Wachstumstheorie [2., völlig überarb. Aufl. Reprint 2014] 9783486794168, 9783486243321

Modernes Lehrbuch, dass den State-of-the-Art gekonnt vermittelt. Aus dem Inhalt: Fragestellungen und Bausteine. Wachst

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German Pages 223 [224] Year 1997

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Table of contents :
Teil I: Fragestellungen und Bausteine
1. Wirtschaftswachstum als Problem der ökonomischen Theorie
1.1 Wachstum als wirtschaftspolitisches Ziel
1.2 Produktions- und nutzentheoretische Grundlagen
Exkurs 1 : Rechnen mit Wachstumsraten
1.3. Abriß der Entwicklung der klassischen Wachstumstheorie
2. Bausteine von Wachstumsmodellen
2.1 Theorien und Modelle
2.2 Produktionsfunktionen
Exkurs 2: Die Faktorpreisgrenze einer makroökonomischen neoklassischen Produktionsfunktion
2.3 Konzepte des technischen Fortschritt (Klassifikationsschemata)
2.4 Sparen und Investieren
2.5 Bevölkerungswachstum
Teil II: Wachstumstheorien mit Kapital und Arbeit
3. Das Konzept des Wachstumsgleichgewichts
4. Die postkeynesianische Wachstumstheorie
4.1 Das Modell
4.2 Das Wachstumsgleichgewicht
4.3 Stabilität des Wachstumsgleichgewichts
4.4 Zur Konstanz der Produktionskoeffizienten
5. Die neoklassische einsektorale Wachstumstheorie
5.1 Das Modell
5.2 Das Wachstumsgleichgewicht
5.3 Stabilität des Wachstumsgleichgewichts
5.4 Effiziente Sparquoten und Goldene Regel
5.5 Konvergenzimplikationen
6. Die neokeynesianische Wachstumstheorie
6.1 Variabilität der Sparquote und Wachstumsgleichgewicht
6.2 Ein neokeynesianisches Wachstumsmodell
6.3 Kurzfristiges Gütermarktgleichgewicht und Vollbeschäftigung
Exkurs 3: Kaldors Technische-Fortschritt-Funktion
6.4 Langfristiges Wachstumsgleichgewicht und Stabilität
Exkurs 4: Kapitaltheoretische Aspekte der makroökonomischen neoklassischen Produktionsfunktion
7. Vergleich der Steady-State-Lösungen
8. Wachstum bei Umweltrestriktionen
8.1 Ein einfaches keynesianisches Modell mit Umweltrestriktion
8.2 Das neoklassische Wachstumsmodell mit Umweltrestriktion
8.3 Ausblick und Erweiterungen
9. Ein neoklassisches Zwei-Sektoren-Modell mit Kapital und Arbeit
9.1 Das Modell
9.2 Die Steuerung der Faktorallokation durch das Lohn-Zins-Verhältnis
9.3 Das Wachstumsgleichgewicht
9.4 Stabilität des Wachstumsgleichgewichts
Teil III: Theorie optimalen Wachstums Kapital und Arbeit
10. Intertemporale Optimalität in Modellen mit Kapital und Arbeit
10.1 Die Ramsey-Regel
Exkurs 5: Isoelastische Nutzenfunktionen
10.2 Ein „Overlapping Generations“-Modell
Exkurs 6: Gründe für eine positive Zeitpräferenzrate
11. „Neue Wachstumstheorie“: Theorie endogenen Wachstums
11.1 Die Möglichkeit endogenen Wachstums: Das AK-Modell
11.2 Der technische Fortschritt
11.3 Kopplung des technischen Fortschritts an einen rivalen Faktor
11.4 Humankapital in einem Zwei-Sektoren-Modell
11.5 Ein Wachstumsmodell mit Innovationen
Teil IV: Theorie optimalen Wachstums mit natürlichen Ressourcen
12. Theorie optimalen Wachstums in Modellen mit Kapital und natürlichen Ressourcen
12.1 Effiziente Pfade
12.2 Optimale Pfade
12.3 Kritik am Standardmodell
12.4 Übergang auf eine Backstop-Technologie
Exkurs 7: Akkumulations- und Ressourcenausbeutungspfade in einer Cobb-Douglas-Ökonomie mit konstanter Sparquote
13. Theorie optimalen Wachstums in Modellen mit Kapital, Arbeit und und natürlichen Ressourcen
13.1 Effizienter Übergang auf Backstop-Technologien
13.2 Optimalpfade
13.3 Zusammenfassung
Teil V: Anhang
14. Mathematische Methoden für dynamische Systeme
14.1 Elementare Differentialgleichungen für ökonomische Anwendungen
14.2 Einführung in die dynamische Optimierung (Maximumprinzip)
14.3 Phasendiagrammtechnik und Stabilitätsanalyse
15. Literaturverzeichnis
16. Symbolverzeichnis
17. Index
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Wachstumstheorie [2., völlig überarb. Aufl. Reprint 2014]
 9783486794168, 9783486243321

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Oldenbourgs Lehr- und Handbücher der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Bisher erschienene Werke: Altrogge, Investition, 4. A. Bamberg · Baur, Statistik, 9. A. von Böventer · Illing, Einführung in die MikroÖkonomie, 9. A. Bohnet, Finanzwissenschaft: Staatliche Verteilungspolitik Bühner, Betriebswirtschaftliche Organisationslehre, 8. A. Domschke, Logistik: Transport, 4. A. Domschke, Logistik: Rundreisen und Touren, 4. A. Domschke · Drexl, Logistik: Standorte, 4. A. Frerich, Sozialpolitik, 3. A. Gehreis, Außenwirtschaftstheorie, 2. A. Hanssmann, Einführung in die Systemforschung, 4. A. Hanssmann, Quantitative Betriebswirtschaftslehre, 4. A. Hauptmann, Mathematik für Betriebs- und Volkswirte, 3. A. Holub · Schnabl, Input-Output-Rechnung: I nput-Output-Analyse Holub · Schnabl, Input-Output-Rechnung: Input-Output-Tabellen, 3. A. Krug · Nourney · Schmidt, Wirtschafts- und Sozialstatistik, 4. A. May, Ökonomie für Pädagogen, 6. A. Meyer · Müller-Siebers · Ströbele, Wachstumstheorie, 2. A. Oberhofen Wahrscheinlichkeitstheorie, 3. A. Oechsler, Personal und Arbeit - Einführung in die Personalwirtschaft unter Einbeziehung des Arbeitsrechts, 6. A. Peters • Brühl · Stelling, Betriebswirtschaftslehre, 7. A. Schneider, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 3. A.

Wachstumstheorie Von Diplom-Volkwirt

Eric Christian Meyer Professor

Dr. Karl-Wilhelm Müller-Siebers und o. Professor für Volkswirtschaftslehre

Dr. Wolfgang Ströbele 2., völlig überarbeitete Auflage

R. Oldenbourg Verlag München Wien

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Meyer, Eric Christian: Wachstumstheorie / von Eric Christian Meyer ; Karl-Wilhelm MüllerSiebers und Wolfgang Ströbele. - 2., völlig ilberarb. Aufl. - München ; Wien : Oldenbourg, 1998 (Oldenbourgs Lehr- und Handbücher der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften) 1. Aufl. u.d.T.: Müller-Siebers, Karl-Wilhelm: Wachstumstheorie ISBN 3-486-24332-2

© 1998 R. Oldenbourg Verlag Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: (089) 45051-0, Internet: http://www.oldenbourg.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säure- und chlorfreiem Papier Gesamtherstellung: Huber KG, Dießen ISBN 3-486-24332-2

Inhaltsverzeichnis Teil I: Fragestellungen und Bausteine 1. 1.1 1.2

Wirtschaftswachstum als Problem der ökonomischen Theorie Wachstum als wirtschaftspolitisches Ziel Produktions-und nutzentheoretische Grundlagen Exkurs 1 : Rechnen mit Wachstumsraten 1.3. Abriß der Entwicklung der klassischen Wachstumstheorie . 2. Bausteine von Wachstumsmodellen 2.1 Theorien und Modelle 2.2 Produktionsfunktionen Exkurs 2: Die Faktorpreisgrenze einer makroökonomischen neoklassischen Produktionsfunktion 2.3 Konzepte des technischen Fortschritt (Klassifikationsschemata) 2.4 Sparen und Investieren 2.5 Bevölkerungswachstum

1 1 2 12 15 19 19 21 28 30 33 36

Teil II: Wachstumstheorien mit Kapital und Arbeit 3. 4. 4.1 4.2 4.3 4.4 5. 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 6. 6.1 6.2 6.3 6.4

7. 8. 8.1 8.2 8.3 9. 9.1 9.2 9.3 9.4

Das Konzept des Wachstumsgleichgewichts Die postkeynesianische Wachstumstheorie Das Modell Das Wachstumsgleichgewicht Stabilität des Wachstumsgleichgewichts Zur Konstanz der Produktionskoeffizienten Die neoklassische einsektorale Wachstumstheorie Das Modell Das Wachstumsgleichgewicht Stabilität des Wachstumsgleichgewichts Effiziente Sparquoten und Goldene Regel Konvergenzimplikationen Die neokeynesianische Wachstumstheorie Variabilität der Sparquote und Wachstumsgleichgewicht Ein neokeynesianisches Wachstumsmodell Kurzfristiges Gütermarktgleichgewicht und Vollbeschäftigung Exkurs 3: Kaldors Technische-Fortschritt-Funktion Langfristiges Wachstumsgleichgewicht und Stabilität Exkurs 4: Kapitaltheoretische Aspekte der makroökonomischen neoklassischen Produktionsfunktion Vergleich der Steady-State-Lösungen Wachstum bei Umweltrestriktionen Ein einfaches keynesianisches Modell mit Umweltrestriktion Das neoklassische Wachstumsmodell mit Umweltrestriktion Ausblick und Erweiterungen Ein neoklassisches Zwei-Sektoren-Modell mit Kapital und Arbeit Das Modell Die Steuerung der Faktorallokation durch das Lohn-Zins-Verhältnis Das Wachstumsgleichgewicht Stabilität des Wachstumsgleichgewichts

39 44 44 45 46 52 55 56 58 61 64 68 73 73 76 77 81 82 86 89 92 92 96 100 102 102 103 107 108

VI

Teil III: Theorie optimalen Wachstums Kapital und Arbeit 10. Intertemporale Optimalität in Modellen mit Kapital und Arbeit 10.1 Die Ramsey-Regel Exkurs 5: Isoelastische Nutzenfunktionen 10.2 Ein „Overlapping Generations"-Modell Exkurs 6: Gründe für eine positive Zeitpräferenzrate 11. „Neue Wachstumstheorie": Theorie endogenen Wachstums 11.1 Die Möglichkeit endogenen Wachstums: Das AK-Modell 11.2 Der technische Fortschritt 11.3 Kopplung des technischen Fortschritts an einen ri valen Faktor 11.4 Humankapital in einem Zwei-Sektoren-Modell 11.5 Ein Wachstumsmodell mit Innovationen

110 110 122 125 132 134 134 138 140 143 148

Teil IV: Theorie optimalen Wachstums mit natürlichen Ressourcen 12.

13.1 13.2 13.3

Theorie optimalen Wachstums in Modellen mit Kapital und natürlichen Ressourcen Effiziente Pfade Optimale Pfade Kritik am Standardmodell Übergang auf eine Backstop-Technologie Exkurs 7: Akkumulations- und Ressourcenausbeutungspfade in einer Cobb-Douglas-Ökonomie mit konstanter Sparquote Theorie optimalen Wachstums in Modellen mit Kapital, Arbeit und und natürlichen Ressourcen Effizienter Übergang auf Backstop-Technologien Optimalpfade Zusammenfassung

14. 14.1 14.2 14.3 15. 16. 17.

Mathematische Methoden für dynamische Systeme Elementare Differentialgleichungen für ökonomische Anwendungen Einführung in die dynamische Optimierung (Maximumprinzip) Phasendiagrammtechnik und Stabilitätsanalyse Literaturverzeichnis Symbolverzeichnis Index

12.1 12.2 12.3 12.4

13.

15g 158 163 166 173 177 1 go 180 183 188

Teil V: Anhang 190 190 193 198 207 213 215

νπ

Vorwort zur 2. Auflage Die Wachstumstheorie hat in den letzten zwanzig Jahren neue Inhalte und Fragestellungen aufgenommen. Die Stichworte "Wachstumsgrenzen", "Erschöpfbarkeit natürlicher Ressourcen" und "Umweltzerstörung" beschreiben plakativ die geänderte Einschätzung von Wirtschaftswachstum auch in der Öffentlichkeit. Andererseits wird Wachstum für die Länder der Dritten Welt als erstrebenswertes Mittel zur Wohlstandssteigerung angesehen und in den Industrieländern als Mittel zur Verringerung der Arbeitslosigkeit. Seit etwa zehn Jahren stehen vor allem Fragen nach der Entwicklung und Durchsetzung neuer Techniken im Mittelpunkt des Forschungsinteresses. Mit diesem Lehrbuch soll in deutscher Sprache eine Zusammenfassung des heutigen Standes der Theorie gegeben werden. Die inhaltlichen Schwerpunkte richten sich auf die Analyse der Möglichkeiten von Wachstum und der dann denkbaren Bestimmung von effizienten bzw. optimalen intertemporalen AUokationen. Dabei wird dem Prinzip „Vom Einfachen zum Schweren"gefolgt. Die jeweils verwendeten Modellrahmen sind problemadäquat so einfach wie möglich gewählt worden. Das Lehrbuch eignet sich als Grundlagenliteratur zur Einführung in die Thematik, sei es im Rahmen von Lehrveranstaltungen zur Allgemeinen volkswirtschaftlichen Theorie oder auch für einen entsprechenden Studienschwerpunkt. Es ist in etwa 40 Semesterwochenstunden gut zu erarbeiten. Im Rahmen einer zweistündigen Vorlesung können einige Kapitel (etwa 6,9 und 12) übersprungen werden. Vorausgesetzt werden lediglich solide Grundkenntnisse in Mikro- und MakroÖkonomik, wie sie im Grundstudium an allen Universitäten üblich sind. An die einzelnen Kapitel schließen gezielte Literaturhinweise zum vertiefenden Studium an. Lernfragen ermöglichen Selbstkontrolle bei der Erarbeitung des Stoffes. Bestimmte Themen oder formale Grundlagen, die zum Verständnis entweder notwendig sind oder vertiefend und ergänzend gelesen werden sollen, sind als Exkurse in die Kapitel eingestreut. Die formalen Grundlagen dynamischer Systeme sind für den Anfänger am Ende in einem mathematischen Anhang zusammengefaßt. Je nach Grundlagenkenntnissen z.B. aus der Produktionstheorie oder dem mathematisch-formalen Bereich können diese Zusatzthemen bearbeitet oder auch übersprungen werden. Auch wenn die vorliegende 2. Auflage nach wie vor auf dem Kern des Buchs von 1985 mit den beiden Autoren Müller/Ströbele aufbaut, haben wir eine sehr starke Überarbeitung und auch inhaltliche Erneuerung vorgenommen. Wir danken den zahlreichen Anregungen und Hinweisen von Kollegen und von Studenten, die durch konstruktive Kritik zu einer Verbesserung in dieser 2. Auflage beitrugen. Die verbleibenden Mängel gehen natürlich zu unseren Lasten. Wir danken besonders auch Herrn Alexander Smajgl, der nicht nur saubere Computer-Zeichnungen produzierte, sondern durch produktiven Einsatz zum Gelingen des druckfertigen Manuskriptes erheblich beigetragen hat. E. C. Meyer, Münster, K.-W. Müller-Siebers, Hannover W. Ströbele, Münster

Teil I: Fragestellungen und Bausteine 1. Wirtschaftswachstum als Problem der ökonomischen Theorie 1.1 Wachstum als wirtschaftspolitisches Ziel Als vorläufige Definition sei unter Wirtschaftswachstum die anhaltende Ausdehnung der Güterproduktion einer Volkswirtschaft verstanden. Der Begriff „Gut" umfaßt Sachgüter und Dienstleistungen. Wenn in den Medien über „Wirtschaftswachstum" gesprochen wird, so werden häufig ohne besondere Erläuterungen zwei Aspekte des Wachstums als positive Begründung verwendet: Wachstum „an sich" ist bereits positiv. Wenn der durchschnittliche Haushalt sich mehr Güter leisten kann, so erhöht sich damit sein Wohlbefinden. Wachstum ist demzufolge ein eigenständiges wirtschaftspolitisches Ziel, weil es den übergeordneten Zielen der Schaffung von Glück und Zufriedenheit der Bürger eines Staates zuträglich ist. Wachstum ist aber auch als mittelbares Ziel der Wirtschaftspolitik bedeutend. •

Wenn dank technischer Neuerungen oder verstärktem Maschineneinsatz in den Unternehmen die durchschnittliche Arbeitsproduktivität ansteigt, so daß dasselbe Produkt jetzt mit nur noch der Hälfte der bisher benötigten Arbeitsstunden hergestellt werden kann, dann läßt sich Arbeitslosigkeit bei gegebener Arbeitszeit nur dann vermeiden, wenn die Unternehmen das Doppelte ihrer bisherigen Produktion absetzen können. Statistisch bedeutet das dann Wirtschaftswachstum. Wachstum ist demzufolge Mittel für das übergeordnete Ziel der Vollbeschäftigung des Produktionsfaktors Arbeit.



Das Ziel einer gerechteren Einkommensverteilung ist politisch eventuell leichter erreichbar, wenn man den Schwerpunkt auf die Umverteilung von Einkommenszuwächsen setzt.



Die Entwicklung der Volkswirtschaften der Dritten Welt läßt sich bei Wachstum in den Industriestaaten besser fördern, da Entwicklungshilfe und Absatzchancen für deren Produkte positiv beeinflußt würden.

Neben dieser eher positiven Einstellung zum Wirtschaftswachstum gibt es seit Anfang der siebziger Jahre zwei neue Aspekte in der Diskussion, die seither auch in die ökonomische Theorie Eingang gefunden haben: •

Die Wünschbarkeit von Wirtschaftswachstum wird in Zweifel gezogen. Negative Effekte des Wachstumsprozesses wie Umweltzerstörung oder zunehmender Streß und Entfremdung der arbeitenden Menschen werden herausgestellt. In „Nutzeneinheiten" gerechnet, übersteigen nach dieser Argumentation die Kosten des Wachstums seine positiven Seiten. Da ein großer Teil dieser Effekte nicht über Marktmechanismen korrigiert wird, entsteht eine unerwünschte Fehlentwicklung. Eine derartige, hier natürlich überspitzt

2

Teil I: Fragestellungen und Bausteine dargestellte Position kam insbesondere nach der Studie „Die Grenzen des Wachstums" in den siebziger Jahren in die Diskussion und liegt als Grundgedanke bestimmten aktuellen ökologischen Bewegungen zugrunde.



Die Möglichkeit von anhaltendem Wirtschaftswachstum wird dadurch zweifelhaft, daß bestimmte produktionsnotwendige Ressourcen nur in endlichen Beständen verfügbar sind. Wenn ein Produktionsprozeß nur durch Entnahme von nichtregenerierbaren Ressourcen aus einer endlichen „Speisekammer" unterhalten werden kann, droht mehr als nur eine Begrenzung für Wachstum. Über einen unendlichen Zeithorizont ist es eventuell sogar unmöglich, ein Sozialprodukt zu produzieren, das eine Deckung des Existenzminimums erlaubt. Damit rücken Fragen der Substituierbarkeit von derartigen Ressourcen und im ungünstigen Fall bezüglich möglicher Wachstumsgrenzen in den Vordergrund.

Bereits diese wenigen Aspekte zum Thema Wirtschaftswachstum zeigen die Problematik eines eindimensionalen Wachstumsindikators auf. Wenn es darum geht, den Haushalten mehr Güter zur Verfügung zu stellen, ist der geeignete Wachstumsindikator besser durch Konsum/Kopf zu definieren, wobei als „Konsum" die Summe aus privat gekauften Gütern und durch den Staat bereitgestellten Gütern gelten müßte. Wenn es vorrangig um Wachstum zur Absicherung von Vollbeschäftigung geht, dann ist die Steigerung des realen Bruttoinlandsprodukts offensichtlich der geeignete Indikator. Wenn es sogar um langfristige Überlebensfragen geht, sind als zusätzliche Indikatoren neben der materiellen Güterproduktion Zahlen zur Umweltqualität und zu Rohstoffvorräten heranzuziehen.

1.2 Produktions- und nutzentheoretische Grundlagen 1.2.1 Möglichkeiten von Wachstum Wenn Wirtschaftswachstum Zunahme der Güterproduktion einer Volkswirtschaft bedeutet, dann ist als erstes zu fragen, wie es überhaupt möglich ist, daß morgen mehr Güter als heute produziert werden können. Offensichtlich müssen dafür die Produktionsbedingungen einer Volkswirtschaft näher beschrieben werden. In der Volkswirtschaftslehre verwendet man dazu das Konzept der Produktionsfunktion. Dazu sei die folgende allgemeine Produktionsfunktion formuliert: (1.1) Y = F(K,L,A,H,R,Z,V,t) mitY¡ > 0, Yu < 0, Y„ > 0 (i * j) sofern die Ableitungen existieren. Dabei bedeutet Yj die partielle Ableitung der Produktionsfunktion nach der jten Variablen. „ . ., . . „ 9F a2F . „ a2F Beispielsweise ist Yi = — und vΥπ = — - sowieΥι2 = 3K 8K 3K3L Das Produktionsergebnis Y sei ein gleichermaßen als Konsum- wie als Kapitalgut geeignetes „Sozialprodukt". Die Produktionsfaktoren seien K: Kapitalstock (Maschinen, Gebäude, Werkzeuge),

Kapitel 1 : Wirtschaftswachstum als Problem der ökonomischen Theorie

3

L: Arbeit, gemessen in Arbeitsstunden/Periode, H: Humankapital, A: technisch-organisatorisches Wissen, das die Effizienz der Produktion bestimmt, R: natürliche Ressource, die einem endlichen Bestand entnommen wird (Kupfer, Erdöl, Kohle, ...), der sich nach menschlichen Maßstäben nicht erneuert, Z: regenerierbare natürliche Ressource (Holz, Fische, Trinkwasser,...), V: Umweltqualität, t: Indikator für die Zeit, da die Produktionsfunktion i.d.R. nicht als in der Zeit konstant angenommen werden kann. Anknüpfend an Formel (1.1) lassen sich die Möglichkeiten beschreiben, ein höheres oder auch ein niedrigeres Sozialprodukt im Zeitablauf zu produzieren: 1. Wenn die Bevölkerung mit einer konstanten Rate η wächst und wenn außerdem die Erwerbsquoten und die durchschnittliche Arbeitszeit konstant sind dann wächst mit L auch das potentielle Sozialprodukt Y. Allerdings ist je nach Form der Produktionsfunktion eventuell lediglich mit konstantem oder auch abnehmendem Pro-Kopf-Konsum zu rechnen. 2. Wenn die Volkswirtschaft aus der laufenden Produktion Y einen Teil für Investitionen abzweigt und nicht die gesamte Produktion konsumiert, dann kann der Kapitalstock Κ ausgeweitet werden, was zukünftig eine höhere Produktion gestattet. Sofern der Kapitalstock dabei schneller wächst als der Arbeitseinsatz, kann es unter geeigneten Umständen auch zu wachsendem Pro-Kopf-Konsum kommen. 3. Das technisch-organisatorische Wissen A ist die Geamtheit der in einer Volkswirtschaft entwickelten Erfindungen und Entdeckungen. Dieses bezieht sich sowohl auf Produkt- als auch Verfahrensinnovationen. Dieses Wissen findet man u.a in der Form von Büchern und Patenten. Ein Teil des Wissens ist an den Menschen gebunden. Entsprechend bezeichnet man die vom Menschen erlernten Fähigkeiten als Humankapital H. In modernen Industriegesellschaften kommt diesen Produktionsfaktoren besondere Bedeutung zu. Da ein großer Teil dieses Wissens und Humankapitals nicht gratis wie Manna vom Himmel fällt, sondern durch Abzweigen von anderen Produktionsfaktoren oder durch „Opfern" eines Teils des laufenden Sozialprodukts für das Betreiben von Ausbildungseinrichtungen oder Labors aufgebaut wird, hat es formal große Ähnlichkeit mit dem Produktionsfaktor Kapital. 4. Der Einsatz natürlicher Ressourcen R aus begrenzten Beständen muß auf lange Sicht rückläufig sein, ja er muß sogar langfristig gegen 0 gehen. Sofern ein Wachstumsmodell den Einsatz begrenzter natürlicher Ressourcen berücksichtigt, ist eine der zentralen Fragen, ob der langfristig notwendige Rückgang des Ressourceneinsatzes asymptotisch gegen Null ausgeglichen werden kann durch einen hinreichend hohen Mehreinsatz der anderen Produktionsfaktoren.

4

Teil I: Fragestellungen und Bausteine

5. Die regenerierbaren natürlichen Ressourcen Ζ werden einem Bestand entnommen, der ohne menschlichen Eingriff einer natürlichen Regeneration unterliegt. Angetrieben von der Sonnenenergie findet neben der menschlichen Produktion ja eine ständige Energie- und Materialumwandlung in den natürlichen Ökosystemen statt. Durch Entnahme von Ressourcen wie Fische oder Holz innerhalb bestimmter Grenzen hat die Menschheit seit jeher diese Ökosysteme mitgenutzt. Einer beliebigen Ausdehnung des Einsatzes dieses Typs von Ressourcen steht die Anforderung der Erhaltung des Bestandes entgegen. Die Nettozunahme des Ressourcenbestandes hängt einerseits von der Bestandsgröße ab, andererseits von der Ernte Ζ und von der Umweltqualität E. In Grenzen kann durch Schaffung günstigerer Umweltbedingungen die Regenerationsfunktion sogar derart verschoben werden, daß zeitweilig eine wachsende Erntemenge möglich ist (Bewässerung, Düngung, Verringerung von natürlichen Räubern,...). 6. Die Umweltqualität V wird direkt und indirekt für den Produktionsprozeß wirksam. Man denke an Kühlwasser oder Frischluftbedarf, aber auch an das Verarbeitungsvermögen der Umwelt für bestimmte Abfalle des Produktionsprozesses. Da die Umweltqualität durch eine Steigerung von Y eher negativ beeinflußt wird, wirkt hier tendenziell eine negative Rückkopplung: je stärker die mit der Produktion verbundenen Emissionen anwachsen, desto schneller geht E zurück, desto stärker wird die Zunahme von Y abgebremst. 7. Die Effizienz der Produktionsfaktoren wird durch technischen Fortschritt erhöht. Die einfache Schreibweise, daß die Zeit t in der Produktionsfunktion auftritt, deutet an, daß hier ein Gratisfaktor wie „Manna vom Himmel" wirkt. Vor dem Hintergrund der obigen einfachen Formel sowie der obigen Aussagen lassen sich bereits einige drastisch vereinfachte elementare Wachstumsmodelle darstellen. Auf dieser ersten einfachen Ebene sollen nur einige formale Strukturierungen vorgenommen werden, die das Verständnis der später vorzustellenden Modelle erleichtern. (i) Volkswirtschaft nur mit Produktionsfaktor Arbeit Modellannahmen: (1.2) Y = c • La (1.3)

L = Lo · e nl (konstante Wachstumsrate η > 0)

Ergebnisse dieses einfachsten Modells mit wachsendem Arbeitseinsatz: (1.4) (1.5)

Y = c La0 e n a l = y = c · LQ-1 • e n ( a _ 1 ) l

Wie man sofort sieht, ist dies der einfachste Typ einer Volkswirtschaft. Die Produktion findet nur mit Hilfe von Arbeit statt, die exponentiell mit der konstanten Rate η wächst. Die Formel (1.4) für das Sozialprodukt ergibt sich durch einfaches Einsetzen von (1.3) in (1.2). Aus (1.5) ergibt sich das Pro-KopfSozialprodukt y. Falls die Produktionselastizität der Arbeit gerade gleich 1 ist (a=l), dann wird diese Volkswirtschaft praktisch wie ein Luftballon mit der

Kapitel 1 : Wirtschaftswachstum als Problem der ökonomischen Theorie

5

wachsenden Bevölkerung aufgeblasen, wobei die Pro-Kopf-Produktion konstant bleibt. Ist a > 1, so steigt die Pro-Kopf-Produktion, für a < 1 fällt sie.

L= n L

Abb. 1.1: Die Struktur des Modells (i) (ii) Volkswirtschaft nur mit Produktionsfaktor Kapital Modellannahmen: (1.6) Y = c K l a, wobei 0 < a < l dK (1.7) K = s · Y, wobei1 Κ ^ • i ^ r * ' dt Modellergebnisse: (1.8)

0

K = s · c · K 1 ", d.h. K 0 " 0 · dK = s · c · dt Y=c

κ

1-a

Y

K= sY Abb. 1.2: Die Struktur des Modells (ii) Löst man die Differentialgleichung (1.8) nach der Methode der Trennung der Variablen (siehe Mathematischer Anhang), so erhält man zwei unterschiedliche Lösungen, da sich je nach Wert von b zwei unterschiedliche Stammfunktionen ergeben. (1.9) a = 0: In Κ = s c t + const Κ = Ko · e 5 "

und

Y = c · Ko · e*'

(1.10) a > 0 : ! • Ka = s · c · t +const

M a-s-c-t + l-a

Y = c (a s c t + const.) a

Diese immer noch einfache Modellvolkswirtschaft wächst dank der positiven Rückkopplungsschleife, die durch (1.7) gegeben ist: ein höheres Sozialprodukt Y erlaubt eine höhere Investition und damit einen höheren Kapitalstock, was wiederum ein höheres Sozialprodukt ermöglicht. 1

Mit einem Punkt über dem Symbol werden im folgenden stets die Ableitungen einer Größe nach der Zeit bezeichnet. Im obigen Fall ist die zeitliche Veränderung des Kapitalstocks natürlich die getätigte Nettoinvestition.

Teil I: Fragestellungen und Bausteine

6

Im Fall a = 0 ist die laufende Produktion proportional zum Kapitalstock. Die Erhöhung des Kapitalstocks Κ ist wiederum wegen der unterstellten konstanten Investitionsquote s proportional zu Y und damit natürlich insgesamt proportional zu K, was durch Gleichung (1.8) mit a = 0 beschrieben wird. Aus (1.8) läßt sich leicht umformen für a = 0: (1.8)

£=s-c,

d.h. die Wachstumsrate des Kapitalstocks ist konstant und zwar gleich s · c. Da auch Y proportional zu Κ wächst, gilt auch hier die gleiche Wachstumsrate. Im Fall a > 0 wächst die Produktion nur unterproportional zum Kapitalstock K. Die Rückkopplung (1.7) wirkt deshalb weniger stark als im Falle a = 0, so daß kein Pfad exponentiellen Wachstums resultiert (vgl. (1.10)). (iii) Volkswirtschaft nur mit natürlichen Ressourcen aus begrenzten BestänModellannahmen: (1.11)

Y = c · Rb oo

(1.12)

J r , dt 0

Abb. 1.3: Die Struktur des Modells (iii) R ist die dem Ressourcenstock entnommene Ressourcenmenge. Sie ist der einzige Produktionsfaktor. (1.12) bedeutet entsprechend, daß die gesamte verbrauchte Ressourcenmenge niemals größer als der natürliche Ressourcenvorrat sein darf. Da eine solche Volkswirtschaft ohne eigene Produktion einem Haushalt gleicht, der sich aus einer einmal von der Natur gefüllten Speisekammer ernährt, kann man sie als „Speisekammerökonomie" bezeichnen. Die einzigen Ressourcenausbeutungspfade, die die Gleichung (1.12) erfüllen, gehen mit über alle Grenzen wachsendem t —ï °° immer gegen Null, so daß in dieser Volkswirtschaft der langfristige Wachstumspfad für die Produktion gegen Null geht: der Zusammenbruch ist unvermeidlich. Selbst für den optimistischen Fall b = 1 ist die über alle Zeiten mögliche Gesamtproduktion durch Jy,dt=c Sq o festgelegt.

Kapitel 1 : Wirtschaftswachstum als Problem der ökonomischen Theorie

7

(iv) Volkswirtschaft nur mit regenerierbaren natürlichen Ressourcen Modellannahmen: ( 1.13) Y = c · Zb

Produktionsfunktion 2

(1.14) Ñ = α · Ν - β · Ν - Ζ

(α, β> 0)

spezielle Regenerationsfunktion abzüglich Erntemenge Ζ

Wenn beispielsweise der dauerhafte Ertrag der natürlichen Ressource (Ernte = nachwachsende Menge Ñ ) maximiert werden soll, ist der Bestand Ν = α/2β anzustreben mit einer Erntemenge Ν = Ζ . Gemäß der Produktionsfunktion (1.13) ist dabei Y konstant. Da eine solche Produktionsweise mit einer Anpassung an die gegebenen Möglichkeiten der Natur durch Jagd, einfachen Ackerbau und Fischfang den Naturvölkern zu eigen ist, läßt sich plakativ das Modell (iv) als einfachste Version einer„Indianerökonomie" bezeichnen.

„INDIANERÖKONOMIE" Abb. 1.5: Die Struktur des Modells (iv)

1.2.2 Wiinschbarkeit von Wachstum Während die Möglichkeit anhaltenden Wachstums oder sogar des langfristigen Niedergangs von der Seite der zeitlichen Entwicklung der verfügbar zu machenden Produktionsfaktoren beantwortet wird, stellt sich die Frage nach der Wiinschbarkeit von Wirtschaftswachstum anders: hier sind Kriterien zur Bewer-

8

Teil I: Fragestellungen und Bausteine

tung verschiedener Wachstumspfade erforderlich. Ein repräsentativer Haushalt der Volkswirtschaft weist beispielsweise die folgende Nutzenfunktion auf: (1.15)

U = U(C,F,V) mit U¡ > 0, Uü < 0, U„ > 0(i * j), ij=C,F,V C: Konsum pro Periode F: Freizeit pro Periode V: Umweltqualität

Die Nutzenfunktion sei derart, daß der Haushalt sich unendlich schlecht fühlt, wenn er auf eine der drei Größen Konsum, Freizeit oder Umweltqualität völlig verzichten muß. Eine Gegenüberstellung der Nutzenfunktion (1.15) mit der Produktionsfunktion (1.1) zeigt bereits auf, wo Probleme entstehen können. Von den beiden Produktionsfaktoren Κ und L, die durch Investitionen bzw. Bevölkerungswachstum vermehrbar sind, gehen folgende Impulse aus: Wenn in der Produktionsfunktion (1.1) eine einprozentige Zunahme der Bevölkerung nicht mindestens zu einer einprozentigen Steigerung der Produktion führt, dann sinkt auf lange Sicht der Pro-Kopf-Konsum des einzelnen Haushalts ab. Obwohl es somit Wachstum gibt, wird der Nutzen für den einzelnen nicht sichtbar. Dieser Fall wird oben im Beispiel (i) Formel (1.5) verdeutlicht. Eine Zunahme des Kapitalstocks führt in der Produktionsfunktion (1.1) zu höherem Sozialprodukt. Aus einer gegebenen Produktion erfolgen Investitionen jedoch zu Lasten des Konsums heute, so daß ein Problem der optimalen Aufteilung von Konsum und Investitionen in der Zeit, d.h. ein intertemporales Allokationsproblem zu lösen ist. Andererseits werfen Bevölkerungswachstum und Kapitalakkumulation auch besondere Probleme auf, die sich negativ in der Nutzenfunktion des repräsentativen Haushalts niederschlagen können: Bevölkerungswachstum reduziert die vom einzelnen nutzbare Umwelt dadurch, daß immer mehr Menschen sich in dieselbe nach oben beschränkte Umweltqualität teilen müssen. Wenn als Folge einer materiellen Konsumsteigerung auch Umweltkonsum ausgedehnt werden soll, so führt dies zu überfüllten Badestränden, Skiabfahrten etc. Dieses Problem wird verschärft, wenn als Folge des Wirtschaftswachstums die Umweltqualität sogar unter ihren maximalen Wert reduziert wird, so daß eine gegenläufige Bewegung eintritt: höheres Sozialprodukt, d.h. auch höherer Konsum, machen die Umweltqualität zu einem zunehmend gefragten Gut, dessen natürliches Angebot jedoch gleichzeitig zurückgeht. Derartige Aspekte werfen die Frage nach der institutionellen Ausgestaltung für ein Finden der „guten" Allokationen auf: Während man als Ökonom bei Gütern wie Fahrrädern, Kinobesuche oder Investitionen auf Marktmechanismen vertraut, sind bei natürlichen Ressourcen oder Umweltgütern eventuell bestehende Regimes des freien Zugriffs einzuschränken, Eigentumsrechte erst neu zu schaffen oder bei Umweltqualität politische Vorgaben zu treffen und entsprechende Anreizmechanismen zu implementieren.

Kapitel 1 : Wirtschaftswachstum als Problem der ökonomischen Theorie

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1.23 Zusammenfassung Ergebnis: Die Frage nach der Möglichkeit von Wirtschaftswachstum wird durch die Produktionsfunktion und die über die Zeit verfügbar zu machenden Produktionsfaktoren (Arbeit wächst durch Bevölkerungswachstum, Kapital wächst durch Akkumulation, Rohstoffeinsätze gehen auf lange Sicht zwangsläufig zurück, ...) prinzipiell behandelbar. Die Frage nach der Wünschbarkeit von Wachstum muß im Rahmen der durch die Produktionsmöglichkeiten gegebenen Restriktionen durch die Zielfunktion die eine Nutzenbewertung enthält - geklärt werden. Bei der institutionellen Umsetzung kann einerseits für die Modellanalyse von einem quasi-staatlichen „Superplaner" ausgegangen werden oder alternativ nach dem Zustandekommen einer intertemporalen Allokation auf Märkten gefragt werden. In der Abbildung 1.6 ist die Gesamtstruktur graphisch veranschaulicht. Hieraus ergibt sich auch die naheliegende Gliederung von Wachstumsmodellen nach dem Kriterium der berücksichtigten Produktionsfaktoren. Gab in den sechziger Jahren die Betrachtung von Kapital und Arbeit - möglichst noch kombiniert mit einem exogen gegebenen technischem Fortschritt - keinen Anlaß zu Wachstumspessimismus, so wird das Bild zwangsläufig differenzierter, wenn natürliche Ressourcen und Umweltqualität berücksichtigt werden. Angesichts der Vielzahl der für eine Langfristanalyse bedeutenden Faktoren wird es wegen der ansonsten drohenden mathematischen Komplexität und formalen Unlösbarkeit von Modellen nicht das eine einzige Super-Wachstumsmodell geben können, sondern immer nur Modelle, die bereits hinreichend komplexe Wechselwirkungen von zwei bis drei Einflußgrößen darstellen. Gleichzeitig macht die Abbildung 1.6 deutlich, daß die laufende Produktion Y (Stromgröße) abhängig ist vom Einsatz von • •

Stromgrößen (Arbeit L, natürliche Ressource R oder Z, Sonnenenergie) und

Bestandsgrößen (Kapitalstock K, Wissen A, Umweltqualität V). Auch die Stromgrößen werden ihrerseits durch die Veränderung von Beständen beeinflußt (Arbeit durch Bevölkerung, Ressourceneinsatz durch Bestand S oder N). Lediglich beim Strom der Sonnenenergie können wir für menschliche Zeithorizonte davon ausgehen, daß eine Betrachtung des potentiellen Energievorrates der Sonne - der schließlich in einigen Milliarden Jahren auch erschöpft sein wird - für uns irrelevant ist. Damit zeigt die Abbildung 1.6 die theoretische Strukturierung von Wachstumsdynamik: Aus dem Wechselspiel von Strom- und Bestandsgrößen ergibt sich Wachstum oder Produktionsrückgang. Bereits aus dieser formalen Strukturierung ist abzulesen, daß eine Gesellschaft mit Wachstumspolitik nur an Stromgrößen ansetzen kann: eine Volkswirtschaft kann in einer kurzen Periode nicht den Kapitalstock, wohl aber die Investitionen um 30 % erhöhen, nicht die Umweltqualität um 50 % verbessern, wohl aber die laufenden Emissionen reduzieren.

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Teil I: Fragestellungen und Bausteine MÖGLICHKEIT VON WIRTSCHAFTSWACHSTUM WÜNSCHBARKEIT VON WACHSTUM a) Produktionsfaktoren

b) Produktionsfunktion

Nutzenfunktion

Abb. 1.6: Zur Wiinschbarkeit und Möglichkeit von Wirtschaftswachstum Die moderne Wachstumstheorie, die sich vor allem in Form auch mathematischer Modellierung entwickelt hat, läßt sich grob nach drei Kriterien unterscheiden. Graphisch dargestellt ergibt sich daraus ein „Hochhaus", dessen einzelne Stockwerke unterschiedlich ausgebaut sind (wobei einige Teilbereiche sinnvollerweise auch auf ewig als offene Terrassen stehenbleiben werden). Auch wenn dem Leser beim ersten Lesen dieses Buches das Hochhaus zunächst wenig Orientierung bietet, so erschließt sich sowohl die Ästhetik als auch die Probleme des

Kapitel 1 : Wirtschaftswachstum als Problem der ökonomischen Theorie

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derzeitigen Baus und damit die Logik der folgenden Kapitel aus der nachfolgenden Graphik.

Kapital Κ Ressource R Arbeit L

Kapital Κ Arbeit L

neoklass. Produktionsfkt, exogener techn. ^ c Fortschr. / 'neoklass. ProduktionsSparquote / fkt. mit e n d o g e n e m ^ ^ ρ techn. Fortschr. mikroökon. Theorie" konstant oder Backstopvon F & E / InnovaTechnologie tìonen SO

Sparquote aus dynamischer Optimierung

Abb. 1.7: Das Gebäude der Wachstumstheorie am Ende des 20. Jahrhunderts In den drei Raumrichtungen ergibt sich die Strukturierung nach

Teil I: Fragestellungen und Bausteine

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der Berücksichtigung der relevanten Produktionsfaktoren (Vertikal. Die bisherigen einfachsten Modelle dieses Kapitels gehören also in das Kellergeschoß, da sie jeweils nur einen Faktor explizit betrachten),



nach der Art der unterstellten Produktionsfunktion (Südost, SO) und



nach der Art wie die Entscheidung über Investition und Konsum getroffen wird (Nordost, NO).

Exkurs 1: Rechnen mit Wachstumsraten E.l.l Wachstumsraten Das einfachste Beispiel für Wachstum mit konstanter Rate liefert ein Sparbuch über S0 = 100 DM mit einem konstanten Sparzins von 5% jährlich. Nach einem Jahr beträgt das Guthaben Si = 105 DM. Da im zweiten Jahr die Zinsen auf das neue erhöhte Guthaben von 105 DM anfallen, ergibt sich S 2 = 110,25 = 1,05 · 105 = 1,05 2 · 100 DM. Geht man nun als Gedankenexperiment von der banküblichen jährlichen Zinszahlung auf monatliche Zahlungen über, so erhielte man nach einem Jahr, d.h. 12 Monaten 12Ì δ

' ®

= 1 0 0

0,05N12

Λ ' 1

1 +

1 ? J

= 105,12

D M

·

Teilt man das Jahr allgemein in η gleich lange Perioden und rechnet jeweils am Ende einer Periode (Beispiel η = 365 bedeutet tägliche Zinszahlungen) ab, so erhält man allgemein nach einem Jahr

Für verschiedene Werte von η wird S · (n/n) in der folgenden Tabelle angegeben. η

12

365

1000

105,116

105,1267

105,1270

η

»

105,1271

100 · e 0 05 105,1271

Wie man an diesem Zahlenbeispiel sieht, ergibt sich bei „sehr großer" Unterteilung des Jahres ein Zins- und Zinseszinseffekt, der durch 100 · e0,05 beschrieben wird. Die Zahl e definiert als lim (l+l/n) n wird in Wachstumsmodellen deshalb häufig verwendet. Diese Schreibweise bietet zudem den großen Vorteil, daß statt der diskreten Zeitschritte und der zugehörigen Differenzengleichungen die formal häufig bequemeren Differentialgleichungen angewendet werden können. Anmerkung: Etwa 50 % der mittelschweren ökonomischen Papers und Texte können dank der Beherrschung von einigen wenigen, leicht zu lernenden Differentialgleichungen erschlossen werden. Deshalb werden diese Grundty-

Kapitel 1 : Wirtschaftswachstum als Problem der ökonomischen Theorie

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pen in diesem Buch in den Exkursen bzw. im Anhang als „Kochrezepte" vorgestellt.

E.1.2 Die Differentialgleichung χ = a Unter einer Wachstumsrate versteht man stets die Änderung einer Größe bezogen auf ihren ursprünglichen absoluten Wert. Hat man z.B. im Zeitpunkt t einen Kapitalstock im Wert von 10 Mio. DM und investiert 0,5 Mio. DM, so daß in t + 1 der Kapitalstock 10,5 Mio. DM beträgt, so wächst der Kapitalstock um 1

^ = 0,05 = 5% 10 Im diskreten Fall gilt also stets: Wachstumsrate von χ =

Änderung

Δχ

absolute Größe

χ

In den kontinuierlichen Betrachtungen der Wachstumstheorie wird die Änderung durch die Ableitung von χ nach der Zeit abgebildet, so daß die Wachstumsrate sich dann ergibt zu: dx

Wachstumsrate von χ = — χ Im folgenden sollen deshalb χ := — u n d χ := — — als Abkürzung bedt dt χ nutzt werden, χ bezeichnet also die Wachstumsrate. Wir betrachten zunächst die Gleichung: (E. 1.1)

x(t) = x 0 e a t

Diese Gleichung differenziert nach der Zeit ergibt χ (t) = a · x 0 e a Dividiert durch (E.l.l), ergibt die Wachstumsrate von x: χ Λ axneat (E.1.2) - = x (t) = — =a Χ x0 e Gleichung (E.l.l) beschreibt somit eine Größe χ (t), die sich in der Zeit mit einer konstanten Wachstumsrate a entwickelt. Umgekehrt könnte man auch fragen: „Gibt es eine weitere Funktion x(t) mit einer konstanten Wachstumsrate a?". Aus (E.1.2) wissen wir bereits, daß mit (E.l.l) eine solche Funktion gegeben ist. Daß damit die einzige derartige Funktion gegeben ist, erhält man aus der Theorie der Differentialgleichungen. Man setzt bei Gleichung (E. 1.2) an: dx 1 _ χ _ dt χ

χ

Dann trennt man die Variablen (x nach links, t nach rechts!)

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Teil I: Fragestellungen und Bausteine

dx — = a · dt, χ und integriert. Damit erhält man In χ = a · t + const. Exponentialfunktion auf beiden Seiten liefert 2 : x = e a-, +

cons, = e cons.. e a t

=

Xo.e,-t

denn Einsetzen von t = 0 liefert die Anfangsbedingung xo = econst. Wenn für eine zeitabhängige Größe x(t) gilt, daß sie mit einer konstanten Wachstumsrate a wächst, dann gilt somit χ (t) = xo · e a

Logarithmieren er-

gibt wie oben In χ = a · t + In xo, was graphisch wie folgt dargestellt wird. In χ ' lnx = l n x 0 + a t

tan α = a

t

Abb. E . l . l Pfad mit konstanter Wachstumsrate im halblogarithmischen Maßstab

Bei exponentiellem Wachstum mit der konstanten Rate a errechnet sich die sogenannte „Verdopplungszeit" gemäß: χ (T) = 2 · x 0 , d.h. In χ (T) = In 2 + In x 0 , was eingesetzt in lnx = a t + lnx 0 mit t=T ergibt: Τ = ™ a

Verdopplungszeit bei konstanter Wachstumsrate a

Wenn die Wachstumsrate a in Prozent/Periode angegeben ist, gilt für „kleine Werte" von a (d.h. 0 < a < 10%) als gute Approximation Τ = 0,7 / a oder für die Wachstumsrate als Prozentsatz a' = 100 · a: Τ = 70 / a1. Beispielsweise verdoppelt sich demnach eine Population von Bakterien mit einer Wachstumsrate von 7 % pro Tag alle 10 Tage.

E.1.3 Rechnen mit Wachstumsraten Falls für eine zeitabhängige Größe x(t) zu einem bestimmten Zeitpunkt die Wachstumsrate ermittelt werden soll, bewährt sich folgende Regel, die kurz als „logarithmisches Differenzieren" bezeichnet wird, und die - einmal verstanden - das Rechnen mit Wachstumsraten erheblich erleichtert 2

Man erinnere sich, daß der Logarithmus die Umkehrfunktion der Exponentialfunktion ist, d.h. es gilt

Kapitel 1 : Wirtschaftswachstum als Problem der ökonomischen Theorie

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Man nehme den Logarithmus von χ und differenziere nach t:3 (E.1.3)

dlnX(t)

dt

= — · — =x(t) = Wachstumsrate (x(t)) x(t) dt

Regeln: (i)

Die Wachstumsrate eines Produkts x(t) · y(t) ist gleich der Summe der einzelnen Wachstumsraten, denn es gilt In (xy) = In χ + In y : Wachstumsrate [x · y] = x + y

(ii) Die Wachstumsrate eines Quotienten x(t) / y(t) ist gleich der Differenz der einzelnen Wachstumsraten, denn es gilt In (x / y) = In χ - In y : X Wachstumsrate [—] = χ — y y

(iii) Die Wachstumsrate einer Potenz x(t)a ist gleich dem a-fachen der Wachstumsrate χ , den es gilt In (xa ) = a · In χ : Wachstumsrate [ Xa ] = a · χ Beispiel: Man berechne die Wachstumsrate von Y = eXt · Ka · L l a

0 0 und f ' < 0. k ist eine eindeutige streng monoton wachsende Funktion des LohnZins-Verhältnisses (und umgekehrt): kî

- t . r

c) Die Cobb-Douglas-Produktionsfunktion als spezielle CES-Funktion Die Produktionsfunktion Y = F(K,L) wird hinsichtlich der relativen Leichtigkeit, mit der die Produktionsfaktoren untereinander substituierbar sind, durch die Substitutionselastizität σ charakterisiert. Im allgemeinen wird die Substitutionselastizität lokal unterschiedliche Werte annehmen - analog zur Preiselastizität der Nachfrage im Fall einer allgemeinen oder auch linearen Güternachfiragekurve. Innerhalb der Klasse aller Produktionsfunktionen sind demzufolge diejenigen ausgezeichnet, die überall die gleiche (konstante) Substitutionselastizität aufweisen. Da das englische Wort hierfür Constant-Elasticity of Substitution ist, heißt diese besondere Klasse von Produktionsfunktionen die CES-Klasse.

Die allgemeine Gleichung einer CES-Funktion lautet: (2.24)

Υ = Α·[ δ · K"p + (1-δ) · L "p ] "1/p

28

Teil I: Fragestellungen und Bausteine

Dabei stellen die Parameter A (Skalierung für die Produktionshöhe), 0 < δ < 1 (Verteilungsparameter für Lohn- und Gewinneinkommen) und ρ [Maß für die Substitutionselastizität σ = 1/(1+p)] drei exogene Größen dar, die eine Vielzahl von CES-Funktionen zulassen. Innerhalb der Klasse der CES-Funktionen sind die Cobb-Douglas-Produktionsfunktionen Υ = Κ 1 " · La enthalten, und es gilt für deren Substitutionselastizität: FlFk (1 - a ) K a L~a a-K 3-1 L1_a .... . „ ^. w σ = ——— = a—— = 1 (unabhängig 1 a a —ι—1 a e 6 von Κ, L). FFKL K L - (l-a)aK - L" Ergebnis: Die sogenannte Cobb-Douglas-Produktionsfunktion (2.25)

Υ = Κ1"" · V

ist eine spezielle CES-Funktion mit der (konstanten) Substitutionselastizität σ-1. Folgerung: Bei Entlohnung gemäß der Grenzproduktivitätsregel sind die Einkommensanteile aller Produktionsfaktoren konstant. Hinweis: Sucht man innerhalb der CES-Klasse linear-homogene Produktionsfunktionen mit einer Substitutionselastizität σ = 1, so erhält man als einzigen Typ die Cobb-Douglas-Funktion. Diese ist somit genau die Produktionsfunktion mit einer konstanten Substitutionselastizität von σ = 1. f » *|

Exkurs 2: Die Faktorpreisgrenze einer makroökonomischen neoklassischen Produktionsfunktion Unter Voraussetzung der Grenzproduktivitätstheorie der Einkommensverteilung (FL = w; FK = r) gilt: Die reale Entlohnung eines Faktors kann nur dann (zu Lasten des anderen Faktors) erhöht werden, wenn der andere Faktor relativ stärker eingesetzt wird. Die möglichen Kombinationen von Faktorpreisen werden durch die sogenannte Faktorpreisgrenze beschrieben.

E.2.1 Ableitung aus einer linear-homogenen Produktionsfunktion . κ Setze k :=— . L (E.2.1)

Y = L · f(k) = L · f

( )

Differenzieren nach L bzw. Κ ergibt: (E.2.2)

^ - = w = f(k)-k-f(k)

(E.2.3)

|^=r=f'(k)

ÓL

Letztere Funktion f (k) ist monoton fallend in k, d.h. es existiert eine Inverse k = h(r). Eingesetzt in (E.2.2) ergibt sich die Gleichung der Faktorpreisgrenze: (E.2.4)

w = f (h(r)) - h (r) · r

Kapitel 2: Bausteine von Wachstumsmodellen

29

Zur Interpretation von (E.2.4): Die Faktorpreisgrenze beschreibt die (bei gegebener Technik und Gültigkeit der Grenzproduktivitätstheorie) möglichen Faktorpreiskombinationen, die maximal erreichbar sind.

E.2.2 Steigung und Krümmung der Faktorpreisgrenze Aus (E.2.2) erhält man durch Bilden des totalen Differentials: (E.2.5)

dw = f · dk - k · Γ · dk - f · dk = - k Γ · dk.

Aus (E.2.3) folgt: (E.2.6)

dr = f ' dk. Zusammen ergeben (E.2.5) und (E.2.6)

(E.2.7)

— = - k = - h (r) < 0 d. h. die Kurve fällt dr

Daraus folgt weiterhin sofort: (E.2.8)

-^¡-y- = - h' (r) > 0,

d.h. die Faktorpreisgrenze ist eine (zum Ursprung hin) streng konvexe Funktion.

Abb. E.2.1: Die Faktorpreisgrenze

Aus der Faktorpreisgrenze ist leicht die Einkommensverteilung abzulesen. Bezeichnet man mit e die Elastizität — ·— und verwendet (E.2.7), so erhält dr

w

man e

_ d w r _ dr w

K r _ - Kapitaleinkommen L w

Arbeitseinkommen

30 (E 2 9) Beispiel:

Teil I: Fragestellungen und Bausteine Kapitaleinkommen _ AB _ EC Arbeitseinkommen BD CD Cobb-Douglas-Funktion

(E.2.10)

Y = K l a · La

(E.2.11)

H

= (l-a)-^-a=(l-a)k-a=r

| I = a(-t",=a.kI-=w 3L UJ Aus (E.2.11) erhält man: ι (E.2.12)

(E.2.13)

k

eingesetzt in (E.2.12) ergibt sich: (E.2.14)

w = a·

l-as

1-a

r

Aus (E.2.14) erhält man mit ein wenig Rechnen die Zinselastizität des Lohnes: _ dw dr

r _ 1- a w

a

D.h. die Verteilungsquoten gemäß (E.2.9) entsprechen den Produktionselastizitäten a bzw. (1-a). Die Faktorpreisgrenze ist somit eine äußerst nützliche und kompakte Zusammenfassung der Produktionsbedingungen in einer Volkswirtschaft.

2.3 Konzepte des technischen Fortschritts 2.3.1 Allgemeines Die noch immer vorherrschenden Konzepte des technischen Fortschritts sind für Wachstumsmodelle mit Kapital und Arbeit entwickelt worden und müßten bei Einbeziehung erschöpfbarer natürlicher Ressourcen modifiziert werden. Die nachfolgende Darstellung beschränkt sich auf die traditionellen Konzepte. Für die Wachstumstheorie stellt sich das Problem, den technischen Fortschritt in die Produktionsfunktion integrieren und deshalb quantifizieren zu müssen. Weil dies nicht unmittelbar möglich ist, geht sie den Umweg, technischen Fortschritt über seine Wirkungen zu messen. Dies führt zu einer Vielzahl von Konzepten, von denen die bekanntesten behandelt werden. Definition: Technischer Fortschritt liegt vor, wenn eine Erweiterung des technisch-organisatorischen Wissens eine Erhöhung des Outputs erlaubt, ohne daß der Einsatz an Produktionsfaktoren erhöht werden müßte.

Kapitel 2: Bausteine von Wachstumsmodellen

31

Man spricht ausgehend von dieser Definition von faktorvermehrendem technischen Fortschritt, weil er eine Quasi-Vermehrung der Produktionsfaktoren bewirkt, von der die einzelnen Produktionsfaktoren unterschiedlich stark betroffen sein können. Zusätzlich gibt es Auswirkungen auf die Entlohnung der Produktionsfaktoren, den Kapitalkoeffizienten ν oder andere wichtige Größen. Um diese Sekundärwirkungen, die bei bestimmten Untersuchungen stören könnten, auszuschalten, führt man die Arbeitshypothese ein, daß technischer Fortschritt bestimmte ökonomische Größen nicht beeinflußt, d.h. bezüglich dieser Größen neutral ist. Daraus ergeben sich verschiedene Klassifikationsschemata des technischen Fortschritts, die sich durch ihre Annahme über die Neutralität unterscheiden.

2.3.2 Klassifikationsschemata a) Klassifikation nach Hicks Hicks untersuchte technischen Fortschritt hinsichtlich seiner Wirkungen auf die Einkommensverteilung. Definition: Technischer Fortschritt heißt Hicks-neutral, wenn die Einkorn mens Verteilung nicht verändert wird.

D.h. bei gegebenen Faktorbeständen L und Κ muß gelten: F K ( 0 ) = F K (t) FL(0) F L (t) wobei t der Zeitpunkt ist, bei dem technischer Fortschritt gewirkt hat. Die sich nicht ändernde Relation der Faktorproduktivitäten läßt darauf schließen, daß technischer Fortschritt in gleichem Maße Κ und L quasi-vermehrt hat. Hicks neutraler technischer Fortschritt heißt deshalb auch gleichmäßig kapital- und arbeitsvermehrend. Die Produktionsfunktion lautet damit Y = em t · F (Κ, L) Ändert sich hingegen bei gegebenem Κ und L die Relation FK/FL gegenüber der Ausgangssituation, dann spricht Hicks von •

arbeitsvermehrendem technischem Fortschritt bei

M» sw > 0 gilt dann: Die volkswirtschaftliche Sparquote s = (l-a)s p + a sw ist ebenfalls konstant. (ii) S = Y - C,, wobei Ct als Kontrollvariable in einem intertemporalen Allokationsproblem fungiert, d.h. die Entscheidung über die Einkommensverwendung fällt in einem „großen dynamischen Optimierungsansatz", wobei durchaus eine in der Zeit veränderliche Sparquote resultieren kann. Investitionsfunktion : Für die Investitionen lassen sich grundsätzlich zwei Verfahren finden: (i) Eine eigenständige Investitionsfunktion wird eingeführt. Wie man sehen wird, wirft dies für die Stabilität des Wachstumspfades eventuell zusätzliche Probleme auf. Diese Stabilitätsprobleme ergeben sich beispielsweise, wenn in Ungleichgewichtssituationen eine Differenz von Marktzinssatz und Profitraten zugelassen wird. Dann kann eine Erhöhung der Profitraten als Folge eines Überhangs der Güternachfrage über das Angebot eine weitere Erhöhung der Investitionen induzieren, was das Ungleichgewicht verschärft. Im folgenden werden Modelle mit einer eigenständigen Investitionsfunktion für die keynesianischen Wachstumstheorien verwendet. (ii) Die Investitionen werden gleich der Ersparnis angenommen. Dazu ist zu unterstellen, daß der Zinssatz (der ja als wichtige Variable sowohl in der Sparfunktion als auch in der Investitionsfunktion auftritt) die Pläne von Haushalten und Unternehmen aufeinander abstimmt. Die pragmatische Begründung lautet, daß für eine längerfristige Untersuchung von Wachstum die eher kurzfristigen

Kapitel 2: Bausteine von Wachstumsmodellen

35

Koordinationsprobleme auf dem Kapitalmarkt vernachlässigt werden können. Dieser Ansatz wird in der neoklassischen Wachstumstheorie verfolgt. Um den Kontrast zwischen keynesianischen Wachstumsmodellen mit expliziter Investitionsfunktion und dem neoklassischen Ansatz, bei dem keine eigenständige Investitionsfunktion verwendet wird, deutlich zu machen, sollen die Bestimmungsfaktoren für Investitionen aus einzel- und gesamtwirtschaftlicher Perspektive im folgenden betrachtet werden. Gemäß der Investitionsrechnung führt ein Unternehmen eine Investition, beispielsweise die Anschaffung einer Maschine dann durch, wenn der Barwert der erwarteten Einzahlungsüberschüsse positiv ist. Um letztere Zahl zu ermitteln, sind die dem Projekt zuzuordnenden Auszahlungen (Kauf der Maschine, Lohnkosten, Material- und Energieverbrauch, ...) über die Lebensdauer η genauso aufzuschreiben wie die erwarteten Einzahlungen aus dem Verkauf der produzierten Güter. Über die Projektlebensdauer ergeben sich dann Einzahlungsüberschüsse D¡ (i = 1, .. ., n). In der Anfangsphase des Projekts werden keine positiven Überschüsse anfallen, weil beispielsweise die Errichtung der Anlagen einige Monate oder Jahre Zeit benötigt: dann fallen nur Auszahlungen, nicht jedoch Einzahlungen an. Einzahlungsüberschüsse in verschiedenen Perioden können durch den Zinssatz i vergleichbar gemacht werden. Der Barwert der Einzahlungsüberschüsse B W Ü =

(1 + i)

(l + i) n

entscheidet dann über die Rentabilität der Investition. Während bei dem beschriebenen Verfahren die Investition durchgeführt wird, wenn BWÜ positiv ist, könnte man alternativ eine Rendite r suchen, so daß gerade 0 = — ^ — κ . . + D " n gilt. (1 + r) (1 + r) 6 Diese Rendite r oder Profitrate des Projektes müßte größer als der Marktzins i sein, um das Projekt durchzuführen. Als Einflußfaktoren auf die Investitionsnachfrage lassen sich somit identifizieren: •

der Marktzinssatz i: Je höher i, desto niedriger ist c.p. die Investitionsnachfrage,



die erwarteten Absatzchancen: Je höher die erwartete Absatzmenge und/oder der zu erzielende Preis für das Produkt sind, desto höher ist c.p. die Investitionsnachfrage. Äquivalent läßt sich dies als Abhängigkeit der Investitionen von der Profitrate formulieren (bei gegebenem Marktzinssatz).

Hält man jeweils alle übrigen Einflußgrößen konstant, so ergeben sich die in der Abbildung 2.6 dargestellten Investitionsfunktionen in Abhängigkeit vom Zinssatz bzw. der (Eigen-)Rendite.

36

Teil I: Fragestellungen und Bausteine

I

I

I(r)

r Abb. 2.6: Investitionsfunktionen

Die neoklassische Wachstumstheorie (Solow/Swan) verwendet keine eigenständige Investitionsfunktion. Dies läßt sich etwa wie folgt begründen: Übersteigt kurzfristig die Investitionsnachfrage die Ersparnis (I > S), bewirkt die Konkurrenz auf dem Kapitalmarkt einen Zinsanstieg, der relativ schnell einen Ausgleich von I und S herbeiführt. I > S => i î => S(Y,i) Î und I(i,r) i Das jeweils kurzfristige gesamtwirtschaftliche Gütermarktgleichgewicht ist damit gewährleistet. Die keynesianischen Wachstumstheorien verwenden Investitionsfunktionen mit den Variablen •

erwartete Nachfrageentwicklung (Harrod/Domar)



erwartete Profitrate, die gesamtwirtschaftlich von der Einkommensverteilung abhängt (Kaldor/Pasinetti).

In der keynesianischen Tradition verläuft dann die Kausalität von I auf S gerichtet: Eine bestimmte Investition führt über die Multiplikatorwirkung zu einem bestimmten Sozialprodukt (solange dieses unterhalb des Vollbeschäftigungssozialprodukts liegt), was wiederum die zugehörige Ersparnis mit I = S festlegt. Hierbei entsteht die Möglichkeit kurzfristiger Instabilität. Übersteigt die Investitionsnachfrage die Ersparnis, bewirkt dies entweder optimistische Absatzerwartungen (I Î ) oder Einkommensumverteilung zugunsten der Gewinne, so daß die erwarteten Profitraten steigen (I Î). Die aus der Sicht des einzelnen Unternehmens rationale Ausweitung der Investitionen verschärft dann das Ungleichgewicht auf dem Gütermarkt. Wie sich zeigen wird, kommt der Dynamik der Erwartungsbildung in solchen Modellrahmen entscheidende Bedeutung zu.

2.5 Bevölkerungswachstum In Zusammenhang mit Wirtschaftswachstum ist die Veränderung der Bevölkerungszahl unter zwei Aspekten besonders bedeutend: Zum einen bedeutet eine wachsende Bevölkerung zumindest potentiell ein wachsendes Arbeitsangebot auf dem Arbeitsmarkt, d.h. Ausdehnung eines wichtigen Produktionsfaktors. Daß dieser Effekt für reale Volkswirtschaften nicht unbedeutend ist, läßt sich an der Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland

Kapitel 2: Bausteine von Wachstumsmodellen

37

bis zu Beginn der siebziger Jahre ablesen (Wiedereingliederung der Arbeitslosen bis 1958, Flüchtlingsstrom aus Ostgebieten und DDR bis 1961, Gastarbeiterzustrom danach). In der Realität ist natürlich zwischen der Bevölkerungsentwicklung (in Personen) und dem Arbeitseinsatz (in Arbeitsstunden) eine komplizierte Kette zu berücksichtigen, in der die Erwerbsquoten der einzelnen Altersjahrgänge, die Alterspyramide der Bevölkerung und die durchschnittliche Arbeitszeit eingehen. Für eine Untersuchung einer real existierenden Volkswirtschaft wie z.B. der Bundesrepublik Deutschland bis zum Jahr 2020 sind gerade diese Glieder der Kette von größter Bedeutung - nicht zuletzt, weil sich als Folge der beiden Weltkriege eine „gezackte" Bevölkerungspyramide herausgebildet hat, was zu „geburtenstarken" und „geburtenschwachen" Jahrgängen (bei gleichem oder nur langsam veränderlichem Fertilitätsmuster der jeweils jungen Generationen) führen kann. Alle derartigen Probleme werden in der Wachstumstheorie, wie sie im folgenden behandelt wird, ausgeklammert. Stattdessen werden die folgenden Parameter als konstant angenommen: •

Erwerbsquoten (womit von ungleichmäßiger Alterspyramide abstrahiert wird und Berufseintritts- und Ausscheidealter als konstant angesetzt werden),



Arbeitszeit der Erwerbstätigen (womit von bewußter Arbeitszeitverkürzung im Wachstumsprozeß wegen der höheren Gewichtung von Freizeit abstrahiert wird).

Mit diesen beiden Annahmen läßt sich eine proportionale Entwicklung zwischen Bevölkerungszunahme und Veränderung des Arbeitsangebots begründen. Der Einfachheit halber kann man diesen Proportionalitätsfaktor gleich Eins setzen, so daß zwischen Arbeitsangebot und Bevölkerungszahl nicht weiter unterschieden wird. Zum anderen bedeutet eine wachsende Bevölkerung eine Zunahme der Zahl zu versorgender Menschen: wenn der Konsum des einzelnen gesteigert werden soll, muß die Konsumwachstumsrate über der Rate der Bevölkerungszunahme liegen. In Ländern mit sehr hoher Bevölkerungswachstumsrate kann sich diese Aufgabe als kaum lösbar erweisen. Die Bevölkerungsentwicklung stellt damit eine wichtige Größe in Wachstumsmodellen dar. Es ist deshalb auch kein Zufall, daß sie insbesondere in den Wachstumstheorien der „Klassiker" einen zentralen Platz einnahm (Ricardo, Malthus). Die Malthusianische Sichtweise einer Bevölkerungszunahme in Abhängigkeit einer Überschreitung eines materiellen Mindeststandards stellt die einfachste Form der Endogenisierung der Bevölkerungszunahme dar: steigt die materielle Wohlfahrt (insbesondere die Nahrungsmittelversorgung) über das Existenzminimum, so steigt die Bevölkerungszahl stark an, da die natürlichen Regulative (Hunger, Krankheiten, ...) dank der guten materiellen Versorgung an Bedeutung verlieren. Dadurch wird es aber nötig, die Nahrungsmittelproduktion anhaltend mindestens genauso stark wachsen zu lassen wie die Bevölkerung. Dies ist aber nach Malthus auch bei gewissen Verbesserungen der landwirtschaftlichen Produktivität nur begrenzt möglich, so daß die Pro-Kopf-Versorgung wieder rückläufig wird, woraufhin die Bevölkerungszunahme wieder gebremst

Teil I: Fragestellungen und Bausteine

38

und auf das durch die Zunahme der landwirtschaftlichen Produktion „zulässige Maß" zurückgenommen wird (Hunger und Krankheiten sorgen wieder für höhere Mortalität).

Fragen zu Kapitel 2 1. Gegeben sei eine makroökonomische Produktionsfunktion mit den Produktionsfaktoren Kapital und Arbeit, die die Inada-Bedingungen erfüllt. a) Diskutieren Sie die Veränderung der Kapitalintensität der Arbeit bei einer Erhöhung des Lohn-Zins-Verhältnisses im Isoquantenschema und mit Hilfe der Pro-Kopf-Produktionsfunktion. b) Welche Bedeutung hat die Substitutionselastizität für Verteilungsquoten? 2. Gegeben seien zwei Sparquoten aus Löhnen sw und aus Gewinnen sp mit 0 < sw < Sp < 1. Beschreiben Sie die Auswirkungen auf die gesamtwirtschaftliche Sparquote bei einer Lohnsatzerhöhung, wenn die Produktionsfunktion (mit Inada) a) σ < 1 b) σ = 1 aufweist. 3. Diskutieren Sie den Zusammenhang von Bevölkerungsentwicklung und Einsatz des Produktionsfaktors Arbeit. 4. Verdeutlichen Sie sich die Malthusianische Argumentation anhand der Abbildung 1.6 durch Ergänzung/Modifikation der Rückkopplung auf die Bevölkerungszahl.

Literatur zum Kapitel 2 Lehrbuchdarstellungen und WISU- bzw. WiSt-Aufsätze Hesse, Linde (1976) Jones (1975) Ramanathan (1982)

Teil II: Wachstumstheorien mit Kapital und Arbeit In diesem Teil wird die moderne Wachstumstheorie mit den Produktionsfaktoren Kapital und Arbeit vorgestellt. Die Gesellschaft hat damit grundsätzlich zwei Möglichkeiten, die zukünftige Produktion zu erhöhen. Die eine Möglichkeit besteht in der Vermehrung des Produktionsfaktors Arbeit: diese wird im folgenden als exogen gegeben angenommen. Damit bleibt als Freiheitsspielraum die zweite Möglichkeit, nämlich über heutige Investitionen den Kapitalstock für die folgenden Perioden zu vergrößern. In den Kapiteln 3 bis 9 gehen wir grundsätzlich von konstanten Sparquoten entweder für die gesamte Gesellschaft oder für einzelne Gruppen aus. Wenn sich diese Annahme empirisch bestätigt, kann man mit den folgenden Wachstumsmodellen tatsächliche Wachstumsprozesse beschreiben (deskriptives Vorgehen). Fragen der Effizienz und der Optimalität - die in der Regel variable Sparquoten zulassen - werden in späteren Kapiteln behandelt

3. Das Konzept des Wachstumsgleichgewichts Vier große Fragenkomplexe sind zu behandeln: •

Existiert im Wachstumsprozeß ein Gleichgewicht?



Ist dieses Gleichgewicht eindeutig?



Ist der gleichgewichtige Wachstumspfad stabil in dem Sinne, daß bei Abweichungen vom Gleichgewicht das Gleichgewicht immer wieder erreicht wird?

Da die Betrachtung einer längerfristigen Wachstumsdynamik nur dann sinnvoll ist, wenn das ökonomische System jeweils kurzfristig stabile Gleichgewichtssituationen ansteuert, ist als vierte Frage vorab zu untersuchen: •

Welche Mechanismen sichern in der kurzen Frist Gütermarktgleichgewicht und eventuell Vollbeschäftigung?

Beispiel: Ein Radfahrer möchte von der Universität zur Stadtmitte fahren. Die oben genannten vier Fragen übersetzen sich jetzt wie folgt: •

Gibt es einen für Radfahrer erlaubten Weg, auf dem er nach einer Anfahrphase mit konstanter Geschwindigkeit in Richtung Innenstadt fahren kann?



Gibt es nur einen oder eventuell mehrere solcher Wege?



Kommt er, wenn er eine durch eine Baustelle bedingte Umleitung benutzen muß, auf den Weg wieder zurück oder nicht?

Die vorgelagerte Frage kurzfristiger Stabilität lautet dann: •

Kann der Radfahrer überhaupt radfahren oder fällt er bei schlechter Wegstrecke immer wieder vom Fahrrad?

Offensichtlich wäre der letztgenannte Fall problematisch, wenn nur Straßen mit schlechter Wegstrecke in die Innenstadt führen.

40

Teil II: Wachstumstheorien mit Kapital und Arbeit

Definition: Ein Wachstumsgleichgewicht liegt vor, wenn einerseits die kurzfristigen Gleichgewichtsforderungen (Vollbeschäftigung aller Produktionsfaktoren, Giitermarkträuraung) erfüllt sind, andererseits die Erwartungen der Wirtschaftssubjekte durch die tatsächliche Entwicklung bestätigt werden, so daß niemand Anlaß hat, seine ursprünglichen Pläne zu korrigieren. Die traditionellen Wachstumsdarstellungen klammern in der Regel den ersten Aspekt der Definition aus, indem sie unterstellen, daß kurzfristige Anpassungsprozesse zu Vollbeschäftigung und Gütermarktgleichgewicht geführt haben. Sie konzentrieren sich auf die langfristige Dynamik. In jedem Fall bleibt das Problem, die Erwartungsbildung zu präzisieren. Um diesem Problem auszuweichen, identifiziert die Wachstumstheorie sogenannte „Steady-States" (d.h. stetiges Wachstum mit konstanten Raten) mit gleichgewichtigem Wachstum. Nur bei stetigem Wachstum hätten die Wirtschaftssubjekte Anhaltspunkte für die richtige Erwartungsbildung. Nur ein sogenannter Steady-State könnte ein Wachstumsgleichgewicht sein. Definition: Steady-State heißt ein Zustand, in dem alle Variablen sich mit einer konstanten, nicht notwendigerweise auch identischen Wachstumsrate verändern. Stimmen die Wachstumsraten bestimmter wichtiger Variablen wie Arbeit, Kapital, Produktion und Konsum sogar überein, spricht man auch von „balanced growth". Die Steady-State-Wachstumsrate läßt sich einfach ermitteln, wenn man untersucht, unter welchen Voraussetzungen im Wachstum die Faktoren vollbeschäftigt sind, gleichzeitig ein Gütermarktgleichgewicht besteht und konstante Wachstumsraten aller Variablen realisiert werden können. Eine Vollauslastung der Produktionskapazitäten bedingt eine entsprechende Güternachfrage. Diese hängt, sofern der Gütermarkt geräumt wird, von der Investitionshöhe ab, die über den Multiplikator das Gesamteinkommen festlegt. Ein statisches Gleichgewicht liegt bei Annahme einer Sparfunktion S = s • Y vor, wenn (3.1)

Y

=7

1

(Gütermarkträumung, I = S), somit Ϋ = | · ί

sowie (3.2)

Y = -J- Κ

(Vollauslastung des Kapitalstocks)

ist. ν ist der Kapitalkoeffizient K/Y. Für die folgenden Überlegungen kann der Kapitalkoeffizient ν entweder über den gesamten Definitionsbereich der Produktionsfunktion konstant sein (Domar-Ansatz der postkeynesianischen Theorie) oder mit der Kapital-Arbeitsintensität K/L veränderlich sein (neoklassisches Konzept). Die Problematik des „Kapazitätseffektes" kann in einer Umgebung des aktuellen Kapitalstocks Ko diskutiert werden. Für kleine Veränderungen von K/L kann dann auch in einer neoklassischen Interpretation der Kapitalkoeffizient ν ungefähr als gegeben angenommen werden.

Kapitel 3: Das Konzept des Wachstumsgleichgewichts

41

Neben dem Einkommenseffekt (3.1) hat jede Investition einen weiteren Effekt: Sie erhöht die Produktionskapazitäten und zwar gemäß (3.2) um (3.3)

Ypot = - K = - I , V V

wobei Ypo, die maximal mögliche Produktion bei gegebenem ν darstellt. Das angenommene Vollbeschäftigungsgleichgewicht bleibt offensichtlich gerade dann erhalten, wenn die zusätzlichen Kapazitäten gerade durch die Nachfrageerhöhung gemäß (3.1) ausgelastet werden: Kapazitäts· und Einkom-

menseffekt der Investition müssen übereinstimmen. Aus der Gleichsetzung von (3.1) und (3.3) folgt die gesuchte Bedingung für ein Akkumulationsgleichgewicht:

Einsetzen von (3.4) und (3.3) in (3.1) führt auf die gleichgewichtige Produktionswachstumsrate. Sie ist nach (3.2) identisch mit der Akkumulationsrate des Kapitals I/K: (3.5)

Ϋ=Κ= Î=— ν

Neben dem Kapital muß auch der zweite Produktionsfaktor Arbeit im SteadyState vollbeschäftigt sein. Die Veränderungsrate der Bevölkerung bzw. des Arbeitsangebots sei n. Ohne technischen Fortschritt sind die Wachstumsraten von Κ und L bei linear-homogenen Produktionsfunktionen genau dann gleich, wenn auch der Arbeitseinsatz mit der Rate s/v wächst. Unter Berücksichtigung von (3.5) ist das Wachstumsgleichgewicht damit durch folgende Bedingung gekennzeichnet: (3.6)

Ϋ=—=η ν

In Anlehnung an Harrod wird s/v als befriedigende, η als natürliche Wachstumsrate bezeichnet. Diese Argumentation kann auch grafisch mit Hilfe von Abbildung 3.1 nachvollzogen werden. Der obere Quadrant bildet das bekannte Keynessche Einkommen-Ausgaben-Modell ab. Die Nachfrage setzt sich aus autonomen Investitionen und dem einkommensabhängigen Konsum zusammen. Auf der Winkelhalbierenden liegen alle möglichen Gütermarktgleichgewichte. Mit der Güternachfrage YD = (l-s)Y+I 0 ergibt sich das Gleichgewicht im Punkt A. Die Investitionen Io haben nun aber zugleich einen Kapazitätseffekt, der im unteren Quadranten der Abbildung behandelt ist. Hier ist eine lineare Technologie angenommen, so daß das Produktionspotential Y ^ durch die Investition ΔΚ = Ι 0 um ΔΥ ρο , = ^ Δ Κ = -J-I wachsen kann. Durch diese Produktionssteigerung wächst der Konsum um (l-s)AY, was wieder im oberen Quadranten abgelesen werden kann. Dieses reicht aber noch nicht, um ein Gütermarktgleichgewicht zu erreichen. Zusätzlich müssen die Investitionen um ΔΙ wachsen (d.h. die Güternach-

42

Teil II: Wachstumstheorien mit Kapital und Arbeit

fragekurve muß um ΔΙ nach oben verschoben werden), um ein neues Gleichgewicht im Punkt Β zu erreichen. Es müssen also gerade soviel neue Investitionen induziert werden, daß die gesamte Produktion Y nachgefragt wird. Durch die erste Investition I 0 wurde also ein (potentieller) Outputzuwachs ΔY induziert, der nun seinerseits einen Investitionszuwachs von ΔΙ induziert, so daß in der nächsten Periode Ii = Ιο + ΔΙ investiert wird. Das bedeutet zugleich, daß das Wachstum in der Zukunft Wachstum in der Gegenwart erfordert, da nur auf diese Weise zusätzliche Investitionen induziert werden können.

s

v

ν

Abb. 3.1: Kapazitätseffekte und Einkommenseffekte von Investitionen

Die Gleichung (3.6) für das Wachstumsgleichgewicht ist Ausgangspunkt der Darstellung unterschiedlicher Theorieansätze in den folgenden Kapiteln. Es wird stets zu klären sein, ob die Gleichheit von befriedigender und natürlicher Wachstumsrate möglich ist, ob also gleichgewichtiges Wachstum existieren

Kapitel 3: Das Konzept des Wachstumsgleichgewichts

43

kann. Die Theorien führen zu unterschiedlichen Beurteilungen: Aus postkeynesianischer Sicht sind die drei Variablen s, ν und η exogen gegeben. Es ist deshalb höchst unwahrscheinlich, daß (3.6) erfüllt wird. Neoklassische und neokeynesianische Ökonomen widersprechen dieser Ansicht. Die modellendogene Festlegung von ν bzw. s ermöglicht bei ihnen die Existenz und Stabilität von Steady-States unter geeigneten Bedingungen. Ergebnis: Ein Wachstumsgleichgewicht ist charakterisiert durch Vollbeschäftigung aller Produktionsfaktoren, Räumung des Gütermarkts und die Konstanz der Systemwachstumsrate. Eine Konstanz der Wachstumsrate ist die einzig plausible Voraussetzung für immer „richtige" Erwartungsbildung. Die Gleichgewichtswachstumsrate ergibt sich aus der Forderung nach Vollbeschäftigung der Faktoren. Auslastung der Produktionskapazitäten bedingt ein Kapazitätswachstum mit der Rate s/v (befriedigende Rate), Vollbeschäftigung des Faktors Arbeit erfordert Wachstum mit der natürlichen Rate n. Die globale Gleichgewichtsbedingung ist damit: (3.7)

Ϋ=Κ= Î=— ν

Fragen zu Kapitel 3: 1. Erläutern Sie die Begriffe „Steady-State" and „Balanced Growth". 2. Machen Sie sich den Unterschied zwischen kurzfristiger Betrachtungsweise in der MakroÖkonomik und langfristiger Betrachtungsweise in der Wachstumstheorie klar. Erläutern Sie insbesondere den „ E i n k o m m e n s e f f e k t " und den „Kapazitätseffekt" von Investitionen.

4. Die postkeynesianische Wachstumstheorie 4.1 Das Modell Die oben angestellten allgemeinen Überlegungen zum Wachstumsgleichgewicht sind in Teilen bereits Element der postkeynesianischen Theorie. Der Hinweis, daß Investitionen nicht nur einen Einkommenseffekt sondern auch einen Kapazitätseffekt haben, stammt von Domar, der neben Harrod Begründer der postkeynesianischen Theorie ist. Beide Autoren leiteten die grundlegende Beziehung (3.6) ab. Aufgrund ihrer Modellannahmen kommen sie jedoch zu dem pessimistischen Ergebnis, daß die Existenz eines Steady-State höchst unwahrscheinlich sei. Die Untersuchung einer globalen Stabilität, in allen Wachstumsuntersuchungen der zweite große Fragenkomplex, erübrigte sich deshalb. Statt dessen beschäftigte sich Harrod mit einer eingeschränkten Stabilitätsbetrachtung. Er versuchte nachzuweisen, daß die befriedigende Wachstumsrate instabil sei, daß also langfristig selbst bei ausreichendem Arbeitsangebot eine Vollauslastung der Produktionskapazitäten nicht zu erwarten sei. Die nachfolgenden Ausführungen lehnen sich stark an die Argumentation von Harrod unter Berücksichtigung neuerer Diskussionen zur Stabilitätsproblematik an. Modell: Produktionsfunktion

(4.2)

Y = Min (—K,—L) ν u S = sY

(4.3)

I = vY

Investitionsfunktion

(4.4)

K=I

(4.5)

L = nL

(4.1)

Sparfunktion

Bewegungsgleichungen

exogen gegeben sind: Ko, Lo, s, ν, u und η Notation: Y S ν η

Gesamtproduktion Κ Kapitalstock Ersparnisse I Investitionen Kapitalkoeffizient u Arbeitskoeffizient Bevölkerungswachstumsrate

Die linear-limitationale Produktionsfunktion (4.1) ist zwar nicht unbedingt im Sinne Harrods, kann aber zur Vereinfachung zunächst verwendet werden. Es gehen Kapital und Arbeit als Produktionsfaktoren ein, wobei das Arbeitsangebot mit der exogen gegebenen Rate η wächst (4.5). Wichtig ist, daß keine oder nur geringe Substitutionsmöglichkeiten zwischen Arbeit und Kapital bestehen, so daß der Lohn-Zins-Mechanismus unwirksam wird. Die Investitionshöhe wird durch eine Akzeleratorfunktion erklärt, wobei hier bereits anzumerken ist, daß (4.3) lediglich auf dem Gleichgewichtspfad gelten kann. Weil der Akzelerator auf dem Gleichgewichtspfad stets denselben Wert annimmt wie der Kapitalkoeffizient, wurde für beide dasselbe Symbol ν gewählt. Dieses sollte jedoch nicht die unterschiedliche Interpretation verbergen. In Gleichung (4.1) wird das Produktionspotential mit Hilfe des Kapitalkoeffizienten

Kapitel 4: Die postkeynesianische Wachstumstheorie

45

durch den Kapitalstock erklärt bzw. dessen Änderung durch die Investitionen. In Gleichung (4.3) hingegen werden die Investitionen durch die Änderung des Sozialprodukts bestimmt. Der Kapitalkoeffizient ist ein Technologieparameter mit dessen Hilfe sich vom Kapitalstock auf das Produktionspotential schließen läßt, wogegen der Akzelerator ein Verhaltensparameter ist, mit dem man aus der Sozialproduktänderung die Investitionsaktivität bestimmen kann. Im Ungleichgewicht bei Unter- oder Überauslastung der Kapazitäten werden die Unternehmen versuchen, den Kapitalstock an die tatsächliche Nachfrage und nicht an den Anstieg der Nachfrage, die zur Erfüllung der befriedigenden Wachstumsrate nötig ist, anzupassen. Angenommen wird, daß die Produktivität der in einer Periode möglichen Investitionen ausreicht, die in derselben Periode erwartete Nachfragesteigerung zu realisieren. Nur dadurch ist die Gleichsetzung des Akzelerators ν mit dem Kapitalkoeffizienten gerechtfertigt. Finanziert werden die Investitionen aus Ersparnissen, die einen konstanten Teil des Sozialprodukts ausmachen.

4.2 Das Wachstumsgleichgewicht 4.2.1 Das kurzfristige Gleichgewicht Auf dem Gütermarkt bestimmt in der kurzen Frist die Nachfrage die Produktion. Die bekannte keynesianische Multiplikatorbeziehung sorgt für die Anpassung der Ersparnisse - durch geeignetes Sozialprodukt Y - an die gegebenen Investitionen. Auf dem Arbeitsmarkt sind Lohn-Zins-Bewegungen im Falle von Arbeitslosigkeit angesichts der Produktionsfunktion (4.1) als Ausgleichsmechanismus nicht möglich. Vollbeschäftigung könnte somit nur zufällig durch ein hinreichend hohes Sozialprodukt erreicht werden.

4.2.2 Das langfristige Gleichgewicht Die langfristige Analyse baut auf der Annahme des Gütermarktgleichgewichts auf: Igep = Sgepl. Nach Einsetzen von (4.2) und (4.3) sowie wenigen Umformungen entsteht: (4.6)

Y= -, ν Damit ein Wachstumspfad mit dieser Wachstumsrate erreichbar ist, muß unterstellt werden, daß hinreichend Arbeitskräfte verfügbar sind. Arbeit wächst mit der konstanten Rate n. Über längere Zeit kann also die Wachstumsrate s / ν nicht größer als η sein: (4.7)

Ϋ = —< η ν Als Spezialfall ergibt sich: Wenn die Gesellschaft erstens aus einer Situation mit Vollbeschäftigung startet und zweitens (4.7) mit Gleichheit gilt, dann befindet sie sich auf einem Steady-State-Wachstumspfad. Damit existiert auch in diesem Modell die Möglichkeit gleichgewichtigen Wachstums. Da aber s, ν und η exogene Variablen sind, wird die Steady-State-

46

Teil II: Wachstumstheorien mit Kapital und Arbeit

Bedingung (3.6) nur zufällig erfüllbar. Falls diese Konstellation vorliegen sollte, wäre das Wachstumsgleichgewicht auch eindeutig. Wahrscheinlicher ist aber, daß befriedigende und natürliche Wachstumsrate nicht übereinstimmen. Ergebnis: Es ist im postkeynesianischen Modellrahmen schon in der kurzfristigen Betrachtungsweise unwahrscheinlich, daß Vollbeschäftigung aller Produktionsfaktoren herrscht. Die Existenz eines Wachstumsgleichgewichts hängt von der zufälligen Übereinstimmung der exogenen Parameter η und s / ν ab.

4.3 Stabilität des Wachstumsgleichgewichts Eine Stabilitätsuntersuchung einer Steady-State-Lösung macht nur Sinn, wenn ein Wachstumsgleichgewicht mit s/v = η existiert. Da im Modell die Wachstumsdynamik durch die Akkumulation bestimmt ist, ist in einem ersten Schritt die Stabilität des Wachstumspfades mit der befriedigenden Wachstumsrate zu untersuchen. Falls dieser Wachstumspfad instabil ist, dann ist auch das möglicherweise existierende Wachstumsgleichgewicht instabil. Wenn jedoch kein Steady-State existiert (s/v Φ η), liefert uns diese Untersuchung dennoch Erkenntnisse über den tatsächlichen Wachstumspfad.

4.3.1 Stabilität der befriedigenden Wachstumsrate Untersucht wird, ob die befriedigende Wachstumsrate s/v stabil ist. Dabei wird angenommen werden, daß s/v < η ist, also vom Arbeitskräftepotential keine Beschränkung des Produktionswachstums ausgeht. Zum richtigen Verständnis der Stabilitätsbetrachtung müssen zwei verschiedene Interpretationen von Gleichung (4.6) Ϋ = s / ν unterschieden werden: •



Yuts =

: Der tatsächliche (d.h. in der Realität beobachtete) Kapitalkoeffiuts zient ist v t a t s . Das aktuelle Sozialprodukt bestimmt sich dann als Quotient von Sparquote und Kapitalkoeffizienten. Die Gleichung wird als Bestimmungsgleichung interpretiert. Der tatsächliche Kapitalkoeffizient ist nicht fest, sondern kann in ungleichgewichtigen Situationen variieren, da er sich aus tatsächlichen (beobachteten) Werten ergibt. Der Kapitalkoeffizient vmts kann von ν = vopt bei Normalauslastung abweichen. v

Y = — : Wenn als Kapitalkoeffizient der (technisch) optimale Wert ν = vopt bei V Normalauslastung angesetzt wird, beschreibt die Gleichung für Ύ eine Gleichgewichtsbedingung, für den Wachstumspfad. Dieses Wachstum befriedigt gerade die technisch gegebenen Produktionsmöglichkeiten. Harrod argumentiert nun folgendermaßen: Angenommen die Wachstumsrate der Investitionen sei in einer Periode niedriger als s / v. Über den Multiplikator kommt es dann zu einer ebenfalls verminderten Einkommenssteigerung, deren Rate auch s/v unterschreitet; denn kurzfristig werden die Ersparnisse durch eine Veränderung der Produktion an die Investitionen angepaßt. Aus der Gleichgewichtsbedingung des Gütermarktes I = sY, folgt Y = î < s / ν . Reichte die Nachfrage zuvor aus, die Kapazitäten auszulasten, so besteht nun ein Überange-

Kapitel 4: Die postkeynesianische Wachstumstheorie

47

bot, die eine Unterauslastung der Kapazitäten zur Folge hat. Dadurch erhöht sich der tatsächliche Kapitalkoeffizient K/Y bzw. die Kapitalrendite sinkt. Der tatsächliche Kapitalkoeffizient ist somit höher als der Kapitalkoeffizient bei Normalauslastung. Die Folge ist eine weitere Abnahme der Investitionstätigkeit mit allen bereits beschriebenen Konsequenzen. Letztendlich hat ein Prozeß eingesetzt, der immer weiter vom Pfad befriedigenden Wachstums wegführt. Einzelwirtschaftlich verhält sich das Unternehmen also rational, indem es auf Unterauslastung seiner Kapazitäten mit einer Reduktion seiner Investitionen reagiert. Jedoch führt dieses gesamtwirtschaftlich immer weiter vom befriedigenden Wachstumspfad weg; denn die Unternehmen realisieren nicht, daß durch die Reduktion ihrer Investitionen über den Multiplikatorprozeß ein noch größerer Nachfrageausfall induziert wird, der in der Folgeperiode zu zusätzlichen Überkapazitäten führt. Der gleiche Prozeß, allerdings mit umgekehrten Vorzeichen, wird nach Harrod in Gang gesetzt, wenn die Produktionskapazitäten einmalig überausgelastet sind. Harrod spricht in diesem Zusammenhang vom „Wachstum auf des Messers Schneide". Trotz dieser einleuchtenden Argumentation kann die Instabilität der befriedigenden Wachstumsrate formal nicht ohne weiteres nachgewiesen werden. Weil dies von Harrod auch nicht versucht wurde, besteht das Problem der Spezifizierung von Harrods Investitionsfunktion für Ungleichgewichte. Die Investitionsfunktion als einzige zeitabhängige Funktion bildet den Ausgangspunkt der Stabilitätsuntersuchung. Sie muß im Ungleichgewicht die Reaktion der Unternehmen auf Fehlauslastungen des Kapitalstocks angeben. Die Fehlauslastung zeigt sich in der Differenz von (zur Befriedigung der Nachfrage) erwünschtem und tatsächlichem Kapitalstock: (4.8)

h t = Kf™ - K ^ = vYt - K t

Im folgenden werden zwei Modelle mit unterschiedlichen Investitionsfunktionen dargestellt, mit deren Hilfe auch das Verhalten der Investitionen in Ungleichgewichtssituationen beschrieben werden kann. Obwohl beide plausible Anpassungen des Kapitalstocks formulieren, kommen sie doch zu unterschiedlichen Ergebnissen. „Wachstum auf des Messers Schneide" muß deshalb nicht unbedingt eine Implikation postkeynesianischer Argumentation sein. Modell I : Die Unternehmen reagieren mit der Investitionswachstumsrate auf Veränderungen der Kapazitätsauslastung. Jede Verschlechterung zieht einen Rückgang von I nach sich: dî > • > — = 0 für h=0 dt < < Ein einfacher Sonderfall dieser Anpassungshypothese ist die folgende Differentialgleichung (4.10), die exemplarisch gelöst werden soll. (4.9)

48 (4.10)

Teil II: Wachstumstheorien mit Kapital und Arbeit ^ = dt Y

mit a > 0

a soll eine positive Konstante sein, die das Tempo der Anpassung bestimmt. Bei Berücksichtigung von (4.8) wird (4.10) zu dî - I — = a(vY ) dt Y Unterstellen wir ein Gütermarktgleichgewicht mit Y = I/s, erhalten wir eine inhomogene Differentialgleichung 1. Ordnung in Y. dY - I (4.12) — = a(vY ) = a(vY-s) dt Y Sie hat die Lösung (vgl. Mathematischer Anhang) (4.11)

(4.13)

Y(t) = - + eavt (Ϋ(0) - s/v) ν

(4.13) zeigt die Instabilität der befriedigenden Wachstumsrate. Bei anfänglicher Abweichung der tatsächlichen Wachstumsrate von s/v (d.h. Y(0) * s / ν ) bewegt sich die tatsächliche Wachstumsrate immer weiter von der Wachstumsrate bei Normalauslastung weg. Es entsteht das scheinbar absurde Ergebnis, daß eine zu rege Investitionstätigkeit eine Kapazitätslücke schafft und verstärkt. Die Erklärung ist jedoch einfach. Da I = Y, verursacht eine zu hohe Investitionswachstumsrate eine Nachfragesteigerung, die über die Zunahme der Bestandsgröße Kapital hinausgeht (Υ > K). Es kommt zur Kapitalknappheit, die sich verstärkt, weil die Unternehmen noch mehr investieren. Damit vergrößert sich die Differenz von Κ und Y weiter, ohne daß die Anpassungsfunktion die Entwicklung dämpft. Die Grenze des Booms ist erst in Sicht, wenn der Auslastungsgrad der Kapazitäten nicht weiter gesteigert werden kann, so daß die geplanten Investitionen nicht länger realisierbar sind. Eine solche Möglichkeit ist in den obigen Gleichungen allerdings nicht berücksichtigt. Die Anpassungshypothese (4.10) ist damit ein Beispiel für eine Fehlreaktion der Unternehmen. Die Korrektur der Investitionswachstumsrate geht im Ungleichgewicht in die falsche Richtung. Eine Beseitigung der Überauslastung erfordert eine Senkung von I und Y. Obwohl ein solches Verhalten einzelwirtschaftlich zunächst wenig plausibel erscheint, kann es doch Ergebnis einer auch aus Unternehmenssicht sinnvollen Investitionspolitik sein. Ein Beispiel für eine derartige Reaktion ist in Modell II wiedergegeben. Modell II Das Investitionsverhalten wird durch eine Akzeleratorfunktion beschrieben, die an die gleichgewichtige Investitionsfunktion (4.3) angelehnt ist. (4.14)

I = vY + ah mit 0 < a < 1

Kapitel 4: Die postkeynesianische Wachstumstheorie

49

a gibt den Anteil an, um den die Fehlauslastung beseitigt werden soll. Liegt keine Fehlauslastung vor (a = 0), so impliziert (4.14) die gleichgewichtige Investitionsfunktion. Im Giitermarktgleichgewicht wird (4.14) zu1 : K =—K+a—K-aK s s oder (4.15)

K+K(a--)-a-K = 0 ν ν (4.15) ist eine homogene Differentialgleichung 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten. Sie läßt sich durch den folgenden Ansatz lösen: K=e r t Demnach ist K = rert K = r2

und

en.

Durch Substitution erhalten wir aus (4.15): (r2 + (a - — )r - a —) · e" = 0 ν ν Diese Gleichung wird stets erfüllt, wenn der Klammerausdruck Null wird, r muß dann sein: (4.16)

φ

s - a v , Í s 2 + 2asv + a 2 v 2 Γι 2

' ~

2v

4v 2

2

Somit erhält man als Lösung : (4.17)

ri

= - , r 2 = -a ν Aus der Theorie der Differentialgleichungen ist bekannt (vgl. Mathematischer Anhang), daß die allgemeine Lösung von (4.14) sich ergibt als: (4.18)

K(t) = C, e(s/v)t + C 2 e a t

Q und C 2 sind Konstanten, die aus den Anfangsbedingungen berechnet werden können. Für t=0 gilt: gelten: K ^

1

= Cj + C 2 . Falls kein Ungleichgewicht vorliegt, muß

= C j , da die Volkswirtschaft, dann entlang des befriedigenden

Wachstumspfades wachsen muß. Daraus folgt nun: C 2 = Kq®8 - Ko®fr. Entsprechend erhält man für die Bewegungsgleichung des Einkommens:

1

2

Setze (4.8) für h ein. Substituiere ferner die Giltermarktgleìchgewichtsbedingung

Y = —I, deren s

Ableitung Ϋ = - Ì und Κ = I . s Man beachte, daß man im Zähler unter der Wurzel geschickt die 1 .Binomische Formel anwenden kann.

50

Teil II: Wachstumstheorien mit Kapital und Arbeit Y(t) = —K(t) = C, J-e ( s / v ) l + C 2 - e - a t ν ν ν

Langfristig dominiert in (4.18) der 1. Term auf der rechten Seite: Κ und damit auch Y tendieren gegen die hier stabile befriedigende Wachstumsrate s/v. Wie oben bereits angedeutet, ist diese Stabilität auf eine Erhöhung der Investitionswachstumsrate bei Unterauslastung zurückzuführen, also auf eine gänzlich andere Reaktion als in Modell I. Dies wird unmittelbar deutlich, wenn die Investitionsfunktion (4.13) umgeformt wird. Mit Y=I/s wird (4.14) zu: I = - I + ah s Nach Division durch I und Einsetzen von Y=I/s: (4.14·) î = —-a vY. In (4.14') wird klar, warum die zugrundeliegende Akzeleratorfunktion auf stabile Wachstumspfade führen muß: Die Investitionen werden grundsätzlich mit der Rate s/v gesteigert, solange keine Fehlauslastung vorliegt, d.h. h = 0. Kommt es z.B. zu einer Unterauslastung der Kapazitäten, d.h. der gewünschte Kapitalstock ist kleiner als der tatsächliche Kapitalstock, mithin h < 0, so erfolgen in diesem Modell Anpassungen in die „richtige" Richtung, da die Investitionen dann stärker als mit der befriedigenden Wachstumsrate wachsen. Fehlauslastungen wirken im Gegensatz zu Modell I hier nicht destabilisierend. Abschließend wollen wir an einem Beispiel die Bedeutung einer Kapazitätsunterauslastung für den Wachstumspfad untersuchen. Dabei soll vor allem klar werden, wie der Reaktionsparameter a auf Produktionsniveau und Wachstumsrate einwirkt. Beispiel: Gegeben ist eine Auslastung ν Y/K von 80% Ko =100 I0 =10 Yo = 40 s =0,25 v=2 Aus (4.18) berechnen wir zunächst die Investitionen und den Kapitalstock als I = Κ = C, —e(s/v)l - C2ae~aI . ν Durch Einsetzen von Ko bzw. Io in (4.18) und (4.19) erhalten wir für die Integrationskonstanten3: (4.19)

C2 = 100 - C, €, = 100-

10 + 100&

0,125+a

Mit Hilfe dieser Konstanten fällt es leicht, die folgenden Tabellen zu entwikkeln4. Für die erste Tabelle wird ein relativ kleines a, für die zweite ein großes a unterstellt. 3

Zur Erinnerung: Ein Anfangswertproblem für Differentialgleichungen 2,Ordnung ist gegeben durch die Anfangswerte für die Funktion Κ und ihre 1 .Ableitung: K(0) = K 0 und K(0) = 1(0) = I 0 .

Kapitel 4: Die postkeynesianische Wachstumstheorie

51

Tab. 4.1 Wachstumspfade bei a = 0,025 t

I(t)

K(t)

0 1 2 3 4 5 10

10 11,397 12,979 14,770 16,797 19,093 36,033

100 110,684 122,850 136,712 152,474 170,395 303,842

Κ

vY/K

0,131 0,130 0,130 0,129 0,129 0,128 0,126

0,1 0,103 0,106 0,108 0,110 0,112 0,119

0,8 0,824 0,848 0,864 0,880 0,896 0,952

I= Y

Tab. 4.2 Wachstumspfade bei a = 1 t

I(t)

K(t)

Î= Y

Κ

vY/K

0 1 2 3 4 5 10

10 13,032 15,392 17,673 20,110 22,819 42,656

100 111,614 125,85 142,376 161,249 182,688 341,278

0,375 0,196 0,147 0,132 0,127 0,126 0,125

0,1 0,117 0,122 0,124 0,125 0,125 0,125

0,8 0,936 0,978 0,992 0,997 0,999 1,0

Ein Vergleich der beiden Tabellen weist aus, daß bei einer relativ schwachen Reaktion auf Ungleichgewichte (a = 0,025) die Wachstumspfade von Investition und Sozialprodukt ziemlich gleichmäßig verlaufen. Dies ist in Boomzeiten mit Überauslastung der Produktionskapazitäten eventuell wünschenswert. Bei einer Unterauslastung wünscht man sich hingegen eine schnelle Reaktion, zumal Tabelle 4.2 zeigt, daß das langfristige Produktionsniveau Y = I/s durch hohes a positiv beeinflußt wird. Ergebnis: Die Frage, ob die befriedigende Wachstumsrate stabil ist, hängt von der Art der Anpassung ab, mit der Unternehmer auf Ungleichgewichtszustände reagieren. Ein Wachstumsgleichgewicht ist dann stabil, wenn die Unternehmen bei Unterauslastung von Kapazitäten die Investitionen so stark erhöhen, daß die Investitionswachstumsrate über der Wachstumsrate des Kapitalstocks liegt. Zum Schluß eine historische Anmerkung: Harrod blieb trotz der Zweifel an der unvermeidlichen Instabilität der befriedigenden Wachstumsrate vom „Wachstum auf des Messers Schneide" überzeugt. Er schrieb in seinem letzten Buch 1973 zu diesem Thema: „I am confident that the theory that the 'warranted' equilibrium growth rate ... is unstable, stands firm." (S. 45)

4.3.2 Zur Stabilität des Steady-State Die folgende Diskussion ist nur dann sinnvoll, wenn ein Steady-State existiert, d.h. daß s / ν = η erfüllt ist. Es muß weiterhin angenommen werden, daß die befriedigende Wachstumsrate stabil ist, wir befinden uns also in der Welt von Modell II. Mit diesen Annahmen ist aber noch nicht gewährleistet, daß ein Wachstumspfad mit Vollbeschäftigung nach einer Störung wieder erreicht wird. Die Volkswirtschaft erreicht nach einer Störung zwar wieder langfristig einen 4

Investitionen und Kapitalstock werden aus den Gleichungen (4.18) und (4.19) eirechnet. Die Wachstumsrate der Investitionen ergibt sich aus Gleichung (4.14'). Die Wachstums rate des Kapitalstocks erhält man aus I/K.

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Teil II: Wachstumstheorien mit Kapital und Arbeit

Wachstumspfad mit der Wachstumsrate s / v, doch kehrt die Volkswirtschaft in der Regel nicht auf den einen Sozialproduktpfad zurück, der Vollbeschäftigung impliziert. In der Abbildung 4.1 sind Sozialproduktspfade mit jeweils der gleichen Wachstumsrate s / ν = η eingezeichnet. Das Einkommensniveau, das zum Zeitpunkt t = 0 zu Vollbeschäftigung führt, sei Yq 0 " . Wenn die Volkswirtschaft im Zeitpunkt t = 0 durch eine kleine Störung auf das Niveau Y¿ des Pfades I gelenkt wird, ist bei unterstellter Stabilität der befriedigenden Wachstumsrate langfristig ein Pfad wie beispielsweise II erreichbar. Dieser Pfad stimmt nur zufällig mit dem Vollbeschäftigungspfad Yvou überein, und es gibt im Modell keinen Mechanismus, der eine Annäherung von Yvou sichert.

Abb. 4.1 Zur Stabilität des Wachstumsgleichgewichts im Harrod-Domar-Modell Ergebnis: Selbst wenn ein Wachstumsgleichgewicht existieren sollte, ist es instabil, auch wenn die befriedigende Wachstumsrate stabil ist.

4.4 Zur Konstanz der Produktionskoeffizienten Die vordergründig wichtigste Ursache für die pessimistische Beurteilung des Wachstumsprozesses in der postkeynesianischen Theorie ist die Annahme einer linear-limitationalen Produktionsfunktion. Gäbe man diese Annahme auf und ließe man Substitutionsvorgänge zwischen Arbeit und Kapital zu, dann könnte es über eine Variation der Faktorpreise eine Tendenz zum Vollbeschäftigungsgleichgewicht geben. Diese Überlegung ist Kern der neoklassischen Theorie. Zur Verteidigung des postkeynesianischen Ansatzes seien die Argumente zugunsten der Starrheit der Produktionskoeffizienten zusammengetragen:

Kapitel 4: Die postkeynesianische Wachstumstheorie

53

i) produktionstechnische Gründe Die Produktionskoeffizienten sind zwar in Grenzen variierbar, der Bewegungsspielraum reicht jedoch nicht aus, die Gleichheit von natürlicher und befriedigender Wachstumsrate herzustellen. Eine beinahe limitationale Produktionsfunktion ist jedoch keine gute Beschreibung der realen Substitutionsmöglichkeiten einer Volkswirtschaft. ii) Starrheit der Faktorpreise Es ist zwar technisch grundsätzlich möglich, die Produktionsfaktoren gegeneinander zu substituieren, doch verhindert eine Starrheit der Faktorpreise (Lohnund Zinssatz), eine Ausnutzung der Substitutionsmöglichkeiten. Dieses Argument basiert auf dem Gewinnmaximierungskalkül der Unternehmen. Unter Wettbewerbsbedingungen und bei fehlendem Risiko wird kostenminimal produziert, wenn die Faktoren gemäß ihrem Wertgrenzprodukt entlohnt werden. In 3Y einer Eingutwirtschaft gilt damit r = ——. σΚ Ist r aufgrund von Marktunvollkommenheiten relativ starr vorgegeben, dann ist in der Regel auch das Verhältnis von Y zu Κ bzw. der Produktionskoeffizient ν eindeutig festgelegt. Diese Argumentation wird Harrod am ehesten gerecht. iii) wohlfahrtstheoretische Gründe Wenn eine Gesellschaft ihre Produktionsentscheidungen an einem wohlfahrtstheoretischen Konzept (beispielsweise einem utilitaristischen) ausrichtet, dann muß sie abwägen, wie stark das Interesse zukünftiger Generationen gegenüber heutigen Interessen wiegt. Die Beurteilung schlägt sich in einer Zeitpräferenzrate δ nieder, die angibt, wann heutiger und morgiger Konsum oder Nutzen als gleich gut beurteilt werden. Wie später noch gezeigt wird, muß im Optimum die Kapitalproduktivität gegen diese exogen gegebene Rate δ tendieren, r wäre zumindest langfristig konstant. Dieses Argument stammt zwar auch von Harrod (1960), ist aber nicht stichhaltig als Begründung für eine nur zufällige Übereinstimmung von natürlicher und befriedigender Wachstumsrate. Denn eine wohlfahrtsorientierte Produktionsentscheidung setzt außerhalb des sehr langfristigen Optimums eine Flexibilität der Sparquote voraus. Eine Anpassung von s könnte also hier für s/v=n sorgen. Ergebnis: Die pessimistische Einschätzung des Wachstumsprozesses in der postkeynesianischen Theorie beruht eher auf einer pessimistischen Beurteilung der Flexibilität der Faktorpreise bzw. der Funktion des Marktpreismechanismus als auf der Annahme technisch begrenzter Substitutionsmöglichkeiten. Fragen zu Kapitel 4: 1. Erläutern Sie „befriedigende", „tatsächliche" und „natürliche" Wachstumsrate in der postkeynesianischen Wachstumstheorie. 2. Eine Volkswirtschaft, die durch ein postkeynesianisches Modell beschrieben wird, wachse mit der Rate s/v = n. Durch Goldfunde in Transsilvanien wird eine Auswanderungswelle von 1% der Bevölkerung induziert. Machen Sie die

54

Teil II: Wachstumstheorien mit Kapital und Arbeit Bedeutung der Investitionsfunktion für eine mögliche stabile (instabile) Anpassung an den neuen Wachstumspfad plausibel.

3. Erörtern Sie die Argumente, die zugunsten der Annahme konstanter Produktionskoeffizienten genannt werden.

Literatur zum Kapitel 4 a) Lehrbuchdarstellungen und WISU- bzw. WiSt-Aufsätze Abb (1972) Burmeister, Dobell (1970) Hacche (1979) Jones (1975) Ramanathan (1982) Rose (1971) b) Originalarbeiten und spezielle Aufsätze Allen (1967) Domar (1946) Harrod (1939), (1973) Rose (1967)

5. Die neoklassische einsektorale Wachstumstheorie Die pessimistischen Ergebnisse im vorherigen Kapitel waren insbesondere auf die Konstanz der Sparquote und des Bevölkerungswachstums sowie auf die nicht flexiblen Faktorpreise zurückzuführen. Die neoklassische Wachstumstheorie verändert nun wesentliche Annahmen des postkeynesianischen Modells, indem sie den Kapitalkoeffizienten als variabel unterstellt und kurzfristig stabiles Wachstum durch Variabilität der Faktorpreise erzielt. Die Theorie heißt aus mehreren Gründen neoklassisch. Drei wichtige sind: (i) Sie benutzt anknüpfend an Ökonomen des späten 19. Jahrhunderts (Walras, Pareto, Marshall, Wicksell, Jevons, Menger u.a.) fundamental mikroökonomische Ansätze, um zu erklären, daß es Preisvektoren gäbe, die die Gleichheit von Angebot und Nachfrage auf allen Märkten sicherten. Insbesondere die Faktorpreise sollen so flexibel sein, daß eine Entlohnung bei Vollbeschäftigung aufgrund der Grenzproduktivitäten möglich sei. Vollbeschäftigung ist dadurch immer garantiert. Auch auf dem Gütermarkt kann es keine Ungleichgewichte geben: Per Annahme werden Investition und Ersparnis gleichgesetzt. (ii) Sie berücksichtigt nicht explizit die verschiedenen Arten staatlicher Aktivität. (iii)Sie konzentriert sich eher auf die langfristige gleichgewichtige Wirtschaftsentwicklung und abstrahiert von kurzfristigen Schwankungen. Die drei Gründe scheinen auf ein Ignorieren der keynesianischen Theorie hinzudeuten. Es wird vorausgesetzt, daß immer genügend investiert wird, um Nachfragelücken und Unterbeschäftigung (Charakteristika der postkeynesianischen Theorie) nicht auftreten zu lassen. Statische Ungleichgewichte werden einfach ausgeklammert, weil im Modell keine explizite Investitionsfunktion existiert, die für eine Ungleichheit von Ex-Ante-Investitionen und -Ersparnissen verantwortlich sein könnte. Dennoch betrachten sich die meisten Begründer dieser wachstumstheoretischen Schule nicht als Anti-Keynesianer. Solow (1956) und Meade (1962) argumentieren beispielsweise, daß die keynesianische Theorie kurzfristig, die neoklassische Wachstumstheorie aber langfristig angelegt sei. Alle Anpassungsprozesse an kurzfristige Gleichgewichte, die im wesentlichen Multiplikatorprozesse und Lohn- und Zinsbewegungen sind, können bei langfristiger Sichtweise als abgeschlossen gelten. Sofern in der kurzen Frist Nachfrageschwankungen durch eine antizyklische Fiskalpolitik ausgeglichen würden, könnte das Systemverhalten nahe der Vollbeschäftigung für eine längerfristige Analyse zugrunde gelegt werden. In diesem Sinne würden sich keynesianische Kreislauftheorie und neoklassische Wachstumstheorie ergänzen.

56

Teil II: Wachstumstheorien mit Kapital und Arbeit

5.1 Das Modell 5.1.1 Die Modellgleichungen Die nachfolgenden Ausführungen basieren auf den Artikeln von Solow (1956) und Swan (1956), die den Beginn der neoklassischen Theorie markieren. Wichtige Bausteine des Modells sind die neoklassische makroökonomische Produktionsfunktion mit Inada-Bedingungen, die Annahme markträumender Gleichgewichte für alle Teilmärkte und eine konstante Spar- bzw. Investitionsquote. Das Grundmodell beschreibt eine Ein-Gut-Wirtschaft, in der das eine Produkt gleichzeitig für Konsum- und Investitionszwecke verwendet wird.

Modell: (5.1)

Y = F (Κ, L)

Produktionsfunktion F(K,L) erfülle die Inada-Bedingungen

(5.2)

w = FL

Faktorpreisfestlegung

r = i = FK (5.3)

I=S

(Ersatz für eine) Investitionsfunktion

(5.4)

S=sY

Sparfunktion

(5.5)

Κ = I = S = s· F(K,L) Bewegungsgleichungen für Kapitalstock Κ

(5.7)

L=n L

Bewegungsgleichung für Arbeit L

Gegeben sind: KO, LQ; s > 0, Η > 0 K=I

L = nL Abb. 5.1: Das neoklassische Wachstumsmodell

5.1.2 Kurzfristige Dynamik Vollkommene Konkurrenz auf den Faktormärkten bestimmt die Faktorpreisbildung: Unter Maßgabe der produktionstechnischen Bedingungen stellen sich Lohn- und Zinssatz so ein, daß stets Vollbeschäftigung herrscht. Entlohnt wird gemäß der Grenzprodukte der Faktoren, eine Voraussetzung für kostenminimale Produktion.

Kapitel 5: D i e neoklassische einsektorale Wachstumstheorie

57

Da die Ersparnis unabhängig vom Zinssatz immer als proportional zum Einkommen unterstellt wird, muß die kurzfristige Anpassung aus Ungleichgewichtssituationen auf dem Gütermarkt durch die Investitionen erfolgen. Beispielsweise bewirkt ein gegenüber dem Gleichgewichtszinssatz zu niedriger Zinssatz i einen Nachfrageüberhang auf dem Gütermarkt (I > S). Dieser induziert einen Zinsanstieg solange, bis Gütermarktgleichgewicht bei Vollbeschäftigung erreicht ist. Deswegen wird auf die Formulierung einer speziellen Investitionsfunktion für die Wachstumsdynamik verzichtet. Damit sind alle Annahmen, die Ausgangspunkte einer ungleichgewichtigen Entwicklung sein könnten, sorgsam vermieden. Hinweis: Wenn eine eigenständige Investitionsfunktion in einem neoklassischen Modellrahmen eingeführt würde, entstünde ein völlig anderer Modelltyp, in dem auch Ergebnisse mit instabilen oder heftig schwankenden Entwicklungen nicht mehr ausgeschlossen werden könnten. Die neoklassische Theorie kann also weniger Erklärungen für tatsächlich ablaufende Prozesse geben als Bedingungen ableiten, unter denen ein Wachstumsgleichgewicht existiert und angesteuert wird. 5.1.3 Die langfristige Dynamik Die zeitlichen Abläufe dieses Modells können an einer einzigen Variablen, der Kapitalintensität k, festgemacht werden, k ist definiert als Kapitaleinsatz je Arbeiter (oder Arbeitsstunde, was hier keinen Unterschied macht, da wir die Arbeitszeit konstant halten): k:=K/L Durch logarithmisches Differenzieren (vgl. Exkurs 1) erhält man dann die Wachstumsraten (5.7) k = K-L Nach Einsetzen von (5.4) - (5.6) und einigen Umformungen wird aus (5.7)1: (5.8)

k = — — - nk = — - nk KL L

Zu ersetzen bleibt Y/L. Dazu benutze man die Produktionsfunktion. Da diese linear-homogen ist, kann der Faktor 1/L in die Funktion „hineingezogen" werden, und es gilt: Y= F^L)= Κ L L L Man definiere den Pro-Kopf-Output y = f (k) als

Zunächst

multipliziert

man

mit

k =—

und

erhält

Κ = I = sY einzusetzen, womit man die zweite Gleichung erhält.

die

eiste

Gleichung.

Dann

ist

58

Teil II: Wachstumstheorien mit Kapital und Arbeit

und erhält aus der Gleichung (5.8) unmittelbar die gesuchte Fundamentalgleichung der neoklassischen Theorie, die nur noch von k abhängt: (5.9)

s · f (k)

k

NETTOINVESTITION/KOPF

CAPITAL-DEEPENING

-

η k

-

CAPITAL-WIDENING

Gleichung (5.9) zeigt, wodurch die Kapitalausstattung pro Arbeiter verändert wird: s f(k) ist die Ersparnis pro Kopf und annahmegemäß die Pro-Kopf-Investition. Sie könnte in voller Höhe die Kapitalintensität steigern, wenn nicht die Arbeitsbevölkerung mit der Rate η zunähme. Die zusätzlichen Arbeiter müssen jedoch wie die bereits beschäftigten an vorhandenen oder neu zu schaffenden Kapitalgütern angestellt werden. Da auf vollkommenen Faktormärkten die Lohnsätze aller Arbeiter gleich sein müssen und es infolgedessen auch nur ein Grenzprodukt der Arbeit geben darf, muß für alle zusätzlichen Arbeiter die gleiche Kapitalausstattung pro Kopf wie für die anderen Beschäftigten zur Verfügung stehen, n k gibt an, wieviel aus der Investitionssumme pro Arbeiter bei n-prozentigem Bevölkerungswachstum dafür aufgewandt werden muß Aufgrund dieser Überlegung können die Investitionen in zwei Kategorien aufgeteilt werden: solche, die notwendig sind, um die bestehende Kapitalintensität aufrecht zu erhalten (Capital-Widening) und solche, die die Kapitalintensität k generell erhöhen (Capital-Deepening-Investitionen).

5.2 Das Wachstumsgleichgewicht 5.2.1 Existenz und Eindeutigkeit des Steady-State Ein Wachstumsgleichgewicht ist nach obiger Definition durch konstante Wachstumsraten gekennzeichnet, wobei (5.10)

Y = K = L = s/ v = n

ist. Wegen k = Κ - L = 0 folgt aus (5.9), daß im Gleichgewicht gilt: (5.11)

^

= n

(5.12)

l i m f ' ( k ) = °o, k-»0

k Die Verbindung zur allgemeinen Gleichgewichtsbedingung (3.6) ist offensichtlich. f(k)/k ist die Durchschnittsproduktivität des Kapitals, der Kehrwert demnach der Kapitalkoeffizient ν = K/Y. Existenz und Eindeutigkeit des Gleichgewichts hängen nach (5.11) davon ab, ob f(k)/k den exogen gegebenen Wert n/s annehmen kann. Man betrachte dazu die neoklassische Produktionsfunktion (5.1), die annahmegemäß wegen der Inada-Bedingungen hinreichend „well-behaved" ist. Es gilt: f (k) ist eine streng monoton fallende Funktion von k und limf'(k) = 0 k—

f (k) kann also jeden beliebigen Wert zwischen 0 und +0 limf'(k) k-»~

IN ADA

=

INADA

=

°°

59

und

0

Es wird nun noch gezeigt, daß f(k)/k eine streng monoton fallende Funktion ist. Dazu muß deren Ableitung nach k für alle k kleiner als null sein: f(k) V _ k · f'(k) - f(k) = u f , ( k ) _ k ) k2 kl k


0 gilt, kann dies nur erfüllt sein, wenn f'(k) < -^¡p ist. Das ist aber gleichbedeutend mit der strengen Konkavität der Funktion f, die vorausgesetzt war. Somit ist f(k)/k eine streng monoton fallende, stetige Funktion von k mit einem Wertebereich, der (wegen 5.13) zwischen 0 und liegt. Der Kapitalkoeffizient ν = K/Y = k/f(k) ist somit ebenfalls variabel und kann alle positiven Werte durchlaufen. Folglich gibt es immer eine und nur eine Kapitalintensität k, für die (5.11) erfüllt ist. Das Gleichgewicht existiert und ist eindeutig. Ergebnis: Im neoklassischen Einsektoren-Modell sichert die Annahme einer Produktionsfunktion, die die Inada-Bedingungen erfüllt, Existenz und Eindeutigkeit des Wachstumsgleichgewichts (Steady-State).

5.2.2 Produktionsniveau pro Kopf Aus (5.11) folgt, daß die Steady-State-Wachstumsrate η ist. Es ist aber noch unklar, welchen Einfluß die anderen Parameter haben bzw. wodurch das langfristige Produktionsniveau festgelegt wird. Der Zusammenhang zwischen den Modellparametern und dem Niveau kann mit Hilfe einer Graphik (Abb. 5.2) veranschaulicht werden.

Abb. 5.2: Wachstumsgleichgewicht im neoklassischen Modell

60

Teil II: Wachstumstheorien mit Kapital und Arbeit

Zur Ableitung des Steady-State stelle man die Capital-Widening-Investitionen nk, die Pro-Kopf-Ersparnisse s f(k) und den Pro-Kopf-Output f(k) in Abhängigkeit von k dar. Nach (5.9) liegt ein Steady-State vor, wenn die gesamten Ersparnisse oder Investitionen vom Capital-Widening in Anspruch genommen werden, k* wird also durch den Schnittpunkt der s f(k)-Linie und der n k-Geraden festgelegt. Die Differenz von s f(k) und n k gibt im übrigen den Capital-Deepening-Effekt wieder, die Differenz von f(k) und s f (k) stellt den Pro-Kopf-Konsum dar. Eine Erhöhung der Sparquote s läßt sf(k) steiler verlaufen, der Schnittpunkt und damit auch k* verschiebt sich nach rechts. Den umgekehrten Effekt hat eine Erhöhung von n. Bei dem ursprünglichen k* reichten die Ersparnisse nicht aus, alle zusätzlichen Arbeiter mit den gleichen Kapitalgütern auszustatten wie die bereits beschäftigten. Bei gegebener Sparquote muß die Kapitalintensität K/L insgesamt gesenkt werden, um im Steady-State verharren zu können. Dies hat natürlich Konsequenzen für das Produktions- und Konsumniveau. Jede Senkung von k* läßt die langfristige Pro-Kopf-Produktion sowie den Pro-Kopf-Konsum (l-s)f(k) absinken. Damit hat jede Verminderung der Bevölkerungswachstumsrate einen langfristig wohlfahrtssteigernden Effekt.

5.2.3 Abschreibungen und technischer Fortschritt: Modifikationen des Grundmodells In den ansonsten üblichen Lehrbuchdarstellungen gibt häufig zwei Modifikationen der obigen Grundstruktur: (i) Die Berücksichtigung von Kapitalverschleiß, d.h. Abschreibungen für den Kapitalbestand ändern die Bewegungsgleichungen für den Kapitalbestand (5.5) in die neue Gleichung (5.5') Κ = s· F(K,L) - γ · K, wobei γ die Abschreibungs- bzw. Verschleißrate der Kapitalgüter ist. Die konstante Spar- bzw. Investitionsquote in diesem Modellansatz bezieht sich dann natürlich auf das jetzt als Bruttosozialprodukt zu lesende F(K,L). (ii)Als zweites muß auf die Auswirkungen des technischen Fortschritts hingewiesen werden. Häufig wird angenommen, technischer Fortschritt wirke rein arbeitsvermehrend (= arbeitssparend, da effizienzsteigernd) mit einer exogen gegebenen Rate m. Es werden immer weniger Arbeiter bei gegebenem Kapitalstock benötigt, um den gleichen Output herzustellen. Mißt man dann „Arbeit" in Effizienzeinheiten, so wächst der Arbeitseinsatz zum einen durch Bevölkerungswachstum mit der Rate η und zusätzlich durch technischen Fortschritt mit der Rate m, so daß insgesamt der Arbeitseinsatz in Effizienzeinheiten mit der Wachstumsrate m + η anwächst. Dementsprechend ändert sich das Argument für Arbeit in der Produktionsfunktion, so daß nun mit Kapital und Arbeit in Effizienzeinheiten produziert wird: Y=F(K,AL). Diese Produktionsfunktion ist linear homogen in Κ und AL. Als Kapitalintensität in Effizienzeinheiten definiert man nun k=K/AL, so daß man analog

Kapitel 5: D i e neoklassische einsektorale Wachstumstheorie

61

zum oben vorgestellten Wachstumsmodell als Pro-Kopf-Produktionsfunktion in Effizienzeinheiten f(k)=Y/AL= F(K/AL,1) erhält. Faßt man die beiden Modifikationen in einem Modell zusammen, das die Kapitalintensität k in Effizienzeinheiten mißt, so ergibt sich die modifizierte Fundamentalgleichung des neoklassischen Wachstumsmodells als:2 (5.9')

k

s-f(k)

-

(n+m+γ) · k

Für die Interpretation des Steady-States ist jetzt zu berücksichtigen, daß f(k) hier das Bruttosozialprodukt pro Arbeitseinheit (letztere in Effizienzskalen gemessen) angibt. Zum anderen ergibt sich das neue Wachstumsgleichgewicht wegen der jetzt steileren Geraden (n+m+y) k bei einem geringeren k* als in dem bislang behandelten Modell ohne technischen Fortschritt. Trotz der beschriebenen Senkung der Steady-State Kapitalintensität wirkt sich der technische Fortschritt jedoch positiv auf das Konsumniveau des einzelnen Arbeiters aus. Da der Gesamtkonsum langfristig mit einer größeren Rate als η wächst, kann der einzelne seinen Konsum/Kopf bei technischem Fortschritt auch im Steady-State steigern, eine Möglichkeit, die im zuerst präsentierten Modellfall ausgeschlossen ist. Ergebnis: Produktions- und Konsumniveau ergeben sich im Steady-State aus dem Zusammenspiel von Sparquote s und Bevölkerungswachstumsrate n. Eine Erhöhung von s hebt das Niveau von y* und k*, während die Erhöhung von η niveausenkend wirkt, jedoch die Systemwachstumsrate (= n) steigert. Im SteadyState ist ohne technischen Fortschritt der Pro-Kopf-Output und der Pro-KopfKonsum konstant. Falls exogen wirkender technischer Fortschritt die Effizienz der Arbeit mit der konstanten Rate m erhöht, ist eine Steigerung des Pro-Kopf-Konsums und des Pro-Kopf-Outputs im Steady-State mit genau dieser Rate m möglich.

5.3 Stabilität des Wachstumsgleichgewichts Die Stabilitätsuntersuchung muß klären, ob die Abfolge von kurzfristigen Gleichgewichtszuständen langfristig zum Steady-State hinführt oder nicht. Zur Vereinfachung gehen wir wieder vom Modell ohne technischen Fortschritt aus. Diese Fragestellung ist sorgfältig zu unterscheiden von der Analyse der kurzfristigen Dynamik und deren Stabilität. Für letztere formuliert das neoklassische Wachstumsmodell keine expliziten Anpassungsmechanismen, sondern postuliert, daß die kurzfristigen Prozesse jeweils stabil abgelaufen sind. Es wird mit der bereits bekannten Abbildung 5.2 argumentiert. Man extrahiere aus ihr die Pro-Kopf-Aufwendungen für Capital-Deepening [ k = sf(k) - nk],

2

Aus k=K/AL erhält man durch logarithmisches Differenzieren k = K - Â - L . Multiplikation mit k liefert dann k

Κ Κ

(n + m)k . Einsetzen der Bewegungsgleichung für das Kapital (5.5') ergibt Κ AL s-F(K, L ) - v K , „ ,, k = ^ — (n + m ) k , was zu (5.9') flihrt.

62

Teil II: Wachstumstheorien mit Kapital und Arbeit

und zeichne sie in ein k- k -Diagramm ein (Abbildung 5.3). Sie sind der Teil der Investitionen, die nicht für das Capital-Widening erforderlich sind. Man sieht, daß für Anfangswerte unterhalb von k* (z.B. A) die Kapitalintensität immer steigt, während bei ko > k* (z.B. C) die Ersparnisse nicht ausreichen, die bestehende Kapitalintensität zu erhalten: k fällt dann in Richtung k*. In beiden Fällen ist eine Bewegung zum Steady-State festzustellen: k* ist ein stabiles Gleichgewicht.

Um die ökonomischen Zusammenhänge zu erkennen, nehme man an, daß anfangs die Wachstumsrate des Kapitalstocks Κ größer ist als die Bevölkerungswachstumsrate n, d.h. k ist positiv (Punkt A in Abbildung 5.3). Damit wird der Kapitaleinsatz relativ stärker erhöht als der Arbeitseinsatz. Dies hat zwei Konsequenzen: •

Der Kapitalkoeffizient ν =

= f ^ j ist hier variabel. Dessen Wert steigt im

Zeitablauf an, so daß die zur Kapazitätsauslastung erforderliche Wachstumsrate der Investitionen s / ν ebenfalls sinkt. Da wir die dynamische Abfolge von Gütermarktgleichgewichten betrachten, wird somit der Akkumulationsprozeß des Kapitals abgebremst. •

Das Pro-Kopf-Einkommen f(k) wächst zwar weiterhin, jedoch mit sinkender Wachstumsrate. Dies resultiert aus den Annahmen über die Produktionsfunktion. Damit ist auch die Wachstumsrate der Pro-Kopf-Ersparnisse rückläufig.

Dennoch wird Κ noch immer über η liegen, so daß die Kapitalintensität weiter steigt, bis Κ gegen η geht. Der Ablauf ist umgekehrt, wenn anfangs Κ < η (Punkt C in Abbildung 5.3). Ergebnis: Im neoklassischen Modell ist eine explizite Untersuchung der kurzfristigen Stabilität von Vollbeschäftigung und Gütermarktgleichgewicht nicht möglich, da das Modell hierfür keine dynamischen Reaktionshypothesen aufweist. Stattdessen wird die kurzfristige Stabilität unterstellt. Die (langfristige) Stabilität des Steady-State resultiert aus der Produktionsfunktion und der konstanten Sparquote.

Kapitel 5: Die neoklassische einsektorale Wachstumstheorie

63

Beispiel: Neoklassisches einsektorales Wachstumsmodell mit einer Cobb-Douglas-Produktionsfunktion: Y = K 1 _ a · La

0 sw ist, da nur so die Ersparnisse in Gleichung (6.16) steigen können. Man beachte bei der Ableitung der Sparfunktion, daß das Sozialprodukt Y aufgrund der Vollbeschäftigungsannahme konstant ist.

Kapitel 6: Die neokeynesianische Wachstumstheorie

79

schreitung einer selbst gesetzten Mindestprofitquote [£1 . hinzunehmen. Das I·1 Jmin Preisniveau ρ ist dann demnach folgende Bedingung festgelegt. _ ρ - ( konstante Stückkoste η )

(6.21) min wobei

fy r γ < γ voll

Ρ

. die von den Unternehmern fest gesetzte Mindestprofitquote ist5.

Wenn aber das Preisniveau nicht flexibel ist, kann es zu keiner Einkommensverteilung kommen und folglich bleibt auch die gesamtwirtschaftliche Sparquote s konstant. Das Gütermarktgleichgewicht kann nicht durch eine von einer Einkommensumverteilung induzierten Sparquotenänderung erreicht werden. Jetzt wirkt der zweite Mechanismus: Da die gesamtwirtschaftliche Sparquote s wegen (6.21) konstant ist, legen die Investitionen über Multiplikatorprozesse das Volkseinkommen und somit auch die Höhe der Ersparnisse fest: Y=s

mit s=const. wegen Y < Y v o U

Auch bei Unterbeschäftigung ist damit immer S = sY = I. Ergebnis: Das Gütermarktgleichgewicht im neokeynesianischen Modell ist unter bestimmten Annahmen gesichert. Bei Vollbeschäftigung, die ein festes Sozialproduktniveau impliziert, wird durch ein variables Preisniveau eine Einkommensumverteilung induziert, die die gesamtwirtschaftliche Ersparnisse über eine Profitratenvariation verändert. Das Gütermarktgleichgewicht existiert, wenn die Ersparnisse stärker auf die Profitratenänderung reagieren als die Investitionen. Bei Unterbeschäftigung hingegen sind das Preisniveau und somit auch die Profitrate und die Sparquote fest. Das Gütermarktgleichgewicht wird durch Multiplikatorprozesse erreicht, da das Sozialprodukt nun variabel ist

6.3.2 Das Beschäftigungsproblem In der keynesianischen Theorie legt der Gütermarkt das Beschäftigungsniveau fest: Positive Beschäftigungseffekte entstehen, wenn gemäß der Multiplikatorgleichung Y= i s die Investitionen steigen oder die Sparquote sinkt. Bei der Investitionsfunktion (6.18a) setzt eine Erhöhung von I einen Anstieg der Profitrate als Folge eines gestiegenen Preisniveaus oder gefallener Lohnsätze voraus. Sowohl Preisniveau ρ als auch Nominallöhne sind bei Unterbeschäftigung aber auf exogen gegebene Werte fixiert. Dies ist die Aussage von (6.21). Die kurzfristige keynesianische Theorie enthält also keinen Mechanismus, der aus einer Unterbeschäftigungssituation herausführt. !

Im Zähler von (6.21) steht der Gewinn aus dem Verkauf einer Produkteinheit (Preis minus Lohnstückkosten). Dieser wird bezogen auf den Preis einer Produkteinheit.

80

Teil II: Wachstumstheorien mit Kapital und Arbeit

Dennoch arbeitet Kaldor in seinen Wachstumsmodellen mit der Vollbeschäftigungsannahme. Er behauptet, daß mittelfristig jede wachsende Wirtschaft zum Vollbeschäftigungsgleichgewicht tendiere. Diese Behauptung wird damit begründet, daß ein Wachstumsprozeß ständig höhere Investitionen induziere: (6.22)

I = ï + A(Y) mit A ' ( Y ) > 0

Außerdem sollen die Ersparnisse als Reaktion auf ein gestiegenes Sozialprodukt weniger stark ansteigen als die Investitionen: (6.23)

s p > A'(Y) > γ = s = const, für Y < Y v o U

(6.23) ist die entscheidende Annahme, weil sie verhindert, daß der Wachstumsprozeß vor Y vo " zum Stillstand kommt. Ein Gütermarktgleichgewicht kann erst erreicht werden, wenn A' (Y) < s Nach (6.23) wird dies erst bei YvoU möglich. Die Kritik an dieser Argumentation entzündet sich an (6.22) und (6.23). Es gibt keine plausible Begründung dafür, daß die Investitionen bei Unterbeschäftigung produktionsabhängig sind. Insbesondere das Akzeleratorprinzip kann nicht als Hintergrund des Theorems dienen, weil dann die Investitionen von den Nachfrageänderungen abhängig gemacht werden müßten. In diesem Fall könnte Kaldor aber nicht mehr komparativ-statisch argumentieren. Sieht man von diesem Begründungsproblem ab, so kann (6.23) als Ansatzpunkt der Kritik dienen. Es läßt sich zeigen, daß bei A' (Y) < s ein Unterbeschäftigungsgleichgewicht stabil sein kann, während das Vollbeschäftigungsgleichgewicht instabil wäre. Kaldors Theorem würde dadurch zum Unterbeschäftigungstheorem. Abschließend ist eine Einordnung der Vollbeschäftigungsannahme in den langfristigen Wachstumszusammenhang notwendig. Wie man sehen wird, arbeitet Kaldor in Wachstumsmodellen mit einem gänzlich anderen Funktionstyp als (6.22). Die vorangegangene Analyse der BeschäftigungsWirkungen kann deshalb schwerlich Begründung für Vollbeschäftigung sein. Kaldors Wachstumsaussagen werden somit angreifbar. Ergebnis: Die Vollbeschäftigungsannahme kann durch eine keynesianische oder neokeynesianische Argumentationslinie kaum gestützt werden. Allenfalls ein Rückgang der Nominallöhne könnte bei Unterbeschäftigung über die Profitratenerhöhung für Wachstumsimpulse sorgen, die den Abbau von Arbeitslosigkeit ermöglichen.

Kapitel 6: Die neokeynesianische Wachstumstheorie

81

Exkurs 3: Kaldors Technische-Fortschritt-Funktion Kaldor entwickelte die Technische-Fortschritt-Funktion, da er die Verwendung der neoklassischen Produktionsfunktion ablehnt. Die Technische-Fortschritt-Funktion (TFF) basiert auf der Überlegung, daß die Wirkung des technischen Fortschritts nicht von denen der Kapitalakkumulation zu trennen sei. Jeder technische Fortschritt sei an Kapitalgüter gebunden. Den funktionalen Zusammenhang zwischen Kapitalakkumulation und Wachstum stellt Kaldor über die Wachstumsrate der Kapitalintensität k her: (E.3.1)

Ϋ = F(k) mit F(0) > 0, F ' > 0, F " < 0

Wachstumsmodelle konzentrieren sich in der Regel nur auf Punkt Ρ der Abbildung E.3.1. Denn Ρ repräsentiert definitionsgemäß den Steady-State mit k = y . Ρ existiert immer dann, wenn die Funktion F konkav verläuft, was speziell auch heißen kann, daß F linear ist: Ϋ

Abb. E.3.1: Kaldors Technische-Fortschritt-Funktion

(E.3.2)

y = b + (1 - a) · k

mit 0 < a < 1 und b > 0

Die spezielle Funktion (E.3.2) dient Kaldor in einigen Fällen zur Überprüfung seiner Ergebnisse, hat allerdings den Nachteil, daß sie sich durch Integration in die von Neokeynesianern abgelehnte Cobb-Douglas-Produktionsfunktion überführen läßt: Integrieren von (E.3.2) führt auf: 6 lny = bt + (1 - a ) · lnk + InC 6

Man überprüfe, daß Differentiation der ersten Gleichung nach t auf (E.3.2) führt. (E.3.3) erhält man, indem man die Exponentialfunktion von beiden Seiten nimmt. Man beachte, daß e l n k = k ist. Ferner berücksichtige man den Logarithmussatz ln(k b ) = b · In k .

82

Teil II: Wachstumstheorien mit Kapital und Arbeit

(E.3.3)

y = C· k I _ a e b t

Multipliziert man beide Seiten mit L, erhält man (E.3.4)

Y = CK1_aLaebl

also eine Cobb-Douglas-Funktion mit exogen gegebenem technischen Fortschritt. Kaldor besteht deshalb auf der strengen Konkavität der TFF, um das Ergebnis (E.3.4) zu vermeiden. Diese Forderung ist aber letztlich bedeutungslos, weil (E.3.2) zusammen mit (E.3.1) in Wachstumsmodellen zu gleichen Ergebnissen führen.

6.4 Langfristiges Wachstumsgleichgewicht und Stabilität Wir setzen voraus, daß ein kurzfristiges Gütermarktgleichgewicht existiert und stabil ist. Somit ist nach Abschnitt 6.3 zu fordern, daß (6.24)

sp-sw>h'(r).

Nun ist wiederum die Frage nach Existenz, Eindeutigkeit und Stabilität einer Steady-State-Lösung zu untersuchen. Da für das Wachstum des Produktionsfaktors Arbeit (in Effizienzeinheiten) ein exponentieller Pfad unterstellt wurde, läßt sich diese Frage dadurch untersuchen, ob die folgende Gleichung eine eindeutige und stabile Lösung aufweist oder nicht:7 (6.25)

s • f(k) = (n + m) · k bzw. l i l i l í . = η + m k

wobei wiederum k = K / ( L e m t ) die Kapitalintensität in Effizienzeinheiten „Arbeit" ist. Es muß nun gezeigt werden, daß ein k existiert, so daß (6.25) erfüllt ist. Diesmal muß allerdings eine andere Strategie eingeschlagen werden als im Falle des neoklassischen Wachstumsmodells, bei dem man über die Produktionsfunktion argumentieren konnte, da die Sparquote s hier variabel ist. Die Gleichgewichtsbedingung für den Gütermarkt I = S liefert sofort:8 ( 6 .26)

£w_pO

=

h(r)

_(Sp_Sw).r

Die rechte Seite dieser Gleichung beschreibt die Nachfragezufuhr pro Kapitaleinheit in Abhängigkeit von der Profitrate r; die linke Seite beschreibt den Nachfrageausfall pro Kapitaleinheit durch das Sparen mit der Mindestsparquote sw. Zu jeder Kapitalintensität der Arbeit k gibt es eine zugehörige Einkommensverteilung mit einer bestimmten Profitrate r, die die Ersparnis pro Kapitaleinheit s · f(k) — h(s Dv - s w ) r gerade gleich der Investition pro Kapitaleinheit werden k läßt. 7

Diese Gleichung erhält man natürlich wieder aus k = K - ( L + m) mit k = 0 .

8

Man verwende Gleichung (6.16) für die Ersparnisse und wandle diese in ProKopf-Ersparnisse um. Ebenso ändere man Gleichung (6.13) in Pro-Kopf-Investitionen.

Kapitel 6: Die neokeynesianische Wachstumstheorie

83

Ziel ist es nun, die rechte Seite von Gleichung (6.26) in Abhängigkeit von der Kapitalintensität auszudrücken. Dazu bezeichnen wir die rechte Seite von (6.26) mit g(r), d.h. (6.27)

g(r) = h ( r ) - ( s p - s w ) r .

Dann ist wegen (6.20) die Funktion g(r) streng monoton fallend in r, da h(r) stets langsamer wächst als ( s p - s w ) r . Führt man eine neue Variable s f(k) _i z: = — ein, so existiert eine inverse Funktion (z):=g (z) = r . Nach k Ableitungsregeln für inverse Funktionen erhält man: (6.28)

i U Ä . Ü U «* dk dz dk h ' ( r ) - ( s p - s w )

k-f'(k)-f(k)>0 k2

Die Investitionen pro Kopf s · f (k) hängen nach (6.13) sowohl von r als auch von k ab, was eindeutige Aussagen erschwert. Mit (6.27) und (6.28) haben wir einen monoton wachsenden funktionellen Zusammenhang zwischen r und k, so daß r eliminiert werden kann. Die Nettoinvestition pro Kopf s · f (k) läßt sich somit unter Verwendung von (6.13) schreiben als: (6.29)

sf(k) = h(r)k = h

Um die Existenz des Gleichgewichtes zu beweisen, bleibt (wegen Gleichung (6.29) und (6.13)) nur noch zu zeigen, daß es ein k gibt, so daß

fs g

f(k)Y\

'— ' = η + m ist. Dazu ist die Funktion auf der rechten Seite von Ϊ Η Γ 7

(6.29) näher zu betrachten. Im I. Quadranten oben rechts der Abbildung 6.1 ist ein ökonomisch plausibler Verlauf der Funktion h(r) unterstellt: bei höheren Profitraten investieren die Unternehmen zusätzlich. Der positive Achsenabschnitt a sichert überhaupt erst ökonomisch sinnvolle Lösungen. Andererseits darf a nicht größer als η + m sein, sonst wäre bereits die vom Zinssatz unabhängige Wachstumsrate des Kapitalstocks für immer größer als die Wachstumsrate des Faktors Arbeit, so daß eine Steady-State-Lösung nicht existieren könnte. Bei diesem monoton wachsenden Verlauf der Funktion h (r) existiert somit höchstens ein Zinssatz r*, bei dem h (r*) = η + m ist. Wir nehmen an, daß h (r) einen solchen Verlauf aufweist: (6.30)

0 < h'(r) < Sp - s w

Kurzfristiges Gütermarktgleichgewicht

h(0)=a mit 00 >0

Man sieht sofort, daß trotz Steigerung von ki und k2 eine hinreichend starke Verminderung von Li/L die Kapitalintensität k sinken ließe. Die Gründe sind immer in einer sehr starken Nachfrageverschiebung zugunsten des weniger kapi-

Kapitel 9: Ein neoklassisches Zwei-Sektoren-Modell

105

talintensiv produzierenden Sektors zu suchen. Ist dies der Sektor 1 (k| < k2), kann in starker Anstieg der Profitquote den Beschäftigungsanteil im Sektor 1 derart ansteigen lassen ( A ^ j i j ) , daß insgesamt ein Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Kapitalintensität k erfolgen kann. Um diesen Fall auszuschließen, werden in der Literatur eine Reihe unterschiedlicher Annahmen gemacht. Bevor wir näher darauf eingehen, formulieren wir die Bedingungen für das Gütermarktgleichgewicht. Im Gütermarktgleichgewicht müssen die Werte von Investitionen und Ersparnissen übereinstimmen: (9.12)

pi I = S = sw w L + Sp r pi Κ w wobei I = Qi = r K| + — Li Pi Aus (9.12) folgt1 : (9.13)

L, s z + s k 7^= W ,P L ζ + kj

(9.13) in (9.11) eingesetzt, liefert: (9.14)

k=

k,(k, + z)-s„.z(k, - k , ) — z + ( l - S p ) k , +Spk 2

Wenn man (9.14) nach ζ ableitet, erhält man eine hinreichende Bedingung für dk/dz > 0: (9.15)

Gilt

0 < sw < Sp < 1 und ist ki < k2.

dann ist

dk n —>0. dz

(9.15) ist - wie schon betont - lediglich eine hinreichende Bedingung. Eine andere hinreichende Bedingung für dk/dz > 0 wäre, daß die Summe der Substitutionselastizitäten beider Produktionsfunktionen größer als Eins ist2. Wir werden diese Bedingung jedoch nicht weiter interpretieren, weil sie lediglich für die Eindeutigkeit des statischen Gleichgewichts wichtig ist, während (9.15) auch bei der Eindeutigkeit des Wachstumsgleichgewichts eine wichtige Rolle spielt. Im folgenden wird (9.15) interpretiert, um einen kleinen Einblick in den Ablauf des neoklassischen Zwei-Sektoren-Modells zu geben. Beschrieben werden die Effekte, die bei einer Erhöhung von ζ dem Anstieg von k entgegenstehen könnten. Zu beachten sind insbesondere die Veränderungen der Einkommens1

Einsetzen von I ergibt: pj · rKj + wL, = s w wL + s p rp,K . Nach Division durch L und p,r

K L

sowie

Κ

Substitution von ζ = w / ( p ,1r ) erhält man: —- + z—- = sww z + spn — . Nun wird der linke Term der linL L L ken Seite mit — erweitert, und die linke Seite der Gleichung wird zu: Lg 2

Geeignetes Auflösen ergibt (9.13). Vgl. Ramanathan( 1982), S.282.

L| * L.

+ z — = (k ι + z ) — . L* L.

106

Teil II: Wachstumstheorien mit Kapital und Arbeit

Verteilung und der Preisstruktur. Argumentiert wird komparativ-statisch: Es werden lediglich aufeinanderfolgende Gleichgewichtszustände betrachtet, ohne daß die Mechanismen aufgezeigt werden, die den Weg zum neuen Gleichgewicht erklären. Wir beweisen, daß dk/dz < 0 bei ki < k2 auf einen Widerspruch führt: 1. Nach (9.11) kann k bei steigendem ζ nur dann fallen (konstant bleiben), wenn die Produktion im weniger kapitalintensiv produzierenden Sektor erhöht wird. Bei k, < k2 muß also die Investitionsgüterproduktion steigen bzw. die Produktionsstruktur sich so verändern, daß Q2/Q1 fällt. 2. Gleichzeitig fordert ein sinkendes k bei steigendem ζ einen Rückgang der Profitquote, d.h. eine Einkommensumverteilung, es gilt nämlich ζ wL W , , , Profiteinkommen —= = — d.h. k ζ . k rp,K Ρ Lohneinkommen 3. Eine sinkende Profitquote bedeutet aber nach der obigen Sparhypothese sw < Sp, daß die Nachfragestruktur sich zugunsten der Konsumnachfrage verschiebt, d.h. Q2/P.Q1 ansteigt 4. Der Anstieg von Q2/P1Q1 kann nach Aussage 1 aber nicht auf einen Rückgang von Q2/Q1, zurückgeführt werden. Es müßte also pi, hinreichend stark fallen. 5. Die Erhöhung des Lohn-Zins-Verhältnisses ζ verteuert zwangsläufig die arbeitsintensivere Produktion. Bei ki < k2 steigen demnach die Kosten und auch der Preis des Investitionsguts pi. Dies ergibt einen Widerspruch zu Aussage 4. Würde also bei ki < k2 die gesamtwirtschaftliche Kapitalintensität k als Reaktion auf steigendes ζ fallen, müßte die Veränderung der Produktions- und Nachfragestruktur in entgegengesetzte Richtungen laufen und das Gütermarktgleichgewicht wäre nicht mehr erreichbar Ergebnis: Im Zwei-Sektoren-Modell wirkt sich eine Steigerung des Lohn-ZinsVerhältnisses ζ nur unter bestimmten Annahmen in einer Erhöhung der gesamtwirtschaftlichen Kapitalintensität aus. Hierin liegt der entscheidende Unterschied zum bisher verwendeten Einsektorenmodell mit einer aggregierten makroökonomischen Produktionsfunktion. Eine hinreichende Bedingung für k'(z) > 0 ist, daß die Kapitalintensität des Konsumgütersektors größer ist als die des Investitionssektors. Bei k] < k2 steigen Preis des Kapitalguts pi und ζ immer gleichzeitig an. Wie sich allerdings Einkommensverteilung und Nachfragestruktur ändern, ist unbekannt. Festzustellen ist lediglich, daß eine relative Zunahme der Konsumnachfrage nicht ohne Erhöhung des Kapitaleinsatzes und der Kapitalintensität möglich ist. Damit kann bei ki < k2 eine Steigerung von ζ die Einkommensverteilung in beliebiger Weise verändern, zur Zunahme der Kapitalintensität wird es jedoch immer kommen.

Kapitel 9: Ein neoklassisches Zwei-Sektoren-Modell

107

9.3 Das Wachstumsgleichgewicht Wie im einsektoralen Modell setzt die Untersuchung bei der Bewegungsgleichung von k an: k = Qj/L-nk = f j ( k j ) n k oder nach Einsetzen von (9.12) f ü r Qi: k=

s„,w

+ s„r-n)k Pi^ Nach Einsetzen von (9.9) und der Definition von ζ ist3: (9.18)

k = swzfj(k1) + s p f ; ( k , ) k - n k

Im Wachstumsgleichgewicht ist k = Κ - L = 0 oder:

(9.19)

k = ( ^ + s p )f 1 , (k 1 ) = n

Κ hängt offensichtlich nur von ζ ab, weil über ζ sowohl k als auch f j (kj) determiniert sind, f j (ki) und k sind stetige Funktionen von z, denn f j u n d f 2 erfüllen die Inada-Bedingungen. Damit ist auch Κ eine stetige Funktion von ζ für positive z. Nehmen wir außerdem an, daß k2 > kj, so verlaufen k und ζ gleichgerichtet. Aus der Argumentation zu Abbildung 9.1 erhält man dann: lim K(z) = °o z—»o und

lim K(z) = 0 z—

Κ kann also alle Werte zwischen Null und tumsgleichgewicht mit Κ = η existieren muß.

annehmen, so daß ein Wachs-

Die Eindeutigkeit des Steady-State ist sichergestellt, wenn Κ = g (ζ) eine monoton fallende Funktion von ζ ist. Nach (9.19) ist: g(z)=(sw|- + sp)fi(ki) Nach Umformung von (9.10) substituiere man kj + z Damit ist:

'

Man erweitert den Term

S

" W mit r und ersetzt dann kann ζ und r = f,' Pik

108

(9.20)

Teil II: Wachstumstheorien mit Kapital und Arbeit

g(z) = — — f 1 (k 1 (z))(s w -^ + s p ), kj ζ κ

sowie nach einigen Umformungen von g' (z) 4 : (921)

dgw. dz

k2

.d k dz

+

m

(

(z + kj)k

k

p

k)

g' (z) ist mit Sicherheit kleiner als Null, wenn ki < k2. Denn dann ist der letzte Klammerausdruck in (9.21) und damit auch der gesamte 2. Term in (9.21) negativ (sw < Sp wurde vorausgesetzt und k] < k folgt aus ki < k2). Da gleichzeitig auch der erste Term wegen der Überlegung zu k(z) im vorigen Abschnitt (dk/dz>0) kleiner als Null ist, muß die Summe negativ und damit K(z) monoton fallend und somit der Steady-State eindeutig sein. Ergebnis: Im neoklassischen Zwei-Sektoren-Modell sichert die Erfüllung der Inada-Bedingungen durch jede der beiden Produktionsfunktionen die Existenz des Wachstumsgleichgewichts. Hinreichende Bedingung für die Eindeutigkeit ist, daß im Investitionsgütersektor weniger kapitalintensiv als im Konsumgütersektor produziert wird. Denn bei ki < k2 und sw < sp fällt die Akkumulationsrate Κ mit steigendem z, so daß es nur ein einziges k oder ζ geben kann, bei dem Κ = η gilt.

9.4 Stabilität des Wachstumsgleichgewichts Die Stabilitätsuntersuchung fällt nach den vorangegangenen Ausführungen zumindest für den „schönen" Fall ki < k2 leicht. Denn dann gilt, sw < sp wieder vorausgesetzt: dK = dg(z) (9.22) — =0 dz Zunächst ist (9.20) mit der Produktregel und zweimal der Quotientenregel abzuleiten: ' . _ dk > SuiK Su; Ζ dg ζ Ì f, äz dz AL. ìw —+ S. +—Lp dz (k,+z)¿ k ) k, + j Im ersten Summanden setzt man in der großen Klammer rechts f ( / (k, + z) = f,' ein und kürzt links den Term (k,+z). Dann ergibt sich: S, =

— [ s w —+ s„v ]. Gleiches setzt man im zweiten Summanden k, + zV k )

f •s dk ζ ein und erhält: S 2 =——-—f.' • s w r - . Den rechten Term findet man sofort im Ergebnis (9.21) k dz k·* wieder. Der linke Term wird durch geeignetes Erweitem mit dem ersten Summanden S) verrechnet: ^^(sw(k1+z)-swz-spk) = -n-L(swk,-spk).

Kapitel 9: Ein neoklassisches Zwei-Sektoren-Modell

109

Angenommen, die Wirtschaft habe die gleichgewichtige Kapitalintensität k* noch nicht erreicht: k < k* Dann ist nach (9.22) Κ noch größer als η und k steigt in Richtung k*. Der Anstieg von k wird nach (9.23) von einem Anstieg von ζ begleitet, der nach (9.22) die Akkumulationsrate senkt, jedoch k noch hochtreibt. Dieser Prozeß kann offensichtlich erst dann beendet werden, wenn k stagniert, also Κ gleich η ist und damit ein Steady-State erreicht wurde. Das Modell ist stabil. Würde Bedingung (9.22) verletzt, dann könnte unter Umständen Κ als Reaktion auf steigendes ζ steigen, man würde sich immer weiter vom Steady-State wegbewegen. Gleichfalls Instabilität könnte aus der Verletzung von (9.23) entstehen, weil ein Anstieg von k möglicherweise einen Rückgang von ζ induziert und dieser die Akkumulationsrate so stark nach oben springen läßt, daß das System über den Steady-State hinausschießt. Ergebnis: Das neoklassische Zwei-Sektoren-Modell ist immer dann stabil, wenn sichergestellt ist, daß sowohl (9.22) als auch (9.23) gelten.

Fragen zu Kapitel 9 1. Stellen Sie Annahmen und Ergebnisse des neoklassischen einsektoralen Wachstumsmodells denen des zweisektoralen Modells gegenüber. 2. Gegeben ist eine Volkswirtschaft mit zwei Sektoren. Qi = K°· 25 · LÍj·75 Q 2 = κ°'5 L®'5

Investitionsgüterindustrie Konsumgüterindustrie

Sp = 0,2; sw =0,1; Κ =10; L = 10 a) Bestimmen Sie das Verhältnis der sektoralen Kapitalintensitäten in Abhängigkeit vom Lohnsatz. b) Bestimmen Sie pi, den Wert der Kapitalgüter gemessen in Konsumgütereinheiten. c) Bestimmen Sie die Konsumgüter- und Investitionsgüterproduktion bei Gütermarktgleichgewicht. d) Geben Sie das gleichgewichtige Lohn-Zins-Verhältnis an.

Literatur zum Kapitel 9 a) Lehrbuchdarstellungen und WISU- bzw. WiSt-Aufsätze Burmeister/Dobell (1970) Dixit (1976) Hacche (1979) Hahn/Matthews (1964) Jones (1975) Ramanathan (1982) b) Originalarbeiten und spezielle Aufsätze Hahn(1965) Solow (1961) Uzawa (1961)

Teil III: Theorie optimalen Wachstums mit Kapital und Arbeit 10. Intertemporale Optimalität in Modellen mit Kapital und Arbeit In dem einfachen Modell aus Kapitel 5 wurde bereits ein intertemporal effizienter Pfad durch die sogenannte Goldene Regel berechnet, die eine den Steady-StateKonsum maximierende Sparquote bestimmt. Die Goldene Regel sichert zwar die Erreichung eines idealen Endzustandes, läßt aber völlig außer acht, welches Leid oder auch nur Konsumopfer eventuell dafür anfangs in Kauf genommen werden muß. Um diese zu berücksichtigen, wird im folgenden der Nutzen aus dem Konsum über einen Zeitraum von null bis unendlich „addiert". Es werden dazu zwei unterschiedliche Ansätze betrachtet. Zunächst wird für die Analyse von einem gesamtwirtschaftlichen Planer ausgegangen, der den Konsum der Gesellschaft so steuert, das deren Gesamtnutzen maximiert wird. In einem zweiten Ansatz wird eine Marktlösung untersucht, bei der Haushalte und Unternehmen eigene Maximierungsvorstellungen besitzen.

10.1 Die Ramsey-Regel 10.1.1 Der gesamtwirtschaftliche Planer: Was wäre optimal? Einen Ansatz für mehr Gerechtigkeit zwischen den Generationen bietet u.a. eine utilitaristische Zielfunktion. Sie geht vom Bild einer Menschheit aus, die danach trachtet, den Gesamtnutzen aller jemals lebenden Generationen zu maximieren, wobei allerdings der Nutzen einer Generation umso niedriger bewertet wird, je ferner in der Zukunft er anfällt. Diese systematische Abwertung des Zukunftsnutzens wird durch eine mathematisch vorteilhafte Abdiskontierungsfunktion erreicht. Andernfalls konvergiert des Nutzenintegral eventuell nicht und ein Optimalpfad würde nicht existieren. Zur Berechtigung einer positiven Abdiskontierungsrate vgl. Exkurs 5. Zur Vereinfachung wird zunächst von einer konstanten Bevölkerung (L=l) ausgegangen. Der repräsentative Haushalt habe die Nutzenfunktion U(Ct), die dem Planer bekannt sei. Das utilitaristische Zielkriterium wird wie folgt formalisiert (10.1)

MaxW = f e " 5 t U(C,)dt c J 0

mit δ > 0, U'(C) > 0 , U"(C) < 0 , lim U'(C) =

C->0

lim U'(C) = 0

C-x»

Die beiden Grenzwertbedingungen sind hinreichende Bedingungen für die Existenz eines Optimalpfades. U(C) ist streng konkav in C, so daß eine Konsumerhöhung weniger stark zählt, je höher das bereits erreichte Konsumniveau ist.

Kapitel 10: Intertemporale Effizienz und Optimalität

111

Gleichung (10.1) liefert in allen Modellen, die eine zeitliche Verlagerung des Konsums durch Investitionen zulassen, eine Optimalbedingung für den Konsumpfad. Diese ist unter der Bezeichnung Ramsey-Regel bekannt und wird gewöhnlich mit Hilfe des Maximum-Prinzips von Pontryagin (vgl. Mathematischer Anhang) abgeleitet. Nebenbedingung ist die Bewegungsgleichung für K, wobei hier natürlich keine konstante Sparquote gefordert werden kann: (10.2) Κ = F (Κ, L) - C Ableitung der Ramsey-Regel mit Hilfe des Maximumprinzips: Die Hamilton-Funktion lautet: (10.3)

H = U (C) e"8* + λ (t) · [F (Κ, L) - C]

Notwendige Bedingung für ein Maximum bzgl. C: (10.4)

=

U'(C) e- & =X(t)

Die kanonische Gleichung lautet: (10.5)

=

λ(0·Ρκ=-λ

Wir ermitteln die Wachstumsraten der Gleichung (10.4) als: (10.6)

Û'(C) - δ = λ

Mit (10.5) folgt dann: -Û'(C) = FK - δ U'(C) läßt sich auch schreiben als1 (10.7) (10.8)

Û'(C) =

U

(C) C

U'(C)

U'(C)

.woraus folgt:

K

Erweitern mit C und Verwendung der Grenznutzenelastizität - η =

U"(C) • c U'(C)

ergibt: (10.9)

C t | = Fk-Ö

woraus die Ramsey-Regel für die Wachstumsrate des Konsums auf dem Optimalpfad folgt: F„ - δ (10.10) c _= κ

' Wie immer ist die Wachstumsrate die zeitliche Ableitung dividiert durch die absolute Größe. Im Zähler ist von (10.7) ist die Ableitung nach der Zeit von U'(C) (Ketteniegei) notiert, im Nenner steht die Ursprungsgröße U'(C), auf die die Veränderung bezogen wird.

112

Teil III: Optimales Wachstum mit Kapital und Arbeit

Aber auch ohne mathematische Kenntnisse von Optimierungsmethoden kann die optimale Konsumgleichung gefunden werden. Vorteil der nachfolgenden Vorgehensweise ist die Offenlegung der Argumente hinter der Ramsey-Regel. Wie bei jedem Investitionsproblem ist zu überlegen, ob eine zusätzliche Sozialprodukteinheit noch investiert werden sollte oder nicht. Gegenüberzustellen sind bei dieser Entscheidung Nutzen und „Kosten", wobei die Kosten sich sehr einfach angeben lassen. Jede investierte Gütereinheit kann heute nicht konsumiert werden. Daraus resultiert ein Nutzenverlust (Opportunitätskosten) (10.11)

Verlust (t) = U'(C t )

pro marginaler Konsumeinheit, wobei t ein beliebiger Zeitpunkt sein kann. Der Vorteil der Investition fällt frühestens in der Periode t + 1 an und setzt sich zusammen aus der Produktionssteigerung aufgrund des größeren Kapitalstocks in der Periode t + 1 FK(t + l) sowie der Minderinvestition in t + 1, die möglich ist, weil bereits in eine zusätzliche Einheit investiert wurde. Der positive Konsumeffekt in t + 1 wäre also in Gütereinheiten: 1 + FK ( t + 1 ) oder im Nutzenmaßstab U ' (Ct+i) (1 + FK ( t + 1 )). Nutzen und Kosten sind hier nicht unmittelbar vergleichbar, weil sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten anfallen. Um dieses Zeitproblem aufzulösen, rechne man den Wert des Nutzenzuwachses aus t + 1 auf t durch Abdiskontierung mit δ herunter. (10.12)

abdiskontierter Nutzengewinn (t) = —î— U'(Ct+i)( (1 + F K ( t + 1 )) l+ö Ist der abdiskontierte Nutzengewinn größer als der Nutzenentgang, lohnt sich die Mehrinvestition der Sozialprodukteinheit. Es ist dann sogar sinnvoll, soviel zusätzliches Sozialprodukt zu investieren, bis (10.11) und (10.12) gleich sind. Die Annäherung geschieht durch Steigerung von U'(Ct) und Senkung von U'(Ct+i). Die Bedingung für eine nutzenmaximale Aufteilung des Sozialprodukts in Konsum und Investition lautet damit: U' (Q) = - î - U' (Ct+i) (1 + Fk ( t + 1 )) 1+ δ (10.13) wird aussagekräftiger, wenn statt der Grenznutzenveränderung die Änderung des Konsums betrachtet wird. Für die Umformung von (10.13) wähle man als Anhaltspunkt die Zielfunktion (10.1), allerdings formuliert für diskrete Zeitintervalle. Die Veränderung der Grenznutzen zwischen C, und Ct+i läßt sich approximieren durch eine Taylorentwicklung: (10.13)

(10.14)

u'(Ct) = U ' ( C t + 1 ) - U " ( C t + 1 ) - ^

1+ 0

Man setze (10.14) in (10.13) ein und erhält als notwendige Bedingung

Kapitel 10: Intertemporale Effizienz und Optimalität

113

(1 + δ) U ' (Ct+i) - AC U" (Ct+I) = U ' (Ct+1) (1 + FK ( t + 1 )) oder (10.15)

ACU'(C) _ ρ U'(C)

K

g

Grenznutzen U' und Grenznutzen Veränderung U" werden durch Einführung einer Grenznutzenelastizität η anders ausgedrückt: (10.16)

η 1 : =

ζ Η Β £ U'(C)

Bei Berücksichtigung von (10.16) wird aus (10.15) ( 10.17)

Fif-δ C=—

Ramsey-Regel bei konstanter Bevölkerung

Auf einem optimalen Konsumpfad steigt der Gesamtkonsum solange an, wie FK noch über der Abdiskontierungsrate δ liegt. Zu beachten ist, daß (10.17) aus einer Zielfunktion hervorging, die sich auf den Gesamtkonsum C einer Periode bezog. Diese Form einer Zielfunktion kann aber unserer oben skizzierten Vorstellung von „Gerechtigkeit zwischen den Generationen" nur entsprechen, wenn die Bevölkerung nicht ansteigt. Anderenfalls würde bei C < n der Pro-Kopf-Konsum fallen und zwar ohne daß eine Untergrenze eingebaut wäre. Eine gerechtere Zielfunktion bei positivem n würde lauten: maxW= f u ( c ) e _ 8 t d t j c 0 wobei die Nebenbedingung wäre (10.18a)

mit c=C/L

(10.18b) k = f (k) - c - nk Für diese Problemformulierung läßt sich analog eine Hamilton-Funktion aufstellen, die auf folgende Ramsey-Regel führt: (10.19)

c = -Lil^—-—η

Ramsey-Regel bei wachsender Bevölkerung

(10.19) fordert gegenüber (10.17) eine geringere Konsumwachstumsrate. Dies wird verständlich, wenn man sich überlegt, daß die Investitionen einer Einzelperson in der folgenden Periode zunächst zum Capital-Widening herangezogen werden. Um den Pro-Kopf-Konsum dennoch ansteigen zu lassen, muß der einzelne mehr investieren bzw. weniger konsumieren als bei konstanter Bevölkerung. Die höheren Capital-Widening-Investitionen erklären den Rückgang der Konsumwachstumsrate in (10.19). Die langfristige Bewegung des Systems soll nun durch ein Phasendiagramm (Abbildung 10.1), in dem der Konsum gegen die Kapitalintensität aufgetragen ist, beschrieben werden (vgl. auch Mathematischer Anhang) Die Isokline, auf der der Konsum unverändert bleibt ( c = 0 ) ergibt sich aus der Ramsey-Regel (10.19) zu f'(k) = n + 6. Da in dieser Gleichung kein c mehr

Teil III: Optimales Wachstum mit Kapital und Arbeit

114

auftaucht, ist sie eine Senkrechte im k-c-Diagramm. Die Isokline, auf der die Kapitalintensität konstant ist ( k = 0 ), erhält man aus der Bewegungsgleichung der Kapitalintensität: c = f(k) - nk . Diese Kurve steigt zunächst an, erreicht für k m a x mit f ' ( k m a x ) = η ein Maximum und fällt dann wieder ab, bis bei k mit f(k) = nk eine Nullstelle erreicht wird. Durch die Isoklinen ist der Quadrant in vier Flächen unterteilt, in denen sich das System unterschiedlich bewegt. Man betrachte zunächst die Fläche oberhalb von k = 0 . Aus der Bewegungsgleichung der Kapitalintensität (10.18b) erhält man sofort, daß für c-Werte oberhalb der Kurve c = f(k) - nk gelten muß: k < 0 2 . Genauso gilt für c-Werte unterhalb der Kurve: k > 0 . Die horizontale Bewegungsrichtung für die Kapitalintensität ist einmal nach links ( k < 0 ) und im zweiten Fall nach rechts ( k > 0 ), was durch die Pfeile angedeutet ist. c

C=0

C

k

Abb. 10.1: Phasendiagramm des Ramsey-Modells Es sei als nächstes die Fläche rechts von c = 0 betrachtet. Wird von einem beliebigen Punkt auf c = 0 aus die Kapitalintensität ein wenig erhöht, so sinkt die Grenzproduktivität f ' ( k ) . Da dann f ' ( k ) < η + δ ist, wird die Wachstumsrate des Konsums nach (10.19) negativ, der Konsum sinkt. Dieses erklärt sich aus dem oben dargestellten Kalkül. Links von k* gilt f'(k) > η + δ , so daß c > 0 ist

2

Auf der Isokline ist k = 0 und (10.18b) wird zur Isoklinengleichung c=f(k)-nk. Erhöht man von einem beliebigen Punkt dieser Isokline aus den Konsum, d.h. man wandert nach oben, so muß gemäß der Bewegungsgleichung

(10.18b) k < 0 sein, um diese Erhöhung des Konsums zu kompensieren. Auf

k = 0 war der Konsum gerade so groß, um das Capital-Widening zu erlauben. Erhöht man den Konsum, so verringert sich folglich die Kapitalausstattung pro Kopf, es kommt zum negativen CapitalDeepening.

Kapitel 10: Intertemporale Effizienz und Optimalität

115

nach (10.19). Rechts von k* ist f'(k)< η + δ und deshalb ¿ < 0 . Die Bewegung von c geht also aufwärts bzw. abwärts3. Der Steady-State ist erreicht, wenn der Pro-Kopf-Konsum und die Kapitalintensität konstant sind. Dieses ist im Schnittpunkt der Isoklinen der Fall, so daß sich als Steady-State Niveaus c* und k* ergeben. Im Steady-State gilt also f'(k*) = η + δ und c* = f(k*) - nk *. Um intertemporale Ineffizienz zu vermeiden, muß die Kapitalintensität langfristig also gegen einen Wert k* streben, wobei f'(k*) gerade η+δ ist. Nur dadurch kann vermieden werden, daß der Konsum ständig steigen muß, obwohl die Produktionsmöglichkeiten nach oben beschränkt sind oder daß sich k noch erhöht, obwohl c bereits rückläufig ist. Der Optimalpfad muß also in einem Steady-State enden, der durch die Bedingung (10.20) charakterisiert ist. (10.20)

f '(k*) = η + δ

Regel für den sogenannten „Goldenen Nutzenpfad"

Vergleicht man die Steady-State-Lösung dieses sogenannten „Goldenen Nutzenpfades" (utilitaristischer Optimalpfad) und des Konsumpfades der Goldenen Regel der Kapitalakkumulation, dann fällt die große Ähnlichkeit auf. Bei Anwendung der Goldenen Regel gilt: (10.21)

f'i^max) = η

Ein utilitaristischer Steady-State hat eine relativ niedrigere gleichgewichtige Kapitalintensität, gleicht sich aber umso mehr dem Pfad der Goldenen Regel an, je niedriger die Abdiskontierungsrate gewählt wird. Für eine Cobb-Douglas-Produktionsfunktion Y = F(K,L) = K l aLa läßt sich die Steady-State-Kapitalintensität sogar explizit berechnen. Aus (10.20) folgt wegen f'(k) = ( l - a ) k" a : (l-a)k_a =η+δ (10.22) Die Steady-State-Kapitalintensität unterscheidet sich also nur durch die Zeitpräferenzrate im Nenner von der (maximalen) Kapitalintensität für effiziente Sparquoten aus Abschnitt 5.4. Es stellt sich nun die Frage nach der Erreichbarkeit des Steady-States. Ohne hier den gesamten utilitaristischen Optimalpfad detailliert beschreiben zu wollen, ist es doch notwendig, die langfristige Systementwicklung nach Vorgabe von (10.19) zu schildern. Angenommen c sei anfangs positiv. Mit den oben gemachten Aussagen über die Dynamik des Systems fällt es leicht, sich vorzustellen, daß ein Anstieg von c von einem Anstieg der Produktion und Kapitalintensität begleitet sein muß. Es ist nun entscheidend, wie hoch das Konsumniveau zu Beginn ist. ' Bei gesunkener GrenzproduktivitäJ kann die Produktion morgen nicht mehr so stark gesteigert werden, also kann nur ein geringerer Verzicht auf Nutzen „entschädigt" werden. Folglich muß auch der Konsum sinken, um seinen Nutzen zu vermindern.

116 •

Teil III: Optimales Wachstum mit Kapital und Arbeit A n f a n g s k o n s u m n i v e a u c™ : Dieses N i v e a u ist zu hoch. D a zuviel konsumiert wird reichen die Pro-Kopf-Investitionen irgendwann nicht mehr aus, u m das C a p i tal-Widening zu finanzieren. A b diesem Zeitpunkt sinkt die Kapitalintensität und das S y s t e m b e w e g t sich v o m Steady-State w e g .



A n f a n g s k o n s u m n i v e a u CQ : Dieses Niveau ist zu niedrig. Durch die hohen Investitionen steigt die Kapitalintensität und somit das P r o - K o p f - E i n k o m m e n sehr schnell an. Dadurch sinkt die Grenzproduktivität ebenso schnell ab. D a s bedeutet wiederum, daß zu e i n e m bestimmten Zeitpunkt der K o n s u m z u sinken beginnt, d a der Nutzen e b e n s o w i e die Grenzproduktivität sinken muß.



A n f a n g s k o n s u m n i v e a u c " : Dieses N i v e a u ist genau richtig und führt in den Steady-State hinein. A u f g r u n d dieser D y n a m i k heißt ein solcher Steady-State auch Sattelpunkt und

die Pfade in diesen Steady-State heißen Sattelpunktpfade. Abschließend soll noch untersucht werden, w i e sich die L a g e des Steady-StateNiveaus durch Parametervariationen verändert: •

Erhöhung der Abdiskontierungsrate δ: D u r c h die E r h ö h u n g von δ verschiebt sich die Isokline für c = 0 nach links, da nur durch eine geringere Kapitalintensität eine höhere Grenzproduktivität erreicht werden kann, so daß f ' ( k ) = η + δ wird. D a s Steady-State-Konsumniveau und die Steady-StateKapitalintensität sinken folglich. Durch die höhere Abdiskontierungsrate hat die Volkswirtschaft mehr im heute gelebt, wodurch kein so großer Kapitalstock aufgebaut wurde. Daraus folgt, daß i m Steady-State auch die Produktion und somit der K o n s u m geringer sind.



Erhöhung der Bevölkerungswachstums ra te η: Hier sind z w e i E f f e k t e zu beachten. Erstens verschiebt sich die Isokline für c = 0 nach links. Zweitens wird die Isokline für k = 0 sich

wieder

das

nach unten „verbogen". Insgesamt verringern

Steady-State-Konsumniveau

und

die

Steady-State-

Kapitalintensität, d a durch ein höheres B e v ö l k e r u n g s w a c h s t u m ein größeres Capital-Widening

erforderlich

ist,

was

die

Konsummöglichkeiten

ein-

schränkt. Ergebnis: In j e d e m M o d e l l r a h m e n , der Investitionen, d.h. K o n s u m v e r z i c h t aus der laufenden Produktion, als Bindeglied z w i s c h e n Gegenwarts- und Zukunftskonsum zuläßt, gilt im utilitaristischen O p t i m u m die Ramsey-Regel: (10.23)

£ =

f ( k ) - n - S

η Damit der optimale K o n s u m p f a d erreichbar ist, ohne daß intertemporale Ineffizienz wegen Überakkumulation des Kapitals vorliegt, m u ß auf dem Optimalpfad als langfristiges G l e i c h g e w i c h t ein Steady-State angesteuert werden, für den gilt: f ' (k) = n + δ.

Kapitel 10: Intertemporale Effizienz und Optimalität

117

10.1.2 Der gesamtwirtschaftliche Planer mit technischem Fortschritt Es soll nun das im vorherigen Abschnitt vorgestellte Modell um arbeitsvermehrenden technischen Fortschritt A, der mit exogener Rate m wächst, erweitert werden. Die Produktionsfunktion sei linear-homogen in den beiden Produktionsfaktoren Κ und AL: Y=F(K,AL) = F(K, Lemt) Für die Pro-Kopf-Produktion in Effizienzeinheiten gilt dann: (10.24)

y = —— = f(k) mit k=K/AL AL In diesem Abschnitt wird sich die Unterscheidung zwischen Pro-Kopf-Größen in Effizienzeinheiten und echten (bzw. natürlichen) Pro-Kopf-Größen als wesentlich erweisen. In der Notation werden deshalb Pro-Kopf-Größen in Effizienzeinheiten mit kleinen Buchstaben bezeichnet (z.B. k=K/AL oder c=C/AL) und Pro-Kopf-Größen in natürlichen Einheiten mit einem Index „nat" gekennzeichnet (z.B. knat=K/L oder cnat=C/L). Die Bewegungsgleichung der Kapitalintensität (bezogen auf Arbeit in Effizienzeinheiten!) ergibt sich dann zu4: (10.25)

k = f(k)-c-(n + m)k

Als Optimierungsproblem ist der Gesamtnutzen einer isoelastischen Nutzenfunktion zu maximieren, wobei in der Zielfunktion (und nur dort) der Konsum pro „echten" Kopf betrachtet wird; denn nur die tatsächliche Wohnbevölkerung kann als Ziel einer Optimierung dienen. Es macht wenig Sinn, auch „fiktive Effizienzköpfe" in der Zielfunktion zu berücksichtigen. maxW = j u ( c n a t ) e - * d t o s.t.: k = f ( k ) - c - ( n + m) k Wieder bildet man die Hamilton-Funktion und leitet diese nach c und k (in Effizienzeinheiten) ab: (10.26) (10.27)5 (10.28)

H = U(cnat ) · e~& + λ · (f(k) - c - (n + m) k) Λf f

=

de X= ~

U'(c nat )· A e _ & - λ = 0 ^

= -X(f'(k)-(n+m))

dk (10.26) formt man um in Wachstumsraten und erhält6 : 4

Es ist k=K/AL. Logarithmisches Differenzieren ergibt fllr die Wachstumsraten: k = K - Â - L . Mul-

K Κ

tiplikation mit k ergibt: k = — s

- ( n + m ) · k . Κ / AL sind dann die Nettoinvestitionen pro Kopf

in Effizienzeinheiten, also gleich f(k)-c, was die Bewegungsgleichung ergibt. Bei der Ableitung beachte man, daß c„,=cA ist.

118

Teil III: Optimales Wachstum mit Kapital und Arbeit

(10.30)

Û'(c n a t ) + Â - 6 = λ

(10.31)

=>λ = - η · £ η Μ + m - 6

Ebenso ermittelt man durch Division eine Wachstumsrate für λ aus Gleichung (10.28).

(10.32)

λ = (n + m ) - f ' ( k )

Gleichsetzen der Wachstumsraten für λ ergibt dann folgende modifizierte Ramsey-Regel: (10.33)

c na( = ^ ^ — - — -

Ramsey-Regel mit technischem Fortschritt

η

In Effizienzeinheiten lautet die Regel7: (10.34)

£ =

f U ) - 5 - n ^ m

η

Die Gleichung (10.33) sieht zwar genauso aus wie die Ramsey-Regel in Gleichung (10.19) ist jedoch anders zu deuten, da die Grenzproduktivität auf der rechten Seite von k in Effizienzeinheiten abhängt. Was dieses bedeutet, sei anhand einer Cobb-Douglas-Produktionsfunktion verdeutlicht. Sei nun Y = K l a (Lemt)* und somit y = f(k) = k l a mit k = K/Leml. Leitet man diese Funktion ab, und setzt sie in (10.33) ein, so erhält man:

(10.35)

cnat=-

η

In einem Steady-State muß definitionsgemäß die Wachstumsrate des Konsums konstant sein, und folglich muß auch c nat konstant sein. Damit dieses aber überhaupt möglich ist, muß K/L mit der Rate m wachsen, da sich andernfalls die Wachstumsrate des Konsums pro „natürlichen" Kopf c nat noch im Zeitablauf bewegen würde, was im Steady-State aber definitionsgemäß ausgeschlossen ist. Also: (10.36)

k nat = K - L = m

Aus der Produktionsfunktion erhält man dann die Wachstumsrate des Sozialproduktes

6

U"(c ) · c Dabei bedenke man: U'(c nal ) = — ^ — — . Erweitern des Bruches mit c„, liefert dann unter Berücksichtigung

der

Definition

der

û'(c na ) = -nc n a l 7

Man bedenke cm,=c· A, was c nal = c + m impliziert.

Grenznutzenelastizität

η=-

U'(c n a l )

Kapitel 10: Intertemporale Effizienz und Optimalität (10 37)

119

Ϋ = (1 - a) · Κ + a · (L + m) = (1 - a) · (n + m) + a · (n + m) = η+ m

Aus der Verwendungsgleichung des Sozialproduktes ergibt sich dann8: (10.38)

C = K = n+ m

Daraus folgt wiederum, daß die Wachstumsrate des Konsums pro natürlichen Kopf m sein muß: c nal = m . Gleichung (10.38) impliziert außerdem, daß im Steady-State, die Veränderungen des Konsums und der Kapitalausstattung pro effizienter Arbeitseinheit gleich Null sein müssen; denn es galt definitionsgemäß c = C - Â - L , was mit (10.38) zu Null wird. Der Steady-State ergibt sich dann graphisch im k-cDiagramm (Abbildung 10.2b), wie im vorherigen Abschnitt. Die Steady-StateKapitalintensität in effizienten Arbeitseinheiten errechnet sich, wie gewohnt, aus der Gleichung (10.34).

Abb. 10.2a: Steady-State in natürlichen Einheiten

Abb. 10.2b: Steady-State in Effizienzeinheiten

In natürlichen Einheiten ergibt sich ein völlig anderes Diagramm, da sowohl der Pro-Kopf-Konsum als auch die Pro-Kopf-Kapitalausstattung im Zeitverlauf mit der oben ermittelten Rate m wachsen. Es ergibt sich also für jeden Zeitpunkt eine neue Isokline, so daß eine Schar von Kurven entsteht. Dieses hat zur Folge, daß die (k* at ,c* at )-Steady-States sich immer weiter nach oben rechts bewegen, da nach (10.34) f (k) konstant ist. Dieses ist in Abbildung (10.2a) dargestellt. In Modellen, bei denen der Konsum im Steady-State noch wächst, muß abschließend noch überprüft werden, ob das Nutzenintegral der Zielfunktion noch

Die Verwendungsgleichung lautet Y = C + Κ . Division durch Κ liefert:

Υ κ c =— Κ Κ Κ

. Da Y und Κ

jeweils mit der Rate n+m wachsen und Κ definioonsgemäß konstant ist, steht auf der linken Seite eine Konstante, so daß logarithmisches Differenzieren Gleichung (10.48) liefert.

120

Teil III: Optimales Wachstum mit Kapital und Arbeit

konvergiert. In diesem Fall wächst der Konsum pro Kopf mit der Rate m. Dieses impliziert den folgenden Konsumpfad. (10.39)

c n a t (t) = c ° a t e m t

Um eine Konvergenzbedingung ableiten zu können, wird eine Nutzenfunktion mit konstanter Grenznutzenelastizität unterstellt: (10.40)

U(cnat ) = ——— cj,",11 1-η

Dann setzt man den Konsumpfad (10.39) mit der eben spezifizierten Nutzenfunktion (10.40) in das Nutzenintegral ein: (10.41)

w = J - L - ( vc L e - p .e-*dt = e'^^'dt ν J 1 - η1 ' J 1 —η 1 o o Dieses Integral kann nur konvergieren, wenn der Exponent der Exponentialfunktion kleiner als Null ist, also: (10.42)

(1 -T|)m - δ < 0

Dieses ist für η > 1 immer erfüllt. Für η < 1 muß hingegen die Bedingung s (10.43) η>1 m erfüllt sein, um die Konvergenz des Nutzenintegrals zu gewährleisten. Ergebnis: Bei exogen gegebenem technischen Fortschritt ist im Steady-State die Veränderung der Kapitalausstattung und des Konsums pro effizienter Arbeitseinheit gleich Null. Im Steady-State gilt dann f'(k) = δ + n + T|m . Der Konsum pro natürlichem Kopf kann hingegen mit der Rate m des technischen Fortschritts gesteigert werden. Sowohl der Anpassungspfad von C0 bis zum letztendlich erreichten C* im Steady-State als auch die Niveauwerte Y*, K* und C* hängen endogen von den Parametern der Produktions- und Nutzenfunktion ab. Die Steady-StateWachstumsrate in K* ist hingegen immer von den exogen gegebenen Parametern m + n abhängig.

10.1.3 Die Marktlösung Bislang wurde von einem (fiktiven) gemeinnützigen Planer ausgegangen, der den Konsum und damit die Investitionen in den Kapitalstock so steuert, daß eine „gesellschaftliche Nutzenfunktion" optimiert wird. Es wird nun gefragt, ob ein solches Resultat wie die Ramsey-Regel auch als Marktergebnis erhalten werden kann, d.h. Haushalte und Unternehmen maximieren ihren Nutzen bzw. ihren Gewinn, ohne auf den fiktiven „Planer" zu achten. Als Modell ergibt sich dann:

Kapitel 10: Intertemporale Effizienz und Optimalität (10.44)

(10.45)

max W = J U(ct ) · e o à = w+ ra-c-na

(10.46)

Y=F(K,L)

(10-47)

L = nL

dt

121

Intertemporale Nutzenmaximierung der Haushalte Bewegungsgleichung des Vermögens der Haushalte Produktionsfunktion der Unternehmen (erfüllt die Inada-Bedingungen) Bewegungsgleichung der Bevölkerungszahl

Es wird von einer Bevölkerung ausgegangen, die mit der Rate η wächst. Alle Individuen sind gleich, so daß die Darstellung in Pro-Kopf-Größen erfolgen kann. Die Haushaltsgröße wird als konstant angenommen. Die Haushalte optimieren intertemporal, d.h. sie versuchen ihren Nutzen gemäß Gleichung (10.44) in der Zeit von null bis unendlich zu maximieren. Ihre Optimierung wird beschränkt durch die Bewegung ihres Vermögens a (10.45). Dieses wächst mit den empfangenen Löhnen (w) und ihrem Zinseinkommen (r a) und wird vermindert durch ihre Konsumausgaben (c) und durch die Erhöhung der Anzahl der Haushalte (nk).9 Lohn- und Zinssatz betrachten die Haushalte als gegeben, aber nicht notwendig fest. Auf die gleiche Weise wie im vorherigen Abschnitt kann mit Hilfe der Hamilton-Funktion ein optimaler Konsumpfad aus der Sicht der Haushalte ermittelt werden. Dieser lautet: (10.48)

£ =

r-η^δ

η

Das Sozialprodukt Y wird von den Unternehmen produziert. Die Unternehmen haben kein intertemporales Kalkül, sondern maximieren ihren Periodengewinn G. Ihnen entstehen Kosten für das eingesetzte Kapital und für die Entlohnung der Arbeiter. Auch sie betrachten Lohn und Zins als gegeben, wenn auch nicht als fest. Über den Einsatz der Faktoren entscheiden sie in jeder Periode neu gemäß den Faktorpreisen, d.h. insbesondere, daß die Kapitalgüter geleast werden. Ihr Optimierungsproblem lautet folglich10: max G = F(K, L) - (rK + wL) k = L · (f (k) - (rk + w)) Ableiten von G nach k und Nullsetzen ergibt als Bedingung für eine gewinnmaximierende Kapitalintensität k: (10.49)

f'(k) = r

Die Grenzproduktivität muß - was wenig überrascht - gleich dem Zinssatz sein.11 9

Die Größen a und c sind natürlich wieder Pro-Kopf-Größen. Man beachte, daß hier kein Pro-Kopf-Gewinn verwandt wird. Dieser würde keinen Sinn ergeben, da die Unternehmen sicher nicht den Pro-Kopf-Gewinn ins Kalkül ziehen, obgleich dieser natürlich mit dem Ergebnis der unternehmerischen Gewinnmaximierung verbunden ist " Man beachte, daß hier natürlich eine beachtliche Modellieningsasymmetrie auftaucht. Während die Haushalte intertemporal optimieren, ist der Unternehmenssektor so einfach wie nur möglich gehalten. 10

122

Teil III: Optimales Wachstum mit Kapital und Arbeit

Es können nun Haushalte und Unternehmen zusammengeführt werden. Dazu ist zunächst zu bedenken, daß in einer geschlossenen Volkswirtschaft zu jedem Zeitpunkt der gesamte Kapitalstock irgend jemandem in der Volkswirtschaft gehören muß12. Folglich ist a = k. Dieser Ausgleich von Kapitalangebot und Kapitalnachfrage wird durch den variablen Zinssatz gewährleistet. Weiterhin kann man Gleichung (10.49) in Gleichung (10.48) einsetzen, so daß man die beiden folgenden Bewegungsgleichungen erhält: (10.50)

k = w+ rk-c-nk

(10.51)

£ =

fU)-n-5

η

13

Da w + rk = f(k) ist , liegt hier dieselbe Struktur wie im Modell des gesamtwirtschaftlichen Planers vor und folglich ist auch die Steady-State-Lösung dieselbe. Nur die Argumentation verändert sich. Man nehme an, die Volkswirtschaft befinde sich noch nicht im Steady-State, sondern auf einem Punkt des unteren Astes des Sattelpunktpfades in den Steady-State. Der Konsum ist hier noch geringer als im Steady-State, und folglich kann das Pro-Kopf-Vermögen der Haushalte wachsen, da diese eben wenig konsumieren (Gl. 10.45). Über den Zinsmechanismus entwickelt sich die Kapitalintensität analog zum Pro-KopfVermögensbestand (Gl. 10.50). Andererseits ist die Kapitalintensität geringer als die Steady-State-Kapitalintensität. Folglich ist die Grenzproduktivität und damit auch der Zins (Gl. 10.49) recht hoch. Da der Zinssatz so hoch ist, kann auch ein sehr hoher Grenznutzen des Konsums in der Zukunft entschädigt werden, weshalb heute mehr konsumiert werden kann. Der Konsum wächst folglich. Ergebnis: Auch im Falle der Marktlösung gilt die Ramsey-Regel. Der optimale Pfad eines gesamtwirtschaftlichen Planers kann also auch durch ein Marktergebnis erreicht werden.

Exkurs 5: Isoelastische Nutzenfunktionen In der Ableitung der Ramsey-Regel spielte die Frage eine große Rolle, wie sich der Grenznutzen relativ verändert, wenn das Konsumniveau um ein Prozent variiert wird, d.h. die Grenznutzenelastizität (bezüglich C) ist in Modellen optimalen Wachstums eine wichtige Variable. Es ist formal natürlich eine Vereinfachung, wenn diese Elastizität konstant ist: (E.5.1)

_η:=«£(0),_€_=ΙΓ·(0·€ 1 dC U'(C) IT(C)

Definiert man f (C) := U' (C), so erhält man eine Differentialgleichung

12

13

In einer offenen Volkswirtschaft gilt dieses natürlich nicht, da es die Möglichkeit der Auslandsverschuldung gibt. Der Vermögensbestand pro Kopf a und und die Kapitalausstattung pro Kopf k können differieren. Deshalb können mit diesem Ansatz auch sehr gut Modelle optimalen Wachstums einer offenen Volkswirtschaft modelliert werden, (vgl. Barro/Sala-i-Martin (1995), Kapitel 3) Gemäß der Euler'schen Gleichung gilt für eine linear-homogene Produktionsfunktion bei Entlohnung nach Grenzproduktivitäten: Y = wL + rK . Division durch L liefert die Behauptung.

123

Kapitel 10: Intertemporale Effizienz und Optimalität

(E.5.2)

f'(C) _ - η — - bzw. nach Multiplikation von dC f(C) C

i

Nach Integration dieser Differentialgleichung erhält man 14 : In f = - η · I n C + ln A Auflösen nach f liefert dann 15 : (E.5.3)

f= C

·Α

Resubstitution ergibt: (E.5.4)

U' (C) = A ·

C

Aus (E.5.4) erhält man wiederum durch Integration die Abhängigkeit des Nutzens vom Konsum: -^-•C^

(E.5.5)

U(C) = i

η Φ1

1-11

A-lnC

η=1

Die Graphen dieser Nutzenfunktion sind in der Abbildung (E.5.1) dargestellt. U(C)4

C

Abb. E.5.1: Verläufe der isoelastischen Nutzenfunktion bei alternativen Elastizitäten η 14

Man bedenke, daß die Logarithmusfunktion die Stammfunktion von f(x)=l/x ist. Siehe auch den Mathematischen Anhang zur Lösung von Differentialgleichungen

15

Dazu werden beide Seiten als Argument der Exponentialfunktion verwandt: e l n f = e _ n ' n C +

lnA

. Durch

die Tatsache, daß χ = e'" x ist und die Verwendung der Potenzgesetze erhält man Gleichung (E.5.3).

Teil III: Optimales Wachstum mit Kapital und Arbeit

124

Hinweis: Für η > 1 hat die Nutzenfunktion eine obere Schranke U = 0. Dies ist beispielsweise wichtig, wenn ein Nutzenintegral bei wachsendem Konsum zu maximieren ist (das sonst eventuell nicht konvergiert!). Für die ökonomische Interpretation läßt sich die Grenznutzenelastizität in Verbindung zu einer intertemporalen Substitutionselastizität des Konsums bringen. Die Substitutionselastizität σ zwischen zwei Konsummengen ist definiert als die relative Veränderung des Verhältnisses der Konsummengen bezogen auf die relative Änderung der Grenzrate der Substitution zwischen den beiden Konsummengen. Für die Grenzrate der Substitution galt dC 2 "dC,

(E.5.6)

=

U'(C,) U'(C 2 )

so daß sich die Substitutionselastizität ergibt zu: (E.5.7)

σ=

d(C 2 /C,) C2/C,

d(-dC 2 / dC^) -dC2/dC,

Die Konsummengen Ci und C 2 sollen nun als der Konsum zu zwei eng beieinander liegenden Zeitpunkten ti und t 2 = t, + At interpretiert werden. Es werden nun die beiden in der Definition vorkommenden totalen Differentiale berechnet: (E.5.8) 16

lci

= —dC2 - % d C i = C ' d C 2 ~C2dCi c, c? cf (C, -(dC2 / d C , ) - C 2 ) d C ,

(E.5.9)

17

U'(C,) U'(C2 )J

=

U'(C 2 )

1

UXCJOJ^ (U'(C 2 ))

2

(U"(C 1 )U'(C 2 )-U'(C 1 )-U"(C 2 )-(dC 2 /dC^-dC, (U'(C 2 )) 2 Diese komplizierten Ausdrücke vereinfachen sich, wenn nun At gegen Null geht, d.h. die beiden Zeitpunkte und somit die Konsummengen liegen nahe beieinander, also Ci = C 2 . Somit folgt: (E.5.10)

C 2 /C, »1, U'(C,)/U'(C 2 )-1, dC 2 /dC, =-1 ,U"(C,) = U"(C 2 )

Damit vereinfachen sich die Gleichungen zu: (E.5.8')

16

17

18

18

- 2 · dC]

Zunächst differenziert man partiell nach Ci und multipliziert mit dCi anschließend differenziert man partiell nach Ci und multipliziert mit dem Differential dCi. Wie zuvor wird das totale Differential gebildet, anschließend auf einen Bruch gebracht und dCi ausgeklammert Man setze die Beziehungen (E.5.10) ein, dann kann durch Ci gekürzt werden, da Ci » C 2 .

Kapitel 10: Intertemporale Effizienz und Optimalität (E.5.9·)

U'(C 2 )

125

2-U"(C 1 ) dC, U'(C,)

Dieses läßt sich nun in (E.5.7) einsetzen. Dann erhält man (wieder unter Berücksichtigung von (E.5.10): (E.5.11)

σ=

-2dC, C,

2U"(C,) •dC, U'(C.)

J_ U'(Ci) C,-U*(C,)' η

Die Grenznutzenelastizität ist also die Inverse der intertemporalen Substitutionselastizität des Konsums. Sie kann somit als ein Maß dafür dienen, wie leicht oder schwer Konsum zwischen zwei Perioden verschoben werden kann. Liegt z.B. eine niedrige Grenznutzenelastizität vor, so ändert sich der marginale Nutzen durch zusätzlichen Konsum nur geringfügig. Folglich kann Konsum leicht zwischen zwei Perioden verschoben werden. Die Substitutionelastizität ist also hoch. Hinweis: Im Zusammenhang mit der Nutzenbewertung unter Unsicherheit spielt die Krümmung der Nutzenfunktion eine wichtige Rolle. Die Maßzahl ,/elative Risikoaversion" entspricht der hier eingeführten Grenznutzenelastizität η, die für isoelastische Nutzenfunktionen konstant ist.

10.2 Ein „Overlapping-Generations"-Modell In den vorangegangenen Abschnitten wurde stets von einem unendlichen Zeithorizont ausgegangen. Diese Annahme soll nun mit der Einführung eines sogenannten „Overlapping-Generations"-Modell, kurz: OLG-Modell, aufgegeben werden. Bei dieser Modellform, die u.a. auf Samuelson (1958) und Diamond (1965) zurückgeht, leben zu jeder Zeit Individuen unterschiedlicher Generationen mit unterschiedlichen ökonomischen Aktivitäten.19

10.2.1 Das Modell Dieses Modell beschreibt wieder eine Marktlösung, d.h. das Verhalten der Haushalte und der Unternehmen wird getrennt analysiert und dann auf dem Markt zusammengeführt. In der betrachteten Volkswirtschaft leben in der Periode t L, Individuen. Die Zahl der Individuen wächst exogen mt der Rate n, so daß die Bewegungsgleichung lautet: (10.57)

L t+1 = (1 + n) · L,

Die Individuen werden als identisch in ihren Präferenzen angenommen.

" Eine ausführliche Einfuhrung in die OLG-Modelle findet sich z.B. auch in Blanchard / Fischer (1989), S. 91ff.

126

Teil III: Optimales Wachstum mit Kapital und Arbeit

Haushalte: Isoelastische Nutzenfunktion (i steht für i = 1,2 für die 1. bzw. 2. Lebensperiode, t ist der Zeitindex)

(10.52)

=

(10.53)

wt = c l t + s ,

(10.54)

(l + r t + ] ) s t =c 2 t + 1

1-η

(10.55)

Unternehmen: Yt=F(Kt,Lt)

(10.56)

L t+1 = ( l + n ) L ,

Budgetrestriktion in der 1.Lebensperiode Budgetrestriktion in der 2.Lebensperiode Linear-homogene Produktionsfunktion, die die Inada-Bedingungen erfüllt n>0

Bewegungsgleichung der Bevölkerung

Die Individuen einer Volkswirtschaft leben stets zwei Perioden. In der ersten Periode geht das Individuum einer Arbeit nach. Das daraus erzielte Einkommen wt wird von ihm konsumiert (cn) und gespart (s,). In der zweiten Periode befindet sich das Individuum im Ruhestand und konsumiert (c2t+i) die zuvor angehäuften Ersparnisse.20 Der Konsum der zweiten Lebensperiode setzt sich aus den Ersparnissen der Vorperiode (st) und den Zinseinnahmen aus diesen Ersparnissen (r t+ rs t ). Ziel des Individuums ist es, seinen Nutzen aus beiden Lebensperioden zu maximieren, wobei es die zweite Periode natürlich diskontiert: (10.58)

max c,,.c2l„

(10.59)

I - η

l + o

1 - η

s.t.: c lt = w , - s ,

(10.60) c 2l+1 =(l + r t + 1 ) s , Um das Problem zu lösen, setzt man die beiden Nebenbedingungen in die Zielfunktion ein und leitet dann nach s, ab, denn st ist die Entscheidungsvariable mit der der heutige und auch der zukünftige Konsum bestimmt wird. Dann ergibt sich (nach Resubstitution der Nebenbedingungen): (10.61)

_c-i+i±ittL.c-t'«1=0

Woraus folgt: (10.62)

20

1 + rt+i l+δ

=

ti?

=

"'En) u'(c 2t+1 )

Ein Wort zur Notation: ci, bezeichnet den Konsum eines Individuums in der ersten Periode seines Lebens (deshalb die Eins). C2, hingegen beschreibt den Konsum eines Individuums, für das die Periode t bereits die zweite Lebensperiode ist (deshalb die Zwei). Die Kleinbuchstaben zejgen an, daB es sich wieder um Pro-Kopf-GröBen handelt, d.h. es gilt z.B. S, = s, • L,

Kapitel 10: Intertemporale Effizienz und Optimalität

127

Diese Gleichung impliziert, daß die Grenzrate der Substitution des Konsums in der zweiten Lebensperiode und des Konsums in der ersten Periode gleich dem „abdiskontierten" Zinssatz der Altersperiode ist. Ist der Zinssatz gleich der Diskontrate der Individuen, so sind die Grenznutzen in beiden Perioden gleich. Ein leicht höherer Zinssatz in der zweiten Periode erhöht natürlich den Konsum in dieser Periode, so daß die Grenzrate der Substitution steigt. Aus Gleichung (10.61) läßt sich auch die Höhe der Ersparnis in Abhängigkeit vom Zinssatz rt+1 und vom Lohn w, ausrechnen. Dazu setzt man in Gleichung (10.61) die Nebenbedingungen (10.59) und (10.60) ein und löst die Gleichung nach s, auf: (10.63)

w j—-—

st =

1 + (1 + δ) η · (1 + rt+1 )'

η

Man erkennt, daß die Ersparnis positiv mit dem Lohn korreliert ist: 3st/9w, > 0. Die Abhängigkeit vom Zinssatz hingegen ist von der Größe des Parameters der Grenznutzenelastizität abhängig. Ableiten von (10.63) ergibt dann21: 8s, _ drt+i

< 0 für η > 1 = 0 für η = 1 > 0 für η < 1

Daß bei steigendem Zinssatz die Ersparnis sinkt, erscheint zunächst kontraintuitiv, ist aber leicht erklärbar. Der Zinssatz ist der „Preis" für den Tausch zwischen zwei Perioden (vgl. (10.62)), somit hat eine Veränderung des Zinssatzes wie jede Preisänderung einen Substitutions- und einen Einkommenseffekt. Eine Grenznutzenelastizität η>1 impliziert nach Exkurs 5 eine Substitutionselastizität, die kleiner als Eins ist. Mithin ist eine Substitution von Konsum zwischen den Perioden nur schwer möglich und der Substitutionseffekt ist gering, so daß er durch den Einkommenseffekt überkompensiert werden kann. Als Folge steigt der Konsum in der ersten Periode und die Ersparnis sinkt. Die Unternehmen wenden kein intertemporales Optimierungskalkül an. Sie produzieren mit einer linear-homogenen Produktionsfunktion F ( K t , L t ) , bzw. in Pro-Kopf-Größen f ( k t ) u n d sind in jeder Periode Gewinnmaximierer, woraus sich die Faktorpreise als Grenzprodukte der Faktoren ergeben (10.64)

wt = f ( k t ) - k , f ' ( k , )

(10.65)

rt = f ' ( k t )

w, ist somit natürlich zugleich der von jedem Individuum empfangene Lohn.

21

Es ist:-Ü*dr.+i

• l-i Ii >o

l + (l + 6 ) M + rt+1)

η

(l + rl+1)~

) >0

>0

128

Teil III: Optimales Wachstum mit Kapital und Arbeit

Abb. 10.3: Das „Overlapping-Generations"-Modell

10.2.2 Marktgleichgewicht und Steady-State Es können nun beide Marktseiten zusammengeführt werden. Jedes Individuum investiert seine Ersparnisse s, in Kapital. Die Ersparnisse aller Individuen dienen in der Folgeperiode t+1 den Unternehmen als Kapitalstock: K t + 1 = L t · s t = S t . Der Gütermarkt befindet sich im Gleichgewicht, wenn die Nettoinvestitionen einer Periode gleich den Nettoersparnissen dieser Periode sind: (10.66)

K t+1 - K t = L t s t - K t Nettoinvestitìon = Nettoersparnis

Auf der linken Seite finden sich die Nettoinvestitionen der gesamten Volkswirtschaft der Periode t als Kapitalstock, den die junge Generation akkumuliert, vermindert um den Kapitalstock, den sie vorfand. Auf der rechten Seite der Gleichung sind die Ersparnisse der Individuen (Bevölkerungszahl der Periode t · ProKopf-Ersparnis). Von diesen muß aber der „Konsum" des Kapitalstocks subtrahiert werden, den die alte Generation in der Vorperiode t-1 angespart hatte. (Bedenke: K t = S t _, !). Aus Gleichung (10.66) erhält man nach Division durch W,: (10.67)

(l + n ) k , + 1 = s t (w t ,r t + 1 )

Gütermarktgleichgewicht

129

Kapitel 10: Intertemporale Effizienz und Optimalität

Der Lohnsatz und der Zins sind nach den Gleichungen (10.64) und (10.65) von k, und kt+i abhängig. Setzt man dieses in die Funktion der Ersparnis (10.63) ein, so ergibt sich aus (10.67): (10.68)

(1 + n) · k t + 1 =

^ f 1 + (1 + δ)

!— η

γ

(l + f'(k t + 1 ))

ι

In einem Steady-State ist die Kapitalintensität wieder konstant, d.h. es gilt k t+1 = k t . Somit wird aus (10.68) die folgende Steady-State-Bedingung für die Kapitalintensität kt : (10.69)

(l + n) =

^

i

1 + (1 + δ) η (l + f ' ( k t ) )

r i_i η

Die Existenz eines Steady-States läßt sich also (ähnlich wie in Kapitel 4) nachweisen, wenn der Quotient auf der rechten Seite jeden Wert zwischen Null und unendlich annimmt. Für den Zähler ermittelt man, daß lim Ä

k,->0

_ f ' ( k ) = oo

kt

und

lim k,->~ k t

- f'(k, ) = 0

Im Nenner ist die Arbeit ein wenig aufwendiger. Für

22

kt

°°

geht

(1 + f ' ( k t ) ) gegen Eins, so daß der Nenner für alle η gegen eine Konstante konvergiert. Insgesamt konvergiert die rechte Seite von (10.69) also für k t gegen Null. Für k t

«

0 konvergiert der Nenner in den Fällen η < 1 gegen eine

Konstante. Für η>1 hingegen liegt Divergenz vor. Da auch der Zähler divergiert, muß nochmals auf die ganze rechte Seite der Satz von l'Hospital angewandt werden. Diese Analyse ist i.a. recht schwierig. Für eine Cobb-DouglasProduktionsfunktion hingegen läßt sich ermitteln, daß die rechte Seite gegen unendlich divergiert, womit die Existenz gezeigt ist (mit der Einschränkung im Fall η>1). Die Eindeutigkeit der Lösung ist unter den bisher getroffenen Annahmen nicht gewährleistet. Man überprüft leicht durch Bildung der Ableitung der rechten Seite von (10.69), daß deren Vorzeichen vom Verlauf der Produktionsfunktion und der Größe des Parameters η abhängt. Spezifiziert

man

die

Produktionsfunktion

als

Produktionsfunktion F ( K t , L t ) = K¡~aLat, was f ( k t ) = k¡ _a

22

Der problematische Term des Zählers ist:

f(k )

lim — = lim k,->0 k t k,->0

f(k ) —. k.

Cobb-Douglasimpliziert, und

Anwendung des Satzes von l'Hospital liefert:

f'(k ) 1

— = «o . Insgesamt geht der Zähler also gegen auch gegen unendlich:

fík Ì fïk Ï lim - - — i - - f(k.) = l i m — l i m f(k.) = ~ - 0 = ~ Analog verfährt man für k. -> o. . kt k,-»o k t k,->0

k,->o

130

Teil III: Optimales Wachstum mit Kapital und Arbeit

nimmt man ferner eine Grenznutzenelastizität von η=1 an (also u(c it ) = lnc i( ), so läßt sich die Steady-State-Kapitalintensität explizit berechnen23: ι (10.70)

k* =

a

Ι,(1 + η)(2 + δ)

Mit steigender Bevölkerungswachstumsrate nimmt die Steady-StateKapitalintensität ab. Dieses begründet sich aus der Gütermarktgleichung. Jede Generation bildet Ersparnisse für ihre Altersperiode, die dann als Kapitalstock dienen. Wächst die Bevölkerung sehr stark, so steht in dieser Altersperiode der zahlreicheren jungen Generation ein geringerer Pro-Kopf-Kapitalstock zu Verfügung. Die negative Korrelation mit der Zeitpräferenzrate δ erklärt sich durch das dadurch veränderte Sparverhalten (Gl. 10.62). Je höher die Zeitpräferenz ist, je mehr die Individuen also in der Gegenwart leben, desto geringer ist auch ihre Ersparnis für die Zukunft. Steigt die Produktionselastizität der Arbeit a (d.h. der Faktor Arbeit wird in der Produktion wichtiger), so steigt die Steady-StateKapitalintensität24. Da im Steady-State in jedem Fall das Capital-Widening gewährleistet sein muß, der Faktor Arbeit nun aber in der Produktion wichtiger geworden ist, muß ein höherer Kapitalstock angestrebt werden, um eine konstante Kapitalintensität zu erreichen. Ergebnis: Die OLG-Modelle bieten die Möglichkeit, eine endliche Lebensdauer der Individuen abzubilden. Existenz und Eindeutigkeit des Steady-States sind unter einschränkenden Annahmen garantiert. Im Gegensatz zum Ramsey-Modell steigt die Steady-State-Kapitalintensität mit der Produktionselastizität der Arbeit.

10.2.3 OLG-Modelle und Rentenversicherungen Da die OLG-Modelle explizit die Beziehungen von zwei Generationen zueinander modellieren, eignen sie sich beispielsweise sehr gut zur Analyse der Wachstumswirkungen verschiedener Rentenversicherungssysteme. Es werden zwei Rentenversicherungsverfahren unterschieden: 1. Kapitaldeckungsverfahren: Jeder Arbeitnehmer zahlt von seinem Lohn einen Beitrag b„ der von der Rentenversicherung in Kapital investiert wird. In seiner Ruhestandsperiode bezieht er dann ein Renteneinkommen e,+i , das aus der Verzinsung seiner gezahlten Beiträge und den gezahlten Beiträgen selbst besteht: et+i = (l+r t+ i) b, 23

In Gleichung (10.69) setzt man η=1 und f ( k , ) = k¡~* eut, dann vereinfacht sich der Nenner dramatisch und man erhält: (1 + n) =

24

ak~ a

! — . Auflösen nach k, ergibt (10.70)

l + 0 + δ)

Dieses Ergebnis erhält man, indem man k, nach a ableitet. Dazu beachte man, daB wegen (10.70)

Jif k,=e

KKJ

i.„(A) = e"

nentialfunktion1

KKJ

ist.

mit κ = (1 + n)(2 + δ ) , da der Logarithmus die Umkehrfunktion der ExpoDann

folgt

mit

Anwendung

der

Ketten-

dk '"("T f 1 a κ ^ —- =e · — τ ·1η—+—y¿ l. Dieses ist für 0 0 . Das Grenzprodukt geht also nicht gegen Null, und die k— Produktionsfunktion verletzt somit eine der Inada-Bedingungen. Dann erhält man mit dem Satz von l'Hospital: (11.1)

l i m ^ =

lirnf'ikMmm

Dies impliziert: (11.2)

k fikl — = s - y - ^ - (n + m) > s · f m i n - (n + m) k k

Ist fmin > ( n + m ) / s , so sind die Nettoinvestitionen pro Kopf stets größer als die zum Capital-Widening nötigen Investitionen, mit der Folge, daß die Kapitalintensität immer weiter wächst, also

k > 0.

Langfristig gilt dann

also

lim k = s · fmin - (n + m). Das impliziert jedoch, daß die langfristige Steady-StateWachstumsrate von dem Präferenzparameter „Sparquote" und dem Produktionsparameter f ^ abhängt. Es liegt also endogenes Wachstum vor.

11.1.2 Das AK-Modell Eine einfache Produktionsfunktion, deren Grenzprodukt für einen wachsenden Kapitalstock nicht gegen Null geht, ist die sogenannte AK-Produktionsfunktion Y = F(K) = AK bzw. in der Pro-Kopf-Version y = Ak, bei der nur mit einem Faktor (Kapital) produziert wird. A ist ein konstanter Effizienzparameter. Ihr Grenzprodukt ist konstant: F K = A . Mit dieser Produktionsfunktion ergibt sich (analog zu (5.9)) die folgende Form der Fundamentalgleichung: k = s · Ak - nk Und folglich: k = s·A- η In diesem Fall ist die Steady-State-Wachstumsrate nur Null, wenn gilt s-A = n. Für s-A > η ist sie hingegen positiv und mithin sind es auch die Steady-StateWachstumsraten des Pro-Kopf-Einkommens und des Pro-Kopf-Konsums. Im neoklassischen Modell gewährleisteten die gegen Null abnehmenden Grenzprodukte, daß der Kapitalkoeffizient jeden beliebigen positiven Wert annehmen

136

Teil III: Optimales Wachstum mit Kapital und Arbeit

konnte. Hier hingegen ist der Kapitalkoeffizient konstant, was diesen Mechanismus lahmlegt (vgl. Abbildung 11.1). War im neoklassischen Modell k > 0 , so wuchs die Kapitalintensität stärker als das Pro-Kopf-Einkommen (konkave Produktionsfunktion!), was die Kapitalrentabilität verringerte bzw. den Kapitalkoeffizienten erhöhte, was verringerte Investitionsanreize bedeutete, wodurch sich das Wachstum der Kapitalintensität langsam reduzierte. Bei der AKProduktionsfunktion hingegen wachsen Kapitalintensität und Pro-KopfEinkommen mit der gleichen Rate, wodurch der beschriebene Verlangsamungsmechanismus außer Kraft gesetzt wurde. s · f'ík^A 1

s f ' einer neoklassischen Produktionsfunktion mit Inada - Bedingungen

s · f ' einer AK - Produktionsfunktion

s-A

0 k* k Abb. 11.1: Grenzprodukte einer neoklassischen und einer AK-Produktionsfunktion Ein ganz ähnliches Ergebnis erhält man für das Ramsey-Modell mit einer AKProduktionsfunktion. Das intertemporale Optimierungsproblem lautet dann für eine isoelastische Nutzenfunktion: max C

J 0

1-η

e-*dt

s.t.: K = Y - C = A K - C Der Herleitung der Lösung erfolgt analog zum Modell aus Kapitel 10, so daß man den Konsumpfad aus Gleichung (10.17) erhält, indem man F K = A einsetzt: (11.3)

C =

Α-δ

Da die Parameter A (= Produktivität), δ (= Abdiskontierungsrate künftiger Nutzen) und η (= Grenznutzenelastizität) hier als konstant angenommen werden, ist die Konsumwachstumsrate im Optimum auch konstant. Ein „Goldener Nutzenpfad" ergäbe sich nur zufällig für Α = δ. Für Α > δ erhält man im Steady-

137

Kapitel 11: „Neue Wachstumstheorie": Theorie endogenen Wachstums

State eine positive Wachstumsrate des Konsums, die hier zugleich auch die Wachstumsrate des Sozialproduktes und des Kapitals ist2. Da der Konsum im Steady-State wächst, ist ähnlich wie im Abschnitt 10.1.2 zu überprüfen, ob das Nutzenintegral überhaupt einen endlichen Wert annimmt. Dazu schreibt man Gleichung (11.3) in eine Differentialgleichung um (11.4)

c = Ad>c

η

A-S

Deren Lösung ist trivialerweise C(t) = C 0 · e

η

, was nun in das Nut-

zenintegral eingesetzt wird:

i

(11.5)

Α-δ ^ -t

i-η

1-η

1-η »

Ι !_1(Α-δ)-δ)ΐ

ev " í - n j

' dt

Offensichtlich konvergiert dieses Integral nur, wenn der Exponent der eFunktion kleiner als Null ist: (11.6)

-ΐ^(Α-δ)-δ 1 ist dieses immer erfüllt. Für η α · F ( A , K ) f ü r a > l

Aus (11.8') folgt insbesondere, daß die Produktionsfunktion im nichtrivalen Faktor konvex ist. Bei produktiven nichtrivalen Produktionsfaktoren entstehen also steigende Skalenerträge. Steigende Skalenerträge sind aber mit einem Wettbewerbsmarkt nicht vereinbar, da für die Entlohnung des nichtrivalen Faktors keine Mittel zur Verfügung stehen, wenn die Entlohnung gemäß der Grenzproduktivitätstheorie erfolgt. Für die rivalisierenden Inputfaktoren gilt der Satz von Euler, wonach das Sozialprodukt (bei einer linearhomogenen Produktionsfunktion) gleich der Summe der mit den Grenzproduktivitäten gewichteten Produktionsfaktoren ist (vgl. Abschnitt 2.2): 3F 1

3F 1

F 1 (K,L) = ·^— K + · ? — L 3K dl. Tritt nun noch ein nichtrivaler Produktionsfaktor (z.B. Wissen) hinzu, so gilt für eine Produktionsfunktion F 2 , die linear-homogen in Κ und L ist: (11.9)

, . Tr T , 3F2 3F2 t 3F 2 . 3F2 , , 3F2 F 2 (A,K,L) = -—K+——L < — — A + — — K + — —xL 3K 3L 3A 3K 3L 2. Die Ergebnisse technischen Fortschritts sind unter geeigneten Umständen partiell ausschließbar. Dieses kann z.B. durch einen zeitlich begrenzten Pa,.. . (11.10)

Kapitel 11 : „Neue Wachstumstheorie": Theorie endogenen Wachstums

139

tentschutz geschehen, der die Imitation eines Produktes verhindert. Selbst wenn ein solcher Schutz nicht existiert, kann dennoch eine Exkludierbarkeit bestehen. Insbesondere das Wissen für Hochtechnologieprodukte kann selbst nach der Markteinführung nur mit erheblichem Aufwand aus solchen Produkten extrahiert werden, so daß eine Imitation allenfalls mit Zeitverzögerung geschehen kann. Weiterhin ist ein großer Teil von Wissen in der Produktionstechnologie enthalten (Bsp.: Herstellung von Mikrostrukturen von Computerchips), die durch unternehmensinterne Geheimhaltung geschützt werden kann. 3. Der technische Fortschritt resultiert aus ökonomischen Handlungen der Individuen. Dieses führt insbesondere dann zu einem Problem, wenn die Ausschließbarkeit von der Nutzung des entwickelten Wissens aus Punkt 2 nicht gewährleistet werden kann. Hierdurch werden die Anreize für den technischen Fortschritt zerstört. Ein typisches Beispiel sind nicht aneignungsfähige Spill-over-Effekte einer Entdeckung. Obwohl die Spill-over-Effekte noch Ergebnisse einer Entdeckung sind, können sie nicht vom Entdecker genutzt werden und somit auch nicht in sein Optimierungskalkül einbezogen werden, so daß sein Forschungsaufwand gesellschaftlich suboptimal ist, sofern er die Kosten allein tragen muß. Durch diese positiven externen Effekte der Forschung verläuft der gesellschaftlich optimale Wachstumspfad oberhalb des Pfades, den die Individuen aufgrund ihres privaten Optimierungskalküls verfolgen. 11.2.2 Die Modellierung des technischen Fortschritts Der technische Fortschritt wurde bislang stets als arbeitsvermehrend modelliert (vgl. 5.2.3, 6.2 oder 10.1.1) Man betrachte folgende Produktionsfunktion, bei der der technische Fortschritt A arbeitsvermehrend wirkt: Y = K1-a(AL)a Ist die Wachstumsrate m des technischen Fortschritts exogen gegeben, so entwikkelt sich A gemäß der Gleichung A = A0em,1 und die Steady-State-Wachstumsrate hängt u.a. von dem exogenen Wert m ab. Will man, wie in Abschnitt 11.1 als Ziel formuliert, diese exogene Abhängigkeit durchbrechen und somit die Steady-State-Wachstumsrate der Volkswirtschaft endogenisieren, so muß man nach Wegen suchen, die Entwicklung des technischen Fortschritts einer Präferenz- oder Produktionsentscheidung der Individuen zu unterwerfen. Dieses ist auch in der Realität so, da auch die Entwicklung von neuen beispielsweise Mikroprozessoren oder Medikamenten einer unternehmerischen Entscheidung unterliegen. Dazu werden unter Berücksichtigung der oben erwähnten produktionstheoretischen Probleme drei verschiedene Wege eingeschlagen: 1. Der technische Fortschritt ist fest an die Kapitalakkumulation gebunden und somit einer - wenn auch nicht eigenen - Investitionsentscheidung unterworfen.

140

Teil III: Optimales Wachstum mit Kapital und Arbeit

2. Der technische Fortschritt wird als Humankapital interpretiert, das in einem eigenen Sektor produziert wird und als arbeitsvermehrend in der Produktion auftritt. Die Individuen entscheiden nun, welchen Anteil ihres Humankapitals sie produktiv und welchen sie zur weiteren Humankapitalakkumulation einsetzen wollen. 3. In einem eigenen Forschungssektor werden neue Produkte entwickelt, die den technischen Fortschritt inkorporieren und diesen in die Endproduktion einbringen.

11.3 Kopplung des technischen Fortschritts an einen rivalen Faktor Im folgenden Modell, das ursprünglich auf eine Arbeit von Arrow (1962) zurückgeht und von Romer (1986) reaktiviert wurde, wird der technische Fortschritt an die Akkumulation eines rivalen Produktionsfaktors, des Kapitals, gebunden. Mit jeder Investition in neue Maschinen erfolgt auch eine fest damit verbundene Erhöhung des Bestandes an Humankapital. Damit ist das Humankapital partiell exkludierbar. Die Arbeiter lernen mit den neuen Maschinen zu arbeiten, sie effizient zu nutzen, Arbeitsabläufe möglicherweise neu zu organisieren. Man stelle sich z.B. die Umstellung auf eine neue Software vor. Auch hier müssen die Beschäftigten neu geschult werden, wie diese neue Software genutzt werden kann und wie sie insbesondere an ihren Arbeitsplätzen eingesetzt werden kann. Mit jeder Investition in eine neue Maschine, Anlage oder ähnliches wird auch komplementär das Wissen der Beschäftigen erweitert. Parallel zum Aufbau des Kapitalstocks K¡ des Unternehmens i findet eine Akkumulation von Wissen beim Faktor Arbeit L¡ statt. Es wird „Learning-by-doing" betrieben. Da die Investition in Kapital fest mit der Akkumulation von Humankapital verbunden ist, kann der Kapitalstock des Unternehmens als Maß für den Humankapitalstock des Unternehmens gewählt werden, oder der Kapitalstock kann umfassender als Summe von physischem und Humankapital interpretiert werden. Des weiteren entsteht mit der Akkumulation dieses Humankapitals ein positiver externer Effekt durch den in der gesamten Wirtschaft vorhandenen Bestand an Humankapital, der von allen Unternehmen genutzt werden kann, ohne daß diese Leistung über Märkte entlohnt wird. Dieses kann als die Wanderung neu ausgebildeter Arbeiter interpretiert werden oder auch als das Know-how, das zur Entwicklung von Maschinen nötig war und nun allen Unternehmen auch zur Entwicklung anderer Produkte zur Verfügung steht (Beispiel: Teflon-Pfanne). Diesen zusätzlichen sozialen Bestand an Humankapital nehmen die einzelnen Unternehmen als von ihnen nicht beeinflußbar an. Er ist deshalb für ihre private Investitionsentscheidung unerheblich. Als Maß für diesen sozialen Humankapitalstock „Wissen" kann analog der gesamte Kapitalbestand der Volkswirtschaft dienen.

Kapitel 11 : „Neue Wachstumstheorie": Theorie endogenen Wachstums 7 C 1 - T | _5t dt J~r^re η ο

Intertemporale Nutzenfunktion der Haushalte

(11.11)

U =

(11.12)

γ. = F(K KL ) = A · K'~ a (KL ) a '

(11.13)

141

1

Produktionsfunktion

des

Unter-

nehmens i (i=l,...,N)

K=Y-C

Akkumulationsgleichung

Ν Ν Weiterhin: Y = £ Y ¡ , Κ = ] Γ κ , und L=const. Das Unternehmen des Modells produziert mit Kapital (im obigen Sinne) und Arbeit, die in der Volkswirtschaft als konstant angenommen wird. Dabei wirkt der Humankapitalbestand der Volkswirtschaft, repräsentiert durch K, als Maß für das arbeitsvermehrende technische Wissen. Es soll angenommen werden, daß alle Unternehmen mit denselben Faktorpreisen und Produktpreisen konfrontiert sind. Als Gewinnmaximierer treffen sie deshalb alle dieselbe Entscheidung bezüglich der Faktoreinsatzmengen, also Kj = -jJj-K, L¡ =-^-L sowie der Produktionsmengen Y¡ = J j A K'" a (KL) 1 = ^ A KL" für i=l,...N, so daß sich das Sozialprodukt ergibt als: Y = A · KL a . Beachtet man die Konstanz von L, so erkennt man sofort die Analogie zur AK-Produktionsfunktion, so daß auch hier endogenes Wachstum erwartet werden kann. Learning-by-doing

Investition Κι

Produktion Y-FOC^K)

andere "Güter

Abb. 11.2: Humankapitalakkumulation durch Leaming-by-doing Genauso wie in Abschnitt 11.1.2 gilt es, das folgende Optimierungsproblem zu lösen: ~ /~ι1-η max U = [ — — e " & d t c ¿i-η s.t.:K = Y - C = A K L a - C Der Ansatz über die Hamilton-Funktion liefert dasselbe Ergebnis wie in Kapitel 10:

142

Teil III: Optimales Wachstum mit Kapital und Arbeit

(11.14)

c =

η

Entscheidend ist nun das Grenzprodukt F K , das sich aus der Sicht des einzelnen Unternehmens von dem eines gesamtwirtschaftlichen Planers unterscheidet, da das einzelne Unternehmen den gesellschaftlichen Bestand an Humankapital Κ als gegeben betrachtet. Also ergibt sich das private Grenzprodukt aus (11.12) zu:3 (11.15)

F£riv = A ( l - a ) K ¡ - a ( K L ) a

Da Κ = Ν · K¡ ist, folgt nun: = A• (1 - a ) · K ¡ _ a ( N · K ¡ -Lj) 8 = A-(l-a)(NL¡)a = A(l-a)La Dagegen ist für einen gesamtwirtschaftlichen Planer der gesellschaftliche Humankapitalstock endogen, also beeinflußbar, so daß sich als gesamtwirtschaftliches Grenzprodukt ergibt: (11.16)

F*°z=ALa

In beiden Fällen liegen also bei konstant gegebener Arbeit L konstante Grenzprodukte vor, die endogenes Wachstum ermöglichen, solange das (hier konstante) Grenzprodukt größer ist als die Zeitpräferenzrate: Α · (1 - a) · La > δ bzw. A · La > δ , so daß sich zwei verschiedene Pfade ergeben. In einer Marktwirtschaft würde der (suboptimale) private Pfad realisiert. Dieses liegt an dem Zins rpriv = (1 - a) · ALa , der im Fall der Marktlösung geringer ist als der Zins, der sich in der Lösung für den gesamtwirtschaftlichen Planer ergibt. Dieser höhere Zins der gesamtwirtschaftlichen Lösung reizt einerseits einen höheren Konsumverzicht an, wirkt aber andererseits über die vermehrte Akkumulation dann steigernd auf das Konsumwachstum. Wollte der Staat diesen höheren (gesamtwirtschaftlichen) Konsumpfad ansteuern, so müßte er die Kapitalakkumulation und damit auch verbunden die Humankapitalakkumulation durch eine Subvention für die Investoren unterstützen. Mit derselben Argumentation wie im AK-Modell erhält man auch hier, daß im Steady-State C = Κ = Ϋ ist. Aus Gleichung (11.14) und (11.15) ergibt sich dann der Konsumpfad: d-st (11.17)

C(t) = C 0 e ^

mit d:= A L' bzw. Φ:= A ( l - a ) La als dem sozialen bzw. privaten Grenzprodukt. 3

Obwohl in Κ natürlich ein Anteil Κι steckt, wird dieser von den Unternehmen nicht wahrgenommen. Er ist extern und folglich kann er auch bei der Ableitung nicht berücksichtigt werden.

Kapitel 11: „Neue Wachstumstheorie": Theorie endogenen Wachstums

143

Wie beim AK-Modell muß noch überprüft werden, wann das Nutzenintegral (Gl. 11.11) einen endlichen Wert annimmt. Analog zum AK-Modell erhält man die Bedingung für die Konvergenz des Nutzenintegrals: (11.18)

fürr| 0 und Η = const. , 0 < u < 1 Das Modell wird nun von zwei wesentlichen Ideen getragen: a) Der Kapitalstock X des Endproduktesektors wird in viele „kleine" Kapitalgüter Xj aufgeteilt. Im neoklassischen Modell waren mit dem Wachstum des Kapitalstocks sinkende Grenzprodukte verbunden. Dieses wird hier durch die Aufteilung des Kapitalstocks verhindert. Zwar besitzt jedes der „kleinen" Kapitalgüter x¡ für sich sinkende Grenzprodukte, was jedoch nicht wirksam wird, da das langfristige Wachstum nicht über die Einsatzmenge dieser Kapitalgüter sondern über deren Anzahl erfolgt, so daß das Grenzprodukt nie sehr klein wird. Zunehmende „Arbeitsteilung" verhindert das Wirksamwerden der ansonsten unvermeidlichen Abnahme des Grenzproduktes. b) Das Wissen wird mit konstanten Grenzprodukten erzeugt. Die Bewegungsgleichung des Wissens (11.44) ähnelt der Humankapitalakkumulationsgleichung (11.19) des Zwei-Sektoren-Modells aus Kapitel 11.4 und man mutmaßt, daß hier wieder der „Motor" des Wachstums liegen könnte. Um dieses schon hier zu zeigen, nehme man an, die Volkswirtschaft befinde sich im Steady-State, d.h. die Wachstumsraten und die Aufteilung u des Humankapitals zwischen Endproduktesektor und FuE-Sektor ist konstant. Weiterhin gilt, wie später gezeigt wird, daß Xl = . . . = x n = χ und somit K = vAx(nach (11.43)). Einsetzen in die Produktionsfunktion des Endproduktesektors (11.41) ergibt: '

An dieser Stelle ist ein technischer Vermerk nötig. In der Produktionsfunktion (11.41) läuft die Summation bis zum Wert A, dieser ist also diskret. In der Bewegungsgleichung fiir das Wissen (11.44) wird A jedoch als kontinuierlich angenommen. Um diesen Widerspruch zu beheben müßte die ProduktionsA

funktion als Integral notiert werden: Y = (uH) a J"x(i)'~ a di . Man hätte dann ein (Continuum von

o

„kleinen" Kapitalgütern x(i), was natürlich nicht so intuitiv ist, wie die diskrete Schreibweise. Das Ergebnis des Abschnitts bliebe bei Verwendung der Integralschreibweise unverändert. Wir verwenden in diesem Abschnitt die diskrete Produktionsfunktion (11.41), auch wenn dies eine analytische Ungereimtheit aufwirft, da sie eher der ökonomischen Intuition entspricht.

150

Teil III: Optimales Wachstum mit Kapital und Arbeit

(11.45)

Y = (uH)aA^-j

Unter der Annahme K/A=const. ergibt logarithmisches Differenzieren: (11.46)

Y=Â

FuE-Sektor Produktionsfunktion :

Zwischenproduktesektor Produktionsfunktion:

À = ρ · (1 - u)H · A

X i ^ K i

Unternehmen maximiert PaÁ-Wh^ -(l-u)H

Unternehmen maximiert: p(x¡)x¡ - r v x j - p A

Endproduktesektor Produktionsfunktion: A Y = (uH)a^xî-a i=l Unternehmen maximiert: Py

y

-

w

hy(UH)-Px.



bestimmt Monopolmenge x¡ = 0 wären, so daß kein Humankapital im FuE-Sektor eingesetzt würde, was wiederum A = 0 implizierte. Im FuE-Sektor geht die Eigenschaft der Nichtausschließbarkeit ein. Die Gesamtheit des bereits akkumulierten Wissens kann der FuE-Sektor unentgeltlich in der Produktion neuen Wissens nutzen (positiver externer Effekt). Da er für diese Nutzung in der Produktion nicht entlohnt wird, bleibt die Akkumulation des Wissens suboptimal. Andererseits kann der FuE-Sektor aber die Monopolgewinne des Zwischenproduktesektors abschöpfen, was überhaupt erst zur Bildung des „ΜοηοροΓ'-Preises p A führt, so daß der Effekt der zu geringen Wissensakkumulation teilweise hieraus kompensiert werden dürfte.

11.5.3 Der gesamtwirtschaftliche Planer Es soll nun das analoge Problem eines gesamtwirtschaftlichen Planers gelöst werden. Für ihn gilt es, eine isoelastische Nutzenfunktion zu maximieren unter den Nebenbedingungen der Bewegungsgleichungen für das Kapital Κ und für das Wissen A. Dabei wird auf die Produktionsfunktion in der Form von Gleichung (11.45) zurückgegriffen. Die Kontrollvariablen des Planers sind u und C. Das Optimierungsproblem ist dann folglich: f C 1 - " -6c j max e dt u,C J 1 — TI 0 s.t.: k = v a - 1 ( u H ) a A a K 1 - a - C À = p (l-u)H A Daraus ergibt sich die folgende Momentanwert-Hamilton-Funktion: (11.60)

H =

— + X(v a _ 1 (uH) a A a K I _ a - ( ϋ ) + μ · ρ · ( 1 - u ) H · A 1-η

Für einen „Balanced growth"-Pfad gilt definitionsgemäß, daß die Wachstumsraten konstant und gleich sind: Υ = Κ = A . Mit derselben Argumentation wie im Marktfall gilt auch hier C = Κ . Die notwendigen Bedingungen für ein Maximum sind: (11.61)

r) f / ' ^ = ση-λ=ο dC

(11.62)

_ _ ι ^ = λ · ava-1ua~lHaAaKl_a - μ · pHA=0 du

Teil III: Optimales Wachstum mit Kapital und Arbeit

156

Außerdem benötigen wir noch die kanonische Gleichung für die Entwicklung des Schattenpreises des Wissens: (11.63)

(i=δμ - λ · a · v a _ I (uH) a A a - 1 K 1 _ a - μ · ρ · ( 1 - υ ) Η

Teilt man (11.63) durch μ und setzt λ/μ, das man aus Gleichung (11.62) erhält, ein, so ergibt sich: (11.64)

μ = δ - pH

Weiterhin erhält man durch logarithmisches Differenzieren von Gleichung (11.61) zusammen mit der Tatsache, daß C = A ist: (11.65)

λ = -η · C = -η ·Â

Auf einem ,3alanced growth"-Pfad muß auch λ = μ gelten", so daß man durch Gleichsetzen von (11.64) und (11.65) und Auflösen nach A folgenden Ausdruck erhält:

η Zum Vergleich seien die Wachstumsraten der Marktlösung und für den gesamtwirtschaftlichen Planer nebeneinander gestellt: A Markt

(1-a)

pH-5

η+ α-a)

Für den Unterschied der beiden Wachstumsraten gibt es zwei Ursachen: 1. Die Multiplikation des Terms pH mit dem Faktor (1-a) läßt den Zähler der Marktlösung gegenüber der Lösung des gesamtwirtschaftlichen Planers kleiner werden. Man beachte, daß (1-a) genau den Kehrwert des Aufpreises des Monopols gegenüber dem Marktpreis, der gleich den Grenzkosten ist, beschreibt (vgl. Gleichung (11.51)) . Dieser Effekt wird durch die suboptimale Allokation im monopolistischen Zwischenproduktesektor des Marktfalles verursacht. 2. Im Nenner von A M a r k t steht als additiver Korrekturterm (1-a) statt 0 bei  s o z , was den Nenner von  M a r k t größer werden läßt. Dieser Term reflektiert den externen Effekt bei der Produktion von Wissen, das ja bekanntlich selbst in der „Produktion" von Wissen und in der Form der Blaupausen im Zwischenproduktesektor als Produktionsfaktor verwandt wird. Beide Effekte lassen die Wachstumsrate im Falle des gesamtwirtschaftlichen Planers größer als die Wachstumsrate im Marktfall werden, denn: Der Zähler

18

Durch logarithmisches Differenzieren der Produktionsfunktion erhält man Y = aû + aA + (1 - a)K . Da Ϋ = Κ = Â gilt, folgt somit u=const. Logarithmisches Differenzieren von Gleichung (11.62) liefert X + ( a - l ) û + a A + ( l - a ) K = ii + A .Daraus folgt mit Κ = A und u=const„ daß λ = μ ist.

Kapitel 11 : „Neue Wachstumstheorie": Theorie endogenen Wachstums

157

von  M a r k t ist kleiner ist als der Zähler von  s o z . Für die Nenner der beiden Wachstumsraten gilt das Gegenteil. Ergebnis: Der „Wachstumsmotor" dieses Modells befindet sich im FuE-Sektor, in dem Baupläne mit konstanter Grenzproduktivität produziert werden. Durch die Monopolisierung gelingt eine Entlohnung des externen Effektes, den der gesamte Bestand der Baupläne im FuE-Sektor hat. Zu endogenem Wachstum kann es kommen, wenn der Humankapitalbestand und die Grenzproduktivität im FuE-Sektor groß sind im Vergleich zur Zeitpräferenzrate.

Literatur zum Kapitel 11: Eine Einführung in die „Neue Wachstumstheorie" bieten z.B. Ramser(1993) oder auch Tichy (1991). Eine ausführliche und brillante Darstellung der „Neuen Wachstumstheorie" sind die „Siena Lectures" von Solow (1992). Weiterführende Darstellungen finden sich in den Büchern von Barro / Sala-i-Martin (1995), Maussner / Klump (1996) und Grossman / Helpman (1991), wobei insbesondere das Buch von Barro und Sala-i-Martin in kürzester Zeit ein Standardwerk geworden ist. Die Originalaufsätze von Romer (1986, 1990) und Lucas (1988) sind empfehlenswert und sollten nach Lektüre dieses Kapitels verständlich sein.

Teil IV: Theorie optimalen Wachstums mit natürlichen Ressourcen 12. Theorie optimalen Wachstums in Modellen mit Kapital und natürlichen Ressourcen 12.1 Effiziente Pfade 12.1.1 Das Standardmodell Im folgenden Modell optimalen Wachstums mit den Produktionsfaktoren Kapital (K) und natürliche Ressource (R) werden Bedingungen, die den Optimalpfad beschreiben, dargestellt. Eine Gesellschaft mit einem begrenzten Vorrat an natürlichen nicht-regenerativen Ressourcen („Öl") und einem gegebenen Anfangskapitalstock will über einen unendlichen Zeithorizont ihren Nutzen maximieren. Kapital und natürliche Ressource werden als Inputs im Produktionsprozeß benötigt, Arbeit tritt als Produktionsfaktor nicht explizit auf. Die Bevölkerung wird vorläufig als konstant angenommen. Die natürliche Ressource ist nicht direkt konsumierbar; das Kapital unterliegt keinem Verschleiß. Die Gesellschaft hat in jeder Periode zu entscheiden, welche Mengen an natürlichen Ressourcen sie einsetzen will und wie sie das Sozialprodukt in Investitionen und Konsum aufteilt. Die „beste" Aufteilung ergibt sich ebenso wie das „beste" Ölförderprogramm aus der Zielfunktion. Hier werden alternativ ein utilitaristischer und ein Max-Min-Ansatz betrachtet. (12.1a) max W = f U(C. ) · e C R J C,R 0 (12.1b) maxW = min(C.) C,R

St

dt (1) utilitaristische Zielfunktion, oder

t

(2) Rawls' Max-Min-Ansatz

(12.2)

Y = F (K, R)

Produktionsfunktion, linear homogen in (K, R)

(12.3)

K = Y-C

Bewegungsgleichung des Kapitals, d.h.: Y=C + Κ (Verwendung des Sozialprod.)

(12.4)

S =-R

Bewegungsgleichung des Bestandes

]Rtdt0,S>0,C>0,R>0 U(C) Nutzenfunktion R, Κ Produktionsfaktoren S Ressourcenbestand δ Zeitpräferenzrate

(12.5)

Dabei sind W C Y Κ

Gesamtnutzen Konsum Nettosozialprodukt Investition

Ko, S 0 gegeben

Kapitel 12: Optimales Wachstum mit Kapital und natürlichen Ressourcen

159

Für ein derartiges Optimierungsproblem existieren i.a. unendlich viele Zeitpfade (C„ R,), die die Nebenbedingungen des Problems erfüllen (zulässige Pfade). Aus diesen sind nicht-optimale Lösungen anhand von Kriterien, die als Effizienz- und Optimalitätsbedingungen bezeichnet werden, auszuscheiden. Ein solches Vorgehen führt zu einer Hierarchie aller denkbaren Pfade. Unter solchen, die alle Nebenbedingungen erfüllen, den zulässigen Pfaden, werden alle effizienten Pfade (intertemporales Pareto-Kriterium, Abschnitt 12.l.b) ausgewählt und unter diesen wiederum der eine optimale Pfad, der die Zielfunktion W maximiert (Abschnitt 12.2).

12.1.2 Effizienzbedingungen Vollbeschäftigung des Produktionsfaktors Kapital und NichtVerschwendung von natürlichen Ressourcen wird unterstellt (statische Effizienz). Von intertemporaler Effizienz wird gesprochen, wenn der Konsum einer beliebigen Periode nicht erhöht werden kann, ohne daß der Konsum einer anderen Periode verringert wird (Pareto-Kriterium). Weil für die erschöpfbare Ressource keine Extraktionskosten anfallen, Öl aber immer produktiv ist, muß der gesamte Ölbestand ausgebeutet werden. Andernfalls verzichtet die Gesellschaft auf Konsummöglichkeiten. (12.6)

oo j R t d t = S0 0

1. intertemporale Effizienzbedingung

Diese Bedingung gilt nur bei Extraktionskosten von Null. Allgemeiner dürfen lediglich solche Ölressourcen vollständig ausgebeutet werden, deren Extraktionskosten kleiner als die Produktionskosten eines möglicherweise verfügbaren Ölsubstituts sind, wobei dieses Substitut keinen Bestandsrestriktionen unterliegt. Die zweite intertemporale Effizienzbedingung ist die sogenannte „HotellingRegel". Sie läßt sich wie folgt ableiten (siehe auch Abbildung 12.2): Auf einem Referenzpfad seien alle Werte von C, und R, gegeben. Die Gesellschaft verlagere jetzt die Förderung einer Einheit Öl aus der Periode (t + 1) in die Periode t. Das dadurch mehr produzierte Sozialprodukt wird aber nicht konsumiert, sondern investiert. In (t + 1) verfügt die Gesellschaft somit über einen um FR ( t )

160

Teil IV: Theorie optimalen Wachstums mit natürlichen Ressourcen

höheren Kapitalstock, mit dem in (t + 1) eine zusätzliche Produktion von FR( t ) · FK(t+ 1) produzierbar ist. Die Gesellschaft kann jedoch nicht nur diese Mehrproduktion konsumieren, sondern auch die nunmehr geringer notwendigen Investitionen: diese können in (t + 1) um FR( t ) kleiner ausfallen als vorher. Andererseits verringert sich die Konsummenge in (t + 1) um FR(t + 1), da ja die Ölmenge bereits verbraucht ist. Intertemporale Effizienz ist offensichtlich gegeben, wenn durch diese Verlagerung der Ölförderung keine Konsumsteigerung in (t +1) möglich wäre, d.h. F R ( t ) - ( l + F K ( t + l ) ) = F R (t+l). Umformen und Übergang auf „kleine" Periodenlängen liefert: (12.7)

FR = FK

2. intertemporale Effizienzbedingung (Hotelling-Regel)

Die Veränderung von FR und FK gemäß (12.7) bedeutet bei linear-homogenen Produktionsfunktionen immer auch die Veränderung der Kapital-RessourcenIntensität und zwar in Richtung einer dauernden Erhöhung von K/R. Auf einem effizienten Pfad muß ständig die erschöpfbare Ressource durch Kapital substituiert werden. Insbesondere bedeutet dieses, daß ein Steady-State mit K/R = const, nicht existiert. t Mehrverbrauch einer Öleinheit *

t+ 1 Minderverbrauch einer Öleinheit

4 Sozialproduktserhöhung FR ( t ) i Mehrinvestition

i Sozialproduktsverminderung FR (t + 1) * Kapitalstockerhöhung FR ( t )

Produktionserhöhung F R ( t ) · F K (t + 1)

Mehrkonsum in t + 1

, Minderkonsum F r (t + 1) nicht erforderliche ' Investition = möglicher Mehrkonsum FR(t) —• Mehrkonsum FR ( t ) · F K (t + 1)

Abb. 12.2 Verlagerung einer Öleinheit von t + 1 nach t (Hotelling-Regel)

Formal sauber ergibt sich die Hotelling-Regel auch aus der Hamilton-Funktion zum Modell (12.1) - (12.5). Dazu wird zunächst die Hamilton-Funktion mit irgendeiner beliebigen Nutzenfunktion, in der lediglich der materielle Konsum auftaucht, in der Momentanwertschreibweise (vgl. Mathematischer Anhang) angesetzt. Die Beliebigkeit der Nutzenfunktion wird sich gleich als ebenso günstig wie wichtig erweisen.

Kapitel 12: Optimales Wachstum mit Kapital und natürlichen Ressourcen (12.8)

161

H = U(C) + X [ F ( K , R ) - C ] - ^ - ( - R )

Dann werden die notwendigen Bedingungen (12.9) (12.10)

^ f = U'(C)-X=0 aC = λ-Fjj - μ = 0

und die kanonischen Gleichungen gebildet: (12.11)

λ = δ λ - | ^ = δλ-λΡκ σΚ

(12.12)

i)H μ = δ μ - - ^ = δμ

Aus Gleichung (12.10) erhält man durch logarithmisches Differenzieren (12.13)

Fr = μ - λ .

Gleichung (12.11) und Gleichung (12.12) liefern die Wachstumsraten μ = δ und λ = δ - FK . Setzt man diese Raten in (12.13) ein, so erhält man die Hotelling-Regel. Gleichung (12.9), in der die Nutzenfunktion auftaucht, wurde zur Herleitung der Hotelling-Regel nicht benutzt, da in der Nutzenfunktion weder der Kapitalbestand Κ noch der Ressourcenbestand S bewertet wird. Die HotellingRegel gilt deshalb unabhängig von der beliebig gewählten Nutzenfunktion. Dieses ist auch der Grund, warum bis hierher nur von einer Menge von effizienten Pfaden gesprochen werden kann. Zur Auswahl eines optimalen Pfades bedürfte es der Spezifikation einer Nutzenfunktion, die eben die Elemente dieser Menge von effizienten Pfaden beurteilt und einen optimalen Pfad auswählt. Die für die Hotelling-Regel ungenutzte Gleichung (12.9) könnte man zusammen mit Gleichung (12.11) verwenden, um auch für dieses Problem eine Ramsey-Regel herzuleiten (vgl. Kapitel 10). Abbildung 12.3 verdeutlicht die Aussage der Hotelling-Regel zur Substitution von Kapital und Ressource. In einem R-K-Diagramm sind gestrichelt die Isoquanten der Produktionsfunktion eingezeichnet. Die Volkswirtschaft befinde sich zu Beginn bei einem Kapitalstock K 0 . R 0 ist frei wählbar, muß jedoch so ausgewählt werden, daß die Bestandsrestriktion nicht verletzt wird. Jede Bewegung nach rechts verbietet dann die Hotelling-Regel; denn jede Erhöhung des Ressourceneinsatzes R würde die Grenzproduktivität der Ressource verringern, folglich würde FR < 0 werden, was nicht sein darf, da FK > 0 vorausgesetzt war. Um Wachstum zu ermöglichen bzw. zumindest keine Schrumpfung zu zulassen, muß sich der effiziente Pfad auch oberhalb oder auf der Ausgangsisoquante befinden, wie in Abbildung 12.3 dargestellt. Anmerkung: Die Hotelling-Regel beschreibt nicht nur die intertemporale Effizienz aus der Sicht einer gesamtwirtschaftlichen Planungsinstanz, sondern ist auch die notwendige Bedingung für das Funktionieren des Marktmechanismus. Kapi-

162

Teil IV: Theorie optimalen Wachstums mit natürlichen Ressourcen

taleigner werden indifferent zwischen dem Besitz von Ölbeständen oder von Maschinenkapital, weil die Rendite bei beiden Anlageformen gleich ist (Ölverzinsung über Höherbewertung der Bestände). Das hat die wichtige Konsequenz, daß bei einer Vielzahl von Zukunftsmärkten ein einmal eingeschlagener effizienter Pfad nicht verlassen wird, wenn sich alle Wirtschaftssubjekte unter Bedingungen vollkommener Konkurrenz profitmaximierend verhalten.

Beispiel: Es soll nun ein solcher effizienter Pfad, auf dem die Hotelling-Regel gilt, für eine Cobb-Douglas-Ökonomie explizit hergeleitet werden. Die Produktionsfunktion ist vom Cobb-Douglas-Typ (12.14)

Y = K1 " · Ra

Somit ergeben sich die Grenzproduktivitäten zu: FK = ( l - a )

= (1 - a) · χ

11

mit x = |

Logarithmisches Differenzieren liefert dann: (12.15) F r = (1 - a) χ Damit lautet die Hotelling-Regel (12.7): (12.16)

(1 - a) χ = (1 - a) · x", d.h. χ = x", also:

x = ^ i = x1-a dt Diese Differentialgleichung läßt sich elementar durch Trennung der Variablen lösen1: (12.17)

1

Zunächst werden alle Terme, die ein χ enthalten nach links geschrieben, alle Terme mit t gehen nach rechts. Die entstandene Gleichung wird integriert. Man überprüfe, daß die Differentiation von (12.19) die Integranden der Integrale liefert.

Kapitel 12: Optimales Wachstum mit Kapital und natürlichen Ressourcen

(12.18)

163

dx

" T T = dt χ

JTW* — · xa = t + c c = Integrationskonstante a Nun noch die Gleichung nach χ auflösen (12.19)

(12.20)

χ = (a · t + d)1/a

mitd = c a

Abschließend ist noch der Wert der Konstante d zu bestimmen. Für t = 0 ist x 0 = x(0) = d 1 / a , woraus folgt, daß d = x j ist. Also erhält man insgesamt. (12.21)

χ = (a-t + Xg)a

Pfad des Kapital-Ressourcen-Verhältnisses

Gleichung (12.21) gibt explizit an, wie sich das Kapital-RessourcenEinsatzverhältnis in der Zeit erhöht. Man erkennt den Freiheitsgrad in der Wahl von Ro. Dieser Wert ist erst durch ein Optimalitätskriterium zu bestimmen oder bei konstanter Sparquote durch die Bestandsrestriktion (12.5).

12.2 Optimale Pfade 12.2.1 Rawls-Pfade Optimalitätsbedingungen sind an spezielle Zielfunktionen gebunden. Standardzielfunktionen sind (12.1a) und (12.1b) aus Abschnitt 12.1. Das Kriterium (12.1b), von Rawls vorgeschlagen, beurteilt die Qualität eines Konsumpfades an der Konsumgütermenge, die in der Periode mit dem geringsten Konsum erreicht werden kann. Die Anwendung dieses Kriteriums führt dazu, daß die Konsummenge des gesamten Planungszeitraums gleichmäßig auf alle Perioden verteilt wird, um alle Generationen gleich zu behandeln. Der Nachteil dieses Vorgehens besteht darin, daß man sehr risikoscheu handelt. Ungewisser technischer Fortschritt kann beispielsweise nicht in die Planung eingehen. Das Rawls-Kriterium kann deshalb als ein pessimistisches Kriterium bezeichnet werden. Seine Verwendung ist zumindest dann sinnvoll, wenn die Frage der langfristigen Überlebensmöglichkeiten für die Menschheit untersucht werden soll. Geht man dieser Frage im Rahmen einer Cobb-Douglas-Produktionstechnologie nach, so führt das zu folgendem Ergebnis: (12.22) Y = K1 "a · R* = χ 1 · R mit χ = K/R; a = Produktionselastizität der Ressource. Logarithmisches Differenzieren der Produktionsfunktion liefert (12.23)

Y=(l-a) K + a R = K-a (K-R)

Setzt man versuchsweise eine konstante Sparquote s an, so gilt (12.24)

Κ = s Y bzw.

164

Teil IV: Theorie optimalen Wachstums mit natürlichen Ressourcen

(12.25)

Κ = s ·— = s ·( — ) " = s ·χ " K R ¡ς Aus der Definition von χ = — folgt sofort: R (12.26)

χ = Κ - R

Setzt man (12.25) und (12.26) unter Berücksichtigung von (12.16) in (12.23) ein, so ergibt sich (12.27)

Y= s · x" " - a · χ = (s - a) · χ""

Einsetzen von χ aus Gleichung (12.21) ergibt: Y=(s-a)-[a-t+xSr1 Diese Wachstumsratengleichung läßt sich wiederum integrieren 2 : (12.28)

In Y = — a

l n ( a - t + xg) + l n c

(12.29)

Y = c-(a-t+χ£)*

Aus (12.29) aber auch direkt aus (12.27) ist unmittelbar abzulesen: Wählt man ein konstantes s = a, so sind sowohl Y als auch C konstant. Eine konstante Gütermenge C > 0 läßt sich somit in einer Cobb-Douglas-Ökonomie konsumieren, wenn der Anteil der Ressource am Sozialprodukt a vollständig investiert wird. Diese auf Hartwick zurückgehende Regel muß auf jedem Rawls— Pfad erfüllt sein. Optimalität ist dann gegeben, wenn Y ein Maximum annimmt, was dadurch bestimmt wird, daß der erschöpfbare Ressourcenbestand bis zum Ende des Planungszeitraums vollständig ausgebeutet ist. Die dazu erforderliche Ermittlung des Extraktionspfades R(t) der Ressource und die Festlegung von Ro aus der Randbedingung „S0 = gegeben" ist mit Hilfe der Gleichungen (12.1) - (12.29) einfach möglich. Daraus ergibt sich dann in Verbindung mit (12.29): s < a: Die Gesellschaft wählt einen Konsumpfad, auf dem sie auf lange Sicht verhungert. s = a: Die Gesellschaft hat auf dem Rawls-Pfad bei geeignet gewähltem Ro den Konsum dauerhaft auf dem maximal möglichen Wert gewählt. s > a: Bei konstanter Sparquote s steigt mit Y auch C an. Wie im Exkurs 7 gezeigt wird, konvergieren die Ressourcenausbeutungspfade nur für s < 1 - a. Effiziente Pfade mit wachsendem oder konstantem Konsum existieren somit für a < s < 1 - a, was insbesondere a < 1/2 voraussetzt. Nur der Rawls-Pfad

2

= (s - a)(at + xjj) - 1 • Y . Dann

Zunächst wird ( 12.27) in eine Differentialgleichung umgeschrieben: dt bringt man Y auf die linke und dt auf die rechte Seite und integriert: Die Suche nach Stammfunktionen führt auf Gleichung (12.28).

J'"""" = J (s -

a)(at + XQ)"1 dt .

Kapitel 12: Optimales Wachstum mit Kapital und natürlichen Ressourcen

165

(s = a) hat die „attraktiven Eigenschaften", ein Steady-State-Wachstumsgleichgewicht zu ermöglichen. Abweichend von den Gleichgewichten des Kapitels 3 gilt hier jedoch: -

Y und C sind konstant ( Y = C = 0 = n), jedoch

-

sowohl Κ als auch R verändern sich nicht mit einer konstanten Wachstumsrate (Vgl. Exkurs 7).

Solange wir also davon ausgehen, daß die Sparentscheidungen der Volkswirtschaft (Parameter s) und die Produktionsbedingungen (Parameter a) unabhängig voneinander gegeben sind, wäre das Erreichen eines Steady-State-Pfades offensichtlich nur zufällig möglich. Ein gesamtwirtschaftlicher Planer, der das Überleben sichern will, würde allerdings s = a wählen. Dies legt nahe, unter anderen Wohlfahrtskriterien Optimalpfade zu suchen, wobei eine gesamtwirtschaftliche Planungsinstanz zur Umsetzung der optimalen (C, R)-Pfade gedanklich vorauszusetzen ist.

12.2.2 Utilitaristische Pfade Die Zielfunktion (12.1a) aus Abschnitt 12.1 besteht aus zwei Teilen: der eigentlichen Nutzenfunktion mit fallendem Grenznutzen des Konsums und einer Zeitbewertungsfunktion, die Nutzen verschiedener Perioden gewichtet. Es wird angenommen, daß die Gesellschaft Nutzen umso geringer schätzt, je später er anfällt, d.h. zukünftige Konsulnmöglichkeiten werden systematisch abgewertet. Die optimale Aufteilung des laufenden Sozialprodukts einer Periode für Konsum und Investition wird wie folgt gefunden: Eine Sozialprodukteinheit soll investiert werden, wenn der heutige Nutzenverlust aufgrund des Konsumverzichts geringer ist als der abdiskontierte zukünftige Nutzenzuwachs, der aus der Erhöhung des Kapitalstocks resultiert. Damit gilt auch hier die sogenannte Ramsey-Regel für optimale Pfade: ( 12.30)

F

C=—

δ

η

Ramsey-Regel

Sie ist als Optimierungsregel für eine utilitaristische Zielfunktion in allen Modellen mit investiver Verwendungsmöglichkeit für das Sozialprodukt gültig. Über die Ramsey-Regel läßt sich ein optimaler Konsumpfad leicht qualitativ beschreiben. Wegen der Hotelling-Regel erfolgt ständige Substitution der natürlichen Ressource durch Kapital, so daß FK fällt. Zu Beginn des Planungszeitraums mag FK zwar noch größer als δ sein (C > 0), doch ist langfristig der Rückgang des Konsums unvermeidlich. Es läßt sich zeigen, daß C, —» 0. Das utilitaristische Kriterium verurteilt aus Optimalitätsgründen bei positiver Abdiskontierungsrate δ in ferner Zukunft lebende Generationen zu einer fortgesetzten Konsumreduzierung. Beweis für den Fall einer Cobb-Douglas-Produktionsfunktion: Nach (12.14) und (12.21) gilt für die zeitliche Veränderung der Grenzproduktivität des Kapitals: (12.31)

FK = (1 - a) · χ a = (1- a) (a · t +X®)"1

166

Teil IV: Theorie optimalen Wachstums mit natürlichen Ressourcen

Einsetzen in die Ramsey-Regel (12.30) ergibt:

Abb. 12.4 (12.32)

Konsumpfad bei utilitaristischer Zielfunktion η C = (1 - a) · (a · t + χ®) - 1 ) - δ

Diese Differentialgleichung läßt sich sofort integrieren: (12.33)

η · In C = — - • In (a · t + xg) - δ · t + In const a l-a δι

(12.34)

C = (a · t + XQ)"'11-e

η

const

Durch Einsetzen für t = 0 ermittelt man die Integrationskonstante, so daß sich ergibt: l-a St (12.35)

C = C 0 x 0 T (a t + x S ) a , , e "

Unter diesen Annahmen wirkt sich die positive Zeitpräferenzrate δ > 0 derart aus, daß für „große t" der Konsum gegen Null geht, (q.e.d.)

12.3 Kritik am Standardmodell Die im Abschnitt 12.2 dargestellten Optimalpfade unter verschiedenen Zielfunktionen gelten natürlich zunächst nur im Rahmen ihrer jeweiligen Modellgleichungen. Wichtig ist, daß dabei von folgenden Parameterannahmen ausgegangen wurde, die für eine Übertragung der Ergebnisse auf „reale Probleme" bedacht werden müssen: •

• • •

Optimale Pfade existieren bei hinreichend „schönen" Substitutionsmöglichkeiten, d.h. für hinreichend hohe Werte der Substitutionselastizität zwischen Kapital Κ und Ressource R. Die Verschleißrate der Kapitalgüter ist Null. Die Bevölkerungswachstumsrate ist Null. Die Produktionstechniken sind gegeben (als book of blueprints in Form der Produktionsfunktion).

Kapitel 12: Optimales Wachstum mit Kapital und natürlichen Ressourcen •

167

Wiederverwendung von einmal im Produktionsprozeß verwendeten Ressourcen (Rezyklierung) ist nicht möglich.

Jeder dieser Punkte für sich reicht aus, um bestimmte Modifikationen der oben abgeleiteten Argumentationen zu begründen. Für reale Probleme empfiehlt sich eine Differenzierung von Ressourcen aus begrenzten Beständen in zwei große Gruppen: •

Energieressourcen (Öl, Gas, Kohle, Uran, ...) sind grundsätzlich nicht rezyklierbar, d.h. sie „verschwinden" tatsächlich im Produktionsprozeß. Des weiteren weiß man auf der Grundlage naturwissenschaftlicher Erkenntnisse, daß Energie nicht beliebig weit durch andere Produktionsfaktoren ersetzbar ist, was auch durch den bestmöglichen technischen Fortschritt nicht grundsätzlich geändert wird.



Mineralische Ressourcen (Kupfer, Eisen, Aluminium, Chrom, ...) werden im Produktionsprozeß in ihrer Konzentration und chemischen Zusammensetzung verändert, doch gehen sie grundsätzlich nicht verloren - es sei denn als Rakete im Weltraum. Mineralische Ressourcen sind demnach prinzipiell rezyklierbar.

12.3.1 σ < 1 für Energieressourcen Unter den obigen Modellannahmen kann ein Überleben der Menschheit nur gewährleistet werden, wenn durch einen ewig anhaltenden Substitutionsprozeß „in die Ecken" der Produktionsfunktion Kapitalakkumulation den rückläufigen Ressourceneinsatz kompensieren kann. Damit bekommt die Substitutionselastizität zwischen Kapital und Ressource eine dramatische Bedeutung. Nur wenn für die Produktionsbedingungen angenommen werden kann, daß die Substitutionselastizität σ zwischen Ressourceneinsatz und Kapital größer/gleich Eins ist, existieren Konsumpfade, die nicht notwendigerweise gegen Null gehen müssen. Die Abbildungen 12.5-12.7 verdeutlichen dies am Beispiel von drei Fällen, wobei zur Vereinfachung eine CES-Funktion unterstellt wird.

Fall 1: Bei σ > 1 auch für „große —" ist eine Produktion alleine mit dem Produktionsfaktor Kapital möglich: das Ressourcenproblem wird trivial.

168

Teil IV: Theorie optimalen Wachstums mit natürlichen Ressourcen

Fall 2: σ = 1 ergibt (bei unterstellter konstanter Substitutionselastizität) die Cobb-Douglas-Funktion (12.14). Hierfür existiert in Form der speziellen Akkumulationsregel „s = a" ein Rawls-Pfad über einen unendlichen Zeithorizont. Eine reine Substitutionsstrategie, bei der Kapital anhaltend die Ressource ersetzt, reicht für das Überleben aus.

Die Fälle σ > 1 decken jedoch nicht die beschränkten Substitutionsmöglichkeiten für die Ressource „Energie" ab. Hierfür gilt der folgende Fall. Fall 3: σ < 1 beschreibt den pessimistischen Fall. Hier geht die Isoquante Yo (für CES-Funktionen) asymptotisch gegen einen Minimum-Energieeinsatz R^,, > 0. Es ist daher nicht möglich, ein konstantes Produktionsniveau über einen unendlichen Zeithorizont aufrecht zu halten

A b b . 12.7: Substitutionselastizität σ < 1

Insbesondere gilt somit für die Realität: Wenn Energieressourcen ausschließlich aus begrenzten nichtregenerierbaren Beständen verfügbar sind (Öl, Gas, Kohle, Uran in Leichtwasserreaktoren, ...) so wird damit der langfristige Zusammenbruch des Produktionsprozesses unvermeidlich.

Kapitel 12: O p t i m a l e s W a c h s t u m mit Kapital u n d natürlichen Ressourcen

169

12.3.2 Kapitalverschleiß Der Einfachheit halber sei angenommen, daß Kapitalgüter mit der konstanten Rate γ > 0 verschleißen. Damit ergibt sich die Nettogrenzproduktivität des Kapitals zu FK - γ, und die Hotelling-Regel wird zu3: (12.36)

F r = Fk-Y Kk

K,

0 A b b . 12.8 Substitutionsgrenze bei positiven A b s c h r e i b u n g e n

Gemäß dieser Regel muß FR ständig steigen, FK hingegen fallen. Dem Rückgang von FK sind allerdings Grenzen gesetzt. Der Substitutionsprozeß findet eine Obergrenze bei einer Kapital-Ressourcen-Intensität xD = (K/R)D, für die die Nettogrenzproduktivität FK - γ gerade Null wird. Wenn K/R langfristig eine endlichen Wert nicht überschreiten kann, dann bewirkt ein endlicher Ressourcenbestand, daß insgesamt nur eine endliche Menge Sozialprodukt produziert werden kann. Für eine Cobb-Douglas-Funktion wird a eine obere Schranke der Produktion durch · So gegeben, wobei 1-a

(12.37)

gegeben ist4. Wenn aber eine nach oben beschränkte Gesamtproduktion über einen unendlichen Zeithorizont zu verteilen ist, ist ein Überleben nicht mehr möglich. 3

Dieses

Ergebnis

erhält

man,

wenn

man

für

die

Bewegungsgleichung

des

Kapitals

Κ = Y - C - γ Κ ansetzt und den Hamiltonansatz entsprechend neu durchrechnet. Übung! 4

Dieses x D wird wie folgt erhalten. Man ermittelt für eine Cobb-Douglas-Funktion Fr und P^ und setzt diese in (12.36) a

χ = x'" — — χ

1 —a

ein. Man eihält

(1 - a ) x = ( l - a ) x ~ " - γ .

Auflösen nach

χ ergibt

(*) Langfristig ist χ = 0 . Auflösen der Gleichung (*) nach χ liefert x D . Man

überprüft leicht, daß x D stabil ist; denn ñlr χ < x D ist χ > 0 und für χ > x D ist χ < 0 .

170

Teil IV: Theorie optimalen Wachstums mit natürlichen Ressourcen

12.3.3 Technischer Fortschritt und Bevölkerungswachstum Nach den beiden bisher genannten Einwänden gegen die traditionelle Ressourcentheorie liegt es nahe, die Möglichkeiten des technischen Fortschritts als Gegenmaßnahme ins Spiel zu bringen. In der Theorie natürlicher Ressourcen ist insbesondere technischer Fortschritt von Bedeutung, wenn eine wachsende Bevölkerung unterstellt wird. Zunächst soll also das Ressourcenproblem ohne technischen Fortschritt bei exponentiell wachsender Bevölkerung untersucht werden. Im folgenden wird angenommen, daß Bevölkerung und ebenso der Produktionsfaktor Arbeit mit der konstanten Rate η wachsen. Wachsende Bevölkerung ermöglicht damit zusätzliche Produktion, andererseits muß die zunehmende Bevölkerung auch mit Gütern versorgt werden und der begrenzte Bestand an natürlichen Ressourcen ist auf immer mehr Menschen zu verteilen. Die Produktionsfunktion wird in Pro-Kopf-Einheiten beschrieben: γ — = f (k, r) mit k = K/L und r = R/L Überleben ist hier nur möglich, wenn der Kapitalstock mit einer größeren Rate als η wächst. Anderenfalls müßte der Pro-Kopf-Konsum wegen des unvermeidlichen Rückgangs des natürlichen Ressourceneinsatzes irgendwann zurückgehen. Andererseits muß ein für das Überleben notwendiger Mindestkonsum produziert werden. Es gilt also: (12.38)

Y > emú, · L + L -k mit c^,, = Mindestkonsum/Kopf f (k, r) > Cmin + η k

Der Term n k bewirkt, daß die Kapitalausstattung pro Kopf nicht unter den bereits erreichten Stand bei wachsender Bevölkerung zurückfällt. (12.39)

M = W ) > „ k Κ Wenn ohne natürliche Ressourcen keine Produktion möglich ist, gilt f(k,0) = 0. Bei fortwährender Substitution wächst k und r geht gegen Null. Folglich gilt (12.40)

lim l ü i i l l = o t—>°o k Die Forderung (12.39), die Durchschnittsproduktivität des Kapitals ständig oberhalb der Bevölkerungswachstumsrate zu halten, ist somit für eine positive Bevölkerungswachstumsrate η nicht erfüllbar. Überleben über einen unendlichen Zeithorizont ist unter diesen Bedingungen nicht möglich, es sei denn, man kann auf technischen Fortschritt setzen. In der Wachstumstheorie wird gewöhnlich angenommen, daß technischer Fortschritt faktorvermehrend wirkt. Er soll bei konstanten Faktoreinsatzmengen eine höhere Produktion ermöglichen. Bei exogen vorgegebenem technischen Fortschritt, der mit der konstanten Rate λ anfällt und einer Cobb-Douglas-Produktionsfunktion ergibt sich als mögliche Schreibweise:

Kapitel 12: Optimales Wachstum mit Kapital und natürlichen Ressourcen (12.41)

171

λ-t Y = KaLp R - e 1 ^

Technischer Fortschritt steigert den natürlichen Ressourceneinsatz in „Effizienzeinheiten". Wenn heute zur Produktion einer Einheit Sozialprodukt genau eine Einheit Öl benötigt wird, so reicht dafür morgen der Einsatz von rund λ (1 ) Öleinheiten. Überleben wird somit nicht nur eine Frage der Substi1-a-ß tution von Ressourceneinsatz durch Kapital, sondern auch der Größenordnung des technischen Fortschritts. Zunächst betrachten wir den Fall einer positiven Bevölkerungswachstumsrate η > 0, jedoch ohne Berücksichtigung von Kapitalverschleiß (γ = 0). Die auf dem Rawls-Pfad (Abschnitt 12.2) mögliche Pro-Kopf-Konsumhöhe kann auch hier mindestens erreicht werden, wenn die Quasi-Vermehrungsrate der natürlichen Ressource wenigstens genauso hoch ist wie die Bevölkerungswachstumsrate n. (12.42)

η 0), so wird bei hinreichend hohem technischen Fortschritt das Überleben möglich. Ist beispielsweise die Abbaurate der Ressource in physischen Einheiten kleiner als die Quasi-Vermehrungsrate, so nimmt der Ressourcenbestand in Effizienzeinheiten sogar zu. Hierbei können Existenzprobleme für Optimalpfade auftreten, aber immerhin ist ein Überleben auch nahe an der Substitutionsgrenze x D möglich. Die optimistischen Ergebnisse müssen jedoch mit einigem Vorbehalt aufgenommen werden. Erstens fällt technischer Fortschritt nicht wie „Manna vom Himmel", wie wir in Kapitel 11 gesehen hatten. Berücksichtigt man, daß Forschungsaufwendungen notwendig sind, so entscheidet die Grenzproduktivität der FuE-Aufwendungen über den erreichten Konsumpfad. Sinkt diese Grenzproduktivität, so müßten die Forschungsanstrengungen dauernd zunehmen und schließlich über alle Grenzen gehen. Für den Konsum bliebe nichts mehr übrig. Der zweite Kritikpunkt betrifft die Einführung des technischen Fortschritts in exponentieller Form. Damit wird so getan, als wäre die natürliche Ressource in physischen Einheiten gemessen langfristig nicht notwendig für den Produktionsprozeß. Diese Unterstellung ist für die meisten natürlichen Ressourcen sehr problematisch. Speziell für die Ressource „Energie" ist aufgrund thermodynamischer Gesetzmäßigkeiten immer ein Mindesteinsatz für jeden Produktionsprozeß erforderlich. Hier findet der technische Fortschritt seine Grenze in den sogenannten thermodynamischen Minima für Transporte, Materialverformungen etc.

172

Teil IV: Theorie optimalen Wachstums mit natürlichen Ressourcen

12.3.4 Rezyklierung mineralischer Ressourcen Die Hotelling-Regel ist unter der Annahme abgeleitet worden, daß die Ressourcen mit dem Einsatz in den Produktionsprozeß „verschwinden". Dies trifft jedoch nur für Energieressourcen zu, die im Produktionsprozeß aus hochwertigen Formen in minderwertige Wärme (die nicht wieder in hochwertige Energieformen zurückverwandelbar ist) umgewandelt werden. Für mineralische Ressourcen gilt jedoch die folgende Überlegung: Wenn Kapital aufgebaut wird, ist insbesondere in den alten Kapitalgütern ein hoher Anteil von Ressourcen inkorporiert. Bei deren Verschrottung kann diese Ressourcenmenge zumindest teilweise rezykliert werden. Die Berücksichtigung dieses Aspekts muß die Hotelling-Regel verändern. Wir untersuchen lediglich den einfachsten Fall mit Rezyklierungs- und Extraktionskosten von Null. Dann setzt sich die Nettoproduktivität des Kapitals, die immer gleich der Wachstumsrate der Ressourcenproduktivität sein muß, aus zwei Teilen zusammen: •

aus der eigentlichen Nettoproduktivität:



F K -Y aus dem Wert des rezyklierten Materials, das aus dem verschrotteten Kapitalstock gewonnen wird: F R (yb t )

γ b, ist die rezyklierte Ressourcenmenge aus γ Kapitaleinheiten, b, ist der spezifische Ressourcengehalt einer Kapitaleinheit. Die Gesamtproduktivität des Kapitals ist demnach FK-Y(l-FRbt) und die Hotelling-Regel wird zu (12.43)

FR = F K - Y ( l - F R b , )

Hotelling-Regel bei Recyclingkosten von Null

Anmerkung: Man beachte, daß die rezyklierte Ressourcenmenge pro Kapitaleinheit b, eine implizite Funktion der Hotelling-Regel selbst ist. b, wird im Zeitablauf immer kleiner, weil sich laut Hotelling-Regel der Ressourcengehalt in den Kapitalgütern ständig verringert. Die explizite Angabe effizienter Pfade wird deshalb selbst für eine Cobb-Douglas-Produktionsfunktion nicht mehr möglich.

12.3.5 Zusammenfassung der Einwände Die bisherige Diskussion läßt sich in einer Zusammenstellung der Annahmen der Modelle wie folgt zusammenfassen:

Kapitel 12: Optimales Wachstum mit Kapital und natürlichen Ressourcen bisherige Standardtheorie Ressource R nicht spezifiziert Abschreibungsrate γ = 0 Substitutionselastizität σ= 1

173

sinnvollere Untergliederung R Energieressource R mineralische Ressource Abschreibungsrate γ > 0 Abschreibungsrate γ > 0 Substitutionselastizität Substitutionselastizität σ< 1 σ< 1

Bevölkerungswachstumstechnischer Fortschritt Rezyklierung von Ressourcen möglich nicht exponentiell mögrate η > 0 und zusätzlich lich λ > (1 - a - b) · η d.h. λ 0 Rettungsanker: Erschließung einer neuen Energieressource ohne Be standsbegrenzung (Backstop): Sonne, Brüter, Fusion

12.4 Übergang auf eine Backstop-Technologie Geht man weiter von wachsender Bevölkerung sowie mit thermodynamischen Grenzen kompatiblen Annahmen über die Produktionstechnologie aus, so versagen die Empfehlungen „permanente Substitution" und „ewiger technischer Fortschritt" insbesondere bei Energieressourcen, solange sie aus begrenzten Beständen entnommen werden. Die einzige Möglichkeit, langfristig den Zusammenbruch zu vermeiden, besteht in der Erschließung einer neuen, für menschliche Dimensionen unerschöpflichen und hinreichend großen Energiequelle. Wenn daraus Energieträger mit konstanten Kapitalkoeffizienten erzeugt werden können, bezeichnet man diese Technologie als Backstop-Technik. Ihr Nachteil gegenüber den Ressourcen aus Beständen besteht in dem hohen Kapitalaufwand zu ihrer Erzeugung. Ein entsprechend erweitertes Modell ergibt sich wie folgt: (12.44) funktion (12.45)

Y = F (Κ , Ζ) mit Ζ = Ε + R

linear-homogene Produktions-

Ε

Solarenergieproduktion

=



ν

·

Ksol

oc

(12.46)

j R,dt < So

Ölbestandsrestriktion

0 (12.47)

S = -R

(12.48)

y = c + k + κ»!

Verwendungsgleichung

(12.49)

S0, Ko gegeben

Anfangsbestände gegeben

Bewegungsgleichung des Ölbestandes

174

Teil IV: Theorie optimalen Wachstums mit natürlichen Ressourcen

12.4.1 Effizienz in Backstop-Modellen Unabhängig vom Zielkriterium werden zunächst effiziente Pfade charakterisiert. Speziell interessiert • Wann ist der Kapitalstock K«,! zur Produktion von Solarenergie positiv? • Ist eine parallele Nutzung von Öl und Solarenergie effizient? Im Solarzeitalter erfordert statische Effizienz, daß durch Umallokation von Kapital zwischen Solarenergie- und Sozialprodukterzeugung keine Produktionssteigerung mehr möglich sein soll. Die Grenzproduktivitäten des Kapitals müssen in beiden Verwendungsarten gleich sein5: (12.50)

F

=-FZ ν Für eine Cobb-Douglas-Produktionsfunktion ist (12.50) erfüllt, wenn (12.51)

(l-a)x¡5= — a - x £ ν

(12.52)

x

K

s o l

, d.h.

= ^ a

Damit die Backstop-Strategie im Falle verschleißender Kapitalgüter tragfähig ist, muß zusätzlich gelten (vgl. (12.37)): ι 1 a (12.53) a l-a

=> v < a ( l - a )

a

γ

a

Nur eine hinreichend produktive Technik in der Solarenergieproduktion, d.h. ein hinreichend kleiner Kapitalkoeffizient v, erlaubt es, die Backstop-Strategie zu wählen. Hinweis: Da in Zeiten relativ reichlich verfügbaren und damit „billigen" Öls wenig Anreize bestehen, Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen zu unternehmen, kann hier ein Marktversagen vorliegen: Für die Gesellschaft ist ein Absenken von ν von hohem Nutzen für den gesamten Pfad. Dennoch wird die Solarenergie tatsächlich erst sehr spät genutzt. Die Reihenfolge der Nutzung von Energieressourcen ergibt sich aus dem Kostenvorteil von Öl: Solange noch eine Einheit Öl verfügbar ist und FK > 0, ist ausschließlich Öl auszubeuten. Anderenfalls könnte man den Kostenvorteil investieren und dadurch die Konsummöglichkeiten mindestens in einer Periode erhöhen.

5

Auf der rechten Seite berechnet man (12.45) verwandt wurde.

3F

dK sol

3F

9Z 3K sol

=

3F ι dZ ν

, wobei für die letzte Gleichung

Kapitel 12: Optimales Wachstum mit Kapital und natürlichen Ressourcen

175

Während der Ölphase gilt die Hotelling-Regel, die eine anhaltende Substitution von Öl durch Kapital verlangt. Ebenso ist als Effizienzbedingung anzusetzen, daß der gesamte Ölbestand zu leeren ist. Dies muß zu Beginn des Solarzeitalters eingetreten sein.

Abb. 12.9 Übergang von der Öl- auf die Backstop-Phase (Fall nachträglich umrüstbarer Kapitalgüter) Beim Übergang von der Öl- auf die Solarphase tritt ein besonderes Problem auf: In Modellen mit nachträglich umrüstbaren Kapitalgütern muß der Gesamtkapitalstock zum Zeitpunkt des erstmaligen Erreichens von x«,! neu aufgeteilt werden. Deshalb sinkt der produktive Kapitalstock K, da ein Teil der Kapitalgüter in die Solarenergieproduktion umallokiert werden muß. Als Folge geht die Produktion zurück. In der Regel läßt sich dennoch ein stetiger Konsumpfad erreichen, da die Investitionsquote nach dem Umsteigen auf die Solarenergie zurückgehen kann. Dieser Fall ist qualitativ in der Abbildung 12.9 skizziert. In Modellen mit Kapitalgütern ohne nachträgliche Umrüstungsmöglichkeit muß auch während der Solarphase noch ein Restbestand Öl genutzt werden können, um den Rückgang der Produktion auf Null und damit den Zusammenbruch zu verhindern. Zusammenstellung der Effizienzbedingungen statisch

intertemporal

Olphase Vollbeschäftigung von Κ

Backstopphase (Solarenergie) Vollbeschäftigung von Κ

F ζ = F K (Hotelling-Regel)

und F K = — · F z ν Fz=FK = 0

oo

und S 0 = j R j d t 0

12.4.2 Optimalität in Backstop-Modellen Ist eine Backstop-Technologie verfügbar, so kann die Gesellschaft den Ölvorrat in endlicher Zeit leeren. Die begünstigten Generationen haben jedoch nicht das Recht, „in Saus und Braus" zu leben. Durch sukzessive Substitution von Ressourceneinsatz durch Sachkapital sowie Aufbau eines hinreichend großen Kapital-

176

Teil IV: Theorie optimalen Wachstums mit natürlichen Ressourcen

stocks, der den anschließenden Übergang auf die Backstop-Technik ermöglicht, müssen sie den nachfolgenden Generationen einen Teil des Vorteils aus dem billigen Öl abtreten. In der anschließenden Phase der Backstop-Nutzung spielt die natürliche Ressource „Öl" keine Rolle mehr, sondern allein die Kapitalproduktivität und die Konsumbewertungen der Gesellschaft. Damit sind wir wieder in der traditionellen Welt der neoklassischen Wachstumstheorie mit den Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital. Der Unterschied zur herkömmlichen Theorie besteht jedoch in der Zusammenfügung des gesamten Optimierungsproblems aus mindestens zwei Phasen. Einfache Ergebnisse sind nicht mehr ableitbar. Fai 1 nachträgl ich

Fai 1 nicht nachträglich

Abb. 12.10: Phasen der Energieerzeugung

Ergebnis: Abhängig von den Möglichkeiten einen in der ersten Phase aufgebauten Kapitalbestand auch für die Nutzung in der Backstopphase heranzuziehen, ergeben sich unterschiedliche Anforderungen an eine Optimallösung für den Übergang auf eine Backstop-Technik.

Fragen zu Kapitel 12 1. Stellen Sie die Effizienzbedingungen für die Nutzung eines gegebenen Bestandes an erschöpfbaren natürlichen Ressourcen zusammen. Interpretieren Sie diese aus der Sicht eines Ressourcenbesitzers, der seinen Ressourcenbestand als ein spezielles Kapitalgut ansieht. 2. Erläutern Sie die Rawls-Zielfunktionen und die Regel, die einen konstanten Konsum über einen unendlichen Zeithorizont ermöglicht. 3. Leiten Sie für die Produktionsfunktion Y = Κ0'75 · R0,25 und die Nutzenfunktion U (C) = —^ die Gleichung für den optimalen Konsumpfad bei einer utilitaristischen Zielfunktion mit Zeitpräferenzrate δ = 0,05 ab. 4. Zeigen Sie anhand der Einwände gegen die herkömmliche Theorie natürlicher Ressourcen die Notwendigkeit einer Backstop-Technologie, wenn R eine Energieressource ist.

Kapitel 12: Optimales Wachstum mit Kapital und natürlichen Ressourcen

177

5. Zeigen Sie, daß in einem Modell mit linear-homogener Produktionsfunktion Y=F(K, R+—Ksoi) eine parallele V

Nutzung

von Ressource und

Back-

stop-Technologie ineffizient ist, wenn Kapital beliebig umrüstbar ist.

Literatur zum Kapitel 12 a) Lehrbuchdarstellungen und WISU- bzw. WiSt-Aufsätze Dasgupta/Heal (1979) Müller/Ströbele (1983) Siebert (1980a) Siebert (1982) b) Originalarbeiten und spezielle Aufsätze Davison (1978) Eichhorn (1982) Hartwick (1977) Hotelling (1931) Ingham/Simmons (1975) Kamien/Schwartz (1978) Siebert (1980b) Siebert (1983) Ströbele (1984)

Exkurs 7: Akkumulations- und Ressourcenausbeutungspfade in einer Cobb-Douglas-Ökonomie mit konstanter Sparquote Im folgenden sollen die Zeitpfade für den Kapitalstock Κ und die Ressourcenausbeutung R für das Modell (12.1)-(12.5) bei konstanter Sparquote und einer Cobb-Douglas-Produktionsfunktion abgeleitet werden. Aus (12.21) sind bereits bekannt: (E.7.1)

x = ( a t + xg)a

(E.7.2)

Y = c (a t + xS)

s-a a

Die Integrationskonstante c in (E.7.2) läßt sich einfach bestimmen 6 : (E.7.3)

Y0=c-xr = c - K ^ . R r K — c.If'"' 'KJ ,D* .Ifs — C-IVQ N) ' .DS 0

so daß sich ergibt: (E.7.4)

6

c=K0

Bedenke: K},"' Rj = Y0

178

Teil IV: Theorie optimalen Wachstums mit natürlichen Ressourcen

Mit der Annahme einer konstanten Sparquote gilt nun auch: (E.7.5)

K = s Y d.h. s-a

K=sK 0 xö s (at + xS)" r S

(E.7.6)

Κ = a·(a · t + Xq)» · (κ 0 ·x¿s) + const K0 = XQ • K0 · x¿p + const liefert

(E.7.7)

const. = 0, also

(E.7.8)

Κ = K0 · Xq8 · (a · t + χ J )»

Setzt man diesen Ausdruck in (E.7.1) ein, erhält man: K

(E.7.9)

R=

(E.7.10)

R = K0 · xqs · (a • t + xg)"

( a t + xg)' /a . s-l

Um die Bestandsrestriktion (12.5) zu überprüfen, ist (E.7.10) zu integrieren: 7 ν· . Y-s / s^l+a J R t dt = - t o ! _ ( a t + x S ) , Ιο s a Offensichtlich konvergiert das Integral über den Ressourcenausbeutungspfad nur für a + s < 1. Für die Rawls-Regel a = s erfordert dies somit a < 0,5, was wiederum plausibel ist: Wäre nämlich die Produktionselastizität der Ressource größer als die des Kapitals, dann könnte eine Substitutionsstrategie auch im Cobb-Douglas-Fall wegen zu ungünstiger Möglichkeiten der intertemporalen Ressourcenallokátion nicht das Überleben sichern. (E.7.11)

(E.7.12)

-i^fil.x»-1+a=S0 s-l+a bzw. Ko-xg"1 = ( l - a - s ) S0

(E.7.13)

R ^

1

- * - ; ^

Mit (E.7.13) ist bei gegebener Sparquote die Ressourcenausbeutungsmenge Ro aus den Randbedingungen für Ko und S0 bestimmt, womit x0 = Ko/Ro festliegt, so daß mit (E.7.8) und (E.7.10) die zeitliche Entwicklung der Inputfaktoren bestimmt ist. Mit (E.7.2) und (E.7.4) ergeben sich sofort die Zeitpfade für die Produktion Y und wegen der konstanten Sparquote s auch für den Konsum C. Zahlenbeispiel: 1 1 a=—, s=— 3 3 S0 = 3000, Ko= 1000

Kapitel 12: Optimales Wachstum mit Kapital und natürlichen Ressourcen ergibt nach (E.7.13) die folgenden Anfangswerte in t = 0: rι a -•3000 3 R0 = 100"

= 1000, also XQ = 1

1 ·, Mit Ko = 1000 folgt Yo = 1000 und wegen s = - gilt Co = 666,7. R = 1000 ( i . t + 1 f 1000+333,3· t

Κ =1000 Y = 1000

für alle t e [0, «,)

C = 666,7

für alle t e [0, oo

Übungsaufgabe: Überprüfen Sie direkt die Bestandsbedingung j R t dt o für das Zahlenbeispiel. Die zeitliche Entwicklung von R gibt die folgende Tabelle an: t

0

1

2

3

4

5

6

R

1000

562,5

360

250

183,7

140,6

111,1

In Periode t = 6 ist beispielsweise Ké = 3000 Ri = 111,11 so daß Y6 = 30002'3 · 111,111/3 = 100 · 2,080084 · 4,8076 = 1000 Übungsaufgabe: Zeigen Sie an diesem Beispiel, daß (1 - a ) K + a - R = Y = 0

13. Theorie optimalen Wachstums in Modellen mit Kapital, Arbeit und natürlichen Ressourcen Dieses Kapitel stellt eine Erweiterung des im vorangegangenen Kapitel vorgestellten Wachstumsmodells mit natürlichen Ressourcen dar. Es wird zusätzlich der Produktionsfaktor Arbeit berücksichtigt und von vorneherein eine BackstopTechnologie unterstellt. In diesem Modellrahmen werden Optimalpfade explizit analysiert, wobei der Übergang auf die Backstop-Technologie besonderes Interesse findet.

13.1 Effizienter Übergang auf Backstop-Technologien Aus dem vorigen Kapitel ist der Rahmen für den effizienten Übergang auf Backstop-Technologien bereits bekannt: Solange natürliche Ressourcenbestände ausgebeutet werden, gilt die Hotelling-Regel: (13.1)

FR = FK

(intertemporale Effizienzbedingung bei Nutzung der begrenzten natürlichen Ressourcen)

Bei Nutzung der Backstop-Technologie müssen die Grenzproduktivitäten des Kapitals im Backstop- und im Sozialproduktsektor übereinstimmen: (13.2)

ρ _p K_

z

y

(statische Effizienzbedingung bei Nutzung Backstop-Technologie)

der

In Kapitel 12.4 konnten diese beiden Bedingungen nicht gleichzeitig erfüllt werden, weil (13.2) Veränderungen der Grenzproduktivitäten, wie sie (13.1) forderte, ausschloß. Der Übergang mußte deshalb zu dem Zeitpunkt erfolgen, bei dem (13.2) erstmalig erfüllt wurde. Gleichzeitig wurde die Hotelling-Regel außer Kraft gesetzt, so daß fortan keine natürlichen Ressourcen mehr verbraucht werden durften. Wir wollen im folgenden untersuchen, ob diese Argumentation auch noch gilt, wenn das einfache Grundmodell durch die Einführung eines dritten Produktionsfaktors erweitert wird. Dieser dritte Produktionsfaktor kann .Arbeit" heißen. Er bewirkt formal, daß die Produktionsfunktion nicht länger linear-homogen in (Κ, Z) ist. Eine Steigerung des Faktoreinsatzes von Κ und Ζ mit der Rate α führt also dazu, daß die Produktion um weniger als α gesteigert wird, da der Arbeitseinsatz nicht ebenfalls mit der Rate α erhöht wird. Die neue Produktionsfunktion lautet: (13.3)

Y = F (Κ, Ζ, L)

linear-homogen in (Κ, Z, L)

mit Ζ = R + - Κ«,! ν oder in Pro-Kopf-Werten: (13.4) y = f (k, z) oder alternativ: (13.3')

Y = F(K,Z) , wobei F(K,Z) homogen vom Grad kleiner als Eins.

Kapitel 13: Optimales Wachstum mit Kapital, Arbeit und Ressourcen

181

Zu zeigen ist, daß bei diesen Produktionsbedingungen nicht nur „Zeitpunktlösungen" zu effizienten Ressourcen Nutzungspfaden führen. Auch bei einer gleichzeitigen Nutzung von erschöpfbaren Ressourcen und dem BackstopSubstitut können jetzt sowohl die statische Effizienzbedingung (13.2) als auch die intertemporale Effizienzbedingung (13.1) erfüllt werden; denn der notwendige Anstieg der Grenzproduktivität der natürlichen Ressource (und auch des Kapitals) kann über die Substitution der natürlichen Ressource durch Arbeit erfolgen. Diese Möglichkeit besteht bei einer Produktionsfunktion, die linearhomogen in (K,R) ist, nicht. Wir unterstellen, daß in einem Zeitpunkt Τ die Nutzung der natürlichen Ressourcen abrupt beendet und der Übergang auf die Backstop-Technologie vollzogen wird. In Τ muß also der vorhandene Kapitalstock Κ neu aufgeteilt werden und zwar so, daß ein Ausgleich der Grenzproduktivitäten des Kapitals im Sozialprodukt- und im Backstopsektor stattfindet. Dieser Ausgleich wird begleitet von der Erhöhung der Grenzproduktivitäten Fr und Fz, weil sowohl K/L als auch 7JL zurückgehen. Es gilt1 : (13.4)

Fz(r)>FK(T)

Dieser Anstieg kann noch unkritisch für die „Zeitpunktlösung" sein. Intertemporale Effizienzprobleme entstehen erst, wenn (13.5)

F Z ( T ) > F Z (T) (1+F K (T))

ist.2 Denn dann müßte ein Teil der erschöpfbaren Ressourcen aus der Zeit vor Τ erst nach dem Zeitpunkt Τ verbraucht werden, weil der abdiskontierte Sozialproduktzuwachs in T* größer wäre als der Sozialproduktverlust in T . In diesem Fall kann die „Zeitpunktlösung" des Übergangs nicht intertemporal effizient sein. Am Beispiel einer Cobb-Douglas-Produktionsfunktion läßt sich diese Argumentation verdeutlichen. Die Produktionsfunktion lautet (13.6)

Y = La Kb Z l l b

oder in Pro-Kopf-Größen (13.6·)

y = kb z1'1"b mit y = Y/L, k = K/L, ζ = Z/L

Im Zeitpunkt Τ muß die statische Effizienzbedingung (13.2) f k (T)=f z (T)/v erfüllt sein. Für die Cobb-Douglas-Funktion bedeutet das3: k

ν

ζ

zv _ 1 - a - b Τ b

In Τ (also auf der linken Seite von T, am Ende der Ressourcennutzungsphase) wird das folgende Sozialprodukt hergestellt4:

1

2

3 4

Dabei bedeutet das hochgestellte Minuszeichen eine linksseitige Annäherung an den Zeitpunkt T. (Man nähert sich vom negativen Ende des Zahlenstrahls.) Ein Pluszeichen ist folglich die rechtsseitige Annäherung an T. Τ ist die Seite von T, die der Vergangenheit (Ressourcenphase) zugewandt ist, wogegen T* sich in die Zukunft (Backstopphase) richtet. Diese Bedingung leitet sich aus der Hotelling-Regel ab. Es handelt sich schließlich um Intertemporale Effizienzprobleme. Siehe zu dieser Formel auch die Herleitung der Hotelling-Regel in Abschnitt 12.1.2. Man rechnet schnell nach, daß ft=by/k und fr=(l-a-b) y/z ist. Dazu löse man (13.7) nach ζ auf und setze dieses in die Produktionskunktion (13.6') ein.

182

Teil IV: Theorie optimalen Wachstums mit natürlichen Ressourcen y(T") = k b z 1 _ a _ b = k„

(l-a-b)kN'~a~b bv _

(13.8)

_

\l-a-b

1 = k(T)\i-a 'ι '1 - "a - b " ν bv )

In Τ wird der Kapitalstock k neu aufgeteilt in einen Kapitalstock k ^ für die Produktion der Solarenergie und einen Kapitalstock k - k ^ für die Produktion. Nach dieser Umrüstung wird in T* das folgende Sozialprodukt produziert5: y(T + ) = (k - k s o l ) b · z 1 _ a _ b flr

(13.9)

=(k-k

s o l

)

b

\1-a-b

i^

Es können nun die Grenzprodukte von ζ in T* und Τ sowie das Grenzprodukt von k in Τ berechnet werden. Diese benötigt man, um nähere Aussagen über die intertemporale Ineffizienz treffen zu können, wie sie in Gleichung (13.5) beschrieben war6: (13.12)

f z (T + ) = k" a · (1 - a - b ) 1 ' * ' * • (1 - a)'" a · b 1 + b • v 1 + a + b

(13.13)

f z ( T " ) = k" a · (1 - a - b) 1 _ a _ b (bv) a + b

(13.14)

f k ( T ~ ) = k"a b

11 - a„ - b bv

Eine intertemporale Ineffizienz entsteht nach (13.5), wenn beim schlagartigen Übergang auf die Backstop-Technologie in Τ gilt:

5

Um (13.9) zu erhalten, setzt man gemäß (13.3) z=k,oi/v ein; denn R ist ja jetzt Null. Dann benutzt man (13.7). Der produktive Kapitalstock ist nun nur noch k-kK|. Also wird das k in (13.7) zu k-kaoi. Weiterhin setzt man in (13.7) zv=k„i ein. Dann erhält man: k - k s o | = k s o |, was man in (13.9) ein1 —a—b setzt. Das eben erhaltene Resultat läßt sich weiter nach k«* auflösen:

k = [ , b . - ' i ks°i = . ' Λ Λ ο , · Also kS0| = 1 ~ a ~ b k , was man in (13.10) einsetzt, Vl-a-b J 1-a-b 1-a nachdem man dort die ksoi-Tenne zusammengefaßt hat. " Dazu beachte man für (13.12) und (13.13), daß fz=(l-a-b) y/z ist. Weitertün ist z=k„i/v, und für k ^ kann man den Temi aus der vorigen Fußnote einsetzen: ζ = —-—-—- k . Für y setzt man dann entV 1-a sprechend (13.8) oder (13.11) ein. Um (13.14) zu erhalten, beachte man, daß fk=by/k ist und setze dann y aus (13.8) ein.

Kapitel 13: Optimales Wachstum mit Kapital, Arbeit und Ressourcen

183

f z (r)/f z (D>i+f k (T) Daraus folgt mit (13.12) bis (13.14): v ( l - a ) a b'~a > l + k~a b p

(13.15)

^

b

l-a-b j

Man sieht, daß diese Bedingung für „große" k und ν immer erfüllbar ist, d.h. wenn Solarenergie mit großem Kapitalaufwand hergestellt werden muß und wenn die Volkswirtschaft eine recht hohe Kapitalausstattung hat. Ergebnis: Bei Einführung eines dritten Produktionsfaktors können sowohl Übergangszeitpunkte als auch Übergangsphasen effizient sein. Zu einer Übergangsphase kommt es immer dann, wenn die Kapitalproduktivität im Backstopsektor sehr niedrig ist und der Übergang auf die Backstop-Technologie bei hoher Kapitalintensität k erfolgt. Letzteres hängt vom optimalen Konsumpfad der Volkswirtschaft ab.

13.2 Optimalpfade Das Optimierungsproblem lautet:

(13.6)

max W = ju(c)e _ 5 t dt o max min c,

Max-Min-Zielfunktion

(13.7)

y = f (k - ksoi, z)

Pro-Kopf-Produktionsfunktion

(13.8)

ζ = — kjoi + r ν k = y - c - nk S =-rLoe n t

Energieproduktion

oo

Bestandsrestriktion

(13.5)

(13.9) (13.10)

(13.11) jr t L 0 e n t dt k*, dann verläuft der Optimalpfad im Bereich B, k und auch c müssen fallen. Festzuhalten bleibt als Randbedingung für die anderen Phasen, daß zu jedem k (T2) nur ein einziges c (T2) gehört, das letztlich eine asymptotische Annäherung an den Steady-State erlaubt. Weil Sprünge in c nicht erlaubt sind, muß der gesamte Optimalpfad in einem optimalen Bündel (k (T2), c (T2)) starten. Auch auf dem Max-Min-Pfad müssen Erreichbarkeit und intertemporale Effizienz vorliegen. Beides ist gesichert, wenn langfristig nur soviel investiert wird, daß das geforderte konstante Konsumniveau nicht unterschritten werden muß, also muß unbedingt ein Rückgang von k vermieden werden. Optimalitätsbedingung für die gesamte Backstop-Phase ist damit: (13.15) c = f (k) - nk (13.15) gilt auch schon zu Beginn der Backstop-Phase, weil anderenfalls nichtoptimale Substitutions Vorgänge ablaufen würden. Damit beschreibt (13.15) bereits vollständig den Optimalpfad der Backstop-Phase und setzt eine wichtige Randbedingung für die Übergangsphase

13.2.2 Die Übergangsphase Wichtigstes Merkmal der Übergangsphase ist die gleichzeitige Gültigkeit von (13.12) und (13.13). Werden beide Bedingungen miteinander verknüpft, ergibt sich die grundlegende Beziehung der Übergangsphase: (13.16)

fz = fk = fk

Kapitalproduktivität und Ressourcenproduktivität müssen mit der gleichen Rate f k ansteigen. Löst man die Differentialgleichung (13.16) und setzt man

Kapitel 13: Optimales Wachstum mit Kapital, Arbeit und Ressourcen

187

(13.13) ein, erhält man die Entwicklung der Grenzproduktivität während der Übergangsphase [ΤΙ, T2]7: (13.17)

f K (t) = fz2 ( t ) / v = —!— f ü r T , < t < T 2 A-t wobei A die Integrationskonstante ist. Da der Pfad der Grenzproduktivitäten feststeht, kann aus der Produktionsfunktion (13.17) auch unmittelbar auf den Produktionspfad y geschlossen werden. Offen ist nur noch die Frage, in welchem Maße die natürliche Ressource vom Substitut verdrängt wird. Auch zur Beantwortung dieser Frage muß auf (13.17) zurückgegriffen werden. Wenn f z (t) und ft(t) bekannt sind, dann liegen auch die Durchschnittsproduktivitäten y/k und y/z fest. Da y bereits bekannt ist, können unmittelbar der (k - ksoi)- und der z-Pfad errechnet werden. In jeder Periode muß dann im Sozialproduktsektor gerade soviel investiert oder desinvestiert werden, daß der vorgegebene (k - k^O-Pfad erreicht wird. Das im Sozialproduktsektor nicht benötigte Kapital fließt in den Backstopsektor und erhöht k ^ , so daß die Veränderung von k^i zur Residualgröße wird: (13.18)

k SOI s o l (t) =

d(k

"kso')+y-c-nk d t

Alle Größen bis auf c sind bekannt. Die Festlegung von c geschieht bei utilitaristischen Untersuchungen mit Hilfe der Ramsey-Regel und der Randbedingung für c aus der Backstop-Zeit bzw. nur aufgrund der Randbedingung für c bei MaxMin-Untersuchungen. Wird die Differentialgleichung (13.18) gelöst, ist es nur noch ein kleiner Schritt zur Ermittlung von r(t). Bei gegebenem z-Pfad ist r(t) die Differenz von z(t) und Substitutproduktion: (13.19)

r(t) = z ( t ) - l k s o l ( t )

Randbedingungen für den r-Pfad sind: (13.20)

r (Τι) = ζ (Τι) r(T 2 ) = 0

(13.20) und (13.19) liefern gemeinsam die Länge der Übergangsphase T 2 - T|. Sie ist entscheidend abhängig vom Akkumulationstempo der Wirtschaft, also der Geschwindigkeit, mit der der Backstop-Kapitalstock aufgebaut werden kann.

13.2.3 Die Ressourcennutzungsphase Die Abläufe in dieser Phase sind aus Kapitel 12.4 weitgehend bekannt: Unter Beachtung der Hotelling-Regel laufen Substitutionsvorgänge ab, die zu einer Anhebung der Ressourcenproduktivität führen. Durch Einführung des Produktionsfaktors Arbeit muß nicht unbedingt Kapital der allein substituierende Faktor sein, auch Arbeit könnte der substituierende Faktor sein. Letzteres ist zu erwar-

7

Es ist gemäß ( 1 3 . 1 6 ) — = f k . Daraus folgt durch Trennung der Variablen — y - = d t . Integration fk fk dieser Gleichung liefert: - f k 1 = t + Α , wobei A die Integrationskonstante ist.

188

Teil IV: Theorie optimalen Wachstums mit natürlichen Ressourcen

ten, wenn eine Ökonomie sehr kapitalintensiv bzw. mit niedriger Kapitalproduktivität produziert und deshalb umfangreiche Investitionen nicht lohnend sind. Die Pfade der Ressourcennutzungsphase müssen sich an den nun bereits bekannten Randbedingungen orientieren: (i) Einerseits muß an der Grenze zur Übergangsphase das eine optimale Verhältnis von k und c erreicht sein, das letztlich auf den Steady-State führt. (ii) Andererseits muß intertemporale Effizienz in dem Sinne sichergestellt werden, daß bei Vorgabe von ko ein Ressourcenausbeutungspfad angesteuert wird, auf dem der gesamte Bestand So bis auf den Rest verbraucht wird, der in der Übergangsphase benötigt wird.

13.3 Zusammenfassung Bei unendlichem Zeithorizont und exponentiell wachsender Bevölkerung existieren in der Theorie erschöpfbarer natürlicher Ressourcen nur dann Optimalpfade, wenn unbeschränkter, technischer Fortschritt oder eine Backstop-Technologie unterstellt werden. Aus Kapitel 12.4 ist bekannt, daß dem faktorvermehrenden technischen Fortschritt thermodynamische Grenzen gesetzt sind, so daß ein realitätsgerechtes Modell auf Backstop-Technologien aufbauen sollte. Eine wichtige Konsequenz dieser Vorgehensweise ist, daß man letztlich die Theorie erschöpfbarer natürlicher Ressourcen verläßt und langfristig in die einfache neoklassische Welt mit den Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital zurückkehrt. Natürliche Ressourcen bleiben nur deshalb wichtig, weil sie praktisch kostenlos gewonnen werden können und deshalb ein hohes anfängliches Akkumulationstempo erlauben. Es könnte jedoch notfalls auch ganz auf sie verzichtet werden, weil mit der Backstop-Technologie die unbedingt erforderlichen Inputs (zu hohen Kosten) auch produzierbar sind. Der Verlauf der Optimalpfade hängt von den allgemein gültigen Bewegungsgleichungen für k und c ab sowie eventuell, der Hotelling-Regel. Er orientiert sich außerdem an der Forderung, daß langfristig ein Steady-State angestrebt wird. Aus dieser letzten Forderung ergeben sich wichtige Randbedingungen für den Übergang zwischen den drei Phasen des Optimalpfades. Daß zwischen Backstop- und Ressourcennutzungs-Phase noch eine Übergangsphase geschaltet wird, folgt aus der Einführung des Produktionsfaktors Arbeit. Kennzeichen der Übergangsphase ist die gleichzeitige Steigerung von Kapitalund Ressourcenproduktivität zu Lasten der Entlohnung für den Produktionsfaktor Arbeit, ohne daß dadurch jedoch negative Einflüsse auf das Konsumniveau ausgehen. Dessen Entwicklung ist allein durch die Optimalitätskriterien vorbestimmt. Ein möglicher Rückgang der Produktion in der Übergangsphase wegen des stark rückläufigen Ressourceneinsatzes wirkt sich direkt nur auf das Akkumulationstempo aus.

Kapitel 13: Optimales Wachstum mit Kapital, Arbeit und Ressourcen

189

Ergebnis: Wenn natürliche Ressourcen, die einem endlichen Bestand entnommen werden, explizit als Produktionsfaktor berücksichtigt werden, ergeben sich gegenüber der Wachstumstheorie, die nur Kapital und Arbeit betrachtet, bestimmte Modifikationen: •

Solange die natürliche Ressource genutzt wird, sind Substitutionsprozesse effizient (Hotelling-Regel.)



Da Substitution von natürlicher Ressource durch Kapital und Arbeit (bei weiterhin zwingend notwendigem Einsatz der Ressource) nicht ausreicht, um über einen menschlichen Zeithorizont ein konstantes positives Produktionsniveau aufrecht zu erhalten, ist Überleben nur möglich, wenn die produktive Bedeutung der natürlichen Ressource dank anderer Faktoren reduziert werden kann.



Das Konzept des unbegrenzten faktorvermehrenden technischen Fortschritts scheidet speziell für Energieressourcen aufgrund naturgesetzlicher Gegebenheiten aus. Stattdessen ist der Übergang auf ein unbegrenztes Substitut (Backstop-Technologien) erforderlich.



Damit läuft der Wachstumsprozeß in zwei Abschnitten ab: zuerst wird die natürliche Ressource genutzt und Substitutionsprozesse laufen ab, dann wird auf ein Wachstumsregime übergegangen, das sich durch die traditionelle neoklassische Wachstumstheorie (nur mit Kapital und Arbeit) beschreiben läßt. Ob eine Übergangsphase oder ein abrupter Wechsel effizient sind, hängt von der Produktionsfunktion ab.

Fragen zu Kapitel 13 1. Erläutern Sie, warum in einem Modell mit Kapital, Arbeit und natürlichen Ressourcen eine Übergangsphase mit paralleler Nutzung von Ressource und Backstop-Technologie erforderlich ist. 2. Interpretieren Sie die Vorgänge in der Übergangsphase

Literatur zum Kapitel 13 a) Lehrbuchdarstellungen und WISU- bzw. WiSt-Aufsätze Müller/Ströbele (1983) b) Originalarbeiten und spezielle Aufsätze Hanson (1978) Müller (1984)

Teil V: Anhang 14. Mathematische Methoden für dynamische Systeme 14.1 Elementare Differentialgleichungen für ökonomische Anwendungen 14.1.1 Lösung von Differentialgleichungen durch Trennung der Variablen In Exkurs 1 (E.1.2) wurde bereits der einfachste Fall einer Differentialgleichung, die durch Trennung der Variablen lösbar ist, vorgestellt. Im folgenden soll die Methode allgemein beschrieben werden. In Kochrezeptform lautet die Methode: Gegeben ist die Differentialgleichung: (14.1)

— = h (t) · g (x) dt

h stetig auf einem Intervall I

g stetig auf einem Intervall J Trennung der Variablen geschieht durch die Order „x links, t rechts": (14.2)

_^L=h(t)-dt g(x) Dann suche man für jede Seite eine Stammfunktion (Integration): (14.3)

J — d x = / h ( t ) dt g(x) Für praktische Probleme bewähren sich für die Suche der Stammfunktion Tabellenwerke wie z.B. Bronstein/Sementjajew. Beispiel 14.1: 3 ·t+2 dt dx = (3 · t + 2) · dt χ

= 1,5 · t2 + 2 · t + c

Für t = 0 ist χ = xo, so daß sich als Lösung ergibt: χ = 1,5 · t2 + 2 · t + Xo Beispiel 14.2: £=*-(l-20 dt — = (1 - 2t) · dt χ lnx = t - t2 + lnc

Kapitel 14: Mathematische Methoden fur dynamische Systeme

191

Für t = 0 ist χ = x0) so daß sich als Lösung ergibt: x = xo · e' Beispiel 14.3: — =x a · 1,06-t dt —a = 1,06 · t x 1

1-a

1 ! η* · — X,l-a_ = 1,06 ".2t + C 2

Für t = 0 ist χ = xo, so daß gilt c = —— · Xo1'" woraus folgt: 1-a l χ = ( ( l - a ) 0 , 5 3 · t 2 + x¿ - a ) 1 _ a

14.1.2 Lösung von linearen Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten (inklusive Bernoulli-Differentialgleichung) In zahlreichen ökonomischen Anwendungen treten lineare Differentialgleichungen auf. Im folgenden werden nur einige spezielle Typen mit besonderen Anwendungen in ökonomischen Modellen dargestellt. a) Lineare Differentialgleichungen l.Ordnung mit konstanten Koeffizienten Eine lineare Differentialgleichung erster Ordnung ist allgemein durch dy f (t) · y = g (t) gegeben. dt Sind die Funktionen f (t) und g (t) konstant, so ergibt sich als spezielle Form die sogenannte lineare Dgl. mit konstanten Koeffizienten: dy (14.4) — + a · y = c mit der Anfangsbedingung y (0) = yo dt Lösungsansatz (der auch allgemein für alle linearen Differentialgleichungen höherer Ordnung gilt): (i) Suche einer speziellen Lösung Zunächst muß irgendeine spezielle Lösung der inhomogenen Dgl., die durch (14.4) gegeben ist, gesucht werden. Da nur eine einzige Lösung gesucht ist, versucht man den Ansatz: dy y (t) = const., d.h. — = 0, was durch Einsetzen in (14.4) sofort ergibt: dt (14.7)

y sp e Z (t) = -

a (ii) Suche der Lösung der homogenen Differentialgleichung Als nächstes muß die allgemeine Lösung der sogenannten homogenen Dgl.

Teil V: Anhang

192

(14.5)

— + a ·y=0 dt gesucht werden. Wie aus Exkurs 1 bekannt ist, lautet hier die Lösung (14.6)

y (t) = d · e'a

wobei d eine noch zu bestimmende beliebige Konstante ist. (iii) Bilde die allgemeine Lösung: Die allgemeine Lösung der Dgl. (14.4) ergibt sich als Summe der allgemeinen Lösung der homogenen Dgl. und der speziellen Lösung yspei (t): (14.8)

y(t) = — + d · e - " '

a (iν) Festlegung der Konstanten aus den Anfangswertbedingungen (Störung): Aus der Anfangsbedingung y (0) = yo sich abschließend nochindie in Schritt unbestimmt verbliebene Konstante d läßt ermitteln. Setzt man t=0 (14.8) ein, so2 c c ergibt sich yo = — + d, d.h. d = y0 — , so daß die Lösung schließlich lautet: a a (14.9)

y (t) = - + ( y 0 - f . ) - e » ' a a Zur Interpretation: Die in den Schritten 1 und 2 gefundenen spezielle und homogene Lösung lassen sich gut ökonomisch interpretieren. Die spezielle Lösung yspez beschreibt oft eine Ruhelage, d.h. ein Gleichgewicht des Systems. Ist y0 = yspe2, so wird der zweite Summand in (14.9) zu Null und das System ruht für alle t bei yspez. Ist jedoch yo * yspez, so wird der zweite Summand und damit die homogene Lösung relevant. In diesem Fall startet das System zur Zeit t = 0 außerhalb des Gleichgewichtes yspez> und der zweite Term stellt die Konsequenzen dieser Störung dar. Ist a > 0 so geht dieser Term gegen Null: Das System bewegt sich in das Gleichgewicht zurück. Die Lösung der homogenen Dgl. beschreibt also stets das Verhalten außerhalb des Gleichgewichtes. b) Nicht immer ist in ökonomischen Anwendungen die gegebene Dgl. dieses einfachen Typs. Manchmal läßt sich jedoch durch eine einfache Variablensubstitution eine derart einfache Form herstellen. Im folgenden soll dieses Vorgehen am Beispiel einer einfachen Bernoulli-Differentialgleichung erläutert werden. Für die allgemeinere Variante der Bernoulli-Dgl. sei auf die zahlreichen Lehrbücher zur Theorie der Differentialgleichungen verwiesen. Empfehlenswert ist beispielsweise das Buch von Braun (1979). dy ι (14.10) — = a · y + b · y spezielle Form der Bernoulli-Dgl. dt Division durch y2 ergibt: (14.11)

~ ~ = a+— dt y

y

Kapitel 14: Mathematische Methoden für dynamische Systeme

193

Substitution ζ = y"1 ergibt — = - y"2 · — , so daß die zu (14.11) äquivalente dy dt Differentialgleichung lautet: . (14.12)

dz . 1 — = - a - b · ζ nut Zo = — dy y0

Dies ist wiederum eine lineare Dgl. erster Ordnung, wie sie oben behandelt wurde Fall 1:

b = 0:

z = - a - t + d = - a - t + Zo = - a - t + — y

y= — — — l-ayo1 Fall2:

b *0:

- =— - - ( l - e ~ b t ) y yo b

y =

b-ay0(l-e"bt) Auch wenn diese Lösungen auf den ersten Blick etwas kompliziert aussehen, ist es in konkreten Anwendungsfällen - ζ. B. in der Theorie natürlicher Ressourcen - sehr nützlich, die explizite Lösung zu kennen, wo (14.10) mit a < 0 und b > 0 eine häufig verwendete Regenerationsfunktion dastellt.

14.2 Einführung in die dynamische Optimierung (Maximumprinzip) In den Modellen intertemporaler Optimalität der Kapitel 10 bis 13 wird häufig von der dynamischen Optimierung Gebrauch gemacht. Aus der Vielzahl der existierenden Methoden der dynamischen Optimierung soll im folgenden das Maximumprinzip vorgestellt werden: Zum einen ist eine ökonomische Interpretation hier gut möglich, zum anderen wird dieses Verfahren gerade in der Theorie intertemporaler Allokation häufig benutzt. Das Maximumprinzip ist eine dynamische Verallgemeinerung der statischen Lagrange-Methode. Die dynamische Optimierungsaufgabe lautet: Suche das Maximum von J über die Zeit, wobei (14.13)

maxJOKtXto.t,^ fl(x,u,t)dt + F ( x „ t , ) J u •o unter den Nebenbedingungen (14.14)

x = f(x,u,t)

Veränderung des Systemzustandes χ in Abhängigkeit des bisherigen Zustandes x, der sogenannten „Kontrollvariablen" u und der Zeit

194

Teil V: Anhang x(t 0 ) = x 0 e R n

Anfangsbedingung für χ

x(t, ) = x , e R °

Endbedingung für χ

u(t) eU für alle t

steuernde Eingriffe =„Kontrollvariablen"

I, F, f stetig differenzierbar, u (t) stückweise stetig und für alle t e[a, b] c (t 0 ,ti ) gilt: u(t) e U ç R m mit U kompakt. Zur Interpretation der Aufgabe: Das System startet in to (= 4.30 Uhr) in Oldenburg (= Systemzustand beschrieben durch die Ortskoordinaten Xo). Unter Einwirkung einer bestimmten Steuerung (ui = Gasgeben, U2 = Bremsen, U3 = Lenkradstellung) kommt es zum Zeitpunkt ti (= 6.00 Uhr) in den Zustand xi (Fischmarkt Hamburg-Altona). Die Systemzustände χ (schöne Aussicht an bestimmten Stellen der Autobahn, Unbehagen auf den Elbbrücken o.ä.) werden ebenso wie die Zeit selbst und die Kontrollfunktion u(t) zu jedem Zeitpunkt t durch die Funktion I bewertet. Diese Einzelbewertungen (= Wohlbefinden während der Autofahrt) werden aufaddiert (Integral). Zusätzlich kommt noch die Bewertung des Endzeitpunktes und des erreichten Systemzustands hinzu F(Xj ,t, ) = Wohlbefinden morgens um 6 Uhr auf dem Fischmarkt in Hamburg-Altona). Die Restriktion χ = f(x,u,t) gibt an, daß eine bestimmte Geschwindigkeit in Abhängigkeit von χ (bergauf/bergab an dieser Stelle) und u (Vollgas/Bremse) in der Systemveränderung vorgegeben ist. Die Begrenzungen für x 0 ,x, und Grenzen für u , , u 2 , u 3 (Gaspedal zwischen 0° und 40° durchtretbar) sind unmittelbar einsichtig. Rezept: (1) Man führe eine neue Funktion ein (sog. Hamilton-Funktion): (14.15)

Η (x, u, λ, t) = I (χ, u, t) + λ (t)· f (x, u, t)

I: aktuelle Zunahme am Wohlbefinden; λ- f: zusätzliches Wohlbefinden, falls die Restriktion um eine kleine Einheit gelockert werden könnte („schneller fahren"); gewogen wird χ mit einem zeitveränderlichen Lagrangemultiplikator, λ bezeichnet man als „Schattenpreis", mit dem eine solche Lockerung der Restriktion bewertet wird. (2) Suche dasjenige {u (t)}, das H maximiert. Unter Vernachlässigung von Randproblemen (nur Vollgas bis Hamburg, dann Vollbremsung) für u: (14.16) dH_g (gilt streng nur im Inneren der du Menge aller zulässigen u) (notwendige Bedingung) (3) Stelle die sogenannten kanonischen Gleichungen auf: (14.17)

dH

χ = —— undx(x 0 ) = x0

Kapitel 14: Mathematische Methoden für dynamische Systeme λ=

σχ

und λ (ti) =

195

3χ,

Die Lösung der damit ableitbaren Differentialgleichungen erlaubt bei „schönen" Problemen die Bestimmung eines optimalen {u (t)}. Die Hamilton-Funktion läßt sich leicht interpretieren. Der erste Summand, nämlich der Integrand des zu optimierenden Integrals, stellt den augenblicklichen Gewinn bzw. Nutzen dar. Der zweite Summand blickt in die Zukunft. Er bewertet mit dem Schattenpreis λ die Veränderung des Systemzustandes (in Nutzen- oder DM-Einheiten).

Beispiel 14.4: Ein Mensch habe die Möglichkeit, sein Einkommen entweder zu konsumieren (c) oder zu sparen (s). Falls er mit einem Kapitalbestand k (0) = 0 beginnt und er ein Lohneinkommen von w (pro Periode) bezieht und der Zinssatz r beträgt, erzielt er in einer beliebigen Periode als Einkommen: w + r · k. Dieses Einkommen kann er entweder für Konsum oder Ersparnis verwenden: (14.18)

k= w+ r k - c

Wir unterstellen, daß er keine Erbschaft weitergeben kann und daß er seine Lebensdauer Τ genau kennt. Sein Nutzen aus Konsum hängt wie folgt von c ab: I, = In c · e~5 ' (δ: reine Zeitpräferenzrate), τ so daß für den Gesamtnutzen gilt: J = J l n c · e" 8 , t. (14.19)

o (14.20)

8

Η = In c · e" ' + X ( t ) ( w + r · k - c)

Die Kontrollvariable ist hier c. Schritt (2) nach obigem Rezept lautet nun: Suche max H (bzgl. u = c): (14.21)

c = e" 8 t / X(t) maximiert H.

Damit haben wir leider noch keine explizite Angabe des optimalen Konsumpfades. da λ (t) noch unbekannt ist. Schritt (3) liefert: (14.22)

k = w + r k - c undk(0) = 0

(14.23)

λ = — ^ = -Γ · λ

mit der Lösung λ (0 = λ 0 ·β"Γ·'.

Da λο immer noch unbekannt ist, sind wir noch nicht fertig. Erst wenn wir k (T) = 0 ausnutzen (kurz vor dem Tode werden Ersparnisse „verjubelt"), können wir die Lösung explizit angeben. Hinweis: Versuchen Sie eine Interpretation von λ und der Lösung in (14.23). Stellen Sie sich dazu vor, alternativ in t = 0 oder in t = 10 will Ihnen ein Erbonkel 1000 DM zuwenden. Warum würden Sie t = 0 bevorzugen und was bedeutet hier λ?

196

Teil V: Anhang

Wenn (14.21) zusammen mit (14.23) in (14.22) eingesetzt werden, bekommen wir eine Differentialgleichung für k: (14.24)

k = w + r k - - î - e ( r - 5 > ' = r k + (w--^-e(r_8)t) λ0 λ0 = r k + Fktn(t)

(14.24) ist eine relativ einfache Differentialgleichung in k mit einer noch einfach zu findenden Lösung: (14.25)

k =

r

Ò · A0

ο · A0

r

Wenn wir hier jetzt k (Τ) = 0 einsetzen, können wir λο bestimmen und damit explizite Gleichungen für den optimalen Konsumpfad, den Kapitalstockpfad und die Einkommensverwendung angeben. (14.26)

k(T) = 0 — i — (e (r_8) T - e r T ) = — · (1 - e r T ) bzw. ο·λ0 r 1 δ·λ0

w Í l-erT Ì w =— Ρ r |e(r-8)T-erT

Mit der Abkürzung „P" für den komplizierten Ausdruck in der großen Klammer von (14.14) erhält man: k(t) = — {(1 - P) · e r t + Ρ · e (r_8) ' - 1 } r Der optimale Konsumpfad ergibt sich als: (14.27)

c(t) = Δ ΐ ϊ ^ ΐ Ζ . β(Γ_δ>' r Es lassen sich somit drei Fälle unterscheiden: (14.28)

a) r > δ: Der Mensch bewertet Güter, die er heute statt morgen konsumieren kann, mit der Zeitpräferenzrate δ höher. Da aber der Zinssatz noch höher ist als δ, lohnt es sich in Nutzeneinheiten, Konsum auf später zu verschieben: auf dem Optimalpfad wächst somit der Konsum an. b) r < δ: Hier sind die Verhältnisse umgekehrt gegenüber dem Fall (a): der Optimalkonsum fällt in der Zeit. c) r = δ: Hier muß man sich erst anhand der Originaldifferentialgleichungen (14.24) - (14.26) vergewissern, daß keine besonderen Probleme auftreten. Dies ist hier nicht der Fall. Einsetzen liefert sofort: c = const = w (da Ρ = 1 und δ = r, wie man aus (14.26) ersieht). Die Lösung der Gleichung für k vereinfacht sich zu k =k 0 · e rt . Die Anfangs- und Endbedingung k (0) = k (T) = 0 läßt sich nur für ko = 0 erfüllen: der Mensch bildet also hier weder Ersparnisse noch macht er eine Zeitlang Schulden.

Zahlenbeispiel: Sei

w = 10

(Einheiten z.B. 1000 DM/Jahr)

Kapitel 14: Mathematische Methoden für dynamische Systeme

197

r = 0,05 5=0,04 Τ = 50 Einfache Rechnung Ρ = 1,061585

auf

dem

Taschenrechner

(Formel

(14.26))

liefert

Einsetzen in Gleichungen (14.27) und (14.28) ergibt die folgende Tabelle: t

k

c

0

0

8,493

1

1,502

8,578

2

2,994

8,664

5

7,387

8.928

10

14,339

9,386

15

20,602

9,867 10,000

16,3

Hier bildet der Mensch Ersparnisse. Sein Einkommen z.B. in Periode 10 beträgt w + r · k = 10 + 0,71695, die Ersparnis somit 1,33095

Ab jetzt wird das Lohneinkommen voll konsumiert, es werden aber dennoch Ersparnisse gebildet.

20

25,844

10,373

25

29,630

10,905

30

31,397

11,464

Ab jetzt wird die Sparsubstanz „aufgegessen".

35

30,413

12,052

40

25,729

12,670

45

16,119

13,319

Das Einkommen in Periode 35 beträgt 10+ 1,52065 = 11,52, da c darüber liegt, verringert sich das Kapital.

50

0

14,002

In vielen dynamischen Optimierungsproblemen (und so auch in diesem Buch) findet bereits in der Zielfunktion eine Abdiskontierung statt. In diesem Fall kann das obige Rezept natürlich genauso angewandt werden. Es empfiehlt sich jedoch, eine leicht abgewandelte Form des Rezeptes zu verwenden, bei dem die Hamilton-Funktion in sogenannter Momentanwertform notiert wird, d.h. man multipliziert die ursprüngliche Hamilton-Funktion mit e8*, so daß die Werte in laufenden Größen in die Hamilton-Funktion eingehen. Dann ergibt sich ein leicht verändertes Rezept zur Lösung des Optimierungsproblems. In Tabelle 14.1 findet man dieses veränderte Rezept auf der rechten Seite. Zum Vergleich steht auf der linken Seite das alte Rezept, bei dem die Hamilton-Funktion in diskontierter, also Gegenwartswertform notiert ist. Beide Rezepte lassen leicht ineinander überführen. Dazu setze man: H = H c S l und μ = β & ·λ

198

Teil V: Anhang

Setzt man diese Werte in das Rezept auf der rechten Seite ein, so erhält man das ursprüngliche Momentanwertrezept auf der linken Seite und umgekehrt.1 Τ max í I(x(t), u(t),t) · e _{k dt + F(x(T), u(T)) u 0 s.t.:x = f(x(t),u(t),t) ,x(0) = x 0 , x(T) = x T gegeben Gegenwartswertform

Momentanwertform

Η = e"* · I(x(t), u(t), t) + X(t)f(x(t), u(t),t) Η = I(x(t), u(t), t) + μ(1) · f (x(t), u(t), t) d H a)Λ — = π0 du

(14.29)

W = 0π a)^ — du

b) λ(1) = - ψ dx

(14.30)

b) μ(1)-δμ(1) = - - ^ dx 0

x(t) =

^ 5μ

Tab. 14.1: Vergleich Gegenwartswertform und Momentanwertform der Hamilton-Funktion

14.3 Phasendiagrammtechnik und Stabilitätsanalyse 14.3.1 Die Phasendiagrammtechnik Wenn sich ein dynamisches ökonomisches Modell in die Form eines Differentialgleichungssystems erster Ordnung mit zwei Variablen bringen läßt, dann kann oft Existenz und Stabilität eines dynamischen Gleichgewichts mit Hilfe eines sogenannten Phasendiagramms untersucht werden. Beispiel 14.5: (14.31)

χ = 12- 1,2 · x - 2 y

=f(x,y)

y = -2 + x- y

= g(x,y)

Man suche jeweils die Nullstellen der Funktionen f und g. (1432)

12 - l,2x - 2 y

=0o

y = 6-0,6x

-2 + x-y

= 0

y=-2+χ

So ergibt

—— = — + μ — = e — e du du du ^du

woraus

= 0 folgt. Für die dritte Gleichung ermittelt man μ = λβ^ + δλβ®' Einsetzen von |i und

du

+μβ

· — =e -r--e du ) ^du

+ λ · — =e du J

—=0, du

μ ergibt: Xe** + δλε^* - δλβ* = - — - λε6* — . Nach Division durch e5t und Einsetzen von dx dx dx dl _S( , 3f 3H

Kapitel 14: Mathematische Methoden für dynamische Systeme

199

Die Kurven f (x, y) = 0 und g (χ, y) = 0 heißen Isoklinen. Auf diesen Kurven bewegen sich χ bzw. y nicht mehr, da z.B. χ = f(x,y) = 0 ist. Eine gleichzeitige Ruhelage für χ und y wird offensichtlich im Schnittpunkt der beiden Kurven (x,y) = (5; 3) erreicht. Die Geradengleichungen für χ = 0 und y = 0 die man in (14.32) erhält kann man in ein x-y-Diagramm eintragen. Sie trennen die (x, y)-Ebene in 4 Teilmengen (Isosektoren). Ob oberhalb (unterhalb) der Geraden χ = 0 die x-Werte ansteigen oder fallen, muß in der Differentialgleichung überprüft werden. Hier gilt beispielsweise im Punkt (0,6), daß χ = 0, hingegen im Punkt (0,7), daß x = - 2 < 0 . In jeder der vier Isosektoren von IR 2 werden nun Richtungspfeile eingetragen. Jeder Lösungspfad folgt qualitativ diesen Richtungen.

Dort wo von einem Sektor in einen anderen übergewechselt wird, muß der Richtungspfeil vertikal (bei Queren der Geraden χ = 0) oder horizontal bei Queren der Geraden y = 0) verlaufen. In unserem Beispiel kann man leicht nach vollziehen (man betrachte z.B. die Trajektorie I), daß die Ruhelage in einer gedämpften Schwingung von jeder Ausgangsposition aus erreicht wird: das System ist global stabil.

Beispiel 14.6: Sattelpunkt: χ =2-χ+ y (14.33)

y = - 8 + 2x-y

Dieses System hat als Isoklinen die Geraden (14.34)

y=χ-2 y = 2x - 8

mit der Gleichgewichtslösung (x, y) = (6; 4)

200

Teil V: Anhang

Allein die qualitative Analyse der Bewegungsrichtungen im Phasendiagramm 14.2 zeigt hier, daß ein (instabiler) Sattelpunkt vorliegt: Nur, wenn die Anfangswerte (xo, yo) genau auf der Trajektorie Ti (oder T2) liegen, wird die Gleichgewichtslage (6; 4) erreicht. Bei allen anderen Anfangsbedingungen entfernen sich die Pfade von dem einzigen Ruhepunkt des Systems. Übungsaufgabe: Weisen Sie algebraisch die Instabilität des Gleichgewichts für das obige System nach.

¿ = 0 (Isokline I)

Abb. 14.2

Phasendiagramm eines Sattelpunktes

14.3.2 Stabüitätstheorie in R 2 (Lineare Systeme mit konstanten Koeffizienten) Häufig bewegen sich ökonomische Größen in wechselseitiger Interdependenz: Falls der Bierpreis zu hoch ist, verändert dies auch die Überschußnachfrage und damit die Dynamik auf dem Mineralwassermarkt. Für den einfachsten Fall eines linearen Zusammenhangs wird im folgenden das formale Instrumentarium vorgestellt. (14.35)

V =

V ax + by" + V V + =Α · ,cx + dy. + Λ J, A

mit

(xx

0 λ

gegeben.

J o ,

Auch hier wenden wir die bereits im einfachen Fall der linearen Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten vertrauten Kochrezepte an.

(i) Suche einer speziellen Lösung: Gleichgewichtslage:

j,

= 0

fa

b^j

fX> J,

=

Das Gleichgewicht existiert und ist eindeutig bestimmt Ta det

bl

= det A * 0.

Kapitel 14: Mathematische Methoden für dynamische Systeme

201

In den ökonomisch relevanten Fällen wird i.d.R. vorausgesetzt, daß ein Gleichgewicht existiert, d.h. also speziell det A * 0 erfüllt ist. Falls nämlich det A = 0 gilt, wären die beiden Zeilen der Matrix A linear abhängig: Die Größen χ und y würden dann eine synchrone Bewegung beschreiben, was für ökonomische Probleme nichts interessantes ergibt. bq — pd cp — aq Die Lösung erfolgt dann nach Cramer's Regel: x* = — — — ; y* = — — — det A det A

(ii) Lösung des homogenen Systems: Τ

(14.36)

'ax + byN

,cx+dy, j> Die Lösung des homogenen Systems beschreibt wieder die Bewegung außerhalb des Gleichgewichts, gibt also Auskunft über die Stabilität des Systems. Man setzt unbestimmt an:x(t) = u • e λΙ und y(t) = ν • e λ1 . Ableiten dieses unbestimmten Ansatzes und Einsetzen in (14.36) führt auf die Gleichung: V V (14.37) λ· =A· Diese Gleichung in (u,v) hat natürlich die einfache Lösung u = ν = 0. Eine nicht-triviale Lösung existiert nur, wenn det (Α - λ·Ι) = 0 ist. Die zunächst unbestimmten Größen (u,v) werden dann (bis auf ein konstantes Vielfaches) als Lösung von (14.37) festgelegt. Ein Vektor ^ j heißt dann Eigenvektor für die Matrix A, das zugehörige λ nennt man den Eigenwert. Mit anderen Worten: Zur Untersuchung der Stabilitätseigenschaften betrachte man das sogenannte charakteristische Polynom: det

^a-λ

b Ì d-λ

, . = ad-bc-(a+d)X+X de» a

Spir A

Wie zuvor erläutert, muß det (A - X I) = 0 sein. Also setze man das charakteristische Polynom gleich Null: λ 2 - Sp · λ + det A = 0 Die Eigenwerte ergeben sich dann zu: λι, 2 = Sp/2 ± 1/2 · -J Sp 2 - 4 · det A Die Stabilitätsfrage, d.h. ob nach anfänglicher Störung eine Rückkehr zum bzw. eine endgültige Entfernung vom Gleichgewicht weg erfolgt, wird jetzt dadurch beantwortet, daß die allgemeine Lösung des Differentialgleichungssystems (14.35) als e-Funktion mit den Summanden Ai-exp[Xft] und A î - e x p ^ t ] zu

202

Teil V: Anhang

schreiben ist2. Wenn eine der Xi dann positiv ist, erfolgt nach einer Störung eine anhaltende Entfernung vom Gleichgewicht et vice versa, wenn beide negativ sind. o. u-1 a ^ Stabile Anpassung

( a ) λι, λΐ reell und λ! < 0, λι1 < 0 (b) λχλί komplex und Realteile λί < 0

Im Falle reeller Lösungen vollzieht sich die Rückkehr in das Gleichgewicht gleichmäßig, im Falle komplexer Lösungen mit (gedämpften) Schwingungen. Fallunterscheidung: (i)

det > 0 : sgn (Re λ) = sgn Sp; Stabilität o Sp < 0

(ii)

det < 0 : einer der Eigenwerte von A hat positiven Realteil => Instabilität

Insgesamt erhält man also für die Stabilität des Systems (14.35) die Bedingung: Das Determinanten-Spur-Kriterium: Das System (14.35) ist stabil

o

d e t A > 0 und S p u r A < 0

(iii) Bilde die allgemeine Lösung: Diese ergibt sich aus der Summe von spezieller Lösung ( = Gleichgewichtslage) und der homogenen Lösung (Dynamik außerhalb des Gleichgewichts nach anfänglicher Störung) mit noch unbestimmten Konstanten Ci und C2. (iv) Festlegung der Konstanten aus den Anfangswertbedingungen (Störung): Setzt man für t=0 die Anfangsbedingungen in die allgemeine Lösung ein, lassen sich die bislang unbestimmten Konstanten Ci und C2 bestimmen. Hinweis: Sollte das Originalsystem nicht wie (14.35) linear sein, so kann man immer noch in einer Umgebung der Gleichgewichtslage eine Überprüfung der lokalen Stabilität vornehmen, indem die Bewegungsdynamik linear approximiert wird. Wenn das i.a. nicht-lineare Differentialgleichungssystem χ =f(x,y) y=g(x.y) lautet, dann wird die Gleichgewichtslage durch f(x,y) = g(x,y) = 0 bestimmt. An die Stelle der obigen Matrix A tritt dann die Matrix der ersten partiellen Ableitungen mit den Argumentswerten des Gleichgewichts. Das Determinantenund Spur-Kriterium wird dann für die Jacobi-Matrix der ersten Ableitungen angewendet und liefert jetzt eine Aussage über lokale Stabilität, d.h. für „kleine" Störungen. Beispiel 14.7: Gegeben sei folgendes Differentialgleichungssystem:

2

Dies gilt ftir den Fall verschiedener Wurzeln des charakteristischen Polynoms. Falls λι= λ 2 eine doppelte Wurzel darstellen, gilt als Lösung A, exp[Xi-t] + Art-export], was für die Stabilitätseigenschaften an den obigen Bedingungen nichts ändert.

Kapitel 14: Mathematische Methoden für dynamische Systeme (14.38)

203

x t = 6x, - 3 x 2 + 3 x 2 = 2xj + x 2 + 3

oder in Vektorform: (14.39)

fi Λ

%

k*2>

,2

-3 >

M

1 , l X 2>

+

ñ

mit den Startwerten X] (0) = 3 und X2 (0) = 1.

(i) Suche einer speziellen Lösung Der Ansatz ist: xj p = const, und x 2 p = const. Setzt man dieses in das ursprüngliche Differentialgleichungssystem (14.38) ein, so erhält man unter Berücksichtigung der Tatsache Xj = 0 (i=l,2) das folgende Gleichungssystem: (14.40)

0 = 6x*-3xs2p-3 0 = 2x*p + x 2 p - 5

Dieses löst man nach xj p und x 2 p auf und erhält dann: (14.41)

x?p = 1,5 und x sp = 2

(ii) Lösung des homogenen Systems Als Lösungsansatz dient: λι Xj(t) = ue (14.42) x2(t)=ve^ Einsetzen dieser Gleichungen und ihrer Ableitungen nach der Zeit in die homogene Form des Differentialgleichungssystems (14.38) führt auf die Gleichung: (14.43)

(6

-3N

,2

1,

ÍU1 = λ ·

Dies bedeutet, daß λ Eigenwert der obigen Matrix zum Eigenvektor u ist. Gleichung (14.43) ist also gleichbedeutend mit: (14.44)

'6 2

-3Ì fui

,

/V

1

'6-λ

-3 >

, 2

1-λ;

^

= 0

Da u * 0, müssen die Vektoren der Matrix linear abhängig sein . Dieses impliziert (vgl. Lineare Algebra), daß die Determinante der Matrix Null sein muß. Man bilde das charakteristische Polynom und setze es Null: (14.45)

Pc (λ) = det

6-λ

-3

2

1-λ

= λ - 7 λ + 12=0

Auflösen der quadratischen Gleichung nach λ ergibt die beiden Eigenwerte λι = 3 und %i = 4

204

Teil V: Anhang

Zu jedem Eigenwert λ) und "ki müssen nun die entsprechenden Eigenvektoren ermittelt werden. Dazu setzt man die Eigenwerte in die Gleichung (14.44) ein: λ, = 3: (14.46)

6-λ,

Λ, Λ

-3

1 - λ \) v v i y

6-3

-3

3

-3^ ru

2

1-3

2

-2

Λ

= 0

'\J

Damit ist folgendes Gleichungssystem zu lösen: (14.47)

3u, - 3 v , = 0 „ „ n 2u, - 2v, = 0

Daraus ergibt sich ui = vj. Man kann nun Ui = 1 wählen. Der Eigenvektor zum Eigenwert λι = 3 ist somit: (14.48)

η

V

Λ

λΐ=4: (14.49)

6-λ,

-3

(6-4

ì

-3 ϊ 1-4

1-λ2J

v

v 2y

2

-3

2

-3

VV2

= 0

Damit ist folgendes Gleichungssystem zu lösen: (14.50)

2U2 - 3 V 2 = 0 2U2 - 3 V 2 = 0

il

Daraus ergibt sich 2u2 = 3v2. Man kann nun U2 = 2 wählen. Der Eigenvektor zum Eigenwert λα = 4 ist dann: ( uI l 2 > (14.51) Als Lösung erhält man dann: ( X, 1 (14.52) x h (t) = h \X2J

II _o

\v

V

wobei die Konstanten ci und c 2 erst durch die Anfangsbedingungen bestimmt werden.

(iii) Bilde die allgemeine Lösung: Diese ergibt sich als Summe der speziellen und der homogenen Lösung: (14.53)

x(t) =

'IS)

,2;

-4t + c, ^ • e 3 t + c 2 ^

lu

l

(iv) Ermittle die Konstanten Ci und c2 aus den Anfangsbedingungen: Setze t = 0 und die Anfangsbedingungen der Aufgabenstellung in die Lösung aus Punkt 3 ein. Dann ergibt sich folgendes Gleichungssystem:

Kapitel 14: Mathematische Methoden für dynamische Systeme (14.54)

205

3 = - 1 + c, +3C2

1 = - 1 + c, + 2c,

Dieses löst man nach ci und c 2 auf und erhält: Ci = 2,5 und cι = -6 Damit ergibt sich als Lösung des Anfangswertproblems (14.38): (14.55)

x(t) =

V

(t) =

( 1,5N + (2S

UJ

,2,5,

e3'-

av

%4t

J2,

bzw.: (14.56)

X](t) = l,5 + 2,5e3t - 1 8 e 4 t x 2 (t) = 2 + 2,5e3t - 1 2 e 4 '

143 3 Zusammenfassung: Phasendiagrammtechnik für zweidimensionale Systeme Das dynamische Verhalten der Lösungen läßt sich grob in der nachstehenden Tabelle 14.2 zusammenfassen. In der ersten Zeile sind die stabilen Lösungen und in der zweiten Zeile sind die instabilen Lösungen abgebildet. Die Spalten unterscheiden die Lösungen danach, ob die Eigenwerte komplex sind, was zu den Fluktuationen (Strudelbewegungen) führt oder aber reelle Werte annehmen (monotone Bewegung). λ), λα reell λι, λζ komplex

detA>0 SpAcO

Stabiler Strudelpunkt

Stabiler Knotenpunkt

detA>0 SpA>0 K=0

Instabiler Strudelpunkt

Instabiler Sattelpunkt

Tab. 14.2: Arten der Stabilität und Instabilität von Differentialgleichungssystemen

206

Teil V: Anhang

Hinweis: Da λι > 0 (und auch λ^ > 0) ist das System (14.38) offensichtlich instabil. Diese qualitative Eigenschaft kann man auch völlig ohne Rechnung aus dem Determinanten-Spur-Kriterium ableiten. Es sind: det A = 12 > 0 und Spur A = 7 >0. Da die Spur größer ist als Null, folgt die Instabilität des Systems. Ergebnis: Mit Hilfe der Phasendiagrammtechnik kann man graphisch das Verhalten eines dynamischen Systems (mit zwei Variablen) qualitativ beschreiben. Algebraisch läßt sich für das Verhalten eines dynamischen Systems mit zwei Variablen zeigen: Die Stabilität hängt von den Nullstellen des charakteristischen Polynoms ab. •

Sind die Realteile der Nullstellen negativ, so sind entweder beide Nullstellen reell und negativ (Stabilität ohne zyklische Bewegung) oder die Nullstellen sind konjugiert komplex (Stabilität mit zyklischer Bewegung)



Ist eine Nullstelle positiv (reell), die andere negativ, so hat das System die (instabile) Sattelpunkteigenschaft: es gibt nur zwei Trajektorien, die in die Gleichgewichtslage führen

Hinweis: Eine Verallgemeinerung auf n-Variablen ist für die graphische Darstellung nicht möglich, wohl aber für das algebraische Verfahren, auch wenn dieses eventuell formal sehr schwierig wird.

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16. Symbolverzeichnis Es wurde versucht, jedes Symbol nur einmal zu vergeben. Trotzdem kommt es manchmal zu Mehrfachbenennungen, die jedoch zu keinen Verwechslungen führen sollten. Wie im Textteil erwähnt, gibt es einige Regeln der Benennung. So wird z.B. die enge Beziehung zwischen absoluter und Pro-Kopf-Größe durch Groß- und Kleinbuchstaben wiedergegeben. Ein Punkt auf dem Symbol bezeichnet dessen Ableitung nach der Zeit, und ein Dach auf dem Symbol beschreibt dessen Wachstumsrate. A

Wissen, Effizienzparameter

a

Produktionselastizität der Arbeit, Vermögen der Haushalte (Kap. 10)

b

Konstante, Rentenbeiträge (Kap. 10)

C

Konsum

c

Konsum pro Kopf

E

Energieproduktion

F

Produktionsfunktion

f

Produktionsfunktion pro Kopf

H

Humankapital Hamilton-Funktion

I

Investitionen

Κ

Kapital

k

Kapitalintensität (k=K/L, oder in Effizienzeinheiten k=K/AL)

Ksol

Kapitalstock zur Produktion von Solarenergie

Ku

Kapitalstock für Umweltschutzmaßnahmen

L

Arbeit

m

Rate des technischen Fortschritts

η

Bevölkerungswachstumsrate, Zählvariable

Ρ

Kapitaleinkommen



Produktion im Sektor i (Kap. 9)

R

Ressource

r

Zinssatz / Rendite

s

Sparquote

S

Ressourcenbestand

Sp

Sparquote für Kapitaleinkommen

sw

Sparquote für Lohneinkommen

U

Nutzenfunktion

u

Arbeitskoeffizient, Aufteilungsvariable des Humankapitals (Kap. 11), spezielle Nutzenfunktion

Teil V: Anhang

214

ν

Kapitalkoeffizient

W

Umweltverschmutzung

w

Lohnsatz



Obergrenze für Umweltverschmutzung

Y

Sozialprodukt / Volkseinkommen

y

Sozialprodukt in Pro-Kopf-Einheiten

Ζ

Energie (als Produktionsfaktor)

ζ

Lohn-Zins-Verhältnis, Energie pro Kopf (Kap. 13)

α

Produktionselastizität, marginale Umweltverschmutzung durch die Produktion

β

Produktionselastizität, Reinigungskraft des Umweltkapitalstocks

σ

Substitutionselastizität

δ

Zeitpräferenzrate

γ

Abbaurate, d.h. für Kapitalbestand: Abschreibungsrate, für Schmutzbestand: natürliche Selbstreinigungsrate (Kap. 8)

η

Grenznutzenelastizität

λ, μ ρ

Schattenpreise Effizienzparameter der Humankapital- bzw. Wissensakkumulation

17. Stichwortverzeichnis Abbaurate Abschreibungen AK-Produktionsfunktion Akzelerator Arbeitskoeffizient

92 60 135 45 44

Backstop-Technologie Balanced Growth Bevölkerungswachstum

173 40 36

Capital-Deepening Capital-Widening CES-Funktion Cobb-Douglas-Funktion

58 58 27 28

Determinanten-Spur-Kriterium 202 Differentialgleichungen 13, 190 lineare 191 BernouHi192 Domar 44 Dynamische Optimierung 193 Effiziente Pfade Effizienz intertemporale Effizienzeinheit Einkommenseffekt Einkommensverteilung Energieressourcen Euler-Satz Externer Effekt

65, 158 65 32,60, 117 41 25,78 167 24 140, 144

Faktorpreisgrenze Forschung und Entwicklung

28 148

Gewinneinkommen Gleichgewicht Goldene Regel Grenznutzenelastizität Grenzproduktivitätstheorie der Einkommensverteilung

74 40 67 122

Hamiltonfunktion Gegenwartswertform Momentanwertform Harrod Hotelling-Regel Humankapital

25 111,194 198 198

4

160 3, 140, 143

Inada-Bedingungen Innovationsmodell Investitionen

26 148 33

74 Kaldor 81 technische Fortsschrittsfkt. 41 Kapazitätseffekt 3 Kapital Kapitaldeckungsverfahren 130 Kapitalkoeffizient 40 44, 52 Konstanz des 55 Variabilität des Kapital verschleiß 60, 169 Konvergenz 68 Learning-by-doing Learning-by-schooling Logarithmisches Differenzieren Lohn-Zins-Verhältnis im Einsektorenmodell im Zweisektorenmodell Lohneinkommen Lucas

140 143 14 26 103 74 143

Maximumprinzip Monopol

193 151

Nutzenfunktion isoelastische Nichtregenerierbare Ressourcen

122 158

Overlapping Generations 125 Optimale Pfade 110, 163, 195 Pasinetti Phasendiagrammtechnik Produktionsfaktoren Produktionsfunktion Cobb-Douglashomogene limitationale linear-homogene neoklassische substitutionale

75 113,198 2

Ramsey-Regel mit Bevölkerungswachstum mit technischem Fortschritt

28 24 21,45 24 56 23 113 113 118

216 Rawls-Pfade Recycling Rentenversicherung Romer

Teil V: Anhang 163 172 130 140, 148

Sattelpunkt 116,205 194 Schattenpreis Solow 55 Sparfunktion 33,73 Sparquote 33 64 Effiziente 44, 56 Konstanz der Variabilität der 73 Spillover-Effekte 139 Stabilität im neokeynesianischen Modell 77, 85 im neoklassischen Modell 61 im postkeynesianischen 46,51 Modell 108 im Zweisektorenmodell Stabilitätsanalyse 198 Steady-State 40 24 Substitutionselastizität 124 intertemporale

Technischer Fortschritt arbeitsvermehrender Eigenschaften des Harrod-neutraler Hicks-neutraler Solow-neutraler Trennung der Variablen

30, 138 31 138 32 31 33 190

Umlageverfahren Umweltverschmutzung im keynesianischen Modell im neoklassischen Modell Utilitaristische Pfade 110,

131

Wachstum, endogenes Wachstumsrate befriedigende natürliche tatsächliche Wachstumsraten Rechnen mit

134 13 41 41 46

Zeitpräferenzrate Zweisektorenmodell

132 102

93 96 165

14