Von Geist und Seele des Soldaten


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German Pages [40] Year 1940

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Was unfer Kampf will und was wir in diefem Kriege ...
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Von Geist und Seele des Soldaten

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ISCHE WEHRKRAFT

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Generalleutnant Dr. h. c. von Rabenau

VON

GEIST

DES

UND

SEELE

SOLDATEN

ZENTRALVERLAG DER NSDAP., FRANZ EHER NACHF. GMBH. BERLIN

Generalleutnant Dr. h. c. von Rabenau Von Geist und Seele des Soldaten

Schriftenreihe der NSDAP. Gruppel: DeutscheWehrkraft

Generalleutnant Dr. h. c. von Rabenau

Von Geift und

des

Seele

Soldaten

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Zentralverlag der NSDAP., Franz Eher Nachf. GmbH. Berlin

Die vorliegende Schrift bildete ursprünglich das Thema eines Vortrages, der am 27. Mai 1940 vor der Deutfchen Gefellschaft für Wehrpolitik und Wehrwiffenfchaften gehalten wurde. Im Text ift mehrfach darauf hingewiefen .

aupt-Archiv der NSDAP. München Nr.... 2906

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Zweifello weifellos haben unfere Kriegserfolge fowohl in Polen wie in Norwegen, erst recht aber jetzt an der schlechthin entscheidenden Stelle im Weften geistige und feelifche Probleme, die fpeziell dem Gebiet der operativen Führung angehören, neu aufgerollt oder fogar aufgestellt. Nun muß man freilich mit diefen Dingen etwas vorsichtig fein. Es fehlen uns vorläufig fo ziemlich alle Unterlagen der Zuſammenhänge. Zunächſt ſteht beherrschend die große, berechtigte Freude über den Erfolg da. Wie das alles kam, ift noch nicht fo wichtig. Wefentlich ist, daß das überlegene Genie des Führers den Sieg an fich riß. Und in der Tat ift auch jetzt schon zu erkennen, daß viel Neues in den Kampfhandlungen zur Wirkung kam. Eine Fülle neuer Probleme find aufgestellt und auch gelöst. Die technischen Hilfsmittel erlauben eine Kampfart, die in ihrer Art abfolut neuzeitlich genannt werden muß. Die Entschlüffe und Entfchlußkrifen drängen einander mit atemberaubender Schnelligkeit. Die motorifierten Kampf= mittel stoßen deutlich erkennbar in Keilen von mehr als 100 Kilometer Tiefe an den entſcheidenden Punkten durch. Die Flieger zermürben den Gegner und bereiten so die Entscheidung vor. Das erstaunlichfte aber ist, daß der brave Infanterist bisher immer noch rechtzeitig nachkam 5 A s

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und, unterſtützt von unſerer vorzüglich ausgestatteten Ar= tillerie, die Entscheidung erzwang. So entſteht nun ein ganz anderes Bild als im Welt= kriege. Diefer fah in feinen letzten Jahren die Unnatur des Stellungskrieges. Seeckts Verdienst ist es, gegen erheb= lichen Widerstand, gegen die Auffaffung von der Mecha nifierung des Krieges, das geistige Gut des Bewegungskrieges gerettet zu haben. Der Bewegungskrieg, das war das Kernproblem. Bereits 1920 brachte Seeckt das in den neuen Vorschriften zum Ausdruck. Aus dem Bewegungskrieg entwickelt ſich dann der Kampf gegen Flanke und Rücken, wie wir ihn in Polen und jetzt in riefigem Ausmaß im Westen erleben und wie ihn Graf Schlieffen in feiner Kannä-Studie gepredigt hat. Damit haben wir geiftig nicht die Grundlagen der klaffifchen Strategie überwunden, wie kürzlich eine Zei= tung ſchrieb, fondern wir find zu ihnen zurückgekehrt. Wir knüpfen nun wieder an das Können und Wiffen von Leuthen, Belle-Alliance, Sedan und Tannenberg an. Natürlich find die Mittel, find Maßſtab und Auswirkung heute ganz andere. Des Führers von keinem unferer Gegner erwartete, rettende Tat, den Bewegungskrieg erzwungen und damit geiftgeführte Operation ermöglicht zu haben, hat die ewigen Grundwahrheiten aller Führungskunft wieder zur Geltung gebracht. Sein eiferner Wille erzwang die Überwindung einer Zwifchenperiode, brachte die Rückkehr zu uns arteigenem geistigem Gut, in deffen Banne nun Ge= neralität und Generalstab unvergleichliches Können bewielen. Diefe fpezifisch militärischen Großtaten in ihrem hiftoriſchen und programmatiſchen vollen Wert heute ſchon ermeffen zu wollen, erſcheint mir allerdings gewagt. Ich

will daher im folgenden eine Reihe geistiger und feeli= fcher Probleme ſkizzieren, die nicht begrenzt ſtrategiſcher Natur find, fondern Allgemeingewicht haben. Im Jahre 451 ſchlug der römische Feldherr Aëtius den Hunnenfürften Attila in der Schlacht auf den Katalauni = fchen Feldern. Die Schlacht ist heute noch fo merkwürdig, daß man geradezu von einem Katalauniſchen Problem ge= fprochen hat. Geheimniffe umweben die Schlacht, deren Ausgang das Geficht Europas bestimmt hat. Man weiß nicht fo recht, wo das Schlachtfeld liegt, vermutlich zwifchen Seine und Aube. Die Legende will, die Wut des Kampfes fei derart gewefen, daß die Seelen und Geifter der Erfchlagenen noch während des Kampfes auf der Erde und nach diesem Kampfe auf dem Wege zum Himmel oder zur Hölle weitergekämpft hätten. Der Kampf der Geiſter und Seelen im Kriege, das iſt das Katalauniſche Problem. Es ist dabei ungemein bezeichnend, daß die Legende in richtigem hiftorischem Gefühl der Schlacht eine Bedeutung beilegte, die fie an fich gar nicht hatte. Aber das natürliche Empfinden Europas entdeckte, daß hier eine Ent= fcheidung gefallen war. Aëtius hatte keine gefucht. Im Gegenteil, er vermied den letzten entſcheidenden Angriff. Der vernichtete Hunne hätte für den Römer lediglich eine weftgotische Gefahr bedeutet. Der europäiſche Kulturkreis war in fich nicht einig: vor rund 1500 Jahren nicht und heute nicht. Es war nun damals aber doch eine Entscheidung ge= worden. Europa wurde nicht aſiatiſch, fondern euro= päiſch-chriftlich. Allerdings, damit es eben eine Ent= ſcheidung wurde, mußten Geiſter und Seelen mitkämpfen. Jedoch der rein kriegeriſche Vorgang leitete eine Entſchei= dung ein, die der Soldat nicht einmal wollte. Eine befinn =

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liche Angelegenheit. Über den Menschen greift ein höherer Wille ein, der die Dinge fo lenkt, wie er will, nicht ſo, wie Aëtius es wollte. Aëtius hat es vielleicht nicht einmal gemerkt. Und das ist das Nachdenklichſte daran. Die Völker empfanden, hier war eine Entscheidung gefallen, und so erfanden fie die Legende vom Kampf der Geifter und der Seelen. Das iſt geſchichtliche Wahrheit im höheren Sinne. » > Ewig jung iſt nur die Phantafie. Was ſich nie und nirgends hat begeben, das allein veraltet nie.>Die herrschende Klaffe in England ſcheut zurück vor Ideen - und sie hat ſehr wenig Zeit.« Das und geiſtiger Leiſtung – alles hatte schon mit Francis Bacon um 1600 angefangen. Erfahrung, allo Empirie ift die Grundlage. Wahr ist das Erkannte. Locke, deffen Philofophie einen ungeheuren Einfluß gehabt hat, ſucht die unbegreifliche Welt mit dem Normalverſtand in Einklang zu bringen. Newton fucht Gott in der Natur und in der Vernunft, kommt aber fo nicht zum erſehnten Ziele. Hume nennt feine Philofophie felbft Skeptizismus und ſieht als letzte Weisheit, es gehen zu laffen, wie es wolle. So klug war der Jude Salomo auch, als er meinte, es fei alles eitel. Nur daß uns deutſche Soldaten das als kalter orientaliſcher Nihilismus anmutet und nicht als Weisheit. Über den geistigen deutschenglischen Gegenſatz hat Seeckt 1931 treffende Worte ge= fchrieben, wobei er Preußentum ausdrücklich gleich Deutſchtum gefetzt haben will. »Der preußische Staatsbegriff ift aufgebaut auf der Gegenfeitigkeit der Leiſtun= gen, auf der Hingabe jedes einzelnen feiner Glieder an das Wohl der Gefamtheit. Diefer Staat iſt ganz auf Pflicht aufgebaut, und dennoch ist dies Preußentum der Inbegriff der Freiheit. Im engliſch- liberalen Staat verfchwindet der Einzelne in der Maffe. Im preußischen Staatsbegriff lebt 12

die freiwillige Einordnung in ein Gefüge, deffen notwendiger Bestandteil jeder einzelne ift. L'état c'est moi ift der Wahlfpruch jedes Preußen. Wenn fich dies Preußentum von allen andern unterſchied, so war es allerdings schwer für die andern, es zu verstehen. Weil man es nicht verftand, begann man es zu fürchten. Und weil man es fürchtete, begann man es zu haffen.« Viel mag zur Gegenfätzlichkeit englischer Weltanschauung gegenüber der unfrigen die infulare Lage beigetragen haben. Geift darf ſich nicht abschließen, oder er erftarrt. Die Zeit nach dem angeblichen Siege von 1918 ist dann aber, ſo paradox das klingt, auch nicht nützlich für den Geift unferer Gegner gewefen. Uns hat eine harte Zeit erzogen. Die Schlachtfelder in Polen, Norwegen, Holland, Belgien und Frankreich beweifen es. Unfere Gegner haben eine weiche Zeit hinter fich. Der Engländer hatte die Welt zum entgotteten Mechanismus herabgewürdigt. Kant fetzte mit der vollen Ab= wehr des deutſchen Geiftes ein. Er schreibt von tranfzen= dentaler Afthetik, hier in dem uns nicht mehr geläufigen Sinne der Empirik gebraucht, von transzendentaler Logik und rettet uns das Metaphyſiſche, alſo das, vor dem der Verftand ehrfürchtig und demütig haltmachen muß. Und damit ist in wenigen, vielleicht etwas überraschenden Strichen das Grundproblem des heutigen Krieges gezeigt: dort drüben eine völlig andere geistige Einstellung zur Welt, zum Sinn des Lebens als hier. Politik, Wirtſchaftskonkurrenz, ſelbſt der Waffengang find Symptome. Der Sinn des Dafeins aber iſt unverföhnlich ein anderer. Was dem Engländer ganz felbstverständlich und richtig erſcheint, ift es uns gar nicht und umgekehrt. Wenn wir das wiffen, ist leicht zu erkennen, daß wir den geiſtigen

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Inhalt, um den es geht, eigentlich kennen müßten. Die Frage, ob das ſo iſt, will ich verſuchen zu beantworten. Nach 1807 war es Scharnhorſt klar, daß die materiellen Kräfte Preußen-Deutſchlands ganz gewiß nicht ausreichen würden zu einem Befreiungskriege. Da greift er nach den Sternen. Er will bewußt die geiſtigen Kräfte löfen und erlöfen. So ift die Errichtung der Kriegsakademie, natürlich auch der Univerſität Berlin, ſo die Gründung der Militärifchen Gefellſchaft zu verstehen. Nicht, als ob das Offizier= korps damals ungeiftig gewesen wäre. Friedrich der Große hatte in den letzten beiden Jahrzehnten feiner Re= gierungszeit viel zur Hebung der Bildung im Offizier= korps getan. An der Vorläuferin der Kriegsakademie, der Ecole militaire, wurde noch 1792 Philofophie von Plato bis Kant und von Hugo Grotius bis Rouffeau ge= lefen. Daß das Offizierskorps 1806 nicht schlecht war, bewies es 1813. Es war ja faſt genau das gleiche Offizierkorps, wenngleich für den Kampf in der Zwischenzeit von Scharnhorft geistig vorbereitet. Weiterhin könnte man beinahe fagen, daß das Offizierkorps der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Hinneigung zur akademiſchtheoretischen Geifteshaltung hatte. Clausewitz konnte nicht aus einem ungeistigen Offizierkorps hervorgehen, Gneifenau nicht lange, lange Jahre in ihm als Kompaniechef in einer kleinen ſchlefiſchen Garniſon ſtehen, ohne zu verdorren. Auch Blücher war nicht der befoffene Hufar, wie Napoleon ihn nannte. Orthographie war damals allgemein schlecht. Es ist aber wenig bekannt, daß Blücher fich nicht ſcheute, in Münſter noch als General Kollegs zu hören. Die Zeit von 1800 bis 1850 iſt dann eine der polyhiſtoriſchen und humaniſtiſchen Allgemeinbildung, auch im Offizierkorps. Aber es droht schon anders zu werden. Drüben in England iſt bis etwa zur Jahrhundertmitte der

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Boden ja längst fo vorbereitet, daß Karl Marx dort fein >>Kapital