Verfassungsfragen bei den Reformen im örtlichen Bereich 3428026977, 9783428026975


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Verfassungsfragen bei den Reformen im örtlichen Bereich
 3428026977, 9783428026975

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WALTER BÜCKMANN

Verfassungsfragen bei den Reformen im örtlichen Bereich

Schriftenreihe der Hochschule Speyer Band 49

Verfassungsfragen bei den Reformen im örtlichen Bereich

Von

Dr. Walter Bückmann

DUNCKER & HUMBLOT/BERLIN

Alle Rechte vorbehalten & Humblot, Berlln 41 Gedruckt 1972 bei Alb. Sayffaerth, Berlin 61 Printed in Germany

© 1972 Duncker

ISBN 3 428 02697 7

Inhaltsverzeichnis Einleitung

11

Erster Abschnitt

Probleme der Kommunalreform in der Gegenwart

15

I. Reformbedürftigkeit des örtlichen Bereichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

II. Ziele, Mittel und Leitbilder der Kommunalreform . . . . . . . . . . . . . . . . . .

22

1. Reformziele, Reformmittel und ihre Wertigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . .

22

2. Die technischen Maßstäbe der Effektivität, Effizienz und Rationalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 3. Die Integrationsmaßstäbe des Demokratie-, Rechtsstaats-, Sozialstaats- und Bundesstaatsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 4. Erörterungen zum Verhältnis der Reformzielbestimmungen . . . . 34 5. Das Gemeinwohl als beherrschendes Verfassungsleitbild . . . . . . . . 38 III. Verfassungsinterpretation der Selbstverwaltungsgarantie und des Prinzips der kommunalen Selbstverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

1. Die kommunale Selbstverwaltung im Licht der älteren Lehre und

Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

2. Ergänzende Interpretation der kommunalen Selbstverwaltung . . 47 3. Der Einfluß des Demokratie-, Rechtsstaats-, Sozialstaats- und Bundesstaatsprinzips auf die Interpretation der Selbstverwaltungsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 4. Die Selbstverwaltungsgarantie als Kompetenzregelung eigenverantwortlich gestalteter Übernahme und Erfüllung örtlicher Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 5. Die Selbstverwaltungsgarantie und die kommunale Selbstverwaltung als Verfassungsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . 55 6. Verfassungskonforme Interpretation der Selbstverwaltungsgarantie und des Verfassungsprinzips der kommunalen Selbstverwaltung 57 a) Die allseitige Regelungsbefugnis des örtlichen Aufgabenbereichs 57 b) Die Eigenverantwortung im demokratischen und sozialen Rechtsstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

Inhaltsverzeichnis

6

c) Grundrechte und kommunale Selbstverwaltung . . . . . . . . . . . . . . 65 d) Die Einordnung der kommunalen Selbstverwaltung in den demokratischen und sozialen Rechtsstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 e) Der Gesetzesrahmen als begrenzte Eingriffsermächtigung und Förderungsverpflichtung der staatlichen Gewalt . . . . . . . . . . . . . . 73 IV. Das gemeinwohlgerechte Selbstverwaltungspri nzip unter besonderer Berücksichtigung der Verfassungsrechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

Zweiter Abschnitt

Die Reform der kommunalen Aufgabenordnung in Verbindung mit der Gebiets- und Finanzreform unter den Aspekten der Effektivität und der Integration I. Reformkonzeption unter dem Leitbild der Effektivität -

82

Beispiel-

fälle-..................................... .................... ... 82 1. Beispielsfall Wachtberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

2. Beispielsfall Windeck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

3. Beispielsfall Netphen

84

4. Beispielsfall Welver

. .. .. . .. .. .. . .. . .. . .. . .... .. .. . .. .. .. . .. ..

84

5. Beispielsfall Zülpich

................................... .......

85

6. Beispielsfall Brakel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. .. .

86

7. Beispielsfall Monschau . . . . . . . . . .. .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

86

8. Beispielsfall Dinslaken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. .

87

9. Beispielsfall Nauheim . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

10. Beispielsfall Eiterfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

11. Beispielsfall Kiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

II. Erörterungen zu einer örtli chen Reformkonzeption unter den Leitbildern der Effektivit ät und der Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

1. Aussagefähigkeit relevanter Grundsätze und Zielbestimmungen der Verfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 2. Die gemeinwohlgerecht konzipierte Gemeinde im gegenwärtigen Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Erörterungen zum verfassungskonformen Gemeindebegriff . . b) Gemeindebegriff und Gebietsreform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Gemeinde unter den Leitbildern der Verfassung ........

96 96 100 104

Inhaltsverzeichnis

7

3. Leistungsfähigkeit und Verwaltungskraft zur Aufgabenerfüllung und Ausgabenverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 4. Reichweite und Begrenzung der allseitigen Kompetenz zur Aufgabenübernahme und Aufgabenerfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 5. Die Aufgaben im örtlichen Bereich und ihr regionaler Ausgleich 118 6. Grenzen des Aufgabenverbundes zwischen Staat und Gemeinden 123 7. Die Obereinstimmung der Aufgaben- und Ausgabenverantwortung 126

Dritter Abschnitt

Die Reform der gemeindlichen Zuständigkeitsordnung sowie der institutionellen und funktionellen Verwaltungsorganisation

131

I. Effektivität und Integration in ihren Auswirkungen auf die örtliche Organisationsreform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

1. Interdependenzen zwischen den Reformaspekten . . . . . . . . . . . . . . . . 131

2. Die Integrationsziele und ihre Verwirklichung bei der Organisation 132 II. Die institutionelle und funktionelle Organisation der örtlichen Verwaltung unter Berücksichtigung des Zusammenspiels zwischen Ver-

tretungs- und Verwaltungsorgan .......... ...... .......... ...... .. 137

1. Effektivität und örtliche Verwaltungsorganisation ........ .. .... 137

2. Die rationale Aufbau- und Ablauforganisation im Rahmen der Verfassungsleitbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Problematik einer rationalen Organisation im örtlichen Bereich b) Die Rationalisierung der Ablaufphasen . .. ............. . ..... c) Die Problematik der Planung und ihrer Verbesserung . . . . . . . . d) Die Rationalisierung der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Die Verbesserung der Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

139 139 146 148 152 154

3. Die Elemente der Organisation und ihre Beziehungen . . . . . . . . . . . . 157 4. Die Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Verwaltungspersonals .. 163 5. Die Automation in der örtlichen Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 III. Überlegungen zu der Reform der kommunalen Zuständigkeitsordnung 169 1. Folgerungen aus anderen Reformkomplexen und den Erfordernissen der Organisationsreform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169

2. Die Zuständigkeitsabgrenzung zwischen örtlichem Vertretungsorgan und Verwaltungsbehörde ... . ....... .. ............... . ... 172

8

Inhaltsverzeichnis 3. Zuständigkeitsprobleme bei Ausschüssen, Beiräten und beratenden Gremien bei gemeindlichen Einrichtungen, Veranstaltungen und Betrieben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176

IV. Das künftige Bürger-Gemeinde-Verhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 1. Problematische Entwicklungstendenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185

2. Erörterungen zur Einführung plebiszitärer Elemente in die Gemeindeverfassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 3. Grundsätze der leitbildgerechten Verwaltung ...... . . . . ...... ... . 189

Thesen

195

Literaturverzeichnis

198

Sachregister

217

Vorwort Die Untersuchungen von Dr. iur. Walter Bückrnann, dem Ersten Beigeordneten der Stadt Dinslaken, über "Verfassungsfragen bei den Reformen im örtlichen Bereich" stehen mit meinen vielfältigen Erörterungen zur Kommunalreform im Forschungsinstitut der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer im engsten Zusammenhang. Trotz dieser Anregungen stellt die genannte Schrift eine selbständige und eigenverantwortliche Leistung des Verfassers dar, weil sie auf eigener Stellungnahme zum Schrifttum und auf eigener Verwaltungserfahrung beruht. Die Reformen im örtlichen Bereich reichen von den Zwerggemeinden bis zu den zentralen Orten, von den Gemeinden als Empfängern von Bedarfszuschüssen bis zu den sog. abundanten Gemeinden, von den selbständigen bis zu den mehrfach verflochtenen Gemeinden innerhalb von Gemeindeverbindungen und Gemeindeverbänden etc. Gebiets- und Verwaltungsreform im örtlichen Bereich erscheinen oft als Ausdruck bloßer Verwaltungsvereinfachung mit der Erwartung technischer Effektivität als Folge einer Maßstabsvergrößerung ohne Beachtung der gewandelten Aufgaben- und Finanzierungsprobleme und ohne Rücksicht auf den Integrationswert von Verfassungszielen. Die Reformfragen im örtlichen Bereich sind entfaltungsfähig und ergänzungsbedürftig. Bückmanns Untersuchungen betreffen nicht nur Probleme des Verfassungs- und Verwaltungsrechts, sondern auch Aspekte der Verfassungs- und Verwaltungslehre in beträchtlichem Umfang. Seine Darlegungen reichen von der Reformbedürftigkeit des örtlichen Bereiches bis zu den Grundsätzen der leitbildgerechten Verwaltung und umfassen die Reformvorgänge und eine erneuerte Verfassungsinterpretation der kommunalen Selbstverwaltung unter den Gesichtspunkten der Effektivität und der Integration; sie verbinden die Aufgaben-, Gebiets- und Finanzreform einerseits und erörtern die Zuständigkeitsreform der Gemeindeorgane in institutioneller und funktioneller Hinsicht andererseits. Die Ausführungen regen zur Durchdringung der Reformprobleme an, die dem wissenschaftlichen Verständnis und der Verwaltungserfahrung erschlossen werden. Die Arbeit verweist auf die Notwendigkeit sorgfältiger Analysen und Planungen im konkreten Fall unter Berücksichtigung der technischen Maßstäbe und der Verfassungsziele, um den gesellschaftlichen Bedürfnissen der Men-

Vorwort

10

sehen durch Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung besser als bisher entsprechen zu können. Damit wird der Selbstverwaltungsreform der Vorzug vor der Beendigung der gemeindlichen Selbstverwaltung gegeben, die im Schrifttum gelegentlich schlicht festgestellt wird. Kommunalreformen auf regionaler Ebene erscheinen als wichtige Ergänzungen zur Gemeinde- und Kreisreform, nicht jedoch als Ersatz für diese. Ein standortbezogenes Landesentwicklungsprogramm macht aber Aufgabenverlagerungen mit Schwerpunktwanderung zwischen den Gemeinden und von den kleineren zu den umfassenderen Gemeinwesen sichtbar, was die Bedeutung der Regionalstädte und Regionalkreise in den Ländern für das Reformprogramm unterstreicht. Neben den Regionalstädten, die überwiegend Sitz eines Hauptzentrums sind, gibt es aber noch Nebenz·entren, Mittelzentren und Kleinzentren, die zu den Einzugsbereichen der Hauptzentren gehören und denen jeweils eine unbestimmte Zahl benachbarter Gemeinden zugeordnet ist. Entsprechendes gilt für Planungs- oder für Verwaltungsregionen, deren Aufbau- und ggf. Ablauforganisation die örtlichen Gemeinwesen betreut. Sie bezwecken den Leistungsausgleich im Regionalverband, soweit er im örtlichen Bereich entweder nur teilweise oder gar nicht zu bewirken ist. Die Wirksamkeit zentralörtlicher Aufgabenerfüllung in der Region setzt die Erfüllung örtlicher Angelegenheiten ohne Zentralität durch die Gemeinden voraus. Die Erhöhung der Mindestanforderungen an die örtlichen Gemeinwesen steigert ihre Leistungserfordernisse im größeren Raum, solange die Verbundenheit der Einwohner gewahrt wird und die Selbstverantwortung noch finanziell den sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Bedürfnissen entspricht. Verkümmerung in kleinen Orten und Überforderung in allzu großen Städten können allerdings die kommunale Selbstverwaltung gefährden. Speyer, den 12. Januar 1972

Professor Dr. Dr. Erich Becker

Einleitung Staat und Gesellschaft, Parlamente und Verwaltungen, Wissenschaft und Praxis sind in der Gegenwart mit der Problematik der Verwaltungsreform befaßt, die im örtlichen Bereich in der Realisation ist. Modelle und Leitbilder von Teilreformen des örtlichen Bereichs, die von der Rechtsprechung wohl als die sachgerechte Erfüllung des Gemeinwohlprinzips akzeptiert werden, lassen allerdings zum Teil den Eindruck entstehen, als werde den Leitbildern der Verfassung nicht die Beachtung geschenkt, die ihnen gebührt. Es dominieren daher vielfach technische, wenn auch zumeist an sich richtige Überlegungen zur Effektivität der Verwaltung, zu ihrer automationsgerechten Organisation und Begrenzung und ihrer effektiven Aufbau- und Ablauforganisation. Daher soll versucht werden, die Gesichtspunkte zu erweitern und zu ergänzen, hinter das Instrwnentarium der Reformmittel zu schauen und zu fragen, welchen Sinn und welche Zielsetzung Reformmaßnahmen haben sollen und müssen, wem sie dienen; oder zu fragen, ob und inwieweit di·e örtliche Verwaltungsreform das Schicksal der künftigen Gesellschaft beeinflußt, um Klarheit zu gewinnen, inwieweit die Reform darüber entscheidet, inwieweit die Bürger das Gemeinwesen in seiner verfassungsmäßigen Grundstruktur annehmen und an ihm teilhaben. Möglicherweise müßte dabei bedacht werden, daß die jungen Glieder der künftigen Gesellschaft sich nicht nur in ein perfekt rationales System einfügen lassen, sondern auch Einfluß nehmen wollen, mehr Einfluß, als die Bürgerschaft heute auf die Besorgung der öffentlichen Angelegenheiten im örtlichen Bereich hat. Vielleicht ist eine solche Fragestellung mit dazu geeignet, das zum Teil sicherlich ungelöste Problem des Verhältnisses der jungen Generation zum Gemeinwesen aufzuhellen. Wir fragen damit gleichzeitig nach Leitbildern, nach Leitgedanken der Reform, deren meist erwähnte Effektivität, Demokratie und Gemeinwohlgerechtigkeit sind, wobei später eingehender erörtert werden muß, was darunter zu verstehen ist. Ganz im Vordergrund aller Betrachtungen steht die Effektivität, hier zunächst verstanden als die Summe aller technischen Gesichtspunkte1 , 1 Im Anschluß an Wagener, Neubau, S. 4 ff., der alle Reformmaßstäbe unter die Hauptmaßstäbe Effektivität und Integrationswert subsumiert.

12

Einleitung

die Verwaltungsreformen im anbrechenden technischen Zeitalter beherrschen. Reformkonzepte, die gegenwärtig in der Diskussion sind, dürften diesen Aspekt stärker gewichten als Demokratie und Gemeinwohlgerechtigkeit. Das entspricht dem Zug der Zeit, wenn es richtig ist, daß die Mehrheit der Bevölkerung die Bedeutung des technischen und wissenschaftlichen Fortschritts in den Mittelpunkt ihres Interesses gerückt hat. Möglicherweise wird aber ohnehin die technische Entwicklung so starke Sachzwänge ausüben, daß sie die Priorität für die künftige Ordnung der öffentlichen Angelegenheiten erlangt. Gegenüber diesen Aspekten tritt der Gesichtspunkt der Demokratie in den Hintergrund. Das ist erstaunlich, denn in einem demokratischen und sozialen Rechtsstaat sollte die permanente Verwirklichung der Demokratie so selbstverständlich sein, daß dies nicht eigens gefordert zu werden brauchte. Die Verfassung selbst erhebt diese Forderung, wobei eingehender an späterer Stelle gefragt werden muß, inwieweit und mit welchen Konsequenzen. Möglicherweise hat die Verwirklichung des Demokratiegebots in der Verwaltungsreform einen retardierenden, dem Gesichtspunkt der Effektivität gegenläufigen Effekt, so daß der Einsatz jedes Beirats und jedes Ausschusses im örtlichen Bereich auf Kosten der Effektivität geht. Jede infrastrukturelle Einrichtung der örtlichen Daseinsvorsorge würde schneller und- über den Zeitfaktor hinaus - rationeller zu erstellen sein, plante, entschiede und forcierte allein eine zweckrational organisierte computerunterstützte Verwaltungsstelle. Die derzeitige Aufbau- und Ablauforganisation der örtlichen Aufgabenerfüllung führt zu reibungsverlustreichen und verschlungenen Entscheidungswegen über Organisationseinheiten des Gemeindeverwaltungsorgans sowie Ausschüsse und Kommissionen der Gemeindevertretung, von den durch die Einschaltung staatlicher Stellen entstehenden zusätzlichen Hemmnissen ganz zu schweigen. Die hier notwendigen Bereinigungen können indessen möglicherweise dem Ziel, mehr Effektivität zu erzielen, auch unter Berücksichtigung des Anliegens des Demokratiegebots gerecht werden. Dazu wird es auch darauf ankommen, welche Bedeutung die Effektivität in dem uns interessierenden Zusammenhang hat. Solche Überlegungen werden durch den weiteren aktuellen Reformgesichtspunkt, die Gemeinwohlgerechtigkeit, überlagert. Die Verwirklichung des Gemeinwohlprinzips bei den örtlichen Reformen erfordert nach der Abwägung aller Reformmaximen, der Reformziele und Reformmittel, der technischen und der integrierenden Maßstäbe, die dieses Leitziel im Einzelfall treffende Entscheidung. Die Verfassungsinterpretation steht insoweit vor einer wichtigen Aufgabe, zumal die Konkretisierbarkeit des Gemeinwohlprinzips nach wie vor in Zweifel steht und damit auch die Gemeinwohlgerechtigkeit jeden Reformmodells.

Einleitung

13

Inwieweit die kommunale Selbstverwaltung in Anbetracht der technischen, funktionsgesellschaftlichen, sozialstaatliehen Entwicklung noch eine Daseinsberechtigung behält, ist umstritten. Möglicherweise ist an der Anmerkung, die gemeindliche Selbstverwaltung - im Sinne der Selbstverwaltung einer örtlich verbundenen Gemeinschaft - passe nicht mehr so recht in Gegenwart und Zukunft, etwas richtig. Wenn auch die kommunale Gebietsreform in Angriff genommen wurde, besteht für die Befürworter einer Erhaltung der kommunalen Selbstverwaltung keineswegs Grund zu der Annahme, Verstärkung erhalten zu haben, denn der Staat hat in Anbetracht des Übergewichts des pflichtigen und des übertragenen Aufgabenbereichs im öfrtlichen Bereich ein starkes eigenes Interesse an der größeren Effektivität der örtlichen Verwaltung, das sich von dem Ziel, die Voraussetzungen eigenverantwortlicher Besorgung aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zu verbessern, unterscheiden dürfte. Zielrichtung der Kommunalreform kann auch die Verbesserung der Ausführung von Staatsaufgaben durch die Gemeinden sein. Im übrigen wird die Gruppe der Verfechter der kommunalen Selbstverwaltung, die sich darin einig ist, daß jetzt die Voraussetzungen für ihre künftige Funktionsfähigkeit geschaffen werden müssen, zwischenzeitlich nicht eben größer, obwohl Bemühungen aus der jungen Generation die Resignation als verfrüht erscheinen lassen. Es dürfte entscheidend darauf ankommen, ob die verfassungskonform interpretierte und weiterentwickelte kommunale Selbstverwaltung für künftige technische und gesellschaftliche Entwicklungen offen2 und für die künftige Gesellschaft, soweit sie heute vorstellbar ist, geeignet ist3 • Dabei wird vielleicht deutlich, daß sich Erörterungen dieser Art nicht auf einzelne Teilaspekte der Reform beschränken können, sondern die gesamte Problematik umfassen müssen. In der Literatur ist nicht ganz zu Unrecht Kritik darüber laut geworden, daß bei einigen bisher begonnenen Reformmaßnahmen die territoriale Gemeindereform unter dem Maximierungsaspekt zu sehr im Vordergrund steht, und etwa nicht so sehr das Bestreben, die geeigneten Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß Städte und Gemeinden wirksam die ihr durch Art. 28 Abs. 1 und 2 GG zugeordneten Aufgaben erfüllen können4 • Deswegen ist auch mit Recht die Warnung vor der Notwendigkeit einer Reform nach der ! In einem weiteren Sinne als insoweit, daß die Zeit durch die Institution gleichsam hindurchgeht, wie Häberle, Wesensgehaltsgarantie, S. 214 meint; vgl. auch Weber, Staats- und Selbstverwaltung, S. 58. 3 Vgl. Oswald, Stadt, S. 184. 4 Stern, Verwaltungsreform, S. 853 ff.; Scheuner, Verwaltungsreform, S. 209 ff.; Becker, Öffentliche Interessen, S. 73 ff.; vgl. auch jetzt Roth, Kommunalpolitik, S. 32.

14

Einleitung

Reform angeklungen5 und deutlich gemacht worden, daß die Gemeinde, die in keiner Weise mehr gesellschaftlich-politisch kommuniziert, sich zum anonym administrierten Bezirk entwickelt, der nicht mehr die Kraft zu der notwendigen Integration von Raum und Bevölkerung zum Wohl der Bevölkerung und von Gesellschaft und Gemeinwesen im örtlichen Bereich besitzt und infolge einer stärkeren Konzentration von Entscheidungsbefugnissen mehr und mehr der gesellschaftlichen und politischen Kontrolle entgleitet. Solche Hinweise sollten nicht mißverstanden oder beiseite geschoben werden, denn sie sind von dem Bestreben getragen, Ansatzpunkte für die humane Daseinsgestaltung in der Zukunft aufzuweisen, die vornehmlich im örtlichen Bereich, dem Bereich der Städte und Gemeinden und aller derjenigen Gebilde liegen, die jetzt bei den territorialen Reformen entstehen.

• Becker, Verwaltungsreform, S. 135; ders. Reformen nach der Verwaltungsreform, S. 306 ff.

Erster Abschnitt

Probleme der Kommunalreform in der Gegenwart I. Reformbedürftigkeit des örtlichen Bereichs Die Literatur zur Situation der Städte und Gemeinden gibt über die wirkliche Lage der kommunalen Selbstverwaltung oft nicht ganz erschöpfend Aufschluß, in deren Mittelpunkt die folgenschwere und immer deutlicher werdende Überbürdung der Selbstverwaltung mit Auftragsangelegenheiten und Weisungsaufgaben steht, eine Erscheinung, die schon hin und wieder kritisiert1 worden ist, ohne daß daraus bisher Folgerungen für die Reformen im örtlichen Bereich gezogen wurden. Dieser Sachverhalt berechtigt zu der Frage, wieviel Gestaltungs- und Entscheidungsspielraum überhaupt noch für die kommunale Selbstverwaltung übrig geblieben ist. Die sich hier ergebenden rechtlichen, politischen und finanziellen Konsequenzen lösen nicht nur deutliche politische Forderungen aus2 , sondern haben Verfassungsrelevanz; das wird deutlich, wenn die Personalkosten der Gemeinde bei der Wahrnehmung von Auftrags- und Weisungsaufgaben so anwachsen, daß sie die eigenen Steuern und Einnahmen aufzehren, und wenn die allgemeinen Schlüsselzuweisungen der kreisangehörigen Städte und Gemeinden durch Kreisumlagen schon im voraus abgeschöpft werden. Welche Mittel verbleiben danach tatsächlich für die Aufgaben der freien Selbstverwaltung, zumal darüber hinaus unter Umständen Zweckverbände zur Wahrnehmung der laufend komplizierter werdenden Aufgaben der Daseinsvorsorge gebildet und im Umlagewege finanziert werden. Dies führt dazu, daß neue kommunale Projekte nur noch bei Aufnahme von Darlehen und unter Einsatz von Landesmitteln angegriffen werden können, wobei Vorbehalte, Bedingungen und Auflagen in den Kernbereich der Selbstverwaltung eingreifen. Dieser Kernbereich ist durch die zunehmende kommunale Verschuldung und durch die erwähnten Einwirkungen des Staates ernsthaft in Frage gestellt, die Selbstverwaltung frustriert, die eigenverantwortliche Regelung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zum Teil 1 2

Köttgen, Bundesgesetzgeber, passim. Roth, Kommunalpolitik, passim.

16

Abschnitt 1: Kommunalreform in der Gegenwart

unmöglich gemacht. Die Gemeinde ist weitgehend örtlicher Versorgungsträger, in vielfacher Hinsicht an die große Versorgungs- und Steuerungsapparatur der staatlichen Exekutive angebunden und im Begriffe, durch Raumordnung, Planung, Technik, Konjunktursteuerung, zentrale Datenverarbeitung und vieles mehr noch enger verstrickt zu werden. Bei alledem ist sie für den Bürger zwar zugänglicher, aber keineswegs durchschaubarer geworden; ganz im Gegenteil hat die Aufgabenkomplikation nicht gerade dazu beigetragen, daß die Zahl derjenigen, die um der Sache willen an ihren Geschicken teilnehmen wollen, größer geworden ist, zudem ist das Reservoir der für die örtlichen Vertretungen in Betracht kommenden Bürger klein, denn nur ein Bruchteil der kommunalpolitisch Interessierten möchte sich politisch binden. Soweit der staatliche Gesetzgeber zu dieser Situation beigetragen hat, dürfte das Studium des einunddreißig Textseiten des Bundesgesetzblattes umfassenden Gesetzes über städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen in den Gemeinden, des Städtebauförderungsgesetzes3, aufschlußreich sein. Das Vorstellungsbild von Städten und Gemeinden als Körperschaften, die in Freiheit ihre gebietsbezogenen eigenen Angelegenheiten selbstverantwortlich besorgen, stimmte freilich schon in der dem Ersten Weltkrieg folgenden Nachkriegszeit nicht mehr ganz mit der Wirklichkeit' überein, obwohl die geltenden Gemeindeordnungen davon noch auszugehen scheinen. Die Umwandlung der von der Verfassung garantierten kommunalen Gestaltungsfreiheit in Gesetzesvollzug und die Überbürdung der Gemeinden mit Vollzugsaufträgen hat schon damals 5 zu der Feststellung veranlaßt, daß die Selbstverwaltungsbehörden auch bei der Besorgung von Selbstverwaltungsangelegenheiten vielfach zu bloßen Vollzugsorganen des Staates herabgedrückt seien und die kommunalpolitische Initiative zum Erliegen komme. Der anwachsende wirtschaftliche und soziale Aufgabenbereich der Gemeinden bildet den Kern der modernen Leistungsverwaltung, die einer immer größer werdenden Finanzausstattung bedarf und zugleich einer qualitativen Umstrukturierung unterliegt. Das gerade hier entstandene Spannungsverhältnis zwischen Staat und Gemeinden, Sozialstaats- und Selbstverwaltungsprinzip, hat sich ständig verschärft. Aus dem allseitigen Wirkungskreis im Selbstverwaltungssektor ist faktisch ein enumerierter Aufgabenbereich mit gesetzlich determinierter Zielsetzung und mit gesetzlich vorgeschriebenen Mitteln geworden. Die Literatur hat darauf in zweierlei Weise reagiert: Ein Teil ist nicht müde geworden, auf die permanente - bei der gegebenen Lage auch zum Städtebauförderungsgesetz vom 27. 7. 1971, BGBl I, S. 1125 ff. Peters, Grenzen, S. 1 ff., 39 f., 43 f .; Köttgen, Krise, S. 1 ff.; Forsthoff, Krise, S. 52 ff. 5 Bertram, Kommunalpolitik, S. 51 ff.; Freyer, Theorie, S. 161 ff. 3

4

I. Reformbedürftigkeit des örtlichen Bereichs

17

Teil zwangsläufige - Verletzung der Selbstverwaltungsgarantie hinzuweisen; ein Teil hat diese Verfassungswirklichkeit der Deutung des Art. 28 Abs. 2 GG zugrunde gelegt6 und die Gemeindeverwaltung als mittelbare Staatsverwaltung gekennzeichnet7 • Im Verhältnis Gemeinde - staatliche Exekutive ist die Effektivität des Art. 28 Abs. 2 GG keineswegs größer. Auch hierzu war schon früh angemerkt worden, daß der Gesetzgeber seine Pfeile gegen die freie Betätigung der Verwaltung überhaupt und nicht speziell gegen diejenige der Selbstverwaltung richte, es sich also um kein spezi-elles Problem der konununalen Selbstverwaltung handele8 • Man ist heute allerdings eher geneigt, sich damit nicht abzufinden. Wie wenig Selbstverwaltung und staatliche Exekutive sich als in der gleichen Situation befindlich betrachten, wird deutlich, wenn das Bestreben der staatlichen Exekutive durchleuchtet wird, die kommunale Betätigungsfreiheit insbesondere durch eine perfekte Zweckdotationspolitik mit oder ohne gesetzliche Ermächtigung zu binden und vornehmlich in den letzten Jahren auch Betätigungen kommunaler Entschließungsfreiheit, die sich im Bereich der Planung noch darstellen ließen, durch Vorschaltung eigener Planungen in zahlreichen Bereichen zu beseitigen. Das geschieht übrigens zumeist keineswegs mit der Absicht, die konununale Selbstverwaltung zu unterbinden, sondern eher, weil sich niemand mehr Gedanken darüber macht. Jüngstes Anschauungsbeispiel für die typische Fallgestaltung ist insoweit ein Runderlaß des Innenministers des Landes Nordrhein-Westfalen mit Richtlinien für die Aufstellung von Standortprogrammen9 , der die Gemeinden detailliert zur Planung von Siedlungsschwerpunkten zwingt, die "neben den üblichen Einrichtungen der Nahversorgung nach Möglichkeit die wichtigsten zentralen Einrichtungen für ihren jeweiligen Versorgungsbereich sowie eine möglichst große Zahl von Wohnungen und Arbeitsplätzen" umfassen sollen, wobei die Details der Vorregelung der örtlichen Entwicklungsplanung alle derzeitigen Bemühungen um die Interpretation der Verfassungsgarantie der kommunalen Selbstverwaltung in Frage stellen. Es ist irreführend, nur die älteren und konventionelleren Erörterungen der örtlichen Verfassungswirklichkeit zu berücksichtigen, weil für die Reformdiskussion mehr nach vorn geblickt werden muß. Es geht hier um viel mehr als um Abhängigkeiten verwaltungstechnischer Art zwischen Staats- und Gemeindebehörden; es geht um ein komplexes 8 Stern im Bonner Kommentar, Rdn. 118 zu Art. 28 GG; Bertram, Kommunalpolitik, S. 9 ff. 7 Köttgen, Bundesgesetzgeber, S. 15; Forsthoff, Verwaltungsrecht, S. 436 ff.; Scheuner, Gemeindeverfassung, S. 162 f. s Peters, Grenzen, S. 40. 9 Runderlaß vom 14. 6. 1971 MBl NW 1971, S. 1202 ff.

2 Speyer 49

Abschnitt 1: Kommunalreform in der Gegenwart

18

und immer dichter werdendes System von Abhängigkeiten. Neben der organisatorischen gewinnt die technische Abhängigkeit - ein typisches Beispiel ist der Schulbau - immer mehr an Bedeutung. Der Verbund in der Datenverarbeitung erbringt einen weiteren Aspekt10 • Es geht hier nicht um die Grenzen der staatlichen Aufsicht, sondern um die Grenzen nichtaufsichtlicher exekutivischer Befugnisse des Staates im Bereich der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, insbesondere soweit es sich um Betätigungen außerhalb des Gefüges normativer Festlegungen durch den Bundes- oder Landesgesetzgeber handelt. Welche Bedeutung die Vorschaltung staatlicher Planung vor den örtlichen Selbstverwaltungsbereich hat, ist nur im örtlichen Bereich in seiner ganzen Tragweite zu erkennen. So ist das Nordrhein-Westfalen-Programm nach seinem Erscheinen von unzähligen Angehörigen des Vertretungs- und Verwaltungsorgans der Städte und Gemeinden unter anderem daraufhin durchforscht worden, welche örtliche Aufgabe wohl ncch mit welchen Landeszuschüssen nach welchen Vorstellung-en des Landes und welchen Richtlinien aufgenommen werden könnte, die tatsächlich noch nicht erfüllt, im Programm aber schon geplant war. Wenn zu dieser Sachlage weitgehend die Auffassung vertreten wird, sie sei unentrinnbar und gegen den Zwang, der hinter der Entwicklung zum Verwaltungsverbund stehe, sei nichts auszurichten11, weisen andere mit Recht darauf hin, daß man dieser Fehlentwicklung nicht mehr nachgeben sollte, als die Situation an Notwendigkeit in sich trage12• Die Problematik wird sich unter dem Aspekt der Verwaltungsreform neu darstellen, wobei schon hier angemerkt sei, daß die Berufung auf den Sozialstaatssatz einen totalen Verwaltungsverbund wohl kaum zu rechtfertigen vermag, weil das Sozialstaatsprinzip die Selbstbestimmung der Bevölkerung bei der Gestaltung des Gemeinwohls einschließt und die humanitas nicht ausschließt. Mit der Problematik des Verwaltungsverbundes hängt diejenige der unzureichenden Finanzausstattung eng zusammen. Der kontinuierlich kleiner werdende Anteil der kommunalen Finanzmasse an derjenigen der öffentlichen Hand insgesamt ist seit der vor dem Ersten Weltkrieg liegenden Zeit auf die Hälfte zurückgegangen13 , obwohl die örtliche Aufgabenerfüllung zumindest im gleichen Umfang zugenommen hat. In Anbetracht dieses in seinen Auswirkungen noch tiefer in die Beweglichkeit der Gemeinden einschneidenden Sachverhaltes14 verklingen die 10

Meincke,

Datenverarbeitung, S. 118 ff., sowie unten: Dritter Abschnitt,

li, 6 - Die Automation in der örtlichen Verwaltung. 11 Köttgen, Bundesgesetzgeber, S. 15, 62; Forsthoff, Daseinsvorsorge, passim. 12 Becker, Finanzausgleich, S. 25. 13 Albers, Aufgabenverteilung, S. 65 ff. u In Duisburg machte im Rahmen des Etats 1971 der Entscheidungsspiel-

raum des Rates nur 112 Prozent des ordentlichen Haushaltsvolumens aus.

I. Reformbedürftigkeit des örtlichen Bereichs

19

zum Teil doch wohl nicht überhörbaren Klagen darüber, daß die kommunalen Einnahmen nicht ausreichen, um die notwendigsten Ausgaben für freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben zu decken, daß für alle Investitionsmaßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur Zweckzuschüsse des Staates und im übrigen kostspielige, die kommunale Bewegungsfreiheit auch wieder weiter blockierende Darlehen unumgänglich sind. Auch die Reform der Gemeindefinanzen im Jahre 1969 hat an dieser Situation wenig geändert, die Erörterungen zur Steuerreform bieten wenig Hoffnung. Die mißliche kommunale Situation hat eine innere Tatbestandsseite, die nicht allein eine Funktion ihres äußeren Erscheinungsbildes ist. Sie ist ein T·eil der Krise, wie sie etwa bei den Erörterungen zum Thema "demokratisches Prinzip im Grundgesetz" bei der Tagung der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer im Jahre 197015 in Speyer erörtert worden ist. Das Verhältnis der Bevölkerung zu Demokratie und Selbstverwaltung wird in der Literatur unt·erschiedlich beurteilt1 6, zumeist zeichnen sich eingehendere Erörterungen durch eine gewisse Schonungslosigkeit aus, die nicht mit Pessimismus identifiziert werden sollte. Es wird angeführt, die Vermassung sei der Feind aller kollektivierenden Absichten17, andererseits argumentiert, es fehle das vollkommene gesellschaftliche Leitziel oder dieses werde von fragwürdigen Individuen vertreten, von wie es heißt: Indolenten, Geschäftemachern, Spekulanten und Intriganten, Halbgebildeten im Besitz der politischen und wirtschaftlichen Macht, auch wird geltend gemacht, der Staat werde auf eine Rolle der Exekutive von Verbandskompromissen beschränkt und ein fragwürdiges humanitaristisches Ethos sei zur letzten Instanz erhoben18• Dazu meint man, die rapide Veränderung der Verhältnisse habe die vom Bürger erwarteten Anpassungsleistungen überfordert19 und die Ansprechbarkeit für Konzepte, die eine aktive, selbst gestaltende Anteilnahme verlangten, treffe nicht auf die Suchneigung der Menschen, man lasse sich gehen und es gehen. Gegenüber solchen Überlegungen erscheint es als sehr stark simplifiziert, wenn das Nichtfunktionieren der Demokratie im Ganzen und im örtlichen Bereich im Besonderen mit der nicht hinreichenden Gesellschaftsfähigkeit des Politikers erklärt wird, mit dem abschreckenden Bild des politischen Geschäfts und der politischen Intrige, oder damit, daß die Demokratie in Deutschland stets in Vgl. Wirtschaftliche Mitteilungen der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer Duisburg, 1971, S. 175. 15 Vgl. v. Simson, Prinzip, passim. 18 v. Simson, Prinzip, passim. n Freyer, Theorie, S. 224, 225. 1s Gehlen, Moral, S. 172 ff. 19 Mitschertich, Gesellschaft, S. 373 ff. 2•

Abschnitt 1: Kommunalreform in der Gegenwart

20

Zeiten größter Not eingeführt wurde20• Wenn man schon im mehr Vordergründigen nach Erklärungen sucht, stößt man auf den viel gravierenderen Gesichtspunkt, daß es - jedenfalls im örtlichen Bereich weitgehend an der Möglichkeit zur Mitwirkung an nennenswerten Entscheidungen fehlt. So ist der Appell an den Staatsbürger mit mehreren Fragezeichen zu versehen. Dazu ist die Bemerkung richtig, daß die Verantwortung des Kommunalpolitikers gegenüber Gemeinde und Staatsganzem nach charakterfesten Persönlichkeiten verlangt, die sich nur dort finden, wo es einen Aufgabenbereich gibt, der ohne zu weitreichende Gängelung ausgefüllt werden kann, wie dies bei der idealtypischen kommunalen Selbstverwaltung der Fall ist21 • Bei alledem ist allerdings auch beachtlich, daß das politische Interesse des Bundesbürgers vornehmlich bundespolitischen Problemen gilt, weniger landespolitischen und noch weniger gemeindepolitischen, weil er im Normalfalle davon ausgeht, daß die Gemeinde die Daseinsvorsorge weitgehend für ihn besorgt22 • Interessant ist allerdings die Reaktion, wenn Fehler in der örtlichen Daseinsvorsorge eintreten. Der Gemeindebürger ist so lange an den örtlichen Problemen desinteressiert, als die Gemeinde ihm die Sorge für das tägliche Dasein nimmt. Das latente Interesse für die örtlichen Angelegenheiten ergibt sich oft recht klar aus dem Engagement in Eingemeindungsfragen. Als bedeutsamer Krisenfaktor des örtlichen Bereichs wird das Umsichgreifen des Einflusses nebenstaatlicher Machtträger genannt und angenommen, der Versuch der politischen Parteien, der Gremien wirtschaftlicher Interessenten oder anderer Gruppierungen, den kommunalen Apparat in den Dienst kommunalfremder Ziele zu stellen, werde durch den Verlust an genossenschaftlicher Substanz erleichtert, die Parteien seien notwendig zentralistisch eingestellt, die Selbstverwaltung diene ihnen als willkommenes Sprungbrett zur Eroberung der Macht im Staate23 , ihre Apparaturen seien infolge der Mediatisierung des Volkes unmittelbar ins Spiel gebracht und mit dem Anspruch auf direkte Beteiligung an der kommunalen Verwaltungsmacht der sogenannten Bürokratie als Konkurrenz gegenübergestellt2'. Diese Auffassung ist bedenklich. Sie beruht auf der hier nicht näher zu erörternden Voraussetzung eines prinzipiellen Gegensatzes zwischen Staat und Gesellschaft, bei dem die Parteien nicht so recht zu systematisieren sind. Hinzu kommt aber vor allem, daß Politik und gar parteipolitisch orientierte Politik im kommunalen Geschehen als Fremdkörper empfunden wird25, 20 21

Peters, Problematik, S. 9. Bertram, Kommunalpolitik,

S. 72. Gemeindeverwaltung, S. 268. Köttgen, Krise, S. 21, 22. Weber, Staats- und Selbstverwaltung, S. 58/59. Grauhan, Verwaltung, S. 68 ff.

2 2 Geh~en,

23 24 25

I. Reformbedürftigkeit des örtlichen Bereichs

21

eine Sichtweise, die vielleicht bei stärkerem Kontakt zwischen Wissenschaft und Praxis nicht so stark an Boden gewonnen hätte. In der Gegenwart sind die Parteien ein ganz wesentlicher Faktor des politischen Integrationsprozesses geworden26 , so sehr das eine oder andere zu wünschen übrig lassen mag, immerhin haben sie nicht nur ein besseres Image erhalten - möglicherweise auch dank der Aufwertung durch das Grundgesetz - sondern sind auch selbstverwaltungsfreundlicher geworden, als das früher der Fall gewesen sein mag27 • Viel schwerer ist die Gefahr für die örtliche Demokratie auszusteuern, die durch die verantwortungslose Handhabung örtlicher Pressefreiheit heraufziehen kann, wie dies hin und wieder zu beobachten ist. Hier ist weniger di:e partei- und richtungsgebundene örtliche Presse an sich gemeint, die Meldungen nach dem Nutzen für ihre politischen Freunde auswählt, Fehler derselben verschweigt, deren Gegner angreift, Personen aufbaut, public relations für politische Ware betreibt, die sie verkaufen will28 , sondern diejenige, deren Vertreter selbst Einfluß auf das kommunale Geschehen zu nehmen suchen, nur unter dem Vorwand der Erfüllung des Informationsbedürfnisses der Bürgerschaft, der Parteinahme für den "Mann auf der Straße" oder des Eintretens für saubere und gerechte Verwaltungsführung Fraktionen oder Teile von ihnen durch sachlich und ~eitlich gezielte oder manipulierte Berichterstattung beeinflussen und im Erfolgsfalle Selbstlob über den Effekt ihres Wirkens verbreiten, die nicht zögern, sich in solcher Lage vermessen als Exponenten "der vierten Macht" zu bezeichnen. Im Konkurrenzkampf der Verlagshäuser, der diese Tendenzen begünstigt, ergibt sich daraus eine nicht ganz nebensächliche Gefahr für die Selbstverwaltung. Diese Entwicklung entzieht sich weitgehend der politischen Kontrolle, die auch nicht im Wege einer zum Teil behaupteten Kontrolle durch die "aufmerksame Leserschaft" ausgeglichen wird, so wirksam, wie die einzelne Leserzuschrift auch immer sein mag. Möglicherweise sind das auch nur Extremsituationen, an deren entgegengesetzter Seite Fälle stehen, die zu Klagen über den schwindenden Einfluß regionaler und lokaler Zeitungen führen, welche die Macht der örtlichen Verwaltungen fürchten sollen29• Die Lokalpresse hat sicherlich Integrationsfunktionen für die örtliche Gemeinschaft30, aber das nur dann, wenn sie sich zwischen solchen Extremen bewegt und sich der Bedeutung dieser Funktion bewußter wird. Das ist hier deswegen relevant, weil das Verhältnis Bürger - Gemeinde im Rahmen der Reform der NeuorientieEhmke, Staat, S. 46; Ermacora, Staatslehre, S. 296. Kuntzmann-Auert, Selbstverwaltung, S. 54. zs Freiberg, Grundfragen, S. 130 f. u Eschenburg, Praxis, S. 135. so Oswald, Stadt, S. 160 ff. 28

27

22

Abschnitt 1: Kommunalreform in der G€genwart

rung bedarf31 • Die örtliche Presse vermag dabei eine wesentliche Rolle zu spielen, wenn sie nicht die Verbindungslinien Gemeinde - Öffentlichkeit durch unsachgemäße Informationsfilterung limiti€rt oder sogar unterbricht32, nicht mit je nach Intellekt geringerem oder größerem Erfolg manipuliert, sondern in Verantwortung gegenüber der örtlichen Gemeinschaft und deren Wohl agiert. II. Ziele, Mittel und Leitbilder der Kommunalreform 1. Reformziele, Reformmittel und ihre Wertigkeit

Gutachten, Pläne, wissenschaftliche Bearbeitungen und politische Verlautbarungen über Fragen der Verwaltungsreform lassen zuweilen eine gewisse Unsicherheit in der Formulierung und Gewichtung von Reformzielen und Reformmitteln erkennen, obwohl einige Veröffentlichungen der letzten Jahre33 insoweit weitgehend zu einer Klärung hätten beitragen können. Das positivste Beispiel aus der Reformpraxis der Länder bietet in jüngster Zeit ein Bericht der Landesregierung Rheinland-Pfalz vom Januar 1971 über Maßnahmen zum Zwecke der Verwaltungsvereinfachung34, der als (oberstes) Ziel der Verwaltungsreform die dem demokratischen und sozialen Rechtsstaat angemessene Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch eine leistungsfähige Verwaltung nennt, die durch organisatorische Verbesserungen in die Lage versetzt werden soll, die wachsenden Anforderungen an die öffentliche Daseinsvorsorge bestmöglich und bürgernah zu erfüllen und sodann Leitsätze zur Funktionalreform formuliert, die in der Sache selbst wesentliche weitere Reformziele, etwa bürgernahe Aufgabenerledigung und wesentliche Reformmittel, insbesondere Forderungen der Effektivität und Rationalität, umfassen. Trotz erfreulicher Versuche dieser Art sind wir von einem Ziel-Mittel-System oder einer Einigung über die Rangfolge von Reformzielen in den Ländern oder gar zwischen den Ländern weit entfernt. Oft erscheinen in wahlloser Reihung mehr oder minder vordergründige Reformziele, wie etwa in der Studie des NW Städtebundes zur Funktionalreform35 , die in ihren Thesen als Ziele die Schaffung leistungsstarker Gemeinden zu dem Zwecke, die öffentliche Verwaltung näher an den Bürger heranzurücken, ferner die Notwendigkeit der Zusammenfassung verwandter Arbeitsgebiete und der BündeJung von Zu31 Vgl. dazu unten, Dritter Abschnitt, IV 3 Grundsätze für die leitbildgerechte Verwaltung. 32 Reschke, Verwaltung, S. 7; vgl. auch Ellwein, Öffentlichkeit, S. 17 ff. 33 Wagener, Neubau, passim. u Landtag Rheinland-Pfalz. 6. Wahlperiode, Drucksache VI 2617 - Mitteilung des Präsidenten des Landtages. ss Vgl. 1. Studie zur Funktionalreform in Nordrhein-Westfalen, Stand 1. November 1970, herausgegeben vom NW Städtebund.

Il. Ziele, Mittel und Leitbilder

23

ständigkeiten bei einem bürgernah wirkenden Verwaltungsträger in den Vordergrund stellt. Viel wesentlicher ist demgegenüber die Frage, welche Richtwerte und Leitbilder die Verfassung für die örtliche Verwaltungsreform enthält. Es geht immerhin darum, die hauptsächliche Nahtstelle zwischen der privaten und der öffentlichen Sphäre, die allgemeine Kontaktstelle Bürger - Gemeinwesen neu zu ordnen. Wie das zu geschehen hat, ist nicht nur eine Zweckmäßigkeitsfrage oder eine Frage der Sachgerechtigkeit36. Die verfassungsmäßige Aufgabe des Gesetzgebers, die zu erfüllen und vorzubereiten ist, besteht nicht nur darin, Regelungen zu treffen, für die sachlich einleuchtende Gründe vorliegen, die sich im Rahmen des Nicht-Willkürlichen halten und denen ein- auch noch so wohlbegründetes und exakt verfolgtes - Leitbild zugrunde liegt, sondern ist bei aller politisch-en Entscheidungsfreiheit auch und vor allem Rechtsanwendung höheren Ranges, Anwendung der Verfassung auf den Reformfall als Teilverwirklichung des Gemeinwohls37• Die gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit ist im Rechtsstaat durch die Rechts- und Verfassungsordnungund das mit ihr verschränkt-e Gemeinwohl begrenzt38 • Das Bundesverfassungsgericht hat dies in anderem Zusammenhang verschiedentlich hervorgehoben, dabei allerdings zu Recht betont, daß dem Gesetzgeber bei alledem ein weiter Raum der Gestaltungsfreih-eit verbleiben müsse39 • Dabei ist sicherlich der den Inhalt der gesetzgeberischen Gestaltung bestimmende Bereich der Rechts- und Verfassungsgebundenheit und derjenige der verfassungsgerichtlichen Nachprüfbarkeit, der nur mehr sein-e Grenzen betrifft40 , keineswegs identisch. Die Rechtsanwendung in der Reformgesetzgebung muß sich an den Prinzipien der verfassungskonformen Gesetzesauslegung orientieren41 • Ihr Maßstab sind- soweit man sie anerkennt- die Wertordnung der Verfassung42 oder- will man von einem Normsystem ausgehen- die obersten Rechtsgrundsätze unserer Rechtsordnung, vor allem und in erster Linie die verfassunggestaltenden Grundentscheidungen, die veras Fonk, Regierungspräsident, S. 106 ff. Vgl. Häberle, Öffentliches Interesse, S. 48. as Maunz in: Maunz-DiLrig-Herzog, Grundgesetz,

87

Rdn. 117-122 zu Art. 20GG. 89 BVerfGE 18, 38 ff. (46); 18, 121 ff. (132); 20, 150 ff. (162). 40 So das Bundesverfasungsgericht in einigen neueren, bei Bracker, Gebietsreform, S. 813, wiedergegebenen Entscheidungen in Gebietsreformfällen in Schleswig-Holstein. 41 Vgl. die Berichte von Schneider und Ehmke in den Verhandlungen der Tagung der Deutschen Staatsrechts1Phrer im Jahre 1961 zum The-ma Prinzipien der Verfassungsinterpretation, Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer, Heft 20, 1963. 42 Vgl. Cornelius, Gesetzesauslegung, S. 125 ff.

24

Abschnitt 1: Kommunalreform in der Gegenwart

fassungskräftig fixierten Staatszielbestimmungen43 oder Verfassungszielbestimmungen. Auch die Grundrechte in ihrer Ausdeutung als Leitlinien haben in den Erörterungen der letzten Jahre zunehmend an Beachtung gewonnen, indem man in ihnen bindende Leitlinien für das Verhältnis von Staat und Bürger und darüber hinaus für die ganze Rechtsordnung4 4, positive Leistungsverpflichtungen des Staates45 , schlechthin inhaltliche Maßstäbe staatlichen Handelns46 , zuletzt staatliche Grundrechtspflichten47 gesehen hat. Würde man diesen Überlegungen folgen, so müßte geprüft werden, ob und gegebenenfalls welche weiteren Richtpunkte dies für den Reformgesetzgeber ergeben könnte, insbesondere ob das Gleichheitsgebot und das Freiheitsprinzip selbständige Leitlinien für die Reformen im örtlichen Bereich ergeben oder ob sich die Grundrechte mehr zur ergänzenden Interpretation der Verfassungszielbestimmungen eignen, wie dies näher liegen könnte. Neben diesen Maßstäben sind die sonstigen Normen des Grundgesetzes, die institutionellen Garantien, seine programmatischen Bestimmungen und seine Präambel beachtlich48• Im Unterschied zur verfassungskonformen Gesetzesauslegung bei der Rechtsanwendung durch Rechtsprechung und Verwaltung wäre die Rechtsanwendung für das Reformgesetz als verfassungszielkonforme und gemeinwohlgerechte Rechtsanwendung zu bezeichnen, als rechtssatzmäßige Konkretisierung von Verfassungsgrundentscheidungen und Verfassungssätzen. Gegenstand der hier angestellten Überlegungen sind die Maßstäbe der Rechtsanwendung durch den Reformgesetzgeber, unabhängig von der Frage, ob sie im inneren Bereich eines nicht nachprüfbaren gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums liegen oder ob sie selbst Grenzen markieren, wobei die derzeitige Rechtsprechung insoweit äußerst vorsichtig zu sein scheint. In diesem inneren Bereich sind die relevanten Verfassungsziele Leitbilder höchsten Ranges; Reformziele, die anderen Ursprungs sind, insbesondere Wirtschaftlichkeits- und Zweckmäßigkeitsfragen aller Art, müssen ihnen nachstehen. Damit statuiert die Verfassungsordnung selbst ein Reformzielsystem, das auch dann gilt, wenn allgemein verbreitete technische Maximen in der öffentlichen Diskussion gleichfalls erhebliches Gewicht haben. Es bedurfte kaum detaillierter sozialpsychologischer Untersuchungen, um deutlich zu machen, welch breiten Raum im Bewußtsein des modernen Menschen die Konzentration auf den Effekt gewonnen hat, der zwingende Ethos der 43 Wolf/, Grundentscheidungen, S. 33 ff.; Achterberg, Grundentscheidungen, S. 159 ff.; Contiades, Staatsstrukturbestimmungen, S. 64 ff. 44 Scheuner, Grundrechte, S. 507. 45 Rupp, Umweltschutz, S. 402. u Friauf, Grundrechte, S. 675. 47 HäberZe, Grundrechte, Leitsatz 19. 48 Vgl. Eckhardt, Auslegung, S. 44.

li. Ziele, Mittel und Leitbilder

25

Technik49 • Für die Verwaltungsreform hat das die erörterte Forderung nach weitestgehender Effektivität oder auch Effizienz der Verwaltung zur Folge, die bisher vielfach in der Literatur50 und der politischen Diskussion alle anderen Überlegungen weitgehend zu überlagern scheint51 • Es ist für die weiteren Erörterungen von größtem Interesse, in welchem Verhältnis der Effektivitätsaspekt zu den Reformzielen mit Verfassungsrang steht52 • Einen Vorrang wird die eingehendere Überprüfung nicht ohne weiteres ergeben können, auch dann nicht, wenn sich herausstellen sollte, daß der Rationalisierungs- und Effektivierungsgesichtspunkt selbst Verfassungsrang hat, wie dies zuweilen vorgetragen wird53 • Man wird dem entgegenhalten können, daß für den Reformgesetzgeber doch nur die verfassungsrechtliche Grenze seines Gestaltungsspielraums von Belang ist, deren Überschreitung das Gesetz der Gefahr der Feststellung der Verfassungswidrigkeit aussetzt. Dem ist aber nicht so, denn der Gestaltungsspielraum kann nicht nach freiem Belieben, sondern auch nur in Verantwortung gegenüber den Verfassungszielen ausgefüllt werden, die nach dem Grundgesetz unabänderlich sind. Aus dem Aspekt der politischen Verantwortung des Gesetzgebers sind daher nicht alle möglichen Reformziele von gleicher Relevanz. Die Forderung nach Einheit der Verwaltung hat also nicht die gleiche Bedeutung wie die Zielbestimmung des Sozialstaatssatzes oder die Forderung nach Leistungsfähigkeit der Verwaltung nicht den gleichen Stellenwert wie das Verfassungsziel des Demokratieprinzips. Im folgenden werden aus dem Gebot der angemessenen Beschränkung auf das Wesentliche nur die Zielbestimmungen erörtert, die als Reformziele ernsthaft in Betracht stehen, die Erneuerung der gemeindlichen Selbstverwaltung im Hinblick auf die Verwirklichung des Gemeinwohls, der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie, der Sozialstaatlichkeit und der Bundesstaatlichkeit. Die aus den Grundrechten folgenden Leitlinien füllen diese Zielbestimmungen inhaltlich aus, so daß sie lediglich in diesem Zusammenhang erörtert werden. Weitere sich dem unterordnende Reformziele, wie sie schon früher eingehend untersucht wurden5 4, bedürfen hier keiner neuen Erörterung. Was die problematische Einordnung der Effektivitätsforderung in die Reihe der relevanten Verfassungsziele angeht, löst sich die Problematik- um schon hier das Ergebnis vorwegzunehmen - dadurch, daß die Effektivität in der 49

Gehlen, Zeitalter, S. 36; Freyer, Kategorien, S. 540.

Neubau, passim. · Vgl. Grauhan, Verwaltung, S. 351 ff. 52 Vgl. König, Erkenntnisinteressen, S. 147 ff. 53 Achterberg, Grundentscheidungen, S. 168, der in der ,.Leistungseffizienz" ein Merkmal des Sozialstaatsprinzips sehen will. 54 Wagener, Neubau, S. 284 ff. so Wagener, 51

Abschnitt 1: Kommunalreform in der G€genwart

26

Skala der relevanten Prinzipien eine andere Funktion hat, als zuweilen in Überbewertung des technischen Grundsatzes angenommen. Wenn es dem Sozialstaatsprinzip bei der gemeinwohlorientierten Aufgabenbewältigung um ein Höchstmaß gesellschaftlicher Chancengleichheit geht, ist das Rationalprinzip demgegenüber nichts anderes als ein notwendiges Mittel zur Erreichung dieses Ziels55 ; das wird etwa dann augenfällig, wenn berücksichtigt wird, welche technischen und finanziellen Schwierigkeiten auf dem Wege zur Verwirklichung des Sozialstaates zu überwinden sind. Bei der Überwindung des Zielkonflikts ergibt sich ein gangbarer Weg für die Entschärfung der gefährlichen Konkurrenz zwischen Effektivität und Demokratie56. Überhaupt bezeichnet man alle instrumentalen Reformzielsetzungen zweckmäßigerweise als Reformmittel, wie etwa den Grundsatz der Einheit der Verwaltung57 , der Dezentralisation oder der Dekonzentration58 • Innerhalb der Reformziele sind weitere Differenzierungen möglich. Soweit sich Reformziele unter die Staatszielbestimmungen des geltenden Verfassungsrechts subsumieren lassen, sind sie zulässige Reformziele. Demgegenüber gelangen auch solche Reformziele in die Diskussion, die als unzulässig zu bewerten sind. Das sind namentlich solche Reformmaximen, hinter denen sich mehr oder weniger deutlich Einzeloder Gruppeninteressen verbergen, wie etwa parteitaktische Überlegungen59 bei Territorialreformen60 • Solche weder am Gemeinwohl noch an Staatszielen orientierte Zielsetzungen sind sachwidrig und können Reformgesetze verfasssungswidrig machen. 2. Die technischen Maßstäbe der Effektivität, Effizienz und Rationalität

In der Praxis stehen die technischen Reformziele der Effektivität noch weitgehend im Vordergrund. So führt beispielsweise in Nordrhein-Westfalen die Begründung des Aachen-Gesetzes61 aus, die gemeindliche Gebietsreform verfolge das Ziel, aus Gründen des öffentlichen Wohls Organisationsformen der kommunalen Selbstverwaltung Dahrendorf, Plan, passim. Vgl. Eichenberger, Leistungsstaat, S. 21 ff.; aus dem Aspekt der Soziologie: Oswald, Stadt, S. 149. 57 Der Grundsatz der Einheit der Verwaltung ist bei Wagener Untermaßstab des Wirtschaftlichkeitsprinzips, vgl. dort Tabelle nach Seite 320. 68 Vgl. Heppe-Becker, Zweckvorstellungen, S. 88 ff.; Geib, VerwaltungseinheitS. 148 ff.; Becker, Öffentliche Interessen, S. 82. 69 So etwa Wählerstimmenvorausschätzungen; vgl. dazu GÖRG, Argumente, 6s

56

s. 1125.

so Ule, Rechtmäßigkeit, S. 260, nennt als verbotene Maßstäbe in ähnlichem Zusammenhang diejenigen, die sich nach Art. 3 Abs. 1 u. 3 GG beurteilen lassen würden. et Entwurf eines Gesetzes zur Neugliederung der Gemeinden und Kreise des Neugliederungsraumes Aachen, Landtag NW, Drucksache 7/830 vom

15. 6. 1971,

s. 10.

II. Ziele, Mittel und Leitbilder

27

auf örtlicher Ebene zu schaffen, welche die bestmögliche Versorgung der Bevölkerung im Rahmen einer umfassenden Daseinsvorsorge gewährleiste, die kommunalen Einheiten würden dabei darauf geprüft, ob sie eine Leistungsfähigkeit besitzen, die der tiefgreifenden Veränderung der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse entsprechen. Die (den Einzelmaßnahmen zugrundeliegenden) Zielvorstellungen der Sachverständigengutachten für die kommunale und staatliche Neugliederung des Landes würden einmal durch verwaltungswissenschaftliche Überlegungen und Berechnungen zu der Frage bestimmt, welche Größe und Organisation Verwaltungseinheiten zur sachgerechten Aufgabenerfüllung aufweisen müßten, zum anderen seien sie geprägt durch Maßstäbe der Raumordnung und Landesplanung. Diese Begründung zu einer konkreten Reformmaßnahme belegt, daß allein auf den Effektivitätsgesichtspunkt abgehoben ist. Die Effektivität ist sicherlich keineswegs an sich in Zweifel zu stellen, aber €S ist zu fragen, ob sie nicht eine gewisse Überbewertung erfährt. In der Tat hat die Diskussion der Anwendung wirtschaftlicher Erkenntnisse und Prinzipien für die künftige Gestaltung der Verwaltung €inige Verwirrung mit sich gebracht62. Insbesondere werden für das Wirtschaftlichkeitsprinzip völlig unterschiedliche Begriffe mit ebenso unterschiedlicher Bedeutung verwendet. Wirtschaftlichkeit wird als optimales AufwandsErtragsverhältnis bei der Leistungserstellung betrachtet, gleichgültig, um welche Art der Leistungserstellung es sich handelt63 • Das Wirtschaftlichkeitsprinzip in der Verwaltungsorganisation gilt allgemein als das Prinzip der wirtschaftlichen Deckung von Bedarfen: weil auch die öffentliche Verwaltung Bedarfe unterschiedlicher Art deckt, wird die Hauptforderung des Wirtschaftlichkeitsprinzips darin gesehen, daß die Bedarfsdeckung in der rationellsten Art und Weise erfolgt64 . Dazu wird ergänzt, weil der geschuldete Erfolg der Verwaltung eine möglichst gute Erfüllung kollektiver Bedürfnisse sei, die den politischen, sozialen, wirtschaftlichen und technischen Notwendigkeiten der Zeit entsprächen, sei die Wirtschaftlichkeit ein oberster Reformmaßstab 65 . Gegen solche Ansätze bestehen, wie gesagt, keine grundsätzlichen Bedenken, auch nicht gegen ihre Einbeziehung in Überl€gungen zur Verwaltungsreform66. Die Systematisierung von Leitlinien für Reformen soll sich durchaus um das so verstandene Wirtschaftlichkeits- oder - wie hier 82 Zur Verwendung betriebswirtschaftlicher Erkenntnisse für die Verwaltung insgesamt, Bischofsberger, Erkenntnisse, passim. 83 Bischofsberger, Erkenntnisse, S. 24. 84 Hüttl, Wirtschaftlichkeit, S. 282. 65 Wagener, Neubau, S. 299 ff., S. 312 ff., der allerdings nicht dahin mißverstanden werden sollte, daß dies alleiniger Reformmaßstab ist. 66 Anderer Ansicht Püttner, Neubau, passim.

28

Abschnitt 1: Kommunalreform in der G€genwart

formuliert werden soll - Rationalprinzip87 bemühen und kann davon ausgehen, daß jede Form der öff-entlichen Leistungsdarbietung, die nicht bedarfsentsprechend ist, gegen das Rationalprinzip verstößt68 • Um solchen Erkenntnissen zum Durchbruch zu verhelfen, bedurfte es nun freilich kaum der Mithilfe der Wirtschaftswissenschaften, in der das Rationalprinzip allgemein noch, wenn auch nicht mehr ganz unumstritten69, als das ob-erste Wirtschaftlichkeitsprinzip gilt1°, als das Identitätsprinzip schlechthin, als maßgebliches Kriterium allen Handelns71 • Gegenüber der unreflektierten Übernahme solcher und ähnlicher Maximen in das Verfassungsrecht wird eingewandt, daß die Übertragung auf die Verwaltungswissenschaft als Verwaltungsökonomie auch ·ein Problem sozialkultureller Entsprechungen von Handlungszusammenhängen in privater Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung sei, weil man möglicherweise auch von einer spezifischen ökonomischen, sozialen, politischen und daher unter Umständen eigenen Rationalität der öffentlichen Verwaltung sprechen müsse72• Eine Übertragung des wirtschaftswissenschaftlichen Rationalprinzips dürfte allerdings viel unbedenklicher sein, als die Herübernahme einig-er Ansätze der politischen Wissenschaften73 • Bedenken solcher Art veranlassen jedenfalls zu erhöhter Vorsicht, weil sie für die Verfassungsebene ganz besonders gelten müssen. Trotz solcher Vorbehalte wird man aber das Prinzip der Effektivität, der Effizienz oder das Rationalprinzip - alle diese Vokabeln bezeichnen das gleiche und sind als Wirtschaftlichkeitsgebot zu verstehen als Reformleitlinie gelten lassen müssen, aus der die Unterziele der Raumordnung, der zentralörtlichen Gliederung, der Leistungsfähigkeit der Gemeindeeinheiten abzuleiten sind. Dann allerdings interessiert das Verhältnis zu den Verfassungszielbestimmungen, das später zu erörtern sein wird. 3. Die Integrationsmaßstäbe des Demokratie-, Rechtsstaats-, Sozialstaats- und Bundesstaatsprinzips

Nachdem die zu einseitige Berücksichtigung der technischen Maßstäbe kritisiert wurde, ist zu prüfen, welchen für die Reformpraxis überhaupt greifbaren Inhalt die Integrationsmaßstäbe haben. Das insoweit meist67 Vgl. zum Rationalprinzip aus der Sicht der Politikwissenschaft Grauhan, Verwaltung, S. 351 ff. 68 Hüttl, Wirtschaftlichkeit, S. 282 ff. 69 Steiner, Planung, S. 195 ff., insbes. S. 241 ff. 70 Loiasberger, Wirtschaftlichkeitsprinzip, S. 32; Beensen, Organisationsprinzipien, S. 19. n v. Mises, Grundprobleme, S. 77. 72 König, Erkenntnisinteressen, S. 163 ff. 73 Vgl. etwa bei Ronge, Planung, S. 225.

li. Ziele, Mittel und Leitbilder

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erwähnte, aber am wenigsten einheitlich bewertete Reformziel ist das Demokratieprinzip, die Staatszielbestimmung, über deren Verwirklichungsnotwendigkeit wohl kein Streit besteht. Die hier anzustellenden Überlegungen werden sich freilich auf seine Deutung als Staatszielbestimmung beschränken74, auf die Bedeutung, die das Grundgesetz dem Prinzip im Rahmen seiner Verfassungsordnung beilegt. Das Bundesverfassungsgericht versteht unter Demokratie ganz allgemein die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne einer Herrschaftsordnung unter Ausschluß j·eglicher Gewalt- und Willkürherrschaft auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes, der Freiheit und der Gleichheit, nach dem Sinne der jeweiligen Mehrheit75 • Nach der dieser Auffassung im wesentlichen folgenden herrschenden Lehre normiert das Grundgesetz eine inhaltlich wertgebundene Demokratie, also eine nicht bloß formale, sondern auch eine reale Demokratie, real infolge der in sie einbezogenen sachlichen Gehalte76, zu denen die Grundrechte nicht unwesentlich beitragen, vor allem die Freiheitsrechte. Dazu wird hervorgehoben, daß das Grundgesetz mit der Entscheidung für die Demokratie keine abstrakte, von der wirklichen und augenblicklichen Situation abgelöste Doktrin setzt, sondern eine konkrete Ordnung der Wirklichkeit77 • Wie umstritten dennoch der Demokratiebegriff ist, haben nicht zuletzt die Berichte und die darauffolgenden Diskussionsbeiträge gelegentlich der Jahrestagung 1970 der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer in Speyer ergeben, insbesondere die Bedenken gegen die Auffassung von der gesellschaftspolitischen Neutralität des Demokratieprinzips, die Erörterungen zur Richtigkeitsgewähr der Mehrheitsentscheidung und die Warnung vor der Bedrohung der Freiheit in einer radikal-egalisierten Gesellschaft bei fortschreitender Demokratisierung7s. Diese Überlegungen betreffen allerdings das Demokratieprinzip als Staatsformbestimmung, sie sagen über seine Bedeutung als Staatszielbestimmungwenig aus. Insoweit ist es streitig, ob dem Demokratieprinzip eine Aussage für künftige Gestaltungen entnommen werden kann. Will man diesen Versuch machen, so kann dieser nicht von einer Sicht des Demokratiebegriffs ausgehen, die diesen lediglich als einen Rah74 Peters, Grundfragen, S. 164 ff.; Scheuner, Grundfragen, S. 126 ff.; Leibholz, Strukturprobleme, S. 137 ff.

75

BVerfGE 1, 33 ff.; 2, 1 ff. (12, 13); 18, 154 ff.

Maunz in: Maunz-Dii.rig-Herzog, Grundgesetz, Art. 20 GG, Rdn. 45; Hamann, Grundgesetz, S. 38; v. Mangoldt-Klein, Grundgesetz, Art. 20 GG, 76

Anm. V, 2.

Hesse, Grundzüge, S. 8, S. 54 ff. Vgl. die Diskussionsbeiträge im Anschluß an den Bericht von Simson, v. Simson, Prinzip, passim. 77

78

Abschnitt 1: Kommunalreform in der G€genwart

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menbegriff auffaßt, in den divergierende weltanschauliche Wertungen beliebig hineininterpretiert werden können, als Regelwerk zur Verwirklichung einer bestimmten Form menschlichen Zusammenlebens nach der jeweiligen eigenen Überzeugung. Als Zielbestimmung meint das Demokratieprinzip die förderliche Weiterentwicklung demokratischer Lebensformen, die Verwirklichung von Selbstverantwortung und Mitbeteiligung, Mitentscheidung und Selbstbeherrschung79, politische Aktivierung im Interesse der politischen Einheitsbildung, der Integration des Gemeinwesens in allen Ebenen. Je mehr Staatsbürger für das Gemeinwesen mobilisiert werden, um so mehr Voraussetzungen liegen vor80, unter Beachtung der repräsentativ-demokratischen Strukturelemente81 der Verfassung, der Freiheit und der Gleichheit, der gleichberechtigten Beteiligung aller Bürger am politischen Prozeß, des Einigungs- und Mehrheitsprinzips, der Chancengleichheit und des Schutzes der Minderheiten, der religiösen und weltanschaulichen Neutralität des Staates die Integration der pluralistischen Gesellschaft in allen Ebenen des Gemeinwesens zu erreichen und im Sinne einer EinheitsbildungB2 Demokratie als Ziel zu verwirklichen. Deswegen muß das Gebot der Verbundenheit der Einwohner bei der Reform unter dem Gesichtspunkt der Verwirklichung der Demokratie auch exakt beachtet werden. Damit ergibt sich als hauptsächliches Anliegen des Demokratieprinzips das Integrationsmoment, von dem noch mehrfach die Rede sein muß. Von ebenso großer Bedeutung ist das aus den dazu in Betracht kommenden Grundrechten folgende Strukturelement der Freiheitlichkeit, das Freiheitsprinzip, nicht als wesentlich antistaatliches Element verstanden, sondern als Prinzip der Gemeinschaftsordnung. Das Freiheitsprinzip bewirkt, daß diese Ordnung auf der Schaffung und Erhaltung rechtlich ausgestalteter und geschützter Lebensbereiche der Unabhängigkeit, der spontanen Selbstentfaltung und Selbstgestaltung individuellen und sozialen Lebens beruht83 . Das Freiheitsprinzip will freiheitlich gestaltete soziale und gesellschaftliche Lebensbereiche erhalten und fördern und die Gesamtordnung des Staates darauf aufbauen. Nicht weniger problematisch ist die Interpretation des Rechtsstaatsprinzips als Staatszielbestimmung, wobei schon zunächst nicht zweifelsfrei ist, ob sich der Rechtsstaatssatz überhaupt allein betrachtet erfassen läßt, da das Grundgesetz vom sozialen Rechtsstaat spricht und damit möglicherweise beide Begriffe unlösbar miteinander verbindet84 • Nach der Auffasung des Bundesverfassungsgerichts gehört das RechtsAssel, Demokratieverständnis, S. 26. Leibholz, Strukturprobleme, S. 135. 81 Vgl. Hennis, Amtsgedanke, S. 51 ff. 82 Smend, Verfassung, insbes. S. 187 ff. es Hesse, Rechtsstaat, S. 87, 88. B4 Huber, Sozialstaat, S. 7. 79 80

II. Ziele, Mittel und Leitbilder

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Staatsprinzip zu den Leitbildern, die der Verfassungsgeber, weil sie das vorverfassungsmäßige Gesamtbild geprägt haben, nicht in einem besonderen Rechtssatz konkretisiert hat85 ; es enthält- wie das Demokratieprinzip- keine in allen Einzelheiten eindeutig bestimmten Gebote von Verfassungsrang, sondern ist ein Verfassungsgrundsatz, der der Konkretisierung je nach den sachlichen Gegebenheiten bedarf; er umfaßt die Rechtssicherheit und die materielle Richtigkeit oder Gerechtigkeit86 • Wenn wir auf dieser Interpretation aufbauen, ist das Rechtsstaatsprinzip nicht nur ein formales Prinzip, obwohl es, wie formuliert wird, auch die Bedeutung hat, die politische Einheitsbildung funktionell zu erstreben87 • Es schließt präzis·e inhaltliche Forderungen an das Verfassungsrecht in sich, sein Schwerpunkt liegt nach der ganz herrschenden Auffassung in der Sicherung eines Bereiches der persönlichen und politischen Freiheit und der Rechtsgleichheit sowie des g·esicherten Rechtsstandes für den einzelnen88 • Die formalen Elemente des Rechtsstaatsbegriffs dienen der Gewährleistung dieses materialen Gehalts89 und zielen auf die Machtbegrenzung der staatlichen Gewalt90, um insbesondere der Allmacht des Gesetzgebers Grenzen zu setzen91 • Für die Interpretation des Rechtsstaatssatzes als Verfassungszielbestimmung ist die übereinstimmend anerkannte Verpflichtung der öffentlichen Gewalt auf die Verwirklichung von Recht und Gerechtigkeit entscheidend92• Das Rechtsstaatsprinzip verbindet Recht und Staat, es verpflichtet den Staat material auf das Recht, das ihm Maß und Form gibt93 • Auch das Sozialstaatsprinzip ist in seiner Bedeutung umstritten94 • So wird die Auffassung vertreten, es handele sich nur mehr um einen substanzlosen Blankettbegriff95 oder einen proklamierten Verfassungsgrundsatz ohne Aktualisierung96 • Dem steht die Auffassung gegenüber, die im Sozialstaatsprinzip ein ethisches Postulat sieht, das einen Anspruch der Gesamtheit gegenüber jedem einzelnen, sich sozial zu verhalten, an der Gesamtaufgabe der gemeinsamen Lebensbewältigung BVerfGE 2, 403 ff. BVerfGE 7, 92 ff.; 11, 72 ff. 87 Hesse, Grundzüge, S. 78; Hesse, Rechtsstaat, S. 73 ff. (83). 88 Scheuner, Grundfragen, S . 151. 89 Bachof, Wesen, S. 39; Peters, Rechtsstaat, S. 67; Menger, Rechtsstaat, s. 6 ff. 9° Böhm, Rechtsstaat, S. 103. 91 Menger, Rechtsstaat, S. 18. 92 Huber, Sozialstaat, S. 9, 10. 93 Linden, Rechtsstellung, S. 83; Hesse, Rechtsstaat, S. 77 ff. 94 Vgl. die eingehenden Erörterungen in den Berichten in den Verhandlungen der Tagung der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer im Jahre 1953 von Forsthoff und Bachof: Forsthoff, Rechtsstaat, passim; Bachof, Wesen, passim. 95 Grewe, System, S. 351. 96 Ipsen, Grundgesetz, S. 10 ff., die Auffassung wurde später von Ipsen aufgegeben, vgl. Forsthojj, Rechtsstaat, S. 23. 85 86

Abschnitt 1: Kommunalreform in der Gegenwart

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teilzunehmen, artikuliert97 • Andererseits wird die Meinung vertreten, das Sozialstaatsprinzip sei ein Programmsatz98 , den der Gesetzgeber zu beachten habe oder der ihn verpflichte99• In zurückhaltender Betrachtungsweise sieht das Bundesverfassungsgericht im Sozialstaatsprinzip eine inhaltliche Richtlinie für den Gesetzgeber als Maßstab für die verfassungsrechtliche Überprüfung Wirtschafts- und sozialpolitischer Maßnahmen, dann allerdings auch die Aufgabe des Fortschritts zu sozialer Gerechtigkeit für den Staat, weil die staatliche Ordnung systematisch auf die Aufgaben der Anpassung und Verbesserung des sozialen Kompromisses angelegt sein müsse, hält die determinierende Kraft dieses Verfassungssatzes indessen nicht für groß, der positiv nur das "Was", das Ziel, die gerechte Sozialordnung, die gleichmäßige Förderung des Wohls aller Bürg-er bestimme, aber für das "Wie", für ' die Erreichung des Ziels, alle Wege offen lasse100. Das Bundessozialgericht vertritt eine weitergehende Auffassung, wenn es formuliert, das Soziaistaatsprinzip sei Ermächtigung und Auftrag zur Gestaltung der Sozialordnung, gerichtet auf Herstellung und Wahrung sozial-er Gerechtigkeit und auf Abhilfe sozialer Bedürftigkeit101 . Nach einer neueren, an Gewicht zunehmenden Richtung der Staatsrechtslehre dringt zutreffend die Auffassung durch, daß das Soziaistaatsprinzip einerseits auf - jedenfalls zum Teil - Bestehendes102 verweist, andererseits dem Staat aber eine bestimmte Aufgabe setzt, nämlich Sozialität103 als Ziel staatlicher Tätigkeitl04. So wird geltend gemacht, das Sozialstaatsprinzip sei nicht nur als Auftrag zur staatlichen Sozialgestaltung zu deuten, sondern darüber hinaus zur staatlichen Sozialgestaltung im Sinne der sozialen Gerechtigkeit105, es diene der Schaffung der materiellen Grundrechtsvoraussetzungen, insbesondere bei den klassischen Freiheitsrechten, die es zum Teil erst entfalte, es bewirke soziale Grundrechtsgerechtigkeit und sozialen Grundrechtsausgleich106. Das Sozialstaatsprinzip enthält die Festlegung, daß sich die Aufgaben des Staates nicht mehr im Schützenden, Bewahrenden, Fechner, Rechtsstaat, S. 10 f. So ausdrücklich Forsthoff. Rechtsstaat, S. 27. 88 Badura, Rechtsstaat, S. 448. 100 Vgl. insbes. BVerfGE 5, 85 ff.; 6, 32 ff.; 8, 274 ff.; 13, 331 ff.; 18, 257 ff.; 22, 180 ff., im übrigen vgl. zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts: Leibholz- Rinck, Grundgesetz zu Art. 20 GG, Rdn. 12, vor allem aber Weber, Grenzen, S. 409 ff. 101 Vgl. BSG, Urteil vom 19. 12. 1957 in NJW 58, 1252 ff. 102 Kritisch dazu Ellwein, Regierungssystem, S. 305. 103 Achterberg, Grundentscheidungen, S. 167. 104 Huber, Sozialstaat, S. 16 ff.; Bachof, Wesen, S. 45 ff.; Krüger, Staatslehre, S. 366 ff.; Menger, Rechtsstaat, S. 23 ff.; Reuss- Jantz, Sozialstaatsprinzip, S. 12 ff.; Scheuner, Entwicklung, S. 230 ff.; Schüle, Demokratie, S. 323 ff. 105 Henke, Rechtsformen, S. 181; Badura, Rechtsstaat, S. 446. 106 Häberle, Grundrechte, Leitsatz 36 des Referats bei der Tagung der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer im Jahre 1971. 97 88

II. Ziele, Mittel und Leitbilder

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nur gelegentlich Intervenierenden erschöpfen, sondern daß der Staat planender, lenkender, leistender, verteilender, individuelles wie soziales Leben ermöglichender Staat ist, der den Gesetzgeber und die vollziehende Gewalt zur Wahrnehmung sozialstaatlicher Aufgaben verpflichtet107. Wenn man dem folgt, soll der Sozialstaat mit seiner Aufgabe des "Sozial-Seins" materielle Gerechtigkeit verwirklichen, Gerecht-Sein im Sinne einer sozialen Gerechtigkeit108. Das Sozialstaatsprinzip, wie das Rechtsstaatsprinzip verfassunggestaltende Grundentscheidung, verpflichtet damit den Gesetzgeber, schon wenn man sich für seine geringst mögliche normative Wirkung entscheidet109, soziale Gerechtigkeit zu verwirklichen und dabei gesellschaftliche, soziale und wirtschaftliche Gleichheiten herbeizuführen110. Diese Verpflichtung determiniert allerdings die Ausgestaltung des Einzelfalles ebenso wenig wie ein bestimmtes weltanschaulich-politisches Programm, sondern legt nur den Grundsatz der Verpflichtung aller staatlichen Gewalt zur Verhinderung unsozialer gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und sozialer Zustände festl 11 • Eine entscheidende Stütze erhält diese Auslegung des Sozialstaatsprinzips durch die Einbeziehung der egalisierenden Funktion des Gleichheitssatzes112• So vergeblich der Versuch auch immer sein mag, die auch aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Forderung nach gesellschaftlicher Gleichheit mit allgemeiner Gültigkeit zu präzisieren113, wird man immerhin formulieren können, daß Sinn und Standort des Gleichheitsprinzips als Verfassungszielbestimmung durch die Kennzeichnung des modernen Sozialstaates als egalitärer Sozialstaat dargestellt wird114. Bei alledem ist vor allem die Funktion des Gleichheitssatzes von Bedeutung, Chancengleichheit zu gewährleisten, wie sie bei der Staatsrechtslehrertagung im Jahre 1971 verdeutlicht wurde, damit die Freiheit nicht Gruppenprivileg ist, sondern eine Teilhabeordnung realisiert wird, mit der Teilhabe als leistungsstaatlicher Form grundrechtlicher Freiheit115 • 101 Badura, Rechtsstaat, S. 448. 108 Achterberg, Grundentscheidungen, S. 168; Bachof, Wesen, S. 44. 1oa Püttner, Unternehmen, S. 253. 110 Hesse, Grundzüge, S. 85; Badura, Rechtsstaat, S. 448, 449; Henke, Rechtsformen, S. 181; Achterberg, Grundentscheidungen, S. 168; Bachof, Wesen, S. 44; Gerber, Sozialstaatsklausel, S. 53; Reuss- Jantz, Sozialstaatsprinzip, S. 16 ff.; EHwein, Regierungssystem, S. 14; Leibholz, Strukturprobleme, S.131. 111 Püttner, Unternehmen, S. 256. 112 Hesse, Rechtsstaat, S. 84; Podlech, Gleichheitssatz, S. 200 ff.; Geiger, Gleichheitssatz, S. 180 ff. 113 Podlech, Gleichheitssatz, S. 204. 114 Hesse, Rechtsstaat, S. 85. 115 Häberle, Grundrechte, Leitsatz 42. 3 Speyer 49

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Abschnitt 1: Kommunalreform in der Gegenwart

Die bundesstaatliche Verfassungszielbestimmung scheint auf den ersten Blick für die Reformen im örtlichen Bereich unergiebig zu s·ein. Das in ihr enthaltene föderalistische Prinzip als Gebot, trotz aller sozialstaatlicher Kooperationszwänge die Selbständigkeit und Besonderheit der Länder in landsmannschaftlicher, kultureller, wirtschaftlicher und sonstiger Hinsicht bei Regelungen und Gestaltungen zu berücksichtigen116, das ohnehin bereits zumindest zum sogenannten kooperativen Föderalismus weiterentwickelt worden ist, gibt auch in abstrakterer Lesart im Sinne eines Prinzips freier Einigung differenzierter, aber grundsätzlich gleichberechtigter Gesamtheiten117 wenig für den örtlichen Bereich her, weil man es wohl dennoch auf die Länder oder zumindest auf regionale Einheiten beziehen wird, sofern man das Prinzip nicht überhaupt schon, wie das der kommunalen Selbstverwaltung, als überlebt bezeichnet. Auch die gewaltenteilende Wirkung118 des Bundesstaatsprinzips besagt für die uns interessierenden Fragen wenig, wie wesentlich es auch immer für die freiheitliche Verfassungsordnung sein mag. Wohl ist noch kürzlich auf die Bedeutung des Prinzips der Bundestreue für di-e Reformen im örtlichen Bereich hingewiesen worden, die Verpflichtung zur Rücksichtnahme der Länder auf den Bund und der Länder untereinander119, wie sie vom Bundesverfassungsgericht wiederholt hervorgehoben worden ist120 • Wenn danach alle an dem verfassungsrechtlichen "Bündnis" Beteiligten gehalten sind, dem Wesen dieses Bündnisses entsprechend zusammenzuwirken und zur Wahrung seiner und der wohlverstandenen Belange seiner Glieder beizutragen, kann das Begrenzungen der Reformhoheit der Länder bedingen. 4. Erörterungen zum Verhältnis der Reformzielbestimmungen

Die verfassunggestaltenden Grundentscheidungen dürften, das ist das Ergebnis ihrer Erörterung, eine Reihe verwertbarer Anhaltspunkte für die Reformproblematik ergeben, über die noch später zu sprechen sein wird. · Darüber hinaus ergeben aber unter Umständen nicht nur die Verfassungszielbestimmungen in isolierter Betrachtung, sondern auch Verbindungen zweier oder mehrerer, verwertbare Aussagen. Mit dem demokratischen Prinzip verbunden könnte das Sozialstaatsprinzip bedeuten, daß der Bürger in allen Aufgabenbereichen - vornehmlich im Gebiet der Sozialgestaltung - den Mehrheitswillen anerkennen muß, der nicht nur die Befugnis umfaßt, das Privatinteresse aus Gründen des Gemeinwohls einzuschränken, sondern auch das Recht, grundsätz116 Maunz in: Maunz-DiLrig-Herzog, Rdn. 20 zu Art. 20 GG; Scheuner, Wandlungen, S. 513 ff. 117 Hesse, Grundzüge, S. 90; Hesse, Bundesstaat, S. 31 f. 118 Peters, Gewaltentrennung, passim. 119 Becker, Verwaltungsreform, S. 134; Hoppe, Gebietsreform, S. 478. 12o BVerfGE 1, 131 ff.; 6, 361.

II. Ziele, Mittel und Leitbilder

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lieh selbst den Maßstab dafür zu liefern, was als im Sozialauftrag liegend zu normieren ist121. Wichtiger scheint die Deutung der Wechselbeziehung beider Grundentscheidungen im Sinne eines allgemeinen Mitwirkungspostulats bei der Sozialgestaltung122, obwohl eine solche Synthese zu wenig greifbar ist, um verwertbar zu sein. Streitig und wohl auch nicht abschließend zu klären ist vor allem das Verhältnis Rechts- und Sozialstaatsprinzip. Die Grundentscheidung für das Soziaistaatsprinzip führt nicht dazu, daß das Grundgesetz seine Gewährleistungsfunktion nur im Rahmen dessen ausübt, was von der jeweiligen Mehrheit und ihrer Regierung als sozial verstanden wird123 . Die Formel vom sozialen Rechtsstaat soll nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Begriffe antinomisch sind, ihre materiellen Gehalte zueinander in Widerspruch treten können und demzufolge harmonisiert werden müssen. Die drei großen Aufgaben des Sozialstaates, soziale Fürsorge, soziale Vorsorge und soziale Befriedigung, sind unter den Gegebenheiten der industriellen Gesellschaft die Voraussetzung, ohne die das Ziel des Rechtsstaates, di:e Sicherung freier Personalität, nicht mehr erreicht werden kann124. Jedenfalls dürfte die Auffassung richtig sein, daß das Rechts- und Sozialstaatsprinzip in der Ebene der Verfassung liegen und sich in ihren Forderungen zum Teil decken, denn der soziale Rechtsstaat ist ein Staat materieHer und sozialer Gerechtigkeit, der auf einem System des Ausgleichs und des Gleichgewichts beruhtl 25 . Man kann vielleicht auch der Meinung folgen, daß die Verbindung zwischen Sozialstaats- und Rechtsstaatsprinzip darin besteht, daß im sozialen Rechtsstaat das gestaltende und gewährende Wirken der staatlich-en Gewalten rechtlich gebunden sein muß und nicht in den Bereich unbegrenzter, ungebundener und gestaltloser Wohlfahrtspflege gelangen darf126, Das Bundesstaatsprinzip soll die demokratische Ordnung des Grundgesetzes in mehrfacher Hinsicht ergänzen, insbesondere durch seine Minderheiten schützende und gewaltenteilende Wirkung127 • Auch solche Überlegungen dürften uns nicht weiterführen, ebensowenig wie der Versuch, eine formelhafte Aussage aus der Trias des Demokratie-, Rechts- und Sozialstaatsprinzips zu gewinnen. Im Sinne eines solchen Versuchs ist vorgetragen worden, der Zusammenhang zwischen Demokratie-, Rechtsstaats- und Sozialstaatsprinzip bestehe darin, daß das Demokratieprinzip in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip die An121 Dürig in: Maunz-Dürig-Herzog, Grundgesetz, Erl. zu Art. 2, Rdn. 25. 122 Krämer, Selbstverwaltung, S. 80 ff. Vgl. auch Bachof, Wesen, S. 47. 123 Forsthoff, Rechtsstaat, S. 25. 124 Huber, Sozialstaat, S. 24; Köttgen, Bundesstaat, S. 23. 125 Bachof, Wesen, S. 44/45, auch Achterberg, Grundentscheidungen, S. 169 ff.. 126 Hesse, Grundzüge. S. 87. 127 Hesse, Grundzüge, S. 92 ff.

Abschnitt 1: Kommunalreform in der Gegenwart

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tinomie zwischen Freiheit und Gleichheit löse und durch ihre Hereinnahme in den Verfassungsraum zugleich institutionalisiere, während das Sozialstaatsprinzip neben der Förderung des gesellschaftlichen Fortschritts den Ausgleich zwischen der staatlichen Statik und der Dynamik der modernen Massengesellschaft herbeiführe128. Auf die Verwendbarkeit solch·er Überlegungen, die vielleicht zur Zeit noch nicht genügend ausgereift sind, kann hier nicht weiter eingegangen werden, jedenfalls dürfte ihre Ergiebigkeit zur Gewinnung zusätzlicher Reformleitbilder zur Zeit noch gering sein. Was demgegenüber von größtem Interesse ist, weil es aktuelle Konsequenzen für die Reform hat, ist das Verhältnis zwischen den Integrationsmaßstäben und dem Rationalprinzip. Einerseits wird das Rationalprinzip mit dem "Prinzip der Rechtssicherheit" in Beziehung gesetzt129 und vorgetragen, das Rechtsstaatsprinzip modifiziere das Rationalprinzip; in der Verwaltung sei nur eine annähernde Leistungsfähigkeit möglich. Möglicherweise kann man jedoch viel weiter gehen und fragen, ob nicht das Rechtsstaatsprinzip, sofern es der Wirksamkeit des Staates Maß und Form gibt, substantielle Rationalität der Verfassung vermittelt130, überhaupt das spezifische Rationalprinzip der öffentlichen Verwaltung ist. Die Frage kann hier auch nur angedeutet werden. Von Interesse ist aber vor allem das Verhältnis zwischen Sozialstaatsprinzip und Rationalprinzip. Wenn das Grundgesetz mit dem Sozialstaatsprinzip Aufgaben eröffnet, die sich nicht im Schützenden und Bewahrenden erschöpfen, sondern planende, lenkende, leistende, verteilende und überhaupt individuelles wie soziales Leben ermöglichende Funktionen umfassen, könnte daraus die Konsequenz gezogen werden, daß dies die rationelle Bewältigung dieser Funktionen nicht nur einschließt, sondern zur Pflicht macht. Diese Auffassung klingt an, wenn als Merkmal der Sozialstaatlichkeit die Sicherheit des Bürgers bez·e ichnet wird, die gesellschaftliche Leistung, auf die dieser einen Anspruch habe oder die ihm aufgrund Ermessens gewährt werde, auch wirklich - und zwar weder durch sachliche noch durch zeitliche Umstände geschmälert mithin effizient- zu erhalten131. Ähnliches scheint durch, wenn gesagt wird, der Leistungsstaat sei der Staat der hohen Effizienz, der Funktion und Aktion, die Demokratie der Staat der Breite, des Imperfekten und Schwerfälligen, der Leistungsstaat lebe im Klima der Rationalität132. Diese Konstruktion ist bedenklich und ergänzungsbedürftig, wie die Erörterungen bei der Tagung der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer im Jahre 1971 über das Thema "Grundrechte im 12s 129 1so 1s1 1s2

Krämer, Selbstverwaltung, S. 80. Poul Meyer, Verwaltungsorganisation, S. 57 ff. Hesse, Rechtsstaat, S. 83, 84. Achterberg, Grundentscheidungen, S. 168. Eichenberger, Leistungsstaat, S. 19.

II. Ziele, Mittel und Leitbilder

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Leistungsstaat" erwiesen haben133. Die Sicherheit, Leistungen ungeschmälert zu erhalten, kann ebenso richtig auf das Rechtsstaats-134 oder das Demokratieprinzip gestützt werden. Die Effizienz ist keineswegs eine nachweisbare Komponente des Sozialstaatsprinzips, mit der alles und jedes begründet werden kann. Effizienz ist eine Methode der Zielverwirklichung. Sie ist - im Rahmen eines Zielsystems betrachtet - in einer Ebene unterhalb der Staatsziele angesiedelt. Deshalb ist es auch bedenklich, die Effektivität als technischen Hauptmaßstab gleichgewichtig neben die Integrationsmaßstäbe zu setzen. Jede Staatsform kann ihre Ziele effizient und rational verwirklichen. Das ist allein eine Frage des zweckmäßigen und richtigen Verfahrens, der richtigen Organisation, des richtigen Personaleinsatzes. Richtiger dürfte daher die Konstruktion sein, das Rationalprinzip in eine ZweckMittel-Relation oder vielleicht richtiger: Ziel-Mittel-Relation135 zum Sozialstaatsprinzip wie zu den übrigen verfassunggestaltenden Grundentscheidungen zu bringen. Alle Zwecke des Verwaltungssystems, die aus dem ökonomischen Prinzip als Leitgedanken der organisatorischen Tätigkeit folgen, werden durch die Integrationsmaßstäbe überlagert136. Das Rationalprinzip ist, wenn man von seiner Überbewertung einige notwendige Abstriche macht137 , das zweckmäßige MitteP 38 , ein Instrument139 zur Verwirklichung der Verfassungszielbestimmungen. Das Rationalprinzip steht dann nicht zu ihnen im Gegensatz, sondern ordnet sich unter; es soll dazu dienen, die Verfassungs- und Reformziele einfach, zweck- und sachgerecht zu verwirklichen, nicht dazu, sie außer Kraft zu setzen. So leistet es in der Rationalisierung und Effektivierung notwendige Dienste bei der Zielverwirklichung in der örtlichen Verwaltungsreform140. So ist zutreffend bemerkt worden141 , die wirtschaftlichste Verwaltungsorganisation nütze nichts, wenn sie sich den Bürgern entfremde, der heutige Staat müsse sich fragen, ob er die durch die kommunale Selbstverwaltung begründete Verbreiterung der Demokratie einer höheren wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Verwaltungsapparates opfern solle oder nicht vielleicht Ursache habe, nach Mitteln für eine viel stärkere Bürgerbeteiligung zu suchen. Die Bemerkung führt zu der Problematik der Gemeinwohlgerechtigkeit von Verwaltungsreformen. Häberle, Grundrechte, insbesondere Leitsatz 8. Vgl. auch Hesse, Grundzüge, S. 78. l3s Zum Unterschied zwischen Ziel und Zweck der Organisation vgl. Mayntz, Soziologie, S. 58. 1sa Heppe-Becker, ZweckvorstellungPn, S. 89. 137 Meister, Reformen, insbesondere S. 108 ff. 138 Vgl. Dahrendorf, Plan, S. 5; Barnard, Organisationen, S. 196 ff. 139 Häberle, Grundrechte, Leitsatz 25. 140 Anders Oberndorfer, Gemeinderecht, S. 241. w Püttner, Neubau, S. 103, 104. 133

tu

Abschnitt 1: Kommunalreform in der Gegenwart

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5. Das Gemeinwohl als beherrschendes Verfassungsleitbild

Das öffentliche Wohl oder das Gemeinwohl erscheint in der Diskussion über Ziele und Maßstäbe von Reformen immer deutlicher als ein oberes Leitziel, als beherrschendes Verfassungsleitbild. Die Kommunalreformen müssen danach gleichfalls, das wird im Prinzip auch von der Rechtsprechung anerkannt, gemeinwohlgerecht sein. Die Relevanz des Prinzips als Verfassungszielbestimmung und seine systematische Einordnung ist freilich umstritten142 • Während einerseits von einer völligen Unbestimmbarkeit, einem Blankettcharakter, oder gar der Unbrauchbarkeit des Begriffs ausgegangen wird143 , bemüht sich ein Teil der Literatur um eine Konkretisierung, ohne daß bislang eine übereinstimmende Meinung erkennbar geworden wäre144 • So wird die Meinung vertreten, die Postulate, die das Gemeinwohl bestimmten, seien weitgehend Blankette und in Fluß; es gäbe keine ein für allemal fixierbaren eindeutigen Grenzen für die Konkretisierung der Chancen der Entfaltung des Einzelnen und der Gemeinschaft145 • Andererseits wird formuliert, der Begriff trage in das faktische Neben- und Miteinander von Menschen eine ordnende Zweckvorstellung, indem er der sozialen Gegebenheit den Anspruch entgegenhalte, eine Gemeinsamkeit anzuerkennen und deren Förderung zum vorrangigen Gebot zu erheben148 • Eine andere Auffassung meint zutreffender, die Auslegung des Gemeinwohlbegriffs sei nicht beliebig frei, weil die Verfassung ihre Rolle als Handlungshalt verliere, wenn sie den Begriff als Leerformel behandele, deren Ausfüllung Staatsorganen überlassen bleibe, die ihr ansonsten unterworfen seien147 • Daher dürfte es in der Tat ang·ebracht sein, im Wege der Verfassungsinterpretation den Begriffsinhalt, den objektiven Kern, über den freilich Einigung erzielt werden müßte, zu ermitteln. In einer eingehenden neueren Bearbeitung148, die das "prätorische Gemeinwohlmaterial" aufbereiten möchte, wird herausgestellt, das Gemeinwohl sei unverzichtbarer Bestandteil der Rechtsordnung, wenn auch in vielfältiger Gestalt; Recht und Gerechtigkeit einerseits und Gemeinwohl andererseits seien keine Dualismen, man müsse vielmehr von Gemeinwohlgerechtigkeit sprechen. Prägnant sei vornehmlich die Relevanz der Staatszielbestimmungen und Grundrechte als öffentliche Vgl. Streissler, Gemeinwohlvorstellungen, passim. Dagegen Germann, Probleme, ·S. 165; Bullinger, Staatsaufsicht, S. 272; Schnur, Gemeinwohl, S. 58 ff. 144 Die Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer hat dem Thema Wohl der Allgemeinheit und öffentliche Interessen ihre besondere Aufmerksamkeit bei ihrer 36. Staatswissenschaftlichen Fortbildungstagung im Jahre 1968 gewidmet - vgl. Band 39 der Schriftenreihe der Hochschule Speyer. 145 Ryffel, Gemeinwohl, passim; Ryffel, Unparteilichkeit, S. 264 ff. 146 Morstein-Marx, Gemeinwohl, S. 54 ff. 147 Schnur, Gemeinwohl, passim. 148 Häberle, Öffentliches Interesse, insbesondere S. 694, 708 ff. 142

143

II.

Ziele, Mittel und Leitbilder

39

Interessen, insoweit handele es sich um salus publica ex constitutione. Auch könne von Gemeinwohlgesetzgebung, -Verwaltung und -rechtsprechung die Rede sein. Die Gemeinwohlgehalte der Verfassung seien für alle drei Funktionen des Staates verpflichtend; das Gemeinwohl habe nicht dort seinen Ort, wo das Recht nicht hinreiche, sondern wirke in und über seiner Interpretation durch Verwaltung und Rechtsprechung im Recht, sei mit ihm verklammert. Zu alledem ist anzumerken, daß das Prinzip der Gründe des öffentlichen Wohls in jedem Falle Verfassungsrang hat, weil die Bewahrung und Förderung des Gemeinwohls oberster Rechtsgrundsatz oder verfassunggestaltende Grundentscheidung ist. Damit ergibt sich für die Verwaltungsreform, daß die Vorstellung der Mehrheit über die Art der geordneten Gemeinschaft und deren W obiergehen von den Organen des Gemeinwesens zu för-: dern ist. Dazu ist, wie anschließend erörtert wird, im konkreten Falle im Reformwege eine Verteilung der öffentlichen Aufgaben notwendig, die es ermöglicht, daß der rechtlichen Fähigkeit der Aufgabenträger zur Erfüllung öffentlicher Bedürfnisse in Gemeinwohlgerechtigkeit die faktische Fähigkeit zur Leistung der Aufgaben entspricht. Hinsichtlich der kommunalen Aufgabenerfüllung verlangt die Differenzierung der örtlichen Leistungserfordernisse nach dem öffentlichen Bedürfnis die Berücksichtigung der örtlichen Besonderheiten, die ein Kennzeichen des Selbstverwaltungsprinzips istl 49 • Nicht nur die für den Gesetzgeber verbindlichen Verfassungszielbestimmungen, sondern die Verfassung insgesamt ist vom Gemeinwohlprinzip durchdrungen und mit Rücksicht auf den Gemeinwohlaspekt zu interpretieren. Es ist daher gefragt worden, ob der nordrheinwestfälische Landesgesetzgeber das Gemeinwohlprinzip hinreichend bei den Gebietsreformmaßnahmen der letzten Jahre beachtet. Daran könnten deswegen Zweifel bestehen, weil unter Berücksichtigung des Vorschlages des der Reformgesetzgebung zugrundeliegenden Gutachtens150 die frühere Formulierung der Gemeindeordnung NW, die "dringende Gründe des übergemeindlichen öffentlichen Interesses" in § 14 Abs. 1 S. 1 GO forderte, durch die Wendung "Gründe des öffentlichen Wohls" ersetzt worden ist. Das Sachverständigengutachten hatte den Abänderungsvorschlag damit begründet, es sei zu schwierig, "eine zuverlässige Abgrenzung zwischen den Begriffen dringend und nicht oder weniger dringend sowie zwischen gemeindlichem und übergemeindlichem öffentlichem Interesse zu finden". Möglicherweise ist der Landesgesetzgeber bei Abänderung der Gemeindeordnung von der Meinung ausgegangen, das Gemeinwohlprinzip sei einschränkbar, obwohl es auch ohne die Bestimmung des Art. 30 Abs. 2 der Verfassung für das Land 149 150

Becker, Öffentliche Interessen, S. 73 ff. Nordrhein-Westfalen-Gutachten A; S. 41.

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Abschnitt 1: Kommunalreform in der G€genwart

Nordrhein-Westfalen geltendes Verfassungsrecht wäre. Jeder gesetzgeberische Eingriff ist aber im Rechtsstaat ohne Dringlichkeit rechtswidrig und darüber hinaus nur zulässig, wenn er dem Ziel des Schutzes und der Förderung des Gemeinwohls in der Zukunft dient. Das ergibt sich aus dem Verhältnis zwischen Gemeinwohlprinzip und Verfassungszielbestimmungen. Dieses ist um so schwerer auszumachen, je weniger die Konkretisierbarkeit des Gemeinwohlbegriffs anerkannt wird, wenn etwa auf der Grundlage der Auffassung argumentiert wird, der Gemeinwohlverweis entbehre eines Inhalts, weil die Staatsorgane das Recht hätten, alle von der Gesellschaft positiv bewerteten Werte nach Belieben zu reihen und so den Wertmaßstab der Entscheidung zu gewinnen151 • Solche Auffassungen sind indessen, wie schon gesagt, bedenklich, weil die Rechtsordnung die Normen festlegt, die im Hinblick auf die Gestaltung des gemeinschaftlichen Daseins nach den obersten Maßstäben der Gesellschaft auszugestalten sind. Man kann meines Erachtens das Verhältnis so ansetzen: Das Demokratieprinzip und die anderen Verfassungszielbestimmungen sind dem Gemeinwohlprinzip vorgeschaltet, auf diese Weise kann das Gemeinwohlprinzip zur Interpretation der Verfassungszielbestimmungen herangezogen werden. Oder: das Gemeinwohlprinzip überhöht die verfassunggestaltenden Grundentscheidungen, die Leitbilder, Maßstäbe und Mittel künftiger Reformen. Die Grundentscheidungen für die Verwirklichung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Sozialstaatlichkeit ordnen sich wohl auch zum Teil in das Gemeinwohlprinzip ein, wenn sie als Teilinhalte des Prinzips verstanden werden. Wie die verfassunggestaltenden Grundentscheidungen, bedarf das Gemeinwohlprinzip freilich der Konkretisierung im einzelnen Anwendungsfall und läßt damit in speziellen Bereichen auch für gesellschaftspolitische Detailwertungen Raum. Daraus ergibt sich bereits ein Teil der Konsequenzen für die Relation: Gemeinwohl - Demokratieprinzip. Die demokratische Ordnung im Sinne des Grundgesetzes wird durch die sachlichen Gehalte der Verfassung geprägt und bietet mit diesen Fixierungen der Integration der Gesellschaft in allen Ebenen des Gemeinwesens Raum und Chance. Das Demokratieprinzip ist grundlegender Bestandteil des Gemeinwohlprinzips. Das rechtfertigt die Feststellung, daß das Gemeinwohlprinzip der Verfassung demokratisch konzipiert ist152, es kann deswegen nur evolutionär und nur unter Beachtung der sachlichen Gehalte des Demokratiebegriffs realisiert werden. Daraus folgt die Verpflichtung aller 161

152

Streissler, Gemeinwohlvorstellungen, S. 9. Ryffel, Gemeinwohl, S. 20 ff.

II.

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Staatsorgane, nur stellvertretend für das Volk und in seinem Interesse und damit zugleich im Interesse des Gemeinwohls zu handeln153 • Allerdings ergibt sich die Frage, ob das Gemeinwohl- und das Demokratieprinzip immer deckungsgleich sind oder ob Konflikte zwischen beiden Prinzipien entstehen können. Dies gilt insbesondere für die Frage der Legitimation von Mehrheiten zur verbindlichen Festlegung von Gemeinwohlzielen. Denn das Demokratieprinzip muß die Frage beantworten, wie ang-esichts des Neben- und Gegeneinanders divergierender gesellschaftlicher Kräfte ein verbindlicher Wille zu bilden ist. Wenn das Gemeinwohl aus der Synthese von Gemeinwohl- und Demokratieprinzip demokratisch zu konzipieren ist, muß es aus der Synthese mit dem Rechtsstaatsprinzip außerdem rechtsstaatlich konzipiert werden, weil der Vorrang der Verfassung bedingt, daß sich kein staatlicher Akt, insbesondere keine gesetzgeberische Regelung, mit dieser in Widerspruch setzen darf. Damit gewinnt die Verbindung von Gemeinwohlund Rechtsstaatsprinzip eine ähnliche Bedeutung wie die Beziehung Gemeinwohl- und Demokratieprinzip. Wie die demokratische Ordnung bedingt die rechtsstaatliche Ordnung Prinzipien und Verfahrensregeln, in denen die Grundlagen der rechtlichen Gesamtordnung geschaffen werden, in deren Aktualisierung politische Einheit in Gemeinwohlgerechtigkeit hervorgebracht und gefestigt wird und in deren Verwirklichung das durch die Verfassung konstituierte Staatswesen im Interesse des Gemeinwohls konkrete Gestalt gewinnt154• Das Gemeinwohlprinzip wird ganz wesentlich vom Sozialstaatsprinzip ausgefüllt. Es erhält durch den Sozialstaatssatz seine spezifische Orientierung zum Ziel der sozialen Gerechtigkeit155 • Entscheidender Maßstab aller Tätigkeit des Staates ist das Ziel der Behebung materieller und ideeller Not einzelner Gruppen und Teile des Staatsvolkes, vor allem die Verbesserung der Lebensverhältnisse der Allgemeinheit zur Herstellung der Grundlagen eines daseinswerten humanen Lebens in der künftigen technisierten Welt156• Die Beziehung zwischen Sozialstaats- und Gemeinwohlprinzip ist so eng, daß das Gemeinwohlprinzip zum Teil überhaupt aus dem Sozialstaatssatz - ebenso wie teilweise aus dem Rechtsstaatsprinzip157 - abgeleitet wird. Allerdings dürfte das Gemeinwohlprinzip bei solchen Betrachtensweisen zu einseitig festgelegt und das Sozialstaatsprinzip andererseits unzulässig überdehnt werden. v. Simson, Prinzip, S. 735. Hesse, Rechtsstaat, S. 71 ff.; Hesse, Grundzüge, S. 77; Anders Kuntzmann-Auert, Selbstverwaltung, S. 17. 155 Badura, Rechtsstaat, S. 446. 158 Ellwein, Regierungssystem, S. 306. t57 Püttner, Unternehmen, S. 200, 201; Krüger, Staatslehre, S. 763 ff. t5s

154

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Abschnitt 1: Kommunalreform in der Gegenwart

Nur wenn alle Verfassungszielbestimmungen in die Konzeption des Gemeinwohls einfließen, kann es die gestaltende Funktion gewinnen, die es unter Umständen in den Stand setzt, künftige Entwicklungen evolutionär zu harmonisieren, zu humanisieren. Dazu sind - kommen wir wieder auf die örtlichen Reformen zurück - der humanen Daseinsgestaltung gerecht werdende demokratische Gemeinwesen der örtlichen Ebene erforderlich. Die Reformregelung hat bei alledem nicht nur die derzeitige Gemeinwohlgestaltung zu sichern, sondern das Gemeinwohl in der Zukunft zu fördern. Insoweit ist die Einzelheit und die Art und Weise der Reformregelung am Maßstab des Verfassungsleitbildes sorgsam - auch vom angerufenen Verfassungsgericht - zu prüfen. Widerstreitende Gründe des öffentlichen Wohls bedürfen der gegenseitigen Abwägung im einzelnen Falle, etwa die Forderung nach der Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse, der Gesichtspunkt der räumlichen Verbundenheit oder der Gesichtspunkt der Leistungsfähigkeit ·einer neu entstehenden Einheit, um schon einige Beispiele anzudeuten. Vor allem bedarf das übergemeindliche öffentliche Interesse und das Gemeindewohl der Abwägung. Es ist bei der örtlichen Reform nicht selbstverständlich, daß das Wohl einer Gemeinde dem Wohl der größeren Gemeinschaft unter allen Umständen weichen muß. Die Zerstörung einer integrierten örtlichen Einheit zugunsten einer größeren räumlichen Lösung kann beispielsweise nur dann in Betracht gezogen werden, wenn das überörtliche Gemeinwohl dadurch so nachhaltig und wirksam gefördert wird, daß es das Opfer des Gemeindewohles vertretbar erscheinen läßt. 111. Verfassungsinterpretation der Selbstverwaltungsgarantie und des Prinzips der kommunalen Selbstverwaltung I. Die kommunale Selbstverwaltung im Licht

der älteren Lehre und Rechtsprechung

Neben den für die örtliche Verwaltungsreform beachtlichen Verfassungszielbestimmungen könnte das Verfassungsprinzip der kommunalen Selbstverwaltung relevant sein. Dazu muß ermittelt werden, in welchem Verhältnis dieses Prinzip, wenn es sich als solches bestimmen läßt, zu den Verfassungszielbestimmungen steht, die schon erörtert wurden, und welche Bedeutung die Grundgesetznormen, welche die kommunale Selbstverwaltung umreißen, für seine Interpretation und sodann die Reform der Gemeindeebene haben. Man könnte dem Versuch, der in den folgenden Absätzen folgt, vorwerfen, allzu oft Erörtertes erneut zu behandeln. Doch sind einige Bemerkungen unumgänglich, weil zu häufig leichthin behauptet wird, das Selbstverwaltungs-

III. Selbstverwaltungsgarantie und kommunale Selbstverwaltung

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prinzip habe sich überlebt und müsse durch "neue Gestaltungsformen" ersetzt werden. Die Selbstverwaltungsgarantie des Grundgesetzes, die das Selbstverwaltungsprinzip erhalten soll, wird aus der Sicht sehr entgegengesetzter Auffassungen beleuchtet158. Einerseits wird die Selbständigkeit der Gemeinden im Verfassungsgefüge zu stark betont, wenn beispielsweise das Selbstverwaltungsrecht als Naturrecht, die Gemeinde gar als real-geistiges Wesen mit räumlicher Einheit, biotischer Lebensgemeinschaft, Totalität menschlichen Zusammenlebens, eigener Kultur und gefühlsmäßiger Verbundenheit der Bewohner159 dargestellt, und der Verfassungsgarantie der eigenverantwortlichen Erfüllung der örtlichen Aufgaben konsequenterweise dann nur deklaratorische Bedeutung beigemessen wird, andererseits die Abhängigkeit der Gemeinde vom Staat überspitzt, wenn Kommunalverwaltung zur dezentralisierten Staatsverwaltung160 heruntergespielt wird mit der Begründung, Selbstverwaltung im demokratischen Sozialstaat sei nicht mehr als "oppositionelles Prinzip" zu betrachten161 . So stellen sich die äußeren Markierungen in der Skala der Kontroverse. Die in der Literatur wohl herrschende Meinung sieht in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG keinesfalls die für Gesetzgeber und staatliche Exekutive unantastbare Garantie der eigenverantwortlichen Besorgung aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, sondern nur mehr die durch Gesetz widerlegbare Vermutung der gemeindlichen Kompetenz für diese örtlichen Aufgaben, deren Einschränkbarkeit der vorkonstitutionellen Sichtweise des Universalitätsprinzips entspricht. Als geschützt gilt ein wohl nicht bestimmbarer Kernbereich der Selbstverwaltung, gestattet sind alle als herkömmlich betrachteten, als nützlich, zweckmäßig oder geboten erscheinenden Beschränkungen des örtlichen Aufgabenbestandes162 bis hin zu der wenig übrig lassenden Einschränkung der kommunalen Planungshoheit in dem schon erwähnten Städtebauförderungsgesetz163. Diese Meinung, vor allem die Theorie von der Selbstverwaltung als mittelbare Staatsverwaltung begegnet wachsenden Bedenken. Der Grund dafür, daß alle öffentlichen Aufgaben als unmittelbare oder mittelbare Staatsaufgaben qualifiziert werden, liegt möglicherweise 158 Vgl. die Darstellungen des Streitstandes schon bei Peters, Grenzen, S. 19 ff. und Becker, Grundlage, S. 117 ff. 159 Bender, Selbstverwaltung, S. 73. 18° Forsthoff, Verwaltungsrecht, S. 436 ff. 161 Henke, Rechtsformen, S. 164. 162 Vgl. dazu u. a. Maunz in: Maunz-Dürig-Herzog, Art. 28 GG, Rdn. 24 ff.; Stern, im Bonner Kommentar Art. 28, Rdn. 114; v. Mangoldt-Klein, Grundgesetz, Art. 28, Anm. IV 1 d; Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 52 ff.; Köttgen, Wesen, S. 213; Pagenkopf, Einführung, S. 82; Scheuner, Garantien, S. 100; Wolff, Verwaltungsrecht II, § 86 VIII. d) 1. 163 Schmidt-Assmann, Städtebauförderungsgesetz, S. 421 ff.

Abschnitt 1: Kommunalreform in der Gegenwart

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darin, daß öffentliche Gewalt in unzulässiger Weise mit staatlicher Gewalt verwechselt wird und unberücksichtigt bleibt, daß jede öffentliche Gewalt vom Volk getragen wird und ein gestuftes Gefüge von demokratischen Befugnissen ist, das die staatliche Gesetzgebung zwar regeln, aber nicht aufheben kann164 • Die Theorie von der mittelbaren Staatsverwaltung basiert möglicherweise auch noch auf der Meinung, ein allmächtiger Staat stehe über allen in seinem Gebiet konstituierten Körperschaften und hat dann eine Ausgangsposition, die nicht mehr ganz unbestritten sein dürfte, weil sie gegenüber der neueren gesellschaftlich-sozialen Wirklichkeit und allen Veränderungen, die sie gebracht hat, verschlossen bleibt165• Der Begriff der Selbstverwaltung ist Gegenstand einer eingehenden Diskussion bei der Tagung der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer im Jahre 1969 gewesen, nachdem dort die Auffassung vertreten wurde, Selbstverwaltung sei heute Verwaltung öffentlicher Angelegenheiten durch Staat und Gesellschaft im Zusammenwirken ihrer spezifischen Mittel, für diese Selbstverwaltung sei nicht mehr das Kommunalrecht, sondern das Sozialversicherungsrecht typisch, Staat und Gesellschaft könnten nicht getrennt, müßten aber um der Freiheit willen auch heute unterschieden werden166 • Diese Auffassung wurde damit begründet, die kommunale Selbstverwaltung sei in der Geschichte als gesellschaftliche Eigenverwaltung der staatlichen Verwaltung im Sinne eines oppositionellen Prinzips entgegengesetzt worden, dieses Prinzip habe keine Gültigkeit mehr, da es heute um den Anteil des Staates einerseits und der Kräfte der Gesellschaft andererseits an der Verwaltung gehe. Dem ist nachhaltig widersprochen und geltend gemacht worden, dieser Selbstverwaltungsbegriff sei bedenklich, vor allem die Auffassung, in der Sozialversicherung finde überhaupt Selbstverwaltung statt. Das Wesentliche einer Selbstverwaltung, nämlich die Eigenverantwortung, vollziehe sich nicht in diesem Bereich, sondern - wenn überhaupt noch - in der kommunalen Ebene167 • Darüber hinaus ist repliziert worden, es könne kein Selbstverwaltungsbegriff konzipiert werden, der vor der Verfassung stehe, es sei vielmehr zu fragen, ob für einzelne unterschiedlich ausgestaltete Formen der Selbstverwaltung in der Verfassung Direktiven und Kompetenzen enthalten seien oder gewisse Organisations- und Verfahrensprinzipien, es müsse der Selbstverwaltungsbegriff mithin unter Berücksichtigung spezieller Verfassungsprinzipien differenziert angesetzt werden, je nachdem vor welBecker, Verwaltungsaufgaben, S. 199/200. Linden, Rechtsstellung, S. 13 ff. m Henke, Rechtsformen, S. 184 ff. 167 Ipsen, Diskussionsbeitrag in der Aussprache zu Henke, Rechtsformen, S. 259; desgleichen Stern, ebendort, S. 241. 164 165

III. Selbstverwaltungsgarantie und kommunale Selbstverwaltung

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chen öffentlichen Aufgaben die Selbstverwaltung steht168• Dieser Einwand dürfte entscheidend sein. Kommunale Selbstverwaltung kann nicht in weitgehender Anlehnung an vorkonstitutionelles Recht interpretiert werden. Insoweit verdienen die Bemühungen, neue Auslegungswege zu beschreiten, Beifall. Solche Versuche müssen allerdings die Verfassungszielbestimmungen stärker berücksichtigen, deren Ausstrahlung auf das Selbstverwaltungsrecht beachtet werden muß. Staatsund Selbstverwaltung sind nach den Vorstellungen des Grundgesetzes, wie noch eingehender darzustellen ist, mit verteilten Rollen dazu berufen, dem Gemeinwohl zu dienen. Das ist allenfalls nach der Auffassung des kompromißlosen Unitaristen die alleinige Aufgabe des Staates, obwohl das kaum aus dem Sozialstaatsprinzip abzuleiten sein dürfte, geschweige denn aus dem Demokratieprinzip, das auch in Art. 28 Abs. 1 und 2 GG eine Ausprägung gefunden hat und eine Aussage hinsichtlich der eigenverantwortlichen Betätigung des Volkes in Städten und Gemeinden enthält, über die noch zu sprechen ist. Ein möglicherweise mehr Erfolg versprechender Versuch, die Auslegungsmisere der Selbstverwaltungsgarantie zu überwinden, ist es, den Inhalt des Selbstverwaltungsrechts materiell zu bestimmen. Die Art. 28 Abs. 2 GG im Sinne eines verfassungskräftigen Kompetenzvorbehalts interpretierende Auffassung hält der herrschenden Meinung entgegen, die Reduzierung der Selbstverwaltungsgarantie auf eine Umschreibung des bereits vor Erlaß des Grundgesetzes vorhandenen überlieferten Bestandes verkenne, daß das Grundgesetz als bewußte Neuordnung des staatlichen Lebens nur ganz ausnahmsweise auf früheres Recht zurückgreifen wollte169 • Im Gegensatz zu Art. 127 WRV steckt Art. 28 Abs. 2 GG ausdrücklich das Betätigungsfeld der Gemeinden ab170• Die Regelung der demokratischen Struktur der kommunalen Selbstverwaltung durch das Grundgesetz hat möglicherweise nur dann einen Sinn, wenn ihr dieses Betätigungsfeld auch material gewährleistet wird171 • Noch stärker als die Literatur konzentriert sich die Rechtsprechung auf die Frage, welcher innere Bereich der Selbstverwaltung vor Eingriffen des Staates geschützt ist. Das Bundesverfassungsgericht hält im Anschluß an die Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes für das Deutsche Reich172 seit dem Offenbach-Urteil einen Kern der Selbstverwaltung für gesichert173, bei dessen Bestimmung der geschichtlichen EntHäberle, Diskussionsbeitrag zu Henke, Seibert, Gewährleistung, S. 14 ff. no Meyer, Finanzverfassung, S. 29. 111 v. Unruh, Spannungen, S. 466.

168

Rechtsformen, S. 260.

teD

172 Vgl. die grundlegende Entscheidung vom 10./11. 12. 1929, RGZ 126, Anh. 9 ff.; Lammers-Simons, Die Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs, Bd. 2, Berlin 1930, S. 99 ff. 173 BVerfGE 1, 167 ff.; 7, 358 ff.; 8, 332 ff.

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Abschnitt 1: Kommunalreform in der Gegenwart

wick:lung und den verschiedenen historischen Erscheinungsformen der Selbstverwaltung Rechnung getragen werden soll174 • Die Beurteilung der Eingriffsschranken soll durch die historische Entwicklung des Selbstverwaltungsrechts bestimmt werden und nicht durch ·eine abstrakte Konzeption; Einschränkungen des Selbstverwaltungsrechts sollen eines vernünftigen, sachlich gebotenen Gesetzes im materiellen Sinne bedürfen oder einer Rechtsverordnung, die auf einer mit Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG übereinstimmenden Ermächtigung beruht175 • Wenn auch diese Rechtsprechung die Selbstverwaltung nicht ganz schutzlos läßt, indem sie immerhin anerkennt, Art. 28 Abs. 2 GG enthalte mehr als nur ein gesetzgeberisches Programm, sondern lege den Ländern Pflichten auf, die der Bund gewährleiste, so ist sie dennoch bedenklich, weil sie mit der Kernbereichstheorie in wachsende Schwierigkeiten geraten muß. Solche Bedenken sind in der Literatur wiederholt vorgetragen worden176• Schon mit dem Offenbach-Urteil des Bundesverfassungsgerichts sind Gesichtspunkte in die Auslegung des Art. 28 Abs. 2 GG eingeführt worden, die den berechtigten Vorwurf ausgelöst haben, hier gehe es weniger um Verfassungsinterpretation, als vielmehr um die jeweilige Bestätigung gesetzgeberischer Gestaltungen177 • Wenn das Bundesverwaltungsgericht in Abweichung von der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts im Jahre 1957178 die Meinung vertrat, der Kern des Selbstverwaltungsrechts sei nicht verletzt, wenn eine Schmälerung des Aufgabenbereichs und ein Abgehen vom Grundsatz der eigenverantwortlichen Verwaltung beim Vorliegen·eines Notstandes und unter Beschränkung auf das zeitlich und sachlich Notwendige angeordnet werde, der dann vorliege- und hier beginnt das Mißverständnis des Bundesverwaltungsgerichts -, wenn eine in das Selbstverwaltungsrecht eingreifende Regelung dringlich und nicht aufschiebbar sei; sachlich und zeitlich sei ein Eingriff notwendig, wenn er bei verständiger Abwägung aller Umstände sachlich geboten seP 79, könnte eine solche Auffassung zu einer Auflösung der Selbstverwaltungsgarantie führen, die den gesetzgeberischen Eingriff nur gestattet, wenn dies notwendig im wahren Sinne des Wortes ist. Daher ist zu frag-en, ob die auch von der herrschenden Meinung in der Literatur bevorzugte Minimalisierung der Selbstverwaltungsgarantie noch verfassungskonform ist. Denn 174 BVerfGE 11, 266 ff.; BVerfG DVBl 1969, 794; BVerfGE 7,358 ff. (364) ; 22, 180 ff. (209/210). Ähnlich die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts: BVerwGE 2, 329 (332); 6, 19ff. (25); 17, 87ff. (90/91) ; 31, 263ff.; 31,345 (349). 175 So die schon zitierte Entscheidung des BVerfG vom 24. 6. 1969 in DVBl 1969, 794 f.; DÖV 1969, 851 f. 176 Vgl. beispielsweise Peters, Rechtsprechung, S. 203 ff., eingehend: Bauernfeind, Selbstverwaltungsgarantie, passim. 177 Peters, Rechtsprechung, S. 204. ns BVerwGE 6, 19 ff. 179 Vgl. dazu Bauernfeind, Selbstverwaltungsgarantie, S. 107 ff.

III. Selbstverwaltungsgarantie und kommunale Selbstverwaltung

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die Selbstverwaltungsgarantie gewährleistet im Prinzip doch die weisungsunabhängige eigenverantwortliche Verwaltung auf der Ortsebene und damit- neben der Bundesstaatlichkeit- eine Einrichtung vertikaler Gewaltentrennung, die gegen zentralistische Tendenzen, gegen die Universalität der Staatsmacht und deren Ingerenz in den Bereich staatsbürgerlichen Zusammenlebens im örtlichen Bereich gerichtet ist180• Tragendes Prinzip des Staatsaufbaues der Bundesrepublik dürfte wohl nicht, obwohl das schon kritisch angemerkt wird, der integrierte Zentralismus, sondern der gebietskörperschaftliche Pluralismus sein181 • Insoweit kennzeichnet das organische Einordnungsverhältnis in das Gefüge des Gemeinwesens die heutige kommunale Selbstverwaltung182 • Die Städte und Gemeinden haben bis weit in die Geschichte zurück das Recht gehabt, ihre Angelegenheiten selbst zu verwalten. Bei dieser Lage ist übrigens gar nicht so sehr erstaunlich, wenn Überlegungen angestellt werden, die Selbstverwaltung in "anderer Weise zu aktivieren", wenn vielleicht noch etwas zaghafte Ansätze erkennbar sind, von einem neuen Demokratieverständnis ausgehend nach Formen zu suchen, die Rechte des Bürgers stärker herauszustellen und unmittelbarer zur Geltung gelangen zu lassen183• Allerdings wird es bei alledem darauf ankommen, Lösungen zu finden, die der Demokratie- auch nach dem neueren Verständnis - nicht mehr nehmen, als sie dadurch gewinnt. 2. Ergänzende Interpretation der kommunalen Selbstverwaltung

Die Rechtsnatur der Selbstverwaltungsgarantie ist nach wie vor umstritten. Gegenstand der Kontroverse ist die Frage, ob der Selbstverwaltungsgarantie Grundrechtscharakter zukommt184 oder ob sie institutionelle Garantie ist185, dabei entweder lediglich als objektive Verbürgung oder zug}eich unter Zuerkennung eines subjektiv-öffentlichen Rechts auf Selbstverwaltung186 • Man wird hier davon ausgehen müssen, daß Art. 28 Abs. 2 GG - anders als Art. 127 WRV - über die bloße institutionelle Garantie hinaus den einzelnen Gemeinden, wenn auch kein Grundrecht, so doch ein subjektiv-öffentliches Recht187 auf NichtanPeters, Gewaltentrennung, S. 26. Stern, Verwaltungsrefonn, S. 856. Becker, Kommunalverwaltung, S. 79. 183 Henning, Perspektiven, S. 881; Roth, Kommunalpolitiker, passim. 184 Genzer, Artikel, S. 314 f.; Kessler, Bund, S. 1 f.; Neuhoff. Grundgesetz, s. 259 ff. 185 Müthling, Sicherung, S. 33; Kollmann, Selbstverwaltung, S. 145; Stern im Bonner Kommentar Art. 28, Rdn. 70; Maunz in: Maunz-Dürig-Herzog, Art. 28 GG, Rdn 28; Dürig, ebenda, Rdn. 38 e zu Art. 19 III. 186 Peters, Rechtsprechung, S. 207 f.; Salzwedel, Gebietsänderung, S. 812; Becker, Grundlage, S. 140 u. 147; Scheuner, Garantien, S. 100. 18o 181 18 2

18 7

Becker, Grundlage, S. 140.

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Abschnitt 1: Kommunalreform in der Gegenwart

tastung ihres Selbstverwaltungsrechts verleiht, weil dies aus Sinn und Zweck der Garantie188 folgt, und daß die Grundgesetznorm in ihrer zweiten und für die örtliche Reform wesentlicheren Bedeutung die Erhaltung und Förderung der kommunalen Selbstverwaltung als Verfassungsprinzip Bund und Ländern zur Pflicht macht. Die Selbstverwaltungsgaranti:e des Grundgesetzes gewährleistet dabei gleichzeitig verfassungskräftig die Kompetenz der Gemeinden zur eigenverantwortlichen Regelung aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze, die gemeindliche Allzuständigkeit189, die bereits gewohnheitsrechtlich anerkannt und gänzlich ungefährdet war, bevor sie gesetzlich kodifiziert wurde190. Aus der Gewährleistung folgt der Ausschließlichkeitsanspruch der Gemeinden auf Wahrnehmung ihrer auf das Gemeindegebiet beschränkten, universalen Kompetenz, die übrigens nicht durch das Prinzip der Einheit der Verwaltung oder durch egalitäre Aufgabenkataloge verdrängt191 , sondern allenfalls ergänzt werden kann. Das ist mehr als das nach der herrschenden Meinung garantierte Minimum. Denn es ist zu bedenken, daß die Selbstverwaltung der Städte und Gemeinden in der Wirklichkeit weiterreicht als das garantierte Minimum. Tatsächlich geht die Aufgabenerfüllung der Selbstverwaltung im örtlichen Bereich quantitativ und qualitativ vielfach weit darüber hinaus, wie sich bei herausragenden, insbesondere zentralörtlichen kommunalen Einrichtungen und Veranstaltungen zeigt, durch die sich Städte und Gemeinden von den anderen zu unterscheiden bemühen, mag dabei auch der örtliche Wirkungskreis zum Teil überdehnt werden. Das garantierte Selbstverwaltungsprinzip umfaßt auch die Befriedigung der individuellen örtlichen Sondererfordernisse und die Darstellung der gemeindlichen Individualität192. Es bedarf nur eines Hinweises auf die Geschichte der deutschen Städte, um deutlich zu machen, daß gerade diese Individualität die deutsche Selbstverwaltung kennzeichnet. Ergänzend bestimmen Art. 28 Abs. 1 S. 2 und 3 GG, daß das Volk in den Gemeinden eine Vertretung haben muß, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist, und Art. 28 Abs. 3 GG, daß der Bund di-e verfassungsmäßige Ordnung der Länder nach Maßgabe der Bestimmungen der Abs. 1 und 2 des Art. 28 GG gewährleistet. Demgegenüber ist in Art. 106 Abs. 5-9 GG keine Finanzgarantie der kommunalen Selbstverwaltung zu erblicken. 188 Stern im Bonner Kommentar Art. 28, Rdn. 175. 189 Stern im Bonner Kommentar Art. 28, Rdn. 86; Maunz in: Maunz-DürigHerzog, Art. 28 GG, Rdn. 30; Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 37. 190 Anschütz, Verfassung, 14. Auf!., Art. 127, Anm. 2, S. 583. 191 Becker, Selbstverwaltung, S. 715 ; dagegen Hettlage, Bedeutungswandel,

s. 121.

m Vgl. Oswald, Stadt, S. 186 ff.

III. Selbstverwaltungsgarantie und kommunale Selbstverwaltung

49

Sie folgt unmittelbar aus Art. 28 Abs. 2 GG, sie ist Teil der Angel-egen~ heiten der örtlichen Gemeinschaft193 • Das sollte die Möglichkeit ausschließen, die Selbstverwaltung durch finanzielle Aushungerung faktisch zu beseitigen194 • Die Gewährleistungspflicht des Art. 28 Abs. 3 GG müßt-e, sollte dieser Fall eingetreten sein, den Bund auf den Plan rufen. Art. 28 Abs. 2 GG fordert eine kommunale Finanzausstattung, die es den Städten und Gemeinden erlaubt, ihre allgemeinen Verwaltungskosten und die Kosten der ihnen garantierten örtlich zu erfüllenden Aufgaben zu decken195 • Es ist nicht mit der Selbstverwaltungsgarantie vereinbar, daß die gesetzliche Einengung der gemeindlichen Finanzquellen dahin führt, daß die Gemeinden gerade das, was ihnen gewährleistet ist, nicht erfüllen können, weil ihnen die Mittel dazu fehlen, daß sie die zur Verfügung stehenden Mittel zur Finanzierung der Auftragsund Pflichtaufgaben verwenden müssen, daß - kreisangehörigen Städten und Gemeinden- die allgemeinen Zuweisungen durch die Kreisumlage gänzlich abgeschöpft und schon vorher einbehalten werden, daß die verbleibenden Zweckdotationen die Eigenverantwortlichkeit fast restlos beseitigen und damit oft nur das Recht verbleibt, die Schuldendienste eigenverantwortlich tragen zu dürfen. Das sollte bei der anstehenden Steuerreform mitbedacht werden, weil sie sonst wesentliche Verfassungsbestimmungen übersieht. Der Rahmen der Gesetze betrifft aber nicht nur, was leicht übersehen wird, die Eingriffsproblematik durch Gesetz bis auf den Kern der gemeindlichen Selbstverwaltung, sondern auch das Gebot ihrer Förderung durch Gesetz im Sinne der Verwirklichung der Verfassungsziele des Grundgesetzes und der Verfassungen der Länder. 3. Der Einfluß des Demokratie-, Rechtsstaats-, Sozialstaats- und Bundesstaatsprinzips auf die Interpretation der Selbstverwaltungsgarantie

Die in Verfassungsstreitigkeiten über Neugliederungsgesetze wieder stärker aktualisierte Selbstverwaltungsgarantie wird bei neueren Interpretationsversuchen stärker durch die Einbeziehung anderer Verfassungsnormen angereichert, wie etwa durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeitvon Zweck und Mittel196 oder das Recht auf Anhörung und die entsprechende Pflicht des Staates197 • Weniger Beachtung haben dabei die Verfassungszielbestimmungen gefunden, obwohl die Erörterung ihrer Relevanz schon früher nahegelegen hätte und sich mit der Verdichtung der Reformproblematik nahezu aufdrängen mußte. Die 193 19' 195 196 197

Stern im Bonner Kommentar, Art. 28, Rdn. 99. Becker, Grundlage, S. 149; Weber, Staats- und Selbstverwaltung, S. 45. Meyer, Finanzverfassung, S. 67. SchoUissek, Probleme, S. 11 ff. Scholtissek, Verfassungsprobleme, S. 830; Ule, Zwangseingemeindungen,

s. 120 ff.

4 Speyer 49

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Abschnitt 1: Kommunalreform in der Gegenwart

Selbstverwaltungsgarantie wird in einem weiteren Kreis sozusagen durch die Verfassungszielbestimmungen ergänzt. Der im Grundsatz wohl überwiegend anerkannte Zusammenhang zwischen der Selbstverwaltungsgarantie und den Verfassungsleitbildern läßt die Selbstverwaltung in einem neuen Licht erscheinen. Die Erörterung der Einwirkungen der Verfassungszielbestimmungen auf die Interpretation der Selbstverwaltungsgarantie verspricht vor allem Aufschlüsse für die Problematik der Aufgabenreform, aber auch für Fragen der Territorialreform, Finanzreform und Organisationsreform. Eigenverantwortung bei der Aufgabenerfüllung und Finanzgebarung und Integrationsfähigkeit kommunaler Strukturen dürfte aus Demokratie- und Selbstverwaltungsprinzip folgen. Die Wechselwirkung zwischen den Prinzipien ist schon bald Gegenstand übereinstimmender Meinungen, da sich im demokratischen Aufbau des Bundes Demokratie und Selbstverwaltung gegenseitig entsprechen, und weil die kommunale Selbstverwaltung die örtliche Ausformung der Demokratie ist198 • Wenn das Demokratieprinzip als die für die Reformen relevante Verpflichtung der staatlichen Gewalt zu verstehen ist, auf der Basis der sachlichen Grundgehalte der Verfassung und dem von ihr vorgehaltenen Regelwerk der Kompetenzen und Funktionen, die chancengleiche Beteiligung aller am politischen Prozeß in allen Ebenen des Gemeinwesens im Interesse der Integration der Gesellschaft zu verwirklichen, und die Auswirkung des Demokratieprinzips auf das Selbstverwaltungsprinzip ergibt, daß beide Prinzipien harmonieren, weil jede sich selbstverwaltende körperschaftliche Einheit eine dezentralisierte demokratische Teilordnung ist, deren Vertretung zur Regelung des örtlichen Aufgabenbereichs legitimierter ist als die Gesamtvertretung des Volkes, so verstärkt dieser Zusammenhang das Gewicht der Selbstverwaltungsgarantie. Die vom Grundgesetz postulierte Vielfalt der demokratischen Prozesse wird auf der örtlichen Ebene verfassungskräftig gewährleistet199 • Das Demokratieprinzip erbringt aber darüber hinaus die Verschreibung der verfassungskonformen Reformkonzeption auf die Erhaltung und vorrangige200 Förderung der eigenverantwortlichen Entscheidungsfreiheit der örtlichen Gemeinschaften bei der Erfüllung der ihr zugeordneten Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft201 , die qualitative und quantitative Vermehrung ihrer konkreten Entscheidungsbefugnisse und damit die Schaffung der Voraussetzungen für die chancengleiche Beteiligung aller Glieder der örtlichen Gemeinschaft am politischen Prozeß. Demo198 Becker, Selbstverwaltung, S. 686 ff.; Köttgen, Wesen, S. 199 ff.; Stern, Banner Kommentar zu Art. 28 GG, Rdn. 46; 75; Peters Rechtsprechung, S. 203; Schnur, Grundgesetz, S. 115. 199 Werner, Selbstverwaltung, S. 551. 2oo Henke, Rechtsformen, S. 184. 2o 1 v. Unruh, Spannungen, S. 446 ff.; Kuntzmann-Auert, Selbstverwaltung,

s. 17 ff.;

III. Selbstverwaltungsgarantie und kommunale Selbstverwaltung

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kratie erschöpft sich nicht in der Regelung der Bestellungsweise der Organe an der Spitze des Gemeinwesens, vielmehr wird auf jeder Stufe öffentlicher Autorität und Machtausübung das Problem der Staatsform gestellt und entschieden202 • Die Beziehung Selbstverwaltung - Demokratie ist schon länger Gegenstand der Diskussion. Insoweit haben sich zwei hauptsächliche Auffassungen herausgebildet: Die eine bezeichnet das Prinzip der Volkssouveränität als den wesentlichen Faktor des Demokratiebegriffs, mit der Folge, daß sich der Wille der Volksmehrheit unverfälscht gegenüber allen Teilen des Volksganzen durchsetzen muß, weil das Volk politische Entscheidungen nur als Einheit treffen können soll. Die andere Auffassung sieht in der Demokratie in der Ausprägung des Grundgesetzes ein gestuftes Gefüge von Befugnissen und damit in der kommunalen Selbstverwaltung nur die speziell geregelte örtliche Prägung der demokratischen Gesamtordnung. Die Konsequenz der gegenteiligen Auffassung ist, daß es dem wohl nicht ganz richtig verstandenen Demokratiebegriff widersprechen soll, wenn innerhalb des Staates einzelnen selbständigen Gebilden eine privilegierte Stellung eingeräumt wird, durch die sich diese der Gesamtwillensbildung entziehen und einen eigenen vom Gesamtwillen abweichenden Willen bilden können. Dem ist von der herrschenden Meinung mit Recht das Argument entgegengehalten worden, daß sich Demokratie und Selbstverwaltung nicht in Ausschließlichkeitsstellung gegenüberstehen können, weil in jeder sich selbstverwaltenden Einheit eine demokratisch·e Teilordnung liegt203 • Nachdem das Rechtsstaatsprinzip als Verpflichtung des Staates auf Recht und Gerechtigkeit beschrieben worden ist, ergibt sich daraus auch die Konsequenz für dte kommunale Selbstverwaltung. In diesem Rechtsstaat kann die Gewährleistung einer institutionellen Ordnung nur durch Gesetz und Recht Wirklichkeit gewinnen, dann nur kann für die Verwirklichung der den Städten und Gemeinden gewährleisteten Freiheit Raum bleiben. Allein unter solchen Umständen ist im kommunalen Bereich ein freiheitlicher Lebensprozeß zu erreichen. Ob man dem Rechtsstaatsprinzip eine ganz aufgeschlossene Position gegenüber neueren gesellschaftspolitischen Entwicklungen zuspricht, wie dies neuerdings versucht wurde204, und daraus auf eine gleichartige Aufgeschlossenheit des Selbstverwaltungsprinzips schließen kann, mag dahingestellt bleiben. Immerhin wird man annehmen können, daß das Rechtsstaatsprinzip zumindest die Erhaltung und Wahrung des durch die Verfassung garantierten Selbstverwaltungsrechts nach Inhalt und Umfang gebietet und der Einengung und Schmä202

2os 204

••

Ermacora, Staatslehre, S. 485. Kelsen, Demokratie, passim. Lerche, Verfassungsproblem, S. 25.

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Abschnitt 1: Kommunalreform in der Gegenwart

lerung der Selbstverwaltung ohne Einklang mit der Verfassung im Wege steht. Damit ergibt das Rechtsstaatsprinzip eine stabilisierende Komponente. Das Sozialstaatsprinzip, auf die Herstellung sozialer Gerechtigkeit, auf Sozialität gerichtet, zwingt keinesfalls zur Zentralisation von Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft und steht der Selbstverwaltungsgarantie nicht antinomisch gegenüber. Es mag dahingestellt s·ein, ob im Bereich der Sozialpolitik eine sachlogische Vermutung für den Zentralstaat spricht und ob sozialpolitische Entschlüsse mit hinreichenden Erfolgschancen in der Regel nur zentral gefaßt und verwirklicht werden können205• Denn jedenfalls werden derartige Konsequenzen des Sozialstaatsprinzips durch das Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip begrenzt206• Wie wohl jede Verwaltungsreform sollen auch die Reformen im örtlichen Bereich der Realisation der Ziele des sozialen Rechtsstaats dienen. Die Verbesserung der Lebensverhältnisse der Allgemeinheit zur Herstellung oder Verbesserung der Grundlagen eines daseinswerten Lebens in der industriellen Welt kann nicht darin bestehen, die Selbstbestimmung des Volkes bei der Erreichung dieser Ziele in der Gesamtstaatsebene zu konzentrieren und damit quantitativ und auch qualitativ entscheidend zu verkürzen. Die Bereinigung und Verhütung sozialer Diskriminierung beschränkt sich nicht auf die Verbesserung der materiellen Lebensbedingungen, sondern umfaßt auch die Gewährleistung und Verbreiterung der Selbstbestimmung in allen wesentlichen Lebensbereichen und damit insbesondere in dem von der Verfassung schon ausdrücklich hervorgehobenen Bereich der kommunalen Selbstverwaltung. Wenn die sozialstaatliche Verfassungszielbestimmung sich nicht allein auf die staatliche Gewährleistung der äußeren Lebensbedingungen beschränken soll, sondern auch mit einer demokratischen Gesellschaft unvereinbare soziale Diskriminierung beseitigen wil1207 , kann das für die kommunale Selbstverwaltung nichts anderes bedeuten als die Verwirklichung chancengleicher Beteiligung aller Bürger am kommunalen Gemeinschaftsleben zur eigenverantwortlichen Selbstbestimmung bei den örtlichen Gemeinschaftsangelegenheiten208. Diese Chancen sind um so geringer, je mehr zentralistische Regelungen die örtliche Eigenverantwortung ausschließen209 • Hier liegt die Schwerpunktaufgabe für die Verwirklichung der "Mitbestimmung" in der Gemeindeebene, hier geht es, wenn man so will, um die Frage der "Humanität" der Zukunft2to. 2os 2os 201

2os 209 210

Köttgen, Bundesstaat, S. 24. Stern, Gemeindewirtschaft, S. 91. Badura, Rechtsstaat, S. 447. v. Unruh, Spannungen, S. 465. Berkenhoff, Pläne, S. 161 ff. Schnur, Verwaltungsprobleme, S. 20/21.

III. Selbstverwaltungsgarantie und kommuna1e Selbstverwaltung

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Wechselbeziehungen zwischen Bundesstaats- und Selbstverwaltungsprinzip ergeben sich schließlich dadurch, daß die Garantierung des örtlichen Aufgabenbereichs die Allseitigkeit des Aufgabenbereichs der Länder gewaltenhemmend modifiziert und die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet zumindest durch die Sicherung der Mindesterfordernisse in den Bundesländern gewährleistet211 . Sie ergeben sich aber auch aus der Verpflichtung zur Bundestreue der Länder untereinander und zum Bund, wenn es um Reformen im örtlichen Bereich geht. Wenn hier von den Wechselbeziehungen zwischen Verfassungszielen und Selbstverwaltung die Rede war, wird man sich abschließend auf den Standpunkt stellen müssen, daß die Verfassungsordnung nach dem Verständnis des Grundgesetzes ohne kommunale Selbstverwaltung nicht denkbar ist, daß ein Angriff auf die kommunale Selbstverwaltung daher immer auch zugleich ein Angriff auf die demokratische Staatsform ist. Kommunale Demokratie und Selbstverwaltungsprinzip decken sich in ihrem Integrationseffekt, ihrem auf die Herstellung politischer Einheit gerichteten Sinn, in ihrem verfassungsrechtlichen Kräftefeld. In diesem Sinne deutet auch die Mehrzahl neuerer verfassungsrechtlicher Bemühungen darauf hin, daß die Selbstverwaltung sich im Zusammenhang mit den verfassunggestaltenden Grundentscheidungen wieder in einem anderen Licht zeigt als bei konventioneller, isolierter Betrachtensweise, daß ihr namentlich unter dem Aspekt der Verwaltungsreform neues Verständnis begegnet, daß sie gegenüber neuen politischen Formen und Motivationen als aufgeschlossen212 und für diese als geeigneter erkannt wird als eine zentralistische Verwaltungsform. 4. Die Selbstverwaltungsgarantie als Kompetenzregelung eigenverantwortlich gestalteter ttbernahme und Erfüllung örtlicher Aufgaben

Geht man in den inneren Kreis der Interpretation der Verfassungsgarantie zurück, so wird man sich auch und gerade für ihre Reformaspekte vor Augen führen müssen, daß die Garantie einerseits eine Kompetenzregelung zugunsten von Städten und Gemeinden beinhaltet, andererseits eine Leitlinie materialer Aufgabengestaltung. Damit soll nicht auf die Unterscheidung zwischen Selbstverwaltung im formellen Sinne, die Führung öffentlicher Verwaltung durch von Staatsorganen verschiedene Organe des öffentlichen Rechts, und im materialen Sinne, die allseitige Regelungsbefugnis der Angel-egenheiten der 211 212

Becker, Selbstverwaltung, S. 691. Lerche, Verfassungsproblem, S. 25; Schnur, Reform, S. 38 ff.

Abschnitt 1! Kommunalreform in der Gegenwart

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örtlichen Gemeinschaft, zurückgekommen werden, die sich in dem klassischen Rechtsbegriff der kommunalen Selbstverwaltung trifft213 • Um der Problematik der Aufgabenreform beizukommen, muß vielmehr versucht werden, aus Art. 28 Abs. 1 und 2 GG Anhaltspunkte für eine Kompetenzregelung zugunsten der Gemeinden zu entnehmen, wie dies von einer an Gewicht gewinnenden Meinungsgruppe unternommen wird. Insoweit kommen die einzelnen Merkmale der Norm in Betracht, die jedenfalls die äußeren Voraussetzungen einer Kompetenznorm erfüllen dürften, einer Regelung, die Aufgabenträger berechtigt, durch ihre Organe öffentliche Aufgaben für die in der von ihnen repräsentierten Körperschaft organisierte soziologische Vielheit aufzunehmen und zu besorgen. Diese Begriffserklärung ist noch einmal in die Erinnerung zu ruf.en, weil die Begriffe Kompetenz, Zuständigkeit- die der Kompetenz entsprechende Berechtigung für das Organ - und Aufgabe in unglaublicher Sprachverwirrung mit völlig unterschiedlichen Inhalten und auch sinnvertauscht verwendet werden - die klare begriffliche Unterscheidung scheint überhaupt nicht mehr sehr beliebt zu sein. Öffentliche Aufgaben sind Angelegenheiten, die ein Hoheitsträger als öffentliche Angelegenheiten übernimmt und von seinen Organen tatsächlich wahrnehmen läßt. Aufgabenträger ist derjenige, dem die Aufgabenerfüllung zugerechnet wird. Das ist für den Aufgabenbereich, der etwa den Regierungen zur Besorgung zugewiesen ist, stets der Staat; im Bereich des eigenen Wirkungskreises der Selbstverwaltung der Aufgabenträger der kommunalen Selbstverwaltung. Den Aufgabenträgern fällt die Aufgabenverantwortung zu, die sich auf die Übernahme, die Verteilung und die Verwirklichung der Aufgaben erstreckt. Zuständigkeiten entstehen durch die Zuweisung von Aufgaben an ein Organ, meist eine Behörde, dessen der Aufgabenträger sich zur Erfüllung der Aufgaben bedient. Die sachliche Zuständigkeit ist die Berechtigung und Verpflichtung, eine Aufgabe wahrzunehmen, und zwar für den Aufgabenträger und mit Wirkung für diesen. Diese einzelne sachliche Berechtigung und Verpflichtung ist jeweils die Zuständigkeit, nicht etwa der Geschäftskreis einer Behörde. Die Behörde erfüllt diese Aufgaben für die Aufgabenträger, etwa das Land, dem das Handeln der Behörde zugerechnet wird, in Ausnahmefällen den Bund. Das Organ ist das Zuständigkeitssubjekt, nicht etwa der einzelne Organwalter, durch den das Organ handelt. Die Organwalter besorgen die nach den innerorganisatorischen Gesichtspunkten der Arbeitsteilung aufgeteilten Zuständigkeiten für die Behörde214 • Becker, Selbstverwaltung, S. 696. Vgl. Becker, Verwaltungsaufgaben, S. 187 ff.; Wolff, Verwaltungsrecht II, §§ 72, 74, 75, 77; Wolff, Organschaft, Band 2, S. 230 ff.; 272 ff. !13 214

III. Selbstverwaltungsgarantie und kommunale Selbstverwaltung

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Auch die Sichtweise der Selbstverwaltungsgarantie als Prinzip materialer Aufgabengestaltung ist für die Aufgabenreform von Bedeutung, um die letztlich alle anderen Reformfragen kreisen. Die kommunale Selbstverwaltung ist, wie die Erörterung der Reform}eitbilder schon ergab, ein Verfassungsprinzip, das auf die Integration der gesellschaftlichen und politischen Kräfte im Sinne kontinuierlich zu bildender örtlicher Einheit in den Städten und Gemeinden im Handeln und Wirken der durch die Gemeindeverfassungen konstituierten Organe zur eigenverantwortlichen Erfüllung der örtlichen Gemeinschaftsaufgaben abzielt. Art. 28 Abs. 2 GG statuiert in Verbindung mit Art. 28 Abs. 3 GG das Einstehenwollen und Einstehenmüssen der staatlichen Gewalt für die Selbstverwaltung, und zwar nicht nur für die Selbstverwaltung in der bestehenden Form, sondern auch für die künftige, solange das Grundgesetz gilt. Das umfaßt die Verpflichtung zur Fortentwicklung des erörterten Gestaltungsprinzips der Selbstverwaltung. Das Selbstverwaltungsprinzip ist, wie die verfassunggestaltenden Grundentscheidungen Aktionsprogramm und Reformzielbestimmung. Die örtliche Gemeinschaft muß rechtlich und tatsächlich die Möglichkeit haben, bei der Regelung der örtlichen Angelegenheiten weitestgehend mitzubestimmen. Die kommunale Selbstverwaltung ·erschöpft sich nicht in der Garantie des Kerns der Rechtseinrichtung, sondern die Garantie soll die Entfaltung der kommunalen Aufgabenerfüllung ermöglichen, wie dies aus der Synopse der Selbstverwaltung mit den Verfassungsverpflichtungen zum sozialen Bundesstaat, zur Demokratie und zum sozialen Rechtsstaat folgt. 5. Die Selbstverwaltungsgarantie und die kommunale Selbstverwaltung als Verfassungsprinzip

Die kommunale Selbstverwaltung als Verfassungsprinzip geht weiter als das durch die Verfassungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG gewährleistete Minimum, auf das sich das Interesse der Rechtsprechung, aber auch der Literatur zumeist konzentriert. Dazu braucht man sich nur die Frage vorzulegen, wie es um das Erscheinungsbild der deutschen Selbstverwaltung stünde, wenn sich Städte und Gemeinden in ihrer freiwilligen Betätigung auf die Angelegenheiten beschränkten, die zum Wesensbestand gerechnet werden. Daß hier ein Unterschied besteht, wird häufig nicht oder nicht hinreichend beachtet. Die Selbstverwaltungsgarantie hat, wie das Bundesverfassungsgericht im OffenbachUrteil zutreffend zum Ausdruck gebracht hat215 , die Funktion, Eingriffe des Staates in den geschützten Kern der Selbstverwaltung auf das Notwendige zu beschränken oder aber darauf, durch den Eingriff einen Notstand abzuwenden. Darin erschöpft sich die Verfassungsgarantie 2u BVerfGE 1, 167 ff. (178).

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der kommunalen Selbstverwaltung aber nicht. Neben dem Bereich des verfassungsrechtlich gewährleisteten Kerns der Selbstverwaltung, der gegen jeden Eingriff absolut geschützt ist, besteht vom Standpunkt des Bundesverfassungsgerichts aus betrachtet ein zwar noch verfassungsrechtlich gewährleisteter, jedoch nur relativ geschützter Bereich, nämlich di·e "Gesamtheit der Normen und Grundsätze, die den historisch gewordenen Begriff der Selbstverwaltung ausmachen". Dieser Gedanke ist aus dem schon hervorgehobenen Sinnzusammenhang zwischen Demokratie- und Selbstverwaltungsprinzip erweiterungsbedürftig: die Selbstverwaltung ist ein konstruktives Gestaltungsprinzip der Verfassung, ein Prinzip eigenverantwortlicher demokratischer Mitarbeit, der Spontaneität216 • Weil die kommunale Selbstverwaltung Demokratie im örtlichen Bereich ist217 , weil sich in ihr eine demokratische Teilordnung im Gesamtgemeinwesen verwirklicht218, weil sich Demokratie und Selbstverwaltung im staatlichen Aufbau der Bundesrepublik gegenseitig entsprechen219 , garantiert Art. 28 Abs. 2 GG die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft vornehmlich deswegen, um die Selbstverwaltung als konstruktives demokratisches Verfassungsprinzip zu ermöglichen. Bund und Länder haben deswegen nicht nur das - aus der Sicht der Verfassungsrechtsprechung - garantierte Minimum zu respektieren, sondern auch die Entfaltung dieses Verfassungsprinzips zu fördern220 • Diese Förderungspflicht umfaßt die Verpflichtung zur Durchführung der verfassungszielkonformen Reform, wenn sich die faktischen Verhältnisse, in denen die kommunale Selbstverwaltung entfaltet werden soll, so weitgehend geändert haben, daß die Reform aus den Gründen des gemeinen Besten geboten ist. Damit ergibt sich als gesetzgeberische Leitlinie eine allgemeine Förderungspflicht für das konstruktive Gestaltungsprinzip der kommunalen Selbstverwaltung, wie dies auch für die verfassunggestaltenden Grundentscheidungen im übrigen gilt. Die Selbstverwaltung als Verfassungsprinzip hat mit der Garantie des Minimums aus der Sicht der Verfassungsrechtsprechung wenig gemein. Daß dieser Gesichtspunkt in der Verfassungsrechtsprechung nicht anklingt, liegt nicht zuletzt daran, daß das Verfassungsgericht im Einzelfalle gehindert ist, die Selbstverwaltung in ihrem Gesamtbefund und ihrem Gesamtzusammenhang zu sehen, sondern ihr hauptsächliches Augenmerk auf den Einzeleingriff bis zum geschützten Minimum legen muß. Der jeweilige Stand der Beschränkung der Selbstverwaltung steht dabei nicht zur m Starck, Selbstverwaltung, S. 38. Peters, Problematik, S. 28. 21s Kelsen, Demokratie, passim. 21o Becker, Finanzausgleich, S. 25 ff. 220 Maunz in Maunz-Dürig-Herzog, Art. 28 GG, Rdn. 42; Nawiasky, Grundgedanken, S. 69. 217

III. Selbstverwaltungsgarantie und kommunale Selbstverwaltung

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Diskussion. Das Kernstück des Selbstverwaltungsprinzips ist etwas anderes als der geschützte Kernbereich der Selbstverwaltung. Das Wesen des Verfassungsprinzips ist die Entfaltung, die sich in der örtlichen Integration vollzieht. Hier liegt, ähnlich wie im Kern des Demokratieprinzips, der innere Bereich, der konstruktive Bereich des Verfassungsprinzips. Die Entelechie dieser Entfaltung ist die Entwicklung gemeindlicher Individualität, die Hervorbringung der vielfältigen Besonderheiten, die dem kommunalen Gemeinwesen sein charakteristisches Gepräge geben. Jede Gemeinde ist nach dem Sinn des Verfassungsprinzips dazu berufen, einen bestimmten und dabei jedenfalls höheren individuellen Status zu entwickeln, als es dem Kernbereich oder der Standardausstattung, der im Sozialstaat erforderlichen Mindestausstattung mit gleichwertigen Leistungen, die zur freiheitlichen Gestaltung des menschlichen Daseins vorausgesetzt sind, entspricht. Dieses Verfassungsprinzip wird in einer Gemeinde, die alles unterlassen würde, was außerhalb der pflichtigen Selbstverwaltung liegt eine Erscheinung, die in den vergangenen Jahren häufig beobachtet werden konnte - nicht vollzogen. Das Phänomen der freiwilligen Aufgabenübernahme ist mit der Theorie der Gleichsetzung der Selbstverwaltung mit dem garantierten Kernbereich nicht zu erklären. Die Selbstverwaltung einer Gemeinde oder einer Stadt wird nicht erst neuerdings an den Leistungen gemessen, die über das garantierte Minimum hinausgehen. 6. Verfassungskonforme Interpretation der Selbstverwaltungsgarantie und des Verfassungsprinzips der kommunalen Selbstverwaltung

a) Die allseitige Regelungsbefugnis des örtlichen Aufgabenbereichs Wesentliche Aufschlüsse zu praktischen Einzelfragen der Reformen im örtlichen Bereich, namentlich zur Gebiets- und Aufgabenreform, ergibt die Interpretation der Einzelmerkmale der Verfassungsgarantie. Insoweit sind die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zunächst näher zu durchleuchten. Dabei ist zu bedenken, daß der Begriff, wie auch derjenige der Gemeinde, nicht nur einen juristischen, sondern auch einen wirtschaftlichen, soziologischen und gesellschaftspolitischen Gehalt hat, wobei der juristische Begriff zwar im Vordergrund der Erörterung steht, jedoch gefragt werden muß, ob er mit Rücksicht auf Erkenntnisse der Nachbarwissenschaften ergänzt oder verbessert werden muß. Es kommt hier nach wie vor darauf an, die Kooperationsbereitschaft der wissenschaftlichen Disziplinen zu verbessern und die Meinung zu überwinden, der eigene Aspekt sei der allein richtige. Sicherlich weitet etwa der politikwissenschaftliche Aspekt221 das Ge221

Grauhan, Verwaltung, passim.

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Abschnitt 1: Kommunalreform in der Gegenwart

sichtsfeld, doch wird er für die interdisziplinäre Betrachtensweise entwertet, wenn er gesicherte Erkenntnisse anderer Disziplinen ohne eingehendere Begründung anzweifelt, wenn er etwa meint, die gemeindesoziologische Sichtweise verfehle durch ihre Ausrichtung auf die personalbestimmte Gruppe den Bereich der Institutionen und durch das Abstellen auf Kontinuität und Integration die Auseinandersetzungsvorgänge und damit die Politik. Von Interesse ist insoweit immerhin der Nachweis, daß die Wahrnehmung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft eben nicht nur Verwaltung, sondern auch Politik, und zwar Politik im örtlichen Bereich ist. Kehrt man nach solchen Ausblicken wieder auf die Ebene des Verfassungsrechts zurück, so trifft man auf die zumeist vertretene Meinung, daß den Gemeinden für die Besorgung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft die Allzuständigkeit gewährleistet ist222 , und zwar im Sinne einer Zuständigkeitsvermutung223, die einen durch Gesetz widerlegbaren Ausschließlichkeitsanspruch auf Wahrnehmung aller auf das Gemeindegebiet beschränkten örtlichen Angelegenheiten begründet. Es würde nicht weiterführen, den unterschiedlichen Ausdeutungen des Universalitätsprinzips noch einmal nachzugehen, wohl ist im Anschluß an frühere Ergebnisse festzustellen, daß manche Formulierung darauf schließen läßt, daß der Sache nach Kompetenz gemeint ist224 • Dann stellt sich jedoch erneut die Frage, welche Aufgabenbereiche Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG erfaßt. Insoweit ist die Meinung verbreitet, eine materielle Inhaltsbestimmung sei nicht möglich, weil der gemeindliche Wirkungskreis historisch variabel gewachsen und immer wandelbar gewesen sei und sich aus den Zeitverhältnissen und Entwicklungen stets neue Änderungen ergeben hätten. Dabei hat es für das Verständnis des örtlichen Aufgabenbereichs stets zu Schwierigkeiten geführt, daß Aufgaben infolge innerer und äußerer Umstände225 aus dem örtlichen in den überörtlichen Bereich hinaufwachsen226• Damit hängt- im Idealfalle engzusammen, daß örtliche Aufgaben durch spezialgesetzliche Kompetenzregelung in die Kreisebene, die Landesebene oder die Bundesebene hochgezogen und damit der örtlichen Kompetenz entzogen werden. Diese Entwicklung müßte dazu führen, daß für die örtliche Kompetenz nichts übrigbliebe, umfaßte sie nicht auch die Befugnis, stets neue Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft - nachwachsende Aufgaben 222 Vgl. Stern im Bonner Kommentar, Art. 28, Rdn. 86; v. MangoldtKlein, Grundgesetz, Art. 28, Anm. IV 1 c; Maunz in Maunz-Dü.rig-Herzog,

Art. 28 GG, Rdn. 30. m Maunz in: Maunz-Dii.rig-Herzog, Art. 28 GG, Rdn. 30; Köttgen, Wesen, S. 214; kritisch mit Recht: Lerche, Jugendwohlfahrt, S. 104 ff. 224 Das klingt etwa auch bei Seibert, Gewährleistung, S. 13, an. 22s Partsch, Angelegenheiten, S. 308. 226 Stern im Bonner Kommentar, Art. 28, Rdn. 37; Weber, Staats- und Selbstverwaltung, S. 51.

III. Selbstverwaltungsgarantie und kommunale Selbstverwaltung

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-aufzugreifen und zu erfüllen; demzufolge ist die Verfassungsgarantie nicht leerlaufend. Hierzu ist treffend angemerkt worden, die Gemeinde spreche vom Staat noch nicht aufgegriffene Probleme an, antizipiere und löse sie experimentell227 • Problematisch ist die Begrenzung der örtlichen Kompetenz. Während Literatur und Rechtsprechung davon ausgegangen waren, die örtliche Begrenzung mit dem gemeindlichen Territorium zu identifizieren228 , liegt hier der Ansatzpunkt neuerer Interpretationsversuche. Allerdings dürfte es als zu weitgehend anzusehen sein, die Gebietshoheitsgrenze völlig aufzugeben, weil etwa "der tatsächliche Lebensraum der heutigen Menschen" entscheide und die "lokale Einheit" gesprengt sei. Das ist auch nicht deswegen der Fall, weil Städte und Gemeinden innerhalb des Selbstverwaltungsbereichs übrigens schon seit jeher Aufgaben erfüllen, die zum Teil erheblichen Bedeutungsüberschuß haben und über die Versorgung der örtlichen Gemeinschaft hinausgehen. Mit der Erfüllung solcher Angelegenheiten werden zentrale Funktionen ausgeübt, die gleichzeitig auf die örtliche Gemeinschaft zurückstrahlen, weil sie gerade wegen ihrer überörtlichen Ausstrahlung die örtliche Gemeinschaft zur besonderen Inanspruchnahme anreizen. Die Mobilität begünstigt - bis zur Auslastung der Verkehrseinrichtungen - die Inanspruchnahme der Leistungen anderer Gemeinden. Ob das ausreicht, die Gemeindegrenze als die Begrenzung der örtlichen Kompetenz und als grundsätzliche Grenzlinie der kommunalen Aufgabenerfüllung im Selbstverwaltungsbereich zu verlassen, dürfte zweifelhaft sein. Freilich wird sich die räumliche Komponente der Kompetenz nicht sklavisch an das Gemeindegebiet klammern dürfen, ihr Bezug auf das Gemeindegebiet kann aber als Anknüpfung nicht aufgegeben werden. Inhaltlich knüpft die Kompetenz an den örtlichen, gebietsbegrenzten Entstehungsgrund der Aufgabe an; alle insoweit örtlich entstehenden Aufgaben sind von verfassungswegen primär den Gemeinden, subsidiär den Gemeindeverbänden vorbehalten229 • Daraus folgt, daß auch zentralörtliche Aufgaben in die örtliche Kompetenz fallen. Damit hängt die weitere Frage zusammen, ob sie durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützt sind oder nicht230. Diese Problematik ist durch die theoretischen und praktischen Bemühungen um die Raumordnung und das von ihr ausgelöste Interesse für die zentralörtliche Gliederung angereichert worden. Dieser Gliederung in zentrale Orte und Versorgungsbereiche mehrerer Stufen kommt es nicht auf die gegenwärtige kommunale Struktur, sondern allein oder 227 228 229 230

Gehlen, Gemeindeverwaltung, S. 272. Vgl. hierzu Hoppe, Gebietskörperschaft, S. 18 ff. Seibert, Gewährleistung, S. 14 ff. (31). Nouvortne, Selbstverwaltungsgarantie, S. 44.

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Abschnitt 1: Kommunalreform in der Gegenwart

mindestens vornehmlich auf die zeitliche Erreichbarkeit infrastruktureller Einrichtungen und Wirtschaftsstandorte an, auf die durch den Kontraktionsprozeß gekennzeichnete vorhandene und zu erstrebende Siedlungsstruktur231 • Im Rahmen der Problematik der Gebietsreform wird insoweit zu fragen sein, ob die Zentralortsystematik ein hauptsächlicher Gesichtspunkt für den Zuschnitt künftiger kommunaler Einheiten sein kann. Hier interessiert zunächst die Frage, ob und inwieweit zentralörtliche Aufgaben, die über das Gebiet der Gemeinde hinausgreifen oder mehrere Gemeinden umfassen, Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sind. Die Frage ist zu bejahen. Entscheidend ist, wie schon bemerkt, der örtliche, der innerhalb des Gemeindegebiets liegende Entstehungsgrund, nicht entscheidend der Bedeutungsüberschuß, der allerdings von der Selbstverwaltungsgarantie nicht mitgeschützt wird232 • Keine Grenze der örtlichen Kompetenz, wohl eine Grenze des Selbstverwaltungsprinzips, ihrer Ausfüllung, bildet die Leistungsfähigkeit in finanzieller Hinsicht. Der Gemeinde ist die aus Art. 28 Abs. 2 GG fließende Kompetenz zugeordnet, um sie auszuüben, nicht um vor der Unmöglichkeit der Leistung vor allem aus finanziellen Gründen zu kapitulieren. Die Gemeinde würde andererseits aber auch den Verfassungsauftrag zur Entfaltung der Selbstverwaltung verletzen, wenn sie im Falle der Leistungsunfähigkeit unter Berufung auf ihre örtliche Kompetenz zu verhindern suchte, daß eine Aufgabe durch einen höheren, leistungsfähigeren Verband übernommen wird233• Hier führt die Erörterung zur Problematik der Finanzreform, die eine weitere Verkümmerung der kommunalen Aufgabenerfüllung verhindern muß. Die Leistungsfähigkeit der Gemeinde ist übrigens keineswegs allein eine Frage der Finanzkraft, weitere Grenzen sind insoweit die Verwaltungskraft und hier insbesondere die fachliche Leistungsfähigkeit sowie der Stand der Spezialisierung und Rationalisierung. Die Grenzen der örtlichen Kompetenz werden noch deutlicher, wenn man die Zuordnung einzelner Aufgabenbereiche erörtert. So werden die örtlichen Aufgaben in Aufgaben der funktionellen Entfaltung und des institutionellen Fundaments differenziert und angenommen23•, es gebe nur einen "verfassungsrechtlich garantierten Funktionskern", über den der Gesetzgeber nicht disponieren könne. Als unangreifbar gilt neben dem Organisations- und Personalwesen235 die Verwaltung des 231 Isbary, Zentrale Orte, passim; Isbary, Standort, passim; Müller, Raumordnung, S. 35 ff.; Müller, Neuordnung, passim; vgl. auch die Gutachten der Länder zur Neugliederung, etwa das Nordrhein-Westfalen-Gutachten A, s. 22 ff. 232 Nouvortne, Selbstverwaltungsgarantie, S. 44 ff. 233 Seibert, Gewährleistung, S. 83 ff. 234 Köttgen, Bundesgesetzgeber, S. 38 ff. 235 Köttgen, Bundesgesetzgeber, S. 49; Peters, Grenzen, S. 31 ; dazu Weber, Staats- und Selbstverwaltung, S. 51 ff.; Becker, Selbstverwaltung, S. 701.

111. Selbstverwaltungsgarantie und kommunale Selbstverwaltung

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Gemeindevermögens und der Gemeindefinanzen236 • Dabei wäre allerdings zu fragen, was insoweit noch Selbstverwaltung ist, denn es wird vorgetragen, mit der Zuerkennung der Rechtsfähigkeit würden der Gemeinde gleichzeitig darüber hinaus zwangsläufig eigene Organe, eigene Finanzquellen und eigenes Vermögen verliehen237 • Die Konsequenz der Gleichsetzung der korporativen Gemeindeaufgaben mit dem gemeindlichen Funktionskern ist aber die Preisgabe des Selbstverwaltungsprinzips, dem es auf die Erfüllung der örtlichen Sachaufgaben ankommt, die Bescheinigung der Inhaltsleere der Garantie, wie sie zuweilen anklingt23 B. Denn die Unangreifbarkeit dieses Kernbereichs wird hier nicht mehr auf die Selbstverwaltungsgarantie, sondern auf andere Gesichtspunkte, auf Konsequenzen der Organtheorie239 , Art. 14 GG, den recht umstrittenen Standort der Organisationsgewalt und andere Hilfskonstruktionen gestützt. Mehr schon hat die Auffassung für sich, die das kommunale Veranstaltungswesen zum eigentlichen Bestandteil der kommunalen Selbstverwaltung rechnet und die örtliche Kompetenz darauf beschränkt. Nach einer bekannten Formulierung240 ist kommunale Selbstverwaltung Sachverwaltung, nicht Menschenführung und obrigkeitliche Herrschaft. Überall, wo demgegenüber obrigkeitliche Herrschaft ausgeübt wird, soll das im Rahmen übergreifender Ordnungszusammenhänge erfolgen, deren Wurzeln nicht in der kommunalen Lebensgemeinschaft liegen. Für diese Auffassung könnte sprechen, daß sich in den gemeindlichen öffentlichen Einrichtungen das für die moderne kommunale Selbstverwaltung typische Phänomen der Integration offenbart241 • Dieser Meinung wird allerdings entgegenzuhalten sein, daß neben der Sachverwaltung auch die Menschenführung und die obrigkeitliche Verwaltung Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft ist242• Gemeinwohl- und Demokratieprinzip stehen einer einschränkenden Interpretation des Begriffs der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft entgegen. Auch erstreckt Art. 28 Abs. 1 GG die Forderung nach Volksvertretungen auf Länder, Kreise und Gemeinden zugleich. Das spricht gegen eine minderrangige Legitimation der Vertretung in der Gemeindeebene und für die qualitativ gleichwertige Legitimation aller öffentlichen Aufgabenträger bei der Aufgabenerfüllung. Nur für Gemeinden 238 Köttgen, Bundesgesetzgeber, S. 49; Peters, Grenzen, S. 31; Weber, Staatsund Selbstverwaltung, S. 43 ff.; Becker, Grundlage, S. 149. 23 7 Wolf/, Organisationsgewalt, S. 21 ff. 238 Köttgen, Bundesgesetzgeber, S. 43 ff. 239 Wolff, Organisationsgewalt, S. 53. 240 Weber, Staats- und Selbstverwaltung, S. 51. 241 Lerche, Jugendwohlfahrt, S. 114 ff. 242 Becker, Kommunalwissenschaftliche Erörterungen, S. 8; Partsch, Angelegenheiten, S. 314; Thieme, Selbstverwaltungsgarantie, S. 327.

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Abschnitt 1: Kommunalreform in der Gegenwart

eröffnet Art. 28 Abs. 1 GG sogar alternativ eine Ausformung der unmittelbaren Demokratie. Abschließend ist noch auf eine interessante Frage, die im Zusammenhang der Grenzen der örtlichen Kompetenz zur Diskussion steht, einzugehen, ob und inwieweit die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden zu den verfassungsmäßig abgesicherten Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft gehört. Zunächst kann kaum ein Zweifel daran bestehen, daß die Einrichtungen und Veranstaltungen der Daseinsvorsorge, auch die wirtschaftlichen, zu den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft gehören243 • Das ist freilich insoweit einzuschränken, als die vornehmlich gewinnorientierte kommunale gewerbliche Unternehmung nicht Gegenstand der Verfassungsgarantie sein kann, weil das Leitbild der vom Grundgesetz garantierten Gemeinde nicht die auf Expansion drängende wirtschaftende Einheit sein dürfte, sondern die verwaltende, soziale, am Gemeinwohl orientierte244 • Die gemeindewirtschaftlichen Betätigungen fallen somit grundsätzlich in die örtliche Kompetenz, haben typische Bestandsqualität für die kommunale Selbstverwaltung, zumal sie den nicht unwesentlich-en Integrationscharakter245 haben. Die Gemeindeordnungen der Länder haben die kommunalwirtschaftliche Betätigung zu Recht an den öffentlichen Zweck, zum Teil an einen dringenden öffentlichen Zweck gebunden. Dabei können verfassungsrechtliche Bedenken nicht durchschlagen, weil die Ausübung der örtlichen Kompetenz immer -einen öffentlichen Zweck im Sinne der Verwirklichung des Gemeinwohls verfolgen muß246 • Das gleiche gilt für die Bindung der daseinsvorsorgenden Betätigung der kommunalen Wirtschaft an Bedarf und finanzielle Leistungskraft. Problematisch werden die gemeindewirtschaftlichen Nachfolgebestimmungen des § 67 DGO erst, soweit es um die Statuierung eines Vorrangs der privaten Wirtschaft geht und dies mit dem ominösen Subsidiaritätsprinzip begründet wird. Es kann keineswegs davon ausgegangen werden, daß eine gleichw-ertige, bessere oder gar wirtschaftlichere Privatwirtschaft die Kommunalwirtschaft verdrängt247 • Die Begrenzung der wirtschaftlichen wie jeder anderen Betätigung der Gemeinde ist das Gemeinwohlprinzip; die Frage kann daher nur lauten, ob die Zulässigkeit einer wirtschaftlichen Betätigung verneint werden kann, wenn ihr Zweck nicht in der Befriedigung eines Bedarfs der örtlichen Gemeinschaft, wenn auch im zentralörtlichen Ausstrahlungsbereich, liegt, sondern erwerbswirtschaftlicher Natur ist248 • Es ist daher im Einzelfall zu prü243 244 245 246 247

248

Emmerich, Versorgungsunternehmen, insbes. S. 45 ff. Stern, Gemeindewirtschaft, S. 89; Forsthoff, Daseinsvorsorge, S. 27 ff. Scholz, Einrichtungen, S. 90. Vgl. Köttgen, Betätigung, S. 577 ff.; Püttner, Unternehmen, S. 205. Stern, Gemeindewirtschaft, S. 101. Vgl. Püttner, Unternehmen, S. 170, 200 ff.

III. Selbstverwaltungsgarantie und kommunale Selbstverwaltung

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fen, ob die Errichtung, Übernahme und Erweiterung wirtschaftlicher Unternehmen der Gemeinde dem Gemeinwohl, dem öffentlichen Zweck sowie dem rechten Verhältnis zur Leistungsfähigkeit und zum Bedarf entsprechen. Die gleichen Voraussetzungen müssen auch im Hinblick auf die Aufhebung wirtschaftlicher Unternehmen beachtet werden, soweit der öffentliche Zweck das Unternehmen nicht mehr rechtfertigt oder Leistungskraft und Bedarf geschwunden sind. Hinter dem Begriffsmerkmal "regeln" verbirgt sich die Frage, ob hier die kommunale Autonomie eingeschlossen werden soll oder nicht. Nach Formulierung und Sinn des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ist davon auszugehen, daß "Regelung" nicht allein das Recht der Selbstverwaltung in dem streng technischen Sinne von Verwaltung umfassen soll, sondern weitergehend auch das Recht, im Bereich der örtlichen Aufgaben die Entscheidungen zu treffen und sich dabei Rechtsformen zu bedienen, die erforderlich sind, die örtlichen Angelegenheiten in der dem örtlichen Bedürfnis entsprechenden Weise zu erfüllen249 • Die dagegen vorgetragenen Argumente zeigen, daß sich die Streitfrage um die Mitgewährleistung der Autonomie auf die Grundsatzfrage der Reichweite der Selbstverwaltungsgarantie zurückführen läßt. Besonders bedenklich ist die Meinung, die Gemeinde sei "Teil der Exekutive im Sinne des traditionellen Gewaltenteilungsschemas"; weil die Normsetzung Sache der staatlichen Legislative sei, könne das Recht der gemeindlichen Selbstverwaltung die Normsetzungsbefugnis nicht umfassen250• Abgesehen davon, daß das Gewaltenteilungsprinzip nicht ein so eindeutiger Organisationsgrundsatz ist251 , wie das dabei angenommen wird, dürfte das Gewaltenteilungsprinzip erheblich überbewertet werden252 • Dem Gedanken der Gewaltenteilung li:egt die Annahme einer verfassungskräftigen Autonomie der Gemeinden näher, weil dies die selbstverantwortliche Entscheidungsfreiheit stärkt. Das alles dürfte nicht das entscheidende Problem des Merkmals Regelung sein, dessen Interpretation stärker in den Gesamtzusammenhang der Kompetenznorm gestellt werden muß, die eigenverantwortliche Regelungsbefugnis aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft. Typisch für diese Befugnis, die kommunale Allseitigkeit, ist ihre Unaufzählbarkeit, sie ist nur beschreibbar, nicht definierbar, sie berechtigt je nach örtlicher Eigenart und örtlichem Bedarf zur Übernahme örtlicher Aufgaben, einer Stadthalle, eines Kurmittelhauses, eines Kindergartens, eines Stadions, verschiedenster Einrichtungen, die übernommen werden können, nicht 249 Becker, Grundlage, S. 157 ff.; Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 37, 143 ff.; Maunz in: Maunz-Dürig-Herzog, Art. 28 GG, Rdn. 35. 250 Stern im Bonner Kommentar, Art. 28, Rdn. 105; Köttgen, Satzungs-

recht, S. 449. 251

252

Achterberg, Probleme, passim. Meyer, Finanzverfassung, S. 54.

Abschnitt 1: Kommunalreform in der G€genwart

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müssen. Mit einer Mindestausstattung, wie sie im Gutachten A erörtert ist, fängt die allseitige Entfaltung der Selbstverwaltung erst an, die Selbstverwaltung kann sich darin nicht erschöpfen. Das Merkmal "örtliche Gemeinschaft" dient übrigens lediglich der Bezeichnung des Aspekts, unter dem die Aufgabenbildung zu erfolgen hat. Die örtliche Gemeinschaft ist nicht als tatsächlich existent erfordert, sie ist ohnehin als solche nicht aktionsfähig, abgesehen davon, daß sie in ihrem tatsächlichen Bestand im Zuge der Entwicklung der Gemeinde zur Aufenthaltsgemeindehäufig in Zweifel gezogen werden kann253 •

b) Die Eigenverantwortung im demokratischen und sozialen Rechtsstaat Die Normierung der Eigenverantwortlichkeit bei der örtlichen Aufgabenerfüllung wird bei der Diskussion um die Beschränkbarkeit der Selbstverwaltung häufig übersehen. Es hätte jedoch der Statuierung eines örtlichen Aufgabenbereiches nicht bedurft, wenn er nicht durch das Merkmal der Eigenverantwortlichkeit ergänzt worden wäre, da ja nicht Aufgaben einer Verwaltungsebene in Rede stehen, sondern solche Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft, die durch demokratisch legitimierte Gemeindeorgane geregelt werden. Die Gewährleistung der Eigenverantwortlichkeit in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG und das Gebot der Einrichtung von Volksvertretungen im gemeindlichen Bereich nach Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG gehören der Sache nach zusammen254 , die Eigenverantwortlichkeit stützt sich auf die vom Volk bezogene Legitimation255, ist Ausfluß des Demokratieprinzips und wird von der Selbstverwaltungsgarantie im vollen Umfang umfaßt256 • Dabei wird von einer Teilung der Verantwortung zwischen Gemeinde und Staat für die öffentlichen Aufgaben in dem Sinne ausgegangen, daß die Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft der Eigenverantwortung der örtlichen Volksvertretungen zu unterliegen haben, die Aufgaben der überörtlichen Gemeinschaft den überörtlichen Vertretungen. Darin liegt mehr als eine bloße Zuständigkeitsabgrenzung257 ; die durch Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG normierten Wahlen gehören zu den Wahlen, durch die das Volk im Sinne des Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG die Staatsgewalt ausübt, um seine Rechte auf allen Stufen des gegliederten Staates wahrzunehmen. Die öffentliche Gewalt der örtlichen Volksvertretung verkörpert einen Ausschnitt aus der Hoheitsgewalt des Volkes2ss. Sie kann ihre Rechte Becker, Verwaltungsreform, S. 130. Köttgen, Bundesgesetzgeber, S. 39; Scheuner, Gemeindeverfassung, S. 158; Korte, Aufgabenverteilung, S. 46. t5s Thieme, Bund, S. 33. 256 Becker, Selbstverwaltung, S. 712. 257 Köttgen, Bundesgesetzgeber, S. 38. 258 Becker, Selbstverwaltung, S. 687 ff. 233

254

III. Selbstverwaltungsgarantie und kommunale Selbstverwaltung

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nur in eigener Verantwortung ausüben. Insoweit ist von der organisationsrechtlichen Bedeutung der Eigenverantwortlichkeit für das Gesamtgefüge der Verwaltung gesprochen und hervorgehoben worden, daß sie zum Ausdruck bringe, daß die Gemeinde in ihrem eigenen Aufgabenkreis nicht in die Hierarchie des staatlichen Behördenaufbaues hineingestellt, sondern frei sei und damit hinsichtlich der Politik, die sie innerhalb ihres Wirkungskreises betreibe, und darüber hinaus auch für alle Einzelmaßnahmen dem Staat im Prinzip keine Verantwortung schulde. Diese Überlegungen sind im Grunde richtig. Die demokratische Selbstverantwortung hat den Sinn, aus Einwohnern Bürger zu machen, die sich als mündige Glieder der Gemeinde und der größeren Gemeinschaft betätigen259 . Die örtliche Eigenverantwortlichkeit verkörpert den Grundgedanken des Demokratie- und des Selbstverwaltungsprinzips260, von dem bereits die Rede war, Selbstverwaltung ohne Eigenverantwortung ist nicht denkbar261 . Die Auswirkungen des Sozialstaatsprinzips führen in die gleiche Richtung, weil es dem durch das Rechtsstaatsprinzip begrenzten Soziaistaatsprinzip nicht nur um die künftige Sozialität, sondern auch um die Mitwirkung bei der Sozialgestaltung geht. Diese Mitwirkung bedeutet für den örtlichen Bereich nicht Mitbestimmung bei kommunalen Einrichtungen, Veranstaltungen und Betrieben, sondern mit Rücksicht auf die Konsequenzen des Selbstverwaltungs- und Demokratieprinzips Mitwirkung durch örtliche Eigenverantwortung. Die Reformen im örtlichen Bereich müssen daher, soll die Selbstverwaltung nicht weiter verfallen, zur Herstellung der Eigenverantwortung durch Gewährung der Aufgaben- und Finanzverantwortung für Städte und Gemeinden führen. Die Beibehaltung der Volksvertretung in Städten und Gemeinden ohne Zubilligung einer hinreichenden Regelungsbefugnis der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft und der Entscheidung über ihre Finanzierung ist aus der Sicht der Verfassung und ihrer wesentlichen Leitbilder nicht angängig.

c) Grundrechte und kommunale Selbstverwaltung Die Bedeutung der Grundrechte für die Verfassungsproblematik der Reformen im örtlichen Bereich ist nicht gering. Ihr Verständnis hat sich in der Nachkriegszeit unter sozialstaatliehen Aspekten gewandelt. Sie sind nicht mehr hauptsächlich negative Ausgrenzungen individueller Freiheitsbereiche in bürgerlich-rechtsstaatlicher Sichtweise, Rechte gegen den Staat oder negative Kompetenzschranken, sondern nach einer vordringenden Auffassung materiale Leitlinien staatlichen Han259

26° 261

Stockmeyer, Pflichtverbände, S. 57, 58. Becker, Selbstverwaltung, S. 711. Peters, Grenzen, S. 35.

5 Speyer 49

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delns, zumindest jedoch wertentscheidende Grundsatznormen mit einer Wertmaßstäbe setzenden Kraft für alle Art staatlicher Tätigkeit262 • Freilich dürfte die Wirkung der so verstandenen Grundrechte zu einengend interpretiert sein, beschränkte man sie auf die Funktion als Richtlinie und Rahmen für den gesetzgeberischen Gestaltungsraum. Auch die Verwaltung ist hier, wie auch durch die Verfassungszielbestimmung-en, unmittelbar in Pflicht genommen, wie überhaupt jeder Bereich öffentlicher Tätigkeit. Zwischen den grundrechtliehen Leitlinien und den durch die Verfassungszielbestimmungen dargestellten Leitbildern bestehen mehrfache Wechselbezi-ehungen, nicht nur insoweit, als die Grundrechte im heutigen Verständnis die Zielbestimmungen zum Teil ausfüllen oder ergänzen, sondern zum Teil umgekehrt auch insofern, als die Verfassungszielbestimmungen, insbesondere das Sozialstaatsprinzip, die Grundrechtsinterpretation entsch-eidend beeinflußt, obwohl möglicherweise eine Überbewertung, die im Sozialstaatsprinzip die zentrale Leitlinie der Verfassungsinterpretation263 sehen möchte, mit Fragezeichen versehen werden muß. Jedenfalls ist es richtig, wenn darauf hingewiesen wird, das Sozialstaatsprinzip statuiere die Verpflichtung des Gemeinwesens, den Bürger durch positiv fördernde Maßnahmen in den Stand zu setzen, selbst den richtigen Gebrauch von seinen Grund- und Freiheitsrechten zu machen, weil erst ein gewisser materieller Mindeststandard die Möglichkeit bietet, die Grundrechte voll auszuüben. In dieser Sichtweise ermöglichen Grundrechte menschliche, humanitäre Selbstentfaltung264 • Diese Problemlage ist nicht nur dadurch mit dem Selbstverwaltungsprinzip verklammert, daß die Interpretation der kommunalen Selbstverwaltung, wie aufgezeigt wurde, durch die Verfassungszielbestimrnungen geprägt wird. In Erfüllung sozialstaatlicher Gemeinwohlverpflichtungen haben Städte und Gemeinden vielmehr in dem gerade durch sie entwickelten und gestalteten Veranstaltungswesen zum Teil erst und gerade die Voraussetzung für die Grundrechtsentfaltung in vielen Bereichen geschaffen oder doch wenigstens Einzelnen als Benutzern von Anstalten oder Veranstaltungen oder als Gliedern der Allgemeinheit dazu verholfen, die Grundrechte zu realisieren265. Soeben ist insoweit detailliert nachgewiesen worden266, einen wie weitgehenden Anteil öffentliche Einrichtungen267 , vor allem Einrichtungen des örtlichen Selbstverwaltungsbereichs, an der Grundrechtsrealisation haben, beginnend mit den Einrichtungen der Erzie262

263 264 265 2 66 267

BVerfGE 23, 127 ff. (134); 21, 362 ff. (372). Friauf, Grundrechte, S. 676. Häberle, Grundrechte, Leitsatz 25. Hesse, Grundzüge, S. 85. Herbig, Einrichtungen, insbes. S. 164 ff. Häberle, Grundrechte, Leitsatz 44.

111. Selbstverwaltungsgarantie und kommunale Selbstverwaltung

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hung und Bildung, die dazu dienen, dem Bürger zu elementaren und speziellen Kenntnissen zu verhelfen, die ihn in die Lage setzen, sein Leben in Selbstverantwortung führen zu können, sich weltanschaulich zu entscheiden, sich mittels der Informationsfreiheit eine Meinung zu bilden und diese zu äußern, sich Vereinigungen anzuschließen, die Voraussetzungen einerseits zur Wahl und Ausübung eines Berufes und andererseits zur Betätigung von Eigentums- und Vertragsfreiheit zu erlangen. Wie stark das Engagement der Städte und Gemeinden trotz wachsender staatlicher Bevormundung hier ist, beweisen die vielfältigen und individuellen Leistungen örtlicher Schulträger bis hin zu Schulzentren und Gesamtschulprojekten, die jetzt in Angriff genommen werden. Wenn man dem übrigens entgegenhalten würde, daß es nur am bestehenden Gefüge des Gemeinwesens liegt, daß solche Leistungen der kommunalen Selbstverwaltung obliegen, sollte demgegenüber berücksichtigt werden, daß manche Initiative im örtlichen Bereich bei noch stärkerer Entwicklung zum Zentralismus unterblieben wäre. Die Einrichtungen des Kultur- und Bildungswesens erschöpfen die Aufzählung nicht, hinzu kommen Einrichtungen des Sozial-, Jugend-, Sport- und Freizeitwesens, wirtschaftliche Unternehmen verschiedenster Art bis zum kleinen kommunalen Wasserwerk, dessen Unentbehrlichkeit offenbar wird, wenn das von ihm geförderte Wasser verseucht ist oder versickert. Mit Recht ist auf die unterschiedliche Affinität öffentlicher Einrichtungen zum Gleichheitsgebot hingewiesen worden, vor allem darauf, daß die Differenzierungen im Schulwesen, dazu der Ausbau der Sonderschulen und Einrichtungen des Zweiten Bildungsweges dazu dienen, jedem Kind die ihm gemäße, inhaltlich gleichwertige Startchance zu geben268• Diese Überlegungen sind allerdings ergänzungsbedürftig. Das Gleichheitsgebot gewährleistet, daß Freiheit nicht Gruppenprivileg ist. Unter solchen Aspekten ist beispielsweise unter Umständen erst die Gesamtschule in der Lage, alle tatsächlichen Ungleichbehandlungen im bestehenden Schulwesen zu beseitigen. Insoweit ist ein ergänzendes Beispiel aus der neueren Entwicklung relevant: Städte und Gemeinden gehen in verstärktem Maße daran, an ihren Schulsystemen nachmittäglichen Förderunterricht einzuführen, um vornehmlich sozial Schwächeren ergänzende Hilfen zu geben. Die Länder kommen mit schmalen Finanzierungshilfen und umfangreichen Richtlinien zum Teil nach, um auf das Aufgabengebiet gleichfalls Einfluß nehmen zu können. Beispiele kommunaler Initiativen zur Aktivierung von Grundrechten lassen sich vervielfachen. Sie belegen die permanente Entfaltung des demokratischen Gestaltungsprinzips der kommunalen Selbstverwal2es

Herbig, Einrichtungen, S. 173.

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Abschnitt 1: Kommunalreform in der Gegenwart

tung trotz zunehmender einengender Einflußnahmen des Staates auf die örtliche Aufgabenerfüllung. Diese Problematik steht mit der Forderung nach der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet im Zusammenhang. Diese Ableitung aus Gleichheitsgebot und aus dem Sozialstaatsprinzip, das zur allgemeinen Verbesserung der Lebensverhältnisse in sozialer Pflichtigkeit und sozialer Gerechtigkeit zwingt, führt zur Normierung und gleichheitliehen Erfüllung sozialer, wirtschaftlicher und kultureller Angelegenheiten mit Priorität der Leistungen für Hilfsbedürftige und sozial Schwache, Alte und Kranke. Das Sozialstaatsprinzip legitimiert eine gewisse Gleichrichtung der Aufgabenträger, insbesondere der Städte und Gemeinden zu sozialer Förderung und zur Lenkung und Verteilung sächlicher Mittel zur sozialen Entfaltung der in Frage kommenden Personen und Personengruppen. Die in diesem W·e ge zu erstrebende Einheitlichkeit hat indessen die freie Selbstverwaltung nicht auszuschalten, sondern lediglich auf ein sozialgerechtes Mindestniveau zu heben, von dessen Basis aus die den örtlichen Besonderheiten entsprechende Selbstverwaltung erfolgen muß. Selbstverwaltung in der Zukunft bedeutet nicht nivellierende Gleichschaltung, sondern eigenverantwortliche Regelung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft auf verbesserter gleichheitlicher, der modernen Leistungsstaatlichkeit entsprechender Grundlage unter finanzieller Sicherung der örtlichen eigenverantwortlichen Selbstverwaltung.

d) Die Einordnung der kommunalen Selbstverwaltung in den demokratischen und sozialen Rechtsstaat Die Stellung der kommunalen Selbstverwaltung im Gesamtgefüge der verfassungsmäßigen Ordnung wurde schon in anderem Zusammenhang erörtert. Der Theorie von der Selbstverwaltung als mittelbarer Staatsverwaltung wurde entgegengehalten, daß die öffentliche Gewalt in allen Stufen vom Volk getragen und legitimiert wird, der Meinung, die kommunale Selbstverwaltung habe die Existenzberechtigung verloren, da sie kein oppositionelles Prinzip mehr sei, daß Staats- und Selbstverwaltung mit verteilten Rollen dazu berufen sind, dem Gemeinwohl zu dienen. Dazu war vom gebietskörperschaftliehen Pluralismus zur Kennzeichnung unserer Staatlichkeit die Rede. Die kommunale Selbstverwaltung ist dem Staat nach neuerer Auffassung nicht mehr untergeordnet und steht, wie vormals in der Geschichte, nicht in Opposition zu ihm, sondern ist der Verfassungsordnung als eines ihrer Strukturprinzipien eingeordnet. Auch das wurde bereits früher mit der Harmonie zwischen Demokratie- und Selbstverwaltungsprinzip belegt. Allerdings ist das für die künftige Realisation keine Selbstverständlichkeit. Die durch die Gesetzesrahmenklausel des Art. 28 Abs. 2 GG

!II. Selbstverwaltungsgarantie und kommunale Selbstverwaltung

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statuierte Einordnung in das Normgefüge des Gemeinwesens muß im Reformwege durch die Herausarbeitung der örtlichen Kompetenz und ihre eigenverantwortliche Ausübung sowie ihre Sicherung durch allgemeine Finanzzuweisung~m, soweit die eigenen Einnahmequellen nicht ausreichen, gewährleistet werden269 • Das von der Verfassung vorgegebene Einordnungsverhältnis ist in mehrfacher Hinsicht gestört und zwar weniger durch die ungeschickte Handhabung der Rechtsaufsicht der staatlichen Aufsichtsbehörden270 , sondern die Erscheinungen, die eingangs bei Erörterung der heutigen Situation der Selbstverwaltung in Rede standen271 • Die aktuelle verfassungsrechtliche Problematik, die sich in diesem Zusammenhang ergibt, liegt im Verwaltungsverbund. Dabei interessiert vornehmlich die Grenze staatlichen Einwirkens auf die Aufgabenerfüllung im Bereich der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, die staatliche Mitwirkung bei Aufgaben, die das Gemeindevermögen, die Gemeindefinanzen, die Personalhoheit oder das Ehrenbürgerrecht betreffen, damit also zum unentziehbaren Kern der gemeindlichen Selbstverwaltung gehören. Jede über die Rechtsaufsicht hinausgehende Mitwirkung des Staates ist in diesem Kernbereich verfassungswidrig. Die kommunale Eigenverantwortlichkeit schließt ein partnerschaftliches Mitverwaltungsrecht des Staates in diesem Rahmen aus272 • Auch eine punktuelle Modifikation der Selbstverantwortung273 kann nicht anerkannt werden. Für die künftige Regelung - de lege lata ist die Problematik kaum zu klären - ergibt sich zumindest aus dem Rechtsstaatsprinzip, daß Mitwirkungsart und -umfang im Kernbereich zu konkretisieren sind. Das hauptsächliche Problem wirft bei alledem die tägliche Dotationspraxis des Staates auf. Hier wirkt die staatliche Exekutive allenthalben in Aufgabenbereiche ein, die dem Kreis der Angel-egenheiten der örtlichen Gemeinschaft zuzurechnen sind, und dies auch nicht aufgrund einer allgemeinen gesetzlichen Ermächtigung, wie ihn wenigstens noch der klassische Genehmigungsvorbehalt darstellt, sondern bestenfalls aufgrund eigener Durchführungsbestimmungen. Das ist etwa dann der Fall, wenn ein bescheidener Haushaltsansatz im Landesetat erscheint, mit dem beispielsweise Sprachlehranlagen gefördert werden sollen, ein Ansatz, der etwa 1 °/o des Gesamtbedarfs anteilig befriedigen kann, der aber dazu führt, daß das zuständige Ministerium Richtlinien erläßt, nach denen Gemeinden und Gemeindeverbände SprachlehranlaVgl. Becker, Verwaltungsrefonn, S. 130. Vgl. Mitteilungen des Nordrhein-Westfälisch"n S+iidte- und Gemeindebundes Nr. 17 vom 5. September 1971 unter der überschrift "sancta auctoritas". 271 Vgl. oben, S. 6 ff. 272 Heering, Einflußnahme, S. 195. 273 Seele, Exekutivbefugnisse, S. 165. 269

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Abschnitt 1: Kommunalreform in der Gegenwart

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gen unter Beantragung von Landeszuschüssen (für die kaum Mittel vorhanden sind) beschaffen können unter weitgehender Bindung an die in den Richtlinien ausgeprägten Vorstellungen des Geldgebers. Bei dieser Lage führt der Hinweis274 , die meisten Genehmigungsvorbehalte dienten "dem Schutz der gesellschaftlichen Selbstverwaltung vor sich selbst", die Genehmigungsbehörde dürfe allerdings nicht ihr Ermessen an die Stelle der autonomen Entscheidungsfreiheit des Selbstverwaltungsträgers setzen, in Wahrheit sei nur die Möglichkeit des Selbstverwaltungsträgers, auf eigene Kosten Dummheiten zu machen, eingeschränkt, nicht weiter. Unabhängig davon, daß die Verfassungsinterpretation hier, wie noch zu zeigen sein wird, zu ganz eindeutigen Ergebnissen führt, werden in der Gemeindeebene nicht mehr Dummheiten gemacht als in der Ebene der Mittelinstanz oder der Ministerialinstanz - so führte der Sprachlehranlagenfall dazu, daß der größere Teil der Sprachlehranlagen trotz ihrer Dringlichkeit zunächst nicht angeschafft werden konnte, weil keine Landesmittel bereitstanden, andererseits aber die Möglichkeit, vielleicht doch noch Landeszuschüsse zu erhalten, abgewartet werden mußte. Soweit nicht wenigstens durch formelles Gesetz die Festsetzung von Bedingung oder Auflage vorgesehen ist, kann hier von einer, wie formuliert worden ist275 - aufgrund haushaltsrechtlicher Ermächtigung -, legitimen staatlichen Interessennahme nicht die Rede sein. Bei der Aussprache über die Berichte zum Thema "Staatsaufsicht in der Verwaltung" in den Verhandlungen der Tagung der Deutschen Staatsrechtslehrer im Jahre 1963276 wurde dargelegt, bei der res mixta, bei welcher der Staat selbst engagiert sei, müsse dieser im Rahmen seines Genehmigungsrechts auch eine echte Mitbestimmungsgewalt haben. Dabei wurde freilich nicht ganz deutlich, was nach dieser Auffassung277 eine res mixta sein soll, fast hat es den Anschein, als würden hier alle die Zweckdotationsfälle einbezogen, bei denen durch die finanzielle Beteiligung des Staates "zugleich eine Vermutung" dahin begründet wird, "daß eine legitime staatliche Interessennahme vorliegt". Dazu ist doch zunächst beachtlich, daß die staatliche Mitwirkung bei den res mixtae in erster Linie an der Verfassungsgarantie der kommunalen Selbstverwaltung gemessen werden muß278 • Macht man diesen Versuch, so ist zu differenzieren, ob sich das staatlich-gemeindliche Zusammenwirken im Rahmen der Erfüllung einer Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft vollzieht oder nicht. Die Erörterung der verfassungsrechtlichen Zuläsm Salzwedel, Staatsaufsicht, S. 247, 248. Weber, Kommunalaufsicht, S. 34. 21e Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer, Heft 22, Berlin 1965, S. 343. 277 Weber, Kommunalaufsicht, S. 33, 34. 278 Eissing, Gemeinschaftsaufgaben, S. 139. 275

III. Selbstverwaltungsgarantie und kommunale Selbstverwaltung

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sigkeit, die insoweit generalisiert, muß an der Problematik vorbeigehen. Gewährt beispielsweise das Land einen Zuschuß zu den bühnentechnischen Einrichtungen einer Stadthalle, so finanziert es eine örtliche Aufgabe mit. Die Statuierung von Bedingungen und Auflagen ist in diesem Rahmen, soweit es sich nicht um die Wahrnehmung rechtsaufsichtlicher Belange handelt, verfassungswidrig279 • Zur Rechtfertigung derartiger Bedingungen und Auflagen reicht ein dringendes öffentliches Interesse, die Berufung auf Gründe des Gemeinwohls oder der Hinweis auf das Herkommen nicht aus. Solchen Erfordernissen kann auch genügt werden, ohne daß exekutivische Regelungen und Auflagen geltend gemacht werden. Die Erfordernisse der modernen Verwaltung und auch das Sozialstaatsprinzip können im Falle der Bereitstellung von Mitteln für bestimmte Zwecke im Haushaltsplan des Bundes oder eines Landes280 nicht dafür herhalten, Eingriffe der Exekutive in den örtlichen Aufgabenbereich der Gemeinden zu rechtfertigen281 , ebensowenig und erst recht nicht prüfungsrechtliche Vorschriften. Völlig abwegig ist die Unt·e rstellung eines generellen kommunalen Einverständnisses. Eine Aufgabenerfüllung, die nur formal eine kommunale, faktisch aber eine staatliche ist, wobei nach außen hin die volle Verantwortung, und zwar die rechtliche und politische, bei den Gemeinden liegt, verkehrt den Sinn der Selbstverwaltung in sein Gegenteil und ist für die Demokratie in hohem Maße gefährlich. Ein solches Verfahren unterwandert unzulässigerweis·e das Gefüge der demokratisch-rechtsstaatlieh verfaßten Ordnung282 • Wenn die Vertretung einer Stadt oder einer Gemeinde sich nach eingehender Willensbildung unter angemessener Beteiligung speziellinteressierter Beiräte beispielsweise für die Erweiterung einer Schule entschieden hat, dürfte nicht ein Beamter der staatlichen Mittelinstanz Macht und Recht haben, die Erweiterung der benachbarten Schule durchzusetzen. Problematisch ist auch die Einordnung der kommunalen Selbstverwaltung in der Verfassungswirklichkeit, soweit es sich um die Wechselbeziehungen zwischen örtlicher und überörtlicher Planung handelt. Diese Planung ist übrigens nicht, wie es nach vielen Veröffentlichungen den Anschein haben könnte283 , selbständige Aufgabe, sondern Teil der jeweiligen Sachaufgabe. Wohl läßt sich im Ablauf der Aufgabenerfül279 Becker. Rechts- und Verwaltungsfragen: S. 26 f.; Weber, Kommunalaufsicht, S. 33; Eissing, Gemeinschaftsaufgaben, S. 139 ff. 280 Die §§ 23, 26 und 44 BHO und die darauf gestützten Verwaltungsvorschriften VVBHO in MinBIFin 1971, S. 3 sind ungeeignet. 281 Eissing, Gemeinschaftsaufgaben, S. 141; Junker, Gemeinschaftsaufgaben, S. 88 ff. 282 Linden, Rechtsstellung, S. 136. 283 Aus der Fülle der Literatur verschiedener Disziplinen hierzu: Ronge, Planung, S. 217 ff.

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Abschnitt 1: Kommunalreform in der Gegenwart

lung die Planung als selbständige Funktion eliminieren. Das ist aber ein innerorganisatorisches Problem. Der offenkundige Konflikt zwischen staatlicher Planung und kommunaler Eigenverantwortung ergibt sich im Bereich der Raumordnung infolge der häufig unterbewerteten Bindungswirkung der Raumordnungsplanung des Bundes und der Länder, die über ältere und neuere ·Raumordnungsklauseln, keineswegs erst seit Inkrafttreten des Bundesraumordnungsgesetzes284, die kommunale Initiative beschränkt. Schließt sich an die Landesentwicklungsplanung die regionale Planung und eine teilräumliche Gebietsentwicklungsplanung an, so ergibt sich, daß die den Gemeinden vorgeordnete Planung so detailliert werden kann, daß kaum ein Bereich der öffentlichen Verwaltung der örtlichen Ebene übrig bleibt, der nicht von der Raumordnung vorherbestimmt wird285 . Soweit die kommunale Bauleitplanung in Betracht steht, wird sie von der höheren Verwaltungsbehörde nicht genehmigt, sofern sie sich mit diesen Zielsetzungen nicht im Einklang befindet. Wenn derartige Planungen in die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft eingreifen und sich nicht auf überörtliche Angelegenheiten beschränken, sind sie verfassungswidrig286. Bei perfekter Landes- und detaillierter Regionalplanung und Teilregionalplanung werden Städte und Gemeinden weitgehend zu technischen Verwaltungsstellen, die nur noch staatliche Planvorstellungen erfüllen287 . Hier ist an die den Regionalstädten im Ruhrgebiet zugedachten Planungszuständigkeiten gedacht, die weiter unten noch erörtert werden sollen. Die Diskrepanz zwischen Verfassung und Verfassungswirklichkeit scheint unlösbar und stellt die Aufgabenreform vor schwierige Aufgaben. Es gilt, soweit Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in Rede stehen, die Planungsbefugnisse der Länder entweder wirksam zu begrenzen oder in der regionalen Selbstverwaltungsebene den Ausgleich zwischen staatlichen und kommunalen Interessen herzustellen. Die Bindung der Gesetze an die Verfassung und die Bindung der vollziehenden Gewalt, und zwar auch der planenden Exekutive, an Gesetz und Recht muß, wie dazu bemerkt worden ist, hergestellt werd-en, damit die Planungsgesetze und die Entwicklungs- und Regionalplanung innerhalb der verfassungsmäßigen Ordnung und damit zugleich der Selbstverwaltungsgarantie bleiben288 . Regierungsplanausführende Selbstverwal284 Forsthoff, Raumordnungsrecht, S. 108 ff. 285 Haarmann, Raumordnung, S. 723. 28& Nouvortne, Selbstverwaltungsgarantie, S. 49; Köttgen, Wirtschaftsförderung, S. 74 ff.; Becker, Rechts- und Verwaltungsfragen, S. 38/39; Haarmann, Raumordnung, S. 734. 287 Klotz, Regionalplanung, S. 187. 288 Becker, Rechts- und Verwaltungsfragen, S. 38/39; Nouvortne, Selbstverwaltungsgarantie, S. 39 ff.

III. Selbstverwaltungsgarantie und kommunale Selbstverwaltung

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tung ist nicht mehr eigenverantwortliche Selbstverwaltung. Von gleichem Interesse ist übrigens die Bindung der Gemeinden an die Konjunkturpolitik des Bundes289 • Konjunkturpolitisch relevant sind bekanntlich alle örtlichen Investitionen zur Errichtung oder Erweiterung infrastruktureller Einrichtungen. Die konjunkturpolitischen Möglichkeiten des Bundes sind insoweit keineswegs gering290 • Die breiteste Konfrontation kommunaler Aufgabenerfüllung und staatlicher Planung ergibt sich bei landesentwicklungsplanerischen Festlegungen, wie sie im Nordrhein-Westfalen-Programm 1975 oder im Großen Hessenplan 1980 zu Tage treten. Diese haben häufig Zielsetzungen aus dem Bereich der örtlichen Angelegenheiten zum Inhalt, wenn etwa im Nordrhein-Westfalen-Programm 1975 die mittelfristige Planung von Aufgaben behandelt wird, die unstreitig zum Bereich der Selbstverwaltungsangelegenheiten gehören, wie die Errichtung von Sportstätten und -stadien291 und die Durchführung der Theater- und Musikpflege292 • Es dürfte bei den anstehenden Reformen im örtlichen Bereich nicht übersehen werden, daß Demokratie- und Selbstverwaltungsprinzip und damit die verfassungsmäßige Ordnung verletzt werden, sofern aus der derzeitigen permanenten Überspi·elung der Selbstverwaltung durch den Staat, insbesondere die Dispensierung ihrer Eigenverantwortlichkeit und die Überbürdung mit Auftrags- und Weisungsaufgaben ohne volle Kostendeckung nicht die erforderlichen Konsequenzen gezogen werden, insbesondere aus der zunehmenden Aufgabenverfremdung und der Tendenz, die Prioritäten der kommunalen Selbstverwaltung der staatlichen Planung zu unterstellen. Die Reformen im örtlich·en Bereich verfehlen ihren Sinn, sofern sie nicht der Entwicklung der Selbstverwaltung zur allgemeinen Ortsverwaltung Einhalt gebieten.

e) Der Gesetzesrahmen als begrenzte Eingriffsermächtigung und Förderungsverpflichtung der staatlichen Gewalt An die Klausel der Verfassungsgarantie "im Rahmen der Gesetze" knüpft sich der Meinungsstreit um die Begrenzung des örtlichen Aufgabenbestandes, der später für unsere Erörterungen zur Aufgabenreform relevant wird. Die Rechtsprechung293 und ein Teil des Schrifttums gehen von der Einschränkbarkeit des örtlichen Aufgabenbestandes und der 289 Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft vom 8. Juni 1967 (BGBl. I, S. 582). 290 Stern, Konjunktursteuerung, S. 63 ff. 291 Nordrhein-Westfalen-Programm 1975, S. 113 ff. 292 Nordrhein-Westfalen-Programm 1975, S. 117. 293 Vgl. seit BVerfGE 1, 167 (178) vor allem die Rechtsprechung des BVerfG.

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Abschnitt 1: Kommunalreform in der Gegenwart

Eig·enverantwortlichkeit aus294 • Die im Schrifttum wohl herrschende Ansicht sieht in Art. 28 Abs. 2 S . 1 GG keine für den Gesetzgeber unantastbare Garantie zugunsten der Gemeinde, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zu besorgen295, begründet dies aus ihrer Lesart des Verfassungstextes und der Gesetzesmaterialien296 , bezieht sich weitgehend auf die Auslegung des Art. 127 WRV und meint, ihre Interpretation sei der gemeindefreundlichen Gegenmeinung vorzuziehen, weil es keinen Sinn habe, zwar alle Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft durch Gesetz unantastbar den Gemeinden zuzuordnen, aber die Art der Eigenverantwortlichkeit als beliebig beschränkbar zu betrachten. Die gemeindefreundliche Auffassung297 beurteilt die Gesetzesrahmenklausel anders. Sie wendet sich dagegen, im Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden lediglich ein vom Staate verkürzbares Recht zu sehen, über das dieser nach Belieben verfügen könne. Die Gegenmeinung, so führt sie an, werde schon dadurch unhaltbar, daß sie selbst einen gewissen unantastbaren Kern der gemeindlichen Selbstverwaltung als dem Landesgesetzgeber entzogen anerkennen müsse; daher sei die örtliche Kompetenz der Disposition des einfachen Gesetzgebers entzogen; es sei zwar nicht für alle Zeiten festgelegt, was zu den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft gehöre, weil dies zeitlich und örtlich verschieden ist, der örtliche Aufgabenbestand hänge jedoch nicht von der }eweiligen Auffassung des Gesetzgebers, sondern davon ab, was den Bedürfnissen der örtlichen Gemeinschaft entspreche298 • Von Interesse dürfte in diesem Zusammenhang vor allem der Versuch sein, den Bereich der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft materiell zu umschreiben. Gelänge das, so würde der geschilderte Streit über die Reichweite der Gesetzesrahmenklausel auf einen geringeren Bedeutungsgrad absinken, weil der Gesetzgeber bei der Disposition über die Aufgabenverteilung dann nur noch das Recht der verbindlichen Feststellung eines in der Sache selbst bereits vorgezeichneten Ergebnisses hätte209 • Diese Auffassung hat vor allem für sich, der Bestimmung des örtlichen Aufgabenbestandes aus der geschichtlichen Ent294 Hamann, Grundgesetz, Erl. zu Art. 28 GG, B 7; Partsch, Angelegenheiten, S. 301 ff.; Köttgen, Bundesgesetzgeber, S. 46 ff.; Thieme, Selbstverwaltungsgarantie, S. 327. 295 Maunz in: Maunz-Dürig-Herzog, Grundgesetz, Art. 28, Rdn. 31; v. Mangoldt-Klein, Grundgesetz, zu Art. 28, Anm. IV 1 d; Stern, Bonner Kommentar, Erl. zu Art. 28, Rdn. 114; Wolff, Verwaltungsrecht Il, § 86 VIII, b); Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 53. 296 Parlamentarischer Rat, Verhandlungen des Hauptausschusses, Bonn 1948/49 - 5. Sitzung vom 18. 11. 1948- S. 60. 297 Becker, Grundlage, S. 149; Bohley, Grundgesetz, S. 266; Genzer, Artikel, S. 314 ff.; Neuhoff, Grundgesetz, S. 259 ff.; Ottinger, Zuständigkeiten, S. 12; Weber, Staats- u. Selbstverwaltung, S. 49 f. 298 Becker, Grundlage, passim, insbes. S. 149. 299 Seibert, Gewährleistung, S. 51 ff., (55).

III. Selbstverwaltungsgarantie und kommunale Selbstverwaltung

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wicklung klarere Maßstäbe entgegenzusetzen. Abgesehen davon, daß der historische Bestand der kommunalen Selbstverwaltung nicht mit der für die Interpretation einer Verfassungsnorm notwendigen Genauigkeit festgestellt werden kann, zumal keine Einigkeit über die relevanten geschichtlichen Zeiträume besteht300, geht die Auffassung unreflektiert davon aus, daß sich die Selbstverwaltungstradition in Deutschland unabhängig vom jeweiligen Gesellschaftssystem kontinuierlich entwickelt hat. Das ist jedoch keineswegs der Fall. Gegen die materielle Bestimmungsmethode wird allerdings geltend gemacht, die Anerkennung des verfassungskräftigen Zuständigkeitsvorbehalts würde der "herkömmlichen Ordnung" widersprechen, weil die Einschränkbarkeit des Prinzips der Allzuständigkeit schon immer rechtens gewesen sei, auch ließe sich dann die Grenze zwischen örtlichen und überörtlichen Aufgaben nicht konkret bestimmen301 , die Entscheidung wäre vor allem durch die dauernden Wanderungsprozesse der Zuständigkeiten erschwert und sachliche Gesichtspunkte könnten um eines starren Prinzips willen nicht berücksichtigt werden. Bei dem Bemühen um eine konkrete Bestimmung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft ist zunächst die Auffassung vertreten worden, die Aufgaben müßten in solche geteilt werden, die für die Existenzerhaltung der juristischen Person notwendig und daher jeder Körperschaft eigen seien und solche, die zur Erfüllung der jeder Körperschaft eigentümlichen besonderen Zwecke den Gemeinden zur Führung im eigenen Namen und auf eigene Verantwortung überlassen seien302• Auch in dem bereits erörterten Versuch, den Begriff der kommunalen Sachverwaltung einzuführen, Hegt der Ansatz zu einer materiellen Abgrenzung. Danach soll der örtlich gebundene Lebenskreis der Gemeinde als gemeinsame Aufgabe der nachbarlichen Gemeinschaft in den Mittelpunkt kommunalen Wirkens gestellt sein neben die Verwaltung des Gemeindevermögens und die Bereitstellung gemeinnütziger Anstalten und Einrichtungenaoa. Die Erörterungen zur Aufgabenreform kommen später noch einmal auf diesen Ausgangspunkt zu sprechen. Während der Gesetzesrahmen bei den Erörterungen über seine Reichweite im allgemeinen unter dem Aspekt der Eingriffsermächtigung gesehen wird, könnte die Klausel aber auch noch eine positive Seite haben. Zu dem Rahmen der Gesetze, auf die sich Art. 28 Abs. 2 GG bezieht, gehören auch die verfassunggestaltenden Grundentscheidungen, 3oo 3°1 302

aoa

Korte, Aufgabenverteilung, S. 52. Partsch, Angelegenheiten, S. 310; Scheuner, Garantien, S. 100., Peters, Grenzen, S. 32. Weber, Staats- und Selbstverwaltung, S. 51.

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Abschnitt 1: Kommunalreform in der Gegenwart

die dem Selbstverwaltungsprinzip, wie schon aufgezeigt wurde, eine neue, zukunftsoffene Funktion zuweisen. Sie prägen aber gleichzeitig auch den Gesetzesrahm€n, der durch sie eine sozialgestaltende Seite, einen die Organe des Staates im Verhältnis zur Selbstverwaltung nicht nur berechtigenden, sondern auch verpflichtenden Aspekt erhält. Der Gesetzesrahmen umfaßt dann gleichzeitig eine Förderungsverpflichtung des Staates, die Förderung der Gestaltungs- und Entfaltungsfreiheit der örtlichen Aufgabenerfüllung im Rahmen der öffentlich€n Aufgabenerfüllung zum Wohle der Allgemeinheit insgesamt. So können Regelungen, die den Umfang der örtlichen Kompetenz bei einzelnen Aufgaben im Interesse der Einheitlichkeit der Aufgabenerfüllung einschränken, verfassungskonform sein, wenn sie aus dem Sozialstaatsaspekt geboten sind und der örtlichen Entfaltung gleichwohl den nötigen Raum lassen. Unter dem die Verfassungsinterpretation beeinflussenden Aspekt des Sozialstaatssatzes wird j€denfalls das gemeinwohlgerecht interpretierte Selbstverwaltungsprinzip und die dann weniger selbstverwaltungsfeindliche Gesetzesrahmenklausel zu harmonisieren sein. IV. Das gemeinwohlgerechte Selbstverwaltungsprinzip unter besonderer Berücksichtigung der Verfassungsrechtsprechung Die kommunale Selbstverwaltung als konstruktives Gestaltungsprinzip gewinnt entscheidende Bedeutung für die örtlichen Reformen, weil das Verfassungsprinzip die Gesetzgebungsorgane zu der Prüfung veranlassen304 muß, inwieweit die bessere künftige Entfaltung der kommunalen Selbstverwaltung gesichert werden kann. Daraus fließt di·e Reformproblematik der besseren örtlichen Aufgabengestaltung und deren Finanzierung, denn kommunale Selbstverwaltung ist in erster Linie örtliche Aufgabenerfüllung, freie selbstverantwortliche Aufnahme und Gestaltung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft. Aus beiden Problemkreisen, der Aufgabengestaltung und deren Finanzierung, ergibt sich der enge Zusammenhang mit der territorialen Neugliederung; diese drei materialen Reformkomplexe sind in der Weise miteinander verwoben, daß die örtliche Gebietsreform, die nicht das Ziel hat, zu einer gemeinwohlgerechten Aufgabenverbesserung und Finanzausstattung zu führen, nicht verfassungskonform ist. Nur die verfassungszielkonforme und so allein gemeinwohlgerechte Interpretation der Selbstverwaltungsgarantie und des Selbstverwaltungsprinzips als Reformzielbestimmung kann die Selbstverwaltung für neue organisatorische und gesellschaftliche Entwicklungen öffnen. Als örtliche Demo80' Vgl. oben, Erster Abschnitt, II- Ziele, Mittel und Leitbilder der Kommunalreform.

IV. Das gemeinwohlgerechte Selbstverwaltungsprinzip

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kratie gewinnt das Prinzip den rechten Standort in der modernen Gesellschaftsordnung, als örtliches Sozialsystem den Status der verbürgten generellen Mitbestimmung im örtlichen Bereich. Die Reform wäre verfassungswidrig, die das Volk in den Städten und Gemeinden weiter nur mehr auf papierne demokratische Vertretungen verwiese und ihm nicht effektiv die Gelegenheit einräumte, bei allen seine örtliche Gemeinschaft betreffenden öffentlichen Angelegenheiten über die Art und Weise, über die Reihenfolge und über das "überhaupt" selbst zu bestimmen oder mitzubestimmen. Das Gemeinwohlprinzip ist von der Rechtsprechung der Verfassungsund Verwaltungsgerichte schon länger mit den Reformen im örtlichen Bereich, naturgemäß vornehmlich den territorialen, in Zusammenhang gebracht worden, weil das Gebietsänderungsrecht das Prinzip schon in der Vergangenheit mit dem Selbstverwaltungsrecht verknüpft hatte. Die der Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935305 vorangegangenen Land- und Städteordnungen des Reiches sahen Eingemeindungen gegen den Willen der beteiligten Gemeinden nur als letzte Ausflucht unter besonderen Bedingungen vor, zu denen vor allem das öffentliche Interesse gehörte. Da sich dieser Grundsatz bis in die Revidierte Deutsche Gemeindeordnung vom 1. April 1946306 erhielt, gewann er die Eigenschaft eines Bestandteils des historisch überkommenen Selbstverwaltungsbegriffs307 , wurde er in das Selbstverwaltungsprinzip integriert. Die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte hat das Gemeinwohlprinzip dahin gedeutet, daß bei jeder Eingliederung die auf dem Spiele stehenden Interessen ermittelt, bewertet und gegeneinander abgewogen werden sollten und geprüft werden muß, in welcher Weise sie nach Möglichkeit in Einklang gebracht werden können308, daß für die Allgemeinheit gegenüber dem bisherigen Zustand in organisatorischer, verwaltungstechnischer, wirtschaftlicher oder sonstiger Hinsicht beachtliche Vorteile entstehen müssen309 • Ein anderes Gericht hat den Begriff dahin präzisiert, Gründe des öffentlichen Wohls lägen vor, wenn durch die Gebietsänderung die Erfüllung der kommunalen Aufgaben verbessert, erleichtert, verbilligt, im Wirkungsgrad gesteigert werde310 • Die Rechtsprechung der Verfassungsgerichte ist nun dazu übergegangen, den einRGBll, S. 49. MRA-Brit. Nr. 7, S. 127. 307 Scholtissek, Probleme, S. 9 ff.; vgl. dazu Becker, Offentliehe Interessen, s. 74 ff. sos OVG Münster, Urt. v. 23. 5. 1951, VerwRspr. 4, 212 ff. 309 OVG Münster, Urt. v. 29. 4. 1955, in: Kottenberg-Steffens, Rechtssprechung zum kommunalen Verfassungsrecht des Landes NW, Nr. 1 zu § 5 AO. 310 BayVGH, Urt. v. 23. 7. 1954 in: BayVGHE 7, 121 ff.; 7, 127 ff.; Urt. v. 1. 12. 1961 in BayVBl. 1962, 91 ff.; Urt. v. 21. 7. 1966 in BayVBl. 1967, 28 ff. 305 306

Abschnitt 1: Kommunalreform in der G€genwart

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zeinen Neugliederungsfall aus diesem Bezug zu den Gründen des öffentlichen Wohls zu lösen und die Neugliederungsmaßstäbe oder -modelle an dem Verfassungsprinzip zu messen311 • Der Verfassungsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen hat in zahlreichen Entscheidungen zu Fällen der territorialen Neugliederung312 die Meinung vertreten, der Begriff lasse sich nicht endgültig abgrenzen und allgemeingültig auf beschreibende, einer unmittelbaren Tatsachensubsumtion zugängliche Merkmale zurückführen, könne jedoch im Hinblick auf ein bestimmtes Vorhaben des Gesetzgebers anband der vom Gesetzgeber seiner Entscheidung zugrunde gelegten Tatsachen und der von ihm konkret verfolgten Zwecke mehr oder weniger scharf auf solche Merkmale fixiert werden, die die Feststellung ermöglichten, ob eine Regelung durch die Gründe des öffentlichen Wohls gedeckt werde. Soweit dabei Wertungen des Gesetzgebers von Bedeutung seien, könne sich das Gericht über sie nur hinwegsetzen, wenn sie eindeutig widerlegbar oder offensichtlich fehlsam seien oder der Wertordnung der Landesverfassung widersprächen313 . Ähnlich faßt der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz314 die Gründe des öffentlichen Wohls auf und vertritt die Auffassung, daß der Vorbehalt des Gemeinwohls an sich nur etwas Selbstverständliches besage, denn es sei der Sinn der parlamentarischen Demokratie und der sich durch das Parlament vollziehenden Willensbildung, dem Wohl der Allgemeinheit zu dienen und ihm durch das Gesetz vollzugsfähige Konturen und Gestalt zu geben. Bei legislativen Änderungen kommunaler Gebietsgrenzen stelle sich das Gemeinwohl als ein der Landesverfassung innewohnendes System materieller Maßstäbe dar, an die der Gesetzgeber gebunden sei. Der Verfassungsgerichtshof sei verpflichtet, zu prüfen, ob der unbestimmte Rechtsbegriff des Gemeinwohls vom Gesetzgeber richtig verstanden und ausgefüllt wurde. Diese Nachprüfung werde erschwert, weil dem Begriff Gemeinwohl keine absolute Aussagekraft zukomme, denn sein Inhalt sei ohne feste Umrisse, nach Zeit und Raum wandelbar und folglich nicht zu definieren. Wo die eigentlichen Bezugs- oder Richtpunkte Vgl. dazu eingehend: Seibert, Gebietsreform, S. 58 ff. In früheren Entscheidungen hatte der Verfassungsgerichtshof sich auf die Prüfung der Frage beschränkt, ob der Gesetzgeber die äußersten Grenzen seines gesetzgeberischen Ermessens überschritten habe - vgl. die Entscheidungen vom 5. 11. 1966 - Siegen-Urteil- OVGE 22, 316 ff. 313 Vgl. die Entscheidungen des VGH NW vom 20. 12. 1969, etwa VGH 19/69 in Sachen der Gemeinde Wimern und VGH 24/69 in Sachen der Gemeinde Obrighoven-Lackhausen. Veröffentlicht bis zur Abfassung des Textes: Entscheidung des VGH NW vom 24. 4. 1970 - VGH 13, 16, 22/69 in DVBl 1970, 794 ff.; DÖV 1971, 283 ff. 3 14 VerfGH Rheinland-Pfalz, vgl. die in DÖV 1970, 198 ff. veröffentlichten Entscheidungen, dazu Seibert, Gebietsreform, passim, vor allem die in Arch. öff.R. 1970, 598 ff. abgedruckte Grundsatzentscheidung vom 21. 3. 1969 - VGH 5/68. 311

312

IV. Das gemeinwohlgerechte Selbstverwaltungsprinzip

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für die Bestimmung des Gemeinwohls lägen, lasse sich abstrakt kaum festlegen, denn seiner Natur nach sei er so weit gesteckt, daß er eine Vielzahl konkreter Sachverhalte decke. Wie der nordrhein-westfälische überwindet der rheinland-pfälzische Verfassungsgerichtshof diese Schwierigkeit damit, daß er in der gesetzgeberischen Neugliederungskonzeption, obwohl selbst nicht Gesetz, die Regelung, die sich "auf eine überschaubare Maßnahme zuspitzt", sieht, mit deren örtlicher, zeitlicher und situationsgemäßer Konkretisierung auch die Richtpunkte sichtbar werden, die dem Gemeinwohlbegriff vollzugsfähige Gestalt geben und die dann auch ermöglichen, die Einhaltung des Gemeinwohlerfordernisses weitgehend zu bestimmen und folglich auch nachzuprüfen315 • Diese Rechtsprechung der Verfassungsgerichtshöfe hat zu der Zurückweisung von Verfassungsbeschwerden großer Zahl geführt, weil sie sich ohne weiteres gegenüber rechtsschutzsuchenden Städten und Gemeinden darauf zurückziehen konnte, daß die konzeptionsgerechte Maßnahme nicht eindeutig ungeeignet oder offensichtlich fehlsam war. Eine Ausnahme bilden vier Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes Rheinland-Pfalz, in denen Zusammenlegungsmaßnahmen abgeändert worden sind316• Besonders bemerkenswert ist die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 25. 1. 1971 317 auf den Antrag der Gemeinde Trassem, einer Gemeinde von 860 Einwohnern, die sich gegen die Eingliederung eines Teils ihres Gemeindegebietes in die benachbarte von bebautem Ortsrand zu Ortsrand ca. 3 km entfernt liegende Stadt Saarburg gewandt hatte. In seiner dem Klageantrag entsprechenden Entscheidung vertrat der Verfassungsgerichtshof die Auffassung, die Eingliederung des Ortsteils widerspreche dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und des geringstmöglichen Eingriffs und sei aus Gründen des Gemeinwohls nicht geboten, weil es mit der beabsichtigten Erweiterung von Sport- und Freizeitanlagen, insbesondere der Anlage von Rundwanderwegen nicht zu rechtfertigen s·ei, ebensowenig durch die beabsichtigte Anlage eines Parkplatzes für das Freizeitzentrum. Ebenso interessant ist die Entscheidung vom 8. 2. 1971318 auf den Antrag der Gemeinde Brück, einer Gemeinde mit 379 Einwohnern, mit dem sich diese gegen die Zuordnung zu der Verbandsgemeinde Kelberg gewandt hatte. Der Verfassungsgerichtshof begründete in diesem Falle seine dem Antrag stattgebende Entscheidung in der Hauptsache damit, 315 Auch der rheinland-pfälzische Verfassungsgerichtshof bezieht sich im übrigen auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18. 12. 1968 - BVerfGE 24, 406; BVerfG in DÖV 1969, 102. 318 Vgl. neben den beiden nachstehend erörterten Entscheidungen die Urteile vom 5. 5. 1969- VGH 36/69- in DVBI 1970, 780 und vom 17. 12. 1969VGH 10/69 -in DVBl 1970, 783. 317 VGH-Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. 1. 1971 - VGH 5/70. 816 VGH-Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8. 2. 1971 - VGH 10/70.

Abschnitt 1: Kommunalreform in der Gegenwart

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daß die angegriffene Zuordnung einen einheitlichen Verwaltungs-, Wirtschafts- und Lebensraum durchschneide, der sich in der Vergangenheit gebildet habe und durch enge kulturelle und gesellige Beziehungen dargestellt werde sowie durch weitere wirtschaftliche und verwaltungsmäßige Verflechtungen. Die mit der Neuordnungsmaßnahme erstrebte Stärkung der Verwaltungs- und Leistungskraft der Verbandsgemeinde Kelberg läßt der Gerichtshof demgegenüber nicht durchschlagen, sondern hebt hervor, dem Gesichtspunkt der möglichst weitgehenden Identität von Verwaltungs-, Wirtschafts- und Lebensräumen komme erhebliche Bedeutung zu, nur gemeinwohlorientierte Erwägungen von überragender Bedeutung könnten die Zerreißung solcher Räume rechtfertigen. Diese vier Entscheidungen sollten Anlaß sein, zu überprüfen, ob und inwieweit die Verfassungsgerichte ihre Zurückhaltung gegenüber der Prüfung des Einzelfalles aufgeben sollten, um die konkrete Verfassungskonformität der einzelnen Maßnahme zu überprüfen. Die Rechtsprechung sieht sich überhaupt wachsender Kritik gegenüber319, die nicht ganz unbegründet ist. Während die Literatur dieser Rechtsprechung zum Teil die sorgfältige Anwendung normativer Interpretationstechnik und die Fruchtbarmachung des funktionell- und kompetenzrechtlichen Aspekts bescheinigt320, wird andererseits geltend gemacht, diese Rechtsprechung löse die Gründe des öffentlichen Wohls in nichtssagende, weder meß- noch kontrollierbare Leerformeln auf321 und kritisiert, die verfassungsgerichtliche Überprüfung habe sich mit der Selbstbeschränkung der Prüfung auf die Systemgerechtigkeit auf die zweite Linie zurückgezogen322 • In der Tat verzichtet diese Rechtsprechung, die sich freilich der Einbeziehung der Verfassungsziele in die Beurteilung des Reformfalles mehr und mehr aufgeschlossen zeigt323 , auf die konsequente Anwendung der Verfassung auf die Gebietsreform. Was das Verfassungsprinzip der Gründe des öffentlichen Wohls angeht, hat sich zwar die Rechtsprechung mit der herrschenden Meinung darauf eingependelt, daß es sich um einen Rechtsbegriff handelt. Sein Inhalt wird indessen nach der hier vertretenen Auffassung jedenfalls im konkreten Bezug nicht richtig gesehen. Die Gemeinwohlbindung der staatlichen Gewalt ist, weil das Gemeinwohlprinzip selbst verfassunggestaltende Grundentscheidung ist, unmittelbar geltendes Recht324 , das Gemeinwohlprinzip hat im konkreten Anwendungsfalle klar erfaßbare Konturen. Vor der Anwendung auf den einzelnen Reformfall muß die Vgl. die Angaben bei Seibert, Gebietsreform, passim. Häberle, Öffentliches Interesse, S. 360 ff. Seibert, Gebietsreform, S. 12 ff. 3 22 Pü.ttner, Anmerkung z. Urteil des VerfGH Rheinland-Pfalzvom 2. 4. 1969 in Arch. öff. R. 1970, 610 ff. 3 23 Vgl. zuletzt Hoppe, Grenzen, S. 278 ff. 324 Becker, Öffentliche Interessen, S. 76, 77; ders. Verwaltungsreform, S. 95, 3 19

320 S21

96.

IV. Das gemeinwohlgerechte Selbstverwaltungsprinzip

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Grundstruktur des Gemeinwohlbegriffs konkretisiert werden. Den Rahmen dieser Begriffsbestimmung bilden die Verfassungszielbestimmungen325, da das Gemeinwohlprinzip zur Verwirklichung der Staatszielbestimmungen, zur Ordnung des Zusammenlebens und zum Wohle der Allgemeinheit im Dienst an der Gerechtigkeit verpflichtet. Die Verfassungsrechtsprechungwird sich erst dann dem Vorwurf der Ineffektivität und der Schwäche entziehen, wenn sie dazu übergeht, in vollem Umfang die Grenzen der Verfassungsmäßigkeit der Reformgesetze zu überprüfen, nicht erst die Überschreitung äußerster Grenzen des Beurteilungsspielraums, zudem alle Gründe des öffentlichen Wohls und nicht allein die Gemeinwohlgerechtigkeit des Gesamtkonzepts. Im übrigen wurde zur Interpretation des Gemeinwohlprinzips und seinem Verhältnis zur kommunalen Selbstverwaltung oben bereits das Notwendige gesagt. Im Reformfalle bedarf vor allem das übergemeindliche öffentliche Interesse und das Gemeindewohl der Abwägung. Die Antithese Gemeinwohl und Gemeindewohl hat vor allem für die Aufgabenerfüllung Relevanz. Das Gemeinwohlprinzip verpflichtet Städte und Gemeinden, das Wohl der örtlichen Gemeinschaft, das Gemeindewohl zu wahren und zu fördern, um dadurch einen Teilaspekt des Gemeinwohls zu verwirklichen326. Die Gegenüberstellung von Gemeinwohl und Gemeindewohl im Zusammenhang der Aufgabenverteilung ergibt, daß aus Gründen des Gemeinwohls die freie Entfaltung der Gemeinden eingeengt werden kann und daß der Staat den Gemeinden so viele öffentliche Aufgaben zur eigenverantwortlichen Erfüllung belassen muß und so viele darf, als es der Verfolg des Gemeinwohlprinzips erfordert. So erweist sich das Gemeinwohlprinzip auch als Leitbild für andere als territoriale Reformprobleme und könnte damit der Verfassungsrechtsprechung auch insoweit die Verpflichtung auferlegen, Reformmaßnahmen auf ihre Verfassungsgerechtigkeit zu überprüfen.

325 3 28

Vgl. so auch Häberle, Öffentliches Interesse, S. 349 ff. Korte, Aufgabenverteilung, S. 55, 56.

6 Speyer 49

Zweiter Abschnitt

Die Reform der kommunalen Aufgabenordnung in Verbindung mit der Gebiets· und Finanzreform unter den Aspekten der Effektivität und der Integration I. Reformkonzeption unter dem Leitbild der Effektivität- Beispielsfälle Das Leitbild der Leistungsfähigkeit oder Rationalität und seine Unterziele dürften gegenüber den Integrationsmaßstäben, den Verfassungszielbestimmungen, den erörterten Reformprinzipien und dem Grundsatz der örtlichen Verbundenheit in den bisherigen Neugliederungsverfahren weitgehend im Vordergrund gestanden haben, die Rationalität für territorialreformerische Maßnahmen und Planungen oberstes Prinzip sein. Der so betrachteten Neugliederungskonzeption dürfte die vergrößerte, deswegen leistungsfähige und damit auch gemeinwohlgerechte Gemeinde vorschweben. Dabei wird möglicherweise nicht geprüft, ob nicht die örtliche Integration der wesentlichere, zumindest aber ein ebenso relevanter Bezugspunkt ist. Die Problematik der in Angriff genommenen Reform läßt sich anband einiger Beispielsfälle aus der aktuellen Neugliederungspraxis der insoweit zur Zeit instruktiven örtlichen Reformen in den Ländern Nordrhein-Westfalen, Hessen und Schleswig-Holstein entfalten, bei denen ermittelt werden soll, welche Vorstellungen, Maßstäbe oder Ziele im Vordergrund der Erörterung stehen. 1. Beispielsfall Wachtberg

Das meiste Anschauungsmaterialliefert das Land Nordrhein-Westfalen. Mit dem Bonn-Gesetz1 entstand durch Zusammenlegung von dreizehn Gemeinden die Gemeinde Wachtberg mit einer Fläche von 49,6 qkm und etwas über 11 000 Einwohnern2 • Der Zusammenschluß wird im Gesetz·entwurf damit begründet3 , es sei keiner der 13 Gemein1 Gesetz zur kommunalen Neugliederung des Raumes Bonn vom 10. Juni 1969 - GV NW 1969, S. 236 ff., Landtag, 6. Wahlperiode, Band 5, Drucksache Nr. 850. 2 Ein Beispiel, das erkennen läßt, daß der Gesichtspunkt der Integrationsfähigkeit, wie weiter unten erörtert, nicht hinreichend beachtet wurde. 3 Drucksache Nr. 850, Einzelbegründung zu§ 7, S. 165.

I.

Reformkonzeption und Effektivität

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den möglich gewesen, die für die Grundausstattung einer Gemeinde des Typs A erforderlichen Einrichtungen zu erstellen, es habe keine Gemeinde zentralörtliche Bedeutung gehabt. Wenn auch in den meisten Gemeinden Sportplatz und Bücherei vorhanden und alle bebauten Grundstücke an die zentrale Wasserversorgung angeschlossen seien, habe keine Gemeinde eine voll ausgebaute Volksschule, drei Gemeinden überhaupt keine Schule. Ursache des schlechten Standes der Aufgabenerfüllung sei, daß die meisten Gemeinden eine Bevölkerung von weniger als 1000 Einwohnern gehabt hätten. Der Entwurf erhofft sich, wie er darlegt, von dem Zusammenschluß eine ausgewogene größere Gemeinde, welche die Grundlage für die Erfüllung von A-Funktionen besitzen soll, und meint, die Finanzschwäche werde nicht unmittelbar als Folge der Neugliederung beseitigt werden können, doch werde es möglich sein, einen finanziellen Ausgleich innerhalb der Gemeinde zu finden, die vorhandenen Mittel schwerpunktmäßig zur Verbesserung der kommunalen Ausstattung einzusetzen und auch in Teilbereichen eine gewerbliche Entwicklung zu betreiben, die es der neuen Gemeinde bei Bewahrung ihres landwirtschaftlichen Charakters ermögliche, ihre Finanzkraft4 zu stärken. 2, Beispielsfall Windeck

Mit dem gleichen Gesetz5 entstand aus vorher drei ländlichen Gemeinden die neue Gemeinde Windeck mit einer Fläche von 107,2 qkm und annähernd 16 500 Einwohnern6 • Der Entwurf begründet die Maßnahme mit der geographischen Lage und den sich hieraus ergebenden Entwicklungsmöglichkeiten, weist allerdings darauf hin, daß in der einen Gemeinde Landwirtschaft und Fremdenverkehr, in der anderen die Industrie eine Rolle gespielt hätten. Eine Ortschaft weise demgegenüber eine Kernsiedlung auf, die zum Teil mit einer Nachbarortschaft verwachsen sei. Würden die drei Gemeinden vereinigt, meint der Entwurf, so werde die unterschiedliche Struktur des Gesamtgebietes ausgeglichen. Erst die Zusammenfassung der vorhandenen Mittel und die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Entfaltungsmöglichkeiten lasse eine gleichmäßige Versorgung mit öffentlichen Einrichtungen, die bisher nur lückenhaft vorhanden seien, zu. Im Landesentwicklungsplan I 7 seien zwei der Gemeinden als ein Ort mit zentralörtlicher Bedeutung für einen Versorgungsbereich von 10 000 bis 20 000 Einwohnern ausgewiesen, zwar sei auch dem dritten Ort eine Ausweisung dieser Art zuteil gewor4 Im Text der Drucksache (wahrscheinlich irrtümlich) "Finanzbedarf". • Gesetz zur kommunalen Neugliederung des Raumes Bonn vom 10. Juni 1969 - GV NW 1969, S. 224 ff. 8 Auch bei diesem Beispiel ist die Integrationsfähigkeit, wie später dargestellt, zweifelhaft, auch fehlt es an der Relation Einwohner-Gebiet. 7 Landesentwicklungsplan I, Bekanntmachung des Ministerpräsidenten vom 17. 12. 1970, SMBl NW 1971, S. 200.

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Abschnitt 2: Aufgaben-, Gebiets- und Finanzreform

den, nach seiner Siedlungs- und Wirtschaftsstruktur werde er aber nicht zum Aufbau einer leistungsfähigen Nahversorgung in der Lage sein. 3. Beispielsfall N etphen

Das Zweite Siegen-Gesetz8 schließt vierundzwanzig Gemeinden zu einer Großgemeinde mit dem Namen Netphen zusammen. Die neue lär..:dliche Gemeinde umfaßt dabei drei frühere Gemeinden, die cer Landesentwicklungsplan I als Orte mit zentralörtlicher Bedeutung ausweist, die sich nach der Zusammenlegung nach der Vorstellung des Entwurfs9 ergänzen sollen. Die neue Gemeinde gelangt auf eine Fläche von 142,5 qkm und ca. 19 000 Einwohner. Wesentliche infrastrukturelle Einrichtungen sind nach dem Tabellenwerk des Entwurfs im Gebiet der künftigen Gemeinde nicht vorhanden, von wenigen Einrichtungen abgesehen, zwei voll ausgebauten Volksschulen und einer Realschule, vier Turnhallen und zehn Sportplätzen10• Deswegen räumt der Entwurf ein, daß die künftige Gemeinde Netphen eine sehr flächengroße Gemeinde mit einem außergewöhnlich strukturschwachen land- und forstwirtschaftlichen Bereich sein werde, in dem die kommunale Grundausstattung noch sehr zu wünschen übrig lasse, meint aber, in der künftigen Gemeinde komme der Wirtschaftskraft der gewerblich orientierten Achse des oberen Siegtals eine wichtige Ausgleichsfunktion für die Finanzkraft zu. Die künftige Gemeinde müsse Einrichtungen höherer Art tragen, wenn ihren Bürgern nicht unzumutbare Wege zugemutet werden sollten. 4. Beispielsfall Welver

Das Gesetz zur Neugliederung des Landkreises Soest11 enthält im § 5 eine Neugliederungsregelung, mit der einundzwanzig Gemeinden zu der neuen Gemeinde Welver zusammengeschlossen werden12• Das Gebiet der neuen Gemeinde gehört nach dem Landesentwicklungsplan I zu der ländlichen Zone des Landes, die frühere Gemeinde Welver hatte zentralörtliche Bedeutung für einen Versorgungsbereich, der 5000 bis 10 000 Einwohner umfaßte. Die neue Gemeinde gelangt mit der Neuordnung auf eine Fläche von 82,7 qkm und eine Einwohnerzahl von ca. 8 Zweites Gesetz zur Neugliederung des Landkreises Siegen vom 5. November 1968 - GV NW 1968, S. 358 ff. 9 Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Neugliederung des Landkreises Siegen vom 15. November 1967, Landtag NW, 6. Wahlperiode, Drucksache Nr. 480, s. 54 ff. 10 Das Beispiel steht für die mangelnde Integrationsfähigkeit des neuen Gebildes. 11 Gesetz zur Neugliederung des Landkreises Soest und von Teilen des Landkreises Beckum vom 24. Juni 1969, GV NW S. 300 ff. 1 2 Entwurf des Gesetzes, Landtag NW, 6. Wahlperiode, Drucksache Nr. 1090, s. 153 ff.

I.

Reformkonzeption und Effektivität

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9000 Einwohnern. Die Zusammenlegung wird damit begründet13, Welver sei Sitz zahlreicher Einrichtungen, einer Nebenstelle des Amtes, einer Mittelpunktschule und einer Apotheke und von den Zentren Soest und Werl hinreichend entfernt, um eine eigenständige Grundversorgung zu ermöglichen. Der Stand der kommunalen Versorgung nach dem Grundtyp A sei bis auf ein Altenheim vorhanden. Zusammen mit mehreren in geringer Entfernung liegenden Gemeinden wohnten in dem Kernraum der neuen Gemeinde 4759 Einwohner in relativ verdichteter Siedlungsstruktur. Der Entwurf meint, es sei anzunehmen, daß die industrielle Entwicklung aus dem Kreise Unna langsam in das nordwestliche Gebiet des früheren Amtes hinübergreifen werde und die neue Großgemeinde die Aufgabe haben werde, diese Tendenzen aufzugreifen und planmäßig zu lenken. 5. Beispielsfall Zülpich

In dem Gesetz zur Neugli-ederung des Landkreises Euskirchen14 wird die Stadt Zülpich mit vierzehn Nachbargemeinden zu einer neuen Gemeinde mit der Bezeichnung Zülpich zusammengeschlossen. Die Stadt gelangt zu einer Fläche von 78,5 qkm und ca. 13 500 Einwohnern. Die Maßnahme wird mit der besonderen Stellung der Stadt Zülpich als traditionelles Versorgungszentrum und wirtschaftlicher Schwerpunkt für ein weites, überwiegend landwirtschaftlich geprägtes und relativ dünn besiedeltes Hinterland begründet15 • Zu der zentralörtlichen Ausstattung wird hervorgehoben, in der Stadt befinde sich ein kleineres Geschäftszentrum, welches die enge Verbindung der Stadt mit ihrem Umland erkennen ließe; obwohl die Stadt in ihren alten Grenzen nur 5500 Einwohner zähle, erbringe sie Versorgungsleistungen des Typs B; in der Trägerschaft der Stadt sei ein Krankenhaus, ein Gymnasium und eine Sonderschule, auch kulturell strahle die Stadt, etwa durch ihr Heimatmuseum und durch ein Volksbildungswerk, über ihr Gebiet hinaus. Eine moderne Festhalle stehe auch den Orten der Umgebung für kulturelle und gesellige Veranstaltungen zur Verfügung. Neben den Einrichtungen gehobener Stufe habe die Stadt eine nahezu vollständige Grundausstattung des Typs A. In den Dörfern um Zülpich sei demgegenüber die Grundausstattung lückenhaft. Der Entwurf verspricht sich von der Neugliederung, daß der Versorgungsbereich der Stadt und ihre Verwaltungsgrenzen zur Deckung gebracht, Verwaltungskraft und Verwaltungslast einander angeglichen und die gemeinsam benötigten Einrich13 Auch hier ist die Integrationsfähigkeit, wie weiter unten erörtert wird, zweifelhaft. 14 Gesetz vom 20. Juni 1969, GV NW 1969, S. 264 ff. 15 Entwurf eines Gesetzes zur Neugliederung des Landkreises Euskirchen, Landtag NW, 6. Wahlperiode, Band 5, Drucksache Nr. 851, S. 51 ff.

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Abschnitt 2: Aufgaben-, Gebiets- und Finanzreform

tungen in Planung, Finanzierung, Errichtung und Unterhaltung gemeinsam verantwortet würden16• 6. Beispielsfall Brakel

Ein weiteres Beispiel bietet das Höxter-Gesetz17 mit der in § 3 enthaltenen Neugliederung der Stadt Brakel unter Zusammenlegung mit zehn Gemeinden zu einer räumlichen Einheit von 137,7 qkm mit einer Einwohnerzahl von ca. 13 000 Einwohnern18• Der Entwurf begründet19 die Maßnahme im wesentlichen damit, daß der Landesentwicklungsplan I di-e Stadt Brakel als Zentralort für einen Versorgungsbereich, der in absehbarer Zeit 20 000 bis 50 000 Einwohner umfassen werde, ausweise. Die Stadt Brakel sei der wirtschaftliche Schwerpunkt des Gebietes und trage die einzige Hauptschule und ein Gymnasium. In den verschiedenartigen industriellen Unternehmen der Stadt stünden rund 1000 Arbeitsplätze zur Verfügung, den 262 Auspendlern der Stadt stünden 942 Einpendler vor allem aus den umliegenden Gemeinden gegenüber. Die Stadt sei mit den umliegenden Gemeinden auch durch den Amtsverband, einen Schulverband und einen Beförderungsverband verbunden. Auch habe die Stadt als einzige Gemeinde eine vollständige kommunale Grundausstattung und darüber hinaus Versorgungseinrichtungen für den gehobenen Bedarf. Die Verwaltungs- und Veranstaltungskraft der übrigen Gemeinden bleibe weit hinter der der Stadt Brakel zurück. Der Entwurf ist aus diesen Gesichtspunkten der Auffassung, daß der Zusammenschluß die Möglichkeit biete, die finanziellen Mittel künftig schwerpunktmäßig und damit rationeller als bisher einzusetzen. Außerdem könne nach einem Zusammenschluß auch die Bauleitplanung für den Gesamtraum so ausgerichtet werden, daß den einzelnen Teilräumen bestimmte Funktionen zugewiesen werden. Bei der verhältnismäßig gut fundierten Wirtschafts- und Finanzkraft des Gebietes bestehe für die neue Stadt Brakel bei einer Zusammenfassung aller Kräfte die Möglichkeit, sich zu einer Gemeinde des Grundtyps B mit einem Versorgungsbereich, der über die eigenen Grenzen hinausreiche, zu entwickeln. 7. Beispielsfall Monschau

Ein weiteres Beispi·el einer Neugliederung in der ländlichen Zone ist der Fall Monschau im Raum Aachen, Gegenstand des Aachen-Geset18 Gf'setz zur Neugliederung des Kreises Höxter vom 2. Dezember 1969, GV NW 1969, S. 818 ff. 17 Entwurf des Gesetzes, Landtag NW, 6. Wahlperiode, Drucksache Nr. 1203, s. 111 ff. 1s Ein Fall, in dem die Integrationsfähigkeit möglich ist. 19 Dieses Beispiel steht, wie weiter unten zu erörtern ist, wiederum für fehlende Integrationsfähigkeit.

I. Reformkonzeption und Effektivität

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zes2o. Nach§ 7 des Entwurfes sollen die Stadt Monschau und sechs Nachbargemeinden zu einer neuen Stadt Monschau zusammengeschlossen werden, die etwa 11 500 Einwohner und eine Fläche von 94,6 qkm haben soll. Die Zusammenlegung der sieben vorher selbständigen Einheiten knüpft an die vom Entwurf angenommene zentralörtliche Bedeutung der Stadt Monschau an, die nach dem Landesentwicklungsplan I einen Versorgungsbereich von 20 000 bis 50 000 Einwohnern umfassen soll. Der Entwurf macht dazu geltend, die Stadt Monschau übe trotz ihrer geringen Größe auch mittelzentrale Funktionen für den größten Teil des Kreisgebietes, besonders auf dem Gebiet des Bildungswesens aus. Sie sei Trägerin einer Realschule und eines Gymnasiums. Die Gemeinden, deren Zusammenschluß mit der Stadt vorgeschlagen werde, gehörten zum Nahversorgungsbereich. Mittelzentrale Funktionen nähme für sie hauptsächlich die Stadt Monschau, teilweise aber auch die Gemeinde Simmerath wahr. Die Gemeinden selbst seien nur lückenhaft mit Versorgungseinrichtungen ausgestattet. Sie hätten eine schwache gewerbliche Basis und als Folge davon einen hohen Auspendlerüberschuß. Zielort der Auspendler sei hauptsächlich Monschau. Schließlich vertritt der Entwurf die Auffassung, mit den in der Vergangenheit wahrgenommenen zentralen Funktionen sei die Stadt Monschau weit über ihre Finanzkraft belastet, so daß sie trotz staatlicher Zuwendungen ihren Haushalt seit Jahren mit Fehlbeträgen abschließe. Als Gemeinde des Grundtyps B bedürfe die Stadt einer Größe, die es ihr ermögliche, Versorgungseinrichtungen unterer Stufe aus eigener Finanzkraft und gehobene Versorgungseinrichtungen aus eigenen Einnahmen mit Unterstützung des Landes, aber ohne Inanspruchnahme der Gemeinden ihres Einzugsbereiches zu tragen. 8. Beispielsfall Dinslaken

Ein Beispiel aus dem Bereich der Ballungszone, hier das letzte Beispiel aus Nordrhein-Westfalen, bietet der noch nicht abgeschlossene Fall Dinslaken, Gegenstand der Neugliederungskonzeption des Innenministers NW, auch des Städtetages Nordrhein-Westfalen21 , nach der in geringfügiger Modifikation des Gliederungsvorschlages der Stadt Dinslaken22 aus den Städten Dinslaken, Walsum sowie den Ge20 Entwurf eines Gesetzes zur Neugliederung der Gemeinden und Kreise des Neugliederungsraumes Aachen, Landtag Nordrhein-Westfalen, 7. Wahlperiode, Drucksache Nr. 830, Begründung zu § 7, S. 108 ff.; wiederum ein Beispiel, in dem Integration als möglich bezeichnet wird. Vgl. auch GVBI. NW 1971, s. 414 ff. 21 Informationsdienst Ruhr, Dokumentation, Nr. 1 ff.. insbes. Nr. 4, S. 11 ff.; Gebiets- und Verwaltungsreform, Stellungnahme des Städtetages NordrheinWPstfalen zum II. Neugliederungsprogramm der Landesregierung, Köln,

1971, s. 52. 22 Bückmann, Gebietsreform, S. 165-173.

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Abschnitt 2: Aufgaben-, Gebiets- und Finanzreform

meinden Voerde, Hünxe und Gartrop-Bühl eine kreisfreie Stadt Dinslaken mit ca. 140 000 Einwohnern und ca. 185 qkm entstehen soll23 • Der Vorschlag wird übereinstimmend damit begründet, daß Dinslaken erkennbar mittelzentrale Funktionen für den Bereich des künftigen Stadtgebildes ausübt, so insbesondere im Aufgabenbereich des weiterführenden Schulwesens, im kulturellen Bereich durch differenziertes Theater- und Konzertangebot, mit entstehender Stadthalle und attraktiver Freilichtbühne, im Sozialsektor durch Vorhaltung oder Förderung von Jugend-, Alters- und Kinderheimen sowie zwei leistungsfähigen modernen Krankenhäusern, im Sportbereich durch das Angebot zahlreicher Sportanlagen, einer Trabrennbahn, eines modernen Hallenbades, mehrerer projektierter Freizeitzentren mit zum Teil bereits fertiggestellten Anlagen für den Schwimm-, Rasen-, Reit-, Tennis- und Breitensport. Besondere Hervorhebung wird der Zentralität im Bereich der Versorgung zuteil, indem auf die Fernwärmeversorgung des engeren und weiteren Verflechtungsbereichs hingewiesen ist. Zudem wird geltend gemacht, daß Dinslaken eine soziologische und wirtschaftliche Einheit mit erkennbarem Mittelpunkt in der ursprünglichen Stadt Dinslaken ist, die sich nicht zuletzt mit Rücksicht auf die bis zur Neugliederung atypisch kleine Kreiseinheit schon weitgehend zu einem einheitlichen Gebilde mit einheitlicher örtlicher Aufgabenerfüllung entwickelt hat. Dies wird durch die Iandesplanerische Ausweisung des ursprünglichen Dinslakens als Mittelzentrum unterstrichen. Entwicklungszi·e l ist eine leistungsfähige Stadt am Nordrand des Ruhrreviers, die nach der Zusammenlegung in der Lage sein dürfte, die wirtschaftlichen Entwicklungstendenzen planmäßig aufzufangen und zu lenken und die oberz·entralen Schwerpunkte des Ballungskerns mittelzentral zu entlasten. 9. Beispielsfall Naubeim

Aus dem Land Hessen ist der Fall N auheim von Interesse. Nach dem vom Innenminister zur Erörterung gestellt-en Vorschlag - auch hier ist die Neugliederungsmaßnahme in der Vorbereitung- für die gebietliehe N-eugliederung der Gemeinden im Landkreis Friedberg24 sollen die Stadt Bad Nauheim mit vier Nachbargem-einden und die Stadt Friedberg mit vier Nachbargemeinden, zwei jeweils eng miteinander verflochtene Gemeindegruppen, zu einer neuen Einheit mit ca. 48 500 Einwohnern·und einer Fläche von 76,3 qkm zusammeng-eschlossen wer· den25 • Nach der Begründung des Vorschlages sind beide Städte Mittel23 Ein Fall, in dem, wie weiter unten erörtert, die Integrationsfähigkeit schon deswegen bejaht wird, weil überwiegend die Zustimmung der Beteiligten erreicht werden konnte. 24 Vorschläge für eine gebietliehe Neugliederung auf der Gemeindeebene im Landkreis Friedberg, Der Hessische Md!, 1971, S. 18 ff.

I. Reformkonzeption und Effektivität

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zentren, die sich gegenseitig in ihren Funktionen ergänzen und gemeinsam zum Teil noch höherstufige zentralörtliche Funktionen wahrnehmen. Fast der gesamte Kreis Friedberg und angrenzende Bereiche seien, so meint die Begründung, sozio-ökonomisch so stark auf den Raum Friedberg - Bad Nauheim ausgerichtet, daß eine Trennung beider Städte auf lange Sicht nicht sinnvoll erscheine; solange sie getrennt seien, würden sich beide notwendigerweise in ihrer Entwicklung behindern. Würde der Raum zu einer politischen Einheit zusammengeiaßt werden, könnten im Wege einer sinnvollen Funktionsteilung diese und andere Entwicklungsprobleme gelöst werden. Da nicht verkannt werde, daß der Zusammenschluß beider Städte vielfältige und schwierige Probleme aufwerfe, würden zunächst zwei Gemeindegruppen, Bad Nauheim mit ca. 24 800 Einwohnern und Friedberg mit ca. 23 500 Einwohnern, zur Zusammenlegung vorgeschlagen. 10. Beispielsfall Eiterfeld

Ein weiterer Vorschlag des Hessischen Ministers des Innern betrifft die Bildung einer Großgemeinde Eiterfeld aus elf Gemeinden mit einer Einwohnerzahl von ca. 7000 und einer Fläche von 89,3 qkm26 • Die Zusammenlegung wird damit begründet, die meisten Gemeinden der Gruppe seien durch einen Abwasserverband und einen Wasserverband miteinander verbunden, hinzu kämen eine Reihe weiterer Verflechtungen. Das Straßennetz der Gemeindegruppe laufe im wesentlichen strahlenförmig auf die frühere Gemeinde Eiterfeld zu, die zentralörtliche Funktionen für den Raum wahrnähme und die auch den Standort der Gesamtschule aufweise. Die Maßnahme ist, wie auch diejenige im Falle Bad Nauheim, bisher nicht abgeschlossen. 11. Beispielsfall Kiel

Das letzte Beispiel - aus dem Land Schleswig-Holstein - befaßt sich mit einem Großstadtumlandproblem und betrifft die Stadt Kiel, die durch Zuordnung von fünf Umlandgemeinden und Teilen zweier weiterer Gemeinden auf eine Größe von 112,5 qkm gegenüber vorher 82,2 qkm und eine Einwohnerzahl von ca. 278 000 gebracht worden ist27. Die Maßnahme wird im Entwurf28 damit begründet, daß Kiel damit 25 Zu beiden Fällen wird die Integrationsfähigkeit, wie unten noch erörtert, für möglich gehalten. 28 Vorschläge für eine abschließende gebietliehe Neugliederung auf der Gemeindeebene im Landkreis Hünfeld, Der Hessische Minister des Innern, Februar 1971; auch dies steht als Beispiel für fehlende Integrationsfähigkeit 27 Ein Fall, in dem wie weiter unten behandelt, die Integrationsfähigkeit als möglich erscheint. 28 Entwurf eines zweiten Gesetzes einer Neuordnung von Gemeinde- und Kreisgrenzen sowie Gerichtsbezirken, Landtag Schleswig-Holstein, 6. Wahlperiode, Drucksache Nr. 696, S . 34; in Kraft seit dem 26. Aprill970.

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Abschnitt 2: Aufgaben-, Gebiets- und Finanzreform

ausreichenden Raum für seine Entwicklung erhalte. Die Stadt weise eine unterdurchschnittliche Flächengröße auf und sei mangels hinreichender Flächen nicht mehr in der Lage, wirtschaftliche Impulse zu geben. Da die Hauptentwicklungsrichtung der Stadt nach Süden verlaufe und eine günstige Verkehrsanbindung durch die künftige Bundesautobahn von entscheidender Bedeutung sei, seien planerisch günstig gelegene Flächen einer Nachbargemeinde in die Stadt einzubeziehen. Im übrigen sei davon auszugehen, daß der gesamte Raum wirtschaftlich nur erschlossen werden könne, wenn die Planung von vornherein auf den langfristigen Bedarf ausgerichtet sei, dazu reiche die Leistungskraft der bisherigen Gemeinden aber nicht aus. Die Eingemeindung der Gebietsteile einer anderen Nachbargemeinde di·ene der Erweiterung eines Industriegebietes der Stadt und ermögliche eine weitere Industrieansiedlung. Für die Eingliederung einer anderen Gemeinde sei entscheidend, daß sie zur Erfüllung der künftigen Aufgaben im Kieler Randgebiet keine ausreichende Größe und Verwaltungskraft besitze und wegen ihrer Lage auch nicht mit anderen Gemeinden zu einer leistungsfähigen Verwaltungseinheit zusammengeschlossen werden könne. Die elf aufgeführten, zum Teil realisierten, zum Teil noch im Zustand der Realisation befindlichen Maßnahmen lassen die eingangs erwähnten Maßstäbe der Effektivität deutlich in den Vordergrund treten. In allen Fällen wird von der Vergrößerung von Einwohnerzahl und Fläche die Verbesserung der Möglichkeiten der Aufgabenerfüllung und deren Finanzierung erwartet, übrigens ein Zeichen dafür, daß die Praxis den Zusammenhang zwischen Territorial- und sogenannter Funktionalreform - auf die Begriffe wird noch zurückzukommen sein - im Grunde nicht übersieht, wobei allerdings noch zu fragen sein wird, ob hieraus die richtigen Konsequenzen gezogen werden. Was dabei allerdings bedenklich stimmt, ist, daß die nicht ganz deutlich werdende vage Vorstellung einer positiven Beeinflussung der künftigen Aufgabenerfüllung durch die Maßstabvergrößerung zum Teil die hauptsächliche Begründung der Neugliederungsabsicht oder der vollzogenen Maßnahme ist, wie dies bei den Begründungen der Fälle Wachtberg, Windeck, Netphen, Welver und Eiterfeld ins Auge fällt. Gleichzeitig erscheint in diesen Fällen der Hinweis darauf, daß die derzeitige Struktur, der Stand der Aufgabenerfüllung lückenhaft oder unzureichend und bei Beibehaltung des angetroffenen Zustandes nicht verbesserungsfähig ist. Viel weniger bedenklich ist in den Fällen Zülpich, Brakel, Monschau, Dinslaken und Bad Nauheim der Hinweis auf die bereits stattfindende, wenigstens zum Teil gemeinschaftliche Aufgabenerfüllung durch die Zentralstadt und die Umlandgemeinden, die den Zusammenschluß tragen soll. Demgegenüber f·ehlen Hinweise auf Integrationsmaßstäbe, von einigen Ausnahmen abgesehen, völlig. Wenn mehr als vier gewachsene Ge-

I. Reformkonz.e ption und Effektivität

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meinden mit mehr oder weniger erkennbaren örtlichen Gemeinschaften - das allerdings ist zu prüfen - zusammengelegt werden sollen, gibt dies in erhöhtem Maße Anlaß zu der Frage, ob die Integrationsfähigkeit der künftigen Einheit angenommen werden kann. An der Spitze derbedenklichen Fälle steht daher insoweit der Fall Netphen mit vierundzwanzig Gemeinden, dem folgen Welver mit einundzwanzig, Wachtberg mit dreizehn, Eiterfeld mit elf und Brakel mit elf vorher selbständigen Gemeinden, die nach der Zusammenlegung in nachbarlicher Verbundenheit kooperieren sollen. Wie dies bei dünn besiedelten Gemeindegebieten mit 82,7 qkm im FaUe Welver, 89,3 qkm im Falle Eiterfeld, 107,5 qkni im Falle Windeck, 137,7 qkm im Falle Brakel und endlich 142,5 qkm im Falle Netphen möglich sein soll, ist fragwürdig. Vor allem Gemeindegebiet und Einwohnerzahl dürften jedoch nicht mehr die rechte Relation haben, wenn man die Fälle Windeck mit 107,2 qkm und 16 500 Einwohnern und Netphen mit 142,5 qkm und 19 000 Einwohnern ins Auge faßt. Wir werden uns später konkreter mit der schon eingangs aufgeworfenen Frage zu befassen haben, inwieweit sich die Integrationsmaßstäbe für die praktische Anwendung konkretisieren lassen, können aber bereits bei vorläufiger Betrachtung bei der größeren Zahl der Beispielsfälle davon ausgehen, daß von Integration in dem hier verstandenen Sinne ni·emals die Rede sein kann. Diskutabel erscheint das lediglich in den Fällen Bad N auheim, Friedberg - nicht im Falle der Vereinigung beider Zentralorte - und Kiel sowie Dinslaken, eventuell auch noch in den Fällen Monschau und Zülpich, weil hier an starke vorhandene Unter- oder Mittelzentren angeknüpft wird, die nicht nur wirtschaftliche, sondern auch kulturelle, soziologische, persönliche und geistige Verflechtungen des Zentrums mit dem Umland herbeigeführt haben. Zu der vom Gesetzgeber erstrebten Verbesserung der Leistungsfähigkeit ist noch später zu fragen, ob sie auch dann erreicht werden kann, wenn die neue Verwaltung die gesteigerten Aufgaben der neuen Gemeinde nicht verkraften kann; ferner ist zu fragen, wie die Integration der neuen Einheit erreicht werden kann, wenn feststeht, daß die Mehrzahl der Verwaltungseinrichtungen: der Wasserwerke, der Schulen, der Sportplätze und Büchereien bleiben, wie sie sind oder aber kompliziertere Aufgaben ohnehin weiter durch Zweckverbände erfüllt werden müssen. Das hiergegen angeführte Argument, der größere örtliche Bereich befähige auch zu einer wirksameren Entfaltung, besteht in einer nicht bewiesenen Behauptung. Der Raum hat nicht die Funktion, das Prinzip der Einheitsgemeinde zu erfüllen, sondern das demokratische Prinzip der örtlichen Verbundenheit.

Abschnitt 2: Aufgaben-, Gebiets- und Finanzreform

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11. Erörterungen zu einer örtlichen Reformkonzeption unter den Leitbildern der Effektivität und der Integration 1. Aussagefähigkeit relevanter Grundsätze und Zielbestimmungen der Verfassung

Hinsichtlich der Realisierbarkeit nichttechnischer und nichtwirtschaftlicher Maßstäbe für Verwaltungsreformen, die territoriale und die sogenannte funktionale Reform, herrscht Unsicherheit. Der Begriff funktionale Reform oder Funktionsreform wird übrigens in sehr unterschiedlichem Sinne verwendet. Das hat zur Folge, daß der Begriff kaum noch brauchbar ist. Er umfaßt nach dem heute herrschenden Verständnis alle Reformprobleme mit Ausnahme der Gebietsreform. Die Reformkomplexe werden indessen richtiger in Aufgaben-, Gebiets- und Finanzreform einerseits und Zuständigkeits- und Organisationsreform andererseits gegliedert, weil diese Bereiche untereinander enger zusammenhängen. Die bisherigen Erörterungen zur Reform lassen die Behandlung verfassungsrechtlicher Leitlinien zum Teil vermissen, und insbesondere die von den Bundesländern zur Verwaltungs- und Gebietsreform veranlaßten Gutachten widmen ihnen vielleicht nicht genügend Aufmerksamkeit. Das Bestreben der Länder, das in der Inangriffnahme der Neugliederung zum Ausdruck kommt, insbesondere derjenigen, die sich an die Spitze der Reformbemühungen gestellt haben, sollte freilich keineswegs nur negativ beurteilt werden, ging es immerhin auch darum, der kommunalen Selbstverwaltung einen neuen Weg zu bereiten - und nicht allein um die wenn auch zu stark hervorgehobene Verbesserung der Leistungsfähigkeit des örtlichen Verwaltungsbereichs. Diese Tendenz ist nach wie vor wirksam und etwa noch in der Begründung zum Gesetzentwurf des Innenministers des Landes Nordrhein-Westfalen zur Neugliederung der Gemeinden und Kreise des Neugliederungsraumes Aachen29 erkennbar, der im Grundsatzteil die Auffassung vertritt, die gemeindliche Neugliederung verfolge das Ziel, "aus Gründen des öffentlichen Wohls Organisationsformen der kommunalen Selbstverwaltung auf örtlicher Ebene zu schaffen, welche die bestmögliche Versorgung der Bevölkerung im Rahmen einer umfassenden Daseinsvorsorge" gewährleisten, kommunale Einheiten, die im Interesse ihrer Bürger eine Leistungsfähigkeit besäßen, die der Veränderung der Verhältnisse und damit der gewandelten gemeindlichen Aufgabenstellung entsprächen; etwas später: wesentlicher Ausgangspunkt kommunaler Neugliederungsmaßnahmen sei das zentralörtliche Gliederungsprinzip. Dazu müssen die schon mehrfach angebrachten Einschränkungen gemacht werden: Maximierung der Gemeindegrößen, zentralörtliche Strukturierung und Versorgungseffizienz können nicht 29

Gesetzentwurf vom 15. 6. 1971, Drucksache 7/830, Landtag NW.

II. Leitbilder der Effektivität und der Integration

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der einzige und auch nicht der wesentliche Aspekt der territorialen Neugliederung sein. Die technische Betrachtensweise muß durch die verfassungs- und verfassungszielkonforme Optimierung ergänzt werden, obwohl das Verfahren dann schwieriger ist und nicht weitgehend dem Computer, der Einzugsbereiche für Aufgabengebiete besser ermitteln könnte, überlassen werden mag. Denn dabei spielen Ableitungen aus den Verfassungszielbestimmungen ebenso wie Ausformungen von Verfassungsgrundsätzen in den Gemeindeordnungen, die für den Gesetzgeber beachtlich sind, eine vorrangige Rolle. Die Grundkonzeption des Gemeinde-Staat-Verhältnisses und der Aufgabenverteilung zwischen Gemeinde, Landkreis, Land und Bund wird in der Literatur häufig noch im Subsidiaritätsprinzip30 gesehen, das als Verfassungsgrundsatz die Richtschnur für die Ordnung der Aufgabenhereiche vermitteln soll. Eine andere Auffassung hebt allein oder fast ausschließlich auf den Gesichtspunkt der Dezentralisation ab, der zur Hemmung des "despotisme administratif" beitragen, mit der Festlegung orts- und bürgernaher Entscheidungskompetenz erzieherische Funktionen erfüllen soll31 • Hervorzuheben ist die eingehende Untersuchung über Methoden und Maßstäbe für Verwaltungsreformen neueren Datums, die vor allem die Reform in Nordrhein-Westfalen stark beeinflußt hat32 und die besonderen Wert durch ihre mathematisch-strenge Systematisierung gewinnt, ob man ihr nun folgt oder nicht33 • Dabei wird bereits das Demokratieprinzip mit Gesichtspunkten der politischen Diskussion der täglichen Reformpraxis ausgefüllt und so seiner Konkretisierbarkeit für aktuelle, die Selbstverwaltung berührende Reformprobleme nähergerückt. Die bisher veröffentlichten Gutachten, die sich mit der Verwaltungs- und Gebietsreform beschäftigen, gehen von verfassungsrechtlichen Überlegungen auch nicht stark berührt meist von anderen Vorstellungen aus. Das Nordrhein-Westfalen-Gutachten zur kommunalen und staatlichen Neugliederung sieht für die Gemeinden beispielsweise einen Mindestaufgabenkatalog in Form -einer einheitlichen Grundausstattung vor, differenzierend für die ländliche Gemeinde - Mindesteinwohnerzahl 8000 - des "Grundtyps A" und die zentrale ländliche G-emeinde mit einem Mindestversorgungsbereich von 30 000 Einwohnern d-es "Grundtyps B" 34• Die Begriffe begegneten uns bei den Gesetzentwürfen. Das Gutachten A beruft sich zur Begründung seiner Auffassung schwerpunkthaft auf die Ziele der Lanso Korte, Aufgabenverteilung, S. 3 ff.; vgl. dagegen Scheuner, Gemeindeverfassung, S. 158; Stern, Gemeindewirtschaft, S. 93. 31 v. Unruh, Hemmung, S. 582. 32 Vgl. Wagener, Neubau, passim. 33 Vgl. Püttner, Neubau, S. 98 ff. 34 Nordrhein-Westfalen-Gutachten A, S. 26,27.

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desplanungund die Zentralortstheorie35 und macht Vorschläge zur Neugliederung, ohne näher auf die damit verbundene Problematik der Aufgaben- und Finanzreform einzugehen. Das hat naturgemäß dazu geführt, daß die Begründungen der Einzelmaßnahmen es auch bei diesen Gesichtspunkten bewenden lassen. Ähnliche Überlegungen finden sich im Gutachten der Sachverständigenkommission für die Verwaltungsund Gebietsreform in Niedersachsen36, das noch besondere Hervorhebung verdient. Andere Reformvorstellungen stellen auf den Grundsatz der Einheit der Verwaltung ab, der nach dem herrschenden Verständnis fordert, daß auf jeder Verwaltungsstufe alle Verwaltungsaufgaben nach Möglichkeit von einer Behörde wahrzunehmen sind. Dieser Zweckmäßigkeitsgrundsatz fußt auf der Überlegung, daß eine Vielzahl nebeneinander operierender Fachbehörden zu einer unverbundenen, unkocrdinierten und daher letztlich unwirtschaftlichen Aufgabenerfüllung führt. Der Grundsatz der Einheit der Verwaltung wird mit mehr oder weniger Recht auch zum Teil aus den Formulierungen der Aufgabenkompetenznormen geltender Gemeindeordnungen herausgelesen37 , wobei hier nicht entschieden zu werden braucht, ob und inwieweit er mit dem Grundsatz der Allseitigkeit des kommunalen Wirkungskreises verwoben ist oder diesen ergänzt. Die wesentlichere Frage, welche Antworten die Interpretation der Verfassung für die Problematik der Reform bereithält, wird bei alledem vielleicht nicht ihrem Gewicht entsprechend gewertet. Die Verfassungszielbestimmungen enthalten, wie auch die sich insoweit mehrenden Ansätze in der Literatur erkennen lassen38, Leitlinien, Ziele und Richtpunkte, die Reformen selbst sind nicht Ziele, sondern Mittel, sie haben instrumentalen Charakter39 • Eine wesentliche Leitlinie der Verfassung für die örtliche Gebiets-, Aufgaben- und Finanzreform bildet das Demokratieprinzip. Wenn insoweit gefragt wird, was der vielstimmige Ruf nach mehr Selbstverwaltung und mehr Unabhängigkeit solle, wenn die Natur der Dinge und der große Zug der Entwicklung "aus unabänderlichen politischen, wirtschaftlichen, sozialen und technischen Zusammenhängen dagegenstehe; ein Ruf, der weithin der Ausdruck eines bindungs- und einsichtslosen lokal-partikularistischen Machtstrebens" sei40, könnte dem entgegengehalten werden, daß es dem VerfechNordrhein-Westfalen-Gutachten A, S. 21 ff. Niedersachen-Gutachten, S. 66 ff. 37 Der Grundsatz der Einheit der Verwaltung wird insbesondere § 2 S. 2 und 3 GO Hs und § 2 Abs. 3 GO Schl-H entnommen. 38 Stern, Grundfragen, S. 20 ff.; Becker, Öffentliche Interessen, S. 73 ff.; Korte, Aufgabenverteilung, S. 51 ff. 39 Dazu jetzt Hoppe, Gebietsreform, passim; ders. Grenzen, passim, insbesondere S. 280. 40 Hettlage, Bedeutungswandel, S. 117. 35 36

li. Leitbilder der Effektivität und der Integration

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ter der Gegentendenz möglicherweise um ähnliche Erwägungen geht, allerdings mit dem Unterschied, daß dem Einflußschwund im örtlichen Bereich, der sich zu Lasten der Einwirkungsmöglichkeiten der Vertretungen des Volkes in den Gemeinden und Kreisen vollzieht, ein Machtzuwachs der Exekutive in Bund und Ländern entspricht, der sich dort keineswegs positiv auf die Gewichtsverteilung zwischen Legislative und Exekutive auswirkt. Gegen eine stärkere Gewichtung des Demokratieprinzips bei der Reform schlagen auch nicht die Vorbehalte gegen die Demokratisierung um jeden Preis durch, wie sie zuweilen anklingen41. Hier geht es nicht um Demokratisierungsfälle mit bedenklichen Konsequenzen für die Freiheit, sondern um den Verfolg des Demokratieprinzips im Interesse der Entscheidungsfreiheit der Vertretungen in den Gemeinden, im Interesse der vom Grundgesetz an sich ohnehin ausdrücklich angeordneten örtlichen Eigenverantwortlichkeit. Zur Auslegung des Rechtsstaats- und Sozialstaatsprinzips wurden bereits einige Bemerkungen gemacht. Es ist nicht ganz unbedenklich, das Sozialstaatsprinzip im Sinne eines ausschließlichen Mandats des Bundes für die künftige Gestaltung der sozialen Gerechtigkeit zu interpreüeren42, über das Erfordernis der hinreichenden Wahrung der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse die Gleichschaltung von Ländern und Gemeinden auf dem sozialen Sektor zu postulieren und insbesondere aus dem Sozialstaatsprinzip die Zulässigkeit der Umwandlung der kommunalen Selbstverwaltung in örtlichen Gesetzesvollzug herauszulesen43. Die Verwirklichung der sozialen Demokratie in den Formen des Rechtsstaates44 verlangt die zentralistische Fernsteuerung keineswegs um jeden Preis, sondern nur dort, wo ·es in erster Linie um die überörtliche gesamtstaatliche Gemeinschaft geht. Die gleiche Aussagefähigkeit hat auch das Selbstverwaltungsprinzip, das auf die Integration der gesellschaftlichen und politischen Kräfte im Sinne kontinuierlich zu bildender örtlicher Einheit in den Städten und Gemeinden abzielt und die Verpflichtung zur Fortentwicklung des erörterten Gestaltungsprinzips der Selbstverwaltung umfaßt. Wenn in den Beispielsfällen zu Territorialreformen von solchen Leitbildern nicht die Rede ist, sondern lediglich von der Vereinfachung der Verwaltung, der Hebung der Verwaltungskraft, der Verbesserung der Leistunr.sfähigkeit, der Infrastruktur, der Rationalisierung, der Bauleit- und Entwicklungsplanung, so kann das daran liegen, daß möglicherweise die den Ein2lelmaßnahmen zugrundeliegenden Reform41 Hennis, Demokratisierung, insbes. S. 14 ff. 42 Köttgen, Bundesstaat, S. 28. 43 Köttgen, Bundesgesetzgeber, S. 63 ff.; ihm folgend auch Heering, Einflußnahme, S. 83. 44 So auch die Umschreibung des Bundesverfassungsgerichts in BVerfGE 5, 198.

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Abschnitt 2: Aufgaben-, Gebiets- und Finanzreform

konzepte sich von den Integrationsmaßstäben leiten lassen. Das ist aber auch nicht erkennbar der Fall, wie soeben noch dargestellt, wobei angeregt wurde, daß das Neugliederungsmodell als gesetzg·eberische Ermessensbindung betrachtet werden sollte, weil es nicht Leitlinie mit strikter Gesetzesbindung sein könne, da die Verfassungsnormen auch im konkreten Einzelfall verwirklicht werden müßten, ein zu starres System das jedoch vereiteln könne45 . 2. Die gemeinwohlgerecht konzipierte Gemeinde im gegenwärtigen Staat a) Erörterungen zum verfassungskonformen Gemeindebegriff

Indem wir etwas konkreter fragen und die zu wenig griffig erscheinenden Gesichtspunkte, welche die Begründungen der Beispielsfälle tragen, nicht mit ebenso wenig substantiierten Erörterungen zu Verfassungsfragen konfrontieren, muß zunächst ausgemacht werden, welche Gebilde im Wege der Gebietsreform jetzt landauf landab entstehen. Die Frage ist nämlich in den Fällen Netphen und Windeck- Netphen mit 19 000 Einwohnern auf 142,5 qkm und Windeck mit 16 500 Einwohnern auf 107,5 qkm - nur sehr schwer zu beantworten, wobei die Deklaration als Gemeinde für die neu entstandene Einheit wenig besagt. Die Gebilde müßten ländliche Gemeinden sein. Dagegen sträubt sich allerdings, wenn wir die Örtlichkeiten sehen, möglicherweise das Sprachgefühl, denn auf weiter Fläche erscheinen Flecken und Dörfchen zwischen Streusiedlungen und Höfen, so daß wir in der Wirklichkeit eher von einem Bezirk oder wie das in den hessischen Entwürfen geschieht, von Gemeindegruppen sprechen würden. Diese Überlegung führt erst in die aufkommenden Schwierigkeiten ein: Schon vor einigen Jahren sind die Möglichkeiten fachwissenschaftlicher Kooperation zwischen Jurisprudenz, Soziologie und Wirtschaftswissenschaften bei der Erforschung des Gemeindebegriffs erörtert und hervorgehoben worden, daß jede der beteiligten Disziplinen bei diesem Unterfangen zumindest der Kontrolle der Nachbarwissenschaften bedürfe46. Wesentliche Ergebnisse interdisziplinärer Erörterungen sind seitdem nicht feststellbar, obwohl dies die Diskussion um die Reform der Gemeinde bereichert hätte. Die Lösung insbesondere der verfassungsrechtlichen Problematik des Gemeindebegriffs wird noch dadurch erschwert, daß sich der Charakter der Gemeinden namentlich in der Nachkriegszeit verändert hat, weil sich die Hauptlebensfunktionen der Menschen häufig nicht mehr in einer einzigen Gemeinde konzentrieren und erschöpfen, sondern sich vielfach auf Wohngemeinde, Arbeitsort, Schulort, Kulturzentrum, Sportmittelpunkt und Erholungsort verteilen. 45

48

Hoppe, Gebietsreform, S. 476. Forschung, S. 3 ff. (19).

Köttgen,

II. Leitbilder der Effektivität und der Integration

97

Die Gemeinde ist infolgedessen nicht mehr nur Einwohnergemeinde, sondern zunehmend Aufenthalts- und Versorgungsgemeinde für alle, die sich am Ort aufhalten und die gemeindlichen Einrichtungen beanspruchen, freilich nicht die entsprechenden Lasten tragen47 • Die Gemeinden sind heute weder in räumlicher noch in gesellschaftlicher, wohnsiedlungsmäßiger oder administrativer Hinsicht geschlossene, selbstgenügsame Einheiten48• So wird man dem Einwand, was im Zuge der Neugliederung jetzt entst·ehe, sei kaum Gemeinde, sondern Verwaltungsbezirk, entgegenhalten, die Ortschaften vorher, etwa die dreizehn Gebilde, aus denen Wachtberg konzipiert wurde, seien auch nicht mehr Gemeinden im ursprünglichen Sinne gewesen. Solche Hinweise sind ohne Zw-eifel in vielen Fällen richtig. Der verwaltungsrechtliche Gemeindebegriff sieht in den Gemeinden in den letzten Jahrzehnten unveränd-ert die mit dem Recht der Selbstverwaltung und mit vom Staate abgeleiteter Herrschaftsgewalt über ein bestimmtes Gebiet ausgestattete öffentlich-rechtliche Körperschaft, die unter eigener Verantwortung alle innerhalb ihres Gebiets zu erledigenden öffentlichen Aufgaben, die von keiner anderen Stelle erfüllt werden, entsprechend ihren Kräften wahrzunehmen hat49 • Dieser die vielfältigen Gebilde der kommunalen Wirklichkeit umfassende generalisierende Rechtsbegriff sieht im Vordergrund die auf der Zusammenfassung nachbarlich verbunden-er Menschen in einer räumlichen Einheit beruhende Gebietskörperschaft, ihre Ausstattung mit Selbstverwaltung im materiellen und formellen Sinne, ihr in der Theorie eigenverantwortliches Wirken durch selbstgewählte Organe und ihre auf gebi-etsbezogener Herrschaftsgewalt beruhende Gebietshoheit, verbunden mit einem nach dem Gesetz allseitigen Wirkungskreis, hebt also vornehmlich auf di-e Konstruktion der Gemeinde als juristische Person und deren Attribute ab. Es fragt sich jedoch, ob das für die hier interessierenden Reformfragen genug aussagt. Art. 28 Abs. 2 GG ergänzt den verwaltungsrechtlichen Gemeindebegriff. Denn die Garantie der eigenverantwortlichen Regelung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft setzt voraus, daß die Gemeinden die organisatorische Überwölbung räumlich bestimmter und begrenzter örtlicher G-emeinschaften bilden50• Dieses Begriffsmerkmal schafft einen anderen Schwerpunkt als der verwaltungsrechtliche 47 Becker, Rechts- und Verwaltungsfragen, S. 13; Thieme, Selbstverwaltungsgarantie, S. 328. 48 Gutachten der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung "Zwischengemeindliche Zusammenarbeit", Bd. I, S. 19. 49 Peters, Lehrbuch, S. 292; ders., Grenzen, S. 54; WoZff, Verwaltungsrecht

II, § 86 I, b). Go

Laux, Kriterien, S. 374.

7 Speyer 49

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Gemeindebegriff. Die örtliche Gemeinschaft ist der entscheidende Faktor der Gemeinde im Sinne des Art. 28 Abs. 1 und 2 GG. Deswegen ist es auch von Interesse, der Gemeindesoziologie einige Aufmerksamkeit zu widmen51 . Insoweit ist beispielsweise aufgezeigt worden, daß der Verfassungsgeber bei der Ausgestaltung der gemeindlichen Rechtsstellung eine "bestimmte Vorstellung von der soziologischen Daseinsform der Gemeinde" gehabt haben müsse52 . Diese besteht aus der Sicht der Soziologie in einer gesellschaftlichen Einheit auf örtlicher Ebene, in der Menschen gemeinsam wirtschaftliche, soziale, kulturelle Probleme lösen, in einer Fülle verschiedener soziologischer Funktionskreise, deren Inbegriff das Gesamtleben einer Gemeinde ausmacht; die Gemeinde ist globale Gesellschaft vom Typus einer lokalen Einheit, die eine unbestimmte Mannigfaltigkeit von Funktionskreisen, sozialen Gruppen und anderen sozialen Erscheinungen in sich einschließt53. Die lokal-orientierte Personengruppe soll übrigens aufgrund ihrer Lokalidentifikation die größere Chance haben, einen hohen Integrationsgrad zu erreichen als die überlokal orientierte Bevölkerung54. Diese Ergänzung der vielleicht etwas starren juristischen Sichtweise ist möglicherweise zweckmäßig, denn nicht nur für den Soziologen sind die sozialen Interaktionen zwischen den gesellschaftlichen Gruppen und Kreisen in der Gemeinde und die Erkenntnis ihrer gemeinsamen Bindungen an die lokale Einheit von Relevanz, sondern auch für den Verwaltungsjuristen und Politiker, die darauf sehen, welche künftigen Gebilde in der Lage sind, Menschen im örtlichen Bereich zu Gemeinschaften zu integrieren, falls das beabsichtigt ist. Daraus kann allerdings nicht ohne weiteres die Schlußfolgerung gezogen werden, daß die Gemeinden bisher im Regelfall formierte, in sich geschloss·ene örtliche Gemeinschaften im soziologischen Sinne umfassen, wie dies bei Deduktionen anklingt, die meinen, die "lokalen Einheiten seien gesprengt", die "örtlichen Gemeinschaften aufgelöst" und daraus Folgerungen für die Verwaltungsreform ziehen. So wird vorgetragen, es habe Zeiten gegeben, in denen Dörfer und Städte örtliche Gemeinschaften darstellten; das sei heute nur noch beschränkt der Fall, der Raum sei größer geworden, der Begriff der örtlichen Gemeinschaft könne daher nicht mehr so definiert werden, wie es noch vor einigen Jahrzehnten möglich gewesen sei; mit der Vergrößerung des Lebensraumes sei die örtliche Gemeinschaft größer geworden55. Im Ergebnis könnte auch das dazu führen, die Gemeinden in Thieme, Bund, S. 185 ff. ; Becker, Rechts- und Verwaltungsfragen, S. 5 ff. Thieme, Bund, S. 189. 53 König, Gemeinde, S. 18 ff. (23); vgl. auch Korte, Aufgabenverteilung, S. 41 ff.; kritisch: Oberndorfer, Gemeinderecht, S. 14 ff. 54 Oswald, Stadt, S. 27. Vgl. dazu die Kritik Grauhans, Verwaltung, S. 76 ff. 55 Thieme. Selbstverwaltungsgarantie, S. 328. 51

~2

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Filialen des Staates umzumünzen. Von Interesse ist noch die Erkenntnis der Soziologie, es sei ein wesentliches Merkmal aller globalen Gesellschaften, daß sie eine gewisse Dauer in der Zeit hätten, daß ein soziologisches Gebilde, das heute künstlich organisatorisch als solches geschaffen werde, über kurz oder lang seine eigene Tradition ausbilde und bald als organisch gewachsen erscheine, wenn es nur die Zeit dazu habe56 • Dieses Moment kann für den Gemeindebegriff fruchtbar gemacht werden. Der Begriff der örtlichen Gemeinschaft ist nicht statischer, sondern dynamischer Natur. Die Gemeinden sollen keinen verwaltungstechnischen Selbstzweck erfüllen, nicht organisatorisch vollkommene Gebilde, ebensowenig wie staatliche Verwaltungsbezirke sein, sondern Integrationsfähigkeit haben. Die Forde-rung der Gemeindeordnungen, bei Gebietsänderungen die örtliche Verbundenheit der Gemeindeeinwohner zu berücksichtigen57 , enthüllt sich als Konsequenz des verfassungsrechtlichen Gemeindebegriffsmerkmals58• Auch die Wirtschaftswissenschaften haben sich aus mehreren Aspekten mit der Gemeinde befaßt, dabei aber keinen Anlaß gesehen, sich besonders eingehend um den Gemeindebegriff zu bemühen50• Ob die Annahme, die Gemeinde sei eine gemeinsam wirtschaftende Gruppe00 oder gar ein Wirtschaftsbetrieb, weil sie ja auch Bedarfe decke, und daran anknüpfende wirtschaftswissenschaftliche Überlegungen den Gemeindebegriff bereichern können, ist zweifelhaft. Auch ist die Erkenntnis nicht neu, daß die Gemeinde im Rahmen ihres örtlichen Aufgabenbereichs wirtschaftliche Aufgaben erfüllt. Die von der Gemeinde zu erbringenden Leistungen und Dienste entsprechen in ökonomischer Hinsicht sicherlich den Bedürfnissen der örtlichen Gemeinschaft. Die Gemeinde hat aber im Gegensatz zum privaten Unternehmen, das vornehmlich zur Befriedigung von EinzelbedürfnissEm Dienste und Leistungen zum Marktpreis veräußert, einen Bedarf, meist einen kollektiven, zu decken. Ein weiterer wirtschaftswissenschaftlicher Aspekt betrifft die Funktion der Gemeinde als Instrument der Wirtschaftsentwicklung, die darin gesehen wird, daß die Gemeinde, wie überhaupt jeder Teilraum, eine situations- und strukturbedingte Fähigkeit hat, einerseits Wachstumsimpulse zu empfangen und andererseits meist standortbedingt in der Lage ist, Wachstumsimpulse in Wachstumsprozesse zu transformieKönig, Gemeinde, S. 24. So die Gemeindeordnungen fast aller Länder, vgl. § 5 GO NW, § 7 Abs. 2 GO BW, § 7 GO H, § 16 Abs. 1 GO NS, § 12 Abs. 3 GO Sa, § 5 GO SchlH. 58 Loschelder, Bewährung, S. 805 ff. 59 Schneider, Gemeinde, S. 41. eo König, Gemeinde, S. 35. 68

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7'

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ren61 • So interessant Aspekte dieser Art sein mögen schung des Gemeindebegriffs geben sie wenig her.

für die Erfor-

b) Gemeindebegriff und Gebietsreform Bei der Diskussion der Gebietsreform ist die Streitfrage aufgetaucht, ob Art. 28 Abs. 2 GG und die Landesverfassungen zulassen, die Wahrnehmung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft anteilig auf zwei sich überlagernde kommunale Gebilde, auf sogenannte Föderaloder Zweistufengemeinden, zu verteilen und beiden Gebilden Gemeindeeigenschaft zuzuerkennen62• Das Nordrhein-Westfalen-Gutachten A bejaht diese Frage63 • Trotzdem haben Landesregierung und Parlament in Nordrhein-Westfalen für den ländlichen Bereich der Großgemeinde den Vorzug gegeben und werden die Zweistufengemeindekonstruktion wohl auch bei der Neugliederung des Ruhrgebietes nicht ins Spiel bringen. Dazu wäre freilich ergänzend anzumerken, daß Einheitsgemeinde und Amt vom Prinzip der verfassungszielkonformen Neugliederung her keinen AusschHeßlichkeitsanspruch haben, denn in der Eifel und im Hochsauerland kann durchaus das Amt die zweckmäßigere Organisationsform sein, falls sich im konkreten Fall erweist, daß eine Großgemeinde mit 5 000 oder 8 000 Einwohnern nicht integrationsfähig ist. Amt oder Großgemeinde ist nur eine Frage der Zweckmäßigkeit, des richtigen Reformmittels, nicht des Prinzips. Die Auffassung wird auch von der rheinlandpfälzischen Sachverständigenkommission vertreten64• Die von dieser empfohlene Fortbildung des Gemeindebegriffs soll nun darin bestehen, daß Orts- und Verbandsgemeinden gemeinsam "Gemeinde im Rechtssinne" sein sollen. Die Verbandsgemeinde, die zweite Gemeindestufe, soll nach der Vorstellung des Gutachtens und des Gesetzgebers nicht als Gemeindeverband konstruiert sein, obwohl die Ortsgemeinde eigene Rechtspersönlichkeit behalten soll. Zwischen beiden Gebilden findet in der zwischenzeitlich Gesetz gewordenen Lösung65 eine Verteilung der Aufgaben in der Weise statt, daß die Ortsgemeinden solche Aufgaben wahrnehmen, die "wirkungsvoll auch in einem kleineren Gebiet ausgeführt werden" können, während die Verbandsgemeinden die Aufgaben übernehmen, für deren "wirtschaftliche Erfüllung ein größeres Gebiet" erforderlich Marx, Landesentwicklung, passim. Vgl. die Erörterungen dazu- das Ergebnis offen lassend- von Weber, Aufgaben, S. 132 ff. 63 Nordrhein-Westfalen-Gutachten A, S. 33/34. 64 Vgl. Rheinland-Pfalz-Gutachten, Band 1, S. 19. Das Niedersachsen-Gutachten, S. 43 f., schränkt diese Auffassung ein. 85 Rheinland-pfälzische Verbandsg€meindeordnung Teil B des Selbstverwaltungsgesetzes für Rheinland-Pfalz i. d. F. des Landesgesetzes zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften und zur Vorbereitung der Neugliederung von Gemeinden vom 16. 7. 1968- GV BI. S. 132- VGO. 61

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ist. Hierzu gehören nach § 5 VGO die Trägerschaft der Hauptschule, die technische Durchführung des Baues der Gemeindestraßen und der Wirtschaftswege, Abwässer- und Müllbeseitigung und ähnliche zum Teil an sich typische Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft66 • In der Literatur ist zu der Konstruktion die Meinung vertreten worden, Art. 28 Abs. 2 GG enthalte nur eine bundesrechtliche Mindestgarantie kommunaler Selbstverwaltung; beschreite der Landesgesetzgeber neue Wege zur Ordnung der kommunalen Struktur, so sei es angezeigt, den verfassungsändernden Gesetzgeber einzuschalten, ohne daß an eine Grundgesetzwidrigkeit gedacht zu werden brauche; das Grundgesetz lasse den Ländern für alle vernünftigen Reformen der kommunalen Struktur freie Hand67 • Solche Auffassungen werden auch von der Meinung genährt, ·es könnten, da sich das Grundgesetz zum föderalistischen Prinzip bekannt habe, "föderative Strukturen" auch auf die Organisation der Gemeinde angewandt werden. Man wird solchen Konstruktionsversuchen allerdings entgegenhalten müssen, daß man mit Rücksicht auf die verfassungsrechtlichen Vorgegebenheiten im gemeindlichen Bereich hinsichtlich der Wahl von Organisationsformen nicht ganz frei ist68 • Nach einer Kompetenz-Kompetenz-Klausel in § 5 Abs. 3 VGO kann die Verbandsgemeinde auch andere Selbstverwaltungsaufgaben der verbandsangehörigen Gemeinden übernehmen, soweit deren gemeinsame Erfüllung im dringenden öffentlichen Interesse geboten ist69 • Dies spricht stark dafür, daß die Föderalgemeinde tatsächlich die milde Zwischenlösung zur Großgemeinde ist, die den milderen Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht darstellende70 Vorstufe des wohl erstrebten Ziels der großen Einheiten bei der örtlichen Gebietsreform71 • Im Gegensatz zum Prinzip der Einheitsgemeinde stehen in NordrheinWestfalen Überlegungen zur Bildung von Regionalstädten oder Städteverbänden bei der Erörterung einer Neugliederung des Ruhrgebiets zur Diskussion72 • Sie knüpfen an Nachbarschaftsbereiche73 an und könnten diese bisher frustrierte Aktionseinheit in Rheinland-Pfalz zum Leben erwecken. Den Regionalstädten soll jedenfalls nach der dem Referentenentwurf im Zeitpunkt der Hearings zur Vorbereitung des Gesetzgebungs- und Anhörungsverfahrens zugrunde liegenden KonzepGrenzen, S. 293. Salzwedel, VerfassungsrechtUche Fragen zu den Vorschlägen der Sachverständigenkommission, Gutachten, 1966, unveröffentlicht. 68 Weber, Aufgaben, S. 133. 69 Positiv dazu Hofmann, Verbandsgemeinden. S. 932 ff. Dazu auch Bogner, us Siedentopf, 67

Verwaltungsreform, S. 43 ff. (45). 1o VGH Rheinland-Pfalz, Urt. v. 22. 1. 1968, AS. Bd. 10, 244 ff. 71 Siedentopf, Grenzen, S. 299. 72 Vgl. Informationsdienst Ruhr, Dokumentation 1971, Nr. 1 ff., insbesondere Nr. 4, S. 13 ff.; Informationsdienst Ruhr, Nr. 29- Dezember 1971. 73 Zimmerer, Stadt, S. 32 ff.; dazu Becker, Rechts- und Verwaltungsfragen,

s. 49.

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tion zwar nicht, wie in Baden-Württemberg, eine Regionalplanung74 zufallen, dafür aber die Flächennutzungsplanung, während die Aufstellung der örtlichen Bebauungspläne bei den regionalstadtangehörigen Einheiten verbleiben soll. Weiter ist die Übertragung der Standortund Infrastrukturplanung75 vorgesehen sowie die Koordination der dieser Planung entsprechenden örtlichen Aufgabenerfüllung. Das Frankfurter Regionalstadtmodell76 bevorzugt übrigens gleichfalls diese Konstruktion des "starken Sonderverbands" 77 • Der Stand der Verhandlungen in der Gegenwart läßt für das Ruhrgebiet die Bildung von Mehrzweckverbänden erwarten78. Die zum Teil insoweit geforderte "zweistufige Lösung", die Schaffung föderativer Gebilde79 dürfte damit aus der Erörterung ausgeschieden sein. Dazu waren schwerwiegende Bedenken angemeldet und die Auffassung vertreten worden, daß ein zweistufiges Gebilde dem Erscheinungsbild zweier Gemeinden auf gleichem Territorium entspreche und ein solcher Verband eine Ersatztätigkeit für die Gemeinden übernähme, die ihm nach der Verfassung nicht zukäme; ein so konstruierter Verband sei eine unzulässige Übergemeinde und stelle einen offenen Angriff auf das Rechtsinstitut Gemeinde dar, wie es die Verfassung gewährleiste80. Fragen dieser Art lassen sich mit der Vorstellung von der Gemeinde, die den Körperschaftscharakter in den Vordergrund stellt, kaum exakt lösen. Zwar kann man argumentieren, die Gemeinde sei die unterste gebietskörperschaftliche Einheit im Raum81 , in der das Volk nach Art. 28 Abs. 1 GG eine Vertretung habe, um die Angel·egenheiten der örtlichen Gemeinschaft eigenverantwortlich zu regeln, und es müsse jedes Grundstück zunächst einer Ortsgemeinde, dann einem Kreis angehören82. Dem kann man- wenn auch nicht ganz durchschlagend- entgegenhalten, daß die Wahrnehmung von Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft in zwei Ebenen dem kommunalen Verfassungsrecht durchaus geläufig ist und schon § 5 der Landgemeindeordnung für die Provinz Westfalen vom 19. März 1856 die Möglichkeit eröffnete, daß das 74

Zweites Gesetz zur Verwaltungsreform-Regionalverbandsgesetz vom

26. 7. 1971, GBl. Baden-Württemberg, S. 336 ff.

75 Vgl. dazu oben, Erster Abschnitt, I, und den in diesem Zusammenhang relevanten Runderlaß des Innf'nministers NW in MBI. NW 1971, S. 1202 ff. 7 6 Regionalstadt Frankfurt, Ein Beitrag zur Diskussion, Frankfurt 1971. 77 Wimmer, Neuordnung, S. 1654 ff. 78 Dazu weist die Begründung des Entwurfs des Aachen-Gesetzes darauf hin, die dichten Verflechtungsbeziehungen erzwängen auf wichtigen Gebieten der Selbstverwaltung eine ungewöhnlich enge Zusammenarbeit oder die übertragung auf einen gemeinsamen Träger. 1e Schnur, Verwaltungsprobleme, S. 16. 80 Wimmer, Neuordnung, S. 1657. 81 Peters, Lehrbuch, S. 294; ders., Grenzen, S. 61; Wolff, Verwaltungsrecht II, § 86 I, b); Forsthoff, Verwaltungsrecht, S. 502; Pagenkopf, Einführung, S. 76 ; Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 46. 82 Peters, Lehrbuch, S. 294; ders., Grenzen, S. 61.

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Amt "zugleich in Ansehung solcher Angelegenheiten, welche für alle zu demselben gehörigen Gemeinden ein gemeinschaftliches Interesse haben", einen Kommunalverband mit den Rechten einer Gemeinde bildete83• Jedenfalls zeigt die frühe Bildung von Gemeindeverbindungen und Verwaltungsgemeinschaften, daß man schon vor mehr als 150 Jahren die Schwäche der Verwaltungskraft sehr vieler Gemeinden erkannt und daraus Konsequenz·en gezogen hat. Im Zeitalter der Funktionsgesellschaft könnten andere Argumente zu entsprechenden Überlegungen Anlaß geben. Wenn allerdings das Bundesverwaltungsgericht in einem unveröffentlichten Beschluß84 dartut, daß die Zweistufigkeit der Gemeindeorganisation im Lande NRW im wesentlichen seit der Zeit nach 1815 besteht, bedürfte es eines groben Mißverständnisses, dem zu entnehmen, hiermit sei die Zweistufengemeinde gemeint. Das Bundesverwaltungsgericht meinte erkennbar die nordrhein-westfälische Amtsverfassung, um die es in dem der Entscheidung zugrundeliegenden Falle auch ging. Von erheblicher Ratlosigkeit zeugt auch die Einführung des föderalistischen Prinzips in diese Diskussion85 • Das föderalistische Prinzip ist nicht dazu geeignet, die Einheit des Gemeindebegriffs zu sprengen. Dazu ist schon ganz zutreffend bemerkt worden, es ergebe sich aus Art. 28 Abs. 2 GG, daß die Verfassung zwischen Gemeinden und Gemeindeverbänden wohl unterscheidet und damit Gemeinden als organisierte Träger der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft voraussetzt und nicht andere Gebilde86 • Allerdings befriedigen diese Erörterungen nicht ganz. Wenn Gemeinden nach dem verfassungsrechtlichen Begriffsmerkmal örtliche Gemeinschaften umfassen oder doch immerhin geeignet sein müssen, ihre Bewohner zu örtlichen Gemeinschaften zu integrieren, so ist schon unter diesem Aspekt bei der Neugliederung mehr auf die Frage der Integrationsfähigkeit der neuen Gebilde abzuheben. Die moderne Gemeinde hat die Funktion, alle gemeinschaftlichen Wirkungsbereiche, Verbindungen und Geschehnisse des örtlichen Daseins integrierend zu harmonisieren. Sie ist ein differenziertes, vielschichtiges System permanenter lntegration87 • Um dieser Funktion gerecht werden zu können, muß sie aber integrationsfähig sein und bleiben. Was die Zweistufigkeit anbelangt, leitet sich aus dieser Überlegung ab, Das gleiche galt für die dem Amt entsprechende Bürgermeisterei nach der Gemeindeordnung für die Rheinprovinz vom 23. 7. 1845. Aus beiden Vorschriften zieht Gutachten A, S. 33, die Schlußfolgerung, es sei eine zweistufige Gemeinde gemeint. 84 Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. 3. 1966 - BVerwG II B 75.64. ss Vgl. Koch, Großgemeinde, S. 50. 88 Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 32. 87 Bahrdt, Gemeinde, S. 39 ff.; Scholz, Einrichtungen, S. 50 ff. 8s

§ 8

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daß die Aufgaben der örtlichen Gemeinschaften zwar teilbar sein mögen, nicht aber die örtlichen Gemeinschaften selbst.

c) Die Gemeinde unter den Leitbildern der Verfassung Das Gemeinwohlprinzip ist das entscheidende Verfassungsziel der territorialen Neugliederung der Gemeindeebene88 • Es umfaßt zwar vielfältige und nicht formelhaft mit allgemeiner Gültigkeit für jeden Einzelfall abstrakt formulierbare Gesichtspunkte, hier bedeutsam: das Gebot der Neugliederung zur Verbesserung der Situation der Gemeinden und der kommunalen Selbstverwaltung insgesamt unter Berücksichtigung der vorhandenen noch intakten örtlichen Gemeinschaften. Das Prinzip der förderlichen Gestaltung des Gemeinwohls ist nicht kommunalisierbar, also mehr als ein Bestandt·e il der Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltung, es durchdringt und überhöht, wie schon gesagt worden ist, das gesamte Verfassungsrecht. Die Grundentscheidungen für die Verwirklichung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, der Sozialstaatlichkeit sind dem Gemeinwohlprinzip ein- und vorgeschaltet, wie auch das Entfaltungsprinzip der Selbstverwaltung. Verfassungsrechtliche Erörterungen zur territorialen Reform der Selbstverwaltung könnten daher den Aspekt der örtlichen Verbundenheit der Gemeindeeinwohner und die Frage der Leistungsfähigkeit der Gemeinde erweitern. Das Demokratieprinzip - verstanden als Normierung der Verpflichtung der staatlichen Gewalt, auf der Basis der sachlichen Grundgehalte der Verfassung und dem von ihr vorgehaltenen Regelwerk der Kompetenzen und Funktionen, die chancengleiche Beteiligung aller am politischen Prozeß in allen Ebenen des Gemeinwesens im Interesse der Integration der Gesellschaft zu verwirklichen - ist im Zusammenhang der territorialen Überlegungen insoweit von Interesse, als es eine generelle Aussage zur Frage der Größenordnung der kommunalen Einheiten zuläßt. Je mehr kommunale Einheiten bestehen, um so mehr hat das Volk im örtlichen Bereich die Chance demokratischer Mitwirkung am öffentlichen Leben und eigenverantwortlicher Selbstbestimmung in den örtlichen Angelegenheiten. Je weniger kommunale Einheiten übrig bleiben, um so geringer werden die Möglichkeiten dazu89• Hieraus ergab sich ein Argument gegen die jetzt noch einmal erneut in die Diskussion gebrachte Bildung von Mammutstädten im Ruhrgebiet nach der Vorstellung des Nordrhein-Westfalen-Gutachtens B 90• Die zweite Ableitung aus dem Demokratieprinzip wie auch aus dem Selbstverwaltungsprinzip ist das Gebot, die Integrationsfähig88 Becker, Öffentliche Interessen, S. 81 ff.; Seibert, Gebietsreform, S. 58 ff.; Eckert, Selbstverwaltungskörperschaften, S. 10 ff. 89 Nawiasky, Demokratie, S. 33 ff.; dazu auch Mattenklodt, Gebietsreform, s. 71. oo Nordrhein-Westfalen-Gutachten B, S. 25 ff.

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keit der neu zu bildenden Einheiten zu gewährleisten. Nur die Städte und Gemeinden haben Integrationsfähigkeit, in denen die soziologische Einheitsbildung möglich, zumindest nicht unmöglich ist. Hinzu kommt noch ein weiterer Gesichtspunkt: Das Gebot der Gemeindeordnungen, die örtliche Verbundenheit der Gemeindeeinwohner zu wahren, ist nicht nur organisationsrechtlicher Art, sondern ein Verfassungsprinzip, das die örtliche Gemeinschaft als die tragfähige Grundlage des Trägers der Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft voraussetzt. Diese Ausformung der Verfassung besagt im Ergebnis nichts anderes als die zweite Ableitung des Demokratieprinzips91 , sie belegt ihre Richtigkeit. Das Rechtsstaatsprinzip ergibt für den territorialen Reformaspekt weniger, aber immerhin das Gebot der Beachtung von Gesetz und Recht zur Verwirklichung der Gerechtigkeit, wie etwa die Beachtung der Selbstverwaltungsgarantie des Grundgesetzes und die Förderung des Selbstverwaltungsprinzips. Dazu ist bisher noch viel zu wenig beachtet worden, wie sehr gerade die Gemeinden nicht nur die Grundrechte zu achten, sondern gerade auch durch öffentliche Einrichtungen zu fördern haben92, wie oben eingehender gezeigt wurde. Das Soziaistaatsprinzip hat für die Problematik der territorialen Neugliederung der Gemeindeebene demgegenüber eine ganz andere, gegenüber Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip möglicherweise gegenläufige Auswirkung. Es zielt hier dank der Wirkung des Gleichheitsgebots auf die Gleichheit der Lebensbedingungen der Menschen im gesamten örtlichen Bereich, darauf, auch dort für die Herstellung der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse zu sorgen und dem bestehenden sozialen Leistungsgefälle abzuhelfen93 , nach Möglichkeit alle Einrichtungen der sozialen Vorsorge im ganzen Lande der Bevölkerungsdichte entsprechend bereitzustellen94. Das Sozialstaatsprinzip fordert die Bildung von Städten und Gemeinden, die in Annäherung an die Situation der vollausgestatteten Großstadt dem Bürger ein ausreichendes Angebot an infrastrukturellen Einrichtungen aller Art zur V·e rfügung zu stellen vermögen, Verkehrseinrichtungen, Arbeitsplätze, Dienstleistungseinrichtungen, Ausbildungsstätten, Erholungsflächen und kulturelle Einrichtungen in zurnutbarer Entfernung vom Wohnplatz95 . Die Forderung der Wahrung der Leistungsfähigkeit der Gemeinde, ganz allgemein die Leistungsfähigkeit des örtlichen Bereichs zur Erfüllung seiner Aufgaben herzustellen, leitet sich möglicherweise aus dem Sozialstaatsprinzip ab. Im 91 So im Ergebnis: Pagenkopf, Einführung, S. 10; Koch, Großgemeinde, S. 32; Becker, Öffentliche Interessen, S. 81. 92 Herbig, Einrichtungen, passim. sa Giese-Schunck, Grundgesetz, Bem. 4 zu Art. 20 GG. 94 Marx, Landesentwicklung, S. 16. ss Vgl. Halstenberg, Raumordnungspolitik, S. 789.

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Ergebnis ist es freilich irrelevant, ob die leistungsfähig·e Gemeinde eine Konsequenz des Gemeinwohl- oder des Sozialstaatsprinzips ist, sofern nur nicht der Fehler gemacht wird, die anderen Verfassungsziele dabei zu übersehen. Die Gemeinde bedarf der gemeinwohlgerechten Leistungsfähigkeit unter den Voraussetzungen der freiheitlichen Demokratie. Das Sozialstaatsprinzip kann also nicht zur mechanischen Gleichmacherei der Gemeinden führen, sondern nur zur Schaffung der Voraussetzungen für eine kommunale Mindestausstattung, über deren Ausmaß ein bundeseinheitlicher Konsens erzielt werden sollte. Diese Mindestausstattung muß die Grundlage des Aufbaus einer verfassungszielgerechten Gemeindeindividualität sein - und bleiben, denn dort erst beginnt die demokratische Selbstverwaltung. Die Bedeutung des Selbstverwaltungsprinzips und sein Verhältnis zu den Verfassungszielbestimmungen wird im gleichen Zusammenhang unterschiedlich beurteilt. Während ein Teil der Lehre dahin tendiert, die Zielbestimmungen der Verfassung in die Interpretation der Selbstverwaltungsgarantie einfließen zu lassen, betrachten andere Auffassungen die Selbstverwaltungsgarantie mit dem der herrschenden Meinung entsprechenden Ergebnis isoliert, meinen, daß sie die Gemeinde nicht, wohl den Gemeindebereich in seinem Bestande schützt und dann eigentlich für die Gebietsreform nichts besagt, so daß verwaltungsorganisatorischen Zweckmäßigkeitserwägungen freier Lauf gelassen ist96 • Wie hier schon entwickelt, ist das Selbstverwaltungsprinzip eines von mehreren Verfassungsprinzipien, das für den territorialen Reformaspekt von erheblichem Belang ist. Das schließt nicht aus, daß die Verfassungszielbestimmungen auch wiederum zur Interpretation des Selbstverwaltungsprinzips herangezogen werden. Allerdings wird es der Verfassungslage nicht gerecht, wenn die Verfassungsgarantie darauf reduziert wird, daß der Staat, so umfassend die Eingriffsmöglichkeiten des Gesetzgebers gegenüber der kommunalen Selbstverwaltung auch seien, nie Regelungen treffen dürfe, die offen oder versteckt eine staatliche oder staatsabhängige Verwaltung im örtlichen Bereich herbeiführten97, oder wenn gemeint wird, die Garantie mache für die Reform nur die Einschränkung, daß das Staatsgebiet aus Gemeinden bestehen müsseos. Das Selbstverwaltungsprinzip gibt als Reformzielbestimmung viel brauchbarere Gesichtspunkte her, nämlich das oben erörterte demokratische Gestaltungsprinzip und das Integrationsmoment, die Forderung, die Voraussetzungen für die Integration der örtlichen Gesellschaft zu örtlichen Gemeinschaften zu schaffen99• Das weist in die gleiche RichSo etwa Salzwedel, Gebietsänderung, S. 810 ff. Salzwedel, Gebietsänderung, S. 811. 98 Thieme, Selbstverwaltungsgarantie, S. 325. 89 Insoweit verdient die Rechtsprechung des VerfGH NW scheidung in DÖV 1969, 568 ff. - Zustimmung. 88

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vgl. die Ent-

li. Leitbilder der Effektivität und der Integration

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tung wie das Demokratieprinzip und wie der verfassungsrechtliche Gemeindebegriff mit seiner gemeinderechtlichen Ausformung der örtlichen Verbundenheit. Die Konsequenz für die territoriale Reform der Gemeinden ist, daß die bisher als maßgebend betrachteten Leitgesichtspunkte beträchtlich ergänzt werden müssen. Die die künftige örtliche Gemeinschaft konstituierenden Kulturtatsachen, gemeinsamer Dialekt, gemeinsame Geschichte, gemeinsame Kultur im weiteren Sinn, sind zu prüfen und der künftigen Ordnung der örtlichen Gemeinschaften zugrunde zu legen. Ländliche Gemeinden, die für die Zusammenlegung in Betracht gezogen werden, müssen nicht nur materiell, sondern auch kulturell verflochten, durch ein Zusammengehörigkeitsgefühl, ein gemeinsames "Wir-Bewußtsein" miteinander verbunden sein. Kommen wir nach dem Abschluß dieser Überlegungen noch einmal auf die Beispielsfälle territorialer Reformmaßnahmen zurück, so wird deutlich, daß einiges ergänzungsbedürftig sein könnte. Ob und inwieweit die Maßnahmen zu der Realisierung der Integrationsmaßstäbe, des Gemeinwohl-, Demokratie-, Rechtsstaats-, Sozialstaats- und Selbstverwaltungsprinzips führen, bleibt im wesentlichen unerörtert. So verdichtet sich der schon anfänglich gewonnene Eindruck, daß in den meisten Beispielsfällen, und zwar in den Fällen Netphen mit vierundzwanzig früheren Gemeinden auf 142,5 qkm, Welver mit einundzwanzig Gemeinden auf 82,7 qkm, Wachtberg mit dreizehn Gemeinden auf 49,6 qkm, Eiterfeld mit elf Gemeinden auf 89,3 qkm, Brakel mit elf Gemeinden auf 137,7 qkm und Windeck mit drei vorher selbständigen Gemeinden auf 107,2 qkm eine Integration in dem Sinne unseres Verständnisses in absehbarer Zeit nicht erreicht werden kann, während sie in den Fällen Zülpich und Monschau immerhin zweifelhaft wenn auch nicht unmöglich erscheint. Dabei muß allerdings darauf hingewiesen werden, daß die Auswahl der Fälle, gerade der nordrheinwestfälischen, vornehmlich Zweifelsfälle betraf - mit der Ausnahme von Dinslaken, dem Fall, in dem die Integrationsfähigkeit schon deswegen bejaht wurde, weil örtlich weitgehend ein entsprechender Konsens besteht, in dem etwa lange Zeit vor der Zusammenlegung der Städte und Gemeinden zu einer Einheit Bemühungen erkennbar sind, gemeinsame Wahlbeamte zu gewinnen, so den technischen Beigeordneten in Dinslaken und Walsum in einer Person vereinigt zu wissen. Für die Integrationsfähigkeit spricht der Kons·ens der beteiligten Gemeinden mit der Maßnahme keineswegs aber immer, wenn man weiß, wie dieser im örtlichen Ablauf der Bemühungen um die Neugliederung zuweilen zustande kommt. So besagt es wenig, wenn im Falle N etphen ein Einverständnis - bezogen auf die Bevölkerungszahl - von 70 Ofo angegeben wird, während im Falle Welver nur zehn der einundzwanzig Gemeinden zustimmten, im Falle Wachtberg wird angegeben, nahezu

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Abschnitt 2: Aufgaben-, Gebiets- und Finanzreform

einstimmig hätten alle Gemeinden des Amtes Villip dem Vorschlag zugestimmt, das wären zehn von dreizehn zusammengelegten Gemeinden, während die übrigen Gemeinden entsprechend dem Vorschlag einen Gebi~tsänderungsvertrag abgeschlossen hätten. Hin und wieder erscheinen freilich in den Begründungen der Gesetzesentwürfe Wendungen, die erkennen lassen, daß Überlegungen zu den Integrationsmaßstäben bei der Einzelfallbearbeitung mitspielten - um das noch einmal zu sagen: nach Vorliegen der Modellgutachten, die solche Leitziele nicht nennen, auch nicht mitspielen konnten - wie im Falle Welver, wenn es heißt, es könne der Raum der Großgem~inde nur so bemessen sein, daß die hier gewählten Vertreter und die Bevölkerung bereit sein würden, Welver als Zentrum der neuen Gemeinde zu akzeptieren1o0, oder im Falle Brakel, die Stadt Brakel sei mit den umliegenden Gemeinden durch "den Amtsverband, einen Schulverband und einen Beförderungsverband eng verbunden" 101 , im Falle Windeck, es bahne sich in richtiger Erkenntnis der beschränkten Möglichkeiten unter den Gemeinden eine Zusammenarbeit auf wichtigen Gebieten der öffentlichen Versorgung an. Diese Ansätze, die sich - jedenfalls in Nordrhein-Westfalen - auch bei den verbalen Erörterungen im Rahmen der Anhörungsverfahren erkennen lassen, bei denen von Faktoren der Integration und der Verbundenheit die Rede war, reichen jedoch insgesamt nicht dazu aus, eine Berücksichtigung der Integrationsmaßstäbe anzunehmen. So gelangen wir zu dem Ergebnis, daß die Reformen im örtlichen Bereich, was die Gemeindebildungen anbelangt, zum Teil daran leiden, daß keine Gemeinden, sondern Verwaltungsbezirke entstehen. Das gilt für Fälle in Nordrhein-Westfalen und anderen in der Realisation ebenso fortgeschrittenen Bundesländern, in denen es bei Gemeindeneubildungen an der Integrationsfähigkeit fehlt ebenso wie für die rheinland-pfälzischen Maßnahmen im örtlichen Bereich, bei denen die Verfassungsmäßigkeit der Verbandsgemeinde zweifelhaft ist, sofern man sie nicht mit der Konstruktion der Gemeindeverbindung retten kann. Zeigt sich nicht, wie in den Fällen Kiel, Dinslaken und Bad N auheim und Friedberg, daß die Bevölkerung des künftigen Gesamtraumes Anzeichen dafür erkennen läßt, zu einer größeren örtlichen Gemeinschaft zusammenzuwachsen, wie dies insbesondere dementsprechende Bekundungen der Vertretungsorgane102 erkennen lassen, so sollte die Integrationsfähigkeit, will man die verfassungskonforme Reform, zumindest sorgfältig geprüft werden. 1oo Landtag NW, Drucksache Nr. 1090, a.a.O., S. 155. 101 Landtag NW, Drucksache Nr. 1203, a.a.O., S. 111. 102 So z. B. im Falle Dinslaken.

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3. Leistungsfähigkeit und Verwaltungskraft zur Aufgabenerfüllung und Ausgabenverantwortung

Die Abhängigkeit der Problematik der Territorial-, Aufgaben- und Finanzreform voneinander wird zur Zeit, nachdem die Lehre schon seit Jahren die isolierte Betrachtensweise der Gebietsreform rügt103, in der Reformpraxis erkannt. So wird in einem Bericht der rheinland-pfälzischen Landesregierung an den Landtag dargelegt, Grundlage der modernen Verwaltung sei die Gebietsreform, mit dieser sei die Funktionalreform untrennbar verbunden. Die Neuverteilung der öffentlichen Aufgaben sei die weitere Grundlage einer reorganisierten Verwaltung, auf der die weiteren Maßnahmen zur Verbesserung von Kosten und Nutzen der Verwaltung und zur Rationalisierung der Verwaltungsabläufe aufbauten104 • Dies ist erheblich mehr, als der frühere Hinweis auf die Verwaltungsvereinfachung und die Hebung der Verwaltungskraft ausgesagt hat. Ähnliche Erkenntnisse werden in Hessen vorgetragen, indem in den Vorschlägen zur gebietliehen Neugliederung auf der Kreisebene formuliert wird, das Neugliederungsmodell sei von wesentlicher Bedeutung für die Funktionalreform. Zwischen dieser und der Gebietsreform bestehe eine gegenseitige Abhängigkeit, was nicht bedeute, daß für die Gebietsreform die Detailkenntnis der zu übertragenden Aufgaben erforderlich wäre, es genüge die Gewißheit, daß eine Vergrößerung der Verwaltungsbezirke zu einer angemessenen Erweiterung der Aufgaben führen werde105 • Diese Bemerkung nimmt gleichzeitig zu den Mahnungen der Wissenschaft, die Reform ganzheitlich zu sehen, Stellung, etwa mit dem Hinweis, eine Gebietsreform nach Einwohnerzahlen und räumlicher Landesplanung ohne Übereinstimmung mit der Aufgabenproblematik, der Aufgabenfinanzierung und der Integration dürfte kaum in jedem Falle die Steigerung der Leistungsfähigkeit herbeiführen und lasse bereits die Reform nach der Reform in das Gesichtsfeld treten. Zu alledem wird mit Recht darauf hingewiesen, daß nicht nur die Problematik der Gebiets-, Aufgaben- und Finanzreform zusammenhängt, sondern darüber hinaus auch Zusammenhänge mit Fragen der Zuständigkeits-, Organisations- und Tätigkeitsreform bestehen sowie mit Problemen der Rationalisierung, daß die gesamte Reformproblematik aufgabenorientiert sei, die Aufgabenverbesserung im Dienste des öffentlichen Wohls entsprechend den Verfassungszielen also im Vordergrund 103 Galette, Wandlungen, S. 55; Scheuner, Verwaltungsreform, S. 209 ff.; Becker, Öffentliche Interessen, S. 73 ff.; Mattenklodt, Gebietsreform, S. 38 ff.

10 4 Landtag Rheinland-Pfalz, Drucksache VI/2617, Mitteilung des Präsidenten des Landtages vom Januar 1971. 105 Vorschläge zur gebietliehen Neugliederung auf der Kreisebene in Hessen, Der Hessische Minister des Inneren, 1971.

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stünde108• Wenn die verfassungskonforme Aufgabenordnung als das Zentralproblem der Verwaltungsreform, vor allem soweit sie den kommunalen Verwaltungsbereich betrifft, erkannt wird, mit der die Neuordnung der Finanzen in enger Beziehung steht, ist die territoriale Reform die Konsequenz der verfassungszielkonformen Aufgabenverteilung und Finanzierungsordnung. Auch dieser Gedanke klingt schon zuweilen in der Literatur an, wenn etwa geltend gemacht wird, der vom Grundgesetz gewollte Zustand, den Kern der Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft bei den Gemeinden zu belassen, könne nicht oder doch nur formal erfüllt werden, wenn man die örtliche Gemeinschaft so definiere, wie es sich aus der Grenzziehung der meisten Gemeinden ergebe, und daß derzeit nur die Wahl bestehe, entweder ständig das Grundgesetz zu verletzen und entgegen der gemeindlichen Selbstverwaltungsgarantie die kommunale Kompetenz auszuhöhlen oder diese Aufgaben bei den Kleingemeinden zu belassen und damit auf jeden finanziellen und technischen Fortschritt in der Versorgung der Bevölkerung mit qualitativ hochwertigen Verwaltungsleistungen zu verzichten107 • Die Anwendung der Verfassungszielbestimmungen und der sonstigen Verfassungsgrundsätze auf die Problematik der territorialen Reform der Gemeindeebene bedeutet auch die Herstellung eines aufgabenkonformen Gebietszuschnitts, der wieder durch das Moment der Integrationsfähigkeit geprägt ist. Denn auch und gerade in der kommunalen Aufgabenerfüllung vollzieht sich die Integration der Gemeindebürgerschaft zur örtlichen Gemeinschaft. Wie man die verfassungsrechtliche Problematik der Kommunalreform auch immer ansetzen mag, alle Überlegungen laufen auf das demokratische Integrationsmoment hinaus, ohne das die humane Daseinsgestaltung im örtlichen Bereich für die Zukunft nicht auskommen wird. Insofern ist die Schaffung der Voraussetzungen für das Wohl der Gemeindeinstanz, das Gemeindewohl, die Grundlage für die Verwirklichung des Gemeinwohls in der Zukunft. Zur Zeit wird nach wie vor hauptsächlich auf die Leistungsfähigkeit der neugegHederten Einheiten abgehoben und die Meinung vertreten, daraus ergebe sich die Aufgabenverbesserung ohnehin. Dazu wird gefragt werden müssen, ob die Verbesserung der Leistungsfähigkeit erreicht werden kann, wenn die neue Verwaltung die gesteigerten Aufgaben gar nicht verkraften kann und wie die Integration einer neuen Einheit zu erzielen ist, wenn feststeht, daß die Mehrzahl der Verwaltungseinrichtung-en ohnehin bestehen bleiben oder Aufgaben weiter durch Zweckverbände erfüllt werden müssen. Von der Lei108 Becker, Verwaltungsreform, S. 92 ff.; ders., Reformen nach der Verwaltungsreform S. 306 ff. to7 Thieme, Selbstverwaltungsgarantie, S. 328.

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stungsfähigkeit ist bei allen Reformüberlegungen der Praxis nach wie vor in erster Linie die Rede. So stellt der Hessische Minister des Inneren in den kürzlich veröffentlichten Modellvorschlägen108 für die Neugliederung auf der Kreisebene die technischen Maßstäbe der Leistungsfähigkeit und der Verwaltungskraft in den Vordergrund. Reformmaßnahmen, die darauf abzielen, die Leistungsfähigkeit der Verwaltung zu verbessern, sollen das herkömmliche System und die Arbeitsweise der Verwaltung in Frage stellen. Sodann soll die Leistungsfähigkeit durch die Stärkung der Verwaltungskraft der Behörden und eine funktionsgerechte Verteilung der Aufgaben verbessert werden. Diese Überlegungen sind im Grunde richtig. Die Leistungsfähigkeit der Städte und Gemeinden und des örtlichen Bereichs insgesamt - der Begriff bezieht sich immer auf die Körperschaften, so unterschiedlich ihr Zuschnitt oder ihre Organisation immer sein mag- hängt eng mit der Verbesserung und insbesondere der Rationalisierung, der Aufgabenplanung und der Aufgabenerfüllung zusammen; beides ist vom gebietliehen Zuschnitt abhängig, darüber hinaus von Organisation und Verwaltungsgliederung, vom Personal- und Finanzmitteleinsatz. Verwaltungskraft wird in der gleichen Studie des_ Hessischen Innenministers zutreffend als die Fähigkeit der Behörde bezeichnet, die sozialstaatlich gebotenen Verwaltungsleistungen vor allem durch verstärkte Planung, größere Beweglichkeit und besseren Sachverstand der Verwaltung zu erbringen, nach der Schaffung von Voraussetzungen, die nur von einer personell und technisch hinreichend ausgestatteten Verwaltung erfüllt werden können. Diese Überlegungen dürften etwas einseitig sein. Während sich die Leistungsfähigkeit auf die Körperschaft und deren aufgabenkonforme Gebiets-, Bevölkerungs- und Finanzstruktur erstreckt und auf die Befriedigung der örtlich gesellschaftlichen Bedürfnisse abzielt, bezieht sich Verwaltungskraft auf das Verwaltungsorgan der Körperschaft, auf die Verwaltungsordnung und Arbeitsteilung durch Fachkräfte unter Einschluß ihrer personellen und sächlichen Mittel und aller Aspekte der Aufbau- und Ablauforganisation. Insoweit ist zutreffend darauf hingewiesen worden, es sei nur diejenige Verwaltungsreform verfassungskonform, die bei der Verbesserung der Aufgabengestaltung sowohl das demokratische als auch das soziale und rechtsstaatliche Verfassungsgebot zu fördern geeignet sei, auch gehöre die verfassungsgebundene Hebung der Leistungsfähigkeit und der Verwaltungskraft zu den bei der örtlichen Reform beachtlichen Gründen des öffentlichen Wohls109• Insoweit formuliert der Bericht des rheinland-pfälzischen Innenministers richtig, wenn dort 108 Vorschläge zur gebietliehen Neugliederung auf der Kreisebene in Hessen, a.a.O., S. 29. 109 Becker, Verwaltungsreform, S. 131 ff.

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unter den Leitsätzen zur Funktionalreform zum Ausdruck gebracht wird, Anzahl und Art der Aufgaben müßten der Leistungsfähigkeit der Behörde (Verwaltungseinheit) entsprechen; die Aufgabenverlagerung habe das Ziel, die Effektivität der Verwaltung zu steigern, dabei seien die technischen Möglichkeiten einer modernen Verwaltung bis zur elektronischen Datenverarbeitung zu berücksichtigen110 , doch fehlt auch hier die notwendig enge Verknüpfung mit den Verfassungszielen, auf die sich nicht nur die Verwaltungsreformer in den nächsten Jahren noch einspielen müssen. 4. Reichweite und Begrenzung der allseitigen Kompetenz zur Aufgabenübernahme und Aufgabenerfüllung

Bevor die Abgrenzung der örtlichen Aufgaben erörtert werden kann, müssen einige Bemerkungen zur künftigen Aufgabenentwicklung gemacht werden, um andeutungsweise die Situation zu erhellen, in die die Problematik der Aufgabenreform hineinwächst111 • Dabei kann auf Vorarbeiten verwiesen werden, die von der Hochschule Speyer initiiert wurden112 • Die öffentlichen Aufgaben dürften sich in zahlreichen Verwaltungsgebieten in den nächsten Jahren naturgemäß in erster Linie in dem Rahmen ausweiten, der im wesentlichen durch den Anteil der Staatsausgaben am Wachstum des Sozialproduktes gesteckt wird; einige Aufgabengebiete lassen aber auch überproportionale Ausweitungstendenzen erwarten, namentlich Aufgaben im Verkehrswesen, im Bildungswesen sowie im Sozial- und Gesundheitswesen. Insbesondere werden in den Verdichtungszonen neue Aufgaben durch die Notwendigkeit der Verbesserung und der zweckmäßigen Zuordnung von Arbeitsstätten, Wohnungen, Bildungseinrichtungen, Erholungs- und Unterhaltungseinrichtungen entstehen113• Insoweit steht - stimuliert durch das Städtebauförderungsgesetz vornehmlich der Städtebau vor grundlegenden Änderungen. Technik, Wissenschaft und Kunst bemühen sich um die Gestaltung künftiger Formen des Zusammenlebens unter Berücksichtigung der Hauptfaktoren Lebbarkeit und Wohnlichkeit114 • Als Entwicklungslinien deuten sich verdichtetere städtebauliche Gebilde an, die durchgrünte gegliederte Stadt oder die hochverdichtete "urbane" Stadt115 • Insoweit ist mit Land Rheinland-Pfalz, Drucksache VI/2617, S. 3. Zur Entwicklung des Gemeinwesens überhaupt vgl. Forsthoff, Industriegesellschaft, passim, insbes. S. 42 ff. 112 V gl. Bd. 43 der Schriftenreihe der Hochschule Speyer Funktionsgerechte Verwaltung im Wandel der Industriegesellschaft. 113 Hessenplan - Landesentwicklung, S. VI. m Kühn, Städteplanung, S. 76 ff. m Wagener, Neubau, S. 39. 110

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Recht auf den Zusammenhang hingewiesen worden, der sich zwischen dem künftigen Städtebau und der Problematik der örtlichen Gemeinschaft ergibt11s. Ähnliche Überlegungen betreffen das Verkehrswesen der Zukunft117• Beide Bereiche legen den Gedanken nahe, daß hier die Zuordnung in den örtlichen Kompetenzbereich künftig fraglich werden kann, insbesondere, wenn man die Entwicklung in städtischen Verdichtungsgebieten beobachtet. Die wirtschaftliche Entwicklung wird dazu führen, daß weniger Menschen in kürzerer Arbeitszeit mehr produzieren und höhere Konsumansprüche stellen. Die Bürger dürften in der Altersspanne ihrer vollen Leistungsfähigkeit immer größere Anforderungen hinsichtlich ihrer Bildung, Ausbildung, Gesundheit und psychischen Ausgewogenheit stellen, während die verkürzte Arbeitszeit die Lösung der Freizeitprobleme der öffentlichen Daseinsvorsorge zu einem gewichtigen Aufgabenbereich anwachsen lassen wird118 • Der hier entstehende Aufgabenbereich dürfte in wesentlichen Teilen dem örtlichen Bereich zuwachsen, egalitäre Regelungen würden demgegenüber eine erhebliche Problematik entfalten. Die Schule von morgen wird als lebensbegleitende Institution als das "permanente und jederzeit offene Arbeitsfeld der Bildung" bezeichnet, als "die zentrale Kulturstätte der kommenden Gesellschaft" 119• Die Gesamtschulplanungen lassen hierfür bereits reale Ansätze erkennen. Wachsende Aufgaben werden vor allem im sozialen Bereich erwartet. Die schon erwähnten erhöhten Lebensansprüche aller Altersgruppen und die Forderung nach weitgehender Gleichmäßigkeit der Sicherung des allgemeinen Lebensbedarfs führen dazu, daß der Sozialaufwand auch bei möglicherweise rückläufiger Zahl der Leistungsempfänger ansteigende Tendenz hat, daß die Hilfen in besonderen Lebenslagen einen Vorrang gegenüber den allgemeinen und laufenden Leistungen der sozialen Sicherung erhalten und daß die Individualleistungen durch eine ständig sich erweiternde Anzahl von Gruppensubventionierungen ergänzt und überlagert werden. Erhöhte Lebenserwartung, Anspruchssteigerung und Gleichmäßigk·eitsforderung haben ferner zur Folge, daß die öffentliche Hand in weit stärkerem Maße als früher die offenen Subventions- und Pflegemaßnahmen durch eigene Einrichtungen, Anstalten und Veranstaltungen ergänzen muß. Die Entwicklung ist durch einen fortschreitenden Übergang fürsorgender und pflegerischer Verus v. Unruh, Verwaltung, S. 37. Nebelung, Perspektiven, S. 108 ff. 118 Wagener, Neubau, S. 34 ff.; Wickert, Report, S. 69 ff. 11 9 Zielinski, Schule, S. 75; vgl. schon die Überlegungen in: Strukturplan, passim, insbesondere S. 26 ff. 117

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waltungstätigkeit zur Gemeinschaftsbedarfsverwaltung gekennzeichnet12o. Schwerpunkte dürften, wie das Nordrhein-Westfalen-Programm darlegt, der Umweltschutz, das Freizeitwesen, das öffentliche Gesundheitswesen und die Betreuung von Kindern und Alten in entsprechenden - örtlichen - infrastrukturellen Einrichtungen bilden121 . Das Land Nordrhein-Westfalen will nach diesem Landesentwicklungsprogramm keine Anstrengungen scheuen, um mit Maßnahmen des Umweltschutzes den natürlichen Lebensraum zu sichern. Für die Verbesserung der Wasserversorgung werden daher im Planungszeitraum 150 Mio DM, zur Beseitigung der Gewässerverunreinigung 632 Mio DM, zur Vergrößerung der Stauräume 180 Mio DM angesetzt, für die Abfallbeseitigung 50 Mio DM, die Verminderung der Luftverschmutzung 46 Mio DM (bis 1973), die Verbesserung der Überwachung der Luftreinhaltung 98 Mio DM und für die Verminderung des Lärms 6,5 Mio DM. Auch zur Entwicklung des Freizeitwesens breitet das Programm mit Tages-, Wochenend- und Ferienerholungsanlagen konkrete Vorstellungen aus und stellt für den Planungszeitraum insgesamt 353 Mio DM zur Verfügung. Das Programm beschreibt- um die Aufzählung nicht weiter auszubreiten- jeweils die Teilaufgabe, entwickelt mittelfristige Planungsziele und benennt die Höhe der Landesmittel - übrigens eine empfehlenswerte Lektüre für bestimmte Disziplinen, die sich unter Ausbreitung neuester Ergebnisse ihres Forschens über Planung verbreitern. Das gleiche gilt für den Großen Hessenplan, der noch eingehendere Vorstellungen landesentwicklungsplanerischer Art für einen Planungszeitraum von 10 Jahren entwickelt122. Die künftige Aufgabenentwicklung wird - um den allgemeinen Überblick abzuschließen- durch einen erheblichen Zuwachs der Überwachungsaufgaben im Bereich der ordnenden und lenkenden Eingriffsverwaltung gekennzeichnet sein. Das Zusammenrücken der Bevölkerung auf engerem Raum und ihre ausnahmslose Teilnahme an den Chancen der technisierten Zivilisation führen dazu, daß die Eingriffsverwaltung ihr Gewicht stärker vom Einzeleingriff auf die Lenkung von gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Gruppensachverhalten verlegen wird123. Alles das macht deutlich, daß vielfältige neuartige Aufgaben entstehen, die einer flexibel zu fassenden örtlichen Kompetenz künftig zuwachsen und daß ein Festhalten am historischen Erscheinungsbild des örtlichen Aufgabenbestandes von Jahr zu Jahr problematischer wird. 120 GaZette, Wandlungen, S. 49 ff. Nordrhein-Westfalen-Programm, S. 123 ff. 122 Hessenplan - Landesentwicklungsplan, passim. 123 GaZette, Wandlungen, S. 49.

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II. Leitbilder der Effektivität und der Integration

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Die bereits erörterten Gutachten der Länder zur Vorbereitung der örtlichen Reformen widmen auch der Aufgabenproblematik ihre Aufmerksamkeit, lassen sich jedoch zumeist zu sehr von dem Gesichtspunkt leiten, die Selbstverwaltungsebene durch die Übertragung weiterer Aufgaben "stärken" zu sollen, so zuletzt die hessischen Vorschläge zur Reform in der Kreisebene124, wie auch schon die nordrhein-westfälischen Gutachten B und C 125 • Bemerkenswert ist, daß im NordrheinWestfalen-Gutachten B als einzig·er Verfassungssatz das Subsidiaritätsprinzip ins Spiel gebracht und dabei geltend gemacht wird, man würde dieses falsch verstehen, wenn man das Ziel außer ac\lt ließe, eine möglichst "gute Leistung zu erzielen und eine einheitli~e Wahrnehmung für einen größeren Raum zu gewährleisten". Mehr Konsens könnten demgegenüber die Leitsätze zur Funktionalreform in Rheinland-Pfalz erzielen126, die mit der Aufgabenverlagerung den einfachen und übersichtlichen Verwaltungsaufbau, die Konzentration der Aufgabenerfüllung einheitlich in der gleichen Verwaltungsstufe und bei einer Behörde ohne Mitwirkung der nächsthöheren oder -tieferen Ebene erreichen wollen, dabei freilich auch eine "engste Nähe zum Bürger und zur Sache", andererseits dann schließlich eine Steigerung der Effektivität der Verwaltung. Bei dem Versuch, eine Grenzlinie der Verfassung für den örtlichen Aufgabenbereich aufzufinden, muß zunächst noch einmal an die theoretischen Überlegungen des ersten Abschnitts angeknüpft werden127• Ein geeigneter Ausgangspunkt ist der Ansatz128, der die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft als funktionell öffentliche Angelegenheiten der Gemeinden und ihrer Mitglieder bezeichnet, die als integrale oder summative Aufgaben aus dem Zusammenleben und Wirtschaften von Menschen innerhalb eines zusammenhängend besiedelten Gebietes erwachsen und von der Gemeindeorganisation ohne Störung der Kompetenzwahrnehmung anderer Träger öffentlicher Verwaltung selbständig verwaltet werden können, als überörtliche Angelegenheiten diejenigen, die keine unmittelbare und ursprüngliche Beziehung zu der örtlichen Gemeinschaft haben und deren Entstehungsgrund in der Summierung der Bedürfnisse liegt, die sich aus der Nachbarschaft vieler Gemeinden ergeben und die deswegen einer gleichmäßigen und überall einheitlichen Befriedigung bedürfen. Der Versuch, die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft genauer zu be124 Vorschläge für eine gebietliehe Neugliederung auf der Kreisebene, Der Hessische Minister des Inneren, 1971, S. 31. 125 Vgl. insbesondere Nordrhein-Westfalen-Gutachten B, S. 51; desgleichen auch Niedersachsen-Gutachten, S. 265 ff. 126 Landtag Rheinland-Pfalz, Drucksache VI/2617, S. 3. 127 Vgl. oben Erster Abschnitt, III, 6 a Die allseitige Regelungsbefugnis. 128 Wolff, Verwaltungsrecht II, § 85 II, b); vgl. dazu auch Conrady, Angelegenheiten, S. 410.

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Abschnitt 2: Aufgaben-, Gebiets- und Finanzreform

stimmen, mag nun im Ergebnis für aussichtslos gehalten werden oder nicht, zumindest eröffnet er für die Aufgabenreform eine Methode, bei der konkreten Aufgabe die Frage der Örtlichkeit anzugehen, etwa die Problematik der vorbereitenden Bauleitplanung in einer Ruhrregion, wie dies zur Zeit aktuell ist. Insoweit kann übrigens schon an die Rechtsprechung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts angeknüpft werden, nach der den Gemeinden die Befugnis zustand, alles in den Bereich ihrer Wirksamkeit zu ziehen, was "die Wohlfahrt des Ganzen, die materiellen Interessen und das geistige Wohlergehen des einzelnen förderte sowie gemeinnützige Anstalten, welche diesem Ziel dienten, einzurichten, zu übernehmen und zu unterhalten" 129 • Im Anschluß daran vertritt heute auch das Bundesverfassungsgericht die Auffassung, daß die Zuständigkeit der Gemeinden zwar nicht grenzenlos ist, aber die freiwillige Tätigkeit auf den örtlichen Wirkungskreis beschränkt, auf Aufgaben, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf die örtliche Gemeinschaft einen speziellen Bezug haben und von dieser eigenverantwortlich und selbständig bewältigt werden können130 • Auf dieser Umschreibung kann aufgebaut werden. Der örtliche Aufgabenbestand umfaßt neben dem institutionellen Fundament das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Veranstaltungswesen der Daseinsvorsorge. Darunter fallen zentralörtliche Aufgaben, weil der innerhalb des Gemeindegebiets liegende örtliche Entstehungsgrund entscheidend ist. Für die Beschreibung der kommunalen Allseitigkeit muß weiterhin an die örtliche Gemeinschaft als freilich nur theoretischen Bezugspunkt angeknüpft werden. Die Abgrenzung zum staatlichen Aufgabenbereich kann sodann nicht, wie das vorgeschlagen worden ist, mit dem Merkmal: keine Störung der Kompetenzwahrnehmung anderer Träger öffentlicher Verwaltung - erfolgen. Notwendig ist vielmehr die Einführung eines greifbaren Maßstabes, etwa wie des Merkmals der Sachgerechtigkeit. Entscheidend ist dann, daß ein Aufgabenkomplex sachgerecht nur ortsnah oder personen- und gegenstandsnah131 erledigt werden kann und nicht sachgerechter im staatlichen Bereich. Hinzu kommt der nicht unbeachtliche räumliche Bezug der Kompetenz, die kommunale Allseitigkeit. Von der erörterten sachlichen Beziehung einer Kompetenz läßt sich die räumliche, ferner die persönliche und z·eitliche, unterscheiden. Die vor allem relevante räumliche Beziehung erfaßt alle Personen, die sich auf dem Gebiet der Körperschaft, der die Kompetenz zugeordnet ist, aufhalten. Diese Beziehung wird als Gebietshoheit beschrieben132 und zeichnet die Gemeinde 129 1ao 131

1a2

Vgl. PrOVGE 12, 155 ff. Vgl. BVerfGE 8, 122 ff. (133 ff.). Fonk, Regierungspräsident, S. 59 ; desgl. Part sch, Angelegenheiten, S. 311. Hoppe, Gebietskörperschaft, S. 19 ff., 48 ff.

II.

Leitbilder der Effektivität und der Integration

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als Gebietskörperschaft vor allen anderen Körperschaften - mit Ausnahme des Staates - aus, die nur enumerativ oder global erfaßte Kompetenzen haben. Nur wenn eine Kompetenz durch Angabe eines räumlichen Bereichs so bestimmt wird, daß sie alle öffentlichen Angelegenheiten umfaßt, die sich aus den Bedürfnissen der in einem bestimmten Gebiet lebenden Menschen ergeben, kann sie als universale Kompetenz bezeichnet werden. Zu der Abgrenzung der örtlichen von den überörtlichen Aufgaben ist noch eine weitere Bemerkung erforderlich: Es kann Aufgaben geben, die an die Berücksichtigung überörtlicher Gesichtspunkte gebunden sind, obwohl sie sachgerecht ortsnah durchgeführt werden können. Dabei ist auch zu bedenken, daß man entscheiden muß, ob man auf die Gegebenheiten oder auf die Auswirkungen abheben will. Es gibt Angelegenheiten, die überörtlich bedingt sind, mit lokalen Auswirkungen und Angelegenheiten, die örtlich bedingt sind, mit überörtlichen Auswirkungen133 • Beachtliche überörtliche Gesichtspunkte können nur tatsächliche Gegebenheiten sein, allerdings wird noch manche Überlegung angestellt werden müssen, welcher Form und welcher Art. Überörtliche Interessen können jedenfalls nicht ausreichen134, weil dann jede Angelegenheit zur staatlichen gemacht werden könnte. Alle diese Überlegungen bieten freilich nur Anhaltspunkte, keine Patentlösung für die Umschreibung der allseitigen örtlichen Kompetenz und ihre Begrenzung gegenüber der staatlichen Aufgabenkompetenz für die Aufgabenreform. Die allseitige Kompetenz umfaßt alle heute und zukünftig möglichen oben näher präzisierten Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft. Sie ist unabhängig vom tatsächlich übernommenen Wirkungskreis und gestattet die Übernahme und Erfüllung aller örtlichen Angelegenheiten in eigener Verantwortung zur gemeinwohlorientierten Regelung durch die örtlichen Organe. Die Abgrenzungsüberlegungen stehen mit den Verfassungszielbestimmungen im Einklang. Dem Anliegen des Demokratieprinzips wird mit der Formulierung: "eigenverantwortliche Regelung aller Aufgaben, die aus dem Zusammenleben und -wirtschaften der innerhalb des Gemeindegebiets und seines Einzugsbereichs lebenden Menschen erwachsen", in vollem Umfang Rechnung getragen, sofern Eigenverantwortlichkeit im Sinne der Freiheit von Weisungen und Einwirkungsmöglichkeiten des Staates verstanden wird. Das Demokratieprinzip fordert die uneingeschränkte Zuordnung der örtlichen Angelegenheiten in den kommunalen Entscheidungsbereich135• Für die künftige verfassungszielPartsch, Angelegenheiten, S. 311; Heering, Einflußnahme, S. 70 ff. Wie das in der Begründung des Städtebauförderungsgesetzes geschehen ist, vgl. Schmidt-Assmann, Städtebauförderungsgesetz, S. 437. 135 Vgl. jetzt auch Roth, Kommunalpolitik, S. 33. 133 134

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Abschnitt 2: Aufgaben-, Gebiets- und Finanzreform

gerechte Aufgabenabgrenzung ist das historische Erscheinungsbild weniger ausschlaggebend, weil ja immer anerkannt gewesen ist, daß die kommunale Selbstverwaltung in der historischen Entwicklung wandelbar gewesen ist und auch künftig sein wird. Hinzu kommt, daß die Reformüberlegungen davon ausgehen sollten, auf neuen Wegen mehr Demokratie in der Gemeinde zu verwirklichen. Zum Teil wird übrigens die bestandswahrende Funktion dieses Vorbehalts durch das Rechtsstaatsprinzip, das jedenfalls weitere Abstriche von der kommunalen Selbstverwaltung verbietet, übernommen. Das Sozialstaatsprinzip wirft die Frage auf, ob der Abgrenzungsmodus, soweit auf die eigenverantwortliche Regelung der Aufgaben, die aus dem Zusammenleben und -wirtschaften erwachsen, abgehoben ist, zu eng formuliert ist. Zweifel bestehen deswegen, weil sich der Aufgabenbereich der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Daseinsvorsorge in der Zukunft erheblich ausdehnt. Es müssen die Aufgabenbereiche eine ausdrückliche Erwähnung finden, die der Gemeinde gerade aus dem menschlichen Dasein und den unmittelbar daraus entstehenden Bedürfnissen künftig erwachsen. Erweiternd wäre etwa zu formulieren, daß alle Aufgaben, die aus dem Dasein und den daraus entstehenden Bedürfnissen, dem Zusammenleben und -wirtschaften der innerhalb des Gemeindegebietes und seines Einzugsbereiches lebenden Menschen erwachsen, den Gegenstand der örtlichen Kompetenz bilden. Konkrete Folgerungen für diese Grundkonzeption der Aufgabenabgrenzung gibt auch das Gemeinwohlprinzip nicht her. Mit der vorgeschlagenen Kompetenzzuordnung ist dem Wohl der Allgemeinheit jedenfalls mehr gedient als durch die zentrale Erfüllung des örtlichen Aufgabenbereiches in der Staatsebene. Für den Zweck der künftigen Abgrenzung muß allerdings der Vorbehalt der örtlichen Leistungskraft, der in Formulierungen wie "im Rahmen der Leistungskraft der Gemeinde" oder ähnlichen zum Ausdruck kommt, wegfallen. Denn die Reform der kommunalen Finanzen geht der Aufgabenreform nicht vor, sondern kann ihr, falls sie nicht gleichzeitig erfolgt, nur nachfolgen. Die Aufgabenabgrenzung kann also keineswegs davon abhängig gemacht werden, welche Aufgaben Städte und Gemeinden zur Zeit nach ihrer finanziellen Leistungskraft zu bewältigen vermögen, sondern die Reform der Gemeindefinanzen hat die verfassungszielkonforme Aufgabenverteilung zu berücksichtigen. 5. Die Aufgaben im örtlichen Bereich und ihr regionaler Ausgleich

Die bisherigen Erörterungen zur Aufgabenreform in der Literatur, auf die wir noch einmal zurückkommen müssen, lassen wesentliche Teile der verfassungsrechtlichen Problematik aus. Hierin liegt die Schwäche der Überlegungen, die einerseits ausschließlich auf das soge-

li. Leitbilder der Effektivität und der Integration

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nannte Subsidiaritätsprinzip abstellen, andererseits den Gesichtspunkt der Dezentralisation und der Dekonzentration in den Vordergrund stellen. Solche Auffassungen halten auch gegenüber dem Gewicht der anscheinend alles andere in den Hintergrund drängenden Rationalisierungsüberlegungen nicht stand, weil sie diesen nicht den rechten Ort zuzuweisen vermögen. Es ist zwar richtig, wenn gesagt wird136 , das sozialstaatliche - auf Herstellung und Erhaltung gleichartiger Lebensverhältnisse im ganzen Bundesgebiet gerichtete Prinzip- verfolge nicht das Ziel einer Egalisierung, weil diese die politische Freiheit des Individuums aufheben könne. Das entscheidende Argument, das für diese Meinung streitet, dürfte aber nicht ein "Dezentralisationsprinzip" sein, sondern das oben erörterte Selbstverwaltungsprinzip. Dezentralisation ist nicht Reformziel, sondern nur ein ReformmitteL Die Bearbeitung zum Neubau der Verwaltung137, die schon Gegenstand dieser Erörterungen war, bietet für die Aufgaben- und Finanzreform wichtige Vorüberlegungen; ihr kommt insbesondere das Verdienst zu, überhaupt verwertbare Leitbilder für die Verwaltungsreform aufgezeigt und auch das Verhältnis der technischen Maßstäbe und der Integrationsmaßstäbe zur Diskussion gestellt zu haben. Der Raumordnungsgesichtspunkt spielt bei alledem zwar auch, aber jedenfalls nicht in erster Linie eine Rolle. Die Reduzierung der Gemeinden auf Kataloge von Mindestaufgaben oder die Übertragung aller denkbaren Aufgaben auf die Gemeinden kann den für die Reform beachtlichen Verfassungszielbestimmungen nicht gerecht werden. Auch bleibt bei der Mindestaufgabenkatalogausstattung ungeklärt, welche verfassungsrechtlichen Überlegungen damit verknüpft sein sollten. Bilden die Mindestaufgaben, wie sie etwa das Gutachten A formuliert, einen Teil des garantierten Kernbereichs? Dagegen spricht, daß die Mindestaufgabenkataloge auch private Aufgaben - die Apotheke - 138 umfassen. Andererseits sollen die Mindestaufgaben möglicherweise Pflichtaufgaben ohne Weisungsmöglichkeit sein. Das wäre möglicherweise ein Indiz dafür, daß die Mindestaufgaben zum verfassungskräftig geschützten örtlichen Aufgabenbereich gerechnet werden. Alles das ist nicht so recht durchschaubar und bietet möglicherweise Anlaß zu einer erneuten Überarbeitung. Vielleicht verbirgt sich dahinter ein durchaus begründetes Reformanliegen, das nur nicht zulänglich durchgearbeitet ist. Es ist zu beachten, daß die allseitige örtliche Selbstverwaltungsaufgabenkompetenz, die oben näher geschilderte Befugnis zur Aufnahme und Erfüllung aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, durch die Selbstverwaltungsgarantie des Grundgesetzes im System seiner tragenden Verfassungszielbe13& 137

taa

v. Unruh, Hemmung, S. 583-585.

Wagener, Neubau, passim. Der Fall des § 17 Apoth G ist außer Betracht gelassen worden.

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Abschnitt 2: Aufgaben-, Gebiets- und Finanzreform

stimmungengewährleistet und für zukünftige Gestaltungen verbindlich ist. Sie kann nicht im Sinne eines aufgezählten Aufgabenbereichs interpretiert oder durch das Organisationsprinzip der Einheit der Verwaltung und seine Anwendung auf die Aufgabenkompetenz der Gemeinde ersetzt werden. Die Schwäche der Überlegungen, die allein von der Raumordnung beherrscht werden und vornehmlich die Festlegung von Aufgaben, die in bestimmten Bereichen wirtschaftlich zu erfüllen sind, zum Gegenstand haben, ergibt sich schon daraus, daß etwa der im NordrheinWestfalen-Gutachten genannte139 Aufgabenkatalog in mehrfacher Hinsicht heute, also nach wenigen Jahren, überholt ist. Wenn beispielsweise für die Gemeinde des Grundtyps A die vollausgebaute Volksschule mit Lehrschwimmbecken und Turnhalle genannt ist und für die Gemeinde des Grundtyps B ein zweizügiges Gymnasium und eine zweizügige Realschule gefordert werden, ist das nicht nur schon heute überholt, sondern erst recht bis zum Zeitpunkt der künftigen Verwirklichung, da die drei getrennten Schulformen des weiterführenden Schulwesens als Einzeltypen dann kaum noch existieren dürften. Ähnliches gilt für den Bereich der vorschulischen Erziehung, dessen absehbare Entwicklung die Ausstattungsforderung des NordrheinWestfalen-Gutachtens zur Gemeinde des Grundtyps A: Kindergarten und Kinderhort, überholt erscheinen läßt. Nun ist aus den Überlegungen des Gutachtens aber erkennbar, daß die Einzugsbereiche aller Einrichtungen die Überlegungen zur Regelgröße der Gemeinden entscheidend beeinflußt haben, so daß zu fragen ist, ob und inwieweit diese Werte auch schon längst überholt sind. Die Raumordnungslehre hält dem zwar entgegen, man dürfe ihr nicht einfach mit dem Schlagwort "Schematisierung" entgegentreten, man operiere vielmehr mit Richtzahlen, die je nach Lage des Einzelfalles durchaus über- bzw. unterschritten werden könnten, aber jede Landesplanung und kommunale Neuordnung müsse von bestimmten Zielsetzungen, das hieße von quantifizierenden Richtwerten, ausgehen140.Eine solche Argumentation macht deutlich, daß hier eine Fachdisziplin, die sich zukunftsorientiert gibt, in der Frage der interdisziplinären Kooperation ganz zurückhaltend ist und nicht über den eigenen Zaun blicken will. Demgegenüber liegt es auf der Hand, daß in der Frage der Gestaltung des künftigen Gemeinschaftslebens Verfassung und Verfassungsrecht nicht ganz außer Ansatz bleiben können. Die nur auf die volks- und betriebswirtschaftliehen Aspekte beschränkten Vorstellungen der Raumordnung müssen sich daher entgegenhalten lassen, daß die Zielvorstellungen des Grundgesetzes und die sich aus Art. 28 Abs. 2 GG ergebende Leitlinie auch t39 140

Vgl. Nordrhein-Westfalen-Gutachten-A, S. 21 ff. Vgl. etwa Schneider, Landesplanung S. 195 ff. (204).

II.

Leitbilder der Effektivität und der Integration

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nicht ansatzweise berücksichtigt werden. Zu dieser Konzeption ist zu sagen, daß im Grundsatz die zum Zwecke der Steigerung der Leistungsfähigkeit vergrößerte Gemeinde im ländlichen Bereich Zustimmung verdient. Allein kann die Vergrößerung, wie gleich noch im Zusammenhang der Gebietsreform zu erörtern sein wird, nicht allein nach raumordnerischen oder statistischen Gesichtspunkten erfolgen, sondern muß auch die Integrationsmaßstäbe beachten. Somit kann der Fall eintreten, daß die erheblich vergrößerte Gemeinde den ihr zugeordneten gebietliehen Zugewinn gar nicht verkraftet. Entscheidend ist, daß jede Gemeinde in der Lage ist, die ihr nach dem vorgeschlagenen Abgrenzungsmodus zugedachten Aufgaben zu erfüllen und zwar nicht nur eine Reihe von Mindestaufgaben, sondern darüber hinaus die Aufgaben, die der Darstellung der gemeindlichen Individualität dienen. Obwohl das Grundgesetz die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse mit dem Sozialstaatssatz zur Reformleitlinie erhebt, bedingt das nicht die Beschränkung auf Mindestaufgaben, sondern die Aufgabenerfüllung auf der Basis von Mindestaufgabenvorstellungen, weil dort erst die Betätigung des Gestaltungsprinzips der Selbstverwaltung ansetzt. Die Vielgestaltigkeit der kommunalen Selbstverwaltung beginnt erst dort, wo die Minima erfüllt sind. Wenn man unter solchen Aspekten der Einheitsgemeinde den Vorrang beimißt, mag das angehen. Das hindert jedoch nicht, in Ausnahmefällen, insbesondere in dünn besiedelten Räumen, auch das Amt zuzulassen, weil es sich insoweit für die Förderung der örtlichen Selbstverantwortung positiv auswirken kann. Diesen Erkenntnissen gegenüber war das Land Rheinland-Pfalzmit der Schaffung von Verbandsgemeinden, Gemeindeverbindungen, aufgeschlossen. Mit diesen Anmerkungen soll angedeutet werden, daß keine Reformkonzeption sich ausschließlich auf ein Reformmittel, also etwa die Einheitsgemeinde, festlegen, sondern flexibler sein sollte entsprechend der Vielgestaltigkeit der Lebensverhältnisse. Bei der Reform muß bedacht werden, daß die Aufgaben der künftigen Gemeinde nicht in der Summierung der Aufgaben der zusammengelegten Gemeinden bestehen, sondern daß den Organen der neuen Gemeinde auch Aufgaben völlig neuer Art erwachsen. Bisher ist zudem unterlassen worden, zu prüfen, ob die neuen Aufgaben überhaupt finanziert werden können. Wohl hat man vornehmlich nach den Problemen einer Verteuerung der neuen Organisation gesehen und insbesondere ermittelt, inwieweit diese Kosten steigen werden. Demgegenüber hätte aber berücksichtigt werden müssen, daß die neuen Gemeinden neue Aufgaben erhalten, die erhebliche finanzielle Aufwendungen auslösen werden und müssen. Die Großgemeinde soll in ihrer Leistungsfähigkeit die kleinere Gemeinde erheblich übertreffen. Sie soll sich über die Mindestaufgaben hinaus neue Aufgaben setzen, die sich aus der örtlichen Verbundenheit und

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Abschnitt 2: Aufgaben-, Gebiets- und Finanzreform

den besonderen örtlichen Bedürfnissen ergeben. Es soll das Leistungsgefälle zwischen Stadt und Land abgebaut werden. An der Erörterung dieser Aufgaben- und Finanzierungsproblematik fehlt es bei den bisherigen Gesetzentwürfen weitgehend, ebenso wie auch der Probleme der Finanzierung der Ausgestaltung der Verwaltung mit den zu der neuen Aufgabenerfüllung erforderlichen Fachkräften. Freilich kann die gemeindliche Territorialreform diese Problematik nicht allein lösen, weil die Aufgabenerfüllung im Sozialstaat auch den Ausgleich im regionalen und subregionalen Bereich fordert. Aufgaben der Region sind die über den örtlichen Bereich hinausgewachsenen Angelegenheiten der regionalen Gemeinschaft, insbesondere infrastrukturelle Aufgaben höherer Art. Daneben kommen örtliche Aufgaben mit überörtlichen Auswirkungen in Betracht, die von regionsangehörigen Städten und Gemeinden nach dem örtlichen Bedürfnis und - soweit die Aufgabenerfüllung darüber hinausgeht - jedenfalls nach den örtlichen Vorstellungen durchgeführt werden. Ein regionaler Selbstverwaltungsbereich sollte in organisatorischer Verbindung der Aufgaben und Funktionen des Kreises mit den Aufgaben einer teilräumlichen Regionalplanung die Kompetenz141 erhalten, die Verflechtungsaufgaben zu übernehmen und die häufig in Zweifel gestellten Verwaltungsgrenzen der ihr zugeordneten Städte und Gemeinden zu überbrücken und je nach Sachlage das Gefälle zwischen Stadt und Land auszugleichen, die Verdichtungsräume zu ordnen, Notgebiete durch Zusammenschluß mit aufstrebenden Entwicklungsräumen zu beleben und als Träger einer grollräumigeren Planung unter kommunalem Einfluß - in diesem Zusammenhang ist vom Gegenstromprinzip die Rede gewesen142 sowohl die Voraussetzungen für einen regionalen Aufgaben- und Finanzausgleich als auch für eine regionale Wirtschaftspolitik zu schaffen. Dafür ist ein ausreichender, eigenverantwortlich verwalteter Haushalt und die Kompetenz zur Übernahme neuer überörtlicher Aufgaben erforderlich143. In Anbetracht des Trends in die höhere Ebene, der kontinuierlichen Aufgabenwanderung nach oben, muß der regionale Selbstverwaltungshereich das Auffangbecken für diejenigen Aufgaben sein, die der örtlichen Kompetenz entwachsen. Das muß allerdings keineswegs bedeuten, daß die überörtlichen Aufgaben nur im regionalen Bereich selbst zu erfüllen sind. Die Region muß vielmehr auch die Berechtigung haben, für die Städte und Gemeinden ihres Bereichs eine sinnvolle funktionale Aufgabenteilung 141 Vgl. Becker, Rechts- und Verwaltungsfragen, S. 58, 59; Weber, Raumordnung, S. 21 ff. 142 Becker-Marx, Regionalplanung, S. 62; Haarmann, Raumordnung, S. 724; v. Unruh, Raumordnung, S. 124. 143 GaZette, Wandlungen, S. 67 ff.

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zu planen und durchzuführen, die Verteilung bestimmter infrastruktureller Aufgaben überörtlicher Natur auf bestimmte Gemeinden, die insoweit bereit und dazu in der Lage sind, allerdings unter Beachtung der Selbstverwaltungsgarantie nur in Angelegenheiten überörtlicher Qualität. Das hat den Vorteil, daß auch die zentralörtliche Aufgabenerfüllung unter Mitwirkung aller Beteiligten durchgeführt werden kann. Dabei ist zu beachten, in welcher Weise die regionale Selbstverwaltungskörperschaft die Aufgabenverteilung mit für die Beteiligten verbindlicher Wirkung vornehmen soll. Denn es ist beispielsweise die Berechtigung zweifelhaft, in Anbetracht der Zuordnung einer kulturellen Aufgabe überörtlicher Art zugunsten einer Gemeinde einer anderen Gemeinde die Erfüllung entsprechender Aufgaben im örtlichen Rahmen völlig zu verbieten; andererseits wird auch nicht ohne weiteres eine Gemeinde gezwungen werden können, bestimmte ihr nach der regionalen Konzeption zugedachte überörtliche Funktionen zu erfüllen144 • Die regionale Ebene sollte keine Zwangsvollstreckung der Selbstverwaltung durchführen können. Hinsichtlich des Regionalstadtmodells Ruhr dürfte zur Beurteilung der Verfassungskonformität die Tatfrage der örtlichen Verflechtungen der Städte und Gemeinden entscheidend sein, die jeweils zu einer Regionalstadt zusammengeiaßt werden sollen. Das ist möglicherweise von Fall zu Fall und bei jedem Aufgabenbereich verschieden, so daß die Frage der verfassungskonformen Aufgabenabgrenzung nicht generell beantwortet werden, sondern nur auf die schon angestellten Überlegungen allgemeinerer Art verwiesen werden kann. 6. Grenzen des Aufgabenverbundes zwischen Staat und Gemeinden

Die Problematik der gestörten Einordnung der kommunalen Selbstverwaltung in den Staat hat bei den vorausgegangenen allgemeinen Erörterungen bereits zu der Feststellung Anlaß gegeben, daß der Planungs- und Leistungsverbund der Gegenwart zur permanenten Überspielung der örtlichen Selbstverwaltung unter Verletzung des Demokratie- und Selbstverwaltungsprinzips geführt hat und die demokratische Eigenverantwortung des örtlichen Bereichs, wenn überhaupt, nur in der Reform wieder hergestellt werden kann. Der durch Zentralisierungs- und Rationalisierungstendenzen ausgelöste Zug der örtlichen Aufgabenerfüllung zur allgemeinen Ortsverwaltung, der durch manche bisher erkennbaren Reformabsichten nicht gebrochen, sondern jedenfalls in der derzeitigen Realisationsstufe eher begünstigt zu sein scheint, sollte mit der Rückbesinnung auf die Stellung der kommunalen Selbstverwaltung im Gesamtaufbau des Gemeinwesens gehemmt und in demokratischere Bahnen gelenkt werden. 144

Nouvortne, Selbstverwaltungsgarantie, S. 46.

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Die Verknüpfung zwischen Staat und kommunaler Selbstverwaltung liegt keineswegs nur in der Kommunalaufsicht, vielmehr bereits und zunächst im modus der Aufgabenordnung und -zuordnung, bei der wir auf die Kategorien Selbstverwaltungsangelegenheiten, Auftragsangelegenheiten, Organleihe stoßen. Diese Differenzierung ist, wenn man wie hier die materielle Interpretation der Merkmale des Art. 28 Abs. 2 GG der Aufgabenverteilung zugrunde legt, bedenklich und sollte überprüft werden. Örtlicher Aufgabenbereich und Selbstverwaltungsaufgabenbereich müßten synonym sein, wobei die Verschiedenheit der örtlichen Bedürfnisse beachtet und die Individualität der kommunalen Aufgabenerfüllung gefördert werden sollte. Die verfassungskonforme Anwendung des Art. 28 Abs. 2 GG führt dazu, daß in die örtliche Kompetenz fallende Angelegenheiten grundsätzlich Selbstverwaltungsaufgaben, allenfalls Pflichtaufgaben, keinesfalls aber Auftragsangelegenheiten oder Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung sind. Auch das Sozialstaatsprinzip legt diese Überlegung nahe. Die Forderungen des Einzelnen, gesellschaftlicher Gruppen und der Gemeinschaft an die Gemeinde auf Bereitstellung der sozialstaatsgerechten infrastrukturellen Ausstattung werden nicht nur gleichartiger, sondern vor allem zwingender. Damit gelangen die örtlichen Entschließungen in diesem, dem eigentlichen Selbstverwaltungsbereich, in Abhängigkeiten und unter Zwänge, die die Gestaltungsfreiheit und das Entschließungsermessen ohnehin in anderem Licht erscheinen lassen, so daß auch aus diesem Aspekt die Beibehaltung der Unterscheidung zwischen eigenem und übertragenem Wirkungskreis problematisch145 wird. Da die Eigenverantwortung zu den wesentlichen Merkmalen der örtlichen Aufgabenerfüllung gehört und durch das Demokratieprinzip legitimiert wird, ist zu beachten, daß bei künftigen landes- oder bundesgesetzliehen Aufgabenregelungen der Selbstverwaltungssektor sorgfältiger beachtet und mit der Verankerung spezieller Aufsichts- und Weisungsrechte von Landesbehörden sparsam verfahren wird. Staatliche Genehmigungs- und Mitwirkungsrechte innerhalb des umgrenzten örtlichen Aufgabenbereichs müssen entfallen oder sich auf die den Gemeindeordnungen geläufigen Formen der Rechtsaufsicht beschränken146. Sprechen im einzelnen Zweifelsfalle der Aufgabenzuordnung überwiegende Gründe etwa für die Beibehaltung eines Genehmigungs- oder Bestätigungsvorbehalts, dann sprechen die gleichen Gründe auch gegen die Zuordnung der Aufgabe an die kommunale Instanz überhaupt. Die Vorschaltung für die Gemeinden verbindlicher Pläne aller Art vor den örtlichen Aufgabenbereich ist nicht verfas145 148

So auch v. Unruh, Spannungen, S. 460. Galette, Wandlungen, S. 61 ff.

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sungszielkonform. Überörtliche Planungen können nur Fragen überörtlicher Aufgabenerfüllung maßgeblich beeinflussen. Die örtliche Planung gehört zum Aufgabenbereich der örtlichen Gemeinschaft, weil sie Teil ihrer Aufgabenerfüllung ist. Örtliche und überörtliche Planung müssen in der Kreis- oder Regionalebene abgestimmt und harmonisiert werden. Dabei muß gleichzeitig die Finanzierung der örtlichen Aufgaben gewährleistet werden, um nicht insoweit das bewährte Ventil staatlicher Mit- und Einwirkungsmöglichkeiten, die die kommunale Selbstverwaltung heute beschränken, offen zu lassen. Wie schon dargetan, ist die Aufgabenreform ohne die gleichzeitige Finanzreform nicht zu realisieren, denn die Zuteilung neuer Aufgaben unter dem Finanzierungsvorbehalt des Landes und ohne Ausgabenverantwortung ist sinnlos. Diese Überlegungen machen deutlich, daß die Aufgabenneuverteilung eine grundsätzliche Überarbeitung des gesamten Aufgabenbestandes unter solchen Gesichtspunkten mit sich bringt und im Einzelfall bereits grundsätzliche Probleme aufwirft. In diesem Zusammenhang gewinnt die Feststellung als Richtschnur Bedeutung, daß wenige Aufgaben für die künftige Selbstverwaltungsaufgabenkompetenz in unbeschränkt eigenverantwortlicher Selbstverwaltung mehr Integrationswert haben als eine Fülle von Aufgaben, bei denen statt Selbstverwaltung nur noch Mitverwaltung oder praktisch Auftragsverwaltung besteht. Insoweit ist in der Nachkriegszeit mit zunehmender Eindringlichkeit deutlich gemacht worden, daß die kommunale Selbstverwaltung eine erhebliche Beeinträchtigung erfährt, wenn die Organe der Gemeinde so sehr mit staatlichen Vollzugsaufgaben überlastet werden, daß für die Entfaltung der freien Selbstverwaltung kein Raum bleibt und daß diese Überbürdung gegen den Sinn und Zweck der Selbstverwaltungsgarantie verstößt, weil sie eine leitbildgerechte Selbstverwaltung praktisch verhindert. Die weiteren Überlegungen zur Aufgabenverteilung sollten somit auch aus den Erfordernissen der modernen Verwaltungspraxis dazu führen, daß der örtliche Aufgabenbereich einen engeren Zuschnitt erhält147 und streng auf die Aufgaben beschränkt wird, bei denen nicht die Notwendigkeit der Erfüllung nach einheitlichen Richtlinien mit Rücksicht auf eine nachweisbare Überörtlichkeit in tatsächlicher Hinsicht die Höherstufung in die nächsthöhere Verwaltungsebene erfordert148. Dagegen spricht auch nicht der Grundsatz der Einheit der Verwaltung, mit dem gegenläufige Tendenzen begründet worden sind und der die Selbstverwaltung stärken soll. Das Demokratieprinzip, das die Verfestigung der derzeitigen Überbürdung für die Zukunft verbietet, t 47 148

Vgl. Albers, Aufgabenverteilung, S. 64 ff. Anderer Ansicht Oberndorjer, Gemeinderecht, S. 241

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ist als Verfassungszielbestimmung stärker und drängt den verwaltungstechnischen Gesichtspunkt zurück. Daraus ergeben sich allerdings wesentliche Konsequenzen für den Aufgabenzuschnitt der nächsthöheren Verwaltungsstufe, im ländlichen Bereich der Kreisebene und vor allem der zweckmäßig erscheinenden regionalen Selbstverwaltungsebene, bei der die im örtlichen Bereich durchgreifenden Einwände gegen staatliche Mit- und Einwirkungsformen zurücktreten. 7. Die 'Obereinstimmung der Aufgaben- und Ausgabenverantwortung

Die Reform der Aufgabenverteilung und die Reform der territorialen Gliederung der Gemeindeebene hat keinen Sinn, wenn sie nicht mit einer verfassungskonformen Weiterentwicklung der kommunalen Finanzen Hand in Hand geht. Die abermals reformbedürftige kommunale Finanzordnung muß vor allem aus den Überlegungen zur Aufgabenreform entwickelt werden, dies um so mehr, als die Aufgabenordnung in der Zukunft trotz aller derzeitigen Widerstände und Bedenken auch die Schaffung regionaler Aufgabenträger der Selbstverwaltungsebene - mögen sie nun die Regierungspräsidenten tangieren oder nicht mit sich bringen wird. Die im Jahre 1969 durchgeführte Finanzreform und damit das Gesetz zur Neuordnung der Gemeindefinanzen vom 8. September 1969 hat die hauptsächliche Problematik der kommunalen Finanznot, die straffe Anhindung der Gemeinden und Gemeindeverbände an den Staat infolge des Überwiegens der Zweckdotationen, keineswegs gelöstl49 • Hier liegt die Gefahr für die Selbstverwaltung, weil dies die eigenverantwortliche Selbstverwaltung gegenstandslos macht. Sie scheint zur Zeit, wie sich auch wieder aus den oben vorangestellten Beispielsfällen ergibt, nicht in vollem Umfang erkannt worden zu sein. Im Falle Wachtberg nimmt die Gesetzesbegründung an, die Finanzschwäche der zusammengelegten Gemeinden werde zwar nicht unmiUelbar als Folge der Neugliederung beseitigt, doch werde es möglich sein, einen finanziellen Ausgleich innerhalb der Gemeinde zu finden 150 • Auch im Falle Windeck erhofft sich die Gesetzesbegründung von der Zusammenfassung der vorhandenen, wohl eher der künftig zur Verfügung stehenden Mittel eine Verbesserung der finanziellen Situation151 , überhaupt wird zumeist allgemein von dem schwerpunktmäßigen Einsatz der Finanzmittel und deren Konzentration gesprochen, wie etwa im Falle Brakel und jetzt Monschau. Diese Formulierungen sprechen dafür, daß im allgemeinen von der Beibehaltung des bisherigen Aufgabenfinanzierungssystems ausgegangen und deswegen festgestellt wird, daß die an Einwohnern, Einrichtungen und Fläche ver149

t5o 151

Vgl. Zeitel, Steuerreform, S. 85 Drucksache Nr. 850, a.a.O., S. 165 ff. Drucksache Nr. 850, a.a.O., S. 224 ff.

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größerte Einheit auch dementsprechend erhöhte Finanzzuweisungen erhält. Das dürfte, zumal die finanzielle Gesamtsituation des örtlichen Bereichs nicht eben besser wird, nicht ausreichen, sondern es ist die dem örtlichen Gesamtreformrahmen entsprechende Finanzreform erforderlich, wenn nicht die begonnene Territorialreform nutzlos bleiben soll. Von einer verfassungszielkonformen örtlichen Finanzreform kann jedoch solange nicht die Rede sein, als das für die Sache der Selbstv·erwaltung negative Finanzierungssystem mit dem Überwiegen der Zweckdotationen und der unübersehbaren Fülle immer perfekter werdender Auflagen und Bedingungen nicht beseitigt wird. Die Mängel des derzeitigen Systems liegen vor allem - aus dem quantitativen Aspekt betrachtet - in dem unzulänglichen Anteil der Gemeinden an dem Gesamtsteueraufkommen der öffentlichen Hand, in dem unzureichenden Umfang der kommunalen Finanzmasse und der damit verbundenen nach wie vor ansteigenden kommunalen Verschuldung152 und qualitativ in der mangelnden Ausgeglichenheit des kommunalen Steuersystems, das von dem Grundsatz der Beweglichkeit der Gemeindesteuern153 wenig ahnen läßt und schließlich in der inadäquaten Steuerausstattung einzelner Gemeindegruppen, die auch nicht wesentlich verbessert worden ist154. Seitdem offenkundig ist, daß die dämpfenden Auswirkungen der Finanzreform zwischenzeitlich im Aufgaben- und Kostenanstieg verpufft sind und die freie örtliche Aufgabenerfüllung festfährt, werden den zur Kennzeichnung der wohl mehr oder minder einhellig als mißlich erkannten Lage schon vorher oft scharfen Formulierungen schärfere beigefügt. Der nach der Finanzreform gefundenen schönmalenden Wendung vom kooperativen Föderalismus ist der Begriff des integrierten Zentralismusiss entgegengesetzt worden, der auf das in der Diskussion stärker beachtete Verhältnis Bund - Länder ebensogut zutrifft wie auf das Verhältnis Staat - Gemeinden. Die Problematik ist im übrigen schon zu lange bekannt, als daß sie hier noch einmal detailliert entfaltet werden müßte. Die Situation steht, wie schon gesagt, mit der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung nicht im Einklang, wiewohl die Auffassungen über die Reichweite der Garantie hinsichtlich der finanziellen Ausstattung im einzelnen auseinandergehen mögen. Einigkeit besteht allenthalben darin, daß zu der verfassungsrechtlichen Gewährleistung 152 Weber, Staats- und Selbstverwaltung, S. 36; Thieme, Selbstverwaltungsgarantie, S. 327; Troeger-Gutachten, passim, insbes. S. 61 ff. 153 Popitz, Finanzausgleich, S. 113. 154 Vgl. auch Roth, Kommunalpolitik, S. 41 ff. 155 Holch, Mischfinanzierung, S. 841/842; Barbarino, Entfaltung, passim; ferner Liesegang, Föderalismus, S. 228 ff.

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Abschnitt 2: Aufgaben-, Gebiets- und Finanzreform

der Selbstverwaltung auch eine ausreichende und gesicherte Finanzausstattung gehört, die jedoch nur theoretisch, nicht aber tatsächlich gegeben ist. In der Literatur wird dazu zutreffend angemerkt, daß zwischen finanzieller Eigenverantwortung und substanzhafter Selbstverwaltung ein untrennbarer innerer Zusammenhang besteht und es keine echte Selbstverwaltung gibt, wo den Selbstverwaltungsträgern die eigenverantwortliche Verfügung über die Erschließung und Verteilung ihrer Finanzmittel fehlt 156, daß die Allseitigkeit des gemeindlichen Wirkungskreises ohne Sicherstellung der erforderlichen Finanzmittel ebenso illusorisch ist, wie die Selbstverantwortung der Gemeinden und Gemeindeverbände ohne Finanzverantwortung den Aushöhlungsprozeß der Selbstverwaltung offensichtlich macht157, daß jedenfalls die Eigenverantwortung der Gemeinden für ihre Ausgabengebarung nicht durch eine Beschränkung ihrer Einnahmen ganz aufgehoben oder auf ein so geringfügiges Maß herabgemindert werden darf, daß die Hallshaltsverantwortung rechtlich fortbesteht, praktisch aber nicht wirksam betätigt werden kann158• Das verfassungsrechtliche Gewicht dieser Kritik ist trotz ihrer Hervorhebung im Troeger-Gutachten159 nach wie vor weitgehend nicht in seiner vollen Tragweite erkannt worden. Mit der fortwährenden Reduzierung der Ausgabenverantwortung wird auch die kommunale Aufgabenverantwortung ausgehöhlt. Gelingt es der Verwaltungsreform nicht, diesem Mißstand abzuhelfen, so kann von der Reform der Aufgabenverteilung mit einer kommunalen Aufgabenverbesserung kaum die Rede sein, dann wird an dieser vorbeireformiert. De lege lata ist festzustellen, daß die Unzulänglichkeit der kommunalen Finanzausstattung nicht den Mindestvorstellungen des Grundgesetzes160 über die finanzielle Gewährleistung der eigenverantwortlichen Erfüllung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft durch Herstellung der Ausgabenverantwortung gerecht wird. Art. 28 Abs. 2 GG enthält eine unmittelbare Finanzverbürgung für die Gemeinden in Gestalt der Finanzhoheit, einschließlich des Steuerfindungsrechts und eine mittelbare Finanzverbürgung in Gestalt eines Anspruchs auf hinreichende Finanzausstattung161 • Die Selbstverwaltungsgarantie umfaßt die Garantie der finanziellen Sicherstellung der Eigenverantwortung162 , weil beides untrennbar verknüpft ist. Der Weg der Dotation einzelner Anstalten und Veranstaltungen im Selbstverwaltungsbereich mit den geschilderten Folgen für die kommunale Eigenverantwortung führt 156 157

Weber, Staats- und Selbstverwaltung, S. 45 ff. Becker, Finanzausgleich, S. 26, 27.

Hettlage, Finanzverfassung, S. 14. Troeger-Gutachten, S. 83 ff. 160 Becker, Finanzausgleich, S. 25. 161 Meyer, Finanzverfassung, S. 67, 181. 182 Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 111 ff. 158

159

II. Leitbilder der Effektivität und der Integration

129

von der Verwirklichung der Selbstverwaltung weg. Zwar wird der Begriff der Eigenverantwortlichkeit häufig vorwiegend in seinem juristisch-organisatorischen Sinne beleuchtet, wesentlicher Bestandteil ist aber gerade der finanzielle Bereich der örtlichen Selbstverantwortung163. Entschließungs- und Entscheidungsfreiheit im Bereich der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft ist ohne die erforderlichen Mittel nicht denkbar164. Anderenfalls droht der kommunalen Selbstverwaltung im demokratischen Aufbau des Staates Aufgabenverfremdung und permanente Zahlenblindheit. Die örtliche Reform muß demzufolge wenigstens bestrebt sein, im Gemeindebereich Aufgabenverantwortung und Ausgabenverantwortung einander anzugleichen, ihre Konnexität, von der in der Theorie schon immer die Rede ist165, herzustellen, dabei dem besonderen Bedarf, der durch zentralörtliche Verflechtungen entsteht, Rechnung zu tragen und einen regionalen Finanzausgleich herzustellen168. Die den Gemeinden zur Verfügung stehenden Mittel müssen ausreichen, neben den Auftrags- und Weisungsangelegenheiten und den Pflichtaufgaben die dem Bedarf entsprechenden Selbstverwaltungsaufgaben mit den notwendigen Sonderprojekten zu finanzieren, sofern man die Differenzierung beibehält. Im übrigen ist zu weitergehenden Reformerfordernissen, insbesondere einer zumindest partiellen Einnahmehoheit der Gemeinden, schon im Troeger-Gutachten167 das Notwendige gesagt1 88. Die Vorschläge sollten keinesfalls unterschritten werden. Die Effektivierung der Finanzgarantie folgt nicht nur aus Art. 28 Abs. 2 GG, sondern ist auch eine Konsequenz des Demokratie- und des Selbstverwaltungsprinzips. Wenn den Gemeindevertretungen nicht die finanzielle Bestimmungsfreiheit in der Ausgabenseite für den Gesamtbereich der örtlichen Kompetenz zugeordnet wird, erfolgt die aus der Aufgabenreform folgende Vermehrung der Anzahl eigenverantwortlich zu erfüllender Aufgaben nur zum Schein mit der Folge, daß die kommunale Selbstverwaltung die notwendige Integrationsfunktion nicht erfüllen kann. Die Anwendung des Sozialstaatsprinzips führt auch nicht zu anderen Konsequenzen. Ganz im Gegenteil erfordert der Sozialstaatssatz einen 163 1 64 185

Lerche, Verfassungsproblem, S. 24. Anderer Auffassung Hettlage, Finanzverfassung, S. 13. Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 112.

Vgl. auch die Vorschläge der Sachverständigenkommission zur Großen Steuerrreform, die einer Festigung der kommunalen Finanzautonomie das Wort reden. Dazu Zeitel, Steuerreform, S. 85. 167 Vgl. Troeger-Gutachten, a.a.O., dazu auch Meyer, Finanzverfassung, s. 181 ff. 168 Vgl. auch die Vorschläge der Sachverständigenkommission zur Großen Steuerreform, die einer Festigung der kommunalen Finanzautonomie das Wort reden .Dazu Zeitel, Steuerreform, S. 85. 166

9 Speyer 49

130

Abschnitt 2: Aufgaben-, Gebiets- und Finanzreform

auch die Gemeinden umfassenden sozialen Ausgleich189, der ihre sozialstaatsgerechte und auch noch individuelle Aufgabenerfüllung sichert, nicht hingegen die völlige Homogenisierung des gesamten örtlichen Bereichs im Bundesgebiet. In diesem Zusammenhang ist noch einmal der Hinweis auf die Feststellung angebracht, daß ein knapper Zuschnitt des der organisatorischen und finanziellen Eigenverantwortung unterliegenden örtlichen Aufgabenbereichs verfassungszielkonformer ist, als ein in den Staatsvollzug integrierter, mit sehr vielen Aufgaben ausgestatteter örtlicher Bereich. Ein solcher Aufgabenbereich könnte von unteren staatlichen Verwaltungsbehörden in Zusammenarbeit mit Ortsund Sachbeiräten besser erfüllt werden. Auf den Anschein der Selbstverwaltung sollte dann auch verzichtet werden. Die dem Gemeinwohlprinzip entsprechende Neuordnung der kommunalen Finanzen hat hier und gerade in di·esem Teilbereich der Reform allen Egalisierungstendenzen entgegenzuwirken und die demokratische Entfaltungsmöglichkeit der Teile im ganzen soweit zu gewährleisten, als sie die notwendige Einheit des Ganz·en nicht stören oder hindern170• Die Gemeinden und Gemeindeverbände haben in ihrem Aufgabenbereich das Gemeinwohl ebenso zu verwirklichen wie Bund und Länder in ihrem, sie haben auch und erst recht in der künftigen Gesellschaft die Voraussetzungen für ein humanes Gemeinschaftsleben zu schaffen171, das der zentralistische Staat in Frage stellt.

1ou 110

171

Becker, Finanzausgleich, S. 22. v. Unruh, Spannungen, S. 467. Becker, Neugliederung, S. 211.

Dritter Abschnitt

Die Reform der gemeindlichen Zuständigkeitsordnung sowie der institutionellen und funktionellen Verwaltungsorganisation I. Effektivität und Integration in ihren Auswirkungen auf die örtliche Organisationsreform 1. Interdependenzen zwischen den Reformaspeiden

Wenn Klarheit über Größe, Aufgabenstellung und Finanzausstattung der Gemeinden unter Beachtung der Forderungen der Effektivität und der Verfassungsziele gewonnen worden ist, kann die aufgabenbezogene Zuständigkeits- und Organisationsreform im örtlichen Bereich erörtert und entwickelt werden, wie die Gebietskörperschaften strukturiert sein müssen, um den künftigen Anforderungen gerecht zu werden, wie ihre institutionelle und funktionelle Organisation beschaffen sein soll, ihre einzelnen Elemente und deren Beziehungen. Es dürfte sich dabei ergeben, daß die örtliche Zuständigkeitsreform, die Reform der inneren Gemeindeverfassung und die auf die Verwaltung im engeren Sinne abzielende Organisationsreform in einem sehr engen Zusammenhang stehen. Es könnte verhängnisvolle Folgen für die gesellschaftliche Entwicklung im örtlichen Bereich haben, bei den Reformen die Zuständigkeitsordnung der kommunalen Organe im wesentlichen unberührt zu lassen, weil etwa die Vertretungen in den Ländern zur Zeit keine Neigung an den Tag legen, die Zuständigkeitsverteilung grundlegend zu überprüfen und folglich nur die örtlichen Verwaltungsorgane isoliert auf die Möglichkeit der Rationalisierung zu durchforsten, um sozusagen unter der "eisgrauen" 1 kommunalverfassungsmäßigen Oberfläche zu reformieren, wie dies vielleicht zuweilen schon erkennbar ist. Das könnte dazu führen, daß sich die Diskrepanz zwischen Verfassung und Verfassungswirklichkeit in unerträglicher Weise vergrößert. Zudem hätte ein nicht hinreichend funktionierendes Kommunalverfassungssystem Auswirkungen, welche die notwendige Erneuerung der gesamten örtlichen Verwaltungsorganisation hemmen könnte. Es ergeben sich nicht nur Interdependenzen zwischen der Zuständigkeits- und Organisationsreform. Da die örtlichen Reformen ein ganz1

g•

Schumann, Analyse, S. 196.

132

Abschnitt 3: Zu~tändigkeitsordnung und Organisation

heitlicher Komplex sind, bestehen auch enge Zusammenhänge zur Aufgaben-, Finanz- und Gebietsreform. Abgesehen davon, daß es die gleichen Leitbilder sind, die für die aufbau- und ablauftechnische Organisationsverbesserung Geltung2 beanspruchen, ist es für die Organisationswissenschaften nur mehr eine Selbstverständlichkeit, daß die analytische Durchdringung der Aufgaben einer Organisation den alleinigen Ansatzpunkt von organisatorischen Erörterungen bildet3 • Wie sehr also alles zusammenhängt, wird wohl erst ganz deutlich werden, wenn wir in einigen Jahren gezwungen sein werden, Konsequenzen aus der Automation für die kommunale Zuständigkeitsordnung zu ziehen. In einer Zeit, in der man beginnt, die Verwaltung ebenso wie den Betrieb als ein System von Regelkreisen aufzufassen, deren Elemente - Menschen und Mittel- und deren Beziehungen automatisierbar sind, wird man sich wohl um die zeitgerechte Institutionalisierung und Funktionalisierung der örtlichen Aufgabenerfüllung bemühen müssen. 2. Die Integrationsziele und ihre Verwirklichung bei der Organisation

Für alle Disziplinen, die sich mit der Organisation, und zwar sowohl im organisationswissenschaftlichen als auch im soziologischen Sinne, befassen, stehen die Organisationsziele - oder wie auch formuliert wird - Organisationsprinizpien im Vordergrund, wobei zum Teil Bemühungen erkennbar sind, geschlossene Systeme von Organisationszielen zu konstruieren und daraus Schlußfolgerungen für die Organisationspraxis abzuleiten. Dabei wird zum Teil die Auffassung vertreten, die ideale Organisation zeichne sich dadurch aus, daß sie dem Gesetz der Entsprechung, dem Harmoniegesetz, folge, dem sich alle anderen Organisationsziele einordneten oder von dem sie abgeleitet werden könnten4 , oder es werden Prinzipienzusammenhänge schematisiert und wechselseitige Beziehungen etwa zwischen Stabilität, Elastizität und Zweckmä~ ßigkeit dargetan5 oder in "axiomatische" Zusammenhänge gebracht6• Es fragt sich, ob das die Reorganisation weiterführen kann. Wie wenig "operationabel" solche Zielkombinationen in der Realisation sind, ist soeben für die Regierungsebene recht deutlich gemacht worden7 • Den~ noch muß der Versuch gemacht werden, für die Verwaltungsreorganisation ein materiales Zielsystem aufzubauen, wobei von dem Gemein~ wohlprinzip ausgegangen werden muß, dessen Problematik oben erörBecker, Verwaltungsreform, S. 131. Kosiot, Grundlagen, S. 25; Bischofsberger, Erkenntnisse, S. 62; Schnutenhaus, Organisationslehre, S. 51 ; Heppe-Becker, Zweckvorstellungen, S. 88. 4 Nordsieck, Rationalisierung, S. 76 ff. s Kosiol, Organisation, S. 240 ff. s Hage, Axiomatic Theory, S. 293 ff. 7 Jochimsen, Planung, S. 1236 ff. 2

3

I. Effektivität und Integration

133

tert wurde. Bedenken, die in einigen, die organisatorische Problematik betreffenden Bearbeitungen vorgetragen werden, etwa die Meinung, der Gemeinwohlbegriff sei eine Leerformel, daraus abgeleitete Aussagen nicht empirisch widerlegbar, letztlich bezwecke die Operation mit Gemeinwohlformeln nur eine Stärkung der Dacheinheiten, welche die Einflußchancen der Fach- oder Untereinheiten in bedenklicher Weise schmälere8 , schlagen nicht durch. Demgegenüber muß gefragt werden, wem die öffentliche Verwaltung und ihre Organisation dienlich sein soll, wenn nicht dem Gemeinwesen und damit seinem Wohl. Die Vorstellung von der Verwaltung als Mittler zwischen Sonderinteressen und gemeinem Wohl ist übrigens nicht neu9 und die Notwendigkeit der Ausrichtung von Verwaltung und Verwaltungsorganisation am Gemeinwohlprinzip nicht ernsthaft zu bestreiten10 • Die verfassungszielkonforme und gemeinwohlgerechte materiale örtliche Reform hat wenig Sinn, wenn die formale Organisationsstruktur dem nicht entspricht und ihre Harmonisierung nicht mit den Verfassungsgeboten der Gemeinwohlgerechtigkeit, der Demokratie, des Rechtsstaates und des Sozialstaates erzielt wird. Bei der Verwirklichung des Demokratiegebots geht es nicht um die Einführung eines der Organisation der Verwaltung nicht gemäßen Fremdkörpers in das Zielsystem, wie man nach der Auffassung einiger Bearbeitungen annehmen könnte11 , sondern um die Realisation eines Verfassungsgebots, das Priorität beansprucht. Demgegenüber ist die Rationalität der örtlichen Verwaltung ein instrumentaler und stabilisierender Faktor. Ein kontinuierlicher Verwaltungsapparat ist gegenüber gewissen Zufälligkeiten bei Entscheidungen im örtlichen Bereich, wechselnden Mehrheiten und differierenden Machtgruppen notwendig. Das ist eine Einsicht, die schon in die geltenden Gemeindeordnungen Eingang gefunden hat, wenn die Regelungen der Amtszeiten der Wahlbeamten und Vertretungsorgane einerseits und Vetobefugnisse und Obliegenheiten der Verwaltungsorgane gegenüber Entscheidungen der Vertretungsorgane andererseits zur Wahrung der Rechtmäßigkeit und gegebenenfalls auch des Wohls der Allgemeinheit bedacht werden. Für die Verwaltungsreform im örtlichen Bereich legen diese Überlegungen ~chon im Ansatz die Beibehaltung des örtlich verantwortlichen Verwaltungsorgans nahe. Später wird im gleichen Zusammenhang noch zu erörtern sein, ob und inwieweit das Demokratieprinzip eine stärkere Öffnung der Verwaltung zur Bürgerschaft und eine Neuregelung des Verhältnisses Bürger - Verwaltung bedingt. Die Befugnisse der VertreStäbe, S. 98 ff., gegen Morstein-Marx, Gemeinwohl, S. 32 ff. Verwaltung, S. 66 ff. Eigenverantwortlichkeit, S. 468 f.; Bischofsberger, Erkenntnisse,

8 Dammann, 8 Bülck, 10 Ryffel,

s. 43 ff.

u Vgl. schon Max Weber, Gesellschaft, S. 568 ff.

134

Abschnitt 3: Zuständigkeitsordnung und Organisation

tung des Volkes in den Gemeinden mögen vielleicht nicht ausgeschöpft sein oder immer weniger realisierbar erscheinen. Das Demokratieprinzip verlangt nach stärkeren Aktivitäten von Sachverständigen, evtl. die Bildung von Deputationen, nach effektiver Öffentlichkeitsarbeit, nach Initiativen der gesellschaftlichen Gruppen und ähnlichen Erscheinungsformen demokratischer Willensbildung im örtlichen Bereich. Schon wird die zeitliche Übereinstimmung in der Amtszeit von Wahlbeamten und Mandatsträgern gefordert, ohne daß die Argumente bereits hinreichend erörtert sind. Von Teilergänzungen des Rats - etwa alle zwei Jahre ist schon lange nicht mehr die Rede, obwohl so Kontinuität und Fortschritt verbunden werden könnten. Auch müßte die Organisation der örtlich verbundenen Einwohner nicht ihre GrenZie an den Ortsbezirken finden, weil gesellschaftliche Aktionen sich nicht immer so eingrenzen lassen. Zweckbezogene Aktivitäten der Kommunalpolitik müßten auch durch Sonderopfer ermöglicht werden. Alle diese Anliegen einer Belebung der Demokratie im örtlichen Bereich werden durch die territoriale örtliche Reform nicht ersetzt, sondern gerade erst ausgelöst. Weniger problematisch ist die Verwirklichung des Rechtsstaatsprinzips. Die Rechtsbindung der im örtlichen Bereich hauptsächlich leistenden Verwaltung dürfte kaum zweifelhaft sein12. Zu der Bindungswirkung der verfassunggestaltenden Grundentscheidungen und der Grundrechte ist oben schon einiges ausgeführt und angemerkt worden, daß sie alle Funktionen des Gemeinwesens ergreift13 und damit auch die Verwaltung im örtlichen Bereich. Gemeinwohlprinzip, Verfassungszielbestimmungen und -prinzipien sowie vor allem die Grundrechte bieten der leistenden Verwaltung Begrenzung und Rahmen14 zur Verwirklichung von Recht und Gerechtigkeit15, so etwa schon bei der Verteilung von Übungsstunden in Sporthallen an Sportvereine oder bei der Vergabe von Schlüssel- und Einzelmitteln an Vereine und Gruppen. Von der Bedeutung des Sozialstaatsprinzips war schon wiederholt die Rede. Auch im Zusammenhang der Zuständigkeits- und Organisationsreform gewinnt das Leitbild nicht die Bedeutung, daß Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit der örtlichen Verwaltung und deren Stärkung gegenüber allen anderen Organen im lokalen Bereich das alleinige Ziel aller Reformbemühungen sein muß. Das Sozialstaatsprinzip erfordert nicht, daß die Gemeinde in der Hauptsache technisiert-bürokra12 Ule, Rechtmäßigkeit, S. 260.

Vgl. oben, Erster Abschnitt, li, 3 - Die Integrationsmaßstäbe des Demokratie-, Rechtsstaats-, Sozialstaats- und Bundesstaatsstaatsprinzips, passim; Huber, Sozialstaat, passim. 14 Böhm, Rechtsstaat, S. 103; Scheuner, Grundrechte, S. 505 ff. 15 Huber, Sozialstaat, S. 9 ff. 13

I. Effektivität und Integration

135

tisches Gefüge werden soll16• Der allgemeine Trend zum Verwaltungsstaat, die Schrumpfung des Raumes für die politische Willensbildung auch im örtlichen Bereich, die Ausbreitung der Verwaltung in den Raum der Politik mag eine Konsequenz der technischen und wissenschaftlichen Entwicklung sein, alles das ist aber nicht die zwingende Ableitung aus dem Sozialstaatsprinzip. Dies hat vielmehr für die örtliche Verwaltung zur Folge, daß sie auf die Verwirklichung des Sozialstaats unter dem Leitbild des Gemeinwohls im Rahmen der Rechtsordnung ausgerichtet werden muß, in ihrer institutionellen und funktionellen Organisation, vor allem ihrer inneren Struktur und nicht zuletzt in der Aus- und Weiterbildung ihres Personals. In der Reformpraxis werden die Zuständigkeits- und Organisationsreformen zumeist als voneinander unabhängige Komplexe betrachtet und Vorstellungen unter Berücksichtigung überarbeitungsbedürftiger Vorbilder verwirklicht. Eines dieser Beispiele ist das Baden-Württembergische Regionalverbandsgesetz17 • Organe des Regionalverbands sind nach § 7 d dieses Gesetzes die Verbandsversammlung und der Verbandsvorsitzende; die Verbandsversammlung ist nach § 7 e Abs. 1 das Hauptorgan des Regionalverbandes und entscheidet über alle Angelegenheiten, soweit nicht der Verbandsvorsitzende zuständig ist. Zu den auch auf Ausschüsse nicht delegierbaren Zuständigkeiten der Verbandsversammlung gehört nach § 7 g die Beschlußfassung über die Regionalpläne, den Erlaß von Satzungen, den Erlaß der Haushaltssatzung, die Feststellung des Jahresergebnisses und die Entlastung des Verbandsvorsitz·enden und die Entscheidung über Maßnahmen, die sich erheblich auf den Haushalt des Verbandes auswirken. Der Verbandsvorsitzende vertritt nach § 7 i Abs. 4 den Regionalverband nach außen, leitet die Verbandsverwaltung und erledigt die Geschäfte der laufenden Verwaltung, daneben bereitet er die Sitzungen der Verbandsversammlungen und ihrer Ausschüsse vor und vollzieht deren Beschlüsse, zudem ist er nach Abs. 5 der gleichen Vorschrift Vorgesetzter und Dienstvorgesetzter der Bediensteten des Regionalverbands. Das Gesetz folgt damit überkommenen Organisationsvorstellungen, obwohl in der kommunalwissenschaftlichen Literatur weitgehend Einigkeit darüber erzielt worden ist, daß die kommunale Zuständigkeitsverteilung reformbedürftig ist. Die Bedenken gegen Neuregelungen solcher Art verdichten sich, wenn Ergebnisse der Organisationswissenschaften Berücksichtigung finden. Vgl. Eichenberger, Leistungsstaat, S. 13. 2. Gesetz zur Verwaltungsreform - Regionalverbandsgesetz vom 26. Juli 1971, GBI Baden-Württemberg 1971, S. 336 ff. 18

17

136

Abschnitt 3: Zuständigkeitsordnung und Organisation

Zwei weitere Beispiele belegen allerdings, daß die Problematik der örtlichen Zuständigkeits- und Organisationsreform doch schon zum Teil als Einheit erkannt wird. So bringt schon der Große Hessenplan 1980 zum Ausdruck, daß wegen der Einführung der Datenverarbeitung in der öffentlichen Verwaltung deren Gesamtstruktur in Frage gestellt werden müsse, wie sie durch das Verhältnis der funktionellen Zusammenhänge, ihre institutionellen Einrichtungen und den entsprechenden territorialen Einzugsbereich bestimmt würde; bei der Reform der Verwaltung müsse sodann berücksichtigt werden, daß die durch den historischen Arbeitsteilungsprozeß in isolierte Organisationseinheiten verdrängten und die neu hinzukommenden Verwaltungsvorgänge für die Ablauforganisation miteinander verknüpft, Arbeitsmethoden und Verwaltungsablauf aufeinander bezogen und die horizontale und vertikale Organisation der Gesamtverwaltung mit alledem abgestimmt werden müsse. Diese Maximen, so meint das Programm, bedürften der Ergänzung durch sachliche Zielvorstellungen, insbesondere das Ziel, daß die Verwaltung so rationell wie möglich arbeiten und sich das Verwaltungshandeln stets von den Geboten der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit lenken lassen müsse18• Auch hier fällt, wie bei anderen Reformkonzepten, das Fehlen der Integrationsmaßstäbe auf. Einen bemerkenswerten Ansatz enthält der rheinland-pfälzische Bericht der Landesregierung zur Verwaltungsreform, der in seinen bereits erörterten Leitsätzen zur Funktionalreform zum Ausdruck bringt, die Aufgabenverlagerung solle die Effektivität der Verwaltung steigern, Anzahl und Art der übertragenen Aufgaben müßten der Leistungsfähigkeit der Aufgabenträger entsprechen, die technischen Möglichkeiten einer modernen Verwaltung seien zu berücksichtigen und Aufgaben, die mit Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung erfüllt werden könnten, bei einer Behörde zu konzentrieren19• Dazu nennt der Bericht fünf Maßnahmegruppen, die zur Verwirklichung der Vorstellungen dienen sollen: Die Verbesserung und Vereinheitlichung der Verwaltungsablaufgrundlagen, die Verbesserung der institutionellen Verwaltungsorganisation, die Neuordnung der Zuständigkeiten der Verwaltungsbehördenauf allen Verwaltungsstufen, einschließlich der Verbandsgemeinden, die Verbesserung der Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Kommunikation und die Modernisierung der Verwaltungsarbeit sowie der Arbeitstechniken einschließlich der Fortbildung2o. Die beiden Reformkonzepte zeigen, Wi'e gesagt, daß der Zusammenhang zwischen Aufbau- und Ablauforganisation und der kommunalverHessenplan - Datenverarbeitung, S. 6. Landtag Rheinland-Pfalz, Drucksache VI/2617 vom 6. 1. 1971. :o Drucksache VI/2617, s. 4.

18

1u

II. Institutionelle und funktionelle Organisation

137

fassungsrechtlichen Zuständigkeitsverteilung im Grunde erkannt ist. Alle Reformen im örtlichen Bereich dürften jedoch nicht dem Ziel der Förderung des Gemeinwohls dienen, wenn daraus nicht auch die erforderlichen Konsequenzen gezogen und die örtliche Zuständigkeitsordnung und Gesamtorganisation nicht leitbildgerecht rationalisiert würde. 11. Die institutionelle und funktionelle Organisation der örtlichen Verwaltung unter Berücksichtigung des Zusammenspiels zwischen Vertretungs- und Verwaltungsorgan 1. Effektivität und örtliche Verwaltungsorganisation

Die institutionelle und funktionelle örtliche Organisation, das Gefüge der kommunalen Organe, ihrer Untergliederungen und ihrer Beziehungen, dient keinem Selbstzweck, sondern dazu, die durch die materiale örtliche Reform geordneten Aufgaben der Gemeinden, die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft und die übertragenen Aufgaben zu erfüllen. Auch bei Erfüllung staatlicher Aufgaben stellen die Gemeinden die zur Durchführung dieser Aufgaben erforderlichen Dienstkräfte, Einrichtungen und Mittel zur Verfügung, soweit die Gesetze nichts anderes bestimmen21 • Diese Aufgaben bilden den Ausgangspunkt aller organisatorischen Überlegungen, ihre Erfüllung ist zu gewährleisten22• Wie jede organisierte Verwaltungseinheit ist auch die örtliche Organisation naturgemäß zweckrational, weil sie die Zielverwirklichung und Aufgabenerfüllung unter sinnvollem Einsatz der sächlichen und persönlichen Organisationselemente und Finanzmittel23 und angesichts der Zunahme, Komplizierung und Verteuerung der öffentlichen Aufgaben noch die Steigerung von Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerfüllung erstrebt. Ziele und Aufgaben sind miteinander verwoben; die für die örtliche Organisation in Betracht stehenden Aufgaben sind im Sinne der Organisationswissenschaften Ziele der Organisation, die soziale, kulturelle, wirtschaftliche, die gesamte strukturelle Versorgung und Entsorgung der örtlichen Gemeinschaft, die Durchführung der Weisungsaufgaben, die sich aus Gesetzen und Verordnungen ergeben, bilden Zielebenen unterhalb der Leitziele, von denen die Rede war. Allerdings sind nicht alle Ziele, jedenfalls nicht die erörterten Leitbilder der Verfassung, auch Aufgaben, sondern im wesentlichen Richtlinien der Aufgabenübernahme, der Aufgabenerfüllung und auch der Organisa21 22 23

Abs. 2, S. 2 GO Rhld.-Pf. Kosiol, Grundlagen, S. 25; Heppe-Becker, Zweckvorstellungen, S. 87 ff. Haussleiter, Verwaltungssoziologie, S. 60 ff.; Max Weber, Gesellschaft,

§2

s. 570.

138

Abschnitt 3: Zuständigkeitsordnung und Organisation

tion der Aufgabenerfüllung24• Die Formulierung von Zielen und der Aufbau von Zielsystemen unter Berücksichtigung der Postulate der Verfassungsleitbilder dient also in hohem Maße der Effektivität der örtlichen Organisation. Das folgt aus zwei hauptsächlichen Aspekten, aus dem organisationswissenschaftlichen, dem es um den optimalen Einsatz der Organisationselemente zur Zielverwirklichung geht25, und aus dem soziologischen, dem das Zielsystem zur Harmonisierung der personalen Organisationselemente wesentlich ist, zur Motivation, sofern das Zielsystem Anerkennung gefunden hat, weil die Erweckung einer positiven Einstellung zu ihm oder gar die Identifikation damit erst die volle Entfaltung der Leistungsfähigkeit der Organisation erreicht26 • Es geht insoweit im Interesse der Rationalität darum, die Rollenerfassung zu erleichtern, Rollenüberlastungen und Rollenkonflikte zu meiden, weil dies nicht nur negative Auswirkungen auf die Organisationsmitglieder, sondern auch auf Funktion und Leistungsgrad der Organisation hat27 • Die Ieitbild- und zielgerechte örtliche Organisation muß, weil sie dem Gemeindewohl im Rahmen des Gemeinwohls dient, wirtschaftlich sein, sie muß so strukturiert sein, daß sie ihre Ziele mit dem geringstmöglichen Mitteleinsatz erreicht28 , sie muß sich hinsichtlich des eingesetzten Instrumentariums mit dem Minimum begnügen. Gleichzeitig muß die örtliche Verwaltung- auch als Ableitung aus dem Demokratieg·e boteinfach, klar, übersichtlich und harmonisch im Zusammenwirken ihrer Teile sein. Der rational gestalteten Planung, Entscheidung und Durchführung muß die verbesserte Kontrolle beigeordnet werden und die wirksame Revision nachgeordnet, Durchführung und Kontrolle müssen deutlich getrennt sein. Im Dienst der zweckrationalen Organisation steht die Differenzierung zwischen Aufbau- und Ablauforganisation, der institutionellen Organisation mit ihrer Zuordnung der Untersysteme zur Gesamtorganisation29 , ihrer Regelung der Beziehungen zwischen personellen und sächlichen Organisationselementen zu den Organisationsaufgaben30, ihrer Zusammenfassung und Abgrenzung artgleicher und artverwandter Aufgaben im Interesse wirksamer und wirtschaftlicher Aufgabenerfüllung31, und andererseits der funktionellen Ablauforganisation mit ihrem Anliegen, die bestmögliche Folge der Arbeitsleistungen und ihres zeitlichen Ineinandergreifens zu gestalten und das Morstein-Marx, Hierarchie, S. 117 ff. WUd, Organisationslehre, S. 113. 2& Morstein-Marx, Bürokratisierung, S. 73. 27 Mayntz, Soziologie, S. 70 ff. 28 Bischofsberger, Erkenntnisse, S. 24; Hüttl, Wirtschaftlichkeit, S. 288 ff. 29 Blohm, Organisation, S. 70 ff. 30 Kosiol, Grundlagen, S. 30. 31 Nordsieck, Rationalisierung, S. 76. 24

25

II.

Institutionelle und funktionelle Organisation

139

Handeln und Zusammenwirken der Organisationselemente zu ordnen. Sie gibt der Tätigkeit der personellen Organisationselemente den verfahrensmäßigen Rahmen und dient insoweit, wie die Aufbauorganisation, dem zweckmäßigen und wirtschaftlichen Handlungsvollzug32• Der Gegenstand beider Aspekte der einheitlichen Organisation ist nicht identisch, der eine legt das Hauptgewicht auf die institutionelle Struktur, der andere auf die technische und personale Seite der Aufgabenerfüllung, auf den Arbeitsfluß in Zeit und Raum33 • 2. Die rationale Aufbau- und Ablauforganisation im Rahmen der Verfassungsleitbilder

a) Problematik einer rationalen Organisation im örtlichen Bereich Wenn es gleichwohl streitig bleibt, inwieweit Aufbau- und Ablauforganisation getrennt betrachtet und erörtert werden können, so liegt das möglicherweise an der unterschiedlichen Gewichtung der Wechselbeziehungen beider Aspekte, in der mangelnden Berücksichtigung des Umstandes, daß jede Veränderung des Ablaufs den Aufbau tangiert und jede Änderung des Aufbaus den Ablauf. Nehmen wir an, in einer Mittelstadt werden die Aufgaben des Schul- und Kulturwesens in Abänderung der Aufbauorganisation getrennten Ämtern zugeordnet, das Kulturamt verselbständigt. Dann ergibt sich eine Folge für den Ablauf daraus, daß der Kulturamtsleiter, etwa ein theaterwissenschaftlich vorgebildeter Spezialist, seine Bearbeitungen dem Dezernenten unmittelbar und nicht mehr über den Amtsleiter des Schulamtes, einen qualifizierten, dem gehobenen Dienst angehörenden Verwaltungsbeamten, vorlegt, eine weitere Folge, daß der Dezernent in den Bearbeitungsgang einen anderen Verwaltungsbeamten, möglicherweise einen Beamten seines Stabes einschaltet, um verwaltungstechnische Bearbeitungsmängel der Vorlagen frühzeitig zu vermeiden. Es ergibt sich, daß sich durch jede aufbauorganisatorische Änderung Abläufe nach Raum, Zeit und Personal ändern und mit ihnen die Struktur der Steuerungs- und Kommunikationsbeziehungen, weil etwa ein Zwischenglied im Aufbau entfällt. Das Beispiel ergibt den Zusammenhang der organisatorischen Aspekte und verdeutlicht den Sinn der funktionalen Betrachtungsweise, vor jeder aufbauorganisatorischen Änderung die erstrebte Rationalisierung des Ablaufs zu prüfen. Die aufbauorganisatorische Maßnahme sollte sich nicht auf die statischen Momente der Organisation, da sie anderenfalls die Effektivität nicht verbessert, beschränken. In jedem Falle um32 33

Blohm, Organisation, S. 77. Witte, Ablauforganisation, Sp. 20 ff.

140

Abschnitt 3: Zuständigkeitsordnung und Organisation

faßt die Organisation die Möglichkeit, auf der, gedachten oder vorgegebenen Aufbaustruktur die Ablauforganisation aufzubauen oder - was heute sinnvoller sein dürfte - aus den Abläufen die Aufbauorganisation zu entwickeln34 • Die aufbauorganisatorische Betrachtensweise, die vornehmlich die sich aus dem Organisationsplan ergebende Struktur sieht, ist die konventionelle, möglicherweise auch die vertrautere. Sie achtet, was die örtliche Organisation anbelangt, auf die klare Gliederung des Verwaltungsorgans, seiner Dezernate, Ämter, Abteilungen und Gruppen, ohne allerdings gleichzeitig hinreichend auf die zweckentsprechende und dem Aufbau des Verwaltungsorgans adaequate Gliederung des Vertretungsorgans zu achten, obwohl ihr daran gelegen sein muß, aus dem Zielsystem der Organisation die möglichst optimale Gliederung der Aufgaben und der sie erfüllenden Organisationsteile zu entwickeln sowie ihren optimalen Strukturzusammenhang35 . Die sich aus der zweckrationalen Aufbauorganisation ergebende Durchschaubarkeit entspricht einem demokratischen Postulat: Der Bürger muß die richtige Stelle des Verwaltungsorgans und die zuständige Gruppe des Vertretungsorgans erkennen können. Man denke an den theoretischen Fall, eine Jugendorganisation habe beschlossen, mit Mitgliedern des Vertretungsorgans die Gestaltung der Fassade einer Schule zu erörtern. Soll sich die Organisation an das Vertretungsorgan insgesamt, den Jugendpflegeausschuß, den Schulausschuß, den Bauausschuß oder den Vergabeausschuß wenden? Die bisherige Struktur der kommunalen Aufbauorganisation ist durch die Bemühungen der kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung um die institutionelle Organisation36 des kommunalen Verwaltungsorgans bestimmt. Die örtliche Verwaltungsorganisation folgt weitgehend mit großer Sorgfalt der auf der Aufgabengliederung beruhenden Verwaltungsgliederung, die von der Gemeinschaftsstelle für verschiedene Größenklassen unterschiedlich nach den Zielen der Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit entwickelt und zur modellgetreuen37 Anwendung empfohlen worden ist. Dabei könnte die in der Zukunft zu erwartende stärkere Gewichtung der Ablauforganisation dazu führen, einige Grundlinien des Organisationsmodells, wie insbesondere die Einbeziehung der örtlichen Anstalten, Betriebe und Einrichtungen in die Fachämter und die Verwaltung kultureller Einrichtungen, TheaWitte, Ablauforganisation, Sp. 23. Nordsieck, Rationalisierung, S. 83 ff. u Kommuna~e Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung, Verwal-

34

35

tungsorganisation der Gemeinden, Teil I, Aufgabengliederungsplan, 4. Auflage, Köln 1967; Verwaltungsorganisation der Gemeinden, Teil II, Verwaltungsgliederungsplan, 3. Auflage, Köln 1968. 37 Vgl. Kommuna~e Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung, Aufgabengliederungsplan, a.a.O., S. 35.

li. Institutionelle und funktionelle Organisation

141

ter, Orchester, Museen, Galerien, öffentliche Büchereien und Bibliotheken, Volkshochschulen, Musik- und Singschulen, Freizeitheime und zoologische Gärten (!) zu überprüfen, weil etwa die Sachbearbeiter und auch der Leiter des Amtes für Kulturpflege38 damit überfordert sein und der Ablauf somit gehemmt werden könnte. Die Bemühungen um die rationale Gestaltung der Ablauforganisation in der öffentlichen Verwaltung, insbesondere der örtlichen, sind erst in den Anfängen. Die Ablauforganisation oder funktionelle Organisation - der Begriff funktionell ist allerdings schon zu vielfältig verwendet worden, als daß er noch mit hinreichender Genauigkeit den Gegenstand bezeichnen könnte - ist in ihrer Problematik weiter gespannt, als die Aufbauorganisation. In ihrem Mittelpunkt stehen unter dem Aspekt rationaler arbeitsteiliger Verwirklichung der Aufgaben39 die Bestandteile der Organisation, ihre Bewegungen und ihre Beziehungen zueinander. Leitziele ihrer Verbesserung sind die technischen Reformziele der Effektivität, auch hier durch die Leitbilder der Verfassung überhöht, deren Verwirklichung sie instrumental dienen sollen. Dabei besteht freilich nur über die auf die Verbesserung der Effektivität gerichtete Zielsetzung Einigkeit. Es wird hervorgehoben, Ziel ablauforganisatorischer Überlegungen sei, die integrative Struktur des Aktionsgefüges so zu gestalten, daß die Erreichung der Sachziele in möglichst optimaler Weise erfolge, es sei für jede Organisationsalternative zu ermitteln, welche personale, temporale und lokale Struktur im Rahmen der personalen Organisationselemente, Organisationsmittel und Objekte sowie des verfügbaren Raum-Zeit-Bereichs unter Einhaltung der- möglicherweise sogar - technologisch determinierten Prozeßstruktur möglich sei und welche Auswirkungen die einzelne Organisationsform auf den Grad der Zielerreichung habe40 • Eine andere Auffassung meint deutlicher, die Ablauforganisation habe den zweckmäßigen und wirtschaftlichen Handlungsvollzug innerhalb des Organisationsrahmens zu sichern, die zeitliche Abfolge bei den Bearbeitungsstellen bestmöglich aufeinander abzustimmen und eine gleichmäßige Auslastung der Aufgabenträger zu erreichen41 • In der Sprache der Verwaltungswissenschaften ist formuliert worden, das Aufspüren der bestmöglichen Relation zwischen Organisation und Geschäftsablauf bestimme nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität des Verwaltungsprodukts, die Verwaltungsbehördewerde dann wirtschaftlich, reibungslos und mit besserem Verwaltungsnutzeffekt arbeiten, wenn der Geschäftsgang in Berücksichtigung der Zwecke und Zusammenhänge des Verwaltungshan38 39 40 41

Vgl. Aufgabengliederungsplan, S. 95. Wild, Organisationslehre, S. 113. Bischofsberger, Erkenntnisse, S. 64. Blohm, Organisation, S. 77.

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Abschnitt 3: Zuständigkeitsordnung und Organisation

delns geordnet sei, diese Festlegung sei zugleich die allgemeine Anleitung der Verwaltungskräfte zur richtigen, wirtschaftlichen und zweckentsprechenden Verwaltungsarbeit42 • Diese Umschreibung berücksichtigt, daß Ziele und Leitbilder, Aufgaben und Grundsätze erst durch den handelnden Menschen wirksam werden, daß Denken und Handeln des Menschen eine Einheit zu bilden haben, und daß das Handeln nur bei freiwillig-er Mitarbeit optimierbar ist. So weitgehend Einigkeit darüber erzielt ist, daß die Funktion des Arbeitsablaufes in dieser Weise rational zu ordnen und die Beziehungen der Aufgaben, Menschen und Mittel zueinander im Sinne der Wirtschaftlichkeit und der Effektivität zu harmonisieren sind, so wenig spiegelt die örtliche Aufgabenerfüllung des kommunalen Bereichs solche Erkenntnisse wider. Die Problematik der örtlichen Organisation soll durch drei zum Zwecke der Exemplifikation abgeänderte, zum Teil vereinfachte, zum Teil überspitzte Beispiele, die für die Realität der Ablauforganisation im örtlichen Bereich typisch sind, verdeutlicht werden: 1. Beispielsfall Kindertagesstätte

In dem Vertretungsorgan einer Stadt macht eine Stadtverordnete bei Erörterung der Errichtung von Schlichtwohnungen für Obdachlose den Vorschlag, innerhalb des Wohnungskomplexes einen Kindergarten zu errichten. Der Vorschlag gewinnt Beifall, das Fachamt für Jugend und Soziales erarbeitet einen Entscheidungsentwurf für den Fachausschuß des Vertretungsorgans für Jugend- und Sozialwesen, der eine Kindertagesstätte mit 40 Plätzen zur Erörterung stellt und anregt, dem Hauptausschuß die Grundsatzentscheidung über deren Errichtung zu empfehlen. Der Fachausschuß erörtert drei Monate später in turnusg-emäß stattfindender Sitzung den Komplex mit dem Ergebnis der Empfehlung an das Verwaltungsorgan zu prüfen, ob auch Standorte außerhalb des Obdachlosenbereichs in Betracht gezogen werden könnten, entsprechende Grundstücke vorhanden seien und gegebenenfalls welche; ferner, das Raumprogramm mit dem Ziel zu überarbeiten, 20 zusätzliche Plätze zur Förderung schulpflichtiger Kinder zu schaffen. Nachdem das Liegenschaftsamt Vorschläge für Alternativstandorte unterbreitet hat, stellt das Verwaltungsorgan die Angelegenheit für die nächste Sitzung des Ausschusses für Sozial- und Jugendpflege mit überarbeitetem Raumprogramm bereit. Dort - sechs Monate nach Initiative- wird beschlossen, Ganztageseinrichtungen für Kinder in Obdachlosenbereichen anderer Gemeinden zu besichtigen und danach zu entscheiden. Die Besichtigungsfahrt mit anschließender Empfehlung der Errichtung einer Kindertagesstätte mit 60 Plätzen an den Haupt- und Finanzausschuß findet neun Monate nach Initiative statt, die Verwaltung erarbeitet ein 42

Mayer,

Geschäftsgang, S. 298 ff.

II.

Institutionelle und funktionelle Organisation

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Papier für Haupt- und Finanzausschuß, der - elf Monate nach der Ratssitzung - die Planung der Einrichtung beschließt. Das Hochbauamt beginnt mit der Fertigung eines Entwurfs der Bauplanung, der nach vier Monaten fertiggestellt ist und dem technischen Dezernenten des Verwaltungsorgans Grundlage einer Vorlage für den Bauausschuß bietet. Dieser bittet - achtzehn Monate nach der Ratssitzung - um Abänderung des Entwurfs mit der Begründung, der Entwurf füge sich städtebaulich nicht in das Gefüge der vorhandenen Bebauung ein. Danach passiert die Planung den technischen Fachausschuß - einundzwanzig Monate später. Nunmehr fertigt das Verwaltungsorgan die abschließende Drucksache für Hauptausschuß und Vertretung. Die Sitzung des Vertretungsorgans, in der die Entscheidung nach Vorschlag fällt, findet vierundzwanzig Monate nach Initiative statt. 2. Beispielsfall Gesamtschule Eine Fraktion stellt in einer Sitzung des Vertretungsorgans einer Stadt den Antrag, die Verwaltung möge mit der Aufnahme der Planungsarbeiten für die Errichtung einer integrierten Gesamtschule im Rahmen eines Schulzentrums, ursprünglich für die Aufnahme einer Hauptschule, einer Realschule und eines geplanten Gymnasiums in getrennten Formen vorgesehen, beginnen. Das Verwaltungsorgan nimmt Kontakte mit Behörden des Landes auf, bei denen Prämissen der Planung und die Möglichkeiten der Einbeziehung des integrierten Systems, zu dem die schon betriebene Haupt- und Realschule des Schulzentrums umgebildet werden könnte, in einen bereits angelaufenen Schulversuch des Landes erörtert werden. Die Überlegungen führen zu der Empfehlung der Verwaltung, eine Planungskommission Gesamtschule zu bilden, die drei Monate nach der Antragstellung einer gemeinsamen Kommission der Schulausschüsse des Vertretungsorgans vorgetragen wird, eine Woche später dem Hauptausschuß und eine weitere Woche später der Vertretung selbst. Das Vertretungsorgan bildet eine Planungskommission Gesamtschule als Fachausschuß sui generis, bestehend aus in gleicher Weise stimmberechtigten Mitgliedern der Vertretung, der Verwaltung, der Elternschaft und der Lehrerschaft, die 6 Wochen später, insgesamt 5 Monate nach der Initiative, ihre Arbeit aufnimmt, wobei sie auf Vorarbeiten der Verwaltung zurückgreift. Die Planungskommission prüft und erörtert die von dem Schulamt zusammengestellten Daten und Prognosen, bildet zur Beschleunigung ihrer Arbeit Unterkommissionen für die innere und äußere Gestaltung, Pädagogik und Didaktik des künftigen Systems einerseits, Raumprogramm und Architektur der Einrichtung andererseits und legt den Fachausschüssen der Vertretung binnen dreier Monate, 14 Tage später auch dem Hauptausschuß, den abschließenden Vorschlag vor, eine integrierte lOzügige Ge-

U4

Abschnitt 3: Zuständigkeitsordnung und Organisation

samtschule nach einem die Erfordernisse der Integration berücksichtigenden Raumprogramm zu errichten und mit der entsprechenden architektonischen Vorentwurfsplanung eine Architektengruppe zu beauftragen. Fachausschüsse und Hauptausschuß folgen den Empfehlungen der Planungskommission, wobei im Hauptausschuß lediglich kontrovers erörtert wird, ob die Einschaltung der vorgeschlagenen Architektengruppe sinnvoll oder die Durchführung eines Preisausschreibens für die architektonische Gestaltung zweckmäßiger ist, wobei sich die Mehrheit aus Gründen der Schnelligkeit des Ablaufs für die Architektengruppe entscheidet. Nach weiteren 14 Tagen beschließt die Vertretung nach der Empfehlung des Hauptausschusses, die Errichtung des Gesamtschulsystems sowie die Veranlassung der Zielplanung; nach weiteren drei Monaten hat die Vorentwurfsplanung der Architektengruppe die Billigung der Vertretung gefunden, so daß insgesamt 1 Jahr nach der Initiative Planungs- und Entscheidungsphase im wesentlichen abgeschlossen sind. 3. Beispielsfall Freilichtbühne Mit Rücksicht auf die beabsichtigte gartenarchitektonische Neugestaltung einer Grünanlage gelangt die aus den Wahlbeamten bestehende Verwaltungskonferenz einer Stadt zu dem Entschluß, zur Verbesserung der Attraktivität eines damit räumlich verbundenen Freilichttheaters seine Modernisierung in Angriff zu nehmen, die Sitzplatzzahl auf 1500 Einheiten zu reduzieren, einen weiteren Beleuchtungsturm vorzusehen und die Räume für Technik und Bühnenpersonal nach neueren Erfordernissen zu erweitern. Sie veranlaßt Hochbau- und Gartenamt zu entsprechender Entwurfsplanung. Die Planung wird inzwischen in ihrem materiellen Bezug zum Gegenstand einer Drucksache, die dem zuständigen Fachausschuß der Vertretung, dem Kulturausschuß, zwei Monate später zur Beratung vorliegt. Der Kulturausschuß erörtert und billigt die Planung und empfiehlt sie dem Hauptausschuß, der sie einen Monat später, drei Monate nach der Initiative, erörtert und als zweckgerecht zur Fortführung beschließt. Zwischenzeitlich gedeiht auch die technische Planung der Fachämter des Verwaltungsorgans zur Vorentwurfsreife und gelangt zwei Monate später- nach Vorlage durch das technische Dezernat - in den Bauausschuß, der sie erörtert und mit geringfügigen Abänderungsvorschlägen zum Gegenstand einer zustimmenden Empfehlung an den Hauptausschuß macht, der die Gesamtplanung in aufgabenbezogener, technischer und finanzieller Hinsicht einen Monat später, also insgesamt 6 Monate nach dem Anstoß, im Rahmen der Etatberatung unter Bereitstellung der nötigen Haushaltsmittel, billigt, dabei freilich das eilige Vorgehen der Verwaltung kritisiert. Nach einem weiteren Monat, insgesamt 7 Monate nach Initiative, beschließt

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das Vertretungsorgan vorschlagsgemäß mit dem Ergebnis, daß die Durchführung der Aufgabe, da eine Mitfinanzierung durch das Land nicht in Betracht kommt, beginnen kann. Vergleicht man die drei Beispiele, so dürfte der Vorschlag naheliegen, die gesamte Struktur der kommunalen Aufgabenerfüllung und nicht nur das Handeln des Verwaltungsorgans, der Systematik einer rationalisierten Ablauforganisation zu unterwerfen4s. Die Beispiele machen offenkundig, daß die Rationalisierung der Ablauforganisation und entsprechende Korrekturen der Aufbauorganisation ohne Miteinbeziehung der Vertretung und ihrer Ausschüsse, Kommissionen oder Unterausschüsse wenig Sinn haben. Die hauptsächlichen Verzögerungen ergeben sich durch die zu weitgehende Beteiligung der Fachausschüsse an der Planungsphase und durch mangelnde Kooperation zwischen einem Fachausschuß und der entsprechenden Fachabteilung der Verwaltung, die zu jahrelangen Verzögerungen wichtiger Planungen führen kann. Die günstigste Ablaufsituation ergibt sich im Beispielsfall Freilichtbühne, weil hier die Planungen von dem Verwaltungsorgan eingeleitet und die Miteinschaltung der Vertretung nur mehr parallellaufend vorgenommen wird. Ein günstiger Ablauffall ist auch das Gesamtschulbeispiel, das die gleichgewichtige Verteilung der Planungsfunktion auf Vertretung und Verwaltung und damit eine erhebliche Aktivierung des Planungsprozesses belegt. Während eine frühere Auffassung den Aufgabenablauf in die Aspekte der Arbeitsvereinigung, der Arbeitsverteilung, der Arbeitsteilung und der Arbeitsbesetzung differenzierte44, neigt die neuere Organisationstheorie dazu, die Abläufe in den einzelnen Faktoren: Arbeitsinhalt, Arbeitszeit, Arbeitsraum und Arbeitszuordnung - sozusagen schichtweise - zu betrachten und hieran Rationalisierungs- und Systematisierungsüberlegungen anzuknüpfen. Die Handlungen, Tätigkeiten und Operationen im Ablauf unterliegen der Präzision und Spezifikation dabei ebenso wie Zeitfolge, Zeitdauer und Zeitpunkte. Die Intensität der Ablauforganisation wird durch die Art der Kombination der vier Gliederungsfaktoren bestimmt, je weitgehender sie präzisiert sind, desto höher ist der Organisationsgrad. Ist der Ablauf in tiefgegliederte Einzelfaktoren präzisiert, sachlich in Einzelaufgaben, zeitlich in Reihenfolgen, Zeitdauer und Zeitpunkte, räumlich in Ablaufbereiche, Ablaufwege und Ablauforte und in hoher Präzision den personalen Organisationselementen zugeordnet, so ist ein hoher Organisationsgrad erreicht; 43 Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung Bericht Nr. 12/1971 - Funktionelle Organisation, S. 6; Hilttl, Wirtschaftlichkeit, S. 293; Bischofsberger, Erkenntnisse, S. 64. 44 Nordsieck, Rationalisierung, S. 132.

10 Speyer 49

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Abschnitt 3: Zuständigkeitsordnung und Organisation

zwischen diesem Zustand und der heute kaum spürbaren Ablauforganisation liegt die breite Skala möglicher Organisationsgrade45 • Dabei unterstellt diese Quantifizierung die weitgehende Gleichförmigkeit und das Gleichbleiben der Abläufe; Aufgabenwandel und Veränderung der Aufgabenerfüllung stellen sich jedoch der Präzision der Ablauforganisation entgegen, wobei die Problematik durch Einführung dynamischer Organisationsprinzipien beherrschbar werden könnte46 • Eine soziologische Bearbeitung hat zu alledem mit Recht darauf hingewiesen, es gelte, den Punkt zu finden, der das Optimum an Formalisierung bezeichne, den zweckmäßigsten Organisationsgrad, der dort liege, wo jedes Weniger genauso wie jedes Mehr an Dauerregelung funktionshemmend sei47 • Das gilt jedenfalls für die konventionelle Organisation; die Problematik stellt sich bei systemtheoretischen Betrachtungen im Zusammenhang der Verwaltungsautomation anders.

b) Die Rationalisierung der Ablaufphasen Die Ablauforganisation differenziert nicht nur in die vier materialen Gliederungsfaktoren, sondern auch nach anderen Gesichtspunkten. Während die erörterte Differenzierung nach Inhalt, Raum, Zeit und Zuordnung den Strom des Verwaltungsablaufgeschehens insgesamt betrachtet, bezieht sich die Systematik der Ablaufphasen mehr auf die einzelne Aufgabe oder Aufgabengruppe. Bei der Erfüllung der Verwaltungsaufgaben sind die Planungs-, Entscheidungs- und Ausführungsphase zu unterscheiden; eine vierte Phase, die theoretisch zeitlich zum Teil mit der Ausführungsphase übereinstimmt, ist die Kontrollphase. Obwohl beachtet werden muß, daß sich die Ablaufphasen praktisch nicht deutlich voneinander trennen lassen, ist die differenzierte Erörterung und Betrachtung nicht nur von theoretischem Wert, weil die Unterscheidung die rationale Zuordnung an geeignete Elemente der Organisation gestattet, Rationalisierungseffekt hat und Bedeutung für die organisationswissenschaftliche Entscheidungstheorie gewinnt. Sie schiebt in das Grundschema der Phasenfolge: Planung- Entscheidung - Realisation - Kontrolle unter Umständen noch Zwischenphasen der Informationsbeschaffung, Informationsverarbeitung und Informationsübertragung ein, insbesondere dann, wenn eine personelle Trennung der Ablaufphasen vorliegt48 • Das Organisationsproblem ist allerdings nicht allein am Leitbild der Rationalität orientiert. In allen Ablaufphasen stellen sich Probleme, die aus der Konfrontation mit Integrationsmaßstäben herrühren. So ist das Demokratieprinzip Gegenstand von Erörterungen über di·e Planung und die Entscheidung, aber auch die 45

46 47

Witte, Ablauforganisation, Sp. 24 ff. Nordsieck, Rationalisierung, S. 132.

Mayntz, Soziologie, S. 87. ts Wild, Organisationslehre,

S. 93.

li. Institutionelle und funktionelle Organisation

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Durchführung und die Kontrolle. Soweit politikwissenschaftliche Untersuchungen zur Problematik der Integrationsmaßstäbe bei einzelnen Abschnitten der Aufgabenerfüllung vorgelegt worden sind, insbesondere in bezug auf Planung und Entscheidung, wird erkennbar, wie sehr die interdisziplinäre Betrachtensweise nottut, wenn etwa formuliert wird, im Bereich der Verwaltung sei Planung zwar auch sinnvoll, die Gefahr aber, daß diese nicht zugunsten, sondern gegen die Gesellschaftsinteressen erfolge, werde damit erhöht49 • Hier liegen verschwommene Vorstellungen über eine gegen das Gemeinwohl wirkende Bürokratie zugrunde, die zunächst Gegenstand genauerer Ori-entierung sein sollten5°. Theorie und Praxis der Kommunalverfassung unterscheiden unberührt von alledem gleichfalls Phasen des Ablaufs auf der Grundlage der von den Gemeindeordnungen der Länder normierten Zuständigkeitsverteilung zwischen Vertetungs- und Verwaltungsorgan. Bei den dualistischen Formen der Gemeindeverfassung obliegt bekanntlich dem Bürgermeister, dem Gemeindedirektor, dem Verwaltungsausschuß oder dem Magistrat die Vorbereitung und die Durchführung der Beschlüsse der Gemeindevertretung, die selbst nur beschließt51 • Sofern der Bürgermeister nicht allein Verwaltungsspitze, sondern auch Vorsitzender der Gemeindevertretung ist, hat er die Entscheidungen der Gemeindevertretung vorzubereiten und durchzuführen. In allen Gemeindeverfassungssystemen wird zwischen der Vorbereitungsphase, die der erörterten Planungsphase ähnelt, möglicherweise aber nicht entspricht, der Entscheidung, der Durchführung und auch der Kontrolle, die wiederum den Vertretungsorganen obliegt, unterschieden. Freilich gilt die Zuständigkeit in der Entscheidungsphase nur für die wesentlichen Aufgaben der Gemeinde, weil in den Geschäften der laufenden Verwaltung notwendigerweise das Verwaltungsorgan52 entscheidet. Ohne diese Systematik hier detailliert ausbreiten zu wollen, ist festzuhalten, daß die Zuständigkeits- und Organisationsreform bestrebt sein müßte, die kommunalverfassungsrechtlichen Kategorien der Vorbereitung, Entscheidung, Durchführung und Kontrolle mit denjenigen der Organisation zu harmonisieren, insbesondere dann, wenn der für die Selbstverwaltung gefahrvolle Weg in die Automation beschritten werden soll. Jedenfalls ist es bedenklich, wenn Lehre und kommunale Praxis in der Beurteilung der Entscheidungsphase im örtlichen Bereich den Anschein erwekken, von der Existenz anderer Disziplinen keine Kenntnis zu nehmen. Ronge, Planung, S. 244. Morstein-Marx, Einführung, passim. 51 § 43 Abs. 1 GO BW; Art. 36, 46 Abs. 2 GO Bay; § 79 Abs. 6 GO Hs; § 47 Abs. 1 GO NW; § 50 Abs. 1 GO Rhld-Pf; § 49 Abs. 1 und § 56 Abs. 1 GO Schl-Holst; § 62 GONS. 52 Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 337. 49

50

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Abschnitt 3: Zuständigkeitsordnung und Organisation

Die Ablaufbeispiele belegen, wie sehr der Verwaltungsablauf im örtlichen Bereich der Reform bedarf und wie stark die Problematik der Zuständigkeits- und Organisationsreform miteinander verbunden ist. Sie zeigen, daß Fachausschüsse und Kommissionen, Unterausschüsse und Beiräte um der Verstärkung des Einflusses des Vertretungsorgans willen weitgehend in die Planungsphase eingeschaltet sind, jedoch in einer Art, die den Ablauf hemmt und zum Teil blockiert. Das Demokratieprinzip dürfte kaum zu einer derartigen Konsequenz führen müssen, vielmehr spricht alles dafür, daß die gesellschaftliche und technische Entwicklung in ihren Auswirkungen auf die Situation im örtlichen Bereich und Organisationsform nicht harmonisiert sind, wie es das Gemeinwohlprinzip erfordert.

c) Die Problematik der Planung und ihrer Verbesserung Von der Planung und ihrer weitverzweigten Problematik ist allenthalben die Rede; vornehmlich Soziologie, Politologie und auch Futurologie haben sich dieser Funktion angenommen und scheinen im Begriffe zu sein, eine eigenständige Planungswissenschaft zu entwickeln53 • Im Bereich der politischen Wissenschaften nimmt die Planungsdiskussion einen immer breiter werdenden Raum ein, wobei sich die Erörterungen auf die politische und gesellschaftliche Gesamtplanung der Gemeinwesen konzentrieren. Dabei wird Planung als Oberbegriff für jedwede Reformplanung verstanden, als der Entwurf weitgehend wissenschaftlich gesicherter flexibler Zukunftsbilder, auf die hin "die bestehenden Strukturen" umgeformt werden sollen54, die schon vielleicht nicht mehr dem Modell entsprechen, von dem unsere Verfassungsordnung ausgeht55. Hier interessiert Planung als Teilfunktion des Verwaltungsablaufs, die insofern gleichfalls einen aktuellen Bezug hat, als immer häufiger von der "Planhaftigkeit" der Verwaltung die Rede ist56 und auch dem Planungsverbund, wie durch das Stabilitätsgesetz57 bewirkt. Die Literatur zur Problematik der Planungsfunktion ist nur insoweit von Interesse, als sie in hinreichender Abstraktion die allgemeinen auch für die öffentliche Verwaltung relevanten Aspekte erörtert. Planen wird als abwägendes, konstruktives Vorausdenken definiert, dazu dienend, ganz allgemein: eine Lage, die als unbefriedigend empfunden wird, zu verbessern, konkreter: den Werdegang von Entscheidungen zu erleichtern58. Es geht um die systematische Vorbereitung vernunftgemäßen Ronge, Planung, S. 221. Ronneberger, Öffentlichkeit, S. 16. ss Wagener, Praxis, S. 62. 66 Laux, Selbstverwaltung, S. 223. 67 Gesetz v. 8. 6. 1967 BGBl I, S. 582. 68 Meyer, Planung, Sp. 1361 ff. 63

54

II. Institutionelle und funktionelle Organisation

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Handelns, um ein Ziel optimal zu erreichen, um ein Verfahren der Willensbildung zur Leistungssteigerung, um ein Werkzeug der sozialen Entwicklung59, wobei das auch hier wieder relevante Rationalprinzip60 in die Begriffsbestimmung einbezogen ist. Das versucht auch eine weitere, stärker auf die Verwaltung zugeschnittene Abgrenzung, nach der die Planung zukünftige Handlungen in eine vorweggedachte Ordnung bringen und ihren Ablauf sichern will, auf ein optimales Ergebnis gerichtet ist, auf mehrere unter verschiedenen Voraussetzungen mögliche Verwirklichungen61 • Die Begriffsklärung bezeichnet Ziel und Prozeß der Planung mit hinreichender Genauigkeit, wenn man den praktischen Fall, wie er oben an Beispielen exemplifiziert wurde, ins Auge faßt, und Ansätze, die der Planungseuphorie Vorschub leisten, beiseite läßt. Planung ist, auf die ihr gemäße Bedeutung zurückgeführt, ein wesentliches Element der rationalen Organisation. Deswegen gilt für sie die Forderung der Zügigkeit und der Genauigkeit. Alle Plandaten sind mit der größtmöglichen Genauigkeit zu ermitteln, zu verwerten, alle Prognosen mit der größtmöglichen Präzision zu stellen, wobei allerdings zu beachten ist, daß es nicht um die Planung um der Planung willen geht, sondern um die Planung zur Verwirklichung des Gemeinwohles. Von besonderer Wichtigkeit scheint mir die aufmerksame Betrachtung der Planung in Anbetracht der Aufgabenstellung neu gegliederter Einheiten zu sein. Hier wird bei der Entstehung einer neuen Organisation mit neuen Aufgaben die ganze Skala der Planungsarten akut, di:e Zielplanung, Aufgabenplanung, insbesondere die Entwicklungsplanung für die neue Stadt oder die neue Gemeinde, die Planung der Planung und die Planung der Organisation, wobei allerdings zu fragen ist, woher die erforderlichen Finanzmittel kommen sollen und wer die neuen Aufgaben in welcher Weise bewältigen soll. Die dem Wohl der größeren und der neu entstehenden örtlichen Gemeinschaft dienende Realisation der Verfassungszie}e kommt wohl nicht als automatische Folge der Gebietsvergrößerung von selbst. Hier ist eine erhebliche Vor- und Aufbauarbeit notwendig und dazu bedarf es der intensiven Anleitung und Aufklärung. Als erste Phase des Aufgabenablaufs, ihre gewichtigste, ist die Planung mit den weiteren Phasen unlösbar verknüpft. Sie umfaßt die methodische Vorbereitung der Ziele der Organisation, die künftige Aufgabenerfüllung, den Aufbau, die Abläufe und die Änderungen sowie die Koordination dieser Bestandteile; sie ist zweckrationale Simulation der Zukunft, alternativ vorausschauend zur Bewältigung künftiger GeWildavsky, Planung, S. 23. eo Badura, Rechtsstaat, S. 454. e1 Laux, Planung, S. 13.

69

150

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staltungen, stimuliert die Entwicklung und die weitere Zielsetzung der Organisation, gleichzeitig die Motivationen und Verhaltensweisen der Mitarbeiter, sie ist möglicherweise ein Charakteristikum der Zweckorientierung der Organisation; sie verträgt sich nicht mit dem heute zum Teil üblichen Ablauf in Eile, der sorgsam vorgefertigt, unproblematisch und -einspurig sein muß, dabei nur nicht kontrovers oder alternativ sein darf. Die Planung läßt sich in Einzelphasen und einzelne Elemente zerlegen, in Daten, Prämissen und Prognosen. Prämissen als Vorgegebenheiten, die sich wiederum in sichere und unsichere, verfahrenstechnische und materielle, externe und interne, wesentliche und unwesentliche sowie kontrollierbare und unkontrollierbare differenzieren lassen, in Prognosen als Aussagen über das Eintreten künftiger Ereignisse, präzise spezifische Prognosen und unsubstantiierte allgemeine62 • Bei der Gliederung des Planungsvorgangs in Abschnitte wird zum Teil in fünf Phasen differenziert: die Festlegung des Zwecks der Planung, die Bestandsaufnahme mit Datensammlung und Feststellung der tatsächlichen Gegebenheiten, die Analyse mit Wertung der festgestellten Tatsachen und Feststellung des Bedarfs, die Entwicklung der Prognose unter Darstellung der möglichen Realisierung und die Ausbreitung des Programms als zusammengefaßte Darstellung der Entscheidungsgrundlage83. Eine andere Auffassung differenziert in sieben Phasen, die Problemfindung, der schon erwähnten Festlegung des Planungszwecks entsprechend, die Präparation, die Vorbereitung der Planung durch Materialsammlung, die Fruktifikation im Sinne einer Zusammenfassung von Rohentwürfen verschiedener an der Planung beteiligter Aufgabenträger, die Inkubation im Sinne der Abfassung eines Entwurfs des Gesamttextes der Planung, die Illumination als gemeinsame Festlegung des Planungstextes, die Verifikation im Sinne einer Feinverbesserung und die Kommunikation als Veröffentlichung64 • Die zweite Differenzierung zielt auf die Planung in der Regierungsebene ab und ist für die Erörterung der örtlichen Problematik85 weniger bedeutsam. Anders eine Untersuchung über die Praxis der Aufstellung von Entwicklungsplanungen, zu der Stadtentwicklungsplanungen des örtlichen Bereichs zählen, die sogar zwölf Planungsphasen unterscheidet und jeweils die Beteiligung des Vertretungsorgans bzw. politischer Gremien erörtert66 • Die Planungs- wie übrigens auch die Entscheidungsfunktion gewinnt nicht zuletzt deswegen steigende Bedeutung, weil sie in engem Zusammenhang mit der Einführung der Datenspeicherung und Datenverar82

83 84 85

Steiner. Planung. S. 105 ff. Laux, Planung, S. 14. Wagener, Stäbe, S. 7 ff.

Ebenso wie die Erörterungen von Jochimsen, vgl. ders., Aufbau, passim;

Jochimsen, Planung, passim. 68 Wagener, Praxis, S. 50 ff.

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beitung in der öffentlichen Verwaltung steht, von der noch später die Rede sein wird, weil dies für die Selbstverwaltung und die örtliche Organisation gewichtige Probleme birgt. Die Problematik der planenden Verwaltung stellt sich auch für den örtlichen Bereich, soweit darauf hingewiesen wird, sie präjudiziere die (politische) Entscheidung durch einengende Vorbereitung der Entscheidungsgrundlagen67. Das Phänomen, daß derjenige, der die Planungsfunktion innehat, dem Entscheidenden nur seine Endergebnisse vorträgt und unter Umständen zuvor verworfene Alternativen nicht, ist natürlich keineswegs neu; es ist lediglich dadurch so sehr aktualisiert, daß die Planungsfreudigkeit erheblich zugenommen hat. Die Zuständigkeitsverteilung zwischen Vertretungs- und Verwaltungsorgan bei Planung und Entscheidung wird daher unter diesen Aspekten zu überprüfen sein, denn dem Gegenstand nach umfaßt die ausschließliche Vorbereitungszuständigkeit, wie sie zumeist dem Verwaltungsorgan oder seiner Spitze zugeordnet ist, die Vorlage eines gegebenenfalls alternativ begründeten Beschlußvorschlages für das Vertretungsorgan, wobei vorausgesetzt wird, daß die Vorbereitung der Entscheidung so erschöpfend ist, daß das Vertretungsorgan daraus alle faktisch·en und rechtlichen Beziehungen der zur Entscheidung stehenden Frage übersehen kann68. Daher ist zu prüfen, in welcher Weise das Vertretungsorgan und Fachausschüsse desselben in die Planung einzubeziehen sind, in die mittel- und langfristige Planung von Verwaltungsaufgaben besonderer Bedeutung, wie insbesondere die Stadtentwicklungs-, die Sanierungs-, die Schulentwicklungs- oder die Sozialplanung. Freilich sind auch in der Verfassungswirklichkeit die Funktionen keineswegs so scharf getrennt, wie das den Anschein haben könnte. Dies rührt insbesondere daher, daß Ausschüsse mit "beratenden Funktionen" von der Verwaltung auch heute mit Planungsproblemen befaßt werden oder sogar befaßt werden müssen. Die Planung bedarf der demokratischen Mitwirkung aller im Vertretungsorgan zusammengefaßten gesellschaftlichen Kräfte, denn jede Geltendmachung gemeinwohlgestaltenden Willens ist nur sinnvoll, soweit Interesse, Beteiligung und Zustimmung der Bürgerschaft bezweckt und erreicht werden. Freilich erfordert das, daß der Phasenablauf in der kommunalen Verwaltung grundlegend geändert wird, daß der oben verdeutlichte Ablauf der Aufgabenerfüllung zum Anlaß genommen wird, das Zusammenwirken von Vertretungs- und Verwaltungsorgan so umzugestalten, daß in einer Fachausschuß- oder Kommissionssitzung nach der Initiative die Planung mit allen ihren Aspekten, den grund7 Wagener, Praxis, S. 60; vgl. auch Laux, Selbstverwaltung, es Bilckmann, Kommunalverfassung, S. 51.

8

S. 223.

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sätzlichen, baulichen, finanziellen, nach Aufbereitung des Materials durch die Verwaltung erörtert und dann dem Plenum des Vertretungsorgans vorgelegt wird. Die Planungsfunktion erfüllt nur dann den Sinn der lntegrationsmaßstäbe, wenn sie Integrationseffekt hat und von gestaltungswilligen Kräften der örtlichen Gemeinschaft, die das Geschehen positiv mitgestalten wollen, getragen wird. Das Bild künftiger Wirklichkeit sollte in der notwendigen Ausgestaltung demokratischer Verantwortung aus der klaren Erkenntnis der Situation und der örtlichen Gegebenheiten entwickelt werden, weil die Planung auch im örtlichen Bereich den Rahmen für die Freiheit des Einzelnen und der zu integrierenden Gemeinschaft setzt und mit dazu dient, di·ese Freiheit als Bedingung des Fortschritts zu wahren. Es müssen Organisationsformen, die ein Maximum an demokratischer Mitwirkung erlauben, aber auch ein Optimum an Effektivität bieten, entwickelt werden. Das Beispiel des Städtebauförderungsgesetzes, das die bürgerschaftliehe Beteiligung bundeseinheitlich regelt, dürfte nicht ganz glücklich sein69•

d) Die Rationalisierung der Entscheidung Theorie und Praxis der öffentlichen Verwaltung, insbesondere der Kommunalverwaltung, haben zum Teil lange Zeit den Begriff der Entscheidung für so selbstverständlich gehalten70, daß insoweit fast unbemerkt eine Theorie der Entscheidung entstanden ist, die für die Reorganisation der Verwaltung, auch der Verwaltung im örtlichen Bereich, erhebliche Konsequenzen haben kann, wenn sie sinnvoll angewendet wird. Die Erkenntnisse über das Wesen der Entscheidung haben sich kontinuierlich entwickelt. Während ursprünglich, ebenso wie bei den Rechtswissenschaften, eine Gleichsetzung mit abschließender Erledigung, Entschluß, Urteil, Herbeiführung des endgültigen Ergebnisses bevorzugt wurde, herrschte seit der eingehenderen Erörterung der Planung die Meinung vor, die Entscheidung sei eine Wahl, die der Entscheidungsfinder darüber treffe, was in einer gegebenen Situation zu tun oder zu unterlassen sei. Vornehmlich die amerikanische organisationswissenschaftliche Forschung hat sich tiefgründiger mit der Problematik des Making Decisions befaßt und herausgefunden, daß die Entscheidung als Aktionskurs, als ein Verfahrensweg also, aufzufassen ist, der vom Entscheidungsfinder als das wirksamste zu seiner Verfügung stehende Mittel ausgewählt wird, um Ziele zu erreichen; auch hat man die Entscheidung als einen fixierten Punkt in einem Handlungsstrom, im Aufgabenablauf, betrachtet71 • Mit der Entstehung der Computereo Vgl. §§ 4 Abs. 1, 8 Abs. 2 und 9 Abs. 1 und 2 Städtebauförderungsgesetz vom 27. Juli 1971. 1o Vgl. etwa die Erörterungen bei Peters, Lehrbuch, S. 62. 71 Jones, Executive, S. 5 ; Cooper, Decisions, S. 43 ff.

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technik von der Informations- zur Entscheidungshilfe hat sich aus der Planungs- die Entscheidungstheorie entwickelt; berücksichtigen wir den Fortschritt der Automation in der öffentlichen Verwaltung, so wird freilich noch eine lange Zeit bis zur Realisierung einer Entscheidungstheorie vergehen. Die durch die Technik beeinflußte Organisationstheorie der Entscheidung hat sich zu einem interdisziplinären Forschungsgebiet entwickelt, zu dem vornehmlich die betriebswirtschaftliche Organisationslehre, die Organisationssoziologie und die Sozialpsychologie und in ihren technischen Bereichen die Statistik, die Kommunikationsforschung, die Mathematik und die Kybernetik Beiträge leisten; dabei zeichnet sich eine Zweiteilung der entscheidungstheoretischen Forschung in die formale Entscheidungslogik und die sozialwissenschaftliche Entscheidungstheorie ab. Leitziel dieser Bemühungen ist, wie bei den behandelten Aspekten der Organisation auch, die Rationalität des Entscheidungsvorgangs. Die Erörterung der Organisationsformen des Ablaufs der Aufgabenerfüllung bis zur Entscheidung haben aus dem Aspekt der Automation in besonderem Maße den Sinn, der Effizienz der Entscheidungsphase zu dienen. So befaßt sich die Entscheidungstheorie vor allem mit der behandelten, jedoch auf die Entscheidung zugespitzten Problematik der Ablauforganisation, nachdem wohl unstreitig geworden ist, daß die Automation nicht vornehmlich ein aufbauorganisatorisches Problem ist. Die Entscheidungstheorie legt Wert darauf, Planungs-, Informations- und Entscheidungsprozeß als eine Einheit zu betrachten, wendet sich gegen die Einengung der Stabsaufgaben auf Information, Planung und Beratung und stellt fest, daß die eigentliche Beschlußbefugnis im wesentlichen darin besteht, das Ende des Entscheidungsprozesses gegenüber Dritten verbindlich zu fixieren und innerhalb der Organisation durch Willensimpuls durchzusetzen. Die Entscheidungstheorie hat erkannt, daß die technisch und organisatorisch vervollkommnete Planungsphase die Entscheidungsphase weitgehend präjudiziert, daß die Entscheidung durch Vor- und Teilentschlüsse von Liniengruppen oder Stabsstellen, die am Entscheidungsprozeß mitwirken, vorgeprägt sind und daß die Entscheidungsstelle, will sie maßgeblichen Einfluß auf das Ergebnis des ProzesS'es nehmen, nicht erst am Ende des Entscheidungsprozesses aktiv werden, sondern den Ablauf der gesamten geistigen Operation zu steuern suchen muß72 • Der Entscheidungsprozeß ist durch eine Vielzahl von Wahlakten, die in zeitlicher Abfolge vorentscheidend Kriterien bezeichnen und gewichten, Alternativen wählen oder verwerfen, gekennzeichnet. 72

Witte,

Entscheidungsprozesse, Sp. 101 ff.

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Abschnitt 3: Zuständigkeitsordnung und Organisation

Die der Automation zugrundeliegende Entscheidungstheorie geht bei alledem davon aus, daß der Entscheidende ein Maximum an Utilität erzielen möchte, an Gewinn, Zufriedenheit oder sonstiger Zielverwirklichung, dabei in einer Entscheidungssituation steht, bei der alternative Handlungsmöglichkeiten kein bestimmtes bekanntes Ergebnis haben, sondern zu verschiedenen Ergebnissen führen können. Sind die Wahrscheinlichkeiten der möglichen Ergebnisse bekannt, so kann mathematisch die beste Entscheidung errechnet werden - eine wissenschaftliche Wahl zwischen verschiedenen Lotterien73• Der Entscheidende begnügt sich mit nützlichen, befriedigenden Lösungen, strebt ein bestimmtes Anspruchs- oder Zufriedenheitsniveau an; verfolgt er, wie in der Wirklichkeit zumeist, mehrere Zie}e, so ergibt sich für die Entscheidungstheorie die weitere Schwierigkeit einer Bestimmung der Reihenfolge oder der Gewichtung74 • Überhaupt ist diese Theorie des beschränkten Rationalverhaltens nicht ganz unbestritten. Weitere Ansätze betreffen experimentelle Ergebnisse von Simulationsmethoden, die Theorie des individuellen Problemlösungsverhaltens sowie die von den Sozialwissenschaften befürworteten Kampf- und Verhandlungstheorien. Die Reform der kommunalen Zuständigkeitsordnung wird - wiederum in aufbauorganisatorischer Konsequenz - auch aus dem Aspekt der Entscheidungstheorie bestrebt sein müssen, die Verteilung zwischen Vorbereitungs- und Beschlußzuständigkeit bei den Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit des Vertretungsorgans fallen sollen, neu zu formulieren. Nicht nur die sogenannten Managementinformationssysteme setzen jedoch Kenntnisse darüber voraus, welche Aktionen und Informationen für Operationen aller Art erforderlich sind, um den Entscheidungsprozeß rational zum Beschluß zu lenken. Auch ist das alles, worauf von der Soziologie zutreffend hingewiesen wird75 , nur für den Fall interessant, daß diejenigen, di:e eine Organisation formen und leiten, überhaupt im Interesse der Leistungsfähigkeit entscheiden wollen und nicht nach persönlichen Interessen und Rücksichten.

e) Die Verbesserung der Kontrolle Während die Durchführungsphase im Zusammenhang der Erörterung der Ablaufphasen keiner besonderen Behandlung bedarf, weil ihre Problematik sich mit derjenigen der erörterten Gliederungsfaktoren des Ablaufs deckt, bedarf die Kontrollphase einiger Bemerkungen. Sie ist die Spanne des Ablaufs, in der die Ergebnisse der Durchführung mit den Organisationszielen, die Aufgabenerfüllung mit den Aufgaben zu vergleichen ist; planmäßige, nachträgliche Überprüfung von Tätigkei1a 74 75

Mayntz, Soziologie, S. 140. Reinen, Entscheidungstheorie, Sp. 1193. Mayntz, Soziologie, S. 141.

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ten auf ihre Übereinstimmung mit Normen und Zielen76, die Feststellung, daß die Ablaufoperationen planmäßig nach diesen Zielen und Grundsätzen erfüllt wurden77, nach einer neueren Auffassung der Vergleich zwischen Planungs- und Realisationswerten, wobei zwischen ergebnis- und verfahrensorientierten Kontrollen unterschieden wird; ergebnisorientierten, die im Vergleichswege auf das Ergebnis des Aufgabenablaufs abheben; verfahrensorientierten, die das vorgegebene mit dem realisierten Verfahren vergleichen78 • Nach ihrem ursprünglichen Wortsinn beschäftigt sich Kontrolle mit der Kontra-Rolle, überprüft das Zahlen- und Rechenwerk der Organisation und konzentriert sich auf die Funktion, die heute der häufig etwas nachhinkenden Rechnungskontrolle zugeordnet ist'9 • Hier geht es um Kontrolle im Sinne der Prüfung und Vergleichung der Verwaltungsabläufe mit Zielen und Aufgaben im Verhältnis von Organ zu Organ, von Organisationseinheit zu Organisationseinheit und von Vorgesetztem zu Untergebenem. Kontrolle ist deswegen auch nicht als im zeitlichen Ablauf der Ausführung folgende Phase zu betrachten, sondern als eine der Ausführungsphase zum Teil parallellaufende, weil sie schon während des Ablaufs, noch im Bearbeitungszeitpunkt einsetzt. Voraussetzung der Verbesserung der Kontrolle ist neben der rationalen Aufbau- und Ablauforganisation die klare Definition der Ziel- und Aufgabenstellung der Organisation. Zudem kann der Ablauf der Kontrollphase in sich differenziert, gegliedert, rationalisiert und damit effektiviert werden, wobei dies in hohem Maße von Größe, Art und Individualität der Organisation abhängt: je größer und je differenzierter ihre Struktur, je größer die Anzahl ihrer personalen und sachlichen Elemente, umso differenzierter muß die Kontrolle sein, um ihren ZwEck zu erfüllen. Differenziert werden kann die Kontrolle nach ihrem Gegenstand in personenbezogene Kontrolle, wie sie der Dienstaufsicht entspricht, und aufgabenbezogene Kontrolle, die den Gegenstand der Erörterungen bildet; aus dem Zeitaspekt in parallele und nachträgliche Kontrolle. Die Parallelkontrolle ist für die Problematik der automatischen Datenverarbeitung von Bedeutung; sie hat zudem den höheren Wirkungsgrad und die größere Kontrolldichte. Die Parallelkontrolle umfaßt, in ihrem funktionellen Ablauf betrachtet, Le!tungs- und Aufsichtsfunktionen. Der Organisationsablauf pflegt aus der Führungsebene der Organisation in der Richtung beeinflußt zu werden, daß das Erreichen der Organisationsziele gesich·ert wird und 78

77 78 79

KGSt, Bericht Nr. 12/1971 - Funktionelle Organisation, S. 27. Glaser, Verwaltungstechnik, S. 154. Dahlgrün, Rechnungskontrolle, S. 414. Frese, Kontrolle, Sp. 873 ff.

156

Abschnitt 3: Zuständigkeitsordnung und Organisation

dabei diejenigen Methoden zur Anwendung gelangen, die nicht nur zweckdienlich, sondern auch rechtmäßig sind80• Zum Teil wird der Versuch gemacht, die Aufsicht begrifflich aus der Kontrollfunktion auszugliedern. Aufsicht soll Teil der Ausführung, dieser ihrem Wesen nach übergeordnet sein. Während Kontrolle dann nur das Recht umfaßt, zu beanstanden, zu empfehlen und Hinweise zu geben, ist Aufsicht in dieser Sichtweise vornehmlich während des Ablaufs relevant und beeinflußt ihn; Ausführung und Aufsicht sind eng miteinander verknüpft, voneinander nicht zu trennen; Aufsicht ist aktiv, positiv und produktiv, Kontrolle rezeptiv, negativ und repressiv81 • Den organisationswissenschaftlichen Aspekten stehen die verschiedenen Formen von Aufsicht und Kontrolle im geltenden Gemeindeverfassungsrecht gegenüber, die Aufsichtsrechte der Führungsspitze der örtlichen Verwaltungsorgane, die Aufsichtsrechte des Staates gegenüber den Gemeinden und die Kontrollbefugnisse der Vertretungs- gegenüber den Verwaltungsorganen, wenn man von der in diesem Zusammenhang irrelevanten Rechnungskontrolle absieht. Die wesentliche Frage betrifft die künftigen Kontroll- und Weisungsrechte des Vertretungsorgans, ihre Ausgestaltung hängt allerdings ganz wesentlich von dem Zuschnitt der Zuständigkeitsverteilung zwischen Vertretungs- und Verwaltungsorgan ab. Die Tendenz, die Befugnisse der Vertretungskörperschaft im Interesse des Demokratieprinzips von unnötigem Ballast zu befreien, müßte bei alledem dazu führen, eine Ausdehnung der Kontrollbefugnisse des Vertretungsorgans vorzusehen. In der Gegenwart betrifft diese Befugnis, da das Verwaltungsorgan monokratisch organisiert ist, seine institutionelle Spitz·e. Es fragt sich, ob die Kontrollfunktion durch Einrichtung kontrollierender Ausschüsse erweitert und auch auf funktionelle Abläufe der Aufgabenerfüllung und weitere Ebenen unterhalb der Spitze ausgedehnt werden könnte, wie das bereits erörtert worden ist82 • Bedenken gegen eine solche Ausweitung könnten daraus entstehen, daß eine "Endkontrolle" dieser Art in unzweckmäßiger Weise in die Leitungsfunktionen der Vorgesetzten einbricht und den Ablauf stört, insbesondere aber daraus, daß die Einheit des Organisationsgefüges der örtlichen Verwaltung dabei gänzlich übersehen würde. Verbesserung der Kontrolle in der örtlichen Verwaltung wird durch Verbesserung der Gesamtorganisation insgesamt erreicht, durch Freistellung kontrollbefugter Organwalter von Routinearbeiten im Wege der Dekonzentration und durch Verbesserung von Kommunikation und Information, insbesondere in Anbetracht der Mitglieder des Vertretungsorgans, die faktisch in die Lage zu versetzen wären, Kontrolle 80

81 82

Morstein-Marx, Verwaltungskontrolle, S. 375. Giere, Beaufsichtigung, S. 316. Krämer, Selbstverwaltung, S. 135; Morstein-Marx,

Einführung, S. 37.

II.

Institutionelle und funktionelle Organisation

157

wirksam auszuüben, wie dies heute weitgehend keineswegs der Fall ist - nicht aus dem Verschulden des Verwaltungsorgans, sondern infolge grundlegender Mängel der derzeitigen Organisation. 3. Die Elemente der Organisation und ihre Beziehungen

Elemente der Organisation sind die Aufgaben sowie die Menschen und Sachen, die zur Bewältigung der Aufgaben eingesetzt sind. Die Aufgaben waren als Ableitungen aus dem Zielsystem der Organisation definiert, als Konkretisierung der Ziele, Sachen als Arbeitsmittel, auch in der öffentlichen Verwaltung in steigendem Umfang zur Aufgabenerfüllung eingesetzt, der Entlastung der Menschen und damit der Steigerung der Rationalität dienend. Im folgenden interessieren die wechselseitigen Beziehungen der Elemente der Organisation, die internen Beziehungen, deren Gestaltung, Rationalisierung, Optimierung und Humanisierung zu den Kernproblemen der Organisationsreform gehören, weil davon Rationalität der Zielerreichung, Zielgerechtigkeit und Leistungsfähigkeit auch der örtlichen Organisationssysteme entscheidend abhängen. Zu unterscheiden sind Steuerungs- und Regelungsbeziehungen, Kornmunikationsbeziehungen und informale Beziehungen, die hier nicht weiter verfolgt werden sollen83 • Bestandteil der Steuerungs- und Regelungsbeziehungen sind die Aufsichtsbeziehungen, die aus den Kontrollbefugnissen ausgegrenzt werden sollten, darüber hinaus alle Beziehungen zwischen Organisationselementen, die für die Aufgabenerfüllung relevant sind. Die Verteilung der Entscheidungszuständigkeiten auf die einzelnen Stellen der Organisation ist von aufbau- und ablauforganisatorischer Relevanz. Die hauptsächlichen Vorgegebenheiten bieten die Vorschriften der Gemeindeordnungen, organisatorische Regelungen spezieller Gesetze84, örtliche Hauptsatzungen und sonstige Zuständigkeitsnormen mit Bestimmungen über die Zuweisung von Zuständigkeiten an einzelne Organe oder Organwalter; dazwischen liegt ein weites Feld für die eigenverantwortliche örtliche Gestaltung, die in der Zukunft auch insoweit den funktionellen Aspekt stärker berücksichtigen sollte. Insoweit steht zur Zeit ein von der kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung vorgeschlagenes Modell zur Diskussion, ferner das Hamburger und das Harzburger Modell85, die alle die Dekonzentration von Entscheidungsbefugnissen zum Gegenstand haben. Das Modell der Kommunalen Gemeinschaftsstelle will nach seiVgl. Luhmann, Funktionen, passim. Vgl. beispielsweise §§ 4 ff. des Jugendwohlfahrtsgesetzes, §§ 308 ff. des Lastenausgleichsgesetzes, § 23 des Feststellungsgesetzes. 85 Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung, Bericht Nr. 3/1971, passim. 83 84

158

Abschnitt 3: Zuständigkeitsordnung und Organisation

ner Formulierung Zuständigkeiten, Entscheidungsbefugnisse und Handlungsverantwortung zur Deckung bringen und möglichst weit nach unten verlagern, die Funktionen der Leitung und Ausführung deutlicher gegeneinander abgrenzen, Arbeitsabläufe vereinfachen und beschleunigen und insbesondere die Sachbearbeiter selbständig und in eigener Verantwortung handeln und entscheiden lassen. Das Hamburger Modell möchte die Vermutung der Zuständigkeit des Verwaltungsleiters zur Entscheidung zugunsten der Sachbearbeiterebene umkehren. Solche Überlegungen haben kommunalverfassungsrechtliche Konsequenzen, weil zwangsläufig auch Beratungs- oder Entscheidungszuständigkeiten von Fachausschüssen oder Unterausschüssen des Vertretungsorgans berührt werden. Der auch im örtlichen Bereich feststellbare Trend dürfte auf die Dekonzentration von Bearbeitungs- und Entscheidungsbefugnissen gerichtet sein, weil dies nicht nur dem Rationalisierungsgebot, sondern auch dem Demokratieprinzip entgegenkommt. Die Konzentration von Entscheidungsbefugnissen bei der Verwaltungsführungsebene führt zu unnötiger und ineffektiver Belastung mit Routinearbeiten, die wesentliche Führungs- und Planungsfunktionen in den Hintergrund drängen. Das andere Extrem freilich kann dazu führen, daß Untersysteme ohne Rücksicht auf das Gesamtsystem operieren und entscheiden und die Einheitlichkeit des Gesamtsystems gefährden. Der Mittelweg, den wohl das Modell der Kommunalen Gemeinschaftsstelle offen läßt, ist deswegen von mehreren organisationsindividuellen Faktoren abhängig und flexibler im Hinblick auf die Natur der Aufgaben, die Situation der Verwaltung und die Eignung der Bediensteten und ihre Beziehungen. Im Zweifel dürfte für die Dekonzentration zu entscheiden sein, weil die dekonz:entrierte Verwaltung die rationellere ist, da sie die Ablaufzeit verkürzt, die Sachbearbeiter- und Hilfssachbearbeiterebene besser auslastet und die räumlichen Elemente der Ablauforganisation, die Verbindungswege, positiv beeinflußt. Für die Verbesserung der Steuerungs- und Regelungsbeziehungen kommt es nicht allein auf die Verteilung der Entscheidungs- und Anordnungsbefugnisse an, sondern, wie bei jeder Kommunikation, auch auf die Optimierung der inneren Seite der Beziehungen, auf die Gestaltung der Ausübung der Befugnisse und auf die Ausführungs- und Gehorsamspflichten, für die sich Soziologie und Sozialpsychologie vornehmlich interessieren. Das sogenannte Gehorsamsproblem ist als Angelpunkt jeder Sozialordnung bezeichnet worden, Sitte, Anstand und Prestige als "Helfer rollenkonformen Verhaltens" 86, ferner wurde als Grundtatsache (auch) sozialen Lebens erkannt, daß menschliches Verhalten nicht nur von außen, sondern auch von innen steuerbar ist87• Als Mitscherlich, Gesellschaft, a1 Mayntz, Soziologie, S. 99.

88

S. 209 ff.

li. Institutionelle und funktionelle Organisation

159

Ableitung aus den Integrationsmaßstäben der Verfassung, insbesondere dem Demokratieprinzip kann formuliert werden, daß das Prinzip der Freiwilligkeit bei der Regelung der internen Beziehungen den Vorzug haben muß. Dieses wird durch die Verlagerung von Entscheidungsbefugnissen auf den Sachbearbeiterbereich begünstigt. An dem systemgerechten, dem rollenkonformen Verhalten der Mitarbeiter ist nicht nur die Sozialpsychologie interessiert. Es wird zu erstreben sein, den Aktionsspielraum des Individuums nicht so sehr auf Kosten der Organisationsziele, als auf Kosten "bisher latenter Möglichkeiten des Innenlebens" auszuweiten, um eine Systemgerechtigkeit im doppelten, nämlich die Organisation und die Mitarbeiter zufriedenstellenden Sinne zu erreichen88. Neben dem Zielsystem der Organisation ist die Art der Ausübung der Steuerungsfunktionen weitgehend für den Grad der Bereitwilligkeit, zur effektiven Aufgabenerfüllung beizutragen, wesentlich. Weitere Motivationen ergeben sich aus Herkunft, Sitte, Überzeugung und Gewohnheit, aus affektuellen, materiellen und ideellen Gründen. Besoldung, Aufstiegschancen, Prestige und Erwartung von Auszeichnungen sind auch im öffentlichen Dienst nicht die alleinigen Antriebe rollenkonformen Verhaltens; differenziert wie die menschliche Natur selbst sind die Gründe der Identifikation mit den Organisationszielen89 . Allerdings sollte die Warnung vor der totalen Identifikation des Einzelnen mit der Organisation nicht überhört werden90 . Wir unterscheiden bei der Ausübung der Steuerungsbeziehungen zwischen bürokratischen und kollegialischen Erscheinungsformen, wobei die Wahl zwischen den vielfältigen potentiellen Stufungen von Art und Größe der Organisation sowie Quantität und Qualität der Mitarbeiter abhängt. Hier ist der Unterschied zwischen Linien-, Mehrlinien- und Stabs-Linien-System relevant, der sich nicht nur als ein aufbauorganisatorisches Problem darstellt, weil die Wahl zwischen der aufbauorganisatorischen Formierung Konsequenzen für die Gestaltung der Regelungsbeziehungen hat. Während diese im Liniensystem nach dem Bild der Pyramide von der Spitze nach unten verlaufen, jeder Nachgeordnete im System der leitungsorientierten Rangordnung nur mit einem Vorgesetzten verbunden ist, sich eine vertikale Stufung ergibt, geht das Stabssystem auf das Funktionsmeisterschema zurück, das zu einer Summierung von Steuerungs- und Regelungsbefugnissen für den Nachgeordneten, der sich mehreren weisungsbefugten Stellen gegenübersieht, führt. Die funktional organisierte Verwaltung ist bestrebt, die Organisationseinheit nach Stabsfunktionen durchzugliedern, mit der Folge, daß jeder Prozeß im Idealfall nur durch eine einzige Stelle in der Orga88 89 90

Luhmann, Funktionen, S. 387. Mayntz, Soziologie, S. 125 ff.; Luhmann, Gehlen, Zeitalter, S. 109 ff.

Ordnungsbildung, S. 163 ff.

160

Abschnitt 3: Zuständigkeitsordnung und Organisation

nisation erfüllt wird und der weiteren Konsequenz der Konzentration aller Abläufe. Das beide Organisationssysteme vereinigende Stabs-Linien-System dürfte sich wegen seiner mannigfachen Variationsmöglichkeiten für die örtlichen Ver:waltungen anbieten, insbesondere dann, wenn man berücksichtigt, daß Stäbe auch für zeitweilige Funktionen gebildet und eingesetzt werden, einzelne personale Organisationselemente nur kurzzeitig und für bestimmte Aufgaben aus der Linie gezogen werden können. Nicht wesentlich abweichend wird hierzu darauf hingewiesen, das zur Zeit durch Stäbe ergänzte hierarchische System sollte durch neue Organisationsformen mit neuen Formen der Zusammenarbeit ersetzt werden, durch Gestaltungen der Gruppen- oder Teamarbeit, weil die Gruppe gegenüber dem Einzelindividuum erhebliche Leistungsvorteile aufweist, weil Gruppenarbeit der Mobilisierung psychischer Kräfte diene, den Kontakt und das Gefühl der Zusammengehörigkeit verbessere, die Spontaneität und Flexibilität fördere und insgesamt nicht nur der Rationalität, sondern auch dem Demokratiegebot Rechnung trage91 • Die Bildung solcher Gruppen oder zeitweilig zusammentretender Stäbe führt jedenfalls für kleinere Verwaltungen nicht zu unüberwindlichen Verteuerungen, welche die Reorganisation verhindern. Allerdings läuft dies einem Zweck der Stabsorganisation entgegen, die Stabsmitglieder von der täglichen Routine zu befreien, um ihr Hauptaugenmerk auf vorbereitende, sekundierende, entlastende und beratende Tätigkeiten für die Leitung der Organisation zu lenken. Zu dem gewünschten Rationalisierungseffekt dürfte immerhin auch schon der Mittelweg führen, der von Größe, Situation und Individualität der Organisationseinheit abhängt. Im Rahmen ähnlicher Überlegungen zur Verwaltungsführung im örtlichen Bereich wird mit Recht die kooperative Verwaltungsführung und die Einführung von Funktionsgruppen und Steuerungsgruppen vorgeschlagen, wobei namentlich an die Stadtentwicklungsplanung gedacht ist92 • Ob Stabsstellen bei alledem dazu dienlich sein können, den Gegensatz zwischen Politik und Verwaltung, Gegensätze zwischen politischem Denken und Verwaltungsdenken abzubauen, wird die Zukunft erweisen müssen93• Weiter unten wird insoweit noch zu erörtern sein, inwieweit sich Elemente der Stabsorganisation und des derzeitigen kommunalen Ausschußwesens miteinander verbinden lassen. Den zweiten Komplex bei der Problematik der Beziehungen der Organisationsmitglieder bilden die Kommunikationsbeziehungen. Kommunikation ist ein Prozeß, durch den ein Bedeutungsinhalt von einer Person zu einer anderen oder zu mehreren übertragen wird, er umfaßt 91 92

93

KGSt, Bericht Nr. 12, 1971 - Funktionelle Organisation, S. 40. Laux, Überlegungen, S. 60 ff. Dagegen Dammann, Stäbe, S. 102 ff.

11.

Institutionelle und funktionelle Organisation

161

die Übermittlung von Daten, Sinnzusammenhängen oder Informationen zwischen zwei oder mehreren Stellen. Sieht man von der Organisationswissenschaft ab, hat in einem weiteren Sinne manche Disziplin die Aufgabe, sich mit der Vermittlung von Bedeutungsinhalten zu befassen, unt-er anderem auch Mathematik, Musik und bildende Kunst. Hier meint Kommunikation die Möglichkeit der Verständigung. Sie läßt sich in vier Phasen differenzieren, die Absicht des Absenders zu kommunizieren, die Umwandlung des Kommunikationsinhalts, darin bestehend, den Inhalt in eine kommunikationsfähige Form zu bringen, den Transport der Information auf Kommunikationswegen mit bestimmten Kommunikationsmitteln und das Empfangen, Verstehen und Verarbeiten des Kommunikationsinhalts durch den Empfänger94. Die Psychologie zeigt dabei, wie weitgehend der Erfolg der Kommunikation nicht nur von der Perzeption, sondern auch von Erwartung und Engagement des Empfängers abhängen, so daß die Kommunikation die erfolgversprechendste ist, die optimal auf Bereitschaft und synonyme Neigung des Empfängers trifft. Wenn es im Interesse der Rationalität der Organisationseinheit um die Einfügung der Mitarbeiter in das Gesamtgeschehen gehen soll, um die Harmonisierung ihrer Beiträge zur Aufgabenerfüllung, die zweckrationale Einordnung ihres Handelns, kommt es auf die zweckgerechte Gestaltung von Kommunikation und Information an. Daher verfolgt die Kommunikation neben dem Ziel der Übermittlung der zur Aufgabenerfüllung erforderlichen Kommunikationsinhalt-e immer die psychische Beeinflussung der Mitarbeiter, ihres Strebens und ihrer Interessen, um sie innerlich mit der Zielsetzung der Organisation zu harmonisieren. Die zweckrationale Übertragung von Informationen und Daten zur Zielverwirklichung in der Organisation kann durch die Planung und den Aufbau eines durchdachten Systems verbessert werden. Die Rationalisierung von Kommunikationsinhalten und Kommunikationsrichtungen ist mit dem Ziel erforderlich, alle Organisationseinheiten durch kurze und unkomplizierte Kommunikationswege miteinander zu verbinden95 nach der Grundregel, jedem Mitglied der Organisation alle und zugleich auch nur die Informationen zu übermitteln, die erforderlich sind, sein zweckrationales Handeln zu ermöglichen, weil der Informationsbedarf von Aufgabe und Funktion abhängt, wobei leicht einl-euchten mag, daß der Informationsbedarf mit der Rangstufe steigt98 . Die Rationalisierung der Kommunikation kann also nicht dadurch erfolgen, daß allen Elementen der Organisation quantitativ und qualitativ mehr Daten bereitgestellt werden, die herkömmlichen Dat-en schneller zu94

95 98

KGSt, Bericht Nr. 12/1971 - Funktionelle Organisation, S. 30. Mayntz, Soziologie, S. 94. Kunze, Sachgerechtigkeit, S. 236 ff.

11 Speyer 49

162

Abschnitt 3: Zuständigkeitsordnung und Organisation

sammengetragen und übermittelt und die vorhandenen Daten in größerem Umfang verbreitet werden. Erforderlich ist die eingehende und systematische Untersuchung der Organisation, um zum Zwecke der Kornmunikationsverbesserung zu ermitteln, welche spezifischen Informationen in allen Ebenen und Stellen der Organisationseinheit benötigt werden. Bei dem Aufbau des - auch für die Datenverarbeitung wesentlichen - Kommunikationsnetzes geht es um optimale Linienführung des Systems der Kommunikationswege und ihre Elastizität, Minimierung der Informationsflußzeit und der Störeinflüsse. In alle Überlegungen zur Verbesserung der innerorganisatorischen Information und Kommunikation im Zusammenhang der Reformen im örtlichen Bereich ist das Vertretungsorgan und seine Untersysteme einzubeziehen. Es ist in dies·em Zusammenhang mit Recht darauf hingewiesen worden, daß die geringe Chance demokratischer Organe, ausreichend informiert zu sein, dazu führe, daß ihre Entscheidungsgewalt mehr und mehr an "bürokratische Instanzen" abgetreten werde und immer häufiger die Entscheidung demjenigen zufalle, der in der Lage sei, den Entscheidenden zu informieren und die Entscheidung vorzubereiten; je komplexer die Entscheidungen seien, die ein gewähltes Gremium zu fällen habe, desto häufiger schrumpfe dessen Funktion auf periphere Kritik mit geringen Abänderungsmöglichkeiten, zu einem Akt zusammen, der sich von der Akklamation kaum unterscheide97 • Die Vorschriften der geltenden Gemeindeordnungen, die ihrem Gegenstand nach Art und Umfang der Kommunikationsbeziehungen zwischen Vertretungs- und Verwaltungsorgan betreffen, reichen nicht aus. Sie berücksichtigen nicht die grundlegenden Veränderungen und noch weniger die Entwicklungen, die den Komplex Kommunikation und Organisation betreffen. Die Vorstellung, etwa die Spitze des Verwaltungsorgans müsse den Vorsitzenden des Vertretungsorgans über laufende Verwaltungsangelegenheiten unterrichten, damit dieser die Information in Sitzungen des Vertretungsorgans weitergebe, stimmt mit den Erfordernissen rationaler Verwaltung nicht überein. Es geht deswegen nicht an, die Rationalisierung der Kommunikation bezüglich des Verwaltungsorgans zu erörtern und das Vertretungsorgan, seine Fachausschüsse und Unterausschüsse, seine Fraktionen und Untergliederungen der Fraktionen auszusparen. Gelingt nicht deren hinreichende Information, ist die verantwortliche Tätigkeit bei der künftigen Aufgabenerfüllung nicht nur paralysiert, sondern auch die Aufgabenerfüllung durch das Verwaltungsorgan selbst blockiert. Das macht sich schon heute bemerkbar, wenn Informationen in einer Weise unterbreitet worden sind, die das Verständnis bei den Mitgliedern des Vertretungsorgans erschweren. 97

Bahrdt, Demokratie, S. 25.

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Die geeignete Form der Informationsübertragung durch das Verwaltungsorgan ist sicherzustellen, wobei freilich andererseits Zeit und innere Bereitschaft, die einlaufenden Daten und Informationen wahrzunehmen und innerlich zu verarbeiten, bestehen muß. 4. Die Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Verwaltungspersonals

Die Gesamtproblematik der örtlichen Organisationsreform erfordert auch die Beschäftigung mit den künftigen Anforderungen an die Angehörigen der örtlichen Verwaltung, wobei Einigkeit besteht, daß dies ein Problem für die gesamte öffentliche Verwaltung ist. Die hier interessierenden Aspekte nehmen zum Teil Erörterungen vorweg, die weiter unten abschließend zum Verhältnis Bürger - Verwaltung angestellt werden sollen. Wie jedes der bereits behandelten Reformprobleme jedes andere tangiert, dürfte hier offenbar werden, daß die gesamte örtliche Reform ihren Rationalisierungseffekt verfehlt, wenn sie nicht mit der Umstrukturierung des öffentlichen Dienstes Hand in Hand geht. Die laufende Reformpraxis scheint von derartigen Überlegungen noch weit entfernt, berücksichtigt man, daß vor territorialen örtlichen Neugliederungen in Verfolg von Partikularinteressen in erheblichem Ausmaße Höhergruppierungen und N eueinstellungen an der Tagesordnung sind, die schwerwiegende finanzielle Folgewirkungen haben. Überhaupt scheint die Einsicht in die Zielsetzungen der Reformen, auch in das Rationalprinzip, dort ihre Grenze zu haben, wo eigene oder kooperativ berücksichtigte Interessen tangiert werden. In vielen Fällen sind sogar vor erkennbaren Gebietszusammenlegungen noch hoch dotierte Wahlbeamte eingestellt worden, um die "künftige Vertretung" der im Zusammenlegungsfalle integrierten Einheit damit zu erreichen. Zur Problematik der Reform des öffentlichen Dienstes sind konträre Auffassungen vertreten worden. Man hat gemeint, die Demokratie habe den Staat vergesellschaftet, aus dem Berufsbeamtenturn sei eine Funktion geworden, es sei allerdings auch der Wohlfahrtsstaat auf das Berufsbeamtentum angewiesen, weil dies durch seine institutionell gesicherte Distanz und Neutralität gegenüber dem politischen Kräftespiel eine stabile, unparteiische und gesetzestreue Verwaltung zu gewährleisten vermöge98• Allerdings ist die Funktion der Beamtenschaft als ausgleichender Faktor bestritten. Man spricht vom legitimen Gegenspieler des Parteienstaates, von einer politisch selbständigen Funktion, von eigener dauernder Herrschaftsstruktur in machtmäßiger Abschließung vom Volke, von bürokratischer oder andererseits der Privatwirtschaft entsprechender Organisation, von einer Organisationsform fachlicher us Badura,

Rechtsstaat, S. 451.

164

Abschnitt 3: Zuständigkeitsordnung und Organisation

Präzisionsarbeit, die unbeeinflußt von emotionalem Engagement oder politischer Wertvorstellung an rationalen Maßstäben orientiert sei99 oder- was der örtlichen Verfassungswirklichkeit am meisten entsprechen dürfte- von einem Kristallisationskern öffentlicher, gruppenspezifischer und privater Aggressionsgelüste zum Teil auch ausgehend von mehr oder minder überforderten Mitgliedern des Vertretungsorgans, die etwa nach jahrelangem Hin- und Herschieben eines dringlichen Problems die Beamtenschaft für die verzögerliche Erledigung verantwortlich machen möchten oder mangelndes Begreifen mit mangelnder Information verwechseln. Die Beurteilungsfaktoren der Reform des öffentlichen Dienstes werden durch die funktionale Betrachtung der Organisation vermehrt, Funktionserfordernisse werden geprüft, die Funktionstauglichkeit erörtert, wobei berücksichtigt werden sollte, daß auch insoweit wiederum bei den Aufgaben angesetzt werden muß. Leitbilder dieses Reformaspekts sind Verfassungszielbestimmungen und Verfassungsgrundsätze, nicht allein die technischen Maßstäbe der Effektivität, der Leistungsgerechtigkeit, aus denen die Einzelziele der Reform entwickelt werden sollten. Bei alledem haben personenbezogene Einzelziele ein erhebliches Gewicht, Gleichbehandlung, rechtliche Sicherung der Dienstkräfte, Chancengleichheit, soziale Sicherheit, Anspruchs- und Gestaltungsrechte im individuellen dienstlichen Bereich100. Was Berufszugang und Berufsweg anbelangt, kommt es in der Hauptsache auf die Attraktivitätssteigerung der Organisation, auf die Reformierung der Auslesemethoden und die Verbesserung der Ausbildung an. Die Steigerung der Attraktivität der Verwaltung der Städte und Gemeinden umfaßt materielle und ideelle Gesichtspunkte. Gelingt es übrigens zugleich im Interesse der Verbesserung des Bürger-Gemeinde-Verhältnisses nicht, die Anreize zu optimieren, könnte die Qualität der Mitarbeiterschaft weiter absinken, Anreize übrigens nicht nur finanzieller Natur, sondern auch persönlicher Art, wie die Verbesserung von Prestige, Einfluß, Betätigung oder sozialem Kontakt, wie das Bewußtsein, Dienst an einer guten Sache zu tun, oder wie die erstrebenswerte Identifikation mit den Zielen der örtlichen Verwaltung101 . Erst danach kann die Verbesserung und die Verwirklichung der Auslesemethoden in Betracht gezogen werden, die nicht zur Diskussion stehen können, solange Konkurrenzberufe die weitaus besseren Chancen bieten. Das sollte ernsthaft bedacht werden, wenn die Hierarchie des Mittelmäßigen und die Hegemonie der Spezialisten vermieden werden soll1D2 • 99 Thiele, Anforderungen, S. 88 ff. 100 Roth, Kommunalpolitik, S. 38. 101 Mayntz, Soziologie, S. 113. 102 v. UnTUh, Betrachtungen, S. 440.

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Obwohl Einigkeit darin bestehen dürfte, daß geeignete Maßnahmen der Personalbildung, der Aus- und Fortbildung, zu den wesentlichen Mitteln gehören, die leitbildgerechte und rationelle Verwaltung auch im örtlichen Bereich zu ermöglichen103, sind die Ansätze zu ihrer Verbesserung nicht genügend. Problematik und Konsequenzen der wissenschaftlichen und technischen Entwicklung, der funktionsgesellschaftlichen Siedlungsstruktur, der Aufgabenveränderung und der Funktionsverlagerung sind dem Verwaltungsnachwuchs, der zumeist allenfalls Vorwissen über Rechtsprobleme des fehlerhaften Verwaltungsaktes und des ordnungsbehördlichen Eingriffs mitbringt, weitgehend fremd 104. Manches spricht für das Bestreben, mit einer g-ezielteren Ausbildung für alle Laufbahngruppen des öffentlichen Dienstes zu einer Überwindung des justizmäßigen Denkens in der öffentlichen Verwaltung zu gelangen105, obwohl dem entgegengehalten wird, daß das Rechtsstudium immerhin auch Vertrautheit mit der notwendigen Abwägung widerstreitender Interessen mit sich bringt, worin der Kern der öffentlichen Geschäfte bestehen soll106. Es dürfte darauf ankommen, Ausbildungsgänge zu entwickeln, die die Fähigkeit fördern, in logischer Gedankenführung aufgrund präzise ermittelter übersichtlich dargestellter Sachverhalte abgewogene, praktikable und den Erfordernissen des demokratischen und sozialen Rechtsstaates entsprechende Entscheidungen zu fällen und sich auf neue Tatbestände und Gegebenheiten schnell und gründlich einzustellen; dazu müßten Wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Studiengänge weitergehend auf die Erfordernisse der Verwaltungspraxis ausgerichtet werden. Daß die Fortbildung nicht, wie dies heute der Fall ist, der Auffüllung von Lücken dienen soll, bedarf eigentlich kaum der besonderen Erörterung. Gleichwohl ist der Hinweis angesichts des Ausbildungsstandes vieler Mitglieder des öffentlichen Dienstes angebracht. Ein zu wenig beachteter Gesichtspunkt ist, daß sich Aus- und Fortbildung auch auf die Problematik der Automation der örtlichen Verwaltung einstellen müssen. Insoweit ist darauf hingewiesen worden, daß die Computertechnik künftig unter anderem den Einsatz des technisch-ökonomischen Verwaltungsingenieurs erforderlich macht1o7• Zunächst ist die Einführung der Verwaltungsautomation allerdings mehr eine Frage der Fortbildung, da es jetzt um die Einstellung der vorhandenen Dienstkräfte auf die neue Situation geht; insbesondere Führungs- und Leitungskräfte sollten die Aspekte der Verwaltungsautomation, soweit es sich nicht um Fragen der technischen Durchführung 1os 1u 1os 106 101

Loschelder, Personalverwaltung, S. 142. Loschelder, Personalverwaltung, S. 127 ff. Hausslei ter, Verwaltungssoziologie, S. 80. Morstein-Marx, Einführung, S. 137. Grimmer, Funktion, S. 487.

166

Abschnitt 3: Zuständigkeitsordnung und Organisation

handelt, kennen und übersehen, insbesondere zunächst die Anwendungsmöglichkeit der Computertechnik als Entscheidungshilfe, ihre Organisation und Methodik, weil das erforderliche Verständnis von Anwendung und Nutzen der Verwaltungsautomation anderenfalls nicht zu erwarten istl 08 ; daneben ist die Aus- und Fortbildung von Datenverarbeitern, Organisatoren, Programmierern und Maschinenbearbeitern dringlich109• Ein spürbarer Zug in der Entwicklung des öffentlichen Dienstrechts führt zu einer zunehmenden Zentralisierung. Dieser Trend beherrscht weitgehend die Überlegungen zu einer grundlegenden Reform. Es sollte jedoch beachtet werden, daß die von der Kommunalverwaltung erwarteten Aufgaben und die ihren Bediensteten obliegenden Funktionen dabei angemessen und ausreichend gewichtet werden müssen. 5. Die Automation in der örtlichen Verwaltung

In Anbetracht der revolutionären Entwicklung der Computertechnik sind neben dem Bund110 auch die Länder im Begriff, die Rechtsgrundlagen für Einführung und Entwicklung der automatischen Datenverarbeitung in der Verwaltung zu schaffen111 • Das Gesetz über die Errichtung der hessischen Zentrale für Datenverarbeitung und kommunale Gebietsrechenzentren vom 16. 12. 1969112 hat beispielsweise gemäß § 1 die Errichtung einer Zentrale für Datenverarbeitung in der Rechtsform der Körperschaft des öffentlichen Rechts zum Gegenstand, gemäß § 4 des Gesetzes mit der Aufgabe, die Erledigung von Verwaltungsarbeiten und anderen Aufgaben der Mitglieder, der Gemeinden, der Landkreise und der sonstigen Gemeindeverbände unter Einsatz elektronischer Datenverarbeitungsanlagen zu ermöglichen. § 2 des Gesetzes deklariert, daß durch die Arbeit der Zentrale das verfassungsmäßige Recht der kommunalen Gebietskörperschaften auf Selbstverwaltung nicht verletzt werden darf. Ähnliche Rechtsgrundlagen sind in allen Bundesländern in Kraft oder in Vorbereitung113• In § 2 des hessischen Datenverarbeitungsgesetzes, der den Vorwurf, das Gesetz sei zentralistisch, wohl kaum ausräumt, wird die ProblemaLaux, Automation, S. 12. Datenverarbeitung, S. 54. 110 Vgl. 2. Bericht der Bundesregierung über die Anwendung der elektronischen Datenverarbeitung in der Bundesverwaltung vom 17. 4. 1970, Bt,mdestagsdrucksache VI/648. 111 Vgl. Gesetz über die Datenzentrale Baden-Württemberg vom 17.11.1970 - GBl. S. 492; Gesetz über die Organisation der elektronischen Datenverarbeitung im Freistaat Bayern vom 12. 10. 1970- GVBI. S. 457. 112 Gesetz vom 16. 12. 1969 GVBl. I, S. 304. 113 Für das Land NW: vgl. die Informationsschrift "Neuorganisation der Datenverarbeitung in NW", Der Innenminister des Landes NW, Düsseldorf 1971. 108

1oo Jähnig,

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tik der Datenverarbeitung für die Selbstverwaltung angedeutet; sie läßt sich keinesfalls durch die Aufnahme einer solchen Formulierung in das Gesetz lösen, zumal das Verfassungsrecht diese Deklaration ohnehin überflüssig macht. Daher wird ergänzend zu fragen sein, ob die Integration der Aufgabenerfüllung bei Datenspeicherung und Datenverarbeitung die durch Art. 28 Abs. 2 GG vorgezeichnete Aufgabenverteilung verletzt, insbesondere die kommunale Eigenverantwortlichkeit. Die Frage läßt sich abstrakt kaum beantworten, sondern hängt von der Organisation des Automationsverbundes zwischen den Anlagen des Landes, der Regionen und der Städte und Gemeinden ab. Zentralistische Lösungen sind nicht verfassungskonform; Gemeinschaftsaufgabeulösungen allenfalls dann zu verantworten, wenn die Mitbestimmung bei der organisatorischen Lösung örtlicher Aufgaben im örtlichen Bereich, Städten und Gemeinden zumindest bei der Wahl der Maschinenkonfiguration verbleibt und für die Erledigung örtlicher Aufgaben in der oder den Datenzentralen hinreichend Zeit und Gelegenheit besteht. Bei der Organisation schon wird zu beachten sein, daß die Grenzlinie des Art. 28 Abs. 2 GG auch für die Automation verbindlich ist. Dies ist indessen nicht das einzige Verfassungsproblem der Verwaltungsautomation. Offen sind weitere Rechtsfragen, die sich aus der Zugänglichkeit der Datensammlungen für Behörden, Organisationen und Private unter Berücksichtigung des Art. 5 Abs. 1 GG ergebenm, ebenso der grundrechtliche Persönlichkeitsschutz im Verhältnis zur erweiterten Zugriffsmöglichkeit auf Personaldaten, die juristische Qualität maschinell erstellter Entscheidungen, di-e Regelung der Haftung für Fehler und vieles mehr. Von ebenso großer Bedeutung sind die betriebswirt~chaftli­ chen Fragen der Verwaltungsautomation, insbesondere die Problematik ihrer Wirtschaftlichkeit, der die Theoretik des Systemv·ergleichs beizukommen trachtet. Zur Wirtschaftlichkeit hat der Bundesrechnungshof zu Recht darauf hingewiesen, man werde der elektronischen Datenverarbeitung nicht gerecht, wenn man ihre Bedeutung vorwiegend danach beurteile, ob Verwaltungskosten durch Automation gespart werden könnten, entscheidend sei die neuartige Möglichkeit, die Leistungsfähigkeit der Verwaltung zu steigern, wie dies beispielsweise mit der geplanten Errichtung eines politischen Informationszentrums für die Bundesregierung, der Verbesserung der Verbrecherbekämpfung und der Beschleunigung der Patentrech·erchen beim Deutschen Patentamt verbunden sei. In solchen Fällen erscheine die finanzielle Bewertung der Leistungssteigerung und die Herstellung einer Beziehung zu den Kosten der neuen Verfahren kaum möglich115 . Der Bundesrechnungshof Podlech, Probleme, S. 473 ff. Denkschrift des Bundesrechnungshofes, Bundestagsdrucksache V/40066, Züfer 38. 114

115

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Abschnitt 3: Zuständigkeitsordnung und Organisation

vertritt damit zutreffend den Standpunkt, daß Wirtschaftlichkeit nicht mit einer kleinkarierten Sparstrumpfhaltung, wie sie zuweilen noch in der öffentlichen Verwaltung beobachtet werden kann, verwechselt werden darf. Der Rationalisi€rungseffekt der Automation liegt in der Verbesserung und Beschleunigung der Abläufe, der höheren Zuverlässigkeit der Aufgabenbewältigung und dem Angebot neuer, zusätzlicher Leistungen der Organisationseinheiten. Die Verwaltungsautomation hat auch die Soziologie auf den Plan gerufen; organisationssoziologische Aspekte berühren sich mit den organisationswissenschaftlichen Gesichtspunkten der Betriebswirtschaftslehre und weisen bereits in die Richtung einer allgemeinen Systemtheorie der Automation11&. Allerdings sind soziologische Würdigungen der Automation nicht zu Unrecht häufig kritisch akzentuiert111, weil Gefahren für die Freiheit des einzelnen Bürgers und den Einfluß der Vertretungen des Volkes nicht zu verkennen sind. Das wird wohl auch in der Praxis der Automation nicht übersehen, wenn etwa der Große Hessenplan dartut, die elektronische Datenverarbeitung mit dem erklärten Ziel, Datenbanken für Informationszwecke aufzubauen, verschaffe der Exekutive einen Informationsvorsprung und damit einen Machtzuwachs, der die Effektivität der Mitarbeit der Bürger und der von ihnen gewählten Vertreter in Frage stelle; dies ändere aber nichts an der Verantwortlichkeit und den daraus resultierenden Pflichten der Exekutive gegenüber der Legislative; das Problem bedürfe der sorgfältigen Beachtung, um jede Möglichkeit des Machtmißbrauchs bei der Datenverarbeitung auszuschalten118. Es kommt wesentlich darauf an- auch bei der Einführung der Datenverarbeitung im örtlichen Bereich-, daß die Vertretung rechtzeitig in den Planungsprozeß eingeschaltet wird, weil schon bei Vorbereitung der Automation in der Verwaltung und bei Analyse des Systems die Weichenstellungen erfolgen, die später nach Einlauf und Ausbau des Systems entscheidend sein können119. Die anwendungsorientierte Strukturtheorie der Automation in der Verwaltung schließt an die vorangegangenen Erörterungen über Kommunikations-, Planungs- und Entscheidungsprobleme an. Es geht im einzelnen zunächst um die Vorbereitung und Einführung der Datenverarbeitung mit dem Ziel, Funktionsgruppen durch Verknüpfung automatisierbarer Aufgaben zu bilden, um Entscheidungshilfen mit brauchbarem Aussagewert für Erörterungen der künftigen Entwicklung der Ver11a 117 11s 119

Luhmann, Automation, passim.

Fiedler, Automation, S. 471.

Hessenplan - Datenverarbeitung - S. 21. Laux, Automation, S. 14.

III. Reform der Zuständigkeitsordnung

169

waltung und ihrer Aufgaben zu erlangen. Im Wege der Organisationssystematik werden Verwaltungsfunktionen zum Zwecke der Automation zusammenzufassen sein, die sich ohne Rücksicht auf die derzeitige Aufbauorganisation nach Gegenstand und Verfahrensregelung dazu eignen120• Die damit verbundene sogenannte verwaltungsinterne Integration verbessert das Verwaltungshandeln durch Verbindung funktional entsprechender Ablaufvorgänge aus verschiedenen Organisationseinheiten - etwa örtlich aus Kämmerei, Stadtwerken und Stadtsparkasse. Verwaltungsexterne Integration meint die erörterten Beziehungen zwischen kommunalen, regionalen und staatlichen Datenverarbeitungsanlagen, die sich aus dem Bestreben ergeben, einheitliche Systeme in den Ländern in Dienst zu stellen, und geeignet sein können, die Aufgabenverteilung erheblich zu beeinflussen. So plant NordrheinWestfalen die Errichtung einer gemeinsamen Datenverarbeitungszentrale und regionaler Gebietsrechenzentren, die im Verbund mit der Datenverarbeitungszentrale und örtlichen Rechenzentren operieren sollen, ergänzt durch ein Übertragungsnetz für die Datenfernübertragung zwischen den zentralen, regionalen und den örtlichen Rechenzentren. Inzwischen war mehrfach von dem gefahrvollen Weg der kommunalen Selbstverwaltung zur Automation die Rede. Sie folgt nicht aus der Automation als solcher, sondern aus dem Trend zur Zentralisation und auch aus dem nicht von allen Beteiligten in allen Auswirkungen übersehenem Streben nach Kooperation, obwohl zumindest bekannt sein sollte, wie häufig Kooperation zur faktischen Zentralisation führt. Es ist weniger der Zug zum Sozialstaat, der die kommunale Selbstverwaltung in Frage stellt, sondern der Zug zur Zentralisation bei der automatischen Datenverarbeitung, der bei fehlender Kenntnis oder mangelhafter Beachtung der Grenzlinien der Verfassung dazu führen könnte, daß die kommunale Selbstverwaltung in der Zukunft nur noch als vergangene Methode humaner Daseinsgestaltung erscheint. 111. Überlegungen zu der Reform der kommunalen Zuständigkeitsordnung 1. Folgerungen aus anderen Reformkomplexen und den Erfordernissen der Organisationsreform

Aus der Behandlung einzelner Fragen der örtlichen Organisationsreform ergibt sich der starke Bezug zur Reform der kommunalen Zu:ständigkeitsordnung, der einleitend behauptet wurde. Auf dem Weg zur Automation der öffentlichen Verwaltung und der nun unumgänglichen 120

Jähnig,

Datenverarbeitung, S. 22 ff.

170

Abschnitt 3: Zuständigkeitsordnung und Organisation

sorgsamen Überprüfung der Abläufe zur Rationalisierung sollte die Kommunalverfassung nicht am Rande des Interesses bleiben. Die Rationalisierung von Wirtschaft und Technik fordert die Rationalisierung der Verwaltung des Gemeinwesens, das Rationalprinzip verdient keine negative Behandlung, weil es einen Gemeinwohlgesichtspunkt eröffnen kann, wenn sein Ziel die Aufgabenverbesserung um der Menschen willen ist. Die verfassungszielkonforme Neuordnung der inneren Gemeindeverfassung gewinnt aber nicht nur aus diesem Zusammenhang Interesse. Die Erörterung dieser Problematik wird auch deswegen vordringlich, weil Tendenzen deutlich werden, einzelne der Neuordnung der kommunalen Zuständigkeitsverteilung vorgreifende Fragen spezialgesetzlichen Sonderregelungen zu unterziehen, die dazu angetan sind, das Gefüge der Zuständigkeiten noch undurchsichtiger zu machen, als es ohnehin schon ist. Es besteht weitgehend Einigkeit in der Literatur, daß die gemeindliche Zuständigkeitsordnung reformbedürftig ist, in Einzelfragen haben sich jedoch Übereinstimmungen bisher kaum ergeben können, zumal das Thema in der bisherigen Reformdiskussion weniger beachtet wurde. Einerseits wird einer Verbesserung der Zuständigkeitsordnung zugunsten des Gemeindeverwaltungsorgans das Wort geredet121, andererseits wird von einer Kollegialisierung und Demokratisierung der Verwaltungsführung, von einer Überwindung der Verwaltungsbürokratie122 und einer Vergesellschaftung der kommunalen Selbstverwaltung im Sinne einer unmittelbareren Teilhabe der Bevölkerung gesprochen123. Eines wird kaum beachtet, was bei der Analyse der Funktionen der Legislative und der Exekutive schon längst erkannt wurde, daß es sich bei den Entscheidungen der Führungsebene um komplexe Prozesse handelt, denen mit den hergebrachten Kategorien nur noch sehr schwer beizukommen ist124. Insoweit ist schon mit Recht davon die Rede gewesen, daß sich hier eine funktionelle Verbindung von Legislative und Exekutive andeutet125. Das gilt erst recht für die Führungsebene der Städte und Gemeinden, aus den führenden Mitgliedern des Vertretungs- und des Verwaltungsorgans bestehend, gleichviel wie sie zur Zeit landesrechtlich organisiert ist. In diesem Zusammenhang wird auf die oben bereits erörterte Situation in der Verfassungswirklichkeit128 verwiesen, auf die wohl berech121 Heide v. d., Selbstverwaltung, S. 408 ff. (411). · tzz Badura, Rechtsstaat, S. 446 ff. (450 f.). 123 Vgl. Henning, Perspektiven, passim. Von Interesse ist auch in diesem Zusammenhang der Versuch Grauhans, Verwaltung, passim, insbes. S. 351 ff. 124 Achterberg, Probleme, S. 178 ff. 125 König, Erkenntnisinteressen, S. 101. 128 Vgl. oben, Erster Abschnitt, I Reformbedürftigkeit des örtlichen Bereichs.

III. Reform der Zuständigkeitsordnung

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tigten Zweif.el daran, daß der kommunalen Selbstverwaltung das allgemeine Interesse entgegengebracht wird, das von den Gemeindeordnungen vorausgesetzt wird, und daran, ob tatsächlich eine hinreichende Anzahl von Gemeindebürgern der Aufgabe, an dem immer komplizierter werdenden Geschehen mitzuwirken, sachlich und zeitlich gewachsen istl 27 • Auch wird die Auffassung vertreten, daß das Gemeindeverwaltungsorg an gestärkt werden müss·e, daß kommunale Selbstverwaltung nur noch im Sinne einer Mitwirkung des Bürgers an der Verwaltung verstanden werden könne, und daß die Verfassung der Gemeinden und Gemeindeverbände so beschaffen sein müsse, daß sie eine leistungsfähige, sachgerecht arbeitende und rechtsstaatlich korrekt verfahrende Gemeindeverwaltung vorsehe, welche die Verantwortung für das kommunale öffentliche Wohl überzeugend verkörpere und den Charakter des kommunalen Gemeinwesens als eine wohlfunktionierende Lebensund Wirkenseinheit sichere. Es sei unerläßlich, daß die gemeinschaftsbezogene Verantwortlichkeit des Gemeindeverwaltungsorgans vor der Öffentlichkeit scharf und personenhaft profiliert sei1 28 • Zum Teil geht man noch weiter und bezweifelt, daß überhaupt noch die aktive Beteiligung der gesamten Bürgerschaft an der kommunalen Verwaltung gefordert werden müsse, und meint, dieses Postulat gehöre zur Ideologie des 19. Jahrhunderts mit seiner Trennung von Staat und Gesellschaft und sei niemals realisiert wordent 29 • Die Beiträge zur Problematik der Zuständigkeitsreform leiden zum Teil an dem Mangel, daß zu einseitig die Kategorien der Lehre von der Dreiteilung der Gewaltentao in den Vordergrund gestellt werden. Abgesehen davon, daß gegen die unkritische Anwendung auf das Kommunalverfassungsrecht ohnehin Bedenkentat bestehen, sind die in Art. 28 Abs. 1 und 2 GG vorausgesetzten Vertretungen bekanntlich nicht primär Gesetzgebungsorgane. Überhaupt ist eine solche Betrachtensweise schon vom Ansatzpunkt her verfehlt; sie übersieht, daß Selbstverwaltung in der Hauptsache Verwaltung und nur zu einem bescheidenen Anteil Ortsgesetzgebung ist, daß die Vertretungen also materiell Verwaltungsorgane sind, von denen die Organe der Gemeindeverwaltung im engeren Sinne gar nicht nach der Gewaltenteilungslehre unterschieden werden könnent3 2 • 127

Loschelder, Bewährung, S. 807; Thieme, Selbstverwaltungsgarantie,

s. 325 ff.

Vgl. Weber, Problematik, S. 641 ff. Vgl. Thieme, Selbstverwaltungsgarantie, S. 326; Schumann, Analyse, s. 196 ff. t3o Vgl. dazu Maunz-Dürig in: Maunz-Dürig-Herzog, Grundgesetz, Erl. zu Art. 20 GG, Rdn. 77; Weber, Spannungen, S. 25. 13 1 Bückmann, Kommunalverfassung, S. 62, 63. 132 Peters, Gewaltentrennung, S. 1 ff. (24). 12s 129

172

Abschnitt 3: Zuständigkeitsordnung und Organisation

Gegenüber solchen mehr allgemein gehaltenen Überlegungen sollte der Versuch unternommen werden, Konsequenzen aus organisationswissenschaftlichen Überlegungen zu ziehen, wie dies im folgenden ansatzweise unternommen wird. Das Rationalprinzip wurde oben als Instrument zu der Verfassungszielverwirklichung erkannt. Dann muß sich auch die kommunale Zuständigkeitsordnung die Rationalisierung zur Verlustquellenbeseitigung, zur Vermeidung von Leerlauf und Doppelarbeit, zur Leistungs- und Qualitätssteigerung und zur Optimierung der Aufgabenerfüllung gefallen lassen. Es muß geprüft werden, welche Änderungen der Kommunalverfassungen notwendig sind, wenn mit der Delegation von Entscheidungsbefugnissen auf die Sachbearbeiterebene, mit der Bildung von Stäben, Arbeits- und Projektgruppen ernst gemacht wird, wenn die Ablauforganisation rational gestaltet und die Ablaufphasen optimiert werden, wenn Kommunikations- und Informationsfluß gest€igert und die automatische Datenverarbeitung vorbereitet werden soll. Die daraus fließenden Folgerungen betreffen die Zuständigkeiten und Befugnisse des Vertretungsorgans ebenso, wie die Verteilung der Zuständigkeiten auf Vertretungs- und Verwaltungsorgan133 • 2. Die Zuständigkeitsabgrenzung zwischen örtlichem Vertretungsorgan und Verwaltungsbehörde

Der Erfolg der Reform der kommunalen Organisation und Zuständigkeitsordnung dürfte entscheidend davon abhängen, inwieweit erkannt wird, daß die Wirksamkeit der örtlichen Volksvertretung in der Zukunft möglicherweise nur erhalten und zum Teil überhaupt hergestellt werden kann, wenn seine Zuständigkeit gründlich durchdacht und mehr auf kontrollierende, sanktionierende und überprüfende Befugnisse konzentriert werden oder - eine wohl entfernter liegende Alternative - wenn das Vertretungsorgan zu einem Gremium hauptberuflich tätiger fachkundiger Kommunalpolitiker entwickelt wird, weil sich schon heute herausstellt, daß fast nur noch die Mitglieder des Rates wirksam die Aufgabenerfüllung mitgestalten, die eine weitgehende Freistellung von beruflicher Tätigkeit ermöglichen können. Das Verwaltungsorgan muß bei aller demokratischen Kooperationsnotwendigkeit die Möglichkeit zu selbständig gestaltender Lenkung der Gemeinde in partnerschaftlichem Zusammenwirken mit den gewählten Gremien haben. Die sachkundige, rationelle und durchsichtige Gemeindeverwaltungsbehörde ist im Sozialstaat unentbehrlich und die hoch spezialit3s Vertretungs- und Verwaltungsorgan bezeichnen einerseits die gewählten örtlichen Vertretungen, andererseits die ihnen landesrechtlich unterschiedlich zugeordneten Verwaltungen, wobei das Gegensatzpaar den Wirklichkeitsbeiund vielleicht nicht genau trifft, soweit die Vertretungen materiell Verwaltungsbefugnisse ausüben.

III. Reform der Zuständigkeitsordnung

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sierte Verwaltung nicht durch Laiengremien ersetzbar134• Das Soziaistaatsprinzip fordert, ohne daß das Demokratieprinzip dem im Wege steht, vielleicht sogar die Ausstattung beider Organe mit gleichartiger Organqualität. Mit einer höheren demokratischen Rangstufe, die dem Vertretungsorgan aus dem Erfordernis der Wahl durch die Gemeindebürgerschaft erwachsen mag, läßt sich nicht ohne weiteres die Vermutung für eine die gesamte örtliche Aufgabenerfüllung umfassende Zuständigkeit des Vertretungsorgans und für die weitgehende organisatorische Abhängigkeit des Verwaltungsorgans herleiten135 • Das läßt sich mit den Gegebenheiten, die Rationalisierung und Technisierung der öffentlichen Aufgabenerfüllung mit sich brachten und bringen, nicht vereinbaren, mit Umfang und Schwierigkeitsgrad der örtlichen Aufgaben, die Rechts-, Verwaltungs- und technische Kenntnisse in einem Ausmaß erfordern, das durch guten Willen, politisches Engagement und gesunden Menschenverstand nicht mehr ersetzbar ist136 • Dagegen könnte eingewandt werden, daß die örtliche Verwaltungsarbeit auch von unteren staatlichen Verwaltungsbehörden übernommen werden könnte. Dieser Gedanke liegt auch dann nahe, wenn der Standpunkt vertreten wird, daß die Zwänge, die von dem Aufbau der integrierten Datenverarbeitung ausgehen, zu einem stärkeren Verbund der örtlichen und staatlichen Verwaltung führen müßten. Dem steht jedoch, sofern man nicht gerade die Meinung der Wiener Schule wieder aufleben lassen will 137, das Demokratieprinzip mit seiner Forderung der demokratischen Legitimation aller Gemeindeorgane entgegen. Eine in der Gemeinde wirkende staatliche Verwaltungsbehörde, die vom Vertretungsorgan letztlich nicht entscheidend beeinflußbar wäre, entbehrte der auch im örtlichen Bereich erforderlichen demokratischen Legitimation und könnte sich über die Meinung einer örtlichen Vertretung ebenso wie über die öffentliche Kritik weitgehend hinwegsetzen. Auch das Rechtsstaatsprinzip spricht für die in der örtlichen Ebene institutionalisierte Gemeindeverwaltungsbehörde. Dem Dienst am Ziel der Verwirklichung von Recht und Gerechtigkeit steht der darauf ausgerichtete Verwaltungsapparat, wie er auch immer organisiert sein mag, näher als eine Vielheit demokratischer Entscheidungsgremien mit beratenden und entscheidenden Funktionen. Das Sozialstaatsprinzip führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Im Gegenteil erwachsen der Verwaltung daraus, anders als der Verwaltung im bürgerlichen Rechtsstaat, neuartige Aufgaben; sie hat die Zielsetzungen des Sozialstaates soweit erforderlich eigenständig zu vollziehen, SozialVgl. Eichenberger, Leistungsstaat, S. 27. FTiauf, Grundfragen, S. 227; Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 80, 81; Eichenberger, Leistungsstaat, S. 13. 13& Schumann, Analyse, S. 197. 137 Vgl. bei Fröhler, Gemeinde, S. 101. 134 135

174

Abschnitt 3: Zuständigkeitsordnung und Organisation

Ieistungen zu verteilen, Interessengegensätze zu schlichten und auszugleichen, soziale Konflikte zu bändigen. Die relevanten Verfassungszielbestimmungen sprechen somit für die Beibehaltung einer mit unmittelbarer Organqualität ausgestatteten örtlichen Verwaltungsbehörde. Die eigenständige Vertretung des Volkes im örtlichen Bereich ohne die Möglichkeit des Vollzugs ihrer Entscheidungen durch ein von ihr kontrolliertes Verwaltungsorgan ist nicht praktikabel, ebensowenig wie die Selbstverwaltung überhaupt ohne die Bereitstellung der erforderlichen finanziellen Mittel. Die Erledigung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft und der vom Staat übertragenen Aufgaben sollten sich zwei rechtlich und tatsächlich gleich starke Organe teilen. Die bisherigen Erfahrungen sprechen gegen die Unterordnung des einen unter das andere Organ und für die Verteilung der Leitungsfunktionen auf mindestens zwei gleichgewichtige Organe138 • Dieses Ergebnis wird nicht nur durch die jetzt schon geläufige Praxis, sondern auch durch die organisationswissenschaftlichen Überlegungen bestätigt, die oben angestellt wurden und zu einer Erweiterung des herkömmlichen Begriffsrahmens139 zwingen. Kürzlich hat übrigens auch eine politikwissenschaftliche Untersuchung verdeutlicht, daß keineswegs nur das Vertretungsorgan Kommunalpolitik und das Verwaltungsorgan Kommunalverwaltung betreibt, sondern daß beide Bereiche miteinander verflochten sind140. Bei dieser Lage erhebt sich die Frage, ob die dem geltenden Recht eigene Vorrangstellung der Vertretungsorgane gegenüber den Verwaltungsorganen, die allen Gemeindeverfassungssystemen, monistischen wie dualistischen, zugrundeliegt - mag dies als unmittelbare Organqualität gegenüber der mittelbaren, als höherrangige oder übergeordnete bezeichnet werden141 - aufrechterhalten werden sollte oder nicht. Die Frage ist aus dem Ergebnis der vorangegangenen Erörterungen zu verneinen. Die verfassunggestaltenden Grundentscheidungen und das Selbstverwaltungsprinzip postulieren ebensowenig wie Art. 28 Abs. 2 GG, daß das Vertretungsorgan einziges oder allein bevorrechtigtes Organ in der kommunalen Organisation sein müßte. Die vorgeschlagene weitgehende Delegation von Entscheidungsbefugnissen auf die Amtsleiter- und Sachbearbeiterebene des Verwaltungsorgans142 und die Bildung von Stäben, Projektgruppen und Kommist3s Zum Teil werden solche Forderungen unrichtig auch aus dem Soziaistaatsprinzip unmittelbar abgeleitet, vgl. etwa Höhn, Verwaltung. S. 128. 139 Luhmann, Funktionen, S. 73 ff. (86). uo Grauhan, Verwaltung, S. 67 ff. 141 Vgl. Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 307 ff. 142 Vgl. oben, II dieses Abschnittes, 3 Die Elemente der Organisation.

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175'.

sionen143 würde die Beschränkung der Entscheidungsbefugnisse des Vertretungsorgans und seiner Ausschüsse und Kommissionen auf wesentliche Angelegenheiten zur Folge haben. Das könnte freilich mit einer Ausdehnung der Kontrollbefugnisse Hand in Hand gehen. Eine derartige Verlagerung der Befugnisse ist notwendig, um Rationalisierung und Demokratisierung der örtlichen Organisation zu ermöglichen. Fachausschüsse mit beratender Funktion, wie sie heute anzutreffen sind, sollten auf ihre Funktionsfähigkeit überprüft werden. Der Versuch, einen Unterausschuß eines Fachausschusses beispielsweise zu zügiger Behandlung von Planungen der Verwaltung zu veranlassen, wenn beide Seiten nicht kooperationsbereit oder gar noch persönliche Motivationen im Spiele sind, kann zu kommunalpolitischen Verwicklungen führen, welche die Arbeitsfähigkeit des Verwaltungsorgans für Wochen lähmt. Es wird daher weiter unten zu fragen sein, ob Organisationsformen denkbar sind, die solche Mängel vermeiden. Die Überlegungen zur Optimierung der Organisation144 legen darüber hinaus nahe, die Harmonisierung der aufbauorganisatorischen Gliederung des Vertretungs- und Verwaltungsorgans anzustreben. Das Zusammenspiel der Organe kann wesentlich davon abhängen, daß ihre Untersysteme sich gegenseitig entsprechen und synonyme Befugnisse haben. Die rationale Ablauforganisation sollte insbesondere zu einer Überarbeitung der Vorschriften über die Vorbereitung und Durchführung von Beschlüssen, über die Beschlußfassung und die Kontrolle führen, da die geltenden Formulierungen veraltet sind. Vertretungs- und Verwaltungsorgan müßten bei wesentlichen Planungs- und Entscheidungsprozessen harmonischer zusammenwirken. Wenn in einer Gemeindeordnung formuliert würde: Das Vertretungsorgan ist bei den Planungs- und Entscheidungsprozessen in wesentlichen Angelegenheiten der örtlichen Aufgabenerfüllung maßgebend beteiligt, würde das einer sinnvollen Aufgabenordnung nahe kommen. Im übrigen sollte der technische Entwicklungsstand der Organisationseinheit den Maßstab dafür hergeben, in welcher Weise Untersysteme des Vertretungsorgans in die Planungs-, Entscheidungs- und Ablaufprozesse einzuschalten sind, während das Plenum nur in der abschließenden Phase des Entscheidungsprozesses in Erscheinung treten sollte. Der Neuregelung bedürfen auch die Regelungen über die Kontrolle, die zur Zeit oft nicht mehr als Leerformeln ohne wesentliche Bedeutung sind. Aufsichts- oder Kontrollrechte bedürften der Spezifizierung, die Installierung von Kontrollausschüssen ist erwägenswert. Auch sollten die Vorschriften über die Information und die Kommunikation im Verhältnis von Verwaltungs- und Vertretungsorgan modernisiert und 143 1"

Vgl. oben, gleichfalls II, 3 dieses Abschnittes. Vgl. oben, II dieses Abschnittes.

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Abschnitt 3: Zuständigkeitsordnung und Organisation

effektiviert werden. Im Zeitalter der Informationselektronik kann eine Gemeindeordnung nicht den leitenden Beamten des Verwaltungsorgans die Verpflichtung auferlegen, das Vertretungsorgan oder dessen Vorsitzenden {gelegentlich) über den Ablauf der Verwaltungsangelegenheiten zu unterrichten145 • Der Verbund der Datenverarbeitungssysteme dürfte dazu führen, daß leitende Bedienstete aus der eigenen und darüber hinaus aus der zentralen Datenverarbeitungsanlage Informationen ebenso abrufen, wie die führenden Angehörigen des Vertretungsorgans; entsprechende Regelungen sollten das konkretisieren. 3. Zuständigkeitsprobleme bei Ausschüssen, Beiräten und beratenden Gremien bei gemeindlichen Einrichtungen, Veranstaltungen und Betrieben

Die Erörterung der Zuständigkeitsverteilung zwischen Vertretungsund Verwaltungsorgan hat notwendigerweise einzelne Zuständigkeitsprobleme des Vertretungsorgans und seiner Untersysteme vorweggenommen, obwohl sich hier ein anderer Schwerpunkt in der Fragestellung ergibt. Zuvor sind noch einige Bemerkungen zu dem derzeitigen Trend erforderlich, Entscheidungsbefugnisse des Vertretungsorgans auf Fach- oder Stadtteilsräte, Gruppen, Interessentenmehrheiten oder Anstalten und Wirtschaftsunternehmen der Gemeinden zu verlagern. Dabei geht es vornehmlich um die Einführung der Ortschaftsverfassung, die Einführung der paritätischen Mitbestimmung und die Selbstverwaltung an Schulen. Diese Beispiele erschöpfen allerdings nicht die Vielzahl dieser Ansätze. Die Problematik der Bezirks- oder Ortschaftsverfassung ist durch die Gebietsreform in das vordergründige Interesse gelangt. Das Gemeindeverfassungsrecht der meisten Länder sieht die Einführung von Bezirks- oder Ortschaftsstatuten fakultativ vor; dabei ergeben sich von Land zu Land Unterschiede in der Ausgestaltung; im allgemeinen lassen die Gemeindeordnungen der ortsrechtlichen Detailregelung einen weiten Gestaltungsspielraum146 • NordrheinWestfalen hat die gemeinderechtliche Regelung der Ortschaftsverfassung unter dem Reformaspekt im Jahre 1969 geändert, allerdings nicht so weitgehend, wie von der Landesregierung mit einem im Jahre 1968 eingebrachten Gesetzesentwurf in Vorschlag gebrachtl 47 • Das Für und Wider der Ortschaftsverfassung ist umstritten. Das hauptsächliche Gegenargument wird aus Art. 28 Abs. 2 GG hergeleitet. Vgl. oben, li dieses Abschnittes, 3- Die Elemente der Organisation. Vgl. Baden-Württemberg- §§ 75 f. GO; Bayern- Art. 60 GO; Hessen - §§ 81-s3 GO; Niedersachsen- §54 GO; Rheinland-Pfalz- §§57-59 SV. 147 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Gemeindeordnung, der Landkreisordnung und anderer kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften des Landes Nordrhein-Westfalen, Landtag NW, Drucksache Nr. 695, 1968, S. 3 ff. 145 148

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Die Ortschaftsverfassung mit der Möglichkeit der Übertragung von Entscheidungsbefugnissen auf Organe der Ortschaft verletzt, so wird vorgetragen, die Selbstverwaltungsgarantie, weil eine weitgehende Übertragung von Zuständigkeiten der Gemeindeorgane auf die Bezirke dazu führe, daß die Gemeinde ihren wesentlichen Aufgabenbereich nicht mehr wahrnehmen könne und ihre Allzuständigkeit damit in Gefahr gerate. Auch soll die Zuständigkeitsverlagerung auf Bezirksorgane zu Schwierigkeiten bei der Abgrenzung von Zuständigkeiten, bei der Koordination im gesamten Gemeindebereich, bei der Zusammenfassung der Verwaltungsarbeit zu schnellerer Entscheidung und Kostensenkung mit Hilfe moderner Methoden und Techniken und überhaupt zur Ineffizienz der Gemeindeverwaltung führen. Schließlich soll die Einführung der Bezirksverfassung die Gefahr der Desintegration mit sich bringen, während neu gebildete Großgemeinden besonders in der ersten Zeit stärker integri-erender Momente bedürften148 • Dagegen wird geltend gemacht, Art. 28 Abs. 2 GG werde durch die Verlagerung von Entscheidungsbefugnissen auf gemeindliche Bezirke nicht verletzt, weil das Gebot der eigenverantwortlichen Verwaltung im örtlichen Bereich gar nicht tangiert werde149 ; es komme darauf an, im Neugliederungsfalle den bürgerschaftliehen Mitwirkungsverlust quantitativ auszugleichen: die Selbstverwaltung im politischen Sinne lebe von einer breiten Mitwirkung am kommunalpolitischen Leben und vom Interesse der gesamten Gemeindebürgerschaft an allen Planungen und Verwaltungsvorgängen. Da die Gemeinden im übrigen einen wichtigen Beitrag zur Gewinnung einer lebendigen Demokratie zu leisten hätten, sei die bezirksmäßige Aufteilung des Gemeindegebietes auch unabhängig von der Neugliederung von wachsender Bedeutung, weil aus ihr die Freisetzung vielfach noch ungeweckter Kräfte bürgerschaftliehen Mitdenkens und Mitverantwortens zu erhoffen seil50• Zu der speziellen Frage der Selbstverwaltung in Großstadtbezirken wird die Auffassung vertreten, Bezirksvertretungen könnten nur die Funktion haben, Hilfe zur Kommunalintegration zu sein; dies ergebe sich, wenn sie die Gemeindevertretung beraten und ihr bei der Aktualisierung des Gleichheitssatzes helfen könnten; die Wahrnehmung von Entscheidungsfunktionen durch Bezirksvertretungen in bezirksspezifischen Angelegenheiten sei nicht angängig und auch nicht geeignet, gesamtkommunale Selbstverwaltung zu aktivieren151. Soweit die Einrichtung von Bezirksvertretungen mit Entscheidungsbefugnissen im Bahro, Bezirksverfassung, S. 26; Krämer, Selbstverwaltung, S. 92 ff. Berkenhoff, Kommunalverfassung, S. 208; Nordrhein-Westfalen-Gutachten A, S. 37. 1so Koch, Großgemeinde, S. 70 ff. 151 Krämer, Selbstverwaltung, S. 92 ff. 148 149

12 Speyer 49

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Abschnitt 3: Zuständigkeitsordnung und Organisation

Zusammenhang mit Neugliederungsmaßnahmen steht, ist zu beachten, daß dekonzentrierte Bezirksverwaltungen die verlorengegangenen Gemeindeverwaltungen nicht zu ersetzen vermögen. Sie können nur Hilfsdienst-e für die Bevölkerung im Auftrag und unter Weisung der Gemeindeverwaltung leisten. Zudem können Bezirksvertretungen auch leicht in Konflikt mit dem Rat geraten und den gebotenen Integrationseffekt hemmen. Auf die Integration der Gemeindet-eile kommt es jedoch an. Alles das ist freilich von Fall zu Fall differenziert zu beachten. Vereinbarungen über die Einrichtung von Bezirksvertretungen mit beratenden Funktionen können die Entscheidung für Zusammenlegungen von größeren Städten und Gemeinden zumindest für Übergangszeiten erleichtern, sofern die erwähnten Grundsätze beachtet sind. Ein zweites aktuelles Problem der Zuständigk·eitsordnung ist die Einführung der Mitbestimmung in kommunalen Wirtschaftsunternehmen. Die Befürworter machen aus dem kommunalverfassungsrechtlichen Aspekt geltend, es gehe darum, die Rechte des Bürg·ers, und zwar des unmittelbar beteiligten Bürgers, an einzelnen Einrichtungen stärker zu akzentuieren und unmittelbar zur Geltung zu bringen; ausgehend von einem neuen Demokratieverständnis der werdenden Gesellschaft müßten die Einrichtungen der Daseinsvorsorge vergesellschaftet und dem direkten Einfluß der Beteiligten unterworfen werden; die Einführung der paritätischen Mitbestimmung folge dem Verfassungsauftrag, die Sozialbindung des Eigentums zu verwirklichen152 • Demgegenüber wird geltend gemacht, es sei der Gemeinde nicht erlaubt, ihre Einflußmöglichkeiten auf ihre wirtschaftlichen Unternehmen ohne zwingenden Grund preiszugeben; die Korrektur vermeintlicher gesetzgeberischer Unterlassungen auf gesellschaftspolitischem Gebiet sei dazu kein zwingender Grund; die Daseinsvorsorge auf dem Gebiete der Versorgung und des Nahverkehrs gehöre zu den gemeindlichen Aufgaben; auch wenn diese Aufgabe mittels rechtlich selbständiger Unternehmen erfüllt werde, bleibe ihre Betätigung öffentliche V-erwaltung. Die Sorge für ein entsprechendes Verwaltungshandeln treffe nicht nur die Unternehmen selbst, sondern auch die Gemeinden. So habe die Gemeindevertretung darauf hinzuwirken, daß das Verhalten der Unternehmen mit der öffentlichen Zwecksetzung im Einklang stehe und den aus der Übernahme der Aufgaben erwachsenden materiellen Interessen der Gemeinde entspreche153 • Weitere Gesichtspunkte ergeben sich aus Hinweisen auf den Munizipalsozialismus seit der Jahrhundertwende, aus der Repräsentationspflicht der Gemeinde, aus dem Unternehmensrecht und weiteren Aspekten154 • Vgl. auch Mitbestimmungskommission, passim. Vgl. dazu VG Düsseldorf, Beschluß vom 12. 2. 1971 in DVBl 1971, S. 225 ff. zum Duisburger MitbestimmungsstreitfalL 154 Berger, Mitbestimmung, S. 422 ff.; vgl. Adickes, Aufgaben. S. 10 ff. 152

153

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Die Überlegungen zur Einführung der Mitbestimmung in kommunalen Wirtschaftsbetrieben laufen parallel zu den Erörterungen über die Einführung der Mitbestimmung in sonstigen kommunalen Einrichtungen und Anstalten. Insoweit ist die Diskussion über die Organisation der Gesamtschule von besonderem Interesse, zu der die Bildungskommission des Deutschen Bildungsrates im Jahre 1970 empfohlen hat, den Gesamtschulen eine begrenzte Selbständigkeit zu gewähren, die in Bereichen eigener Verantwortung in der Leitungs- und Organisationszuständigkeit sowie durch die Beteiligung an der Bildungsplanung und Curriculum-Revision Ausdruck finden solle155• Diese Überlegungen werden zunehmend auf das gesamte Schulwesen übertragen und führen zu gesetzgeberischen Detailregelungen, die den kommunalverfassungsrechtlichen Aspekt gänzlich oder zumindest weitgehend unberücksichtigt lassen156, indem sie Zuständigkeiten der Gemeinden als Schulträger auf Einrichtungen verlagern. In den gleichen Zusanunenhang gelangt das Städtebauförderungsgesetz mit seinen Ausformungen unmittelbarer Bürger- und Betroffenenbeteiligung. Allen erwähnten Fallgruppen ist die Tendenz gemeinsam, im Interesse der Demokratisierung, wie formuliert wird, Entscheidungs- oder Beratungsfunktionen auf die Basis zu verlagern. Das steht übrigens eng mit der Diskussion über die Problematik einer weitgehenden Öffnung der Verwaltung zum Bürger und überhaupt mit der Frage des Bürger- Gemeindeverhältnisses im Zusammenhang, mit Überlegungen, in welcher Weise eine stärkere Kommunikation und Partizipation erreicht werden kann, wie weiter unten noch erörtert wird157 • Die kontinuierliche Überführung der mittelbaren Repräsentation in die unmittelbare Repräsentation im örtlichen Bereich könnte gemeinwohlgerecht sein, wenn dies dem Demokratieprinzip Rechnung trägt, soweit eine weitergehende und breitere Bürg-erbeteiligung erreicht wird und eine größere Anzahl von Verbindungs- und Beziehungslinien zwischen Bürgerschaft und Gemeindeverwaltung entsteht. Allerdings könnte dann vielleicht die Funktion der kommunalen Selbstverwaltung nicht hinreichend berücksichtigt sein, wenn das dazu führte, daß sie institutionell unterlaufen wird. Es muß daher geprüft werden, ob sich aus den Verfassungszielbestinunungen Folgerungen hierzu ergeben. Das Demokratieprinzip in seiner Ausdeutung als Verfassungszielbestimmung der allgemeinen politischen Aktivierung im Interesse der 155

Vgl. Bildungskommission. S. 260 ff.; vgl. Harnischjeger, Gesamtschule,

s. 18 ff. 156

Zum Stand der Ausgestaltung des Elternrechts in den Ländern, vgl. Elternrecht, passim. Vgl. unten, IV- Das künftige Bürger-Gemeinde-Verhältnis.

Lehmann, 157

12°

180

Abschnitt 3: Zuständigkeitsordnung und Organisation

Integration des Gemeinwesens in allen Bereichen ergibt hierzu möglicherweise die Antwort, die schon angedeutet wurde. Seine Auswertung für die Frage nach der leitbildgerechten Entscheidungsebene im örtlichen Bereich dürfte dazu führen, die Verlagerung von Entscheidungsbefugnissen nach unten zu rechtfertigen, weil auf diese Weise quantitativ eine größere Anzahl von Bürgern Mitwirkungschancen gewinnt158 • Ob dem Gewinn an Mitwirkungsquantität, der dabei anzunehmen ist, weil in der Gemeindebürgerschaft allenthalben erkennbar die Neigung besteht, sich für kommunale Detailfragen direkten oder indirekten eigenen Interesses stärker und zum Teil engagierter öffentlich zu betätigen, zugleich auch ein Gewinn an Mitwirkungsqualität entspricht, dürfte allerdings nicht ganz sicher zu bejahen sein. Das spricht aber auch nicht gegen die Verbreiterung sach- oder bezirksbezogener Mitwirkungsbefugnisse. Hier geht es im Grunde um die Streitfrage: mittelbare oder unmittelbare Demokratie - verlagert in die Gemeindeebene -, die uns später noch einmal interessieren wird. Der Befürworter von Ausformungen der unmittelbaren Demokratie wird das Demokratieprinzip hier für die Verlagerung von Entscheidungsbefugnissen auf die Basis heranziehen. Inwieweit das geschehen sollte, muß davon abhängig gemacht werden, inwieweit der Rat noch integrierend funktionieren kann. Art. 28 Abs. 1 S. 3 GG läßt die unmittelbare Demokratie im örtlichen Bereich jedenfalls ausdrücklich zu. Das Sozialstaatsprinzip, das den Gesetzgeber dazu verpflichtet, soziale Gerechtigkeit, Sozialität, zu verwirklichen, enthält, wie schon ausgeführt, die Verpflichtung zur Bereinigung und Verhütung sozialer Diskriminierungen - nicht allein im Sinne der Verbesserung der materi-ellen Lebensbedingungen, sondern auch im Sinne der Gewährleistung und Verbreiterung der Selbstbestimmung in allen wesentlichen Lebensbereichen und damit auch der kommunalen Selbstverwaltung. Auch daraus könnte die stärkere Betonung basisnäherer Entscheidungsbefugnisse hergeleitet werden. Diese Überlegung könnte darüber hinaus durch das Argument erhärtet werden, daß die jeweils unmittelbar betroffene soziologische Gruppe in ihrem Lebensbereich engagierter für ihre Anliegen eintritt als die Vertretung der Gesamtheit der kommunalen Interessen. Das Rechtsstaatsprinzip als allgemeines Gerechtigkeitsgebot gibt für die Frage der Zuordnung von Entscheidungsbefugnissen zu dem einen oder anderen Bereich nicht so viel her; wohl wird man den Aspekt beachten müssen, daß der konservierende Zug des Rechtsstaatsprinzips vielleicht stärker für die Erhaltung der Entscheidungsbefugnisse der gewählten Vertretung und ihrer Ausschüsse spricht. Freiheit und Eigentss

Vgl. neuerdings Scheuner, Probleme, S. 1 ff. (4).

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ständigkeit der Gemeinde werden aber möglicherweise um so mehr in Frage gestellt, je mehr Entscheidungsbefugnisse den gewählten Räten nach unten (wie in die höhere Ebene) entzogen werden. Deswegen muß sehr sorgfältig abgewogen werden, damit nicht die Gemeinde desintegriert und die Wahrnehmung der Interessen der örtlichen Gemeinschaft dadurch unmöglich gemacht wird, daß die Organe der Gemeinde keine Macht dazu haben. Dann setzt sich, wenn wir die Tätigkeit von Schulpflegschaften als Beispiel nehmen, diejenige Schulpflegschaft mit den Interessen der von ihr vertretenen Anstalt ohne Rücksicht auf Erwägungen einer gleichheitliehen Behandlung aller Anstalten am stärksten durch, die es versteht, ihr Anliegen am wirksamsten oder mit dem meisten taktischen Geschick vorzutragen, der meisten Publizität, der meisten Unterstützung durch Zeitungsvertreter. Die bisherigen Erfahrungen mit der Tätigkeit von Schulpflegschaften bestätigen das. Es setzt sich in der letzten Zeit zunehmend die Tendenz durch, daß Schulleiter die Schulpflegschaften zu Parlamenten des schulischen Teilinteresses umfunktionieren, die gegenüber der kommunalen Vertretung auftreten und sie beeinflussen; einige halten sich dazu gar für verpflichtet. Auch Schülermitverwaltungen und Lehrerräte werden in solcher Weise manipuliert. Hierbei ist dann u. U. nur noch entscheidend, welche Schulpflegschaft den geschicktesten Akteur in ihren Reihen und welche Schule einen Pädagogen im Kollegium hat, der die politische Manipulation beherrscht und sich am besten auf Öffentlichkeitsarbeit versteht. Wird das institutionell verfestigt, so ist beispielsweise eine konsequente Schulentwicklungsplanung kaum noch zu verifizieren, dann wird ein mit politischem Gewicht ausgestatteter Schulleiter besserwisserisch z. B. durchsetzen können, daß ein Gymnasium auf nicht ausreichendem Grundstück erweitert wird, statt etwa der Entwicklungsplanung entsprechend ein neues auf hinreichendem Gelände noch gar im Rahmen eines Schulzentrums zu erstellen. Dann führen Rücksichtnahmen im kommunalen Bereich auf vielfältige und divergierende Interessen zu einer nicht mehr kooperierenden, sondern auseinanderstrebenden Basis - zum Zick-Zack-Kurs, zu Kompromißund Verlegenheitsentscheidungen, die mit dem Dienst am Wohle der Gesamtheit nur noch wenig gemein haben. Dann wird u. U. nicht der Rat einer Stadt, sondern ein Kindergartenrat, wie er in einem Landesgesetz institutionalisiert wird159, über Grundsätze örtlicher Erziehungsund Bildungsarbeit in Verfolg von Einzelinteressen befinden und dem Vertretungsorgan die Möglichkeit nehmen, das Gemeinwohl zu verwirklichen. 159 Vgl. zweites Gesetz zur Ausführung des Jugendwohlfahrtgesetzes Kindergartengesetz - NW vom 14. Dezember 1971.

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Abschnitt 3: Zuständigkeitsordnung und Organisation

Gemeinwohlprinzip und Selbstverwaltungsprinzip führen im Kontext mit den Verfassungszielbestimmungen zu der Konsequenz, daß die maßgeblichen Entscheidungsbefugnisse bei den Vertretungen bleiben müssen160 • Es gilt insoweit der gleich~ Grundsatz, wie bei der Problematik der Delegation von Entscheidungsbefugnissen auf die Sachbearbeiter- oder die Amtsleiterebene. Die unwiederbringliche Herabstufung wesentlicher Entsch·e idungsbefugnisse, die der Koordination der Gemeindeinteressen dienen, auf andere Entscheidungsträger entspricht nicht dem Selbstverwaltungsprinzip. Deswegen ist die verselbständigte Ortschaft, die Einführung der Selbstverwaltung verselbständigter kommunaler Einrichtungen und unter Umständen auch eine die kommunale Entscheidungszuständigkeit weitgehend ausschaltende Mitbestimmung in kommunalen Wirtschaftsbetrieben, also stets die endgültige Zuordnung von für das Gemeindeganze wesentlichen Entscheidungsbefugnissen sehr sorgfältig zu prüfen. Ganz anders ist die Delegationsmöglichkeit solcher Befugnisse zu beurteilen und die Zuordnung von Beratungs- oder Anhörungsrechten. Die minimalisierende Interpretation der Selbstverwaltungsgarantie durch di·e herrschende Lehre wird sich die Lösung mit der Auffassung, die den Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht zuläßt, solange noch ein anscheinend hinreichender Selbstverwaltungsrest verbleibt und der Eingriff auch geboten, sachgerecht und dringlich ist, möglicherweise leichter machen. Eine eingehendere Prüfung wird demgegenüber in den Fällen der Ortschaftsverfassung und der Verselbständigung kommunaler Einrichtungen darauf abheben müssen, ob eines der vier Merkmale des Art. 28 Abs. 2 GG tangiert ist181 • Im Falle der Einführung der Ortschaftsverfassung ergibt Art. 28 GG folglich eine äußerste Grenze, die dann erreicht ist, wenn d~r Gemeindevertretung die Entscheidungsbefugnis in wichtigen Angelegenheiten entzogen wird. Die kommunalverfassungsrechtliche Eröffnung der Befugnis, Entscheidungszuständigk~iten auf Bezirksvertretungen zu übertragen und wieder zurückzuübertragen, würde diese Bedenken nicht auslösen, weil sich das Vertretungsorgan in diesem Falle immer in die Position des verantwortlichen Aufgabenträgers zurückversetzen kann. Das löst zugleich die Frage d~r gesetzlichen Übertragung von wesentlichen Entscheidungsbefugnissen auf kommunale Schulen unter organisatorischer Verselbständigung der Anstalten und die Problematik der Einführung einer die Einwirkungsmöglichkeit der Gemeinde ausschaltenden Mitbestimmung bei kommunalen Wirtschaftsbetri:eben ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Unbedenklich - allein betrachtet unter In diesem Sinne auch Weber, Gebietsreform, S. 474. Vgl. dazu oben, Dritter Abschnitt, III, Überlegungen zu der Reform der kommunalen Zuständigkeitsordnung. 16° 16 1

III. Reform der Zuständigkeitsordnung

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dem Aspekt des Art. 28 GG - ist die gesetzliche Ermächtigung der Vertretungsorgane, wesentliche Entscheidungszuständigkeiten auf Entscheidungsträger oder Beiräte der Basis zu übertragen; nicht verfassungskonform ist aber, sie den Vertretungsorganen zu nehmen. Anders ist die Situation möglicherweise bei kommunalen Wirtschaftsunternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit, weil sich die Vertretungsorgane insoweit schon ihrer eigenen Aufgabenverantwortung durch Ausstattung des Betriebes mit eigener Rechtspersönlichkeit begeben haben. Insoweit tangiert die Einführung der paritätischen Mitbestimmung nur noch die Verklammerung zwischen Vertretungsorgan und Unternehmen, die in die Wähl- und Beeinflußbarkeit der von dem Vertretungsorgan in das Beschlußgremium des Wirtschaftsbetriebes entsandten Mitglieder liegt. Ob das für eine Verletzung des Art. 28 Abs. 1 und 2 GG ausreichen kann, scheint zweifelhaft. Eine Eingrenzung ergibt sich aber aus dem geltenden Gesellschaftsrecht. Übrigens gelten beim gemeindewirtschaftlichen Unternehmen nicht die Argumente in ihrem vollen Gewicht, die zugunsten der Mitbestimmung in der Privatwirtschaft streiten, etwa die Ableitung aus dem Verfassungsprinzip der Menschenwürde, aus dem Demokratieprinzip, aus der Gleichwertigkeit von Kapital und Arbeit und aus der Notwendigkeit der Bindung gesellschaftlicher Macht der Kapitaleigner162, weil die hinter diesem Mitbestimmungsverlangen stehenden politischen Forderungen in der reformierten demokratischen Gemeindeverfassung für den Gemeindebereich erfüllt sind163 • Dies gilt freilich nur dann, wenn der örtliche Bereich generell in der Richtung der hier vertretenen Auffassung mit mehr demokratischem Leben, sowohl nach dem Inhalt als auch nach der Form, erfüllt wird. Immerhin kann schon zum heutigen Stand gesagt werden, daß die wirtschaftlichen Betriebe ebenso wie die kommunalen Einrichtungen in der Hand der Gemeindebürgerschaft sind, die auf ihre Verwaltung einen bestimmenden Einfluß ausübt oder zumindest ausüben kann, wenn sie das ernsthaft anstrebt. Diese Überlegungen schließen nicht aus, Beiräten aller Art, Fach- und Bezirksräten, Beratungsbefugnisse und Vortragsrechte gegenüber den Organen der Gemeinde zu übertragen. Die Errichtung von Benutzeroder Besuchervertretungen in der Form von Beiräten bei kommunalen Anstalten, Veranstaltungen, Einrichtungen und Betrieben aller Art unter Berücksichtigung des Demokratie- und Sozialstaatsprinzips hat einen Demokratisierungseffekt, der nicht auf Kosten des Gemeinwohlprinzips und der künftigen Existenz der kommunalen Selbstverwal18 2

Vgl. Mitbestimmungskommission, S. 29 ff.

1ea Zur kommunalen Selbstverwaltung als älteste Form der Mitbestimmung Brundert, Selbstverwaltung, S. 79.

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Abschnitt 3: Zuständigkeitsordnung und Organisation

tung geht, sondern sie stärkt. Aus diesem Blickwink-el ist der Auffassung beizupflichten, daß die Beiräte eine neue Form der Beziehungen zwischen "Regierung und Regierten" verkörpern, durch die die verfassungsmäßige Mitwirkung der Bürger an der Gesetzgebung sowie ihre Ausstattung mit Grundrechten ergänzt werden, und daß Beiräte die jüngsten Ausläufer der großen Bewegung sind, die die stärkere Teilnahme der Bürger an den öffentlichen Aufgaben zum Ziele hat164 • Wenn es also darum geht, Bildungsinstitutionen, wie etwa Gesamtschulen, Mitwirkungsrechte zu übertragen, insbesondere - und darauf sollte sich insoweit das hauptsächliche Interesse konzentrieren - im Bereich der inneren Schulangelegenheiten, weil dort der Gegensatz zwischen "Regierten und Regierung" immer wieder aufflammt, so bestehen dagegen keine Bedenken. Es geht lediglich nicht an, die Einwirkungsmöglichkeiten der Städte und Gemeinden auszuschließen165 und sie auf die Rolle einflußloser Lastenträger zu reduzieren. Nicht unwesentlich ist im gleichen Zusammenhang das Verhältnis zwischen Vertretungsorgan, Fachausschüssen und Beiräten der Einrichtungen und Anstalten und möglicherweise Veranstaltungen der Gemeinden. Führen unsere Überlegungen dazu, den Beiräten ein größeres Gewicht· beizumessen und sie unter Berücksichtigung des Demokratieprinzips in die Vorbereitung der Beschlüsse der Vertretung einzuschalten, werden auch dadurch möglicherweise die Fachausschüsse in Frage gestellt. Es ist aber in erster Linie erstrebenswert, Aufgabenträger zu finden, die eine geeignete Verbindungsstelle zwischen Vertretung und Leitung des Gemeindeverwaltungsorgans einerseits und Beiräten andererseits darstellen können. Berücksichtigt man die wachsende Kritik an den Ausschüssen188, die einiges an Berechtigung für sich hat, so ist zu prüfen, in welcher W·e ise ihre Funktionen verbessert werden können, damit sie nicht die Verwaltungsabläufe hemmen, sondern die Aufgabenerfüllung im örtlichen Bereich fördern. So wäre zu erwägen, die Einrichtung gemischter Stäbe in Betracht zu ziehen, die aus möglichst fachkundigen Mitgliedern des Vertretungsorgans, Angehörigen des Verwaltungsorgans, Sachverständigen aus der Bürgerschaft und Vertretern des oder der Beiräte bestehen. Überlegungen dieser Art werden - versuchsweise - bei den Planungskomm Vgl. Hacker, Beiräte, S. 1, 107; der Auffassung Loviscachs, Beiräte, S. 217 ff., Beiräte trügen nicht zur demokratischen Gestaltung der politischen Ordnung bei, wird man demgegenüber nicht ohne weiteres beipflichten können, wobei auch zu berücksichtigen ist, daß sich .die Untersuchungen Loviscachs im wesentlichen auf Beiräte bei staatlichen Behörden beziehen. Mit Loviscach insoweit übereinstimmend Canenbley, Zweckmäßigkeit, insbes. s. 212. m Wie Harnischfeger, Gesamtschulen, S. 18 ff. meint. 186 Canenbley, Zweckmäßigkeit, passim, insbesondere S. 209.

IV. Bürger-Gemeinde-Verhältnis

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m1sswnen in die Tat umgesetzt, die den Schulversuch Gesamtschule Nordrhein-Westfalen vorbereiten, wie oben im zweiten Beispielsfall gezeigt wurde167• Die Planungskommission Gesamtschule hat in der derzeitigen nordrhein-westfälischen Version die Rechtsstellung eines Fachausschusses und steht - experimentweise - gleichberechtigt neben den anderen Fachausschüssen mit der Befugnis, unmittelbar Vorschläge an das Vertretungsorgan bzw. an den Hauptausschuß des Vertretungsargans zu richten. Verallgemeinert man solche Ansätze, könnte die Überlegung naheliegen, das kommunale Fachausschußsystem in Annäherung an dieses Must-er zu gestalten. Dann könnten an die Stelle von Fachausschüssen des Vertretungsorgans Kommissionen treten, die Planungsfunktionen aller Art ausüben könnten, um Entscheidungen des Vertretungs- und des Verwaltungsorgans vorzubereiten. Ein Vorteil solcher Kommissionen, die in ihrer Arbeitsweise beweglicher als die konventionellen Fachausschüsse sind, liegt in der leichteren Anhindung von Beiräten aller Art an das kommunale Geschehen. Der Hauptvorteil läge in der möglichen Überwindung des Konkurrenzverhältnisses Verwaltung- Vertretung, weil partnerschaftliebes kooperatives Zusammenwirken das gegenseitige Verständnis befruchten könnte. Es geht insgesamt um die organisatorische Vorbereitung stärkerer kommunalpolitischer Aktivitäten innerhalb der Verwaltung, ihrer Ausschüsse und Kommissionen, aber auch innerhalb der Bürgerschaft insgesamt, die durch Beiräte geweckt werden könnten.

IV. Das künftige Bürger-Gemeinde-Verhältnis 1. Problematische Entwicklungstendenzen

Erörterungen des künftigen Bürger-Gemeinde-Verhältnisses, des Verhältnisses des Einzelnen, örtlicher Gruppierungen oder auch der örtlichen Gemeinschaft zu der ihnen zugeordneten kommunalen Organisationseinheit, die ihnen regulierend, leistend, eingreifend und fördernd gegenübertritt, könnten sich mit Bearbeitung und Realisation der ganzheitlichen Reform im örtlichen Bereich weitgehend erledigt haben. Mit Neuverteilung und Finanzierung der öffentlichen und Festlegung der örtlichen Aufgaben, mit leitbildgerechtem Zuschnitt und demokratischer Organisation der unteren Verwaltungseinheit wäre dann vielleicht in der örtlichen Nahtstelle zwischen Bürgerschaft und Gemeinw-esen, die sich so stark in den privaten Bereich vorgeschoben hat, alles wohlgeordnet. Diese Betrachtensweise machte sich allerdings den Versuch desÜberdenkenseines nicht unbedeutenden Fragenkreises t87 Vgl. oben II, 2 a lichen Bereich.

Problematik einer rationalen Organisation im ört-

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Abschnitt 3: Zuständigkeitsordnung und Organisation

zu leicht, denn nicht nur in der verwaltungswissenschaftlichen Literatur wird darauf hingewiesen, daß eine, möglicherweise überhaupt die zentrale Frage der Reformen darin besteht, wie in Anbetracht der eingangs geschilderten Situation mit ihren zum Teil wirklich nicht gerade günstigen Vorgegebenheiten für die Haltung des Menschen gegenüber dem Gemeinwesen und trotz der fortschreitenden Vergrößerung, Rationalisierung und Mechanisierung der öffentlichen Verwaltung ein positives Verhältnis Bürger - Verwaltung erreicht und weiterentwickelt werden kanntss. Die Reform muß der Gefahr begegnen, daß die öffentliche Verwaltung apparathaft zu einer entpolitisierten, scheinbar nur an Sachgesetzlichkeiten orientierten Technokratie entartet169, zu einer Apparatur, die aus dem politischen Integrationsprozeß ausgeklammert ist und sich faktisch der politischen Kontrolle durch die Vertretung des Volkes entzieht170 • Anderenfalls behielten diejenigen Recht, die wohl die mangelnde Ansprechbarkeit der Bürgerschaft für politische Konzepte oder die Überforderung ihrer Anpassungsfähigkeit171 als unabwendbar hinnehmen. Die Reform muß aber auch eine Gefahr bannen, die aus einer anderen Richtung droht, wenn dem Staat, wie befürchtet, - und damit auch der Verwaltung - nach und nach die Entscheidung darüber entwunden wird, was im Interesse des Gemeinwohls als notwendig oder wünschenswert anzusehen ist, weil in dem ständigen, von der technischen Entwicklung ausgelösten Fortschreiten der Gesellschaft die Tatbestände sozusagen von außen gesetzt würden, denen das Gemeinwesen nur entsprechen müsse, dem .allenfalls die Möglichkeit verbleibe, über die Präferenzen zu entscheiden172• Dieses Bild bezeichnet eine Verwaltung, die nur noch dazu dient, die menschlichen Lebensbedingungen und die sozialen Zustände den sich infolge des technischen Prozesses ständig verändernden gesellschaftlichen Verhältnissen mit steigenden Wohlstandserwartungen anzugleichen, reaktiv statt aktiv. Beide Gefahren sind in der Gegenwart vorgezeichnet, für beide Extreme finden sich Ansätze in der Wirklichkeit, auch bei den Verwaltungen im örtlich·en Bereich. Wie stellt sich die Verwaltung dem Bürger dar, den sie mit für ihn unverständlicher und in Wahrheit auch gar nicht stichhaltiger Begründung dazu zwingt, eine mit viel Mühe erbaute Gartenlaube abzureißen, wie andererseits die Verwaltung dem sich guter politischer "Beziehungen" erfreuenden Fußballverein, dem sie eine 188 Haussleiter, Verwaltungssoziologie, S. 62; Ronneberger, Öffentlichkeit, S. 16; Ellwein, Öffentlichkeit, S.l4 ff. 1ss Köttgen, Innenpolitik, S. 145 ff. 110 Badura, Rechtsstaat, S. 450/151. 171 Mitscherlich, Gesellschaft, S. 373 ff.; dazu oben, Erster Abschnitt, I Reformbedürftigkeit des örtlichen Bereichs, S. 11 ff. 172 Forsthoff, Industriegesellschaft, S. 107 ff.

IV. Bürger-Gemeinde-Verhältnis

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unter fadenscheinigem Vorwand veranstaltete Vergnügungsreise ins Ausland finanziert? Wenn auch die Auffassungen über das derzeitige Verhältnis Bürger - Verwaltung geteilt sind173, dürfte die Wirklichkeitslage in der Mehrzahl der Städte und Gemeinden die Feststellung rechtfertigen, daß Verwaltungen und Vertretungen im allgemeinen mit einem recht großen Vertrauenskapital arbeiten174• Mit diesem Zustand kann sich die ganzheitlich angelegte Reform indessen nicht zufrieden geben. Deswegen wird mit Recht nach Beschaffenheit und Geist einer gemeinwohlorientierten rechtsstaatlich-demokratischen175, die menschliche Individualität sichernden, Freiheit zur mitmenschlichen Sozialität schaffenden Verwaltung176 gefragt, die mit den Maßstab dafür setzt, inwieweit sich die menschliche Existenz entfalten und zu Sinngebung gelangen kann177 • Von dieser Problematik und ihrer Lösung, die sich vielleicht in erster Linie auf die Nahtstelle Bürger örtliche Verwaltung konzentriert, hängt es mit ab, ob die Gemeinde künftig mehr sein kann als technischer Verwaltungsapparat, dazu dienend, den Einzelnen und die Gesellschaft weitgehend von den Lasten des Daseins freizustellen. Damit ist das Schicksal der kommunalen Selbstverwaltung eng verknüpft, denn davon hängt es mit ab, ob und inwieweit der Bürger des künftigen Gemeinwesens sich in einer auf die örtliche Gemeinschaft zugeschnittenen Gebietskörperschaft engagiert oder - wohin schon ein starker Trend geht - in einer Personenkörperschaft, einem Berufsverband, einem Verein oder einer sonstigen Gruppierung, womit dann denjenigen recht gegeben würde, die schon die Auffassung vertreten, die typische Form der Selbstverwaltung sei nicht mehr die kommunale, sondern die soziale Selbstverwaltung178• Eine Steigerung dieser Auffassung stellt lediglich noch die Meinung vom Ende der kommunalen Selbstverwaltung dar179. 2. Erörterungen zur Einführung plebiszitärer Elemente in die Gemeindeverfassungen

Die Konsolidierung des Bürger - Gemeinde-Verhältnisses ist lange Zeit als ein überwiegend kommunalverfassungsrechtliches Problem behandelt und dazu erörtert worden, inwieweit zu seiner Optimierung Formen unmittelbarer Mitwirkungsweisen in die Gemeindeordnungen eingebracht oder einzelgesetzlich eingeführt werden könnten, wie das einigen gesetzgeberischen Initiativen und Realisationen, die oben er173

v. Unruh, Betrachtungen, S. 436; vgl. auch Gehlen, Gemeindeverwaltung,

s. 267 ff.

Gehlen, Gemeindeverwaltung, S. 268. Ryffel, Eigenverantwortlichkeit, S. 469. 17& Herbig, Einrichtungen, S. 244. 177 Guardini , Neuzeit, S. 34. m Henke, Rechtsformen, S. 184. 179 Schumann, Analyse, S. 196 ff.

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Abschnitt 3: Zuständigkeitsordnung und Organisation

örtert wurden, zugrunde liegt. Zur Begründung entsprechender Korrekturen der Gemeindeverfassungen ist auf den Lernaspekt für die Bürgerschaft hingewiesen und geltend gemacht worden, für die Einführung plebiszitärer Elemente im örtlichen Bereich spreche die örtliche Verbundenheit der Bürger, welche die Übersicht über den Gegenstand der Entscheidungen fördere, es seien auch die Interessen der Abstimmenden unmittelbar berührt, und es bestehe die beste Gelegenheit, aus der Richtigkeit oder Unrichtigkeit des Ergebnisses des Beschlossenen zu lernen und politische Erfahrungen zu samm-eln, insgesamt sei alles das das beste Mittel, um zu einer lebensvollen Demokratie im örtlichen Bereich zu gelangen1B0 • Die bundesrechtliche Grundentscheidung für die mitt-elbare Demokratie181 hindert den Landesgesetzgeber nicht, im Kommunalverfassungsrecht andere Wege zu beschreiten, zumal Art. 28 Abs. 1 S. 3 GG die unmittelbare Demokratie im örtlichen Bereich ausdrücklich zuläßt. Auch haben die Verfassungen der Länder im allgemeinen der Einführung plebiszitärer Elemente landesverfassungsrechtlich Raum gelassen1B2. Die unmittelbare Bürgermeisterwahl in Baden-Württemberg und Bayern183 , der Bürgerausschuß und die Bürgerversammlung in Baden-Württemberg184 , das Bürgerbegehren und der Bürgerentscheid in Baden-Württemberg185 , die Möglichkeit des Kumulierens und Panaschierens in Baden-Württemberg und Bayern186 sind einige der wenigen Ansätze. An Versuchen, neue Gestaltungsformen unmittelbarer Demokratie im örtlichen Bereich zu schaffen, fehlt es nicht. In diese Richtung geht beispielsweise ein Initiativantrag im Landtag des Landes Nordrhein-Westfalen mit dem Ziel, Volksbegehren in die nordrhein-westfälische Kommunalverfassung einzuführen, der damit begründet worden ist, die Initiative verfolge das Ziel, das Interesse der Bürgerschaft am kommunalen Geschehen zu heben, die Kommunalpolitik zu beleben und die örtlichen Vertretungen mit den Vorstellungen und Anliegen der Bürger stärker zu konfrontieren187. Die Initiative sieht daneben die Einführung der Öffentlichkeit für Ausschußsitzungen und die Einrichtung eines kommunalen Beschwerdeausschusses als Pflichtausschuß vor. Über solche Vorstellungen hinaus sollte erwogen werden, nach dem Muster der Gemeindeordnung von Baden-Württemberg, auch in den anderen Bundesländern Bürgerversammlung und Bürgerausschuß 18° 181 18t t83

Nawiasky, Demokratie, S. 38. Hesse, Grundzüge, S. 54. Vgl. Art. 68 LV NW. § 45 GO BW, Art. 17 GO Bay. tat § 23 Abs. 2; §§55 ff. GO BW. 185 § 21 GO BW. 18& § 26 GO BW; § 23 Bay GWG.

187 Vgl. Landtag NW, Drucksache Nr. 1713; Protokoll über die 68. Sitzung des Landtages NW vom 4. 2. 1970, S. 2915.

IV. Bürger-Gemeinde-Verhältnis

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zu institutionalisieren188. Eine solche Absicht wird sich sogl-eich dem Einwand gegenübersehen, daß der örtliche Aufgabenablauf mit der Einbindung derartiger Beratungs- oder Entscheidungsstufen · erschwert werde, und daß sich diese Einrichtungen in Baden-Würtetmberg nicht bewährt haben und sogar von einer Flucht aus der Verantwortung und der Versuchung die Rede war, Angelegenheiten von Gruppeninteressen in unerwünschter Weise in den Vordergrund zu schieben, ohne daß die unmittelbar Interessierten Fähigkeit und Willen hätt-en, den organischen Zusammenhang der zum Gegenstand von Bürgerentscheid und Bürgerbegehren gemachten Angelegenheiten mit dem Ge.,. Samtzusammenhang d-er Verwaltungsabläufe zu übersehen189. Ob solche Argumente durchschlagen, wird zu prüfen sein. Mißerfolge bei der praktischen Bewältigung unmittelbarer Bürgerbeteiligung könnten auch darauf zurückzuführen sein, daß bei den Verantwortlichen Zeit und Wille fehlte, die Auseinandersetzung mit der Bürgerschaft zu suchen und ihre Meinung zu erforschen. In der Wirklichkeit hat sich immer wieder gezeigt, daß Informations- und Diskussionsbereitschaft maßgebender Mitglieder von Vertretungs- oder Verwaltungsorganen g-ern aufgenommen wurden und ein positives Echo fanden. Doch nicht nur aus den Gründen mangelnder Zeit fehlt es an der kontinuierlichen Auseinandersetzung der Organe der Städte und Gemeinden mit Bürgerinteressen im direkten Kontakt. Soweit er erfolgt, verengt sich die Diskussion häufig auch dadurch, daß lediglich bereits vollzogene Entscheidungen erläutert und zudem fachspezifische Probleme in schwer verständlicher Fachsprache dargestellt werden, wie überhaupt im Kontakt zwischen den Verantwortlichen im örtlichen Bereich und den Bürgern eine verbreitete Hilflosigkeit feststellbar istluo. 3. Grundsätze der leitbildgerechten Verwaltung

Es kann weder übersehen noch hingenommen werden, daß der Anteil der Gemeinden an der in Eigenverantwortung frei gestalteten Selbstverwaltung allertfaUs noch etwa 20 Ofo ihrer Verwaltung insgesamt ausmacht191 und die Gemeindeverwaltung im übrigen durch die Übertragung staatlicher Aufgaben, durch potentielle Weisungen staatlicher Stellen und gesetzliche Obliegenheiten in mannigfachen Bereichen gebunden ist. Es fragt sich daher durchaus, ob die Reformen im örtlichen Bereich zur Zeit mehr auf das bessere Funktionieren der Verwaltung von Auftrags- und Pflichtaufgaben, als auf die Erneuerung der freien 188 189

190 191

Vgl. §§ 55 ff. GO BW. Gönnenwein, Gemeinde recht, S. 304 ff. Vgl. Roth, Kommunalpolitik, S. 18. Zeitel, Finanzstruktur, S. 1 ff.

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gemeindlichen Selbstverwaltung abstellen, ob sie also effektivere Verwaltungsfunktionen der Filialen des Großbetriebes Staat oder Gemeinwesen nach Maßgabe der Verfassungsziele erreichen wollen. Im ersten Fall kommt es auf das Verhältnis der Bürger zur Gemeinde nicht an, wemi eben nur seine Betreuung funktioniert, im zweiten Fall ist das Verhältnis der Bürger zur Gemeinde von Bedeutung, weil die eigenverantwortliche Regelung aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft durch den Bürger dann im Mittelpunkt steht. Geht man von der zweiten Alternative aus, so hat sich die Aufmerksamkeit der Tatsache zuzuwenden, daß jede im Verhältnis zum Bürger agierende Stelle der Verwaltung im örtlichen Bereich dem Bürger als das Gemeinwesen gegenübersteht, das von ihm häufig noch unterschwellig mit "der Obrigkeit" identifiziert wird, weil es superstrukturellen Charakter hat192. Es kommt deswegen nicht nur darauf an, daß die Struktur, die Aufgaben und die Arbeitsweisen in der geschilderten Weise erneuert werden, sondern es muß auch die Einstellung der Verwaltung insgesamt und jedes Bediensteten gegenüber der Bürgerschaft überprüft werden. Bei der Behandlung der Grundrechtsförderung im Wege der kommunalen Selbstverwaltung wurde schon dargelegt, daß die Grundrechte materiale Leitlinien allen staatlichen Handelns, wertmaßstäbliche Beurteilungs- und Bestimmungsfaktoren jeder öffentlichen Tätigkeit sind193. Die Verwaltung, auch diejenige des örtlichen Bereichs, ist, wie sich dabei ergab, durch die Grundrechte unmittelbar in Pflicht genommen; Leitlinie ihrer Einstellung zu der Bürgerschaft als Gesamtheit und zu dem Bürger als Individuum ist Art. 1 Abs. 1 GG194, gleichviel ob man die Norm als verfassunggestaltende Grundentscheidung betrachtet oder nicht, ihr unmittelbare Rechtswirkung bereits aus sich heraus oder nur in Verbindung mit den nachfolgenden Einzelgrundrechten beimißt. Diese Leitlinie besagt, daß das Gemeinwesen und j·edes seiner Organe den Menschen als Individuum betrachten, befähigt, seiner selbst bewußt zu werden, sich selbst zu bestimmen und die Umwelt zu gestalten195, freilich nicht als autonomes Individuum, sondern gemeinschaftsgebunden und gemeinschaftsbezogen196. Diese Auffassung geht von der sozialgebundenen Freiheit des sozialbereiten Individuums aus, vertraut darauf, daß der freie Bürger nicht nur eigenen Interessen Gehlen, Gemeindeverwaltung, S. 268. Vgl. oben Erster Abschnitt, III, 6 c - Grundrechte und kommunale Selbstverwaltung. 194 v. Unruh, Betrachtungen, S. 435; Badura, Rechtsstaat, S. 455. 195 Dürig in Maunz- Dürig- Herzog, Grundgesetz, Rdn. 18 zu Art. 1 GG; Wintrich, Grundrechte, S. 56; Marcic, Gesetzesstaat, S. 313 ff. 1os Vgl. BVerfGE 4, 7 ff. (15). 192

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nachstrebt, sondern sich in Gemeinschaften einfügen will und kann197, wobei ihr kein Idealbild des Bürgers vorschwebt, sondern das Bild des Menschen, der auch Fehlentscheidungen trifft oder Unvermögen zeigt198 • Unter diesem Blickwinkel soll die Freiheit des Einzelnen in der Gemeinschaft gesichert werden, wobei Freiheit und Ordnung sich nicht antinomisch gegenüberstehen, sondern aufeinander bezogen sind199• Dieses Verfassungsleitbild verpflichtet die öffentliche Verwaltung zur Achtung des Menschen in der Gesamtheit und als Individuum, zu seiner Förderung und zu seinem Schutz200 , bildet den wertausfüllenden Maßstab allen Handeins der örtlichen und der öffentlichen Verwaltung, bestimmt und begrenzt Zielsetzung und Aufgabenerfüllung, wobei in dem zeitlosen Spannungsverhältnis Individuum - Staat eine Ausgangsvermutung zugunsten dieses Menschen201 begründet wird, dieses Bürgers, um dessentwillen auch die örtliche Verwaltung da ist. Sie verle.tzt das Leitbild, wenn sie den Bürger zum Objekt, zum Mittel oder zur vertretbaren Größe herabwürdigt, ihn zum Ding degradiert, das erfaßt, registriert, ersetzt, angesetzt oder eingesetzt wird oder ihn in sonstiger Weise zum bloßen, mehr zwangsläufig gegebenen Objekt ihrer Betätigung macht. Die nach den erörterten Vorstellungen organisierte örtliche Verwaltung im künftigen Gemeinwesen sollte ein positives Verhältnis zum Bürger als Individuum und in der örtlichen Gemeinschaft gewinnen, indem sie dazu angeleitet wird, menschliche Gemeinschaft und menschliche Individualität nach diesem Leitbild ihrem Agieren zu unterlegen, nicht nur als System, sondern auch aus der Anschauung jedes Mitarbeiters. Der rat- und hilfesuchende oder anspruchverfolgende Bürger wird dann erkennen, daß die Verwaltung keinen Selbstzweck, sondern im Dienst an ihm Dienst am Gemeinwohl verrichtet, nach dem obersten Prinzip der Achtung und des Schutzes der Menschlichkeit nicht nur im Sinne einer abstrakten Formel202 • Diese Verwaltung will in erster Linie dem Wohl ihrer Bürger und der örtlichen Gemeinschaft dienen, jedoch gleichzeitig dabei mitwirken, demokratische Selbstverwaltung in kommunaler Eigenverantwortung zu vollziehen, zugleich im Rahmen der verfassunggestaltenden Grundentscheidungen, wie sie oben erörtert wurden. Unter diesen Leitbildern und zu ihrer Realisation will sie höchste Rationalität erzielen, zweckmäßig organisiert, 197 198 199

Vgl. BVerfGE 5, 85 ff. (204). Schneider, Verfassungsinterpretation, S. 24 ff. Schneider, Verfassungsinterpretation, S. 26 ff.; Rupp, Grundrecht,

s. 225 ff.

200 Vgl. Dürig in Maunz - Dürig- Herzog, Grundgesetz, Erl. zu Art. 1 GG, Rdn. 3; Wintrich, Grundrechte, S. 13. 20 1 Marcic, Gesetzesstaat, S. 319. 202 Hesse, Grundzüge, S. 49.

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rational durchstrukturiert und modernisiert sein203, in diesem Gewand sich ihrer Öffentlichkeit zuwenden, in der sich die örtliche Gemeinschaft widerspiegelt. Die moderne rechtsstaatlich-demokratische Verwaltung ist gegenüber dieser Öff.entlichkeit offen, aufgeschlossen und positiv orientiert204 . Im Reflex dazu könnte sich auch das Rekrutierungsproblem zum Positiven wenden, weil die Bereitwilligkeit, in diesem System mitzuarbeiten, wächst. Diese Verwaltung ist kein System zur Anfertigung verbindlicher Entscheidungen205 , kein technisch einwandfrei funktionierender Apparat, kein inhumanes Instrument der Technokratie200 , dem Bürger entfremdet, sondern ein dem Geist der Verfassungsleitbilder des sozialen Rechtsstaats und der Demokratie verpflichteter Partner der Bürgerschaft. Diese heute zuweilen verwendeten und in unzulässiger Weise vergröbernden und simplifizierenden Prädikate für die öffentliche Verwaltung enthüllen eine Verwaltungsfeindlichkeit, die nur geeignet ist, schon heute die Leistungen der Verwaltung für das Gemeinwohl zu behindern. Dieser Grundlegung - möglicherweise schwer oder vielleicht niemals ganz erreichbar - folgen die speziellen Handhaben und Maßnahmen in der Realisation. Dazu ist zutreffend vorgetragen worden, der moderne demokratische Sozialstaat werde nicht umhin können, Veranstaltungen zu treffen, die dem Bürger die Chance bieten, sich für die öffentlichen Angelegenheiten zu interessieren und soweit wie möglich an ihnen teilzuhaben, also im Rahmen der Verwaltungsreform bereits die Chancen zu berücksichtigen, die sich hinsichtlich der Partizipation am öffentlichen Prozeß ergäben; dies müsse bei den Entscheidungen über Ziele und Mittel der Verwaltungsreform mit einbezogen werden207 • Man kann einer solchen Überlegung insbesondere dann beipflichten, wenn man auf die Aufgabenverteilung zwischen Staat und Gemeinden abstellt. Berücksichtigen wir den oben vorgeschlagenen Abgrenzungsmodus208, so ergibt sich kein Widerspruch. Es müssen den Gemeinden die den Bedürfnissen der örtlichen Gemeinschaft entsprechenden Aufgaben zur eigenverantwortlichen Erfüllung zugeordnet sein, damit eine demokratische Betätigung ernsthaft erwartet werden kann, es muß die Vertretung dabei in die Lage versetzt sein, selbst zu verwalten, indem die Fraktionen als die natürlichen Initiativzentren in ErscheiWagener, Struktur, passim. Ryffel, Eigenverantwortlichkeit, S. 469. 2os Luhmann, Theorie, passim. 208 v. Unruh, Betrachtungen, S. 440. 207 Ronneberger, Öffentlichkeit, S. 17. 208 Vgl. Zweiter Abschnitt, II, 4 Reichweite und Begrenzung der allseiti2oa 20'

gen Kompetenz.

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nung treten209 und Vertretung und Verwaltung in neuen Formen der Zusammenarbeit partnerschaftlieh kooperieren. So strukturierte Organisationseinheiten brauchen den engeren Kontakt mit Bürgern, Bevölkerungsgruppen oder Interessentengruppen, mit Fach- oder Bezirksräten nicht zu scheuen und auch nicht zu befürchten, weil auch diese unter solchen Umständen kooperationsbereit Wünsche, Anregungen und nötige Hinweise an das Gesamtsystem herantragen. Neben der in der Wandlung und Harmonisierung der Haltung der Verwaltung liegenden Innovation wird dabei die Kommunikation und Partizipation relevant. Insoweit ist kürzlich sehr mit Recht unter anderem darauf hingewiesen worden, daß zu den Erfordernissen der Humanisierung des Verhältnisses Bürger - Verwaltung auch die Bewußtmachung der Probleme der örtlichen Gemeinschaft, die Herstellung eines Problembewußtseins bei der Bevölkerung als Voraussetzung ihrer Mobilisierung, Politisierung und Organisierung erforderlich sei, damit erzielt werden könne, daß die Bürger im Wege der Eigeninitiative ihre Interessen und Forderungen den politischen Entscheidungsträgern gegenüber nachdrücklich geltend machten210• Auch ist geltend gemacht worden, zu der Verbesserung der Öffentlichkeitsbeziehungen gehöre die Öffentlichkeit von Ausschußberatungen und die Einsehbarkeit derjenigen Verwaltungsvorgänge, die dies aus der Natur der Sache nicht ausschließen sowie die Einsehbarkeit von Gutachten und Eingaben von Interessenverbänden, die Veröffentlichung von Mehrjahresplänen, von Dokumentationen über die Auswirkungen wichtiger Verwaltungsentscheidungen, Sichtbarmachung von Gruppenvorteilen, Wertwechseln an Grund und Boden, Umweltbeeinträchtigungen, Bekanntgabe von Nutzen- Kosten- Analysen bei Industrieansiedlungen. Desweiteren werden Fragestunden und Hearings in den kommunalen Vertretungen gefordert, wobei eine bestimmte Anzahl von Bürgern das Hearing verlangen können müßte, schließlich die weitgehende Unterstützung sich entwickelnder Bürgerinitiativen durch die Organe der Städte und Gemeinden211 • Die erforderliche Kommunikation nach außen reicht von der Kommunikations- und Informationsbereitschaft des einzelnen Mitarbeiters bis zum ansprechend gestalteten Rechenschaftsbericht in öffentlicher Darbietung oder der Verfilmung kommunalen Geschehens, wie zum Teil bereits in der Gegenwart erprobt. Bei alledem wird in den Fällen, in denen örtliche Aufgabenerfüllung öffentliches Verständnis erfordert oder in der Öffentlichkeit diskutiert wird, die Auffassung der Organe der Gemeinde frühzeitig der Öffentlichkeit zu unterbreiten sein, um die Bildung Grauhan, Verwaltung, S. 331. uo Roth, Kommunalpolitik, S . 23.

2°9 211

Roth, Kommunalpolitik, S. 25 ff.

13 Speyer 49

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Abschnitt 3: Zuständigkeitsordnung und Organisation

einer möglicherweise von Interessenten fehlgeleiteten öffentlichen Meinung zu verhüten, bevor die Argumente des Gemeinwohls vorgetragen sind212• Public Relations, die auch im Zeichen ·einer gewandelten Haltung von Bürger und Verwaltung zweckdienlich sind, werben nicht um blindes Vertrauen, sondern um Verständnis, das auf Kenntnis der wesentlichen Aufgaben und Funktionen der örtlichen Verwaltung basieren muß213 , womit sich eine Aufgabe gegenüber der Öffentlichkeit stellt, die zur Zeit nur unzureichend erfüllt wird. Die erst danach erreichbare Partizipation, die neben den kommunalverfassungsrechtlich institutionalisierten Ausformungen die Mitwirkung der Bürgerschaft in und an Verwaltungsabläufen zum Gegenstand hat, wie dies insbesondere bei Planungsprozessen erreichbar ist214 , ist geeignet, die Demokratie im örtlichen Bereich zu aktivieren. Dazu gehört die Bereitschaft, Partizipation in jeder Form und bei jeder Gegebenheit zu ermöglichen. Bei der Gestaltung der Öffentlichkeitsbeziehungen, der Partizipation und der Kooperation sollte allerdings berücksichtigt werden, daß Öffentlichkeit in der Gegenwart ohne organisatorische Hilf·e nur schwer zustande kommt und forciert werden muß215 • Auch das ist Dienst am Gemeinwohl, weil dies dazu beiträgt, Furcht und Voreingenommenheit gegenüber der Administrative abzubauen und sie als Instrument anzunehmen, das zum g·emeinen Besten mit der Öffentlichkeit kommunizierend der Humanität dient, und die Personalität216 bewahrt, Personalität des Einzelnen im Rahmen der Gesellschaft, materielle Grundrechtsfähigkeit des Menschen entfaltet und bewahrt217, die Fähigkeit, freier Bürger im Sinne der Verfassung zu sein und zu bleiben.

212 213 214 215 218 217

Breuckmann, Verwaltung, S. 224. Haussleiter, Verwaltungssoziologie, S. 69 ff. Laux, Planung, S. 38. Habermas, Strukturwandel, passim. Huber, Sozialstaat, S. 24 ff. Herbig, Einrichtungen, S. 243.

Thesen 1. Die in der Gegenwart erforderliche Kommunalreform umfaßt die Auf-

gaben-, Finanz- und Gebietsreform sowie die institutionelle und funktionelle Organisations- und Zuständigkeitsreform im örtlichen Bereich. Zwischen diesen Einzelaspekten der Reform bestehen Interdependenzen, die ihre ganzheitliche Untersuchung und Durchführung nahelegen.

2. Leitlinien der Reformen im örtlichen Bereich, die den gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum begrenzen und auch ausfüllen, sind die verfassunggestaltenden Grundentscheidungen für das Gemeinwohl, die Demokratie, den sozialen Rechtsstaat und den Bundesstaat sowie das durch sie geprägte Verfassungsprinzip der kommunalen Selbstverwaltung. 3. Das Leitbild des Gemeinwohls, darauf abzielend, künftige Entwicklungen und Ordnungen des Zusammenlebens gestaltend zu harmonisieren und zu humanisieren, überhöht die verfassunggestaltenden Grundentscheidungen, die Leitbilder, die Maßstäbe und die Mittel künftiger Reformen. 4. Das Demokratieprinzip als Leitbild bedingt die Verpflichtung zur förderlichen Weiterentwicklung demokratischer Lebensformen, zur Verwirklichung von Selbstverantwortung und Mitbeteiligung, Mitentscheidung und Selbstbeherrschung, zur politischen Aktivierung im Interesse der politischen Einheitsbildung, der Integration des Gemeinwesens in allen Bereichen. Neben dem Integrationsziel bildet das Strukturelement der Freiheitlichkeit als ein tragendes Prinzip der Gemeinschaftsordnung einen wesentlichen Bestandteil des Demokratieprinzips. 5. Das Prinzip des sozialen Rechtsstaats umfaßt als Reformleitlinie einerseits die Verbindung von Staat und Recht, die materiale Verpflichtung des Staates auf das Recht, und andererseits die sozialstaatliche Ausrichtung der Reformen auf die Sozialität, auf das Sozial-Sein bei der Verwirklichung materialer Gerechtigkeit. 6. Das Bundesstaatsprinzip führt zu der Verpflichtung der Abstimmung und Harmonisierung örtlicher Reformmaßnahmen der Länder und gegebenenfalls des Bundes und der Länder, damit nicht Reformen nach der Reform erforderlich werden. 7. Die Verfassungsziele und das Verfassungsprinzip der Selbstverwaltung sind eng miteinander verwoben. Die kommunale Selbstverwaltung verkörpert ein konstruktives Gestaltungsprinzip der Verfassung, ein Prinzip eigenverantwortlicher demokratischer Mitarbeit, spontaner, individueller örtlicher Gemeinwohlgestaltung, das von Bund und Ländern bei den Reformen im örtlichen Bereich zu beachten und zu fördern ist, wenn die Reformen verfassungszielkonform sein sollen. Die örtliche Eigenverantwortung enthält einen Grundgedanken dieses Verfassungsprinzips.

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Thesen

8. Die Reformen im örtlichen Bereich sollten in Beachtung der Verfassungsgebote bestrebt sein, die derzeitige Dispensierung der örtlichen Eigenverantwortlichkeit und die überbürdung der kommunalen Selbstverwaltung durch Auftrags- und Weisungsaufgaben ohne hinreichende Kostendeckung in der Verfassungswirklichkeit abzuändern und eine den Erfordernissen der Zeit entsprechende gemeinwohlgerechte örtliche Selbstverwaltung zu realisieren. 9. Die technischen Reformziele der Rationalität, Effektivität, Effizienz und Wirtschaftlichkeit heben die integrativen Verfassungsgebote nicht auf, sondern haben im Verhältnis zu ihnen instrumentalen Charakter. Sie sind die in der Gegenwart unentbehrlichen Mittel zur Realisation der Verfassungsleitbilder. 10. Dem örtlichen Verwaltungsbereich ist im Wege der an den Verfassungsleitbildern orientierten Aufgabenreform die eigenverantwortliche Regelung der Aufgaben zuzuordnen, die aus dem Dasein, den daraus entstehenden Bedürfnissen, dem Zusammenleben und -wirtschaften der innerhalb der Gemeinden und gegebenenfalls ihres Einzugsbereichs lebenden Menschen entstehen, soweit sie unter Berücksichtigung des Gemeinwohls sachgerecht personen- und gegenstandsnah und nicht unter überwiegender Berücksichtigung überörtlicher tatsächlicher Gesichtspunkte zu erfüllen sind. 11. Diese Aufgaben müssen grundsätzlich Selbstverwaltungsaufgaben ohne landes- oder bundesbehördliche Weisungsrechte sein, allenfalls für den Fall entscheidenden überörtlichen Interesses an der Wahrnehmung Pflichtaufgaben des Selbstverwaltungssektors mit Weisungsvorbehalt. Staatliche Genehmigungs- und Mitwirkungsrechte sollten innerhalb des örtlichen Aufgabenbereichs grundsätzlich entfallen oder sich auf die geläufigen Formen der eventuell präventiven Rechtsaufsicht beschränken. Insgesamt kann der nach diesen Prinzipien geordnete örtliche Aufgabenbereich, der auch von anderen Einwirkungsmöglichkeiten staatlicher Stellen frei bleiben sollte, mit Rücksicht auf die Erfordernisse künftiger Verwaltungskooperation einen engen Zuschnitt erhalten. 12. Alle nicht in den örtlichen Kompetenzbereich fallenden Aufgaben sind überörtlichen oder regionalen Selbstverwaltungsträgern zuzuordnen, die insbesondere diejenigen Aufgaben aufzufangen haben, die der örtlichen Kompetenz entwachsen. Die regionalen Selbstverwaltungs- oder Planungsträger müssen die Befugnis erhalten, für die Städte und Gemeinden ihres regionalen Bereichs eine funktionale Aufgabenteilung zu planen und durchzuführen, um die Erfüllung überörtlicher Aufgaben, insbesondere infrastruktureller Aufgaben überörtlicher Natur, auf Städte und Gemeinden einverständlich zu verteilen. 13. Auch die territoriale Neugliederung hat im örtlichen Bereich die Verfassungsziele und nicht nur die örtliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen und vor allem die Integrationsfähigkeit der neuen Gebietseinheiten anzustreben. Integrationsfähig sind nur Städte und Gemeinden, die innerhalb ihrer Grenzen eine soziologische Einheitsbildung ermöglichen. Das Sozialstaatsprinzip erfordert die Leistungsfähigkeit als weiteres ReformzieL 14. Die Steuer- und Finanzreform muß zur Konnexität von Aufgaben- und Ausgabenverantwortung im örtlichen Bereich führen. Demokratie- und

Thesen

197

Selbstverwaltungsprinzip erfordern, daß Städte und Gemeinden bei Wahrnehmung der ihnen zufallenden örtlichen Aufgaben nicht nur die organisatorische, sondern auch die finanzielle Selbstbestimmungsfreiheit haben. 15. Die örtliche Zuständigkeitsreform sollte zu einer auch den Erfordernissen der Rationalisierung entsprechenden Verteilung der Zuständigkeiten auf Verwaltungs- und Vertretungsorgane führen und die unwiederbringliche und endgültige Verlagerung von wesentlichen Entscheidungsbefugnissen auf kommunale Betriebe, Anstalten und Einrichtungen vermeiden. Demgegenüber bestehen gegen die verstärkten Verlagerungen von Beratungsfunktionen nach unten keine Bedenken. 16. Die Rationalisierungs- und Leistungsprinzipien einer zeitgerechten Organisation sind für die örtliche Verwaltungsreform nutzbar zu machen, indem durch Verbesserung der örtlichen Aufbau- und Ablauforganisation der unsachgemäße Einsatz von Ausschüssen und Beiräten vermieden wird. Zur Optimierung der Aufbauorganisation sollte Gruppen- und Teamarbeit sowie eine verstärkte Delegation von Entscheidungsbefugnissen angestrebt werden; zur Verbesserung der Ablauforganisation sollten die Ablaufphasen nicht zuletzt mit Rücksicht auf die Einführung der automatischen Datenverarbeitung auf Rationalisierungsmöglichkeiten hin untersucht und die Kommunikationsbeziehungen auch im Verhältnis zwischen Mitgliedern des Vertretungs- und Verwaltungsorgans verbessert werden. 17. Gemeinwohl-, Demokratie- und Selbstverwaltungsprinzip haben für die örtliche Verwaltungsreform weitgehend entsprechende Auswirkungen. Die Gemeinden sind in der unteren Stufe der Verwaltung dazu berufen, das Gemeinwohl eigenverantwortlich zu verwirklichen. Dazu sind die Gemeinden nur dann in der Lage, wenn sie integrationsfähige Gebilde sind oder werden können und außerdem Leistungsfähigkeit und Verwaltungskraft besitzen. Die bei den Reformen im örtlichen Bereich entstehenden Gestaltungs- und Organisationsformen müssen geeignet sein, dem Wohl der Bürger, des Einzelnen und der Allgemeinheit zu dienen.

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Sachregister Ablauforganisation 137 ff., 146 ff., 157 ff., 175 Ablaufphasen 145 ff. Allseitigkeit 63, 94, 116, 128 Allzuständigkeit 48, 58, 75 Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft 43 ff., 54 ff., 73 ff., 100 ff., 115 ff. Arbeitsteilung 145 ff. Aufbauorganisation 137 ff., 175 Aufgabenentwick.lung, zukünftige 112 ff. Aufgaben, örtliche 43 ff., 112 ff. Aufgaben, zentralörtliche 59 f., 122 ff. Aufgabenreform 57, 109 ff., 118 ff. Aufgabenverantwortung 54, 65, 73, 125 ff., 183 Ausgabenverantwortung 109 ff., 125 ff., 129 Aus- und Fortbildung 165 Automation, Verwaltungsautomation 132, 146 f., 153 f., 165 ff. Automationsverbund 166 ff., 176 Autonomie, kommunale 63 Beiräte 148, 183 ff. Berufsbeamtenturn 163 Betätigung, wirtschaftliche 62 Beziehungen (zwischen den Organisationsmitgliedern) 157 ff. Bezirksorgane 177 Bundesstaatlichkeit 34, 47 Bundesstaatsprinzip 34 ff., 53 Bundestreue 34, 53 Bürgerbegehren und Bürgerentscheid 188 Bürger-Gemeinde-Verhältnis 21, 133, 164, 179, 185 ff. Bürgerversammlung 188 Bürokratie 20, 147,170 Chancengleichheit 30, 33, 50, 164 Computertechnik 152 f., 165 ff.

Daseinsgestaltung, humane 14, 42, 110, 130, 169 Daseinsv orsorge 62, 75, 113, 118, 178 Datenverarbeitung 18, 112, 151, 166 ff. Dekonzentration 26, 156 ff. Delegation von Entscheidungsbefugnissen 172, 174 Demokratie 12, 19, 29 ff., 36, 50 f., 71, 76, 78, 118, 134, 180, 188, 194 Demokratie, unmittelbare 62, 179 ff., 188 ff. Demokratieprinzip 29 ff., 40 f., 50 f., 64 f., 73, 94 f., 104 ff., 117, 124, 129 ff., 173, 179 ff. Desintegration 177, 181 Dezentralisation 26, 93, 119 Dienst, öffentlicher 163 ff. Effektivität 25 ff., 37, 90 ff., 137 ff. Effizienz 25 ff., 36 f., 137 ff., 152 ff. Eigenverantwortung (Eigenverantwortlichkeit) 44 ff., 64 ff., 69, 72 ff., 95, 117, 123 f., 128, 167, 189 ff. Einheit der Verwaltung 48, 94, 120, 125 Einordnungsverhältnis der Selbstverwaltung 68 ff., 123 ff. Einstellung der Verwaltung (zum Bürger) 189 ff. Elemente, plebiszitäre (in der Kommunalverfassung) 187 ff. Entscheidung 146, 152 ff. Entscheidungsfunktion 150 ff. Entscheidungsphase 146 f., 152 ff. Entscheidungsprozeß 152 ff., 175 Entscheidungstheorie 146, 152 ff., 168 f. Exekutive, staatliche (in ihrem Verhältnis zur kommunalen Selbstverwaltung) 16 f., 43, 69 ff., 95 Fachräte 176 Finanzgarantie 48, 127 Finanzlage, kommunale 18 f., 126 ff.

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Sachregister

Finanznot 19, 49, 126 ff. Finanzreform, örtliche 60, 126 ff. Finanzverantwortung 65, 126 ff. Freiheit 29 ff., 51, 67, 95, 152, 168, 180, 190 f. Freiheitsprinzip 24, 30, 67 Freiwilligkeit 158, 192 Föderalgemeinde 100 f. Föderalismus 34, 127 Funktionalreform (Funktionsreform) 22, 90, 92, 109, 136 Funktionsmeisterschema 150 Garantie, institutionelle 45 ff. Gebietsreform 57, 60, 82 ff., 96 ff., 105, 109, 122, 176 Gemeinde 57 ff., 96 ff. Gemeindebegriff 57 ff., 96 ff. Gemeindeverbindung 103, 108, 121 Gemeindewohl 42, 81, 110, 138 Gemeinschaft, örtliche 55 ff., 73 ff., 96 ff., 110, 115 ff., 191 Gemeinwohl 23, 38 ff., 77 ff., 104 ff., 191, 194 Gemeinwohlgerechtigkeit 12, 38 ff., 133 Gem einwohlprinzip 38 ff., 77 ff., 104 ff., 118, 132 ff., 182 Genehmigungsvorbehalt 69 ff., 124 f. Gerechtigkeit (soziale) 31 ff., 52 f., 95, 105, 173, 180 Gesetzesrahmen 73 ff. Gestaltungsfreiheit, gesetzgeberische 23 Gleichheit 29 ff., 105 Gleichheitsgebot 24, 67 Grundentscheidungen, verfassunggestaltende 23 f., 34 ff., 75 f., 174, 191 Grundrechte als Leitlinien 24, 33, 65 ff., 105, 134, 190 Hauptlebensfunktion (menschliche) 96 Hearings im örtlichen Bereich 193 Humanität 52, 157, 193 f. Identifikation mit Organisationszielen 159, 164 Individualität, gemeindliche (Gemeindeindividualität) 48, 57, 106, 121, 124

Individualität, menschliche 190 ff. Information 153, 156, 161 f., 168, 175 Informationsbedarf 161 Integration 14, 30, 40, 55 ff., 82, 92 ff., 106 ff., 152 Integrationsfähigkeit 50, 90 ff., 104 ff. Integrationsmaßstäbe 28 ff., 36 f., 82, 90 ff., 104 ff., 152, 157 ff. Integration, verwaltungsinterne 168 Kernbereich (Kern) der Selbstverwaltung 15 ff., 43 ff., 55 ff., 69, 74 Kommunalverfassung 147, 169 ff. Kommunikation 156, 160 ff., 175, 179, 193 Kommunikationsbeziehungen 139, 157 ff. Kompetenz, örtliche 48, 53 ff., 112 ff., 122 ff. Kontrolle 146, 154 ff., 175 Kontrollphase 146, 154 ff. Leitbilder der Verfassung (Verfassungsleitbilder) 11, 22 ff., 34 ff., 50 ff., 66, 133 ff., 179 Leistungsfähigkeit 60 ff., 82, 91, 104 ff., 134, 154, 157, 167 Liniensystem 159 f. Menschenwürde 183 Mindestaufgaben der kommunalen Selbstverwaltung) 48 ff., 93, 119 f. Mindestaufgabenkatalog 93, 119 f. Mindestausstattung 57, 64, 93, 106, 119 f. Mitbestimmung im örtlichen Bereich 30, 52, 65, 77, 178 ff. Mitbestimmung, paritätische 176 ff. Mitverwaltung 125 Munizipalsozialismus 178 Öffentlichkeit 171, 192 ff. Organisation, funktionelle 131 ff. Organisation, institutionelle 131 ff. Orgnisationselemente 137 f. Organisationsmitglieder 138 Organisationsprinzipien 132 ff. Organisationsreform 131 ff., 147 Organisationsziele 132 ff., 154 ff.

Sachregister Organqualität 173 ff. Ortschaftsverfassung 176, 182 Partizipation 179, 192 ff. Planhaftigkeit der Verwaltung 148 Planung (Planungsfunktion) 71 f., 114, 145 ff., 185 Planung, staatliche (im Verhältnis zur örtlichen) 17 f., 73, 125 Planung in der örtlichen Organisation 148 f. Planungsphase 145 ff. Planungsprozeß 145, 175, 194 Planungsverbund 148 Pressefreiheit 21 Prognose im Planungsprozeß 150 Public Relations 21, 194 Rationalisierung 60, 131 ff., 146 ff., 172 f. Rationalität 26 ff., 82, 133, 138, 146, 157 ff. Rationalprinzip 26 ff., 36 f., 148, 163, 169 ff. Raumordnung 28, 72, 120 Rechtsstaat, sozialer 30 ff., 52, 95 Rechtsstaatsprinzip 30 ff., 50 ff., 95, 105, 118, 173, 180 Reform des öffentlichen Dienstes 163 Reformziele 22 ff. Regelungsbeziehungen 157 ff. Region 122 ff. Regionalplanung 72 f., 122 ff. Regionalstadt 72, 101, 123 Regionalverband 72, 123, 135 f. Rollenerfassung 138 Sachverwaltung 61, 75 Selbstbestimmung 29, 52, 104, 180 Selbstentfaltung 30, 66 Selbstverantwortung 30, 65, 67, 121, 128 Selbstverwaltung, kommunale 13, 15 ff., 42 ff., 50 ff., 104 ff., 122 ff., 169 Selbstverwaltungsbereich, regionaler 122 ff. Selbstverwaltungsgarantie 42 ff., 53 ff., 76 ff., 123, 127, 182 Selbstverwaltungsprinzip 39, 42 ff., 55, 76 ff., 105 ff., 129, 174, 182

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Sozialgestaltung 32 ff., 65 Sozialität 32 f., 52, 65, 180 Sozialstaatsprinzip 31 ff., 52 ff., 65 f., 95, 105, 118, 124, 129 f., 173, 180 ff. Staatsverwaltung, mittelbare, 17, 43 ff., 68 Stabsaufgaben 153 Stabsliniensystem 159 f. Stabssystem 159 f. Stadtteilsräte 176 Stab, gemischte 184 Städteverband 101 Steuerungsbeziehungen 139, 157 ff. Subsidiaritätsprinzip 62, 93, 115, 119 Teamarbeit 160 Technokratie 186, 192 Universalitätsprinzip 43 ff., 58 ff. Utilität 154 Überbürdung der Selbstverwaltung 15 ff., 73, 125 Veranstaltungswesen, kommunales 61, 66 Verbandsgemeinde 100 f., 108, 121 Verbundenheit, örtliche 30, 82, 91, 99, 104 ff., 121, 188 Verfassungszielbestimmungen (Verfassungsziele) 24 f., 34 ff., 49 ff., 119, 179, 190 Vermassung 19 Vertretungsorgan, örtliches 140, 147, 154, 156, 162, 168, 174 ff., 184 Verwaltungsbehörde, untere staatliche 173 Verwaltungsführung, kooperative 160 Verwaltungskraft 109 ff. Verwaltungsorgan, örtliches 140, 147, 156, 162 f., 170 ff., 184 Verwaltungsverbund 18, 84, 123 ff. Vorbereitung und Durchführung von Beschlüssen 147 ff., 175 Wirtschaftlichkeit 27 f., 131 ff., 167 Wirtschaftlichkeitsprinzip 27 f., 131 ff. Zentralisation 169 Zentralismus 47, 67, 127

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Sachregister

Zentralort 59 f., 122 ff. Zentralstaat 52 Zielsystem 37, 132, 137 ff., 157 ff. Zuständigkeitsabgrenzung 172 ff. Zuständigkeitsordnung, kommunale 169 ff.

Zuständigkeitsreform 131 ff., 147, 169 ff. Zuständigkeitsverteilung 147 ff., 156, 169 ff. Zweckdotation 126 Zweistufengemeinde 100 ff.