S. 102–116; eine allgemein-biographische Studie zu Roger und seiner Herrschaft bietet Hubert Houben, Roger II. von Sizilien. Herrscher zwischen Orient und Okzident, Darmstadt 1997. Vgl. ferner die in Anm. 38 angegebene Literatur. 5 Vgl. beispielsweise die Darstellung Süditaliens in normannisch-süditalienischer Zeit bei Hubert Houben, Die Abtei Venosa und das Mönchtum im normannisch-staufischen Süditalien (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 80), Tübingen 1995, S. 15. 6 Johannes von Salisbury, Historia Pontificalis (wie Anm. 1), c. 32, S. 65 f. 7 Vgl. ibid., c. 32, S. 65 f.: Sic reformata pace inter ecclesiam et regem amici ab inuicem discesserunt. […] Electorum plurimi consecrati sunt …

2

Einführung

Untersuchungsfeld Das Papsttum versuchte seit der Mitte des 11. Jahrhunderts seinen Anspruch auf die universelle Leitung der Kirche zu verwirklichen, sich aus der regionalen Gebundenheit zu lösen und sukzessiv die gesamte abendländische Kirchenstruktur auf Rom hin auszurichten, zu zentralisieren und sie zu durchdringen sowie laikale Einflüsse innerhalb der Kirche zu vermindern – so die in der Forschung allgemein etablierte Annahme. In diesem Prozess sei die Kirche nach Tellenbach bestimmt durch Transpersonalisierung, Institutionalisierung und Judizierung.8 Der Begriff ‚Reformpapsttum‘ – der, wie auch der Begriff der ‚Gregorianischen Reform‘9 nicht unproblematisch ist – wird von der Forschung verwendet, um jene Päpste zu beschreiben, die begannen, die oben beschriebenen Ansprüche in die Tat umzusetzen. Für den Moment des Umbruchs und das Zeitalter des Wandels in der Geschichte des Papsttums hat sich mittlerweile der Begriff der ‚papstgeschichtlichen Wende‘ etabliert,10 der auch in der vorliegenden Arbeit verwendet wird. So stellt Rudolf Schieffer für diese Epoche, die er in die zweite Hälfte des 11. Jahrhunderts datiert, einen zunehmenden Lenkungswillen der Päpste über die lateinische Gesamtkirche fest.11 Ohne diese Annahme grundsätzlich in Frage zu stellen, sollte dennoch bedacht werden, dass Bezeichnungen wie ‚Reformpapsttum‘ den Blick auf das Papsttum als Akteur und Förderer der Kirchenreform verengen und andere Protagonisten – wie beispielsweise monastische Reformbewegungen12 – ausblenden, die sowohl als Träger und Impulsgeber der Reform als auch als deren Adressaten die 8 Siehe Gerd Tellenbach, Gregorianische Reform. Kritische Besinnungen, in: Kirche und Reich vor dem Investiturstreit, hg. von Karl Schmid, Sigmaringen 1985, S. 99–113, S. 108 f. (ND in: Ausgewählte Abhandlungen und Aufsätze, Bd. 5, hg. von dems., Stuttgart 1996, S. 95–110). 9 Gerd Tellenbach hat die gängigen Begriffe ‚Gregorianische Reform‘, ‚Reformpapsttum‘, ‚Reformpartei‘ etc. problematisiert. Er fordert eine exakte Bestimmung von Fall zu Fall. Vgl. Tellenbach, Gregorianische Reform (wie Anm. 8). Cinzio Violante hat sich 1992 mit der älteren und neue­ ren Forschung zur Kirchenreform des 11. Jahrhunderts auseinandergesetzt und ging dabei auf verschiedene Positionen und Linien, aber auch auf die Begrifflichkeit ein, vgl. Cinzio Violante, La riforma ecclesiastica del secolo XI come progressiva sintesi di contrasti idee e strutture, in: Sant’Anselmo vescovo di Lucca (1073–1086) nel quadro delle trasformazioni sociali e della riforma ecclesiastica. Atti del convegno internazionale di studio, Lucca 25–28 settembre 1986, hg. von dems., Rom 1992, S. 1–15. 10 Siehe unter anderem die Verwendung des Begriffes der ‚papstgeschichtlichen Wende‘ bei Rudolf Schieffer, Motu proprio. Über die papstgeschichtliche Wende im 11. Jahrhundert, in: Historisches Jahrbuch 122 (2002), S. 27–42. 11 Ibid., S. 28. 12 Zur Rolle der Orden innerhalb der Kirchenreform siehe die Studien im Band Il monachesimo e la riforma ecclesiastica (1049–1122). Atti della quarta Settimana internazionale di studio, Mendola 23-29 agosto 1968 (Pubblicazioni dell’Università Cattolica del Sacro Cuore. Contributi, serie terza, Varia 7: Miscellanea del Centro di studi medioevali 6), Mailand 1971.

3

Einführung

Reformmaßnahmen annahmen, einforderten und zur Anwendung brachten, weiterentwickelten und förderten. Die Kirchenreform, die ohne Zweifel auch maßgeblich von den Päpsten verbreitet wurde, war keine uniforme „One-man-show“, sondern ein komplexer, durch push- und pull-Bewegungen gekennzeichneter Prozess. Die steigende Zahl an Anfragen und Themen, die aus dem Orbis Christianus an das Papsttum herangetragen wurden, führten verschränkt mit dem Leitungswillen der Päpste zu einer Professionalisierung in der Bearbeitung und Beantwortung dieser Fragen. Die im Zuge der Kirchenreform erklärten Prioritäten auf dem Wege hin zu einem von laikalen Einflüssen befreiten, klerikalisierten Kirchenschiff und einer römischen Deutungshoheit in juristischen und theologischen Fragen sollten nun innerhalb der gesamten lateinischen Kirche durch- und umgesetzt werden. Ritus, Recht und kirchliche Praxis waren von nun an am römischen Modell zu orientieren. Mit der Zentralisierung der Kirche ging also nicht nur ein weitreichender Bedeutungszuwachs der römischen Bischöfe einher, sondern auch die punktuelle innere Reorganisation und Homogenisierung administrativer und jurisdiktioneller Strukturen in den europäischen Kirchenlandschaften und Herrschaftsgebieten.13 Doch welche Möglichkeiten standen den Päpsten realiter und zumindest dem Anspruch nach zur Verfügung, um einheitsstiftend zu wirken? Welche Wirkung zeigten vermeintlich integrative Instrumentarien in den unterschiedlichen Regionen der abendländischen Christenheit? Die vorliegende Studie wird sich mit diesen Fragen im Hinblick auf eine an den Grenzen des lateinischen Europas liegende Region befassen: mit dem unteritalienischen Apulien, das im 12. Jahrhundert Teil des normannischen regnum siciliae und damit endgültig aus dem byzantinischen Herrschaftsbereich gelöst wurde. Der Fokus der vorliegenden Arbeit liegt auf der Frage nach Art und Bedeutung der in Apulien zum Einsatz kommenden päpstlichen Instrumentarien innerhalb des Prozesses der Zentralisierung der lateinischen Kirche der Region. Apulien bildete nicht nur geographisch eine Randzone des lateinischen Europas. Große Teile Unteritaliens und Apuliens standen bis zur Eroberung durch die Normannen unter byzantinischer Herrschaft. Die politischen Umbrüche zur Mitte des 13 Dass die päpstlichen Zentralisierungsmaßnahmen jedoch nicht in allen Regionen der römischen Christenheit in gleichem Maße und auf gleichem Terrain gleichmäßig und aktiv durchgesetzt worden sind, hat für die Zeit vom 6. Jahrhundert bis ins Jahr 1085 Thomas Deswarte für die Iberische Halbinsel nachgewiesen. Für das 11. Jahrhundert schenkt er dabei besonders der Annahme des römischen Ritus in Kastilien-León Aufmerksamkeit, vgl. Thomas Deswarte, Une chrétienté romaine sans pape. L’Espagne et Rome (586–1085) (Bibliothèque d’Histoire Médiévale 1), Paris 2010. Die römische Durchdringung des spanischen Erzbistums Toledo im 11. und 12. Jahrhundert wurde zudem umfassend untersucht durch Andreas Holndonner, Kommunikation – Jurisdiktion – Integration. Das Papsttum und das Erzbistum Toledo im 12. Jahrhundert (ca. 1085 – ca. 1185) (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Neue Folge 31), Berlin 2014.

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Einführung

11. Jahrhunderts förderten eine Neuausrichtung Süditaliens nach Westen und waren darüber hinaus Movens für kirchliche Umwälzungsprozesse, die die sogenannten Reformpäpste und römische Prälaten vor neue Aufgaben stellten, weil die teils antiken, teils in byzantinischer Zeit erhobenen Diözesen und Metropolen nun eine strukturelle sowie hierarchische (Neu-)Ordnung verlangten. Mit dem Herrschaftswechsel auf weltlicher Ebene setzte zudem eine von den Normannen geförderte verstärkte Latinisierung des religiösen Lebens ein, wobei die griechische Kultpraxis nicht verdrängt, sondern durchaus bewahrt wurde – unter der Prämisse der Anerkennung der Oberhoheit des Papstes. Es stellt sich im Kontext der vorliegenden Untersuchung die Frage, wie die Päpste die beschriebene Entwicklung nach ihren Vorstellungen bestimmen, prägen und auf Rom hin ausrichten konnten und damit Integrationsprozesse anstießen, ganz im Sinne der Kirchenreform und Stärkung der Position des Papsttums. Denn trotz der geographischen Romnähe erwies sich Süditalien mehr als einmal als Landschaft der Sonderfälle, als Grenzraum, in dem die Maßnahmen der Kirchenreform zur Vereinheitlichung des kirchlichen Lebens, der Rombindung und Akzentuierung des römischen Primats nicht mit der Wirkmächtigkeit zur Durchsetzung kamen, wie es die Entwicklungen in der Gesamtkirche vermuten lassen.14 Im Gegenteil kehrten einige Geschehnisse geradezu die Prinzipien der sog. gregorianischen Reform um. Hierbei sei vor allem die monarchia sicula genannt. Dabei handelt es sich um Sonderrechte, die Papst Urban II. (1088–1099) im Jahr 1098 dem normannischen Grafen Roger I. von Sizilien und seinen Nachfolgern gewährte, und beinhaltet die Beauftragung des sizilischen Herrschers mit der ständigen Legation für die Insel.15 Ein weiteres exzeptionelles Moment der Geschichte von Päpsten und Normannen, welches die Grundsätze der Kirchenreform, wie sie nördlich der Alpen, aber auch in Norditalien mit aller Härte durchgesetzt werden sollte, bei­nahe radikal umkehrte, ist der Vertrag von Benevent vom Juni 1156, der den Frieden zwischen Papst Hadrian IV. (1154–1159) mit dem sizilischen König Wilhelm I. (1154–1166) besiegelte, ebenso wie die Investitur des Herrschers in Sizilien, Apulien und Capua und die Tolerierung der Einheit des normannischen Regnums mit den besetzen Gebieten des Kirchenstaates sowie Neapel, Amalfi und Salerno. Dies geschah unter größeren Zugeständnissen gegenüber dem König in Fragen des 14 Für Kalabrien belegt dies Jochen Johrendt, Der Sonderfall vor der Haustüre: Kalabrien und das Papsttum, in: Römisches Zentrum und kirchliche Peripherie. Das universale Papsttum als Reformpäpsten bis zu Innozenz III., hg. von Jochen Johrendt und Harald W. Müller (Neue Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse, Neue Folge 2: Studien zu Papstgeschichte und Papsturkunden), Berlin, New York 2008, S. 235–258. Auch für weite Teile des restlichen normannischen Herrschaftsverbandes auf italienischem Boden ist dies wohl eine zutreffende Feststellung. 15 Vgl. IP 8, S. 25, Nr. 81.

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Einführung

Kirchenregiments, wie etwa dem Approbationsrecht Wilhelms für alle kirchlichen Wahlen in seinem gesamten Reich. Gleichzeitig jedoch erhielt das Papsttum mit den Normannen einen möglichen, militärisch versierten Bundesgenossen.16 Welche Einflüsse der Päpste auf die apulische Kirche lassen sich trotz jener Zugeständnisse gegenüber den Normannen in Süditalien und deren dominanter Stellung diagnostizieren? Interessant ist diese Frage gerade auch im Hinblick auf die Neuorganisation der bisher griechisch geprägten Kirchenstruktur Apuliens ab der Mitte des 11. Jahrhunderts, die erst ein Jahrhundert später als abgeschlossen betrachtet werden kann. Damit einhergehend und von den normannischen Herrschern gefördert fand eine allmählich wirksam werdende Latinisierung des religiösen Lebens statt. Inwiefern konnten die Päpste diese Entwicklung nach ihren Vorstellungen bestimmen, prägen und auf Rom hin ausrichten? Welche Akzeptanz hatten die päpstlichen Instrumente am Absatz des italienischen Stiefels? Konnte das hochmittelalterliche Papsttum nach der ‚papstgeschichtlichen Wende‘ tatsächlich eine Integration, gar eine Zentralisierung und Homogenisierung des Raumes Apulien beziehungsweise seiner kirchlichen Institutionen erreichen? Ziel der Untersuchungen soll sein, ein differenziertes Bild über Möglichkeiten und Grenzen sowie Art und Ausprägung der päpstlichen Integrationspolitik in Apulien vom Zeitpunkt der päpstlichen Belehnung der Normannen mit dem Herzogtum Apulien in der Mitte des 11. Jahrhunderts bis zum faktischen Ende der Herrschaft der Dynastie der Hauteville im Königreich Sizilien 1189 zu erhalten und die päpstlichen Vereinheitlichungsinstrumentarien, die in der gesamten abendländischen Christenheit sukzessiv Anwendung fanden, durch ihre Charakterisierung für einen speziellen Raum genauer zu konturieren. Der zeitliche Rahmen dieser Studie umfasst die 130 Jahre zwischen offizieller päpstlicher Anerkennung der normannischen Eroberungen in Süditalien und der Be­lehnung Robert Guiskards mit dem Herzogtum Apulien durch Papst Nikolaus II. im Jahr 1059 und dem Tod Wilhelms II. 1189 und damit dem (inoffiziellen, aber nachwirkenden) Ende der Hauteville-Herrschaft über Süditalien. Unter der Herrschaft der Staufer, die mit Heinrich VI. begann und von seinem Sohn Friedrich II. fortgesetzt werden sollte, änderten sich die inneren und äußeren Bedingungen der Beziehungen zwischen dem Papsttum und den Herrschern des Königreichs Sizilien und damit auch der Region Apulien erneut.

16 Siehe Guillelmi I. regis Diplomata, ed. Horst Enzensberger (Codex Diplomaticus Regni Sici­ liae I, 3), Köln, Wien 1996, n. 12, S. 32–36.

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Methodik Zurückblickend auf Johannes von Salisbury und sein Bild von der Versklavung der unteritalienischen Kirche durch Roger II. im 12. Jahrhundert17 schränkt Norbert Kamp, ausgewiesener Kenner der hochmittelalterlichen Kirche des Mezzogiorno, diesen Quellenbefund ein: Die von Johannes beschriebene sklavische Abhängigkeit der Kirche vom Herrscher, vom rex tyrannus Roger II., möge für Sizilien gelten, müsse aber für den apulischen Landesteil und die ehemals langobardischen Fürstentümer stärker differenziert werden.18 Die Feststellung des Saresberiensis gehe an der Realität vorbei, da Roger kaum Bischöfe und hohe Geistliche in seinen höfischen Dienst berufen habe. Die ‚Kirchenpolitik der Abschirmung‘ habe nicht auf eine schrittweise Integration des Episkopats in staatliche Funktionen abgezielt. Intendiert sei vielmehr die allgemeine Herrschaftssicherung gewesen, die der Kirche das Ventil einer an der römischen libertas orientierten Opposition verschloss.19 Kamp stellt folgende Instrumentarien zur Bindung des apulischen Episkopats an Rom – das auch Rüstzeug gegen herrschaftliche Bevormundung sei – heraus: 1. Papstreisen und Konzilien vor Ort, 2. Besetzung von Bistümern, in Rom gewährte persönliche Weihen, 3. Ausstellung von Privilegien. Basierend auf der Annahme Kamps, dass spezielle Instrumentarien als Mittel zur Durchdringung der apulischen Kirchenlandschaft nach römischer Art dienten, werden in der vorliegenden Studie in systematischer (und nachgeordnet chronologischer) Weise exemplarisch ausgewählte Instrumentarien untersucht, die nicht sklavisch der Auflistung von Kamp folgen, sondern diese stellenweise einschränken und andererseits gerade um Mittel der Gerichtsbarkeit ergänzen. Systematisch widmet sich die Untersuchung deshalb den folgenden Instrumentarien: 1.)  der Urkundenproduktion und damit der Rolle der Schriftlichkeit, 2.) Mitteln der persönlichen Bindung und päpstlichen Präsenz, wie a.) Papstreisen nach Apulien und damit verbunden ausgewählten päpstlichen Konzilien vor Ort sowie für die Fragestellung relevante und vor Ort durchgeführte Handlungen, b.) der Verleihung von Pallien an apulische Prälaten sowie

17 Vgl. Anm. 1. 18 Siehe Norbert Kamp, Der unteritalienische Episkopat im Spannungsfeld zwischen monarchischer Kontrolle und römischer „libertas“ von der Reichsgründung Rogers II. bis zum Konkordat von Benevent, in: Società, potere e popolo nell’età di Ruggero II, Atti delle terze giornate normanno-sveve, Bari, 23–25 maggio 1977 (Centro di Studi Normanno-Svevi, Bari: Atti 3), Bari 1979, S. 99–132, hier: S. 99. 19 Vgl. ibid., S. 130.

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c.) Einzelereignissen, die persönliche Kontakte belegen und mitunter die Anerkennung der römischen Autorität belegen, wie die Kirchweihe in Montecassino im Jahr 1071 als Großereignis auch für den Episkopat des unteritalienischen Raumes oder aber die durch Bischof Bisantius von Trani betriebene Kanonisation des Nikolaus Peregrinus an der Kurie. 3.) Einen weiteren Untersuchungsblock bildet die Jurisdiktion, wobei der Einsatz von a.) delegierten Richtern in und aus Apulien sowie b.) Legationen quantitativ erfasst sowie kontextualisiert und analysiert werden. Wann lassen sich erste Fälle einer delegierten Gerichtsbarkeit im apulischen Raum nachweisen? Kann sie sich etablieren? Wie gestaltete sich ein Legationswesen mit einem Normannenherrscher an der Spitze, der auf Sizilien als ständiger päpstlicher Legat agieren konnte, der seine Befugnisse vielleicht auch auf das Festland transferieren wollte? Im Falle der Delegationen ist hierbei der Empfängereinfluss zu beachten, da dieses Instrumentarium zwar vom Papst zur Verfügung gestellt wurde, aber von den Streitparteien per Appellation an die Kurie erbeten werden musste. Es handelt sich dabei also um eine Entwicklung „von unten“. Deshalb ist das Vorkommen von Delegationen auch als Gradmesser für die Akzeptanz der päpstlichen Autorität anzusehen. Die einzelnen aufgelisteten Bereiche sind jedoch nicht als monolithische Blöcke zu verstehen – sie greifen ineinander, überlagern und bedingen sich. Allen hier exemplarisch untersuchten Einzelaspekten, seien es „Präsenz und Bindung“, „Jurisdiktion“ oder „Schriftlichkeit“ ist ein Faktor gemeinsam: derjenige der Kommunikation, ohne den keiner der genannten zu verstehen ist. Vor diesem Hintergrund ist die Auswahl der Quellen von einem vorwiegend diplomatischen Ansatz bestimmt. Dieser basiert auf der Annahme, dass die vom Papsttum seit der Mitte des 11. Jahrhunderts in wachsender Zahl und sich stärker formalisierenden Verfahren ausgestellten Urkunden ein zentrales Element bei der Verbreitung des päpstlichen Willens spielten. Die breite Quellenbasis für die einzelnen Untersuchungsteile bilden die von Walther Holtzmann in Band IX der Italia Pontificia regestierten Urkunden. So wird zuvorderst die Quantität der ausgestellten Papsturkunden für die Empfängerlandschaft Apulien ermittelt und in Bezug zum Umfang der Urkundenproduktion für die Gesamtkirche gesetzt. Auf diese Weise werden unter Berücksichtigung der schwierigen Überlieferungslage einerseits die Kontakte und Beziehungen zwischen Papsttum und apulischer Kirche quantifiziert, andererseits wird aber auch etwas über die Ausrichtung der süditalienischen Petenten nach Rom und die tatsächliche Durchdringung der apulischen Kirchenlandschaft ausgesagt, da Urkunden in der Regel auf Eigeninitiative hin erbeten wurden.

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Untersuchungsraum Eingrenzung Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich auf systematischer Ebene im Wesentlichen mit der ‚Integration‘ der lateinisch geprägten apulischen Kirche als institutionellem Gerüst – also nicht in erster Linie mit der apulischen Gesellschaft beziehungsweise den lokalen und regionalen Machthabern – in das Gefüge der sich zunehmend als autoritative Größe formierenden und institutionalisierenden römischen Kirche. Aufgrund des Zuschnittes der Studie auf die Kirchenlandschaft Apuliens orientiert sich die Auswahl der hier erforschten Gebiete an der diözesanen Ordnung des 11. und 12. Jahrhunderts mit Schwerpunkt auf Nord- und Mittelapulien. Damit werden (Erz-)Bistümer Apuliens beleuchtet, die trotz der nicht unerheblichen Einflüsse einer griechischen Bevölkerungsminorität mehrheitlich lateinisch geprägt waren – im Gegensatz zu den südlichen Teilen der Salentinischen Halbinsel, die spätestens seit dem 9. Jahrhundert bis hin zur normannischen Eroberung kirchlich und politisch Konstantinopel unterstanden und gräzisiert waren. Den Untersuchungsraum der vorliegenden Studie bilden damit also konkret die nord- und zentralapulischen Erzbistümer Trani, Bari und Brindisi und ihre jeweiligen – mitunter zahlreichen – Suffragane sowie das exemte Bistum Monopoli. Diese Kirchen waren auch während der byzantinischen Herrschaft nominell unter römischer Jurisdiktion und beim lateinischen Ritus verblieben.20 Zusätzlich werden in zweiter Linie andere, benachbarte Bistümer einbezogen, wenn dies der Erforschung der Kernfrage dient, beispielsweise wenn eine Person aus dem Untersuchungskernraum in einem Nachbarbistum als delegierter Richter in Aktion tritt. Die Vielzahl an Klein- und Kleinstbistümern in dieser Region im Südosten der italischen Halbinsel macht eine Einschränkung des untersuchten Raumes innerhalb Apuliens nötig, sodass die Entscheidung zugunsten des stärker lateinisch geprägten Gebietes vom nordapulischen Bistum Trani bis in die südlich gelegenere (Erz-)Diözese Brindisi ausfiel. Die Ordnung folgt dabei der Aufteilung von Holtzmann in Band IX der Italia Pontificia.21

20 Vgl. hierzu Peter Herde, Das Papsttum und die griechische Kirche in Süditalien vom 11. bis zum 13. Jahrhundert, in: Deutsches Archiv 26 (1970), S. 1–46, hier: S. 3 f., Vera von Falkenhausen, La dominazione bizantina nell’Italia meridionale, Bari 1978, S. 173, Thomas Hofmann, Papsttum und griechische Kirchen in Süditalien in nachnormannischer Zeit (13.–15. Jahrhundert). Ein Beitrag zur Geschichte Süditaliens im Hoch- und Spätmittelalter, Diss., Würzburg 1994, S. 25 f. 21 Walther Holtzmann, Italia pontificia sive repertorium privilegiorum et litterarum a Romanis pontificibus ante annum 1198 Italiae ecclesiis monasteriis civitatibus singulisque personis concessorum. Samnium, Apulia, Lucania (Regesta pontificum Romanorum, Italia Pontificia 9), Berlin 1962.

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Die vorwiegend griechisch geprägten Gebiete im Süden des Stiefelabsatzes und an den Grenzen zur Basilikata wurden nicht in die Kernuntersuchung einbezogen (also die Terra d’Otranto, die Orte bzw. Bistümer wie Acerenza, Rapolla oder Venosa, Melfi oder die nördlich angrenzende Capitanata). Warum aber scheint es lohnenswert, sich in Fragen der Institutionalisierung und im Zusammenhang mit Homogenisierungsbestrebungen der Kirche Roms gerade mit der Region Apulien zu beschäftigen, einem Landstrich zwar unweit Roms und vermeintlich doch an den Grenzen der lateinischen Kirchenlandschaft? Nach dem Bruch zwischen Ost- und Westkirche im Jahr 1054, dem ‚Großen‘ oder auch dem ‚Morgenländischen Schisma‘, nutzten die kirchlichen Entscheidungsträger beider Seiten Apulien immer wieder als Bühne zur Diskussion und Thematisierung des Konfliktes.22 So hatte sich beispielsweise eine nicht unbedeutende Episode auf dem Weg zur Kirchenspaltung auf apulischem Terrain zugetragen: Mit der Übersendung einer Streitschrift des griechischen Erzbischofs Leon von Ochrid an den lateinischen und wohl byzanzfreundlichen Bischof Johannes von Trani im Jahr 1053 wurde ein theologischer Disput um unterschiedliche Gebräuche in Ost- und Westkirche entfacht, der bald in die Formulierung und Stilisierung von Grundsatzfragen mündete.23 Als Kardinalbischof Humbert von Silva  Candida im Frühjahr 1053 nach Trani reiste, präsentierte ihm der örtliche Oberhirte Johannes besagte 22 Vgl. Dietrich Heissenbüttel, Indizien kultureller Differenz in den mittelalterlichen Bau-, Bildund Schriftdenkmalen aus Bari und Matera. Ein Schichtenmodell, in: Lateinisch-griechisch-arabische Begegnungen. Kulturelle Diversität im Mittelmeerraum des Spätmittelalters, hg. von Margit Mersch und Ulrike Ritzerfeld, Berlin 2009, S. 199–218, hier: S. 215. 23 Johannes von Trani, dessen Diözese zwar im byzantinischen Herrschaftsbereich lag, aber dennoch der römischen Obödienz unterstand, leitete in Personalunion auch das Erzbistum Siponto, das Papst Benedikt IX. (1032–44/45) als selbständiges Erzbistum anerkannt hatte – vielleicht auch, um die römische Kirche dort an Einfluss gewinnen zu lassen. Leo IX. revidierte die Entscheidung seines Vorgängers, entzog Bischof Johannes von Trani den Stuhl von Siponto und unterstellte das Bistum wieder dem Erzbischof von Benevent. Es ist davon auszugehen, dass die griechische Seite deshalb in Johannes einen Verbündeten im Streit mit dem Papst erkennen mochte. Die Streitschrift kritisierte in scharfem Ton disziplinäre und liturgische Gewohnheiten der Lateiner. Der Absender, Erzbischof Leon von Ochrid, hatte anscheinend gewisse Verbindungen zum Patriarchen Michael Kerularios und sein Brief knüpfte an bereits bestehende Vorwürfe und Ausschreitungen gegen Lateiner in Konstantinopel an. Dem vermeintlich gleichgesinnten Johannes sollte nun die Aufgabe zukommen, den Inhalt der Streitschrift bei allen Erzbischöfen des Westens und dem Papst bekannt zu machen, vgl. dazu Axel Bayer, Spaltung der Christenheit. Das sogenannte morgenländische Schisma von 1054 (Beihefte zum Archiv für Kulturgeschichte 53), Köln, Weimar, Wien 2002, S. 64–68. Die Edition des griechisch verfassten Schreibens und der lateinischen Übersetzung Humberts von Silva Candida findet sich in den Acta et Scripta quae de controversiis ecclesiae Graecae et Latinae saeculo XI conscripta extant, ed. Cornelius Will, Leipzig [u.a.] 1861, S. 56–61. Siehe dazu auch Johann Friedrich Böhmer, Regesta Imperii III. Salisches Haus 1024–1125. 5. Abt.: Papstregesten 1024–1058. 2. Lieferung: 1046-1058, ed. Karl Augustin Frech, Köln [u.a.] 2011, n. 1038, S. 530 f., sowie n. 1040, S. 532 f.

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Streitschrift. Kardinal Humbert wiederum reichte eine lateinische Übersetzung des Textes an Papst Leo IX. (1049–1054) weiter, wobei er den Absender um den Patriarchen Michael Kerularios erweiterte, in dem er vermutlich den gedanklichen Vater des Schreibens sah. Ein an Leon von Ochrid und Michael Kerularios adressierter Antwortbrief Leos, der allerdings nicht abgesendet worden war, zeugt sowohl von Leos dogmatisch begründetem, päpstlichen Primatsanspruch und seinem uneingeschränkten Festhalten an der römischen Tradition, als auch von der Verschärfung der bereits angespannten Situation zwischen Ost- und Westkirche.24 Diese Episode veranschaulicht die Rolle Apuliens als ein Aktionsfeld des west-östlichen Kirchenstreits. Ein weiteres Beispiel wäre etwa das Konzil von Bari 1089. Um sich dem Spezifischen der Region Apulien weiter zu nähern, sei im Folgenden ein Blick auf den Begriff ‚Apulien‘, den Raum und seine Geschichte vor allem im Laufe des 11. und 12. Jahrhunderts geworfen.

Charakterisierung Jean-Marie Martin nähert sich in seinem umfangreichen Werk „La Pouille du VIe au XIIe siècle“25 der Region Apulien auf vielfältige Weise, beschreibt gliedernde, aber auch einschränkende geographische Faktoren wie Böden und Klima, Vegetation und Fauna, bevor er sich dann der Geschichte Apuliens widmet, und gibt einleitend zu bedenken: „Il ne s’agit pas pour nous de découvrir ou d’inventer un quelconque déterminisme géographique: la différence entre la géographie humaine de l’ApuliaCalabria romaine et celle de la Pouille médiévale suffira à montrer qu’une même région peut connaître – et a connu – plusieurs types d’aménagement successifs.“26 Die Definition eines hochmittelalterlichen Territoriums ‚Apulien‘ erweist sich als schwierig. Vielmehr scheint der Begriff, der in gentiler Wortabstammung auf die präromanische Bevölkerung des Landstrichs, die Japyger, verweist, ein nichtstatisches, variables Gebiet zu bezeichnen, welches nicht nur im Laufe der Antike und des Mittelalters, sondern auch in den knapp 150 Jahren des hier untersuchten Zeitraumes stetem Wandel unterlag. Die italienische Sprache kennt nicht nur die Singular-Bezeichnung ‚la Puglia‘, sondern auch den Plural ‚le Puglie‘. Wenn so von den (vielen) Apulien gesprochen wird, wird zugleich der Pluralität und Heterogenität der Region Ausdruck verliehen.

24 Vgl. Bayer, Spaltung (wie Anm. 23), S. 72–76 und die Edition bei Acta et Scripta (wie Anm. 23), S. 65–85. 25 Jean-Marie Martin, La Pouille du VIe au XIIe siècle (Collection de l’École française de Rome 179), Rom 1993. 26 Ibid., S. 63.

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Ethnische und religiöse Vielfalt kann für das gesamte Mittelalter als Charakteristikum Apuliens gelten, wo Langobarden, Byzantiner, Normannen, Slawen, Arme­ nier, Araber und Juden koexistierten und das Land jeweils durch eigene Kulturen und Wissenskulturen prägten. Historische Grenzlinien der Region sind auch für das Hochmittelalter nicht eindeutig auszumachen oder veränderten sich zusammen mit den Herrschaftsverhältnissen rasant. Ausgehend von einer normannischen ‚Grafschaft Apulien‘ noch vor Beginn des hier untersuchten Zeitraumes hin zu einem ‚Herzogtum Apulien‘, welches auch im Titel der sizilischen Könige bestehen bleiben sollte, wird am Ende des 12. Jahrhunderts der ganze nicht-kalabrische und nicht-inselsizilische Teil des süditalienischen Normannenreiches mit dem Begriff Apulia betitelt.27 Seit den Kriegszügen Kaiser Justinians im 6. Jahrhundert hatte der italienische Süden unter oströmisch-byzantinischer Herrschaft gestanden, wobei die langobardischen Fürstentümer Benevent, Capua und Salerno eigene Herrschaftseinheiten bildeten und einige Städte, wie Neapel und Amalfi, teils unabhängig agieren konnten. Die nun von Konstantinopel regierten Gebiete Apulien, Kalabrien und Sizilien waren zu einer Verwaltungseinheit Sikilia zusammengefasst. In der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts wurde Süditalien in eine kampanisch-langobardische und eine apulisch-kalabrisch-griechische Zone geteilt.28 Diese Gliederung war auch für die kirchliche Organisation entscheidend, denn die südliche Zone mit Apulien und Kalabrien verschwand von nun an beinahe gänzlich aus der römischen Einflusssphäre, während die Möglichkeiten zu päpstlichem Handeln im nördlicheren Kampanien nicht nur erhalten blieben, sondern sich auch neu entfalten konnten.29 27 Vgl. dazu unter anderem Hubert Houben, Politische Integration und regionale Identitäten im normannisch-staufischen Königreich Sizilien, in: Fragen der politischen Integration im mittelalterlichen Europa, hg. von Werner Maleczek (Vorträge und Forschungen 63), Ostfildern 2005, S. 171–184. 28 Zur byzantinischen Herrschaft über Unteritalien vgl. Vera von Falkenhausen, Untersuchungen über die byzantinische Herrschaft in Süditalien vom 9. bis ins 11. Jahrhundert (Schriften zur Geistesgeschichte des östlichen Europa 1), Wiesbaden 1967. 29 So Hans-Walter Klewitz, Zur Geschichte der Bistumsorganisation Campaniens und Apuliens im 10. und 11. Jahrhundert, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 24 (1932–33), S. 1–61, hier S. 3 sowie Claudia Alraum, Wirkungsfeld Roms? Tendenzen in der süditalienischen Kirchenlandschaft im 8. und 9. Jahrhundert, in: Southern Italy as Contact Area and Border Region during the Early Middle Ages. Religious-Cultural Heterogeneity and Competing Powers in Local, Transregional and Universal Dimensions, hg. von Klaus Herbers und Kordula Wolf (Beihefte zum Archiv für Kulturgeschichte 80), Köln 2018, S. 273–294. Vgl. dazu auch das Regestenwerk zu Johannes VIII., in dem aus dem zehnjährigen Pontifikat (872-882) nur ein einziger Kontakt dieses Papstes nach Apulien verzeichnet ist, der wiederum nur in der Collectio Britannica überliefert ist: Johann Friedrich Böhmer, Regesta Imperii I. Die Regesten des Kaiserreichs unter den Karolingern 751–918 (987/1032). Bd. 4, Papstregesten, 800–911. Tl. 3, 872–882. Nach Vorarbeiten von Dorothee Arnold, Klaus Herbers und Sofia Mayer, ed. Vero­

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Auch aufgrund seiner ökonomischen Verheißungen griffen immer wieder auswärtige Mächte nach der fruchtbaren Kornkammer der italischen Halbinsel, römisch-deutsche Kaiser ebenso wie arabische Anführer mit ihren Truppen. Letztere konnten sich ab dem 9. Jahrhundert zumindest auf der Insel Sizilien etablieren. Arabische Angriffe erschütterten auch in der Folgezeit mehrfach apulische und kalabrische Orte, bar eines effektiven Schutzes durch die Kaiser in Byzanz und nördlich der Alpen. Auf der Suche nach militärischer Unterstützung und aufgrund innerer Auseinandersetzungen wurden von verschiedenen Parteien Unteritaliens Söldner angeworben.30 Angelockt von zumeist materiellen, aber vielleicht auch ideellen Verheißungen zogen nun auch Personen aus dem Norden Frankreichs, aus der nach eben jenen Nordmännern ursprünglich skandinavischer Herkunft benannten Normandie, in den Süden. Unter ihnen fanden sich die Brüder Drogo und Wilhelm aus dem Geschlecht der Hauteville.31 Als Söhne Tankreds aus niederem Adel waren sie wohl in den 1030er Jahren nach Süditalien aufgebrochen, um dort unter anderem als Söldner im Dienste der langobardischen Fürsten in Süditalien ihr Glück zu machen, eroberten schließlich aber eigenständig Territorien. Ihnen sollten in den nächsten Jahren mehrere ihrer Brüder folgen, darunter Robert Guiskard.32 Der Zug der aus der Normandie kommenden „Glücksritter“ in den Mezzogiorno sei aber im Gegensatz zur Einnahme Englands durch Wilhelm den Eroberer keine konzertierte und offizielle Aktion gewesen, wie Alheydis Plassmann herausstellt, sondern in gewissen Teilen dem Zufall sowie dem Ehrgeiz von Einzelpersonen zuzuschreiben.33 Von kaiserlicher Seite erfuhren die sich als ehrgeizig und militärisch versiert erweisenden Hauteville Förderung und Legitimation: Drogo wurde 1047 von Heinrich III. mit dem Herzogstitel belehnt und seine apulischen Eroberungen damit

nika Unger, Köln [u.a.] 2013, n. 134, S. 75 f. Dabei handelt es sich um ein Mahnschreiben an die Bischöfe Kampaniens und Apuliens im Fall des in Ungnade gefallenen Bischofs Landulf (I.) von Capua. 30 Zur Situation in Süditalien und den Anfängen der normannischen Eroberungen vgl. Hartmut Hoffmann, Die Anfänge der Normannen in Süditalien, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 49 (1969), S. 95–144, ebenfalls hierzu übersichtlich zusammengefasst vgl. Alheydis Plassmann, Die Normannen. Erobern-Herrschen-Integrieren, Stuttgart 2008, S. 104–112. Zum Hintergrund des Zuges von Normannen nach Süditalien vgl. John France, The occasion of the coming of the Normans to Southern Italy, in: Journal of Medieval History 17 (1991), S. 185–205. 31 Zu den verschiedenen Notizen der süditalienischen Quellen zum Erscheinen der Normannen in Süditalien siehe Hoffmann, Die Anfänge der Normannen (wie Anm. 30), S. 95–144. 32 Vgl. zu den politischen Umständen und militärischen Aktionen zusammenfassend Plassmann, Die Normannen (wie Anm. 30), S. 107–111. 33 Ibid., S. 104.

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formell anerkannt.34 Dem entgegen stand jedoch eine päpstlich-byzantinische antinormannische Allianz, die nicht davor zurückschreckte, den Tankred-Söhnen und ihren Unterstützern militärisch entgegenzutreten. Die empfindliche Niederlage des päpstlichen Heeres unter Führung Leos IX. in der Schlacht bei Civitate 1053 war wohl eine der entscheidensten Etappen auf dem Weg zur normannischen Herrschaft in Süditalien. Der Tod von Leo IX. (1049–1054) und Konstantin IX. (1042–1054) sowie das Schisma von 1054 wandelte die Verhältnisse, Abhängigkeiten und Bedingungen im Mezzogiorno von Grund auf. Die veränderte päpstliche Politik gegenüber Byzanz und weitere äußere Faktoren wirkten sich letztendlich auch zugunsten der Normannen aus, sodass es zu einer Verständigung zwischen Papst Nikolaus II. (1059–1061) und Robert Guiskard kam,35 bei der Robert nun von päpstlicher Seite mit dem Herzogtum Apulien und Kalabrien belehnt wurde.36 Die lange Phase der byzantinischen Verwaltung Apuliens endete faktisch 1071 mit der Eroberung Baris durch normannische Truppen.

34 Vgl. zu den kaiserlichen Belehnungen in Unteritalien und deren rechtlichen Grundlagen Josef Deér, Papsttum und Normannen (Studien und Quellen zur Welt Kaiser Friedrichs II. 1), Köln [u.a.] 1972, Kapitel III. 35 Zu Robert Guiskard und seiner Zeit vgl. Graham A. Loud, The Age of Robert Guiscard. Southern Italy and the Norman Conquest (The Medieval World), London, New York 2000 sowie die Tagungsbände Roberto il Guiscardo e il suo tempo. Atti delle prime giornate normanno-sveve. Bari, 28–29 maggio 1973, Bari 1975 und Roberto il Guiscardo tra Europa, Oriente e Mezzogiorno. Atti del convegno internazionale di studio promosso dall’Università degli Studi della Basilicata in occasione del IX centenario della morte di Roberto il Guiscardo (Potenza-Melfi-Venosa, 19–23 ottobre 1985), hg. von Cosimo Damiano Fonseca (Università degli Studi della Basilicata: Atti e memorie 4), Galatina 1990. Die biographische Studie von Richard Bünemann, Robert Guiskard 1015– 1085. Ein Normanne erobert Süditalien, Köln [u.a.] 1997 ist nicht immer verlässlich. Zur Kanzlei Roberts vgl. Horst Enzensberger, Bemerkungen zu Kanzlei und Diplomen Robert Guiskards, in: Roberto il Guiscardo e il suo tempo, Atti delle prime giornate normanno-sveve. Bari, 28–29 maggio 1973, Bari 1975, S. 117–123, zur Beziehung zwischen dem Normannen und den Päpsten Raoul Manselli, Roberto il Guiscardo e il Papato, in: ebd., S. 183–201. Klostergründungen Robert Guiskards behandelt Léon-Robert Ménager, Les fondations monastiques de Robert Guiscard, duc de Pouille et de Calabre, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 39 (1959), S. 1–116. Die wichtigste historiographische Quelle zum Leben Roberts stammt von Wilhelm von Apulien, Le Gesta di Roberto il Guiscardo. Introduzione, traduzione e note di Francesco De Rosa (Collana di studi storici medioevali 10), Cassino 2003. 36 Zur Belehnung der Normannen, der Herkunft des päpstlichen Lehenswesens in Süditalien und den Rechtsgrundlagen kaiserlicher Belehnungen dort vgl. immer noch Josef Deér, Das Papsttum und die süditalienischen Normannenstaaten 1053-1212 (Historische Texte Mittelalter 12), Göttingen 1969 sowie Paul Fridolin Kehr, Die Belehnung der süditalienischen Normannenfürsten durch die Päpste (1059–1192), in: Abhandlungen der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Phil.Hist. Klasse 1 (1934), S. 1–52.

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Die bisher in Grafschaften aufgegliederten Normannenherrschaften Süditaliens wurden unter Roger II. (1130–54), dem Neffen Robert Guiskards und Sohn von dessen Bruder Graf Roger von Sizilien-Kalabrien,37 zu einem Königreich mit der Hauptstadt Palermo vereinigt.38 Apulien aber wurde immer wieder durch Rebellionen verschiedener Eliten erschüttert. Wilhelm I. (1154–1166) versuchte, diese aufständischen Städte unnachgiebig und mit aller Härte zurückzuschlagen, was ihm den Beinamen ‚der Böse‘ eintragen sollte.39 Unter seinem Sohn, dem ‚milden‘ König Wilhelm II. (1166–1189), erlebte Apulien eine Periode der Prosperität. Als er 1189 starb, designierten die lokalen Feudalherren dessen illegitimen Sohn Tankred von Lecce (1189–94). Gegnerschaft erwuchs ihm aus einer nördlicheren Sphäre: Über seine Ehefrau Konstanze, Tochter Rogers II., mit gewissen Ansprüchen auf den sizilischen Königsthron versehen, rang der Staufer Heinrich VI. (röm.-dt. König 1169, Kaiser 1191-1197) um die Macht im Mezzogiorno, bis er schließlich bis zu seinem frühen Tod 1197 Tankred von Lecce als sizilischer Herrscher beerbte. Sein Sohn aus der Ehe mit Konstanze, Friedrich II., sollte später sowohl die Krone Siziliens und des

37 Die Person des Grafen Rogers I. beleuchtet in einer quellennahen Studie Julia Becker, Graf Roger I. von Sizilien (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 117), Tübingen 2008. 38 Zu Roger II. sind zahlreiche Beiträge erschienen, allen voran die große Studie von Caspar, Roger II. (wie Anm. 4) und das neuere Standardwerk von Hubert Houben, Roger II. von Sizilien (wie Anm. 4). Hier seien deshalb nur einige davon genannt. Mit der Gesellschaft im Reich Rogers beschäftigt sich der Sammelband Società, potere e popolo nell’età di Ruggero II. Atti delle terze giornate normanno-sveve, Bari, 23–25 maggio 1977 (Centro di Studi Normanno-Svevi, Bari: Atti 3), Bari 1979 sowie Houben, Politische Integration (wie Anm. 27). Zur Kanzlei Rogers und dessen Produkten siehe Carlrichard Brühl, Urkunden und Kanzlei König Rogers II. von Sizilien (Studien zu den normannisch-staufischen Herrscherurkunden Siziliens 1), Köln [u.a.] 1978 sowie Carlrichard Brühl, Urkundenüberlieferung und lateinische Kanzlei König Rogers II., in: Histoire comparée de l’administration (IVe–XVIIIe siècles), Actes du XIVe colloque historique franco-allemand de L’Institut Historique Allemand de Paris, hg. von Werner Paravicini und Karl Ferdinand Werner (Beihefte der Francia 9), München 1980, S. 135–142. Das Königtum Rogers zum Thema hat Elze, Zum Königtum Rogers II. (wie Anm. 4), mit Rogers Hofkapelle beschäftigt sich Lioba Geis, Die Hofkapelle als Herrschaftsinstrument Rogers II. für Sizilien, in: Zwischen Ideal und Wirklichkeit, Herrschaft auf Sizilien von der Antike bis zum Spätmittelalter, hg. von David Engels, Lioba Geis und Michael Kleu, Stuttgart 2010, S. 283–305. Zu Konfliktfeldern im normannischen Königreich vgl. Michel Grenon, Conflits sud-italiens et royaume normand (1016–1198), Paris [u.a.] 2008. Die Nachfolgeregelungen Rogers II. behandelt Rudolf Hiestand, Zur Geschichte des Königreichs Sizilien im 12. Jahrhundert, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 73 (1993), S. 52–69. 39 Siehe zur Kirchenpolitik Wilhelms I. und Wilhelms II. Horst Enzensberger, Der „böse“ und der „gute“ Wilhelm. Zur Kirchenpolitik der normannischen Könige von Sizilien nach dem Vertrag von Benevent (1156), in: Deutsches Archiv 36 (1980), S. 385–432.

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Reiches als auch die Kaiserkrone tragen und als stupor mundi von Zeitgenossen und Nachwelt gerühmt werden.40 Die normannische Eroberung Süditaliens wirkt auf den ersten Blick wie ein Heldenepos von tollkühnen Rittern und wurde auch gerade von der älteren Forschung so interpretiert. Doch die neuere Forschung hat die heroisierende Interpretation unter anderem Ferdinand Chalandons,41 wonach Süditalien von wenigen Normannen erobert und somit die territorial und politisch zersplitterte, zivilisatorisch unterentwickelte Region durch die normannischen und später staufischen Herrscher kultiviert und geeint worden sei, mittlerweile relativiert.42 Vielmehr geht die neuere Forschung davon aus, dass das Normannenreich ebenso von politischer, wirtschaftlicher und religiöser Diversität und Heterogenität geprägt war43 und dass die „vermeintliche Uniformität der im Normannenreich aufgegangenen südlichen Regionen […] mittlerweile ein überholtes historiographisches Denkmodell“44 sei, wie Mariella Demichele Dzubiak feststellt.45 Im Reich der Normannen hatten sich Organisationsstrukturen ausgebildet, die gemeinhin als Charakteristika des vormodernen, zentralistischen Staates beschrieben wurden:46 Das Herrschaftsgebiet war in territorialen Verwaltungseinheiten organisiert, finanzierte sich durch Steuern und wurde von königlichen Beamten 40 Vgl. Plassmann, Die Normannen (wie Anm. 30), Kapitel 5, S. 104–159, sowie zur apulischen Geschichte kursorisch Pietro De Leo, Art. Apulien, in: LexMA 1 (1980), Sp. 820–823 und sehr umfassend zum Raum Apulien, weniger zur reinen Ereignisgeschichte, als vielmehr beispielsweise zu sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen, stark basierend auf der urkundlichen Überlieferung Martin, La Pouille (wie Anm. 25). 41 Vgl. Ferdinand Chalandon, Histoire de la domination normande en Italie et en Sicilie, 2, Paris 2 1960. 42 Siehe Mariella Demichele Dziubak, Die Diözesen in Süditalien zur Zeit der normannischen Eroberung. Kontinuität und Erneuerung, in: Bistümer und Bistumsgrenzen vom frühen Mittelalter bis zur Gegenwart, hg. von Edeltraud Klueting, Harm Klueting und Hans Joachim Schmidt (Römische Quartalschrift für christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte, 58. Supplementband), Rom 2006, S. 32–63, hier: S. 32. 43 Dazu unter anderem die Beiträge im Tagungsband Mezzogiorno - Federico II. - Mezzogiorno. Atti del convegno internazionale di studio promosso dall’istuto internazionale di studi federiciani, Consiglio Nazionale delle Ricerche, Potenza, Avigliano, Castel Lagopesola, Melfi, 18–23 ottobre 1994, hg. von Cosimo Damiano Fonseca, 2, Rom 2000. 44 Vgl. zur Relativierung älterer Forschungsmeinungen im Bezug auf die normannische Eroberung Süditaliens Demichele Dziubak, Die Diözesen (wie Anm. 42), S. 32. 45 Für die Region Apulien kommt die Diversität der Landschaft vielleicht auch in der bis heute umgangssprachlich im Italienischen gebräuchlichen Pluralkonstruktion „Le Puglie“ zum Ausdruck. 46 Vgl. für das Königreich Sizilien Theo Kölzer, Der Königshof im normannisch-staufischen Königreich Sizilien, in: Rittertum und höfische Kultur der Stauferzeit, hg. von Johannes Laudage und Yvonne Leiverkus (Europäische Geschichtsdarstellungen 12), Köln, Weimar, Wien 2006, S. 93–110, hier: S. 94 ff.

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verwaltet. Das Gerichtswesen war professionalisiert worden. Es existierten zentrale Herrschaftsresidenzen, allen voran in Palermo.47 Erich Caspar rühmte in diesem Zusammenhang die vermeintlich starke, vormoderne ‚Staatsbildung‘ der Normannen in Italien im Vorwort zu seiner Studie über Roger II. von Sizilien: „Die Normannen haben in Süditalien einen Staat geschaffen, der einzig in seiner Art genannt werden muss: ein Abbild des römisch-byzantinischen Staates, wie kein anderer im mittelalterlichen Europa, und zugleich mit seiner Beamtenverfassung und Finanzverwaltung das Vorbild aller späteren. So steht er als verbindendes Glied zwischen dem antiken und dem modernen Staat.“48 Gerade in jüngerer Zeit wurden aber Zweifel an dem Modell linear entwickelter normannischer ‚Staatlichkeit‘ vorgebracht, Kontinuitätsbrüche in der Verwaltungspraxis thematisiert49 und die Vorstellung von einer auf einem politischen Konzept basierenden Eroberung Siziliens korrigiert.50 Um die Jahrtausendwende stellte Süditalien einen Verbindungs- und Grenzraum zwischen muslimischer, griechischer und lateinischer Welt dar. Im 11. und 12. Jahrhundert fügten die normannischen Eroberer und Siedler aus Frankreich dem Konzert der Kulturen im Mezzogiorno eine weitere Tonart hinzu, und auch das langobardische Erbe der einheimischen Bevölkerung spielte weiterhin eine wichtige Rolle.51 Fragen nach einer ‚Identität des Raumes‘ sind nicht abschließend zu beantworten. Sieht Martin noch den eigentlichen Charakter des Raumes in seiner Kontinuität in Unabhängigkeit von verschiedenen Herrschaftskonstellationen begründet,52 gilt es dennoch, die Frage aufzuwerfen, ob eine apulische Identität nicht partiell im Kontext einer wechselhaften Pluralität, Heterogenität und Unbeständigkeit zu suchen sein könnte. Zudem muss trotz der vorherrschenden hybriden kulturellen Phänomene, wie sie auch in der Baukunst oder den Schriftzeugnissen sichtbar geworden sind, 47 Zur administrativen Organisation des sizilischen Königreiches unter Roger II. vgl. Houben, Roger II. von Sizilien (wie Anm. 4), S. 149–162, für die Zeit Wilhelms II. vgl. generell auch Annkristin Schlichte, Der „gute“ König. Wilhelm II. von Sizilien (1166–1189) (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 110), Tübingen 2005. Zur Ausbildung dieser Strukturen unter Graf Roger I. im späten 11. Jahrhundert vgl. Becker, Graf Roger I. (wie Anm. 37). 48 Caspar, Roger II. (wie Anm. 4), S. V–VII. 49 Vgl. Jeremy Johns, Arabic Administration in Norman Sicily. The Royal Diwan (Cambridge Studies in Islamic Civilization), Cambridge 2002, dessen Studie auf arabischen Quellen basiert. 50 Vgl. zur Problematisierung der Begriffe ‚Staat‘ und ‚Staatlichkeit‘ mit Blick auf die sizilische Geschichte und zur Frage nach einem Handlungskonzept Rogers I. Broekmann, Wegbereiter (wie Anm. 2). 51 Vgl. Joanna H. Drell, Cultural syncretism and ethnic identity. The Norman “conquest” of Southern Italy and Sicily, in: Journal of Medieval History 25 (1999), S. 187–202, hier: S. 188. 52 Vgl. Martin, La Pouille (wie Anm. 25) sowie die zugehörige Rezension von Barbara M. Kreutz, Rezension zu: Jean-Marie Martin, La Pouille du VIe au XIIe siècle, in: Speculum 71 (1996), S. 174–176.

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hinterfragt werden, ob jene Hybriditäten und Heterogenitäten von den Zeitgenossen auch als solche wahrgenommen worden sind.53 Als Raum, der geprägt ist von vielfältigen und wechselvollen Herrschaften, vielgestaltigen Kulturen und höchst dynamischer Geschichte, hatte es die Gesellschaft der apulischen Region immer wieder geschafft, sich in neue oder ‚fremde‘, das heißt nicht bereits seit Längerem vorherrschende Systeme einzufügen. Waren es vielleicht auch diese Voraussetzungen, welche integrative Prozesse auch nach der Etablierung der normannischen Herrschaft begünstigten? Hierzu sei auf die vielfältigen Publikationen verwiesen, die sich stärker mit der kulturell-religiösen Pluralität Apuliens, das heißt den arabischen, jüdischen und byzantinischen Einflüssen und Elementen sowie dem langobardischen Erbe und der normannischen Herrschaft befasst haben.54 Im süditalienischen Raum wirkte die kulturelle Gemengelage gegebenenfalls aber auch desintegrierend. Anders als beispielsweise im normannischen England war hier der Herrschaftstitel eines ‚Königs‘ nicht gentil definiert (wie z.B. rex Francorum, Anglorum rex), sondern territorial (rex Sicilie, ducatus Apulie et principatus Capue), wobei diese Territorien wie erwähnt weder kulturell homogen waren, noch regionalen geo-historischen Identitäten entsprachen. Für Apulien galt dies in besonderem Maße: Der apulische Süden, die Terra d’Otranto mit ihrem griechisch-byzantinischen Gepräge, unterschied sich auf verschiedenen Ebenen (kulturell, sprachlich, religiös, ...) stark vom lateinischen Zentrum der Region, der Terra di Bari, und dem Norden mit der Capitanata. Regionale Identitäten lassen sich auch in historiographischen Quellen nicht fassen – ganz im Gegensatz zu lokalpartikularen, städtischen Identitäten. Normannische Identitätsmomente, das heißt aus der Normandie ‚importierte‘ und vielleicht auch erst im Bewusstsein der Fremde in Unteritalien geprägte Selbstbilder und gemeinschaftsbildende Faktoren, wurden bedingt durch die geschickte, pragmatische Fähigkeit der Normannen zur Anpas-

53 So beispielsweise Heissenbüttel, Indizien kultureller Differenz (wie Anm. 22), S. 211, 213, der in der Vielfalt der kulturellen Einflüsse auf Bau- und Kunstwerke Apuliens aus historischer Perspektive keinen Eklektizismus erkennen mag und eine derartige Zuschreibung als zu moderne Sichtweise für den Fall des mittelalterlichen Süditalien nicht gelten lässt. 54 Exemplarisch seien hier mit neueren Beiträgen zitiert: Heissenbüttel, Indizien kultureller Differenz (wie Anm. 22), der ausgehend von Bau-, Bild- und Schriftzeugnissen die Komplexität der plurikulturellen Einflüsse in Apulien mit einem sich an Foucault orientierenden historischen Schichtenmodell zu beschreiben sucht und sich gegen eine eindeutige Unterscheidbarkeit der verschiedenen Kulturen Apuliens ausspricht. Ferner zu Fragen des Zusammenlebens verschiedener Religionsgemeinschaften Hubert Houben, Möglichkeiten und Grenzen religiöser Toleranz im normannisch-staufischen Königreich Sizilien, in: Deutsches Archiv 50 (1994), S. 159–198 und speziell zum Themenbereich der Integration Houben, Politische Integration (wie Anm. 27) sowie kürzlich mit Beiträgen zum gesamten unteritalienischen Raum im Frühmittelalter Herbers, Wolf (Hg.), Southern Italy as Contact Area and Border Region (wie Anm. 29).

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sung an neue Gegebenheiten55 bald überlagert und prägten die Region und ihre Bewohner kulturell eher in untergeordnetem Maße. Langobardische Traditionen hingegen konnten sich in Süditalien vielfach bewahren.56 Zentrale Integrationsfigur des normannisch-sizilischen Reiches war der Herrscher, auf den das ganze Staatswesen ausgerichtet war. So war es am Ende des 12. Jahrhunderts noch immer nicht zur Ausbildung eines Gemeinschaftsbewusstseins gekommen. Grund dafür könnte laut Houben unter anderem ein mangelnder Elitenaustausch zwischen den verschiedenen Regionen gewesen sein.57 Joanna Drell stellt am Ende ihrer Untersuchung zu kulturellem Synkretismus und ethnischer Identität im italienischen Normannen­ reich fest: „Just as there can be no unique, easily-defined ‘character’ of Southern Italy, this study suggests that different ethnic groups exhibited a resilience to cultural absorption.“58 Die Vorstellung, den Raum Süditalien in seiner Totalität zu charakterisieren, bleibt indes unmöglich.

Forschungstendenzen Im Folgenden sollen kurz die grundlegenden und neueren Studien zu drei Basisthemen der vorliegenden Arbeit vorgestellt und eingeordnet werden. Detaillierte Literatur- und Forschungshinweise zu Einzelaspekten sind in den Anmerkungen der einzelnen Kapitel zu finden. 1. Römisches Zentrum und kirchliche Peripherie Das Problembewusstsein von päpstlicher Herrschaft, kirchlichem Zentrum und Peripherie, Einheit und Vielfalt sowie Integration drücken verschiedene in den letzten beiden Jahrzehnten erschienene Sammel- und Tagungsbände und Forschungsverbünde aus.59 55 Dazu auch Alheydis Plassmann, Akkulturation als Herrschaftspraxis. Das Beispiel der Normannen in der Normandie, in England und in Süditalien, in: Akkulturation im Mittelalter, hg. von Reinhard Härtel (Vorträge und Forschungen 78), Ostfildern 2014, S. 395–440. 56 Hier ist beispielsweise an Schriftformen wie die Beneventana zu denken, vgl. dazu exemplarisch die große klassische Studie Elias A. Lowe, The Beneventan Script. A history of the South Italian minuscule, bearb. v. Virginia Brown (Sussidi eruditi 33), 2, Rom 21980 oder die Detailstudie zu apulischen Evangeliaren von Guilia Orofino, Gli Evangeliari in beneventana di Bisceglie e di Bitonto e la produzione miniaturistica in Puglia nel XII secolo, in: I codici liturgici in Puglia, hg. von Gerardo Cioffari und Giuseppe Dibenedetto, Bari 1986, S. 197–232. 57 Vgl. Houben, Politische Integration (wie Anm. 27), S. 183. 58 Drell, Cultural syncretism (wie Anm. 51), S. 202. 59 Brigide Schwarz hat im Jahr 2000 den Themenbereich „Zentrum und Peripherie“ gar als „Mode­ thema der modernen Sozial- und Politikwissenschaften“ charakterisiert, vgl. Brigide Schwarz, Kommunikationsprobleme zwischen päpstlicher Kurie und Norddeutschland im späten Mittelal-

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So wurden unter der Herausgeberschaft von Gisela Drossbach und Hans-Joachim Schmidt 2008 mehrere Untersuchungen zum Thema „Zentrum und Netzwerk. Kirchliche Kommunikation und Raumstrukturen im Mittelalter“ in einem Band veröffentlicht.60 Maßgebliche Beiträge enthält auch der von Jochen Johrendt und Harald Müller herausgegebene Tagungsband „Römisches Zentrum und kirchliche Peripherie. Das universale Papsttum als Bezugspunkt der Kirchen von den Reformpäpsten bis zu Innozenz III.“,61 der aus dem von den beiden Herausgebern initiierten DFG-Netzwerk „Zentrum und Peripherie. Das universale Papsttum und die europäischen Regionen im Hochmittelalter“62 hervorgegangen ist. Darin thematisiert Johrendt den „Sonderfall vor der Haustüre“ und stellt „das Verhältnis der Kirchen im unteritalienischen Herrschaftsverband zum Papsttum und speziell zu den papalen Instrumenten der Durchdringung der Kirche“63 in den Mittelpunkt seiner Betrachtungen. Ingo Fleisch ist mit einem Aufsatz zu „Rom und die Iberische Halbinsel: das Personal der päpstlichen Legationen und Gesandtschaften im 12. Jahrhundert“ vertreten.64 Des Weiteren werden darin die Kirchenprovinz Gnesen in Polen, das Erzbistum Salzburg, aber auch „Nebenzentren“ wie die Lombardei, Rouen und Köln besprochen. Ebenfalls von Johrendt und Müller herausgegeben wurde im Jahr 2012 der Band „Rom und die Regionen. Studien zur Homogenisierung der lateinischen Kirche im Hochmittelalter“,65 welcher den Abschluss des oben genannten DFG-Netzwerkes dokumentiert und dabei bereits publizierte Ergebnisse erneut aufgreift, abrundet und erweitert. Die enthaltenen Beiträge beleuchten die unterschiedlich ausgeprägten Formen von Akzeptanz und Zurückweisung des universalen Papsttums in den europäischen Landschaften und fragen nach Ausprägung und Wirksamkeit päpstlicher Instrumentarien. Mit Einzelstudien bedacht werden dabei jeweils die päpstliter (1200–1500), in: Herrschaft und Kirche im Mittelalter, Gedenksymposium zum ersten Todestag von Norbert Kamp *24.8.1927, † 12.10.1999 am 13.10.2000 in Braunschweig, Braunschweig 2000, S. 27–34, hier S. 27. 60 Zentrum und Netzwerk. Kirchliche Kommunikation und Raumstrukturen im Mittelalter, hg. von Gisela Drossbach und Hans Joachim Schmidt (Scrinium Friburgense 22), Berlin [u.a.] 2008. 61 Römisches Zentrum und kirchliche Peripherie. Das universale Papsttum als Reformpäpsten bis zu Innozenz III., hg. von Jochen Johrendt und Harald W. Müller, Berlin, New York 2008. 62 Das DFG-Netzwerk, welches in die Bereiche „Zentrum“ und „Regionen“ unterteilt war, bestand von 2007 bis 2010 und machte es sich zur Aufgabe, ein „differenziertes Bild vom Werden einer universalen, auf Rom ausgerichteten Kirche im mittelalterlichen Europa zu entwerfen“, vgl. dazu die Homepage des Projektes unter http://www.zentrumundperipherie.de/Inhalt/tabid/56/language/ de-DE/Default.aspx, aufgerufen am 20.7.14. 63 Johrendt, Der Sonderfall (wie Anm. 14), hier S. 236. 64 In: Johrendt, Müller (Hg.), Römisches Zentrum (wie Anm. 61), S. 135–189. 65 Rom und die Regionen. Studien zur Homogenisierung der lateinischen Kirche im Hochmittel­ alter, hg. von Jochen Johrendt und Harald Müller (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, NF 19), Berlin [u.a.] 2012.

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che Finanzverwaltung (Thomas Wetzstein), Exemtionen von Bistümern (Matthias Schrör) und Klöstern (Lotte Kéry),66 aber auch die Gerichtsbarkeit (Harald Müller67 und Claudia Zey), der Nordwesten (Müller und Jörg Henning Peltzer) und Süden Frankreichs (Ursula Vones-Liebenstein), die Lombardei (Nicolangelo D’Acunto), Sizilien und Kalabrien ( Johrendt) sowie Ostmitteleuropa (Przemyslaw Nowak), Salzburg (Rainer Murauer) und das Bistum Mainz (Stefan Burkhardt). Die Untersuchungen zu Homogenisierungsprozessen in den Regionen deuten an, dass jene nicht linear und bewusst zentral gesteuert zu begreifen, sondern vielmehr als Wechselwirkungen im Sinne von Push- und Pullbewegungen zu verstehen seien. Claudia Märtl öffnet schließlich die Perspektive über das Epochenjahr der Papstgeschichte 1198 hinaus bis in die Zeit nach Innozenz III. In dem von Rudolf Hiestand herausgegebenen Tagungsband „100 Jahre Papsturkundenforschung“68 sind mit Blick auf das Betätigungsfeld der Regesta Pontificum Romanorum Aufsätze vereint, die die verschiedenen Provinzen der Pontifizien betreffen: Italia und Germania, Gallia, die peripheren Gebiete – darunter Beiträge zur Hispania, zur Polonia, Africa sowie zum Oriens Pontificus. Ergänzt wird diese Zusammenstellung durch einige Beiträge zu ‚speziellen Quellengruppen‘, wie die Urkunden der delegierten Richter, der Legatenurkunde und einer abschließenden Darstellung zu Papsttum und mittelalterlicher Welt von Rudolf Schieffer. Ein ähnlicher Ansatz liegt dem von Klaus Herbers und Jochen Johrendt 2009 publizierten Band „Das Papsttum und das vielgestaltige Italien. Hundert Jahre Italia Pontificia“69 zugrunde, freilich mit einem geographischen Zuschnitt allein auf den italienischen Bereich. Die darin enthaltenen Aufsätze unter anderem von Lotte Kéry, Klaus Herbers, Hubert Houben, Jochen Johrendt, Werner Maleczek und JeanMarie Martin sind deshalb für die vorliegende Arbeit von besonderem Wert. Auch der im Jahr 2012 von Stefan Weinfurter herausgegebene Sammelband mit dem Titel „Päpstliche Herrschaft im Mittelalter. Funktionsweisen, Strategien, Dar­ 66 Dabei relativieren die beiden Beiträge von Schrör und Kéry in gewisser Weise die Bedeutung von Exemtionen von Bistümern und Klöstern. Bei Klöstern scheinen Exemtionen sogar eher auf Einzelfälle beschränkt gewesen zu sein. 67 Harald Müller zeigt hier auf, dass aufgrund der Forschungslage zur delegierten Gerichtsbarkeit in den Einzelregionen Europas noch keine synthetisierende Aussage zu machen sei, da Ergebnisse zu vielen Gebieten noch ausstehen. Die vorliegende Studie kann hier einen dementsprechenden Beitrag zur Erforschung der delegierten Gerichtsbarkeit in Teilen Apuliens leisten. 68 Hundert Jahre Papsturkundenforschung. Bilanz – Methoden – Perspektiven: Akten eines Kolloquiums zum hundertjährigen Bestehen der Regesta Pontificum Romanorum vom 9.–11. Oktober 1996 in Göttingen, hg. von Rudolf Hiestand (Abhandlungen der Preußischen Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Klasse 3. Folge 261), Göttingen 2003. 69 Das Papsttum und das vielgestaltige Italien. Hundert Jahre Italia Pontificia, hg. von Klaus Herbers und Jochen Johrendt (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 5), Berlin 2009.

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stellungsformen“70 widmet sich aus verschiedenen Blickwinkeln dem Instrumentarium päpstlicher Regierungsgewalt. Während sich beispielsweise der Beitrag von Johannes Laudage mit der „papstgeschichtlichen Wende“ befasst, geht Rudolf Schieffer, ein Kenner der auch von Laudage behandelten Thematik,71 nun auch besonders auf die Regionen ein, genauer die neuen Königreiche des 11. und 12. Jahrhunderts. Die päpstlichen Synoden in der Zeit der Kirchenreform thematisiert Georg Gresser in seinem Beitrag. Im selben Jahr erschien ein Tagungsband von Maria-Pia Alberzoni und Claudia Zey mit dem Titel „Legati e delegati papali“,72 der Beiträge einer Mailänder Konferenz aus dem Jahr 2009 umfasst. Thematisch geht es auch hierin um die Umsetzung und Durchsetzung der päpstlichen Herrschaft in den Regionen mittels Legaten und Delegaten im 12. und 13. Jahrhundert, wobei ein geographischer Schwerpunkt auf den oberitalienischen Raum gelegt wurde. Die Kontakte, Netzwerke und Beziehungen von Orden, Klöstern und dem Papsttum werden in den beiden 2012 und 2013 erschienen Villa-Vigoni-Tagungsbänden der Reihe Aurora unter der Herausgeberschaft von Cristina Andenna, Klaus Herbers und Gert Melville sowie für den zweiten Band Gordon Blennemann diskutiert. Besonders der jüngere Band geht in zahlreichen Beiträgen auf die Verflechtungen und Kontakte von Orden und Papsttum ein. Exemplarisch sei zudem an dieser Stelle auf zwei große Einzelstudien zur päpst­ lichen Einflussnahme außerhalb Roms hingewiesen: Harald Müller beschäftigte sich in seiner Dissertation mit der „Päpstlichen Delegationsgerichtsbarkeit in der Normandie im 12. und frühen 13. Jahrhundert“,73 wobei er einem untersuchenden Teil die Edition von Quellen über Prozesse vor päpstlichen delegierten Richtern in der Normandie zur Seite stellte. Die noch nicht gedruckte Habilitationsschrift „Die päpstliche Legatenpolitik im 11. und 12. Jahrhundert“ von Claudia Zey wird sicherlich detaillierte Einblicke in das Legationswesen der römischen Bischöfe im Hochmittelalter bringen. Zur Legatenthematik hat Zey in jüngerer Zeit mehrere Aufsätze publiziert.74

70 Päpstliche Herrschaft im Mittelalter. Funktionsweisen – Strategien – Darstellungsformen, hg. von Stefan Weinfurter (Mittelalter-Forschungen 38), Ostfildern 2012. 71 Vgl. dazu unter anderem Schieffer, Motu proprio (wie Anm. 10). 72 Legati e delegati papali. Profili, ambiti d’azione e tipologie di intervento nei secoli XII–XIII, hg. von Maria Pia Alberzoni und Claudia Zey (Vita e pensiero), Milano 2012. 73 Harald Müller, Päpstliche Delegationsgerichtsbarkeit in der Normandie. 12. und frühes 13. Jahrhundert, 2 Bde., Bonn 1997. 74 Vgl. die Literaturangaben in Anm. 677.

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2. Päpste, Normannen und die unteritalienische Kirche Die Beiträge zur ‚Kirchenpolitik‘ im normannischen Apulien sind zahlreich. Das Thema erfreute sich in der Forschung immer wieder großer Beliebtheit, wobei systematische Studien zu den Instrumentarien einer Durchdringung der lateinischen Kirche des Südens bis auf wenig neuere Ausnahmen fehlen. An dieser Stelle sei deshalb sehr exemplarisch vor allem auf jene Beiträge verwiesen. Josef Deérs Studie zu den lehnsrechtlichen und kirchenpolitischen Beziehungen zwischen Papsttum und Normannen ist noch immer ein Standardwerk.75 Es ergänzt und korrigiert Paul Fridolin Kehrs ältere Abhandlung76 vor allem hinsichtlich der Untersuchung der päpstlichen Rechtsansprüche auf Unteritalien und betont die Bedeutung der Lanze als Investitursymbol. Hartmut Hoffmann widersprach Deér in seiner Betrachtung zum „Legitimationsproblem in Unteritalien“77 an einigen Stellen, besonders in der Frage der Bedeutung, die die Normannen ihrer Lehensbeziehung zum Papsttum zugewiesen hätten. Deér glaubt nachweisen zu können, dass die Normannen das Lehnsverhältnis nur als sekundär werteten, während Hoffmann diese Annahme entschieden zurückwies. Norbert Kamp lieferte mit seiner groß angelegten, mehrbändigen prosopographischen Studie zum Episkopat Unteritaliens ein detailliertes Nachschlagewerk in personellen Fragen,78 das sich allerdings auf die Ära der staufischen Herrschaft in Unteritalien konzentriert und sich nur an den Punkten zeitlich mit der vorliegenden Studie überschneidet, wo ein Bischof sowohl vor als auch nach dem Ende der normannischen Herrschaft im Amt war. Im Umfeld dieser Studie beschäftigte Kamp sich dennoch immer wieder in anderen Beiträgen mit Süditalien zur Zeit der normannischen Herrschaft und veröffentlichte kleinere Beiträge zum vorstaufischen Episkopat.79 75 Deér,Papsttum und Normannen (wie Anm. 34). 76 Kehr, Die Belehnung der süditalienischen Normannenfürsten (wie Anm. 36). 77 Hartmut Hoffmann, Langobarden, Normannen, Päpste. Zum Legitimationsproblem in Unteritalien, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 58 (1978), S. 137–180. 78 Norbert Kamp, Kirche und Monarchie im staufischen Königreich Sizilien. I.: Prosopographische Grundlegung: Bistümer und Bischöfe des Königreichs 1194–1266, Bd. 1: Abruzzen und Kampanien (1973);  Bd. 2:  Apulien und Kalabrien (1975);  Bd. 3:  Sizilien (1975);  Bd. 4:  Nachträge und Berichtigungen, Register und Verzeichnisse (1982) (Münstersche Mittelalter-Schriften 10), 4, München 1973–1982, wobei er der Region Apulien einen eigenen Band widmet. 79 Darunter für die vorliegende Untersuchung besonders bedeutsam: Kamp, Der unteritalienische Episkopat (wie Anm. 18), sowie Norbert Kamp, Soziale Herkunft und geistlicher Bildungsweg der unteritalienischen Bischöfe in normannisch-staufischer Zeit, in: Le istituzioni ecclesiastiche della „societas christiana“ dei secoli XI-XII, Diocesi, pievi e parrochie, Atti della sesta Settimana internazionale di studio, Milano, 1–7 settembre 1974, Mailand 1977 (Centro di Studi Normanno-Svevi, Bari: Atti 8), S. 89–116.

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Die kirchlichen und diözesanen Strukturen des normannisch-sizilischen Reiches fasste Hubert Houben in einem Aufsatz präzise zusammen.80 Graham Loud, dessen Werk sich in vielfältiger Weise mit Süditalien im Hochmittelalter befasst, nahm ebenfalls die lateinische Kirche des sizilischen Reiches in den Blick. In „The Latin Church in Norman Italy“ findet sich auch ein siebzig Seiten starkes Kapitel zu „The papacy and the Church in southern Italy“,81 in dem Loud zu dem Ergebnis kommt, dass die Päpste der Zeit zwar langsame und nicht immer sehr erfolgreiche Versuche zur Reorganisation der süditalienischen Kirche unternommen hätten, sie ihre Autorität dort allerdings nicht aggressiv auszudehnen versucht hätten, wobei Loud in diesem Zusammenhang auch auf die privilegierte Position der sizilischen Könige besonders nach 1156 (Monarchia Sicula) verweist. Zum Papsttum und der griechischen Kirche in Süditalien forschte Thomas Hofmann, der in seiner Dissertation jedoch einen zeitlichen Schwerpunkt auf die nachnormannische Epoche legt.82 In einem ersten, seiner Studie vorangestellten Kapitel griff er die Thematik der - wie er es nennt - „Rekatholisierung“ auf und beschäftigte sich hier explizit mit der griechischen Kirche in normannischer Zeit. Er kam hierbei zu dem Schluss, dass erst ab dem ausgehenden 12. Jahrhundert von einer „eigenständige[n] päpstliche[n] ‚Griechenpolitik‘ in Süditalien“83 die Rede sein kann. Vielfach wurde in der Forschung diskutiert, ob sich auch das monastische Leben in Unteritalien im Verlauf der normannischen Herrschaft bedingt durch die veränderte politische Situation wandelte und dies gegebenenfalls von den Normannen zielgerichtet gesteuert wurde.84 So vertrat unter anderem Graham Loud die Ansicht, 80 Hubert Houben, Le strutture ecclesiastiche del Regno normanno-svevo, in: Mezzogiorno – Federico II. – Mezzogiorno, Atti del convegno internazionale di studio promosso dall’istuto internazionale di studi federiciani, Consiglio Nazionale delle Ricerche, Potenza, Avigliano, Castel Lagopesola, Melfi, 18-23 ottobre 1994, hg. von Cosimo Damiano Fonseca, Rom 2000, S. 139–151. 81 Graham A. Loud, The Latin Church in Norman Italy, Cambridge, New York 2007, S. 181–254, besonders S. 253 f. 82 Hofmann, Papsttum und griechische Kirchen (wie Anm. 20). 83 Ibid., S. 2. 84 So war Tommaso Leccisotti, Scrittorii monastici nelle terre di Puglia, in: Archivio Storico Pugliese 11 (1958), S. 44–55 der Meinung, dass Normannen und lateinische Mönche vor allem Casinenser Herkunft in Apulien als Hebel zur Verdrängung der restlichen byzantischen Elemente wirkten und den Latinisierungsprozess beschleunigten und ausdehnten. Diese These blieb jedoch nicht gänzlich unwidersprochen. So betrachtete beispielsweise Vera von Falkenhausen, Il monachesimo italo-greco e i suoi rapporti con il monachesimo benedettino, in: L’esperienza monastica benedettina e la Puglia, hg. von Cosimo Damiano Fonseca, Galatina 1983, Bd. 1, S. 119–135 die Situation nach der normannischen Eroberung in Apulien differenzierter und stellte fest, dass zwar in der Terra di Bari griechische Klöster nach und nach verschwanden (dort S. 131), aber im südlichen Apulien, in der Terra d’Otranto, das griechische Mönchtum weiterhin florierte, wobei sich allerdings nun auch das benediktinische Mönchtum verbreitete (vgl. S. 132), wodurch

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dass das klösterliche Leben des Mezzogiorno im Hochmittelalter entschieden benediktinisch geprägt war – im Unterschied zu weiten Teilen des restlichen Europas, wo das Reformmönchtum an Einfluss gewann.85 Daneben wurde nach Zusammenleben und Wechselbeziehungen von griechischem und lateinischem Mönchtum unter normannischer Herrschaft gefragt86 und die Bedeutung des cluniazensischen

es auch zu spirituellem Austausch kam (S. 133). Ähnlich auch Giovanni Vitolo, Insediamenti cavensi in Puglia, in: L’esperienza monastica benedettina e la Puglia, hg. von Cosimo Damiano Fonseca, Galatina 1983, Bd. 2, S. 3–166, Hubert Houben, Malfattori e benefattori, protettori e sfruttatori: i Normanni e Montecassino, in: Tra Roma e Palermo, Aspetti e momenti del mezzogiorno medioevale (Pubblicazioni del Dipartimento di Studi Storici dal Medioevo all’età Contemporanea/Università degli Studi di Lecce 8), Galatina 1989, S. 67–92 sowie ders., I benedittini e la latinizzazione della Terra d’Otranto, in: Tra Roma e Palermo (wie oben), S. 159–176. 85 Graham Loud, A Lombard Abbey in a Norman World: St. Sophia, Benevento, 1050–1200, in: Montecassino and Benevento in the Middle Ages, Essays in South Italian church history, hg. von Graham Loud (Variorum collected studies series CS673), Aldershot 2000, S. 273–306, besonders S. 273. 86 Für die vornormannische Zeit vgl. Silvano Borsari, Il monachesimo bizantino nella Sicilia e nell’Italia meridionale prenormanne, Neapel 1963; zum Verhältnis von Mönchtum und Herrschaft im vornormannisch-byzantinischen Kalabrien siehe Adele Cilento, Potere e monachesimo. Ceti dirigenti e mondo monastico nella Calabria bizantina (secoli IX–XI), Modena 2000. Auf das Mönchtum und die klösterliche Welt in der Anfangszeit der normannischen Herrschaft gehen ein: Ménager, Les fondations monastiques (wie Anm. 35); Cosimo Damiano Fonseca, La prima generazione normanna e le istituzioni monastiche dell’Italia meridionale, in: Roberto il Guiscardo e il suo tempo, Atti delle prime giornate normanno-sveve. Bari, 28–29 maggio 1973, Bari 1975, S. 145–164 und speziell zum griechischen Mönchtum der Zeit: Vera von Falkenhausen, I monasteri greci dell’Italia meridionale e della Sicilia dopo l’avvento dei Normanni: continuità e mutamenti, in: Il passaggio dal dominio bizantino allo Stato normanno nell’Italia meridionale. Atti del secondo convegno internazionale di studio sulla civiltà rupestre medievale nel Mezzo-giorno d’Italia (Taranto - Mottola, 31.10.–4.11.1973), Taranto 1977, S. 197–229. Zum selten beleuchteten weiblichen Mönchtum in Apulien und der Basilikata vgl. Cosimo Damiano Fonseca, Il monachesimo femminile tra Puglia e Basilicata. Atti del convegno di studi promosso dall’Abbazia Benedettina Barese di Santa Scolastica, Bari 3–5 dicembre 2005 (Per la storia della Chiesa di Bari 25), Bari 2008. Speziell das benediktinische Mönchtum in der apulischen Stadt Bari untersucht Hubert Houben, I Benedittini in città: Il caso di Bari (sec. X-XIII), in: Mezzogiorno normannosvevo. Monasteri e castelli, ebrei e musulmani, hg. von dems. (Nuovo Medioevo 52), Neapel 1996, S. 269–297, der die Blütezeit des benediktinische Mönchtum in der Stadt ins letzte Viertel des 11. Jahrhunderts datiert, in die Zeit des Abts und Erzbischofs Elias. Unter anderem sehr hilfreiches Kartenmaterial zum Mönchtum in Apulien bieten ders., Giovanni Lunardi, Giovanni Spinelli, Monasticon Italiae III. Puglia e Basilicata, Badia di Santa Maria del Monte 1986.

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Mönchtums in normannischen Klostergründungen in Unteritalien, wie der von Drogo von Hauteville gegründeten Abtei SS. Trinità di Venosa,87 erforscht.88

3. Die Normannen in Süditalien Die Literatur zu Süditalien ist besonders für die Normannenzeit sehr umfangreich. Viele Forscherinnen und Forscher haben sich – zum Teil mit regional begrenztem Zuschnitt – des facettenreichen Themas der normannischen Eroberung und Herrschaft in Süditalien angenommen und dabei auch die besonderen politischen, religiösen und kulturellen Gegebenheiten in der Region, wie die Bedingungen und Praxis des Zusammenlebens verschiedener Ethnien, herausgestrichen.89 So hat sich in vielfältiger Weise Hubert Houben um den Themenkomplex Unteritalien verdient gemacht und gilt als ausgesprochener Kenner der Materie. Aus seinem umfangreichen Œuvre seien hier nur die in verschiedenster Hinsicht für die Erforschung der süditalienischen mittelalterlichen Geschichte unverzichtbar gewordenen Studien zur Abtei SS. Trinità in Venosa,90 die freilich auch in den Bereich der unteritalienischen Kirche und des Mönchtums gehören,91 die Monographie zu Roger II.92 sowie einige Einzelbeiträge genannt: So der Aufsatz zu Urban II. und den Normannen,93 dem ein Itinerar zu den Reisen dieses Papstes in Süditalien beigegeben ist, erschienen in einer Aufsatzsammlung desselben Autors unter dem Titel „Mezzogiorno normanno-svevo“; ferner der Beitrag zu den Teilnehmern der Synoden Alex87 Siehe zur Abtei Venosa vor allem Hubert Houben, Die Abtei Venosa und das Mönchtum im normannisch-staufischen Süditalien (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 80), Tübingen 1995. 88 Vgl. ders., Il monachesimo cluniacense e i monasteri normanni dell’Italia meridionale (Erstveröffentlichung 1992), in: Mezzogiorno normanno-svevo (wie Anm. 86), S. 7–22. 89 Vgl. Vera von Falkenhausen, Il popolamento: etnie, fedi, insediamenti, in: Terra e uomini nel Mezzogiorno normanno-svevo. Atti delle settime giornate normanno-sveve, Bari, 15–17 ottobre 1985, hg. von Giosuè Musca (Atti. Centro di Studi Normanno-Svevi 7), Bari 1987, S. 39–73 sowie beispielsweise die auf Kalabrien begrenzte, zusammenfassende Studie von Ghislaine Noyé, La Calabre entre Byzantins, Sarrasins et Normands, in: Cavalieri alla conquista del Sud, Studi sull’Italia normanna in memoria di Léon-Robert Ménager, hg. von Errico Cuozzo und Jean-Marie Martin (Collana di fonti e studi 4), Bari 1997, S. 90–116; zum Vorhandensein verschiedener Religionen in Süditalien im Hochmittelalter vgl. u.a. Houben, Möglichkeiten und Grenzen (wie Anm. 54). 90 Houben, Die Abtei Venosa (wie Anm. 87). 91 Und damit ebenso in den oben behandelten Bereich „Päpste, Normannen und die unteritalienische Kirche“. 92 Houben, Roger II. von Sizilien (wie Anm. 4). 93 Hubert Houben, Urbano II e i Normanni (con un’appendice sull’itinerario del papa nel Sud), in: Mezzogiorno normanno-svevo (wie Anm. 86), S. 115–143.

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anders II., in der Houben die Rolle jenes Papstes bei der frühen Rombindung nicht nur der ehemals byzantinischen Gebiete Süditaliens herausstreicht und Paul Fridolin Kehr zustimmend davor warnt, die Bedeutung Alexanders zu unterschätzen;94 schließlich ein Aufsatz zur „Politischen Integration und regionalen Identitäten im normannisch-staufischen Königreich Sizilien“95 aus dem Sammelband „Fragen der Integration“ unter der Herausgeberschaft Werner Maleczeks aus dem Jahr 2005, der als desintegrierendes Element vor allem die kulturelle Gemengelage benennt und als zentrale Integrationsfigur den Herrscher herausstellt. Julia Becker nahm sich in ihrer quellennahen Dissertation96 eines normannischen Herrschers an, der jedoch vor allem für Inselsizilien prägend war: Graf Roger  I., Bruder Robert Guiskards und Sohn Tankreds von Hauteville. Dabei betonte sie die ‚pragmatische‘, ausgleichende Herrschaft und Konsolidierungspolitik Rogers und deren fundamentale Bedeutung für die folgenden Herrschergenerationen. Zur normannischen ‚Eroberung‘ – die Trefflichkeit des Begriffs der Eroberung für den Fall Süditalien wird vor allem in jüngerer Zeit immer wieder diskutiert – und Herrschaft in Unteritalien ist in den letzten 100 Jahren eine Fülle von Untersuchungen erschienen. An dieser Stelle wird deshalb nur eine kleine Auswahl vorgestellt. Die „Histoire de la domination normande en Italie et en Sicilie“97 von Ferdinand Chalandon von 1907 bleibt weiterhin die klassische Studie zu den süditalienischen Normannenstaaten, wenn auch die Befunde an zahlreichen Stellen mittlerweile durch neuere Studien ergänzt und korrigiert worden sind. Einen kompakteren Zugriff auf die Thematik des normannischen Königreiches bieten zwei kürzere Abschnitte von Chalandon im fünften Band der Cambridge Medieval History, „The Conquest of South Italy and Sicily by the Normans“98 und „The Norman Kingdom of Sicily“.99 Die Studie von John Julius Norwich „The Normans in the South 1016–1194“100 aus dem Jahr 1970 bietet leider keine Zitationsangaben und bleibt trotz des verheißungsvollen Titels und anschaulichen Inhalts damit stellenweise nicht immer nachvollziehbar. Von nicht überschätzbarem Wert zur Administration Unteritaliens im Hochmittelalter sind nach wie vor die Arbeiten von Evelyn Jamison, die mit ihrer Edition 94 Allerdings findet sich mit Hugo von Otranto (1067–1099) unter den Teilnehmern der Lateransynode von 1069 nur ein einziger Bischof aus dem apulischen Raum. 95 Houben, Politische Integration (wie Anm. 27). 96 Becker, Graf Roger I. (wie Anm. 37). 97 Ferdinand Chalandon, Histoire de la domination normande en Italie et en Sicilie, Paris 21960. 98 Ferdinand Chalandon, The Conquest of South Italy and Sicily by the Normans, in: The Cambridge Medieval History, Bd. 5: Conquest of empire and papacy, Cambridge 1957, S. 167–183. 99 Ferdinand Chalandon, The Norman Kingdom of Sicily, in: The Cambridge Medieval History, Bd. 5: Conquest of empire and papacy, Cambridge 1957, S. 184–207. 100 John Julius Norwich, The Normans in the South (1016–1130), London 1970.

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des Catalogus Baronum101 ein Standard- und Nachschlagewerk zur Verwaltungsgeschichte des normannischen Reiches im Mezzogiorno herausgegeben hat. Gut zwanzig Jahre später bot Hiroshi Takayama eine konzise Untersuchung zu den Theorien der administrativen Organisation Unteritaliens.102 Mit der normannischen Frühzeit im Mezzogiorno und den einzelnen treibenden Personen und Personengruppen in den verschiedenen Herrschaften des eroberten Gebietes und deren Verwaltung beschäftigte sich Wolfgang Jahn in seiner Dissertation von 1989 mit dem Titel „Untersuchungen zur normannischen Herrschaft in Süditalien“.103 Fragen nach Strukturbedingungen der Herrschaft im normannischen Unteritalien greift auch Theo Broekmann in seiner Studie „Rigor iustitiae“104 auf, wobei er auch den Fragen nach Terror und Recht nachgeht und dafür bisher kaum ausgewertetes Quellenmaterial einbezieht. Graham A. Loud, hervorragender Kenner der süditalienisch-normannischen Geschichte, stellte in einem erstmals 1981 erschienen Aufsatz die titelgebende Frage „How ‚Norman‘ was the Norman Conquest of Southern Italy?“105 An dieser Stelle seien auch die zahlreichen anderen Veröffentlichungen Louds zu nennen. Unter dem Titel „Conquerors und churchmen in Norman Italy“106 sind Einzelbeiträge des Autors gesammelt, die der normannischen Eroberung, Fragen nach Identität und Herkunft der Normannen, aber auch der unteritalienischen Kirche und byzantinischen Komponenten im Reich der Hauteville sowie weiteren Außenbeziehungen und Fragen des Zusammenlebens und der Verwaltung nachgehen. In der Einzelstudie „The Age of Robert Guiscard“ widmet er sich verschiedensten Aspekten der Regierung und Epoche des Guiskard. Auch lokale Geschichtsschreiber wie Amatus von Montecassino107 sind Themen seines Œuvres. Die Gesellschaftsgeschichte des süditalienischen Normannenreiches behandelt der von Loud und Alex Metcalfe herausgegebene Sammelband „The society of

101 Evelyn M. Jamison, Catalogus Baronum (Fonti per la Storia d’Italia 101), 2, Rom 1972. 102 Hiroshi Takayama, The Administration of the Norman Kingdom of Sicily, Leiden 1993. 103 Wolfgang Jahn, Untersuchungen zur normannischen Herrschaft in Süditalien (Europäische Hochschulschriften/03 401), Frankfurt am Main [u.a.] 1989. 104 Theo Broekmann, „Rigor iustitiae“. Herrschaft, Recht und Terror im normannisch-staufischen Süden (1050–1250) (Symbolische Kommunikation in der Vormoderne), Darmstadt 2005. 105 Graham A. Loud, How ‘Norman’ was the Norman Conquest of Southern Italy? (Erstveröffent­ lichung 1981), in: Conquerors and churchmen in Norman Italy, Aldershot 1999 (Variorum collected studies series 658), S. 13–34. 106 Loud, Conquerors and churchmen (wie Anm. 105). 107 Graham A. Loud, Amatus of Montecassino and his “History of the Normans”, in: Mediterraneo, Mezzogiorno, Europa. Studi in onore di Cosimo Damiano Fonseca, hg. von Giancarlo Andenna und Hubert Houben, Bari 2004, S. 715–726.

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Norman Italy“.108 Ebenfalls eine sozialgeschichtliche Fragestellung, hier aber auf die städtische Gesellschaft abzielend, bestimmt die 2009 erschienene Monographie des Loud-Schülers Paul Oldfield, „City and community in Norman Italy“.109 Darin werden die Beziehungen zwischen städtischen Gemeinschaften und normannischen Eliten in den zwei Jahrhunderten von 1000 bis 1200 auf den festländischen Gebieten untersucht. Oldfield gelingt hier auf mehreren Ebenen die Dekonstruktion gängiger Meistererzählungen zur Verwaltung des sizilischen Reiches und ebenso von der Unfreiheit der süditalienischen Städte (verglichen mit den oberitalienischen Kommunen).

Quellenlage Zur Überlieferungssituation der Quellen zur süditalienischen Geschichte im Allgemeinen bietet Jean-Marie Martin in seinem Aufsatz „L’Italie méridionale“ einen guten Überblick,110 der noch wesentlich ausführlicher um die Angaben zur Quellenlage und Urkundenüberlieferung in Martins großer Monographie zu Apulien ergänzt werden kann.111 Die Empfängerüberlieferung in Süditalien ist als äußerst problematisch einzustufen. Zerstörung und Zersplitterung von lokalen Archivbeständen bewirken eine häufig stark lückenhafte Überlieferung, die eine vorsichtige und umsichtige Darstellung von vermeintlichen historischen Fakten und Abläufen erfordert. Ganz besonders in dieser Region sind die Forschenden zurückgeworfen auf das vielbeschworene Problem von Überlieferungschance und Überlieferungs­zufall.112 Die Urkunden des Erzbistums Bari und einiger seiner Suffragane sind ediert im Codice Diplomatico Barese, was für die vorliegende Arbeit von großem Wert ist. Die Dokumente aus dem Domarchiv Baris für die Jahre 952–1264 wurden von Gian Battista Nitto de Rossi und Francesco Nitti di Vito aufbereitet, jene aus dem Archiv der Kirche S. Nicola in Bari in zwei Bänden (CDB IV: periodo greco 939–1071, CDB V: periodo normanno 1075–1194) allein von Nitti di Vito. Leider ist diese Editionsreihe nicht immer verlässlich. Der besondere Nutzen liegt aber sicherlich in der umfassenden Aufarbeitung kleinerer Bestände in zahlreichen Bänden und doku108 The Society of Norman Italy, hg. von Graham A. Loud und Alex Metcalfe (The Medieval Mediterranean 38), Leiden 2002. 109 Paul Oldfield, City and community in Norman Italy (Cambridge Studies in Medieval Life and Thought 72), Cambridge 2009. 110 Siehe Jean-Marie Martin, L’Italie méridionale, in: Das Papsttum und das vielgestaltige Italien, Hundert Jahre Italia Pontificia, hg. von Klaus Herbers und Jochen Johrendt (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 5), Berlin 2009, S. 109–133. 111 Siehe Martin, La Pouille (wie Anm. 25). 112 Vgl. Arnold Esch, Überlieferungs-Chance und Überlieferungs-Zufall als methodisches Problem des Historikers, in: Historische Zeitschrift 240 (1985), S. 529–570.

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mentiert somit die mittelalterlichen Archivbestände der Region. Eine Fortführung fand und findet dieses Editionsunternehmen im Codice Diplomatico Pugliese, der auch über die Region Bari hinausgreift. Für die Stadt und das Bistum Brindisi sind drei Urkundenbücher unter dem Reihentitel „Codice Diplomatico Brindisino“ erschienen, wovon der erste die 800 Jahre von 492 bis 1299 in knapp vierhundert Seiten umfasst – auch dies zeugt von der nicht als ideal zu bezeichnenden Überlieferungslage. Die Urkunden der Stadt und des Bischofssitzes von Trani wurden gesammelt und abgedruckt von Arcangelo Prologo,113 wenn auch ein kritischer Apparat und Anmerkungen in dieser Urkundensammlung weitgehend fehlen. Eine neuere Edition der Tranenser Dokumente steht bisher aus, weshalb das Büchlein Prologos noch immer das maßgebliche Quellenwerk zur Geschichte des erzbischöflichen Sitzes von Trani vom 9. bis ins 13. Jahrhundert darstellt. Die von Walther Holtzmann erstellten Regesten finden sich nach Kirchenprovenienz geordnet im Band IX der Italia Pontificia und sind von allergrößtem Nutzen für jeden Forscher, der sich mit dem Raum Apulien und den Beziehungen zum Papsttum beschäftigt. Die in den Regesta Imperii erschienen Papstregesten ab 1181114 sind ergänzend ein gutes und verlässliches Hilfsmittel für die päpstlichen Schreiben in der Spätzeit der Normannenherrschaft. Die Urkunden der sizilisch-normannischen Könige wurden und werden mit größter Sorgfalt im Codex diplomaticus Regni Siciliae ediert.115 Julia Becker machte sich um die Zeit vor Gründung eines normannisch-sizilischen Königreiches verdient und edierte die lateinischen und griechischen Urkunden Graf Rogers I. in einer Reihe des Deutschen Historischen Instituts in Rom.116

113 Le carte che si conservano nell’Archivio del capitolo metropolitano della città di Trani (dal IX secolo fino all’anno 1266), ed. Arcangelo di Gioacchino Prologo, Barletta 1877. 114 Johann Friedrich Böhmer, Regesta Imperii IV. Lothar III. und ältere Staufer 1125–1197. 4. Abt.: Papstregesten 1124–1198. Teil 4: 1181–1198, Lieferung 1: 1181–1184, ed. Katrin Baaken und Ulrich Schmidt, Köln [u.a.] 2003 sowie Johann Friedrich Böhmer, Regesta Imperii IV. Lothar III. und ältere Staufer 1125–1197. 4. Abt.: Papstregesten 1124–1198. Teil 4: 1181–1198, Lieferung 2: 1184–1185, ed. Katrin Baaken und Ulrich Schmidt, Köln [u.a.] 2006. 115 Für den untersuchten Zeitraum relevant sind folgende Bände: Codex diplomaticus Regni Siciliae. Ser. 1. Diplomata regum et principum e gente Normannorum. Bd. 2, 1: Rogerii II. regis diplomata Latina, ed. Carlrichard Brühl, Köln [u.a.] 1987; Codex diplomaticus Regni Siciliae. Ser. 1. Diplomata regum et principum e gente Normannorum. Bd. 3: Guillelmi I. regis diplomata. ed. Horst Enzensberger, Köln [u.a.] 1996; Codex diplomaticus Regni Siciliae. Ser. 1. Diplomata regum et principum e gente Normannorum. Bd. 5: Tancredi et Willelmi III. regum diplomata, ed. Herber Zielinski, Köln [u.a.] 1982. 116 Documenti latini e greci del conte Ruggero I di Calabria e di Sicilia, ed. Julia Becker (Ricerche dell’Istituto Storico Germanico di Roma 9), Rom 2013.

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Untersuchungsteil I: Schriftlichkeit: Apulien als Empfängerlandschaft

Als eine wichtige Säule der päpstlichen Zentralisierungsbestrebungen, Obödienzerweiterung und -sicherung im ausgehenden 11. und im 12. Jahrhundert darf die Schriftlichkeit als Mittel der Kommunikation gelten. Das Papsttum schuf, festigte und pflegte Netzwerke und Obödienzen, indem es den Austausch mit verschiedenen Regionen der lateinischen Kirche intensivierte. Hier sei neben dem direkten Gespräch bei persönlichen Treffen anlässlich verschiedenster Gelegenheiten, die hier im Untersuchungsteil zu Präsenz und Bindung beispielhaft beleuchtet werden, sowie neben symbolischen Handlungen in besonderer Weise das Element der Schriftlichkeit beziehungsweise des schriftlichen Austausches durch Urkunden und Briefe genannt.117 Den zentralen Stellenwert der Urkunden „in der personal fundierten, stets neu zu aktualisierenden Herrschaftsordnung“ in Bezug auf Herrscherprivilegien des frühen und hohen Mittelalters hat Hagen Keller herausgehoben118 und an anderer Stelle betont, dass die Urkunde in ihrer normierenden, kontrollierenden und letztendlich ordnenden Funktion sowie als Instrument der Durchsetzung des herrschaftlichen Willens seit der papstgeschichtlichen Wende in der zeitgenössischen Kommunikation an Bedeutung gewonnen hat119. Das sich vor allem im Laufe 117 Hier beziehe ich mich auf die Unterteilung der mittelalterlichen Kommunikation in schriftliche, mündliche und symbolische, vgl. dazu Harald Müller, Mittelalter, Berlin 2008, S. 131–144. Müller bezieht darin Stellung zum allgemeinen Diktum, das Mittelalter sei ein „Urkundenzeitalter“ gewesen, indem er diese These als zu kurz gegriffen zurückweist, betont aber dennoch die besondere Rolle von Urkunden innerhalb der mittelalterlichen Schriftlichkeit. 118 Hagen Keller, Christoph Dartmann, Inszenierungen von Ordnung und Konsens: Privileg und Statutenbuch in der symbolischen Kommunikation mittelalterlicher Rechtsgemeinschaften, in: Zeichen, Rituale, Werte, Internationales Kolloquium des Sonderforschungsbereichs 496 an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, hg. von Gerd Althoff und Christiane Witthöft (Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme 3), Münster 2004, S. 201–223, hier: S. 211. 119 Vgl. Hagen Keller, Die Entfaltung der mittelalterlichen Schriftkultur im europäischen Kontext. Schriftgebrauch und Kommunikationsverhalten im gesellschaftlich-kulturellen Wandel vom 5. bis 13. Jahrhundert, in: Schriftkultur zwischen Donau und Adria bis zum 13. Jahrhundert, hg. von Reinhard Härtel et al. (Schriftenreihe der Akademie Friesach 8), Klagenfurt 2008, S. 15–45, hier: S. 17.

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Untersuchungsteil 1: Schriftlichkeit: Apulien als Empfängerlandschaft

des 12. Jahrhunderts entfaltende, neue Rechtssystem habe zudem die Praxis der Beurkundung erzwungen und dadurch das Urkundenwesen befördert; ferner sei um 1200 parallel zur anschwellenden Schriftlichkeit ein qualitativer Sprung in der Urkundenpraxis auszumachen.120 Auch an der sich nach und nach ausbildenden Kurie ist seit den Reformen Leos IX. eine zunehmende Standardisierung im äußeren und inneren Urkundenformular auszumachen. Die Qualität der Dokumente wurde auch mit Blick auf Rechtswirksamkeit und autoritative Wirkung verbessert. Doch ist bei päpstlichen Schreiben neben dem von Keller beschriebenen qualitativen auch ein quantitativer Sprung feststellbar? Im folgenden Untersuchungsteil zur Schriftlichkeit möchte ich diese Frage ausschnitthaft für die lateinische Kirche Apuliens als Empfängerlandschaft päpstlicher Urkunden klären. Die päpstlichen Schreiben wurden seit der papstgeschichtlichen Wende verstärkt nicht nur in die klassischen Kerngebiete und Wirkungsräume des Papsttums versandt, sondern auch in Regionen an den Grenzen des lateinisch-christlichen Raums. So fand erstmals ein intensiverer und regelmäßiger Austausch beispielsweise mit skandinavischen Empfängern statt, die Iberische Halbinsel wurde stärker in den päpstlichen Kommunikationsraum integriert, ebenso wie slawisch geprägte Gebiete in Mittelost- und Osteuropa oder, wenn auch zeitlich mit einigem Verzug, Ungarn.121 Die lokalen und regionalen Prälaten und Würdenträger wurden durch an sie gerichtete Schriftstücke und die darin enthaltenen Rechtsakte in „die Hierarchie einer werdenden Papstkirche“ einbezogen, wie Thomas Wetzstein formuliert hat122. Doch allen Überlegungen zum Urkundenausstoß der päpstlichen Kanzlei muss das Bewusstsein um die Umstände einer Beurkundung zu Grunde liegen: den von der neueren Forschung, vor allem von Hans-Henning Kortüm (speziell zum 10. Jahrhundert) immer wieder betonten Empfängereinfluss123, denn in der Regel wurde eine Papsturkunde auf Bitten des Empfängers oder eines Mittelsmannes ausgestellt. Auch Jochen Johrendt kommt zu dem Schluss, dass noch gegen Ende des 12. Jahr120 Vgl. ibid., hier: S. 38–40. 121 Vergleichend dazu seien die Ergebnisse der Dissertation von Holndonner, Kommunikation (wie Anm. 13) genannt sowie die Studie von Gábor Barabás, Das Papsttum und Ungarn in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts (ca. 1198 - ca. 1241). Päpstliche Einflussnahme, Zusammenwirken, Interessengegensätz (Publikationen der Ungarischen Geschichtsforschung in Wien 6), Wien 2014, zu päpstlich-ungarischen Kontakten vor allem im 13. Jahrhundert, die einen Schwerpunkt auf die Urkundenpraxis legt. 122 Vgl. Thomas Wetzstein, Zur kommunikationsgeschichtlichen Bedeutung der Kirchenversammlungen des hohen Mittelalters, in: Zentrum und Netzwerk, Kirchliche Kommunikation und Raumstrukturen im Mittelalter, hg. von Gisela Drossbach und Hans Joachim Schmidt (Scrinium Friburgense 22), Berlin [u.a.] 2008, S. 247–297. 123 Vgl. Hans-Henning Kortüm, Zur päpstlichen Urkundensprache im frühen Mittelalter (Beiträge zur Geschichte und Quellenkunde des Mittelalters 17), Sigmaringen 1995.

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Untersuchungsteil 1: Schriftlichkeit: Apulien als Empfängerlandschaft

hunderts „die Päpste vermutlich in den meisten Fällen nicht von sich aus auf den Gedanken [kamen], Urkunden auszustellen.“124 Unter Berücksichtigung dieser Voraussetzungen sind im Kontext der vorliegenden Studie drei Stufen der Produktion eines Kommunikationsraumes zu beobachten: 1. Die römische Kirche stellt unter Leitung des Papstes ein mediales System der Kommunikation zur Verfügung. Die anbietende Instanz, das Papsttum beziehungsweise seine Kanzlei, agiert jedoch im Regelfall nicht selbständig. Es wird ein Angebot gemacht, ein kommunikativer Korridor eröffnet. 2. Der Urkundenpetent als einzelne Person oder Stellvertreter einer Institution nimmt das Angebot an und erbittet in einem kommunikativen Akt zumeist mündlich ein Schriftstück für sich, eine andere Person oder eine Institution, deren Mitglied er unter Umständen ist, um beispielsweise eine Rechtshandlung des Papstes zu erwirken, denken wir an die Vergabe des Palliums oder die Bestätigung des Bistumsbesitzes. Ein Raum entsteht, der durch verschiedene Aspekte konstituiert wird (Rechtssystem, Schriftlichkeit …). Von besonderer Bedeutung ist, dass der Petent zum einen die vom Papsttum zur Verfügung gestellten Mittel in erster Instanz akzeptiert und nutzt und zum anderen in einer übergeordneten Instanz die Ausbreitung der römischen Kirche bejaht, den päpstlichen Primat und im weitesten Sinne die Prinzipien der Kirchenreform akzeptiert. 3. Das Papsttum wiederum leistet in der Regel der Bitte des Petenten Folge und stellt eine Urkunde aus, wobei der Empfänger auf das entstehende Produkt (beispielsweise die Arenga der Urkunde) durchaus Einfluss haben kann.125 Ein kommunikativer Prozess wurde angestoßen und vollzogen, ein Raum zwischen der Zentralinstanz (Papsttum/römische Kirche) und dem regionalen Empfänger (Petent) ist entstanden. Doch welche Informationen geben nun Auskunft darüber, wie intensiv der päpstliche Austausch mittels schriftlicher Kommunikation mit einzelnen Landschaften stattfand? Zu allgemeineren Aussagen gelangt man durch die Analyse des Urkundenausstoßes für eine Region, wobei in dieser Studie nur die Urkunden an kirchliche Institutionen und Würdenträger des Untersuchungsraumes einbezogen werden. Allerdings ist das Ergebnis unter Berücksichtigung des vielbeschworenen Problems 124 Jochen Johrendt, Italien als Empfängerlandschaft (1046-1198): ein Vergleich aus der Perspektive des Urkundenalltags in Ligurien, Umbrien und Kalabrien, in: Das Papsttum und das vielgestaltige Italien, Hundert Jahre Italia Pontificia, hg. von Klaus Herbers und Jochen Johrendt (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 5), Berlin 2009, S. 183–213. 125 Dazu jüngst Judith Werner, Papsturkunden vom 9. bis ins 11. Jahrhundert. Untersuchungen zum Empfängereinfluss auf die Urkundengestalt (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Neue Folge 43), Berlin [u.a.] 2017.

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Untersuchungsteil 1: Schriftlichkeit: Apulien als Empfängerlandschaft

der Überlieferungschance und des Überlieferungszufalls126 zu betrachten und kann lediglich Tendenzen abbilden. In den letzten Jahren hat sich die Forschung wieder umfassender mit dem Urkundenausstoß der päpstlichen Kanzlei vor allem nach der papstgeschichtlichen Wende des 11. Jahrhunderts und der damit einhergehenden verstärkten Institutionalisierung der Kanzlei auseinandergesetzt. Dabei fehlen breiter angelegte Überblicksstudien, vielmehr sind Untersuchungen zur Urkundenanzahl zumeist geographisch oder zeitlich eingeschränkt, was ihren Wert jedoch keinesfalls schmälert. So nahm Jochen Johrendt neben anderen „Instrumente[n] papaler Durchdringung“127 die päpstliche Urkundenproduktion für die Region Kalabrien, den „Sonderfall vor der Haustüre“ in den Blick, an anderer Stelle beschäftigte er sich vergleichend mit Ligurien, Kalabrien und Umbrien und stellte Italien als Empfängerlandschaft in den Fokus128. In seiner Dissertation setzte sich Johrendt aus allgemeinerer Perspektive und mit Blick auf eine frühere Zeit mit dem „Papsttum und Landeskirchen im Spiegel päpstlicher Urkunden“ zwischen 896 und 1046 auseinander.129 Rudolf Hiestand hatte einige Jahre zuvor die Frage nach der „Leistungsfähigkeit“ der päpstlichen Kanzlei im 12. Jahrhundert unter besonderer Betrachtung des lateinischen Ostens gestellt130; Przemysław Nowak begrenzte seine Studie zeitlich, nämlich auf die Pontifikate der drei Päpste Lucius III. (1181–1185), Urban III. (1185– 1187) und Gregor VIII. (1187)131, ähnlich wie Stefan Hirschmann, der sich mit der Urkundenproduktion der päpstlichen Kanzlei in den Jahren 1141–1159, also vor Beginn des Pontifikats Alexanders III. (1159–1181) befasste132. Die Überlieferungssituation von päpstlichen, aber auch bischöflichen Urkunden ist in großen Teilen des Untersuchungsraumes stellenweise stark lückenhaft. Gerade im Fall von Bari ist für die Jahre zwischen 1156 und 1167 nur wenig überliefert, 126 Vgl. zu dieser Thematik den programmatischen Aufsatz: Esch, Überlieferungs-Chance (wie Anm. 112). 127 Johrendt, Der Sonderfall (wie Anm. 14), S. 239. 128 Johrendt, Italien als Empfängerlandschaft (wie Anm. 124). 129 Jochen Johrendt, Papsttum und Landeskirchen im Spiegel der päpstlichen Urkunden (8961046) (Monumenta Germaniae Historica: Studien und Texte 33), Hannover 2004. 130 Rudolf Hiestand, Die Leistungsfähigkeit der päpstlichen Kanzlei im 12. Jahrhundert mit einem Blick auf den lateinischen Osten, in: Papsturkunde und europäisches Urkundenwesen, Studien zu ihrer formalen und rechtlichen Kohärenz vom 11. bis 15. Jahrhundert, hg. von Peter Herde und Hermann Jakobs (Archiv für Diplomatik, Schriftgeschichte, Siegel- und Wappenkunde, Beiheft 7), Köln [u.a.] 1999. 131 Przemysław Nowak, Die Urkundenproduktion der päpstlichen Kanzlei 1181-1187, in: Archiv für Diplomatik 49 (2003), S. 91–122. 132 Stefan Hirschmann, Die päpstliche Kanzlei und ihre Urkundenproduktion (1141-1159) (Europäische Hochschulschriften, Reihe 3: Geschichte und ihre Hilfswissenschaften 913), Frankfurt am Main [u.a.] 2001.

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1. Quantität

denn König Wilhelm I. ließ 1156 die Stadt durch seine Truppen schleifen. Dabei wurde nicht nur der Dom zerstört, sondern auch der Bischofspalast und das wohl dort befindliche erzbischöfliche Archiv arg in Mitleidenschaft gezogen. Zwischen 1152 und 1167 ist nichts aus der Bischofskirche überliefert, die erste Urkunde nach dieser weit klaffenden Lücke bezeugt den Verkauf eines Hauses am 2. Mai 1167.133 Aus dem Archiv von S. Nicola sind zumindest elf Urkunden aus dem benannten Zeitraum erhalten. Auch für die nachfolgenden Jahre sind aus dem Domarchiv nur wenige Stücke überliefert. Der Grund dafür ist wohl in dem langsamen und schwierigen Wiederaufbau der erzbischöflichen Gebäude nach der Zerstörung zu suchen– es fehlte an geeigneten Verwaltungs- und Aufbewahrungsorten, sodass Schriftgut – falls überhaupt vorhanden – nur schwerlich archiviert werden konnte.134

1. Quantität Im Folgenden wird die Menge päpstlicher Urkunden untersucht135, die in den Jahren zwischen 1059 und 1189, also der Zeit der normannischen Herrschaft, an kirchliche Empfänger im Untersuchungsraum adressiert und versandt wurde, sortiert nach Erzbistümern und dem exemten Bistum Monopoli. Dabei ist es lediglich möglich, die uns überlieferten Urkunden (Originale, Deperdita) einzubeziehen. Maßgeblich sind hier die Einträge Holtzmanns in Band IX der Italia Pontificia. Identifizierte Fälschungen werden nicht aufgenommen, ebenso wenig Schreiben, die nur an die weltlichen Herrscher gerichtet sind und nicht die lateinische Kirchenlandschaft Apuliens betreffen. Auch die bei Holtzmann verzeichneten Nachrichten von Konzilien oder Weihen im Untersuchungsraum werden nicht berücksichtigt. Eine erste statische Auswertung soll Entwicklungslinien und mögliche Integrationsphasen andeuten, die in späteren Kapiteln detaillierter kontextualisiert werden.

133 Die letzte überlieferte, davor ausgestellte Papsturkunde stammt von Eugen III., siehe CDB I, S. 94, n. 49. Die Verkaufsurkunde von 1167 ist ebenfalls ediert im CDB I, S. 95, n. 50. 134 Siehe dazu und zur Zerstörung der Stadt Francesco Carabellese, La ricostruzione del duomo di Bari dopo il 1156, in: L‘Arte. Rivista di storia dell‘arte medioevale e moderna 10 (1907), S. 65–70, hier: S. 65. 135 Johrendt stellt zur quantitativen Urkundenauswertung völlig richtig fest: “Wenn es [um die Anzahl von Urkunden geht, so sei deutlich bemerkt, daß es für eine quantitative Auswertung nicht um einzelne Urkunden gehen kann. Abweichungen von zwei oder drei Stücken können nicht als bedeutsam eingestuft werden. Sie können auf dem Überlieferungszufall beruhen, auf der unterschiedlichen Überlieferungschance von Urkundentypen.“ Siehe Johrendt, Italien als Empfängerlandschaft (wie Anm. 124), S. 192. Diese Präambel gilt es auch in der vorliegenden Studie zu beachten.

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Untersuchungsteil 1: Schriftlichkeit: Apulien als Empfängerlandschaft Anzahl der von Päpsten ausgestellten Urkunden für Empfänger im Untersuchungsraum (1059-1189)* Aussteller

Urkundenempfänger nach Bistumszugehörigkeit

Nikolaus II. (1058-1061): 3 Bari: Monopoli: Brindisi: Alexander II. (1061-1073): 5 Trani: Bari: Monopoli: Brindisi: Gregor VII. (1073-1085): 4 Bari: Monopoli: Brindisi: Urban II. (1088-1099): 7 Trani: Bari: Monopoli: Brindisi: Paschalis II. (1099-1118): 21 Trani: Bari: Monopoli: Brindisi: Gelasius II. (1118-1119): 1 Brindisi: Calixt II. (1119-1124): 8 Trani: Bari: Monopoli: Brindisi: Honorius II. (1124-1130): 3 Monopoli: Brindisi: Anaklet II. antipapa (1130-1138): 3 Trani: Bari: Lucius II. (1144-1145): 2 Bari: Brindisi: Eugen III. (1145-1153): 3 Trani: Bari: Monopoli: Hadrian IV. (1154-1159): 3 Trani: Alexander III. (1159-1181): 72 Trani: Bari: Monopoli: Brindisi: Lucius III. (1181-1185): 8 Trani: Brindisi: Urban III. (1185-1187): 10 Trani: Bari: Monopoli: Clemens III. (1187-1191): 8 Trani: Bari: Monopoli: GESAMT:

Original-/ Kopialüberliefer.

Deperdita: 2 0 1 1 2 0 0 1 1 2 0 1 1 1 0 0 0 1 5 1 0 2 2 0 0 3 0 0 1 2 3 1 2 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 21 7 3 10 1 2 2 0 6 2 3 1 6 1 5 0 53

1 1 0 0 3 1 1 1 0 2 1 0 1 6 2 1 1 2 16 0 8 0 8 1 1 5 1 1 1 2 0 0 0 3 1 2 2 1 1 3 1 1 1 3 3 51 12 26 6 7 6 1 5 4 3 1 0 2 0 1 1 108

* Päpste, von denen keine Urkunden für den Untersuchungszeitraum überliefert sind, fanden in der Übersicht keine Berücksichtigung.

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1. Quantität

Insgesamt sind aus dem Untersuchungszeitraum 161 Papsturkunden an apulische Kirchen und Prälaten überliefert (inkl. Deperdita). Drei Urkunden Anaklets  II. wurden hier mit berechnet. Die Anzahl erscheint in der Gänze nicht ungewöhnlich: Johrendt hat für die Region Ligurien von 1046–1198 insgesamt 179 Urkunden nachgewiesen, 202 für Umbrien, 169 für Kalabrien, wobei hier vermutlich auch weltliche Empfänger berücksichtigt wurden.136 Überraschend ist allerdings, dass die Zahlen für die vermeintlich an den Grenzen der Christenheit liegende Region Apulien ‚mithalten kann‘ mit den Gebieten nördlich Roms. Die Urkundengesamtzahl im süditalienischen Kalabrien entspricht unter Beachtung des längeren Untersuchungszeitraumes bei Johrendt den Befunden für Apulien. Die Auswertung der bei Holtzmann verzeichneten überlieferten Urkunden ergibt in der Verteilung auf einzelne Pontifikate ein unausgeglichenes Bild:

Von 21 betrachteten Päpsten - der ‚Gegenpapst‘ Anaklet II. ist hier erneut inbegriffen – aus den Jahren 1059 bis 1189 sind von fünf Päpsten keinerlei urkundliche Zeugnisse überliefert, die an kirchliche Empfänger der untersuchten Region adressiert waren. Zwei klare Spitzen sind auszumachen: Für die Zeit bis 1130 sind mit 21 Stücken die meisten Papsturkunden von Paschalis II. (1099–1118) auf uns gekommen. Im Pontifikat seines Nachfolgers Gelasius II. (1118–1119) ist ein Einbruch zu verzeichnen, der mit dessen kurzem Pontifikat erklärt werden kann. Unter Ca136 Ibid., S. 192.

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Untersuchungsteil 1: Schriftlichkeit: Apulien als Empfängerlandschaft

lixt II. und Honorius II. bleibt die Entwicklung jedoch weiterhin rückläufig. Einen Grund hierfür kann man möglichweise in der bereits krisenhaften Beziehung zwischen den Päpsten und dem erstarkenden und selbstbewussten Roger II. von Sizilien erkennen. Eine ähnliche Entwicklung bis 1130 ist im Übrigen auch in Kalabrien nachweisbar.137 Für die Zeit nach 1130 ragen nach einer langen Phase der Stagnation beziehungsweise des völligen Ausbleibens jeglicher überlieferter Urkunden für den untersuchten Raum die Anzahl der Urkunden für apulische Empfänger von Alexanders III. (1159–1181) überproportional mit 72 Stücken hervor. Ein klarer Rückgang ist hiernach in der Zeit von Honorius II. (1124–1130) bis hin zu Hadrian IV. (1154–1159) auszumachen, wobei das innozentianische Schisma von 1130 und die Anlehnung des normannischen Süditaliens an Anaklet II. sowie weitere Folgen der Kirchenspaltung vermutlich die hauptsächlichen Hintergründe der Regression darstellen. Dieser Befund scheint zumindest in Teilen mit dem anderen großen festländisch-süditalienischen Raum, Kalabrien, übereinzustimmen. Für Ligurien und Umbrien hingegen zeigt sich ein anderes Bild. In Ligurien ist ein steter Anstieg der Urkundenzahl seit 1100 feststellbar, der dann von 1190–98 wieder etwas rückläufig ist.138 Die Menge der Urkunden für umbrische Empfänger ist zwar seit 1100 mit einem kleinen Einbruch in den 1110er Jahren ebenfalls ansteigend bis 1150, fällt aber dann bis in die 1170er Jahre bis zu einem erneuten Anstieg in den 1180er Jahren, wobei wohl vor allem das Ende des Alexandrinischen Schismas 1179 ausschlaggebend für den damit in Beziehung zu setzenden Aufschwung darstellen dürfte. Bis 1198 stagniert dann die Entwicklung quasi. Höhepunkte der urkundlichen Tätigkeit des Papsttums für Empfänger in Umbrien markieren die 1140er und 1180er Jahre.139 Die Abwärtskurve seit Mitte der 1120er Jahre bis zum Beginn des Pontifikats Alexanders III. ist also vermutlich eine typisch unteritalienische Erscheinung, wenn auch angrenzende Phänomene beispielsweise für das Bistum Burgos aufgezeigt werden konnten140.

137 Vgl. ibid., S. 194. Dort bricht die Urkundenproduktion für kalabrische Empfänger 1122 plötzlich ab und war schon vorher rückläufig. Johrendt erklärt dies ebenfalls mit dem Konflikt zwischen Roger II. und Calixt II. 138 Vgl. zu diesen Zahlen Johrendt, Italien als Empfängerlandschaft (wie Anm. 124), S. 192 f. 139 Vgl. ibid., S. 193 f. 140 Elze, The Ordo (wie Anm. 3) weist einen Rückgang der der delegierten Gerichtsbarkeit der Diözese Burgos in Form der delegierten Gerichtsbarkeit für die Zeit des Schismas von 1130 bis zum Pontifikat Eugens III. nach und erklärt dies mit einer regionalen Abneigung gegen Innozenz II.

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2. Erste päpstliche Urkunden nach der Belehnung von Melfi

2. Erste päpstliche Urkunden nach der Belehnung von Melfi Am 24. August 1059 - wohl im Umfeld des Konzils von Melfi, das im August stattfand - stellte Papst Nikolaus II. (1058-1061) per manus Humberti sanctae ecclesiae Silvae Candidae episcopi et apostolicae sedis bibliothecarii eine Urkunde für die Kirche SS. Petri et Pauli in Rutigliano aus, in der er ihr unter anderem die Freiheit verlieh.141 Es ist das erste im Original überlieferte Stück für Empfänger im untersuchten Zeitraum und der untersuchten Region.142 Eine auf den gleichen Tag datierte Urkunde für die Kirche S. Salvatoris q. d. Sothir et S. Mariae wurde von Kehr als Spurium erkannt.143 Als Prüfstein diente das Dokument für die Kirche in Rutigliano, das wesentlich sorgfältiger und ebenmäßiger geschrieben ist.144 Noch einige Monate vor dem Konzil von Melfi und damit vor der päpstlichen Belehnung Robert Guiskards mit dem Herzogtum Apulien bestimmte Nikolaus II. den Abt Desiderius von Montecassino zum Vikar aller Klöster, Nonnen und Mönche ganz Süditaliens, um die dortigen Sitten zu bessern.145 Hierbei ist bereits ein gewisser Ordnungswille erkennbar. Offenbar erhoffte sich der Papst aus der Beauftragung des Abtes146, welcher 1187 als Viktor III. auch für einige Monate das Papstamt innehaben sollte, eine stärkere Kontrolle über die sich durch die normannischen Eroberungen gerade neu erschließende Kirchenlandschaft. Zudem bot sich Desiderius auch durch seine Aufgabe als Vorsteher des höchst bedeutsamen Klosters

141 Vgl. CDB IV, S. 78 f., n. 38. Der Ort Rutigliano gehörte der Diözese Conversano, Kirchenprovinz Bari, an. 142 Einen Tag zuvor stellte Nikolaus II. eine Urkunde für das Kloster S. Maria auf den Tremiti-Inseln aus, einen Tag danach, am 25. August, eine für das Kloster in SS. Trinità in Venosa. Im Umfeld des Konzils, also im August 1059, urkundete der Papst noch einige weitere Male für unteritalienische Empfänger, vgl. die Tabelle in: IP IX, S. XXIV. In Band IV des CDB diskutiert Nitti de Vito die Fälschungsfrage, vgl. dort S. IX f., wo beide im Original erhaltenen Exemplare auch im Anhang abgebildet sind, vgl. ibid., Facs. III–IV. 143 Vgl. Paul Fridolin Kehr, Papsturkunden in Apulien, in: Nachrichten der königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, phil.-hist. Abteilung (1898), S. 237–289, hier: S. 245 f., 266 f., der das Stück für „eine plumpe Fälschung, die nach einem Original von Nicolaus II. […] von demselben Tag fabrizirt [sic!] ist“, hält, ibid., S. 245 f. Zur Fälschungsfrage vgl. Anm. 142. 144 Siehe die Abbildungen der beiden im Original erhaltenen Exemplare im Anhang des CDB IV, Facs. III-IV. 145 Siehe IP VIII, S. 141, n. 88. Petrus Diaconus überging den Passus zu den Nonnenklöstern in seinem Register, siehe ibid. 146 Zu Desiderius, seinen Beziehungen zu Papsttum und Normannen siehe unter anderem: Graham A. Loud, Abbot Desiderius of Montecassino and the Gregorian Papacy, in: Journal of Ecclesiastical History 30 (1979), S. 305–326 sowie Herbert Edward John Cowdrey, The age of Abbot Desiderius. Montecassino, the Papacy, and the Normans in the eleventh and early twelfth centuries, Oxford 1983.

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Untersuchungsteil 1: Schriftlichkeit: Apulien als Empfängerlandschaft

Montecassino im südlichen Latium, an der Grenze zu den von den normannischen Eroberern errungenen Gebieten, als Vermittler zwischen den beiden Welten an. Trotz dieser Tendenz zum ordnenden Eingreifen in Süditalien sind aus der Zeit Nikolaus’ II. nur drei urkundliche Zeugnisse für apulische Prälaten überliefert, davon nur ein Stück im Original. Die Erklärung hierfür scheint gewissermaßen auf der Hand zu liegen: Die Eroberung Apuliens durch die Normannen war noch nicht vollständig abgeschlossen, Bari wurde sogar erst 1071 eingenommen. Noch standen auch die lateinischen Kirchen der Region unter – wenn auch schwächer werdendem – byzantinischem Einfluss. Noch galt es, die territorialen Fragen zu klären, bevor eine Hinwendung zu den Kirchen und Klöstern des eroberten Gebietes in stärkerem Maße beginnen konnte.

3. Integrationsschub: Urkunden Urbans II. und Paschalis II. Einer Analyse Bischoffs folgend sind insgesamt circa 650 erhaltene Urkunden Urbans II. bekannt.147 Nicht eingeschlossen sind dabei Deperdita, die nicht mehr in Original oder Abschrift vorhanden, aber erschließbar sind. Dabei ist mit einem hohen Urkundenverlust zu rechnen. Ein Register Urbans, das mit großer Wahrscheinlichkeit von Beginn seines Pontifikates an geführt worden ist, war bis Anfang des 13. Jahrhunderts erhalten, ging danach aber verloren.148 Becker bemerkt, dass Urban einen Großteil seiner Urkunden vor der Ausstellung „gesehen, gebilligt, manche vermutlich sogar selbst ganz oder teilweise ‚diktiert‘ habe.“149 Aus dem Untersuchungsraum sind von Urban sieben Urkunden bekannt, ein Deperditum eingeschlossen. Diese Zahl mag in Anbetracht der insgesamt erhaltenen Urkundenmenge sehr niedrig erscheinen. Dennoch ist ein minimaler Anstieg gegenüber seinen Vorgängern, auch dem sonst so sendungsbewussten Gregor VII. (1073– 1085), erkennbar. Von Viktor III. (1086–1087) ist kein Stück überliefert – wohl aufgrund seines nur wenige Monate dauernden Pontifikats. Urban II. war nachweislich stark um Unteritalien und auch Apulien bemüht, dies einerseits, weil er im Mezzogiorno seine Obödienz zu sichern suchte, andererseits weil er dort das geeignete Terrain zur Annährung an die Ostkirche erhoffte, mit dem sich die römische Kirche 147 Vgl. Frank M. Bischoff, Urkundenformate im Mittelalter. Größe, Format und Proportionen von Papsturkunden in Zeiten expandierender Schriftlichkeit, 11.-13. Jahrhundert (Elementa diplomatica 5), Marburg an der Lahn 1996, S. 186. 148 Siehe zu Spuren des verlorenen Registers sowie einer Übersicht zur Literatur Alfons Becker, Papst Urban II. (1088-1099). Teil 3: Ideen, Institutionen und Praxis eines päpstlichen „regimen universale“ (Monumenta Germaniae Historica München: Schriften der Monumenta Germaniae Historica 19/3), Hannover 2012, S. 704–713 (Anhang 2). 149 Ibid., S. 662 f., Anm. 2.

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3. Integrationsschub: Urkunden Urbans II. und Paschalis II.

seit 1054 im Schisma befand. ‚Union‘ war Papst Urban II. ein wesentliches Anliegen während seines Pontifikats.150 Die dennoch gering erscheinende Anzahl an überlieferten Urkunden für apulische Empfänger mag auch in der persönlichen Präsenz des Papstes in Süditalien begründet liegen. In Apulien selbst verbrachte er knapp vier Monate seines Pontifikates.151 Möglicherweise wurden viele Gespräche persönlich geführt, Mandate oder Ermahnungen waren vielleicht nicht immer notwendig. Ein stärkerer Anstieg in der überlieferten Urkundenmenge ist aus dem Pontifikat von Urbans direktem Nachfolger, Paschalis II. zu vermelden. Dies könnte möglicherweise auch mit dem erweiterten päpstlichen Spielraum in Unteritalien zusammenhängen, der sich eröffnete durch die Schwäche der herzoglichen Stellung seit dem Tod Robert Guiskards 1085 und in gewisser Weise noch mehr seit dem Tod seines Sohnes und umstrittenen Nachfolgers Roger Borsa 1111.152 Insgesamt 21 Stücke, davon fünf als Deperdita, sind überliefert. Die meisten der Urkunden entfallen dabei auf die Erzbistümer Bari und Brindisi. Ein Blick auf den Inhalt der Dokumente für Brindisi zeigt eine inhaltliche Richtung auf: Neben Privilegierungen geht es häufig um den Streitfall zwischen Brindisi und Oria im Bistum Brindisi. Oria war seit 838, dem Jahr der Zerstörung der Stadt Brindisi durch die Sarazenen, Sitz des Bistums Brindisi gewesen. Die von Urban II. veranlasste Rückverlegung nach Brindisi153 wollten Volk und Klerus von Oria nicht anerkennen. Paschalis hatte nun mit der Widerspenstigkeit der Oritaner zu kämpfen und stellte zur Lösung des Konflikts mehrere Urkunden aus154 - nicht abschließend erfolgreich, denn der Streit war auch gegen Ende des Jahrhunderts noch nicht beigelegt. Bei den Urkunden für das Erzbistum Bari handelt es sich häufig um Privilegien, die Rechte oder Besitz bestätigen. 150 Vgl. zu Urban II., seiner Süditalienpolitik und der Unionsfrage vor allem Alfons Becker, Papst Urban II. (1088-1099). Teil 1: Herkunft und kirchliche Laufbahn. Der Papst und die lateinische Christenheit (Monumenta Germaniae Historica München: Schriften der Monumenta Germaniae Historica 19/1), Stuttgart 1964, Dens., Papst Urban II. (1088-1099). Teil 2:  Der Papst, die griechische Christenheit und der Kreuzzug (Monumenta Germaniae Historica München: Schriften der Monumenta Germaniae Historica 19/2), Stuttgart 1988 und Dens., Urban II., Bd. 3 (wie Anm. 148) sowie unter anderem Houben, Urbano II e i Normanni (wie Anm. 93) und ferner die Ausführungen und zugehörige Literatur zu Urban in den folgenden Untersuchungsteilen. 151 Vgl. dazu das Kapitel zu Urbans Reisen nach Süditalien und Apulien ab S. 61. 152 Vgl. zu dieser Tendenz Kamp, Der unteritalienische Episkopat (wie Anm. 18), S. 102 f. sowie Francesco Panarelli, Aspekte der ethnischen Vielfalt im Mönchtum des normannischen Süditalien, in: Vita communis und ethnische Vielfalt, Multinational zusammengesetzte Klöster im Mittelalter. Akten des Internationalen Studientags vom 26. Januar 2005 im Deutschen Historischen Institut in Rom, hg. von Uwe Israel (Vita regularis 29), Berlin 2006, S. 179–204, hier: S. 193 f. 153 Vgl. IP IX, S. 388, n. 14. 154 So zum Beispiel IP IX, S. 389–391.

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Untersuchungsteil 1: Schriftlichkeit: Apulien als Empfängerlandschaft

Betrachet man die Pontifikate von Urban II. und Paschalis II., ist in den Jahren um 1100 ein leichter bis stärkerer Schub in der Anzahl der überlieferten Urkunden erkennbar, der nach dem Pontifikat Paschalis’ wieder rückläufig ist. Die Anfangsthese aufgreifend, dass Beurkundungen am päpstlichen Hof in der Regel auf Bitte eines oder mehrerer Petenten geschahen und somit die Akzeptanz der römischen Oberhoheit in gewissem Maße an der Anzahl der ausgestellten (und letztendlich überlieferten) Urkunden ablesbar ist, lässt sich ein erster Integrationsschub für die Pontifikate Urbans und Paschalis’ feststellen.

4. Stagnation und Regression: Zeit des Innozenzianischen Schismas Die skizzierte Entwicklung ist von Gelasius II. bis zu Honorius II. rückläufig, der eben beschriebene ‚Integrationsschub‘ stagnierte. Besonders seit Innozenz II. unterliegt diese Kurve einem Abwärtstrend, der auf Regression in den Beziehungen zwischen dem Papsttum und der apulischen Kirche hindeutet. Von Gelasius II. ist nur eine Urkunde überliefert, hingegen immerhin acht von Calixt II., drei von Honorius II. Seit dem Ausbruch des Schismas von 1130, aus dem Innozenz II. und Anaklet II. hervorgingen, sind nur drei Urkunden Anaklets II. bekannt, was auf den ersten Blick verwundert, lag doch sein Obödienzbereich in Süditalien. Als Anaklet nach seinem Tod 1139 verurteilt wurde und damit als illegitimer Papst in die Geschichtsbücher eingeschrieben war, sank vermutlich die Überlieferungschance für die von ihm ausgestellten Urkunden deutlich - sie hatten für den Empfänger gerade im Falle von Privilegien keinen Wert mehr. Aber auch von Anaklets Kontrahenten Innozenz ist keine Urkunde für die Kirchen Apuliens erhalten, auch nicht aus der Zeit nach 1139. Bis zum Pontifikat Alexanders III., das 1159 begann, sind die Zahlen der überlieferten Urkunden für die Kirchen und Klöster Apuliens enorm niedrig.

5. Integration? Urkunden Alexanders III. Unter Alexander III., der 22 Jahre das Papstamt innehatte, explodiert die überlieferte Urkundenmenge geradezu. 72 Urkunden sind bekannt, davon 51 im Original bzw. kopial überliefert. Diese Zahl entspricht der allgemein unter Alexander geradezu exponentiell ansteigenden Urkundenmenge. Die päpstliche Kanzlei arbeitete unter ihm auf Hochtouren und auch die apulischen Prälaten wurden dabei umfassend mit Privilegien, Delegationsmandaten und päpstlichen Entscheidungen in Schriftform bedacht. Einige wenige Entscheidungen Alexanders seien an dieser Stelle genannt: Volk und Klerus von Oria wählten nach anhaltenden Streitigkeiten wegen Rückverlegung

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5. Integration? Urkunden Alexanders III.

des Sitzes nach Brindisi in den 1170er Jahren einen eigenen Bischof, was Alexander III. zurückwies, ohne das Problem wirklich zu lösen.155 In der Pfarrei Rutigliano, im Sprengel der Metropole Bari liegend, kam es zu Konflikten zwischen dem Erzbischof Rainald von Bari und Bischof Cafinus von Conversano um die Zughörigkeit Rutiglianos. Papst Alexander ordnete in diesem Fall an, dass Rainald den Streit auflösen solle, indem er die Pfarrei seinem Suffragan in Conversano restituierte.156 Der exemten Abtei S. Stefano in Monopoli bestätigte der Papst 1168 nach dem Vorbild seiner Vorgänger Paschalis II. und Calixt II. die Jurisdiktionsrechte über ein castrum in Putignano, welches in der Diözese Conversano lag und ursprünglich auf eine Schenkung des Bischofs Leo von Conversano an das Kloster in Monopoli zurückging.157 In späteren Jahrhunderten wurden in gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen dem Kloster S. Stefano, das später an den Johanniterorden überging, und dem Bischof von Conversano die Urkunden Alexanders als Zeugen eingebracht.158 Den Löwenanteil der päpstlichen Verlautbarungen in Süditalien und auch Apulien machen aber Bestätigungen und Ähnliches aus, wobei hier natürlich die sehr gute Überlieferungschance von Privilegierungen eine enorme Rolle spielen dürfte. Ist nun gleichsam von gelungener Integration zu sprechen? Sicher stellte Alexander III. der Region Apulien ein hocheffizientes System der Urkundenerlangung zur Verfügung, welches die Petenten gerne nutzten. Der Frieden von Benevent von 1156 und die danach eingekehrten, ruhigeren Verhältnisse zwischen der normannischen Herrschaft und dem Papsttum mögen den Weg dafür geebnet habe. Die Person Alexanders III. erweist sich aber in Anbetracht der Zahl überlieferter Urkunden als ‚Kommunikationsgenie‘ auf dem päpstlichen Thron, der die Leistungsfähigkeit der Kanzlei so steigerte, dass seine Verlautbarungen in großer Zahl in die Regionen gelangen konnten, von denen sie erbeten wurden, so auch nach Apulien. Hierin lässt sich zumindest ein vorläufiger Abschluss der ersten Homogenisierungsbestrebungen für die Kirchenlandschaft dieser Region erkennen. Die überlieferten Stücke in den Jahren nach Alexanders Tod bis zum Ende des Untersuchungszeitraumes 1189 zeigen allerdings einen deutlichen quantitativen Rückgang.

155 156 157 158

Vgl. IP IX, S. 394 f., n. 38, 39. Vgl. IP IX, S. 322, n. *17. Vgl. IP IX, S. 379, n. *3, sowie S. 380, n. 9 und S. 381, n. *12. Vgl. IP IX, S. 378.

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Untersuchungsteil 1: Schriftlichkeit: Apulien als Empfängerlandschaft

6. Apulien als Empfängerlandschaft: Schlussfolgerungen Nach Analyse der schriftlichen Kontakte zwischen den lateinischen Kirchen Apuliens und den Päpsten seit der Zeit der Belehnung der normannischen Eroberer mit dem Herzogtum 1059 ist festzustellen, dass die Kontakte stetig, wenn auch ohne große Quantitätssprünge in den ersten Jahrzehnten, anwuchsen und zu einem vorläufigen Höhepunkt um die Jahrhundertwende, in den Pontifikaten Urbans II. und Paschalis’ II., gelangten. Spätestens das Schisma von 1130 brachte jedoch einen Bruch in den Beziehungen mit sich, der sich deutlich an den überlieferten Urkunden für apulische Empfänger ablesen lässt. Süditalien schloss sich mitsamt seinem König der Anhängerschaft Anaklets II. an, der als Gegenpapst in die Geschichte eingehen sollte. Kontakte von apulischer Seite zum sich durchsetzenden Papst Innozenz II. existierten – so vermittelt es zumindest die Überlieferung – weder ab 1130, noch nach dem Tod Anaklets II. Die in der Zeit um die Jahrhundertwende geknüpften Beziehungen zwischen Rom und der apulischen Kirche, persönliche Bindungen und Netzwerke waren nachhaltig erschüttert oder zerstört. Die krisenhafte Beziehung zwischen Innozenz II. und Roger II. von Sizilien hemmte auch nach Beendigung des Schismas 1139 die Nachfrage nach Urkunden aus der innozentianischen Kanzlei von Seiten unteritalienischer Prälaten und kirchlicher Einrichtungen. Erst aus den Pontifikaten Lucius’ II. und Eugens III. sind wieder sehr vereinzelt Urkunden für die apulische Kirche überliefert, eine wirklich intensive schriftliche Kommunikation von Seiten des Papsttums ist erst unter Alexander III. nachzuweisen. Dieses Anschwellen der Urkundenmenge für apulische Kirchen und Klöster zeigt, was einleitend in diesem Kapitel angedeutet wurde: Urkunden werden auf Anfrage ausgestellt. Mit der Ausrichtung der Kirchen der Regionen hin auf das Zentrum, das Papsttum, nimmt auch die Urkundenanzahl zu - oder umgekehrt: Eine zunehmende Urkundenzahl ist Zeugnis für eine stärkere Hinwendung zum römischen Papsttum. Denn zum einen misst der Empfänger dem Papsttum einen legitimierenden Stellenwert zu, zum anderen können dem Empfänger die erteilten Privilegien und andere Urkunden im regionalen Umfeld nützlich sein, was wiederum belegen kann, dass das Papsttum auch vom regionalen Umfeld des Empfängers als Autorität anerkannt wurde. Verknüpft man diese Festellung mit den Statistiken zum Urkundenausstoß des Papsttums im Untersuchungsraum und -zeitraum, so kommt man zu dem Schluss: Während des Pontifikats Alexanders  III. ist eine Ausrichtigung der apulischen Kirche hin auf Rom, oder anders gesagt: eine weitgehende Integration in die römische Kirche, feststellbar. Jedoch flacht dieser Prozess zumindest bezogen auf die Anzahl der ausgestellten Urkunden unter den Nachfolgern Alexanders wieder ab - nur 26 Stücke sind von 1181 bis 1191 (also vom Beginn des Pontifikats Lucius’ III. bis zum Tod von Clemens III.) für apulische Empfänger überliefert. Kann hier ein Zusammenhang mit der Verlegung des päpstlichen Hofes nach Verona während

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6. Apulien als Empfängerlandschaft: Schlussfolgerungen

der Pontifikate Lucius’ III. und Urbans III. vermutet werden? Bisweilen wurde das Schweigen der Quellen in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts für den Bereich des unteritalienischen Mönchtums mit der relativen politischen Stabilität unter den beiden Herrschern Wilhelm I. (1151/54–1166) und Wilhelm II. (1166–1189) in Verbindung gebracht - in die Klosterlandschaft sei „Ruhe und Ordnung“ eingekehrt, so vermutet Panarelli, auch bedingt durch die Verlegung des geographischen Herrschaftsschwerpunktes von Festland- nach Inselsizilien.159 Der Befund für das Pontifikat Alexanders III., also in jenen Jahren, in denen auch die beiden Wilhelme im Königreich Sizilien herrschten, lässt aber Zweifel daran aufkommen, ob sich die Tendenz im monastischen Bereich auf die apulischen Bistümer im Allgemeinen übertragen lässt. Es lässt sich ferner festhalten, dass Kommunikationsräume durch politische Krisen zumindest vorübergehend gänzlich geschlossen werden konnten. Insofern erweist sich die Integration der apulischen in die römische Kirche als abhängig von der kirchenpolitischen Stabilität des Zentrums, der Papstkirche, und steht mit großer Wahrscheinlichkeit in Zusammenhang mit der politischen Schwäche oder Stärke der weltlichen Herrscher. So kann man trotz der Stagnation oder gar Rückentwicklung der Integrationsprozesse im zweiten Viertel des 12. Jahrhunderts davon ausgehen, dass in den Erzbistümern Trani, Bari und Brindisi sowie in den ihnen unterstellten Suffraganen und Klöstern zum Ende des Pontifikats Alexanders III. ein weitgehend in die römische Kirche eingegliederter Raum geschaffen worden war, der in seiner inneren Vielfalt und kulturellen, politischen und kultischen Gemengelage zwar durchaus heterogen erscheinen mag, aber mit dem römischen Papsttum einen gemeinsamen Orientierungspunkt gewonnen hatte. Im Folgenden soll nun auf den Inhalt, die Typen und die Wirkung der überlieferten Urkunden eingegangen werden. Dabei spielt die Erforschung der direkt in Apulien ausgestellten Urkunden eine Rolle, aber vor allem von Pallienprivilegien und urkundlichen Zeugnissen der delegierten Gerichtsbarkeit. Daneben werden andere integrierende Maßnahmen, wie päpstliche Reisen, untersucht.

159 Vgl. ibid., hier: S. 198.

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Untersuchungsteil II: Präsenz und Bindung

1. Präsenz: Der Papst auf Reisen Seit dem Pontifikat Johannes Pauls II. († 2005) stellt sich das Reisen in der medial vermittelten Außenwirkung als eine der Haupttätigkeiten der Päpste dar. Doch nicht zu allen Zeiten zeichneten sich die Nachfolger Petri durch große Reiselust aus. In Antike und Frühmittelalter verließen sie die Stadt Rom und deren Umland nur selten bis gar nicht. Eine Überquerung der Alpen, ein Aufenthalt im westlichen oder östlichen Frankenreich oder gar in Konstantinopel sind bedeutende Einzelfälle. Und auch in den teils griechischen, teils sogar arabisch geprägten Süden der Apenninhalbinsel und auf die Insel Sizilien wagten sich die römischen Bischöfe über lange Zeit selten vor. Erst im Hochmittelalter setzte eine Wende in der Reisetätigkeit der Päpste ein, die es nun häufiger und verstärkt vor allem in französische und italienische Landschaften zog.160 Einer der Hauptgründe dieser Mobilität war wohl das verstärkte Sendungsbewusstsein der Nachfolger Petri, die ihren Wirkungskreis zu vergrößern suchten. Eine Reise bot die nötige Plattform, um zum einen öffentliche Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und zum anderen bei Predigten oder Weihefesten ein großes Publikum zu erreichen. Griff ein Papst vor Ort in lokale Rechtsstreitigkeiten ein oder beschäftigte sich, vielleicht im Vorfeld einer Kanonisation oder einer Altar- oder Kirchweihe, mit einem örtlichen Heiligenkult, zeigte er sich als „omnipräsente friedensstiftende und rechtssetzende Institution“161 und betrieb „Imagepflege“, die ihm langfristig Gehör und Akzeptanz in vielen Regionen Europas verschaffen konnte. Doch welche Motive, Ziele und Erfolge der einzelnen Papstreisen lassen sich abgesehen von diesen Beweggründen ausmachen?

160 Vgl. Beate Schilling, Zur Reise Paschalis’ II. nach Norditalien und Frankreich 1106/07 (mit Itineraranhang und Karte), in: Francia 28 (2001), S. 115–158, hier: S. 115–117, aber auch den sich auf päpstliche Frankreichreisen konzentrierenden Sammelband Aspects diplomatiques des voyages pontificaux, hg. von Bernard Barbiche und Rolf Grosse (Studien und Dokumente zur Gallia Pontificia 6), Paris 2009. 161 Vgl. Schilling, Zur Reise Paschalis’ II. (wie Anm. 160), S. 116.

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Untersuchungsteil II: Präsenz und Bildung

Als Urban II. im Herbst des Jahres 1089 nach Apulien und Unteritalien aufbrach, tat er dies, wie er in einem Brief explizit erklärt, propter ecclesiastica negotia exsequenda .162 Dieser Papst erachtete demnach eine Reise als geeignetes Mittel zur Ausübung seiner Amtsgeschäfte vor Ort. Bei Urban finden sich auch noch weitere Beispiele einer intendierten „Herrschaft im Sattel“.163 Bekannt ist vor allem Urbans Frankreichreise im Jahr 1095, während der er, selbst natione Gallus, unter anderem ein Konzil in Clermont abhielt und dort zum Kreuzzug aufrief.164 Diese Reise begründete er mit ganz ähnlichen Worten wie die apulische - cum in Gallias pro ecclesiasticis negotiis transissemus.165 An diesem Beispiel lässt sich eine Tendenz erkennen, wonach die persönliche Anwesenheit eines Papstes in einer Region die Durchsetzungskraft seiner Entscheidungen und Handlungen zu begünstigen schien. Die Mobilität des Papstes gewann damit eine enorme Bedeutung für die Beförderung seiner kirchenpolitischen Ziele. Aber Urban II. ist nicht das einzige Beispiel, auch andere Päpste des Hochmittelalters waren durchaus mobil: Leo IX., dem Stefan Weinfurter eine Art „Reisepapsttum“ bescheinigt,166 oder Alexander III., der zwar meist nur auf italischem Gebiet blieb, aber immerhin elf Jahre lang nicht in Rom, sondern an verschiedenen Orten vor allem Mittel- und Süditaliens weilte. Ist nun eine gewisse „Reisefreude“ der hochmittelalterlichen Päpste nicht zu bestreiten, so bleibt dennoch die Frage bestehen, ob es dem Nachfolger Petri tatsächlich gelang, durch seine Präsenz besonderen Einfluss auf eine Region zu nehmen,

162 Urban II., Epistolae, diplomata, sermones (Migne PL 151), Sp. 307, n. 26. 163 Die mobile Herrschaftsausübung war über viele Jahrhunderte Merkmal der mittelalterlichen Könige, vgl. dazu unter anderem Hans Conrad Peyer, Das Reisekönigtum des Mittelalters, in: Könige, Stadt und Kapital, Aufsätze zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Mittelalters, hg. von dems., Zürich 1982, S. 98–115, der gleichsam allgemein formuliert: „Die ambulante Herrschaftsausübung erscheint geradezu ein Charakteristikum des europäischen Mittelalters.“ (S. 98). Die mobile Herrschaftspraxis auf Herzogs-, Grafen aber auch Bischofs- und Abtsebene untersuchte Andrea Stieldorf, Reiseherrschaft und Residenz im frühen und hohen Mittelalter, in: Historisches Jahrbuch 129 (2009), S. 147–177 und wies dabei auch auf die räumliche Verdichtung von Herrschaft an einzelnen Bezugsorten hin. 164 Zur Frankreichreise Urbans II. sind zahlreiche Aufsätze veröffentlicht worden, darunter Alfons Becker, Le voyage d’Urbain II en France, in: Le concile de Clermont de 1095 et l’appel à la croisade. Actes du colloque universitaire international de Clermont-Ferrand (23 - 25 juin 1995) (Collection de l’École française de Rome 236), Rome 1997, S. 127–140. Derselbe hat auch in seiner Monographie zu Urban II. die Reise entsprechend gewürdigt, siehe Becker, Urban II., Bd. 1 (wie Anm. 150), vor allem S. 213–226; einige grundlegende Überlegungen zum Konzil bietet Robert Somerville, The French Councils of Pope Urban II. Some basic Considerations, in: Annuarium Historiae Conciliorum 2 (1970), S. 56–65. 165 Urban II., Epistolae, diplomata, sermones (wie Anm. 162), Sp. 459, n. 186. 166 Vgl. Stefan Weinfurter, Canossa. Die Entzauberung der Welt, München 2006, S. 79.

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1. Präsenz: Der Papst auf Reisen

seine kirchenpolitischen Vorstellungen dort durchzusetzen und die religiöse Landschaft sogar in das System der römischen Kirche zu integrieren. Zwar hat die Forschung sich dem Thema der mittelalterlichen Papstreisen schon in einigen Beiträgen gewidmet,167 eine das Thema grundsätzlich und umfassend behandelnde Monographie liegt allerdings noch immer nicht vor. Als Teil einer solchen Forschungsaufgabe sollen nun die Möglichkeiten päpstlicher Einflussnahme auf die Region Apulien durch persönliche Präsenz untersucht werden. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, ob die reisenden Päpste durch ihre Anwesenheit in der Region und persönlich durchgeführte Handlungen und Maßnahmen integrative Prozesse anstoßen oder positiv beeinflussen konnten. Die Reisetätigkeit der hochmittelalterlichen Päpste in den Mezzogiorno ist relativ beachtlich, von 22 Päpsten reisten immerhin dreizehn für einige Zeit in den Süden. Häufig war der päpstliche ‚Brückenkopf ‘ am südlichen Rand des Patrimoniums, Benevent, unter wachsender Festigung der normannischen Herrschaft quasi zur Enklave des Patrimonium Petri geworden, Flucht-, Rückzugs- oder schlichtweg Aufenthaltsort der Päpste und diente häufig als Ausgangspunkt für Reisen oder kurze Abstecher in den weiteren Süden, vor allem nach Apulien. Nicht alle europäischen Regionen wurden gleichermaßen mit päpstlichen Besuchen bedacht, so kam etwa im Hochmittelalter kein Nachfolger Petri während seiner Amtszeit auf die Iberische Halbinsel oder ins östliche Europa, nach England oder Skandinavien. Unter praktischen Aspekten betrachtet, erleichterte aber natürlich allein die geographische Romnähe eine Reise ins südliche Italien. Besuchte ein Papst nun auch Apulien, ist es von Interesse, mit welchen Intentionen er dies tat und ob die geplanten Handlungen dort auch ausgeführt und die intendierten Ziele verwirklicht werden konnten. Welche Rolle spielte eine Reise nach Apulien im System der päpstlichen Integrationsmaßnahmen? Nach einem Gesamtüberblick zu päpstlichen Apulienreisen im späteren 11. und im 12. Jahrhundert werden die einzelnen Papstbesuche vorgestellt und untersucht. Als Forschungsgrundlage zur Bestimmung des Verlaufs und der Dauer der Reisen dienen neben einzelnen Itinerarstudien, die z. B. von Houben und Becker für Urban  II. oder Schilling für Calixt II. und die Frankreichreise Paschalis’  II. vor­ 167 Es sind dies unter anderem: Agostino Paravicini Bagliani, Der Papst auf Reisen im Mittelalter, in: Feste und Feiern im Mittelalter, Paderborner Symposion des Mediävistenverbandes, hg. von Detlef Altenburg, Jörg Jarnut und Hans-Hugo Steinhoff, Sigmaringen 1991, S. 501–514, wobei sich dieser Beitrag hauptsächlich mit dem 13. Jahrhundert auseinandersetzt; Schilling, Zur Reise Paschalis’ II. (wie Anm. 160); Pius Engelbert, Papstreisen ins Frankenreich, in: Römische Quartalschrift für christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte 88 (1993), S. 77–113. Engelbert betont hier unter anderem, dass es sich bei den Reisen der frühmittelalterlichen Päpste ins Frankenreich hauptsächlich um politische Reisen gehandelt habe und der Papst nicht mit unteren Volksschichten, sondern nur mit Fürsten und Bischöfen in Kontakt gekommen sei.

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Untersuchungsteil II: Präsenz und Bildung

liegen,168 vor allem die Regesten von Jaffé, ergänzt um die Erkenntnisse von Kehr und Holtzmann in der Italia Pontificia und den begleitenden Studien, die an einigen Stellen durch neuere Studien und Editionen korrigiert und angereichert werden können. Dabei weisen zumeist die Ausstellungsorte von Urkunden auf Reise­etappen und Itinerarverlauf hin, aber auch Briefe, Konzilsakten und die süditalienische Historiographie können Aufschluss über Ziele, Entscheidungen, Maßnahmen und Verlauf der Reise geben. 1.1 Quantität Von zwanzig Päpsten, die zwischen 1059 und 1189 ihren Platz auf der Cathedra Petri einnahmen, hielten sich sieben zumindest für kurze Zeit in Apulien auf. Auch der Pierleoni-Papst Anaklet II. (1130–1138), der sich im Laufe des Innozenzianischen Schismas nicht gegen Innozenz II. (1130–1143) durchsetzen sollte und im Gedächtnis der katholischen Kirche und damit auch im Annuario Pontificio unter die „Gegenpäpste“ gezählt wird, fand vor allem in den süditalienischen Normannenherrschaften seine Anhänger- und Unterstützerschaft und verbrachte wohl allein deshalb mehr als die Hälfte seines Pontifikats im Mezzogiorno.169 Die nachfolgenden Diagramme erfassen die statistische Aufenthaltsdauer der Päpste im apulischen Untersuchungsraum (Diagramm 1) sowie das Verhältnis dieser Werte zur Aufenthaltsdauer in Süditalien (Diagramm 2). Anaklet II. wird dabei als einziger der sogenannten Gegenpäpste berücksichtigt, weil nur er - anders als beispielsweise Wibert von Ravenna-Clemens (III.) († 1100) oder Viktor IV. († 1164) - im unteritalienischen Raum anzutreffen war. Die in die Statistik eingeflossenen und in den Diagrammen dargestellten Zahlen ergeben sich aus dem Itinerar, das sich aus den Ausstellungsorten der Papsturkunden vom Pontifikat Nikolaus’ II. (ab 1059) bis zu Clemens III. (bis 1191), dessen Pontifikatsende außerhalb des engeren Untersuchungszeitraumes liegt, erschließen lässt - basierend auf dem Regestenwerk von Philipp Jaffé, stellenweise korrigiert nach beziehungsweise 168 Vgl. Houben, Urbano II e i Normanni (wie Anm. 93); Becker, Urban II., Bd. 1 (wie Anm. 150); Beate Schilling, Guido von Vienne - Papst Calixt II. (Monumenta Germaniae Historica München: Schriften der Monumenta Germaniae Historica 45), Hannover 1998 sowie dies., Zur Reise Paschalis’ II. (wie Anm. 160). 169 Zu Anaklet II., seinen Beziehungen zu den Normannen und seiner Zeit in Unteritalien vgl. unter anderem Franz-Josef Schmale, Studien zum Schisma des Jahres 1130 (Forschungen zur kirchlichen Rechtsgeschichte und zum Kirchenrecht 3), Köln [u.a.] 1961; Mary Stroll, The Jewish Pope. Ideology and Politics in the Papal Schism of 1130 (Brill’s studies in intellecutal history 8), Leiden 1987; älter: Pier Fausto Palumbo, Lo scisma del MCXXX. I precedenti, la vicenda romana e le ripercussioni europee della lotta tra Anacleto e Innocenzo II, Col regesto degli atti di Anacleto II, Rom 1942.

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1. Präsenz: Der Papst auf Reisen

ergänzt um Datierungen aus Band 9 der Italia Pontificia von Holtzmann.170 Dementsprechend können hier keine exakten Werte, sondern nur Näherungswerte angegeben werden, abhängig von der Genauigkeit des zu rekonstruierenden Itinerars. Von allen betrachteten Päpsten verbrachte Urban II. die meiste Zeit in Apu­lien, er blieb während mehrerer Reisen insgesamt wohl fast vier Monate. Es folgen Alexander III., der bei seiner intensiven Reisetätigkeit insgesamt etwa zweieinhalb Monate dort verweilte, ähnlich wie Alexander II., bei dem die Zahl allerdings ein Näherungswert ist, da uns die Quellen über eine genaue Aufenthaltsdauer leider im Unklaren lassen. Calixt II. hielt sich während seiner drei Süditalienreisen alles in allem etwa zwei Monate auf apulischem Gebiet auf, wobei er auf seiner dritten Reise in den Süden im Jahr 1123 Apulien nicht besuchte und hauptsächlich in Montecassino und Benevent weilte. Für die Dauer von etwa 30 Tagen blieben Paschalis II., Honorius II. und Innozenz II. in Apulien, ebenso wie der Gegenpapst des Letzteren, Anaklet II. Im gesamten untersuchten Zeitraum fanden nahezu alle Reisen der Päpste bis 1143 statt, auch wenn sie häufiger kurz ausfielen. In der zweiten Hälfte des Untersuchungszeitraums bis 1189 scheint die Reisetätigkeit der Päpste nach Apulien nachzulassen. Zwischen 1143 und 1159, also während der Pontifikate Coelestins II., Lucius’ II., Eugens III., Anastasius’ IV. und Hadrians IV. hat kein päpstlicher Besucher Apulien betreten und - mit Ausnahme von Hadrian IV. - auch nicht Süditalien. Ab 1181 reisten die Päpste im betrachteten Zeitraum - es waren dies Lucius III., Urban III., Gregor VIII. und Clemens III. - überhaupt nicht mehr nach Apulien oder in den südlicheren Mezzogiorno. Die Ursachen dafür liegen sicherlich zum Teil in den äußerst kurzen Pontifikaten einiger dieser Päpste begründet (vgl. Diagramm 3): Coelestin II. (September 1143 - März 1144) hatte das Amt nur fünfeinhalb Monate inne, Lucius II. (März 1144 - Februar 1145) gut sechs, Anastasius IV. ( Juli 1153 - Dezember 1154) 16 Monate und Gregor VIII. (Oktober 1187 - Dezember 1187) sogar nur knapp zwei Monate. Nur ein längeres Pontifikat bot überhaupt die Möglichkeit zu zeit­intensiven Reisen über das römische Umland und das Patrimonium Petri hinaus. Dabei sollte bedacht werden, dass - vielleicht abgesehen von eiligen Fluchten aus Rom bei Gefahr für Leib und Leben des Papstes - immer ein Teil der Kurie mitreiste, dass im Vorfeld logistische Fragen zu klären waren und umfassende Organisation und Planung nötig gewesen sein mussten. Darüber hinaus blieb der Papst direkt nach Wahl, Weihe und Amtsantritt üblicherweise einige Zeit in Rom, um seine „Geschäfte“ im Zentrum zu regeln, bevor er sich auswärtigen Problemen und Aufgaben widmete.

170 Holtzmann, Italia pontificia IX (wie Anm. 21).

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Diagramm 1: Aufenthaltsdauer der Päpste in Apulien von Nikolaus II. (1059-1061) bis zu Clemens III. (1187-1191) in Monaten.

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Diagramm 2: Vergleich der Aufenthaltsdauer der Päpste in Apulien mit der Aufenthaltsdauer in Gesamtsüditalien von Nikolaus II. (1059-1061) bis zu Clemens III. (1187-1191).

1. Präsenz: Der Papst auf Reisen

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Diagramm 3: Verhältnis der Aufenthaltsdauer der Päpste in Süditalien zur jeweiligen Pontifikatsdauer von Nikolaus II. (1059-1061) bis zu Clemens III. (1187-1191)

Untersuchungsteil II: Präsenz und Bildung

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1. Präsenz: Der Papst auf Reisen

Auch das Anakletianische Schisma klang in den Beziehungen des Papsttums zu den süditalienischen Herrschern um die Mitte des 12. Jahrhunderts noch nach. Ana­ klet war schon bei seiner Wahl im Februar 1130 der Kandidat der süditalienischen Kardinäle gewesen und hatte starken Rückhalt von Seiten Graf Rogers II. von Sizilien erhalten,171 welchen Anaklet schließlich sogar zum König von Sizilien krönte.172 Zudem muss das Fehlen päpstlicher Präsenz auch im Kontext weiterer Konfliktfelder gesehen werden: So war beispielsweise der englische Papst Hadrian IV. hauptsächlich mit den Auseinandersetzungen und Kämpfen gegen den Kaiser beschäftigt sowie mit der Organisation der skandinavischen Kirche und widmete damit seine Aufmerksamkeit vornehmlich ferneren Regionen.173 Dennoch musste er in einer politischen Notlage 1156 mit Wilhelm I. von Sizilien den Vertrag von Benevent eingehen, in dem er das Normannenreich anerkannte und der schließlich den Bruch mit Kaiser Friedrich Barbarossa herbeiführte.174 Der betagte Lucius III. wich schon kurz nach seiner Wahl einer stadtrömischen Opposition und hielt sich während fast seines gesamten Pontifikats in Verona auf. Sowohl sein Alter als auch die räumliche Einschränkung auf den oberitalienischen Raum waren gewiss Determinanten seiner Mobilität beziehungsweise Immobilität und seines Aktionsfeldes. Ähnlich verhielt es sich bei seinem Nachfolger Urban III., der, ebenfalls in Verona ansässig, auf diesen Raum beschränkt war175 und dessen Urkunden von einem beinahe ausschließlichen Interesse für die Mailänder Kirchenprovinz zeugen. Darüber hinaus war seine Amtszeit geprägt von den Konflikten mit Friedrich Barbarossa.176 Doch waren wohl auch andere, übergreifende Ursachen dafür verantwortlich, dass zwischen 1143 und 1189 nur noch Alexander III. nach Apulien kam und nur er und Hadrian IV. den unteritalienischen Raum betraten. Es liegt der Schluss nahe, dass das päpstliche Interesse an der Region abnahm, weil vor allem in Apulien die kirchliche Re- und Umorganisation, die vom Reformpapsttum seit Nikolaus II. begonnen worden war, bereits ihren Abschluss gefunden hatte und ein direktes Eingreifen vor Ort nicht mehr notwendig erschien. Vielleicht war zudem seit der Eingliederung des süditalienischen Festlandes in das Königreich Sizilien dieser Machtbereich 171 Vgl. Schmale, Studien zum Schisma 1130 (wie Anm. 169), S. 203. 172 Vgl. unter anderem Plassmann, Die Normannen (wie Anm. 30), S. 133 f. 173 Vgl. Walter Ullmann, The Pontificate of Adrian IV, in: Cambridge Historical Journal 11 (1955), S. 233–252. 174 Vgl. unter anderem Plassmann, Die Normannen (wie Anm. 30), S. 142–144. 175 Zu Lucius III. und Urban III. vgl. auch Karl Wenck, Die römischen Päpste zwischen Alexander III. und Innocenz III. und der Designationsversuch Weihnachten 1197, in: Papsttum und Kaisertum, Forschungen zur politischen Geschichte und Geisteskultur des Mittelalters, hg. von Albert Brackmann, München 1926, S. 415–474, hier: S. 417–427. 176 Vgl. Werner Maleczek, Art. Urban III., in: LexMA 8 (1999), Sp. 1284.

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Untersuchungsteil II: Präsenz und Bildung

Rogers II. kaum noch von päpstlicher Hand zu beeinflussen, denn Roger versuchte möglicherweise seine umfassenden kirchlichen Befugnisse, die er als ständiger Legat auf Sizilien besaß, auch auf dem Festland geltend zu machen. Dies und die allgemein sehr selbstbewusste Haltung Rogers II.177 riefen Konflikte mit dem Papsttum hervor. Innozenz II. und seine beiden Nachfolger bestätigten dem Normannen sein Lehen nicht. Eugen III. und Kaiser Friedrich Barbarossa verbündeten sich gegen Roger, sodass Apulien unter diesen Umständen nun durchaus nicht die geeignete Gegend für eine päpstliche Reise darstellte. Erst durch den in einer Notlage des Papsttums eingegangenen Vertrag von Benevent 1156 verbesserte sich das Klima wieder und leitete eine Wende in den päpstlichen Beziehungen zu den Normannen ein.178 Im Papstschisma von 1159 unterstützten die Normannen den Kandidaten, der letztendlich den Kampf um die Rechtmäßigkeit für sich entscheiden sollte, Alexander  III. Er verbrachte insgesamt fast drei Jahre auf süditalienischem Gebiet, vor allem in der päpstlichen Stadt Benevent, und begab sich von dort aus in verschiedene apulische Orte. Im Übrigen war der Aufenthalt vieler Päpste in Süditalien nicht immer freiwillig. Wie Carlo Servatius formuliert, war der Süden - seit der Wahl des Gegenpapstes Wibert von Ravenna 1084 und dem damit ausgebrochenen Schisma - über „Dezennien schon fast das traditionelle Zufluchtsland“ der Päpste.179 Bei stadtrömischen Revolten, schismatischen Papstwahlen oder Belagerung durch fremde Herrscher gingen die römischen Bischöfen mitunter ins unteritalienische Exil - ein bekanntes Beispiel ist Gregor VII., der das letzte Jahr seines Pontifikats in normannischer Obhut in Salerno verbringen musste, weil Rom von Kaiserlichen und Wibertinern beherrscht war und ihm nach den Verwüstungen der Truppen seines Befreiers Robert Guiskard in Rom keine andere Möglichkeit blieb, als mit jenem die Stadt zu verlassen.180 Nicht in jedem Fall darf deshalb von einer politischen Intention oder der Ausführung eines speziellen Auftrags als Grund der päpstlichen Reisen in den Mezzogiorno ausgegangen werden, viele Male blieb dem Papst keine andere Möglichkeit als die Flucht aus Rom, die ihn häufig in den Süden führte.

177 So zum Beispiel die eigenhändige Erhebung seines Sohnes Wilhelm zum Mitkönig an Ostern 1151 und dessen gleichzeitige Salbung zum Erzbischof von Palermo, vgl. Plassmann, Die Normannen (wie Anm. 30), S. 138. 178 Vgl. ibid., S. 138, 142–144. 179 Carlo Servatius, Paschalis II. (1099-1118). Studien zu seiner Person und seiner Politik (Päpste und Papsttum 14), Stuttgart 1979, S. 92. 180 Vgl. Jürgen Vogel, Gregors VII. Abzug aus Rom und sein letztes Pontifikatsjahr in Salerno, in: Tradition als historische Kraft. Interdisziplinäre Forschungen zur Geschichte des früheren Mittelalters. Festschrift Karl Hauck, hg. von Manfred Balzer, Norbert Kamp und Joachim Wollasch, Berlin [u.a.] 1982, S. 341–349.

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1. Präsenz: Der Papst auf Reisen

1.2 Fallbeispiele Die Reisen der einzelnen Päpste in die Region Apulien werden nun daraufhin überprüft, welche Maßnahmen dort von den Nachfolgern Petri ergriffen wurden und welche Ziele sie damit verfolgten, soweit die Quellenlage eine derartige Einordnung zulässt. Allerdings sind nicht immer die Motive aufzuklären, die dem Aufenthalt an einzelnen Orten zugrunde lagen. Häufig spielten bei der Auswahl der Reise­etappen Fragen der Infrastruktur eine bedeutsame Rolle, etwa eine verkehrsgünstige Lage oder materielle Voraussetzungen.181 Darüber hinaus waren persönliche und institutionelle Beziehungen wichtige Faktoren bei der Wahl der Reiseroute, wie etwa die Romunmittelbarkeit eines Bistums oder Klosters, aber auch freundschaftliche Verbindungen zu einzelnen Personen, die mit einem Besuch vom Papst geehrt wurden.182 Des Weiteren konnte der Papst kurzfristigeren Einladungen von weltlichen Herrschern, Äbten oder Bischöfen folgen, die verschiedene Hintergründe, wie etwa eine erbetene Kirch- oder Altarweihe, haben konnten.183 So verfuhr etwa Urban II., der eingeladen wurde, nach Bari zu kommen und die noch im Bau befindliche Kirche des hl. Nikolaus von Myra bzw. von Bari zu weihen, wie im Folgenden noch zu lesen sein wird.

1.2.1 Alexander II. (1061–1073) Papst Nikolaus II. hatte seinem Nachfolger die Türen für eine neue päpstliche „Süditalienpolitik“ geöffnet, als er im Sommer 1059 das einzige Mal während seines Pontifikats an die Grenze Apuliens gereist war, zur Synode von Melfi. Als dann Papst Alexander II. im Sommer 1067 nach Unteritalien reiste, tat er dies, wenn wir Gresser184 folgen, in allererster Linie, um sich mit Robert Guiskard und anderen normannischen Großen zu treffen. Dieses Treffen fand am 30. September in Salerno statt; neben Alexander und Robert Guiskard waren auch dessen Bruder Roger sowie Gisulf von Salerno und dessen Brüder anwesend. Dem Beispiel seines Vorgängers folgend, investierte der Papst an diesem Tag Robert Guiskard mit dem Herzogtum Apulien, Kalabrien und Sizilien.185 Fasst man jedoch den gesamten Süditalienauf181 Vgl. Schilling, Zur Reise Paschalis’ II. (wie Anm. 160), S. 129 f. 182 Vgl. ibid., S. 130. 183 Vgl. ibid., S. 131. 184 Vgl. Georg Gresser, Die Synoden und Konzilien in der Zeit des Reformpapsttums in Deutschland und Italien von Leo IX. bis Calixt II. (Konziliengeschichte / A 21), Paderborn, München 2006, S. 86. 185 Urkunde vom 30. September 1067 für das Kloster S. Maria Mattina, ediert in: Franco Bartolini, Additiones Kehrianae, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Biblio-

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Untersuchungsteil II: Präsenz und Bildung

enthalt Alexanders II. ins Auge, fällt es schwer, Gressers These von der alleinigen politischen Intention dieser päpstlichen Reise zu stützen, denn Papst Alexander II. verbrachte circa siebeneinhalb Monate in Süditalien, wovon er eine unbestimmte Zeit, vielleicht zwei bis drei Monate, durch Apulien reiste. Nachdem er am 1. August 1067 eine Synode in Melfi abgehalten hatte,186 bei der er Wilhelm, den Sohn Tankreds, und dessen Anhänger wegen der unrechtmäßigen Aneignung von Kirchengütern exkommuniziert und mit dem Anathem belegt hatte,187 reiste Alexander westwärts nach Salerno,188 wo eine zweite Kirchenversammlung stattfand. Vor dieser wurden die kurz vorher aus der Kirchengemeinschaft ausgeschlossenen nach einem Verzicht auf die geraubten Güter absolviert.189 In Capua stellte er dann am 12. Oktober 1067 mehrere Urkunden aus.190 Im selben Jahr war Alexander auch im nördlichen Apulien zugegen und feierte wohl noch im Jahresverlauf eine Synode in Siponto, wie schon bei Jaffé-Löwenfeld ohne genaue Datierung angenommen wird.191 Der ortsansässige Erzbischof war Gerald von Siponto, der nach Auskunft der Chronik von Montecassino deutscher Herkunft war192 und später von Gregor VII. als Legat eingesetzt wurde.193 Allerdings erwähnen ihn die Quellen im Zusammenhang mit der Synode nicht.

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theken 34 (1954), S. 31–64, hier S. 41: Siquidem cum karissimo filio nostro duci Roberto Apuliam, Calabriam Siciliam daremus, sequentes tenorem concessionis beate memorie pape Nicholay predecessoris nostri easdem ecclesias, sub testimonio filiorum Romane Ecclesia, ab omni seculari potestate excepimus et sub dominio apostolice Sedis retinuimus. JL, S. 581 (4635); Mansi XIX, Sp. 1063: quoniam in synodo, quae sexto Pontificatus nostri anno apud Melphim … praesedentibus nobis et aliis Coepiscopis et Abbatibus die Calendarum Augustarum celebrata est. Mansi XIX, Sp. 1063: …confrater noster Alphonsus S. Salernitanae Ecclesiae Archiepiscopus de haereditatibus eidem Ecclesiae pertinentibus, quas Guillelmus filius Tancredae et milites sui invaserant, queriomoniam fecit…judicio totius sacri Concilii eum et fautores suos a liminibus sanctae ecclesiae sequestravimus et anathematis vinculo, quousque resipisceret, innodavimus. JL 4635. JL 4635. JL 4636–4639. Überliefert sind die Stücke JL 4640 und JL 4640a. Vgl. Die Chronik von Montecassino, ed. Hartmut Hoffmann (MGH SS 34), Hannover 1980, S. 391: Geraldum etiam doctissimum per omnia clericum Teutonicum genere in archiepiscopum ecclesie Sipontine prefecit. Vgl. allgemein zu Gerhard von Siponto und dem (Erz-)Bistum Siponto: Giovanni Antonucci, L’arcivescovato di Siponto, in: Samnium 10 (1937), S. 71–75. Zur Legationstätigkeit Geralds vgl.: Das Register Gregors VII., ed. Erich Caspar (MGH Epp. in us. scol. 2), 2, Berlin 1920-23, vol. I, S. 94 f., n. 65.; IP IX, S. 236, n. *14; Klewitz, Zur Geschichte der Bistumsorganisation (wie Anm. 29), S. 55. Das Legationsmandat durch Gregor VII. lässt wohl auf eine engere Verbindung zwischen dem Papst und Gerald von Siponto schließen, die möglicherweise schon bestand, als Hildebrand-Gregor als Archidiakon mit Alexander II. auf der Reise durch Unteritalien war.

1. Präsenz: Der Papst auf Reisen

Schmale ordnet die Sipontiner Synode durch einen Terminus ante quem der Zeit vor dem 1. August 1067 zu; die Reihenfolge der Aufenthaltsorte Alexanders lassen deutlich darauf schließen, dass die Synode von Siponto die erste der süditalienischen Bischofsversammlungen unter päpstlichem Vorsitz des Spätsommers 1067 gewesen sein muss.194 Zwei in der Collectio Britannica überlieferte Brieffragmente unter der Überschrift ex registro eiusdem geben Informationen zu den Entscheidungen von Siponto:195 sie berichten von der Absetzung der Bischöfe Benedikt von Biccari,196 Lantius von Lucera (wegen Simonie und Unzucht),197 Landolf von Tertiveri (wegen Simonie)198 und eines nicht genauer bezeichneten Bischofs E.199 Sicherlich gingen 194 Schmale, Studien zum Schisma 1130 (wie Anm. 169), S. 324 f. 195 Vgl. Paul Ewald, Die Papstbriefe der Britischen Sammlung, in: Neues Archiv der Gesellschaft für Ältere Deutsche Geschichtskunde 5 (1880), S. 275–414, S. 505–596, hier: S. 343, n. 87, wobei Ewald die Bischöfe den falschen Bistümern zuordnet, so z. B. Lantius von Lucera dem Sitz Nocera, Benedikt verortet er nach Bisarcio auf Sardinen statt nach Biccari usw.; tatsächlich handelt es sich bei den Stücken wohl eher um Synodalakten oder ähnliches, die möglicherweise in einem Register vermerkt waren, als um Briefe. Vgl. desweiteren JL 4640a und JL 4640 (mit dem Hinweis in synodo) = IP IX, S. 157, n. 6, S. 228, n. 2. Die Collectio Britannica behandelt auch detailliert Klaus Herbers, Leo IV. und das Papsttum in der Mitte des 9. Jahrhunderts. Möglichkeiten und Grenzen päpstlicher Herrschaft in der späten Karolingerzeit, Stuttgart 1996, Kap. IIb, wobei der Fokus vor allem auf den Brieffragmenten Leos IV. liegt, aber auch wichtige Fragen zur Überlieferung, Struktur und zum Forschungsstand der Collectio aufgegriffen werden. Vgl. ferner zur Collectio, mit einer Edition der Stücke Urbans II. daraus, Robert Somerville, Pope Urban II, the Collectio Britannica, and the Council of Melfi (1089), Oxford 1996 sowie Christof Rolker, Canon law in the letters of Ivo of Chartres (Cambridge studies in medieval life and thought: 4th ser. 76), Cambridge 2010, S. 92–100, und Veronika Unger, Päpstliche Schriftlichkeit im 9. Jahrhundert (Beihefte der Regesta Imperii 45). Archiv, Register, Kanzlei. Wien u.a. 2018, S. 67–89, die auch einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand zur Sammlung liefert. 196 Epistolae Pontificum Romanorum ineditae, ed. Samuel Löwenfeld, Leipzig 1885, S. 58, n. 118: Ibi quoque simili mododestituit Benedictum Bicariensem episcopum, quod interdictum sibi a Nicolao papa celebrare praesumpsit officium. 197 Mansi XIX, Sp. 978: Lancium Micernium episcopum ab episcopio deposui, quia accusatus est et convictus de fornicatione, et simoniaca episcopatus adeptione, sacrorumque ordinum venditione; vgl. auch Epistolae Pontificum Romanorum ineditae (wie Anm. 196), S. 58, n. 118; IP IX, S. 157, n. 6. 198 Epistolae Pontificum Romanorum ineditae (wie Anm. 196), S. 58, n. 118: Landolfus quoque Tortibulensis episcopus, quod, depositu monastico habitu, simoniace et per ambicionem ad episcopatum accesserat, accusatus atque confessus ab episcopali regimine et officio est absque spe restitutionis eiectus. Vgl. IP IX, S. 148, n. 1. 199 Epistolae Pontificum Romanorum ineditae (wie Anm. 196), S. 58, n. 118: Quendam etiam post hos E. episcopum, qui, ab uno solum episcopo consecratus nullique ecclesiae designatus, quia passim sede vagabatur incerta; JL 4640 = IP IX, S. 157, n. 6, S. 228, n. 2. Bei dem nicht spezifizierten Bischof E. handelt es sich wohl kaum um den von Holtzmann identifizierten, in einem Brief von Petrus Damiani erwähnten episcopus Esculanus, da Letzerer nach Auskunft Damianis auf einer Lateransynode abgesetzt worden war (vgl. Die Briefe des Petrus Damiani. Teil 2, Nr. 41-90, ed.

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Untersuchungsteil II: Präsenz und Bildung

den Absetzungen Untersuchungen wie Befragung von Zeugen, Beschuldigungen durch Kläger und ähnliches voran, die sich in der Nähe der betroffenen Bistümer entsprechend einfacher als von Rom aus durchführen ließen. Vor dem Spruch des päpstlichen Urteils in derartigen Angelegenheiten war wiederum ein Synodalurteil nötig, denn für die Zeit Alexanders II. ist nicht belegt, dass Prozesse nur vor dem Konsistorium verhandelt werden konnten. Sie mussten vielmehr vor eine allgemeine Bischofssynode gebracht werden.200 Offensichtlich war es Alexander daran gelegen, Missbräuche im apulischen Episkopat direkt vor Ort zu beseitigen und tadelhafte Bischöfe von ihren Stühlen zu entfernen, weshalb er die dazu nötigen Kirchenversammlungen einberief. Langfristig sollten die süditalienischen Bistümer romorientierte Oberhäupter erhalten, um dem Papsttum die Obödienz in diesem sich kirchlich und politisch neu formierenden Gebiet dauerhaft zu sichern und fruchtbaren Boden für die Kirchenreform zu schaffen. Wohl schon bei seiner ersten Lateransynode im April 1063 hatte Alexander II. in die kirchliche Ordnung Apuliens eingegriffen: Er setzte den Erzbischof Johannes von Trani ab, wovon Petrus Damiani in einem Brief berichtet,201 und ersetzte ihn anscheinend sehr schnell durch Bisantius, denn bereits am 15. Mai 1063 stellte er diesem eine Urkunde aus, die Bisantius unter anderem den Gebrauch des Palliums gewährt und den Bistumssprengel beschreibt.202 Bisantius trat noch an anderen Stellen, wie etwa der Weihe der Basilika von Montecassino 1071 oder der Kanonisation des Nikolaus Peregrinus, bis in die späten 1090er Jahre hinein in Erscheinung und scheint durchweg romtreu gewesen zu sein.203 Vor allem die Diözese Troia erfuhr bei der Sipontiner Synode im Sommer 1067 eine Re- und Umstrukturierung: Ihr wurde das Bistum Biccari restituiert.204 Die Synode von Siponto diente wohl unter anderem der Neuordnung der Kirche Apuliens

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Kurt Reindel [MGH Briefe d. dt. Kaiserzeit 4,2], München 1988, S. 77 f., n. 97), nicht auf einem süditalienischen Konzil, siehe auch Tilmann Schmidt, Alexander II. (1061 - 1073) und die römische Reformgruppe seiner Zeit (Päpste und Papsttum 11), Stuttgart 1977, S. 187–194. Vgl. Franz-Josef Schmale, Synoden Papst Alexanders II. (1061-1073). Anzahl, Termine, Entscheidungen, in: Annuarium Historiae Conciliorum 11 (1979), S. 307–338, hier: S. 334. Vgl. Briefe des Petrus Damiani, Teil 2 (wie Anm. 199), S. 77 f., n. 97. Zur zeitlichen Einordnung der Textstelle siehe Schmidt, Alexander II. (wie Anm. 199), S. 187–195, hier wird schlüssig nachgewiesen, dass Holtzmann, IP IX, S. 290, n. *2, irrt, wenn er davon ausgeht, dass Johannes bereits von Nikolaus II. auf dem Konzil von Melfi 1059 abgesetzt wurde. Vgl. IP IX, S. 291, n. 3. Zu Bisantius siehe unter anderem Klewitz, Zur Geschichte der Bistumsorganisation (wie Anm. 29), S. 60. Allerdings gibt Schmale zu bedenken, dass dies auch auf der Synode von Salerno Anfang September 1067 hätte stattfinden können, da die entsprechende Urkunde (siehe IP IX, S. 203, n. 3) am 9. September in Salerno ausgestellt wurde, vgl. Schmale, Synoden Papst Alexanders II. (wie Anm. 200), S. 326. Die Edition der Urkunde ist zu finden bei Paul Fridolin Kehr, Papsturkunden in Benevent und der Capitanata, in: Nachrichten der königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, phil.-hist. Abteilung (1898), S. 45–97, hier: S. 64, n. 6.

1. Präsenz: Der Papst auf Reisen

im Sinne der Kirchenreform. Allerdings ist nicht zu ermitteln, ob die päpstlichen Anordnungen vor Ort akzeptiert und direkt umgesetzt wurden. Es kam offenbar durchaus vor, dass einige Bischöfe nach der offiziellen Absetzung noch eine gewisse Zeit ihr Amt ausübten.205 Vermutlich war das Treffen mit Robert Guiskard und dessen Investitur ein wichtiger Grund der Süditalienreise Alexanders gewesen, aber dieser politische Akt war nicht alleiniger Hauptzweck, wie Gresser vermutete.206 Denn allein die vielen einzelnen Stationen und die drei abgehaltenen Synoden auf unteritalienischem Boden demonstrieren, dass der Papst in diesen Monaten sowohl politische als auch kirchenrechtliche Maßnahmen ergriff, um die kirchliche (Neu-)Ordnung dieses Raumes zu prägen. Und obwohl Alexander selbst am Anfang zur Durchsetzung seiner Rechtmäßigkeit gegen seinen Gegner Cadalus von Parma/Honorius die Unterstützung der Normannen benötigt hatte und ihnen in der Folge zu Zugeständnissen verpflichtet war, die er auch gewährte, scheinen die kirchenpolitischen Entscheidungen des Papstes, die er während seiner süditalienischen Reise traf, weitgehend frei von normannischem Einfluss gewesen zu sein. Gerade in dieser Frühzeit der Herrschaft der Normannen waren die Grundsätze der Kirchenreform möglicherweise noch autonomer durchzusetzen als wenige Jahrzehnte später, nachdem sich die Herrschaft der Hauteville im Mezzogiorno ausgeweitet und etabliert hatte und die normannischen Oberen aktiv auf die kirchliche Entwicklung in ihrem Herrschaftsbereich einwirken wollten. Spätestens am 19. März des folgenden Jahres war der Papst wieder zurück in der Stadt Rom.207 Für einen weiteren Aufenthalt Alexanders II. in Apulien gibt es keine Hinweise.

1.2.2 Urban II. Mit Odo von Châtillon († 1099), der 1088 als Urban II. die Cathedra Petri bestieg,208 begann eine Phase des intensivierten Austauschs und Kontaktes zwischen Papsttum und Süditalien und der stärkeren Annäherung des Mezzogiorno an die römische Kirche.209 Der frühere Cluniazenser und Kardinalbischof von Ostia scheint in seinem Amt als vicarius Christi aus verschiedenen Gründen stark an der Situation der süditalienischen Kirche interessiert gewesen zu sein und hielt sich immer wieder in Unter205 Gresser, Synoden und Konzilien (wie Anm. 184), S. 86. 206 Vgl. ibid., S. 86. 207 JL 4645. 208 Zu Urban II. und seiner Herkunft vgl. Becker, Urban II., Bd. 1 (wie Anm. 150). 209 Vgl. Kamp, Soziale Herkunft und geistlicher Bildungsweg (wie Anm. 79), S. 101.

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Untersuchungsteil II: Präsenz und Bildung

italien auf. Urbans Wahl zum Papst war im März 1088 in Terracina im südlichen Patrimonium Petri wahrscheinlich ohne normannische Beeinflussung210 abgehalten worden. Doch seine eigentliche Bischofsstadt Rom war ihm vorerst verschlossen. Der Wunschkandidat Heinrichs IV., Wibert von Ravenna, hatte sich dort unter dem Papstnamen Clemens III. (1084-1100) bereits gegen Ende des Pontifikats Gregors  VII. (1073-1085) den Lateran sowie die römische Anhängerschaft gesichert und musste sich zur Verteidigung seiner Stellung noch nicht einmal permanent in Rom aufhalten.211 Als Urban II. sich im Herbst seines ersten Pontifikatsjahres nach Rom vorwagte, zog er sich auf einen denkbar isolierten Teil der urbs zurück: die Tiberinsel.212 Erst im Juli des darauffolgenden Jahres, 1089, gelang es den Parteigängern Urbans, Wibert-Clemens aus der Stadt zu vertreiben.213 Nun konnte der Siegreiche triumphal die Peterskirche betreten und dort die Messe feiern.214 Rom war damit vorerst gesichert und Urban II. wandte sich einem anderen Aktionsfeld zu: dem Mezzogiorno, dem in seinem politischen Programm auch und vor allem im Zusammenhang mit einem zentralen Thema Urbans, der Union mit der griechisch-byzantinischen Kirche, auf deren Wiederherstellung er beinahe während seines gesamten Pontifikates hinarbeitete - und letztlich darin doch scheiterte -, eine Schlüsselrolle zufiel. Es sei deshalb an dieser Stelle nicht nur ein Blick in die Region zwischen Sporn und Absatz der italienischen Halbinsel geworfen, sondern in aller Kürze auch auf die Reisen Urbans in den gesamten unteritalienischen Raum.

1.2.2.1 Urban und Süditalien Urban II. trat kurz nach der Sicherung Roms eine Reise nach Süditalien an, um unter anderem mit dem Herrscher über Inselsizilien, Graf Roger I., zusammenzutreffen 210 Vgl. Becker, Urban II., Bd. 1 (wie Anm. 150), S. 91. 211 Vgl. dazu Jürgen Ziese, Wibert von Ravenna. Der Gegenpapst Clemens III. (1084-1100) (Päpste und Papsttum 20), Stuttgart 1982, dort zu Wiberts Anwesenheit in Rom während des ‚Übergangspontifikates‘ Viktors III. besonders S. 96 f. sowie allgemein zu ‚Gegenpäpsten‘ in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts Rudolf Schieffer, Das Reformpapsttum und seine Gegenpäpste, in: Gegenpäpste. Ein unerwünschtes mittelalterliches Phänomen, hg. von Harald Müller und Brigitte Hotz (Papsttum im mittelalterlichen Europa 1), Wien, Köln, Weimar 2012, S. 71–82, dort zu Wibert S. 78 f. 212 Vgl. Becker, Urban II., Bd. 1 (wie Anm. 150), S. 99. Erst 1094 konnte er in den Lateran einziehen, vgl. ibid., S. 103. 213 Allerdings verließ Wibert-Clemens Rom erst 1092 endgültig und Urban konnte 1093/94 gegen Geldzahlungen auch den Lateranspalast einnehmen, vgl. ibid., S. 103. 214 In seinem Schreiben an die Dilectis fratribus Romanae eccelesiae fidelibus von wohl Anfang Juli 1089 teilte er den Bischöfen seiner Obödienz diese Neuigkeit mit, vgl. dazu ibid., S. 101 f., besonders Anm. 313

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1. Präsenz: Der Papst auf Reisen

und über die künftige kirchliche Neuordnung Unteritaliens - und in diesem Fall besonders Siziliens - zu verhandeln.215 Dieses Treffen sicherte Urban die bis dahin nicht selbstverständliche Obödienz bei den süditalienischen Normannen.216 Am Treffpunkt im sizilischen Troina wurde zudem schon das Kernthema Urbans II. angesprochen: die Union mit der griechischen Kirche. Der normannische Historiograph und Benediktiner Gaufredus Malaterra schreibt dazu in seinem Geschichtswerk De rebus gestis Rogerii, Calabriae et Siciliae comitis et Roberti Guiscardi ducis, fratris eius, welches er im Auftrag Herzog Rogers I. von Sizilien verfasste:217 Imperator [Alexios I.] vero, increpationem eius humiliter suscipiens, invitat eum [Urbanum] per eosdem legatos charulis, aureis literis scriptis, ut, veniens cum eruditis catholice viris latinis Constantinopolim, concilio congregato, disputatio fieret inter Graecos et Latinos […]. Terminum etiam, quo papa accedere deberet, statuit: anni videlicet et dimidii. Comes vero, ut tantum schisma ab ecclesia Dei amputaretur, eundi consilium dedit. Sed impedientibus inimicis sanctae Dei Ecclesiae, qui Romae sibi infesti persistebant, iter prohibitum est.218

In Süditalien hielt Urban auch seine ersten Konzilien ab: Im September 1089 in Melfi, wo Roger von Apulien nach Jordan von Capua dem Papst den Lehnseid leistete und die Investitur in sein Herzogtum Apulien erhielt; im März 1091 ein weiteres in Benevent und im März 1093 dann schließlich ein Konzil an der nordwestlichen Grenze zu Apulien, in Troia. Auf diesen Konzilien entwickelte Urban sein „kirchenpolitisches Programm“ - welches laut Becker intensiv von seiner Ekklesiologie geprägt war219 - und initiierte die großzügige Neuorganisation der süditalienischen und sizilischen Kirche. Abschluss und Höhepunkt war das umstrittene Legationsprivileg für Roger I. von 1098,220 die „Gründungsurkunde“ der Monarchia Sicula. 215 Vgl. ibid., S. 102. 216 Vgl. Becker, Urban II., Bd. 2 (wie Anm. 150), S. 66 ff.; vgl. ferner Houben, Urbano II e i Normanni (wie Anm. 93), S. 115–143. 217 Vgl. zu Gaufredus Malaterra und dessen Geschichtswerk als ersten Zugriff Errico Cuozzo, Art. Gaufredus Malaterra, in: LexMA 4 (1989), Sp. 1142 f. sowie ausführlicher Giuseppe Scellini, I normanni nel Meridione. Le analisi storiche di Amato, Guglielmo e Malaterra, Roma 2003, S. 105–145. 218 Gaufredus Malaterra, De rebus gestis Rogerii Calabriae et Siciliae comitis et Roberti Guiscardi ducis fratris eius, ed. Ernesto Pontieri (Rerum Italicarum Scriptores NS 2, V, I), Bologna 1928 (ND 1966), S. 92 f. Derzeit arbeitet Marie-Agnès Lucas-Avenel an der Neuedition und französischen Übersetzung des dritten und vierten Buches des Geschichtswerks von Malaterra. Die ersten beiden Bände liegen bereits vor: Geoffroi Malaterra, Histoire du Grand Comte Roger et de son frère, Robert Guiscard, ed. et trad. Marie-Agnès Lucas-Avenel (Fontes et Paginae), Caen 2016. 219 Vgl. Becker, Urban II., Bd. 3 (wie Anm. 148), S. 179 f. 220 Vgl. zur apostolischen Legation für Sizilien ibid., S. 172–179.

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Untersuchungsteil II: Präsenz und Bildung

Urbans Vorgehen in Süditalien war einerseits bestimmt durch die Notwendigkeit, sich die Obödienz der Normannenherrscher zu sichern, andererseits geprägt von dem Wunsch nach Verständigung mit den Griechen. Letztere stellte für ihn in Zeiten der unsicheren innerkirchlichen Situation eine entscheidende Marke auf dem Weg zur christlichen Einheit und Durchsetzung der Kirchenreform dar. Eine aktive päpstliche Normannenpolitik hingegen war zum einen eine Frage der Selbsterhaltung und des Überlebens, zum anderen dringend erforderlich, um die päpstliche Reform im sich neugestaltenden Süditalien und Sizilien verwirklichen zu können, und schließlich auch unumgänglich, wollte er sich mit Byzanz verständigen. Ohne Normannen war für Urban nicht auszukommen. Auch deshalb machte er entsprechende Zugeständnisse, die an anderen Stellen für das Reformpapsttum undenkbar gewesen wären.221 Dennoch war das Verhältnis nicht vorbehaltsfrei: so schreibt Urban gleich in der Anfangszeit seines Pontifikates 1088 an Bischof Guitmundus von Aversa,222 dass seine Allianz mit den Normannen aus der Not entspringe, habe er bei der Entscheidung für Bündnispartner doch nur die Wahl zwischen den Schismatikern (hier sind wohl Heinrich IV. und seine Parteigänger gemeint) und den Sündern und Räubern (womit er die Normannen meint).223 Urbans Ausgangssituation bei der Behandlung der unteritalienischen Angelegenheiten war insofern eine vorteilhafte, als dass er sich nun in weiten Teilen der Region, auch in Apulien, nicht mehr einer solch dominanten weltlichen Herrschaft gegenübersah, wie es Robert Guiskard gewesen war. Nach dessen Tod 1085 musste sein Sohn und Nachfolger Roger Borsa schon bald seine Macht in Apulien mit seinem Halbbruder Bohemund von Tarent teilen und auch die Grafen und Barone der Provinz gewannen wieder an Einfluss.224 Die Durchsetzung päpstlicher Interessen in Apulien wurde durch diese Situation begünstigt. 221 Becker hält die apostolische Legation für Sizilien für einen „merkwürdigen Akt päpstlicher Legationspolitik“, der eine „Besonderheit“ in der päpstlichen Beziehung zu weltlichen Herrschern darstelle, vgl. ibid., S. 172. 222 Vgl. zu Guitmundus Norbert Kamp, Vescovi e diocesi nell’Italia meridionale durante l’età del passaggio dal dominio bizantino allo stato normanno, in: Il passaggio dal dominio bizantino allo Stato normanno nell’Italia meridionale. Atti del secondo Convegno internazionale di studio sulla Civiltà rupestre medievale nel Mezzogiorno d’Italia (Taranto - Mottola, 31-10/4-11-1973), Taranto 1977, S. 165–196, hier: S. 184. 223 Nos plane inter duo oppugnantia positi, inter impios videlicet et schismaticos, schismaticis ullo modo communicare non possumus, istis autem, licet peccatoribus et praedonibus, dispensative propterea communicamus, quia et ecclesiam hactenus sustentaverunt et se fideliores in posterum pollicentur, alioquia oportet nos de huius mundi partibus exire… siehe Migne, PL 151, Sp. 357 bzw. Ewald, Papstbriefe der Brittischen Sammlung (wie Anm. 195), S. 357, n. 16 und das zugehörige Regest JL 5363 und IP VIII, S. 283, n. 7. 224 Vgl. Loud, The Age of Robert Guiscard (wie Anm. 35), S. 246 und S. 256–258; Plassmann, Die Normannen (wie Anm. 30), S. 124 f.

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1. Präsenz: Der Papst auf Reisen

Während seiner langen Aufenthalte in Süditalien versuchte Urban II. intensiv, Einfluss zu nehmen und friedenstiftend zu wirken: in persönlichen Begegnungen bei verschiedensten Anlässen, auf Konzilien, bei Kirch- und Klosterweihen (so zum Beispiel in Bari und Brindisi), bei Privilegierungen, Urkundenbestätigungen, Restitutionen von Kirchengut, Korrespondenzen, Boten- und Gesandtschaftsverkehr, durch Rechtssprechung und personengeschichtliche Einzelheiten, wie z. B. im Eherecht. Urban strebte die Festigung der kirchlichen Episkopalstruktur an, ebenso wie die Eingliederung vor allem der Bischöfe und Metropoliten in die päpstliche Jurisdiktion, besonders in jenen Regionen, wo es noch griechische Kirchen und Bischöfe gab (vorwiegend in Apulien, Kalabrien). Urbans Vorgehen vermittelt den Eindruck, dass er die von den Normannen betriebene „Latinisierung“225 der süditalienischen Kirche zumindest teilweise zu einer „Romanisierung“ päpstlicher Prägung umformen wollte.226

1.2.2.2 Urban in Apulien Bei seiner ersten Süditalienreise im Jahr 1089 besuchte Urban die drei apulischen Metropolen Trani, Bari und Brindisi. Ende September reiste er zur September-Synode nach Melfi, weiter ins Normannenkloster SS. Trinità di Venosa und anschließend über Banzi nach Bari. Anschließend hielt er sich wahrscheinlich nur sehr kurze Zeit in Trani auf, um schließlich Anfang Oktober wieder zurück in Bari zu sein.227 Danach kam er durch Brindisi,228 um dann - leider sind die genauen Umstände unklar

225 Siehe zum Prozess, der in der Forschung zumeist mit dem Terminus „Latinisierung“ oder „Relatinisierung“ versehen wurde, vor allem im Bereich des Mönchtums Fonseca, La prima generazione normanna (wie Anm. 86) und zum mönchisch-benediktinischen Anteil an der „Latinisierung“ Houben, I benedittini (wie Anm. 84) sowie Panarelli, Aspekte der ethnischen Vielfalt (wie Anm. 152), hier besonders S. 189 f.; bezogen auf die Bistumsorganisation siehe Dieter Girgensohn, Dall’episcopato greco all’episcopato latino nell’Italia Meridionale, in: La Chiesa greca in Italia dall’VIII al XVI secolo, Atti del Convegno storico interecclesiale (Bari, 30 aprile - 4 maggio 1969), Padova 1973 (1), S. 25–43. 226 Urban II. legte laut Becker stets besonderen Wert auf die Betonung der ecclesia Romana, wobei für ihn „die ecclesia Romana in Rom selbst wie auch noch im geringsten Priorat und der kleinsten Seelsorgekirche präsent“ gewesen sei, siehe Becker, Urban II., Bd. 3 (wie Anm. 148), S. 39. Urban verband in seinen Formulierungen die Romana ecclesia häufig mit dem Mutter- (Romana ecclesia mater) und Richter-Bild (mater et judex), womit beispielsweise in Urkunden für die Erzbischöfe von Bari und Brindisi auch der römische Rechtsvorbehalt deutlich gemacht werden sollte, vgl. ibid., S. 39–41. 227 Vgl. JL I, S. 664, ad a. 1089, Sept. 10 - JL 5412. 228 JL I, S. 665, ad a. 1089, Oct. Nov.

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Untersuchungsteil II: Präsenz und Bildung

- entweder über Tarent nach Sizilien weiterzureisen oder von Brindisi aus ein Schiff auf die Insel zu nehmen, wo er auf Roger I. traf.229 Während seines circa einmonatigen Aufenthaltes in Apulien, der die Ausführung kirchlicher Angelegenheiten zum Ziel hatte,230 nahm Urban einige bedeutsame Handlungen vor. Wie er am 5. Oktober an den Erzbischof Elias von Bari schreibt, sei er Ende September auf Einladung des apulischen Herzogs Roger Borsa, dessen Halbbruder Bohemund von Tarent und des Elias selbst nach Bari gekommen: Rogerii ducis et fratris ejus Boamundi atque vestris deprecationibus invitati [civitatem] vestram pro beati confessoris Nicolay dilectione precipua visitavimus.231 Dort habe er unter großer Anteilnahme und Freude des Volkes die Reliquien des heiligen Nikolaus von Myra in die dafür bestimmte Krypta übertragen232 und zudem - entgegen der Gebräuche der römischen Kirche - ihn, also den Elekten Elias, an dessen eigenem Bischofssitz zum Erzbischof von Bari geweiht.233 Sicherlich war der Benediktinerabt Elias auch der Wunschkandidat Urbans gewesen, denn nicht grundlos vollzog er persönlich dessen Weihe vor Ort - contra morem Romanae Ecclesiae234 -, bestätigte damit unmissverständlich dessen Rechtmäßigkeit und begründete wohl auch eine besondere Beziehung des neugeweihten Erzbischofs zum römischen Papsttum. Die in Bari vollzogenen Schritte Urbans müssen vor dem Hintergrund der bisherigen Situation in Bari betrachtet werden: Die Stadt war kirchenpolitisch umkämpftes Gebiet und Urbans Obödienz war dort vor Herbst 1089 keinesfalls gesichert. Der vormalige Erzbischof von Bari, Urso (1078-1089), war beim Volk eher unbeliebt.235 Er war vermutlich ein Kandidat Robert Guiskards gewesen, wie wir dem hagiographischen Werk Inventio S. Sabini des Bareser Archidiakons Johannes entnehmen können. Er berichtet von Ursus, dass jener 229 Zum Itinerar Urbans II. in Süditalien vgl. auch den Anhang in: Houben, Urbano II e i Normanni (wie Anm. 93). 230 Im Bestätigungsprivileg für das Erzbistum Bari von 1089 nennt Urban den Zweck seiner Reise nach Apulien: propter ecclesiastica negotia exsequenda in Apulie provinciam descendentes, siehe CDB I, S. 62, n. 33. 231 Siehe CDB I, S. 62, n. 33. 232 Vgl. CDB I, S. 62, n. 33: beati Nicolay in locum parati aditi transferentes. 233 Vgl. CDB I, S. 62, n. 33: contra morem nostrae romane et [apostolicae] ecclesiae te dilectissime frater in sede propria consecravimus. Vgl. zu dieser Handlung und der darüber ausgestellten Urkunde auch Becker, Urban II., Bd. 2 (wie Anm. 150), S. 161 f. 234 Ibid. 235 Was wohl auch mit dessen langer Abwesenheit und Bevorzugung des alten Bischofssitzes Canosa zusammenhing. Johannes Archidiaconus rechtfertigt die Abwesenheit damit, dass ipse Archipraesul multis et variis impeditus erat negotiis, inquisitio ista protracta est, suoque in tempore dimissa. […] Rarissime igitur suum ad Episcopatum veniebat…Vgl. Johannes Archidiaconus, Historia Inventionis S. Sabini Episcopi Canusini (AASS Februarii II), Cap. I, 2, S. 329.

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1. Präsenz: Der Papst auf Reisen

prius fuerat apud Rapollam Episcopus, sed postea per potentiam et voluntatem Ducis Roberti a Papa Gregorio, qui et Ildeprandus dictus, ad Ecclesiam Barensem traductus fuerat, Archiepiscopus ordinatus est.236

Gregor VII. hatte Urso demnach auf Bitten oder Drängen Roberts hin vom Bischofssitz in Rapolla auf die erzbischöfliche Cathedra in Bari transferiert - durchaus keine gewöhnliche Praxis. Für Robert Guiskard hatte Urso diplomatische Aufgaben übernommen, wie Johannes Archidiaconus zu berichten weiß,237 welche ihn auch zu Papst Gregor selbst geführt hatten.238 Cioffari hatte besonders die Person Ursos vor Augen, als er zu bedenken gab, dass sich seit der normannischen Eroberung Süditaliens die Aufgaben des Bischofs immer weiter weg vom kirchlichen Dienst für das Volk hin zum diplomatischen Dienst für den weltlichen Herrscher entwickelten.239 Lange Zeit vermutete man, dass Urso von Bari der gegenpäpstlichen Partei nahestand. Pertusi aber weist diese These, die vor allem von Nitti de Vito vertreten wurde, entschieden zurück und kann schlüssig aufzeigen, dass Urso delegierter Richter und vielleicht auch Vertrauensperson Gregors VII. gewesen war.240 Von Urban II. wurde Urso zumindest nicht abgelehnt, schließlich hatte Urban ihn zusammen mit anderen Erzbischöfen zur Weihe der Kathedrale in Otranto eingeladen. Weshalb sollte er also Wibertiner gewesen sein?241 Urso war laut Pertusi römisch gesinnt, genauer „guiscardiano-romano“, vor allem seit dem Treueid Robert Guiskards gegenüber Gregor VII. in Benevent im Juni 1080.242 Der Tod dieses Erzbischofs bot für Urban die Gelegenheit, konsequente Obödienzpolitik zu betreiben und in die örtliche Kirchenstruktur einzugreifen. Der gregorianisch ausgerichtete Benediktinerabt Elias wurde zum Erzbischof erhoben und durch die persönliche Weihe, die er von Urban II. vor Ort empfing, in besonderer Weise zum Freund der römischen Kirche erkoren. Im Übrigen geschah die Wahl ganz in altkirchlicher Tradition, so wie Leo der Große mit der Bestimmung festgelegt hatte, dass derjenige, der über alle bestimmen darf, auch von allen gewählt wer-

236 Johannes Archidiaconus, Historia Inventionis S. Sabini (wie Anm. 235), Cap. I, 1, S. 329. 237 Siehe ibid.: Erat namque majorum caussarum fere omnium Ducis Roberti et consiliorum intimus et particpeps, quia et fidelissimum sibi suis in negituus jam et probatum habebat aliqua in legatione Apocrisarium. 238 Siehe Johannes Archidiaconus, Historia Inventionis S. Sabini (wie Anm. 235), Cap. I, 2, S. 329: Nam et frequenter ad praedictum Papam legaverat…. 239 Gerardo Cioffari, L’elezione episcopale nella chiesa di Bari dal X al XIV secolo, in: Nicolaus 18 (1991), S. 51–87, hier: S. 61. 240 Agostino Pertusi, La contesa per le reliquie di S. Nicola tra Bari, Venezia e Genova, in: Quaderni medievali 1978, S. 6–56, hier: S. 33, 37 f. 241 Ibid., S. 33 f. 242 Ibid., S. 37.

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Untersuchungsteil II: Präsenz und Bildung

den müsste,243 denn in seiner „Wahlerklärung“ von November 1089 berichtet Elias, dass nach dem Tod des Urso omnis barine civitatis populus cunctusque clerus Rogerio quoque duce huius civitatis tunc dominatore consentiente uno votu atque consensu ad archipresulatus apicem me indignum elegerunt.244

Diese Quellenstelle lässt aber auch erkennen, dass Elias sich nicht nur als Wunschkandidat von Volk und Klerus von Bari darstellte, sondern eben auch des weltlichen Herrschers Roger. Offensichtlich hatte Urban auf die Wahl keinen entscheidenden Einfluss genommen, konnte diese aber durch seine persönliche Weihe vollständig legitimieren. Vielleicht waren sich die beiden Kirchenmänner schon früher in der kampanischen Abtei Cava begegnet, wo Elias vor seiner Zeit in Bari Mönch gewesen war. Odo von Châtillon-Urban pflegte enge Verbindungen zu Abt Petrus I. von La Cava, den er schon während seiner Zeit als Mönch in Cluny kennengelernt hatte und der der Überlieferung nach sein Novizenmeister gewesen sein soll.245 Jedenfalls besteht grundsätzlich die Möglichkeit, dass sich Elias und Urban bereits persönlich kannten.246 In Bari nun war der gelehrte Abt, den Pertusi als eher philo-normannisch als anti-byzantinisch einstuft, beliebt bei Mönchen und Volk.247 Auch scheint er kein Feind seines erzbischöflichen Vorgängers Urso gewesen zu sein, vielmehr hat er diesen bei der Ausführung seiner Aufgaben, vor allem während dessen Abwesenheit, unterstützt.248 Urban nutzte bei seiner Reise nach Bari nun die Gelegenheit, das baresische Volk durch seinen Besuch und durch die Translation der Nikolausreliquien von sich einzunehmen. Seine nach außen sichtbaren Aktionen und Maßnahmen bedeuteten den endgültigen Erfolg der kirchenreformerischen Partei in Bari.249 Auch die liturgischen Handlungen in der sich im Bau befindlichen Basilika des hl. Nikolaus gehen mitun243 Vgl. JL 407 und Migne, PL 54, Sp. 628. 244 CDB I, S. 64, n. 34. 245 Vgl. Becker, Urban II., Bd. 1 (wie Anm. 150), S. 48; Id., Urban II., Bd. 2 (wie Anm. 150), S. 16 sowie Id., Urban II., Bd. 3 (wie Anm. 148), S. 397 f., Anm. 7, S. 398, Anm. 10. Generell betont Becker, ibid., S. 401 f., die enge Verbindung Urbans zu den Benediktinern in Süditalien. Zu den Beziehungen zwischen Cluny und Cava siehe Giovanni Vitolo, Cava e Cluny, in: L’Italia nel quadro della espansione europea del monachesimo ciuniacense. Atti del convegno internazionale di storia medievale. Pescia 26–28 novembre 1981 (Italia Benedettina 8), Cesena 1985. S. 199–220. 246 Vgl. Pertusi, La Contesa (wie Anm. 240), S. 38. 247 Ibid., S. 38 f. 248 Ibid., S. 39 f. 249 Vgl. Becker, Urban II., Bd. 2 (wie Anm. 150), S. 75.

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1. Präsenz: Der Papst auf Reisen

ter in diese Richtung - der Papst förderte diesen nicht nur für die Bareser äußerst bedeutsamen Kult und weihte persönlich das Kultzentrum des Heiligen. Darüber hinaus hatte Urban dabei wohl nicht nur die lokale Verehrung des heiligen Bischofs von Myra im Auge. Nikolaus, als zentrale Heiligenfigur höchst bedeutsam sowohl in der Ost- als auch Westkirche, könnte als Symbolfigur für Urbans so sehr um Ausgleich zwischen Byzanz und Rom bemühte Politik stehen, er könnte als Integrationsfigur eingestuft worden sein, der nun am Bareser Hafen, Tor hin zum östlichen Mittelmeer und schon wenig später Sammelpunkt der Kreuzfahrer, eine Kultstätte, ein Anlaufpunkt der Pilger beider Kirchen errichtet wurde. Selbst wenn es, anders als es Nicephorus und Johannes Archidiaconus in ihren Translationsberichten andeuten, nicht Urbans Vorgänger im päpstlichen Amt waren, die den Reliquienraub und die Translation des Heiligen 1087 in Auftrag gegeben oder angeregt hatten, sondern allein die Tat entschlossener Bareser Seeleute,250 fügt sich das Ergebnis doch gewissermaßen wie ein Puzzleteil in die zeitgenössische päpstliche Unionspolitik.251 Wir können aus der Urkunde Urbans für Elias im Übrigen auch schließen, dass die Reise des Papstes nach Bari nicht nur unter anderem dem Aufbau einer persönlichen Beziehung zum Erzbischof, zum Klerus und Volk von Bari sowie den Herrschern Apuliens gewidmet war, sondern auch in Zusammenhang mit dem Wunsch der Herrschenden nach Latinisierung und Anbindung der Kirche an den Papst stand. Zusammenfassend ist also festzustellen, dass in Bari direkte Eingriffe des Papstes in die örtlichen kirchlichen Angelegenheiten zu beobachten sind. Während seines kurzen Aufenthaltes in Trani Anfang Oktober 1089 bestätigte Urban dem Erzbischof Bisantius von Trani dessen Bistum und verfügte, dass es von keinem anderen Bistum unterworfen werden dürfe.252 Eine kirchenpolitisch signifikante Entscheidung traf der Papst ebenfalls 1089 in Trani: Er verlegt auf Bitten des Grafen Gottfried den Sitz des Erzbischofs von Oria zurück nach Brindisi, wo er vor der sarazenischen Zerstörung der Stadt im Jahr 838 bestanden hatte.253 Diese Maßnahme führte noch über viele Jahrzehnte zu Konflikten, da sich die Oritaner kontinuierlich weigerten, die Restitution umzusetzten. Auch der Herrscher über Oria, 250 Vgl. zur Translation der Nikolausreliquien von Myra nach Bari und zu den Translationsberichten unter anderem Pasquale Corsi, La traslazione di san Nicola da Myra a Bari, in: San Nicola, Splendori d’arte d’Oriente e d’Occidente, hg. von Michele Bacci, Mailand 2006, S. 89–96 und jüngst zu den hagiographischen Quellen, die im Umfeld der Translation entstanden sind, Gerardo Cioffari, San Nicola e il mare nelle fonti alla traslazione a Bari (1087), in: Ein Meer und seine Heiligen, Hagiographie im mittelalterlichen Mediterraneum, hg. von Nikolas Jaspert, Christian Alexander Neumann und Marco Di Branco (Mittelmeerstudien 18), Paderborn 2018, S. 355–381. 251 Vgl. dazu Becker, Urban II., Bd. 2 (wie Anm. 150), S. 162 f. 252 Vgl. IP IX, S. 291, n. 4. 253 IP IX, S. 388, n. 14.

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Bohemund von Tarent, stellt sich gegen die Translation des Bischofssitzes. Gänzlich wurde der Konflikt erst im 16. Jahrhundert unter Papst Paul III. gelöst. Als Urban dann im Oktober oder im November 1089 selbst nach Brindisi kam, weihte er die dortige Kathedrale, wie unter anderem der Geschichtsschreiber Lupus Protospatharius zum Jahr 1089 berichtet: et consecravit Brundusinam Ecclesiam praedictus Papa Urbanus.254 Unter normannischer Herrschaft hatte Brindisi seine Beziehungen zum Papsttum vertieft. Offensichtlich lag es Urban nun daran, die griechisch geprägte Stadt und Kirche persönlich in die römische Kirchenstruktur zu integrieren, indem er ihr die alte kirchliche Bedeutung zurückgab, ihr dennoch weiterhin den griechischen Ritus zugestand und eigenhändig die Weihe der Hauptkirche der wiederhergestellten Bischofsstadt vornahm. Die Aufwertung der Stadt durch die Rückverlegung der Cathedra und die Toleranz des römischen Bischofs gegenüber der liturgischen Tradition des Ortes brachten vermutlich eine verstärkte Rombindung von Volk und Klerus Brindisis mit sich: ein weiterer Baustein der Obödienzsicherung Urbans in der Region Apulien. Auf apulischem Boden feierte Urban zwei Synoden: Bei seinem dritten Aufenthalt in Süditalien vom Frühling 1092 bis Oktober 1093 kam er bis nach Tarent und hielt im März 1093 ein Konzil in Troia ab, an dem circa 75 Bischöfe teilnahmen. Wahrscheinlich zu Ostern 1093, am 17. April, nutze er die Gelegenheit und unternahm eine Pilgerfahrt auf den nahegelegenen Monte Gargano.255 Während Urbans letzter Süditalienreise 1098 fand schließlich das große Konzil von Bari statt, von dem Lupus Protospatharius berichtet, dass rund 185 Bischöfe teilnahmen.256 Urban hatte dort eine der für ihn dringlichsten politischen Themen ganz oben auf die Agenda gesetzt, die Unionsverhandlungen mit der griechischen Kirche, mit der sich Rom seit 1054 im Schisma befand. Der Ort Bari war dafür prädestiniert: Apulien als Region der kulturellen, kultischen und politischen Heterogenität zwischen griechischer und lateinischer Tradition bot das passende Terrain für ein Glaubensgespräch zwischen Ost- und Westkirche. Zudem konnte sich Urban in Bari der absoluten Obödienz gewiss sein, hatte er doch selbst hervorragende Beziehungen zum ansässigen Erzbischof Elias. Dennoch brachte das Konzil, auf dem zwar eine theologisch-dogmatische Diskussion stattgefunden hatte, allerdings vor allem 254 Lupus Protospatharius, Annales, ed. Georg Heinrich Pertz, in: MGH SS 5, ed. id., Leipzig 1844 (ND Hannover 1925), S. 52–63, hier: ad. a. 1089. 255 Vgl. Hans-Walter Klewitz, Studien über die Wiederherstellung der römischen Kirche in Süditalien durch das Reformpapsttum, in: Reformpapsttum und Kardinalkolleg, Darmstadt 1957, S. 137–205, hier: S. 168. 256 Lupus Protospatharius, Annales (wie Anm. 254), S. 63: 1099 de mense Octobris Papa Urbanus congregavit universalem synodum in civitate Bari, in qua fuerunt 185 episcopi. Weitere Quellen zu den Konzilsteilnehmern siehe Becker, Urban II., Bd. 2 (wie Anm. 150), S. 192, Anm. 365.

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mit dem griechischen Klerus Süditaliens, kein wirksames Unions-Ergebnis. Wenigstens konnte die lateinische Kirche auf dem Konzil ihre eigene Lehre scholastisch präzisieren; einen sicher nicht unwesentlichen Anteil daran dürfte der anwesende Erzbischof Anselm von Canterbury gehabt haben.257 Die Beispiele haben gezeigt, dass Urban II. den Raum Apulien nicht nur auf der Durchreise passierte, sondern auch konkret in die apulischen Verhältnisse eingriff und Schritte einleitete, um bessere Kontrolle über die Kirchenstruktur der politisch und kulturell immer noch stark heterogenen Landschaft zu gewinnen und die Inte­ gration der lateinischen Kirche Apuliens in die römische Kirche zu befördern. Er knüpfte persönliche Netzwerke, wie etwa zum Erzbischof Elias von Bari, und privilegierte Bistümer und Städte, förderte lokale Heiligenkulte und hielt Kirchenversammlungen ab. Es ist aber ebenso erkennbar, dass auch die lokalen Entscheidungsträger - zumeist die Normannenherscher - an einer Romanisierung der apulischen Kirche interessiert waren. Ohne diese herrschaftliche Unterstützung als Basis wäre vielleicht an eine Latinisierung, nicht aber an eine Romanisierung der apulischen Kirche zu denken gewesen.

1.2.3 Paschalis II. (1099–1118) Paschalis II. setzte in Süditalien die Linie seines Vorgängers Urban II. fort, wobei ihm, wie schon teilweise Urban und auch seinem Nachfolger Calixt II., die Schwäche der herzoglichen Herrschaft in Apulien zugute kam, die sich seit dem Tod Robert Guiskards 1085 und noch mehr seit dem Tod Roger Borsas 1111 eingestellt hatte.258 Die politische Situation eröffnete Handlungsoptionen, um die kirchliche Landschaft des Mezzogiorno stärker an Rom zu binden und jurisdiktionelle Abhängigkeiten deutlich zu machen.259 Paschalis durchquerte während seines knapp 18 Jahre währenden Pontifikats auf sechs Reisen Süditalien und hielt sich davon insgesamt etwa einen Monat lang in Apulien auf. Schon im Sommer 1100 brach er auf und feierte im Oktober 1100 eine Synode in Melfi, deren Beschlüsse allerdings

257 Zu inhaltlichen und organisatorischen Details des Konzils von Bari vgl. Becker, Urban II., Bd. 2 (wie Anm. 150), S. 199–200 sowie die Beiträge im Band Il Concilio di Bari del 1098. Atti del Convegno Storico Internazionale e celebrazioni del IX Centenario del Concilio, hg. von Salvatore Palese und Giancarlo Locatelli (Per la storia della chiesa di Bari 17/Nicolaus 26), Bari 1999. 258 Vgl. Kamp, Der unteritalienische Episkopat (wie Anm. 18), dort besonders S. 102 f. 259 Vgl. ibid., besonders S. 102 f. sowie Panarelli, Aspekte der ethnischen Vielfalt (wie Anm. 152), hier: S. 193 f.

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weitgehend unbekannt bleiben.260 Von dort gelangte er noch im selben Monat nach Troia, das am nördlichen Rand des Herzogtums und damit nicht weit von der päpstlichen Stadt Benevent liegt. Im Herbst 1101 reiste er auf dem Weg nach Benevent für kurze Zeit in apulisches Gebiet und machte Station in Canosa, wo er die Kirche weihte und sie dem Patrozinium des Lokalheiligen Sabinus unterstellte.261 Anwesend waren drei Kardinäle, neun Erzbischöfe, fünf Bischöfe und zahlreiche andere kirchliche Würdenträger. Erst sieben Jahre später, im November 1108 ist der Papst wieder in Apulien nachweisbar, erneut in Troia. Auch im Winter 1112 besuchte er noch einmal für kurze Zeit Troia, drei Jahre später, 1115 war diese Stadt sogar Zeuge eines Papstkonzils, wo neben universalen Themen auch lokale abgehandelt wurden. Auf seiner letzten Süditalienreise 1117 machte der Papst Station in Siponto, wo er vielleicht auch ein Konzil abhielt und schließlich über Kampanien wieder Richtung Rom reist. Einiges deutet darauf hin, dass er in Siponto die Kathedralkirche S. Maria Maggiore geweiht hat.262 Im südlicheren Apulien hielt sich Paschalis also nie auf, er wählte Apulien lediglich als Abstecher bei Aufenthalten in Benevent oder Melfi. Wie erwähnt, ist uns eine direkte Maßnahme vor Ort bekannt: Am 7. September 1101 weihte er die Kathedrale des Hl. Sabinus von Canosa ad honorem dei et b. Sabini. Dabei handelt es sich um einen ähnlichen Vorgang, wie wir ihn bereits von Urban aus Bari kennen: Paschalis nahm persönlich eine Kirchweihe vor und förderte damit auch einen lokalen Heiligenkult, in diesem Fall den Kult des Stadtpatrons Sabinus von Canosa, der im 6. Jahrhundert Bischof der Stadt gewesen war und der Tradition nach als Freund Benedikts von Nursia gilt.263 Der Sitz der Bischöfe von Canosa wurde übrigens wegen der Zerstörung der Stadt durch die Sarazenen im 9. Jahrhundert nach Bari verlegt, sie kehrten auch nach dem Wiederaufbau der Stadt nicht mehr dorthin zurück.264 Eine weitere von Paschalis zelebrierte Kirchweihe erfolgte im April 1117 in Siponto in der Kathedrale S. Maria Maggiore. Im Anschluss an die Weihehandlungen wurden im Beisein des Papstes die Reliquien des heiligen Bischofs Laurentius von Siponto in diese Kirche übertragen. Diesem Heiligen soll Ende des 5. Jahrhunderts der Erzengel Michael auf dem Monte Gargano erschienen sein und ihm die Vergebung der Sünden verkündet haben. In der Region rund um den Gargano und vor 260 Uta-Renate Blumenthal, The early councils of Pope Paschal II (Pontifical Institute of Mediaeval Studies, Toronto: Studies and texts 43), Toronto 1978, S. 10. Eine wichtige Maßnahme des Konzils war die Exkommunikation der Stadt Benevent, der ein päpstlicher Angriff mit Waffenhilfe seitens Herzog Rogers von Apulien folgte. Benevent konnte so wieder in die kirchlichen Besitzungen integriert werden, vgl. ibid. 261 Vgl. JL I, S. 708, IP IX, S. 340, n. 1, ediert im CDB II, S. 211, n. 1. 262 Vgl. IP IX, S. 241, n. *1. 263 Siehe IP IX, S. 338. 264 Siehe ibid., S. 338 f.

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allem in Siponto war Laurentius’ Bedeutung als Schutzheiliger und seine Verehrung dementsprechend groß. Wie uns die liturgischen Handlungen Paschalis’ im Zusammenhang mit der Translation der Laurentiusreliquien zeigen, fand hier erneut eine päpstliche Förderung des städtischen Schutzpatrons verbunden mit der Weihe einer Kultstätte statt. Paschalis setzte die Linie seines Vorgängers Urbans II. nicht nur auf dem Gebiet der Förderung von lokalen Heiligenkulten fort, sondern auch hinsichtlich der Süditalienpolitik. Er festigte das Bündnis und die Lehensbande mit den Normannen. Zudem traf er - wenn auch nur in geringer Anzahl vor Ort - viele bedeutende Entscheidungen zur apulischen Kirchenorganisation, in Streitfällen, beauftragte delegierte Richter, nahm Kloster- und Bistumsexemtionen vor, stellte Privilegien aus und weihte apulische Bischöfe. Urban II. und Paschalis II. stärkten - auch durch ihre zahlreichen Reisen in den italienischen Süden - die Position des Papsttums in diesem Raum und schufen die Voraussetzungen für die tatkräftige Lehenspolitik265 Calixts II. gegenüber den apulischen Machthabern.266

1.2.4 Calixt II. (1119-1124) Der Burgunder Guido von Vienne, der nach dem nur einjährigen Pontifikat Gela­ sius’ II. im Februar 1119 die Cathedra Petri bestieg und fortan den Namen Calixt  II. trug, führte die Linie seiner Vorgänger, vor allem Urbans II. und Paschalis’  II., gegenüber den Normannenherrschaften im Süden Italiens fort.267 Dabei war die Situation gegenüber den politischen Anführern der Region eine andere als in der ersten Zeit des Pontifikats Urbans II., der zunächst noch völlig auf die Normannen angewiesen war und erst später, auch aufgrund der veränderten politischen Situation im Herzogtum Apulien, sein Vorgehen anpassen konnte.268 Nachdem Gelasius II. (1118-1119) während seines nur einjährigen Pontifikats lediglich ins südliche Latium und die Gegend um Montecassino gekommen war, 265 Zum Problem der Lehenspolitik vgl. Rudolf Schieffer, Das Lehnswesen in den Urkunden der Kaiserin Konstanze, in den frühen Königsurkunden Friedrichs II. und in den Urkunden der Könige von Jerusalem, in: Ausbildung und Verbreitung des Lehnswesens im Reich und in Italien im 12. und 13. Jahrhundert, hg. von Karl-Heinz Spieß (Vorträge und Forschungen 76), Ostfildern 2013, S. 221–238. 266 Vgl. hierzu auch Servatius, Paschalis II. (wie Anm. 179). 267 Vgl. Schilling, Guido von Vienne (wie Anm. 168), S. 487. 268 Vgl. zu den Spielräumen Calixts auch Kamp, Der unteritalienische Episkopat (wie Anm. 18), besonders S. 102 f. sowie Panarelli, Aspekte der ethnischen Vielfalt (wie Anm. 152), hier: S. 193 f.

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hielt sich Calixt II. wieder längere Zeit, fast ein Drittel seiner Amtszeit, im Süden auf.269 Zweimal verbrachte er je circa einen Monat im Herzogtum Apulien. Seine erste Reise in den Süden trat Calixt II. bereits wenige Wochen nach seinem Einzug in Rom im Sommer 1120 an. Am Tag des hl. Silvesters 1120 berichtete er dem Erzbischof Diego von Compostela in einem Brief von jener Reise: Nos […] in Benventanas partes et inde in Apuliam usque Barum descendimus. Apulie ducem, Capue principem et alios comites et barones terre in homigium et fidelitatem suscepimus.270 Einige Wochen später schrieb er auch an Wido von Chur († 1122) und konkretisierte den Zweck und die Umstände seiner Reise: …nostris fidelibus invitati Beneventum perreximus, ubi ducem Apulię, principem Capuę ac ceteros barones et capitaneos terrę in hominium et fidelitatem nostram recepimus. Inde in Apuliam et usque Barum pro Æcclesię servicio descendentes, pacem et treugam Dei per totam terram illam statuimus.271 Gut zwei Monate, vom 8. August bis 16. Oktober, hielt sich Calixt in Benevent auf.272 Dort nahm er die Huldigungen und den Treueeid273 des Herzogs Wilhelm von Apulien, des Fürsten von Capua und weiterer Barone und Grafen entgegen.274 Wilhelm war von ihm daraufhin mit dem Herzogtum belehnt worden. Déer bezeichnete solche Maßnahmen als „Eingriff in die Unterbelehnungen“,275 das heißt, dass sich der Papst neben dem Herzog von Apulien und dem seit 1098 vom Herzogtum lehnsabhängigen Fürsten von Capua auch weitere apulische Untervasallen unmittelbar verpflichtete.276 Das veränderte Mächteverhältnis zwischen Normannen 269 Von 4,5 Jahren seines Pontifikats verbrachte er 16 Monate in Unteritalien. 270 Bullaire du Pape Calixte II., ed. Ulysse Robert, 2, Paris 1891 (ND Heidelberg 1979), S. 296, n. 201. 271 Ibid., S. 319, n. 217. 272 Vgl. JL I, S. 796. 273 Bei Calixt II. werden neben dem üblichen Treueid, fidelitas, die Begriffe homigium bzw. hominium verwendet, vgl. dazu Deér, Papsttum und Normannen (wie Anm. 34), S. 155 f. 274 Romuald von Salerno überliefert diese Belehnung etwas ausführlicher, siehe Romuald von Salerno, Chronicon (wie Anm. 3), S. 211 (= MGH SS 19, S. 417): Et ipse papa statim eidem duci donavit et concessit ac per vexillum tradidit omnem terram ipsius ducis cum toto honore ducatus ipsius dicens: ‚Ad honorem Dei et beati Petri apostolorum principis nec non et Pauli, fidelitatem quoque Romani pontificatus et nostram nostrorumque successorum canonice intrancium, donamus  et concedimus tibi terram et omnem honorem, quemcunque nostri predecessores, videlicet papa Nicolaus et Alexander atque Gregorius, donaverunt olim Robberto Guiscardo avo tuo ac deinde Urbanus papa et Paschalis eius successor donaverunt duci Rogerio patri tuo, idemque Paschalis postea atque Gelasius papa donaverunt tibi. Auch Pandulf (LP II, S. 746) und die Annales Ceccanenses ad a. 1120 (MGH SS 19, S. 282) berichten davon. 275 Vgl. Deér, Papsttum und Normannen (wie Anm. 34), S. 162 sowie allgemein zu den apulischen Untervasallen S. 148 ff. 276 Vgl. unter anderem Hoffmann, Langobarden, Normannen, Päpste (wie Anm. 77), S. 169; Deér, Papsttum und Normannen (wie Anm. 34), S. 148; Servatius, Paschalis II. (wie Anm. 179), S. 91 f.

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und Papst offenbart sich unter anderem darin, dass der Herzog sich zur Belehnung nun in die päpstliche Stadt Benevent begeben hatte, während anlässlich dieses Aktes Nikolaus II. und auch Urban II. noch normannisches Gebiet aufsuchen mussten.277 Von Benevent aus brach der Papst nach Apulien auf und reiste bis nach Bari hinunter pro Æcclesię servicio, wie er im oben zitierten Brief an Wido von Chur ausdrücklich formulierte. Doch wie schon Schilling feststellte, meinte Calixt mit dem „Dienst an der Kirche“ nicht nur die Sicherung der finanziellen und militärischen Unterstützung durch die Normannen, die die Erneuerung und Stabilisierung des Bündnisses zwischen Papsttum und den Herren Süditaliens mit sich bringen sollte, sondern auch den anderen, ebenso bedeutsamen Effekt dieser politischen Verbindung: Die Möglichkeit zur maßgeblichen Einflussnahme auf die Reorganisation und Latinisierung der Kirche Unteritaliens.278 Calixts erste Station im Herzogtum Apulien war Troia,279 wo er am 6. November eine Bestätigungsurkunde für Erzbischof Bisantius von Trani ausstellte.280 Die bei Jaffé-Löwenfeld vorgeschlagene und auf den Aufzeichnungen von Ernst Strehlke basierende Möglichkeit,281 dass Calixt vor der Ankunft in Troia noch Station auf dem Monte Gargano machte,282 ist in Anbetracht der geographischen Lage von Benevent, Troia und dem Gargano anzuzweifeln. Denn Troia liegt zwischen Benevent und dem Gargano und Calixt reiste danach circa Mitte November von Troia weiter nach Bari. War der weitere Reiseverlauf schon im Vornherein abgesteckt, hätte ein triftiger Grund vorliegen müssen, um von Benevent aus zuerst den Gargano und danach Troia und Bari zu besuchen. Hinzu kommt, dass die Stippvisite am Michaelsheiligtum in keiner anderen Quelle erwähnt ist, wie dies bei allen anderen Stationen dieser Reise der Fall ist. Sollte Calixt tatsächlich zum Monte Sant’Angelo gepilgert sein, tat er dies vielleicht eher nach einem Aufenthalt in Troia. Das Bistum Troia war spätestens seit der Konfirmation der Exemtion durch Alexander II. 1067 direkt dem Heiligen Stuhl unterstellt283 und bot sich als Wegstation nicht nur geographisch, sondern auch dank seiner Position innerhalb des päpstli277 Vgl. Schilling, Guido von Vienne (wie Anm. 168), S. 487. 278 Vgl. ibid., S. 489 f. 279 Vgl. JL I, S. 797; Romuald von Salerno, Chronicon (wie Anm. 3), S. 211. 280 Vgl. JL 6866; Ediert in: Le carte (wie Anm. 113), S. 72. 281 Demnach sei der Aufenthalt bezeugt in: Ragguaglio dell’insigne e venerabile santuario dell’arcangelo S. Michele nel Monte Gargano (1827), S. 51. (Diese Quelle war mir leider nicht zugänglich.) 282 Vgl. JL I, S. 797. 283 Vgl. IP IX, S. 203, n. 3; Le Liber Censuum de l’eglise romaine publié avec une introduction et un commentaire, ed. Louis Duchesne und Paul Fabre, 3, Paris 1910–1952, vol. I, S. 23; vgl. auch Walther Holtzmann, Der Katepan Boioannes und die krichliche Organisation der Capitanata, in: Nachrichten der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, phil.-hist. Kl. 2 (1960), S. 21–39.

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Untersuchungsteil II: Präsenz und Bildung

chen Beziehungsgefüges an. Der Papst wurde vor der Stadt von dem frisch investierten Herzog Wilhelm empfangen, der ihm den Stratordienst leistete.284 Im Herzogtum war die politische Lage seit dem Tod Roger Borsas 1111 instabil. Zur Aufhebung der inneren Zerrissenheit hätte es eines durchsetzungsfähigen Herrschers bedurft, der Rogers Sohn und Erbe im Herzogtum, Wilhelm, nicht war.285 Wie schon Paschalis musste es nun auch Calixt an der Friedenssicherung in Apulien gelegen sein. Um Frieden zu schaffen und zu bewahren, verkündeten schon Urban II. und Paschalis II. die treuga Dei auf normannischem Gebiet.286 Calixt erneuerte nun in Troia den Gottesfrieden für die Region.287 Während seines folgenden Aufenthaltes in Troia verhandelte der Papst zudem eine Klage des Abtes Johannes von S. Nicola in Troia gegen Wilhelm von Hauteville.288 Die einzige überlieferte, in Troia ausgestellte Papsturkunde erlaubt Erzbischof Bisantius von Trani den Gebrauch des Palliums, bestätigt der Kirche von Trani ihre Besitzungen und erklärt, dass sie ausschließlich der sedes Romana unterstellt sei.289 Von Troia aus gelangte der Papst noch im November nach Bari,290 wo er die Freilassung der Witwe des Bohemund von Tarent aus der Gewalt eines lokalen Anführers erwirkt haben soll.291 Über Benevent, Capua und S. Germano reiste Calixt schließlich zurück nach Rom, wo er gegen Mitte Dezember eintraf.292

284 Vgl. Romuald von Salerno, Chronicon (wie Anm. 3), S. 211 (= MGH SS 19, S. 417): Eodem uero mense idem papa Calixtus Troiam uenit. Audiens itaque Willelmus dux eiusdem pontificis aduentum obuius festinanter extra ciuitatem aduenit cum primatibus suis. Cui uice stratoris ipse pedes iuxta sellam usque ad ecclesiam episcopatus eiusdem ciuitatis ingenti cum honore deduxit. Zum Stratordienst und seiner Symbolik vgl. unter anderem: Robert Holtzmann, Zum Strator- und Marschalldienst. Zugleich eine Erwiderung, in: Historische Zeitschrift 145 (1932), S. 301–350; Gerd Althoff, Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter, Darmstadt 2003, vor allem S. 138–141. 285 Vgl. Plassmann, Die Normannen (wie Anm. 30), S. 125, 131. 286 Vgl. Schilling, Guido von Vienne (wie Anm. 168), S. 486 f. 287 Vgl. JL 6892; Codice Diplomatico Barese. Bd. 21: Les chartes de Troia. Edition et étude critique de plus anciens documents conservés à l’Archivio Capitolare 1 (1024-1266), ed. Jean-Marie Martin, Bari 1976, S. 304. 288 Vgl. IP IX, S. 214, n. *1, ediert im CDB 21 (wie Anm. 287), S. 168–171, n. 43. 289 Vgl. JL 6866; IP IX, S. 292, n. 7; Edition in Le carte (wie Anm. 113), S. 72 f., n. 28. 290 Vgl. JL I, S. 797; JL 6877; JL 6892. 291 Vgl. Annales Ceccanenses, ed. Georg Heinrich Pertz (MGH SS 19), Hannover 1866, S. 282: et perrexit Barim et liberavit de captivitate reginam Boamundi. Zu den Hintergründen vgl. Martin, La Pouille (wie Anm. 25), S. 742 f. 292 Vgl. JL 6867–6872.

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1. Präsenz: Der Papst auf Reisen

Die zweite Reise in den italienischen Süden führte Calixt II. Ende Juli 1121 über Aversa nach Salerno.293 Spätestens am 4. Oktober erreichte er Melfi,294 den Hauptort der exemten Diözese Melfi und wichtiges politisch-administratives Zentrum des Herzogtums Apulien.295 Spätestens am 10. November traf er in der südapulischen Stadt Tarent ein.296 Nachdem er sich auf dem Seeweg von dort aus in die kalabrischen Orte Nicastro, Catanzaro, Crotone297 und Rossano begeben hatte, kehrte Calixt am 15. Januar 1122 wieder nach Tarent zurück.298 Von dort aus reiste er nordwärts nach Benevent und passierte dabei die Bischofsstadt Bitonto.299 Am 18. Februar traf er in Benevent ein und blieb dort mindestens bis zum 23. Februar.300 Während dieses einwöchigen Aufenthaltes griff Calixt in die Organisation der apulischen Bistumslandschaft ein und weihte auf Bitten der Gräfin Sikelgaita von Conversano und ihres Sohnes Tankred, so der Text eines Schreibens an Mutter und Sohn,301 den römischen Kardinaldiakon Baialardus zum Erzbischof von Brindisi und bestätigte jenem am gleichen Tag sein Erzbistum sowie den Gebrauch des Palliums an bestimmten Festtagen.302 Spätestens am 8. März ist Calixt wieder in Rom nachweisbar.303 Seine zweite Süditalienreise nahm nicht den erwarteten erfolgreichen Gang, sondern war mit Demütigung und Schmach verbunden, die Josef Deér sogar als „demütigende Schlappe“ betitelte, „welche auf einen Schlag alle Erfolge seiner festländischen Normannenpolitik zunichtemachte“.304 Als der Papst nämlich beim Konzil im kalabrischen Crotone weilte, um dort unter anderem die Grenzen des neu errichteten Bistums Taverna 293 Pandulf zufolge war der eigentliche Anlass der Reise im Sommer 1121, dass Calixt als Sachwalter der Interessen Wilhelms von Apulien und Schützer des Landes während dessen Abwesenheit (vermutlich wegen einer Byzanzreise) agieren sollte. Vgl. Liber pontificalis glossato, nella recensione di Pietro Guglielmo, glossato da Pietro Bohier. Bd. 2: Liber pontificalis, ed. Olderico Přerovský (Studi Gratiana 22), Rom 1978, S. 746. Zu den Umständen siehe Schilling, Guido von Vienne (wie Anm. 168), S. 493 f. 294 Vgl. JL 6924–6930. 295 Vgl. Enzo Navazio, Melfi da Caput Apuliae a „gioiello“ dei Doria, in: Studi veneziani 52 (2006), S. 99–147, S. 101. 296 Vgl. JL 6935. 297 In Crotone hielt Calixt II. ein Konzil ab, an dem unter anderem der Erzbischof Walter von Bari teilnahm, vgl. Erich Caspar, Die Chronik von Tres Tabernae in Kalabrien, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 10 (1907), S. 1–56, hier: S. 50. 298 Vgl. JL 6936–6945. 299 Vgl. JL 6947, 6948. 300 Vgl. JL 6949–6953. 301 Ediert in Kehr, Papsturkunden in Apulien (wie Anm. 143), S. 273, n. 8. 302 Vgl. JL 6952, 6953 = IP IX, S. 392, n. *27 und n. 29. 303 Er weihte dort den Abt Erchinfrid von Melk, vgl. Annales Mellicenses, ed. Wilhelm Wattenbach, in: MGH SS 9, ed. ders., Hannover 1851, S. 479–537, hier: S. 501. 304 Vgl. Deér, Papsttum und Normannen (wie Anm. 34), S. 172.

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Untersuchungsteil II: Präsenz und Bildung

festzulegen, kam es zu einer verheerenden politischen Niederlage. Roger hatte nach Pandulf gerade eine arcem de Calabria quae Nuceforis dicitur305 (Rocca Niceforo) belagert - wobei es sich bei der Burg allerdings um Rogers Eigentum handelte, das Calixt seinem Bündnispartner Wilhelm von Apulien zuschanzen wollte.306 Durch einen Gesandten wollte Calixt Roger zur Aufgabe der Belagerung zwingen, was aber erfolglos blieb, woraufhin sich der Papst der schwierig zu interpretierenden Quellenstelle zufolge gegen den Grafen ‚erhoben‘ habe. Möglicherweise handelte es sich dabei um eine militärische Aktion. In diesem Zusammenhang soll Calixt laut Pandulf fere omnes cardinales meliores … mortuos cum non paucis ex domesticis perdidit. Deshalb habe Roger mit dem geschwächten papa semivivo erledigen können, was er wollte.307 Calixt unterlag offenbar in der direkten Auseinandersetzung Roger II. von Sizilien, wenn auch die genauen Umstände im Dunkeln bleiben.308 Auf seiner letzten Reise nach Süditalien 1123309 kam der Papst nicht nach Apulien - obwohl bei Jaffé-Löwenfeld behauptet wird, dass Calixt in maximal sieben Tagen von Ceprano nach Tarent, vom südlichen Latium in den Absatz des italienischen Stiefels, gereist sei,310 was in der Praxis relativ schwierig zu bewerkstelligen gewesen wäre, denn auf dem kürzesten Weg trennen die beiden Orte immerhin knapp 400 km. Tatsächlich ist an dieser Stelle von einem Lesefehler auszugehen: Hier wurde die Ortsbezeichnung „Laterani“ wohl mit „Tarenti“ verwechselt.311 Calixt mied das Gebiet südlich Benevents fortan, was wohl mit der kalabrischen Demütigung von 1122 zusammenhing, die nicht nur den Verlust der Rocca Niceforo zur Folge gehabt hatte, sondern mit der Translation des Roger-Kandidaten Petrus von Squillace auf den erzbischöflichen Stuhl von Palermo auch den endgültigen Verlust der päpstlichen Eingriffsmöglichkeiten auf Sizilien bedeutete.312

305 Liber pontificalis glossato (wie Anm. 293), S. 746 f. 306 Vgl. Schilling, Guido von Vienne (wie Anm. 168), S. 497. 307 Vgl. Liber pontificalis glossato (wie Anm. 293), S. 747. 308 Vgl. Schilling, Guido von Vienne (wie Anm. 168), S. 494 f. Die Forschung geht davon aus, dass die Kardinäle einer Epidemie zum Opfer fielen. Calixt selbst war wohl auch im Anschluss in Benevent und später in Rom noch krank. 309 Einen Teil des Sommers verbrachte Calixt in Montecassino ( JL I, S. 813), blieb danach mindestens vom 12. September bis 12. Oktober in Benevent ( JL 7076-7079) und machte auf der Rückreise um den 1. November noch einmal Station in Montecassino ( JL 7080, 7081). Dann reiste er über Ceprano ( JL 7082) wieder nach Rom. 310 Vgl. JL 7083. 311 Über die Problematik des zugeschriebenen Ausstellungsortes der Urkunde JL 7084 siehe unter anderem Georges de Manteyer, Six mandements de Calixte II renouvelant la légation de Girard evêque d’Angoulême (21 novembre 1123), in: Mélanges d’archéologie et d’histoire 18 (1898), S. 17–36. 312 Vgl. Schilling, Guido von Vienne (wie Anm. 168), S. 498 f.

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1. Präsenz: Der Papst auf Reisen

Calixt II. hatte im Untersuchungsraum vor allem Bari und im apulischen Südwesten Tarent besucht. Dabei zeigte er häufig Entschlossenheit zu aktivem Eingreifen, auch wenn jenes nicht immer von Erfolg gekrönt war.313

1.2.5 Honorius II. (1124–1130) Herzog Wilhelm von Apulien starb 1127, ohne Nachkommenschaft hinterlassen oder einen Erben bestimmt zu haben. Die Historiographie sagt durchaus Unterschiedliches über das Testament Wilhelms. So weiß beispielsweise der Chronist und Erzbischof Wilhelm II. von Tyrus zu berichten, dass Bohemund von Tarent, der leibliche Vetter des apulischen Herzogs, sich mit jenem vor seiner Abreise ins Heilige Land 1126 geeinigt hätte, dass jeder dem jeweils anderen im Todesfall sein Herrschaftsgebiet vererben würde.314 Der Archidiakon Walter von Thérouanne schreibt hingegen in seiner Vita Karoli Comitis Flandrie, dass Herzog Wilhelm am Ende seines Lebens den Erzbischof Romuald von Salerno sowie den Bischof von Troia einbestellt und ihnen erklärt hätte, dass er all seine Besitzungen dem Heiligen Stuhl hinterlasse.315 Eine andere Version erzählt der Erzbischof und Chronist Romuald von Salerno: Während eines Aufenthaltes in Messina habe der Herzog seinen Verwandten Roger II. als Universalerben eingesetzt und im Gegenzug eine große Menge Geldes erhalten.316 Der Version Wilhelms II. von Tyrus ist dabei am meisten Glaubwürdigkeit beizu-

313 Vgl. ibid., S. 487. 314 Wilhelm von Tyrus, Chronicon, ed. Robert Burchard Constantijn Huygens, Bd. 1 (Corpus Christianorum. Continuatio Mediaevalis 63), Turnhout 1986, l. 13, c. 21, S. 613. 315 Walterus Archidiaconus Tervanensis, Vita Karoli comitis Flandrie, ed. Jeff Rider (Corpus Christianorum 217), Turnhout 2006, S. 29 f., cap. 3: … filium nomine Willelmum peperit, qui, patri defuncto, in ducatum successit et honorem acceptum morum ingenuitate et actuum strennuitate multipliciter nobilitavit. Sed audito unici germani sui exitu, primum quidem inconsolabiliter dolere, deinde etiam ipse cepit letaliter languere. Qui ut se periclitari cognouit, Salernitanum archiepiscopum et Troianum episcopum aduocauit, atque quod antea, dum incolumis esset, fecerat eorum quoque testimonio desiderans confirmari, quicquid mobilium uel immobilium in terra possidere uidebatur beato apostolorum principi Petro eiusque uicario sanctissimo papę Honorio (ex cuius ore sacro hoc ipsum frequenter audiui) iure perpetuo possidendum delegauit, ac deinde in confessione Domini ab hac luce migrauit. 316 Romuald von Salerno, Chronicon (wie Anm. 3), S. 213 (= MGH SS 19, S. 418): Postremo cum de uxore sua filium habere non poscet, recepta a prenominato comite multa pecunia, eum apud Messanam de ducatu Apulie et tota terra sua heredem instituit. Zur Autorschaft der Chronik siehe Donald J. A. Matthew, The chronicle of Romuald of Salerno, in: The Writing of history in the Middle Ages, Essays presented to Richard William Southern, hg. von Ralph Henry Carless Davis und John Michael Wallace-Hadrill, Oxford, New York 1981, S. 239–274.

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Untersuchungsteil II: Präsenz und Bildung

messen.317 Da aber der Erbe Bohemund von Tarent nicht in Apulien weilte, sondern das Kreuz genommen hatte und nach Antiochia gezogen war, trat er sein apulisches Erbe nicht an. Das Herzogtum verfiel deshalb einige Zeit in quasi-anarchisches Chaos, jeder versuchte seine Eigeninteressen durchzusetzen.318 Honorius begab sich in dieser Situation erstmals im Juni 1125 nach Montecassino, war mindestens vom 11. Juli bis 11. Oktober in Benevent anzutreffen und schließlich im November wieder in Rom.319 Erst zwei Jahre später, im Herbst 1127, kam er erneut in den Mezzogiorno, jedoch nicht bis nach Apulien, sondern nur nach Benevent und Troia, wo er ein Konzil abhielt.320 Wohl schon im Juni des nächsten Jahres brach er zum Feldzug gegen Roger II. ein weiteres Mal in den Süden auf, gelangte über Benevent, von wo aus er den Feldzug führte, nach Apulien,321 wo er wohl im Juli 1128 eintraf und schließlich am Achten des Monats im territorium Barensi nachzuweisen ist.322 Hier stellte er einige Urkunden aus. Eine davon ist an den Patriarchen Guaremundus von Jerusalem gerichtet323 und teilt jenem mit, dass Honorius dem Erzbischof Wilhelm I. von Tyrus das Pallium verliehen habe. Ein weiteres Stück324 ist an die Suffragane,325 Klerus und Volk Wilhelms I. von Tyrus adressiert und empfiehlt den neuen Metropoliten. Eine Urkunde für den Patriarchen Bernhard von Antiochia betrifft ebenfalls Tyrus.326 Roger II. hatte ein stehendes Heer gegen die Verbündeten des Papstes versammelt und verfolgte eine militärische Hinhaltetaktik, um das von ihm beanspruchte territoriale Erbe gegen den Willen des Papstes in seine Hand zu bringen. Die Truppen der päpstlichen Verbündeten lösten sich bald auf, sodass Honorius zum Handeln gezwungen war. Ab August 1128 befand sich Honorius wieder in Benevent. Dort belehnte er nun nach dem gescheiterten Feldzug den Grafen Roger mit dem Herzogtum Apulien und Kalabrien und nahm dessen Treueid entgegen. Roger hatte nun Süditalien unter seiner Herrschaft offiziell und mit päpstlicher Billigung geeint.327 Spätestens 317 Vgl. Chalandon, Histoire de la domination normande (wie Anm. 41), S. 380 f. 318 Vgl. ibid., S. 382. 319 JL 7212–7216. 320 JL 7293, IP VIII, S. 174, n. 229. 321 Vgl. Falco von Benevent, Chronicon beneventanum. Città e feudi nell’Italia dei Normanni, ed. Edoardo D’Angelo (Per verba. Testi mediolatini con traduzion 9), Florenz 1998, zum Jahr 1128; Romuald von Salerno, Chronicon (wie Anm. 3), S. 216 f. zum Jahr 1128. 322 JL 7315–7317. 323 JL 7315. 324 JL 7316. 325 Suffragane des Erzbistums Tyrus, welches wiederum dem Patriarchat von Jerusalem unterstand, waren Beirut, Sidon, Banyas und Akkon. Tyrus war von Kreuzfahrern 1124 erobert worden, vgl. Sylvia Schein, Art. Tyrus, in: LexMA 8 (1999), Sp. 1138 f. 326 JL 7317. 327 Vgl. zum Feldzug Plassmann, Die Normannen (wie Anm. 30), S. 132 f.

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1. Präsenz: Der Papst auf Reisen

am 7. Oktober kehrte Honorius nach Rom zurück. Im folgenden Jahr, 1129, reiste der Papst im August ein letztes Mal nach Benevent, wie Falco von Benevent in seiner Chronik zum Jahr 1129 schreibt.328 Dies war wohl ein längerer Aufenthalt, da das letzte Zeugnis aus dem Lateran vom 14. Mai und das erste nach der Rückkehr vom 5. Dezember stammt. Insgesamt sind die Anlässe für die Reisen Honorius’ weniger in rein kirchlichen Angelegenheiten zu suchen, als vielmehr in seinen Aufgaben und Ansprüchen als Lehnsherr gegenüber den normannischen Herrschern Süditaliens. Das militärische Aufgebot des selbstbewussten Rogers zwang Honorius zu Widerstand mithilfe Verbündeter, die er unter anderem in den Grafen von Capua fand. Aufenthalte in der Gegend um Bari oder aber in Bari selbst mögen darüber hinaus zur Kommunikation mit Personen aus den Kreuzfahrerherrschaften gedient haben, die vielleicht von Bari aus in den Nahen Osten aufbrachen oder sich gerade aus ihren Herrschaften kommend in Bari eingeschifft hatten, war Bari doch ein bedeutsamer Hafen, der das Tor zum Heiligen Land und den Kreuzfahrerherrschaften auf dem Seeweg öffnete. Honorius II. hatte in Fragen der Belehnung im Konflikt mit Roger von Sizilien nachgeben müssen. Sein militärischer Versuch, Roger von einer Herrschaft über ganz Unteritalien abzuhalten und vielleicht selbst wieder mehr Handlungsfreiheit in den normannisch regierten Gebieten zu erwirken, war gescheitert und endete mit der Belehnung des späteren Königs Roger. Die Doppelwahl von 1130 und die Spaltung der Kirche in zwei Obödienzen, jene Innozenz’ II. und jene Anaklets II., wandelte schließlich die Konstellationen, Beziehungen und Mächteverhältnisse auch im Mezzogiorno grundlegend.

1.2.6 Innozenz II. (1130–1143) Süditalien fand sich nach Ausbruch des Schismas von 1130 auf der Seite Anaklets II. wieder. Roger leistete Anaklet bei einem Treffen zwischen Benevent und Salerno den Lehnseid und erkannte ihn damit als Papst an. Im Gegenzug privilegierte der Pierleoni-Papst Roger II., indem er ihn zum König über das Reich Sizilien bestimmte, das seine Besitzungen auf der Insel Sizilien, aber auch der Terraferma umfasste; hinzu kam die Grafschaft Capua, Benevent wurde auf Hilfe im Kriegsfall verpflichtet.329 Die Legitimation für die Begründung eines Königreiches entnahm man einer vermeintlich uralten Tradition des sizilischen Königtums. Anaklet hielt sich die meiste Zeit seines Pontifikates im Reich Rogers auf. 328 Vgl. Falco von Benevent, Chronicon beneventanum (wie Anm. 321), zum Jahr 1129. 329 Vgl. Plassmann, Die Normannen (wie Anm. 30), S. 134.

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Untersuchungsteil II: Präsenz und Bildung

Innozenz II. hingegen wurde von einer Mehrheit der europäischen Großen unterstützt, darunter nicht nur Regenten, sondern auch einflussreiche Kirchenmänner wie Bernhard von Clairvaux. Auch Kaiser Lothar von Supplingenburg erkannte Innozenz an und sagte ihm militärische Hilfe zu. Diese wurde im Frühjahr 1137 auch in Form eines Feldzuges gegen Roger und damit indirekt auch gegen Anaklet umgesetzt. Es war das erste Mal, dass Innozenz, nun im siebten Jahr seines Pontifikats, nach Süditalien reiste. Dabei gelangte er über Montecassino nach San Germano, Capua und schließlich nach Benevent, weiter nach Troia und traf am 30. Mai zusammen mit Kaiser Lothar in Bari ein.330 Dort verweilte er mindestens bis zum 21. Juni, begab sich eventuell am 19. Juni kurz nach Trani,331 und reiste weiter nach Melfi und ins Gebiet um Potenza. Im August eroberte das Heer aus kaiserlichen Truppen und Gegnern Rogers beziehungsweise Verbündeten Innozenz’ Salerno. Dort setzte der Papst auch gemeinsam mit Lothar Rainulf von Alife als Herzog von Apulien ein, wohl auf Verdrängung Rogers aus dem Herzogtum zielend.332 Über Benevent, San Germano und Aquino kehrte er dann zurück in römisches Gebiet.333 Im Januar 1138 schließlich starb Anaklet II. und Innozenz verweigerte Roger die Anerkennung der Königskrone - ein erneuter Kriegszug des Hauteville war die Folge. Der Tod Rainulfs von Alife im April 1139 spielte Roger dabei in die Hände, denn nun erhielt er die Unterstützung seines Reiches nahezu ungeteilt.334 1139, Anfang Juli, zog Innozenz deshalb erneut Richtung Süden, geriet allerdings bei der Schlacht von San Germano in Gefangenschaft und musste nun den Wünschen Rogers nachgeben und dessen Forderungen erfüllen. So belehnte er ihn schließlich am Jakobstag des Jahres 1139 iuxta Gallucium335 mit dem Königreich Sizilien. Zwei Söhne Rogers erhielten Capua und Apulien. Die entsprechende Urkunde täuscht vor, dass bereits Honorius II. Roger anerkannt und zum König bestimmt hätte. Anaklet wird dabei übergangen, was nicht verwundert in Anbetracht der Tatsache, dass jener auf dem Zweiten Laterankonzil 1139 posthum mitsamt seinen Anhängern (darunter auch Roger) verurteilt worden war.336 Er galt nun als nicht-legitimer Papst, beschlossen durch ein Generalkonzil. Roger war es an der Rechtmäßigkeit seines Königtums gelegen. Auch wenn Plassmann den verfälschten Passus in der Belehnungsurkunde dahingehend deutet, dass jene eingefügt worden sei, damit „Innozenz II. das Gesicht 330 331 332 333 334 335 336

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JL 7837 bis JL ad. a. 1137, Mai. 30. JL 7839–7844. Vgl. ibid., S. 135. JL ad a. 1137, Iun. (29) bis JL 7851. Vgl. ibid., S. 135 f. Siehe JL ad a. 1139, Iul. 25. Vgl. Dekrete der ökumenischen Konzilien, Bd. 2: Konzilien des Mittelalters. Vom ersten Laterankonzil (1123) bis zum fünften Laterankonzil (1512–1517), hg. von Josef Wohlmuth und Giuseppe Alberigo, Paderborn 2000, can. 30, S. 203.

1. Präsenz: Der Papst auf Reisen

wahren konnte“,337 hatte Roger wohl ebenso großes Interesse an der Einfügung jener Passage. Am 3. Oktober war Innozenz schließlich zurück in seine Bischofsstadt Rom gekehrt. Nach Apulien und in das Reich Rogers II. führten ihn bis zu seinem Tod am 24. September 1143 keine weiteren Reisen. Dies mag symptomatisch sein - das Verhältnis des Papstes zu den apulischen Magnaten gestaltete sich weiterhin nicht gerade freundschaftlich. In den nächsten 22 Jahren betrat kein Papst mehr apulischen Boden, weder Cölestin II. (1143–1144), der ohnehin nur wenig Monate auf der Cathedra Petri saß, noch Lucius II. (1144–1145) - der allerdings 1144 zum Gespräch mit Roger II. in Ceprano zusammentraf338 -, Eugen III. (1145–1153), Anastasius IV. (1153– 1154) oder Hadrian IV. (1154–1159). Letzterer rang bis zum Vertrag von Benevent von 1156 mit Rogers Nachfolger, Wilhelm I., ‚dem Bösen‘ (1154–1189), um Einfluss vor allem in kirchlichen Belangen.339 Ein tiefer Graben hatte sich spätestens seit dem Schisma von 1130 und selbst nach Beendigung des Schismas durch den Tod Anaklets und die Anerkennung des Königreiches Sizilien durch Innozenz II. zwischen den Päpsten und den Entscheidungsträgern im Raum Süditalien und damit auch Apulien aufgetan. Diese Beziehungen, die seit Nikolaus II. 1059 bis hin in das zweite Jahrzehnt des 12. Jahrhunderts zumindest durch Abhängigkeiten, Schutz und Legitimation eine gewisse Nähe zwischen dem Zentrum Rom bzw. dem Papsttum und dem Untersuchungsraum zugelassen hatten, schienen nun zerbrochen zu sein. Auf allen Ebenen der päpstlichen Instrumentarien ist diese Entzweiung abzulesen, wenn auch am deutlichsten an der persönlichen Präsenz der Päpste in der Region Apulien, die nun ebenso wie die dortige lateinische Kirchenlandschaft wieder mehr an den ‚Rand der römischen Kirche‘ rückte. Unterdessen erstarkte die Herrschaft der Hauteville im Mezzogiorno unter Roger II. Nach dessen Tod 1154 konnte sein Sohn Wilhelm I. politische Krisen überwinden und seine Position festigen.

337 Plassmann, Die Normannen (wie Anm. 30), S. 136. 338 Siehe JL ad a. 1144, Iun. 339 Hadrian IV. schloss mit Wilhelm I. am 18. Juni 1156 den ‚Vertrag von Benevent‘, der die Zuständigkeiten in kirchlichen Belangen zwischen beiden Parteien regelte, vgl. dazu Deér, Papsttum und Normannen (wie Anm. 34), S. 247–253; Hoffmann, Langobarden, Normannen, Päpste (wie Anm. 77), S. 137–180; Enzensberger, Wilhelm (wie Anm. 39), S. 396–402.

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Untersuchungsteil II: Präsenz und Bildung

1.2.7 Alexander III. (1159–1181) Die Beziehungen zwischen dem Papsttum und den Kirchen des sizilischen Königreiches, auch in Apulien, gestalteten sich während des Pontifikats Alexanders  III. nicht allzu einfach, denn der unter Hadrian IV. mit König Wilhelm geschlossene Vertrag von Benevent von 1156 schränkte den päpstlichen Handlungsspielraum in Süditalien, vor allem auf der Insel Sizilien, ein.340 Die Päpste hielten seit Vertragsabschluss kein Konzil mehr im Süden ab. Im Gegenzug aber macht der Episkopat des Königreichs etwa ein Viertel der Teilnehmer des Dritten Laterankonzils aus. Rom schickte (quasi) keine Legaten mehr in den Mezzogiorno, nicht einmal auf das Festland. Als einer der Nachfolger Alexanders, Coelestin III., dies 1195 einmal versuchte, wies Kaiserin Konstanze, die auch Königin von Sizilien war, dies sofort zurück.341 Dennoch stieg der päpstliche Einfluss auf die Kirche Apuliens während des Pontifikats Alexanders wieder stark an. Die Beziehungen zwischen Rom bzw. der Kurie und Apulien wurden nach einer sich über eine größere Zeitspanne erstreckenden Regressionsphase wiederbelebt, das Vertrauen in die Institution Papsttum als spirituelles und vor allem jurisdiktionelles Zentralorgan scheint von Neuem hergestellt worden zu sein. Der Papst wurde nun wohl wieder als verlässliche Größe wahrgenommen und konsultiert, auch und vor allem in rechtlichen Fragen.342 Erst nach sechs Jahren im Amt kam Alexander 1165 für kurze Zeit nach Süditalien, auf seinem Rückweg aus Frankreich, der ihn per Schiff von Marseille wohl nach Messina führte und im November weiter nach Salerno und Gaeta. Schon am 22. November war er aber wieder zurück in Ostia. 343 Im Sommer 1167 begab er sich das erste Mal auf eine längere Reise durch Süditalien, sicherlich auch bedingt durch die Situation des Papstschismas, welches 1159 ausgebrochen war.344 Spätestens am 22. August erreichte er Benevent, wo er 340 Ein Beispiel für die Ausweitung der königlichen Macht: In den 1170er Jahren ordnete der König dem Erzbischof Rainald von Bari an, die Simonievorwürfe, die vom Klerus von Minervino (Suffragan von Bari) gegen den Elekten Maraldus vorgebracht wurden, zu lösen, vgl. CDB I, n. 54. 341 Vgl. zu den fehlenden Legationen auch Jean-Marie Martin, Quelques reflexions sur les relations d’Alexandre III avec l’Italie meridionale, in: Papauté, Monachisme et Théories politique, I. Le pouvoir et l’institution ecclésiale, hg. von P. Guichard et al. (Collection d’histoire et d’archéologie médiévales 1), Lyon 1994, S. 111–121. Der einzige bekannte Legat auf dem Festland ist Johannes, Kardinaldiakon von S. Maria in Porticu, Legat in Dalmatien, der quasi auf der Durchreise dem Bertrand von Trani und Amandus von Bisceglie zwei kanonistische Antworten gab, vgl. IP IX, S. 54, n. 214. 342 Vgl. dazu v.a. Untersuchungsteil I. 343 Vgl. zu dieser kurzen Reise durch Süditalien JL ad a. 1165 Nov. 344 Vgl. zum Schisma von 1159 und zu den möglichen Gründen für dessen Ausgang Werner Maleczek, Das Schisma von 1159 bis 1177. Erfolgsstrategie und Misserfolgsgründe, in: Gegenpäpste, Ein unerwünschtes mittelalterliches Phänomen, hg. von Harald Müller und Brigitte Hotz

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1. Präsenz: Der Papst auf Reisen

ganze zweieinhalb Jahre blieb und drei Weihnachtsfeste feierte. Am 24. Februar 1170 urkundete er ein letztes Mal in Benevent, reiste dann mit einigen Stationen nach San Germano und hielt sich danach sehr lange Zeit, bis 1176, im südlichen Latium auf (Veroli, Ferentino, Anagni, Segni, Tusculum). In der Zwischenzeit kehrte er nie nach Rom zurück. Von Anagni aus reiste er zum Weihnachtsfest 1176 nach Benevent, wo er bis zur Epiphanie blieb und dann nach Apulien aufbrach. Wohl gegen Mitte Januar 1177 erreichte er die nordapulische Stadt Troia, war ab spätestens 20. Januar für einige Tage in Siponto345 und besuchte daraufhin mindestens am ersten Februar Foggia.346 Sein Weg führte Alexander und seinen Tross weiter auf den Gargano, wo er vom 3. bis 5. Februar ap. montem Garganum nachweisbar ist,347 und für einen Monat vom 9. Februar bis 9. März noch etwas weiter in den Osten des Stiefelsporns, in die Hafenstadt in Vieste.348 Dort bestieg er ein Schiff, welches ihn nach Dalmatien brachte. Schließlich gelangte er von dort spätestens am 24. März 1177 nach Venedig,349 wo der Frieden von Venedig zwischen ihm und Friedrich I. Barbarossa geschlossen wurde. Von dort aus reiste Alexander nicht nach Rom, sondern nahm wieder den Seeweg nach Siponto, wo sein Schiff am 29. Oktober 1177 vor Anker ging.350 Am 13. November suchte er noch einmal Troia auf,351 reiste über Benevent nach Aversa, San Germano und ist ab spätestens 14. Dezember in Anagni nachzuweisen, wo er wahrscheinlich den restlichen Winter verbrachte und bis Anfang März 1178 blieb352 und schließlich - nach fast elf Jahren der Abwesenheit - am 12. März Rom erreichte.353 Er reiste im weiteren Verlauf seines Lebens kein weiteres Mal nach Süditalien. Süditalien bot dem Papst stets politische Rückendeckung; aber wohl auch aus diesem Grund wurde die Region nicht zu einem Gebiet des Triumphs der päpstlichen Autorität, die Alexander III. durchzusetzen wünschte. Das Königreich Sizilien bot Alexander vielmehr die Möglichkeit, ihn bei der ‚Bereitung des Feldes‘ zur Umsetzung seiner Ideen zu unterstützen.

345 346 347 348 349 350 351 352 353

(Papsttum im mittelalterlichen Europa 1), Wien, Köln, Weimar 2012, S. 165–204 sowie den im gleichen Jahr erschienen Sammelband zu Alexander III., Pope Alexander III. (1159–1181). The art of survival, hg. von Peter Clarke et al. (Church, faith and culture in the Medieval West), Farnham 2012. Vgl. JL 12768–12772. Vgl. JL 12773. Vgl. JL 12774–12777. Vgl. JL 12778–12791. Vgl. JL ad a. 1177 Mart. 24 (ohne Nummer). Vgl. JL ad a. 1177 Oct. 16 und 29. Vgl. JL 12957. Vgl. JL ad a. 1177 Nov. Dec., JL 12958; letzte Urkunde, die in Anagni im Frühling 1178 ausgestellt wird: JL 13031. Vgl. JL ad a. 1178 Mart. 12.

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Untersuchungsteil II: Präsenz und Bildung

1.3 Papstreisen nach Apulien: Schlussfolgerungen Sicherlich hat die persönliche Präsenz des Papstes in der Region Apulien nicht allein zur Homogenisierung und Verstärkung einer Ausrichtung des Raumes hin auf Rom und das Papsttum geführt. Zudem darf nicht vergessen werden, dass gerade Urban II. und Paschalis II., aber auch Alexander III. sich nicht nur freiwillig im Mezzogiorno aufhielten, sondern immer wieder durch politische Notlagen gezwungen waren, dorthin zu reisen, sich quasi ‚unauffällig‘ ins Exil zu begeben. Dennoch: Die Reisen der Päpste nach Apulien waren mit zahlreichen Elementen papaler Durchdringung verknüpft, denke man nur an Konzilien, Bischofs- und Kirchweihen. Sie zogen zudem viele Einzelschritte nach sich, bereiteten späteren Integrationsversuchen den Boden und waren zum Teil ebenso Resultat von vorausgegangenen Bemühungen um persönliche Beziehungen und Ausbau von Netzwerken vor Ort, die in einer politisch und kirchenpolitisch instabilen Zeit von größter Notwendigkeit zur Sicherung der Obödienz und zur Umsetzung der Kirchenreform war. Eines waren die Reisen der Päpste nach Apulien allerdings in den seltensten Fällen: Sie bezweckten selten ausschließlich die Integration einer vermeintlich peripheren Kirchenlandschaft in die römische Kirche. Die päpstlichen Besuche zwischen Sporn und Absatz des italienischen Stiefels waren eingebettet in zahlreiche Aktivitäten des hochmittelalterlichen Papsttums, sie sind ein nicht unwesentlicher Meilenstein auf dem Weg hin zur Zentralisierung und Romanisierung der apulischen Kirche.

2. Bindung: Apulische Prälaten zu Gast beim Papst Walter Schlesinger postulierte 1941: „Alle Herrschaft war zunächst persönlicher Art. Sie war nicht nur persönlich gedacht, sondern auch persönlich gestaltet.“354 Doch trifft dies auch auf die päpstliche Herrschaft im Hochmittelalter zu? Die gewachsene Mobilität im Europa des Hochmittelalters fand auf kirchlicher Seite nicht nur Ausdruck in den päpstlichen Reisen in verschiedene Regionen des christlichen Abendlandes, sondern auch in den Reisen kirchlicher Amtsträger, die nicht selten zum Papst nach Rom oder zu dessen zeitweiligem Aufenthaltsort außer-

354 Walter Schlesinger, Die Entstehung der Landesherrschaft. Untersuchungen vorwiegend nach mitteldeutschen Quellen, Dresden 1941 (ND Darmstadt 1964), S. 120. Den Gedanken vom ‚Personenverbandsstaat‘, der vornehmlich auf personalen Bindungen fußt, wird weiterentwickelt von Theodor Mayer, Das deutsche Königtum und sein Wirkungsbereich, in: Gesammelte Aufsätze, hg. von Theodor Mayer, Lindau, Konstanz 1959, S. 28–44 und heute nicht mehr vorbehaltlos akzeptiert.

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2. Bindung: Apulische Prälaten zu Gast beim Papst

halb der Ewigen Stadt führten.355 Beide Phänomene stehen für eine Durchdringung des Raumes, die Erschließung eines Kommunikationsraumes, die die Einflusssphäre des Papstes vergrößerte und gerade wegen der zugrundeliegenden Mobilität die Stellung des kirchlichen Zentrums, das der Papst als Haupt der Kirche bildete, stärkte. Anlässe einer solchen kommunikationsintensivierenden Reise an die Kurie boten sich vor allem seit dem Zeitalter der papstgeschichtlichen Wende häufig. Dazu gehörten die nun verpflichtende visitatio liminum SS. Apostolorum, ferner die persönliche Abholung des Palliums durch die Metropoliten in Rom, eine Teilnahme der Prälaten an päpstlichen Konzilien, die in ihrer Allgemeinheit und Häufigkeit seit der papstgeschichtlichen Wende zunahmen, des Weiteren Zusammentreffen mit dem Papst bei weiteren vielfältigen Gelegenheiten - wie zum Beispiel anlässlich der Weihe der neu erbauten Basilika in Montecassino 1071356 oder der Bitte des Erzbischofs Bisantius von Trani um Kanonisation des Nikolaus Peregrinus bei Urban II. in Rom.357 Seit dem Zeitalter des Reformpapsttums wurde die bischöfliche Romreise von den Päpsten immer nachdrücklicher gefordert. Die hohen Würdenträger mussten nicht nur ans Grab des Apostels Petrus kommen, um das Pallium abzuholen, sondern wurden auch zur visitatio ad limina verpflichtet, einem regelmäßigen Besuch in bestimmten Intervallen, wozu nach und nach auch einfache Bischöfe angehalten wurden.358 Auf diese Weise verstärkte der Papst die Kontrolle über die gesamte Kirche. Von nun an sollten ad-limina-Besuche zur bischöflichen Pflicht werden - Gregor VII. zum Beispiel fordert verschiedene Erzbischöfe, wie etwa Anno von Köln 355 Zu Reisen des Papstes und Reisen an die Kurie siehe auch für das frühe 13. Jahrhundert Werner Maleczek, Der Mittelpunkt Europas im frühen 13. Jahrhundert. Chronisten, Fürsten und Bischöfe an der Kurie zur Zeit Papst Innozenz’ III., in: Römische historische Mitteilungen 49 (2007), S. 89–157; ferner allgemeiner Rudolf Schieffer, Die päpstliche Kurie als internationaler Treffpunkt des Mittelalters, in: Aus der Frühzeit europäischer Diplomatie, Zum geistlichen und weltlichen Gesandtschaftswesen vom 12. bis zum 15. Jahrhundert, hg. von Claudia Zey und Claudia Märtl, Zürich 2008, S. 23–39. 356 Vgl. dazu Kapitel 2.3.1 Kirchweihe in Montecassino 1071. 357 Vgl. dazu Kapitel 2.3.2 Bisantius von Trani in Rom: Die Kanonisation des Nikolaus Peregrinus. 358 Zu den Ad-limina-Besuchen im Allgemeinen siehe immer noch Januarius Pater, Die bischöfliche visitatio liminum ss. Apostolorum (Görres-Gesellschaft zur Pflege der Wissenschaft im katholischen Deutschland / Sektion für Rechts- und Sozialwissenschaft: Veröffentlichungen 19), Paderborn 1914, ferner Michele Maccarrone, Ubi est papa, ibi est Roma, in: Aus Kirche und Reich, Studien zu Theologie, Politik und Recht im Mittelalter. Festschrift für Friedrich Kempf zu seinem fünfundsiebzigsten Geburtstag und fünfzigjährigen Doktorjubiläum, hg. von Hubert Mordek, Sigmaringen 1983, S. 371–382, sowie Schieffer, Die päpstliche Kurie (wie Anm. 355) und ebenso Jochen Johrendt, Ubi papa, ibi Roma? Die Nutzung der Zentralitätsfunktion Roms durch die Päpste, in: Die Ordnung der Kommunikation und die Kommunikation der Ordnungen, Zentralität: Papsttum und Orden im Europa des 12. und 13. Jahrhunderts, hg. von Cristina Andenna et al. (Aurora 1,2), Stuttgart 2013, S. 191–212.

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Untersuchungsteil II: Präsenz und Bildung

(† 1075), dazu auf, ihrer Verpflichtung zum regelmäßigen Rombesuch gerecht zu werden.359 Zu Beginn des 13. Jahrhunderts war die Romreise der Bischöfe - rechtlich abgesichert durch das Decretum Gratiani - eine allgemein akzeptierte Praxis, die den innerkirchlichen Zusammenhalt festigte. Unter Innozenz III. war eine erfolgreiche Zentralisierung der Kirche erreicht worden, und so urteilt Maleczek: „Auch wenn die Petenten zum Papst kamen, ohne gerufen zu sein, und dann mit einer Papsturkunde [...] im Gepäck wieder nach Hause zurückkehrten, ist dies ein Zeichen für die universell akzeptierte Autorität des Oberhauptes der Christianitas.“360 So kann sowohl die Verleihung von Pallien, die in der Regel ein persönliches Zusammentreffen des privilegierten Prälaten mit dem Papst erforderte, als auch weitere Treffen beispielsweise anlässlich bedeutsamer Einzelereignisse, wie der Kirchweihe von Montecassino im Jahr 1071, oder aber das von Bisantius von Trani persönlich in Rom erwirkte Kanonisationsverfahren für Nikolaus Peregrinus Ausdruck für eine Anerkennung der päpstlichen Autorität sein, für den Willen zur Ausrichtung hin auf Rom. Deshalb sollen im Folgenden exemplarisch Instrumente zur Kontrolle und Rombindung, wie das Pallium und seine Vergabepraxis, sowie besondere Ereignisse, die die Kommunikation zwischen ‚Zentrum‘ und ‚Region‘ intensivieren konnten, untersucht werden.

2.1 Pallienprivilegien für apulische Kirchen 2.1.1 Das Pallium: Herkunft und Bedeutung Das Pallium in seiner Bedeutung, die ihm ab der Mitte des 11. Jahrhunderts zukam, festigte das Band zwischen Papst und Episkopat und trug dazu bei, die Metropoliten in die Hierarchie einer sich neu formierenden Papstkirche zu integrieren.361 359 Vgl. Register Gregors VII. (wie Anm. 193), n. 79, S. 112 f. 360 Maleczek, Mittelpunkt Europas (wie Anm. 355), S. 89 f. 361 Zu Herkunft und Entwicklung des Palliums in den ersten Jahrhunderten siehe Joseph Braun, Die liturgische Gewandung im Occident und Orient nach Ursprung und Entwicklung, Verwendung und Symbolik, Freiburg 1907, S. 620–676; ferner Hartmut Grisar, Das römische Pallium und die ältesten liturgischen Schärpen, in: Festschrift zum elfhundertjährigen Jubiläum des deutschen Campo Santo in Rom, hg. von Stephan Ehses, Freiburg 1897, S. 83–114. Systematisch überblicksartig mit diplomatischem Augenmerk Curt-Bogislav Graf von Hacke, Die Palliumverleihungen bis 1143. Eine diplomatisch-historische Untersuchung, Göttingen 1898. Dazu auch Bemerkungen bei Friedrich Kempf, Die Eingliederung der überdiözesanen Hierarchie in das Papalsystem des kanonischen Rechts von der Gregorianischen Reform bis zu Innocenz III., in: Archivum Historiae Pontificiae 18 (1980), S. 57–96. Rangfragen mit Blick auf die Reichskirchen und ihre Privilegierungen behandelt Thomas Zotz, Pallium et alia quaedam archiepiscopa-

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2. Bindung: Apulische Prälaten zu Gast beim Papst

Spätestens seit dem 6. Jahrhundert wurde das Pallium, das seine Entsprechung im Omophorion der Ostkirche hat,362 vom Papst als Insignie der plenitudo potestatis zu rein liturgischen Anlässen wie Hochämtern und Prozessionen getragen. Ursprünglich war es allein dem Papst vorbehalten und nahm und nimmt bei dessen Einkleidung zu Beginn der Papstweihe stets eine wichtige Rolle ein. Das Messornat aus der Wolle weißer Lämmer, versehen mit sechs dunklen Kreuzen, symbolisiert das Amt des Hirten, der das Schaf weidet und es auf dem Rücken trägt.363 Bezeugt ist, dass bereits im Jahr 513 ein Pallium an Bischof Caesarius von Arles verliehen wurde364 und dieses Verfahren in der Folgezeit Nachahmung fand. Der Liber Pontificalis berichtet sogar von einer wesentlich früheren Verleihung des Palliums: Der Bischof von Ostia soll es demnach im Jahr 336 aus den Händen des Papstes Markus erhalten haben, zugleich ernannte der Papst ihn zum Konsekrator der römischen Bischöfe.365 Diese Notiz lässt darauf schließen, dass mit der Erlaubnis des Palliengebrauchs schon in tus insignia. Zum Beziehungsgefüge und zu Rangfragen der Reichskirchen im Spiegel der päpstichen Privilegierungen des 10. und 11. Jahrhunderts, in: Festschrift für Berent Schwineköper, Zu seinem siebzigsten Geburtstag, hg. von Helmut Maurer und Hans Patze, Sigmaringen 1982, S. 155–175. Ein kurzer Überblick zu Funktion, Herkunft und Erscheinungsform des Palliums sowie zur Stellung in den Weiheordines findet sich bei Bernhard Schimmelpfennig, Ornements liturgiques du pape, „Pallium“, in: Dictionnaire historique de la papauté, hg. von Philippe Levillain, Paris 1994, Sp. 1233 f. Eine Einordnung in das Kirchenrecht seit Gratian bietet Bernard d’Alteroche, Le statut de Pallium dans le droit canonique classique de Gratien à Hostiensis (vers 1140–1270), in: Revue historique de droit français et étranger 83 (2005), S. 553–586. Das Pallium und dessen Bedeutung für das Reformpapsttum thematisiert auch Matthias Schrör, Metropolitangewalt und papstgeschichtliche Wende (Historische Studien 494), Husum 2009. Steven  A. Schoenig erforscht das Pallium umfassend in seiner Dissertationsschrift: Steven A. Schoenig, Bonds of Wool. The Pallium and Papal Power in the Middle Ages (Studies in Medieval and Early Modern Canon Law 15), Washington D.C. 2016. Dem Autor sei an dieser Stelle für die Einsichtnahme in sein Manuskript herzlich gedankt. 362 Vgl. unter anderem zu den Beziehungen zwischen Omophorion und Pallium Braun, Die liturgische Gewandung (wie Anm. 361), S. 639 und 664 f. 363 Vgl. Grisar, Das römische Pallium (wie Anm. 361), S. 84. Das Bild des fürsorglichen Hirten finden wir auch im für Palliumsverleihungen bestimmten Formular V 45 des Liber Diurnus, das mit folgender Arenga beginnt: Si pastores ouium solem geluque / pro gregis sui custodia die ac nocte / ferre contenti sunt ut ne qua ex eis / aut errando pereat aut ferinis la / niata morsibus rapiatur oculis / semper uigilantibus circumspectant / quanto sudore quantaque cura de / bemus esse peruigiles nos qui pastores animarum dicimur. Adtendamus / & susceptum officium exhibere erga / custodiam dominicarum ouium / non cessemus ne in die diuini exami / nis pro desidia nostra ante summum pastorem neglegentiae reatus ex / cruci& unde modo honori reuerentia / sublimores inter c&eros iudicamur, siehe Liber Diurnus Romanorum Pontificum, ed. Hans Foerster, Bern 1958, S. 101. 364 Vitae Caesarii episcopi Arelatensis libri duos, ed. Bruno Krusch (MGH SS rer. Merov. 3), Hannover 1886, hier S. 473, c. 42: Symmachus […] eum metropolitani gradibus invexit […] et concesso specialiter pallii privilegio decoravit. 365 Siehe LP I, S. 202: Hic constituit ut episcopus Hostiae qui consecrat episcopum palleum uteretur et ab eodem episcopus urbis Romae consecraretur.

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Untersuchungsteil II: Präsenz und Bildung

der Frühzeit gewisse Sonder- und Ehrenrechte einhergingen. Weitere Erwähnungen des Palliums bis 513 fehlen, dennoch ist davon auszugehen, dass das Pallium im 6. Jahrhundert ein obligatorischer Teil der Gewandung zumindest der Päpste war, das in schriftlichen Quellen keiner weiteren Erläuterung bedurfte. Die erste bekannte Darstellung eines Palliums stammt aus der Kirche S. Apollinare in Ravenna aus dem Jahr 547 und zeigt es auf den Schultern Bischof Maximians. Auch Gregor der Große erlaubte einzelnen Bischöfen, das Pallium als Ehrenzeichen zu tragen. Im 9. Jahrhundert dann verfestigte sich die Praxis, den Metropoliten das Pallium zu verleihen und damit eine besondere Bindung zwischen dem Träger und dem Papsttum auszudrücken. An ‚einfache‘ Bischöfe wurde es auch in der Folgezeit nur in besonderen Einzelfällen vergeben, so 1063 an Burchhard von Halberstadt,366 1076 an Ivo von Dol,367 1105 an Guido von Pavia368 und 1111 an Otto von Bam­ berg,369 um nur einige Beispiele zu nennen. Die Rechte der zuständigen Metropoliten wurden durch die Verleihung des Palliums an einen ihrer Suffragane jedoch in keiner Weise beschränkt, den Suffraganen brachte es darüber hinaus wohl auch keine rechtlichen Vorteile.370 In den Formulartexten des Liber Diurnus der römischen Päpste371 kommt ein Verständnis des Palliums zum Ausdruck, welches die Vorstellung von der Einheit der gesamten Kirche unter Petrus und dem Primat des Petrusnachfolgers in Rom verknüpft mit der schon bei Gregor dem Großen häufig aufscheinenden Idee vom Pallium als Insignie der Bischofs- und Hirtenwürde.372 Zusammen mit dem Pallium wurden im 10. und 11. Jahrhundert in einigen Fällen weitere Insignia verliehen, die ursprünglich dem päpstlichen Zeremoniell entstammten, wie etwa eine purpurne Reitdecke (naccum), das Vortragekreuz (crux gestatoria) oder die Mitra (mitra romana).373 Das Pallium erscheint in diesem Zusammenhang vornehmlich als Ehrenzeichen unter vielen. 366 367 368 369

JL 4498 bzw. J3 10 594. JL 5004. JL 6013. JL 6291. Die Bamberger Bischöfe erhielten das Pallium seit der Vergabe Leos IX. an Hartwig von Bamberg regelmäßig, vgl. dazu Heinrich Weber, Die Privilegien des alten Bistums Bamberg, in: Historisches Jahrbuch 20 (1899), S. 326–345, S. 617–639, S. 618–621. 370 Vgl. Braun, Die liturgische Gewandung (wie Anm. 361), S. 640. 371 Zum Liber Diurnus siehe unter anderem Leo Santifaller, Liber Diurnus. Studien und Forschungen von Leo Santifaller, ed. Harald Zimmermann (Päpste und Papsttum 10), Stuttgart 1976. 372 Vgl. Liber Diurnus (wie Anm. 363), S. 106, Formular V 47: Pallii usum quem ad sacerdotalis / officii decorem & ad ostendam / unanitatem, quam cum beato / p&ro apostolo universus grex do / minicarum ouium quae ei commisse / sunt habere non dubium est. 373 Vgl. für den deutschen Raum Zotz, Pallium (wie Anm. 361), S. 174 f. sowie allgemein Odilo Engels, Der Pontifikatsantritt und seine Zeichen, in: Segni e riti nella chiesa altomedievale occidentale, 11–17 aprile 1985, Spoleto 1987 (Settimane di Studio del centro italiano di studi sull’alto

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2. Bindung: Apulische Prälaten zu Gast beim Papst

Doch die Bedeutung des Palliums lässt sich nicht allein auf seine symbolische und liturgische Funktion reduzieren. Die Vergabe des Palliums ging einher mit der Zuerkennung bestimmter Metropolitanrechte und gewann damit amtlichen Charakter. Im Jahr 866 bestimmte Papst Nikolaus I. (858–867) in seinem 106 Kapitel umfassenden Brief an die Bulgaren, dass neugewählte Metropoliten das Recht zur Besteigung ihrer cathedra und zur Weihe von Suffraganen erst nach Erhalt des Palliums ausüben dürften,374 sein Nachfolger Papst Johannes VIII. (872–882) bekräftigte jene Anordnung in einem Brief an die Bischöfe der Gallia.375 Auch ein Brief des Kardinalskollegs aus dem 11. Jahrhundert an Kaiserin Agnes († 1077)legt nahe, dass die Ausübung des Metropolitanamtes ohne den Besitz des Palliums als Zeichen der Vollgewalt des Oberhirten gar nicht möglich war, heißt es doch dort über das Pallium: … et hoc sine quo metropolitani esse [pontifices] non possunt, signum consumandae suae dignitatis...376 Unmissverständlich unterstreicht Paschalis II. ein weiteres Mal, dass die Metropolitangewalt vom Empfang des Palliums abgeleitet wird, als er schreibt: in pallio [...] plenitudo conceditur pontificalis officii, quia iuxta sedis apostolicae et totius ecclesiae consuetudinem ante acceptum pallium metropolitanis minime licet aut episcopos consecrare aut synodum celebrare.377 Gleichermaßen wuchs nicht nur den Metropoliten durch den Erhalt des Palliums (Amtsvoll-)Macht zu, sondern auch die päpstliche Autorität wurde durch die Vergabe des Palliums indirekt gesichert und verbreitet. Mit der päpstlichen Verleihung des Palliums ging die Ausstellung einer Urkunde einher, die den Gebrauch des Palliums in einen rechtlichen Rahmen stellte. In schriftlicher Form erlaubte der Papst dem Empfänger auf Lebenszeit,378 das Pallium anzulegen - jedoch nicht nach Gutdünken des Inhabers und allerorts oder jederzeit. Die Festtage, an denen das Pallium angelegt werden durfte, waren in den

374

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Medioevo 33), S. 707–766, hier: S. 736 ff., Hacke, Die Palliumverleihungen (wie Anm. 361), S. 125 und Schrör, Metropolitangewalt und papstgeschichtliche Wende (wie Anm. 361), S. 78. Vgl. Nikolaus I., Epistolae, ed. Ernst Perels (MGH Epp. 6), Berlin 1925, n. 99, c. 73, S. 593: … episcopi, qui ab obeunte archiepiscopo consecrati sunt, simul congregate constituent, sane interim in throno non sedentem et praeter corpus Christi non consecrantem, priusquam pallium a sede Romana percipiat, sicuti Galliarum omnes et Germaniae et aliarum regionum archiepiscopi agere comprobantur. Vgl. Johannes VIII., Epistolae, ed. Erich Caspar (MGH Epp. 7), Berlin 1928, n. 99, S. 92 f., hier S. 93: Cui etiam iniunximus, ut nullum archiepiscopum in his partibus sine pallio a Romano pontifico directo consecrationem facere permittat et facientes nostra auctoritate arguat. Vgl. auch ibid., n. 120, S. 110: metropolitę, antequam pallium a sede apostolica suscipiant, consecrationem facere pręsumant, quod antecessores nostril et nos canonico decreto, ne fieret, interdiximus. Briefe des Petrus Damiani, Teil 2 (wie Anm. 199), n. 71, S. 324. Migne, PL 163, Sp. 428. So enthalten die Pallienprivilegien z. B. häufiger die Formulierung diebus vitae tuae, siehe dazu Hacke, Die Palliumverleihungen (wie Anm. 361), S. 122 f.

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Untersuchungsteil II: Präsenz und Bildung

Privilegien genau definiert. Dem sakralen Charakter des Kleidungsstückes gemäß war die Benutzung auf das Kircheninnere beschränkt und durfte beispielsweise bei Prozessionen nicht gebraucht werden.379 Auch der geographische Radius war durch kirchenrechtliche Anordnungen festgelegt: Der Metropolit durfte das Pallium nur innerhalb seiner Kirchenprovinz tragen, dem einfachen Bischof - insofern ihm der Papst in einer außerordentlichen Handlung das Pallium verliehen hatte - war der Einsatz nur innerhalb seines Sprengels erlaubt. Rechtlich und verfahrenstechnisch wurde das Pallium getrennt von der Ordination ad personam vergeben380 und fiel dem Bischof nicht automatisch qua Wahl oder Weihe zu, weshalb er selbst den Papst darum ersuchen musste. Bereits an dieser Stelle nimmt der Papst eine Entscheidungsposition ein, er konnte der Bitte nachgeben, Bedingungen daran knüpfen oder sie gar abschlagen. Der Bittsteller wird zumeist diese Stellung anerkannt haben, tat er dies doch schon in dem Moment, als er sich mit seiner Bitte nach Rom wandte und den Papst somit als rechtmäßig und im Besitz der priesterlichen Vollgewalt anerkannte. Eine Ausrichtung hin auf die „Zentrale“ hatte hiermit schon stattgefunden. Zur Verleihung der Pallien mussten die Anwärter auf das Amt eines Erzbischofs in der Regel nach Rom oder zum päpstlichen Hof kommen, wo auch immer sich dieser gerade aufhielt, und jenes Zeichen der Metropolitanmacht und päpstlichen Anerkennung persönlich abholen. Erste päpstliche Aufforderungen zur persönlichen Abholung des Palliums durch die Erzbischöfe sind im 8. und 9. Jahrhundert festzustellen. Der nächste Fall, in dem die Quellen explizit von der erzbischöflichen Pflicht zur Abholung des Palliums sprechen, ist für das 11. Jahrhundert nachweisbar, kurz nach dem Tode Nikolaus’ II. († 27. Juli 1061) und vor der Wahl Alexanders II. (1. Oktober 1061). Das Kardinalskollegium, vertreten durch Humbert von Silva Candida und Bonifaz von Albano, antwortete in diesem Zusammenhang der Kaiserin Agnes, die schriftlich um die Zusendung des Palliums für den Erzbischof Siegfried von Mainz gebeten hatte, dass der Metropolit selbst nach Rom zu kommen habe und dies auch auf Siegfried zutreffe.381 Unter Alexander II. und seinen Nachfolgern wurde dieses Verfahren fast ausnahmslos zur Regel und gewann eine neue Dimension,382 wie einigen in der Col­ 379 Diese Bestimmung findet sich schon seit der Zeit Gregor d. Gr., vgl. ibid., S. 104 und 108, sowie Schrör, Metropolitangewalt und papstgeschichtliche Wende (wie Anm. 361), S. 40 f. 380 Das Pallium ist also juristisch nicht mit dem Amt, sondern der Person verknüpft. Mit dem Tod des Inhabers eines Palliums verfällt das Recht, jenes zu tragen. 381 Vgl. Briefe des Petrus Damiani, Teil 2 (wie Anm. 199), n. 71, S. 324: Ipsi siquidem pontifices ex antiquae tradtionis usu ad apostolorum debent limina properare, et hoc sine quo metropolitani esse non possunt, signum consumandae sue dignitatis accipere. Der Hinweis auf die traditio antiqua ist jedoch so nicht zutreffend, da die beschriebene Praxis durchaus nicht seit jeher ausgeführt wurde. 382 Vgl. Pater, Die bischöfliche visitatio (wie Anm. 358), S. 28 f.

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2. Bindung: Apulische Prälaten zu Gast beim Papst

lectio Britannica383 überlieferten Papstschreiben zu entnehmen ist.384 So schreibt Alexander im April des Jahres 1063 an Ravengerius, Elekt von Aquileia, dass es zwar in früheren Zeiten erlaubt gewesen sei, das Pallium ohne persönliche Anwesenheit zu übersenden, es nun aber ob evitandam simoniam nur persönlich übergeben werden könne.385 Ferner erklärt derselbe Papst in einem weiteren in der Britischen Sammlung überlieferten Stück von April 1063 dem Erzbischof Anno von Köln, dass das Pallium nur bei persönlicher Anwesenheit verliehen werde.386 Diese Regel wurde strikt angewendet, was ein weiteres in der besagten Sammlung überliefertes Stück von Mai 1063 belegt. Darin berichtet Alexander II. Abt Hugo von Cluny, dass er dem Erzbischof Richer von Sens, der um das Pallium gebeten hätte, jenes nicht gewährt habe, weil es nicht in Abwesenheit vergeben werde.387 Mit dem Pallium wurde also nicht mehr nur ein gewebtes Band mit symbolischem Gehalt verliehen, es wurde auch ein persönliches und institutionelles Band zwischen dem Papst und dem geistlichen Oberhaupt einer Kirchenprovinz geknüpft. Zudem erwuchs dem Papsttum gerade seit dem Zeitalter der papstgeschichtlichen Wende das Pallium zum „Machtinstrument“. Die Reformpäpste erkannten seinen Nutzen zur Kontrolle des Episkopats auch in dezentraleren Regionen und damit einhergehend zur Vermeidung und Aufdeckung von Missständen im Sinne der Forderungen der Kirchenreform. Spätestens bei der Abholung des Palliums konnte sich der Papst ein Bild des Episkopats machen, sich von der persönlichen Eignung des Metropoliten überzeugen, kontrollieren, ob die für das hohe Amt erforderliche dignitas gegeben war oder sich über die Umstände der Wahl eines Bischofs informieren. Stand dessen Orthodoxie in Frage, war er beispielsweise durch Simonie oder Laieninvestitur ins Amt befördert worden oder ließ er es an Treue zur römischen Kirche mangeln, war es in der Hand des Papstes, disziplinarische Konsequenzen zu ziehen. So konnte die Vergabe des Palliums auch dazu beitragen, simonistische und andere als verwerflich geltende Praktiken in den betreffenden Erzdiözesen gemäß den Prinzipien der Kirchenreform einzudämmen und zu verhindern. Die Treue des Empfängers zum Heiligen Stuhl, dessen Bekenntnis zur Kirchenreform und die Gemeinschaft mit der römischen Kirche sollte zudem durch die persönliche Vergabe des Würdesymbols gesichert und vertieft werden. Dies manifestierte sich in Form eines Eides, den der Bischof spätestens seit dem 11. Jahrhundert bei Empfang des Palliums abzulegen hatte.388 Eine Fassung dieses Eides ist bei Deusde383 Siehe zur Collectio Britannica und der Rolle des Palliums darin Anm. 392. 384 Vgl. Pater, Die bischöfliche visitatio (wie Anm. 358), S. 28 f. 385 Vgl. dazu Ewald, Papstbriefe der Britischen Sammlung (wie Anm. 195), S. 337, n. 48. 386 Vgl. ibid., S. 338, n. 51. 387 Vgl. ibid., S. 338, n. 57. 388 Vgl. dazu Braun, Die liturgische Gewandung (wie Anm. 361), S. 631 sowie zur Geschichte des bischöflichen Eides Pater, Die bischöfliche visitatio (wie Anm. 358), S. 31–39.

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Untersuchungsteil II: Präsenz und Bildung

dit überliefert.389 Während des Pontifikats Gregors VII. entwickelte sich dieses Versprechen sukzessiv zu einem Gehorsamseid gegenüber dem heiligen Petrus und dem Papsttum, der auch diverse weitere Verpflichtungen mit einschließen konnte, wie zum Beispiel die Teilnahme an römischen Synoden, bei Bedarf Hilfe zur Sicherung des Papsttums und der regalia sancti Petri auch in militärischer Form, angemessene Behandlung päpstlicher Legaten und so fort.390 Die neue Funktion des Palliums lässt sich besonders verstehen, wenn man die spezifischen Umgangsweisen mit ihm beleuchtet - vor allem jene Fälle, in denen das Pallium nicht gewährt wurde, wo auf eine Bitte um das Pallium von päpstlicher Seite ein „Nein“ ertönte, wo es verweigert wurde. Die Gründe für dieses Vorenthalten konnten vielfältig sein - Zweifel an der Moral des Bischofs, unrechtmäßige Investitur, fehlende Treue gegenüber dem Papst. In jedem Fall aber fügen sich die Gründe passgenau in die allgemeinen Forderungen des Reformpapsttums ein. Bisweilen wurde das Pallium zwar vergeben, der Empfänger aber an strenge Bedingungen gebunden, die meist ebenso die klassischen Themenkomplexe der Reformer aufgriffen.391 Im Zuge der Entwicklung des kanonischen Rechts wurden Standards für den Umgang mit dem Pallium etabliert. Eine wichtige Quelle zur genaueren Erforschung der Funktion des Palliums ist die Collectio Britannica, eine kanonistische Sammlung, die neueren Forschungen zufolge nach 1108 in Nordfrankreich kompiliert wurde und zeitgenössisches Gedankengut widerspiegelt.392 Großes Interesse zeigt der namentlich unbekannte Kompilator auch am Pallium, das er zum Thema von 25 Kanones macht. Die Überlieferungssituation legt nahe, dass ein größerer Teil dieser Stücke neu war, weil sie in keiner anderen, früher entstandenen Sammlung zu finden sind und demnach wohl das Resultat zeitgenössischer Nachforschungen waren, die zum Beispiel in päpstlichen Registern angestellt worden waren. Der Kompilator maß dem 389 „Ex registro Alexandri“, vgl. Die Kanonessammlung des Kardinals Deusdedit, ed. Victor Wolf von Glanvell, Paderborn 1905 (ND Aalen 1967), lib. IV, c. 423, S. 599. 390 Siehe dazu und zum Rechtsinhalt des Eides Schrör, Metropolitangewalt und papstgeschichtliche Wende (wie Anm. 361), S. 200 f. 391 Vgl. Steven A. Schoenig, Withholding the Pallium as a Tool of the Reform, in: Proceedings of the Thirteenth International Congress of Medieval Canon Law, Esztergom-Budapest 3.– 8. August 2008, hg. von Péter Erdő, Città del Vaticano 2010, S. 577–588. 392 Zur Entstehung der Collectio Britannica vgl. unter anderem Herbers, Leo IV. (wie Anm. 195), zur Datierung der Sammlung in die Zeit nach 1108 vgl. Christof Rolker, History and Canon Law in the Collectio Britannica:  A New Date for London, BL Add. 8873, in: Bishops, texts and the use of canon law around 1100, Essays in honour of Martin Brett, hg. von Bruce Clark Bra­sington und Kathleen G. Cushing, Burlington 2008, S. 141–152, hier besonders S. 143. Vgl. ferner zur Collectio, mit einer Edition der Stücke Urbans II. daraus, Somerville, Pope Urban II (wie Anm. 195).

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2. Bindung: Apulische Prälaten zu Gast beim Papst

Pallium anscheinend eine Bedeutung für die zentralistische Leitung der Kirche durch den Papst zu. Dabei richtet er seinen Fokus auf die Möglichkeit des Papstes, die Verleihung des Palliums auch zur Überprüfung und Kontrolle des Bittstellers zu nutzen. Die Kanones gehen nämlich auch intensiver auf die Verweigerung der Verleihung ein sowie fernerhin auf die Verpflichtung zur persönlichen Abholung des Palliums in Rom.393 Eine wenige Jahre später entstandene Sammlung, die Panormia, welche Ivo von Chartres zugeschrieben wird, erwähnt das Pallium zwar kaum, aber eine italienische Handschrift jener Kompilation aus dem späten 12. Jahrhundert weist Interpolationen auf, die das Pallium betreffen. Der Interpolator billigte dem Pallium offenbar - ähnlich wie der Kompilator der Britannica - einen Nutzen als päpstliches Kon­ trollinstrument zu.394 Offensichtlich hatte sich ab der Mitte des 11. Jahrhunderts der Blick der Päpste auf das Pallium verändert. Sie erkannten seinen Nutzen zur Kontrolle der Metropoliten auch in dezentraleren Regionen und damit einhergehend als Instrument zur Vermeidung und Aufdeckung von Missständen. Das Pallium kann demnach als materielles Mittel der Bindung und Kontrolle eingestuft werden, das die Päpste einsetzten, um ihre Vorrangstellung innerhalb der Kirche zu festigen und ihren Einfluss zu verstärken.

2.1.2 Pallienprivilegien Eine beträchtliche Anzahl von Pallienprivilegien hat sich erhalten. Diese Tatsache fußt wohl zu einem guten Teil in dem Prestige und der Autorität, die jene Schrift­ stücke an den Empfänger übertragen. Sie fixieren nicht nur einmalig einen Beschluss, sondern können dauerhaft als Legitimation dienen, so beispielsweise als Handhabe in Rangstreitigkeiten mit anderen Bischöfen. Pallienprivilegien haben deshalb in der Regel gute Überlieferungschancen. Hacke weist auf die hohe Fälschungsrate bei dieser Urkundengruppe hin, die er in ihrer Beziehung zu Vikariats- und Primatsansprüchen zu erkennen meint.395 Bei der Ausfertigung des Privilegs griffen die päpstlichen Schreiber häufig auf textliche Vorlagen in den Formularen des Liber Diurnus zurück, das seiner Bezeichnung entsprechend zwar als täglich gebrauchtes Handbuch der Kanzlei, also als das Kanzleibuch, ausgewiesen wird, vielleicht aber nie als solches im Gebrauch war. Vielmehr ist anzunehmen, dass es sich bei der Formularsammlung um eine Art Schulbuch zur 393 Vgl. zu den „neuen“ Stücken zum Pallium in der Collectio Britannica sowie zu den daraus zu ziehenden Schlüssen Schoenig, Withholding the Pallium (wie Anm. 391), S. 8–12. 394 Vgl. dazu ibid., S. 12–15. 395 Hacke, Die Palliumverleihungen (wie Anm. 361), S. 2.

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Untersuchungsteil II: Präsenz und Bildung

Ausbildung des Kanzleipersonals handelte, welches wohl unter anderem aus einigen der Texte des wirklichen Kanzleibuches bestand.396 Individuelle Elemente der Privilegien sind die Liste der Feiertage, an denen der Metropolit berechtigt war, das Pallium zu tragen. Der Vergleich dieser Listen kann Aussagen über die Beziehungen der Bistümer untereinander und des Papstes zur jeweiligen Metropole zulassen.397 Während bis etwa 1080 die Pallienprivilegien relativ gleichförmig den Formularen des Liber Diurnus folgten und auch bei gleichzeitiger Bestätigung der erzbischöflichen Besitzungen die Verleihung des Palliums in den Vordergrund stellten, verändert sich die Kanzleipraxis ab den 80er Jahren des 11. Jahrhunderts, die Formulartexte wurden nun stärker variiert.398 Die päpstlichen Urkunden zur Verleihung von Pallien sind laut Kortüm in ihrem Aufbau vorwiegend eher „empfängerneutral“ gestaltet und weisen wenige individuelle Stilelemente auf.399

2.1.3 Pallienprivilegien für Empfänger im Untersuchungsraum Wie handhabte das Papsttum die Vergabe des Palliums in Apulien im untersuchten Zeitraum, zwischen 1059 und dem Ende des 12. Jahrhunderts? An wen wurden diese Privilegien vergeben und unter welchen Umständen? [Siehe Tabelle 1, S. 97] Alexander II.

Urban II.

Paschalis II.

JL 4514

1063 Mai

Bisantius (I.) von Trani

JL 4515

1063 Mai

Andreas von Canosa-Bari

JL 5412

1089 Okt. 5

Elias von Bari

JL 5414

1089 Okt.

Bisantius (I.) von Trani

JL -

1104 Okt. 18

Wilhelm von Brindisi

JL 6314

1112 April 2

Risus von Bari

396 Vgl. Leo Santifaller, Die Verwendung des Liber Diurnus in den Privilegien der Päpste von den Anfängen bis zum Ende des 11. Jahrhunderts, in: Liber Diurnus, Studien und Forschungen von Leo Santifaller, hg. von Harald Zimmermann (Päpste und Papsttum 10), Stuttgart 1976, S. 14–158, hier besonders S. 73–83 sowie Leo Santifaller, Neue Forschungen zur älteren Papstdiplomatik: Über den Liber Diurnus, in: Liber Diurnus, Studien und Forschungen von Leo Santifaller, hg. von Harald Zimmermann (Päpste und Papsttum 10), Stuttgart 1976, S. 159–161. 397 Vgl. Zotz, Pallium (wie Anm. 361), S. 157. 398 Vgl. Hacke, Die Palliumverleihungen (wie Anm. 361), S. 56 f., 67 f., 91 f. 399 Vgl. Kortüm, Zur päpstlichen Urkundensprache (wie Anm. 123), S. 235. Kortüm untersucht hier die päpstlichen Privilegien für Benevent und stellt fest, dass die dort ausgestellten Urkunden vor allem „empfängerneutrale Palliumverleihungen“ seien.

96

2. Bindung: Apulische Prälaten zu Gast beim Papst Calixt II.

JL 6866

1120 Nov. 6

Bisantius (II.) von Trani

JL -

1120 Nov. 13

Hubaldus von Trani (Fälschung!)

JL 6953

1122 Feb. 22

Baialardus von Brindisi

Anaklet II.

JL 8415

1130 Okt. 30

Hubaldus von Trani

Lucius II.

JL 8638 ad a. 1144 ian. 2

1145 Jan. 2

Lupus von Brindisi

Eugen III.

JL 9421

1150 Dez. 7

Bisantius (III.) von Trani

JL -

1152 Mär. 18

Johannes von Bari

Hadrian IV.

JL 10382

1158 Jan. 22

Bertrand von Trani

Alexander III.

JL -

1171 Juni 25

Lupus von Brindisi

JL 12157

1172 Juni 28

Rainald von Bari

JL 12226

1173 Jun. 28

Wilhelm (II.) von Brindisi

JL 12772

1177 Jan. 28

Bertrand von Trani

JL 14810

1183 Jan. 2

Petrus von Brindisi

Lucius III.

Tabelle 1: Überlieferte Pallienprivilegien für apulische Empfänger (1063–1183)

Die ersten beiden aus dem Untersuchungszeitraum überlieferten Privilegien, in denen apulischen Prälaten das Pallium verliehen wurde, stammen von Alexander II. Er stellte sie bald nach der ersten von ihm gefeierten Lateransynode aus, die im April 1063 stattgefunden hatte. Nachdem der Papst bei dieser Versammlung, wie bereits in einem vorhergehenden Kapitel erläutert, die kirchliche Neuordnung Unteritaliens vorangetrieben hatte und im apulischen Gebiet unter anderem Erzbischof Johannes von Trani abgesetzt und ihn durch Bisantius von Trani ersetzt hatte,400 stellte er dem frisch geweihten Erzbischof am 15. des darauffolgenden Monats Mai ein feierliches Privileg aus.401 Er tat dies nicht in erster Linie wegen eines althergebrachten Umgangs mit dieser betreffenden Diözese, nicht aus Dankbarkeit oder als besondere Ehrung, er legte Bisantius damit nicht nur das Pallium auf die Schultern, sondern auch die schwierige Aufgabe, eine Säule der lateinischen Kirche in einem kirchlich und weltlich umkämpften Gebiet zu werden: in Trani, einem lateinischen Bistum unter byzantinischer Herrschaft, von den Griechen zum Erzbistum erhoben, wo bis400 Siehe dazu ausführlicher mit Quellen und Literaturangaben das Kapitel zu Alexander II. ab S. 57. 401 Vgl. IP IX, S. 291, n. 3.

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her mit Johannes ein äußerst griechenfreundlicher Bischof regiert hatte. Nun lag es am neuen Erzbischof Bisantius, die kirchlichen Verhältnisse wieder auf Rom hin auszurichten - und dies, obwohl die Stadt noch nicht endgültig von den Normannen erobert worden war, die sich sonst bei der Latinisierung Apuliens als durchaus hilfreich erweisen sollten. Wollte Alexander jetzt nach der Absetzung des Gegners erreichen, dass das lateinische Erzbistum Trani nun in Fragen der Obrigkeit, Gebräuche und Regeln seinen Blick nach Rom hin ausrichtete, musste er diesen neuen Erzbischof Bisantius prüfen und ihn fest an sich binden. Und so bestätigte er nicht nur umfangreich die vermeintlichen Besitzungen der Kirche von Trani. Symbolisch beteiligte er ihn mit dem Pallium an der päpstlichen Vollgewalt, ganz real nahm er ihm einen Eid ab, der zu Treue und Gehorsam gegenüber dem Papst verpflichtete. Im Privileg ermahnte er Bisantius sogar zu moralischer Amts- und Lebensführung, ganz im Sinne der kirchenreformerischen Intentionen: Sacre benedictionis tue, iustisque iudiciis opus nulla venalitatis interventio commaculet,402 schrieb Alexander quasi in einer Anti-Simonie-Formel. Weitere Ermahnungen folgten. Kraft der Urkunde wurde Bisantius nicht nur der usus pallii gestattet, sondern ihm wurden darüber hinaus die in der Enumeratio bonorum403 aufgelisteten Besitzungen bestätigt, namentlich das Bistum Trani mit Suffraganbistümern und Zugehörungen, nämlich Polignano mit dem Kloster S. Vito, Lavello, Cisterna, Minervino, Montemilone, Aquatetta, Corato, Andria, Barletta, Bisceglie mit den dortigen Kirchen, alle griechischen und lateinischen Klöster dieses Gebietes sowie die Stadt Canosa mit Ausnahme der Kirche SS. Giovanni e Paolo, die zu dieser Zeit noch Sitz des Erzbischofs von Bari war. Das beschriebene Privileg basiert auf der Formel V 45 des Liber Diurnus mit dem Incipit Si pastores ovium.404 Vor der Stelle, die dem Erzbischof das Pallium zuerkennt, wird eine Aufzählung der Suffragane eingefügt, ebenso die Befreiung von jedweder kaiserlicher oder sonstiger Einmischung und die Pönformel Quod si aliquis temerario ausu. Die Verleihung des Palliums geschieht dem Dokument zufolge ad gloriam in Christo et curam und es darf ausschließlich zur Feier der Heiligen Messe 402 Siehe Le carte (wie Anm. 113), S. 55, n. 17. 403 Mit der Enumeratio bonorum beschäftigten sich bisher im Wesentlichen eingehender auf diplomatischer Ebene nur Dietrich Lohrmann, Formen der Enumeratio bonorum in Bischofs-, Papst- und Herrscherurkunden (9.–12. Jahrhundert), in: Archiv für Diplomatik 26 (1980), S. 281–311, der die Besitzauflistung als eigenen Urkundenteil würdigt, sowie speziell im Hinblick auf päpstliche Privilegien Reinhard Härtel, Additamenta zur Enumeratio bonorum in päpstlichen Privilegien, in: Päpste, Privilegien, Provinzen, Beiträge zur Kirchen-, Rechts- und Landesgeschichte. Festschrift für Werner Maleczek zum 65. Geburtstag, hg. von Johannes Giessauf (Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung Ergänzungsband 55), Wien [u.a.] 2010, S. 103–122. Die einschlägigen Handbücher verzichten auf eine Untersuchung dieses Urkundenteils. 404 Siehe Liber Diurnus (wie Anm. 363), S. 101.

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getragen werden und zwar nur an jenen Tagen, die in der Urkunde genauer definiert sind: An allen Hochfesten, den maiores festivitates, nämlich an Weihnachten, dem Fest des Erzmartyrers Stephan, dem des Evangelisten Johannes, zur Epiphanie, am Karsamstag und Ostersonntag, an Christi Himmelfahrt, Pfingsten, am Fest der Geburt Johannes des Täufers, an den nicht näher genannten Marienfesten und an den Festtagen der Heiligen, deren Reliquien in der Kirche von Trani beigesetzt sind, sowie zu Kirch- und Klerikerweihen.405 Es ist anzunehmen, dass Bisantius schon bei der zu Reformzwecken abgehaltenen Lateransynode im April,406 die ihn als Bischof eingesetzt hatte, anwesend war und verfolgen konnte, wie seinem Vorgänger Johannes das erzbischöfliche Amt entzogen wurde. Jener war bis zu seiner Absetzung durch Nikolaus II. 1059 zugleich Erzbischof von Siponto gewesen.407 Die Erteilung des Palliums in Rom erfolgte dann sehr schnell. Vermutlich hatte Bisantius schon sehr kurz nach seiner Weihe darum gebeten und dieser Bitte war von päpstlicher Seite entsprochen worden. Noch vor Ort konnte er dann das Pallium in Empfang nehmen und den in diesem Zusammenhang unerlässlichen Treueid leisten. Einerseits hatte Alexander Bisantius während dessen Romaufenthalts kennenlernen und auf seine dignitas für das bedeutsame Amt als Vorsteher der Kirchenprovinz Trani prüfen können - falls die beiden sich nicht schon vorher kannten und eine eigentliche Prüfung nicht mehr notwendig war, andererseits hatte der neukon­se­ krierte Erzbischof seine Romtreue bei der Übergabe des Palliums beeidet und somit den Willen zu fortwährendem Gehorsam gegenüber dem Papst bekundet. Bisantius von Trani begegnete dem Papst fortan noch häufiger und erwies sich als Metropolit, der offenbar die päpstliche Vollgewalt gänzlich anerkannte und sich selbst als Teil der papstzentrierten Hierarchie verstand. So begegnet er Alexander II. wieder bei der Kirchweihe der Basilika von Montecassino 1071408 oder Urban II. im

405 Der Datumszeile entnimmt man, dass der Bischof Anno von Köln in seiner Funktion als päpstlicher Erzkanzler hier durch Petrus vertreten wird. Der Akolyth Petrus war auch päpstlicher Bibliothekar. Annos Erzkanzlerwürde wurde nach Konflikten mit dem Papst erst 1063 unter Alexander II. wieder anerkannt, aber bereits 1064 bis 1067 wurde sein Name nicht mehr in allen Urkunden genannt, seit Mai 1067 kam er gar nicht mehr vor. Fortan bekleidete, mit wenigen Ausnahmen zur Zeit Paschalis’ II., kein Kölner mehr das Erzkanzleramt an der Kurie, siehe Harry Bresslau, Handbuch der Urkundenlehre für Deutschland und Italien, Leipzig [u.a.] 1889, S. 197 ff. 406 Siehe zu den dort erlassenen Konzilsbeschlüssen Mansi XIX, Sp. 1023 ff. 407 Zur zweifachen Absetzung des Johannes von Trani und Siponto siehe auch Gresser, Synoden und Konzilien (wie Anm. 184), S. 65 f. mit Anm. 75, der die These von Bayer, Spaltung (wie Anm. 23), S. 123, zurückweist, der mutmaßt, dass Johannes 1059 auch schon des Erzbistums Trani enthoben worden sei, da der bedeutsame Sitz in Trani sonst vier Jahre lang vakant gewesen wäre. 408 Siehe zur Kirchweihe von Montecassino und den Teilnehmern Kapitel 2.3.1 Kirchweihe in Montecassino 1071.

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Vorfeld der Kanonisation des Nikolaus Peregrinus.409 Mit der Ernennung Bisantius’ zum neuen Erzbischof von Trani und der Verleihung des Palliums an ihn hatte sich Alexander eine starke Säule für die noch im Werden begriffene, romorientierte lateinische (Reform-)Kirche in Apulien geschaffen. Ein ebenfalls im Mai 1063 ausgestelltes Privileg Alexanders II. sichert dem Erzbischof Andreas von Canosa-Bari das Pallium zu und wiederholt dabei fast wörtlich ein päpstliches Privileg Johannes’ XIX. für Canosa von 1025.410 Alexander hatte Andreas selbst geweiht, wie der Urkunde zu entnehmen ist. Nun sichert er ihm das erzbischöfliche Amt über die Kirche von Canosa und deren Suffragane zu. Canosa bildete neben Bari den zweiten Sitz des Erzbistums. Vertrieben durch Sarazeneneinfälle, hatten die Bischöfe des schon im 4. Jahrhundert belegten Bistums Canosa ihre Residenz nach Bari verlegt. Die Vereinigung der Bistümer Bari und Canosa erfolgte endgültig im 10. Jahrhundert unter byzantinischer Herrschaft, wobei zugleich von griechischer Seite der Titel des Erzbischofs von Canosa verliehen wurde. Die beiden Sitze Bari und Canosa wurden spätestens seit dem Wirken Erzbischof Elias’ in Bari ab 1089 zusammen genannt.411 Johannes XIX. hatte 1025 in der Vorurkunde412 dieses Stückes den Rang des Erzbistums Canosa bestätigt und gestattete in jenem Privileg dem Bischof Bisantius von Canosa auch gewisse Metropolitanrechte.413 Erst mit der normannischen Eroberung des von Byzantinern beherrschten Baris im Jahr 1071 verlor Canosa als erzbischöflicher Sitz endgültig an Bedeutung. Als Andreas von Canosa nun im Mai 1063 das päpstliche Privileg erhielt, wurde ihm damit nicht nur das Pallium zuerkannt, welches überhaupt nur kurz erwähnt 409 Siehe zu den Umständen dieser Heiligsprechung das Kapitel zur Kanonisation auf S. 146. 410 Vgl. IP IX, S. 318, n. 4 sowie die Edition des Stückes in Papsturkunden 896–1046, Bd. 2: 996– 1046, ed. Harald Zimmermann (Denkschriften. Österreichische Akademie der Wissenschaften, Phil.-Hist. Klasse 177), Wien 1985, n. 565, S. 1070–1072. Zum Verhältnis zwischen dem Privileg Alexanders und der Vorurkunde Johannes’ XIX. und zur Echtheit der beiden Stücke siehe Erich Caspar, Kritische Untersuchungen zu den älteren Papsturkunden, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 6 (1904), S. 235–271, hier: S. 236 ff. 411 Vgl. Alessandro Pratesi, Alcune diocesi di Puglia nell’età di Roberto il Guiscardo: Trani, Bari e Canosa tra Greci e Normanni, in: Roberto il Guiscardo e il suo tempo, Atti delle prime giornate normanno-sveve. Bari, 28–29 maggio 1973, Bari 1975, S. 225–242, hier: S. 229. 412 Siehe Papsturkunden 896–1046 (wie Anm. 410), n. 565, S. 1070–1072. Zimmermann stuft die Urkunde als „Gründungsdokument des Erzbistums Bari“ ein. Dazu und zur Frage nach der Echtheit des Stückes siehe den zugehörigen Einleitungskommentar: ibid., S. 1070. Das Privileg wird erneut behandelt bei Kortüm, Zur päpstlichen Urkundensprache (wie Anm. 123), S. 233–235; Kortüm nimmt hier auf S. 235 an, dass das Stück unter byzantinischem Einfluss entstanden ist. 413 Wobei hier aber mit Klewitz zu bedenken ist, dass die süditalienische Metropolitanverfassung sich erst im 12. Jahrhundert endgültig verfestigte, vgl. Klewitz, Zur Geschichte der Bistumsorganisation (wie Anm. 29), S. 31. Übrigens ist das Stück nur als Kopie aus der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts überliefert.

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wird. Alexander verleiht es dem Erzbischof et auctoritate beatorum apostolorum principis Petri ac Pauli et nostrum simul qui eorum fungimur vicariatum. Gleichzeitig erhält Andreas entsprechend der Vorurkunde von 1025 auch das Recht der Bischofsweihe sowie in der Hauptsache duodecim episcopatus414 und weitere Besitzungen, nämlich: Canosa, Bari, Modugno, Giovinazzo, Melfi oder Molfetta,415 Ruvo, Trani, Canne, Minervino, Acquatetta, Montemilone, Lavello, Cisternino, Vitalba, Salpi, Conversano, Polignano und Ecatera (Cattaro)416 sowie sonstige zugehörige Güter und griechische und lateinische Männer- und Frauenklöster.417 414 Die Zwölferzahl erinnert an den Zwölfbistumsplan Adalberts von Bremen, vgl. Adam von Bremen, Hamburgische Kirchengeschichte, ed. Bernhard Schmeidler (MGH SS rer. Germ. in us. scol. [2]), Hannover, Leipzig 31917, Lib. III, Cap. 33: Disposuit vero patriarchatui subicere XII episcopatus, quos ex sua divideret parrochia… Dazu und zu dem Zusammenhang zwischen dem Plan Adalberts und den pseudoisidorischen Dekretalen siehe Horst Fuhrmann, Studien zur Geschichte mittelalterlicher Patriarchate, III. Teil (Schluß), in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Kanonistische Abteilung 44 (1955), S. 120–170, sowie unten Anm. 417. Ferner sollte darauf hingewiesen werden, dass auch Benevent zwölf Suffragane hatte, vgl. unter anderem Klewitz, Zur Geschichte der Bistumsorganisation (wie Anm. 29), S. 30. 415 Zur Interpretationsproblematik des Ortsbegriffs ‚Melfi‘ siehe Anm. 424. 416 Es handelt sich bei „Ecatera“ um das dalmatische Bistum Cattaro/Kotor, das neben Bari auch noch weit über ein Jahrhundert später das Erzbistum Ragusa für sich beanspruchen wird. Bis ins 19. Jahrhundert hielt Bari an den Metropolitanrechten gegenüber Cattaro fest, dann wurde das Bistum der Kirchenprovinz Zara zugeschlagen. Vgl. dazu Caspar, Kritische Untersuchungen (wie Anm. 410), S. 244–250, der auch darauf hinweist, dass die Bearbeiter des CDB in ihrer Edition der hier besprochenen Urkunde Alexanders II. für Andreas von Canosa „Ecatera“ drucken, obwohl der eigentliche Passus et aecatera laute und auch bei Johannes XIX. so zu finden sei. Caspar weist auf die Möglichkeit hin, dass auch et cetera gemeint sein könnte, er hält es aber für plausibler, das Wort ausgehend vom Einfluss der griechischen Sprache auf die Bareser Urkunden zu deuten. Das „Lokalidiom war offenbar mit griechischen Elementen durchsetzt und auch den Urkundenschreibern floss bisweilen ein Graecismus mit unter“(S. 249). Vermutet man nun im fragwürdigen Passus das griechische Wort ekatera, hieße die Stelle: „zugleich auch beiderlei an anderen Städten und Burgen“. Erst unter Urban II. findet sich dann die Emendation und der erläuternde Nachsatz: et Catera, que in transmarini littoris ora... Vielleicht verstand man das Wort ecatera unter Urban II. – vielleicht schon bei Alexander II. – nicht mehr und deutete es auf Cattaro. Caspar unterstellt den Baresern eine Deutungsabsicht mittels Verfälschungen. 417 Bei vielen der vermeintlichen Suffragane handelt es sich häufig um kleine Orte. Fuhrmann, Studien zur Geschichte mittelalterlicher Patriarchate (wie Anm. 414), S. 148 f., äußerte sich zum ähnlich anmutenden Fall des Zwölfbistumsplans Adalberts von Bremen so: „Noch merkwürdiger sind die oft lächerlich kleinen Orte, auf die Adalbert zurückgreifen mußte, um überhaupt die Zahl von zwölf Bischofssitzen zu erreichen. [...] Adalberts Gebaren wirkt noch wunderlicher, wenn man erfährt, daß der Kurie ein Bischofssitz ‚in villula‘ verpönt war und Leo IX. aus diesem Grunde 1049 Leofric v. Crediton angewiesen hat, nach Exeter überzusiedeln.“ So wie Adalbert offensichtlich unter allen Umständen auf zwölf Bistümer kommen wollte, könnte man diese Bemühungen auch den Bischöfen von Canosa unterstellen, wobei der Zufall in der Zahl hier nicht gänzlich ausgeschlossen werden sollte. Fuhrmann, ibid., S. 149 ff., vermutet hinter dem Vorgehen Adalberts von Bremen eine kanonistische Vorschrift, basierend auf einer Stelle aus

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Bei genauerer Betrachtung der bestätigten Suffragane Canosas mag ins Auge fallen, dass einige von ihnen bereits in der Enumeratio bonorum des Privilegs für Bisantius von Trani aufgelistet worden waren. So wird Trani als Suffragan dem Ort Canosa (Sitz des Bistums Bari-Canosa) bestätigt und wiederum die Stadt Canosa mit Ausnahme der dortigen Kirche SS. Giovanni e Paolo dem Erzbistum Trani zugesprochen.418 Dass sich aus dieser doppelten Vergabe Konflikte ergeben sollten, ist offenkundig. Nun waren beide Urkunden im Mai 1063 ausgestellt worden. Hätte es nicht den Mitarbeitern der päpstlichen Kanzlei oder letztendlich vielleicht sogar dem Papst selbst auffallen sollen, dass hier die gleichen Orte sowohl an Bari als auch an Trani vergeben wurden? Oder wurde dem Papst von Seiten Canosas einfach ein älteres Privileg vorgelegt, jenes von 1025, und die dort aufgelisteten Bistümer schlichtweg mehr oder minder gedankenlos abgeschrieben? Wir wissen nicht, wann genau das Stück für Canosa ausgestellt wurde, ob dies vor der Bestätigung für Trani geschah oder danach. Aber schon Caspar stellte fest, dass der Schreiber der Urkunde für Canosa von Mai 1063, Guinizo, die Vorlage von 1025 recht wortgetreu kopierte, verbesserte er doch zum Beispiel ganz offensichtliche Grammatikfehler keineswegs.419 Hier läge der Schluss nahe, dass bei der Vergabe der Suffragane und Besitzungen an Canosa keine Anpassungen an die neue Situation in Apulien stattgefunden hatte und damit der gefestigteren Position Tranis keine Rechnung getragen worden war, sondern dass vielmehr schlichtweg die älteren Rechte Canosas übernommen wurden, mag es durch Unachtsamkeit oder Zufall geschehen sein oder aber durch bewusste Vermeidung eines Konfliktes mit dem Erzbistum Canosa-Bari, das sonst eine wesentliche Schmälerung seines bisherigen Besitzes hätte erfahren müssen. Die Forschung hat bezüglich dieser Interferenz verschiedene Erklärungstheorien entwickelt, die sich an einigen Stellen auch entschieden widersprechen. So vermutet Erich Caspar, dass die Urkunde Alexanders II. für Trani stark verfälscht wurde und dem ersten, fälschlicherweise Papst Pelagius II. zugeschriebenen Brief aus den pseudoisidorischen Dekretalen, wonach eine Kirchenprovinz erst dann als solche gelte, wenn ihr zehn oder elf Suffragane unterstellt seien: … scitote certam provintiam esse, quae habet  decem vel undecim civitates et unum regem et  totidem minores potestates sub se et unum episcopum aliosque suffragatores decem vel undecim episcopos iudices, ad quorum iuditium omnes cause episcoporum et reliquorum sacerdotum ac civitatum cause referantur, ut  ab his omnibus iuste consona voce discernantur, nisi ad maiorem auctoritatem fuerit ab his qui iudicandi sunt, appellatum, siehe Decretales Pseudo-Isidorianae et capitula Angilramni, ed. Paul Hinschius, Leipzig 1863, S. 724. Der Chronist Adam von Bremen, der den Zwölfbistumsplan Adalberts überlieferte, schien als zwölftes Bistum schlichtweg die Eigendiözese mitgezählt zu haben, was Pseudo-Pelagius entspräche (unum episcopum aliosque suffragatores X vel XI…). 418 Eine Untersuchung der beiden widersprüchlichen Urkunden nahm Caspar, Kritische Untersuchungen (wie Anm. 410), S. 252–257, vor. 419 Vgl. ibid., S. 241 f.

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schließlich auch nur in einer Abschrift des 18. Jahrhunderts vorhanden sei, sodass beispielsweise Interpolationen und Rasuren nicht mehr nachweisbar seien.420 Vielmehr seien Besitznennungen und wohl Name und Titel des Bischofs von Trani unecht, der Rahmen enthalte aber echte Elemente wie die Rota und die Datumszeile, die Anno von Köln als Erzkanzler nennt – was Caspar als Echtheitsargument gelten lässt. Caspars Annahme zufolge ist also auch anzuzweifeln, dass Trani schon 1063 die Würde eines Erzbistums innehatte. In diesem Fall müsste nun aber auch der Passus, der Bisantius den Gebrauch des Palliums bestätigt, gefälscht sein, ebenso wie der gesamte Aufbau der Urkunde nach dem Formular V 45 des Liber Diurnus mit der Arenga Si pastores ovium,421 die sich ob ihres symbolreichen Inhalts ausschließlich für Pallienprivilegien nutzen ließ. Unwahrscheinlich ist es, dass Papst Alexander das Pallium an einen einfachen Bischof vergeben hätte – findet sich doch über den gesamten Untersuchungszeitraum kein weiterer Beleg eines ähnlichen Falles im gesamten Raum Apulien mit seinen zahlreichen Bistümern. Da also weder wahrscheinlich ist, dass man nach 1063 die Urkunde Alexanders im Wortlaut und Aufbau komplett veränderte, noch, dass der Papst fast zeitgleich Canosa-Bari und dessen Suffragan Trani das Pallium zuerkannte, muss weiterhin erstens davon ausgegangen werden, dass Trani spätestens 1063 in der Würde eines Erzbistums stand,422 und zweitens, dass damit weiterhin der Widerspruch in der doppelten Vergabe einiger Suffragane und Orte an Trani und Canosa-Bari besteht. Eine Erklärung scheint Alessandro Pratesi gefunden zu haben. Nach formaler und inhaltlicher Untersuchung des päpstlichen Privilegs für Erzbischof Andreas von Canosa aus dem Jahr 1063 stellt er einige Unregelmäßigkeiten in der Urkunde fest, so zum Beispiel die sehr ungenaue Ausführung des Bene Valete und das gänzliche Fehlen des Datums. Letzteres sei sogar ein Einzelfall in den Privilegien Alexanders II. Pratesi schlussfolgert, dass es sich bei dem überlieferten Stück lediglich um einen Entwurf handele, der zwar in der Kanzlei zur Ausstellung vorbereitet, dann aber durch die inhaltliche Revision gefallen und nie als rechtsgültige Urkunde versendet worden sei. Hinter der sehr groben Anbringung eines Siegels vermutet er die Absicht, einem Privileg Geltung und Recht zu verschaffen, was jenes von päpstlicher Seite nie hätte erhalten sollen. Die Überlieferung beim Empfänger erklärt Pratesi mit der gängigen Kanzleipraxis, der zufolge auch ein 420 Pratesi, Alcune diocesi di Puglia (wie Anm. 411), S. 239, glaubt nicht nur an einige Verfälschungen, sondern hält das Stück ohne weiteres für eine Fälschung. 421 Siehe Liber Diurnus (wie Anm. 363), S. 101–103. 422 Jedoch gibt es noch einen Einwand, der gegen die frühe erzbischöfliche Würde Tranis sprechen könnte. Im Privileg von 1063 wird der Gebrauch des Palliums nicht speziell bei Bischofsweihen gestattet, wie das z. B. im Privileg für Bari von 1089 der Fall ist, sondern nur bei der Weihe von Kirchen und Klerikern. Allerdings erwähnt auch Urban II. 1089 im Privileg für Bisantius von Trani nicht explizit die Bischofsweihen, obwohl Trani spätestens zu diesem Zeitpunkt sicher Erzbistum war.

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Entwurf an den Petenten übergeben worden sei, damit der Text dort gegebenenfalls noch verändert und wieder vorgelegt werden konnte und auch, um die bereits beglichenen Kosten für Pergament und Ausfertigung zu rechtfertigen.423 Holtzmann verweist darauf, dass im Originalprivileg für Canosa von 1063 die Worte „Molfi“424 und „Trane“ auf Rasur geschrieben seien, wo sich in der Vorurkunde von 1025 die Orte Molfetta und Andria an derselben Stelle befänden.425 Auch sonst ähnelt es dem zeitnah ausgestellten Privileg für Bisantius von Trani kaum, die Aufzählung der bestätigten Güter kommt viel ausführlicher daher als im Falle von Trani, während dem Pallium inhaltlich weniger Aufmerksamkeit geschenkt wird. Selbst die Tage, an denen das Pallium getragen werden durfte, werden nicht genauer definiert. Pratesi glaubt darin eine weitere Unregelmäßigkeit der Urkunde zu erkennen, die eine endgültige Corroboratio des Textes verhindert habe.426 Es gilt an dieser Stelle jedoch erneut zu bedenken, dass diese – vielleicht unfertige – Urkunde auf einer älteren aus dem Jahre 1025 basiert, auch wenn Pratesi die einzig erhaltene Kopie dieses Stückes für eine Verfälschung hält, die keine Kopie eines verlorenen Stückes sei, sondern eine in die Zeit des Bisantius versetzte Umarbeitung des nicht bestätigten Entwurfs für Canosa aus dem Jahr 1063.427 Möglicherweise war die Vergabe des Palliums in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts noch nicht derart verklausuliert, wie es sich bereits ab den 1060er Jahren abzeichnete und schließlich kirchenrechtlich ausdefiniert sukzessiv größeren Raum in den kanonistischen Sammlungen erhielt.428 Darüber hinaus richtete sich die urkundliche Bestätigung der Palliumsverleihung in dieser Zeit formell nicht nach einem speziellen Formular des Liber Diurnus, sondern war vielmehr nach einem Formular gestaltet, auf dessen Basis noch andere überlieferte Pallienprivilegien verfertigt worden sind.429 Über den Urkundenempfänger des Stücks, Erzbischof Andreas von Canosa, ist wenig bekannt – vielleicht entstammte er der lokalen Aristokratie. Aufbauend auf einer recht dünnen Quellenbasis schreibt ihm Cioffari zu, dass er zum einen die re423 Vgl. Pratesi, Alcune diocesi di Puglia (wie Anm. 411), S. 234. 424 „Molfi“ kann als „Melfi“ gelesen werden, womit nicht automatisch der Ort Melfi gemeint sein muss, sondern wahrscheinlicher Molfetta, das im 11. Jahrhundert auch noch oft Melfi oder Melficta genannt wurde. Siehe dazu auch Klewitz, Zur Geschichte der Bistumsorganisation (wie Anm. 29), S. 38–41. 425 Vgl. IP IX, S. 318, n. 4. 426 Vgl. Pratesi, Alcune diocesi di Puglia (wie Anm. 411), S. 234. 427 Vgl. ibid., S. 235. 428 Zur kirchenrechtlichen Bedeutung des Palliums vgl. d’Alteroche, Le statut (wie Anm. 361). 429 Empfänger dieser nach dem Wortlaut stark übereinstimmenden Gruppe von Pallien waren neben Canosa auch Hamburg und Acerenza, vgl. Hacke, Die Palliumverleihungen (wie Anm. 361), S. 84 f. Hacke betont hier auch, dass neben dem Liber Diurnus noch weitere Formulare für Palliumsverleihungen gebräuchlich waren.

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formerischen Ideen der römischen Kirche in Bari einführen wollte, zum anderen aber nicht seine Position durch eine oppositionelle Haltung gegenüber der zumindest nominell noch vorhandenen byzantinischen Herrschaft gefährden wollte.430 Ein Nachfolger des Andreas von Canosa, der schon oftmals erwähnte Elias, bekam 1089 direkt an seinem Bischofssitz in Bari das Pallium überreicht. Dort hielt sich, wie in vorhergehenden Kapiteln dieser Arbeit thematisiert,431 Papst Urban II. gerade im Rahmen seiner ersten Süditalienreise auf, um unter anderem die zu Ehren des heiligen Nikolaus errichtete Basilika zu weihen. Entgegen den Gepflogenheiten der römischen Kirche hatte er dort, wie er im Privileg ausführt, auch den Elekten Elias zum Erzbischof geweiht.432 Von päpstlicher Seite waren in Bari also ungebräuchliche Handlungen vorgenommen worden, nämlich die Weihe eines Erzbischofs vor Ort sowie die Übergabe des Palliums an dessen Sitz – und dies zu einem Zeitpunkt, als die persönliche Abholung in Rom bereits im Grunde obligatorisch geworden war. Doch scheinen hier die pragmatischen Gründe überwogen zu haben. Urbans Obödienz in Rom war 1089 noch nicht vollständig gesichert, die Situation innerhalb der Stadt problematisch und ein kurialer Geschäftsgang unter seiner Führung am päpstlichen Hof in Rom deshalb wohl kaum fest etabliert oder stabil.433 Es mutet nur zweckmäßig an, dass Urban die Geschäfte in diesem Fall nach Bari verlegt hatte und darüber hinaus den Neugeweihten und dessen Bistum in besonderer Weise ehrte. Das Privileg zur Verleihung des Palliums und Bestätigung der erzbischöflichen Besitzungen ist auf den 5. Oktober 1089 datiert. Im Wortlaut finden sich einige Anklänge an das Formular V 45 des Liber Diurnus,434 wobei die Arenga klar empfängerspezifisch formuliert ist, da sie sich auf den heiligen Nikolaus und die Kirche von Bari bezieht.435 Das Tragen des Palliums wird in dieser Urkunde nicht nur für die Hochfeste, Bischofs-, Kleriker- und Kirchweihen gewährt, sondern auch für das Fest des Heiligen Nikolaus (6. Dezember) und des Bistumsheiligen Sabinus von Canosa (9. Februar), das Translationsfest des Heiligen Nikolaus (9. Mai) und für den Jahrestag der Einsetzung des Elias als Erzbischof. Auch hiermit ging Urban speziell auf die lokalen 430 Siehe Gerardo Cioffari, Storia della chiesa di Bari dalle origini alla fine del dominio bizantino (1071), Bari 1992, S. 120 f. 431 Siehe zur Reise Urbans II. und den Geschehnissen in Bari das Kapitel zu Urban in Apulien ab S. 74. 432 Vgl. CDB I, S. 62, n. 33: contra morem nostre romane et [apostolice] ecclesie te dilectissime frater in sede propria consecravimus. 433 Vgl. Becker, Urban II., Bd. 1 (wie Anm. 150), S. 102. 434 Das Formular findet sich im Liber Diurnus (wie Anm. 363), S. 101–103. 435 Vgl. CDB I, S. 62, n. 33: Quia nostris temporibus ecclesiam quam deo auctore regis frater karissime barensem que et canosina dicitur omnipotens dominus beati confessoris sui Nicolay corpore illustrare dignatus est…

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Gegebenheiten ein, unterstrich noch einmal die Bedeutung des Nikolaus von Myra für Bari und zeichnete zudem den von ihm ordinierten Elias aus, der das Pallium alljährlich an seinem Weihetag anlegen durfte. Die bestätigten Suffragane und Besitzungen unterscheiden sich nicht wesentlich von den durch Alexander II. dem Bistum Canosa-Bari zuerkannten, wobei die Bistümer Bitonto und Bitetto neu in die Liste der Suffragane aufgenommen wurden. Die zusätzlich aufgeführten vermeintlichen Suffragane Melfi oder Molfetta436 und Rapolla sind spätere Hinzufügungen, die erstmals in einer Kopie des Privilegs Urbans für Bari auftauchen. Jene Kopie stammt aus dem letzten Jahrzehnt des 11. Jahrhunderts und ist die älteste Überlieferung des im Original verlorenen Stückes. Auch diese Kopie führt wieder Trani und Andria unter den Suffraganen Baris auf. ‚Trani‘ stand ja bereits im Privileg Johannes’ XIX. von 1025 anstelle von ‚Andria‘ auf Rasur.437 Die kontroversen Überschneidungen in den Privilegierungen Tranis und Baris wurden also auch von Urban II. nicht aufgehoben. Das dalmatische Bistum Cattaro scheint hier schon einen festen Platz unter den Suffraganen Baris erhalten zu haben und wird in der Urkunde genauer lokalisiert mit den Worten que in trasmarini litoris ora sita esse cognoscitur.438 Während seiner Süditalienreise machte Urban II. von Bari aus Anfang Oktober 1089 auch einen kurzen Abstecher nach Trani.439 Dort bestätigte er dem schon von Alexander II. eingesetzten Bisantius von Trani dessen Erzbistum und erlaubte ihm den Gebrauch des Palliums an bestimmten Festtagen, so etwa an den Hochfesten und neben den obligatorischen Kirch- und Klerikerweihen auch an den Festen der Heiligen, deren Gebeine in der Kirche von Trani ruhen. Ein persönliches Zugeständnis, wie Urban es gegenüber Elias gemacht hatte, als er ihm gestattete, das Pallium am Jahrestag seiner Weihe zu tragen, fehlt hier allerdings. In Auszügen lehnt sich das Privileg an die Formel V 45 des Liber Diurnus440 an und stimmt auch in weiteren Teilen mit der älteren Urkunde Alexanders II. für Trani von 1063 überein. Interessanterweise hebt sich aber die Arenga thematisch deutlich vom älteren Privileg ab. Während Papst Alexander mit der Liber-Diurnus-Formel noch das Hirtenamt des Bischofs und Papstes akzentuierte, betonte Urban II. ge436 Siehe zur Interpretationsproblematik des Ortsbegriffes ‚Melfi‘ Anm. 424. 437 Vgl. dazu Klewitz, Zur Geschichte der Bistumsorganisation (wie Anm. 29), S. 36 sowie die Anmerkung Holtzmanns zu diesem Stück in IP IX, S. 319 f., n. 7. Das Stück ist ediert in: Papst­ urkunden 896–1046 (wie Anm. 410), n. 565, S. 1070–1072. 438 Wobei auch diese Stelle laut Klewitz, Zur Geschichte der Bistumsorganisation (wie Anm. 29), S. 36, und Holtzmann wohl für eine Hinzufügung der ersten Kopie, die nach 1093 entstanden ist, zu halten sei, siehe Anmerkung zu IP IX, S. 319 f., n. 7. 439 Zur ersten Reise Urbans II. durch Apulien siehe Kapitel 1.2.2.2. 440 Siehe Liber Diurnus (wie Anm. 363), S. 101–103.

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genüber Trani einleitend mit Hinweisen auf Mt 16,19 eindeutig die Binde- und Lösegewalt des Papstes als Nachfolger Petri und damit seine geistliche und weltliche Ordnungsaufgabe als Rechtsgrundlage dieser Pallienverleihung und Besitzbestätigung.441 Offensichtlich wich Urban auch hier von der gängigen Praxis einer Bestätigung von Suffraganen, Besitz und Pallium ab, denn nicht Erzbischof Bisantius von Trani kam zu ihm nach Bari, sondern der Papst begab sich nach Trani. Vielleicht fanden dort zusätzliche Verhandlungen zwischen den beiden Männern statt, vielleicht erlaubte die vielschichtige Konkurrenz zwischen Trani und Bari nicht, dass Bisantius den Aufenthaltsort des Papstes aufsuchte. Doch all diese Erwägungen bleiben im Bereich des Spekulativen. Bei seinem Besuch musste Urban das Pallium höchstwahrscheinlich nicht mehr mit sich führen, denn wenn man das Privileg Alexanders II. von 1063 für echt erachtet, hatte der nun sicher in hohem Alter stehende Bisantius schon fast dreißig Jahre vorher die Schärpe erhalten. Doch wie konnte es nun geschehen, dass erneut nur wenige Tage zwischen den Privilegierungen von Trani und Bari lagen und beiden dennoch die teils gleichen Suffragane zuerkannt wurden? Beiden erzbischöflichen Sitzen wurden in der Enumeratio bonorum Polignano, Lavello, Cisterna, Minervino, Montemilone, Aquatetta, Andria und Canosa442 zugesprochen, Trani sogar wieder unter den Suffraganen Baris aufgelistet. Caspar unterstellt den Tranensern eifrige Absicht, sie hätten dem Papst eilig einen Privilegienentwurf vorgelegt, der ihren Vorstellungen entsprach, und den der Papst dann so übernommen hätte. Überhaupt geht er von einer tiefen Feindschaft zwischen Trani und Bari aus, die aus der Erschaffung einer neuen Metropole Trani neben der viel älteren von Bari resultiere und die an den Interferenzen der Privilegien ablesbar sei. Ebenso offenbar werde die relative Ohnmächtigkeit des

441 Vgl. Prologo, Le carte (wie Anm. 113), S. 65, n. 22: Potestatem ligandi ac solvendi in celis et in terra Beato Petro ejusque successoribus principaliter traditam illis Ecclesia verbis agnoscit. quibus Petrum est idem Dominus allocutus. Quecumque ligaveris super terram erunt ligata et in celis. et quecumque solveris super terram erunt soluta et in celis. Ipsi quoque et proprie firmitas et aliene fidei confirmatio eodem Domino auctore probatur cum ad eum dicit. Rogavi pro te. ne deficiat fides tua. et tu aliquando conversus confirma fratres tuos. Oportet ergo Nos. qui licet indigne Petri residemus in loco prava corrigere. recta firmare. et in omni Ecclesia sic disponenda disponere … Die hier verwendete Arenga benutzte Urban II. auch in anderen Bestätigungs- und Pallienprivilegien, so z. B. 1089 für Erzbischof Rainald von Reims, siehe Migne, PL 151, S. 309 oder für das Kloster S. Sophia in Benevent, siehe Migne, PL 151, 341. Auch die späteren Päpste Paschalis II., Calixt II. und Eu­gen III. verwendeten die Arenga Potestatem ligandi ac solvendi … gelegentlich. 442 Mit Ausnahme der Kirche der Heiligen Johannes und Paulus, die Sitz der Erzbischöfe von Bari sei. Es mutet fast absurd an, dass der Ort des (in der Praxis ehemaligen) Bischofssitzes des Erzbistums Canosa-Bari dem Erzbischof von Trani zugesprochen wird.

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Papsttums in dieser Region, das einen solchen Konflikt nicht zu lösen wusste, ihn vielmehr sogar noch unfreiwillig förderte.443 Pratesi geht mit grundsätzlichem Misstrauen gegenüber der Glaubwürdigkeit der Bareser Urkunden444 an den Fall heran und vermutet, dass Urban II. bei seinem Besuch in Bari, trunken vor Friedenswillen und Dankbarkeit, es allgemein nicht so genau genommen habe mit den mores romanae. Der neue Erzbischof Elias wiederum habe sich diese günstige Gelegenheit nicht entgehen lassen und dem Papst den sowohl nicht bestätigten, nachträglich verfälschten Urkundenentwurf für Andreas von Canosa, als auch das gefälschte, auf das Jahr 1025 datierte Privileg vorgelegt. Ohne die Kontrollinstrumente der römischen Kurie an seiner Seite gehabt zu haben, die beispielsweise in den römischen Registern die älteren Urkunden abgleichen hätte können, sei der Papst der Petition des Elias nachgekommen und bestätigte in seinem Privileg ahnungslos die gefälschten, älteren Stücke.445 Doch auch die Echtheit des päpstlichen Privilegs für Bisantius von Trani zweifelt Pratesi an. Er stellt bei der Untersuchung der Urkunde Unregelmäßigkeiten unter anderem bei der Rota fest, das Benevalete fehle gänzlich – was einen Einzelfall in den Privilegien Urbans darstelle, kurz: die Urkunde entbehre der Beglaubigungsmittel.446 Wie Caspar erklärt sich Pratesi die verzwickte diplomatische Situation in diesem Fall mit der Konkurrenz der beiden Metropolen Trani und Bari, die vor allem auf die Zeit des Schismas von 1054 und die nachfolgenden Jahre zurückgehe. Trani hatte sich nach 1054 der byzantinischen Seite des Patriarchen Michael Kerularios (1043– 1058) angeschlossen, während der Klerus von Bari unter römischer Obödienz verblieb. Papst Nikolaus II. hatte den byzanzfreundlichen Erzbischof Tranis schließlich abgesetzt. Dessen Platz nahm nun Bisantius von Trani ein, der sich auf religiöser Ebene wohl betont antigriechisch gab. Auch Andreas von Canosa-Bari soll sich gegenüber Papst Alexander II. als Verteidiger der Kirchenreform und seine Erzdiözese als Hort der Orthodoxie dargestellt und zugleich versucht haben, die Anerkennung seiner Jurisdiktionsrechte gegenüber Trani durchzusetzen, was ihm laut Pratesi aber durch die Gründlichkeit der päpstlichen Kanzlei verwehrt geblieben sei. Auch der Antagonist Trani habe mit Blick auf Bari-Canosa eine Ausdehnung seiner Rechte mittels der Fälschung eines Privilegs zu erreichen versucht, das auf 1063 datiert wurde.447 Zum Urkundenproblem schlussfolgert Klewitz, dass sich zu Beginn des Pontifikats Urbans II. die politischen Verhältnisse in Süditalien soweit konsolidiert hätten, dass nun verstärkt die kirchliche Organisation habe betrieben werden können. Bari 443 Vgl. Caspar, Kritische Untersuchungen (wie Anm. 410), S. 265–271. 444 Siehe dazu unten S. 118, Anm. 500. 445 Vgl. Pratesi, Alcune diocesi di Puglia (wie Anm. 411), S. 235 f. 446 Vgl. ibid., S. 238. 447 Vgl. ibid., S. 240 f.

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habe in diesem Kontext das ganze mittlere Apulien bis zur Grenze nach Lukanien zu beanspruchen versucht, wohl in der Hoffnung, die einzige Metropole zu werden, deren Gewalt sich auch über die bereits bestehenden exemten Bistümer erstrecken sollte.448 Zurück zur Untersuchung der Pallienprivilegien für apulische Empfänger: Am 18. Oktober 1104 erteilte Paschalis II. dem Erzbischof Wilhelm von Brindisi ein Privileg mit eingeschlossener Palliumsverleihung.449 Es war das erste Mal, dass der Bischof von Brindisi ein Pallium erhielt. Allerdings wird auch in diesem Privileg wie im Falle von Trani das Wort archiepiscopus oder archiepiscopatus nicht genannt. Dass sich Brindisi dennoch auch aus der Sicht des Papsttums im Rang eines Erzbistums und wohl zudem einer Metropole befunden haben muss, macht nicht zuletzt die Vergabe des Palliums deutlich. Die erzbischöfliche Würde Brindisis war ähnlich derer Baris griechischen Ursprungs, doch dauerte es hier im Süden Apuliens wesentlich länger, bis die Päpste eine lateinische Hierarchie etablieren konnten oder wollten. Der erste anerkannte, lateinische Erzbischof Brindisis war der von Gregor VII. eingesetzte Gregorius.450 Obwohl die Stadt wie Bari 1071 von den Normannen erobert und damit die byzantinische Herrschaft beendet worden war, hielten sich der griechische Ritus und die griechische Gemeinde weiterhin. Vielleicht erschwerte das den päpstlichen Einblick in die Region, die Einflussmöglichkeiten, möglicherweise fehlten noch entsprechende personelle Netzwerke, die in Nord- und Zentralapulien durch Schlüsselfiguren wie den ehemaligen Cavenser Mönch Elias von Bari eta­bliert waren.451 Dem Papsttum war es zudem im Allgemeinen vermutlich weniger an einer völligen Latinisierung des religiösen Lebens auf der salentinischen Halbinsel gelegen, sondern vielmehr an einer allgemeinen Anerkennung seiner selbst als kirchliches Oberhaupt und die Sicherung der Obödienz. Als Paschalis II. am 23. März 1102 Nikolaus von Brindisi, dem direkten Vorgänger Wilhelms, den Besitz der Stadt Brindisi, von Oria, Ostuni und Mesagne bestätigt hatte, war vom Pallium noch keine Rede gewesen. Nun wiederholte er 1104 zwar zunächst dieses ältere Privileg, fügte aber in den Text die Verleihung der Würde des Palliums ein. Inhaltlich hat der urkundliche Abschnitt zum Pallium wie viele andere Pallienprivilegien ein Vorbild im Formular V 45 des Liber Diurnus,452 wenn auch nur einzelne Stichworte aufgegriffen werden. Neben den obligatorischen 448 Vgl. Klewitz, Zur Geschichte der Bistumsorganisation (wie Anm. 29), S. 41. 449 Vgl. IP IX, S. 390, 19, ediert in: Kehr, Papsturkunden in Apulien (wie Anm. 143), S. 270, n. 4. 450 Vgl. IP IX, S. 388, n. *11 und n. 12 bzw. S. 401, n. 1, ediert in: Kehr, Papsturkunden in Apulien (wie Anm. 143), S. 268, n. 2. 451 Man denke hier zudem zum Beispiel an den vielfältigen Einfluss Montecassinos und seines Umfelds, siehe dazu auch das Kapitel zur Kirchweihe in Montecassino auf S. 127. 452 Siehe Liber Diurnus (wie Anm. 363), S. 101–103.

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Hochfesten und Marienfesten war auch der Festtag des Bistumspatrons Leucius ein Tag, an dem Erzbischof Wilhelm das Pallium anlegen durfte, ebenso wie zur Weihe von Kirchen und am Jahrestag seiner eigenen Weihe. Einen weiteren apulischen Erzbischof versah Paschalis II. am 2. April 1112 mit einem Pallienprivileg. Den Kardinalpriester Risus von S. Lorenzo in Damaso453 hatte der Papst eigenhändig zum Erzbischof von Bari geweiht und verlieh ihm nun auch das Palllium, wovon die im Lateran ausgestellte Urkunde zeugt.454 Kurz vor Ausstellung des Privilegs hatte vom 18. bis 23. März ebenda eine Fastensynode stattgefunden, die sich in der Hauptsache mit der Zurückweisung des sogenannten ‚Pravilegiums‘ beschäftigt hatte.455 Es ist davon auszugehen, dass spätestens im Umfeld der Synode auch über die Besetzung des erzbischöflichen Sitzes von Bari entschieden wurde, waren bei der Versammlung doch viele Kleriker aus Süditalien anwesend.456 In jedem Fall hatte sich Risus als Mitglied des Kardinalats unter den Synodalen befunden und gemeinsam mit den anderen gegen die Abmachung von Ponte Mammolo protestiert,457 in die er selbst am 11. April 1111 gezwungenermaßen hatte einwilligen müssen.458 Der Anonymus Barensis berichtet in seiner Chronik davon, dass am 14. April 1112 d. Risus intravit in Barinam sedem.459 Vermutlich war Risus im Umfeld der Synode in Rom geweiht worden, hatte vom Papst das Pallium mitsamt Privileg erhalten und war dann gen Süden in seine Bischofsstadt gezogen. Ob nun seit dem Tod des Elias von Bari im Mai 1105 der Bischofsstuhl von Bari tatsächlich für die Dauer von sieben Jahren verwaist war, bleibt im Dunkeln. Die Quellen geben keinen Aufschluss darüber, sie berichten weder von der langen Vakanz, noch von einem anderen Erzbischof in Bari.460 Anscheinend hatte man sich in der von innerstädtischen Feindschaften irritierten Stadt auf keinen neuen Kandidaten einigen können und die Lenkung des Bistums war in den Händen des Ka453 Vgl. zum Kardinalat des Risus Rudolf Hüls, Kardinäle, Klerus und Kirchen Roms 1049–1130 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 48), Tübingen 1977, S. 179, n. 3. 454 Vgl. IP IX, S. 320, n. 9, ediert im CDB V, S. 102 f., n. 58. 455 Vgl. zur Fastensynode von 1112 Gresser, Synoden und Konzilien (wie Anm. 184), S. 397–406. 456 Darunter auch Wilhelm von Brindisi und Wilhelm von Troia, vgl. MGH Const. I, S. 571 und dazu auch Gresser, Synoden und Konzilien (wie Anm. 184), S. 400 f. und S. 403. 457 Zur Anwesenheit der Kardinäle vgl. MGH Const. I, S. 571: ...celebratum est concilium Rome Lateranis in basilica Constantiniana. In quo cum domnus papa Paschalis resedisset cum […] cardinalibus… Fernerhin zur Anwesenheit des Risus vgl. ibid., S. 573: Riso tituli Sancti Laurentii in Damaso. 458 Vgl. MGH Const. I, S. 143, n. 93. 459 Siehe Anonymus Barensis, Chronicon, ed. Lodovico Antonio Muratori (Rerum Italicarum Scriptores NS 5), Mailand 1724, S. 155. 460 Laut dem Anonymus Barensis, ibid., S. 155, war Elias von Bari im Mai 1105 verstorben. Weitere Angaben zu einem anderen Bischof bis 1112 fehlen.

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thedralklerus verblieben.461 Nachdem die Personalfrage offensichtlich intern nicht geklärt werden konnte, hatte sich Papst Paschalis II. eingeschaltet und griff mit Risus auf einen Kandidaten zurück, der ihm als Mitglied des römischen Kardinalats gut bekannt gewesen sein dürfte und dem er ein gewisses Vertrauen entgegengebracht haben muss, da er ihm die Leitung eines Erzbistums überließ. Risus hatte den Papst bereits auf dessen Frankreichreise begleitet und trat noch weitere Male an dessen Seite zum Vorschein. Auch nach seiner Weihe zum Erzbischof von Bari hielt er sich einige Male nachweislich im Gefolge Paschalis’ auf, wenn jener in Benevent weilte.462 Das Protokoll des Privilegs für Risus und die Kirche von Bari hatte die päpstliche Kanzlei unter Paschalis auch bei anderen Stücken verwendet, so findet sich die Arenga Caritatis bonum est proprium gaudere profectibus aliorum auch im Privileg zur Verleihung des Palliums an Otto von Bamberg vom 15. April 1111. Die Ermahnungen gemäß dem Liber-Diurnus-Formular 45, die sich in der Urkunde an die Verleihung des Palliums anschließen, finden sich ebenfalls so auch in anderen Privilegien Paschalis’.463 Dies verdeutlicht, dass die päpstliche Kanzlei mittlerweile bereits eigene Formen für Pallienprivilegien entwickelt hatte, die dann für verschiedene Empfänger, die innerhalb einer kürzeren Zeit eine Bestätigungsurkunde erhielten, mehrfach benutzt wurden. Dabei wurde der Inhalt der Liber-Diurnus-Formeln aber eher variiert, als passagenweise wörtlich wiedergegeben. Zum ersten Mal wird einem Erzbischof von Bari auch an Mariä Lichtmess und dem Tag des Heiligen Laurentius der Gebrauch des Palliums gestattet, allerdings – und dies finden wir in den Privilegien Urbans II. noch nicht so eindeutig eingegrenzt – nur innerhalb des Kirchengebäudes und nicht bei Prozessionen.464 Das Pallium wird hier entsprechend seiner neuen Bedeutung, die es seit Alexander II. erhalten hat, auch als plenitudo pontificalis officii bezeichnet. Auffällig an dieser Urkunde ist sicherlich, dass die Suffragane und der sonstige Besitz Baris nicht mehr detailliert aufgeführt werden. Wollte Paschalis etwa die explizite konfliktverheißende doppelte Bestätigung gewisser Suffragane und Orte für Trani und Bari, die auch zu Lasten seiner Vorgänger im Amt ging, vermeiden? Eine weitere Besonderheit liegt in der erstmaligen expliziten Erwähnung der Metropolitanwürde Baris.465 Die innerstädtischen Streitigkeiten in Bari konnte auch der neue Oberhirte Risus nicht dauerhaft lösen, denn die verschiedenen Gruppierungen trugen weiterhin 461 Vgl. Cioffari, L’elezione episcopale (wie Anm. 239), S. 62. 462 Vgl. Hüls, Kardinäle, Klerus und Kirchen Roms (wie Anm. 453), S. 179. 463 Vgl. zur weiteren Verwendung des Formulars Hacke, Die Palliumverleihungen (wie Anm. 361), S. 93. 464 Vgl. CDB V, S. 103 f., n. 58. 465 Vgl. CDB V, S. 103, n. 58: Quidquid parochiarum vel metropolitano vel episcopali iure ad barensem cognoscitur ecclesiam legitime pertinere…

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untereinander Kämpfe aus.466 Der Anonymus Barensis spricht von zwei Parteiungen, deren einer ein gewisser Argiro vorstand.467 Wenn man Romuald von Salerno, der Risus sogar als Haupt einer Gruppe bezeichnet, die Krieg gegen einen gewissen Grafen Robert führte, Glauben schenken darf, nahm der Erzbischof aufgrund seiner Parteilichkeit wohl keine neutrale Position ein, um die Konflikte zu entschärfen.468 Risus selbst wurde nach der Überlieferung des Anonymus Barensis Opfer der brutalen Kämpfe in seiner Bischofsstadt: 1117 soll er nach einem Aufenthalt in Canosa auf dem Rückweg in einen Hinterhalt geraten und von Argiro ermordet worden sein.469 Die Besetzung der apulischen Bischofsstühle mit Kardinälen der römischen Kirche sollte von nun an gängige Praxis bleiben. Auch im Falle Brindisis und Sipontos wurde bewährtes und vertrauenswürdiges geistliches Personal in die bischöflichen Ämter investiert.470 Man mag darin die Absicht erkennen, in einer noch nicht vollständig romanisierten beziehungsweise in die römische Kirche integrierten Kirchenlandschaft starke Säulen der Orthodoxie und Papsttreue zu schaffen und lokalen Gegenströmungen sowie einer politischen Vereinnahmung des Episkopts entgegenzuwirken. Dies entspricht der gängigen Praxis, süditalienische Bischofsstühle mit bereits im hohen Kirchendienst erprobten Männern zu besetzen. Auch die Erzbischöfe von Benevent und Salerno entstammten dem Kardinalat.471 Quasi in entgegegengesetz466 Vgl. Anonymus Barensis, Chronicon (wie Anm. 459), S. 155: multa bella sunt commissa inter cives utriusque partis, in quibus nonnulli juvenes occisi sunt. Dazu auch Michele Garruba, Serie critica dei sacri pastori baresi, Bari 1844, S. 153, und Cioffari, L’elezione episcopale (wie Anm. 239), S. 62. 467 Vgl. Anonymus Barensis, Chronicon (wie Anm. 459), S. 155 f. 468 Vgl. Romuald von Salerno, Chronicon (wie Anm. 3), S. 206, ad a. 1113, ian.: Tunc Barenses fecerunt sibi caput et dominum Risonum archiepiscopum, et ceperunt habere guerram cum predicto Roberto comite. 469 Vgl. Anonymus Barensis, Chronicon (wie Anm. 459), S. 156: Post aliquot autem dies prememoratus Archiepiscopus ibit Canusium ad Ecclesiam B. Sabini. Ibit & predictus Argiro Tranum; ibique communicato consilio amicorum expectabat reditum Archiepiscopi, & paucis decuris diebus, paratis insidiis prope Ecclesiam B. Quirici infra Cannas [sic!], & Barolum, interfecit eum. Zu diesem Mord äußert sich in aller Kürze auch Falco von Benevent, Chronicon beneventanum (wie Anm. 321), S. 34, ad a. 1117: Hoc anno Riso Barensis archiepiscopus ab Argiro cive Barensi trucidatus est in via Canosina. 470 Zur mehrfachen Einsetzung von Kardinälen auf unteritalienischen Bischofsstühlen vgl. KAMP, Der unteritalienische Episkopat (wie Anm. 18), S. 108, sowie Kamp, Soziale Herkunft und geistlicher Bildungsweg (wie Anm. 79), S. 101 f. 471 Beispielsweise Landulf, von Paschalis II. zum Kardinalpresbyter von S. Lorenzo in Lucina erhoben und 1108 zum Erzbischof von Benevent geweiht. Fernerhin Romuald von Salerno, der ebenfalls von Paschalis zum Kardinaldiakon von S. Maria in Via lata bestellt worden war und 1121 zum Oberhirten der Kirche von Salerno geweiht wurde; Lombardus, unter Alexander III.

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ter Richtung ernannten die Päpste Äbte aus dem Mezzogiorno zu Kardinälen, zum Beispiel jene Oberhirten des Klosters Montecassino.472 Die Kanzlei Calixts II. verwendete dieselben Arengen bei mehreren Urkunden, die neben Bestätigungen von Besitzen und Rechten auch das Pallium verliehen. So erhielt am 6. November 1120 Bisantius (II.) von Trani ein Privileg mit der Arenga Dignitatem vel ecclesiis vel personis,473 ebenso wie beispielsweise einige Monate vorher der Erzbischof Bruno von Trier.474 Es mag kaum überraschen, dass auch dieses Stück inhaltliche Analogien zum Liber Diurnus-Formular aufweist. Wie der Narratio der Urkunde zu entnehmen ist, war Bisantius offensichtlich nicht selbst nach Troia gekommen, wo sich der Papst Anfang November 1120 aufhielt, sondern hatte den Kardinaldiakon Baialardus475 beauftragt, an seiner statt um das Pallium und die Besitzbestätigung zu bitten. Warum Bisantius nicht selbst den Weg nach Troia auf sich genommen hatte, ist nicht zu klären, ebenso wenig, in welchem Verhältnis der Erzbischof von Trani und der Kardinaldiakon Baialardus standen. Bekannt ist nur, dass Baialardus weitere Beziehungen in die Region Apulien unterhalten haben könnte, denn Anfang 1122 begegnet er uns als Erzbischof von Brindisi,476 zu dem

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Kardinalpresbyter von S. Ciriaco, seit 1171 Erzbischof von Benevent, vgl. Klaus Ganzer, Die Entwicklung des auswärtigen Kardinalats im hohen Mittelalter. Ein Beitrag zur Geschichte des Kardinalkollegiums vom 11. bis 13. Jahrhundert (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 26), Tübingen 1963, S. 63 ff., 72 ff., 121 ff. Exemplarisch seien hier genannt: Desiderius von Montecassino, siehe zu ihm ausführlich Kapitel 2.3.1 Kirchweihe in Montecassino 1071; Oderisius I., 1087 von Viktor III., dem genannten ehemaligen Abt Desiderius, 1087 als Nachfolger auf dem Abtsstuhl von Montecassino eingesetzt und von Urban II. geweiht und auch zum Kardinalpresbyter erhoben; ferner sein Namensvetter Oderisius II., der von Paschalis II. zum Kardinaldiakon von S. Agatha erhoben und erst später, im Jahr 1123, Abt von Montecassino wurde; zudem Rainald, seit 1137 Abt der Mönchsgemeinschaft und seit 1145 Kardinalpresbyter, vgl. Ganzer, Die Entwicklung (wie Anm. 471), S. 43 ff., 75 ff., 94 ff. sowie Barbara Zenker, Die Mitglieder des Kardinalkollegiums von 1130 bis 1159, Würzburg 1964, S. 191 f. Vgl. Le carte (wie Anm. 113), S. 72, n. 28. JL 6798, vgl. dazu Hacke, Die Palliumverleihungen (wie Anm. 361), S. 93. Baialardus war erst wenige Monate vorher, am 11. Juni 1120 von Calixt in den Reigen der Kardinaldiakone aufgenommen worden, siehe dazu Hüls, Kardinäle, Klerus und Kirchen Roms (wie Anm. 453), S. 245. Vgl. das Privileg für Baialardus vom 22. Februar 1122, ediert in Bullaire (wie Anm. 270), Bd. 2, S. 7, n. 281. Falsch hingegen scheint der Vermerk Pandulfs im Liber Pontificalis zu sein, wonach Baialardus in der Würde eines Erzbischofs von Brindisi am 10. März 1118 als einer der Konsekratoren Gelasius’ II. in Gaeta fungierte, vgl. LP II, S. 315, da Calixt II. selbst ihn noch am 6. November 1120 als diaconus sedis nostre bezeichnet (vgl. Le carte (wie Anm. 113), S. 72, n. 28) und es üblich war, das Amt als Kardinal mit der Übernahme eines Bischofsamtes zu verlieren, siehe auch Anm. 481. Zu Pandulfs Irrtum vgl. auch Ganzer, Die Entwicklung (wie Anm. 471), S. 75.

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ihn Papst Calixt II. selbst geweiht hatte. Der Pontifex kam damit einer Bitte der Gräfin Sikelgaita von Conversano und ihres Sohnes Tankred nach,477 was zumindest eine nominelle Bekanntschaft der Grafen von Conversano mit dem Kardinaldiakon vermuten lässt. Die Aufzählung des bestätigten Besitzes in der päpstlichen Urkunde vom 6. November 1122 zeigt, dass sich Trani nun offenbar mit seiner eigenen Diözese, den beiden Suffraganen Andria und Bisceglie sowie den Orten Corato und Barletta begnügte oder begnügen musste und somit die konfliktträchtige Doppelvergabe an Trani und Bari behoben war. Auch weitere päpstliche Privilegien für Bari enthalten im 12. Jahrhundert keine Spur mehr von Ansprüchen auf Trani.478 Der bereits erwähnte Kardinaldiakon Baialardus wurde von Calixt 1121 oder 1122 zum Erzbischof von Brindisi geweiht.479 In einem in Benevent ausgestellten Schreiben des Papstes an Gräfin Sikelgaita und ihren Sohn Tankred von Conversano vom 22. Februar 1122 verkündete der Papst, dass er gemäß der Bitte der beiden Adeligen die Weihe vollzogen habe.480 Weshalb Sikelgaita und Tankred um die Einsetzung des Baialardus gebeten hatten, bleibt unbekannt. Vermutlich war Baialardus in Apulien kein Unbekannter, wie seine Intervention für den Erzbischof von Trani erahnen lassen. Offenbar war es sowohl den lokalen Potentaten als auch Calixt II. daran gelegen, eine vertrauenswürdige Person in den Krisenherd Brindisi zu schicken,481 wo der Konflikt um den Sitz des Erzbischofs noch immer nicht gelöst war.482 Bereits Paschalis II. hatte einen Mann aus seinem Kardinalskollegium als Erzbischof in

477 Vgl. einen Brief Calixts an Sikelgaita und Tankred, worin er ihnen die Weihe des Baialardus mitteilt, ediert in Kehr, Papsturkunden in Apulien (wie Anm. 143), S. 273, n. 8. 478 Vgl. dazu unter anderem Caspar, Kritische Untersuchungen (wie Anm. 410), S. 271. 479 Höchstwahrscheinlich schied Baialardus nach der Weihe zum Erzbischof aus dem Kardinalskollegium aus, siehe dazu Ganzer, Die Entwicklung (wie Anm. 471), S. 187–189. 480 Vgl. Kehr, Papsturkunden in Apulien (wie Anm. 143), S. 273, n. 8. 481 Ganzer führt drei Gründe dafür an, einem Kardinal einen Bischofssitz anzuvertrauen: „Es wurden diesen Männern, die sich als Kardinäle in der Umgebung des Papstes bewährt hatten, und die als zuverlässige Parteigänger gelten konnten, öfter Bischofssitze anvertraut, die eines sicheren Mannes bedurften, weil sie der gegnerischen Obödienz entrissen worden waren oder weil es galt, sie für die eigene Obödienz erst zurückzugewinnen oder weil sie als politische Brennpunkte besonders wichtig waren“, siehe Ganzer, Die Entwicklung (wie Anm. 471), S. 190. Im Fall Brindisis trifft sicherlich zumindest der letzte Punkt zu. 482 Die Rückverlegung des Bischofssitzes von Oria nach Brindisi durch Urban II. 1089 hatte ein Schisma zur Folge gehabt. Der Konflikt hielt über Jahrzehnte an, vgl. unter anderem Hans-Walter Klewitz, Studien über die Wiederherstellung der römischen Kirche in Süditalien durch das Reformpapsttum, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 25 (1933–34), S. 105–157, sowie Tommaso Pedio, La chiesa di Brindisi dai Langobardi ai Normanni, in: Archivio Storico Pugliese 28 (1975), S. 3–47, S. 42 ff.

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Brindisi eingesetzt.483 Calixt scheint mit seiner Wahl das richtige Gespür besessen zu haben, denn seit der Weihe des Baialardus bis hin zum Pontifikat Alexanders III. sind tatsächlich keine weiteren Urkunden, Briefe oder sonstige Notizen vorhanden, die von weiteren päpstlichen Eingriffen in den bis dahin langwierigen Streit zeugen. Der einstige Kardinaldiakon mochte den Konflikt vorerst eingedämmt haben. Indes scheint er nicht vollständig gelöst worden zu sein, keimte der Streit doch spätestens in den 1170er Jahren wieder auf.484 Zusammen mit der Nachricht an Gräfin Sikelgaita und deren Sohn stellte Calixt II. am 22. Februar 1122 ein Privileg für Baialardus aus, worin die Verfügungen Paschalis’ II. für Brindisi wiederholt werden und wodurch den Besitzungen überdies der Ort Carovigno, südöstlich von Ostuni gelegen, hinzugefügt wurde.485 Formell ist es ähnlich aufgebaut wie jenes für Bisantius (II.) von Trani, wobei auch in diesem Stück direkte Hinweise darauf zu finden sind, dass Baialardus den Papst um das Pallium gebeten hätte, nämlich justis votis justisque petitionibus, so die Arenga.486 Als Ausstellungsort ist, wie im Schreiben an Sikelgaita, Benevent genannt. Es ist deshalb davon auszugehen, dass das Pallium selbst ebenfalls in Benevent verliehen wurde – Calixt führte es wohl mit sich, ähnlich, wie es wahrscheinlich Urban II. im Herbst 1089 getan hatte, als er das Pallium vor Ort an Elias von Bari vergeben hatte. Es ist auch in diesem Fall nur selbstverständlich, dass der Erzbischof von Brindisi beim Papst um das Pallium gebeten hatte. Zum einen stand er jenem aufgrund seiner Mitgliedschaft im Kardinalskollegium ohnehin relativ nahe und trug die kirchenrechtlich gestützten Bestimmungen, denen zufolge ein Metropolit den Papst binnen dreier Monate um das Pallium zu ersuchen hätte, inhaltlich vermutlich mit, zum anderen konnte das Pallium dem Baialardus, wie schon dessen Vorgänger Wilhelm, zur Stärkung seiner Würde gerade im Streit mit dem Klerus von Oria dienen. Während der Dauer des 1130 entstandenen Schismas verlieh Gegenpapst Anaklet II. noch in seinem ersten Pontifikatsjahr Hubaldus von Trani das Pallium. Der Süden Italiens stand bekanntermaßen hinter Anaklet. Diese Parteinahme riss auf lange Sicht einen tiefen Graben zwischen die Prälaten Unteritaliens und die später als rechtmäßig anerkannten Päpste. So verwundert es kaum, dass weder Innozenz II. 483 Vgl. dazu auch Kehr, Papsturkunden in Apulien (wie Anm. 143), S. 272, n. 6. Aufgrund der Probleme bei der Datierung der maßgeblichen Urkunde lässt sich nicht nachweisen, ob hiermit Nikolaus oder Wilhelm von Brindisi gemeint war. Für Wilhelm spricht, dass er im Gegensatz zu Nikolaus mit dem Pallium ausgestattet wurde. Ganzer, Die Entwicklung (wie Anm. 471), S. 57, geht davon aus, dass dies ebenfalls zur „Stärkung der Stellung von Brindisi“ geschehen war. 484 Vgl. IP IX, S. 394, n. 38, S. 395, n. 39. 485 Vgl. Edition der Urkunde in Bullaire (wie Anm. 270), Bd. 2, S. 7, n. 281. 486 Eine weitere Stelle, die auf die Petition hindeutet, findet sich naturgemäß in der Narratio: Tuis igitur, Brundusinae ecclesiae […] pacem ac stabilitatem praesentis decreti auctoritate sancimus….

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noch sein Nachfolger Coelestin II. Privilegien für die Metropoliten Apuliens ausstellten – und jene hatten wohl auch nicht in Rom darum gebeten. Ebenso sind keine weiteren Verleihungen von Pallien von Seiten Anaklets bekannt, was auch mit der Überlieferungssituation zusammenhängen kann – es mag wenig nützlich gewesen sein, Privilegien eines ‚Gegenpapstes‘ aufzubewahren und vorzuweisen, erwiesen sich sich doch im Nachhinein als ebenso unrechtmäßig wie ihr Aussteller. Erst von Lucius II. ist wieder eine Urkunde erhalten, mit der er dem von ihm geweihten Erzbischof Lupus von Brindisi dessen Besitz bestätigte und ihm das Pallium verlieh.487 Dabei wiederholte er die Privilegien von Calixt II. und Paschalis II. für Brindisi, bestätigte also Brindisi, Oria, Ostuni, Carovigno und Mesagne sowie den Zehnt aus der Stadt und dem Hafen von Brindisi, der der Kirche von Brindisi vom Grafen Goffred und dessen Frau Sikelgaita geschenkt worden war und ihr nun von den beiden Söhnen des verstorbenen Paares, Alexander und Tankred, dargebracht wurde. Der Passus zum Pallium änderte sich im Vergleich mit den Vorgängerurkunden nicht, ebenso wenig die genannten Feiertage, an denen die Schärpe angelegt werden durfte. Wir sehen also, dass sich Lucius hier voll und ganz auf die Vorgaben seiner rechtmäßigen Vorgänger stützte. Das Schriftstück wurde von den beiden Kardinalpresbytern Guido von S. Lorenzo in Damaso488 und Manfred von S. Sabina489 unterzeichnet. Dies ist bemerkenswert, weil es sich dabei um die erste Urkunde zur Verleihung eines Palliums für apulische Empfänger handelt, die mit Kardinalsunterschriften versehen ist beziehungsweise deren Kardinalsunterschriften überliefert sind.490 Papst Eugen III. stellte am 7. Dezember 1150 ein Privileg für Bisantius (III.) von Trani aus. Schon die Arenga ist speziell auf die Erzbischöfe und deren Bistümer zugeschnitten: …ex iniuncto nobis officio fratres nostros archiepiscopos debemus diligere et ecclesiis sibi commissis suam iustitiam conservare.491 Dem Regelfall entsprechend wurde das Privileg auf Bitten des Bisantius und nach dem Vorbild der Urkunde von Papst Calixt II. verfertigt, wobei Eugen die Kirche von Trani unter den Schutz des

487 Vgl. IP IX, S. 393, n. 34 und die Edition im Codice diplomatico Brindisino, Bd. 1: 492–1299, ed. Gennaro Maria Monti, Trani 1940, S. 29, n. 16, wo die Urkunde fälschlicherweise auf 1144 datiert wird. Allerdings saß Lucius II. am 3. Januar 1144 noch nicht auf der Cathedra Petri. 488 Zu Guido von S. Lorenzo in Damaso, der 1149 zum Kardinalbischof von Ostia erhoben wird, siehe Zenker, Die Mitglieder (wie Anm. 472), S. 20 f. 489 Über Manfred von S. Sabina ist nichts Genaueres bekannt, vgl. ibid., S. 94. 490 Dieses Privileg ist als Insert in einem Transsumpt von 1542 überliefert. 491 Siehe Le carte (wie Anm. 113), S. 104, n. 66.

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Heiligen Petrus stellte und ihren Besitz bestätigte.492 Der usus pallii wurde dem Erzbischof an den üblichen Hochfesten gewährt, an den Festtagen derjenigen Heiligen, deren Körper in der Bischofskirche ruhen,493 sowie anlässlich der Weihen von Kirchen, Altären und Klerikern. Als diplomatische Besonderheit fällt bei diesem Stück die Unterschriftenliste ins Auge. Zwar wurde auch schon das oben erwähnte Privileg Lucius’ II. im Gegensatz zu den überlieferten Urkunden mit eingeschlossener Palliumsverleihung für den apulischen Raum aus vorhergehender Zeit von zwei Kardinälen unterzeichnet, doch ist die Liste in diesem Fall auf zwölf Unterzeichnende angewachsen. Zwei Kardinalbischöfe, Imarus von Tusculum und Nikolaus von Alba, drei Kardinalpriester494 und sieben Kardinaldiakone495 bezeugten handschriftlich dieses Privileg. Das Formular zur Verleihung des Palliums, das wie im Falle aller hier untersuchten Pallienprivilegien mit einem Bestätigungsprivileg einhergeht, orientierte sich nun nicht mehr sonderlich am Liber Diurnus beziehungsweise variierte die dort verwendeten Motive sehr frei, ist aber dennoch in der Dispositio recht standardisiert aufgebaut. Der Arenga, die inhaltlich grundsätzlich durchaus stark variieren konnte, folgte zumeist ein Hinweis auf die Petitio, die – wenn nicht durch einen Intervenienten erledigt – in der Regel vom Empfänger persönlich beim Papst vorgebracht werden musste. Die Dispositio wird in diesem Beispiel für Trani angeführt von der Bestätigung des Erzbistums und seiner Pertinenzien beziehungsweise Suffragane.496 Erst dann folgt die Erlaubnis zum Gebrauch des Palliums an den vorgeschriebenen Tagen, die im Anschluss aufgelistet werden, gefolgt von den damit verbundenen Ermahnungen zur moralischen Amtsführung des Palliumsinhabers. Anders gestaltet sich dies bei einem Privileg, das derselbe Papst, Eugen III., am 18. März 1152 in Segni für Erzbischof Johannes (V.) von Bari ausstellte.497 Der Norm entsprechend wird die Petitio gewürdigt, wobei sogar ausdrücklich erwähnt wird, 492 Vgl. ibid.: Quo circa venerabilis frater Bisanti archiepiscope Tranensis iustis tuis postulationibus gratum impertientes assensum predecessorum nostrorum felicis memorie Calixti Pape et ceterorum vestigiis inherentes. sanctam tranensem ecclesiam […] sub beati Petri et nostra protectione suscipimus et presentis scripti privilegio communimus. 493 Die Formulierung in tua ecclesia an dieser Stelle könnte auch bedeuten, dass das gesamte Territorium der Kirche von Trani gemeint ist und damit alle confessores eingeschlossen sein könnten, deren Gebeine in der gesamten Erzdiözese vorhanden waren. 494 Hubaldus von S. Prassede, Aribert von S. Anastasia und Julius von S. Marcello. 495 Otto von S. Giorgio in Velabro (ad velum aureum), Octavian von S. Nicola in Carcere, Johannes Paparo von S. Adriano, Gregor von S. Angelo, Johannes von S. Maria Nuova, Guido von S. Maria in Porticu, Johannes von SS. Sergio e Bacco. 496 In manchen Fällen werden an dieser Stelle auch besondere Rechte bestätigt. 497 Die Datierung wurde übernommen aus IP IX, S. 321, n. 13, während die Editoren des Codice diplomatico Barese die Urkunde auf 1151 datieren, siehe CDB I, S. 94, n. 49. Allerdings hielt sich

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dass Johannes persönlich zum Papst gekommen sei und mündlich von der Lage seiner Kirche berichtet habe.498 Johannes befand sich nämlich in einer prekären Situation, denn barensis Ecclesie privilegia furtive fuisse sublata, und es wäre ihm, Johannes, auch nicht studio multo möglich gewesen, sie wiederzufinden.499 Aus Angst um die Würde seiner Kirche habe sich der Erzbischof intensis precibus an den Apostolischen Stuhl gewandt, um ein Privileg zu erhalten, welches den Gebrauch des Palliums erlaube und worin auch die Suffragane Baris bestätigt würden.500 In der daraufhin verfertigten päpstlichen Urkunde wurde die Reihenfolge der vorgetragenen Bitten beibehalten: an erster Stelle die Bestätigung des usus pallii und die Auflistung der Festtage, an denen das Pallium getragen werden durfte,501 im Anschluss die typischen an die Pallienvergabe geknüpften Ermahnungen und erst dann folgen in aller Kürze die Bestätigungen, wobei ausdrücklich auf die Metropolitanrechte Baris eingegangen wurde.502 Andria wurde in dieser Besitzliste nicht mehr aufgeführt und somit das Problem der doppelten Vergabe Andrias an Trani und Bari nicht erneut hervorgerufen. Wahrscheinlich hatte man aufgrund des Fehlens der älteren Urkunden aus Bari die Aufzeichnungen zu den apulischen Bistümern in der päpstlichen Kanzlei eingesehen und zum Vergleich herangezogen. Angesichts der

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Eugen III. im März 1151 nicht in Segni auf, sondern in Ferentino, vgl. JL II, S. 71 f. In Segni ist er erst ab Juli 1151 nachweisbar, wo er bis Mitte Oktober 1152 verweilt, vgl. JL II, S. 73–81. Vgl. CDB I, S. 94, n. 49: Veniente te venerabilis in christo frater ad nostram presentiam. et ecclesie tue statum ore proprio indicante…. Siehe ibid. Vgl. ibid.: Unde ne per amissionem munimentorum ecclesia ipsa futuris temporibus sua se doloret dignitate fraudari; a sede apostolica intensis precibus humiliter postulasti. ut de usu pallei privilegium tibi concederet. in quo etiam eiusdem ecclesie suffraganeos tibi tuisque successoribus confirmaret. Im Übrigen wird genau jenes Privileg auch häufig in die Diskussion um die Echtheit der Privilegien für Bari und Trani aus dem 11. und Anfang des 12. Jahrhunderts eingebracht. Vielfach wird vermutet, dass Johannes Skrupel gehabt hätte, die verfälschten Urkunden seiner Amtsvorgänger zur Bestätigung vorzulegen und deshalb einen Verlust vorgetäuscht hätte, vgl. unter anderem Pratesi, Alcune diocesi di Puglia (wie Anm. 411), S. 242: „Anche Bari […] non potrà vantare a lungo tutte le concessioni di Urbano II: col passare del tempo i nodi vengono al pettine e quando l’arcivescovo Giovanni, nel 1152, vorrà farsi confermare da Eugenio III i privilegi precedent, non avrà l’animo di esibire le bolle di Giovanni XIX, di Alessandro II e di Urbano II…“. Außer zu den üblichen Hochfesten, den Festtagen des Hl. Sabinus und Hl. Nikolaus und dem Translationstag des Letzteren, Bischofs-, Kirch- und Klerikerweihen, durfte Johannes das Pallium auch zur Segnung von Äbten tragen. Diese Regelung findet sich in keinem früheren der untersuchten Privilegien. Vgl. CDB I, S. 94 f., n. 49, hier S. 95: Praeterea […] episcopatus auctoritate apostolica confirmamus. et iure metropolitano subiacere decernimus Cupersanum. Polinianum. Botuntum. Bitectum. Rubum. Iuvenatium. Melfita. Canne. Salpia. Lavellum. Minerbinum. et Catera in transmarinis partibus constituta. Es handelt sich hierbei um zwölf Suffragane, die auch im Liber Censuum in dieser Weise auftauchen und erneut an die Stelle bei Pseudopelagius in den Pseudoisidorischen Fälschungen erinnern, vgl. dazu Decretales Pseudo-Isidorianae (wie Anm. 417), S. 724.

2. Bindung: Apulische Prälaten zu Gast beim Papst

Besitzbestätigungen für Trani war vermutlich zu erkennen, dass Andria nicht zum Erzbistum Bari gehörte. Deshalb ist diese Urkunde, so urteilt auch Klewitz, von besonderem Wert, da sie unverfälscht den Besitzstand Baris jener Zeit wiedergibt.503 Zehn Kardinäle bezeugten das Rechtsmittel mit ihrer Unterschrift.504 Mit dieser Urkunde wurde formal die bisher angewandte Reihenfolge der Urkundenelemente – zuerst die Besitzbestätigung, dann das Pallium – umgekehrt und der Vergabe des Palliums wesentlich mehr Raum in der Urkunde gegeben. Der hier privilegierte Erzbischof Johannes (V.) von Bari hatte seine Würde vermutlich 1151 erhalten und damit in Bari eine für die römische Kirche untragbare Situation beendet.505 Denn im dortigen erzbischöflichen Palast hatten chaotische Zustände geherrscht: Nachdem Papst Innozenz II. den von seinem Antagonisten Anaklet II. geweihten Erzbischof Angelus im Juni 1137 vor Ort abgesetzt und an seiner statt einen gewissen Johannes eingesetzt hatte, war das Problem damit keinesfalls gelöst. Offensichtlich, so weiß Ughelli ohne Angabe von Quellen zu berichten, waren Angelus und Johannes befreundet und von gleicher Art, sodass sie die Kirche von Bari von nun an gemeinsam leiteten. 1151 jedoch griff Eugen III. ein und setzte beide Männer ab.506 Wann genau der neue Erzbischof Johannes (V.), der frei503 Siehe Klewitz, Zur Geschichte der Bistumsorganisation (wie Anm. 29), S. 34 f. 504 Davon entfallen sieben Unterschriften auf Kardinalpriester [Gregor von S. Callisto, Julius von S. Marcello, Hubaldus von S. Croce in Gerusalemme, Guido von S. Pudenziana (titulus Pastoris), Roland von S. Marco, Gerhard von S. Stefano in Celio Monte (= S. Stefano Rotondo), Johannes von S. Martino ai Monti (titulus Equitii)] und drei auf Kardinaldiakone (Otto von S. Giorgio in Velabro, Rudolf von S. Lucia, Johannes von SS. Sergio e Bacco), vgl. CDB I, S. 94 f., n. 49. 505 Zu Erzbischof Johannes (V.) von Bari siehe vor allem Garruba, Serie critica (wie Anm. 466), S. 176–181 sowie I documenti inediti dell’epoca normanna in Sicilia, ed. Carlo Alberto Garufi (Documenti per servire la storia di Sicilia, Ser I 13), Palermo 1899, S. 329 f. Beide berichten, dass sich Johannes kaum in Bari aufgehalten und in Apulien nur flüchtige Spuren hinterlassen habe. Die meisten Zeugnisse über ihn stammten aus Sizilien, wo er auf Wunsch König Rogers II. die Diözese Girgenti besucht und dort zwei Kirchen geweiht habe. Wahrscheinlich sei er nach dem Tode Rogers nicht dem neuen König Wilhelm I. aufs Festland gefolgt, sondern auf Sizilien geblieben, wofür einige von ihm bezeugte Urkunden aus den Jahren 1157, 1158 und 1164 sprächen. Vermutlich hatte Erzbischof Johannes ein wichtiges Amt am Hofe Wilhelms I. inne. 506 Siehe dazu Ferdinando Ughelli, Italia Sacra sive de episcopis Italiae, et insularum adjacentium. Tomus Septimus, Venedig 21721, Sp. 619: Angelus […] ab Anacleto munus consecrationis accepit die 5. Novembris 1131 assistente Rogerio Duce tunc ab Anacleto in Regem Siciliae coronato. Caeterum Innocentius tanquam Barensis Ecclesiae invasorem, ac schismaticum ejecit de Sede, alterumque, cui nomen Joannis erat, in eam substituit sedem. Zur Doppelregentschaft des Erzbistums siehe weiter ibid.: composita deinde pace inter Innocentium, ac Rogerium Angelus, & Joannes, ut erant in moribus similes, ad invicem facti sunt amici, simulque Barensem Ecclesiam non sine bonorum scandalo ex Rogerii Regis auctoritate rexerunt ad annum usque 1151. quo ab Eugenio III. Pontifice, uterque dejectus, ac deturbatus est de sede. Sowie fernerhin ibid., Sp. 621: Joannes dejecto Angelo ab Innocentio II. Archiepiscopalem Sedem Barensem accepit, sed cum deinde foede eam rexisset, una cum ipso Angelo ab Eugenio III. depositus est, anno 1151. Allerdings legt Ughelli seine Quellen für diese In-

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lich nicht identisch mit dem abgesetzten Namensvetter war, in sein Amt investiert wurde, ist nicht genau zu bestimmen, möglicherweise im Februar 1151.507 Es ist aufgrund der lückhaften Quellenlage nicht klar, ob Johannes das Pallium schon vor Ausstellung des Privilegs von 1152 empfangen hatte und nun, nach dem Verlust der schriftlichen Bestätigung, jene wieder zu erhalten suchte. In diesem Fall könnte man konstatieren, dass nicht nur das Pallium an sich eine wichtige Insignie für den Metropoliten darstellte, die die Ausübung seiner Metropolitanrechte legitimierte, sondern auch die rechtswirksam in der Urkunde festgehaltene Erlaubnis zum Gebrauch des Palliums von großer Bedeutung war. Vielleicht aber war es dem Erzbischof schlichtweg nicht möglich gewesen, gemäß den kanonischen Vorgaben zu einem früheren Zeitpunkt beim Papst um das Pallium zu bitten – vielleicht, weil die mühevolle Suche nach den verlorenen Urkunden lange Zeit kein Ergebnis gebracht hatte und Johannes sich nicht ohne Schriftstücke an Eugen III. hatte wenden wollen. Wie die genauen Umstände auch gewesen sein mögen – an dem Privileg für Johannes V. von Bari wird deutlich, dass auf die besondere Situation des Petenten individuell eingegangen wurde und die päpstliche Kanzlei in diesem speziellen Fall nicht die übliche urkundliche Form beziehungsweise Reihenfolge benutzte, die sonst bei einer Bestätigung von Besitz und Pallium zur Anwendung kam. Ein nach der weithin gängigeren Reihenfolge aufgebautes Privileg mit eingeschlossener Palliumsverleihung ist aus dem Pontifikat Hadrians IV. überliefert. Es wurde am 22. Januar 1158 für den Erzbischof Bertrand von Trani in Rom ausgestellt. Expressis verbis beruft sich Hadrian darin auf seine Vorgänger im päpstlichen Amt, darunter Alexander II. und Urban II., stellt die Kirche von Trani unter seinen und den Schutz des Heiligen Petrus und bestätigt alle gegenwärtigen und zukünftigen Besitzungen der Kirche von Trani, namentlich Trani selbst, Corato, Andria, Barletta und Bisceglie, die der Kirche von Trani durch Metropolitanrecht unterworfen seien, das an dieser Stelle wörtliche Erwähnung findet, ähnlich wie in der Urkunde Eugens III. für Johannes von Bari von 1152. Der usus pallii wird Betrandus an den üblichen Festtagen gestattet, wobei einmal mehr bemerkenswert ist, dass der Stadtpatron Tranis, Nikolaus Peregrinus, immer noch nicht namentlich genannt wird, wenn die Palliformationen nicht offen. Vergleiche Wilhelm Bernhardi, Lothar von Supplinburg. Neudruck der 1. Auflage von 1897 ( Jahrbücher der Deutschen Geschichte), Berlin 21975, S. 712. 507 Laut Ughelli, Italia Sacra (wie Anm. 506), Sp. 622, fand die Weihe Johannes’ V. von Bari am 17. Februar 1151 statt, während Pius Bonifacius Gams, Series episcoporum Ecclesiae Catholicae, Unveränderter Abdruck der 1886 erschienenen Ausgabe, Graz 1957, S. 856, Garruba, Serie critica (wie Anm. 466), S. 176, und ihm wohl folgend Carlo Alberto Garufi, Per la storia dei sec. XI e XII. Miscellanea diplomatica, I conti di Montescaglioso. I. Goffredo di Lecce signor di Noto, Scalfani e Caltanissetta, in: Archivio storico per la Sicilia orientale 9 (1912), S. 324–365, S. 329, vom 12. Februar 1151 ausgehen.

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entage zur Aufzählung kommen. Diese Praxis steht damit in deutlichem Gegensatz zu den Pallienprivilegien für Brindisi und Bari, worin deren Patrone Leucius von Brindisi beziehungsweise Nikolaus von Myra-Bari und Sabinus von Canosa stets speziell gewürdigt werden.508 Das Eschatokoll beinhaltet, wie es nun auch für diese Gattungen von Privilegien zur Regel geworden war, die Kardinalsunterschriften.509 Alexander III. wiederholte dieses Privileg für Bertrand von Trani am 28. Januar 1177 während seines Aufenthaltes in Siponto und fügt den bisherigen Besitzungen das Kloster S. Maria de Colonia hinzu.510 Noch drei weitere Pallienprivilegien stellte Alexander III. für apulische Metropoliten aus. Am 25. Juni 1171 bestätigte er dem Erzbischof Lupus von Brindisi, der schon von Lucius II. das Pallium erhalten hatte, den Gebrauch desselben an den üblichen Festen und auch am Tag des Stadtpatrons Leucius sowie den Besitz von Oria, Ostuni, Carovigno und Mesagne und unter anderem den Zehnt aus der Schenkung des Grafen Gottfried und seiner Frau Sikelgaita.511 In dieser Urkunde wird nicht das Metropolitanrecht, sondern lediglich das ius episcopale erwähnt, was allerdings nicht zu dem Schluss führen sollte, dass es sich bei Brindisi in dieser Zeit nur um einen Bischofs-, nicht um einen Metropolitansitz handelte. Vielmehr ist der Begriff ‚ius episcopale‘ an dieser Stelle wohl allgemeiner zu verstehen. Insgesamt ist die Urkunde recht ausführlich formuliert, weist aber sonst keine weiteren Besonderheiten auf. Im beinahe gleichen Wortlaut wie 1171 für Lupus von Brindisi erteilt Alexander III. am 28. Juni 1173 dem Erzbischof Wilhelm (II.) von Brindisi ein Privileg, verleiht ihm darin das Pallium und erweitert den bisherigen Besitz um Villam Pazani. Suburbium Sancti Cathaldi ante Oriam […] Quartam omnium defunctorum in tua parrochia de judicio quod faciunt pro anima sua.512

508 Übrigens erhielt Bertrand von Trani nur ein gutes Jahr später erneut ein Privileg aus der Kanzlei Hadrians ( JL 10562; IP IX, S. 293, n. 12), in dem das Pallium aber nicht erwähnt wird, sondern es vor allem um die Bestätigung einer portio oblationum geht. Vielleicht wollte sich der Erzbischof nur diesen Besitz bekräftigen lassen, war ihm der lebenslange Gebrauch des Palliums doch schon vorher urkundlich gestattet worden. 509 Elf Kardinäle unterschreiben, darunter ein Kardinalbischof, sechs Kardinalpresbyter und vier Kardinaldiakone, vgl. Le carte (wie Anm. 113), S. 108 ff., n. 46, hier speziell S. 110. 510 Vgl. JL 12772, IP IX, S. 295, n. 19, Edition in: Le carte (wie Anm. 113), S. 143, n. 47. Der Text ist fast wörtlich aus der Urkunde Hadrians IV. für Trani übernommen, allerdings ist das Verhältnis von Kardinalbischöfen, -priestern und -diakonen in der Liste der Kardinalsunterschriften ein anderes. Während hier gleich vier Kardinalbischöfe, drei -priester und vier -diakone unterschreiben, waren es im Privileg Hadrians ein Kardinalbischof, sechs Kardinalpriester und vier Kardinaldiakone. 511 Siehe CDBrind I (wie Anm. 487), S. 33 ff., n. 18 und IP IX, S. 394, n. 36. 512 Siehe ibid., S. 35 ff., n. 19 und IP IX, S. 394, n. 37.

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Der neue gewählte Erzbischof Rainald von Bari erhielt am 28. Juni 1172 ein von Alexander III. in Tusculum ausgestelltes Privileg, welches ihm den Besitz der Kirche von Bari und den Gebrauch des Palliums bestätigt.513 Erstaunlicherweise wird darin unter den Suffraganen Baris wieder Andria aufgelistet, obwohl bereits Eugen III. in Anbetracht des offenbar verloren gegangenen baresischen Urkundenmaterials Andria nicht mehr an Bari, sondern ausschließlich an Trani vergeben hatte.514 Die alte Interferenz ergab sich damit von neuem, was wiederum die Frage aufwirft, welchen Quellenmaterials sich das päpstliche Kanzleipersonal nun bei der Privilegierung Baris bedient hatte. Offensichtlich wurde nicht jenes Stück für Johannes (V.) von Bari von 1152 als Vorlage verwendet. Der Urkundentext gibt eine mögliche Erklärung: ad exemplar sancte recordationis predecessorum nostrorum Alexandri secundi et Urbani secundi Romanorum Pontificum stellte Alexander III. die Kirche von Bari unter seinen und den Schutz des Heiligen Petrus und erteilte das vorliegende Privileg. Andria wurde demnach aus der Urkunde Urbans II. für Elias von Bari übernommen, Vitalba und Cisterna, die bei Eugen III. ebenfalls nicht mehr aufgeführt worden waren, auch aus jener Alexanders II. für Andreas von Canosa-Bari. Hatte Erzbischof Rainald von Bari nun doch die alten, mutmaßlich verfälschten Privilegien, die seinen Vorgängern erteilt worden waren, wiedergefunden und vorzeigen können? Wollte der Erzbischof gar wissentlich überholte Ansprüche geltend machen? Oder hatte man nicht in Bari, sondern an der Kurie auf die älteren Dokumente zurückgegriffen? In dieser mehr als fragwürdigen Situation scheint nur eines klar, nämlich die ungenügende Überprüfung der rechtlichen Sachverhalte seitens der Kurie, die bei Formulierung des Privilegs für Rainald offenbar ihre eigene Überlieferung nicht ausreichend zu Rate gezogen hatte oder nicht zu Rate ziehen konnte. Wenden wir uns angesichts der offenen, nicht gänzlich beantwortbaren Fragen einer weiteren Textstelle der Urkunde zu, die sich einem anderen Konflikt widmet: Seit Langem wurde unter den Besitzungen Baris in den päpstlichen Bestätigungen auch das Suffraganbistum Cattaro in Dalmatien verzeichnet.515 Zwischen dem Vorgänger Rainalds auf dem erzbischöflichen Stuhl von Bari und dem Erzbischof von Ragusa war ein Streit um jenes Bistum entbrannt, den die beiden Würdenträger schließlich vor das päpstliche Gericht gebracht hatten.516 Nun entschied Alexan-

513 Siehe CDB I, S. 99, n. 52 und IP IX, S. 322, n. 15. 514 Siehe zum Fehlen Andrias im Privileg Eugens III. für Johannes (V.) von Bari oben, S. 130. 515 Zu Cattaro und den Umständen, unter denen das dalmatische Bistum in den Urkunden unter den Suffraganen Baris wohl aufgrund eines Lese-/Verständnisfehlers oder durch beabsichtigte Falschdeutung gelistet wurde, siehe Anm. 416 sowie Caspar, Kritische Untersuchungen (wie Anm. 410). 516 CDB I, S. 99, n. 52: quia inter venerabilem fratrem nostrum Ragusinum archiepiscopum et bone memorie predecessorem tuum super episcopate Chatarino ultra mare in Dalmatiae maritimis con-

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der  III. mit wohl einiger Verzögerung den Konflikt zugunsten Baris.517 Rainald profitierte also insgesamt enorm von jenem Pallien- und Bestätigungsprivileg, denn Alexander III. unterstellte seinem Stuhl nicht nur einen eigentlich längst verlorenen Suffragan (Andria), sondern billigte ihm zudem endgültig ein weiteres, umkämpftes Bistum jenseits der Adria (Cattaro) zu. Aus dem Pontifikat Lucius III. ist ein weiteres Palliumsprivileg für einen apulischen Empfänger aus dem betrachteten Raum erhalten. Der Papst stellte es am 2. Januar 1183 in Velletri für Erzbischof Peter von Brindisi aus, berief sich dabei auf seine Vorgänger Lucius II. und Alexander III. und fügte in die zusammen mit dem Pallium verliehenen und konfirmierten Besitzungen die Abteien S. Anna in villa Cilie, S. Maria de Ferulella und S. Barbara in Oria hinzu, nebst der Kirche des Heiligen Prokop von Tarent.518 In der sich den Besitzbestätigungen anschließenden Textpassage wird der Gebrauch des Palliums unter den gewohnten Prämissen gestattet. Neu und auffallend ist allerdings an dieser Stelle, dass Peter von Brindisi das Pallium nicht nur an jenen Tagen tragen durfte, an denen es schon seine Vorgänger angelegt hatten, sondern nun auch am Gedenktag des Heiligen Pelinus, dem 5. Dezember. Auch bei Pelinus handelt es sich – wie bei Leucius – um einen Lokalheiligen Brindisis, dessen Gebeine in der Kathedrale von Corfinio519 verehrt wurden.520

2.1.4 Das Pallium: Schlussfolgerungen Nach der Untersuchung der vorgestellten Beispiele unter Einbeziehung der betrachteten Forschung zum Pallium, seiner Vergabe und den zugehörigen Priviliegien ist Folgendes festzuhalten: Die Empfänger der Pallien aus den Erzdiözesen Trani, Bari

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stituto. gravis fuit in apostolice sedis audientia iam pridem questio mota. et utroque archiepiscopo eundem episcopatum sibi vendicante. et constanter asseverante ad iurisdictionem suam pertinere. Ibid., S. 100: manifeste cognovimus antecessorem tuum eiusdem episcopatus possessionem. predicto Ragusino id non inficiante, habere eandem possessionem quemadmodum antecessor tuus habuit et tu habere nunc nosceris; tibi et eidem ecclesie tue auctoritate apostolica confirmamus. Siehe das Regest bei Böhmer, Regesta Imperii IV, 4, 4, Lfg. 1 (wie Anm. 114), n. 440, S. 266 f. sowie die Edition im CDBrind I (wie Anm. 487), S. 40–42, n. 21, wobei die Editoren offenbar falsch auf das Jahr 1182 datieren. Heute Provinz L’Aquila. Zu den hagiographischen Texten im Umkreis von Corfinio, vormals Valva, vgl. Guiseppe Papponetti, Le leggende di San Pelino e di San Panfilo in area valvense, in: L’Abruzzo nel Medioevo, hg. von Umberto Rosso und Edoardo Tiboni, Pescara 2003, S. 737–742; zur Kathedrale in Corfinio: Francesco Aceto, La cattedrale di San Pelino a Corfinio, in: Medioevo: l’Europa delle cattedrali, Atti del convegno internazionale di studi, Parma, 19–23 settembre 2006, hg. von Arturo Carlo Quintavalle (I convegni di Parma 9), Mailand 2007, S. 245–253.

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und Brindisi akzeptierten die in den päpstlichen Dekreten angeordneten und später in Kirchenrechtssammlungen zusammengetragenen Richtlinien zur Vergabe des Palliums. Es ist kein Fall überliefert, in dem einem apulischen Prälaten das Pallium vorenthalten, seine Vergabe an strenge Auflagen gebunden oder es gar entzogen wurde. Die Metropoliten scheinen weitestgehend die Vorgaben des Papsttums und damit auch die Institution selbst anerkannt und akzeptiert zu haben. Das Pallium wurde zumeist selbst oder durch einen Stellvertreter beim Papst abgeholt, in Einzelfällen brachte es der Pontifex mit auf seine Reisen nach Süditalien. Die dem Pallium gerade für das 11. und 12. Jahrhundert zugeschriebene Kontrollfunktion über die Metropoliten521 ist möglicherweise für den untersuchten Zeitraum und die apulischen Erzbischöfe weniger stark ausgeprägt und intendiert, als dies bei den Metropoliten geographisch weiter entfernter Gegenden der Fall gewesen war, wo sich Missstände schon über einen langen Zeitraum festsetzen hatten können. In Apulien vollzog sich gerade gegen Ende des 11. und zu Beginn des 12. Jahrhunderts eine Reorganisation der kirchlichen Ordnung, die durch päpstlich beeinflusste Besetzungen geprägt war. Insofern sicherten sich die Päpste bereits auf diese Weise den Einfluss auf die apulische Kirche. Doch ist das Pallium in den Händen apulischer Oberhirten weniger als Kontrollmittel des Papsttums zu verstehen. Vielmehr diente es den Metropoliten von Trani, Bari und Brindisi zugleich als Handhabe in den vielfältigen von ihnen auszutragenden Konflikten vor Ort, als Legitimationsgrundlage und symbolische Hilfe bei der Durchsetzung ihrer Autorität in der eigenen Kirchenprovinz. Ganz besonders lässt sich dies im Falle der Erzbischöfe von Brindisi konstatieren, denen die Päpste wohl im Wissen um die Auseinandersetzung um den rechtmäßigen Bischofssitz mit Oria das Pallium verliehen und damit den Metropolitanrang unterstrichen. Kein Bischof der exemten Diözese Monopoli erhielt – ebensowenig wie das an der Grenze Apuliens gelegene Troia – im betrachteten Zeitraum ein Pallium.522 Es ging in Apulien ausschließlich an Metropoliten, auch wenn deren Metropolitanwürde und die damit einhergehenden Rechte vielleicht im 11. Jahrhundert noch nicht endgültig festgelegt und ausgebildet waren. Im Laufe des 12. Jahrhunderts, vor allem im zweiten Drittel des Jahrhunderts, ist ein Rückgang der direkten päpstlichen Einflussnahme zu beobachten. Für die 521 Diese These vertrat in jüngerer Zeit unter anderem Schrör, Metropolitangewalt und papstgeschichtliche Wende (wie Anm. 361), darin vor allem Kapitel 8.2. 522 Eine Ausnahme bildet die Verleihung des Palliums an Walter von Troia aus dem Jahr 1193 durch Clemens III., vgl. IP IX, S. 211, n. 33. Das Bistum Troia war schon lange direkt dem Heiligen Stuhl unterstellt. Die Vorgänger Clemens’ III. erkannten zwar den Bischöfen von Troia viele Privilegien und Rechte zu, erwähnen aber in den zugehörigen Urkunden nie das Pallium. Auch im Bestätigungs- und Schutzprivileg seines Nachfolgers Coelestin ist vom Pallium nicht mehr die Rede, vgl. ibid., S. 211, n. 35 und S. 212, n. 4.

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zwanzig Jahre zwischen 1130 und 1150 sind nur zwei Pallienprivilegien bekannt, eines davon von ‚Gegenpapst‘ Anaklet II. Es wirkt, als seien in dieser Periode weniger Pallien(privilegien) nachgefragt und verliehen worden und weniger zugehörige Privilegien dauerhaft aufbewahrt worden. Dies ist mitunter auf die immer stärker werdende Rolle des 1130 unter Roger II. begründeten normannischen Königtums und die damit zusammenhängende Krise im Nachklang des innozentianischen Schismas zurückzuführen, in dem sich Süditalien der Obödienz Anaklets II. angeschlossen hatte. Insofern erwies sich für die süditalienische Kirche der ‚Gegenpapst‘ Anaklet tatsächlich als „Prüfstein universaler Autoriät“.523 Die ältere Forschung ist auf der Basis der vorliegenden Studie besonders im Hinblick auf die Metropolitanverfassung Apuliens zu ergänzen. Klewitz geht zwar nicht zu Unrecht davon aus, dass die „volle Konsolidierung der süditalienischen Metropolitanverfassung“ erst im 12. Jahrhundert stattgefunden habe, wobei er sich auf den erst in der Urkunden Eugens III. erwähnten Passus zum ius metropolitanus bezieht.524 Aber die Vergabe der Pallien an apulische Prälaten, die schon im 11. Jahrhundert stattgefunden hatte, wird dabei außer Acht gelassen. Denn auch wenn Sprengelgrenzen vor dem 12. Jahrhundert noch nicht in ihrer Gesamtheit definiert und bestimmt, Suffragane noch nicht selbstverständlich dem einen oder anderen Erzbistum zugeordnet gewesen sein mögen, lässt sich doch der päpstliche Wille zur (Mit-)Bestimmung der Metropolitanstruktur erkennen. Die Vorwürfe der „Ohnmächtigkeit“, „Ahnungslosigkeit“ oder auch „Schludrigkeit“, die den Päpsten des 11. und frühen 12. Jahrhunderts von Seiten der älteren Forschung in Sachen der Gestaltung der apulischen Bistumsstruktur gemacht wurden,525 müssen vor diesem Hintergrund zumindest partiell in Zweifel gezogen oder gar zurückgewiesen werden. Denn die Vergabe des Palliums sollte nicht nur dem ohnehin an die Gesamtkirche herangetragenen Führungsanspruch der Päpste Ausdruck verleihen, sondern ebenso jenem Wunsch nach hierarchischer Ordnung der verschiedenen, auch vermeintlich peripheren Teile der römischen Kirche. In der hier untersuchten Region durfte nur der Metropolit das Pallium empfangen. Und dass es nur er und kein anderer (Erz-) Bischof erhielt, bestätigt mitunter der Fall Siponto. In den päpstlichen Privilegien für den Bischofssitz am Gargano ist zwar seit Alexander II. die Rede vom archiepisco-

523 So der Titel einer im Herbst 2011 in Aachen veranstalten Tagung zum Thema „Gegenpäpste“, siehe dazu Tagungsbericht „Gegenpäpste – Prüfsteine universaler Autorität im Mittelalter“, 08.09.2011–10.09.2011, Aachen, in: H-Soz-u-Kult, 04.01.2012, . 524 Siehe Klewitz, Zur Geschichte der Bistumsorganisation (wie Anm. 29), S. 30 f. 525 Vgl. dazu Caspar, Kritische Untersuchungen (wie Anm. 410) und Pratesi, Alcune diocesi di Puglia (wie Anm. 411). Auch Klewitz, Zur Geschichte der Bistumsorganisation (wie Anm. 29) stimmt den gleichen Grundton an.

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pus Sipontinae,526 aber dennoch erhält jener den überlieferten Quellen zufolge kein Pallium. Der Rangunterschied zu den benachbarten Erzbischöfen mit Metropoli­ tanrechten ist unübersehbar. Offenbleiben muss letztlich die Frage, ob man offiziöse Rangunterschiede unter den vorgestellten Metropolen Apuliens anhand der Festtage, an denen die Bischöfe das Pallium tragen durften, ablesen kann. Wäre dies der Fall, stünde Trani wohl nach Bari und Brindisi an letzter Stelle der drei untersuchten Metropolen, da die dortigen Bischöfe das Pallium nicht am Jahrestag ihrer Weihe anlegen durften und auch nicht speziell der Lokalpatron Nikolaus Peregrinus mit einer Erwähnung bedacht wurde, anders als im Falle Baris mit Nikolaus, Sabinus und sogar Laurentius und in Brindisi mit Leucius. Zwei weitere Auffälligkeiten in diplomatischer Hinsicht seien noch einmal hervorgehoben: Erstens ist trotz des so häufig konstatierten relativ geringen Empfänger­ einflusses auf die Pallienprivilegien festzustellen, dass die Päpste beziehungsweise die päpstliche Kanzlei im Bedarfsfall auch in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts, als das Formular für die Pallienvergabe bereits standardisierter war als noch einige Jahrzehnte zuvor, auf die speziellen Bedürfnisse der Petenten eingingen, wie das Beispiel des Johannes V. von Bari zeigt, der sich flehentlich mit der Bitte um Bestätigung des Palliums an Eugen III. gewandt hatte. Das übliche Formular wurde für diesen Fall entsprechend der preces umgekehrt und nennt in diesem Fall zuerst die Bestätigung des Palliengebrauchs und schließt erst dann diejenige des Besitzes und der Metropolitanrechte an. Zweitens sind alle untersuchten Pallienprivilegien für apulische Empfänger zugleich Besitzbestätigungen. War dies noch im beginnenden Hochmittelalter keineswegs der Fall und standen Pallienprivilegien durchaus für sich, so änderte sich diese Praxis ab den 1080er Jahren.527 Mehrere Rechtsvorgänge wurden nun gehäuft in einer einzigen Urkunde behandelt, was auch einer ökonomischeren Vorgehensweise der sich stärker institutionalisierenden päpstlichen Kanzlei geschuldet sein mochte. Häufig wurden nun Bestätigungen von Besitz und Rechten dem Passus zum Palliengebrauch hinzugefügt, sodass gar der Eindruck entstehen kann, dass die Erwähnung des Palliums oft nur noch en passant geschah. Die starke symbolische Bedeutung des Palliums trat demnach stellenweise zurück und die juristisch-praktische rückte in den Vordergrund.

526 Die päpstlichen Privilegien aus dem Untersuchungszeitraum sind größtenteils nicht im Original überliefert, werden jedoch in einer Urkunde Alexanders III. aus dem Jahr 1176 erwähnt, vgl. IP IX, S. 238 f., n. 22 sowie ibid., S. 236, n. *14, *15. Auch die Chronik von Montecassino bezeichnet den von Alexander II. erhobenen Gerhard von Siponto als Erzbischof: Geraldum… in archiepiscopum ecclesie Sipontine prefecit, vgl. Chronik von Montecassino (wie Anm. 192), S. 391. 527 Vgl. zu dieser Entwicklung auch Hacke, Die Palliumverleihungen (wie Anm. 361), S. 91 f.

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2.3 Einzelanlässe 2.3.1 Kirchweihe in Montecassino 1071 Im spannungsgeladenen Mächtegefüge von Papsttum und Normannen nahm die exemte Abtei von Montecassino im südlichen Latium eine ausgleichende Mittlerrolle ein, die längst nicht nur auf ihre geographische Position zwischen Patrimonium Petri und den normannisch beherrschten Territorien Süditaliens zurückzuführen ist. Dabei tritt als glänzende und richtungsweisende Persönlichkeit vor allem der Abt Desiderius von Montecassino hervor, der geradezu die Vitalität und Größe dieses Klosters verkörperte. In die Reihe der römischen Päpste sollte er als Viktor III. (1086–1087) eingehen. Aus Beneventaner Adel stammend, war er Mönch geworden und nach Aufenthalten in anderen süditalienischen Abteien und einer kurzen Zeit als Eremit 1055 in das Kloster am Monte Cassino gekommen. Bereits 1058 war er dort zum Abt gewählt, ein Jahr später von Nikolaus II. geweiht und zudem zum Kardinalpresbyter von S. Cecilia in Trastevere528 ernannt worden.529 Schließlich hatte er von 1186 für einige Monate bis zu seinem Tod im September 1087 sogar das päpstliche Amt inne.530 Dennoch behielt ihn die Nachwelt weniger als Papst Viktor, denn als Abt Desiderius in Erinnerung. Unter ihm reifte die Abtei zu neuer wirtschaftlicher, literarischer und künstlerischer Blüte531 und wurde zum unverzicht528 Schon Desiderius’ Vorgänger auf dem Abtsstuhl von Montecassino, Frederick von Lothringen, der spätere Papst Stephan IX. (1057-1058), war Kardinalpriester gewesen. Ebenso sollte es sein Nachfolger Oderisius werden. Die Cassinenser Äbte waren quasi externe Kardinäle, die zwar eine römische Titelkirche erhielten, jedoch nicht dauerhaft in Rom ansässig waren. Hielten sich die Äbte in Rom auf, waren sie im Kloster S. Maria in Pallara auf dem Palatin untergebracht, das seit dem Pontifikat Alexanders II. auch eine kleine Gemeinschaft von Mönchen aus Montecassino beherbergte, die sowohl dem Abt, als auch dem Papst diente (vgl. Hans-Walter Klewitz, Montecassino in Rom, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 28 (1937/38), S. 36–47). Desiderius hatte das Kloster von Alexander II. im Tausch gegen S. Croce in Gerusalemme erhalten, vgl. dazu und zur Abschrift einiger päpstlicher Register in S. Maria in Pallara unter der Ägide des Desiderius Dietrich Lohrmann, Das Register Papst Johannes’ VIII. (872–882). Neue Studien zur Abschrift Reg. Vat. 1, zum verlorenen Originalregister und zum Diktat der Briefe (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 30), Tübingen 1968, S. 102–117, sowie kürzlich Unger, Päpstliche Schriftlichkeit (wie Anm. 195), S. 40–43. Desiderius knüpfte von diesem Kloster aus auch Verbindungen zu römischen Familien, vgl. dazu Cowdrey, The age of Abbot Desiderius (wie Anm. 146), S. 61 f. 529 Vgl. IP VIII, n. *87, S. 141. 530 Vgl. zu Herkunft und Werdegang von Desiderius unter anderem Mariano Dell’Omo, Montecassino Medievale. Genesi di un simbolo, storia di una realtà. Saggi sull’identità cassinese tra persone, istituzione, consuetudini e cultura (Biblioteca della Miscellanea Cassinese 15), Montecassino 2008, sowie besonders zu seinen Verbindungen zum Reformpapsttum Loud, Abbot Desiderius of Montecassino (wie Anm. 146). 531 Vgl. zur Erneuerungsbewegung der Klöster Mittelitaliens und zu Desiderius’ Rolle Markus Späth, Verflechtung von Erinnerung. Bildproduktion und Geschichtsschreibung im Kloster San

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baren Faktor für das monastische und auch politische Gefüge Unteritaliens. Seine guten Beziehungen zu den neuen Herren des italienischen Südens waren wichtige Grundlagen dieser Entwicklung und trugen wohl auch zum Bündnisabschluss zwischen Papst und Normannen auf dem Konzil von Melfi 1059 bei.532 Als päpstlicher Vikar für die Klöster ganz Unteritaliens war Desiderius ab März 1059 dafür zuständig, die Umsetzung der Kirchenreform im monastischen Bereich voranzutreiben und zu überwachen.533 Unbestreitbar war der Abt eine Hauptfigur in der neuen Süditalienpolitik der frühen Reformpäpste, der als Mittler zwischen den römischen Bischöfen, normannischen Fürsten, dem Mönchtum und Klerus des italienischen Südens – nicht immer konfliktfrei534 – agierte. Obwohl ihm nie Verehrung in Form einer hagiographischen Schrift oder innerhalb der Liturgie zuteilwerden sollte, lobten Zeitgenossen und Nachgeborene den berühmten Abt in den höchsten Tönen.535 Modernen Historikern bot die Figur Desiderius jedoch durchaus Anlass zu Kontroversen. Während Augustin Fliche ihn beispielsweise als Machtpolitiker charakterisierte, der einzig auf die Interessen seines Klosters bedacht war,536 argumentierte der Historiker und Montecassinenser Mönch und Archivar Tommaso Leccisotti, dass die Interessen Montecassinos für Desiderius untrennbar von jenen der Kirche gewesen seien.537 Clemente a Casauria während des 12. Jahrhunderts (Orbis mediaevalis 8), Berlin 2007, S. 34– 39, und ferner zur Prosperität Montecassinos unter Desiderius unter anderem Herbert Bloch, Monte Cassino in the Middle Ages, 3, Cambridge, Mass. 1986, Bd. 1, S. 40–110, Dell’Omo, Montecassino Medievale (wie Anm. 530), S. 95, und ferner Cowdrey, The age of Abbot Deside­ rius (wie Anm. 146), S. 1–45. Cowdrey betont jedoch auch, dass sich Montecassino zu Deside­ rius’ Zeiten weniger durch Innovationskraft auszeichnete, als durch Stabilisierung und Belebung der monastischen Tradition, die die dortigen Mönche seit der Karolingerzeit pflegten (vgl. dort S. 38). 532 Vgl. Bloch, Monte Cassino (wie Anm. 531), Bd. 1, S. 40. 533 Vgl. IP VIII, n. 88, 89, S. 141. 534 Zu Desiderius’ Verhandlungen mit Heinrich IV. und dem daraus entstehenden Konflikt mit Gregor VII. siehe unter anderem Giorgio Picasso, Monachorum tempora seu gesta exquirere. Studi di storia monastica (secoli VI – XIII), a cura di Giancarlo Andenna e Cosimo Damiano Fonseca (Vita regularis 30), Berlin 2006, S. 217. 535 So zum Beispiel Amatus von Montecassino, Storia de’ Normanni volgarizzata in antico francese, ed. Vincenzo De Bartholomaeis (Fonti per la Storia d’Italia 76), Roma 1935, S. 171: Il fut tel et tant qu’il est digne choze d’escrivre de lui…, wobei hier zu beachten ist, dass Amatus im Auftrag von Desiderius schrieb. Sein Mitbruder und Erzbischof von Salerno, Alfanus, schrieb sogar ein Carmen in laudem abbatis Desiderii et Montis Casini, siehe: I carmi di Alfano I arcivescovo di Salerno, ed. Anselmo Lentini e Faustino Avagliano (Miscellanea cassinese 38), Montecassino 1974. 536 Vgl. Augustin Fliche, Le pontificat de Victor III, in: Revue d‘histoire ecclésiastique 20 (1924), S. 387–412. 537 Vgl. Tommaso Leccisotti, L’incontro di Desiderio di Montecassino col re Enrico ad Albano, in: Studi Gregoriani 1 (1947), S. 307–319.

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Unter Desiderius’ Regierung wurde sein Kloster baulich erweitert und erneuert. Das beeindruckendste Zeugnis und den Abschluss der umfassenden Baumaßnahmen am gesamten Klosterkomplex verkörperte die neue Basilika, die die Prosperität Montecassinos auch nach außen demonstrierte. Als sich am 1. Oktober 1071 in der Abtei am Monte Cassino einige Kardinäle,538 beinahe der gesamte Episkopat Unteritaliens, viele Kleriker und Ordensleute, Fürsten, Edle und einfaches Volk versammelten, um der Weihe des neu errichteten Gotteshauses durch Papst Alexander II. beizuwohnen, glich dies einem religiösen und gesellschaftlichen Spektakel. Leo Marsicanus schreibt in seiner Klosterchronik darüber: Fama itaque huius rei longe lateque vulgata tanta totius fere Italie episcoporum, abbatum, monachorum, clericorum, magnatium, nobilium, mediocrium diverseque condicionis virorum pariter ac mulierum ad diem condictam multitudo confluxit, ut stellarum fere celi quam illorum omnium numerositatem cuilibet fuerit estimare facilius. […] Ipsa igitur die kal. Octobrium, cum annus ab incarnatione dominica millesimus et primus ac septuagesimus volveretur, summa omnium, qui convenerant, devotione ac ingenti letitia, maximo tripudio, honore ac gloria dedicata est a domno Alexandro reverentissimo et angelico papa eadem beati Benedicti basilica cum quinque altaribus suis die sabbati indictione nona.539

Auch in (kirchen-)politischer Hinsicht war dieses Ereignis bedeutend. Alexander II. brachte durch seine Anwesenheit und die von ihm durchgeführte Weihe der neuen Basilika einerseits seine Dankbarkeit gegenüber den Bemühung Montecassinos und seines Abtes Desiderius bei der Durchsetzung der Kirchenreform in Unteritalien zum Ausdruck und knüpfte, erneuerte und festigte andererseits die Kontakte und Beziehungen zu den anwesenden kirchlichen und weltlichen Machthabern.540 Papst Alexander selbst lud die Teilnehmer schriftlich zu diesem feierlichen Ereignis ein. Es scheint deshalb kaum vermessen zu sein, ihm persönliches Interesse an der Teilnahme bestimmter und zahlreicher kirchlicher und weltlicher Entscheidungsträger zu unterstellen. Zudem sollte die Weihe auch in päpstlichem Namen erfolgen. Die enge Verbindung zwischen Montecassino und Rom kommt hierbei unmissverständlich zum Ausdruck.

538 Auf die Kardinalbischöfe geht eine der beiden Hauptquellen zur Kirchweihe, die sog. ‚Narratio‘ im Codex Casinensis 47, ein. Diesem Text zufolge waren Johannes von Porto, Johannes von Tusculum und Ubaldus von Sabina mit anwesend, vgl. den Abdruck bei Leccisotti, L’incontro (wie Anm. 537), S. 221. 539 Chronik von Montecassino (wie Anm. 192), Liber III, 29, S. 398. 540 Vgl. Dell’Omo, Montecassino Medievale (wie Anm. 530).

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Untersuchungsteil II: Präsenz und Bildung

Gerade im ersten Jahrzehnt der Abtsherrschaft des Desiderius ist eine besondere Nähe des Klosters zum Reformpapsttum festzustellen.541 Cowdrey attestiert den Cassinenser Mönchen ein erhebliches Bekenntnis zur Kirchenreform, wenn auch unter eigenen Bedingungen und manchmal nicht in vollständig „gregorianischer Weise“.542 Zur Zeit der Weihe der neuen Klosterbasilika waren die Beziehungen zwischen dem Papsttum sowie den römischen Reformkreisen und Montecassino von engem Kontakt und gegenseitigem Vertrauen geprägt. In Desiderius und zahlreichen seiner Mönche543 fanden die Päpste wirkungsmächtige Unterstützer in der Umsetzung der Kirchenreform, vor allem im Mezzogiorno. Und auch die reformerischen Kreise Roms wussten die Mönche aus Montecassino in ihren Dienst zu nehmen. So spricht Tilmann Schmidt von einer „spürbaren Tendenz“ des Archidiakons Hildebrand (und späteren Papstes Gregor VII.), enger Berater Alexanders II., „in besonderem Maße Mönche aus Montecassino und seinem Umkreis in den Dienst des Papsttums zu ziehen“,544 darunter zum Beispiel Theodinus von Montecassino, der vermutlich um 1066/67 zum Diakon im Lateran berufen worden war545 und später als Archidiakon Nachfolger Hildebrands wurde, des weiteren Aldemarius, der die Leitung des römischen Klosters S. Lorenzo fuori le Mura übernommen hatte und zum Kardinal ernannt worden war,546 sowie Ambrosius, der von Alexander ca. 1064 mit dem Bistum Terracina investiert worden war und nun auch der Kirchweihe 1071 beiwohnte,547 oder aber der noch häufiger zu erwähnende Gerhard von Siponto.548

541 Später, als der streitbare Gregor VII. auf dem Stuhl Petri saß, sollten sich die Beziehungen durchaus schwieriger gestalten. Vgl. unter anderem Loud, Abbot Desiderius of Montecassino (wie Anm. 146), S. 313–322. 542 Vgl. Cowdrey, The age of Abbot Desiderius (wie Anm. 146), S. 73. Francesco Di Nitti Vito, La ripresa gregoriana a Bari (1087–1105) e i suoi riflessi nel mondi contemporaneo politco e religioso (Documenti e monografie dell R. Deputazione di Storia Patria per le Puglie XXV), Trani 1942, hier vor allem Kapitel 1, spricht Mönchen aus Montecassino eine nicht unerhebliche Rolle bei der Umsetzung der Kirchenreform in Bari zu, wobei der Grundton allgemein pathetisch und idealisierend wirkt. 543 Vgl. Cowdrey, The age of Abbot Desiderius (wie Anm. 146), S. 63–71. 544 Schmidt, Alexander II. (wie Anm. 199), S. 166. 545 Vgl. IP VIII, n. *97, S. 143. 546 Vgl. IP VIII, n. *98, S. 143 mit der Anmerkung des Herausgebers: „Tunc Alexander II alios monachos Casinenses episcopos nominavit.“ 547 Vgl. Chronik von Montecassino (wie Anm. 192), Lib. III, c. 24, S. 391 und ibid., c. 29, S. 399. 548 Vgl. Schmidt, Alexander II. (wie Anm. 199), S. 168–171. Gerhard von Siponto trat im Übrigen unter Gregor VII. in den Legatendienst in Dalmatien, was ein weiteres Mal auf eine mögliche enge Verbindung der beiden hinweist, vgl. dazu Cowdrey, The age of Abbot Desiderius (wie Anm. 146), S. 67.

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Im Übrigen sollte auch später noch eine starke Präsenz aus Montecassino im dann schon ausgebildeteren Kardinalskollegium vorherrschen, so waren zum Beispiel unter Paschalis II. sieben Kardinäle Mönche aus dieser Abtei.549 Der Kirchweihe von Montecassino ist eine gewisse integrative Kraft beizumessen, die sich auf die Kirchenorganisation in Apulien auswirken konnte. Zum festlichen Anlass versammelten sich 1071 in Montecassino zahlreiche Mitfeiernde, bestehend aus bereits wichtigen und im Nachklang wichtig(er) werdender Persönlichkeiten aus Kirche und Gesellschaft zu einer ‚Kontaktbörse‘ unter reformerischen Vorzeichen. Einen lebhaften Eindruck dieses Ereignisses inklusive einer Nennung von anwesenden Personen bietet die Schilderung der Weihe in der Chronik von Montecassino.550 Der päpstlichen Einladung nach Montecassino folgten, so berichtet der Cassinenser Mönch Leo Marsicanus in seiner Chronik, auch zahlreiche Vertreter des apulischen Episkopats, darunter: Die Erzbischöfe Gerhard von Siponto, Bisantius von Trani, Hugo von Otranto, Eustachius von Oria-Brindisi sowie die Bischöfe Stephan von Troia, Balduinus von Melfi, Johannes von Cannae, Guibertus von Ruvo, Johannes von Bisceglie, ein nicht namentlich bekannter Bischof von Molfetta,551 Johannes von Giovinazzo, Petrus von Monopoli, Datto von Ostuni sowie Drogo von

549 Vgl. Hans-Walter Klewitz, Die Entstehung des Kardinalkollegiums, in: Reformpapsttum und Kardinalkolleg, Darmstadt 1957, S. 9–134, hier: S. 103. 550 Chronik von Montecassino (wie Anm. 192), Liber III, cap. 29, S. 398 f.: Omnibus igitur his intra quinquennii spatium Deo prosperante et auxiliante peractis dedicare basilicam sollemnitate maxima et ingenti tripudio ad sempiternam memoriam Desiderius statuit adiensque summe sedis pontificem Alexandrum ad eandem illum dedicationem venire devotissimus invitavit. Quo libentius annuente Hildebrandum quoque archidiaconum eius ceterosque cardinales ac Romanos episcopos deque urbanis clericis ac nobilibus plurimos affectu familiarissimo convocavit die tante sollemnitatis ex consultu apostolici et cardinalium in ipsis kalendis Octobris constituta et litteris invitatoriis eiusdem apostolici ad universos episcopos Campanie, principatus, Apulie atque Calabrie delegatis. […] Cui videlicet tante tunc celebritati interfuerunt archiepiscopi decem, idest Capuanus, Salernitanus, Neapolitanus, Surrentinus, Amalfitanus, Sipontinus, Tranensis, Acerentinus, Ydrontinus, Oiretanus. Episcopi atuem quadraginta et quattuor, idest Portuensis, Tusculanensis, […] Rosellanus, Aversanus, Nolanus, Avellinensis, Pestanus, Troianus, Florentinensis, Melphitanus, Lucerinus, Draconariensis, Civitatensis, Termulensis, Guardiensis, Larinensis, Arianensis, Yserniensis, Bovianensis, Salpitanus, Cannensis, Rubessanus, Venusinus, Monorbinensis, Vigiliensis, Melfittensis, Iuvenazensis, Monopolitanus, Stuenensis, Tarentinus, Perusinus et Castellanus electus, qui videlicet in episcopum altero post dedicationem die sacratus est. Zur Chronik von Montecassino siehe auch Hartmut Hoffmann, Studien zur Chronik von Montecassino, in: Deutsches Archiv 29 (1973), S. 59–162. Hoffmann kommt, basierend auf seinen umfangreichen Studien zum Text und neuen Handschriftenfunden, zu dem Ergebnis, dass die Chronik bis zum Jahr 1075 von Leo Marsicanus verfasst worden sei und eine historisch sehr verlässliche und bedeutsame Quelle darstelle, jedoch unter den beiden nachfolgenden Autoren, Guido und Petrus Diaconus, nicht mehr zuverlässig sei. 551 Der erste namentlich bekannte Bischof von Molfetta ist Johannes, der in einer Urkunde von 1136 erwähnt wird, vgl. IP IX, S. 351.

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Tarent.552 Wie diese Liste zeigt, waren (beispielsweise mit dem Bischof von Tarent) auch Kirchenvorsteher von Diözesen griechischen Ursprungs zugegen. Anwesend waren zudem die weltlichen Fürsten Richard von Capua mit seinem Sohn Jordanus und seinem Bruder Rainulf, Gisulf von Salerno mit seinen Brüdern, Landulf von Benevent, Herzog Sergius von Neapel und Herzog Sergius von Sorrent sowie weitere Grafen.553 Das Fehlen Robert Guiskards und Graf Rogers I. von Sizilien verwundert kaum, denn ebenfalls im Herbst 1071 waren sie durch die militärische Intervention zur Eroberung Palermos mehr als ausgelastet, nachdem sie erst kurz vorher Bari belagert und schließlich erobert hatten.554 Möglicherweise hatten Papst Alexander und Abt Desiderius im Sinn, die verschiedensten Parteien Süditaliens an einen Tisch zu bringen, um gegebenenfalls vorliegende Rivalitäten zu mildern und die Möglichkeit einer Kommunikationsplattform zu bieten. Der Pontifex scheint ein talentierter Vermittler zwischen gegnerischen Seiten gewesen zu sein.555 Jedenfalls wurden während der Festlichkeiten in Montecassino die verschiedenen Protagonisten und Verkünder der Kirchenreform in allen Teilen der Gesellschaft bekannt gemacht. Leccisotti spricht in diesem Zusammenhang von einer „Truppenschau“, um „in neu gekräftigtem Vertrauen die Reihen zu schließen“.556 Der Kreis der Bischöfe war in der frühen Normannenzeit stark monastisch geprägt. Die Abtei von Montecassino besaß dabei die größten personellen Reserven für die Erneuerung des unteritalienischen Episkopats. So besetzten mehrere Cassinenser Mönche die Bischofsstühle Süditaliens,557 für Apulien ist in diesem Fall der bereits erwähnte Erzbischof Gerhard von Siponto zu nennen. In ihrem ehemaligen Kloster, jener ‚Bildungshochburg‘ des 11. Jahrhunderts, hatten die Kandidaten nicht nur kanonisches Wissen erwerben, sondern sich auch fundierte Kenntnisse unter anderem in Verwaltungsangelegenheiten aneignen können,558 die sich bei der Reorganisa­tion ihrer späteren Diözesen als äußerst wertvoll erweisen mochten. In den Diözesen selbst war Selbstergänzung aus den sich gerade erst formierenden Kathedralkapiteln offenbar noch nicht in ausreichendem Maße möglich. In anderen Fällen waren 552 Drogo von Tarent hatte Holtzmann zufolge zu diesem Zeitpunkt eigentlich schon das Amt eines Erzbischofs, vgl. IP IX, S. 435. 553 Vgl. Chronik von Montecassino (wie Anm. 192), Liber III, cap. 29, S. 399. 554 Vgl. dazu beispielsweise die überblicksartige Darstellung bei Plassmann, Die Normannen (wie Anm. 30), S. 117 f. 555 Besonders im Hinblick auf die Beziehungen der römischen Reformer zum deutschen Königtum siehe Schmidt, Alexander II. (wie Anm. 199), S. 218. 556 Tommaso Leccisotti, Montecassino. Sein Leben und seine Ausbreitung, Basel 1949, S. 45. 557 Vgl. Loud, Abbot Desiderius of Montecassino (wie Anm. 146), S. 305. 558 Vgl. Cowdrey, The age of Abbot Desiderius (wie Anm. 146), S. 45.

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2. Bindung: Apulische Prälaten zu Gast beim Papst

Bischöfe, die selbst nicht vormals den monastischen Weg eingeschlagen hatten, als besondere Protektoren des lateinischen Mönchtums bekannt oder nahmen wie Stephan von Troia (1059–1077) die Hilfe Montecassinos für ihre neuen Aufgaben in Anspruch.559 Schmidt spricht Alexander II. eine eigene Personalpolitik ab, er habe sich vielmehr auf den Rat anderer, vor allem den seines selbstbewussten Archidiakons Hildebrand verlassen, dem er sich auch sonst jederzeit untergeordnet habe.560 Wenn dem zuzustimmen ist – und zeitgenössische Aussagen, etwa von Petrus Damiani, der Hildebrands Position am päpstlichen Hof Alexanders II. als zentral einstuft, stützen Schmidts These561 – muss davon ausgegangen werden, dass schon der Pontifikat Alexanders II. die „gregorianische Herrschaft“ eingeleitet hat562 und bereits die Grundzüge der Vorstellung Hildebrand-Gregors von der Kirchenorganisation auch im Süden der Apeninnhalbinsel erkennen ließ.

2.3.2 Bisantius von Trani in Rom: Die Kanonisation des Nikolaus Peregrinus Sieben Jahre nach der Translation der Gebeine des Hl. Nikolaus von Myra nach Bari erschien am 20. Mai 1094 in Trani ein junger griechischer Pilger namens Nikolaus, der auf dem Weg nach Rom war und bereits einen langen Weg durch Süditalien hinter sich hatte. Asketisch im Büßerhemd gekleidet, mit Pilgertäschchen und langem Holzkreuz als Stab, sang er unablässig Kyrie eleison und zog das Volk in seinen Bann. Der ansässige Erzbischof, Bisantius von Trani, misstraute dem charismatischen Sonderling zwar anfangs, konnte sich aber bald von der Gottgefälligkeit des Pilgers überzeugen. Sein Ziel Rom erreichte Nikolaus nie, starb er doch nach fiebriger Krankheit bereits am 2. Juni, also nur zwei Wochen nach seiner Ankunft, in Trani. Schon während der Bestattung des Mannes ereigneten sich spontane Wunder, denen noch viele weitere folgen sollten, so die hagiographische Tradition.563 Erzbischof Bisantius trug in aller Eile diese Wunder zusammen und forderte bei Papst Urban II. die 559 Vgl. zum beschriebenen Phänomen den Beitrag von Kamp, Soziale Herkunft und geistlicher Bildungsweg (wie Anm. 79), hier v.a. S. 96 f. 560 Vgl. Schmidt, Alexander II. (wie Anm. 199), S. 171–173. 561 In einem seiner Epigramme charakterisiert Petrus Damiani Hildebrand als Papstmacher: Papam rite colo, sed te prostratus adoro: Tui facis hunc [Alexander II.] dominum; te facit iste deum. Siehe Petrus Damianus, Carmina sacra et Preces, in: Opera Omnia (MPL 145), Sp. 911–986, hier: Sp. 967, n. 195. 562 Vgl. Schmidt, Alexander II. (wie Anm. 199), S. 173. 563 Adelferius, De Sancti adventu Tranum, & obitu eumque secutis miraculis (AASS Junii I), Sp. 244–248.

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Untersuchungsteil II: Präsenz und Bildung

Heiligsprechung des Nikolaus ein, wie ein Brief des Papstes an Klerus und Volk von Trani bezeugt: …venerabilis frater noster Bisantius, vestrae civitatis archiepiscopus, venerabilis viri Nicolai (qui apud vos Peregrinus nominatur) nonnulla miracula coram universo concilio scripto edita recitavit, et eumdem Dei hominem, auctoritate nostra, in sanctorum catalogo annumerari instantissime postulavit.564

Wahrscheinlich ist die Verehrung des Pilgers in Trani und dessen schnell betriebene Kanonisation vor allem im Lichte der allgemeinen Konkurrenzsituation zwischen Bari und Trani zu verstehen.565 Seit der Mitte des 11. Jahrhunderts war mit dem Niedergang der byzantinischen Herrschaft in Apulien ein Machtvakuum entstanden, von dem die apulischen Städte, vor allem Bari, zu profitieren suchten. StüssiLauterburg nimmt es in diesem Zusammenhang als gegeben an, dass auch Urban II. diese Situation als Vehikel zur Durchsetzung seiner Suprematie in Apulien nutzen wollte,566 begründet und belegt aber ihre Aussage nicht weiter. Das Papsttum war den bisherigen Befunden in der vorliegenden Untersuchung nach zumindest daran interessiert, die apulischen Bistümer in die römische Hierarchie einzugliedern, doch auch die lokalen Bischöfe trachteten danach, die Bistumsorganisation zu ihren Gunsten zu beeinflussen. So kam es zwischen Bari und Trani zu einem Streit um die Metropolitanrechte. Wie bereits vorher in diesem Untersuchungsteil detailliert beschrieben, bestätigten je zwei Urkunden Alexanders II. von 1063 und Urbans II. von 1089 Bari und Trani teilweise gleiche Gebiete und Suffragane. Vielleicht war dies eine von den Päpsten beabsichtigte Aktion, um den Ehrgeiz der beiden Erzbischöfe zur Durchsetzung der Kirchenorganistion anzufachen, wie Stüssi-Lauterburg annimmt,567 wahrscheinlicher sind aber unter anderem mit der Praxis der Urkundenausfertigung zusammenhängende Gründe. Im Falle der Bareser Urkunden sind auf den betreffenden Originalstücken Unregelmäßigkeiten am Pergament festzustellen, die wohl aus der Zeit nach 1089 stammen: in der Urkunde Alexanders II. steht auf Rasur „Trani“ anstelle von „Andria“ und im Privileg

564 Migne, PL 151, Sp. 488C. 565 Vgl. Barbara Stüssi-Lauterburg, Nikolaus Peregrinus von Trani. Aspekte einer Heiligsprechung, in: Quaderni catanesi di studi classici e medievali 5 (1983), S. 399–422. Vgl. ferner zu Nikolaus Peregrinus von Trani Paul Oldfield, St. Nicholas the Pilgrim and the City of Trani between Greeks and Normans, c. 1090–c. 1140, in: Anglo-Norman Studies 30 (2008), S. 168– 181 sowie Gerardo Cioffari, S. Nicola il Pellegrino: patrono di Trani e dell’arcidiocesi: vita, critica e messaggio spirituale, Barletta 2014. 566 Stüssi-Lauterburg, Nikolaus Peregrinus (wie Anm. 565), S. 400. 567 Ibid., S. 406.

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2. Bindung: Apulische Prälaten zu Gast beim Papst

Urbans wurde „Trani“ neben Andria interpoliert.568 Wurde hier eingegriffen, um das schon seit längerer Zeit selbstständige Erzbistum Trani der Obödienz Baris zu unterstellen? Trani hatte in vielerlei Hinsicht Gründe, sich dem selbstbewussten Auftreten Baris entgegenzustellen, und in diesen Kontext muss auch die Kanonisation des Nikolaus Peregrinus eingeordnet werden,569 die von Erzbischof Bisantius persönlich und mit Nachdruck betrieben worden war, reiste er doch mit Zustimmung des Volks von Trani570 selbst nach Rom und legte Urban II. eine Mirakelsammlung sowie einen Bericht über den Aufenthalt des Nikolaus Peregrinus in Trani vor571 – vermutlich wurden diese Quellen kurz nach 1094, also kurz nach dem Tod des Pilgers, verfasst. Das Jahr der Kanonisation lässt sich nicht genau bestimmen, aber der oben zitierte Passus im Schreiben Urbans II. an die Tranenser lässt darauf schließen, dass Bisantius seine Kanonisationsbitte im Verlauf eines Konzils vortrug. Nun fand im Frühling 1097 ein Konzil im Lateran statt572 und ein weiteres in St. Peter drei Wochen nach Ostern 1099. Eine genaue Zuordnung der Kanonisation ist nicht möglich, aber einige Anhaltspunkte verweisen auf das Jahr 1097, so die enge zeitliche und mentale Verbindung zum Kreuzzug und vor allem die Bemerkung des Hagiographen Adelferius, die auf ein eiliges Verfassen seines Textes hinweisen.573 Die Kanonisation eines Griechen konnte als konziliante Geste gegenüber Byzanz verstanden werden, an der Urban II., dessen politische Handlungen im Besonderen auf Unionsverhandlungen mit der griechischen Kirche und Herstellung der Kircheneinheit ausgerichtet waren, besonders gelegen haben könnte. Zumindest ist zu vermuten, dass die Heiligsprechung des Nikolaus Peregrinus die Haltung der griechischen Bevölkerung Apuliens gegenüber Urban positiv beeinflussen konnte.574 Verfahrenstechnisch ist anzumerken, dass das ausschließliche Recht der Heiligsprechung durch den Papst erst gegen Ende des 12. Jahrhunderts in Kraft trat,575 568 569 570 571

Caspar, Kritische Untersuchungen (wie Anm. 410), S. 254 ff. und 268 ff. Stüssi-Lauterburg, Nikolaus Peregrinus (wie Anm. 565), S. 407. Adelferius, De Sancti adventu Tranum (wie Anm. 563), S. 245 f. Bericht über die Vorlage der Mirakelsammlung und die Kanonisation in einer Breve Urbans II., siehe Amandus Diaconus Tranensis, De S. Nicolai Canonizatione & Translatione, (AASS Junii I), S. 249, Abschnitt C. 572 Migne, PL 151, Sp. 221 und 489. 573 Am Schluss seiner Schrift erwähnt Adelferius, dass ihn der Zeitmangel dazu zwang, aus der Fülle der Mirakel nur einige wenige auszuwählen: Cum nec omnia, nec per omnia, uti gesta sunt, prosequi voluerim, quem tempus desert, copia numquam. Vgl. Adelferius (wie Anm. 563), S. 247 f. 574 Vgl. Stüssi-Lauterburg, Nikolaus Peregrinus (wie Anm. 565), S. 409–412. 575 Roberto Paciocco, Le canonizzazioni papali nei secoli XII e XIII. Evidenze a proposito di „centro“ romano, vita religiosa e „periferie“ ecclesiastiche, in: Andenna et al., Die Ordnung der Kommunikation (wie Anm. 358), S. 277–300 betont vor allem den Wandel von der Mündlichkeit zur Schriftlichkeit in Bezug auf Kanonisationen seit dem 12. Jahrhundert, den Übergang der

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Untersuchungsteil II: Präsenz und Bildung

denn ursprünglich war die Institutionalisierung von Heiligenkulten vor allem Aufgabe lokaler Bischöfe. Gerade im Zeitalter der papstgeschichtlichten Wende ging man jedoch zunehmend dazu über, den Nachfolger Petri um Kanonisation eines Heiligen oder einer Heiligen zu ersuchen,576 was auch als Ausdruck einer gestiegenen Autoritätszuschreibung an das Papsttum gelesen werden kann. Insofern kann die römische Kanonisation des Nikolaus Peregrinus als ein Beispiel für die verstärkte Ausrichtung Tranis nach Rom gelten. Zudem offenbart diese Kanonisation, dass auch nach dem Ende der byzantinischen Herrschaft in Trani das griechische Element weiterhin eine wichtige Rolle spielte, handelte es sich doch bei Nikolaus um einen byzantinischen Heiligentypus – den heiligen Narren – der als Patron der Stadt zur allgemeinen Integrationsfigur wurde.577 Trani schuf sich einen eigenen Stadtpatron, der durch die Anerkennung durch das Papstttum auch die nötige Autorität besaß, um es in Sachen ‚spirituelles Kapital‘ mit der großen Rivalin Bari aufnehmen zu können. Die päpstliche Legitimation war dabei von enormer Bedeutung, insbesondere weil Urban II. auch in Bari durch seine Anwesenheit bei der Translation der Gebeine des Nikolaus von Myra dessen Kult bestätigt hatte.578 Die Konkurrenz zwischen den apulischen Städten Bari und Trani erhielt laut Stüssi-Lauterburg durch die Kanonisation des Nikolaus Peregrinus, der bedingt durch die geographische Lage Tranis wie Nikolaus von Myra als Patron der Seefahrer gilt, eine neue Dimension.579 Gleich nach der Rückkehr des Bisantius aus Rom begann man in Trani mit dem Bau der Kirche zu Ehren des soeben kanonisierten Heiligen, der wohl über einer bestehenden Marienkirche ausgeführt wurde, in der bis dahin die Reliquien des Pilgers aufbewahrt worden waren.580 Im Gegensatz zu Bari, wo die Translation der Reliquien des hl. Nikolaus von Myra von Kaufleuten betrieben worden war und in Opposition zum damaligen Erzbischof Urso stattfand, ging die Verehrung des Nikolaus Peregrinus in Trani sowohl vom Volk als auch vom Erzbischof aus. Auch nach der Kanonisation bemühten sich die Erzbischöfe von Trani um die Verehrung des heiligen Pilgers Nikolaus; so entstand unter der Auftraggeberschaft von Bisantius II. ‚Kanonisationskompetenz‘ vom Bischof auf den Papst und die damit verbundene Universalisierung sowie die Bedeutung von Kanonisationen auch zur Durchsetzung pragmatisch-politischer Intentionen. 576 Vgl. Stüssi-Lauterburg, Nikolaus Peregrinus (wie Anm. 565), S. 412. 577 Vgl. ibid., S. 417 f. 578 Vgl. ibid., S. 421. 579 Vgl. ibid., S. 421 f. 580 Vgl. ibid., S. 418 f. Die heutige erzbischöfliche Kathedrale ist eine Doppelkirche mit einer Unterkirche, die der Jungfrau Maria geweiht ist, und einer Oberkirche unter dem Patronat des Nikolaus Peregrinus.

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2. Bindung: Apulische Prälaten zu Gast beim Papst

eine Vita (De S. Nicolai Canonizatione & Translatione) aus der Feder des Tranenser Diakons Amandus,581 über den weiter nichts bekannt ist. Der Erzbischof hatte wohl noch vor seiner Weihe 1144 die Translation der Gebeine am 4. Oktober 1142 in die neue Nikolauskirche vornehmen lassen. Zur feierlichen Überführung der Gebeine waren unter anderem der Erzbischof von Brindisi, die Bischöfe von Ostuni, Rapolla und Andria geladen sowie nicht näher bezeichnete Äbte und Mönche – wobei es nicht zu überraschen scheint, dass der Erzbischof von Bari nicht zugegen war. Etwa in dieser Zeit, vor der Mitte des 12. Jahrhunderts, entstand wahrscheinlich auch die Vita des Amandus.

581 Siehe Amandus Diaconus Tranensis (wie Anm. 571), S. 248–252.

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Untersuchungsteil III: Jurisdiktion

Ausgehend von der Hypothese, dass das Recht ein stark raumstrukturierendes Element darstellt, möchte ich im Folgenden untersuchen, inwiefern rechtliche Normen und Jurisdiktion die Homogenisierung und Integration der Kirchenlandschaft Apuliens582 beeinflussten. Die Kategorie ‚Raum‘ ist hierbei im Sinne der von den Kulturwissenschaften proklamierten topologischen Wende (auch: spatial oder topographical turn)583 als eine kulturelle Größe zu verstehen. Jener ‚Raum‘ wird nach Henri Lefebvre durch soziales Handeln von Individuen produziert, wobei das Handeln der Akteure unter anderem von ökonomischen, sozialen, kulturellen und rechtlichen Strukturen abhängt.584 Jürgen Habermas schreibt dem Recht, freilich in erster Linie bezogen auf moderne Gesellschaften in seinem rechtsphilosophischen Werk „Faktizität und Geltung“ sozialintegrative Kraft zu.585 Diese Überlegungen lassen sich partiell auf die Fragestellung der vorliegenden Studie und damit in die Zeit des Hochmittelalters übertragen. Die Voraussetzung für die erfolgreiche, gewaltfreie Anwendung und Durchsetzung des Rechts ist die Anerkennung der jeweiligen rechtssetzenden Instanz586 – in diesem Beispiel die Anerkennung des Papsttums und seiner jurisdiktionell-normativen Autorität in kirchlichen und gegebenenfalls auch weltlichen Fragen. Um ein Rechtssystem wie das römisch-kanonische erfolgreich und friedlich zu etablieren, 582 Die lateinischen Kirchen Apuliens sind hier als soziokultureller Raum zu verstehen. 583 Eine umfassende Bibliographie zur kulturwissenschaftlichen spatial turn-Theorie zusammenzustellen, ist an dieser Stelle nicht möglich. Es seien als Einführungen in die Thematik stellvertretend genannt: Doris Bachmann-Medick, Spatial turn, in: Cultural Turns, Neuorientierungen in den Kulturwissenschaften, hg. von id., Reinbek 32009, S. 284–328; ferner Sigrid Weigel, Zum „topographical turn“. Kartographie, Topographie und Raumkonzepte in den Kulturwissenschaften, in: KulturPoetik 2 (2002), S. 151–165. 584 Vgl. hierzu Henri Lefebvre, La production de l’espace, Paris 31986. 585 Vgl. Jürgen Habermas, Faktizität und Geltung. Beiträge zur Diskurstheorie des Rechts und des demokratischen Rechtsstaats, Frankfurt am Main 11992, S. 43. 586 Vgl. ibid., S. 44: Rechtliche Regelungen „müssen […] eine sozialintegrative Kraft entfalten, indem sie den Adressaten Verpflichtungen auferlegen, was […] nur auf der Grundlage intersubjektiv anerkannter normativer Geltungsansprüche möglich ist“.

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Untersuchungsteil III: Jurisdiktion

musste bereits eine erste Stufe der Integration erreicht worden sein: Die Schaffung eines Kommunikationsraums, gleichsam eines Korridors des gegenseitigen Austausches, zwischen der rechtssetzenden Zentrale – hier dem Papsttum – und der Region, in der das Rechtssystem wirksam werden sollte. Das Kirchenrecht kann dabei als raumübergreifendes System verstanden werden, das in der gesamten lateinischen Kirche auf gleiche Weise zur Anwendung kommen und damit zumindest eine jurisdiktionelle Homogenisierung verwirklichen sollte. Das Papsttum beanspruchte, so Werner Goez, seit der papstgeschichtlichen Wende im 11. Jahrhundert die Entscheidungskompetenz über alle causae maiores,587 also die Streitfälle, die grundsätzliche und wesentliche Fragen betrafen. Die Deutungshoheit darüber, ob ein Konflikt den causae maiores angehörte oder nicht, behielt sich nun die Kurie vor. Der bisher übliche gerichtliche Instanzenweg wurde zunehmend übersprungen und die Päpste nahmen Klagen gegen die lokalen kirchlichen Entscheidungsträger entgegen, die im nächsten Schritt vor den päpstlichen Gerichtshof zitiert werden konnten.588 Die Feststellung von Goez ist allerdings noch einmal im Gegenlicht zu prüfen. Zwar reklamierte der Papst für sich die höchste Autorität in jurisdiktionellen Fragen, verdankte die Anerkennung seines Status als iudex ordinarius in den verschiedenen Regionen des Orbis christianus letztlich aber seiner allgemein multiplizierten und vielerorts anerkannten Bedeutung in der kirchlichen und auch weltlichen Hierarchie. Mit dem allgemeinen Autoritätszuwachs einher ging die Zuschreibung jurisdiktioneller Entscheidungsgewalt von außen. Die Zahl der Appellationen an die Kurie, die vor den Papst gebrachten Klagen aus den verschiedensten Gegenden der römischen Kirche, nahm beständig zu. Diese gesteigerte Nachfrage um juristische Entscheidung konnte letztlich nur durch die Entfaltung und Weiterentwicklung des kurialen Gerichtsapparats beantwortet werden. Da das Papsttum durchaus bestrebt war, auf die gestiegene Autoritätsbeimessung von außen zu reagieren, bildeten sich nach und nach päpstliche Instrumentarien aus, die es möglich machten, auf den erhöhten Bedarf an päpstlicher Rechtsprechung zu reagieren. In diesem Zusammen-

587 Nachdem bereits Papst Leo I. den päpstlichen Anspruch über die Zuständigkeit für causae maiores formuliert hatte, nehmen Kirchenrechtssammlungen aus der Zeit der Kirchenreform des 11. Jahrhunderts – die Collectio canonum von Anselm von Lucca, die 74-Titel-Sammlung sowie in abgewandelter Form auch der Liber de vita christiana des Bonizo von Sutri – diese Stelle wieder auf. Den Bischöfen wird lediglich eine mitwirkende Rolle zugedacht. Sie hätten ihre vices von Seiten der römischen Kirche nur in partem sollicitudinis, non in plenitudinem potestatis gewährt bekommen. Vgl. dazu und zu den genannten Quellenstellen Kempf, Die Eingliederung der überdiözesanen Hierarchie (wie Anm. 361), S. 74–76. 588 Vgl. zu diesem Themenbereich Werner Goez, Kirchenreform und Investiturstreit. 910–1122, Stuttgart 22008, S. 115.

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1. Päpstlich-delegierte Gerichtsbarkeit

hang wäre auch die Ausdifferenzierung und Kodifizierung des Kanonischen Rechts näher zu beleuchten. Im Folgenden werden zwei Arten der Institutionalisierung und Spezialisierung der päpstlichen Jurisdiktion herausgegriffen und die Art und Weise sowie Häufigkeit ihres Einsatzes für den betrachteten Raum, die vorwiegend lateinisch geprägten kirchlichen Institutionen Apuliens, genauer untersucht. Dabei handelt es sich einerseits um die päpstliche Delegationsgerichtsbarkeit und andererseits um päpstliche Legaten, die ‚Augen des Papstes‘, wie sie einmal genannt wurden.589 Beide Arten gehören dem Bereich der übertragenen Rechtsprechung an: Der Papst übertrug temporär seine Jurisdiktionshoheit an eine andere Person oder Personengruppe, wobei Dauer, Einsatzort und Ausprägung variieren konnten. So erhielt etwa ein legatus a latere umfassendere Vollmachten als ein legatus missus, während delegierten Richter die Rechtsprechung qua Mandat zumeist nur für einen einzelnen Streitfall zugewiesen wurde.

1. Päpstlich-delegierte Gerichtsbarkeit Die päpstlich-delegierte Gerichtsbarkeit erhielt in der mediävistischen Forschung immer wieder Aufmerksamkeit, wobei sie entweder in ihrer Gesamtheit als juristisches Instrument des Papsttums oder aber aus lokaler oder regionaler Perspektive für einen bestimmten Zeitraum untersucht wurde.590 An den zweiten Ansatz wird 589 Vgl. Claudia Zey, Die Augen des Papstes. Zu Eigenschaften und Vollmachten päpstlicher Legaten, in: Johrendt, Müller (Hg.), Römisches Zentrum (wie Anm. 61), S. 77–108. 590 Grundlegende Studien zur delegierten Gerichtsbarkeit wurden vorgelegt von: Paul Hinschius, Das Kirchenrecht der Katholiken und Protestanten, 6, Berlin 1869–1897 (ND Graz 1959), hier Bd. I, S. 171–195; Hermann Josef Conrad, Die iurisdictio delegata im römischen und kanonischen Recht, Köln 1930; George G. Pavloff, Papal judge delegates at the time of the Corpus Iuris Canonici, Washington 1963; Othmar Hageneder, Die geistliche Gerichtsbarkeit in Ober- und Niederösterreich. Von den Anfängen bis zum Beginn des 15. Jahrhunderts (Forschungen zur Geschichte Oberösterreichs 10), Graz 1967, S. 24–73; Jane E. Sayers, Papal judges delegate in the province of Canterbury. A study in ecclesiastical jurisdiction and administration, Oxford 1971 (ND 1997); Peter Herde, Audientia litterarum contradictarum. Untersuchungen über die päpstlichen Justizbriefe und die päpstliche Delegationsgerichtsbarkeit vom 13. bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 31–32), Bd. 2, Tübingen 1970; Peter Herde, Päpstliche Delegationsgerichtsbarkeit im Mittelalter und der frühen Neuzeit, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Kanonistische Abteilung 88 (2002), S. 20–43; Mary G. Cheney, Roger, bishop of Worcester 1164–1179 (Oxford historical monographs), Oxford 1980, S. 113–165; Dietrich Lohrmann, Papstprivileg und päpstliche Delegationsgerichtsbarkeit im nördlichen Frankreich zur Zeit der Kirchenreform, in: Proceedings of the Sixth International Congress of Medieval Canon Law, Berkeley (California) 28 July-2 August 1980, hg. von Stephan Kuttner und Kenneth Pennington (MIC series

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Untersuchungsteil III: Jurisdiktion

im Folgenden angeknüpft, indem die apulischen Bistümer auf überlieferte Delegationen im betrachteten Zeitraum untersucht und jene auch quantitativ erfasst werden.591 Daran anschließend werden in Fallstudien einzelne päpstliche Beauftragungen detaillierter untersucht, um nicht nur zu Erkenntnissen hinsichtlich der Akzeptanz und Nachfrage päpstlicher Rechtsmittel – letztlich auch der Anerkennung der Jurisdiktionshoheit des Papsttums – zu gelangen, sondern auch mehr über charakteristische Ausgestaltungen und Praxis der delegierten Gerichtsbarkeit in Apulien zu erfahren. 1.1 Herausbildung der delegierten Gerichtsbarkeit Seit der papstgeschichtlichen Wende nahmen die Päpste wie bereits oben angedeutet Klagen gegen kirchliche Instanzen aus verschiedensten Regionen der Christenheit entgegen. Der steigenden internationalen Nachfrage päpstlicher Rechtshilfe in Streitfällen wurde nicht nur am kurialen Gerichtshof Rechnung getragen, sondern führte auch zur verstärkten Ausbildung des Instituts der delegierten Gerichtsbarkeit, die sich seit dem ausgehenden 11. Jahrhundert und vor allem im Laufe des 12. Jahrhunderts zu einem zentralen Element der päpstlichen Rechtsprechung entwickelte und in dieser Zeit auch formale Konturierung und Ausdifferenzierung erhielt. Eine ähnliche juristische Einrichtung kannte das römische Recht bereits seit der Spätantike und auch von den Päpsten wurde es vereinzelt – jedoch nicht in institutionalisierter Form – seit dem 6. Jahrhundert genutzt.592 C: subsidia 7), Città del Vaticano 1988, S. 535–550; Waclaw Uruszczak, Les juges délégués du pape et la procédure romano-canonique à Reims dans la seconde moitié du XIIe siècle, in: Tijdschrift voor Rechtsgeschiedenis 53 (1985), S. 27–41; Ludwig Falkenstein, Appellationen an den Papst und Delegationsgerichtsbarkeit am Beispiel Alexanders III. und Heinrichs von Frankreich, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 97 (1986), S. 36–65, darin vor allem S. 36–44 sowie Literatur und Quellenangaben; Brigitte Meduna, Studien zum Formular der päpstlichen Justizbriefe von Alexander III. bis Innocenz III. (1159–1216): die non obstantibus-Formel (Sitzungsberichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Klasse 536), Wien 1989, S. 20–38; Dietrich Lohrmann, Juges délégués, in: Dictionnaire historique de la papauté, hg. von Philippe Levillain, Paris 1994, 979 f. fasste den Forschungsstand bis in die 1990er Jahre zusammen. Einen Editionsband und ausführliche Studien mit Fokus auf Nordfrankreich bietet Müller, Päpstliche Delegationsgerichtsbarkeit (wie Anm. 73). 591 Siehe Verzeichnis zur delegierten Gerichtsbarkeit auf S. 196, welches auch knapp den Inhalt der die delegierte Gerichtsbarkeit betreffenden Stücke abbildet. 592 Der Unterschied zwischen dem spätantiken Einsatz der Delegationsgerichtsbarkeit durch die römischen Kaiser und ihrem Einsatz durch die Päpste besteht laut David L. D’Avray, Medieval Religious Rationalities. A Weberian Analysis, Cambridge 2010, S. 135 f., im bürokratischen Apparat, der in keiner Weise vergleichbar gewesen sei. Für das Papsttum treffe der Bürokratieansatz Max Webers, wonach der Idealtypus einer effizienten legalen Herrschaft eng verbunden mit ei-

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1. Päpstlich-delegierte Gerichtsbarkeit

Dank der Dezentralisierung der juristischen Aufgaben mittels Delegation konnte nun die Prozesslast an der Kurie gemindert und zudem den Appellationen aus den verschiedensten Regionen Lateineuropas effizienter Rechnung getragen werden. Ihre Notwendigkeit in einem von administrativ-rechtlichen Aufgaben und Anfragen bestimmten Alltag der Päpste beschreibt Innozenz III. (1198-1216): ...quas per nos non possumus, alliis de auctoritate nostra committere diffiniendas, und konkretisiert an anderer Stelle: …qualiter conditionis humanae lex hominem simul in diversis locis existere aut ad loca remotiora transolvare subito non permittit… müsse der Papst die Aufgaben auf andere verteilen und Dinge, die er selbst nicht besorgen könne, durch Legaten oder delegierte Richter erledigen lassen.593 Die mit einem Mandat ausgestatteten und nur dank dieser schriftlichen Anordnung handlungsfähigen Richter fungierten als Bindeglied zwischen der Region und der Kurie. Unterstützend konnten sie auf neue, an die Erfordernisse des Prozesswesens angepasste juristische Literatur wie Handbücher zum Prozessrecht oder Ordines iudiciarii zurückgreifen.594 Direkt vor Ort prüften sie die Beweislage und da sie nicht selten aus derselben Region wie Kläger und Angeklagte stammten, konnten sie nicht nur schneller mit der Bearbeitung und Abwicklung des Prozesses beginnen, sondern waren meist auch mit den lokalen Gegebenheiten bestens vertraut und gut vernetzt. Die Herausbildung und der Ausbau der delegierten Gerichtsbarkeit vermehrte die päpstlichen Gerichtsstätten. Dies erlaubte den Klägern nun, lokale oder regionale Rechtsinstanzen wie den örtlichen Bischof, der nicht selten Widerstand gegen das delegierte Gericht leistete, auf leichterem Wege zu umgehen. Besonders kleineren Kirchen und Klöstern oder auch Einzelpersonen wurde es auf diesem Wege erleichtert, ihr Recht geltend zu machen. Das sehr genau festgelegte römisch-kanonische Prozessverfahren war in Fragen der Verfahrenssicherheit dem der häufig willkürlich agierenden, weniger strukturierten lokalen Gerichte überlegen, es ermöglichte einen gestrafften Ablauf und führte in der Regel zu objektiveren Urteilen sowie einer wirksamen Vollstreckung derselben.595 nem effizienten Beamtenapparat sein müsse, nicht zu. Vielmehr würde hier juristischer Einfallsreichtum die bürokratischen Mängel ausgleichen – das Papsttum konnte sich eine Verwaltung, die seiner Stellung gleichgekommen wäre, nicht leisten. 593 Migne, PL 216, Sp. 795–798, n. 12, hier Sp. 795 f. von 1213 März 23 (Potthast 4686). 594 Vgl. zu diesen Quellengattungen Giovanna Nicolaj, Gli acta giudiziari (secc. XII-XIII): vecchie e nuove tipologie documentarie nello studio della diplomatica, in: La diplomatica dei documenti giudiziari (dai placiti agli acta - secc. XII–XV). Atti del X congresso internazionale della Commission Internationale de Diplomatique, Bologna, 12–15 settembre 2001 (Littera antiqua 11; Pubblicazioni degli archivi di stato, Saggi 83), hg. von id., Rom 2004, S. 1–24 und speziell zu den Ordines iudiciarii Linda Fowler-Magerl, Ordo iudiciorum vel ordo iudiciarius. Begriff und Literaturgattung (Ius commune, Sonderhefte 19), Frankfurt am Main 1984. 595 Siehe auch Ingo Fleisch, Rechtsstreit und Schriftkultur. Zum Vordringen des römisch-kanonischen Prozessrechts auf der Iberischen Halbinsel, in: Erinnerung - Niederschrift - Nutzung,

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Untersuchungsteil III: Jurisdiktion

Die formale Ausgestaltung des päpstlichen Gerichtes und seiner Unterabteilungen, zu denen die delegierte Gerichtsbarkeit gehörte, fand mit Innozenz III. (1198– 1216) ihren vorläufigen Höhepunkt und Abschluss.596 Die Ausbreitung und Etablierung der delegierten Gerichtsbarkeit fand letztlich jedoch in gewisser Weise ohne Rom statt. Es waren die Kläger, die initial aktiv werden mussten, um den üblichen Weg durch die lokalen kirchlichen Instanzen zu übergehen. Aus den verschiedensten Gegenden des orbis christianus mussten sie sich persönlich oder durch einen Vertreter mit einer Appellation direkt an die meistens in Rom, gelegentlich aber auch an anderen Orten weilende Kurie wenden und ihre Klage vorbringen – was je nach Herkunftsort des Klägers nicht nur mit einem gewissen Reiseaufwand, sondern auch mit entsprechenden Kosten verbunden war. Die Frequenz, mit der delegierte Richter in den Regionen agierten, kann deshalb ein Abbild der Bereitschaft zur Eingliederung der kirchlichen Institutionen einer Region in die zentral geleitete römische Kirche sein, ein Indikator für die bereits erfolgte oder sich vollziehende Integration des Raumes und die Anerkennung des Papsttums als legitimierende jurisdiktionelle Größe.597

1.2 Päpstlich-delegierte Gerichtsbarkeit in Apulien 1.2.1 Ausgestellte Delegationsmandate und Prozessschriftgut Vor der Normierung der schriftlichen Protokollierungen in Prozessen des päpstlichen Gerichts auf dem Vierten Laterankonzil 1215 entstanden im Verlauf eines Rechtsfalles eine Vielzahl von Schriftstücken, die inhaltlich und formal nicht standardisiert waren. Die Überlieferungschance gerade des im Prozessverlauf entstandenen Schriftguts war insgesamt schlecht, bewahrten doch die Streitparteien und unter ihnen meist die siegreiche Partei vorrangig Urteile und andere zentrale Entscheidungen auf.598 Und auch über jene Dokumenten sind wir häufig nur in Form von Das Papsttum und die Schriftlichkeit im mittelalterlichen Westeuropa, hg. von Klaus Herbers und Ingo Fleisch (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, NF 11), S. 93–118, hier: S. 94. 596 Vgl. Müller, Päpstliche Delegationsgerichtsbarkeit (wie Anm. 73), S. 10. 597 Vgl. dazu auch Harald Müller, Im Dienste der Zentralisierung? Zu Struktur und Praxis päpstlich delegierter Gerichtsbarkeit, in: Andenna et al., Die Ordnung der Kommunikation (wie Anm. 358), S. 133–144, besonders S. 143 f. Müller bezeichnete hier die delegierte Gerichtsbarkeit als „Rahmenordnung“, die in ihrer Formierungsphase zunächst auch als Umsturz der bestehenden Ordnung wahrgenommen wurde, schnell aber vor allem aufgrund ihrer flexiblen Anwendungsmöglichkeiten akzeptiert und dann auch für ursprünglich nicht intendierte Zwecke genutzt wurde. 598 Vgl. Müller, Päpstliche Delegationsgerichtsbarkeit (wie Anm. 73), Bd. 1, S. 48 f. und S. 53.

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1. Päpstlich-delegierte Gerichtsbarkeit

Erwähnungen in anderen Urkunden, Akten und Abschriften informiert.599 Auch Historiker*innen trugen ihren Teil dazu bei, die delegierte Gerichtsbarkeit für die Forschung schwer zugänglich zu belassen. Überlieferte Urkunden, Briefe und Akten delegierter Richter wurden vielmals nicht in die großen Regestenwerke zur Papstgeschichtsschreibung aufgenommen, sondern in vielen Fällen sogar vorab aussortiert. So ist die Kehrsche Praxis bekannt, Delegatenschreiben mit dem handschriftlichen Vermerk „weg“ zu kennzeichnen und nicht in die von ihm herausgegebenen Bände des Göttinger Papsturkundenwerks aufzunehmen. Das Prozessschriftgut der delegierten Gerichtsbarkeit vor dem Pontifikat Innozenz’ III. entzieht sich – so auch Harald Müller – aufgrund der Diversität des Entstehungs- und Situationskontextes und fehlenden Normierung der Formulierungen einer „stringenten typologischen Klassifizierung“.600 An päpstlichen Beauftragungsschreiben tritt dabei zumeist deutlich die den Justizbriefen angehörende Kategorie der Delegationsmandate (Kommissorien) hervor,601 die am Anfang eines Prozesses stehen. Hierin übertrug der Papst schriftlich seine juristische Vollmacht dem oder den Richtern für einen einzelnen Streitfall. Die Delegation unterliegt also einer zeitlichen Begrenzung, in der Regel galt sie bis zum Abschluss des zu behandelnden Streitfalles. Die in der Inscriptio genannten Empfänger der Mandate sind die delegierten Richter, die meist entweder namentlich oder zumindest mit ihrem Amtstitel genannt werden. Die Schreiben beinhalten ferner die Nennung der Streitparteien, weitere Ausführungen über den bisherigen Konflikt und die Anklage sowie päpstliche Vorschriften hinsichtlich der Prozessgestaltung.602 In letzteren wird zumeist verordnet, den Streit nach vorheriger Untersuchung final beizulegen. Nicht immer ist dabei klar zu unterscheiden zwischen reinen Exekutionsmandaten, also Handlungs- und Vollzugsanweisungen – beispielsweise mit dem Auftrag, zu überprüfen, ob die einer päpstlichen Entscheidung zugrundeliegenden Gegebenheiten tatsächlich vorliegen, oder aber einer päpstlichen Entscheidung Geltung zu verschaffen – oder ob der Vorgang der gerichtlichen Untersuchung im Vordergrund steht und es sich bei der Beauftragung eines Delegaten um eine Kommissorie im eigentli599 Zudem sind Delegationsmandate häufig nicht im Original überliefert, sondern beispielsweise als Insert in Urteilen oder ab Ende des 12. Jahrhunderts in Ladungsschreiben, wie Müller, Päpstliche Delegationsgerichtsbarkeit (wie Anm. 73), Bd. 1, S. 52 für die Normandie feststellt. Der Befund lässt sich weitgehend auf Apulien übertragen, wobei hier Deperdita aus Hinweisen in verschiedensten Texten rekonstruiert werden müssen und oft der Wortlaut des Originals nicht erhalten ist. 600 Vgl. ibid., Bd. I, S. 49. 601 Vgl. hierzu Herde, Audientia litterarum contradictarum (wie Anm. 590), Bd. I, S. 182, 184, sowie – auch zu den entsprechenden Quellenbegriffen für den Bereich der Urkunden der Normandie – Müller, Päpstliche Delegationsgerichtsbarkeit (wie Anm. 73), Bd. 1, S. 50. 602 Vgl. dazu auch die Kategorisierung in ibid., Bd. 1, S. 50 f. sowie bei Sayers, Papal judges (wie Anm. 590), S. 66–70.

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chen Sinne handelt. Harald Müller behilft sich angesichts dieser definitorischen Problematik mit der Erklärung, dass die delegierte Person außerhalb der bestehenden Gerichts- und Verwaltungshierarchie stehen musste, um den Vorgang als Delegierung mittels Delegationsmandat einzustufen.603 Neben Kommissorien stellten die Päpste auch Urteilsbestätigungen aus oder fällten nach Untersuchung eines Streitfalles durch delegierte Richter eigene Urteile. So beauftragt Alexander III. im August 1178 den Erzbischof Bertrand von Trani sowie den Bischof Amandus von Bisceglie (Bisceglie war ein Suffraganbistum Tranis), Informationen über den Streit zwischen dem Bischof von Conversano und dem Abt Palmerius von Santo Stefano in Monopoli zu ermitteln und diese an den Papst weiterzugeben. Im weiteren Verlauf sollten jedoch nicht die delegierten Richter selbst den Prozess einleiten, sondern die Sache an die römische Kurie bringen.604 Aus dem in dieser Studie untersuchten Zeitraum, das heißt Mitte des 11. Jahrhunderts bis 1189, sind 21 von Päpsten ausgestellte Delegationsmandate überliefert, siebzehn davon als Deperdita und somit nur aus anderen Urkunden, in denen sie erwähnt werden, oder gar nur aus Zitaten605 und Beschreibungen von Urkunden606 aus dem 16. und 17.  Jahrhundert zu rekonstruieren. Eine verlorenes Delegationsmandat, das bei Holtzmann in seinem in der Reihe der Italia Pontificia erschienen Regestenband, der päpstlichen Urkunden unter anderem für den Bereich Apulien verzeichnet, nicht erwähnt wird, erschließt sich aus einem anderen Stück: Der delegierte Richter Rainald von Bari teilt Lucius III. mit, dass er im Streitfall zwischen dem Erzbischof von Trani und den Brüdern der Niederlassung des Johanniterordens in Barletta ein Urteil zugunsten der Ordensritter gefällt habe.607 Es muss demnach vorher mindestens ein päpstliches Mandat an Erzbischof Rainald ausgestellt worden sein – möglich ist auch, dass Papst Lucius weitere Mandate an weitere Richter ausstellte, die zusammen mit Rainald agieren sollten, allerdings finden sich dazu keine weiteren Belege. 603 Vgl. Müller, Päpstliche Delegationsgerichtsbarkeit (wie Anm. 73), Bd. 1, S. 53. 604 IP IX, *21, S. 295; der Fall wird zitiert im Summarium von 1550 sub PP im Volume dei documenti per le memorie di Putignano bei G. Casulli in Putignano, abgedruckt in Kehr, Papsturkunden in Apulien (wie Anm. 143), S. 284, n. 22. 605 Wie das Summarium I. Litterae executoriales relaxatae a Sacra Rota Romana die 22. Decembris 1550 coram bone memorie Antonio de Augustinis in causa Conversanen. Iurisdictionis etc. 606 So konnte Andrea Della Monaca im 17. Jahrhundert offenbar noch die heute verlorenen Urkunden des Kloster S. Maria Veterana aus dem 12. Jahrhundert einsehen, siehe dazu Andrea Della Monaca, Memoria historica della città di Brindisi, Lecce 1674. 607 Das Stück lässt sich rekonstruieren aus einer Erwähnung in einer Urkunde Urbans  III. vom 18. Juli 1186 oder 1187, ediert in: Cartulaire de l’ordre de Saint Jean de Jérusalem 1100–1310, Bd. 1: 1100–1200, ed. Joseph Delaville Le Roulx, S. 508, n. 816. Vgl. auch IP IX, n. *2, S. 306 und in der vorliegenden Studie den Anhang 2. Verzeichnis des Schriftgutes zur delegierten Gerichtsbarkeit im Untersuchungsraum (10591189), Nr. 22.

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Tabelle 2: Kommissorien für Empfänger im Untersuchungsraum bis 1189608

Aus dem Untersuchungszeitraum ist eine Art frühes Delegationsmandat Paschalis’ II. überliefert, welches unten in Abschnitt 1.2.2.1 (Eine frühe Art von Delegation? Der Fall des unbekannten „G.“) gesondert behandelt wird und nicht in die Statistik aufgenommen wurde. Ferner ist verschiedenes weiteres mit der päpstlichdelegierten Gerichtsbarkeit in Zusammenhang stehendes Prozessschriftgut erhalten, das im Anhang 2 mit aufgelistet ist, aber in der quantitativen Erfassung der Kommissiorien nicht berücksichtigt wurde.609 Das erste überhaupt überlieferte Delegationsmandat aus dem Untersuchungs­ zeitraum stammt von Mai 1173, also aus dem Pontifikat Alexanders  III.610 Dies zeigt, dass in knapp drei Vierteln des 12.  Jahrhunderts das päpstliche Instrument der delegierten Gerichtsbarkeit im untersuchten Raum nicht zum Einsatz kam, obwohl es in anderen Gebieten Lateineuropas bereits erprobt oder sogar etabliert war.611 Wie oben beschrieben, beinhalteten auch im Falle Apuliens die Mandate nicht immer nur die Beauftragung mit der Entscheidung eines Rechtsfalles, sondern konnten auch nur eine päpstliche Bitte um Untersuchung oder Information sein. In einem Mandat von 1174 oder Anfang 1175 beauftragte Alexander III. zwei kirchliche Würdenträger mit der Untersuchung von Missständen im Allerheiligenkloster 608 Im Fall Clemens’ III. wurden nur die Fälle bis 1189 einbezogen. 609 Vgl. Anhang 2. Verzeichnis des Schriftgutes zur delegierten Gerichtsbarkeit im Untersuchungsraum (10591189) sowie die dortige Nummerierung der Stücke. 610 Siehe IP IX, S. 294, n. 13. Der Inhalt des Dokumentes wird unten in Punkt 1.2.2.3 beschrieben. 611 Dazu unter anderem Müller, Päpstliche Delegationsgerichtsbarkeit (wie Anm. 73), Bd. 1.

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in loco Cuti bei Bari,612 in einem anderen vom Sommer 1178 forderte der Papst dazu auf, ihn über die Streitsache zwischen dem Bischof von Conversano und dem Abt des Klosters S. Stefano in Monopoli zu informieren und dann den Prozess direkt an die römische Kurie zu überantworten.613 Dieser Streitfall, in dem es um die Jurisdiktionsrechte in der terra Putiniani (Putignano) ging, scheint eine gewisse Relevanz besessen zu haben, so dass der Papst sich und seinen Rechtsgelehrten in Rom ein Urteil in der Sache vorbehielt. Papst Alexander III. stellte insgesamt acht in diese Studie eingehende Delegationsmandate aus, wobei ein weiteres aufgrund von Datierungsschwierigkeiten nicht mehr sicher Alexander selbst zugeordnet werden kann, vielleicht wurde es bereits von seinem Nachfolger Lucius III. ausgefertigt.614 Mindestens vier Delegationsmandate für Empfänger im Untersuchungsraum sind uns von Papst Lucius III. überliefert,615 das erwähnte, nicht eindeutig Lucius zuschreibbare Mandat von 1181–1182616 nicht eingerechnet. Hierbei handelt es sich um Beauftragungen im Zusammenhang mit einem Konflikt zwischen dem Erzbischof Bertrand von Trani und dem Archipresbyter und den Klerikern von Corato wegen eines Gütervertrags, wobei sich ein Stück aus der oben bereits erwähnten Mitteilung Erzbischofs Rainald von Bari an den Papst über den Ausgang eines Prozesses, den Rainald richterlich durchführte und entschied, ergibt.617 Die Streitparteien waren auf der einen Seite Bischof und Klerus von Trani und auf der anderen die Johanniter von Barletta. Letzteren gewährte Rainald die Freiheit, liturgische Insignien bei Totenprozessionen innerhalb der Stadt mit sich zu führen und weitere Gottesdienste abzuhalten. Ein weiterer delegierter Richter ist hier nicht genannt, was verwundert, denn Lucius hatte, wie auch sein Vorgänger Alexander, mit den Delegationsmandaten in der oben genannten Streitsache zwischen Trani und Corato 612 Alexander III. ordnet dem Bischof von Monopoli und dem Abt von S. Stefano in Monopoli an, dass sie die Situation des exemten Klosters Omnium Sanctorum bei Bari gewissenhaft untersuchen sollen, weil man es dort an göttlicher Pflichterfüllung hat fehlen lassen, vgl. IP IX, S. 335, n. *11. 613 Vgl. IP IX, S. 322, n. *17. 614 Dieses Mandat wird erwähnt in einer späteren Urkunde der delegierten Richter, siehe dazu IP IX und die Edition der Urkunde in Le carte (wie Anm. 113), S. 157, n. 74 sowie im CDB IX: I documenti storici di Corato (1046–1327), ed. Giovanni Beltrani, Bari 1923, S. 76–78, n. 67. Siehe auch Anhang 2, Nr. 16. 615 Siehe das erste Stück in IP IX, S. 297, n. *30 und Böhmer, Regesta Imperii IV, 4, 4, Lfg. 1 (wie Anm. 114), S. 489, n. 829, sowie das zweite Stück in IP IX, S. 323, n.*13 bzw. ibid., S. 489, n. 827; und ferner die dritte Urkunde in IP IX, S. 297, n. 31 und ibid., S. 490, n. 830. 616 Siehe oben, Anm. 614. 617 Regest in Böhmer, Regesta Imperii IV, 4, 4, Lfg. 2 (wie Anm. 114), S. 420, n. 2066; erwähnt in einem Stück Urbans III. vom 18. Juli 1186 oder 1187, ediert in Cartulaire général de l’ordre des hospitaliers de S. Jean de Jérusalem (1100–1310) (Unv. ND München 1980), ed. Joseph Delaville Le Roulx, Paris 1894, S. 508, n. 816.

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stets zwei Richter beauftragt. Möglicherweise war mindestens ein weiterer Richter eingesetzt worden und dieser fand schlichtweg keinen namentlichen Eingang in das Schreiben Urbans III., in dem der Brief Rainalds erwähnt wird. Der römisches Vikar Lucius’ III., der Kardinaldiakon Gerhard von S. Adriano, stellt zu einem nicht genau zu datierenden Zeitpunkt zwischen 1184 und vor dem 4. Februar 1188 ein Mandat an Erzbischof Rainald von Bari sowie an die Bischöfe von Molfetta und Ascoli Satriano (Asculum, Exculum) aus.618 Sie sollten sicherstellen, dass in der Streitsache zwischen dem Abt des Klosters Montesacro und dem Prior Wilhelm der Kirche S.  Jacobi in Molfetta letzterer die Güter seiner Kirche restituiere. Würde dies nicht geschehen, sollten sie Konsequenzen folgen lassen. Es ist davon auszugehen, dass es sich bei diesem Fall um eine Beauftragung mit richterlichen Befugnissen handelte,619 auch wenn der Vikar Gerhard in Rom qui loco et vice domini pape plenitudinem potestatis exercet620 bereits im Urkundentext erste Schritte zur Lösung des Falles vorschlug. Durchaus möglich ist, dass der Abt von Montesacro oder ein Vertreter in Rom appelliert und die Causa vor den Stellvertreter des Papstes gebracht hatte, statt Papst Lucius selbst aufzusuchen, der sich zumeist im weiter entfernten Verona aufhielt. Jedoch wissen wir aus dem undatierten Brief Rainalds von Bari vom weiteren Verlauf des Prozesses: weil sich der Prior Wilhelm weigerte, vor Gericht zu erscheinen, exkommunizierte ihn Rainald von Bari schließlich nach Ratschluss mit dem Bischof von Molfetta.621 Drei Kommissorien sind von Urban III. (1185–1187) überliefert: Im ersten Fall ordnete der Papst dem häufig in der päpstlichen Kommunikation der Zeit adressierten Erzbischof Rainald von Bari sowie dem Bischof von Melfi und Bischof Wilhelm von Troia an, die von den Kanonikern von Monte S. Angelo am Gargano benannten Zeugen über Privilegien zu verhören, von denen die Kanoniker vom Gargano behaupteten, dass die Kanoniker der erzbischöflichen Domkirche von Siponto sie zu ihrem Nachteil verfälscht oder sogar verbrannt hätten.622 Ein zweites Mandat, 618 Siehe Regest in IP IX, S. 324, n. *23; hierbei handelt es sich um ein Deperditum, das aus einer undatierten Urkunde Rainalds von Bari rekonstruiert werden kann, siehe diese im CDB XIII: Le pergamene di Barletta, Archivio Capitolare (897–1285), ed. Francesco Nitti di Vito, Bari 1914, S. 201, n. 157. 619 Denn es war unzweifelhaft ein Mandat, wie sich der Urkunde Rainalds entnehmen lässt: ...a domino vicario litteras et mandatum recepimus ..., vgl. ibid., S. 201, n. 157. 620 Vgl. ibid., S. 202, n. 157. 621 Vgl. ibid., S. 201 f., n. 157. 622 Siehe das Regest des Deperditums, das sich aus einer Urkunde Innozenz’ III. vom 25. Mai 1202 ergibt, bei Johann Friedrich Böhmer, Regesta Imperii IV. Lothar III. und ältere Staufer 1125– 1197. 4. Abt.: Papstregesten 1124–1198. Lieferung 3: 1185–1187, ed. Katrin Baaken und Ulrich Schmidt, Köln 2012, S. 569, n. 1058 sowie IP IX, S. 240, n. *26. Die delegierten Richter hatten bereits einige Zeugen verhört, aber aufgrund des Todes Urbans III. und seines Nachfolgers Gregors VIII. 1187 sowie bedingt durch die kriegerischen Wirren nach dem Tod König Wil-

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nur in einer Kopie aus dem 15. Jahrhundert überliefert, erging 1186 oder 1187 in der bereits oben erwähnten Streitsache der Johanniter in Barletta, denen das Tragen von Kreuz, Leuchter und Glocken während der Überführung von Toten vom Klerus von Trani untersagt worden war – entgegen dem bereits gefällten Urteil des delegierten Richters Rainald von Bari. Im Vorfeld hatten die Kleriker von Trani zusammen mit dem örtlichen Erzbischof Bertrand an Urban III. appelliert und ihn gebeten, das Urteil Rainalds zurückzunehmen. Der Papst bestätigte in einem Schreiben vom 18. Juli nun die einst getroffene Entscheidung des delegierten Richters und teilte den Tranensern mit, dass er ein Delegationsmandat an eben jenen Rainald sowie an Abt Palmerius von S. Stefano in Monopoli ausgestellt hätte, für den Fall, dass die Kleriker von Trani nicht seiner Anweisung nachkämen, um sie zur Einhaltung des Rechtentscheids zu zwingen.623 Am gleichen Tag gab Papst Urban eine weitere Urkunde in diesem Fall aus, erneut gerichtet an die Tranenser, die neben anderen Verfehlungen gegenüber den Johannitern von Barletta auch das Interdikt über jene verhängt und dem Volk die Exkommunikation bei Besuch der Johanniterkirche angedroht hätten. Der Text wies den Klerus und Erzbischof von Trani nun an, von ihrer Verfolgung der Johanniter abzulassen und die von der Exkommunikation Betroffenen von jener zu lösen. Zusätzlich hätte Urban für den Weigerungsfall vorsorglich ein Delegationsmandat an die Kanoniker und den Bischof von Salpi erlassen, die die Exkommunikationen aufheben, den Fall untersuchen und Wiedergutmachung durch die Tranenser gewährleisten sollten.624 Papst Clemens III. (1187–1191) hat vier auf uns gekommene Stücke an delegierte Richter in den untersuchten apulischen Diözesen oder zu Streitfällen aus dem Untersuchungsraum ausgestellt. Hierbei wurden nur Mandate bis zum Ende des Untersuchungszeitraums 1189 berücksichtigt.625 Ein Mandat in Form einer Littera clausa erging an Nikolaus, den Prior von S. Nicola in Bari, und betrifft die Behandlung einer Streitsache wegen geliehenen und nicht zurückerstatteten Geldes zwischen dem Abt des Benediktinerklosters in Bari und dem Presbyter Andreas aus Matera. Nikolaus sollte den Abt durch kirchlichen Spruch anklagen, wenn jener die Zahlung an Andreas nicht leistete.626 Clemens III. urteilte darüber hinaus selbst in einem weihelms II. 1189 seien die Untersuchungen eingestellt worden, vgl. dazu auch Loud, The Latin Church (wie Anm. 81), S. 247. 623 Siehe Böhmer, Regesta Imperii IV, 4, 4, Lfg. 3 (wie Anm. 622), S. 502 f., n. 892 und die dort zur Überlieferung und zu den zugehörigen Schreiben und zum Prozess erwähnte Literatur sowie IP IX, S. 306, n. 3. 624 Siehe Böhmer, Regesta Imperii IV, 4, 4, Lfg. 3 (wie Anm. 622), S. 503, n. 893 und die dortigen Informationen sowie IP IX, S. 306, n. 4. 625 Kein Delegationsmandat für apulische Empfänger ist uns aus dem sehr kurzen Pontifikat Gregors VIII. (21.10.1187–17.12.1187) bekannt. 626 IP IX, S. 328, n. 3. Ediert ist das Stück unter anderem im CDB V: Le pergamene di S. Nicola di Bari. 2. Periodo Normanno (1075–1194), ed. Francesco Nitti di Vito, Bari 1902, S. 258, n. 151.

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teren Streitfall – es handelte sich um die Jurisdiktionsrechte für den Ort Putignano, die der Bischof von Conversano gegenüber dem Abt Palmerius von Santo Stefano in Monopoli beanspruchte –, und setzt dann per Mandat zwei Richter (den Elekten Dauferius von Bari und den Bischof Arpinus von Polignano) zur Urteilsvollstreckung ein.627 Bereits Alexander III. hatte sich zwar durch apulische Prälaten über den Streitfall informieren lassen, sich aber eine eigene juristische Behandlung in der Sache vorbehalten.628 Ferner erging ein päpstliches Delegationsmandat an Bischof Bisantius von Bisceglie, der im Namen des Papstes einige Kleriker aus Bari, darunter einen I. Buccarus, suspendieren sollte, weil diese nicht seiner Aufforderung nachgekommen wären, wegen einer Verletzung seines Archidiakons Berardus an der Kurie zu erscheinen.629 Die Auswertung der Beauftragungen delegierter Richter durch die Päpste des 12. Jahrhunderts in den nord- und zentralapulischen Diözesen hat gezeigt, dass im Zuge eines Prozesses häufig mehrere päpstliche Mandate und Schreiben ergingen, weil sich die Bedingungen zwischenzeitlich geändert hatten oder mehrere Prozessschritte notwendig waren. Beispielhaft ist der Fall eines Gütertausches zwischen dem Erzbischof Bertrand von Trani und dem Archipresbyter und den Klerikern von Corato, der sich aus der Urkunde der delegierten Richter rekonstruieren lässt. Die Transaktion wurde vollzogen vor den als delegierte Richter bestellten Bischöfen Amandus von Bisceglie und Daniel von Ruvo, wobei die Festlegung auf den ausstellenden Papst Alexander III. oder Lucius III., wie oben bereits erwähnt, nicht möglich ist, da die Datierung unklar ist (zwischen 1181 und dem 7. Juli 1182).630 Nachdem nun aber im Nachgang die Kleriker von Corato behaupteten, gewaltsam zum Tausch gezwungen worden zu sein, bestellte Lucius III. den Erzbischof Rainald von Bari sowie den Bischof Jakob von Melfi zu Richtern in diesem Fall.631 Die Kleriker appellierten erneut an den Papst, woraufhin von Lucius eine Anhörung vor der Kurie anberaumt wurde,632 zu der der Archidiakon Samarus von Trani erschien, seinerseits sufficienter instructo pro parte archiepiscopi, während die Coratenser Kleriker nur minime…preparati vorstellig wurden. Unter diesen Umständen konnte kein Urteil gefällt werden und es erging ein weiteres Mandat an zwei andere Delegaten, nämlich 627 Vgl. dazu IP IX, S. 360, n. *5 sowie S. 324, n. *24. 628 Siehe oben, S. 158, und IP IX, S. 322, n. *17. 629 Siehe dazu IP IX, S. 337, n. *6 und Johann Friedrich Böhmer, Regesta Imperii IV. Lothar III. und ältere Staufer 1125–1197. 4. Abt.: Papstregesten 1124–1198. Lfg. 4: 1187–1191, ed. Ulrich Schmidt, Köln u.a 2014, S. 633, n. 1307. 630 Siehe das Stück, welches hier Lucius III. zugeordnet ist, in: Böhmer, Regesta Imperii IV, 4, 4, Lfg. 1 (wie Anm. 114), S. 184, n. 286 sowie die dortigen Anmerkungen und weitere Literatur zum Streitverlauf und IP IX, S. 313, n. *10, wo das Stück eher Alexander III. zugeschrieben wird. 631 Ibid., S. 489, n. 827 und IP IX, S. 323, n. *19. 632 Ibid., S. 489, n. 828 und IP IX, S. 297, n. *28.

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den Bischof Peter von Venosa sowie den Abt Johannes von Venosa, zur Beendigung des Streites.633 Doch unglücklicherweise starb der Abt Johannes bald, weshalb das Verfahren nicht beendet werden konnte. Eine erneute päpstliche Beauftragung war nötig, die nun an Peter von Venosa und Bischof Wilhelm von Troia erging.634 Sie luden beide Streitparteien nach Bari, wo endlich ein Vergleich geschlossen wurde. Inseriert in die Vergleichsurkunde ist das päpstliche Delegationsmandat.635 1.2.2 Sonderfälle und Fallbeispiel Im Folgenden werden exemplarisch zwei Sonderfälle von Delegationen oder NichtDelegationen im Raum Apulien vorgestellt, ebenso wie der Fall eines delegierten Richters, der selbst zum Gerichteten wurde.

1.2.2.1 Eine frühe Art von Delegation? Der Fall des unbekannten „G.“ Die – wie leider so häufig in apulischen Fragen zum Hochmittelalter – schlechte Überlieferungslage zu diesem Fall des unbekannten „G.“ muss diesem Beispiel vorausgeschickt werden. Zwar ist eine Abschrift der zentralen Papsturkunde vorhanden,636 jedoch stammt sie aus einem Kopialbuch, das im 18. Jahrhundert auf der Basis von Urkunden aus Brindisi und dem Umland angefertigt wurde, aber nur noch als Fragment erhalten ist.637 Pflugk-Harttung ließ die betreffende Urkunde von Giovanni Tarantini, Zeitgenosse Pflugk-Harttungs und Archidiakon von Brindisi, für seine Edition638 abschreiben. Zum Inhalt: Es handelt sich um ein Schreiben Papst Paschalis’ II. an Herzog Roger von Apulien, wobei die genaue Datierung unbekannt ist, Kehr vermutet das Jahr 1101,639 Pflugk-Harttung datiert sehr breit auf den Zeitraum 1. April 1101–1110.640 Der Papst berichtet dem Herzog darin unter anderem, dass er die Sache eines gewissen G. genitoris tui, der exkommuniziert worden sei, per Mandat an die Erzbischöfe von Otranto, Tarent und Brindisi übergeben hätte, damit sie 633 634 635 636 637 638 639 640

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Ibid., S. 489, n. 829 und IP IX, S. 297, n. *30. Ibid., S. 490, n. 830. Siehe dazu ibid., S. 490, n. 830. Vgl. IP IX, S. 391, n. 23 und die Edition in: Acta pontificum Romanorum inedita. Bd. 2: Urkunden der Päpste vom Jahre c. 97 bis zum Jahre 1197, ed. Julius Pflugk-Harttung, Tübingen 1884, S. 196, n. 237. Vgl. IP IX, S. 385. Vgl. Acta pontificum Romanorum inedita (wie Anm. 636), S. 196, n. 237. Kehr, Papsturkunden in Apulien (wie Anm. 143), hier: S. 253. Vgl. Acta pontificum Romanorum inedita (wie Anm. 636), S. 196, n. 237.

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beendet werden könnte – allerdings nur, wenn der gewisse „G.“ seine Schandtat, für die er exkommuniziert worden war, aufgeben würde. Unbekannt sind Details zur Person „G.“. Zwar vermutet Pflugk-Harttung, dass mit G., genitoris tui „G(uiscardi?)“ gemeint sei, aber der Vater Herzog Rogers von Apulien  (1085–1111), Robert Guiscard (1058–1085), kann nicht gemeint sein, auch wenn das G. mit dem Zusatz „genitoris tui“ natürlich „Guiscardus“ vermuten lassen könnte. Aber Robert Guiscard war bereits 1085 verstorben. Giovanni Tarantini, der Abschreiber des Stückes für Pflugk-Harttung, räumt einen möglichen Lesefehler an dieser Stelle ein. Verschiedene andere Spekulationen wurden angestellt,641 aber keine führte letztlich zum Ziel. Das Mandat an die Erzbischöfe wird hingegen in dieser Urkunde deutlich angesprochen. Wir wissen nicht, ob vorab eine Appellation beim Papst vorlag – vielleicht hatte Herzog Roger selbst den heiligen Stuhl angerufen, um für die Person G. einzutreten und damit die Exkommunikationsentscheidung einer Revision unterzogen würde? Handelt es sich um eine frühe Form von Delegation, die nicht den aus späterer Zeit bekannten Normen folgt? In welcher Form fanden eingehendere Untersuchungen, Anhörungen, Gespräche mit dem Exkommunizierten statt und wie wurde schließlich entschieden? Die Quellen bringen in diesem Fall kein Licht ins Dunkel. Es ist dennoch davon auszugehen, dass es sich um eine Art Delegation handelte. Dafür spricht, dass drei Erzbischöfe aus dem zentral- und südapulischen Raum per Mandat mit der Causa betraut wurden qualiter finiri debeatur – hier wurde eine auch in späteren Delegationsmandaten übliche Formulierung benutzt.

1.2.2.2 Das fehlende Instrument oder der bessere (De)Legat? Der Streitfall um S. Maria Veterana in Brindisi Papst Honorius II. (1124–1130) schrieb vermutlich zwischen 1126 und 1129 der Gräfin Sikelgaita von Brindisi, dass sie zur Beschwichtigung eines Streits zwischen dem Erzbischof Baialardus von Brindisi und dem exemten Benediktinerinnenkloster S.  Maria Veterana in Brindisi die benachbarten Bischöfe versammeln sollte.642 Der Erzbischof Godinus von Brindisi hatte in den 1090er Jahren die Exemtion des Frauenklosters veranlasst und im Gegenzug das Basilianerkloster in Monopoli erhalten.643 In diesem Fall erging also kein Mandat an delegierte Richter oder sonstige Beauftragte aus kirchlichen Kreisen, sondern es wurde vielmehr eine Mittelsfrau einge641 Vgl. dazu auch die Anmerkungen bei IP IX, S. 391, n. 23. 642 Siehe das Regest des Stücks in IP IX, S. 366, n. *7 bzw. S. 397, n. *3; die Informationen zu diesem Fall erhält man allein aus Andrea Della Monaca, Memoria historica (wie Anm. 606), S. 354, siehe dazu ausführlicher unten, Anm. 645. 643 Vgl. IP IX, S. 396.

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setzt, um Bischöfe zusammen zu bringen, damit jene über den Konfliktfall beraten und ihn schließlich – kanonisch – beenden würden. Nicht überraschend ist, dass Sikelgaita mit diesem Fall betraut wurde, erschien sie und ihre Familie doch in den Urkunden Brindisis immer wieder als Wohltäterin des Nonnenklosters S. Maria.644 Vielleicht war auch sie es, die stellvertretend für die Abtei beim Papst interveniert und um Hilfe gebeten hatte. Doch der sich anschließende Prozess nahm eine interessante Wendung. Zur Zeit der Beratung der Bischöfe hielt sich wohl ein Legat in der Terra d’Otranto auf, nämlich der Kardinaldiakon Petrus von S. Maria in Via Lata, der den Fall nun federführend übernahm. Zwar waren auch die benachbarten Bischöfe vor Ort und berieten gemeinsam mit dem Legaten über den Streitfall – es waren Bischof Formosus von Lecce, Abt Ambrosius von S. Stefano in Monopoli, der Prior Arnonus von S. Se­ polcro in Brindisi sowie der Prior Adelardus vom Allerheiligen-Hospital daselbst – aber es war der Kardinallegat Petrus, der den Prozess führte und letztendlich zugunsten der Nonnen entschied.645 War der Legat Petrus aus anderen Gründen in der Region und übernahm dann den Fall aus pragmatischen Gründen? Ein Eingriff durch ihn wäre vermutlich nicht nötig gewesen, schließlich hatten sich bereits mehrere apulische Kirchenmänner zur Beratung versammelt und hätten anschließend mit päpstlicher Beauftragung einen Prozess durchführen können. Doch aus nicht bekannten Gründen wurde darauf verzichtet. Wurde der Legat als der ‚bessere Delegat‘ bevorzugt? Wurde er vielleicht von den versammelten Prälaten um Hilfe gebeten oder wollte man die Mühen und Kosten sparen, die mit einer Delegation verbunden waren? Es scheint fast, als wäre das Instrument der delegierten Gerichtsbarkeit für diese Region noch nicht hinreichend geläufig oder erprobt gewesen, um in diesem Fall Anwendung zu finden.

1.2.2.3 Vom Richter zum Gerichteten – Bertrand von Trani Im ersten uns überlieferten Fall einer ‚herkömmlichen‘ delegierten Rechtsprechung in den apulischen Bistümern des Untersuchungsraumes, die Papst Alexander  III.

644 So in einer Urkunde von 1107, siehe CDBrind I (wie Anm. 487), S. 20, n. 11. 645 Siehe IP IX, S. 397, n. *3. Man scheint im Übrigen bei der allgemein schlechten Überlieferungslage für Apulien in dieser Zeit ungewöhnlich gut über diesen Streitfall unterrichtet zu sein. Dabei fehlen die Originalquellen in der Sache gänzlich. Die Geschehnisse lassen sich allein dank des Geschichtswerks von Della Monaca aus dem Jahr 1674 konstruieren, der sich mit der Vergangenheit Brindisis beschäftigte und in diesem Zusammenhang das Archiv des Klosters S. Maria Vetera, das heute verloren ist, eingesehen hat, so gibt er zumindest selbst zur Auskunft, vgl. Della Monaca, Memoria historica (wie Anm. 606), S. 396.

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1. Päpstlich-delegierte Gerichtsbarkeit

qua Mandat im Mai 1173 beauftragte,646 begegnet uns der Erzbischof Bertrand von Trani647 als delegierter Richter. Bertrand saß zu diesem Zeitpunkt bereits seit etwa 16 Jahren auf dem erzbischöflichen Sitz von Trani. Es ist anzunehmen, dass er normannischer Herkunft war,648 belegt ist jedenfalls seine besondere Stellung am normannisch-sizilischen Hof, denn er reiste nicht nur 1167 im Namen König Wilhelms II. als dessen Gesandter nach Konstantinopel zu Kaiser Manuel I. Komnenos (1143–1180), sondern erhielt auch verschiedene Privilegien und Rechte für die Kirche von Trani aus der Hand König Wilhelms.649 An der Seite des Abtes Palmerius von S. Stefano in Monopoli entschied Bertrand in einem Streit über Zehnte und Güter zwischen dem Abt Paganus des Benediktinerkloster S. Maria in Nardò und dem Bischof Theodosius von Gallipoli zugunsten des Klosters.650 In der gleichen Sache wurden Bertrand und Palmerius etwa ein Jahr später erneut mit dieser Rechtsangelegenheit betraut, weil der Bischof von Gallipoli die Kurie angerufen hatte und der Papst nun ein Urteil in dieser schon zu lange schwelenden Angelegenheit wünschte.651 Einige Zeit später empfingen die beiden nochmals ein Mandat, weil Theodosius, der Vertreter der Streitpartei aus Gallipoli, mittlerweile verstorben war und die Sache nun mit den Kanonikern der Kirche von Gallipoli und möglicherweise einem neu gewählten Elekten verhandelt werden sollte – gemäß der Appellation des Verstorbenen.652 Schließlich konnten die beiden Delegaten ein neues Urteil zugunsten des Klosters S. Maria fällen,653 welches sie dem Papst meldeten, der es wiederum im Mai 1176 bestätigte. Durch die Appellation des im ersten Urteil benachteiligten Bischofs war der Prozess verzögert worden, was durchaus häufig vorkam. Papst Alexander  III. griff 1178 oder 1179 erneut auf das richterliche Gespann Bertrand und Abt Palmerius zurück, als es wieder um eine Sache ging, die das Benediktinerkloster in Nardò betraf. Falls Klerus, Volk und Barone von Nardò sich dem päpstlichen Befehl verweigerten und dem Benediktinerkloster S.  Maria in Nardò 646 Siehe IP IX, S. 294, n. 13. 647 Vgl. zu Bertrand von Trani Norbert Kamp, Kirche und Monarchie im staufischen Königreich Sizilien. I.: Prosopographische Grundlegung: Bistümer und Bischöfe des Königreichs 1194–1266. Bd. 2: Apulien und Kalabrien (Münstersche Mittelalter-Schriften 10/2), München 1975, S. 545–547. 648 Ibid., S. 545, leitet dies von seinem normannischen Namen ab. Allerdings ist Weiteres zu Bertrands Herkunft nichts bekannt. 649 Vgl. dazu ibid., S. 546. 650 Vgl. zu diesem Fall Walther Holtzmann, Aus der Geschichte von Nardò in der normannischen und staufischen Zeit, in: Nachrichten der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, phil.-hist. Kl. (1961), S. 35–83, hier: S. 72. 651 IP IX, S. 294, n. *15. 652 IP IX, S. 294, n. *16, vgl. dazu ibid., S. 77. 653 IP IX, S. 294, n. *17.

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die ihnen zustehenden Zehnte und Rechte vorenthielten, sollten die Richter aktiv werden und kraft der apostolischen Autorität Anklage erheben.654 Bertrand und Palmerius scheinen von Papst Alexander als Spezialistenteam im Falle des seit Urban II. exemten Klosters Nardò eingesetzt worden zu sein. Möglicherweise wurden sie auch immer wieder von den Streitparteien angefordert, doch lassen die Urkunden keinen eindeutigen Schluss zu. Die Mehrfachbeauftragung des Bertrand deutet aber darauf hin, dass der Erzbischof zu dieser Zeit im Ruf eines gerechten Richters stand. Doch bald schon wendet sich das Blatt. Wahrscheinlich 1180 trat der Kanoniker Samarus aus Trani zusammen mit einigen Klerikern der Stadt vor Papst Alexander III. und erhob schwere Vorwürfe gegen seinen Ortsbischof Bertrand. Dieser hätte Gelder der Kirche und Spenden zu eigenen Gunsten veruntreut, Pfarreien und Kleriker ihrer Rechte beraubt und Fremden die Pfründe der Kirche zugeteilt.655 Der Papst ließ die Anschuldigungen des Kanonikers nicht unbeantwortet und betraute am 13. Mai 1180 die Bischöfe Petrus von Venosa und Daniel von Ruvo mit der Untersuchung.656 Sie sollten zudem nach päpstlicher Weisung den Transenser Oberhirten zur Wiedergutmachung ermahnen und den Streit durch Urteil oder Vergleich beenden. Wie sich die Untersuchungen und Aktionen der beiden Bischöfe gestalteten, ist nicht überliefert. Bekannt ist aber, dass der Konflikt schließlich noch im Frühsommer 1180 beigelegt werden konnte: Bertrand spricht Samarus im Juni 1180 stellvertretend für den gesamten Klerus Tranis ein Viertel aller Zehnteinkünfte zu, die dem Erzbistum ursprünglich von König Wilhelm I. übertragen worden waren.657 Unterstützt wurde Bertrand dabei durch den königlichen Kämmerer Tasselgardus, der bei der Übertragung anwesend war und in der zugehörigen Urkunde erwähnt wird.658 Einmal mehr bezeugt die Anwesenheit des königlichen Beamten die guten Beziehungen des Erzbischofs zur weltlichen Herrschaft. Es war eben nicht nur die päpstliche Gerichtsbarkeit, die im Streitfall angerufen wurde, sondern auch weltliche Kräfte auf lokaler und auch überregionaler Ebene, die in innerkirchliche Belange einbezogen wurden. Dass Bertrand aber durch die Beilegung des Streites auch gegenüber dem Papsttum seine Rechtmäßigkeit und Verbundenheit zu Rom ausdrücken wollte, darauf lässt die Formulierung der Inti654 655 656 657 658

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IP IX, S. 295, n. *22. IP IX, S. 296, n. *23. IP IX, S. 296, n. 24. Vgl. Le carte (wie Anm. 112), S. 148, n. 69. Siehe ibid., S. 148, n. 69: … nos Bertrandus tranensis archiepiscopatus humilis minister apostolorum et apostolicis institutis inconvulsis vestigiis inherentes/ presente domino Tasselgardo Regio egregio camerario nobili tranensi concive/ tibi Samaro nostre ecclesie archidiacono… Tasselgard ist auch in einer anderen Beurkundungen Bertrands anwesend, vgl. ibid., S. 149–152, n. 70, hier S. 150, wo er auch die Urkunde unterzeichnet. Ibid., S. 152, n. 71, wird er erneut erwähnt. Siehe zu Tasselgardus und seinem Einflussbereich als Kämmerer in der Terra die Bari Hiroshi Takayama, The Administration (wie Anm. 102), S. 161.

1. Päpstlich-delegierte Gerichtsbarkeit

tulatio in der erzbischöflichen Urkunde für Samarus und die Kleriker Tranis ebenso schließen659 wie die einleitende Arenga, die die bischöfliche Pflicht zur Sorge für die Einhaltung der apostolischen statuta thematisiert.660 In den folgenden Jahren folgen weitere Anklagen gegen Bertrand von anderen Parteien. Oben wurde bereits von den Klagen der Kleriker von Corato gegen den Erzbischof wegen des vermeintlich erpressten Gütertausches und dem sich anschließenden langwierigen Prozess berichtet.661 In einem weiteren langwierigen Streit entschieden delegierte Richter gegen Bertrand. Es handelte sich dabei um eine in ihrer ersten Phase bereits erwähnte Auseinandersetzung über die Rechte der Johanniterbrüder von Barletta in der Stadt Trani.662 Bertrand und die Kanoniker Tranis untersagten den Johannitern Totenprozessionen mit Vortragekreuz, Leuchtern und Glocken durch die Stadt zur Johanneskirche, die den Brüdern gehörte, sowie das Vortragen der liturgischen Zeichen und Geräte bei anderen gottesdienstlichen Handlungen in der Stadt.663 Nachdem zwischen 1181 und 1185 bereits Rainald von Bari als delegierter Richter Lucius’ III. ein Urteil gegen Bertrand und die Tranenser zugunstern der Johanniter gefällt hatte,664 wandte sich Bertrand nach dem Tod des Papstes an dessen Nachfolger Urban III. und bat ihn, das Urteil zu revozieren.665 Allein, Urban III. kam der Bitte nicht nach und verwies begründend auf die Rechtslage: das Urteil Rainalds wäre unter Ausschluss der Appellation gefällt worden. Der Papst bestätigte vielmehr das Urteil der delegierten Richter und verpflichtete die Partei des Erzbischofs von Trani darauf, die Johanniter künftig gewähren zu lassen. Für den Fall der Missachtung des päpstlichen Entscheids drohte er den Tranensern einen neuerlichen Einsatz der delegierten Richter Rainald von Bari und Palmerius von S. Stefano in Monopoli an, die dann Anerkennung und Einhaltung des Urteils erzwingen sollten. Eine künftige Appellation des Bertrand und seiner Kleriker schloss Urban III. mit dieser Urkunde aus.666 Zeitgleich tadelte der Papst Bertrand erneut wegen dessen Verfolgung der Johanniterbrüder, aus deren Kirche die Tranenser unter anderem ein Kruzifix herausgerissen 659 Vgl. oben, Anm. 657: … nos Bertrandus… humilis minister apostolorum et apostolicis institutis inconvulsis vestigiis inherentes… 660 Le carte (wie Anm. 113), S. 148, n. 69: Pastoralis officii cura est sollicitudini adhibenda/ ut ea que sunt ab apostolis eorumque successoribus sancto spiritu instigante statuta nec dissimulatio negligentie/nec aliqua liceat praesumptio perturbare. 661 Vgl. dazu Anhang 2 [Verzeichnis des Schriftgutes zur delegierten Gerichtsbarkeit im Untersuchungsraum (1059–1189)], Nr. 18, 19, 20. 662 Vgl. oben, S. 162. 663 Vgl. dazu das erste Delegationsmandat in diesem Streitfall, siehe Anhang 2 [Verzeichnis des Schriftgutes zur delegierten Gerichtsbarkeit im Untersuchungsraum (1059–1189)], Nr. 21. 664 Vgl. dazu Anhang 2, Nr. 22. 665 Vgl. dazu Anhang 2, Nr. 26. 666 Vgl. dazu Anhang 2, Nr. 27 und Nr. 28.

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hätten, und forderte ihn auf, das von ihm verhängte Interdikt über die Brüder zu lösen sowie von weiteren Nachstellungen abzusehen und darüber hinaus Wiedergutmachung an die Johanniter zu leisten. Auch was diese Angelegenheit betraf, sorgte Urban für den Fall der Nichteinhaltung seitens der Tranenser vor. Dann sollten, so der Vorbehalt im Urkundentext, der Bischof und die Kanoniker aus dem kleinen apulischen Ort Salpi als delegierte Richter dafür sorgen, dem päpstlichen Befehl Geltung zu verschaffen.667 Erzbischof Bertrand von Trani war vom häufig eingesetzten und in der Region anerkannten päpstlich-delegierten Richter zum Gerichteten geworden, über den nun andere delegierte Richter Urteile fällten. Vielsagend ist, dass vom Zeitpunkt des ersten Prozesses gegen Bertrand an kein weiteres an ihn ausgestelltes Delegationsmandat bekannt ist, was darauf schließen lässt, dass der Erzbischof von nun an nicht mehr als delegierter Richter eingesetzt wurde. Bertrand starb wahrscheinlich im September 1187,668 wenige Wochen, nachdem Urban III. das Urteil gegen ihn und die Kleriker von Trani im Streit mit den Johannitern bestätigt hatte.

1.3 Ergebnisse Basierend auf den angestellten Untersuchungen zur delegierten Gerichtsbarkeit sind sechs Schlussfolgerungen zu Einsatz und Praxis der delegierten Gerichtsbarkeit im bearbeiteten Untersuchungs- und Zeitraum hervorzuheben: 1. Die delegierte Gerichtsbarkeit fand – soweit durch die bekannten Quellen nachweisbar – in Apulien erstmals unter Papst Alexander III. Anwendung, während in anderen Gebieten Lateineuropas, vor allem in den Kernlandschaften der römischen Kirche, eine Etablierung bereits einige Jahre bis Jahrzehnte vorher stattgefunden hatte – so beispielsweise in der Normandie ab den 1140er Jahren, wie Harald Müller herausgearbeitet hat,669 in Ligurien sind Anfragen an den Papst zum juristischen Eingreifen in Konflikte bereits für die 1130er Jahre belegt.670 Daniel Berger konnte erste Formen der päpstlich delegierten Rechtssprechung in der Diözese Burgos auf der nördlichen Iberischen Halbinsel seit dem Pontifikat Eugenes III. (1145–1153) nachweisen, stellt allerdings mit Blick auf seinen Untersuchungsraum die ebenfalls für Apulien feststellbare verzögernde Wirkung 667 Vgl. dazu Anhang 2, Nr. 29 und Nr. 30. 668 Bertrand wird das letzte Mal in einer Tranenser Urkunde von September 1187 erwähnt, vgl. Le carte (wie Anm. 113), S. 167, n. 80. 669 Vgl. Müller, Päpstliche Delegationsgerichtsbarkeit (wie Anm. 73), zusammenfassend vor allem S. 31 f. 670 Vgl. Johrendt, Italien als Empfängerlandschaft (wie Anm. 124), S. 200.

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1. Päpstlich-delegierte Gerichtsbarkeit

des Schismas von 1130 sowie einen verstärkten Einsatz von Delegationen seit Alexander III. fest.671 Im nördlichen und mittleren Apulien setzte im Vergleich dazu die Anwendung der delegierten Gerichtsbarkeit zeitlich einige Jahre bis Jahrzehnte versetzt und damit entsprechend spät ein. Rechtsfälle, die seit Papst Alexander III. durch Delegationen verhandelt und entschieden wurden, waren in Apulien in vorheriger Zeit anders behandelt worden. Ein Beispiel hierfür ist der oben erwähnte Einsatz eines Legaten im Falle des Klosters S. Maria Veterana in Brindisi. 2. Die Themen der Streitfälle decken sich mit jenen in anderen Regionen der lateinischen Kirche (z. B. in der Normandie672): Zehnt- und Besitzstreitigkeiten, (bischöfliche) Jurisdiktionsrechte und klösterliche Autonomiebestrebungen, selten auch Disziplinarmaßnahmen wegen Nichteinhaltung päpstlicher Anordnungen. 3. Die delegierten Richter rekrutierten sich aus einem Kreis hoher Würdenträger der umliegenden oder nicht weit entfernten Diözesen, Klöster oder Stifte. Es waren Erzbischöfe, Bischöfe, Äbte oder Prioren, wobei in bestimmten Perioden „Leitfiguren“ und Spezialisten ausgemacht werden können, denen offenbar besondere Befähigung oder ein hohes Ansehen zugesprochen wurde. Einer davon ist Erzbischof Bertrand von Trani während des Pontifikats Alexanders III., ein anderer Erzbischof Rainald von Bari unter Lucius III. und Urban III., aber auch Abt Palmerius von S. Stefano in Monopoli, der zwischen 1173 und etwa 1187 immer wieder Delegationsmandate erhielt. Dabei scheinen sich Expertenpaare für gewisse Orte und Insitutionen herausgebildet zu haben, wie Bertrand von Trani und Palmerius, die immer wieder in Nardò eingesetzt wurden. Bischöfe erwiesen sich hierbei wohl aufgrund ihrer praktischen Erfahrung in der Rechtsprechung in der eigenen Diözese sowie dank ihrer personellen und materiellen Ressourcen, die sie im Prozessverlauf auch als delegierte Richter einsetzen konnten, als besonders geeignet. Rainald von Bari war im Übrigen vor seiner Zeit als Oberhaupt des Erzbistums Bari nicht nur Mönch im Kloster Montecassino gewesen, sondern später auch für kürzere Zeit Kardinaldiakon.673 Es ist deshalb davon auszugehen, dass er über gute Verbindungen zur Kurie verfügte. 4. Um das Recht anzuwenden und praktisch durchzusetzen, musste die Integration der betrachteten apulischen Diözesen in die römische Kirche bereits in Teilen ge671 Siehe Daniel Berger, Delegierte Gerichtsbarkeit im Bistum Burgos im 12. Jahrhundert. Zu Verbreitung und Akzeptanz einer neuen Form von Rechtsprechung, in: Das begrenzte Papsttum: Spielräume päpstlichen Handelns. Legaten, delegierte Richter, Grenzen, hg. von Klaus Herbers, Frank Engel und Fernando López Alsina (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Phil.-Hist. Klasse, Neue Folge 25), Berlin [u.a.] 2013. 672 Vgl. Müller, Päpstliche Delegationsgerichtsbarkeit (wie Anm. 73). 673 Vgl. dazu Ganzer, Die Entwicklung (wie Anm. 471), S. 118 f., n. 49 sowie Kamp, Kirche und Monarchie (wie Anm. 647), S. 572–574.

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glückt sein. Unter Alexander III. wurde die delegierte Gerichtsbarkeit in Apulien den überlieferten Quellen nach erstmals erprobt. Nach und nach nahm die Zahl der Appellationen während seiner Amtszeit zu und das Verfahren wurde in der Folge stärker formalisiert und praktischen Bedürfnissen angepasst. So entwickelte sich beispielsweise in den 1180er Jahren seit Lucius III. die Praxis, bestenfalls drei Richter mit einem Prozess zu betrauen, jeweils benannt von je einer Streitpartei sowie dem Papst selbst. 5. Allerdings waren viele Prozesse und Urteile aus verschiedensten Gründen nicht in erster Instanz erfolgreich. Fälle mussten wegen verschleppender Appellationen erneut aufgenommen werden, neue Mandate wurden erteilt – teilweise an andere Richter – und Urteile konnten nicht auf Anhieb vollstreckt werden, wie im oben behandelten Fall eines Gütertausches zwischen dem Erzbischof Bertrand von Trani, dem Archipresbyter und den Klerikern von Corato. 6. Insgesamt ist die Zahl der überlieferten Delegationen im Untersuchungsraum vergleichsweise gering. Dies gilt selbst für den Pontifikat Alexanders  III. mit acht Stücken. Zum Vergleich: Harald Müller wies für die Normandie im 12. und frühen 13. Jahrhundert insgesamt 386 Prozesse nach.674 Dies könnte zum einen durch die schlechte Überlieferungslage in Apulien bedingt sein, vor allem im Falle von sehr kleinen Bistümern, wie sie uns in den untersuchten Diözesen häufiger begegnen, zum anderen durch die krisenhafte Situation nach dem Schisma von 1130, in dem sich Süditalien der Obödienz Anaklets II. angeschlossen hatte und auch nach Beendigung des Schismas nicht sofort von Neuem Richtung Rom orientiert war – Innozenz II. bestätigte Roger II. zwar nach dem Tode Anaklets das Königtum, seine direkten Nachfolger taten dies jedoch nicht. Das Papsttum wurde deshalb zu Beginn des Pontifikats Alexanders III. in Unteritalien vermutlich nicht allgemein als legitimierende Größe wahrgenommen und rückte erste wieder während der 1170er Jahre in den Fokus der lokalen geistlichen Einrichtungen. Lokale Gerichte scheinen eine größere Präsenz besessen zu haben und die weltlichen Machthaber waren eine starke und verlässliche, legitimierende Größe. Die Zahl der überlieferten Rechtsfälle, die im süditalienischen Kalabrien an delegierte Richter übertragen wurden, sprechen in diesem Zusammenhang sogar eine noch eindeutigere Sprache: nur ein einziger Fall ist für das 11. und 12. Jahrhundert nachweisbar, während es in Ligurien 72 sind!675 Erst als im Laufe des Pontifikats Alexanders III. die päpstlich geleitete, römische Kirche wieder stärker in den Fokus der apulischen Kirchenmänner rückte, waren jene bereit für den direkten juristischen Weg nach Rom. 674 Müller, Päpstliche Delegationsgerichtsbarkeit (wie Anm. 73). 675 Vgl. Johrendt, Italien als Empfängerlandschaft (wie Anm. 124), S. 200. In Umbrien sind laut Johrendt allerdings ebenfalls lediglich fünfzehn Fälle belegt.

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2. Weitere Formen päpstlicher Rechtssprechung und jurisdiktioneller Präsenz

2. Weitere Formen päpstlicher Rechtssprechung und jurisdiktioneller Präsenz 2.1 Legaten Im Prozess der päpstlichen Zentralisation spielten die Legaten als ‚Augen des Papstes‘ mit ihren verschiedentlich ausgeprägten Kompetenzen und Vollmachten eine wesentliche Rolle. Das Papsttum setzte sie als Gesandte ein, als Unterhändler und Diplomaten, als Richter und Streitschlichter, als Stellvertreter des Papstes in den lateinisch-christlichen Regionen Europas – und auch darüber hinaus, wie beispielsweise in Konstantinopel676 oder Outremer.677 676 Vgl. hierzu beispielsweise die Gesandtschaft von Kardinallegaten, die vor ihrem richterlichen Einsatz in Ostuni im Bistum Brindisi am kaiserlichen Hof in Konstantinopel waren, im Anhang 3 [Verzeichnis der Legatenurkunden im Untersuchungsraum (1059–1189/93)]. 677 Zum Legatenwesen vor allem seit der papstgeschichtlichen Wende im 11. Jahrhundert sind vor allem in den letzten Jahren wieder zahlreiche Untersuchungen durch die mediävistische Forschung angestellt worden. Siehe den Sammelband Alberzoni, Zey (Hg.), Legati e delegati (wie Anm. 72). Übergreifend zum Instrument der päpstlichen Legation sind neue Erkenntnisse vor allem von der noch nicht publizierten Habilitationsschrift von Claudia Zey zu erwarten. Zahlreiche Aufsätze der Autorin behandeln die Thematik bereits umfassend: Claudia Zey, Zum päpstlichen Legatenwesen im 12. Jahrhundert. Der Einfluß von eigener Legationspraxis auf die Legatenpolitik der Päpste am Beispiel Paschalis’ II., Lucius’ II. und Hadrians IV., in: Das Papsttum in der Welt des 12. Jahrhunderts, hg. von Ernst-Dieter Hehl, Ingrid Heike Ringel und Hubertus Seibt, Stuttgart 2002, S. 243–262; Id., Gleiches Recht für alle? Konfliktlösung und Rechtsprechung durch päpstliche Legaten im 11. und 12. Jahrhundert, in: Rechtsverständnis und Konfliktbewältigung, Gerichtliche und außergerichtliche Strategien im Mittelalter (Internationales Kolloquium zu Ehren von Hanna Vollrath im Juni 2004 an der Ruhr-Universität Bochum), hg. von Stefan Esders, Köln 2007, S. 93–119; Id., Die Augen des Papstes (wie Anm. 589); Id., Stand und Perspektiven der Erforschung des päpstlichen Legatenwesens im Hochmittelalter, in: Rom und die Regionen, Studien zur Homogenisierung der lateinischen Kirche im Hochmittelalter, hg. von Jochen Johrendt und Harald Müller (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Phil.-Hist. Klasse, Neue Folge 19), Berlin [u.a.] 2012, S. 157–168; ferner zur delegierten Gerichtsbarkeit Chalandon, The Conquest (wie Anm. 98). Mit Fokus auf eine für die Forschungen zu den Legaten unablässige Quellengattung, den Legatenurkunden, siehe die wegweisende Monographie von Stefan Weiss, Die Urkunden der päpstlichen Legaten von Leo IX. bis Coelestin III. 1049–1198 (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters 13), Köln, Düsseldorf 1995, alsdann id., Die Legatenurkunde des 11. und 12. Jahrhunderts zwischen Papst- und Herrscherurkunde, in: Papsturkunde und europäisches Urkundenwesen, Studien zu ihrer formalen und rechtlichen Kohärenz vom 11. bis 15. Jahrhundert, hg. von Peter Herde und Hermann Jakobs (Archiv für Diplomatik, Schriftgeschichte, Siegel- und Wappenkunde, Beiheft 7), Köln [u.a.] 1999, S. 27–38, sowie id., Legatenurkunde und Papsturkunde, in: Hundert Jahre Papsturkundenforschung, Bilanz - Methoden - Perspektiven: Akten eines Kolloquiums zum hundertjährigen Bestehen der Regesta Pontificum Romanorum vom 9.–11. Oktober 1996 in Göttingen, hg. von Rudolf Hiestand (Abhandlungen der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Phil.-Hist. Klasse, 3. Folge 261), Göttingen 2003, S. 335–350. Für die kanonistisch-

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Untersuchungsteil III: Jurisdiktion

Legationen nach Apulien sind jedoch mit Ausnahme von einem gesicherten Einsatz eines Legaten vor Ort nicht bekannt. Die überlieferte Anzahl überrascht, waren doch Legationen im 12. Jahrhundert bereits weitgehend üblich.678 Unzweifelhaft ist wohl die Gesandtschaft des Kardinaldiakons Petrus von S. Maria in Via lata, der als Legat Honorius’ II. in der zweiten Hälfte der 1120er Jahre in Brindisi tätig wurde.679 In dem Streit zwischen Erzbischof Baialardus von Brindisi und dem benediktinischen Frauenkloster S. Maria um eine Kirche daselbst entschied dieser Legat zu Gunsten des Klosters. Honorius II. hatte im Vorfeld die Gräfin Sikelgaita von Brindisi darum gebeten, die umliegenden Bischöfe in der Sache zu versammeln, um die Kontroverse beizulegen. Offenbar war aber dennoch das Urteil des Legaten Petrus notwendig geworden, vielleicht zur besonderen Legitimation des Rechtsentscheides, möglicherweise hatten aber auch die versammelten Bischöfe den Legaten gebeten, den Fall zu übernehmen und zu Ende zu bringen. Durch kanonistische Notizen sind zwei Auskünfte eines Kardinallegaten an zwei apulische Bischöfe in kirchenrechtlichen Fragen überliefert. Ein Kardinal namens Johannes, dessen Titelkirche in der Quelle nicht genannt wird, informierte Erzbischof Bertrand von Trani und Bischof Amandus von Bisceglie680 über kano-

normative Einordnung der Legationen, besonders auch im Untersuchungszeitraum der vorliegenden Studie vgl. weiterhin Richard A. Schmutz, Medieval Papal Representatives. Legates, Nuncios and Judges Delegate, in: Post scripta, Essays on Medieval Law and the Emergence of the European State in Honor of Gaines Post, hg. von Joseph Reese Strayer und Donald E. Queller (Studia Gratiana 15), Rom 1972, S. 441–463 und die verschiedentlichen Publikationen von Robert Charles Figueira: Robert Charles Figueira, The canon law of medieval papal legation, Ann Arbor 1984, ferner id., Decretalists, medieval papal legation, and the Roman law of offices and jurisdiction, in: Res publica litterarum 9 (1986), S. 119–135; Id., The medieval papal legate and his province: geographical limits of jurisdiction, in: Apollinaris 61 (1988), S. 817–860; Id., Papal reserved powers and the limitations on legatine authority, in: Popes, teachers, and canon law in the Middle Ages, hg. von James Ross Sweeney und Stanley A. Chodorow, New York [u.a.] 1989, S. 191–211, sowie id., Papal reserved powers: some decretist texts, in: Grundlagen des Rechts, Festschrift für Peter Landau zum 65. Geburtstag, hg. von Richard Henry Helmholz et al. (Rechts- und Staatswissenschaftliche Veröffentlichungen der Görres-Gesellschaft 91), Paderborn 2000, S. 477–490. 678 Siehe dazu unter anderem Zey, Zum päpstlichen Legatenwesen (wie Anm. 677), die auch betont: „Das Legatenwesen gilt zurecht als eines der wichtigsten Instrumente päpstlicher Herrschaft im 12. Jahrhundert, als Verbindung zwischen Kurie, Kirchen und weltlichen Herrschern der abendländischen Christenheit.“ (S. 243). 679 Vgl. IP IX, S. 393, n. *32. Siehe neben den Ausführungen zu diesem Fall oben, S. 165, auch Ganzer, Die Entwicklung (wie Anm. 471), S.75. Ganzer bezieht sich dabei wiederum auf Della Monaca, Memoria historica (wie Anm. 606), S. 353–355. 680 Amandus von Bisceglie war von 1154 bis 1182 Bischof des Ortes, vgl. Kamp, Kirche und Mo­ narchie (wie Anm. 647), S. 565.

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2. Weitere Formen päpstlicher Rechtssprechung und jurisdiktioneller Präsenz

nistische Verfügungen die Ehe zwischen Paten und Patenkindern betreffend681 bzw. über den Zeitpunkt der Verlobung.682 Holtzmann stellte die Vermutung an, dass es sich bei Johannes um jenen Kardinal handeln könnte, der 1160–1163 Kardinaldiakon von S. Maria in Porticu war, im Anschluss als Legat in Dalmatien weilte und später, 1167–1190, als Kardinalpresbyter von S. Marco belegt ist.683 Da allerdings nicht bekannt ist, an welchem Ort der Kardinal die rechtliche Auskunft erteilte – ob beispielsweise in Trani, Bisceglie oder brieflich von einem anderen Ort aus – und auch sonst nichts weiter über die Verbindung des Kardinals nach Apulien überliefert ist, kann die Annahme von Holtzmann, dass der Kardinallegat Johannes auf seiner Rückreise aus Dalmatien in Apulien Bekanntheit erlangt haben könnte und man sich deshalb an ihn wandte,684 nur Vermutung bleiben. Man mag annehmen, dass die politische Situation in Unteritalien unter der normannischen Herrschaft gundsätzlich bedingte, dass dort keine oder fast keine Legaten wirksam wurden. Generell aber waren Legationen in die Gegend südlich von Rom nicht völlig unüblich. So sind beispielsweise zahlreiche Entsendungen von Kardinallegaten nach Montecassino, das freilich am Rande des normannischen Kernbereichs lag, belegt: Der französische Kardinalbischof Matthäus von Albano agierte im Auftrag von Papst Honorius II. im Juli 1127 als Legat in Montecassino und setzte die Wahl Seniorekts gegen den bisherigen Abt Oderisius II. durch.685 Offenbar war Kardinallegat Matthäus mit der Situation Montecassinos vertraut, denn es ist überliefert, dass seine römische Unterkunft das Kloster S. Maria in Pallara auf dem Palatin war, der Ort, an dem sich neben einigen Kardinälen auch ständig Mönche aus Montecassino aufhielten.686 Auch der Kardinalpriester Conradus von S. Pudenziana übernahm 1127 eine Legation nach Montecassino.687 Warum aber sind so ausgesprochen wenige Legationen nach Apulien überliefert? Vermutlich hängt ihre geringe Zahl trotz des vereinzelten Vorkommens auch mit der besonderen Situation der unteritalienischen Kirche unter normannischer Herrschaft und der apostolischen Legation für die Insel Sizilien zusammen.688 Graf 681 Vgl. IP IX, S. 296, n. 25 sowie die Edition bei Walther Holtzmann, Kanonistische Ergänzungen zur Italia Pontificia. Sonderdruck aus: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 37 und 38, Tübingen 1959, S. 127 (= S. 145), n. 192. 682 Vgl. IP IX, S. 296, n. 26 und die Edition bei ibid., S. 127 (= S. 145), n. 193. 683 Siehe ibid., S. 145, Anm. zu n. 192. 684 Vgl. ibid., S. 145, Anm. zu n. 192. 685 Siehe IP VIII, S. 173, n. *227, sowie Zenker, Die Mitglieder (wie Anm. 472), S. 32–34. 686 Vgl. Hüls, Kardinäle, Klerus und Kirchen Roms (wie Anm. 453), S. 97. Zur Cassineser Gemeinschaft in S. Maria in Pallara siehe auch Anm. 509. 687 Siehe IP VIII, S. 173, n. *226 und ibid., S. 201, sowie Zenker, Die Mitglieder (wie Anm. 472). 688 Die apostolische Legation für die normannischen Herrscher von Graf Roger I. von Sizilien bis hin zu Wilhelm II. fand in der Forschung immer wieder Beachtung, zu nennen ist hier unter anderem Josef Deér, Der Anspruch der Herrscher der 12. Jahrhunderts auf die apostolische Legati-

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Untersuchungsteil III: Jurisdiktion

Roger I. und die sizilischen Könige (seit Roger II.) hatten die Legatengewalt für die Insel inne und versuchten, ihre Befugnisse auch auf das Festland zu übertragen.689 Über die krisenhafte Beziehung zwischen der Region und dem Papsttum und die Auswirkungen auf die päpstliche Rechtssprechung in der Region wurde bereits oben in Punkt III.1.3 Ergebnisse eingegangen. Zudem hatte der Papst wohl auch aufgrund der geographischen Nähe Unteritaliens zu Rom die Möglichkeit, in Einzelfällen persönlich in Konflikte einzugreifen, Parteien vorzuladen und sie damit zur Chefsache zu erklären. 2.2 Persönliches Eingreifen des Papstes So verhandelte beispielsweise Urban II. auf einer Synode in Benevent im März 1091 in der Streitsache zwischen Bischof Godinus von Brindisi-Oria und dem Bischof Romuald von Monopoli.690 Papst Alexander  III. brachte sich erstmals 1173 oder 1174 von Anagni aus persönlich in die Sache des Bareser Allerheiligenklosters in loco Cuti ein. Da der Konvent offenbar der Besserung bedurfte und er die klösterliche Gemeinschaft zu diesem Zweck dem Erzbischof Rainald von Bari unterstellt hatte, rief Alexander den Abt und die Brüder zu Gehorsam und Respekt gegenüber Rainald auf und hielt sie dazu an, die disziplinarischen Anordnung des Erzbischofs anzuerkennen.691 Doch anscheinend wurden die päpstlichen Befehle nicht befolgt, denn einen Monat später, am 9. Oktober, tadelte Alexander III. den Konvent erneut on, in: Archivum historiae pontificae 2 (1964), S. 117–164, ferner die ältere Studie von Edouard Jordan, La politique ecclésiastique de Roger I et les origines de la légation sicilienne, in: Le Moyen Âge 33/34 (1922/1923), S. 237–273. Johrendt, Der Sonderfall (wie Anm. 14), hier: S. 237 f., misst der ständigen Legation für Sizilien ebenfalls große Bedeutung zu mit Blick auf die „außerordentliche Stellung des normannischen Herrschers in der unteritalienischen Kirche“. 689 Vgl. vor allem Deér, Papsttum und Normannen (wie Anm. 34), aber auch den Beitrag von Rudolf Hiestand, Die unvollendete Italia Pontificia, in: Hundert Jahre Papsturkundenforschung, Bilanz - Methoden - Perspektiven: Akten eines Kolloquiums zum hundertjährigen Bestehen der Regesta Pontificum Romanorum vom 9.–11. Oktober 1996 in Göttingen, hg. von dems. (Abhandlungen der Preußischen Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Klasse 3. Folge, Bd. 261), Göttingen 2003, S. 47–57, hier: S. 50, der ebenfalls zu dem Befund kommt, dass der Grund für die geringe Anzahl von Legatenurkunden in den Bänden der Italia Pontificia für Unteritalien in der apostolischen Legation der sizilischen Herrscher zu suchen sei. 690 Vgl. IP IX, S. 375, n. *6 und das anknüpfende Privileg n. 7. 691 Vgl. CDB V, S. 237, n. 136 sowie Kehr, Papsturkunden in Apulien (wie Anm. 143), S. 279, n. 15: …quomodo ecclesia uestra correctione indigeat et considerantes prudentiam deuotionem et scientiam uenerabilis fratris nostri R. Barensis archiepiscopi, eandem ecclesiam sibi in uita sua de comuni fratrum nostrorum consilio apostolica auctoritate concessimus […]. Mandamus itaque discretioni vestre atque precipimus, quatinus memorato archiepiscopo obedientiam et reuerentiam impendatis et correctionem et disciplinam suam deuote et humiliter suscipientes ei, omni occasione et appellation

164

2. Weitere Formen päpstlicher Rechtssprechung und jurisdiktioneller Präsenz

– mit deutlicheren Worten – weil sie sich immer noch weigerten, Rainald zu gehorchen. Er empfahl ihnen zur Untersuchung der Zustände im Kloster erneut den Bischof und forderte sie auf, den Akolythen P. gütig bei sich auf- und seine Ermahnungen anzunehmen.692 Aber auch diese zweite Aufforderung war nicht erfolgreich. Am 21. Januar des Folgejahres, also entweder 1174 oder 1175, stellte Alexander III. in Ferentino eine neuerliche Ermahnung in schriftlicher Form aus, worin er ankündigte, dass er den Fall dem Bischof von Monopoli und dem dilecto filio Abt Palmerius von S. Stefano in Monopoli als delegiertem Richter per Mandat übergeben würde.693

2.3 Vikariat In der Kategorie des monastischen Lebens ist für das 11. Jahrhundert, also für eine Zeit, in der das Instrument der Legation im Gefüge der päpstlichen Zentralisierungsbestrebung noch nicht zu voller Blüte gelangt war, eine weitere Form der besonderen Beauftragung durch den Papst nachweisbar. Für unteritalienische und damit auch apulische Klöster war der vielgerühmte Abt von Montecassino und spätere Papst Viktor  III. von Nikolaus  II. als päpstlicher Vikar auf Lebenszeit eingesetzt worden.694 Ihm sollte die Umsetzung der Kirchenreform in den Ordensgemeinschaften des Südens obliegen – in seinem Amt als Vikar wurde er damit zu einem ‚Instrument‘ zur Homogenisierung der Kirchenlandschaft, zur Ausrichtung des monastischen Lebens des Mezzogiorno hin auf Rom und die Prinzipien der Kirchenreform. Hilfe sollte er gemäß der Urkunde Nikolaus II. durch die örtlichen Bischöfe erhalten – ein Beleg über die ihnen zugedachte Rolle als Förderer der Kirchenreform in Süditalien. cessante, ita in omnibus et per omnia respondere curetis… Das Mahnschreiben ist im Original im Archiv von S. Nicola in Bari überliefert. 692 Vgl. CDB V, S. 237 f., n. 137. Diesem Stück ist zu entnehmen, dass auch noch eine weitere päpstliche Aufforderung ähnlicher Art vorausgegangen war, die ebenfalls den Akolythen P. erwähnt: …precipimus quatinus predicto archiepiscopo iuxta communitionem dilecti filii P. Acoliti nostri sicut in litteris aliis quas vobis direximus continetur…, vgl. auch IP IX, S. 335, n. *9. 693 Vgl. die Edition in CDB V, S. 240, n. 139, sowie vor allem diejenige in ibid., S. 280, n. 16. 694 Siehe zur Übertragung des Vikariates an Desiderius Nicolai II papae Epistolae et Diplomata (Migne, PL 143), n. 3, Sp. 1309: Porro cupientes consulere monasticae religioni, quae peccatis exigentibus passim depravatur, te tantummodo diebus vitae tuae vicarium nobis ad correctionem omnium monasterium et monachorum ab ipso fluvio Piscaria, sicut influit in mare, scilicet per totam Campaniam, Principatum quoque, et Apuliam, atque Calabriam, assumere decrevimus, ita ut capitulum in eis habeas, et vice nostra indisciplinatos, cum adjutorio episcoporum ad quos monasteria ipsa pertinent, corrigas, et quae sunt emendae, si potueris, secundum Dominum emendes, aut apostolicae sedis pontifici renunteis ad perpetuam animae vestrae mercedem, et monasticae religionis emendationem et conservationem, pariter quoque ad tui cardinalatus dignitatem et sanctissimi Benedicti honorificentiam, ea gratia ut monasticus ordo corrigatur illis in partibus per te religiosum et prudentissmum successorem illius.

165

Untersuchungsteil III: Jurisdiktion

So griff Desiderius beispielsweise im Jahr 1071 in päpstlichem Auftrag im Kloster S. Maria auf der Tremiti-Insel San Nicola vor der Küste des Gargano ein,695 setzte den Abt Adam IV. ab und ersetzte ihn durch seinen favorisierten Kandidaten Transmundus.696 Ein noch früheres Beispiel lässt einen weiteren Fall erkennen, der auf ein Vikariat hindeutet. Erzbischof Arnolf von Cosenza hielt in seiner Funktion als Vikar des Papstes 1063 im noch byzantinischen Bari, foras in s. Nicolao, qui vocitatur de episcopis, ein Konzil ab, wie der Anonymus Barensis in seiner Chronik der Stadt Bari berichtet.697 Da für die nachfolgende Zeit allerdings keine weiteren Vikariate, besonders nicht im Umfang des Vikariats des Desiderius, festgestellt werden können, ist anzunehmen, dass es sich dabei für den unteritalienischen Raum um ein Auslaufmodell handelte, welches nach und nach, von Fall zu Fall und mit zunehmender Institutionalisierung der Verfahren und Organe der römischen Kirche zum Beispiel durch eine erhöhte Urkundenausstellung für dortige Empfänger, durch Reisen und sehr vereinzelte Legationen ersetzt worden war.

3. Jurisdiktion: Schlussfolgerungen Es ist festzuhalten, dass gerade der Einsatz der delegierten Gerichtsbarkeit eher als ein Indiz der Ausbreitung und Anerkennung der päpstlichen Autorität angesehen werden kann, als ein aktives Instrument aus päpstlicher Hand, um eine Zentralisierung zu erwirken und die Kommunikation zwischen Zentrum und Region zu verdichten.698 Hierin ähnelt die Jurisdiktion auch der Urkundenausstellung, die meist vom Petenten angestoßen wurde und damit die Anerkennung der Stellung des Papsttums als oberste Instanz der Kirche abbildet. In Apulien kamen Legationen kaum zum Einsatz, was einerseits in der besonderen Beziehung der Päpste zu den Normannen, bestimmt von großen Zugeständnissen und Abhängigkeiten, begründet liegen mag, und andererseits an der allgemein starken und zumeist anerkannten Stellung der Herrscher Apuliens und Süditaliens. Ferner ergaben sich in einigen Fällen Ersatzformen, wie das direkte Eingreifen des Papstes in Streitfälle, oder aber die Beauftragung eines päpstlichen Vikars für die Klöster Süditaliens, wie es Desiderius von Montecassino war. 695 Vgl. Codice diplomatico del Monastero benedettino di S. Maria di Tremiti (1005–1237), Bd. 1, ed. Armando Petrucci (Fonti per la Storia d’Italia 98/1-3), Rom 1960, S. LV. 696 Dieser Fall mit Vor- und Nachgeschichte wird näher beleuchtet bei Picasso, Monachorum tempora (wie Anm. 534), S. 235. 697 Anonymus Barensis, Chronicon (wie Anm. 459), S. 152. 698 Vgl. Müller, Im Dienste (wie Anm. 597).

166

3. Jurisdiktion: Schlussfolgerungen

Die delegierte Gerichtsbarkeit wurde von verschiedenen kirchlichen Institutionen Apuliens zwar nachgefragt und eingesetzt, allerdings bei weitem nicht so häufig wie in anderen Landschaften Europas. In Apulien ist analog zu den ausgestellten Urkunden auch unter Alexander III. der erste Höhepunkt des Einsatzes der delegierten Richter im Untersuchungsraum erreicht. Die Entwicklung bis zum häufigeren Einsatz dieses jurisdiktionellen Elementes dauerte ebenfalls länger als in anderen Regionen, was wohl als typisch für Süditalien gelten kann. Erst mit der wieder erstarkenden und sich verdichtenden Kommunikation zwischen dem Papsttum und den Kirchen Apuliens wurde auch die delegierte Gerichtsbarkeit regelmäßig erbeten. Die Einzelinstrumentarien sind folglich nicht monolithisch zu verstehen – sie verstärken und bedingen sich vielmehr. Nicht nur der von Heterogenität geprägte Raum Apulien, sondern auch das Papsttum selbst musste sich in Fragen der Jurisdiktion und mithilfe des sich ausformenden römisch-kanonischen Prozesswesens im 12. Jahrhundert neu organisieren, Formen finden, Verfahren entwickeln und erproben, aber eben auch erst den Raum, die Netzwerke und Kommunikationsformen herstellen und zu nutzen lernen, um die jeweilige Region zu erreichen und in der Wahrnehmung einzelner Personen und Personengruppen einen festen Stellenwert als legitimierende und rechtssetzende Instanz zu erwirken.

167

Fazit und Schlussbetrachtungen Die Untersuchung von Schriftlichkeit, Präsenz und Bindung sowie Jurisdiktion hat gezeigt, dass der Prozess der Homogenisierung der lateinischen Kirchenlandschaft Apuliens keineswegs als ein teleologischer, planmäßig gesteuerter Vorgang begriffen werden kann. Auch hier vollzog sich, ebenso wie in anderen Regionen des lateinischen Europas,699 die Entwicklung hin zur Integration der Kirchen in die zentral geleitete römische Kirche in Schüben. Phasen der verstärkten Romhinwendung wurden unterbrochen und abgelöst von Zeiträumen der Latenz oder gar Regression. Für den Bereich Apulien sind als jene nicht-progressiven Perioden – wie wohl insgesamt für Süditalien feststellbar – besonders die Phase des innozentianischen Schismas sowie die darauffolgenden Jahre auszumachen. Dabei agierte das Papsttum im Untersuchungsraum zumindest bis in die Zeit Alexanders III. nachweislich nicht beständig gezielt, aktiv, planmäßig und eigenhändig, nicht immerzu motu proprio, wie dies einige Überlegungen zur papstgeschichtlichen Wende suggerieren mögen. Die Rolle der Regionen und ihrer Akzeptanz des Papsttums ist entscheidend im Prozess des Werdens der europäischen, zentralisierten Kirche unter Leitung des Papstes als erste Instanz in Fragen des gültigen kirchlichen Rechts und des rechten Glaubens, wie sie dann unter Innozenz III. (1198–1216) verwirklicht werden sollte. Die Bedeutung des Papsttums ist ferner nicht allein auf die kirchenp o l i ti s c h e Dimension zu beschränken. Es diente seit jeher als spirituelle Größe für die Gläubigen, wobei Frömmigkeit und Heil als Orientierungspunkte der mittelalterlichen, zumindest noch hochmittelalterlichen christlichen Gesellschaft des heutigen Europas ein zentrales Moment darstellten. Eine Hinwendung der Kirchen von Grenzräumen aus zum Papst in Rom ist nicht nur durch das gestiegene Selbstbewusstsein der Päpste und deren Reform- und Zentralisierungsbestrebungen vor allem in hierarchischen Fragen zu erklären, sondern muss zwangsläufig stets auch in der spirituelllegitimatorischen Bedeutung des Papsttums für die Gläubigen gesucht werden. Während seit der Belehnung der Normannen mit dem Herzogtum Apulien durch Papst Nikolaus II. im Jahr 1059 eine Ära der langsam zunehmenden Hinwendung der apulisch-lateinischen Kirche nach Rom feststellbar ist, die sicherlich unter 699 Zu einigen neueren Forschungsergebnissen siehe die im Kapitel zum Forschungsstand über „Römisches Zentrum und kirchliche Peripherie“ erwähnte Literatur auf S. 19–22.

169

Fazit und Schlussbetrachtungen

Papst Urban  II. einen vorläufigen, wenn auch nicht gewaltigen Höhepunkt fand, stagnierte diese Entwicklung spätestens nach dem Tod Paschalis’ II. leicht. Die Auseinandersetzungen zwischen den Päpsten und dem selbst- und machtbewussten Roger II. nach 1118 mögen entscheidenden Anteil daran gehabt haben. Mit der Doppelwahl von 1130 und der Obödienzsicherung Anaklets II. in Unteritalien begann ein Zeitraum, der als Krise der Beziehungen zwischen Rom und Apulien benannt werden kann. Selbst nach dem Ende der Kirchenspaltung ist an den mangelnden Apulienkontakten und -reisen der römischen Bischöfe – und umgekehrt! – eine tiefe Erschütterung der bis 1130 aufgebauten Netzwerke erkennbar, die wohl über eine rein personelle Ebene hinausging. Erst unter Alexander III. lässt sich, sicherlich auch bedingt durch die bessere Überlieferungslage und den erhöhten allgemeinen Urkundenausstoß in dessen Pontifikat, ein starker Aufschwung beziehungsweise ein energischer Integrationsschub auf verschiedenen Ebenen nachvollziehen, wobei die delegierte Gerichtsbarkeit und die Vergabe von Pallien hier besonders hervorzuheben sind. Die Eingliederung der Kirche Apuliens in das römische System scheint zu diesem Zeitpunkt schon in Stücken gelungen zu sein. Alexanders Nachfolger auf der Cathedra Petri profitierten zwar von diesen Bemühungen und konnten die bereits vorhandenen Netze und Errungenschaften stellenweise nutzen. Doch von nun an ist auch wieder ein leichter Rückgang im direkten und erbetenen Eingreifen der Päpste in Apulien feststellbar – vielleicht allerdings auch, weil dieses direkte Handeln nicht mehr permanent notwendig war und sich die von Rom erwünschten Prinzipien und Verfahrensweisen bereits etabliert hatten. Und dennoch: Apulien zeichnete sich während dieser Jahre im Gegensatz zu den ‚Kernlandschaften‘ der römischen Kirche in Europa durch eine gewisse Romferne aus. Wie die Untersuchung gezeigt hat, kamen die Maßnahmen zur Durchsetzung des kirchlichen Leitungsanspruchs der Päpste sogar in den lateinisch geprägten Zonen der Region nicht in der gleichen oder ähnlichen Zahl zum Einsatz wie in Frankreich, dem Reich oder Oberitalien. Dies steht in ganz wesentlichem Zusammenhang mit der relativ starken Position der weltlichen Regierungsgewalt im Königreich Sizilien vor allem ab der (Königs-)Herrschaft Rogers  I. und letztendlich dem Vertrag von Benevent700 von 1156 zwischen Papst Hadrian IV. und dem jüngsten Sohn Rogers, Wilhelms I. Dieser ließ sich hierin die königliche Einflussnahme auf die Kirche seines Reiches festschreiben. Besonders stark gestaltete sich demnach die Stellung des Königs in der Kirche Inselsiziliens, wo Rom kaum Handlungsspielraum blieb. Auf dem Festland und damit auch in Apulien sollte der königliche Einfluss weniger gewichtig sein. Und doch sicherte Wilhelm I. sich für sein Gesamtreich und damit natürlich auch für Apulien das Approbationsrecht für kirchliche Wahlen: Dem von Klerikern bestimmten Kandidaten musste der König stets zustimmen. Bedenkt man 700 Vgl. die Edition des Vertrages in Guillelmi I. regis Diplomata (wie Anm. 16), n. 12, S. 32–36.

170

Fazit und Schlussbetrachtungen

die Positionen des Papsttums im sogenannten Investiturstreit, stehen einige Punkte des Vertrags von Benevent jenen Ansprüchen diametral entgegen. Zudem war die Verwaltung und das Gerichtswesen des Reiches enorm entwickelt, die königliche Gerichtsbarkeit hatte einen festen und verlässlichen Platz im Leben der Bevölkerung, sodass selbst die päpstlich-delegierte Gerichtsbarkeit in Apulien nur selten zum Einsatz gelangte. Süditalien und die Region Apulien waren also in mehrfacher Hinsicht ein Sonderfall im Gefüge der römischen Kirche des Hochmittelalters. Die Bedeutung der Stadt Rom für das Papsttum selbst schwand im Laufe des in dieser Studie untersuchten Zeitraums auf realpolitischer Ebene und wirkte stellenweise nur noch in fundamental spiritueller Weise (Gräber der Apostelfürsten, Wirkungsstätte und Grablege der römischen Märtyrer, Hort wertvoller Reliquien), in traditionell-historischer Dimension (Ort der frühen, von Petrus begründeten Kirche, Zentrum der Antike, „Hort des wahren Glaubens“701) und mythischer Hinsicht (Rom als caput und umbilicus mundi) fort. Seit der papstgeschichtlichen Wende in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts dehnte sich der geografische Herrschaftsraum der römischen Bischöfe stufenweise sternförmig aus, während ihre Bedeutung als römische Stadtherren nicht nennenswert zunahm, ja gar aufgrund verschiedenster Faktoren stagnierte oder zurückging. Die Papstschismen im 11. Jahrhundert und erst recht die beiden großen Kirchenspaltungen des 12. Jahrhunderts, die verhältnismäßig späte Entstehung der römischen Kommune702 – spät im Vergleich zur Herausbildung kommunaler Herrschaftsformen in den oberitalienischen Städten – und die Zuschreibung von päpstlicher Autorität von außen, verbunden mit der daraus resultierenden und gleichzeitig diese bedingende Institutionalisierung des Papsttums auf kurialer und auch überregionaler Ebene, führten zu einer Umorientierung der Päpste, die mit ihrem Herrschaftsanspruch übereinstimmte: die Mauern der urbs überschreitend, erstreckte sich ihr Richtertum nun über weite Teile des orbis christianus. Ein Beleg dafür mag sein, dass Schismen in dieser Zeit meist außerhalb von Rom entschieden wurden. So triumphierte Urban  II. schließlich im Wibertinischen Schisma, weil er jenseits der aurelianischen Mauern, in Frankreich und nicht zuletzt auch in Süditalien, um Anhänger geworben und zu diesem Zweck lange Reisen auf 701 Die Thematik „Rom als Ort des wahren Glaubens“ wurde aufgegriffen von Sebastian Scholz, Rom. Hort des wahren Glaubens, in: Rom - Nabel der Welt, Macht, Glaube, Kultur von der Antike bis heute, hg. von Jochen Johrendt und Romedio Schmitz-Esser, Darmstadt 2010, S. 33–47. 702 Vgl. zur Entstehung der römischen Kommune Romedio Schmitz-Esser, Erneuerung aus eigener Kraft? Die Entstehung der römischen Kommune im 12. Jahrhundert, in: Rom - Nabel der Welt (wie Anm. 701), S. 67–85.

171

Fazit und Schlussbetrachtungen

sich genommen hatte. Auch der siegreiche Papst einer späteren Zeit der Kirchenspaltung, Innozenz II., hatte seine Überlegenheit letztendlich seiner Anhängerschaft außerhalb des Patrimoniums, der Stadt Rom und auch Süditaliens zu verdanken, wie etwa seinem einflussreichen und berühmten Befürworter mit Sitz fernab des vermeintlichen Nabels der Welt, dem Zisterzienserabt Bernhard von Clairvaux († 1153). Einige Päpste des späteren 12. Jahrhunderts waren gar kaum mehr in der Ewigen Stadt anzutreffen. Lucius III. etwa residierte vornehmlich in Verona. Andere Regionen, andere Personenkreise gewannen in den betrachteten knapp 150 Jahren zwischen Belehnung der Normannen auf dem Konzil von Melfi 1059 zur Zeit der sogenannten papstgeschichtlichen Wende und dem Ende der Herrschaft der Hauteville-Dynastie Ende des 12.  Jahrhunderts an Einfluss auf das Papsttum – und der Papst gewann mehr Einfluss auf die Gläubigen in diesen Regionen. Gründete der Weggang der Päpste vom Tiber an die Rhône, vom Lateran in Rom in den Papstpalast von Avignon im 14. Jahrhundert, von Petrarca in düstersten Farben als Höhle von Teufeln703 und neues Babylon, Quell der Leiden und Korruption gezeichnet,704 zwar in vielen anderen Ursachen, in politisch-strategischen Erwägungen und Verflechtungen sowie in vielfältigen Gründen der Entfremdung zwischen dem Vikar Petri und der Stadt Rom, so mag dieser ‚Umzug‘, das avignonesische ‚Exil‘, dennoch ein sichtbares Zeichen der skizzierten Entwicklung sein.

703 Vgl. die Sonetti babilonesi 136, 137, 138 in: Francesco Petrarca, Rerum vulgarium fragmenta, ed. Guiseppe Savoca (Polinnia 21), Florenz 2008. 704 Petrarca ist es, der den Papsthof in Avignon mit dem „boshaften Babel“ vergleicht, siehe ibid., n. 114, 1–3: De l’empia Babilonia, ond’è fuggita / ogni vergogna, ond’ogni bene è fori, / albergo di dolor, madre d’errori, vgl. zum Papsttum in Avignon und Petrarca auch Harald Zimmermann, Papsttum II, 6 (2003), in: RGG⁴, S. 870–882, hier Sp. 879.

172

Anhang

1. Verzeichnis der päpstlich-apulischen Kontakte im Untersuchungsraum (1059–1189) Im Folgenden werden alle im Zeitraum 1059 bis 1189 überlieferten päpstlichen Schreiben und schriftlich belegten Kontakte für den Untersuchungsraum aufgelistet unter Angabe des Ausstellers (Spalte 1), des Ausstellungsorts und -datums (Spalte 2), des Empfängers oder der kontaktierten Personen und ggf. des Sachverhalts (Spalte 3) sowie der Angabe der zugehörigen Regesten (Spalte 4) in der Italia Pontificia (in der Reihenfolge Band, Seite, Regestennummer) bzw. in den Regesta Pontificum Romanorum, soweit vorhanden (unter Angabe von Auflage und Regestennummer), und in einigen wenigen Fällen auch der Edition. Enthalten sind neben in Original oder Kopie erhaltenen Stücken auch Deperdita (*) und Fälschungen (†). Die Reihung orientiert sich dabei weitgehend an Band 9 der Italia Pontificia und nimmt auch Stücke unter den jeweiligen Orten, Diözesen, Klöstern etc. auf, die nicht an einen Empfänger am jeweilien Ort, Diözese, Kloster etc. gerichtet sind, sondern deren Inhalt sich mit den genannten Orten, Diözesen, Kloster etc. befasst. Fettgedruckt sind die sich im Untersuchungsraum befindlichen Ausstellungsorte. Für ganz Apulien (Bischöfe und Gläubige) Alexander II.

1071 (aug.–sept.)

An die Bischöfe und Fürsten in Kampanien, Apulien und Kalabrien

IP IX, S. 273, *5 IP VIII, S. 144, *102 JL *4689 J3 *11102

Gregor VII.

Ceccano 1080 iul. 21

An die Bischöfe in Apulien und Kalabrien

IP IX, S. 273, 6 IP VIII, S. 19, 50 JL 5177

Gregor VII.

(Ceccano) 1080 iul. 25

An die Bischöfe in Apulien und Kalabrien

IP IX, S. 273 f., 7 IP VIII, S. 19, 51 JL 5178

Viktor III. (Konzil Benevent)

Benvent 1087 aug.

An die Bischöfe in Apulien und Kalabrien

IP IX, S. 274 , *8 IP VIII, S. 23, *68

173

Anhang Bischöfe und Kardinäle

(1087ex.–88 in.)

An alle Gläubigen

IP IX, S. 274, *9 IP VIII, S. 151, *131

Urban II. (Konzil Melfi)

Melfi 1089 sept. 10–15

Konzilsbeschluss in Anwesenheit aller Bischöfe von Apulien, Kalabrien, Bruttium

IP IX, S. 274, *10 IP VIII, S. 23, *71

Paschalis II.

(1110) april. 19

An den Bischof (Rainald) von Tarent und weitere benachbarte apulische Bischöfe

IP IX, S. 274, 11 (siehe IP IX, S. 391, 24)

Paschalis II.

Benevent 1113 feb. 13

An alle Gläubigen in Kampanien und Apulien, in der Capitanata und Samnium

IP IX, S. 274, 12 IP VIII, S. 161, 174 JL 6340

Gelasius II.

1118 (ian.–feb.)

Schickt Gesandte zu den Erzbischöfen, Bischöfen und Äbten im römischen Umland und in Apulien

IP IX, S. 274, *13 IP VIII, S. 30, *105

Alexander III.

Anagni (1178) ian. 17

An die Erzbischöfe, Bischöfe, Äbte und andere Prälaten in Apulien

IP IX, S. 275, 14 (siehe IP IX, S. 239, 23)

Alexander III.

Lateran (1178– 1179) iul. 4

An die Erzbischöfe, Bischöfe und Prälaten in der Capitanata, Apulien und Kalabrien

IP IX, S. 275, 15 IP VIII, S. 55, 215

Clemens III.

Lateran 1189 (mart. 16–april 1)

An alle Gläubigen in der Capitanata und Apulien

IP IX, S. 275, 16 (siehe IP IX, S. 171, 2)

Ducatus Apuliae (Herzogtum Apulien) Herzog Robert Guiskard

(Melfi 1059 aug.)

An Papst Nikolaus II. und dessen Nachfolger

IP IX, S. 280, 4 IP VIII, S. 12, 15 J3 10312

Nikolaus II.

(Melfi 1059 aug.)

An Herzog Robert Guis­­kard

IP IX, S. 280, *5 IP VIII, S. 11, *14 J3 10314

Herzog Robert Guiskard

(Melfi 1059 aug.)

Von Herzog Robert Guiskard von Apulien und Kalabrien

IP IX, S. 280, 6 IP VIII, S. 12, 16 J3 10313

Alexander II.

(cr. 1062–63)

An die Erzbischöfe Arnald (von Acerenza), (Ursus) von Bari und den Bischof Ambrosius von Terracina

IP IX, S. 280, †7 (siehe IP IX, S. 461, †1) IP VIII, S. 478, 26a J3 †10654

174

1. Verzeichnis der päpstlich-apulischen Kontakte im Untersuchungsraum (1059–1189) Alexander II.

(1067)

An Herzog Robert Guis­kard

IP IX, S. 280, *8 IP VIII, S. 13, *20 J3 *10930

Gregor VII.

(1073)

An Sikelgaita von Salerno, Herzogin von Apulien

IP IX, S. 280 f., *9 IP VIII, S. 14, *29

Gregor VII.

(1073)

An Herzog Robert Guis­kard

IP IX, S. 281, *10 IP VIII, S. 15, *30

Gregor VII.

(1073)

An Herzog Robert Guis­kard

IP IX, S. 281, *11 IP VIII, S. 15, *31

Gregor VII.

(Rom 1074 mart.)

An Herzog Robert Guis­kard und all seine Anhänger

IP IX, S. 281, *12 IP VIII, S. 15, *33

Gregor VII.

(1074)

An Herzog Robert Guis­kard von Apulien und Kalabrien

IP IX, S. 281, *13 IP VIII, S. 15, *34

Herzog Robert Guiskard

(1074)

Schickt Gesandte zu Papst Gregor VII.

IP IX, S. 281, *14 IP VIII, S. 15, *35

Gregor VII.

Rom 1075 feb. 24–28

An Herzog Robert Guiskard

IP IX, S. 281, *15 IP VIII, S. 16, *36

Gregor VII.

Rom 1076 mart. 14

An Bischof Arnaldus von Acerenza

IP IX, S. 281, 16 (siehe IP IX, S. 457, 7) IP VIII, S. 16, 37

Gregor VII.

(1076 april.)

An Abt Desiderius von Montecassino

IP IX, S. 282, *17 IP VIII, S. 16, *38

Gregor VII.

Rom 1077 iun. 10

An Herzog Robert Guis­kard von Apulien und Kalabrien

IP IX, S. 282, †18 IP VIb, S. 322, †3 IP VIII, S. 16, †39

Gregor VII.

Rom (1080)

An Abt Desiderius von Montecassino

IP IX, S. 282, *19 IP VIII, S. 18, *45

Herzog Robert Guiskard

Ceprano 1080 iun. 29

Eidesleistung an Papst Gregor VII.

IP IX, S. 282, 20 IP VIII, S. 18, 47

Gregor VII.

Ceprano 1080 iun. 29

An Herzog Robert Guis­kard

IP IX, S. 282, 21 IP VIII, S. 18, 48

Herzog Robert Guiskard

(Ceprano 1080 iun. 29)

An Papst Gregor VII. und dessen Nachfolger

IP IX, S. 282, 22 IP VIII, S. 19, 49

Gregor VII.

(1080 iul.–aug.)

An seine Mitbischöfe, anIP IX, S. 282 f., 23 dere Kleriker und Gläubiger IP VIII, S. 20, 52 etc. JL 5179 IP V, S. 55, 183

175

Anhang Gregor VII.

Rom (1080) sept. 18

An Erzbischof Alfanus von Salerno

IP IX, S. 283, 24 IP VIII, S. 20, 53 JL 5180 IP VIII, S. 352, 27

Gregor VII.

(1080 nov.–dec.)

An Abt Desiderius von Montecassino

IP IX, S. 283, 25 (siehe IP IX, S. 177, 2) IP VIII, S. 20, 54 JL 5207 IP VIII, S. 149, 123

Gregor VII.

(1081 mai.)

An Abt Desiderius von Montecassino

IP IX, S. 283, 26 IP VIII, S. 149, 124 IP VIII, S. 20, 55 JL 5218

Gregor VII.

(1081)

An Herzog Robert Guis­kard

IP IX, S. 283, *27 IP VIII, S. 20, *56

Herzog Robert Guiskard

(1081)

An Papst Gregor VII. (und die Römer)

IP IX, S. 283, *28 IP VIII, S. 21, *57

Gregor VII.

(1081)

An Herzog Robert Guis­kard

IP IX, S. 283, 29 IP VIII, S. 21, 58 JL 5225

Gregor VII.

(1082)

An Herzog Robert Guis­kard

IP IX, S. 283, *30 IP VIII, S. 21, *61 JL *5269

Gregor VII.

(1084 mart.–april.)

An Herzog Robert Guis­kard

IP IX, S. 284, *31 IP VIII, S. 22, *62

Herzog Roger (Borsa) von Apulien

Capua (1087) mart. 21

Aufforderung an den Bischof von Ostia

IP IX, S. 284, *33 IP VIII, S. 353, *30 IP VIII, S. 22, *67

Herzog Roger von Apulien

Melfi 1089 sept. (10–15)

Eidesleistung an Papst Urban II.

IP IX, S. 284, *34

Urban II.

Melfi 1089 sept. (10–15)

An Herzog Roger von Apulien und Calabrien

IP IX, S. 284, *35 IP VIII, S. 23, *72

Urban II.

Banzi (1089 sept. 22–29)

An Herzog Roger und dessen Bruder Bohemund

IP IX, S. 284, *36 (siehe IP IX, S. 462, *3)

Clemens III. (Wibert)

(1088–89)

An Herzog Roger von Apulien

IP IX, S. 284, *36a IP VIII, S. 24, *72 not.

Urban II.

(cr. 1089 ex.–1090)

An Herzog Roger und dessen Bruder Bohemund

IP IX, S. 284 f., 37 IP VIII, S. 24, 73

An Urban II.

Salerno 1092 aug.

An Erzbischof Alfanus II. von Salerno

IP IX, S. 285, 38 IP VIII, S. 353, 31 IP VIII, S. 24, 75

176

1. Verzeichnis der päpstlich-apulischen Kontakte im Untersuchungsraum (1059–1189) Urban II.

Capua (1089 iun.)

An Herzog Roger von Apulien, Graf Roger I. von Sizilien und Graf Richard II. von Capua

IP IX, S. 285, *39 IP VIII, S. 25, *79

Paschalis II.

Salerno (1100 aug.)

An Herzog Roger

IP IX, S. 285, *40 IP VIII, S. 26, *84

Paschalis II.

Benevent 1101 sept. 23

An Herzog Roger

IP IX, S. 285, *41 (siehe IP IX, S. 25, *30) IP VIII, S. 27, *87

Paschalis II.

Lateran (1108–10) april. 1

An Herzog Roger

IP IX, S. 285, 42 (siehe IP IX, S. 391, 23) IP VIII, S. 28, 93

Paschalis II.

Montecassino 1110 iun.

An Herzog Roger von Apulien, alle Grafen von Apulien, Kalabrien und die unter deren Schutz stehenden Fürsten

IP IX, S. 285, *43 IP VIII, S. 28, *94

Paschalis II.

Ceprano 1114 oct. 17

An Herzog Wilhelm II. IP IX, S. 285, *44 von Apulien, Kalabrien und IP VIII, S. 29, *99 Sizilien

Gelasius II.

Gaeta 1118 mart.

An Herzog Wilhelm II. von IP IX, S. 286, *44 Apulien IP VIII, S. 30, *106

Herzog Wilhelm II. von Apulien und viele Barone

(Gaeta 1118 mart.)

Treueid gegenüber Papst Gelasius II.

Gelasius II.

(1118)

An Herzog Wilhelm II. von IP IX, S. 286, *46 Apulien IP VIII, S. 31, *108

Calixt II.

Benevent 1120 oct.

An Herzog Wilhelm II. von IP IX, S. 286, *47 Apulien IP VIII, S. 31, *111

IP IX, S. 286, *45 IP VIII, S. 31, *107

Herzog WilBenevent (1020 helm II. von Apuli- oct.) en und andere

Lehenseid an Papst Calixt  II.

IP IX, S. 286, *48 IP VIII, S. 31, *112

An Calixt II.

(1121)

Von Herzog Wilhelm II. von Apulien

IP IX, S. 286, *49 IP VIII, S. 32, *114

Calixt II.

(1121 dec.)

An Herzog Wilhelm II. von IP IX, S. 286, *50 Apulien und Graf Roger II. IP VIII, S. 32, *116 von Sizilien

Honorius II.

(1125)

An Herzog Wilhelm II. von IP IX, S. 286, *51 Apulien IP VIII, S. 33, *120

Honorius II.

Troia 1127 (oct.)

An die Bürger von Troia

IP IX, S. 286 f., *52 IP VIII, S. 34, *123

177

Anhang Honorius II.

(1128)

An Fürst Robert von Capua IP IX, S. 287, *53 und Graf Rainulf von Alife IP VIII, S. 35, *128

Legaten Hono­ rius’ II.

(1128)

Aufforderung an Graf Roger II.

IP IX, S. 287, *54 IP VIII, S. 35, *129

Honorius II.

(Benevento 1128 aug.)

Graf Roger II.

IP IX, S. 287, *55 IP VIII, S. 35, *130

Honorius II.

foris civ. Beneventan. ad pontem maiorem 1128 aug. 22

Graf Roger II.

IP IX, S. 287, *56 (siehe IP IX, S. 33, *66) IP VIII, S. 35, *131

Honorius II.

Locabante (1129 aug.)

An Herzog Roger II.

IP IX, S. 287, *57 (siehe IP IX, S. 34, *70 not.) IP VIII, S. 36, *132

Anaklet II.

Benevent 1130 sept. 27

Roger II. (Gewährung der Königskrone)

IP IX, S. 287, 58 IP VIII, S. 37, 137 JL 8411

Innozenz II. (gemeinsam mit Lothar III.)

(1137 aug.)

Graf Rainulf von Alife (Investitur in das Herzogtum Apulien)

IP IX, S. 287, *59 IP VIII, S. 40, *150

Nikolaus II.

(Melfi 1059 aug.)

Einberufung eines Konzils in Apulien zur Absetzung des Erzbischof Johannes von Trani

IP IX, S. 290, *2 (siehe IP IX, S. 235, *11) IP VIII, S. 11, *13 not. JL I p. 560 J3 *10309

Alexander II.

1063 mai. 15

An den Erzbischof Bisanzius von Trani

IP IX, S. 291, 3 IP VIII, S. 144, 103 JL 4514 J3 10629

Urban II.

Trani 1089 (oct.)

An den Erzbischof Bisan­ zius von Trani

IP IX, S. 291, 4 JL 5414

Im Beisein Urbans II.

Rom (1097 in. – 1099 mart.)

Einberufung einer Synode

IP IX, S. 291, *5

Urban II.

(1097–1099)

An den Klerus, Orden, Adel IP IX, S. 292, 6 und Volk von Trani JL 5677 ad a. 1097

Calixt II.

Troia 1120 nov. 6

An den Erzbischof Bisan­ tius von Trani

Trani (Tranum)

178

IP IX, S. 292, 7 (Siehe IP IX, S. 392, *27) JL 6866

1. Verzeichnis der päpstlich-apulischen Kontakte im Untersuchungsraum (1059–1189) Calixt II.

Troia 1120 nov. 13

An den Erzbischof Ubaldus von Trani

IP IX, S. 292, †8

Anaklet II.

Trani 1130 oct. 30

An den Erzbischof Ubaldus von Trani

IP IX, S. 293, 9 JL 8415

Eugen III.

Ferentino 1150 dec. 7

An den Erzbischof Bisanzus IP IX, S. 293, 10 von Trani JL 9421

Hadrian IV.

Rom S. Peter 1158 ian. 22

An den Erzbischof Bertrandus von Trani

IP IX, S. 293, 11 JL 10382

Hadrian IV.

Lateran 1159 april. 19

An den Erzbischof Bertrandus von Trani

IP IX, S. 293 f., 12 JL 10562

Alexander III.

Anagni (1173) mai. 22

An den Erzbischof Bertrandus von Trani und den Abt Palmerius von S. Stefano in Monopoli

IP IX, S. 294, 13 (siehe IP IX, S. 417, 7)

Alexander III.

Anagni (1174) mai. 14

An den Erzbischof Bertrandus von Trani und den Abt Palmerius von S. Stefano in Monopoli

IP IX, S. 294, 14 (siehe IP IX, S. 418, 9)

Alexander III.

(1174–75)

An den Erzbischof Bertrandus von Trani und den Abt Palmerius von S. Stefano in Monopoli

IP IX, S. 294, *15 (siehe IP IX, S. 418, *10)

Alexander III.

(1175–76)

An den Erzbischof Bertrandus von Trani und den Abt Palmerius von S. Stefano in Monopoli

IP IX, S. 294, *16 (siehe IP IX, S. 418, *11)

An Alexander III.

(1175–76)

An den Erzbischof Bertrandus von Trani und den Abt Palmerius von S. Stefano in Monopoli

IP IX, S. 294, *17 (siehe IP IX, S. 418, *12)

Alexander III.

Anagni (1173–76) sept. 9

An den Erzbischof Bertrandus von Trani

IP IX, S. 295, 18 JL 14032 (a), 14151 (c)

Alexander III.

Siponto 1177 ian. 28

An den Erzbischof Bertrandus von Trani

IP IX, S. 295, 19 JL 12772

Alexander III.

(Venezia Rialto) 1177 iul. 1

An den Erzbischof Bertrandus von Trani und den Bischof Amandus von Bisceglie

IP IX, S. 295, *20 (siehe IP IX, S. 359, *2)

Alexander III.

(Lateran) 1178 aug. 11

An den Erzbischof Bertrandus von Trani und den Bischof Amandus von Bisceglie

IP IX, S. 295, *21 (siehe IP IX, S. 360, *3)

179

Anhang Alexander III.

(Lateran [1178–79] iun. 12)

An den Erzbischof Bertrandus von Trani und den Abt Palmerius von S. Stefano in Monopoli

IP IX, S. 295, *22 (siehe IP IX, S. 419, 16)

Im Beisein Alexanders III.

(cr. 1180)

An die Kanoniker und Kleriker von Trani

IP IX, S. 296, *23

Alexander III.

Velletri (1180) mai. 13

An die Bischöfe Petrus von Venosa und Daniel von Ruvo

IP IX, S. 296, 24 JL 13658

Legat Johannes Card. S. Mariae in Porticu

(1163–81)

An den Erzbischof Bertrandus von Trani und den Bischof Amandus von Bisceglie

IP IX, S. 296, 25

Legat Johannes Card. S. Mariae in Porticu

(1163–81)

An den Erzbischof Bertrandus von Trani und den Bischof Amandus von Bisceglie

IP IX, S. 296, 26

(Alexander III.?)

(1180–81?)

An die Bischöfe Amandus von Bisceglie und Daniel von Ruvo

IP IX, S. 297, *27

Lucius III.

(1181–83)

An den Erzbischof Ranal­ dus von Bari und den Bischof Jakob von Melfi

IP IX, S. 297, *28

Im Beisein Lucius’ III.

(1181–83)

An den Archidiakon Samarus von Trani

IP IX, S. 297, *29

Lucius III.

(1181–83)

An den Bischof Petrus von Venosa und den Abt Egidio (?) von Venosa

IP IX, S. 297, *30

Lucius III.

Anagni (1183) oct. 19

An die Bischöfe Petrus von Venosa und Wilhelm von Troia

IP IX, S. 297 f., 31 JL 14919

Delegaten Lucius’ III.

(1181–85)

Fällen ein Urteil

IP IX, S. 298, *32 (siehe IP IX, S. 306, *2)

Erzbischof Bertrandus von Trani sowie die Kanoniker und Kleriker von Trani

(1186–87)

An den Papst Urban III.

IP IX, S. 298, *33

Urban III.

Verona (1186–87) iul. 18

An den Erzbischof Bertrandus von Trani sowie die Kanoniker und Kleriker

IP IX, S. 298, 34 (siehe IP IX, S. 306, 3)

180

1. Verzeichnis der päpstlich-apulischen Kontakte im Untersuchungsraum (1059–1189) Urban III.

(Verona (1186–87) iul. 18)

An Erzbischof Rainaldus von Bari und Palmerius Abt von S. Stefano in Monopoli

IP IX, S. 298, *35

Urban III.

Verona (1186–87) iul. 18

An Erzbischof Bertrandus von Trani und an die Archidiakone und Kanoniker von Trani

IP IX, S. 298, 36 (siehe IP IX, S. 306, 4)

Urban III.

(Verona (1186–87) iul. 18)

An den Erzbischof Bertrandus von Trani

IP IX, S. 298, *37

Ecclesia S. Leonis (zu Trani) [ab dem 15. Jh. S. Marco] Alexander III.

Tusculanum (1179–81) mart. 27 (?)

An den Kanoniker Falco von Trani

IP IX, S. 300, 1 JL 14278 ad a. 1171-81

An Abt Benincasa und die Brüder von Cava de’ Tirreni

IP IX, S. 300, 1 IP VIII, S. 328, 30 JL 12494

Ecclesia S. Trinitatis Alexander III.

Ferentino (1175) iun. 15

Monasterium S. Mariae de Colonia Paschalis II.

(1099–1118)

An den Erzbischof von Trani

IP IX, S. 301, *1

Alexander III.

Anagni 1175 nov. 13

An den Orden S. Maria von Colonia

IP IX, S. 301, 2 JL 12521

An Archipresbyter Petrus Angelus von Barletta

IP IX, S. 304, †1

Barletta (Barulum) Ecclesia S. Mariae maioris Innozenz II.

Rom 1139 nov. 28

Domus hospitalis de Barulo (Gran Priorato di Barletta) Alexander III.

Anagni (1159–77) dec. 29

Erzbischof Rainald (1181–85) von Bari als Delegat Lucius’ III.

An die Hospitaliter von Barletta

IP IX, S. 306, 1 JL 12760

Fällt ein Urteil

IP IX, S. 306, *2

181

Anhang Urban III.

Verona (1186–87) iul. 18

An den Erzbischof Bertrandus von Trani sowie die Kanoniker und Kleriker von Trani

IP IX, S. 306, 3

Urban III.

Verona (1186–87) iul. 18

An den Erzbischof Bertrandus von Trani sowie die Kanoniker und Kleriker von Trani

IP IX, S. 306, 4

(1159–81)

An den Bischof von Andria

IP IX, S. 308, 1 JL 13740 (a), 14075 (b), 14076 (c-e)

(1178 ian.–feb.)

An Graf Roger von Andria und Graf Tankred von Lecce

IP IX, S. 309, *1 IP VIII, S. 54, *212

Andria Bistum Andria Alexander III.

Grafen von Andria Alexander III.

Bisceglie (Buxiliae, Vigiliae) Bischof Amandus von Bisceglie

(1156–58)

An Papst Hadrian IV.

IP IX, S. 311, 1

Hadrian IV.

Lateran (1157–59) ian. 2

An Bischof Amandus von Bisceglie

IP IX, S. 311, 2

Alexander III.

Benevent (1167– 69) oct. 15

An Bischof Amandus von Bisceglie

IP IX, S. 311, 3 JL 14133

Alexander III.

(Venezia Rialto) 1177 iul. 1

An den Erzbischof Bertrandus von Trani und den Bischof Amandus von Bisceglie

IP IX, S. 311, *4 (siehe IP IX, S. 359, *2)

Alexander III.

(Lateran) 1178 aug. 11

An den Erzbischof Bertrandus von Trani und den Bischof Amandus von Bisceglie

IP IX, S. 311, *5 (siehe IP IX, S. 360, *6)

Alexander III.

(1159–79)

An Bischof Amandus von Bisceglie

IP IX, S. 312, 6 JL 14126 (a-d), 14127 (e)

Alexander III.

(1159–81)

An Bischof Amandus von Bisceglie

IP IX, S. 312, 7 JL 14125

182

1. Verzeichnis der päpstlich-apulischen Kontakte im Untersuchungsraum (1059–1189) Kardinal Johannes als Legat Alexanders III.

(1163–81)

An Erzbischof Bertrandus von Trani und Bischof Amandus von Bisceglie

IP IX, S. 312, 8 (siehe IP IX, S. 296, 25)

Kardinal Johannes als Legat Alexanders III.

(1163–81)

An Erzbischof Bertrandus von Trani und Bischof Amandus von Bisceglie

IP IX, S. 312, 9 (siehe IP IX, S. 296, 26)

(Alexander III.?)

(1180–81?)

An die Bischöfe Amandus von Bisceglie und Daniel von Ruvo

IP IX, S. 313, *10 (siehe IP IX, S. 297, *27)

Clemens III.

(cr. 1189)

An den Bischof von Bisceglie

IP IX, S. 313, *11 (siehe IP IX, S. 337, *6)

Bari (Barium, Barum) Alexander II.

(cr. 1062)

An den Erzbischof Andreas  II. von Bari

IP IX, S. 318, *3 J3 *10588

Alexander II.

1063 mai.

An den Erzbischof Andreas II. von Bari und Canosa

IP IX, S. 318 f., 4 JL 4515 J3 10632

Alexander II.

(cr. 1062–63)

An den Erzbischof Arnald von Acerenza und den Bischof Ambrosius von Terracina

IP IX, S. 319, †5 (siehe IP IX, S. 461, †1) J3 †10654

Urban II.

Bari 1089 sept. 30

An Herzog Roger Borsa von Apulien und seinen Bruder Bohemund

IP IX, S. 319, *6 JL I p. 665

Urban II.

Bari 1089 oct. 5

An den Erzbischof Elia

IP IX, S. 319 f., 7 IP VIII, S. 26, *82 JL 5412 ad oct. 7

Paschalis II.

(cr. 1112)

An den Erzbischof Risus von Bari

IP IX, S. 320, *8 IP VIII, S. 161, 173/ 174

Paschalis II.

Lateran 1112 april. 2

An den Erzbischof Risus von Bari

IP IX, S. 320, 9 JL 6314

Paschalis II.

(1113)

An den Erzbischof Risus von Bari

IP IX, S. 320 f., *10 (siehe IP IX, S. 444, *10) IP VIII, S. 32, *113 JL I S. 797

Anaklet II.

(1130)

An den Erzbischof Angelus von Bari

IP IX, S. 321, *11

Anaklet II.

Bari 1130 nov. 5

An den Erzbischof Angelus von Bari

IP IX, S. 321, 12 IP VIII, S. 38, *140

183

Anhang Eugen III.

Segni 1152 mart. 18 An den Erzbischof Johannes V. von Bari

IP IX, 13, S. 321

In Anwesenheit Alexanders III.

(1168?)

An den Erzbischof Johannes V. von Bari

IP IX, S. 321 f., *14 JL 11366

Alexander III.

Tusculanum 1172 iun. 28

An den Erzbischof Rainaldus von Bari

IP IX, S. 322, 15 JL 12157

Alexander III.

Anagni (1173–74) sept. 8

An den Abt und die Brüder IP IX, S. 322, 16 von Omnium Sanctorum in (siehe IP IX, S. 334, 8) loco Cuti

(Alexander III.)

(cr. 1179)

An den Erzbischof Rainaldus von Bari

IP IX, S. 322 f., *17

Alexander III.

(1159–81)

An den Erzbischof von Bari

IP IX, S. 323, 18 JL 13763

Lucius III.

(1181–83)

An den Erzbischof Rainaldus von Bari und den Bischof Jakob von Melfi

IP IX, S. 323, *19 (siehe IP IX, S. 297, *28) IP VIII, S. 330, 35

Erzbischof Rainaldus von Bari als Delegat Lucius’ III.

(1181–85)

Fällt ein Urteil

IP IX, S. 323, *20 (siehe IP IX, S. 306, *2)

Urban III.

(1185–87)

An den Erzbischof Rainaldus von Bari und die Bischöfe von Melfi und Wilhelm von Troia

IP IX, S. 323, *21 (siehe IP IX, S. 240, *26)

Urban III.

(Verona [1186–87] iul. 18)

An den Erzbischof Rainaldus von Bari und den Abt Palmerius von S. Stefano in Monopoli

IP IX, S. 324, *22 (siehe IP IX, S. 306/ 298, *35)

Gerhard vicarius papae

(1184–1188)

An den Erzbischof Rainal­ dus von Bari und den Bischof von Melfi

IP IX, S. 324, *23 (siehe IP IX, S. 352, *1)

Clemens III.

(1189)

An den Elekten Dauferio von Bari

IP IX, S. 324, *24 (siehe IP IX, S. 360, *6)

Delegaten Clemens’III.

(1189–91)

Fällen ein Urteil

IP IX, S. 324, *25

Ecclesia S. Nicolai Urban II.

184

Bari 1089 oct. 1

IP IX, S. 327, *1 (siehe IP IX, S. 319, *6) JL I S. 665

1. Verzeichnis der päpstlich-apulischen Kontakte im Untersuchungsraum (1059–1189) Paschalis II.

Rom St. Peter 1105 nov. 18

An Eustathius, Abt der Kirche S. Nicolai in Bari

IP IX, S. 327 f., 2 JL 6053

Clemens III.

Lateran 1188 nov. 23

An Prior Nikolaus von S. Nicolai in Bari

IP IX, S. 328, 3

Ecclesia S. Salvatoris q. d. Sothir et S. Mariae Nikolaus II.

Melfi 1059 aug. 24

An alle Gläubigen

IP IX, S. 329, †1 (siehe IP IX, S. 368, 1; S. 330, 1) J3 †10322 (siehe J3 10321)

Ecclesia ss. Petri et Andreae prope castellum Basilianum Alexander III.

Zara 1177 mart. 16

An Phillip, einen Bürger Baris und dessen Erben

IP IX, S. 329 f., 1 JL 12792

An den Prior Nikolaus von S. Nicolai in Bari

IP IX, S. 332, 1 (siehe IP IX, S. 328, 3)

Monasterium s. Benedicti Clemens III.

Lateran 1188 nov. 23

Monasterium Omnium Sanctorum in loco Cuti Paschalis II.

Benevent 1115 sept. 9

An den Stifter Eustsius und IP IX, S. 333, 1; Druck den Abt des Klosters Omni- in CDB V, S. 109 f. um Sanctorum in loco Cuti JL 6468

Paschalis II.

Lateran 1116 feb. 18

Calixt II.

Benevent 1123 sept. 12

An Abt Melo des Klosters Omnium Sanctorum in loco Cuti

IP IX, S. 333 f., 3 JL 7076

Anaklet II.

Bari 1130 nov. 5

An Erzbischof Angelus von Bari

IP IX, S. 334, 4 (siehe IP IX, S. 321, 12)

Lucius II.

(1144)

An Abt Nicolaus des Klosters Omnium Sanctorum in loco Cuti

IP IX, S. 334, *5

Lucius II.

Lateran 1144 nov. 25

An Abt Nicolaus des Klosters Omnium Sanctorum in loco Cuti

IP IX, S. 334, 6 JL 8666

Alexander III.

Benevent 1168 ian. 14

An Abt Nicolaus des Klosters Omnium Sanctorum in loco Cuti

IP IX, S. 334, 7 JL 11377

IP IX, S. 333, 2 JL 6505

185

Anhang Alexander III.

Anagni (1173–74) sept. 8

An den Abt und die Brüder IP IX, S. 334, 8 des Klosters Omnium Sanctorum in loco Cuti

Alexander III.

(1173–74 sept.-oct.)

IP IX, S. 335, *9

Alexander III.

Anagni (1173–74) oct. 9

IP IX, S. 335, 10 JL 12631 ad a. 1170-76

Alexander III.

(1174–75)

An den Bischof von Monopoli und Abt Palmerius von S. Stefano in Monopoli

Alexander III.

Ferentino (1175) ian. 21

An den Abt und die Brüder IP IX, S. 335, 12 des Klosters Omnium Sanctorum in loco Cuti

IP IX, S. 335, *11

Clerus und populus von Bari Paschalis II.

Lateran 1116 feb. 18

IP IX, S. 336, 1 (siehe IP IX, S. 333, 2)

Innozenz II.

Benevent 1139 (aug.–sept.)

An den Bischof Albericus von Ostia

IP IX, S. 336, *2 IP VIII, S. 43, *160

Alexander III.

Zara 1177 mart. 16

An Philipp, einen Bürger von Bari

IP IX, S. 336, 3 (siehe IP IX, S. 329, 1)

Alexander III.

Benevent 1177 nov. 20

An die Bürger von Bari

IP IX, S. 336, 4

Clemens III.

(cr. 1189)

An die Bürger von Bari

IP IX, S. 337, *5

Clemens III.

(cr. 1189)

An den Klerus von Bari

IP IX, S. 337, *6

Canosa di Puglia (Canusium) Ecclesia s. Sabini Paschalis II.

Canosa 1101 sept. 7 Weiht die Kirche in Canosa IP IX, S. 340, 1 in Anwesenheit einiger Kar- JL I S. 708 dinäle, vieler Bischöfe etc.

Paschalis II.

(1113)

Paschalis II.

(1111–1115)

IP IX, S. 341, *†3

Gelasius II.

(1118–19)

IP IX, S. 341, *†4

Anaklet II.

Bari 1130 nov. 5

186

An Konstanze, die Witwe Bohemunds von Tarent

An den Erzbischof Angelus von Bari

IP IX, S. 340, *2 (siehe IP IX, S. 320, *10)

IP IX, S. 341, 5 (siehe IP IX, S. 321, 12)

1. Verzeichnis der päpstlich-apulischen Kontakte im Untersuchungsraum (1059–1189)

Lavello (Labellum) Paschalis II.

Benevent 1101 sept. 29

An den Bischof Wilhelm von Melfi

IP IX, S. 342, 1 (siehe IP IX, S. 498, 2)

Verona 1186 mai. 31

An den Bischof Bonifatius von Cannae

IP IX, S. 346, 1 JL 15618

Canne Urban III.

Salpi (Salpia, Salapia) Alexander III.

(1174)

An den Erzbischof Gerhard von Siponto

IP IX, S. 348, *2 (siehe IP IX, S. 209, *26)

Alexander III.

(1159–81)

An den Bischof von Salpi

IP IX, S. 348, 3 JL 14101

Urban III.

(Verona [1186–87] iul. 18)

An den Bischof von Salpi

IP IX, S. 348, *4 (siehe IP IX, S. 298, *37)

Alexander III.

Velletri (1180) mai. 13

An die Bischöfe Petrus von Venosa und Daniel von Ruvo

IP IX, S. 349 f., 1

(Alexander III.?)

(1180–81?)

An die Bischöfe Amandus von Bisceglie und Daniel von Ruvo

IP IX, S. 350, *2 (siehe IP IX, S. 297, *27; S. 313*10)

An den Erzbischof Rainaldus von Bari

IP IX, S. 352 f., *1 IP IV, S. 296, *14, *15. *19

An Bischof Ursus von Giovinazzo

IP IX, S. 355, 1 JL 8418

Ruvo (Rubum)

Molfetta (Melfi, Melficta, Melfictum) Kloster S. Iacobi (Gerardus diac. Card. S. Adriani), Vikar des Papstes

(1184–88)

Giovinazzo (Iuvenatium) Episcopatus Iuventiensis Anaklet II.

Benevent 1130

Kloster S. Iohannis baptista Gregor VII.

1078 mart. 22

IP IX, S. 355, 1 JL 5071

187

Anhang

Bitonto (Botuntum, Bituntum) Papst Calixt II.

Bitonto

kein IP-Regest

Bitetto (Bitectum) keine Kontakte überliefert

Conversano (Cupersanum) Episcopatus Cupersanensis Alexander III.

Anagni 1176 aug. 12

An Bischof Calixtus (?) von Conversano

IP IX, S. 359, 1

Alexander III.

(Venezia Rialto) 1177 iul. 1

An den Bischof von Conversano und Abt Palmerius von S. Stefano in Monopoli

IP IX, S. 359 f., *2

Alexander III.

(Lateran) 1178 aug. 11

An den Erzbischof Bertrandus von Trani und Bischof Amandus von Bisceglie

IP IX, S. 360, *3

(Alexander III.)

(cr. 1179)

An den Erzbischof Rainaldus von Bari

IP IX, S. 360, *4 (siehe IP IX, S. 322, *17)

Clemens III.

(Lateran) 1189 mai. 1

An die Kleriker von Putignano

IP IX, S. 360, *5

Clemens III.

(1189)

An den Elekten Dauferius von Bari

IP IX, S. 360, *6

Paschalis II.

Benevent 1110 iul. 15

An den Abt Vincent des Klosters S. Benedicti

IP IX, S. 363 f., 2 JL 6275

Paschalis II.

Benevent 1117 april. 17

An den Abt Guitmundus des Klosters S. Benedicti

IP IX, S. 364, 3

Kloster s. Benedicti

Grafen von Conversano Gregor VII.

(1073-85)

An Urban II.

(cr. 1089)

An Urban II.

(1088–92)

188

IP IX, S. 365, 1 (siehe IP IX, S. 401, 1; S. 388, 12) Graf Gottfried von Conversano

IP IX, S. 365, *2 (siehe IP IX, S. 388, *13) IP IX, S. 365, *3 (siehe IP IX, S. 416, *2)

1. Verzeichnis der päpstlich-apulischen Kontakte im Untersuchungsraum (1059–1189) Gottfried II. (auf Rat Urbans II.)

(1093)

IP IX, S. 366, *4 IP VIII, S. 290, *3

Gelasius II.

Rom (1118) aug. 23

Calixt II.

Benevent (1122) feb. 22

IP IX, S. 366, 6 (siehe IP IX, S. 392, 28)

Honorius II.

(1126–29)

IP IX, S. 366, *7 (siehe IP IX, S. 397, *3)

An den Erzbischof Wilhelm II. von Brindisi

IP IX, S. 366, 5 (siehe IP IX, S. 392, 26)

Putignano (Putinianum) Clemens III.

(Lateran) 1189 mai. 1

An Klerus und Volk von Putignano

IP IX, S. 367, *1 (siehe IP IX, S. 360, *5)

An alle Gläubigen

IP IX, S. 368, 1; Druck in: CDB IV, S. 78 f. (siehe IP IX, S. 329, †1) J3 10321

An den Bischof und Elekten Dauferius von Bari

IP IX, S. 369 f., *1 (siehe IP IX, S. 360, *5/*6)

Rutigliano (Rutilianum) Ecclesia ss. Petri et Pauli Nikolaus II.

Melfi 1059 aug. 24

Polignano (Pulinianum, Polinianum) Clemens III.

–1189

Cattaro (Catharum) Episcopatus Catharensis Alexander III.

(1168?)

IP IX, S. 372, *1 (siehe IP IX, S. 321, *14)

Monopoli (Monopolis) Episcopatus Monopolitanus Nikolaus II.

(1059–61)

IP IX, S. 374, *2 (siehe IP IX, S. 387, *7) J3 *10457

Alexander II.

(1061–73)

IP IX, S. 374, *3 (siehe IP IX, S. 387, *9) J3 *11263

189

Anhang Alexander II.

(1066–67)

An den Klerus von Mono­ poli

IP IX, S. 374 f., 4 JL 4615 J3 10914

Gregor VII.

(1073–85)

IP IX, S. 375, *5 (siehe IP IX, S. 387, *10)

Urban II.

Benevent 1091 (mart. 28–31)

IP IX, S. 375, *6

Urban II.

Benevent 1091 april. 1

An den Bischof Romualdus von Monopoli

IP IX, S. 375, 7 JL 5446

Paschalis II.

(1110 nov. 13)

An den Bischof Romualdus von Monopoli

IP IX, S. 375, *8

Calixt II.

Lateran 1123 mart. 31

An den Bischof Nikolaus I. von Monopoli

IP IX, S. 376, 9 JL 7038

Honorius II.

(1124–30)

Eugen III.

Ferentino 1150 dec. 19

An den Bischof Michael I. von Monopoli

IP IX, S. 376, 11 JL 9427

Alexander III.

(1174–75)

An den Bischof Michele I. von Monopoli und Abt Palmerius von S. Stefano in Monopoli

IP IX, S. 376, *12 (siehe IP IX, S. 335, *11)

Alexander III.

Vieste 1177 feb. 10

An den Bischof Stefan von Monopoli

IP IX, S. 376 f., 13 JL 12779

Alexander III.

Velletri 1180 feb. 27

An den Bischof Stefan von Monopoli

IP IX, S. 377, 14 JL 13624

An den Klerus von Mono­ poli

IP IX, S. 377, 1 (siehe IP IX, S. 374, 4) JL 4615 J3 10914

IP IX, S. 376, *10

Kathedralkirche b. Mariae virginis Alexander II.

(1066–67)

Clemens III.

Lateran 1189 mai. 28

IP IX, S. 377, 2

Monasterium s. Stephani Paschalis II.

(1099–1118)

An das Kloster S. Stefano in IP IX, S. 379, *1 Monopoli

Calixt II.

(1119–24)

An das Kloster S. Stefano in IP IX, S. 379, *2 Monopoli

190

1. Verzeichnis der päpstlich-apulischen Kontakte im Untersuchungsraum (1059–1189) Alexander III.

1168 aug. 1

An das Kloster S. Stefano in IP IX, S. 379, *3 Monopoli

Alexander III.

(ca. 1173)

An Abt Palmerius von S. Stefano in Monopoli

IP IX, S. 379, *4 (siehe IP IX, S. 417, *6)

Alexander III.

Anagni (1173) mai. 22

An den Erzbischof Bertrandus von Trani und Abt Palmerius von S. Stefano in Monopoli

IP IX, S. 379, 5 (siehe IP IX, S. 417, 7)

Alexander III.

Anagni (1174) mai. 14

An den Erzbischof Bertrandus von Trani und Abt Palmerius von S. Stefano in Monopoli

IP IX, S. 379, 6 (siehe IP IX, S. 418, 9)

Alexander III.

(1174–75)

An den Erzbischof Bertrandus von Trani und Abt Palmerius von S. Stefano in Monopoli

IP IX, S. 379 f., *7 (siehe IP IX, S. 418, *10)

Alexander III.

(1174–75)

An den Bischof Michele I. von Monopoli und Abt Palmerius von S. Stefano in Monopoli

IP IX, S. 380, *8 (siehe IP IX, S. 335, *11)

Alexander III.

Anagni 1175 dec. 16

An den Abt Palmerius von S. Stefano in Monopoli

IP IX, S. 380, 9

Alexander III.

(1175–76)

An den Erzbischof Bertrandus von Trani und Abt Palmerius von S. Stefano in Monopoli

IP IX, S. 380, *10 (siehe IP IX, S. 418, *11)

Erzbischof Bertrandus von Trani und Abt Palmerius von S. Stefano in Monopoli als delegierte Richter

(1175–76)

An Papst Alexander III.

IP IX, S. 380, *11 (siehe IP IX, S. 418, *12)

Alexander III.

1177 feb.

An das Kloster S. Stefano in Monopoli und den Abt Palmerius

IP IX, S. 381, *12

Alexander III.

(Lateran [1178–79] iun. 12)

An den Erzbischof Bertrandus von Trani und Abt Palmerius von S. Stefano in Monopoli

IP IX, S. 381, *13 (siehe IP IX, S. 295, *22; S. 419, 16)

Urban III.

(Verona [1186–87] iul. 18)

An den Erzbischof Rainaldus von Bari und Abt Palmerius von S. Stefano in Monopoli

IP IX, S. 381, *14 (siehe IP IX, S. 298, *35; S. 306, 3)

191

Anhang An der Kurie Clemens’ III.

(Lateran) 1189 mai. 1

Gerichtsverhandlung unter Anwesenheit von Abt Palmerius von S. Stefano in Monopoli

IP IX, S. 381, *15 (siehe IP IX, S. 360, *5)

An den Abt Goffried von S. Iohannis de Fasano

IP IX, S. 382, 1

Monasterium s. Iohannis de Fasano Alexander III.

Lateran 1179 april. 19

Brindisi (Brundusium, Brindisium) Archiepiscopatus Brundusinus et Oritanus Nikolaus II.

(1059–61)

Bestätigt dem Erzbistum Brindisi die Kirche von Monopoli

IP IX, S. 387, *7 J3 *10457

Alexander II.

(1066–67)

An den Klerus von Mono­ poli

IP IX, S. 387, 8 (siehe IP IX, S. 374, 4) JL 4615 J3 10914

Alexander II.

(1061–73)

Bestätigt dem Erzbistum Brindisi die Kirche von Monopoli

IP IX, S. 387, *9 J3 *11263

Gregor VII.

(1073–85)

Erzbischof Eustasius von Monopoli

IP IX, S. 387, *10

Gregor VII.

(1073–85)

Weiht den Elekten Gregor zum Erzbischof von Brindisi-Oria

IP IX, S. 388, *11

Gregor VII.

(1073–85)

An den Grafen (Gottfried von Conversano?)

IP IX, S. 388, 12 (siehe IP IX, S. 401, 1)

Graf Gottfried (von Conversano)

(cr. 1089)

An Papst Urban II.

IP IX, S. 388, *13

Urban II.

Trani (1089) oct. 3

An Erzbischof Godinus von IP IX, S. 388, 14 Brindisi-Oria JL 5413 ad oct. 11

Urban II.

Brindisi 1089 (oct.–nov.)

Weiht die Kathedrale S. Maria in Brindisi

Urban II.

Rom (1099) mai. 20 An Erzbischof Godinus von IP IX, S. 389, 16 Brindisi-Oria JL 5525 ad a. 1094

Paschalis II.

(1099–1100)

An Erzbischof Godinus von IP IX, S. 389, 17 Brindisi-Oria JL 5815

Paschalis II.

Lateran 1101 mart. 23

An den Erzbischof Nikolaus von Brindisi

192

IP IX, S. 388 f., *15 JL I S. 665

IP IX, S. 390, 18

1. Verzeichnis der päpstlich-apulischen Kontakte im Untersuchungsraum (1059–1189) Paschalis II.

Lateran 1104 oct. 18

An den Erzbischof Wilhelm (II.) von Brindisi

IP IX, S. 390, 19

Paschalis II.

Lateran (1101–05) ian. 7

An Klerus und Volk von Oria

IP IX, S. 390, 20 (siehe IP IX, S. 402, 3)

Paschalis II.

(cr. 1108–10)

An die Bischöfe R. von Otranto und R(ainaldus) von Tarent

IP IX, S. 390, 21 JL 6108

Paschalis II.

(1108–10)

Delegationsmandat an die Bischöfe von Otranto, Tarent und Brindisi

IP IX, S. 391, *22

Paschalis II.

Lateran (1108–10) april. 1

An Herzog Roger Borsa von Apulien

IP IX, S. 391, 23 JL 6253

Paschalis II.

(1110) april. 19

An Bischof (Rainald) von Tarent und weitere benachbarte apulische Bischöfe

IP IX, S. 391, 24 JL 6109 ad a 1106

Paschalis II.

Rom St. Peter (1110) april. 29

An Konstanze, die Tochter des französischen Königs (und Ehefrau Bohemunds von Tarent)

IP IX, S. 391 f., 25

Gelasius II.

Rom (1118) aug. 29

An den Erzbischof Wilhelm (II.) von Brindisi

IP IX, S. 392, 26 JL 6650

Calixt II.

(1121–22)

Weihe des Kardinaldiakons Baialardus zum Erzbischof von Brindisi

IP IX, S. 392, *27

Calixt II.

Benevent (1122) feb. 22

An Gräfin Sikelgaita von Brindisi

IP IX, S. 392, 28 JL *6952

Calixt II.

Benevent 1122 feb. 22

An Erzbischof Baialardus von Brindisi

IP IX, S. 392 f., 29 JL 6953

Calixt II.

(1119–24)

An die Kirche von Brindisi

IP IX, S. 393, *30

Honorius II.

(1126–29)

An Gräfin Sikelgaita von Brindisi

IP IX, S. 393, *31 (siehe IP IX, S. 397, *3)

Kardinaldiakon Petrus von S. Maria in Via lata als Legat Honorius’ II.

(1126–29)

Entscheidet einen Streitfall IP IX, S. 393, *32 (siehe IP IX, S. 397, *4) zwischen Erzbischof Baialardus von Brindisi und dem Benediktinerinnenkloster

Lucius II.

(1144)

Weiht Lupus zum Erzbischof von Brindisi

IP IX, S. 393, *33

Lucius II.

Lateran 1145 ian. 2

An Erzbischof Lupus von Brindisi

IP IX, S. 393, 34 JL 8636 ad a. 1144 iun. 2

193

Anhang Alexander III.

Rom S. Johannes im Lateran (1160) dec. 24

An das Domkapitel von Oria und restlichen Klerus und Volk der Stadt

IP IX, S. 394, †35 (siehe IP IX, S. 402, †4)

Alexander III.

Tusculanum 1171 iun. 25

An den Erzbischof Lupus von Brindisi

IP IX, S. 394, 36

Alexander III.

Anagni 1173 iun. 28

An den Erzbischof Wilhelm (III.) von Brindisi

IP IX, S. 394, 37 JL 12226 ad mai. 29 JL *12231 ad iul. 29

Alexander III.

Anagni (1173–74) oct. 20

An Klerus und Volk von Oria

IP IX, S. 394 f., 38 (siehe IP IX, S. 402, 5)

Alexander III.

Lateran (1178–79) iun. 26

An Klerus und Volk von Oria

IP IX, S. 395, 39 (siehe IP IX, S. 403, 6)

Lucius III.

Velletri (1183) ian. 2

An Klerus und Volk von Oria

IP IX, S. 395, 40 (siehe IP IX, S. 403, 7)

Lucius III.

Velletri 1183 ian. 2

An den Erzbischof Peter von Brindisi

IP IX, S. 395, 41 JL 14810

Lucius III.

Segni (1183) iul. 31

An Klerus und Volk von Oria

IP IX, S. 395, 42 (siehe IP IX, S. 403, 8)

Monasterium s. Mariae Paschalis II.

(1099–1118)

An das Kloster S. Maria in Brindisi

IP IX, S. 397, *1

Calixt II.

(1119–24)

An das Kloster S. Maria in Brindisi

IP IX, S. 397, *2

Honorius II.

(1126–29)

An Gräfin Sikelgaita von Brindisi

IP IX, S. 397, *3

Kardinaldiakon Petrus von S. Maria in Via lata als Legat Honorius’ II.

(1126–29)

Entscheidet einen Streitfall IP IX, S. 397, *4 zwischen Erzbischof Baialardus von Brindisi und dem Benediktinerinnenkloster

Honorius II.

(1124–30)

An das Kloster S. Maria in Brindisi

IP IX, S. 397, *5

Alexander III.

(1159–81)

An das Kloster S. Maria in Brindisi

IP IX, S. 398, *6

(1159–81)

An den Archidiakon P. und das Domkapitel von Brindisi

IP IX, S. 399 f., 2 JL 13789

Clerus et populus Alexander III.

194

1. Verzeichnis der päpstlich-apulischen Kontakte im Untersuchungsraum (1059–1189)

Monasterium s. Andreae de Insula Brundusina Urban II.

Rom (1099) mai. 20 An Erzbischof Godinus von IP IX, S. 400, 1 Brindisi-Oria (siehe IP IX, S. 389, 16)

Calixt II.

(1119–24)

An die Kirche von Brindisi

IP IX, S. 400, *2 (siehe IP IX, S. 393, *30)

An den Grafen (Gottfried von Conversano?), den Klerus und die Kirche von Oria

IP IX, S. 401, 1 (siehe IP IX, S. 388, 12)

Oria, Clerus et populus Gregor VII.

(1073–85)

Urban II.

Rom (1099) mai. 20 An die Oritaner

IP IX, S. 402, 2 (siehe IP IX, S. 389,16) (Druck in: Giordano, Oronzo: Documenti papali… (s. Citavi), S. 429 f.))

Paschalis II.

Lateran (1101–05) ian. 7

An Klerus und Volk von Oria

IP IX, S. 402, 3 (siehe IP IX, S. 390, 20) (Ed. Göttinger Nachrichten 1898, S. 272, n. 6; Druck in: Giordano, Oronzo: Documenti papali …, S. 431 f., n. 4)

Alexander III.

Rom, S. Johannes im Lateran (1160) dec. 24

An das Domkapitel, den restlichen Klerus und das Volk von Oria

IP IX, S. 402, †4 JL 11255 ad a. 1165-66

Alexander III.

Anagni (1173–74) oct. 20

An Klerus und Volk von Oria

IP IX, S. 402, 5 JL 12325

Alexander III.

Lateran (1178–79) iun. 26

An Klerus und Volk von Oria

IP IX, S. 403, 6 (CDBrind. I, S. XIII, not. 6)

Lucius III.

Velletri (1183) ian. 2

An Klerus und Volk von Oria

IP IX, S. 403, 7 JL 14809

Lucius III.

Segni (1183) ian. 2

An Klerus und Volk von Oria

IP IX, S. 403, 8 JL 8639 ad 1144 JL 14906 ad a. 1183 aug. 1

Ostuni Urban II.

Rom (1099) mai. 20 An Erzbischof Godinus von IP IX, S. 405, 1 Brindisi-Oria (siehe IP IX, S. 389, 16)

195

196

Paschalis II.

Paschalis II.

Alexander III.

1

2

3

Regest/ ggf. Edition (falls nicht bei IP angegeben)

Übergibt dem Bf. von Otranto, (Rainald) von Tarent und (Willhelm) von Brindisi die Streitsache zwischen G., dem Vater (?) von Hzg. Roger (von Apulien), weil sie beendet werden solle.

Deperditum; Mandat zur Untersuchung und Beendigung eines Streitfalles

Delegationsmandat; Zehnt- und Güterstreit

Regest: IP IX, 13, S. 294

Bericht über die Beauftragung von Bischöfen in einer Streitsache (vgl. Nr. 2705). In der Forschung herrschen vielfach Deutungsprobleme aufgrund der Formulierung G. genitoris. Der Text ist, wie JL 6253 anmerkt, auch sonst verunreinigt.

Anmerkungen

Regest: IP IX, *22, S. 391

Regest: IP IX, 23, An Hzg. Roger (von Apulien): verkündet, dass die Streitssache des G., weil sie beendet S. 391 werden solle, den Bfen von Otranto, (Rainald) von Tarent und (Willhelm) von Brindisi übergeben habe, vorausgesetzt jedoch, dass derselbe G. die Schandtat, für die er exkommuniziert wurde, gänzlich aufgeben wolle; über die Stadt von Oria, die ein Teil der Kirche von Brindisi ist, verfügt er, dass die Bewohner dort dem Bf. von Brindisi Gehorsam zu leisten hätten.

Inhalt

Anagni An Ebf. Bertrand von Trani und den Abt (1173) mai. (Palmerius) von S. Stefano in Monopoli: 22 übergibt die Sache zwischen Abt (Paganus) von Nardò und dem Bf. (Theodosius) von Gallipoli über gewisse Zehnte und Güter, um die Angelegenheit zur Eintracht zu wenden.

(1108–10)

Lateran (1108–10) april. 1

Ausstellungsort, Datierung

705 Die angegebenen Nummern beziehen sich auf dieses Verzeichnis, vgl. die laufenden Nummern in Spalte 1.

Aussteller

Nr.

x

(x)

Delegationsmandat

2. Verzeichnis des Schriftgutes zur delegierten und päpstlichen Gerichtsbarkeit im Untersuchungsraum (1059–1189)



Alexander III.

Alexander III.

Alexander III.

4

5

6

Deperditum; wird erwähnt im Vergleichsurteil (in forma concordiae) der delegierten Richter in Siponto am 22. Okt. 1174 (Original im Archivio Capitolare in Troia, M1); Bf. Paulus von Salpi war beim Laterankonzil von 1179 anwesend (Mansi XXII, Sp. 215) Deperditum

Regest: IP IX, *15, S. 294

(1174–75)

Auf die Bitte des Bfs. (Theodosius) von Gallipoli beauftragt Alexander III. den Ebf. (Bertrand) von Trani und Abt (Palmerius) von S. Stefano in Monopoli in zweiter Instanz, dass sie abermals in der Sache zwischen dem Bf. von Gallipoli und dem Abt (Paganus) von Nardò, die allzu lange verhandelt worden sei, ein Urteil fällen sollen.

Trägt dem Ebf. Girardus von Siponto und Gargano, Bf. Paul von Salpi und dem Abt Albert von (mon. S. Trinitatis) Montis sacri auf, dass sie die Sache zwischen W(illelmum), dem dritten Bf. von Troia und dem Archipresbyter von Ariano sowie seinen Gefährten, den Klerikern von S. Maria in Foggia über gewisse Streitigkeiten mit Eintracht und Gerechtigkeit beenden sollen.

Regest: IP IX, *2, S. 348

–1174

Abschluss einer Delegation; Urteilsvollstreckung in der Sache eines Zehntstreites

Anagni An Ebf. (Bertrand) von Trani und den Abt Regest: IP IX, 14, S. 294 (1174) mai. (Palmerius) von Monopoli: genehmigt, 14 dass sie Abt (Paganus) von Nardò in den Besitz gewisser Zehnte einführen; Alexander weist an, inwiefern sie diese Zehnte und Rechte, über die es einen Streit gegeben hat, vollständig festsetzen sollen und den Baronen und dem Volk von Nardò vorschreiben, damit demselben Abt die Zehnte bezahlt würden.

x

x

2. Verzeichnis des Schriftgutes zur delegierten Gerichtsbarkeit im Untersuchungsraum (1059–1189

197

198

Alexander III.

8

Ferentino (1175) ian. 21

(1174–75)

An den Abt und die Brüder des Allerheiligenklosters in loco cuti etc.: Zum zweiten Mal tadelt er sie, weil sie seinem Wunsch widersprechen, wonach er die Pflege des Klosters dem Ebf. (Rainald) von Bari, einem besonders ehrbaren, fleißigen und diskreten Mann, persönlich anvertraut hätte, weil das Kloster heftig in den geistlichen Angelegenheiten und zeitlichen Gütern zerfalle und [...] reformiert werden müsse; er meldet dies mit seinem Mandat (IP IX, *11, S. 335 bzw. *12, S. 376) dem Bf. von Monopoli und Abt (Palmerius) von S. Stefano in Monopoli und befiehlt, dass der Abt und die Brüder diese delegierten Richter freundlich bei sich aufnehmen sollen.

Regest: IP IX, 12, S. 335, Ed.: Kehr, Papsturkunden in Apulien706, S. 280, n. 16 und CDB V, S. 240, n. 139

Regest: IP IX, *12, Ordnet dem Bf. von Monopoli und dem Abt (Palmerius) von S. Stefano in Monopo- S. 376 li an, dass sie den Status des Allerheiligenklosters in loco cuti gewissenhaft untersuchen sollen, weil man es dort an göttlichem Gehorsam hätte fehlen lassen und der Ebf. (Rainald) von Bari das Interdikt gelockert habe, und sie auch nicht zögern sollten, ihm in Briefen von dieser Wahrheit zu berichten.

706 Kehr, Papsturkunden in Apulien (wie Anm. 143).

Alexander III.

7

Zweite Ermahnung, hier wird das oben unter Nr. 8 verzeichnete Delegationsmandat erwähnt;

Deperditum

x

Anhang

Alexander III.

11

Schreibt an Ebf. (Bertrand) von Trani und Bf. (Amandus) von Biscelgie, dass er, trotz der Bestätigungen, die der Abt von S. Stefano in Monopoli gemacht hat, klar verfügt habe, dass der Bf. von Conversano durch sie nicht vorverurteilt werden solle.

Die delegierten Richter Ebf. B(ertrandus) von Trani und Abt P(almerius) von S. Stefano in Monopoli an Alexander III.: melden, dass sie die Besitztümer der Pfarrei (von Nardò) und die Zehnte dem Abt P(aganus) de Nerito [=Nardò] zugesprochen haben.

Urteil der delegierten Richter wird an den Papst gemeldet

Deperditum; in einer Streitsache informiert der Papst den Erzbischof Bertrand von Trani und Bischof Amandus von Bisceglie.

Regest: IP IX, *20, S. 295; erschließt sich aus dem Summarium von 1550, abgedruckt in: Kehr, Papsturkunden in Apulien709, S. 284, n. 22.

Deperditum; Neuerliches Mandat zur Streitsache siehe oben Nr. 5 und Nr. 7;

Regest: IP IX, *17, S. 294; Ed. der Bestätigung des Urteils durch Alexander III. in Kehr, Papsturkunden in Apulien707, S. 278, n. 13 und Holtzmann, Nardò708, S. 77, n. 6.

Regest: IP IX, *16, Beauftragt den Ebf. (Bertrand von Trani) S. 294 und den Abt (Palmerius von Monopoli), damit, die Kanoniker der Kirche von Gallipoli – weil Bf. (Theodosius) von Gallipoli verstorben sei –, oder der neue Bischof, falls er inzwischen gewählt worden sei, sowie der Abt und die Mönche von Nardò zusammenzurufen und die Sachen über den Zehnt und die Pfarreigrenzen beizulegen, eben so, wie es durch den Inhalt der Briefe an Bf. (Theodosius) bestimmt worden sei.

707 Ibid. 708 Holtzmann, Aus der Geschichte von Nardò (wie Anm. 650). 709 Kehr, Papsturkunden in Apulien (wie Anm. 143).

(Venedig/ Rialto) 1177 iul. 1

Delegierte (1175–76) Richter Alexanders III.

10

(1175–76)

Alexander III.

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x 2. Verzeichnis des Schriftgutes zur delegierten Gerichtsbarkeit im Untersuchungsraum (1059–1189

199

200

Alexander III.

13

710 Ibid.

Alexander III.

12

(Lateran [1178–79] iun. 12)

(Lateran) 1178 aug. 11

Regest: IP IX, *3, S. 360; erwähnt in Ed.: Kehr, Papsturkunden in Apulien710, S. 284, n. 22

Regest: IP IX, *22, Gibt Ebf. (Bertrand) von Trani und Abt S. 295 (Palmerius) von S. Stefano in Monopoli den Auftrag, dass, falls der Klerus, die Barone und das Volk von Nardò seinen Befehl, dem Kloster S. Maria in Nardò Gehorsam zu zeigen oder die Zehnte oder andere Rechte der Pfarrei (iura parochialia) zu bezahlen, geringgeschätzt hätten, sie diese sofort mit der apostolischen Autorität anklagen sollen.

Überträgt Ebf. (Bertrand) von Trani und (Amandus) von Bisceglie die Aufgabe, ihn über die Rechtssache zwischen dem Bf. von Conversano und dem Abt des Klosters S. Stefano in Monopoli zu informieren und den Prozess an den Papst zu übergeben.

Deperditum; Delegationsmandat für den Fall des Ungehorsams gegenüber der päpstlichen Weisung;

Deperditum; Bitte um Informationen in einer Streitsach und um Übergabe derselben an die Kurie

x

x

Anhang

Alexander III.

15

Regest: IP IX, 24, S. 296; Ed.: Prologo, Le carte711, S. 148 f., n. 69, 70

Regest: IP IX, *23, In Gegenwart von Alexander III. erheben S. 296 der Canonicus S. und einige Kleriker der Stadt Trani wie schon sehr oft Klage gegen Ebf. (Bertrand) von Trani und werfen ihm vor, dass nichts oder nur wenig zum Nutzen des Altares bezahlt würde, die Schatzkammer der Kirche täglich dem Pfand verpflichtet und in vielen Kirchen das Recht der Pfarrei entfremdet worden sei, er 100 Unzen Goldes, die von Abt (Benencasa) von Cava der Kirche gespendet worden waren, zu seinem eigenen Besitz umgewandelt habe, er die Besitztümer und Rechte der Kanoniker missachte, die Pfründe der Kleriker entgegen der Ordnung des Rechts geraubt habe, allerdings Fremden die Pfründe der Kirche zuteilen würde.

Velletri An die Bfe. (Petrus) von Venosa und (1180) mai. (Daniel) von Ruvo: verkündet, dass sie 12 die Rechtmäßigkeit der Anschuldigungen gegen Ebf. (Bertrand) von Trani, die durch Berufung des Antragstellers Canonicus S. in seiner Anwesenheit vorgebracht worden sind, sorgfältig untersuchen sollen, den Erzbischof zur Wiedergutmachung ermahnen und die Streitsache durch Vergleich oder Urteilsspruch beenden sollen.

(ca. 1180)

711 Le carte (wie Anm. 113).

Im Beisein Alexanders III.

14

x Delegationsmandat zur Untersuchung der Anschuldigungen gegen den Ebf. von Trani (vgl. oben Nr. 15) wegen Veruntreuung etc.

Klage vor dem Papst gegen Ebf. von Trani wegen Veruntreuung etc.

2. Verzeichnis des Schriftgutes zur delegierten Gerichtsbarkeit im Untersuchungsraum (1059–1189

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712 713 714 715 716

Böhmer, Regesta Imperii IV, 4, 4, Lfg. 1 (wie Anm. 114). Le carte (wie Anm. 113). Böhmer, Regesta Imperii IV, 4, 4, Lfg. 1 (wie Anm. 114). Le carte (wie Anm. 113). Böhmer, Regesta Imperii IV, 4, 4, Lfg. 1 (wie Anm. 114).

In Gegenwart von Lucius III. wird zwischen dem Archidiakon Samarus von Trani, der von Seiten des Erzbischofs hinlänglich unterrichtet ist, und einigen Klerikern der Kirche von Corato, die zur Ermittlung der gerechten Sache zu wenig vorbereitet sind, der Streit über einige Güter für die gegnerische Partei entschieden. Die Kleriker von Corato hatten appelliert.

Im Beisein Lucius’ III.

17

(1181 nov. –1183 oct. 19)

(1181– Beauftragt die Bischöfe Amandus von (Alexander 1182 iul. 7) Bisceglie und Daniel von Ruvo mit dem III.?) {DaVertragsschluss über einen Gütertausch tum nicht zwischen dem Ebf. Bertrand von Trani und eindeutig, (dem Archipresbyter und) den Klerikern der Aussteller der Kirche von Corato. könnte ebenfalls Lucius III. gewesen sein}

16

Deperditum, erwähnt in einer späteren Urkunde der delegierten Richter; Lit.: Kamp, Kirche 1,1 S. 653 f.; Die Datierung ergibt sich aus der Amtszeit des Bischofs Amandus v. Bisceglie (1154 Juli 30 – 1182 Juli 7), vgl. Kamp, 1,1, S. 565; zu Daniel von Ruvo vgl. Kamp, 1,1, S. 653 f.; Deperditum; Verhandlung vor dem Papst; aus dem Text des zugehörigen Mandats, das diese Verhandlung erwähnt, geht die schriftliche Ladung nicht eindeutig hervor, Baaken/Schmidt716 wollen diese dennoch ziemlich sicher aus dem Wortlaut schließen; die Kleriker von Corato werden nicht namentlich erwähnt

Regest: RI IV, 4, 4, 1712, S. 184, n. 286; IP IX, *10, S. 313; Ed. zum entsprechenden Hinweis: Prologo, Le carte713, S. 157, n. 74; CDB IX, S. 76, n. 67. Regest: RI, Papstregesten714, IV,4,1, 1181-1184, S. 489, n. 828; IP IX, *29, S. 297; Ed. zum entsprechenden Mandat: Prologo, Le carte715, S. 157, n. 74, sowie CDB IX, S. 76, n. 67.

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Anhang

Lucius III.

19

(1182 Dez. –1183 oct. 19)

(1181–83 oct. 19)

Überträgt Bf. Petrus von Venosa719 und Abt ( Johannes) von SS. Trinità in Venosa die Streitsache zwischen Ebf. Bertrand von Trani und dem Archipresbyter und den Klerikern der Kirche von Corato zur Entscheidung (des Gütervertrags).

Übergibt Ebf. Rainald von Bari und Bf. Jakob von Melfi die Streitsache zwischen Ebf. Bertrand von Trani und dem Archipresbyter und den Klerikern der Kirche von Corato über Befestigungen, Besitzungen und andere Güter der Kirche von Trani.

Deperditum

Deperditum; Weil der namentlich hier nicht genannte Abt Johannes einige Zeit später stirbt, kann die Sache noch nicht beendet werden. Die Datierung der Beauftragung ergibt sich aus der Amtszeit des Abtes Johannes, der am 19. Oktober 1183 bereits tot war, siehe unten Nr. 20; sein Vorgänger Egidius722 war am 28. März 1181 bereits verstorben723.

Regest: IP IX, *19, S. 323; RI Papstregesten717 IV,4,1, S. 468, n. 827; Ed. der Erwähnung: Prologo, Le carte718, S. 157, n. 74, sowie CDB IX, S. 76, n. 67. Regest: RI, Papstregesten720, IV,4,1, 1181–1184, S. 489, n. 829; IP IX, *30, S. 297; Ed. der Erwähnung: Prologo, Le carte721, S. 157, n. 74, sowie CDB IX, S. 76, n. 67.

717 Ibid. 718 Le carte (wie Anm. 113). 719 Zu Bischof Petrus von Venosa siehe Kamp, Kirche und Monarchie (wie Anm. 647), S. 804 f. 720 Böhmer, Regesta Imperii IV, 4, 4, Lfg. 1 (wie Anm. 114). 721 Le carte (wie Anm. 113). 722 Siehe zur Person des Egidius Ménager, Les fondations monastiques (wie Anm. 35), S. 53 ff. und S. 54, Anm. 148. 723 Vgl. dazu Houben, Die Abtei Venosa (wie Anm. 87), S. 162.

Lucius III.

18

x

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2. Verzeichnis des Schriftgutes zur delegierten Gerichtsbarkeit im Untersuchungsraum (1059–1189

203

204

Lucius III.

Anagni (1183) oct. 19

An die Bischöfe Petrus von Venosa und Wilhelm von Troia: übergibt ihnen die Streitsache zwischen Bertrand von Trani und dem Archipresbyter und den Klerikern der Kirche von Corato wegen eines Gütervertrags. Zuerst waren damit der Erzbischof Rainald von Bari und Bischof Jakob von Melfi betraut, aber die Kleriker appellierten an die Kurie, wo die Verhandlungen scheiterten. Danach wurden damit Bischof Peter und Abt Johannes von Venosa beauftragt, die aber das Verfahren wegen des Todes von Abt Johannes nicht beenden konnten. Lucius III. befiehlt den delegierten Richtern, nach neuer Verhandlung zu Gunsten der Kleriker zu urteilen unter Ausschluss der Appellation, wenn diese die gewaltsame Erpressung des Tausches beweisen können. Falls jedoch der Erzbischof beweisen kann, dass beide Parteien dem Tausch zugestimmt hätten, sollen die Richter ohne Einräumung einer Appellationsmöglichkeit für die strikte Einhaltung des Vertrages sorgen.

724 Böhmer, Regesta Imperii IV, 4, 4, Lfg. 1 (wie Anm. 114). 725 Le carte (wie Anm. 113).

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Regest: RI, Papstregesten724, IV,4,1, 1181–1184, S. 490, n. 830; IP IX, 31, S. 297; Ed.: Prologo, Le carte725, S. 157, n. 74 und CDB IX, S. 76, n. 67; x Delegationsmandat mit Vorgaben; Insert in Rückurkunde der delegierten Richter Wilhelm von Troia und Petrus von Venosa von Dezember 1183; Die Parteien wurden nach ergangenem Mandat nach Bari geladen; dort kam es zu einem Vergleich, in dessen Beurkundung die Richter dieses Mandat inserierten.

Anhang

726 727 728 729

Der delegierte Richter Ebf. (Rainald) von Bari teilt Lucius III. das Urteil mit, das er in der Streitsache zwischen dem Ebf. und Klerus von Trani und den Johanniter-Brüdern von Barletta gefällt hat zugunsten der Johanniter: Die Tranenser sollen den Brüdern erlauben, durch die Stadt mit Kreuz, Leuchtern und Glocken zu ziehen, wenn in ihre Kirche Tote gebracht oder andere Gottesdienste feierlich begangen würden.

Beauftragt Ebf. (Rainald) von Bari, den Streit zwischen einerseits Erzbischof (Bertrand), den Kanonikern und Klerikern von Trani sowie auf der anderen Seite den Johannitern von Barletta um das Vortragen von Kreuz, Leuchtern und Glocke bei der Überführung von Toten in die Kirche der Johanniter und über andere gottesdienstliche Handlungen unter Ausschluss der Appellation zu beenden.

Böhmer, Regesta Imperii IV, 4, 4, Lfg. 2 (wie Anm. 114). Kamp, Kirche und Monarchie (wie Anm. 647), S. 547 und 573. Cartulaire général (wie Anm. 617). Kamp, Kirche und Monarchie (wie Anm. 647), S. 547 und 573.

(1181–85) Rainald von Bari (delegierter Richter Lucius’ III.)

22

(1181– 1185)

Lucius III.

21

Deperditum; erw. in der Urk. Urbans III. von (1186–1187) Juli 18 (IP IX, S. 306, n. 3); zum Prozess vgl. Kamp, Kirche727.

Deperditum; Urteilsanzeige; zum Prozess vgl. Kamp, Kirche729. Unter Urban III. appelliert Bertrand von Trani erneut beim päpstlichen Gericht, unterliegt jedoch, vgl. unten Nr. 25. Das Urteil dazu ist verloren, vgl. IP IX, S. 306, n. *2;

Regest: RI, Papstregesten726, IV,4,2, 1184–1185, S. 420, n. 2066; erwähnt in Nr. 22.

Regest: IP IX, *2, S. 306; Ed.: Cartulaire de l’ordre de saint Jean de Jérusalem728, Bd. 1, S. 508, n. 816.

x

2. Verzeichnis des Schriftgutes zur delegierten Gerichtsbarkeit im Untersuchungsraum (1059–1189

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Kardinaldiakon Gerhard (von S. Adriano), vicarius papae

(1184– 1188)

Ordnet Ebf. Rainald von Bari730 sowie den Bischöfen von Molfetta731 und Asculano an, dass sie Wilhelm, den Prior der Kirche S. Giacomo von Molfetta, deren Gemeinschaft sich unter Wilhelms Leitung gegen die Regel des hl. Benedikt gewandt habe, dazu anhalten sollen, die Güter seiner Kirche wiederherzustellen, denn der Prior habe die Güter zu seinem Gebrauch verwendet. Falls der Prior dem trotze, sollen sie ihn zwingen, in das claustrum des Klosters (SS. Trinità di) Monte sacro (auf dem Gargano) zurückzukehren, und die Güter in die Hände des Abtes von (SS. Trinità di) Monte sacro geben.

Regest: IP IX, *23, S. 324; erwähnt in einer undatierten Urkunde Rainalds von Bari, Ed.: CDB 8, S. 201, n. 157. Deperditum; x Rainald starb wohl am 4. Februar 1188732; Gerhard von S. Adriano733 war von Lucius III. 1184 als Vikar der Stadt Rom eingesetzt worden.734 Weil sich der Prior Wilhelm im Anschluss weigerte, vor Gericht zu erscheinen, exkommunizierte ihn Rainald von Bari nach Ratschluss mit dem Bf. von Molfetta.

Zu Erzbischof Rainald von Bari vgl. ibid., S. 572. Vgl. ibid., S. 644, dort vor allem Anm. 5. Vgl. ibid., S. 572, dort auch Anm. 17. Gerhard wurde 1182 von Papst Lucius III. zum Kardinaldiakon von S. Adriano erhoben, vgl. dazu Geschichte des Kardinalats im Mittelalter, hg. von Jürgen Dendorfer und Ralf Lützelschwab (Päpste und Papsttum 39), Stuttgart 2011, S. 477. Von 1204 bis 1208 wirkte Gerhard als Legat Innozenz’ III. im Königreich Sizilien, vgl. Werner Maleczek, Papst und Kardinalskolleg von 1191 bis 1216. Die Kardinäle unter Coelestin III. und Innocenz III. (Publikationen des Historischen Instituts beim Österreichischen Kulturinstitut in Rom, Abt. 1, Abhandlungen 6), Wien 1984, S. 78 f. sowie ders., Die Kardinäle von 1143 bis 1216. Exklusive Papstwähler und erste Agenten der päpstlichen ‚plenitudo potestatis‘, in: Geschichte des Kardinalats im Mittelalter, hg. von Jürgen Dendorfer und Ralf Lützelschwab (Päpste und Papsttum 39), Stuttgart 2011, S. 95–154, hier: S. 144 und 145, Anm. 198. Gerhard unterschreibt unter anderem auch ein von Lucius III. in Velletri ausgestelltes Privileg für Erzbischof Peter von Brindisi vom 2. Januar 1183, vgl. Johann Friedrich Böhmer, Regesta Imperii IV, 4, 4, Lfg. 1 (wie Anm. 114), S. 266 f., n. 440. 734 Zum Vikariat Gerhards siehe Elfriede Kartusch, Das Kardinalskollegium in der Zeit von 1181–1227. Ein Beitrag zur Geschichte des Kardinals im Mittelalter. Manuskript Diss. phil., [Universität Wien] 1984, S. 138–140.

730 731 732 733

23

Anhang

Urban III.

(1185–87)

Beauftragt den Ebf. (Rainald) von Bari und die Bischöfe ( Jakob oder Wilhelm?) von Melfi735 und (Wilhelm) von Troia, die von den Kanonikern von S. (Michele Arcangelo) in Monte S. Angelo (am Gargano) benannten Zeugen zu verhören über die Privilegien, von denen die Kanoniker von Monte Gargano behaupten, dass sie die Kanoniker von Siponto zu ihrem Nachteil verfälscht oder verbrannt hätten.

Regest: RI, Papstregesten736, S. 569, n. 1058; IP IX, *21, S. 323; wird in einem Reskript von Innozenz III. vom 25. Mai 1202 erwähnt; Ed.: Potthast737, n. 1681; Sommerlechner738, S. 74–78, n. 41); inseriert in Urkunde Eugens IV. vom 24. Sept. 1431, eingesehen in Kopie von 1630739. Deperditum; bei Holtzmann, IP IX, fälschlicherweise auf Mai 15 datiert; vgl. hierzu auch die Urkunde Lucius III. von 1182, Aug. 31740; Laut Innozenz III. seien schon einige Zeugen verhört worden, als die Untersuchung wegen Todes Urbans III. und seines Nachfolgers Gregors VIII. sowie wegen dynastischer Auseinandersetzungen im Kgr. Sizilien nach dem Tod Wilhelms II. abgebrochen werden mussten. Erst Coelestin III. griff wieder in den Streit ein, vgl. IP IX, S. 241, n. *30; vgl. dazu auch Loud, Latin Church741, S. 247.

x

Vgl. zu den beiden möglichen Bischöfen Kamp, Kirche und Monarchie (wie Anm. 647), S. 487. Böhmer, Regesta Imperii IV, 4, 4, Lfg. 3 (wie Anm. 622). Regesta pontificum Romanorum inde ab a. post christum natum MCXCVIII ad a. MCCCIV, Bd. 2, ed. August Potthast, Berlin 1957. Die Register Innocenz’ III. 5. Pontifikatsjahr, 1202/1203, ed. Andrea Sommerlechner (Publikationen des Historischen Instituts beim Österreichischen Kulturinstitut in Rom, Abt. 2, Quellen, Reihe 1, Die Register Innocenz’ III 5), Wien 1994. 739 Bulla Eugenii IV. ex Registro Communi desumpta, ASV, Arm. XXXI, tom. 54, fol. 99‘–101‘ bzw. neu: 92‘–94‘ 740 Böhmer, Regesta Imperii IV, 4, 4, Lfg. 1 (wie Anm. 114), S. 203, n. 322. 741 Loud, The Latin Church (wie Anm. 81).

735 736 737 738

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2. Verzeichnis des Schriftgutes zur delegierten Gerichtsbarkeit im Untersuchungsraum (1059–1189

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208

Urban III.

Verona (1186–87) iul. 18

An Ebf. (Bertrand) und die Kanoniker und Archidiakone von Trani in der Sache der wiederholten Klagen der Johanniter: tadelt sie, weil sie die Brüder vom Jerusalemer Hospital (Johanniter) verfolgten, welche besondere Söhne des Papstes seien, indem sie deren Kirche zusammen mit gewissen Laien gewaltätig betreten hätten, das Kruzifix herausgerissen und dem Volk dieser Stadt unter Androhung der Exkommunikation untersagt hätten, deren Kirche zu besuchen oder den Brüdern Gaben zukommen zu lassen sowie über die Johanniter das Intedikt verhängt hätten; er befiehlt, die Betroffenen von der Exkommunkation zu lösen und nach geleisteter Wiedergutmachung von weiteren Verfolgungen abzulassen; sollte dies nicht nach seinem Befehl geschehen, habe er den Domkanonikern und dem Bf. von Salpi das Mandat gegeben, unter Ausschluss der Appellation die Exkommunikation aufzuheben und sie nach Untersuchung des Falles zu angemessener Widergutmachung zu zwingen.

Überliefert in Kopie des 15. Jhs.; Regest: RI IV,4,4,3742, S. 502 f., n. 892; IP IX, 4, S. 306; Ed. Cartulaire de l’ordre de saint Jean de Jérusalem743, Bd. 1, S. 508, n. 816. Päpstlicher Eingriff; Überliefert in einer Kopie des 15. Jhs.744; das erwähnte Mandat an den Bischof und die Domkanoniker von Salpi, das wohl, so vermutet Schmidt745, gleichzeitig mit diesem ausgestellt worden war, ist verloren, vgl. ibid., n. 890; Vgl. zu diesem Streit auch das verlorene Delegationsmandat Lucius’ III. (oben Nr. 21) und die Mandate Urbans III. (unten Nr. 27 und 28). Zu Bertrand von Tranis Verwicklungen in diesen Fall vgl. Kamp, Kirche746, S. 545–547; Dieses Stück steht wohl auch in inhaltlichem Zusammenhang mit einer Urkunde zum Schutz der Rechte der Johanniter, vgl. RI IV,4,4,3747, S. 499 f., n. 886, das Urban III. zwei Tage vorher, am 16. Juli, ausgestellt hatte.

742 Böhmer, Regesta Imperii IV, 4, 4, Lfg. 3 (wie Anm. 622). 743 Cartulaire général (wie Anm. 617). 744 Zur Überlieferung vgl. Paul Fridolin Kehr, Papsturkunden in Malta, in: Nachrichten der königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, phil.-hist. Abteilung 1899, S. 369–409, S. 377, 379, 382, 386 sowie Papsturkunden für Templer und Johanniter. Archivberichte und Texte, ed. Rudolf Hiestand (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse 77, Vorarbeiten zum Oriens pontificus 1), S. 133 und 157. 745 Böhmer, Regesta Imperii IV, 4, 4, Lfg. 3 (wie Anm. 622). 746 Kamp, Kirche und Monarchie (wie Anm. 647). 747 Böhmer, Regesta Imperii IV, 4, 4, Lfg. 3 (wie Anm. 622).

25

Anhang

Urban III.

27

Verona (1186–87) iul. 18

(1186–87)

Absage des Papstes zum Antrag einer Streitpartei (s. n. 26); Androhung eines weiteren Verfahrens; Zum Streitfall und Prozess vgl. Kamp, Kirche749, S. 547 und 573 sowie die Mandate Urbans vom gleichen Tag, unten Nr. 29 und Nr. 30;

Überliefert in Kopie des 15. Jhs; Regest: IP IX, 3, S. 306; RI, IV,4,4,3748, S. 502 f., n. 892;

An Ebf. (Bertrand) von Trani, die Kanoniker und Kleriker von Trani wegen der Klage der Johanniterbrüder von Barletta, wonach diese mehrfach belästigt worden seien und die Tranenser das Urteil des delegierten Richters Ebf. Rainald von Bari (siehe oben, Nr. 22) missachten würden und den Johannitern diese Handlungen untersagten. Urban erteilt der Bitte der Tranenser um Rückname des Urteils (siehe oben, Nr. 26) nun eine Absage, da der Streitfall dem Ebf. Rainald unter Ausschluss der Appellation übertragen worden sei; er bestätigt und wiederholt den Urteilsspruch Rainalds und befiehlt, die Johanniter Handlungen entsprechend dem Urteil vornehmen zu lassen; im Falle der Nichteinhaltung dieser Anordnung habe er den Ebf. (Rainald) von Bari und den Abt (Palmerius) von S. Stefano in Monopoli ein Mandat erteilt, um sie (die Tranenser) zur Anerkennung und Einhaltung des Urteils unter Ausschluß der Appellation zu zwingen, auch dann, wenn sie neuerliche Klagen gegen die Johanniter erheben sollten.

Bitte um Rücknahme des Urteils der delegierten Richter (vgl. oben Nr. 22)

Bertrand von Trani, die Kanoniker und der Regest: IP IX, *33, Klerus von Trani bitten Urban III. durch ei- S. 298; nen Gesandten darum, das Urteil von Ebf. (Rainald) von Bari zurückzunehmen (siehe oben, Nr. 22)

748 Ibid. 749 Kamp, Kirche und Monarchie (wie Anm. 647).

Bertrand von Trani, Kanoniker und Klerus von Trani

26

2. Verzeichnis des Schriftgutes zur delegierten Gerichtsbarkeit im Untersuchungsraum (1059–1189

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210

Urban III.

29

(Verona [1186–87] iul. 18)

(Verona [1186–87] iul. 18)

Trägt dem Bf. und den Domkanonikern von Salpi auf, dass er die Exkommunikation, die der Ebf. (Bertrand) und die Kleriker von Trani über die Johanniter (fratres Hyerosolimitani Hospitalis) verhängt hat, lösen soll und die Tranenser zur Zufriedenheit der vorgenannten Brüder wegen der verübten Schäden anklagen soll.

Ordnet Ebf. (Rainald) von Bari und Abt (Palmerius) von S. Stefano in Monopoli an, dass sie beide oder einer von ihnen den Ebf. (Bertrand) und die Kleriker von Trani, falls sie seiner Anordnung nicht gehorchen, zur Einhaltung seines Urteils zugunsten der Johanniter in Barletta ermahnen sollen.

750 Böhmer, Regesta Imperii IV, 4, 4, Lfg. 3 (wie Anm. 622). 751 So vermutet auch ibid., S. 501, Anm. zu n. 889. 752 Ibid.

Urban III.

28 Deperditum; Vgl. dazu auch das Mandat oben unter Nr. 27, die Mandate wurden wohl zusammenhängend ausgestellt751;

Deperditum; Der Bischof von Salpi ist namentlich nicht bekannt.

Regest: IP IX, *22, S. 324; RI IV750, 4, 3, S. 501, n. 889;

Regest: IP IX, *37, S. 298; RI, IV,4,4,3752, S. 501 f., n. 890;

x

x

Anhang

Clemens III.

31

Lateran 1188 nov. 23

(Verona [1186–87] iul. 18)

753 Ibid. 754 Le carte (wie Anm. 113).

Urban III.

30

An Nikolaus, den Prior von S. Nikolaus von Bari: ordnet an, auf welche Weise er den Abt des Benediktinerklosters in Bari, dem der Presbyter Andreas von Matera zu dessen Nutzen 5 Goldunzen geliehen hat, zur Rückerstattung jener ermahnt und, falls es nötig sei, ihn durch kirchlichen Spruch anklagt.

Regest: IP IX, 3, S. 328; Ed.: Kehr, Papsturkunden in Apulien754, S. 285, n. 23; CDB V, S. 258, n. 151

Tadelt den Ebf. (Bertrand), die ArchidiaRegest: IP IX, 4, S. kone und Kanoniker von Trani, weil sie die 306; RI, IV,4,4,3753, Johanniter (von Barletta) verfolgten, indem S. 503, n. 893; sie in deren Kirche eingedrungen seien und das Kruzifix herausgenommen hätten, der Stadtbevölkerung unter Androhung der Exkommunikation verboten hätten, in deren Kirche zu gehen oder ihnen etwas zu spenden. Er befiehlt ihnen, das über die Brüder verhängte Interdikt zu lösen, Wiedergutmachung zu leisten und von weiteren Verfolgungen Abstand zu nehmen. Anderenfalls hätte er dem Bischof von Salpi das Mandat erteilt, die Exommunikation der Brüder zu lösen und ihnen Wiedergutmachung wegen der entstandenen Schäden zu verschaffen. Mandat zur Prozesseröffnung für den Fall, dass das Geld nicht zurückerstattet wird; Littera clausa, auf dem Rücken: Priori sancti Nicolai de Baro pro And(rea) presbitero de Matera.

x

2. Verzeichnis des Schriftgutes zur delegierten Gerichtsbarkeit im Untersuchungsraum (1059–1189

211

212

Clemens III.

33

Ordnet dem Elekten (Dauferius) von Bari und dem Bf. (Arpinus) von Polignano an, den Bf. (Wilhelm) von Conversano in den Besitz von Putignano zu bringen.

(Lateran) Teilt den Klerikern von Conversano mit, dass 1189 mai. 1 er zusammen mit Bf. (Wilhelm) von Conversano den Abt (Palmerius) von S. Stefano in Monopoli vor das kuriale Gericht gebracht habe; da der Abt aber trotzig gewesen sei, habe er (Clemens III.) nach Ratschluss mit seinen Brüdern, den Kardinälen, entschieden, den Bischof (von Conversano) in dessen Recht über die Jurisdiktionsgewalt von Putignano zu setzen; er verkündet, dass er dem Elekten (Dauferius) von Bari und dem Bf. (Arpinus) von Polignano aufgetragen habe, den Bf. von Conversano in den Besitz von Putignano zu bringen (siehe oben Nr. 32); er befiehlt den Klerikern von Putignano, dass sie jenem Gehorsam leisten sollen.

(1189 mai. 1)

758 Kehr, Papsturkunden in Apulien (wie Anm. 143). 759 Kamp, Kirche und Monarchie (wie Anm. 647).

757 Böhmer, Regesta Imperii IV, 4, 4, Lfg. 4 (wie Anm. 629).

755 Böhmer, Regesta Imperii IV, 4, 4, Lfg. 4 (wie Anm. 629). 756 Kamp, Kirche und Monarchie (wie Anm. 647).

Clemens III.

32

Deperditum; zu Bischof Wilhelm von Conversano siehe Kamp, Kirche756, S. 626, zu Dauferius ibi., S. 574–576;

Päpstliches Urteil; zu Bischof Wilhelm von Conversano siehe Kamp, Kirche759, S. 626, zu Dauferius ibid., S. 574-576;

Regest: IP IX, *24, S. 324; RI IV, 4,4,4755, n. 628; erwähnt im Mandat Clemens’ vom 1. Mai 1189 (siehe unten Nr. 33); Regest: IP IX, *5, S. 360; RI IV, 4,4,4757, n. 629; Zitiert in einem Summarium von 1550, Ed.: Kehr, Papsturkunden in Apulien758, S. 286, n. 25.

x

Anhang

Clemens III.

35

(1189–91)

(1188)

Beauftragt Erzbischof (Gervasius) von Tarent und Erzbischof (Wilhelm) von Otranto, dem Erzbischof (Dauferius) von Bari die Kirche S. Clemente in Bari per richterlichem Urteil zuzusprechen.

Beauftragt Bf. (Bisantius) von Bisceglie, die Kleriker I. Buccarus, Melearus und Maius Raofaca und andere Kleriker aus Bari, die seinen Archidiakon Berardus schwer verletzt hätten, zu suspendieren, weil sie seiner Vorladung an die Kurie in der Sache nicht Folge geleistet hätten.

760 Böhmer, Regesta Imperii IV, 4, 4, Lfg. 4 (wie Anm. 629). 761 Ibid. 762 Kamp, Kirche und Monarchie (wie Anm. 647). 763 Böhmer, Regesta Imperii IV, 4, 4, Lfg. 4 (wie Anm. 629). 764 Kamp, Kirche und Monarchie (wie Anm. 647).

Clemens III.

34

Deperditum; x Urteilsspruch delegierter Richter; Beide päpstlich-delegierten Richter stammen nicht aus dem Untersuchungsraum, sondern aus dem südlichen Apulien. Für eine Aufnahme des Mandats spricht jedoch, dass es um eine Kirche in Bari bzw. die Befugnisse des Erzbischofs von Bari geht. Das Urteil scheint nach Mai 1189 gefällt worden zu sein, da Dauferius vorher immer als Elekt betitelt wird, hier aber als Erzbischof genannt wird. Das genaue Jahr ist jedoch unklar. Zu Dauferius vgl. Kamp, Kirche764, S. 574-576.

Regest: IP IX, *25, S. 324; RI IV,4,4,4763, S. 633, n. 1307. Erwähnt in einem Mandat Innozenz’ III. vom 11. Juni 1200, welches er den Bischöfen Wilhelm von Conversano und dem Bf. von Bitetto schickt, Ed. u.a. CDB I, S. 134, n. 69.

x

Deperditum; Urteilsvollstreckung eines päpstlichen Entscheids durch delegierte Richter; Vgl. dazu auch die Ladung vor die Kurie in IP IX, *5, S. 337 bzw. RI IV,4,4,4761, S. 297, n. 531. Zu Bf. Bisantius von Bisceglie vgl. Kamp, Kirche762, S. 566 f.

Regest: IP IX, *6, S. 337; RI IV,4,4,4760, S. 297, n. 532; Erwähnt in einer Dekretale Coelestins III. vom 4. Januar 1192, vgl. die Anmerkungen zu n. 532 in RI IV, 4,4,4. 2. Verzeichnis des Schriftgutes zur delegierten Gerichtsbarkeit im Untersuchungsraum (1059–1189

213

214

Kardinaldiakon Petrus von S. Maria in Via Lata

1

(1126– 1129) bzw. (1126 März 28 – 1128 vor Mai 7)

Datierung

Anmerkungen Papst Honorius II. bittet in einem vorhergehenden Brief766 die Gräfin Sikelgaita von Brindisi um Versammlung der Bischöfe. Sollte die Auskunft Della Monacas über Amt und Titelkirche des Petrus (d. h. Kardinaldiakon von S. Maria in Via Lata) korrekt sein, ergäbe sich eine andere Datierung, als Holtzmann annimmt. Johannes war noch vor dem 7. Mai 1128 zum Kardinalpriester von S. Anastasia befördert worden767, womit sich als Zeitpunkt für die Entscheidung des Legaten 1126 März 28768–1128 vor Mai 7 ergäbe.

Regest/Edition IP IX, *4, S. 397; nur durch die Erwähnung bei Della Monaca765, S. 354, überliefert.

Inhalt Entscheidet mit den Versammelten – Bf. Formosus von Lecce, Abt Ambrosius von S. Stefano in Monopoli, Prior Arnonus von S. Sepolcro in Brindisi und dem Prior Adelardus vom Hospital Omnium Sanctorum – die Streitsache zwischen dem Ebf. Bailardus von Brindisi und dem Kloster S. Maria Veterana (in Brindisi) zugunsten des Klosters.

765 Della Monaca, Memoria historica (wie Anm. 606). 766 Honorius II. ordnet in dem zwischen 1126 und 1129 ausgestellten Brief der Gräfin Sikelgaita an, dass sie zur Beschwichtigung des Streits zwischen dem Ebf. Baialardus (von Brindisi) und dem Benediktinerinnenkloster S. Maria Veterana (in Brindisi), welches einst von Erzbischof Godinus aus der bischöflichen Herrschaft eximiert wurde und jener dafür im Austausch die Kirche des hl. Basilius in Monopoli erhalten hatte, die benachbarten Bischöfe versammeln solle. Vgl. IP IX, *7, S. 366; die Informationen zu diesem Fall erhält man allein aus Della Monaca der die Dokumente im Archiv des Klosters eingesehen haben soll, welches verloren ist. 767 Vgl. Dendorfer, Lützelschwab (Hg.), Geschichte des Kardinalats (wie Anm. 733), S. 471. 768 Vgl. dazu ibid., S. 471.

Aussteller

Nr.

3. Verzeichnis der Legatenurkunden im Untersuchungsraum (1059–1189/93)

Anhang

Kardinallegat Johannes

Die Legaten Kardinalbischof (Petrus) von S. Rufina und Kardinalpresbyter ( Johannes Felix) von S. Susanna

3

4773 Ostuni (ca. 1193)

(1163–81)

(1163–81)

Fällen ein Urteil in der neuerlich entbrannten Streitsache zwischen Ebf. Petrus von Brindisi und den Benediktinerinnen des Klosters S. Maria: sie lösen das Interdikt gegen den Bischof und bestätigen den status quo ante, falls nicht der Papst anders entschieden habe.

An den Ebf. Ber(trandus) von Bari und den Bf. Amandus von Bisceglie, über den Zeitpunkt der Verlobung.

An den Ebf. Ber(trandus) von Bari und den Bf. Amandus von Bisceglie, die Ehe im Falle der Patenschaft betreffend.

Kanonistische Überlieferung; zu Kardinal Johannes siehe oben, Nr. 2.

Petrus und Johannes Felix waren als päpstliche Legaten am Kaiserhof in Konstantinopel; nachdem sie Konstantinopel verlassen hatten, hielten sie sich in Ostuni auf, wo sie im zweiten Jahr des Pontifikats Coelestins III. ein Rechtsurteil fällten.

IP IX, *7, S. 398; Erwähnt einzig bei Della Monaca774, S. 372 f.

Kanonistische Überlieferung; Holtzmann nimmt an, dass es sich beim Kardinallegaten um Johannes, Kardinaldiakon von S. Maria in Portico770 und Kardinallegat in Dalmatien, handelt – dieser sei möglicherweise nach seinem Aufenthalt in Dalmatien in Apulien gewesen771.

IP IX, 25, S. 296; Ed.: Holtzmann, Kanonistische Ergänzungen772, S. 127 f. (= S. 145 f.), n. 193.

IP IX, 25, S. 296; Ed.: Holtzmann, Kanonistische Ergänzungen769, S. 127 (= S. 145), n. 192.

769 Holtzmann, Kanonistische Ergänzungen (wie Anm. 681). 770 Johannes von Anagni war 1158 unter Hadrian IV. in den Kreis der Kardinäle als Kardinaldiakon von S. Maria in Portico aufgenommen worden. Von 1167 bis 1190 war er Kardinalpriester von S. Marco, anschließend bis 1196 Kardinalbischof von Praeneste, vgl. Dendorfer, Lützelschwab (Hg.), Geschichte des Kardinalats (wie Anm. 733), S. 476. 771 Vgl. dazu Holtzmann, Kanonistische Ergänzungen (wie Anm. 681), S. 145, Anm. zu 192 772 Ibid. 773 Der Fall Nr. 4 von ca. 1193 liegt außerhalb des untersuchten Zeitraumes, der bis 1189 reicht, und wird deshalb nicht in die Statistik aufgenommen. 774 Della Monaca, Memoria historica (wie Anm. 606).

Kardinallegat Johannes

2

3. Verzeichnis der Legatenurkunden im Untersuchungsraum (1059–1189/93)

215



4. Karten

▲ nord- und zentralapulische Metropolitansitze ○ exemtes Bistum ● weitere relevante Bischofssitze

Karte 1: Metropolitansitze und das exemte Bistum Monopoli sowie weitere relevante Orte und Bischofssitze im Untersuchungsraum

216

4. Karten

Karte 2: Suffragane Baris gemäß dem Privileg Alexanders II. für Bari von 1063 (IP IX, S. 318, n. 4)

217

Anhang

Karte 3: Suffragane Tranis gemäß dem Privileg Alexanders II. für Bari von 1063 (IP IX, S. 291, n. 3)

218

4. Karten

Karte 4: Suffragane Baris (mit Sternsymbol markiert) gemäß dem Privileg Eugens III. für Bari von 1152 (IP IX, S. 321, n. 13)

219

Verzeichnisse

Abkürzungsverzeichnis ASV Archivio Segreto Vaticano Bd., Bde. Band, Bände Bischof Bf. CDB Codice diplomatico Barese CDBrind Codice diplomatico Brindisino Ebf. Erzbischof Ed., ed. Editor(en), ediert von Hzg. Herzog Italia pontificia sive repertorium privilegiorum et litterarum a IP Romanis pontificibus ante annum 1198 Italiae ecclesiis monasteriis civitatibus singulisque personis concessorum, begründet von Paul Fridolin Kehr, Berlin u.a., 1906-1975. Jahrhundert Jh. Philipp Jaffé, Regesta pontificum Romanorum ab condita J3 ecclesia ad annum post Christum natum MCXCVIII, Tomus quartus (ab a. MXXIV usque ad a. MLXXIII), 3. Aufl., hg. von Klaus Herbers, bearb. von Judith Werner, Göttingen 2020. JL Regesta pontificum Romanorum ab condita ecclesia ad annum post christum natum MCXCVIII, bearb. von Philipp Jaffé, Simon Loewenfeld, Ferdinand Kaltenbrunner, Paul Ewald, 2 Bde., 2. Aufl., Leipzig 1885-1888. Lexikon des Mittelalters, 12 Bde., München 1980-1990. LexMA LP Le Liber pontificalis. Texte, introduction et commentaire, 2 Bde., ed. Louis Duchesne und Cyrill Vogel (Bibliothèque des Écoles Françaises d’Athènes et de Rome, 2, 3), 2. Auflage, Paris 1955. ND Nachdruck Mansi Sacrorum Conciliorum nova et amplissima collectio, ed. Johannes Dominicus Mansi, 28 Bände, Nachdruck, Graz 1960.

221

Verzeichnisse

Monumenta Germaniae Historica MGH Epistolae – Epp. Epistolae in usum scholarum – Ep. in us. school. Scriptores – SS Scriptores rerum Germanicarum – SS. rer. Germ Scriptores rerum Germanicarum in usum – SS. rer. Germ. scholarum separatim editi in us. schol. Patrologiae Cursus Completus seu bibliotheca universalis…, Migne PL Series II: Ecclesia latina, 221 Bde., bearb. von Jacques-Paul Migne, Paris 1878-1890. RGG Religion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft, 8 Bde. und ein Registerband, 4. Aufl., Tübingen 1998-2007.

222

Quellen- und Literaturverzeichnis Quellenverzeichnis Acta et Scripta quae de controversiis ecclesiae Graecae et Latinae saeculo XI conscripta extant, ed. Cornelius Will, Leipzig [u.a.] 1861. Acta pontificum Romanorum inedita. Bd. 2: Urkunden der Päpste vom Jahre c. 97 bis zum Jahre 1197, ed. Julius Pflugk-Harttung, Tübingen 1884. Adam von Bremen, Hamburgische Kirchengeschichte, ed. Bernhard Schmeidler (MGH SS rer. Germ. in us. scol. [2]), Hannover, Leipzig 31917. Adelferius, De Sancti adventu Tranum, & obitu eumque secutis miraculis (AASS Junii I), ND Brüssel 1969, S. 244–248. Alexander von Telese, Ystoria Rogerii regis Sicilie Calabrie atque Apulie, ed. Ludovica de Nava (Fonti per la Storia d’Italia 112), Rom 1991. Amandus Diaconus Tranensis, De S. Nicolai Canonizatione & Translatione, (AASS Junii I), ND Brüssel 1969, S. 248–252. Amatus von Montecassino, Storia de’ Normanni volgarizzata in antico francese, ed. Vincenzo De Bartholomaeis (Fonti per la Storia d’Italia 76), Roma 1935. Annales Ceccanenses, ed. Georg Heinrich Pertz, in: MGH SS 19, Hannover 1866, S. 275–302. Annales Mellicenses, ed. Wilhelm Wattenbach, in: MGH SS 9, Hannover 1851, S. 479–537. Anonymus Barensis, Chronicon, ed. Lodovico Antonio Muratori (Rerum Italicarum Scriptores NS 5), Mailand 1724. Johann Friedrich Böhmer, Regesta Imperii IV. Lothar III. und ältere Staufer 11251197. 4. Abt.: Papstregesten 1124–1198. Teil 4: 1181–1198, Lieferung 1: 1181– 1184, ed. Katrin Baaken und Ulrich Schmidt, Köln [u.a.] 2003. Johann Friedrich Böhmer, Regesta Imperii IV. Lothar III. und ältere Staufer 11251197. 4. Abt.: Papstregesten 1124-1198. Teil 4: 1181–1198, Lieferung 2: 1184– 1185, ed. Katrin Baaken und Ulrich Schmidt, Köln [u.a.] 2006. Johann Friedrich Böhmer, Regesta Imperii III. Salisches Haus 1024–1125. 5. Abt.: Papstregesten 1024–1058. 2. Lieferung: 1046-1058, ed. Karl Augustin Frech, Köln [u.a.] 2011. Johann Friedrich Böhmer, Regesta Imperii IV. Lothar III. und ältere Staufer 11251197. 4. Abt.: Papstregesten 1124-1198. Lieferung 3: 1185–1187, ed. Katrin Baaken und Ulrich Schmidt, Köln 2012. Johann Friedrich Böhmer, Regesta Imperii I. Die Regesten des Kaiserreichs unter den Karolingern 751–918 (987/1032). Bd. 4, Papstregesten, 800–911. Tl. 3, 872–882. Nach Vorarbeiten von Dorothee Arnold, Klaus Herbers und Sofia Mayer, ed. Veronika Unger, Köln [u.a.] 2013.

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Verzeichnisse

Johann Friedrich Böhmer, Regesta Imperii IV. Lothar III. und ältere Staufer 1125–1197. 4. Abt.: Papstregesten 1124–1198. Lfg. 4: 1187–1191, ed. Ulrich Schmidt, Köln u.a 2014. Bullaire du Pape Calixte II., ed. Ulysse Robert, Paris 1891 (ND von Heidelberg 1979). Cartulaire général de l’ordre des hospitaliers de S. Jean de Jérusalem (1100–1310), (Unv. ND München 1980), ed. Joseph Delaville Le Roulx, Paris 1894. Codice diplomatico Barese. Bd. 5:  Le pergamene di S. Nicola di Bari. 2. Periodo Normanno (1075–1194), ed. Francesco Nitti di Vito, Bari 1902. Codice Diplomatico Barese. Bd. 8: Le pergamene di Barletta, Archivio Capitolare (897-1285), ed. Francesco Nitti di Vito, Bari 1914. Codice Diplomatico Barese. Bd. 9: I documenti storici di Corato (1046–1327), ed. Giovanni Beltrani, Bari 1923. Codice Diplomatico Barese. Bd. 21: Les chartes de Troia. Edition et étude critique de plus anciens documents conservés à l’Archivio Capitolare 1 (1024–1266), ed. Jean-Marie Martin, Bari 1976. Codice diplomatico Barese, ed. u.a. Giovanni B. Nitto de Rossi/ Francesco Nitti de Vito, 19 Bde., Bari [u.a.] 1897–1971. Codice diplomatico Brindisino. Bd. 1: 492–1299, ed. Gennaro Maria Monti, Trani 1940. Codice diplomatico Brindisino, ed. Annibale de Leo/ Gennaro Maria Monti/ Michela Pastore Doria (Società di storia patria per la Puglia. Sezione di Brindisi), vol. 1-3, Trani 1940-2006. Codice diplomatico del Monastero benedettino di S. Maria di Tremiti (1005-1237), ed. Armando Petrucci, (Fonti per la Storia d’Italia 98/1-3) Rom 1960. Das Register Gregors VII., ed. Erich Caspar (MGH  Epp. in us. scol. 2), Berlin 1920-23. Decretales Pseudo-Isidorianae et capitula Angilramni, ed. Paul Hinschius, Leipzig 1863. Dekrete der ökumenischen Konzilien, Bd. 2: Konzilien des Mittelalters. Vom ersten Laterankonzil (1123) bis zum fünften Laterankonzil (1512–1517), hg. von Josef Wohlmuth und Giuseppe Alberigo, Paderborn 2000. Die Briefe des Petrus Damiani. Teil 2, Nr. 41-90, ed. Kurt Reindel (MGH Briefe d. dt. Kaiserzeit 4,2), München 1988. Die Chronik von Montecassino, ed. Hartmut Hoffmann (MGH SS 34), Hannover 1980. Die Kanonessammlung des Kardinals Deusdedit, ed. Victor Wolf von Glanvell, Paderborn 1905 (ND Aalen 1967). Die Register Innocenz‘ III. 5. Pontifikatsjahr, 1202/1203, ed. Andrea Sommerlechner (Publikationen des Historischen Instituts beim Österreichischen

224

Quellenverzeichnis

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Register der Orts- und Personennamen Die nachfolgenden Register verzeichnen Personen- und Ortsnamen im Haupttext. Personen wurden unter ihrer deutschen Namensform verzeichnet, sofern vorhanden. Mittelalterliche Personen werden nach Möglichkeit kurz erläutert und zeitlich belegt. Geistliche werden nach ihrem Rang oder Weihegrad gereiht. Bei Königen, Kaisern und Päpsten wurde die Regierungszeit, in allen anderen Fällen sofern ermittelbar das Todesjahr oder weitere erläuternde Daten angegeben. Nicht berücksichtigt sind moderne Autoren. Orte in Italien wurden in der Regel durch Nennung der zugehörigen Region näher bestimmt, wobei die heutige geographische Zugehörigkeit ausschlaggebend war. Italienische Ortsnamen wurden beibehalten, sofern keine gängige deutsche Ortsbezeichnung (z. B. Rom, Tarent) existiert. Bei Namensvarianten und alternativen Schreibweisen wird grundsätzlich auf das Hauptstichwort verwiesen. Folgende Abkürzungen wurden in den Registern verwendet: Bf. Bischof Bm. (hochmittelalterliches) Bistum byz. byzantinisch/e/r dt. deutsch/e/r Ebf. Erzbischof Ebm. (hochmittelalterliches) Erzbistum erzbfl. erzbischöflich erw. erwähnt Kg. König Gf. Graf Gfin. Gräfin H. Hälfte

Hl. Heilige/r it. italienisch/e/r Kgin. Königin Kl. Kloster Ks. Kaiser Ksin. Kaiserin lat. lateinisch/e/r O. Ort Ptr. Patriarch röm. römisch/e/r Terr. Territorium/Region u. und v. von zw. zwischen

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Register der Personennamen Adam IV., Hl., Abt v. S. Maria di Tremiti († 1072) 166 Adelardus, Prior des Allerheiligen-Hospitals in Brindisi (1. H. 12. Jh.)  154 Adelferius v. Trani, Hagiograph, Verfasser einer Vita des hl. Nikolaus Peregrinus (Ende 11. Jh.) 135 Agnes v. Poitou, Kgin. u. Ksin. des röm.-dt. Reiches, Gemahlin Heinrichs III. († 1077)  91 f. Aldemarius, Mönch des Kls. Montecassino, Abt v. S. Lorenzo fuori le Mura in Rom, Kardinalpriester v. S. Prassede († ca. 1073)  143 Alexander II., Papst (1061–1073)  26 f., 36, 51, 57–61, 75, 92 f., 96–103, 106–108, 111, 120, 122, 125, 129 f., 132–134 Alexander III., Papst (1059–1081)  34, 36, 38, 42–45, 48, 51, 55 f., 58–60, 84 f., 97, 115, 121–123, 146– 148, 151, 154–156, 158–160, 164 f., 167, 169 f. Alexander, Gf. v. Matera u. Conversano († nach 1142) 116 Amandus, Bf. v. Bisceglie († 1182)  146, 151, 162 Amandus, Diakon der Kirche v. Trani, Hagiograph (11. Jh.)  137 Amatus v. Montecassino, Mönch, Chronist († nach 1078)  28 Ambrosius, Mönch des Kl. Montecassino, Bf. v. Terracina († ca. 1071)  130 Ambrosius, Abt v. S. Stefano in Monopoli (1. H. 12. Jh.) 154 Anaklet II., Gegenpapst (1130–1138)  36–38, 42, 44, 50 f., 55, 81–83, 97, 115 f., 119, 125, 160, 170 Anastasius IV., Papst (1153–1154)  51, 83 Andreas, Ebf. v. Canosa-Bari († 1078)  96, 100 f., 103–105, 108, 122 Andreas, Presbyter aus Matera (2. H. 12. Jh.) 150 Angelus, Ebf. v. Bari († nach 1151)  131 Anno (II.), Ebf. v. Köln († 1075)  87, 93, 103 Anonymus Barensis, unbekannter Chronist aus Bari (2. H. 11./1. Viertel 12. Jh.)  110, 112, 166 Anselm, Ebf. v. Canterbury († 1109)  71 Argiro, Einwohner v. Bari, Vorsteher einer innerstädtischen Parteiung (1. H. 12. Jh.)  112 Arpinus, Bf. v. Polignano (letztes Viertel 12. Jh.) 151

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Arnolf, Ebf. v. Cosenza († nach 1065)  166 Arnonus, Prior des S. Sepolcro in Brindisi (1. H. 12. Jh.) 154 Baialardus, Kardinaldiakon, Ebf. v. Brindisi († ca. 1144)  77, 97, 113–115, 153, 162 Balduinus, Ebf. v. Melfi († nach 1089)  131 Benedikt, Bf. v. Biccari († nach 1067)  59 Benedikt v. Nursia, Hl., Abt († 547)  72 Berardus, Archidiakon der Kirche v. Bisceglie (2. H. 12. Jh.) 151 Bernhard v. Valence, Ptr. v. Antiochia († 1135) 80 Bernhard v. Clairvaux, Hl., Abt († 1153)  82, 172 Bertrand (II.), Ebf. v. Trani († 1187)  97, 120 f., 146, 148, 150 f., 154–160, 162 Bisantius, Ebf. v. Canosa-Bari († 1035)  100 Bisantius (I.), Ebf. v. Trani († ca. 1100)  8, 60, 69, 87 f., 96, 98 f., 102–104, 106–108, 131, 133–136 Bisantius (II.), Ebf. v. Trani († 1126)  75 f., 97, 113, 115, 136 Bisantius (III.), Ebf. v. Trani († 1150)  97, 116 Bisantius, Bf. v. Bisceglie († 1220)  151 Bohemund, Fürst v. Tarent u. Antiochia († 1111)  64, 66, 70, 76, 79 f. Bonifaz, Kardinalbf. v. Albano († ca. 1072)  92 Burchhard (II.), Bf. v. Halberstadt († 1088)  90 Caesarius, Ebf. v. Arles († 542)  89 Cafinus (auch: Casio, Cafinius), Bf. v. Conversano († nach Jan. 1180)  43 Calixt II., Papst (1119–1124)  36, 42 f., 49, 51, 71, 73–79, 97, 113–116 Clemens III., Papst (1187–1191)  36, 44, 50 f., 150 Clemens (III.) (Wibert v. Ravenna), Gegenpapst (1084-1100)  50, 62 Coelestin II., Papst (1143–1144)  51, 83, 116 Coelestin III., Papst (1191–1198)  84 Conradus, Kardinalpriester v. S. Pudenziana († ca. 1130)  163 Daniel, Bf. v. Ruvo († um 1184)  151, 156 Datto, Bf. v. Ostuni (erw. 1071)  144 Dauferius, Ebf. v. Bari († 1207)  151 Desiderius, Abt v. Montecassino (siehe Viktor III., Papst)

Register der Personennamen Diego Gelmírez, Ebf. v. Compostella († 1140) 74 Drogo v. Hauteville, Gf. v. Apulien († 1051)  13, 26, 131 Drogo (auch: Droso) v. Tarent, Ebf. († 1071) 131 Elias, Abt des Benediktinerklosters in Bari, Ebf. v. Bari († 1105)  66–71, 96, 100, 105 f., 108 f., 110, 115, 122 Eugen III., PP (1145–1153)  36, 44, 51, 56, 83, 97, 116 f., 119 f., 122, 125 f., 158 Eustachius, Ebf. v. Oria-Brindisi († 1071)  131 Falco v. Benevent, Chronist († ca. 1144)  81 Formosus, Bf. v. Lecce (1. H. 12. Jh.)  154 Friedrich I. Barbarossa, röm.-dt. Kg, Ks. (1152/1155–1190)  55 f., 85 Friedrich II., Kg. v. Sizilien (ab 1198), röm.-dt. Kg. (ab 1212), Ks. (1220–1250)  6, 15 Gaufredus Malaterra, normann. Historiograph (2. H. 11. Jh.)  63 Gelasius II., Papst (1118–1119)  36 f., 42, 73 Gerald v. Siponto (siehe Gerhard v. Siponto)  Gerhard (I.), Mönch im Kl. Montecassino, Ebf. v. Siponto († 1076)  58, 130–132 Gerhard, Kardinaldiakon v. S. Adriano († 1208) 149 Gisulf II, Fürst v. Salerno († 1090/91)  57, 132 Godinus, Ebf. v. Brindisi-Oria († um 1100)  153, 164 Goffred (Gottfried), Gf. v. Conversano († 1100) 116, 121 Gregor I. ‹der Große›, Papst (590–604)  90 Gregor VII., Papst (1073–1085)  36, 40, 56, 58, 62, 67, 87, 94, 109, 130, 133, 143 Gregor VIII., Papst (1187)  34, 51 Gregorius, Ebf. v. Oria-Brindisi († ca. 1080)  109 Guaremundus (Warmund, Garmond v. Picquigny), lat. Ptr. v. Jerusalem († 1128)  80 Guibertus. Bf. v. Ruvo († nach 1082)  131 Guido v. Vienne (siehe Calixt II., Papst) Guido (II.), Bf. v. Pavia († 1118)  90 Guido, Kardinalpresbiter v. S. Lorenzo in Damaso, Kardinalbf. v. Ostia († ca. 1150)   116 Guinizo, Schreiber in der päpstlichen Kanzlei (erw. 1063)  102 Guitmundus, Bf. v. Aversa († 1094)  64 Hadrian IV., Papst (1154–1159)  5, 36, 38, 51, 55, 83 f., 97, 120, 170

Heinrich III., röm.-dt. Kg. (ab 1039), Ks. (1046–1056) 13 Heinrich IV., röm.-dt. Kg. (ab 1056), Ks. (1084– 1105)  62, 64 Heinrich VI., röm.-dt. Kg. (1169–1197), Ks. (1191–1197), Kg. v. Sizilien (ab 1194)  6, 15 Hildebrand, Archidiakon (siehe Gregor VII., Papst) Honorius II., Papst (1124–1130)  36, 38, 42, 51, 79–82, 153, 162 f. Honrius (II.) (Cadalus v. Parma), Gegenpapst (†1072) 61 Hugo, Abt v. Cluny († 1109)  93 Hugo v. Otrano, Ebf. († zw. 1071 u. 1079)  131 Humbert, Kardinalbf. v. Silva Candida, Legat, Gelehrter († 1061)  10 f., 39, 92 Imarus (Imar), Kardinalbf. v. Tusculum. Legat († 1161)   117 Innozenz II., PP (1130–1143)  42, 44, 50 f., 56, 81–83, 115, 119, 160 Innozenz III., PP (1198–1216)  21, 88, 143– 145, 169, 172 Ivo, Bf. v. Chartes, Gelehrter, Kanonist († 1115) 95 Ivo v. Dol, Ebf. († 1081)  90 Jakob v. Melfi, Bf. († nach 1185)  151 Johannes Archidiaconus, Archidiakon der Kirche v. Bari, Hagiograph († nach 1103)  66 f., 69 Johannes VIII., Papst (872–882)  91 Johannes XIX., Papst (1024–1032)  100, 106 Johannes (Conti), Kardinaldiakon v. S. Maria in Porticu, Legat († nach März 1196)  163 Johannes, Ebf. v. Bari (abgesetzt 1151) Johannes (V.), Ebf. v. Bari († 1169)  97, 117– 122, 127 Johannes, Ebf. v. Trani (abgesetzt 1063), bis 1059 zugleich Ebf. v. Siponto  10, 60, 97–99 Johannes, Bf. v. Bisceglie (†  1072)  131 Johannes, Bf. v. Cannae († 1105)  131 Johannes, Bf. v. Giovinazzo († vor 1096)  131 Johannes v. Salisbury, Gelehrter, Bf. v. Chartres († 1180)  1, 2, 7 Johannes, Abt v. S. Nicola in Troia († nach 1129) 76 Johannes, Abt v. SS. Trinità in Venosa († vor 19. Okt. 1183)  152 Johannes Paul II., Papst (1978–2005)  47 Johanniterbrüder v. Barletta  146, 148, 150, 157 f.

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Register der Personennamen Jordan I., Prinz v. Capua, Gf. v. Aversa († 1091) 63, 132 Justinian I., oström. Ks. (527–565)  12 Konstantin IX. ‹Monomachos›, byz. Ks. (1042–1055) 14 Konstanze, Kgin. v. Sizilien (1194–1198), röm.dt. Kgin., Ksin. (1191–1197)   15, 84 Landolf, Bf. v. Tertiveri (abgesetzt 1067)  59 Landulf (IV.), Prinz v. Benevent († 1077)  144 Lantius, Bf. v. Lucera (abgesetzt 1067)  59 Laurentius, Bf. v. Siponto († 545), Hl.   72 f. Laurentius v. Rom, Märtyrer, Hl. († 258)  111, 126 Leo I. ‹der Große›, Papst (440–461)  67 Leo IX., Papst (1049–1054)  11, 14, 32, 48 Leo (I.), Bf. v. Conversano (2. H. 11. Jh.)  43 Leo Marsicanus, Mönch im Kl. Montecassino, Chronist, Kardinaldiakon v. Ss. Vito e Modesto († 1116)  129, 131 Leon, Ebf. v. O(c)hrid († 1056)  10 f. Leucius, antiker Bf. v. Brindisi, Stadtpatron, Hl. 110, 121, 123, 126 Lothar III./ v. Süpplingenburg, röm-dt. Kg. (ab 1125), Ks. (1133–1137)  82 Lucius II., Papst (1144–1145)  36, 44, 51, 83, 97, 116 f., 121, 123 Lucius III., Papst (1181–1185)  34, 36, 44 f., 51, 55, 97, 123, 146, 148 f., 151, 157, 159 f., 172 Lupus Protospatharius Barensis, Chronist († Anfang 12. Jh.)  70 Lupus, Ebf v. Brindisi († 1172)  97, 116, 121 Manfred v. S. Sabina, Kardinalpresbiter v. S. Sabina († ca. 1158)  116 Matthäus, Kardinalbf. v. Albano († 1135)  163 Maximianus v. Ravenna, Ebf. († 556)  90 Michael, Erzengel  72 Michael Kerularios, Ptr. v. Konstantinopel († 1059)  11, 108 Markus, Papst (336)  89 Nicephorus, Kleriker in Bari, Hagiograph (2. H. 11. Jh.) 69 Nikolaus I., Papst (858–867)  91 Nikolaus II., Papst (1058–1061)  6, 14, 36, 39 f., 50, 55, 57, 75, 83, 92, 99, 108, 127, 165 f., 169 Nikolaus, Bf. v. Myra, Hl., Stadtpatron v. Bari († 4. Jh.)  57, 66, 68 f., 105 f., 121, 126, 133, 136

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Nikolaus Peregrinus, Hl., Stadtpatron v. Trani († 1094)  8, 60, 87 f., 100, 120, 126, 133–136 Nikolaus v. Alba, Kardinalbf.   117 Nikolaus v. Brindisi, Bf. († ca. 1105)  109 Nikolaus, Prior v. S. Nicola in Bari (erw. 1189) 150 Oderisius II., Abt v. Montecassino († nach 1126) 163 Otto, Bf. v. Bamberg, Bf. († 1139), Hl.  90, 111 Pandulf v. Alatri, Kardinal, Verfasser v. Papstbiographien († nach 1138)  87 Paschalis II., Papst (1099–1118)  36 f., 40–44, 49, 51, 71–73, 76, 86, 91, 96, 109–111, 114– 116, 131, 147, 152, 170 Paul III., Papst (1534–1549)  70 Pelinus v. Brindisi, Hl. († 662)   123 Petrus, Apostel, Hl.   87, 90, 94, 117, 120, 122, 171 Petrus, Kardinaldiakon v. S. Maria in Via lata, Legat unter Papst Honorius II. († 1127)  154, 162 Petrus Damiani, Kardinalbf. v. Ostia, Hl., Kirchenlehrer († 1072)  60, 133 Petrus, Ebf. v. Brindisi († 1196)   97 Petrus, Bf. v. Squillace, Ebf. v. Palermo († ca. 1132) 78 Petrus I., Bf. v. Monopoli († 1076)  131 Petrus, Bf. v. Venosa († 1183  156 Petrus I., Abt v. Kl. Cava de’Tirreni, Hl. († 1122) 68 Rainald v. Bari, Ebf. († 1188)  43, 97, 122 f., 146, 148–151, 157, 159, 164 f. Rainulf, Gf. v. Alife, Hzg. v. Apulien († 1139) 82 Rainulf, Gf. v. Aversa († 1088)  132 Ravengerius/Rawenger, Ptr. v. Aquileia († 1068) 93 Richard, Gf. v. Aversa, Fürst v. Capua († 1078) 132 Richer II., Ebf. v. Sens († 1096)  93 Risus, Kardinalpriester v. S. Lorenzo in Damaso, Ebf. v. Bari († 1118)  96, 110–112 Robert, Gf. (erw. in den 1110er Jahren)  113 Robert Guiskard, Hzg. v. Apulien, Kalabrien u. Sizilien († 1085)  6, 13–15, 27, 39, 41, 56 f., 61, 63 f., 66 f., 71 Roger I., Gf. v. Sizilien († 1101)  5, 15, 27, 30, 57, 62 f., 66, 132, 170

Register der Personennamen Roger II., Gf. u. Kg. v. Sizilien (1130–1154)  1 f., 7, 15, 17, 26, 38, 44, 55 f., 78–83, 125, 160, 164, 170 Roger Borsa, Hzg. v. Apulien († 1111)  41, 64, 66, 68, 71, 76, 152 f. Romuald, Ebf. v. Salerno, Chronist († 1181)  79, 112 Romuald, Bf. v. Monopoli († 1118)  164 Sabinus, Bf. v. Canosa, Hl. († 566)  72, 105, 121, 126 Samarus, Archidiakon der Kirche v. Trani (erw. 1180er Jahre)  151, 156 f. Seniorekt, Abt v. Montecassino († 1137)  163 Sergius V., Hzg. v. Neapel († 1082)  132 Sergius, Hzg. v. Sorrent (erw. 1071)  132 Sikelgaita v. Conversano, Gfin. v. Brindisi, Frau Gf. Gottfrieds (erw. bis in die 1120er Jahre) 77, 114–116, 121, 153 f., 162 Siegfried I., Ebf. v. Mainz († 1084)  92 Silvester I., Papst, Hl. († 335)  74 Stephanus, Hl., Erzmartyrer († 36/40)  99 Stephan v. Troia, Ebf. († 1177)  131, 133 Tankred v. Conversano, Gf. v. Brindisi († nach 1133)   77, 114, 116 Tankred v. Hauteville, normann. Adeliger († um 1041)  13 f., 27, 58 Tankred, Gf. v. Lecce, Kg. v. Sizilien (1189– 1194) 15 Theodinus, Sohn v. Gf. Berard  II. v. Marsica, Mönch des Kls. Montecassino, röm. Diakon u. Archidiakon († nach 1084 o. 1089)  130 Transmundus, Abt v. S. Maria di Tremiti u. S. Clemente a Casauria, Bf. v. Valva († nach 1080) 166 Urban II., Papst (1088–1099)   5, 26, 36, 40–42, 44, 48 f., 51, 57, 61–73, 75 f., 86 f., 96, 99,

105–108, 111, 115, 120, 122, 133–136, 156, 164, 170 f. Urban III., Papst (1185–1187)  34, 36, 45, 51, 55, 149 f., 157–159 Urso/Ursus, Ebf. v. Bari († 1089)  66–68, 136 Viktor III., Papst (1086–1087) (= Desiderius, Abt v. Montecassino)  39 f., 127–130, 132, 165–167 Viktor IV. (Oktavian), Gegenpapst (1159– 1164) 50 Walter v. Thérouanne, Archidiakon, Hagiograph († 1132) 79 Wibert v. Ravenna (siehe Clemens [III.], Gegenpapst)  Wido, Bf. v. Chur († ca. 1122)  74 f. Wilhelm I. ‹der Eroberer›, Hzg. d. Normandie, Kg. v. England (1066–1087)  13 Wilhelm I. ‹der Böse›, Kg. v. Sizilien (1151/541166)  5, 15, 35, 45, 55, 83 f., 156, 170 Wilhelm II. ‹der Gute›, Kg. v. Sizilien (1166– 1189)  6, 15, 45, 155 Wilhelm II., Hzg. v. Apulien († 1127)  74, 76, 78 f. Wilhelm ‹Eisenarm›, Gf. v. Apulien († 1046)  13, 58 Wihelm I., Ebf. v. Brindisi († ca. 1118)  96, 109f., 115 Wilhelm II., Ebf. v. Brindisi († ca. 1181)  97, 121 Wilhelm IV., Bf. v. Troia († 1187)  149, 152 Wilhelm I., Ebf. v. Tyrus († ca. 1134)  80 Wilhelm II., Ebf. v. Tyrus, Historiograph († 1186) 79 Wilhelm, Prior der Kirche S. Jacobi in Molfetta (Ende 12. Jh.)  149

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Register der Ortsnamen Acerenza, O. (Basilikata), Ebm.  10 Amalfi, O. (Kampanien), Ebm.  5, 12 Anagni, O. (Latium)  85, 164 Andria, O. (Apulien), Bm.  98, 104, 106 f., 114, 118–120, 122 f., 134 f., 137 Antiochia, O.   80 Apulien, Terr.   4–12, 14 f., 18, 23, 29 f., 32, 35, 37, 40–45, 48–51, 55–58, 60 f., 63–66, 69– 72, 75 f., 78, 80, 83–86, 96, 98, 100, 102 f., 113 f., 116, 124 f., 126, 131 f., 134 f., 139, 141 f., 146 f., 152, 158–160, 162 f., 166 f., 169–171 – Grafschaft  12 – Herzogtum  12, 14, 39, 63, 71, 73–75, 77, 80, 82, 169 – Nordapulien  9, 58, 109, 124, 159 – Südapulien   18, 72, 109 – Zentral-/Mittelapulien  9, 109, 159 Aquatetta, O. (Apulien)  98, 107 Aquino, O. (Latium)  82 Aversa, O. (Kampanien)  77, 85 Babylon, O.  172 Banzi, O. (Basilikata)  Bari, O. (Apulien)  11, 14, 30, 34, 36, 40, 57, 65–70, 72, 75 f., 79, 81 f., 100–102, 105–109, 111, 118 f., 122, 124, 126, 132–134 f., 136, 148, 151 f., 166 – Ebm., erzbfl. Sitz  9, 29, 41, 43, 45, 100, 102 f., 106–111, 114, 118 f., 121–124, 126, 134 f., 159 – Basilika San Nicola  29, 57, 150 – Terra di Bari  18 Barletta, O. (Apulien)  98, 114, 120, 146 – Johanneskirche/Kirche der Johanniterbrüder 146, 150, 157 Basilikata, Terr.   10 Benevent, O. (Kampanien)  49, 51, 56, 63, 67, 72, 74–78, 80–82, 84 f., 111, 114 f., 164 – Fürstentum  12 – Ebm.  112 Biccari, O. (Apulien), Bm.  60 Bitetto, O. (Apulien), Bm.  106 Bitonto, O. (Apulien), Bm.   77, 106 Bisceglie, O. (Apulien), Bm.  98, 114, 120, 146, 163 Brindisi, O. (Apulien)  41, 43, 65 f., 69 f., 109,

254

112, 114–116, 121, 123 f., 126, 152 – Ebm., erzbfl. Sitz  9, 30, 36, 41, 43, 45, 109, 112, 114–116, 121, 124, 126, 152 – Kl. S. Maria Veterana  153 f., 159 – Allerheiligenhospital/Ognissanti  154 – Kirche S. Giovanni al Sepolcro  154 Burgos, O. (Spanien), Bm.   38, 158 Byzanz (Konstantinopel), O.  9, 12–14, 47, 64, 69, 135, 155, 161 Canne/Cannae, O. (Apulien), Bm.  101 Canosa [di Puglia], O. (Apulien)  72, 98, 100– 102, 104, 107, 112 – Kathedrale des Hl. Sabinus v. Canosa  72 – Ebm. (Canosa-Bari), erzbfl. Sitz  100, 102, 104, 108 – Kirche SS. Giovanni e Paolo  98 Capitanata, Terr.  10, 18 Capua  58, 76, 82 – Fürstentum, Grafschaft  5, 12, 81 f. Carovigno, O. (Apulien)  115 f., 121 Catanzaro, O. (Kalabrien)   77 Cattaro (Kotor), O. (Dalmatien), Bm.  101, 106, 122 f. Cava de’Tirreni, Kl. (Kampanien)  68 Ceprano, O. (Latium)  78, 83 Cisterna (Torre della Cisterna), O. (Basilikata), Bm.  98, 107, 122 Cisternino, O. (Apulien)   101 Clermont, O. (Frankreich)  48 Conversano, O. (Apulien), Bm.  43, 101 Corato, O. (Apulien)  98, 114, 120, 148, 151, 157, 160 Corfinio, O. (Abruzzen)  123 Crotone, O. (Kalabrien)   77 Cuti, O. (Apulien, Gemeinde Valenzano) – Kl. Ognissanti/Allerheiligenkloster  148, 164 Dalmatien, Terr.  85, 122, 163 Ecatera (siehe Cattaro) England, Terr.  13, 18, 49 Europa, Terr.  4, 17, 21, 25, 32, 47, 49, 86, 143, 147, 158, 161, 167, 169 f. Ferentino, O. (Latium)  85 Frankreich, Terr.  17, 47–49, 84, 111, 170 f. – Nordfrankreich  13, 94 – Südfrankreich  21

Register der Ortsnamen Foggia, O. (Apulien)  85 Gaeta, O. (Latium)  84 Gargano, Terr., Vorgebirge (Apulien)  70, 72, 75, 85, 125, 166 Giovinazzo, O. (Apulien), Bm.  101 Gnesen, O. (Polen)  20 Heiliges Land  79, 81 Iberische Halbinsel, Terr.  20, 32, 49, 158 Italien  17, 21, 34, 47 – italische/italienische Halbinsel  9, 13, 62  – Norditalien, Oberitalien  5, 22, 29, 55, 170 f. – Süditalien/Unteritalien/Mezzogiorno  2, 4–8, 12–19, 23–29, 37–45, 48–51, 55–64, 67, 70–73, 75, 77 f., 80–86, 97, 105 f., 108, 110, 113, 115, 124 f., 127–130, 132 f., 160, 163–167, 169–172 Kalabrien, Terr.  12, 14, 21, 34, 37 f., 57, 65, 77, 80, 160 Kampanien, Terr.  12, 72 Konstantinopel (siehe Byzanz) Köln, O. (Deutschland), Ebm.  20 Latium, Terr.  40, 73, 78, 85, 127 Lavello, O. (Basilikata)  98, 101, 107 Ligurien, Terr.  34, 37 f., 158, 160 Lombardei, Terr.  20 f. Lukanien, Terr.  109 Mainz, O. (Deutschland), Bm.  21 Marseille, O. (Frankreich)  84 Melfi, O. (Basilikata), Bm.  10, 39, 57 f., 63, 65, 71 f., 77, 82, 101, 106, 128, 172 Mesagne, O. (Apulien)  109, 116, 121 Messina, O. (Sizilien)  79, 84 Minervino [Murge], O. (Apulien)  98, 101, 107 Modugno, O. (Apulien)  101 Molfetta, O. (Apulien), Bm.  101, 104 – Kirche S. Jacobi  149 Monopoli, O. (Apulien), Bm.  9, 35 f., 124 – Basilianerkloster   153 – Kl. S. Stefano  43 Monte Cassino (siehe Montecassino) Monte Gargano (siehe Gargano) Monte Sant’Angelo, O. (Apulien), Kirche  75, 149 Montecassino, Kl.  8, 40, 51, 60, 73, 80, 82, 87 f., 99, 113, 127–133, 159, 163 Montemilone, O. (Basilikata)  98, 101, 107

Neapel, O. (Kampanien)  5, 12 Nicastro, O. (Kalabrien)  77 Normandie, Terr.  13, 18, 22, 158–160 Oria, O. (Apulien)  41 f., 70, 109, 115 f., 121 – Ebm. (Oria-Brindisi), erzbfl. Sitz  41, 124 – Kl. S. Barbara  123 Ostuni, O. (Apulien), Bm.  109, 115 f., 121 Ostia, O. (Latium)  84 Otrano, O. (Apulien)  67 – Terra d’Otranto  10, 18, 154 Outremer, histor. Terr.  161 Palermo, O. (Sizilien)  15, 17, 132 – Ebm., erzbfl. Sitz  78 Patrimonium Petri, histor. Terr.  5, 49, 51, 62, 127, 172 Polignano [a Mare], O. (Apulien), Bm. 101, 107 – Kloster S. Vito  98 Potenza, O. (Basilikata)  82 Putignano, O. (Apulien)  43, 148, 151 Rapolla, O. (Basilikata), Bm.  10, 67, 106, 137 Ravenna, O. (Emilia-Romagna) – Kirche S. Apollinare in Classe  90 Rocca Niceforo, Burg (Kalabrien)  78 Rom, O. (Latium)  3, 5–8, 44, 47 f., 51, 56, 60–62, 69–72, 74, 76 f., 80 f., 83–88, 90, 92, 95, 98 f., 105, 110, 116, 120, 129, 133, 135 f., 144, 148 f., 156, 160, 163–165, 169–172 – Lateran  62, 81, 110, 130, 135, 172 – Kl. San Lorenzo fuori le Mura  130 – Kl. S. Maria in Pallara  163 – Tiberinsel  62 Rossano, O. (Kalabrien)  77 Rouen, O. (Frankreich)  20 Rutigliano, O. (Apulien)  39, 43 – Kirche SS. Petri et Pauli  39 Ruvo [di Puglia], O. (Apulien), Bm.  101 S. Anna in villa Cilie, Kl.  123 S. Maria de Colonia, Kl.   121 S. Maria de Ferulella, Abtei  123 Salento/Salentinische Halbinsel, Terr.  9, 109 Salerno , O. (Kampanien), Ebm.  5, 56–58, 77, 81 f., 84 – Fürstentum   12 Salpi, O. (Apulien), Bm.  101, 158 Salzburg, O. (Österreich), Ebm.  20 f. San Germano (siehe Montecassino) Segni, O. (Latium)  85

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Register der Ortsnamen Siponto, O. (Apulien)  58–60, 72 f., 85, 121 – Dom S. Maria Maggiore  72, 149 – Ebm., erzbfl. Sitz  112, 125 Sizilien, Insel, Terr.   2, 7 f., 12 f., 17, 21, 27, 45, 47, 56 f., 62–64, 66, 78, 81, 84, 163, 170 Sizilien, Königreich  1 f., 5 f., 15, 45, 55, 81–85, 170

Troia, O. (Apulien), Bm.   60, 63, 70, 72, 75 f., 80, 82, 85, 113, 124 Troina, O. (Sizilien)  63 Tusculum, O. (Latium)  85, 122

Tarent, O. (Apulien), Ebm.  66, 70, 77–79 Taverna, O. (Kalabrien), Bm.  77 Terracina, O. (Latium), Bm.  62, 130 Trani, O. (Apulien)  10, 65, 69, 82, 99, 101–104, 106–109, 133—136, 148, 150, 155–158 – Ebm./erzbfl. Sitz  9, 30, 36, 45, 65, 76, 97 f., 99, 102–104, 106–109, 111, 114, 116, 117– 120, 122 f., 126, 134–136, 146, 148, 155, 163 Tremiti-Inseln, Inselgruppe – S. Nicola, Insel  166 – Kl. S. Maria (auf S. Nicola)  166

Velletri, O. (Latium)   123 Venedig, O. (Venetien)  85 Venosa, O. (Basilikata), Bm. – Kl. SS. Trinità di Venosa  26, 65 Veroli, O. (Latium)   85 Verona, O. (Venetien)  44, 55, 149, 172 Vieste, O. (Apulien)  85 Vitalba, O. (Basilikata)  101, 122

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Umbrien, Terr.  34, 37 f. Ungarn, Terr.  32

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Wege der Integration

Recht in den Regionen der abendländischen Kirche. Weite Teile Süditaliens erwiesen sich dabei als Sonderfall, in dem die Maßnahmen der Kirchenreform nicht mit der Wirkmächtigkeit zum Einsatz kommen konnten wie in anderen europäischen Regionen. Diese Studie erforscht u.a. anhand der päpstlichen Urkunden für die Region und der päpstlichen Jurisdiktion vor Ort, inwiefern das hochmittelalterliche (Reform-)Papsttum die Entwicklung der lateinischen Kirche in der süditalienischen Region Apulien prägen konnte und sich Integrationsprozesse vollzogen.

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ISBN 978-3-515-13234-3

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Claudia Alraum

Wege der Integration Das Papsttum und die lateinische Kirche Apuliens in normannischer Zeit (1059–1189)

Geschichte Franz Steiner Verlag

Claudia  Alraum

Als die Normannen ab der Mitte des 11. Jahrhunderts große Teile des ehemals byzantinisch geprägten Süditaliens eroberten, entstand ein Herrschaftsbereich, der sich verstärkt nach Westen orientierte. Dies hatte auch kirchliche Veränderungen zur Folge, die eine strukturelle und hierarchische Neuordnung der süditalienischen Kirchenlandschaft verlangten. In etwa zeitgleich versuchte das Papsttum in Rom, seinen Anspruch auf die universelle Leitung der Kirche sukzessiv zu verwirklichen. Damit einher ging eine innere Reorganisation und Vereinheitlichung von Verwaltung und

Historische Forschungen - Band 31