Vom Sinn der Erkenntnis: Eine Bergwanderung 9783486762044, 9783486762020


222 54 11MB

German Pages 196 [200] Year 1931

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Table of contents :
Inhalt
Einführung
Im Tal
In der Schlucht
Über dem Waldgebirdge
Auf dem Grat
Vor dem Gipfel
Blick in die Ferne
Tobender Sturm
An der Bergkapelle
Abstieg ins Tal
Heimkehr
Recommend Papers

Vom Sinn der Erkenntnis: Eine Bergwanderung
 9783486762044, 9783486762020

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

6dgar ©acque S)om Sinn der ©tïennttiis Cinc 33ergroanderung

QTlündjcn und Berlín 1951

PDerlag non

Oldenbourg

mie Qîedjte, einfd)lief)lid) de» QÏbecfeQungecedjtee oorbebolten Copyright 1931 by 51. Oldenbourg, ÎRûndjen und Q3erlin $rulu$t

29

Ober bem SBalbgebirge

51

Stuf bem ©rat

67

©or betti ©ipfel

85

S l i d in bie JJerne

98

îobenber S t u r m

112

Sin ber 33erg!apel(e

134

Slbftieg ins £en £oben, bann roerben n>ir reines SBiffen t>aben" (Bus bem ©u4« X[at jtoei 2lusn>irtungen: eine äufcerlid) prattifdje unb eine innerlid) moralifdje, um junädjft niie SBelt ift bem natürlichen 97lenfd>en auc(> nur Pon biefen beiben Seiten {»er faßbar unb perftänb-

7

lief). 2ibct es gibt petfd)iebene Srtenntnisarten, unb jebe bringt eine anbersartige prattifd)e unb moralifcfje fiebensunrtung l>erpor. ¡Die rein perftanbesmä&ige 93etracf>tung bes ©afetns unb ber Statur fütjrt ettpa j u jener 2lrt äußerer fiebensgeftaltung, bie u>ir, toeil fie tjeutc in fo ausgeprägter Söeife j>errft, als bie ber ted>nifd)en Kultur bejeidjmen tonnen, tpenn es aud> tecf>nifd)e8 Können j u allen Seiten gab; etljifd) aber fü^rt fie bie 2Belt j u einem geiftig burdjbrungenen Materialismus. Sine anbete ©runblage bes ^ o t f ^ n s unb ber dertenntnis ift ettoa bie magifdje. t grunb{ä^ltd) mit äußeren tec^nifcfcen Mitteln bas Sieben geftaltet o i r b , fonbern mit ber 23annung pon 9taturträften auf teiltoeife unbetpu&tem, ben n>ae ©ein in reinen ©ebantenformen, bilbet eine reine eorie, a>ie fie bie Spodje unferer ibealiftifdjen Slufflärung £erPorbra4>te, mit SCDerien ber bilbenben Künfte, ber 5>id>tung unb 9Jtufit, bie aber freiließ in tyrem ganjen 6 i n n unb 28efen etroas pon ©runb aus anberes finb als bie lunftyaften derjeugniffe ber bämonifd) jauber^aften (Srtenntnisroeife unb bes^alb nie unb nimmer mit biefen in eine gerablinige „©efd)icf)te ber Kunft" einjuretyen finb. 2luf moralifc^em ©ebiet aber fityrt bie ibealiftifcfje ®r* tenntnis j u einem nic|>tmet)r bämonifd) empfunbenen, fonbern fcf>r pergeiftigten ^Pantheismus unb einer ©elbftbefpiegelung bes ©eiftes, u?ie fie in 6 p i n o j a , ©oetye unb £egel pollenbet fiie fte^t an höc|>fter ©teile. 2Deld)e pon biefen 2Beltfid)ten bringt uns nun eine tpa^re ©rtenntnis? ober pielleid)t (Srtenntnis fd)lecf)tf)in? unb leine. $eute finb u>ir geneigt, j u fagen, toaste ©rtenntnis fei fteftftellung pon Satfadjen unb tyre iogifcf) llare 95ertnüpfung. Unb man meint bamit bas ©erfahren, toie es ettpa unfere

8

SBiffenfchaft planmäßig antoenbet. 2Bas aber finb „ £ a t fad)cn"? Uni) f)abcn fie butdwus logtfcf) rationalen (Sharatter ober folche 93ertnüpfung miteinanber? Stemmen a>ir nur einmal etroas g a n j einfaches aus bem £ e b e n , fo tpirb uns fofort Mar, tote fcf)tt>et es ift, Satfachen feftjuftellen, auch tpenn toir ben Hergang bes ©efdjefjens genau unb juperläffig tennen. ®s !ommt ettoa eine politifche S p a n nung j u m plötzlichen Ausbruch. 3 n ben S t r a f e n tpirb getämpft unb toir erleben es mit. © e r S i n e ficht bie 93arrifaben unb S>rat)tDert)aue, er i>5rt bie üffe unb ftci>t bie 9Henf jutrug, mit allen ©injelheiten unb jcitlid? tpohlgeorbnet. © e r Slnbere i)at bas aud> gefehen. 3 h n fchauert por ber 9toi>eit unb 2But, bie ftcf> ba entläbt. ®r ficfjt bie (Stimmungsausbrüche, ben 9But, bie SertPegenheit, bas t r i u m p h i e r e n unb bie 93erjtpeiflung ber Kämpfenben unb fchilbert es fo. © e r ©ritte hat in ernftem 9tad>benfen fas ba g e f l i e h t unb tpopon alle jene ©efchehniffe ber Slusbruct finb. 28er oon ben ©reien hat nun bie £atfache toirllich gefehen? 9ßan tann nicht fagen, bafe bie beiben Slnbern bie Sütfache nicht gefehen hätten, unb pielleid)t hoben fie gerabe bas gefehen, a>as bie SHenfchen, benen fie berichten, a m meiften feffelt unb tpas j a auch g a n j getpifc nichts weniger als gleichgültig ift, toeil fich h i « äußere ©inge abfpielen, bie höchft folgenreich finb unb entfcfjeibenb in bas Seben 95ieler ober 2111er eingreifen. Slber boch ift bas alles Slusbrud für eine 3nnenu>elt unb nur aus biefer j u begreifen.

9

©enn tsas toit tt>irf(tcf> perfte^en unb tpiffen, ift n u r a u s 6cm eigenen i n n e r e n heraus (Srtanntes. 9tur bort fprec^en tpir untoiIItürlt t>on Serftefcen, u>o t»it e t o a s pon aufcen $erantretenbes a u s unserem i n n e r e n nachzuerleben fä£>ig finb. 9Bo bies nid;t ift, too nic^t pon innen £er gefefcen, erfd>aut, etiannt toirb, befommen toir hülfen, es fe^lt ber S i n n . 2Bir glauben e t o a einen 97lenfd>en j u perfte(>en u n b £aben i£n aud>, fotoeit es menid)enmögli f icf> n u r unmittelbar lebenbig mit bem Seben auseinanberfeijt, inbem er eben lebt. 2lber o(>ne innere feinen geiftigen 5öi>igieiten entfpredjenbe Überlegungen, bie fein ©erhalten u n b ben ©rab feiner (Srfenntnis beftimmen, bleibt auch ber primitipfte 9Renfd) nid)t, felbft wenn er feine ©rfenntniffe n u r a u s ber ©ruppenfeele erhält. ©elangt er aber burch bie innere 3bee in eine anbere SDelt, fo erfc^einen ihm bie ©inge nicht mehr a b ftets geftörtes Ocinjelnes, fonbern in ihrer urbilbhaften Feinheit unb Klarheit. ©urchbringt er aber juletjt mit feiner innerften "jperfönlic^feit in fittlidjer Freiheit ©afein, in bem er fid? finbet, fo beiommt es ©tDigfeitsbebeutung, u n b bas (jeifct, es o i r b geheiligt. 3 n biefem Slugenblic! (>ört er ben 9luf, ber buref) ihn burc^tönt, er ift be-rufen unb fte£t in 93er-antrr>ortung por bem © u ©ottes. 2lun gibt es feine reine, untätige ober gar abftratte 93ehanblung ber Grrtenntnis mehr, fonbern er beiennt bas ©afein unb betennt fid) j u m ©afein a u s t)öd)ftem tpahrften 2Dirflid>teitserleben. er. öpfen, tpenn er nidjt jugleich pon innen i>er unbetpufet, traft eines tieferen 95erbunbenfeins S ^ t r i t t j u ber anbern J t a t u r ber ©inge hätte. ©0 gibt es ein jtpeifadjes ftinben bw ©inge: ein unperbinbliches, bei bem § e r j unb €5eele unbeteiligt bleiben, unb ein perbinbliches, bei bem f r a g e n a n ben 98enfas erftere, rein fpiegelnbe Srtenntnisftreben unb Srfennen, finbet ftd> einer (Snblofigteit frember Srfcheinungen gegenüber, pon benen ihm leine bie 2öärme ber heimatlichen SSBahrheit bringt, leine if)m eine 33ert>eifeung erfüllt. 6 0 irrt er pon ©egenftanb j u ©egenftanb. ©eshalb tperben 6eelen, bie pon außen bie SDahrheit ertoarten, fie nicht finben unb toenn fie unenbüdj leben roürben. © a s anbere ift jene (Srtenntnis, roo toir oon innen im @nblos-33ielen bem £ebenbig-®inen begegnen unb bort mit ganjer Eingabe unferes 2öefens fragen; ba rinnt geheime fixere 2Beisheit. f r a g e n u>ir fo nach bem (Sinn ber Srfenntnis, fo geben toir uns nottuenbig Kechenfchaft oom Seiten unb legen barum ein ©eienntnis ab. © a s aber iann feinem SBefen nad; nur religiös ober irreligiös gerichtet fein, benn es gibt nur ein ir auch nicht auf toiffenfchaftlichem 2öeg an unfere ftrage heranlommen unb roerben nicht ben tpiffenfchaftlidjen 93erftanb als leijte Snftanj anrufen, fonbern bas ganje innere bes 3Henfchen bei uns felbft in Slnfprud) nehmen, um aus ber Unmittelbarteit bes Erlebens unb ©cfjauens h^c a U Ö 5" oetftehen. @s geht um ein bei aller fonftigen SJerfchiebenheit bes ©entens uns Stilen gemeinfames heimliches unb heimatliches, bas g a n j unabhängig ift pon jeber äufjeren Söiffenfchaft unb jeber ^ o r m , in bie man es tleibet unb j u m fprachlichen Slusbrud bringt. 2Bir ftellen uns baher gar nicht auf ben Stanbpuntt bes ipi>ilofopt)cn ober Srfenntnistpiffenfchaftlers, fonbern fucf>en ben inneren 2öeg pon Seift j u ©eift, pon ©eele ju Seele. Unb fo geht bas, u>as tpir fuchen, auch nicht nur ben ^tyüofophen ober G e o l o g e n ober 9laturforfd)er an. 12

geber tx>a{)tf)afttge 2Renfcf) toicb i>ic ffrage nad) 5cm ©inn ber dfrtenntnis einmal geftreift l>aben ober tniti) erfd)üttert mit if)t jufammengetroffen fein, bort, too er aus innerer 9lot»tpenbigfeit überhaupt nad) i)en legten ©ingen fragte unb ieinen anbeten Ratgeber unb g=üf)rer fcatte als nur bas eigene £ebensgefü(>l ober, toenn man will, bie eigene innere ©infamleit, bas ©ef)eimnis bes eigenen ©etpiffens, ber unbeauefenen ©etpif#eit, bie in ficf> felber tyre ©eftätigung trägt unb finbet. §>enn es gibt ein 2BaJ)tf)eitsfud>en unb eine 2Bat>cI)ett im ßsrtennen, bie toeber logifcl) betpeisbar, nocf> gegenftänblid) aufjeigbar unb am tpenigften allgemein fafebar ift, fonbern nur baburd) it)re ©eipijj^eit für ben einjelnen fuc^enben 3Renfat — aber bann aud) unbebingt fcat — bafe fie aus eigener tieffter innerfter ©eunf^eit lommt unb nur in ii>r fid) beftätigt finbet. 9tur nad) biefer inneren fiebens- unb ©rlebensgenüf}t>cit geftaltet fiel) im Sujjeren uns bann bie gegenftänblid) unb jeitlicJ) erfaßbare „2Ba^rj)eit". Sin fol4>es pon innen £er begrünbetes SDa^eitstPiffen mufe nid)t erft burd) äujjere ©djleier bringen, tpeil mit if)m ber 2ftenfd) fd)on jenfeits bes 93orf)ofe6 im Heiligtum ftej>t; roeil er mit bem ©afein pon innen £er perbunben unb (¿ins ift unb fo ben ©ingen unb ©efdje^niffen bee fiebens gegenüber eine ©eu>if$eit £at, bie aus bem aud) if>n umfcf)lie6enben Urgrunb bes $>afeins fommt. ©arum ift bas ijoc^fte SDollen ber (Srfenntnis, bas ^öd)fte Siel bes ftragens 8ugleinenben 93erftanbes fein, fonbern ift ein 9?ufen unb 2lnta>orten aus ber Siefe. £ s fragt in uns unb es anttportet in uns. ©arum tpirb Reiner, ber es erlebt, ben geringften 2lnfprud) barauf ergeben bürfen, mefcr an 2öaf)ci)cit j u |>aben als irgenb ein Slnberer, ber es anbers — unb bei fiel) pielleidjt tiefer unb reiner — fiefct unb erlebt. gnnere SBa^rfceit ift (Erlebnis mit ganjem § e r j e n unb ba^ec ein lebenbiges 2Diffen, nicf)t leeres SJerftanbestpiffen. 2Dill man fiel) ba^er innere, lebenbige S B a ^ e i t gegenfeitig 13

mitteilen, fo reicht bie 3tci>c in 6 ä £ e n nid)t a u s , foni>cm SBorte uni) 6 ä t j e tonnen n u r Sektes, SJerbinbliches meinen unb anbeuten. as m a n fagt unb für fie beibringt, u>ie unb mit toeldjen SSBorten m a n fie ^erbringt, ift an unb für fiel) g a n j gleichgültig; m a n !ann einen Slpthus, eine Segenbe, eine bilb^afte 93efd)reibung ober eine abftrattp|>fIofop^>ife ©arftellung toählen — u m bie SBorte unb 6ät$e gciyt es babei nidjt. 6 o n b e r n mit allem, toas m a n fagt, „meint" m a n n u r letjte, |>5«^>ftc 2Birtlichieit an fid>, u n b biefe foll auf ©runb bes gefprodjenen ober gefd;riebenen 2öortes unb 23ilbes jeber in ficf> u n b a u s fich unb über fid) hinaus erleben, miterleben. gegenfeitig fofort oerfteht unb übereinftimmt; fonbern n u r bies follte fein, baß bie SBorte unb ©ebanfen toie 23rütbare 5 ®inn ©afeins unb toir hören fooiel Slnttoorten als es "ip^ilofopijicri unb Religionen unb 93ölter gibt. 3ebes m u ß fie ficf> felbft in eigener SBeife erringen, ja »ielleicht in jeber afetns neu erringen, a u s bem tiefen legten Itntergrunb unb Urgrunb, in bem toir gemeinfam

14

trmrjeln, rocil eben ber 9Henfd> fdjlccf)tt)tn es Ift, ber in all' ber Sflannigfaltigfeit öcs 9nenf beffen fieben grunbfätjlid) f i n g e n unb Stampf um bie S B a ^ e i t , nie aber 23efii} unb 9UiJ>e, Harmonie unb 93ollenbung bebeutet. §>a(>cr ift bet 9Kenf4> unb fein ©eifern unb feine Grfenntnis immer „in ftrage gcftcllt" unb bie 8 " t o n f t W immer »erfüllt. 2lud> toir finb in eine 8«it gcftdlt unb treten eine 3 u iunft an, t>oc beren »erfülltem 2tngcfid>t tsir ratlos ftefcen. SDofcer nehmen toic Grfenntnis beffen, toas fein foll, a>as u n s frommt? 5>ie Ginen rid;ten tyten (Sinn auf bies, bie Stnberen auf jenes; ridjtungslos finb trir faft 2llle. (Sines aber o i f f e n toir: toic müffen bei u n s felbft j u ben tiefen perfdjütteten Quellen oorfto&en. S>arin liegt bie entfe^eibenbe Slufgabe. §>a u n s 2Baf>rl>eit nie t>on aufeen fcer tommt, fo mufe ber fuc^enbe SZlenfd) fein 3nnerftes befragen, ©ort beiommt er — nidjt leidjt jtoar, aber juletjt fieser — naef) aus^arrenbem f i n g e n , im tobenben S t u r m ober in letzter ftiller (Sntfagung a u s reinem ^ e r j e n feine Slntroort.

15

3 m £ctl.

om S o l aus wollen wir unfere SBanberung beginnen. SSBeither finb wir getommen unb fielen nun om 2lusgangspunlt bes SBeges, ber uns Hinaufführen fol( in bie 93crge6t)öl)en. gaft möchten tx>ic hierbleiben unb uns wohnlich einrichten, ftatt ben mühfamen 2lufftieg ju machen; fo gut gefällt es uns hier. 2Bit finben alles fo anheimelnb unb wohlgeorbnet: bie 9Bege, bie hellen freunblichen Käufer, bie woj>lhabenben § ö f e mit ihren Scheunen Doller 93orrat, bie einlabenben g=ußpfabe jwifchen ben SDiefen mitfamt bem gut genährten 95ieh- ©a hämmert ber Schmieb, bort raucht ber Ofen bes Söders, ba labt uns ein bemaltes SBirtshaus freunblich ein. 2lUes hat feine gute Orbnung, lein gleci ift ungenü^t, allem unb jebem merlt man ben tüchtigen 93efi$er an, bem es gehört, bem es bient. Mannigfaltig finb bie ©runbftücfe unb 93efit$tümer eingeteilt unb abgegrenjt, am Sauntor bas Schilt bes Eigentümers unb toohl auch bie SEDarnung oor bem Sjunb, bem §üter bes 5)ofes, ber bem ftremben ben Eintritt mehrt, bis man ihn Dielleicht eriennt unb hereinläßt. 2öir gehen weiter. Ein SBegweifer fteht an ber rechten ©teile, fo baß wir nicht erft ratlos uns umfehen müffen nach &em 28eg, t>on bem wir nicht willfürlich ober planlos feitab in bie SEÖiefe geraten wollen. §>rüben jictjt bie große breite Straße burcf> bas £ a l , auf ber bie Karren unb SEDagen unb Fußgänger fich bahinbewegen. S i e ift ftaubig, unb wirb, weil fie feit langem holperig unb t>on ben 2öagen ausgefurcht ift, wieber neu befchottert mit tleingefchlagenem ©eftein, bas fie oon bem fehleren Reifen brechen, mit bem man auch &ie Käufer baut. 2Ules ift geregelt, finnooll abgemeffen unb jugeteilt; alles ift g e f e h l t unb bewertet. Es fteigt einer nicht fo leicht über ben Sann in bas ©runbftüd bes Nachbars, wenn es auch

16

neben i>em gefd)riebenen ©efe£ nod) ein pon ben 93ätern übertommenes ftilles ©eioohnheitsrecht gibt, bas nur bie 2lnfäffigen fennen unb bas einen ftets tmi>etrufUd)en, aber nie toiberrufenen S>urcf>gang buref) ben unb jenen fjof übet bie 2Diefen nach bem 93aie ihre Sltetn unb SJoreltern, ihre SBäfdje tpafchen unb itjce 'ipferbe tränten — wenn fie aud) fonft poller Sleujeit fteden, in §irtfd>aftliche 92lafcf)inen haben. Stber bocf>: fie haben fid> a b g e s o f f e n , biefe SHenfchen, unb itceng eingeteilt. Orbnung unb ©efetj, SRajj unb 8ahl — bas finb überall bie f o r m e n bes bentenben SHenfchengeiftes, tporin er bie §>inge, bie er tpahrnimmt unb mit benen er es j u tun £at unb bie er felbft h*n>orbringt, binbet, u m fie, feft eingejäunt, j u feinem fixeren 93efit$ j u machen, bamit er j u m eigenen 9lu£ unb f r o m m e n mit ihnen fehalten unb tpalten !ann; mit benen er fein Sigentum hütet unb mehrt; nach beren 9iorm er es in ruhigen Seiten tpeiterjugeben |>offt an &inb unb Rinbestinber — bis 2Henfd> gegen 9Renfch fich ergebt unb empört unb Gcfd)üttecungen lommen, bie bas alles unterbrechen ober für immer jerftören. 5>enn in ihm lebt nid)t nur ber orbnenbe ©eift, es lebt auc(> Begehrnis unb £eibenfenn er bes 2ftenfd>en Seele j u m §>iener unb ©ebannten feines talten SHeffens unb Siec^nens macht; toenn er befitjen unb h ^ f ^ e n tollt nic()t a u s hohem S i n n , fonbern als ffeinb bes SJrubers. 3n ben tpohlgepflegten £ ö f e n fchaltet nicht nur ber tüchtige S a u e r , fonbern es lebt auch bie ©genfucht, fie ftreiten unb neiben u m ihren ©efitj, unb im Gigennuij perbringt m a n feine S a g e — tpir alle, tpo toir auch ftehen unb unfer Sagetpert pollbringen. §>enn ber SHenfch ift unerlöft, unb fein S i n n e n unb Kenten fchafft fich ©üter biefer SBelt, folange tpir bas £ a l tennen mit feinem 93efiij unb feinen Slbgrenjungen, im ©uten tpie im Schlechten, llnb tper nichts barin ertoarb, fann als armer £ a n s jtpifchen ben § ö f e n betteln gehen unb fich p o n ben £unben anbellen laffen. ©acqui, Srtenntnlo.

2

17

2Das bem fiebert bes OTenfdjen bient, auch fein Srtenntnisftreben, überhaupt fein S i n n für bte ©rforfdjung u n b bamit für bie 93el)etrfd}ung beffen, toas u m ihn liegt, nimmt ftets jene geregelten g o t m e n an, in bie er olles einjubringen u n b einj u g t e n j e n fucf>t; toomit er in ben f i x e r e n SJefiij eines 58iffens tommen will, bas feinen Eigentümer j u einem geiftig 2Dohlhabenben, geiftig deichen machen foll, mit bem er feine Scheunen bis obenauf j u füllen trachtet unb fein 33tel> mäftet. Unb alles wirb an feinen spia^ geftellt, bamit es jeberjeit erreichbar fei. §>as eben ift S i n n unb SSefen aller prattifchen SBiffenfchaft, unb biefes geiftige ©erhalten, womit ber SRenfch bie SEÖelt burdjbringt unb fie fid) bienftbar j u machen fudjt, ift im weiteften S i n n feine Sechnit. S i e empfängt bie f o r m e n ihres ^ a n b e l n s unb S u n s , wie ihres SBeiterfchreitens a u s fich felbft unb ihrer eigenen Sogit, unb fragt nicht nach ber (Seele bes SKenfchen. S i e hat fich eine biefem giel bienenbe wiffenfchaftliche ftotfcfwng gefchaffen t>on einer Jolgerichtigteit unb S t a r t e , wie wohl noch Seit juoor, foweit wir bie ©efchichte tennen, unb h a * ben OTenfcfjen in einer SGBeife j u ihrem ©iener gemacht, bie alles überfteigt, w a s an planmäßiger ^errfchaft je gefehen unb erhört worben ift. SGDir brauchen ben SPfaben biefer wohlabgegrenjten ©en!- unb ftorfchungsart n u r ein l u r j e s Stücf nachjugehen, u m bie 2lrt bes geiftigen 93efit$es, j u bem fie u n s führt, j u ertennen. Einen Kriftall, eine "-pflanje, ein Sier, einen P l a n e t e n im § i m m e l s r a u m nach t>cutigcc 2luffaffung erforfchen, in geiftigen 93efitj nehmen, heißt, ihn jerlegen in feine S e f t a n b teile nach mechanifch trennenben ©efichtspuntten unb n u n ben in feinet ©anjheit entwerteten 2taturgegenftanb a u s eben biefen, für bie ©njelanfchauung gewonnenen Seilen wieber jufammenfeijen; ihn ebenfo auseinanberjiehen a u s feinem Qufammenhang mit anbeten ©egenftänben, ihn alfo ifolieren in geit unb 9taum. 2Bir werben u n s nicht begnügen mit bem einfachen 33efehen unb Setteilen, fonbern oerfuchen, mit allen Mitteln oetfeinerter Beobachtung, alfo etwa bem 9fli?rof!op, in bie innerften Seile feiner phpfifchen S t r u t t u r einjubrtngen.

18

© d a n g e n toir fo ju feinem „inneren", bas Reifet, ju feinem eigentlichen 2Befen, aus bem et befielt unb getoorben ift? Söenn toir bei bet Unterfuchung eines ßriftalls nad) jener erfinberifchen 9Hethobe bttrd) 9löntgenftcat)len feine molefulate ©trultur, feinen E i n b a u fichtbar machen; toenn toir bie Sinorbnung bet Stoffe in einem djemtfd) äufammengefe^ten Körper bilblich barftellen; toenn toir bei einem Planeten feinen inneren 2lufbau, feine Seretoirlung, feine 3Raffenbicfjte, feine ©ahnbetoegung feftgeftellt haben, fo toollen toir auch toiffen, toie es ju allebem getommen ift, toas u>ir jetjt im Siugenblid oor Stugen Ijaben; toir wollen bie Sntftehungsgefcfjtdjte eriennen, in ber Hoffnung, bamit mehr oon feinem $>afein ju erfahren. §>a mag uns toieberum manches gelingen, inbem toir an einem Körper 2injeid;en eines früheren ober eines Slnfangsjuftanbes entbeden; ober inbem toir anbere, ähnliche ©egenftänbe in ihrem 2Berben felbft noch unmittelbar beobachten iönnen, um fo auch auf ben SBerbegang unferes, in ftrage ftehenben ©egenftanbes oergleichstoeife ju fchliefcen; ober oielleicht gibt uns ein ©jperiment bie getpünfcf)te Slnttoort. 28ir iommen fo ju öürgebniffen unb e (Steigerung unferer ¿ebensmöglichteiten, toelche 23eherrfd)ung ber Statur, ber ßraniheiten, ber Stoffe, toooon fid> unfere 93oroäter noch nichts träumen liefen ober h^chftens tote oon unerfüllbaren sphantafien träumten. Unb boch bleibt biefes toiffenfchaftlich methobifche ©rfennen ftets ein Orbnen ber betrachteten ©inge in 9iaum unb Seit ober nach 9Haf$ unb 3inge unb ©rfdjeinungen (o tyrer natürlichen 2Birtlid)teit ju entleeren, bafe fie in matyematifd>er Raffung julettf reine f o r m e n bes unperfönlidjen ©eiftes toerben. ©ie erfdjeinen uns bann im reinen 93egriff, unb bies perbürgt uns einen fixeren 23efitj, u>eil wir fonft ein ungeorbnetes, toie zufälliges §>urerrfd)ung ber Slaturporgänge, ber 2iaturträfte erzielen, tpie es ettoa bie OTafc^inentunbe ober bie mebijinifdje Söiffcnfcfjoft tann — aber toir ()aben uns bamit aud) pom inneren Grieben, pom tpa^ren ©rtennen ausgefcfjloffen ober finb noef) lange nicfjt baju gelangt. §>enn nun müfcte erft bie Slrbeit auf bem Steter tommen, bie bas 93rot gibt jum Sieben,

20

uni> toir müßten erft bte ©eijetmniffe finben, buref) toeldje 2lrt 2irbeit uni) buref) tt>eld>e 91atur!raft i>as S?orn ficf> pflanjen lägt, roäcf^t unb reift. §>as, a>as a>ir nun in ber # a n b (>aben als unferen 53efi{$, finb ftelbereinteilungen unb ßäunc unb Käufer, freilief) tsertt>oll unb unentbehrlich genug, infofern es gilt, bie Srbe uns Untertan ju machen, aber bod> an ftcf> fein 2Bert, fonbern ein Untoert, roenn ber ©eift, ber foleit mit anberen SEDerten bes ©afetns, mit ben tiefften f r a g e n unb 93ebürfniffen ber unerlöften 97lcnfct>enfcctc entbehrt ober fie über bem anberen erften Srfolg feines ©enfens unb {Jorisens »ergibt, ©enn es fragt fiel), ob Gcfenntnis im jctylenben, recfjnenben, toiegenben S i n n liegt, ober ob 9iaum bleibt für anberes, tsas tiefer ge^t als biefes ©galten unb 2Balten mit abgegrenjtem 93efi|. 5>enn bie geiftige Grfenntnb tann an unb für ftcf? talt unb feelenlos fein, unb felbft bie reine (Srfenntnis, bte uns als bie befte ©lüte unferer Kultur erfdjeinen möchte, iann bamit ber Seele bes 9Ztenfd>en, alfo bem £eben burdjaus feinblicfc fein. 2Benn toir alfo oom Srfennen ber §>inge unb bes fiebens reben, fo toollen toir jebenfalls nidjt fc£lecf>tfcin oon äußeren Abläufen hören, fonbern tmr fudjen ein SBiffen um bas gnnerlie, alfo um ben S i n n unferes (Srfennens. (Srtennen Reifet fo junädjft: einen inneren, oielleicfjt fthin ben legten inneren S i n n finben. 2tnbernfalls bebeutet bas fo erlangte SDiffen uns leinen le^tfjin oerbinblic^en SBert — es bebeutet uns „nichts", ©as aber toürbe feigen: es a>eift unferen bentenben ©eift unb unfer fü^lenbes § e r j auf nichts 2Befen£aftes i>in, fonbern bietet il>m nur ein meefcaniid^es ©etriebe o^ne S i n n unb inneren SDert. S3on uns felbft aus gefe^en, oom Stanbpuntt unferes ficf? um (Srfenntnis bemü^enben Fragens toäre fo bie 2latur unb bas fieben entleert, entwertet. S o toiffen toir, bafo u>ir nur eine an fiaft tut, an bie ©inge herantreten unb fie in 23egriffe über-

21

leiten; bafe n>ir nur bebingungstpeife 2Birtlid)teit erfäffen, n u t 28ert}ejen für eine jenfeits unfeter 2Biffenfcf>aft bleibenbe 2Birtücf)feit erlangen, bie nur bann SDert gewinnen, tpenn toir fie eben gerabe nidjt für SBirtlicfrteitserienntnis nehmen; fo tpenig toic bas 2iamen6fd)Ub am S a u n ber 93efit$er felber ift. S>as ift ber 6 i n n pon Kants fiepte, bajj tpir bie tpafcre 2DirfIi4>!eit nur in bie ©enfnormen unferes SBadjgeiftes ü b e r f e i n unb bas Srgebnis biefer Filterung bann tjaben, aber Pom S>ing a b folgern bamit ausgefdjloffen bleiben. §>as £at bie Saft faft anbertyalb 3at>rf)unbette nachgebetet, jum Seil aus ©rünben, bie g a n j aufeer^alb it>rer Slufgabe felbft liegen; aber tDäi>renb Kant aus einer inneren 23inbung heraus nod) tpufete, toas er fagte unb tat — nämlid> bie 2lufgabe bes ©eometers umfdjreiben, nidjt bie bes aeferbauenben 9Henfd)en — ift biefes unterfc^eibenbe 33etpufetfein uns jetjt me^r a b je perloren gegangen; ane tpenn fie 3U ertlären bei ber £ätigteit bes 93auern auf bem §of unb bem ftelb. Söürbe man tf)m alfo bie §errfd)aft laffen, fo tpäre, tpenn er nod) fopiel einteilte unb rechnete, 35eröbung ber §öfe, Verfall ber Käufer unb ttbertpud)erung ber tiefer mit Uniraut bie natürliche ijolge. llnb bod> regeln rote nad; biefen f o r m e n unfer Kulturleben ober tpollen es tpenigftens banad) regeln; (Staat, Srjie^ung, ja aucj> bie fol( banaej) beftimmt tperben. 9lur gut, ba& bas Sieben bod) anbere 2Dege tennt unb gef>t unb immer tpieber bas nur ben 23efii} abgrenjenbe unb rational einteilenbe S u n , ben ganjen auftlärerifd) tedjnifierten ©eift junidjte mad)t. Slber inbem es bas tut, fdjlägt es nun ebenfo in bas unjuträglictje ©egenteil um unb oertpirft bamit tpieber ©ebanlenjudjt unb Orbnung, bie ja nicfjt nur aus rationaler (Srfenntnis fliegen, fonbern aud), tpenn fie ed)t unb roa^r^aftig finb, aus bem tiefen SEDefensuntergrunb bes 3Renfd)en felbft fommen, unb bann alljuleicfjt pertpeinge unb ©efchehniffe, wie bae menfehliche £ u n felbft fo finnesleer, baß gerabe bas Sieben unb S u n tiefiter wahrhaftigfter ©enfer unb Heroen, bie uns bas Sieben trotj 9tot unb £ob pon jeher bejahen unb heiligen lehrten, wie bas beginnen wähnenber Soren erfcheinen muß. SDarum opfert fich ber §elb? 28arum ftirbt ein Sotrates? Söarum gibt es 9Henfchen, bie für ihren ©lauben fterben, für ben fie nie äußere £atfachenbeweife fanben? fjiet ift es unvermittelt fichtbar, baß es auf ben ©eift felbft antommt, tote unb als was man bas 2Befen bes §>afeins erlernten wirb. 9Bo alfo ift ber fid>ere ftührer, tx>o ber fichere ©runb, in bem unfer fiebensfd;iff Slnier werfen, aus bem wir wahre ©rfenntnis heraufholen tonnten? f r a g e n wir, fo gerüftet, nach bem 2Deg echter

27

Srtenntnis, fo tciffen u>ir j e | t , bafc tt>ir u n s nicht fd)Iccf)tt)in, ohne P r ü f u n g burch einen f)öi)cten dichter, bem rational beftimmenben toiffenfchaftsmäfeigen ©enien anoertrauen dürfen. Unb £>ics u m fo weniger, a b es bas heutige SGBiffenfchaftsbenten g a t nicht als feine Aufgabe betrachtet, fief) über ben ß i n n ber S r f e n n t n i s felbft 9ted)enfchaft j u geben. 2Die bürfte alfo eine n u r im Seeren pertjarrenbe ir fuchen.

28

3n der £cï)Iurî)t

rùf) firib toit aufgeftanben, um bie SDanberung anjutreten. 9toch liegen î>ic 2ïebel bier, bas juerft in unbeftimmten llmriffen auftaucht, bann, iaum erfannt, tPieber hinter uns im ©After perfchtoinbet. 2lbet toir fe^en leinen gufammenhang ber §>inge, gefchtpeige benn eine fianbfehaft. 2lucf> Pom 2lnfang unb bec 9liir müffen fdjon einen gerabe baherfommenben 23auer fragen, a>ie rpir uns tpeiterfinben f ollen, benn auch unfere genau gejeichnete fianbtarte, bie uns geftern2lbenb fo gut über alles Slu&funft gab, hilft uns je$t gar nichts mehr. @r ift gefällig unb begleitet uns ein paar Schritte mit ber Sicherheit unb Ortsfenntnis bes tn c r h^itnifchen 2laturtinbes, unb alsbalb tonnen tpir bie ©orfftrafee perlaffen unb in ben hohen ftichtentpalb einbiegen, tpo es nur noch buniler j u toerben fcheint unb u?o a>ic nur eben pon S a u m ju S a u m fehen, faft immerju an bie bichten S t ä m m e ftofeenb. Slber jugleich fteigen tpir hinan unb tommen in bie S t i f t u n g eines hcrabftürjenben ©ebirgsbaches, ben a>ir r a u f t e n hören. 3etjt tottb ber 9iebel, ba rpir h ö h c r ' p m m e n , lichter. Stoar perfchtoinbet er noch nicht, aber nun fehen toir boch enblich fo piel, bafc tpir nicht mehr nur bas Sinjelne erlernten, an bas toir ftofjen, fonbern toir eriennen je£t ben SBalb felbft, tpir fehen um uns bie großen, pon 9Hoos betoachfenen unb pon ©aumtpurjeln umflammerten ober gefprengten, por 3ahrtaufenben Pom 23erg h^rabgeftürjten ^elsblöcte, gehen über unruhig h°lP c t i9 c n 23oben, bei bem man nicht u>ei($, tpas [ich unter SRoos unb 9Jhüm unb Seifig unb ©eftrüpp

29

oerftecft uni> ob man nid)t im nächften Slugenblicf ben ^ufc in einen oerbedten ©palt jtoifdjen jtoci Steinen bringt uni) ftürjt ober ficf> tounbfchlägt. Sautet Schlupftsinfel für menfchenfdjeues, oielleicht feinbliches ©etier. 9tun fei)en toir ben 2Bilbbacf> über krümmer ^erabraufcfjen, toeife bricht fich ber Schaum bes grünen 2Baffers, unb roir finb in ber roalbumtt>ad)fenen naffen Schlucht, roo fich auf moberig glattem unb fteinigem 93oben gelbfchtoarje Salamanber halb regungslos ein paar Slugenblide bewegen, ba fie ben Sritt unferes Duftes in ihrer 9lät)e fpüren. Solange man im £ a l ift, fieht man aud> am hellichten Sage ben SBalb nur toie eine 28anb, tpie ein rerfchloffenes, geheimnisvolles ©ebiet oor fid). 3a, tommt man näher, fo erfcheint fein 3nneres buniel, unb toer auf bem $Jelb unb ben SBiefen brausen j u tun l>at fein Seben lang, tsirb nicht glauben, bafc ba brinnen anberes als Tuntel unb ©üfterheit t>crrfd)t. Slber bennod?: reelles Sieben ift ba brinnen, roeld;e ungewohnten Seltfamleiten unb bocf> felbft an ben büfterften Stellen noch Sicht, ja bie Sonne bricht überall burd) bas ©eäft ber S ä u m e unb ftreut golbene ftleden überall untrer, ^reilid; l)ier, too wir Ijerauffteigen, finb teie nicht in einem freien 2öalb ber Sbene ober bes fttodjlanbes, fonbern am rauhen fteilen § a n g f)oi)er 93erge, mitten im fd)lud>tigen, fteinigten, toenig betretenen unb gepflegten ©ebirgstoalb, ben feiten ber eines oerfprengten SBanberers ober eines 3ägers ober eines Söilberers betritt bei feinem unheimlichen ©etoerbe. S o ift bie rationale (Srtenntnistoeife, oon ber toir juoor fprachen, u>ohl vergleichbar jener Slrbeit auf bem freien ftelb, oon bem aus man nur ben SDalbesranb fieht, aber nicht in ihn eingebt, roeil bort vermeintlich iein ©oben für georbnete Slrbeit fei. Slber bennod) gab es oon jeher 9Benfd)en, beren Suchen unb Srtennen fid) gerabe nach biefer SDalbesfeite richtete, bie einbrangen unb berichteten, u>as fie bort fahen unb erlebten. 3a, man tann fagen, bafe im SJolt als ©anjent gerabe jene SBalbesfeite beiannter unb untoilllürlid; gefüfjls-

30

mäfoig mehr gefugt ift, a b bie ber toiffcnfcf)aftlicf) eingegrenjten ^clbarbcit. 3it d)t, toie ©elehrtenbüntel t>icllcicf)t glaubt, tpeil bas 93olt nicht fähig toäre ju reiner ©eiftigieit; fonbern pielmeht> u>cit bas 93ol! bas ¿eben ber Statur fpürt unb fühlt unb nid>t fich auf bie ¡Dauer fpeifen läfet mit einem 93rot, bas n u r aus gemahlenen hülfen befteht. Sin großer Seil pon bem, a>as roir im ^inblid auf bas „unmünbige 93olt" tjeute mit mef)t ober weniger Stecht Aberglauben nennen, tourjelt in jenen ©ängen burd) ben SBalb unb oft burd) ben büfterften, fcl>luci)tigften Seil, u>o eben anbere ©tnge erblidt toerben, als auf bem freien fonnenbeleudjteten 3=elb. §>a tann bann nid)t eingegrenjt werben, ba fönnen nieijt bie Sejirle ftreng getrennt bleiben, fonbern ba taucht herüber unb hinüber immer roteber ein 2teues, ein Unerwartetes auf, rote auef) bie roed)felnben £id>t- unb ©chattenbilber immerfort neben bem Seiten unb SBirfliehen eingebilbete unb p!>antaftifcf>c en 93erfaffung bes ©njelnen, n>ie bes 93olles; benn ber Sßfai) bahin ift meiftens pon 9tebel perhüllt ober liegt bort, too man ihn Pom ^elb aus nicht feljen iann, fo bajj roir entroeber eines ortsfunbigen, tpenn auch „ungelehrten" gührers bebürfen ober it>n faft toie Sräumenbe fud)en müffen. £ s ift, mit einem SBort, ein anberer €>id>tjuftanb auf bie Statur, bie bem im SBalb einbringenben unb bort feine einanber ertennbar finb. ©iefer «Sichtjuftanb ift bas £ellfe£en als natürliche Ginnenfähigteit. ©er §ellfehenbe bemerft etroa einen Sftenfchen ins § a u s treten, hört fogar feine Schritte ober feine «Stimme; aber ber Slugenblid, roo bas in ber äußeren 2Birtlid)ieit por fid) geht, ift noci) nidjt ba unb feine Schritte haben hier noch 9iffen einer Gonnenfinfternis ober einer SBetterlage tPürbe pon innen h c c ben 3ufammcn^>ang gefehen haben, pielleicht unbetpußt traumhaft, unb erft nachher* g a n j ohne Rechnung, fich ju einer gebantüch tpachen 93orftellung perbichtet haben. 3ft alfo für jenes rechnenbe 93orausfagen ber SBachPerftanb allein nötig unb juftänbig, fo getpijj auch für ntehr ober

32

toeniger phantafteoolle Kombination, mit î>cc man toof)l gelegentlich etoaô porausfagen îann. 2lud) fie beruht auf einem betpufcten Slufnehmen äußerer Srfahrungôtatfachen, aber boch tpirb bei ihr ftete aud) ein getpiffes inftinltyaftee 93orfû()len mit im ©piele fein. Xtnb biefes ^intoiebetum tann in fäen fein. S o finb bie ©renjen pera>ifct)t, man betoegt fid> bamit am SDalbesranb, ohne nocf> g a n j eingetreten j u fein, ©as ^ellfeherifche aber in feiner eigentlichen 93oIlenbung erfafet bie Vorgänge in ber 9tatur überhaupt unter einer g a n j anberen geiftigen unb feelifchen 9îorm aie ber nur im getpöhnlichen 9laum, in ber gerablinig ablaufenben unb in ber med>anifch aufeinanberfolgenben Säulenreihe bentenbe unb nur auf bas âlufeere ftd> erftredenbe SJerftanb. ©as ^ellfehen ift eine ßinnenhaftigteit, bie nicht breibimenfional-räumlich unb nid)t linear-jeitlid) gerichtet ift, fonbern anbete SDege jur Verfügung hat, um j u fehen, toas gefdjieht. $>enn man m u | fid) ertenntniôtheoretifch barüber Mar fein: toas jetjt in biefem 2lugenblict phpfifch-äufcerlich gcfchieht, gefe^ie^t ja gar nicht nur in biefem Slugenblid; fonbern es geflieht fojufagen fortoährenb im SBcltalt; es gefchah fdjon oor 3ahrtaufenben unb toirb in gahrtaufenben immer noch gefchehen. 5>enn edjt natunoiffenfchaftlich benten, h^ifet ja für u n s : tein 8"ftanb, ieine Grfdjeinung ift bentbar, bte nic^t in unenblicher ilrfachenreihe in ber 3*it jurücf mit anberen 8"ftänben unb Srfcheinungen pertnüpft tpäre. (Stroas u>irb — naturtoiffenfchaftlich gebaut — niemals auô nichts; fonbern immer ift ctoas, ein anberer Suftanb porausgegangen unb biefem toieber einer. ©o geflieht im ©runbe alles, tpae jefct geflieht, fd)on feit unenblich ferner 3«tt. ©as £ellgeficht ift nun jener unbewußte 6innenjuftanb be& phpfifdjen SHenfchen, für ben biefeô ©njelgefchehen in ber linearen geitiette nicht als ein erft pon einem beftimmten geitpunit an (Scfafebares „por 2lugen fteht", fonbern ein ©innenjuftanb, ber irgenbtpo in ber 3eitlinie bas j u eriennen permag, a>as, tpenn bie Seit abgelaufen ift, auf ber 8eitbaf>n j u m Sîorfchein iommt. ©acqué, Œrlenntnle.

3

33

®ntfprechenbes gefchähe, roenn toir |>eUfc|>erifc|> ¡>en Stoff, i>ic 2Haterie betrauten fönnten. Qe gab toofjl SHenfchen, Die es fonnten. 3ebes unmittelbare SBiffen um bie 2Birffamtcit oon §eilträutern, um bie 2Birifamteit oon Stoffen ift ein fceüfc|)crifcf)c6 2Siffen. SDenn ein ©eift tote ißarajelfus fcheinbar aus benferifcher Überlegung heraus neues ^eiltoiffen fanb, fo toar bies gegrünbet auf einen Qnftinlt, mit bem er Suftänbe jufammenfommen faf), bic bem linear3eitlid>en,breibimenfionalräumlidjen Kenten ber Slnberen oerfcfjloffen blieben. Gr ficfjtete fojufagen jufammen ben Sd;toefcl unb bie ^ranffjeit, bie ihm entfpricht, unb obtoohl biefe beiben „¡Dinge" im phpfifcfjcn Slblauf burchaus getrennt finb unb ben perfd;iebenften 9taturgebieten an unb für ficf> angehören, fanb er eben bod> ben inneren unmittelbaren, nicht ben äußerlichen SEöeg, auf bem er bie beiben „©inge" in einem fah. 5>enn es ift War: toenn ber Kosmos irgenbtoie ein ©niges ift, fo mufe oon jeber Stelle in it)m, oon jebem ©egenftanb unb jebem Stoffatom unb jebem ßeitpunft aus aud) irgenbein Steg l)infüf)ren j u allem Übrigen in ihm, Vergangenem unb ©egentoärtigem unb 3ufünftigem. CES mufe ebenfogut aus bem 93etract>ten eines Stüdes Spiegelglas bas morgige unb öbermorgige ffletter ablesbar fein, u>ie aus ber 22liene bie Stimmung ober ber ©ehalt eines 97tenfchen. 5>ies unbetoufjt ausüben, (jeifct, bes natürlichen ^ellgefidjtes teilhaftig fein, llnb bas ift nicht nur ein einfühlen in einem bod; ftets toadjbetoufeten S i n n , fonbern ift jugleich ein inneres unberoufetes Verfchmeljen, ein Vertoanbttoerben mit bem lebenbigen 2Befen bes 2taturgegenftanbes, ber un6 I?icr äußerlich 3toar getrennt gegenüberfteht, aber 3U bem es für uns aud) einen inneren 2Beg gibt. §)as aber oolljieht fich nid>tmehr im redjnenben SJerftanb, ber ftets auf bem ©etrenntfein unb bem ©egenüber beftefcen bleibt, fonbern es oolljieht fiel) in ber Seele — nicht im abgestielten Slrferfelb, fonbern im nirgenbs abgegrenjten 9Balb. 2üir !önnen aud? fagen, es ift ein polares Verhältnis, bas oon innen her atoifchen ben ©ingen ober jtoifchen bem Grfennenben unb Grfannten befteht.

34

©et S i n n unb ©runb aller magifchen 9laturtpiffenfchaft, n>ic auch bie 9Höglichleit, mit ihr in bie Statur einjubringen, liegt in i>em überall gegebenen 2Defen 5er inneren Btceifeitigteit aller ©efchehniffe uni) ¡Dinge, i>ie ftets mit einem ©egenüber perbunben finb uni> mit biefem ©egenüber fo, n?ie fie finb unb erfreuten, flehen unb fallen, werben unb ente r b e n . 2Bir nennen es porläufig unb ohne junäd)ft etwas anberes a b bas rein oetftanbUcf) 9laturu>iffenfchaftliche bamit j u meinen: bie 'Polarität. Hnfere beseitige, nur pon aufeen mit bem Saftgefühl bes iörperhaften „Segreifens" an alle 5>inge ^erantretenbe Slaturtpiffenfdjaft tennt bas ffiefen biefer Polarität nid)t ober ftreift es gelegentlich nur g a n j äu&erlich, a>ie ettpa in ben elettrifcfcen Srfcheinungen unb beim Sflagneten. Ilm es aber nicht nur in biefer paffipen ©eftaltung unb getpifferma&en nur tot-med)anifcf) gewahr j u werben, fonbern feinen S i n n 3U erfaffen, mufc man pon ©runb aus einen anberen Sidjtblicf auf bie 9iaturerfMeinungen tyaben, t». h- pergleichenb finnenhaft ausgebrüeft: man mug auf unb in bie (Srfcfceinungen fehen, nicht fie törperlid) greifen unb fie por allem nicht törperlid) permittelt, nicfjt in 3=orm pon aneinanberftofeenben, fic^t anjiehenben ober perbrängenben, ficf> anfammelnben ober wieber l&fenben „ S e i l t e n " ficf> porftellen ober bie SJorgänge fid) fo benten wollen; i>enn bamit greift man, was nid)t bas (Eigentliche im 9laturgefchehen ift, unb man greift eben baran porbei unb fiefct bas (Eigentliche nicht. Xlnb biefes (Eigentliche liegt im polaren ©efchehen, tocil alles ©efchehen nur nach bem •SPrinjip biefer Polarität juftanbe tommt, baö mit bem Gab,: jebe SDirtung hat notwenbig ihre ©egentpirtung, nur g a n j unjureichenb gefaxt ift. Unjureichenb fceshalb, tpeil auch biee immer in jeitüchem 9lacheinanber unb in räumlicher Trennung, alfo auch törperhaft greifbar, nicht „fichtbar" PorgefteUt tpirb; fobann, weil SBirtung unb ©egentpirtung pon unferer 9taturwiffenfchaft immer als ein Vorgang jweier aufeinanbertreffenber, fich pereinigenber ober abftofeenber ßörperlichteiten — auch (Energien finb an äufeere 3»

35

SWrperlichieiten getnüpft — porgeftellt totrb, toährenb Sßolarität ftets innere Sintjeitlidjieit in allem ©efcfjehen unb S r fcheinen ift. h i e r f ü r ift gerate i>er 9Ragnet b a s alleranfchaulichfte 23eifpiel, a u s i>em m a n nicht e t o a ben einen Sßol u>egneijmen tann, bamit m a n ben anbeten übrig behält, fonbern bei bem jebe beliebige 93ertürjung fofort triebet bie ^Polarität herftellt; ober bei bem eine 93erftärtung ober u>ätmechanifchen, nämlich bes „fiebenbigen". 9tun aber tPteber leine 93ertpechflung: nicht bes fiebenbigen im organismifchen (Sinn, als ob etroa in ben f i n g e n ein Slutfreislauf, Otersen, gellen toaren, tpie m a n fich bas ipohl früher, ba bie magifche

36

9latutficf)t [tarier tt>ar, rooi)l gdegentlid; bilbhaft batfteUte; fonbern ein Sebenbtges als 93ejeichnung eines 2tid)tmed)anifdjen im 2Berben i)er ©inge unb im Slblauf ber enn aus „S?raftftrömen" allein entftetjt noch lange feine Polarität, unb Kraftftrdme, aud> gerichtete ßraftftröme, finb feine ^Polarität — fonbern Polarität ift eine innerlich beftehenbe Sebenbigieit, ein ^ u l s ber ©inge unb ©efchehniffe, ju bem bie Kraftftröme unb bie Seilchen unb bie rollenben Wiefel fid) oerhalten rote bie S t o f f u m fetjungen unb Stoffbilbungen ober bas 93lut unb bie 2ler»en unb bie Hormone im Organismus fiel) ju ihrem Sieben »erhalten unb toas fie für ben Sebensablauf bebeuten, obroohl fie nic^t felbft bas Sieben finb. $>a toir nun t>icc, in biefer anbeten 9iaturfphäre, nidjtme^r auf ein 9lurmed)anifd)e8 ftofeen, fonbern auf ein 9?hpthmifd)-£ebenbiges, fo ift bas (Srfenntnis- unb 2luffd>lief}ungsunb 23ea>egungsmittel nun auch nicht mehr bas mechanifche, oon aufeen greifenbe unb begreifenbe Kenten, fonbern ein in getoiffem S i n n unbetou&tes (Einleben mit einer 6innesfphäre, bie ficf> oon ber äußeren, bas Mechanifche faffenben ebenfo unterfcheibet, a?ie bie mechanifche 3laturfeite oon jener gefugten rhr>thmifch-lebenbigen. SDenn toir biefe hier> roie gejagt, ©efühl ober Einfühlung nennen toürben, fo roäre es nicht bas geeignete 2Bort; eher tönnte man roieber oon einem hellfeherifchen Snftinft fprechen, ber, roenn er naturhaft oollentroicielt ift, jenem jtoifchen ben ©ingen unb allem Körperhaften oor fich gehenben Strömen unb Sßulfieren toot)l beitommen fönnte. Slber es ift bod> mehr: es ift bas £eilhaftigtperben bes polaren fiebensftromes in ben ©ingen, bas ßich-®infchalten bahinein unb zugleich bas hietburch juftanbe

37

iommenbe ©nflie&enlaffen bes eigenen Sebensftromes in bie §>inge. ©aburd? t»irb nun eine neue Polarität fcergeftellt: feie jtDif d>en 32lcnfct> unb §>ing ober ftrembioefen. ift gruni)fä^li4> ber eintritt in bie natutmagif biefe grünbete eben auf jener anbeten, pon ber unferen fo perfdjiebenen 2irt pon 9laturforfd)ung. S o tpiffen n>ir ja pon ber ßunft, 2lmulette ju perfertigen, toobei ber §erfteller tagelang faften mufete, um fiel) bann bei einem bestimmten Sternenftanb mit bem ©eficf)t naef) Often j u fe^en unb beim Aufgang eines beftimmten ©eftirns, beffen „9tatur" in bem Slmulett gefaxt unb gebannt werben follte, j u arbeiten; bafe alles aber beenbigt fein mu&te, e£e ber S t e r n feinen tftanb Ü b e r t r i t t e n ober pon anberen ungünftig flantiert tpurbe. 2öie ift bas ju perfte^en? ©in 93erglei itjrcc freitoilligen Sinfpielung in bie 2lorb-Süblinie nun mittels ber ftingerfpite toegbre^en, fo entfielt in einer baneben liegenben ©ra^tfpule ein aus biefer 2lnbre£ung £erporgei>enber Strom, ber bem ftraftftrom entgegempirlt, ber bie 9?lagnetnabel bis bajjin in bie 2torbfüblinie bannte, ©iefes einfache 93eifpiel mag bis j u einem getpiffen ©rab eine 93orftellung bapon geben, tpas pergleidjstpeife porging, tpenn ftd) ber Slmulettperfertiger fo an feine 2lrbeit fe^te, u>ie roir es b e t r i e b e n £aben: er erjeugte in einem Stofffpftem förper^>aft 9laturträfte burcf> Umfe^ung gebunbener Spannungen. 2lucf) im großen tourbe magifd? getoirft, gejaubert. Sinb Sempelbauten ettpas anberes als 9läume, ja pielleicijt ungeheuere Littel j u jauberifdjen 2Bir!ungen? 32lan benfe an bas Seit ber Hebräer mit ber Sunbeslabe; an bie ißpramiben bet Sgppter, an bie ©ö^enbilber in ben Sempein ber afiatifanifcm ©erhalten bes SHenfchen auf ber ic 3bee i>er tosmifd) magifafeins in einem g a n j natur^aft primitioen Sinn. Satfad)e ift, bafc im 93olt biefes magifc^e 23ettmf$tfein unb ©efityl burcfjaus nocfj lebt, ja ununterbrochen ba ift, tsenn es aucf) j u gen>iffen 3eiten, wie gerabe tn bem »erfloffenen 3ai>ri)un5ert, fe^r jurüdgebrängt fein mag unb ficf> um fo weniger fcerportoagte, als ber 93annftrat)l ber 2Biffenfaft unb ber biefer Slufilärung entfprecfcenb erlaffenen ©efefce bem entgegenu>irtt. Slber e r l o g e n ift es nie, ja es fpielt fic£ unter unferen 2lugen am offenen Sageslicht unb jum Seil in f o r m e n ab, bie u>ir gut tennen unb bann gar nicht als ©efäfje mit folgern Qntjalt oerftehen. 5>enfen toir bocfj nur an bie 2öallfa£rten j u ben ^eiligen — td) fage bamit nichts gegen bte fromme SBirllichleit bes Heiligenlebens, fonbern benie an bie äußeren 93eranftaltungen, too bocf) ganj anbere ©inge unb Erregungen in ber 33ol!sfeele mitfdjtoingen als etn>a bas innere 93erfen!en in bas SBefen eines ^eiligen — fofern ^iet nidjt überhaupt an Örtlichfeiten gebunbener alter ©ämonenjauber nur u>irffam ift. ©enten tmr ettoa an bie 93eranftaltungen in Sourbes, an SDunber unb SDunbertjeilungen, ober an bie Stigmatifierungen. ©a gilt es, ftets brei Seiten ju fefcen unb j u perftehen. 5>ie eine ift ber äufeere Vorgang, fojufagen bas rein "^pfifc^e, bas ba geflieht; man tann es bem 2lrjt unb bem "jp^pfiologen überlaffen, roas fich ba an bem ft&rper ber „tpunbergläubigen" Jlranlen ober Stigmatifierten abgefpielt hat. S>ie anbere Seite ift bie bes magifdjen ©efdje^ens, bem mir auf unferer SBanberung in ber artung unb bie burcf) ©efunbheitsbrang unb feelifdje (Srregung gefteigerte, rein biesfeitig-tpeltüch gerichtete Sehnfucht, enblich bas oft bis jum SDa^nfinn gefteigerte menfchlich-natürliche Segehren nach g=lud>t unb Srl&fung aus ber ßranfyeit, aus Slot unb ©lenb unb Sterben. 5>as mifcht fiel) mit 93ilbern ber religiöfen Spmbolit unb erjeugt im günftigften ffall jene iörper-

43

liefen Teilungen ober ©eränberungen, bie tpeiter nid)t j u leugnen finb. (Ebenfo, nur t>iellcicf)t mei)r a u s i>em ilnberoufeten i>eraus, tonnen ©tigmatifierungen gefd>el)en. §)as aber braucht g a n j unb gar nid)t jene innere tiefere, in © o t t rufjenbe ^ r ö t n migteit j u fein, bie Kern unb Qn^alt alles eckten ©laubens ift; oielme^r iann aud> bies nod) g a n j in ber magifc^-feelifdjen (Sphäre bämonifdjer (Etftafe befangen fein unb ift an fid> lein äufeerer 23etpeis be6 ©laubens an ©ottes 2Dort. Ober toenn bie SSranlen K t e u j e berühren — m a n fiel)t babei immer bas efftatifd)e ©rängen unb S u t e r n ber ober bes füffenben Sltunbes — unb u>enn fie baran fjetltmrlungen — nid)t £eilstpirtungen — an £eib ober ©eele fcaben, fo ift bas iein leerer 28al>n, fonbern es gefd)ief)t toirflid) naturfcafter Sauber, aber es ift eben boef) Slberglaube. (Ettpas anberes ift bas ftille g i e ß e n bes i j e r j e n s . Ober tpir benten an fonftige ^ « ^ m e n , bie bas Qtyriftentum ettoa auf bem fianbe Dielfad) angenommen £at, tpo ber alte £eibnifcf>-natur£afte gaubergeift im 23auernpol! nod) fo lebenbig ift toie efcebem; too bas per^t unb bie Krantyeit befprodjen tpirb. 3 m 23ol! finb bie ©ämonen unb ©ötter noas nid>ts anbete» a b SauberbefcfjtPörung ber (Srntegötter ift, tpenn fie bei aller fonftigen 5 r ö m m i g t e i t in ifcren farbigen SProjeffionen unb bem murmelnben ©ebet im 9Hai unb 3uni mit ben bunten ©etoänbern unb Jfalmen unb ben Kränjlein auf bem Kopf burd) ii)te fonnigen gelber jiefjen. ©inb bod) aud) Piele Kapellen unb Söallfa^rtsftätten gerabe bort errichtet, tpo bie ^eibnifdjen 33orfaJ>ren tyre Kultftätten Ratten, bie g a n j geu>ijj nid)t bloft einem eingebilbeten leeren, fonbern einem naturfjaft tPirffamen S a u b e r bienten. §>as 93olf ift in feinen f o r m e n pielleidjt djriftianifiert; in feinem SBefen unb $Jüf)len unb ©enten lebt es nocf> in unb mit ber alten Statur, in fid> unb um fief). ®s ift pielleid)t nur ein SBieberbefinnen, ein SBieberern>ad>en bes Haren ©efüfcls, tpas burd) ben rationaliftifdjen ©eift uns »erloren ging an 9iatur^aftig!eit unb natürlichen

44

23erten uní) (Sttenntniffen, tpenn tpir J>eute fo piele unmittelbar empfinbenbe uní» ursprünglich erlebenbe OTenfchen fid) tDicbcr mit einer 2lrt innerer [tarier Gerregung unb gefunbem ©efühl, toenn aud> felbft nicf)tmet)r im alten (Sinn lebenbig, ben altgermanifdjen ©ottheiten j u o e n b e n fehen. SÖ ift rtict)t nur ber 2Biberfptud) gegen bas alles übertpuchembe Sturnationale unb 9Hechanifierenbe, fonbern es ift aud) bas bei ihnen £en>orbreenbe, im 93ol! immer lebenbige ©efühl innerer 9laturperbunbenheit bes Sftenfdjen. Unb es ift tDol)l íein gufall, bafc bie „Girier" gerabe im SBalb nicht nur bas Gpmbol, fonbern auch bie tpirtliche Gtätte bes ©rlebens folcfjer Staturmagie finben. Vielleicht ift es gar nicfjt gefdjehen, angefichts ber Porhin ertpähnten 93ol!sgebräuche, bafj bie chriftlidjen Slpoftel bie alten ©ötter befeitigt unb fo bas 2lriertum in feiner natürlichen SBurjel gefchäbigt tjaben. 9Bir fehen, bafe bas 33olt ja gerabe an jenen alten ©ötterorten nocí) feine 9Rirafel ^at unb mit ganjer Seele baran hängt, unb bafj es bem „Stmftentum" nid)t gelungen ift, mit bem 9íitus unb Kultus, ben man aus ber Religion ber Siebe gemacht has mag auf |>cllfc|>crlfc$>cn ftahigíeiten, auf aítip jaubernber

45

3taturficl)tig!eit beruht fcaben, toie etu>a aucf> bie f?cüfct)erifd)cn £ r ä u m e unb Sxaumbeutungen, toie trir fie etwa aus ber Grjäf)lung bes 'ityarao unb gofepf) in Slgppten fennen, too ber Gine bie £räume tjatte, ber Slnbere fie in ^Polarität baju j u beuten toufete unb womit beibe ein immerhin fe(>r tocitreid>enbes reelles Slaturtoiffen befafeen, beffen Snfcalt ftcf> auf bie fommenben 3at>cc unb itjrc (Srnten unb tool)l auf manches anbere nod) erftreefte. 3ebe 2lrt u>iffenfcf)aftüd)er Srtenntnis entfpringt aus einet bestimmten geiftigen unb feelifcf>en 93erfaffung bes 9Kenfd>en; anbers ausgebrüeft: einem beftimmten geitgeift. 3ebe Sttenntnis ift jugleid) 2lusbru trägt. ber ©eift einet aus u>iffenfcf>aftlicf)en ©rtenntniffen beftimmt, fonbern bie dtrlenntniffe unb bie 2lrt, toie ertannt toirb, beftimmen fic|) aus bem geitgeift. 2Rit anbeten SBorten: jebe SBiffenfdjaft unb jebe 9Biffenfc£aftsepod>e l>at ifcre eigenen metapijpfifdjen 93orausfetjungen, unb bie ergeben fiel) aus einem beftimmten, naci) Seiten ober 93ölfern » e r g e b e n e n £ebensgefüf)l, aus bem heraus fic ficf> nun eigengefetjlicfc aufbauen unb aus bem heraus getmffe unbeweisbare ©runbanfäauungen felbftoerftänblid) finb. Stiles, roas nun auf ©tunb folget geiftigen, ja aud? feelifcfcen f o r m e n tr>iffcnfcf)aftltd> gewonnen unb bataus erflärt toirb, ift richtig, fotoeit unb folange jene SJorausfe^ungen autreffen. Sine »orausfe^ungslofe 3=otfd)ung unb Söiffenfdjaft gibt es in biefem Sinne nicf>t. S>o4> es Ijerrfc^t ba ieine SDilltür, fonbern nottoenbiges ©enlgefet}. ®s gibt alfo piele Slrten ber 9laturbetrac^tung unb ber (Srtenntnis, roie es oiele geiftig-feelifc^e ©trutturen unter SJölfern unb Seiten gibt. (So oielfeitig bas 2Defen bes 9Renf4>en ift, fo oiel 23etratungs- unb ©rlenntnisweifen finb möglict) unb benfbar. 5a, aud> bie eyattefte aller 2öiffenfd)aften, bie 2ftati)ematif, unterliegt biefem ©efeij, unb bie für uns moberne 9Benfcl>en fcljeinbat fo fieser betmefene ©refcung ber Srbe um bie Sonne gilt nur unter einer g a n j beftimmten ooraus-

46

gefegten ©eometrie bes R a u m e s , ift aber ieine abfolute 2Bahr|)cit, toie m a n immer meint. a [teilte fief) bem forfchenben 92lenfchen bet ijimmelsrautn unb bie «Sternentoelt g a n j anbers bar. Sticht etroa n u r fo, toie im "iptolemäifchen Söeltfpftem, bas feit einigen 3at>rt)unberten oon unterem ßopernitanifchen abgelöft ift, u m fpäterhin too^l toieber einem anberen Spiai} j u machen, fonbern auch fo, bafe anbete innere unb äufjere ö e j i e h u n g e n barin bem 92lenfct>en wichtig unb auch ertenntnishaft einleuchtenb tparen. 3ft u n s e t o a bas SBefentliche baran bie ©chtoertraft, bie Klaffe unb bae Stoumjeitlidje ber 93ett>egung, fo a>aren es bamals anbere SJejiehungen, bie bebeutfam unb für eine (Srtlärung tcid)tig unb einleuchtenb waren — m a n benle n u r an bie 2öelthöhle. (Scs beftanb eben ein anberes 2Deltgefühl unb barum eine anbere Gcrienntnismöglichfeit. 2Bir brauchen n u r an bie u n s I)eute fo unoetftänbUchen alten SBeisheiten echter, tiefer 2lftrologte, an bie feineetoegö n u r eine 5icf>tccifd)c 3bealifierung bebeutenben Sbeen oon einer 9Rufit ber S p h ä r e n , ober an bie uralte Sa^lenfpmbolit j u benten, u m j u toiffen, welche ©runboerfchiebenheit ber (Erfenntnie unb ihrer ©runblagen i)ier gemeint ift. S t i f t e wäre törichter unb überheblicher, als j u glauben, jenen alten Seiten wäre etwa noch nicht unfer rational fritifchee ©enten jugänglid) gea>efen. ¡Das ift g a n j u n w a h r fcheinlich, benn wir fehen auch bamals fchon, a>ie fie mit V e r n u n f t in allen f i n g e n bee Sehens »erfuhren, u>ie fie eine fo eyalte £immelöbeobachtung l i t t e n , bafj fie Connen- unb OTonbfinftetniffe »orausfagten unb aftronomifche Ralenber befajjen; ober toie fie eine 2lrjtelunft hatten unb oieles anbere, bas fie aber auf anberen dertenntniewegen fich erroarben als auf benen, bie unferer SBiffenfchaftsart als bie allein gangbaren heute erfcheinen. @6 ift boch eine fchtoere £äufd)ung, unb burch bas Seben täglich miberlegt, j u meinen, mit ber Sichtbarteit unb ber gewöhnlichen äußerlich finnenhaften 2Dahrnehmbarteit ober 5 ü h l " barfeit toäre bie ph^fifche 9 k t u r wefentlich j u faffen ober auch n u r j u b e t r e i b e n . 5>a gehen toir toie in einem 2tebel, wo

47

tptr nur bie einjelnen 23äume fehen, bie bann tpieber perfdwinben, uni) u>o toir beftänbig in ©efahr finb, uns ju ftofcen unb 3U ftürjen unb bod; baö ©anje nie ju fehen, ben 28alb als folgen nie gea>at)r ju tperben. S»ic Jörperliche Stoffnatur tft bod) nur eine beftimmte, unb jtpar fetjr eng begrenjte 2tnfchauungsform, tote aud) bas im getpohnten S i n n Räumliche ober bas jcitlidj-äufeeclid) Slufeinanberfolgenbe uns eben bicfelbe enge Slnfchauungsform ift. 2lud) bie hieraus folgerichtig geroonnene pt)r)fitalifd)-tccf)nxfd)c 93eherrfd>ung ber Statur, bie 9Jtöglid;teit, alle bie SHafcfnnen, Apparate, © t r a f e n , SBellen ju bauen unb ju erzeugen ober einjufangen, bie d>emifd)en Stoffe, bie d)emifd) roirtenben Slrjneien unb fo pieles anbere ©leidnpertige barjuftellen, t)at, auf biefes rein törperlich finnenhafte Beobachten unb Srfaffen ber Statur begrünbet, nur infotpeit S i n n unb fflirfung. 5>em allen entfpridjt nun bie rein rationale, bie perftanbesunb begriffsmäßige Durcharbeitung, alfo eta>a bie 2lufftellung pon ©efe^en, roie bas ber Erhaltung ber Ccnergie ober ber SHaterie, bie mechanifche Söärmetheorie, bie SHeffung unb Verteilung ber (Slettrijität, toobei alles bas fchließlich aus ben räumlid;-!5tperlid)en Beobachtungen fiel) ergab, angefangen pon ben ©alileifchen SchtPere- unb Sßenbelbeobachtungen bis j u ben mobernen ©asmotoren ober ben ^upghens-Sterotonifdjen £id>tbredmngsbeobad>tungen über bie Speitralanalpfe jur bamit erjielten ©rtenntnis ber 5'Xfternbetpegungen unb pieles anbere, tPas nicht gegentpärtig, fonbern pergangen ift, toie etu?a bie Srfchließung portpeltlicher Sänber unb SJteere unb ihrer £iera>elt burch bie räumlich-törperliche Beobachtung unb 33ergleid;ung por uns liegenber ©efteinsfchichten. Unb tpo u>ir pielleicht biefes Räumlich-Körperliche fo j u perabfolutieren fuchen, baß tpir fchließlich nur noch pon mathematifch behanbelten Energien reben unb fogar bie gerabeju greifbare OTaterie als folche betrad;ten, fo hat auch h' e c noci> tein tyfyt)fifer fich barunter ettoas anberes benlen fönnen als beu>egte Körper, ftoffhafte SBirbel ober Ströme, toeil es eben in ber phpfifchen 2Belt, b. h« int Körperhaft-Räumlichen nichts anberes

48

gibt unb, pon i»a aus gefeiert, aucf) nidjt geben tann, als eben ftatt SBellen nur toellenfjaft bemegte SHaterie, ftatt £icf)t nur ftoffi>aftc £icf)ttoellen ober £icf>tteil4>en, ftatt Slettrijität nut elettriföe Ströme in «Stoffen ober clctttifcfjc Stoffjuftänbe ober © t r a f e n unb Energien in folcf>en ober einem anberen, bem 3it^er. Itnb tpenn man nun ju folgen 93egriffsbilbungen tommt, tpie bem 3it£er, ber bocf> fein Stoff ift, ber SBelle, bie bocf> teine 28elle ift, bem £icf>t, bas SSßelle unb Stoff unb lleinftes Quantum ift unb bies boci) nur unter einer beftimmten Sdjnelligteit, ober jum ileinften 2Itom, bas ni Körper ober Snergiepuntt ift, unb toie alle biefe ftets toecfjfelnben ©ilb^aftigfeiten mit tyren natürlichen ©runbtoiberfprüdjen lauten — fo betpeift bies eben, bafc toir mit unferen nur auf S?örperlid)-9läumlicf)e8 eingeteilten Sinnen aucf) in biefer Sphäre bleiben, bajj aber unfer rationaler §>entperftanb bie ©renje feines ^offungsoermögene gegenüber bem ©efc^e^en in ber 21atur balb fd>on ftci> felber beutlid) toerben läfct. demgegenüber |>ilft es nun nichts, ettoa auf ein noeibenbe 2luffd>lüffe über bas toaste 2Befen ber Materie, ja pieUeicfjt ber Qtatur ju ermatten, 5>enn immer tpieber greifen toir nad> bem $offnungsan!er bes „llnenblid)&leinften", toeil eine in fict> ftetig jufammen^ängenbe Materie uns unoorftellbar ift. 93ir tonnen fie uns nur aus S e i l t e n jufammengefeijt benten. Stber bie 9latur ift nie aufammengefetjt toie bas, tpas ber SBenfcl) bilbet, fonbern alles, u>as toir jufammengefetjt pon aufcen f)et fefcen, alfo e t o a natürlich perbadene ßiesmaffen ber 2lagelfluj>, aeigen uns, tpenn roir fie auseinanbernefcmen, tpieber Seile, bie einem früheren ©anjen entriffen tparen, unb biefes ©anje — etroa portoeltlic^e ^ I f c n unb Serge — ift tpieber jufammengefettf getpefen. S o toerben toir immer toieber legten ©nbes por ber ^rage bes Stoffes, ber 9Raterie überhaupt fte^en unb bamit immer S>aequ£, (Etlenntnie.

4

49

tpic&cr por bem ©enl- u n b ©orftellungaergebnis tleinfter, urfprünglicljfter, elementarfter S e i l t e n ; u n b a n b e t e , nämlid) ftetig j u f a m m e n h ä n g e n b , lönnen u>ir u n s ben © t o f f , a u s bem alle 9latur befielt, nidjt benten. U m unferen rationalen ©eift, ber ben 2Biberfprud> in feinen 93egriffen pertpirft, getpifferma&en jufriebenjufteKen u n b ii>m eine SocEerung ober §inausfilen burd; ßriftalle u n b erfchliefeen fo u n b auf manchem anbeten 9öeg tPieber neue, porläufig letzte tleinfte S e i l t e n , bie n>ir fo lange hefteten laffen, bis ber ©eift tpiebetum bie enggetoorbenen S t a u e r n abtaftet u n b n u n p o n n e u e m bas SJorftellungsbebürfnis j u m 3tod;tleineren e n t f i e l t , gugleid) tpirb aber b a s juerft einfache Kleinfte in unferer SJorftellung infolge ber immer n e u fiaft ben S3au u n b bie innere 93en?egung eines Por breifeig S a u r e n noef) legten e i n f a c h e n tleinften £etlcf>ens flcf> tpie ein ©onnenfpftem mit P l a n e t e n porftellt, fo liegt eben aud) baß g a n j e ß r ä f t e f p i e l u n b all' b a s geheime S u f a m m e n f e i n mit barin u n b jeigt u n s , bafe tPir fo innerhalb bes räumlichtörperlid) t l e i n f t e n j u einer foldjen inneren SDeite u n b ©röfee porgebrungen finb tpie b a s ß i n b i m 98ärchen, b a s i m SBalb in ein enges £od) fried)t, b a s es u n t e r bem © e f t r ü p p entbedt, unb auf einmal in einen breiten © a n g tommt, ber allmählich geller u>irb, bis es in eine tpeite innere Sanbfcfcaft tritt, in ber es in einer eigentümlichen u n b a n b e r s als b a s getoohnte äußere «Sonnenlicht ftrahlenben § e ü e n u n feine SEÖunber erlebt.

50

Ü b e r

dem

SDaldgebirge.

urd) bas fcf)lud)tige ©öfter besSBalbes finb tote geftiegen unb bürfen uns nun bes freieren Slnftieges juc §öf)e freuen. ©er 2Dalb oerliert feine 2Bii5i>eit, bas Sonnenlicht bricht fcurd). ©ie fteigenben 9lebel oerteilen fid> a b toeifje SBolien in ber £uf t, iiie noch eine SDeile um bas ©ebirge jiehen uni> bie i)b\)tn oerbecien. 93oli> ober faugt i)er blaue Gimmel fie auf, unb überall getoahren toir it>n burd> bie freien Sichtungen bee Söalbee. 3mmer toeiter fteigen mir unb fcfjon betreten toir einen freien, längft abgeholjten 93erghang. ©ann baut ftch eine unbetoachfene, ba unb bort mit ©eftrüpp unb ftifdjem ©rün beftanbene 23erglehne oor une auf. Raum bafc ba unb bort fd)on ^clsgcftcln ijerausfdjaut, gehen toir auf feftem ©oben, 100 unfer ftufe nicht mehr gleiten ober einbrechen tann toie in ber feuchten Schlucht bes tieferen SBalbes, unb leicht fteigen toir nun auf offen überfehbarem 2öeg hinan, (fnblich erreichen toir, burch einige le^te jerftreute SBalbflächen tretenb, einen freien breiten 93ergrüden — unb ba auf einmal öffnet fich ein toeites toalbiges oielfarbigea 93erggebiet mit runben ©ipfeln unb gezogenen SRücfen, in beffen 5)mtergrunb, abermals ee überragenb, grofee felfige 93ergmaffioe fich jeigen. §ier ift nichts ©injelnee mehr, bae unferen 93lict um feinettoillen auf fich jöge unb ablentte. ©ie 93äume, überall fdjon unter uns, finb leine Gsinselgeftalten mehr; f)öt>en unb Salungen bebecienbe SBälber behnen fich ju unferen ftüfeen über bas immer toieber neu abtoechflungsreiche ©ebiet aus, talaus, talein fo mannigfach gegliebert unb boch in all bem f o r m e n - unb gfarbemoechfel oom fräftigen 93raun unb bunflen ©rün bis jum oerfchtoimmenben bläulichen ©uft fo einheitlich einbrucisooll — über bas toir nun erhoben hinfehen unb 4*

51

in bem tt>ic jugleicf), une bali» fclbft oergeffenb, mitten barin fte^en, als gehörten toir b a j u . S s übertommt uns, bie tute t u r j JUDOC noch auf I>ic 2Degtpinbungen unb auf bies unb jenes ^inbernis bes Slufftieges geachtet Ratten, nun auf einmal ein ©efü^l ber 9iuhe, fo bafo u>ir }d)tr>etgenb hafteten por all ber S)errlichteit unb Söeite, bie fich unferem (Seift barbietet a u s ber ganjen Statur. 2Btr finb wie »erfentt in eine 23elt, wo wir felbft nichtmehr Jmnbeln, wo wir nur bas Sluge eines i)5t)eren ©eiftes fein wollen; wo wir ieinen ermübenben Schritt mehr vorwärts j u machen haben; wo bas, w a s wir f l a u e n , gar nicht wollenb begehrt wirb; wo bas unbegreifliche SBefen biefes unerfchöpflich fdjeinenben ©afeins u n s felbft burchflutet, oon felbft j u u n s fpricfjt, inbem wir es fdjtpeigenb fehen unb aufnehmen. (£s übertommt u n s u>ie rechte Srtenntnis. 2ìid)t ift's tote unten im S a i jwifci>en all ben Saunen unb abgestielten g e l b e m , wo wir nur auf bem ein für allemal gegebenen 23eg gehen unb u n s nur u n t e r treiben tonnten jwifchen Käufern unb ©ehöften; nicht ift es wie in ber 9Balbfcf)lucht, wo wir ieinen 2lugenblier fte^en unb rein anfdjauen burften, fonbern u n s hüten mußten, bafe unfer ftufc nicht ausglitt unb wo bas ©üfter immerfort bie freie Slusfic^t über bas © a n j e Ijemmte: je^t ift es, als hätten wir eine wie ber grofee 93ogel bort, ber t>or u n s in weitem 23ogen über bas 93erggelänbe jieht unb nun wieber in großen Greifen jurüdtehrt. Überall ift biefe SDeite unfer; tein Saun, leine 9ftauer, nichts »erfperrt u n s ben 2Beg, nichts ben 93licf auf bie ganje Ucfprüngltchfeit ber 9ìatur. ijier will fie uns i|>r reines 2öefen, ihr Urbilb offenbaren, fo u>ie es ber 6d)öpfer fah unb a>ollte, als er am Sinbeginn ber Seit j u m 23erg fein „Söerbe" fprad). §ier erleben tx>ir alles in ber Qbee: bie Statur um u n s unb bas S e i n in uns. 2Bir fehen im ©egenftänblichen ein Unaussprechliches. Unb bas eben ift le^tes höchftes Siel bewußter Srtenntnis: j u m Unausfprechlid;en ju gelangen, ©ort ift n u r fchauenbes Schweigen. Slber es ift auch Sebensunb Siebesluft, es ben Seelen j u oerfünben. @s tann nid;t

52

abgebübet, es tann nicfjt in 2Borte gefaxt werben; es tann nur im Spmbol erfcheinen. etf fd?affen. Gin foIcf>es tann nicht fci)Cecf>tt>in etwas abbilbett, fonbem tann nur bas Gwige, bas Itnausfprechliche an fid> „meinen". 2luf zweierlei 2iri tann es »ertünben. Ginmal, inbem es bie Schau auf bas Gwige irgenbwie ben Slnberen »ermittelt, fei es burd) SBort, 93ilb, £öne. Sobann, inbem es bie gegenftänblid>en §>inge unb Grfcheinungen ber 2latur fefthält unb burd) fie l)inburd) bas Mrbilb f l a u e n lägt. ¡S>ie 91atur in iijrcc (Scrfcheinung ift ber Slusbrud bes 6 9 m bolifchen burd) irgenbeinen, uns junächft perhüllten ©eift, bem wir aber in biefen feinen natürlichen Spmbolen innerlich begegnen; t»ie wir im ^unftwert bem ©eift bes 98eifters unb bem l e e r e n ©eift, ben er gefdjaut, erlebt unb nun pertünben will, begegnen tonnen. §>enn Spmbole finb innere lebenbige SDefenheiten, bie bem 9Zlenfd)en in ben ©ingen t>on innen ^er jutommen unb ihm fo bie Statur jum Erlebnis bes Senfeitigen machen. 5>as SOiffen unb «Sagen barum ift „S?unft". 3 m f)öd)ften 2Rage bie reine 9Hufit. 9Hufit, fagt Schopenhauer, fpridjt unmittelbar bas „§>ing an fid)" aus; wir würben fagen: bie reine urbilbhafte tdrperlofe JJbee. 3bee nicht als ©ebante unb porgeftelltes 93ilb, fonbern ©afein in innerfter ursprünglicher 93efchaffenheit fchlechthin. ©as mit SBorten ausjubrüden ift unmöglich, §>arum eben tonnte man es unmittelbar nur in 98ufit fagen. 2Ule inneren ©rabe ber SHufit fprechen folcherart unmittelbar aus; aber es gibt eben ©rabe, unb es tommt auch wieber barauf an, was man ba ficht unb erlebt. §>as ift bie 2Belt ber ßunft. Slber nicht nur ber bilbenben unb befchreibenben Kunft ober bie ber £ ö n e : auch bie geiftige 2Biffenfchaft ift hier mit einbezogen. 9Bie eine hhe ©eiftesphilofophie bas ©afein unb alles ©efchehen, was ber 2Henfcf> }u umfaffen permag, gebantlich jufammenfehmiebet j u einem inneren 2Seltbilb, fo umfafet fie auch olles unb jebes, beffen ber SHenfd) gebantlich habhaft werben tann, alfo auch feine äufeere 2Biffenfd)aft unb feine baraus h^rporgehenbe tulturelle Sechnit. SBir fehen in allem bas innere Mrbilb,

53

u>ir f l a u e n bic Qbee. ltni> bies j u iönnen ift in allen 23ejiehungen bes ©afeins fchlecfjthin „Runft". Sine fo fcfjaffenbe, fo erlebenbe uni> erlebte Siunft ift in ihrer 2Beife eine 2lrt Stienntnis, aud) 9taturertenntnis. r aud? bas einjelne ©egenftänbliche, baß fie um fid) herum in ber Statur toie im Sehen erblictt, immer oon neuem tsiffenstpert; nicht als Häufung bes 93ielen unb Vielerlei, fonbern als Slnlafe eines ftets neuen unmittelbaren ©rlebens bes Unnennbaren. §>enn alles 93eftehenbe ift nicht einmalig e r r a f f e n unb nur mit einmaligem Qnhalt erfüllt; fonbern ift in jebem 2lugenblici neue Schöpfung, ift Schöpfung in Ununterbrochenheit, unb ber betrachtenbe STtenfchengeift erfährt baran immer neue Offenbarung. ®s ift nie etn>as abgetan, erlebigt, fertig erlannt, tpie es fich ettoa bie äußerlich rationale, medjaniftifdje SBiffenfdjaft porftellt; es ift nie ettpas erfchöpft — fonbern immer quillt bem wahrhaft pon innen befd)auenben ©eift 2Ieues, bisher Unerfahrenes, t i e f e r e s baraus i)en>or unb fd;üefet ihn felbft immer tiefer unb tiefer auf. irb empfänglich für ein genfeits, bas tpeit über alle 93egrenjung bes 93erftanbes geht. 2Benn im fchauenben ©eift bes ftünftlers — fo ungefähr |>at es mir einmal ein genialer 98enfch gefagt — bas Stpige, Unbegrenzte aus feiner äofigteit heraustritt unb fid) im 9laum offenbaren tpill, um por uns j u fielen, fo tann es nicht bargeftellt tperben als folches; es foll unb iann nicht 23ilb werben; aber pielleicht erfcheint als biefer raumjeitlofe Vorgang bes £eraustretens aus bem unräumlichen ipunit pon oben h ßC jur irbifchen SBelt ein fpmbolifcher Körper reinet fform, alfo etroa bie ^Jpramtbe. 3Zlan perftehe recht: nicht bie ißpramibe als berechneter Körper, fonbern ^pramibe an fich, als Sbee, als Sprache für bie Satfache bes £eraustretens aus ber raumlofen Scnfcitigfcit h c r o ' > < n barftellenbe phpfifc^e SBelt ber Körperlichfeit. 6 0 , unb nur fo gefehen, tPäre alfo nun eine als Kunftoert geftaltete unb in biefem tiefften «Sinn gebachte ^pramibe nicht empfangen aus ber 3bee bes phpfifchen 23 autpertes pon unten nach oben; fonbern aus bem ungreifbaren

54

unb unbegreiflichen 9iid)t8puntt an fid) trete fie heraus uni> fte^e fie 5a, bem SBefenlofen tyr 2Befen perletyenb. ©ie meint Schöpfung. §>ie „3iatutgef4)id)te" einer folgen ^pramibe toäte eine anbere. 2lls 93aun>ert tcürbe fie junäerf müfjte fie geometrifd) beregnet unb nid)t nur intuitip erfdjaut roetben. 2116 93autoert fßnnte fie aud) irgenbtx>elecfen bienen, tporin fie gar niung ftefcen — im organifcfjen tpürbe man es bie biologifie jenfeitige Qbee ber Sßpramibe aber u>äre — u>enn tpir bem obigen ©ebanten not fd)enfen — bie bes umgrenjten §ineinragens ber Gtoigteit ins 8ßit-9iäumlicl)e pon oben ^er. Unb bas Reifet: bie 3bee eines Körpers. 93ei ber ßunft oerftefjen roir, intoiefern in einem naturgef3>icl>tlid)en Körper 3bee liegen !ann — gbee, toelc^e nieijt getponnen toirb burct> bie jeiträumlidje 2Iaturgefd)id)te felbft unb nod) toeniger burdj Slbftrattion feiner 5 o c m > fonbern gbee als aufteträumlid), aufoerjeitlicf), auftertpeltlid) e r b a u t e unb ju pertünbenbe fc^öpferifcjje SBirllicfcfeit. ir £ier pergleic^stoeife ben Unterfd)ieb pon äußerer rationaler

55

9taturbetrad>tung unt> innerer 2Bictlid)!ett. 3 n tyrer pfjpfifchen 5 o t m ift öie iPpramtoe intelleftuell faßbar uni) in iljrer $Jorm fo geftaltet unb ausgebaut; als ^peamibe an fid>, im inneren S i n n aber ift fie jenfeitig, ift fie 2lbbilb i>er Sbee. 28enn bas Unnennbare mit feiner ©egenisart fid> in bie 9iäumlid;feit ^ereinftelten toill unb 2öoI>nung f)aben roill unter ben SSofmungen ber 2Henfd)en, fo erfc^eint ber Tempel, gtoei ©runbarten bes ©erhaltene unb ©eftaltens in ber phpfifd^en 2Belt, auf bem 23oben, u>o bie 9Uenfd)en wohnen, u?o ganj unb gar Sdjtoere f>errfd)t, geftalten äufoerlid) ben Sempcl: Siegen unb f r a g e n . ©arum ift bie pijpfifcf) gegebene ftorm, bie ©runbform bes Sempels, fein abftrafter £ p p u s bas ©ad) mit ben Stützen barunter, ©¡es ift bie 9taturform bes reinen Sempels, jenes bie 35cc, bas Urbilb. ©er gegenftänblictje Sempel foll mdglichft unmittelbar bie Sbee bes Stempels geben. Snfofern tonnte Schopenhauer melleid)t mit 9tea bie Materie felbft unb bie 93efd>äftigung mit ihr, alfo ettpa ba& 93efd>reiben unb 93auen einer 9Rafd;ine, als eine niebrigere ber Srtenntniö bezeichnen tpollte. 9öa6 u>ir im Vorigen Jagten, als toir bie §>inge bes £ a l e s faf>en, bafe bie 2lustPertung ber ©rtenntnis j u ber rein nu|mäfcig äußeren §>afeinsgeftaltung eine unterfte S t u f e bee (Srtenntnieftrebens fei, hat nichts mit ber hier auf ben §öt>en bes 2Balbgebirges geübten Uberfchau unb Snnenfchau 3 U tun, bie u?ir fo gut auf bie nieberfte 2Haterie, tt>ie auf ben bichterifchften ©ebanten ober bie ßunft ober bie fonftige ftulturgefchichte ber 23ölfer ausbehnen tonnen. 2iud) ber materialiftifche infofern er feinen „ S t o f f " pon jener Snnenfeite ber reinen fieh*> feinen spialj neben bem ftünftler, ber eine 93afe ober einen Sempel, neben bem 9Hufiter, ber eine Spmphonie fc^afft. SBehe toenn toir etroa bie Materie oerachten toollten; es toäre bann auch tnit unferer „ftunft" unb aller „©eiftestpiffenfehaft" 3U @nbe. ©iefe toahre innere „Siebe" j u r SHaterie, a>ie toir fie oben fchon mit bem Schaffen eines ©laefenfters ober eines ©emälbes j u erfaffen oerfuchten, ift barum auch ' n teiner 9öeife pon ber „ßunft" im noch fo hoch aufgefaßten S i n n j u

59

unterfcheiben. § i e r pergeht i>tc f ü r baß niebere Nationale nod) aufredet j u echaltenbe ©renje jtoifchen beiben ©eiftestätigteiten, ber unffenfchaftlich-perftanbesmäfeigen u n b ber lünftlerifd)en. S s fommt ein inneres Verhältnis j u r Materie juftanbe, bas finnig ausgebrüett ift in ber fiegenbe pom ^eiligen g t a n j i s f u s , bem ein SBaffertropfen, als er t r ä n t , in ben ©anb herunterfiel unb bort eine ^ i g u r bilbete, ben er aber mit bem ftujj nid>t ftörte, unb bcsf>alb trat er j u r ©eite. 2(ud> in ber $ u n f t , trenn mir bie 9Katerie nid)t heilig halten, fie nicht felbft fprechen, ihre gbee nicht felbft j u m Slusbrucf gelangen laffen unb fie mit unferem ©eift pergetoaltigen, ftatt fie rein 3um ©utd)brud) fommen j u laffen — auch ba entfteht Hntoal)rt)aftiges, entfielt jener $itfcf), ber ebenfo erfdjeint, tpenn toir an if?rc ©teile ein anberes Material j u r 33ortäufcf)ung feiert. Sin 93auftil, ber nicht bem S?ünftler unmittelbar a u s bem Sieben, aue ber Umgebung, a u s bem Siaum unb a u s bem natürlich pertoeilenben Material tommt, gibt leine echte Söahrhaftigteit. © a r u m ift es £üge, toenn toir heute einen gotifd>en 5>om bauen. inge a u s bem SParabies ber reinen gbee, bie ihr SSÖefen ift, ihr itrbilb. ©eien toir alfo „SRaterialiften" im toahren, gefunben unb träftigen ©inn, inbem toir ben ©toff lieben als 2lusbruicr ©rabe, infofern bas alles tpieber in talter ftorm unb ftormbefchreibung erftarren ober j u einem lebenbigen 2Bert unb einem ©pmbol für ein tpeit Roheres toerben tann, bas noch über bem Söalbgebirge liegt unb bas Pon einer fiebenbigteit tpeifc, bie weit über bie enn bas Stccn^aftc, in einem fehr bebingten unb pon ihm felbft feinestpegs in feiner tieferen Seite burdjbrungenen «Sinn fpielt in feine Bemühungen u m feie Grtenntnis 5er Mrpflanjc mit hinein. S r fudjte a u s ber unendlichen 98annigfaltigfeit ber pielen tPtrfltd)en ^ f l a n j e n ein grunblegenbes ^otmgefe^ abzuleiten, auf bas gebantlich i)ie "ipflanje a b folche j u r ü d j u f ü ^ r e n fei. Qt backte fid> eine „Mrpflanje", nicht gerabe im jeitlich-geologifchen S i n n , pon ber Pielleid>t einmal in früfceften Seiten alle fpäteren ^ f l a n j e n ihren törperlidjen Stusgang genommen Ratten; fonbern er ipollte fid) nur War barüber tperben, u>cld>e ©runbjüge bes 23aues, toie SSDurjel, Stengel, 93latt unb 93Iüte fo elementar für bas spflanjentpefen feien, i>afc bie gebaute ©runbform ihrer teilhaftig fein müfcte, u m überhaupt noch als „ ^ f l a n j e an fid)" gelten j u tonnen. en mannigfaltigfter 2lrt, bie aber alle ibeell unter jene abfolut ermittelten S c hiebungen fallen. 2Bas tpir aber oben mit ber in ber Kunft barjuftellenben Sbee eines Sßertes meinten, bas liegt auf einem g a n j anbeten ©ebiet unb geht übet bas A n n a l e toeit hinaus, ©enn biet ift Sbee unb toirtlicher Körper gar nid)tmef)t unmittelbar auseinanber abjuleiten, fonbern es ift toie in ber großen Slrdntettur, bie eta>a als S p m b o l ber Slufna^me ben Stempel fchafft: eine Aufnahme bes 98enfchen in bie Slrme ©ottes. S o ift bie |>öc^>fte $Jorm unb 2lrt ber ibeenhaften Jorfdjung unb §>arftellung ein inneres f r a g e n unb 9?ufen unb Suchen unbftinben, 61

utti> toirb j u einem greifen ber Schöpfung. € s löfen fich bie Sejiehungen i>er §>inge auf uns felbft unb unferen SJerftanb unb rote fei>en uns auf einmal burchbrungen t>on einem Seben, bas nid)ttnei)t bas unferes eigenen 2tacf)benten8 unb 5 o c m " bilbene ift. 3n jenem ©rieben ber 3bee, bes Mrbilbes, bas als foicfjcs niemals äußerer ©egenftanb fein fann, fonbern bas als 93ebeutfames in bem äußeren ©egenftanb a b 93ebeutenbem erfd?eint, liegt nun gerabe eine getsiffe Rechtfertigung alles £ u n s unb unb aller dertenntnis, wie biefe uns als 28iffenfchaft im ibeellen ober praitifchen S i n n entgegentritt. £ier hängt junächft alles baoon ab, impietseit es Sbee ift unb in ben ©ingen bie gbee meint unb finbet. (Ss trnrb je^t fot>iel über (Sinn unb Seift, über Segen ober Unfegen ber tpiffenfd>aftlid> fo tief unb tpeit ausgebauten unb anfeheinenb immer noef) toad)fenben £ed>nif gerebet, mit ihren genialen ©ebanfen, tpo jebes 9Ber! felbft toieber bie pf)t)fifd)e 93era>irtlid)ung eines inneren Urbilbes, einer 3bee im platonifd>en Sinne ift. S i e hat uns bie alte fcfjeinbare 9iui)e »ergangener Seiten genommen. S i e i>at ben 2Renfd)en jum „Sllaoen ber OTafchine" gemacht unb f)at uns fojiale UmtPäljungen tt>ie fojtales Slenb in fidjtbarftem unb fühlbarftem 9flafee gebracht. Slber auf ber anberen Seite ermöglicht fie ©inge, bie es uns, gerabe roeil toir Millionen mehr als früher auf unferer Scholle toie auf ber (Srbe ^aben, nun erlauben, 335l!er unb SRenfchenjahlen ¡ju ernähren, anjufiebeln, ju betpegen, Seuchen hintanjuhalten ober abjufchtPächen, Sobenfchäije ju heben, £änberfläcf)en j u bebauen, ohne bas alles tpohl bas irbifche (Slenb noch größer toäre — vielleicht. 9Han tarnt barüber fichcr oerfcf)iebener Meinung fein, ob bas alles ein Segen ift ober nicht; ob es nottpenbig ift ober nicht; ob bie 9Jtenfchem>ermehrung im legten Qahrhunbert bie Hrfache ober bie SBirtung biefes neuen tPtffenfchaftlich unb praltifch fo erfolgreichen ^anbelns unb Schaffens ift, ober ob tn gegenteiliger perurfachenber SBirfung beibes fich fteigert unb bann jum Ilmbruch bes einen unb fcf>Cicfeticf> bes anberen führt: genug, toit ftehen barin, unb es höt feinen

62

Sinn, aus mehr ober weniger perfönlich-romantifchen ©efüt)lcn unb ©rünben i)ier etroas j u bejammern ober ju verneinen ober ihm eine nod> t>5l>ere Steigerung j u toünfchen ober j u prop^ejeien. SBohl aber tonnen toir oon einem freieren Stanbpuntt aus, fojufagen auf ben §öf)en bes Söalbgebirges ftehenb, uns eine innere Stellung j u ber ganjen fehietfafehaft großen, t>era>idelten Sebens- unb ßulturfrage fdjaffen. ®s toäre unfinnig, bie „Sed)nt!" ettoa mit ber ©rfinbung ber ©ampfmafdjine, bie ja bie unmittelbare Hrfache all ber neuzeitlichen Shtlturumtpäljung ift, beginnen ju (äffen. 2lucf> nid>t mit bem ©rtoadjen bes rationaliftifchen 2Biffenfchaftsgeiftes im 15. Sahrhunbert. $>enn aud) fd>on oortjer unb j u allen Seiten, in allen 93ölfern hat biefer ©eift bes SHenfchen Käufer gebaut unb Stäbte, t)at SGBagen unb ^Pflüge gefchaffen unb 95runnen angelegt, i)at ©ebrauchstperljeuge unb 2Bebftühle unb ßriegstpaffen unb Söpfe gemacht, unb tpenn eftsa ein eisjeitlicher SUcnfcf) ber erfte SHenfci; getoefen fein follte, toas ^ier nidfjt toeiter jur Erörterung fteht, fo ift fein 5*uerfteinfplitter, ben er fich jum fjanbgebtaud) ober als 3öurffpitje jured)tfcf)lug, auch bas erfte unb, u>ie toir toiffen, planmäßig unb in 9Baffenfabrilation t>crgcftclttc '•probutt ber STedjnii getoefen. 2Bo beginnt alfo jene £ed)nif, bie urir allenfalls romantifch oerbammen unb too enbet jene, bie noch 3 u r toohlgepriefenen guten alten Seit gehört unb allenfalls unfere Silligung finbet? ©ehört ber ^Ppramibenbau, bei bem £ a u fenbe fronten, jur guten alten Seit? Ober ift es ieine, unfere Staumauerbauten gerabeju in Schatten ftellenbe Sechnit getoefen, toenn man bie 2öeltftabt 93abr)lon r>or fiebentaufenb Sahren auf einer mehrere Quabratlilometer umfaffenben Sodelfläche anlegte, bie man aus lünftlicl>en Steinen mehrere 9fteter hoch ¡ n ber (Scuphratnieberung gefchaffen hotte, um fie oor Uberfchtoemmungen j u f e h l e n ? Seit es SRenfchen gibt, gibt es auch Secfmif, unb Sedjnii ift, im ©egenfat} j u ben Seiftungen etroa ber Slmeifen ober bes SJogels beim 2leftbau, nicht e t o a s nur naturhaft ©ranghaftes, gnftinitmä&iges, fonbern ift Sufcerung unb SBunfch unb SBille bes bemühten

63

©eiftes, ift 93ern>irtlichung metaphrjfifcher gbee uni» mufe taijcr in feinem SBert unb Untpert rein a u s biefem ©eift ^crous beurteilt, alfo bejaht ober pertporfen werben. ^nfotpeit gefteigerte, ja hochgetriebene Secanti jetpeils 33era>irflid)ung fonftruftiper, erfinberifcher, bie d a t e r i e geftaltenber unb bänbigenber 3been ift, bie ficf> a u s bem natürlichen unb geiftigen fiebert eines 93oltes, einer ergeben, alfo j u m felbftperftänblichen Lebenslauf einer Kultur gehören, ift fie, toie biefe felbft, a u s phpfifch-metaphpfifcher 9lottpenbigteit entfprungen, gegen bie es tpeber ein 3 a nod> Stein gibt, fo tpenig tpie gegen ©eburt, (Snttpicflung unb Slltern. 2lber bes 9Renfchen ©afein ift nicht n u r biologifch beftimmt, fonbern ift ebenfofehr 93erantroortung. S e i n ©eift ift SRitgeftalter bes Schicffals, unb letzthin ift ber erfennbare S i n n bes ©afeins bie Sperfönlid)teit unb ihre Söürbe im tiefften S i n n . ©iefe Seite ber $ J r a 9 c aber meinen toir, tpenn tpir Dom Verneinen ober 23ejahen auch unferes tpiffenfchaftlichen S t r e b e n s reben, bas fich n u n heute — nicht immer — gerabe in jene befonbere 2lrt t>on „Sechnif" umfetjt, fei es £ed>nit ber Slafchinen unb Apparate, fei es Sedmit ber $eiltunbe unb Grjiehung ober Staatsleniung. linb fo gilt auch t>on ber £ed>nil, tpas toir fchon pon ber reinen, befchauenben SBiffenfchaft fagten, mit ber fie a u f s innigfte j u f a m m e n h ä n g t : foreeit fie ©eftaltung innerer Qbee ift, ift fie n>ahre, reine echte S?unft, ift fie SJeroirilichung, ©arftellung jenfeitiger Itrbilbhaftigieit in ber d a t e r i e , unb fie ift gerabe in bejug auf bie SHaterie pon einer SBahrhaftigfeit u n b itrfprünglichteit, bie toir in ber bilbenben Kunft oielfach g a n j perloren hö^cn. 9öie bie §ulbigung f ü r bas © r ü n , toopon toir fprachen, ettpa bas ©emälbe einer SDiefe fein tann, ober bie §ulbigung für bie 9Haterie bes 9Rarmors eine Slpolloftatue, fo ift n u n auch bie Sedani! ein gerabeju elementares 23efinnen u n b ein gerabeju i>croifcf> großes ©urchbringen bes SHetalls, u m feine metaphpfifche SBirflichfeit a u s bem bumpfen Schlaf im ® r j j u r ©eftaltung unb 2infd)auung j u bringen por bem lebenbigen ©eift bes 9Henfchen. 98an

64

ftc|>t Dielleicht faffungslos por einet großen tobenben uni) boch in tyrer ßraftäufcerung gebändigten SJtafchine, unb roitb juletjt ibeenhaft bic llrgetoalt bes Sifens barin füllen unb fchaubernb erleben. ®s iommt bie ganje ©ämonie bec 9iatur barin ¿um 2lusbrucf, gebänbigt burd) ben f)öf)eren ©eift. ©as aber hat an fid) gar nichts mit ber Pom nieberen ©eift nun immerfort roieber ponogenen Ausbeutung ber Secfmtf e t o a als 9Bittel jum Erlangen irbifchen SDo^lbe^agens ober Reichtums ober j u t Unterjochung bes 9ttenfcf)en felbft unb mit feiner SJerfilapung an neue materielle 23ebürfniffe ju tun. tr!lid)ung, unb es befagt nickte gegen bie ibeenhafte ^Betrachtung ber ©inge unb bes fiebens, tpenn bas Ergebnis -ßeib unb 2flühfal ift. ©enn überall, tpo es fiel) um 3beenfcaftes h in feiner 9latürlichteit bapor beugen. Ob er es iann, ift eine anbete ftrage; er wirb aud> bagegen angeben unb lämpfen, tpeil feine fiebensimpulfe getDtfc nicht nur aus ber reinen ibeenhaften Srtenntnis fliegen. 2lber bie ßcrlenntnis unb bie 93ertpirtlichung ber Sbeen fliegt jebesmal aus einer bem natürlichen Sltenfchen übergeorbneten ©eiftigteit, beftimmt boch jule^t fein fieben unb SBollen unb Rönnen, llnb fo fte^en u>ir hier por ber a>eiteren JJtage: 3ft bie Söelt ber 3been unb ber Qbeenertenntnis felbft bie le^te Qnftanj unferer Srfenntnis? Rechtfertigt ficf> pon ba aus bas ©enten unb ^anbeln, bas ©afein? ©ie Sbeen tonnen Pöllig lebensleer fein, llnb fchliefelid) finb bie Sbeen, bie unfer ©eift fd)aut unb pertDirflicht, ja nicht an fich ba, fonbetn finb perbunben mit unferem ganjen SRenfchfein in feiner ©iesfeitigieit unb Senfeitigteit. Sie leben unb pertpirilichen fich in uns unb nach aufeen burd> uns. ßoroeit fie alfo Srtenntnis bebeuten, muffen fie in reinet lebenbiget Slnfchauung beftehen, bürfen nicht blofee leere 2lbftra!te fein unb bürfen nicht belaftet fein mit irgenbeinem nieberen 93egehren unb berechnen. 2Do fie bas werben ober baju pertpenbet tperben, ift es abtoegig. 2öenn tpir aber jum reinen ^infehauen auf ben ilrgrunb, auf bie Mrbilber ber ©inge porbringen, bann ift es in unferem © a c q u i , Sctcnntnl».

5

65

Seift fo, n>ie toenn tuir auf bas a>eite freie SDalbgebirge iommen, u>o roit alles unter u n s fehen. §>a begehren anr nicht, i)a jätjlen unb mefjen toir nicht, 5a fpielt nid)t i>er rationale äußere 3Jetftanb bie entfd>eibenbe 9toUc unb tpir haben !ein 2Bünfchen unb 23egehren — mir finb im reinen 2tnfc£auen. S s burd)fluten u n s bie Mrbilber pon Statur unb Seben. §>as ©egenftänbliche tx>irb u n s S p m b o l einer Senfeitigteit, bie im Siugenblic!, ba fie a u s bem Snnenbetoufeten j u u n s aufzeigt, Stuf in u n s toeett. S>enn es ift ein 6 d ) a u e n auf bie innere fiebenbigteit bes §>afeins, es ift bie im äiufceren flcf> oolljiehenbe unb bod) bie innere 23egegnung mit bem Seben an fid), bas alles burd)bringt. llnb es ift nid)tmet)r jene magifche Seite ber Statur, nid)tmel>r bas Sauberhafte in jenem nach abu>ärts brängenben 0 i n n , bem tsir auf unterem, nod) x>om Stebel unb ©üfter umlagerten 2öeg buref) ben roilben U n t e r h a l b unb bie feuchte 6d)lud)t begegneten; fonbern es ift bas in freier S u f t bem jtoar Eingegebenen, aber bod> beamfet ^errfdjenben Seift auffteigenbe llare ©rtennen urbilbhafter Steinzeit unb (Srlöftheit ber Statur, bie n u n nid>tme(>r ungaftlicf), furdjterregenb, bätnonifd), unburchfichtig ift ober butchjogen mit ben ©chlupfunnteln bes tagfdjeuen ©et»ütms: frei ireift ber Slbler über ben befreiten §öhen, mitten im flutenben, überallhin ergoffenen £id)t. 2Bir ftehen feft auf bem ©oben unb ^ören nid)tmetjc untenbe Stufe, fonbern ber £irfch mit feinem prächtigen ©etoeih fte^t bort auf ber -Sichtung am SBalb. Slber u>ir h ä ^ n noch einen fehleren 2Beg j u m ©ipfel, ber über biefen n u n erreichten ijöhen liegt.

66

£luf dem 6rat.

U6 bem STal finb u>ir (jeraufgeftiegen; uur finb burefc 21ebel unb moberigen Söalb, om braufenben 93acf> mit ben umgeftürjten S ä u m e n porbeigegangen unb fjaben ben erften Slnftieg Gintec uns, ber uns herauf führte j u ber ftretyeitbeeüberSäler unb 93erga>älber btingenben SSlides. © a £aben tpir une umgefeljen, £aben bie £errlicf>teit freiet in uns aufgenommen unb fie in unterem ©eift, ber nötigen ©inge entlebigt, gefpiegelt. S i n e iurje 9toft, ein Stusru^en in all ber farbenprächtig befonnten §errlid?teit — unb nun gebenten tPir toieber bes 2Begee, ber noefc por uns liegt; an ben legten unb fcfjtoereren S e i l unferee Slufftiegee. 2öir fäumen nid)t länger, benn bie S o n n e l>at fiel) fdjon roeit über bas £ a l erhoben. Unb fo nehmen tpir unfere Sraglaft toieber auf ben 9?üden unb toenben uns ber 9?id)tung j u , too broben, hinter ber legten betpalbeien unier ffelfengebirge, jc%t nod) perbedt, mit feinem mächtigen ©ipfel liegen u>irb. 8unäd)ft ge()t es noef) auf grasbetoac^fenen 9iüden fcinan. $>en SBalb f)aben toir jetjt fdjon g a n j hinter une. 9lid>t lange fteigen toir mefjr, ba finb toir oben a m $öl>enenbe unferes S e r g j u g e e . 8 e $ t nod> ein paar Schritte — unb u>ir fielen im 2lngefim f)aben. 2Bir muffen u m l e i t e n , ober alles tpagen, toenn u>ir unfer 8 « d erreichen wollen. 5»

67

©8 fc^tPinbelt uns bei bem ©ebanten, fcaijin ben feljen j u tnüffen unb tpir fragen uns, ob tpit es tonnen, bürfen? Ob es nici)t ein allju tü^nes, ein tolttüfmes, ein permeffenes SBagniö ift? Kein 2Beg, tein § a t t , nur ber fie einen treuen ftummen ©efityrten babei Ratten. 2Dtt müffen uns unferes ©epades entlebigen, roorin tpir bod) aud) unfere 2Begjei>rung unb ben im Söetter uns fdjü^enben SRantel fjaben; es tonnte uns aber ber ©efitj nod> ¿um Verhängnis toerben, tpenn toir fo belaftet finb. 9licf>ts barf uns beengen unb i)inbern, nidjt rechts unb lin!s werben toir feljen bürfen, toeil es uns fdjtoinbelnb in bie Siefe jie^en tonnte. 2lber ber 23erg tointt mit feinem ©ipfel, ber uns oer^eifeungspoll über alle Sanbe tpirb fejjen laffen in enblofe f e r n e n . Unb nid)tmef>r lange jögernb gef)en u>ir t>eran, tpo^l tpiffenb, bajj es, (jaben u>ir ben ©rat erft betreten, teine 28enbung bes ^ufees, lein 8utüc! mefyr gibt, nur ein entfcf)loffenes partes Voran, tpollen tpir nid)t aus Slngft in bie Siefe gleiten ober, cor uns felbft uns fdjämenb, ftatt aufrecht portpärts j u fcfjreiten, feige triecfjenb j u biefer unferer Slusgangsftelle jurüc! uns fdjieben. 2Bir finb entfc^loffen unb betreten ben ©rat. 2lber ba toerben mir getoafcr, bafc uns alle bisherige 2Banbergen>o£n(>eit perläfet, unb bas fonft fo oft unternommene Steigen auf gem a l t e n SBegen ober quer hinauf über betoalbete £ ä n g e , über geftürjte 93äume unb burd? fteinige Vacfjriffe bod) nur ein Kinberfpiel tpar, nur eine ben Körper ftärtenbe Vorbereitung j u bem toas t>iec ift, j u bem 93efcf>reiten bes ©rates, too es lein 9?ed)ts unb Sints, leine 2öa^l bes Schrittes für uns gibt, too ber ftufe nict>± nad) 93elieben ba^in unb auen tann. ©s ift auf einmal ein g a n j anberer fiebensjuftanb: es a>ad)t auf in uns ein nie getanntes ©efü^l ier 33eranttportung, jeijt, ba tpir auf Sieben unb £ o b Eingegeben finb an unfer letztes geber ift allein auf fid) felbft geftellt unb fcat nur nod) ben einen engen S a u m ber t)öd>ftcn 93erg-

68

rippe jum 2Beg, jebet ritt tann j u m 93eri>ängnis toerben. S t u f t e s t uni> nur portoätts fel>enb, unbedingten feften irb einfam um uns fo jtmfdjen Gimmel unb Slbgrunb. ©od) toic müffen hinüber. Soll uns mitten batin ber g r e i f e t fommen? SBarum finb toic nicfjt boc£ umg e l e g t ? SBarum ntd;t bod) unten geblieben im ¿ a l ? Ober, toenn es uns fd)on jum (Steigen in bie §öl>en trieb — warum finb tpir nid)t mit ben ffreunben bis auf bie ©ipfel ber 2Dalbberge gegangen, roo tpir fo t>iel Schönes unter unb über uns e r b a u e n burften unb babei boef) fieser oectoeilen tonnten? ©er OTenfd) ift bas 2Defen, bas ©rlenntnis £aben toill um jeben ^ r e i s , aud> um ben feines ©eelenfriebens unb feines äußeren 2Bol)Ierget)en5. ©er 27lenfd) bürftet nad) ber ®ctenntnis Iraft einer it)m eingeborenen Statur; fein ©rlenntnisbrang ift, tsie fein Sieben, ein gar nid)t pon tym felbftgefetjtes 9tottpenbiges, ift tf>m eingeboren unb fo notoenbig unb unumgänglidj) n>ie feinen fiungen bas 2ltmen ber fiuft. Um ©rlenntnis gcfjt bei tym alles, tpenn man bas 2Bort nur nid)t allju enge fafet unb nidjt, in einer ungeheueren 33erblenbung unb Slnmafeung, bamit nur bie rationale „tmffenfd>aftlid)e" ©rtenntnisform oerfte^t. ©d)te ©rtenntnis ift ein ©rieben bes ©afeins, aber in einem burd> biefes ©rieben nun aud> erfc^roctenen, nicf?t triump^ierenben unb fiel) in feinem eigenen £id)t unb Können tpo^lgefällig befpiegelnben ©eift. Unb ba bricht ettoas anberes auf: alles ift in ff rage geftellt, ber 9flenfd> ift perlaffen, tptrb geiftltct) arm unb ftef)t por bem ©rat, über ben itm leine fclbftficfjcrc ©rlenntnis unb 2Biffenfd>aft, fonbern nur nocf> ber nid)tmef)r umle^renbe Schritt feines ©laubens, einer großen ©en>if#eit, fü^rt. 2Do aber ift bas SCOort bes ©laubens uns geoffenbart, bafe tPtc barauf fo bauen lönnten? 3ft es eine gefdnc^tlid) einmalige ©rf4>einung, pielleidjt pon Sefus pon Stajaretf) ausge^enb, ber nad) ben ©pangelienbücljern ber fleifc^getporbene fein fieben unb Sterben, burd> bie «Ströme lebenbigen SBaffers, bie burd) bie 3al>r-

69

hunberte pon ihm ausgingen, bies bejeugt unb ©ott ben Vater uns offenbort ijat? irb mancherlei porgebradjt gegen ben ©lauben, fcafe es ber ©ottesfohn toar, ber pon Gctpigfeit getpefen, ins ftleifch herabgeftiegen unb t)ier als u>af?ter ©ott-Sitenfd; bas Kreuj getragen hat. 6 0 toirb uns gefagt, folcfje göttliche Statur tpiberfpräd)e bem SHenfchfein fd>lechthin, ebenfo tpie es einem £p£en ©ottesbegriff gegenüber gerabeju eine iäfterung fei, j u glauben, ©ott fei foldjerart ^erabgeftiegen in ein beftimmtes einzelnes, ¿ertlich begrenjtes, perfönlid)-gefd)id)tlid)es SHenfchentum. ¡Das ift aber noch ber leichtefte Qfintoanb, toetl et auf bem Verfennen bes SUpfteriums beruht. Von anberer Seite tpirb uns gefagt, toenn ber Sfteffias unter uns tpanbelte, tpürbe er fich felbft gar nicfjt als Stteffias erfennen unb erft bann toürbe bas 9ieicf> ©ottes aufbrechen; mir aber tpürben ben Vringer in feiner irbifc^en ^erfon f l a u e n ; pielleicht toanble er jetjt, ^ " t e unter uns unb niemanb fehe it)n. 3 a er bürfe, eben um ber öftlöfung tmllen, fiel) felber nic|>t als SHeffias tPiffen. „5>as meffianifche 92h)fterium", fchreibt ein frommer 9Kcnfci), „fteht auf ber Verborgenheit; nicht auf ber ©eheimhaltung, fonbern auf einer echten, in bie innerfte (Sjiftenj reid;enben Verborgenheit. S>ie 92Jenfd)en, burch bie es geht, finb bie, pon benen ber namenlofe Sßrophet in ber 3cf>rebe fagt, bafc ©ott fie jum blanfen ^Pfeil fpifct unb bann in feinem Köcher perfteeft. 3 h r c Verborgenheit gehört tpefenhaft ju ihrem Seibenstperl. Seber pon ihnen tann ber (Srfüllenbe fein; feiner pon ihnen barf in feinem Selbfttpiffen ettPas anberes fein als ein Knecht ©ottes. 2Hit bem Serreifeen ber Verborgenheit tpürbe nicht blofc bas SDert ausfegen, ein ©egentperf tpürbe einfetten. SReffianifche «Selbftmitteilung ift ¿erfptengung ber 28effianität." Qefus habe auf ber 8«nne Stempels biefer ©elbftoffenbarung por ber SDelt noch tpiberftanben; fpäter nichtmehr! t i e f e r 93ruch jeige fich in feiner £ebensgefchid;te felbft, an bem auch, c a s er pon fich felber fprach. abc ihn eine tiefe €nttäufcf)ung an ftcf> felber erfafct, ec habe an feiner göttlichen «Senkung gejtpeifelt. Unb als ec i>ali) banaef) feine Sünger fragte: „2Ber, fagen i)ie Seute, ba^ ich fei?" fo toar bas nicht i)ie i>e8 Überlegenen, feft ©egrünbeten, in fiel) un&erbrüd)lid> SGBiffenben, fonbern bie aus 9iatlofigteit geftellte, faft angftpoll bittenbe 3a - age bes 93erjtpeifelten. Unb als bie j ü n g e r bies unb bas porbrachten: „S>u bift Slias, bu bift ber Propheten einer" unb bas alles feinen rechten ©runb gab für ben a u s feiner 33ai)n ©etporfenen, iein £id)t, leinen Sroft neuer Sicherheit brachte, fragte er fie, bie j ü n g e r felbft, bie ihn bocf) fannten unb alles erlebt hotten: „Unb toer, fagt ihr, bafo ich fei" — worauf ^ e t r u s ben großen erlöfenben Slusfpruch t a t : „§>u bift d^riftus, ber (Sohn bes lebenbigen ©ottes." ©a brach in feiner Seele ber ganae tlberftrom bes neu ertpachenben ©laubens an fich felbft unb feine Senbung tPieber h ert)C)C unb ftromte a u s in bie R e i f u n g biefes OTenfchen ihm gegenüber, a u s bem er ©ottes, bes 93aters «Stimme pernahm: „(Selig bift bu, benn nicht ftleifch unb 93lut haben bir bas offenbart." llnb auf biefen J e l s tonnte er feine ©emeinbe bauen unb bie P f o r t e n ber £ölle follten fie nicht überwältigenl Unb b a n n : tpie balb n>ar biefe neu errungene triumphierenbe ©laubensficherheit tPieber getpichen, als alle ^Prebigt unb alle SDunber, bie er tat, boch nicht bie § e r j e n unb Seelen ihm unb bem 9ieich ©ottes juführten unb ©ott ber SJater immer noch *>erjog, iiw> feinen Sohn, por aller SBelt ju erhöhen, S o fah er fich immer mehr in bie ^einbfehaft ber spharifäer unb ^Jriefter — es toaren ja teine unfrommen 22tenfchen, fonbern lebten nach ben ©eboten ©ottes im ©efetj 9Kofis unb ben ^Propheten — perftrieft unb fah, Pielleicht Pon felbft, pielleicht burch bas, toas ihm pon ftreunben unb ben boch ftctö wieber fleingläubigen güngern jugetragen u>urbe, ben Slugenblicf ber Äataftrophe hecantommen, aber auch ber legten 28öglichieit eines entfdjeibenben Eingreifens ©ottes, bes 93aters. d u r f t e er jtpeifeln? Konnte er glauben? 5>a hält er mit feinen J ü n g e r n in tieffter 91iebergefchlagenheit bas Slbfchiebsmahl unb geht nach bem ©arten ©ethfemane, tpo er nicht-

71

me£r an feinen fiegijaften 2lufftieg unb bie Offenbarung oon oben glaubt, fonbern nur nocf> bittet, bafe biefer S?elm Dornbergers unb t»o feine tieffte menfcf)lid>e ^römmigleit aufgebt in bem 2Bort: „©od) ni tt>iü, fonbern n>ie ©u tpillft." §>ann ftirbt er am ß r e u j ofjne alle Hoffnung, ba ©ott immer nou mid) perlaffen?" 5>as britte, toaö gegen ben in Sefus geoffenbarten ©lauben porgebracf>t nrirb, ift bie Hngefd>id)tlid)!eit biefes Sefus felbft. SBeber i>abe er ejriftiert, nod> feien banaef) bie ©pangelien gefc|>t ber einen fie^re bie umgebicfjteten ©onnenmptyen ältefter Seit, nad) ber anberen überhaupt nur ßampffc^riften gegen bas Qubentum als 33ol! unb Religion. Stoeifellos enthalten bie h a n g e l t e n in if)ren Silbern unb SBunbern gar vieles aus ben ©onnenmptyen perfn, ber Sonnengott, •ißetrus ju fid) rufenb; Sefus auf ber Spdjjeit, bas SBaffer in 2Bein pertoanbelnb; bas 2lufjie(>en ber jtpölf 2lpoftel, oon benen einer ausfdjeibet, ein anberer an feine ©teile tritt; bas hereinbrechen ber ginfternis, als er am ß r e u j e ftarb — unb manches anbere. 3a, toir toiffen, bafe bie Formulierung bes ©laubens in ber orientalifd)-abenblänbifd)en G^riftentpelt alten mptfjifdjen Itntergrunb £at: bas apoftolifdje ©laubensbeienntnis ruf)t auf folgern trabitionsmäfcigen Untergrunb unb Slusbrudstpeifen, bie toir oielleid)t gar nid)t mef>r in tyrem urfprünglidjen 6 i n n perftefcen. 2öas ba ftel)t oon ©ott bem Schöpfer, pon bem eingeborenen 6of)n, pon ber Sungfrau als 2ttutter — bas alles finb uralte fgmbolif4>e 2Deis(>eiten, bie in ber SRenfc^^eit aus fernen Seiten fjer lebten, immer ba rparen unb pielleicljt fo alt u>ie bie «Sonnennähen felber finb. 2Bir iönnen unb toollen feine tfceologifcfce unb religionsgef oor allen SJöllern auf bem 3$ron feiner §errli«i)ieit offenbart, am jüngften£ag fagen u>irb: „SBeidjet pon mir, if>r Übeltäter, ich ^abe eud) nod> nie erlannt." llnb fie werben baf)in gehen, too ift beulen unb 8ä(>nellappen. ¡5>iefes Speftc^riftentum ift nicht bas, t>on bem toir fpredjen. ©as Sfjrtftentum oon bem toir fprechen, fuc^en toir auch nictjt in ober außerhalb ber Kirche unb ßonfeffionen unb Selten ober gar in einem gern unb oiel angeoanbten Sparabojcon etu>a bei ben aujjer allen cfmftlichen ©emeinfehaftsformen ftehenben frommen ©ottesleugnern, bie trüber SBiilen gegen ihn, ben Verhüllten, bas fflort bes 9Rarquis $$ofa toahrmachen: „ . . . unb icin ©ebet bes frommenfcattynmcfcr Slto MefesffreigeifteSäfterrooct gepriefen." — fonbern toir meinen unb Jucken ben Sfjtifius, ber butd) alle S?ird)en unb ftonfeffionen unb Selten unb frommen unb unfrommen ©eifter unb ftreigeifter unb burefj allen ©lanj unb allen Schmu£ ber ichte ober ntd)t? Sollen tmr an iim unb fein 23ort glauben ober nic^t? — 2Bas follen uns biefe fragen allefamtl 9tur ber ftellt fie unb meint, er finbe ©rlenntnis, bem bas innere SBiffen fehlt. Qt jeigt bamit, baß er ihn nie gefehen. llnb er toirb 73

i£n nid)t feljen, folange er ii>n nur in ©ele^rfamfeit fucf>en, tyn ficf> burd) gefd)ict)tstpiffenf4>aftlid>e 9taeife retten laffen ober imret) ebenfold^e leugnenbe 2Biffenf perloren geben mufj, § a t er gelebt, anno founbfopiel unter bem S?aifer 2luguftus? ftaft möchte id) mit einem ganj anbers gemeinten, £ier aus feinem 8ufammen(>ang geriffenen Sutyerpers fagen: „9le&men fie auefc ben £eib . . . Safe* fa&r'n bafcin, fiefcaben'afein ©eroinn, ©as 9icic$> mufe uns i>o bleiben." 9Hag taufenbmal Qefus pon 9tajarett), an ben icf> als ben 9Heffias glaube, nid)t gelebt (>aben; mag er, tpenn et gelebt fcat, bieg getpufet tjaben unb n>ieber taufenbmal gejtpeifelt ijaben unb oerjtpeifelt geftorben fein; mag er in ben Spangelien als ijeros ber ßonnenmptyen nur in perfleibeter ©eftalt tpieberiet>ren unb mag feine tpirflicfje ober permeintlic ßirdje ftrepel auf ftrepel gehäuft ijaben, tPie fie ©utes tat unb 6 e g e n perbreitete — por uns ftet)t bie übertpältigenbe £atfa4>e: „ D a s Wovt R o t t e s i f t a u s g e g o f f e n i n a l l e XOelt.M Unb fo lebt es, gefdjrieben ober ungefd>rieben, überall. 3Ber will, ber fomme £er unb nefcme Pom 2Baffer bes Sebens umfonftl §>enn nicf>tmel)r tpefentlid) ift bemgegeniiber bie ftrage, ob 3efu& unter 2luguftus gelebt unb unter Pontius gelitten fcat, in ber founbfopielten Olpmpiabe tjeibnifdjer ßalenberred>nung; fonbern baß 2Dort ift ba, tpeil es in ber €>d)öpfung ba ift unb it>r eingeboren ift. ©enn im 2lnfang tpar bas SDort unb alles ift bur basfelbe gemacht unb es ift nidjts, bas nicf>t burd> basfelbige toäre. llnb bas SSBort ift im OTenfdjen, benn es tparb ifleifd) unb tpofjnt unter uns unb tpir fe^en feine §errlid>teit. Unb tpir iennen !ein (»öderes SBort als bas bes erlebten S^riftus. 2Qie aber follten tpir bapon tpiffen, tpenn es nid)t lebte unb ba tpäre? ©er erlebte, ber über ben ©rat füljrenbe, ber por >em unerreichten ©ipfel fte^enbe, ber nun in bas Slngefidjt POT. ©ottes © u fdjauenbe ©laube, ber ein Stieben unb Söiffen ift, weift allen frommen Stpeifel, aber por allem bie perräterifije ober

74

in fd)ir>crcc ©ebunbenfjeit unb 93erirrung liegende ©elehrfamfeit u n b tDcltlidjc 23eiöf)eit u n b abtrünnige 2Biffcnfci)oft toett pon \\d), bie, obtoohl fic alles j u fe(>en glaubt, bod> mit offenen Slugen nicf)t iiel>t unb mit offenen Ol)ten nici>t fcßrt, toeil itje alles b a s perjenfeele fprad), bie für fein SBort ge(jörfam tpar. Unb roenn tpir n u n oon „©efd>icf>te" reben: toas ift benn feit 1900 Sauren in ber SBelt g e f c ^ e n ? 9Senn eine geiftige 93eu>egung pon folcf)er religiöfer ©etpalt unb folcfjer n>eltüberu>inbenber Straft — id> meine bas 2Bort „toeltübertoinbenb" nicf>t etu>a mittelalterlid>-tird>enpolitifd>, fonbern meine bie u>eltübera>inbenbe ©etoalt eckten Gtyriftentums in bem frommen 3Renfci>en, unb fei er ber letjte aller £aglöi>ner im 9?eicf) ©ottes unb auf ©rben — n u n fo ift es bod> eine me^r als toiberfinnige 2Biffenfd>aft, bie biefe ungeheuere Söirflic^ieit fo blinb pertennt, bafo fie n u r a u s einem illufionären Stickte fjerporgegangen u n b fie n u r als eine fortgefeijte Sllufion armer 9larren bemnaef) j u befcanbeln a>ei&. Unb ba toir u n s gefunb toiffen, galten roir folcf>e SEDiffenfc^aft für ein S?rant(>eit85eid)en unb eine ß r a n t y e i t felbft. © a s ift bie 2lntu>ort, bie roir auf bie Angriffe aud) gegen bie gefd>icf>tlid>e 93egrünbung unferes ©laubens an Sefus oon Slajarety als ben Stöger unb Offenbarer bes SHeffias j u geben (>aben. Stber roir bürfen es u n s nicfjt j u leidjt machen. 3 m m e r nod? befielt ber fo fcfjtpenpiegenbe ©runb, bajj bie Qcpangelien fooiei 8 ü g e ber uralten «Sonnenmptyen auftpeifen. ©o mag es immerhin fein. 2lber bas foll u n s an unferem tpiffenben ©lauben irre machen? 3 m ©tptyus pon ber Vertreibung a u s bem ^ a r a b i e s n>irb berid>tet, bafc in jenem 2lugenbli pertrieben unb in biefe p^fifdj-irbifdje 9Iatur hineinperftofeen tourbe, i(>m ber ©rlöfer per^ei^en tparb. 6 0 tpurbe es bem 9Henfd?en mitgegeben, unb bie frityeften urgefdjic^tlidjen 28enfdjen muffen bas innere SBiffen— ober fagen tpir beffer: bas afcnenbe 93en>u&tfein bapon in ftd> getragen haben. 3ebenfalls

75

beutet alles, tpas tpir aus i>em 93ilb bes 9Renf3>engeiftes tpiffen, ber uns aus ben Sltytyen unb Sagen tlar entgegentritt, darauf l)in, bafj „am 2lnfang ber 9ttenienn ob u>ir es tpollen ober ni4>t, ob urir es tpiffen ober nicf)t: tpir fielen 2111c unter it>m, ber fromme 3ube toie ber 2lrier mit feiner rüdgetpenbeten, naturt>aft perbrämten ftrömmigleit — fo feljr, bafe biefer felbft, um (Xfjriftus j u perftefjen, glaubt, er muffe ein „2lrier" getoefen fein. Staffen toir alfo ben Streit um bie 5 0 t m > bte mag jerbrecljen, tpenn ber rift unb bas Soangelium in ben §er$en lebt, unter t»elcf)em äußeren 3iamen immer. @s gibt eine Se^re, bafe aud) bie nid?t unter ber ©emetnfe^aft ber J?ird)e geborenen Reiben, bie nie betpufet e t o a s pon ber Sefcre empfangen unb teine Saufe gehabt ^aben, bennod) fraft ber inneren £atfad)e bes Sf)ttftentums toie in einer unfidjtbaren S?ird>e ju il>m gehören. Se^en

76

toir ab con ber ßirdje als folget, toeil Sf>ci[tU6 gefagt hat: „28o 3tPet ober ©tei üccfammclt finí» in meinem 9tamen, ba bin ich mitten unter ihnen" — fo ift bod) getoife bie örlöfungsibee bem 2Renfd)enti>efen t>on Uranfang an eingepflanjt, ba es fcf)on beim Serlaffen bes ^arabiefes biefes Setoujjtfein mitbeíam. Unb fo mufe fie aud) in bem „heibnifchen" §>enlen, infofern es wahrhaft fromm ift, ifjrc Rechtfertigung oon jeher erfahren i>aben. 2Beit entfernt alfo, uns irre ju machen an unferem ©lauben an ben im ftleifd>e toanbelnben, buref) ben gerichtlichen gefus pon 9lajareth repräfentierten ®rlöfermeffias, bient jene toiffenfc^aftlidje Qcrtenntnis ber fonnenmpthenhaften Seftanbteile ber ßcoangelien gerabe baju, uns bie aus ben Itrgrünben ber 3Henící)f)eit fd>on (jeraufgeilungene 93erl>eifoung ju betoähren an jenem gerichtlichen "ißuntt bes Sefus pon 2lajareth, ba bie Seit erfüllet tsar, als aus ber Senfeitigteit in bie §>iesfeitigteit ^ereintrat, roas bie Srfüllung jener 93erheifeung jeigte. 2Bir müffen in allem ^iftorifc^-natürlic^en ©efdjehen ein ©pmbol fefjen unb bas Qenfeitig-SDiriliche barin erblicíen. 5)ie fiöfung bes fürchterlichen Swiefpalts, in ben uns alle folcije ^Betrachtungen, u>ie aucf> bie oon ber ©eheimhaltung bes SBeffias ftürjen tonnen, liegt eben bod) nur barin, bafe toir ben im ftleifd) toanbelnben irbifchen §eilanb als ganjen 9Itenfd)en nehmen müffen mit allen ©ebrodjentjeiten; toährenb trotjbem bas, u>as mit ihm unb burd> ihn erfd)ien, bas SBeoufettoerben ber $eilstatfache toar, bie frohe Sotfcljaft, bie aufbrach unb nun ihren 9lieberfchlag in ben ^Berichten ber ©pangelien fanb. §>ie, benen es betoufet unb Mar geworben u>ar, insbefonbere nach S a g e n bes irbifchen 5>ahingehens ihres 9fleifters — bie burften es laut offenbaren, unb t>on benen nur flammen ja letzthin bie Seridjte, bie a>ir jeijt Qftangelien nennen. 2Bit müffen toiffen unb es fefthalten, um uns nichts »orjutäufchen: bie (Eoangelien finb t>on 2Renfchen g e t r i e b e n unb baher tragen fie menfchliche Unoolltommenheit. u>o ii>te wahrhaftige © pmbotf geboren toarb, bas toiffen toir nicht. ©ie gehen t s u r j e l h a f t in eine tiefe Vergangenheit jurüct, toie bie llrlehren 5er SRenfchheit felbft, bie nichts pon S a r b a r e i u n b blofjem höhlen^often ©teinjeittum oerraten, fonbern tiefften SEDiffens, tiefiter augebanien eben n u r bie menschlichen fein tonnten unb bafj toir in ben Spangelien nichts fcf>lcd)tf>in göttlich Vollenbetes — bas permöc^ten toir ja gar nicht j u faffen — por u n s haben, fonbern eben auch hier unpolltommenes, gebrochenes 9Jlenfchenun u>ert, roie ja auch ^römmigicit bes & §eiligen nie etwas anberes fein tann in biefer Seftlici>teit» Unb bie ©pangelien liegen in biefer Scitlichteit unb 23red>ung; unb ber ben (Srlöfer in fich tragenbe unb periünbenbe Sefus pon Slajareth aud). Unb tpie bie Spangelien ©ottes Söort im gebrochenen irbifch-menfchlichen ©etpanb finb, fo ftanb auch Qefus Shriftus, ber ©ottes-©ohn, im gebrochenen irbifchmenfd;lichen ©etoanb. SÖ ift eine Halbheit ober innerliche Unmöglichfett, einen hiftorifchen Shriftus als ein n u r göttliches SBefen j u nehmen. §>enn wenn er nicht toahrer 98enfch getoefen wäre, fo hätte er bie 2Benfchheit getäufdjt, er hätte ihr fojufagen ein religiöfes Sheater porgefpielt, in bem er felbft nach aujjen etwas g a n j anberes w a r als innerlich. SBäre er burchaus mit feinem geiftigen ©ewufetfein — Pom £ e r } rebe ich noch nicht — in ber

78

genfeitigteit unb POC ©ottes 2tngefid)t geftanben als fein eu>iger S o h n , fo toäre ja all fein irbifches fieib, feine ©nttäufchung, feine 93erjtpeiflung, fein ©ethfemane unb fein ©olgatha boch lein toa^rljaftig menfchliches, überhaupt fein rr>af)tl)aftige6 Seiben unb S t e r b e n getoefen, fonbern eine Sache, bie er tpie ein Sftenfd) trug unb portrug, aber nicht a l s ber OTenfd?. S o aber fonnte fein ins Srbifch-ftleif gliche eingefdjloffenee Setpujjtfein road)er SBeife n u r bas eines 2Renfchen fein; er burfte ijier in biefer SBelt, u m nicht Schaufpieler j u fein, gar leine menf deiche Sicherheit über fein SWeffiastum i>aben, roenn er aud> unbetpu&t baoon getrieben toar unb es ii>n in einzelnen Slugenblicien als S t r a h l pon oben burdjjuclen burfte, ettoa bei ber S a u f e ober bei ber Slnttoort bes P e t r u s . 9Ralen u>ir u n s bod) leinen falfcf>cu Sijriftus im ftleifch, fonbern haben a>ir ben 9Hut j u m ganjen 9iienfchent SBenn m a n ihm aber beshalb fein 9fteffiastum abfprechen tpollte, tpeil er als betoufcter irbifcher 9Benfd> bie Sicherheit barüber fo offenlunbig oerlor, ja pielleicht nie unbebingt hatte, fo ift gerabe bas, a>ie fein perjtoeifeltes Setben unb Sterben, in bem unb burd> bas bie 92leffiasibee triumphierte, ber 93ea>eis, bafe auc^ tro$ 2tot unb £ o b ber S^riftus im gebrochenen 9Henfdjen lebt unb in (Einem fief) g a n j offenbarte. S t toar ber watyte SHeffias, a>eil er ipahrer, ftets in ^ t a g e geftellter, im irbifcfjen ©etpufjtfein nicht göttlich gefiederter unb b a r u m nicht n u r ©cheinmenfch toar. § a b e n toir alfo n u r ben 9Rut, j u betennen: er w a r nach bem irbifchen ©eiftesbenm&tfein tote nach bem ftleifch toahrer SKenfch. Slber er tpar trotjbem ber ©ottesfohn, ber Grlöfer. S r toar es nach ber inneren, u?eit über feine irbifd>e ^Jerfon hinausliegenben 93eftimmung. Unb u m biefe toufjte fein 0 e r j , toenn tpir unter £ e r j eben jene tieffte Seite unb jenen tiefiten fiebensquell bes ©eiftmenfehen perftehen, bas eben im ©egenfatj j u m inbipibuellen SBachbenlen gerabe lein refleltierenbes 93etpufetfein hat unb ift, fonbern jenes freie überperfönliche SGBiffen hegt, bas fich, ins 23etpufetfein tretenb, n u n als ©laube barftellt, ber über alles 93etoeifen unb ©egenbetpeifen geht;

79

ein ©laube, ber 5a ift, aud) roenn im inbipibuell-perfönlicf)en ©etpufetfein, in bas í>ic Slufcentoelt einbringt, al(e& irrig uni) gevettert erfc^eint. ©ann [priest i>er ©laute aus jener Siefe in uns uní) í»urd> uns fein 5>ennocf> — unb bas u>ar es, bas bei bem najarenifc^en 92knfd)en gefus bie über feine irbifcl)-Tnenfd)li($e Setpu&tfeinsperfon ^inausge^enbe meffianifct>e Eingabe an ben 2öillen ©ottes — feine tr>at)re ©ottesfoi>nfd)aft — betoä^rte unb if>n ben 2Beg ge^en liefe, ber tym in feinem irbifc^en SBacfjbetoujjtfein, toeil er toafcrer 2ttenfd) tpar, Piel ju fcf)toer toarb; ber für feine ¡Diesfeitigfeit aud) betpujjtfeinsmäfeig im ©uníel enbete, bis im 2lugenbltcf bes Sobes, nad) bem 6d>rei: „9Kein ©ott, mein ©ott, u>arum J>aft bu mid> perlaffen?" bas £id)t t>on brüben ju ber Pom Äörper fiel) löfenben inneren 23etpuf$>eit nun burdjbrang unb fid; im legten Slugenblid ber 2öelt offenbarte in bem „®s ift pollbracfjt". §>ann neigte ber 98enfcf>enfoi>n fein §aupt unb perfd)ieb. ftür ben in Sefus fid) barftellenben 9Zlenfd>enfol)n in feiner 5>iesfeitigteit fönnen roir — unb bas mag ber Unterz i e h ju allen ftromtnen unb ^eiligen fein — too^l bas annehmen, bafe jener llrgrunbs- unb Untergrunbsglaube fo feft peranlert n>ar, bafe er aud) jeberjeit in feinem SSer^alten, ©efü^l unb SEBillen ber 2Belt unb il>m felbft als 92knfd) gegenüber entfe^eibenb unb beftimmenb toar. §>arum, weil bie 93eranferung nicfjt fo unbebingt feft ift, fünbigen bie f r o m m e n unb ^eiligen, folange fie im íjktfd) finb; unb 3efus fünbigte nid)t. S>arum, tr>eil er im ©lauben feft gebunben unb peranlert toar, tourbe bas fieib unb bie 2lot unb ber 8®eifel, ber pon aufeen J>er fein irbifc^es 23etpufjtfein traf, nie entfdjeibenb ftarl gegenüber bem über fein Sperfönlic^es ^inausgreifenben 2öort pon innen, llnb biefes 95Bort pon innen toar ©ottes SBort. Unb biefes SBort fptad) bued) tyn, forberte, fojufagen immer tyn felbft übertPältigenb, fein 3?ed)t pon i£m, tpeil es, tpie nirgenbstpo fonft, in it)m JJleifd; getporben a>ar unb nun unter ben 92lenfc£en tpo^nte. Unb ba es bas SDort aus bem Uranfang por aller ar es ©ottes

80

eingeborenes SQoct. ©et SKenfcfjenfo^n aber, in t>em es fo gegenwärtig ffleifd) geworben unb bamit an einem beftimmten S^itpuntt offenbart tx>ar, ber u>ar ©ottes oolltommener unb wahrer „einjiger Sol>n", bie Sonne unter ben 2Benfcf>en. Unb biefer OTenfcf) toac ber 9Heffias. Qn tym offenbarte fief) bie welterfdjütternbe £atfad)e, bafe bie SBelt, bas $leifen ein §eil, nur fo in biefer 2Delt bas „Sf)te fei ©ott in ber §öl?e", nur fo gilt bie SBetynadjtsbotfdjaft: bafe bas SBort im ©lauben fieib, 9tot unb £ob biefer SBelt überwinbet — in biefem allem, nicfjt bafc biefes alles buref) ein 2Bunbec befeitigt märe. «Sin 9tarr ober 93etrüger, wer anberes erwartet unb perfpricf)t. 5>arum mufete auef) Sefus Sijriftus ber in biefer Söelt unb 8eitlicf)tett befangene 22lcnf«4> fein, ©as Kreuj ftcf>t ba, folange biefe SBelt hafteten wirb, aber gerabe in tym ift bur ben ©lauben aus bem menfcjjgeworbenen ©ottes-SDort aut ber lebenbige §eilanb, fonbern nur eine gefd)id)tliche Qcrfcheinung ober eine eble, aber leere ©eftalt. ©o aber ift es bie „frohe 23otfd)aft", bas Aufbrechen einer neuen «Sphäre bes 98enfchengeiftes, tseit hinaus über alles 3beenmäf$ige; es ift g a n j toarme göttliche Siebe unb ©egenwatt im 9Renfd>engeift unb SRenfdjenijerjen. on ber (Srfaffung bes Xlrbilbes in ben f i n g e n ber $unft unb ber 21atur fprachen. ®s ift ein lebenbiges, perfönlid) » a r m e s ©rieben unb ©egenüberftehen pon ©efd)öpf unb Schöpfer. 3n>ar gab es aud> im §eibentum ben Slnruf ©ottes, benn ju einem Sebenbigen fpridjt man lebenbig, jum ©ott fo gut, toie jum 921enfchen ober jum STicr. 2lber bafj hier ber lebenbige jenfeitige Schöpfer Rimmels unb ber @rbe als perfönlicher ©ott-93ater fief? unmittelbar bem 98enfchen offenbart unb im 27lenfd)en offenbart, ift eben gerichtlich a>at)r, benn fonft tonnte nid)t bas Söort barum gefchrieben unb gefprodjen, alfo auch nicht geroufet fein. e s mufc zugleich eine ungeheuere innere ©etoalt n>ie bas ©raufen bes S t u r m e s getoefen fein, a>eil boch biefe tiefften innerften Wahrheiten fonft gar nicf)t im ©ang bes menfcf>lichen ©enfens unb Erlebens liegen, fonbern biefes fich immerju ihnen entgegenftellt. ©enten toir nur an bas ben inneren Ürfprung bes Shriftusu>efens fpmbolifch faffenbe SofephOTaria-Seben, bas ber gemeine 93erftanb nicht aus ftch erleben tann unb bas er ja auch fortgefetjt ber tiefen jenfeitigen §öhe enttleibet, toeil er nichts t>on ber inneren ©eburt aus ©ottes Süort unb 2Befen u>eife. Unb boch sehen pon biefem, 82

com gemeinen 23erftanb j u einer llnwiröichleit gemachten ©afeinsgefühl Ströme lebendigen SBaffers aus. ¡§>as alfo, was 5er 9Itenfch gefuö war, bas eben war ber Stöger unb bamit bas lebenbig a>ir!Itd)e Spmbol bes SReffias, bes Sijriftus, unb in ihm offenbarte ficf> ©ott ber 93ater. Ob Sefuö lebte ober nicfjt; ob er „wahrer ©ott" war ober nur 9ttenfd> — laffen wir bas m ü n d i g e Streiten barum benen, bie glauben, mit ©elehrfamteit ben ©laubensgrunb j u erraten. ftür uns ift bie £atfad>e ba, bafe ©ottes 5>u in ber SZlenf^eit erlebt würbe, fei es pon einem ©njelnen, ber es perlünbete unb porlebte, fei es pon SJielen, benen es gleichzeitig fid) offenbarte — eine 9leugeburt ber SHenfcf^eit pon ©runb aus. Xlnb fie ift, wie toir fehen, jeitlich i>ereingetreten an eben jener gefchid;tlid;en Stelle, wo bie (Spangelten ftehen unb auf bie fie beuten ober tpo bas erftmalige ©rieben ihres SBefensinhaltes liegt. Sollte fIcf> alfo, wooon tpir fdjon fagten, bei weiterer gelehrter ^orfct>ung noch ^erausftellen, bafc ber gnfjalt ber drpangelien urälteftes reltgionshaftes SUptfjengut ber Sttenfd)heit ift: nun gut, fo ift eben bie Offenbarung fdjon in fernfter Mrjeit, bis j u ber unfer 93lict noch nicht Einbringt, lebenbig gewefen, oielleicht wieber perloren gegangen unb jur Seit bes 3efus pon 9tajareth wieber aufgetan worben burdj eine unerhörte 93efinnung, pon ber eine SBeltwenbe ausgegangen ift. ®s ift bann eben Offenbarung ber innerften Srlöfungstatfache, bie im SHenfc^tperben bes göttlichen SBefens liegt; bie ©rlöfungspertünbigung im ^leifch; bie neue ©ewifeheit bes ficf> erbarmenben ©ottes — t u r j es ift Shriftusgefchehen fchlechthin, felbft wenn bie äufeere ©efdnchte pon 2lajareth nur eine Segenbe wäre. S o wirb bie äujjere 2Biffenfd)aft nie ben eckten ©lauben überwinben tonnen, fo wenig, tpie er fie jur Stütje braucht, ©enn fie gelangt nid;t auf ben ©rat. Sljriftus nur als ©ott toäre uns feine Sicherheit, bafe im 9Jtenfd)en biefes toeltübernjinbenbe 2Bort lebt unb ber innere ©laube ba ift; tpir würben bann, wenn ein folcfjer ©ott fid> als ©ott offenbarte ober offenbart hätte, biefen eben nur 6»

83

übet uns, unerreichbar fehen. §>a mufete ©ott tpahrer SRenfch toetben unb fid> echt unb toahrhaftig Pom SHenfchenbeumfetfein umfangen laffen unb am ß r e u j biefer 2Belt echt unb tpahrhaftig unb hoffnungslos unb enttäufcf>t unb perjtpeifelt fterben, bamit in uns ber lebenbige ©laube erflehen tonnte: im 9Henfd?en übertpinbet bas ©ottestport ben ©eift biefer 9Belt. Qn uns, toie in bem 3Kenfd>en 3efus Sf^riftuö lebt hinter allem irbifchen 23etpu&tfein bas SBort bes ©laubens aus ©ottes Straft, nicht aus ber Klenfchen Straft. „§>as SDort fam in fein Eigentum, aber bie Seinen nahmen es nicht auf", Jagt bas Qohannesepangelium. SDarum aber u>irb es in uns nicht tpirtfam? SBeil urir erft für unfer flügelnbes jtpeifelnbes 33etpu&tfein eine Sicherheit wollen, ftatt uns unbebingten ©laubens unb 93ertrauens auf bie innere £ilfe, auf fieben unb Sterben ihm hinjugeben. £>en „93ea>eis" roerben tpir nie porher hoben, tpie in irbifcher SBiffenfchaft, um bann erft ju „glauben". Söir müffen es erft aufnehmen, es fteht por ber S ü r . 2Bir müifen mit felbftpergeffenbem 9Kut ben entfcheibenben Schritt auf ben ©rat tun, too tpir pon aller 2Belt, pon aller §ilfe, pon aller äußeren unb inneren Sicherheit perlaffen finb unb nur bas eine hoben: ben ©lauben felbft. 3n biefem 2lugenblic! ruft pon brüben bas SBort. Unb u>ir gelangen hinüber unb ftehen fchauenb por bem ©ipfel.

84

£)ot dem öipfel.

cttn u>ic in unferer intelleftuellen Befangenheit oon 2Dif fen uni) (Srfennen reben, f o ftellen tpir uns untoilltürlid) einen allfeitig unenblidjen 9taum bes ©eiftes t>or, ben teie nad) allen Seiten, noef) oben unb unten, im Sogen ober gerabe burdjmeffen tonnen, je nadjbem wir unfere 2lufmerffamteit bal)in unb bortyin richten. Unb i>ocf> ift es g a n j unb gar ni für ein 93olf, noifen ber bes 3nnen unb Stufen; es ift ein ricfjtungslofes ©enten. 3eber Ijat t>or fid> nur einen 2Beg unb tann nicf)t na jebes SBiffen, bas toir ertperben, jebe (Srfenntniö, bie tpir finben, jebe {Jrage, bie tpir ftellen, in einem befonberen S i n n ein Sc^icffal, in bas toir tief perantert finb. 3lid)t allfeitig frei ift ber 2Deg jur Srfenntnis unb j u m S i n n ber Srfenntnis, fonbern er ift eng unb fd>mal unb füt?rt fteil {>inan nur ju bem einen einjigen, jebem für fein Seben gefegten ©ipfel. 2Ber meint, er tomme j u einer eckten (£tfenntnis, toenn er nacf> allen Seiten fä^rt, mag piel äußeres SBiffen erfahren, aber ju bem ©ipfel, pon bem aus, fotoeit es menfd>enm&glin unb fein fieben entfcfjeibenb tpidjtig ift, tommt er nic^t. Sc toirb oieleclei SBiffen, aber feine (Srfenntnis £aben. in Statur ju {>egen. 60 bafj, was in tyr mar unb tpirb unb !ft, 9lie feine Rraft, nie feinen ©eift permi&t". „SDÜS

©enn auch nad) unferer Überzeugung — toie foltte es anbete fein — lebt bie g a n j e Schöpfung a u s ©ottes Kraft, ift ©ottes Sieben aud) in aller Statur; benn ohne bas Seben aus allem Urgrunb ißnnte fic ja nicht fein. 2lber fie ift fein lebenbiges ßleib ober u>as m a n j u einem Unausfprechlichen aud) für ein 2Bort n u r gebrauchen toill; bod) fie ift nidjt ©ott felbft, unb ©ott ift mit ihr u n b in ihr nicht erfdjöpft. ©etoife ftöfet unb fdjiebt er nicht oon aujjen; getr>if$ toirit er in ber Schöpfung nid)t medjaniftifet), aud) nid>t intellcltuell burd> ben »on aufeen pacienben ©eift, toie toir, ber 98enfd) in einer beftimmten 93erfaffung, bem fie allein jugehört. Stiles bies jugegeben, fo toeifj bod> ber "Pantheismus nichts pon jenem inneren 93eri)ältniö jtoifchen bem 3en nicht pantheiftifdjer ©ott allein, fonbern innerfte Sebenbigleit, ^Perfönlid>!eit a u s letzter toärmfter bejahenber 6d)öpferliebe j u m ©efcf)öpf ^in ift. Ober g a n j anbers ausgebrüett: ber P a n t h e i s m u s weife nichts oon leijter fittlidjer ©ejahung ober Verneinung biefer gd>-©u»£iebe 3U ©ott. Oer roeife nicf)t erlebenb j u untert r e i b e n jtpifdjcn bem, u>as u>ir bas „§erausftellen ber Schöpfung" nennen möchten unb toas ben ©ebanien einfchliefct, bafe ©ott burd) bie Schöpfung a u s feinem 2lll j u bem $>u ©ottes roenben tann. Ohne jene fchöpferifche metaphpfifche Siebe aber iönnte biefe auch nirgenbs wahrhaftig unter 97lenfchen fein unb bas Seben wäre grunbfätjlich liebeleer unb öbe, unb bas

88

S t e r b e n bei Slotut unb ber ©efd)öpfe eine mafclofe © r a u f a m teit bes © o t t e s in ber Statur. 3ft alles ©efdjaffene mit feiner K r a f t , mit feinem Seben, a u s 3{>m begabt unb baoon burdjbrungen unb b a r a u s getoorben unb roerbenb, fo ift es bod) pon 3 £ m freigelaffen, bamit innere 5rei()eit, nicf)t 93erfflapung fei; t o a s im 98enfefen eben j u jener

ödsten S t u f e gebeizt, too ber 9iuf Pom 3u

in tiefiter ^erfönlidtfeit ergebt.

Unb

t£eiftif trotjbem bie jittlidje

roenn ftretyeit

eben ber

pan-

tennt unb be-

jaht unb banailofopj)ie, unb fein 3cf> bem © u feines © o t t e s g a r nid)t entrinnen t a n n . ©iefes 3d> unb £>u befte^t nid)t in einem bloßen Gegenüber, fonbern in fteter innerfter 23egegnung unb 93ereitfd>aft j u m ®ingel>en ineinanber.

S i n blofjes ©egenüber roäre Kälte

unb 5remb(>eit, unb ein blofces pant^eiftifc^es ßicfcaustoirien aud>. larität.

Slber biefes 3d)-©u-53erl)ältni8 ift aud) nid)t n u r

Po-

© e n n fo fef>r P o l a r i t ä t , toie a>ir fie in ber magifcfjen

9Delt fanben, aucf> 93erbunben(>eit unb £ebensrf)pt£mus

ift,

fo ift fte bocl? bloß ©leici^eit mit entgegengefetjter Slttioität unb erforbert teinestoegs ^erfönlic^ieit unb fittlic^e {Jretyeit, erforbert nid)t Siebe in einem legten ijöcfjften S i n n .

Slber

gerabe bas ift Kennjeicf>en bes 3u, unb anbers heftest es überhaupt nidjt.

© a s SBefen ber ^Polarität ift blojje

28eu ift inneres lebenbig freies, liebenbes 23egegnen unb © n g e ^ e n . §>as ift es, tr»as toir mit bem SBort „ f r o m m e s S e b e n " bejeinen mbcljten, in bem alles, aber auing, ber ©egenftanb, bie M a t e r i e , ebenfo toie alle lebenbige K r e a t u r . §>arin polljiel)t fiifd>en 9Ilenfcf>en unb © o t t .

Unb © o t t felbft

ift ja bem 9Uenfd)en nie a n b e r s erfc^ienen unb f>at nie a n b e r s mit i £ m gerebet, als inbem ber einzelne 3Henf4> felbft it>n fai>

89

uni» erlebte, bei fid> felbft in petfönlidjem 9?uf unb 2lnhport t)in unb i>ec; alfo in feinem eigenften petfönlidjen unb eben nicht unperfönlich-pantheiftifchen Sieben; in bem alles ftrage unb Slnttoort, in bem alles 9?uf unb 33eruf ift, mit Sinfatj bet ganjen Sperfönlichteit unb aller Straft ber Siebe unb fittlichen Freiheit — ein Sieben, bas es überall nur mit innerlich begegnenber, lebenbiger 2Birflic£teit ju tun hat, bie nie feelifch neutral ober nur polar ober nur mectjanifdHntelleltuell toäre, fonbern pon ber bas 3d> als oon einem © u innerlich ergriffen ift; ein Sieben, in bem es Ergriffenheit, ^eiliges 6chaubern, in bem es auf lebenbiges f r a g e n auef) lebenbige Slntroorten gibt. 6olct>es Sieben allein iennt ed)te 2öirflid)feit oom Urquell (>er, fennt legten Siebensernft in feiner tmrflid)en 93ebeutung, aber aud; tieffte ficfjerfte Bejahung alles ©efdjaffenen, tpeil es bas © u bes 6d)öpfers bejaht, fid) felbft in allem, auled)teften Staub angefprodjen fühlt. © a s erftredt ficf> nid)t nur pon 92lcnfcf) ju 9Renfch, pon 2Renfc£ ju £ier, fonbern aud) pon 92tenfch jur bes ©eiftes unb ber äußeren 2öeltgefchichte ju fpähen; u>as ihr Sieben por ©ott bebeutet, fönnen toir boch im ©runbe nid;t uriffen, toeil tpir ihr tiefftes ©etoiffen nicht tennen. Slber für fid) tpeifc es jeber ober fühlt es mit einem innerften untrüglichen ©efühl, fofern et nur ben eigenliebenben ©eift nicht mitfpre^en läfjt, fonbern nadt por ©ott unb

90

feinem ©eunffen ftef)t. enn toeil bas 9ieicf> ©ottes, tote tr>ir Hüffen, nid)t in äußerer ©eberbe, fonbern in ber Straft innerer 2Birtücf)!eit liegt, fo ift aud) für jebe 98enfd;enfeele t>on innen £er ber toirtlicfce gugang offen. Unb fo ift aud) bie äufcere ftorm nicf)t ber OTafjftab bafür, ob ©ottes 9?eid) antoefenb ift ober nicfjt. 3 n ber fittlicfjen ftretyeit erft l>aben tt)ir bie 2öa{)l, ob uns bas §>afein 9teid> ©ottes ift ober nicf)t, unb ob biefes in uns unb für uns ficfctbar unb roirffam toirb. heilig ift an fiel) alles, infofern es aus ©ott ift unb ©ott juge^ört; aber (>eilig ift es uns nur, toenn toir aus eigener innerfter 93ejajmng unb $intpenbung in jene lebenbige © e i c h t e bes ©ottesreid)es eintreten, ©arum ift bie äußere Lebenslage, bas äußere S u n unb Saffen, bie äujjere ©efd)id)te, bie ©emeinfcfcaft, bas äufeere SBollen, 23iffen, Stiemten, bie äufeere ©efunb^eit ober S?rantyeit, bie äußere Orbnung ober bas äujjere Sf)ao6 an fid) tein SRajjftab, toenn nidjt bie innere 5 r a S c u n & Slnttoort barin liegt unb barin entfliehen ift. ©arum aud) aus jeber äußeren Sage, fie mag fein toie fie toill, fü(>rt unmittelbar ber 28eg über ben ©rat oor ©ottes 2lngefid)t, unb es bebarf teiner »eiteren Anbetung ber ©inge, um unmittelbar anjurufen unb fiel) angerufen ju füllen, unmittelbar ju antroorten unb 2lnta>ort j u erfahren. 2lber fdjon bie SBenbung bal)tn ju machen, ift ^ ü ü e ber ©nabe. 5>enn t)ier gilt "ipascals 2Bort, bas ©ott ju bem ftcf> i)ina)enbenben 2Henfcf)en fpricfjt: bu toürbeft mid) nicf>t fud?en, trenn bu mid) nicf>t fdjon gefunben ^ätteft. ©as 34) unb §>u, toie toir es £ier als legten lebenbigen Hntergrunb fe^en, oerlangt nid)t nur ein toarmes § e r j , fonbern ganje Eingabe bes SRenfdjen mit allem, toas er ift unb £at, toas er ju fein unb j u f)aben meint. Ss ift bem unoerbinbltd)en unb fteptifd; abtoartenben 93erftanb überhaupt nidjt jugängig. orl)er nad) 93ett>eifen fragt, fonbern fd)led>tl>in toeife. ©enn bas

91

Sebenbigfte jtoifc^cn einem 3d) unb ©u ift ja gerabe bicfcs unbebingte 2Biffen um einanber ot)ne bie 93ebingnis ber äußeren unb ©efcljeityeit. Sit fc|>on in ber e i n f a ß t e n biesfeitigen Siebe jtnifcfjcn jn>ei 9ftenfd)en fo, unb anbete ift fie eine Säufdjung. ©em betoeifelüfternen 93erftanb aber ijt folget in ficl> grünbenber ©laube unfinnig unb gegenftanbslos; toeil eben niefct tym, fonbern nur jtDifcfKn bem 3d> unb ©u Sebenbig-SBecfjfelfeitiges erfd>eint. 2Bo alfo bie ©runbliebe mangelt, mangelt aud) bie ©rlenntnis, bie jum Sehen füfjrt. Siebe aber fliegt nicfjt aus 93erftanbesbea>eifen unb -erfolgen, fie fragt nid)t nad) Sojm, fonbern fie ift unbebingt, toie ©ott un-bebingt ift. Sie ift unbebingter ©laube, fie fudjt nid>t ©gennuij, fie finbet it?c fidleres ©u. Sie ift Urbilb unb Sinn ber Schöpfung an fid). S i e liebt alfo aucj> nidjt um ber ©rtenntnis willen, fonbern bie (Srfenntnis o i r b if)t aus ifjrem unbebingten ©lauben. Sie glaubt ni4>t nur, toeil fie liebt, fonbern fie ift ©laube, toie fie Siebe ift. 2lber lebenbig lieben unb glauben, Reifet: j u feinem 3d> bas ©u bes Schöpfers finben. ©o ift bas Stufen unb f r a g e n bod> im legten ein innerftes Sie ber unoerbinblidje unb unoerbunbene SJerftanb meint, ber nad) allen Seiten £in glaubt ge^en unb fpiegeln, alles pon aufcen fcer in 93efil$ nehmen ju tonnen meint; fonbern Srtenntnis ift innerlich rücfoerbunbene, ganj toörtlicf) alfo: religiöfe ^ t a g e unb 2lntt»ort. Gs ift Sebenbigftes, nie 2lbftra!tes. Sebenbiges aber fcat ©cijidfal unb ift Sd>icffal. Unb nur toas Scf>idjal £at unb tennt, £at aud) n>af)re ©efd)ict)te. Unb n>aj>re ©efd>icf>te, bie nidjt nur aus äußerem mecfjanifdjem, blofc raumjeitlidjem Slblauf heftest, fonbern inneren S i n n unb Gtoigteitsbebeutung £at, ift ©efd)id)te bes 9*eicf)e8 ©ottes. Unb ba alles ©ottes Seben ift, fo tonnte ein tiefer SHenfct) fagen, ©efd» jtoifdjen ©ott unb bem 9Henfd>en, 3a>ifcf>en bem OTenfdjen unb ©ott. 3ebes ©efc^e^en im eit ift infofern 3wiegefpräd>, unb inbem es ©efcfcic^te ift, ift es ©c^icffal. Hnb babei finb wir immet innerlicf) beteiligt mit ftrage unb 2lntwort, mit 9lufen unb 33ernefcmen. 2Benn es ein Seben gäbe, in bem in jenem inneren lebenbigen 6 i n n nickte gefragt wäre, nichts auf 2lntwort wartete, fo wäre bas ein intellettuelles, ein feelenlofes, ein entleertes Seben, wie es für feinen 9Jlenfcl>en je heftest. S>u mufct in bir bein Urbiii) anrufen, baß »or bem 2lngefidjt bes Schöpfers ftefct. $>as ift aud> ber 2Deg jum Slnrufen ©ottes. 5>enn bu, bein Urbiii), ift nad> ©ott gefefcaffen unb trägt fein lebenbiges 93ilb in fiel). 6 0 finbeft bu in bir ©ott ben 93ater, ber bir burcf> biet) oon beinem lebenbigen llrbilb £er lebenbig antwortet. as ift ber tiefe wörtliche S i n n ber SPer»fönli4>ieit. ^ e r f o n ift wörtlid) 9Hasfe, bie bein llrbilb pec^üllt; iperfönlicfjieit ift bas @rtlingen bes SBortes ©ottes aus innerfter fittlidjer ftretyeit. Unb nur was aus biefer ftrei|>cit ataucf) fittliurd>rufen füfjct nun ben SKenfdjen nid?t j u einer 2öa£rfceit an fid>, wie fie ber reine gntellettualgeift j u gewinnen meint, mit ber er nun als (Ergebnis äußerer ftorfcljung wieberum in jeber beliebigen 9lidjtung fdjalten unb walten fönnte; es fütjet nid)t j u einer geiftig neutralen, für fein Snnerftes unoerbinblicljen 3Bai>rf)cit; fonbern es ergreift i£n im innerften Sebensgefü^l unb Lebenswillen, ber nun aus ber Siefe erfdjüttert ift unb einen neuen Gimmel unb eine neue ©rbe fie|>t. §>enn es ift oerantwortungsoolle Begegnung mit bem Sebenbig-Gcwigen, bas tyn anblictt, anruft mit Doller ungemeffener Siebe unb tyn aus bem ©oben feines Eigenwillens unb feiner eigenfid;tigen Selbftbetonung buru entwurjelt. 2luf biefes Griennen weift ©ogarten ()in, wenn er oon ber (Einigung mit ©ott in unferem Sieben, nicfjt nur in ber abftralten SJorftellung fagt, £ier lomme alles auf bie wirtliche

93

Siebe on; barauf, bafe id) bem ©u ©ottes begegne; bafc ©ott felbft, bas Reifet: mein ©ott mit begegnet als bas ©u, in beffen 2öirllid)leit id) toitilid) werbe. gänben wir, fagt ©ogarten weiter, einen 98enfcf)en, ber uns fo liebte, mit biefer ganjen fudjtlofen Siebe, unb uns wirllicf) als unfer ¡Du begegnete, ber gerabe barin unfer ftd) bewahrte, bajj er uns in biefer Eingabe feiner felbft nur fein ©u gäbe, nlcfjt fein Sei) felber wollte, unb nie oon ber 6ud;t ber Seibenfcfjaft beherrfd;t wäre — in biefem SRenfdjen begegnete uns bas göttliche ©u. Sin folcfjer 92ienfcf> würbe uns burd) ben reinen 93li(f feines ©u jwtngen, it)n felbft als unfer ©u ju fehen, unb wir tonnten nid)tme(>r ber auf fiel) allein ftehenbe, nur in eigener unbebingter Freiheit losgelöfte 9Äenfch fein wollen. ©er oon foldjer Siebe por bie ©renje feiner felbft geftellte SRenfd) mufj ben Slnfprud) feines 9Bie-©ott-fein-2Bollens gerabe als ben ftreoel, als bie Sünbe ertennen, pon ber bisher leine giber feines 2Befens frei war, ba er aus fid;, aus eigener Kraft ju leben meinte, ©er ungeheuere Slnfprud) bes 3ct>, bas eigentlid;e ^Jrinjip feiner 2SirfUd)teit ju fein, erfdjeint f)ier nun als bie wibergöttlid)e Uberheblichieit bes ©efchöpfes, bas fief) felbft jum Schöpfer machen will. freilich, tein 2ttenfd) tann fo lieben ober Siebe fo beantworten, bafc bies bas 2lntli{* ©ottes tragen würbe. llnb vielleicht h o b e l t es fich gar nicht um biefe ©ottesgleichheit im gebenben ober ertoibernben 9Renfd>en, weil bas ja bei unferer gefallenen Statur, bie unter bem „ f a l l e n Sid)t" fteht, immer wieber in eine „wibergöttUcfje liberheblidjieit bes ©efchöpfes, bas fid) jum Schöpfet machen will", ausarten müfcte. acf) ift — unb bas ift fie im ©runbe immer — eben bas 9ti eben unheiligen Söefens I)tnjunehmen. Schon baß toir „lieben" ober lieben tpollen ober ju lieben glauben, ift ein ßennjeichen, baß tt>ir jtoar etroas tun, aber es nod) nicfjt finb. 23äre es aus ©ott, fo mürben tmr bie Siebe felber fein unb nicht tpiffen, a>as tpir tun unb aud) gar nichts enoarten. §>ie Siebe, bie u>ir tnären, tpäre unbebingt, wie es ber toafjre ©laube ift, unb toir toären bamit unbebingt liebenb. (Erfahren a>ir barum auf unfer Siebestun unb -perhalten nid)t ben unferer ©nblias bift ©u" — fo tönt es uns aus bem Slntlitj bes Slnberen entgegen, bas toir ju lieben meinen unb bas uns ben Slnruf mit 93öfem pergilt ober gleichgültig unb unberührt bapon bleibt. 2lber noch Piel mehr tann Pom eigenen 3d; aus gefchehen, unb bas hoben tpir g a n j in ber § a n b unb es macht unfer SBollen unabhängig pon jebem (Srfolg ober Mißerfolg im äußerlichen S i n n . S s lönnte ja fein, baß es in ©ottes 9?atfchluß liegt, beine Siebe fo j u ftärten, baß bu fähig amrbeft, ju lieben ohne Sohn, ohne baß bir gleiche Siebe entgegenftrömte. S o ift pielleicht eine Seele baju beftimmt, mit unliebem SGBefen gerabe bir ju begegnen, unb ihre Unliebe tpäre in ber fjanb ©ottes bas jur 93etPährung beiner echten Siebe Segensreiche. S>u aber müßteft in einem folchen Sttenfchentpefen gerabeju eine Schidung ©ottes fehen unb in $>emut banten, baß ein anberes SDefen fo arm an £ e r j unb Siebe fein mag, baß beine Siebe unb bein $ e r j baran reich tperben tann. 3a, in einem folchen

95

9Henfd>en würbe i>it, fo bir red)t ift, gerabeju bas 93ilb bes im g=leifct> gefreujigten |)eilanbes entgegentreten, ber felbft beine «Sünbe trägt, bamit i>u jum ^rieben lämft, unb beine 23unben auf fiicf> nic^t Hebenben 9Renf4>en nur banlen unb ju banten traben. 2lbet nid>t rote ber "jp^arifäcr: „©ott, id> banle bir, bafc id> nidjt bin wie ber ba neben mir"; fonbern polier erfaft biengeftalt unb trittft mir fo gegenüber; bir gilt meine fiiebe." ©o fefcen wir in ©ottes 2lntli£ hinein auc£ buref) bas uns nidjt 3öoJ>lgefmnte, ja bas gegen uns 935fc ober fteinbfelige. Unb fo wirb biefes §>u ©egenftanb ber Siebe, ©as entäußert fid> gewiffermafeen feiner ©ottesnäfce, feines lieben 2Hcnfd>entums, bamit bas 2lnbere ü b e r alles lieben lann. (So fte^t es mit feinem 2Befen im ©ienft ©ottes für ben, ber 93öfes mit ©utem beantworten fann. 2lu6 foldjem SBiffen pon tieffter jenfeitiger 93erbunben£eit mit ©ott ift bas SBort ber 93ergprebigt ba: „Siebet eure fteinbe; fegnet, bie euc£ f l u t e n , bittet für bie, fo eud) beleibigen unb perfolgen; fo werbet f|>r ftinber fein eures 93aters im Gimmel, beffen (Sonne leuchtet über 93öfe unb ©ute." 3ft etwas böfe, fo £aft bu nod> nic^t genug geliebt, Reifet ein jübifc^es 2Bort. 9tun foll bas nid>t ba$>in falfcf) perftanben fein, bafc wir bas 23öfe als bas 93öfe leugnen wollten, um fo gewaltfam bem ©uten gleid;juorbnen. 5>enn „lieben" Reifet nichts weniger als tampflos ge^en laffen. 2Do waljre Verantwortung lebt, wirb bitter unb £art getämpft aut immer um bie Verantwortung cor ©ott. ©arum foll feine 93erwafl aber — benn &ier (janbelt es fid> um ben Sinn ber Gcrlenntnis — lönnen wir es im tieferen Sufammen^ang fe^en, es lann felbft als folc^es 2inla& jur Heiligung werben unb es lann jum Iraftpoll lebenbigen 2lnlaf$ für unfere (Seele werben o£ne £o£n, o^ne u unb bie Siebe ju einem §>u fel>it. t pon bem 2inberen, ber bas S»u brüten fudjt, bes Stnberen ©u fjcilig $)ält, tro£ bes 23öfen, bas ii)m pon bort !ommt. Steint bir noa9 |>cif)' ¡4» t»at>rlic£ niu, bafe bas ©efe^öpf fe^enb tperbe für bie etpige $errliu bes Schöpfers ins 2lngefic£t fiefct, tpenn es nur geftütjt auf feinen freien unberoiefenen ©lauben ben abfdjüffigen ©rat übertounben J>at, bann ift bies ber 2lugenblid, in bem es por bem ©ipfel fte^t unb |>fnbHcft über bie SBeite unb alle® ©afeins. Unb bot erfteigbare ©ipfel jetjt, tpo tpir glauben tonnten, alles ju fe^en, perbedt, bleibt uns unfid>tbar. 6 0 bleibt auo4> in bie Süfte bas ß r e u j . 93ielleid>t ftet)t jetjt auf ber anbeten 6eite, aus einem anberen £ a i aufgeftiegen, über einen anberen ©rat ober in unmittelbarem fteilerem Slnftieg über bie ^ t e m a f i e n (jeraufgelangt, ein 9Henfd>, ber basfelbe Siel im ^ e r j e n trägt unb bem es nun ebenfo ergebt, a>ie uns. Unb ftatt bafc toir uns ganj broben auf bem ©ipfel begegnen unb einanber ertennen, tommen toir nid;t jufammen. 3J>m ift jur ßtunbe bas perbedt, tpas uns offenfte^t, unb uns bas, n?as er in ber unb SDeite fiefct. Slber tpir ftel?en im 2lngeficf>t bes 93erges unb £aben genug gefe^en, um j u a>iffen pon bem großen ©u. ©acquf, Ctlcnntnls.

^

97

33licf in die $etue.

ft aud; ber ©ipfel jetjt, ba er nal) ift, ttefengrofc por u n s , unb tonnen toir es nid>t o a g e n , an feinen glatten SBänben f)inaufjutommen unb oben 3U fte^en, fo tonnen toir u n s bod) umfeljen bis in roeite 3=erne, unb erblicten, a m § o r i j o n t perfd>a>immenb, ©inge, bie unterem 2luge fonft nid)t erfd)loffen finb. §>a liegt fie por uns, biefetoeite unenblic^e 2Belt, j u u n f e r e n ftüfcen, unb boef) finb u>ir ohnmächtig genug unb tommen nicht einmal g a n j an bas 3icl unterer Söünfche, fo nahe arir auch bem ©ipfel fielen. 6 i e ift Pom ©ipfel felbft j u einem guten Seil perbeett, unb u>ie tpir fie auch fehen, bleibt fie boch tpeit, meit pon u n s n>eg, bleibt u n s fremb unb unnahbar. §>ie tparme lebenbige 9tähe, bie toir jupor noch f ü l l t e n in all ber einfamen §errlichteit u>eid>t einem unperfönlidjen ©efühl, bas aud> Sieben ift, bas u n s aber nid)tmet)r hegt unb einfd>liegt, fonbern fief? gleichfam pon u n s tpegtpenbet unb u n s fremb, ja pielleid)t feinblich ift. § i e t ftehen toir u>ie an bet ©renjfdjeibe jtoeier (Srfenntnistpelten: betet, bie ©ott gana in bie 9latur einbeziehen, fo bafj fie fein lebenbiges SDeben unb ©ein tpäre unb nichts tpäte aufeer unb über biefer ©ott-9tatur; unb betet, bie tPiffen, bafe ein jenfeitiger ©ott lebt, unb bod>, ba bie Statur fein SBerl ift, irgenbtoie ihn in biefem 23ert lebenbig tätig fehen müffen. ¡5>enn „9Betf" im ©inne ber Schöpfung tann niemals heifeen: medjanifdjes 2Dert, bas n u n , nad>bem es fcergeftcllt tPäre, fid) felbft überlaffen bleiben unb uhnoertshaft ablaufen tonnte, eine StPigteit lang. 2iucf> fd>on bas ©rfc^affen bes SBertes im göttlichen ©inn ift ja tein 93auen pon aufjen her, fonbern ein bauernb neues ©id)offenbaren mit feiner ©chöpferfraft unb feinem ©d)öpfera>illen, ber eben fid) fichtbar als SBelt, als Statur manifeftiert, inbem er fiel) eingrenzt unb fo in feiner

98

iti). Slber bod), u>äj>renb er fo immerfort in feiner «Schöpfung lebt uni) alles ©afein fortgefetjte ©d>öpfung jugleid? ift, ift bor ebenfo jenfeitig, u>ie er mit feiner r aud> innewohnt. des gibt eine SBeltbeutung bei ben 3uben, bie in ben Segenben bes 93aalfcf)em fte^t. Snbem ©ott bie SBelt erfd>uf, ift er felbft in bie Stoeifjett eingegangen: in bas ©ottestoefen, ®lol>ut, bas aller Kreatur entrüdt ift; unb in bie ©ottesftraj)lung, bie ©ina, bie in ben ©ingen u>of>nt, nun barin tpanbernb, irrenb, oerftreut. ®rft toenn bie Srlöfung tommt, tperben beibe u?ieber in bie ©toigieit oereint. ®s ift ber 6 i n n bee SRenfdjengeiftes, burd) feinen ^eiligen ©ienft bie Sieber trennen, benn bie Söelt ift not erlöft. 2lber in bem Slugenblicf ber §eimfe^r, e£e fie roieber nieberfteigen mufe in bas ©afein ber ©inge, oerftummen bie 2Dirbei, bie burä[t bie 2Beltenpein inne unb laufest: bie ©nabe ber ©naben ift erfd>ienen, ber 6 e g e n t r ä u f t nieber auf bie Unenblidjfeit. 23is bie 9Hacf>t ber 93erftricfung bie ©ottesglorie Jjerabjujerren beginnt unb alles toirb roie juoor. ©er SRenfd) aber „foll toiffen, bafc fein £eib a u s bem Seib ber €>cf)ed>ina tommt". ©iefe abgefpaltene SBelt, bie ber 2laturträfte, ift nad) unferer Sluffaffung bie SBelt ber ©ätnonen — bies niier entäußert unb ift n u n ber in feiner 6d>öpfung mit-leibenbe ©ott, oon Slnfang an. ©ott ftra^lt in ber (Schöpfung Söefenljaftes aus, S^ug-nis feines 2öefens. ©iefe Slusftra^lung, biefe Emanation ©ottes geftaltet fid> fo j u einer 93er!ünbigung feines 28efens. © a s finb bie Sngel, feine 93oten, bie ifm oertünben, oon it>m ausgeben, in benen fion tym ausgeben. Sine folcfje lebenbige ausgefcenbe SBefensgeftaltung fdjliefet fiel) nun in ij>rer eigenen Sebenbigteit ab: es meint unb toill ein ©ngel fiämon. @s gibt alle 2lbftufung im geiftigen 9tei. £ s ift bas, u>as um ben 93aum bes fiebens getounben ift im urbilb(>aften "iparabies unb toas im biblifcijen Sftptyus „bie Schlange" Reifet. Stiles, toas als Slaturfraft, bas ift als (Emanation ©ottes lebenbigmetap^fifet), fid? t>on ©ott abtoenbenb, ©ottes Sieben, bas in allem ift, für ficf> oer-u>enbet, nur jum ©genbefi^ unb (Sigenbafein toenbet, ift abtoenbige fftaturtraft ober §>ämon. Slbet es ift nod> nic^t bas ©runbfätjlic^-SJetneinenbe. 5>as ©ämonifdje ift nichts weniger a b bas lalte ©eiftigSlbtoegige aus ©runbfaj}, ift nidjt bas alles ©ntleerenbe, 93erneinenbe, nidjt bas an fiel) 93öfe. §>enn (>ier ift immer no nietjt etoig gegentPärtig i^nen bargeben t a n n ; aber es u>ill fid; mit aller feiner unenblidjen Siebe unb 93arm(jerjigieit g a n j geben — bas ©runbfä^lid)-2lnbere j u jeber Verneinung, ©ott perneint fo bur bie Verneinung por feinem Slngefidjt befielen tann. ©ott ift n u r unb ift n u r im 3ft j u benten. © a r u m tann bas ©efdjopf unb ber §>ämon bie ©ottestraft, bie il>m gegeben ift, pergeroaltigen unb ©ott in „bas -Ceib unb ben S d j m e r j ber 6d)ect)ma" jie^en. Unb ©ott lägt es j u , er folgt, ©enn in ©ottes 9?eid> ift alles innere 5«*i(>eit ©ott ftört, jerftört, oerneint nie unb nirgenbs. 5>as ift jugleicf) in ber größten Siebe unb Varmljerjigteit aud> bie furd;tbare S e i t e : bie ©eredjtigteit ©ottes, bie fid; bejafcenb, nietjt perneinenb austPirft aua£r ift, bafc ber Seufel gefallener ®ngel ift, fo ift er eben ni4>t blofj toie bie ¡Dämonen abgeoenbeter, auf fid) felbft fe^enber Gngel, fonbern a u s aller ©ottesfubftanj, aller ©ottesemanation Pöllig losgelöfter (Scngel unb ba^er im abfoluten 9Iid>ts, in ber abfoluten Verneinung. 2lud> bem errfd)t an fiollen. S o g a r tpenn ber Seufel jeijt bie SBenbung machte unb 3l)m als Sttoas offenftünbc, toürbe fid) ©ott in

101

unenbliu>eigt. 2Bir rebeten nod) nid)t Pom 9Henf nid>t pon ben ©efd>öpfen, noej) nid>t pon ber Kreatur, bie nocf> e t o a s anberes ift; nur pon ben 9laturträften überhaupt. Stucf) ber biblifdje 6d)öpfungsbericf)t, ber burdjaus bie metapfjpfifdje, urbilbi>afte, nod) lange nid)t parabiespertriebene Sdjöpfungstoelt meint, läfct ja g a n j jule^t erft bie Itrbilber ber 'ipflanjen unb Siere unb bann bas Mrbilb 9Benfcf>, ben 2ibam Kabmon, gefdjaffen toerben; toes^alb es übrigens grunbfäijlid) fatfef) ift, pon tf>eologifd>er ober naturpfcilofopi>ifd>er 6eite j u perfudjen, ben mpfaifdjen 93erici)t mit einer naturgefcf>id>tlid)en ©iesfeitstosmologie unb -geologie in Ginflang j u bringen, ba er bas urbilbljafte porparabiefifd;e ©afein ber €> nicfjt bie im 9Henfd>en gelegenen unb pon tym bargeftellten ©ötter, fonbern bie Porir roieber unter „2Belt" bie urbilb^afte por aller Kreaturfcf>öpfung perftetjen. 3n biefer fd>öpfungsfrül)en ©ngel- unb ©ämonentpelt müffen fief) bie 2Benbigfeiten pon, ju unb gegen ©ott abgefpielt £aben, pon benen bie 92h)t£en aller 93ölter unb il>re Kosmogonien Poll finb. ¡Dann erft lommt ©ott jum ©efdjöpf. ©enn bie Itrbilber ber Kreaturen finb ettpas anberes. 6 i e finb nicf>t (Emanation ©ottes toie bie juoenbigen unb abtoenbigen Hrfräfte ber portpeltlidjen Schöpfung, fonbern gelten, toenn man fo fagen barf, aus einem g a n j anbeten Sebensbejirl bes 0d)öpfera>illens ^erpor. 6 i e finb aus ©ottes Siebe unb für ©ottes Siebe beftimmt, an benen er fid) nidjt fd)lecf)tf>m toie burd) feine 95oten pertünbet, fonbern an benen er feine Siebe ausleben roill. 6 i e finb ba^er €>t)mbole nicfjtmeljr nur bes Slusftrömens, bes «Schaffens fd>led>tl)in, fonbern bes tieferen 23ejirles: ber gebenben Siebe. 5>em ©efcl)öpf, ber Kreatur mufcte porausge^en bie Srfdjaffung einer 2öelt, in ber fie „tPo^nen" tonnten. 5>iefe aus

102

ben emanierten 9taturträften aufgebaute, noch urbilbhafte SBelt tpar bas Ergebnis ber miteinanber fie bauenben jutpenbigen unb abipenbigen (Sngel unb ©ämonen. 2Bie fie bie SBelt bauten, bapon Hingen bie ßosmogonien ber Reiben, bie eben beshalb £eibnifd> finb, tpeil fie nur bie lichten unb büfteren Dämonen tennen, aber nid;t ben jenfeitigen ©ott ber Siebe, über aller Statur, beffen tiefen Sielen bas alles bient, auch bas Slbtrenbige. Unb bas ©rgebnis biefer urbilbhaften Mrnaturbilbung tpar baö „^arabieö". Gs tpar ber Sebensgarten, in ben ©ott bie lebenbige llrbilbhaftigteit ber ©efdjöpfe, ber Kreatur, f)ineinfd)uf als in if>re naturmetaphpfifche 2Belt. ¡§>a& bei biefer 2Belta>erbung bie lichten ¡Dämonen, bie Sngel, ebenfo bie abgetoenbeten unb baljer abtrünnigen unb büfteren 5)ämonen als lebenbige jenfeitige 2taturiräfte jufammen beteiligt tparen, nid>t etn?a bafe ©ott ber Schöpfer biefe ausSeh* baraus (jerpor, bafj im ^Jarabies „bie Schlange" um ben S a u m bes fiebens gennmben tpar, fd;ön u>ar unb leudjtenben Sluges, alfo feinestpegs pon ©ott ausgefchloffen tporben roar. 2Zlan mufe fiel) in bem Nachfühlen aller biefer innerlichen Statur- unb Schöpfungsjuftänbe unbebingt por jebem moralifierenben ©ebantenbilb ftreng hüten. 9Kan barf nid)t getpiffermafeen aus unferem heutigen teligiös-menfchlichen ©efühl heraus — unb fei es noch fo tief unb echt — nun f r a g e n ftellen. ©enn tpas heute, in unferem längft in ganj anbere Legionen hineingeglittenen 93erhältnis 3U ©ott ba ift, gehört noch nicht in jenen urbilbhaften 6chöpfungsabfd>nitt, bei bem toir jeijt erft ftehen, u>enn tPir bie Kreatur in bie ißarabiestpelt hineingeboren fehen. ©ott — unb bas ift bas SEDefen ber göttlichen Mrfd>öpfung im ©egenfatj ju allem gefallenen SHenfchlich« ©eiftigen — gibt nicht tpie ein Sd>ulmeifter ober Sprann ©efetje, bie befolgt tperben müffen, rpenn es nicht Strafe abfeijen foll; fonbern in jenen Sphären urbilbhafter 2taturträfte als ©ottes Slusftrahlung ift bie Slbtoenbigteit unb Dämonie ebenfo ©ottes „SBille" unb ihr S u n ©ottes ©ienft, toie bie 8uu>enbigieit felbft. §ier ift noch nicht Sünbe u>ie beim 103

Slenfdjen unb nod) nicf)t Seufel roie beim fclbftbctnu^t getporbenen ©eift. Unb jetjt, nad)bem bas ^ a r a b i e s bereitet, bie untermenfaffen u>ar, bradj bie britte S p h ä r e pon ©ottes €>d)öpfertum a u f : er fudjte fein §>u. Gs offenbart ficf> eine neue grofee Siebe. 9lid)t unbegrenjt, b. i). allein tpollte Gr fein, nid;t n u r betrad;ten, u>as Gr gefdjaffen Ijatte; nid>t n u r an ber Kreatur Siebe ertueifen, oljne fid; 3U befdjränien — er roill ficf> begrenzen, fein Sd)öpfer-34> a u s fiu gegenüberftcllen, unb biefes 5>u mußte ©eift pon feinem 6d>öpfergeift, CÖ mufcte 6 e e l e pon il>m a b bem neu fim „Grbe", formte bes 9flenfcf>en 23ilb unb blies tym ben „lebenbigen O b e m " ein. ©enien toir &ocf> toieber baran, bafo tpir nod) in ber Poritbifaft jenfeitigen 64>öpfungstpelt finb, too bie gellen unb bie bunieln Staturfräfte an ber 2Belt mitbauen unb j u r Ißarabiestoelt mitgefcören, in bie n u n auef) ber SHenfd) Jjineinge^ört, fo ift es tooljl naljeliegenb, 5U folgern, bafe ebenfo tpie j u m 2iufbau ber übrigen urbilb^aften 93or*2Belt unb beö Sparabiefes unb ber Kreatur, auaffung bes urbilbljaften 9flenfd>en, foroeit er ©cfenn ©ott fprad? nid;t: 3d> u?ill ben SHenfdjen m a d j e n ; fonbern er fpraar, blies Gr ifcm ben lebenbigen Obem ein. ©0 £at ber 92lenfd> als Kreatur biefelbe urbilbljafte l l r n a t u r toie alle ©efd>öpfe; aber als Gbenbilb bes 6d>öpfers bie pon ©ott unmittelbar gegebene göttlid;e ö e e l e . © a r u m ift ber SHenfcf) unenblid) piel me£r naef) feinem 2Befen unb nad> feiner ©eftimmung f ü r ©ott als alle Gngel unb alle K r e a t u r ; er ift nicjjt Gmanation, nic^t

104

93ote, nid)t bienenbet llrnaturgeift, nidjt ©efcfjdpf bes Unpcrfßnlicijcn: er ift £ a u s g e n o f f e , ß i n b , Gotyn u n b berufen j u © o t t e s §>u. S r ift bes n u n eingegrenjten, il>m feine (Seele mitgebenben perföniid) geworbenen ©ottes Gbenbilb. 5>ie ©efd)öpfe n u n fotpojjl, tpie bie G r ä f t e ©ottes, i>ie (Snget u n b ¡Dämonen, finb bie näd)ften Eingriffs- u n b 8 ^ 1 " p u n t t e bes ©erneiners. Obtoo^l er nicfjt fcfjafft u n b gibt, u m j u fdjaffen unb j u lieben, fein. Unb tpenn er bamit Eingang gefunben fyat, jer-nidtfet, jerftört er. S o a £ m t er bas ©eben u n b ©idjgeben ©ottes nad?, er a>irb t>c& ^eiligen, b a s Siebe u n b ©eben u n b Grlöfen ift. 92tan barf n u n bei allebem nidjt a n ein inbtoibuell betpujjtes SBefen ober an irgenbeine iperfon benfen, tpenn m a n folcfjes tpefcn(>aft jenfeitig erfaffen will. Sllle 6praiesfeitiges tpieberjugeben p e r m a g ; bod> auc£ b a s ©iesfeitige felbft ift S y m b o l bes ^enfeitigen. ftreiüd), ift b a s £euflifd>e, b a s 5>ämonifd>e, b a s (Sngetyafte autj>in inbipibuell, fo ift es bod> in einem Ijöfjeren 6 i n n ein 93en>u&tfein u n b Söille, g a n j analog bem 6d>openJ>auerfd?en metapfyt)fifcf>en „SDillen j u m SJafein", ber b u r d j a u s unperfönlid) u n b fiberbetpufet ift, aber fid? bennocl) in allen erbenilicfjen Slbroanblungen u n b ©afeinsformen manifeftiert, alfo in allen Elementen u n b K r ä f t e n u n b SScjirlen ber Statur, tpoburc^) fie eben a l s fold;e ba ift; mithin aud> in ben ©efdjßpfen u n b Snbioibuen u n b in jeber einjelnen 9Henfd;enperfon. 3 n einem jenfeitigen © i n n ift alfo aud> ber STeufel 25etPuf$tfein, u n b bem 23etpu&tfein f a n n er erfdjeinen. Stiles, toas tpir tnirilid) tpijfen, ift n u r bas 92Jetap^fifd)c, nid;t als tPiffenfd>aftlid)er 93egriff, fonbern als innere lebenbige SöirMicfjfeit, eben als m e t a p ^ p f i jas ber 9Henfd> Pom ©afein j u fagen &at, n u r in einer g a n j u n m i t t e l b a r gleidjnis&aften u n b ba^er

105

meiftens g a n j Ein&Itcf>-gcgcnfiän5Iicf)cn 23eife fagen fann, tt>obur4> es in grunbfäislidjem SBiberftreit j u aller n u r tt>iffenfd>aftlid)-ti)eorctifci>cn ©egriffs- unb ©ebantenbilbung ftc|>t. 93om ejtremften bem 53erneinenb-@atanifd>en f)cr toirb n u n alles ©efd;affene: 5ic Sngel, bie ¡Dämonen, alfo i>ie 2iatur-, 5te Seelen- unb ©eiftesfräfte, fobann eben ouci) alles ©efd)öpf unb ber 92ienfct) angelocft, ©erführt, in ben ¡Dienft j u jtoingen „perfud;t". ©ott gibt nur, ftrömt ein, bejaht, r u f t laut unb offen, e r l i e f e t fierfucf)t. 6 0 tommen bie ¡Dämonen in bie ©efolgfdjaft bes Teufels, o^ne felbft Teufel j u fein, toie es bas SJolfsgemüt ja aud> fiej>t. ¡Diefe fo g e l u n g e n e n ¡Dämonen £aben ehoas ^armlofes gegenüber bem oberften § e r r n felbft; ja er mufe fie antreiben, u>eil fie tym j u faul tn feiner €5aaben feinen § e r r n aujjer ©ott. ¡Diefe flehen im lebenfpenbenben S t r o m ©ottes; jene aber finb n u r gejogen, ©erführt, nid)t burdjbrungen. ¡Darum ift ©ott in tyrer 2Birflid>teit, unb teine 2Birflid>teit ift grunbf ä p d > fd>lecf>t. Slber ber i e u f e l , ba er n u r in Verneinung „ift", tann n u r a b 9Haste unb fiaroe, fann n u r in Vertleibung erfdjeinen. Unb bie Verfleibungen fennen u?ir 2lUe n u r j u gut, toenn n>ir u n s nidjt con ber Vornehmheit unb täufdjen laffen, fonbern auf bie SDaben fel>en, bie ausgeftopft finb unb unter benen ber ^ferbefufc l)erau8fommt, toeil bet G e m e i n e r nicf)t auf eigenen ^ü&en fte^en tann. Unb fo grofc ift feine 2lrmfeligfeit unb 9iid>tigteit unb 6ubftanjlofigteit, bafe es il>m, a>ie ein toitjiger Sftann gefagt £at, fd>on genügt j u m @rfd>einen, toenn m a n ti?n blofe an bie Söanb malt. S o ift ber STeufel juletjt burd> fein lügenhaftes ©cf)einfein felbft betrogen unb erfdjeint im Voltsbilb bann aud) als bummer S?erl, als ber er fiel) hinten naef) entlarot trotj aller raffinierten ©eiftigteit, ber ein S?inb alle 9ftad)t nehmen tann. (Se gelingt tfmt alfo bie letjte entfe^eibenbe Verführung nidjt, benn alles ßeienbe ift eben feienb unb a u s ©ott, unb nicht nid)tfeienb. Slber bie Verneinung fann fotoeit Oberhanb ge-

106

toinnen, bafe bie ®eifter ber 2lbt»enbung tyn als ifcren $errn eriennen uni) ©ott per*!ennen. ©arum e r l e r n e n in bes Teufels Stuftrag ober ©efolge aud> (jarmlofete ©elfter uni> 9taturbämonen, ja biefe iönnen fogar, toeil fie bod) im ©rurxb iljres Söefens ©ottes 33otcn finb unb bleiben, t r o | bem fic Pom Seufel perenbet tperben, bennod> im ©ienft pon ©ottes l e e r e n Bipeden fielen, roie bas fo beutlic^ am 93eginn bes 23ud;es §iob in ©rfdjeinung tritt, IPO fogar ber Teufel mit ©ott fpridjt unb pon it>m bie Erlaubnis erhält, mit feinen ©ämonen £iob ^eimjufucijen, tpas bann gerabe jum £riumpf) feiner ^römmigteit burd> alle Säfterung f)inburd)füf)rt. 6 0 ift bas ©ämonifd>e in allem §>afein bie Offenbarung bes grofjen Seibes unb Seibens ©ottes in ber SBelt unb im ®lenfeinen, pon ber ©ämonie perfolgt unb jerftört. ©0 mu&te bas ^erportreten pon ©ottes €5ol>n aud> jum Serftören biefer ©eftalt führen: jum perjerrten S?reujestob. 6 0 ift auci) ©ott, ba er im 9Renfd>en als feinem ®benbilb jum irbifdpen 23etpufetfein tarn, im 9Kenfcf>en bauernb gefreujigt; unb bas 23ilb bes ans £ o l j genagelten 9nenfcf>en ift jugleicJ) aucl) bas 93ilb bes erlöfenben ©ottes, ber feine 2lrme in tiefe bämonif in feiner Sigenform in Slnfprud). 9fifd)en 9Henfd)en an ne bem entrinnen ju iönnen, täglid) unb ftünblid) leben, ift eben bas 33ertriebenfein aus ber reinen, unperjerrten urbilbt>aften 3iatur — ein Suftonb, ber nun metap^fifcl) burd) alles SBeltenbafein, burd) ©eift unb 2tatur get>t, fid) ba auswirft, unbetpu&t elementar, tpie aut, madjt fie S o t t junt £>ing. §>as aber Reifet, trie tpir fci>on jeigten: fie bannt ©ottes Iebenbige Kraft. @s gefd)ie(>t 3lagen. ©ie ausftromenbe ©ottestraft ift in allem unb jebem 5>ing unb (Sein; unb b a r u m finb aud) lebenbe Kräfte unb 2Befen(>eiten in allem, 5>as finb bie ©ötter ber Reiben, bie Ijo^en unb nieberen, aber nict>t n u r bie bätnonifdj niebrigen ©ötter ber 9iaturoöUer, bie felbft boerabgefommene 9*efte fataftropljal geenbeter Kulturvoller urältefter Sutten finb; fonbern aud) bie ©ötter all ber §od;!ultit>ierten besSlltertums, ber 93abplonier, SPerfer, © r i e b e n , ©ermanen unb ber ameritanifd>en ftrityfulturen. ie S i n n e unb -Ceib. G(>e ©ott fid) als 93ater im £eilanb offenbarte, iannte ber 9Henfen unb nieberen ©ottljeiten, mit 2laturbämonen unb geiftigen S o n n e n , es ging Pom Slpoll bis j u m ißan — bas alles ift Iebenbige S t r a h lung ©ottes, erlebt unb gefd;aut im 9Henfd>engeift. 2Dir luiffen ja, bajj bei ben Sllten aucf> bie ©ötter nicfjt etotg tparen. SiPar ftanben fie über ber pergänglictjen 9Henfd)empelt, aber fdjon nictjtme^r g a n j über ber Slatur, fonbern fie tparen geiommen a u s buntein llrgrünben unb unterlagen iünftigem Sd;idfal, ©ergeben unb Untergang, tpie fie ja felbft fd)on bie 9lad>tömmlinge noct) älterer ©öttergetpalten roaren. Unb bie bunile 9Ha4)t, bie hinter unb über ilmen ftanb, toar in unbetanntes ©etjeimnis gefüllt. ben „ S r j p ä t e r n " offenbarte, erfannte ber 9Zlenfinaleben ben perfönli4> getporbenen ©ott gäbe, i>cn 93ater unb § e r r n Rimmels uni» ber Srbe unb aller Kreatur, ©amit toaren bie ©otter im ©efityl unb 23etpufctfein bes 9ftenfd;en ju unperfönlic^en ©elftes- unb (Seelen- unb 9taturiräften getporben, aber nidjt e t o a ju unlebenbigen, getrift nid>t, benn fie leben alle no4>. Slber fie finb nid;tmej)r bie §etrfd>er bes 28enfd)enfd>icfials, fonbern finb erfannt als Gräfte bet 2lusftra()lung, unb ©ott-93ater ift ber § e r r unferes §erjens unb ©eiftes unb ©afeins. 2Bir müffen bas ©ämonifc^e, tpie ben (Sngel, burd) unb burd) als bas, tpas pon ©ott bauetnb ausgebt unb i£m unmittelbar bient ober fid) felbft in feinem ©igentpefen ju pera>irflid>en fu4>t, perfte^en. llnb ba infolge eines unburcjjbringlictjen ©e^eimniffes burd) ben 92tenfd>en bie 9iatur gefallen unb in bie Xlnfeligfeit gebannt ift, fo fpielt fid) bauernb ein Kampf ab ja>ifd)en biefen jtpei 2öenbigieiten bes fd)5pferifen ¡S>afeins, unb ©ott ift, foroeit er nid;t jenfeitiger perfönlic^et ©ott ift, leibooll gebannt in biefe, in eroiger Xlnerlöft^eit noect>ina ©ottes, nur in feiner eigenen abgegrenjten J o r m ; es grenjt fid) ab unb toill nur feine S s fpielt in allen Regungen fein eigenes SBefen aus, Pom jarteften bis jum tobenben 2lusbrucl>. afein", beffen S u n letjtfjin finnlos ift. Slber es ijegt „Uebenb" feinen 93efii$, es i)öt jene Siebe, tpelc^e @ros, nid)t

109

2lgape ifi; es liebt, n u r firen. §>arum ift ü b e r h a u p t alles 93egef>ren bämonifdjer Söille j u m eigenfüd>tigen 3d>. £ s ift barin befcf)tän!t, abgefc^nürt unb, ba es let$tf)in UntPirtlicfjes u n b Hnjupertpitflicfjenbes erftrebt, ift es felbft im (Erreichen feines nädjften Sieles poller spein, perfdjmadjtet in ber fc^einbaren E r f ü l l u n g tpieber por 23egierbe u n b jagt, jagt, toeil es nie bie fte^enbe Stpigteit erf>af4>t, fonbern n u r bie rinnenbe &ie feine tpa^re ©egenu?art fennt. © e n n toaljre ©egentoart ift n u r bei ©ott u n b in ©ott, ber allein toirflid) ift. er i m m e r n e u entleert u n b ftets auf bem 2öeg j u r 23eröbung, 93erfd>leierung, SHastierung, ßcntftellung, 93erjerrung, toirb g r a i j e u n b fieljt u n b erlebt alles fo, S>inge, Söefen u n b SHenfdjen, u n b enblid? fid> felbft. §>as ift äufeerfte ^arabiespertrieben^eit, u?o ift § e u l e n u n b 8äi>neflappen. (Ss ift letzte 93ertPirflid^ung bes flcf> felbft tDollenben, c o m §>u bes (Schöpfers abgeroenbeten „SBillens j u m ©afein". 2lber es ift immer nod> nid)t e r j p e r n e i n e n b , fonbern ift n u r ferne, tpie ein oon feiner S o n n e gelöfter p l a n e t irrenb h i n a u s in ben Söeltenraum fiel? entfernen tPürbe. @s ift, toie m a n es aud) ausbrüefen u?ill, 93erfina © o t t e s ; nicfjt bas §eilige felbft, bas in allen ©ingen ift, fonbern gerabe bas, roas fie unljeilig roerben läfet, toenn aud) nid?t grunbfätjlici) böfe u n b perneinenb. 2Dir Ijaben ben 23erg beftiegen, gefafcrpoll genug. $>en ©ipfel j u erreichen, get>t über unfere K r a f t . 2lbgrünbe l a u e r n . 3Hei>r j u u>ollen, u>äre 93ermeffenl)eit, nid>tmej>r freier 92lut. 2Bie follten toir in bem 2Ba£n perl>arren, bafj tpir ben SEßeg j u r (Srfenntnis, ber u n s n u r burci) eine Por>tpeltlior ©ottes 2lngefid)t; er floh ooc ©ott, als er ihn nahen fah; er antwortete nicht, als ihn ©ott beim 9Tamen rief; er fühlte fid> ungebeett, er fah, bafe

®acqu6, Sttcnntnie.

8

113

et „naeft toat", et u>ic(> bem 3n?icgcfpräc^, er tpid> 5er 93eranttportung a u s . © a s eid)cntjict)en bem © u ©ottes, bes ©d)öpfers, ift i>er 6 i n n ber (Srbfünbe in jeber n u r erbenflidjen ftorm. Söot es bas 2Befen bes reinen 'iparabiesjuftanbes, als urbilbfcaft ungetrübte 6 d ) ö p f u n g in ungebrochener 93erbinbung j u ©ott j u ftej)en, tpo bas Söort ©ottes ungetrübt ertlang, bem alles ge^örfam tpar, aud? ber abgetpenbete ©ämon, ber boöpfer in ftrage unb 2inttPort ftanb, überhaupt in feinem onberen 8 " " ftanb, unb barin feine £ebenstpirllid;leit fanb, fo bafc i n n e r e s unb Sufeeres ein unb basfelbe toar, bie 6d>öpfung nooi>l aber perleugnet baburd), ba& bas 2öefen bes SHenfdjen fid) ber lebenbigen tped)feltpirtenben ftrage unb Slnttoort entjog unb fo ©ottes Kraft unb Sebensobem in fid) toenben tonnte, um fo in fid) unb aus fid) felbft toie a u s eigenem allein 2lntn>ort, b. (Srtenntnis j u (jaben unb bamit ben 28eg j u betreten, fiel) geiftig aus fid) j u nähren unb j u oollenben. § i e t begann bes ©atans 2Dert unb SDirten. ¡Damit tpar bas ©ebiet ber lebenbigen ©ottunmittelbarieit, ber fiiebe perlaffen. Oes trat ©ntjtpeiung, es trat fteinbfeligteit, es trat 93erbinglid)ung, es trat ©elbftfudje ein. ©as ift bie ©eburtsftunbe unferer „natürlichen" 9ftenfcf>enipelt, bas Gntftetjen bes „falfd)en fiidjts", bes ©iesfeits. ©amit entftanb eine Trennung — ©eift unb ©ämon — im 92tenfd)en. @r ift nun bem reinen ©eift unb bem naturtjaften ©ämon jugänglid) unb perfallen. S e i n ©eift (teilt fid) auf fid; felbft unb toirb abtoenbiger ©eift ber (Srtenntnis j u r ©elbftpollenbung, ©elbfterfortung perluftig. ©otPo|>l in 8*

115

ben reinen talten ©eift, tote in ben Scfjleier bes §>ämonifcf>en bringt lein ©ottesruf meljr ju feinem Snnerften ein. §>uron SBolten t>erbedtes £id>t. ©iefes „falfcl)e £icf)t" ift bie im 9Henf4>en gefallene 2latur. „llnb n>ie biefes falfc^e £id)t 9latur ift", fagt bas ,23ü4>lein Pom »olltommenen -Seben', „fo befiljt es aum, toeil es blofe Statur ift." Unb ba es nun fo gänjlicl) betrogen ift, bafe es fid) für ©ott £ält, baljer fdjtoört es, „it)m fei bas SBefte tpo^lbetannt, unb gerabe nach bem 23eften unb $öchften fte^e fein S i n n unb feine SBeife. §>arin tann es nimmer belehrt unb jured)tgebrad)t tperben... gnbem biefes £icf)t toä^nt unb fid> anmaßt, ©ott ju fein, fo ift es Sujifer, ber Teufel, llnb inbem es bas at, fo ift es ber Slntidjrift." 3etjt fe^en unb erleben u>ir biefe ju?ei Seiten in uns, ©eift unb 5>ämonie, unb n>ir ftreben unb brängen banaef), fie auszuleben unb auszutoben bis ins letzte, toenn ber Sturm ausgebrochen ift unb aller §alt unb alle 93inbung uns fef>lt. S>arum ftellt fiel) bas §>ämonifd)e feit bem Sparabiesfall nic^tmel)t nur als bie unperfönlic^e lebenbige Staturlraft bar, als bie u>ir fie ertennen wollten, fonbern ift eingetreten als Statur in ben 98enfcl)en. ©s finb cor allem bie glut^aften, bie erotiferausforbernben ©etoalten, bie feine Seele bewegen, aud) unter lieblicher ©eftalt, betörenb fid) einfchmeidjelnb, ja mit ©eift verbrämt, toie fie fein Sier im felben Sinne i>at, toeil ja beim SHenfcljen nicht nur bie Sche116

d)ina uni) nur bie btologifcf? bauenbe Äörperfeele ba ift, fonbern ber lebenbige Öbem ©ottes tym innewohnt, ber nun, Pom S>ämonifd)en mit überfallen, pergetpaltigt, bem eine betou&te innere fiebenbigfeit unb ©lut perletyt, tpie fie bie übrige 9Iatur, bas Sier nid>t fennt. §>ie perfefnebenften 5 o c m c n menfef)lic^en ©afeins unb feiner feelifdjjen unb finnenfcaften 8 u ftänbe, ^Ballungen unb StusbrücJje jeugen bafür, Pom efftattjdjen Krieger unb ben ergriffenen ober getriebenen ©emeinfcfjaften bis jum ftillften finnlid)en Siegelten. ©as ift bie gluterfüllte Dämonie, tme auef) unb 8tn unb enb, er möge mid> nid)t bemerien, mid) ntd)t mit biefen Slugen faffen unb ftumm anfeljen — biefes entfdjtounbene ©u, bei beffen 2lnblitmei>r fid) lebenbig bemerfbar machen möchte unb im näd)ften 2lugenbliiefe ©ämonie ber Öbe £at ja im 2Ultagsleben aud> ber feelifc^e Spießbürger unb ?Pi)ilifter, ber jebes fdjöpferifcfje £eben gegenüber einem ©u ber Sperfon ober Sad>e erftiett unb alles: bas 93oltsleben, bie bie 2Biffenfd>aft, bie Religion lebensleer mad>t unb fic£ mit bem allem unb in fid; alles jur fiarpe mit gläfernen 2lugenperlen mad)t. Cenn Öbe tjeifet j a : ©ottes unb feiner 6d>öpferIraft leer fein, roeil alles ©u entfd)tpunben ift unb bas lein lebenbiges Slusftrömen me^r t>at. ¡Das ift aud) bas 93ilb lan>enl)after (5puferfd)einung. §>ai>er ift bas ©dmonifdje

117

nic^t nur leben&poller ©tos uni> 33io8, fonbern fo oft aue barauf aus, ©ötjen ju machen, ficf> felbft ober anberes. §>ämonifd>e 9ieligion ift ©Omentum, aud> toenn ftc fid) gelegentlich in djriftlicher Sftaefe jeigt. §>er SHenfcf) tann fiel) unb ba&, u?as et begehrt, j u m ©ö|en machen unb jur eigenen (£r-göt$ung per toenben, ftatt es im Heiligtum ju laffen; alfo £>inge ober 9!tenf4>en ober Qbeen unb Seiten. 6 0 gibt bae ©ämonifdje in bem tym perfd>riebenen, parabiesgefallenen 9Henfd)en in feinen eigenfid;tigen Sebensjuftänben bas ^eilige lebenbige perfönliche jenfeitige §>u ©ottes auf, unb als ber 9Jtenfcf> fiel, u>ar es eben bas, tpas ihm tn feinem urbilbhaft reinen 93eu>u&tfein Perloren ging, ©er 9Henf4> tPäre alfo für bes lebenbigen ©ottes §>u Perloren geroefen, roenn nicht ©ottes Siebe unb 93armherjigieit feines perfönlichen SEDefens „6ohn" mit in biefe gefallene pertporfene SHenfchennatur hineingegeben hätte jum Opfer; i|>n in ftleifch unb 93lut geopfert hätte, bamit toir, ber OTenfch, nun bod> pon innen h « erlöft tpurben burch bas etPige Sicht im ftreujestob bes ©ottestpefens im ftleifch. §>as ift ber SEDirflidjfeitömpt^ue bes Slbenbmahfe, ben toir als ßalrament, als lebenbige (Sr-innerung im d)riftliie äußere r|>eit in ein gerichtlich porübergehenbes bilbhaftes ©etpanb. 2Bie bie nac ganje t> ^ äußeren 2Sirtlid;leit ber ©eftalt ftefu (E^rifti, bie uns jupor befebäftigte, fo ift aud; bie Slbenbmahlsibee in ihrer jenfeitigen 23ebeutung unb SBirflichfeit unabhängig pon bem hiftorifd;en (Sreignis an jenem 2lbenb, a b etoa ber gcfcf)ici>tliie Qenfeitigieit ber 2lbenbmat)lstatfache liegt barin, bafe buref) ben ftall bes OTenfdjen ber unmittelbare Sufamnten|>ang mit ©ott, tpie er noch im '•parabies beftanb, jerriffen toar. ©ae 9Henid>empefen tpäre eu>iger ©untelf>eit unb Itn118

erlöftfceit perfallen, toenn nic^t als ©egenait gegen biefe 2lbgleitung bes 9ftenfd)en unb bas 3^rrei^en bes 34>"®u-£ebcna 3n>i[d>cn ©ott unb ii)tn ein neuer Slusbrud) ber erbarmenben fdjöpferifdjen Siebe erfolgt tsäre unb a u s ©ottes 23efen eben im „jjeiligen ©eift" jenes Sebenbige ausgegangen roäte, bas bie 53ibel ben S ü f j u nennt, ber fid; n u n in ben 2Henfd)en einfenfte, mit tym ^inabftieg in bie 3lad)t, unb fo j u m Mittler jtpifdjen bem ins S^nfeits entgleitenben ©ottestpefen unb bem ins ©iesfeits fallenben 2Jtenf4)entt>efen geworben tuäre. S o gab er fein Seben, fein ewiges Seben in ©ott bem 93ater auf, ftieg mit u n s ins ftleifd), gab feinen ewigen Seib unb fein 93lut f ü r u n s baijin unb liefe fid) als menfd>gea>orbener ©ottesfoljn in u n s , mit u n s ans Ä r e u j bes ©afeins fcfjlagen. Ecce homo. © a s ift ber 6 i n n bes Slbenbma^ls, bei bem wir ,,ju feinem ©ebädtfnis" 93rot unb SBein oerje^ren, bas lebenbige 6 i n n bilb feines 6ier Sclmierj. 6 o ift lebenbiges Sieben ju allem ber ©runb. in feinem tob!ran!en, gefallenen guftanb ©egenftanb ber fdjmerjjerrijfenen Siebe ©ottes, aus ber fid) bie i)öd>fte §errlid)teit offenbart, auf Seben unb £ob ©ottes felbft. §>enn ©ott ift es mit feiner Schöpfung bitter ernft, er ift if)t furdjtbarfter 23ejaf)er. 9tur pon biefem legten, unferem ©eift möglichen Srfaffen pon ©ottes Seben, nur oon biefem legten (Stanbort aus gefeljen, liegt teine iiber£eblid)feit barin, a>enn ber 92tenfd) tpeifc, bajj unb toesijalb er für ©ott ber ©egenftanb größter Siebe unb fo aud) ber 2Jtfttelpunft ber ämon. Stbec et ift ni4>t Engel unb ift nic^t ©ämon, fo toenig toie er ©ott ift, fonbern er ftc£?t nacf> tt>ie oor — wenn aud) in ber gefallenen — Ebenbilbli. tr>as er ift, ift er auf ©runb ber ureigenen inneren ©eftimmung. ftnfofern ift ©ott mit feinem Eingeborenen im 2Henfd>en unb ber 9Henfd> !ann fid) oon il)m erfüllen laffen unb oon feinen 93oten unb Kräften, ober fid> abtoenben. 3nfolge biefer inneren ^rcii>cit ift aud) ber gotterfüllte 9flenfer oon allen ¡Dämonen berüf>tbar; unb ber oon ben ¡Dämonen berührte ober gefdjüttelte 9Henfct> roieber oom Senfeitigen (>er oom Engel berüljrbar. 2lber bajj er bas „¡Du, mein ©ott" r u f t — ba6 ift nid>t ¡Dämon unb nidjt Engel, fonbern Schrei ober Snbrunft feiner Seele, bie liebenb tyren llrfprung, if)ten Schöpfer ertennt. ¡Das eine wie bas anbere toaefct betoufet unb unbetoufct im 9Kenfd>en auf. Unb fo ift ber 98enf bas ¡Du feines Schöpfers unb ber «Schöpfer bas §>u feines Ebenbilbes g a n j erfüllt unb fie ftd) in Siebe wiebergefunben fcaben. ¡Dod) wir finb noci> nie j u m ©ipfel getommen, unb nocl> weniger fönnen wir oben fte^en. 2Bir finb ftets im ©iesfeits. Unb toenn einmal ein ^eiliger für einen Slugenblict fo weit (jinaufiam, bafj er nicfjtsme^r fat) als im Pollen £it bas £ e r j ©ottes: er mug wieber j u r ü d ins 98enfd)fein toie toir 2111c. Kein 92tenfd> tann — falls es überhaupt in biefem bebingten (Sinn ^eilige gab — im guftanb biefes Eingegebenen Sc^auens unb Slnbetens unb fiobpreifens »erharren; er wirb immer

121

tpiebcr herausfallen unb als parabiespertriebenee ©efdjöpf — anbers fennen tpir ben 9nenfn toegtpenben. Slber toir fa^en ja aucf>, bafj unb intpiefern ber 9Jlenfct> nun ©eift ift unb mit tpeld>er ©eiftesbeftimmung er bas ißarabies perliefc. Unb tpir haben gefe^en, bafe er bamit n u n auch ber legten ©elbftpergottung burd> ben eigenmächtig feiner felbft betpufct getporbenen ©eift offenfteht, beffen jenseitiges ^Prinjip bas fchled;thin Verneinenbe, ©ott unb bie Schöpfung unb bas ^eilige in ©ott unb ber Schöpfung 93erneinenbe ift. S o fte^t ber 2Hcnfd) mit feinem betpu&ten ©eift nun ebenfo auf bem 2Beg j u ©ott tpie, tpenn er fich toenbet, auf bem 2lbn>eg pon ©ott gegen bas 2tngefid)t bes Teufels, tpenn m a n beim iprinjip bes 93erneinens überhaupt noch pon einem 2lngefid)t reben fann, ba es bod> äugerfte fieere ift. llnb bennod) ift es geiftigeö spein^ip unb geiftige J?raft, toenn aud? n u r ea>ig jurüctoeichenb por allem n>irHid>en © e i n ; unb alles tpitMiche S e i n ift immer noch, tpenn auch entferntefte Slusftrahlung a u s ©ott. Sft alfo ber ©eift bes 92lenf4>en gottabgeioanbt unb bamit n u r fiel) im ©genpollenbungs- u n b -behauptungstpillen jugetpanbt, fo fpiegelt er bie bunfle S t r a h l u n g a u s jener legten S p h ä r e ber Verneinung. Unb hier erft liegt bie roahre 8ct*ftörung alles 93erhältniffes j u ©ott, nicht in ben SBallungen bes §>ämonifd;en, bie n u r bas § e r j erfd?üttern, bas aber immer nod) toatm unb blutpoll bleibt, felbft tpenn es in ©ottferne jerriffen ift. ©ort aber, im legten 93erneinen, ift !alter 9iut'©eift. V e r t r a u t fiel) ber SHenfch biefem 9tur»©eift an, betritt er auch n u r einen ftufe breit beffen 23al>n, bann ftetjt er nichtmehr por ©ott, fonbern in ber ©efajjr, pon bort ben falten bunieln S t r a h l j u empfangen, © a r u m liegt fein gefätjrlidjfter Slbtpeg in allem S t r e b e n unb in allen Sichren, a u s bem reinen

122

falten 9tur-©eift j u r Srfenntnis uni) «Selbftpollenbung ohne ©oft, otyne 93erantn>ortung por ©ottes 2lngeficht, j u gelangen. ¡Die ©emeini>e, als fie ehebem noch f r o m m unb Dom Goangclium erfüllt n>ar, h a * nicht umfonft gegen bie (jeifcnifdje ©nofis gefämpft uni> fie pertporfen. ©eitbem hat aber eine ©nofis auch bei tf>r tpie im g a n j e n „ ^ r i f t e n t u m " auf §intcrpforten (Sinlafc gefunben; tpir l>aben fie heute in pielen f o r m e n , überall, in allen 28iffenfchaften, auch ber theologifcfren, tpie in ber fo g a n j unb gar unperftanbenen $erübernal>me inbifcher unb anberer öftlicher unb ^alböftlic^er 9?eligionsäuf}erungen unb bem, tpas a u s ihnen unter SHithereinnahme eigener abtpenbiger ©eiftigteit gefchaffen tpurbe — in allebem liegt bas 93etreten jenes furchtbaren ertötenben 2lbtpeges. §>enn je tiefer biefe gnoftifche falte 2lurgeiftigfeit gelangt, je mehr fie in bie perhüllten ©eheimniffe ber ©rtenntnis unb bes ©afeins auf ihrem 33eg, mit ihren OTitteln einbringt, u m fo ftärfer toerben bie letzthin a u s ©ott pon ihr auf ihren 2lbtpeg gejogenen geiftigen Gräfte fein, bie S t r a h l u n g e n bes Pom ©eift nid;tmehr angebeteten, geliebten, peranttportungspoll geheiligten, fonbern pergetpaltigten ©ottesroefens; u m fo ftärter roirb auch auf bem j u r Verneinung führenben 2öeg ihre geiftige unb bamit ihre phpfifche 92lacf>t über bie 9iatur unb ben OTenfchen unb über fid> felbft — m a n hört, mit immer ftärterem Schritt ben Slntichrift burch bie SBelt gehen. 6 0 n>irb bie Grfenntnis a u s bem falten ©eift § e r r fdjerin ber 2öelt, ber geiftigen toie ber phpfifchen. ©er SRenfch tpirb gciftlich-reich j u feiner eigenen (lehre unb ©rhöhung unb ©elbftpergöt>ung, bie „ § u t e 33abplon" fitjt auf bem S h r o n : ©ott ift mifebraud;t u m bes 97lenfchen ©elbftpollenbung tpillen. £>ann ift bas „9leich bes © a t a n " feiner 93ollenbung nahe in ber SBelt. 2üir fehen, ber ©egenfatj jtpifchen ftrömmigfeit unb 2lbtpenbigfeit ift nicht etroa bas „©eiftig" ober „Xlngeiftig", fonbern tParm u n b falt, perantroortenb ober perantroortungslos gegen ©ottes SBcfen. ß a l t ift ber ©eift, tpenn er fid> t>on allem innerlich linbhaften Verhältnis, pon aller wahren ©emut

123

por © o t t abfdjnürt unb fid) allein pollenben n>iU; toenn et mit

i)öd)fter

33erect>nung

uni»

93erftanbesanfpannung

„2Biffenfd)aft" fid) felbft meijr unb mef>r ergebt;

roenn

ftatt por bem ©ipfel 3U fielen, perfud)t, an feinen SBänben

fnnaufjuflimmen

unb

broben

auf

ber

uni> er,

glatten

einfamen

Spitje j u fielen unb ba6 K r e u j t>erunterjubred)en, u m

für

fid) felber unb bas £eud)ten feines ©eiftes ben spiaij j u gewinnen. 5>a ift bas ©eljeimnis © o t t e s perjagt unb pertrieben, bas §>afein entfeelt, entleert,

enttpertet —

bas

©e^eimnis

© o t t e s , bas n u r j u u n s fprid)t, tpenn tPir im 2lngefid)t feines S>u fteijen, boc£ ni($t u n s abtoenben, uns über tyn ergeben, itm P o m Stjron ftofeen, it>n j u m geiftigen „ ® i n g an fid)" madjen, mit bem ftufe unferes abgetrennten

©eiftes auf ii>n treten

tpollen, u m felber feft j u fte^en. © i e 93ollenbung biefer Slbtpenbung iann in fdjeinbarem ©ottesreic^tum g e f e i t e n , tpenn © o t t SHaste tpirb.

Ss

iann

eine geiftig l)o£e, eine I>errlid)e, liebliche, eine red)te © l a n j j e i t fein, in ber ber SZlenfd) pielleid)t nod) 2öunbertperfe

feines

£ u n s in ber 9 i a t u r pollenben, in ber er ftolj auf fid) unb feinen 2lufftieg fein unb fid) Siltäre ber «Selbftanbetung bauen toirb. 95ielleid)t toirb bann aud) © o t t experimentell erforfd)t; benn bem

©eift ber Verneinung

roirb es j u r

©elbftpollenbung,

j u r ©etpinnung f)öd)fter magifcfjer Gräfte b a r u m j u tun fein, auef) bie K r a f t

©ottes

j u erproben unb j u

toäre richtig etn ©ottperfud)en,

©ott

bannen,

©as

j u r ©ad)e j u machen,

j u r unperfönlidjen STaturfraft f)erabjujief)en, j u bannen unb ju

jaubern



bie

äufjerfte

93ertef)rung

jtoifdjen bem ©efd)öpf unb bem Schöpfer.

bes

53ert)ältniffes

2Die liebe^arrenb

bleibt bagegen nod) unfere geroöl)nlid)e a r m e 92tenfd)enfünbel © e r a b e jenes © e g i n n e n ift es ja, tpas aller fdjtoarjen SHagie jugrunbeliegt, bie u m fo fatanifdjer ift, je mefjt ber überlegene ialte ©eift bes © e n i e r s fid) tyrer bemächtigt.

2Bas bie ißri-

mitipen ba an 3 a u b e r e i leiften, ift finblid) gegen bas S a u b e r n bes geiftigen 2lntid)rift. 5>er ialte ©eift braucht nad> aufeen l)in, por bem SJerftanb ber 2öelt, nidjt ettoa ein 93ofetpicl)t j u fein ober pielleid)t a u s -

124

fteinmal ein Saftetet fein. S t toirb oor ber 2Belt gerecht fein, nad) aufcen untabelig; et toirb Haltung Ijaben, fitenge 3ud)t galten, in Si)te unb Slnfeljen fielen, feiner SBürbe nichts oergeben. S t ift gerecht unb (>at 9ted>te. OTan fann es if>m ja aud) nidjt oerbenfen, tpenn er feine „Siebte geltenb mad)t", oielleicf)t fogar 9*ed>te auf bet 9Jlenfd)en Seelen; man barf i£n barob nict>t tabeln, benn toer toollte ben tabeln, ber auf einem guten 9led)t befielt. S o ift er oor ber SEßelt angefe^en, erfolgreich. Slber fein Sieben unb fein § e t j ift falt, fein ©eift fdmeibenb Mar, toie Sie an einem ftra^lenben 2öintertag. Unb fo ift er gottoerlaffen. ¡Der falte ©eift ift gottoerlaffen, nid;t in bem Sinn, toie ber ©emütige, ber leer fein toill oon allem, bamit ©ott allein in ii>n einftröme, ba er elenb, arm unb jerfcfjlagen ift; fonbern er ift gottoerlaffen, toeil er nidjtme^r naef) bem §>u bes unb nur in feiner Selbftoollenbung für ficf> felber ba ift. §>enn ©ott ift benen nal>e, bie ein jetfd)lagen' ©emüt (>aben. 2lbet ber 2lnticf)rift toirb uns lehren, bafe aud) ein jerfc^lagen' ©emüt nid)t j u fein braucht, um jur Stlöfung j u gelangen. 9Boju J>aben toir bas £icf)t bes Maren falten ©eiftes? ©ibt er uns bod> triftallene begriffe unb burc^bringt fein £id)t alles. Söas bae $ e r j b r a u e t — es finb nur §>inge, bie ^inbern unb Mnmünbigen jufommen; aber toir toollen bod> toirflidje Stfenntniö ^aben, unb er toirb uns befreien oon überflüffiger Saft, fjiet toirb bas SBort geprägt: „2öer SBiffenfdjaft unb Kunft befiijt, ber l>at aud) Religion" — unb nun ift man mef)t als burd> jeglichen §>ämonenjaubet ober jeben SHaterialismus oon toastet Religion abgrunbtief gefd)ieben, toeil nichts ben SZlenfctjen mefcr oon ©ott entfernt als ber losgelöfte, ber abfolute ©eift. llnb fo überlädt man ecl)te Religion bereitwillig bem, ber geiftlid) ju arm ift, um an 2Biffenfdjaft unb Shinft teilzunehmen. S o toirb ber abtoegige ©eift bes SInttdjrift in feiner legten ©eftalt als geiftig fjodjftefcenber tommen, toirb bie SZlenfcfcen butd) bas ©länjen feines ©eiftes oerfü^ten unb jtoingen.

125

9ticf)t burcf) plumpen finnlidjen ©enuß, Den er getoiß aud) nur in feinfter geiftiger ©eftalt bringen toirb; aucf> ni unerhört fultipierte 9Biffenfd>aften, auef) magifdje; burtungen, bie bas größte ©lüct ber größten 8ai)l garantieren follen unb es pielleic^t tun. ilofopi>ifci)c M a t e r i a l i s m u s noch nicht ber gefährlichfte, toenn aud) ein Schrittmacher ift. S e n n auch ber philofophifchc Sftaterialift ift ja nicht ungeiftig, fonbern bie ©rofeen bes philofophifchcn unb gerichtlichen M a t e r i a l i s m u s finb gro&e geiftige 5>enfer, tpenn auch alltäglich materialiftifche §>enler, alfo etroa in ber 91aturphilofophie bie Dielen Meinen Materialiften, a n fid> n u r belanglofe sphilifter u n b K a r r i i a t u r e n finb, ohne ^ä|>igicft tpirflichen «Schaben anzurichten, roeil fie g a r j u langweilig finb. Slber u m g e f e h r t fönnen gerabe auch bie ©eifter, toelche a u s llarerer ©eiftigteit h e r a u s ben Materialism u s in feiner §ohlh*it burchfchauen, eben über ihn fiegreich hinaustoachfen j u m reinen ialten ©eift, u n b gerabe barin fchlie&lich fatanifch gerichtet fein. ©iefer Slntichrift n u n in allen feinen ©rfcheinungsformen fpielt fich toieber u n b tmeber im Menfdjen u n b feiner ©efchichte ab. S o roie in bes Menfd)en S e e l e Sngel u n b © ä m o n fich I r e u j e n u n b a u f - u n b niebertpallen, fo naht ihm n u n auch ber Seufel, tpenn ber ©eift mit S o s h e i t , mit innerfter V e r n e i n u n g u n b Sctftörung, m i t talttpollenber beioufeter 2lba>enbigieit gepaart ift. S>ann »erläfet ber Menfch g a n j ben 2Beg bes £ i n gea>enbetfeins j u ©ott u n b j u r Schöpfung u n b ben ©efchöpfen, ben 2Beg ber Siebe, © e r G e m e i n e r tritt j u ihm. Söieberum ift ber Menfch — u>ie ben D ä m o n e n u n b I n g e l n gegenüber nicht felbft §>ämon u n b (Srngel — nicht felbft S e u f e l ; tpohl aber ü b e r f o r m t er fich m i t biefem ©eift, er toenbet fich ihm j u , er bient ihm, tpenn auch in furchtbarer ©etoiffensnot, bie er, Dielleicht jule^t im 93lutraufch, j u übertäuben oerfucht, bis ihn bie fchtoarjen S t r a h l e n perfchlingen. ©s ift flar, bafe biefer 93erfucher in ber feinften, ja heilig fich gebenben ©eiftigieit fid> nahen !ann, u n b bann a m ge128

fähtlichften wirb, toenn Mc fromme ©eiftigteit im OTenfchen erblüht, ©enn tpctl 5er 98enfch nie ficherfteht, fonbern immer in fich felbft mit ollem toas er hat unb lebt, „in ffrage geftellt" ift, fo toirb fiel) auf i>er §öhe ^eiliger ©eiftigteit ber 93erfucher als ©er nahen, ber bem 9Renfergleicf)lich furchtbarer, als er je buref) bie glutoolle blutoolle S ü n b e tt>erben iann. © a s Spiegeln bes oerfüfcrenben Seufels toirb u m fo ftärfer fein, je t)öf?ct ber Eintritt bes innerlich bod) immer parabiesgefallenen OTenfchen j u ©ott ift. § i e r jeigt fid) erft in feiner ganjen ©rßfee bie ^urc^tbarieit bes Sparabiesfalles: bort tonnte ber 92lenfcf) j u ©ott treten im felben ©arten unb tonnte ihm ins 2lngeficf)t fehen, of)ne bie augenblicfliche ©efahr bes S t u r j e s ; benn er amfote noch nichts pon öertenntnis, oom reinen falten ©eift. 9tun er aber biefe tjat, ift er immer in ©efahr, abjuftürjen, trenn er a m ©ipfel ftefct ober gar g a n j hinauftreten toill unb anbetet. ©er-im £ a l bleibenbe einfache g r o m m e ober Unfromme tuirb alfo auch nicht fo furchtbar in fid) felbft oerfucht toerben, toie ber j u r §öhe, ber j u r Unio mystica mit ©ott hingelangte unb mit ganjer gnbrunft fo ftart hingezogene, bafc ©ottes Kraft unb SBefenheit fo auf ihn einfloß, bafe er für einen 2lugenblicf toie ein S e r a p h ©otteö SBefen fah. @s liegt höchfte SBahrheit barin, u>enn toir gerabe oon ben größten „heiligen" hören, bafc ihnen nicht ©ämonen, fonbern ber S a t a n felbft nahte. Unb toas ift es anberes als bie ©efahr, bie h&as ift bie grofoe, bie ungeheure ©efahr aller gefpannten unb mit geiftiger 8ud>t hochgetriebenen ©rfenntnis, bie bis j u r ©elbftabtötung gehen unb bod) gottlos, gottfeinblich fein !ann, wenn fie n u r bes 9Henfd?en eigene 6elbft»ollenbung meint — bie ©efahr aller Schulung an Stelle ber Siebe unb bes SBirfens, 2Bollens unb 93ollbringens a u s Siebe unb 93erantroortung t>or bem roarmen §>u ©ottes. 2öo bie Siebe fehlt, u>irb jebe 93ollenbung j u einem ©4>ritt in ben Slbgrunb. © a r a u s aber tonnen mir alles 23eftreben bes SRenfdjen, too unb tt>ie es u n s begegnet, toefenhaft beurteilen, © a s «Streben nad> ber Harmonie etroa, toie es in ber ©eftalt ©oetyes u n s fo ausgeprägt entgegentritt unb tt>ie fein ©eift auch auf bie 23elt tr>irft unb toeshalb er fo oerherrlicht toirb, ift eines ber einbringlichften 23eifpiele für biefen, in fcheinbar hcrrlidjfter ftorm fid) u n s na^enben ©eift, ber in feiner gan3 felbftoerftänblid) u n b e t o n t e n ©runbrichtung gottfeinblid) ift. llnb fehen toir n u r in bie 9ieligionsübungen alle hinein» too hat ba je neben echtefter jycömmigtcft biefer ©eift gefehlt? ©r begleitet ben 92lenfchen feit bem 6 t u r j a u s bem ißarabies, tt>o er nach S a u m ber ©rfenntnis griff. Soffen toir u n s nicht oom © l a n j bes ©eiftes täufchen, ehe toir g a n j burchfchaut haben, t>on tt>o er toebt. 6 0 fann ber fromme SRpftiier bes f j e r j e n s b a j u fommen, auf bie geiftige 6elbftt>ollenbung, ja auf bas 23egehren ©ottes im ©eift unb bas (Erringen ber hettlichften ©rtenntniffe über bas {Jenfeitige j u oerjichten, toenn er gewahrt, bafc fie in ihm felbft b a j u führen, ©ottes ©eift getoaltfam heranziehen, 130

fiel) felbft baran j u erhöhen, ficf> ©ott gleichstellen; wenn et nicf)tmeht bas bemütige 3d> ift oor ©ott, bem allein bie ßrone gehört; wenn bas § e r j nichtmehr in geiftlicher 2lrmut ftc^jt unb er ©ottes Kraft juc Selbftoergottung j u befi^en begehrt. S o rät er bic bie „fromme ©ottlofigfeit", bie wahre ©elaffenheit auch ©ott als 93egehrtem gegenüber, unb bleibt im wiffenben Vertrauen unb ©lauben an ben Srlöfer, ber größer ift als id> unb bu, unb auch bie Pforten ber §ölle überrounben hot. ©r wirb bann auch „2Berfe" unterlaffen, bie, wenn aud> noch fo fromm, innerlich Selbfterhebung, Selbftpollenbung bebeuten. ©er Srlöfer fagt uns ja nirf)t: „ S o if)t nid)t werbet wie ein Seraph ober wie ein im £id)t bes ®eiftes ftrahlenber ©ott" — fonbern: „ S o ihr nicht werbet wie bie Kinber, lönnt li>r bas SReid? ©ottes nicht fehen." 93on biefer (Seite aus perfteijt man ben S i n n bes eoangdifdjen ©entens, bas auf bem ©lauben felber fielen will unb nicf)t auf ben SBerlen; aber nur »on ba aus mag es in foldjer Schroffheit gelten. 9Ran barf hier nicht on &as Sagewer! im gewöhnlichen Sinn, im £ a l brunten, benten. 3enes Sntfagen aber ift nun feine tatenlofe ftlucht ober Selbfteinfchläferung, lein Slbfcfjieben irgenb einer Verantwortung cor ©ott, fonbern hotte Selbftbinbung unb Selbftüberwinbung. 2Delcf>' furchtbarer SJerjicht bes inneren geiftigen fiebens iann alfo oon uns geforbert fein, wenn wir fo ben ©ipfel erflimmen wollen nnb nahe baran finbl Selig finb, bie ba geiftlich arm finb. Credo quia absurdum — ich glaube, weil es oor bem ©erftanb Torheit unb oor bem felbftficheren ©eift in uns bas ®ntfagen ein einjiges großes Ärgernis ift. 3>enn hier polljieht fich bie Scheibung unb bas ©erid)t. Slber wer oon uns — auch ber es will — tonnte fo tief oerjichten, bafc er ein folcher Starr werben wollte oor ber SDelt unb »or fich felbft? Sich neinl 2Dir hoben uns ja felbft riel ju lieb unb brennen begehrlich auf ben eigenen ©eift unb erraffen für ihn, was wir nur fönnen, unb jahlen juletjt noch ®°tt als "preis. S o ift ber SHenfd) immer oon innen her bebroht, unb bies am eheften, wenn er hoch int ©eift geftiegen ift. Stets, ohne 9*

131

Unterlüß wieberfcolt fi4> in ber lebenbigften ^ o c m bas, w a s im B a r a t t e s fcic u m ben Lebensbaum gewunbene 6erlange bem 2flenfd)en juraunte, als er nod) im 2lngefid)t ©ottes wanbelte, nur ©ott ge^örfam war, uni) fie tyn ftatt beffen auf ben 2Dcg 5er felbftpollenberifcfcen ©rtenntnis wies: „3(>t werbet fein als ©ott unb wiffen was gut unb böfe ift." 3ft es &a perwunberltd), wenn biefe llr- unb ©rbfünbe immerfort unb Snf^alt in ber ©efd)td)te ber gefallenen 9Benf4$eit, unb tf>r Streben bas §erau6treten aus ber Verantwortung cor ©ott ift? 3ft ©ottes ausftrömenbe ß r a f t fo burd> ben (Satan bis ins le^te perwenbet unb £>at es ficf> in ber 9Kenfc^|>eit ausgewirtt, bann bricht ©ottes „3ocn" (jerpor unb ber im SRenfcfcen gebunbene reine „afeins i f t ©s toirb bie Statur, bie je£t gemifcfjt ift aus bem „bitteren" unb bem „freunblicfcen" ©eift, toieber burc^brungen fein Pom „©emüt ©ottes". „S>ie §ütte ©ottes" toirb bei bem Pom falten ©eift ber Urfünbe erlöften 2Jlenf4>en fein. ¡5>ie neue 9latur toirb fein, ©enn „ber 2Ute betoegt fic£, in bem ba ift alle ß r a f t unb alle Kreatur unb was genannt werben mag, unb 132

bie Gräfte toetben toieber in bie ©eftalt gebracht, bie fie ooc bem 2lnfang ber Sdjöpfung Ratten", ©atttt treten mit bem reinen llrbilb bes 9ftenfcf)en aud) bie reinen unoerijüllten Itrbilber ber (Schöpfung triebet fjeroor. Srtenntnis unb SBiffen trirb fein, bod) nidjtmefjr a b ialtes £id)t, als töblic^er Strahl, fonbern als Grieben bes unerfdjöpfUdjen S>u ©ottes im erlösen ©u bes reinen 9Jlenfd>en. ¡Der grofee 0d>merj ge^t ein in bie gro&e Siebe. ©as ift bie Erfüllung bes 2Beltenlaufs butas ift bie Offenbarung bes (»eiligen ©eiftes, ber t>om „93ater" ausgebt unb fi »ertrirflidjt in ©ottes „Qotyn", ber 9Henfc(> geworben ift, als bas reine llrbilb bes 22lenfd)en fiel unb nun ben etrigen £ob erlitten i>ätte, tt>enn er nicfjt fein fieben bei ©ott baljingegeben, mit bem gefallenen 92lenfcf)en ins irbifc^e $>afein eingejogen toäre unb it>m bort bas lebenbige „3Dort" als ©rot unb SBein bes fiebens, bie 93er(>eifoung gegeben f)ätte. 6 0 erfüllt fiann erfte^t ber SHenfcJ) trieber als lebenbiges llrbilb unb öcbenbilb ©ottes, bes Schöpfers; nidjtme^r toeil er fo erfdjaffen ift, fonbern toeil ©ottes S o ^ n in tym offenbart ift. ©as ift ber tiefe Sinn bes Sünbenfalls — alles ift geiftige jjretyeit — bafc er bas § e t j t>or ©ott arm werben lä&t burd) bie ©c£ulb unb bereit madjt für bie ©nabe. 9lidjtmel>r aus ftcf? unb feinem gefallenen Seift fteigt ber 97tenfd) auf, nur aus bem erbarmen ber großen Siebe, llnb ber fie in bie SBelt brachte, (>at einen 9iamen, ber über alle 3lamen ift. S o tobt über uns fcin bas Unwetter, unb tobt ficf> trieber aus. ©d)on jerreifeen bie SDolfen. ©er Kegen t>ört auf, nur fernhin t)ören trir nod> per&allenb ben grollenben Bonner. SBeifee ©ünfte fteigen auf, unb j u uns bringt ber erbfcaft iräftige ©erud> bes ^ i 8 ^ 0 ^ 6 ^ . $>a, ein ©onnenftrafcl, nodjeinmal i u r j oon 6chatten überjagt — unb nun bricht bie Gönne wärmenb triebet Ijeroor, alles ift trieber por uns aufgetan. Über uns aber ragt in bie Süfte in f e i e r e n träftigen Ilmriffen ber ©ipfel mit bem Kreuj. „Unb unter tym neigt flc|> ber 93ogen bes 3=riebens".

133

£ln der 33erg?apelle.

n unferem ®eift ^>aben tuic jetjt i>ie S t i f t u n g gefunben, tPtr l)abcn i)cn ©ipfel por uns gefeiert; tt»ic tennen bae Oben uni) Unten, bas £id)t uni) bas T u n t e l unb tpiffen, tvonach ber 2Bert jeglicher Srtenntnis fief) ticktet. 9Iun bürfen anr ben§eimtpeg antreten unb hinabfteigen ins £ a l , bereichert burch ben 2Jefitj jenes SBiffens, bas uns tpie ein -Cebenstompafc Dichtung in unferem 2Ultag gibt. S o tpenben tpir unteren 23lid nocheinmal j u r ü d nach bem ©ipfel, ber nun fd>on toeit rücfa>ärts, faft n?ieber oerbedt hinter u n s liegt. 2öir fteigen juerft burcf> Reifen, bis tpieber bas ©eftrüpp fid) einteilt, unb tommen enblid) tpieber auf bie tieferen S e r g rüden über ben bea>albeten £ ä l e r n unb §öi?en. SBährenb tote nod) tm gnnern g a n j Eingegeben finb an bie deinbrüde, bie uns tpurben, hören tx>ir leichten ©lodenton, ber brüben pon ber 23erglapelle j u uns bringt. Schon feit 3ai)rljunberten fleht fie bort mit ihrem grauen, pon flechten bebedten © e m ä u e r . S e l t e n nur tommt m a n a u s bem £ a l bis ^ier herauf; feiten tommt ein 93ergtpanberet j u ihr h ct V j u m a l fie recht perftedt feitab Pom 9Bege liegt, freilich tpirb fie tpohl gelegentlich pom treuen S i n n einjelner Salbetpohner ausgebeffert, tpenn nach gar j u langer Seit es herabjubrödeln begann ober bas alte fchtoärjliche, moosbetpachfene §>ach Pom S t u r m led tourbe unb fid; einbog, toeil bie S p a r r e n por 2Utersfchoäche gefault toaren unb nachgaben. §>od) es pergehen ©enerationen unb fie behält ihr altes ftilles ©eficht. ©in Klausner, ber por langer Seit hier h a u i* c > U* längft tot, unb ein anbetet ift nichtmehr getommen. Ohnehin, tpas follte et hier tun in unferer heutigen S e i t ? ©ie Seute im STal benten an anberes als nur an ihre Sllltagsarbeit unb bie feiertägliche 93efchaulichteit, u m ba herauf j u tommen unb bem

134

93efd)aulict>en für feines Selbes 2lotburft allerlei j u bringen. ^Pflegte et irrten bamals aud) bie Capelle unb bas fromme SRuttergottesbilb barin, gab er tarnen aud) aus ftillem § e r j e n manchen guten 9?at in ben 2töten iijcce fiebens unb tyrer Seelen, lehrte er aud) itjrc ßinber manches gute Sieb unb Söort, tporan fie tyr fieben lang eine SBegje^rung (jaben mochten — j e | t fte(>en tynen beffere Quellen j u ©ebote, toenn fie jur S t a b t fahren unb bort fcaben tonnen, toas fie n>ollen. Stel)t boc£ au brunten im Ort eine Schule unb es gibt 2lufMärungsmittel genug; fie lefen S^itungen aller 2lrt, toorin man ifmen mühelos, of>ne bafc man erft auf ben 93erg herauf jum alten ©nfiebel feueren muß, mit »ollen §änben unb fd;nell entgegenfommenb fpenbet, toas fie wollen unb nod) mef)r b a j u ; bringt boef) bie Stimme bes entfernteften ©eleijrten ober Srjä^lers, ja ber Orgelton, bie SPrebigt in fernen ©omen bis in tyre Stube — tt>as brauchen fie ba noefc bie anfpruc^slofe, jetjt petmoberte 9Beis£eit t>on ber Äapelle broben unb ijjrem einftigen £ ü t e r ? llnb boeife nietjt reer unb toieoiele bo i(>m tro£ allem oon aufcen ©ebotenen fo gäjmenb oft fühlbar macf)t. 2ftand)er tritt in bie Kapelle ein, oerroeiit ba oor bem armfeligen, rrurmfticfjigen 9!hittergottesbilb, beffen blauer 9tocf unb golbenes Rrönlein fdjtoarje ^feden i>at ober abgeblättert ift. llnb oerftojjlen tut es noas brüdt unb unverbaut ift unb teas man fit red)t geftefcen tann. 9Ran erjä^lt es nid)t gern im £ a l , tpenn man einmal toieber in befonberer Sadje ba broben tpar; melleicl)t feigt man barüber aus frommer Sd)eu, t>ielleid)t aud) aus anbetet 135

f u r c h t ? ©enn toie Icicfjt tonnten bie ©efchetten lachen, uni» man toill bod) ettoas gelten in ber ©emeinbe. 2lber roirb auch ntd)t oicl baoon gerebet, fo ift bod) bie gute €>itte geblieben, bafc 5er, ber fcier fjecaufiommt unb ftille Sin!ef)t hält, fcanad? bie ©lode mit ein paat Sögen läutet, tpenn er triebet geht. llnb man f)ört nod) ab unb ju bas Säuten. 5>er (Sinfiebel tut's nichtmehr, benn er ift fort; aber es ift bocf> fo etoas t>on einem unficfjtbaren Sprieftertum übrig geblieben, bafj bie ©lode nicht g a n j perftummt. S o mufe auch jetjt triebet ©iner eingeteert fein, ba tpir ben £ o n pon bem Meinen ©ach herübertommen hören unb bie Meine ©lode beutlich fcfjtpingen unb ihren Klöppel tperfen fehen. 2lach einer 2Beile perftummt fie tpieber, unb ba a>ir an ben £ang treten, gewähren tpir einen alten 9Uann »on träftigem Körper, ber heraustritt unb, ohne uns toeiter ju bemerlen, feinen Korb poller § o l j unb Sannen3apfen aufnimmt unb ficf> anfdjicft, mit feinem inorrigen ßtoct talabwärts ju gehen. 91un fef>en tpir aud) ein paar Kinber in bem ©eftrüpp am Kapellensüng, benen er ruft, bie nach unb nad> (>ert>ortommen, in ihren K ö r b t e n unb Gimern tote 93eeren haben, bie fie ba pflüdten. Sie bringen alles ¿u Sal, tpo man ihnen ein paar Pfennige bafür geben toill, toenn man bas heute auch wohlfeiler unb baju nod) fd)ön aufgemacht in bem neuen, pon austoärtigen ©elbgebern unb ^3lantagenbefi^ern getragenen ©efchäft brunten tauft unb es nichtmehr fo gern pon bem Sllten unb ben Kinbern nimmt, bie es ja boch nur mit ihren fchmutjigen £änben gefammelt haben unb nicht immer fo regelmäßig baherbringen, toie bte ©ifenbahn. £ier in ber Kapelle polljieht fich bei ben einfachen, geiftig ungefchulten 9Renfchen bas, toas bie Begegnung mit ber gbee, aber nicht goetheifd) ober |>cgclifcf> im reinen ©eift, fonbern aus bem inneren fiiebesbebürfen ift. Unb bas tnüpft fich a n einen 9iaum unb an ein 93ilbtpert, bas eine natürlich-unmittelbare 93ebeutung hat. SBie es auch b^i ben beetenfuchenben Kinbern ift. Schopenhauer fagt einmal, es erfcheine bem Kinbergeift beshalb alles fo glänjenb unb märd;enhaft geheim-

136

nisooll, toeil bas S?inb im ©egenftanb noch bie Sbee ber ©attung fehe; bcc oon ihm gefeierte 93aum ift bic ©attung 23aum. ©er toeifce ©lanj bes inneren Zlrbilbes liegt cor ihm noch offen ba. Unb fo ift i?tcr bei ben llnmünbigcn im Seift noch ein unmittelbares SBahrheitstoiffen, eine unmittelbare ftehen, in jebem 2lugenblion genug, um baran bie innere ©rtenntnis j u entjünben, toenn toir nur nicht fo arge f u r c h t hätten, in bie Capelle felbft einzutreten. 9Iid)t, toeil toir mengenhaft ju toenig toiffen, fonbern toeil toir juoiel bes Süßeren toiffen unb Käufen unb ungerichtet burch uns hinburchfluten laffen, finb toir gewintert an ber roaijren 93erfentung in bas SBefenhaft-Sine. S a g t bod> auch 9Heifter Scfeijart: ©u bift fo »oll beines Sluges unb Ohres, toie foll ba bie eisige «Stimme j u bir fprechen unb oon bir »ernommen toerben. ®s ift immer bie ganje SOahrheit ba; es liegt nur an uns, ihr j u l a u f t e n . SJöllig abhanben gelommen ift uns bas 93ett>ußtfein, baß Srienntnis — gana abgefehen oon ber größeren ober geringeren intclleftuellen Begabung ober fad>männifd)en Schulung unb OTaterialtenntnis — gar nicht in bem 2Haße freifteht, baß gea>iff ermaßen 2llle „bas gleiche 9?ed)t" auf fie hätten, freilich, bie rein auf bem SBege bes SJntellelts gewonnenen

137

SBiffenfchaftsgüter finb, toeil äu&erlid) ober rein begrifflich, für jeben biefelben, fei er innerlich fo ober fo geartet. S>ie (Srgebniffe i»er 27ted)antf, bie Satfachen ber ©eographie, ber äußere Slblauf ber ©efchichte — bas ift als gabrifgut leicht unb allerorten ju »erbreiten unb braucht nid)t ju fragen nad) ber ©eele unb ber inneren ©intehr; unb man unterfcf)eibet beim ©enufe folget 23eeren nicf)t, ob fie pon ber 23ergfapelle broben ftammen unb ben frifcfjen ©uft bes §anggeftrüpps an fich haben, ober Pom Krämer finb unb pielleicht nad) S^iftentjolj riechen. 9Han fteht fie nur fd)led)ttDeg als Nahrungsmittel an unb prüft fie nacf) bem quantitativen Stährtoert. ©a lann man berechnen, tsas jeber perjehren mufe, um entfprechenb ernährt unb gefättigt ju fein. 2lber bod) gibt es eine anbere, eine geheime Seite ber ®rtenntnis. S»a erlebt ber ftwfchenbe ben einen inneren «Sinn, bie eine innere 23ebeutung ber §>inge, bie an fid) bem Sntellett perfchloffen ift, bie aber eben bem entfpricf>t, tpas er oon innen her ift, tno er innerlich fte|>t unb fein SEÖefen hat. ©as mag er nun ben 2lnbern fagen ober nicht: ©ingang in biefen Qnnenraum finben fie nur, toenn fie felbft fKtaufgeftiegen finb mitfamt ihrer inneren Gin-famfeit. Unb fo gibt es eben eine priefterliche SBeisheit, eine ©eheimtDiffenfchaft; nicht ettoa beshalb, toeil fie burch ©etoalt ober Sift ober unoerbrüchliche 64>toüre gehütet unb abgesoffen toürbe, fonbern toeil nur ber bajugelangt, ber aus bem £al burch bie ©«flucht herauffteigt unb in bie Kapelle eintehrt. Itnfere heutige Srfenntnis nun ift „fapitaliftifch" unb bamit im ©egenpol baju „proletarifch" geworben, §>as S?apitaliftifche, bas toir hier meinen, liegt nicht barin, ba& bie 5 o r " fcher mit ihren öerfinbungen unb (Sntbedungen fooiel perbienen, baft fie bie SBiffenfchaft pertruften unb ihre Mitarbeiter pergetoaltigen fönnen; bamit ift es nicht fo toeit unb toenn bas gefchieht, geht es auf anberem 2Beg. Hnb bie ^roletarifierung liegt nicht ettoa barin, bafe bie ®rgebniffe unb SDege ber SGOiffenfchaften in 93üchern unb SJolisiurfen unb Vorträgen unb Seitfchriften jebem offenftehen — es tommt auch h' cc 138

g a n j unb gar auf i>cn Seift an, a u s i»cm uni) in bem permittelt tx>icb: ob es Krämertpare ober bei ber Capelle gebrochene Nahrung ift, toenn auch beibes oielleid)t benfelben äußeren 3Iamen trägt, Sonbern bie ^Jroletarifierung liegt im S e treiben ber SBiffenfcfjaften felbft, roeil tpir bas Scfenntnisftreben felbft j u einer tapitaliftifchen Sedmii gemacht ^aben, bas toill fagen: j u einem quantüatip betpertenben unb häufenben 93efi$erringen, bei bem nicht bie Seele bes 9Renfe ber 9Jiafd)inerie ift.- 5>as allein ift es ja aud), toas u n s Slngft mad)t por unferer ted>nifd)en Kultur: nid>t bie Srfinbungen als foldje, bie ja ilmfe^ung metapi>9fifcf>er gbeen unb ©r-löfungen ber bumpfen SHaterie finb; nicht ber ©eift unb bie freie Kühnheit, toomit große Genfer unb fefte 9Hännlicf)feit Kiefentoerfe fchaffen ober über ben O j e a n fahren unb burcf) bie fiüfte eilen — bas alles ift an fiel) rein unb grofc unb gehört j u r Erfüllung bes Mrtportes p^pfifdfjcc 9Henf4>lid)ieit: „93epöltert bie Srbe unb mad)t fie euingen ber Seitlich" teit gegenüber. §>arum tt>ar es nicht nur getoif} leine fchlechte ©ad;e um bie Qutoeifung ber (Srlenntnisfotfchung an bas SPrieftertum, bem bie SOiffenfchaften Untertan toaren, fonbern es blieb überhaupt ber einzig mögliche 2Deg, bas 2lbgleiten bes @rtenntnisftrebens ins llferlofe unb Siichtungslofe ju t>ermeiben unb alle bie oerheerenben f o l g e n hintanjuhalten, bie toir buref) unfer proletarifiertes, inbuftrialifiertes SDiffenfchaftstum nun hoben. $ier ift ja leine innere Berufung mehr. SBahres ^rieftertum aber ift innere Berufung unb mit biefer auch nohoenbig unb freubig ©elbftfchulung unb ©elbftüber-

141

toinbung. 98ag ee fein, bafe, tote in allem unferem gefallenen 98enfcf>entum, bued) bas ftetö 93ettDetfungsbtüd>e gießen, es aud) oiel 9itt&braud) mit biefer priefterlit gab, befonbere teenn bie Kultur „reifet" tpurbe — fo betpeift bas nidjtß gegen ben inneren 2Dert ber Überzeugung, ba& n u r auö jenem priefterlia& fid) fo nennt, bei einer unfidjtbaren ©emeinbe, unb bort ift es feiner Slatur naci) notoenbig „©ef)eimroiffenfd)aft" unb ber iapitaliftifd)-proletarif4>en ©efinnung nicfjt jugängig. $>enn aud> bas ©nileiben biefer ©ei)eimtt>iffenf4)aft in SEOorte unb lie&t ja nicf>t ben €>inn, fonbern nötigt beftenfalls allen benen n u r ein perädjtlidjes 2ld)feljuc!en ab, bie nieijt pon biefer 3nnenfeite f)er Grfenntnis l>aben ober (jaben toollen ober es nod) nicf)t tragen, ben il>nen allein folibe unb tragfäfcig fdjeinenben 93oben bes £ a l e s j u »erlaffen, toeil fie intern inneren ©tern, ber fie führen tpürbe, nid)t pertrauen unb jögern, ben entfdjeibenben Slufftieg j u machen. © a j u gehört freilid) ein großer ftarter unb boer f r a g t ; ein ©laube, ber nid)t in einem „ f t ü n o a f ^ a l t e n " ober einem p£ilofop£ifd>en unb geiftpollen ©ebanlenfpiel mit anbeten 98öglid)ieiten befielt, fonbetn in ber einjigen ©en>if$ett einer unbebingten Eingabe, in ber Eingabe an eine unbebingte einzige ©etpif$eit liegt, bie nid)t 93etoeife ertoartet, tpeil fie 93etpeife in fid) trägt unb eben bie ©runblage priefterlicfcen 93er£altens unb priefterlidjer Grtenntnis ift; nidjt, toie ber perbammt bequeme unb irrefü^tenbe, im ©eiftestampf heutiger Seit fo oft gebrauchte Slu&bruct lautet: „ben fixeren ©oben

142

ber £atfad>en »erläßt", fonbem nur ben überall flauen unb pon 2ülen o^ne tpeiteres begehbaren 93oben bes Sales perläfct, um auf nicfjt tpeniger fixerem, aber fteilerem SBeg hinaufjufteigen ju 5er bes 28albgebirges, too toir aus anberem ©efid>tsfreis bie SEBcCt fe^en unb ben STon ber ©locfe an ber Kapelle perne(>men. ©od; bas heifjt, ben ganjen S t e n d e n forbern, § e r j unb tieffte Seele, nidjt nur feinen gntelleltualgeift, ber i^m, o^ne jene innere 2öelt, trotj aller glänjenben 93erfpre4)ungen bod) nur Scf>ä$e bringt, bie Klotten unb 9ioft freffen. Senes innerfte Vertrauen toeife ftets, tpeifj immer, infotpeit es entfd)loffen ift unb unbebingt baraus gelebt unb ge(>anbelt tpirb. ©em nidjt barin Sebenben erfc^eint es gerabe fo unbegrünbet, tpie bas müljfame ju 3?erg-o er mit ben Kinbern Sannenjapfen unb 93eeren holt, bie man in JJülle unb ohne bie 2Mtie unten fidlerer l)aben tann; ober tote bas ftille unertannte £inauffteigen Pieler Slnberen jur Kapelle, roo fie mit fid> im füllen 8®iegefpräd> finb unb bann pon ¡Dingen tpiffen, bie ihnen bas alte 9Rabonnenbilb tpie ein Söunber jugetragen hat. £ier geht es im Urteil ber 2Belt um leere SPhantafie, ober um U n s e r e s unb llngeficfjertes. Unb pollfommene Torheit ift es ihr, roenn fie pernimmt, bafc eben baraus uns alles jufällt. Unb boch ift es fein „Sufall", tpas fo gefehen unb erlebt roirb, fonbern „2Dunber". ®s geht um biefelben ©inge, tpie fonft bei ber 6innesa>ahrnehmung unb bem 93erftanbesbenten; unb bod) ift f)ier ein anberes 2Biffen, eine priefterlic^e ©eheimtpiffenfehaft. "ipriefterlich fehen ^ei^t aber: bie ©inge als göttliches SQunber fehen. ©as tann gar »iele ©rabe I>ai>cn unb fid> auf alles, u>as geflieht unb eriannt tpirb, erftreden — pon ber einfachen, alltäglichften benferifd^en as aber tarn ihm nid>t aus bem Ungefähr, tpenn aud> bas 2luf blitzen für it>n überrafchenb unb ein SBunber tPar; fonbern porausgegangen tpar eine jahrelange 33erinnerlid)ung feiner ©ebanten, u>ar eine ernfte Haltung feines ©eiftes, pielleicht g a n j unb gar religiös gerichtet — tpie man fid) bas nun aud) auseinanberlegen nrill — bis bann juletjt biefes fein 9Dert tpurbe. Qn biefem 2lugenblicf tpar es ihm nid>ts weniger als ein SHecfjanistnus, toie er banad) porliegt, es roar nic^i nur bie nutjmäjjige §erftellung, fonbern es a>ar toieberum jene ^ulbigung für bas Senfeitige, bas in biefem SQert fpmbol|>aft etfcf)etnt. 6 0 allein f>at es für tf)n junädjft S i n n , unb barin liegt bas 23efentlid)e bes ©efdjehens unb Srlebens ber Sache für fein £ e r j unb feinen ©eift. Ober ein anberes: 2116 ©alilaei fein ^ernroht erbaut tjatte unb bamit j u m erftenmal in ben (Sternenraum fat> unb bie 9ftonbobetfläd)e erblicite, lobte er ©ott, ber ihm, bem fterblidjen 9Kenfd>en, bie ©nabe gefanbt Ijatte, mit leiblichen 2lugen j u fehen, toas bis bahin per$>üllt u>ar. 2lls Wepler bie 23etoegungen ber Planeten erfaßte, gefd>ah es a u s ber frommen gbee heraus, bafe ber ©Töpfer fich in feinem Kosmos offenbare unb bafc beshalb 144

bie ©efetje ber Harmonie unb O r b n u n g f ü t ben forfchenben ©eift barin j u finben fein müßten. Hnb fo entbedte er fie. 2luf biefe SBeife finb bie ©inge SDunber, auch wenn fic medjantfd) unb bem auseinanberlegenben 93erftanb nid)t im geringften rounberhaft erfcheinen. l e h n t e n tote n u n biefe brei ftälle ber ftorfchung unb en wir, tote biefe burch unb burch medjanifd) oerftanben unb gelehrt u n b gewinnfüchtig ®erwenbet w i r b ; benlen u>ir u n s weiter, baß bie ©efeije ber ipianetenbewegung technetifch bargelegt unb fo bem SJerftanb ber Stnberen »ermittelt » e r b e n ; benien wir weiter, baß u n s bie 97lonboberfläche geologifdj g a n j oerftänblich ift, mag fie a u s oulfanifchem ©las ober © s befielen, unb baß wir fogar eines £ a g e s fie oielleicht werben betreten iönnen; nehmen wir fogar an, bie genannten Sntbeder feien felbft naef) bem erften inneren (Srleben g a n j com Mechanismus unb bem n u r Materialen unb 9ied>nerifd>en ihrer (Sntbecfungen eingenommen gewefen, fo baß auch ihnen alles j u m SSiffenfchaftsmaterial im äußeren S i n n geworben wäre — fo haben wir ben linterfcfneb jwifdjen jenem innerlichen, frommen ©eheimerleben unb ©eheimwiffen priefterlicher 2lrt unb bem »eräußerlichten inbuftrialifierten Süöiffensbefi^. Qenes ift eben „©eheimwiffenfehaft". 9Dir begegnen foldjen ©ebanlen, fo fremb fie u n s heute f ü r bie fcheinbar objettioe SBiffenfchaft auch finb, in einer älteren „überwunbenen" Sluffaffung ber magifchen 9taturforfchung, wo bies ilar ertannt unb ausgefprochen ift. 5>a wirb allen wahren „2llchemiften" bie Feinheit bes $ e r j e n s unb ©enfens empfohlen unb wirb auch D o n ihnen geprebigt unb beftätigt, wenn bie ^^tfchertunft nicht j u m Slbweg unb Itnfegen werben foll. 2Bie bie äußere empirifche 9latur einerfeits phpfitalifche 2Birtlichteit ift, jugleich in biefer aber ©pmbol u n b SBefensaußenfeite bes Qnneren, ©öttlichen, fo ift auch alle Magie fowohl phpfifalifches Können, wie auch Slusfluß ober ©arftellung eines 3nnenwefens. 9?eine weiße Magie S>a«qu6, Stttnntnle»

10

145

utti» ihre pf)9fifalifcf)c ©rtoeifung ift ©ott jugetpenbet; fd)tparje 93iagic unb if>t S u n ift gottabroenöig. S o mu|j m a n auch alle magifcf)cn f ü n f t e uni> auch i>ic 2Uchemte anfe^en. 3 n tf)tcr äußeren ftorm, alß 23eftreben nad) §erftellung oon S t o f f e n auf 3auberifct>-pi>9fifcf)em SBeg ift fie SchtParjtunft. £ s gibt aber eine innere 2ild?emie, xpelche Reinigung bes § e r j e n s bedeutet, tr>el4>e i>ie fd;lechteren S t o f f e pon ben reineren fonbert; unb biefe ift bie toatjre. 9Ran m u | beshalb, wie ein neuerer ©efchichtsfchreiber fagt, in ber aldjemiftifchen, tpie in ber magifetjen Literatur überhaupt jroei 2lrten bes (Srfennens unterfd;eiben. ©ie eine meint plump bas ©egenftänbliche unb fucht mit bem äußeren SJerftanb, mit d>emifd)-pt)9fitüU}d)em ©erfahren bie 9latur j u übertpinben, pielleicht fogar j u überliften. ©te anbere aber b e t r e i b t foldje Verfahren, meint aber bamit etroas g a n j anberes, nämlicf) bie Reinigung bes 3nnern, unb ift im ©runbe religiöfe 33orfd)rift, religiöfer 9Begt»eifer. 2Ber foldje Literatur mit gemeinem 33erftanb lieft, tpeifc natürlich nid)t j u ben inneren ©efceimniffen barin porjubringen. „$en palt' idj Im Singicc'n für Sllciftcr unb beroä^rt, ©er ©ott julieb fein ine reinfte ©olb per!e&rt." ©eheimniffe ber 35erbunben|>eit mit ber Statur por, bie in ihren nieberften gcfäf)rlict)ftcn S t u f e n , IPO ber fich felbft meinenbe ©eift ober gar bas niebere ©ege^ren banach greift, in bie gefährliche SHagie führen. Unb fo liegt auch in unferer fcheinbar fo nüchternen tpiffenfchaftlichen fforfdjung immer biefe Seite frei, t a u m gefehen unb beachtet, unb bod> eben in ihren f o l g e n riefengrofe, toenn toir por unferem leiblichen Sluge fehen, toohin u n s alle biefe 2lufflärung unb alle SBeisheit ber ©u^lofen 2Belt geführt h0*» Suche bas innere, ftarte lebenbige © u ber Statur, bann finbeft bu auch ben 2Deg j u ihrer u n b beiner Grlöfung. Sticht, u>eil bie Statur ©ott u>äre — tpir treiben leinen P a n t h e i s m u s — tpohl aber toeil jebes lebenbige §>u mit innerer Slotoenbigteit auch j u bem lebenbigen Schöpfer führt. ¡S>as ift bie innere 23ebeutung auch tpiffenfchaftlichen ©rtenntnis.

146

S o fann auch bie pon biefem „priefterUd>en" Stanbpuntt aus errootbene Srfenntnis niemals ettpa butch bie 8 a h l i»cc 93ielen ober ber 2Benigen, Mc fie anerfennen ober oertoetfen, gerechtfertigt ober perbammt toerben; benn toir tpiffen Port if>r gar nichts, toenn toir nicht bann finb. llnb um barin j u fein, an ihr t e i l n e h m e n , bafür gibt es nur eine Legitimierung: bas eigene § e r j . (Ss hängt in teiner SBeife Pom Urteil irgenb eines 2inberen ab ober t>on ber mehr ober toeniger jahlreichen Slnertenntnis, ob man uns julaffen toill ober ausfchliefoen. S s herrfcht auch (>ier ber unbebingte ©egenfaij gegen alles, tpas teir heute als mafogebenb erachten, »eil es eine tpill, fogar eine „übertpältigenbe SHe^r^eit". 2Bomit nid>t gefagt ift, bafo biefe ©nftellung auf bas fieben als SDunber nid)t aud) ©emeingut ©ieler werben tönnte, bie hierin gleich priefterlich empfinben. Slber bie gcfcfjidjtlicfjc (Erfahrung lehrt bas nicht, unb bejeichnenberoeife toar biefe innerliche Sinftellung auf bas Srtennen nid?t nur früher, als bie •SPriefter unb Könige noch alles in $änben Ratten, ftets nur Wenigen gegeben, fonbern erft recht l>eute, trotjbem toir ffiiffen unb Sefen überallhin perbreiten unb jebem SHenfchen alle 23üd>er unb alle je in ber 95Belt ausgefprocfjenen SBeisheiten unmittelbar jugänglich finb. 9iocf) eine Seite hat bies. 93ieles tpirb bei jener priefterlio4>mütig ift, fonbern toeil er bie Seelen ber Slnberen liebt. S o gibt es auch folche 2lrt bes ©eheimtpiffens. „••Prieftertum" unb „SDunber" gehören jufammen. ©afe bie ©inge jum SBunber toerben, ift bem rationalen ©eift als folchem g a n j unauflösbar, unperftänblich. 9Die unb too foll ein SBunber beftehen, toenn boch alles fid; in feine Seile jerlegen unb bie Abläufe fich fid;tbar in urfächlichem Sufammen10«

147

hang »erfolgen laffen? gtoat [priest man auch in ber getpö^nlichen 93erftanbesunffenfchaft oft pon SCBunbern, pon Söunbetrt ber Statur, ober bas ift bod) nut in bem äußerlichen en ©ntbeefung gemeint. 2lber baß bas ftets 93elannte, bas ftets ©efehene eben immer neu ein SBunber ift, bas erforbert einen anbeten 6 i n n . ©s liegt eine innere heimliche Siebe, ein inneres (Sinsfein mit bem ©ing unb ber ©rfd>einung bahinter, unb berfelbe Slblauf, ber ganj mechanifchrational ertennbar ift, jeigt auf einmal eine anbere «Seite feines 2Befens, jeigt ficf> als ©lieb eines ganj anberen 8 u fammenhanges. © a s SBunber an ben ©ingen fließt aus einem inneren ©laubensoerhältnis. (Es ift aber eine 93etfehrung bes ernften tiefen Sinnes bes SBunbererlebens, tpenn man meint, ber ©laube tperbeburchSöunbererftlebenbig, toährenb esumgefehrt ift: nur too ber ©laube unbebingt lebt, geflieht bas 2Bunber. €>o ift es ganj abtoegig, toenn man ettoa ben ©lauben toeefen toill burd) bie äußeren ©inge ober, toas basfelbe h ^ ß t : tpenn man ii>n mit Schilfe bes rationalen 33erftanbes betoeifen toill in feiner 93etecf)tigung; ober toiberlegen in feiner 2Iichtberechtigung. ©enn ber 3ntetlett ift fein Präger, feine ©tütje, leine Rechtfertigung für ben lebenbigen, inneren, echten ©lauben, ben toir juoor mit bem SBeg auf ben ©rat perglichen haben, llnb ebenfoioenig toerben 2Bunber burd; ben 3ntelleit erfaßt unb als folche gerechtfertigt ober oertoorfen. 933er folche 23erfuci>e für ober gegen macht, iennt nicht bie innere Söeltfphäre, toorin ber ©laube lebt unb bie ©inge überhaupt SEÖunber unb nur SDunber finb. ©urd) ben ©lauben toirb nicht ettoa bie äußere Söelt pertoanbelt im phpfifchen ober mechanifchen ©inn; fie toirb feine anbere, fonbern bleibt beftehen arie fie ift. 2lber fie toirb pon innen her burcf>brungen, burd)fchaut in ihrer ganj anberen 93ebeutung. Sticht ettoa im S i n n eines ©rbliefens neuer JJbeen ober eines tieferen Zlrbilbes barin, toie es uns bie ©ebanten auf bem 2Balbgebirge nahebrachten; fonbern in einem toarmen, liebenben 6 t n n , als unmittelbares 3Tun unb §anbeln bes lebenbigen © u ©ottes. 2öenn man fonft pielleicht pantheifttfeh 148

fagt, bie 2iatur uni> alles ©efd)ehen fei SHanifeftation fcce ©eiftes ©ottes, ber ber SBelt innewohnt, fei Äußerung unb Seben pon ©ott-2tatur, fo ift bas, was wir ijicr mit bem 23unbergcfcf)ct)en aus bem ©lauben meinen, etwas ganj sperfönliches, etwa fo, wie wenn eine SHuttec unmittelbar ihrem S?inb Siebes unb ©utes tut unb bas S?tnb bie gleichgültigfte ©ad>e pon ber 2Belt, etwa ein 6 t ü d fjolj ober einen Stein, babei warmherzig lebenbig erlebt als irgenb was, bas eben ihm fd)led)tl)in aus ber Siebe feiner 9Hutter entftrömenbe ^reube unb ©eligfeit ift unb wobei ber ©tein ein Stein unb bas $0(9 ein $0(3 bleibt. ©as „Sacrificium intellectus", biefes Opfer bes 93erftanbeswiffens gegenüber ber ewigen 2Dahrheit, toenn jenes biefe oerbunteln ober unter bie §errfchaft bes abwenbigen ©eiftes beugen toill, ift alfo nicht ein fieugnen unb ©reingeben bes an fich ertoorbenen, auf äußeres gerichteten gefunben Satfacfjentoiffens — fo Söricfjtes au oerlangen toäre Hnfinn ober ftreoel; fonbern es ift bie ©norbnung bes nieberen SBiffens unter bas i)5i?ere; ober, toenn jenes flcf> jum §errfdjer aufgezwungen t)at, jur 3utüdfüf)tung auf feinen heiligen ilrgrunb. 5>enn nicht ben einfachen ©enloerftanb toollen wir leugnen, fonbern ihn nur an feiner ©teile laffen unb nicht jum falten, aufflärerifchen Sicht über bas innerfte Heiligtum machen. Reifet bas aber jugleich, oor ber SBeisheit ber SBelt unb ihrer rationalen gweefmäßigteit jum 2or werben, fo ift es gewiß leine fchlecfjte SBeisheit. 9Ran fönnte, wenn es fo gefagt wirb, bas alles eine gllufion nennen. Slber erlebt man bas Söunber in ben f i n g e n aus bem eckten ©lauben, fo bemertt man, wie fehr bie rationale unb äußerliche 2luffaffung bes ©efdjehens Sllufion ift, wenn fie §err ber Innenwelt werben will. Unb fo bleibt es babei, baß fiel) eben oon ber 93erftanbesfeite aus f>icc nichts rechtfertigen unb nid>ts perwerfen läßt, ©leibt alfo bie fichtbare Söelt nach wie por, was fie ift, bleibt auch hn Stieben ber äußeren SBelt bem ©laubenben unb bem bas SBunber ©chauenben bas Seib unb bie Slot, was fie finb, fo hat bennoch alles bies einen anbeten ©inn. 149

©eshalb ift es immer bas ftennjeichen eben nicht bes ©laubens, fonbetn bes Unglaubens, felbft bei bem, ber fic$> gläubig nennt, wenn bec 9Benfd> oon außen SBunber erwartet, ober er bie SMnge, bie er mit feinem äußeren (Srfa^rungsoerftanb nid)t oerarbeiten unb burchfehauen lann ober felber heroorbringt, nun für SSBunber in jenem inneren 0 i n n hält unb bamit ficf> ober 2lnberen ben toasten ©lauben beweifen will. ©as wäre fchlimmfte "iprieftermagie, toie fie gottlofes 23erufsprieftertum taufenbmal getrieben fcat unb (>eute immer wieber treiben toill; am fchlimmften wohl in ber aitgelfäc^>fif-utilitar!ftifd)cn Christian Science — abwegigfte 6cite jeber ^römmigfclt, S^rrbilb magren SBiffens aus bem ©lauben, Mißbrauch mit ©ottes 2lamen, weil man iijn jum Hilfsmittel ber Erfüllung menfchlichen 93egehrens macht, unb in eine, unterem 53erftanbeswunfd) entfpredjenben 9licf>tung bie 53orfehung jwingen toill; ftatt bas SDunber in einer eben gerabe nicht burd) uns felbft gefegten oorgeftellten unb getoollten inneren §eiligfeit bes ¡5>afeins au fudjen unb ju erlennen. SDenn im SBunber etwa (Shriftus SBaffer in SGDein oertoanbelte unb toenn bies auch wirtlich in ber uns überlieferten 5orm äußerlich ph9fificc gar riic^jt rechten wollen, toeil es hier belanglos ift — fo toäre biefer 93organg »ielleicht 3^ugnis eines bewußten ober unbewußten magifchen Könnens gewefen, wie wir es auf bem SBeg buref) bie Schlucht fcf>on uns oeranfdjaulicfjen tonnten; aber ein SBunber im frommen tiefen C6 ftrommfein nicf>t gebunben ift an biefes ober jenes äußere S u n , fonbern an bie innere 93eftimmung, aus ber ettoas getan ober gelaffen u>irb, fo ift juleijt bas toahre SDunbererleben überhaupt bie 93efcf?eibung auf bas 9lid>tbefonbere. Orntroebet ift nichts SDunber, ober alles, ©er im ©lauben fiebenbe ift immer burcijbrungen oon ber göttlichen SDirtlidjleit unb SDirifamfeit, unb fo erlebt er überhaupt bermaßen SDunber, baß gar fein befonberes SDunber mehr erlebt roirb. SDie er felbft ja aucf> burchbrungen ift oom ©eift ber ©nabe, ob er nun baju berufen ift, (>errlici>e ^J^ilofop^ien ju fdjaffen ober SHufitoerte, ober ob er ©ampfleffel i)eijt unb Kohlen fchleppt, ober ein Reifer ber Uranien ift. ©enn in ber füllen inneren Siebe aus ©ott ift aud) bas ©letchgültigfie nicht gleichgültig, fonbern ooll inneren Gebens, unb u>as ber SDelt h®«h unb unchtig fcheint, lann gleichgültiger fein, als bas 23eerenfud>en eines Sftnbes. ©erabe n>eil es im SDefen bes roahren ©nabenamnbers liegt, baß es äußerlich nicht als etwas b e fonberes geflieht, jeigt fidf) an ihm, ob ber ©laube größer ift als ber Sob, toie es bei t unb oerjweifelt rief: „SDarum i>aft bu mich oerlaffen...?" unb bann gerabe bas SDort f a m : „Qn beine S)änbe befehle ich meinen ©eift." ©enn ba fiegte ber ©laube über ben Sob unb bas äußere Stfchts — unb bas ift bas größte SDunber, bas mit bem SKenfchen g e s e h e n tann. SDenn fomit aus bem jenfeits aller äußeren ©rtpartung überhaupt ftehenben ©lauben gelebt toirb, ift bas Sntfcheibenbe gar nicht bas fid> als SDunber oon anbeten Vorgängen abhebenbe äußere Ereignis felbft, nicht bie äußere fform unb ©eberbe, nicht bie äußere Teilung, bie äußere ©tigmatifierung,

151

feie äufjere 93eru>anblung oon 2Daffer in 2Bein, i)ü8 äu&ere ©ergeoerfetjen; fonbern fic finb es ttur, toenn im Sufamment)ang bamit ber 92knfd> überhaupt Dotier ober n a d ^ e r bie kraft bes ©laubens finben barf, mit ober gegen alle 93eftätigung in ber äußeren 2Delt, mit ober gegen feine eigenen 2Bünfd)e. S»aö toafcre Söunber unb bie toaste Grfenntnis liegen barin, bafe ber einjelne 2Henfd) ober biefe einzelne 2Henfd)engemeinfd)aft t>on innen f)er bem „SBort" aus bem lebenbigen ©lauben erfdjloffen u>irb, ber ftets fagen tann: „©ein 2Bille gefe", unb bem eben biefer 2öille in jeber gorm, aud? in ber oon £eib, 9iot unb £ob, 2Bunber ift. Unb bafür allein bantet ©ott, n>enn i£r es Jjabt. des ift barum eine bobenlofe Ungläubigfeit an bas 98ort ©ottes, es ift eine toatjre ©ottlofigteit, roenn irgenbtoo unb irgenbtoann 9ftenfcf)en, bie e t o a an „frommer S t ä t t e " mit magifcl)er 2Dei^e^anblung geseilt tourben, in bem SBafcn belaffen ober nod) barin beftärlt toerben, es fei biefes ©efd>ei>en ein 93eu>eis il>rer t p a ^ a f t i g e n ^römmigteit ober ber bes ausübenben, magifd) Ijanbelnben ^riefters. ©aö fönnen ebenfogut SBunber ber 9iaturmagie fein, bie trnr in ber ba abgeirrter 2Henfcf>em>etftanb. G^riftue felbft fagt j u Petrus, ber Söunbertaten ober ©etoalttoirtungen tounbertjafter 2lrt oon tym perlangt: „5>u toillft nid>t, tt>as göttlid), fonbern u>as menfd)Ucf> ift." Unb ob e t o a s SBunber im getieften Gfmftusfinn ift, bas m u | fiel) eben au ber entfirllid>. © n toirflic^es lebenbiges ©rlennen unb SBirten ift in ber niebeten magifcfjen 2Belt ein polares; es ift ein fcfjauenbes b e gegnen in ber 3beenu>elt; unb es ift ein liebenb beja^enbes in ber ©laubensroelt. unfer Seben unb Srfennen in Dielen, fid> burcfjbringenben (Sphären ab, je nad> ber ftvtifceit bes 93ett>uf$tfeins, je nad> bem (Stanb bes eigenen inneren Söefens. pcc a

Gs ift barum aud> niemals ein 2Jlafcftab für bas ©efdje^en in einer l e e r e n S p h ä r e , a>enn bas jeweils in uns lebenbig tätige 93eu>uf}tfein bie Vorgänge in einer unteren allein bemerit unb begreift. $>as tann uns für bie Beurteilung Dieler §>inge im praltifd>en Sieben ein SDint fein. 2öir fe(>en etwa bas SBirfen eines großen C a n n e s unb bemerten alsbalb menfcfclicfce &d>wäcf>en ober ©ebred)en an tym; bann finb toir nur j u fc^nell bereit, S i n n unb 9licf>tung feines S u n s unb SBollens eben banad) j u beurteilen unb j u perurteilen. SBenn

154

n>ir eben glaubenslos ffrtb gegen SJbeen ober gegen ben tiefften 23eruf ber Sinjelperfönlidtfeit aus intern ©lauben, fo tönnen tote bas, roas fief? abspielt, aud) nur aus ber unteren Sphäre begreifen. 5>ie ift freilid) nid>t unroirilid), aber tro$bem ift es Titelt alles unb nici)t bas bem Slufgefdjloffenfein tpirb fie finnlos ober medjantfd), roirb fie nur aus ®lenb unb Soweit befielen; ober fie tpirb — roie bas SBunber — als foldjes ba fein unb geheiligt fein, aud) ofjne bafo ber t>on aufeen anbringenbe SJerftanb es fie^t unb geroa(>rt. ier ben SJorgang einbeutig fi t>olljie(>en fie^t, fo bafc tym ju ertlären nicf)tsme£r übrig bleibt unb es fiieit, bie fie erlebt. Unb roenn in biefem 2lugenbliteit für fie liegen, roo fie in einen 2lbgrunb fic|>t ober bort, roo i£r ©laube ftärter ift als ber £ob. 98o unfer 93eroufjtfein unb (Srtennen lebt, ba ift bie 2Btrilic£ieit. ©in (Srfennen an ftcf> gibt es nicf)t. ^ebes 5>ing unb SBefen, fo roie es t>on mir ertannt roirb, ftefct in innerer 23ejiefcung ju meinem ertennenben 3d>; unb als roas es mir erfcfjeint unb begegnet, baran ift meine Qnnenroelt entfe^eibenb mitbeteiligt. 2tur barf man nid>t meinen, ba& man bies roilllürüc^ immerfort bafnn ober bortyin abänbern fönnte. §>as, roas roir in ber SCÖelt unb im ©afein als beffen Ginn fefcen unb füllen, ift fic!fals()aft uns eingeboren, roie bas unb ©rfennen überhaupt Sdjidfal unb niemals 2öill!ür ift, obroo^l ber un-

155

perbinbliche ©entoerftanb, ber gntellett, glaubt, willtütlid) i)af)tn uni> bortf)in fein ftorfcfjen tickten unb ftcf) Slntwort f)olen j u tonnen. Stbec es fdjlummert pieles in uns, was burd) 8 u c h t unb Übung geweeft unb ins 93ewußtfein gebracht werben tann. 5>enn es !ann aucf> wie ©puppen Pon ben Slugen fallen, wenn man jupor ntcf)t fai>. Sebe Gctenntnis bes Süßeren, bie mir möglich wirb, jebes £anbeln, bas ich pollbringe — bafür bin id) ber eine, beftimmenbe "pol. Unb fobalb eine (£rtenntnisbejiehung auftritt, ift ber Sriennenbe unb bas ©rtannte innere (Einheit unb 2Birtlid)feit. ©o hängt es bapon ab, w a s id) bin, wenn mir bie SDelt erfcheint unb id) in ihr i>anble. ©iefes grunbfäpche 97ttteinanber im ©egenüber unb im ©egeneinanber bes §>afeins — bas ift ber tiefe Ginn bes lateinifdjen SBortes für ®rtennen, bas ein gemeinfchaftliches ^erporbringen ober ©ebären bebeutet, u>ie ja im Sufammenerjeugen jweier SBefen aud) bas Sieben ber lebenbigen ^Polarität in allerftärtftem 9Haße fteilbar wirb, u>ie aber aud) jugleid) in biefem 3ufammentommen bas unausgefprodjene 93ejeugen bes ©laubens an bie beiberfeitige gleiche 2Birtlid)feit liegt. «So gibt es aud) leine 9teutralität bes (Srtennens, wie man fid) bas wohl in ©ebantengefpinften über eine oermeintlid) objeltioe 2öiffenfd)aft, bie es geben tonnte, jured)tlegt. gebe folcf>e, Pom unbewußten Snnerften bes SHenfdjen losgelöfte (Srtenntnis, n>enn fie überhaupt einmal einen Slugenblid hefteten tonnte, müßte fid) fofort felbft wieber aufgeben, toeü mit ihr überhaupt tein Gern unb 2Befen mehr bemertt mürbe unb nichts ins 93ewußtfein täme. Unb fo ift jeber nur bentbare, felbft ber nieberfte ©rab einer Srfenntnis immer eine pon innen l>er bebingte, unb alfo eine lebenbige 93egegnung. 93egegnung aber Reifet: (Entfdjeibung, ob man St)re erweifen, 9?ecf)enfchaft geben ober porübergeljen will. llnb beshalb entfeheibet fid) immerfort, felbft im äußerlichen Sültag, aus unferem 253efen, ob wir Verantwortung ^aben ober fie abweifen. 3 n allem, auch bem gleichgültigen Vorgang, ruft uns irgenbwie bas ©u ©ottes an. ie praftifcfjc Teilung ber ©emeinfcfjaftslebens, unfeter ganjen Kultur in ber bewußten, entfdjlußfräftigen ©urdjbringung mit ber Verantwortung por bem ewigen S>u. 5>enn ed)te g=römmigleit bewährt ficf> nur in ber ©emeinfe^aft. 2Benn t>08 9tctcf> ©ottes tein leeres 2öort fein foll, fo muß es 6erOTenfd)mitbouen in einer ©emeinfefcaft. §>as 2Befenstennjeict>en einer ©emeinf4>aft, bie o^ne biefes lebenbige Spmbol gar nicf)t leben iann, ift bas (Eigentum, bas gemeinfame fowo^l, wie bas perfönlidje. (Es ift (Eigentum an äußerem ©ut unb Eigentum an geiftigem ©ut. 93eibes foll in gegenfeitiger Srgänjung unb Schaltung fte^en, wenn eine ©ememfdjaft gefunb ift. §>as eine allein unb bas anbere allein iann leine 9Henfengemeinf4>aft ertragen; es fe^lt bie innere Polarität; es wäre ein auseinanbergefölagener SHagnet 5>as ©orf im £al ift wefensmäßig nic^t eine fonglomeratyafte Slnfammlung pon Vielen, unb ein einigermaßen gefunbes 33ol( ift es auet) nicfjt; fonbern bas ift ein fiebensganjes, eine innere lebenbige ©emeinfefjaft, oerbunben unb lebenb in intern 23efi$. 3m ©runb ruf)t aller 23efifc auf bem bearbeiten bes „23obens"; was barüber (jinausge^t unb gewonnen wirb, ift Überfluß ju einer „po^eten" Kultur. 3Hag ber ©oben gemeinfam fein ober nid>t — er muß fo bebaut werben, baß aud) ber (Einzelne bei aller 93inbung an bie ©emeinfdjaft ju feiner fittlid) freien Sperfönlic^teit gelangt unb Suft unb £id>t für fie erhält. (Es liegt fo ein tiefer ^eiliger 6inn im Eigentum urfprünglicfcer 2lrt. 6old>es haben wir nidjt nur am äußeren 23efi$, fonbern aud? am 3ufammenleben mit SHenfc^en, in ber Emilie, unb aud) in unferer (Erkenntnis. (Es trägt in fid) Verantwortung in einem unmittelbaren «Sinn. (Es ift bas pon ©ott anheimgegebene ^3funb, bas wir weber tatenlos pergraben, noct> eigenfüd;tig perwenben follen unb bas, irgenbwann einmal, pon uns „jurüefgeforbert" werben wirb, Vefiij unb (Eigentum aber t)at nur ©inn für uns, infofern wir ©lieb ber ©emeinf$aft finb. Söenn wir uns abfcfjnüren, ift es toter, geraffter 157

23efi£. Uni> folches (Eigentum trieb ©iebftahl fotoohl a n ber ©efamtheit, tote in ber Qbee ©ott gegenüber. Unfer Eigentum liegt i)eute fojufagen in einem gottlos getporbenen entheiligten g m Kosmos als Schöpfung ©ottes, !ann nichts pertaufcht tperben; alles t>at pon innen her feinen if)m jugetpiefenen ^piaij. ©as Slbbilb bapon ift bie georbnete, bie pon innen ^er geheiligte, gerichtete menfef)lidje ©emeinfehaft. 3Han fann n>ohl Pieles unb alles mit einanber pertaufdjen; aber tpenn es nicht pon innen h c t gef l i e h t , ift es einrichten pon ©urcf>einanber. ©as gilt pon Sachen, gbeen, Sehten, ^ e r f o n e n . Gine 2Belt, in ber innere S i n b u n g unb innerliche Orbnung fehlt, ift gottlos. © a tperben bie ©inge, bie Sehren, bie SHenfdjen „pertaufcht". 9Bas aber nicht an feinem fteht unb bort pertpenbet ift, IPO es feiner inneren Statur nach hingehört, ift ©erümpel unb ©chmutj; unb eine ©emeinfehaft, bie fo entartet ift, ift nichtmehr ein 23oli, fonbern „9Raffe". ©a finb bie ^Jerfonen tpahllos pertaufd>t unb es ift fein innerer „93eruf" für ben Ginjelnen mehr ba, tpeil innere 9üchtungslofigfeit herrfcht. ©s ift bejeichnenb, bafc bie SJertoirrung mit bem „Eigentum" eben jenen Seiten eigen ift, bie pon ber inneren lebenbigen Schiebung j u m ^eiligen abgerüdt finb, bei benen biefes erftorben ift. ©ie unheilige Mnorbnung fpiegelt fich barum in ber Sebensipeife folcher jerfallenen ©emeinfehaften. ©a fehen tpir por allem ein ©erfchtpenben pon SHaterie unb 2lrbeit, ben jroei ©runbelementen unferer natürlichen unb feelifch gegrünbeten Syiftenj. 2Die finnlos toirb heute über bas natürliche unb fulturell georbnete 23ebürfnis 2Bare gefchaffen, 2ttarft gemacht. 2öie finnlos toerben bie Schätje ber 9tatur peraft: bas § o l j , bie Kohle, bas ö l , bie SHetalle. ©innlos tpirb Sicht gebrannt, fchnell unb fchneller gefahren, Rapier in S t r ö m e n perbrudt. Stiles bas ift richtungslofer, unheiliger Kaubbau an ber Statur, an ihren Kräften unb — am 9Jlenfchen felbft. ©enn wir ftehen ja nicht barüber, fonbern finb felbft hineinoertaufcht, finb pon unferem, im georbneten Kosmos u n s jufommenben spiatj perrüeft. 8 u olle bem toirb ja ber Sflenfch in fich felbft ober

158

pom anberenOTenfchenangetrieben, aus jinnlofer Steigerung i>er ©ebürfniffe. ¡Darum muffen bie 9Jlenfchen ju 9Haffen, ftatt 5u iperfönlidjieiten werben, benn biefe Lebenshaltung unb biefer Lebenswille entfprid)t ja ben entfeelten 93ielen, bie tote finb, unb folche 2öirtfchaftsführung unb «gefinnung ift aud> nur mit entperfönlichten 98enfchen, alfo mit „98affe" möglich. 2öir lernten nirgenbs mehr ein ^eiliges „(Eigentum", nirgenbs mehr bas erlöfenbe, fonbern nur noch bas raffenbe Verhältnis ju ben ©ingen unb 3U ber 2lrbeit unb ju ben 9ftenfd;en. 9lun haben wir t>or ©ott ein Eigentum »erfcfjiebener 2lrt. gunäd)ft ein foldjes am äufjeren gegenftdnblichen 23efitj, ber uns unb ber Entfaltung unferes reinen 9Renfd>entums bienen foll. ©arum gibt es @injelbefi|, ^amiltcnbcfi|i unb ©emeinfchaftsbefi^. ©as eine ift ohne jebes anbete gar nichts, !ann an fid; allein gar nid>t befielen. 9Ran benfe es nur wirtlich lebenbig burd). 2lber nun wirb ein innerliches ^eiliges Verhältnis ju unferem 93efi$ nicht nur itm uns bienen laffen, fonbern wir werben aud> ihm bienen. S s ift lein oerwerflicher 93iaterialismus ber ©efinnung, wenn wir unfer Eigentum hegen unb pflegen unb fimwoll beffern ober mehren, infofern alles unter bem 6trahl oon oben fteht. ©ann wirb aud) bas Slaubtierhafte, bas uns heute oerwerflicherweife mit bem 93efifcbegriff in jeber gorm »erlnüpft erfcfjeint, gar nicht finben; benn eine ftörenbe 23ebrängnis bes Slnberen wirb ja burch bie innere fiebenbigleit ber ganjen menfehlichen unb 93efitjbejiehung ebenfo ausgeglichen, wie ficf> in einem Organismus bie Sialjrungsaufnahme burch ben Silagen auf bas S e bexen bes ©anjen erftreett. ©emein materialiftifch ift ber 93efit( unb bas Streben nach feiner Vermehrung nur bort, too er aus bem „priefterlichen" in ben „proletarifch-iapitaliftifchen" 3uftanb übergeführt wirb. ©as gilt aber auch oon bem wiffenfchaftlichen Sefitj unb allem Gonftigen. ©ann finb wir eben beherrfcht oon ber 93efitjgier. JJeber geheiligte Vefitjgeift nun bient bem 98enfchen, wenn biefer ihm wahrhaft bient. ©enn wenn bie SSBelt uns 159

ein SBunber au» ©ott ift, bann ift fic aud) mtt ©ottes innerem Sieben erfüllt; bann i)at fic für uns «Seele unb ju ollem fielen tpir in Verantwortung, bie letzthin auf bas §>u ©ottes weift, ©ann tommt jenes wunberbare ©efüljl unb jene Haltung j u bem 93efi$ auf, wie in ben Segenben bes 93aalfd>en, jenes oftjübifdjen frommen SÖeifen bes „wunberfamen ©ottesnamens" aus bem 18. 3al)ri>unbert. ©ort Reifet e s : Qn 2Ba|)rheit tann jeber nur in feinem 23ereid>e Wirten unb jeber hat eine in 9laum unb Seit ausgespannte (Sphäre, bie ihm 5Ugeteilt ift, um burd> tf>n erlöft ju werben. Sticht bas S u n als foldjes, fonbern bie „SBeihung feines ^anbelns" ift ba entfcheibenb. „(Eben bies, was bu im ©leid>mafe ber SBiebertehr ober in ber ftügung ber Sreigniffe tuft, eben biefe . . . 2lntwort bes §anbelnben auf bas vielfältige S e g e l t e n ber ©tunben, eben biefe 6tetigteit bes lebenbigen Stromes wirb, in ber 2Betye oolljogen, jum Gcrlöfen... Um jeben 9Henfci>en ift, in bie weite Sphäre feines SSÖirtens eingebaut, ein natürlicher 93ejirt oon ©ingen gelegt, bie cor allem ju befreien er beftimmt ift. S s finb bie SBefen unb ©egenftänbe, bie ber 93efi$ bes ©njelnen genannt werben: feine Siere unb feine SDänbe, fein ©arten unb fein Singer, fein ©erat unb feine ßpeife. Snbem er fic in §eiligteit £egt unb geniest, macht er ihre 6eelen los. ©arum foll ber SRenfch fict> immerbar feiner ©eräte unb alles feines 93efitjes erbarmen", benn burd) ifjn „werben bie gefallenen Junten erhoben unb bie gefallenen SDelten erlöft unb erneuert." des liegt ba gerabeju ein ^eiliges Verhältnis jum 9Hateriellen bes 93efiijes oor, unb man tann oerfteijen, bafe es aus biefem 2Beltgefühl heraus — man macht bies gern bem frommen Suben jum Vorwurf feiner ftrömmigieit — als 6trafe ©ottes für getane 6d>ulb gelten tonnte, wenn bem 9Renfas ift es aber nur, roenn tx>ir uns eben 5er inneren t auef) in ihr ©ottes fiebenbigteit fehen, burcf) bie tuir roieberum jum S>u feines 2tngeficf)ts gelangen. Ss gibt i>a jtoei entgegengefetjte ^Jole im aftliche erraffenbe Statur, ber ©ei}, womit bas 3d)-S'u-33erf)ältni6 eben leibet unb bas Eigentum j u einem blofe feelenlofen ©ing erniebrigt toirb. gebet perfönlicbe ©genbefi^, mag man ii?n nun nehmen, toie man roill, labt immer Verantwortung für bie ©emeinfchaft auf. 0 o aud) ber Srfenntnis- unb SBiffensbefitj. ©enn aud) u?iffenfd)aftlid)es ®rlennen ift nur möglich im Sufammenhang mit entfprechenber ©emeinfehaft; fotoohl barin, bafe jenes 2Dal)rl)eitsfucf)e ift unb beshalb bie Srgebniffe ein SBahrheitsunb Srlenntnisgut für bie 9ftenfd)en; roie auch barin, bafc man Srlenntniffe fucht unb oerbreitet in einer aus innerfter Verantwortung tommenben ©efinnung. 28as ba gefünbigt toorben ift gerabe in ben legten 3at)tt)unberten ber rein rationalen, irreligiös gerichteten Slufllärung, liegt ja auf ber §anb. SUle äußere, entfeelenbe Slufllärung unb Vergottung bes Verftanbes hat nur bie oölüge Kic^tungslofigteit bes fid) felbftherrlid) überlaffenen „aufllärenben" ©eiftes offenbart unb innere ©emeinfehaft jerftört, alfo SRaffe gefd)affen. Von ftortfdjritt unb Slufftiegsromantil befeffen, h ^ gerabe bas, tsas baju oermeintUd) fügten follte, jene Sage herbeigeführt, in ber fich bie gefallenen K u l t u r e l l e r nun erfdjredenb befinben, ohne echte Rührung, ohne ©lauben an einen rechten Slusweg;

©acqui, Ccfenntnle.

11

161

eine Anhäufung oon 97lenfd)en, nid)t mit lebenbigem 93efi$ unb auf natürlichem ©oben, fonbern mit ©ehältern, Söhnen, 23etficherungen unb in SBohnungspferchen — O p f e r einet x>etneinenben ©etoalt, bie Stile unter fid) j u jtoingen fud)t unb bie iijr geiftiges, toie materielles 9iüftjeug ja gerabe a u s unferer nur«toiffenfchaftlichen, an fiel) innerlich rid)tungslofen rationalen Sluftlärung bei unferer 2lb!ehr oon inneren binbenben heiligen ©efetjen nimmt unb fich immer mehr unb mehr baran ftärfen fann bis j u r S t u n b e , alles einfaugenb t»ie ein S a m p p r . Setjt fieht m a n erft, toas ber unoeranttoortlich a u f tlärenbe ©eift angerichtet h bas unoeranttoortlich bobenlofe 93erlünben bes 9ftenfd)en als 2lffenfohn unb fo oieles anbere in ber ^P^>ilofopi>le, ber 33ol!sioirtfchaft&lehre, ber ©efdjichte bis in bie theologifche hinc'n' immer noch finb bie in SBiffenfdjafts- unb (Srtenntnisfragen Unmünbigen oollgepfropft mit ben SBeisheiten unb 9?lobetheorien eines u m nichts belümmerten, nach eroiger Slufftadjelung oerfeffenen 2lufilärungsgeiftes. Itnb biejes SEOiffen ift tein gefegneter 23efitj. 3ft es nicht eine felbftmörberifche JJronie, toenn toir burd) bas fortgesetzte 2lustoerten einer angeblichen, burd; leine innere 93inbung mehr in ihrer Freiheit gehemmten „SBiffenfchaft" gerabe in bie Kanäle i m m e r j u Söaffer leiten, burch beren Überfliegen fchliefclich jebe ftbee höherer ftorfchung unb echten inneren 93efit}es überfchtoemmt unb toeggefchtoemmt j u toerben broht? ©iefer ©eift geht aber burch unfer g a n j e s S u n unb brachten. ©er toirtfchaftliche Srtoerb, nicht burch bie 3bee bes ben 97lenfchen j u m 92tenfchen führenben Eigentums geheiligt unb gelentt, macht bie SRenfchen j u Stlaoen ihres einfachften 2lrbeitens. Sticht etu>a blofc bie, toelche „Slrbeit nehmen", fonbern ebenfo bie, welche fie oermeintlich „geben". enn toir bürfen nicht toähnen, bafe alles biefes für bie © n e n ein

162

2öeg j u fortgelegtem äußeren ober innerem Slenb u>äre unb für bic 2lnberen äufeeres ober inneres ©lücf unb ftri^n bebeuten toürbe; es ift auch fein SHafeftab für ben S i n n eines ©chicffals unb ben 2öert eines 98enfchen, toenn ber, ber es trägt, äußerlich triumphiert ober fdjeitert; fo toenig tpie es ein unbebingtes S e i t e n t>on iJrömmigfcit ift, ob mit SBorten unb ©ebärben bas ige gepriefen unb ©ott gelobt a>irb. €5onbern a>ir 2llle ijaben bas «ScfjicEfal einer ©emeinfehaft unb fielen Stile in bemfelben auf gleidje SGBeife. 2Bir bürfen bas Oclenb nid)t nach feinen äußeren 9Herfmalen allein beurteilen unb bürfen nicht meinen, bafc unfere „©lanjjeit" aud> nur um ein § a a r beffer war, ba fie boefc eben auf bem 9Beg ging, ber jetjt ftef? in fo unoerhüllter SBeife nur offenbart: ber äußeren unb inneren „Enteignung". ©er ©njelne iann nicht ohne bie ©emeinfehaft, ju ber er gehört, unb biefe iann nid)t ohne bie ihren rechten ©eift beftimmenben 2Benigen ober 93ielen fein, ©er ©rab ber 23eamfetheit unb Steinzeit bes ©njelnen ift oerfdjieben. §>ie, u?elct)e am unmittelbarften aus 93lut unb § e r j unb ©eift bie innere gefunbe unb fceilfame SDefen^eit ber ©emeinfehaft in fich leben unb barftellen, bas finb bie großen "iperfdnüd)teiten unb, nach aufeen fidjtbar ^eroortretenb ober unfichtbar, bie tt>at)ren Führer. ®s ift bas lebenbige ©egenüber t>on unb 5>u. 5>ie ©emeinfehaft als ©anjes ermöglicht bie organifd> in i^r fte^enbe 'jperfönlidjleit fraft eines unnennbaren inneren Sufammenhanges; biefe ift, a>ie man u>ot)l fagt, it>r (Exponent. 2lber umgelehrt beftimmt aud) bie sperfönlichieit bas Sieben ber ihr innerlich augehörigen ©emeinfehaft, inbem fie aus ihrer 6ittlichteit unb mit ihrem Söollen unb ihrer ©etoufetheit bas nod; ^o«rmlof« formt, aus bem Hnbea>ufjten alles ans Sicht bringt, u>as ber Kraft nach in ber ©emeinfehaft ruht unb jur Entfaltung unb 23etoährung brängt. ©arum tönnen Heroen SJölier lenien. §>as Problem ber Teilung unferes ©emeinfchaftslebens ift alfo eine Srjiehung, bie nicht auf ber 93orftellung „gemeinfamer Qntereffen", fonbern gemeinfamer 11

163

Slufgabe beruht; auf bem ^tcimacfjen jenes innerften fiebensquells, auf bem jebe echte 8ufötnmengct)öcigieit unb ccfjtc ?Perfönlichieit beruht. 3ft bas erftere materiell beftimmte 3d>fudjt, fo ift bas anbete bie Siebe in jenem iraftpoll innerlichen Sinn, u>eld>er 93erantu>ortung unb nur 93eranttPortung oor ©ott, bem Steigen, bem fd)led>ti)m ^eiligen tennt, non innen heraus fo lebt, fo glaubt, fo hanbelt unb alles roagt. © a s allein ift 28enfchempürbe, bas toirflicfjc ^tei^eit in aller wahrhaft tiefen 6d)icffalsperbunbenheit, bie in aller ©emeinfehaft liegt. 5>ie Qcrjiefmng bes Gtnjelnen jur peranttportlichen ^ e r fönlid)ieit burch anbere "ißetfönlichteit ober burd) bie eigene ift tpieberum bie 93etPährung bes ©egenüber pon 3u in ber ©emeinfd;aft. €>o ja>ifd>en 9Hann unb grau, tpjc (gitem unb Kinb, jtpifchen at ber STlcnfd) fittlid)e 33eranttoortung por ©ott. 3 n ©ott ift ja alles 23erbunbenheit. icr gibt es nur ein Verneinen ober ein 93ejahen oor ©ott. ©er Kampf ift ber (Sinn bes Sebens. ©as aber ift ber fchtperfte Kampf, too man nicht nur ben geinb betämpft, fonbern auch bei fich felbft, pielleicht gegen fid> felbft um bie 6 e e l e auch geinbes ringen mufc. 2Bie aber !önnte folcher Kampf anbers ausgefod>ten tperben als auf tiefftem peranttoortungspollem Mrgrunb? 2öenn Shtiftus pon fid; fagt, er fei nid>t in bie SEÖelt gelommen, ^rieben ju bringen, fonbern bas ben 93eleibiger unb ©erfolget fegnet unb ben geinb lieben Reifet, !lar bie ©inbung an ©ott im Kämpfen jutage. 6 0 entfeheibet fich an bem inneren Verhältnis bes 3d> ju ben SHenfcben unb ben ©ingen ber Statur unb bes Sebens, ob toir licht ober abtoenbig im Seben ftehen unb gehen unb fämpfen. 3 " ber Bejahung bes inneren lebenbigen ©u meint

164

ber Seift mittelbar ober unmittelbar immer ©ott; in bem 93ergeffen ober Verleugnen nur fid> felbft. 53on uns 2lllen, oon jebem ötnjelnen, oon bir unb mir, ift ftünblit rietet, unb !ann oielleicfjt aud) trauern ober lädjeln; aber für jeben tommt irgenbtoann ber 2lugenblic!, too er ganj allein entfcfjeibenbe Verantwortung fcat, too bie €5eele bes Slnberen ober bie ber ©emeinim geforbert ift, unb nur oon it)m, unb u>o es ganj allein auf itjn anfommen toirb, ob bas 9teie^t ober nidjt. Unb bann gibt es nur Kampf unb ©ntfcfjeibung unb ©djmerj. SDenn bie ganje 2Belt ben 9Tamen ©ottes oerleugnen roürbe — aus llnfenntnis ober 2lbfid>t — unb bu toürbeft hafteten unb machtlos ©erjagen: in biefem 2lugenblict tuf)te auf bir unb nur auf bir bie ganje 2ttad)t bes Sicktes gegen bie ^inftccnis, bes 93eja£ens gegen bas Verneinen, bie ganje Verantwortung für bie SDelt. S>enn je$t wäre es nur nocf> an bir allein unb läge einjig an beinem S^ugnis, bafe ©ott bocl> niaft, im 93eruf ober fonftoo, gerabc an biefem 'ipunlt ber ®ntf für Sllle oerantwoctlid) ift. ©ie ift — in einem f>ö£eren (Sinn — barum auef) SUlen 165

perantroortlicl), roenn !t?r a u s bem (Seift ber ©emeinfcf>aft ©ott entgegentritt. §>enn ©ott begegnet bem 92tenfd)en u>efentlicj> im 2Henfd;en. unbebingt fo, bajj u>tr nun 9Ztenfcf)en a b äußeren ^ e r f o n e n fcf?lcci?ti)in 9iecf)enfd)aft fcl>ulbig toären; u>of)l aber tynen infofern, als fie u n s STräger bes ^eiligen finb, tpenn fie ©ott bie öf)re laffen. © a n n finb toir ge^oefam bem SRenfdjen u m ber tt>m aue ©ott juftromenben unb butd) tyn lebenbig repräfentierten Qbee, u m bes burd) tyn an u n s gelangenben fcöfceren Auftrages tpillen. §>as ift bie 3bee bes toasten ^rieftertume, bas jeber 9ftenfd) por ©ott für ben Stnberen barftellen tann. 2lber leljtyin bleiben tsir bem inneren 3lngefid)t ©ottes in u n s oetanttoortlict), u n b fo toerben toir ebenfo entfe^eibenb u n s auen ftellen unb tynen ben ©eljorfam oeigern, a>enn es unfer j u tiefft por ©ott fteljenbes ©etpiffen perlangt, ¡5>as ift ber un~ enblicf) fdjmale ©rat bes ©laubens, ben toir ba tpieber j u ge^en ijaben, unb tein SBunber, tpenn gerabe ber peranttoortungsbeum&te 2ftenfd) balb nad) ber einen, balb nad) ber anberen Seite abjugleiten in ©efa^r ift. 9Iur a u s folgen peranttportungsftarien ißetfönlidjteiten !ann eine ©emeinfdjaft geheiligt leben unb felber gut fcanbeln. 93ielleid)t finb es n u r ein paar 9Hänner gleichen Schlages, gleicher innerer B e r u f u n g , gleichen inneren Seranttoortungsgefül)l&, bie alles entfcfjeiben unb j u m S e f t e n tpenben. ©ie mögen a u s gleicher Grjietmng unb Überlieferung tommen ober felbft ber © n t s i r f u n g einer ©emeinfdjaft entflammen, ber biefe innere B e r u f u n g eigen unb befonbers ftar! betpufrt ift, toie etu>a benen foldjes 2öefen als ein Srbgut eingeboren ift. Ober fie tommen a u s unbetannter Siefe. ®s ift immer nrieber irgenb eine fdjicifals^afte 23orausbeftimmung babei. fie ober finb fie jurüdgebrängt, ober ift bie ©emeinfe^aft innerlidj frant, fo baß biefe felbft nic^t ben Sebensraum für bas Sltmen f o l g e t ißerfönlicijieiten bietet, bann ftirbt fie enhoeber felbft ab ober es iommt j u jenen großen tragifc^en ^onfliiten, bie bas S?ennjeicl)en wahren §eroentumes j u allen Seiten finb. © a n n ftefcen fiel) ^3erf5n-

166

lichteit ober §elt> unb ©emeinfehaft „feinblich" gegenüber unb boch iömpft ber §elb eben um i>ie ©eele ber ©emeinfehaft aus tiefiter jenfeitiger 33erbunbenheit unb Siebe. ©as Grfcheinen einer folgen tragifchen ©eftalt tann ja bie perfdjiebenften formen annehmen; bie STragöbien aller 93ölter finb Poll bapon. ift es immer ber Sprophet, ber bamit aufgeftanben ift. 2Benn etwa ber altteftamentlid>e «•Prophet ein fchmuijiger §irt war unb plötjlich aus ihm ber 9iuf ©ottes aufbrach unb er nun in bie ©tabt por ben König ging unb ihm bas Söort unb bie 93otfchaft jurief, unb ber König bas Söort unb bie 93otfchaft perachtete, u>eil fie ein Slrmfeliger por if>n brachte — was ift bas anbers als ber überhebliche Seift, ber nic^t ertennt, tpo bie wahren Quellen bes §>afeins in ber ©emeinfehaft laufen, ©arin liegt immer ber tragifche Kampf. Slber es tann auch einet Mmfehr ber ©eifter fommen. S s lann bas SBort unb bie £at in allen fierjen, im ganjen 33olt, in ber gansen ©emeinfehaft bie perfchütteten Quellabern öffnen, unb bann ftrömt es h^aus. ©er 98enfch ift wieber über alle ©ngigteit bes ©eiftes unb ©emütes por bas naefte SBort ©ottes geftellt, unb fie folgen bem fführer, ber nichts in ber £anb hat als bie Jahne bes ©laubens. 3n jeber noch fo ^erbrochenen unb gefallenen ©emeinfehaft, tpenn fie eine innere 93inbung irgenbtpo noch ha*> bleibt bas SBort ©ottes im Kern beftehen, unb tpenn tpieber wahrhafte gelben, wahrhafte Propheten ober priefterliche ©eftalten tommen, fo werben fie unter bem Schutt unb ©taub unb ©erümpel, bas bie Kleinlichteit bes SJtenfchen unb bie Serftörung ber 8*it angehäuft hat, wieber bie ©chätje heroorjiehen, bie oielleicht für immer perloren fchienen. S>ann ift ber Slugenblicf ba, wo eine folche ©emeinfehaft erwacht; wo man fich allerorten erinnert, bafe wir Sllle „basfelbe ®pangelium lefen". 3iad) folgern (Erwachen tann ein 93olt, eine ©emeinfehaft bann auch im hohen 6 i n n wieber Sraieher ber SJölter werben. ftür uns, in biefer faft bis ins letzte perirrten 8«it, tpirb es auch leinen anberen 2Seg aus bem SDirrfal geben. Slber 167

ba tpit ben ftü^ret nocf) nict>t (>aben ober ben ^ropljeten, fo feiert tpir ben 2Beg nocf) nid)t. ©s ift eine tpafcnfinnige, eine apotalppttfdje 3«it> in ber toic finb. 2Bir fe^en bie Leiter mit ben ©enfen burd> bie Süfte jte^en. 23tc finb befeffen oom ©eift ber gottlos geworbenen ©rlenntnis unb bod) nal>e an ber 93erjtpeiflung über ben ©lauben an ^ortfcfjritt, 2lufftieg unb ©elbfterlöfung. ftn uns allen lebt etroas oom Sintid;rift, toic ja ftets im 9Henfd)en, am meiften in einer ©lanjjeit, aber oielleidjt nie fo losgelaffen unb enthüllt, fo toeltunb geifterbel)ecrid)enb, toie je^t. Slber es ift gut fo, bafe er fid) enthüllt, benn roir toiffen nun genau, tr>o ber ^etnb ftejjt. ©anad) mag fid) unfer Seben richten, in jebem einzelnen, t»ie in jeber engeren ober toeiteren ©emeinfdjaft. S s gibt nur einen 2öeg ber ttbertsinbung — unb es ift tein leeres ^Jrebigen, fonbern bas SEÖiffen um ben oerfetjütteten Quell, tr>enn roir aufrufen jum 2öeg über ben ©rat unb jum 23licf auf ben ©ipfel mit bem J?reuj. 5>em ©injelnen, toie ben ©emeinfefjaften mufc ber ©eift ber 93eranta>ortung iommen por bem großen §>u. Qebem fällt biefe 33eranttoortung ju, er fte^e, too er mag. Unb toenn täglid) unb ftünblicf) aud) ben 93eften unter uns ber 93erfud>er anfällt unb er ftürjt: immer tpieber ftejje er auf unb trage bort, too er ftel)t, bie ooran; roie ein ßrieger, aud) toenn er j u £ob perounbet ift unb am 95oben liegt, immer nod) bie ^ö^ne mit Aufbietung ber legten Kraft emporhebt, bamit fie bie 93orbeiftürmenben nod; fefcen, bis ein Slnberer fie aufnimmt unb toeiterftürmt. 2Ule ©rjieljung j u einer lebenbigen, peranta>ortlid)en unb bafcer geheiligten ©emeinfc(>aft ru()t auf bem Slnruf Pom 3d) jum ©u, bas innerfte ©egenteil ber Sinftellung auf 5ü|>rung einer „98affe" ober ber llnterorbnung unter fie. 9Baffe finb tpir 2llle, tpenn unb tpo uns jenes fel)lt, jeber Sinjelne. Unb es foll fiel) nur tein ©eiftiger überleben, bafe bie 98affe nur bie 8af)l ber Slnberen fei; fo wenig, tpie es jtpeierlei „Slrbeitertum" gibt, geiftiges ober l)anblid)es; ber llnterfcl)ieb liegt nur barin, ob bie Slrbeit unb bas S u n geheiligt ober unget>eiligt ift. 6 0 ift aueit, bie 168

für fich felbft ober für ihre 23eherrfcher blofe bulofe 93erbinglidning bes 3Kcnfcf)cn ift. 2öo ober wahrhaftes gührertum ift, ba ift auch wahrhaftes peranhportliches ©egenüber pon unb §>u. ®s ift Pom iJü^ccc nici)t bie 8u pon 9!tenfch ju 2Henfd;, Pon 93oll ju 93olf, pon führet j u ben ©eführten fein. ©er 5 ü h r c r tpirb aber nur mit biefer SBiebergeburt erf«feinen; er unb bie SSiebergeburt finb fojufagen eins. ©r toirb es aber nur fein tonnen, tpenn bie Seelen betpufct unb unbetpufet nad> biefer 2luferftef)ung f r e i e n , unb ber Suftanb bes ©rlöfenben toirb auch ber Suftanb ber ©rtpartenben fein, ©as eine ift nur burcf> bas anbere möglich, es ift lebenbige '•Polarität, es ift 2?uf unb Slnttport Pom 3cf> jum ©u.

9iur fo liegt auci) im fittlicfcen S ^ a n g fittliche ^rei^eit. 3 m m e r ift fittliche eitte im legten tiefften S i n n perantrportlicf)e liebenbe S i n b u n g unb Eingabe bes ©inen an bie 93ielen, ber 93ielen an ben ©inen. © a s aber erforbert pon innen f>er, Pom Steigen £er aufgerufene iperfönlichteit, unb fei es bie letzte unb unbebeutenbfte in ber ©emeinfefjaft. Rührung felbft ift nicht hochmütiges ©rheben über bie 33ielen, ipeil ettpa im 5üf>ren5en allein bas §eil tpäre — auch ber F ü h r e r u n b 'iprophet mafct fich nicht an, felber heilig j u fein; er tritt por fich felber jurücf, too ihn bas SSort erfüllt unb a u s ihm tpirtt. ©enn eben barin befteht ja bie letzte ^eilsertenntnis, bafj auch bie fraftpollfte iperfönlidjfeit bort, too fie tpirflich a u s innerfter 33erbunbenheit h^nbelt unb lebt, n u r gebrechliches u n b ftets gebrochenes SKenfchentum ift, toenn auch in einem f o l g e n Slugenblicl fie permittelnbes ©efäfc bes SBortes, Präger bes heiligen Auftrages, bes „ S a f r a m e n t e s " ift. © a s aber fann fie fein, felbft im fchlechteften äußeren ©eroanb,

169

unb bas 28ort fann j u u n s bringen felbft pon einem 53ettler uni> Krüppel, d a r a u s allein, bafe bas ©efafe S r ä g e r bes Söortes ift u n b im 2lngefid>t bes großen © u ©ottes ftctjt, rechtfertigt fich echtes ^elbentum, ^rieftertum. Slber lefcthin unb erftlich: alles ift ©nabe. Keiner fcat ein 9tecf>t a u s eigener 33olltommenheit. Söenn er berufen ift unb ©ehorfam forbert, fo n u r traft beffen, bafe er ben inneren 9Uif petnommen t>at, pon innen |>er berufen ift. ©er 9Uif ift ©nabe unb bas 6 d ; a u e n unb 2öiffen ift ©nabe unb bie Kraft bes ^ a n b e l n s ift ©nabe. „Slber erft tpenn wir t u n , tperben wir pernehmen." ©emut j u üben in aller S t a r t e u n b allem 2lnfpruch auf ©ehorfam unb ©efolgfcl>aft ber 2lnberen, ift immer unfere ©ad>e unb unfere Slntwort auf ben SRuf bes §>u. 2lucf> tpenn wir ein großes ^Pfunb betommen h^ben u n b träftig bamit wirten unb h o b e l n , fo ift es boch immer bas (Eigentum bes ©ebieters, ber es u n s übergeben hat unb es j u rüdf orbern wirb. Stiles ift unaufhörlich in 5 r a S e > f a ß tpir haben ift ©nabe, unb wir haben j u fchaffen „mit f u r c h t unb Sittern" bei aller ©erpifeheit. S>as ift 97lenfchenlos, aber bie wahre ©emut ift auch tpahre 3Renfd)engrpfee. Gs ift ein Zlnjeitliches, unter bem ber 2Henfch h ^ r fteht. ©ein biesfeitig seitliches 23emühen u m bas Srtennen unb bas, tpas er erblidt, ift für ihn ein aus bem ftnnerften unb überjeitlich beftimmtes gütig ernftes Sdjidfal, bas ihm i>ict im wachen 3eitbafein aufliefet a u s bem jenfeitigen ß t a n b o r t unb ©oben, in bem feine Seele w u r j e l h a f t perantert ift. 2Bas alfo hier jeitlich ihm wirb, ift, unjeitlid) gefehen, 93orausbeftimmung. ©iefe Grtenntnis aber — ift fie nicht ein unperföhnlicher ©egenfatj j u bem ©eift, ber u n s heute fo ftar! beherrfebt, ben Ginaelnen, wie bie ©emeinfd>aften: bafj tpir „machen", ftatt pon innen her berufen j u fein ober bas b e r u f e n e werben j u laffen? SBäre u n s immer jene letjte 93ertnüpfung alles ©efchehens unb B a n t e l n s !lar, bann würbe auch bas perftanbesmäfeige Srtennen in unferer ©afeinsgemeinfehaft ben rechten Spia^ betommen. ©s tönnte nicht jerftörenb über feine ©renjen

170

bringen uni> rid)tungslo8 n u n alles u m f p ü l c n , ja überfluten. 5>enn in einer a u s bem inneren Heiligtum ^er „gerichteten" Söelt toäre es felber nichtmehr richtungsloe. S o tpäre auch ber 53erftanb erleuchtet pon bem Sicht pon oben u n b toürbe nid)tmet)r p e r a n h o o r t u n g s l o s fief? felber folgen tönnen. C£c toäre L i e n e r u n b hätte feinen ipiatj a b SBerfjeug ber äußeren O r b n u n g , ber äußeren $>inge. ie natürliche SBelt u n b ber natürliche 23erftanb feien pon innen h«c gebunben a n b a s geoffenbarte 23ort bes Schöpfers — a n bie 93eranta>ortung por ©ottee Slngeficht. Stile natürliche Söelt ift gefallene 2Belt, ift gebrochene igteit, §>iefe gefallene SBelt mufe lebenbige innere © i n b u n g h a ^ n » aber nicht eine pon ihr felbft j u beftimmenbe „Freiheit". S i e m u g ftets Dichtung befommen, fie unterliegt bem ©e-richt. S>Ü5 ß r e u j fteht hoch auf bem 23erg, j u bem toir pon u n t e n hinauffehen.

171

nfer Sültog ift beftimmt uni> erfüllt Pom Sagetper! unb bem ©emeinfdjaftsleben. ©eibes mufe u n s aus innerem 23eruf juiommen. 3ft es fo nid>t, fo entfielt ftatt bes 23er!es ein Waffen unb ftatt ber 23ejie(wng ju bem 9iäcf>ftcn ein Stampf 2üler gegen 2llle; im leichteren ftall SUlotria unb ©gennulj. 2Bo bie innere S t i f t u n g auf bas lefcte 33eranttPortlicfce befte^t, n>o lebenbiger ©laube lebt, arirö jegliches SBert, bas ber 2nenfc£ fcf>afft, ju einem 2Dert ber Siebe, u>omit er ber ©emeinfcf>aft bient, unb ift innere B e rufung por ©ottes 2lngefid>t. §>enn bie Siebe ju ©ott iann fict> nur bewähren unb oern>irHid>en im Seben mit ben SHenfcfjen, fei es in R i e b e n , es in 9tot unb Stampf. „93era>irtlidmng — bas ift bas ©e^eimnis jroifdjen ©ott unb 2Henf pon allem blofe nu£mäfeigen, innerlid) ricfjtungslofen unb in biefem S i n n fälligen STun, roie au »on bem bumpf gruppenmäfoigen unb unmittelbar naturl)aften eben barin, bafe es einer aus ber Siefe tyres aufgefortung ftefjenben "iperfönlidtfeit entfpringt mit tyrer Pollen geiftigen unb fittlidjen ^rci|>cit. ©er ©runbjug biefes Sebens unb 2Sir!ens ift: frei fein oon 9flenf$enfurd>t unb 9ftenfd)enfatjung, aber SBiffen unb tätige 2lner!ennung bes höheren ©ebotes, bas in jeber ftarfen eckten ©emeinfdjaft — unb fei es nur bie jtpifd)en jtpei 9ftenfcf>en — liegt. ®s gibt ein tpunberpolles jübifc^es 2Bort: 93o jtpei auf derben eins tPürben, lönnten fie alles pon ©ott erlangen. «So tpirb bas ©emeinfame Slnbetung im ©eift unb in ber 2Bir!li4>feit. Slber es befd>rän!t ftcf> nidjt auf bas S e i n mit ben 9Jtenfen lieben foll." §ier mufc man, u m es j u perftehen, bas 933ort SRenfdj^eit auf feinen eigentlichen (Sinn jurücfbtingen. § e u t e meinen mit bamit immer nur bie jiffemmäftig ben Spianeten betoohnenben pielen 98enfchen, gctr>öi)rtlid) toenn fie nacf> einer beftimmten etlichen ober fojialen 2f)eorte jufammengefafet ober einem glüdlicheren 3eitalter entgegengeführt toerben foUen. 98an fpricht bann auci) tpohl „im 91amen ber 9Renfd)fceit". Waffen toir hier, toie in unferem ganjen ©enten, fotoeit toir es cermögen, alles beifeite, toas äußere f>erbenl)afte 93iel(>eit meint, fo fehen a>ir „bie 9ttenfd)t)eit" in bem 98enfchen, ber toir felber finb unb bem im 2htberen nun fein wahres © u — beibe als gegenfeitige Erfüllung ber jittlidjen Slufgabe „an ber 9Henf4>heit" — gegenübertritt, ©enn n u r hier in biefer, aus bem Unperbinblich-SlUgemeinen in bas Urbilblich-fiebenbige eingetretenen ©ejiehung bes (Sinjetnen j u m 2lnberen ift toahre SJeranttPortung. @s fei nicht bahin mifcoerftanben, als ob toir einen ber weiteren 92lenfchengemeinfdj>aft fich entjiehenben 3nbimbualismus prebigten; fonbern hier geht es u m bie grofee SJerbunbenheit mit bem „3lächften" als innerer Begegnung mit bem ©u ber „9Kenfchh«it". 9nenfchfein tjeifet: einen 3iäd?ften haben, nicht §erbe fein. Unb ihm, nicht ben irgenbtoelchen Zufällig 93ielen, gelte beine nicht richtungslofe unb utopifch überfteigerte Siebe. 2Ber ift n u n ber 9Wd)fte unb ift es n u r (Seiner, ober tpieptele finb e s ? ©as angelium gibt eine ©rjählung com barmherzigen Samariter, ber ben auf ber (Strafte liegenben, oon Räubern gefchlagenen 28ann aufhebt, ben anbete hatten liegen laffen, 173

tpeil et nicf)t j u ifjrer (Sippe unb it)rem S t a m m gehörte, der perbinbet feine „Söunben", labt i^n auf feinen „Sfel" unb bringt tyn j u r näcf)ften 6tat>t, tpo et tyn in ^Pflege gibt unt> nod; a u s feinem SJeutel bie ©enefungstoften b e j a h t . © a s mar, nid)t utopifd) unb fdjtpärmerifd), tool)l aber in tpirMidjer Siebe fein 9läd)fter, unb in tym £at et bem © u ber 9Zlenid)£eit Sinttoort gegeben. 6 r ijat im näcf)ften 9ftenfd)en bie 97lenfd)J>eit geliebt, aber er £at nidjt bie „9Zlenfd)en" geliebt. 6 e i n Sieben (jatte 9iid;tung unb ^cftlgfctt unb — unrtüc^es E r gebnis; benn es toar oirtenbes, peranhr>ortlid>es, fcfcidfali>aft einbeutiges „SUert". Gr £at, pon innen f)er leinen Zlnterfd)ieb mei>r gemacht j o i f d j e n bem © u bes Slnberen unb bem 3d) in fi abgrenjenber unb felbft n u r für fid) befitjenber 3nbioii>uaIift gegenüber, fonbern als toarme ftarte sperfönlidjleit, in tpeldjer bie €5eele bes 2lnberen bas © u bes 9iäd>ften unb juletjt bie burdjrufenbe Siebe ertonnt l>aben mag, unb fo ertonnte unb liebte jeber pon beiben ben 9iäd;ften als fid) felbft. § i e r Ijatte bie „SHenfcl)f?cit" it)re Erfüllung, in einem 3cf> unb © u . 33on bem inneren unb äußeren Slugenblid ab, ba bas „2öert" pollenbet toar, tpat aud) bie Slufgabe an biefem 9Wd)ften pollbradjt. ©er ©amariter roirb tt>ot)l aud) nod) anbete 9täcf)fte gehabt fcaben, benen er lebte; benn es liegt in ber Statur eines folgen ©lenk e n , bafj er nidjt n u r fold)e — Pon aufcen befe(>en — SufaHß" näcfjfte l)at, fonbern bafj fein Seben aud) bauernbe ©ebunbenfjeiten iennt. SEDieberum nidjt utopifcf>e, fonbern unmittelbar buf)aft lebenbige, alfo 5 c c u n b e , S?inber, Söeib, £ausgenoffen, mit benen unb für bie fein § e r j unb 93erftanb immerfort forgte, unb u m beten Sebensunter^alt unb ©ebetyen tPillen er pielleid)t gerabe auf ber SBanberung tpar, bie if)n ben 9lä ausgebeutet unb man unterftütje legten (Enbes bie fiumperei unt> finbe unter f)unberten melleidjt einen 2öürbigen. 6 0 fei es bo finnooller unb jtDecfmäfeiger unb gerabe im 6 i n n u>a£rer 9täIfat?rt6pflege, $ranfenf)äuier, Skrfidjerungen — 5U beftellen unb mit Hilfsmitteln ju unterftü^en, toas m a n bod) felber nie unb nimmer bei aller ^erjensipärme, SZlenfdjenliebe unb 97titgefü^l leiften iönne. ®s foll nun gar nic^t in ftrage geftellt »erben, bafc für bie Dielen 9Henf4>en, j u benen bu unb id) unb wir Sllle als •jperfonen unb €5taatseint»o$>ner gehören, infofern teir ijeute SJtaffe unb nid>tmel)r natürlicher 93olts- unb ©emeinfdjaftstörper finb, biefe (Einrichtungen ebenfolenbigteiten finb, tPie ber ©rofcbetrieb ber ^ b r i i e n ober ber 93erief?rsmittel, unb bafe tsir g a n j abfegen toollen t>on i^ren in allen menfd;licf>en ©ingen liegenben I r r t ü m e r n , Übertreibungen, 9Hifobräud?en. Slber für ben l)ier oon u n s gemeinten S c honten |>anbelt es fid> nid>t u m bie 93ielen, nidjt u m uns als 9Haffe, nid)t u m bie 921iUionen Sirmet unb 23ettler unb oerfd>ulbet ober unoerfdjulbet 00m ©lüci SJernachläffigter, bie ja bod) niemals an uns fommen; fonbern eben u m bie wenigen SHenfchen, »ielleicf>t nur bie (äcinjelnen, bie u n s fc^icifalshaft oon innen her beftimmt finb, als unfere 9lächften tpirMIci> begegnen unb bie, ein Sebürftiger, ein ©ertounbeter, ein fccllfd? ©efchlagener, gerabe unb nur oor bie £ ü r unferes § e r j e n s treten ober oon u n s ba gefunben toerben. 97torgen tann id> es bei bir fein ober bu bei mir, unb ber 2lnbere bei einem Slnberen. llnb ba oertoifcht fid> ber 3 r r t u m bes obigen ®intoanbes. genes ©u bes „23ettlers" ettoa, bas bid) fucht unb n u r u m Siufeeres bittet, tommt, inbem es nur an Sufjeres bentt, gar nid>t toefentlid) beshalb j u bir unb braucht unb ttnll bas gar nicht im legten oon bir, worum es i>icf> materiell unb im äußeren Setoufetfein bittet, fonbern es ift ein inneres Sdjidfal ba. ®s get)t meiftens, oieUeid)t immer, aud) in ber äußeren

175

23ebürftigteit um g a n j anbete ©inge als u m (Sffen uni> Kleidung ober Scfmaps — nämlicf) u m bas fuiffen ober nicht. 93ielleicf>t ift ber äufcerlid) 33ebürftige nur ber, ber am e l f t e n bittet, llnb fo gefei)en begegnet bir ber 9täcf)fte fc^icffale^aft, nidjt ijbeliebig unb jufällig. ©a tann felbft ein perfagenber 93licf me^r fein als alle 9teid;tümer, bie bu fpenben fönnteft, ober iann mei)t 3erftören als j u n g e r unb Kälte, ©ie ©inge finb pom STiefften, com Senfeitigen f)et beftimmt, unb bas b e gegnen ber 9Renft gefeljen, bod) aud) bann nur echtes S u n , o e n n aucf> barin bas ©u bes 9täd)ften, bes ®mpfangenben, S i n n bes ©ebens unb Reifens ift. © a s aber liegt in ber 3bee ftets tpieber bei bir, in ber praltifcljen Slusfüfcrung bei benen, benen biefes 2lmt j u SPflidjt unb ©etoiffen übertragen ift. Slber toäre es benn nod; 2Bafcrl>aftigleit unb 92lenf an feiner S ü r e fein § e r j j u perfperren, toenn (Siner tommt, ober um nid)t feine £ ü f e 3U perftoenben an Xlntpürbige? O b u S o r ! 2öer ift tpücbig ? ©u e t o a ober id>? Unoürbiger fann fein § e r j fein als jenes, bas bort, a>o es u m bas ©u bes 3Iä4>ften get)t, ben ^ a r i f ä e r mitbringt, ber fo fcl>limm in u n s 2lllen fteett. SBeifet bu es benn, ob £ier nid)t ber 931iegung alles ma4>t unb ben ZlntPürbigen in einen 2öürbigen pertpanbelt, jefct ober fpäter? 6ief)' 5U, bafc bu nid)t ber ^ a r i f ä e r bleibft, a>ät)tenb er als Söllner unb (Sünber fdjon mit bem §eilanb fpeift. llnb pertoeigerft bu il>m aud) bein ©elb — bu magft getoifc bamit oft red)t £aben — fo fragt unbeam&t feine Seele, bie bein ©efcfjtpifter ift, in biefem 2lugenblicf nan pon 93ebeutung fein. 3 n

176

liefern 2lugenblicf liegt auf bic bie ganje SJerantoortung. Xlnb ba fict)' abermals ju, bafc nicf>t bu bec Unnmtbige bift. ©d;toeigen u>ir alfo beibe unb fud)en t»it bas § e r j unferes Slächften, u>o unb u>ie er uns begegnet. 3ft er bann untoürbig, fo leg' es 3U allem übrigen, toomit i>id> bas Sieben enttäufcht. 2lber tnarten tpir auch unfere Stunbe ab; benn auch bie 3eit ift ©chictfal unb mufe erfüllt fein, tpenn man Wirten foll. §>enn es ift fd?on toieber eine innere 9lichtungslofigteit bes ©entens unb Bühlens, ju glauben, es gehöre uns überhaupt e t o a s anberes als ber Slugenblid 2öir fprecfjen |>ier mit Slbficfct pon ben g a n j perfönlichen alltäglichen ©ejie^ungen jtoifchen OTenfd) unb 9Benfch, tpeil eben barin bas liegt, toas g a n j ber innerften eigenften 93erantoortung unb ©efühlsbeftimmung unterliegt. S t o a s anberes mögen ja alle bie pielen ©ejiehungen fein, in bie tmr piel unperfönlicher i>ineingeftellt finb unb bie mit ber öffentlichen Seite bes ©erufs unb unferes ©taatsbürgertums ober ben ^yamilicnbiribungcn jufammenhängen. S s ift bas gemeint, a>as fojufagen in unferem § a u s , oor ber Sure unferes ^ e r j e n s por ficf? geht. Unb nur biefes tann ja juletjt entfcheiben; alles anbere ift wupahrhaftig. 3 m SHenfchenleben ift es ja nicht fo, als ob bas £id>t unb ber ©chatten, bas f r o m m e unb Unfromme, bas ©ute unb 23öfe gefdjieben tpäre unb ber Sine ju biefem, ber Slnbere ju jenem gehörte; fonbern alles bas treust fid) unb perfchlingt fid) in jebem 2Henf4>en, unb tpir 2Ule machen uns immerju aller ©ünben unb alles Unrechts fchulbig, ob roir es tpiffen ober nicht. Unb berfelbe, ber heute Säten ber Siebe tut, tann morgen fcfjon roieber fein $ e r j »erhärtet hoben unb meint bann noch 9cpfe> toie er recht tut; unb ber Sinbere tann fein § e r j perfchloffen h ^ e n unb am Slbenb bem ßinb tn fich laufchen. 6 0 ift alfo entfeheibenb in aller ©ejiehung Pon SRenfch j u 9Kenfch, bas toahre bas ^ctligc, nicht bas äufjere begehrenbe Verhältnis Pom 3ir balb fehen, roie tpunberpoll richtunggebenb uns biefe Srtennt®acqu6, Sticnntni».

12

177

niö alles orbnet unb jeigt, toas echte, nid)t toahUofe Slächftenliebe ift. @s mu§ bem eigenen 3d> Sebensobem fein, baf$ es bei ber gnoniptuc^na^me bes anderen Sftenfchemoefens beffen toahres $>u, bas ift feine fittlid) freie Sperfönlichteit toahrt, aud> bann, t»enn biefe etn>a ein SBeniger fein foltte im 33ergleid; jur eigenen. Ob es ©rjietmng ober SSrantenbtenft ober 9ied)tsfpruch aus bem ©efamtgefüi)! einer ©emeinfd)aft ober 93erfef>r ober fonft ttrns fei: immer ift bas alles nur fütlich gerechtfertigt unb in feinem wahren 23ert erfüllt, toenn auf beiben «Seiten nach 2lbficf)t unb gbee bie fittlicf? freie iperfönlid)teit gewahrt ift. ©er fieijrer, ber bies nicht hätte, ber Slrjt, ber im t r ä n t e n nur bas Objeit fiel)t, ber dichter ober ©efeijgeber, ber biefe Sichtung cor bem §>u bes 9ftenfd)en ntd)t lennte, wäre weber felbft fittlid) freie •jperfonlicfjteit, noch würbe er bie tiefe SDerantwortung t>or ©ott ^aben, bie allein bie Quelle rechten 9Henfchentums ift. €>o aber iann man jegüd)es im ©afein auf feinen 2Bert eriennen. §>enfen wir etwa an bie gefellfchaftlichen Schiebungen pon 2Henfcf) ju Sflenfcf), an ben @inn unb SBert bes 93ertehrs, gefellfchaftlichen wie repräfentatioen. 2Bte unerträglich ift es, ju einer 33erbunbenheit gezwungen ju fein, wo nicht bas 5>u gegenfeitig gehegt unb wahrhaft geachtet ift; wo man fich felber unb feiner 2Bünfche Erfüllung fucf>t unb fo nicht bas ©u bes Sinberen will, fonbem es nur infofern anfpricht unb beanfprud;t, als man es bamit feinem eigenen 3as aber erlebt man auf 6d>ritt unb Sritt, jeber tut es bem 2lnberen unbewußt an, auch bort, wo es nid>t etwa blofe um fpiefcbürgerliches 93ehagen unb gefellige Unterhaltung geht, was ja meiftens harmlos unb belanglos ift, fonbem gerabe bort, wo jwifchen Ginjelnen ober in Sicfcltt „geiftiger Slustaufch" ober „gegenfeitige geiftige Sörberung" gefucht toirb. 3a, ba liegt es gewöhnlich am allerfchlimmften. 178

u fein 3d> aufjubrängen als es licbloö j u laffen. ©enn bas erftere ift aud> nur ein SJerfcarren auf ber ©genfudjt. ©erabe urir {jierjulanbe (>aben biefe finnleere p^ilifttöfe 3c^fü4)tigteit unb §eranbrängung bes 34) Pon aufjen an bas © u bes 21nberen in ftartem 2Hafee. 2Bo gibt es fceute taftooüe 3urüdf)altung pon sperfon 311 Sperfon, aud) unter 23efannten? 2Bat)Uos ftofoen tt>ir jueinanber, toeil toir ben ^nftintt oon Staffen t)aben, ftatt in ftcf> felbft ruf)enber ^3erfönltd}feitcn; tpeil n>ir fogar mit 93e£agen Waffe fein toollen, aud; in ben geiftigen Legionen; tpeil roic 92taffenfeele haben. Überall müffen mir es über uns ergeben laffen, ob man in ber 93at)n fäfjrt ober ficf> irgenbtoo aufhält ober einen ©ebanten ausfpric^t, pon bem man glaubt ober toünfdjt, er möchte manchem jum ernften 9iad)benfen, nicf)t jum ©efd)tPä^ unb ©etue bienen. Unb tparum gefcfjie^t bies alles? 23eil fie ri4)tungslos in intern ©afein finb, nid)t ein feftes © u an ©ott unb if)rcc inneren Stille, an tyrem tPttflicf) 2tär 34> fcimperfen, toenn es fie nur im geringften bei ifcrer inneren, allem geöffneten itnraft unb Unruhe anjiei>t. ©0 werfen fie fid> aud) auf bie neueften Seitungen unb 93ü ein rechtes echtes © u j u fcaben, ipeil toir 98enf4>en immer meinen, bie SDafcrfceit unb ber gnljalt unteres Gebens fomme pon anberstpo^er als blofc aus ber inneren Haltung unb ©tille. 9Ber ernftyaft in fi4> feine 2Ba(>rJ)eit fud>t unb fie aus bem gnnerften mit £uft ober Qual hervorbringt, perträgt nid)t bas ©erebe ber Slnberen unb bas §erumfd)nüffeln in allen Seien, unb £at nie bas ©ebürfnis, 21nbere, pon benen er perfdnlid) ober in 9Dort unb Sd^rift ettpas pernimmt, mit feinem eigenen 34> j u belaften. 2öenn man jufammentreffen foll j u tieferem ©erbunbenfein, toenn man fiel) toirtlicl) ettpas j u fagen unb j u geben pat, fo fommt bas mit berfelben ungemadjten 6cf>idfalsjjaftigieit, toie uns aucl) gute Söorte ober 93üd)er in bie 12»

179

§ a n b tommen, wenn wir fic wirilich oon innen j>cr b r a u s e n , ©as wirtliche, roertoolle Steffen bes S t ö d t e n ift immer eine innere 93eftimmung. er gelefen fjaben, nidjteinmal bie intereffanten unb taum bie untätigen. fiuther fagt einmal: nicht Diele 93üc^er lefen, fonbern wenig gute 93üd)er oiel lefen, macht gefreit, llnb immer follte man fic$> fragen, ob bas, was man nun will unb fud)t, auch wirtlich auf bem inneren 2Beg jum „9läd>ften" liegt, ober ob es Hofe wieber ein Uber- unb ttbernächftes ift, bas man ba finben will. «Stets u>enn man iibernächftes fucht, ift es 93efit}enwollen; wenn man Jtächftes fuc^t, ift es ©eben- unb Seiftenwollen. Sefen u>ir wenige 93ucher, ^aben wir wenige ^reunbe, iennen toir wenige 9flenfd>en, galten a>ir unfere eigene Slrbeit werter als uns felbft — unb wir (jaben bo aber ju biefem nichtmehr im rechten 3ch-©u-93erhältnis ftefcen, fonbern nun fief) oon ihrem SBert tragen laffen, fich mit ihrer ^Jerfon baoor ftellen unb ben ©lanj auf biefes it>c 3d) ablenten. ©ann laffen fie fid) feiern, laffen oielleidjt aud) ihr 93ilb überall oerbreiten, fie fucfjen SHaffe, fuchen fid; in bet 98affe. ©amit aber töten fie bie innere Heiligung, beren fie oielleicfct teilhaftig toaren, als fie it)t 2Bert im Stillen fchufen. ti>eit ihres SDollens, unb auch bie, bie fie feiern, müffen im ©runbe ieine rechte Dichtung haken auf bas wahre ©u 180

biefes ihres „QMchften". 2lber aud) ber fo por fein 2 0 e r ! tritt, hat bie wahre 9üd>tung auf bas wahre © u perloren unb ift ihm gegenüber nur noch fein eitles 3d>. 2Ules bas ift unmittelbar ober legten (Snbes ein Slusbrucf für jenen ungeorbneten, innerlich richtungslofen Kosmos, in bem tpilllürlid? alles unb jebes pertaufcht werben fann — jene 9Haffengefinnung, mit ber jeber an allem teilhaben will, welche bie 9Henfchen wie wahllos aueinanber treibt, leine inneren 2lbftänbe mefjr erfennen unb füllen lä&t unb bes^alb n u r pon biefem unb jenem, bem unb bem weife unb wiffen will, aber nichts pon innerlich georbneter, geheiligter ©ejiehung, worin eben nicht jeber „gleich", fonbern wo nur ber SBirllich9lächfte aud> ber 91ächfte wirflich ift. §>amit ift leine äußere Sprioilegierung gemeint, fonbern innere 93inbung unb Orbnung. Sticht anbers ift es mit bem 3ufammenraffen pon SBiffen pon allen S e i t e n unb a u s allen, felbft fchmutjigen Quellen — geiftige Hurerei, wobei SBahl unb SBinbung, wobei 3utüu in ben f i n g e n bes ©eiftes unb bes fiebens unb in einem wahren 9Iäcf>ften. 9tun foll m a n aud) bie Eingabe an bas 5>u bes wirtlich 9Wchften nicht perwed)feln mit einer unheiligen 93ergöt$ung, ber legten ©nbes bie Siebe mangelt, weil fie bod) nur wieber bie ©efühle bes 3ch, nicht bie Qdjentfagung tennt. ©enlen wir an bie SJcr^ätfdjelung eines ßinbes a u s ©d>wäche, wenn m a n ihm lein ftaries Stein entgegenfetjt, wo es notwenbig ift. © a m i t fetjt m a n gerabeju Poraus ober bewirtt für bie Sulunft, bafc es felbft leine fittlid) ftarte ^3erfönlid;leit ift ober werben lann unb ebenfowenig wahrhaft bufäf)ig ift, wie m a n felbft. U m g e l e g t : ber 9Itenfch, ber nur ©Ilapen u m fid> haben m a g unb nid;t bas © u bes Slnberen als freie fittliche ^erfönlich!eit erträgt, ift felbft in biefem S i n n nicht frei. 2lud> bei jungen 9Renfd)en, bie unferer S o r g e anpertraut finb, gibt es nur einen redeten Slusbruc! für wahrhaftige Siebe: ihnen als freiem © u mit freiem 3d> gegenüberjutreten unb fie j u biefer 23echfel-

181

tpiriung mit uns ju bringen. ©s ift t>icllcicf)t ein Kennzeichen ber ©ottlofigfeit unserer Slufflärungsjahrhunberte, fcafc bas alte echte grofce 5>u t>on 9Benfch ju 9ttenfcf) einem t)öfifc^junierlicfjen „Sie" geurichen ift. 2Benn man früher jum König, beffen "jperfon ijeilig unb göttlich unb beffen 32la4>t unbedingt n>ar, bas © u ber Slnrebe, bes Slnrufs hatte, ober tpenn fiut^er an ben Spapft als ben Kned>t ©ottes feinen 93rief mit bem © u richtete, fo liegt in allebem eben jenes @efüf)l fittlid) freier ©rö&e, bie ju biefen fpmbolhaften Vertretern göttlicher 2Racht eben aud> nur ben toasten Slnruf ©ottes, bas S>u, anroenben tann. ©s ift basfelbe Setcijen pon ©cf)theit jum 9iäd)ften, bas fiel) auc^ im Krieg barin lunbgab, bafe braujjen unter ben Kämpfenben jeber mit bem Slnberen ganj felbftperftänblich im © u roar, n>eil es aus bem ©efühl unb bem 93etpufetfein echter fdjictfalshafter Kamerabfchaft auf £ob unb ¿eben ftünblid; entfprang. Unb jtpifchen Schützengraben unb Stachelbraht |>at fiel), tpie ein Seelforger fagte, ber felbft als Solbat am 9Hafchinengerpehr in ben ©räben lag, mehr Shriftentum abgefpielt als anberstpo. freilich gab es auch *>a niebriges unb gemeines bu, in manchen Lebenslagen. Solche Betrachtungen tonnten faft belanglos erflehten angefichts ber 28ichtigteit anberer §>inge bes Lebens, tpenn fie nicht gerabe auf einen gefellfcfjaftlichen Suftanb beuteten, in bem fid> überhaupt bas ganje ©lenb aller 9iichtungslofigleit in unferem f>cutigcn Leben perrät. 2Bo glaubt man noch an innere lebenbige 23inbung ober lebt aus ihr? 9ftan tann aber h^c a u f noch Piel ©rnfteres perroeifen, fo auf bie ©hc> bie h^ute fchon faft tPie eine rein gefellfchaftliche Angelegenheit behanbelt toirb, nichtmehr toie eine fchtpere 2lufgabe, bie in ihrem S i n n ein Salrament ift, im recht perftanbenen Sinn, fonbern bie gerabeju ber tppifcfje Ort bes Scheiterns pon S i n n unb ©emüt getporben ift. 2Bir unterliegen als Statur anberen 23eftimmungen, als tpir fie uns in unferem tultipierten ©eift tpohl ausbenten — tpobei pon nieberen 2Ztotioen natürlich abgefehen ift. 2ött pergeffen, ba& bas Leben nicht 93efit$, fonbern Opfer ift unb Schmerj, unb bafc ber 92lafeftab 182

ju unferem permeintlid;en „9lecf)t" nicf>t fd)lcd)tt)tn bas erben unfcrer "-perfönlichleit ift, fonbern bafc wir bienenbes ©lieb finb, eingefügt in eine Slufgabe, bie tPir bod) nid;t bumpf leiben müffen, bie wir bejahenb erfaffen unb heiligen, wenn wir nach bem ©ipfel mit bem ftreuj hinauffehen. u, unb wie !ann es etwas anberes fein wollen als liebenbes Opfer? 2Bie alle Sebenbigfeiten bes SHenfchfeins, fo ift auch bie natürliche Sinbung Pon SZlann unb SDeib, pon innen (>er gefehen, ein Satrament, beffen ^eiligfeit nicht etwa pon unferem SBollen unb können hergeleitet ober gar nur aus äußerer fojialer Swedmäfcigteit begrünbet werben tann unb beshalb aud) pon unferer fteten Xlrii>cilig!cit unb llnjulänglichteit in feinem eigentlichen 2öefen gar nicht berührt unb in frrage gefteUt wirb. 2Bie bas dcpangelium auch in bem fünbigften f j e r j e n lebt, ja hier pieüeicht feiner SJerwirtlichung am nächften ift, fo follte auch aller äußeren Schwachheit unb Mngerechtigteit bie 23inbung ber ©efchlechter an einanber bennoch 2tusbrud für eine jenfeits unferes unjureichenben 9Renfchentums liegenbe, hier freilich nie ganj wirtlich werbenbe echte Siebe fein. S o liegt auch *>er tiefere S i n n unb bamit erft bie wahre Feinheit unb 23ebeutung ber irbifchen Qt>e im Suchen nach bem reinen 5>u bes anbeten ©efchlecfjts; aber nicht in einem augenblicflichen unb porübergehenben, fonbern in einem bauernben Suchen mit allen fchweren herben, unter freiwilligem Sntfchlujj eingegangenen Pflichten unb Sorgen, unter Eingabe bes eigenen ftd) unb banach nichtmehr ber 2BiUtür besfelben unterftellt. 5>as aber heifet: Siebe unb Opfer über fid> felbft hinaus unb über bas eigene SBohlbefinben, 183

über eg. ©amit tpitb bic irbifcfje e «Spmbol bes «Satramentes. 6 0 ift es ober fd)lief}lid) mit allem im Sieben; mit 5er Eingabe a n bie ©emeinfdjaft, an bas 93aterlanb, an ben 93eruf — bie ift felbft n u r bio a u s bas übrige Sieben feinen letjten inneren gefunben 3ufamment)ang unb feine n>a{>re23ejal>ung b e ! o m m t ; ift es mit allem ©rofeen unb om 3 u m 5>u, barin m a n ©ottes Slntli^ felber fueit a u s bem S?inb entgegenleuchtet, bas in ber Grippe liegt unb mit bem bie ©orge erft reetjt beginnt, aber bie Siebe eben aucf> unmittelbar u n b g a n j fraglos geworben ift. ©erabe in ber Begegnung ber ©efcfjledjter jeigt fi, ob ein 93olt gefunb unb oon innen her lebenbig gerichtet ober ob es Slaffe ift; ob es fein „(Eigentum" hütet unb richtig bamit umgeht, ober ob es unheilig bamit mirtfdjaftet. 2Birb boch burd) unfere lähmenbe Sluffaffung auch ber 9Kcnfd> erniebrigt, j u einem ©egenftanb, ber jubem noch „pertaufcht" werben fann aufeet aller O r b n u n g ber ß d j o p f u n g ; fo auch o e n n toir in ber 8«ugung bie Schöpfung felbft perhinbern — toomit übrigens bie ftrau felbft ebenfo j u m leb- unb Ueblofen ,,©ing" erniebrigt ift, toic in ber fonft fo fterilen Jturfejualität unferer 3*it. ©afs tt>ir 2tlle fcf>a>er barunter leiben, too nicht bie Snt^altfamieit übermächtig ift, ja bafe es j u m £eil perfönlid? unoetfcfmlbetes Seiben j u fein fdjeint, ift tein ©runb, es nid)t War als bas j u nennen, tpas es eben ift. 9Han tarnt gar manches als a>at)t ober falfch eriennen u n b es fo befennen, ohne fähig j u fein, bementfprechenb j u Jjanbeln unb j u leben, tpenn es über unfer ©ermögen geht. 9Iur umnebeln t»ir nicht felbft unfer Setpufctfein, geftehen toir u n s unfere 6 d j u l b . Sa ja, Stein nein — alles anbete ift Pom Übel, ©efunbe öinnlidjteit liegt anberstpo unb ift, felbft u?o fie über bie ©renken fctjlägt, rein unb fauber gegen bas leere -Caroentum pon 9teij unb S e g e l t e n , bas u n s heute an jebem ©trafeeneef por-

184

gemalt n>irb uni> bas fo Diele 97tenfd)engeftalten wie ettoas £aroenl)aftes an ftcf> tragen. Solftoj legt i>as SDoct in ber 93ergprebigt: „9Ber ein 2Beib anfielt, ihrer j u begehren, ber hat fcfjon bie She mit ihr gebrochen in feinem § e r j e n " , bahin aus, bafc bie jenfeitige fatramentale §ei(igfeit — nid)t ber bürgerlich-irbifchen S^e, fonbern bec lebenbigen urbilbhaften Feinheit ber 93ejiehung 9Rann unb SDeib fchon burch baö 93egehren fcf>Ic; unb biefer S i n n ift ()ier gemeint. Slber biefe geiftige Satfacfje ift ja nichts anberes als bie alles ©ein burchbringenbe Satfacfje bes ©efallenfeins überhaupt, tooburch alles 93eginnen unb alles ©efühl u n b alles SBollen bod> immer tpieber im nächften Slugenblicf, tpo bas reine Itrbilb umfd)leiert wirb, unt)ei(ig u n b bämonifch oerjerrt ift. ¡Das aber ift n u n bas ©lenb ber sparabiesoertriebenheit, bafc bie „®he", bas Reifet, bas innigfte ©ein jarifdjen 3Hann u n b SDeib, bas ehebem rein toar, biesfeitig nicht n u r S a t r a ment, fonbern auch O r t aller ber 23efenl)eit ift, bie jtoifdjen beiben eintrat, als fie c o m 93aum ber unbetrmfct, gar nid>tme£r anbers anfe^en u n b toählen, unb grunbfä^lid) ift immer bie „®i>e" gebrochen, toie alles 2flenfchfein überhaupt. §>as ©ebrochenfein als S a t r a m e n t liegt baher in bem unerloften g u f t a n b bes OTenfd)en an ficf), g a n j jenfeite aller jeitlich inbioibuellen Schulb, l)ängt gar nichtmehr n u r oom SBollen bes Sinjelnen, gar nid)tmef)r oom äußeren ©rechen ober 9iidjtbred)en ber fo^ialen Lebensform als f o l g e t a b ; fonbern als irbifches Sufammenfein felbft ift es fcfjlechthin gebrochenes S a t r a m e n t . §>as alles aber Reifet nicht, friool auch bie betrachten unb es gleichgültig finben, ob m a n fie äu&erlich h^K ober nicht; aber intern fatramentalen SBefen nach ift fie grunbfä^lich etioas anberes, als n>as fie je in unferer irbifdyen SBelt fein iann. 9Iie barf behauptet toerben, bafe fie fo, toie fie überhaupt

185

in biefer 3citlicf>fcit ift unb fem tan», bie (Erfüllung bes «Sa!ramentes felber tpäte; tpphl aber ift fie aufgerichtet, «>ie bas Kteuj, als 9luf uni> Stufgabe, tpeil es im parabiesperttiebenen Suftanb bes SHenfchen nur Pflicht unb Opfer, nie aber bes ©efetjes Erfüllung gibt. ¡Denn fein 2ftenfd) tann bie Siebe felber fein. S>oct> gibt es aud> £ier ©rabe bes Sufanmtenlebens unb 93ollbringens, a>ie in ber ©rfenntnis felbft, u>o roir balb im S a i unb in ber t, balb auf ber freien §öl)e bes 2Salbgebirges, balb auf bem ©rat unb por bem ©ipfel, aber nie, nie auf bem ©ipfel felber ftehen, ja nichteinmal ohne ©rieben bes ©turmtoetters auci) nur einen furjen Slugenbli(! im Slngeficht bes ©ipfels ruhen bürfen. ®s fehrt hier berfelbe innere Sufammenhang junfcheri Senfeitigieit unb ©iesfeitigteit oieber, ben tpir auch in ber (Srfcheinung bes Sjeilanbes felbft fdjon ertannten, beffen ©ottesfohnfehaft tr>ir in feiner burchaus gebrochenen 9ftenfd>lichteit fahen. 2tud) er ift, u>ie tpir es uns burchbachten, wahrer SZlenfcf) getpefen unb ging als folcher aus einet irbifchen hert>or, fo gut tpie et eines irbifchen Sobes ftarb. 2lber fein reines ^eilanbstoefen tpirb uns fpmbolhaft bargeftellt als aus einer 2ftarienehe geboren, im ©laubensbeienntnis ber chriftlichen Kirche, ©iefes 23etenntnis ja urfprünglich ganj finngerecht «Spmbolum, folange man feinen 2lusfagen nicht plump materialiftifche Realität jufchrieb, bie fich alle auf bas bejiehen, u>as fich im Srbifchen jtoar oenoirllicht, aber als jenfeitige 2ötrflid>feit nur gebrochen barftellt. ¡Das erlöfenbe ©afein ift eben im irbifchen fchlechthin immer unb nur ans J?reuj gefchlagen. «So bleiben toic in allen ©ingen, auch in ber reinften innigften ©emeinfehaft, bennoch „aneinanber unerlöft" unb finben nie Erfüllung, fonbern unfer £ o s ift ßampf mit uns felbft. Mnfere Itnfeligteit aber ift es, bafe tpir im irbifchen Sieben unb im S^reuj noch «Sinnenluft fuchen, ftatt ben 6egen bes Schmerjes j u bejahen. 93ei ber '¡Parabiesgebrochenheit ber 28enfchennatur mifcht fich unter alles Suchen pon SRenfch j u 2Renfch unb unter alles ©eben pon SRenfch j u SHenfch immer mit hinein, toas nicht 186

reines f i n g e n um bas toaste Gcrtennen, uni) ntd)i reines tt>al>res Siebten uni) Sieben bes §>u im Slnberen ift. Unb tpie oft reben tpir uns nur mit 2Borten etwas por. 93as |>ilft uns aller gute SBille, alle J>o£en ©ebanten, tpo n>ir bocf> nur 2Benfd)en finbt Ober tpie oft tpirb Pom ©egenüber bas falfcf) beantoortet, was tote pon ganjem £erjen geben tonnten, toenn es nur rein bliebe, llnb tpie oft fuir felbft beim ©egenüber noef) ganj anberes als bas, tpas »ielleidjt feine Seele allein aus tyrer £iefe erbat. § a r t fto^en fief) bie §>inge im 9*aum unb f>art in ben Seelen. 2öie oft toäre ein Söeniger, bas a>ir geben unb getpä^ren, beffer unb me^c. 2Bie oft oetjpeigern u>ir, IPO tpir geben, tpie oft geben tpir, tPO tpir bii (Seele bes Slnberen tpal>tf)aft lieben unb retten tpürben, tpenn n>ir peroeigerten, l>art unb grob pertpeigerten. S o entfielt felbft bei allem frönen Suchen unb SBollen in uns felbft ober in Slnberen unrechtes 23ege£ren unb ©etpä^ren, graufamer Kampf unb 2lbtpe£r — unb juleijt erlernten tpir, bafj fieib unb Scfcmerj, tpenn nicf>t fteinbfeligfeit, ftets bas Snbe unferes £ u n s unb SBollens ift, ja bafc Pielleicfjt, finb tpir uns ber rechten 23erantiPortung für unfere eigene ober bes 2lnberen Seele betpufet, gerabe ber Scfjmerj unb bie 8e"iffenf)eit bas Seichen bleibt, bafc tpir tpa(>ri>aft geliebt l>aben. 5)as ift bei unferem parabiesgebroefcenen Söefen immer bas (£nbe unb tpir fielen immer unter bem ftreuj. (Sin £ o r ober ein betrügender ©eift, roer auf SJollenbung unb triebe im ©iesfeits tpartet ober folcfjes perfpric^t. Unb gottlos ift es, bie Slufgabe ju perlaffen unb ben ftampf ju freuen, tpeil man fie nid)t fo enbigen fie^t, urie es fiel) unfer Gigen«finn gebaut. 28ir toiffen es oielfad) gar nietjt, tpie fct>r gerabe in bem, tpas a>tr mit bem pielgetpenbeten SBort „fiiebe" beaeict>nen, eine id)füd)tige 93etonung unb 93eruf)igung unferes eigenen befcfjräntten SBefens liegt. 2Die oft meinen totr, einer Sadje, einer ©emeinfe^aft tpa^rfjaft aufopfernb ju bienen, eine SPflicfct, ein 2lmt, einen 93eruf unter a>af)rl)aftet Selbftytngabe ju erfüllen; unb bod) lebt in allebem nur bie fiuft jum eignen 2Bo(>lbefinben, unb bie ©inge ober 9Jlenfcf)en, benen tpir ju 187

bienen glauben unb a n benen oietleidjt fogar u n f e r ^ e r j f)ängt, fud)cn tpir i>oci> n u t u m unferes eigenen b e g r e n j t e n ©cfütjis tpillen. © a n n ift felbft eine arbeite- uni> leibpolle E i n g a b e , eine permeintliche Siebe bod) in ber feinften ftorm eine (Entweihung. 23iepiel 93ejiehungen pon 9I5enfd) 5U SHenfch, toiepiel jyrcunbfctiaftcn, bei benen Pielleid>t im 23etpufetfein jebes ^Partners n u t bie heften ©efühle u n b 2tbfid)ten leben, tpürben u n s in einem tieferen S i n n unheilig erfcheinen m ü f f e n , toenn tpir n u r hinter bie Schleier fehen tonnten, bie bei u n s felbft unfer £ u n u n b Soffen perhüllen. Solches m a g ficf> fogar bort einbrängen, u>o toir bod? fonft bie unbebingtefte toahrhaftigfte Siebe jtpifchen 98enfchen geoffenbart fehen t r o l l e n : in bem Verhältnis oon SHutter u n b S?inb, bas a n fid> ^eilig, bod> aud> ettoa burd) ein nict>t bie S e e l e u n b bas innere Söohlergehen fud>enbes, f onbern bie Schtoächen liebenbes V e r h a l t e n bämonif p e r j e r r t tperben !ann u n b bamit entheiligt u>irb. 3 m © r u n b ift bas eine felbftoerjärtelnbe SchtPäche ber SJlutter gegen fid> felbft, ift nicht ein Sieben j u bes ß i n b e s 5>u, fonbern n u r ein ©efühl f ü r b a s eigene 3d>, toie es aud) über ben leiblichen £ o b h i n a u s g a n j braftifd) in bem 98ärd)en p o m S r ä n e n t r ü g l e i n j u m Slusbrud tommt, too bie 9Kutter n u r a n fid) u n b ihren S c h m e r j bentt u n b folange toeint, bis b a s Kinb toieber erfcheint u n b fie bittet, ihm bie 9*uhe im ©rabe j u laffen. ©ibt es aber f ü r unfer ©efühl e t w a s grauenooller 5>ämonifd;es als ein Suchen, bas j u m 93efchroören eines S o t e n f ü h r t ? l i n b boas 2Befen bes ficf> austpirtenben 'iparabiesfalles u n b ber bamit geworbenen biesfeitigen 9 t a t u r oieberholt fich i m m e r als basfelbe 2öeh, in jebem neuen SHenfcfjenherjen. por bem §>u u n b bas unmittelbare Verhältnis, bas h ^ r geforbert ift, w a s u n s bie ©inge bes Sebens u n b ber engeren ober tpeiteren ©emeinfchaft toiriltcf) menfehentpürbig orbnen lägt. S o auch im tpeiteften öffentlichen Seben, auch in bem pon S t a a t j u S t a a t . Söenn tpir heute b a s Selbftperftänbliche forbern, bafc roir auch im politifchen Kampf ben ©egner, ja ben ^ c i n b achten 188



toüö Reifet b a s anberes, a l s bafc n>ir t o a s t e

©emeinfeijaft

lennen, auc£ im politifdjen © e g n e r ben 93olfs- ober falsgenoffen f e ^ e n ; bafe toit 3d)

im K a m p f eben nid)t n u r

bes eigenen umgrenzten

bem

SBefens n u r

©efüfcl unb 33ett>uf}tfein K a u m

mit

fid?

allein hefteten

fiebensquell

tann,

fuefcen,

geben,

23as

fonbern

bafe tein

ba& jebes fi ben

3(ct u m u n s unb bie SBelt u m u n s fte^t? Kickten mir nid)t felbft mit unferer g a n j e n fteten 9iid>tungslofigteit 93era>irrung in ben g ä b e n bes Sebensgetoebes ber ©efamtyeit a n ? innen t>er beftimmten

2Denn n u r jeber a n feinem ifcm pon t r e u unb ausfcarrenb toäre — es

toürbe alles pon felbft fid) richten.

© a s Heilmittel für unfere

@d>äben liegt bei bir unb m i r .

189

2Ules, toas wahrhaft aus ©ott lebt, fud)t ©ottes §>u. Itnb alles, was ©ottes §>u tennt, fucfjt biefes ©ottes §>u im 2Jlenfcfjen, in ben 23efen uni) in ben §>ingen. Uni) bas fjeifet Siebe unb Reifet freubige Verantwortung. Sief) bruefen Pon 93eranftportung, bie man in allen SBefen unb ¡Dingen ©ott fcfmlbig ift, Reifet ©ottes ©u perleugnen, Reifet ohne Siebe fein; Reifet, bie toaste 2Birtlicf)teit nicf)t lernten; Reifet !eine toaste ©rtenntnis Ijaben. 5>ie larpenhaftefte 5 0 t m bet ©ejiehungen ¡jroifchen ben SRenfchen tPäre aber jene Trägheit bes ©elftes unb ^erjens, bie fid) in ber ftorm forrett »erhält unb ihre „Pflicht erfüllt", aber nun nic^t aus tieferem SRuf unb im 2lngefiinge g a n j ©u-lofe im ^ i l i f t e r ober Streber, abgefehen pon raffinierter 93erfchlichenheit ober 93osf)eit, bie bamit oftmals § a n b in § a n b geht unb bann jum gefährlichen Intriganten fü^rt. 23as für eine ©ottes- unb Siebes- unb beibe tönnen fucd)tbar ober ärgerlich fein. 2Ran bente nur an bie Pom 33ol! fclbft gefu fid> gegenüber, u>o man ein ftartes ©u fuar, tpcil man fclbft fein ftartes §>u t)atte uni» nid)t in fid) felbft feine ®hre fani», fonbern nur ein losgelöftes inbipibualiftifcfjes 3d) tannte, bas nicfjt in fid; felber fielen tonnte. 0 o erfebien ber ed)te SJoltsnarr als fdjeinbar tomifdje unb bo l < f l u n g » g e f $ i $ t e b e « £ e b e n » $>as $offltmaterlal unb feine ©arfteUung. — S l e t unb ^Jflonjenroelt (Entu>lerrfe, wirb n u n unter Su&ilfenafcme eines reichen 9511bmaterials ausführlich begrünbet. Pefonbers wirtungspoll ift bie Rritit bes wiffenben Paläontologen an ber poreiligen Stammbaumbegrünbung ©arwinS)ae o I t : ©le ©rurtbftage— SSenfö uttb Statue — SBeltanföauung— 3naglfc^e TOeltflcfct — ©er SRenfcb als SJtafc — Stuften unb Innen — ©et maglföe Rtele — ©a» Seben — OTagle unb Staturwlffenföaf t — SJtagle unb ^Jfpcfcologte — $ellfl4>t unb «Einfielt — SSagle unb gntelleit — ©a» Opfer — ©as SBort — Rdtpet unb Roemoe — Rosmo» u n b £eben — Slbetglaube unb 3SirN14)teit — ©lel unb gleich — ©oft otganlfcje Seftalten — O e r o a n t l u n g — Slbbllb unb Urbllb — 9taturftpfit (teilt „Slatur unb S e e l e " bar. 2DOB in „Urwelt, Sage unb Sflenfc^eit" unmittelbarer Slueblid tpar, ift (>ier metfcobifeit. 93on §riftlic$e 92h)ftit" in 2iusma(>I $>rsg. pon 3.23erni>art. 605 0 . ©r.-8°. 1927. 93r. 92t. 16.—, in Seinen 2«. 18.—

^andbud) der pijilofoptjie Stauer jtoei S ä n b e pollftänbig erf H n g e r . 312 © . 8°. 1930. S t . 911.10.—, in Seinen 321.12.50.

Pbüofopbie der QRatbemati? und QRaturtoiffenfdjaften 93on ^ermann 98 e 9 1 . 1 6 2 0 . , ©r.-8°. 1927. 93r. 92t. 7.50.

O l d e n b o u r g , QTÎûndjen u n d ' B e r l í n