169 44 13MB
German Pages 273 [280] Year 1908
aus ihnen wurde Novellen Von
E. Müllenhoff
Zweites Tausend
Alfred Töpelmann
Verlag in Gießen
Inhalt Was aus ihnen wurde
.
Thade Reimers
Am Waisengang 5
.
.
.
Seite
1
Seite
98
Seite 140
Alle Rechte Vorbehalten.
Wa6 au6 ihnen wurde wie es regnete! Schnurgrade rieselte es auf Dächer und Pflaster nieder, bildete lehmige Pfützen bei dem Neubau und klang einförmig dumpf in den Regen rinnen. Die Straße war menschenleer, obwohl es Sonn tagnachmittag war. Nur Anna Rühl ging in ihrem roten Ausgehkleid mit hochgenommenem Nock über den weg, in der Hand den Regenschirm, den sie von ihrer
Herrschaft zu Weihnachten bekommen hatte. Vor dem brause des Photographen klappte sie ihn zusammen, daß
ein Schauer kleiner Tropfen niederfiel. „wacht doch Platz, Rinder! So kann ja kein Mensch ins Haus." „Rannst du nicht springen?" fragte einer der jun gen und versperrte ihr mit dem Bein vollends den weg. Sie stieß mit dem Schirm danach. „Mir scheint, du könntest auch was anderes tun, als Sonntagnachmittags vor den Däusern rumzulungern." „Rann ich grade nicht!" Das kleine Mädchen, das neben dem jungen saß, stand auf: „Hier kannst du durch, Anna, willst du zu Vater?"
Anna Kühls derber Mund verzog sich zum Sachen.
„Dch will meine Photographie
abholen,"
sagte sie.
„Mein Schatz geht übernächste Woche mit der Lharlotte ins Mittelmeer." t
Sie ging die Stufen hinaus.
blieben darauf zurück.
Feuchte Abdrücke
Oben klappte ein Fenster. Fräu
lein Rüschmann stellte ihre Reseden und Pantoffelblu
men auf den schmalen Vorsatz in den Regen hinaus. „Rinder," rief sie mit ihrer hohen, piependen Stimme, „werdet ihr auch nicht zu naß?" „wie ein Frosch," schrie der größte Dunge zurück.
Der andere zog einen widerstrebenden Teckel heran und wollte ihn in die Schürze des Mädchens wickeln. „Der arme Puff wird auch naß."
Die Kleine bückte sich, daß ihr die braunen Zöpfe nach vorn fielen und nahm das Tier zärtlich auf den Arm. Sie trocknete ihm die Regentropfen mit seinen
langen Mhren ab. Der Hund drückte sich gegen ihren warmen, nackten Hals. „5o’n Regensonntag ist gräßlich langweilig," meinte
der Größere wieder. „Seit einer Viertelstunde zähle ich die Tropfen, die von Bäcker Rohdes Dach fallen. Jetzt sind es ^3." „Taß uns lieber mal sehen, wieviel Regentropfen uns in einer Viertelstunde auf die Zunge fallen? Da?" schlug der Kleinere vor. Sie beugten sich alle drei vorüber und steckten die Zungen aus. Das Mädchen, das eine Stufe höher stand, ragte über die Knaben hinweg. „Richt doch, du nimmst uns alle Tropfen weg."
Da stieg sie zu ihnen hinunter.
„Ich habe neun," „ich elf," „ich siebzehn." „