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German Pages 445 [448] Year 1999
Erik Kießling Vorgründungs- und Vorgesellschaften
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-J999
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Erik Kießling
Vorgründungs- und Vorgesellschaften Zu Struktur und Kontinuität der Entstehungsphasen bei AG, GmbH, e. G. und e.V.
w DE
G 1999
Walter de Gruyter · Berlin · New York
Diese Untersuchung wurde mit dem Forschungsförderpreis der Vereinigung der „Freunde der Universität Mainz e.V." ausgezeichnet
Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft D 77
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Kießling, Erik: Vorgründungs- und Vorgesellschaften : zu Struktur und Kontinuität der Entstehungsphasen bei AG, GmbH, e.G. und e.V. / Erik Kießling. - Berlin ; New York : de Gruyter, 1999 Zugl.: Mainz, Univ., Diss., 1998 ISBN 3-11-016460-4
© Copyright 1999 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, D-10785 Berlin. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Datenkonvertierung: buslau intercom services, 12161 Berlin Druck und Bindearbeiten: Hubert & Co., 73079 Göttingen
Vorwort Die vorliegende Untersuchung wurde zum Beginn des Wintersemesters 1998/99 vom Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz als Dissertation angenommen. Sie befindet sich im wesentlichen auf dem Stand von August 1998. Später erschienene Literatur konnte nur noch zum Teil und nur in den Fußnoten berücksichtigt werden. Insbesondere blieben die neuesten Überlegungen von Baumann (JZ 1998, S. 598 ff.), der mit einer „Vorgesellschaft in Anwartschaft" den bisher bekannten Dualismus von Vorgründungs- und Vorgesellschaften bei der Gründung von Körperschaften scheinbar um eine dritte Stufe erweitert, unberücksichtigt. Mein besonderer Dank gilt Herrn Professor Dr. Arndt Teichmann, der die Arbeit betreut und mich, wo immer es nötig wurde, sowohl in fachlicher als auch in persönlicher Hinsicht tatkräftig unterstützt hat. Diese Hilfe beschränkte sich keinesfalls auf die Promotionszeit selbst. Vielmehr griff Herr Professor Teichmann erste, während des Studiums im Rahmen eines Seminars entstandenen Überlegungen zum Gründungsstadium von Körperschaften interessiert auf, er beeinflußte sie mit seiner sehr sachkundigen Kritik maßgeblich und ermutigte mich nach dem Staatsexamen, der Problematik vertieft nachzugehen. Nicht weniger bin ich Herrn Professor Dr. Walther Hadding verbunden. Dies gilt nicht nur für die von ihm übernommene Zweitkorrektur, sondern vor allem für die fachlich lehrreiche und persönlich sehr angenehme Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an seinem Lehrstuhl, in der er mir stets den nötigen Freiraum für die eigene Arbeit ließ und mit seiner ungemein liebenswürdigen Art in so manchen Diskussionen Fehlvorstellungen „zurechtrückte". Bedanken möchte ich mich darüber hinaus bei meinen Kollegen Frau Dr. Anja Steinbeck und insbesondere Herrn Dr. Joachim Hennrichs, der mir den Einstieg in das Umwandlungsrecht wesendich erleichterte und immer wieder die Muße zu klärenden Gesprächen fand. Besonders bedanken möchte ich mich auch bei Frau Sabine Kadel und Herrn Dr. Burkhard Rinne, die die mühevolle Arbeit des Korrekturlesens übernahmen und mir auch sonst als Freunde eine große Hilfe waren. Der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem „Arbeitskreis Wirtschaft und Recht" im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft danke ich für die großzügige sachliche Unterstützung bei der Entstehung und dem Druck der Arbeit sowie - in Person von Frau Dr. Dorothee Walther - dem Verlag Walter de Gruyter für die freundliche Aufnahme der Untersuchung in sein Programm. Die Dissertation wäre ohne die unschätzbare Unterstützung meiner Eltern und vor allem meiner lieben Frau Anke nicht zustande gekommen. Ihnen widme ich die Arbeit. Mainz, im Dezember 1998
Erik Kießling
Inhaltsübersicht
Abkürzungsverzeichnis Α. Einleitung I.
Zum Gegenstand der Untersuchung
XIII 1 1
II. Zu den Motiven und Zielen einer Neubearbeitung der Gründungsverhältnisse von Körperschaften
3
III. Der Gang der Überlegungen
5
IV. Terminologisches
7
B. Zur Rechtsstruktur der Vorgründungsgesellschaften I.
Das Vorgründungsstadium
10 10
II. Die Vorgründungsgesellschaft als rechtlich relevante Gründervereinigung
12
III. Das auf die Vorgründungsgesellschaft anwendbare Recht
43
IV. Zusammenfassung
48
C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften I.
Der Stand von Rechtsprechung und Lehre zur Rechtsqualität der Vorgesellschaft
49 53
II. Die Abgrenzung anhand der herkömmlichen Einzelmerkmale des Körperschaftsbegriffs III. Die Abgrenzung nach Rechtsfähigkeit und Vermögensstruktur
63 89
IV. Die generell begründete Annahme einer körperschaftlichen Struktur der Vorgesellschaften
112
V. Die gesellschaftsrechtliche Einordnung der Gründerverbände anhand der konkreten Strukturmerkmale personalistischer und korporativer Verbandsverfassungen VI. Zusammenfassung D. Das Verhältnis der verschiedenen Gründungsstadien zueinander I.
Das Verhältnis der Vorgesellschaft zur Korporation
II. Die unechte Vorgesellschaft
140 282 285 285 334
III. Die Rechtsverhältnisse des Vorgründungsstadiums im Moment der Errichtung der Körperschaft und der Eintragung der angestrebten juristischen Person
E.
342
IV. Das Modell eines einzigen, einheitlichen Gründerverbandes
352
Zusammenfassung der Ergebnisse
395
Literaturverzeichnis
399
Sachregister
423
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis Α. Einleitung I.
XIII 1
Zum Gegenstand der Untersuchung
1
II. Zu den Motiven und Zielen einer Neubearbeitung der Gründungsverhältnisse von Körperschaften
B.
3
III. Der Gang der Überlegungen
5
IV. Terminologisches
7
Zur Rechtsstruktur der Vorgründungsgesellschaften
10
I.
10
Das Vorgründungsstadium
II. Die Vorgründungsgesellschaft als rechtlich relevante Gründervereinigung 1.
13
a)
13
b) 2.
Der Vorgründungsvertrag als schuldrechtlicher Vorvertrag aa) Bestimmtheit des Vertragsverhältnisses
16
bb) Formbedürftigkeit des Vorvertrages
18
Der Vorgründungsvertrag als Gesellschaftsvertrag
27
Uber den Vorvertrag hinausgehende Gründervereinbarungen
31
a)
Die Erweiterung des einen, bestehenden Gesellschaftsverhältnisses
31
b)
Die erstmalige Entstehung eines Gesellschaftsverhältnisses
34
c)
Die einem Gesellschaftsverhältnis entgegenstehenden sonstigen
d) 3.
12
Die Vorgründungsvereinbarungen im engeren Sinn
Gründervereinbarungen
36
Die Theorie einer Doppelgesellschaft
37
Gründervereinbarungen anstelle eines Vorvertrages
41
III. Das auf die Vorgründungsgesellschaft anwendbare Recht
43
IV. Zusammenfassung
48
C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften I.
49
Der Stand von Rechtsprechung und Lehre zur Rechtsqualität der Vorgesellschaft
53
1.
Die Vorgesellschaft als Gesellschaft bürgerlichen Rechts
53
2.
Der bis zur Eintragung bestehende nicht rechtsfähige Verein
55
3.
Das Modell eines Verbandes „sui generis"
58
4.
Die Lehre von der unechten Gesellschaft im überkommenen Sinn
60
II. Die Abgrenzung anhand der herkömmlichen Einzelmerkmale des Körperschaftsbegriffs
63
1.
66
Der überindividuelle Zweck der Vorgesellschaften
χ
Inhaltsverzeichnis
2. 3.
Der (Gesamt-)Name und die Firma der Vorgesellschaften Die Gründervereinigungen als Gelegenheitsgesellschaften
70 75
4. 5.
Die größere Anzahl der an der Gründung beteiligten Personen Die durch Satzung organisierte Verfassung juristischer Personen
80 84
III. Die Abgrenzung nach Rechtsfähigkeit und Vermögensstruktur 1. 2.
Die Rechtssubjektivität der Gründerverbände Das Vermögen der Vorgesellschaften als gesamthänderisch gebundenes Vermögen
IV. Die generell begründete Annahme einer körperschaftlichen Struktur der Vorgesellschaften
89 89 104 112
1.
Der Wille der Gründer
113
2.
Die tatsächliche Identität von Vorgesellschaft und Körperschaft
120
3.
Die Geltung der körperschaftlich organisierenden Satzung bereits vor Eintragung des Verbandes und die Vorwirkung des AktG, des GmbHG, des Rechts der e.G. bzw. des e.V
124
4.
Die Bedeutung des dem Körperschaftsrecht zugrunde liegenden Systems der Normativbestimmungen und der Registereintragung
131
5.
Die Dogmatik zum Liquidationsstadium
138
V. Die gesellschaftsrechtliche Einordnung der Gründerverbände anhand der konkreten Strukturmerkmale personalistischer und korporativer Verbandsverfassungen 1.
Der Haftungsverband zwischen Errichtung und Registereintragung der Körperschaft a)
2.
3.
Der Bedingungszusammenhang zwischen Haftungsverband und Organisationsstruktur
140 149 149
b) Die Haftungsverhältnisse im Gründungsstadium Die Identitätsausstattung des Gründerverbandes a) Übertragung der Mitgliedschaft
155 163 168
b) c)
Erbrechtliche Nachfolge in die Mitgliedschaft an Vorgesellschaften Der Ausschluß aus wichtigem Grund
178 185
d)
Der freie Austritt und der Austritt aus wichtigem Grund
190
e)
Die Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses insgesamt zur Beendigung der einzelnen Mitgliedschaft
195
f)
Die zwangsweise Verwertung der Gesellschaftsanteile durch Privatgläubiger und im Gesellschafterkonkurs
199
g)
Die Begründung beschränkt dinglicher Rechte an Vorgesellschaftsanteilen
207
h)
Die Liquidation des Gründerverbandes
210
i) Die a) b)
Die Konkursgründe für Vorgesellschaften Organisationsverfassung der Vorgesellschaften Die Beteiligung der Gründer an der Verwaltung der Vorgesellschaft Der Umfang von Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht der Geschäftsführer bzw. Vorstände im Gründungsstadium
217 223 232 250
c)
Die Mehrheitsverhältnisse in der Gesellschafterversammlung
258
Inhaltsverzeichnis
XI
d)
Die Auslegung des Gesellschaftsvertrages bis zur Eintragung der
e)
Der Haftungsmaßstab zwischen den Gründern im Innenverhältnis der
Körperschaft
f) 4.
Vorgesellschaften
273
Der Aufsichtsrat als notwendiges Organ von Vorgesellschaften
275
Die Systematik der Verbandsgrundlagen im Stadium der Vorgesellschaften
VI. Zusammenfassung D. Das Verhältnis der verschiedenen Gründungsstadien zueinander I.
266
Das Verhältnis der Vorgesellschaft zur Korporation 1.
Das Modell der Diskontinuität von Vorgesellschaft und Körperschaft
2.
Die Kontinuität des Gründungsstadiums zur eingetragenen Körperschaft
(Trennungslehre)
280 282 285 285 288
(Einheitslehre)
290
a)
Zum Umfang der Kontinuität
294
aa) Das Vorbelastungsverbot
294
b)
bb) Die gründungsnotwendigen Geschäfte der Vorgesellschafter
301
Die Dogmatik des Ubertragungsvorganges
304
aa) Die Identität von Vorgesellschaft und eingetragener Körperschaft
306
bb) Die eingeschränkte Identitätstheorie Büttners
313
cc) Die gewillkürte Gesamtrechtsnachfolge zwischen beiden Stadien
317
dd) Die formwechselnde Umwandlung der Vorgesellschaften in Körperschaften entsprechend den §§ 190 ff. UmwG
324
(1) Zum Rechtsformwechsel außerhalb des UmwG
325
(2) Die Tatbestandsvoraussetzungen der Umwandlung
327
(3) Die Rechtsfolgen bei Registereintragung der Vorgesellschaft
329
II. Die unechte Vorgesellschaft
334
III. Die Rechtsverhältnisse des Vorgründungsstadiums im Moment der Errichtung der Körperschaft und der Eintragung der angestrebten juristischen Person 1. 2.
werdenden Körperschaft
342
Das Ende der Vorgründungsgesellschaft
346
a)
Der Streit um den Gesellschaftszweck - die Lehre von der Nebengesellschaft
b)
346
Die neben Vorgesellschaft oder eingetragener Körperschaft bestehende Vorgründungsgesellschaft
IV. Das Modell eines einzigen, einheitlichen Gründerverbandes 1.
342
Die bisherige Einordnung der Vorgründungsgesellschaften im Gefüge der
350 352
Die Kontinuität der Rechtsverhältnisse zwischen Vorgründungs- und Gründungsstadium bei der Entstehung von Körperschaften a)
Auslegung des Gründungsrechts b)
354
Die zwischen Vorgründungs- und Vorgesellschaften bestehenden Strukturunterschiede
c)
353
Der Wortlaut, der systematische Zusammenhang und die historische
356
Die vollständige Aufgabe des Vorbelastungsverbotes im Gründungsrecht von Körperschaften
360
Inhaltsverzeichnis
XII
2.
d)
Der Wille der Beteiligten
361
e)
Der Sinn und Zweck des Vorgründungsstadiums
364
Das Ineinssetzen von Vorgriindungs- und Vorgesellschaft - Identität der Rechtsträger bzw. formwechselnde Umwandlung bei einer vorweggenommenen vollkaufmännischen Betätigung in einem der beiden Stadien
3.
366
Zum Verhältnis der Vorgründungsverträge zu den endgültigen, korporativ organisierenden Satzungen der AG, GmbH, Genossenschaft und des Vereins
4.
369
Zu den wesentlichsten Auswirkungen eines einheitlichen Verständnisses zum Gründungsstadium
371
a)
Das Schicksal der vor Errichtung der Körperschaft geleisteten Einlagen
371
b)
Die Haftungskontinuität zwischen den beiden Gründungsphasen
375
aa) Die Haftung der Vorgründungsgesellschaft bei der Entstehung der Vorgesellschaft nach herkömmlicher Auffassung
376
bb) Die Haftung der Vorgründungsgesellschafter bei der Errichtung der Körperschaft unter den Voraussetzungen des Trennungsprinzips
378
cc) Die Kontinuität beim Übergang vom Vorgründungs- zum Gründungsstadium c)
Die Handelndenhaftung im Gründungsstadium
380 382
aa) Die Handelndenhaftung in der Vorgesellschaft nach herrschender Lehre
d)
386
cc) Konsequenzen
390
Die Voreintragungspflicht für unternehmerisch tätige Vorgründungsgesellschaften
E.
383
bb) Der Zweck der Handelndenhaftung im Gründungsstadium
Zusammenfassung der Ergebnisse
Literaturverzeichnis Sachregister
394 395 399 423
Abkürzungsverzeichnis Es werden in der Arbeit nur allgemein gebräuchliche, aus sich heraus verständliche und im Duden (Die deutsche Rechtschreibung, Band 1, 21. Auflage, Mannheim u.a. 1996) geführte Abkürzungen gebraucht. Hinsichtlich der Fachterminologie wird auf Kirchner, Hildebert: Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 4. Auflage, Berlin u.a. 1993, verwiesen. Besonderheiten gelten für folgende Bezeichnungen: BGE
NZG
Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichtes, Amtliche Sammlung (sortiert nach Bänden, sofern in einem Band vorhanden: Teilen und Entscheidungen; die Kurzbezeichnung orientiert sich mit einer Ausnahme an der für die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs gebräuchlichen Form: hinter die Angabe des Bandes wird in Buchstaben der Teil der Entscheidungssammlung angegeben) Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht
Α. Einleitung I.
Zum Gegenstand der Untersuchung
Gesellschaften des Privatrechts sind keine Augenblicksschöpfungen. Vielmehr durchlaufen die Gründer bis zur Entstehung des angestrebten Verbandes mehrere höchst unterschiedliche Phasen. Nach heutigem Verständnis gliedert sich die Gründung juristischer Personen in drei Stadien. 1 Im Vorgründungsstadium, das sich von ersten Vorbesprechungen bis zum Abschluß des (endgültigen) Gesellschaftsvertrages spannt, können die Beteiligten vertragliche Bindungen eingehen - sie müssen es aber nicht. Mit der Feststellung der Satzung ist die Gesellschaft errichtet. Der sich bis zur Registereintragung des Verbandes anschließende Zeitraum dient in erster Linie der Vorbereitung des geplanten späteren Zusammenwirkens: Die Gründer bauen die beabsichtigte Organisation auf, sie vereinen die erforderlichen Sachmittel und sie erfüllen die Anforderungen, die das Gesetz an die Entstehung und das Wirken einer bestimmten Rechtsform stellt. In diesem Gründungsstadium besteht zwischen den Vertragspartnern stets ein Gesellschaftsverhältnis. Vollendet ist die Gründung mit der Eintragung des Verbandes in das Handels-, Genossenschafts- oder Vereinsregister. Gegenstand der folgenden Untersuchung sind die Rechtsverhältnisse bei einer derartigen Entstehung juristischer Personen. Im Vordergrund steht dabei weniger eine konkrete Rechtsform als vielmehr der Gesellschaftstyp „Körperschaft". In diesem Zusammenhang sollen - unter besonderer Berücksichtigung des Haftungsstatuts des Verbandes, seiner Mitglieder und der für den Zusammenschluß Handelnden - zunächst die Rechtsstrukturen (das „Wesen") der verschiedenen Gründerzusammenschlüsse (Vorgründungs- und Vorgesellschaften) ermittelt werden. Außerdem wird der Frage nachgegangen, in welchem Verhältnis die verschiedenen Gründungsstadien zueinander stehen. Dies bezieht sowohl den Übergang vom Vorgründungs- zum Gründungsstadium als auch den Wechsel vom Gründungsstadium zur eingetragenen Gesellschaft ein. Ein derartig weiter Ansatz bietet einerseits den Vorteil, die allen Körperschaften gleichermaßen zugrunde liegenden wesentlichen Strukturen herausarbeiten zu können. Dies erscheint weniger aus systematischen Gründen lohnend. Vielmehr wird man nur bei einer Gesamtbetrachtung in die Lage versetzt, die bestehende Interdependenz ganz unterschiedlicher Momente (etwa hinsichtlich der Verantwortlichkeit der Gründer und der Rechtsnatur der Vereinigungen) bei der Entstehung juristischer Personen hinreiA.A. jüngst Baumann, JZ 1998, S. 598 ff., der mit einer ab Eintragungsantrag bestehenden .Vorgesellschaft in Anwartschaft" eine neue Zwischenstufe einführt.
2
Α. Einleitung
chend berücksichtigen zu können. Beschränkt man sich hingegen auf einzelne Aspekte des Gründungsrechts, besteht die Gefahr, eben diese Bedingungszusammenhänge aus dem Auge zu verlieren bzw. überkommene Prämissen, die angesichts der Entwicklung in der Gesellschaftsrechtsdogmatik möglicherweise einer Korrektur bedürfen, unreflektiert zugrunde zu legen. Andererseits verbindet sich mit diesem Ansatz notwendigerweise ein Verlust an „Detailschärfe". So wird man sicherlich eine Reihe von Argumenten nur verkürzt finden oder überhaupt vermissen. Dies gilt auch für einzelne Problembereiche (z.B. für die Frage der Formbedürftigkeit von Satzungsänderungen im Gründungsstadium), die nicht immer für das Ergebnis von Relevanz sind. Darüber hinaus bedingen die Weite des Themas und die kaum mehr zu überblickende Literatur Beschränkungen in verschiedener Hinsicht: Zum einen wird im folgenden nur auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die offene Handelsgesellschaft, die Kommanditgesellschaft, den Verein, die Aktiengesellschaft, die Gesellschaft mit begrenzter Haftung und auf die Genossenschaft zurückgegriffen. Das erscheint schon deshalb vertretbar, weil es sich bei diesen Rechtsformen um die in der Praxis gebräuchlichsten handelt. Zudem lassen sich die Ergebnisse auf die übrigen Gesellschaftsformen (insbesondere die Partnerschaftsgesellschaft, die Partenreederei, den Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit und die Kommanditgesellschaft auf Aktien) weitestgehend übertragen, da mit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und dem Verein die beiden Grundformen von Personenzusammenschlüssen des deutschen Privatrechts erfaßt sind und in der Argumentation im wesentlichen die verbandstypspezifischen, nicht aber rechtsformabhängigen Strukturen im Vordergrund stehen. Zum anderen bleibt die Gründung von Einpersonengesellschaften unbeachtet. 2 Dies beruht nicht auf einer fehlenden praktischen Relevanz - insbesondere im Bereich der Gesellschaften mit beschränkter Haftung kommt es im Gegenteil sehr oft zu Gründungen durch nur einen Gesellschafter. Jedoch wären grundsätzliche Überlegungen zu meines Erachtens zulässigen Einmann-Personalgesellschaften (GbR und oHG) notwendig gewesen, was den Rahmen dieser Untersuchung bei weitem überschritten hätte. Ebenso bleibt die Situation unberücksichtigt, in der sich die Gesellschafter erst im Laufe der Zeit entschließen, mit dem bestehenden Verband in eine korporative Rechtsform zu wechseln. Auch wenn dies strukturell exakt der originären Gründung entspricht, so treten aufgrund detaillierter Regelungen im Umwandlungsgesetz insoweit weniger Probleme auf. Letztlich wird der erreichte Stand von Rechtsprechung und Lehre zu den Haftungsverhältnissen bei der Entstehung von Körperschaften lediglich referierend wiedergegeben. Zwar bestimmt (auch wenn der Haftungsverband selbst nicht unbedingt ein spezifisches Strukturmerkmal einer Rechtsform ist) die Verantwortlichkeit der Vorgesellschaften, der Initiatoren und der für den Zusammenschluß Handelnden für die vor der Eintragung entstandenen Verbindlichkeiten maßgeblich über die verbandsrechtliche Einordnung der Gründerzusammenschlüsse. Doch finden sich aktuelle und umfassende Darstellungen und Bewertungen der bislang vertretenen Meinungen bereits bei Jäger, Die persönliche Gesellschafterhaftung in der werdenden GmbH, Heidelberg 1994, Monographisch bearbeitet z.B. von John, Die Gründung der Einmann-GmbH, Köln 1986.
II. Motive und Ziele einer Neubearbeitung der Gründungsverhältnisse
3
und bei Klein, Der Rückgriffsanspruch des Handelnden gegen die Gründer einer VorGmbH, Frankfurt a.M. 1993, auf die ohne nochmalige Begründung zurückgegriffen werden kann. Außerdem kam es mit der Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und einer weitestgehenden Billigung durch die Rechtswissenschaft zu einer Konsolidierung in der Haftungsverfassung, 3 so daß die nunmehr ganz herrschende, auch hier vertretene Auffassung - in der Höhe unbeschränkte Haftung der Gründer für die Verbindlichkeiten der Vorgesellschaften - ohne weiteres zugrunde gelegt wird.
II. Zu den Motiven und Zielen einer Neubearbeitung der Gründungsverhältnisse von Körperschaften Gründerverbände, die notwendigerweise jedem Zusammenschluß des Privatrechts vorausgehen, erlangen in der Praxis zunehmende Bedeutung. Diese Tatsache beruht sowohl auf den zum Teil recht umfangreichen gesetzlichen Voraussetzungen, deren Erfüllung längere Zeit in Anspruch nimmt, als auch auf den langen Bearbeitungszeiten im Eintragungsverfahren durch die Registergerichte. 4 Die zunehmende Bedeutung beruht aber auch auf einem ständig steigenden Bedürfnis, mit der gemeinsamen Zweckverfolgung so früh wie möglich zu starten. Bei Verbänden, die am Wirtschaftsverkehr teilnehmen (sollen), wird dies besonders sinnfällig. Verpflichten sich die Gründer zu Sacheinlagen, insbesondere zur Einbringung eines lebenden Unternehmens, so kann dieses auch für eine noch so kurze Übergangszeit nicht stillgelegt werden. Selbst bei Bareinlagen läßt das heutige Tempo wirtschaftlicher Entwicklungen oftmals kein Abwarten bis zur Eintragung zu: Marktchancen, für deren Ausbeutung eine Gesellschaft begründet wird, lassen nicht auf sich warten. Die daher durchaus auch in der Praxis vor Errichtung einer Körperschaft relevanten Rechtsverhältnisse führen zu den vielleicht ältesten, jedenfalls aber zu den ehemals umstrittensten Problemen des Gesellschaftsrechts überhaupt. Die Ursache dafür liegt in der nach wie vor fehlenden normativen Regelung. Der Gesetzgeber entledigte sich seiner Aufgabe, derartige Kodifikationen zu schaffen, ausdrücklich mit dem Hinweis darauf, daß es „zweckmäßiger [erscheint], sie [die Streitfragen] der Wissenschaft und der Rechtsprechung zur Klärung zu überlassen." 5 Diese Verweisung führte in erster Linie zu einer Vielzahl miteinander konkurrierender Erklärungsmodelle. Dennoch
3
Unter C.V.l. wird ausführlich begründet, daß es für die Strukturüberlegungen dieser Arbeit allein auf die unbegrenzte Verantwortlichkeit der Gründer für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft ankommt. Ob diese Haftung eine Innen- oder Außenhaftung ist, ob eine Verantwortlichkeit nur mittelbar über den Binnenregreß des Handelnden oder ob sich diese Haftung in der Vorbelastungshaftung zum Zeitpunkt der Eintragung erschöpft, ist demgegenüber zweitrangig. 4 Statistische Angaben finden sich bei Klein, Rückgriffsanspruch, S. 2 sowie etwa bei Lutter, JuS 1998, S. 1074. 5 Begründung des Regierungsentwurfs zur Aktienrechtsnovelle von 1965, Drucksachen Bundesrat III/1915, S. 110. Diese Formulierung findet sich ebenso zu § 2 2 des Regierungsentwurfs eines GmbHG von 1971, Drucksache Bundestag 7/253, S. 96.
4
Α. Einleitung
schien sich im Laufe der jüngeren Diskussion ein gewisser Konsens über die grundlegenden Fragen des Gründungsrechts anbahnen, der mit einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 0 9 . 0 3 . 1 9 8 1 ( B G H Z 80, 129) seine Bestätigung fand. In der folgenden Zeit wandte man sich verstärkt eher zweitrangigen Einzelproblemen zu. Dem „Rätsel Vorgesellschaft" 6 begegnete man mit dem Einwand, es sei „enträtselt", 7 oder aber mit der Feststellung, „wenn es denn eines war, gilt [es] heute als gelöst." 8 Indes kam es zum Jahresanfang 1 9 9 7 zu einer wesentlichen Wende in der Rechtsprechung des B G H zur Haftungsverfassung in Vorgesellschaften. Dem gingen nicht nur eine sich gegenseitig widersprechende höchstrichterliche Rechtsprechung, sondern auch stetig mahnende, zu Beginn der neunziger Jahre vermehrt Gewicht erlangende Stimmen in der Literatur voraus. 9 Gerade diese auch in der Literatur durchweg befürwortete Änderung in den Haftungsverhältnissen entfaltet eine bislang weitgehend unberücksichtigt gebliebene „Sprengkraft", und zwar nicht nur für das bisherige Verständnis zur Handelndenhaftung der § § 5 4 Satz 2 BGB, 4 1 Abs. 1 Satz 2 AktG, 11 Abs. 1 Satz 2 GmbHG, sondern insbesondere auch hinsichtlich der kaum mehr in Frage gestellten korporativen Struktur der Gründerverbände, die weitgehend bereits der der angestrebten Gesellschaften entsprechen soll. Die Rechtsprechung übernimmt nunmehr im (wirtschaftlichen) Ergebnis das für Personalgesellschaften typische Haftungsstatut in das Recht der Vorgesellschaften. Damit wurde ein Regelungskomplex innerhalb des Gesamtgefüges der „werdenden juristischen Person" verändert, der über nahezu alle strukturprägenden Eigenschaften eines Zusammenschlusses bestimmt. Welche Veränderungen mit der zu Recht unterstellten unbeschränkten Verantwortlichkeit der Gründer für die Verbindlichkeiten der Vorgesellschaften einhergehen, soll umfassend dargestellt werden. Im Ergebnis läßt sich die derzeit dominierende Theorie von den Vorgesellschaften als Gründerverbänden „eigener Art" nicht mehr halten. Zu recht weist man deshalb in der neuesten Literatur wieder darauf hin, daß das „Rätsel Vorgesellschaft" „durchaus noch nicht gelöst" ist. 10 Die veränderten Haftungsverhältnisse und das sich daraus ergebende neue Verständnis zur Rechtsqualität der Vorgesellschaften geben auch Anlaß, die Gründungsverhältnisse von Körperschaften insgesamt zu überdenken. Vieles beruht hier auf Althergebrachtem, das mittlerweile so sehr zur Gewohnheit wurde, daß es kaum mehr kritisch hinterfragt wird, vielmehr die zum Teil festzustellende dogmatische Widersprüchlichkeit und, noch gravierender, den nur unzureichenden Interessenausgleich einfach hingenommen werden. So läßt sich, folgt man Rechtsprechung und Lehre, die unechte Vorgesellschaft nicht bruchlos in das Gefüge der „werdenden juristischen Person" einordnen. Vereinfachungen, die sich aus der Annäherung der (echten) Vorgesellschaften an die eingetragene Körperschaft (scheinbar) ergeben, führen zu unüberwindbaren Hürden beim Scheitern der Eintra-
6
So der Titel eines Aufsatzes von Wedemann,
JurA 1 9 7 0 , S. 4 3 9 ff.
Flume, Zur Enträtselung der Vorgesellschaft, N J W 1 9 8 1 , S. 1 7 5 3 . 8 K. Schmidt, Z H R 1 5 3 , S. 2 7 1 . Ders., Z H R 1 5 6 , S. 9 4 , sah allerdings 1 9 9 2 ein „Rätsel der Gesellschafterhaftung". 9 Ausführlich dazu im folgenden unter C . V . l . b . 7
10 Zöllner, FS Kraft, S. 7 0 5 . Lieb, FS Zöllner, S. 3 4 7 , spicht sogar von einer „unendlichen Geschichte ... die noch immer nicht zu Ende ist."
III. Der Gang der Überlegungen
5
gung sowie gegenüber den Vorgründungsgesellschaften. Insbesondere die (einhellige) Auffassung zum Verhältnis der Vorgründungsgesellschaften zu den Vorgesellschaften und den eingetragenen Körperschaften (strikte Trennung beider Gründungsstadien) beruht auf der Rechtslage des ADHGB und der Jurisprudenz des 19. Jahrhunderts. Überträgt man die Ergebnisse der mittlerweile sehr entscheidend fortentwickelten Dogmatik zu den Personalgesellschaften (vor allem die zunehmend anerkannte Verselbständigung des Zusammenschlusses gegenüber seinen Mitgliedern) und die im modernen Umwandlungsrecht perpetuierten Erkenntnisse zum Verhältnis der beiden Verbandstypen zueinander (mit den §§ 190 ff. UmwG ist die Möglichkeit eines im Ergebnis unkomplizierten Wechsels zwischen den beiden Formen gegeben) auf das Gründungsrecht juristischer Personen, so besteht selbst dann, wenn man trotz der veränderten Haftungsverhältnisse grundsätzlich bei korporativen Strukturen der Vorgesellschaft bleibt, keine Notwendigkeit mehr, beide Gründungsstadien auseinanderzuhalten. Dies gilt um so mehr, als das Vorbelastungsverbot unter allseitiger Billigung nunmehr aufgegeben ist. Das Gründungsrecht von Körperschaften bedarf auch angesichts des neuen Umwandlungsgesetzes von 1994, das - gemessen an der Rechtsprechung zu den Haftungsverhältnissen - zu wesentlich unspektakuläreren, dogmatisch aber um so bedeutsameren Änderungen (vom hiesigen Standpunkt aus eher zu Klarstellungen) führte, einer Revision. Denn die Diskussion zum Übergang von der Vorgesellschaft zur mit Eintragung entstandenen juristischen Person wird ausschließlich von einem tradierten Verständnis beherrscht, nach dem personalistisch und korporativ strukturierte Verbände unversöhnliche Gegensätze darstellen; der Streit geht um Fragen der Identität und Kontinuität. Auch wenn man auf diesem Standpunkt beharrt, sich also den Erkenntnissen eines „allgemeinen Gesellschaftsrechts" verschließt, bietet sich mit dem Formwechsel der §§ 190 ff. UmwG eine Lösung, die eine übertragungslose Fortsetzung aller Rechtsverhältnisse über den Eintragungszeitraum hinaus ermöglicht, ohne dabei bestehende Strukturunterschiede, die meines Erachtens jedenfalls auf der Grundlage des neuen Haftungsverständnisses unabweislich sind, zu verneinen.
III. Der Gang der Überlegungen Der Gang der Untersuchung orientiert sich nur zum Teil an der zeitlichen Abfolge eines Gründungsherganges. In einem ersten Abschnitt werden die Strukturen des Vorgründungsstadiums dargestellt. Die Schwerpunkte liegen hierbei auf der Systematisierung und rechtlichen Einordnung der unterschiedlichen Arten von Gründervereinbarungen. Mit der besonders intensiv nachgewiesenen Rechtsprechung zu Vorgründungsgesellschaften soll - entgegen oftmals anzutreffenden Vorstellungen in der Literatur - deren Bedeutung in der Praxis herausgestellt und das Bedürfnis zu einer Neuorientierung hinsichtlich des Verhältnisses der Vorgründungs- zu den Vorgesellschaften (das erst in einem späteren Abschnitt untersucht wird) untermauert werden. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der
6
Α. Einleitung
Frage der Formbedürftigkeit von Vorgründungsvereinbarungen in den Fällen, in denen die körperschaftliche Satzung nur schriftlich oder in notarieller Beurkundung wirksam zustande kommt. Mit einer umfassenden historischen und teleologischen Argumentation soll nachgewiesen werden, daß die Erstreckung dieser Formerfordernisse auch auf Vorverträge unhaltbar ist. In einem zweiten Abschnitt werden die Rechtsstrukturen der Vorgesellschaften zu AG, G m b H , Genossenschaft und Verein untersucht. Da sich die Rechtswissenschaft bei der verbandsrechtlichen Einordnung von Zusammenschlüssen nach wie vor an den unter der Ägide des Reichsgerichts entwickelten, überkommenen Vereinsmerkmalen orientiert, soll der Gründerverband in einem ersten Schritt anhand dieser kritisch betrachteten Einzelmerkmale gemessen werden. Daran schließt sich eine Überprüfung der Rechtsfähigkeit und des Vermögensprinzips der Vorgesellschaften an. Während die nunmehr herrschende Lehre dem Gründerverband zumindest eine Teilrechtsfähigkeit zubilligt (woraus man strukturelle Unterschiede zu Personalgesellschaften herleitet), verbleibt sie beim Gesamthandsprinzip des Zusammenschlusses. Dieses Prinzip bestimmt, verharrt man auf der Unversöhnlichkeit personalistisch und korporativ strukturierter Verbände, maßgeblich nicht nur über die Einordnung der Vorgesellschaften in das System der Verbandsformen des deutschen Gesellschaftsrechts, sondern vor allem auch über das Verhältnis der Vorgesellschaften zu den eingetragenen Körperschaften. Insoweit soll, modernen Entwicklungen im Gesellschaftsrecht folgend, nachgewiesen werden, daß es sich bei den Problemen um die Rechtsfähigkeit eines Personenzusammenschlusses, um die Organisation eines Verbandes und um das praktizierte Vermögensprinzip in einer Vergesellschaftung um unterschiedliche, voneinander strikt zu trennende Fragenkreise handelt. Zur strukturellen Einordnung der Vorgesellschaften ist sowohl die Frage der Rechtsfähigkeit als auch das zugrunde gelegte Vermögensprinzip irrelevant. In einem dritten Schritt wird die zunehmend auf generelle Argumente gestützte Begründung einer korporativen Verfassung der Vorgesellschaften überprüft. Der Schwerpunkt des zweiten Abschnitts liegt allerdings auf der Einordnung der Gründerverbände anhand der konkreten Strukturmerkmale personalistischer und korporativer Verbandsverfassungen; zur Klassifizierung der unterschiedlichen Merkmale wird auf die von John, Die organisierte Rechtsperson, Berlin 1977, eingeführten Gruppen „Haftungsverband", „Identitätsausstattung" und „Handlungsorganisation" zurückgegriffen. Die Haftungsverhältnisse sollen dabei, wie bereits dargestellt, lediglich referierend dargestellt werden - sie beeinflussen jedoch maßgeblich, wie immer wieder deutlich wird, die einzelnen Verbandselemente. Hinsichtlich der einzelnen Merkmale der Identitätsausstattung und der Handlungsorganisation wird stets so vorgegangen, daß in einer allgemeinen Abgrenzung die tatsächlich bestehenden Strukturunterschiede zwischen Personalgesellschaften und Körperschaften herausgearbeitet werden und anschließend versucht wird, in dieses System die Vorgesellschaften einzuordnen. Der dritte Abschnitt widmet sich den Verhältnissen der verschiedenen Gründungsstadien zueinander. Bezüglich des Übergangs von der Vorgesellschaft zur eingetragenen Körperschaft werden die sowohl mit der Identitätstheorie als auch mit der Kontinuitätslehre verbundenen Probleme dargestellt, die Lösung selbst aber in der form-
IV. Terminologisches
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wechselnden Umwandlung der §§ 190 ff. UmwG gesucht. Ein zweiter Schwerpunkt liegt beim Verhältnis der Vorgriindungs- zur Vorgesellschaft. Meines Erachtens ist die tradierte Auffassung, nach der in beiden Gründungsstadien voneinander zu trennende Vergesellschaftungen unter den Gründern vorliegen, nicht mehr haltbar. Die entscheidende Zäsur bei der Entstehung einer juristischen Person liegt entgegen bisheriger Ansicht nicht in der Errichtung einer Körperschaft durch die (formgerechte) Feststellung der Satzung, sondern in der Registereintragung des Verbandes. Dies wird mit dem Wortlaut, dem systematischen Zusammenhang und der geschichtlichen Entwicklung des Gründungsrechts, mit der Aufgabe des Vorbelastungsverbotes, mit strukturellen Untersuchungen beider Verbände, mit dem Willen der Beteiligten und mit dem Sinn und Zweck des Vorgründungsstadiums begründet. Abschließend werden die wesentlichsten Auswirkungen dieses Verständnisses (es existiert ein einziger, einheitlicher Gründerverband) dargestellt; dies betrifft das Problem der Einlageleistungen in Vorgründungsgesellschaften, die Haftungsverhältnisse im Moment der Errichtung der Körperschaft sowie die Handelndenhaftung.
IV. Terminologisches In der gesellschaftsrechtlichen Literatur zur Gründung juristischer Personen hat sich betrachtet man es rechtsformübergreifend - bislang noch keine einheitliche Terminologie durchgesetzt. 11 Dies gilt weniger für das Stadium zwischen der Errichtung der Körperschaft und ihrer Eintragung in das Vereins-, Genossenschafts- oder Handelsregister. Dieses soll im folgenden als Gründungsstadium bezeichnet werden, zum Teil findet man aber auch die Bezeichnung Vorstadium, wobei der Begriff „Gründungsstadium" als Oberbegriff für den gesamten Zeitraum vor der Registrierung des Zusammenschlusses verwendet wird. 12 Den Verband selbst bezeichnet man wahlweise als „Vorgesellschaft", als „Gründerverband", „werdende juristische Person", „entstehende Körperschaft" oder „Gründungsgesellschaft". 13 Dem wird mit einer Ausnahme gefolgt: Der Begriff „Gründerverband" bzw. „Gründungsgesellschaft" bezeichnet die eine Vereinigung der Beteiligten, die von den ersten Vereinbarungen der Vertragspartner bis zur Eintragung der Körperschaft besteht. Soweit von „Vorgesellschaften" die Rede ist, so bezieht sich dies nicht auf einen selbständigen, von den Vorgründungsgesellschaften zu trennenden Verband, sondern nur auf einen bestimmten Zeitraum, in dem ein solcher Zusammen11 Zur bislang völlig abweichenden Terminologie im Steuerrecht und der sich anbahnenden Angleichung an die gesellschaftsrechtliche Terminologie vgl. Tipke/Lang/Pezzer, StR15, J 11, Rdn. 9 m.w.N. 12 Noch anders Steimel, Gründungs-GmbH, S. 4, der ab der Errichtung der Körperschaft von einem Gründungsstadium, davor von einem Vorstadium spricht. 13 Siehe nur Wiedemann, GR I, S. 146; Nitschke, Personengesellschaft, S. 143; Priester, GmbHR 1995, S. 481; Kempermann, Gründungsgesellschaft, S. 4 f.; Wallenfang, Vor-AG, S. 5; Baritsch, Vor-GmbH, S. 13; Heberlein, GmbH vor Eintragung, S. 1; Büttner, Identität und Kontinuität, S. 17 f.
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Α. Einleitung
schluß besteht. Die Vereinbarungen, mit denen die juristische Person errichtet wird, werden wahlweise als „Statut", „Satzung" und „Gesellschaftsvertrag" bezeichnet. Wesentlich uneinheitlicher ist die Begriffsbildung im Stadium vor dem Abschluß der korporativen Satzung, dem sogenannten Vorgründungsstadium. Bezeichnungen wie „Vorgründungsgesellschaft", „Vorvertragsgesellschaft", „Vorsatzungsverband", „Gründervereinigung" und „Gründerkonsortium" werden in der Regel synonym verwendet. Für den rechtsbegründenden Akt greift man wahlweise auf die Begriffe „Vorvertrag", „Vorgründungsvertrag" oder „Gründungsvorvertrag" 14 zurück. Teilweise setzt man aber auch „Vorgründungsgesellschaft" und „Vorgesellschaft" in eins; die Gründervereinigung ab der Errichtung der Körperschaft wird dann als „Gründergesellschaft" 15 bezeichnet. Andere benennen die Vorgesellschaft als „Gründungsgesellschaft" und die Vorgründungsgesellschaft als „Gründergesellschaft". 16 Zum Teil wird der Begriff „Vorgründungsgesellschaft" auf die Zeit von den ersten Gesellschaftervereinbarungen bis zur Eintragung erstreckt. 17 Letztlich verbindet man mit der Terminologie teilweise eine Sachaussage: Die Vorgründungsgesellschaft sei nur Innengesellschaft, die (ausschließlich) auf den formgerechten Abschluß der Satzung gerichtet sei. Alle sonstigen Vereinbarungen unter den Initiatoren vor der Errichtung der Körperschaft sollen Vorgründungsvereinbarungen sein, die, begründen sie ein Gesellschaftsverhältnis, zu einer eigenständigen, entweder nicht besonders bezeichneten oder als Mitunternehmerschaft im Gründungsstadium titulierten Gesellschaft führen sollen. 18 Im folgenden soll jeder verbandsbildende Zusammenschluß unter den Initiatoren bis zur Feststellung der Satzung als Vorgründungsgesellschaft bezeichnet werden, solange er mit der Gründung einer juristischen Person in irgendeinem Zusammenhang steht. 19 Die dazu führenden Vereinbarungen werden Vorgründungsabreden oder Vorgründungsverträge genannt. Eine gewisse Einheitlichkeit hat sich mittlerweile hinsichtlich eines Sondertatbestandes eingestellt. Verwendete man in der Vergangenheit den Begriff „unechte Vorgesellschaft" für jeden Gründerverband, der eine wirtschaftliche Tätigkeit aufnahm, gleichgültig, ob er die Eintragung aufgegeben hatte oder nach wie vor verfolgte, 20 so beschränkt man heute diese Bezeichnung auf die Konstellationen, in denen die Gründung (durch freiwillige Aufgabe der Gründungsabsicht oder endgültige Zurückweisung des Eintragungsantrages) gescheitert ist.21
14 Allerdings wird diese Terminologie zum Teil schon deshalb bestritten, weil kein darauf folgender zweiter Schuldvertrag vorhanden sei oder auch der die Vorgründungsgesellschaft errichtende Rechtsakt nicht Schuldvertrag sein soll; vgl. die Diskussion und die Nachweise im folgenden unter B.II.l. und C.II.5. So Weyrieb, Vorgesellschaft, S. 4. 16 So Gaertbs, Gründungsgesellschaft, S. 7 f.; Haberkorn, BB 1962, S. 1408 f.; Saß, VorGmbH, S. 19 ff. 17 Michalski/Sixt, FS Boujong, S. 3 5 0 sowie in einem noch anderen Zusammenhang die Lehre von der Nebengesellschaft, nach der zwei nebeneinander bestehende Gesellschaften existieren sollen; vgl. die Nachweise in Fn. 238 (Abschnitt D). 18 K.Schmidt, GmbHR 1982, S. 6 ff. 19 So auch Priester, GmbHR 1995, S. 481; Baritsch, Vor-GmbH, S. 13. 20 Siehe mit Nachweisen im folgenden unter C.I.4. 21 Vgl. den T e x t in Abschnitt D., beginnend mit Fn. 195.
IV. Terminologisches
9
Im übrigen sollen die Begriffe „Verband", „Personenzusammenschluß" und „Gesellschaft" als Oberbegriff der Menge aller Rechtsträger des Privatrechts verstanden werden, die nicht natürliche Personen, aber mitgliedschaftlich verfaßt sind. Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Genossenschaften und Vereine werden als Körperschaften bzw. Korporationen, Gesellschaften des bürgerlichen Rechts, offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften werden als Personalgesellschaften oder als personalistisch strukturierte Verbände bezeichnet. Soweit von Gesellschaften des bürgerlichen Rechts die Rede ist, sind stets nur die Außengesellschaften mit oder ohne Gesamthandsvermögen, aber immer mit einer Organisationsstruktur gemeint. Nur unter diesen Voraussetzungen rechtfertigt es sich, die GbR den offenen Handelsgesellschaften und den Kommanditgesellschaften gleichzustellen. Letztlich soll im Hinblick auf den Haftungsverband einem sich zunehmend durchsetzenden Sprachgebrauch gefolgt werden.22 Die Initiatoren trifft eine Gesamtverantwortlichkeit für die Verbindlichkeiten des Gründungsstadiums, die sich in eine Verlustdeckungshaftung als allgemeine Gesellschafterhaftung im Zeitraum der bestehenden Vorgründungs- und Vorgesellschaften und eine Vorbelastungshaftung im Eintragungszeitpunkt untergliedert. Diese Vorbelastungshaftung erfaßt bei nicht kapitalistischen Körperschaften alle Anfangsverluste der Gesellschaft bis zur Entstehung (Differenzhaftung als Haftung auf den Unterschiedsbetrag zwischen versprochenem und tatsächlichem Kapital). Sollte bei Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung ein bereits angegriffenes Stamm- oder Grundkapital aufzufüllen sein, wird die Bezeichnung „Unterbilanzhaftung" verwendet.
22 Vgl. etwa BGH, N Z G 1998, S. 102 f.; BGHZ 134, 333 (338); Gehriem, DB 1996, S. 5 6 3 . Für Unterschiede zwischen „Vorbelastungshaftung" und „Unterbilanzhaftung" (aufgrund eines
differenzierteren Haftungsstatutes) hingegen ICSchmidt, ZHR 156, S. 97 f., 107, 120 f.; Sattdberger, FS Fikentscher, S. 3 9 4 .
Β. Zur Rechtsstruktur der Vorgründungsgesellschaften Will man eine Körperschaft errichten, so findet man sich nicht erstmalig zum privatschriftlichen Abschluß (so in der Regel bei Vereinen und Genossenschaften, vgl. §§ 5 9 Abs. 2 Nr. 1 BGB, 5 GenG) oder zur notariellen Beurkundung (gemäß den SS 2 3 Abs. 1 Satz 1 AktG, 2 Abs. 1 Satz 1 G m b H G notwendig bei Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung) des Gesellschaftsvertrages zusammen. Vielmehr ist dies ein Ergebnis vorheriger Verhandlungen und Planungen; die Gründer koordinierten bereits den gemeinsamen Willen. Es entsteht ein Vorgründungsstadium, das (entgegen teilweise verbreiteter Ansicht) notwendigerweise jeder Gründung vorausgeht. 1
I.
Das Vorgründungsstadium
In diesem Vorgründungsstadium kann es nach Inhalt und Intensität zu ganz unterschiedlichen ersten Kontakten zwischen den Initiatoren kommen. Die ersten Sondierungen können sich etwa auf die Festlegung des Verbandszwecks oder Unternehmensgegenstandes sowie Absprachen über Zeit und Ort der Errichtung der Körperschaft beschränken, wie dies bei Mantelgründungen regelmäßig der Fall ist. Doch erfaßt die Planungs- und Verhandlungsphase in der Regel umfangreichere Vorbereitungshandlungen der Gründer, wie dies eine umfangreiche Gerichtspraxis bestätigt. Denn zum Zeitpunkt der Errichtung der Gesellschaft soll der Satzungsinhalt auch in seinen Einzelheiten nur noch formgerecht festgeschrieben, nicht aber erst verhandelt werden. So werden die Initiatoren regelmäßig etwa die genaue Geschäftstätigkeit, Name und Sitz des künftigen Verbandes fixieren, 2 die Marktlage sondieren, 3 die Beiträge der Gründer
1 Scholz/K Schmidt, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 7 ; Flume, FS Geßler, S. 3, 17; Dressler, Vorgesellschaft, S. 6 ; Heberlein, GmbH vor Eintragung, S. 18; Steimel, Gründungs-GmbH, S. 4 ; Feine, GmbH, S. 1 8 7 ; Willms, Vor-AG, S. 1 3 ; a.A. Grottke, Vorgründungsgesellschaft, S. 6 3 ; Weyrich, Vorgesellschaft, S. 4. 2 3
So der Sachverhalt in BGH, GmbHR 1 9 8 2 , S. 1 8 4 . O G H , GesRZ 1 9 8 1 , S. 1 7 8 ; O L G Stuttgart, GmbHR 1 9 5 8 , S. 196.
I.
Das Vorgründungsstadium
11
bestimmen und einzahlen, 4 Einzelheiten der Gesellschaftsstruktur besprechen oder darüber hinausgehende besondere Gründerpflichten vereinbaren. 5 Nicht selten entstehen in dieser Gründungsphase bereits Kontakte zu Dritten. Denn insbesondere Kapitalgesellschafts- und Genossenschaftsgründungen werden regelmäßig im Hinblick auf eine beabsichtigte wirtschaftliche Geschäftstätigkeit betrieben. Insoweit kommen vorbereitende Handlungen, wie etwa Verhandlungen mit potentiellen Geldgebern oder Vertragspartnern, 6 die Anmietung von Geschäftsräumen, 7 der Kauf von Betriebsmitteln und Ausstattungsgegenständen, 8 Warenbestellungen, 9 Kreditaufnahmen, 1 0 der Abschluß von Dienstverträgen mit D r i t t e n " oder die Erstellung von Satzungsentwürfen durch Notare oder Rechtsanwälte in Betracht. Darüber hinaus kann bereits im Vorgründungsstadium ein Bedürfnis zur Ausnutzung günstiger wirtschaftlicher Situationen bestehen. Den Gründern ist es nicht verwehrt, vor Errichtung des angestrebten Verbandes die sofortige Aufnahme des gemeinsamen Geschäftsbetriebes zu verabreden und durchzuführen. 1 2 Nicht selten wird dabei im Rahmen einer Sachgründung ein bereits bestehendes, werbendes Unternehmen eingebracht. Bereits daraus resultiert eine Vielzahl rechtsgeschäftlicher Beziehungen zu Dritten. Nicht notwendig ist es, daß die Initiatoren bereits im Vorgründungsstadium Verpflichtungen untereinander oder Rechtsbeziehungen zu Dritten eingehen. Vielmehr bleibt es bei einem losen Zusammenschluß der Interessenten, solange sich die Kontaktaufnahmen und Vertragsverhandlungen im Rahmen unverbindlicher Vorbesprechungen halten. 1 3 Aus dennoch möglichen rechtsgeschäftlichen Beziehungen zu Dritten wird nicht eine „Gründervereinigung", sondern nur derjenige verpflichtet, für den mit 4 OLG Hamm, GmbHR 1994, S. 399; OLG Düsseldorf, GmbHR 1994, S. 398; OLG Hamm, GmbHR 1992, S. 750; BGH, GmbHR 1992, S. 601; OLG Köln, ZIP 1989, S. 238; BGH, GmbHR 1982, S. 183; RGZ 123, 23 (23 f.); RGZ 122, 172 (172 f.); RGZ 43, 136 (136 f.). 5 OLG Brandenburg, GmbHR 1995, S. 895; OGH, GesRZ 1981, S. 180; RGZ 132, 26 (26 f.); RGZ 36, 108 (111). 6 OLG Brandenburg, GmbHR 1995, S. 895; BGH, GmbHR 1988, S. 98; LG Düsseldorf, GmbHR 1986, S. 235; BGH, GmbHR 1985, S. 115; OGH, GesRZ 1981, S. 178. 7 BGH, GmbHR 1992, S. 601; OLG Hamm, GmbHR 1989, S. 335; BGH, GmbHR 1985, S. 114; BGH, GmbHR 1982, S. 183. 8 OLG Hamm, GmbHR 1993, S. 105; BGH, GmbHR 1992, S. 601; OLG Düsseldorf, GmbHR 1987, S. 430; LG Düsseldorf, GmbHR 1986, S. 235; BGH, GmbHR 1984, S. 41; BGH, GmbHR 1982, S. 183; OLG Stuttgart, GmbHR 1958, S. 196; RGZ 123, 23 (25); RGZ 36, 108 (108 ff.). 9 BGH, GmbHR 1992, S. 164; LG Düsseldorf, GmbHR 1986, S. 235; BGH, GmbHR 1985, S. 115; BGHZ 91, 148 (148 f.). 10 BGH, GmbHR 1992, S. 601; BGH, GmbHR 1985, S. 115; OLG Stuttgart, GmbHR 1958, S. 195; RGZ 122, 172 (172 f.). 11 BGH, ZIP 1997, S. 926; BAG, GmbHR 1991, S. 458; OLG Karlsruhe, GmbHR 1988, S. 482; BGH, GmbHR 1985, S. 214; RGZ 132, 26 (26 f.). 12 OLG Düsseldorf, NJW-RR 1996, S. 551; OLG Düsseldorf, GmbHR 1994, S. 399; BFH, GmbHR 1990, S. 235; OLG Karlsruhe, GmbHR 1988, S. 482; BGH, GmbHR 1985, S. 115; BGH, GmbHR 1984, S. 41. 13 Dies wird oftmals als Verhandlungsverhältnis bezeichnet: Wacker, Vorgesellschaften, S. 7; Grottke, Vorgründungsgesellschaft, S. 11, Weyrieb, Vorgesellschaft, S. 6.
12
Β. Zur Rechtsstruktur der Vorgründungsgesellschaften
Rechtsmacht gehandelt wurde. Möglicherweise entsteht eine Haftung des Handelnden aus § 179 Abs. 1 oder 2 BGB. Zwischen den Initiatoren bestehen dagegen keine primären Leistungspflichten. Doch bedingen die Aufnahme geschäftlicher Kontakte und entsprechende Vertragsverhandlungen einen qualifizierten vorvertraglichen Vertrauenstatbestand. Im Rahmen dieser rechtlichen Sonderverbindung, einem gesetzlichen Schuldverhältnis unter den Gründern, werden in gesteigertem Maße Rücksicht, Fürsorge und Loyalität geschuldet. 14 Eine schuldhafte Verletzung dieser Pflichten kann zu Schadenersatzansprüchen führen. 1 5
II. Die Vorgründungsgesellschaft als rechtlich relevante Gründervereinigung Treffen die Gründer jedoch durch rechtsgeschäftliche Erklärungen verbindliche Vereinbarungen, so überschreiten sie die Schwelle des rein planerischen Vorgründungsstadiums. Die Beziehungen untereinander ergeben Rechte und Pflichten für den Einzelnen; es entsteht als rechtlich relevanter Zusammenschluß der Initiatoren eine (insoweit noch in einem untechnischen Sinne zu verstehende) Vorgründungsgesellschaft. Diese ist im Gegensatz zum Vorgründungsstadium zwar keine notwendige, aber typische Entwicklungsstufe der Körperschaftsgründung. 16 Die Bindung gegenüber Mitinitiatoren der zukünftigen Gesellschaft kann dabei ganz unterschiedlicher Art sein. Die Gründer können sich ausdrücklich zur Errichtung einer Körperschaft verpflichten. Darüber hinaus kommen zusätzlich vereinbarte einzelne Gesellschafterpflichten ebenso in Betracht wie die vollständige Schaffung der angestrebten Verbandsstruktur, etwa zur vorgezogenen Aufnahme der vollen Geschäftstätigkeit. Möglich ist auch, daß diese zusätzlichen Vereinbarungen nicht neben, sondern an die Stelle einer unmittelbaren Gründungsvereinbarung treten; den Gründern erwachsen dann nur aus diesen Abreden wirksame Verpflichtungen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der geschlossene Vorvertrag unwirksam ist oder die Gründer ihre Absicht zur Gründung einer Körperschaft bzw. zum Betrieb der gemeinsamen Unternehmung in korporativer Rechtsform rechtlich noch nicht verbindlich festschrieben. Diese
14 Scholz/K.Schmidt, GmbHG 8 , § 1 1 , Rdn. 8; MünchKomm/Kramer, BGB3, § 242, Rdn. 124 ff., 183ff.; Grottke, Vorgründungsgesellschaft, S. 11. 15 So die Begehren in BGH, GmbHR 1988, S. 98; LG Aachen, NJW-RR 1986, S. 662; OGH, GesRZ 1981, S. 178; BGH, WM 1976, S. 181; RGZ 132, 26 (28); sowie etwa Scholz/K.Schmidt, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 8; Grottke, Vorgründungsgesellschaft, S. 11 ff.; Michalski/Sixt, FS Boujong, S. 356 f.; Priester, GmbHR 1995, S. 484. 16 OLG Hamm, GmbHR 1989, S. 336; OLG Karlsruhe, GmbHR 1988, S. 483; Grottke, Vorgründungsgesellschaft, S. 2; Saß, Vor-GmbH, S. 31; Steimel, Gründungs-GmbH, S. 4; Otte, Vorgründungsvertrag, S. 1; Dressler, Vorgesellschaft, S. 7; Michalski/Sixt, FS Boujong, S. 356; Priester, GmbHR 1995, S. 481, 484; Kort, DStR 1991, S. 1317; Flume, FS Geßler, S. 17; Wilms, Vor-AG, S. 13; a.A. Hueck, FS 100 Jahre GmbHG, S. 131; Wallenfang, Vor-AG, S. 6; Gaerths,
G r ü n d u n g s g e s e l l s c h a f t , S. 2 4 f.
II. Die Vorgründungsgesellschaft als rechtlich relevante Gründervereinigung
13
Absicht der Vertragspartner liegt den sonstigen Abreden dann nur als unverbindliches Motiv zugrunde. Denkbar sind demnach drei Situationen: Zum einen können sich die Gründer auf die Vereinbarung beschränken, einen Vertrag zur Errichtung einer Körperschaft abzuschließen (Vorgründungsgesellschaft im engeren Sinne). Zum anderen ist denkbar, daß die Initiatoren über diese Gründungsvereinbarung hinaus zusätzliche verbindliche Absprachen untereinander treffen. Letztlich können die Parteien Vereinbarungen treffen, ohne daß man sich unmittelbar zur Gründung einer GmbH, AG, Genossenschaft oder eines Vereins verpflichtete. Die rechtliche Erfassung aller drei Konstellationen ist umstritten.
1.
Die Vorgründungsvereinbarungen im engeren Sinn
Die Gründer können sich gegenseitig (nur) zum Abschluß des Gesellschaftsvertrages (der korporativen Satzung) in der Form der §§ 23 Abs. 1 Satz 1 AktG, 2 Abs. 1 Satz 1 GmbHG, 5 GenG verpflichten.
a)
Der Vorgründungsvertrag als schuldrechtlicher
Vorvertrag
Im Verhältnis zur Feststellung der Satzung handelt es sich dabei, beschränkt man sich zunächst auf die obligatorischen Elemente des Zusammenschlusses, um einen Vorvertrag: Durch schuldrechtlichen Vertrag vereinbaren die Vertragschließenden, daß ein weiterer schuldrechtlicher Vertrag als Hauptvertrag den Erfordernissen der §§ 23 AktG, 2, 3 GmbHG, 5, 6 GenG entsprechend abgeschlossen werden soll. 17 Zwar regelt das Schuldrecht eine vorgezogene Bindung der Vertragsparteien nicht, doch ergibt sich die Zulässigkeit von Vorverträgen unstreitig aus der allgemeinen Gestaltungsfreiheit. 18 Die Annahme, Vorgründungsvereinbarungen im engeren Sinn seien der Vorvertrag zur Errichtung einer Körperschaft, war lange Zeit umstritten. Seine Ursache hat dies in der scheinbar unklaren Rechtsqualität der Satzungen von Körperschaften und, darauf aufbauend, dem „Wesen" des Gründungsstadiums korporativ verfaßter juristischer Personen. Die sogenannte Normen- oder Kreationstheorie 19 versteht den Gesellschaftsvertrag zu GmbH, Aktiengesellschaft, Verein und Genossenschaft als einen besonderen Akt 17
Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8 , § 2, Rdn. 43; Scholz/Emmerich, GmbHG 8 , § 2, Rdn. 78; Baumbach/Hueck/Hnecfe, GmbHG 16 , § 2, Rdn. 29; Sternberg, Vorvertrag, S. 13 ff.; Baritsch, VorGmbH, S. 13; Grottke, Vorgründungsgesellschaft, S. 14; Priester, GmbHR 1995, S. 482; K.Schmidt, GmbHR 1982, S. 6 f. 18 RGZ 66, 116 (120); MünchKomm/Kramer, BGB3, vor § 1 4 5 , Rdn. 36a; SoergelJWolf, BGB12, vor § 145, Rdn. 58. 19 Insbesondere vertreten von v.Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 133 f. sowie etwa Feine, GmbH, S. 160, 167; Otte, Vorgründungsvertrag, S. 23 ff., 34; Heberlein, GmbH vor Eintragung, S. 13 ff.; Masloh, Gründergesellschaft, S. 30; Saß, Vor-GmbH, S. 27 f.; heute noch z.B. Flume, FS Geßler, S. 18; MünchKomm/&>«ter, BGB3, § 25, Rdn. 10, 13 ff. (allerdings stark relativie-
14
Β. Zur Rechtsstruktur der Vorgründungsgesellschaften
des Körperschaftsrechts, dem eine Sonderstellung in vertragsrechtlicher Hinsicht zukomme: Der Gründungsakt sei kein Vertrag im schuldrechtlichen Sinne (kein obligatorischer Vertrag), sondern ein vom Individualrecht losgelöster sozialrechtlicher Konstitutivakt. Dies folgerte man nicht nur aus den gesetzlichen Bezeichnungen wie „Statut", „Satzung" oder „Verfassung" im Gegensatz zum „Gesellschaftsvertrag" des § 705 BGB, aus denen sich schon sprachlich der Gegensatz von N o r m e n als abstrakt generellen Rechtssätzen auf der einen und Rechtsgeschäften als Individualvereinbarungen mit Geltungskraft inter partes auf der anderen Seite ergeben sollte. Diese Differenzierung sei Ausdruck der tiefgreifenden Strukturunterschiede zwischen Personalgesellschaften und korporativ verfaßten Verbänden. Während erstere sich entsprechend dem Wesen obligatorischer Verträge auf die Begründung von Rechten und Pflichten (Vertragsbeziehungen) unter den Mitgliedern beschränkten, gingen letztere darüber hinaus. Insbesondere schaffe der Körperschaftsvertrag ein neues Rechtssubjekt, sei also im wesentlichen personenrechtlicher Organisationsakt. Geregelt werde vor allem die gesamte rechtliche Struktur einer verselbständigten, vom Mitglied abstrahierten Sinneinheit, aus der sich dann die Rechtsstellung des einzelnen im Verband ergebe. Dieser schöpferische Akt, der selbst objektives Recht schaffe und dem sich das einzelne Mitglied unterwerfe, sei aber mit dem obligatorischen Vertrag im Sinne der §§ 241, 305, 705 ff. BGB nicht erfaßbar. 2 0 Mit Bedacht seien deshalb Körperschaften im Personenrecht, Personalgesellschaften hingegen im Schuldrecht des BGB geregelt worden. Innerhalb der Normentheorie war allerdings umstritten, ob dieser Sondertatbestand den gesamten Gründungsvorgang erfaßt, so daß jede Gründungsvereinbarung ein pactum de constituendo außerhalb des Schuldrechts darstellt und damit jede Aufgabe individueller Freiheit (durch Bindung gegenüber den Mitinitiatoren) auf der anderen Seite (sukzessive) Entstehung eines Gemeinwesens ist, 21 oder erst mit Errichtung der Körperschaft Geltung beansprucht, so daß Vorgründungsverträge zwar obligatorische, nicht aber Vorverträge im technischen Sinn zum Konstitutivakt sind. 22 Dies soll allerdings schuldrechtliche Vereinbarungen zwischen den Initiatoren nicht ausschließen. Da sich der organisatorische Akt auf die zur Entstehung der juristischen Person notwendigen Handlungen (vor allem die Bestellung der Geschäftsführer, die Festlegung der Rechtsstellung der Gesellschafter und die Regelung der Verbandsverhältnisse) beschränke, kämen vorbereitende (mit Errichtung der Satzung sich erledigende) oder begleitende (über den Abschluß der Satzung fortbestehende) 2 3 Schuldrechtsverhältnisse
rend). Diese Auffassung setzt sich zum Teil in der rechtsformübergreifenden Unterscheidung zwischen Vertrags- und Satzungsgesellschaften fort, vgl. Reuter, Perpetuierung, S. 61 f. 20 Feine, GmbH, S. 161 f.; ν .Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 132 ff.; Otte, Vorgründungsvertrag, S. 32 f. 21 In diesem Sinne ι/.Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 130. 22 So z.B. Flume, FS Geßler, S. 18; Feine, GmbH, S. 187; Heberlein, GmbH vor Eintragung, S. 16 ff.; Masloh, Gründergesellschaft, S. 32 ff. Für eine Geltung dieser Besonderheiten erst ab Eintragung etwa Salinger, Vor-GmbH, S. 16 f., sowie die heute überwiegende Ansicht (siehe dazu den Text in Abschnitt C. ab Fn. 155). 21 Diese Argumentation führte zu den sogenannten „Nebengesellschaften", also den Gründergesellschaften neben der auf normativer Grundlage beruhenden Vorgesellschaft. Allerdings verselbständigte sich diese Rechtsfigur zunehmend von der Normentheorie und wird heute zum Teil
II. Die Vorgründungsgesellschaft als rechtlich relevante Gründervereinigung
15
zwischen den Gründern in Betracht. Diese Vereinbarungen könnten sich auf einzelne Nebenabreden beschränken, aber auch zu einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts unter den Beteiligten führen. Diese obligatorischen Verträge seien aber - entsprechend beliebigen Vereinbarungen mit Dritten - stets vom Organisationsakt der Satzung und damit der Körperschaftsbildung zu trennen. 24 Dem stand seit jeher zu Recht eine streng rechtsgeschäftlich orientierte Auffassung von der Rechtsqualität körperschaftlicher Satzungen gegenüber, 25 die in zunehmendem Maße den im Gesellschaftsrecht notwendigen Modifizierungen des allgemeinen Schuldrechts dadurch Rechnung trug, daß sie neben den obligatorischen Momenten den organisationsrechtlichen Akt der Verbandsbildung stärker berücksichtigte und den so verstandenen Doppeltatbestand seinen Besonderheiten entsprechend (etwa bezüglich der Auslegung der Satzung oder der Zurückdrängung von Nichtigkeitsgründen) behandelte. 26 Uberwunden ist damit vor allem die These des Gegensatzes von Gesellschaftsvertrag und Sozialakt. Denn einerseits beschränkt sich der Abschluß eines Personalgesellschaftsvertrages entsprechend den §§ 705 ff. BGB, 105 ff. HGB mitnichten auf die Schaffung individualrechtlicher Beziehungen unter den Gründern. Vielmehr entsteht durch diesen ein gegenüber dem einzelnen abstrahierter Personenzusammenschluß, der bereits de lege lata eine Organisationsverfassung aufweist. Dies entspricht heute einhelliger Ansicht und gilt ganz unabhängig von der Frage, ob der entstandene Organismus selbst potentieller Träger von Rechten und Pflichten sein kann. 27 Andererseits entstehen mit Errichtung einer Körperschaft vertragliche Rechte und Pflichten sowohl im Verhältnis des Verbandes zu seinen Gesellschaftern (z.B. Einlageansprüche, Gewinnansprüche oder Treupflichten) als auch zwischen den Gründern (diese schulden einander vor allem die Mitwirkung an der Entstehung des Verbandes); die Satzung ist nach heute unbestrittener Auffassung zumindest insoweit obligatorischer Vertrag. Richtiger Ansicht nach behält das Statut diesen (doppelten) Vertragscharakter auch nach Eintragung des Verbandes in das Genossenschafts-, Vereins- oder Handelsregister. 28 auch von den Anhängern der Vertragstheorie vertreten. Zur Diskussion ausführlich im folgenden unter D.III.2.a. 24 Siehe nur v.Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 131; Feine, GmbH, S. 187; Heberlein, GmbH vor Eintragung, S. 16 ff.; Otte, Vorgründungsvertrag, S. 20. 25 Sogenannte reine Vertragstheorie: Scholz/Emmerich, GmbHG 8 , § 2, Rdn. 5; Wiedemann, GR I, S. 160 ff.; Lutter, AcP 180, S. 95, 97; Hadding, FS Fischer, S. 188 ff. 26 Sogenannte modifizierte Normen- oder Vertragstheorie: BGHZ 96, 245 (250); BGHZ 47, 172 (179); BGHZ 21, 30 (373); RGZ 165, 140 (143); Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8 , § 2, Rdn. 5; Baumbach/Hueck/H«ec^, GmbHG 1 6 , § 2, Rdn. 5; K.Schmidt, GR 3 , S. 79 ff.; Kraft/Kreutz, GR 10 , S. 28 f. 27 Vgl. für die individualistische Ansicht z.B. Hopt/Hehi/Vollrath, GR 4 , Rdn. 7; StaudingeilKeßler, BGB 12 , Vorbem. zu § 705, Rdn. 23 ff.; für die kollektivistische Auffassung etwa MünchKomm/U/mer, BGB3, § 705, Rdn. 122, 125; SoergelJHadding, BGB", vor § 705, Rdn. 22, 24; ErmanJWestermann, BGB', § 705, Rdn. 41; Wiedemann, ZGR 1996, S. 286 ff. 28 A.A. vor allem BGHZ 47, 172 (179 f.); BGHZ 21, 3 7 0 (373) sowie etwa GroßKomm¡Röhricht, AktG 4 , S 23, Rdn. 6; Flume, BGB AT 1/2, S. 319 (für Verein und AG); wie hier dagegen Hadding, FS Fischer, S. 188 ff.; Hiiffer, FS Steindorff, S. 65 f., 67; Hachenburg/ GmbHG 8 , § 2, Rdn. 4; Raiser, AcP 194, S. 506. Siehe ausführlicher dazu unter C.II.5.
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Β. Zur Rechtsstruktur der Vorgründungsgesellschaften
Zwischen Personalgesellschaftsverträgen und körperschaftlichen Satzungen bestehen damit nur noch quantitative Unterschiede: Führen erstere zu einer engen persönlichen Verbundenheit unter den Beteiligten, liegt bei letzteren der Schwerpunkt auf den verbandsbezogenen Rechtsverhältnissen. 29 Der unterschiedliche Grad der organisatorischen Verselbständigung der Zusammenschlüsse gegenüber ihren Mitgliedern führt allerdings zu einer Reihe wesentlicher, strukturbildender Unterschiede zwischen Körperschaften und Personalverbänden (siehe dazu unter C.V.).30 Doch bedarf es zu ihrer Begründung und Geltung gegenüber den Verbandsmitgliedern keines Rückgriffs auf „delegierte Rechtssetzungsbefugnisse", wie ihn die Normentheorie vornimmt. Die privatrechtlichen Zusammenschlüsse und damit die geschaffenen Organisationselemente derselben beruhen allein auf dem einverständlichen Willen der Gesellschafter, wie auch ein späterer Beitritt auf einer privatautonomen Entscheidung fußt. 31 Dies entspricht insbesondere auch der Ansicht des Gesetzgebers. Demnach steht es außer Frage, daß die Begründung von Korporationen „rechtsgeschäftlicher, aber eigentümlicher Natur" ist, auch wenn „die Rechte und Pflichten der Mitglieder ... ihren ersten Grund nicht in dem zwischen ihnen geschlossenen Vertrage [haben], sondern in der durch vertragsweise Unterwerfung zur Geltung gelangenden Ordnung". 32 Auf diesem Willenskonsens der Beteiligten beruht die Verbindlichkeit der Gesellschaftsverträge sowohl im Zeitpunkt ihres Abschlusses als auch für den Zeitraum ihrer Geltung; sie beruht hingegen nicht auf einer „heteronomen Ordnung, die befiehlt". 33 Vorgründungsvereinbarungen i.e.S. sind damit Vorverträge zu korporativen Satzungen im technischen Sinn. Mit ihnen verbunden sind regelmäßig die Probleme der Formbedürftigkeit im Hinblick auf die für den Hauptvertrag gemäß SS 23 Abs. 1 Satz 1 AktG, 2 Abs. 1 Satz 1 GmbHG, 5 GenG gebotenen Form sowie der inhaltlichen Bestimmtheit.
aa)
Bestimmtheit
des
Vertragsverhältnisses
Der Vorgründungsvertrag bezweckt die vorzeitige Bindung der Initiatoren. Doch sind vorläufige Vereinbarungen in Vorverträgen zumeist lückenhaft. Denn lägen die beabsichtigten Regelungen in ihrer Gesamtheit bereits vorab fest, stünde dem Abschluß des eigentlich gewollten Hauptvertrages nichts mehr im Wege. Soll aber eine Klage auf Abschluß des Hauptvertrages möglich und ein ergehendes Urteil nach S 894 ZPO vollstreckbar sein, so müssen sich die Gründer über alle wesentlichen Punkte erkenn29
Dies gilt allerdings nur für die gesetzlich kodifizierten Idealstrukturen der verschiedenen Rechtsformen des Gesellschaftsrechts. Mit einer privatautonom vereinbarten Realstruktur kann von den vorgegebenen Strukturen und damit auch von den bestehenden quantitativen Unterschieden abgewichen werden (vgl. nur die Publikums-KG). 30 Insoweit ist die rechtsformübergreifende Unterscheidung in Vertragsgesellschaften (stark personenbezogen) und Satzungsgesellschaften (weitgehend von der Einzelpersönlichkeit losgelöst) durchaus richtig; vgl. dazu bereits Teil B., Fn. 19. 31 Dies gestehen auch die Anhänger der Normentheorie zu: v.Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 128 f.; Otte, Vorgründungsvertrag, S. 35; MünchKomm/Re«fer, BGB1, § 25, Rdn. 11. 32 Gebhard, Vorentwürfe zum BGB, S. 607. 33 So ausdrücklich Wiedemann, GR I, S. 162.
II. Die Vorgründungsgesellschaft als rechtlich relevante Gründervereinigung
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bar geeinigt haben. 3 4 Dies ist selbstverständlicher Ausfluß des schuldrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes und der Privatautonomie, nach denen die Parteien selbst die Regelungen des Vertrages finden sollen. Dabei genügt es, wenn der Inhalt des abzuschließenden Körperschaftsvertrages zumindest bestimmbar ist, der Parteiwille also anhand der Verkehrssitte, des Grundgedankens des Vertrages, des Sinnzusammenhangs, des objektiv erkennbaren Zwecks oder des dispositiven Gesetzesrechts ermittelt werden kann. 3 5 Strittig ist in diesem Zusammenhang allerdings, woraus sich die richterliche Befugnis zur inhaltlichen Vertragsbestimmung und -Vervollständigung ergibt. 3 6 Letztlich können die Gründer die Bestimmung einzelner noch ungeregelten Punkte gemäß § 3 1 5 Abs. 1 B G B einem Mitgesellschafter oder entsprechend § 3 1 7 Abs. 1 B G B einem Organ des entstehenden Verbandes bzw. einem Dritten überlassen. Das Bestimmtheitserfordernis gilt für die Festlegung der Rechtsform (GmbH, AG, Verein, Genossenschaft), 3 7 die objektiv notwendigen Bestandteile des Gesellschaftsvertrages sowie diejenigen (subjektiven) Regelungen, die von den Vertragsparteien als wesentlich angesehen werden. 3 8 Dabei versteht die ganz überwiegende Lehre die essentialia des Gesellschaftsvertrages als identisch mit dem notwendigen Mindestinhalt der Satzung gemäß § § 2 3 Abs. 2 und 3 AktG, 3 Abs. 1 und 2 G m b H G , 6 , 7 GenG, 5 7 Abs. 1 B G B . 3 9 Ermangelt es dem Vorvertrag (seinen wesentlichen Bestandteilen) an der notwendigen inhaltlichen Bestimmtheit, so ist er unwirksam. 4 0
34 BGH, W M 1976, S. 181; OLG Koblenz, M D R 1959, S. 131; OLG München, GmbHR 1958, S. 195; R G Z 156, 129 (138); Hachenburg/U/mer, GmbHG 8 , § 2, Rdn. 28; Baumbach/Hueck/H«ec&, GmbHG 1 6 , § 2, Rn. 30; GroßKomm¡Röhricht, AktG 4 , § 23, Rdn. 279; KölnKomm/Kraft, AktG 2 , § 23, Rdn. 135; Henrich, Vorvertrag, S. 132; Priester, GmbHR 1995, S. 4 8 2 ; Michalski/Sixt, FS Boujong, S. 357 sowie allgemein Motive zum BGB, Bd. I, S. 178: Es soll kein Zweifel bestehen, daß die Vereinbarung nur dann gültig ist, wenn der Inhalt des künftigen Vertrages mit Genüge bestimmt ist. 35 So die herrschende Lehre (Fn. 34); gegen geringere Anforderungen allerdings MünchKomm¡Kramer, BGB', vor § 145, Rdn. 37; Grottke, Vorgründungsgesellschaft, S. 39. 36 Für §§ 133, 157, 242 BGB etwa ScholzJEmmerich, GmbHG 8 , § 2, Rdn. 82; Henrich, Vorvertrag, S. 140 f.; für §§ 315 ff. BGB analog MünchKomm/Kramer, BGB 3 , vor § 145, Rdn. 37; Soergel/Hadding, B G B " , § 705, Rdn. 15; für § 2 8 7 ZPO entsprechend Soergel/Wolf, BGB 1 2 , vor § 145, Rdn. 60; GioßKomm/Röhricht, AktG 4 , § 23, Rdn. 280. 37 OLG München, GmbHR 1958, S. 195; R G Z 106, 174 (177); Scholz/Emmerich, GmbHG 8 , § 2, Rdn. 81; Geßler/HefermehVEckardt/Kropff/ficfejrdi, AktG, § 29, Rdn. 4 2 ; GroßKomm/ Röhricht, AktG 4 , § 23, Rdn. 283; SoergelJHadding, BGB 1 2 , vor § 21, Rdn. 61; Priester, GmbHR 1995, S. 482. 38 MünchKomm/iCwme»·, BGB 1 , vor § 145, Rdn. 37; Baumbach/Hueck/Hwecfc, GmbHG 1 6 , § 2, Rdn. 30; Grottke, Vorgründungsgesellschaft, S. 66. 39 Scholz/Emmerich, GmbHG 8 , § 2 , Rdn. 81; Baumbach/Hueck/H«ecè, GmbHG 1 6 , § 2 , Rdn. 30; Hüffer, AktG 1 , § 23, Rdn. 14; Michalski/Sixt, FS Boujong, S. 3 5 7 ; Priester, GmbHR 1995, S. 482. A.A. Henrich, Vorvertrag, S. 133 f., 139: nur diejenigen Satzungsbestandteile, die das Schicksal der Gesellschaft wesentlich mitbestimmen. 40 HachenburglUlmer, GmbHG 8 , § 2, Rdn. 48; Henrich, Vorvertrag, S. 143; Priester, GmbHR 1995, S. 482. Siehe aber die Diskussion im Zusammenhang mit der „Rechtsformverfehlung", bei der die herrschende Lehre die Wahl einer bestimmten Rechtsform gerade nicht zu den essentialia
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bb)
Β. Zur Rechtsstruktur der Vorgründungsgesellschaften
Formbedürftigkeit
des
Vorvertrages
Die obligatorischen und fakultativen korporativen Abreden der Kapitalgesellschaftssatzungen und des Genossenschaftsstatuts bedürfen gemäß §§23 Abs. 1 Satz 1 AktG, 2 Abs. 1 Satz 1 GmbHG, 5 GenG notarieller bzw. schriftlicher Form. Rechtsprechung 41 und herrschende Lehre 42 erstrecken dieses Formerfordernis auch auf den Vorvertrag. Dies begründet man im wesentlichen mit dem Zweck der auf den Hauptvertrag bezogenen Formvorschriften. Diese dienen zum einen dem Beweis und der Sicherheit des Rechtsverkehrs: Die Grundlagen der einzutragenden Gesellschaft sollen klargestellt und dem mit dem Verband in Geschäftsverbindung tretenden Dritten ebenso wie potentiellen Gesellschaftern ein Einblick in die Satzung und damit in die Rechtsverhältnisse des Zusammenschlusses gewährt werden. Zum anderen komme den Formvorschriften auch eine Warnfunktion zu: Den Gründern soll die Bedeutsamkeit ihrer Willenserklärung bewußt gemacht werden, um sie so vor Übereilung zu schützen. 41 Könne auf der Grundlage und mit dem Inhalt nur mündlicher Vorgründungsvereinbarungen die Errichtung des Verbandes im Klageweg erzwungen werden, sei der beabsichtigte Schutz der Gründer umgehbar. Daher müsse auch der Vorvertrag auf Eingehung einer Korporation die Form der §§ 23 Abs. 1 Satz 1 AktG, 2 Abs. 1 Satz 1 GmbHG, 5 GenG wahren. Darüber hinaus stützte sich insbesondere das Reichsgericht auf einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, wonach Vorverträge immer dann formpflichtig sind, wenn für die Gültigkeit eines Hauptvertrages gesetzlich eine bestimmte Form vorgeschrieben ist.44 Das Formerfordernis erstreckt man in analoger Anwendung der §§ 23 Abs. 1 Satz 2 AktG, 2 Abs. 2 GmbHG auch auf Bevollmächtigungen zum Abschluß des Vorvertrages.45 Dies gebiete ein Schutzbedürfnis der beim Vertragsschluß Vertretenen, auch negotii rechnet, sondern den Zusammenschluß notfalls auch gegen den Willen der Beteiligten der „richtigen" Rechtsform unterstellt; vgl. nur KSchmidt, GR 3 , S. 107 ff.; Jahnke, Z H R 146, S. 5 9 8 . 41 LAG Frankfurt a.M., G m b H R 1998, S. 784; BGH, NJW 1992, S. 3 6 3 ; BAG, GmbHR 1991, S. 4 5 9 ; OLG Hamm, GmbHR 1989, S. 336; BGH, GmbHR 1988, S. 99; LG Aachen, NJW-RR 1986, S. 663; OLG München, GmbHR 1958, S. 195; RGZ 156, 129 (138); R G Z 130, 7 2 (75); R G Z 106, 174 (176); RGZ 66, 116 (120); RGZ 43, 136 (139). 42 H a c h e n b u r g / U W , GmbHG 8 , § 2 , Rdn. 11, 44; Roweddei/Rittner/Schmidt-Leithoff, GmbHG', § 2, Rdn. 74; Scholz/Emmerich, GmbHG 8 , § 2, Rdn. 79; Lang/Weidmüller/ Metz/Schaffl and/Mete, GenG", § 13, Rdn. 3; K.Müller, GenG 2 , § 13, Rdn. 4; GroßKommJRöhricht, AktG 4 , § 23, Rdn. 281; Hüffer, AktG 3 , § 23, Rdn. 14; KölnKomm/Kra/ί, AktG 2 , § 23, Rdn. 136; Henrich, Vorvertrag, S. 164; Michalski/Sixt, FS Boujong, S. 3 5 7 ; Priester, G m b H R 1995, S. 4 8 3 ; Blaurock, FS Rittner, S. 45; Reinicke, N J W 1969, S. 1830; Fischer, G m b H R 1954, S. 131; Sternberg, Vorvertrag, S. 16 ff. 43 BGH, G m b H R 1988, S. 99; RGZ 66, 116 (121); RGZ 54, 4 1 8 (419); HachenburglUlmer, GmbHG 8 , $2, Rdn. 44; Baumbach/Hueck/Haeoie, GmbHG 1 6 , § 2 , Rdn. 29; GroßKomm/ Röhricht, AktG 4 , § 23, Rdn. 281; KölnKomm/Kra/ί, AktG 2 , § 23, Rdn. 136; Priester, G m b H R 1995, S. 4 8 3 ; Reinicke, NJW 1969, S. 1832. 44 R G Z 43, 136 (139); RGZ 66, 116 (120). 45 H a c h e n b u r g / U W , GmbHG 8 , § 2, Rdn. 4 6 ; Scholz/Emmerich, GmbHG 8 , S 2, Rdn. 79; Rov/eddei/Rittner/Schmidt-Leithoff, GmbHG 1 , § 2, Rdn. 74; Baumbach/Hueck/Hwee¿, GmbHG 1 6 , § 2, Rdn. 2 9 f.; Gr oSKomm!Röhricht, AktG 4 , § 23, Rdn. 282; Hüffer, AktG 1 , § 23, Rdn. 14; Priester, G m b H R 1995, S. 4 8 3 ; Reinicke, NJW 1969, S. 1830.
II. Die Vorgründungsgesellschaft als rechtlich relevante Gründervereinigung
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wenn mit diesen Vorschriften unmittelbar keine Warnfunktion verbunden sei. Geschützt seien auch die Belange der Gesellschafter, zwischen denen Streit über die Berechtigung des Vertreters vermieden werden solle. Fehlt die Schriftform, so soll der Vorvertrag gemäß S 125 BGB nichtig, bei Formmangel der Bevollmächtigung der Vorvertrag schwebend unwirksam sein.4* Die Annahme einer Formbedürftigkeit auch der Vorgründungsverträge ist nicht unbestritten. 4 7 So weist man zu Recht darauf hin, daß ein allgemeiner Rechtssatz, wonach Vorverträge zu formpflichtigen Hauptverträgen ohne weiteres selbst formpflichtig seien, nicht existiert. 48 Im Gegenteil zeige das Gesetz etwa in den §§ 167 Abs. 2, 182 Abs. 2 BGB oder 15 Abs. 4 G m b H G selbst, daß die Ausdehnung einer Formvorschrift auf expressis verbis nicht erfaßte Sachverhalte nicht die Regel sei. Vielmehr ordne das Gesetz, wie etwa in den §§ 1945 Abs. 3 Satz 1, 1484 Abs. 2 Satz 1 BGB, 2 Abs. 2 G m b H G oder 134 Abs. 3 Satz 2 AktG eine Vorwirkung jeweils besonders an. Da das Gründungsrecht der Körperschaften jedenfalls ausdrücklich nicht die Ausweitung des Formerfordernisses des Hauptvertrages bestimme, verbleibe es bei der allgemeinen Vertragsfreiheit und damit der grundsätzlichen Formfreiheit von Rechtsgeschäften. 4 9 Dies gelte um so mehr, als mit dem Vorgründungsvertrag eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts bzw. eine Personalhandelsgesellschaft entstehe; Gesellschaftsverträge im Sinne der §§ 705 ff. BGB, 105 ff., 161 ff. H G B kommen aber anerkanntermaßen gerade formfrei zustande. 5 0 Des weiteren verweist man beispielhaft auf Verpflichtungen zur Abgabe eines abstrakten Schuldanerkenntnisses oder -Versprechens, Verpflichtungen zur Begründung einer Wechsel- oder Scheckverbindlichkeit bzw. auf schuldrechtliche Vereinbarungen mit dinglichem Erfüllungsgeschäft, die (von Ausnahmen wie § § 3 1 3 Satz 1 BGB, 11 Abs. 2 ErbbauVO, 4 Abs. 3 W E G abgesehen) nach ganz überwiegender Ansicht formfrei begründet werden können. Vom erreichten Stand der Dogmatik aus überholt ist allerdings die Argumentation anhand einer besonderen Rechtsqualität der Satzungsfeststellung im Körperschaftsrecht. Diese sollte als „schöpferischer Konstitutivakt" nicht schuldrechtlicher Vertrag, sondern ein sozialrechtlicher Akt sein, der ein neues Rechtssubjekt und inter omnes geltendes Recht schaffe (siehe oben). Aufgrund der Entwicklung ist bereits ein Vergleich von Vorgründungsvertrag und Satzungsfeststel46
Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8 , § 2, Rdn. 47; Scholz/Emmerich, GmbHG 8 , § 2, Rdn. 79; Baumbach/Hueck/H«ec£, GmbHG 1 6 , S 2, Rdn. 29; GroßKomm/Röhricht, AktG 4 , § 23, Rdn. 281 f.; Hüffer, AktG', § 23, Rdn. 14; Henrich, Vorvertrag, S. 164; Priester, GmbHR 1995, S. 4 8 3 ; Reinicke, NJW 1969, S. 1831. 47 OLG Stuttgart, GmbHR 1958, S. 196; Flume, FS Geßler, S. 18 f.; Bär, FG Kummer, S. 86 f.; Hachenburg/Schilling, GmbHG 6 , § 2, Rdn. 14 (in Fortführung der Hachenburgischen Ansicht); Schreiber, KGaA, S. 81; Feine, GmbH, S. 188; Bing, JW 1929, S. 645; Baritsch, VorGmbH, S. 13; Steimel, Gründungs-GmbH, S. 7; Otte, Vorgründungsvertrag, S. 55; Dressler, Vorgesellschaft, S. 9; für die Schweiz BGE 102 II, 4 2 0 (424). 48 Ritzinger, NJW 1990, S. 1203; Fischer, GmbHR 1954, S. 129; Feine, GmbH, S. 188; Baritsch, Vor-GmbH, S. 13. Die Rechtsprechung selbst erkennt dies seit RGZ 86, 3 0 (32) an. 49 Baritsch, Vor-GmbH, S. 13, Otte, Vorgründungsvertrag, S. 27. 50 OLG Stuttgart, GmbHR 1958, S. 196; Feine, GmbH, S. 188; Steimel, Gründungs-GmbH, S. 7. Ein anderes kann sich aber aus allgemeinem Recht ergeben; so etwa aus § 313 BGB, wenn ein Grundstück in die Gesellschaft eingebracht werden soll.
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Β. Zur Rechtsstruktur der Vorgründungsgesellschaften
lung mit dem Verhältnis von formfreiem Schuldvertrag und formgebundenem dinglichen Erfüllungsgeschäft unhaltbar. 51 Darüber hinaus läßt sich nicht bestreiten, daß der Vorgründungsvertrag nach Inhalt und Wesen Vorvertrag im technischen Sinn zur Errichtung der Körperschaft ist. 52 Aus heutiger Sicht ist diese induktive Argumentation diesbezüglich allerdings unergiebig, da man nicht überzeugend zu generellen Aussagen gelangen kann. Nach einhelliger Lehre hängt es deshalb gerade vom Inhalt und Zweck einer Formvorschrift ab, ob diese sich auch auf den Vorvertrag zum formpflichtigen Hauptvertrag erstreckt. 53 Formvorschriften dienen so unterschiedlichen Zielen wie der Abschlußklarheit (daß etwas zustande kam) oder Inhaltsklarheit (was vereinbart wurde), einer Beweissicherung, der Erkennbarkeit für Dritte, einer fachmännischen Beratung, der Überwachung im Gemeinschaftsinteresse, der Erschwerung einer Rechtshandlung im Gemeinschaftsinteresse oder einerTypisierung. 54 Keiner dieser Zwecke verlangt, daß auch ein Vorvertrag in der Form des Hauptvertrages geschlossen werden muß. 55 Etwas anderes gilt allein in den Fällen, in denen das Formerfordernis die Beteiligten vor übereilter Bindung schützen will. Bindet eine zeitlich vorgezogene Verpflichtung der Vertragsparteien rechtlich in gleicher Weise wie die Vornahme des formbedürftigen Rechtsgeschäfts, muß der Vorvertrag selbst die Form des angestrebten Geschäfts wahren, will man den Zweck dieser Vorschrift nicht umgehen. Daran gemessen erstrecken sich z.B. die § § 3 1 1 , 312 Abs. 2 Satz 2, 313 Satz 1, 518 Abs. 1 Satz 1, 761, 766 Satz 1 BGB, 34 GWB, 4 Abs. 3 W E G bereits auf Vorverträge, nicht aber etwa die §§ 5 6 6 Satz 1 BGB, 1 Abs. 2 TVG. Historisch läßt sich nun nachweisen, daß die satzungsbezogenen Formvorschriften des AktG, GmbHG und GenG jedenfalls dem Beweis und der Sicherheit des Rechtsverkehrs dienen § 2 Abs. 1 Satz 1 GmbHG gilt sachlich unverändert seit der Entstehung des Gesetzes im Jahre 1892. In der Begründung 56 wird festgestellt, daß „der Gesellschaftsvertrag
51 Siehe etwa Otte, Vorgründungsvertrag, S. 10; Hachenburg/Schilling, GmbHG 6 , § 2, Rdn. 14; Feine, GmbH, S. 188: Da der Errichtungsakt nicht obligatorischer Vertrag sei, entspreche das Verhältnis von Vorgründungsvertrag und Satzungserrichtung der Struktur von Verpflichtung zu dinglicher Erfüllung (körperschaftlicher Hauptvertrag), nicht aber von verpflichtendem Vertrag zu (erfüllendem) Schuldvertrag. Richtig bereits Willms, Vor-AG, S. 14. 52 Siehe aber z.B. noch Schreiber, KGaA, S. 81; Otte, Vorgründungsvertrag, S. 36, 55: Weil die Satzungsfeststellung nicht schuldrechtlicher Vertrag sei, könne der Vorgründungsvertrag bezüglich seiner Form nicht den Regeln über das Verhältnis eines Hauptvertrages zu seinem Vorvertrag unterliegen. 53 BGH, W M 1996, S. 7 6 3 ; BGHZ 61, 48 (48); RGZ 86, 3 0 (32); MünchKomm/Kramer, BGB', vor § 145, Rdn. 3 8 ; SoetgeVHefermehl, BGB 12 , § 125, Rdn. 6; Soergel/Wolf, BGB 12 , vor § 145, Rdn. 62 f.; Staudinger/Borè, BGB 13 , Vorbem. Zu §§ 145 ff., Rdn. 60 f.; Erman/Brox, BGB», § 125, Rdn. 3 ; Henrich, Vorvertrag, S. 148 f., 152 f., 164; Grottke, Vorgründungsgesellschaft, S. 4 0 f.; Ritzinger, NJW 1990, S. 1203; Fischer, GmbHR 1954, S. 129; Otte, Vorgründungsvertrag, S. 28; Sternberg, Vorvertrag, S. 17. 54 Die hier zugrundeliegende Klassifizierung geht zurück auf Henrich, Vorvertrag, S. 152. 55 Zweifelhaft ist dies allerdings für Abschluß- und Inhaltsklarheit und Erschwerung eines Vertragsschlusses im Gemeinschaftsinteresse, vgl. Henrich, Vorvertrag, S. 153. 56 Abgedruckt in den Stenographischen Berichten Reichstag, 8. Legislaturperiode, I. Session 1890/92, 5. Anlageband, S. 3 7 2 4 ff.
II. Die Vorgründungsgesellschaft als rechtlich relevante Gründervereinigung
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als die dauernde, auch Dritten erkennbar zu machende Grundlage der Gesellschaftsverhältnisse ... nicht anders als schriftlich geschlossen werden [kann]" (S. 3733). Während in der Entwurfsbegründung noch davon ausgegangen wurde, daß die „... Form einer Privaturkunde ... aber als genügend zu betrachten [ist]; für das Erforderniß gerichtlicher oder notarieller Errichtung, wie sie bei der Aktiengesellschaft vorgeschrieben [ist], ... es hier mit Rücksicht auf die einfachere Struktur des Gründungsherganges an einem Bedürfnisse [fehlt]" (S. 3733), wurde in den Kommissionsberatungen zwischen erster und zweiter Lesung die Notwendigkeit „gerichtlicher und notarieller Form" statuiert, da „der Gesellschaftsvertrag ... die rechtliche Grundlage der Gesellschaftsverhältnisse [bildet], durch denselben wird der Betrag der Stammeinlage und damit die Haftung jedes Gesellschafters festgestellt; dadurch ist die Vorschrift der gerichtlichen oder notariellen Errichtung gerechtfertigt" , 57 Ähnliches gilt für das Genossenschaftsrecht. § 5 GenG gilt unverändert seit 1889 fort; in der Begründung 58 wird lediglich auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 des preußischen GenG von 1867 verwiesen, 59 welches mit Gesetz vom 4.7.1868 Norddeutsches Bundesgesetz 60 wurde. Die Formvorschrift des preußischen GenG wurde aufgrund eines Regierungsentwurfs, der eine Formpflicht mit der Notwendigkeit, „den in seinen Folgen wichtigen Genossenschaftsvertrag authentisch festzuhalten", 161 begründete, kontrovers diskutiert. „Von einigen Seiten wurde die Abfassung durch den Notar oder Richter festgehalten... Unterstützend wurden die Aktien- und die Kommandit-Gesellschaft herangezogen. Hier wie dort mache die Rücksicht auf die Sicherheit des Publikums die gerichtlich beglaubigte Form nothwendig." 62 In Entsprechung des Entwurfs von Schulze-Delitsch und der überwiegenden Auffassung in der Kommission verblieb man jedoch bei der einfachen Schriftform: „Gegen die strengere Form hob man die Weitläufigkeit und die Kosten des Verfahrens hervor... Die Genossenschaft [stehe] näher der offenen Handels- und der gewöhnlichen Kommanditgesellschaft; für beide gelte der mündliche Begründungsvertrag. Zur besseren Sicherheit wollte man dennoch für die Genossenschaften die schriftliche Form einräumen, weil dieselbe leicht zu bewirken und zur Feststellung der nothwendigen Vorbedingungen für die Eintragung dienlich sei... Eine nicht zu unterschätzende Bürgschaft liege darin, daß die Vorsteher den 57 Stenographische Berichte Reichstag, 8. Legislaturperiode, I. Session 1890/92, 6. Band, S. 4007. 58 Abgedruckt in den Stenographischen Berichten Reichstag, 7. Legislaturperiode, IV. Session 1888/89, 1. Anlageband, S. 213. 59 Gesetz, betreffend die privatrechtliche Stellung der Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27.3.1867, Nr. 34 der Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten 1867. 60 Gesetz, betreffend die privatrechtliche Stellung der Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften, Nr. 24 des GBl. des Norddeutschen Bundes 1868. 61 Der Regierungsentwurf des Genossenschaftsgesetzes vom 02.02.1866 und seine Begründung sind abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/Aschermann, Materialien GenG, Bd. II, S. 44, 78 ff., 93 ff., 96 f. 61 Bericht der XIV. Kommission zur Vorberatung des von den Abgeordneten Schulze-Delitsch und Genossen eingebrachten „Gesetz-Entwurfes, betreffend die privatrechtliche Stellung der auf Selbsthülfe beruhenden Erwerbs- und Wirthschafts-Genossenschaften" vom 16.9.1866, abgedruckt mit Begründung bei Beuthien/Hüsken/Aschermann, Materialien GenG, Bd. II, S. 16 ff., 32.
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Β. Z u r Rechtsstruktur der Vorgründungsgesellschaften
Vertrag zur Eintragung beim Handelsgericht einreichen müssen; die Fälschung würde mit der schwersten Strafe ... belegt werden." (Seite 32). Die aktienrechtlichen Regelungen lassen sich am weitesten zurückverfolgen. Als zuerst kodifizierte, korporativ strukturierte Verbandsform diente die Aktiengesellschaft (bzw. die KGaA) als Vorlage für die späteren „Neuschöpfungen" GmbH und Genossenschaft. § 23 Abs. 1 Satz 1 AktG ist seit Inkrafttreten des Gesetzes 1965 unverändert 63 und geht in der Sache über § 16 Abs. 1 Satz 1 AktG 1937 6 4 zurück auf die Art. 175 Abs. 1 Satz 1, 209 Abs. 1 Satz 1 ADHGB 1884, 6 5 Art. 174 Abs. 2, 208 Abs. 2 ADHGB 1870 6 6 und Art. 174 Abs. 2, 208 Abs. 2 ADHGB 1861. 6 7 Allein in der zweiten Beratung der Kommission zum ADHGB von 1861 findet sich der Hinweis, daß „die Vorschrift [des Art. 186 Abs. 2] des ersten Entwurfs nicht entbehrlich [sei], daß über den Gesellschaftsvertrag, über das Statut der Gesellschaft, wenigstens von einigen Personen eine notarielle oder gerichtliche Urkunde errichtet werde, weil sonst kein Dritter, sei er ein Aktionär oder ein Gläubiger der Gesellschaft, sicher sein könne, daß [sich] an den Bestimmungen, auf deren Grund er sich zur Zeichnung oder zum Kreditiren veranlaßt gesehen, nicht nachträglich etwas geändert habe." 68 Zweck sei die „Herstellung eines unveränderlichen, jedem Beteiligten zugänglichen Beweismittels" über die Modalitäten der Gesellschaft (S. 1035). Eine umfassende Begründung für die notwendige notarielle oder gerichtliche Beurkundung der Satzung bietet der preußische Entwurf eines HGB, 6 9 der in den Nürnberger Verhandlungen der ADHGB-Kommission als Grundlage diente. Als Motive zu Art. 157 Abs. 1, 181 Abs. 2 wurde formuliert: „Zum Schutz des Publikums und der späteren Aktienzeichner ist zunächst die sichere Feststellung der Bedingungen des Gesellschaftsvertrages erforderlich. Hierauf zielt die Vorschrift ab, daß die Gründer der Gesellschaft den Gesellschaftsvertrag in einer notariellen Urkunde abschließen 63 Vgl. den Abdruck des ursprünglichen Textes mit vollständiger Begründung des Regierungsentwurfs bei Kropff, AktG, S. 4 3 f. 64 Siehe den T e x t mit amtlicher Begründung bei Klausing, AktG, S. 1 4 f. 65 Eingeführt durch das Gesetz, betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften vom 1 8 . 7 . 1 8 8 4 , RGBl. 2 2 vom 3 1 . 7 . 1 8 8 4 ; die Begründung dazu findet sich in den Stenographischen Berichten Reichstag, 5. Legislaturperiode, IV. Session 1 8 8 4 , Bd. 3, S. 3 1 6 und 3 2 5 . 66 Geschaffen durch das Reichsgesetz für den Norddeutschen Bund vom 1 1 . 6 . 1 8 7 0 , betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften, GBl. des Norddeutschen Bundes 1 8 7 0 , S. 3 7 5 ; die Begründung dazu findet sich in den Stenographischen Berichten Reichstag Norddt. Bund, I. Legislaturperiode, Session 1 8 7 0 , 4 . Band, S. 6 5 9 . 67 Entwurf und Materialien eines Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs findet sich bei Lutz, Protokolle A D H G B , Beilagenband. Die Begründungen und Verhandlungen der Nürnberger Kommission sind für die erste Lesung abgedruckt im I. Theil, S. 1 5 3 ff., besonders S. 3 1 6 ; die zweite Lesung findet sich im III. Theil, S. 9 7 5 ff., besonders S. 1 0 3 4 ff., 1 1 1 7 . 68 Der Schutz des Zeichners nach Satzungsfeststellung hat sich überholt, da das Gesetz Sukzessivgründungen nicht mehr kennt. Auch bei Simultangründungen nimmt man keine Trennung mehr zwischen Feststellung der Satzung - Einigung über das Grundgesetz der Gesellschaft - und Übernahme des Kapitals durch die Gründer vor; vielmehr vollzieht sich dies in einem einheitlichen Rechtsakt. 69 Abgedruckt als Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für die Preussischen Staaten nebst Motiven.
II.
Die Vorgründungsgesellschaft als rechtlich relevante Gründervereinigung
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müssen. Der notarielle Abschluß giebt zugleich eine Gewähr dafür, daß der Gesellschaftsvertrag den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend abgefaßt wird... Bei Aktiengesellschaften ist die authentische Feststellung des Grundvertrages noch außerdem dadurch geboten, daß die Echtheit des Vertrages feststehen muß, ehe er zur landesherrlichen Genehmigung vorgelegt werden kann." (Seiten 83 und 91). Diese Argumentation findet sich bereits zu S 2 Abs. 1 Satz 1 des preußischen AktG von 1843, 70 der erstmaligen Kodifikation eines Aktienrechts in Deutschland: „... die Statuten [müssen] jederzeit gerichtlich oder notariell abgefaßt werden ..., da einerseits dies nothwendig ist, damit die Legitimation der Vertreter feststehe, andererseits aber es zweckmäßig scheint, daß bei Errichtung eines derartigen Gesellschaftsvertrages ein Sachverständiger zugezogen wird." (Seite 30). Wie sich aus der Gesamtschau der Motive ergibt, wurde dieser Sachverständige als eine doppelte, der damals noch notwendigen Konzessionierung des Verbandes vorausgehende Kontrolle für sinnvoll erachtet. Denn aufgrund der „Befreiung von der persönlichen Verbindlichkeit" „... könne [es] unmöglich in die Willkür einer Zahl gewinnlustiger Interessenten gestellt werden, mit ausgedehnten Unternehmungen aufzutreten und Gewinn zu suchen, ohne, bei mangelhafter Begründung oder schlechter Verwaltung des Unternehmens, denjenigen gerecht werden zu müssen, welche Anforderungen an sie zu richten hätten. Es würde dadurch auf Kosten der soliden Industrie dem Hange zu unbesonnener Spekulation Vorschub geleistet und Betrügereien Thor und Thür geöffnet." (Seite 13). Die mit den § § 2 3 Abs. 1 Satz 1 AktG verfolgte gesetzgeberische Absicht liegt damit offen zutage. Durch die sichere Feststellung der Bedingungen des Vertrages werden für den Verband selbst und seine Mitglieder die Grundlagen der eingetragenen Gesellschaft klargestellt (Beweissicherung) und Außenstehenden die Möglichkeit eröffnet, von diesen Rechtsverhältnissen Kenntnis zu erlangen (Publizitätssicherung). Ersteres ist notwendig, da mit dem Gründungsakt ein neues Rechtssubjekt entsteht. Die Möglichkeit für Dritte, von den Verhältnissen des Verbandes Kenntnis zu nehmen, resultiert aus einem nur begrenzt garantierten Haftungsfonds bei Kapitalgesellschaften. Insbesondere der Ausschluß einer persönlichen Gesellschafterhaftung für die Verbindlichkeiten des Verbandes bedingt gegenüber dem Personalgesellschaftsrecht ein erhöhtes Schutzbedürfnis der Gläubiger sowie allgemein des Rechtsverkehrs. Man genügt dem durch eine umfassende Offenlegungspflicht der Verbandsverhältnisse. Da aber eine Publizität in dem beschränkten Umfang des Handelsregisters keinesfalls genügt, setzen die Anforderungen bereits am Gesellschaftsvertrag selbst an; dieser muß in jeweils aktueller Fassung beim Registergericht hinterlegt werden, § § 1 8 1 Abs. 1 Satz 2 AktG, 54 Abs. 1 Satz 2 GmbHG, 16 Abs. 5 Satz 1, 11 GenG. Eine „landesherrliche Genehmigung" der genannten Körperschaften gibt es mit Ablösung des Konzessionssystems durch das Normativsystem nicht mehr. Uberholt ist damit die in den Gesetzesmaterialien oftmals niedergelegte Begründung, „daß die Staatsregierung nicht in die Lage 70 Nr. 31 der Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten vom 2 9 . 1 1 . 1 8 4 3 . Die Begründung findet sich in den Motiven zu der Verordnung über Aktiengesellschaften von 1842, die als acta generalia, Aktienrecht des preußischen Justizministeriums in den Jahren 1838 bis 1843, auf Film im Juridicum der Universität Bonn (Institut für Handels- und Wirtschaftsrecht) vorhanden sind.
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Β. Zur Rechtsstruktur der Vorgründungsgesellschaften
kommen darf, einem Vertrage ihre Genehmigung zu ertheilen, dessen Echtheit nicht feststeht." 71 Vielmehr bildet der Grundsatz der Publizität - mittels Kontrolle der Eintragungsvoraussetzungen durch den Registerrichter und Aufklärung des Rechtsverkehrs durch Offenlegung der Verbandsverhältnisse - ein notwendiges Korrelat zum Normativsystem. Die besonderen Formanforderungen dienen dazu, die Echtheit und Zuverlässigkeit der notwendigerweise an die Öffentlichkeit gelangenden Erklärungen zu sichern. Beschränkt man den Zweck der §§ 23 Abs. 1 Satz 1 AktG, 2 Abs. 1 Satz 1 GmbHG, 5 GenG zunächst auf die gesicherte Kenntlichmachung der Gesellschaftsgrundlagen, so bedarf der Vorvertrag keiner Form. Er selbst ist nicht Grundlage der späteren Körperschaft, die Möglichkeit einer Kenntnisnahme durch den Rechtsverkehr und einer Prüfung durch den Registerrichter muß erst ab Errichtung des Verbandes bestehen. Anhand der Gesetzesmaterialien läßt sich darüber hinaus nicht nachweisen, daß mit den §§ 23 Abs. 1 Satz 1 AktG, 2 Abs. 1 Satz 1 GmbHG, 5 GenG ein Schutz der unmittelbar an der Gründung beteiligten, vertragschließenden Gesellschafter vor Übereilung beabsichtigt war. An keiner Stelle findet sich ein Anhaltspunkt für die Annahme, daß mit den Formerfordernissen den Gründern auch die Bedeutsamkeit ihrer Willenserklärungen bewußt gemacht werden sollte. Gegen eine derartige Annahme spricht neben der Gesetzesgenese insbesondere auch die Rechtsentwicklung zu den Personalgesellschaftsverträgen. Für diese bestand spätestens seit den ersten handelsrechtlichen Kodifikationen in Deutschland, dem preußischen allgemeinen Landrecht von 1794 72 (I 17 S 170, II 8 S 617) sowie dem in den Rheinprovinzen geltenden französischen code de commerce von 1808 73 (Art. 39, 40), zumindest eine Schriftformpflicht. Formvorschriften lassen sich darüber hinaus in den verschiedensten Gesetzesentwürfen, wie etwa dem Württemberischen HGB von 1839 74 (Art. 185, 235), der Naussauischen Handels- und Wechselordnung von 1842 75 ( S 66 Abs. 1 Satz 1, 89 Abs. 1), dem Allgemeinen Handelsgesetzbuch für Deutschland von 1849 76 (Art. 6 Satz 1, 64) sowie der Vorlage Österreichs zu den Nürnberger Ver-
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Entwurf eines allgemeinen Handelsgesetzbuches für Deutschland von 1849 von der durch das Reichsministerium der Justiz niedergelegten Kommission, S. 135. Ähnlich der Entwurf eines Handelsgesetzbuches für das Königreich Württemberg mit Motiven von 1839, S. 220: „Eine notariatamtliche Urkunde aber kann deswegen nicht entbehrt werden, weil den Unternehmern sonst sehr leicht gewesen wäre, später die Bedingungen der Gesellschaft zu ändern." 72 Der Text ist abgedruckt bei Hattenbauer/Bernert, ALR 1794. Allerdings muß man nach dem ALR differenzieren: Während allgemeine Erwerbsgesellschaften nur bei gerichtlicher Form und öffentlicher Bekanntmachung im Außenverhältnis entstand (I 17 §§ 178, 179), war für besondere Erwerbsgesellschaften einfache Schriftform vorgesehen (I 17 §§ 170, 171, 183, 187). 73 Eine Übersetzung und Kommentierung findet sich bei Broicher/Grimm, HR, S. 22. 74 Abgedruckt als Entwurf eines Handelsgesetzbuches für das Königreich Württemberg mit Motiven von 1839. 75 Veröffentlicht als Entwurf einer Handels- und Wechselordnung für das Herzogthum Nassau. 76 Publiziert als Entwurf eines allgemeinen Handelsgesetzbuches für Deutschland von 1849 von der durch das Reichsministerium der Justiz niedergelegten Kommission.
II. Die Vorgründungsgesellschaft als rechtlich relevante Gründervereinigung
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handlungen zum A D H G B 1 8 6 1 7 7 (§ 81), nachweisen. Dies entsprach auch den Anschauungen der Rechtslehre in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. 7 8 Begründet wird dies - im Unterschied zum Körperschaftsrecht - zumindest auch mit einem Schutzbedürfnis der Gesellschafter. Sehr anschaulich wird im HGB-Entwurf von 1 8 4 9 formuliert: 7 9 „Die schriftliche Abfassung des Gesellschaftsvertrages ... wird von den meisten Gesetzgebungen verlangt. Die Gründe hierfür liegen augenscheinlich in der großen Bedeutung, welche die Eingehung einer Collektiv-Gesellschaft für das ganze Vermögen der Contrahenten hat, und in dem Interesse des handeltreibenden Publikums überhaupt, den Inhalt der betreffenden Verträge so weit zu erfahren, als derselbe auf seine Rechte von Einfluß sein kann. Es konnte daher keinem Zweifel unterliegen, daß Bestimmungen über die Schriftlichkeit des Gesellschaftsvertrages ... aufgenommen werden mußten." (Seite 93 der Motive). In vergleichbarer Weise wird auch im preußischen Entwurf eines H G B von 1 8 5 7 8 0 auf zwei unterschiedliche Motive rekapituliert: „Daß der Gesellschaftsvertrag schriftlich geschlossen werde, liegt schon im eigenen Interesse der Gesellschafter, weil der Gesellschaftshandel in der Regel verwickelte Rechtsverhältnisse erzeugt, welche bei einem bloß mündlichen Vertragsschlusse unvermeidlich zu endlosen Streitigkeiten und Verwirrungen führen müßten. Es kann aber nach dem Prinzipe des Entwurfs, nach welchem das Vermögen einer Handelsgesellschaft ein selbständiges Rechtsganzes mit besonderen Rechten und Pflichten darstellt, bei dem Erfordernisse des schriftlichen Vertragsschlusses allein nicht stehen geblieben werden; es erscheint vielmehr als eine unumgängliche Nothwendigkeit, daß die Existenz der Gesellschaft zugleich auf eine nicht zu verdunkelnde, Jedermann zugängliche Weise festgestellt wird." (Seite 49). Erst in den Beratungen zum ADHGB 1 8 5 7 bis 1 8 6 1 in Nürnberg gab man das Formerfordernis für Personalgesellschaftsverträge auf. Die dazu führenden Erwägungen, 8 1 die sich bereits in der ersten Lesung finden, beziehen sich zum einen auf den Schutz des Rechtsverkehrs: „Alle Sicherheit, welche für das Publikum bezweckt werde, sei erreichbar durch Anzeigen und Eintragungen ins Handelsregister; wo diese seien, sei im Interesse des Publikums die schriftliche Vertragserrichtung ganz entbehrlich." Zum anderen stellte man bezüglich der Schutzbedürftigkeit der beteiligten Gesellschafter fest, daß man „... es also füglich der Vorsicht der Kaufleute überlassen [könne], ob sie Verträge abzufassen für gut fänden oder nicht... Weit größere Sicherheit [werde] erzielt ..., wenn die gesetzlichen und möglichst klaren Bestimmungen [des Gesetzes] überall die Richtschnur seien... Man [sei] früher in der Regel von dem nicht gerechtfertigten Gesichtspunkte ausgegangen ..., mit der Privatrechtsgesetzgebung zugleich eine weitgehende Fürsorge gegen jede mögliche Beschädigung des Privaten zu verbin77 Entwurf eines österreichischen Handelsrechtes (revidierter Entwurf), abgedruckt bei Lutz, Protokolle ADHGB, Beilagenband. 78 Siehe etwa die Darstellungen von Leuchs, HR, S. 326 f.; Broicher/Gritnm, HR, S. 22; Schiebe, GR, S. 14, 92 f., 120. 79 Entwurf eines allgemeinen Handelsgesetzbuches für Deutschland von 1849 von der durch das Reichsministerium der Justiz niedergelegten Kommission. 80 Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für die Preussischen Staaten nebst Motiven. 81 Siehe den Abdruck der Verhandlungen der ersten Lesung bei Lutz, Protokolle ADHGB, I. Theil, S. 166-170.
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Β. Z u r Rechtsstruktur der Vorgründungsgesellschaften
den . . . " In den Motiven zum B G B wird ausdrücklich daran angeknüpft: „Der Gesellschaftsvertrag i s t . . . wie nach gemeinem Rechte formfrei. Damit, daß die Kontrahenten sich über die wesentlichen Punkte des Vertrages geeinigt haben, ist derselbe geschlossen... Hiernach ist auch stillschweigender Abschluß des Gesellschaftsvertrages denkbar und zulässig." 82 W e n n nun aber gerade bei denjenigen Gesellschaftsverträgen, die in die Privatsphäre des einzelnen durch die Begründung unbegrenzter persönlicher Haftung für Verbandsverbindlichkeiten und eine Verpflichtung zu persönlichem Einsatz in besonderer Weise eingreifen, (anerkanntermaßen) auf einen Gesellschafterschutz jedenfalls durch Statuierung besonderer Formvorschriften verzichtet wird, so kann man einen Gründerschutz nicht dem Körperschaftsrecht unterlegen. 8 3 Die Gesellschafter einer Aktiengesellschaft, G m b H oder Genossenschaft verpflichten sich üblicherweise nur zu einer gegenständlichen (Bar- oder Sach-)Einlage in bestimmter Höhe. Eine persönliche Haftung für die Verbindlichkeiten der Körperschaft ist für sie regelmäßig ausgeschlossen. Auch sonst ist die schuldrechtliche Stellung in diesen Verbänden nicht so herausgehoben, daß ihre Begründung besonders schutzwürdig erscheint. Insbesondere das geringere wirtschaftliche Risiko indiziert ein weit geringeres Schutzbedürfnis von Kapitalgesellschaftern, Genossen und Vereinsmitgliedern. Berücksichtigt man dies, so ist die Prämisse der herrschenden Lehre vom Schutz der Gründer durch die §§ 2 3 Abs. 1 Satz 1 AktG, 2 Abs. 1 Satz 1 G m b H G , 5 G e n G unhaltbar. Letztlich läßt sich gegen eine Formpflichtigkeit auch der Vorverträge ein pragmatisches Argument anführen. Faßt man das Bestimmtheits- und das Formerfordernis der herrschenden Ansicht zusammen, liegt mit dem Vorvertrag ein jedenfalls den (Mindest-)Anforderungen der §§ 2 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 AktG, 2 Abs. 1 Satz 1, 3 Abs. 1 und 2 G m b H G , 5 bis 7 G e n G genügender Gesellschaftsvertrag vor. Seine erneute Vornahme durch die Gründer verursacht tatsächlichen Aufwand und insbesondere Kosten. Sollten die Initiatoren den zweiten Vertragsschluß für überflüssig erachten, bleibt offen, aus welchen rechtlichen Gründen dieser dennoch verlangt werden sollte. Darüber hinaus gibt man jede sachliche Unterscheidung zwischen Vorgründungs- und Körperschaftsvertrag auf, obwohl gerade die Errichtung der Korporation eine wesentliche Zäsur im Gründungsvorgang darstellen soll. Sind diese beiden Verträge nahezu gleichen Inhalts und - wenn sie zum Abschluß des Satzung verpflichten sollen - auch gleicher Form, ist unerklärlich, warum die durch sie geschaffenen Gesellschaften nach herrschender Lehre so unterschiedlich strukturiert sind. 84 Selbst wenn man der Ansicht folgt, wonach Vorgründungsvereinbarungen selbst bereits der Formpflicht der § § 2 3 Abs. 1 Satz 1 AktG, 2 Abs. 1 Satz 1 G m b H G , 5 G e n G bedürfen, sind entgegen der herrschenden Lehre (siehe oben) jedenfalls Bevollmächtigungen zum Abschluß eines Vorgründungsvertrages zu Körperschaften formfrei mög-
82
Motive zum BGB, Bd. II, S. 5 9 5 .
So zu Recht Flume, FS Geßler, S. 18 f.; Otte, Vorgründungsvertrag, S. 5 1 ; a.A. unter Hinweis auf einen besonderen körperschaftlichen Charakter der Vorgesellschafter-Erklärung Blaurock, FS Rittner, S. 4 8 ff. 84 Siehe dazu unten den T e x t zu B.III, und C . I . 2 . , C . I . 3 . und C.II., C.III., C . I V . 83
II. Die Vorgründungsgesellschaft als rechtlich relevante Gründervereinigung
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lieh. 85 Gemäß den Motiven zum GmbHG 1892 kann „das Erfordernis der Mitwirkung sämmtlicher Gesellschafter bei der Errichtung des Gesellschaftsvertrages ... nicht soweit gehen, daß auch die Unterzeichnung des Vertrages durch Bevollmächtigte auszuschließen wäre. Nur verlangt für diesen Fall der Entwurf, um Zweifel und Streitigkeiten über die Legitimation der Vertreter abzuschneiden, die gerichtliche oder notarielle Ausstellung oder Beglaubigung der Vollmachten." 86 Darauf verweist das die entsprechende Vorschrift einführende AktG 1937: „Abs. 1 Satz 2 [zu § 16 AktG 1937] überträgt das bereits für das GmbH-Gesetz (§ 2 Abs. 2) aufgestellte Formerfordernis für die Vollmacht zur Beteiligung an der Feststellung der Satzung als Bevollmächtigter auf das Aktienrecht." 87 Geschützt werden damit nicht die Belange der Gesellschafter. Dafür besteht kein Anlaß, da für die Gründer gegenüber dem allgemeinen Zivilrecht (§ 167 Abs. 2 BGB) keine konfliktträchtigere oder risikoreichere Situation vorliegt; ein „Sonderrecht" wäre schon rechtspolitisch fragwürdig. Im Gegenteil kennen sich die Initiatoren bereits, da die Errichtung des Verbandes regelmäßig über einen längeren Zeitraum vorbereitet und verhandelt wird. Anders als erstmalig kontrahierende Vertragspartner vermögen die Gesellschafter daher viel eher einzuschätzen, ob und in welchem Umfang Dritten Vertretungsmacht durch einen der Gründer eingeräumt wurde. „Zweifel über die Legitimation des Vertreters auszuschließen" kann deshalb nur bedeuten, dem Registerrichter die Prüfung der Eintragungsvoraussetzungen zu erleichtern. Da der Vorvertrag allerdings selbst nicht zur Anmeldung in das Register bestimmt ist, durch ihn vielmehr erst eine Vorgründungsgesellschaft entsteht, unterliegt er auch keiner registerrichterlichen Prüfung. Für eine bestimmte Form der Bevollmächtigungen zu diesem Vertrag spricht deshalb auch kein besonderes öffentliches Interesse.
b)
Der Vorgründungsvertrag
als
Gesellschaftsvertrag
Die Verpflichtung, eine Körperschaft zu errichten, entsteht aus dem Vorvertrag zur Feststellung der Satzung. Allein diese Vereinbarung soll nach ganz herrschender Lehre unter den Initiatoren zugleich eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts begründen. 88 Kein konstitutives Merkmal der Vorgründungsgesellschaft ist damit eine werbende Teilnahme am Rechts- und Wirtschaftsverkehr; 89 wesentlich ist allein, daß zumindest eine 85 Meyer-Landrut/Miller/Niehus/Meyer-LíJM¿rKí, GmbHG, § 2, Rdn. 16 sowie für einen Sonderfall BGH, GmbHR 1969, S. 177. 86 Stenographische Berichte Reichstag, 8. Legislaturperiode, I. Session 1890/92, 5. Anlageband, S. 3733. 87 Text und amtliche Begründung bei Klausing, AktG, S. 15. 88 OLG Düsseldorf, GmbHR 1994, S. 399; OLG Hamm, GmbHR 1993, S. 105; BGH, NJW 1992, S. 363; BFH, GmbHR 1990, S. 236; OLG Hamm, GmbHR 1989, S. 336; Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8 , S 2, Rdn. 49, § 1 1 , Rdn. 21; RoweddeilRittner/Schmidt-Leithoff, GmbHG 3 , § 2, Rdn. 76; KölnKomm/Kra/f, AktG 2 , § 41, Rdn. 14; Hüffer, AktG 3 , § 23, Rdn. 15; Soergel/Hadding, BGB 12 , vor § 21, Rdn. 61; Kort, DStR 1991, S. 1317; Maulbetsch, DB 1984, S. 1561; Grottke, Vorgründungsgesellschaft, S. 79, 135; Wacker, Vorgesellschaften, S. 7; Weyrich, Vorgesellschaft, S. 6; Baritsch, Vor-GmbH, S. 13; Dressler, Vorgesellschaft, S. 9; Wallenfang, Vor-AG, S. 6 f. 8 ' BAG, GmbHR 1991, S. 4 5 9 ; Priester, GmbHR 1995, S. 484.
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Β. Zur Rechtsstruktur der Vorgründungsgesellschaften
Gründungsabrede im engeren Sinn getroffen wurde und die Initiatoren daran gebunden sein wollen. Die Vorgründungsgesellschaft ist damit Vorvertragsverhältnis und Gesellschaftsverhältnis in einem. Dies schließt sich nicht gegenseitig aus. Für einen Gesellschaftsvertrag ist allein entscheidend, daß die Vertragsparteien das gleiche Ziel verfolgen und dazu gegenseitige Förderpflichten verabredeten. Ein Vorvertragsverhältnis bestimmt sich dagegen nicht nach der Struktur des Schuldverhältnisses, sondern nach dem Inhalt der Vereinbarungen. Erfaßt der „gemeinsame Zweck" den Abschluß eines (weiteren) Gesellschaftsvertrages, so verfolgen die Parteien dieses Ziel nicht nur mittels schuldrechtlicher Bindungen untereinander, sondern zugleich durch organisationsrechtliche Komponenten, eben den Personenzusammenschluß. Beschränken sich die Gründer auf die unmittelbare Gründungsverpflichtung, so handelt es sich bei der geschaffenen Gesellschaft um eine reine Innengesellschaft. Ein Personenzusammenschluß tritt als solcher nicht nach außen in Erscheinung, Gesamthandsvermögen wird nicht gebildet. 90 Verbandszweck ist die Errichtung der in Aussicht genommenen Gesellschaft durch Abschluß des Gesellschaftsvertrages. Die Gesellschafter schulden primär die Abgabe der dazu notwendigen Willenserklärungen. Darüber hinaus sind sie verpflichtet, im notwendigen Umfang an der Entstehung der Vorgesellschaft und der Ausräumung etwaiger Hindernisse mitzuwirken Die Rechtsverhältnisse zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern, unter den Gesellschaftern und zu Dritten bestimmen sich ausschließlich nach den §§ 705 ff. BGB; Körperschaftsrecht bzw. die besonderen Grundsätze über die Vorgesellschaften sollen nicht anwendbar 91 sein. Allerdings sind beurkundete Vorverträge insbesondere aufgrund des tatsächlichen Aufwandes und der anfallenden Kosten in der Praxis äußerst selten. 92 Nach herrschender - hier bestrittener - Ansicht ist das Gesellschaftsverhältnis deshalb regelmäßig nichtig, § 125 BGB. Zwar finden nach der Rechtsprechung die Regeln über fehlerhafte Gesellschaften auch auf Innengesellschaften Anwendung. 93 Demnach wird die Gesellschaft trotz Mängeln im Gründungsakt nach ihrer Invollzugsetzung als bestehend behandelt, da es unmöglich ist, zugleich dem Verkehrsschutz zugunsten Dritter und dem Bestandsschutz zugunsten der Beteiligten Rechnung zu tragen sowie ein betätigtes Organisationsverhältnis rückwirkend abzuwickeln. Doch vermag dies im Falle eines Vorvertrages im engeren Sinn keine wirksame, wenn auch fehlerhafte Gesellschaft zu begründen. 94 Anerkanntermaßen muß gerade die fehlerhafte Vereinbarung (Gründungsvereinbarung) wirkungslos bleiben (kein Anspruch auf Abschluß der Satzung), 90 FG Niedersachsen, GmbHR 1992, S. 3 9 1 ; Hachenburg/U/mer, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 2 1 ; ScholzJUSchmidt, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 9. 91 Hachenburg/U/mer, GmbHG 8 , § 2, Rdn. 50 f., § 11, Rdn. 21; ScholzJK.Schmidt, GmbHG 8 , § 1 1 , Rdn. 13; Lutter/Hommelhoff, GmbHG 14 , S 11, Rdn. 2 3 ; Baumbach/Hueck/Hwec*, GmbHG 16 , § 11, Rdn. 3 3 ; Kort, DStR 1991, S. 1317. 92 Siehe dazu GroßKomm/Röhricht, AktG 4 , S 23, Rdn. 2 8 1 ; Michalski/Sixt, FS Boujong, S. 3 5 7 f.; Priester, GmbHR 1995, S. 4 8 3 . 93 BHG, NJW-RR 1993, S. 2 1 0 7 ; BGH, NJW 1992, S. 1 5 0 2 ; BGH, NJW-RR 1991, S. 6 1 4 ; B G H Z 75, 2 1 4 (217); BGHZ 55, 5 (8). 94 Dies ist aber die Befürchtung von Michalski/Sixt, FS Boujong, S. 3 6 4 .
II. Die Vorgründungsgesellschaft als rechtlich relevante Gründervereinigung
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will man den Schutzzweck der den Mangel begründenden Rechtsvorschrift nicht unterlaufen. 9 5 Darüber hinaus fehlt es an einem Bestandsschutzinteresse, da die Beurkundung des Gesellschaftsvertrages gerade noch nicht verwirklicht ist. Z u m gleichen Ergebnis k o m m t die Lehre, die entweder die Regeln über fehlerhafte Gesellschaften überhaupt nicht auf Innengesellschaften anwenden will 96 oder aber von der Bildung von Gesamthandsvermögen 9 7 bzw. einer Verbandsstruktur 9 8 abhängig macht. Die Auffassung, mit dem Vorvertrag entstehe (nach herrschender Meinung bei Wahrung der Form) eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, ist nicht unbestritten. 9 9 Die Pflichten der Vertragschließenden zur Mitwirkung an der Errichtung der Körperschaft ergäben sich, so argumentiert man, schon aus dem schuldrechtlichen Vorvertrag. Die Annahme eines Gesellschaftsvertrages sei deshalb nur dort sinnvoll, w o sich daraus Rechtsfolgen ableiten ließen, die sonst keine Grundlage hätten. 1 0 0 Hier fehle es an einem zusätzlichen rechtlichen Erkenntnisgewinn, so daß die Konstruktion eines Gesellschaftsverhältnisses entbehrlich sei. Insbesondere müsse man für ein außerordentliches Kündigungsrecht der Gründer nicht auf § 723 Abs. 1 Satz 2 BGB zurückgreifen, da sich ein solches Recht nach allgemeinen Grundsätzen über Dauerschuldverhältnisse aus § 2 4 2 BGB ergebe. 101 Konsequenterweise führt dies zur Einordnung des Vorgründungsvertrages als einem schlicht mehrseitig verpflichtenden Austauschvertrag. 102 Doch entspricht dies nicht den tatsächlichen Gegebenheiten. Für Austauschverträge ist eine gegenläufige Interessenverfolgung der Vertragschließenden typisch. Dabei wird die eigene Leistung gerade um der Erlangung der vom Vertragspartner übernommenen Verpflichtung willen versprochen; im Vordergrund steht der Austausch von Leistung und Gegenleistung. Dagegen tauschen die Parteien des Vorgründungsvertrages keine Leistungen aus, vielmehr verpflichten sie sich wechselseitig zum gemeinsamen Zusammenwirken, was im Falle der vorzeitigen Geschäftsaufnahme auf gemeinsame Rechnung besonders deutlich wird. 1 0 3 Für die Gründer ist ein Gleichlauf der verfolgten
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BGH, WM 1976, S. 1027; GroßKomm/Röfcnefo, AktG4, § 23, Rdn. 281; KölnKomm/Kraft, AktG2, §41, Rdn. 12; Baumbach/Hopf, HGB2', § 105, Rdn. 86; SoergelWadding, BGB11, § 705, Rdn. 71, 77; Priester, GmbHR 1995, S. 484. 96 Keine Anerkennung dieser Regeln: Canaris, Vertrauenshaftung, S. 120 ff., 172 ff. (insbes. 175); Möschel, FS Hefermehl, S. 171 ff. (insbes. 187 ff.) oder aber keine Anwendung dieser Regeln auf Innengesellschaften: Kübler, GR4, S. 319 f. " Baumbach/Hopf, HGB2', § 105, Rdn. 82; MünchKomm/UW, BGB3, § 705, Rdn. 249, 276. 98 Scholz/K.Schmidt, GmbHG8, § 11, Rdn. 10; SoergelJHadding, BGB11, § 705, Rdn. 75, 88; Priester, GmbHR 1995, S. 484. 99 GroßKomm/Röhricht, AktG4, § 23, Rdn. 284; Roth/Altmeppen/Roifc, GmbHG3, § 2, Rdn. 49; Michalski/Sixt, FS Boujong, S. 366 f.; Priester, GmbHR 1995, S. 483. 100 Michalski/Sixt, FS Boujong, S. 366 f.; Priester, GmbHR 1995, S. 483. 101 Roth/Altmeppen/Roffr, GmbHG3, § 2, Rdn. 49. 102 Roth/Altmeppen/Roifc, GmbHG3, § 2, Rdn. 49; Michalski/Sixt, FS Boujong, S. 366 f.; Priester, GmbHR 1995, S. 482 f. Unberücksichtigt soll hier die dritte Gruppe der Verträge zur Wahrnehmung fremder Belange bleiben. 103 Erblickt man das Wesen eines gegenseitigen Vertrages nicht allein in den dadurch entstehenden Pflichten zum Austausch zweier Leistungen, sondern darin, daß sich der eine auch gerade um der Verpflichtung des anderen willen bindet, so handelt es sich auch bei Gesellschaftsverträ-
30
Β. Zur Rechtsstruktur der Vorgründungsgesellschaften
Interessen charakteristisch; die Initiatoren verfolgen den gemeinsamen Zweck der Gründung einer Körperschaft. 1 0 4 Mit ihrem rechtsgeschäftlichen Handeln erfüllen sie alle Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 7 0 5 ff. BGB: Es liegt ein Vertrag mehrerer Personen vor, die die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks - Abschluß eines Gesellschaftsvertrages - durch allseitige, entsprechende Förderungspflichten - Abgabe der notwendigen Willenserklärungen - vereinbaren. Es ist das gerade für Gesellschaftsverhältnisse als Schuldverträge und Organisationsakte Typische, daß die Gesellschafterpflichten originär auf den Willenserklärungen der Gründer fußen. Während für Austauschverträge eine eigennützige Interessenverfolgung geradezu wesensimmanent ist und bis an die Grenzen der §§ 134, 138 B G B rechtlich gebilligt wird, entstehen unter den Gründern besondere Pflichten, etwa die zu besonderer Loyalität. Und genau darin liegt für die herrschende Lehre die Relevanz der Annahme, der Vorvertrag sei gleichzeitig ein Gesellschaftsvertrag. Insoweit ist auch die Befürchtung unbegründet, daß es sich nach herrschender Lehre bei jedem Vorvertrag um einen Gesellschaftsvertrag handeln müßte, wenn allein die Zielsetzung, einen beabsichtigten Vertrag schließen zu wollen, einen gemeinsamen Zweck i.S. des § 7 0 5 B G B darstellt. 105 Ob ein Vorvertrag vorliegt, bestimmt sich allein nach dem Inhalt der Vereinbarungen. Eine Einordnung auch als Gesellschaftsvertrag rekapituliert dagegen auf die Struktur des Schuldverhältnisses. Der Vorvertrag ist als vorzeitige Bindung der Parteien lediglich eine Abbildung der Interessenverhältnisse im angestrebten Rechtsverhältnis. Die Einordnung des mit dem Vorgründungsvertrag entstandenen Rechtsverhältnisses als Gesellschaftsvertrag hängt deshalb maßgeblich von den verfolgten Interessen gerade im Hinblick auf den Hauptvertrag ab: Ist dieser kein Gesellschaftsvertrag, so begründet allein die gegenseitige Verpflichtung, einen Austauschvertrag schließen zu wollen, noch kein Gesellschaftsverhältnis. Jeder verfolgt egoistisch mit der vorgezogenen eigenen und fremden Bindung die Zwecke, die er auch dem Hauptvertrag unterlegt, dieser ist als gemeinschaftlich angestrebtes Zwischenziel lediglich Mittel zum Zweck. Letztlich ist auch die sich mit Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses ergebende Anwendbarkeit des § 7 2 3 Abs. 1 Satz 2 B G B keinesfalls entbehrlich. 1 0 6 Klassifiziert man den Vorgründungsvertrag als Austauschvertrag, so fehlt ihm möglicherweise die für Dauerschuldverhältnisse typische 107 ständige Pflichtenanspannung der Vertragspartner über einen bestimmten Zeitraum hinweg. Diese schulden einander dann nicht gen um gegenseitige, synallagmatische Verträge (a.A. MünchKomm/lf/mer, BGB', § 705, Rdn. 138). Entscheidendes Abgrenzungsmerkmal ist dann die Interessenlage: Verpflichtet man sich, um im eigenen Interesse die andere Leistung zu erlangen, oder bindet man sich um der Bindung des anderen willen im Interesse gemeinsamer Ziele (so Hueck, GR", S. 48; Schultzev.Lasaulx, FS Olivecrona, S. 583)? 1 0 4 Baumbach/Hopf, HGB29, § 105, Rdn. 47; MünchKomm/UW, BGB3, § 705, Rdn. 138; SoeigeVHadding, BGB11, § 705, Rdn. 44; Grunewald, GR2, S.6; K.Schmidt, GR3, S. 298 ff.; Hueck, GR1', S. 48; Wiedemann, GR I, S. 164; Lutter, AcP 180, S. 89 ff. 1 0 5 So Roth/Altmeppen/Roi/7, GmbHG3, § 2, Rdn. 49; Michalski/Sixt, FS Boujong, S. 367. 1 0 6 So aber Roth/Altmeppen/Roifc, GmbHG3, § 2, Rdn. 49. 1 0 7 MiinchKomm/Kramer, BGB3, vor § 241, Rdn. 85; SoetgeVTeichmann, BGB12, S 241, Rdn. 6.
II. Die Vorgründungsgesellschaft als rechtlich relevante Gründervereinigung
31
ein dauerndes Verhalten oder wiederkehrende Leistungen, vielmehr bestehen die Vertragspflichten in der einmaligen Abgabe der für den Satzungsabschluß erforderlichen Willenserklärungen; entweder sofort oder aber zu einem späteren Zeitpunkt. Aus § 242 BGB ergibt sich deshalb für die Vertragspartner kein Kündigungsrecht; darüber hinaus sind in diesem Falle auch alle übrigen, für Dauerschuldverhältnisse entwickelten und anerkannten "Sonderregelungen" nicht anwendbar.
2.
Uber den Vorvertrag hinausgehende Gründervereinbarungen
Üblicherweise treffen die Gründer über die unmittelbare Verpflichtung zur Eingehung des Gesellschaftsvertrages hinausgehende rechtsverbindliche Abreden. Dies ergibt sich gerade aus dem Wesen des Vorgründungsstadiums als einem Planungs- und Vorbereitungszeitraum. So muß man sich über den vollständigen Inhalt des angestrebten Statuts einigen (z.B. die gesamte Organisationsstruktur der Körperschaft sowie Rechte und Pflichten eines jeden Mitglieds festlegen), man muß sich darüber verständigen, wer die zur Eintragung erforderlichen Handlungen vornimmt (etwa den Satzungstext formuliert, die Eintragung anmeldet) und die dabei entstehenden Kosten trägt. Zur Vorbereitung bedient man sich regelmäßig fremder Hilfe, insbesondere von Rechtsanwälten und Steuerberatern. Hierzu müssen Beratungsverträge abgeschlossen werden, und es entstehen Gebührenforderungen gegen die Gründer. Da Kapitalgesellschafts- bzw. Genossenschaftsgründungen zumeist im Hinblick auf beabsichtigte gemeinsame Geschäftstätigkeiten erfolgen (siehe oben), werden insoweit bereits wirtschaftliche Entscheidungen getroffen (z.B. die Verhältnisse des Marktes sondiert, Unternehmensberater kontaktiert, Erfindungen gesichert, Geschäftsräume gemietet oder Waren bestellt). Noch intensiver entwickeln sich die Rechtsbeziehungen zwischen den Gründern, wenn ein bestehendes Unternehmen in die Vorgründungsgesellschaft eingebracht und sofort gemeinsam betrieben wird (hierzu müssen etwa der genaue Wert der Sacheinlage ermittelt, die Modalitäten der Einbringung vereinbart und die Konditionen der Geschäftsführung bestimmt werden). Die von den Gründern getroffenen Abreden müssen dabei keinesfalls ausdrücklich geschlossen sein. Ausreichend ist für einen (konkludenten) Vertragsschluß der erkennbare, allseitige Wille, in rechtsverbindlicher Weise zusammenwirken zu wollen. Eine Vereinbarung kann dementsprechend etwa schon angenommen werden, wenn ein Gründer die Initiative in Kenntnis und ohne Widerspruch der anderen ergreift.
a)
Die Erweiterung des einen, bestehenden
Gesellschaftsverhältnisses
Die ganz überwiegende Lehre erweitert bei zusätzlichen Vereinbarungen unter den Gründern das eine bestehende Gesellschaftsverhältnis. 108 Dies schließt allerdings Abre108
OLG Düsseldorf, GmbHR 1994, S. 399; BGH, GmbHR 1992, S. 602; BGH, NJW 1992, S. 363; BAG, GmbHR 1991, S. 459; BFH, GmbHR 1990, S. 236; OLG Hamm, GmbHR 1989, S. 336; Hachenburg/U/mer, GmbHG 8 , § 2 , Rdn. 49, 50; Scholz/Emmerich, GmbHG 8 , § 2 ,
32
Β. Zur Rechtsstruktur der Vorgründungsgesellschaften
den unter den Initiatoren, die außerhalb des Gesellschaftsverhältnisses stehen, nicht aus: nicht jede weitere Vereinbarung ist zwangsläufig eine gesellschaftsvertragliche (siehe dazu unter 3.). Unproblematisch ist die Konstellation, in der die zusätzlichen Abreden dem bisherigen alleinigen Gesellschaftszweck - Errichtung der in Aussicht genommenen Körperschaft durch Abschluß eines entsprechenden Vertrages - dienlich sind. Darauf werden sich Gründervereinbarungen regelmäßig beschränken, wenn der angestrebte Verband nicht auf Teilnahme am Wirtschaftsverkehr angelegt ist. Verpflichten sich die Gründer im Vorfeld, einen Vertragsentwurf gemeinsam zu erarbeiten, vereinbaren sie eine quotale Übernahme der Kosten, die aus der Beauftragung eines Dritten resultieren, bestimmen sie einen der Initiatoren zur Vornahme eintragungsnotwendiger Handlungen oder übernimmt einer der Gründer vertraglich die Pflicht, das Handelsregister zur Vermeidung einer verwechselbaren Firma (§ 30 Abs. 1 HGB) einzusehen, so ist dies alles auf die Entstehung der Gesellschaft gerichtet. Die Verpflichtungen der einzelnen Initiatoren stellen Förderpflichten im Sinne des § 705 BGB dar. In der Regel jedoch werden die zusätzlichen Vereinbarungen dem einen Gesellschaftszweck nicht final dienen; sie werden über eine geeignete Förderung zur Erreichung des gemeinsamen Ziels hinausgehen. Wenn die Gründer z.B. ein Patent anmelden, einen Gewerbeschein beantragen, Geschäftsräume anmieten, Ausstattungsgegenstände bestellen oder schon den vollen Geschäftsbetrieb aufnehmen, so sind dies alles keine Tätigkeiten, mit denen die Errichtung einer Aktiengesellschaft, Genossenschaft oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung erreicht werden könnte. Eine Beziehung zwischen diesen Vereinbarungen und dem ursprünglichen Zweck des Vorvertrages besteht nur insoweit, als die Vertragspartner die beabsichtigte gemeinsame unternehmerische Tätigkeit, die bereits im Vorgründungsstadium vorbereitet oder voll aufgenommen wird, gerade in der Rechtsform einer bestimmten Körperschaft betreiben wollen. Doch steht dies der Annahme einer einheitlichen Gesellschaft nicht entgegen. Das gegenüber den Vorgründungsvereinbarungen im engeren Sinne erweiterte Ziel der Gesellschafter und damit der Zweck der Gesellschaft besteht in diesen Fällen in der Vorbereitung oder vorweggenommenen Durchführung der gemeinsamen Geschäftstätigkeit in der geplanten Rechtsform einer GmbH, AG oder Genossenschaft, und zwar von Anfang an, also mit Abschluß des Vorvertrages. 109 Diesem einheitlichen Ziel dienen dann nicht nur die zusätzlich vereinbarten vorbereitenden Maßnahmen, sondern auch der notwendige Zwischenschritt der Gesellschaftserrichtung. Die Situation läßt sich, wenn man einen erweiterten einheitlichen Gesellschaftszweck ablehnt, 110 alternativ noch anders erfassen. Weder dem kodifizierten Recht der Rdn. 85; Lutter/Hommelhoff, GmbHG 14 , § 1 1 , Rdn. 23; Baumbach/Hueck/H«ec¿, GmbHG 16 , § 2, Rdn. 32; Kort, DStR 1991, S. 1317; Maulbetsch, DB 1984, S. 1561; Grottke, Vorgründungsgesellschaft, S. 135. 109 So OLG Hamm, GmbHR 1989, S. 336; Roweddei/Rittner/Schmidt-Leithoff, GmbHG 3 , § 2, Rdn. 75 f.; Grottke, Vorgründungsgesellschaft, S. 79. 110 Diesen Weg scheint die überwiegende Meinung zu gehen: Hachenburg/(J/mer, GmbHG 8 , § 2, Rdn. 49; Scholz/Emmerich, GmbHG 8 , § 2, Rdn. 85; Baumbach/Hueck/H«ec¿, GmbHG 16 , § 2, Rdn. 32.
II. Die Vorgründungsgesellschaft als rechtlich relevante Gründervereinigung
33
Personal(handels)gesellschaften noch den diese N o r m e n tragenden Grundprinzipien läßt sich entnehmen, daß eine Gesellschaft nicht zwei Zwecke gleichzeitig verfolgen könnte, jedenfalls solange diese nicht im Widerspruch zueinander stehen. 1 1 1 Neben den einen Zweck der Errichtung einer Körperschaft (aus dem Vorvertrag) tritt mit den zusätzlichen Vereinbarungen ein weiterer Zweck, nämlich die Vorbereitung oder die Aufnahme einer bestimmten geschäftlichen Tätigkeit in gewillkürtem Umfang. Die unmittelbare Gründungsverpflichtung bildet dann nur einen Teil des Vorgründungsvertrages. 112 Fehlt es an einem gemeinsamen Tätigwerden nach außen, so liegt lediglich eine Innengesellschaft unter den Gründern vor. Doch ist in den Fällen zusätzlicher Gründervereinbarungen der Außenkontakt und damit eine Außengesellschaft 113 die Regel. Erreicht die vorzeitige Geschäftsaufnahme der Initiatoren bereits jetzt den Umfang eines vollkaufmännischen Gewerbes, wird die Gesellschaft kraft handelsrechtlichen Formenzwanges, §§ 105, 123 Abs. 2, 161 Abs. 2 HGB, zur o H G oder KG. 114 Die über den Vorvertrag im engeren Sinne hinausgehenden Abreden der Gesellschafter bedürfen auch nach herrschender Lehre nicht der Form der § § 2 3 Abs. 1 Satz 1 AktG, 2 Abs. 1 Satz 1 G m b H G , 5 GenG. Denn solange keine Verpflichtung eingegangen wird, aus der auf Errichtung einer Körperschaft geklagt werden kann, besteht die Gefahr einer Umgehung des (den N o r m e n als Zweck unterstellten) Gründerschutzes nicht. 1 1 5 Dem entspricht es, daß diese Auffassung Änderungen des Gesellschaftsvertrages dann nicht den Formerfordernissen des AktG, G m b H G und des GenG unterwirft, wenn sich diese Änderungen allein auf das Gründungsstadium beziehen, nicht aber Auswirkungen auch auf die zu errichtende Gesellschaft haben. 116
111
Michalski/Sixt, FS Boujong, S. 368, halten dies zumindest für außergewöhnlich. BGH, NJW 1992, S. 363; BAG, GmbHR 1991, S. 459; OLG Hamm, GmbHR 1989, S. 336; HachenburgWlmer, GmbHG8, § 2, Rdn. 47; Scholτ/Emmerich, GmbHG8, § 2, Rdn. 85; Baumbach/Hueck/H«ecè, GmbHG16, § 11, Rdn. 33, 34. 113 Unbeachtet bleiben soll hier der Streit, ob für die Annahme einer Außengesellschaft gebildetes Gesamthandsvermögen notwendig ist oder ob ein gemeinschaftliches Auftreten nach Außen als Verband genügt; siehe dazu nur SoergelJHadding, BGB11, vor § 705, Rdn. 28; Hueck, GR1', S. 11 f., sowie zur Abgrenzung neuestens Bäk, FS Zöllner, S. 43 ff. 114 OLG Düsseldorf, GmbHR 1994, S. 399; BGH, GmbHR 1992, S. 602; BGH, GmbHR 1992, S. 164; LG Düsseldorf, GmbHR 1986, S. 235; BGH, GmbHR 1985, S. 214; BGH, GmbHR 1984, S. 41; Hachenburg/Ulmer, GmbHG8, S 2, Rdn. 50; Scholz/Emmerich, GmbHG8, § 2, Rdn. 80; Baumbach/HueckJHueck, GmbHG16, § 11, Rdn. 30; Kort, DStR 1991, S. 1317; a.A. Dressler, Vorgesellschaft, S. 8 f. 115 BFH, NJW 1998, S. 2926; GroßKomm/Röhricht, AktG4, §23, Rdn. 281, 283; KölnKomm/Kraft, AktG2, §41, Rdn. 11; Hüffer, AktG3, §23, Rdn. 14; Fischer, GmbHR 1954, S. 132; Ritzinger, NJW 1990, S. 1204; a.A. Stzadinger/Keßler, BGB12, Vorbem. zu § 705, Rdn. 118. 116 BGHZ 80, 129 (139); Roweddei/Rittner/Schmidt-Leithoff, GmbHG3, § 11, Rdn. 3; Lutter/Hommelho f f , GmbHG14, § 11, Rdn. 6; Baumbach/Hueck/H«^, GmbHG16, § 11, Rdn. 19; Fleck, GmbHR 1983, S. 9; Flume, BGB AT 1/2, S. 159; a.A. z.B. für die Erweiterung der Gechäftsführungsbefugnisse über den Kreis der gründungsnotwendigen Geschäfte hinaus etwa Ulmer, ZGR 1981, S. 598 fi.·, John, BB 1982, S. 512 (Fn. 128). 112
34
b)
Β. Zur Rechtsstruktur der Vorgründungsgesellschaften
Die erstmalige
Entstehung
eines
Gesellschaftsverhältnisses
Anderer Ansicht sind diejenigen, die die Begründung eines Gesellschaftsverhältnisses unter den Gründern allein aufgrund eines wirksamen Vorvertrages in engerem Sinn ablehnen (siehe oben). Demzufolge kommt es zur Entstehung eines Gesellschaftsverhältnisses erst dann, wenn die Initiatoren über die Gründungsverpflichtung hinausgehende verbindliche Vereinbarungen treffen. 1 1 7 Die Errichtung einer Körperschaft allein soll als möglicher Gesellschaftszweck im Sinne des § 705 BGB nicht genügen. Ein Anspruch auf Abschluß der geplanten Satzung könne sich nur aus einem wirksamen Vorvertrag ergeben, der dann unter Umständen unabhängig neben einem Gesellschaftsverhältnis zwischen den Vertragspartnern der Vorgründungsvereinbarungen besteht. 118 Auch nach dieser Ansicht beschränken sich die Formerfordernisse der § § 5 7 , 59 Abs. 2 Nr. 1 BGB, 23 AktG, 2, 3 G m b H G , 5, 6 GenG auf den Vorvertrag im engeren Sinne; die Vorgründungsgesellschaft kommt dann generell formfrei zustande. 119 Eine Vorwirkung des Körperschaftsrechts auf die Personalgesellschaft lehnt man ebenso wie die herrschende Lehre grundsätzlich ab. 120 Innerhalb des Gesellschaftsverhältnisses ist es den Gründern möglich, sich zur gemeinsamen Vorbereitung der Körperschaftsgründung, z.B. durch Schaffung bestimmter Voraussetzungen oder Ausräumung von Hindernissen, oder aber zur Mitwirkung an der Errichtung und dem Betrieb des geplanten Unternehmens durch Aufnahme geschäftlicher Tätigkeit in beliebigem Umfang zu verpflichten. Beschränken sich die Gründer auf Vorbereitungshandlungen zur Gesellschaftsgründung, so verfolgen sie den alleinigen Zweck der Errichtung einer Körperschaft; die Gründervereinigung wird mangels Außenkontaktes regelmäßig lediglich Innengesellschaft sein. 121 Kommt es daneben zur Aufnahme einer gemeinsamen geschäftlichen Tätigkeit durch die Gründer und darauf gerichteter verbindlicher Absprachen untereinander, so ist die Erfassung dieser Situation innerhalb der abweichenden Meinung umstritten. Teilweise verbleibt man bei einer einheitlichen Gründervereinigung, die sich lediglich von einer Innen- zu einer Außengesellschaft wandele. 1 2 2 Dabei wird allerdings der Gesellschaftszweck modifiziert: Ziel der entstandenen Gründervereinigung sei eine derartige Vorbereitung und Einleitung der geplanten Gründung und der wirtschaftlichen Geschäftstätigkeit, daß letztere in Zukunft ohne weiteres aufgenommen werden könne. 1 2 3
117 GroßKomn-¡/Röhricht, AktG4, §23, Rdn. 284; Roth/Altmeppen/Rort, GmbHG3, §2, Rdn. 49; Michalski/Sixt, FS Boujong, S. 362, 365 ff.; Priester, GmbHR 1995, S. 484 f. 118 Michalski/Sixt, FS Boujong, S. 366 f.; Priester, GmbHR 1995, S. 485. 119 Roth/Altmeppen/Roi/j, GmbHG1, § 2, Rdn. 50; Michalski/Sixt, FS Boujong, S. 358 f.; Priester, GmbHR 1995, S. 485. 120 Michalski/Sixt, FS Boujong, S. 350 f.; Priester, GmbHR 1995, S. 485. 121 Michalski/Sixt, FS Boujong, S. 367; Priester, GmbHR 1995, S. 484 f. 122 Priester, GmbHR 1995, S. 484 f. 123 Möglicherweise unterstellt man der einen Gesellschaft dann auch zwei Gesellschaftsziele. Doch ist diese Frage praktisch irrelevant, siehe bereits oben den Text zu Abschnitt B., Fn. 109 ff.
II. Die Vorgründungsgesellschaft als rechtlich relevante Gründervereinigung
35
Andere konstruieren eine neben der Innengesellschaft bestehende Außengesellschaft. Erstere sei - so argumentiert man - allein auf Errichtung einer Körperschaft, letztere auf eine gemeinsame Geschäftstätigkeit gerichtet. 124 Es handele sich bei diesen Vereinbarungen keinesfalls mehr um ein einheitliches Vertragswerk, so daß die beiden unvereinbaren Gesellschaftszwecke nur in zwei voneinander zu unterscheidenden Gesellschaften, nicht aber in einer Gesellschaft mit einem erweiterten Gesellschaftszweck oder einem Gründerverband mit doppeltem Gesellschaftszweck verfolgt werden könnten. Wie bereits gezeigt, beruht diese Auffassung zum einen auf der anfechtbaren Prämisse, daß die eigentliche Vorgründungsvereinbarung für sich allein noch keinen Gesellschaftsvertrag begründet und zum anderen auf der Erwägung, daß mit der Errichtung einer Körperschaft ein Ziel verfolgt wird, welches mit dem Gesellschaftszweck des Falles, in dem die Gründer (zusätzlich) sonstige Vereinbarungen treffen oder eine vorzeitige geschäftliche Tätigkeit vereinbaren, nichts gemeinsam hat und streng von diesem unterschieden werden muß. 125 Doch läßt sich eine Beziehung zwischen dem Vorvertrag einerseits und den sonstigen Abreden bzw. der vereinbarten und durchgeführten vorzeitigen Geschäftsaufnahme der Gründer andererseits nicht bestreiten. Die über die Errichtung der Gesellschaft hinausgehenden Vereinbarungen werden nur getroffen, weil man sich über die Gründung einer AG, GmbH, Genossenschaft oder eines Vereins einig ist. Eine gemeinsame Tätigkeit im Vorgründungsstadium wird gerade in der Absicht aufgenommen, sie später in der Rechtsform einer Körperschaft fortzusetzen (siehe ausführlich dazu im folgenden unter d.). Die abweichende Meinung versteht deshalb die Gründungsabsicht im engeren Sinn, die selbst nicht Gesellschaftszweck ist, zum einen als zeitliche Begrenzung vor allem der gemeinsamen geschäftlichen Tätigkeit der Gründer: Diese soll nur solange in der jetzigen Rechtsform einer Vorgründungsgesellschaft ausgeübt werden, bis eine Übertragung auf Vorgesellschaft oder Körperschaft möglich ist. Eine solche Zeitbestimmung sei zumindest den Umständen entnehmbar, 126 was für die SS 131 Abs. 1 Nr. 1 HGB, 723 Abs. 1 BGB ausreichend sei.127 Zum anderen liege die Gründungsvereinbarung für die Beteiligten auch als Beweggrund und damit als Geschäftsgrundlage zu den gesellschaftsrechtlichen Abreden und der vorzeitigen wirtschaftlichen Betätigung zugrunde; die Gründer gehen mit Bestimmtheit davon aus, daß es zum Abschluß des Körperschaftsvertrages kommt. Damit gelangt man zu dem allseits erwünschten Ergebnis, daß den Gesellschaftern insbesondere bei übermäßiger Verzögerung der Gründung ein außerordentliches Kündigungsrecht gemäß § 723 Abs. 1 Satz 2 BGB zusteht. 128
124
Michalski/Sixt, FS Boujong, S. 368. Michalski/Sixt, FS Boujong, S. 361 f., 366. 126 Priester, GmbHR 1995, S. 485; Michalski/Sixt, FS Boujong, S. 361. 127 So Baumbach/Hopi, HGB 2 ', § 131, Rdn. 8; Schlegelberger/K.Sc/Wi, HGB 5 , § 131, Rdn. 8; Heymann/Emmerich, HGB 2 , § 131, Rdn. 4; MünchKomm/U/mer, BGB 1 , § 723, Rdn. 15; SoergelJHadding, BGB 11 , vor 723, Rdn. 6. 128 Michalski/Sixt, FS Boujong, S. 362; Priester, GmbHR 1995, S. 485. 125
36
c)
Β. Zur Rechtsstruktur der Vorgründungsgesellschaften
Die einem Gesellschaftsverhältnis entgegenstehenden sonstigen Gründervereinbarungen
Einen genau umgekehrten Ansatz scheint Flume 129 im Verhältnis zu jenen zu wählen, welche ein Gesellschaftsverhältnis allein aufgrund des Vorvertrages ablehnen, eine Vorgründungsgesellschaft unter den Gründern bei sonstigen Abreden aber für möglich und zulässig halten. Vereinbaren die Gründer nur die Errichtung einer Körperschaft, beschränken sie sich also auf die verbindliche Abrede, einen Gesellschaftsvertrag in Zukunft abzuschließen, so sollen im Verhältnis zu diesem künftigen Gesellschaftsvertrag ein Vorvertrag und gleichzeitig ein Gesellschaftsverhältnis vorliegen. 130 Dies entspricht insoweit der herrschenden Lehre: Allein mit dem Abschluß des Vorvertrages entsteht unter den Vertragschließenden eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts; die Gründungsvereinbarung im engeren Sinn ist gleichzeitig Schuldvertrag und Organisationsakt. Treffen die Gründer dagegen darüber hinausgehende Abreden (insbesondere solche, die Geltung auch nach Eintragung des Verbandes beanspruchen), so soll dies die Einordnung des Schuldvertrages als Gesellschaftsvertrag wieder revidieren können. 1 3 1 Diese sonstigen Gründervereinbarungen 132 könnten den Vertragscharakter so verändern, daß dieser nicht mehr als Organisationsakt und damit nicht mehr als Gesellschaftsvertrag in Betracht komme. Allerdings ist es in den Fällen, in denen der Vorvertrag aufgrund der gemeinsamen Zweckverfolgung durch die Gründer eine Personengesellschaft entstehen läßt, unverständlich, warum zusätzliche Vereinbarungen, also solche neben der bestehenden Gründungsverpflichtung im engeren Sinne, eben diese Gesellschaft wieder beseitigen sollten. Dies gilt insbesondere dann, wenn man richtiger Ansicht nach von einer rechtsgeschäftlichen Qualität auch der körperschaftlichen Akte ausgeht. 133 Möglicherweise stehen diese zusätzlichen Abreden, sollten sie sich auf eine Regelung der Rechtsverhältnisse in der entstandenen Körperschaft beschränken, außerhalb eines derzeitigen Gesellschaftsverhältnisses; nicht aber vermögen sie den Gründungsvereinbarungen den Charakter eines Organisationsakts zu nehmen.
In FS Geßler, S. 17 f. Flume, FS Geßler, S. 17. 131 Flume, FS Geßler, S. 18. Möglicherweise hat diese Auffassung ihre Ursache in der Annahme, daß körperschaftliche Satzungen im Unterschied zu Personalgesellschaftsverträgen zwischen den Beteiligten kein Vertragsverhältnis begründen; siehe Flume in BGB AT 1/2, S. 3 1 9 . 132 Flume nennt insbesondere eine Abtretung (oder Verpflichtung dazu) von künftigen Mitgliedschaftsrechten sowie eine Vereinbarung, nach der ein Gründer nur als Treuhänder für einen anderen am Gründungsakt teilnimmt. 1 3 3 Dies befürwortet Flume in B G B AT 1/2, S. 3 1 5 ff. selbst ausdrücklich. 129 130
II. Die Vorgründungsgesellschaft als rechtlich relevante Gründervereinigung
d)
37
Die Theorie einer Doppelgesellschaft
Eine vierte Ansicht geht im Falle zusätzlicher, über den Vorgründungsvertrag im engeren Sinn hinausgehender Vereinbarungen unter Umständen von der Existenz zweier, nebeneinander bestehender Gesellschaften unter den Vertragschließenden aus. 134 Das eine Gesellschaftsverhältnis, die sogenannte (eigentliche) Vorgründungsgesellschaft, verfolge ausschließlich den gemeinsamen Zweck der Errichtung der angestrebten Körperschaft. 1 3 5 Die Gesellschaft wird allein schon durch die wirksame und verbindliche Abrede der Gründer, eine Satzung abschließen zu wollen (Vorvertrag im eigentlichen Sinn), begründet. 1 3 6 Darüber hinaus erfaßt diese Gründervereinigung alle rechtlich durchsetzbaren Vereinbarungen unter den Initiatoren, die unmittelbar auf dieses Ziel gerichtet sind. 1 3 7 Dies entspricht insoweit der herrschenden Lehre. Doch soll die Vorgründungsgesellschaft zum einen auf dieses Ziel beschränkt bleiben. Zum anderen sei der Vorvertrag zwar gleichzeitig Körperschaftsvorvertrag und Gesellschaftsvertrag; da es ihm aber am Organisationsakt fehle, sei er lediglich verpflichtender Vertrag und die entstehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts grundsätzlich Innengesellschaft. 138 Als Innengesellschaft auf Zeit könne dieser Gründerverband insbesondere nicht Unternehmensträger sein. Dies geht insoweit über die herrschende Lehre hinaus, als diese eine Innengesellschaft unter den Gründern regelmäßig nur aufgrund eines wirksamen Vorvertrages im engeren Sinn annimmt, darüber hinaus aber selbst bei einer Beschränkung der Gründerziele auf die Errichtung einer Körperschaft eine Außengesellschaft für möglich hält. Dies entspricht auch den tatsächlichen Gegebenheiten: Vereinbaren die Vertragschließenden etwa in ihrer Gesamtheit, also als Zusammenschluß, einen Dritten mit der Erstellung eines Vertragsentwurfes zu beauftragen, so ist diese Abrede ausschließlich auf die Vorbereitung des Gesellschaftsvertrages im Sinne der §§ 5 7 BGB, 23 AktG, 3 GmbHG, 6 GenG gerichtet. Und dennoch liegt eine Außengesellschaft vor, läßt man für diese genügen, daß die Gründer-
1 3 4 So anscheinend OLG Hamm, GmbHR 1992, S. 750; FG Niedersachsen, GmbHR 1992, S. 391; OLG Hamm, GmbHR 1989, S. 336 sowie ScholzJK.Schmidt, GmbHG8, § 11, Rdn. 9; ders., oHG, S. 261 ff.; ders., GmbHR 1982, S. 6 ff.; ders., GmbHR 1998, S. 614 f.; Jäger, werdende GmbH, S. 64 ff.; Großkomm/ßarz, AktG3, § 23, Anm. 26; ähnlich Otte, Vorgründungsvertrag, S. 17: Der Vorgründungsvertrag sei auf die Verpflichtung zur Errichtung der Gesellschaft beschränkt, alle übrigen Verpflichtungen in Bezug darauf blieben außen vor. 1 3 5 OLG Hamm, GmbHR 1992, S. 750; FG Niedersachsen, GmbHR 1992, S. 391; Schol7jK.Schmidt, GmbHG8, § 11, Rdn. 9; ders., GmbHR 1998, S. 614; ders., GmbHR 1982, S. 7; Jäger, werdende GmbH, S. 64 f. 136 Schol-zJK.Schmidt, GmbHG8, § 11, Rdn. 9; ders., GmbHR 1982, S. 7. 1 3 7 Dabei sind jedoch Wettbewerbsverbote, die Pflicht, eine Erfindung vorwärts zu treiben oder ein Unternehmen zu erwerben, entgegen ScholzIKSchmidt, GmbHG8, § 11, Rdn. 19 (im Widerspruch zu Rdn. 9) nicht diesem Gesellschaftszweck dienlich, da diese Verpflichtungen eine Satzungserrichtung gerade nicht vorantreiben können. Mit ihnen wird vielmehr das gemeinsame Ziel vorgezogenen wirtschaftlicher Tätigkeit verfolgt. 138 Scholz/K Schmidt, GmbHG8, § 11, Rdn. 9; ders., GmbHR 1998, S. 614; Jäger, werdende GmbH, S. 67; anscheinend auch Wiedemann, GR I, S. 146.
38
Β. Zur Rechtsstruktur der Vorgründungsgesellschaften
Vereinigung als solche Außenkontakt hat. 139 Es steht den Gründern frei, bereits in dieser Phase ihrer Vereinigung eine Organisation zu geben und als Rechtssubjekt im Geschäftsverkehr aufzutreten; eine fehlende Verbandsstruktur ist deshalb keineswegs notwendiges Merkmal für die Vorgründungsgesellschaft. 1 4 0 Auch bei einer Beschränkung der gemeinsamen Ziele auf die Errichtung einer Körperschaft kann der Verband bereits selbst Träger von Rechten und Pflichten sein; 141 wenn die Gründer etwa in ihrer Gesamtheit als Verband einen Notar mit der Beurkundung des GmbH-Vertrages beauftragen, schuldet die BGB-Gesellschaft das Honorar, hat Anspruch auf Beratung usw. Das andere Gesellschaftsverhältnis, die sogenannte uneigentliche (unechte) Vorgründungsgesellschaft bzw. Mitunternehmerschaft im Vorgründungsstadium, entsteht nach dieser Ansicht dagegen nur, wenn die Gründer über die Absicht der Errichtung einer Körperschaft hinaus auf andere Ziele gerichtete Abreden treffen, insbesondere bereits jetzt die Aufnahme einer gemeinsamen Geschäftstätigkeit vereinbaren. 1 4 2 Diese Gesellschaft verfolge als alleinigen Zweck die gemeinschaftliche unternehmerische Tätigkeit, u n d sie sei als Gesellschaft bürgerlichen Rechts bzw. bei Betrieb eines vollkaufmännischen Gewerbes als o H G oder KG stets Außengesellschaft. 143 Beide Gesellschaften sollen aufgrund der verfolgten unterschiedlichen Zwecke in ihrer Entstehung und ihrem Bestand völlig unabhängig voneinander sein. 144 Den Vorteil dieser Unterscheidung sieht man in der besseren Bewältigung von Fehlerfolgen. Denn so sind insbesondere die Bestimmtheits- und Formerfordernisse der § § 5 7 Abs. 1 BGB, 23 Abs. 1, 3 und 4 AktG, 2 Abs. 1 Satz 1, 3 G m b H G , 5, 6 und 7 GenG auf den Vorgründungsvertrag im engeren Sinn beschränkt. 1 4 5 Ermangelt es diesem an der notwendigen Bestimmtheit oder Form, so ist er unwirksam. Auf den Bestand und die Wirksamkeit des unabhängig davon bestehenden zweiten Gesellschaftsverhältnisses soll dies indes keine Auswirkungen haben. 146 Ist damit insbesondere die vorweggen o m m e n e Geschäftstätigkeit durch die Gesellschafter von der Gründungsverpflichtung im engeren Sinn unabhängig, so bestünden zwei unterschiedliche Rechtsverhältnisse; eben zwei Gesellschaften. 147 139 In diesem Sinne MünchKomm/U/mer, BGB 3 , § 705, Rdn. 208; SoergelWadding, BGB 11 , vor § 705, Rdn. 28; Erman/Westermann, BGB', vor § 705, Rdn. 24; K.Schmidt, GR 3 , S. 1284 f.; Wiedemann, GR I, S. 83 f.; a.A. z.B. Staudinger/Ke/Sfer, BGB 12 , Vorbem. zu § 705, Rdn. 91 f. 140 So aber Scholz/K.Schmidt, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 9. 141 A.A. Scholz/K.Schmidt, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 15. 142 OLG Hamm, GmbHR 1992, S. 750; Scholz/K.Schmidt, GmbHG 8 , S 11, Rdn. 14; ders., GmbHR 1998, S. 614; ders., GmbHR 1982, S. 7. Weitergehend Jäger, werdende GmbH, S. 65 f.: „Eine uneigentliche Vorgründungsgesellschaft liegt ... auch dann vor, wenn die am Vorvertrag beteiligten Gesellschafter unabhängig von einer Unternehmensführung im Rechtsverkehr auftreten." 143 K.Schmidt, GmbHR 1982, S. 7; Jäger, werdende GmbH, S. 65. 144 OLG Hamm, GmbHR 1992, S. 750; FG Niedersachsen, GmbHR 1992, S. 391; ScholzJK.Schmidt, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 9, 14; ders., GmbHR 1982, S. 7 f.; Großkomm/ßrn, AktG 3 , § 23, Anm. 26. 145 ScholzJKSchmidt, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 11 f; ders., GmbHR 1982, S. 7. 146 Scho\zJK.Schmidt, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 15; ders., GmbHR 1982, S. 7. 147 ScholzJK.Schmidt, GmbHG", § 11, Rdn. 15.
II. Die Vorgründungsgesellschaft als rechtlich relevante Gründervereinigung
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Doch bestehen gegen diesen Ansatz Bedenken in zweierlei Hinsicht. Z u m einen stehen die von den Gründern verfolgten zwei (und möglicherweise noch mehr) Zwecke - die Errichtung einer Körperschaft und die Aufnahme und die Durchführung einer unternehmerischen Tätigkeit - keineswegs beziehungslos nebeneinander (siehe bereits oben). Vernachlässigt wird dabei die Tatsache, daß die Gründer die gemeinschaftliche Geschäftstätigkeit nur im Hinblick auf die spätere Körperschaftsentstehung und im Bewußtsein des angestrebten Rechtsträgerwechsels aufnehmen. Ihr gemeinsames Handeln beruht auf dem einvernehmlichen Willen, die Geschäfte nicht in irgendeiner, sondern gerade in der Rechtsform einer AG, G m b H , Genossenschaft oder eines Vereins gemeinsam betreiben zu wollen. Insoweit gilt nichts anderes als für eine wirtschaftliche Betätigung im Stadium zwischen der Errichtung u n d der Eintragung der juristischen Person. Demnach bildet die Absicht der Körperschaftserrichtung zumindest das Motiv u n d die Geschäftsgrundlage für die übrigen, darüber hinausgehenden Verpflichtungen. 1 4 8 Allein bei K.Schmidt findet sich eine auf die Dogmatik zurückgreifende Begründung gegen die Identität von „eigentlicher" und „uneigentlicher" Vorgründungsgesellschaft: „Das Recht der BGB-Gesellschaft trifft eine nur scheinbar einheitliche Regelung für eine Vielzahl unterschiedlicher Gesellschaftstypen, von denen nur einer zur Umwandlung in die o H G geeignet ist: ... die Mitunternehmerschaft unter Nichtkaufleuten. Hierher gehört die Vorgründungsgesellschaft nicht, da sie nur ein Vorvertragsverhältnis in der Rechtsform des § 705 BGB mit dem ausschließlichen Zweck der Errichtung der Kapitalgesellschaft ist." 1 4 ' Soweit eine der Umwandlung in die Rechtsform der o H G fähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts bereits de lege lata in Abrede gestellt wird, ist die Begründung unverständlich. Soweit auf die Ausschließlichkeit des Gründungszwecks zurückgegriffen wird, ist die Begründung unhaltbar: Weder aus einer positivrechtlichen Anordnung noch aus einem übergeordneten Grundsatz des Gesellschaftsrechts ergibt sich eine solche Beschränkung. Vielmehr steht die Bestimmung des Verbandszwecks im Belieben der Gesellschafter, auch wenn diese unter Umständen kraft Rechtsformenzwangs auf eine bestimmte Verbandsform beschränkt sind. Selbst wenn man eine Erweiterung der ursprünglichen Gründungsabsicht um die sonstigen Ziele der Beteiligten ablehnt, besteht die Möglichkeit, mit dem einen Vorgründungsverband zwei Zwecke zugleich zu verfolgen. 150 Damit besteht schon dogmatisch kein Hindernis, den Formwechsel der Vorgründungsgesellschaft bei Aufnahme eines vollkaufmännischen Gewerbes zu verneinen und statt dessen ein zweites Gesellschaftsverhältnis unter den Beteiligten anzunehmen. 1 5 1
148
So zu Recht Micbalski/Sixt, FS Boujong, S. 362; Priester, GmbHR 1995, S. 484.
149
K.Schmidt, oHG, S. 261.
150
Dazu bereits oben unter B.II.2.a. Die nach K.Schmidt, oHG, S. 254 f., 260, fehlende „Kontinuierung der Mitunternehmerschaft mittels einer Gesellschaftsform ,sui generis' im Vorgründungsstadium" trifft, folgt man der einhelligen Lehre zum Verhältnis des Vorgründungs- zum Vorstadium (vgl. dazu im folgenden unter D.III.l.), ganz unabhängig davon zu, ob man die eigentliche Vorgründungsgesellschaft um sonstige Zwecke erweitert oder aber einen zweiten Verband unter den Gründern statuiert. Als Argument für das Nebeneinander zweier Gesellschaften läßt sich dies nicht verwenden. 151
40
Β. Zur Rechtsstruktur der Vorgründungsgesellschaften
Z u m anderen fehlt eine Notwendigkeit zur Annahme zweier Gesellschaften. 152 Dies gilt vor allem für die Erstreckung von § 125 BGB auf sonstige Vereinbarungen. Nach der hier vertretenen Ansicht sind Vorgründungsvereinbarungen grundsätzlich formfrei möglich. Folgt man insoweit dagegen der herrschenden Lehre, finden die Grundsätze über fehlerhafte Gesellschaften auf (unter Verstoß gegen die Formvorschriften zustande gekommenen) Vorverträge im engeren Sinn zwar keine Anwendung. Dies hindert aber nicht, eben diese Grundsätze auf das Gesellschaftsverhältnis der Gründer dann anzuwenden, wenn diese über die eigentliche Gründungsvereinbarung hinausgehende Abreden trafen. 1 5 3 So bleiben etwa die Abreden, bereits jetzt schon die geplanten Einlagen einzuzahlen, Geschäftsräume anzumieten oder ein tatsächlich eingebrachtes Unternehmen auf Rechnung und unter Mithilfe aller Gründer fortzuführen, verbindlich, wenn die Verpflichtung zur Errichtung einer Körperschaft selbst aufgrund der herrschenden Ansicht zu den §§ 23 Abs. 1 Satz 1 AktG, 2 Abs. 1 Satz 1 G m b H G , 5 G e n G etwa formnichtig sein sollte. Allerdings können die Initiatoren unter Umständen diese Bindung gemäß §§ 723 Abs. 1 Satz 2 BGB, 133 H G B über die Auflösung der Vorgründungsgesellschaft beseitigen. 154 Gleiches gilt für das weitere von K.Schmidt angeführte Beispiel zu unbestimmter Vorgründungsvereinbarungen im engeren Sinne. 155 Letztlich ist ein so befürwortetes Nebeneinander verschiedener Vorgründungsgesellschaften weder im Interesse der Gründer noch im Interesse des Rechtsverkehrs. So müßten die Initiatoren nicht nur zwei Gesellschaften unterhalten, was zusätzliche Kosten und tatsächlichen Aufwand erfordert; ihnen erwüchse aus der Existenz zweier Handlungsorganisationen auch ein doppeltes Haftungsrisiko. Für die Gläubiger entsteht schon das Problem der Zuordnung einzelner Rechtsgeschäfte an die eine oder andere Gesellschaft, die entgegen dem ersten Anschein nicht immer eindeutig ist. W e n n die Gründer etwa Räume anmieten, in denen die für die Gründung notwendigen Gesellschafterversammlungen abgehalten, zugleich aber auch erste Geschäftstätigkeiten vorgenommen werden sollen, so fragt es sich, an wen sich der Gläubiger des Mietzinses zu halten hat; der Rechtsunsicherheit wäre so Tür und T o r geöffnet. Darüber hinaus käme es zu einer für Gläubiger besonders ungünstigen Trennung des Gründervermögens, das bereits vor Errichtung der Körperschaft für den angestrebten gemeinsamen Zweck versprochen und aufgebracht wurde. Da das Aktivvermögen unmittelbar der juristischen Person gewidmet ist (daß das Vermögen nach herkömmlicher Auffassung auf die Vorgesellschaft oder die juristische Person übertragen werden muß, spielt insofern keine Rolle), könnte es in der „eigentlichen" Vorgründungsgesell152 Treten die Gründer zwar im Außenverhältnis gemeinsam auf, führen sie aber noch kein Unternehmen, soll sich nach Jäger, werdende GmbH, S. 66 f., nicht die Innengesellschaft in eine Außengesellschaft umwandeln, sondern eine Innen- und eine Außengesellschaft als Nebengesellschaft bestehen. 153 BGH, WM 1976, S. 181; Scholz¡Emmerich, GmbHG8, § 2 , Rdn. 85; Michalski/Sixt, FS Boujong, S. 363; a.A. aufgrund der Annahme zweier Gesellschaften Scholz/K.Schmidt, GmbHG8, S 11, Rdn. 10. 154 Gerade darin kommt die Bedeutung der Gründungsabsicht als Motiv für die übrigen Vereinbarungen zum Ausdruck.
155
K.Schmidt, oHG, S. 262.
II. Die Vorgründungsgesellschaft als rechtlich relevante Gründervereinigung
41
schaft separiert werden; die haftungsrelevanten Geschäfte würden aber über die „uneigentliche", möglicherweise stark unterkapitalisierte Vorgründungsgesellschaft geführt. Da die persönliche Haftung der Verbandsmitglieder in Gesellschaften bürgerlichen Rechts auf das Gesamthandsvermögen beschränkt werden kann, stünden die Gläubiger wesentlich schlechter als bei der Annahme nur eines Verbandes. Kommt es vor Errichtung der Körperschaft zu über den Vorvertrag hinausgehenden Vereinbarungen, so läßt sich deshalb die Situation allein mit der Annahme einer einheitlichen Vorgründungsgesellschaft angemessen erfassen.
3.
Gründervereinbarungen anstelle eines Vorvertrages
Haben die Gründer (derzeit) auf eine unmittelbare Abrede zur Errichtung einer Körperschaft verzichtet, so schließt dies sonstige, wirksame Vereinbarungen im Vorgründungsstadium nicht aus. So können sich die Gründer bewußt darauf beschränkt haben, nur über besonders wichtige Einzelpunkte der Gründung eine vorzeitige Bindung herbeizuführen. Denkbar sind separate Absprachen allein darüber, daß ein Dritter auf Kosten aller einen Satzungsentwurf erstellen solle, Vereinbarungen zur Anmietung eines Raumes für die ersten konstituierenden Gesellschafterversammlungen oder sonstige verbindliche Festlegungen über die Aufgabenverteilung im Stadium vor Errichtung des Verbandes. Sollte der Vorvertrag unter den Initiatoren unwirksam sein, sind über die unmittelbare Gründungsabsicht hinausgehende Abreden nicht per se hinfällig. Zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage kann es nur kommen, wenn die Gründung endgültig gescheitert ist; sich ein Initiator etwa beharrlich weigert, weiter an der Errichtung des Verbandes teilzunehmen. Letztlich können die Gründer die gemeinsame wirtschafdiche Tätigkeit bereits in einem Stadium aufnehmen, in dem bislang erst über die künftige unternehmenstragende Gesellschaft verhandelt wird. In diesen Fällen isolierter Gesellschafterabreden gilt gegenüber der Situation, in der über die Gründungsvereinbarung im engeren Sinn hinaus Abreden getroffen wurden, grundsätzlich nichts Abweichendes. Eine Vorgründungsgesellschaft im weiteren Sinne 156 kommt grundsätzlich mit rechtsgeschäftlich verbindlicher Vereinbarung sonstiger Pflichten unter den Gründern zustande. 157 Entgegen Michalski/Sixt 158 beschränkt die herrschende Lehre also den Tatbestand der Vorgründungsgesellschaft keinesfalls auf die Konstellationen, in denen die Gründer durchsetzbare Verpflichtungen auf Ab156 So die Terminologie der herrschenden Lehre im Unterschied zu den Fällen, in denen eine Gesellschaft (diejenige im engeren Sinn) allein aufgrund des wirksamen Vorvertrages zustande kommt: BGH, NJW 1992, S. 363; OLG Hamm, GmbHR 1989, S. 336; Baumbach/ HuedsJHueck, GmbHG 16 , § 2, Rdn. 32. 157 OLG Düsseldorf, NJW-RR 1996, S. 552; BGH, NJW 1992, S. 363; BAG, GmbHR 1991, S. 459; OLG Hamm, GmbHR 1989, S. 336; OGH, GesRZ 1981, S. 180; RGZ 123, 23 (24 f.); Hachenburg/U/mer, GmbHG 8 , § 2 , Rdn. 47; LutterlHommelboff, GmbHG 14 , § 1 1 , Rdn. 23; 4 GroßKomm/Röhricht, AktG , § 23, Rdn. 281; MünchKomm/íteKíer, BGB3, §§ 21, 22, Rdn. 65; SoergelJHadding, BGB12, vor § 21, Rdn. 41; Grottke, Vorgründungsgesellschaft, S. 80; Maulbetsch, DB 1984, S. 1561. 158 In FS Boujong, S. 357.
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Β. Zur Rechtsstruktur der Vorgründungsgesellschaften
schluß des Körperschaftsvertrages eingingen. Die von den Gründern (unverbindlich) vorausgesetzte Errichtung einer Körperschaft liegt den derzeitigen Abreden bzw. der gemeinsamen unternehmerischen Tätigkeit zum einen als Motiv zugrunde. 159 Zum anderen ist dies der (alleinige oder zusätzliche) Verbandszweck des Vorgründungszusammenschlusses. Zwar ist diese Absicht am besten durch Abgabe entsprechender Willenserklärungen, also durch Statuierung klagbarer Verpflichtungen unter den Initiatoren auf Abschluß des Gesellschaftsvertrages, erreichbar. Doch sind die Gründer de lege lata keinesfalls zu einer optimalen Förderung des Gesellschaftszwecks verpflichtet. § 7 0 5 BGB stellt es ganz in das Belieben der Gründer, mit welchen Handlungen oder Leistungen das Ziel verfolgt und gefördert werden soll. 160 Die dergestalt entstehende Vorgründungsgesellschaft im weiteren Sinn kommt formfrei zustande. Auch die herrschende Meinung erstreckt die Formpflichten der §§ 23 Abs. 1 Satz 1 AktG, 2 Abs. 1 Satz 1 GmbHG und 5 GenG entsprechend dem unterstellten Schutzzweck dieser Normen nur auf jene Vereinbarungen, die unmittelbar eine Verpflichtung zur Eingehung des selbst formpflichtigen Körperschaftsvertrages für die Initiatoren begründen. 161 Formfrei wirksam sind damit auch nach der herrschenden Lehre (nach der hier vertretenen Auffassung unterliegen Vorgründungsvereinbarungen grundsätzlich keinen Formpflichten) alle Vereinbarungen, die von den Gesellschaftern zwar im Hinblick auf die beabsichtigte Gesellschaftsgründung, selbst aber ohne eine Gründungsvereinbarung im engeren Sinn geschlossen werden. Dementsprechend ging die Rechtsprechung 162 in einer Vielzahl von Fällen ohne weiteres von einer rechtswirksam begründeten Vorgründungsgesellschaft aus, ohne einen Vorvertrag ganz allgemein oder speziell auf seine Formwirksamkeit hin zu prüfen. Allerdings führt nicht jede auf eine Körperschaftsgründung bezogene oder mit ihr im Zusammenhang stehende Vereinbarung zwingend zu einem Gesellschaftsverhältnis
1 5 9 Man kann dabei nicht allein aufgrund der Tatsache, daß die Gründer erkennbar ihre gemeinsame Tätigkeit nur im Bewußtsein eines späteren "Rechtsformwechsels" aufnahmen, eine stillschweigende Vereinbarung über eine Gesellschaftsgründung unterstellen, so anscheinend aber Michalski/Sixt, FS Boujong, S. 3 6 1 . 160 Michalski/Sixt, FS Boujong, S. 358. 161 H a c h e n b u r g / U W , GmbHG 8 , S 2, Rdn. 45, 4 7 ; Scholz/Emmerich, GmbHG 8 , § 2 , Rdn. 80, 85; SáioXiJK. Schmidt, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 12; Baumbach/Hueck/HKecfc, GmbHG 16 , § 2 , Rdn. 29, 3 1 ; Hüffer, AktG 3 , § 2 3 , Rdn. 14; Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff/£cWi, AktG, § 29, Rdn. 4 2 ; Priester, GmbHR 1995, S. 4 8 3 ; Sternberg, Vorvertrag, S. 31 sowie allgemein zu Nebenabreden GroßKomm/Röhricht, AktG 4 , § 23, Rdn. 2 8 3 ; Grottke, Vorgründungsgesellschaft, S. 4 6 ; Jäger, DStR 1996, S. 1936. A.A. Staudinger/Keßler, BGB 12 , Vorbem. zu § 705, Rdn. 118. 1 6 2 OLG Düsseldorf, GmbHR 1994, S. 3 9 9 ; OLG Hamm, GmbHR 1993, S. 105; BGH, GmbHR 1992, S. 6 0 2 ; OLG Hamm, GmbHR 1992, S. 7 5 1 ; BGH, GmbHR 1992, S. 164; BAG, GmbHR 1991, S. 4 5 9 ; BFH, GmbHR 1990, S. 2 3 6 ; OLG Köln, ZIP 1989, S. 2 3 9 ; OLG Karlsruhe, GmbHR 1988, S. 4 8 3 ; OLG Düsseldorf, GmbHR 1987, S. 4 3 0 ; LG Düsseldorf, GmbHR 1986, S. 2 3 5 ; BGH, GmbHR 1985, S. 2 1 4 ; BGH, GmbHR 1985, S. 114; LG Münster, GmbHR 1983, S. 7 3 ; BGH, GmbHR 1982, S. 183; OLG Stuttgart, GmbHR 1958, S. 195; RGZ 36, 108 (111).
III. Das auf die Vorgründungsgesellschaft anwendbare Recht
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unter den Vertragspartnern. 163 So ist es etwa denkbar, daß nur einer der Initiatoren eine Verpflichtung eingeht; sich etwa für den Fall, daß es zum Entstehen einer Gründervereinigung kommt, zur Übertragung seines Unternehmens in Form einer Sacheinlage verpflichtet. Möglich sind des weiteren Abreden unter den Vertragspartnern, die Rechtswirkungen ausschließlich im Stadium der Vorgesellschaft oder gar erst nach Registereintragung des Verbandes entfalten sollen. Darüber hinaus können die Gründer sogenannte Drittgeschäfte außerhalb eines Gesellschaftsverhältnisses, etwa Darlehensverträge oder Liefervereinbarungen, zugunsten des bestehenden Verbandes, der Vorgesellschaft oder der mit Eintragung entstehenden Körperschaft abschließen. Schließlich kann es zu Vertragsbeziehungen mit Personen kommen, die kein oder ein nur partielles Eigeninteresse an der Gesellschaftsgründung haben. In allen diesen Fällen richtet sich die Abgrenzung zu Austauschverträgen (bzw. einseitig verpflichtenden Verträgen) nach allgemeinem Schuldrecht: Ein Gesellschaftsvertrag liegt nur dann vor, wenn mehrere Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Ziels zweckdienliche, allseitige Förderpflichten vereinbarten. Dies kann durchaus dazu führen, daß Personen Vertragspartner des Vorgründungsvertrages werden, die später nicht Gesellschafter der Körperschaft sein sollen, sondern sich auf die Mithilfe zur Errichtung der Körperschaft oder der vorzeitigen Geschäftstätigkeit beschränken: Nicht alle Mitglieder der Vorgründungsgesellschaft müssen zwangsläufig auch Gesellschafter der angestrebten Korporation sein. 164
III. Das auf die Vorgründungsgesellschaft anwendbare Recht Ganz unabhängig von der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Vorgründungsgesellschaft unter den Gründern entsteht (siehe oben), unterstellt sowohl die Rechtsprechung 165 als auch die einhellige Lehre 166 einen tatsächlich entstandenen Personen163 So zu Recht auch Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff/EcWdi, AktG, § 29, Rdn. 42; K.Müller, GenG 2 , § 13, Rdn. 3; Bär, FG Kummer, S. 83; Feine, GmbH, S. 190; Weyrich, Vorgesellschaft, S. 1; Heberlein, GmbH vor Eintragung, S. 19; Sternberg, Vorvertrag, S. 11. 164 OGH, GesRZ 1998, S. 158; GroßKomnVRöfcn^i, AktG4, § 28, Rdn. 2; KölnKomm/Kra/i, 2 AktG , § 41, Rdn. 13; Sternberg, Vorvertrag, S. 12; Feine, GmbH, S. 189; HdbGR III/Priester, § 15, Rdn. 24; a.A. Otte, Vorgründungsvertrag, S. 17, 20; Masloh, Gründergesellschaft, S. 25. 165 OLG Düsseldorf, GmbHR 1994, S. 399; OLG Hamm, GmbHR 1993, S. 105 f.; BGH, GmbHR 1992, S. 164; FG Niedersachsen, GmbHR 1992, S. 391 f.; OLG Hamm, GmbHR 1989, S. 336; OLG Karlsruhe, GmbHR 1988, S. 483; LG Düsseldorf, GmbHR 1986, S. 235; BGH, GmbHR 1985, S. 214; BGHZ 91, 148 (151). Anscheinend a.A. LG Münster, GmbHR 1983, S. 73 (Vorgründungsgesellschaft und Gesellschafter nur wie GbR und Gesellschafter einer solchen zu behandeln). 166 KölnKomm/JCra/ί, AktG2, § 41, Rdn. 14; Hüffer, AktG3, § 23, Rdn. 15; HachenburgÌUlmer, GmbHG 8 , § 2, Rdn. 50, § 11, Rdn. 21; SchoizJK.Schmidt, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 13; ders., GmbHR 1998, S. 614; K.Müller, GenG 2 , § 13, Rdn. 2; Hettrich/Pöhlmann, GenG, § 13, Rdn. 2; MünchKomm/itewier, BGB3, §§21, 22, Rdn. 65; SoergelJHadding, BGB12, vor § 2 1 , Rdn. 41; Michalski/Sixt, FS Boujong, S. 350 f.; Priester, GmbHR 1995, S. 482, 485; Kort, DStR 1991, S. 1317; Flume, FS Geßler, S. 18, 20.
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Β. Zur Rechtsstruktur der Vorgründungsgesellschaften
verband im Stadium vor der Feststellung des Statuts der Körperschaft als Gesellschaft bürgerlichen Rechts den §§ 705 ff. BGB oder, sollte bereits vor der Errichtung der angestrebten Körperschaft ein vollkaufmännischer Gewerbebetrieb geführt werden, als offene Handelsgesellschaft bzw. Kommanditgesellschaft den §§ 105 ff., 161 ff. HGB. Zwar sei, so wird überwiegend argumentiert, auch das Vorgründungsstadium (notwendige) Entwicklungsstufe der Körperschaftsentstehung. 167 Doch sei eine festgefügte Vergesellschaftung unter den Gründern vor der Errichtung einer Körperschaft in der Praxis eher die Ausnahme. Folgerichtig werde die Existenz einer Vorgründungsgesellschaft im Unterschied zur Vorgesellschaft durch das Gründungsrecht der AG, GmbH, Genossenschaft und des Vereins nicht zwingend vorausgesetzt. Ordne aber das Gründungsrecht der juristischen Personen weder die Existenz noch eine bestimmte Struktur der Vorgründungsgesellschaften an, so fehle es für eine Durchbrechung des numerus clausus der Verbandstypen und die Unterstellung der Vorgründungsgesellschaften unter das Sonderrecht der Vorgesellschaften an einer gesetzlichen Legitimation. Damit verbleibe es für den Zeitraum zwischen ersten Gründungsvereinbarungen und dem Abschluß der (korporativen) Satzung bei dem das deutsche Gesellschaftsrecht prägenden Dualismus von Verbandstypen: Sei die vor Errichtung bestehende Gründervereinigung (mangels Eintragung) weder Aktiengesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Genossenschaft oder Verein noch „wesensgleiches minus" zu diesen Rechtsformen, so müsse sie Personalgesellschaft sein. 168 Doch kommt es darauf nicht an. 169 Entscheidend ist vielmehr, daß personalistische Verbandsstrukturen der Interessenlage vor Errichtung der Körperschaft am ehesten gerecht werden und dem Willen der Vertragspartner am besten entsprechen. Für das Innenverhältnis erkennt man z.B. zutreffend an, daß der Zusammenschluß auf dem persönlichem Vertrauen der Beteiligten beruht und der gegenseitig versprochenen eigenen Mitarbeit aller Vertragspartner aufgebaut ist. Die Vereinigung wird von den Gesellschaftern noch selbst verwaltet (§§ 709 Abs. 1, 714 BGB, 114 Abs. 1, 125 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB) und der Vorgründungsvertrag wird, da der Verband noch nicht auf einen wechselnden Mitgliederbestand angelegt ist, subjektiv nach den §§ 133, 157 BGB ausgelegt. Das Gesellschaftsverhältnis ist aus wichtigem Grund kündbar (§ 723 Abs. 1 Satz 2 BGB); da die Vorgründungsgesellschaft nur auf begrenzte Zeit eingegangen wird, kommt eine jederzeitige Kündigung nach S 723 Abs. 1 Satz 1 BGB dagegen nur dann in Betracht, wenn sich die Eintragung übermäßig verzögert. Scheitert die Gründung, so muß die Außengesellschaft nach den §§ 730 ff. BGB, 145 ff. HGB liquidiert werden. 170 Im Außenverhältnis muß weder ein bestimmtes Gesell167
Siehe, auch zu abweichenden Ansichten, oben den Text zu Abschnitt B., Fn. 1. Vgl. nur Steimel, Gründungs-GmbH, S. 4; Grottke, Vorgründungsgesellschaft, S. 63, 112, 114; Wacker, Vorgesellschaften, S. 6 f.; Wallenfang, Vor-AG, S. 18. 169 Gegen die Sonderrechtslehre im Zusammenhang mit dem Gründerverband zwischen Errichtung und Eintragung der Körperschaft vgl. ausführlich im folgenden unter C.V. 170 H a c h e n b u r g / U W , GmbHG 8 , § 2, Rdn. 50; Scholz¡Emmerich, GmbHG 8 , § 2, Rdn. 87; ScholzJUSchmidt, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 13; Baumbach/Hueck/H«ecé, GmbHG 1 6 , § 2, Rdn. 30, § 1 1 , Rdn. 34; KMüller, GenG 2 , § 1 3 , Rdn. 2, 5; Lang/Weidmüller/Metz/Schaffland/Mefz, GenG", § 13, Rdn. 2; MünchKomm/Re«ier, BGB 3 , §§ 21, 22, Rdn. 65; Soergel/Hadding, BGB 12 , vor § 21, Rdn. 62; Schultze-v.Lasaulx, FS Olivecrona, S. 583; Steimel, Gründungs-GmbH, S. 6; 168
III. Das auf die Vorgründungsgesellschaft anwendbare Recht
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schaftsvermögen gebildet werden noch unterliegt der Haftungsfonds einer besonderen Sicherung. Vor allem bei einer vorweg aufgenommenen wirtschaftlichen Betätigung durch den Gründerverband besteht ein elementares und, wie der Gesetzgeber in den S S 54 Satz 2 BGB, 128, 161 Abs. 2 HGB, 41 Abs. 1 Satz 2 AktG, 11 Abs. 2 GmbHG anerkennt, überwiegend schützenswertes Interesse an einer (unabdingbaren) persönlichen Einstandspflicht der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Vereinigung. Eine Vorwirkung des Aktienrechts, GmbH-Rechts, Genossenschaftsrechts bzw. des Vereinsrechts auf Vorgründungsgesellschaften oder die Anwendung der von Rechtsprechung und Wissenschaft entwickelten (Sonder-)Regeln zu den Vorgesellschaften schon vor dem Abschluß der korporativen Satzung wird - da nicht dem Willen der Gründer und der Auffassung des Gesetzgebers entsprechend 171 - grundsätzlich abgelehnt. 172 Eine generelle Ausnahme ergibt sich aus dem Bestimmtheitsgebot: Soll der Gesellschaftsvertrag die Beteiligten zur Gründung einer Körperschaft verpflichten, muß er zumindest den notwendigen Mindestinhalt der späteren Satzung entsprechend den SS 57 f. BGB, 23 Abs. 3 und 4 AktG, 3 Abs. 1 und 2 GmbHG, 6 f. GenG regeln. 173 Außerdem nimmt man (zu Unrecht) an, daß bereits die ersten Gründervereinbarungen der Formpflicht der SS 23 Abs. 1 Satz 1 AktG, 2 Abs. 1 Satz 1 GmbHG, 5 GenG unterliegen. 174 Auch darüber hinaus müssen Besonderheiten, insbesondere aufgrund eines abweichenden Willens der Vertragschließenden, berücksichtigt werden. So kann der Gesellschaftsvertrag selbstverständlich die Vorab-Geltung bestimmter körperschaftlicher Regelungen auf die Vorgründungsgesellschaft in einem Umfang, der weitgehend im Belieben der Gründer steht, vorsehen. 175 Soll etwa die angestrebte Gesellschaft erwerbswirtschaftlich tätig werden, so wird sich die Stimmgewichtung in der Gesellschafterversammlung der Vorgründungsgesellschaft entsprechend den SS 134 Abs. 1 Satz 1 AktG, 47 Abs. 2 GmbHG jedenfalls dann nach Kapitalanteilen richten, wenn der gemeinsame Geschäftsbetrieb bereits vor der Eintragung und Errichtung der Körperschaft aufgenommen wird. Eine Grenze bildet insoweit nur das zwingende Recht der Personal(handels-)gesellschaften. Demzufolge wird ein Nichtgesellschafter, den die Initiatoren unter Vorwegnahme der Satzungsregelungen für die AG, die GmbH oder den Verein mit der Geschäftsführung in der Vorgründungsgesellschaft beauftragen,
a.A. anscheinend Dressler, Vorgesellschaft, S. 8 f. (Gründer wollen keine oHG errichten, sondern Körperschaft). Die Auffassung, daß die personalistische Struktur dem Willen der Gründer entspreche (zur Maßgeblichkeit des Willens bei der Bestimmung der Verbandsstruktur vgl. den Text in Abschnitt C. ab Fn. 282) wird hier geteilt, nicht aber die Ansicht, daß diese Einordnung im bewußten Gegensatz zur Vorgesellschaft auch vom Gesetzgeber so vorgesehen war und dementsprechend im Gründungsrecht niedergelegt ist; siehe dazu ausführlich unter C.II, und C.IV. 172 KölnKomnVKra/i, AktG2, § 41, Rdn. 7 ff., 15; Geßler/HefermehVEckardt/Kropff/EciWi, AktG, § 2 9 , Rdn. 43; Hüffer, AktG3, § 2 3 , Rdn. 14 ff.; Rowedder/Rittner/Schmidt-Leithoff, GmbHG 3 , § 2 , Rdn. 77; Lutter/Hommelhoff, GmbHG 14 , S 11, Rdn. 23; Hettrich/Pöhlmann, GenG, § 13, Rdn. 2; Wacker, Vorgesellschaften, S. 8; Wallenfang, Vor-AG, S. 18. 173 Siehe dazu bereits oben zu B.II.l.a.aa. 174 Vgl. eingehend zu den Einwänden gegen diese Ansicht den Text zu B.II.l.a.bb. 175 OGH, GesRZ 1981, S. 180; Roth/Altmeppen/Rort, GmbHG 3 , § 11, Rdn. 67 ff.
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Β. Zur Rechtsstruktur der Vorgründungsgesellschaften
nur neben, nicht aber anstelle der Gründer tätig. Das Prinzip der Selbstorganschaft erfährt durch die angestrebte Gründung einer Körperschaft keine Modifikationen, da es allein auf die Interessenlage im Gründungsverband ankommt. 176 Die organisationsrechtlichen Vereinbarungen der Gründer müssen nicht ausdrücklich zustande kommen, sondern sie können sich, wie auch sonst üblich, aus den Umständen ergeben. So folgert man bereits aus dem Fehlen höchstpersönlicher Förderungspflichten für die Beteiligten, daß der Tod eines Gesellschafters als Auflösungsgrund für die Vorgründungsgesellschaft entgegen S 7 2 7 Abs. 1 BGB abbedungen sei. 177 Um ungeeignete durch geschäftstüchtige und kapitalkräftige Gründer austauschen zu können, hält man zum Teil auch einen freien Mitgliederwechsel für regelmäßig vereinbart. 178 Im Falle einer Kündigung aus wichtigem Grund (§ 723 Abs. 1 Satz 2 BGB) oder einer Auflösungsklage (§§ 133 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB) sollen neben den nach §§ 7 0 5 ff. BGB, 105 ff. HGB bestehenden Auflösungsgründen auch jene Gründe zu berücksichtigen sein, die etwa bei einer eingetragenen GmbH eine Auflösungsklage nach § 61 Abs. 1 GmbHG rechtfertigen würden. 179 Allerdings genügt - wie zu Recht festgestellt wird - für die Annahme korporativer Vertragsgestaltungen noch nicht pauschal die Absicht der Gesellschafter, einen körperschaftlich verfaßten Verband zu gründen. Davon schienen noch die Verfasser eines allerdings nicht Gesetz gewordenen Entwurfs zum ADHGB von 1861 ausgegangen zu sein, als sie vorschlugen: „Bei der Berathung über die Regulierung des Vereins nach Maßgabe des Planes entscheiden Beschlüsse, welche von der Mehrheit der Erschienenen in deshalb anberaumten Versammlungen nach gehöriger Vorladung der Betheiligten gefaßt werden. Hierbei gewährt, wenn diesfalls nichts Besonderes bestimmt worden, bei Vereinen, bei welchen die Betheiligung nach Vermögensantheilen berechnet wird, jeder Antheil dem Inhaber eine Stimme." 1 8 0 Doch liegt der Wille, den endgültigen Verband korporativen Strukturen zu unterstellen, immer vor, wenn die Entstehung einer AG, GmbH, Genossenschaft oder eines Vereins angestrebt wird. Da die jetztzeitige Organisationsverfassung der Gründerverbände keinesfalls zwangsläufig aus den Absichten der Initiatoren für den Verband nach dessen Eintragung geschlußfolgert werden kann, entscheidet ausschließlich der auf die Vorgründungsstadium selbst bezogene Wille der Gesellschafter über die Strukturen des Zusammenschlusses. Die Rechtslehre erkennt dies zumindest für Vorgründungsgesellschaften an: 181 Fehlen abweichende Vereinbarungen, so sollen z.B. die Mitgliedschaft in der Vorgründungsgesellschaft und (gemäß § 7 1 7 Satz 1 BGB von der Mitgliedschaft unabspaltbare) 1 7 6 Ausführlich zur Legitimation und zu den zwingenden Aussagen des Selbstorganschaftsprinzips in Personalgesellschaften und Gründerverbänden im folgenden unter C.V.3.a. 177 HachenburglUlmer, GmbHG 8 , § 2, Rdn. 53; Scholz/Emmerich, GmbHG 8 , § 2, Rdn. 87; Baumbach/Hueck/H«ec¿, GmbHG 16 , § 1 1 , Rdn. 34; Roth/Altmeppen/Roife, GmbHG 3 , § 2 ,
Rdn. 49; Weyrich, Vorgesellschaft, S. 7; Wallenfang, Vor-AG, S. 7. 178 Weyrich, Vorgesellschaft, S. 7; Wallenfang, Vor-AG, S. 7. Hachenburg/U/mer, GmbHG8, § 2, Rdn. 50. Lutz, Protokolle ADHGB, I. Theil, S. 380. 181 Zur gegenteiligen Auffassung im Stadium der Vorgesellschaften und zu den Konsequenzen hinsichtlich des Ubergangs zwischen den verschiedenen Gründungsstadien siehe unter C.IV.l., D.I.2.b. und D.III.l. 179 180
III. Das auf die Vorgründungsgesellschaft anwendbare Recht
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Rechte aus dem Vorvertrag selbst dann nicht veräußerlich sein, wenn für die zukünftige GmbH keine Vinkulierung der Anteilsabtretung geplant ist. 182 Die personalistische Verfassung der Vorgründungsgesellschaften kann demnach grundsätzlich abbedungen werden. Dies entspricht den allgemeinen Lehren des Rechts der Personal(handels-)gesellschaften, demzufolge dispositives Gesetzesrecht dem Parteiwillen und den daraus resultierenden Vereinbarungen nachrangig ist. In dem sich daraus ergebenden Regel-Ausnahme-Verhältnis soll der wesentliche rechtliche Unterschied zum Stadium der Vorgesellschaften liegen: Während auf Vorgründungsgesellschaften grundsätzlich das Recht der §§ 705 ff. BGB bzw. der 105 ff., 161 ff. HGB Anwendung findet, Abweichungen davon einer besonderen Rechtfertigung bedürfen, unterstellen Rechtsprechung und herrschende Lehre den Verband zwischen Errichtung und Eintragung der Körperschaft im wesentlichen dem Recht der eingetragenen AG, der GmbH, der Genossenschaft oder des Vereins (siehe sofort im Anschluß). 183 Ausnahmen sollen sich nur im Hinblick auf die eine unbeschränkte Rechtsfähigkeit des Adressaten voraussetzenden Regelungen 184 oder aber hinsichtlich der Normen, die ihrem Sinn und Zweck nach die Eintragung des Verbandes voraussetzen, 185 sowie bei vom AktG, GmbHG, GenG bzw. dem Vereinsrecht abweichenden Vereinbarungen der Gründer ergeben. Da man nur die dabei verbleibenden Lücken mit dem Recht der GbR, oHG oder KG füllt, nicht aber auf die Möglichkeit der Gesellschafter zurückgreift, dispositives Personalgesellschaftsrecht durch eigene Vereinbarungen zu substituieren, sollen die Gründer nach der Errichtung der Körperschaft anders als davor nicht an die zwingenden Regeln der §§ 705 ff. BGB, 105 ff., 161 ff. HGB gebunden sein. Die Rechtfertigung für diese Ungleichbehandlung der beiden Gründungsstadien sieht man in der nur zwischen Vorgesellschaft und GmbH bestehenden Identität in organisatorischer und vermögensrechtlicher Hinsicht. 186
182 Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8 , § 2, Rdn. 52; Scholz/Emmerich, GmbHG 8 , § 2, Rdn. 87; ScholzJK.Schmidt, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 13; Baumbach/Hueck/H«ec¿, GmbHG 1 *, § 11, Rdn. 34. 183 Vgl. die Nachweise in Abschnitt C , Fn. 39 f. Gegen diese Argumentation insbesondere Roth/Altmeppen/Roifc, GmbHG 1 , § 11, Rdn. 67 ff. 184 BGHZ 120, 103 (106); BGHZ 80, 2 1 2 (214); BGHZ 20, 281 (285); KölnKomm/Kra/f, AktG 2 , §41, Rdn. 23; Baumbach/Hueck/H«ec¿, GmbHG 1 6 , S 11, Rdn. 6; Lang/ Weidmüller/Metz/Schaffland/Mett, GenG 33 , § 13, Rdn. 4. 185 Hüffer, AktG 3 , § 4 1 , Rdn. 4; Hachenburg/U/mer, GmbHG 8 , § 1 1 , Rdn. 8; Rowedder/ Rittner/Schmidt-Leithoff, GmbHG 3 , § 11, Rdn. 13; K.Müller, GenG 2 , § 13, Rdn. 9; MünchKommJReuter, BGB 3 , §§ 21, 22, Rdn. 72; Stimpel, FS Fleck, S. 3 7 2 f.; Fabricius, FS Kastner, S. 102. 186 Siehe allerdings zur hier vertretenen Auffassung eines einheitlichen Gründerverbandes ausführlich unter D.IV. Für die Frage des auf Vorgründungsgesellschaften anwendbaren Rechts ist dies indes ohne Relevanz.
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Β. Zur Rechtsstruktur der Vorgründungsgesellschaften
IV. Zusammenfassung Im Vorgründungsstadium kommt es regelmäßig zu Rechtsbeziehungen zwischen den Gründern sowie zwischen dem Zusammenschluß und Dritten. Verpflichten sich die Initiatoren zur Errichtung der angestrebten Körperschaft, so entsteht unter ihnen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, und zwar regelmäßig in der Form einer Außengesellschaft. Darüber hinausgehende Vereinbarungen erweitern das eine, bereits bestehende Gesellschaftsverhältnis; sollte bereits ein Unternehmen in vollkaufmännischer Weise betrieben werden, besteht die Vorgründungsgesellschaft in der Rechtsform einer o H G oder KG. Möglich ist auch, daß eine Vergesellschaftung unter den Beteiligten entsteht, ohne daß man sich (wirksam) zum Abschluß des Gesellschaftsvertrages einer AG, GmbH, e.G. bzw. eines e.V. verpflichtete. Die Gründungsabsicht bildet dann für die sonstigen Vereinbarungen und die gemeinsame Betätigung Motiv und Geschäftsgrundlage. Die Vorgründungsgesellschaft beruht wie jeder Personenzusammenschluß auf vertraglicher Grundlage. Der Gesellschaftsvertrag ist nicht nur verbandsbegründender Organisationsakt, sondern zugleich auch Vorvertrag. Insoweit müssen die Vorgründungsvereinbarungen, sollen sie zur Gründung einer Körperschaft verpflichten, hinreichend bestimmt sein. Die Anforderungen an den notwendigen Inhalt der Übereinkommen ergeben sich bereits aus den §§ 57 Abs. 1 BGB, 23 Abs. 2 und 3 AktG, 3 Abs. 2 und 3 GmbHG, 6 f. GenG. Demgegenüber bedürfen die Gründungsabreden nicht der gesetzlichen Form der korporativen Satzung. Dies ergibt sich eindeutig aus der historischen Auslegung der §§ 23 Abs. 1 Satz 1 AktG, 2 Abs. 1 Satz 1 GmbHG, 5 GenG sowie dem Sinn und Zweck der Regelungen und dem systematischen Zusammenhang mit dem Recht der Personal(handels-)gesellschaften.
C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften Das Vereinsrecht, das Aktiengesetz, das GmbH-Gesetz und das Genossenschaftsgesetz regeln das Gründungsrecht der Körperschaften nur sehr unvollkommen. Auch wenn bestimmt ist, unter welchen Voraussetzungen die Eintragung des Verbandes in das Handels-, Genossenschafts- oder Vereinsregister vorzunehmen ist, enthalten die Normen selbst keine Vorschriften unmittelbar zu einer "Vorgesellschaft" und, abgesehen von Normen bei der Verletzung spezieller Gründungspflichten und der sogenannten Handelndenhaftung der §§ 54 Satz 2 BGB, 41 Abs. 1 Satz 2 AktG, 11 Abs. 2 GmbHG, auch keine Regelungen zur Haftungsverfassung eines Gründerverbandes, seiner Mitglieder sowie der Organpersonen im Stadium zwischen der Errichtung juristischer Personen durch Abschluß des Gesellschaftsvertrages und ihrer Eintragung in ein öffentliches Register. Dies ist weder für die Vergangenheit noch für die Gegenwart Zufall. Vielmehr verneinte bereits der historische Gesetzgeber die Existenz einer Vorgesellschaft. Die den heutigen § § 4 1 Abs. 1 Satz 1 AktG, 11 Abs. 1 GmbHG im Wortlaut entsprechende Regelung findet sich erstmals in Art. 74 Abs. 1 des Entwurfs eines Allgemeinen Handelsgesetzbuch für Deutschland von 1849: „Eine Aktien-Gesellschaft besteht nicht, wenn nicht der Gesellschaftsvertrag von der Regierung desjenigen Einzelstaates genehmigt ist, in welchem sie errichtet wird". 1 Die Norm findet über Art. 181 Abs. 1 des Preußischen Entwurfs eines Handelsgesetzbuchs von 1857 und den Entwurf eines österreichischen Handelsrechts (§81: „Handelsgesellschaften dürfen vor der Protokollierung ihres Gesellschaftsvertrages und ihrer Firma weder ein gesellschaftliches Geschäft unternehmen, noch eine darauf bezügliche Veröffentlichung erlassen") 2 Eingang in Art. 211 Abs. 1 des ADHGB von 1861. 3 Die Rezeption in das moderne Han-
1 Entwurf eines Handelsgesetzbuchs von 1849, S. 79. Frühere, allerdings nur allgemein das Konzessionssystem festschreibende Regelungen finden sich etwa in den §§ 1, 8 des Preußischen Aktiengesetzes (GBl. Nr. 2391) von 1843 („Aktiengesellschaften mit den im gegenwärtigen Gesetze bestimmten Rechten und Pflichten können nur mit landesherrlicher Genehmigung errichtet werden... Aktiengesellschaften erlangen durch die landesherrliche Genehmigung die Eigenschaft juristischer Personen") und dem sächsischen „Gesetz-Entwurf, die Actienvereine betreffend" (zitiert nach Baums-Stammberger, AktG 1836/37) von 1836/37 (§ 1: „Vereine zu gemeinschaftlichen Unternehmungen, auf Aktien gegründet, bedürfen der Bestätigung durch unser Ministerium des Innern. Ohne diese Bestätigung sind sie ... hinsichtlich Dritter nach den in den gemeinen Rechten bestimmten Grundsätzen des Gesellschaftsvertrages zu beurteilen."). 2 Abgedruckt bei Lutz, Protokolle ADHGB, Beilagenband, S. 83. 3 Als Entwurf abgedruckt bei Lutz, Protokolle ADHGB, Beilagenband, S. 41. Zum historischen Hintergrund der Rezeption in das moderne Handelsrecht ausführlich Sittner, werdende
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C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
delsrecht entspricht gesicherter Erkenntnis in der Rechtswissenschaft zu Beginn des 19. Jahrhunderts und beruht auf dem Preußischen Allgemeinen Landrecht 4 sowie dem französischen, in den Rheinprovinzen geltenden code de commerce. So stellen etwa Broicher und Grimm 1835 fest: „Eine anonyme Gesellschaft kann nur mit Ermächtigung der Staatsregierung und der von derselben geschehenen Genehmigung der Errichtungs-Urkunde bestehen". 5 Im Ergebnis läßt sich diese Auffassung bis in die jüngste Zeit verfolgen. 6 Der moderne Gesetzgeber enthält sich bewußt der Stellungnahme zu einem besonderen Rechtstyp „Vorgesellschaft", was dazu führt, daß das Gründungsrecht seit den ersten deutschen Kodifikationen zum Gesellschaftsrecht in seinen wesentlichen Grundzügen nahezu unverändert blieb. So übernimmt das Aktiengesetz von 1 9 6 5 die überkommenen Regelungen, zur Begründung wird allerdings festgestellt: „Von einer Regelung der ... bestehenden Streitfragen sieht der Entwurf ... ab. Es erscheint zweckmäßiger, sie der Wissenschaft und der Rechtsprechung zur Klärung zu überlassen". 7 Damit verbindet sich schon ausdrücklich mit dem Wortlaut des Gesetzes keine bestimmte Vorstellung vom Gründungsstadium juristischer Personen und seiner rechtlichen Erfassung mehr. Entscheidend aber ist, daß sich mit der Aufgabe des Oktroisystems und der Konzessionspflicht für Körperschaften („moralischen Personen" des ALR) 8 und der Einführung des Systems der Normativbestimmungen ( 1 8 7 0 ) die Anerkennung einer „Vorgesellschaft" zunehmend durchsetzte. Dies ist für sich betrachtet nichts Außergewöhnliches. Zwar besteht die juristische Person "als solche" gemäß den § § 4 1 Abs. 1 Satz 1 AktG, 11 Abs. 1 G m b H G vor Eintragung in das Handelsregister noch nicht. Doch bezieht sich dies expressis verbis eben nur auf die eingetragene Körperschaft. Nicht zwingend ergibt sich daraus etwa der Umkehrschluß, daß unter den Gründern noch überhaupt keine Gesellschaft bestehen
juristische Person, S. 1 1 1 ff.; Fabricius, FS Kastner, S. 85 ff.; Schultze-v.Lasaulx, FS Olivecrona, S. 5 8 3 f. 4 II 6 SS 2 5 , 8 1 : „Die Rechte der Corporationen und Gemeinen kommen nur solchen vom Staate genehmigten Gesellschaften zu... Corporationen und Gemeinen stellen in den Geschäften des bürgerlichen Lebens eine moralische Person v o r . " (zitiert nach Hattenhauer/Bemert, ALR 1 7 9 4 , S. 4 3 3 , 4 3 5 ) . Broicher/Grimm, H R , S. 1 9 (Hervorhebung nicht im Original). Fabricius, FS Kastner, S . 9 4 ff.; Würdinger, AktR 2 , S . 1 0 0 ff. Die Entwicklung verlief von der vollständigen Verneinung vor Eintragung bestehender Rechtsverhältnisse und Verbände über die Annahme eines pactum de contrahendo bis hin zu Gesellschaften, die nur im Innenverhältnis oder aber nur aufschiebend bedingt mit Eintragung zustande kommen sollten; vgl. eingehend dazu noch Salinger, Vor-GmbH, S. 9 ff.; Heberlein, G m b H vor Eintragung, S. 2 4 , 3 2 ; Dressler, Vorgesellschaft, S. 2 2 f., 4 2 . 7 Begründung zum Regierungsentwurf von § 4 1 AktG, abgedruckt bei Kropff, AktG, S. 6 0 . Wortgleich die Begründung zu § 2 2 des Regierungsentwurfs eines G m b H G von 1 9 7 1 ; dieser wurde allerdings nicht Gesetz (abgedruckt in Drucksachen Bundestag 7 / 2 5 3 , S. 9 6 ) . 5 6
8 Seit den ersten Vorläufern unserer heutigen Aktiengesellschaften, den Anfang des 17. Jahrhunderts gegründeten niederländischen Handelskompanien, konnte der korporative Status nahezu ausschließlich nur durch staatliche Verleihung der Korporationsrechte (Verleihungsakt und Privilegierung) erlangt werden: GroßKomm/Assmann, AktG 4 , Einl. Α-D, Rdn. 2 2 f.
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könne. 9 Das Gesetz selbst nennt etwa in §§ 1, 2 Abs. 1 Satz 1, 3 Abs. 1, 6 Abs. 1, 7 Abs. 3 G m b H G die Gruppe der Gründer vor Eintragung der GmbH eine "Gesellschaft" und ihre Mitglieder "Gesellschafter" (etwa in den §§ 2 Abs. 1 Satz 2 oder 9 Abs. 1 GmbHG). Dementsprechend wurde zumindest die Möglichkeit eines Gründerverbandes von Rechtsprechung und Rechtswissenschaft auch im 19. Jahrhundert nicht geleugnet. Die beschriebenen Regelungen sollten nicht etwa die Teilnahme der Initiatoren am allgemeinen oder erwerbswirtschaflichen Rechtsverkehr verhindern; allerdings sollten die Gründer insoweit dem allgemeinen Gesellschaftsrecht bar jeder Einwirkung des Rechts der angestrebten Kapitalgesellschaft unterliegen. 10 Bezeichnend ist insoweit ein Lehrbuch aus der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts: „Hätte aber die Societät vor erhaltener Ermächtigung ihre Operationen dennoch begonnen, so würde sie, obgleich als anonyme Gesellschaft ungiltig, doch als Interesse-Gemeinschaft oder als factische Societät bestehen." 1 1 Das Neue des veränderten Verständnisses besteht also nicht darin, daß man die aus der Handlungsfreiheit des einzelnen resultierende Rechtsmacht anerkennt, in rechtsgeschäftlichen Kontakt mit anderen zu treten und ein Organisationsgefüge bereits vor der Eintragung zu schaffen. Entscheidend ist vielmehr der nunmehr allgemein anerkannte besondere Zusammenhang dieser Vergesellschaftung der Gründer zur fertigen Kapitalgesellschaft, die der Begriff "Vorgesellschaft" zu umschreiben und zu erfassen versucht. 12 Die Vorgesellschaft ist nach heutiger Auffassung eine notwendige Vorstufe zur eingetragenen juristischen Person; die Aktiengesellschaft, die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die eingetragene Genossenschaft bzw. der eingetragene Verein entwickelt sich kontinuierlich aus „seinem" Gründerverband heraus. 13 Dies gilt nicht nur für die Kapitalgesellschaften; auch im Vereins- und im Genossenschaftsrecht wird zunehmend anerkannt, daß Vorverein und Vorgenossenschaft vom nicht eingetragenen Verein des § 5 4 Satz 1 B G B und von der nicht eingetragenen Genossenschaft im Sinne des § 13 GenG zu trennen sind. 14 Rechtfertigen läßt sich die Sonderstellung der „Vorformen" zum einen mit der Feststellung, daß sich der Kreis der beteiligten Personen 9 Kempermann, Gründungsgesellschaft, S. 3; Salinger, Vor-GmbH, S. 9; Flume, FS Geßler, S. 6; Grünwald, GesRZ 1996, S. 22; Steimel, Gründungs-GmbH, S. 3; Heberlein, GmbH vor Eintragung, S. 21, 46; Baritsch, Vor-GmbH, S. 5; Wacker, Vorgesellschaften, S. 4. 10 Siehe nur die Entscheidungen ROHG 7, 266 (271 f.); ROHG 10, 200 (205); ROHG 18, 354 (360); ROHG 20, 207 (210 ff.). 11 Schiebe, GR, S. 155 (Anm. 258). 12 Einen weitergehenden Inhalt (vor allem eine bestimmte Rechtsqualität in Vorgriff auf den angestrebten Verband oder eine bestimmtes Rechtsverhältnis zur eingetragenen Körperschaft) impliziert dieser Begriff indes nicht. 13 Vgl. nur RGZ 58, 55 (55 f.); Hueck, FS 100 Jahre GmbHG, S. 131, 137; Wey neh, Vorgesellschaft, S. 4 f., 16 f.; Wacker, Vorgesellschaften, S. 5; Kempermann, Gründungsgesellschaft, S. 2; Hubert, Vor-GmbH, S. 3, 14; Saß, Vor-GmbH, S. 33; Otte, Vorgründungsvertrag, S. 30; Dressler, Vorgesellschaft, S. 10; Theobald, Vor-GmbH, S. 6. 14 Siehe für das Vereinsrecht insbesondere Socrgel/Hadding, BGB12, vor § 21, Rdn. 64: „... unterscheidet sich der Vorverein vom nicht eingetragenen Verein iS des § 54..." sowie für das Genossenschaftsrecht Beuthien/Klose, ZfG 46, S. 180: Es sei anerkannt, „daß die Vorgenossenschaft ein auf die künftige juristische Person hin angelegtes Rechtsgebilde, also eine werdende eG" sei. A.A. etwa KMüller, GenG2, § 13, Rdn. 18.
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ebenso wie die sonstige sachliche und personelle Ausstattung über den Eintragungszeitpunkt hinaus kontinuierlich fortsetzt. Zum anderen handeln die Gründer vor Registrierung ausschließlich in der Absicht, ihre gemeinsame Tätigkeit in der Rechtsform der letztlich angestrebten Gesellschaft durchzuführen; 1 5 die schon vorher existierende Vergesellschaftung unter ihnen ist in mehr oder minder weitgehendem Umfang nur Mittel zum Zweck. Daß die Gründer sich nicht sofort der gewünschten Gesellschaftsform bedienen können, ist die zwangsläufige Folge des Eintragungsprinzips: Die Normativbestimmungen für die rechtliche Anerkennung der anvisierten Körperschaft müssen erfüllt, eine registergerichtliche Prüfung durchgeführt und ein zeitraubendes Eintragungsverfahren durchlaufen werden. Vor allem aber ergibt sich der enge Zusammenhang zwischen Vorgesellschaft und daraus hervorgehender juristischer Person aus dem Gesetz selbst. Dies soll anhand der vielfältigen unmittelbaren und mittelbaren, rechtlichen und faktischen Anforderungen des GmbHG an die Gründer und ihren Verband exemplifiziert werden. So wird die GmbH gemäß den §§ 1 Satz 1, 2 Abs. 1 Satz 1 GmbHG durch notarielle Feststellung der Satzung errichtet, also ihre vertragliche Grundlage endgültig festgelegt. Die Gesellschafter übernehmen mit der Errichtung der Gesellschaft und der Festsetzung des Stammkapitals die Stammeinlage; aus den §§ 7 Abs. 2, 7 Abs. 3 GmbHG erwächst ihnen bereits jetzt die Pflicht zur Einzahlung der (Mindest-)Einlage zur freien Verfügung eines gegenwärtigen Verbandes. 16 Dementsprechend muß gemäß § 6 Abs. 1 und 3 GmbHG bereits jetzt ein Geschäftsführer bestimmt und bestellt werden; es wird insgesamt eine Organisation herausgebildet (dabei können die Gründer selbst schon als Organ „Gesellschafterversammlung" tätig werden: §§ 6 Abs. 3, 46 ff. GmbHG). Die Handlungsorganisation nimmt schon vor der Eintragung Aufgaben für den (späteren) Verband wahr, etwa die Anmeldung der Gesellschaft, § § 7 Abs. 1, 78 GmbHG, die Entgegennahme der Einlagen, §§ 7 Abs. 2, 7 Abs. 3 GmbHG oder die Abgabe der Versicherung des S 8 Abs. 2 GmbH; mit ihm werden die erforderlichen Anstellungsverträge geschlossen. Außerdem entstehen im Stadium zwischen der Errichtung und der Eintragung der GmbH bestimmte Verbindlichkeiten (etwa für die Vertragserstellung oder den Beurkundungsakt, aufgrund der Durchführung notwendiger Gesellschafterversammlungen [z.B. aus der Raummiete] und der Entgegennahme und Erhaltung geleisteter Einlagen [durch Kontoanlegungen, den Unternehmenserhalt]), die billigerweise unmittelbar zu Lasten der AG, der GmbH, der e.G. bzw. des e.V. gehen.
15 Allerdings kann diese Absicht später entfallen, sog. unechte Vorgesellschaft; siehe dazu im folgenden unter D.II. 16 Bei Bareinlagen ein Viertel der übernommenen Pflicht, insgesamt mindestens 25000,- DM, Sacheinlagen vollständig; doch kann sich schon im Stadium der Vorgesellschaft eine darüber hinausgehende Einlagepflicht der Gründer aus der Satzung ergeben oder aber die Gründer leisten einen solchen Mehrbetrag freiwillig mit oder ohne Zustimmung ihrer Mitgesellschafter (§ 271 BGB).
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Der Stand von Rechtsprechung und Lehre zur Rechtsqualität der Vorgesellschaft
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Der Stand von Rechtsprechung und Lehre zur Rechtsqualität der Vorgesellschaft
Mit dem soeben Gesagten steht zwar fest, daß ein ausgeprägtes Näheverhältnis zwischen der Vorgesellschaft und der daraus hervorgehenden juristischen Person besteht. Sicher ist auch, daß diese Besonderheit nicht ohne Folgen auf die Erfassung des Gründungsstadiums bleibt: Die Vorgesellschaft ist kein völlig selbständig neben dem Recht der angestrebten Gesellschaft existierender Verband. Völlig offen ist indes, welche konkreten rechtlichen Auswirkungen sich daraus ergeben, wie also die „werdende juristische Person" 17 einzuordnen ist. Probleme ergeben sich im Hinblick auf zwei unterschiedliche, sich allerdings oftmals überschneidende Bereiche. Einmal ist fraglich, wie sich die der Gründervereinigung selbst zugeordneten Rechtspositionen im Eintragungszeitpunkt verhalten. Dem soll im Abschnitt D. nachgegangen werden. Insbesondere aber stellt sich die seit jeher umstrittene Frage nach der rechtlichen Organisation des Zusammenschlusses zwischen der Errichtung und der Eintragung der Körperschaft und damit nach der Rechtsqualität der Vorgesellschaften, der im folgenden Abschnitt nachgegangen wird.
1.
Die Vorgesellschaft als Gesellschaft bürgerlichen Rechts
Vor allem in der Vergangenheit ging man davon aus, daß die Gründervereinigung zwischen Errichtung und endgültiger Entstehung der Körperschaft gemäß §§ 705 ff. BGB eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts bilde. 18 Zur Begründung stützt sich diese Ansicht im wesentlichen auf das Gesetz. Wie sich insbesondere aus den §§ 21, 22 Satz 1, 54 Satz 1 BGB, 41 Abs. 1 Satz 1, 1 Abs. 1 Satz 1 AktG, 11 Abs. 1, 13 Abs. 1 GmbHG, 13, 17 Abs. 1 GenG ergebe, entstehe der angestrebte Verband jedenfalls als juristische Person erst mit Registereintragung. 19 Dementsprechend komme der (vorherige) Zusammenschluß durch einen Gesellschaftsvertrag, nicht aber einen körperschaftlichen Sozialakt zustande. 20 Darüber hinaus sah
17
So die sehr treffende Bezeichnung von Rittner. OLG Celle, NJW 1951, S. 36; OLG Tübingen, DRZ 1950, S. 18; RGZ 151, 86 (91); RGZ 143, 368 (372); RGZ 122, 172 (175); RGZ 105, 228 (229); RGZ 87, 246 (249); Liebmann/ Saenger, GmbHG 7 , § 11, Anm. 1; Baritsch, Vor-GmbH, S. 13 f.; F.Scholz, GmbHR 1956, S. 3; Merkert, BB 1951, S. 322; Horn, NJW 1964, S. 90; Kastner, GS Gschnitzer, S. 219; Salinger, Vor-GmbH, S. 10, 13; Hubert, Vor-GmbH, S. 7; Willms, Vor-AG, S. 18; Saß, Vor-GmbH, S. 27, 29; Sternberg, Vorvertrag, S. 13; Wallenfang, Vor-AG, S. 20 f. sowie in jüngster Zeit noch Bär, FG Kummer, S. 91; Roth/Altmeppen/Roifc, GmbHG 3 , § 1 1 , Rdn. 37; Friedrich, DStR 1994, S. 101; anscheinend auch Bittmann/Pikarski, wistra 1995, S. 93. 19 So z.B. Baritsch, Vor-GmbH, S. 14. 20 In diesem Sinne Hubert, Vor-GmbH, S. 12. A.A. vom gleichen Standpunkt der Normentheorie aus allerdings bereits v.Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 130; Feine, GmbH, S. 187. Vgl. allgemein zu diesem Ansatz eines sozialrechtlichen Sondertatbestandes im Körperschaftsrecht oben den Text zu Abschnitt B., Fn. 19. 18
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C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
man alle Tatbestandsmerkmale der GbR als erfüllt an. Die Vorgesellschaft sei ein auf vertragsrechtlicher Grundlage beruhender Zusammenschluß mehrerer Personen, die sich mit dem Ziel, eine Körperschaft zu gründen, zum Zusammenwirken verpflichteten. Da sich dieser gemeinsame Zweck in der Erlangung der Rechtsfähigkeit durch das Bewirken der Eintragung erschöpfe, sei er ein vorübergehender und der Gründerverband damit typische Gelegenheitsgesellschaft im Sinne des S 705 BGB. 2 1 Eine Gesetzeslücke, die mit einer Analogie zu anderen Gesellschaftstypen ausgefüllt werden könnte, bestehe deshalb nicht. Außerdem seien die § § 4 1 Abs. 1 Satz 2 AktG, 11 Abs. 2 GmbHG angesichts des § 54 Satz 2 BGB überflüssig, wollte man die Vorgesellschaft im Vorgriff auf AktG, GmbHG, GenG und Vereinsrecht bereits als Körperschaft auffassen. 22 Die personalistische Grundstruktur des Zusammenschlusses stehe jedoch einem teilweisen Vorgriff auf die Regelungen korporativ organisierter Verbände grundsätzlich nicht entgegen. Zum einen gehe bereits das kodifizierte Gründungsrecht als lex specialis den §§ 705 ff. BGB vor; so müßten z.B. die Gründer entgegen den §§ 705, 2 7 1 Abs. 1 BGB bis zur Registereintragung des Verbandes nur eine bestimmte Quote der jeweils übernommenen (Bar-)Einlage in das Gesellschaftsvermögen leisten. Zum anderen sei der Wille der Initiatoren so weit wie möglich zu berücksichtigen. Insbesondere das Reichsgericht hielt in einer Reihe von Entscheidungen die Absicht, einen Verein, eine Aktiengesellschaft, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder eine Genossenschaft zu gründen, für ein Zeichen etwa dafür, daß die Gründerversammlung vom Mehrheitsprinzip beherrscht werde. Ebenso obliege die Geschäftsführung schon vor Eintragung den Personen, die zur Führung der laufenden Verwaltung in der Körperschaft berufen seien, die Gesellschaftsanteile könnten an der Vorgesellschaft abgetreten werden, der Gründerverband bestehe entgegen § 728 Satz 1 BGB beim Konkurs eines Gesellschafters fort. Letztlich sei auch eine Begrenzung der Vertretungsmacht der Geschäftsführer dergestalt anzunehmen, daß nicht die Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen, sondern allein das Gesamthandsvermögen aus Rechtsgeschäften verpflichtet werde. 23 Voraussetzung für eine Anwendbarkeit korporativer Strukturmerkmale sei aber immer eine dahingehende, wenn auch konkludent mögliche Vereinbarung unter den Gründern; ihre Geltung bereits kraft Gesetzes komme nicht in Betracht. Innerhalb dieser Auffassung war man sich über die Einordnung der unternehmerisch tätigen, insbesondere einen vollkaufmännischen Gewerbebetrieb führenden Gründervereinigung uneins. Zum Teil verblieb man bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, da man die Tatbestandsmerkmale einer Personalhandelsgesellschaft für nicht gegeben hielt. So sei auch diese Vorgesellschaft, die nach wie vor die endgültige Entstehung einer Körperschaft anstrebe, von nur begrenztem Zweck, nicht aber auf Dauer angelegt. Die Initiatoren wollten keine oHG bzw. KG, zumindest aber keine unbe21 O L G Tübingen, D R Z 1 9 5 0 , S. 18; R G Z 1 4 3 , 3 6 8 ( 3 7 2 ) ; R G Z 83, 3 7 0 ( 3 7 3 ) ; Hubert, Vor-GmbH, S. 9 ; Salinger, Vor-GmbH, S. 1 3 ; Sternberg, Vorvertrag, S. 13; Saß, Vor-GmbH, S. 2 8 , 3 4 .
So z.B. Saß, Vor-GmbH, S. 2 6 f. R G Z 5 8 , 5 5 (56 f.); R G Z 82, 2 8 8 ( 2 9 0 f., 2 9 2 ) ; R G Z 87, 2 4 6 (249); R G Z 143, 3 6 8 ( 3 7 2 ) ; O L G Tübingen, D R Z 1 9 5 0 , S. 1 9 ; Merkert, BB 1 9 5 1 , S. 3 2 2 . 22 23
I.
Der Stand von Rechtsprechung und Lehre zur Rechtsqualität der Vorgesellschaft
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grenzte Gesellschafterhaftung begründen, was im Namen des Verbandes unmißverständlich zum Ausdruck komme. Eine durch Nichtanwendbarkeit des § 128 HGB entstehende Haftungslücke werde durch die §§ 54 Satz 2, 179 BGB, 41 Abs. 1 Satz 2 AktG, 11 Abs. 2 GmbHG aufgefangen. Die Umwandlung der Vorgesellschaft in eine o H G oder KG komme dagegen erst mit der Aufgabe der Eintragungsabsicht durch die Gründer in Betracht. 24 Motiv dieser Ansicht ist vor allem die Vermeidung der strengen Gesellschafterhaftung nach § 128 HGB. Die überwiegende Ansicht ging demgegenüber zu Recht von einem Rechtsformwechsel aus. Es ist heute unstreitig, daß sich eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts allein bei Vorliegen der Voraussetzungen kraft Gesetzes, also unabhängig vom Willen der Beteiligten, zur o H G bzw. KG umwandelt. 25 Betreibt die Vorgesellschaft, wenn man sie grundsätzlich als Gesellschaft bürgerlichen Rechts versteht, unter gemeinschaftlicher Firma ein vollkaufmännisches Gewerbe, so wird der Tatbestand des § 105 Abs. 1 bzw. § 161 Abs. 1 HGB erfüllt. 26 Ein nur begrenzter Einstandswille der Gründer ist diesbezüglich irrelevant. Nehmen die Gesellschafter bereits im Gründungsstadium einvernehmlich eine (vollkaufmännische) Geschäftstätigkeit auf, so ist ein Einstandswille der Gesellschafter nicht Voraussetzung für einen gesetzlichen Rechtsformwechsel; vielmehr ist ihre Haftung gemäß § 128 HGB zwingende Rechtsfolge. 27 Dieses Ergebnis ficht man auch deshalb nicht mehr an, weil man eine unbegrenzte Gesellschafterhaftung für die Verbindlichkeiten des Gründerverbandes überwiegend für interessengerecht hält.
2.
Der bis zur Eintragung bestehende nicht rechtsfähige Verein
Diesem personalistischen Ansatz zur Rechtsqualität der Vorgesellschaft stand seit jeher die Annahme einer körperschaftlichen Struktur der Gründervereinigungen gegenüber. 28 Da man sich bei der Einordnung in das System der unterschiedlichen Rechts-
24 In diesem Sinne etwa OLG Tübingen, DRZ 1950, S. 18 f.; Deeg, BB 1950, S. 720; Baur, DRZ 1950, S. 10 (beschränkt auf die Vor-GmbH); Weipert, JZ 1952, S. 37; zweifelnd OLG Saarbrücken, JZ 1952, S. 36. Siehe auch Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff/£c£Wi, AktG, § 29, Rdn. 8. 25 BGHZ 70, 132 (134); Heymann/Emmerich, HGB 2 , § 105, Rdn. 21b; Baumbach/Hopi, HGB 2 ', Einl. v. § 105, Rdn. 23; GemKomm/Ensthaler, HGB 5 , vor §§ 105 ff., Rdn. 13; Grunewald, GR2, S. 93; Hueck, GR", S. 92, 388 f.; Kubier, GR4, S. 60, 333; K.Schmidt, G R \ S. 1300 ff. 26 OLG Oldenburg, BB 1955, S. 713; OLG Celle, NJW 1951, S. 37; Roth/Altmeppen/Roi/?, GmbHG 1 , § 11, Rdn. 37; Merken, BB 1951, S. 322. 27 Heymann/Emmerich, HGB 2 , § 105, Rdn. 27; G r o ß K o m m / U W , HGB 4 , § 105, Rdn. 37 f.; Schlegelberger/KSchmidt, HGB 5 , § 105, Rdn. 44; Baumbach/Hopi, HGB 2 ', § 105, Rdn. 9 f.; Schultze-v.Lasaulx, FS Olivecrona, S. 596; Hueck, GR 1 ', S. 87; Weyrich, Vorgesellschaft, S. 45 f.; Fabricius, FS Kastner, S. 106. 28 Masloh, Gründergesellschaft, S. 104; Sachau, ZHR 56, S. 446; Haberkom, BB 1962, S. 1410 f.; Gaerths, Gründungsgesellschaft, S. 34; Heberlein, GmbH vor Eintragung, S. 37; Kempermann, Gründungsgesellschaft, S. 66 f.; Schnatz, Vorverein, S. 5, 32; Steimel, Gründungs-
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C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
formen an einen numerus clausus gebunden sieht, greift man für alle Vorgesellschaften einheitlich auf den nicht rechtsfähigen Verein der SS 5 4 , 2 4 ff. BGB 2 9 zurück. Dies sei aber unschädlich, da der Verein den Grundtyp korporativ verfaßter Personenzusammenschlüsse bilde und damit die wesentlichen Organisationselemente auch der AG, GmbH und Genossenschaft beinhalte. 3 0 Die Klassifizierung als nicht rechtsfähiger Verein ergebe sich, so argumentiert man, bereits aus der Systematik des Gesetzes. Wie das Vereins- und Genossenschaftsrecht ausdrücklich in den §§ 2 1 , 2 2 BGB, 13 G e n G zeige, könne eine Körperschaft nur aus ihrer nicht rechtsfähigen Vorform, also der eingetragene nur aus dem nichteingetragenen Verein, nicht aber aus einer Personalgesellschaft entstehen. 1 1 Dementsprechend wollten die Vertragsbeteiligten auch nicht übergangsweise eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts schaffen. Dagegen habe sich der aus den §§ 2 1 , 2 2 Satz 1, 5 4 Satz 1 B G B , 4 1 Abs. 1 Satz 1, 1 Abs. 1 Satz 1 AktG, 11 Abs. 1, 13 Abs. 1 GmbHG, 13, 17 Abs. 1 G e n G gezogene Schluß, daß der Gründerverband als noch nicht juristische Person Gesellschaft im engeren Sinn sein müsse, gerade anhand des nicht eingetragenen Vereins als unhaltbar erwiesen. Die Gegensatzbegriffe seien nicht juristische Person und Personalgesellschaft, sondern unabhängig von einer Rechtsfähigkeit körperschaftlich (Verein) und personalistisch (GbR) organisierter Verband. 3 2 Die Einordnung als Personalverband lasse insbesondere unberücksichtigt, daß die Vorgesellschaft gerade ein Vorstadium zu der mit Eintragung entstehenden juristischen Person sei. So bestehe zwischen beiden Stadien grundsätzlich Personen- und Sachwertidentität. 33 Darüber hinaus schaffe die errichtete Satzung bereits unter den Gründern die körperschaftliche Struktur, die für die einzutragende Gesellschaft gelten solle. Dies ergebe sich zum einen aus dem Sinn des Gründungsstadiums als einem Vorbereitungsstadium zur Eintragung und sei schon de lege lata originärer Zweck der notwendigerweise entstehenden Vorgesellschaft. 34 Denn wenn der Verband gemäß dem geltenden Normativsystem mit der Eintragung nur noch seine (volle) Rechtssubjektivität erlange, GmbH, S. 5; Dressler, Vorgesellschaft, S. 24, 39 sowie heute noch Flume, BGB AT 1/2, S. 156; Schultze-v.Lasaulx, FS Olivecrona, S. 605; Beuthien, ZIP 1996, S. 307. 29 Es gilt weitgehend als gesichert, dai? die in § 54 Satz 1 BGB ausgesprochene Verweisung des nicht rechtsfähigen Vereins auf das Recht der §§ 705 ff. BGB rechtspolitisch überholt ist, vgl. z.B. SoergeVHadding, BGB12, § 54, Rdn. 1, 7 ff.; ErmanfWestermann, BGB', § 54, Rdn. 1; Reichert/v. Look/itecfcert, VR6, Rdn. 2439 ff.; Stöber, VR7, Rdn. 1232 f.; K.Schmidt, GR3, S. 746 ff. A.A. für den nicht rechtsfähigen Wirtschaftsverein (dessen Existenz bereits umstritten ist, vgl. Abschnitt C., Fn. 47) zum Teil MünchKomm/J?e«ier, BGB3, § 54, Rdn. 7. 30 Schultze-v.Lasaulx, FS Olivecrona, S. 606. 31 Flume, FS Geßler, S. 27; Schnatz, Vorverein, S. 6; Steimel, Gründungs-GmbH, S. 36; Weyrich, Vorgesellschaft, S. 18; Heberlein, GmbH vor Eintragung, S. 30 f., 35 f.; Kempermann, Gründungsgesellschaft, S. 60, 63; Dressler, Vorgesellschaft, S. 11. 32 Vgl. die Nachweise, auch zu gegenteiligen Stimmen in der Literatur, in Abschnitt C., Fn. 60. 33 Schultze-v.Lasaulx, FS Olivecrona, S. 578 f., 606; Heberlein, GmbH vor Eintragung, S. 34, 38 ff.; Weyrich, Vorgesellschaft, S. 24; Kempermann, Gründungsgesellschaft, S. 61 f. 34 Haberkorn, BB 1962, S. 1410; Schultze-v.Lasaulx, FS Olivecrona, S. 606; Steimel, Gründungs-GmbH, S. 32, 35 f.; Heberlein, GmbH vor Eintragung, S. 30 ff.; Weyrich, Vorgesellschaft, S. 18 ff.; Kempermann, Gründungsgesellschaft, S. 15 ff., 60 f.
I.
Der Stand von Rechtsprechung und Lehre zur Rechtsqualität der Vorgesellschaft
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so müsse er im Zeitpunkt des Publikationsaktes durch das Registergericht organisatorisch vollständig gebildet sein; die Vorgesellschaft sei, was die personelle, gegenständliche und strukturelle Ausstattung anbelange, mithin eingetragener Verein, Aktiengesellschaft, GmbH oder eingetragene Genossenschaft abzüglich der (vollen) Rechtsfähigkeit (bei der Rechtsform des nicht eingetragenen bzw. nicht konzessionierten Vereins bleibt man allerdings deshalb, weil man sich insoweit durch einen numerus clausus der Gesellschaftsformen begrenzt sieht). Zum anderen existierten unter den Initiatoren nur die Vereinbarungen des Gesellschaftsvertrages, so daß die ausschließlich korporativ organisierende Satzung gleichermaßen Grundgesetz des gegenwärtigen und Statut des zukünftigen Verbandes sei. Wollten die Initiatoren eine Körperschaft gründen, so spreche nichts dagegen, diesen Willen schon im Gründungsstadium - zumindest für das Innenrecht der Gründerorganisation - zu berücksichtigen. Die Annahme der körperschaftlichen Struktur von Vorgesellschaften beruht insbesondere auf einer bestimmten Hypothese über das Verhältnis der Gründervereinigung zur entstandenen Korporation. 3 5 Im Ausgangspunkt ist unstreitig, daß das Gesetz selbst die (teilweise) Schaffung der angestrebten Verbandsorganisation bereits vor Registereintragung verlangt. So müssen nicht nur der Gesellschaftsvertrag abgeschlossen und damit das Grundgesetz des Verbandes geschaffen (§§ 2 5 , 5 7 f. BGB, 2 3 AktG, 2 f. GmbHG, 5 ff. GenG), sondern z.B. auch die ersten Geschäftsführungsorgane bestellt werden ( S S 2 6 Abs. 1 Satz 1, 2 7 BGB, 3 0 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 AktG, 6 Abs. 3 Satz 2 GmbHG, 9 Abs. 1 GenG). Diese treten zum Teil zwangsläufig für den künftigen Verband im Rechtsverkehr auf, etwa zur Anmeldung der Eintragung oder der Abgabe notwendiger Versicherungen gegenüber dem Registerrichter. Darüber hinaus muß bei Kapitalgesellschaften zumindest teilweise das Mindesthaftkapital eingezogen werden (SS 3 6 a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1, 3 6 Abs. 2 AktG, 7 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 GmbHG). Auch vom personalistischen Ansatz aus hält man die nahtlose Fortsetzung dieser Organisation und der eingegangenen Rechtsverhältnisse über den Eintragungszeitpunkt hinaus für notwendig.' 16 Eine praktikable und dogmatisch überzeugende Lösung schien nur die Annahme einer Identität zu bieten. Demnach sind Vorgesellschaft und Körperschaft nur Entwicklungsstufen ein und desselben Verbandes. Dagegen sei es unmöglich, daß eine Personalgesellschaft in einen korporativ organisierten Verband „umschlage". Wenn nun aber Vorgesellschaft und eingetragener Verband wesensgleich seien, so sei auch das Vorstadium korporativ organisiert; die Eintragung habe jedenfalls insoweit nur deklaratorische Bedeutung. Darüber hinaus sah man den Vorteil der Vereinstheorie in einer nur auf diese Weise begründbaren, insgesamt wünschenswerten und vom Gründungsrecht vorausgesetzten Teilrechtsfähigkeit der Vorgesellschaft (z.B. passive Partei- und Konkursfähigkeit, S S 5 0 Abs. 2 Z P O , 2 1 3 KO), die man bei Annahme einer Gesellschaft bürgerlichen
35 Kempermann, Gründungsgesellschaft, S. 61, 64; Feine, GmbH, S. 199; Steimel, Gründungs-GmbH, S. 35 f.; Heberlein, GmbH vor Eintragung, S. 35 ff.; Weyrich, Vorgesellschaft, S. 19 f.; Dressler, Vorgesellschaft, S. 12, 16. 36 Dies gilt für die Übernahme des gebildeten Aktivvermögens und grundsätzlich auch der Verbindlichkeiten, wobei diesbezüglich noch ein Vorbelastungsverbot für die eingetragene Gesellschaft zu überwinden war, siehe im folgenden.
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C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
Rechts für unmöglich hielt; die Personalgesellschaft sei selbst ein handlungsunfähiges Gebilde, das sich in schuldrechtlichen Verbindungen der Mitglieder untereinander erschöpfe. 37 Letztlich berief man sich gerade auch für den vereinsrechtlichen Ansatz auf die Normentheorie: Die Satzungen werdender Körperschaften und die durch sie begründeten Rechtsverhältnisse seien sozialrechtliche Organisationsakte, die ein neues Rechtssubjekt konstituierten, nicht aber lediglich obligatorische Verträge im Sinne der §§ 705 ff. BGB.38
3.
Das Modell eines Verbandes „sui generis"
Die heute einhellige Rechtsprechung 39 und ganz herrschende Lehre 40 lehnt eine Einordnung der Vorgesellschaft in das tradierte System der gesetzlichen Verbände ab und versteht den Gründerzusammenschluß als eine Gesellschaft „sui generis", die durch die erstrebte Rechtsform weitestgehend vorgeprägt sei und sich von dieser nur durch das Fehlen einer umfassenden Rechtsfähigkeit und einen grundsätzlich auf die Eintragung beschränkten Zweck 41 unterscheide. Das Modell eines Gebildes „eigener Art" ist eine Fortentwicklung des vereinsrechtlichen Ansatzes. 42 Insbesondere hält diese Ansicht an einer körperschaftlichen Struktur des Gründerzusammenschlusses fest. Dafür sollen der Wille der Gründer, die rechtliche Vorwirkung der korporativ organisierenden Satzung auf das Gründungsstadium, die Tatsache, daß die Vorgesellschaft notwendiges Durchgangsstadium für die Entstehung einer AktG, GmbH, Genossenschaft oder eines Vereins sei, das im Körperschaftsrecht geltende Normativsystem und damit zusammenhängend die jedenfalls für die Ausstattung der Vereinigung grundsätzlich nur deklaratorische Bedeutung der Registereintragung sowie insbesondere die zu unterstellende tatsächliche und rechtliche
37
Vgl. nur Heberlein, GmbH vor Eintragung, S. 38 f. und Büttner, Identität und Kontinuität, S. 109 ff. 38 Takaki, Vor-AG, S. 17 ff., 44; Schnatz, Vorverein, S. 5 f.; Dressler, Vorgesellschaft, S. 19 ff.; Steimel, Gründungs-GmbH, S. 37; Heberlein, GmbH vor Eintragung, S. 37; Weyrich, Vorgesellschaft, S. 20 ff.; v.Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 136. Vgl. zu dem im einzelnen bestehenden Streit oben den Text zu Abschnitt B., Fn. 19 ff. 39 OLG Dresden, NZG 1998, S. 312; OLG Naumburg, GmbHR 1998, S. 239; BGH, GmbHR 1998, S. 185; BGHZ 120, 103 (105 f.); BGHZ 117, 323 (326); BGHZ 91, 148 (151); BGHZ 80, 129 (132); BGHZ 72, 45 (48 f.); BGHZ 51, 30 (32); BGHZ 45, 338 (347); BGHZ 21, 242 (246). 40 GtoßKomm/Röhricht, AktG4, § 29, Rdn. 5; Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 8; KMüller, GenG 2 , § 13, Rdn. 8; MünchKomm/Re«ier, BGB3, §§ 21, 22, Rdn. 72; Weilinger, GesRZ 1996, S. 157 f.; Hueck, FS 100 Jahre GmbHG, S. 146; Wacker, Vorgesellschaften, S. 50; Takaki, Vor-AG, S. 27 f., 48; Feine, GmbH, S. 201; Weyrich, Vorgesellschaft, S. 23 ff.; Dilcher, JuS 1966, S. 90; Ganßmüller, GmbHR 1953, S. 117; Derwiscb-Ottenberg, Vor-GmbH, S. 26 f. 41 Vgl. zum Streit um den Verbandszweck der Vorgesellschaft allerdings unten zu C.II.3. 42 Siehe nur Flume, BGB AT 1/2, S. 155; Dilcher, JuS 1966, S. 90; Haberkorn, BB 1962, S. 1410; Otte, Vorgründungsvertrag, S. 40; Gaerths, Gründungsgesellschaft, S. 8; Kempermann, G r ü n d u n g s g e s e l l s c h a f t , S. 6 6 f.
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Der Stand von Rechtsprechung und Lehre zur Rechtsqualität der Vorgesellschaft
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Identität von Gründerverband und eingetragener Gesellschaft sprechen. 43 Allerdings stößt die Identitätstheorie zunehmend auf Bedenken. Sie wird deshalb in der neueren Literatur zum Teil durch Kontinuitätsüberlegungen ersetzt. 44 Doch greift diese Ansicht nicht mehr pauschal auf Vereinsrecht zurück. Auch wenn der Verein die Grundform der Kapitalgesellschaften und der Genossenschaft darstelle, sei die Anwendung der §§ 21 ff. BGB auf alle Vorgesellschaften zu unspezifisch. Da die bis zur Eintragung zu bildende Organisations- und Vermögensverfassung einer Gründervereinigung nicht irgendeine körperschaftliche Ordnung sei, sondern gerade durch das Recht des angestrebten Verbandes bestimmt werde, seien die Vorgesellschaften ebenso, wie sich AG, GmbH, Genossenschaft und Verein bereits nach ihrer Idealstruktur voneinander unterscheiden, untereinander verschieden. Allein diese Sichtweise führe zu einer dem Willen der Vertragspartner entsprechenden, vorzeitigen Anwendbarkeit des Vereins-, Aktien-, GmbH- oder Genossenschaftsrechts. 45 Sei die Vorgesellschaft mit dem durch Eintragung entstehenden Verband identisch, so könne der Gründerverband nicht generell ein nicht rechtsfähiger Verein sein, da dieser eben nicht AG, GmbH oder Genossenschaft sei. Zur Begründung verweist man auf das Genossenschaftsrecht. Wie sich den §§ 1, 13 GenG entnehmen lasse, bestehe vor Eintragung des Verbandes eine nicht eingetragene Genossenschaft, nicht aber ein nicht eingetragener Verein. Diese Systematik sei auf das Recht der Gesellschaften mit beschränkter Haftung und der Aktiengesellschaften zu übertragen, auch wenn das AktG und das GmbHG eine verbandsbezogene werdende Gesellschaft nicht ausdrücklich erwähnen. Darüber hinaus vernachlässige die Einordnung in das Vereinsrecht die Tatsache, daß der Gründerverband eine nur unfertige, vorläufige Entwicklungsstufe der angestrebten Körperschaft darstelle. So sei bereits der nicht rechtsfähige, aber auf Dauer angelegte Verein von einer Organisation, die auf die Gründung eines eingetragenen Vereins gerichtet sei, zu unterscheiden. 46 Das Recht des nicht eingetragenen Vereins stoße jedenfalls bei einer vorweg aufgenommenen unternehmerischen Betätigung der Gründer an seine Grenzen, was der Streit um die rechtskonstruktive Erfassung des „nicht konzessionierten Wirtschaftsvereins" eindrucksvoll zeige.47 Letztlich führe die Einordnung der Vorgesellschaften in das Recht des nicht eingetragenen Vereins bzw. der Personalgesellschaften zu einer unerwünschten Einengung
43 Haberkorn, BB 1962, S. 1411; Weilinger, GesRZ 1996, S. 158, Weyrieb, Vorgesellschaft, S. 19 f. 44 Vgl. etwa Hachenburg/[7/mer, GmbHG 8 , § 1 1 , Rdn. 71, 74; Baumbach/Hueck/H«ec¿, GmbHG 16 , § 1 1 , Rdn. 51; den., FS 100 Jahre GmbHG, S. 148; Lang/Weidmüller/Metz/ Schaffland/Mete, GenG 33 , § 1 3 , Rdn. 11; KölnKomm/Kra/i, AktG2, § 4 1 , Rdn. 61 ff.; SoergelJHadding, BGB12, vor § 21, Rdn. 71 f. sowie ausführlich im folgenden unter D.I.2.b.cc. 45 Wacker, Vorgesellschaften, S. 51; Weilinger, GesRZ 1996, S. 230; Haberkom, BB 1962, S. 1411; Dilcher, JuS 1966, S. 90. 46 SoetgeVHadding, BGB12, vor § 21, Rdn. 64; Hueck, FS 100 Jahre GmbHG, S. 147; Feine, GmbH, S. 201; Haberkom, BB 1962, S. 1411; Wacker, Vorgesellschaften, S. 49, 55 f.; Weyrich, Vorgesellschaft, S. 23; Weilinger, GesRZ 1996, S. 154; Derwisch-Ottenberg, Vor-GmbH, S. 27. 47 Siehe dazu die Darstellungen z.B. bei MünchKomm/Re«fer, BGB3, § 54, Rdn. 3 ff.; Soergel/ Hadding, BGB12, § 54, Rdn. 3.
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C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
des Umfangs, in dem der Gründerverband am Rechtsverkehr teilnehmen könne. Der Gesetzgeber zeige aber etwa mit der angeordneten notariellen Form des Gesellschaftsvertrages und der Notwendigkeit, erbrachte Einlagen zum Nutzen des Verbandes zu verwalten, daß eine solche Teilnahme notwendig sei. Damit müsse der Vorgesellschaft eine sehr weitgehende Rechtsfähigkeit zugewiesen werden, ohne dabei an die Beschränkungen der SS 54 Satz 1 BGB, 50 Abs. 2, 735 ZPO, 213 KO, 108 VerglO, 705 ff. BGB, 124 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB gebunden zu sein. Außerdem sei es nicht möglich, mit einem nicht eingetragenen Verein primär gewerbliche, auf Gewinnerzielung gerichtete Ziele zu verfolgen. Selbst wenn man den nicht eingetragenen Verein vom Vorverein unterscheide, so zeige doch S 22 BGB eindeutig, daß ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb nur mittels einer konzessionierten Gesellschaft betrieben werden könne. Was man dem eingetragenen Verband verwehre, könne man weder dem nicht eingetragenen noch dem werdenden Verein zubilligen. Nach Uberwindung des Vorbelastungsverbotes stehe es den Gründern aber frei, bereits im Gründungsstadium unternehmerisch tätig zu werden - nicht nur durch die Weiterführung eines als Sacheinlage eingebrachten, werbend am Markt tätigen Unternehmens, sondern auch durch die erstmalige Aufnahme einer Geschäftstätigkeit. 48 Bei dieser Einordnung der Vorgesellschaften anhand der angestrebten Verbände fühlt man sich nicht an einen numerus clausus der gesetzlichen Rechtsformen gebunden. Denn wenn bereits das Gesetz unterschiedliche Körperschaftstypen statuiere, könne es dem bei der Entstehung jeweils notwendigen Durchgangsstadium die Anerkennung als Verband „sui generis" nicht verwehren. 49 Gemessen an der Identitätstheorie 50 ist diese Annahme eines „Gebildes eigener Art" eigentlich überflüssig. Denn bildet die Vorgesellschaft zwangsläufig nur eine Entwicklungsstufe zur Körperschaft, bestehen in den unterschiedlichen Stadien ihrer Gründung nicht zwei voneinander zu trennende Subjekte, sondern nur der eine Verband. Der mit Abschluß des Gesellschaftsvertrages entstehende Gründerzusammenschluß ist damit bereits selbst Aktiengesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Genossenschaft oder Verein, jeweils noch vor Eintragung und ohne die durch sie vermittelte volle Rechtssubjektivität. 51
4.
Die Lehre von der unechten Gesellschaft im überkommenen Sinn
Ansatzübergreifend blieb lange Zeit der Fall umstritten, in dem der Gründerverband eine über die zur Eintragung notwendigen Geschäfte hinausgehende wirtschaftliche
48 Die ganz herrschende Meinung versagt wirtschaftlich tätigen, nicht eingetragenen Vereinen die Anerkennung und weist sie (kraft Rechtsformenzwangs, einer lex-specialis-Regel oder einer strikten Beachtung des S 5 4 Satz 1 BGB) dem Personalgesellschaftsrecht zu: SoergelIHadding, BGB 12 , § 54, Rdn. 3; Erman/Westermann, BGB', § 22, Rdn. 3; Wiedemann, GR I, S. 93 f.; Kraft/ Kreutz, GR 10 , S. 276; Flume, FS Geßler, S. 24; A.A. vor allem MünchKomm/Re«fer, BGB 3 , § 54, Rdn. 6 f.; ders., FS Semler, S. 9 3 8 ff. 49 50 51
Takaki, Vor-AG, S. 28; Ulmer, FS Beierstedt, S. 2 8 2 f. Zu dieser ausführlich im folgenden unter D.I.2.b.aa. und D.I.2.b.bb. So konsequent tatsächlich Weilinger, GesRZ 1996, S. 158, 230.
I.
Der Stand von Rechtsprechung und Lehre zur Rechtsqualität der Vorgesellschaft
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oder sonstige Tätigkeit, die vereinbarungsgemäß mit der entstandenen Körperschaft verfolgt werden sollte, aufnahm. Teilweise ordnete man die Vorgesellschaft jedenfalls bei einem vollkaufmännischen Geschäftsbetrieb als oHG bzw. KG ein, die außerhalb des eigentlichen Gründungsvorganges und damit des besonderen Gründungsrechts stehe. 52 Bereits formal lasse sich dem Gesetz entnehmen, daß die Initiatoren nur unmittelbar auf die Körperschaftsentstehung bezogene Geschäfte vornehmen sollten. Die echte Vorgesellschaft sei damit allein auf die Herbeiführung der Eintragung gerichtet. Keinen Bestandteil des notwendigen Gründungsstadiums bilde eine wirtschaftliche Tätigkeit des Gründerverbandes. Deshalb sei eine werbend auftretende Vorgesellschaft kein Vorläufer der angestrebten Körperschaft, der mit Wirkung für und gegen den angestrebten Verband im Rechtsverkehr auftreten könne. Für ihn entfalle auch schon rein äußerlich das Charakteristische einer Gründervereinigung als einem vorläufigen Durchgangsstadium. 53 Die vom eigentlichen Gründerzusammenschluß zu unterscheidende sogenannte unechte Vorgesellschaft ergebe sich insbesondere auch vom Standpunkt der Identitätstheorie aus. Eine nur teilweise Identität - beschränkt auf die gründungsnotwendigen Rechtsverhältnisse - lasse sich dogmatisch nicht begründen. Sei aber ein am Wirtschaftsverkehr teilnehmender Gründerverband kein notwendiger Vorläufer der künftigen Körperschaft und deshalb mit der entstandenen Gesellschaft nicht identisch, so sei er auch von seiner Rechtsqualität her etwas anderes als der gesetzliche Typ einer Vorgesellschaft. Die Einordnung als o H G bzw. KG ergebe sich ferner aus materiell-rechtlichen Gründen. Das deutsche Recht gestatte den Gesellschaftern eine nur begrenzte persönliche Haftung für die Verbindlichkeiten des Verbandes nur, wenn es an einem Interesse des Rechtsverkehrs an der Sicherung durch Haftung ermangele (so beim Verein mit ideeller Zwecksetzung), wenn eine zum Teil ausgeschlossene Gesellschafterhaftung öffentlich verlautbart werde (so bei der Kommanditgesellschaft) oder wenn der zu publizierende Haftungsfonds des Zusammenschlusses institutionell abgesichert sei (so bei Kapitalgesellschaften und Genossenschaften und teilweise der KG). Aufgrund der wirtschaftlichen Tätigkeit der unechten Vorgesellschaft sei ein Gläubigerschutz notwendig, ohne daß für den Gründerverband selbst eine Mindestkapitalziffer statuiert, geschweige denn die Kapitalaufbringung und -erhaltung gesichert und kontrolliert werde, noch eine auf die Einlage beschränkte Gründerhaftung publiziert sei. Diese kämen deshalb nicht in den Genuß einer nur begrenzten persönlichen Haftung für die Verbindlichkeiten der Vorgesellschaft. Die für einen effektiven Gläubigerschutz gebotene persönliche und unbegrenzte Gründerhaftung in unternehmenstragenden Vorge-
52 LAG Stuttgart, DB 1954, S. 107; OLG Frankfurt a.M., NJW 1947/48, S. 429; Kastner, GS Gschnitzer, S. 223 (vom personalistischen Standpunkt aus); Schultze-v.Lasaulx, JZ 1952, S. 393 f.; Bayer, JZ 1952, S. 551 (von der Vereinstheorie aus); BayObLG, GmbHR 1979, S. 15; Deutscher/Körner, wistra 1996, S. 9, 13; Wacker, Vorgesellschaften, S. 64 ff.; OLG München, GmbHR 1991, S. 63 (für die Lehre einer Vorgesellschaft „sui generis"). Einen genau umgekehrten Ansatz wählt Friedrich, DStR 1994, S. 101: Die Vorgesellschaft sei grundsätzlich Verein; GbR aber dann, wenn sie sich auf die einmalige Erfüllung der Gründungsaufgaben beschränke. 53 Wacker, Vorgesellschaften, S. 66 f.; Schultze-v.Lasaulx, JZ 1952, S. 391.
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C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
sellschaften lasse sich aber nur unter Rückgriff auf § 128 HGB dogmatisch solide verorten. 54 Die beiden Ursachen für diese Auffassung - das Vorbelastungsverbot für Körperschaften und die angestrebte, aber vom regulären Haftungsregime der Gründerverbände abweichende unbegrenzte Gesellschafterhaftung bei Betrieb eines vollkaufmännischen Gewerbes durch die Initiatoren - sind aufgrund des weiterentwickelten Rechts der Vorgesellschaften allerdings entfallen. Nach dem Sinn des Gesetzes soll die bereits im Gründungsstadium zu bildende Vermögensgrundlage der Körperschaften jedenfalls zum Eintragungszeitpunkt unversehrt sein. Andererseits können die Gründer eine gemeinsame wirtschaftliche Tätigkeit bereits vor dem endgültigen Entstehen der Korporation aufnehmen. Die kapitalbezogenen Sicherungsinstrumentarien des Gesellschaftsrechts würden aber konterkariert, wenn im Gründungsstadium Verbindlichkeiten in unbegrenzter Höhe für den angestrebten Verband begründet werden könnten. Den Widerspruch versuchte man mit einem insbesondere aus § 41 Abs. 2 und 3 AktG entwickelten Vorbelastungsverbot für Körperschaften zu lösen. Danach sollten die Geschäftsführungsbefugnisse und die Vertretungsmacht der für die Vorgesellschaft organschaftlich Handelnden von Rechts wegen auf die zur Gründung notwendigen Geschäfte beschränkt sein oder aber das Aktivvermögen und die zur Eintragung notwendigerweise eingegangenen, nicht aber darüber hinaus eingegangene Verpflichtungen des Gründerverbandes nahtlos auf die entstandene Gesellschaft übergehen. 55 Allerdings war dieses Vorbelastungsverbot vor allem im Hinblick auf die Einschränkung der Handlungsfreiheit der Gründer, den zu vagen Umfang der zur Entstehung notwendigen Geschäfte, die nach wie vor fortbestehende Gründungsabsicht der Initiatoren und die ungesicherte rechtliche Konstruktion bei Eintragung der Körperschaft (partieller oder vollständiger Übergang des passiven Vermögens, insgesamt echte oder unechte, d.h. de lege lata rechtsformwechselnde Vorgesellschaft) nicht unumstritten. Es ist nach heute nahezu einhellig anerkannter Doktrin durch eine Ausfallhaftung der Gesellschafter im Eintragungszeitpunkt ersetzt. Müssen Vorbelastungen deshalb nicht mehr vom einzutragenden Verband ferngehalten werden, steht einem Übergang aller vorab begründeten Rechtsverhältnisse aber nichts mehr im Wege. Nach mittlerweile ganz überwiegender Ansicht braucht man auch haftungsrechtlich für unternehmerisch tätige Gründerzusammenschlüsse keine Ausnahmen mehr zu konstruieren. Die nunmehr herrschende Lehre geht trotz der Annahme, daß es sich bei Vorgesellschaften um Verbände „eigener Art" handelt, von einer prinzipiell unbeschränkten persönlichen Haftung der Gründer für die im Gründungsstadium eingegangenen Verbindlichkeiten aus, ohne dabei zwischen gründungsnotwendigen und sonstigen, insbesondere durch Teilnahme am Wirtschaftsverkehr entstehenden Rechtsverhältnissen zu unterscheiden. 56 Dies setzt sich nach den beiden Vorlagebeschlüssen
54 BayObLG, GmbHR 1 9 7 9 , S. 15; Schultze-v.Lasaulx, J Z 1 9 5 2 , S. 3 9 3 ; Wacker, Vorgesellschaften, S. 6 7 ff. 55 Siehe ausführlich zu diesen beiden Ausprägungen des Vorbelastungsverbotes und der weiteren Entwicklung im folgenden unter D.I.2.a.aa. 56 Vgl. zusammenfassend den T e x t zu C . V . l .
II. Die Abgrenzung anhand der herkömmlichen Einzelmerkmale des Körperschaftsbegriffs
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des BGH und des BAG an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, 57 die die Änderungen einleiteten, sowie mehreren instanzgerichtlichen und höchstrichterlichen Entscheidungen 58 auch in der Rechtsprechung durch. Umstritten ist allerdings nach wie vor, ob diese Gesellschafterhaftung als Innenhaftung gegenüber dem Verband oder als Außenhaftung unmittelbar gegenüber Gläubigern auszugestalten ist. Letztlich war diese Differenzierung zwischen dem Personalgesellschaftsrecht unterstehenden unechten Vorgesellschaften und korporativ verfaßten echten Vorgesellschaften vom Standpunkt der Vereinstheorie und der „sui generis-Lehre" aus von Anfang an inkonsequent. Denn allein durch die Aufnahme einer wirtschaftlichen Tätigkeit gibt der Gründerzusammenschluß genauso wenig seine Eintragungsabsicht auf, wie er seine grundsätzliche Organisationsstruktur ändert. Ein vom Recht der echten Vorgesellschaften abweichendes Haftungsstatut für werbend tätige Gründerverbände ist deshalb zumindest nicht primär unter Rückgriff auf personalistische Gesellschaftsstrukturen begründbar. 5 ' Diese Unstimmigkeiten ergeben sich insbesondere auch im Rahmen der Identitätstheorie: Wenn man unterstellt, daß der Gründerverband und die durch Eintragung entstehende Korporation lediglich unterschiedliche Entwicklungsstadien ein und derselben Personenvereinigung sind, die sich lediglich durch einen unterschiedlichen Zweck und die vor Eintragung noch fehlende volle Rechtsfähigkeit unterscheiden, kann man die eine Gesellschaft nicht als personalistisch, die andere aber als korporativ organisiert ansehen.
II. Die Abgrenzung anhand der herkömmlichen Einzelmerkmale des Körperschaftsbegriffs Das deutsche Verbandsrecht wird von der Unterscheidung in Personalgesellschaften und Körperschaften geprägt. 60 Allerdings kennt das Privatrecht kein Gebilde, das das
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Vorlage des BAG, GmbHR 1995, S. 892 ff.; Vorlage des BGH, GmbHR 1996, S. 279 ff.; zu den Beschlüssen des BSG vom 31.5.1996 und des BAG vom 10.7.1996 sowie den Verfügungen des GmS-OGB vom 1.7.1996 und vom 14.8.1996 vgl. WiB 1996, S. 934 f. 58 LSG Stuttgart, GmbHR 1997, S. 894 f.; BAG, GmbHR 1998, S. 40; LAG Köln, GmbHR 1997, S. 1149 f.; AmtsG Holzminden, GmbHR 1997, S. 895; BGH, GmbHR 1997, S. 405 ff.; BAG, GmbHR 1997, S. 696; BSG, GmbHR 1986, S. 229. 59 Folgerichtig vom Standpunkt der „sui generis-Lehre" aus deshalb Ganßmüller, GmbHR 1953, S. 116 ff. 60 So die ganz herrschende Meinung: v.Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 8 ff., 50 f.; 174, 339 f.; Stoll, FG Reichsgericht, S. 73 ff.; Wiedemann, GR I, S. 89; Kübler, GR4, S. 18; K.Schmidt, GR 3 , S. 4 7 f.; Kraß/Kreutz, GR10, S. 3 ff.; Hueck, GR1', S. 3, 10 f.; Grunewald, GR2, S. 3, 179; Hopt/Hehl/Vollrath, GR4, Rdn. 24 f.; Nitschke, Personengesellschaft, S. 1 f.; Westermann, Vertragsfreiheit, S. 8 ff.; Ra ¡ser, AcP 194, S. 503, 507, 511; Himer, AcP 198, S. 121 f. A.A. insbesondere Flume, FS Kegel, S. 159 (Gegensätze seien juristische Person und Personenverband) und Reuter, Perpetuierung, S. 60 ff. (Gegensätze seien Vertrags- oder Satzungsgesellschaften). Die
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C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
eine oder andere im Sinne einer konkreten Rechtsform wäre. Vielmehr bezeichnen die beiden Begriffe eine bestimmte, nach der Organisationsstruktur variierende Art der Vergesellschaftung von Personen. Z u m Typ Personalgesellschaft gehören vor allem die Gesellschaften bürgerlichen Rechts, die offenen Handelsgesellschaften und die Kommanditgesellschaften, zu den Körperschaften insbesondere die Vereine, die Aktiengesellschaften, die Gesellschaften mit beschränkter Haftung 6 1 sowie die Genossenschaften. 6 2 Die gesellschaftsrechtliche Einordnung eines jeden Zusammenschlusses des Privatrechts wird maßgeblich bereits durch diese grundsätzliche Differenzierung bestimmt. 6 3 Denn zum einen wird jede spezielle Rechtsform schon durch ihre Zuordnung zu den Personalgesellschaften oder aber den Körperschaften wesentlich geprägt. So ergibt sich nicht nur das „ W e s e n " eines Personenzusammenschlusses, seine typische Idealstruktur, erst aus dem Gesamtzusammenhang aller Regelungen eines Verbandstypus. V o r allem übt bereits die den konkreten Gesellschaftsformen vorgelagerte Abstraktionsebene die mit dem Verbandsrecht verbundenen wirtschafts- und sozialpolitischen Ordnungsfunktionen aus, und bereits diese Abstraktionsebene enthält die der Rechtsordnung ganz allgemein zugrunde liegenden maßgeblichen Wertentscheidungen sowie die idealtypischerweise gesetzlich vorgegebenen Interessenabwägungen zwischen den mit jeder Vergesellschaftung involvierten Belangen. Schöpft der mit der Zuordnung zu einer bestimmten Rechtsform verbundene konkrete Normenbestand seine Berechtigung gerade aus einem übergeordneten Sinnzusammenhang, so ist er demgegenüber nur noch von untergeordneter Bedeutung.
Begründung für die herrschende Ansicht soll sich insgesamt aus dem Aufbau und den Darlegungen dieser Arbeit ergeben. 61 Diese Klassifizierung ergibt sich eindeutig aus der Begründung zur Reichstagsvorlage des GmbHG von 1892 (Stenographische Berichte Reichstag, 8. Legislaturperiode, I. Session 1890/92, 5. Anlageband, S. 3 7 2 6 ff.). Sie entspricht auch der nahezu einhellig vertretenen Auffassung zur GmbH, vgl. nur Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8 , Einl., Rdn. 64; Rov/eddei/Rittner/SchmidtLeitboff, GmbHG 3 , Einleitung, Rdn. 34; Scholz/Westermann, GmbHG 8 , Einleitung, Rdn. 4 ; Kübler, GR 4 , S. 20; Hueck, GR 1 ', S. 326; KSchmidt, GR 3 , S. 47; Kraft/Kreutz, GR 10 , S. 4. Als Mischform einordnend Wiedemann, GR I, S. 5; für eine Einordnung als personalistische Kapitalgesellschaft anscheinend Grunewald, GR 2 , S. 311. 62 Zu dieser Einordnung der Genossenschaften richtig Stumpf, JuS 1998, S. 705. Siehe aber auch die vielfältigen, sowohl dem personalistischeren als auch dem nicht kapitalistischen Charakter der Genossenschaften Rechnung tragenden Ausnahmen vor allem den Text in Abschnitt C., ab Fn. 387 ff., 477 ff., 776 ff., 415 ff. 63 Genau dies legitimiert entgegen K-Schmidt, oHG, S. 272, eine Vor-AG, Vor-GmbH, Vorgenossenschaft und den Vorverein zusammenfassende Untersuchung zur Rechtsqualität von Vorgesellschaften. Damit soll nicht etwa geleugnet werden, daß im einzelnen Unterschiede in der Struktur bestehen. Dies ergibt sich bereits von selbst aus der Tatsache, daß das ausdrückliche Gründungsrecht des Vereinsrechts, GenG, GmbHG und AktG gerade rechtsformbezogen ist. Doch bestehen nicht nur wesentliche Gemeinsamkeiten; vielmehr ist allein die gesellschaftstypspezifische Einordnung der Gründerverbände entscheidend (und insofern sind die konkreten Rechtsformen, da beliebig austauschbar, ohne wesentlichen Einfluß). Im übrigen wird das entscheidende, die differenzierende Betrachtung der verschiedenen Körperschaftsgründungen rechtfertigende Argument - jeder Gründerverband lebe bereits nach dem konkreten Recht der angestrebten Rechtsform - hier bestritten, vgl. ausführlich im folgenden unter C.IV.3. und C.IV.4.
II. Die Abgrenzung anhand der herkömmlichen Einzelmerkmale des Körperschaftsbegriffs
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Damit zusammenhängend bestehen zum einen aufgrund der für die Gesellschafter im wesentlichen gleichen Interessenlage innerhalb eines Verbandstypus dieselben (so z.B. durch die S S 705 ff. BGB, 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB oder in den S S 32 Abs. 1 Satz 3 BGB, 133 Abs. 1 AktG, 47 Abs. 1 GmbHG, 43 Abs. 2 Satz 1 GenG) oder zumindest vergleichbare rechtliche Regelungen (etwa durch die S S 7 0 9 Abs. 1 BGB, 114 f., 125 Abs. 1, 161 Abs. 2, 164 HGB oder die S S 39 Abs. 1 BGB, 68 Abs. 1 AktG, 15 Abs. 1 GmbHG, 65 Abs. 1, 7 6 Abs. 1 Satz 1 GenG). Bestimmte rechtliche Strukturen und Rechtsinstitute sind charakteristisch für alle Rechtsformen einer Gattung, auch wenn - aufgrund einer anderen Gewichtung der Gesellschafterinteressen oder (verstärkt) hinzutretender fremder Interessen (von Arbeitnehmern, Gläubigern oder insgesamt der Rechtsgemeinschaft) - innerhalb eines Typs Unterschiede (so z.B. ein größerer Bestandsschutz für die oHG und KG oder Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsvorschriften bei der AG, GmbH und Genossenschaft) bzw. strukturübergreifende Normierungen, insbesondere bei unternehmerisch tätigen Gesellschaften (vor allem die Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht für den Verband, S S 82 AktG, 37 Abs. 2 Satz 1 GmbHG, 27 Abs. 2 Satz 1 GenG, 126 Abs. 2, 161 Abs. 2 HGB) bestehen. Damit bestimmt bereits die Zuordnung zu einem Verbandstyp im wesentlichen über das im einzelnen anzuwendende Recht in jeder konkreten Vergesellschaftung. Jedenfalls ausdrücklich hat der Gesetzgeber keine Regelungen zu Vorgesellschaften korporativ organisierter Vereinigungen getroffen. Will man die zutreffende Rechtsform der heute unstreitig zulässigen Gründerzusammenschlüsse ermitteln, so muß man sich wegen der im deutschen Verbandsrecht strukturprägenden Bedeutung der nur noch zum Teil abstrakten Zuordnung zu den Personalgesellschaften oder den Körperschaften zuvorderst an dieser generellen gesellschaftsrechtlichen Einteilung orientieren. Allerdings kann man die Klassifizierung in personalistisch strukturierte und korporativ organisierte Verbände dem Gesetz nicht unmittelbar entnehmen. Vielmehr muß man für die Abgrenzung der beiden Typen auf die gesetzlich fixierte Idealstruktur der unterschiedlichen Rechtsformen zurückgreifen. Insbesondere aus einem Vergleich der beiden Grundformen aller Personenvereinigungen, dem Verein einerseits (Art. 2 Abs. 1 EGHGB) 6 4 und der Gesellschaft bürgerlichen Rechts andererseits (§S 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB), 6 5 leitet man die nach dem Gesetz unterscheidenden, verbandstypischen Merkmale ab. Während es für alle Vereinigungen des Privatrechts charakteristisch ist, daß sich grundsätzlich mehrere Personen auf rechtsgeschäftlicher Grundlage zusammenschließen und eine Zweckgemeinschaft mit Förderpflichten aller Beteiligten organisieren, 66 soll allein der Verein eine überindividuelle, auf Dauer angelegte Verbindung 64 § 43 des ersten Entwurfs zum BGB identifizierte noch in Fortführung älterer gemeinrechtlicher Lehren den Begriff des Vereins mit dem der Körperschaft. Erst der zweite Entwurf führte eine Unterscheidung ein und kodifizierte im wesentlichen Vereinsrecht: Protokolle zum BGB, Bd. I, S. 4 7 6 ff., 505. Siehe auch § 6 Abs. 2 HGB mit einer Regelung zu den „Vereinen" des Handelsrechts (AG, GmbH). 65 Vgl. nur § 6 5 9 des ersten Entwurfs zum BGB (abgedruckt bei Mugdan, Materialien zum BGB, Bd. II, S. CXII) sowie den allgemeinen Rückgriff auf die gemeinrechtliche Sozietät in den Verhandlungen, Motive zum BGB, Bd. II, S. 591 ff. 66 SoergelJHadding, BGB 12 , vor § 2 1 , Rdn. 4 5 ; Staudinger/Weic¿, B G B " , Vorbem. zu §§ 21 ff., Rdn. 4 4 ; Palandt/Heinrichs, BGB 57 , Einf. vor § 21, Rdn. 13; Wiedemann, GR I, S. 3 ff.;
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C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
einer Vielzahl von Personen sein, die eine durch Satzung organisierte Verfassung aufweise, einen Gesamtnamen führe sowie insgesamt korporativ strukturiert sei. 67 Im folgenden soll nun versucht werden, die Vorgesellschaften zur AG, GmbH, Genossenschaft und zum Verein anhand dieser Abgrenzungsmerkmale entweder den Personalgesellschaften oder aber den Körperschaften zuzuordnen. Dabei wird sowohl in diesem als auch in den sich anschließenden Abschnitten so vorgegangen, daß in einem ersten Schritt die Tauglichkeit eines jeden Kriteriums zur generellen Abgrenzung der Verbandstypen untersucht und erst in einem zweiten Schritt der Gründerverband an dem so bestätigten Differenzierungskriterium gemessen wird. 68
1.
Der überindividuelle Zweck der Vorgesellschaften
Personenzusammenschlüsse sind stets Zweckschöpfungen: Rechtssubjekte schaffen sich eine Organisation, mit der sie ein bestimmtes, gemeinsames Ziel erreichen wollen. Darüber hinaus legitimieren sich jedenfalls die Gesellschaften des Privatrechts allein aus den Interessen ihrer Mitglieder. Die Verfassungs- und Privatrechtsordnung gewährleistet die Existenz und die Betätigung dieser Verbände letztendlich nicht um ihrer selbst willen, sondern gerade in dieser Funktion als kollektive Selbstverwirklichung natürlicher Personen. 69 Dennoch will man zum Teil hinsichtlich des Verbandszwecks differenzieren, und zwar nach dem Grad seiner Abstrahierung gegenüber den Gesellschaftern. 70 Personalgesellschaften sollen sich in der Bündelung und Koordinierung von Individualinteressen der am Vertrag Beteiligten erschöpfen. Ihrem Sinn nach beschränkten sie sich auf die Wahrnehmung des gemeinsamen Zwecks der Gesellschafter. Demgegenüber seien Körperschaften nach dem Willen der Beteiligten von der Einzelpersönlichkeit und damit auch von den Einzelinteressen der Gesellschafter losgelöst. Da die Korporation K.Schmtdt, GR3, S. 46; Kubier, GR4, S. 1; Kraft/Kreutz, GR10, S. 2; Hueck, GR19, S. 1; Hopt/ HehWoIlrath, GR4, Rdn. 1; Grunewald, GR2, S. 1; HdbGR I/Schücking, § 2, Rdn. 12; Gaerths, Gründungsgesellschaft, S. 7. 67 RGZ 143, 212 (213); RGZ 165, 140 (143); MünchKomm/Äewier, BGB3, §§21, 22, Rdn. 1; SoeigeVHadding, BGB12, vor § 21, Rdn. 44; Staudinger/Weicfc, BGB13, Vorbem. zu §§ 21 ff., Rdn. 13; Reichert/v.Look/Reiefcert, VR6, Rdn. 1; Stöber, VR7, Rdn. 4, 1231; Friedrich, DStR 1994, S. 61; Steimel, Gründungs-GmbH, S. 17; Salinger, Vor-GmbH, S. 13; Haberkorn, BB 1962, S. 1410; Kempermann, Gründungsgesellschaft, S. 18; Grunewald, GR2, S. 223. 68 Siehe zur in dieser Arbeit gewählten Vorgehensweise die Darstellung zu A.III. 69 Dies gilt nicht im technischen Sinn, sondern vom Sinn und Zweck der Gewährleistung her: BVerfGE 75, 192 (195 f.); BVerfGE 21, 362 (369); Maunz/Dürig/D«n¿, GG, Art. 19 Abs. 3, Rdn. 1; Dreier/Dreier, GG, Art. 19, Rdn. 21; v.Münch/Kumg/Krefo, GG4, Art. 19, Rdn. 36 ff.; Stern, StaatsR III/l, S. 1077 ff.; HdbStaatsR V/Rüfner, § 116, Rdn. 29 ff.; a.A. etwa H.-J.Mertens, JuS 1989, S. 859 f. 70 Wiedemann, GR I, S. 90; v.Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 50 f.; Gaerths, Gründungsgesellschaft, S. 19; Salinger, Vor-GmbH, S. 12; Hubert, Vor-GmbH, S. 9; Kempermann, Gründungsgesellschaft, S. 14; Haberkorn, BB 1962, S. 1410; Reichert/v.Look/Rei'cfcert, VR6, S. 2467; MünchKomm/Äe«ier, BGB3, §§21, 22, Rdn. 77; ders., AcP 181, S. 5; ders., GmbHR 1981, S. 137, 139.
II. Die Abgrenzung anhand der herkömmlichen Einzelmerkmale des Körperschaftsbegriffs
67
ihre Mitglieder überdauere, sei der Verbandszweck ein über die Summe der Einzelinteressen der Beteiligten hinausgehender, eben überindividueller Zweck. 71 Während die Personalgesellschaft allein zum Nutzen ihrer Mitglieder handele, werde der Vereinszweck gerade um der Körperschaft willen verfolgt. 72 Zur Begründung verweist man auf die Privatautonomie der Gesellschafter und die Möglichkeit, mittels der vereinbarten Realstruktur von Verbänden Unterschiede zwischen den Gesellschaftstypen zu nivellieren. Wenn aber die Mittel zur Zweckerreichung, vor allem die Identitätsausstattung und die Organisationsstruktur eines Zusammenschlusses, in gleicher Weise bei Körperschaften und Personalgesellschaften vorkommen könnten, so sei eine Abgrenzung zwischen den Verbandstypen nur mit Hilfe des verfolgten Zwecks möglich. 73 Diese Ansicht gründet aber vor allem auf überkommenen Vorstellungen. Nach gemeinem Recht „galt ein Personenverein zur Erlangung der juristischen Persönlichkeit nur dann als geeignet, wenn sein Ziel auf die Verfolgung öffentlicher, ... mit dem allgemeinen Staatswohle im Zusammenhang stehender dauernder Zwecke gerichtet und seine Organisation zugleich dergestalt war, daß er ein von dem Willen der Mitglieder unabhängiges, dem Willen der Staatsgewalt unterworfenes Dasein führte". 7 4 Noch II 6 § 25 des Allgemeinen Landrechts für die Preußischen Staaten von 1794 bestimmt, daß „die Rechte der Corporationen und Gemeinen ... nur solchen vom Staate genehmigten Gesellschaften [zukommen], die sich zu einem fortdauernden gemeinnützigen Zwecke verbunden haben." 75 Die Begründung zum ersten Entwurf des BGB knüpft insoweit daran an, als sie die Unentbehrlichkeit der Rechtsfigur „juristische Person" damit begründet, daß „neben den Sonderzwecken, welche der Einzelne seinen jeweiligen Bedürfnissen gemäß mit den ihm zu Gebote stehenden Mitteln verfolgt, ... andere Zwecke [liegen], deren Verwirklichung nur dadurch sichergestellt werden kann, daß ihnen ein selbständiger, der Herrschaft des einzelnen entrückter Vermögensbereich unmittelbar dienstbar gemacht wird" . 76 Dagegen wurde die Personalgesellschaft ursprünglich als reines Schuldverhältnis zwischen den Beteiligten verstanden: „Den Vorschriften des Entwurfes über die Gesellschaft (§§ 629-658) liegt die gemeinrechtliche Auffassung vom Begriffe und Wesen der Sozietät zu Grunde, wie auch die einzelnen durch den Gesellschaftsvertrag entstehenden Rechtsverhältnisse und Rechtsbeziehungen im wesentlichen im Anschlüsse an gemeinrechtliche Grundsätze normiert sind. Der Gesellschaftsvertrag ist derjenige Vertrag, durch welchen sich mehrere bestimmte Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes durch Zusammenwirken der Kontrahenten verbinden... Der Vertrag bezweckt und erzeugt nur 71 Nach MünchKomm/iteKfer, BGB3, §§ 21, 22, Rdn. 77, entscheidet der Zweck darüber, „ob die Organisation sich in den Dienst der Mitgliederinteressen stellt (Personengesellschaft) oder ob sie die Mitgliederinteressen in Dienst nimmt (Körperschaft)". 72 Auch wenn anerkannt wird, daß sich die Mitglieder aufgrund der gleichen (wirtschaftlichen oder ideellen) Interessen mit diesen überindividuellen Zwecken identifizieren: MünchKomm/Reuter, BGB3, §§ 21, 22, Rdn. 77. 73 So ausdrücklich Gaerths, Gründungsgesellschaft, S. 19. 74 Motive zum BGB, Bd. I, S. 82. 75 Zitiert nach Hattenhauer/Bernert, ALR 1794. 76 Motive zum BGB, Bd. I, S. 78; Hervorhebung nicht im Original.
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C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
ein obligatorisches Rechtsverhältnis unter den Kontrahenten." 77 Dementsprechend erfolgte die Regelung der Gesellschaften bürgerlichen Rechts nicht wie das Vereinsrecht im Recht der Personen (erster Abschnitt des BGB), sondern im besonderen Schuldrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Indes entspricht diese Argumentation nicht mehr dem heutigen Stand der gesellschaftsrechtlichen Dogmatik. 78 Bereits im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde die ausschließliche Fixierung von Körperschaften auf das öffentliche Wohl aufgegeben. 79 Nach dem BGB ist der Verein ebensowenig auf gemeinnützige Zwecke beschränkt, wie die Gesellschaften bürgerlichen Rechts nur erwerbs- oder vermögensbezogene Zwecke verfolgen können. So gelangten die Verfasser der Bürgerlichen Gesetzbuchs einerseits dazu, daß „zur Erwerbung der juristischen Persönlichkeit jede Vereinigung geeignet sei, bei welcher die Vielheit zu einer über ihr stehenden Einheit sich zusammenschließe... Gegenwärtig herrscht ... Einverständniß, daß jeder korporativ angelegte Verein von Personen zur Körperschaft sich eigne...". 80 Andererseits erkannte man an, daß „der gemeinsame Zweck [der Gesellschaft bürgerlichen Rechts] der verschiedensten Art [sein kann], er braucht keineswegs ein Erwerbs- oder Vermögenszweck zu sein." 8 1 Sowohl bei Körperschaften als auch bei Personalgesellschaften handelt es sich demnach um Zusammenschlüsse des Privatrechts, die auf den Willenserklärungen der Initiatoren gründen und allein den selbstbestimmten Individualinteressen der Beteiligten dienen. Vor allem aber die Anerkennung eines personenrechtlichen Elements auch in Gesellschaften bürgerlichen Rechts, offenen Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften schließt eine Differenzierung anhand des Abstraktionsgrades des Verbandszwecks gegenüber den Gesellschaftern aus. Mit der Errichtung eines jeden Verbandes entsteht zum einen eine Zweckgemeinschaft unter den Gründern: Man vereinbart zur Verfolgung gemeinsamer Interessen allseitig Förderpflichten. Der Gesellschaftsvertrag begründet jedoch nicht nur dieses Schuldverhältnis i.w.S. Die Initiatoren schaffen vor allem auch einen Organismus, den sie sich dienstbar machen. 82 So werden die kollektiven Angelegenheiten von der Privatsphäre der Vertragspartner getrennt, Organe zur inneren Willensbildung und zur äußeren Handlungsfähigkeit des Zusammenschlusses statuiert und mit entsprechender Rechtsmacht ausgestattet, Befugnisse und Zuständig-
Motive zum BGB, Bd. II, S. 591. Ausdrücklich a.A. Reuter, AcP 181, S. 5. 79 Vgl. aber noch die Diskussion zum zweiten Entwurf des BGB: Gegen den Begriff „Körperschaft" wurde geltend gemacht, „daß nach einem verbreiteten Sprachgebrauch unter Körperschaften ausschließlich oder doch vorwiegend solche Gebilde verstanden würden, welche im öffentlichen Leben eine Rolle spielten und Träger obrigkeitlicher Befugnisse seien." (Protokolle zum BGB, Bd. I, S. 505). 77 78
Motive zum BGB, Bd. I, S. 82 f. Motive zum BGB, Bd. II, S. 591. 82 SoetgeVHadding, BGB 12 , vor § 21, Rdn. 4 5 ; Flume, BGB mann, GR I, S. 8 f.; ders., ZGR 1996, S. 286, 2 9 1 ; K.Schmidt, S. 46, 4 8 ; Grunewald, GR 2 , S. 1; Käbler, GR 4 , S. 2 2 f. sowie Baumbach/Hopf, HGB 2 ', § 105, Rdn. 4 7 ; MünchKomm/U/mer, G R " , S. 46. 80 81
AT 1/1, S. 12, 56, 89 ff.; WiedeGR 3 , S. 176; Kraft/Kreutz, GR 10 , für einzelne Rechtsformen etwa BGB', § 705, Rdn. 125; Hueck,
II. Die Abgrenzung anhand der herkömmlichen Einzelmerkmale des Körperschaftsbegriffs
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keiten für die Beteiligten als Mitglieder eines Verbandes festgelegt sowie allgemein Regeln für den Bestand und das Wirken der Gemeinschaft aufgestellt. Entsteht aber, wie dies allgemein anerkannt ist, unabhängig von der Rechtsform mit jedem Gesellschaftsvertrag eine gegenüber den Mitgliedern (mehr oder minder) verselbständigte Organisation, so muß man stets den Zweck des Verbandes vom „gemeinsamen Zweck der Gesellschafter" trennen. 83 Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen man die Gruppe selbst personifiziert; allerdings ist eine (auch nur teilweise) Rechtsfähigkeit des Verbandes für die vorgenommene Unterscheidung nicht notwendig. 84 Die Trennung des Verbandszwecks vom gemeinsamen Zweck der Mitglieder wird vor allem bei einem Gesellschafterwechsel deutlich. Will ein Beteiligter den Zusammenschluß verlassen, löst er sich (auf der Ebene des Schuldrechts) von dem gemeinsamen Zweck der ursprünglichen Vertragspartner. Damit entfällt jedoch nicht der konstituierende Zweck des Verbandes selbst. Zwar ist ein Ausscheiden de lege lata allein bei Körperschaften möglich; Personalgesellschaften können demgegenüber nur gekündigt werden. 85 Doch beruht dies nicht auf einer Zweckidentität, sondern auf der in den Gesellschaften bürgerlichen Rechts, den offenen Handelsgesellschaften und den Kommanditgesellschaften bestehenden Arbeits- und Haftungsgemeinschaft zwischen den Beteiligten, aufgrund derer die fortgesetzte Zugehörigkeit aller Mitglieder Geschäftsgrundlage der Vergesellschaftung ist. Vereinbaren die Gesellschafter etwa Fortsetzungs-, Eintritts-, Ausschluß- oder Kündigungsklauseln, so sind dies alles keine antizipierten, aufschiebend mit Rechtsausübung bedingten Zweckänderungen. Formal ist der Zweck einer Gesellschaft deshalb immer überindividuell. Im Bestand und Umfang ist er allerdings stets akzessorisch zum gemeinsamen Zweck der Gesellschafter. 86 Dies folgt bei der Errichtung eines Verbandes aus dem Konsensprinzip: Ein Gesellschaftsvertrag kommt nur bei einem übereinstimmenden Willen der Vertragspartner zustande. Für die Folgezeit ergibt sich rechtsformübergreifend aus § 33 Abs. 1 Satz 2 BGB, daß die elementaren Grundlagen einer jeden Vergesellschaftung nur bei einem allseitigem Einverständnis aller Beteiligten abgeändert werden können. Diese Abhängigkeit des Gesellschaftszwecks vom gemeinsamen Zweck der Mitglieder ist zwingend. Denn es ist allen dem Privatrecht unterstehenden Zusammenschlüssen wesensimmanent, daß die Summe aller gleichlaufenden Gesellschafterinteressen die Menge der Verbandsinteressen ausmacht. 87 Ein Verbandszweck besteht nur insoweit und so
83 So zu Recht ausdrücklich Flume, BGB AT 1/1, S. 38; Lutter, AcP 180, S. 95; Raiser, AcP 194, S. 501; K.Schmidt, G R \ S. 62 f., 64 f. 84 Flume, BGB AT VI, S. 89; Huber, Vermögensanteil, S. 114 f. sowie für die individualistische Theorie etwa Baumbach/Hopi, HGB 2 ', § 105, Rdn. 47; Staudinger/JCe/for, BGB 12 , Vorbem. zu § 705, Rdn. 23, 29; Kraft/Kreutz, GR 10 , S. 86 ff.; a.A. anscheinend RGRKIv.Gamm, BGB 12 , § 705, Rdn. 8. 85 Siehe, auch zu den Ausnahmen, ausführlich dazu im folgenden den Text zu Abschnitt C , Fn. 475 ff. 86 Gerade dies kommt in der Definition der Gesellschaft als „zweckgebundene Organisation" zum Ausdruck; vgl. bereits einleitend zu Abschnitt C., Fn. 69. 87 Zur Interessenverselbständigung von Verbänden gegenüber ihren Mitgliedern und der rechtlichen Anerkennung von „Gesellschaftsinteressen" vgl. im folgenden zu C.V.3.a. ab Fn. 823 ff.
70
C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
lange, wie es gemeinsame Interessen natürlicher Personen gibt. 88 Wenn in den Motiven zum BGB, betreffend das Personalgesellschaftsrecht, davon ausgegangen wird, daß „aus der Gemeinsamkeit des vereinbarten Zwecks folgt, daß im Wesen der Gesellschaft die Antheilnahme eines jeden Gesellschafters an diesem Zwecke liegt", 89 so entspricht dies lediglich einem allgemeingültigen gesellschaftsrechtlichen Grundsatz. Personalistisch und korporativ strukturierte Gesellschaften lassen sich deshalb nicht nach dem durch den Verband verfolgten Zweck dergestalt voneinander abgrenzen, daß sich in dem einen Fall der Zweck der Vergesellschaftung in der Wahrnehmung der gemeinsamen Interessen der Verbandsmitglieder erschöpft und in dem anderen Fall die Bindung über das gemeinsame Interesse der Gesellschafter hinausreicht. Alle Personenzusammenschlüsse des Privatrechts und damit auch die Vorgesellschaften korporativ strukturierter Verbände verfolgen einen von der Einzelpersönlichkeit der jeweiligen Mitglieder losgelösten Zweck. Die Rechtsqualität der Gründervereinigungen ist demzufolge nicht anhand der Überindividualität eines Verbandszwecks bestimmbar.
2.
Der (Gesamt-)Name und die Firma der Vorgesellschaften
Für die Unterscheidung der Verbandstypen greift man zum Teil auf das Auftreten des Zusammenschlusses im Rechtsverkehr zurück. Eine Körperschaft soll dann vorliegen, wenn die Gesellschaft unter einem von den einzelnen Beteiligten losgelösten, allein die Organisation als solche individualisierenden Gesamtnamen auftritt (§§ 5 7 Abs. 1, 65 BGB, 4 Abs. 1 Satz 1 AktG, 4 Abs. 1 Satz 1 GmbHG, 3 Abs. 1 Satz 1 GenG). Demgegenüber handele die Personalgesellschaft als eine lediglich obligatorisch verbundene Vielfalt von Personen ausschließlich im Namen ihrer Mitglieder ( § 1 9 Abs. 1 und 2 HGB). 9 0 Die Begründung knüpft an die Abgrenzung mit Hilfe des Verbandszwecks an. Da die Körperschaft einen über die Summe der Individualinteressen der Beteiligten hinausgehenden Zweck verfolge, bedürfe es für den Zusammenschluß einer abstrahierenden Bezeichnung, hinter der der Einzelne zurücktrete. Gerade der Gesamtname sei Ausdruck einer gegenüber den Mitgliedern verselbständigten Wirkungseinheit. Trete eine Gesellschaft nicht unter einer einheitlichen Bezeichnung, sondern im Namen ihrer Mitglieder auf, so könne der Rechtsverkehr in diesem Zusammenschluß keine von den 88 Dies bestimmt die Problematik der sogenannten Kein-Mann-Gesellschaften. Hält man es für zulässig, daß ein werbend tätiger Verband alle Gesellschaftsanteile selbst hält (dagegen etwa Hachenburg/Hohner, GmbHG 8 , § 3 3 , Rdn. 8 5 ff.; Baumbach/Hueck/Hxecfc, GmbHG 1 6 , § 3 3 , Rdn. 14: immer Auflösung), dann gilt dies jedenfalls nur für einen kurzen Übergangszeitraum:
Scholz/Westermann,
GmbHG 8 , § 33, Rdn. 4 4 ; Oldenburg,
Keinemann-GmbH, S. 69 ff., 147 f.
Für eine dauernde Zulässigkeit dagegen Kreutz, FS Stimpel, S. 3 9 3 ff., 3 9 6 f. 89
Motive zum BGB, Bd. II, S. 5 9 4 .
90
Fabricius,
FS
Kastner,
S. 102 f.;
Kempermann,
Gründungsgesellschaft,
S. 19,
4 2 f.;
K.Schmidt, GR3, S. 742; Wiedemann, GR I, S. 90; Stöber, VR7, Rdn. 4, 1231; Reichert/ v.Look¡Reichert, VR 6 , Rdn. 1, 2 4 6 7 ; Heberlein,
GmbH vor Eintragung, S. 3 3 f.; Steimel,
Grün-
dungs-GmbH, S. 17; Haberkorn, BB 1962, S. 1410; Hopt/HehWollrath, GR4, Rdn. 61; Rittner, werdende juristische Person, S. 3 5 2 ; Hueck,
G R 1 9 , S. 11.
II. Die Abgrenzung anhand der herkömmlichen Einzelmerkmale des Körperschaftsbegriffs
71
einzelnen Beteiligten losgelöste Gesellschaft erblicken. Deshalb seien allein mit einem überindividuellen Namen Haftungsbeschränkungen auf das Gesellschaftsvermögen verbunden (§§ 1 Abs. 1 Satz 2 AktG, 13 Abs. 2 GmbHG, 2 GenG), während bei Personalhandelsgesellschaften mindestens ein persönlich haftender Gesellschafter benannt werden müsse (§ 19 Abs. 1, 2 und 4 HGB). 91 Wendet man diese Differenzierung auf die Vorgesellschaften zu Verein, Aktiengesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung und Genossenschaft an, muß man sie den Körperschaften zuschlagen. Denn die Eintragung setzt voraus, daß bereits im Gründungsstadium der Name der Körperschaft gebildet wird (§§ 64 Satz 1 BGB, 39 Abs. 1 AktG, 10 Abs. 1 Satz 1 GmbHG, 10 Abs. 1, 6 Nr. 1 GenG). Außerdem führt die Vorgesellschaft selbst einen Namen. 92 Auch wenn sich die Gründer auf die zur Eintragung notwendigen Tätigkeiten beschränken, so hat der Zusammenschluß zumindest durch den formgerechten Abschluß der Satzung (bei notwendiger Hinzuziehung eines Notars), Bestellungs- und Anstellungsverträge mit den Geschäftsführern bzw. Vorstandsmitgliedern, die Veranlassung und Durchführung der Prüfung durch Dritte, Rechtsgeschäfte, die zur Übertragung der vorab zu leistenden Einlagen an den Gründerverband notwendig sind, sowie die Beantragung der Eintragung doch immer Außenkontakt. Darüber hinaus können Vorgesellschaften nach heute nahezu einhelliger Ansicht Kaufleute sein und eine Firma führen. 9 3 In diesen Fällen entsteht neben der für die Vorgesellschaft konstituierenden Gründungsabsicht für die Beteiligten gemäß S 29 HGB die Pflicht zur Registereintragung. 94 Vereinzelt ordnet man alle Gründerverbände zu Kapitalgesellschaften und Genossenschaften den Handelsgesellschaften zu und ermöglicht ihnen so die Führung einer Firma. 95 Zur Begründung verweist man auf die eingetragene Körperschaft als Formkaufmann und den vorbereitenden Charakter des Gründungsstadiums. Auch für das Liquidationsstadium als dem Spiegelbild des Gründungsstadiums bezweifele niemand die Kaufmannseigenschaft und die Firmenfähigkeit eines aufgelösten Verbandes. Außerdem ergebe sich allgemein aus § 123 Abs. 2 HGB, daß Vorbereitungsgeschäfte als dem vollkaufmännischen Gewerbe zugehörig zu behandeln seien. 91
Fabricius, FS Kastner, S. 103. BGHZ 120, 103 (106); BGHZ 117, 323 (326); OLG Celle, GmbHR 1990, S. 399; KölnKomm/Kraft, AktG2, § 41, Rdn. 35; Hüffer, AktG3, § 41, Rdn. 10; H a c h e n b u r g / U W , GmbHG 8 , § 11, Rdn. 47; Scholz/K Schmidt, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 30; KMüller, GenG 2 , § 13, Rdn. 13; MünchKomm/i&Kter, BGB3, §§ 21, 22, Rdn. 80; Reichert/v.Look/Re/ctert, VR 6 , Rdn. 90; Ganßtnüller, GmbHR 1967, S. 28; Rittner, werdende juristische Person, S. 352 f. 93 Vgl. die Nachweise in Abschnitt C., Fn. 95, 99; a.A. OLG München, GmbHR 1991, S. 63. Zur unechten Vorgesellschaft im überkommenen Sinn vgl. oben den Text zu Abschnitt C., Fn. 52. 94 KölnKomm/i&tf/i, AktG2, § 41, Rdn. 40; Flume, FS Geßler, S. 37. Es ist selbstverständlich, daß nicht die Vorgesellschaft als solche in das Register eingetragen wird, da die Anmeldung der Gründergesellschaft zugleich die Anmeldung der mit der Eintragung entstehenden juristischen Person ist. 95 Roth/Altmeppen/Ro^, GmbHG 3 , § 11, Rdn. 41; Huber, FS Fischer, S. 267, 271 (de lege ferenda); Flume, FS Geßler, S. 36 f.; Weilinger, GesRZ 1996, S. 161; Geßler/ Hefermehl/Eckardt/ Kiopif/Eckardt, AktG, § 4, Rdn. 9. Generell für ein eigenes Firmenrecht anscheinend auch BGH, GmbHR 1998, S. 185. 92
72
C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
Allerdings knüpfen die §§ 3 AktG, 13 Abs. 3 GmbHG, 17 Abs. 2 GenG erkennbar an die durch Eintragung erlangte Rechtsfähigkeit der Korporation an. Auch genügen für die Anwendbarkeit des § 123 Abs. 2 HGB lediglich den (endgültigen) Gesellschaftszweck verwirklichende und die eigentliche gewerbliche Tätigkeit vorbereitenden Handlungen, wie etwa der Erwerb oder die Pacht eines Betriebsgrundstücks, die Einstellung von Mitarbeitern, die Anschaffung von Maschinen und Waren oder die Errichtung von Zweigniederlassungen. 96 Nur unter diesen Voraussetzungen rechtfertigt es sich, Vorgesellschaften dem Sonderrecht der Kaufleute zu unterstellen. 97 Nicht ausreichend sind dagegen die Errichtung der Gesellschaft und die auf Registereintragung derselben bezogene Tätigkeit der Gründer, denn sonst wäre § 123 Abs. 1 HGB weitgehend überflüssig. 98 Nach herrschender Meinung ergibt sich deshalb für Vorgesellschaften die Eigenschaft als Kaufmann allein aus § 1 HGB. 99 Der Gründungsverband selbst muß sich wirtschaftlich betätigen, wozu es allerdings nicht nur bei der Einbringung eines bestehenden, werbend tätigen Unternehmens im Wege der Sachgründung kommen kann, sondern auch bei Bargründungen, wenn die Gründer einvernehmlich bereits vor Eintragung der angestrebten Körperschaft die gemeinsame Geschäftstätigkeit aufnehmen. Die Vorgesellschaften zu korporativ organisierten Verbänden führen ebenso wie diese einen Namen bzw. als Handelsgesellschaften eine Firma. Der Schutz des Namens, der Firma sowie von Marken und Geschäftsbezeichnungen wird durch §§ 12 BGB (bei Unterscheidungskraft und erlangter Namensfunktion), 37 HGB, 14 f. MarkenG gewährleistet. 100 Ergeben sich das Recht und die Pflicht zur Firmierung allein aus den allgemeinen handelsrechtlichen Vorschriften der §§ 1 bis 7, 17 ff HGB, so richtet sich die Bildung der Firma, die immer auch als Name verwendet werden kann, 101 nach ganz überwiegender Ansicht nach den §§ 4 AktG, 4 GmbHG, 3 GenG. 102 Denn die
96
GroßKomm/Habersack, HGB 4 , § 123, Rdn. 16; SMegelbergei/K-Schmidt, HGB 5 , § 123, 2 2 Rdn. 9; Heymitin/Emmerich, HGB , § 123, Rdn. 14; Baumbach/Hopi, HGB ', § 123, Rdn. 10; GemKomm/Ensthaler, HGB 5 , § 123, Rdn. 5. 97 Vgl. allgemein zum Zweck des § 123 Abs. 2 HGB die Verhandlungen (20. und 21. Sitzung) zu Art. 109 ADHGB von 1861 bei Lutz, Protokolle ADHGB, I. Theil, S. 166 ff. und III. Theil, S. 1000. 98 GroßKommJHabersack, HGB 4 , § 123, Rdn. 17; Schlegelberger/K.Schmidt, HGB 5 , § 123, Rdn. 9; Baumbach/Hopi, HGB 2 ', § 123, Rdn. 10. 99 BGHZ 120, 103 (106 f.); OLG Celle, GmbHR 1990, S. 399; Hüffer, AktG3, § 4 1 , Rdn. 10; KölnKomm/Kra/ί, AktG2, § 41, Rdn. 39; Hachenburg/Heinrich, GmbHG 8 , § 4, Rdn. 112, 116; Lang/Weidmüller/Metz/Schaffland/S^a/"/7j«J, GenG", § 17, Rdn. 8; Scholz K.Schmidt, GmbHG 8 , § 1 1 , Rdn. 29; Hettrich/Pöhlmann, GenG, § 1 7 , Rdn. 5; GroßKomm/Brüggemann, HGB 4 , § 6, Rdn. 10; Rittner, werdende juristische Person, S. 352 f.; Heymann/Emmerich, HGB 2 , § 6, Rdn. 3; Jäger, werdende GmbH, S. 70; Beuthien, NJW 1997, S. 566; Weimar, DStR 1997, S. 1171. 100 LG Düsseldorf, NJW-RR 1987, S. 874; ScholzJKSchmidt, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 30; Flume, FS Geßler, S. 37; a.A. noch OLG München, GmbHR 1991, S. 63. 101 So zu Recht OLG Celle, GmbHR 1990, S. 399; KSchmidt, HR 4 , S. 350 f.; Hüffer, AktG 3 , § 41, Rdn. 10. 102 OLG Celle, GmbHR 1990, S. 399; GroßKommJBrändel, AktG4, § 4, Rdn. 5, 61; Hachenburg/Heinrich, GmbHG 8 , § 4, Rdn. 113; Scho\zJK.Schmidt, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 30; K.Müller,
II. Die Abgrenzung anhand der herkömmlichen Einzelmerkmale des Körperschaftsbegriffs
73
Gründer haben ein elementares Interesse an der Kontinuität der gewählten Verbandsbezeichnung, da man mit dieser einen bestimmten Zweckverband identifiziert. Dies gilt insbesondere im Wirtschaftsverkehr, wo der Name eines Rechtsträgers wesentliches Aushängeschild und Werbeträger für ein Unternehmen und seine Produkte ist. Vor Eintragung zulässig sind damit vor allem die Gesellschaftsform bezeichnende Zusätze im Sinne der §§ 65 BGB, 4 Abs. 1 Satz 2 AktG, 4 Abs. 2 GmbHG, 3 Abs. 2 Satz 1 GenG sowie Firmen, die dem Gegenstand des Unternehmens entlehnt sind. Interessen (potentieller) Gläubiger und der Allgemeinheit stehen dem solange nicht entgegen, wie das Gründungsstadium kenntlich gemacht wird. Entsprechend den SS 269 Abs. 6 AktG, 68 Abs. 2 GmbHG, 85 Abs. 3 GenG reicht es aus, Zusätze wie „im Aufbau", „in Gründung" oder „im Gründungsstadium" zu verwenden. 103 Ansonsten kann es zur Vertrauenshaftung der Initiatoren wegen einer Täuschung über den Rechtsträger durch irreführenden Namens- bzw. Firmengebrauch kommen. Folgt man der hier vertretenen, im folgenden noch zu begründenden Ansicht zur Rechtsqualität von Vorgesellschaften als grundsätzlich personalistisch strukturierten Zusammenschlüssen, kann der Rechtsformenzusatz des mit Eintragung entstehenden Verbandes (solange er im Bereich der S S 705 ff. BGB bleibt) insgesamt weggelassen werden. Denn entgegen der herrschenden Meinung104 wird damit nur der zulässige, da sachlich zutreffende Eindruck einer bestehenden Personalgesellschaft hervorgerufen. Führt der Gründerverband die künftige (zulässige) Firma bereits als Namen, kann er schon vor Registereintragung und damit vor der Entstehung des Formkaufmanns Firmenschutz in Anspruch nehmen, da sich der Name und sein Schutz als Firma nahtlos in der juristischen Person fortsetzen. 105 Dennoch lassen sich Vorgesellschaften nicht anhand ihres Auftretens im Rechtsverkehr einem der Verbandstypen zuordnen. 10i Denn auch für Gesellschaften des bürgerlichen Rechts ist die Fähigkeit, einen Namen zu führen, heute unbestritten; Sachbezeichnungen sind uneingeschränkt zulässig.107 In der Praxis wird nicht nur jedes UnGenG 2 , § 13, Rdn. 13; a.A. Fabricius, FS Kastner, S. 98; anscheinend auch Hiiffer, AktG3, § 4 , Rdn. 4, § 41, Rdn. 10. 103 OLG Celle, GmbHR 1990, S. 399; Hachenburg Heinrich, GmbHG 8 , § 4, Rdn. 113, 116; SchohJK.Schmidt, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 30; K.Müller, GenG2, § 13, Rdn. 13; Flume, FS Geßler, S. 37; Rittner, werdende juristische Person, S. 352; a.A. Fabricius, FS Kastner, S. 104; Reichert/ v.Look/Reichert, VR6, Rdn. 90 (notwendig sei ein Weglassen des die begrenzte Gesellschafterhaftung andeutenden Gesellschaftszusatzes e.V., AG, mbH bzw. e.G.). 104 Vgl. nur Baumbach/Hueck/H«ec¿, GmbHG 16 , § 4, Rdn. 46: „bloßes Weglassen des GmbHZusatzes langt nicht, da dann Eindruck einer Personalhandelsgesellschaft erweckt würde". Für die zwingend notwendige Angabe der angestrebten Rechtsform mit Gründungszusatz auch Hachenburg/U/mer, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 47·, Jäger, werdende GmbH, S. 70. 105 BGHZ 120, 103 (107); Hüffer, AktG3, § 41, Rdn. 10; Baumbach/Hueck/H«ec6, GmbHG 16 , § 4, Rdn. 46; LutteriHommelhoff, GmbHG 14 , § 11, Rdn. 3; Deutscher/Körner, wistra 1996, S. 9; Jäger, werdende GmbH, S. 70. 106 Weyrich, Vorgesellschaft, S. 20; Nitschke, Personengesellschaft, S. 133; Lutter, AcP 180, S. 96. 107 OLG München, NJW-RR 1993, S. 621; M ü n c h K o m m / U W , BGB3, § 705, Rdn. 225 f.; SoergelJHadding, BGB", § 705, Rdn. 68; ErmanIWestermann, BGB', § 705, Rdn. 67; HdbGR V Schücking, § 3, Rdn. 35 f., 38; Hollstein, Name der GbR, S. 4 f., 99; K.Schmidt, GR 3 , S. 1771 f.;
74
C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
ternehmen unabhängig von der Gesellschaftsform seines Rechtsträgers unter einem Namen betrieben 108 - jede Außengesellschaft kann nur unter einer Verbandsbezeichnung am Rechtsverkehr teilnehmen. 109 Nur wenn man Personalgesellschaften, wie dies noch dem BGB zugrunde liegt, auf schuldrechtliche Rechtsverhältnisse unter den Vertragspartnern reduziert, ist ein den Zusammenschluß selbst identifizierender Name ausgeschlossen. Die Beteiligten wären darauf beschränkt, zur äußeren Kennzeichnung die jeweiligen Namen ihrer Mitglieder zu verwenden. Doch ist heute anerkannt, daß sich Gesellschaftsverträge zu GbR, o H G und KG nicht in einem Schuldvertrag erschöpfen, sondern auch personenrechtliche Elemente enthalten. Es entsteht eine verbandsrechtliche Organisation, die gegenüber den Mitgliedern verselbständigt ist und unabhängig von einer (Teil-)Rechtsfähigkeit selbständig am Rechtsverkehr teilnimmt. 110 Wollen aber mehrere Personen als ein einheitlich Ganzes behandelt werden, so müssen sie als Einheit im Rechtsverkehr auftreten. Dies bedingt einen Namen als Sammelbezeichnung für die Mitgliedergesamtheit, der die gesellschaftstypische, von den Mitgliedern losgelöste Organisation versinnbildlicht und eine überindividuelle Identifikation ermöglicht. 111 Deshalb führen auch Personalgesellschaften einen Gesamtnamen im eingangs beschriebenen Sinn. 112 Letztlich bestimmt auch das Firmenrecht nicht über die verbandsrechtliche Einordnung der Vorgesellschaften. Es erzwang zwar bisher für eingetragene Genossenschaften und Aktiengesellschaften Sachfirmen (§§ 4 Abs. 1 Satz 1, 279 Abs. 1 Satz 1 AktG a.F., 3 Abs. 1 Satz 1 GenG a.F.) und für offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften Personenfirmen mit Angabe zumindest eines persönlich haftenden Mitglieds (§ 19 Abs. 1 und 2 HGB). Allerdings ließ bereits das GmbH-Recht beide Firmenarten zu (§ 4 Abs. 1 Satz 1 GmbHG a.F.). Außerdem kam es zu Vermischungen durch die Möglichkeit der Firmenfortführung (§§21, 22, 24 HGB). Wesentlicher ist aber, daß mit dem Gesetz zur Neuregelung des Kaufmanns- und Firmenrechts und zur Änderung anderer handels- und gesellschaftsrechtlicher Vorschriften vom 22.06.1998 1 , 3 mit der allgemeinen handelsrechtlichen Zulässigkeit von Personal-, Sach- und Phantasiefirmen die bisher bestehenden Einschränkungen zum 01.07.1998 weggefallen sind. Mit den Änderungen, die den „Kapitalgesellschaften, Personalgesellschaften und Einzelkaufleuten ... größere Wahlfreiheit bei der Bildung aussagekräftiger Hueck, GR 19 , S. 42; Kraft/Kreutz, GR 10 , S. 48. Zur Sachfirma von Personalhandelsgesellschaften sogleich. 108 So zu Recht K.Schmidt, HR 4 , S. 346 f. 109 MünchKomm/U/mer, BGB 3 , § 105, Rdn. 225; K.Schmidt, GR 3 , S. 1771; a.A. HdbGR VSchücking, § 3, Rdn. 35-, John, Rechtsperson, S. 159; Kraft/Kreutz, GR 10 , S. 48. 110 Siehe dazu ausführlich den Text zu C.III. 1. sowie die Quellennachweise in Fn. 82 in Abschnitt C. 111 Hollstein, Name der GbR, S. 73 ff. 112 Holstein, Name der GbR, S. 132 ff.; GtoßKommJHüffer, HGB 4 , § 1 7 , Rdn. 4; GroßKommJUlmer, HGB 4 , § 105, Rdn. 32; Baumbach/Hopi, HGB 29 , § 17, Rdn. 2; MünchKomm/ Ulmer, BGB 3 , § 705, Rdn. 225; SoergelJHadding, BGB", § 705, Rdn. 68; Erman/ Westermann, BGB', § 705, Rdn. 67; HdbGR VSchücking, § 3, Rdn. 38; Flume, BGB AT 1/1, S. 89. 113 BGBl. I, S. 1474 ff.; mit Begründung abgedruckt in der Drucksache 3 4 0 / 9 7 des Bundesrates.
II. Die Abgrenzung anhand der herkömmlichen Einzelmerkmale des Körperschaftsbegriffs
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und werbewirksamer Firmen" einräumen, will man „... einen wichtigen Beitrag zur Deregulierung und Entbürokratisierung leisten und Nachteilen deutscher Unternehmen im europäischen Wettbewerb entgegenwirken". 114 Dem Informationsinteresse des Rechtsverkehrs und dem Transparenzgebot wird in Zukunft weniger durch die Firmenart als vielmehr durch den obligatorischen Hinweis auf die Rechtsform und die Haftungsverhältnisse sowie durch Pflichtangaben auf den Geschäftsbriefen Rechnung getragen. Die befürchtete Kollision im Moment der Eintragung für den Fall, daß die Vorgesellschaft zwingend eine Personalfirma tragen müsse, die Gründer aber insbesondere aufgrund der langen Eintragungsfristen und der Bedeutsamkeit der gewählten Bezeichnung eine Kontinuität mit einer angestrebten Sachfirma anstrebten, besteht deshalb nicht (mehr). 115
3.
Die Gründervereinigungen als Gelegenheitsgesellschaften
Anknüpfend an ältere gemeinrechtliche Lehren erblickt man in der Dauerhaftigkeit eines Verbandes ein Abgrenzungskriterium zwischen den verschiedenen Verbandstypen. So sei die Körperschaft nach der Intention des Gesetzes auf unbestimmte Zeit angelegt. Ermangele es daran, liege typischerweise ein personalistisch strukturierter Verband, und zwar eine Gelegenheitsgesellschaft in Form der Gesellschaft bürgerlichen Rechts vor. 116 Doch ist die Dauer einer Gesellschaft schon ausweislich der Materialien zum BGB kein Unterscheidungsmerkmal. Auch wenn eine Minderheit in den Verhandlungen auf dem Standpunkt verblieb, daß es sich „bei den Gesellschaften ... um eine Vereinigung . . . z u einem häufig nur vorübergehenden wirthschaftlichen oder Erwerbszwecke [handelt], die Vereine dagegen ... meist dauernde, nicht wirtschaftliche ... Zwecke [verfolgen]", 117 so gehen sowohl die Entwürfe 118 als auch das Gesetz selbst in §§ 723 Abs. 1 Satz 1, 724, 727 Abs. 1 BGB davon aus, daß die auf unbestimmte Zeit eingegangene Personalgesellschaft die Regel und die Gelegenheitsgesellschaft festsetzungsbedürftige Abweichung ist. Außerdem ist der Begriff der Dauer viel zu unbestimmt, als daß er zur Abgrenzung tauglich wäre.' 1 9 Läßt man für das Merkmal der „gewissen 114
Drucksache 340/97 des Bundesrates, einleitende Zielsetzung und S. 35. So noch Roth/Altmeppen/Roffc, GmbHG 3 , § 11, Rdn. 39; Weilinger, GesRZ 1996, S. 156; Fabricius, FS Kastner, S. 98. 116 RGZ 60, 94 (99); Reichert/v.Look/Reichert, VR6, Rdn. 4, 2467 f.; Sauter/Schweyer/ Waldner/Röseler, VR 15 , Rdn. 1; Stöber, VR7, Rdn. 4, 1231; Wiedemann, GR I, S. 90; Hüffer, GR4, S. 7 f.; Haberkorn, BB 1962, S. 1409; Salinger, Vor-GmbH, S. 12 f.; Steimel, Gründungs-GmbH, S. 17; Kempermann, Gründungsgesellschaft, S. 14, 27, 60 f.; Reuter, FS Semler, S. 938. 1,7 Protokolle zum BGB, Bd. II, S. 455. 118 Motive zum BGB, Bd. II, S. 617 ff.; Protokolle zum BGB, Bd. II, S. 437 f. 119 Nitschke, Personengesellschaft, S. 129 f.; Haberkom, BB 1962, S. 1410; Ganßmüller, GmbHR 1953, S. 117; Gaerths, Gründungsgesellschaft, S. 14, 23. Auch Umschreibungen des Begriffs wie die, daß die Personenvereinigung die Absicht haben müsse, auf unbestimmte Zeit oder jedenfalls für einen längeren Zeitraum zu bestehen (so Reichert/v.Look/Keicfeert, VR 6 , Rdn. 4), trifft dieser Einwand. 115
C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
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Dauer" (wie etwa beim Deutschen Juristentag e.V. oder dem Deutschen Evangelischen Kirchentag) „eine nach außen erkennbare Tätigkeit nur weniger T a g e " 1 2 0 genügen, müßten Vorgesellschaften eingedenk der zum Teil sehr langen Eintragungszeiten von bis zu einem Jahr und mehr bereits deshalb auf Dauer angelegt sein. 1 2 1 Doch würden dann zum Teil nicht der Wille der Beteiligten, sondern äußere Zwänge (die Arbeitsbelastung und die Arbeitsgeschwindigkeit des Rechtspflegers oder Registerrichters) über die Verbandsstruktur bestimmen. An diese Überlegungen anknüpfend verwendet die Theorie von den Vorgesellschaften als „Verbänden sui generis" das Argument der „auf Dauer angelegten Gesellschaft" sogar gegen jedwede Einordnung in das tradierte System der Rechtsformen: Die Vorgesellschaften seien schon deshalb weder Verein noch Gesellschaft bürgerlichen Rechts, weil diese Verbände Dauergesellschaften, also auf Endgültigkeit gerichtet seien. Das Gründungsstadium sei demgegenüber als Aufbauphase notwendigerweise befristetes Durchgangsstadium. 122 Nur die Annahme eines Verbandes „eigener Art" werde dem entscheidenden Merkmal aller Vorgesellschaften, ihrem vorläufigen und unfertigen Charakter, am ehesten gerecht. 1 2 3 Dennoch lohnt es sich, den Zweck der Vorgesellschaften herauszuarbeiten. Denn es besteht jedenfalls insoweit Einigkeit, 1 2 4 daß der Zweck eines Zusammenschlusses die darauf bezogenen Rechtsverhältnisse maßgeblich prägt: Er bildet den allgemeinen Verhaltensmaßstab für die Mitglieder des Verbandes, insbesondere den Bezugspunkt der Förderungs- und Treupflichten der Beteiligten, er bestimmt die Kompetenzen der Verbandsorgane, insbesondere die Handlungsbefugnisse der Geschäftsführer bzw. Vorstandsmitglieder, und er entscheidet über den Fortbestand oder die Auslösung eines Zusammenschlusses. 125 So gesehen macht es tatsächlich einen Unterschied, ob die Vorgesellschaften zu körperschaftlich organisierten Verbänden einen Augenblickszweck (den der Gründung) verfolgen oder bereits auf Dauer angelegt sind.
120
So Reichert/v.LooVIReicbert, VR6, Rdn. 4.
Nachweise über die Eintragungszeiträume und die Ursachen von Verzögerungen HachenburgIVlmer, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 12; Raiser, Kapitalgesellschaften2, S. 280 f. jeweils m.w.N. 1 2 2 KölnKomm/JCnz/i, AktG 2 , § 4 1 , Rdn. 24; Hachenburg/U/mer, GmbHG 8 , § 1 1 , Rdn. 8; 121
SoergelWadding, BGB12, vor § 21, Rdn. 64; Wiedemann, GR I, S. 146; Hueck, FS 100 Jahre GmbHG, S. 147; Haberkorn, BB 1962, S. 1411; Wacker, Vorgesellschaften, S. 49, 55 f.; Weilin-
ger, GesRZ 1996, S. 154; Weyrieb, Vorgesellschaft, S. 23; Kempermann,
S. 77; Steimel, Gründungs-GmbH, S. 52; Grünwald, GesRZ 1996, S. 24.
Gründungsgesellschaft,
1 2 3 Allerdings ist diese Argumentation nicht schlüssig, da das nach dieser Ansicht anwendbare Recht der AG, GmbH, des e.V. oder der e.G. (abgesehen von den wenigen Gründungsvorschriften) ebenso wie die §§ 21 ff., 705 ff. BGB auf eine endgültig entstandene, auf Dauer angelegte Gesellschaft ausgerichtet ist; so zu Recht Schultze-v.Lasaulx, FS Olivecrona, S. 607. 1 2 4 Zur umstrittenen Definition des Zwecks und seinem Verhältnis zum Unternehmensgegenstand etwa BGHZ 96, 245 (251 f.); Gr oßKommJRöhricht, AktG4, § 23, Rdn. 90 ff.; Fikentscher, FS Westermann, S. 87 ff.; Kellermann, Zweck der GbR; Sonnenberg, Änderung des Gesellschaftszwecks.
125 Lutter, AcP 180, S. 90; Wiedemann, GR I, S. 10 f., 183 f.; KScbmidt, HehUVollrath, GR4, Rdn. 34; John, Rechtsperson, S. 79 f.
GR3, S. 68 f.; Hopt/
II. Die Abgrenzung anhand der herkömmlichen Einzelmerkmale des Körperschaftsbegriffs
77
Nach überwiegender Ansicht erschöpft sich die Aufgabe der Gründervereinigung grundsätzlich darin, die angestrebte Gesellschaft zur Entstehung zu bringen. 126 Die Initiatoren beabsichtigten nicht, mit der Vorgesellschaft dauernd am Rechtsverkehr teilzunehmen. Vielmehr solle in der zeitlich und sachlich begrenzten Gründungsphase die in Aussicht genommene Körperschaft nur vorbereitet und ihre Eintragung herbeigeführt werden. Da aber die Bestimmung der Verbandstätigkeit ausschließlich den Gesellschaftern obliege und das Vorbelastungsverbot ersatzlos entfallen sei, könnten die Gründer in Ausübung der ihnen zustehenden Privatautonomie den grundsätzlich beschränkten Zweck erweitern, insbesondere bereits im Gründungsstadium das an sich der angestrebten Körperschaft vorbehaltene Unternehmen betreiben. Diese Auffassung verkennt nicht die übereinstimmenden Interessen der Gründer an der (späteren) Tätigkeit der angestrebten Gesellschaft, ohne die es keine Vorgesellschaft gäbe. Nur subsumiert man diese nicht unter den Verbandszweck als der rechtlich verbindlichen Festlegung der Grundlage des Zusammenschlusses, sondern beläßt es bei sonstigen, rechtlich noch unbeachtlichen Fernzielen der Gründer im Sinne von Absichten. 127 Die davon abweichende Meinung stützt sich maßgeblich auf die (unterstellte) Identität von Gründerverband und eingetragener Körperschaft: Bereits der Gründerzusammenschluß verfolge die Zwecke der späteren Gesellschaft. 128 Reduziere man seinen Zweck auf die Vollendung des Vereins, der Aktiengesellschaft, der Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder der Genossenschaft, so werde die Vorgesellschaft aufgrund Zweckerreichung, § 726 BGB, mit Eintragung aufgelöst. Daß dem nicht so sei, zeige sich nicht nur allgemein daran, daß das Gründungsstadium ein notwendiges Durchgangsstadium zur Körperschaft sei, sondern konkret am unverändert fortbestehenden Gesellschaftsvertrag, der bestimmungsgemäß gerade erst mit Eintragung seine wesentliche Bedeutung erlange, an der über den Eintragungszeitpunkt fortbestehenden Organisationsverfassung, an der personellen und Sachwertidentität beider Stadien sowie an der im wesentlichen nur deklaratorischen Bedeutung der Eintragung. 129 Ein auf die Entstehung des angestrebten Verbandes begrenzter Zweck der Vorgesellschaft führe außerdem zu einer unnötigen Einengung der Handlungsbefugnisse der Geschäftsführer bzw. des Vorstandes, was seit der Aufgabe des Vorbelastungsverbotes jeder Rechtfertigung entbehre. Vor allem verkompliziere sich der Fall einer vorzeitigen Geschäftsauf-
126
BGHZ 120, 103 (105 f.); BGHZ 80, 129 (139); RGZ 134, 121 (122); KölnKomm/Kra//, AktG 2 , § 4 1 , Rdn. 25, 43; Hachenburg/UW, GmbHG 8 , $ 1 1 , Rdn. 25; Rowedder/ RittneriSchmidt-Leithoff, GmbHG 3 , $ 1 1 , Rdn. 34; Lang/Weidmüller/Metz/Schaffland/Meiz, 33 GenG , § 13, Rdn. 6 f.; MünchKomm/Äe«ier, BGB3, §§ 21, 22, Rdn. 77; Salinger, Vor-GmbH, S. 12; Hubert, Vor-GmbH, S. 9; Saß, Vor-GmbH, S. 35; Schultze-v.Lasaulx, FS Olivecrona, S. 578; Horn, NJW 1964, S. 88; Hueck, FS 100 Jahre GmbHG, S. 156 f.; Theobald, Vor-GmbH, S. 20, 33 f.; Knoche, Vor-GmbH, S. 18 ff. 127 Dieses Verhältnis ist insoweit vergleichbar mit einem vorvertraglichen Schuldverhältnis. 128 Scholz/¡(.Schmidt, GmbHG 8 , $ 1 1 , Rdn. 26; Jäger, werdende GmbH, S. 79; Kempermann, Gründungsgesellschaft, S. 27 f., 61; Schnatz, Vorverein, S. 16; Heberlein, GmbH vor Eintragung, S. 34 f.; Dressler, Vorgesellschaft, S. 12 ff.; Baritsch, Vor-GmbH, S. 14; Otte, Vorgründungsvertrag, S. 39; Haberkorn, BB 1962, S. 1410; Dilcher, JuS 1966, S. 92; Reichert/v.Look/itócfcert, VR 6 , Rdn. 82. 129 Vgl. zu dieser Argumentation ausführlich im folgenden unter C.IV.
C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
78
nähme durch die Initiatoren. Während nach herrschender Lehre eine Zweckänderung in der Form der SS 71 Abs. 1 Satz 3 BGB, 181 Abs. 1 Satz 2 AktG, 53 Abs. 2 Satz 1 G m b H G , 16 Abs. 5 Satz 1 G e n G erforderlich sei, genüge bei deckungsgleichen Zwekken von Vorgesellschaft und entstandenem Verband eine Erweiterung allein des „rechtlichen Dürfens" der Handlungsorganisation. Die besseren Gründe sprechen für die herrschende Lehre. Z u m einen ist das Verhältnis der Gründervereinigung zur eingetragenen Körperschaft für die Bestimmung des Zwecks der Vorgesellschaften tatsächlich unergiebig. Daß diese beiden Verbände möglicherweise dieselben Zwecke verfolgen, spricht ebensowenig für eine Identität, wie umgekehrt gegen sie verwendet werden kann, daß mit Eintragung das (zumindest mitverfolgte) Gründungsziel entfällt und jedenfalls insoweit keine Kongruenz der Zwecke besteht. Denkbar ist vom Standpunkt der Identitätstheorie aus ebenso, daß ein und derselbe Zusammenschluß unterschiedliche Zwecke in den verschiedenen Phasen seiner Existenz verfolgt. Nach dem von der Rechtsprechung und herrschenden Lehre vertretenen Kontinuitätsmodell führt die Eintragung der Körperschaft zur Zweckerreichung für den Gründerverband. 1 3 0 Daraus resultiert allerdings nicht - wie befürchtet 1 3 1 - dessen Auflösung, sondern die Umwandlung der Vorgesellschaft in die angestrebte juristische Person. Nichts anderes gilt, wenn bereits mit der Errichtung der Gesellschaft über die Eintragung hinausgehende Aufgaben verfolgt wurden. In beiden Fällen erledigt sich die Gründung; die Initiatoren nehmen die für die entstandene Gesellschaft vorbehaltenen Geschäfte nunmehr auf bzw. setzen die bereits vorweg verfolgten Zwecke in einer anderen Verbandsform fort. Z u m anderen entsteht in der Mehrzahl der Fälle, in denen sich die Gesellschafter bis zur Eintragung auf die gründungsnotwendigen Handlungen beschränken wollen, mit einer Zweckidentität die Frage, ob das Ziel der Körperschaft (z.B. die Erwirtschaftung von Gewinnen durch den Betrieb eines bestimmten Unternehmens) oder aber das Ziel der Vorgesellschaft (die Gründung) den entscheidenden Maßstab für die internen Gesellschaftsverhältnisse im Gründungsstadium bildet. 132 Rekapituliert man in diesem Zusammenhang vor allem auf den Gründungszweck der Vorgesellschaft, ist der dem gemeinsamen Wirken zugleich unterstellte Zweck des angestrebten Verbandes funktionslos und damit entbehrlich. 1 3 3 Bestimmt man die Rechte und Pflichten der Gründer, die Befugnisse der Handlungsorgane sowie insgesamt die Rechtsverhältnisse in der Vorgesellschaft demgegenüber primär nach dem Zweck, der mit der eingetragenen Gesellschaft verfolgt werden soll, ergeben sich Konsequenzen, die den (objektiv verstandenen) Interessen und damit dem mutmaßlichen Willen der Gründer widersprechen.
130
Zum Verhältnis des Gründerverbandes zur eingetragenen Gesellschaft vgl. den Text zu D.I.2.b. 131 So z.B. von Kempermann, Gründungsgesellschaft, S. 28; Heberlein, GmbH vor Eintragung, S. 29, 37; Dressler, Vorgesellschaft, S. 15 f.; Otte, Vorgründungsvertrag, S. 39; Haberkorn, BB 1962, S. 1410. 132 Zur Korrelation von Verbandszweck und gesellschaftsbezogenen Rechtsverhältnissen siehe ausführlich unter C.II.3. und C.V.3.b. 133
Rowedder/Rittner/Schmidt-Leithoff,
GmbHG 3 , § 11, Rdn. 34.
II. Die Abgrenzung anhand der herkömmlichen Einzelmerkmale des Körperschaftsbegriffs
79
So ist jeder Gesellschafter bis zur Eintragung des Vereins, der Aktiengesellschaft, der Gesellschaft mit begrenzter Haftung oder der Genossenschaft verpflichtet, alles zur Entstehung des Verbandes Notwendige zu veranlassen oder selbst vorzunehmen sowie alles Hinderliche zu unterlassen bzw. aus dem Weg zu räumen. 134 Dies ergibt sich gerade aus dem Sinn des Gründungsstadiums und den darauf bezogenen Vereinbarungen und gilt in gleicher Weise, sollten die Gesellschafter bereits vorab den Betrieb der Körperschaft aufgenommen haben. 135 Doch schulden die Gründer regelmäßig nichts darüber Hinausgehendes, insbesondere sind sie noch nicht auf die Ziele der mit Eintragung entstehenden Korporation verpflichtet. Beschränken sie sich entsprechend ihren Vereinbarungen auf die eintragungsnotwendigen Geschäfte, so wollen sie gerade keine weiteren Zwecke verfolgen und darauf bezogene Bindungen eingehen. Ahnliches gilt für das rechtliche Dürfen und Können der Geschäftsführer oder Vorstände in der Vorgesellschaft. Wie zu C.V.3.b. noch ausführlich gezeigt wird, entspricht es dem Willen der Gründer, daß die Befugnisse der Handlungsorganisation im engeren Sinn grundsätzlich auf die zur Entstehung der Körperschaft erforderlichen Geschäfte begrenzt sind. Dies folgt aus ihrer unbegrenzten Einstandspflicht für die Verbindlichkeiten der Vorgesellschaft, nicht aber aus einem überholten Vorbelastungsverbot, mit dem man entweder die Handlungsfähigkeit der Gründerverbände begrenzen (über die Beschränkung des Verbandszwecks und damit einhergehend eine Beschränkung der Rechtsmacht der Handlungsorgane) oder zumindest den Pflichtenübergang von der Vorgesellschaft auf die juristische Person beschränken wollte. Sind aber der Verbandszweck und die Handlungsbefugnisse der Organe zwingend miteinander verbunden (so durch die §§ 116 Abs. 1, 125 Abs. 1 und 2, 161 Abs. 2 HGB, 76 Abs. 1, 8 2 Abs. 1 AktG, 3 7 Abs. 2 Satz 1 GmbHG, 2 7 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 GenG), ist eine Beschränkung der Rechtsmacht nur über eine Reduktion des Verbandszwecks erreichbar. Auch in allen übrigen Fällen (§§ 2 6 Abs. 2 Satz 2, 27 Abs. 3 BGB, §§ 705 i.V.m. 2 4 1 , 3 0 5 , 714 BGB) ergeben sich die Geschäftsführungsbefugnis und die Vertretungsmacht in der Regel aus dem Gesellschaftszweck. Zwar ist es möglich, daß sich Personen zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks zusammenschließen, diesen auch grundsätzlich zum Maßstab der internen Gesellschaftsverhältnisse erheben, allein die Handlungsbefugnisse der Geschäftsführung aber enger fassen. Doch wird diese Gestaltung in der Praxis kaum vorkommen, da beiden Momenten dieselbe Interessenlage der Initiatoren zugrunde liegt: Wenn der Verband das ihm vorgegebene Ziel erreichen soll, stellen die Gesellschafter gewöhnlich die dazu erforderlichen, in ihrer Macht stehenden Mittel zur Verfügung. 136 1 3 4 RGZ 151, 86 (91); RGZ 58, 55 (56); KölnKomm/Kra/t, AktG 2 , § 41, Rdn. 2 6 ; Hüffer, AktG 3 , § 41, Rdn. 5 ; Hachenburg/U/mer, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 2 9 ; Rovreddei/Rittner/SchmidtLeithoff, GmbHG', § 1 1 , Rdn. 3 7 ; SchollK. Schmidt, GmbHG 8 , § 1 1 , Rdn. 4 3 ; MünchKomm¡Reuter, BGB 3 , §§ 21, 22, Rdn. 73 f.; Flume, BGB AT 1/2, S. 157 ff.; Reichert/v.Look/ Reichert, VR 6 , Rdn. 86. 1 3 5 Entgegen Scholz/K.Schmidt, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 43 greift die herrschende Lehre also keinesfalls auf eine Zweckbeschränkung zurück, um diese Pflichten der Gründer zu statuieren. 1 3 6 Deshalb führt entgegen ScholzJK.Schmidt, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 26, nicht ein gegenüber dem Verbandszweck engeres „absehbares Ziel" per se zur Einschränkung des zulässigen Handlungsrahmens.
80
C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
Letztlich läßt sich die (ganz überwiegend anerkannte) 137 Auflösung des Gründerverbandes, der den Geschäftsgegenstand der Körperschaft noch nicht vorwegnimmt, im Fall des Scheiterns der Eintragung mittels S 7 2 6 BGB nur dann begründen, wenn man den Zweck der Vorgesellschaft auf die Gründung einer Körperschaft beschränkt. 138 Denn unterstellt man eine Zweckidentität zwischen Vorverein, Vor-AG, Vor-GmbH oder Vorgenossenschaft und späterer Gesellschaft, führt der Wegfall des einen Zieles Gründung einer Körperschaft - nicht zwangsläufig zum Fortfalle sonstiger Verbandsziele wie z.B. der Gewinnerzielung durch den Betrieb eines Unternehmens. Die Initiatoren könnten die Gesellschaft sehr wohl ohne Änderungen in den Organisations- und Haftungsverhältnissen fortsetzen. 139 Einen Wegfall der Geschäftsgrundlage allein deshalb, weil der Verband ursprünglich nicht auf Dauer in den jetzigen Rechtsverhältnissen (vor allem der persönlichen und unmittelbaren Gründerhaftung) geführt werden sollte, kann man schon deshalb nicht generell unterstellen, weil die (endgültige) Aufgabe der Eintragungsabsicht, soll sie wirksame Zweckänderung für den Verband sein, regelmäßig auf einen einvernehmlichen Beschluß aller Beteiligten zurückgeht. 140 Im Ergebnis ist also davon auszugehen, daß die „Dauer" einer Vereinigung nicht über deren verbandsrechtliche Einordnung entscheidet; die Vorgesellschaft zu AG, GmbH, e.G. und e.V. aber einen zeitlich von vorn herein beschränkten Zweck verfolgt.
4.
Die größere Anzahl der an der Gründung beteiligten Personen
Eine Unterscheidung dahingehend, daß in Personalgesellschaften nur wenige Gesellschafter, in Körperschaften dagegen eine Vielzahl von Mitgliedern zusammengeschlossen sind (insoweit also scheinbar ein Abgrenzungsmerkmal zwischen den Verbandstypen vorliegt), findet im Gesetz vielfachen Ausdruck. So lassen sich in Gesellschaften des bürgerlichen Rechts, in offenen Handelsgesellschaften und in Kommanditgesellschaften die Geschäftsführung und Vertretung durch alle Gesellschafter ( S S 709 Abs. 1, 714 BGB, 114 Abs. 1, 125 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB), das Einstimmigkeitsprinzip bei Gesellschafterbeschlüssen (§§ 119 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB), Haf-
137 Hüffer, AktG 3 , § 4 1 , Rdn. 3; Hachenburg/U/mer, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 3 8 ; Rowedder/ RittneriSchmidt-Leithoff, GmbHG 3 , § 11, Rdn. 64; HdbGR IVIHoffmann-Becking, § 4, Rdn. 2 9 ; Reichert/v.Look/Reicfcert, VR 6 , Rdn. 82; K.Müller, GenG 2 , § 13, Rdn. 17; a.A. anscheinend Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff/£c£ardf, AktG, § 29, Rdn. 40. 1 3 8 Zur sogenannten unechten Vorgesellschaft, die trotz Scheiterns der Eintragung den bereits vorweg aufgenommenen Geschäftsbetrieb fortsetzt, vgl. im folgenden unter D.II. 1 3 9 Dies gilt jedenfalls im Ergebnis insoweit, als man mit der nunmehr herrschenden Lehre und Rechtsprechung von einer grundsätzlich unbeschränkten Haftung der Gründer für die Verbindlichkeiten der Vorgesellschaft ausgeht; siehe dazu den Text zu C.V.l. 1 4 0 A.A. Schoiz/KSchmidt, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 55. Indes kann man zu dieser generellen Aussage nur in den (seltenen) Fällen kommen, in denen die Gesellschafter aufgrund äußerer Umstände die Gründung nicht mehr weiterverfolgen können, obwohl sie dies wollen. In der Sache wie hier Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff/EoWi, AktG, § 29, Rdn. 3 7 f.; Reichert/v.Look/Re/cfcert, VR 6 , Rdn. 82.
II. Die Abgrenzung anhand der herkömmlichen Einzelmerkmale des Körperschaftsbegriffs
81
tungsbeschränkungen auf die eigenübliche Sorgfalt (§§ 708 BGB, 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB), Widerspruchsrechte bezüglich Geschäftsführungsmaßnahmen (§§711 Satz 1 BGB, 115 Abs. 1, 164 Satz 1 HGB) sowie Kontrollrechte für jeden Beteiligten (§§ 716 Abs. 1 BGB, 118 Abs. 1, 166 Abs. 1 HGB) nur unter dieser Voraussetzung praktizieren. Demgegenüber wurden die Möglichkeit einer Geschäftsführung durch Nichtgesellschafter (§§ 76 Abs. 3 Satz 1 AktG, 6 Abs. 3 Satz 1 GmbHG), Austrittsrechte (§§ 39 Abs. 1 BGB, 65 Abs. 1 GenG) bzw. übertragbare Mitgliedschaften (§§ 68 Abs. 1 Satz 1 AktG, 15 Abs. 1 GmbHG, 76 Abs. 1 Satz 1 GenG) 141 oder das Mehrheitsprinzip in den Gesellschafterversammlungen (§§ 32 Abs. 1 Satz 3 BGB, 133 Abs. 1 AktG, 47 Abs. 1 GmbHG, 43 Abs. 2 Satz 1 GenG) gerade dazu geschaffen, die Verwaltung von Körperschaften trotz eines großen Mitgliederbestandes zu ermöglichen. Diesem Ansatz liegt die Vorstellung zugrunde, daß es sich bei Personalgesellschaften lediglich um Einzelunternehmer handelt, die sich durch die Beteiligung einiger weniger Personen verstärken. Der Zusammenschluß baut wesentlich auf der Persönlichkeit jedes einzelnen Gesellschafters und auf seiner Mitarbeit auf; es entstehen eine Arbeitsgemeinschaft und ein enges Vertrauensverhältnis unter den Beteiligten. Demgegenüber stehen bei Körperschaften nicht das einzelne Mitglied, sondern die Sammlung von (anonymen) Beiträgen für einen bestimmten Zweck und die Funktionsfähigkeit des zur Zweckerreichung geschaffenen Verbandes im Vordergrund. Darüber hinaus wird die Vergesellschaftung regelmäßig nicht nur zum Nutzen der Gründer eingegangen, sondern sie soll einem grundsätzlich unbeschränkten Personenkreis offen stehen. Insbesondere in Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung dominiert der Kapitalbedarf für die Errichtung und Führung eines wirtschaftlich tätigen Unternehmens. Ein großer Kapitalbedarf bedingt aber regelmäßig eine Vielzahl zu beteiligender Personen und diese wiederum korporative Verbandsstrukturen: „... die Wahl der beschränkten Haftung [ist in der Regel] nur der Ausdruck für den Willen der Theilnehmer..., ihre Betheiligung für die Zwecke der Gesellschaft auf die Leistung der übernommenen Einlage und eine mehr oder weniger nachdrückliche Mitwirkung bei der Oberleitung und Beaufsichtigung der Geschäfte zu beschränken. Da, wo die Zahl der Theilnehmer nicht eine ganz geringe ist, liegt dies ... in der Natur der Verhält«142
nisse... ' Beurteilt man die Vorgesellschaften zu korporativ strukturierten Verbänden anhand der Anzahl der Gesellschafter, müßte man sie den Personengesellschaften zuordnen. Denn zur Gründung schließen sich in der Regel nur wenige Personen zusammen; sehr häufig wird der Verband durch nur eine Person errichtet. 143 Letzteres ist in den §§ 2 141
In der Genossenschaft kann allerdings nur das Geschäftsguthaben, nicht aber die Mitgliedschaft selbst übertragen werden. 142 Begründung zur Reichstagsvorlage des GmbHG von 1892, Stenographische Berichte Reichstag, 8. Legislaturperiode, I. Session 1890/92, 5. Anlageband, S. 3728. 143 Dies zeigt nicht nur die intensive Diskussion um Strohmanngründungen in der Vergangenheit. Nach der letztmaligen Erhebung für das statistische Jahrbuch 1995 bestanden zum 31.12.1993 ca. 3000 AG und etwa 550000 GmbH. Nach Untersuchungen von Kornblum/Kleinle/Baumann/Steffan, GmbHR 1985, S. 46 und Limbach, GmbH, S. 42 ff., sind etwa 15 bis 25 % aller GmbH Einmanngesellschaften und etwas mehr als 50 % Zweipersonengesellschaften; ca. 95 % aller GmbH haben höchstens 5 Gesellschafter.
82
C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
AktG, 1 GmbHG ausdrücklich vorgesehen. 144 Die schon bisher praktisch bedeutungslose Sukzessivgründung der Aktiengesellschaft, die zu einem größeren Gründerkreis führte, wurde mit dem AktG 1965 abgeschafft. 145 Auch die nach den §§ 56 und 59 Abs. 3 BGB, 4 GenG notwendigen 7 Vereinsmitglieder bzw. Genossen müssen nicht schon am Abschluß der Satzung beteiligt sein, sondern erst zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Eintragung die Satzung unterzeichnet haben. 146 Ganz überwiegend läßt man deshalb für Vereinsgründungen zwei Personen genügen. 147 Darüber hinaus spricht die Pflichtenstellung eines Gründers gegen die anfängliche Beteiligung einer Vielzahl von Personen. Die Initiatoren müssen - anders als in der eingetragenen Gesellschaft - persönlich tätig werden. Ihre Mitwirkung reicht von den ersten Verhandlungen über den formgerechten Abschluß der Satzung (§§ 59 Abs. 2 Nr. 1 BGB, 23 Abs. 1 Satz 1 AktG, 2 Abs. 1 Satz 1 GmbHG, 5 GenG), 148 der Wahl, Bestellung und Anstellung der ersten Handlungsorganisation (§§ 27 Abs. 1 BGB, 30 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 AktG, 6 Abs. 3 Satz 2 GmbH, 24 Abs. 2 Satz 1, 36 Abs. 1 Satz 1 GenG), unter Umständen notwendigen Gründungsprüfungen (§§ 32 Abs. 1 AktG, 5 Abs. 4 Satz 2 GmbHG) bis hin zur Mitwirkung an der Anmeldung (§§59 Abs. 3 BGB, 36 Abs. 1 AktG, 7 Abs. 1 GmbHG, 11 Abs. 1 und 2 Nr. 1 GenG). Letztlich haften die Gründer in unbeschränkter Höhe für die Verbindlichkeiten der Vorgesellschaft, entweder als Handelnde (§§54 Satz 2 BGB, 41 Abs. 1 Satz 2 AktG, 11 Abs. 2 GmbHG) oder allgemein als Gesellschafter des Zusammenschlusses. Alles dies spricht für den mutmaßlichen Willen der Gründer bzw. von Interessenten, den Beitritt zum Verband erst ab dessen Eintragung zuzulassen bzw. anzustreben. Dennoch lassen sich Personalgesellschaften und Körperschaften nicht nach der Menge der zusammengeschlossenen Personen abgrenzen. 149 Zwar stehen eine große 144 Die Begründung zu den §§ 1 GmbHG, 2 AktG verweisen ausdrücklich auf einen Bedarf an Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit „überschaubarem Gesellschafterkreis" (Drucksache Bundestag 8/1347, S. 28 f.; Drucksache Bundestag 12/6721, S. 5). Aufgrund der §§ 1 GmbHG, 2 AktG ist die in Abschnitt C., Fn. 147 nachgewiesene herrschende Lehre, die den Einpersonenverein (gleiches gilt für die Einmann-Genossenschaft) für unzulässig hält, da es hier an einer Personenmehrheit fehle, die sich körperschaftlich organisieren könne, nicht haltbar. 145 Siehe die Begründung zu § 29 AktG 1937 bei Klausing, AktG, S. 4 7 sowie GroßKomm/ Röhricht, AktG 4 , S 23, Rdn. 2. 146 Soergel/Hadding, BGB 12 , vor § 21, Rdn. 66; Lang/Weidmüller/Metz/Schaffland/Metz, GenG 33 , § 4, Rdn. 1; a.A. KMüller, GenG 2 , § 4, Rdn. 2. 147 MünchKomm/Rewfór, BGB 3 , § 6, Rdn. 1; Sauter/Schweyer/WaWwer/Röse/er, VR 15 , Rdn. 8, 334; SoetgeVHadding, BGB 12 , § 2 5 , Rdn. 20; Staudinger/Habermann, BGB 13 , § 5 6 , Rdn. 2; Palandt/Heinrichs, BGB 57 , § 21, Rdn. 8; Stöber, VR 7 , Rdn. 14; Friedrich, DStR 1994, S. 63; a.A. Reichert/v.Look/Reichert, VR 6 , Rdn. 3, 2470: mindestens drei Personen. 148 Nach der Begründung zur Reichstagsvorlage des GmbHG von 1892 dienen die Formvorschriften gerade dazu, „die Errichtung von Gesellschaften mit sehr großer Mitgliederzahl zu erschweren" (Stenographische Berichte Reichstag, 8. Legislaturperiode, I. Session, 5. Anlageband, S. 3733). 149 So aber RGZ 66, 94 (99); Soergel/Hadding, BGB 12 , vor § 21, Rdn. 44; Staudinger/Weiofe, BGB 13 , Vorbem. zu §§ 21 ff., Rdn. 43; Reichert/v.Look/Reichert, VR 6 , Rdn. 1; Stöber, VR 7 , Rdn. 4, 1231; Steimel, Gründungs-GmbH, S. 17; Haberkorn, BB 1962, S. 1410. Wie hier dagegen Rittner, FS Meier-Hayoz, S. 339; Nitschke, Personengesellschaft, S. 129 f.; Dressler, Vorgesellschaft , S. 14 f.; Reuter, FS Semler, S. 938.
II. Die Abgrenzung anhand der herkömmlichen Einzelmerkmale des Körperschaftsbegriffs
83
Gesellschafterzahl und die körperschaftliche Ausgestaltung der Gesellschaftsverhältnisse miteinander in Wechselbeziehung. Doch läßt sich dieser funktionelle Zusammenhang nicht umkehren: Weder bedingt die Verbindung einer kleinen Zahl von Personen personalistische Strukturelemente des Verbandes noch spricht ein auf wenige Gesellschafter beschränkter Zusammenschluß gegen eine korporative Organisation. Dies läßt sich bereits am Verein, dem Grundmodell der Körperschaften, nachweisen. In den Verhandlungen zum BGB wurde festgestellt: „Selbstverständlich sei zum Zustandekommen eines Vereins eine Mehrheit von Personen erforderlich. Wie groß aber die Mindestzahl sein müsse, dafür lasse sich aus dem Begriffe des Vereins nichts herleiten." 150 Daß diesem eine „Vielzahl von Mitgliedern" nicht wesensimmanent ist, zeigt auch die in den §§ 56, 59 Abs. 3 und 73 BGB, 4, 80 Abs. 1 GenG vorausgesetzte geringe Anzahl von drei bzw. sieben Gesellschaftern. Aber selbst diese Normen prägen nicht die Verbandsstruktur, sondern sie sollen verhindern, daß ganz unbedeutende Vereine oder Genossenschaften in das Register eingetragen und so zur juristischen Person werden, wodurch unrichtige Vorstellungen über die Funktionsfähigkeit, Leistungsfähigkeit und Kreditwürdigkeit des Verbandes entstehen können. 151 Eine Unterscheidung von Körperschaften und Personalgesellschaften anhand der Anzahl der Gesellschafter scheitert aber vor allem an der GmbH. Als grundsätzlich korporativ strukturierte Rechtsform 152 ist diese dennoch auf einen kleineren Mitgliederkreis angelegt. Wie sich der Begründung zum GmbHG von 1892 entnehmen läßt, bestand ein „Bedürfniß nach einer neuen Gesellschaftsform mit beschränkter Haftung neben der Aktiengesellschaft... auch, wo eine begrenztere Zahl von Theilnehmern mit der Absicht dauernder Betheiligung ein Unternehmen ins Leben ruft... Es muß aber als bedenklich betrachtet werden, Unternehmungen, welche an sich auf einen nicht sehr bedeutenden Kreis dauernd verbundener Theilnehmer berechnet sind, zur Annahme einer diesem Karakter widersprechenden Gesellschaftsform [die AG] zu nöthigen und sie dadurch der naheliegenden Gefahr auszusetzen, auf einen ihrer eigentlichen Bestimmung fremden Weg gedrängt zu werden.". 153 Ein sehr kleiner Gesellschafterkreis ist gerade auch nach der vielfach festgestellten Realstruktur typisch für die GmbH. 1 5 4 150
Protokolle zum BGB, Bd. I, S. 554. Vgl. auch die Begründung zur Reichstagsvorlage des GmbHG von 1892: die GmbH entstehe „ohne Rücksicht auf die Zahl ihrer Mitglieder" (Stenographische Berichte Reichstag, 8. Legislaturperiode, I. Session 1890/92, 5. Anlageband, S. 3728). Protokolle zum BGB, Bd. I, S. 554 f. für den Verein und Stenographische Berichte Reichstag, 7. Legislaturperiode, IV. Session 1888/89, Bd. 4, S. 212 mit der Begründung für die Genossenschaft. Allerdings sind diese Begründungen, gemessen an Artt. 9 Abs. 1 und 2 Abs. 1 GG, verfassungsrechtlich nicht unbedenklich, wenn man ein beachtenswertes Bedürfnis, durch Eintragung die juristische Persönlichkeit zu erlangen, zwingend allein aufgrund zu weniger zusammengeschlossener Personen verneint. 152 HachenburglUlmer, GmbHG 8 , Einleitung A, Rdn. 5, 64; Scho\z/Westermann, GmbHG 8 , Einleitung, Rdn. 4; Roweddcr/Rittner/Schmidt-Leithoff, GmbHG 3 , Einleitung, Rdn. 34; Baumbach/Hueck/Huecè, GmbHG 16 , Einl., Rdn. 16; K.Schmidt, GR5, S. 47; Kübler, GR4, S. 20 f.; Hueck, GR 1 ', S. 10 f.; Kraft!Kreutz, GR10, S. 3 ff.; ausdrücklich als Mischform einordnend Wiedemann, GR I, S. 5. Vgl. zu den (abgrenzenden) Strukturmerkmalen ausführlich unter C.V. 153 Stenographische Berichte Reichstag, 8. Legislaturperiode, I. Session 1890/92, 5. Anlageband, S. 3725 f. 154 Vgl. bereits die Nachweise in Abschnitt C., Fn. 143.
84
5.
C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
Die durch Satzung organisierte Verfassung juristischer Personen
Personalgesellschaften und Körperschaften sind gleichermaßen überindividuelle Wirkungseinheiten. Die Existenz und die Funktionsfähigkeit eines jeden Verbandes sowie seine eigenständige Teilnahme am Rechtsverkehr setzen, wie dies die §§ 2 5 , 5 7 f., 7 0 5 BGB, 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB, 2, 23 AktG, 2 f. GmbHG, 5 ff. GenG lediglich bestätigen, stets eine bestimmte, rechtlich regelnde Grundordnung voraus. Neben dem Ziel des Zusammenschlusses und der konkreten Geschäftspolitik (dem Unternehmensgegenstand) müssen sowohl die Rechtsstellung der Mitglieder im Zusammenschluß, insbesondere die Förderpflichten, Befugnisse und Zuständigkeiten des einzelnen, als auch die Sachmittelausstattung sowie die zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks nützliche Handlungsorganisation und ihre personelle Besetzung festgelegt werden. Hinsichtlich der Rechtsqualität dieser „Verfassungen" sieht man überwiegend elementare Unterschiede zwischen den beiden Verbandstypen. Während die Statuten der Gesellschaften bürgerlichen Rechts, der offenen Handelsgesellschaften und der Kommanditgesellschaften unstreitig als rechtsgeschäftliche Vereinbarungen eingeordnet werden, die als Verträge im herkömmlichen Sinn der Herrschaft aller Gesellschafter unterliegen, weist man den Satzungen der Körperschaften die Qualität normähnlicher Regelungen zu. Die Rechtsgrundlage des Vereins, der Aktiengesellschaft, der Gesellschaft mit beschränkter Haftung und der Genossenschaft sei eine auf Dauer geschaffene objektive Grundordnung, die (primär keine gegenseitigen Verpflichtungen zwischen den Gesellschaftern, sondern) ein neues, selbständiges Rechtssubjekt schaffe, ein vom Willen der Gesellschafter weitgehend unabhängiges rechtliches Eigenleben führe und der sich der einzelne für die Zeit seiner Verbandszugehörigkeit unterwerfe. 155 Folgt man dieser Auffassung, so ergibt sich für die Vorgesellschaften korporativ strukturierter Verbände eine Art Zwischenstellung. Denn einerseits soll der Zusammenschluß noch nicht so stark gegenüber den Beteiligten verselbständigt sein wie die juristische Person. Anerkanntermaßen sind die Gründer bis zur Registrierung wechselseitig verpflichtet, durch persönliche Mitarbeit alles zur Entstehung des angestrebten Verbandes Erforderliche vorzunehmen. 156 Die nur teilrechtsfähige Vorgesellschaft 157 soll nach im Ergebnis fast einhelliger Lehre noch nicht auf einen wechselnden Mitglie-
155 BGHZ 105, 306 (317 f.); BGHZ 87, 337 (344); BGHZ 71, 126 (128); BGHZ 47, 172 (179 f.); BGHZ 21, 370 (373 ff.); GroßKomni/Röhricbt, AktG4, § 2 3 , Rdn. 6; Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff/EcWi, AktG, S 23, Rdn. 32a; Hüffer, AktG3, § 23, Rdn. 7; Lutter/Hommelhoff, GmbHG14, § 2, Rdn. 10 f.; Roth/Altmeppen/Roffc, GmbHG3, § 2, Rdn. 4; Hettricb/Pöhlmann, GenG, § 5, Rdn. 1; MünchKomm/Re«ier, BGB3, § 25, Rdn. 10; ders., Perpetuierung, S. 59 ff.; Sauter/Schweyer/WaW«er/Röse/er, VR15, Rdn. 36; Stöber, VR7, Rdn. 41; anscheinend auch KölnKomm/Kra/ί, AktG2, § 23, Rdn. 110; K.Müller, GenG2, § 5, Rdn. 25. 156 KölnKomm/Kw/ί, AktG2, § 41, Rdn. 26; Flume, BGB AT 1/2, S. 157 ff.; Scholz/¡¿.Schmidt, GmbHG8, § 1 1 , Rdn. 43; MünchKomm/Rewier, BGB', §§21, 22, Rdn. 73 f.; Reichert/ v.Look/Reichert, VR6, Rdn. 86. 157 So etwa BGHZ 72, 45 (48 f.); Hachenburg/Ulmer, GmbHG8, § 1, Rdn. 9; Hueck, FS 100 Jahre GmbHG, S. 158; Lieb, FS Stimpel, S. 403; Hüffer, AktG3, § 41, Rdn. 4; Kempermann, Gründungsgesellschaft, S. 81; Heberlein, GmbH vor Eintragung, S. 44 f.; Büttner, Identität und
K o n t i n u i t ä t , S . 1 1 0 f . ; Rittner,
w e r d e n d e j u r i s t i s c h e P e r s o n , S. 3 2 1 f f .
II.
Die Abgrenzung anhand der herkömmlichen Einzelmerkmale des Körperschaftsbegriffs
85
derbestand angelegt, 158 Satzungsänderungen sollen nur einstimmig möglich 159 und der Gesellschaftsvertrag entsprechend den §§ 133, 157 BGB subjektiv auszulegen sein. 160 Auf der anderen Seite soll der Gründerverband als mit der angestrebten Gesellschaft wesensgleiches Gebilde so weit wie möglich dem AktG, GmbHG, dem Recht des e.V. bzw. der e.G. unterliegen; die Satzung der juristischen Person soll als normativ wirkende Ordnung bereits die Rechtsverhältnisse der Vorgesellschaft bestimmen. Insbesondere aus dieser Tatsache schließt man zum Teil auf die korporative Organisationsstruktur der Gründervereinigungen. 161 Indes ist diese Argumentation aus zweierlei Gründen nicht haltbar. Zum einen unterstellt man zu Unrecht, daß die Rechtsgrundlagen der eingetragenen Gesellschaft zugleich die der Vorgesellschaft sind. Wie noch ausführlich unter C.V. gezeigt wird, besteht vielmehr ein von den Satzungsregelungen betreffs der juristischen Person weitgehend losgelöstes Gesellschaftsverhältnis zwischen den Gründern, und die die jeweilige Körperschaft prägenden Bestimmungen des AktG, GmbHG, des Rechts der e.G. und des e.V. gelten grundsätzlich noch nicht vor Eintragung des Verbandes. Ein Rückschluß aus einem Normencharakter der korporativ organisierenden Satzungen auf die Rechtsqualität der im Gründungsstadium geltenden Vereinbarungen und damit auf den Gesellschaftstyp des Gründerzusammenschlusses ist deshalb unmöglich. Zum anderen existiert kein qualitativer, strukturprägender Unterschied hinsichtlich der Rechtsqualität von Personalgesellschaftsverträgen und Satzungen von Vereinen, Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Genossenschaften. 1 6 2 In beiden Fällen handelt es sich um rechtsgeschäftliche, und zwar vertragliche Regelungen, die allein der Willensherrschaft der Beteiligten unterliegen und deren Bindung allein auf dem Einverständnis aller Betroffenen beruht. Die Normentheorie kann lediglich auf einen unentschlossenen Gesetzgeber verweisen. Während es noch in II 6 § 3 7 ALR heißt: „Jedes in die Corporation neu eintretende Mitglied unterwirft sich eben dadurch den Verfassungen derselben.", 163 führt die Begründung zum ersten Entwurf des BGB aus: „Soweit die Verfassung nicht durch Gesetz oder durch eine auf Gesetz beruhende Anordnung geregelt wird, erhält sie ihren Inhalt durch den Willen der Mitglieder der Körperschaft. Der Wille der Mitglieder macht sich geltend sowohl bei der Errichtung der Körperschaft in dem GrünVgl. die Nachweise in Abschnitt C , Fn. 4 9 7 f., 533, 562. BGHZ 80, 2 1 2 (214 f.); Koweddei/Rittner/Schmidt-Leithoff, GmbHG 3 , § 11, Rdn. 40, 6 0 ; MünchKomm/Jtewfer, BGB 3 , §§ 21, 22, Rdn. 74 f.; Hueck, FS 100 Jahre GmbHG, S. 156 f.; Bayer, J Z 1952, S. 5 5 2 f.; Dilcher, JuS 1966, S. 90; Kempermann, Gründungsgesellschaft, S. 2 5 ; Flume, FS Geßler, S. 30. 160 Hüffer, AktG 3 , § 2 3 , Rdn. 4 0 ; Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8 , § 1 1 , Rdn. 23; Baumbach/Hueck/H«ecA, GmbHG 16 , § 2, Rdn. 3 0 ; Lutter/Hommelhoff, GmbHG 14 , § 2, Rdn. 11. 1 6 1 Siehe nur Steimel, Gründungs-GmbH, S. 12 f., 3 7 ; Weyrich, Vorgesellschaft, S. 24; Heberlein, GmbH vor Eintragung, S. 10 ff.; Maslob, Gründergesellschaft, S. 30, 85 ff. 1 6 2 In diesem Sinne auch Hachenburg/U/mer, GmbHG 8 , § 2, Rdn. 4 f.; Scholz¡Emmerich, GmbHG 8 , § 2 , Rdn. 5 ; Row eddedMtnerl Schmidt-Leithoff, GmbHG 3 , § 2 3 , Rdn. 76; Wiedemann, GR I, S. 159 ff.; Hadding, FS Fischer, S. 188 ff.; Lutter, AcP 180, S. 95, 9 7 ; Nitschke, Personengesellschaft, S. 157 ff.; K.Schmidt, GR 3 , S. 80 f., 82; anscheinend auch Baumbach/ HueckJHueck, GmbHG 16 , § 2, Rdn. 5. 158
159
163
Hattenhauer/Bemert,
ALR 1794, S. 4 3 3 .
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C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
dungsvertrage als auch später, vorbehaltlich des staatlichen Aufsichts- und Bestätigungsrechtes, in den die ursprüngliche Verfassung innerhalb gewisser Grenzen ändernden Beschlüssen... Die rechtliche Natur dieser Willensbethätigungen wird verschieden beurtheilt. Diese Ansichten gehen insbesondere darüber auseinander, ob die betreffenden Satzungen die Eigenschaft von Rechtshandlungen bezw. Rechtsgeschäften oder von Rechtssätzen haben, ob ihre Schaffung nur Bethätigung einer der Körperschaft für den Kreis ihrer Angelegenheiten zustehenden sog. Privatautonomie oder ob sie ein rechtserzeugender Akt und als solcher Ausfluß wahrer, der Körperschaften begriffsgemäß zukommender Autonomie sei." 1 6 4 Aber schon das Gesetz bietet terminologisch ein uneinheitliches Bild. Während für Gesellschaften des bürgerlichen Rechts, für offene Handelsgesellschaften und für Kommanditgesellschaften ausnahmslos der Begriff „Vertrag" für die Vereinbarungen der Gründer verwendet wird, spricht der Gesetzgeber im Vereins- und Genossenschaftsrecht, im Aktiengesetz und im GmbH-Gesetz wahlweise von der „Satzung" (SS 2 5 BGB, 23 AktG, 53 GmbHG, 6 3 c GenG), vom „Statut" (SS 5 ff. GenG) oder vom „Gesellschaftsvertrag" (SS 2 AktG, 2 f. GmbHG). Dies spricht eher dafür, daß die verschiedenen Begriffe synonym zu verwenden sind. Entscheidend ist aber, daß für Personalgesellschaften und Körperschaften keine Unterschiede im Zustandekommen und der Wirkungsweise der Gesellschaftsverträge festzustellen sind. Jedes Verbandsstatut ist als Gründungsakt Entstehungstatbestand für ein neues Rechtssubjekt und als Verfassungsordnung im Sinne eines Dauerrechtsverhältnisses Grundlage für die Funktionsfähigkeit desselben. Die Satzung einer Gesellschaft organisiert also in erster Linie. „Organisation beinhaltet Koordination von Personen und Sachen zu einem Gesamtsystem mit einheitlicher Zielrichtung. Organisationsrechtliche Regeln koordinieren also das Verhalten der [selbst erst geschaffenen] Organe und der Mitglieder im Verhältnis zur Gesellschaft und zu ihrem Vermögen; sie legen vor allem Verfahren und Zuständigkeit der Willensbildung und Rechte und Pflichten zwischen Privat- und Sondervermögen, also Verbands- und Finanzverfassung der Gesellschaft fest." 1 6 5 Der Gesellschaftsvertrag ist aber nicht nur Organisationsakt, sondern zugleich auch Schuldvertrag. Denn er erzeugt bei der Entstehung einer Gesellschaft und für die gesamte Dauer ihrer Existenz schuldrechtliche (Vermögens- und verwaltungsbezogene) Rechte und Pflichten für alle Beteiligten, also zwischen den Gesellschaftern ebenso wie zwischen Verband und Mitglied. Diese schuldrechtlichen Bindungen eines Gesellschafters und seine Rechtsstellung in der Organisation werden aufgrund der Verselbständigung aller Personenzusammenschlüsse gegenüber dem einzelnen in einer Mitgliedschaft zusammengefaßt. 166 Dies schließt weder bei Personalgesellschaften noch bei Körperschaften individualrechtliche Vereinbarungen zwischen einzelnen Mitgliedern oder zwischen Verband und Gesellschafter aus. Sowohl im Hinblick auf die organisationsrechtlichen als auch auf die schuldrechtlichen Elemente eines Gesellschaftsvertrages bestehen allein quantitative Unterschiede 164 165 166
Motive zum BGB, Bd. I, S. 93 f. Zu diesem Organisationsbegriff Wiedemann, ZGR 1996, S. 287.
Z u r D o g m a t i k d e r M i t g l i e d s c h a f t siehe a u s f ü h r l i c h d e n T e x t zu A b s c h n i t t C - , a b F n . 5 0 1 ff.
II.
Die Abgrenzung anhand der herkömmlichen Einzelmerkmale des Körperschaftsbegriffs
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zwischen korporativ und personalistisch strukturierten Verbänden. Während die Körperschaften sehr weitgehend von der Mitgliedschaft einzelner Personen losgelöst sind (ein „Eigenleben" führen), sind die Personalgesellschafter nicht nur in die Verwaltung des Verbandes maßgeblich eingebunden; ihre fortgesetzte Zugehörigkeit entscheidet auch über die Existenz des Zusammenschlusses. Die Unpersönlichkeit der Kapitalgesellschaften, Vereine und Genossenschaften läßt die Rechtsbeziehungen zwischen den Gesellschaftern gegenüber denen zwischen Verband und Mitglied zurücktreten (wenn auch je nach Rechtsform und Realstruktur unterschiedlich stark). Demgegenüber sind die Gesellschafter einer GbR, oHG oder KG sehr intensiv miteinander verbunden. Dies findet seinen Niederschlag etwa in der Auslegung von Verbandssatzungen (dem Willen der Vertragspartner verhaftet oder nur anhand des Wortlautes und des Zwecks der Vereinbarung), in der Intensität der Treupflichten gegenüber den übrigen Beteiligten, der Anzahl der gewöhnlich zusammengeschlossenen Personen oder den üblichen Mehrheitsverhältnissen in der Gesellschafterversammlung (Einstimmigkeit oder Mehrheitsprinzip). 167 Jede Verbandsverfassung entsteht durch einen Vertrag unter allen Beteiligten. Zur Errichtung einer Gesellschaft entscheidet die Gesamtheit der Gründer einvernehmlich über den Organisationszweck und die zur Erreichung desselben notwendigen Regelungen. Unabhängig von der angestrebten Gesellschaftsform kommt es nur bei einem Konsens aller Initiatoren zu allseitig verbindlichen Vereinbarungen. Das Zustandekommen einer Satzung ist ein Akt individueller, der Inhalt des Statuts ein Akt kollektiver Selbstbestimmung, nicht aber die Folge von Fremdbestimmung und aufoktroyierter Geltung, vermittelt durch einen (wenn auch nur beliehenen) Träger von Hoheitsgewalt. Die notwendige Einigung durch übereinstimmende Willenserklärungen der Beteiligten und damit den rechtsgeschäftlichen Charakter der Errichtung des Verbandes gesteht auch die Normentheorie zu.168 Durchgesetzt hat sich darüber hinaus ebenso, daß die Satzungen der Körperschaften jedenfalls bis zur Eintragung des Verbandes vertragsrechtlicher Art sind. 169 Dieser Rechtscharakter wird durch die Entstehung der juristischen Person nicht in Frage gestellt. 170 Für die Annahme einer nunmehr abstrakt-generellen Regelung fehlt es sowohl an einer vom Staat besonders eingeräumten Satzungsautonomie im Sinne einer delegierten Rechtsetzungsbefugnis als auch an einem Subordinationsverhältnis
1 6 7 Ausführlich zu den unterschiedlichen Verbandsstrukturen von Körperschaften und Personalgesellschaften im folgenden zu C.V. 1 6 8 Siehe nur Lang/Weidmüller/Metz/Schaffland/Mete, GenG 33 , § 5, Rdn. 2; Lutterl Hommelhoff, GmbHG 14 , § 2, Rdn. 10; MünchKomm/Re«ier, BGB 3 , § 25, Rdn. 13; Stöber, VR 7 , Rdn. 4 1 ; Masloh, Gründergesellschaft, S. 34, 4 7 . 1 6 9 So die modifizierte Normentheorie, vgl. die Nachweise in Abschnitt B., Fn. 26. 1 7 0 Vgl. demgegenüber nur BGHZ 21, 3 7 0 (373): „Vereinsrechtlich vorgesehene Strafen ... sind keine Vertragsstrafen, da sie anders als die Vertragsstrafen nicht auf Vertrag, sondern auf der Unterwerfung der Mitglieder unter die Satzung beruhen... Denn sobald der nicht rechtsfähige Verein ins Leben getreten ist, gilt seine Satzung nicht mehr als Vertrag, sondern als seine Verfassung, der sich die Mitglieder unterworfen haben und die für sie kraft Korporationsrechts gilt."
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C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
zwischen dem Verband einerseits und den (ursprünglich) Beteiligten andererseits. 171 Insbesondere die Vereinsautonomie ist lediglich eine Konkretisierung der durch Art. 9 Abs. 1 GG gewährleisteten internen Selbstbestimmung als eines Bestandteils der gesellschaftsrechtlichen Vertragsfreiheit. Mit der Eintragung in das Handels-, Genossenschafts- oder Vereinsregister sollen die Verhältnisse der Gesellschaft im Interesse des Rechtsverkehrs publiziert, nicht aber eine einseitige Gestaltungsbefugnis für einen entstehenden Rechtsträger statuiert werden. Die Satzung und die durch sie gebildete Ordnung des Verbandes bleibt ebenso ein Akt der Privatautonomie, wie die Verbindlichkeit der Regelungen nur auf dem Einverständnis der jeweils Betroffenen beruht. 172 Dementsprechend erfolgen Änderungen des Statuts stets nach rechtsgeschäftlichen Regeln durch Willenserklärungen und Vertragsänderungen. 173 Darüber hinaus wird zutreffend festgestellt, daß das Mängelfolgesystem des allgemeinen Schuldrechts in hinreichendem Maße modifiziert werden kann, um den Besonderheiten einer Vergesellschaftung gegenüber reinen Austauschverträgen Rechnung zu tragen. 174 Auch gegenüber später hinzukommenden Gesellschaftern beruht die Geltung der Satzung allein auf einem Akt der Selbstbestimmung. Ein Anteilserwerber unterwirft sich nicht der Fremdbestimmung; der Gesellschaftsvertrag ist für den einzelnen nicht „kraft Korporationsrechts verbindlich", 175 sondern deshalb, weil er mittels seiner Willenserklärung die vertragliche Rechtsposition des Veräußernden im Verband übernimmt. Dies ruft nur scheinbar konstruktive Bedenken in vielgliedrigen Gesellschaften hervor. Da die Mitgliedschaft alle relevanten Rechtspositionen in sich vereint, werden diese mit der Anteilsverfügung (und zwar grundsätzlich nur mit ihr, wie dies die SS 717, 719 Abs. 1 BGB als allgemeine gesellschaftsrechtliche Lehren zeigen) transportiert. 176 Eine Selbstbestimmung stellt man vor allem für den Erben eines Gesellschaftsanteils in Frage. 177 Aber abgesehen vom Recht der Erbschaftsausschlagung (§§ 1942 ff. BGB), die eine Entscheidungsalternative begründet, rückt der Erbe kraft der Grundsätze der Gesamtrechtsnachfolge und des Von-selbst-Erwerbs vollständig in die vorher allein rechtsgeschäftlich begründete Position des Erblassers ein. Folgt man diesem rechtsgeschäftlichen Ansatz, sind Differenzierungen zwischen personalistisch und körperschaftlich organisierten Verbänden ebensowenig haltbar wie 171 Hadding, FS Fischer, S. 167. Für die von der Rechtsprechung (vgl. Abschnitt C., Fn. 155) befürwortete Einordnung als „Rechtsnorm kraft privater Rechtsetzung" fehlt es bereits an einer solchen Rechtskategorie. Die Rechtsquellenlehre kennt nur das Gesetz (im formellen und materiellen Sinn) sowie das Rechtsgeschäft als Grund subjektiver Rechte und Pflichten. 172 Dies gilt auch in den Fällen, in denen sich der einzelne unter einen durch die Mehrheit von Gesellschaftern gebildeten Gesamtwillen des Verbandes unterordnen muß: Hadding, FS Fischer, S. 176, 191. 173 Zum Streit um die rechtsdogmatische Einordnung von Beschlüssen KSchmidt, GR 3 , S. 4 4 2 ff. 174 Siehe nur Soergel/Hadding, BGB 12 , § 25, Rdn. 17, 23; Flume, BGB AT 1/2, S. 144. 175 So GroßKomm/Röhricht, AktG 4 , § 23, Rdn. 6. 176 Insoweit stellt Hachenburg/U/mer, GmbHG 8 , § 2, Rdn. 5 zu Recht fest, daß es zur Herbeiführung dieser Rechtswirkungen nicht eines Vertrages mit den übrigen Gesellschaftern oder dem Verband selbst bedürfe. Siehe zum Streit um den Übertragungsvorgang bei Mitgliedschaften den Text in Abschnitt C., zu Fn. 5 0 7 ff. 1 7 7 Siehe z.B. Wiedemann, FS Westermann, S. 589 f.
III. Die Abgrenzung nach Rechtsfähigkeit und Vermögensstruktur
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eine rechtsformiibergreifende Unterscheidung in Satzungs- und Vertragsgesellschaften, wenn man damit qualitative Unterschiede - Unterwerfung unter eine fremdbestimmte O r d n u n g im Unterschied zu einer Verbindlichkeit des Verbandsstatuts allein kraft vertraglicher Vereinbarungen aller Beteiligten - verbindet. 1 7 8
III. Die Abgrenzung nach Rechtsfähigkeit und Vermögensstruktur Die herkömmlichen Einzelmerkmale des Körperschaftsbegriffs, ehemals gewonnen aus einem Strukturvergleich der beiden Grundformen aller privatrechtlicher Zweckverbände, dem Verein und der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, taugen entweder seit jeher nicht zur Abgrenzung der unterschiedlichen Verbandsarten und zur Einordnung der Vorgesellschaften in dieses System (so die Merkmale der Dauer, auf die eine Gesellschaft angelegt ist, und der Anzahl der vertraglich zusammengeschlossenen Personen) oder sie sind aufgrund der fortentwickelten Dogmatik zu den Personalgesellschaften nicht mehr verbandstypisch (so die Kriterien des Gesamtnamens der Gesellschaft, der Verbände als überindividuelle Wirkungseinheiten oder als Bündelung und Koordinierung individueller Interessen sowie der Rechtsqualität des Gesellschaftsvertrages). 17 ' M a n sieht sich deshalb gezwungen, über diese „klassischen" Abgrenzungskriterien hinaus zumindest zusätzlich weitere Strukturunterschiede zwischen Personalgesellschaften u n d Körperschaften aufzufinden. Rechtsprechung und herrschende Lehre setzen infolge dessen zunehmend die Rechtsfähigkeit von Vereinigungen des Privatrechts und das durch den Zusammenschluß praktizierte Vermögensprinzip zur Abgrenzung der beiden Verbandstypen ein. Die dabei festgestellten Unterschiede zwischen personalistisch und korporativ verfaßten Zusammenschlüssen werden nicht nur zur verbandsrechtlichen Einordnung der Vorgesellschaften von Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Genossenschaften und Vereinen verwendet. Vielmehr zieht man diese Kriterien zunehmend auch zur Klärung der Rechtsverhältnisse beim Übergang des Gründerverbandes zur entstandenen juristischen Person im Zeitpunkt ihrer Eintragung heran.
1.
Die Rechtssubjektivität der Gründerverbände
Die herrschende Lehre erkennt eine konstitutive Wirkung der Registereintragung von Vorgesellschaften insoweit an, als dem Verband die Eigenschaft als juristische Person erst durch diesen Hoheitsakt verliehen werden soll. Die öffentliche Registrierung schaffe zwar keine neue Organisation - die bereits bestehende Vereinigung bekomme
178 Für eine rechtsformunabhängige Differenzierung insbesondere Reuter, S. 5 4 ff., 62. Siehe zusammenfassend Kesselmeier, GmbH-Satzung, S. 5 ff. 179 Siehe dazu ausführlich oben unter C.II.
Perpetuierung,
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C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
aber gemäß den SS 2 1 BGB, 4 1 Abs. 1 Satz 1, 1 Abs. 1 Satz 1 AktG, 13 Abs. 1 G m b H G , 17 Abs. 1, 13 GenG die volle Rechtsfähigkeit als zusätzliche Eigenschaft zugewiesen. Dementsprechend wird den Vorgesellschaften (ebenso, wie dies nach überwiegender Ansicht zumindest für Gesellschaften bürgerlichen Rechts formuliert wird) nur eine Teilrechtsfähigkeit zugebilligt. 180 Normen des Aktiengesetzes, des GmbH-Gesetzes, des Rechts der eingetragenen Genossenschaft und des eingetragenen Vereins sollen nur insoweit anwendbar sein, als diese nicht uneingeschränkt ein Rechtssubjekt voraussetzen oder auf dieser Eigenschaft beruhen. 1 8 1 Zur Begründung verweist man insbesondere auf das Gesetz. Es gehöre „zu den wenigen konkreten Aussagen der dürftigen gesetzlichen Regelung..., daß die Vorgesellschaft bis zur Eintragung nicht die ganze rechtliche Qualität einer GmbH hat, wozu vor allem die volle Rechtsfähigkeit als juristische Person gehört." 1 8 2 Daran gemessen müßte ein wesentlicher Unterschied zwischen den Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Genossenschaften und Vereinen einerseits und den Vorgesellschaften zu korporativ strukturierten Verbänden sowie den Personalgesellschaften andererseits bestehen. 1 8 3 Allerdings ist eine derartige Feststellung aus zweierlei Gründen überholt. Untersucht man die Rechtsstellung der Vorgesellschaften in materieller und formeller Hinsicht, so stellt man zum einen fest, daß keine Unterschiede hinsichtlich der Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein, mehr gemacht werden. Anerkanntermaßen kann die Vorgesellschaft Schuldnerin und Gläubigerin sein, 1 8 4 sie ist selbst Trägerin dinglicher Rechte 1 8 5 und des sonstigen Verbandsvermögens 186 sowie insgesamt Zuor1 8 0 Siehe nur BGHZ 72, 45 (48 f.); Hachenburg/Ulmer, GmbHG8, § 1, Rdn. 9; Hueck, FS 100 Jahre GmbHG, S. 158; Lieb, FS Stimpel, S. 403; Hüffer, AktG3, § 41, Rdn. 4; Kempermann, Gründungsgesellschaft, S. 81; Heberlein, GmbH vor Eintragung, S. 44 f.; Büttner, Identität und Kontinuität, S. 110 f., 113 f.; Rittner, werdende juristische Person, S. 321 ff.; zweifelnd Zöllner, FS Kraft, S. 705. 181 BGHZ 120, 103 (106); BGH, wistra 1992, S. 25; BGHZ 80, 212 (214); BGHZ 20, 281 (285); KölnKomm/Kw/f, AktG2, § 41, Rdn. 23; Geßler/HefermehVEckardt/Kropff/ficWdi, AktG, §29, Rdn. 7; Baumbach/Hueck/H«ea&:, GmbHG16, § 11, Rdn. 6; Lutter/Hommelhoff, GmbHG14, § 1 1 , Rdn. 2; Lang/Weidmüller/Metz/Schaffland/Mefc, GenG33, § 1 3 , Rdn. 4; Reidiett/v.LookJReichert, VR6, Rdn. 83; Feine, GmbH, S. 155; Steimel, Gründungs-GmbH, S. 22; Deutscher/Körner, wistra 1996, S. 9; Bittmann/Pikarski, wistra 1995, S. 91; Krebs/Klerx, JuS 1998, S. 992; Lutter, JuS 1998, S. 1074. 182 Hueck, FS 100 Jahre GmbHG, S. 153. Für einen „Mangel an Rechtsfähigkeit, der für den Gründerverband aus dem § 11 Abs. 1 GmbHG herauslesbar" sei, Kempermann, Gründungsgesellschaft, S. 47. 1 8 3 So ausdrücklich Horn, NJW 1964, S. 89 sowie etwa OLG Dresden, NZG 1998, S. 312. 1 8 4 BGHZ 117, 323 (326); Scholz/KSchmidt, GmbHG8, § 11, Rdn. 31; Lutter/Hommelhoff, GmbHG14, § 11, Rdn. 7; Hüffer, AktG1, § 41, Rdn. 4; Jäger, werdende GmbH, S. 73; Deutscherl Körner, wistra 1996, S. 9; a.A. noch Kempermann, Gründungsgesellschaft, S. 100. 1 8 5 BGHZ 117, 323 (326), BGHZ 45, 338 (347 f.); Scho\z! K.Schmidt, GmbHG8, §11, Rdn. 31; Jäger, werdende GmbH, S. 74; Deutscher/Körner, wistra 1996, S. 9; Fleck, ZGR 1975, S. 216; a.A. OLG Dresden, NZG 1998, S. 312. 186 Weilinger, GesRZ 1996, S. 158; Rittner, werdende juristische Person, S. 322; Schäfer, GmbHR 1993, S. 720; a.A. BGH, wistra 1992, S. 25; Kempermann, Gründungsgesellschaft, S. 81.
III. Die Abgrenzung nach Rechtsfähigkeit und Vermögensstruktur
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dungssubjekt der in ihrem N a m e n eingegangenen Rechtsverhältnisse, und sie kann Gesellschafterin in anderen Verbänden sein. 1 8 7 Der Gründerverband kann Kaufmann sein, ein Unternehmen betreiben und jedenfalls insoweit eine Firma führen; 1 8 8 die Vorgesellschaft ist konto-, 1 8 9 grundbuch-, 1 9 0 Wechsel- und scheckfähig, 1 9 1 passiv 1 9 2 und aktiv 1 9 3 parteifähig, konkurs- und vergleichsfähig 1 9 4 sowie beteiligtenfähig und beschwerdeberechtigt im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. 1 9 5 Des weiteren sind Gründerverbände steuerpflichtig, 1 9 6 sozialabgabepflichtig 1 9 7 und deliktsfähig. 1 9 8 Eine Ausnahme gilt lediglich für eine Eintragung in das Handels-, Genossenschafts- oder Vereinsregister: Die Vorgesellschaft als solche kann nicht eingetragen w e r d e n . 1 9 9 Dies ergibt sich in der Sache aus der Gründungsbezogenheit des Verbandes (bei Aufgabe der 1 8 7 BGHZ 117, 323 (326); BGHZ 80, 129 (132); Hüffer, AktG 3 , § 4 1 , Rdn. 10; MünchKomm/Reuter, BGB 3 , §§ 21, 22, Rdn. 67; Weimar, GmbHR 1988, S. 88; Raiser, Kapitalgesellschaften 2 , S. 2 8 4 ; Deutscher/Körner, wistra 1996, S. 9. 1 8 8 Siehe zum Namens- und Firmenrecht bereits oben die Nachweise unter C.II.2.; a.A. etwa Kempermann, Gründungsgesellschaft, S. 104 (sowie die Vertreter der Lehre einer unechten Vorgesellschaft im überkommenen Sinn, vgl. im Abschnitt C. Fn. 52). 1 8 ' OLG Naumburg, GmbHR 1998, S. 239; BGH, GmbHR 1998, S. 185; BGHZ 117, 323 (326); OLG München, GmbHR 1991, S. 63; BGHZ 45, 338 (347); Jäger, werdende GmbH, S. 73; Flume, FS Geßler, S. 31; Weilinger, GesRZ 1996, S. 158; Raiser, Kapitalgesellschaften2, S. 284. 1 9 0 BGH, GmbHR 1998, S. 185; BGHZ 117, 323 (326); BGHZ 45, 338 (348); KölnKomm/ Kraft, AktG 2 , § 4 1 , Rdn. 34; Scholz/K Schmidt, GmbHG 8 , § 1 1 , Rdn. 33; Lutter/Hommelhoff, GmbHG 1 4 , § 11, Rdn. 3; Flume, FS Geßler, S. 31; a.A. etwa Heberlein, GmbH vor Eintragung, S. 44 f. 1 9 1 BGH, GmbHR 1998, S. 185; BGHZ 117, 323 (326); Weimar, AG 1992, S. 70; Jäger, werdende GmbH, S. 74; a.A. Rittner, werdende juristische Person, S. 323. 1 9 2 OLG Köln, N Z G 1998, S. 181; OLG Hamm, W M 1985, S. 659; BGHZ 79, 239 (241); BayObLG, N J W 1965, S. 2 2 5 7 ; Ganßmüller, GmbHR 1953, S. 117; Heberlein, GmbH vor Eintragung, S. 38 f.; Flume, FS Geßler, S. 37; Kempermann, Gründungsgesellschaft, S. 82 f. 1 9 3 BGH, GmbHR 1998, S. 185; OLG Köln, N Z G 1998, S. 181; Hüffer, FS Stimpel, S. 182; Raiser, Kapitalgesellschaften2, S. 284; Jäger, werdende GmbH, S. 74; a.A. KölnKomm/Kra/f, AktG 2 , § 4 1 , Rdn. 36; Flume, FS Geßler, S. 37; Kempermann, Gründungsgesellschaft, S. 82. 194 Hüffer, AktG 3 , § 4 1 , Rdn. 10; Scho\z!K. Schmidt, GmbHG 8 , § 1 1 , Rdn. 35; Lutterl Hommelhoff, GmbHG 1 4 , § 11, Rdn. 3; Weimar, GmbHR 1988, S. 291; Jäger, werdende GmbH, S. 74. A.A. noch Baur, D R Z 1950, S. 9 f. (für die Vor-GmbH). 1 , 5 B G H Z 117, 323 (325); Hüffer, AktG 3 , § 4 1 , Rdn. 10; SchoUKSchmidt, GmbHG 8 , § 9c, Rdn. 36; Weilinger, GesRZ 1996, S. 158; Grünberg, GesRZ 1996, S. 24; a.A. OLG Köln, GmbHR 1987, S. 60; KölnKomm/Knj/i, AktG 2 , § 38, Rdn. 17; Hachenburg/U/mer, GmbHG 8 , § 9c, Rdn. 44. 1 9 6 BFH, N J W 1998, S. 2926 ff.; FG Hamburg, GmbHR 1989, S. 189; Tipke/Lang/MoKtag, StR 1 5 , § 1 6 , Rdn. 4 3 ; Tipke/Lang/Pe«er, StR 15 , § 1 1 , Rdn. 9; Hachenburg/U/mer, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 124 (.-Jäger, werdende GmbH, S. 75 f. 1 9 7 LAG Frankfurt a.M., GmbHR 1998, S. 784 f. 1 9 8 Vgl. die Nachweise in Abschnitt C., Fn. 756 sowie etwa Hachenburg/[7/mer, GmbHG 8 , § 1 1 , Rdn. 69. 1 9 9 BayObLG, NJW 1965, S. 2257; Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 47; Hachenburg/Heinrich, GmbHG 8 , § 4 , Rdn. 114; ScholzIKSchmidt, GmbHG 8 , § 1 1 , Rdn. 29; Lutter/ Hommelhoff, GmbHG 1 4 , § 11, Rdn. 3; M.Scholz, Gründungsstadium, S. 70; a.A. Ganßmüller, GmbHR 1953, S. 119.
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C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
Eintragungsabsicht wird die Gesellschaft nach einhelliger Ansicht in eine gesetzlich normierte Rechtsform umgewandelt) und formal aus den fehlenden Registervoraussetzungen. Diese Rechtsfähigkeit der Gründervereinigungen entspricht nicht nur dem Bedürfnis der Gesellschafter und des Rechtsverkehrs; sie wird zum Teil schon vom Gesetz zugrunde gelegt. So korreliert mit der Übernahme einer Einlageverpflichtung durch die Gründer stets ein Anspruch der Gesellschaft auf diese Leistung. Bei Kapitalgesellschaften muß ein Teil der Einlage bis zur Eintragung in das Vermögen des Verbandes und zur freien Verfügung der Geschäftsführung geleistet werden. Das setzt die rechtliche Möglichkeit voraus, die einzubringenden Sachwerte an den Gründerverband wirksam erbringen zu können: Die Vorgesellschaft muß deshalb bei Bareinlagen kontofähig, bei Sacheinlagen eigentums- und grundbuchfähig sein. 2 0 0 Bei einem eingebrachten Unternehmen, das nicht nur fortgesetzt werden kann, sondern grundsätzlich auch fortgesetzt werden muß (SS 4 8 Satz 1, 93 Abs. 1 Satz 1 AktG, 4 3 Abs. 1 und 2 GmbHG), ergibt sich eine Vielzahl von durchzuführenden Rechtsgeschäften, wie etwa die Ausstellung von Schecks und Wechseln, die Eingehung von Lieferverpflichtungen und Arbeitsverträgen oder der Erwerb von Betriebsvermögen. Darüber hinaus müssen in allen Verbänden Mitgliederversammlungen, vor allem zur Bestellung der Geschäftsführung, durchgeführt werden. Dies bedingt mittelbar die Anmietung von Räumen im Namen der Gesellschaft oder etwa die Beauftragung eines Dritten mit der Protokollierung der Verhandlungen (vgl. §§ 129 Abs. 1, 130 Abs. 1 Satz 1 AktG, 53 Abs. 2 Satz 1 GmbHG, 4 7 Abs. 1 Satz 1 GenG). Erkennt man die Vorgesellschaften heute zu Recht einschränkungslos als Rechtssubjekte an, kann man entgegen der herrschenden Lehre von den Gründerverbänden als Rechtsformen „sui generis" hinsichtlich der bereits vor Eintragung anwendbaren Normen des AktG, des GmbHG, des Rechts des eingetragenen Vereins oder des Rechts der eingetragenen Genossenschaft nicht nach dem Grad der Rechtsfähigkeit eines Personenzusammenschlusses differenzieren. 201 Zum anderen ist die Rechtsfähigkeit auch kein taugliches Abgrenzungskriterium zwischen juristischen Personen (verstanden als AG, GmbH, e.G. und e.V.) einerseits und Personalgesellschaften sowie nicht eingetragenen oder nicht konzessionierten Körperschaften andererseits und damit ohne Einfluß auf die verbandsrechtliche Einordnung der Vor-AG, Vor-GmbH, Vorgenossenschaft und des Vorvereins. 2 0 2 Dies ergibt sich einmal aus der Rechtsstellung der „nicht rechtsfähigen" ideellen oder wirtschaftlich tätigen Vereine (§ 5 4 Satz 1 BGB) sowie der nicht eingetragenen Genossenschaften (§ 13 GenG). Als unstreitig körperschaftlich organisierte Verbände 2 0 0 Vgl. nur OLG Naumburg, GmbHR 1998, S. 239; OLG München, GmbHR 1991, S. 63; BGHZ 45, 338 (347 f.); Weilinger, GesRZ 1996, S. 158. 2 0 1 So auch ScholzIKSchmidt, GmbHG8, § 11, Rdn. 27 f.; MiinchKomm/Keaier, BGB3, §§ 21, 22, Rdn. 67 f.; HdbGR III¡Gummen, § 16, Rdn. 5; Jäger, werdende GmbH, S. 76 f.; Weimar, GmbHR 1988, S. 291; ders., AG 1992, S. 70; Raiser, Kapitalgesellschaften2, S. 284 f. (allerdings nur vorläufig); John, Rechtsperson, S. 313; Weilinger, GesRZ 1996, S. 158 f.; Grünberg, GesRZ 1996, S. 23 f. 2 0 2 So vor allem auch SoergelIHadding, BGB12, vor § 21, Rdn. 17; Fabricius, FS Kastner, S. 102; Raiser, AcP 194, S. 504; Derwisch-Ottenberg, Vor-GmbH, S. 28 ff. sowie in der Sache auch K.Schmidt, GR3, S. 191 ff., 213 ff.
III. Die Abgrenzung nach Rechtsfähigkeit und Vermögensstruktur
93
sind sie expressis verbis nicht als juristische Personen ausgestaltet (§§ 21 f. BGB, 17 Abs. 1 GenG). Damit weist bereits das Gesetz darauf hin, daß sich die organisationsbezogene, positivrechtlich zum Ausdruck kommende Einteilung in Körperschaften und Personalgesellschaften nicht mit der Unterscheidung zwischen (als juristischen Personen) rechtsfähigen und nicht vollrechtsfähigen Verbänden deckt. Die Irrelevanz der Rechtsfähigkeit für die Bestimmung des Verbandstyps der Vorgesellschaften folgt außerdem aus einer wesentlichen Weiterentwicklung der Dogmatik zu den personalistisch strukturierten Vereinigungen. In Fortführung römischen Rechts wurden Gesellschaften bürgerlichen Rechts, offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften bis in die jüngere Zeit hinein auf ein Schuldverhältnis unter den Beteiligten ohne personenrechtliche Wirkungen auf die Gesellschafter oder gegenüber Dritten reduziert. Nach den Motiven zum BGB „bezweckt und erzeugt [der Gesellschaftsvertrag] nur ein obligatorisches Rechtsverhältnis unter den Kontrahenten... Im Verkehre mit Dritten kommt dem Gesellschaftsverhältnisse an sich keine Bedeutung zu. Der Verkehr vollzieht sich und die dadurch hervorgerufenen rechtlichen Beziehungen und Wirkungen bestimmen sich nach allgemeinen Grundsätzen, namentlich nach denjenigen über Stellvertretung und Vollmacht (§§ 640, 642). Es besteht kein geschlossenes Gesellschaftsvermögen: Den einzelnen Gesellschaftern steht dasjenige Vermögen, welches in Folge des Vertrages ihnen allen gemeinschaftlich geworden ist, zu bestimmten Antheilen zu, wenn auch die aus dem Gesellschaftsvertrage den Gesellschaftern gegeneinander zustehenden Forderungen prinzipiell für nicht übertragbar erklärt und die Gesellschafter gegen einander obligatorisch verpflichtet sind, sich bis zur Auseinandersetzung der Verfügung über den ihnen zustehenden Antheil an den gemeinsamen Gegenständen zu enthalten, und kein Gesellschafter berechtigt ist, vor der Auseinandersetzung die Theilung solcher Gegenstände zu verlangen (§§ 631, 641, 644, 645)." 203 Der zweite Entwurf zum BGB übernahm zwar das Prinzip der gesamten Hand; als Vermögensprinzip führte es in diesem Zusammenhang allerdings zu keiner wesentlichen Veränderung: „Sachlich bestehen zwischen beiden Systemen folgende Verschiedenheiten: Nach dem Entwurf ist die Gesellschaft grundsätzlich ein rein obligatorisches Verhältnis... Ein Gesellschaftsvermögen im eigentlichen Sinne gibt es nicht... Die Gestaltung des Verhältnisses nach dem Grundsatze der gesammten Hand hat neben den obligatorischen auch dingliche Wirkungen. Die in die Gemeinschaft gelangenden Vermögensstücke werden unmittelbar ihrem Zwecke dienstbar gemacht, indem aus ihnen ein selbständiges Gesellschaftsvermögen gebildet wird." 204 Nach der noch heute vor allem im Recht der Gesellschaften bürgerlichen Rechts vertretenen individualistischen Theorie kommt der Personalgesellschaft keine (Teil-) Rechtsfähigkeit zu. 205 Dementsprechend ist der Zusammenschluß als solcher nicht
203
Motive zum BGB, Bd. II, S. 591 sowie insgesamt die §§ 629 ff. des ersten Entwurfs zum BGB, abgedruckt bei Mugdan, Materialien zum BGB, Bd. II, S. CIV ff. 204 Vgl. die Protokolle zum BGB, Bd. II, S. 424 ff., 428 f.; Hervorhebung nicht im Original. 205 BGH, GmbHR 1998, S. 185; OLG Düsseldorf, DB 1997, S. 973; Staudinger/Ke/?/er, BGB12, Vorbem. zu § 705, Rdn. 64; RGRK/i/.Gamm, BGB12, vor § 705, Rdn. 4; Jauernig/Sförwer, BGB8, § 705, Rdn. 1; Palandt/Tfcomas, BGB57, § 705, Rdn. 2, 17; Medicus, SchR II8, Rdn. 481;
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C. Z u r Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
gegenüber seinen Mitgliedern (rechtlich) abstrahiert und erst recht nicht mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattet. Träger von verbandsbezogenen Rechten und Pflichten sind allein die einzelnen Gesellschafter, wenn auch in der besonderen F o r m einer Gesamthand. Im Zusammenhang mit der Gründung von Körperschaften spricht dies entscheidend gegen die Einordnung der Vorgesellschaften in das Recht der Personenverbände. Denn es entspricht nicht nur dem Willen der Beteiligten, sondern es wird auch vom Gesetz vorausgesetzt, daß Vorgesellschaften als solche zumindest partiell am Rechtsverkehr teilnehmen können. Um den (scheinbaren) Beschränkungen des Personalgesellschaftsrechts zu entgehen, verweist man die Gründerverbände in das R e c h t des nicht rechtsfähigen Vereins (dessen Rechtsfähigkeit in den §§ 5 0 Abs. 2, 7 3 5 Z P O , 2 1 3 K O , 1 0 8 V e r g l O zum Teil vom Gesetz anerkannt ist) bzw. in die Rechtsform einer Gesellschaft „sui generis", die, wesensgleich mit der angestrebten juristischen Person, jedenfalls insoweit dem Recht der Aktiengesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung, eingetragenen Genossenschaft und des eingetragenen Vereins untersteht und damit grundsätzlich als rechtsfähig anerkannt wird, soweit diese N o r m e n nicht umfassend eine eigene Rechtspersönlichkeit des Zusammenschlusses voraussetzen. 2 0 6 J e d o c h kam es bereits unter der Herrschaft der individualistischen T h e o r i e durch die Anerkennung auch organisationsrechtlicher Bestandteile der Personalgesellschaftsverträge zu einer Fortentwicklung der societas des römischen R e c h t s und der gemeinrechtlichen Sozietät. 2 0 7 Alle Zusammenschlüsse des Privatrechts dienen der Erreichung eines überindividuellen Z w e c k s . Dazu schaffen die Vertragspartner eine mit bestimmten Sachmitteln ausgestattete Organisation, mit der sie allein durch ihre Mitgliedschaft verbunden sind. Anders als bei synallagmatischen Verträgen tauschen die Vertragspartner keine Leistungen aus, sondern sie ordnen sich in eine neue Struktur (einen selbständigen Organismus) ein, der sie bestimmte, ehemals jedem Beteiligten selbst obliegende Angelegenheiten (zur gemeinsamen Erfüllung) übertragen haben. V e r b u n den ist dies mit einer gewolltermaßen umfassenden T r e n n u n g dieser (gemeinsamen) Belange des Verbandes von der Privatsphäre der Gesellschafter. Die auf die juristischen Personen beschränkte Ansicht des Gesetzgebers, daß „die Rechtsfigur ... unentbehrlich [ist, da] neben den Sonderzwecken, welche der Einzelne seinen jeweiligen Bedürfnissen g e m ä ß mit den ihm zu G e b o t e stehenden M i t t e l n verfolgt, [andere Z w e c k e ] liegen, ... deren Verwirklichung nur dadurch sichergestellt werden kann, daß ihnen ein selbständiger, der Herrschaft des Einzelnen entrückter Vermögensbereich
unmittelbar
dienstbar gemacht w i r d " , 2 0 8 ist schlicht überholt. Führt aber jede Vergesellschaftung zu einer Abstrahierung der Verbandsverhältnisse gegenüber den Angelegenheiten der Mitglieder, kann die Kategorie der „juristischen Hopt/HehWollrath, GR 4 , Rdn. 176 ff., 215; Hueck, GR", S. 61; ders., FS Zöllner, S. 275 ff.; Nicknig, GbR, S. 6; Wolf, GbR, S. 24; Zöllner, FS Gernhuber, S. 576 f.; ders., FS Kraft, S. 7 0 4 ff.; Cordes, J Z 1 9 9 8 , S. 5 5 1 ; Bemdt/Boin,
N J W 1 9 9 8 , S. 2 8 5 5 ff.; für das Prozeßrecht
Müther, MDR 1998, S. 625 ff. 2 0 6 Siehe zu dieser maßgeblichen Ursache aller Sonderrechtslehren nur Raiser, schaften 2 , S. 2 8 2 .
Kapitalgesell-
2 0 7 Siehe dazu bereits umfassend oben unter C . I I . l . sowie in jüngster Zeit vom Boden der individualistischen Theorie aus Hueck, FS Zöllner, S. 2 7 8 .
208
Motive zum BGB, Bd. I, S. 78.
III. Die Abgrenzung nach Rechtsfähigkeit und Vermögensstruktur
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Person" (und die bislang gedanklich damit verknüpfte „volle Rechtsfähigkeit") nicht mehr als alleiniges Synonym dafür stehen, daß die im Zusammenhang mit der Vergesellschaftung eingegangenen Rechte und Pflichten nicht den Mitgliedern, sondern dem Zusammenschluß selbst als Zuordnungssubjekt zustehen. Im Hinblick auf den geschaffenen Organismus scheiden die dem Gemeinschaftszweck gewidmeten Rechte und die zu seiner Erreichung (in seinem Namen) eingegangenen Verpflichtungen aus der Zuständigkeit des einzelnen aus und werden mit der von den einzelnen Mitgliedern losgelösten Organisation unmittelbar verknüpft. Was für die Interessendurchsetzung des einzelnen Gesellschafters bzw. einen angemessenen (gerechten) Ausgleich widerstreitender Interessen nützlich ist, bestimmt sich allerdings dann auch nach der Organisationsform einer Zweckgemeinschaft (dies betrifft den Umfang und die Intensität der Individualverpflichtungen, Sozialansprüche und Sozialverbindlichkeiten des Gesellschaftsvertrages). Dementsprechend wird die Zubilligung von Rechtssubjektivität an Verbände zunehmend von Zweckmäßigkeitserwägungen geleitet. Bei jeder Einzelberechtigung oder -Verpflichtung ist konkret zu prüfen, ob die in Frage stehende Rechtsposition einer Personenmehrheit als solcher zustehen kann oder aber dies der Sache nach ausgeschlossen ist (ein Personenzusammenschluß kann nicht heiraten), unauflösbar mit anderen Rechtsgrundsätzen kollidiert (so möglicherweise das formelle Recht für Personalgesellschaften) 209 bzw. in nicht hinnehmbarer Weise fremde, schützenswerte Interessen vernachlässigt oder gar verletzt. Dies hat weitreichende, bisher nicht immer berücksichtigte Konsequenzen. Vor allem muß die Frage der Rechtsfähigkeit von Personenzusammenschlüssen von deren Haftungsstatut und dem im Zusammenschluß geltenden Vermögensprinzip getrennt werden. Jeder Verband ist ein potentieller Rechtsträger dann, wenn er eine organisatorisch abgesicherte Verselbständigung gegenüber seinen Mitgliedern aufweist. 210 Dies ist schon deshalb notwendige, aber auch hinreichende Voraussetzung für eine rechtliche Verselbständigung des Zusammenschlusses, weil es dem „sachlichen Substrat" natürlicher Personen entspricht. 211 Die Begriffe „Körperschaft" 212 und „Personalgesellschaft" bezeichnen diesbezüglich nur 209 In diesem Sinne etwa K.Schmidt, GR 3 , S. 2 1 4 ; siehe aber zur hier vertretenen Lösung (keine Einschränkungen, sondern nur eine besondere Bezeichnung des Zusammenschlusses notwendig) sofort im Anschluß. Dies ist der entscheidende und überaus relevante Ansatz von Büttner, Identität und Kontinuität, S. 1 1 3 f., auch wenn er dort aufgrund der tradierten Auffassung zu den Personalgesellschaften noch auf Körperschaften beschränkt wird. Zur notwendigen Trennung von Vermögensprinzip und Organisationsverfassung siehe auch Bäk, FS Zöllner, S. 3 5 ff. 211 Die wesentliche Bedeutung liegt damit im Normativsystem. A.A. K-Schmidt, BB 1 9 8 3 , S. 1 6 9 7 : „...bei Rechtssubjekten, die keine natürlichen Personen sind, [muß] die natürliche Beglaubigung durch eine künstliche ersetzt werden. Hier liegt der gute Sinn des - heute zu Unrecht mit dem System der Normativbestimmungen gleichgesetzten - Registrierungssystems." Allerdings scheitert diese Ansicht gerade im Hinblick auf die nicht besonders registrierte GbR (¡(.Schmidt spricht von einer Rechtssubjektivität ohne Publizität). 212 Der Begriff „juristische Person" steht nicht für ein Vermögensprinzip (vgl. zu dieser herkömmlichen Auffassung nur Hueck, G R 1 ' , S. 2 4 ) , da juristische Personen ebenso wie natürliche Personen Alleineigentum sowie allgemein Alleinberechtigung über die ihnen zugeordneten Gegenstände haben. Der Begriff „juristische Person" steht vielmehr allein für eine bestimmte Art von Körperschaften; siehe dazu sogleich im folgenden zu C.III. 1.
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C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
eine bestimmte Art verbandlicher Organisationsverfassungen; nämlich den Abstraktionsgrad, in dem die Gemeinschaft von der Persönlichkeit ihrer Mitglieder losgelöst ist. 213 Die Vermögensverfassung eines Verbandes hat dagegen keinen Einfluß auf die Rechtssubjektivität einer Gesellschaftsform. Dies folgt schon aus der Tatsache, daß nicht jeder Rechtsform ein bestimmtes Vermögensstatut zwingend zugewiesen ist. So können die an einer Personengesellschaft Beteiligten auf das Gesamthandsprinzip verzichten und das Vermögensstatut der juristischen Personen (dies bedeutet die vollständige Verselbständigung der Gesellschaft gegenüber ihren Mitgliedern, die auch die vermögensrechtlichen Belange der die Vergesellschaftung betreffenden Angelegenheiten erfaßt) wählen 214 oder, wie dies allgemein anerkannt wird, das Gesamthandsprinzip durch die Bruchteilsberechtigung der § § 7 4 1 ff. B G B ersetzen. 215 Damit stellt das Gesamthandsprinzip entgegen weitverbreiteter Ansicht 216 keine Technik zur Verselbständigung einer zweckgebundenen Organisation dar (dies ist dem personenrechtlichen Organisationsakt des Gesellschaftsvertrages vorbehalten), sondern es erschöpft sich in einer Sondervermögensordnung, die kraft des Gesellschaftsvertrages in der Regel ( S S 7 1 7 - 7 2 0 , 7 3 6 , 738 BGB, 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB) bei Gesellschaften bürgerlichen Rechts, offenen Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften gilt. Die Frage nach der Rechtsfähigkeit von Gesamthänden ist demnach bereits im Ansatz verfehlt; eine mögliche (rechtliche) Verselbständigung setzt nicht an einem Vermögensprinzip, sondern an der organisatorischen Verfassung eines Personenzusammenschlusses an. Diese auch rechtliche Verselbständigung des Verbandes gegenüber seinen Mitgliedern gilt jedenfalls für Personalhandelsgesellschaften, was aufgrund der gesetzlichen Anordnungen der S S 124 Abs. 1, 161 Abs. 2 H G B nahezu einhellig gebilligt wird. 217 Aber auch die G b R wird heute überwiegend als Rechtssubjekt anerkannt. Für die Vertreter der Theorie von der kollektiven Einheit personalistisch strukturierter Verbände
Siehe dazu bereits ausführlich die Einleitung zu C.II, (beginnend mit Fn. 60). Siehe ausführlich zum Inhalt des Gesamthandsprinzips nach der hier vertretenen Auffassung und zur Abdingbarkeit der dieses Prinzip tragenden gesetzlichen Regelungen im Anschluß an die Rechtsfähigkeit unter C.III.2. 2 1 5 Baumbach/Hopi, HGB 2 ', § 124, Rdn. 5; M ü n c h K o m m / U W , BGB3, § 705, Rdn. 10 f.; 213
214
SoergeMaddittg, BGB", § 718, Rdn. 9; Er mznj West ermann, BGB', § 718, Rdn. 2; Hueck, GR19, S. 19 ff. 2 1 6 Siehe nur den Titel eines Aufsatzes von Hüffer in FS Stimpel, S. 165: „Die Gesamthandsgesellschaft in Prozeß, Zwangsvollstreckung und Konkurs" sowie Zöllner, FS Gernhuber, S. 572: „Richtig sind die Gedankengänge der neueren Lehre, mit denen die Verselbständigung des Gesellschaftsvermögens gegenüber seinen Rechtsträgern herausgestellt wird, in der Tendenz." Auch nach Ulmer, AcP 198, S. 122 steht „die gesamthänderische Prägung der Personengesellschaft ihrer Einbeziehung in die Kategorie der juristischen Person de lege lata entgegen." 217 GioßKomm/Habersack, HGB 4 , § 124, Rdn. 11; Heidelberger Komm¡Stuhlfelner, HGB 4 , § 124, Rdn. 1; Schlegelberger/KScfcm/áí, HGB 5 , § 124, Rdn. 1; Heymann/Emmerich, HGB 2 , § 124, Rdn. 4; Timm, NJW 1995, S. 3210. A.A. anscheinend Baumbach/Hopf, HGB 2 ', Einl. vor § 105, Rdn. 1, § 124, Rdn. 1: „Nicht rechtsfähige Gesellschaften sind die GbR §§ 705-740 BGB; OHG §§ 105-160; KG §§ 166-177a; stGes §§ 230-237; Reederei §§ 489-508; nicht rechtsfähiger Verein § 54 BGB... Träger der namens der OHG begründeten Rechte und Pflichten ist nicht ein von den Gesellschaftern verschiedenes Rechtssubjekt, sondern die gesamthänderisch verbundenen Gesellschafter..."
III. Die Abgrenzung nach Rechtsfähigkeit und Vermögensstruktur
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(Doppelverpflichtungslehre 218 und Akzessorietätstheorie) 219 sind Gesellschaften des bürgerlichen Rechts in einem bestimmten Umfang zumindest teilrechtsfähig, ihnen selbst können Rechte und Pflichten zugeordnet sein. Den Gläubigern wird damit der Zugriff auf zwei Haftungsmassen verschiedener Rechtsträger ermöglicht: zum einen auf das Gesellschaftsvermögen (Gesamthandsschulden) und zum anderen auf das Privatvermögen der Gesellschafter (Gesamtschulden). Die Rechtspersönlichkeit der GbR läßt sich neben den allgemeinen Überlegungen zur Verbandsstruktur nicht nur auf die Tatsache stützen, daß diese Rechtsform das gesetzliche Grundmodell der Personalhandelsgesellschaften ( S S 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB) darstellt. Die Argumentation kann auch an der in den S S 718-720 BGB getroffenen Unterscheidung von Gesamthandsund Gesellschaftervermögen und von Gesamthands- und Gesellschafterschulden anknüpfen. 2 2 0 Darüber hinaus lassen sich einige gesetzliche Regeln verständlicher mit den kollektivistischen Theorien erklären, so etwa das Aufrechnungsverbot des S 719 Abs. 2 BGB oder die allseits erwünschte Prämisse, daß ein Vertragspartner als Gläubiger durch einen Mitgliederwechsel in der Gesellschaft nicht gefährdet werden darf. Lehnte man eine Verpflichtungsfähigkeit der GbR ab, würde die Zugriffsmöglichkeit auf das Gesellschaftsvermögen gemäß S 736 ZPO verloren gehen, wenn der Beitretende eine Schuldübernahme ablehnt. Ist der Verband dagegen selbst Schuldner, so besteht die Schuld unabhängig vom aktuellen Mitgliederbestand. Die Diskussion um die Rechtssubjektivität der Personalgesellschaften kann dabei nicht stehenbleiben. Die insbesondere für die Gesellschaften bürgerlichen Rechts verwendeten Begriffe wie „beschränkte Rechtsfähigkeit", „Teilrechtsfähigkeit" oder „die an die juristischen Personen angenäherte Rechtsfähigkeit" 221 sind für die Frage, in welchem Umfang Personalgesellschaften rechtsfähig sind, nichtssagend, da sie eben keine Aussage dazu treffen, welche konkreten Rechtspositionen der Verband einnehmen kann und welche nicht. 222 Im Hinblick auf die für Vorgesellschaften anwendbaren oder nicht anwendbaren Normen des Aktiengesetzes, GmbH-Gesetzes, des Rechts der eingetragenen Genossenschaft oder des eingetragenen Vereins bleibt auch völlig offen, nach welchen Kriterien eingeschätzt werden sollte, wann eine Regelung einen umfas218
BGH, NJW 1998, S. 376; BGH, NJW 1997, S. 2755; BGHZ 116, 86 (88); BGHZ 72, 267 (271); Teichmann, AcP 179, S. 480; MünchKomm/U/mer, BGB3, § 705, Rdn. 130 f.; Soergel/ Hadding, BGB11 § 714, Rdn. 3; Errnzn/Westermann, BGB', vor § 705, Rdn. 14 f.; Grunewald, GR 2 , S. 51 ff.; Hüffer, GR4, S. 46, 96; Kühler, GR4, S. 53; Habersack, JuS 1993, S. 3; Eisenhardt, GR 7 , S. 44; Heckelmann, FS Quack, S. 247. 219 Flume, BGB AT 1/1, S. 325 ff., 339 ff.; KSchmidt, FS Fleck, S. 285, 288; Schwark, FS Heinsius, S. 769; Wedemann, FS Kellermann, S. 542; ders., WM 1994, Beil. 4, S. 15, 17; Timm, NJW 1995, S. 3215 ff.; Altmeppen, NJW 1996, S. 1018. Gegen diese jüngst Hommelhoff, ZIP 1998, S. 8 ff. 220 Siehe auch § 733 Abs. 1 Satz 1 BGB: „gemeinschaftliche Schulden". 221 Heymann/Emmerich, HGB 2 , § 124, Rdn. 2; MünchKomm/U/mer, BGB3, § 70S, Rdn. 131; ders., AcP 198, S. 121; EimanlWestermann, BGB', vor § 705, Rdn. 15; Prutting, ZIP 1997, S. 1727; vgl. für die Vorgesellschaften nur Krebs/Klerx, JuS 1998, S. 992. 222 In diesem Sinne auch Flume, FS Geßler, S. 16, 27; Raiser, AcP 194, S. 504; Timm, NJW 1995, S. 3211; Horn, NJW 1964, S. 90; Steimel, Gründungs-GmbH, S. 49 f.; Fabricius, FS Kastner, S. 105; Grottke, Vorgründungsgesellschaft, S. 61 f.; a.A. etwa Rittner, FS Meier-Hayoz, S. 338 ff.
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C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
send rechtsfähigen oder aber einen nur beschränkt rechtsfähigen Adressaten voraussetzt. Doch gibt es schon keine Norm, für die die Rechtsfähigkeit insgesamt oder zum Teil entbehrlich wäre. Normen gebieten, verbieten, erlauben oder sanktionieren ein Verhalten; dies setzt stets einen Berechtigten oder Verpflichteten, eben ein „Rechtssubjekt" voraus. „Rechtsfähigkeit", „Rechtssubjektivität", „Rechtszuständigkeit", „Rechtsträgerschaft" und „Rechtspersönlichkeit" als synonyme Begriffe stehen für die Möglichkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein. 223 Sie bezeichnen deshalb nicht selbst eine rechtliche Eigenschaft einer Person, sondern sie sind nur eine (mengenmäßige) Beschreibung eines ganzen Bündels verschiedener Eigenschaften bzw. möglicher Einzelzuordnungen, so z.B. die Grundrechtsfähigkeit, die Erbfähigkeit, die Deliktsfähigkeit, die Wechselrechtsfähigkeit oder die Fähigkeit, Eigentümer zu sein. 224 Die Rechtsfähigkeit vermittelt dabei, bezogen auf Personenzusammenschlüsse, nur diejenigen Rechte und Pflichten, die nicht die menschliche Natur voraussetzen. 225 Aber ebenso, wie bestimmte Positionen per se natürlichen Personen vorbehalten sind (z.B. das aktive und passive Wahlrecht, Familienrechte oder die Möglichkeit, Prokurist zu werden), vermögen umgekehrt auch natürliche Personen nicht alle Rechtspositionen, die Verbänden zustehen können, einzunehmen (vgl. etwa das Recht, ein Versicherungsunternehmen zu betreiben). So betrachtet sind alle Rechtssubjekte nur in einem bestimmtem, gesetzlich angeordneten oder anerkannten Umfang, also relativ, nie aber absolut (im Sinne der Vereinigung aller nur denkbarer Rechtspositionen) rechtsfähig. 226 Legt man diese Definition der Rechtsfähigkeit zugrunde, verbietet es sich schon von selbst, für „die" (Voll-)Rechtsfähigkeit einen Mindestbestand an Zuweisungen oder Gewährleistungen zu verlangen. Läßt sie sich nicht an einer bestimmbaren Obergrenze messen, kann man die Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein, nicht nach Quantität einteilen. 227 Unterschiede zwischen Personalgesellschaften (sowie nicht registrierten oder konzessionierten Körperschaften) und den vom Gesetz als juristischen Personen bezeichneten Verbänden lassen sich auch hinsichtlich des Umfang der Rechtsfähigkeit sachlich nicht feststellen. Dies gilt einmal für die offenen Handelsgesellschaften und die Kommanditgesellschaften: Der nahezu identische Wortlaut der §§ 124 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB einerseits und der §§ 13 Abs. 1 GmbHG, 17 Abs. 1 GenG verbietet es, bestimm223 Zu Recht hält Zöllner in FS Gernhuber, S. 569, die oftmals getroffene Aussage, Personengesellschaften seien rechtsfähig, hätten selbst aber keine Rechtspersönlichkeit, für perplex. 224 Jäger, werdende GmbH, S. 77; Timm, NJW 1995, S. 3211. 225 So zu Recht für die juristischen Personen etwa Baumbach/Hueck/H«ec, GmbHG 1 , § 1 1 , Rdn. 37; Schultze-v.Lasaulx, FS Olivecrona, S. 596 f.; Fabricius, FS Kastner, S. 98; Gaerths, Gründungsgesellschaft, S. 34. 291 Weilinger, GesRZ 1996, S. 230. Widersprüchlich K.Schmidt, der einerseits die Vorgesellschaften als ein Entwicklungsstadium eines (gesetzlich vorgesehenen) Verbandes begreift (so in Scholz, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 36, 132), andererseits aber die Anerkennung der Vorgesellschaften
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C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
man die Identitätstheorie als Erklärungmodell für das Verhältnis von Vorgesellschaft und juristischer Person anerkennt. 292 Rechtsprechung und überwiegende Lehre, die dies ablehnen, leiten deshalb eine Erweiterung der anerkannten Rechtsformen aus dem Gesetz selbst her. Wenn, so argumentiert man, das kodifizierte Gründungsrecht eingetragene Körperschaften und damit das Gründungsstadium als zwingend notwendiges Durchgangsstadium zur juristischen Person anerkenne, könne es der werdenden Körperschaft als eigenständiger (eben nur noch nicht eingetragener und damit sanktionierter) Verbandsform nicht die Anerkennung versagen. 293 Dies stellt allerdings eine petitio principii dar, denn es ist gerade die Frage, ob das geltende Recht Vorgesellschaften als korporativ organisierte Zweckverbände ebenso wie eingetragene Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Genossenschaften und Vereine anerkennt. 294 Auch der Hinweis auf den nicht eingetragenen Verein und die nicht eingetragene Genossenschaft dient nicht zur Begründung einer Rechtsformerweiterung. Denn eine nicht eingetragene AG oder eine nicht eingetragene GmbH ist dem Gesetz unbekannt. Mit der Unterscheidung zwischen eingetragenen und nicht eingetragenen Körperschaften zeigt der Gesetzgeber gerade, daß er auch im Vereins- und Genossenschaftsrecht hinsichtlich des jeweils anwendbaren Normbestandes differenzieren will. Darüber hinaus ist nunmehr allgemein anerkannt, daß Gründergesellschaften etwas anderes als die Eintragung nicht anstrebende Körperschaften sind. 295 Eine Erweiterung des numerus clausus von Gesellschaftsformen durch die Vorgesellschaften ist aber gerechtfertigt, wenn die Systematik und der Sinn und Zweck des Gründungsrechts eine ausdrücklich nicht geregelte Rechtsform bedingen; dies gilt vor allem, wenn der vorhandene Bestand an Rechtsformen den Willen der Gründer und involvierte Drittinteressen nur unzureichend berücksichtigt. Eine Rechtsfortbildung, wie sie von der Rechtsprechung und herrschenden Lehre vorgenommen wird, ist methodisch nicht nur zur Auffüllung von Lücken (verstanden als Nichtregelung einzelner Sachverhalte dort, wo nach dem Zusammenhang und der Absicht der Gesamtregelung eine Aussage erwartet wird) eines unvollkommenen Normengefüges, sondern auch zum Abbau von Wertungswidersprüchen durch Veränderung oder Neuschöpfung eines gesamten Normenkomplexes anerkannt. Dies gilt selbst dann, wenn ein Gründerverband vorab ein vollkaufmännisches Gewerbe betreibt. Mit der Einordnung der Vorgesellschaften in eine gesetzlich nicht geregelte Rechtsform wird das berechtigte Schutzbedürfnis des Rechtsverkehrs nicht etwa negiert. Dem mit dem Typenzwang beabsichtigten Verkehrsschutz trägt auch die herrschende Lehre Rechnung, indem sie die
als Verbände „sui generis" als eine Korrektur des numerus clausus ansieht (so im GR 3 , S. 103; in FS für Zöllner, S. 524, geht er von keiner „Erweiterung des gesetzlichen numerus clausus" aus). Uneinheitlich z.B. auch Hachenburg/He/Mncfc, GmbHG 8 , § 4 , Rdn. 114: „Eine Eintragung der Vorgesellschaft als solcher und ihrer Firma [kommt] nicht in Betracht. Für die Eintragung gilt der numerus clausus der Handelsgesellschaften..." (Hervorhebung nicht im Original). 292 Siehe dazu ausführlich im folgenden unter D.I.2.b.aa. und D.I.2.b.bb. 293 Hachenburg/U/mer, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 8; Hueck, FS 100 Jahre GmbHG, S. 146 f.; Bär, FG Kummer, S. 90. 294 So zu Recht Schultze-v.Lasaulx, FS Olivecrona, S. 598. 295
S i e h e d i e N a c h w e i s e in A b s c h n i t t C . , F n .
46.
IV. Die generell begründete körperschaftliche Struktur der Vorgesellschaften
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Gründer nunmehr persönlich und unbeschränkt für die Verbindlichkeiten des Gründerverbandes haften läßt. Umgekehrt folgt eine körperschaftliche Organisation von Vorgesellschaften oder ihre Klassifizierung als Verbände „sui generis" nicht zwingend aus dem Wesen des Gründungsstadiums, so daß man einen davon abweichenden Willen der Gründer für unbeachtlich erklären könnte. 296 Dazu fehlt es nicht nur an einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung. Auch nach den Bestimmungen des Vereins-, GmbH-, Aktien- und Genossenschaftsrechts sind nicht nur korporativ strukturierte Vorgesellschaften dergestalt zulässig, daß vereinbarungsgemäß personalistisch strukturierte Gründerverbände dem Verdikt anfänglicher Rechtsformverfehlung297 mit der Folge einer Zuweisung der „richtigen" (am Verbandszweck der Körperschaftsgründung orientierten), aber nicht gewollten Rechtsform unterfallen. Das Gründungsrecht der verschiedenen Rechtsformen verlangt mit dem Abschluß der Satzung lediglich die Schaffung einer Handlungsorganisation, um die gründungsnotwendigen Geschäfte vornehmen zu können, bei Kapitalgesellschaften eine teilweise Einziehung der Einlagen und die Abgabe notwendiger Erklärungen bei Registeranmeldung der Vereinigung. 298 An keiner Stelle wird der Zusammenschluß vor Eintragung festgelegt auf das Mehrheitsprinzip, die Fremdorganschaft, mögliche Veränderungen im Mitgliederbestand bei einer fortbestehenden Vorgesellschaft, eine auf das Verbandsvermögen begrenzte Haftung der Mitglieder oder die Auslegung der Satzung losgelöst vom erkennbaren Willen der ursprünglichen Vertragspartner. Im Gegenteil projiziert die herrschende Lehre eine partielle Rechtsformverfehlung hinein in das Recht der Personalgesellschaften: Selbst wenn die Gründer den Ausschluß der eigenen Haftung mit Errichtung der Körperschaft erreichen wollen, müssen sie, beschränkt man sich auf das Ergebnis, unbeschränkt für die Verbindlichkeiten der Vorgesellschaft einstehen. Angesichts überwiegender Schutzinteressen des Rechtsverkehrs erklärt die aktuelle Rechtsprechung und ganz überwiegende Meinung einen entgegenstehenden Willen insoweit zu Recht für unbeachtlich und unterstellt den Gründungsverband im Ergebnis (das Privatvermögen der Gesellschafter steht grundsätzlich der Gläubigerbefriedigung zur Verfügung) dem Haftungsstatut der Personalgesellschaften. 299 Die entscheidende, bisher vernachlässigte Frage ist dann aber, ob das sich so ergebende Mischsystem aus persönlicher Gesellschafterhaftung und nach herrschender Lehre ansonsten weitgehend korporativ strukturierter Vorgesellschaft (gemessen an den Belangen der Gründer) noch interessengerecht ist oder ob nicht das aufgezwungene Haftungsstatut in dieser Verbindung zur Schlechterstellung der Gründer gegenüber einer umfassenden Anwendung entweder des Körperschaftsrechts oder des Rechts der GbR, oHG und KG dergestalt führt, daß die Vertragspartner in Kennt296
So aber insbesondere Roweddei/Rittner/Schmidt-Leithoff,,
demann, GR I, S. 146; Ulmer, FS Ballerstedt, S. 282 f. 297
GmbHG 3 , S i l , Rdn. 19; Wie-
Siehe zu dieser Ausprägung des Rechtsformzwangs Wiedemann,
Jahnke, ZHR 146, S. 598; USchmidt, GR3, S. 107 ff.
FS Westermann, S. 5 9 6 ff.;
Genauer dazu im folgenden unter C.V. Jedenfalls soweit man den Unterschied zwischen Personengesellschaften und Körperschaften auf die persönliche Einstandspflicht für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft (ohne die Frage der Ausgestaltung einer solchen Haftung) oder aber den grundsätzlichen Ausschluß einer derartigen Verantwortlichkeit reduziert. 298
299
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C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
nis der Rechtslage eher personalistische Organisationsstrukturen gewählt hätten (ohne daß dabei notwendigerweise der Schutz des Rechtsverkehrs vernachlässigt wird). 300 Damit steht zwar fest, daß der Wille der Vertragspartner über den Verbandstyp und die konkrete organisatorische, personelle und vermögensrechtliche Ausstattung der Vorgesellschaften entscheidet, noch nicht aber sein Inhalt. Dieser kann entgegen der eingangs nachgewiesenen Ansicht nicht allein anhand der mit Eintragung angestrebten Verbandsform ermittelt werden. 301 Denn die Absicht, ab einem späteren Zeitpunkt in korporativer Weise verfaßt zu sein, bestimmt nicht notwendigerweise den Willen der Gründer bezüglich der Organisationsverfassung im Gründungsstadium. Die Rechtslage ist insoweit nicht anders als im Vorgründungsstadium. Obwohl auch dort die Absicht der Gründer, eine Körperschaft zu gründen, offen zu Tage liegt, schließt daraus niemand auf einen korporativen Charakter der Vorgründungsgesellschaft. Es ist nicht per se ausgeschlossen, daß die Beteiligten bis zur Eintragung des Vereins, der Aktiengesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder Genossenschaft mit dem bereits bestehenden Zusammenschluß personalistische Strukturen praktizieren wollen. Dieser fehlende Zusammenhang läßt sich leicht exemplifizieren. Wenn die Gründer eine bestimmte Rechtsform anstreben, im Falle unüberwindbarer Schwierigkeiten aber Alternativen bewußt ins Kalkül ziehen oder gar mehrere Alternativen gleichwertig nebeneinander verfolgen, so ließe sich nicht festlegen, welche Verbandsform für das Gründungsstadium maßgeblich sein soll. In dieser Situation ist die Vorgesellschaft Vorform der einen oder der anderen, später entstandenen Gesellschaft, ohne daß die Entwicklung von vornherein feststeht. Es widerspräche aber der Rechtssicherheit, überließe man die Festlegung der Rechtsform und des konkret anwendbaren Normengefüges einer rückwirkenden Bestimmung. 302 Führt die Eintragungsabsicht nicht zwangsläufig zu dem Willen, den Verband bereits im Gründungsstadium korporativ zu organisieren, so ist für die Verbandsverfassung allein der Wille der Beteiligten, der sich auf das Gründungsstadium selbst bezieht, maßgeblich. 303 Diesen kann man nicht pauschal, sondern nur anhand konkret vereinbarter oder aber tatsächlich praktizierter Strukturmerkmale (die wiederum in ihrer Summe eine Rechtsform ausmachen) feststellen. Insbesondere ist es nicht haltbar anzunehmen, daß eine korporative Organisation stets günstiger für die Gründer ist. Denn vor allem in Verbindung mit der körperschaftsuntypischen Haftungsverfassung der 300 Zu dieser entscheidenden Korrelation von Verantwortlichkeit des einzelnen und Organisationsverfassung des Ganzen siehe ausführlich unter C.V.l. 301 So zu Recht schon Wacker, Vorgesellschaften, S. 69, 74; Gaerths, Gründungsgesellschaft, S. 23; Steimel, Gründungs-GmbH, S. 49 f. sowie die in Abschnitt C., Fn. 455, nachgewiesene neuere Literatur, die jedenfalls die Bestimmung der Haftungsverfassung der Vorgesellschaften ausdrücklich nicht aus der Eintragungsabsicht herleitet (vgl. nur Michalski/Barth, N Z G 1998, S. 529). Für die übrigen Verbandsmerkmale kann dann nichts anderes gelten. 302 In diesem Sinne auch Nitschke, Personengesellschaft, S. 162 f. 303 Darauf stellt nunmehr auch die aktuelle Kommentarliteratur ab: KölnKomm/Kra/i, AktG2, § 41, Rdn. 31; Hüffer, AktG3, § 41, Rdn. 4 f.; Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 8 f.; Roweddei/Rittner/Schmidt-Leithoff, GmbHG 1 , § 1 1 , Rdn. 33; MünchKomm/teHier, BGB3, SS 21, 22, Rdn. 73 ff.; Hettrich/Pöhlmann, GenG, § 13, Rdn. 5; Lang/Weidmüller/Metz/Schaffland/Atoz, GenG 33 , § 13, Rdn. 4.
IV. Die generell begründete körperschaftliche Struktur der Vorgesellschaften
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Vorgesellschaften kann diese gravierende Nachteile mit sich bringen (siehe im folgenden unter C. V.). Andererseits ergibt sich aus dem Haftungsverband allein noch keine personalistische Gesamtverfassung der Gründer verbände.' 04 Denn es ist durchaus denkbar, daß hinsichtlich bestimmter Strukturmerkmale ein Rückgriff auf das AktG, GmbHG, GenG oder Vereinsrecht gewollt ist. Schon das Reichsgericht berücksichtigte trotz der Einordnung der Vorgesellschaften in das Recht der GbR oder o H G in einer Reihe von Entscheidungen einen vom Recht der §§ 705 ff. BGB, 105 ff. HGB abweichenden Willen der Gründer. So hielt es z.B. Mehrheitsbeschlüsse schon vor Eintragung des Vereins, der AG, GmbH oder Genossenschaft für möglich, akzeptierte die Besetzung von Organen des Gründerverbandes mit Nichtgesellschaftern, oder es unterstellte regelmäßig die Abbedingung der Auflösungsgründe des Todes oder des Konkurses eines Gesellschafters und der Nichtabtretbarkeit der Geschäftsanteile. 305 Auch die Vertreter der Vereinstheorie orientierten sich nicht ausschließlich an den § § 2 1 ff. BGB. Eingedenk der Prämisse, daß der Verein die Grundform aller korporativ strukturierten Verbände ist, unterstellte auch diese Ansicht - sollte ein dahingehender Wille der Gründer erkennbar sein - den Gründerverband dem GenG, GmbHG oder AG als lex specialis. 306 Ebenso greift die herrschende Lehre von den Vorgesellschaften „sui generis" bei Lücken, die durch die Nichtanwendbarkeit jenes Rechts entstehen, das die Eintragung oder sonst eine entstandene juristische Person voraussetzt, auf Vereinsrecht zurück. Darüber hinaus hält man trotz des korporativen Ausgangspunktes in Einzelbereichen personelle Strukturen für angemessen, da bis zur Eintragung der Körperschaft nicht nur persönliche Beziehungen zwischen den Gründern vorhanden sind, sondern ihr Verhältnis zueinander davon auch maßgeblich bestimmt wird. Dies betrifft vor allem den grundsätzlich geschlossenen Mitgliederbestand der Vorgesellschaften und die nur einvernehmlich mögliche Änderung der Satzungen nach Errichtung der Gesellschaft. 307 Heute ist deshalb zu Recht allgemein anerkannt, daß die Zuordnung zu einer bestimmten Rechtsform noch keine schematische Übertragung allen Rechts dieses Verbandes indiziert. 308 304
Allerdings erscheint das Personalgesellschaftsrecht zumindest als Ausgangspunkt insofern passender zu sein, als es weitergehend als das Recht der juristischen Personen abbedungen werden kann. Die in der Vergangenheit als störend empfundene Gesellschafterhaftung wird demgegenüber heute ganz überwiegend als notwendig anerkannt. 305 RGZ 143, 368 (372); RGZ 87, 246 (249); RGZ 82, 288 (290 ff.); RGZ 58, 55 (56 f.). So auch Roth/Altmeppen/Roifc, GmbHG 3 , § 11, Rdn. 37 f.; Kastner, GS Gschnitzer, S. 220; Merkert, BB 1951, S. 322. 306 Siehe nur Bayer, JZ 1952, S. 552; Haberkorn, BB 1962, S. 1411; Gaerths, Gründungsgesellschaft, S. 36; Schultze-v.Lasaulx, FS Olivecrona, S. 606, 608; Steimel, Gründungs-GmbH, S. 5 0 f.; Heberlein, GmbH vor Eintragung, S. 38; Flume, FS Geßler, S. 16 f., 25, 27; Schnatz, Vorverein, S. 32. 307 Vgl. nur Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8 , § 2, Rdn. 4, § 11, Rdn. 34; Feine, GmbH, S. 207; Dilcher, JuS 1966, S. 90 f.; a.A. insbesondere ScholzJK.Schmidt, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 39; Steimel, Gründungs-GmbH, S. 52; Weyrich, Vorgesellschaft, S. 24. Siehe ausführlich zur Standpunkt der herrschenden Meinung hinsichtlich der konkreten Strukturmerkmale unter C.V. 308 Vgl. vor allem Kov/eddei/Rittner/Schmidt-Leithoff, GmbHG 3 , § 11, Rdn. 17 ff.: Da man zum Teil das Problem der Vorgesellschaften noch nicht als Lückenproblem erkannt habe, sei „die
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C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
Der Wille der Gründer liegt regelmäßig nicht offen zutage. Denn es wird praktisch nicht vorkommen, daß die Gründer über die Satzung der juristischen Person hinaus erkennbar Vereinbarungen zur Organisation des Gründungsstadiums treffen. Fehlt wie in der Regel ein diesbezüglicher, ausdrücklich geäußerter Wille der Gründer, läßt sich allein auf die zugrunde liegende objektiv erkennbare und zu bewertende Interessenlage zwischen den Gesellschaftern unter hinreichender Berücksichtigung involvierter Drittinteressen (von Minderheiten, der Kapitalanleger, der potentiellen Gläubiger und der Arbeitnehmer) zurückgreifen. Aus dieser Interessenlage ergibt sich der dann relevante mutmaßliche Wille der beteiligten Vertragspartner. Da eine objektive Beurteilung weitestgehend von der konkreten Situation jeder einzelnen Gründung losgelöst ist, können deren Besonderheiten nur bedingt berücksichtigt werden. Orientiert man sich zur Bestimmung der Organisationsstruktur der Vorgesellschaften an der objektiv festzustellenden Interessenlage, ermittelt man die (gesetzlich zwar nicht geregelte, aber regelmäßig zutreffende und damit vom Gesetz vorausgesetzte) Idealstruktur der Gründervereinigungen.
2.
Die tatsächliche Identität von Vorgesellschaft und Körperschaft
Auf eine strukturelle Wesensgleichheit von Vorgesellschaft und mit Eintragung entstehender Körperschaft schließt man oftmals auch aus der tatsächlichen Identität beider Gründungsstadien. 309 Diese Identität beziehe sich zum einen auf den Kreis der vertraglich zusammengeschlossenen Personen: Die Gründer eines Vereins, einer Aktiengesellschaft, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder einer Genossenschaft seien regelmäßig auch deren (erste) Gesellschafter. Zum anderen bestehe eine wirtschaftliche Kontinuität über den Eintragungszeitpunkt hinaus, da die von den Beteiligten geleisteten Einlagen und das gesamte vom Gründerverband gebildete Vermögen auf die Körperschaft übergingen. Die geschaffenen Sachwerte dienten ebenso ausschließlich den Aufgaben der späteren Gesellschaft, wie letztlich jede Betätigung im Gründungsstadium allein durch deren Zielsetzung motiviert sei. Diese Kontinuität der sachlichen Ausstattung zeige sich gerade bei der vorab aufgenommenen gemeinsamen Verbands-, insbesondere Geschäftstätigkeit. Die wirtschaftlichen Eigentümer verfolgten nicht nur vor und nach der Entstehung der Körperschaft die gleichen Interessen. Vielmehr setze sich das betriebene Unternehmen unabhängig von der Frage, wie sich der UnternehSuche nach der Rechtsnatur der Vorgesellschaft sowie der hierüber entstandene Streit darüber, ob das Recht einer der gesetzlich geregelten Gesellschaftstypen auf die Vorgesellschaft anwendbar sei, unergiebig... Die vom BGB zu Recht übernommene Formel [siehe zu C.I.3.] hat selbst nur einen heuristischen Inhalt, d.h. sie zeigt, wie man fragen muß, um Lücken zu schließen. Sie gibt aber selbst noch keine konkrete Lösung für Einzelfragen." 3 0 9 KölnKomm/Kra/i, AktG2, § 41, Rdn. 24 f.; ICMüller, GenG2, § 13, Rdn. 8; Saß, VorGmbH, S. 17, 95; Otte, Vorgründungsvertrag, S. 39; Steimel, Gründungs-GmbH, S. 32; Haberkorn, BB 1962, S. 1410; Kempermann, Gründungsgesellschaft, S. 36, 61; Merkert, BB 1951, S. 322; Ganßmüller, GmbHR 1953, S. 117; Weilinger, GesRZ 1996, S. 150, 160; Dilcher, JuS 1966, S. 92; Dressler, Vorgesellschaft, S. 6, 18; Heberlein, GmbH vor Eintragung, S. 29, 33; Weyrich,
Vorgesellschaft, S. 2 9 f.; Wallenfang,
V o r - A G , S. 2 5 .
IV. Die generell begründete körperschaftliche Struktur der Vorgesellschaften
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mensträger entwickele, in seinem Bestand und seinem Wirken nahtlos fort, sei also völlig unabhängig von der Eintragung. Letztlich wiesen der Gründerverband und die eingetragene Körperschaft dieselben organisatorische Elemente auf. Die Vorgesellschaft sei bereits mit den Organen des e.V., der e.G., der AG beziehungsweise der GmbH ausgestattet, und die Amtswalter des Zusammenschlusses seien die der registrierten Korporation. Allerdings besteht eine Personen- und Sachwertidentität zwischen Gründerverband und Korporation nur in der Regel, nicht aber notwendigerweise. Ebenso wie im Vorgründungsstadium kann man sich zur Mitwirkung an der Gründung verpflichten und damit Gesellschafter des Zusammenschlusses sein, ohne einen Geschäftsanteil oder eine (nicht Vermögenswerte) Mitgliedschaft an der angestrebten Korporation zu übernehmen. 3 1 0 Entsprechendes gilt für die Besetzung der Organe. 311 Weder aus dem Gesetz selbst noch aus ungeschriebenen gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen ergibt sich zwingend, daß zu Amtswaltern der Vorgesellschaft die für die (später) entstandene Körperschaft vorgesehenen Personen bestellt werden müssen. Erforderlich ist nur, daß bereits vor Eintragung des Verbandes eine Organisation besteht, die zumindest die gründungsnotwendigen Handlungen (Entgegennahme und Verwaltung der eingebrachten Einlagen, Anmeldung der Gesellschaft zum Register, Abgabe der notwendigen Erklärungen usw.) vornimmt. So ist es zulässig, daß die Geschäftsführer bzw. Vorstandsmitglieder im Gründungsstadium ausgetauscht werden können. Die Beteiligten können auch vereinbaren, daß die Amtswalter der Vorgesellschaft auflösend bedingt mit der Eintragung der Korporation eingesetzt werden und ab diesem Zeitpunkt andere Personen zu Handlungsorganen des Verbandes berufen sind. In der Vermögensausstattung von Vorgesellschaft und Korporation bestehen Unterschiede etwa dann, wenn die Verbandstätigkeit noch nicht vor Eintragung aufgenommen wurde. Die beiden Stadien sind insbesondere auch dann nicht vergleichbar, wenn - wie dies bei Vereinsund Genossenschaftsgründungen der Fall sein kann - überhaupt kein Vermögen vor Registrierung der Körperschaft gebildet wird. Die (partielle) Leistung von Einlagen erzwingt nur das Gründungsrecht der Aktiengesellschaften und der Gesellschaften mit beschränkter Haftung (§§ 36 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 AktG, 7 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 GmbHG). Darüber hinaus sind tatsächliche Unterschiede zwischen den Gründerverbänden des angestrebten e.V., der e.G., AG oder GmbH wie etwa hinsichtlich des Namens oder der Firma der Vorgesellschaften sogar notwendig. 312 Da der Abschluß des Gesellschaftsvertrages und der Beginn seiner Umsetzung (also die Bildung bestimmter Strukturen) zeitlich keinesfalls zusammenfallen müssen, kann es auch sein, daß schon die Verbandsverfassung im Gründungsstadium strukturell uneinheitlich ist. Für die Frage 310 Vgl. dazu bereits die Nachweise oben in Abschnitt C., Fn. 164 sowie etwa Friedrich, DStR 1994, S. 101. 311 So bereits RGZ 58, 55 (56). A.A. etwa Koweddei/Rittner/Schmidt-Leithoff, GmbHG 3 , § 11, Rdn. 15; Weilinger, GesRZ 1996, S. 156; Dilcher, JuS 1966, S. 91; Heberlein, GmbH vor Eintragung, S. 7 f.; Ganßmüller, GmbHR 1953, S. 117; Dressler, Vorgesellschaft, S. 32 f.; Schultzev.Lasaulx, FS Olivecrona, S. 582; Kempermann, Gründungsgesellschaft, S. 36; Büttner, Identität und Kontinuität, S. 145. 312 Siehe dazu bereits oben unter C.II.2.
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C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
der Rechtsqualität müßte man insoweit innerhalb der Vorgesellschaften differenzieren, was offensichtlich weder dem Willen der Gründer entspricht noch der Rechtssicherheit dient. Vor allem aber ist es unmöglich, von einer umfassenden substantiellen Kontinuität der Verbandsverhältnisse auf die rechtliche Identität von Vorgesellschaft und eingetragener Körperschaft und damit auf eine korporative Organisationsstruktur der Gründerverbände zu schließen. 313 Die bisher einhellige Meinung erkennt dies gerade für den Übergang vom Vorgründungs- zum Gründungsstadium auch an: „Die Kontinuität ... wird ... durch die Errichtung einer Kapitalgesellschaft selbst dann unterbrochen, wenn Unternehmen, Unternehmer und Organisation vor und nach der Errichtung tatsächlich identisch sind". 314 Auch im Falle einer formwechselnden Umwandlung gemäß den §§ 190 ff. UmwG schließt niemand aus der Stetigkeit in der personellen Zusammensetzung, der Mitgliedschaft, der sachlichen Ausstattung sowie der Organverfassung auf die gleiche Rechtsstruktur des umwandelnden (z.B. einer oHG, S 191 Abs. 1 Nr. 1 UmwG) und des umgewandelten Rechtsträgers (z.B. einer AG, § 191 Abs. 2 Nr. 3 UmwG). Der abstrakte Verbandstyp und die konkrete Rechtsform eines Personenzusammenschlusses ergeben sich allein aus den (tatsächlich praktizierten) Gesellschaftsstrukturen hinsichtlich der Identitätsausstattung, der Organisationsverfassung und des Haftungsverbandes. 315 So wenig sich die Rechtsqualität eines Verbandes anhand der beteiligten Personen und des zusammengetragenen Vermögens bestimmen läßt, so wenig folgt die korporative Verfassung einer Gesellschaft aus der sachlichen und personellen Ubereinstimmung mit einem körperschaftlich strukturierten Verband. Diese Unmaßgeblichkeit der tatsächlich identischen Verhältnisse von Vorgesellschaften und eingetragener Körperschaft für die Frage der Rechtsqualität der Gründerverbände gilt insbesondere auch hinsichtlich der Organisationsverfassung. 316 Während noch der Gesetzgeber des BGB die Notwendigkeit von Körperschaften damit begründete, daß „neben den Sonderzwecken, welche der Einzelne seinen jeweiligen Bedürfnissen gemäß mit den ihm zu Gebote stehenden Mitteln verfolgt, andere, im Interesse des öffentlichen Wohles oder privater Gemeinschaften gesetzte Zwecke [liegen], deren Verwirklichung nur dadurch sichergestellt werden kann, daß ihnen ein selbständiger, der Herrschaft des Einzelnen entrückter Vermögensbereich unmittelbar dienstbar 313 So aber z.B. Weyrich, Vorgesellschaft, S. 40 (soziologische und rechtliche Erkenntnisse seien keine Gegensätze, sondern nur die Beschreibung von Tatsachen des Soziallebens von unterschiedlichen Ausgangspunkten aus). Wie hier dagegen Scholz/K.Schmidt, GmbHG 8 , S 11, Rdn. 25; Flume, FS Geßler, S. 26 ff., 38; Schultze-v.Lasaulx, FS Olivecrona, S. 588 ff., 597, 602; Kastner, GS Gschnitzer, S. 219 f.; Rittner, werdende juristische Person, S. 105, 329 f.; Büttner, Identität und Kontinuität, S. 23; Horn, NJW 1964, S. 89 f.; Baritsch, Vor-GmbH, S. 17. 314 K.Schmidt, oHG, S. 259 f. sowie die in Abschnitt D., Fn. 274 ff. nachgewiesene Literatur. Zum hier vertretenen gegenteiligen Standpunkt, von dem aus Vorgründungs- und Vorgesellschaften ein und dieselbe Vergesellschaftung darstellen, ausführlich im folgenden unter D.IV. 315 Siehe zu dieser Strukturierung der Unterscheidungskriterien ausführlich im folgenden unter C.V. 316 Charakteristisch für die gegenteilige Auffassung z.B. KölnKomm/Knj//, AktG2, § 41, Rdn. 24: „Gegen die früher vertretene Auffassung, es liege in diesem Stadium [der Vor-AG] eine BGB-Gesellschaft vor, sprechen die Notwendigkeit, Organe wie den Vorstand und den Aufsichtsrat zu bestellen..."
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gemacht wird", 317 lehnte er eine derartige organisatorische Verselbständigung für personalistisch strukturierte Verbände ab: „Der Gesellschaftsvertrag ... bezweckt und erzeugt nur ein obligatorisches Rechtsverhältnis unter den Kontrahenten... Im Verkehre mit Dritten kommt [ihm] an sich keine Bedeutung zu. Der Verkehr vollzieht sich und die dadurch hervorgerufenen rechtlichen Beziehungen und Wirkungen bestimmen sich nach allgemeinen Grundsätzen, namentlich nach denjenigen über Stellvertretung und Vollmacht..." 318 Demgegenüber sind nach dem heute vorherrschenden Verständnis Personalgesellschaften und Körperschaften gleichermaßen gegenüber dem einzelnen verselbständigte Wirkungseinheiten. Dies gilt unabhängig von einer (richtigerweise zu bejahenden) Rechtssubjektivität dieser Verbände. 319 Denn es ist für Personenzusammenschlüsse des Privatrechts nicht nur kennzeichnend, daß die Angelegenheiten des Verbandes (Gemeinsphäre) von denen der Beteiligten (Individualsphäre) unterschieden werden und die Rechtsstellung des einzelnen zum Verband und zu den Vertragspartnern im Rahmen eines Mitgliedschaftsverhältnisses geregelt wird. Vielmehr ist ebenso charakteristisch, daß eine Mehrheit von Personen einen zurechenbaren Gesamtwillen bildet und als Einheit im Rechtsverkehr auftritt und handelt. Mit jeder Vergesellschaftung von Personen geht daher insbesondere die Bildung einer Organisationsverfassung einher. Damit der gemeinschaftliche Wille des Zusammenschlusses gebildet und mit unmittelbarer Wirkung für den Verband und die in ihm zusammengeschlossenen Personen gehandelt werden kann, müssen in allen Verbänden konkrete Institutionen als Funktionsträger geschaffen werden; rechtsformübergreifend entstehen durch den Gesellschaftsvertrag stets das Organ Gesellschafterversammlung sowie Geschäftsführungs-, insbesondere Vertretungsorgane. 320 Deshalb ist auch die Mitgliederselbstverwaltung des Personalgesellschaftsrechts stets eine Form der Organverwaltung. 321 Etwaige Bestimmungen im Gründungsrecht der Körperschaften bzw. in den Verbandssatzungen bezüglich einer vor Eintragung zu bildenden, mit bestimmten Befug317
Motive zum BGB, Bd. I, S. 78. Motive zum BGB, Bd. II, S. 591. An dieser Ansicht änderte sich auch durch die Einführung des Gesamthandsprinzips im zweiten Entwurf zum BGB nichts. 319 Anders noch für die Personalgesellschaften vom Standpunkt der individualistischen Theorie aus z.B. Nitschke, Personengesellschaft, S. 161 f.; Hopt/Hehl[Vollrath, GR4, Rdn. 61; Kempermann, Gründungsgesellschaft, S. 22, 27; siehe aber trotz des gleichen Ansatzes etwa Staudinger/ Keßler, BGB12, Vorbem. zu § 705, Rdn. 20 (Der Zusammenschluß bedeute ein „mehr als die Summe von Personen"). 320 Zu Unrecht wird vor allem die Existenz der Gesellschafterversammlung als geborenes Organ einer Personalgesellschaft geleugnet z.B. von MünchKomm/U/wer, BGB3, § 70S, Rdn. 213, § 709, Rdn. 46; Kraft/Kreutz, GR 10 , S. 46 f.; wie hier dagegen K.Schmidt, GR3, S. 414 f., 421, 440; SoergelJHadding, BGB11, § 709, Rdn. 24 ff.; Beuthien, FS Zöllner, S. 97 f.; Wiedemann, FS Westermann, S. 595 („Zentralorgan der Personalgesellschaft"); ders., ZGR 1996, S. 292, 293 f. („oberstes Organ"). 321 Dilcher, JuS 1966, S. 91. A.A. z.B. RGRXJv.Gamm, BGB12, § 714, Rdn. 1; Kraft/Kreutz, 10 GR , S. 46 f.; Kempermann, Gründungsgesellschaft, S. 14, 27; Weyrich, Vorgesellschaft, S. 26; Dressler, Vorgesellschaft, S. 14, 18; Heberlein, GmbH vor Eintragung, S. 33. Dies beruht vor allem auf der (überholten) Annahme, GbR, oHG und KG seien keine Rechtssubjekte. Vgl. aber auch die Differenzierungen bei Beuthien, ZIP 1993, S. 1597 f. 318
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C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
nissen ausgestatteten Organisation, die sich etwa im Umfang der ihr zugewiesenen Rechtsmacht und in der personellen Besetzung an den Verhältnissen des angestrebten Vereins, der Aktiengesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder Genossenschaft orientieren, deuten deshalb mitnichten auf eine korporative Struktur der Vorgesellschaften hin. 322
3.
Die Geltung der körperschaftlich organisierenden Satzung bereits vor Eintragung des Verbandes und die Vorwirkung des AktG, des GmbHG, des Rechts der e.G. bzw. des e.V.
Der Wille der Gründer entscheidet maßgeblich über die verbandsrechtliche Einordnung einer Vergesellschaftung. Dieser Wille findet insbesondere im Gesellschaftsvertrag seinen Niederschlag, der nicht nur selbst organisatorische Regelungen hinsichtlich des Verbandstyps und einzelner konkreter Strukturmerkmale, sondern vor allem auch den Anwendungsbefehl für einen bestimmten Normenbestand enthält, den die Rechtsordnung zwingend oder dispositiv mit einer Gesellschaftsform im Sinne einer Idealstruktur verbindet. Ganz überwiegend knüpft man daran an, um eine korporative Verfassung der Vorgesellschaften zu begründen. 3 2 3 M a n argumentiert, dai? der Gesellschaftsvertrag zu einer Aktiengesellschaft, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, einer Genossenschaft oder einem Verein die Beteiligten nicht nur sofort binde. Vielmehr seien die getroffenen Vereinbarungen auch gleich mit dem Abschluß der Satzung wirksam, wie sich insbesondere an den übernommenen Einlageverpflichtungen (schon im Gründungsstadium der AG und G m b H müssen Sacheinlagen voll und Bareinlagen zum Teil erbracht werden, §§ 36 f. AktG, 7 Abs. 2 und 3 GmbHG) und den sonstigen Gründungspflichten und -Obliegenheiten für alle Initiatoren (diese müssen schon der Sache nach grundsätzlich bis zur Registrierung des Verbandes erfüllt werden), aber auch anhand des von Beginn an angestrebten Haftungsausschlusses für die Gründer, der typischerweise mit dem Körperschaftsrecht verbunden sei, zeige. Da es nur den einen Gesellschaftsvertrag für den Zusammenschluß der Gründer sowohl vor als auch nach der Eintragung gebe 324 und dieser eine Gesellschaftsvertrag unstreitig korporative Organisationsstrukturen schaffe (er enthält zumindest alle wesentlichen Merkmale der juristischen Personen), sei auch die Vorgesellschaft körperschaftlich verfaßt. Die Lehre
322
A.A. allerdings die zu C.IV.4. in Fn. 3 6 2 nachgewiesenen Ansichten. Siehe nur Hüffer, AktG 3 , § 41, Rdn. 3 f.; Scholz/K Schmidt, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 39, 24; Hueck, FS 100 Jahre GmbHG, S. 131; Haberkorn, BB 1962, S. 1411; Dilcher, JuS 1966, S. 90; Steimel, Gründungs-GmbH, S. 12 ff., 37; Schultze-v.Lasaulx, FS Olivecrona, S. 5 8 0 f., 605 f.; Kempermann, Gründungsgesellschaft, S. 14 ff.; Bayer, JZ 1952, S. 552; Baritsch, Vor-GmbH, S. 14; Ganßmüller, GmbHR 1953, S. 117; Heberlein, GmbH vor Eintragung, S. 10, 31 f., 37; Weyrich, Vorgesellschaft, S. 23 f.; Gaerths, Gründungsgesellschaft, S. 27; Dressler, Vorgesellschaft, S. 18; Grünwald, GesRZ 1996, S. 22. 324 Siehe aber den Streit um die Fortgeltung des Vorgründungsvertrages als Träger von Vereinbarungen auch für die Vorgesellschaften im folgenden unter D.III.2.a. 323
IV. Die generell begründete körperschaftliche Struktur der Vorgesellschaften
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von den Gründervereinigungen als Zusammenschlüssen „sui generis" geht über diese Auffassung der Vereinstheorie noch hinaus: Wenn der Gesellschaftsvertrag sowohl die Vorgesellschaften als auch die eingetragene Vereinigung organisiere, so finde nicht der Normenbestand irgendeiner korporativen Verbandsverfassung, sondern gerade das Recht der angestrebten Gesellschaft Anwendung. Sicherlich ist es richtig, daß der von den Gründern eingegangene Gesellschaftsvertrag letztlich zu einer körperschaftlich organisierten Gesellschaft führt. Denn die Beteiligten vereinbaren gerade die Rechtsgrundlagen der angestrebten juristischen Person. Die Satzung muß zumindest alle diejenigen Bestimmungen enthalten, die gemäß den §§ 5 7 Abs. 1 BGB, 23 Abs. 2 bis 4 AktG, 3 Abs. 1 GmbHG, 6 f. GenG notwendige Bestandteile der errichtenden Vereinbarungen sind (obligatorische korporative Abreden). Darüber hinaus müssen die Vereinbarungen, die die Rechtsverhältnisse der Gesellschaft bestimmen oder für die Beziehungen der Gesellschaft zu ihren Mitgliedern bzw. zwischen den Gesellschaftern maßgeblich sein sollen, in den Vertrag aufgenommen werden, wenn sie die Beteiligten allein aufgrund der Mitgliedschaft im Verband binden sollen (fakultative korporative Abreden). 325 Aber auch die rein individualrechtlichen Nebenabreden unter den Gesellschaftern sind in der Regel als unechte Satzungsregelungen Bestandteil der Gründungsvereinbarungen. Allesamt führen sie, zusammen mit den gesetzlichen Regelungen, die mit einer Gesellschaftsform verbunden sind und mit der Festlegung der Rechtsform durch die Vertragspartner in die Vereinbarungen einbezogen werden, zu einer korporativen Verfassung der mit Eintragung entstehenden Gesellschaft. Allerdings ist es gerade die Frage, ob der Gesellschaftsvertrag Geltung auch im Gründungsstadium beansprucht oder ob er sich grundsätzlich 326 auf die Festlegung der Organisationsstrukturen, die ab Eintragung für den Zusammenschluß gelten sollen, beschränkt. Der Schluß, den die herrschende Lehre von der (jedenfalls späteren) Wirkung der Satzung auf die Rechtsqualität der Vorgesellschaften zieht, ist keinesfalls zwingend. 327 Denn die Gesellschafter sind nicht deshalb an eine Verbandsverfassung gebunden, weil die diesbezüglichen Verträge (vor-)wirken, sondern weil für einen bestimmten Sachverhalt einvernehmlich eine Vereinbarung getroffen wurde. Denkbar ist ebenso, daß die Gründer andere, etwa personalgesellschaftsrechtliche Organisationsstrukturen (Selbstorganschaft, Einstimmigkeitsprinzip, Unveräußerlichkeit der Mitgliedschaft usw.) für die Vorgesellschaft vereinbarten. 328 „Der" Gesellschaftsvertrag hätte dann ab Errichtung der Körperschaft zweierlei Bedeutung. Zum einen würde er die Strukturen festlegen, die für die einzutragende Gesellschaft gelten sollen; die gesetzlich notwendigen Organisationselemente der AG, GmbH, der e.G. bzw. des e.V. 325 Hachenburg/17/wer, GmbHG 8 , § 3 , Rdn. 51; Jäger, DStR 1996, S. 1935 f.; Priester, DB 1979, S. 681 f. 326 Eine „Vorwirkung" der Satzung ist jedenfalls insoweit gegeben, als das besondere Gründungsrecht der angestrebten Rechtsform in Gang gesetzt wird; vgl. zu den sich daraus ergebenden Konsequenzen sofort. 327 Dies erkennt auch Schultze-v.Lasaulx, FS Olivecrona, S. 606, an. 328 Ebenso ist es möglich, dai? die Beteiligten die Vorgründungsvereinbarungen über den Zeitpunkt der Körperschaftserrichtung als Träger derartiger Abreden fortgelten lassen. Siehe ausführlich im folgenden unter D.III.2.b.
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C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
entstünden aufschiebend bedingt mit der Eintragung der juristischen Person. Zum anderen enthielte die Satzung Regelungen zu den Rechtsverhältnissen im Gründungsstadium, die in ihrer Gesamtheit selbst ein Gesellschaftsverhältnis unter den Initiatoren begründeten. 329 Daß sich die Gründer in einem solchen Fall nicht ausdrücklich darüber verständigt haben, daß sie einen zweiten Vertrag (oder zusätzliche Übereinkommen) treffen, ist für die Zulässigkeit und Wirksamkeit derartiger Abreden ohne Bedeutung. Die dann (kraft übereinstimmender Willenslage) stillschweigend zustande gekommenen Vereinbarungen, die sich auf das Gründungsstadium beschränken sollen, bedürfen weder der Aufnahme in die Satzung der AG, GmbH, Genossenschaft oder des Vereins noch der Form der §§ 5 9 Abs. 2 Nr. 1 BGB, 23 Abs. 1 Satz 1 AktG, 2 Abs. 1 Satz 1 GmbHG, 5 GenG. Deshalb sind, wie dies die herrschende Ansicht zu Recht unterstellt, vor allem Zweckänderungen für die Vorgesellschaft formfrei möglich. 130 Einwendungen dagegen 331 gehen allesamt schon deshalb fehl, weil sie den gewollten Geltungszeitraum dieser Absprache vernachlässigen; derartige Vereinbarungen sind gerade keine Satzungsänderung im technischen Sinne der SS 33 BGB, 119 Abs. 1 Nr. 5 AktG, 53 Abs. 1 GmbHG, 16 Abs. 1 GenG. Insoweit gilt nichts anderes als für die schuldrechtlichen (rein individualrechtlichen, nicht korporativen) Nebenabreden zum Gesellschaftsvertrag. 332 Derartige, über die eigentliche körperschaftliche Satzung hinausgehende, in ihrer Geltung auf das Gründungsstadium beschränkte und (da in der Regel nicht ausdrücklich getroffen) allein aus der Interessenlage unter den Beteiligten herleitbare Vereinbarungen werden denn auch im Hinblick auf einzelne Strukturmerkmale der Vorgesellschaften von der ganz herrschenden Lehre zum Teil anerkannt. So soll vor allem der Zweck der Gründerverbände noch nicht mit dem der eingetragenen juristischen Person deckungsgleich sein, 333 die Geschäftsführungsbefugnisse und die Vertretungsmacht der Handlungsorgane soll - anders als in der letztlich gewollten Gesellschaft - grundsätzlich auf die gründungsnotwendigen Geschäfte beschränkt sein, 334 die Satzung soll 329 Siehe ausführlich zum zugrunde gelegten Verständnis der Verbandsgrundlagen, insbesondere zu den verschiedenen Bestandteilen der Satzung und ihrer Bindung bzw. Geltung sowie zur Abgrenzung dieser Auffassung von Würdinger, AktR 2 , S. 100 ff. und Salinger, Vor-GmbH, S. 16 f. bereits einleitend zu Fn. 6 (Abschnitt C.) und im folgenden unter C.V.4. und D.IV.3. 3 3 0 BGHZ 80, 129 (139); Rowedder/Rittner/Schmidt-Leithoff, GmbHG 3 , § 11, Rdn. 3 5 ; Fleck, GmbHR 1983, S. 9; Baumbach/Hueck/Hwecfc, GmbHG 16 , § 1 1 , Rdn. 19; Lutter/Hommelhoff, GmbHG 14 , § 11, Rdn. 6; Flume, BGB AT 1/2, S. 159. 331 John, BB 1982, S. 5 1 2 (Fn. 128); Ulmer, FS Beierstedt, S. 291, 2 9 5 ; den., ZGR 1981, S. 5 9 8 ff. 332 Zur Formfreiheit von schuldrechtlichen Nebenvereinbarungen, ihrer subjektiven Auslegung und der Bindungswirkung allein inter partes etwa Jäger, DStR 1996, S. 1936; Priester, DB 1979, S. 6 8 4 ff. 333 BGHZ 120, 103 (105 f.); KölnKomm/Kra/f, AktG 2 , § 41, Rdn. 25, 4 3 ; Hachenburg/U/mer, GmbHG 8 , § H . Rdn. 25; Lang/Weidmüller/Metz/Schaffland/Afett, GenG 33 , § 1 3 , Rdn. 6 f.; MünchKomm/Re«fer, BGB 3 , §§ 21, 22, Rdn. 7 7 ; Schultze-v.Lasaulx, FS Olivecrona, S. 5 7 8 ; Horn, NJW 1964, S. 88; Hueck, FS 100 Jahre GmbHG, S. 156 f. 334 BGHZ 80, 129 (139); Koweddei/Rittner/Schmidt-Leithoff, GmbHG 3 , § 11, Rdn. 83; Weyrich, Vorgesellschaft, S. 2 7 ; Baritsch, Vor-GmbH, S. 14; Salinger, Vor-GmbH, S. 19; Kemper-
IV. Die generell begründete körperschaftliche Struktur der Vorgesellschaften
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nur einstimmig geändert werden können, 335 und für die Übertragung der Mitgliedschaft durch einen der Gründer soll es der Zustimmung aller Mitgesellschafter bedürfen. 336 Insoweit verneint man die sofortige Geltung der Satzung, die zumindest eine unbeschränkte (und zum Teil unbeschränkbare) Vertretungsmacht der Geschäftsführung (SS 26 Abs. 2 BGB, 82 Abs. 1 AktG, 37 Abs. 2 Satz 1 GmbHG, 27 Abs. 2 Satz 1 GenG), das Mehrheitsprinzip (SS 32 Abs. 1 Satz 3, 33 Abs. 1 BGB, 133 Abs. 1, 179 Abs. 2 Satz 1 AktG, 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Satz 1 GmbHG, 43 Abs. 2 Satz 1, 16 Abs. 2 bis 4 GenG), die Lösbarkeit jeder Mitgliedschaft bei Fortsetzung der Gesellschaft (SS 39 Abs. 1 BGB, 68 Abs. 1 Satz 1 AktG, 15 Abs. 1 GmbHG, 65 Abs. 1 GenG) usw. statuiert. Für alle diese Besonderheiten bedarf es einer anderen Rechtsgrundlage als der Satzung mit dem Inhalt der SS 57 f. BGB, 23 AktG, 3 GmbHG, 6 f. GenG, da diese Organisationselemente der Verbandsverfassung gerade nicht den Strukturen der angestrebten Gesellschaft entsprechen. Damit trennt auch die herrschende Lehre zumindest partiell die Rechtsverhältnisse in der Gründungsphase von denen des angestrebten Verbandes nach Registereintragung. Daß man von der Wirkung der Satzung nicht unbesehen auf die Rechtsqualität der Vorgesellschaften schließen kann, zeigt sich auch exemplarisch anhand des Vorgründungsstadiums. Muß der Vorgründungsvertrag in einem Umfang, wie dies die nahezu einhellige Lehre fordert, inhaltlich bestimmt sein, so nimmt er, da er neben der konkreten Rechtsform auch die objektiv notwendigen Bestandteile (im Sinne der §S 57 f. BGB, 23 Abs. 2 bis 4 AktG, 3 Abs. 1 GmbHG, 6 f. GenG) und die subjektiv für wesentlich gehaltenen Regelungen festlegen muß, alle prägenden Elemente des angestrebten Verbandes vorweg. 337 Ein anderer Gesellschaftsvertrag oder sonstige Abreden werden ebenso wie im Stadium zwischen Errichtung und Eintragung der Körperschaft in der Regel jedenfalls ausdrücklich nicht getroffen. Dennoch zieht daraus niemand den Schluß, daß die Rechtsverhältnisse der Vorgründungsgesellschaft von dem korporativ organisierenden Statut, nicht aber von sonstigen Vereinbarungen unter den Gründern bestimmt werden. Auch aus den im Gründungsstadium anzuwendenden gesetzlichen Regelungen folgt nicht notwendigerweise eine korporative Verfassung der Vorgesellschaften. Dies betrifft vor allem das spezielle Gründungsrecht der juristischen Personen. Insoweit führt der Gesellschaftsvertrag (über die Gründungsabrede und die Rechtsformenwahl) zwar notwendigerweise zu einer Anwendbarkeit des AktG, des GmbHG, des GenG und des Vereinsrechts auf den Gründerverband. Doch bedeutet dies zum einen keine Vorwirmann, Gründungsgesellschaft, S. 93, 99; Flume, FS Geßler, S. 36; Beuthien, NJW 1997, S. 566 f.; Wiegand, BB 1998, S. 1071. 335 Die herrschende Lehre unterscheidet zwischen Satzungsänderungen, die Auswirkungen auch im Gründungsstadium haben (dann Einstimmigkeit) und solchen Änderungen, die allein in der eingetragenen Gesellschaft Wirkungen entfalten (dann nach den Mehrheitsverhältnissen der juristischen Person); vgl. im folgenden zu C.V.3.C. 336 OLG Frankfurt a.M., GmbHR 1997, S. 896 f.; LG Dresden, GmbHR 1993, S. 590; Lutter/ Hommelboff, GmbHG 14 , § 2, Rdn. 23; Dilcher, JuS 1966, S. 90; Haberkorn, BB 1962, S. 1409; Merkert, BB 1951, S. 3 2 2 f; Kempermann, Gründungsgesellschaft, 38; Rittner, werdende juristische Person, S. 346; v.Bismarck, Gründungs-GmbH, S. 44. 337 Vgl. den Text oben in Abschnitt B., beginnend mit Fn. 34.
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C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
kung originären Körperschaftsrechts, sondern die Anwendbarkeit von Normen, die ihrem Sinn und Zweck nach ausschließlich im Stadium zwischen Errichtung und Eintragung einer Gesellschaft gelten. Die oftmals anzutreffende Formulierung, das Gründungsrecht sei lex specialis für die Vorgesellschaften, trifft so nicht zu. Da es für Vorgesellschaften keinen gesetzlich festgelegten (oder allseits anerkannten) Idealtyp gibt, kann es zu keiner Verdrängung von ansonsten grundsätzlich einschlägigen Normen kommen. Zum anderen läßt sich (wie bereits gezeigt) weder aus den ausdrücklich getroffenen Regelungen noch aus den gesetzlich vorausgesetzten Anforderungen an den Gründerverband auf dessen Rechtsform schließen. 338 Wenn die Initiatoren im Gründungsstadium Handlungsorgane (mittels vertraglicher Regelung oder Beschluß) bestellen müssen, die die Einlagen in Empfang nehmen und alle sonstigen eintragungsnotwendigen Handlungen vornehmen (etwa die zur Eintragung notwendigen Unterlagen zusammenstellen und die erforderlichen Erklärungen abgeben), so entspricht dies allgemeinen verbandsrechtlichen Gegebenheiten. 339 Auch die Anordnung einer Handelndenhaftung durch die SS 54 Satz 2 BGB, 41 Abs. 1 Satz 2 AktG, 11 Abs. 2 GmbHG ist gesellschaftstypneutral. 340 Ebensowenig schreibt die Verweisung des S 6 Abs. 3 Satz 2 GmbHG das Mehrheitsprinzip und die Fremdorganschaft als typische Merkmale körperschaftlicher Verfassungen in Vorgesellschaften fest. 341 Soweit letztlich Einlagen in das Gesellschaftsvermögen zu leisten sind ( S S 36 f. AktG, 7 Abs. 2 und 3 GmbHG) und damit ein Mindesthaftkapital zu bilden ist, 342 entspricht dies mitnichten kapitalgesellschaftsrechtlichen Strukturen: Die an Vorgesellschaften Beteiligten haften nach hier nunmehr einheitlich vertretender Ansicht in unbeschränkter Höhe für die Verbindlichkeiten des Zusammenschlusses. 343 Einer Gläubigersicherung durch einen unabdingbar geltenden Grundsatz der Kapitalaufbringung und -erhaltung bedarf es deshalb ebensowenig wie im Recht der Personalgesellschaften. Das Grund- oder Stammkapital muß erst im Zeitpunkt der endgültigen Entstehung der juristischen Person zur Verfü338 A.A. etwa Baumbach/Hueck/H«ec, GmbHG16, § 1, Rdn. 32; M.Scholz, Gründungsstadium, S. 74. 5 4 5 Nach dieser Ansicht wird deshalb ein Mitgliederwechsel durch Erbgang nicht vom Formerfordernis des § 2 GmbHG erfaßt: Hachenburg/U/mer, GmbHG8, § 2, Rdn. 19; Scholz/Emmerich, GmbHG8, § 2, Rdn. 23; Baumbach/Hueck/H«ec¿, GmbHG16, § 2, Rdn. 13. 5 4 6 Vgl. zu diesem Streit und zur entsprechenden Anwendbarkeit des § 54 Abs. 1 Satz 2 GmbHG im Gründungsstadium den Text oben in Abschnitt C., ab Fn. 524 ff.
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C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
nicht die Position der Mitgesellschafter und potentiellen Gläubiger verschlechtert, vielmehr nur ein Austausch der Person stattfindet. Doch ließe dies unberücksichtigt, daß der Erbe „überschuldet" sein kann, die Erbmasse also zum Ausgleich dieser „Altverbindlichkeiten" herangezogen werden muß. Gläubiger im Zusammenhang mit der Mitgliedschaft sind gegenüber den Altgläubigern des neuen Mitgesellschafters nicht etwa vorzugsberechtigt. Diese Risiken multiplizieren sich, sollte sich die Mitgliedschaft vom übrigen vererbbaren Haftungsfonds im Erbgang trennen oder sollten nicht ein, sondern mehrere Erben Gesellschafter des Gründungsverbandes werden. Im Ergebnis fehlt es an einer sachlichen Legitimation für eine Ungleichbehandlung von rechtsgeschäftlicher Nachfolge und Nachfolge kraft Erbrechts in die Mitgliedschaft eines Gründers. Dies wird besonders offenkundig, wenn man von einer gewillkürten Erbfolge (mittels Erbvertrages oder testamentarisch) ausgeht oder sich verdeutlicht, daß in beiden Fällen die gleiche Person Rechtsnachfolger der Gesellschafterstellung sein kann. Warum sollten in dem einen Fall die übrigen mit einem neuen Mitgesellschafter von Anfang an einverstanden sein und in dem anderen Fall nicht? Für die Vererbung gilt ebenso wie für die Anteilsübertragung, daß die Mitgründer diesen Gesellschafter nicht selbst wählten und damit die mit der Gründung verbundenen Risiken nicht eigenverantwortlich eingingen. Bedenken bestehen auch gegen eine Beteiligung von Erbengemeinschaften an Gründungsverbänden. Zwar verbietet das GmbHG selbst in den §§ 3 Abs. 1 Nr. 4, 5 Abs. 2, 8 Abs. 1 Nr. 3 lediglich die Übernahme mehrerer Stammeinlagen durch einen Gründer. Darüber hinaus zeigen die §§ 18 GmbHG, 69 AktG, 77 Abs. 1 Satz 3 GenG, daß eine gesamthänderische Beteiligung jedenfalls an (mit Registereintragung entstandenen) Körperschaftsgesellschaftsanteilen möglich ist. Diese Vorschriften und § 146 Abs. 1 Satz 2 HGB zeigen auch, daß eine Erbengemeinschaft im Rechtsverkehr als geschlossene Einheit auftreten kann. Dies bestreitet die herrschende Lehre zu Unrecht im Recht der Personalgesellschaften. 547 Denn entweder analogisiert man die §§ 69 Abs. 1 AktG, 77 Abs. 1 Satz 3 GenG, 146 Abs. 1 Satz 2 HGB, so daß ein zu bestellender gemeinsamer Vertreter die Geschäfte für die Gesamthand wahrnimmt. 548 HGB, AktG und GenG modifizieren dann in gemäß § 2 Abs. 1 EGHGB zulässiger Weise als leges speciales das Recht der Erbengemeinschaft. Oder es verbleibt, entsprechend § 18 GmbHG, bei den Grundsätzen gemeinschaftlicher Geschäftsführung und Vertretung (§ 2 0 3 8 Abs. 1 Satz 1 BGB) sowie gemeinschaftlicher Verfügung über Nachlaßgegenstände (§ 2 0 4 0 Abs. 1 BGB). Die Erbengemeinschaft mag dann im Geschäftsverkehr durch die Notwendigkeit des Zusammenwirkens aller sehr schwerfällig sein. Doch gelten die gleichen Grundsätze gemäß §§ 709 Abs. 1, 714 BGB auch im Recht der BGB-Gesellschaft.
5 4 7 SoergelJHadding, BGB 1 1 , § 7 0 5 , Rdn. 2 5 , § 7 2 7 , Rdn. 2 0 ; Baumbach/Hopf, H G B 2 ' , § 1 0 5 , Rdn. 2 9 ; HdbGR VHapplBrunkhorst, § 5, Rdn. 2 3 , § 4 1 , Rdn. 3 3 ; wie hier dagegen Flume, FS Raiser, S. 3 7 . 5 4 8 Für diese Lösung etwa Börner, AcP 1 6 6 , S. 4 4 0 f.
V. Die Einordnung anhand der konkreten Strukturmerkmale von Verbandsverfassungen
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Die GbR ist dennoch tauglicher Gründer einer Körperschaft. 549 Außerdem erkennt man die Handlungsfähigkeit einer Erbengemeinschaft unstreitig insoweit an, als die Erben eines Gesellschafters gemäß den §§ 1922, 2032 ff. BGB nach Auflösung des Verbandes gerade in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit als Miterbengemeinschaft Mitglieder der Liquidationsgesellschaft werden. 550 Ähnliches gilt für den Einwand, die auf Auflösung zielende Struktur der Erbengemeinschaft stehe ihrer Beteiligung an Gründungsgesellschaften entgegen. Dies unterstellt die herrschende Lehre im Falle werbender, personalistisch strukturierter Verbände. 551 Statuieren aber die §§ 18 GmbHG, 69 AktG, 77 Abs. 1 Satz 3 GenG ausdrücklich die Möglichkeit der Beteiligung an auf Dauer angelegten Korporationen, und ist die Möglichkeit der zeitlich nahezu unbegrenzten Fortführung eines einzelkaufmännischen Handelsgeschäfts durch eine Erbengemeinschaft anerkannt, 552 so fehlt es insoweit für die übrigen privatrechtlichen Verbände an sachlich legitimierenden Gründen für eine davon abweichende rechtliche Behandlung. Letztlich stünde ebensowenig wie im Recht der Personalgesellschaften 553 die mit der Beteiligung von Erbengemeinschaften verbundene Möglichkeit der Haftungsbeschränkung der Miterben der gebotenen unbeschränkten und grundsätzlich unbeschränkbaren persönlichen Gründerhaftung entgegen. Bereits dem Einzelerben stehen die Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung durch Nachlaßverwaltung, Nachlaßkonkurs- und Nachlaßvergleichsverfahren (§§ 1975 ff. BGB, 214 KO, 113 VerglO), die Schonungseinreden der SS 2014, 2015 BGB, das Aufgebotsverfahren ( S S 1970 BGB, 989 ff. ZPO) sowie die Einreden der S S 1989, 1990, 1992 BGB für (ererbte) Altverbindlichkeiten zur Verfügung. Dies wird auch durch die S S 27 Abs. 1, 139 Abs. 4, 173 HGB 554 als eigenständig haftungsbegründende Normen des Handels- und Gesellschaftsrechts bei der Vererbung einzelkaufmännischer Unternehmen oder von Personalgesellschafts-
549 Dies ist allgemein anerkannt seit den Grundsatzurteilen in BGHZ 78, 311 (313) für die GmbH-Gründung; BGHZ 116, 86 (87 f.) für die Genossenschaftsgründung sowie BGHZ 118, 83 (99) für die Gründung einer AG. 550 BGH, NJW 1995, S. 3315; BGH, NJW 1982, S. 171; Schlegelberger/KSc/Wi, HGB 5 , § 131, Rdn. 25; Heymann¡Emmerich, HGB 2 , § 131, Rdn. 19; Baumbach/Hopf, HGB 2 ', § 131, Rdn. 19; M ü n c h K o m m / U W , BGB3, § 727, Rdn. 10; Soergel/Hadding, BGB11, § 727, Rdn. 4; Brox, ErbR17, Rdn. 746; Kipp/Comg, ErbR14, S. 507. 551 So z.B. KölnKomm/Kra/f, AktG2, § 2 , Rdn. 27; M ü n c h K o m m / U W , BGB3, § 7 0 5 , Rdn. 69; Erman/Westermann, BGB', § 705, Rdn. 22; HdbGR I/Happ/Brunkhorst, § 5, Rdn. 23, § 41, Rdn. 33. 552 BGHZ 92, 259 (262 ff.); zusammenfassend Wolf, AcP 181, S. 481 ff.; Brox, ErbR17, Rdn. 745; kritisch Fischer, ZHR 144, S. 1 ff. 553 A.A. insoweit die ganz herrschende Lehre, etwa MünchKomm/U/mer, BGB3, § 705, Rdn. 69; HdbGR IIHapplBrunkhorst, § 41, Rdn. 33; Baumbach/Hopf, HGB 2 ', S 105, Rdn. 29; Soergel/Hadding, BGB11, § 727, Rdn. 20; entscheidend auf die Haftungsverfassung auch rekapitulierend John, Einmanngründung, S. 17. 554 Sofern man § 173 HGB für den Fall erbrechtlicher Gesamtrechtsnachfolge für anwendbar hält; vgl. zur Kontroverse einerseits Baumbach/Hopf, HGB 2 ', § 173, Rdn. 15 und andererseits Hey mannjEmmerich, HGB 2 , § 173, Rdn. 8 f.
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C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
anteilen entgegen der herrschenden Lehre 555 weder ausgeschlossen noch modifiziert. Bei einer Mehrheit von Erben gewährt § 2 0 5 9 Abs. 1 Satz 1 BGB bis zur Teilung des Nachlasses jedem Erben die auf den Anteil am Nachlaß begrenzte Haftung, oder aber, sollte der Miterbe für Nachlaßverbindlichkeiten bereits unbeschränkt haften, die Haftung mit dem Privatvermögen beschränkt auf den dem Erbteil entsprechenden Teil der Verbindlichkeit, § 2 0 5 9 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Abweichungen zum Recht des Einzelerben liegen demnach für den Fall des § 2 0 5 9 Abs. 1 Satz 1 BGB in der de lege lata bestehenden Einrede beschränkter Erbenhaftung (bei §§ 1975 ff. BGB muß der Erbe, will er die Einrede beschränkter Erbenhaftung geltend machen, dagegen erst Nachlaßverwaltung oder -konkurs herbeiführen) bzw. im Fall des § 2 0 5 9 Abs. 1 Satz 2 BGB in der vom Grundsatz gesamtschuldnerischer Miterbenhaftung (§ 2058 BGB) abweichenden persönlichen Haftung pro rata. Diese beiden Besonderheiten (sowie das private Aufgebotsverfahren des § 2 0 6 1 BGB) vermögen indes den Ausschluß einer Erbengemeinschaft von Gründungsverbänden nicht zu rechtfertigen. Entscheidend ist, daß das ursprüngliche Haftungsobjekt, das Vermögen des Erblassers, erhalten bleibt und den Altgläubigern zur Berichtigung ihrer Forderungen ohne Einschränkung zur Verfügung steht. Dies gewährleistet § 2 0 5 9 Abs. 2 BGB ebenso wie die §§ 1975 ff. BGB. Den Gläubigern geschieht, beschränkt man sich auf Altverbindlichkeiten, insoweit kein Unrecht; auf eine Erweiterung des Haftungsfonds um das Privatvermögen der Erben können sie billigerweise nicht spekulieren. Insoweit gebietet das Gesellschaftsrecht keine vom Erbrecht abweichende, prinzipiell unbeschränkte Haftung mit dem gesamten Eigenvermögen. Entscheidend gegen eine Gründerstellung von Erbengemeinschaften spricht allerdings deren lediglich vermögensrechtliche, nicht aber personenbezogene Struktur. Gemäß §§ 2 0 3 3 Abs. 1 Satz 1, 2 0 4 2 Abs. 1 BGB kann jeder Miterbe jederzeit die Auseinandersetzung der Gesamthand verlangen sowie über seinen Anteil an der Erbengemeinschaft verfügen. Insbesondere diesen freien Mitgliederwechsel unabhängig von einem Einverständnis der übrigen Mitgesellschafter wertet die herrschende Lehre aber im Gründungsstadium - wie bereits anhand der den Mitgesellschaftern entstehenden Risiken gezeigt wurde, zu Recht - als grundsätzlich interessenwidrig und damit unangemessen. 55 '' Die Beteiligung an der Vor-GmbH ist jedenfalls insoweit keine rein vermögensrechtliche, vielmehr eine (Arbeits- und) Haftungsgemeinschaft, auf die die Erbengemeinschaft gerade nicht zugeschnitten ist. 557 Gegen das Einrücken Fremder in
5 5 5 Vgl. etwa Baumbach/Hopi, HGB 2 ', § 27, Rdn. 1, 4, § 139, Rdn. 4 6 (a.E.); Heymann/Emmerich, HGB 2 , § 27, Rdn. 11, § 139, Rdn. 50; GemKomm/NicM, HGB 5 , § 27, Rdn. 6; Börner, AcP 166, S. 4 3 6 ; Brox, ErbR 17 , Rdn. 629 ff.; Ebenroth, ErbR, Rdn. 1 0 9 7 ff.; Kipp/Coing, ErbR 14 , S. 511 f.; Lange/Kuchinke, ErbR 4 , S. 1139 ff.; im Ergebnis für § 2 7 HGB wie hier dagegen Canaris, Vertrauenshaftung, S. 187 i.V.m. 183 ff. 5 5 6 Voraussetzung für diese Argumentation ist allerdings, daß man mit der nahezu einhelligen Meinung die Erbengemeinschaft selbst nicht personifiziert. Nur dann wird jeder Miterbe selbst Mitglied des Gründerverbandes, wenn auch in einer besonderen, gesamthänderischen, Verbindung zu den anderen Miterben; vgl. Abschnitt C., Fn. 540. 55 Bezüglich der persönlichen Haftungsrisiken unterscheidet sich die gemeinschaftliche Beteiligung im Gründungsstadium ganz wesentlich von der Beteiligung an der entstandenen GmbH;
V. Die Einordnung anhand der konkreten Strukturmerkmale von Verbandsverfassungen
183
den Gründerverband schützt das Vorkaufsrecht des § 2034 BGB allein die Miterben nicht in ausreichendem Maße. Diesem Einwand kann man nicht dadurch entgehen, daß man unter Modifizierung der SS 2032 ff. BGB den Miterben das Recht zur Übertragung des Erbanteils vorenthält. 558 Denn die Erbengemeinschaft ist eine kraft Gesetzes entstehende Zwangsgemeinschaft, was mit besonderen Nachteilen für jeden der Miterben verbunden sein kann. Bezüglich der Nachlaßverwaltung unterscheiden die S S 2032 ff. nicht zwischen einem Innen- und einem Außenverhältnis. Der Begriff der „Verwaltung" erfaßt daher neben Akten der Willensbildung der Gesamthand die zum Vollzug des gemeinsamen Willens notwendigen Ausführungshandlungen, insbesondere Verpflichtungsgeschäfte sowie Verfügungen über Nachlaßgegenstände. Vorbehaltlich abweichender Bestimmungen des Erblassers oder Vereinbarungen der Miterben bestimmt die Stimmenmehrheit der Miterben über die „ordnungsgemäße Verwaltung" des Nachlasses (SS 2038 Abs. 2 Satz 1, 745 Abs. 1 BGB) 559 und damit über alle Geschäfte, die nach Beschaffenheit des betroffenen Gegenstandes und (objektiviertem) Interesse der Miterben billigem Ermessen entsprechen. 560 Darüber hinaus statuieren die S S 2039, 2038 Abs. 1 Satz 2 BGB Einzelverwaltungsbefugnisse eines jeden Miterben. Rechtsgeschäftliches Handeln der Mehrheit oder einzelner zur Verwaltung des Nachlasses führt aber zur Verpflichtung aller Miterben und damit - soweit nicht erkennbar allein für den Nachlaß gehandelt wurde - in der Regel zu deren unbeschränkter Haftung auch mit dem Privatvermögen. 561 Für jeden Miterben können so, u.U. entgegen seinem Willen und außerhalb seiner Veranlassung, unbegrenzte Haftungsrisiken entstehen. Dies widerspricht der allseits anerkannten zivilrechtlichen Prämisse, daß eine persönliche und unbeschränkte Haftung nur dort in Betracht kommt, wo maßgeblich Einfluß auf den Entstehenstatbestand der Haftung ausgeübt werden konnte. Eine sofortige Loslösung des einzelnen von der Gesamthand muß also möglich bleiben. Das Auflösungsrecht des S 2042 Abs. 1 BGB allein schützt die Miterben allerdings nicht in genügendem Maße, da es nur repressiv, nicht aber präventiv wirkt und sich die Auseinandersetzung über einen längeren Zeitraum hinziehen kann. Nur in Verbindung mit dem Veräußerungsrecht des § 2033 Abs. 1 Satz 1 BGB bildet es ein angemessenes Korrelat für die Möglichkeit einer Herrschaft der Mehrheit mit den Folgen a.A. etwa Baumbach/Hueck/H«ecè, GmbHG 16 , § 1, Rdn. 32; MünchKomm/D«iz, BGB3, § 2032, Rdn. 16. 558 So aber z.B. Börner, AcP 166, S. 442 ff. 559 Umstritten ist, ob Mehrheitsmaßnahmen nur das Innenverhältnis (so z.B. Jülicher, AcP 175, S. 147 ff.) oder auch das Vertretungsrecht (so die herrschende Lehre: BGHZ 56, 47 (50); Kipp/ Coing, ErbR14, S. 614; Ebenroth, ErbR, Rdn. 763) betreffen. Allerdings verneint die überwiegende Meinung die Möglichkeit von Verfügungen durch eine Mehrheit von Erben als Akte „ordnungsgemäßer Verwaltung". Vorbehaltlich der Verfügungen als Maßnahmen der Notverwaltung bedarf es dazu stets der Mitwirkung aller Miterben: Brox, ErbR17, Rdn. 484; Lange/Kuchinke, ErbR4, S. 1068 f.; a.A. etwa Kipp/Coing, ErbR14, S. 614; Ebenroth, ErbR, Rdn. 765. 560 Vgl. dazu etwa Brox, ErbR17, Rdn. 467, 469; Lange/Kuchinke, ErbR14, S. 1049; Ebenroth, ErbR, Rdn. 752. 561 Mehrheitliche Erbenbeschlüsse werden auch durch § 18 GmbHG nicht ausgeschlossen: OLG Karlsruhe, GmbHR 1995, S. 826; Goette, DStR 1995, S. 1397; a.A. Staudinger/WWr, BGB13, § 2032, Rdn. 23.
C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
184
persönlicher, unbegrenzter Haftung. Von Personalgesellschaften unterscheidet sich diese Situation ganz wesentlich. Zum einen beruhen diese auf rechtsgeschäftlicher Grundlage und damit auf dem übereinstimmenden Willen der Beteiligten. Zum anderen ändert sich die innere Ordnung der Personalgesellschaften ab ihrer Auflösung insofern, als nunmehr alle Gesellschafter gemäß §§ 730 Abs. 2 Satz 2 BGB, 146 Abs. 1 Satz 1, 150 Abs. 1 HGB nur gemeinsam zur Liquidation des Verbandes berufen sind. Entspricht die Interessenlage insoweit dem Personalgesellschaftsrecht, so muß auch bei den hier in Rede stehenden Gründungsgesellschaften der Tod eines Mitgliedes in der Regel zur Auflösung des Verbandes führen. 562 Besteht ein Interesse der übrigen Gesellschafter am Erhalt der geschaffenen wirtschaftlichen Werte, so können sie die Gründung der angestrebten Gesellschaft durch Beschluß fortsetzen, nur müssen sie dies eben nicht. Die Rechtsstellung des Gründers einer Körperschaft ist grundsätzlich nur dann vererbbar, wenn dies der Gründungsvertrag vorsieht. Eine derartige Abrede, die sich selbstverständlich auch aus den Umständen ergeben kann, bedarf nicht der Form des § 2 GmbHG, da es sich nicht um eine obligatorische oder fakultative korporative Abrede der GmbH-Satzung handelt, sondern vielmehr um eine Regelung der Rechtsverhältnisse ausschließlich im Gründungsstadium. Geht die Gründerstellung vor Eintragung des Verbandes in das Handelsregister auf mehrere Erben über, so ergibt sich nicht etwa eine einheitliche Stammeinlage der Erbengemeinschaft, sondern es entstehen vielmehr gesonderte Stammeinlagen und dementsprechend Geschäftsanteile der einzelnen Erben. 563 Auch die herrschende Lehre, die die Auflösung der Vorgesellschaft bei Tod eines Gründers grundsätzlich ablehnt, trägt dem personenbezogenen Charakter letztlich Rechnung. Danach kann zum einen der Tod eines Gründers einen „wichtigen Grund" für die Auflösung des Verbandes 564 durch die Mitgesellschafter und den Erben des Verstorbenen bilden. 565 Nur ist dieses Auflösungsrecht, generell dem Gründungsrecht körperschaftlicher Verbände unterstellt, strukturwidrig. Denn man billigt es jedem einzelnen Mitgründer zu (versteht die Einwirkungsmöglichkeit also nicht als Minder562 So auch OLG Oldenburg, BB 1955, S. 713; Salinger, Vor-GmbH, S. 12; Merkert, BB 1951, S. 323; eingeschränkt auch GodinfWilhelmi, AktG4, § 29, Anm. 5 (unvererbliche Gründerstellung wegen Höchstpersönlichkeit, Rechtsfolge soll aber eine Fortsetzung unter den übrigen Gründern sein); unentschlossen BGHZ 78, 311 (315). 563 So auch Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff/EcfejrJi, AktG, § 2, Rdn. 24; John, Einmanngründung, S. 17 f.; Hettrich/Pöhlmann, GenG, § 15, Rdn. 6 i.V.m. § 77, Rdn. 9; Lang/ Weidmüller/Metz/Schaffland/Sefca/jííwá, GenG, § 15, Rdn. 6 i.V.m. § 77, Rdn. 7, sowie, beschränkt auf die originäre Gründung mit einer Erbengemeinschaft, KölnKomm/fCrij/i, AktG2, § 2, Rdn. 27 f.; F.Scholz, GmbHR 1956, S. 18. 564 Umstritten ist dabei, ob die Auflösung durch Kündigung (so z.B. Hachenburg/Li/wer, GmbHG 8 , § 1 1 , Rdn. 40; Rittner, werdende juristische Person, S. 348) oder entstprechend dem Recht der Handelsgesellschaften (§§ 133 Abs. 1 HGB, 61 Abs. 1 GmbHG) durch Auflösungsklage (etwa Scholz/K.Schmidt, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 42 i.V.m. 55) vorzunehmen ist. Zu beachten sind allerdings die sich mit dem Handelsrechtsreformgesetz von 1998 ergebenden Modifikationen für Personalhandelsgesellschaften. 565 KölnKomm/JCra/ί, AktG2, § 4 1 , Rdn. 31; Hachenburg/U/mer, GmbHG 8 , § 1 1 , Rdn. 40; Baumbach/Hueck/H«ec¿, GmbHG 16 , § 11, Rdn. 26; Scho\/JK.Schmidt, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 42;
Rittner,
w e r d e n d e j u r i s t i s c h e P e r s o n , S. 3 4 8 .
V. Die Einordnung anhand der konkreten Strukturmerkmale von Verbandsverfassungen
185
heitenschutzrecht), man berücksichtigt Gründe, die regelmäßig allein in der Person der Erben als Neugesellschafter liegen (dies beides weicht wesentlich von § 61 GmbHG ab) und man statuiert als Rechtsfolge die Auflösung der Gesellschaft, nicht hingegen den Austritt oder Ausschluß des Betroffenen aus dem Gründungsverband. Man ersetzt so das eine (regelmäßig Auflösung des Verbandes bei Tod eines Gesellschafters) nur durch ein anderes personalgesellschaftsrechtliches Strukturmerkmal (persönliche Gründe können einer fortdauernden Zusammenarbeit entgegenstehen, so daß jedem Gesellschafter die Auflösung des Verbandes aus diesen Gründen möglich sein muß). 566
c)
Der Ausschluß aus wichtigem Grund
Das Recht, ein Mitglied aus wichtigem Grund aus dem (fortbestehenden) Verband auszuschließen, statuiert das Gesetz ausdrücklich im Personalgesellschaftsrecht. Gemäß §§ 140, 567 161 Abs. 2 HGB kann ein Gericht auf Antrag der übrigen die Ausschließung eines Gesellschafters aussprechen, wenn in dessen Person ein zur Auflösung der Personalhandelsgesellschaft berechtigender Umstand im Sinne des § 133 Abs. 2 HGB eintritt. Die SS 705 ff. BGB weichen davon in zweierlei Hinsicht ab. Für den zwangsweisen Verlust der Mitgliedschaft in Gesellschaften bürgerlichen Rechts genügt nach § 737 Satz 2 und 3 BGB ein Beschluß der übrigen Gesellschafter und eine Erklärung gegenüber dem Betroffenen. Allerdings stellt § 737 Satz 1 BGB568 die Möglichkeit eines Gesellschafterausschlusses unter die Bedingung einer gesellschaftsvertraglich vereinbarten Fortsetzungsklausel im Falle der Kündigung durch einen Gesellschafter. Diese Einschränkung ist, gemessen am Sinn der Regelung, zu eng. Auch die Protokolle zum BGB verstehen diese Vereinbarungen nur als Ausdruck des allgemeinen Willens, den Verband trotz personeller Veränderungen fortführen zu wollen. 569 Immer dann, wenn anhand jedweder Indizien ein derartiger Fortsetzungswille der Gesellschafter erkennbar ist, muß ein zwangsweiser Verlust der Mitgliedschaft möglich sein. 570 Bei unternehmerisch tätigen Gesellschaften bürgerlichen Rechts entspricht die Situation weitgehend der bei o H G und KG. In diesen Fällen wird dem Fortsetzungsinteresse der übrigen Gesellschafter gegenüber dem Auflösungsinteresse des Ausscheidenden Vor-
566 Dieses Kündigungsrecht aus wichtigem Grund billigt man den Gesellschaftererben bzw. den Mitgesellschaftern bei Fortsetzungsklausel in Personengesellschaften zu: MünchKomm/U/mer, BGB3, § 727, Rdn. 24. 567 Da der Gesetzgeber eine Einmann-Personalgesellschaft für unmöglich hielt, ist dies in zweigliedrigen Personalgesellschaften als Recht zur Übernahme und alleinigen Fortführung des Unternehmens durch den verbleibenden Gesellschafter ausgestaltet. 568 Für die zweigliedrige GbR gilt das Recht der oHG nach ganz herrschender Lehre analog: BGHZ 32, 307 (315 ff.); M ü n c h K o m m / l / W , BGB3, § 730, Rdn. 56 ff.; SoergelJHadding, BGB", § 730, Rdn. 20; Grunewald, Ausschluß, S. 33 f. 569 Protokolle zum BGB, Band II, S. 444; vgl. auch die sachlich weitere Formulierung des ersten Antrages zu § 657 des I. Entwurfs auf S. 443. 570 So auch Grunewald, Ausschluß, S. 32 f.; MünchKomm/U/mer, BGB3, § 737, Rdn. 6. A.A. die herrschende Lehre: SoergelJHadding, BGB11, § 737, Rdn. 3; Erman/Westermann, BGB', S 737, Rdn. 1; RGRKJv.Gamm, BGB12, § 737, Rdn. 6; Staudinger/Keßler, BGB12, § 737, Rdn. 3.
186
C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
rang einzuräumen sein. Insoweit besteht die Möglichkeit des Ausschlusses allgemein ohne bestimmte gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen. 571 Demgegenüber kennt das Körperschaftsrecht nur vereinzelt spezielle Ausschlußregelungen. Im GenG sind dies die §§ 6 7 Abs. 2, 68 Abs. 1 Satz 1 und 68 Abs. 1 Satz 2 . Das Kapitalgesellschaftsrecht ermöglicht im Falle nicht rechtzeitiger Einzahlung von Einlagen den Ausschluß der säumigen Gesellschafter, SS 21 Abs. 2, 2 7 Abs. 1 Satz 2, 2 8 Abs. 1 Satz 1 GmbHG, 6 4 Abs. 3 AktG, sowie bei entsprechenden Satzungsregelungen die Einziehung von Gesellschaftsanteilen, §§ 3 4 Abs. 1 GmbHG, 2 3 7 Abs. 1 Satz 2 AktG (nur im Rahmen einer Kapitalherabsetzung). 572 Darüber hinaus ist zumindest für den Verein 573 und die GmbH 5 7 4 die generelle Möglichkeit eines zwangsweisen Ausschlusses von Gesellschaftern allgemein anerkannt. Gleiches muß für die Genossenschaft 575 und die AG 5 7 6 gelten. Denn entgegen der herrschenden Meinung 577 folgt das Recht zum Ausschluß von Gesellschaftern primär nicht aus dem allgemeinen Rechtsgedanken, daß Rechtsverhältnisse von längerer Dauer aus besonderem Grund vorzeitig lösbar sind. Allein von diesem Standpunkt aus könnte eine zwar über die SS 7 3 7 BGB, 1 4 0 HGB hinausgehende, aber auf die (gegenüber dem Verein und der AG personalistischere) GmbH beschränkte Anwendung des Rechtsinstituts gerechtfertigt sein. 578 Das Recht zum Ausschluß von Gesellschaftern aus wichtigem Grund dient auch nicht - da es auch auf Gesellschaften mit
5 7 1 Wie hier K.Schmidt, GR 3 , S. 1726; HdbGR l/Piehler, § 13, Rdn. 7, 9; zur Legitimation vgl. bereits Abschnitt C., Fn. 477. 5 7 2 Bei der Amortisation unter Zustimmung des Betroffenen handelt es sich nicht um einen zwangsweisen Ausschluß. Zum Streit, ob die §§ 320a Satz 1, 320b Abs. 1 Satz 2 AktG einen Ausschlußtatbestand enthalten: Reinisch, Ausschluß, S. 25 ff. 5 7 3 Reichert/v.Look/y.Loofc, VR 6 , Rdn. 1611; Stöber, VR 7 , Rdn. 700; MünchKomm/Reater, BGB 3 , § 38, Rdn. 27 ff.; Soergel/Hadding, BGB 12 , § 39, Rdn. 14; K.Schmidt, GR 3 , S. 719. 5 7 4 Hachenburg/Ulmer, GmbHG8, Anh. S 34, Rdn. 3; Scholz/Wïwfcr, GmbHG8, § 15, Rdn. 130; Kowedder/Rowedder, GmbHG3, § 34, Rdn. 39; Baumbach/Hueck/Hwed:, GmbHG16, Anh. § 34, Rdn. 1; Lutter/Homme Ihoff, GmbHG14, § 34, Rdn. 26; Roth/Altmeppen! Altmeppen, GmbHG3, § 60, Rdn. 35; K.Schmidt, GR 3 , S. 1060 ff. 575 KMüller, GenG, § 68, Rdn. 12; Hettrich/Pöhlmann, GenG, § 68, Rdn. 10; a.A. Menzel, Ausschluß, S. 127 ff.; Lang/Weidmüller/Metz/Schaffland/Sc/7a//Zra?wm, BGB 3 , § 167, Rdn. 68; Soergel/Leptien, BGB 12 , § 167, Rdn. 4 0 ; Staudiaeet/Schilken, BGB 13 , § 167, Rdn. 83. 8 5 6 MünchKomm¡Schramm, BGB 3 , § 168, Rdn. 40, § 167, Rdn. 88a; Soergel/Leptien, BGB 12 , § 168, Rdn. 2 8 ; Staudinger/Schilken, BGB 13 , § 168, Rdn. 15; Flume, BGB AT II4, S. 883 f.; a.A. Gemhuber, J Z 1995, S. 381 ff. Zumindest primär dient § 137 Satz 1 BGB allerdings nicht dem Schutz des sich Verpflichtenden, sondern dem Schutz der Zwangsvollstreckung sowie der Wahrung des numerus clausus der dinglichen Rechte. Vgl. zu diesem Verständnis der Norm auch MünchKomm/Mayer-Ma/y, BGB 3 , § 137, Rdn. 2 ff.; Soergel/He/emieW, BGB 12 , § 137, Rdn. 1; Staudinger/KöWer, BGB 13 , § 137, Rdn. 1 ff. 8 5 7 MünchKomm/Scfcramm, BGB 3 , § 167, Rdn. 89; Staudinger/ScWfe«, BGB 13 , § 168, Rdn. 15; Flume, BGB AT II4, S. 8 8 4 f.
248
C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
insbesondere die Erteilung nicht nur den Interessen des Bevollmächtigenden dient. 858 Aber auch die unwiderruflich erteilte Vollmacht kann zumindest aus wichtigem Grund (entsprechend der Kündigung von Dauerschuldverhältnissen) entzogen werden. 859 Dagegen ist die Generalvollmacht, die dem Vollmachtnehmer unbeschränkte, wenn auch im Innenverhältnis stets an Weisungen anbindbare 860 Rechtsmacht für alle den Vollmachtgeber betreffenden Angelegenheiten verschafft, nach zutreffender Ansicht ohne Einschränkungen widerruflich (§§ 5 2 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB) und der zugrunde liegende Geschäftsbesorgungsvertrag jederzeit kündbar. 861 Für eine über das Recht der Stellvertretung hinausgehende Fürsorge der Rechtsordnung bei Personenzusammenschlüssen besteht nun weder Anlaß noch Legitimation. 862 Legt man deshalb die Grenzen der § § 1 6 4 ff. B G B auch der Bestellung von Organpersonen zugrunde, ist die Verlagerung der institutionalisierten Rechtsmacht an Dritte in dem hier angenommenen Umfang rechtlich zulässig. Ein Unterschied zur Einzelvertretungsmacht besteht nur insoweit, als der Geschäftsherr allein Weisungen erteilen und die Bestellung zum Vertreter widerrufen kann. Doch eine solche Abhängigkeit eines Gesellschafters vom Willen der übrigen Beteiligten nimmt das Gesetz auch im Recht der Personalgesellschaften hin. Außerdem wird ein derartiger reduzierter Einfluß durch Widerspruchsrechte eines jeden Gesellschafters gegen die Vornahme konkreter Geschäfte sowie das Kündigungsrecht, dessen angedrohte Ausübung (da zur Auflösung der Vorgesellschaft führend) schon die Mitgesellschafter bewegen wird, auf die Belange des Gründers angemessen Rücksicht zu nehmen, hinreichend kompensiert. Letztendlich zeigt das Recht der Personalgesellschaften selbst, daß eine über das Vertretungsrecht hinausgehende Einschränkung der Privatautonomie nicht gewollt ist. So hat das Verbandsmitglied bei vertraglich begründeter ( § 7 1 0 Satz 1 B G B ) oder kraft Gesetzes bestehender (§ 115 Abs. 1 HGB) Einzelgeschäftsführungsbefugnis und grundsätzlich unbeschränkter Vertretungsmacht des Handelnden trotz unmittelbarer und persönlicher Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft keinen unmittelbaren 858 MänchKommJ Schramm, BGB3, § 168, Rdn. 32; Soergel/Lepi/'e», BGB12, § 168, Rdn. 22; Staudinger/ScMfceK, BGB13, § 168, Rdn. 8, 12; Paland¡¡Heinrichs, BGB57, § 168, Rdn. 6; noch enger Flume, BGB AT II4, S. 879 f. 859 MünchKommJSchramm, BGB3, § 168, Rdn. 39; Soergel/Lepfiew, BGB12, § 168, Rdn. 26; Staudinger/Schilken, BGB13, § 168, Rdn. 14; Palandt/Hemric/w, BGB57, § 168, Rdn. 6; Flume, BGB AT II4, S. 881 f., 885. 860 Zum Zusammenhang interner Autonomie (keine Bindung an Weisungen) und gesicherter Organposition im Außenverhältnis (nur aus wichtigem Grund widerrufbar) John, Rechtsperson, S. 185. 861 Heymann/Emmerich, HGB2, § 114, Rdn. 28; SoergelJLeptien, BGB12, § 168, Rdn. 25; Staudinger/Schilken, BGB13, § 168, Rdn. 9; Flume, BGB AT II4, S. 880; Huber, ZHR 152, S. 18, 19 f.; John, Rechtsperson, S. 285; a.A. Baumbach/Hopi, HGB2', § 114, Rdn. 25; RGRK¡Steffen, BGB12, 168, Rdn. 3. 862 Zumal es, wie gezeigt, genügend legitime Gründe für die Gesellschafter gibt, die Geschäfte nicht selbst zu führen, ohne dai? man die Verbandsmitglieder zwingend an das Körperschaftsrecht verweist; in diesem Sinne auch Raiser, AcP 194, S. 508 f.; Helm/Wagner, BB 1979, S. 226, 233; Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 120; K.Schmidt, GR3, S. 420; Beuthien, ZIP 1993, S. 1596; Helm/Wagner, BB 1979, S. 233; Huber, ZHR 152, S. 17; genau gegensätzlicher Meinung Reuter, FS Steindorff, S. 234; a.A. auch Flume, FS Raiser, S. 45.
V. Die Einordnung anhand der konkreten Strukturmerkmale von Verbandsverfassungen
249
Einfluß auf die Verwaltungsmaßnahmen der Mitgesellschafter. Das jedem Gesellschafter zustehende Widerspruchsrecht, §§ 711 Satz 1 BGB, 115 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB, entfaltet allein im Innenverhältnis Rechtswirkungen. Sind darüber hinaus einzelne Gesellschafter zugunsten der übrigen vollständig von der Verwaltung des Verbandes ausgeschlossen, können sie außerhalb der allgemeinen Schutzrechte der § § 7 1 6 BGB, 118, 166 HGB überhaupt keinen Einfluß auf die Führung der Geschäfte nehmen. Die Gesellschafter sieht man allerdings dadurch geschützt, daß der Handelnde als Verbandsmitglied grundsätzlich die gleichen Interessen wie sie verfolgt und von der eigenen Tätigkeit selbst betroffen wird. 863 Doch steht dem ein Fremdorgan nicht nach. Auch der Dritte hat ein Interesse am Erhalt der geschaffenen Position, da deren Erträge zumindest zu seinem Lebensunterhalt beitragen. Als Geschäftsführer ist er ebenso wie ein Gesellschafter entsprechend dem allgemeinen Grundsatz der § § 2 7 Abs. 3, 713 BGB, 116 Abs. 2 HGB auf den Verbandszweck verpflichtet. 864 Außerdem wird das Fremdorgan durch die Handelndenhaftung der §§ 54 Satz 2 BGB, 41 Abs. 1 Satz 2 AktG, 11 Abs. 2 GmbHG (ohne Rückgriffsmöglichkeit) und die Regreßrisiken aus dem organschaftlichen Bestellungsakt (§§ 93 Abs. 2 AktG, 43 Abs. 2 GmbHG, 34 Abs. 2 GenG analog) sowie dem schuldrechtlichen Anstellungsvertrag (positive Vertragsverletzung) diszipliniert. Haften die geschäftsführenden Gesellschafter nach der gesetzlichen Regel der §§ 708 BGB, 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB insoweit nur für eigenübliche Sorgfalt, hat der Fremdgeschäftsführer für jede schuldhafte Pflichtverletzung einzustehen. Der Schutz der Mitgesellschafter und des Rechtsverkehrs vor unredlicher oder riskanter Geschäftsführung wird allein durch ein eng ausgelegtes Prinzip der Selbstorganschaft nicht erhöht. 865 Im Gegenteil versperrt dieses Verständnis die Möglichkeit, geschäftserfahrenes Personal mit der organschaftlichen Führung des Verbandes zu betrauen und zwingt die Gründer, gleichwertige Ersatzkonstruktionen zu wählen. 866 Im Ergebnis läßt sich festhalten, daß Vorgesellschaften zu Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit begrenzter Haftung, Genossenschaften und Vereinen anders als diese von der Selbstorganschaft beherrscht werden. Dies folgt aus der im Ergebnis unbegrenzten Einstandspflicht der Gründer für die Verbindlichkeiten des Verbandes vor Eintragung und der Pflicht zur persönlichen Mitarbeit an der Gründung der juristischen Person. Allerdings ist dieses Prinzip ebenso wie in Personalgesellschaften weit auszulegen. Dritte können zu Geschäftsführern bzw. Vorständen bestellt und mit organschaftlicher Rechtsmacht ausgestattet werden, solange die (haftenden) Gesellschafter umfassenden Einfluß auf die Geschäftsführung und die Bestellung des Handelnden haben (keine zwingende Gewaltenteilung zwischen Gesellschafterversammlung und Geschäftsführung im engeren Sinne, Weisungsrecht, nur einstimmige Bestellung, freie
863
Nachweise in Abschnitt C., Fn. 802. Vgl. allgemein zur Verpflichtung der Handlungsorganisation im engeren Sinn auf den Verbandszweck bereits oben den Text zu C.II.3. sowie Zinn, Selbstorganschaft, S. 89 f. 865 So auch Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 119; Grunewald, GR2, S. 24; Helm/Wagner, BB 1979, S. 232 f.; a.A .John, Rechtsperson, S. 287. 866 Zu den vielfältigen, auch von der herrschenden Lehre anerkannten Ersatzkonstruktionen zusammenfassend Zinn, Selbstorganschaft, S. 34 ff., 102 ff. 864
250
C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
Abberufungsmöglichkeit) und jederzeit zur gesetzlichen Idealstruktur zurückkehren können.
b)
Der Umfang von Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht der Geschäftsführer bzw. Vorstände im Gründungsstadium
Es entspricht regelmäßig dem Interesse der Gründer, daß die Geschäfte der Vorgesellschaft von Personen geführt werden, denen die laufende Verwaltung der eingetragenen Körperschaft obliegt. Hinsichtlich des Umfangs der Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht für die Vorgesellschaft selbst 867 bestehen nach überwiegender Ansicht allerdings Unterschiede: Die Rechtsmacht der Handlungsorganisation soll bis zur Eintragung auf die zur Entstehung des angestrebten Verbandes notwendigen Geschäfte beschränkt sein. 868 Da die Bestimmung der Handlungsbefugnisse aber im Belieben der Gründer stehe, könnten diese bereits durch den Gesellschaftsvertrag oder aber durch spätere, ausdrücklich oder konkludent gefaßte Gesellschafterbeschlüsse mit dem Zweck des Gründerverbandes in beliebigem Umfang bis hin zu der durch das Vereins-, Aktien-, GmbH- und Genossenschaftsrecht den Organen eingeräumten Rechtsstellung erweitert werden. 869 Derartige Vereinbarung seien in der Regel bei Sacheinlagen anzunehmen, da diese über den im Gesetz ausdrücklich festgelegten Gründungsaufwand hinaus wirtschaftlich notwendige, bestands- oder werterhaltende Geschäfte erforderten. Insbesondere bei im Wege der Sachgründung eingebrachten, werbend tätigen Unternehmen wollten die Gründer dessen ununterbrochene Fortführung, was eine Erweiterung der Organkompetenzen erfordere. Anderer Ansicht sind vor allem diejenigen, die den Zweck des Gründungsverbandes mit dem der eingetragenen Körperschaft in eins setzen. 870 Während man bezüglich der Geschäftsführungsbefugnis den durch die herrschende Lehre vorgenommenen Diffe-
867 Zur Frage, ob den Geschäftsführern des Gründungsstadiums zugleich Rechtsmacht für die erst später mit Eintragung entstehende Körperschaft zukommt, siehe im folgenden die Einleitung unter D.I. 868 OLG Hamm, W M 1985, S. 659; BGHZ 80, 129 (139); RGZ 143, 368 (372); Hachenburg/ Ulmer, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 5 4 (wenngleich typisierend); Roweddei/Rittner/Schmidt-Leithoff, GmbHG 3 , § 11, Rdn. 83; Weyrich, Vorgesellschaft, S. 27; Baritsch, Vor-GmbH, S. 14; Salinger, Vor-GmbH, S. 19; Kempermann, Gründungsgesellschaft, S. 93, 99; Flume, FS Geßler, S. 36; Hueck, FS 100 Jahre GmbHG, S. 156 f.; Beuthien, NJW 1997, S. 566 f.; Wiegand, BB 1998, S. 1071; Lachmann, NJW 1998, S. 2264; Knoche, Vor-GmbH, S. 2 4 ff. 869 A.A. für die Vor-AG noch Geßler/Hefemehl/Eckardt/Kropff/Ecfcjnft, AktG, § 29, Rdn. 25, § 41, Rdn. 14 f. 870 Vgl. dazu den Text oben unter D.I.2.b.aa. und D.I.2.b.bb. Ein zum Teil bei den Vertretern dieser Ansicht feststellbarer Widerspruch läßt sich an Kempermann, Gründungsgesellschaft, zeigen: Während er auf S. 27 ff. von einem auf Dauer angelegten Gründerverband ausgeht, der deshalb nicht auf einen begrenzten Zweck angelegt sei, stellt er auf S. 93 fest, daß der Zweck der Vorgründungsgesellschaft auf die Entstehung der künftigen juristischen Person beschränkt sein müsse, da man nur so zum richtigen Ergebnis begrenzter Vertretungsmacht komme.
V.
Die Einordnung anhand der konkreten Strukturmerkmale von Verbandsverfassungen
251
renzierungen folgt, 871 räumt man der Handlungsorganisation entsprechend den §§ 2 6 Abs. 2 Satz 1 BGB, 78 Abs. 1, 8 2 Abs. 1 AktG, 35 Abs. 1, 37 Abs. 2 Satz 1 GmbHG, 24 Abs. 1, 2 7 Abs. 2 Satz 1 GenG unbeschränkte und - abgesehen vom Vereinsrecht (§ 2 6 Abs. 2 Satz 2 BGB) - unbeschränkbare Vertretungsmacht ein. 872 Zur Begründung verweist man auf die tatsächliche und rechtliche Identität von Vorgesellschaft und angestrebtem Verband 873 sowie den Wegfall des Vorbelastungsverbotes, was eine Beschränkung der Vertretungsmacht jedenfalls im Interesse der Kapitalerhaltung bei Körperschaften entbehrlich mache. 874 Allein eine weite Rechtsmacht der Geschäftsführer bzw. Vorstände entspreche den Interessen der Gründer an einem sofort verkehrsfähigen und kreditwürdigen Verband. 875 Außerdem könne im Interesse des Verkehrsschutzes nicht dem Rechtsverkehr die unsichere Abgrenzung, was gründungsnotwendig sei und was nicht, aufgebürdet werden. 876 Wer arbeitsteilig wirtschafte und sich dazu eine Organisation dienstbar mache, dürfe das Risiko pflichtwidriger Geschäftsführung nicht auf den Geschäftspartner abwälzen. 877 Den Schutz der Gründer sieht man hinreichend berücksichtigt durch die interne Bindung des Handelnden an den Willen der Gesellschafter 878 sowie durch Haftungsbesonderheiten im Gründungsstadium. 879 Richtig ist, daß der Umfang der Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht der Handlungsorganisation nicht durch ein Vorbelastungsverbot für Gründungsgesellschaften (oder allgemein durch einen Unversehrtheitsgrundsatz) bestimmt wird. 880 Bis
8 7 1 A.A. Heberlein, GmbH vor Eintragung, S. 41 f., 4 7 (wobei allerdings der Ausschluß der persönlichen Gesellschafterhaftung für möglich gehalten wird), sowie Autenrieth, JA 1981, S. 3 9 6 . 8 7 2 Scholz/K.Schmidt, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 64; Raiser, Kapitalgesellschaften 2 , S. 2 9 0 ; Wetlinger, GesRZ 1996, S. 160; Derwisch-Ottenberg, Vor-GmbH, S. 116; Dressler, Vorgesellschaft, S. 4 3 ; Theobald, Vor-GmbH, S. 2 9 ff.; M.Scholz, Gründungsstadium, S. 2 9 ; Jäger, werdende GmbH, S. 81; Weimar, AG 1992, S. 71 ff. 873 Weilinger, GesRZ 1996, S. 160; Heberlein, GmbH vor Eintragung, S. 41 f.; Jäger, werdende GmbH, S. 79, 82. 8 7 4 Scholz/K Schmidt, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 64; Theobald, Vor-GmbH, S. 15 f.; Schäfer-Gölz, Vorbelastungsverbot, S. 91 ff.; Weimar, AG 1992, S. 72. 875 Theobald, Vor-GmbH, S. 3 1 ; Dressler, Vorgesellschaft, S. 4 3 ; Dregger, Vorgesellschaft, S. 82. 876 KMüller, GenG 2 , § 13, Rdn. 12a; Derwisch-Ottenberg, Vor-GmbH, S. 114; Dregger, Vorgesellschaft, S. 8 2 ; Dilcher, JuS 1966, S. 92; Theobald, Vor-GmbH, S. 3 0 ; M.Scholz, Gründungsstadium, S. 28 f.; Weimar, AG 1992, S. 71. 877 Raiser, Kapitalgesellschaften2, S. 2 9 0 ; Scholz/K.Schmidt, GmbHG 8 , § 1 1 , Rdn. 6 4 ; Theobald, Vor-GmbH, S. 23, 3 1 ; Dregger, Vorgesellschaft, S. 82. 878 Scholz!K.Schmidt, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 4 9 ; Dressler, Vorgesellschaft, S. 4 6 ; Weimar, AG 1992, S. 72. 879 Z.B. durch die Verneinung einer Differenzhaftung zum Eintragungszeitpunkt, den Ausschluß oder die Beschränkung der Gründerhaftung als Gesellschafter der Vorgesellschaft oder die Disziplinierung der Geschäftsführer durch den drohenden Binnenregreß: Derwisch-Ottenberg, Vor-GmbH, S. 115 f.; Schäfer-Gölz, Vorbelastungsverbot, S. 177; Jäger, werdende GmbH, S. 83; Weimar, AG 1992, S. 71 f. 8 8 0 So aber z.B. noch Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff/Ecfcirdf, AktG, § 29, Rdn. 25, § 41, Rdn. 14 f.; Kempermann, Gründungsgesellschaft, S. 90 ff., 96. Zu Recht dagegen bereits Büttner, Identität und Kontinuität, S. 144 f.
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C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
in die jüngere Zeit hinein versuchte man die Vermögensgrundlage des Vereins, der Aktiengesellschaft, der Gesellschaft mit beschränkter Haftung und der Genossenschaft im Interesse der Gläubiger und der Gesellschafter selbst dadurch zu schützen, daß man im Gründungsstadium eingegangene Verpflichtungen von der entstandenen Körperschaft fernhielt. Zum Teil beschränkte man dazu den Handlungsrahmen der Vorgesellschaften auf die gründungsnotwendigen Geschäfte, was wiederum durch eine darauf begrenzte Rechtsmacht der Organe gesichert wurde. Die eingeschränkten Geschäftsführungsbefugnisse sollten jedenfalls im Rahmen der Vorgesellschaft nicht erweiterbar sein. Betrieben oder billigten die Gründer Geschäfte, die über die zur Eintragung erforderlichen Handlungen hinausgingen, sollte sich der Gründerverband in eine unechte Vorgesellschaft umwandeln und als Personalgesellschaft vollständig außerhalb eines (besonderen) Gründungsrechts stehen. 8 8 1 M i t der Ablehnung dieser unechten Vorgesellschaft im überkommenen Sinn und der Anerkennung einer umfassenden Handlungsfreiheit der Gründer auch in Vorgesellschaften verlagerte sich der Ansatzpunkt für den Kapitalschutz weg von der Einschränkung der Handlungsbefugnisse hin zur Frage, welche Geschäfte gründungsnotwendig seien und welche Verbindlichkeiten auf die eingetragene Körperschaft übergehen sollten. Bereits damit entstand ein Begründungsdefizit für die Annahme, die Rechtsmacht der Handelnden sei grundsätzlich beschränkt. 8 8 2 In der Folgezeit wurde das Vorbelastungsverbot vollständig aufgegeben. 883 Die eingetragene Körperschaft steht nunmehr für alle durch die Vorgesellschaft eingegangenen Verbindlichkeiten ein. Allein der Wille der Gründer entscheidet über den Umfang, in dem der entstehende Verband am Geschäftsverkehr teilnimmt. Der nach wie vor notwendige Schutz des Rechtsverkehrs wird nicht mehr über einen Schutz des Verbandsvermögens (eine Beschränkung der Vorgesellschaft auf gründungsnotwendige Handlungen), sondern durch die Vorbelastungshaftung der Gründer gewährleistet. Eine Einschränkung von Organkompetenzen ist insoweit nicht erforderlich. Die Handlungsbefugnisse der Geschäftsführer bzw. Vorstände ergeben sich ebenfalls nicht aus einer nur formalen Berufung auf den (begrenzten oder mit der entstandenen Körperschaft identischen) Zweck der Vorgesellschaften. 8 8 4 Zwar beeinflußt der Zweck entscheidend die auf die Vergesellschaftung bezogenen Rechtsverhältnisse und damit auch die Kompetenzen der Verbandsorgane. 8 8 5 Vor allem ist die Maßgeblichkeit des Zwecks auch für die Vertretungsmacht der Organe im Außenverhältnis einer organisierten Rechtsperson kein Problem der im deutschen Gesellschaftsrecht abgelehnten ultra-vires-Doktrin. 8 8 6 Ausgeschlossen ist lediglich, daß die (abstrakte) Willens-, Nachweise in Abschnitt C., Fn. 52. Fiume, FS Geßler, S. 12; Derwisch-Ottenberg, Vor-GmbH, S. 107 f. 8 8 3 BGHZ 80, 129 (133 ff.); Ulmer, FS Ballerstedt, S. 287 ff.; ders., ZGR 1981, S. 593 ff.; Dregger, Vorgesellschaft, S. 45 ff.; Schäfer-Gölz, Vorbelastungsverbot, S. 78 ff.; Petersen, Spannungsverhältnis, S. 33; Derwisch-Ottenberg, Vor-GmbH, S. 85 ff. Siehe zur Diskussion im folgenden unter D.I.2.a.aa. 8 8 4 So aber z.B. BGHZ 80, 129 (139). 885 Wiedemann, GR I, S. 10 f., 183 f.; Lutter, AcP 180, S. 90; John, Rechtsperson, S. 79 f.; K.Schmidt, GR3, S. 68 f. 8 8 6 So aber Theobald, Vor-GmbH, S. 21; K.Schmidt, GR3, S. 221 f. 881 882
V. Die Einordnung anhand der konkreten Strukturmerkmale von Verbandsverfassungen
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Handlungs- und Rechtsfähigkeit eines Verbandes bereits von Rechts wegen durch dessen Zweck beschränkt wird. Davon zu trennen ist die (konkrete) Handlungsmöglichkeit der Geschäftsführer und die Frage, ob und in welchem Umfang das rechtliche „Dürfen" und „Können" durch die Gesellschafter bestimmt werden kann. Allerdings ist der Verbandszweck kein unumstößliches, den Beteiligten objektiv vorgegebenes Moment, sondern als (autonom gesetzte) Geschäftsgrundlage des Zusammenschlusses Ausdruck eines bestimmten Gesellschafterwillens. Auch wenn die herrschende Ansicht zu Recht davon ausgeht, daß sich die Aufgabe der Gründervereinigung grundsätzlich darin erschöpft, die angestrebte Körperschaft zur Entstehung zu bringen,887 so können einerseits bereits die Gründer vom Gleichlauf des Verbandszwecks und der Organkompetenzen abweichen. Andererseits können die Interessen Dritter im Rechtsverkehr eine vom Verbandszweck losgelöste Typisierung der Handlungsbefugnisse (so insbesondere bei der Vertretungsmacht) erforderlich machen. Selbst wenn man den Zweck der Vorgesellschaften nicht auf die Gründung der Körperschaft reduziert, indiziert dies nicht zwingend eine unbeschränkte Rechtsmacht der Geschäftsführer oder Vorstände. So ist auch nach der abweichenden Meinung das rechtliche „Dürfen" (die Geschäftsführungsbefugnis) der im Gründungsstadium Handelnden regelmäßig auf die zur Eintragung notwendigen Handlungen beschränkt. Die grundsätzlich auf die Entstehung der Körperschaft beschränkte Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht der Handlungsorgane entspricht aber den Interessen der Gründer. 888 Nach der hier favorisierten Lösung trifft die Gesellschafter eine allgemeine Verlustdeckungshaftung für die Verbindlichkeiten der Vorgesellschaft in unbeschränkter Höhe und unmittelbar gegenüber den Gläubigern. Diese wird mit Registereintragung durch eine Differenzhaftung der Initiatoren gegenüber der Körperschaft abgelöst, mit der jeder Verlust im Gründungsstadium ausgeglichen und darüber hinaus ein schon angegriffenes Garantiekapital aufgefüllt wird. Außerdem bestehen für die Gründer Risiken durch die Ausfallhaftung für die übrigen Beteiligten entsprechend § 24 Abs. 1 GmbHG, die Ausgleichsanprüche der tatsächlich in Anspruch genommenen Mitgesellschafter oder die Freistellungsansprüche der nach §§ 54 Satz 2 BGB, 41 Abs. 1 Satz 2 AktG, 11 Abs. 2 GmbHG Haftenden. Die Initiatoren zeigen aber mit der angestrebten Rechtsform gerade, daß sie für die gemeinsame Tätigkeit eine persönliche Haftung ausschließen wollen. Es ist deshalb weitestgehend unbestritten, daß die Rechtsmacht der Geschäftsführer zumindest im Innenverhältnis gegenüber den Gesellschaftern in der Regel beschränkt ist. 88 ' Außerdem ist die Zustimmung aller Gründer zu außergewöhnlichen Geschäften notwendig; diesen stehen darüber hinaus Widerspruchsrechte gegen die Vornahme einer bestimmten Handlung (§§ 711 Satz 1 BGB,
887 Siehe dazu oben den Text in Abschnitt C , beginnend mit Fn. 124, sowie etwa Kempermann, Gründungsgesellschaft, S. 103. 888 Und darauf rekapituliert auch die heute herrschende Lehre in erster Linie: OLG Dresden, N Z G 1998, S. 312; KölnKomm/Kra/i, AktG2, § 4 1 , Rdn. 44; Lutter/Hommelhoff, GmbHG 14 , 3 § 11, Rdn. 6; MünchKomm/fowter, BGB , §§ 21, 22, Rdn. 79; Beuthien, NJW 1997, S. 566 f.; Flume, FS Geßler, S. 33, 35 f.; Hueck, FS 100 Jahre GmbHG, S. 156 f.; Fabricius, FS Kastner, S. 105; Krebs/Klerx, JuS 1998, S. 992; Lutter, JuS 1998, S. 1076. 889 Vgl. die Nachweise in Abschnitt C., Fn. 868 und 872.
254
C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
115 Abs. 1 HGB) sowie allgemein Weisungsrechte gegenüber der Geschäftsführung zu. 890 Die Gefahr einer persönlichen Haftung ist für die Gründer allerdings erst ausgeschlossen bzw. begrenzt, wenn auch die Möglichkeit zur Geschäftsführung im Außenverhältnis beschränkt ist. Deshalb widerspricht eine unbeschränkte und unbeschränkbare Vertretungsmacht der Geschäftsführer bereits vor Eintragung der Körperschaft dem mutmaßlichen Willen der Initiatoren. 891 Diese müßten unter Umständen für eine Vielzahl von Verpflichtungen der Vorgesellschaft einstehen, wobei das Haftungsrisiko durch den möglichen Binnenregreß gegenüber dem Geschäftsführer bzw. den Vorstandsmitgliedern nur unwesentlich gemildert wird. 892 Dieses mit der Trennung von Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht verbundene, durch die Gesellschafter nicht steuerbare Risiko ist nicht nur gesamtwirtschaftlich wünschenswerten Neugründungen abträglich. Es besteht grundsätzlich auch keine Veranlassung, den Willen der Gründer zu ignorieren. 893 Im Gegenteil zeigt das Gesetz selbst, daß der Wille des Vertretenen, der bei Verbänden gerade im Gesellschaftszweck seinen Niederschlag findet, auch im Außenverhältnis grundsätzlich maßgeblich ist. Entsprechend dem allgemeinen Zivilrecht hängt die rechtsgeschäftlich eingeräumte Vertretungsmacht im Bestand und im Umfang allein von der Entscheidung des Geschäftsherrn ab, § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Unsicherheit, ob und inwieweit Vertretungsmacht besteht, geht grundsätzlich zu Lasten des Vertragspartners, §§ 177 ff. BGB. Dieser muß sich vor dem Abschluß eines Geschäfts mit dem Vertretenen gegebenenfalls erkundigen oder sich mit der Handelndenhaftung der §§ 54 Satz 2 BGB, 41 Abs. 1 Satz 2 AktG, 11 Abs. 2 GmbHG bzw. der Haftung des falsus procurator, § 179 Abs. 1 und 2 BGB, begnügen. Dies alles gilt gerade auch angesichts der Tatsache, daß es zur Beteiligung Dritter beim Zustandekommen oder bei der Abwicklung von Verträgen allein im Interesse und zum Nutzen des Vertretenen kam. Schutz erfährt der Geschäftspartner lediglich durch die §§ 170, 171 und 172 BGB sowie durch die Lehre von den Anscheins- und Duldungsvollmachten. Die Abhängigkeit der Vertretungsmacht vom Willen der Gründer läßt sich nicht nur dem Gesetz entnehmen. Sie bildet vor allem auch ein notwendiges Korrektiv zur Möglichkeit der Gesellschafter, bereits im Gründungsstadium Dritte mit organschaftlicher Rechtsmacht auszustatten (siehe ausführlich oben). Denn trotz der Handelndenhaftung sowie möglicher Rückgriffsansprüche im Innenverhältnis kann es sein, daß der Dritte die ihm eingeräumten Kompetenzen in einer Weise ausübt, die die Gesellschafter nicht billigen. Eine persönliche und unbeschränkte Vorbelastungs- und Unterbilanzhaftung bei der Gründung einer Körperschaft ist aber nur dort gerechtfertigt, wo die Verbind-
890
Fabricius, FS Kastner, S. 105, sowie ausführlich oben zu C.V.3.a. So auch Wiegand, BB 1998, S. 1071; KrebslKlerx, JuS 1998, S. 9 9 2 f. 892 Man befreit deshalb den Rechtsverkehr auch nicht von den Abgrenzungsschwierigkeiten bezüglich der zur Eintragung notwendigen und darüber hinausgehenden Geschäften, sondern verlagert das Problem lediglich auf das Verhältnis der Gesellschafter zu den Geschäftsführern. 893 Diese Überlegungen fehlen völlig bei Büttner, Identität und Kontinuität, S. 144 f. Im Gegenteil weist er darauf hin, daß „keine gesetzliche Grundlage für die besagte Beschränkung der Vertretungsmacht der ersten Organe ersichtlich" sei. 891
V.
Die Einordnung anhand der konkreten Strukturmerkmale von Verbandsverfassungen
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lichkeiten durch die Vorgesellschaft gerade auf Veranlassung wenigstens eines der unmittelbar Beteiligten eingegangen wurden. Aus dem Rückgriff auf das allgemeine Zivilrecht ergeben sich auch die notwendigen Einschränkungen für die herrschende Lehre. Denn nicht in allen Fällen können die Gründer über die Befugnisse der Handlungsorganisation beliebig disponieren. 894 Insbesondere bei einem vor Eintragung durch die Vorgesellschaft aufgenommenen vollkaufmännischen Geschäftsbetrieb verstärken sich die Interessen von (potentiellen) Gläubigern und des Rechtsverkehrs an durchschaubaren und standardisierten Verhältnissen, die das Gesetz vorrangig berücksichtigt. 895 Dies gilt noch nicht für die Handlungsbefugnis der Organisationsverfassung im Innenverhältnis. Wie sich aus den §§ 2 7 Abs. 3 BGB, 116 Abs. 2 HGB, 8 2 Abs. 2 AktG, 3 7 Abs. 1 GmbHG, 27 Abs. 1 Satz 2 GenG allgemein ergibt, bestimmt sich das rechtliche „Dürfen" der Organe nach dem Organisationszweck des Verbandes und damit nach dem Willen der Gründer. 896 Diesem zuwiderlaufende und bei der Abwägung zu berücksichtigende Belange Dritter bestehen nicht; es handelt sich insoweit noch um die verbandsinterne Sphäre. Die Geschäftsführer bzw. Vorstände sind zu allen Tätigkeiten berechtigt und kraft Anstellungsvertrages und Bestellungsakt verpflichtet, die die Gründung einer Körperschaft notwendigerweise mit sich bringt oder die ihnen durch die Gesellschafter übertragen wurden. Fehlen vertragliche Abreden, wird man für die Aufteilung der Kompetenzen unter mehreren Geschäftsführern oder Vorstandsmitgliedern entsprechend den §§ 7 0 9 Abs. 1, 7 1 4 BGB einerseits und den §§ 115 Abs. 1, 125 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB andererseits differenzieren müssen. Grundsätzlich besteht Gesamtgeschäftsführung und Gesamtvertretungsmacht. Dagegen steht das Recht zur laufenden Verwaltung im Fall eines durch die Vorgesellschaft betriebenen Unternehmens jedem einzelnen zu. Denn in dieser Situation bestehen besondere Interessen des Zusammenschlusses an einem funktionsfähigen Verband. Ebenso wie im Fall des § 123 Abs. 2 HGB genügen für einen Geschäftsbeginn vorbereitende, der eigentlichen gewerblichen Tätigkeit dienende Geschäfte wie die Anmietung von Räumen, die Eröffnung von Konten, der Abschluß von Dienstverträgen mit Arbeitnehmern oder die Werbung für (künftige) Unternehmensprodukte. 897 Im Fall der Bestellung Dritter zu Geschäftsführern sind die §§ 28 Abs. 1 BGB, 7 7 Abs. 1 Satz 1, 78 Abs. 2 Satz 1 AktG, 35 Abs. 2 Satz 2 GmbHG, 25 Abs. 1 Satz 1 8 9 4 Dies verkennt Wiegand, BB 1998, S. 1071: „Das Verkehrsschutzinteresse an einem festgelegten unbeschränkten Umfang der Vertretungsmacht [müsse] demgegenüber zurücktreten, zumal den Gläubigern noch die Handelndenhaftung nach § 11 Abs. 2 GmbHG und die Haftung nach Rechtsscheinsgrundsätzen verbleibt." Wie hier dagegen vor allem Beutbien, GmbHR 1996, S. 5 6 3 ; ders., N J W 1997, S. 5 6 5 ff.; Lacbmann, N J W 1998, S. 2 2 6 4 . 8 9 5 Aufgrund der vergleichbaren Interessenlage hat gleiches für alle in größerem Maße unternehmerisch tätigen Verbände zu gelten: K.Schmidt, GR 3 , S. 1724 ff. 8 9 6 Siehe zur Korrelation von Organisationszweck und internen Handlungsbefugnissen bereits einleitend den Text zu C.II.3. 8 9 7 BGH, W M 1990, S. 5 8 7 f.; GroßKomm/Habersack, HGB 4 , § 123, Rdn. 16; Schlegelberger/ K.Schmidt, HGB 5 , § 123, Rdn. 9; HeyminnJEmmerich, HGB 2 , § 123, Rdn. 14; Baumbach/Hop/, HGB 2 ', § 123, Rdn. 10; GemKomm¡Ensthaler, HGB 5 , § 123, Rdn. 5.
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C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
GenG nicht anwendbar. Die nach diesen Normen notwendige, die Rechtsmacht des einzelnen (gesellschaftsfremden) Amtswalters beschränkende Gesamt- bzw. Mehrheitsentscheidung stellt einen Ausgleich für die den Organen zustehenden weiten Handlungsbefugnisse und die unbeschränkte Vertretungsmacht dar. 898 Demgegenüber sind die Handlungsmöglichkeiten der Geschäftsführungsorgane in Vorgesellschaften nach der hier vertretenen Lösung grundsätzlich beschränkt. Außerdem setzen Gesamtbefugnisse - will man den Wirtschaftsverkehr nicht übermäßig behindern - stets eine Publizität dieser Organisationsverhältnisse voraus. Daran ermangelt es den Gründerverbänden gerade. 8 " Etwas anderes gilt für die Vertretungsmacht der dazu berufenen Personen. Im Rahmen einer wirtschaftlich tätigen Personifikation ist das rechtliche „Können" der Handlungsorganisation im engeren Sinn umfassend und ohne Einschränkungsmöglichkeit. 900 So ist im Handelsrecht der Umfang der Prokura gesetzlich festgeschrieben ( § 5 0 Abs. 1 HGB), und die Reichweite der Handlungsvollmachten wird gesetzlich vermutet (§§ 5 4 Abs. 3, 55 Abs. 1, 5 6 HGB). Diese Typisierung setzt sich im Recht der Handelsgesellschaften fort. In offenen Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften, Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Genossenschaften ist die Rechtsmacht der organschaftlichen Vertreter als Teil der notwendigen Handlungsorganisation unbeschränkt (§§ 126 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB, 78 Abs. 1 AktG, 35 Abs. 1 GmbHG, 24 Abs. 1 GenG) und unbeschränkbar (§§ 126 Abs. 2, 161 Abs. 2 HGB, 82 Abs. 1 AktG, 37 Abs. 2 Satz 1 GmbHG, 27 Abs. 2 Satz 1 GenG). In allen diesen Fällen wird die Handlungsmöglichkeit der extern tätigen Organisation weitgehend zwingend an den Bedürfnissen des Rechtsverkehrs ausgerichtet. 901 Dies dient der Leichtigkeit und Sicherheit des Wirtschaftsverkehrs. Denn Handelsgeschäfte sind in der Regel, Geschäfte von Verbänden sogar immer Vertretergeschäfte. Dem Einzelnem ist es nicht zumutbar, sich ständig nach den internen Rechtsverhältnissen zwischen Geschäftsherr und Handelndem, insbesondere nach dem Bestand und dem Umfang der Vertretungsmacht zu erkundigen. Voraussetzung für diesen Verkehrsschutz ist jedoch stets der Betrieb eines vollkaufmännischen Gewerbes bzw. eine nach Art und Umfang ähnliche unternehmerische Tätigkeit durch den Vertretenen, womit 8 9 8 Vgl. die Begründung zum Regierungsentwurf des AktG 1965, S. 97: „... hat den Vorzug, daß die Mitglieder sich ... wechselseitig überwachen und dadurch die Gefahr von Mißbräuchen verringert wird." (abgedruckt bei Kropff, AktG). 8 9 9 Der Rückgriff auf die §§ 115 Abs. 1, 125 Abs. 1 HGB weist dabei keinesfalls auf korporative Strukturen hin. Den Motiven zum BGB, Bd. II, S. 602, läßt sich vielmehr entnehmen, daß diese Regelungen historisch gewachsen und durch Notwendigkeiten des Wirtschaftsverkehrs geboten sind; das Wesen des Zusammenschlusses ist dagegen irrelevant. 9 0 0 Dies gilt, wie die §§ 126 Abs. 2, 161 Abs. 2 HGB, 82 Abs. 1 AktG, 3 7 Abs. 2 Satz 1 GmbHG, 2 7 Abs. 2 Satz 1 GenG zeigen, unabhängig von einer personellen oder körperschaftlichen Verbandsorganisation. Die Typisierung ist vielmehr Ausdruck einer bestimmten Interessenabwägung zugunsten des Geschäftsverkehrs. 901 Zu kurz greift deshalb die Ansicht von HachenburglUlmer, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 56, daß mit der Erweiterung der Geschäftsführungsbefugnisse eine im Interesse des Verkehrsschutzes jeweils typisierte Vertretungsmacht einhergeht. Sie geht allerdings zu weit, soweit sie Typisierungen, die nicht ausschließlich durch den Willen der Gesellschafter legitimiert sind, auch im nichtkaufmännischen Bereich annimmt.
V. Die Einordnung anhand der konkreten Strukturmerkmale von Verbandsverfassungen
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geschäftliche Erfahrenheit und eine gewisse Üblichkeit einhergeht; nur dies vermag die vom allgemeinen Vertretungsrecht abweichende Risikoverteilung zu rechtfertigen. 902 Außerdem muß das Vertretergeschäft gerade im Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb geschlossen worden sein.903 Entsprechend dieser dem Gesetz zugrundeliegenden Interessenabwägung kommt den Geschäftsführern von Vorgesellschaften nur im Falle einer vor Eintragung der Körperschaft aufgenommenen vollkaufmännischen Geschäftstätigkeit unbeschränkte und unbeschränkbare Vertretungsmacht zu. Der Umfang der zulässigen Geschäftsführung und damit der Vorbelastungshaftung wird dadurch nicht vom Willen der Gesellschafter losgelöst. Vielmehr kann es nur bei der Zustimmung durch alle Gründer zu einem Geschäftsbeginn vor Registrierung kommen - dies entspricht dem Stand der Dogmatik zu § 123 Abs. 2 HGB.904 Solches gilt in gleicher Weise bei der Führung der laufenden Verwaltung durch die Gesellschafter selbst und durch Dritte. Eine dem Prinzip der Selbstorganschaft zuwiderlaufende Einschränkung der Selbstbestimmung der Beteiligten liegt erst dann vor, wenn der Dritte die Vertretungsmacht weisungsunabhängig wahrnehmen könnte („Leitung des Verbandes in eigener Verantwortung") oder seine organschaftliche Rechtsposition den Gesellschaftern gegenüber gesichert wäre („Abberufung nur aus wichtigem Grund"). 905 Denn auch in der offenen Handelsgesellschaft und der Kommanditgesellschaft besteht kein Schutz vor einer persönlichen und unbeschränkten Haftung, die nicht unmittelbar durch ein Eigenhandeln herbeigeführt wurde. Für den Schutz des Betroffenen macht es diesbezüglich kaum einen Unterschied, ob ein Mitgesellschafter oder ein angestellter (und voll verantwortlicher) Dritter handelte.906 Letztlich ist die für den Umfang der Vertretungsmacht generell auf die §§ 78 Abs. 1, 82 Abs. 1 AktG, 35 Abs. 1, 37 Abs. 2 Satz 1 GmbHG, 24 Abs. 1, 27 Abs. 2 Satz 1 GenG rekapitulierende Meinung widersprüchlich. Während ganz überwiegend anerkannt ist, daß die Gründerverbände zu Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Genossenschaften keine Formkaufleute sind, die Eigenschaft als Kaufmann vielmehr nur bei dem vorweggenommenen Betrieb eines vollkaufmännischen Gewerbes erworben wird, 907 sollen dennoch mit dem Vertretungsrecht gerade diejenigen Normen des Körperschaftsrechts Anwendung finden, die allein auf der mit Eintragung erlangten Fähigkeit als juristischer Person (§§1 Abs. 1 Satz 1 AktG, 13 Abs. 1 GmbHG, 17 Abs. 1 GenG) und der mit dieser Rechtsform verbundenen Eigen-
902 A.A. etwa Theobald, Vor-GmbH, S. 27, der diese Besonderheit unspezifisch auf jede Vorgesellschaft überträgt. Wie hier vor allem Beuthien, NJW 1997, S. 566 f. 903 Vgl. dazu allgemein GroßKomm//oosi, HGB 4 , § 49, Rdn. 6 f.; Baumbach/Hopi, HGB 2 ', S 49, Rdn. 2; HeymannJSonnenschein/Weitemeyer, HGB 2 , § 49, Rdn. 13. Anders als der Einzelkaufmann haben Verbände keine vom Geschäftsbetrieb zu trennende Privatsphäre. 904 GroßKommJHabersack, HGB 4 , § 123, Rdn. 20; Heymann/Emmerich, HGB 2 , § 123, Rdn. 13a; Baumbach/Hopi, HGB 2 ', § 123, Rdn. 12; GemKommJEnsthaler, HGB 5 , § 123, Rdn. 4; a.A. Schlegelberger/KSc/wfdi, HGB 5 , § 123, Rdn. 10. 905 Eingehend dazu oben unter C.V.3.a. 906 Siehe dazu ausführlich oben den Text in Abschnitt C , zu Fn. 863. 907 Siehe dazu bereits oben unter C.II.2. sowie die Nachweise in Abschnitt C., Fn. 99.
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C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
schaft als Formkaufmann ganz unabhängig vom Unternehmensgegenstand (§§ 6 Abs. 2 HGB, 3 AktG, 13 Abs. 3 GmbHG, 17 Abs. 2 GenG) beruhen. 908 Die Geschäftsführungsbefugnisse und die Vertretungsmacht der ersten Handlungsorganisation ist deshalb bis zur Eintragung der Körperschaft grundsätzlich auf die gründungsnotwendigen Geschäfte des Verbandes beschränkt. Allerdings können die Initiatoren mittels einstimmigem Beschluß diese Rechtsmacht in beliebigem Umfang erweitern. Eine unbegrenzte Handlungsbefugnis der Geschäftsführer liegt nur dann vor, wenn der Gründerverband selbst in vollkaufmännischem Umfang am Geschäftsverkehr teilnimmt. Diese Systematik entspricht exakt dem Recht der Personal(handels-) gesellschaften.
c)
Die Mehrheitsverhältnisse
in der
Gesellschafterversammlung
Ein Verband kann allein durch Organe einen Willen bilden und umsetzen. Soweit diese Organe mit mehreren Personen besetzt sind, bedarf es zur Entscheidung innerhalb des Kollektivs grundsätzlich eines Beschlusses aller Amtswalter. Derartige Beschlüsse stellen anerkanntermaßen eine allgemein verbandstypische Institution dar. 9 0 ' Sie sind insbesondere für die Willensbildung der Verbandsmitglieder in der Gesellschafterversammlung notwendig. 910 Dies gilt unabhängig davon, ob für das Zustandekommen des Beschlusses ein besonderes Verfahren (förmliche Einberufung einer Versammlung, Festlegung einer Tagesordnung, gleichzeitige Anwesenheit aller Gesellschafter, Protokollierung der Verhandlungen und der Entscheidung, Publizierung der Beschlüsse oder staatliche Genehmigung derselben) gesetzlich vorgeschrieben bzw. sachlich notwendig ist oder nicht 911 bzw. ein besonderes Beschlußmängelsystem gilt. 912 Da Vorgesellschaften anders als Korporationen nicht auf eine Vielzahl wechselnder Mitglieder ausgelegt sind, scheint aber eine ebenso strenge Formalisierung der Gesell-
908
So vor allem auch Beuthien, NJW 1997, S. 566. Zöllner, Stimmrechtsmacht, S. 9 ff. (speziell für das Stimmrecht); Wiedemann, GR I, S. 176; KSchmidt, GR3, S. 440 ff.; Nitschke, Personengesellschaft, S. 65. Zum Streit über die Rechtsqualität des Beschlusses (Vertrag, Rechtsgeschäft, Gesamtakt oder Sozialakt) vgl. Wiedemann, GR I, S. 178 ff.; KSchmidt, GR3, S. 442. 910 Zu den Beschlüssen der Geschäftsführung oder des Vorstandes in Vorgesellschaften siehe oben die Einleitung zu C.V.3. 911 Tatsächlich muß jeder Gesellschafterbeschluß rechtsformunabhängig bestimmten Mindestanforderungen genügen: Wiedemann, ZGR 1996, S. 295. A.A. etwa Bayer, JZ 1952, S. 552, der körperschaftliche Strukturen auch aus der Vorabgeltung der §§ 49 Abs. 1, 50, 51 Abs. 2 und 4 GmbHG folgert. Insoweit zu Recht zweifelnd Hüffer, AktG3, § 41, Rdn. 7. 912 Tatsächlich beansprucht die Dreiteilung in für die Wirksamkeit von Beschlüssen folgenlose Mängel, zur Anfechtbarkeit von Beschlüssen und zu deren Nichtigkeit führende Mängel für alle Verbände des Privatrechts sowohl bei fehlerhaften Entscheidungen der Gesellschafterversammlung als auch bei rechtswidrigem Organhandeln Geltung; vgl. zusammenfassend nur K. Schmidt, GR3, S. 453 ff. Bejahend deshalb für Vorgesellschaften etwa SchohJKSchmidt, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 46; Bayer, JZ 1952, S. 554; a.A. z.B. Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 33. Ausführlich zum Klagesystem in der GmbH neuerlich Saenger, GmbHR 1997, S. 112 ff. 909
V. Die Einordnung anhand der konkreten Strukturmerkmale von Verbandsverfassungen
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schafterversammlung, wie durch die S S 32 BGB, 118 ff. AktG, 48 GmbHG, 43 GenG vorgenommen, nicht vonnöten." 3 Verbandstypische Unterschiede ergeben sich aber aus den zur Beschlußfassung notwendigen Mehrheitsverhältnissen. In Personalgesellschaften gilt der Grundsatz der Einstimmigkeit: Gemäß den S S 709 Abs. 1 BGB, 119 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB kommen Beschlüsse der Verbandsmitglieder nur mit der Zustimmung aller zur Mitwirkung an der Entscheidung berufenen Gesellschafter zustande. Da die Vergesellschaftung zu einer Arbeits- und Haftungsgemeinschaft unter den Beteiligten führt, hat nahezu jeder Beschluß wesentliche Auswirkungen auf die Individualsphäre des Einzelnen. Damit steht das Interesse an einem weitreichenden Gesellschafterschutz im Vordergrund. Die Gewähr für eine hinreichende Berücksichtigung dieser Belange, die bei Abschluß des Gesellschaftsvertrages noch vom Konsensprinzip getragen wurde, übernimmt jetzt das Einstimmigkeitsprinzip. Dieses wird, wenn die Gesellschafter in zulässiger Weise ( S S 709 Abs. 2 BGB, 119 Abs. 2, 161 Abs. 2 HGB) Mehrheitsentscheidungen vereinbarten, durch den Bestimmtheitsgrundsatz abgesichert: Aus dem Gesellschaftsvertrag muß deutlich hervorgehen, welche Beschlußgegenstände von der Regelung betroffen sind. 914 Dagegen steht in Körperschaften die Handlungsfähigkeit des Verbandes im Vordergrund. Die Unpersönlichkeit des von jedem Gesellschafter übernommenen Sachbeitrages bedingt die Unmaßgeblichkeit der konkreten Person für das Ergebnis der kollektiven Willensbildung. Gesellschafterbeschlüsse kommen deshalb bereits mit einfacher Mehrheit zustande, §S 32 Abs. 1 Satz 3 BGB, 133 Abs. 1 AktG, 47 Abs. 1 GmbHG, 43 Abs. 2 Satz 1 GenG; Satzungsänderungen bedürfen einer qualifizierten Mehrheit (SS 33 Abs. 1 Satz 1 BGB, 179 Abs. 2 Satz 1 AktG, 53 Abs. 2 Satz 1 GmbHG, 16 Abs. 2 bis 4 GenG). Da sich das Mehrheitsprinzip in der konkreten Abstimmung für die unterlegene Minderheit als Fremdbestimmung darstellt, billigt das Gesetz dieser bestimmte Minderheitsrechte (insbesondere das Anfechtungsrecht sowie die Möglichkeit, einen bestimmten Beschlußinhalt positiv feststellen lassen zu können) zu. Allerdings wird das Mehrheitsprinzip dadurch nur partiell nivelliert. Untersucht man die Mehrheitsverhältnisse in den Gesellschafterversammlungen von Vorverein, Vor-AG, Vor-GmbH und Vor-Genossenschaft, so lassen sich verschiedene Beschlußgegenstände als unproblematisch vorwegnehmen. Zum einen gelten vorrangig - wie allgemein im Verbandsrecht ( S S 40, 705 BGB, 109, 163 HGB, 133 Abs. 1 AktG, 45 Abs. 1 GmbHG, 43 Abs. 2 Satz 1 GenG) - die Vereinbarungen unter den Gründern, wobei allein aus bestimmten Satzungsvereinbarungen noch nicht auf deren Geltung auch im Gründungsstadium geschlossen werden kann. 915 Soweit das Körperschaftsrecht Erleichterungen gegenüber gesetzlichen (quali913
Zu diesem Zusammenhang Nitschke, Personengesellschaft, S. 77. Zum Stand der Diskussion BGHZ 85, 350 (355 f.); K.Schmidt, GR 3 , S. 460 ff.; ders., ZHR 1994, S. 206; Hermanns, ZGR 1996, S. 104 ff.; Marburger, ZGR 1989, S. 146 ff.; ablehnend etwa MünchKomm/U/mer, BGB3, § 709, Rdn. 76, m.w.N. Zu den allgemeinverbandsrechtlichen Grenzen der Mehrheitsherrschaft vgl. im folgenden unter C.V.2. und C.III.3. (jeweils die Einleitung). 9 Für den konkreten Fall der Mehrheitsverhältnisse Hachenburg/[//wer, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 34; allgemein zu dieser Argumentation bereits oben unter C.II.4.a. und C.II.4.C. 914
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C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
fizierten) Mehrheitserfordernissen ausschließt,9 l é kann dies nicht ohne weiteres auf den Verband vor Eintragung übertragen werden. Voraussetzung ist eine vergleichbare Lage für die Beteiligten, was ohne die Bestimmung der Idealstruktur von Vorgesellschaften nicht festgestellt werden kann. Zum anderen gelten für einen Beschluß der Gründer jedenfalls die formellen und materiellen Grenzen, die der Mehrheitsherrschaft in allen Verbänden gezogen sind. Dies betrifft die unverzichtbaren Rechte der Gesellschafter, so z.B. die Befugnis, sich von den verbandsrechtlichen Bindungen lösen zu können (§§ 3 9 Abs. 2, 7 2 3 Abs. 3 BGB, 133 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB, 65 Abs. 4 GenG), 9 1 7 Kontrollrechte ( S S 7 1 6 Abs. 2 BGB, 118 Abs. 2, 1 6 6 Abs. 3 HGB, 131 Abs. 3 Satz 2 AktG, 5 1 a Abs. 3 GmbHG) oder das Recht zur Teilnahme an Gesellschafterversammlungen bzw. zur Anfechtung von Beschlüssen. 918 Der Herrschaft einer Mehrheit von Gesellschaftern sind auch solche Entscheidungen entzogen, die die elementaren Grundlagen des Zusammenschlusses berühren. Bereits kraft Gesetzes ist die Zustimmung aller Gesellschafter notwendig bei Änderungen des Verbandszwecks ( S 33 Abs. 1 Satz 2 BGB), 9 1 9 zum Entzug oder der Begründung von Vorzugs- oder Sonderrechten (§ 35 BGB) 9 2 0 sowie bei Beschlüssen, die die Leistungspflichten der Beteiligten verschärfen (Belastungsverbot: §§ 7 0 7 BGB, 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB, 1 8 0 Abs. 1 AktG, 5 3 Abs. 3 GmbHG). 9 2 1 Über diese kodifizierten Fälle hinaus gilt das Einstimmigkeitsprinzip für alle Beschlüsse, die den Kernbereich der Mitgliedschaft tangieren. 922 Außerdem sind den Gesellschaftern durch
9 1 6 § 23 Abs. 5 Satz 1 AktG; für die GmbH Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8 , § 53, Rdn. 82; Rowedder/Zimmermann, GmbHG3, § 53, Rdn. 1; zur im Vereinsrecht umstrittenen Abdingbarkeit MünchKomm/iteKfer, BGB3, § 33, Rdn. 7 ff.; zu den Differenzierungen im Genossenschaftsrecht K.Müller, GenG 2 , § 16, Rdn. 8, 17, 26. 9 1 7 In Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung kann die Übertragung der Mitgliedschaft zwar ausgeschlossen werden (§§ 68 Abs. 2 AktG, 15 Abs. 5 GmbHG). Doch treten dann zwingend an ihre Stelle Austritts- bzw. Kündigungsrechte für die Gesellschafter; siehe dazu, insbesondere zur im Aktienrecht abweichenden herrschenden Lehre, ausführlich oben unter C.V.2.a. 9 1 8 Beispiele aus K.Schmidt, GR 3 , S. 477 f. 9 1 9 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt es sich dabei um Entscheidungen von so grundlegender Bedeutung für den Verband und seine Mitglieder, daß sie nach dem erkennbaren Willen der Beteiligten nicht durch die Mehrheit beschlossen werden können: BGHZ 96, 245 (249). 9 2 0 Zu einem dennoch möglichen Entzug aus wichtigem Grund K.Schmidt, GR 3 , S. 478. A.A. MünchKomm/itettier, BGB3, § 35, Rdn. 7 (allerdings mit der Möglichkeit des Ausschlusses des bevorteilten Mitglieds aus wichtigem Grund). 9 2 1 Die Ausnahme vom Belastungsverbot im Genossenschaftsrecht (§ 16 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 Satz 1 GenG) wird für den überstimmten Genossen durch ein außerordentliches Kündigungsrecht gemäß § 67a Abs. 1 GenG kompensiert. 9 2 2 Zur Kernbereichslehre und ihrem Umfang etwa BGH, NJW 1995, S. 195; BGH, NJW 1985, S. 973; Hermanns, ZGR 1996, S. 108 ff.; ICSchmidt, GR 3 , S. 478 ff.; Wiedemann, GR I, S. 360 ff.; Löffler, NJW 1989, S. 2656 ff.; Hey mannjEmmerich, HGB 2 , § 119, Rdn. 24, 37 ff.; MünchKomm/U/mer, BGB 3 , § 709, Rdn. 77 f.
V. Die Einordnung anhand der konkreten Strukturmerkmale von Verbandsverfassungen
261
den Gleichbehandlungsgrundsatz (SS 706 Abs. 1, 709 Abs. 1, 722 BGB, 53a AktG),923 Treupflichten 924 und allgemein die guten Sitten Schranken gesetzt. Unproblematisch sind des weiteren Entscheidungen bezüglich schuldrechtlicher Nebenabreden zwischen Verband und Mitglied bzw. zwischen einzelnen oder allen Gründern. Diese Vereinbarungen, wie z.B. Darlehens- oder Kreditzusagen an den Verband, Verpflichtungen zur Verlustübernahme durch Gesellschafter, die Verteilung von Organpositionen, Wettbewerbsverbote oder Vorkaufsrechte, privilegieren und verpflichten lediglich die Vertragschließenden; die durch sie erlangte Rechtsstellung ist nicht an eine Mitgliedschaft gebunden. Derartige Abreden werden unabhängig davon, ob sie in die Satzungsurkunde aufgenommen (dann oftmals als formelle, unechte, individuelle, nichtkorporative oder zufällige Satzungsregelungen bezeichnet) oder außerhalb des Gesellschaftsvertrages getroffen wurden, grundsätzlich vom Konsensprinzip beherrscht, so daß Änderungen oder die Aufhebung sowohl im Personalgesellschaftsrecht als auch im Recht korporativ strukturierter Verbände nur einvernehmlich möglich sind.925 Letztlich folgen solche Beschlüsse, die Relevanz allein in der mit Eintragung entstandenen Körperschaft entfalten sollen, bereits den Regelungen des Körperschaftsrechts.926 Insoweit wäre es reiner Formalismus, die Mehrheit der Gründer auf den Eintragungszeitpunkt zu verweisen. Entscheidend ist, daß dem einzelnen kein Vetorecht für Änderungen der Rechtsverhältnisse in der Aktiengesellschaft, Gesellschaft mit begrenzter Haftung, Genossenschaft und im Verein zukommt. Der Minderheit entsteht damit kein zusätzliches, unvorhersehbares Risiko. Jeder Beteiligte weiß, daß er sich ab Eintragung der Herrschaft der Mehrheit beugen muß. Darüber hinaus entspricht es allgemeiner Zivilrechtsdogmatik, daß aufschiebend bedingte oder befristete Rechtsgeschäfte möglich sind und ihrer Rechtsqualität nach weitgehend dem unbedingten, angestrebten Rechtsgeschäft folgen. Die Frage nach den Mehrheitsverhältnissen stellt sich daher nur bei Satzungsänderungen, die sich auf die korporativen (materiellen, echten, normativen, körperschaftlichen) Regelungen des Vertrages beziehen. Dies betrifft die nach den S S 57, 58 BGB, 23 Abs. 2 bis 4 AktG, 3 Abs. 1 GmbHG, 6, 7 GenG notwendigen Vereinbarungen der Gründer (obligatorische korporative Satzungsbestandteile) als auch alle sonstigen Klauseln, die darüber hinausgehend die Identität des Verbandes maßgeblich prägen, seine Organisationsstruktur bestimmen und die Rechtsstellung der Gesellschafter als Mitglieder der Körperschaft festlegen (sogenannte fakultative korporative Satzungsbe-
923 BGHZ 120, 141 (150 f.); BGHZ 116, 359 (373); KölnKomm/Latfir, AktG2, Vorb. § 53a, Rdn. 5; Zöllner, Stimmrechtsmacht, S. 301 ff.; GroßKomm/U/mer, HGB 4 , § 105, Rdn. 252; Wiedemann, GR I, S. 427 ff.; ¡(.Schmidt, GR3, S. 468 ff.; Kraft/Kreutz, GR10, S. 97. 924 K-Schmidt, GR3, S. 588 ff.; Zöllner, Stimmrechtsmacht, S. 335 ff.; Hüffer, FS Steindorff, S. 64 ff.; Lutter, AcP 180, S. 110 ff., 120 ff. 925 Priester, DB 1979, S. 684 f.; GroßKomm/Röhricht, AktG4, § 23, Rdn. 8; Hachenburg/ Ulmer, GmbHG 8 , § 53, Rdn. 10; Baumann/Reiss, ZGR 1989, S. 159; Jäger, DStR 1996, S. 1936. 926 So zu Recht auch Priester, ZIP 1987. S. 285; ScholzItLSchmidt, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 47; Lutter/Hommelhoff, GmbHG 14 , § 47, Rdn. 3.
262
C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
standteile) . , 2 7 Problematisch sind auch alle sonstigen Entscheidungen der Gründer zur Wahrnehmung gesellschaftlicher Belange, insbesondere Beschlüsse in Fragen der Geschäftsführung, soweit sie der Gesellschafterversammlung obliegen. In Betracht kommen etwa die Bestimmung, die Abberufung oder die Entlastung der Geschäftsführer, Vorstands-, Aufsichtsrats- und Beiratsmitglieder, 928 Entscheidungen im Zusammenhang mit der Kontrolle dieser Handlungsorganisation im engeren Sinne, die Ubertragbarstellung der Mitgliedschaft oder Vinkulation derselben oder Beschlüsse zur Bilanzfeststellung und Gewinnverwendung. Insoweit ist umstritten, ob das Einstimmigkeitsprinzip oder bereits das Mehrheitsprinzip gilt. Nach einer Meinung sollen Beschlüsse der Gründer grundsätzlich nur im Einvernehmen aller Beteiligten zustande kommen. 9 2 9 Da bis zur Eintragung des Verbandes noch die persönlichen Beziehungen unter den Gesellschaftern im Vordergrund stünden, überwiege das Schutzbedürfnis der Minderheitsgesellschafter. 930 Die überwiegende Lehre differenziert: In der Regel genüge für einen Beschluß die Mehrheit der Gründer, nur Änderungen des Gesellschaftsvertrages bedürften der Zustimmung aller Vertragspartner. 9 3 1 Eine dritte Ansicht läßt stets Mehrheitsentscheidungen genügen. 932 M a n beruft sich dazu auf die Identitätstheorie, wonach der Gründerverband bereits als Körperschaft nach der angestrebten Organisationsstruktur lebt. 933 Entsprechend der „sui generis-Formel" seien alle die Normen des Vereins-, Aktien-, GmbH- und Genossenschaftsrechts auf Vorgesellschaften anwendbar, die nicht die durch Registrierung
9 2 7 GroßKomm/Röhricht, AktG 4 , § 23, Rdn. 13 f.; Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8 , § 53, Rdn. 8. Zum Streit über die Tragweite des § 33 BGB Soergel¡Hadding, BGB 12 , § 33, Rdn. 3; MünchKomm/itewier, BGB 3 , § 33, Rdn. 1. Zur gegenteiligen Auffassung zu § 16 GenG K.Müller, GenG 2 , § 16, Rdn. 1 f.; Lang/Weidmüller/MetVSchaffland/Mefz, GenG 33 , § 16, Rdn. 2. 9 2 8 Soweit nicht eine schuldrechtliche Nebenabrede einem der Beteiligten die Geschäftsführerposition zubilligt (dann nur einstimmig Änderungen möglich) oder aber die Geschäftsführerstellung an eine Mitgliedschaft angebunden sein soll (dann bereits korporative Abrede). 9 2 9 OLG Dresden, NZG 1998, S. 312; RGZ 58, 55 (56); Roth/Altmeppen/Roifc, GmbHG 3 , S i l , Rdn. 56; Lutter!Hommelhoff, GmbHG 14 , § 11, Rdn. 4 (jedenfalls für alle Beschlüsse in Geschäftsführungsangelegenheiten); KölnKomm/Kra/ί, AktG2, § 41, Rdn. 27; grundsätzlich auch Flume, BGB AT 1/2, S. 159 f. (mit Ausnahme der Geschäftsführerbestellung). 9 3 0 So allgemein Flume, BGB AT 1/2, S. 156 f., sowie mittels Hinweis auf das persönliche Haftungsrisiko für die Gründer Lutter/Hommelhoff, GmbHG 14 , § 1 1 , Rdn. 4; KölnKomm¡Kraft, AktG2, § 41, Rdn. 27. 931 OLG Düsseldorf, NJW-RR 1996, S. 550; BGHZ 80, 212 (214 f.); BGHZ 21, 242 (246); Hüffer, AktG3, § 4 1 , Rdn. 7; Hachenburg/UW, GmbHG 8 , § 2 , Rdn. 19, § 11, Rdn. 34; Roweddei/Rittner/Schmidt-Leithoff, GmbHG 3 , § 11, Rdn. 40, 60; Scholz/K Schmidt, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 46 f.; MünchKomm/Re«(er, BGB 3 , §§ 21, 22, Rdn. 74 f.; Rittner, werdende juristische Person, S. 343 ff.; Hueck, FS 100 Jahre GmbHG, S. 156 f.; Bayer, J Z 1952, S. 552 f.; Dilcher, JuS 1966, S. 90; Kempermann, Gründungsgesellschaft, S. 25, 115; Flume, FS Geßler, S. 30. 932 KMüller, GenG2, § 13, Rdn. 10; Soergel/Hadding, BGB 12 , vor § 21, Rdn. 66-, Reichert/ v.Look¡Reichert, VR 6 , Rdn. 84 f.; Steimel, Gründungs-GmbH, S. 62; Jobst, GmbH vor Eintragung, S. 73; Heberlein, GmbH vor Eintragung, S. 41; Weyrich, Vorgesellschaft, S. 30; Dressler, Vorgesellschaft, S. 18; Priester, ZIP 1987, S. 283 f. (allerdings mit Rückausnahmen für haftungsrelevante Satzungsänderungen). 933 Priester, ZIP 1987, S. 283; Steimel, Gründungs-GmbH, S. 62; Ganßmüller, GmbHR 1953, S. 117.
V. Die Einordnung anhand der konkreten Strukturmerkmale von Verbandsverfassungen
263
erlangte Rechtsfähigkeit des Verbandes voraussetzten. Dies gelte insbesondere für die Mehrheitsverhältnisse in der Gesellschafterversammlung. Allein das Mehrheitsprinzip entspreche auch den Interessen der Gründer an einem Verband, der mit Errichtung so funktionsfähig wie die Körperschaft selbst ist.934 Außerdem sei das Mehrheitsprinzip für den Fall der Bestellung der ersten Handlungsorganisation vor Eintragung der Gesellschaft bereits vom Gesetz in den §§ 27 Abs. 1, 32 Abs. 1 Satz 3 BGB, 30 Abs. 1 Satz 1, 133 Abs. 1 AktG, 6 Abs. 3 Satz 2, 47 Abs. 1 GmbHG, 24 Abs. 2 Satz 1, 36 Abs. 1 Satz 1, 43 Abs. 2 Satz 1 GenG vorgesehen. Für Satzungsänderungen geht die überwiegende Lehre zu Recht vom Einstimmigkeitsprinzip aus. Zur Begründung verweist sie vorrangig auf den jedenfalls noch bis zur Eintragung bestehenden Vertragscharakter der Satzung. Wäre, so wird argumentiert, eine Änderung der Satzung bereits kraft Mehrheitsbeschlusses zulässig, entstünde der Verband nicht so, wie es die einvernehmlich getroffenen gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen vorsahen. Einzelnen Vertragspartnern würde unter Umständen ein vom gemeinsamen Willen abweichender Vertragsinhalt aufoktroyiert, was einem Zwangsbeitritt zu einer Gesellschaft gleichkäme. Doch sei allein die vertragliche Unterordnung unter Entscheidungen der Mehrheit eine ausreichende Legitimation für die Durchbrechung des vertragsrechtlichen Konsensprinzipes.935 Außerdem müßten die Gründer zum Teil an der Anmeldung mitwirken (§ 36 Abs. 1 AktG), oder das Statut muß von ihnen unterzeichnet sein (§§ 59 Abs. 3 BGB, 2 Abs. 1 Satz 2 GmbHG, 11 Abs. 2 Nr. 1 GenG). Wer die nachträglichen Änderungen aber nicht wolle, könne zu den notwendigen Handlungen nicht gezwungen werden: Die eingegangene Gründungsverpflichtung beziehe sich nur auf den ursprünglichen Vertragsinhalt, und über die Treupflicht lasse sich nicht jede unter Zweckmäßigkeits- oder Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten gerechtfertigte Änderung der Satzung erreichen.936 Allerdings ist diese Argumentation zirkulär. Denn es ist gerade die Frage, ob die ursprünglichen Vereinbarungen der Gesellschafter nur mit Zustimmung aller am Zustandekommen Beteiligten geändert werden können oder aber bereits der Herrschaft einer Mehrheit von ihnen unterliegen. Gesellschaftsverträge sind stets schuldrechtliche Verträge; dieser Charakter geht auch mit Registereintragung eines Zusammenschlusses nicht verloren.937 Deshalb entscheidet allein die Rechtsqualität des Organisationsakts noch nicht über die Geltung des Einstimmigkeits- oder aber des Mehrheitsprinzips in der Gesellschafterversammlung. Maßgeblich ist vielmehr der Wille der Beteiligten, der mangels anderweitiger Anhaltspunkte allein aus der (objektiven) Interessenlage ermittelt werden kann. 934
Priester, ZIP 1987, S. 282. Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8 , § 1 1 , Rdn. 34; Kempermann, Gründungsgesellschaft, S. 24 ff.; Dilcher, JuS 1966, S. 90; Flume, FS Geßler, S. 30; Bayer, JZ 1952, S. 553, sowie die Nachweise oben in Abschnitt C , Fn. 931. Genau umgekehrt argumentiert SoergelJHadding, BGB12, vor § 21, Rdn. 66. Gegen die Notwendigkeit einstimmiger Beschlüsse wendet er ein, daß „die Satzung für die Mitglieder des Vorvereins schon bindend geworden [ist] und [diese] bestimmt - einschließlich des Mehrheitsgrundsatzes - das zwischen Vorverein und Mitgliedern bestehende Rechtsverhältnis." 936 Bayer, JZ 1952, S. 553. 937 Vgl. dazu ausführlich oben zu C.II.5. 935
264
C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
Und insoweit kann es nicht zweifelhaft sein, daß die Gründer nur zusammen z.B. über jede Erweiterung der Geschäftsführungs- und Vertretungskompetenzen der Handlungsorganisation, die Aufnahme einer wirtschaftlichen Tätigkeit bereits vor Eintragung, Änderungen des Unternehmensgegenstandes, die durch Aufgabe der Eintragungsabsicht herbeigeführte Umwandlung der Vorgesellschaft, Veränderungen in der Kapitalausstattung des Verbandes und Änderungen bezüglich der Beteiligungsverhältnisse oder der Gewinnverteilung entscheiden wollen. Zwar sind die Gesellschafter auf der einen Seite an einem funktionsfähigen Verband interessiert. Dem dient die Möglichkeit von Mehrheitsentscheidungen. Aber auf der anderen Seite stellt das Einstimmigkeitsprinzip Beschlüsse nicht nur auf eine breite Legitimationsbasis. Entscheidend ist vielmehr der damit verbundene Schutz jedes Beteiligten. Dessen bedürfen insbesondere auch die Gründer von Körperschaften, da sie nach dem hier zugrunde liegenden Konzept persönlich und in unbeschränkter Höhe für Vorbelastungen des Gründerverbandes (als allgemeine Gesellschafterhaftung gegenüber den Gläubigern bis zur Eintragung und von da ab als Differenzhaftung gegenüber dem Verband) sowie umfassend für Ausfälle bei Mitgesellschaftern haften. Das Gesetz selbst entscheidet die Abwägung in dieser Situation zugunsten des Einzelnen (§§ 709 Abs. 1 BGB, 119 Abs. 1 HGB). Hinzu kommt, daß die mit dem Einstimmigkeitsprinzip verbundene Gefahr eines handlungsunfähigen Verbandes gerade in Vorgesellschaften relativ gering ist. Denn regelmäßig sind bis zur Entstehung der Körperschaft noch sehr wenige Personen am Verband beteiligt.938 Außerdem handelt es sich um einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum, in dem die Aktionsfähigkeit der Gesellschaft unter Umständen begrenzt ist. Die Geschäftsführung bleibt zur Vornahme der zur Gründung notwendigen Geschäfte berechtigt; sie kann mit der zügigen Herbeiführung der Eintragung, mit der die Organisationsverfassung der Körperschaften in Kraft tritt und damit das Mehrheitsprinzip zur Geltung kommt, einen Blockadezustand beenden. Folgt man diesen Überlegungen, so ergeben sich die notwendigen Mehrheiten für alle übrigen, im Gründungsstadium möglichen Entscheidungen der Gesellschafter nicht anhand der formalen Einteilung in satzungsändernde und nicht satzungsändernde Beschlüsse, sondern vielmehr nach der Relevanz der Maßnahme für jeden der Beteiligten. 939 Bereits im Zusammenhang mit der Identitätsausstattung hat sich der Grundsatz der Einstimmigkeit als richtig erwiesen. Nach der hier vertretenen Auffassung bedarf jede Veränderung im Mitgliederbestand (durch Übertragung, Vererbung, Austritt oder Ausschluß)940 der Zustimmung aller Initiatoren, da nach der Idealstruktur der Vorgesellschaften die Mitgliedschaft im Gründerverband selbst bis zur Eintragung noch an eine bestimmte Person gebunden ist.941 Die Interessenlage ist bei anderen Beschlußgegenständen nicht davon verschieden. Dies läßt sich anhand der Bestellung der ersten 938
Siehe dazu ausführlich bereits oben den Text in Abschnitt C., zu Fn. 143 ff. So zu Recht der Ansatz von Roth/Altmeppen/Roifc, GmbHG\ § 11, Rdn. 56;
Hommelhoff, GmbHG14, Rdn. 4; KölnKomm/Kraft, AktG2, § 41, Rdn. 27.
Lutter/
9 4 0 Dies gilt allerdings nicht für den Ausschluß aus wichtigem Grund, da dieser in jeder Verbandsform möglich ist; vgl. dazu oben unter C.V.2.C. 9 4 1 Allerdings ist nicht der Übertragungsakt zustimmungsbedürftig. Vielmehr muß die Mitgliedschaft mittels eines Beschlusses der Gründer übertragbar gestellt werden; siehe ausführlich dazu den Text zu C.V.2.a.
V. Die Einordnung anhand der konkreten Strukturmerkmale von Verbandsverfassungen
265
Geschäftsführung exemplifizieren. Die ganz überwiegende Ansicht geht hier vom Mehrheitsprinzip aus.942 Sie rechtfertigt dies neben dem Verweis auf §§ 27 Abs. 1, 32 Abs. 1 Satz 3 BGB, 30 Abs. 1 Satz 1, 133 Abs. 1 AktG, 6 Abs. 3 Satz 2, 47 Abs. 1 GmbHG, 24 Abs. 2 Satz 1, 36 Abs. 1 Satz 1, 43 Abs. 2 Satz 1 GenG damit, daß sonst jeder Einzelne die Bestellung der notwendigen Handlungsorganisation für die Personifikation verhindern und so die Gründung verzögern könne. Diese Befürchtungen sind schon deshalb nicht stichhaltig, weil bereits die Gründer geborene Handlungsorgane der Vorgesellschaft sind.943 Die pauschale Berufung auf das Recht der juristischen Personen, welches nach herrschender Lehre insoweit anwendbar sein soll, als es nicht die volle Rechtsfähigkeit des Verbandes bzw. die Registereintragung des Zusammenschlusses voraussetzt, hat sich bereits oben unter C.IV.3. und C.IV.4. als unhaltbar erwiesen. Auch die Rechtsprechung selbst erkennt die Unmaßgeblichkeit des § 6 Abs. 3 Satz 2 GmbHG an: „... da die dort ausgesprochene Verweisung auf die Vorschriften des dritten Abschnitts nichts darüber besagt, inwieweit sie und insbesondere der Mehrheitsgrundsatz des § 47 Abs. 1 GmbHG bereits im Gründungsstadium gelten."944 Darüber hinaus entscheidet oftmals der Zufall darüber, ob die Geschäftsführer bzw. Vorstandsmitglieder bereits in der Satzung bestimmt werden, wie dies § 6 Abs. 3 Satz 2 GmbHG ausdrücklich vorsieht - dann kommt die Vereinbarung nur einvernehmlich zustande - oder ob dies einem Beschluß der Gesellschafter vorbehalten bleibt. Vor allem aber besteht kein Unterschied zur Übertragung eines Anteils an der Vorgesellschaft. Denn der mit organschaftlicher Rechtsmacht Handelnde hat maßgeblichen Einfluß auf die Führung aller Geschäfte für den Gründerverband und damit auf die Haftung der Gesellschafter. Dem Interesse der Initiatoren daran, daß nur zuverlässige, sachlich kompetente Personen zu Geschäftsführern bzw. Vorstandsmitgliedern bestellt werden, wird man nur gerecht, wenn man jedem Gründer entscheidenden Einfluß darauf einräumt. Nur dies genügt dem gesellschaftsrechtlichen Prinzip, daß derjenige, der für das Verbandsgeschehen persönlich verantwortlich ist, maßgeblichen Einfluß auf die Geschäftsführung haben muß. 945 Ein solcher Einfluß ist nicht nur für den Umfang der Rechtsmacht der Organe, sondern in erster Linie auch für die Auswahl der Amtsträger notwendig.946
942 BGHZ 80, 212 (214 f.); HachenburgWinter, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 33; Rowedder/ RittneriSchmidt-Leithoff, GmbHG 3 , § 11, Rdn. 40; K.Müller, GenG 2 , § 13, Rdn. 10; MünchKomm¡Reuter, BGB3, §§ 21, 22, Rdn. 75; Kempermann, Gründungsgesellschaft, S. 25; Heberlein, GmbH vor Eintragung, S. 7, 32; Bayer, JZ 1952, S. 553; Flume, FS Geßler, S. 30; ders., BGB AT 1/2, S. 159. 943 Siehe zur Selbstorganschaft oben den Text in Abschnitt C., zu Fn. 797. 944 BGHZ 80, 212 (214). 945 Nachweise in Abschnitt C., Fn. 799 ff. 946 Zu beachten ist, daß die davon abweichende Rechtsprechung noch auf der mittlerweile aufgegebenen, nur begrenzten Gründerhaftung beruhte (auch wenn dies schon im Hinblick auf die Unterbilanzhaftung nicht stimmig war). So formuliert BGHZ 80, 212 ( 215): „Solche Maßnahmen [die Bestellung der Geschäftsführung mittels Beschlusses] schon dem Mehrheitsprinzip des § 4 7 Abs. 1 GmbHG zu unterwerfen, erscheint nicht nur unbedenklich, da Gefahren für Gesellschafter, Gläubiger oder die Allgemeinheit hiervon nicht zu befürchten sind."
266
C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
Alle für den Status der Vorgesellschafter wesentlichen Entscheidungen der Gründerversammlung sind deshalb grundsätzlich nur einstimmig möglich. 947 Eine Ausnahme wird zu Recht für den Auflösungsbeschluß der Mitglieder gemacht: Diesbezüglich genügt eine Stimmenmehrheit entsprechend den § § 4 1 Satz 2 BGB, 262 Abs. 1 Nr. 2 AktG, 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG, 78 Abs. 1 Satz 1 GenG . 948 Hier wäre es widersinnig, alle Gründer nach dem Willen einer Minderheit bis zur Eintragung zu binden, wenn feststeht, daß die Mehrheit die Körperschaft sofort nach Entstehung auflösen wird. Allerdings spricht dies nicht für eine körperschaftliche Struktur der Vorgesellschaften. Denn wie bereits festgestellt, kann jeder Gesellschafter schon allein den Verband durch Kündigung zur Auflösung bringen. 949 Das Mehrheitsprinzip ist auch sonst nicht ausgeschlossen. Ebenso wie bei Personalgesellschaften, insbesondere den wirtschaftlich tätigen Verbänden, gilt es zu prüfen, ob nicht das Einstimmigkeitsprinzip in Angelegenheiten, die die Rechtsstellung der Gesellschafter nicht (wesentlich) tangieren, zumindest konkludent zugunsten einer Mehrheitsentscheidung aufgegeben wurde. 950 In Betracht kommen etwa Beschlüsse über die werbewirksamste Sachfirma, den Unternehmenssitz, die Stückelung oder Teilbarkeit von Geschäftsanteilen, die Höhe der Geschäftsführervergütung, die Bestimmung der ersten Aufsichtsrats- oder Beiratsmitglieder bzw. der Gründungsprüfer.
d)
Die Auslegung des Gesellschaftsvertrages der Körperschaft
bis zur Eintragung
Nur zum Teil legt man Satzungen von Personalgesellschaften und Körperschaften einheitlich aus. Die einen belassen es grundsätzlich bei der subjektiven, den Willen und die Entstehungsgeschichte berücksichtigenden Interpretation von Vereinbarungen entsprechend den §§ 133, 157 BGB.951 Ausnahmen sollen sich nur dort ergeben, wo dies konkret durch schutzwürdige und überwiegende Interessen von Neugesellschaftern geboten ist. 952 Andere differenzieren verbandstypübergreifend zwischen korporativen (kraft Mitgliedschaft in einem organschaftlich verfaßten Verband geltenden) bzw. 947 Keinen Strukturunterschied zwischen Personalgesellschaften und Körperschaften bildet die Stimmgewichtung. Vielmehr entscheidet diese sich in wirtschaftlich tätigen Verbänden nach Kapitalanteilen, bei grundsätzlich nicht werbend am Markt tätigen Gesellschaften nach Köpfen. Dementsprechend richtet sich das Stimmgewicht in Vorvereinen und Vorgenossenschaften nach Köpfen, bei Vor-AG und Vor-GmbH muß demgegenüber je nach dem Geschäftsgegenstand unterschieden werden; insoweit generell auf Kapitalanteile abstellend allerdings Heberlein, GmbH vor Eintragung, S. 41; Bayer, JZ 1952, S. 553; Flume, FS Geßler, S. 30. 948
So auch Hachenburg/U/mer, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 39; RoweddeilRittner/Schmidt-Leithoff, GmbHG 3 , § 11, Rdn. 40; Flume, FS Geßler, S. 29; ders., BGB AT 1/2, S. 158. 949 Siehe zur ordentlichen Kündigung und zur Kündigung aus wichtigem Grund oben zu C.V.2.e. 950 In diesem Sinne auch KölnKomm/Kra/i, AktG 2 , § 41, Rdn. 27. 951 So vor allem Grunewald, ZGR 1995, S. 68 ff., 92. 952 Gläubigerinteressen sieht Grunewald, ZGR 1995, S. 88 f., hinreichend durch (der Auslegung entzogenes) zwingendes Recht, Registerpublizität und Rechtsscheinsgrundsätze (§§ 64 BGB, 15 HGB, 3 9 AktG, 10 GmbHG, 10 Abs. 1 GenG) berücksichtigt.
V. Die Einordnung anhand der konkreten Strukturmerkmale von Verbandsverfassungen
267
der Rechtsmacht der Gesellschafter entzogenen (institutionellen) Satzungsbestandteilen und lediglich schuldrechtlich-individuellen (allein auf vertraglichen Absprachen beruhenden) bzw. dispositiven (nicht institutionell verfestigten) Vereinbarungen unter den Beteiligten.953 Während erstere objektiv, daß heißt vom Verständnis der Vertragsparteien losgelöst auslegt werden sollen, sollen letztere den allgemein für Rechtsgeschäfte geltenden Regeln folgen. Dagegen ergeben sich nach ganz herrschender Auffassung bei der Auslegung der Gesellschaftsverträge strukturelle Unterschiede zwischen personalistisch und korporativ organisierten Verbänden.954 Der Inhalt der Personalgesellschaftsverträge wird anhand der SS 133, 157 BGB ermittelt. Entscheidend ist der wirkliche Wille der Vertragsbeteiligten, auch wenn dieser sich nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte und der Treupflichten anhand des Wortlautes, der Umstände des Vertragsschlusses, der Systematik aller Regelungen, der Grundtendenz des Vertrages, bewußt gewähltem äußerem Verhalten, einverständlicher Übung und des mit dem Verband verfolgten Zwecks bestimmt. In die Auslegung einzubeziehen sind alle persönlichen Motive, Absichten und Interessen der Vertragspartner, die etwa durch Hinweise und Anmerkungen oder in Besprechungen, Verhandlungen, Vorentwürfen und Nebenabreden unter den Interessenten erkennbar waren.955 Demgegenüber werden die korporativen Bestandteile in den Gesellschaftsverträgen der Vereine, Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Genossenschaften grundsätzlich objektiv ausgelegt.956 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommen „Wortlaut, [erkennbarem] Sinn und Zweck der Regelung ... dabei ebenso maßgebende Bedeutung zu wie dem systematischen Bezug der Klausel zu anderen Satzungsvorschriften. Umstände, für die sich keine ausreichenden Anhaltspunkte in der Satzung finden, können zur Auslegung grundsätzlich nicht herangezogen werden. Außerhalb der Satzung liegende Sachzusammenhänge können unter Umständen dann berücksichtigt werden, wenn deren Kenntnis bei den Mitgliedern und Organen allgemein vorausgesetzt werden kann..." 957 Zu berücksichtigen sind demnach allein allgemein zugängliche Unterlagen, vor allem das Handelsregister, die Materialien in den Registerakten und alle sonstigen, erkennbaren Umstände. Unberücksichtigt bleiben grundsätzlich die individuellen Erwägungen und Vorstellungen der Vertragschließenden und damit die Vorgeschichte des Vertragsschlusses.
953
Teicbmann, Gestaltungsfreiheit, S. 132 f.; KSchmidt, GR3, S. 95 f. Dies bezieht sich selbstverständlich nur auf solche Vertragsbestandteile, die einer Auslegung zugänglich sind, also nicht auf zwingendes Recht. 955 BGH, NJW 1995, S. 3314; BGHZ 123, 281 (85 f.); Coing, ZGR 1978, S. 666; Heymann/ Emmerich, HGB 2 , § 105, Rdn. 17 f.; Baumbach/Hopf, HGB 2 ', § 105, Rdn. 59; MünchKomm/Ulmer, BGB3, § 705, Rdn. 144; Soergel/Hadding, BGB11, § 705, Rdn. 38; Flume, BGB AT 1/1, S. 32. Zu den umstrittenen Ausnahmen zusammenfassend Grunewald, ZGR 1995, S. 71 ff. 956 BayObLG, GmbHR 1996, S. 57; BGHZ 123, 347 (350); BGHZ 96, 245 (250); BGHZ 47, 172 (180); GtoßKomm/Röhricht, AktG4, § 23, Rdn. 29 f.; Hüffer, AktG3, § 23, Rdn. 39; Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8 , § 2, Rdn. 141; Baumbach/Hueck/H«ecÍ!, GmbHG 16 , § 2, Rdn. 27; Lang/Weidmüller/Metz/Schaffland/Mefz, GenG 33 , § 5, Rdn. 12; ICMüller, GenG 2 , § 5, Rdn. 25; MünchKomm/ik«ííT, BGB3, § 25, Rdn. 14. Zu den Ausnahmen Grunewald, ZGR 1995, S. 81 ff. 957 BGHZ 123, 347 (350). 954
268
C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
Dies zugrunde gelegt, ist die Auslegung der Gesellschaftsverträge bis zur Entstehung der angestrebten Körperschaft umstritten. Zum Teil wird eine einheitliche Auslegung vor und nach der Eintragung des Verbandes befürwortet. Man verweist zur Begründung auf die „sui generis-FormeP der herrschenden Ansicht, wonach auf den Gründerzusammenschluß bereits diejenigen Regelungen des Vereins-, Aktien-, GmbH- und Genossenschaftsrechts Anwendung finden, die nicht die Eintragung der Gesellschaft (also die Publizität) oder die dadurch erlangte Rechtsfähigkeit voraussetzen.958 Nicht nur die in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht bestehende Identität zwischen Vorgesellschaft und Korporation werde durch eine unterschiedliche Auslegung der Satzung vor und nach Registrierung des Verbandes durchbrochen. Vielmehr lasse sich ein und dieselbe Regelung nicht abhängig von ihrer Publizierung in einem öffentlichen Register einmal subjektiv und einmal objektiv ausgelegen mit der Folge, daß bestimmten Vereinbarungen zu verschiedenen Zeitpunkten unter Umständen ein unterschiedlicher Inhalt zu eigen ist.959 Die herrschende Ansicht wendet hingegen das personalistische Prinzip an: Bis zur Eintragung der Körperschaft entscheidet maßgeblich der Wille der Gründer über die Auslegung des Gesellschaftsvertrages.960 Meines Erachtens ist schon die zwischen personalistisch und korporativ strukturierten Verbänden durch die herrschende Lehre vorgenommene, eingangs geschilderte Differenzierung so pauschal nicht haltbar. Denn die Gesellschaften bürgerlichen Rechts, offenen Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften sind in gleicher Weise wie Körperschaften gegenüber ihren Mitgliedern abstrahierte, verselbständigte Wirkungseinheiten. Sie treten im Rechtsverkehr Dritten unter einem überindividuellen Namen als selbständige Personifizierung gegenüber. Durch jeden Gesellschaftsvertrag entsteht ein Organismus, in dem Organe zur inneren Willensbildung sowie zur äußeren Handlungsfähigkeit installiert und mit Rechtsmacht ausgestattet, Zuständigkeiten und Befugnisse der Mitglieder des Verbandes festgelegt sowie allgemein Normen für den Bestand und das Wirken der Gemeinschaft aufgestellt werden. Die Satzungen aller Verbände wenden sich insoweit an einen unbestimmten Adressatenkreis. Bedürfen die den Verband konstituierenden und organisierenden Regelungen der Satzung im Verhältnis zu verbandsexternen Personen einer Auslegung, so kann sich diese nur an deren Verständnis und damit am Empfängerhorizont orientieren. Subjektive Vorstellungen der Gründer, die nicht im Wortlaut, dem Sinn und Zweck oder in der Systematik der Gesamtregelung einen erkennbaren Ausdruck fanden, sondern nur den Gesellschaftern bewußt sind, können grundsätzlich keine Berücksichtigung finden. Ausnahmen davon
958
GroßKommJRöhricht, AktG4, § 23, Rdn. 33; Scholz/K.Schmidt, GmbHG8, § 11, Rdn. 39. GroßKomm/Röhricht, AktG4, § 23, Rdn. 33. 960 OLG Dresden, NZG 1998, S. 312; Hüffer, AktG3, § 23, Rdn. 40; HachenburglUlmer, GmbHG8, §11, Rdn. 23; Baumbach/Hueck/H«ecè, GmbHG16, §2, Rdn. 30; Lutter/ Hommelhoff, GmbHG14, § 2, Rdn. 11. Auch sonst scheint man, wenn auch weitere ausdrückliche Stellungnahmen fehlen, von diesem Ansatz auszugehen, da man im Rahmen der objektiven Auslegung maßgeblich auf die Registerpublizität der Körperschaften rekapituliert, die bei Vorgesellschaften gerade fehlt. 959
V. Die Einordnung anhand der konkreten Strukturmerkmale von Verbandsverfassungen
269
gelten im Falle der Kenntnis oder (bei gehörigen Anhaltspunkten) des Kennenmüssens von den besonderen, individuellen Vorstellungen durch den Dritten. 961 Im Außenverhältnis einer Personifikation - und dies gilt in gleicher Weise für Vorgesellschaften - muß der Gesellschaftsvertrag deshalb unabhängig von Verbandstyp grundsätzlich objektiv, aus sich heraus, ausgelegt werden. 962 Eine Schlechterstellung des Dritten bei Personalgesellschaften durch eine stärker am Willen der Gesellschafter orientierte Auslegung der Statuten gegenüber dem Körperschaftsrecht ist nicht gerechtfertigt. Bei der Interpretation von Satzungsbestimmungen darf nicht auf das Verständnis eines konkreten Gläubigers oder auf die Gruppe der (potentiellen) Geschäftspartner abgestellt werden. Zwar bedürfen nur umstrittene Regelungen einer Auslegung, und umstritten kann der Bedeutungsinhalt einer Klausel nur in einem konkreten Rechtsverhältnis sein.963 Dennoch ist der Horizont eines durchschnittlichen Erklärungsempfängers maßgeblich. Denn das Organisationsrecht wirkt insoweit grundsätzlich gegenüber einem unbestimmten Kreis von Personen. Im Interesse der Rechtssicherheit muß sich jedermann auf einen (nicht bestimmten, sondern)964 einheitlichen Inhalt der Verfassung verlassen können; die Auslegung einer Vereinbarung von Fall zu Fall wäre auch der Institution selbst abträglich. Zum objektiv auszulegenden Satzungsinhalt gehören jedenfalls alle (korporativen) Vereinbarungen, die im Vereins-, Handels- oder Genossenschaftsregister publiziert werden (§§ 64 BGB, 106 f., 161 Abs. 2, 162 HGB, 39 AktG, 10 GmbHG, 10 Abs. 1 GenG, 40, 43 HRegVfg).965 Insbesondere darauf soll sich der Rechtsverkehr verlassen dürfen. Darüber hinaus müssen alle die Regeln, die in die Sphäre nicht an der Gesellschaft Beteiligter hineinwirken können, so vor allem jede Regelung bezüglich der im Rechtsverkehr auftretenden Handlungsorganisation, die Haftungsverfassung des Verbandes und seiner Gesellschafter sowie die Vermögensverhältnisse im Zusammenschluß objektiv ausgelegt werden. 966 961 Grunewald, ZGR 1995, S. 78, 82 f.; Wiedemann, DNotZ 1977, Sonderheft, S. 105; Coing, ZGR 1978, S. 668. 962 Im Ergebnis ebenso die in Abschnitt C., Fn. 953, nachgewiesenen Meinungen. Allerdings wird dies anders begründet. So soll sich nach Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 129 ff., 132, eine objektive Auslegung weniger an den betroffenen Belangen der Allgemeinheit, potentieller Gläubiger oder möglicher (Mit-)Gesellschafter orientieren, sondern sich anhand einer institutionellen Verfestigung bestimmter Regelungsbereiche auch außerhalb des zwingenden Rechts entscheiden, die den Gesellschaftern die Gestaltungsbefugnis und erst recht die Bestimmungsbefugnis über bestimmte Regelungsinhalte entzieht. 963 Deshalb ist es ohne Nutzen, eine Ausnahme von der objektiven Auslegung dann zu statuieren, wenn der (ehemals) Außenstehende auf seinen Schutz verzichtete; so aber Grunewald, ZGR 1995, S. 79 f. 964 Die Statuierung eines bestimmten Erklärungsinhalts von Gesellschaftsverträgen auch außerhalb des zwingenden Rechts würde zu einer sehr weitgehenden Typisierung von Verbandsverfassungen führen; siehe zu diesem Ansatz der institutionellen Verfestigung bereits oben in Abschnitt C., Fn. 962. 965 Diese Formgebundenheit hat aber als solche keinen Einfluß auf die Auslegung der Satzung, so zu Recht Grunewald, ZGR 1995, S. 76 f.; a.A. insbesondere Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8 , § 2, Rdn. 141. 966 Für eine Beschränkung auf publizierte Umstände aber z.B. Grunewald, ZGR 1995, S. 88.
270
C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
Unterschiede in der Auslegung der Gesellschaftsverträge ergeben sich nur im Innenverhältnis zwischen den Gesellschaftern bzw. zwischen Verband und Mitglied. Im Hinblick auf Vereinbarungen über die interne Willensbildung in der Gesellschafterversammlung, über die organisatorischen Befugnisse der Gesellschafter (etwa der Anspruch auf Bestellung zum Geschäftsführer), zur Errichtung fakultativer Kontrollorgane (z.B. die Bildung von Beiräten), zu den Vermögensverhältnissen der einzelnen Beteiligungen (Entnahmerechte, Gewinnrechte usw.) oder zu den Gesellschafteranteilen (Übertragbarkeit, Teilbarkeit, Vererbbarkeit) gibt es keine in dem oben beschriebenen Sinne schützenswerte Allgemeinheit. 967 Unbeachtet bleiben insoweit allerdings schuldrechtliche Nebenabreden zwischen den Gesellschaftern, auch wenn sie in den Satzungstext aufgenommen wurden (sogenannte unechte, formelle, individuelle, nichtkorporative, zufällige Satzungsbestimmungen). Diese folgen unabhängig von der Rechtsform und dem Verbandstyp dem allgemeinen Vertragsrecht und damit den Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB.968 Denn Nebenabreden gelten immer nur zwischen den am Zustandekommen Beteiligten, und sie entfalten grundsätzlich keine Relevanz im Außenverhältnis der geschaffenen Organisation oder im Verhältnis zu Rechtsnachfolgern in eine Mitgliedschaft, so daß Interessen der Allgemeinheit, potentieller Gläubiger oder zukünftig (Mit-) Gesellschafter nicht berücksichtigt werden müssen. Anders verhält es sich mit den sogenannten echten, unmittelbar gesellschaftsbezogenen Vereinbarungen des Binnenrechts, also den (obligatorischen und fakultativen) 969 Regelungen, die die Rechtsbeziehungen des Einzelnen zum Verband und zwischen den Gesellschaftern gerade in deren Eigenschaft als Mitglieder der Gesellschaft betreffen. 970 Unterschiede in der Auslegung ergeben sich allerdings nicht aus der Berufung auf einen „normativen Charakter" körperschaftlich organisierender Satzungen. 971 Wie bereits ausführlich dargestellt, beruhen alle Verbände des Privatrechts auf schuldrecht967 Dagegen wendet z.B. Hachenburg/U/mer, GmbHG 8 , § 2, Rdn. 141, ein, daß man Innenund Außenbeziehungen nicht klar voneinander trennen könne und letztlich fast jede Bestimmung Wirkung im Außenverhältnis entfalte. Mit der Sphärenrelevanz ist allerdings ein brauchbares Abgrenzungskriterium gegeben. 968 Jäger, DStR 1996, S. 1936; Priester, DB 1979, S. 686; Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 133; Grunewald, ZGR 1995, S. 71, 85; GroßKomm/Röhricht, AktG4, § 23, Rdn. 35; HachenburdUlmer, GmbHG 8 , § 2, Rdn. 143; zum Teil a.A. KölnKomm/Kra/t, AktG2, § 23, Rdn. 104. 9¿9 Grunewald, ZGR 1995, S. 84; GtoSKomm/Röhricht, AktG4, § 23, Rdn. 33; Hachenburg/ Olmer, GmbHG 8 , § 2, Rdn. 144; Baumbach/HueckJHueck, GmbHG 16 , § 2, Rdn. 26; relativierend KölnKomm/Kra/f, AktG2, § 23, Rdn. 102. 970 Insoweit zu Recht die in Abschnitt C., Fn. 955 f., nachgewiesenen Meinungen sowie Wiedemann, DNotZ 1977, Sonderheft, S. 102, 105. Gegen eine solche Differenzierung Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 132 f.; Grunewald, ZGR 1995, S. 68 ff.; ¡(.Schmidt, GR3, S. 95 f. 971 So aber BGHZ 47, 172 (179 f.); MünchKomm/Keafer, BGB3, § 25, Rdn. 13 f.; Oppenländer, DStR 1996, S. 922; anscheinend auch Lutter/Hommelhoff, GmbHG 14 , § 2 , Rdn. 11. Wie hier z.B. Grunewald, ZGR 1995, S. 81 f.; SoetgeUHadding, BGB12, § 25, Rdn. 32; Wiedemann, DNotZ 1977, Sonderheft, S. 101. Deshalb stellt sich auch nicht die Frage nach der Anwendbarkeit der §§ 133, 157 BGB; problematisch ist allein, in welchem Verhältnis die verschiedenen Quellen der Auslegung zueinander stehen. Ausführlich zur Rechtsqualität der korporativen Satzungen oben unter C.V.5.
V.
Die Einordnung anhand der konkreten Strukturmerkmale von Verbandsverfassungen
271
liehen Verträgen; diese Rechtsqualität des Statuts geht weder durch die organisierenden Bestandteile der Vereinbarungen (die personellen Elemente) noch mit Registereintragung der Körperschaften verloren. Die insoweit unterschiedliche Behandlung von Personalgesellschaftsverträgen und korporativen Satzungen ist allein Ausdruck verschiedener Interessenlagen. Gesellschaften bürgerlichen Rechts, offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften sind nach ihrer Idealstruktur nicht auf einen wechselnden Mitgliederbestand angelegt. Die abgeschlossenen Schuldverträge berechtigen und verpflichten in der Regel nur die von Anfang an am Vertrag beteiligten Gesellschafter. 972 Es gibt keine Dritten, die als Gesellschafter möglicherweise hinzutreten und so einen Auslegungskonflikt hervorrufen könnten. Zur Auslegung kann deshalb allein auf das Verständnis der ursprünglichen Vertragspartner zurückgegriffen werden. Dabei wird man allerdings nach der Anzahl der beteiligten Gesellschafter differenzieren müssen: J e mehr Gesellschafter zusammengeschlossen sind, desto anonymer wird der Verband, und um so weniger werden die subjektiven Vorstellungen eines jeden Vertragspartners bekannt und damit zu berücksichtigen sein. 973 Etwas anderes gilt für Körperschaften als Verbände „von nicht geschlossener Mitgliederzahl" (S 1 Abs. 1 GenG). 974 Im Verein und in der Genossenschaft ist ein freier Austritt der Beteiligten, in Kapitalgesellschaften grundsätzlich die freie Übertragbarkeit der Mitgliedschaft möglich, wobei gesetzliche (§ 15 Abs. 3 GmbHG) oder gesellschaftsvertragliche Einschränkungen (insbesondere die Vinkulierung der Anteile, S S 68 Abs. 2 Satz 1 AktG, 15 Abs. 5 GmbHG) durch ein Austrittsrecht aus wichtigem Grund kompensiert werden. 975 Immer dann, wenn eine Regelung nicht nur für einen festgefügten Personenkreis (den ursprünglichen Vertragspartnern), sondern für einen unbestimmten Adressatenkreis bestimmt ist, bedürfen die (potentiellen) Mitgesellschafter eines besonderen Schutzes. 976 Ihnen kann, entsprechend dem allgemeinen Vertragsrecht (SS 133, 157 BGB), nur das zugemutet werden, was sie bei verständiger und umsichtiger Würdigung aller Umstände als Inhalt der Verbandsverhältnisse hätten erkennen und wissen können. 977 Die Interpretation der Satzung muß sich deshalb vom subjektiven Verständnis der Gründer lösen und am objektiven Empfängerhorizont orientieren. Umstritten ist allerdings, ob diese Modifizierungen bei der Auslegung Ausführlich dazu und zu den Ausnahmen oben unter C.V.2.a. M ü n c h K o m m / U W , BGB 3 , § 705, Rdn. 145; Flume, BGB AT 1/1, S. 32. Zu weitgehend allerdings Grunewald, ZGR 1995, S. 75 f., 82, die bei einer Vielzahl von Gesellschaftern stets objektiv auslegen will. Folgt die Realstruktur von Personalgesellschaften dem Recht der Körperschaften, ist auch im Recht der GbR, oHG und KG die Satzung objektiv auszulegen: OLG Hamburg, WiB 1996, S. 9 0 0 ; Grunewald, ZGR 1995, S. 7 2 ff.; Heymann¡Emmerich, HGB 2 , § 105, Rdn. 17; MünchKommJUlmer, BGB 3 , § 705, Rdn. 147a. 9 7 5 Siehe dazu den Text einleitend zu C.V.2. sowie unter C.V.2.d. und C.V.2.e. 9 7 6 Dies betrifft auch die erbrechtliche Nachfolge in einen Gesellschaftsanteil, da sich die objektive Auslegung nicht anhand des Einflusses auf den Vertragsinhalt entscheidet, sondern durch das Schutzbedürfnis des Einrückenden motiviert ist. Wie hier Grunewald, ZGR 1995, S. 7 9 ; a.A. Nitschke, Personengesellschaften, S. 173. 9 7 7 Problematisch ist deshalb die Argumentation von Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 130, demnach der in eine Gesellschaft Eintretende selbst das Risiko einschätzen und gegebenenfalls auch tragen müsse. 972 973
272
C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
schon dann geboten sind, wenn die Satzung die Möglichkeit eines Mitgliederwechsels vorsieht 9 7 8 oder ob dieser tatsächlich stattgefunden haben muß. 9 7 9 Für die erstgenannte Meinung spricht, daß nur so Satzungsklauseln für alle gegenwärtigen und zukünftigen Gesellschafter einheitlich ausgelegt werden können. Es widerspräche der Rechtssicherheit, wenn die Satzung bis zu einem Gesellschafterwechsel den einen, ab dem Einrükken eines Dritten aber einen anderen Inhalt aufwiese. Folgt man diesen Überlegungen, 980 so muß man (wenn auch begrenzt auf das Innenverhältnis) mit der herrschenden Lehre Vorgesellschaften zu Verein, Aktiengesellschaft, Gesellschaft mit begrenzter Haftung und Genossenschaft den personalistischen Strukturen unterstellen. Denn es besteht für einen mit den modifizierten Auslegungsregeln primär verfolgten Schutz potentieller (Mit-)Gesellschafter kein Anlaß. Aufgrund der mit Abschluß der Satzung begründeten und bis zur Eintragung der Körperschaft fortbestehenden Arbeits- und Haftungsgemeinschaft zwischen den Gründern sind Vorgesellschaften gerade noch nicht auf fluktuierenden Mitgliederbestand angelegt. Z u r Übertragung und Vererbung der Mitgliedschaft, zum Austritt aus dem Gründerverband u n d zur Verwertung der Anteile im Konkurs- oder Zwangsvollstreckungsverfahren bedarf es nach ganz überwiegender Auffassung zu Recht der Zustimmung aller Gründer. 9 8 1 Die davon abweichende Ansicht, die die Satzungen im Stadium der Vorgesellschaften bereits nach den Besonderheiten der Körperschaften auslegt, unterscheidet sich von der hier vertretenen Lösung zwar begrifflich; im Ergebnis relativieren sich allerdings die Unterschiede. So wird anerkanntermaßen im Recht des Vereins, der Aktiengesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung und der Genossenschaft eine Ausnahme von der rein objektiven Auslegung in den Fällen gemacht, in denen außerhalb der Satzung liegende Umstände, insbesondere bestimmte Vorstellungen der Vertragspartner, den Mitgliedern des Verbandes allgemein bekannt sind oder bekannt sein müssen. 9 8 2 Schützenswerte, einer willensbezogenen Auslegung zuwiderlaufende Interessen Dritter bestehen dann nicht. Diese Ausnahme wird auf Vorgesellschaften über978
So die herrschende Ansicht, etwa von GroßKomm/Röhricht, AktG4, § 23, Rdn. 29; KölnKommJKraft, AktG2, § 23, Rdn. 103; Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8 , § 2, Rdn. 142; MünchKommlOlmer, BGB3, § 705, Rdn. 147a; Erman/Westermann, BGB', § 705, Rdn. 32; Coing, ZGR 1978, S. 661, 674 ff. 979 In diesem Sinne Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 130; Grunewald, ZGR 1995, S. 74, 82, 84 f.; Oppenländer, DStR 1996, S. 922; Lutter/Hommelhoff, GmbHG 14 , § 2, Rdn. 11. 980 Eine Differenzierung zwischen Innen- und Außenverhältnis findet sich z.B. auch bei Wiedemann, GR I, S. 169 f.; ders., DNotZ 1977, Sonderheft, S. 100; Roth/Altmeppen/Roffc, GmbHG 3 , § 2, Rdn. 13 f. Nicht gefolgt wird dagegen einer weitergehenden Unterscheidung, demnach ein und dieselbe Klausel gegenüber verschiedenen Personen unterschiedliche Inhalte aufweisen kann; vielmehr muß die Auslegung für alle Beteiligten einheitlich erfolgen: Grunewald, ZGR 1995, S. 75; Scho\i1Emmerich, GmbHG8, § 2, Rdn. 37. 981 Siehe ausführlich dazu oben unter C.V.3.C. 982 BGHZ 123, 347 (350); BGHZ 116, 359 (366); BGHZ 63, 282 (290); GroßKomm/ Röhricht, AktG4, § 23, Rdn. 31 (eingeschränkt); KölnKomm/Kra/i, AktG2, § 23, Rdn. 105; Roth/ Aloneppen/Äoffc, GmbHG 3 , § 2, Rdn. 13; KMüller, GenG2, S 5, Rdn. 25; SoergelJHadding, BGB12, § 25, Rdn. 32; Wiedemann, DNotZ 1977, Sonderheft, S. 105 f.; Grunewald, ZGR 1995, S. 83 (zu Recht gegen eine notwendige Kenntnis auch der Organe).
V. Die Einordnung anhand der konkreten Strukturmerkmale von Verbandsverfassungen
273
tragen; 983 sie stellt im Gründungsstadium allerdings die Regel dar. Denn regelmäßig schließen sehr wenige Personen den Gesellschaftsvertrag ab. Sowohl aufgrund der jeder Gründung vorweggehenden intensiven Beratungen und Verhandlungen als auch aufgrund der zum Teil notwendigen Beratung durch einen Notar (§§ 23 Abs. 1 Satz 1 AktG, 2 Abs. 1 Satz 1 GmbHG) kennen die Beteiligten die Motive sowie Absichten und damit den Willen ihrer Mitgründer genau.
e)
Der Haftungsmaßstab zwischen den Gründern im Innenverhältnis der Vorgesellschaften
In jeder Vergesellschaftung werden vertragliche Beziehungen zwischen dem Zusammenschluß als solchem und seinen Mitgliedern sowie zwischen den Gesellschaftern untereinander eingegangen. Aus den so begründeten schuld- und personenrechtlichen Sonderverbindungen erwachsen jedem Beteiligten eine Reihe von Pflichten vermögensund organschaftlicher Art. Vor allem ist jeder Vertragspartner zur Leistung von Beiträgen verpflichtet. Zwar kann ein Gesellschafter auch ohne eine Einlage, im engeren Sinne verstanden als Vermögenswerte Leistung, beteiligt sein; notwendig ist allerdings stets die Förderung des gemeinsamen Ziels: Eine beitragsfreie Mitgliedschaft wird entsprechend allgemeinen schuldrechtlichen Grundsätzen allgemein abgelehnt.984 Darüber hinaus schuldet jeder Gesellschafter, gebunden an den Verbandszweck als Summe der gleichgerichteten Interessen aller Anteilseigner und an das Unternehmensinteresse als Summe aller im Organismus vereinten Interessen, über Treu und Glauben hinaus ganz allgemein Loyalität und Förderang. 985 Kommt es zu Leistungsstörungen, so haftet der Gesellschafter einer Körperschaft nach allgemeinen Regeln. Bei verschuldensabhängigen Anspruchsgrundlagen hat er gemäß § 276 BGB Vorsatz und (jede) Fahrlässigkeit zu vertreten. Für eine Berücksichtigung besonderer persönlicher Umstände besteht kein Raum, da der Verband auf die anonyme Beteiligung einer Vielzahl von Personen angelegt ist und in der Regel auch darauf beruht. Demgegenüber beschränken die §§ 708 BGB, 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB die Verantwortlichkeit der Gesellschafter bei der Besorgung gemeinschaftlicher Angelegenheiten auf die eigenübliche Sorgfalt. Die (umstrittene)986 Legitimation dieser in der modernen Gesetzgebung auf das Preußische Allgemeine Landrecht von 1794 983
Etwa durch GroßKomm¡Röhricht, AktG4, § 23, Rdn. 33. Siehe nur SoergelWadding, BGB11, vor § 705, Rdn. 7, § 705, Rdn. 31; Erman/Westermann, BGB', § 705, Rdn. 31; K.Schmidt, GR3, S. 568, 1740; HdbGR I/Weipert, § 6, Rdn. 17, 23; Kraft! Kreutz, GR 10 , S. 92; Ballerstedt, JuS 1963, S. 253. Die Frage, ob die Einlage nur dem Verband versprochen oder ob die Leistungsverpflichtung auch gegenüber jedem Mitgesellschafter eingegangen wurde, ist vor allem im Rahmen der actio pro socio umstritten; vgl. dazu nur Höfler, JuS 1992, S. 388 ff. 985 Zu den Treupflichten und ihrer umstrittenen rechtsdogmatischen Grundlage bereits zu C.V.2.a. 986 Vgl. bereits die Verhandlungen zum zweiten Entwurf des BGB, abgedruckt in den Protokollen zum BGB, Bd. II, S. 418 ff., sowie etwa MünchKomm/U/mer, BGB3, § 708, Rdn. 1, 5; SoergelJHadding, BGB11, § 708, Rdn. 1; Ballerstedt, JuS 1963, S. 253 ff. 984
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C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
(I 17 § 211) 987 zurückgehende Regelung liegt, wie die Protokolle zum BGB formulieren, in der Tatsache, „daß Personen, die mit einander einen Gesellschaftsvertrag einzugehen beabsichtigen, sich gegenseitig so nehmen wollen, wie sie einmal seien, daß jeder Theil von vornherein die Individualität des anderen ins Auge fasse und daher nur verlange, daß er in den gemeinschaftlichen Angelegenheiten dieselbe Sorgfalt übe wie in den eigenen. Wer eine Gesellschaft eingehe, beabsichtige seine Interessen zu fördern; die Meinung, daß er damit verpflichtet werde, ein höheres Maß von Verantwortlichkeit auf sich zu nehmen, liege ihm aber fern." 988 Für Vorgesellschaften zu korporativ strukturierten Zusammenschlüssen gilt insoweit nichts anderes als für Personalgesellschaften. 989 Denn vor Eintragung der AG, GmbH, e.G. bzw. des e.V. kommt es weniger auf die Verwaltung und den zweckgerichteten Einsatz von Sachmitteln, als vielmehr auf die Schaffung der Entstehens- und Existenzvoraussetzungen der angestrebten Gesellschaft an. Dementsprechend ist anerkannt, daß die Pflichten aller Gründer über das für Körperschaften Typische hinausgehen - die Vertragspartner sind verpflichtet, in persönlicher Zusammenarbeit die Gründung vorzubereiten und durchzuführen. 990 Gründerverbände vereinen dabei nahezu immer einen kleinen Kreis von Gesellschaftern. Aufgrund der persönlichen Haftungsrisiken kennen sich die Beteiligten und sie vertrauen einander. Mithin liegt ebenso wie bei Gesellschaften bürgerlichen Rechts und Personalhandelsgesellschaften eine Arbeits- und Haftungsgemeinschaft vor: Es besteht eine enge persönliche Verbundenheit unter den Gründern, bei der es maßgeblich auf die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des einzelnen ankommt. In diesem allein für personalistisch strukturierte Verbände charakteristischen Vertrauensverhältnis, nicht aber in der von den Protokollen zum BGB gegebenen allgemeinen, letztlich auf alle Gesellschaftstypen passenden Begründung liegt die Rechtfertigung für die Begrenzung der Sorgfaltspflichten auf das Eigenübliche. 991 Die Erkenntnis des allgemeinen Schuldrechts, daß derjenige, der freiwillig ein Rechtsverhältnis eingeht, damit hinsichtlich der Erfüllung der ihm obliegenden Leistungen die Verpflichtung übernimmt, dasjenige Maß an Sorgfalt anzuwenden, das ein gewissenhafter Schuldner zu beobachten hat, läßt sich noch auf das Gesellschaftsverhältnis der Kör987
„Gesellschafter sind bey dem Betriebe des gemeinschaftlichen Gewerbes zu demjenigen Grade von Fleiß und Aufmerksamkeit verpflichtet, den ein jeder in seinen eignen Geschäften anzuwenden pflegt." (zitiert nach Hattenhauer/Bernert, ALR 1794, S. 256). Zur Fortsetzung der Regelung in den Partikularrechten vgl. den Nachweis in den Motiven zum BGB, Bd. II, S. 602. 988 Protokolle zum BGB, Bd. II, S. 420. 989 So anscheinend auch Heberlein, GmbH vor Eintragung, S. 40. 990 RGZ 151, 86 (91); KölnKomm/Kra/f, AktG 2 , § 41, Rdn. 26; H a c h e n b u r g / U W , GmbHG 8 , § 11, Rdn. 29; MünchKomm/&>«ier, BGB3, §§ 21, 22, Rdn. 73 f.; Reichert/v.Look/itócfcert, VR 6 , Rdn. 86; Flume, BGB AT 1/2, S. 157 ff. Ausführlich zu den Besonderheiten oben den Text in Abschnitt C., ab Fn. 816. 991 Dies gilt allerdings nur insoweit, wie der Verband in der gesetzlich vorgegebenen Idealstruktur verbleibt. Werden körperschaftliche Strukturprinzipien übernommen, wird insbesondere ein Gesellschafter beruflich mit der Geschäftsführung im Verband betraut oder die Mitgliedschaft nur als Kapitalanlage verstanden (nimmt der einzelne also nicht persönlich an der Verwaltung wie insgesamt am Leben des Verbandes eingebunden teil), verliert die Regelung des § 708 BGB ihren Sinn (so bereits die Regelungen in I 17 §§ 2 1 2 f. PreußALR).
V. Die Einordnung anhand der konkreten Strukturmerkmale von Verbandsverfassungen
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perschaften, nicht aber mehr auf das der Personalgesellschaften übertragen. 992 Denn hier entsteht nicht nur ein Dauerschuldverhältnis, sondern der Schuldner hat auch höchstpersönliche Leistungen zu erbringen. 993 Das Gesetz würde in diesem Fall auf Dauer Unerfüllbares verlangen, sollte der Haftungsmaßstab derselbe sein wie beim einmaligen Austausch von Leistung und Gegenleistung, denn mit Sicherheit unterschreitet der durchschnittlich weniger Sorgfältige die für ihm durchschnittlich zu hohen (objektiven) Anforderungen. Die Fähigkeit des einzelnen in der Regel Übersteigendes kann auch der Mitgesellschafter redlicherweise nicht erwarten. Verlangt der Vertragspartner Höchstpersönliches, kann er nur Erfüllung gerade in den Besonderheiten des jeweiligen, ihm gegenüber verpflichteten Subjekts begehren. Der subjektive Maßstab bedeutet damit nicht, daß man den „in eigenen Angelegenheiten praktizierten Schlendrian" unberechtigterweise zum Maß der Dinge erhebt, 994 sondern er wurde ausdrücklich zum Vertragsinhalt bestimmt. Die Legitimation dafür besteht um so mehr, als das geltende Recht mit der Begrenzung der Verantwortlichkeit auf die eigenübliche Sorgfalt nicht von aller Verantwortlichkeit befreit (§ 277 BGB). Die Vorgesellschaften unterliegen deshalb hinsichtlich des Haftungsmaßstabes im Innenverhältnis zwischen den Gründern den personalistischen Strukturen der §§ 708, 277 BGB, 105 Abs. 3 , 1 6 1 Abs. 2 HGB.
f)
Der Aufsichtsrat als notwendiges
Organ von
Vorgesellschaften
Aufsichtsräte sind gemäß den §§ 95 ff. AktG, 9 Abs. 1 GenG nur in Aktiengesellschaften und Genossenschaften generell notwendig. Gesellschaften mit beschränkter Haftung müssen dagegen nur in besonderen Fällen, vor allem mitbestimmungsrechtlich nach dem MontanMitbestG 1951, dem Montan-MitbestErgG 1956, dem BetrVG 1952 oder dem MitBestG 1976 sowie als Kapitalanlagegesellschaften nach dem KAGG, ein solches Organ bilden. 995 Darüber hinaus sind Aufsichtsräte - oftmals Gesellschafterausschüsse oder Verwaltungsbeiräte genannt - aufgrund der insoweit bestehenden Organisationsfreiheit nicht nur in Gesellschaften mbH (§ 52 Abs. 1 GmbHG), sondern auch in Kommanditgesellschaften, offenen Handelsgesellschaften, Gesellschaften bürgerlichen Rechts oder Vereinen möglich.
992 So aber die opponierende Meinung in der Diskussion zum heutigen § 708 BGB; vgl. die Protokolle zum BGB, Bd. II, S. 419. 993 Dieser Begründungsansatz findet sich bereits bei Ballerstedt, JuS 1963, S. 258: „Der tragende Gedanke des § 708 ist also der, daß die Gesellschafter sich im Hinblick auf die individuelle Persönlichkeit, namentlich die besondere Sachkunde, Erfahrung, Vermögenslage usw. des einzelnen Partners miteinander verbinden und darauf vertrauen, daß jeder Partner mit den in seinen eigenen Angelegenheiten bewährten Eigenschaften hinreichende Bürgschaft für ordnungsgemäßes Verhalten auch in den Gesellschaftsangelegenheiten, an denen er selbst beteiligt wird" bietet. 994 So die Formulierung von Deutsch, JuS 1967, S. 497, der allerdings die diligentia quam in suis insgesamt verteidigt. 995 Ausführlich zu den obligatorischen Aufsichtsräten in der GmbH RoweddeilKoppensteiner, GmbHG 3 , § 52, Rdn. 3; Scholz/Schneider, GmbHG 8 , § 52, Rdn. 8 ff.
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C. Zur Rechtsstruktur der Vorgesellschaften
Auch im Gründungsstadium von Körperschaften können Aufsichtsräte gebildet und mit bestimmter Rechtsmacht ausgestattet werden. 996 Notwendig ist dies allerdings nur in den Verbandsformen, in denen ein Aufsichtsrat nach Eintragung gesellschaftsrechtlich obligatorisches Organ ist. 997 Ist eine Aktiengesellschaft oder Genossenschaft errichtet, ordnen die SS 3 0 Abs. 1 Satz 1 AktG, 3 6 Abs. 1 Satz 1 GenG die sofortige Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder an. Der Anmeldung der Gesellschaft zum Register sind die Urkunden über diese Bestellung beizufügen (§§ 3 7 Abs. 4 Nr. 3 AktG, 5 2 Abs. 2 Nr. 1 GmbHG, 11 Abs. 2 Nr. 2 GenG); zum Teil sind Name, Wohnort und Beruf der Aufsichtsratsmitglieder in die Bekanntmachung der Eintragung aufzunehmen (§§ 4 0 Abs. 1 Nr. 4 AktG, 5 2 Abs. 2 Satz 1 GmbHG). Dies alles resultiert nicht aus einer besonderen (korporativen) Struktur der Vorgesellschaften, sondern aus der Tatsache, daß mit dem Eintragungszeitpunkt jedes notwendige Organ eines Verbandes handlungsfähig sein muß. Zu den Pflichten und Befugnissen des Aufsichtsrats vor Eintragung der Körperschaft finden sich allein im Aktiengesetz Regelungen. So bestimmen die §§ 3 0 , 3 1 AktG, daß eine Arbeitnehmermitbestimmung im Gründungsstadium grundsätzlich nicht stattfindet. Eine Ausnahme gilt lediglich für den Fall der Sachgründung durch Einbringung oder Übernahme von Unternehmen bzw. Unternehmensteilen (31 Abs. 3 AktG). 9 9 8 Darüber hinaus werden dem Aufsichtsrat expressis verbis nur vereinzelt Aufgaben im Zusammenhang mit der Gründung zugewiesen. So müssen seine Mitglieder den ersten Vorstand wählen (§ 3 0 Abs. 4 AktG), die Gründung prüfen (§ 33 Abs. 1 AktG) sowie bei der Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister mitwirken (§ 3 6 Abs. 1 AktG). Dennoch ist die ganz überwiegende Meinung sowohl im Aktienrecht als auch im Genossenschaftsrecht der Ansicht, daß sich die Rechtsstellung des Aufsichtsrats nicht darauf beschränkt; die ihm eingeräumten Kompetenzen sollen vielmehr denen in der eingetragenen Körperschaft (§§ 111 f. AktG, 38 ff. GenG) entsprechen. 999 Dies widerspricht den Gegebenheiten im Gründungsstadium und damit dem mutmaßlichen Willen der Gesellschafter, ohne daß zwingendes Organisationsrecht der Aktiengesellschaften oder Genossenschaften einer Berücksichtigung der Gründerbelange entgegensteht.
9 9 6 MünchKomm/Re«ier, BGB 3 , § 3 2 , Rdn. 4 2 ff.; Hachenburg/U/mer, GmbHG 8 , §11, Rdn. 3 2 ; Scholz/K.Schntidt, GmbHG 8 , § 11, Rdn. 5 2 ; Baumbach/Hueck/H«ec£, GmbHG 1 6 , § 6, Rdn. 2 1 ; Reichert/v.Look/Rei'cfcert, VR 6 , Rdn. 7 2 6 ff. 9 9 7 Dies ist allein für die GmbH nach dem KAGG umstritten. Für einen bereits im Gründungsstadium zu bildenden Aufsichtsrat zu Recht Rowedder/Rittner/Schmidt-Leithoff, GmbHG 3 , § 11, Rdn. 4 8 ; a.A. etwa Lutter/Hommelhoff, GmbHG 1 4 , § 5 2 , Rdn. 1; Baumbach/Hueck/ZöZ/ner, GmbHG 1 6 , § 5 2 , Rdn. 10. 9 9 8 Zur umstrittenen Arbeitnehmermitbestimmung in der Vor-GmbH Baumbach/Hueck/ Hueck, GmbHG 1 6 , § 6, Rdn. 2 2 (keine Mitbestimmung vor Eintragung); Hachenburg/Kaiser, GmbHG 8 , § 5 2 , Rdn. 1 6 0 (stets Mitbestimmung); R o w e d d e r / R i t t n e r / S c h m i d t - L e i t h o f f , GmbHG 3 , § 11, Rdn. 5 0 ff. (differenzierend analog §§ 3 0 , 3 1 AktG).
GroßKommJRöhricht, AktG 4 , § 3 0 , Rdn. 19; KölnKomm/Kra/i, AktG 2 , § 3 0 , Rdn. 2 1 ; Hiiffer, AktG 3 , § 3 0 , Rdn. 6 ; G e ß l e r / H e f e r m e h l / E c k a r d t / K r o p f f / E c W i , AktG, § 3 0 , Rdn. 3 2 ; KMüller, GenG 2 , § 13, Rdn. 1 0 ; Lang/Weidmüller/Metz/Schaffland/Mefz, GenG 3 3 , § 13, Rdn. 4 f.; Weimar, D S t R 1 9 9 7 , S. 1 1 7 3 . 999
V. Die Einordnung anhand der konkreten Strukturmerkmale von Verbandsverfassungen
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Bereits zur Frage der Selbstorganschaft hat sich ergeben, daß die Bestellung und Abberufung der ersten Geschäftsführer bzw. Vorstände entsprechend den §§ 27 Abs. 1 BGB, 6 Abs. 3 Satz 2, 4 7 Abs. 1 GmbHG, 24 Abs. 2 Satz 1 GenG stets der Gründerversammlung obliegt. Entgegen den §§ 3 2 Abs. 1 Satz 3 BGB, 133 Abs. 1 AktG, 4 7 Abs. 1 GmbHG, 4 3 Abs. 2 Satz 1 GenG ist für die Bestimmung eines Dritten zum Handlungsorgan außerdem ein einstimmiger Beschluß der Gesellschafter notwendig. Denn jeder der Initiatoren ist aufgrund des Risikos einer persönlichen und unbeschränkten Haftung für die Verbindlichkeiten der Vorgesellschaft an einer unmittelbaren Einflußnahme auf die Person des Geschäftsführers interessiert. Vor allem die §§ 3 0 Abs. 4 , 84 Abs. 3 Satz 1 AktG müssen dementsprechend modifiziert werden: Für die Wirksamkeit der Vorstandsbestellung durch den Aufsichtsrat ist zumindest ein zustimmender Beschluß aller Gesellschafter notwendig. Aber auch darüber hinaus ist der Aufsichtsrat im Gründungsstadium - abgesehen von den speziellen, zum Teil modifizierten Gründungsaufgaben - weitgehend funktionslos. 1000 Dies folgt insbesondere aus dem Sinn und Zweck der Aufsichtsratsverfassung. Aufsichtsräte sind seit den Nürnberger Verhandlungen zum ADHGB von 1861 Bestandteil des deutschen Verbandsrechts. 1001 Mit dem Übergang vom Konzessions- zum Normativsystem durch die Aktienrechtsnovelle von 1870 wurden sie auch für Aktiengesellschaften obligatorisch. Zur Begründung führte der Gesetzgeber an: „Die Bestellung eines Aufsichtsraths ... wird aber unfehlbar künftighin größere Bedeutung erlangen, wenn die Genehmigung der Aktien-Gesellschaften und die Staatsaufsicht beseitigt ist, die Aktionaire also ausschließlich auf eigene Wahrnehmung ihrer Interessen angewiesen sind. Die gesetzliche Organisation muß dem Gesichtspunkte entsprechen, daß das Selbstbeaufsichtigungsrecht der Gesellschaften wirksam geübt werden kann. Jedenfalls erscheint in diesem Punkte eine gesetzliche gleiche Behandlung der AktienGesellschaften und der Kommandit-Gesellschaften auf Aktien [für die der Aufsichtsrat bereits seit 1861 erforderlich war] geboten." 1 0 0 2 Diese „Beaufsichtigung" der Unternehmenstätigkeit 1003 ist im geltenden Recht unstreitig (gesellschaftsrechtliche) Hauptaufgabe des Aufsichtsrats (§§ 111 Abs. 1 AktG, 5 2 Abs. 1 GmbHG, 38 Abs. 1 Satz 1
1 0 0 0 In diesem Sinne noch Düringer/Hachenburg/ß