Vertretbare Sachen?: Die Geschichte Der Res, Quae Pondere Numero Mensura Constant 3428096886, 9783428096886

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Vorbemerkung
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Teil 1: Grundlagen
Kapitel 1: Der Gegenstand der Untersuchung: Vertretbare Sachen
§ 1. Vertretbare Sachen im geltenden deutschen Recht
§ 2. Res, quae pondere numero mensura constant
§ 3. Gründe zum Zweifel
Kapitel 2: Zum Sprachgebrauch
Teil 2: „Vertretbare Sachen“ in der Antike
Kapitel 1: Altorientalisches und griechisches Recht
Kapitel 2: Klassisches römisches Recht
§ 1. Das Material
I. Vorkommen von pondus, numerus und mensura in den römischen Rechtsquellen
II. Andere Bezeichnungen?
§ 2. Der Wortsinn der Definition
I. Res, haec, quid, id, ea etc
II. Pondus, numerus, mensura
III. Constare, consistere, contineri, valere
IV. Ergebnis
§ 3. Die einzelnen Quellenaussprüche
I. Objektives Verständnis
1. Mutuum
a) Das mutuum bei Gaius
(1) Bedeutung der Beispiele
(2) Modalitäten der datio
b) Die Äußerung des Paulus
(1) Beispiele bei Paulus
(2) In creditum ire
(3) Quia...functionem recipiunt
(4) Aliud pro alio invito creditori solvi
c) Ergebnis
2. Constitutum debiti
a) Die Funktion des constitutum debiti
b) Das constitutum debiti im klassischen Recht
c) Der Ursprung des constitutum debiti
3. Gefahrtragung bei der dos
a) Anlehnung an die Aussagen zum mutuum
b) Ein möglicher Einwand
4. Kauf von res, quae pondere numero mensura constant
a) Formales
b) Spezieskauf von haec quae pondere numero mensurave constant
c) Haec quae pondere numero mensurave constant als austauschbare Sachen
5. Vindikationslegat von res, quae pondere numero mensura constant
a) Anklänge an andere Passagen
b) Juristischer Sinn der Stelle
6. Ergebnis
II. Objektiv-subjektiv gemischtes Verständnis
1. Res, quae pondere numero mensura constant und lex Falcidia
a) Formales
b) Juristischer Sinn der Stelle
c) ...et his ipsis
d) Objektive Komponente?
e) Ergebnis
2. Stipulation von res, quae pondere numero mensura constant
a) Formales
b) Sinn der Bemerkung
3. Ratenzahlung bei Legat
a) Formales
b) Anwendungsbereich der Klausel
c) Objektive Komponente
4. Mehrfaches Legat und res, quae pondere numero mensura constant
a) Formales
b) Bedeutung der Definition
c) Objektive Komponente
5. Erfüllungsort beim Legat
a) Formales
b) Juristischer Sinn der Äußerungen
c) Erklärungen
d) Ergebnis
6. Zusammenfassung
III. Verbrauchbarkeit
IV. Ergebnis
1. Unentscheidbare Fälle
2. Ambivalenter Sprachgebrauch der Klassiker
3. Folgerungen
Kapitel 3: Nachklassisches und justinianisches Recht
§ 1. Nachklassische Zeit und justinianische Gesetzgebung
§ 2. Griechische Rechtsliteratur der justinianischen Zeit
Teil 3: Gemeines Recht
Kapitel 1: Glossatoren und Kommentatoren
§ 1. Neue Bezeichnungen
I. Pecunia
II. Quantitas
III. Genus und species
§ 2. Res, quae pondere numero mensura consistunt als austauschbare Sachen
I. Theoretische Äußerungen
II. Darlehen von Tieren etc.
§ 3. Res, quae pondere numero mensura consistunt und Gattungssachen
I. Ambivalenter Sprachgebrauch
II. Die Lehre vom actus
1. Hugolinus und sein anonymer Vorläufer
2. Azo und Accursius
3. Postglossatoren
III. Ergebnis
§ 4. Res, quae pondere numero mensura consistunt und verbrauchbare Sachen
I. Legisten bis Accursius
II. Kanonisten vor Hostiensis
III. Hostiensis
IV. Odofredus
V. Thomas von Aquin
VI. Weitere Entwicklung bei Theologen und Kanonisten
VII. Postglossatoren
VIII. Zusammenfassung
§ 5. Ergebnisse
Kapitel 2: Von der Renaissancejurisprudenz bis zu den Naturrechtskodifikationen
§ 1. Terminologie
I. Res fungibiles
II. Quantitas
§ 2. Fungible Sachen als austauschbare Sachen
I. Theoretische Äußerungen
II. Praktische Beispiele
§ 3. Res, quae pondere numero mensura constant und Gattungssachen
I. Subjektivierender Sprachgebrauch bei Cujaz
II. Res, quae pondere numero mensura constant als unkörperliche Sachen
III. Ergebnis
§ 4. Res fungibiles und verbrauchbare Sachen
§ 5. Ergebnis
Kapitel 3: Die Gemeinrechtliche Wissenschaft des 19. Jahrhunderts
§ 1. Terminologie
§ 2. Scharfe Abgrenzung der Begriffe
I. Abkehr von der Gleichsetzung mit der Verbrauchbarkeit
II. Abkehr vom subjektiven Verständnis
1. Fortbestand der traditionellen Ambivalenzen
2. Scharfe Trennung der Begriffe durch Goldschmidt
III. Die Definition von § 91 BGB
§ 3. Neue Anwendungen
§ 4. Ergebnis
Teil 4: Vertretbare Sachen im Bürgerlichen Gesetzbuch
Kapitel 1: § 91 BGB
Kapitel 2: Darlehen und Verwandtes
§ 1. Römisches mutuum und BGB-Darlehen
§ 2. Abdingbarkeit des Vertretbarkeitserfordernisses
§ 3. Bestimmung des anwendbaren Rechtes
I. Darlehen und Tausch
II. Darlehen und Leihe, Miete und Pacht
1. Überlassung vertretbarer Sachen
a) Wiederverwendbare Verpackungen
b) „Leihe“ im Alltag
c) Ergebnis
2. Überlassung nicht vertretbarer Sachen
§ 4. Unregelmäßige Verwahrung
§ 5. Ergebnis
Kapitel 3: Abwicklung der Minderung
§ 1. Entstehung des § 473 BGB
§ 2. Auslegung des Tatbestandselements „vertretbare Sachen“
§ 3. Exkurs: Der Streit um die Anwendung von § 473 BGB bei Gegenleistungen in vertretbaren Sachen
§ 4. Ergebnis
Kapitel 4: Werklieferungsvertrag
§ 1. § 651 BGB und seine Geschichte
I. Wurzeln von § 651 I 2 BGB
II. Die Interpretation von § 651 I 2 BGB
§ 2. Kritik der Gesetzesfassung
I. § 651 I 2 und § 91 BGB
II. Konsequenzen aus der Abweichung von § 91 BGB
III. Bedeutungsverlust für das Abgrenzungskriterium
§ 3. Ergebnis
Kapitel 5: Beiträge zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts
§ 1. Bedeutung von § 706 II 1 BGB
§ 2. Die Entstehung der Vorschrift
I. Römisches und Gemeines Recht
II. Der Ansatz des Mudaeus
III. Entwicklung im 19. Jahrhundert
§ 3. Heutige Bedeutung der Vertretbarkeit im Tatbestand von § 706 II 1 BGB
I. Berechtigung der Vermutung bei vertretbaren Sachen
II. Position der modernen Rechtswissenschaft
III. Lösungsvorschlag
§ 4. Exkurs: Der Streit um § 1183 ABGB
§ 5. Ergebnisse
Kapitel 6: Anweisung
§ 1. Die Entstehungsgeschichte von §§ 783 BGB und 363 I 1 HGB
§ 2. Die Interpretation des Vertretbarkeitserfordernisses
I. Die Entstehung der herrschenden Lehre
II. Gründe für die Beschränkung auf Gattungsleistungen
§ 3. Die Berechtigung des Vertretbarkeitserfordernisses
§ 4. Die materielle Bedeutung des Vertretbarkeitserfordernisses
§ 5. Ergebnis
Kapitel 7: Resümee
Teil 5: Schluß
Kapitel 1: Thesen
Kapitel 2: Ausblick
Literaturverzeichnis
Quellenverzeichnis
Sachverzeichnis
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Vertretbare Sachen?: Die Geschichte Der Res, Quae Pondere Numero Mensura Constant
 3428096886, 9783428096886

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Thomas Rüfner . Vertretbare Sachen?

Schriften zur Europäischen Rechts- und Verfassungsgeschichte Herausgegeben von Prof. Dr. Reiner Schulze, Münster, Prof. Dr. Elmar Wadle, Saarbrücken Prof. Dr. Reinhard Zimmermann, Regensburg

Band 31

Vertretbare Sachen? Die Geschichte der res, quae pondere numero mensura constant

Von TIlOmas Rüfner

Duncker & Humblot . Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Röfner, Thomas: Vertretbare Sachen? : die Geschichte der res, quae pondere numero mensura constant / von Thomas Rüfner. Berlin : Duncker und Humblot, 2000 (Schriften zur europäischen Rechts- und Verfassungsgeschichte ; Bd.31) Zugl.: Tübingen, Univ., Diss., 1998 ISBN 3-428-09688-6

D21 Alle Rechte vorbehalten

© 2000 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Wemer Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0937-3365 ISBN 3-428-09688-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

e

Meinen Eltern

Vorbemerkung Diese Arbeit hat der Juristischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen im Sornrnersemester 1998 als Dissertation vorgelegen. Die bis zur Drucklegung erschienene Literatur habe ich in den Fußnoten vereinzelt noch berücksichtigen können. Mein Dank gilt zunächst meinem Doktorvater, Herrn Prof. Wolfgang Ernst, der die Arbeit angeregt und betreut hat. Herrn Professor Ernst habe ich überdies fiir die langjährige und vielfältige Förderung zu danken, die ich als Mitarbeiter an seinem Lehrstuhl seit meinem fünften Studiensemester erfahre. Herrn Prof. Gottfried Schiemann danke ich für das Zweitgutachten. Den Herren Professoren Wolfgang Thür, Graz, und Luigi Capogrosso Colognesi und Mario Talamanca, Rom, bin ich fiir die freundliche Aufnahme während jeweils halbjähriger Forschungsaufenthalte an ihren Instituten sehr dankbar. Herr Prof. Reinhard Zimmermann, Regensburg, hat die Förderung meines Promotionsvorhabens in einem Gutachten fiir die Studienstiftung des deutschen Volkes befürwortet. Ihm und den übrigen Herausgebern der "Schriften zur Europäischen Rechts- und Verfassungs geschichte" danke ich für die Aufnahme meiner Arbeit in die Schriftenreihe. Dank schulde ich schließlich der Studienstiftung des deutschen Volkes für die Gewährung eines Promotionsstipendiums und der Juristischen Fakultät Tübingen, die diese Arbeit mit dem Fakultätspreis fiir die beste Promotion des Studienjahres 1997/98 ausgezeichnet und mir so die Bezahlung des Druckkostenzuschusses erleichtert hat. Tübingen, im Oktober 1998

Thomas Rüfner

Inhaltsverzeichnis Teil 1

Grundlagen

19

Kapitell Der Gegenstand der Untersucbung: Vertretbare Sachen

19

§ I. Vertretbare Sachen im geltenden deutschen Recht ................................................. 19 § 2. Res, quae pondere numero mensura constant ........................................................ 20 § 3. Gründe zum Zweifel ............................................................................................... 20

Kapitel 2 Zum Sprachgebraucb

22

Teil 2

"Vertretbare Sacben" in der Antike

23

Kapitell Altorientaliscbes und griecbisches Recbt

23

Kapitel 2 Klassisches römisches Recht § I. Das Material ............................................................................................................ I. Vorkommen vonpondus, numerus und mensura in den römischen RechtsqueJlen .................................................................................................. 11. Andere Bezeichnungen? ................................................................................. § 2. Der Wortsinn der Definition ................................................................................... I. Res, haec, quid, id, ea etc ................................................................................

24 24

25 25 27 28 11. Pondus, numerus, mensura ............................................................................. 28 III. Constare, consistere, contineri, valere ............................................................ 30 IV. Ergebnis .......................................................................................................... 31 § 3. Die einzelnen QueJlenaussprüche ........................................................................... 32 I. Objektives Verständnis ................................................................................... 32 1. Mutuum ....................................................................................................... 32 a) Das mutuum bei Gaius ............................................................................. 32

10

Inhaltsverzeichnis

11.

(I)Bedeutung der Beispiele ..................................................................... 32 (2)Modalitäten der datio ......................................................................... 33 b)Die Äußerung des Paulus ........................................................................ 34 (I)Beispiele bei Paulus ................................................... _....................... 35 (2)ln creditum ire ................................................... ................................. 35 (3) Quia .. functionem recipiunt ................................................................ 37 (4)Aliud pro alio invito creditori solvi .................................................... 38 c) Ergebnis ................................................................................................... 43 2. Constitutum debiti ....................................................................................... 43 a) Die Funktion des constitutum debiti ........................................................ 43 b) Das constitutum debiti im klassischen Recht... ........................................ 44 c) Der Ursprung des constitutum debiti ....................................................... 45 3. Gefahrtragung bei der dos ........................................................................... 46 a) Anlehnung an die Aussagen zum mutuum ............................................... 46 b)Ein möglicher Einwand ........................................................................... 47 4. Kauf von res, quae pondere numero mensura constant .............................. 49 a)Formales .................................................................................................. 50 b) Spezieskauf von haec quae pondere numero mensurave constant .. ........ 51 c)Haec quae pondere numero mensurave constant als austauschbare Sachen ..................................................................................................... 52 5. Vindikationslegat von res, quae pondere numero mensura constant ......... 53 a) Anklänge an andere Passagen .................................................................. 54 b)Juristischer Sinn der Stelle ...................................................................... 54 6. Ergebnis ...................................................................................................... 55 Objektiv-subjektiv gemischtes Verständnis .................................................... 56 I. Res, quae pondere numero mensura constant und lex Falcidia .................. 56 a) Formales .................................................................................................. 57 b)Juristischer Sinn der Stelle ...................................................................... 57 c) ... et his ipsis ... .......................................................................................... 58 d) Objektive Komponente? .......................................................................... 59 e) Ergebnis ................................................................................................... 60 2. Stipulation von res, quae pondere numero mensura constant .................... 60 a)Formales .................................................................................................. 60 b)Sinn der Bemerkung ................................................................................ 61 3. Ratenzahlung bei Legat. .............................................................................. 62 a) Formales .................................................................................................. 62 b) Anwendungsbereich der Klausel ............................................................. 62 c)Objektive Komponente ............................................................................ 63 4. Mehrfaches Legat und res, quae pondere numero mensura constant ......... 64 a) Formales ........................................................... :...................................... 64 b)Bedeutung der Definition ........................................................................ 65 c)Objektive Komponente ............................................................................ 65 5. Erfüllungsort beim Legat ............................................................................ 65 a) Formales .................................................................................................. 66

Inhaltsverzeichnis

11

b)Juristischer Sinn der Äußerungen ............................................................ 66 c) Erklärungen ............................................................................................. 67 d) Ergebnis .................................................................................................. 68 6. Zusammenfassung .............................. ;........................................................ 69 111. Verbrauchbarkeit. ............................................................................................ 69 IV. Ergebnis .......................................................................................................... 70 I. Unentscheidbare Fälle ................................................................................. 70 2. Ambivalenter Sprachgebrauch der Klassiker .............................................. 70 3. Folgerungen ................................................................................................ 71

Kapitel 3

Nachklassisches und justinianisches Recht

72

§ I. Nachklassische Zeit und justinianische Gesetzgebung ........................................... 72 § 2. Griechische Rechtsliteratur der justlnianischen Zeit... ............................................ 72 Teil 3

Gemeines Recht

74

Kapitel J

Glossatoren und Kommentatoren

74

§ I. Neue Bezeichnungen ............................................................................................... 74 I. Pecunia ........................................................................................................... 75 11. Quantitas ......................................................................................................... 75 111. Genus und species ........................................................................................... 76 § 2. Res, quae pondere numero mensura consistunt als austauschbare Sachen ............. 77 I. Theoretische Äußerungen ............................................................................... 77 11. Darlehen von Tieren etc .................................................................................. 77 § 3. Res, quae pondere numero mensura consistunt und Gattungssachen ..................... 78 I. Ambivalenter Sprachgebrauch ........................................................................ 78 11. Die Lehre vom actus ....................................................................................... 79 I. Hugolinus und sein anonymer Vorläufer .................................................... 79 2. Azo und Accursius ...................................................................................... 81 3. Postglossatoren ............................................................................................ 83 IH. Ergebnis .......................................................................................................... 84 § 4. Res, quae pondere numero mensura consistunt und verbrauchbare Sachen .......... 84 I. Legisten bis Accursius .................................................................................... 84 11. Kanonisten vor Hostiensis .............................................................................. 84 111. Hostiensis ........................................................................................................ 86 IV. Odofredus ....................................................................................................... 86 V. Thomas von Aquin.......................................................................................... 88 VI. Weitere Entwicklung bei Theologen und Kanonisten ..................................... 89 VII. Postglossatoren ............................................................................................... 89 VIII. Zusammenfassung ........................................................................................... 91

12

Inhaltsverzeichnis

§ 5. Ergebnisse ............................................................................................................... 91

Kapitel 2

Von der Renaissancejurisprudenz bis zu den Naturrechtskodifikationen

92

§ I. Terminologie ........................................................................................................... 92 I. Res fungibiles .................................................................................................. 93 11. Quantitas ......................................................................................................... 94 § 2. Fungible Sachen als austauschbare Sachen ............................................................. 94 I. Theoretische Äußerungen ............................................................................... 94 11. Praktische Beispiele ........................................................................................ 95 § 3. Res, quae pondere numero mensura constant und Gattungssachen ........................ 96 I. Subjektivierender Sprachgebrauch bei Cujaz ................................................. 96 11. Res, quae pondere numero mensura constant als unkörperliche Sachen ........ 96 111. Ergebnis .......................................................................................................... 99 § 4. Resfungibiles und verbrauchbare Sachen ............................................................... 99 § 5. Ergebnis ................................................................................................................ 101

Kapitel 3

Die Gemeinrechtliche Wissenschaft des 19. Jahrhunderts

102

§ I. Terminologie ......................................................................................................... 102 § 2. Scharfe Abgrenzung der Begriffe ......................................................................... 103 I. 11.

Abkehr von der Gleichsetzung mit der Verbrauchbarkeit ............................. Abkehr vom subjektiven Verständnis ........................................................... I. Fortbestand der traditionellen Ambivalenzen ........................................... 2. Scharfe Trennung der Begriffe durch Goldschmidt .................................. III. Die Definition von § 91 BGB ....................................................................... § 3. Neue Anwendungen .............................................................................................. § 4. Ergebnis ................................................................................................................

103 103 103 105 106 107 107

Teil 4

Vertretbare Sachen im Bürgerlichen Gesetzbuch

109

Kapitell

§91BGB

110

Kapitel 2

Darlehen und Verwandtes

110

§ 1. Römisches mutuum und BGB-Darlehen .................................... ........................... 110 § 2. Abdingbarkeit des Vertretbarkeitserfordernisses .................................................. 111 § 3. Bestimmung des anwendbaren Rechtes................................................................ 111 I. Darlehen und Tausch .................................................................................... 112 11. Darlehen und Leihe, Miete und Pacht. .......................................................... 113

Inhaltsverzeichnis I. Überlassung vertretbarer Sachen ............................................................... a) WiedervelWendbare Verpackungen ....................................................... b)"Leihe" im Alltag .................................................................................. c) Ergebnis ................................................................................................. 2. Überlassung nicht vertretbarer Sachen ...................................................... § 4. Unregelmäßige VelWahrung ................................................................................. § 5. Ergebnis .......................................... :.....................................................................

13 113 113 114 115 115 116 117

Kapitel 3

Abwicklung der Minderung § 1. Entstehung des § 473 BGB ................................................................................... § 2. Auslegung des Tatbestandselements "vertretbare Sachen" ................................... § 3. Exkurs: Der Streit um die Anwendung von § 473 BGB bei Gegenleistungen in vertretbaren Sachen ....................... :....................................................................... § 4. Ergebnis ................................................................................................................

117 118 118 120 121

Kapitel 4

Werklieferungsvertrag § 1. § 651 BGB und seine Geschichte .......................................................................... I. Wurzeln von § 651 12 BGB ......................................................................... II. Die Interpretation von § 651 I 2 BGB ........................................................... § 2. Kritik der Gesetzesfassung .................................................................................... I. § 651 12 und § 91 BGB ................................................................................ II. Konsequenzen aus der Abweichung von § 91 BGB ..................................... III. Bedeutungsverlust für das Abgrenzungskriterium ........................................ § 3. Ergebnis ................................................................................................................

121 122 122 125 125 125 127 129 129

Kapitel 5

Beiträge zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts § 1. Bedeutung von § 706 II 1 BGB ............................................................................ § 2. Die Entstehung der Vorschrift .............................................................................. I. Römisches und Gemeines Recht.. ................................................................. 11. Der Ansatz des Mudaeus ............................................................................... III. Entwicklung im 19. Jahrhundert ................................................................... § 3. Heutige Bedeutung der Vertretbarkeit im Tatbestand von § 706 11 1 BGB .......... I. Berechtigung der Vermutung bei vertretbaren Sachen ................................. 11. Position der modemen Rechtswissenschaft .................................................. IH. Lösungsvorschlag ......................................................................................... § 4. Exkurs: Der Streit um § 1183 ABGB ................................................................... § 5. Ergebnisse .............................................................................................................

IlQ

130 131 131 132 133 135 136 138 138 139 140

14

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 6 Anweisung § \. Die Entstehungsgeschichte von §§ 783 BGB und 363 I I HGB ........................... § 2. Die Interpretation des Vertretbarkeitserfordemisses ............................................. I. Di~ Entstehung der herrschenden Lehre ....................................................... II. Gründe für die Beschränkung auf Gattungsleistungen ................................. § 3. Die Berechtigung des Vertretbarkeitserfordemisses ............................................. § 4. Die materielle Bedeutung des Vertretbarkeitserfordemisses ................................. § 5. Ergebnis ................................................................................................................

140 140 143 143 144 147 148 149

Kapitel 7 Resümee

150

Teil 5 Schluß

152

Kapitell Thesen

152

Kapitel 2 Ausblick

153

Literaturverzeichnis .................................................................................................. 154 Quellenverzeichnis ..................................................................................................... 167 Sachverzeichnis .......................................................................................................... 171

Abkürzungsverzeichnis ABGB

(österreichisches) Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch

ADHGB

Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch

AcP

Archiv fur die civilistische Praxis

a. F.

alter Fassung

AHDOIRIDA

Archives d'histoire du droit oriental I Revue internationale des droits de I' antiquite

Alf

Alfenus

ALR

(preußisches) Allgemeines Landrecht

Art.

Artikel, Articulus

art.

articIe, articolo

aur

aureorum

B.

Basilica

Bd.

Band

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGE

Entscheidungen des schweizerischen Bundesgerichts

BGH

Bundesgerichtshof

BGHZ

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen

BIDR

Bullettino dell'Istituto di Diritto Romano

BS.

Basilicorurn Libri LX, Series B (Scholia) hg. V. H. J. ScheIterna, N. van der Wal, D. Holwerda, Groningen, Djakarta, S'Gravenhage 1953ff..

c., cap.

capitulum

C.

Causa

C.

Codex

Cass. civ.

Cour de Cassation, chambre civile

Cass. com.

Cour de Cassation, chambre comrnerciale

Cc

Code civil

CChr

Corpus Christianorum

CMG

Corpus medicorum graecorum

D.

Digesta

D.

Recueil Dalloz Sirey de doctrine, de jurisprudence et de legislation

de praed

de praediatoribus

ders.

derselbe

16 dig

Abkürzungsverzeichnis digestorum

Diocl

Diocletianus

disp

disputationum

diss.

dissertatio

Dist.

Distinctio

Dig. Veto

Digestum Vetus

EI

1. Entwurf zum BGB

Eil

2. Entwurf zum BGB

ed

ad edictum

ED

Enciclopedia deI diritto

ed prov

ad edictum provinciale

En.

Endnote

ep

epistolarum

epit

epitomatorum

etc.

et cetera

f.

folio

f.

folgende

ff.

fortfolgende

fid.

fideicommissorum

Fn.

Fußnote

FS

Festschrift

Gai

Gaius

gl.

glossa

GroßkommHGB

Großkommentar zum Handelsgesetzbuch

GrünhutsZ

Zeitschrift für das Privat- und öffentliche Recht der Gegenwart

HansGZ

Hanseatische Gerichtszeitung

HansOLG

Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg

Hg.

Herausgeber

hg.

herausgegeben

HGB

Handesgesetzbuch

h. I.

hocloco

I.

Institutiones (lustiniani)

Infort.

Infortiatum

Inst.

Institutiones

lul

lulianus

lust

Iustinianus

J.

Jurisprudence

JBI.

Juristische Blätter

Abkürzungsverzeichnis JheringsJahrb

(Jherings) Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts

jur.

juris

JW

Juristische Wochenschrift

JZ

Juristenzeitung

leg Falc

ad legern Falcidiam

lib.

Liber

Lic Rutin

Licinnius Rufinus

LZ

Leipziger Zeitschrift

Maec

Maecianus

Max

Maximianus

MH

Museum Helveticum

MK

Münchener Kommentar (s. Literaturverzeichnis)

MPG

Migne, Patrologia Graeca

m.w.N.

mit weiterem Nachweis

n. F.

neuer Fassung

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

o. ä.

oder ähnlich

OGH

(österreichischer) Oberster Gerichtshof

OLG

Oberlandesgericht

p.

pars

Pap

Papinianus

17

Paul

Paulus

PLRE

Prosopography ofthe Later Roman Empire (s. Literaturverzeichnis)

Pomp

Pomponius

PrObTrE

Entscheidungen des preußischen geheimes Obertribunals

Prot.

Protokolle

prov

provinciale

quaest

quaestionum

quaest.

quaestio

Quint Muc

ad Quintum Mucium

r.

recto

reg

regularum

Rep. Foro it.

Repertorio del Foro italiano

rer. pol.

rerum politicarum

RG

Reichsgericht

RGBI.

Reichsgesetzblatt

RGRK

Reichsgerichtsrätekommentar (s. Literaturverzeichnis)

RGZ

Entscheidungen des Reichsgerichts

2 Rüfner

Abkürzungsverzeichnis

18 ROHG

Reichsoberhandelsgericht

ROHGE

Entscheidungen des Reichsoberhandelsgerichts

Rspr.

Rechtsprechung

Sab

ad Sabinum

Sap.

Sapientia Salomonis

Schol. Sinait.

Scholia Sinaitica

Scr.

Scritti

St.

Studi

s. v.

sub voce

SZ

Entscheidungen des österreichischen Obersten Gerichtshofs in Zivilund JustizvelWaltungssachen

SZ

Zeitschrift der Savigny-Stiftung rur Rechtsgeschichte, Romanistische Abteilung

TR

Tijdschrift voor rechtsgeschiedenis

Tract.

Tractatus

TrGrFrg

Tragicorum graecorum fragmenta

Ulp

Ulpianus

v.

verso

v.

von

WM

Wertpapiermitteilungen

X

Liber Extra

z. B.

zum Beispiel

ZEuP

Zeitschrift rur Europäisches Privatrecht

ZGR

Zeitschrift rur geschichtliche Rechtswissenschaft

ZIP

Zeitschrift rur Insolvenzpraxis und Wirtschaftsrecht, ab 1983: Zeitschrift rur Wirtschaftsrecht

ZPO

Zivilprozeßordnung

Teil 1

Grundlagen Kapitel J

Der Gegenstand der Untersuchung: Vertretbare Sachen § 1. Vertretbare Sachen im geltenden deutschen Recht "Vertretbare Sachen im Sinne des Gesetzes sind bewegliche Sachen, die im Verkehre nach Zahl, Maß oder Gewicht bestimmt zu werden pflegen." Mit diesen Worten defmiert § 91 BGB den Ausdruck "vertretbare Sachen". Die Wendung wird im BGB in §§ 473 S. 1,607 I und 11,651 12,700 11 und 2, 706 11 1 und 2 und 783 verwandt. Sie fmdet sich auch im HGB (§§ 363 I 1, 381 11, 419 I), in der ZPO (§§ 592 S. 1, 794 I 1 Nr. 5, 884) und zahlreichen weiteren Gesetzen. Die Kategorie der vertretbaren Sachen spielt also in der deutschen Rechtsordnung und namentlich im bürgerlichen Recht eine nicht unbedeutende Rolle. Eine Untersuchung, die die genaue Bedeutung des Begriffs in seiner historischen Entwicklung aufklären und feststellen will, welchen Beitrag die Kategorie, die § 91 BGB zur Verfügung stellt, bei der Lösung konkreter Rechtsprobleme leistet, erscheint insofern gerechtfertigt. Allerdings sind zunächst keine Probleme erkennbar. Die Bedeutung der Legaldefmition ist unstreitig. "Vertretbare Sachen" sind solche, die zu einer Gattung gehören, bei der unter den einzelnen zugehörigen Stücken keine, oder keine im Verkehr beachtlichen Unterschiede bestehen. Vertretbarkeit bedeutet demnach mangelnde Individualität und gegenseitige Austauschbarkeit der einzelnen Stücke I. Ob eine Sache in diesem Sinn vertretbar ist, bestimmt sich objektiv, nach der Verkehrsanschauung. Vertretbarkeit ist nicht mit der Bestimmung nur der Gattung nach zu verwechseln2 • Auch dürfen die vertretbaren Sachen nicht mit den in § 92 BGB definierten verbrauchbaren Sachen verwechselt werden3 •

1 Vgl. MK3IHolch Rz. 1 zu § 91; SoergeP 2/Mühl Rz. 1 zu § 91; StaudingerIJ/Dilcher Rz. 1 zu § 91. 2 MK3IHolch Rz. 7 zu § 91; Soergel l2 /Mühl Rz. 4 zu § 91; StaudingerIJ/Dilcher Rz. 6 zu § 91. 3 Darauf weist Staudinger l3 /Dilcher Rz. 2 zu § 92 hin.

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Teil 1: Grundlagen

§ 2. Res, quae pondere numero mensura constant So wenig, wie im modemen deutschen Recht alternative Interpretationen des Ausdrucks vertretbare Sachen zur Diskussion stehen, so unverändert scheint das Konzept auch durch die Zeiten gegangen zu sein. In den römischen Rechtsquellen kann man lesen, als Darlehen (mutuum) könnten nur res, quae pondere numero mensura constant, bzw. res, quae pondere numero mensura consistunf gegeben werden. In dem Zusammenhang, in dem § 607 I den Ausdruck vertretbare Sachen gebraucht, verwenden die römischen Juristen eine Definition, welche der vor die Klammer gezogenen Legaldefmition des § 91 BGB genau entspricht: Zahl, Maß und Gewicht erscheinen - lediglich in veränderter Reihenfolge und lateinischer Sprache - wieder als pondus, numerus und mensura. Auch die Bedeutung der Defmition scheint sich nicht verändert zu haben. Es wird allgemein angenommen, daß res, quae pondere numero mensura constant Sachen sind, die objektiv innerhalb ihrer Gattung austauschbar sind, weil den einzelnen Stücken individuelle Merkmale fehlen 6 • So wendet man unbefangen den Ausdruck "vertretbare Sachen" auch auf die res, quae pondere numero mensura constant des römischen Rechtes an7 • Der Gegenstand dieser Untersuchung erscheint also als in jeder Hinsicht unproblematisch. Die Kontinuität mit den res, quae pondere numero mensura constant des antiken römischen Rechtes könnte eine Erklärung fiir die Einhelligkeit der Interpretation im modemen Recht sein: Welche Fragen sollten bei einer Kategorie, die sich seit fast 2000 Jahren bewährt, noch offen sein?

§ 3. Gründe zum Zweifel Erste Zweifel an dem bisher vorgefiihrten Bild können sich ergeben, wenn man die Vielzahl von Funktionen betrachtet, die der Begriff der vertretbaren Sachen im deutschen Recht erfüllen soll: Allein im BGB soll er bei der Berechnung der Kautpreisminderung (§ 473 S. 1), der Abgrenzung von Kauf- und Werkvertragsrecht innerhalb des Anwendungsbereichs des Werklieferungsvertrages (§ 651 I 2) und der sachenrechtlichen Zuordnung von Beiträgen zur GbR (§ 706 II 1 und 2) von Bedeutung sein. Liegt es nicht nahe, daß so unterschied-

So u. a. I. 3,14pr. So die Formulierung von D. 12,2,1,1 Paul28 ed. 6 Vgl. Kaser, RPR § 93, S. 382; besonders deutlich in der Abgrenzung von res, quae pondere numero mensura constant und den gattungsmäßig bestimmten Sachen: Astuti ED XI, 12; Bei KunkellMayer-Maly § 37 VI S. 84 scheint ebenfalls ein objektives Verständnis zugrundezuliegen, doch findet sich dort die angesichts z. B. von D. 31,66,3 Pap 17 quaest überraschende Aussage, daß nur vertretbare Sachen als Gegenstand einer Gattungsschuld, insbesondere eines Gatttungsiegats in Betracht kommen. 7 Vgl. z. B. Kaser, RPR 12 § 93 S. 382; KunkellHonsell § 111 S. 296. 4

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Kapitell: Der Gegenstand der Untersuchung: Vertretbare Sachen

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liehe Vorschriften mit so unterschiedlichen Zwecken eine einheitliche Auslegung erschweren? Die Zweifel verstärken sich, wenn man einen Blick auf ausländische Rechtsordnungen wirft. Die scheinbare Kontinuität zwischen dem römischen und dem geltenden deutschen Recht läßt erwarten, daß die Rechtsordnungen unserer Nachbarn, die ebenfalls auf dem römischen Recht bzw. dem lus Commune basieren, den Anwendungsbereich des Darlehens ähnlich umschreiben wie § 607 I und § 91 BGB. Es müßte sich in den entsprechenden Vorschriften ein inhaltlich ähnlicher Begriff wie "vertretbare Sachen" fmden. Diese Erwartung bestätigt sich nicht. Der französische Code civil spricht in art. 1892 von choses qui se consomment par I 'usage, das niederländische Burgerlijk Wetboek nennt verbruikbare goederen (art. 1791) und das österreichische ABGB verbrauchbare Sachen (§ 983) als Gegenstand des Darlehens. Der trotz seiner Entstehung unter sozialistischer Herrschaft in Aufbau und Inhalt an der gemeinrechtlichen Tradition ausgerichteteS polnische Kodeks cywilny (Zivilgesetzbuch von 1964) umschreibt hingegen die Objekte des Darlehensvertrages mit der Wendung ilosc. .. rzeczy oznaczonych tylko co do gatunku (eine Menge von ... nur der Gattung nach bestimmten Sachen, art. 720 § 1 KC). Die ZivilrechtskodifIkationen der unmittelbaren Nachbarn Deutschlands stellen also beim Darlehen an die Stelle der vertretbaren Sachen gerade die Begriffe, gegen die diese Kategorie in Deutschland abgegrenzt wird: die verbrauchbaren Sachen einerseits und die nur der Gattung nach bestimmten Sachen andererseits. Damit stellt sich die Frage, wie es zu so großen Unterschieden unter den auf dem lus Commune basierenden Rechtsordnungen kommt, obwohl die Übereinstimmung des Begriffs der vertretbaren Sache nach § 91 BGB mit dem herrschenden Verständnis der römischen Defmition res, quae pondere numero mensura constant darauf hinzuweisen scheint, daß es sich um einen Begriff handelt, der vom klassischen römischen Recht bis heute keine Veränderung erfahren hat. Auch ist zu untersuchen, welche materiellen Unterschiede zwischen den verschiedenen Formulierungen bestehen. Eine Untersuchung der geschichtlichen Vorläufer der Kategorie der vertretbare Sache und des Verständnisses, das mit ihnen jeweils verbunden wurde, scheint lohnend, ebenso eine Analyse der Rolle, die der in § 91 BGB defmierte Begriff in den Vorschriften hat, die ihn verwenden. Die aufgeworfen Fragen betreffen die Rechtsgeschichte, deren Resultat die Kategorie der vertretbaren Sachen nach § 91 BGB und die abweichenden Formulierungen und Begriffe der Nachbarrechte sind, und das geltende Recht. Diese Untersuchung geht davon aus, daß zwischen beiden Gegenständen ein Zusammenhang besteht und wird beide behandeln.

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Vgl. die Angaben bei GalIa Osteuropa-Recht 12 (1964) 91, 95.

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Teil 1: Grundlagen

Kapitel 2

Zum Sprachgebrauch Die gestellte Aufgabe besteht zu einem guten Teil darin, den genauen Inhalt eines Begriffes und die genaue Bedeutung von Bezeichnungen in verschiedenen Sprachen und aus verschiedenen Epochen zu klären. Dazu ist eine exakte Bestimmung des eigenen Sprachgebrauches erforderlich: Wie hinsichtlich der römisch-rechtlichen res, quae pondere numero mensura constant bereits erwähnt, wird vielfach der modeme Ausdruck vertretbare Sachen auch fiir die rechts geschichtlichen Vorläufer dieser Kategorie verwendet. Ob diese Praxis angemessen ist, ist eine der Fragen, die diese Arbeit erst beantworten will. Daher werden die Begriffe, die den Gegenstand der Untersuchung bilden, jeweils mit dem Ausdruck bezeichnet, der für sie zu der Zeit und an dem Ort, wo sie gebräuchlich waren, benutzt wurde. Der Ausdruck "vertretbare Sache" ist folgerichtig der Darstellung der deutschen Rechtsentwicklung im 19. Jahrhundert und den Überlegungen zum geltenden Recht vorbehalten. Wo im Kontext der rechtsgeschichtlichen Überlegungen ein sachlich mit der modemen Auffassung von "vertretbaren Sachen" übereinstimmendes Verständnis gemeint ist, wird von objektiv austauschbaren Sachen bzw. objektiver Austauschbarkeit gesprochen werden. Wie bereits angedeutet, spielt das Verhältnis der vertretbaren Sachen und ihrer historischen Vorläufer zu benachbarten, aber nach moderner Auffassung nicht identischen Begriffen eine große Rolle. Bei deren Bezeichnung muß nicht ganz die gleiche Sorgfalt angewendet werden wie bezüglich der vertretbaren Sachen und ihrer historischen Vorläufer. Der Ausdruck verbrauchbare Sachen wird daher auch für die res, quae usu consumuntur des römischen und die res consumptibiles des Gemeinen Rechtes verwendet. In Abgrenzung zu dem objektiven Kriterium der Austauschbarkeit wird von einem subjektiven Verständnis gesprochen, soweit die Subsumtion einer Sache unter einen Begriff von der Art eines konkreten Rechtsverhältnisses und besonders einer Abmachung oder Handlung der daran Beteiligten abhängt. Dies ist insbesondere bei der gattungsmäßigen Bestimmung einer Sache der Fall, die vorliegt, wenn im konkreten Fall eine Gattungsschuld besteht. Sachen, die nur der Gattung nach bezeichnet sind, können auch als Gattungssachen bezeichnet werden.

Teil 2

"Vertretbare Sachen" in der Antike Kapitel J

Altorientalisches und griechisches Recht In den nicht römischen Rechten des Mittehneerraumes fehlt es an wissenschaftlichen Auseinandersetzungen und vor allem an abstrakten Begriffsbildungen im Bereich des Rechts. Es ist daher keine Überraschung, daß keines dieser Rechte einen Begriff kennt, der dem der vertretbaren Sache im Sinn von § 91 BGB entspricht oder auch nur verwandt ist. Das Darlehen hingegen, der prominenteste Anwendungsfall für den Begriff der vertretbaren Sache im modemen Recht, ist ein sehr altes Geschäff.

Im Bereich der Keilschriftrechte kommen Geld und Getreide als Darlehensgegenstände vor lO • In den Gesetzessammlungen werden Silber (Geld) und Getreide oft in Regelungen des Darlehens l !, aber auch in anderen Kontexten l2 als gleichwertige Tatbestandsalternativen nebeneinandergestellt. Schon in dieser archaischen Epoche der Rechtsgeschichte scheinen also die möglichen Gegenstände des Darlehens in der Gesetzestechnik zu einer besonderen Gruppe von Sachen zusammengefaßt zu werden. Für das - wegen der reichen Papyrifunde besonders ergiebige - Recht des hellenistischen Ägypten läßt sich feststellen, daß der Ausdruck Darlehen (öavelOv) auf die Überlassung eines begrenzten Kreises von Gegenständen beschränkt ist. Diese Sachen sind neben Geld Naturprodukte wie Getreide, Wein, Ölfrüchte, Rohmetall u. ä. 13 • Sie sind austauschbar l4 , aber auch verbrauchbar. Gebrauchsüberlassungsverhältnisse bezüglich anderer Sachen kön-

So Haase, Einführung in das Studium keilschriftlicher Rechtsquellen 86. Vgl. Haase, Einführung in das Studium keilschriftlicher Rechtsquellen 89. 11 Vgl. Codex Hammurapi §§ O-R (Haase, Die keilschriftlichen Rechtssammlungen in deutscher Fassung2 40); Edikt Ammi-saduqas §§ 4,6,7 (Haase, Die keilschriftlichen Rechtssammlungen in deutscher Fassung2 62). 12 Vgl. Codex Hammurapi §§ 113-115 (Haase, Die keilschriftlichen Rechtssammlungen in deutscher Fassung 2 42). J3 Vgl. Rupprecht, Untersuchungen zum Darlehen 21. 14 Vgl. Rupprecht, Untersuchungen zum Darlehen 6. 9

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Teil 2: "Vertretbare Sachen" in der Antike

nen zwar rechtlich sehr ähnlich ausgestaltet sein l5 , heißen aber im Griechischen nicht Mvewv. Vielmehr wird namentlich die Überlassung von Vieh mit der Abrede, daß nicht notwendig dieselben Tiere, aber die gleiche Zahl von Köpfen zurückzugeben ist (Eisernviehvertrag), stets als f.L (OßWOlC; bezeichnet l6 • Schon in den Keilschriftrechten und in den griechischen Rechten gibt es eine Tendenz, bestimmte landwirtschaftliche Produkte mit Edelmetall bzw. Geld zu einer besonderen Sachgruppe zusammenzufassen. Die betroffenen Gegenstände zeichnen sich durch ihre Austauschbarkeit und ihre Verbrauchbarkeit aus. Ein Name rur die Gruppe der darlehensfahigen Sachen ist ebensowenig überliefert wie eine abstrakte Definition der Eigenschaften, welche diese Sachen auszeichnen. Nur in bezug auf die Gesamtheit der als darlehensfahig überlieferten Stoffe läßt sich also eine schon bei den vorrömischen Rechten des Mittelmeerraums beginnende Kontinuitätslinie bis zu §§ 91 und 607 BGB ziehen.

Kapitel 2

Klassisches römisches Recht Nach diesem Blick auf die "vertretbaren Sachen" avant le mot der vorrömischen antiken Rechte, kann sich die Untersuchung dem klassischen römischen Recht zuwenden. Ist die Bedeutung der Wendung res, quae pondere numero mensura constant (0. ä.) wirklich dieselbe, die das deutsche Zivilrecht mit dem Ausdruck vertretbare Sachen verbindet, oder näherte sich womöglich das römische Verständnis der Defmition den im modernen Recht benachbarten Konzepten der Gattungssache und der verbrauchbaren Sache an?

§ 1. Das Material Die richtige Interpretation der genannten Defmition und ihrer Varianten ist die Hauptaufgabe, die sich bezüglich des klassischen römischen Rechts in dieser Untersuchung stellt. Zunächst ist zu bestimmen, welche Quellenäußerungen zur Ermittlung der Bedeutung der Defmition herangezogen werden können.

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7.

Vgl. Simon SZ 82 (1965) 51 N. 44. Vgl. v. Bo\1a-Kotek, Untersuchungen zur Tiermiete und Viehpacht im Altertum2

Kapitel 2: Klassisches römisches Recht

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J. Vorkommen von pondus, numerus und mensura

in den römischen Rechtsquellen

Insgesamt fmdet sich eine Defmition mit Hilfe der drei Wörter pondus, numerus und mensura in den Quellen des antiken römischen Rechts 21 mal. Von diesen 21 Quellenzeugnissen stammen zwei aus den Gaius-Institutionen 17, eines aus der Epitome Gai 18 , eines aus den Institutionen Justinians 19, elf aus den Digesten20 , zwei aus dem Codex2 1, zwei aus Ulpiani Epitome22 , eines aus dem Fragmentum Vindobonense der ulpianischen Institutionen23 und eines aus der Lex Romana Burgundionum24 • Zwei Stellen aus den Digesten2S und eine aus den Institutionen des Gaius26 , die ähnliche Wendungen enthalten, ohne eine einheitliche Kategorie von Gegenständen über die drei Begriffe Zahl, Maß und Gewicht zu defmieren, sollen außer Betracht bleiben, da sie sichere Schlüsse auf die Bedeutung der triadischen Defmition nicht zulassen. Von den genannten 21 Stellen geben alle, bis auf das Fragment aus der Lex Romana Burgundionum, zumindest potentiell klassische Rechtszustände wieder und können daher - unter Berücksichtigung ihres historischen Standortes zur Ermittlung der Bedeutung der Definition bei den klassischen Juristen herangezogen werden.

II. Andere Bezeichnungen?

HeumanniSeckel geben an, daß "der Inbegriff gewisser nach Maß, Zahl oder Gewicht bestimmter Sachen" quantitas heißen kann27 • Als Belege werden D. 12,1,6, D. 30,34,3, D. 46,3,94,1 und D. 7,1,15,4 genannt. Sie sehen also - in gewissen Kontexten - quantitas als gleichbedeutend mit res, quae pondere numero mensura constant an. Auch Savigny war der Ansicht, daß quantitas

Gai Inst 2,196; 3,90. EG 2,9,1. 191. 3,14pr. 20 D. 5,1,38 Lic Ruf 4 reg; 12,1,2,1 u. 3 Paul 28 ed; 18,1,35,5 Gai 10 ed prov; 23,3,42 II ed prov; 30,30pr Ulp 19 Sab; 30,34,6 Ulp 21 Sab 30,47,1 Ulp 22 Sab; 35,2,1,7 Paul I leg Fa\c; 35,2,30,3 Maec 8 fid; 44,7,1,2 Gai 2 aur; 45,1,115pr. Pap 2 quaest. 21 C. 4,18,2,1 u. Ib lust; 5,13,7 lust. 22 UE 6,8; 24,7. 23 Frag. Vind. 2,1. 24 LRB 22,7. 25 D. 6,1,6; D. 13,3,1. 26 Gai Inst. 3,175. 27 HeumanniSeckel 10 s. v. quantitas 483f. 17

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Teil 2: "Vertretbare Sachen" in der Antike

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diese Bedeutung annehmen kann und berief sich auf D. 30,34,3 und - in zweiter Linie - aufD. 7,1,15,4 und D. 46,3,94 28 • D. 7,1,15,4 VIp 18 Sab behandelt das Legat eines ususfructus von Kleidern. Von diesem Nießbrauch wird erwogen, daß er ein quantitatis ususfructus29 sein könnte. In diesem Sprachgebrauch läge allenfalls dann ein Beleg fiir die Verwendung von quantitas im Sinne von res, quae pondere numero mensura constant, wenn gesichert wäre, daß Kleider zu den res, quae pondere numero mensura constant gehören. Das ist aber den Quellen nicht zu entnehmen. D. 46,3,94,1 Pap 8 quaest bezieht sich auf eine Geldsumme. Geld gehört zwar zu den res, quae pondere numero mensura constanfO, dennoch kann die Stelle nicht beweisen, daß quantitas fiir alle res, quae pondere numero mensura constant stehen kann. Überdies läßt quantitas sich in Papinians Satz zwanglos mit der Grundbedeutung des Wortes "Menge" wiedergeben3 !. Ähnliches gilt für D. 30,34,3 Ulp 21 Sab. Im Fortgang des Fragments kommt Ulpian zwar auf das, quod pondere numero mensura continetur, zu sprechen (§ 6), zunächst denkt er aber ausweislich des § 4 nur an Geld. In D. 12,1,6 Paul28 ed geht es um die Defmition des fiir das römische Prozeßrecht bedeutenden Begriffs des certum. Paulus führt aus: Certum est, cuius species vel quantitas, quae in obligatione versatur, aut nomine suo aut ea demonstratione quae nominis vice fungitur qualis quantaque sit ostenditur.

Man nimmt an, daß im römischen Recht der Obligations inhalt als ein certum angesehen wurde, wenn es sich entweder um eine individuell bestimmte Sache handelte oder um nur der Gattung nach bezeichnete res, quae pondere numero mensura constant, sofern deren Menge genau bestimmt war32 • Diese Regel kann man in der Äußerung des Paulus ausgesprochen sehen. Allerdings benutzen weder Paulus in D. 12,1,6 noch andere römische Juristen den Ausdruck res, quae pondere numero mensura constant (0. ä.), um den Kreis der Gegenstände zu bezeichnen, bei denen die Angabe der Menge (statt der Bezeichnung einer bestimmten Sache) ausreicht, damit von einem certum gesprochen werden kann. Doch selbst wenn man die These akzeptiert, daß die Alternative, in der die Bezeichnung der quantitas, quae in obligatione est ausreicht, sich auf res, quae pondere numero mensura constant bezieht, so bleibt doch festzuhalten, daß quantitas von Paulus nicht synonym für die Sache(n), welche den Obligationsinhalt bildet oder bilden, gebraucht wird. Vielmehr ist die quantitas nur

VgJ. v. Savigny, System des heutigen römischen Rechts VI 123 N. (b). Vermutlich ist damit der quasi ususfructus gemeint, der an verbrauchbaren Sachen begründet werden konnte. VgJ. Grosso, Usufrutto e figure affini nel Diritto Romano2 30 I, der die Klausel für einen nachklassischen Einschub hält. 30 VgJ. die Beispiele, die I. 3,14pr aufgezählt werden. 31 Schilling/Sintenis IV 762 schreiben "Summe". 32 VgJ. Kaser, RPR 12 § 115 II12 S. 492. 28 29

Kapitel 2: Klassisches römisches Recht

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eine Eigenschaft dieser Sache(n) (cuius quantitas... ostenditur). Auch an dieser Stelle ist daher quantitas mit Menge zu übersetzen. Es gibt keinen Beleg dafiir, daß quantitas als Synonym fiir die Defmition res, quae pondere numero mensura constant und deren Varianten gebraucht wird. Da quantitas Menge bedeutet, kann das Wort natürlich auch eine Menge von res, quae pondere numero mensura constant bezeichnen. Quantitas und res, quae pondere numero mensura constant sind aber nicht zwei Ausdrücke fiir denselben Begriff. Daher muß diese Untersuchung Quellenbelege, die von quantitas sprechen, nicht einbeziehen, um sicherzustellen, daß die möglichen Bedeutungen der Wendung res, quae pondere numero mensura constant (u. ä.) vollständig erfaßt werden. Andere Ausdrücke, die als Synonyme fiir die Defmition res, quae pondere numero mensura constant und ihre Varianten in Betracht kommen, sind nicht ersichtlich33 • Die Untersuchung wird sich daher auf die Ermittlung der Bedeutung dieser Defmition beschränken. Auch Quellenaussprüche, die sich auf Sachen beziehen, die an anderer Stelle zu den res, quae pondere numero mensura constant gezählt werden, ohne sie so zu bezeichnen34 , werden grundsätzlich nicht verwendet, da sie kein allgemeinen Aussagen über die res, quae pondere numero mensura constant als solche zulassen.

§ 2. Der Wortsinn der Definition Es ist also die Bedeutung der Defmition res, quae pondere numero mensura constant (u. ä.) zu ermitteln. Dazu soll zunächst isoliert ihr Wortlaut betrachtet werden, ehe die Kontexte, in denen die Defmition jeweils steht, analysiert werden. Da die exakte Wortwahl der klassischen Jurisprudenz untersucht werden soll, können die Gaius-Institutionen und die Digestenfragmente, mit Vorsicht auch die Institutionen Justinians, die Epitomen des Gaius und des Ulpian und das Fragmentum Vindobonense einbezogen werden. Hingegen sind die beiden Codex-Stellen auszuscheiden, da sie zwar vom älteren Recht berichten, in ihrer Formulierung aber justinianisch sind. Die Defmition der Sachkategorie besteht (außer in D. 35,2,1,7) aus einem Bezugswort und einem Relativsatz. Der Relativsatz enthält neben dem Relativ-

33 Laut Astuti ED XI, 12 sprechen die Quellen auch von genera. Die von Astuti angeführten QueIlen stützen diese Behauptung nicht; das gilt besonders für D. 45,1,54, wo die Gattungsschuld über zwei Sklaven behandelt wird. Bonfante, Corso di diritto romano II 92 spricht ebenfaIls von genera als von den Römern verwendeter Bezeichnung, nennt aber keine Quellenbelege. 34 Z. B. D. 19,2,31 Alf 5 dig a Paul epit und D. 34,2,34 Pomp 9 Quint Muc (denen z. B. Karlowa GrünhutsZ 16 (1889) 418 Bedeutung zumißt), oder D. 46,3,29 VIp 38 ed.

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Teil 2: "Vertretbare Sachen" in der Antike

pronomen als Subjekt die drei bestimmenden Wörter pondus, numerus und mensura und von Stelle zu Stelle verschiedene Verben an der Prädikats stelle.

/. Res, haec, quid, id, ea elc. Das genus proximum, aus dem die Defmition ihren Gegenstand durch einen Relativsatz heraushebt, welcher die durch Zahl, Maß und Gewicht geprägte differentia specijica zum Ausdruck bringt, wird in den meisten Fällen mit dem Plural res in den verschiedenen Deklinationsformen bezeichnef s. Zweimal wird das Wort haec (neutr. pI. v. hic, haec, hoc) in verschiedenen Casus verwendef 6 . Ebenfalls zweimal wird die Defmition mit einem nominalen Relativsatz ohne Bezugswort im Hauptsatz benutzf7 • Je einmal erscheint üf 8 und der Plural ea 39 , (ali)quid aliucf°, omne41 und dOS 42 • Der letztere Fall stellt eine Verengung der Defmition auf das Rechtsinstitut der dos dar. Im übrigen bedeutet der Wechsel der Bezugswörter keine erhebliche Bedeutungsverschiebung. Das häufigste Bezugswort res hat in der römischen Rechtssprache eine so weite Bedeutung, daß in seiner Ersetzung durch ein noch farbloseres Pronomen keine nochmalige Ausdehnung des Anwendungsbereiches liegt. Auch der Wechsel von Singular und Plural muß nicht so verstanden werden, daß dort, wo der Singular steht, nur ein einzelnes Stück ins Auge ge faßt wird. Vielmehr kann bald eine Menge im Singular, bald eine Vielzahl von Einzelstücken im Plural angesprochen werden. Auf eine erhebliche Bedeutungsverschiebung ist daher aus der Veränderung der Formulierung für sich nicht zu schließen.

JI. Pondus, numerus, mensura Die Trias von pondus, numerus und mensura - Zahl, Maß und Gewicht wird in der Abfolge und der grammatischen Form (Ablativ Singular) einheitlich gebraucht. Meist stehen die drei Begriffe asyndetisch nebeneinander, nur

35 Gai Inst 2,196; 3,90; I. 3,14pr; EG 2,9,1; Frag. Vind. 2,1; D. 12,1,2,1 u. 3; 23,3,42; 44,7,1,2; UE 24,7. 36 D. 18,1,35,5; 35,2,20,3. 37 D. 5,1,38; 45,1,115pr. 38 D. 30,47, \. 39 D. 30,30pr. 40 D. 30,34,6. 41 D. 35,2,1,7. 42 UE 6,8.

Kapitel 2: Klassisches römisches Recht

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in drei Fällen43 wird die Konjunktion -ve an das letzte Glied angehängt und einrnal44 werden die drei Wörter durch aut verbunden. Während die übrigen Elemente der Defmition wechseln, bleibt die Begriffstrias nahezu unverändert. Schon dadurch erweist sie sich als der prägende Bestandteil der Wendung. Lange bevor sie in der römischen Rechtssprache eine Rolle zu spielen beginnen, kommen die drei Wörter Zahl, Maß und Gewicht (aQtß~6c;, ~i'tpov, a'taß~6c;), in der griechischen Literatur auffallend häufig gemeinsam vor4S • Es kann davon ausgegangen werden, daß die römischen Juristen ihre Formulierung von diesen griechischen Vorbildern entlehnten46 • Daher fragt sich, ob der Sprachgebrauch der griechischen Schriftsteller Hinweise darauf geben kann, welche Bedeutung die Trias von Zahl, Maß und Gewicht im römischen Recht hat. Die Formel ist seit dem 5. vorchristlichen Jahrhundert belegt47 • In dieser Zeit kam ein Streben nach technischer Exaktheit (aKp(ßEta) in allen Bereichen auf. Die Formel von Zahl, Maß und Gewicht drückt dieses Ideal aus48 • Genaues Messen, Zählen und Wiegen wurde als Ideal in der Medizin, als Voraussetzung gedeihlichen Wirtschaftens und allgemein als Grundlage von Gleichheit und Gerechtigkeit in der Gesellschaft49 gepriesen. Die Übernahme der Formel in die lateinische Rechtssprache muß aber viel später stattgefunden haben. Der älteste Jurist, der möglicherweise so - wenn auch noch nicht in der Form einer Defmition - den Dreiklang gebrauchte, ist Octavenus 51, der an der Wende vom ersten zum zweiten nachchristlichen Jahrhundert lebte 52 • Bedenkt man, daß schon im ersten vorchristlichen Jahrhundert die Trias dem Verfasser des biblischen Buches der Weisheit dazu dienen konnte, Gott zu loben, der alles nach Zahl, Maß und Gewicht geordnet haf3 , dem Universalgelehrten Varro aber zur Erklärung des singulare tantum S4 , so wird deutlich, daß zu der Zeit, die für die Übernahme der verbreiteten Redensart in das D. 18,1,35,5; 44,7,1,2 und I. 3,14pr. D. 5, I ,38. 45 VgJ. Genzmer: ADHO/RIDA I (1952) 469ff.; Heinimann MH 32 (1976) 183ff. 46 So Genzmer ADHOIRIDA I (1952) 483; Heinimann MH 32 (1976) 194. 47 Am Anfang stehen Texte des Sophokles (TrGrFrg. IV, 432,2) und des Gorgias (Palamedes, 30, DielslKranz 116 Frg. Ila). 48 So Heinimann MH 32 (1976) besonders 193f. 49 So Heinimann MH 32 (1976) 188f.,192. mit Berufung u. a. auf die hippokratische Schrift "De vetere medicina", CMG 1,1 S. 36ff.,41 Z. 20f.; Gorgias, Palamedes 30 (Die\slKranz 116 Frg. 11 a), und Euripides, Phoinissae 541 f. 50 So die Vermutung von Genzmer ADHOIRIDA 1 (1952) 474. 51 VgJ. D. 6,1,6 Paul6 ed. 52 VgJ. Bretone, Geschichte des römischen Rechts 177. 53 Sap. 11,20: liU& 1tIxv'ta IlE'tp