123 20 19MB
German Pages 197 Year 1983
PETER KULITZ
Unternehmenpenden an politische Parteien
Beiträge zur Politischen Wissenschaft Band 44
Unternehmerspenden an politische Parteien
Von
Dr. Peter Kulitz
DUNCKER & HUMBLOT / BERLIN
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Kulitz, Peter: Unternehmerspenden an politische Parteien I von Peter Kulitz. - Berlin: Duncker und Humblot, 1983. (Beiträge zur politischen Wissenschaft; Bd.44) ISBN 3-428-05398-2 NE:GT
D 21 Alle Rechte vorbehalten
@) 1983 Duncker & Humblot, Berlin U Gedruckt 1983 bel Buchdruckerel A. Sayffaerth - E. L. Krohn, Berlln 61 Prlnted ln Germany
ISBN 8 428 06898 .2
Dem Andenken meiner Mutter
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im November 1982 abgeschlossen und lag im Wintersemester 1982/1983 der Juristischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität zu Tübingen als Dissertation vor. Sie ist entstanden auf Anregung von Herrn Professor Dr. Dr. Klaus J. Hopt, der mich zu einer Zeit auf die Problematik der finanziellen Beziehungen von Unternehmern zu politischen Parteien aufmerksam machte, als die politische Brisanz, welche in der Thematik "Unternehmerspenden an politische Parteien" steckt, weder durch staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren noch durch Presseveröffentlichungen offenkundig war. Ihm sei herzlich dafür gedankt, daß er mir die Bearbeitung dieses Themas anvertraut hat und mit manchem Rat zur Seite stand. Besonderer Dank gebührt auch meinem Vater, der die Arbeit in vielfacher Hinsicht förderte und in großzügigster Weise die Finanzierung, einschließlich eines Studienaufenthaltes im Sommer 1980 an der amerikanischen Georgetown University, Washington D. C., übernahm. Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur sind bis Herbst 1982 eingearbeitet. Nicht mehr berücksichtigt werden konnte der "Bericht zur Neuordnung der Parteienfinanzierung", den die vom Bundespräsidenten berufene Sachverständigen-Kommission am 18. April 1983 vorgelegt hat. Möge die vorliegende Untersuchung einige fruchtbare Ergänzungen zu den Vorschlägen der Sachverständigen-Kommission enthalten. IDm (Donau), im April 1983
Peter Kulitz
Inhaltsverzeichnis Einleitung
19
Erstes Kapitel
Zur geschichtlichen Entwicklung der Unternehmerspende I. Weimarer Republik ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
21
1. Die politische Ausgangslage nach der Novemberrevolution.. . ...
21
2. Die Abhängigkeit der Parteien von Spenden aus der Wirtschaft ..
23
3. Das FördersYstem der lJnternehmer ............................
24
4. Auswirkungen der Fördertätigkeit der lJnternehmer ............
31
11. lJnternehmerspenden und Nationalsozialismus.. . .. . . .... .. .........
32
1. Die Anfangsphase ..............................................
32
2. Die Zeit von 1930 bis 1933 ......................................
33
3. Die Endphase ..................................................
37
111. Die Nachkriegszeit ................................................
41
1. Die Entwicklung der wirtschaftspolitischen Parteienprogrammatik
und ihr Einfluß auf das Spendenverhalten der lJnternehmer .... a) Allgemeines ............... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) SPD ........................................................ c) F.D.P....................................................... d) CDlJ ........................................................ e) CSlJ ............. ............................................
41 41 43 44 45 48
2. Die Fördergesellschaften - Spendenkartelle der lJnternehmer .. a) Der Hintergrund und ihre Entstehung ...... . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Staatsbürgerliche Vereinigung 1954 e. V. in Köln.... . ... c) Die Zielsetzung der Fördergesellschaften .................... aa) Steuerersparnis der lJnternehmer ........................ bb) Anonymität der lJnternehmer .......................... ce) Politischer Einfluß der lJnternehmer .................... dd) Weniger Spendenbettelei bei den Unternehmern ........
50 50 51 52 53 53 53 54
10
Inhaltsverzeichnis
Zweites Kapitel
Das Verfassungs- und staatsrecht in seinem Bezug zur politischen Unternehmerspende 1. Die politische Partei, gemeinsamer Berührungspunkt von Verfas-
sungsrecht und Unternehmerspende ................................
1. Die verfassungsrechtliche Existenz- und Aufgabenanerkennung
55
der politischen Parteien ........................................
55
2. Der Parteibegriff im Verfassungs- und Staatsrecht. .. ...... .. . ..
57
3. Die Parteienfreiheit als Richtschnur verfassungsrechtlicher Beurteilung der Unternehmerspenden .............................. 59 4. Die Chancengleichheit der Parteien - ein Argument für oder gegen Unternehmerspenden .................................... 61 II. Das verfassungsrechtliche Gebot der Rechenschaftslegung der Parteien über die Herkunft ihrer Mittel .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 64 1. Hintergrund und Entstehungsgeschichte des Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG
64
2. Der materielle Gehalt des Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG
65
3. Die Vereinbarkeit des Rechenschaftslegungsgebotes mit anderen Verfassungsnormen ............................................ a) Art. 2 Abs. 1 GG ............................................ b) Art. 5 Abs. 1 GG ............................................ c) Art. 38 Abs. 1 Satz 1, 28 Abs. 1 Satz 2 GG ....................
68 68 69 70
4. Zusammenfassung und Aufgabenstellung
72
III. Das Parteiengesetz und die Bewältigung des Verfassungsauftrages einer öffentlichen Rechenschaftslegung ............................ 73 1. Die Umsetzung eines verfassungsrechtlichen Programmsatzes in
parteienrechtliche Vorschriften
. .. ... . .. . ... ......... . .. .... ...
2. Die mannigfaltigen Erscheinungsformen der politischen Unternehmerspende .................................................... a) Indirekte Parteizuwendung durch Kostenübernahme oder Schulderlaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Die Inseraten- und Abonnementspenden .................... c) Spenden durch Bereitstellung personeller und sachlicher Firmenmittel .................................... . . . . . . . . . . . . .. d) Der Gutachtenkauf, die moderne Ausprägung politischer Zahlungen...................................................... e) Vorträge und Beratungen als einträgliche Spendenquelle f) Die Zwischenschaltung neutraler Institutionen als Mittler ....
73 76 77 77 78 80 83 84
3. Der Anwendungsbereich des Parteiengesetzes in Theorie und Praxis ............................................................ 85
Inhaltsverzeichnis a) Die in den Rechenschaftsberichten der Jahre 1968-1980 ausgewiesenen Gesamteinnahmen der Bundestagsparteien ........ b) Die in den Rechenschaftsberichten der Jahre 1968-1980 ausgewiesenen Spendeneinnahmen der Bundestagsparteien ........ c) Summen der nach § 25 PartG angabepflichtigen Großspenden (ab DM 20 000) in den Rechenschaftsberichten der Bundestagsparteien der Jahre 1968-1980 .............................. d) Die in den Rechenschaftsberichten der Bundestagsparteien gemäß § 25 PartG angegebenen Großspenden, soweit sie erkennbar aus dem Unternehmerlager stammen .................... aa) CDU-Spender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) SPD-Spender .......................................... ce) CSU-Spender .......................................... dd) F.D.P.-Spender ..........................................
11 87 88 89 92 92 94 95 95
4. Der statistische Informationsgehalt der Rechenschaftslegung nach § 25 PartG .................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
96 a) Anteil der Unternehmerspenden an den gemäß § 25 PartG veröffentlichten Großspenden der Bundestagsparteien .......... 96 b) Anteil der veröffentlichten Unternehmergroßspenden am gesamten Spendenaufkommen der Bundestagsparteien ........ 97 c) Anteil der veröffentlichten Unternehmergroßspenden an den Gesamteinnahmen der Bundestagsparteien .................. 97
5. Kritik am Parteiengesetz ......................................
a) Anonyme Spenden, Umgehung oder Regelungslücke des Parteiengesetzes ................................................ b) Die Bedeutung der Parallelaktionen und ihre Nichtbeachtung im Parteiengesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. c) Mangelnde Transparenz der "pressure groups" am Beispiel des CDU-Wirtschaftsrates ...................................... d) Unklarheiten über die Rechenschaftspflicht von Spenden im Parteienumfeld ..............................................
98 99 100 102 103
6. Das Parteiengesetz, eine "lex imperfecta" ...................... 104
Drittes Kapitel Unternehmerspenden in den USA I. Stellenwert der Unternehmerspende .............................. 107
11. Die bedingte Vergleichbarkeit deutscher und amerikanischer Verhältnisse .............................................................. 107 111. Die legislative Bewältigung amerikanischer Spendenfinanzierung .. 109 1. Die amerikanische Wahlgesetzgebung in bezug auf Unternehmer-
spenden ........................................................ 109
2. Umgehungsmöglichkeiten und mangelnde Durchsetzungsbereitschaft der gesetzlichen Vorschriften ............................ 112
12
Inhaltsverzeichnis 3. Die Reformen der siebziger Jahre .............................. 114 a) Der Federal Election Campaign Act und die Zulassung von Political Action Committees ................................ 114 b) Weiterentwicklung des FECA durch Ausweitung der Transparenz und Einrichtung der Federal Election Commission .... 115 c) Der Kampf um die "fund-raising" - Berechtigung bei der Belegschaft .................................................... 116
IV. Gesellschaftsrechtlicher Exkurs .................................... 117 V. Zusammenfassung
................................................ 118
VieTtes Kapitel
Die steuerlichen Aspekte der Unternebmerspende I. Die steuerrechtlichen Wandlungen im Hinblick auf politische Spenden 120 1. Politische Spenden als Werbungskosten
120
121 2. Politische Spenden als Betriebsausgaben Kritische Anmerkung .......................................... 123 3. Politische Spenden als Sonderausgaben .................... . . .. 125 a) Die erstmalige Einführung der steuerlichen Begünstigung von Spenden an politische Parteien .............................. 126 b) Das verfassungsgerichtliche Veto zur steuerlichen Bevorzugung der im Parlament vertretenen Parteien ...................... 126 c) Die Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zur steuerlichen Begünstigung von Parteispenden ............ 127 d) Die Wiedereinführung eines begrenzten steuerlichen Abzugs für Spenden an politische Parteien .......................... 129 e) Die aktuelle Rechtslage zur Steuervergünstigung von Parteispenden unter besonderer BerückSichtigung der verfassungsrechtlichen Vorgaben ........................................ 130 4. Die legale Steuerbegünstigung mittelbarer Parteispenden durch Einschaltung steuerbefreiter Berufsverbände .................... 131 11. Die Auswirkungen der Steuergesetzgebung auf die Unternehmerspenden an politische Parteien .................................... 133 1. Der mit der Ausgabendynamik der Parteien verbundene Zwang
zu wachsender Einnahmenbeschaffung durch Spenden .......... 133
2. Die psychologische Wirkung der Steuerbelastung und ihre Bedeutung für die Parteispende ...................................... 134 3. Verdeckte Parteispende und die kumulierende Ersparniswirkung bei allen ertragsabhängigen Steuern am Beispiel der Einkommen- und Gewerbesteuer ...................................... 135 Kasuistische Veranlagungssimulation 136
Inhaltsverzeichnis
13
4. Der Fall Fraschka, ein Hinterziehungsmodell aus der Praxis
137
5. Steuerfahndung, Strafverfahren und Publizität als Sperren gegen den Spendenfluß aus der Wirtschaft ............................ 139 6. Die zunehmende Verschuldung als Folge einer Spendenverweigerung der Unternehmer am Beispiel der CDU .................... 140 7. Verschuldung als neue Form der Abhängigkeit von wenigen Großunternehmen .................................................. 141 8. Zusammenfassung .............................................. 142
111. Lösungsvorschläge
................ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 143
1. Einführung des Gemeinnützigkeitsstatus für politische Parteien .. 144
Kritik .......................................................... 144 2. Bürgerspende aus Steuermitteln ................................ 145 3. Parteispenden mit konstantem Steuerbegünstigungssatz ........ 148
4. Publizität durch Spendenlisten der Finanzverwaltung
149
Fünftes Kapitel
Gesellschafts- und untemehmensrechtliche Betrachtung .der Untemehmerspende an politisebe Parteien I. Die Kompetenzzuordnung im Gesellschaftsrecht
151
1. Die Personenhandelsgesellschaften .............................. 152
a) Die üblichkeit als Maßstab für gesellschaftszweckfremde Handlungen der Geschäftsführung ................................ 152 b) Die Behandlung politischer Zuwendungen im Verhältnis zu Spenden anderer Art ........................................ 153 2. Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung ...................... 156 3. Die Aktiengesellschaft .......................................... 157
a) Die gesetzliche Kompetenzregelung ........ b) Die Einordnung der politischen Spende in das Kompetenzgefüge der Aktiengesellschaft .... aa) Die Behandlung von Spenden allgemein ... bb) Die Behandlung politischer Spenden im besonderen ce) Die Einordnung der politischen Spende, soweit sie steuerlich abzugsfähi2 ist ...................................... 0
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4. Zusammenfassung und Ausblick ............
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157 158 158 160 168 169
Ho Die Bewältigung der politischen Unternehmerspende in Großbritannien 170 000
1.
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D~.e Polarisierung unternehmerischer und gewerkschaftlicher Einflusse .... 170 o •••••
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14
Inhaltsverzeichnis 2. Kernpunkt der gesellschaftsrechtlichen Diskussion
171
3. Die Offenlegungspflicht für Unternehmerspenden nach dem Companies Act 1967 ................................................ a) Das Publizitätsbedürfnis und seine Durchsetzung ............ b) Section 19 Companies Act .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. c) Auswirkungen der Publizitätsvorschrift
173 173 174 175
IH. Publizität als Kontrollmechanismus ................................ 176 A. Informations- und Kontrollrechte der Gesellschafter ............ 176
1. Die Kontrolle der Geschäftsleitung .......................... 176
2. Das Informationsbedürfnis der Gesellschafter ................ 177 3. Das Auskunftsrecht des Aktionärs über politische Zuwendungen der Gesellschaft ........................................ 177 B. Unternehmensrechtliche Rechnungslegung de lege ferenda ...... 178 1. Das Erfordernis einer umfassenden Offenlegungspflicht für politische Unternehmerspenden .............................. 178
2. Rechtssystematische Einordnung der Publizitätspflicht ........ a) Publizitätsnorm als rechtsformunabhängige Verhaltensvorschrift ....... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Einfügung in das Handelsgesetzbuch ...................... c) Gesetzesvorschlag ........................................
179 179 180 181
Zusammenfassung
184
Literaturverzeidmis
187
Abkürzungsverzeichnis a.A. Abg. a.E. AFL-CIO AG AktG AKU All.E.R. ALR Anrn. AO AR ARD
= =
Art. BAnz. BDI BFH BGBl. BIPAC BMdI BMFi BMJ BML
anderer Ansicht Abgeordnete(r) am Ende American Federation of Labor - Congress of Industrial Organisations Aktiengesellschaft Aktiengesetz Aktivitäten Katalog Unternehmer All England Law Reports American Law Reports Anmerkung Abgabenordnung Aufsichtsrat Arbeitsgemeinschaft der öffentlichen Rundfunkanstalten 'der Bundesrepublik Deutschland Artikel
Bur Bus. Law. BVerfGE
Bundesanzeiger Bundesverband der Deutschen Industrie Bundesfinanzhof Bundesgesetzblatt Business-Industry Political Action Committee Bundesminister des Innern Bundesminister der Finanzen Bundesminister der Justiz Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Bundesminister für Wirtschaft Bundesrat Bundestag Bundestagsdrucksache Plenarprotokoll des Deutschen Bundestages, Stenographischer Bericht British United Industrialists The Business Lawyer Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes
CA CDU Col. COPE CSU
Companies Act Christlich-Demokratische Union Kolumne (Spalte) Committee on Political Education Christlich-Soziale Union
= = =
BMWi BR BT BT-Drucks. BT-PlPr.
DDP DNC DNVP DÖV Dok. DP
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Deutsche Demokratische Partei Democratic National Convention Deutschnationale Volkspartei Die Öffentliche Verwaltung Dokument Deutsche Partei
Abkürzungsverzeichnis
16 DStZ DVBl. DVP
=
Deutsche Steuer-Zeitung Deutsches Verwaltungsblatt Deutsche Volkspartei
eG EHGB EStDV EStG EU e.V.
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eingetragene Genossenschaft Entwurf zum Handelsgesetzbuch Einkommensteuer-Durchführungsverordnung Einkommensteuergesetz Europäische Unternehmensberatungsanstalt eingetragener Verein
FAZ F.D.P. FEC FECA FinR FN F.2d FR FS F.Supp. FVP GB/BHE GewStG GG ggf. GmbH GmbHG
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GoB GuV HGB Hrsg.
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i. d. R. i. S. i. S. d. i. V.m.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung Freie Demokratische Partei Federal Election Commission Federal Election Campaign Act Finanz-Rundschau Fußnote Federal Reporter, Second Series Frankfurter Rundschau Festschrift Federal Supplement Freie Volkspartei Gesamtdeutscher Block / Block der Heimatvertriebenen Gewerbesteuergesetz Grundgesetz gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung Gewinn- und Verlustrechnung Handelsgesetzbuch Herausgeber Hauptversammlung in der Regel in Sachen im Sinne (des) (der) in Verbindung mit
JuS JZ
Juristische Schulung Juristenzeitung
KG KGaA Komm. KStG KStDV
Kommanditgesellschaft Kommanditgesellschaft auf Aktien Kommentar Körperschaftsteuergesetz Körperschaftsteuer-Durchführungsverordnung
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LT Ltd.
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eng. Pfund Sterling Landtag Limited
MdR Mio. Mrd. m.w.N.
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Mitglied des Reichstages Millionen Milliarden mit weiteren Nachweisen
i:
Abkürzungsverzeichnis NDR NF NJW NPD NRW = NSDAP NStZ N.Y.U.L.Rev.
Norddeutscher Rundfunk Neue Folge Neue Juristische Wochenschrift Nationaldemokratische Partei Deutschlands N ordrhein-Westfalen Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei Neue Zeitschrift für Strafrecht New York University Law Review
oHG OLG
offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht
PAC PartG PDA PRDrs. Prot. PVS
Political Action Committee Gesetz über die politischen Parteien vom 24. 7. 1967 Presseausschuß der Demokratischen Aktion Parlamentarischer Rat, Drucksache Protokoll Politische Vierteljahresschrift
RDI Rdnr. RegE RFHE RM RStBl. s. S. SA S.Ct. SDP SPD Stat. StNeuOG u.a. u.ä. UAW UFA U.S. USC (U.S.)L.ed.2d
=
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Reichsverband der Deutschen Industrie Randnummer Regierungsentwurf Entscheidungen des Reichsfinanzhofs Reichsmark Reichssteuerblatt siehe Seite Sturmabteilung Supreme Court Social Democratic Party Sozialdemokratische Partei Deutschlands Statute Gesetz zur Neuordnung von Steuern vom 16.12.1954 (BGBl. I, S.373)
USPD u.U.
unter andere(n)(m) und ähnliche(n) Uni ted Auto Workers Universum Film AG United States Supreme Court Reports Uni ted States Code United States Supreme Court Reports, Lawyer's Edition, Second Series Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands unter Umständen
v. VdEStI v.H. Vol. VStG v.T. VVaG
versus Verein deutscher Eisen- und Stahlindustrieller vom Hundert Volume Vermögensteuergesetz vom Tausend Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit
WDR WiWo
Westdeutscher Rundfunk Wirtschaftswoche
ZAG ZParl ZGR
Zentralarbeitsgemeinschaft Zeitschrift für Parlamentsfragen Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht
2 Kulitz
17
Einleitung Demokratie lebt von der Publizität des politischen Prozesses. Zu diesem von Konrad Hesse 1 formulierten Grundsatz steht die Praxis der Spendenfinanzierung politischer Parteien bis heute in eklatantem Widerspruch. Die in jüngster Zeit bekanntgewordene Flut staatsanwaltschaftlicher Ermittlungsverfahren gegen Unternehmer sowie hohe Partei- und Regierungsmitglieder bekundet erneut das Dunkel, welches die Thematik der Unternehmerspenden an politische Parteien seit Bestehen der Bundesrepublik umgibt. Gerade dieser spezifische Teilbereich der Parteienfinanzierung sensibilisiert durch die in gewissen Abständen immer wiederkehrenden Parteispenden-Affären zunehmend die Öffentlichkeit und leistet zwangsläufig seinen Beitrag zu der wachsenden Parteienverdrossenheit der Bürger. Die exponierte Stellung der Unternehmerschaft in einer marktwirtschaftlich orientierten Gesellschaftsordnung erfordert intensive Beziehungen zu den Parteien als Zentren der politischen Willensbildung. Obgleich wegen der finanziellen Einwirkung der deutschen Wirtschaft auf die Politik am Ende der Weimarer Republik gerade Unternehmerspenden an politische Parteien geschichtlich vorbelastet sind, nehmen Grundgesetz und Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes die Tatsache hin, daß Spenden als geläufige Form politischer Interessenwahrnehmung und Einflußnahme eine wesentliche Rolle spielen2 • Zwischen dem Streben nach möglichst steuergünstiger Spendenfinanzierung der politischen Parteien und dem verfassungsrechtlichen Gebot einer umfassenden Offenlegung der Geldströme liegt ein Spannungsfeld, das es im Interesse des Vertrauens in die Lauterkeit der politischen Geschehensabläufe abzubauen gilt. Einen weiteren Konfliktbereich eröffnet die Unternehmerspende an politische Parteien in der gesellschaftsrechtlichen Fragestellung nach der unternehmensinternen Spendenbefugnis in allen Gesellschaften, bei denen Kapitalbesitz und Unternehmensherrschaft auseinanderfallen. Die Einrichtung einer unternehmensrechtlichen Publizitätspflicht könnte den Weg zu einer weitgehenden Information über Unternehmerspenden an politische Parteien weisen und somit einen Beitrag zur 1 Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Rdnr. 152. 2 BVerfGE 20, 56, 105 ff.; 52, 63, 86 ff.
20
Einleitung
allgemein im Parteienfinanzierungsbereich anzustrebenden Kontrolle durch Öffentlichkeit leisten. Die vorliegende Arbeit macht sich zur Aufgabe, Entwicklung und gegenwärtiges Wirken der politischen Unternehmerspende mit ihren vielschichtigen Bezügen zum Verfassungs- und Staatsrecht sowie zum Steuer-, Gesellschafts- und Unternehmensrecht darzustellen. Unter Heranziehung neuer Lösungsansätze der Spendenfinanzierungsproblematik politischer Parteien im anglo-amerikanischen Rechtskreis sollen Wege aufgezeigt werden, die geeignet erscheinen, das Beziehungsfeld Unternehmerspenden - politische Parteien transparent zu machen.
Erstes Kapitel
Zur geschichtlichen Entwicklung der Unternehmerspende I. Weimarer Republik 1. Die politische Ausgangslage nach der Novemberrevolution
Mit übernahme der Staatsmacht durch den Rat der Volksbeauftragten am 10. November 1918 ging die sozialistische Bewegung als stärkste politische Kraft aus den Parteigruppierungen des Kaiserreiches hervor. Eine Koalition von Mehrheitssozialdemokraten und Unabhängigen Sozialisten bildete die erste provisorische Regierung 1 • Die SPD und das eng mit der katholischen Kirche verbundene Zentrum hatten den übergang in die Republik verhältnismäßig unbeschadet überstanden, während der verbleibende Konservatismus und Liberalismus vor der Notwendigkeit einer grundlegenden Neuordnung ihrer politischen Präsentation standen!. Die von den Vertretern der USPD im Rat der Volksbeauftragten erhobenen Sozialisierungsforderungen sowie Versuche der Spartakisten, mit Hilfe von Aufständen und der Einführung des bolschewistischen Rätesystems eine sozialistische Republik zu etablieren, erfüllten das Unternehmertum mit großer Sorge um die Erhaltung seines Besitzstandes3 • Zur Vermeidung zusätzlicher Gefahren möglicher Unruhen mußten die Millionen heimkehrender Kriegsteilnehmer möglichst rasch in den Arbeitsprozeß der entstehenden Übergangswirtschaft eingegliedert werden'. Deshalb ergriff eine kleine Gruppe maßgebender 1 Gebhardt, Handbuch der deutschen Geschichte, Bd.4/1, § 26; Kaack, Geschichte und Struktur des deutschen Parteiensystems (im folgenden: Parteiensystem), S. 80 ff. ! Hartenstein, Die Anfänge der Deutschen Volkspartei 1918-1920, S. 17 ff.; Albertin, Liberalismus und Demokratie am Anfang der Weimarer Republik, S. 25 ff.; Liebe, Die Deutschnationale Volkspartei 1918-1924, S. 7 ff. a Albertin, Faktoren eines Arrangements zwischen industriellem und politischem System in der Weimarer Republik 1918-1928, in: Mommsen / Petzina / Weisbrod (Hrsg.), Industrielles System und politische Entwicklung in der Weimarer Republik, S.660; Rosenberg, Geschichte der Weimarer Republik, S.8. 4 v. Raumer, Unternehmer und Gewerkschaften in der Weimarer Republik, in: Deutsche Rundschau 80, S. 425, 428.
22
1. Kap.: Zur geschichtlichen Entwicklung der Unternehmerspende
Unternehmer5 die Initiative und verhandelte mit führenden Gewerkschaftern über Mittel und Wege einer ZusammenarbeW. Ergebnis dieser Gespräche war die Gründung der Zentralarbeitsgemeinschajt (ZAG) am 15. November 1918 7 , deren Aufgabe darin bestand, sozialpolitische Streitfragen ohne Beteiligung staatlicher Stellen zu regeln8 • Mit der Vereinbarung ihres Vertretungsrechtes in allen lohn- und tarifrechtlichen sowie arbeitstechnischen Angelegenheiten der Arbeitnehmerschaft wurde den Gewerkschaften erstmals eine paritätische Stellung bei der Neuordnung der sozialen und wirtschaftlichen Machtverteilung von den Unternehmern zugestanden'. Noch bevor sich bürgerliche Parteien und Staat nach demokratischen Grundsätzen neu formieren konnten, waren damit wesentliche Bereiche der Sozial- und Wirtschaftspolitik dem staatlichen Einfluß entzogen und auf der Grundlage paritätischer Kooperation in den Machtbereich der Interessenverbände verlagert worden10 • Auf diese Weise hatte das Unternehmertum sein Mitspracherecht in allen wirtschafts- und sozialpolitischen Belangen in einer Zeit institutionalisiert, als mit einer wirksamen Interessenvertretung der bürgerlichen Parteien gegen die drohenden Sozialisierungsbestrebungen nicht zu rechnen war. Im Hinblick auf die Ende 1918 herrschenden Machtverhältnisse und den innerparteilich desolaten Organisationszustand der bürgerlichen Parteien schien es den Unternehmern taktisch ratsam, sich zunächst mit keinerlei parteipolitischen Erklärungen für oder gegen die eine oder andere politische Partei öffentlich hervorzutun l1 • Die bürgerlichen Parteien ihrerseits scheuten sich, während ihrer Neukonstituierungsphase offene Bündnisse mit dem Unternehmertum einzugehen12•
5 Nach Angaben des Mitinitiators v. Raumer, S.428, 429, handelte es sich bei den Unternehmern um Hugo Stinnes, earl Friedrich v. Siemens, Walther Rathenau, Geheimrat Deutsch, Reichsrat v. Rieppel und Ernst v. Borsig. 6 Varain, Freie Gewerkschaften, Sozialdemokratie und Staat, S.116. T Zu den Gründungsvereinbarungen der "Zentralen Arbeitsgemeinschaft der industriellen und gewerblichen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände" vom 15. 11. 1918 s. im einzelnen, Michaelis / Schraepler (Hrsg.), Ursachen und Folgen - Vom deutschen Zusammenbruch 1918 und 1945 bis zur staatlichen Neuordnung Deutschlands in der Gegenwart, Bd. 3, S. 14/15; Flemming / Krohn / Stegmann / Witt (Hrsg.), Die Weimarer Republik, Bd.2, S. 238 ff. 8 Stürmer, Koalition und Opposition in der Weimarer Republik 1924-1928, S. 25; Bracher, Die Auflösung der Weimarer Republik, S.22. , v. Raumer, S. 428, 429. 10 Bracher, S.22; Stürmer, S.25; Albertin, Faktoren, S.660, 661; ders., Liberalismus, S. 41 ff. 11 Albertin, Liberalismus, S. 44. 12 Albertin, Faktoren, S. 661.
I. Weimarer Republik
23
2. Die Abhängigkeit der Parteien von Spenden aus der Wirtschaft
Die öffentlich betriebene Zurückhaltung hinderten Parteien und Unternehmer nicht, auf finanzieller Ebene den Kontakt miteinander zu pflegen. Die zentrale Position, welche die politischen Parteien als Träger der Regierungsbildungen in der neuen Republik einnahmen, sowie die erhöhten organisatorischen Anforderungen, die die Abschaffung des preußischen Dreiklassenwahlrechts nach sich zog13, rückten die Finanzbedürfnisse der Parteien in eine neue Dimension. Dies wirkte sich auf ihren Spendenbedarf aus, der im wesentlichen von zwei Faktoren bestimmt wurde: a) dem Geldvolumen, das für Aufbau und Unterhaltung der Parteiorganisation sowie zur Deckung der Wahlkampfkosten erforderlich war, b) der anderweitigen Beschaffungsmöglichkeit der Geldmittel etwa durch Mitgliedsbeiträge oder Einkünfte aus parteieigenem Vermögen. Beide Komponenten waren eng mit den Strukturen der einzelnen Parteien verbunden. Von den maßgeblichen Parteien in der Anfangsphase der Weimarer Republik waren allein die Sozialdemokraten eine ausgesprochene MitgliederparteP'. Ihre finanzielle Stärke ergab sich aus dem hohen Organisationsgrad der Partei anhänger und der gegenüber anderen Parteien außergewöhnlichen Beitragstreue der Parteimitglieder. Auch das Zentrum konnte in ähnlicher Weise wie die Sozialisten auf seine Organisation aus der Kaiserzeit zurückgreifen und verfügte über eine stabile Anhängerschaft unter den katholischen Wählern. Beide Parteien waren als "demokratische Massenintegrationsparteien auf Klassen- oder Konfessionsbasis"1s den Gefahren finanzieller Abhängigkeiten in weit geringerem Maße ausgesetzt als die verbleibenden drei bürgerlichen "Repräsentationsparteien" DDP, DVP und DNVP.Für sie ergab sich die Notwendigkeit, ihre auf individuelle Repräsentation aufgebauten Organisationsformen von Grund auf neu zu strukturieren. Vor allem betraf dies die liberalen Parteien, die im klassischen Honoratiorentum im Sinne Max Webers 18 13 Rechtliche Ordnung des Parteiwesens, Bericht der vom Bundesminister des Innern eingesetzten Parteienrechtskommission (im folgenden: Bericht), S. 22; Kaack, Parteiensystem, S.88. 14 Eschenburg, Probleme der modernen Parteifinanzierung (im folgenden: Parteifinanzierung), S. 9. IS Kirchheimer, Der Wandel des westeuropäischen Parteisystems, in: Ziebura (Hrsg.), Beiträge zur allgemeinen Parteienlehre, S.341, 351; ders., PVS 1965, S.20, 27. 18 Honoratiorenstellung bedingt nach Max Weber: "... für die Politik leben zu können, ohne von ihr leben zu müssen", mithin über einen spezifischen
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1. Kap.: Zur geschichtlichen Entwicklung der Unternehmerspende
verhaftet waren. Mit den finanziellen Erfordernissen, die eine Durchorganisierung des Parteiapparates und eine schlagkräftige Wählerwerbung begleiten, konnte die Erwartung nicht mehr verbunden werden, daß die Kandidaten ihre Wahlaufwendungen selbst tragen oder gar noch einen Teil der Parteiverwaltungskosten übernehmen. DDP und DVP war es im Unterschied zur DNVP, die durch Integration sowohl über den Verwaltungsapparat der Deutschkonservativen Partei als auch über ein vom Deutschkonservativen Hauptverein bereitgestelltes "Startkapital" in Höhe von 500000 Mark verfügen konnte17, nicht gelungen, nennenswerte Beträge von den alten liberalen Parteien zu erhalten18 • Von den fünf führenden politischen Parteien waren die beiden liberalen Mittelparteien am dringendsten auf finanzielle Hilfe angewiesen. Da es eine Finanzierung aus öffentlichen Mitteln nicht gablO und die liberale Anhängerschaft nur in geringem Maße finanzielle Unterstützungsbereitschaft für die zentrale Parteiorganisation aufbrachte20 , konnten die für den ersten Wahlkampf zur Nationalversammlung vom 19. Januar 1919 benötigten Gelder nur aus der Wirtschaft erwartet werden. 3. Das Fördersystem der Unternehmer
In ähnlicher Weise wie es den Unternehmern gelungen war, mit der ZAG eine gewisse Kontrolle im Bereich der Wirtschafts- und Sozialpolitik auszuüben!!, war ihnen daran gelegen, auch in der Parteipolitik Einflußpotentiale zu schaffen, die geeignet erschienen, ihren Mangel an Wählerstimmen zu kompensieren!!. Erfahrungen in diesem Bereich hatte die Wirtschaft schon vor dem ersten Weltkrieg gemacht. Die Grad von "Abkömmlichkeit" aus den eigenen privaten Geschäften zu verfügen, s. Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, S.170. 17 Liebe, S. 32. 18 Albertin, Liberalismus, S. 167, FN 1. 18 Eschenburg, Parteifinanzierung, S. 11. !O Döhn beschreibt das ständige Bemühen Stresemanns, die mangelhaften Finanzierungsmethoden der DVP dadurch zu verbessern, daß man die regionalen Unterorganisationen zu regelmäßigen Beitragsleistungen an die Parteizentrale anzuhalten suchte. Allerdings zeigten die nationalliberalen Ortsvereine und Wahlkreisverbände hierzu wenig Neigung, weil sie bei entsprechender Finanzausstattung der Parteileitung um ihre Unabhängigkeit und den Einfluß vor allem bei der Kandidatenaufstellung fürchteten, Döhn, Politik und Interesse, S. 351-359; über die finanzielle Disziplinlosigkeit der DDPWahlkreise, s. Albertin, Liberalismus, S. 186. 11 Das staatsfreie unternehmerisch-gewerkschaftliche Kooperationsorgan ZAG hatte über seine Anfangszeit hinaus geringe Bedeutung, nachdem die freiwillig getroffenen Vereinbarungen gesetzlich verankert wurden und es durch Einrichtung eines Reichswirtschaftsrates schlußendlich doch staatlicher Einflußsphäre unterstellt wurde, v. Raumer, S.432. I! Albertin, Liberalismus, S. 168.
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Industrie erläuterte den für sie günstigen Ausgang der Reichstagswahlen Anfang 1907 damit, daß sie "mit außerordentlicher Opferwilligkeit durch die Hergabe reicher Mittel wesentlich (dazu) beigetragen" habe, die Vertretung der Sozialdemokratie im Reichstag stark zu dezimieren28 • In der Folge wurde parallel zur Gründung des Hansabundes im Jahre 1909 vom Centralverband Deutscher Industrieller die Einrichtung eines industriellen Wahlfonds initiiert2'. Die vollkommen unabhängig vom Zentralverband fungierende Kommission zur Sammlung, Verwaltung und Verwendung des industriellen Wahlfonds überdauerte die Kriegswirren25 und setzte auch nach dem Novemberumsturz ihre Fördertätigkeit fort. Ihre finanzielle Unterstützung leistete die Wahlfondskommission auf zweierlei Weise. Zum einen förderte sie neben den direkt aus der Industrie kommenden Kandidaten auch solche in den einzelnen Wahlkreisen28 , die in wirtschaftspolitischen Angelegenheiten mit den Auffassungen der Geldgeber konform gingen und sich außerdem bereit erklärten, vor sozialpolitischen Entscheidungen durch Vermittlung der Wahlfondskommission die Wünsche der Industrie einzuholen27 • Zum anderen stellte man den Parteiführungen unmittelbar Geld zur Verfügung und verband dies oftmals mit der mehr oder weniger ausdrücklich formulierten Erwartung, daß industriellen Kandidaten bei der Nominierung bevorzugt sichere Listenplätze zur Verfügung gestellt werden28 • Die Wahlfondskommission legte Wert auf ständige Einflutl!3 Referat des geschäftsführenden Mitglieds im Direktorium, Bueck, anläßlich der Ausschußsitzung des "Centralverbandes Deutscher Industrieller" am 15. 10. 1909, in: Verhandlungen, Mitteilungen und Berichte des Centralverbandes Deutscher Industrieller, Nr. 116, S. 16/17. U Vgl. die Beratungen und Beschlüsse des Zentralverbandsausschusses vom 15. 10. 1909 (zitiert in FN 23), S. 13-85. Zur Finanzierung des Wahlfonds wurde vorgesehen, daß von jedem unmittelbaren oder mittelbaren Zentralverbandsmitglied ein in bestimmten Zeitabschnitten zu erhebender Beitrag geleistet wird, dessen Höhe sich nach einem von der Kommission zu bestimmenden Prozentsatz der Jahreslohnsumme richtet. 25 Die Kommission hatte bis zu Beginn der Wahlkämpfe Anfang 1919 allein an die nationalliberale Partei über 800 000 Mark gespendet, s. Schreiben des Geschäftsführers des industriellen Wahlfonds, Flathmann, an den DVP-Führer Stresemann v. 21. 03. 1919, abgedruckt in Döhn, S.430 (Dok.9). 28 Die unmittelbare Kandidatenfinanzierung in den einzelnen Wahlkreisen kann als die ursprüngliche Förderpraxis der Wirtschaft bezeichnet werden. Sie erfolgte zum Teil ganz ohne Information der jeweiligen Parteizentralen, Nipperdey, Die Organisation der deutschen Parteien vor 1918, S. 154. 27 Albertin, Liberalismus, S.176. Solche Verpflichtungserklärungen der Kandidaten wurden im besonderen auch von grundsätzlich die direkte Kandidatenförderung bevorzugenden Spezialverbänden als Gegenleistung für ihre finanzielle Wahlunterstützung verlangt, Döhn, S.369. 28 Welche Einflußstärke der industrielle Wahlfonds im Vergleich zu anderen Interessengruppen hatte, ergibt das Beispiel zweier gleichzeitig unternommener Einwirkungsversuche auf eine bereits festgelegte Kandidatenfolge auf der Reichsliste der DVP im Sommer 1920: Während der 2. Vorsitzende des Gesamtverbandes der Christlichen Gewerkschaften, Behrens, unter Hin-
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und Kontrollmöglichkeit und entschied deshalb immer nur über konkret anstehende Zahlungen in dem Bewußtsein, daß längerfristig eingegangene Spendenzusagen ihre politischen Mitsprache- und Einwirkungsmöglichkeiten mindern würden. In diesem Sinne zahlte sie Anfang 1919 150 000 Mark an die DVP, lehnte aber die Bitte Stresemanns, "diese Summe für mehrere Jahre in gleicher Höhe der Partei zur Verfügung zu stellen", konsequent ab29 • Obwohl die Wahlfondskommission grundsätzlich alle bürgerlichen Parteien zu berücksichtigen suchte, bevorzugte sie mit ihren Zuwendungen die ihr programmatisch besonders entgegenkommende rechtskonservative DNvp30 • Einen Ausgleich für die liberalen Parteien brachte das bald nach den Novemberunruhen 1918 von Berliner Unternehmern ins Leben gerufene Kuratorium für den Wiederaufbau des deutschen Wirtschaftslebens. Es übertraf an finanzieller Größe alle anderen politischen Fonds, die zu jener Zeit aus Sorge vor den sozialistischen Bestrebungen eingerichtet wurden 31 • Kurz nach seiner Gründung sicherte es der ihm durch persönliche Querverbindungen (v. Siemens) nahestehenden DDP am 31. 12. 1918 eine Million Mark als erste pauschale Unterstützung zu, überwies aber auch wenige Tage später unter den gleichen Bedingungen der DVP 500000 Mark. Am 10. Januar 1919 bewarb sich die DNVP um eine paritätische Berücksichtigung bei der Spendenausschüttung und erhielt weis auf "eine beachtliche Zahl an Stimmen" Stresemann bat, "ergebenst zu erwägen, ob es nicht möglich ist, ihn (den Gewerkschaftskandidat Streiter) auf eine frühere Stelle zu setzen", glaubte der Geschäftsführer der Wahlfondskommission, Flathmann, gegen die angebliche Zurücksetzung ihres Kandidaten (Qua atz) "nachdrücklichst protestieren" zu müssen und stellte in Frage, ob die Industrie die "bedingungsweise zugesagten Mittel hergeben könne". Der Industriekandidat erhielt die geforderte Stellenverbesserung, Hartenstein, S. 221-223 und S. 218, FN 4. 29 "Im Hinblick auf das Verhalten unserer Kommission in früheren, ähnlichen Fällen muß ich es für völlig ausgeschlossen halten, daß wir demnächst im voraus noch für weitere 2 Jahre jährlich M 150000,- für die Zentrale der DVP bewilligen könnten .... Möglich würde es aber sein, daß im nächsten Jahr auf Antrag wieder eine Zuwendung erfolgt, in welcher Höhe, hängt natürlich davon ab, wie unsere Kassenverhältnisse sind. Erleichtert würde jedenfalls die Zuwendung, wenn ich aufgrund eigener Kenntnis in der Lage sein würde, darzulegen und nachzuweisen, daß die erbetene Beihilfe im Sinne der Bestrebungen unserer Kommission liegen würde." Schreiben des Geschäftsführers der Wahlfondskommission, Flathmann, an Stresemann, im Auszug abgedruckt in Döhn, S. 430 (Dok.9). 30 Albertin, Liberalismus, S. 177. Diese Bevorzugung mag einmal an den in der Wahlfondskommission besonders einflußreichen Repräsentanten der westdeutschen Schwerindustrie gelegen haben, die traditionell den Deutschkonservativen näherstanden als den Liberalen. Schwerer wogen wohl die erkennbaren Bestrebungen des nationalliberalen Stresemann, die mühsam errungene Selbständigkeit der DVP zu behaupten und sich vor allem gegen die schwerindustrielle Vorstellung einer Fusion mit der DNVP zu wenden,
Döhn, S. 355. 31 Albertin, Liberalismus, S. 168.
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ebenfalls eine halbe Million Mark. An alle drei Parteien wurden in den folgenden Tagen weitere Spenden bis zu jeweils 250000 Mark gegeben32 • Gewisse, auf Zeitpunkt und Namen bezogene Übereinstimmungen in der Darstellung Albertins33 mit denen von Stadtler 34 und Breitling 35 legen den Schluß nahe, daß das Kuratorium für den Wiederaufbau des deutschen Wirtschaftslebens mit dem sog. Antibolschewistenfonds36 identisch war. Die von earl Friedrich von Siemens zur Ausschaltung zweckwidrigen Wettbewerbs angestrebte Fusion des Kuratoriums mit dem industriellen Wahlfonds scheiterte am Widerstand Flathmanns37 • Allgemein war ein Trend zur Zentralisierung der politischen Finanzierung feststellbar. Man wollte die individuelle, unkoordinierte und von Zufällen abhängige Geldvergabe38 zugunsten einer besseren Übersichtlichkeit und Kontrolle der Spendenverteilung weitestgehend einschränken. Das Kuratorium sah seine Aufgabe keinesfalls nur in der Vermittlung industrieller Gelder zur Deckung von Organisationskosten der Parteien38 • Es wollte neben der Mitsprache in der Kandidatenfrage möglichst auch personell dort im Parteiapparat vertreten sein, wo über den finanziellen Einsatz der Parteigelder entschieden und somit politischer Einfluß im Sinne der Ebd., S. 172. Seine Angaben beruhen auf dem umfangreichen Quellenmaterial im Siemens-Archiv München (SAA 4/Lf 646), s. Albertin, Liberalismus, S. 168, FN 4, S. 179, FN 58. 34 Stadtler, Als Antibolschewist, S.48/49. Sowohl Albertin als auch Stadtler schreiben dem Kuratoriums- und DNVP-Mitglied Kempner eine zentrale Rolle bei der Vermittlung von Geldern an die Antibolschewistische Liga und ähnlichen Vereinigungen zur Bekämpfung des Bolschewismus zu. 35 Breitling, Unternehmerische Meinungspolitik in der Weimarer Republik, in: Festgabe für Dolf Sternberger zum 60. Geburtstag 1968, S. 372. 38 Er sollte nach den Worten des Wirtschaftsführers und Ruhrmagnaten Hugo Stinnes eine "Versicherungsprämie" gegen die bolschewistische Gefahr sein: "Wenn deutsche Industrie-, Handels- und Bankwelt nicht willens und in der Lage sind, gegen die hier aufgezeigte Gefahr eine Versicherungsprämie von 500 Millionen Mark aufzubringen, dann sind sie nicht wert, deutsche Wirtschaft genannt zu werden.", zitiert nach StadtIer, S.48. Wieviel Geld tatsächlich aufgebracht wurde, ist kaum feststellbar. Die zunächst geleisteten Zahlungen an div. antibolschewistische Organisationen wurden nach wenigen Monaten wegen "der alten liberaldemokratischen Tradition" der Geldgeber wieder eingestellt, vgl. Stadtler, S.115; Breitling, Unternehmerische Meinungspolitik, S.372/373, FN 19; vgl. auch Albertin, Liberalismus, S. 173, wonach "die antisemitischen Hetzparolen aus Kreisen der DNVP nicht nur jüdische Kuratoriumsmitglieder und Geldgeber" entsetzten. 37 Albertin, Liberalismus, S. 176/177, FN 46. 38 So spendete beispielsweise die Deutsche Bank durch ihren persönlich haftenden Gesellschafter, v. Stauss, aus Anlaß des fünfzigsten Jahrestages der Nationalliberalen Partei der allgemein als Nachfolgeorganisation anerkannten DVP als Jubiläumsgabe 500 000 Mark, Döhn, S. 360. 38 Albertin, Liberalismus, S. 178. 32
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Unternehmerinteressen geltend gemacht werden konnte 4o • Einen Monat vor den Reichstagswahlen 1920 erhielten die drei bürgerlichen Parteien vom Kuratorium beachtliche Spenden. Während DNVP (775 000 Mark) und DVP (400000 Mark) das Geld ohne weitere Auflagen pauschal ausbezahlt bekamen, wurden die Zuwendungen an die DDP in einer Gesamthöhe von 1035000 Mark teilweise unter strengen Zweckbegrenzungen erbracht41 • Die Eingriffe des Kuratoriums in personelle und sachliche Belange einer Partei dürften bei der DDP am intensivsten gewesen sein. Bei ihr konnte es zeitweilig sogar durchsetzen, daß eigene Sammlungen der Partei gänzlich unterblieben42 • Auch die DVP bekam die zunehmende Einengung ihrer freien Verfügbarkeit über die Unternehmerspenden zu spüren. Beispielsweise überließen die Banken ihre politischen Gelder entgegen den zunächst geübten Gepflogenheiten nicht mehr zur freien Disposition der DVP, sondern setzten einen Vertrauensmann (v. Raumer) ein, der den zweckmäßigen Einsatz der Mittel im Sinne der Banken überwachte43 • 40 Dies wußte Stresemann und unterstützte seine Bitte an das Kuratorium nach einem jährlichen Organisationsbeitrag von 100000 Mark mit dem Anerbieten, "ein Mitglied des Kuratoriums dem Finanzausschuß unserer Partei beitreten" zu lassen. Ebenso wünschenswert war es Stresemann, "wenn anläßlich des bevorstehenden Parteitags uns auch Vorschläge für die Wahl eines Herrn in den Zentralvorstand der Partei und in den geschäftsführenden Ausschuß zugehen könnte". Schließlich war es ferner erwünscht, "wenn schon jetzt eine Verständigung darüber erfolgen könnte, welche Persönlichkeiten aus Handel und Industrie für die nächsten Wahlen in aussichtsreichen Bezirken aufgestellt werden könnten, damit die Vorbereitungen für diese Wahlen in Angriff genommen werden können. Sobald sich übersehen läßt, wann die Wahlen stattfinden, wären wir selbstverständlich dankbar, wenn auch eine Unterstützung unseres Wahlfonds erneut stattfinden könnte". Schreiben Stresemanns an den Geschäftsführer des Kuratoriums für den Wiederaufbau des deutschen Wirtschaftslebens, Wilhelm v. Siemens, Berlin, abgedruckt in Döhn, S. 427/428 (Dok. 6); ebenfalls in Flemming / Krohn / Stegmann / Witt (Hrsg.), S. 207. 41 Albertin, Liberalismus, S. 190. 42 Ebd., S. 179/180. 48 Vgl. Schreiben Stresemanns an den Zentralverband des deutschen Bankund Bankiergewerbes vom 26.3.1924: "Wie bei den letzten Wahlen, so haben auch diesmal die führenden deutschen Großbanken beträchtliche Summen für einen Wahlfonds aufgebracht. An diesen Wahlfonds partizipiert auch die Deutsche Volkspartei. Während aber bei den letzten Wahlen die von den Banken zur Verfügung gestellte Summe der Parteileitung überwiesen wurde, hat man sich diesmal auf den Standpunkt gestellt, daß aus den Mitteln dieses Fonds, der mit dem der Industrie vereinigt ist, nur wirtschaftliche Kandidaturen unterstützt werden sollen, und daß zur überwachung der Unterstützung die Summe nicht an die Parteileitung, sondern an einen Vertrauensmann ausgefolgt werden soll. Als ein solcher Vertrauensmann ist von dem Berliner Wahlkomitee Herr von Raumer bezeichnet worden. Diese Art des Vorgehens ist meiner Meinung nach nicht geeignet, gute Beziehungen zwischen der Vereinigung der Banken und der Deutschen Volkspartei herzustellen. Ich muß vielmehr in dieser Art, über die Gelder durch einen Vertrauensmann zu verfügen und sie der Parteileitung vorzuenthalten, ein glattes Mißtrauensvotum sehen." Döhn, S. 434/435 (Dok. 16), ebenfalls in Flemming / Krohn / Stegmann I WUt (Hrsg.), S.208.
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Neben den zentral verwalteten Fördereinrichtungen der Großindustrie gab es eine Reihe ebenfalls zentralisierter Fonds der wirtschaftlichen Fach- und Regionalverbände44 • Am Beispiel des Bergbaus schildert Heinrichsbauer 45, daß man politische Gelder auch deshalb spendete, "um zu verhindern, daß die einzelnen Gesellschaften von den Parteien gegeneinander ausgespielt wurden". Von zentraler Bergbauseite wurden regelmäßig zu den Wahlen jeweils 200 000 Mark an DNVP, DVP und Zentrum bezahlt. Diese Finanzierungen, an denen im kleineren Umfang auch die DDP beteiligt wurde, flossen aus "besonderen Mitteln" und "waren dem breiteren Mitgliederkreis des Bergbaus nicht bekannt"48. Der Parteienfinanzierung mit Unternehmergeldern zu Anfahg der Weimarer Republik wird mehr Bedeutung beigemessen als in den Folgejahren47. Breitling 48 sieht die Grunde für die Abschwächung der Finanzierungsbereitschaft gegen Mitte der zwanziger Jahre darin, daß "der politische Gemeinwille der Unternehmer" zur Bekämpfung kommunistischer Bestrebungen nachgelassen hatte und damit alte Unterschiede zwischen Schwerindustrie, verarbeitender Industrie und Großchemie wieder deutlicher hervortraten. Die Verfolgung branchenspezifischer Partikularinteressen schoben sich abermals vermehrt in den Vordergrund. Nicht zuletzt deshalb scheint die von earl Duisberg, dem Leiter des mächtigen IG-Farben-Konzerns, zum "Versuch eines Ausgleichs widerstreitender Interessen und Meinungen" 1926 ins Leben gerufene Staatsbürgerliche Vereinigung kaum politisches Gewicht gehabt zu haben48 •
Döhn, S. 368. Heinrichsbauer, Schwerindustrie und Politik, S. 18. 48 Ebd., S. 18. 47 Böhret, Aktionen gegen die "kalte Sozialisierung" 1926-1930, S.124; vgl. auch Turner, Faschismus und Kapitalismus in Deutschland, S. 123, FN 22, der sowohl dem 1924 ganz aufgelösten "Industriellen Wahlfonds" als auch dem Berliner Kuratorium in den frühen zwanziger Jahren kaum noch Geltung zuschreibt. 48 Breitling, Das Geld in der deutschen Parteipolitik, in: PVS 1961, S.349, FN4. 4U Lewinsohn, Das Geld in der Politik, S. 84. In der Gründungsversammlung formulierte Duisberg: "In der Behandlung wichtiger wirtschaftlicher Fragen muß eine Änderung eintreten. Wie man es machen muß, das kann man in Amerika sehen. Die ganze Politik dort wird von einem Gremium von Wirtschaftlern gemacht. Wenn größere Fragen zur Entscheidung stehen, dann treten sie zusammen, sprechen diese durch und setzen Richtlinien fest, nach denen wird dann gearbeitet. Aber wie soll man die Sache in Deutschland machen? Alle diese Dinge werden im Reichstag entschieden. Darum können und müssen wir auf die Parteipolitik einwirken. Aber einzuwirken mit der Vernunft auf die Parteien, das hat man allgemein aufgegeben. Nur durch planmäßige Beeinflussung lassen sich alle Schwierigkeiten überwinden. Zur Durchsetzung der Gedanken und Pläne der Staatspolitischen Vereinigung aber gehört Geld. In Amerika, da hat man die nötigen Summen auf44
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1. Kap.: Zur geschichtlichen Entwicklung der Unternehmerspende
Mehr Erfolg hatte die 1928 von zwölf führenden Unternehmern der rheinisch-westfälischen Schwerindustrie gegründete Ruhrlade. Zunächst als Einrichtung der westdeutschen Unternehmerelite zur Vermeidung oder Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Mitgliedsfirmen vorgesehen, entwickelte sie sich rasch zu einem wirkungsvollen Interessenverband60 • Die maßgebliche Rolle, welche Mitglieder dieser Vereinigung in anderen Wirtschaftsverbänden (RDI, Langnamverein, VdEStI) spielten, machte es möglich, daß die in der Ruhrlade beschlossenen wirtschaftspolitischen Maßnahmen und Forderungen durch offizielle Großorganisationen der Wirtschaft gegenüber Regierung und Parteien mit entsprechendem Nachdruck vertreten wurden. In welchem Ausmaß die Ruhrlade über eine gezielte finanzielle Förderpolitik Einfluß auf die politischen Parteien zu gewinnen suchte, läßt sich nicht genau bestimmen51 • Es scheint allerdings, daß sie für wenige Jahre an die erfolgreiche Tätigkeit der Industriefonds zur Gründungszeit der Weimarer Republik anschließen konnte. Die Ruhrlade übernahm es, die beiden getrennt geführten Fonds der Stahl- und Kohlenindustrie zu koordinieren und über die Verwendung der Fördermittel einheitlich zu entscheiden. Turner schätzt die jährlich von der "Eisenseite" und "Kohlenseite" der Ruhrlade zur Verfügung gestellten Gelder auf 1,2 bis 1,5 Millionen Mark52 • Mit der Aufschlüsselung in Kandidatenfinanzierung und finanzielle Unterstützung ihr genehmer Parteileitungen entsprach die Förderpraxis der Ruhrlade derjenigen des Kuratoriums und der Wahlfondskommission. Die für die Schlagkraft ihrer politischen Beeinflussung erforderliche Einheit der Ruhrlade zerbrach 1932 an Streitigkeiten u. a. über die Finanzierung der von Hugenberg geführten DNVP53 • Die "Kohlenseite" zog sich aus der gemeinsam betriebenen politischen Finanzierung zurück, worauf fortan eine koordinierte Sammlung und Verteilung politischer Unternehmerspenden nicht mehr in dem zuvor erreichten Umfang möglich war.
gebracht. Darum müssen sich alle Herren klar sein, daß sie Geld aufbringen müssen." 50 über Entstehung und Wirken der Ruhrlade s. Turner, Faschismus, S.114-156. 51 Im Unterschied zu Turner schätzt Weisbrod die Bedeutung der Ruhrlade als Koordinationsgremium für eine gemeinsame schwerindustrielle Politik in wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen weitaus wichtiger ein.. als die von ihr ebenfalls betriebene Parteienfinanzierung, vgl. Weisbrod, Schwerindustrie in der Weimarer Republik, S.180. 52 Turner, Faschismus, S. 126. 53 Ebd., S. 136-138.
1. Weimarer Republik
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4. Auswirkungen der Fördertätigkeit der Unternehmer
Die gezielte Förderung der mit der Wirtschaft verbundenen Kandidaten bewirkte von Wahl zu Wahl nicht nur einen ansteigenden personellen Anteil der unternehmerischen Interessenvertreter in den Reichstagsfraktionen der bürgerlichen Parteien5" sondern festigte auch Einfluß und exponierte Stellung der parteizugehörigen Industrieausschüsse, in denen sich Unternehmer als innerparteiliche Interessengruppen zusammenschlossen55 • Nicht ganz zu Unrecht bezeichnet daher Breitling 58 die Parteienfinanzierung der Unternehmer als "Personalpolitik", woraus sich zumindest teilweise die auffällige Entwicklung der geförderten Parteien nach rechts erklären könnte. Die innerparteiliche Dominanz des WirtschaftsflügeIs empfand Stresemann als zunehmend hinderlich für die von ihm angestrebte Politik der DVP. Andererseits konnte er sich wegen der ständigen Geldknappheit seiner Partei und der daraus entstehenden Abhängigkeit von Zuschüssen aus der Wirtschaft den vorherrschenden Einflüssen der Unternehmer nicht entziehen. Dies führte dazu, daß er sich vor den Reichstagswahlen 1928 öffentlich für eine staatliche Beteiligung an der Parteienfinanzierung aussprach: "Wir haben ein Interesse daran, daß in der Zeit, in der kapitalistische Mächte einen viel größeren Einfluß haben als jemals zuvor, dieser Einfluß nicht zur Geltung kommt in der Zusammensetzung des Reichstages57• " Stresemann dachte dabei an eine staatliche Wahlkostenerstattung, wonach die Parteien nur noch das finanzielle Risiko für die durchgefallenen Kandidaten tragen sollten58• Im Hinblick auf die vielgestaltigen und zahlreichen persönlichen Verbindungen des Unternehmertums zu Parlament, Regierung und Parteien59 muß die Bedeutung der politischen Einflußnahme mittels Unter54
Döhn, S. 371.
Zu den Industrieausschüssen von DNVP, DVP, DDP und Zentrum sowie ihrer personellen Zusammensetzung im einzelnen Böhret, S. 125/126. 58 Das Geld, S. 349, FN 4. fi7 Auszug aus einer Rede Stresemanns im März 1928 vor der auswärtigen Presse in Berlin, zitiert nach Lewinsohn, S. 120; s. auch mit geringen Abweichungen Döhn, S. 371. 58 Eschenburg meint zu Stresemanns Bemerkung, er habe den Vorschlag öffentlicher Finanzierung nicht so ernst gemeint, sondern der Wirtschaft nur einen "deutlichen Wink" geben wollen. In diesem Sinne sind wohl ebenfalls die Worte an earl Bosch zu werten, mit denen Stresemann dessen sehr weitgehenden handels- und sozialpolitischen Forderungen begegnete: "Herr Bosch, wir können auch die Konzerne sozialisieren." Eschenburg, Parteifinanzierung, S. 11/12. 69 Neben den einflußreichen Beziehungen der parteiinternen Industrieausschüsse gab es im Reichstag eine beachtliche Gruppe von Parlamentariern, die über ein oder mehrere Aufsichtsratsmandate in Wirtschaftsunternehmungen verfügten. Von den 490 Reichstagsabgeordneten der IV. Wahlperiode 65
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1. Kap.:
Zur geschichtlichen Entwicklung der Unternehmerspende
nehmerspenden auf eine unterstützende und ergänzende Funktion innerhalb der politischen Pressure relativiert werden60 •
11. Unternehmerspenden und Nationalsozialismus 1. Die Anfangsphase
Das Unternehmertum der zwanziger Jahre war im wesentlichen bei den Nationalliberalen und Deutschnationalen politisch beheimatet. Intensive Verbindungen bestanden noch zur DDP und vereinzelt zum Zentrum. Den Nationalsozialisten gelang es in dieser Epoche nicht, einträgliche Beziehungen zu unterstützungsbereiten und finanzkräftigen Kreisen herzustellen. Die Schwerindustriellen Fritz Thyssen und Emil Kirdorf bildeten mit ihrer Begeisterung für Hitler die Ausnahme61 • Als seine erste Zahlung an die NSDAP bezeichnet Thyssen die im Oktober 1923 über Ludendorff zur Verfügung gestellten 100000 Goldmark62 • Die nächste bemerkenswerte Unterstützung lag in seiner Bürgschaftserklärung über 300000 Mark, die den Nationalsozialisten die Fremdfinanzierung ihrer Münchner Parteizentrale ermöglichte83 • Kirdorfs Beitrag beläuft sich auf 100000 Mark, die er nach einer Zusammenkunft mit Hitler im Jahre 1927 aufbrachte64 • Bis zum Jahre 1929 sind der NSDAP keine nennenswerten Geldbeträge von Unternehmerseite zugeflossen. Sie scheint in der Hauptsache von Mitgliedsbeiträgen und Kleinspenden65 gelebt zu haben. Die Parteileitung war allein auf die durch Selbsthatten 68 insgesamt 275 Aufsichtsratsposten inne, s. im einzelnen nach Parteien aufgegliedert Bähret, S. 122 und Tabelle 8 im Anhang. 80 Bähret, S. 125. 81 Zu den frühen Förderern Hitlers zählen auch die Unternehmerfamilien Bechstein, v. Borsig und Bruckmann, s. Stegmann, Zum Verhältnis von Großindustrie und Nationalsozialismus 1930-1933, in: Archiv für Sozialgeschichte, Bd. XIII (1973), S.399, 405; HaZlgarten, Hitler, Reichswehr und Industrie, S. 96. 82 Thyssen, I paid Hitler, S. 114; ebenfalls Lochner, Die Mächtigen und der Tyrann, S. 115 sowie Turner, Faschismus, S. 109. 63 Thyssen, S. 129, und ihm folgend Lochner, S. 116, legen den Zeitpunkt der Bürgschaftsverpflichtung für das "Braune Haus" in das Jahr 1928, aus der Thyssen später mit einem Teilbetrag von etwa 150 000 Mark in Anspruch genommen wurde; ebenfalls Turner, Faschismus, S. 110 und HaZlgarten, S. 128, FN 39, die aber auf gewisse Unsicherheiten in Thyssens Angaben bezüglich Betrag und Zeitpunkt hinweisen. 64 Heinrichsbauer, S.38; Stegmann, Zum Verhältnis, S. 413, meint, daß Kirdorf die Summe den politischen Fonds des Bergbaulichen Vereins bzw. des Zechenverbandes entnommen habe. Turner, Großunternehmerturn und Nationalsozialismus 1930-1933, in: Historische Zeitschrift, Bd. 221 (1975), S. 45, zweifelt dies an, hierzu Replik Stegmanns, Antiquierte Personalisierung oder sozialökonomische Faschismus-Analyse?, in: Archiv für Sozialgeschichte, Bd. XVII (1977), S. 275, 284 ff., insbesondere FN 44. 65 Beispielhaft hierfür ist die Kassenabrechnung des Gaues Rheinland für
11. Unternehmerspenden und Nationalsozialismus
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finanzierung aufgebrachten Mittel der Gaue angewiesen. Dies wird durch den bescheidenen Haushalt der Reichsleitung der NSDAP bestätigt, der sich für das Jahr 1929 auf RM 392000 belief88• 2. Die Zeit von 1930 bis 1933
Eine grundlegend veränderte Situation ergab sich nach den Reichstagswahlen vom 14. September 1930. Als Folge der Weltwirtschaftskrise und rapide ansteigender Arbeitslosigkeit konnte die NSDAP ihren Stimmenanteil um das Achtfache auf 18,3 % erhöhen und mit 107 Abgeordneten (nach zwölf in der vorausgegangenen Wahlperiode) in den Reichstag einziehen67 • Dieser in solcher Größe unerwartete Wahlerfolg wurde ohne finanzielle Hilfe der Industrie erzieW8, die bis dahin unmittelbare Beziehungen zur NSDAP nur spärlich und zögernd unterhieWu. Mit der zweitstärksten Fraktion im Reichstag mußten die Nationalsozialisten nunmehr als politischer Faktor berücksichtigt werden70 , ein Umstand, der auch im Unternehmertum teilweise Anlaß zu einer politischen Neuorientierung war. Zunächst betraf dies hauptsächlich Teile der politisch am äußersten rechten Rand der Unternehmerschaft angesiedelten Ruhrindustrie. Thyssen gelang es, den Bergbaulichen Verein zum Austritt aus dem RDI zu bewegen71 • Von zentraler Bergbauseite erhielt der Reichsorganisationsleiter, Gregor Strasser, ab Frühjahr 1931 einen laufenden Monatsbeitrag von 10000 RM72 • Ebenso wurde der Hitler-Berater, Walter Funk, und sein Wirtschaftspolitischer Pressedienst durch den Bergbau "mit mehreren 1000 RM
monatlich" subventioniert73 • Doch der weitaus überwiegende Teil der September 1930, abgedruckt bei Matzerath / Turner, Die Selbstfinanzierung der NSDAP 1930-1932, in: Geschichte und Gesellschaft, Jg.3 (1977), S.76/77. Sie enthält 83 namentlich aufgeführte Einzahlungen von Spendenbeträgen zwischen 35 und 250 Mark. 66 Matzerath / Turner, S. 66. 87 Kaltejleiter, Wirtschaft und Politik in Deutschland, S. 36 ff.; Kaack, Parteiensystem, S. 109. 88 Heinrichsbauer, S.39. Diese Einschätzung des damaligen Vertrauensmannes der Ruhrindustrie wird trotz seiner insgesamt apologetischen Darstellung von den meisten westlichen, nichtmarxistischen Autoren geteilt. 69 Schulz, Aufstieg des Nationalsozialismus, S. 640; ders., in: Bracher / Sauer / Schulz, Die nationalsozialistische Machtergreifung, S. 403; Turner, Faschismus, S. 140. Die gegenteilige Ansicht vertritt der DDR-Autor Czichon, Wer verhalf Hitler zur Macht?, S.18/19. Allerdings belegt er seine Behauptung, daß beträchtliche Mittel "der Hitler-Partei im Sommer 1930 offensichtlich zur Verfügung" standen, mit keiner Quellenangabe in seiner mit Dokumentenabdrucken sonst reichlich ausgestatteten Schrift. 70 Stegmann, Zum Verhältnis, S. 416; ders., Antiquierte, S. 282. 71 Schulz, Aufstieg, S. 640. 72 Heinrichsbauer, S. 40; Stegmann, Zum Verhältnis, S.418. 73 Heinrichsbauer, S. 42; Stegmann, Zum Verhältnis, S. 418. 3 Kulitz
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1. Kap.: Zur geschichtlichen Entwicklung der Unternehmerspende
Großindustrie blieb der vom RDI am 17. August 1930 per Rundschreiben ausgegebenen Aufforderung treu, nur solche Parteien zu unterstützen, "die auf dem Boden der Verfassung stehen und die unzweideutig für die Erhaltung und Entwicklung der Privatwirtschaft sowie das Privateigentum eintreten"74. Von den verhältnismäßig wenigen Spenden vornehmlich kleinerer Unternehmer aus dieser Zeit an die Nationalsozialisten wurde ein beachtlicher Anteil von jüdischen Geschäftsleuten als sog. "Terror-Abwehrprämie" bezahW5 • Maßgebliche Unternehmensführer der rheinisch-westfälischen Schwerindustrie wie Paul Reusch, Gustav Krupp v. Bohlen und Halbach und Ernst Poensgen, alle Mitglieder der Ruhrlade, versuchten noch 1930 eine Sammlung der gemäßigten Parteiströmungen zu bewerkstelligen, um mit Hilfe einer liberalkonservativen Einheitspartei der Desintegration des bürgerlichen Lagers entgegenzuwirken70. Nach dem Scheitern dieses Sammlungsprojektes entwickelten sich innerhalb der deutschen Wirtschaft schärfere Gegensätze in den Auffassungen über die Maßnahmen und den Regierungskurs Brünings. Im wesentlichen lassen sich zu Beginn der dreißiger Jahre drei Strömungen in der politisch engagierten Unternehmerschaft erkennen. Noch als ausgesprochene Minderheit stellte sich ein kleiner Kreis von Ruhrindustriellen um Thyssen, Kirdorf und Tengelmann dar, die sich trotz mancher Einwände an einzelnen Programmpunkten der NSDAP - eindeutig für die Nationalsozialisten entschieden77 • Hierzu gehörten auch einige Vertreter von Groß- und Privatbanken, die frühzeitig - teils im Gefolge von Hjalmar Schacht - aus Opposition zur Brüning-Politik mit der NSDAP sympathisierten78 . Aus dieser Gruppe sind finanzielle Leistungen an die NSDAP wahrscheinlich, wenn auch - mit Ausnahme der 200000 RM vom Arbeitgeberverband Nordwest79 74 Zitiert nach Schulz, Aufstieg, S. 641. 75 Schulz, Aufstieg, S.635; ders. in einem Gespräch mit dem Verfasser am 31. 8.1982. 76 Stegmann, Zum Verhältnis, S.415; Turner, Faschismus, S.12, 131-133; Schulz, Aufstieg, S. 641. 77 In der Hauptausschußsitzung des RDI am 27.11. 1930 sprach sich Thyssen erstmals ausdrücklich für die NSDAP aus, nachdem sein Vorredner, Reichskanzler Brüning, um Vertrauen für seine Politik gebeten hatte, vgl. Veröffentlichungen des RDI, Nr.55 (Dezember 1930), S. 26 ff.; Bracher, S.339; Stegmann, Zum Verhältnis, S. 417; Czichon, S.19. 78 Schulz, Aufstieg, S. 634. 79 Das Geld wurde von dem Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes der Nordwestlichen Gruppe des VdEStI, Ludwig Grauert, zur Verfügung gestellt, Heinrichsbauer, S.56; Stegmann, Zum Verhältnis, S. 424. Turner, Faschismus, S.1011102, schildert, daß 100000 RM auf Veranlassung Thyssens gespendet wurden, die dieser, nachdem der Verbandsvorsitzende Poensgen davon erfuhr, wieder zurückzahlen mußte. Die Mittel waren einem Reserve-
11. Unternehmerspenden und Nationalsozialismus und den Thyssen-Zahlungen an Göring80 gewiesen.
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im einzelnen nicht nach-
Der überwiegende Teil der Schwerindustriellen um Reusch, Krupp und Poensgen, aus deren Mitte die gescheiterte Initiative einer bürgerlichen Sammlungspartei kam, nahm zunächst eine abwartende Haltung ein, schloß sich sodann, nachdem allgemein die Kritik an Brüning zugenommen hatte, Ende 1931 der "Nationalen Opposition" an, um die Regierung Brüning zu stürzen81 • Eine Unterstützung der weiteren Ziele des in der Harzburger Front versammelten nationalsozialistischen Rechtsblocks, insbesondere finanzielle Zuwendungen an die Nationalsozialisten, war damit nicht verbunden82 • Entschiedener Widerstand gegen eine Förderpolitik zugunsten der NSDAP erhob sich in den Wirtschaftsbereichen der exportorientierten Chemie- und Elektroindustrie (Duisberg, v. Raumer, Bosch, v. Siemens, Bücher) sowie im Maschinenbau (Lange). Diese außerhalb der Schwerindustrie repräsentative und im RDI dominierende Unternehmergruppe blieb Brüning treu83 • Sie unterstützte seine Politik dadurch, daß sie sich für ein Modell der Sozialpartnerschaft nach dem Vorbild der ZAG von 1918-1924 aussprach, obwohl gerade der gewerkschaftsfreundliche Kurs Brünings Kern der schwerindustriellen Kritik war84 • In der politischen Finanzierung drückte sich ihre gemäßigt-liberale GrundeinsteIlung durch die Unterstützung des linken Flügels der DVP gegen Dingeldeyaus8s • Die Spendenverteilung des IG-Farben-Chemiekonzerns wird von
Lochner86 folgendermaßen aufgeschlüsselt:
fonds der Arbeit Nordwest entnommen worden, der zur Unterstützung der Mitgliedsfirmen im Falle länger andauernder Streiks bestimmt war. 80 Ermittlungen während der Nürnberger Prozesse ergaben, daß Thyssen mindestens drei Zahlungen zu je 50 000 RM an Göring geleistet hatte, Turner, Faschismus, S. 111; Lochner, S. 116. Seinen eigenen Angaben zufolge stellte Thyssen "insgesamt eine Million Mark" der NSDAP zur Verfügung, Thyssen, S. 133. Zu Einzelfragen über die Authentizität seiner Angaben in dem von Emery Reves herausgegebenen Buch "I paid Hitler", vgl. Turner, Faschismus, S. 87 ff. 81 Stegmann, Zum Verhältnis, S.420/421; a. A. Turner, Großunternehmertum, S.56-58; hierzu Replik Stegmann, Antiquierte, S.286/287. 82 Stegmann, Zum Verhältnis, S. 422; Gegen den Willen der Ruhrlademehrheit, u. a. Reusch, Krupp und Poensgen, traten Vögler und Springorum allerdings für eine weitere Finanzierung Hugenbergs ein. Sie billigten auch die Monatszahlungen an Strasser, Heinrichsbauer, S. 43. 83 Schulz, Aufstieg, S. 641; Stegmann, Zum Verhältnis, S.421; Döhn, S.198. 84 Stegmann, Zum Verhältnis, S.409, 421; ders., Antiquierte, S.282; s. auch Kritik an dieser Auslegung von Turner, Großunternehmertum, S. 65. 85 Stegmann, Zum Verhältnis, S.421. 88 S. 135. Schulz, in: Bracher / Sauer / Schulz, Die nationalsozialistische Machtergreifung, S. 403, FN 113, bestätigt diese Zahlen. 3*
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1. Kap.: Zur geschichtlichen Entwicklung der Unternehmerspende
DVP ..................................... . 200000 DDP ..................................... . 30000 50000 Zentrumspartei Unterorganisationen der DVP ........... . 200000 Unterorganisationen der DDP 50000 Unterorganisationen des Zentrums ........ 70 000 Hindenburg-Wahl ........................ 1000000
RM RM RM RM RM RM RM
Wenn von der IG-Farbenindustrie entgegen der Ansicht Lochners 87 vor der Machtergreifung Hitlers doch gewisse Summen an die NSDAP bezahlt wurden, so lag dies nicht an einer durch politische übereinstimmung erzeugten Förderungsneigung, sondern an dem betrieblichen Erfordernis, die nationalsozialistischen Presseangriffe gegen das Kohlehydrierungsverfahren und die neu entwickelte Treibstoff- und Kautschukproduktion zum Stillstand zu bringen88 • Die in den Jahren 1930 bis 1932 von großen Unternehmungen und Verbänden den Nationalsozialisten gegebenen Spenden kamen im wesentlichen aus der Schwerindustrie und der Bankenwelt. Thyssen schätzt, daß die Ruhrindustrie in dieser Zeit jährlich ca. 2 Millionen RM der NSDAP zukommen ließ88 • Die aus dem Rahmen fallende politische Finanzierung durch Friedrich Flick im Jahre 193280, an der auch die NSDAP mit ca. 50000 RM 81 partizipierte, war für die generelle Spendenbereitschaft der Unternehmer nicht repräsentativ8!. 87 S8
S.135.
Schulz, Aufstieg, S.641; Czichon, S.50; Pool, Hitlers Wegbereiter zur
Macht, S. 397.
88 Thyssen, S.134; Turner, Faschismus, S. 14, zweifelt an der Angabe Thyssens, daß die NSDAP zu etwa 1/5 an dem Etat partizipierte, der Hugenberg von Unternehmern zur politischen Einflußnahme zur Verfügung gestellt wurde. 80 Spendenliste Flicks für das Jahr 1932: 450000 RM Hindenburg-Wahl (Zahlung Berlin) ......................... . 500000 RM Hindenburg-Wahl (Zahlung Riesa) ......................... . 100000 RM An Brüning, November 1932 ............................... . 120000 RM An Schleicher, Juli ......................................... . 30000 RM An Hugenberg, Juli ......................................... . 100000 RM An von Papen, Oktober ..................................... . Geschätzt: 50000 RM Für die NSDAP ........................................... . 100000 RM Demokraten und Linksparteien ............................. . 50000 RM Für andere Mittelparteien ................................. . Entnommen aus Lochner, S. 112. 81 Die Angaben Lochners werden von Stegmann, Zum Verhältnis, S.435, FN 187, aus anderer Quelle bestätigt. 82 Flicks Großzügigkeit lag in der Notwendigkeit begründet, den skandalträchtigen Verkauf seiner Gelsenkirchener Bergwerks AG an das Reich poli-
II. Unternehmerspenden und Nationalsozialismus
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Insgesamt werden die "Leistungen deutscher Industrieller und anderer Unternehmer" in den letzten zwölf Monaten vor der Reichspräsidentenwahl im April 1932 auf 5 Millionen RM veranschlagt83 • Damit betrugen die Unternehmerspenden ein Drittel der von der NSDAP selbst durch Mitgliedsbeiträge, Versammlungseinkünfte und Broschürenverkäufe aufgebrachten Summe von 15 Millionen RMD4 • Der gesamte Geldaufwand der Nationalsozialisten für Parteiorganisation, Propaganda und Unterhalt ihrer Massen- und Spezialverbände SA und SS wird weitaus höher eingeschätzt als die ca. 20 Millionen RM. die durch Unternehmerspenden und sonstige Einkünfte der NSDAP zugeflossen sind. Schulz gibt ihn mit "nahezu oder gar noch mehr als 100 Millionen" pro Jahr an8S , eine Größenordnung, die nicht ganz zweifelsfrei erscheint. Die Schließung dieser enormen Deckungslücke erklärt Schulz mit Auslandszahlungen im Mindestumfang von 40 bis 45 Millionen RM88 • An vorderster Stelle soll hierbei der Ölmagnat Sir Henry Deterding, gefolgt von den Rüstungsindustriellen Vickers und Sir Basil Zaharoff, gestanden haben87 • Die Hinweise Lewinsohns 8S auf bereits in den frühen zwanziger Jahren geschlossene Kontakte zu ausländischen Unternehmern lassen diese Erklärung nicht ganz unwahrscheinlich erscheinenu8• 3. Die Endphase
Der finanzielle Zustand der NSDAP wurde gegen Ende 1932 - nach einer Serie kostspieliger Wahlkämpfe - kritisch1oo• Trotz intensiver tisch abzusichern, da er zusätzlich zum Kaufpreis von 25 Millionen eine Schuldübernahme des Reichs in Höhe von 65 Millionen erreicht hatte, s. im einzelnen HaHgarten, S. 108 ff.; Czichon, S.30; ausführlich zur Gelsenkirchener Affäre auch Köhler, Zum Verhältnis Friedrich Flicks zur Reichsregierung am Ende der Weimarer Republik, in: Mommsen / Petzina / Weisbrod (Hrsg.), Industrielles System, S. 878 ff. 83 Schulz, Aufstieg, S. 635. 8« Diese von Schulz gemachten Zahlenangaben stimmen in etwa mit dem von Matzerath / Turner, S. 66 ff., an Hand von Unterlagen der Gaue Rheinland und Köln-Aachen auf das gesamte Reich hochgerechneten Ergebnis überein. 85 Schulz, Aufstieg, S.639. Die zeitgenössische Arbeit von Heiden, Adolf Hitler - Zeitalter der Verantwortungslosigkeit, S.314, geht gleichfalls von einem Jahresetat der Partei und der SA in Höhe von 70 bis 90 Millionen RM aus. 88 s. Schulz, Aufstieg, S. 635, der sich auf Ermittlungen der Reichskanzlei unter Brüning stützt. 87 Schulz, Aufstieg, S. 636, 639. Schulz weist in seinem Gespräch mit dem Verfasser am 31. 8.1982 auf die Tatsache hin, daß in NSDAP-Heften auffallend viele Inserate ausländischer Rüstungsfirmen erschienen sind. 8S S.148. 89 s. auch Pool, S. 254-292; Heiden, S.262.
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1. Kap.: Zur geschichtlichen Entwicklung der Unternehmerspende
Bemühungen um das Vertrauen und die Anhängerschaft breiter Wirtschaftskreise brachten weder Hitlers vielgerühmte Rede vor dem Industrieklub am 27. Januar 1932101 noch die Gründungen der Arbeitsstelle Schacht102 und des Keppler-Kreises103 den gewünschten Erfolg. Die seit Juni 1932 eingesetzte Regierung Papen fand mit ihrer autoritär-konservativen Politik großen Rückhalt in fast allen Bereichen der Wirtschaft104. Erst die Regierungsübernahme durch Schleicher im Dezember 1932 leitete die für Hitler entscheidende Wende ein. Schleichers Annäherung an die Gewerkschaften und seine planwirtschaftlichen Ideen, die in mancher Beziehung mit den wirtschaftspolitischen Zielsetzungen des Strasserflügels der NSDAP übereinstimmten, erzeugten im Unternehmerlager das Schreckens bild einer gewerkschaftlich dominierten "sozialen Diktatur" mit staatskapitalistischer Tendenz105, vor der zu bewahren allein Papen im Verbund mit Hitler in der Lage schien. Stegmann meint, daß "seit dieser Zeit ganz erhebliche Geldmittel der NSDAP zuflossen'U06. Ebenfalls im Dezember 1932 wurde von Mitgliedern des Keppler-Kreises (Keppler, v. Schröder, Schacht) das berühmte Kölner Treffen Hitler-Papen vom 4. Januar 1933 vorbereitet107, das Bracher 108 als eigentliche "Geburtsstunde des Dritten Reiches" bezeich100 Kaack, Parteiensystem, S.119; Breitling, Das Geld, S.350; Stegmann, Zum Verhältnis, S.438; Schulz, in: Bracher / Sauer / Schulz, Die nationalsozialistische Machtergreifung, S.407. 101 über die Wirkung dieser Rede auf die anwesenden Unternehmer gehen die Meinungen der Autoren sehr auseinander, vgl. Lochner, S. 98 ff.; Thyssen, S. 132; Heiden, S. 314; Heinrichsbauer, S. 45 ff. 102 Dieser Arbeitskreis wurde von Schacht im Juni 1932 ins Leben gerufen, um als Koordinierungsstelle die "Unklarheit über das Wirtschaftsprogramm des Nationalsozialismus" in der Industrie dadurch zu beseitigen, daß man "eine völlige übereinstimmung zwischen den Grundanschauungen des Nationalsozialismus und der Möglichkeit privater Wirtschaft" anstrebte, s. Schreiben Schacht an Hitler vom 12. 4. 1932, abgedruckt bei Stegmann, Zum Verhältnis, S.449/450 (Dok. VII). Die Finanzierung des Schacht-Arbeitskreises übernahmen neun Schwerindustrielle, die zusammen 27000 RM aufbrachten, s. Stegmann, Zum Verhältnis, S.425/426. 103 Hitlers Wirtschaftsberater, Wilhelm Keppler, konstituierte 1932 einen Kreis von Wirtschaftssachverständigen aus Großindustrie, Handel und Bankenwelt, der das wirtschafts- und sozialpolitische Konzept der NSDAP im Sinne des Privatunternehmertums zu beeinflussen suchte. Eine solche Kooperation und Kontaktaufnahme mit Vertretern der Wirtschaft lag im Interesse Hitlers, um seine Beziehungen zur Unternehmerschaft zu verbessern. Der Keppler-Kreis arbeitete eng mit der Arbeitsstelle Schacht zusammen, Stegmann, Zum Verhältnis, S. 426 ff. 104 Stegmann, Zum Verhältnis, S. 432,434. 105 Ebd., S.437/438. 108 Ebd., S.438; auch Schulz spricht von einer "Kassenhilfe im Dezember 1932", die Unternehmer der NSDAP zuteil werden ließen, s. Schulz, in: Bracher / Sauer / Schulz, Die nationalsozialistische Machtergreifung, S. 408. 107 s. Schreiben Wilhelm Keppler an Kurt v. Schröder vom 19. 12. 1932, abgedruckt in Czichon, S. 74--76. 108 S.604.
Ir. Unternehmerspenden und Nationalsozialismus
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net. Ob anläßlich dieser Zusammenkunft im Hause des Kölner Bankiers Kurt v. Schröder über Finanzierungsfragen mit Hitler gesprochen wurde, ist bis heute unklar. Während Hallgarten 10V und ihm folgend Czichon110 die Aufbringung von einer Million RM sowie die Tilgung der "dringendsten Wahlschulden" der NSDAP als unmittelbare Folge des Kölner Treffens darstellen, bestreitet Heinrichsbauer unter Berufung auf Nürnberger Protokolle über die Vernehmung des Barons v. Schröder, daß über eine finanzielle Unterstützung der Partei gesprochen worden sei111 • Bracher neigt dazu, dem Treffen auch für die Finanzierung der Partei Bedeutung beizumessen112 und die Autoren Pool sehen den Unternehmerbeitrag darin, daß v. Schröder in der Lage war, ein aus Unternehmern bestehendes "Anlegersyndikat" zu bilden, "das für die Schulden der Partei bürgte"118. Zumindest eine gewisse Signalwirkung für die künftige Bereitschaft der Unternehmer, die NSDAP durch Spenden zu unterstützen, wird der Körner Zusammenkunft kaum abgesprochen werden können. Zur finanziellen Gesundung der nationalsozialistischen Partei trug eine Zusammenkunft von etwa 25 führenden Industriellen bei, die am 20. Februar 1933 im Dienstsitz des Reichstagspräsidenten Göring stattfand. Nach einer Ansprache Hitlers114 ergriff Göring das Wort und wies auf die Notwendigkeit hin, den Wahlfeldzug auf eine Weise zu finanzieren, die es überflüssig mache, Steuergelder für politische Zwecke zu verwenden und fuhr fort: "Das erbetene Opfer wird der Industrie sicherlich um so leichter fallen, wenn sie weiß, daß die Wahlen am 5. März die letzten innerhalb von 10 Jahren, voraussichtlich aber von 100 Jahren sein werden115 ." 10V
S.116.
110 S.51. 111 Heinrichsbauer, S.50. Der in Czichon, S.77-79, abgedruckte Auszug der eidesstattlichen Erklärung v. Schröders vom 21. 7. 1947 enthält zu dieser Frage keine spezifischen Ausführungen. 112 Bracher, S. 606, FN 33. 118 Pool, S.401. Diese Art der Unterstützung sollte es den beteiligten Unternehmern später erlauben, die Frage nach Spendenzahlungen verneinen zu können, da nach der Machtübernahme die Schulden ohne Mühe aus Haushaltsmitteln beglichen werden konnten. 114 Seiner Bitte um Wohlwollen und finanzielle Unterstützung der anwesenden Unternehmer ließ Hitler die unmißverständlichen Sätze folgen: "Wir stehen jetzt vor der letzten Wahl. Sie mag ausfallen wie sie will, einen Rückfall gibt es nicht mehr, auch wenn die kommende Wahl keine Entscheidung bringt. So oder so, wenn die Wahl nicht entscheidet, muß die Entscheidung eben auf einem anderen Wege fallen. Ich bin dafür eingetreten, daß man dem Volke noch einmal Gelegenheit geben soll, selbst über sein Schicksal zu entscheiden ... Es gibt nur zwei Möglichkeiten: entweder ein Zurückdrängen des Gegners auf dem Boden der Verfassung und zu diesem Zweck noch einmal diese Wahl, oder es wird ein Kampf mit anderen Waffen geführt werden, der vielleicht größere Opfer fordert." Zitiert nach Lochner, S.169/170; ebenfalls Bracher, in: Bracher / Sauer / Schulz, Die nationalsozialistische Machtergreifung, S. 70.
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1. Kap.: Zur geschichtlichen Entwicklung der Unternehmerspende
Das Ergebnis des Treffens waren 3 Millionen RM, die die prominenten Wirtschaftsführer nach der Aufforderung Schachts: "Und nun, meine Herren, an die Kasse!" zur Wahlkampfunterstützung spendeten118 • Die politische und finanzielle Heranziehung maßgebender Unternehmer aus Industrie und Bankenwelt war ein wichtiger Faktor für die erste Machtkonsolidierung der Nationalsozialisten. Ein weiterer, noch freiwillig vollzogener Schritt hin zur Festigung der nationalsozialistischen Herrschaft war die vom Vorsitzenden des RDI, Gustav Krupp v. Bohlen und Halbach, vorgeschlagene Zusammenfassung aller Sammlungen, "die gleichmäßig und im richtigen Verhältnis zu ihrer Belegschaft möglichst alle Firmen der deutschen Wirtschaft einschließlich der Landwirtschaft und der Bankwelt trifft"117. Am 1. Juni 1933 wurde eine einheitliche Regelung des Spendenfonds festgelegt, die jeden Unternehmer mit einer Parteispende in Höhe von 5 0/00 der JahresLohn- und Gehaltsumme 1932 belegte118• Diese Sammlung ging unter dem Namen "Adolf Hitler - Spende der deutschen Wirtschaft" in die Geschichte ein119 und kann als letzte freiwillige Spendenmaßnahme vor der nun alle Bereiche des Staats-, Kultur- und Wirtschaftslebens erfassenden nationalsozialistischen Gleichschaltung betrachtet werden.
Zitiert nach Lochner, S. 171. Bracher, in: Bracher / Sauer / Schulz, Die nationalsozialistische Machtergreifung, S. 71; Heinrichsbauer, S.52; Lochner, S.172. Goebbels schrieb am Tage der Zusammenkunft im Hause Görings, am 20. 2. 1933, in sein Tagebuch: "Wir treiben für die Wahl eine ganz große Summe auf, die }.Ins mit einem Schlag aller Geldsorgen enthebt.", s. GoebbeZs, Vom Kaiserhof zur Reichskanzlei, Eine historische Darstellung in Tagebuchblättern (vom 1. Januar bis zum 1. Mai 1933), S.267. Einen halben Monat später stellte er fest: "Der Reichstagswahlkampf ist bereits liquidiert. Wir haben nicht nur kein Geld verloren, sondern schließen mit einem gewaltigen überschuß ab." GoebbeZs, S.277. 117 s. Schreiben Krupp an Schacht, abgedruckt in Czichon, S. 84. 118 Bracher, in: Bracher / Sauer / Schulz, Die nationalsozialistische Machtergreifung, S. 190. 118 Nach Breitling, Das Geld, S.350, war die Hitler-Spende, die "bis zu 60 Millionen RM" erbracht haben soll, ein untauglicher Versuch der Zentralvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, "die ständigen Sammelaktionen örtlicher ParteisteIlen und nationalsozialistischer Gliederungen loszuwerden". 115
118
III. Die Nachkriegszeit
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111. Die Nachkriegszeit 1. Die Entwicklung der wirtschaftspolitischen Parteienprogrammatik und ihr Einfluß auf das SpendenverhaIten der Unternehmer
a) Allgemeines Nach dem Ende der NS-Diktatur stand die deutsche Politik vor der Aufgabe einer Neuformierung demokratischer Parteien. Das Parteiensystem der Weimarer Republik war zerschlagen und eine Anknüpfung an politische Traditionen aus jener Zeit nur bedingt möglich. Die ungewöhnliche Notlage des deutschen Volkes nach Kriegsende sowie die anfangs strengen Vorgaben der Besatzungsmächte räumten den sog. "Lizenzparteien" zunächst nur einen begrenzten Spielraum zum Wiederaufbau der politischen Ordnung in Deutschland einl20 • In dieser allgemeinen Not- und Zwangssituation der unmittelbaren Nachkriegszeit standen die wieder- oder neugegründeten Parteien vor der Notwendigkeit, ihre prinzipielle Position und ihre Vorstellungen zu den dringend zu lösenden Aufgaben in Politik und Wirtschaft zu artikulieren. Die ersten Aufrufe und Äußerungen der politischen Parteien hatten daher vielfach den Charakter von Grundsatzerklärungen, die aber noch keine konkreten Programme enthielten. Mit abnehmender Beeinflussung durch die Besatzungsmächte sowie entsprechender Kompetenzerweiterung deutscher Regierungsstellen in den Jahren 1947/48 gewannen die politischen Parteien auch programmatisch an Konturen. Ihre Mitarbeit im bizonalen Wirtschaftsrat und im Parlamentarischen Rat, vor allem aber die anstehenden Wahlen, zwangen die Parteien dazu, ihre politischen Vorstellungen auch über die drängenden wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen hinaus zu präzisieren und sich im Grundsätzlichen programmatisch schärfer abzugrenzenl21 • Nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland und den Wahlen zum ersten Deutschen Bundestag machte sich ein Bedeutungswandel der Parteienprogrammatik bemerkbar. Während in der ersten Nachkriegsphase weltanschaulich und ideologisch bestimmte politische Zielerklärungen vorherrschten, verlagerte sich nun - nachdem mit dem Grundgesetz der verfassungsrechtliche Rahmen der neuen politischen Ordnung festgelegt war - das programmatische Schwergewicht der Parteien auf pragmatische Aktionsprogramme und kurzfristige Ziel120 Treue, Deutsche Parteiprogramme seit 1861, S.37; Stammen, in: Kunz I Maier I Stammen, Programme der politischen Parteien in der Bundesrepublik, S. 36-38. 121 Treue, S. 44.
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1. Kap.: Zur geschichtlichen Entwicklung der Unternehmerspende
bestimmungen politischen Handelns122 • Diese Entwicklung verlief parallel zu einer typologischen Veränderung der politischen Parteien mit entsprechender Auswirkung auf das gesamte Parteiensystem. Die bürgerliche Partei Weimarer Prägung mit ihrer individuellen Repräsentation bestimmte ebensowenig den neuen Parteientypus wie die Massenintegrationspartei, die vornehmlich in Zeiten schärferer Klassenunterschiede und ausgeprägter Konfessionsstrukturen ihren Platz findet. Sie wandelte sich nach Kirchheimer "zu einer Allerweltspartei (catch-all party), zu einer echten Volkspartei, um"123. Zur Erzielung schneller und unmittelbarer Wahlerfolge formulierten in den fünfziger Jahren die großen Parteien ihre Parteiprogramme so, daß eine möglichst umfangreiche Wählerschaft sich angesprochen fühlen und die einzelnen Program~punkte bejahen konnte. Zwangsläufig entstand daraus die Tendenz einer sog. Entideologisierung der Parteienprogrammatik124 • In den Aufbaujahren nach 1945 standen wirtschafts- und sozialpolitische Fragen im Mittelpunkt des Interesses und wirkten dominierend beim politischen Neubeginn Deutschlands. Sie erwiesen sich als stärkstes Integrations- und Werbemittel der Parteien125• Da das Grundgesetz kein bestimmtes Wirtschaftsmodell definitiv festlegte, mußte die interessierte Unternehmerschaft diejenigen gezielt unterstützen, die für eine marktwirtschaftliche Ordnung eintraten. Die Einflußnahme auf politische Parteien als Träger und Organisatoren politischer Entscheidungsmacht gewann entscheidende Bedeutung. Für die Spendenverteilung der Wirtschaft waren die Ergebnisse der innerparteilichen wirtschaftsund sozialpolitischen Programmdiskussionen maßgebend. Stammen, in: Kunz / Maier / Stammen, Programme, S. 47. Kirchheimer, Der Wandel des westeuropäischen Parteisystems, in: Ziebura (Hrsg.), Beiträge zur allgemeinen Parteienlehre, S.341, 351; ders., PVS 122 123
1965, S.20, 27. Die Volkspartei gibt - nach Kirchheimer - "die Versuche auf, sich die Massen geistig und moralisch einzugliedern, und lenkt ihr Augenmerk in stärkerem Maße auf die Wählerschaft; sie opfert also eine tiefere ideologische Durchdringung für eine weitere Ausstrahlung und einen rascheren Wahlerfolg". Diese Entwicklungstendenz war in den fünfziger Jahren sowohl bei der SPD als auch der CDU feststellbar. 124 Die These der Entideologisierung besagt, "daß die Bedeutung der Ideologien für das politische Handeln vor allem in den westlichen Industrienationen zurückgehe ... Diese normativwertende Entideologisierungs-These betrachtet eine an Weltanschauungen orientierte Politik als Hindernis zur Lösung wichtiger politischer Probleme, als Element der Paralysierung des politischen Systems, wenn nicht als latente Bürgerkriegsgefahr." Vgl. Zeuner, in: Röhring / Sontheimer (Hrsg.), Handbuch des deutschen Parlamentarismus, S. 123/124. Zeuner kritisiert diese Betrachtungsweise und gibt zu bedenken, daß das Phänomen der Verringerung weltanschaulicher Gegensätze "eher die Entwicklung zu einer Einheitsideologie (z. B. des kapitalistischen Wohlfahrtsstaates oder des Antikommunismus) als zu einer echten Entideologisierung" darstelle, S. 124. 125 Für die CDU, Stammen, in: Kunz / Maier / Stammen, Programme, S.47.
III. Die Nachkriegszeit
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b) SPD
Zwar war die Zeit zur Aufstellung eines förmlichen Parteiprogrammes noch nicht gekommen, doch verkündeten die Sozialdemokraten bereits in ihrem Aufruf vom 15. Juni 1945 den "politische(n) Weg des deutschen Volkes in eine bessere Zukunft ... : Demokratie in Staat und Gemeinde, Sozialismus in Wirtschaft und Gesellschaft126 !" Die politischen Leitsätze der SPD vom 11. Mai 1946 stellten fest 127 : "Das heutige Deutschland ist nicht mehr in der Lage, eine privatkapitalistische Profitwirtschaft zu ertragen und Ausbeutungsgewinne, Kapitaldividenden und Grundrenten zu zahlen." In solchen Aussagen und der Forderung nach genereller Verstaatlichung aller Großbetriebe128 erkannte die Unternehmerschaft eindeutig die von den Sozialdemokraten programmatisch eingeschlagene Richtung als eine konsequente Fortführung ihrer alten, schon in der Kaiserzeit und während der Weimarer Repuplik formulierten Zielsetzung der Schaffung eines sozialistischen Staats. "Wie der Sozialismus ohne Demokratie nicht möglich ist, so ist umgekehrt die Demokratie im Kapitalismus in steter Gefahr1 29 ." Daß solche Bekundungen nicht auf die Gegenliebe der Unternehmer stießen, war zu erwarten. Konsequenterweise mußten sie mit allen Mitteln versuchen, die Sozialdemokraten von der Regierung fernzuhalten 13o • Eine erste vorsichtige Wende in der streng antikapitalistischen Haltung der SPD wurde in ihrem Aktionsprogramm vom 28. September 1952 sichtbar. Unter der Devise "Wettbewerb soweit wie möglich, Planung soweit wie nötig" wurde der langsame Rückzug von früheren, weitaus radikaleren Forderungen eingeleitetl3l • Es zeigten sich sowohl sprachliche als auch inhaltliche Veränderungen des sozialdemokratischen Programmes. Anstelle des Begriffes "Sozialisierung" wurde der 126 Treue, S. 175; Flechtheim, Dokumente zur parteipolitischen Entwicklung in Deutschland seit 1945, Bd. III, S. 1. 127 Treue, S.183; FZechtheim, Dokumente 111, S.18; Kunz / Maier / Stammen, Programme, S. 291. 128 "Die Sozialisierung hat zu beginnen bei den Bodenschätzen und den Grundstoffindustrien. Alle Betriebe des Bergbaus, der Eisen- und Stahlerzeugung und -bearbeitung bis zum Halbzeug, der größte Teil der chemischen Industrie und die synthetischen Industrien, die Großbetriebe überhaupt, jede Form der Versorgungswirtschaft und alle Teile der bearbeitenden Industrie, die zu Großunternehmen drängen, sind in das Eigentum der Allgemeinheit zu überführen." Auszug aus den politischen Leitsätzen der SPD vom 11. Mai 1946, zitiert nach Treue, S.183; FZechtheim, Dokumente III, S. 18; Kunz / Maier / Stammen, Programme, S.292. 129 Treue, S.185; FZechtheim, Dokumente 111, S.18; Kunz / Maier / Stammen, Programme, S. 293. 130 Breitling, Politische Pression wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Kräfte in der Bundesrepublik Deutschland, in: Steffen (Hrsg.), Die Gesellschaft in der Bundesrepublik, Analysen I, S.101. 131 Maier, in: Kunz / Maier / Stammen, Programme, S.281.
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1. Kap.: Zur geschichtlichen Entwicklung der Unternehmerspende
Ausdruck "Gemeineigentum" gesetzt132 , und in der erweiterten Fassung vom 24. Juli 1954 formulierte man: "Die Sozialdemokratie lehnt die Zwangswirtschaft ab133 " und näherte sich mit konstruktiven Vorschlägen dem Konzept der sozialen Marktwirtschaft. Das Godesberger Programm von 1959, das den Prozeß der "Entideologisierung" innerhalb der SPD dokumentierte und den Wandel zur Volkspartei programmatisch untermauerte, brachte die endgültige Abkehr vom Ziel der Sozialisierung und das Bekenntnis zur freien Marktwirtschaftlu. Eine Änderung der politischen Spendenvergabe der Unternehmer unter nunmehriger Einbeziehung der Sozialdemokraten wurde dadurch allerdings nicht bewirkt. Erst die Übernahme der Regierungsverantwortung brachte es mit sich, daß auch die SPD mit Unternehmerspenden rechnen konnte 13l1 • c) F.D.P.
Die liberalen Kräfte innerhalb der Parteienlandschaft bezogen als erste eine den Sozialisierungsbestrebungen entgegengesetzte Position. So unterschiedlich sie sich durch ihre Dichotomie in einen nationalliberalen und liberaldemokratischen Flügel innerhalb ihrer Landesverbände darstellten, so eindeutig bekannten sie - zu jener Zeit nach ihrer Einschätzung "die einzige nichtsozialistische Partei"138 - sich für eine freie Marktwirtschaft137. 132 s. Aktionsprogramm 1952, abgedruckt in Flechtheim, Dokumente III, S.74/75. 133 Kunz / Maier / Stammen, Programme, S.308. Schon auf dem SPD-Parteitag vom 1. April 1951 hat Prof. Nölting angeregt, von der Beibehaltung des Terminus "Planwirtschaft" abzusehen, da dieses Wort "nun einmal mit Zwangs assoziationen beladen" sei. Vgl. Flechtheim, Dokumente I1I, S. 53/54. 134 "Freie Konsumwahl und freie Arbeitsplatzwahl sind entscheidende Grundlagen, freier Wettbewerb und freie Unternehmerinitiative sind wichtige Elemente sozialdemokratischer Wirtschaftspolitik.... Totalitäre Zwangswirtschaft zerstört die Freiheit. Deshalb bejaht die sozialdemokratische Partei den freien Markt, wo immer wirklich Wettbewerb herscht." Aus dem Godesberger Programm, s. Treue, S.386; Flechtheim, Dokumente III, S.215; Kunz / Maier / Stammen, Programme, S. 330. 135 Einzelheiten aus neuerer Zeit s. unten S. 90. 136 So die Charakterisierung von Dr. Külz, anläßlich einer Vorbesprechung der Liberalen aller vier Besatzungszonen am 6. September 1946 in Nürnberg, zitiert in Wieck, Christliche und Freie Demokraten in Hessen, RheinlandPfalz, Baden und Württemberg 1945/46, S.204. 137 Auszug aus dem 1. Wahlaufruf der Demokratischen Volkspartei Württemberg-Baden 1946: "Die Wirtschaft muß schrittweise, soweit es die Interessen der Allgemeinheit zulassen, aus den Fesseln staatlicher Bevormundung gelöst werden." 2. Programm der Demokratischen Partei Rheinland-Pfalz 1947: "Entgegen den sozialistischen Tendenzen zur Verstaatlichung der Wirtschaft bekennt sich die Demokratische Partei auch auf wirtschaftlichem Gebiet zum Gedanken der freien Entfaltung der Persönlichkeit."
HI. Die Nachkriegszeit
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Programmatisch den Interessen des Besitz- und Bildungsbürgertums verbunden138, trat die F.D.P. im Bundestagswahlkampf 1949, der thematisch im wesentlichen von der Alternative sozialistische PZanwirtschaft oder freie Marktwirtschaft beherrscht war, entschlossen für eine liberale Wirtschaftspolitik ein und sicherte sich damit ihren Anteil an der finanziellen Unterstützung, die den politischen Parteien des bürgerlichen Lagers aus Unternehmerkreisen ZUflOß13U • Im Aufsuchen diskreter Wege der Spendenübermittlung war die F.D.P. sehr geschickt und organisierte frühzeitig die ihr nahestehenden Unternehmer in FördergeseZlschaften140 • Dieser Tatsache, verbunden mit ihrer klaren antisozialistischen Konzeption, verdankte die F.D.P. im Wahljahr 1949 ihren finanziellen Vorsprung vor den anderen Parteien141 • Die Vorstellung der liberalen Wirtschaftsverfassung auf der Grundlage eines freien Unternehmertums und des freien privaten Eigentums an Produktionsmitteln ist ein bis in die Gegenwart hinein unantastbar gebliebener liberaler GrundsatzU2, an dem gerade auch die wechselnden Koalitionen der F.D.P. seit Beginn der Bundesrepublik nichts verändern konnten143 • Nicht zuletzt aus dieser wirtschaftspolitischen Verläßlichkeit der F. D. P. mag die Konstanz resultieren, welche die finanzielle Förderung aus dem Unternehmerlager gerade auch in Zeiten der sozialliberalen Koalition aufweisti«. d) CDU
Die wirtschaftspolitische Konzeption der eDU in den unmittelbaren Nachkriegsjahren war geprägt von den Schwierigkeiten, welche die 3. Wirtschaftsprogramm der F.D.P. der britischen Zone 1948: "Die Befreiung der Wirtschaft vom staatlichen Zwange und die Wiederherstellung ihrer Selbstverwaltung werden wesentliche Hemmungen bei der Erneuerung der Wirtschaft beseitigen und entscheidend zu ihrem Wiederaufstieg beitragen." "Wir lehnen deshalb aus wirtschaftlichen und sozialen Gründen die Sozialisierung kompromißlos ab." 138 Die konsequente Haltung der F.D.P. gegen jegliche Sozialisierungstendenzen drückte sich u. a. in ihrer Ablehnung der Art. 14 und 15 GG aus, Kaack, Zur Geschichte und Programmatik der F.D.P., Grundriß und Materialien, S.14. 139 s. unten Kap. 1 IH. 2. 140 Breitling, Das Geld, S. 355. 141 Flechtheim, Politische Entwicklung und Finanzierung der CDU, in: Neue Gesellschaft 1958, S. 186. 142 Stammen, in: Kunz / Maier / Stammen, Programme, S.412. 143 Vgl. im einzelnen die "Grundsätze liberaler Wirtschaftspolitik" vom 25. Oktober 1972 (23. F.D.P.-Bundesparteitag in Freiburg), abgedruckt in Kaack, Zur Geschichte und Programmatik der F.D.P., S. 180-182. 144 Gegen Ende der siebziger Jahre wurden sogar in den jährlichen Rechenschaftsberichten der F.D.P. beachtliche Einzelspenden aus der Unternehmerschaft ausgewiesen, s. unten Kap. 2 IH. 3. d) dd).
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1. Kap.: Zur geschichtlichen Entwicklung der Unternehmerspende
Neugründung einer Partei ohne programmatische Anknüpfungsmöglichkeit an eine frühere Parteiformation mit sich brachte. Die Vielschichtigkeit ihrer Zusammensetzung und die unterschiedlichen Einflüsse in den einzelnen Landesverbänden145 machten der eDU eine einheitliche Orientierung besonders schwierig. Zunächst schien die eDU - von ihrem linken Arbeitnehmerflügel stark beeinflußt - mit den Forderungen des Ahlener Programmes vom Februar 1947 aus Unternehmersicht dem kapitalistischen Wirtschaftssystem abschwören und wichtige industrielle Bereiche der Vergesellschaftung preisgeben zu wollen148 • Doch brachte der Sommer 1948 einen Umschwung. Mit Unterstützung der F.D.P. war es der eDU gelungen, ihren Kampf gegen die SPD um den Posten des Direktors für Wirtschaft in der Bizonenverwaltung für sich zu entscheiden147• In dieser Schlüsselposition setzte der neoliberale Wirtschaftswissenschaftler Ludwig Erhard, dessen Liberalisierungsmaßnahmen große Erfolge aufwiesen, das Konzept der freien Marktwirtschaft durch. Am 20. Juni 1948 - dem Tag der Währungsreform - formulierte die eDU ihre veränderte wirtschaftspolitische Zielsetzung in den Düsseldorfer Leitsätzen148 und dokumentierte auf diese Weise ihre Hinwendung zur sozialen Marktwirtschaft149• Damit 145 Zitat einer Charakterisierung der CDU aus "L'Ordre", Paris, vom 21. September 1946, vgl. Kaack, Parteiensystem, S.172: "Diese Partei (die CDU) ist sozialistisch und radikal in Berlin, klerikal und konservativ in Köln, kapitalistisch und reaktionär in Hamburg und gegenrevolutionär und partikularisch in München." 146 Auszug aus dem Ahlener Programm vom 3. Februar 1947: "Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden." "Unternehmungen monopolartigen Charakters, Unternehmungen, die eine bestimmte Größe überschreiten müssen, verleihen eine wirtschaftliche und damit eine politische Macht, die die Freiheit im Staate gefährden kann." " ... Weiter soll bei solchen Unternehmungen der private Aktienbesitz ... in der Höhe gesetzlich begrenzt werden." "Bergbau. Monopolartigen Charakter haben die Kohlenbergwerke wegen des von ihnen geförderten, für das gesamte Volk lebenswichtigen Urprodukts . . . ., sie sind somit zu vergesellschaften." "Auch bei der eisenschaffenden Großindustrie ist der Weg der Vergesellschaftung zu beschreiten." Kaack, Parteiensystem, S.172, 174-175; Flechtheim, Dokumente H, S.53, 56; Kunz I Maier I Stammen, Programme, S. 69170. 147 Kaack, Geschichte und Programmatik der F.D.P., S. 14. 148 Ungekürzter Abdruck in Flechtheim, Dokumente H, S.58-76. 149 "Die ,soziale Marktwirtschaft' ist die sozial gebundene Verfassung der gewerblichen Wirtschaft, in der die Leistung freier und tüchtiger Menschen in eine Ordnung gebracht wird, die ein Höchstmaß von wirtschaftlichem Nutzen und sozialer Gerechtigkeit für alle erbringt. Diese Ordnung wird geschaffen durch Freiheit und Bindung, die in der ,sozialen Marktwirtschaft' durch echten Leistungswettbewerb und unabhängige Monopolkontrolle zum Ausdruck kommen." Aus den Düsseldorfer Leitsätzen der CDU vom 15. Juli 1949. s. umfassend in Kunz I Maier I Stammen, Programme, S. 73-80; Flechtheim, Dokumente H, S. 59-69; Kaack, Parteiensystem, S.194-196. Inhaltlich
III. Die Nachkriegszeit
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war den Unternehmern der Weg zur CDU geöffnet, die im Verbund mit den Liberalen und der Deutschen Partei (DP) die Chance bot, eine wirtschaftspolitische Mehrheit gegen die SPD zu bilden. Es lag nahe, durch eine geschickte Förderpolitik zu versuchen, die nichtsozialistischen Parteien zu einer Regierungskoalition zu vereinigen und so eine SPDRegierung zu verhindern. Im Sommer 1949 - wenige Monate vor der ersten Bundestagswahl - schlossen die Wirtschaftsverbände mit "den die Wirtschaftspolitik des Herrn Professor Erhard tragenden Parteien" das Pyrmonter Abkommen150 • Darin verpflichteten sich die Unternehmer, für den Wahlfonds dieser Parteien einen Beitrag von zwei Millionen DM aufzubringen, der im Verhältnis 65:25:10 auf CDU, F.D.P. und DP in der Erwartung verteilt wurde, daß diese die Fortsetzung der Erhardschen Wirtschaftspolitik besorgen werden. Diese "Investition" zahlte sich nach den Wahlen aus. Die CDU, mit 31 % stärkste Partei, lehnte eine Koalition mit der SPD wegen der "Unvereinbarkeit der wirtschaftspolitischen Vorstellungen" ab151 • Für die Parteiprogrammatik hatte die nun folgende zwanzigjährige Regierungszeit der CDU Konsequenzen. Zum einen orientierten sich die programmatischen Erklärungen mehr und mehr an der Regierungspolitik mit der Folge des Verlustes einer regierungsunabhängigen Parteiprogrammatik152 • Zum anderen verstärkte sich das durch die Wahlerfolge als richtig bestätigte, volksparteiliche Streben der CDU, möglichst viele Gruppen und soziale Schichten mit ihren divergierenden Interessen und Ansprüchen in sich aufzunehmen und zu repräsentieren, und förderte damit die Hinwendung zu einer Interessenintegrationspartei, "wobei die Integration weniger programmatisch-ideologisch, als vielmehr pragmatisch-politisch erfolgte"153. Mit dieser Entwicklung war zwangsläufig ein Nachlassen der Programmarbeit und der Grundsatzdiskussion verbunden. Dadurch wurde insgesamt ein Bedeutungswandel der Grundsatzprogrammatik unvermeidbar 5\ was jedoch auf die Förderbereitschaft der Unternehmer keine Auswirkungen hatte155 • unterscheidet sich die "soziale Marktwirtschaft" von der Forderung der Liberalen nach "freier Wirtschaft" durch die Einbeziehung einer unabhängigen Monopolkontrolle. 150 Vgl. Schreiben des Hauptgeschäftsführers der Wirtschaftsvereinigung Bauindustrie, Dr. Bopp, an die Mitglieder, abgedruckt im Dokumenten-Anhang der vom SPD-Vorstand herausgegebenen Denkschrift "Unternehmermillionen kaufen politische Macht", S.58, ebenfalls in Flechtheim, Die Parteien der BRD, S. 532. 151 Kaack, Parteiensystem, S. 203. 152 Kunz, in: Kunz / Maier / Stammen, Programme, S.60. 153 Ebd., S. 62. 154 Tatsächlich blieb das Hamburger Programm von 1953 bis Ende der sechziger Jahre das letzte detailliert ausgearbeitete Grundsatzprogramm der CDU. 155 s. unten Kap. 1 III. 2.
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1. Kap.: Zur geschichtlichen Entwicklung der Unternehmerspende
e) CSU
Wie ihre große Schwesterpartei zeichnete sich die esu in ihren Anfangsjahren durch eine ideologische und folglich auch programmatische Heterogenität aus158• Auch sie machte die antikapitalistische Grundströmung in der Programmdiskussion der Unionsparteien 1946/47 zumindest ansatzweise mitl57 und forderte "eine ganz neue Konstruktion der Wirtschaft" 158. Mit der Ablehnung von unbegrenztem Wirtschaftsliberalismus, aber auch kollektivistischer Planwirtschaft, wurde der neue Weg programmatisch vorgezeichnet168 • Man verlangte "eine besondere Förderung des Klein- und Mittelbetriebes in Landwirtschaft, Handwerk, Handel, Gewerbe und Industrie und dessen Schutz gegen Auflösung und Aufsaugung". Gleichzeitig wurde aber betont, daß "der wirtschaftliche Großbetrieb ... unter keinen Umständen zu einem selbstsüchtigen und kapitalistischen Profitunternehmen ausarten" darf 180• Die ab 1947/48 erfolgte Hinwendung zur sozialen Marktwirtschaft war schon mit dem 1946 festgeschriebenen Prinzip des (christlich-) sozial verpflichteten Privateigentums vorgegeben. Eine Ende August 1947 gehaltene Grundsatzrede des bayerischen Ministerpräsidenten, Hans Ehard, lag wirtschaftspolitisch und programmatisch bereits auf der Linie der zwei Jahre später von der eDU beschlossenen Düsseldorfer Leitsätze und veranlaßte die sozialdemokratischen Minister im Kabinett Erhard zum Rücktrittl8l • Mintzel beschreibt die sich in den fünfziger und sechziger Jahren herauskristallisierende Grundposition der esu als "unternehmerkonzentriert" und stellt fest: "Sie (die eSU) trat für eine kapitalistische Wirtschaftsverfassung mit sozialen Rücksichtnahmen im Sinne eines katholischen Sozialkonservatismus zum Zwecke gesellschaftlicher Stabilisierung des politischen Systems ein162 ." Mit der Zeit bildeten sich sehr enge Kontakte der eSU-Führung zu maßgebenden Repräsentanten der bayerischen Wirtschaft und führten teilweise zu offener Kooperation163 • Die offensichtliche Wahrnehmung 156 157
Kunz, in: Kunz / Maier / Stammen, Programme, S. 179. Mintzel, Geschichte der esu, S.215.
Scharnagel, zitiert in Mintzel, Geschichte der esu, S.217/218. "Die Wirtschaft ist nicht Selbstzweck; sie muß dem Wohl der Gesamtheit wie des Einzelnen dienen: Wir anerkennen das Recht des Staates, die Wirtschaft nach Gesichtspunkten des Gemeinwohls zu lenken! Wir lehnen die Planwirtschaft als Ausfluß eines kollektivistischen Denkens ab. Wir kämpfen gegen den Wirtschaftsliberalismus und treten ein für freie Entfaltung der Einzelpersönlichkeit im Rahmen ihrer sozialen Pflichten." Zitiert aus dem Grundsatzprogramm der esu 1946, in: Kunz / Maier / Stammen, Programme, S. 214; Mintzel, Geschichte der esu, S.219. 180 eSU-Grundsatzprogramm 1946, in: Kunz / Maier / Stammen, Programme, S. 215; Mintzel, Geschichte der esu, S. 220. m Mintzel, Geschichte der esu, S.244. 182 Ebd., S. 249. 158
158
IH. Die Nachkriegszeit
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von Unternehmerinteressen durch F. J. Straußl6 ' findet ihren Widerhall einerseits in positiver publizistischer Hervorhebung seiner Person und Partei durch offizielle Publikationsorgane der Unternehmerschaftl65 , andererseits in einer - auch in der Wissenschaft - verbreiteten Qualifizierung der CSU als "Industriepartei". Diese Einschätzung resultiert aus der Tatsache, daß ein erheblicher Teil der CSU-Finanzierung als Folge des aktiven unternehmerfreundlichen Verhaltens der Partei von der spendenbereiten Wirtschaft aufgebracht wird l68 • 163 Mintzel nennt in diesem Zusammenhang die Namen: Rudolf Bölkow, Claudius Dornier, Rolf Rodenstock, Wolfgang Pohle, Karl-Heinz Spilker und Siegfried Balke. 164 " ••• Die Unternehmerschaft wartet daher: Wie schaut Gewinn und Ertrag aus? Da darf ich mir ein offenes Wort erlauben. Wir haben uns entschieden, ob wir eine staatskapitalistische Wirtschaft oder eine privatkapitalistische Wirtschaft mit sozialen Garantien wollen. Wer die privatwirtschaftliche Form unserer Wirtschaft wünscht - das tun wir -, der muß dann auch die Konsequenzen aus dieser Entscheidung tragen. ... Er darf auch nicht im Gewinn und im Ertrag des Unternehmers eine Sünde erblicken, die in der durch die Menschen fehlerhaft ausgeführten göttlichen Weltordnung nun einmal leider hingenommen werden muß. Genau so wie das Automobil oder der Motor vom Treibstoff lebt, lebt die Wirtschaft vom Geld, und eine Wirtschaft, die keine Aussicht mehr hat, Geld zu verdienen, zu investieren und Rücklagen zu bilden, funktioniert nicht mehr. Darum ist es auch Zeit, daß von unserer Seite - und ich werde mir kein Blatt vor den Mund nehmen - gegen bestimmte Vorstellungen, die mit Namen einiger evangelischer Kreise oder bei uns von Nell-Breuning und Wallraf verbunden sind, einmal nachdrücklich zu Feld gezogen wird. Diese pseudo-ideologischen Untermauerungen, die für Forderungen wie Erweiterung des Mitbestimmungsrechts dienen - mitreden wollen alle, aber mithaften soll zum Schluß nur einer -, führen entweder zum Ausweichen der Betriebsgründungen ins Ausland oder zu Zurückhaltung, aber damit wird jede Unternehmerinitiative gelähmt. Sie lebt doch von Gewinn und Ertrag und vom Gesetz der Marktwirtschaft, d. h. Wettbewerb aufgrund eigener Entscheidung, eigener Haftung und eigenem Risiko. Ich kann dieses Geschwätz nicht mehr hören, daß Geldverdienen sozusagen Sünde sei und Eigenfinanzierung Diebstahl, unter den entsprechenden Paragraphen des Dekalogs einzuordnen. Gerade wenn wir heute von Staats wegen den Geld- und Kapitalmarkt stärker in Anspruch nehmen müssen - auch Bayern wird es noch tun müssen, wir müssen es in gigantischem Ausmaß tun -, man muß dem Unternehmer die Möglichkeit einer gewissen Eigenfinanzierung geben. . .. " Franz J osef Strauß auf der Sitzung des CSU-Landesvorstandes am 30.6.1967, zitiert nach Mintzel, Geschichte der CSU, S. 250. 165 s. beispielsweise "der arbeitgeber" (Offizielles Organ der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände), 22. Jg., Heft 8 v. 24.4.1970, S.290: " ... die CDU braucht F. J. Strauß! Er zwingt die auseinanderlaufenden Flügel der Schwester-Nichtpartei im Norden zur Geschlossenheit; er zwingt den leisen, abgewogenen Barzel zu lauter, harter Sprache, und er zwingt sich selbst derart, daß auch seine Feinde in ihm und nur in ihm den heimlichen Oppositionsführer sehen." Im selben Jahr kritisierte die Bundesvereinigung den CDU-Entwurf der 2. Fassung des Berliner Programms mit den Worten: "Ihm mangelt es im Gegensatz zu einer klaren gesellschaftspolitischen Linie der CSU an eindeutigen Bekenntnissen zum Privateigentum und zu den Grundprinzipien der Marktwirtschaft." s. im "Gesamtüberblick" des Jahresberichtes der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände 1970, S. 4.
4 Kulltz
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1. Kap.: Zur geschichtlichen Entwicklung der Unternehmerspende
2. Die Fördergesellschaften - Spendenkartelle der Unternehmer
a) Der Hintergrund und ihre Entstehung
"Der Wirtschaftsführer denkt sehr häufig nicht in den Grundsätzen der bedingungslosen Unterstützung, sondern in denen der Investitionspolitik167 ." Alle - auch die politischen - Kapitalinvestitionen der Unternehmer rentieren sich um so mehr, je planmäßiger und gezielter sie vorgenommen werden. Diese schon in der Weimarer Zeit gemachte Erfahrung168 galt es nach dem Kriege erneut und mit besserem Erfolg als zwanzig Jahre zuvor anzuwenden. Um die Parteien zu genaueren Angaben über ihre Ausgaben und Zielsetzungen zu veranlassen, mußten die Unternehmer durch Konzentration der Geldsammlung eine Einheitsfront bilden, welche die eigene Verhandlungsposition stärkte169 • Zwar betrat die Unternehmergruppe nach dem Kriege später als andere Großorganisationen wieder die politische Bühne170, doch rechtzeitig zum Bundestagswahlkampf 1949 wurde mit dem Pyrmonter Finanzierungsabkommen eine erste Kooperation zwischen Unternehmerverbänden und den späteren Regierungsparteien im Sommer 1949 eingegangenl7l • Vom Wahlerfolg ermutigt, kam es rasch zu einer Zentralisierung der Spenden-Aufbringung172 • Man gründete zunächst auf Länderebene allgemeine Fördergesellschaften als "Unternehmer-Berufsverbände"l73, 166 "Ihrer Finanzierung nach tritt die SPD eher als Mitgliederpartei auf, während die CSU ihrer Finanzierung nach eher eine Industriepartei darstellt, nachdem sie überwiegend von Spenden lebt und diese überwiegend von der Industrie stammen.... Die sich ergebenden Abhängigkeiten liegen auf der Hand", EHwein, Das Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland, S.167. Mintzel veranschlagt den Unternehmerspendenanteil für das Jahr 1967 auf etwa 24 % des Ausgabenvolumens, Mintzel, Die CSU, S.374; ders., Geschichte der CSU, S.151; weitere Einzelheiten s. unten Kap. 2 111. 3.
und 4. 167 Gustav Stein, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen
Industrie, im Rahmen eines SPIEGEL-Gesprächs zum Thema Parteienfinanzierung, SPIEGEL Nr. 45/1959, S. 28. 1118 Vgl. die Bestrebungen Duisbergs mit seiner 1926 gegründeten Staatspolitischen Vereinigung, oben FN 49. 118 Heidenheimer, German Party Finance: The CDU, American Political Science Review, Vol. 51, 1957, S. 376 ff.; Flechtheim, Politische Entwicklung, S.186. 170 Breitling, Politische Pression, S. 100. 171 SPD-Denkschrift, Unternehmermillionen, S. 58 und oben Kap. 1 111. 1. d). 172 Dübber, Parteienfinanzierung, S. 30. 178 Im einzelnen: Bayern: Volkswirtschaftliche Gesellschaft Bayern e. V., München. - Bremen: Verein zur Förderung der freien Marktwirtschaft in Bremen e. V., Bremen. - Hamburg: Verein zur Förderung des hamburgischen Wirtschaftslebens e. V., Hamburg. - Hessen: Fördergesellschaft der hessischen Wirtschaft e. V., Frankfurt. - Niedersachsen: Institut für die Niedersächsische Wirtschaft e. V., Hannover. - Nordrhein-Westfalen: Verein zur Förderung der sozialen Marktwirtschaft in NRW, Düsseldorf. - Rhein-
II!. Die Nachkriegszeit
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deren satzungsmäßige Aufgabe es war, für die Erhaltung der sozialen Marktwirtschaft durch "enge Zusammenarbeit mit ähnlich ausgerichteten Organisationen sowie deren Unterstützung in ideeller und materieller Hinsicht"174 zu sorgen. Als Dachorganisation fungierte ein Zentralkuratorium der Fördergesellschaften in Köln175, welches das durch Umlage176 bei den Verbandsmitgliedern gesammelte Geld nach einem bestimmten - manchmal vom Wohlverhalten der einzelnen Parteien abhängigen177 - Verteilungsschlüssel an die Koalitionsparteien weiterlei tete178• b) Die Staatsbürgerliche Vereinigung 1954 e. V. in Köln
Mit Gründung der Staatsbürgerlichen Vereinigung 1954 e. V. am 30. November 1954 wurde das bisher unter Führung des Zentralkuratoriums stehende, föderative Verbandssystem auf eine neue, breitere Basis gestellt179 • Schon die personelle Besetzung des Vorstandes180 gibt land-Hessen: Verein zur Förderung der rheinischen Wirtschaft e. V., Koblenz. - Rheinland-Pfalz: Verein zur Förderung der pfälzischen Wirtschaft e. V., Neustadt a. d. W. - Schleswig-Holstein: Zentralausschuß der Schleswig-Holsteinischen Wirtschaft e. V., Kiel. - Baden-Württemberg: Gesell-
schaft zur Förderung der Wirtschaft Baden-Württemberg e. V., Stuttgart. 174 § 2 Abs. 1 b der Satzung des Vereins zur Förderung der sozialen Marktwirtschaft in Nordrhein-Westfalen, siehe Dokumentenanhang Nr. 30 der SPD-Denkschrift, Unternehmermillionen, S.82. Genauer noch formulierte der "Verein zur Förderung der sozialen Marktwirtschaft in NRW" seinen Zweck: "Die Förderung aller Bestrebungen des Unternehmertums in Nordrhein-Westfalen, die unter Würdigung der staatspolitischen Belange auf die Erhaltung der sozialen Marktwirtschaft gerichtet sind." s. die SPD-Untersuchung, Die Finanzierung des Wahlkampfes 1957, S. 12. 175 Diese Organisation wurde geschaffen, nachdem Bundeskanzler Adenauer bei einer Zusammenkunft der Schatzmeister von CDU, F.D.P. und DP mit maßgeblichen Vertretern der Wirtschaft im Hause des CDU-Finanzberaters und Vorstands des Bundesverbandes privater Banken, Robert Pferdmenges, auf die Notwendigkeit hinwies, "zur Abwehr des Kommunismus und als Gegengewicht gegen das Stärkerwerden sozialdemokratischer Tendenzen die Finanzierung der Regierungsparteien zu koordinieren und zu intensivieren", vgl. Schwarzkopf, Tagesspiegel vom 6. Mai 1956, S.7. 178 Bei Banken und Versicherungen betrug die Umlage DM 2,- pro Monat und Beschäftigten, bei bayerischen Groß- und Außenhandelsbetrieben wurde der Betrag auf "nach Möglichkeit 1/2 vom Tausend des Jahresumsatzes von 1952" veranschlagt. s. Dokumenten-Anhang Nr. 12 und Nr. 15 der SPD-Denkschrift, Unternehmermillionen, S. 66 und S. 70. 177 Breitling, Politische Pression, S.101/102; Flechtheim. Die Parteien der BRD, S. 526. 178 Stein im SPIEGEL Nr. 45/1959, S. 22: "Es galt bis 1953 etwa folgende Faustregel: CDU 50 %, F.D.P. 35 %, DP 15 %." 178 Die Gründungsversammlung wird von Schwarzkopf. S. 7, folgendermaßen beschrieben: "Um der Wirtschaft die Notwendigkeit dieser Vereinigung klar zu machen, bat der Bundeskanzler der Reihe nach eine große Zahl prominenter Wirtschaftsvertreter zu sich. Wie aus der Schilderung von Industriellen, die diesen Einladungen folgten, hervorgeht, wurde dabei die Höhe der jeweils erwarteten Beiträge oft mit einer Offenheit erörtert, die manchen 4*
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1. Kap.: Zur geschichtlichen Entwicklung der Unternehmerspende
Aufschluß, welche Interessengruppe sich hinter dieser Vereinigung verbirgt. Aufgabe des neuen Verbandes war es, die 50 bis 60 Großunternehmen, vornehmlich der Schwerindustrie, Banken und Versicherungen sowie des Handels, gezielt um Spendenbeiträge anzugehen und mit dem Ertrag die Regierungsparteien auf Bundesebene zu unterstützen, während die bisherigen Landes-Fördergesellschaften ihre Sammlungen bei der übrigen Wirtschaft fortführten, um damit die Landesverbände mitzuunterhalten181 • c) Die Zielsetzung der Fördergesellschaften
Dübber182 sieht den alleinigen Zweck der Fördergesellschaften darin, für einzelne Parteien die Geldspenden entgegenzunehmen, also quasi die Inkassofunktion der Parteienschatzmeister zu übernehmen. Obwohl diese Darstellung das wesentliche Tätigkeitsmerkmal der Fördergesellschaften beschreibt, erscheint mit Rücksicht auf ihre Entstehungsgeschichte eine solche Charakterisierung zu einseitig. Denn die Fördergesellschaften handelten im Interesse ihrer überwiegend aus dem Unternehmerlager stammenden Gründer, auch wenn mit der Sammlung von Zuwendungen parteieigene Aufgaben wahrgenommen wurden. Dafür spricht ebenfalls die oftmals gewählte Organisationsform eines Berufsverbandesl83 • Diese Konstruktion diente der Wirtschaft auf mehrfache Weise: der Gäste des Kanzlers hinterher zu unverblümten Kommentaren veranlaBte. Gezahlt haben aber alle, die auf diese Weise, wie ein Betroffener sagte, ,veranlagt' wurden. Die gewichtigen Beiträge der Wirtschaft gingen fortan an die Staatsbürgerliche Vereinigung, während es den Fördergesellschaften in den Ländern überlassen blieb, die Spenden der kleineren und mittleren Betriebe zu kassieren." 180 Der geschäftsführende Vorstand: Dr. h. c. Friedrich Spennrath, Köln, Vorsitzender des Gemeinschaftsausschusses der Deutschen Gewerblichen Wirtschaft, Bonn, Rechtsanwalt Gustav Stein, Köln, stellv. Geschäftsführer des "Bundesverbandes der Deutschen Industrie". Der vorläufige Vorstand: Fritz Berg, Präsident des "Bundesverbandes der Deutschen Industrie", Dr. Robert Pferdmenges, Finanzberater der CDU und Vorstand im Bundesverband privater Banken, Dr. H. C. Paulssen, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Dr. Werner Plath, Köln, Präsident des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft e. V., Dr. Paul Beyer, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Deutschen Industrie- und Handelstages, s. SPD-Untersuchung, Die Finanzierung des Wahlkampfes 1957, S.18. 181 Breitling, Das Geld, S. 357; Dübber, Geld und Politik, S.40. 182 Parteifinanzierung, S. 53. 183 Plate, Parteifinanzierung und Grundgesetz, S.94; Weinmann, Die Finanzierung politischer Parteien in steuerrechtlicher Betrachtung, S. 94, sieht die Fördergesellschaften zu neutralistisch, indem er sie funktional als "Zwischenglieder zwischen den einzelnen Unternehmen bzw. deren Verbänden auf der einen Seite und den Parteien auf der anderen Seite" darstellt, ohne den Charakter einer Geberorganisation und die teilweise gegebene Identität mit Unternehmerverbänden zu betonen.
IIr. Die Nachkriegszeit
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aal Steuerersparnis der Unternehmer Ihre Zuwendung, als Mitgliedsbeitrag deklariert, zahlten die Unternehmer zunächst an eine als Berufsverband oder gemeinnützige Vereinigung organisierte Fördergesellschaft. Damit waren die Voraussetzungen erfüllt, um die Geldspende steuermindernd bei der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer berücksichtigen zu können184 • Die Fördergesellschaften leiteten dann ihrerseits die Beiträge - manchmal auch entsprechend den Einzelanweisungen des Spenders - an die gewünschte Partei weiter185• bb) Anonymität der Unternehmer Mit der indirekten Zahlungsweise wurde weiterhin erreicht, daß mangels einer Offenlegungspflicht der Fördergesellschaften die Zuwendungen an die Parteien gelangten, ohne daß die ursprüngliche Geldquelle bekannt zu werden drohte188 • In den Rechenschaftsberichten der Parteien erschienen allenfalls die Fördergesellschaften als Geldgeber. Entgegen der Intention des Art. 21 Abs. 1 S. 4 GG konnten damit die wahren Spender anonym bleiben. ce) Politischer Einfluß der Unternehmer
Durch die Konzentration sowohl der Geldbeschaffung als auch der Weiterleitung erhielten die Fördergesellschaften Kontrolle über einen erheblichen Teil der Parteifinanzen. Die jährlichen Organisationsbeiträge - ohne Wahlsonderleistungen187 - dieser Wirtschaftsverbände zwischen 1952 und 1958 an die bürgerlichen Parteien werden von Stein 188 mit durchschnittlich 7 Millionen Mark angegeben. Im Wahljahr 1957 förderten die Wirtschaftsverbände nach einer Berechnung Breitlings die Bürgerparteien mit insgesamt 41,3 Millionen Mark189• Diese Beträge dokumentieren den bedeutenden Anteil der Wirtschaft an der Gesamtfinanzierung der nichtsozialistischen ParteienlDo • Dementspre184 Mit Ausnahme der Zeitspanne von 1954 bis 1958 waren direkte Parteispenden nicht steuerlich abzugsfähig. Eine ausführliche Beschreibung der Umgehungsmöglichkeiten im Steuerrecht gibt Weinmann, insbesondere auf S. 127 ff. s. auch unten Kap. 4 I. 2. 185 U. W. Kitzinger, Wahlkampf in Westdeutschland, S. 166. 186 Plate, S. 95. 187 Für die Bundestagswahl 1957 zahlten die Wirtschaftsverbände allein auf Bundesebene neben ihren normalen Organisationsbeiträgen 11 Mio. an die CDU, 4,6 Mio. an die F.D.P., 3,3 Mio. an DP/FVP und 0,5 Mio. an den BHE. s. Stein, S. 22. 188 SPIEGEL Nr. 45/1959, S.22. 189 Dilbber, Geld und Politik, S.41. 190 Trotz der von Dilbber, Parteifinanzierung, S.38, genannten Bandbreite - von 40 Mio. bis 116 Mio. (SPD-Schätzung!) -, welche die Schätzung der Wahlkampfkosten 1957 der nichtsozialistischen Gruppierung CDU/CSU -
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1. Kap.: Zur geschichtlichen Entwicklung der Unternehmerspende
chend war der politische Einfluß, den die Unternehmerverbände mit solch einer Beteiligung am Finanzierungsaufkommen bei den begünstigten Parteien besaßen. Er reichte von einer generellen Beeinflussung der Koalitionspolitik191 über die Mitwirkung bei der Kandidatenaufstellung192 bis zur Einflußnahme auf einzelne Sachentscheidungen193 • Immer aber waren die Zahlungen mit der Erwartung verbunden, daß die Zuwendungen nicht dazu mißbraucht wurden, sich gegenseitig zu bekämpfen1U4 • dd) Weniger Spendenbettelei bei den Unternehmern Nicht zuletzt versprachen sich die Unternehmer von der Zusammenfassung der politischen Finanzierung in den Fördergesellschaften ein Nachlassen der häufigen und lästigen Bittstellerei, der sie sich von Parteifunktionären und anderen laufend ausgesetzt sahen1l5•
F.D.P. - DP/FVP - GB/BHE ergeben, ist der Anteil der Fördergesellschaften an der Wahlfinanzierung zwischen 1/3 bis 1/2 der gesamten Wahlkosten des bürgerlichen Parteienblocks zu veranschlagen. 191 Hauptaufgabe der Koalitionspolitik war für die Unternehmer die Abwehr des Sozialismus. Heidenheimer, S.378, schildert z. B. das Übereinkommen einer Fördergesellschaft mit dem CDU-Landesverband Schleswig-Holstein, wonach die CDU sich gegen Zahlung von DM 150 000,- verpflichtete, ihren Wahlkampf strikt gegen die SPD auszurichten. Trat eine Partei in eine Linkskoalition mit der SPD ein, wie dies der hessische BHE nach der Landtagswahl 1954 tat, oder schied sie auch nur aus der Koalition der bürgerlichen Parteien aus, so wurden oftmals, wie das Beispiel der F.D.P. im Jahre 1956 zeigt, die Zahlungen der regionalen Fördergesellschaften und der Staatsbürgerlichen Vereinigung - wenn auch nur vorübergehend - eingestellt. Stein allerdings bestreitet eine derartige Einflußnahme auf Koalitionsentscheidungen der Parteien: "Jede Verknüpfung politischer Gelder mit Bedingungen ist indiskutabel", S.28 und erklärt die zeitweilige Zahlungseinstellung an die F.D.P. mit "Umstellungsschwierigkeiten", S. 23; Breitling, Das Geld, S.359, FN 25; Flechtheim, Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland, S. 526. 192 Schreiben vom 17. April 1950 des Landesausschusses der Bayerischen Industrie: " ... hat das Präsidium beschlossen, die Mitglieder des Hauptausschusses zu bitten, bei den von ihnen vertretenen Industrien eine Umlage von DM 1,- pro Beschäftigten zu veranlassen. Diese Beträge sollen dazu dienen, ... die Wahlgelder für die Durchsetzung wirtschafts- und unternehmerfreundlicher Auffassungen inden bürgerlichen Parteien bei der bevorstehenden Landtagswahl sicherzustellen und Kandidaten auf aussichtsreichen Plätzen der bürgerlichen Wahllisten unterzubringen." Vgl. SPD-Denkschrift, Unternehmermillionen, S.60, Dok.-Nr.5; Heidenheimer, S.377, FN 19, gibt weitere Beispiele über Versuche, die Kandidatenauswahl zu beeinflussen. 193 Der Präsident des BDI, Fritz Berg, sperrte die monatlichen Zuwendungen in Höhe von DM 100000,- an die CDU nach der Aufwertung der DM im Jahre 1961, Weinmann, S.100; Fälle aus neuerer Zeit s. unten Kap. 4 FN21. I11t Heidenheimer, S.378. 1116 Plate, S.94; Dübber, Geld und Politik, S.39; U. W. Kitzinger, Wahlkampf in Westdeutschland, S. 167.
Zweites Kapitel
Das Verfassungs- und Staatsrecht in seinem Bezug zur politischen Unternehmerspende I. Die politische Partei, gemeinsamer Berührungspunkt von Verfassungsrecht und Unternehmerspende 1. Die verfassungsrechtliche Existenz- und Aufgabenanerkennung der politischen Parteien Gemessen an der tatsächlichen Bedeutung politischer Parteien nimmt es wunder, in wie wenigen Verfassungen parlamentarischer Demokratien die politischen Parteien überhaupt nennenswerte Erwähnung finden, geschweige denn eine verfassungsrechtliche Existenzverbürgung erfahren1 • Dementsprechend war auch in den deutschen Verfassungen von 1871 und 1919 keine Regelung über Parteien enthalten2 • Die Normierung des Art. 21 GG stellte in Deutschland ein verfassungsrechtliches Novum dar. Mit Einfügung des Art. 21 in das Bonner Grundgesetz wurde den politischen Parteien erstmals eine verfassungsrechtlich garantierte Stellung im Verfassungsleben eingeräumt3 • 1 Loewenstein, Verfassungsrecht und Verfassungspraxis der Vereinigten Staaten, S.156; Hug, Die verfassungsrechtliche Problematik der Parteienfinanzierung, S.32, Bericht (der vom BMdI eingesetzten Parteienrechtskommission), S. 96 ff. Noch 1958 schrieb Loewenstein: "Es muß daher überraschen, daß alle älteren und die große Mehrheit der neueren Verfassungen die Existenz der Parteien ignorieren und daß sie selbst in den Ausnahmefällen, wo dies nicht der Fall ist, sich über ihre Teilnahme an der Bildung des Staatswillens und der Führung des Machtprozesses im allgemeinen völlig ausschweigen. Die politischen Parteien funktionieren in einem vollständigen Verfassungsvakuum." Loewenstein, Verfassungslehre, S.390. 2 Maunz / Dürig / Herzog, Komm. zum GG, Art. 21, Rdnr. 1; Schmidt-Bleibtreu / Klein, GG-Komm., Art. 21, Rdnr.2; Hesse, Rdnr. 166; Seifert, Die politischen Parteien im Recht der Bundesrepublik Deutschland, S.62. Die Weimarer Reichsverfassung erwähnte die Parteien nur in Art. 130 I: "Die Beamten sind Diener der Gesamtheit, nicht einer Partei." 3 BVerfGE 1, 208, 225; 2, 1, 73; 4, 27, 28; 5, 85, 133-137 (st. Rspr.); Maunz I Dürig / Herzog, Komm. zum GG, Art.21 Rdnr.3-5; v. Münch, GG-Komm., Art.21, Rdnr.20; Leibholz I Rinck, GG-Komm., Art.21, Rdnr.3 und 5; Hamann / Lenz, Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, S. 352; v. Mangoldt / Klein, Das Bonner Grundgesetz, S.613; Bericht, S. 111; Henke,
56
2. Kap.: Verfassungsrecht und politische Unternehmerspende
Das Grundgesetz hat sich damit für die Parteiendemokratie in Form eines Mehrparteiensystems entschieden4 • Die politischen Parteien bilden das Forum, auf dem sowohl die "Vorformung des politischen Willens"5 unter Mitwirkung aller gesellschaftlich relevanten Kräfte stattfindet als auch der sich daraus ergebende "Volkswille" auf einer nächsten, institutionalisierten Stufe in Parlament und Regierung zur Geltung gebracht wird6 • Art. 21 Abs.1 GG erkennt diese ureigenste Aufgabe der Parteien, nämlich ihre maßgebende Mitwirkung an der politischen Willensbildung, verfassungsrechtlich an7 • Im Hinblick auf ihre verfassungsrechtliche Aufgabe betrachtet das Bundesverfassungsgericht die politischen Parteien als Verfassungsorgane, so daß sie gemäß Art. 93 Abs.1 Nr. 1 GG im Organstreitverfahren antragsberechtigt sind8• In § 1 Abs. 1 PartG werden sie als "notwendiger Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung" angesehen. § 1 Abs. 2 PartG erweitert den vom Bundesverfassungsgericht vornehmlich in der Wahlvorbereitung gesehenen Aufgabenbereich der Parteien auf weitere Funktionen, die teilweise auch vom Bundesverfassungsgericht im Rahmen der in Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG festgelegten Mitwirkung an der politischen Willensbildung angesprochen werden9 • So können die in § 1 Abs. 2 PartG erwähnte Einflußnahme auf die Gestaltung der öffentlichen Meinung, die Beteiligung an den Wahlen in Bund, Ländern und Gemeinden durch Aufstellung von Bewerbern, die Einflußnahme auf die politische Entwicklung in Parlament und Regierung sowie die Einführung der von ihnen erarbeiteten politischen Ziele in den Prozeß der staatlichen Willensbildung und schließlich die Sorge um eine ständige lebendige Verbindung zwischen dem Volk und den Staatsorganen durchaus als eine Konkretisierung der in Art. 21 Abs. 1 GG durch den Hinweis auf die Mitwirkung der Parteien an der politischen Willensbildung ausgesprochenen Aufgabenzuweisung angesehen werden. Hingegen sind Das Recht der politischen Parteien, S. 18; Seifert, s. 61; Hesse, Rdnr.166, 172; v. d. Heydte, Freiheit der Parteien, in: Neumann 1Nipperdey 1 Scheuner (Hrsg.) , Die Grundrechte, S.457/458; Schmid, Politische Parteien, Verfassung und Gesetz, S. 91 ff. e Maunz / Dürig 1 Herzog, Komm. zum GG, Art. 21, Rdnr.6; v. Münch, GGKomm., Art. 21, Rdnr.22; Fürst / Günther, Grundgesetz, S.32; Seifert, S.63; Hesse, Rdnr.I71; Hamann 1 Lenz, Das Grundgesetz, S.356; v. Mangoldt 1 Klein, Bonner GG, S. 623. 6 Scheuner, Der Staat und die intermediären Kräfte, in: Zeitschrift für evangelische Ethik, S. 30, 34 ff.; ders., DOV 58, 643. 6 Seifert, S. 74-76; Hesse, Rdnr.151; BVerfGE 8, 104, 113. 7 Seifert, S.74; Hesse, Rdnr.166; Mühlen, Parteienunabhängigkeit vom Staat, S. 10; Hamann / Lenz, Das Grundgesetz, S. 358. 8 BVerfGE 24, 263, 329 m.w.N. (st. Rspr.); Leibholzl Rinck, GG-Komm., Art. 21, Rdnr. 6. D BVerfGE 20, 101; vgl. dazu auch Konow, DOV 68, 73.
I. Die Partei zwischen Verfassungsrecht und Unternehmerspende
57
die in § 1 Abs. 2 PartG weiterhin aufgeführten Parteifunktionen der Anregung und Vertiefung politischer Bildung, der Förderung der aktiven Teilnahme der Bürger am politischen Leben und der Heranbildung zur übernahme öffentlicher Verantwortung befähigter Bürger Aufgabenbereiche, die schwerlich noch aus Art. 21 Abs. 1 GG ableitbar sind, da sie in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Prozeß der politischen Willensbildung stehen, sondern teilweise bereits in Gebiete des staatlichen Schul- und Ausbildungswesens hineinreichen10 • Damit soll zwar nicht gesagt werden, daß derartige Betätigungen nicht von Parteien ausgeführt werden dürfen - sie mögen sogar erwünscht sein - aber ein aus Art. 21 Abs. 1 GG ableitbarer verfassungs rechtlicher Anspruch auf Mitwirkung bei der allgemeinen politischen Bildungsarbeit besteht nicht. 2. Der Parteibegriff im Verfassungs- und Staatsrecht
Da Art. 21 GG keine Definition des Parteibegriffes beinhaltet, sondern ihn lediglich "in seinen konstituierenden Elementen im Grundgesetz" vorzeichnet", war es zunächst der Rechtsprechung12 und Lehre überlassen, den Parteibegriff anhand des Art.21 GG zu definieren13 • Die Parteienrechtskommission schlug eine Legaldefinition vor", die - genau 10 Jahre später - inhaltlich im wesentlichen vom Parteiengesetz übernommen wurde. Es definiert den Begriff der Partei in seinem § 2 Abs.l: "Parteien sind Vereinigungen von Bürgern, die dauernd oder für längere Zeit für den Bereich des Bundes oder eines Landes auf die politische Willensbildung Einfluß nehmen und an der Vertretung des Volkes im deutschen Bundestag oder einem Landtag mitwirken wollen, wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere nach Umfang und Festigkeit ihrer Organisation, nach der Zahl ihrer Mitglieder und nach ihrem Hervortreten in der Öffentlichkeit eine ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit dieser Zielsetzung bieten. Mitglieder einer Partei können nur natürliche Personen sein." Danach müssen Parteien organisatorisch den Charakter von "Vereinigungen" haben. Doch genügt hierfür nicht jedweder Zusammen10
Konow, DÖV 68,73.
Bericht, 8. 123. z. B. im Rahmen folgender Entscheidungen: BVerfGE 1, 208, 228; 3, 19, 22; 5, 85, 112; 6, 367, 372; 7, 99, 103; 11, 231, 241. 13 Maunz / Dürig / Herzog, Komm. zum GG, Art. 21, Rdnr. 7 ff. 14 Danach sind Parteien: " ... organisierte politische Vereinigungen, die sich in der Absicht länger dauernder Tätigkeit zum Ziele setzen, unmittelbar auf die politische Willensbildung des Volkes Einfluß zu nehmen und die dieses Ziel durch Beteiligung an den Wahlen zum Bundestag oder zu den Vertretungskörperschaften der Länder zu verfolgen bereit sind", s. Bericht, 11
18
8.134.
58
2. Kap.: Verfassungsrecht und politische Unternehmerspende
schluß natürlicher Personen, sondern nur eine Organisation mit körperschaftlicher Verfassung, die sie vom Mitgliederwechsel unabhängig macht und die unter einem Gesamtnamen nach außen als selbständige Einheit auftrittl5 • Das zweite grundlegende Begriffsmerkmal einer Partei wird durch den Zweck bestimmt. Ihre Tätigkeit muß auf die Repräsentation des Volkes in den staatlichen Volksvertretungsorganen gerichtet seinl8 • Die verlangte Einflußnahme auf die politische Willensbildung ist in der Forderung nach "Vertretung des Volkes" praktisch schon enthalten17 und macht daher lediglich auf eine Parteien aufgabe aufmerksam, die über die Arbeit im Parlament hinausgeht. Entscheidendes Abgrenzungsmerkmal der politischen Parteien zu sonstigen Vereinen und Gemeinschaften ist die verantwortliche Mitwirkung an der parlamentarischen Volksvertretung. Dies setzt somit die Teilnahme an Parlamentswahlen mit eigenen Wahlvorschlägen und i. d. R. eine Fraktionsbildung voraus l8 • Sogenannte "Rathausparteien" und kommunale Wählervereinigungen sind keine politischen Parteien im Sinne des § 2 Abs. 1 PartG, da bei diesen keine Wahl in das Bundes- oder ein Landesparlament vorgesehen istl9 • Weiterhin ist ein dauerhaftes Streben nach parlamentarischer Vertretung erforderlich. Nach § 2 Abs.2 PartG hat eine mindestens sechsjährige Nichtteilnahme an Parlamentswahlen den Verlust des Parteienstatus zur Folge. Ein Wahlerfolg ist nicht Voraussetzung für die Erlangung der Parteieigenschaft20 • Allerdings bleibt zu erwägen, ob lang andauernder Mißerfolg dann zum Verlust der Parteieigenschaft führen kann, wenn die Absicht, Mandate zu erringen, sich durch fortwährendes Scheitern als "offenbar aussichtslos" erweist21 • An welchen Kriterien die "Ernsthaftigkeit ihrer Zielsetzungen" gemessen werden soll, zählt § 2 Abs. 1 2. Halbsatz PartG auf. Seifert 22 empfiehlt hierzu, den "zitierte(n) Passus mit einiger Großzügigkeit auszulegen". Insbesondere im Hinblick auf die Seifert, S. 160/161; Henke, S. 37-39. Maunz 1 Dürig 1 Herzog, Komm. zum GG, Art. 21, Rdnr. 13; S.161-164; Henke, S.41. 15 18
Seifert,
17 "Die politischen Parteien wirken an der politischen Willensbildung des Volkes vornehmlich durch ihre Beteiligung an den Wahlen mit." BVerfGE 20, 101. 18 Seifert, S. 162/163; Henke, S. 41. 19 Maunz 1 Dürig 1 Herzog, Komm. zum GG, Art. 21, Rdnr.20; Hesse, Rdnr. 168; Groß, DOV 68, 81; kritisch hierzu Plate, S. 20 ff. 20 Maunz 1 Dürig 1 Herzog, Komm. zum GG, Art. 21, Rdnr.15; v. Münch, GG-Komm., Art. 21, Rdnr. 9. 21 Hierzu Seifert, DOV 56,3, FN 23; Henke, S. 42. 22 S.166.
I.
Die Partei zwischen Verfassungsrecht und Unternehmerspende
59
mit Art. 21 Abs. 1 Satz 2 GG statuierte Gründungsfreiheit der Parteien23 darf die Ernsthaftigkeitsklausel nicht dazu führen, die Parteieigenschaft mangels Erreichen einer bestimmten Größenordnung der Organisation abzulehnen. Das Parteienprivileg24 darf daher nicht von quantitativen Merkmalen abhängig sein25 . Die Erstellung eines mit Sachpunkten versehenen Programms, aus dem sich die politische Zielsetzung ergibt, muß genügen26 . § 2 PartG wurde vom Bundesverfassungsgericht als "mit dem Grundgesetz vereinbar" angesehen27 • 3. Die Parteienfreiheit als Richtschnur verfassungsrechtlicher Beurteilung der Unternehmerspenden
Besonderen Wert legt das Bundesverfassungsgericht auf den freien und außerstaatlichen Grundcharakter der politischen Parteien28 . Nur so läßt sich das "Verfassungsgebot der grundsätzlich staatsfreien und offenen Meinungs- und Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen" realisieren. Die Freiheit der politischen Parteien gilt es daher zu schützen. Ist sie primär "Grundrecht der Staatsbürger"2g, die ohne weiteres politische Parteien gründen sowie beliebig bei- oder austreten können, so erstreckt sich die Rechtsträgerschaft der Parteienfreiheit aber auch auf die Parteien selbero. Hesse trennt zwischen äußerer und innerer Parteienfreiheit, indem er alle von außen kommenden Eingriffe und Einflüsse sowohl staatlicher als auch nichtstaatlicher Art als Angelegenheit der äußeren Parteienfreiheit ansieht und all' dasjenige, was eine freie politische Willensbildung in den Parteien beeinträchtigt oder unmöglich macht, als
23 Maunz / Dürig / Herzog, Komm. zum GG, Art. 21, Rdnr.34; v. Münch, GG-Komm., Art. 21, Rdnr.37; Hesse, Rdnr.156, 174; Fürst / Günther, S.33; Scheuner, DOV 68, 90. 24 Wegen ihrer Sonderstellung im Staat erhalten die politischen Parteien dadurch eine erhöhte Bestands- und Schutzgarantie, daß ein Verbot - anders als bei sonstigen Vereinigungen (Art. 9 Abs.2 GG) - nur durch Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Partei durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen werden kann (Parteienprivileg), vgl. für alle: Maunz / Dürig / Herzog, Komm. zum GG, Art. 21, Rdnr.39; Hesse, Rdnr.716. 25 Das Bundesverfassungsgericht erkannte eine im Aufbau befindliche Vereinigung mit 400 Mitgliedern bereits als Partei an, BVerfGE 24,332. 26 Maunz / Dürig / Herzog, Komm. zum GG, Art. 21, Rdnr. 19. 27 BVerfGE 24, 361; DOV 69,67. 28 "Die Parteien ... sind ... frei gebildete, im gesellschaftlich-politischen Bereich wurzelnde Gruppen". BVerfGE 20, 10l. 2g Seifert, S. 111; Maunz / Dürig / Herzog, Komm. zum GG, Art. 21, Rdnr.93. 30 Vgl. Seifert, S. 112, der in Analogie zur Rspr. über das Grundrecht der Vereinsfreiheit den politischen Parteien gleichermaßen eine vom einzelnen Mitglied unabhängige kollektive Geltendmachung des Freiheitsrechtes zugesteht. Zur Frage der Grundrechtsträgereigenschaft politischer Parteien allgemein, vgl. Henke, S. 229 ff.
60
2. Kap.: Verfassungsrecht und politische Unternehmerspende
Angriff auf die Freiheit des politischen Prozesses an der Quelle dem Bereich der inneren Parteienfreiheit zuordnet31 . Mit der in Art. 21 Abs. 1 Satz 2 GG verfassungsrechtlich angeordneten Gründungsfreiheit der Parteien und ihrem in Art. 21 Abs. 2 GG festgelegten Parteienprivileg wird die äußere Parteienfreiheit vor staatlichen Eingriffen und Einflüssen geschützt. Dazu gehört, daß die politischen Parteien als "Sprachrohr" des Volkes, das den Bürgerwillen auch zwischen den Wahlen verwirklichen kann32, ihre Mittlerfunktion ohne einseitige finanzielle Abhängigkeiten auszuüben in der Lage sind. v. Arnim33 exemplifiziert die Gefährdung der Parteienfreiheit am Beispiel der öffentlichen Parteienfinanzierung. Sie begründe die Gefahr, daß eine Parteiorganisation nicht mehr auf die vielen kleinen Beiträge und Zuwendungen angewiesen ist und sich somit der enge Kontakt zu den aktiven und passiven Anhängern verringern kann3'. Ohne die Notwendigkeit eines ständigen Werbens auch um finanzielle Unterstützung in der Bevölkerung können sich die Parteien von freiwilligen politischen Organisationen "zu einem Teil der öffentlichen Verwaltung neben anderen"35 entwickeln. Je mehr die politischen Parteien aus öffentlichen Mitteln finanziert werden, "droht eine Etatisierung und leicht auch eine Entfremdung vom Bürgerwillen"38. Des weiteren sei zu besorgen, daß die staatliche Parteienfinanzierung einer "Professionalisierung der politischen Karriere" Vorschub leistet. Die Darstellung der möglichen Auswirkungen staatlicher Parteienfinanzierung auf die Parteiorganisation und die Qualität der politischen Willensbildung macht deutlich, daß eine klare Trennung zwischen äußerer und innerer Parteienfreiheit zumindest im Finanzierungsbereich der politischen Parteien nicht möglich ist. Auch die politische Spende läßt sich in dieses Schema nur schwer einordnen, da sie einerseits einen von außen an die Partei herangetragenen Einfluß darstellt, andererseits sich mittelbar - bei gezieltem Einsatz sogar direkt - auf den innerparteilichen Willensbildungsprozeß auswirken kann. So weist im Gegensatz zu Hesse 37 beispielsweise Mühlen38 die Problematik der "unkontrollierten Finanzeinflüsse" 31 Hesse, Rdnr. 174/175. 32 BVerfGE 20, 56, 10l. 33 Parteienfinanzierung, S. 50. S( Schon in der Weimarer Republik war diese Gefahr bekannt. Deshalb führten die unteren Parteigliederungen verhältnismäßig wenig Geld an die Parteizentralen ab, vgl. oben Kap. 1, FN 20. 33 Karl-Heinz Naßmacher, zitiert in v. Arnim, S.50. 38 v. Arnim, S.50. Als Folge dieser Betrachtungsweise regt v. Arnim an, statt den Ausdruck "Parteienfreiheit" zu gebrauchen, besser von "Bürgernähe" zu sprechen, S. 5l. 37 Rdnr.174. 38 S. 50 ff.
I. Die Partei zwischen Verfassungsrecht und Unternehmerspende
61
dem Bereich der "innerparteilichen Freiheit und Unabhängigkeit" zu. Die Parteienfreiheit vor von außen kommenden Einflüssen nichtstaatlicher Art, die auf den politischen Willensbildungsprozeß Auswirkunken haben können, zu bewahren, stellt sich im Verhältnis zu den kontrollier- und überschaubaren öffentlichen Eingriffen als viel schwieriger dars8 • Voraussetzung für eine erfolgreiche Abwehr von Angriffen gegen die in Art. 21 Abs. 1 Satz 3 GG garantierte, nach demokratischen Grundsätzen eingerichtete innerparteiliche Ordnung und Willensbildung ist die eigene Widerstandskraft der Parteien. Wird sie nicht zusammen mit der gebotenen Wachsamkeit gegenüber undemokratischen Einflüssen, die auch in mit bestimmten Auflagen verbundenen Großspenden liegen können, entwickelt, gibt es keine rechtlichen Sicherungen. In der Folge ist es vornehmlich eine eigene Sache der Parteien, auf ihre Unabhängigkeit sowohl vom Staat als insbesondere auch von anderen gesellschaftlich relevanten Gruppen zu achten40 • Dementsprechend gehört nach Meinung des Bundesverfassungsgerichts41 "zum verfassungsrechtlichen Status einer Partei (Art. 21 Abs. 1 GG) ... das Recht, im Rahmen des Möglichen feststellen zu können, ob und in welchem Umfang private Geldgeber auf andere Parteien durch Spenden einzuwirken suchen". Der Grundsatz der Parteienfreiheit hat für die Spendenfinanzierung die Konsequenz, daß jede Beurteilung über ihre Zulässigkeit auch die Frage nach den Auswirkungen dieser Finanzierungsform auf die innere Parteienfreiheit beinhalten muß42 • Unternehmerspenden, so wünschenswert sie zum Unterhalt leistungsfähiger Parteien auch sein mögen, können nur solange verfassungsrechtlich unbedenklich sein, wenn sie entweder keinerlei bzw. nur positive Auswirkungen auf den freien und offenen politischen Willensbildungsprozeß haben (kleine Spenden) oder ihre Wirkung durch geeignete Publizität (Großspenden) den innerparteilich an der politischen Willensbildung Beteiligten offenkundig wird. 4. Die Chancengleichheit der Parteien ein Argument für oder gegen Unternehmerspenden
Freiheit der Parteien kann es nur geben, wenn sie über gleiche Chancen verfügen43 • Genau wie die Parteienfreiheit ist auch die Parteiengleichheit "Ordnungsprinzip des objektiven Verfassungsrechtes" und So auch Hesse, Rdnr.174. Kulitz, DOV 82, 306. 41 BVerfGE 24, 300. 42 Kulitz, DOV 82, 307. 43 Lipphardt, Die Gleichheit der politischen Parteien vor der öffentlichen Gewalt, S. 89; Häberle, JuS 1967, 72; v. Münch, GG-Komm., Art. 21, Rdnr.25; Henke, S. 241; Hesse, Rdnr.176; Mühlen, S. 67. 39
40
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2. Kap.: Verfassungsrecht und politische Unternehmerspende
"Grundrecht der Parteien" nach Art. 3 GG i. V. m. Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GGu . Der Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien entwickelte sich aus der Verfassungsrechtsprechung zur Gründungsfreiheit, zum Mehrparteiensystem und zur Wahlgleichheit der Bürger45 . Im Parteienrecht wird dieser Grundsatz der Chancengleichheit viel strenger als üblich ausgelegt, da eine Unterwerfung der Minderheit des Volkes, die die Oppositionsparteien gewählt hat, unter die Regierungs- und Gesetzgebungsmacht "nur zu ertragen ist, wenn die Minderheit und die von ihr unterstützten Parteien eine faire Chance besitzen, Mehrheit zu werden"46. Chancengleichheit der Parteien bedeutet keinen Anspruch auf gleiche Beteiligung an der politischen Macht, aber das Recht auf Gleichheit der Beteiligungsmöglichkeit. Jede Partei muß rechtlich die gleichen Möglichkeiten der Entfaltung und Mitwirkung an der politischen Willensbildung haben. Die öffentliche Gewalt darf politischen Parteien keine verschiedenartige Behandlung deshalb angedeihen lassen, weil sie sich etwa durch Größe, ungleiche Mitgliederstruktur, finanzielle Ausstattung oder besondere Verbundenheit mit bestimmten Interessenorganisationen unterscheiden. Das Kräfteverhältnis der Parteien muß sich ohne staatliche Intervention frei entfalten können, andernfalls wäre eine freie und unbeeinflußte Willensbildung des Volkes nicht zu gewährleisten. Das Gleichbehandlungsprinzip muß vom Staat besonders auch auf dem Gebiet der Parteienfinanzierung angewendet werdenf? Konkret wird darunter die Pflicht der öffentlichen Gewalt verstanden, Vorteile - wie z. B. staatliche Finanzierungszuschüsse - allen Parteien gleichermaßen proportional zu ihrer tatsächlichen Durchsetzung im politischen Leben zukommen zu lassen48 und nicht etwa nur bestimmte Parteien zu begünstigen.
Plate4U geht jedoch weiter und hält den Staat darüber hinaus für verpflichtet, "Gleichbehandlung dadurch zu sichern, daß er sich bemüht, eine Chancenungleichheit im Wettbewerb der Parteien zu beseitigen". Aufgrund der von den Parteien übernommenen Aufgaben bei Wahlen habe der Staat "das Recht und die Pflicht, auf die Wettbewerbschancen der Parteien, was die Finanzierung angeht, ausgleichend einzuwirken". Folgte man dieser Ansicht, so würde dies im Hinblick auf Unter-
s. 132; BVerfGE 6, 273, 280; 8, 51, 63 ff.; umfassend Lipphardt. BVerfGE 52, 63, 88 ff.; v. Arnim, S. 53; Plate, S. 33 ff.; Hug, S. 110; Liermann, Modelle der Parteienfinanzierung und ihre Verfassungsmäßigkeit, S. 48 ff. Zur Chancengleichheit speziell im Hinblick auf Parteispenden im Steuerrecht vgl. noch unten Kap. 4 1. 3. b-e). 46 v. Arnim, S. 53. 47 Plate, S. 36; Hug, S. 111; Mühlen, S. 68; Liermann, S. 52. 48 Mühlen, S. 68 m. w. N. 4U S.36/37. 44
46
Seifert,
I. Die Partei zwischen Verfassungsrecht und Unternehmerspende
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nehmerspenden, die aus programmatischen Gründen den bürgerlichen Parteien in größerem Umfang zufließen, bedeuten, daß die weniger begünstigten Parteien einen finanziellen Ausgleichsanspruch gegen den Staat haben. Denn nur auf diese Weise könnte die durch Spendenmindereinnahmen entstandene finanzielle Wettbewerbsungleichheit wieder beseitigt werden, will man nicht von vornherein ein generelles Verbot aller einseitig begünstigenden Spenden - wie es die Unternehmerspende besonders häufig darstellt - aussprechen, um den Staat vor solchen Ausgleichsforderungen zu bewahren. Eine solche Regelung stünde aber der verfassungsrechtlich garantierten Parteienfreiheit entgegen, die ja gerade die individuelle, vom Staat unbeeinflußte Entwicklungsmöglichkeit einer Partei schützen soll. Plate zieht die falsche Schlußfolgerung, wenn er die staatliche Verantwortung für die Wahrung der Chancengleichheit darin sieht, sich entwickelnde oder bestehende finanzielle Ungleichheiten der Parteien durch staatlichen Ausgleich beseitigen zu müssen. Das Gebot der Chancengleichheit verlangt nur, jeder Partei die gleiche Möglichkeit der Entfaltung zu sichern. Was die Parteien im einzelnen mit ihren Geldmitteln machen, muß ihnen überlassen bleiben. Daß der einen Partei mehr, der anderen Partei weniger Mittel zur Verfügung stehen und sich daraus ein unterschiedliches Maßnahmenpotential bei der Wählerwerbung und anderen Parteiaktivitäten ergibt, liegt in der Natur der Sache und wird allein von dem Kräfteverhältnis bestimmt, welches vom zunehmenden oder nachlassenden Erfolg der Parteien in der Öffentlichkeit abhängt50 • Der Gesetzgeber ist nicht nur nicht verpflichtet, tatsächliche Ungleichheiten der Parteien durch staatliche Maßnahmen - etwa dem Verbot privater Spenden - auszugleichen, sondern er ist grundsätzlich dazu auch gar nicht berechtigt51 • Aufgabe des Staates ist daher, nicht für die gleiche finanzielle Stärke aller Parteien zu sorgen, sondern nur darauf zu achten, daß sie die gleichen Chancen bekommen durch für alle gleiche staatliche und gesetzgeberische Voraussetzungen. Einfluß auf das Kräfteverhältnis darf nur die Wählerschaft haben, keinesfalls der Staat. Für die Unternehmerspende bedeutet dies, daß sie aus Gründen der Chancengleichheit vom Staat nicht untersagt werden darf. Ein generelles Spendenverbot oder das Gebot, an alle Parteien nur im gleichen Verhältnis zu spenden, ist aus Art.3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 21 GG nicht ableitbar2 • Henke, S. 242. Seifert, S. 133. 52 Kulitz, DÖV 82, 307; a. A. Naßmacher, Öffentliche Rechenschaft und Parteifinanzierung, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 14-15/82, S.17, der 60
51
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2. Kap.: Verfassungsrecht und politische Unternehmerspende 11. Das verfassungsrechtliche Gebot der Rechenschaftslegung der Parteien über die Herkunft ihrer Mittel 1. Hintergrund und Entstehungsgeschichte des Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG
In den ersten Nachkriegsjahren beschäftigte sich die Öffentlichkeit intensiv mit der Frage, in welchem Umfang anonyme Gelder den Zusammenbruch der Weimarer Republik und die Machtergreifung Hitlers ermöglicht hatten53 • Die Erinnerung an die starke antidemokratische Beeinflussung der Wählerschaft durch den Hugenbergschen Medienkonzern und Aussagen führender Nationalsozialisten während der Nürnberger Prozesse, insbesondere die Industrie hätte die Machtergreifung Hitlers finanziell unterstützt, verstärkten die Forderung der Öffentlichkeit nach einer Offenlegung der Parteienfinanzierung54 • In der ersten Plenarsitzung des Parlamentarischen Rates am 8. September 1948 regte der SPD-Abgeordnete Carlo Schmid an, " ... man könnte vielleicht vorsehen, daß die politischen Parteien über die Mittel, die ihnen zufließen, periodisch Rechnung legen müssen ... "55. Im Mai 1949 stellte dann die Zentrumsfraktion während der Beratungen des Parlamentarischen Rates über den Entwurf des Grundgesetzes den Antrag, den die Parteien betreffenden Grundgesetzartikel mit einem Offenlegungsgebot der Finanzquellen zu versehen, um die innere Ordnung der Parteien "gegen undemokratische Einflüsse" zu sichern58 • Der Zentrums-Abgeordnete Brockmann begründete den Antrag mit den Worten57 : "Die Vergangenheit unseres deutschen Parteiwesens, insbesondere mit Rücksicht auf die Partei, die uns zwanzig Jahre terrorisiert hat, spricht für unseren Antrag." Bei solch einer Begründung war zu jener "juristischen Personen unentgeltliche Leistungen an Parteien (also Spenden) verbieten" will. 53 Bericht, S.174. 54 Bericht, S.175; Dübber, Parteifinanzierung, S.3; Plate, S.16; Seifert, S.317. 55 Eschenburg, Zur politischen Praxis II, S. 206; Bericht, S. 176. 56 Dübber, Parteifinanzierung, S. 1 ff., schildert den Verlauf der Beratungen ausführlich. 67 PRDrs.859; ebenfalls zitiert in Dübber, S.l und Bericht, S.175. Ein wesentlicher Grund für die Stellung des Antrages soll neben dem sich aus der offiziellen Begründung ergebenden Motiv auch die Tatsache gewesen sein, daß - so die Parteienrechtskommission - "während der Zeit der Arbeiten des Parlamentarischen Rates eine größere Partei durch Begleichung der Schulden einer kleineren Gruppe eine Anzahl von Abgeordneten der letztgenannten Vereinigung zu sich herübergezogen hatte". Nach Eschenburg war Triebfeder des Zentrumantrages "der Wunsch, die große CDU/CSU daran zu hindern, daß sie kleine Parteien durch finanzielle Manipulation von sich abhängig mache". s. Eschenburg, Die Zeit vom 26.2.1960, S.3; ders., Zur politischen Praxis II, S. 206.
11. Das Gebot zur Rechenschaftslegung
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Zeit mit Rücksicht auf die öffentliche Stimmung kaum ein Gegenargument denkbar, das nicht Gefahr lief, den Verdacht allzu enger Beziehungen zur Wirtschaft aufkommen zu lassen58 • Der SPD-Abgeordnete Zinn bewirkte in der dritten Lesung des Plenums, daß das Erfordernis einer öffentlichen Rechenschaftslegung der Parteien in einem selbständigen Satz so formuliert wurde, wie er dann in Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG seinen Niederschlag fand. 2. Der materielle Gehalt des Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG
Mit Inkrafttreten des Grundgesetzes entstand für die Parteien aus Art.21 Abs.l Satz 4 GG eine Pflicht zur finanziellen Rechnungslegung59. Der Verfassungsgeber hat damit Vorsorge getroffen, daß die Öffentlichkeit Kenntnis über die Herkunft der Mittel der Parteien erhält und die konkreten gesellschaftlich-ökonomischen Verflechtungen und Verpflichtungen der Parteien dem Wähler offengelegt werden80 • Im Gegensatz zum Bundesverfassungsgericht81 wird von manchen Autoren82 der Artikel 21 Abs. 1 Satz 4 GG konsequenterweise als Gewährleistungsrecht der inneren Freiheit der Parteien anerkannt, das Freiheit von den außerstaatlichen Interessenten garantieren soll. Adressaten der Vorschrift sind die Parteien. Daher besteht die Offenlegungspflicht nicht gegenüber dem Staat, d. h. staatlichen Institutionen, sondern gegenüber der Öffentlichkeit insgesamt63 • Lange war streitig, ob der verhältnismäßig unbestimmte Begriff "Herkunft" ein Erfordernis nach namentlicher Nennung der Geldgeber ausdrückte oder nur die Angabe der in Kategorien eingeteilten Hauptherkunftsgruppen verlangte64 • Während die eDU in ihrem Regierungsentwurf über das Parteiengesetz 1959 eine Offenlegung pauschal nur nach Spenderkategorien vorschlug, verlangte die SPD die individuelle Namensnennung der Spender85• Mit § 25 PartG wurde 1967 dieser Streit grund~8 Dübber, Parteifinanzierung, S.4; Ftechtheim, Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland, S. 524. 59 Ptate, S. 17; Henke, S. 269; Maunz/ Dürig / Herzog, Komm. zum GG, Art. 21, Rdnr.78; v. Münch, GG-Komm., Art. 21, Rdnr. 48 ff.; Schmidt-Bteibtreu / Ktein, GG-Komm., Art. 21, Rdnr. 16. 60 Leibholz / Rinck, GG-Komm., Art. 21, Rdnr. 9; Hamann / Lenz, Das Grundgesetz, S. 361. 61 BVerfGE 20, 56, 105. 82 v. d. Heydte, S.497; v. Mangoldt / Klein, Bonner GG, S.626; Mühlen, S. 50; wohl auch Häberle, S. 71. 63 Vgl. Mühlen, S. 83. U s. hierzu Bericht, S. 181 ff.; Dübber, Parteifinanzierung, S. 67 ff.; Mühlen, S.84; Roesch, DVBl. 58, 597 und DVBl. 59, 274; Hoffmann, DVBl. 58, 856; v. Münch, GG-Komm., Art. 21, Rdnr. 52. 85 Eschenburg, Die Zeit vom 26. 2. 1960, S. 3.
5 Kulltz
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2. Kap.: Verfassungsrecht und politische Unternehmerspende
sätzlich zugunsten der individuellen Quellenangabe gelöst66 • Bei der Adressatenangabe genügt nicht, wie der Wortlaut des Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG es vermuten lassen könnte, die Quelle einer Spende namentlich zu bezeichnen, erforderlich ist auch die Angabe der jeweiligen Höhe 87 • Die alleinige Bezeichnung der Spendenherkunft ohne Betragsangabe kann der Öffentlichkeit keinen Aufschluß darüber geben, welche Bedeutung die einzelne Zuwendung für die empfangende Partei hat und ob sie sich durch die Annahme Einflüssen und Zwängen aussetzt, die der Chancengleichheit von Parteien und Wählern zuwiderlaufen. Der eigentliche Zweck des Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG, "finanzielle Einflüsse auf die Parteien auszuschalten, die sie in undemokratischer Richtung lenken könnten"8S, wäre ohne Betragsangabe nicht zu erreichen69 • Ob Namensnennung und Betragsangabe für Geldspenden in jedweder Höhe erforderlich sind oder erst ab einem gewissen Betrag, läßt der Verfassungsgeber offen. Das Parteiengesetz sucht die Lösung in einem mittleren Weg, der die individuelle Quellenangabe erst ab einer gewissen Höhe des jährlichen Spendenbetrages erforderlich macht, nämlich dann, wenn die Spende durch ihre Höhe geeignet erscheint, dem Geber über seine Teilhaberechte am politischen Willensbildungsprozeß hinaus Sondereinflußmöglichkeiten auf die Empfängerpartei zu erschließen70 • Dies würde den in Art. 21 Abs. 1 Satz 3 GG geforderten demokratischen Grundsätzen der innerparteilichen Ordnung widersprechen. Zuwendungen, die betragsmäßig unter der für einflußerheblich erachteten Höhe liegen, werden gem. § 24 Abs. 2 PartG nur im Rahmen der allgemeinen, nach Kategorien aufgeschlüsselten Einnahmenerfassung ausgewiesen71 • Auch das Bundesverfassungsgeriche2 betont die Notwendigkeit, eine Verflechtung von politischen und wirtschaftlichen Interessen offenzulegen. "Der Wähler soll über die Kräfte unterrichtet werden, die die Politik der Parteien bestimmen, und er soll die Möglichkeit haben, die Übereinstimmung zwischen den politischen Programmen und dem Verhalten derer zu prüfen, die mit Hilfe finanzieller Mittel auf die Parteien Einfluß zu nehmen suchen." Entsprechend dem Parteiengesetz hält es das Bundesverfassungsgericht nicht für erforderlich, Spender geringer Beträge namentlich zu offenbaren, solange "ihre Spenden die Politik der 86
87
Hamann 1Lenz, Das Grundgesetz, S. 361; s. auch unten Kap. 2 III. 1. Maunz 1 Dürig 1 Herzog, Komm. zum GG, Art.21, Rdnr.79; Plate, S.23,
FN95. 68 Bericht, S. 180. 68 Ebenso Mühlen, S. 83. 70 Diese Meinung vertritt im Ergebnis auch ein Teil der Parteienrechtskommission - in Bericht, S. 209/210 - , da andernfalls eine Ausschöpfung des rechtlichen Auftrages des Art. 21 GG nicht gegeben sei. 71 Einzelheiten hierzu s. unten Kap. 2 III. 1. und 3. 72 BVerfGE 24, 299, 356.
H. Das Gebot zur Rechenschaftslegung
67
Gesamtpartei nicht maßgeblich beeinflussen können". "Dem Art. 21 Abs. 1 GG wird Genüge getan, wenn nur die Spender bekannt werden, deren Spende ihrer Höhe nach für eine Partei maßgeblich ins Gewicht fällt." Die in § 25 PartG festgelegte Grenze von 20 000,- DM für die Offenlegung von Spenden wurde als verfassungskonform angesehen, da "angesichts des beträchtlichen Finanzbedarfs auch kleinerer Parteien ... mit einer jährlichen Spende von weniger als 20 000,- DM ein erheb~ licher politischer Einfluß in der Regel nicht verbunden ist." Aus Art. 21 Abs.1 Satz 4 GG ergibt sich weiterhin, daß eine, wenn auch nur für Unternehmen und sonstige kapitalkräftige Verbände geltende, Beschränkung finanzieller Zuwendungen an politische Parteien - etwa nach dem Vorbild amerikanischer Gesetzgebung 73 - verfassungsrechtlich nicht vorgesehen ist, denn die mit dieser Vorschrift statuierte Forderung auf Rechenschaftslegung über die Herkunft der Mittel setzt die Spendenfreiheit ja geradezu voraus. Diese Folgerung ergibt sich auch aus den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Frage der Finanzierung der gesamten politischen Parteientätigkeit aus öffentlichen Mitteln74 : "Art.21 GG gewährleistet den Parteien Freiheit vom Staat, nicht jedoch Schutz vor dem Einfluß finanzkräftiger Einzelpersonen, Unternehmen oder Verbände. Das in Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG an die Parteien gerichtete Gebot, über die Herkunft ihrer Mittel öffentlich Rechenschaft zu legen, zeigt, daß das Grundgesetz den mit größeren privaten Spenden häufig erstrebten Einfluß auf die Parteien weder billigt noch verbietet, sondern als eine geläufige Form tatsächlicher politischer Interessenwahrnehmung mit der Maßgabe hinnimmt, daß diese Spenden offenzulegen sind." Ausdrücklich stellt das Bundesverfassungsgericht fest, daß der Verfassungsgeber "aus der Entwicklung des Nationalsozialismus, aus seiner Förderung durch finanzkräftige Unternehmer" mit Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG die Konsequenzen gezogen hat. Eine über dieses Publizitätsgebot hinausgehende Einschränkung wurde nicht beabsichtigt. "Nur zur Sicherung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung hat der Verfassungsgeber diese Beschränkung der Freiheit der Parteien vorgesehen. Im übrigen war für ihn jedoch das Bild des freien, in jeder Hinsicht vom Staat unabhängigen Parteiwesens maßgebend, wie es sich unter der Weimarer Verfassung entwickelt hatte75." Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG macht daher als die weitestgehende Einschränkung der Parteienfreiheit deutlich, daß ein wie auch immer geartetes Spendenverbot76 verfassungsrechtlich unzulässig ist. 73
74 75 76
5"
s. unten Kap. 3. BVerfGE 20, 56, 105. BVerfGE 20, 56, 109. Tatsächlich hatte im Jahre 1954 der damalige Bundesfinanzminister
68
2. Kap.: Verfassungsrecht und politische Unternehmerspende 3. Die Vereinbarkeit des Rechenscbaftslegungsgebotes mit anderen Verfassungsnormen
Obwohl die Auslegung des Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG eine grundsätzliche Verpflichtung zur namentlichen Nennung der Spender ergibt, wurde dies unter Hinweis auf entgegenstehende Grundrechte und anderen "übergeordneten" Verfassungsnormen angegriffen. a) Art. 2 Abs. 1 GG
Roesch77 sieht in der Pflicht zur öffentlichen Bezeichnung der Geldgeber einen Verstoß gegen die in Art. 2 Abs. 1 GG geschützte freie Persönlichkeitsentfaltung, unter die auch - im Rahmen seiner Privatsphäre - das Recht des Menschen auf eine politische Einstellung gehöre, ohne zu deren Bekundung in der Öffentlichkeit gezwungen zu sein. Da Art. 2 Abs. 1 GG aber als Grundrecht einer Verfassungsnorm wie dem Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG mit seinem "eher technischen Charakter" vorgehe, sei ein Ausführungsgesetz, das zur Veröffentlichung der Namen der Spender und der Höhe der Beträge verpflichtet, unzulässig. Zwar ist Roesch darin zuzustimmen, daß die politische Einstellung des einzelnen keine Verletzung seiner von Art. 2 Abs.l GG geschützten Privatsphäre zur Folge haben darf. Er wird aber auch in keiner Weise gezwungen, seine politische Anhängerschaft zu offenbaren, solange er seine politische Einstellung für sich behält, also in seiner Privatsphäre beläßt. Wenn sie allerdings verlassen wird, indem man sich innerhalb oder außerhalb einer Partei an dem politischen Willensbildungsprozeß beteiligt, und sei es auch nur in Form einer Geldspende, so entfällt eben gerade diese, unter Berufung auf die Privatsphäre beanspruchte Schutzwürdigkeit. Die mit Art. 21 GG vollzogene verfassungsrechtliche Anerkennung der politischen Parteien als Organe der demokratischen Willensbildung enthält immanent die Aufgabenzuweisung der Betätigung in der Öffentlichkeit. Auch wer sich nur an der Finanzierung der Parteien beteiligt, tritt - nach dem in Art. 21 Abs.l Satz 4 GG zum Ausdruck kommenden Willen des Grundgesetzgebers - bewußt aus der privaten Sphäre heraus und kann daher kein Unterlassen der öffentlichen Information über seinen Beitrag verlangen. Im übrigen steht das Grundrecht der freien Entfaltung der Persönlichkeit aus Art. 2 Abs.l GG unter dem Schrankenvorbehalt der verfassungsmäßigen Ordnung, Fritz Schäffer öffentlich ein Gesetz gefordert, welches den Parteien die Annahme von Spenden verbieten sollte. Vgl. Eschenburg, Parteifinanzierung, S.32.
77 Tatsächliche und rechtliche Probleme des Art. 21 Abs. 1 Satz 4 des Grundgesetzes, S.86/87; ders., Die öffentliche Rechenschaftspflicht, DVBl. 58, S. 597,599.
II. Das Gebot zur Rechenschaftslegung
69
die von Art. 21 Abs.1 Satz 4 GG mitgestaltet wird, bzw. der allgemeinen Gesetze, zu denen gleichfalls Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG und die Vorschriften des Parteiengesetzes gehören. Will man nicht in unzutreffender Weise Art. 21 Abs.1 Satz 4 GG als "verfassungswidrige Verfassungsnorm " ansehen, steht Art. 2 Abs. 1 GG der N amensoffenlegung nicht entgegen7B • Eine Parteispende ist eine öffentliche Angelegenheit und unterliegt öffentlicher Kontrolle. b) Art. 5 Abs.l GG
Eine Kollisionslage wird von Roesch78 ebenfalls im Spannungsfeld zwischen Art. 5 Abs.1 GG und Art. 21 Abs.1 Satz 4 GG gesehen. Das in Art. 5 Abs. 1 GG garantierte Recht der freien Meinungsäußerung wozu nicht nur die Meinungskundgabe in Wort, Schrift und Bild gehöre, sondern auch die Parteispende als ein gleichwertiger Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung - beinhalte auch das Recht, seine politische Meinung verschweigen zu dürfen. Diese negative Meinungsfreiheit werde beeinträchtigt, wenn man den Bürger durch Bekanntgabe seiner finanziellen Unterstützung einer Partei zur Offenbarung seiner politischen Auffassung zwingt. Daß die Hingabe einer Spende auch eine Form der Meinungsäußerung darstellt, ist unbestritten. Trotzdem kann die Antwort hinsichtlich des Rechts des einzelnen auf freie Meinungsäußerung im wesentlichen nicht anders lauten als das oben zu Art. 2 Abs. 1 GG Gesagte. Mit seiner Geldzuwendung bekundet der Spender eine Meinung. Er verzichtet damit freiwillig auf das Recht, seine Ansicht verschweigen zu dürfenBo • Freilich könnte man einwenden, der Verzicht gelte ja nur gegenüber dem Empfänger, nicht gegenüber der Öffentlichkeit. Dieser Einwand berücksichtigt aber nicht, daß im vorliegenden Fall Empfänger der Meim.ingsäußerung eine politische Partei ist, die kraft ihrer von der Verfassung vorgegebenen AufgabensteIlung und innerparteilichen Ordnung eine exponierte Stellung in der Öffentlichkeit innehat und damit untrennbar mit der Öffentlichkeit verbunden ist. Wer seine Meinung einmal geäußert hat, kann später nicht verlangen, so behandelt zu werden, als wäre seine Kundgabe nicht erfolgt. Mit seiner Äußerung verliert er naturgemäß die Kontrolle über den weiteren Verlauf. Ein Anspruch auf Nichtweiterverbreitung einer Meinungskundgabe bzw. Nichtveröffentlichung einer Parteispende ist aus Art. 5 GG nicht ableitbar. "Es gibt kein Grundrecht auf Verhüllung des 7B v. Münch, GG-Komm., Art. 21, Rdnr.53; Hamann I Lenz, Das Grundgesetz, S. 361; Randelzhojer, JZ 1969, 540; Hojjmann, DVBl. 58, 856 ff. 79 Tatsächliche, S. 93 ff.; ders., DVBl. 58, 599. BO Plate, S. 29; Dübber, Parteifinanzierung, S. 63; Hojjmann, DVBl. 58, S.857.
70
2. Kap.: Verfassungsrecht und politische Unternehmerspende
Einkaufs politischer Macht81 ." Auch Art. 5 Abs.1 GG steht unter dem Schrankenvorbehalt der allgemeinen Gesetze (Art. 5 Abs. 2 GG). Plate 82 weist zu Recht darauf hin, daß nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes83, mit der es ein Parteienverbot gemäß Art. 21 Abs. 2 GG als mit Art. 5 GG vereinbar erklärt, "die weit geringere Einschränkung durch Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG erst recht" Bestand haben muß. c) Art. 38 Abs. 1 Satz 1, 28 Abs. 1 Satz 2 GG
Da individuelle Bekanntgaben der Spender "die Aufdeckung der politischen Zugehörigkeit dieser Personen in sich schließen"8" verstoße eine Vorschrift zur namentlichen Rechenschaftslegung über die den Parteien zugeflossenen Mittel gegen das Wahlgeheimnis85 . Es erstrecke sich nämlich nicht nur auf den eigentlichen Wahlakt, sondern auch auf den gesamten Bereich der Wahlvorbereitung, mithin ebenso auf eine zum Zwecke der Wahlunterstützung gegebener Parteispende88 , zumal anzunehmen sei, daß der Spender die begünstigte Partei auch wählen werde. Die Ausdehnung des Wahlgeheimnisbegriffes resultiert aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes87 , das in diesem Zusammenhang die Wahlvorbereitung und den Wahlakt als Einheit betrachtet88• So gesehen ist es nur konsequent, die wahl vorbereitenden Handlungen unter den Schutz des Wahlgeheimnisses zu stellen. Fraglich bleibt allerdings, ob - selbst bei Anwendung dieser über den Verfassungswortlaut hinausgehenden Interpretation - alle Handlungen, die irgendwie in Verbindung mit einer zukünftigen Wahl stehen, in den Schutzbereich der Art. 38 Abs. 1 Satz 1, 28 Abs. 1 Satz 2 GG fallen sollen. Zwei ganz verschiedene Betrachtungsweisen ziehen dieses Ergebnis, nämlich den Einbezug der Parteispende in ',den Schutzbereich des Wahlgeheimnisses, in Zweifel. aa) Zuerst stellt sich die Frage nach der Anwendungsbreite des Geheimhaltungsgrundsatzes. Umstritten ist bereits, ob die Geltung der allgemeinen Wahlgrundsätze für das gesamte Wahlrecht so weit geht, daß der Geheimhaltungsgrundsatz auch im Bereich der Wahlvorberei81
Hamann / Lenz, Das Grundgesetz, S.361.
S.30. BVerfGE 5, 85, 134 ff., 137. 114 Teil der Parteienrechtskommission, Bericht, S. 183. 85 Roesch, Tatsächliche, S. 92. 88 Roesch, DVBl. 58, 600. 87 BVerfGE 4, 375, 387; s. auch Maunz / Dürig / Herzog, Komm. zum GG, Art.38, Rdnr.54; v. Mangoldt / Klein, Bonner GG (Bd.2), S.884; v. Münch, GG-Komm., Art. 38, Rdnr. 53. 88 Maunz / Dürig / Herzog, Komm. zum GG, Art. 38, Rdnr.38; Plate, S.31. 81
83
H. Das Gebot zur Rechenschaftslegung
71
tung anzuwenden ist. Das kann aber dahingestellt bleiben, weil selbst die bejahende Ansicht des Bundesverfassungsgerichtes einräumt, daß dieser Grundsatz weitgehende Einschränkungen erfahren müsse89 • Die Verfassung will mit ihren Wahlgrundsätzen vorrangig den Bürger in der Ausübung seines Wahlrechtes schützen. Folglich können in den Bereich der Wahlvorbereitungen nur Handlungen miteinbezogen werden, die den Wahlakt als solchen vorbereiten90 • Gerade weil das Bundesverfassungsgericht sich bei grundsätzlich ablehnender Haltung für eine staatliche Wahlkampfkostenerstattung ausgesprochen hat, deren Gelder folglich auch primär zur Wahlvorbereitung verwendet werden müssenDt, stehen die Spendeneinnahmen der Parteien zuvörderst zur Deckung der allgemeinen Parteiaufwendungen außerhalb der Wahlvorbereitung zur Verfügung. Die Parteispende hat deshalb unmittelbar nichts mit dem Wahlakt zu tun, weshalb sie bei der gebotenen restriktiven Anwendung des Geheimhaltungsgrundsatzes innerhalb der Wahlvorbereitung nicht in den Schutzbereich des Wahlgeheimnisses fallen kann. Selbst wenn man aber politische Spenden als Wahlvorbereitungshandlungen - entgegen dem zuvor gesagten - ansehen wollte, wäre die Geheimheit der Wahl hier ebensowenig verletzt, wie bei dem Verfasser eines politischen Flugblattes, von dem die Angabe des Impressums verlangt wird 92 • Die bloße Vermutung Roeschs, der Spender werde auch die von ihm begünstigte Partei wählen, schafft keinesfalls den erforderlichen Bezug zum eigentlichen Wahlakt oder einer unmittelbaren Vorbereitungshandlung, die allein den Geheimnisschutz der Art. 38 Abs. 1 Satz 1, 28 Abs. 1 Satz 2 GG beanspruchen können. bb) Der zweite Ansatz entspringt dem Gedanken, daß in einer modernen Massendemokratie die Parteien auf beide Formen der Unterstützung ihrer Wähler angewiesen sind, auf tätige und materielle Mithilfe. Dabei darf es keinen Unterschied machen, ob z. B. der über viel Zeit verfügende Rentner durch aktive Mitarbeit zum Erfolg der Partei beiträgt oder der Unternehmer seinen mangelnden persönlichen Einsatz durch eine angemessene Geldspende kompensiert. Beide müssen bezüglich des Wahlgeheimnisses gleich behandelt werden93 • Da die persönliche Mitarbeit in einer Partei immer auch die Anhängerschaft offenbart, ist nicht einzusehen, warum der die Partei mit Geld Unterstützende sein 8D Maunz I Dürig I Herzog, Komm. zum GG, Art. 38, Rdnr.54; v. Münch, GG-Komm., Art. 38, Rdnr.53. 90 Plate, S. 32; Randelzhofer, JZ 1969, S.540. 91 Ob dies tatsächlich so geschieht oder die sicheren und regelmäßigen staatlichen Wahlkostenpauschalen nicht eher zur Finanzierung der Verwaltungs- und Organisationskosten verwandt werden, darf für die rechtliche Beurteilung keine Rolle spielen. 92 v. Münch, GG-Komm., Art. 21, Rdnr. 53. 93 Dübber, Parteifinanzierung, S. 62.
72
2. Kap.: Verfassungsrecht und politische Unternehmerspende
Engagement für die Partei der Öffentlichkeit soll verbergen können. Das Gebot des Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG gleicht daher eine sich aus der Art und Weise der Unterstützungshandlung ergebende, sachlich aber nicht gerechtfertigte Ungleichheit aus und stellt die Ausgewogenheit durch die geforderte Publizität der finanziellen Unterstützung wieder her. So stellt denn auch das Bundesverfassungsgericht94 zur Chancengleichheit der Parteien ausdrücklich fest, "daß nicht alle tatsächlichen Verschiedenheiten zu unterschiedlicher Behandlung im Recht führen dürfen, sondern nur solche tatsächliche Ungleichheiten, denen aus Erwägungen der Gerechtigkeit und Zweckmäßigkeit auch für das Recht unterscheidende Bedeutung zukommt". Im Ergebnis ist demzufolge keine Kollision des Wahlgeheimnisses mit der Offenlegung politischer Spenden möglich. Will man Parteispenden entgegen der allgemeinen Auffassung doch als Teil der Wahlvorbereitung ansehen, muß dem Publizitätsgebot des Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG der Vorrang vor dem Grundsatz der Geheimheit der Wahl eingeräumt werden. Für juristische Personen, von denen Unternehmerspenden an politische Parteien in besonderem Maße zu erwarten sind, gilt das Wahlgeheimnis von vornherein nichtD5 • 4. Zusammenfassung und AufgabensteIlung
a) Vorstehende Untersuchung des Art. 21 Abs.1 Satz 4 GG hat gezeigt, daß die wesentliche Aufgabe des Rechnungslegungsgebotes in der Bewahrung der Parteienfreiheit zu sehen ist. Um die politische Willensbildung in demokratischen Formen zu gewährleisten, ist es erforderlich, allen am Willensbildungsprozeß beteiligten Bürgern, den Parteifunktionär ebenso wie den einfachen Wähler, möglichst umfassend über die Finanzstruktur der Parteien zu informieren. Die Autonomie einer Partei als verfassungsrechtlich legitimiertem Träger politischer Freiheit verlangt zwar einerseits eine ihren Aufgaben gerecht werdende finanzielle Ausstattung, andererseits aber Unabhängigkeit von plutokratischen Interessen. Nur in Kenntnis VOn eventuell bestehenden finanziellen Verbindungen zwischen Partei und Geldgebern ist es dem Bürger möglich, mit seiner Wahlstimme ein Regulativ zu schaffen, welches der Gefahr einseitiger Interessenwahrnehmung entgegenzuwirken vermag. über die Parteienfreiheit hinaus macht das Rechnungslegungsgebot aber ebenfalls deutlich, daß die Freiheit des einzelnen Bürgers, einer politischen Partei Spenden in unbegrenzter Höhe geben zu können, von den Verfassungsgebern bedacht und - wie die Entscheidung des Bundes" BVerfGE 3, 225, 240; ebenfalls in 6, 273, 280. 95 v. Münch, GG-Komm., Art. 21, Rdnr. 53; Plate, S. 33.
ur. Parteiengesetz und die Realisierung der Rechenschaftslegung
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verfassungsgerichtes über die Zulässigkeit der staatlichen Parteienfinanzierung zeigtDB - in angemessenem Rahmen zur Sicherung einer staatsunabhängigen Parteienfinanzierung sogar für erforderlich gehalten wurde. Mit dem Ergebnis, daß es jedem Bürger frei steht, den politischen Parteien in beliebiger Höhe Spenden zukommen zu lassen, er aber damit auch gewärtigen muß, daß sein Name - im Interesse der Parteienfreiheit und eines funktionierenden demokratischen Willensbildungsprozesses - veröffentlicht wird, und somit jeder Spender ab einem bestimmten Betrag gewissen Einschränkungen unterliegt, schafft das Verfassungsrecht Wertungen, die auch für die Untersuchung der politischen Unternehmerspende auf dem Gebiet des Gesellschafts- und Steuerrechts als Bewertungsmaßstab nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. b) Da Unternehmers7 neben ihrer ungleich stärkeren Finanzkraft auch auf vielfache Weise direkter von politischen und behördlichen Entscheidungen betroffen werden als der normale Bürger, ist dieser Personenkreis besonders prädestiniert, unter Einsatz finanzieller Mittel über die Parteien Einfluß auf staatliche Entscheidungsträger zu gewinnen. Daher wird in erster Linie die Unternehmerschaft von dem Verfassungsauftrag des Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG zur Offenbarung von Namen und Beträgen der Spender betroffen, denn vorzugsweise aus ihren Reihen rekrutieren sich - sofern es sich um nennenswerte Einzelspenden handelt - die potentiellen Parteispender. Aufgabe dieser Arbeit ist es, anhand der verfassungsrechtlichen Vorgaben zu untersuchen, ob die Behandlung der politischen Unternehmerspende in den von ihr tangierten Rechtsgebieten mit den verfassungsrechtlichen Intentionen konform geht oder sich Gegensätze ergeben, die es im Interesse einer für alle Bereiche gültigen allgemeinen Rechtslage aufzulösen gilt. 111. Das Parteiengesetz und die Bewältigung des Verfassungsauftrages einer öffentlichen Rechenschaftslegung 1. Die Umsetzung eines verfassungsrechtlichen Programmsatzes in parteienrechtliche Vorschriften
Das Gebot des Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG hatte solange keine praktische Auswirkung, als es an einem Ausführungsgesetz i. S. d. Art. 21 BVerfGE 20, 56 ff. Der Begriff des Unternehmers erstreckt sich in diesem Zusammenhang sowohl auf den Einzelkaufmann als Unternehmens träger als auch auf Gesellschaften aller möglichen Rechtsformen. Bei juristischen Personen sind deshalb insbesondere die Vorstände bzw. Geschäftsführer angesprochen. 98
97
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2. Kap.: Verfassungsrecht und politische Unternehmerspende
Abs. 3 GG fehlte. Im Gegensatz zu allen anderen Bestimmungen des Art. 21 Abs.1 GG, die als "unmittelbar anwendbares Recht"98 behandelt werden, sah man in dem Rechenschaftslegungsgebot des Art. 21 Abs.1 Satz 4 GG "einen Auftrag des Verfassungsgebers an den einfachen Gesetzgeber"99, in einem noch zu erlassenden Gesetz Regelungen zu treffen, die "inhaltlich die Funktion einer Ergänzung des urkundlichen Verfassungsgebotes" erfüllen10o • Diese Erfüllung gelang nach mehreren vergeblichen Versuchen101 und einer Anlaufzeit von 18 Jahren mit Verkündung des Parteiengesetzes am 24. Juli 1967102• Vor allem die Streitfrage um die Rechenschaftslegung und die staatliche Parteienfinanzierung waren für diese lange Verzögerung verantwortlich103 • Den Regierungsparteien der fünfziger und der ersten Hälfte der sechzig er Jahre war nicht daran gelegen, eine dem Art. 21 Abs.1 Satz 4 GG gerecht werdende Offenlegungspflicht für Spendernamen und Beträge zu statuieren. Das hätte - so die damalige Auffassung - die Konkretisierung der allseits vorausgesagten Gefahr eines empfindlichen Spendenrückganges für die bürgerlichen Parteien bedeutet104 • Doch im Anschluß an das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes über die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der staatlichen Parteienfinanzierung vom 19. Juli 1966105 , das die staatliche Finanzierung der Organisations- und Betriebskosten der Parteien als mit der Verfassung unvereinbar erklärte und das Verbot aussprach, "die dauernde finanzielle Fürsorge für die Parteien zu einer Staatsaufgabe zu machen", waren die Parteien gezwungen, sollte die staatliche Finanzierungsquelle nicht völlig versiegen, den vom Bundesverfassungsgericht angesprochenen Komprorniß aufzugreifen und in einem Parteiengesetz die verfassungsrechtlich zulässige Wahlkampfkostenerstattung zu regeln106• Damit verbunden war dann zwangsläufig auch die lang überfällige Regelung der Offenlegungs98 BVerfGE 2, 13. ge Bericht, S. 113. 100 Auch Autoren, die dem Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG nicht lediglich einen Programms atz, sondern unmittelbare Rechtsgeltung entnehmen, konnten mangels genauer Ausführungsbestimmungen, die ein rechtsstaatlich geordnetes Verfahren beinhalten, keinen Weg zur Realisierung einer entsprechenden Rechenschaftslegung aufzeigen. s. Hoffmann, DVBl. 58, 856; Roesch, DVBl. 59, 724; ders., Tatsächliche, S. 77 ff. 101 BT-Drucks., 11111509, 1V!2853 und 3112. 102 BGBl. 1969, Teil I, S. 773. 103 Scheuner, DÖV 68,88; Weinmann, S. 57. 104 Eschenburg, Zur politischen Praxis I, S. 213. 105 BVerfGE 20, 56, 113 ff. 106 6 Monate später, am 26. Januar 1967, reichten die Fraktionen des Deutschen Bundestages, CDU!CSU, SPD und F.D.P., dann prompt den Entwurf eines Gesetzes über die politischen Parteien - BT-Drucks. V!1339 - ein. Die plötzliche übereinstimmung aller Fraktionen zeigt deutlich, daß der Sicherung staatlicher Parteizuschüsse ohne weiteres der Vorrang vor den Streitfragen über Grad und Umfang der Offenlegungspflicht eingeräumt wurde.
111. Parteiengesetz und die Realisierung der Rechenschaftslegung
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pflicht. Sie wurde im 5. Abschnitt des Parteiengesetzes (§§ 23-31) realisiert. Nach § 23 Abs.1 PartG muß der Parteivorstand über die innerhalb eines Kalenderjahres der Partei zugeflossenen Mittel öffentlich Rechenschaft ablegen. Er tut dies, indem er den von einem Wirtschaftsprüfer geprüften Rechenschaftsbericht bis zum 30. September des folgenden Jahres dem Präsidenten des deutschen Bundestages einreicht, der ihn dann im Bundesanzeiger veröffentlicht (§ 23 Abs. 2 PartG). Die Bestimmung des § 23 Abs. 3 PartG, wonach staatliche Zahlungen für die Wahlkampffinanzierung erst dann geleistet werden, wenn ein entsprechender Rechenschaftsbericht eingereicht wurde, sorgt dafür, daß jeder Parteivorstand auf genaueste Einhaltung seiner Rechenschaftspflicht achtet. Der Rechenschaftsbericht ist eine Einnahmerechnung, die gern. § 24 Abs. 2 PartG eine Aufgliederung in verschiedene Einnahmeposten107 enthalten muß. Allerdings können bei der Einnahmerechnung gern. § 27 Abs.3 PartG alle "Sach-, Werk- und Dienstleistungen, die die Mitglieder der Partei oder die der Partei nahestehenden Organisationen außer..., halb eines Geschäftsbetriebes üblicherweise unentgeltlich zur Verfügung stellen oder die einen Wert von 1000 Deutsche Mark im Einzelfall nicht übersteigen, unberücksichtigt bleiben". Von dieser Möglichkeit machen die im Bundestag vertretenen Parteien in ihren Rechenschaftsberichten regelmäßig Gebrauch. Das verfassungsrechtliche Erfordernis nach Nennung der Spendernamen und der Höhe des Betrages bringt § 25 PartG zur Geltung: "Spenden an eine Partei oder einen oder mehrere ihrer Gebietsverbände, deren Gesamtwert in einem Kalenderjahr 20000 Deutsche Mark übersteigt, sind unter Angabe des Namens und der Anschrift des Spenders sowie der Gesamthöhe der Spende im Rechenschaftsbericht zu verzeichnen." Diese Vorschrift ist ein Komprorniß, der dem Verlangen der SPD nach grundsätzlicher Bekanntgabe aller Spenden ab einem bestimmten Gesamtbetrag im Jahr folgte, jedoch den Interessen der CDU/CSU und F.D.P. insoweit entgegenkam, als durch das Limit von 20000 DM die Masse der Spenden bezüglich ihrer Herkunft nicht genannt zu werden 107
1. Mitgliedsbeiträge,
2. Beiträge der Fraktionsmitglieder und ähnliche regelmäßige Beiträge, 3. Einnahmen aus a) Vermögen, b) Veranstaltungen, Vertrieb von Druckschriften und Veröffentlichungen und sonstiger mit Einnahmen verbundener Tätigkeit der Partei, 4. Spenden, 5. Kredite, 6. Erstattungsbeträge nach dem vierten Abschnitt, 7. sonstige Einnahmen.
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2. Kap.: Verfassungsrecht und politische Unternehmerspende
brauchtl08 • Die anfänglich betragsmäßige Unterscheidung von natürlichen Personen (DM 20 000) und juristischen Personen (DM 200 000) wurde vom Bundesverfassungsgerichtl08 am 3. Dezember 1968 als Verstoß gegen Art. 21 Abs.1 Satz 4 GG und Art. 3 Abs.1 GG beurteilt, da nicht einzusehen sei, "warum von den Spenden einer juristischen Person ein erheblicher Einfluß auf die politischen Parteien erst dann erwartet werden kann, wenn sie die Höhe von 200 000 Deutsche Mark übersteigen, während bei natürlichen Personen die Freigrenze für die Offenlegung auf 20 000 Deutsche Mark festgesetzt ist". In der Tat würde die für Unternehmen ursprünglich vorgesehene Freigrenze von 200 000 DM das verfassungsrechtliche Offenlegungsgebot ad absurdum führen llO • Die Korrektur erfolgte am 22. Juli 1969111 , welche den § 25 PartG in die heute geltende Fassung brachte. 2. Die mannigfaltigen Erscheinungsformen der politischen Unternehmerspende
Mit Einführung der parteienrechtlichen Publizität für Großspenden Ende der sechziger Jahre intensivierten sich Anstrengungen und Einfallsreichtum sowohl der Spender als auch der mit Finanzierungsfragen befaßten Parteifunktionäre, dem Offenlegungsgebot durch indirekte und 108 Ursprünglich hatte die Fraktion der SPD am 25. Februar 1965 den Entwurf eines Parteiengesetzes - BT-Drucks. Bd.96, VI/3112 - eingebracht, der in seinem § 18 Abs.2 Nr.4 sowohl Mitgliederspenden als auch Fremdspenden in folgende Betragsgruppen aufschlüsselte: bis 1000 von 1 000 bis 10 000 von 10 000 bis 50 000 von 50 000 bis 100 000 über 100000 Nach § 19 des SPD-Gesetzentwurfes sollten Spenden, deren Gesamtwert im Laufe des Kalenderjahres 10000 DM übersteigen, unter Angabe des Namens und der Anschrift der Spender und der Gesamthöhe der Spende im Rechenschaftslegungsbericht zu verzeichnen sein. Ganz anders stellt sich der Gesetzentwurf der Fraktion von CDU/CSU und F.D.P. vom 17. Dezember 1964 - BT-Drucks. Bd.94, IV/2853 - dar. Sein § 26 Abs.3 Nr.5 enthält die Posten "Spenden a) von Mitgliedern, b) von Nichtmitgliedern". Weder ist in diesem Gesetzentwurf von einer Aufschlüsselung der Spenden in Betragskategorien die Rede, noch verlangt er eine namentliche Nennung der Spender oder eine Angabe über die Höhe der einzelnen Zuwendungen. 108 BVerfGE 24, 300/357. 110 Heidenheimer: "Under this fantastically generous formula, which all but made a mockery of the disclosure provisions as a whole, just about none of the contributions even of the largest corporate donors would need to be publicized." in Heidenheimer & Langdon, Business Associations and the Financing of Political Parties, S. 87. 111 BGBl. 1969, Teil I, S. 926.
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verdeckte Parteizuwendungen zu entgehen. Im folgenden seien die häufigsten Varianten der Umgehung der Publizitätspflicht aufgezeigt. a) Indirekte Parteizuwendung durch Kostenübernahme oder Schulderlaß
Am Beispiel der übernahme von Druck- und Insertionskosten, die einen gewichtigen Teil der Parteiausgaben darstellen, soll dieser indirekte Weg der Parteieinnahme durch Kostenersparnis veranschaulicht werden: über eine Werbeagentur werden Parteianzeigen bei einem Zeitschriftenverlag aufgegeben. Die Rechnung des Anzeigenvermittlers erhält aber nicht die begünstigte Partei, sondern wird dem inoffiziellen Spender zur Bezahlung zugesandt. Aus diesem Grunde ist auch die Einschaltung einer Werbeagentur erforderlich, denn nur sie kann im Gegensatz zum Verlag - die auf die Firma ausgestellte Rechnung so modifizieren, daß die "erbrachte Leistung" textlich auf die betrieblichen Besonderheiten des Unternehmens abgestellt wird. Zwei wichtige Voraussetzungen sind damit - contra legem - für den Großspender geschaffen: Seine Anonymität und die Möglichkeit, die Zuwendung als Betriebsausgabe steuermindernd geltend zu machen112 • Dasselbe Ergebnis erzielt der Spender, wenn er eine Druckerei mit der Herstellung von Kandidatenprospekten für den Wahlkampf beauftragt. Die Kandidaten bzw. ihre Partei erhalten die Wahlkampfbroschüren, während die Kosten hierfür nicht die Empfänger tragen, sondern dem Spenderunternehmen in der Form belastet werden, daß es eine Rechnung über die Druck- und Materialkosten von Firmenprospekten erhält. Ähnliches wird dadurch erreicht, daß ein Interessen- bzw. Förderverband Inserate in Zeitungen oder Magazinen schaltet, deren Verleger Förderer der jeweiligen politischen Verbandsinteressen sind. Die fälligen Rechnungen werden dann direkt oder über Mittelsmänner an den Verlag unbezahlt zurückgegeben, die Schulden mithin erlassen113 • b) Die Inseraten- und Abonnementspenden
Im Unterschied zu der unter a) geschilderten Zuwendungsform, bei der sich die Parteibegünstigung aus dem Inhalt der fremdfinanzierten Weinmann, S. 131; zur steuerlichen Problematik siehe auch unten Kap. 4. Vgl. im SPIEGEL Nr.46/1972, S. 104, veröffentlichte Aktennotiz des CDU-nahen Verlegers Röglin: "daß sämtliche Inserate in den SpringerZeitungen ... mit einer Gesamtrechnungssumme von 383 318,50 DM normal geschaltet werden. Dabei ist aber die Rechnung, die von der Springer AG gestellt wird, nicht zu bezahlen, sondern an mich direkt zu leiten. Ich werde dann diese Rechnung an die Axel Springer AG unbezahlt zurÜckgeben. Sie wird von dort reguliert." Vgl. auch Hoffmann, Die Finanzen der Parteien, S.183. 112
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2. Kap.: Verfassungsrecht und politische Unternehmerspende
Anzeige oder dem Herstellungswert einer Broschüre ergibt, werden bei Inseraten- oder Abonnementspenden von Unternehmen teuere Parteipublikationen - oft in größeren Stückzahlen114 - abonniert oder in ihnen zu weit überhöhten Preisen Firmenanzeigen geschaltet. Da derartige Partei- oder parteinahe Zeitschriften inhaltlich für ein Unternehmen meist keinen Nutzwert erbringen und auch als Werbeträger oftmals untauglich sind, ist die Bezahlung der Abonnement- bzw. Anzeigenrechnung häufig nicht als Gegenleistung zu werten, sondern als Spende. Besonders deutlich wird dies, wenn die in Rechnung gestellten und von der Firmenkundschaft bezahlten Inserate erst gar nicht in den Parteizeitschriften abgedruckt werden, sondern auf ihre Veröffentlichung von vornherein verzichtet wird115• So manche Publikation der Parteien dient daher weniger der Verbreitung von Informationen als der Geldbeschaffung für die jeweils herausgebende Partei118 • c) Spenden durch Bereitstellung personeller und sachlicher Firmenmittel
Als Parteizuwendung sind materiell Personalkosten anzusehen, die Unternehmen für "Mitarbeiter" (Sekretärinnen, Werbefachleute, Fahrer usw.) aufbringen, obwohl diese tatsächlich gar nicht für den Betrieb arbeiten, sondern den Parteien kostenlos und teilweise auf Dauer zur Bewältigung der vielfachen Parteiaufgaben zur Verfügung gestellt werden. Gleiches gilt auch für die überlassung von Dienstfahrzeugen117 , Büroräumen und sonstigen Materialien für die Parteiverwaltung sowie die Freistellung von Führungspersonal für die Partei- und Parlamentsarbeit bei fortdauernder Gehaltszahlung118 • 114 Beispielhaft sei hier die Mannheimer Arzneimittelfabrik Boehringer GmbH genannt, die laut SPIEGEL Nr.26/1977, S.38, "zum Preise von 50000 DM zweimal je achttausend Exemplare der unregelmäßig erscheinenden illustrierten Zeitschrift ,Limes' gekauft" hatte, "ein nur dürftig getarntes CDU-Blatt, das Fahrgästen der Bundesbahn in den Zugabteilen zeitweise zur Lektüre offenlag" . 115 s. Capital 10/68, Die geheimen Partei-Kassen, S.26; SPIEGEL Nr.50/ 1981, S.18. 118 Schleth, Parteifinanzen, S. 187/188; Eschenburg, Parteifinanzierung, S. 36. 117 In der Bundestagswahl 1961 hat z. B. die Daimler-Benz AG den Landesverbänden der CDU, SPD und F.D.P. in Baden-Württemberg je drei Kraftfahrzeuge bereitgestellt. Die F.D.P. erhielt für denselben Wahlkampf das Firmenflugzeug der Nürnberger Fotofirma Porst fast ausschließlich zur alleinigen Nutzung überlassen, siehe Weinmann, S. 131, FN 180. 118 Ein eindrucksvolles Beispiel hierfür bietet der berufliche Werdegang des jetzigen CDU-Ministerpräsidenten Ernst Albrecht. Im Jahre 1970 folgte er dem Angebot der niedersächsischen CDU und tauschte seinen mit DM 100000 Jahresgehalt dotierten Posten bei der EWG-Kommission mit einem Landtagsmandat und der Aussicht auf die Position des Finanzministers von Niedersachsen. Aus letzterem wurde jedoch nichts, da die SPD die Wahl
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Bei diesen von a) bis c) genannten Möglichkeiten wird es jedoch nicht dem Zufall überlassen, ob dem einen oder anderen Unternehmer ein derartiger Unterstützungsweg einfällt. Die Geschäftsführer des CDUWirtschaftsrates Dr. George und Köhler zeichneten verantwortlich für eine vertrauliche Broschüre zur Bundestagswahl 1972 namens "AKU" (Aktivitäten Katalog Unternehmer), die in einem 16 Punkte umfassenden Verzeichnis "Aktivitätenvorschläge" für Unternehmer zur "finanziellen, materiellen und ideellen Unterstützung" von "Partei, Wahlkampf und sonstiger Art" beinhaltetelU. Als "Wort zum Schluß" wird gewann und die Regierung stellte. Dem diplomierten Volkswirt blieben nur die jährlichen Abgeordnetendiäten von ca. 20 000 DM. Damit aber "konnte er nicht einmal seine Frau und sechs Kinder standesgemäß ernähren" (SPIEGEL Nr. 49/1970, S. 128). In dieser Situation einer sich abzeichnenden Finanzklemme Albrechts kam die niedersächsische Keksfabrik Bahlsen zu Hilfe und verschaffte dem CDU-Mann einen Managerposten im eigenen Unternehmen. Bahlsen gewährte seinem neuen Mitarbeiter reichlich Freizeit für dessen politische Betätigung und sorgte mit dem Gehalt eines stellvertretenden Geschäftsführers für die Beibehaltung einer angemessenen Lebensführung. Die Geschäftsleitung der Firma Bahlsen begründet ihr Engagement: "Große Unternehmen müßten anfangen, überbetriebliche Verantwortung zu übernehmen." Siehe Bahlen-Geschäftsführer Dr. Kurt Penzlin im SPIEGEL (ebd.). 119 Auszüge aus dem CDU-Unterstützungskatalog für Unternehmer: "In diesem Wahlkampf ist die materielle Unterstützung ebenso wichtig wie die finanzielle. Sie können hier nie zuviel machen. Wenn gelegentlich nicht alles auf sofortige Resonanz stößt, sollten Sie es der überlastung der CDUHaupt- und Ehrenamtlichen zugutehalten. Wenn Sie z. B. die von der CDU vorbereiteten Kleinwerbemittel, Plakate, Kandidatenprospekte, Kandidatenvisitenkarten, Informationsstände (DM 100 pro Stück), Kleinlautsprecheranlage (ca. DM 800 pro Stück), Kassettenrecorder (ca. DM 150 pro Stück), Canvassing-Material (Broschüren, Faltblätter, Prospekte), CDU-Selbstklebefolien, Argumentationskarten stiften wollen, dann setzen Sie sich mit Ihrer örtlichen CDU-Kreisgeschäftsführung in Verbindung. Von dort aus wird die Abwicklung (Bestellung und Rechnung) direkt geregelt. Sie können der CDU-Kreisgeschäftsstelle auch sonstige Sachmittel leihen oder zur Verfügung stellen (v. a. Schreibmaschinen, Plakatständer, Vervielfältigungsanlagen, Abzugspapier, PKW (v. a. am Wahltag), LKW, Lautsprecheranlagen). Sie können der CDU-Kreisgeschäftsstelle viele der unter 9 c genannten Sachmittel auch stiften und darüber hinaus v. a. Papier, Umschläge, Briefmarken. Sie können die CDU durch Aufgabe von Firmeninsertionen in den parteieigenen Publikationsorganen unterstützen. Denken Sie dabei auch an diejenigen Publikations organe, die auf der Seite der "Partei der Sozialen Marktwirtschaft" stehen und mit ihrer Arbeit Flankenschutz geben. Sie können parteieigene Publikationen kaufen und verteilen sowie Patenschaftsabonnements übernehmen (Schneeball-System). Sie können auch - möglichst nach Absprache mit der CDU-Kreisgeschäftsführung - CDU-Wahlanzeigen auf eigene Kosten einrücken lassen (Entlastungseffekt) oder in die von der CDU nicht belegten Kommunikationsorgane auf eigene Kosten selbst einrücken (Multiplikationseffekt). Sie können den Wahlkreiskandidaten für seine persönlichen Wahlaktivitäten finanziell unterstützen. Sie können die Vereinigung der CDU für deren eigene Wahlaktivitäten finanziell unterstützen.
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2. Kap.: Verfassungsrecht und politische Unternehmerspende
von den Herausgebern betont: "Die in diesem AKU gemachten Vorschläge stellen ausschließlich eine Vermittlung von Wahlkampferfahrungen für Sie dar 20 ", womit die Verfasser dokumentieren, daß ihre Unterstützungsvorschläge nur die in der Praxis bereits ausgeübten Methoden unternehmerischer Parteienhilfe beschreiben. d) Der Gutachtenk.auf, die moderne Ausprägung politischer Zahlungen
Dieses Modell der privaten Parteifinanzierung basiert auf der überlegung, die Unternehmen nicht einfach zu unentgeltlichen Zahlungen an die Partei aufzufordern, sondern ihnen eine Gegenleistung anzubieten, welche die Firmenchefs in die Lage versetzt, die ursprünglich politisch motivierte Spende offiziell in eine betrieblich bedingte Aufwendung umzuwandeln. Ein Weg, der die Spendenbereitschaft der Unternehmer in dem Maße erhöht, in welchem peinliche Fragen des Finanzamtes oder der Mitgesellschafter bzw. Aktionäre nach dem Grund der Zahlung vermieden werden können. Besonders die eDU ließ von parteieigenen oder -nahen OrganisationenUl "Gutachten zu speziellen betriebs- und volkswirtschaftlichen Fragen erstellen"I!2, die sodann über Sie können der örtlichen CDU Kosten für Wahlanzeigen abnehmen und damit neue oder zusätzliche Einsatzmöglichkeiten für die Parteigelder schaffen. Sie können diejenigen Organisationen, Vereine und Gruppierungen finanziell unterstützen, die CDU-flankierend am Wahlkampf teilnehmen. Sie können Zeitungen, Zeitschriften, Broschüren u. a. kaufen und verteilen, die die CDU flankierend im Wahlkampf unterstützen. Sehr bewährt hat sich, Patenschaftsabonnements zugunsten der jeweils von Ihnen damit zu bedenkenden Personen zu übernehmen (an Privatadresse). Denken Sie dabei besonders an Leitende Angestellte, Lehrer, Professoren, Theologen und Oberschüler. Als Material empfehlen sich jene Zeitungen usw., die sich eindeutig für die Soziale Marktwirtschaft einsetzen. Sie können Ihrem CDU-Wahlkandidaten für Telefon-Canvassing Ihr Telefon zur Verfügung stellen. Der Kandidat ist mit einem halben Tag zufrieden. Sie können für Ihren CDU-Wahlkandidaten die Schreibmaschinen- und Vervielfältigungsarbeit sowie die Frankierung für Brief-Canvassing übernehmen. Sie können Ihrem CDU-Wahlkandidaten für Markt-Canvassing kleine Aufmerksamkeiten zum Verteilen zur Verfügung stellen (z. B. Blumen, PopPlaketten, Visitenkarten mit Kandidatenbild, Bonbons, usw.)." 120 Zitiert in: Das Schwarze Kassenbuch, Hrsg. PDA, S. 122. 121 z. B. die Politische Akademie Eichholz (Verlag) oder die Konrad-Adenauer-Stiftung für politische Bildung und Studienförderung e. V., die Herstellung der Schriften übernahm teilweise die CDU-eigene Union BetriebsGmbH. 122 Klempt, Rechtsgutachten zur Auslegung der Vorschriften der §§ 4 Abs.4 und 5, S.2 und 4; § 10 Abs.2 EStG a. F., S.3, u. a. wurden Gutachten zu folgenden Themen erstellt: "Einsatz elektronischer Datenverarbeitungsanlagen in der Finanzwirtschaft." - "Die Möglichkeiten der Wirtschaftsführung im marktwirtschaftlichen System." - "Die Medien der Massenkommunika-
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die "Europäische Unternehmensberatungsanstalt" (EU) in Vaduz/Liechtenstein123 Firmen und Geschäftsleuten angeboten und verkauft wurden. Laut Klempt 124 wurde der Marktpreis für solche Gutachten und Strukturanalysen von einem "international anerkannten Unternehmensberatungsbüro" zwischen DM 15 000 und DM 250 000 angegeben. Er "orientiere sich auch an der Größe und Leistungsfähigkeit der Auftraggeber. In der Berufssparte Unternehmensberatung ist es durchaus üblich, Gutachteninhalte mehrmals und zu unterschiedlichen Preisen zu nutzen". Aus diesen Worten Klempts 125 ergibt sich, daß dieselben Gutachten an verschiedene Firmen verkauft wurden, wobei sich der Preis für ein und dasselbe Gutachten der finanziellen Potenz und Gebefreudigkeit des Unternehmens anpaßte. Was den tatsächlichen Wert der verkauften Gutachten angeht, so kann man schon aus der allgemeinen ThemensteIlung ersehen, daß auf konkrete Bedürfnisse der Käufer i. d. R. gar nicht eingegangen wurde. Dementsprechend betrachtete man diese Expertisen häufig als reine Makulatur, die allein zum Zwecke der verdeckten Parteifinanzierung im Handel waren. "Ich habe das nur tion und ihre Rolle im Prozeß der Meinungsbildung." - "Reform des internationalen Währungssystems." - "Situation und Entwicklung der norddeutschen Wirtschaftsregion in der Bundesrepublik Deutschland und der erweiterten Europäischen Gemeinschaft." - "Wettbewerb zwischen Freiheit und Staatskontrolle - Analysen zum neuen Leitbild der WettbewerQspolitik und zur Kontrolle des Kartellgesetzes." - "Probleme der Auswirkung der Steuerharmonisierung in der Europäischen Gemeinschaft." - "Industrieansiedlung in Niedersachsen - Standortfaktoren im niedersächsischen Küstenbereich und im Emsland und ihre Eignung für weitere Industrieansiedlung." - "Die Nachschußpflicht von Kommanditisten." - "Die Haftungsverhältnisse der Vorgesellschaft zur GmbH." - "Durchgriffshaftung unter besonderer Berücksichtigung der GmbH und der GmbH & Co. KG." - "Möglichkeiten der Substanzerhaltung trotz Pflichtteilansprüchen, besonders bei Unternehmen." - "Material zum Thema Futurologie - Prognostik - Planung." - "Management-Informations-Systeme - 2 Bände." - "Franchising in den USA - eine quantitative und qualitative Analyse." - "Die steuerliche Behandlung von Schmiergeldzahlungen im In- und Ausland nach dem Steuerrecht der Bundesrepublik Deutschland." - "Versorgungsbedarf der betrieblichen Versorgung in Theorie und Praxis". - "Die Wirkung des Management-Informationssystems auf das Unternehmen (MIS)." - "Suche und Auswahl von Führungskräften durch Personalberater in Deutschland." "Die neuen audiovisuellen Medien Bild - Ton - Kassette oder - Platte." "Psychologische Analyse über die Bedeutung des Markenbildes im Produktbereich Wohnmöbel." 123 Verwaltungsräte dieses an Silvester 1968 gegründeten Unternehmens waren der Vaduzer Konsul der Republik EI Salvador, Franz Gstöhl, und Prinz Emanuel von und zu Liechtenstein, Vetter des regierenden Fürsten. Ais Geschäftszweck wurde in der Satzung die "Beratung von Firmen, Verbänden und Einzelpersonen in unternehmerischen Angelegenheiten" festgelegt. Vgl. SPIEGEL Nr. 51/1976, S. 10l. 124 S.7. 115 An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, daß Klempt sein Gutachten im Auftrag der EU erstellte und demzufolge über detaillierte Kenntnisse des "Geschäftsablaufs" verfügte. 6 Kulltz
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2. Kap.: Verfassungsrecht und politische Unternehmerspende
getan, um unsere Wirtschaft vor dem Schlimmsten zu bewahren. Das war die Absicht, mit der ich die Sache gekauft habe." So begründete der Geschäftsführer der Bonner Kunststoffabrik Kautex-Werke GmbH128 den für 8000 DM bei der EU getätigten Kauf eines Gutachtens zum Thema "Futurologie - Prognostik - Planung"127. Das eigentliche Motiv lag in dem mit der Zahlung des Kaufpreises beabsichtigten Zuschuß an die CDU, wie er später einräumte128 . Auch in den höchsten Rängen deutscher Wirtschaftsführer war die Gutachtenverkaufs-Methode als Mittel zur verdeckten Industriespende geläufig. Selbst der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Nikolaus Fasolt, bestellte bei der EU für seine Betriebe vier Gutachten a DM 10000, was ihm nach Aufdeckung einen Strafbefehl des AG Bonn über DM 58 500 und den Verlust seines Amtes als BDI-Präsident einbrachte128. Eine Ausarbeitung über die "Wirkung von Farben" verkaufte die EU an den Kaufhof für DM 16 000, für jeweils DM 20 000 an die Dortmunder Actien-Brauerei und das Bekleidungshaus Hettlage sowie an den Zigarettenkonzern BAT für DM 30000 13°. Es soll sich dabei um die Goethesche Farbenlehre gehandelt haben, die den betreffenden Firmen - so auch dem Lebensmittel-Filialisten NANZ als Vorlage einer neuen Farbgebung des Firmenzeichens - ohne weitere Ausarbeitung als Gegenleistung zugesandt wurde l3l • Eine Analyse über die "Problematik der Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland" kostete die Mindener Firma Melitta DM 25000, das Karosseriewerk Karmann DM 20 000 sowie einen Wiesbadener Bauunternehmer DM 8000 132• Aber auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung 128 WiWo Nr. 28/1978, S. 16. 127 Der WDR-Redakteur Kurt Gerhardt fand heraus, daß das Gutachten über "Futurologie-Prognostik-Planung" der reine Abdruck - offensichtlich sogar unter Verwendung derselben Druckplatten - eines Arbeitspapieres war, das für eine "wissenschaftliche Arbeitstagung am 28. und 29. Oktober 1968 in der Politischen Akademie Eichholz" angefertigt wurde und von ihr und der Adenauer-Stiftung veröffentlicht wurde, so daß dieses Werk in jeder größeren Universitätsbibliothek zu finden ist. Zumindest ein Teil der Verfasser des Papiers hatte nach Auskunft von Gerhardt keine Kenntnis davon, daß ihre Arbeit als Wirtschafts gutachten von der EU zu horrenden Preisen verkauft wurde. Informationsgespräch des Verfassers mit Gerhardt am 23.3. 1981. 128 WiWo, S.16; da er den Gutachtenerwerb als Betriebsausgabe von der steuer absetzte, erhielt der Kautex-Geschäftsführer wegen Steuerhinterziehung einen Strafbefehl des AG Bonn über DM 7500. 128 WiWo Nr.26/1977; SPIEGEL Nr.8/1978, Nr.28/1978, Nr.19/1979. 130 SPIEGEL Nr.27/1978, S.26. 131 Diese Angabe wurde dem Verfasser während des Gespräches mit einem auf Parteispenden spezialisierten höheren Finanzbeamten gemacht. Nach der Information der SPD-LT-Fraktion in Baden-Württemberg Nr.14/80 vom 24. 9. 1980 ging die Farbenlehre Goethes für DM 200 000 auch an DaimlerBenz.
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(DM 20000) und die Mannesmann AG (DM 10000) zählten sich zu den EU-Kunden. e) Vorträge und Beratungen als einträgliche Spendenquelle
Anläßlich einer Betriebsprüfung bei der Union Betriebs-GmbH im Jahre 1975 wurden Kopien von Rechnungen gefunden, qie die EU an insgesamt 140 deutsche Firmen versandt hatte133• Aus ihnen ergab sich, daß - neben dem Gutachtenverkauf - das Berechnen von Vorträgen und sonstigen Beratungen sich ebenfalls zunehmender Beliebtheit erfreute: "Unsere Experten konnten ihren Herren die Ergebnisse ihrer Untersuchungen in mehreren Sitzungen vortragen. Das vereinbarte Honorar beträgt DM 50 000" lautete die EU-Rechnung an DaimlerBenz. Beim Heinrich Bauer Verlag schlugen die "Besprechungen" mit DM 30000 zu Buche, während die Mainzer Blendax-Werke sich "Vorträge" mit DM 70 000 berechnen ließen. DM 40 000 gingen von Kugelfischer in Schweinfurt ein und VW do Brasil überwies an die EU sogleich in Landeswährung: SFr 107600. Mit Rechnung Nr.171/69 vom 4. Juni 1969 fakturierte die EU an das Mannheimer Pharmawerk Boehringer & Söhne GmbH DM 30000: "Unsere Experten für Afrika und den Vorderen Orient haben Ihre Herren in mehreren Vorträgen zu verschiedenen Terminen über folgende Komplexe134 beraten." Eine Betriebsprüfung des Mannheimer Finanzamtes ergab, daß kein einziger Vortragstermin stattgefunden hatte135• Auch Verbände zahlten an die EU136 • Insgesamt flossen ca. 3 Mio. auf diesem Weg nach Liechtenstein137, Da die EU weder mit dem Verfassen noch dem Drucken der Gutachten SPIEGEL Nr. 8/1978, S. 54. u. a. Bankhaus Wölbern & Co. in Hamburg, Barmenia, Demag, Deutsche Babcock, Deutsche Castrol AG, Deutsche Olivetti, Martin Brinkmann AG, Musterring, Karstadt, Edeka, Ernst Leitz, Underberg, Siemens, Portland Zement in Heidelberg u. a. mehr. 134 Die Beratungskomplexe lt. EU-Rechnung; - Marktanalyse und Marktprognose für den Absatz von Pharmazeutika in Gesamtafrika, insbesondere Südafrika und im Vorderen Orient, jedoch unter Ausschluß der arabischen Staaten und Israels. - Vergleichende Untersuchungen über die jeweilige Marktphase und Marktanteile von Konkurrenzunternehmen. - Produktionsmöglichkeiten in Afrika im Hinblick auf das qualitative Arbeitspotential, Standortbedingungen und technische und politische Vor':' aussetzungen in einzelnen Staaten. 135 Das wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung eingeleitete Ermittlungsverfahren wurde gemäß § 170 Abs.2 StPO eingestellt, "weil nicht ermittelt werden konnte, wer von den als Beschuldigte in Frage kommenden Personen für die Tat verantwortlich war". Bad.-Württ. LT-Drucks.7/3923 vom 2. 8. 1978. 13B Verband der chemischen Industrie DM 5000; Industrieverband Körperpflege und Waschmittel DM 110000. 137 WiWo Nr. 48/1977, S. 16. 132 133
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belastet wurde, entstanden ihr mit Ausnahme der vergleichsweise geringen Vertriebskosten keine Ausgaben, die die Einnahmen aus oftmals gar nicht gehaltenen - Vorträgen und Gutachten schmälerten. Die Erlöse wurden sodann - nach Abzug von ca. 10 fl/O Verwaltungskosten - aus dem steuergünstigen Liechtenstein zurück ins Inland transferiert138• "Außerhalb des normalen Etatgebarens der Bundespartei" flossen diese freien Gelder in Kassen verschiedener CDU-Kreisund Landesverbände, an den RCDS und auch an den "Unions-Reisedienst". Die CDU-Bundesgeschäftsstelle erhielt einen Anteil in Höhe von DM 550 000138• Auch die F.D.P. verzichtete nicht auf derartige Einkünfte: Die parteieigene "Wirtschafts- und Sozialpolitik Vertriebs-GmbH" übersandte einer Münchner Versicherung die Rechnung für ein "bei uns in Auftrag gegebenes Gutachten über Aspekte der Exportentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland"140. Die Geschäftsverbindung festigte sich im 1. Halbjahr 1978 mit dem Abschluß eines Informationsvertrages, in welchem sich die Münchner Vertriebs-GmbH verpflichtete, für DM 4000 "laufend wirtschafts- und sozialpolitische Informationen" zu liefern. Von der SPD wird behauptet, daß sie ihr parlamentarisch nicht durchgesetztes und damit vorläufig unbrauchbares Mitbestimmungsmodell an ihr nahestehende Unternehmen als Gutachten zur Mitbestimmungsfrage verkaufte. f) Die Zwischenschaltung neutraler Institutionen als Mittler
Der von Unternehmen wohl beliebteste Weg, ihre Spenden steuerabzugsfähig und anonym einer Partei zukommen zu lassen, besteht darin, daß man - aus Steuergründen - zunächst an einen Berufsverband zahlt. Da dieser wegen seiner jedermann offensichtlichen Beziehung zum spendenden Mitglied i. d. R. ebenfalls nicht in den Rechenschaftsberichten der Parteien genannt werden will, überweist er die Spendengelder entweder an Fördergesellschaften141 oder besondere Mittelsmän138 Klempt, S.3: "Den überwiegenden Gewinnanteil wendete der Auftraggeber (EU) Gliederungen einer deutschen Partei zu. In einer Reihe von Fällen wirkten Personen, die diesen Gremien nahestanden, bei einzelnen Abschnitten der Entfaltung von Kontaktaktivitäten mit." 138 SPIEGEL Nr.8/1978, Parteispenden: "Der unordentliche Weg", S. 52 ff. 140 Lt. "Die Welt" vom 15.7.1978 und dem SPIEGEL Nr.30/1978, S.33, war der erforderliche Kontakt durch einen Brief des F.D.P.-Bundesernährungsministers, Josef Ertl, zustandegekommen, der einem Direktor der Versicherung schrieb: "Wir stecken nach den Bundestagswahlen und ohne Fraktionsstatus im bayerischen Landtag in Schulden.... Ich wäre Ihnen daher dankbar, wenn Sie mir wieder einmal helfend unter die Arme greifen könnten...."
III. Parteiengesetz und die Realisierung der Rechenschaftslegung
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ner142, die mit ihrem neutralen Namen meist keine Rückschlüsse auf die Herkunft des Geldes ermöglichen. Schematisch läßt sich der Spendenfluß folgendermaßen darstellen: sonst. Mittelsmann=rUnternehmen - Berufsverband - [ Partei Fördergesellschaft 3. Der Anwendungsbereich des Parteiengesetzes in Theorie und Praxis
Im Mittelpunkt der mit dem 5. Abschnitt des Parteiengesetzes realisierten Rechenschaftslegungsvorschriften steht die Verlautbarung der Parteispenden. Zu ihnen zählen alle freiwilligen und unentgeltlichen Zuwendungen von Vermögenswerten. Dabei macht es keinen Unterschied, von wem, in welcher Form (Geld-, Leistungs- oder Sachspende) und aus welchem Anlaß sie gemacht werdenlU. Mit Ausnahme der in § 27 Abs. 3 PartG genannten Leistungen müssen alle unentgeltlichen Einnahmen als Spenden i. S. d. § 24 Abs. 2 Nr.4 PartG verbucht werden. Zahlungen können daher nur dann als "Einnahmen" i. S. d. § 24 Abs.2 Nr.3 oder Nr.7 PartG verzeichnet werden, wenn sie eine mit Parteileistungen synallagmatisch verknüpfte Gegenleistung darstellen. Bei Zuwendungen mit unentgeltlichem Charakter geht gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2 PartG die Registrierung als "Spende" i. S. d. § 24 Abs. 2 Nr.4 PartG vor. Für die unter 2 a) und c) aufgezeigten Zuwendungsarten ist demgemäß § 24 Abs.2 Nr.2 i. V. m. §§ 26 Abs.l Satz 2, 27 Abs.2 Satz 2 PartG uneingeschränkt anwendbar, so daß der Wert der verdeckten Parteiunterstützung bzw. die der Partei durch Kostenübernahme entstehende Ersparnis als "Spende" zu erfassen ist. Was die in 2 b) geschilderten Inseraten- und Abonnementspenden angeht, so hat bei der Rechenschaftslegung eine entsprechend dem Einzelfall zu beurteilende Aufteilung zu erfolgen: der üblicherweise im Wirtschaftsleben für eine Leistung - so wie sie die Partei im jeweils konkreten Fall erbringt (s. § 26 Abs.3 PartG) - bezahlte Preis wird gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 3 b als "Einnahme aus Veranstaltungen, Vertrieb von Druckschriften und Veröffentlichungen und sonstiger mit Einnahmen verbundener Tätigkeit der Partei" verbucht, während der die Parteileistung (Inserat oder Abonnement) wertmäßig übersteigende Betragsanteil der Gegenleistung als Spende i. S. d. § 24 Abs.2 Nr.4 PartG registriert werden muß. Diese Aufspaltung mag zunächst sinnlos erscheinen, da tatsächlich die 141 z. B. alle auf Länderebene eingerichteten Staatsbürgerlichen Vereinigungen, wie auch die Gesellschaft zur Förderung der Wirtschaft BW e. V. 142 Z. B. Dr. Hintzen, Düren; Rudi Amdt, Frankfurt; Ove Franz, Hamburg, s. hierzu unten S. 90 ff. 143
Seifert, S. 321.
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2. Kap.: Verfassungsrecht und politische Unternehmerspende
Zahlung eines Unternehmens - schon aus steuerlichen Gründen formal in vollem Umfang zum Ausgleich für die Parteileistung erbracht wird und deshalb der Einfachheit halber auch nach § 24 Abs. 2 Nr. 3 b vereinnahmt werden könnte. Die erforderliche Differenzierung ergibt sich aber aus der Überlegung, daß bei Nichtbeachtung dieser Unterscheidung eine ihrem tatsächlichen Charakter nach als Spende zu wertende Zahlung nicht als solche im Rechenschaftsbericht erscheint, sondern als Einnahme aus parteieigenen Leistungen und somit das Bild über die Einnahmestruktur der Partei verfälscht wird. Besonders plastisch läßt sich dies an den unter 2 d) und e) dargestellten Fällen verdeutlichen: Wenn Firmen beispielsweise für DM 30000 wertlose Gutachten kaufen oder nicht gehaltene Vorträge vergüten, dann kommt es darauf an, ob die jeweilige Zahlung - entsprechend ihrem tatsächlichen Wesen - als Parteispende (§ 24 Abs.2 Nr.4 PartG) oder - nach einer mehr formalen Betrachtung - als Parteieinnahme (§ 24 Abs. 2 Nr. 3 b oder Nr. 7) verbucht wird. Denn nur im Fall der Vereinnahmung als Spende greift bei Überschreitung der Publizitätsgrenze von DM 20 000 das zusätzliche Regulativ des § 25 PartG ein, wonach derartige Spenden der speziellen Offenbarung i. S. d. Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG unterliegen. Die Bestimmung des § 27 Abs. 2 Satz 2 PartG muß folglich auch bei gemischten Zuwendungen (also diejenigen mit teils Gegenleistungs- und teils unentgeltlichem Charakter) angewendet und - bezüglich des unentgeltlichen Teils der Zahlung - der Verbuchung als Spende der Vorrang eingeräumt werden. Hierbei ist es gleichgültig, ob RechnungssteIler und Zahlungsempfänger ein parteieigenes UnternehmenlU - wenn auch mit selbständigem Vermögen und eigener Rechtspersönlichkeit - ist oder eine nach außen hin völlig unabhängige Firma145 darstellt. Solange die Erträge aus Spenden bzw. überhöhten Gegenleistungen der Partei weitergeleitet oder für deren Zwecke verwendet werden, sind sie auch als Spenden i. S. d. § 24 Abs. 2 Nr.4 PartG festzuhalten148• Diese Betrachtungsweise steht im Gegensatz zur Auffassung der Bundesregierung, die indirekte Zuwendungen an Parteien allenfalls "als eine im Rechenschaftsbericht offenzulegende ,Einnahme' einer Partei" nach § 24 Abs.2 Nr. 7 i. V. m. § 26 Abs. 1 PartG ansieht und eine Offenbarungspflicht i. S. d. § 25 PartG schlechthin verneint147• Bei konsequenter Anwendung des Parteiengesetzes, entsprechend der oben 14« So z. B. die Union Betriebs-GmbH, die anfänglich die Gutachten auch selbst verkaufte. 145 Wie z. B. die EU in Liechtenstein. 148 Seifert, S. 322. 147 Vgl. Fragestunde des Deutschen Bundestages vom 23.3. 1973 (Pari. Staatssekretär Baum) PIPr. 7/24, S. 1181 C.
III. Parteiengesetz und die Realisierung der Rechenschaftslegung
87
ausgeführten Interpretation, ist diese - durch Nichtanwendung des Spendenbegriffs auf mittelbare Zuwendungen - einschränkende Handhabung der grundgesetzlich geforderten Offenlegungspflicht jedoch nicht haltbar. Wie oben dargestellt, bietet das Parteiengesetz genügend Einteilungskriterien, um eine zuverlässige Offenbarung der Unternehmerspenden - soweit sie DM 20000 im Jahr übersteigen - zu ermöglichen. Ob von dieser Möglichkeit auch in der Praxis Gebrauch gemacht wird, erhebt sich als Frage aus folgenden, aus den Rechenschaftsberichten der Bundestagsparteien 1968-1980 zusammengestellten Übersichten.
a) Die in den Rechenschaftsberichten der Jahre 1968-1980 ausgewiesenen Gesamteinnahmen der Bundestagsparteien Jahr
CDU
SPD
CSU
F.D.P.
1968
34 443 259,03
48026 161,29
10127957,40
10 032 795,52
1969*
49 318 645,44
65 117 768,15
13 921 475,57
16 147 562,91
1970
50216359,58
59945214,60
12 873 645,02
12 031176,26
1971
45 210 348,44
58 032 386,18
13 961 364,68
10 034 549,30
1972*
113 986 482,63
113977 167,86
22 931 070,42
24 377 535,23
1973
72 448 236,37
76774063,15
13 042 770,09
13 758 478,39
1974
88 615 264,48
95740396,75
26644901,69
18 952 363,78
1975
113 630 526,18
130 049 770,34
20 048 366,48
22 752 229,32
1976*
154413807,34
138 617 322,37
33 782 682,04
28479415,77
1977
101195 335,31
106 230 644,89
23 034 151,53
17 071 730,88
1978
122 400 833,01
127 194 394,65
42 931 340,16
20776 511,43
1979
192204602,21
198 869 783,33
42 091 890,86
34505 373,10
1980·
176977 194,88
207122377,22
45 976 472,33
35 256 045,49
1 315 060 894,90
1 425 697 450,78
321 368 088,27
264175767,38
• Wahljahr
Die Tabelle über die Gesamteinnahmen der Bundestagsparteien zeigt im Laufe der Jahre zunächst eine deutliche - in den Wahljahren sogar überproportionale - Zunahme der Parteieinnahmen. Das Jahr 1980 kündigt die CSU ausgenommen aber eine Veränderung der Spendenbereitschaft an.
88
2. Kap.: Verfassungsrecht und politische Unternehmerspende
b) Die in den Rechenschaftsberichten der Jahre 1968-1980 ausgewiesenen Spendeneinnahmen der Bundestagsparteien
Jahr
CDU
SPD
1968
5074412,63
2509170,16
2054144,89
CSU
F.D.P. 2104409,26
1969*
14460 190,47
11 675 460,12
6534683,59
4309293,98
1970
13425 940,18
6254010,07
5671 080,55
4051995,97
1971
12 132 294,62
5065422,83
1962011,75
2978852,77
1972*
50 359 324,19
22346221,49
10 221 005,44
8846670,83
1973
29196147,96
5852858,75
3512902,79
6300024,18
1974
26 380 236,65
7448433,99
8101019,23
5468486,76
1975
29 436 733,17
13 251 955,96
3457435,99
8567416,70
1976*
53744 412,76
19583116,71
12 599 094,51
14296627,47
1977
24 867 655,55
6167056,84
6715750,21
6850800,90
1978
21 766 452,09
8634637,05
14554127,50
6563267,40
1979
25 768 371,54
7746198,41
5335268,33
6276666,43
198O·
48 492 051,08
12 772 023,81
16 856 388,45
11 089 997,36
355 104 222,89
129 306 566,19
97574913,23
87 704 510,01
• Wahljahr
Der prozentuale Anteil der Spendeneinkünfte an den Gesamteinnahmen beträgt im Durchschnitt der Jahre 1968-1980 bei: CDU
27,00 %
SPD
9,07 %
CSU
30,36 %
F.D.P.
33,20 %
Der durchschnittliche Spendenanteil an den Gesamteinnahmen aller vier Parteien beläuft sich auf 20,13 Ofo.
III. Parteiengesetz und die Realisierung der Rechenschaftslegung
89
c) Summen der nach § 25 PartG angabepflichtigen Großspenden (ab DM 20 000) in den Rechenschaftsberichten der Bundestagsparteien der Jahre 1968-1980
Jahr
CDU
SPD
1968
CSU
F.D.P.
1330000,00
25000,00
1969
1248580,00
2157000,00
295000,00
1970
1123200,00
2384000,00
170000,00
1971
1423462,28
1208000,00
230000,00
1972
6566100,00
1973
10276337,54
175451,05
60000,00
4471 000,00
360000,00
1453980,00
360000,00
3705500,00
400000,00
1500000,00
413000,00
1974
2632289,85
1975
1871787,50
1976
2162931,50
325000,00
4086000,00
854333,33
1977
851481,52
100000,00
1930375,00
359000,00
1978
2352596,00
25000,00
2227500,00
989500,00
1979
1685799,92
124000,00
1397000,00
718250,00
1980
1422799,84
350000,00
2727500,00
1301800,00
33 617 365,95
1884451,05
30 577 855,00
6475883,33
725000,00
Der prozentuale Anteil der Großspenden (ab DM 20 000) sowohl am Spendenaufkommen als auch an den Gesamteinkommen in der Berichtszeit beträgt: bei CDU
Spendenaufkommen
Gesamteinnahmen
9,47 %
2,56%
SPD
1,46 %
0,13%
CSU
31,34 %
9,51 %
7,38%
2,45 %
F.D.P.
Insgesamt erhalten alle vier Bundestagsparteien 10,83 % des Spendenaufkommens in Form von Beträgen über DM 20 000. Diese Durchschnittsquote wird durch die bayerische Besonderheit verzerrt, daß die CSU 30,68 Ufo ihrer Spendeneinnahmen der Jahre 1968-1980 von einem
90
2. Kap.: Verfassungsrecht und politische Unternehmerspende
einzigen Förderverband erhielt148 • Läßt man die CSU daher einmal außer Betracht, verbleibt für die übrigen drei Bundestagsparteien ein Großspendenanteil von 7,34 % am gesamten Spendenvolumen von CDU, F.D.P. und SPD. Von den rund 129 Millionen Spendeneinnahmen (1968 bis 1980) der SPD sind lediglich 1,46 0J0 als Parteispenden i. S. d. § 25 PartG namentlich verbucht worden. An diesem statistischen Ergebnis scheinen Zweifel angebracht zu sein149 , zumal bekannt ist, daß Parteien in der Tat so manche Groß spende - was ihre Offenlegung angeht unter den Tisch fallen lassen. So erhielt der Frankfurter SPD-Schatz": meister Hans Wöll von dem libanesischen Kaufmann Abela eine Parteispende von DM 200000 in bar, deren Empfang ihm am 1. Dez. 1972 von dem SPD-Kassenwart bescheinigt wurde l60 • Die erforderliche Ausweisung des Betrages im SPD-Rechenschaftsbericht 1972 erfolgte nicht. Erst als Presseberichte im Laufe des Jahres 1975 die Sache publik machten, wurden die DM 200 000 von Abela im Bundesanzeiger vom 16. November 1976 als "Spende des Jahres 1975" verbucht. Auch die F.D.P. erhält Spenden, deren Veröffentlichung versäumt wird. Beispielsweise spendete die Verpackungsfirma TetraPak 1975 und 1977 einmal DM 25000 und das andere Mal DM 30000 151 , die nach Bekanntwerden der Zuwendungen zunächst bei der Partei gar nicht auffindbar waren. Später räumte der langjährige F.D.P.-Generalsekretär Verheugen dann ein, daß die Gelder zwar von der Partei vereinnahmt, ihre Offenlegung aber unterlassen wurde15!. Was die Verschleierung der Spendenquellen angeht, entpuppten sich vor allem die großen Parteien als eifrige Gehilfen der Unternehmer: So erscheinen im SPD-Rechenschaftsbericht 1975 neben den DM 200000 von Abela weitere DM 500000 von "Rudi Arndt, Frankfurt". Vom SPIEGEV 53 auf diese auch für einen ehemaligen SPD-Finanzminister 148 Zu diesem Förderverband, die Bayerische Staatsbürgerliche Vereinigung e. V., s. auch unten S. 97. 148 Ebenso SchZeth, S. 163, der nach einer Auswertung der ersten drei Rechenschaftsberichts-Jahre (1968-1970) das Ergebnis - SPD-Spenden mußten sich danach zu 98 % aus Beträgen unter DM 20 000 zusammensetzen für "nicht sehr wahrscheinlich" hält. 150 Vgl. SPIEGEL Nr.15/1975, S.33. Als Motiv für diese Zuwendung gab die SPD an, Abela sei so "beeindruckt von der Aufbauleistung der Stadt Frankfurt unter der Führung der Sozialdemokraten". Tatsächlich gelang es dem Libanesen im selben Monat, in dem die Spendenübergabe erfolgte, von der SPD-kontrollierten Frankfurter "Flughafen AG" einen Pachtvertrag für den Tiefgaragenbetrieb zu erhalten. 151 SPIEGEL Nr. 48/1980, S. 26. 152 FAZ Nr.275 vom 26.11. 1980, S. 2; FR Nr.276 vom 27.11.1980, S.5. 153 Nr. 38/1976, S. 105.
II!. Parteiengesetz und die Realisierung der Rechenschaftslegung
91
und zeitweiligen Frankfurter Oberbürgermeister erstaunlich hohe Spendensumme angesprochen, erklärte er: "über Spenden an die Partei kann ich grundsätzlich nichts sagen, weil viele Spender uns ihr Geld mit dem ausdrücklichen Hinweis geben, daß das mit keiner Namensnennung verbunden sein dürfe.... Das Geld geht an mich, ich spende es an die Partei. Die Leute geben mir einen Scheck und sagen, Herr Arndt, aus einer Anzahl von Gründen wollen wir nicht genannt werden, geht das nicht in dieser Form zu machen? Da habe ich das an die SPD weitergegeben .... Seit 1970 mache ich das, als ich stellvertretender Vorsitzender des Unterbezirks wurde ... das ist ein Betrag, der im Jahr an die 500000 Mark rankommt." Die Tatsache, daß Herr Arndt in den SPD-Rechenschaftsberichten 1970 bis 1974 gar nicht erscheint, erklärte er folgendermaßen: "Da habe ich früher nicht so darauf geachtet. Ich habe dann zu unseren Leuten gesagt: ,Ihr Herrschaften bringt das in die richtige Form'." Der SPD-Kassierer gab Arndt daraufhin Vollzugsmeldung: "Wenn einer 100000 gegeben hat, dann haben wir das mit sechsmal 18000 Mark belegtl54." Berücksichtigt man, daß die SPD innerhalb der dreizehn Jahre von 1968-1980 nur 1,884 Millionen Großspenden über DM 20 000 in ihren Rechenschaftsberichten auswies, - diese Summe demnach nicht der sonst geübten Aufteilungspraxis in Einzelspenden unter DM 20 000 unterlag - und davon allein von Arndt DM 500 000 1975, DM 90000 1976 und DM 100000 1977, also insgesamt DM 690000 aufgebracht wurden, so ergibt sich ein Anteil Arndts von 36,62 % an allen veröffentlichten SPD-Großspenden155 • Diese Tatsache scheint den vollen Beweis dafür zu erbringen, daß der Informationsgehalt der SPD-Rechenschaftsberichte hinsichtlich der Herkunft der Spenden wertlos ist. Die CDU steht im Vergleich dazu - was ihre jährliche Rechenschaftslegung angeht - kaum besser da158 • So erschien fast regelmäßig in den CDU-Rechenschaftsberichten der Name des Hamburger Kaufmanns Ove Franz, der zwischen 1969 und 1975 DM 779988,81 an die CDU überwies. Ove Franz ist Schatzmeister des CDU-Landesverbandes Hamburg. Man erkennt die vergleichbare Funktion des CDU-Mannes mit derjenigen Arndts bei der SPD. Noch weit übertroffen wird der CDU-Landesschatzmeister von dem Dürener Wirtschaftsprüfer Dr. Wilhelm Hintzen. Er spendete laut CDU-Rechenschaftsberichten innerhalb Arndt im SPIEGEL Nr.38/1976. Eine aufschlußreiche Schilderung der politischen und finanziellen Verbindungen Arndts zu dem Frankfurter Unternehmertum gibt Roth, Z. B. Frankfurt: Die Zerstörung einer Stadt, S. 123 ff. -156 W. Hoffmann, S.136; ders., Strohmänner für Millionen, in: Die Zeit Nr.40 vom 24.9. 1976, S. 17. 1Ii4
155
92
2. Kap.: Verfassungsrecht und politische Unternehmerspende
VOn vier Jahren (1972-1975) 5,22 Millionen zugunsten der CDU. Freimütig bekennt Hintzen: "Meine Hauptbeschäftigung ist, geheimzuhalten, wer an die CDU gestiftet hat." Auch macht er keinen Hehl daraus, daß die Millionen "von Leuten stammen, die nicht in Erscheinung treten" wollen167 und erklärt: "Ich bin der Spender, die anderen sind die Einzahler." Wer "die anderen" nun tatsächlich sind, gibt der Wirtschaftsprüfer, Mitglied der rheinischen CDU-Wirtschaftsvereinigung, nicht bekannt. Zeitweise war es auch sehr beliebt, Großspenden einfach als "anonym" zu deklarieren. Für das Wahljahr 1972 veröffentlichte die CDU neun Großspenden mit einem Gesamtbetrag von DM 2 494 500 als anonyme Zuwendung. Im folgenden Jahr übertraf sie dieses Ergebnis noch und erzielte 25 anonyme Spenden mit insgesamt 5,9 Millionen Mark. In Anbetracht all' dieser Verschleierungspraktiken erhebt sich die Frage, in welchem Umfang überhaupt noch Unternehmerspenden aus den jährlichen Rechenschaftsberichten erkennbar sind und ob aus ihm ein gewisser Einflußgrad auf die Parteien ablesbar ist. Im folgenden werden daher alle veröffentlichten Groß spenden zusammengestellt, die sich - meist aufgrund des Namens - Unternehmerkreisen zuordnen lassen.
d) Die in den Rechenschaftsberichten der Bundestagsparteien gemäß § 25 PartG angegebenen Großspenden, soweit sie erkennbar aus dem Unternehmerlager stammen aal CDU-Spender Im Jahr 1968 Im Jahr 1969
Gesellschaft zur Förderung der Wirtschaft BW e. V., 7000 Stuttgart-S, Danneckerstraße 37 Siemens AG, 8000 München Bundesverband des Deutschen Güterfernverkehrs e. V., 6000 Frankfurt, Breitenbachstraße 1 Fa. Leonhard Monheim, 5100 Aachen, Deliusstraße Institut für die niedersächsische Wirtschaft, 3000 Hannover, Am Schiffgraben 36
Betrag DM DM 217680,DM 30000,DM DM
50000,30000,-
DM 269160,-
Im Jahr 1970
Gesellschaft zur Förderung der Wirtschaft BW e. V., Stuttgart, Danneckerstraße 37 Gesellschaft zur Förderung des gemeinsamen europäischen Marktes e. V., 5430 Montabaur 157 SPIEGEL Nr. 21/1975, S. 30.
DM
68400,-
DM 185000,-
II!. Parteiengesetz und die Realisierung der Rechenschaftslegung Im Jahr 1971
93
Betrag
"Konrad-Reisen" Autoruf Konrad, Gomann KG, 1000 Berlin 44, Fontanestraße 29
DM 196 692,28
Gesellschaft zur Förderung des gemeinsamen europäischen Marktes e. V., Montabaur
DM 135000,-
Gesellschaft zur Förderung der Wirtschaft BW e. V., Stuttgart, Danneckerstraße 37
DM 467905,-
Verband selbständiger Wirtschafts- und Mittelstandsunternehmen e. V., Mannheim
DM
22065,-
Im Jahr 1972 Gesellschaft zur Förderung der Wirtschaft BW e. V., Stuttgart, Danneckerstraße 37
DM 1 552 600,-
Gesellschaft zur Förderung des gemeinsamen europäischen Marktes e. V., Montabaur
DM 300000,-
Verband selbständiger Wirtschafts- und Mittelstandsunternehmen e. V., Mannheim
DM 116000,-
Vereinigung für Politik und Wirtschaft e. V., Frankfurt
DM
80000,-
Verein Deutscher Maschinenbau-Anstalten e. V., Köln
DM
50000,-
Bundesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels e. V., Köln, Lindenallee 70
DM
50000,-
Konrad Hornschuch AG, Weissbach
DM
30000,-
Im Jahr 1973 Gesellschaft zur Förderung der Wirtschaft BW e. V., Stuttgart, Danneckerstraße 37
DM 515800,-
Verband der Wirtschaft zur Bildung neuen Eigentums e. V., Stuttgart, Hohenheimer Straße 9
DM 177337,34
Industrieclub, über Dr. Albrecht, Hannover
DM
50000,-
Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e. V., Frankfurt
DM
34000,-
BAG der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels e. V., Köln, Lindenallee 70
DM
25000,-
Im Jahr 1974 Verband der Wirtschaft BW zur Bildung neuen Eigentums e. V., Stuttgart, Hohenheimer Straße 9
DM 387471,96
Gesellschaft zur Förderung der Wirtschaft BW e. V., Stuttgart, Danneckerstraße 37
DM 261200,-
Institut Niedersächsische Wirtschaft, Hannover
DM 150000,-
Bundesverband der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken e. V., Bonn, Heussallee 5
DM
45000,-
Bundesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels e. V., Köln, Lindenallee 70
DM
25000,-
94
2. Kap.: Verfassungsrecht und politische Unternehmerspende Betrag
1m Jahr 1975
Gesellschaft zur Förderung der Wirtschaft BW e. V., Stuttgart, Danneckerstraße 37
DM 425000,-
Verband der Wirtschaft BW zur Bildung neuen Eigentums e. V., Stuttgart, Hohenheimer Straße 9
DM 207187,50
Furnierwerk Möhring, Lemgo, Grevenmarsch
DM
25000,-
1m Jahr 1976
Verband der Wirtschaft BW zur Bildung neuen Eigentums e. V., Stuttgart, Hohenheimer Straße 9
DM 900 000,-
Gesellschaft zur Förderung der Wirtschaft BW e. V., Stuttgart, Danneckerstraße 37
DM 735031,50
1m Jahr 1977
Gesellschaft zur Förderung der Wirtschaft BW e. V., Stuttgart, Danneckerstraße 37
DM 432 281,52
Verband der Wirtschaft BW zur Bildung neuen Eigentums e. V., Stuttgart, Hohenheimer Straße 9
DM 228 000,-
1m Jahr 1978
Gesellschaft zur Förderung der Wirtschaft BW e. V., Stuttgart, Danneckerstraße 37
DM 439 596,-
Verband der Wirtschaft BW zur Bildung neuen Eigentums e. V., Stuttgart, Hohenheimer Straße 9
DM 360 000,-
1m Jahr 1979
Gesellschaft zur Förderung der Wirtschaft BW e. V., Stuttgart, Danneckerstraße 37
DM 714999,92
Verband der Wirtschaft BW zur Bildung neuen Eigentums e. V., Stuttgart, Hohenheimer Straße 9
DM 200 000,-
1m Jahr 1980
Gesellschaft zur Förderung der Wirtschaft BV e. V., Stuttgart, Danneckerstraße 37
DM 653299,84
ARAG
DM
25000,-
bb) SPD-Spender 1m Jahr 1968 1m Jahr 1969
Verein zur Förderung der Gemeinwirtschaft e. V., Hamburg Die Jahre 1970-1971 1m Jahr 1972
Bausparkasse Schwäbisch Hall AG, Stuttgart
DM DM
25000,-
DM DM
30000,-
IH. Parteiengesetz und die Realisierung der Rechenschaftslegung
95
Betrag
Die Jahre 1973-1975
DM
Im Jahr 1976
Bank für Gemeinwirtschaft AG, Frankfurt
DM 100000,-
Allgemeine Hypothekenbank AG, Frankfurt
DM
Im Jahr 1977
60000,-
DM
Im Jahr 1978
Bank für Gemeinwirtschaft AG, Frankfurt a. M.
DM
25000,-
Im Jahr 1979
Bank für Gemeinwirtschaft AG, Frankfurt a. M. Im Jahr 1980
DM 100000,DM
ce) CSU-Spender Im Jahr 1968
DM
Im Jahr 1969
Wirtschaftsbeirat der Union 11 e. V., München 2, Brienner Straße Die Jahre 1970-1973
DM
24000,-
DM
Im Jahr 1974
Nord-Süd-Werbung GmbH & Co. KG, München 19, Menzingerstraße 37 Die Jahre 1975-1980
DM
30000,-
DM
dd) F.D.P.-Spender Im Jahr 1968 Im Jahr 1969
Uta-Werbefilm GmbH, Düsseldorf, Berliner Allee 59 Die Jahre 1970-1975 Im Jahr 1976
DM DM DM
Verband der Bauindustrie e. V., Hamburg 20, Loogestraße 8 DM Im Jahr 1977 Im Jahr 1978
Gesellschaft zur Förderung der Wirtschaft BW e. V., Stuttgart, Danneckerstraße 37
25000,-
33333,33
DM DM 216000,-
96
2. Kap.: Verfassungsrecht und politische Unternehmerspende Betrag
Im Jahr 1979
Gesellschaft zur Förderung der Wirtschaft BW e. V., Stuttgart, Danneckerstraße 37
DM 230250,-
Im Jahr 1980
Gesellschaft zur Förderung der Wirtschaft BW e. V., Stuttgart, Danneckerstraße 37 Firma Gruner & Jahr AG, Hamburg, Postfach 302040
DM 486000,DM 25000,-
Entgegen dem sowohl beim Spendenaufkommen als auch bei den Gesamteinnahmen der Parteien zu verzeichnenden Trend eines konstanten Summenzuwachses, wird die namentliche Benennung von Spendern aus der Wirtschaft über die Jahre hinweg immer spärlicher. Könnte man nicht einige Verbände - aufgrund der Bezeichnung "Wirtschaft" in ihrem Namen - dem Unternehmerlager zuordnen, wäre schwerlich überhaupt noch eine Beteiligung der Unternehmer am Aufkommen der Großspenden festzustellen. Bei Durchsicht der Rechenschaftsberichte fällt auf, daß der neutralen Bezeichnung "Staatsbürgerliche Vereinigung" zunehmend der Vorzug gegeben wird, wohl weil bei ihr kein Rückschluß auf Unternehmergelder möglich ist. So spendete eine Geberorganisation ausweislich des enU-Rechenschaftsberichtes 1969 als "Institut für die niedersächsische Wirtschaft, 3 Hannover, Am Schiffgraben 36" DM 269 160, während im darauf folgenden Jahr keine Zahlung mehr unter diesem Absender zu verbuchen war, erstmalig aber mit DM 425000 eine "Staatsbürgerliche Vereinigung in Niedersachsen e. V., 3000 Hannover, Schiffgraben 36". Nur Eingeweihte wissen, daß Hauptgeschäftsführer, Büro und Personal der niedersächsischen Staatsbürgerlichen Vereinigung wiederum identisch sind mit denen der "Landesvereinigung der niedersächsischen Arbeitgeberverbände"158. 4. Der statistische Informationsgehalt der Rechenschaftslegung nach § 25 PartG
Statistisch ergibt sich aus den jährlichen Rechenschaftsberichten der Bundestagsparteien folgende Information: a) Anteil der Unternehmerspenden an den gemäß § 25 PartG veröffentlichten Großspenden der Bundestagsparteien: eDU 32,32% SPD 18,04%
esu
F.D.P.
0,18 % 15,68 %
158 Simon, Personelle, institutionelle und sachliche Aspekte der Verflechtung von Unternehmerverbänden und Staat, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, 20. Jg. 1975, 1. Halbband, S. 156.
LU. Parteiengesetz und die Realisierung der Rechenschaftslegung
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b) Anteil der veröffentlichten Unternehmergroßspenden am gesamten Spendenaufkommen der Bundestagsparteien: CDU SPD
csu
F.D.P.
3,06% 0,26 % 0,06% 1,16 %
c) Anteil der veröffentlichten Unternehmergroßspenden an den Gesamteinnahmen der Bundestagsparteien: CDU SPD CSU F.D.P.
0,83 % 0,02% 0,02 % 0,38%
Daß dieses statistische Bild keinesfalls die tatsächlichen Verhältnisse widerspiegelt, läßt sich an folgendem Beispiel besonders markant verdeutlichen: Die SPD weist prozentual einen annähernd fünfmal so hohen Anteil von Unternehmergroßspenden (0,26 0 / 0) an ihrem gesamten SPDSpendenaufkommen auf als die CSU (0,06 Ofo) an ihrem Spendenvolumen. Ursächlich hierfür ist die unabhängig und neutral erscheinende "Bayerische Staatsbürgerliche Vereinigung e. V.", die mit einer Spendensumme von 29 931 Millionen Mark 97,89 Ofo aller Großspenden an die CSU im Zeitraum von 1968-1980 aufbrachte1s8• In den jährlichen Rechenschaftsberichten als "Staatsbürgerliche Vereinigung" neutralisiert, tatsächlich aber ein unter Vorsitz des Brillenfabrikanten Rodenstock - gleichfalls Präsident des BDp80 - straff geführter Förderverband ist diese auch personell mit Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft verflochtene Vereinigung als Unternehmerverband nicht erkennbar und damit dem Unternehmerlager auch nicht zurechenbarl6l • 158 Am gesamten CSU-Spendenaufkommen war die bayerische Staatsbürgerliche Vereinigung allein mit 30,68 % beteiligt. Im Verhältnis zu den CSU-Gesamteinnahmen beträgt ihr Finanzierungsanteil 9,31 %. über das Finanzierungssystem dieser Fördergesellschaft s. im einzelnen SPIEGEL Nr. 1011982, S. 30/31. 180 Neben seiner Präsidentschaft beim BDI verfügte Rodenstock noch über weitere Ämter als Präsident der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern; Präsident der Vereinigung der Arbeitgeberverbände in Bayern; Vorstandsmitglied des Deutschen Industrie- und Handelstages, der Deutschen Handelskammer in Österreich, des Vereins der Deutschen feinmechanischen und optischen Industrie und anderer Organisationen. Siehe hierzu ,,100 Köpfe, Lobby für den Mittelstand", herausgegeben von der Redaktion "IMPULSE", S. 73. 181 Daß die CSU-Spenden aus jener Richtung kommen, bestätigte der CSUSchatzmeister Karl-Heinz Spilker in einer Sendung des NDR-Magazins "Panorama" vom 25.9.1972, 20.15 Uhr: "Das kommt aus Kreisen der Industrie, der Banken, der Versicherungen bis hinunter zu Großhändlern, Einzelhändlern. Ich kann es nur erklären damit, daß die Gebefreudigkeit der bayerischen Industrie oder das Engagement der bayerischen Wirtschaft für politische Fragen besonders gut entwickelt ist. Es kommt noch hinzu, daß der
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2. Kap.: Verfassungsrecht und politische Unternehmerspende
Meist unter mehrfacher Angabe solcher "Staatsbürgerlichen Vereinigungen" werden die jährlichen Rechenschaftsberichte erstellt. Sie enthalten demzufolge kaum Hinweise auf Unternehmerspenden. Die jährlichen Veröffentlichungen der Spendeneinnahmen in der bisherigen Art und Weise bieten der interessierten Öffentlichkeit daher keine Möglichkeit, sich ein Bild über den tatsächlichen Umfang der finanziellen Unterstützung politischer Parteien durch Unternehmer zu machen. Ursachen hierfür sind im wesentlichen 1. die Erkennbarkeit einer Spende als Unternehmerzuwendung erst ab einem Betrag von DM 20 000 (§ 25 PartG) und die damit verbundene Konsequenz, daß größere Spenden möglichst durch Aufteilung der Summe in mehrere Einzelbeträge unter DM 20 000 dem Zwang zur Herkunftsangabe entzogen werden,
2. die nicht konsequent durchgehaltene Anwendung des Parteiengesetzes, welches - zumindest im Bereich aller mit einem Mittelzufluß an Parteien verbundenen Transaktionen - durchaus das Instrumentarium bietet, auch indirekte und mittelbare Spenden als solche zu verbuchen, 3. das Streben der Unternehmer, ihre Anonymität zu wahren und sich deshalb für ihre Zuwendungen eines Berufsverbandes bzw. einer Staatsbürgerlichen Vereinigung182 oder besonderer Mittelsmänner zu bedienen. 5. Kritik am Parteiengesetz
Zweifel an der Effektivität einer nur in einem Parteiengesetz statuierten Offenlegung wurden von Eschenburg schon frühzeitig und lange vor Erlaß des Parteiengesetzes von 1967 angemeldet163 • Wie die oben dargestellte Praxis bestätigt, sah es Eschenburg zu Recht als wahrscheinlich an, daß sich jederzeit "Strohmänner und Tarnvereinigungen Vorsitzende, Prof. Rodenstock, ein sehr bekannter Mann ist und ein sehr großes Vertrauen hier in Bayern und bei seinen Freunden aus der Wirtschaft genießt", zitiert nach W. Hoffmann, S. 144. m Schreiben des "Instituts für die Niedersächsische Wirtschaft e. V." vom 4.9.1956, zitiert nach der SPD-Untersuchung, Die Finanzierung des Wahlkampfes 1957, S.19: "Da viele unserer Firmen es nicht gern sehen, daß in ihren Büchern Spenden, die an eine bestimmte politische Partei gegeben worden sind, erscheinen, ist die jetzt neu gegründete und mit uns in Bürogemeinschaft arbeitende "Niedersächsische Staatsbürgerliche Vereinigung e. V." als eine neutrale Sammelstelle für Gelder, die für politische Parteien bestimmt sind, bereit, solche Spenden entgegenzunehmen und als zweckgebundene Beträge derjenigen Partei zuzuleiten, die vom Spender aufgegeben wird. Der Spender eines solchen Betrages erhält von der "Staatsbürgerlichen Vereinigung" durch unsere Vermittlung eine Spendenquittung, deren Betrag steuerlich absetzungsfähig ist." 183 Eschenburg, Zur politischen Praxis I, S. 215.
III. Parteiengesetz und die Realisierung der Rechenschaftslegung
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finden ließen, die bereit wären, an Stelle der eigentlichen Spender vor der Öffentlichkeit in Erscheinung zu treten"164. Nach Verabschiedung des Parteiengesetzes und ersten Analysen der jährlichen Berichtspraxis der Parteien bewerten immer mehr Autoren die mit Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG und § 25 PartG intendierte besondere Offenbarung politischer Spenden als gescheitert185 . Die mittelbar durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zur staatlichen Parteienfinanzierung bewirkten finanzwirtschaftlichen Zwänge der Parteien führten 1967 zu einer raschen Verabschiedung des Parteiengesetzes, welche zu mancherlei Kompromissen und Auslassungen zwang, die einer laxen Handhabung der parteienrechtlichen Offenlegung Vorschub leisten.
a) Anonyme Spenden, Umgehung oder Regelungslücke des Parteiengesetzes Besonders die Tatsache, daß das Parteiengesetz keine Maßgabe zur Behandlung anonymer Spenden beinhaltet, relativiert die Wirksamkeit der Offenlegungsvorschriften. Zwar sieht Henke 168 anonyme Spenden als "eine Umgehung des Gesetzes" an, doch läßt sich eine solche, aus Sinn und Zweck der Rechenschaftslegung wohl begründbare Betrachtungsweise kaum in der Praxis durchsetzen. Wie sollten sich derartige "Gesetzesumgehungen" auch verhindern lassen, wenn das Parteiengesetz dazu keinerlei Ausführungen macht, die die Umgehung formal überhaupt erst sichtbar werden lassen. Entsprechend ist die Stellungnahme der Bundesregierung187 zu diesem Problemkreis: "Von einer Umgehung des § 25 des Parteiengesetzes kann allerdings bei der Annahme anonymer Spenden dann nicht gesprochen werden, wenn die begünstigte Partei die Spenden von ihr tatsächlich nicht bekannten Geldgebern erhält. Sie kann solche Spenden nur als anonyme Eingänge in ihrem Rechenschaftsbericht aufführen. Gleiches gilt bei Großspenden 184 Ebd., S. 215. 185 Seifert, S.317; Kaack, Parteien-Jahrbuch 1975, S.291; Schleth, Parteifinanzen, S.110; Günther, Wider die Umgehung der finanziellen Rechenschaftspflicht der Parteien: Die Kapitalgeber müssen erkennbar bleiben, ZParl 1977, S.41, 45; WeUner, S.82; Weyrauch, Gutachtliche Stellungnahme zur Parteienfinanzierung in der Bundesrepublik Deutschland, am ~eispiel der CDU-Bundespartei, S. 15; ders., Gutachtliche Anschlußstellungnahme zur Parteienfinanzierung in der BRD, Band I, S. 8; s. auch v. Arnim, S. 99, mit neuen Vorschlägen. ' 188 S.271. 187 BT-PlPr. 7/2322 vom 31. 3.1976, S. 16 200 A. Der zitierte Text ist Teil der Antwort des damaligen Parl. Staatssekretärs Dr. Schmude auf die Frage des Abg. Meinike (BT-Drucks.7/4926, Frage Nr.4). "Wie beurteilt die Bundesregierung die Notwendigkeit und die gesetzlichen Möglichkeiten, der offensichtlichen Umgehung des § 25 des Parteiengesetzes, der bei Spendenleistungen über 20000 DM an politische Parteien die Angabe des Namens und die Anschrift des Spenders zwingend vorschreibt, Einhalt zu gebieten, und wird sie entsprechende Schritte unternehmen?". 7'
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2. Kap.: Verfassungsrecht und politische Unternehmerspende
von Privatleuten oder Vereinigungen, bei denen anzunehmen ist, daß darin viele Einzelzahlungen von Spendern, die ungenannt bleiben wollen, zusammengefaßt sind." Diese Argumentation enthält im Ergebnis geradezu die Umkehrung des mit § 25 PartG ursprünglich Beabsichtigten. Aus dem Fehlen einer Regelung über anonyme Spenden wird keinesfalls der Schluß gezogen, daß diese Lücke durch entsprechende Ergänzungen i. S. d. Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG im Parteiengesetz geschlossen werden muß, sondern man verweist auf die parteienrechtlich schon bestehende Verpflichtung der Namensnennung und geht im übrigen "davon aus, daß die Parteien bei ihrer Rechenschaftslegung (- trotz vielfachen Beweises des Gegenteils -) entsprechend dieser gesetzlichen Regelung gehandelt haben"168. Kann die Herkunftsangabe nicht gemacht werden, wird an die Möglichkeit eines Verfalls der Spende an den Fiskus168 oder einen gemeinsamen Spendenfonds aller Parteien gar nicht gedacht, obwohl eine derartige Konsequenz die Parteien am wirksamsten zu gründlichen Recherchen nach der Identität des Spenders veranlassen würde, sondern die Verbuchung einer anonymen Spende als erlaubt unterstellt. Eine Novellierung des Parteiengesetzes zur Sicherstellung der Herkunftsangabe in jedem Einzelfall wird als überflüssig abgelehnt170 • b) Die Bedeutung der Parallelaktionen und ihre Nichtbeachtung im Parteiengesetz Doch nicht nur die im Parteiengesetz offengelassene Frage nach der Behandlung der anonymen Spenden lassen das von ihm zur Verfügung gestellte Instrumentarium einer wirksamen Rechenschaftslegung fragwürdig erscheinenl7l • Gänzlich fehlt nämlich dem Parteiengesetz eine Regelung, die sich mit dem Phänomen der "Parallelaktionen" befaßt. Hierbei handelt es sich um parteiunterstützende Maßnahmen von Verbänden und Unternehmen, die keinen direkten oder auch nur mittelbaren Mittelzufluß in die Parteikassen beinhalten, sondern die die Eigenwerbung der jeweiligen Partei durch parallel dazu laufende Aktionen propagandistisch unterstützen. Die eigentliche Parteiunterstützung liegt darin, daß von Unternehmerverbänden oder speziell zu diesem Zweck gegründeten Organisationen Anzeigenserien mit Sach188 ParI. Staatssekretär Jung in BT-PIPr. 7/81 vom 20.2.1974, S.5330 A. 168 Diese Variante wurde vom Abg. Meinike anläßlich einer Zusatzfrage vorgestellt, die sich mit der Notwendigkeit einer Initiative des Parlaments zur Änderung des Parteiengesetzes befaßt, vgl. BT-PlPr. 7/232 vom 31. 3. 1976, S.16200B. 170 BT-PlPr.7/81 vom 20.2.1974, S. 5330 A: " ... Da die Pflicht zur Angabe des Namens des Spenders bereits gesetzlich fixiert ist, hält die Bundesregierung eine Gesetzesänderung für nicht erforderlich." 171 Seifert, S. 317.
III. Parteiengesetz und die Realisierung der Rechenschaftslegung
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aussagen geschaltet werden, die inhaltlich auf die Wahlkampfthemen der zu begünstigenden Partei zugeschnitten sind172 • Dem Leser wird durch die sorgfältig mit dem Parteiprogramm abgestimmten Inhalte solcher Anzeigen suggeriert, daß nur diese eine Partei, die vielfach nicht einmal namentlich genannt wird, die sich abzeichnende oder gar schon eingetretene negative politische Entwicklung wieder beseitigen könne. Im Wahlkampf 1972 hat z. B. der Bundesverband deutscher Banken für insgesamt DM 480 000 Anzeigen geschaltet173, deren Inhalte "Indexklauseln beschleunigen die Inflation", "Mark muß Mark bleiben", "Am Kapitalmarkt muß jeder seine Chance behalten" eindeutig die von der CDU propagierte Stabilitätspolitik und liberale Wirtschaftsprogrammatik unterstützte. Als weiteres Beispiel sei der von Unternehmern Anfang 1972 gegründete Arbeitskreis Soziale Marktwirtschaft 174 genannt, der für Anzeigenkampagnen zugunsten der CDU im Wahlkampf 1972 insgesamt 8,4 Millionen DM aufbrachte175• Diese Parallelaktionen sind jedoch keine Neuerscheinungen. Schon in den fünfziger Jahren gab es Vereinigungen, die mit ihren Parallelaktionen die wirtschaftspolitischen Absichten bestimmter Parteien förderten. Eine der bekanntesten war "Die Waage - Gemeinschaft zur Förderung des sozialen Ausgleichs e. V.". Sie unterstützte das von Ludwig Erhard ausgearbeitete Konzept der sozialen Marktwirtschaft mit Anzeigen-, Film-, Plakat- und Druckschriftenwerbung, die in den Jahren 1958 bis 1960 jährlich etwa 2 Millionen DM erfordertem. Trotz dieses schon frühzeitig bekannten Phänomens der parallel zu den Parteiaktivitäten ausgeübten Wahlkampfunterstützungshandlungen Schleth, Die Finanzen der CDU, in: Zur Soziologie der Wahl, S.269. SPD-Dokumentation zum Wahlkampf 1972, S. 72/73; W. Hoffmann, S.155. 174 Die Gründung des "Arbeitskreises Soziale Marktwirtschaft" war die Folge eines Treffens, welches Spitzenmanager der deutschen Wirtschaft am 30./31. Januar 1972 im Kronberger Schloßhotel zum ,,4. Kronberger Dialog" zusammenführte. Neben den CDU-Politikern Stoltenberg und Dregger sowie sonstigen Mitgliedern des CDU-Wirtschaftsrates waren u. a. Vertreter der drei Chemiekonzerne BASF, Bayer und Hoechst, der Deutschen Bank, der Deutschen Shell AG, des Versandhauses Quelle, der Quandt-Gruppe, der Firmen Oetker, Reemtsma, Asbach, Hengstenberg, 'Coca-Cola, Braun AG, Flick AG ... anwesend. Man kam überein, daß unter Federführung von Mitarbeitern des Bauer-Verlages, der auch zu der Zusammenkunft eingeladen hatte, eine im "Arbeitskreis Soziale Marktwirtschaft" koordinierte Öffentlichkeitsarbeit gegen "die linken Verderber der Marktwirtschaft" (so der SPIEGEL Nr.47/1972, S.98), sprich sozialliberale Koalition, betrieben werden sollte. Vgl. SPD-Dokumentation zum Wahlkampf 1972, S. 29-31; ebenfalls W. Hoffmann, S. 154. 175 Das schwarze Kassenbuch, Hrsg. PDA, S.98; ebenfalls ersichtlich aus dem der SPD-Dokumentation beigefügten Schaubild des Verbundsystems "einiger CDU/CSU-Hilfsorganisationen im Bundestagswahlkampf 1972". 178 Schleth, Die Finanzen der CDU, in: Zur Soziologie der Wahl, S.265. 172
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2. Kap.: Verfassungsrecht und politische Unternehmerspende
von wirtschaftlich interessierten Förderorganisationen wird dieser Bereich mit keinem Wort im Parteiengesetz berücksichtigt. Es verwundert daher wenig, daß gerade in den Jahren nach Verabschiedung des Parteiengesetzes sich diese Form der Parteienunterstützung besonderer Beliebtheit erfreute, da keinerlei Regelungen Tatendrang und Fantasie der "Förderer" einschränkte. In welche Dimension die Parallelkampagnen hineinwuchsen, zeigt eine Zusammenstellung der anläßlich des Wahlkampfes für die Bundestagswahl 1972 im Zeitraum von Juli 1972 bis 19. November 1972 entstandenen Kosten aller von CDU/CSU-Hilfsorganisationen zentralgeschalteten Anzeigen in Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten177 : Während die Gesamtkosten der CDU/CSU für zentralgeschaltete Anzeigen im angegebenen Zeitraum sich auf DM 21 089 000 belaufen, beträgt der finanzielle Aufwand der Hilfsorganisationen für die parallel zu den CDU/CSU-Anzeigen aufgegebenen Inserate DM 34548600. Das Verhältnis der Anzeigenkosten von CDU/CSU zu den Kosten der Hilfsorganisationen für die Wahlkampfwerbung betrug 1:1,6. Das bedeutet, daß außerhalb der Partei stehende Interessengruppen, welche oftmals in den Anzeigen nur als sog. "Postfachorganisationen" erscheinen, über das Anderthalbfache dessen ausgaben, was die unterstützte Partei für ihre eigene Anzeigenkampagne aufwendete. Zwar darf unterstellt werden, daß die Finanzquellen für derartige Hilfsleistungen nicht ausschließlich aus der Wirtschaft stammen, zumal bei vielen "Wählerinitiativen" oder "Aktionsgemeinschaften" eine personelle Rückkoppelung zum Parteienkader besteht, doch wäre der inzwischen erlangte finanzielle Umfang ohne massive Unterstützung aus dem Unternehmertum nicht zu erreichen gewesen. Diese Entwicklung war während der Beratungen zum Parteiengesetz bereits deutlich erkennbar, jedoch wurde sie in keiner Weise legislatorisch berücksichtigt. Welche Bedeutung die Parallelaktionen aber gerade für die CDU haben, zeigt das Bemühen des CDU-Bundesschatzmeisters Walter Leisler Kiep, die sog. "Wählerinitiativen" bei dem von ihm vorgeschlagenen Wahlkampfbegrenzungsabkommen für die Bundestagswahl1972 nicht mit einzubeziehen178 • c) Mangelnde Transparenz der "pressure groups"
am Beispiel des CDU-Wirtschaftsrates
Was die notwendigen Verbindungen zu Industrie und Handel angehen, so scheint der Wirtschaftsrat der CDU e. V. in Bonn der zentrale 177 Die Zahlen entstammen der SPD-Dokumentation zum Wahlkampf 1972, in der der finanzielle Aufwand anhand der üblichen Anzeigenkosten errechnet wurde. 178 SPD-Dokumentation zum Wahlkampf 1972, S. 12.
III. Parteiengesetz und die Realisierung der Rechenschaftslegung
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Verband zu sein, der durch die personelle Verknüpfung seiner Mitglieder mit der Führungselite der deutschen Wirtschaft über das erforderliche Potential politischer Gelder verfügt. Am 14. November 1963 in Bonn gegründet, lautete der Vereinszweck: "Zusammenschluß von Unternehmern, die die Wirtschaftspolitik der CDU fördern, Zusammenarbeit mit den Parlamenten und Behörden in allen Wirtschaftsfragen, beratende Unterstützung der Fachausschüsse der CDU17U ." Bis 1972 ist die Mitgliederzahl auf ca. 5000 gestiegen. W. Hoffmann180 gibt das zu Anfang der siebziger Jahre durch Mitgliedschaft im CDU-Wirtschaftsrat vertretene industrielle Kapital mit 10 Milliarden Mark an. Auf welche Weise nun der CDU-Wirtschaftsrat die politischen Gelder seiner Mitglieder der CDU zukommen läßt, ist nicht bekannt. Kein einziges Mal ist er bisher in einem Rechenschaftsbericht der CDU erwähnt worden. Zwar wird bei der jährlichen Mitgliederversammlung des Wirtschaftsrates der Vereinshaushalt offengelegt, doch werden anschließend "die Papiere wieder eingesammelt und wandern in den Reißwolf"181. Eine Transparenz gibt es weder bezüglich der Identität der Mitglieder noch über die finanziellen Verflechtungen der Organisation. Norbert Blüm, Vorsitzender der CDU-Sozialausschüsse und seit Oktober 1982 Bundesarbeitsminister, meint dazu182 : "Die mangelnde Transparenz entspricht nicht meinem Demokratieverständnis. " In der Tat zeigt das Beispiel des CDU-Wirtschaftsrates ebenfalls die Unvollkommenheit des Parteiengesetzes, das keine Bestimmungen enthält, die die Beziehungen der politischen Parteien zu den sog. pressure groups zumindest bezüglich einer wirksamen Offenlegung der finanziellen Verhältnisse solcher eindeutig einer Partei zuzuordnenden Nebenorganisationen regeln. d) Unklarheiten über die Rechenschaftspflicht von Spenden im Parteienumfeld
Ein weiterer Mangel des Parteiengesetzes liegt in der unscharfen Formulierung der Verpflichtungen des Parteivorstandes, "über die Herkunft der Mittel, die seiner Partei ... zugeflossen sind", öffentlich Rechenschaft abzulegen (§ 23 Abs. 1 PartG). Zwar hat das Parteiengesetz mit seinem Einnahmebegriff in § 26 PartG eindeutig definiert, m W. Hoffmann, S. 156, später wurde das Schwergewicht der Zweckbestimmung auf die Förderung der freiheitlichen Marktwirtschaft unter Weglassung des Bezugs zur CDU abgeändert. Der CDU-Wirtschaftsrat versteht sich als innerparteiliches Gegengewicht zu den CDU-Sozialausschüssen, mit denen er manchmal besonders bei Themen im Sozialbereich auf Kollisionskurs geht. 180 S.160. 181 W. Hoffmann, S. 165. 18! Zitiert von W. Hoffmann, S. 165.
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2. Kap.: Verfassungsrecht und politische Unternehmerspende
welche Zuwendungen unter die Offenbarungspflicht fallen, doch fehlt es auf der anderen Seite an einer klaren Aussage - die pauschal formulierte Adressatenangabe "Partei" gibt darüber keinen genauen Aufschluß -, welche Empfänger im einzelnen - nur die Parteikassen und -konten oder auch einzelne Politiker, Abgeordnete und sonstige Wahlhelfer der Partei - als "Partei" im Sinne einer Spenden-empfangsberechtigten Stelle anzusehen sind183 • Wie die jährlichen Rechenschaftsberichte der Parteien zeigen, versteht man gemeinhin unter "der Partei zugeflossene Mittel" nur Zuwendungen an die Partei selbst. Zahlungen, welche Politiker, Wahlbewerber oder Abgeordnete einer Partei persönlich erhalten, sind bisher nicht erfaßt worden. So erhielt beispielsweise der Frankfurter SPD-Politiker Rudi Arndt von dem Bauunternehmen Philipp Holzmann AG für eine Landtagswahl "persönlich" DM 80 000184, die in keinem Rechenschaftsbericht offengelegt wurden. Diese Praxis widerspricht der in Art. 21 Abs.1 Satz 4 GG festgeschriebenen Rechenschaftspflicht, wonach - so die allgemeine Auffassung - in der Berichterstattung der Parteien "auch über Beträge, die Abgeordnete oder Parteimitglieder für Parteizwecke unmittelbar empfangen" 185, informiert werden muß. Seifert 186 ordnet dementsprechend die "Leistungen an Wahlbewerber, Abgeordnete, Amtsträger sowie Fraktionen und Nebenorganisationen der Partei" der Rubrik "Spenden (§ 24 II Nr.4 PartG") zu, wenn sie für Parteizwecke verwendet worden sind, was auch bei persönlichen Zuwendungen zum Zweck der Wahlkampffinanzierung des einzelnen Abgeordneten i. d. R. angenommen werden muß187• 6. Das Parteiengesetz, eine "lex imperfecta"
Was das Parteiengesetz immer noch als "lex imperfecta" erscheinen läßt, sieht Weyrauch l88 in der Tatsache, daß Vorschriften fehlen, die in Form von Ordnungswidrigkeits- und Straftatbeständen Sanktionen androhen, welche der Durchsetzung des Parteiengesetzes den gebotenen 183 a. A. Rittner, Unternehmerspenden an politische Parteien, in: FS für Knur, S. 208, der in § 25 PartG "die möglichen Empfänger klar definiert" sieht. 1M Roth, S. 125. 185 Bericht, S. 220. 188 S.322. Seifert geht allerdings nicht soweit, die Rechenschaftspflicht auch auf Abgeordnete und Fördergesellschaften grundsätzlich ausdehnen zu wollen. 187 Ebenfalls H. Günther, S.47, FN 26. Zum Abgrenzungsproblem Rechenschaftspflicht - Zeugnisverweigerungsrecht des Abgeordneten gern. Art. 47 GG vgl. Plate, S. 41 ff.; Mühlen, S. 148. 188 Gutachtliche Anschlußstellungnahme zur Parteienfinanzierung in der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, S.7.
IH. Parteiengesetz und die Realisierung der Rechenschaftslegung
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Nachdruck verschaffen. Zu den "Inkonsequenzen und Unwahrhaftigkeiten des Parteiengesetzes" gehören u. a. 18i, -
daß "nur eine Rechenschaftslegung der Einnahmen verlangt wird", obwohl sie ohne eine gleichzeitige Rechenschaftslegung über die Ausgaben und die Vermögensrechnung der Parteien niemals Transparenz gewährleisten könne,
-
daß "die Grenze für die Offenlegungspflicht gern. § 25 PartG (DM 20 000) im Widerspruch zu den Steuerfreibeträgen für Spenden und Mitgliedsbeiträge" (inzwischen DM 1800/ DM 3600) steht,
-
"daß keinerlei Wille zur rechtlichen Durchsetzung des Parteiengesetzes erkennbar ist",
-
"daß es lediglich finanzielle Sanktionen kennt, die an die Nichteinhaltung sehr formale Voraussetzungen anknüpfen (keine Auszahlung der Wahlkampfkostenerstattung, wenn nicht zuvor und termingerecht der Rechenschaftsbericht über die Einnahmen abgegeben wurde!)".
In der Tat hat die bisher geübte Berichtspraxis gezeigt, daß auch von seiten der Parteifunktionäre die Bereitschaft zur wirklichkeitsnahen Offenlegung der vereinnahmten Gelder gering einzuschätzen ist. Der Wille zur Offenbarung der Parteifinanzen ist nur insoweit erkennbar, als eben ein jährlicher Rechenschaftsbericht erforderlich ist, um die Voraussetzungen des § 23 Abs.3 PartG zu erfüllen. Die mangelnde Bereitschaft der Parteien, dem Parteiengesetz nicht nur formal, sondern auch entsprechend den in ihm ausgedrückten Absichten Rechnung zu tragen, ist eine der wesentlichen Ursachen für das bisherige Versagen einer effektiven Öffentlichkeitskontrolle. Gerade durch die jährlichen Rechenschaftsberichte, die weder alle materiell als Spende einzuordnenden Zahlungen solchermaßen ausweisen noch den tatsächlichen Unternehmeranteil am Spendenaufkommen aufzeigen, wird der Öffentlichkeit ein Bild vorgestellt, welches den Tatsachen nicht entspricht und so zu falschen Schlußfolgerungen Anlaß gibtl80 • Wie dieser offensichtlichen Fehlentwicklung legislatorisch begegnet werden kann, ist bisher offen geblieben. Eine Vervollkommnung des Parteiengesetzes durch Ordnungswidrigkeitsnormen und Strafvorschriften mit dem Ziele, die Parteien dadurch zu einer gründlicheren und umfassenden Offenbarung ihrer Einnahmen zu bewegen, hieße das Parteienwesen - zumindest 188 Weyrauch, Gutachtliche Stellungnahme zur Parteienfinanzierung in der Bundesrepublik Deutschland, am Beispiel der CDU -Bundespartei, S. 13/14. 190 Vgl. z. B. Rittner, Unternehmerspenden, S.207, FN 11, der auf Grund der ersten Rechenschaftsberichte annimmt, daß "das Problem (der Unternehmerspenden) viel an praktischer Bedeutung verloren" habe, eine Feststellung, die mit Rücksicht auf die inzwischen bekannten Tatsachen im Bereich der Parteienfinanzierung nicht bestätigt werden kann.
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2. Kap.: Verfassungsrecht und politische Unternehmerspende
bezüglich seiner Finanzierung - der Kontrolle der Exekutive zu unterstellen. Die staatliche überwachung in Form "polizeilicher Finanzkontrolle" mit weitreichenden Inquisitionsbefugnissen und Strafvorschriften widerspricht jedoch gerade der Intention des Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG, da Parteien und Parlament nur gegenüber der Wählerschaft verantwortlich und rechenschaftspflichtig sein sollenlDl • Will man dieses Prinzip eines außerhalb staatlicher Kontrolle stehenden Parteienwesens beibehalten und doch nicht der Alternative einer folgenlosen Hinnahme der Gesetzes- und Verfassungsumgehungen ausgeliefert sein, bedarf es ergänzender Bestimmungen, die außerhalb des Parteienrechts angesiedelt sein müssen192 und - statt sich an die Parteien als Spendenempfänger zu richten - einen Bezug zu den potentiellen Geldgebern, nicht zuletzt daher auch zur Unternehmerschaft herstellen können.
Offene Partei- und Wahlfinanzierung, in: PVS 68, S.232. Auf dieses Erfordernis weist Eschenburg, Zur politischen Praxis I, S. 217, seit langem hin. 191
1111
Breitling,
Drittes Kapitel
Unternehmerspenden in den USA I. Stellenwert der Unternehmerspende
Bedeutung und Selbstverständnis der politischen Unternehmerspende werden in den USA ungleich höher eingeschätzt als in der Bundesrepublik Deutschland. Dies hängt damit zusammen, daß das gesamte Finanzierungssystem der amerikanischen Parteien auf Freiwilligkeit basiert. Es gibt weder eine Beitragspflicht für Parteimitglieder noch eine allgemeine staatliche Parteienfinanzierung2 • Deshalb ist die amerikanische Parteien- und Wahlkampffinanzierung in außerordentlich hohem Maße auf eine gut funktionierende und breit angelegte Geldbeschaffung (fund raising) angewiesen, die hauptsächlich von nationalen wie regionalen Komitees und ehrenamtlichen Wahlhelfern übernommen wird. Die Organisatoren solcher "political fund raising campaigns" zeichnen sich durch einen hohen Grad an Professionalität aus. Die politische Unternehmerspende wird in erster Linie als Unterstützung solcher Geldbeschaffungsinitiativen und der mannigfachen Wahlkampfkampagnen angesehen. 11. Die bedingte Vergleichbarkeit deutscher und amerikanischer Verhältnisse
Bei einer vergleichenden Betrachtung amerikanischer und deutscher Parteienfinanzierung muß dem Umstand Rechnung getragen werden, daß die amerikanischen Wahlkandidaten und ihre jeweiligen Anhänger traditionsgemäß für die Wahlkampfkosten im wesentlichen selbst auf1 2
Loewenstein, Verfassungsrecht, S. 159. Leonard, Contrasts in Selected Western Democracies, in: Political Finance,
Hrsg. Herbert E. Alexander, S.42; Staatliche Wahlkampffinanzierung gibt es in den USA seit Mitte der siebziger Jahre. Die Federal Election Campaign Act Amendments von 1974 eröffneten erstmals die Möglichkeit, unter gewissen Voraussetzungen staatliche Finanzhilfe für den Wahlkampf zu den Vor- und Hauptwahlen zu erhalten. s. im einzelnen Wasser, Wahlkampffinanzierung in den USA, in: Der Bürger im Staat, Heft 3 vom September 1980, S. 181.
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3. Kap.: Unternehmerspenden in den USA
zukommen haben. Zwar zeichnen sich seit Beginn der siebziger Jahre Entwicklungen in Richtung auf staatliche Beteiligung an der Wahlfinanzierung sowie gesetzliche Ausgabenbegrenzungen ab 3, doch wird die Parteienfinanzierung immer noch primär unter dem Blickwinkel einer Wahlkampffinanzierung der einzelnen Bewerber betrachtet und weitaus weniger als Geldbeschaffungsinstitution zur Unterhaltung schlagkräftiger Parteiorganisationen angesehen'. Im Gegensatz zu den deutschen Parteien, welche die finanzielle Hauptlast des Wahlkampfes zu tragen haben und deshalb gegenüber den einzelnen Mandatsbewerbern als geschlossenes System mit übergeordneter Bedeutung erscheinen, liegt der Schwerpunkt des Interesses in den USA bei den sich zur Wahl stellenden Persönlichkeiten5 • Auch im Bereich der Selbstfinanzierung politischer Parteien aus Spenden zeigen sich Unterschiede zwischen deutschen und amerikanischen Verhältnissen. Während in den USA mit brieflichen Spendenakquisitionen ohne unmittelbar persönlichem Kontakt positive Erfahrungen gemacht wurden8 , ergaben in der Bundesrepublik Deutschland "professionell angelegte und sehr umfangreiche Versuche" der Union im Bundestagswahlkampf 1976 eine dürftige Resonanz, die eine übertragbarkeit amerikanischer Verhältnisse nicht ohne weiteres zulassen7 • Eine weitere Unterscheidung der deutschen und amerikanischen Parteienfinanzierung durch Spenden resultiert aus dem andersartigen Verhältnis der Gewerkschaften zu den Parteien. Während in Deutschland der gewerkschaftliche Einfluß auf Programme und Entscheidungen der Parteien primär durch personelle Verflechtung mit besonderer Bevorzugung der SPD - geschieht8 und unmittelbare finanzielle Zuwendungen kaum in Erscheinung treten, stehen die Spitzen der amerikanischen Gewerkschaften einer personellen Verbunden3 Wasser, S.179, 181. Einen überblick über die staatliche Beteiligung an der Wahlkampffinanzierung gibt Fling, The States as Laboratories of Reform (Public Financing), in: Political Finance, S.255-260. Für den Hauptwahlkampf des Jahres 1980 erhielten die Kandidaten der demokratischen und republikanischen Partei je 29,4 Millionen Dollar an staatlicher Wahlkampfunterstützung. Den Empfängern öffentlicher Wahlkampfgelder ist es allerdings nicht gestattet, private Wahlspenden anzunehmen, Lösche, Die amerikanischen Präsidentenwahlen 1980, in: ZParl 1981, S.250. Seit es eine öffentliche Finanzierung für die Präsidentschaftswahlen gibt, konzentriert sich die Spendenfinanzierung schwerpunktmäßig auf die Kongreßwahlen. Nach Naßmacher bestritten die Präsidentschaftskandidaten der Wahljahre 1976 und 1980 Ford, Carter, Reagan und Anderson ihren Wahlkampf "ausschließlich aus öffentlichen Mitteln", s. Naßmacher, S.9. , Schleth, Parteifinanzen, S. 25. 5 Leonard, S. 42. 8 Lösche, S. 580. 7 Weyrauch, Gutachtliche Anschlußstellungnahme, Bd. I, S. 72. 8 Von den 519 Abgeordneten im IX. Deutschen Bundestag sind 321 das sind 61,9 % - gewerkschaftlich organisiert, s. "Im Bundestag geben Gewerkschaftler den Ton an", FAZ vom 24.4.1981, S. 14.
III. Die legislative Bewältigung amerikanischer Spendenfinanzierung 109 heit mit den Parteien reserviert gegenüber. Das amerikanische Zweiparteiensystem in seiner stark föderalistischen Prägung und die im Vergleich zu europäischen Verhältnissen geringen ideologischen Differenzen9 erleichtern es den Gewerkschaften, unter Einsatz finanzieller Mittel auf beide Parteien ohne eigenes personelles Engagement Einfluß auszuüben10• Die cross pressures der amerikanischen Gewerkschaften werden weniger durch personelle Kooperation, sondern mehr durch Beschaffung und Bereitstellung finanzieller Mittel betrieben. Anders als in Deutschland stehen die Unternehmer in den USA bezüglich der Spendenaufbringung in unmittelbarem Wettbewerb mit den Gewerkschaften. Aus dieser Tatsache, die einen wesentlichen Einfluß auf die Diskussion über amerikanische Parteienfinanzierung hat, erklärt sich auch die Sorgfalt, mit welcher die amerikanische Gesetzgebung ebenso wie die Obergerichte darauf bedacht sind, Unternehmerschaft und Gewerkschaften als pressure groups auf dem Gebiet der Parteispendenfinanzierung vollkommen gleich zu behandeln.
m. Die legislative Bewältigung amerikanischer Spendenfinanzierung 1. Die amerikanisdle Wahlgesetzgebung in bezug auf Unternebmerspenden
In keiner anderen Demokratie wurde die Rolle des Geldes in der Politik sowie die damit verbundene Spendenfinanzierung der Parteien und ihrer Kandidaten so frühzeitig erkannt und eine legislatorische Bewältigung dieser Problematik in Angriff genommen wie in den USA. Schon in den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts sahen viele Staaten die Notwendigkeit staatlicher Reglementierung und verabschiedeten Gesetze, welche Kandidaten für öffentliche Ämter verpflichteten, sowohl Quellen und Beträge der Zuwendungen als auch ihre Wahlkampfausgaben offenzulegenl l • In diesen Vorschriften verkörperte sich die Erwartung, "that the spotlight of publicity would discourage corporations from making political contributions and would 9
v. Beyme, Interessengruppen in der Demokratie, S. 200/20l.
Zwar besteht seit der Zeit des "New Deal"-Reformprogramms in den dreißiger Jahren eine besondere Hinwendung der Gewerkschaften zur Demokratischen Partei, doch variiert die Intensität der Beziehungen von Staat zu Staat. Alleiniges Kriterium für eine gewerkschaftliche Unterstützung ist die Frage nach der Nützlichkeit für die Gewerkschaft, gleichgültig welcher Partei ein Wahlamtskandidat angehört, s. Heard, Costs of Democracy, S.178. über die gewerkschaftliche Beteiligung an der politischen Finanzierung bietet Heard einen ausführlichen überblick, s. Labour money in campaigns, in: Costs of Democracy, S. 169-211. 11 United States v. UAW, 352 US 567, 570--571, 1 L.ed.2d 563, 567 (1957). 10
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3. Kap.: Unternehmerspenden in den USA
thereby end their control over party politics"12. Trotz bester Absicht zeigte diese Einzelstaatengesetzgebung jedoch wenig Wirkung. Der finanzbegabte republikanische Parteiführer, Mark Hanna, entwickelte um die Jahrhundertwende eine neue Methode der Spendenakquisition, mit der jedes größere Unternehmen um seinen adäquaten Beitrag angegangen wurdel3 • Schon während der Präsidentschaftswahlen 1896 verfügte Hanna über Wahlkampfgelder in Höhe von 16 Millionen Dollar, eine für damalige Verhältnisse außergewöhnliche Summe, die nur durch systematische Spendenakquisition in der Wirtschaft aufgebracht werden konnte 14 • In den Jahren 1900 und 1904 baute er mit wachsendem Erfolg dieses Finanzierungssystem weiter aus. Der unterlegene Präsidentschaftskandidat der Demokraten, Alton B. Parker, erhob wenige Tage nach seiner verlorenen Wahl - am 9. November 1904 die finanzielle Unterstützung durch Unternehmen zur moralischen Grundsatzfrage der Nationl5 • Die Unruhe in der Öffentlichkeit über das Ausmaß der von großen amerikanischen Gesellschaften zur Verfügung gestellten politischen Gelder wuchs beträchtlich. Präsident Theodore Roosevelt reagierte prompt auf die sich ausbreitende Stimmung in der Bevölkerung gegen die ganz offensichtliche politische Einflußnahme des konzentrierten Kapitals und erklärte am 5. Dezember 1905 in seiner Jahresansprache vor dem Kongreß l8 : "All contributions by corporations to any political committee or for any political purpose should be forbidden by law; directors should not be permitted to use stockholders' money for such purposes; and, moreover, a prohibition of this kind would be, as far as it went, an effective method of stopping the evils aimed at in corrupt practices acts." Anfang 1906 folgten ausführliche Anhörungen im Repräsentantenhaus, in deren Verlauf mehrere Gesetzentwürfe zur Diskussion gestellt wurden17 • 1907 verabschiedete dann der Kongreß den Tillman Act, ein 12 Justice Frankfurter in United States v. UAW, 352 US 571; 1 L.ed.2d 567 (1957). 13 Lambert, Corporate political spending and campaign finance, 40 N.Y.U. L.Rev. (1965), S.1035: "Each corporation was expected to donate ,according to its stake in the general prosperity of the country and according to its special interest in a region in which a large amount of expensive canvassing had to be done'." 14 Lambert, S. 1035. 15 "The greatest moral question which now confronts us is, shall the trusts and corporations be prevented from contributing money to control or aid in controlling elections?" Alton B. Parker zitiert von Chandler in: Hearings before the House Committee on Election, 59th Cong., 1st Sess (1906), S.56. 16 Zitiert in: Hearings before the House Committee on Election, 59th Cong., 1st Sess (1906), S. 56; ebenfalls in United States v. UAW, 352 US 572, 1 L.ed.2d 568 (1957). 17 Im wesentlichen beinhalten die Gesetzesvorschläge drei Zielrichtungen: 1. ein Spendenverbot für bestimmte Gesellschaften,
111. Die legislative Bewältigung amerikanischer Spendenfinanzierung 111 Gesetz (34 Stat. 864), wonach es allen bundesstaatlich inkorporierten Gesellschaften verboten war, politische Geldzuwendungen zu leisten. Dasselbe galt für staatlich inkorporierte Unternehmungen, soweit es sich um Bundeswahlen handelte18 • Diese Vorschrift wurde Grundlage für alle weiterführenden Gesetze, die sich mit der Reglementierung politischer Finanzierung befassen. Die damaligen Gesetzesmotive1U sind deshalb immer noch von Bedeutung und werden auch in neueren Entscheidungen oftmals als Beurteilungskriterien herangezogen. Das Publicity Law (36 Stat.822) ergänzte 1910 die bestehende Regelung um die Pflicht zur Offenlegung aller Zuwendungen, die nicht nur eine Wahlunterstützung in einem Staat darstellen und - bei Einzelpersonen - 50 Dollar pro Person20 übersteigen. Es folgten weitere Vorschriften, in denen die gesetzliche Regulierung politischer Finanzierung verfeinert wurde21 • 2. die Offenlegung von Zuwendungen, verbunden mit einer Strafandrohung im Falle der Nichtbefolgung, 3. generelle Zuständigkeit der Bundesgerichte für gewisse Vergehen des Wahlbetruges. Vgl. Hearings before the House Committee on Election, 59th Cong., 1st Sess (1906), S. 58. 18 Auszug aus dem Tillman Act 1907: " ... it shall be unlawful for any national bank, or any corporation organized by authority of any laws of Congress, to make a money contribution in connection with any election to any political office. It shall be unlawful for any corporation whatever to make a money contribution in connection with any election at which Presidential and Vice-Presidential electors or a Representative in Congress is to be voted for or any election by any State legislature of a United States Senator." 1U Eine der Hauptbegründungen für die Verabschiedung des Tillman Acts von 1907 war, "that no corporation has the right and no board of directors of a corporation and no manager of a corporation has the right, to embezzle the money belonging to the stockholders of the corporation and to divert it from its legitimate use to a purpose for which the company was not chartered by appropriating it to Democratic, Republican, Populist, Socialist, or any other campaign fund. The thing is dis honest in its every element", s. WiHiams, in: Hearings, S. 76. 20 Später wurde der anzeigepflichtige Betrag auf 100 Dollar erhöht, Loewenstein, Verfassungsrecht, S.165. Zur neueren Entwicklung s. unten Kap. 3 111.3. 21 u. a.: - der Federal Corrupt Practices Act von 1925 (43 Stat. 1070), der dem Gebot der Chancengleichheit durch Begrenzung des finanziellen Gesamtaufwandes bei Wahlkämpfen Rechnung trug und mit seinem § 313 den Anwendungsbereich für Beschränkungen von Unternehmerspenden vergrößerte, s. Uni ted States v. UAW, 352 US 577 (1957), - der Hatch Act von 1939/40 (53 Stat. 1147), in welchem den bundesweit operierenden Parteienkomitees nur noch Ausgaben von maximal drei Millionen Dollar zugestanden (§ 20) und Höchstgrenzen für Wahlkampfspenden von 5000 Dollar pro Kalenderjahr festgesetzt (§ 13) wurde, - der War Labor DisPJ.ltes (Schmith-Connally) Act von 1943 (57 Stat. 163), der für die Dauer des Krieges die inzwischen mächtig und selbstbewußt
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3. Kap.: Unternehmerspenden in den USA
2. Umgehungsmöglidikeiten und mangelnde Durchsetzungsbereitschaft der gesetzlichen Vorschriften
Es zeigte sich, daß alle diese Normen, die zum Schutze der "purity and integrity of elections from large infusions of corporate or union money"22 erlassen worden waren und Verstöße unter Strafe stellten, mit Leichtigkeit durch Zwischenschaltung von Privatpersonen, Fördergesellschaften (PACs = political action committees) oder politischen Bildungsausschüssen (z. B. COPE = Committee on Political Education) umgangen werden konnten, da solche Institutionen der corrupt practices legislation nicht unterworfen waren2S • Hinzu kam, daß es auch bei offensichtlichen Verstößen gegen diese Gesetze in den wenigsten Fällen zu Anklageerhebungen oder gar Verurteilungen gekommen war24 • Ein wesentlicher Grund dafür war die vom Supreme Court verursachte Unsicherheit über die Frage, ob 18 USC § 610, der das generelle Parteienunterstützungsverbot für Unternehmen und Gewerkschaften auf Bundesebene beinhaltet, ein Verstoß gegen die Rechte des ersten Zusatz artikels (First Amendment rights) der amerikanischen Verfassung deshalb darstellt, weil mit der Förderungsuntersagung das Verfassungsrecht der freien Meinungsäußerung eingeschränkt werde25 . Der Supreme Court wich in mehreren Fällen28 einer Entscheidung aus. gewordenen Gewerkschaften den corporations gleichstellte und bezüglich politischer Spenden eine analoge Beschränkung einführte, - der Labor Management Relations (Taft-Hartley) Act von 1947 (61 Stat. 136), welcher mit sec. 304 die Einschränkung der Gewerkschaften hinsichtlich politischer Zuwendungen auf Friedenszeiten ausdehnte und der später zu einer auf corporations und labor organizations (unions) gleichermaßen anwendbaren Vorschrift - 18 USC § 610 - fortentwickelt wurde. 22 FZetcheT, 29 Bus. Law. (1974), 1071, 1073. 23 WasseT, S. 170, 180. 24 s. Bicks and FTiedman, Regulation of federal election finance: A case of misguided morality, 28 N.Y.U.L.Rev. (1953), 991; eine zahlenmäßige Zusammenstellung der bis 1961 bekannt gewordenen Fälle mit dem jeweiligen gerichtlichen Ausgang bringt FZetcheT, 29 Bus. Law. (1974), 1071, 1073. 25 Vgl. die abweichende Meinung der Richter DougZas und BZack sowie des Chief Justice in United States v. UAW, 352 US 593-598 (1957). Die First Amendment rights (freedom of expression and freedom of assembly) garantieren die freie Meinungsäußerung und die Versammlungsfreiheit. Jede politische Ansprache - im Radio, Fernsehen oder auch nur auf einer lokalen Versammlung (Saalmiete) - kostet Geld. Da der Wortlaut des 18 USC § 610 jedwede Ausgabe ("expenditure") einer Gewerkschaft oder eines Unternehmens im Zusammenhang mit Wahlen oder zugunsten einzelner Wahlamtskandidaten kriminalisiert, seien derartige Organisationen in ihrem Recht auf freie (auch politische!) Meinungsäußerung beschränkt. Diese faktische Einschränkung des Verfassungsrechts auf "free speech" bedeute mithin einen Verstoß gegen die First Amendment Rights. In einer späteren Entscheidung, die allerdings nicht das Bundesrecht, sondern eine vergleichbare Vorschrift des Staates Massachusetts betraf, beurteilte der Supreme Court die Spendenverbots-Norm als eine Verletzung des First AmendlJlent Rechtes der Unternehmung, ihre Meinung zu Angelegenheiten von öffentlichem Interesse un-
III. Die legislative Bewältigung amerikanischer Spendenfinanzierung 113 Eine weitere Ursache für die geringe Vollzugsbereitschaft im Bereich des corrupt practices act wurde darin gesehen, daß Staatsanwälte Hemmungen zeigten, gegen ein Unternehmen zu ermitteln und ggf. Anklage zu erheben, da sie befürchten mußten, daß die meisten Gerichte eine strafrechtliche Verurteilung großer Unternehmen ablehnen würden. Die Tatsache" daß es sich bei den betroffenen Unternehmen oftmals um die größten Arbeitgeber und Steuerzahler einer Region handelte, verstärkte diese Vorbehalte!7. Bei großen amerikanischen Unternehmerfamilien war es beliebt, die durch den Hatch Act eingeführte Spendenobergrenze von 5000 Dollar pro Person für einen Kandidaten bzw. eine Wahl durch Aufteilung ihres Spendenvolumens auf eine Vielzahl von Familienmitgliedern zu umgehen. Im Wahlkampf 1956 stellten die Du Ponts rund 250000 Dollar zur Verfügung, gefolgt von den Pews ($ 200 000), den RockefeIlers ($ 150 000), den Whitneys ($ 120 000), den Mellons ($ 100 000) und weiterer bekannter Familien wie die Fields, Fords, Harrimans, Lehmans, Olins, Reynolds und Vanderbilts28 • Im Hinblick auf diese Mißstände beurteilt Garrett die gesetzlichen Vorschriften Ende der fünfziger Jahre als kaum den tatsächlichen Gegebenheiten angepaßt und wenig wirkungsvoll2u • Lambert schreibt dieser "negativen und unangemessenen Gesetzgebung" die Verursachung von "public cynicism" zu30 • Und Fletcher sieht die Lösung nicht in Verbotsnormen, sondern in einer umfassenden Offenlegung gegenüber der Öffentlichkeit31 • Zwar führte die im August 1969 von der Criminal Division des Justizministeriums zur Überwachung der Wahlgesetzgebung neu eingerichtete Abteilung "Government Operations" eingeschränkt kundtun zu dürfen. s. First Nat. Bank of Boston v. Bellotti, 98 S.Ct. 1407, 435 US 765, 55 L.ed.2d 707 (1978). 26 United States v. CIO, 335 US 106, 68 S.Ct. 1349 (1948); United States v. UAW, 352 US 567 (1957). Diese Entscheidungen betreffen zwar Gewerkschaften, sie sind aber wegen der grundsätzlichen Gleichbehandlung von Gewerkschaften und Unternehmen auf dem Gebiet der politischen Einflußnahme auf Corporations gleichermaßen anwendbar. Zur weiteren Vertiefung der verfassungsrechtlichen Fragen bezüglich politischer Unternehmerspenden einschließlich der umfangreichen Kasuistik, vgl. Smith, Business, Buck$ & BuH: The Corporation, The First Amendment & The Corrupt Practices Law, Delaware Journal of Corporate law, Vol. 4 (1978), S.39-113. 27 Vgl. Corporate political affairs programs, 70 Yale Law Journal (1961), 821, 841 (ohne Angabe des Verfassers). 28 Heard, S. 137. 2t Garrett, Corporate contributions for political purposes, 14 Bus. Law. (1959), 365, 378: "One need not belabor the fact that our present statutes regarding political contributions and expenditures by individuals, corporations, unions, candidates and committees are neither realistic nor effective." 30 Lambert, 40 N.Y.U.L.Rev. (1965), 1039. 31 Fleteher, 29 Bus. Law. (1974), 1071, 1087. 8 Kulitz
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noch im selben Jahr elf Anklagen gegen Unternehmen wegen des Verdachtes der Verletzung des 18 USC § 610 durch32 , doch war dies nicht geeignet, die sich durch den ständig steigenden Finanzbedarf der Kandidaten und Parteien zuspitzenden Verhältnisse zu ändern. 3. Die Reformen der siebziger Jahre
a) Der Federal Election Campaign Act und die Zulassung von PoZitical Action Committees Der entscheidende Wendepunkt kam zu Anfang der siebziger Jahre mit Verabschiedung des Federal Election Campaign Act (FECA) im Februar 1972 (86 Stat.3) und seinen Ergänzungen in den Jahren 1974 und 1976. Sec. 205 des FECA präzisierte das Spenden- und Ausgabenverbot des 18 USC § 610 - ab 1976: 2 USC § 441 b - dahingehend, daß es Unternehmen und Gewerkschaften erlaubt ist, vom sonstigen Gesellschafts- bzw. Verbandsvermögen unabhängige, vollkommen getrennt geführte Spendenfonds (separate segregated funds) zum Zwecke politischer Einflußnahme unter der Voraussetzung einzurichten, daß sie allein durch freiwillige Zuwendungen finanziert werden. Der Supreme Court bestätigte im Pipefitters case33 diese gesetzliche Interpretation und gesteht den Unternehmen zu, mit ihren Aktionären und deren Familienangehörigen in jedweder (also auch politischen!) Angelegenheit zu kommunizieren. Das beinhaltet das Recht der Gesellschaften, in den Reihen ihrer Anteilseigner "nonpartisan registration" und "get-outthe-vote" Kampagnen durchzuführen sowie ein Sondervermögen zu bilden und zu verwalten, aus welchem politische Zahlungen geleistet werden, solange gewährleistet wird, daß potentielle Spender in keiner Weise unter Druck gesetzt werden und sie sich der Freiwilligkeit ihrer Zuwendungen bewußt sind. Sowohl auf gewerkschaftlicher als auch auf betrieblicher Seite wird diese funktional von den sonstigen Unternehmensabläufen getrennte Aufgabe von den PACs wahrgenommen. Die vom gewerkschaftlichen Dachverband AFL-CIO durchgesetzte Ausnahmeregelung in sec. 205 FECA hatte eine von ihm nicht vorhergesehene Folge. Unternehmensverbundene PACs breiteten sich, nachdem sie bisher mit Ausnahme der BIPAC34 kaum vorhanden waren, Ebd., 1072. Pipefitters Local Union No. 562 v. United States, 407 US 385, 33 L.ed.2d 11, 92 S.Ct. 2247 (1972). S4 Nach dem Modell der vom AFL-CIO ins Leben gerufenen COPE gründeten Unternehmer in den sechziger Jahren als Gegenorganisation das Business-Industry Political Action Committee (BIPAC), welches die Aufgabe hat, auf Bundesebene politische Bildungsarbeit zu betreiben und Kandidaten für die Wahlen zu beiden Häusern des Kongresses finanziell zu unterstützen. 3!
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III. Die legislative Bewältigung amerikanischer Spendenfinanzierung 115 schnell und unerwartet über das ganze Land aus. Noch im gleichen Jahr 1972 beteiligten sich bereits 90 Firmen-PACs an der Präsidentenwahl und steuerten immerhin 20 Ofo der Firmenspenden (ohne Individualund Verbandszuwendungen aus der Wirtschaft) von 6,12 Millionen Dollar bei85 . Bis zu Beginn der achtziger Jahre erhöhte sich die Zahl der registrierten Unternehmens-PACs auf 120036• b) Weiterentwicklung des FECA durch Ausweitung der Transparenz und Einrichtung der Federal Election Commission
Die Enthüllungen der Watergate-Affäre, die ergeben hatten, daß der Einbruch in die Parteizentrale der Demokraten von illegalen republikanischen Parteispenden finanziert worden war, und die Tatsache, daß durch Weitergabe schwarzer Wahlkampfgelder von einer Stelle zur anderen versucht wurde, die Herkunft der Parteizuwendungen zu verschleiern87, verursachte eine neue Sensibilität gegenüber potenten Geldgebern, den sog. "fat cats". 1972 brachten 1750 solcher Groß spender Einzelbeträge von jeweils über 10 000 Dollar auf. 153 fat cats schafften jeweils mehr als 50000 Dollar in Nixons Wahlkampfkasse. Diese Zuwendungen mit einer Gesamtsumme von 73 Millionen Dollar machten 17 Ofo des gesamten Spendenaufkommens aus88 • Der Gesetzgeber reagierte 1974 mit einer Reform des FECA. Ihr Kern bestand neben Einzelbestimmungen, welche die Spendenmöglichkeiten betragsmäßig limitierten, in einer Ausweitung der Transparenz durch Verschärfung der Offenlegungs- und Publizitätsvorschriften sowie der Einrichtung einer Bundeswahlkommission (FEC = Federal Election Commission)89. Der FEC wurde die Aufgabe übertragen, die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zu überwachen, Verstöße publik zu machen und dem Justizministerium zur Vorbereitung der Strafverfolgung Bericht zu erstatten40 • Gemäß 2 USC § 434 in der Fassung vom Januar 1980 sind Political Committees zur regelmäßigen Rechenschaftslegung über ihre Einnahmen und Ausgaben verpflichtet. Für jede Per85 Epstein, The Emergence of Political Action Committees, in: Political Finance, Hrsg. Herbert E. Alexander, S. 165. Zur neuesten Einschätzung der PACs und ihren ständig verfeinerten Methoden der Abgeordnetenbeeinflussung, vgl. SPIEGEL Nr. 41/1982, S.202-207. 3e Lösche, S.583; eine statistische Darstellung über die Entwicklung der PACs mit Angaben zur Zugehörigkeit gibt Epstein, Business and Labor under the Federal Election Campaign Act of 1971, in: Parties, Interest Groups, and Campaign Finance Laws, Hrsg. Michael J. Malbin, S. 107, 115 ff. 87 Fling, S. 245. 38 Wasser, S.180. 30 Vgl. 2 USC § 437c. 40 Die Aufgaben und Funktionen der FEC sind im einzelnen in 2 USC § 437d-g aufgeführt.
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son, die mehr als $ 250 spendet, besteht nach 2 USC § 434 (c) eine Meldepflicht. Die von der FEC zu erstellenden Spendenberichte sind öffentlich und können von jedermann eingesehen werden41 • c) Der Kampf um die "fund-raising" Berechtigung bei der Belegschaft
Was weder im Gesetz noch vom Supreme Court angesprochen wurde, war die Frage, ob Unternehmen in ihren Spendensammelaktionen auch die eigenen Mitarbeiter miteinbeziehen dürfen. In sec. 205 FECA (1972) werden ausdrücklich nur "stockholders and their families" genannt. Die Beantwortung dieser Frage barg aus zweierlei Gründen eine gewisse Brisanz in sich. Zum einen stellen die Mitarbeiter eines Betriebes denjenigen Wählerkreis dar, auf dessen politische Beeinflussung sowohl die Unternehmer als auch die Gewerkschaften Anspruch erheben. Der andere Streitpunkt liegt in der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit des sog. "payroll check-off system(s)". Diese auch "trustee payroll deduction plan" genannte Einrichtung erlaubt es dem Arbeitgeber aufgrund einer besonderen Ermächtigung seiner Arbeitnehmer, an jedem Zahltag einen gewissen Betrag des Lohnes oder Gehaltes einzubehalten. Diese Gelder werden in einem Sonderfonds gesammelt und so dann den von jedem Arbeitnehmer individuell zu bezeichnenden Wahlamtskandidaten überwiesen. Auf eine um Aufklärung bittende Anfrage äußerte das Justizministerium nur eine "unverbindliche" Rechtsmeinung 42 • Um eine endgültige Klärung herbeizuführen, gründete die SUN-OIL Company im Jahre 1975 neben der SUN-PAC auch ein "employee political giving program" (SUN-EPA). Die Einrichtung und Verwaltung beider Fördergesellschaften wurde mit Firmengeldern finanziert. Diesem Vorgehen stimmte die Bundeswahlkommission (FEC) in einer 4:2-Entscheidung43 Epstein, Business and Labor, S.150. Danach sind sowohl die Unternehmerschaft als auch die Gewerkschaften berechtigt, PACs für ihre Mitarbeiter bzw. Mitglieder einzurichten, s. Schreiben des Office of the Attorney General vom 28. 6. 1972, als Anhang abgedruckt in Fletcher, 29 Bus. Law. (1974), 1101 ff. Auch spreche vieles für die Zulässigkeit eines wirklich auf freiwilliger Basis begründeten "check-off"Programmes, doch solle man vorbereitet sein, die Freiwilligkeit jederzeit nachweisen zu können, da ein systematisches Abhaken schon an sich gewisse Zwangselemente beinhalte, vgl. Antwortschreiben des US Dept. of Justice vom 28. 8. 1973, ebenfalls bei Fletcher, ebd., abgedruckt. 43 Die FEC-Entscheidung lautet: 1. Sun on could expend general treasury funds to establish, administer and solicit contributions to both SUN-PAC and SUN-EPA. 2. Sun on could solicit contributions to SUN-PAC from both stockholders and employees. 3. Sun Ond could establish multiple PACs, each with separate contribution and expenditure limits as long as the monies came solely from contributions. Zitiert von Epstein, The Emergence of Political Action Committees, S.167. 41
4!
IV. Gesellschaftsrechtlicher Exkurs
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unter ausdrücklicher Zulassung der betrieblichen Arbeitnehmer-Spendenakquisition zu. Nachdem der Supreme Court in Buckley v. Valeo44 die FEC-Entscheidung ausdrücklich bestätigt hatte, nutzte die AFL-CIO die zweite FECA-Reform 1976, welche die gesamte bundesstaatliche Wahlgesetzgebung in neue Paragraphen faßte, zu einem weiteren Versuch, die Arbeitnehmer-Spendenakquisition zu ihren Gunsten neu regeln zu lassen. In der Tat befand der Gesetzgeber die bisherige, von der FEC geduldete übung als zu einseitig die Unternehmer begünstigend und zog in 2 USC § 441 b (2) die Trennungslinie zwischen den Führungskräften und Verwaltungsangestellten auf der Unternehmerseite und den sonstigen Arbeitnehmern, soweit sie Gewerkschaftsmitglieder sind, auf der gewerkschaftlichen Seite. Weiterhin wurde bestimmt, daß ein Unternehmen zwar eine unbeschränkte Anzahl betriebseigener PACs betreiben darf, aber die Gesamtheit aller einem Unternehmen zuzuordnenden Fördergesellschaften höchstens 5000 Dollar pro Kandidat in einer Wahl ausgeben darf45 •
IV. Gesellschaftsrechtlicher Exkurs Neben der schwerpunktmäßig im Verfassungs- und Wahlrecht liegenden Problematik der politischen Unternehmerspende in den USA wurde in wenigen Fällen auch das gesellschaftsrechtliche Spannungsverhältnis zwischen Anteilseignern und Geschäftsleitung abgehandelt. In Miller v. American Tel. & Tel. Co. 48 begehrte ein Aktionär im Wege der Derivativklage47 eine einstweilige Verfügung gegen seine Gesellschaft des Inhalts, die Forderung der AT & T gegen das "Democratic National Committee" in Höhe von 1,5 Millionen Dollar einzutreiben und solange keine weiteren Leistungen an den Schuldner zu erbringen, bis die Schuld voll bezahlt ist. Darüber hinaus machte der Kläger einen Anspruch gegen die ebenfalls beklagten Direktoren in Höhe der offenen Forderung geltend. Als Begründung führte er an, das Unterlassen der Forderungseintreibung stelle eine grobe Verletzung der für die Direktoren aus ihrer treuhandähnlichen Stellung gegenüber den Anteilseignern bestehenden Sorgfaltspflichten (breach of fiduciary duties) dar, weil sie dem "DNC" mit dieser Unterlassung eine nach 18 USC § 610 (1970) verbotene politische Spende zugewendet haben. Zwar erkannte 424 US 1, 46 L.ed.2d 659, 96 S.Ct. 612 (1976). Epstein, The Emergence of Political Action Committees, S. 170. 46 507 F.2d 759 ff. (1974). 47 Ausführlich zur amerikanischen Derivativklage s. Großfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S.233-287. u
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3. Kap.: Unternehmerspenden in den USA
das Berufungsgericht entgegen der Vorinstanz 48 den Schutzcharakter der Spendenverbotsnorm 18 USC § 610 (inzwischen 2 USC § 441 b) auch zugunsten privater Aktionäre an, doch oblag es dem Kläger nachzuweisen, daß a) die Unterlassung der Forderungseintreibung in der Absicht erfolgte, dem "DNC" damit eine Spende zukommen zu lassen, b) diese Zuwendung im Zusammenhang mit einer Bundeswahl geleistet wurde und c) - falls es sich um eine Spende handelt - diese zum Zwecke der Wahlunterstützung eines Kandidaten oder einer Partei gegeben wurde. Die Berufung wurde zur weiteren Verhandlung zurückverwiesen. Die ebenfalls im Jahre 1974 rechtshängige Klage eines Aktionärs der Bethlehem Steel gegen Direktoren der Gesellschaft49 wurde in der Revisionsinstanz vom Supreme Court abgewiesen50 , da selbst bei Vorliegen eines "breach of fiduciary duties" dem einzelnen Aktionär keine Klagebefugnis zugestanden wurde. Diese Rechtsprechung ist auf Ergänzungsbestimmungen des Federal Election Compaign Act 1974 zurückzuführen. Die 1974 eingerichtete Federal Election Commission wird vom Supreme Court als die allein zuständige Instanz angesehen, wenn es darum geht, Verstöße gegen Wahlgesetze zu verfolgen. Aktionären, die sich durch politische Spendenzahlungen ihrer Gesellschaften in ihren Vermögensrechten beeinträchtigt fühlen, bleibt allein der Beschwerdeweg. Gemäß 2 USC § 437 g müssen sie ihre Beschwerde an die FEC richten. Ein anderweitiger Rechtsbehelf wird den Anteilseignern nach derzeitiger Rechtslage nicht zugestanden51 • V. Zusammenfassung Der rasant ansteigende Finanzbedarf der Kandidaten und Parteien sowie die unkontrollierbare illegale Spendenfinanzierung veranlaßte den Gesetzgeber, von der über sechzigjährigen Regelung eines absoluten Spendenverbotes für Unternehmen abzurücken. Den Unternehmen 394 F.Supp. 58 ff. (1975). Ash v. Cort, 496 F.2d 416 (1974). 50 Cort v. Ash, 95 S.Ct. 2080; 422 U.S. 66; 45 L.ed.2d 26 (1975). fi1 Fleteher, Cyclopedia of Corporations, 1979 Cumulative Supplement, § 2940 (S.73/74). Einen umfassenden überblick über die gesellschaftsrechtliche Kasuistik zur politischen Unternehmerspende gibt Cordier Karnezis, Power of Corporation to make Political Contribution or Expenditure under State Law, 79 ALR 3d (1977), S. 491-517. 48 4U
v. Zusammenfassung
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wurde zugestanden, mit Firmengeldern Fördergesellschaften zu unterhalten, die in den Reihen der Aktionäre und leitenden Angestellten um Spenden werben dürfen. Die solchermaßen gesammelten Gelder werden in vom sonstigen Firmenvermögen getrennten Fonds verwaltet und gezielt zur Unterstützung ausgewählter Kandidaten sowie der einen oder anderen Partei eingesetzt. Mit dieser Reformgesetzgebung der siebziger Jahre wurde in den USA ein wesentlicher Fortschritt darin erzielt, die "under-the-table corporate cash payments" zugunsten einer in unternehmensverbundenen Fördergesellschaften organisierten Spendenakquisition einzudämmen52 • Die im FECA enthaltenen Publizitätsvorschriften bewirken zusammen mit den gesetzlich limitierten Spendenmöglichkeiten eine Transparenz, wie sie bisher in den Vereinigten Staaten von Amerika unbekannt war.
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Fling, S. 263.
Viertes Kapitel
Die steuerlichen Aspekte der Unternehmerspende I. Die steuerrechtlichen Wandlungen im Hinblick auf politische Spenden
Die in diesem Bereich besonders wandlungsreiche Entwicklung nahm ihren Anfang mit einer Entscheidung des Reichsfinanzhofs vom 11. 1. 1929\ in der klargestellt wurde, daß Zuwendungen an politische Parteien grundsätzlich "Aufwendungen zur Lebenshaltung" darstellen und sie deshalb "auch bei buchführenden Kaufleuten als Werbungskosten nicht anerkannt werden, außer wenn sie ohne Rücksicht auf die politische Einstellung des Geschäftsinhabers erfolgen". Diese Ausnahme hatte der RFH in späteren Urteilen! nicht mehr gemacht. Geblieben war aber die Unterscheidung des RFH zwischen "persönlich steuerpflichtigen Einzelkaufleuten", bei denen "bei Parteibeiträgen das persönliche Interesse als überwiegend zu erachten sei", und Körperschaften sowie "unter besonderen Umständen auch ... anderen Gesellschaften", bei denen offen gelassen worden war, ob "solche Beträge als Werbungskosten anzuerkennen sind"'. Klarheit in dieser Frage brachte ein grundlegendes Gutachten des Bundesfinanzhofs vom 17. Mai 1952" welches deutlich machte, daß "auch bei Körperschaften die an politische Parteien bezahlten Beträge nicht als Betriebsausgaben anerkannt werden". Für die Besteuerungspraxis bezüglich der politischen Spende entwickelte sich daraus folgende, heute noch geltende Beurteilung: 1. Politische Spenden als Werbungskosten
Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 Abs. 1 EStG) und können von den Eint RStBl. 1929, S. 221. Dieses Urteil erging, nachdem die im EStG von 1920 normierte steuerliche Abzugsfähigkeit von Spenden an politische Vereinigungen "innerhalb bestimmter Grenzen" im Jahr 1925 wieder aufgehoben wurde, s. Weinmann, S. 24. 2 Entscheidungen vom 20.3.1930, RFHE 27, 82, und vom 27.8.1930, RStBl. 1931, S. 740. 8 RFHE 27,82,84/85. , BFHE 56, 591 ff.
I. Steuerrechtliche Wandlungen im Hinblick auf politische Spenden 121 künften abgezogen werden. Erst der nach Abzug der Werbungskosten sich ergebende Einnahmenüberschuß unterliegt der Besteuerung. Zu den Werbungskosten zählen nicht die Ausgaben für die private Lebenshaltung im weitesten Sinne. Gemäß § 12 Nr. 1 EStG gehören dazu auch die Aufwendungen für die Lebensführung, welche die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen gemacht werden. Als Werbungskosten kann somit eine Ausgabe nur anerkannt werden, wenn a) zwischen ihr und der Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung von Einnahmen ein unmittelbarer Zusammenhang besteht und b) sie kein Lebenshaltungsaufwand i. S. d. § 12 Abs. 1 EStG darstellt. Da der Spende an eine politische Partei keine wirtschaftliche Gegenleistung gegenübersteht, ist der erforderliche Zusammenhang zur Einnahmenerzielung nicht gegeben5• Politische Spenden werden daher generell als Privatausgaben angesehen8 und den Kosten der privaten Lebenshaltung zugeordnet. 2. Politische Spenden als Betriebsausgaben
Nach § 4 Abs.4 EStG sind Betriebsausgaben Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind. Sie können im Rahmen der Gewinnermittlung gewinn- und damit steuermindernd in Abzug gebracht werden. Der Begriff der Betriebsausgabe ist weiter als der Werbungskostenbegriff, da zu den Betriebsausgaben sowohl die unmittelbaren als auch die mittelbaren mit dem Betrieb zusammenhängenden Ausgaben gezählt werden7 • Grundsätzlich steht es im Ermessen des Unternehmers, ob und welche Aufwendungen er für seinen Betrieb machen will8• Eine objektive Erforderlichkeit oder Zweckmäßigkeit wird steuerrechtlich nicht verlangt. Keinen Einfluß jedoch hat der Unternehmer auf die steuerliche Anerkennung einer Spende als Betriebsausgabe. Alleiniges Entscheidungskriterium ist die objektive Betriebsbezogenheit. Sie ist dann gegeben, wenn der Anlaß, der den Unternehmer zu der Ausgabe bewogen hat, in der Weise im Betrieb begründet liegt, daß eine objektiv nachprüfbare Beziehung zwischen der Ausgabe und dem Betriebszweck besteht. Da Aufwendungen im wirtschaftlichen Bereich immer in der Erwartung eines künftigen Ertrages gemacht werden, sind 5
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Weinmann, S.15. Blümich / Falk, § 12 IV 7 c. Ebd., § 4 VII 2 a. Angerer, Deutsche Steuer-Zeitung
Ausgabe A, Nr. 21 vom 1. 11. 1961, S. 327.
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4. Kap.: Die steuerlichen Aspekte der Unternehmerspende
Spenden an politische Parteien, bei denen der Unternehmer es i. d. R. an den üblichen wirtschaftlichen Überlegungen bei der Ausgabenentscheidung fehlen läßt und folglich von vornherein auf einen Ertrag verzichtet, mangels Bezuges zum Betriebszweck nicht als Betriebsausgabe anzuerkenneno. Ihre steuerliche Anerkennung scheitert aus denselben Gründen, mit denen bei Nichtunternehmern die Anerkennung der politischen Spende als Werbungskosten abgelehnt wird. Die Förderung politischer Parteien ist keine betriebliche, sondern eine staatsbürgerliche Aufgabe10 • Die Unternehmerspende muß daher - ebenso wie die Parteizuwendungen aller anderen Steuerpflichtigen - dem Bereich der privaten Lebensführung nach § 12 Nr. 1 EStG zugewiesen werden. Selbst wenn Unternehmer die Betriebsbezogenheit ihrer Parteispenden damit begründen, daß die von ihnen geförderte Partei durch ihr wirtschaftspolitisches Programm - entgegen etwa den Sozialisierungsbestrebungen anderer Parteien - für eine Beibehaltung und Festigung der Privatwirtschaft eintritt und damit neben der politischen Existenzsicherung des Privatbetriebes für eine dem eigenen Unternehmen nachweisbar zugute kommende Konjunkturbelebung sorgt, können sie, .trotz der in diesem Fall dann gegebenen "betrieblichen Veranlassung", die steuerliche Abzugsfähigkeit ihrer Spenden nicht beanspruchen. Politische Zahlungen werden "nie ausschließlich aus geschäftlichen Gründen gegeben"11, sondern sind wesentlich auch von der politischen Einstellung des Betriebsinhabers abhängig. Solche Zuwendungen werden dann - trotz objektiv feststellbarer positiver Wirkung für die Unternehmensentwicklung - als "gemischte Ausgaben" angesehen, bei denen sowohl betriebliche als auch außerbetriebliche Gründe für die Ausgabe bestimmend sind. Die Trennung von Ausgaben in einen betrieblich und einen privat veranlaßten Teil - mit der Folge einer steuerlichen Anerkennung des betrieblichen Teiles - ist aber nur zulässig, wenn sie leicht und einwandfrei durchführbar ist12• Anders als z. B. bei der privaten Autonutzung, bei der man sehr wohl die einzelnen Fahrten als betriebliche oder private beurteilen kann, läßt sich bei einer Spende an eine politische Partei nicht feststellen, wieviel der Steuerpflichtige als Privatmann und wieviel als Unternehmer gegeben hat. Da bei Unternehmerspenden eine Trennung in einen betrieblich und einen privat veranlaßten Teil regelmäßig nicht möglich ist, werden somit auch diese, von ihrer Veranlassung her "gemischten Ausgaben" stets voll den Kosten der Lebensführung zugerechnet.
° Ebd., S. 328. 10
Ebd., S. 331.
11 Weinmann, S.16, unter Bezugnahme auf die Reichsgerichtsrechtsprechung. 12 Weinmann, S.17; Angerer, S. 328.
1. Steuerrechtliche Wandlungen im Hinblick auf politische Spenden 123 Als gemischte Ausgaben müssen auch die Aufwendungen angesehen werden, welche Unternehmen für politisch motivierte Gutachtenkäufe aufbringen13 • Der Versuch Klempts, den EU-Gutachten als "staatsbürgerlich mit motivierte Betriebsausgabe" Steuerabzugsfähigkeit zuzugestehen, muß im Ergebnis scheitern, da er - ausgehend vom finalen Veranlassungsbegriff - Voraussetzungen zugrundegelegt hat14 , die nicht zutreffen. Aussagen von Unternehmern16 und die Art und Weise der von der Union Betriebs-GmbH zentral organisierten Spendenakquisition16 ergeben ohne weiteres die von Klempt bestrittene Tatsache, "daß Parteispenden verkleidet gegeben wurden, wobei die irgendwie minimale betriebliche Nutzung der gutachtlichen Aufklärung in Kauf genommen wurde"17. Doch auch wenn man der Betrachtungsweise Klempts folgt und dem Gutachtenkauf als Betriebsausgabe erst dann die steuerliche Anerkennung versagt, "wenn die betriebliche Nutzfähigkeit die Grenze der Unverwertbarkeit erreicht und damit der staatsbürgerliche Zweck zur Hauptrichtung der Kausalität wird", so zeigen EU-Gutachten, welche die Goethesche Farbenlehre beinhalten, oder Abdrucke anderer - in jeder größeren Universitätsbibliothek greifbarer - Abhandlungen darstellen und für bis zu DM 200 000 verkauft werden18 , besonders deutlich, daß die Willensbildung der Unternehmer primär auf steuerbegünstigte Parteiförderung gerichtet ist und nicht nur "etwaige staatsbürgerliche Effekte hingenommen" werden. Kritische Anmerkung
Durch die Nichtanerkennung der den politischen Parteien zugewendeten Beiträge als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben werden natürliche Personen und Körperschaften im Bereich der steuerlichen Berücksichtigung politischer Zuwendungen vollkommen gleichgestellt. Der BFH unterscheidet in seinem Gutachten1D zwischen Unternehmer und Unternehmen und erhebt als maßgebliches Kriterium für die Bes. oben Kap. 2 111. 2. d). "Der Ausgabewille zur betrieblichen Förderung war die jeweilige Zielvorstellung. ... Die Gutachten wurden nicht gekauft, um zu spenden und sie nicht zu verwerten, sondern erworben, um sie betrieblich auszuwerten, entweder unter Nichtberücksichtigung der dadurch finanzierten Gewinnverwendung oder unter Billigung derselben." Klempt, Rechtsgutachten, S.14 und S. 21. 15 WiWo 28178, S. 16. 16 SPIEGEL Nr. 5111976, S. 101. 17 Klempt, Rechtsgutachten, S.25. 18 Information der SPD-LT-Fraktion in Bad.-Württ. Nr. 14/80 vom 24. September 1980. tu BFHE 56, 591, 601. 13
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4. Kap.: Die steuerlichen Aspekte der Unternehmerspende
steuerung der Körperschaften die Tatsache, "daß bei Zahlungen an politische Parteien das persönliche Interesse der Gesellschafter der Körperschaft im Vordergrund steht". Inwieweit diese Wertung z. B. auch für Publikumsgesellschaften zutrifft, behandelt der BFH nicht. Gerade im Bereich großer Unternehmungen, die - meist als juristische Person organisiert - einen hohen Unabhängigkeitsgrad von den nur noch kapitalmäßig mit ihnen verbundenen Gesellschaftern bzw. Aktionären entwickeln, erhebt sich nämlich die Frage, ob man tatsächlich diesem Personenkreis ein "persönliches Interesse" unterstellen kann. In aller Regel werden Aktionäre von einer beabsichtigten oder durchgeführten Spendenaktion zugunsten einer politischen Partei gar nicht informiert. Wenn man schon - wie der BFH - ein persönliches Interesse mit politischen Zahlungen untrennbar verbindet, so kann sich dieses doch nur auf diejenigen Entscheidungsträger im Unternehmen beziehen, die für die Zuwendungen an politische Parteien verantwortlich zeichnen. In großen Publikumsgesellschaften sind das i. d. R. die mit der Geschäftsführung bzw. Leitung einer Unternehmung beauftragten Manager, keinesfalls die Masse der Anteilseigner. Gesellschafter und Aktionäre tragen aber als Eigentümer der Unternehmen allein die steuerliche Belastung, wenn politische Spenden nicht als Betriebsausgabe anerkannt werden, ohne daß sie ihr - aus steuerlicher Sicht unterstelltes - persönliches Interesse wahrnehmen können. Diese Aufspaltung in faktische Entscheidungsmacht und ggf. Verwirklichung politischer Eigeninteressen auf der einen Seite und übernahme der steuerlichen Belastung auf der anderen Seite wird vom BFH nicht berücksichtigt. Er trägt in keiner Weise der Tatsache Rechnung, daß gerade bei den als Spender politischer Gelder primär in Frage kommenden Großunternehmen ein "persönliches Interesse der Gesellschafter der Körperschaft" mangels Beteiligung am Entscheidungsprozeß regelmäßig gar keine Berücksichtigung finden kann20 • Die Ablehnung der Anerkennung politischer Zahlungen als Betriebsausgaben allein aus dem Gesichtspunkt des vorrangigen persönlichen Interesses ist keine ausreichende Begründung. Wenn z. B. die Rüstungsfirma Krauss-Maffei der CDU/CSU erhebliche Gelder für den Bundestagswahlkampf in der Erwartung zur Verfügung stellen würde, daß im Falle eines Wahlsieges eine CDU/CSU-geführte Regierung schon aus eigener überzeugung der Zweckmäßigkeit einer solchen Entscheidung - die Exportgenehmigung zur Ausfuhr deutscher Leopard 2 Panzer nach Saudi-Arabien erteilen wird21 , könnte wohl kaum unter20 Zur Frage der gesellschafts rechtlichen Kompetenzzuordnung s. unten Kap. 5. 21 Das oben genannte Beispiel ist hypothetisch, doch gerade im Bereich der Waffenhandelsbranche sind politische Zahlungen keine Seltenheit. So er-
1. Steuerrechtliche Wandlungen im Hinblick auf politische Spenden 125 stellt werden, daß die der CDU/CSU gezahlten Gelder "nicht unmittelbar der Erzielung höherer Einnahmen dienen". Damit wäre dann aber auch nach den vom BFH aufgestellten Kriterien22 kein Vorrang des persönlichen (politischen) Interesses der Gesellschafter mehr begründbar, mithin die Zahlungen an die politische Partei als Betriebsausgabe anzuerkennen. Dies gilt ebenso für alle tatsächlich auftragsbezogenen Zuwendungen (evtl. Schmiergelder), bei denen eine zu enge Auslegung des Betriebsausgabenbegriffes unangebracht erscheint23 • Trotz der für manche Bereiche (Publikumsgesellschaften, Definition der Betriebsausgabe) vom Steuerrecht in unvollkommener Weise zur Verfügung gestellten Kriterien, die allein genommen bei bestimmten Fallkonstellationen zur steuerlichen Anerkennung politischer Zahlungen führen müßten, ist im Ergebnis unstreitig, daß Parteispenden keine steuerlich berücksichtigungsfähigen Betriebsausgaben sein können. Der Grund hierfür liegt in übergeordneten Gesichtspunkten, die sich aus den verfassungsrechtlichen Prinzipien der Chancengleichheit der Parteien und dem gleichen Teilhaberecht aller Bürger am politischen Willensbildungsprozeß ergeben24 • Ohne Einbeziehung dieser Verfassungsgrundsätze läßt sich die steuerliche Ablehnung von Spenden an politische Parteien als Betriebsausgaben nicht in allen Fällen begründen. 3. Politische Spenden als Sonderausgaben
Können politische Spenden weder als Werbungskosten noch als Betriebsausgaben zu einer Steuerminderung führen, bleibt gegenwärtig allein die Möglichkeit, über eine Absetzung als Sonderausgaben eine Steuervergünstigung zu erlangen. Sonderausgaben sind bestimmte, in § 10-10 d EStG abschließend aufgezählte Ausgaben, die weder Werbungskosten noch Betriebsausgaben darstellen. Obwohl es sich bei den Sonderausgaben um typische Ausgaben der Einkommensverwendung handelt, sie also dem Bereich klärte die ehemalige F.D.P.-Sekretärin vor einem Bonner Notar zu Protokoll, daß ihre Partei für manche Hilfestellung bei anstehenden Entscheidungen über beantragte Waffenexportgenehmigungen von Rüstungsfirmen (Rheinmetall, Diehl, Heckler & Koch) entweder direkt oder über in- und ausländische Mittler Gelder erhalten habe bzw. ihr versprochen worden seien. Vg1. SPIEGEL Nr.43/1980, S. 131 ff.; SPIEGEL Nr.6/1981, S.90; Die Welt vom 2. (Teilausgabe) und 3. 10. 1980. 22 Vgl. hierzu BFHE 56, 601. 23 Diskussionsvorschlag in FinR 5/1977, S.113; HeTTmann / HeueT, Komm. zur ESt und KSt, § 4 EStG, Anm. 47 ff.; vgl. auch Felix, Aufwendungen für politische Einflußnahmen auf betriebsbezogene Behörden- und Gesetzesentscheidungen und ihre öffentliche Transparenz, in: FinR 2/1981, S. 30. 24 s. hierzu im einzelnen unten Kap. 41. 3. c); ebenfalls Kulitz, DOV 82, 307.
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4. Kap.: Die steuerlichen Aspekte der Unternehmerspende
der Lebensführung angehören, wird ihr Abzug aus sozial- und wirtschaftspolitischen Erwägungen zugelassen25 •
a) Die erstmalige Einführung der steuerlichen Begünstigung von Spenden an politische Parteien Spenden an politische Parteien waren bis zum Jahre 1954 im Katalog der als Sonderausgaben abzugsfähigen Aufwendungen nicht enthalten26 • Das StNeuOG 1954 erweiterte die bis dahin in § 10 b EStG bzw. § 11 Ziff.5 KStG aufgeführten steuerbegünstigten Ausgaben zur Förderung mildtätiger, kirchlicher, religiöser und wissenschaftlicher Zwecke um Aufwendungen, die zugunsten staatspolitischer Zwecke erbracht werden27 • Diese Ergänzung des § 10 b EStG und des § 11 Ziff. 5 KStG diente vor allem dazu, Beträge aller Art abziehbar zu machen28 , die an politische Parteien gegeben werden29 • Damit wurde erstmalig die Möglichkeit einer steuerlichen Begünstigung von Spenden an politische Parteien eröffnet. Naturgemäß hatte das ein Anschwellen von Parteizuwendungen aus begüterten Kreisen zur Folge, da nach der nun gültigen Steuerregelung das Spenden um so leichter fiel, je höher die Steuerprogression des Spenders und damit der staatliche Anteil der Leistung war. Die finanzielle Einwirkung auf die politische Willensbildung wurde unter progressiver Begünstigung der einkommensstarken Schichten erleichtert30 • Gegen diese auf Betreiben der bürgerlichen Parteien normierte Steuervergünstigung für politische Spenden, die zu jener Zeit im wesentlichen auch nur diesen bürgerlichen Parteien zugute kamen, wandte sich die SPD in mehreren parlamentarischen Vorstößen, welche jedoch erfolglos verliefen31 • b) Das verfassungsgerichtliche Veto zur steuerlichen Bevorzugung der im Parlament vertretenen Parteien
Erst die von der Gesamtdeutschen Volkspartei erhobene Verfassungsbeschwerde gegen § 49 Ziff. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsver-
Blümich I Falk, EStG § 10 H 1. Weinmann, S.18. 27 BGBl. 1954 I, S. 373, 377, 387. 28 Danach waren Spenden an politische Parteien bis zur Höhe von 5 v. H. des Gesamtbetrages der Einkünfte bzw. des Einkommens oder 2 v. T. der Summe des gesamten Umsatzes und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter als Sonderausgaben abziehbar. Der Vom-Hundert-Satz erhöhte sich bei wissenschaftlichen und staatspolitischen Zwecken um weitere 5v.H. 29 BT-Drucks. H/961, S. 6 zu § 10 b EStG; BT-Prot. vom 19. 11. 1954, S. 2857 A und B, 2860 B. so Bericht, S. 219. 31 Dübber, Parteifinanzierung, S. 17; Weinmann, S. 19/20. 25 28
I. Steuerrechtliche Wandlungen im Hinblick auf politische Spenden
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ordnung leitete eine Änderung ein. Angegriffen wurde von der GVP die § 10 b EStG erläuternde Durchführungsvorschrift, welche diejenigen Parteien (ausgenommen die Dänische Minderheitspartei) von den steuerlichen Privilegien ausschloß, die nicht mindestens einen Abgeordneten in einem Landesparlament oder im Bundestag stellen konnten. Das Bundesverfassungsgericht32 beurteilte diese Norm als eine Verletzung der grundrechtlich geschützten Chancengleichheit der Parteien (Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 21 Abs. 1 GG) und hob den einschränkenden Satzteil des § 49 Ziff. 1 EStDV am 21. Februar 1957 auf. Mit dieser Entscheidung verengte sich das Feld der Spenden für staatspolitische Zwecke auf ein unbedeutendes Maß, da fortan gemäß § 49 Abs. 1 EStDV 1958 nur noch solche Ausgaben als Spenden für staatspolitische Zwecke steuerlich begünstigt wurden, die "an eine durch besondere Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates anerkannte juristische Person gegeben werden". Diese juristischen Personen durften nach ihrer Satzung und tatsächlicher Geschäftsführung weder eine politische Partei sein noch ihre Mittel für die mittelbare oder unmittelbare Unterstützung oder Förderung politischer Parteien verwenden. Das Besondere an diesem Verfassungsgerichtsbeschluß aber war die in ihrer Begründung von den Verfassungsrichtern ganz beiläufig angebrachte Bemerkung: "Das Gericht verkennt nicht, .daß schon grundsätzlich gegen die Anwendung der Steuervergünstigungsvorschrift des § 10 b EStG 1955 auf politische Parteien, abgesehen von den in der Öffentlichkeit erhobenen vorwiegend verfassungspolitischen Einwänden, vielleicht auch verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht werden können33." Diesen Wink des Bundesverfassungsgerichtes griff die SPD/BHE-geführte Hessische Landesregierung auf und stellte bereits wenige Monate später, am 10. Juli 1957, Normenkontrollantrag, welcher die verfassungsrechtliche Überprüfung der gesetzlich festgeschriebenen Steuerbegünstigung von Zuwendungen an politische Parteien begehrte34 • c) Die Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zur steuerlichen Begünstigung von Parteispenden Das Bundesverfassungsgericht kam in seinem Beschluß vom 24. Juni 1958 zu dem Ergebnis, daß § 10 b EStG 1955 und § 11 Ziff. 5 KStG 1955 32 BVerfGE 6, 273 ff. 33 BVerfGE 6, 273, 281, 282. 34 Folgende Bestimmungen wurden angegriffen: a) § 10 b EStG i. d. F. vom 21. Dezember 1954, b) § 11 Ziff.5 KStG i. d. F. vom 21. Dezember 1954, c) § 49 Ziff. 1 und 2 EStDV vom 21. Dezember 1955, d) § 26 Ziff. 1 und 2 KStDV vom 23. Dezember 1955, e) die Zweite Verordnung über den Abzug von Spenden zur Förderung staatspolitischer Zwecke vom 23. Oktober 1956.
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4. Kap.: Die steuerlichen Aspekte der Unternehmerspende
insoweit nichtig sind, als "nach diesen Bestimmungen mittelbare oder unmittelbare Zuwendungen an politische Parteien als Ausgaben zur Förderung staatspolitischer Zwecke bei Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden können"35. Zwei Erwägungen waren Grundlage dieser Entscheidung: -
Einmal sah das Bundesverfassungsgericht das Grundrecht der politischen Parteien auf Chancengleichheit dadurch verletzt, daß die Vorschriften - obwohl sie in ihrem Wortlaut keine ungleiche Behandlung beinhalten - in ihrer praktischen Auswirkung eine offenbare Ungleichheit erzeugen. Bei einem progressiven Einkommensteuertarif von damals bis zu 53 v. H. und dem Körperschaftsteuersatz von 45 v. H. führt die steuerliche Abzugsfähigkeit der Parteispenden dazu, daß Bezieher großer Einkommen ihre Parteizuwendung u. U. bis zu einer Verdoppelung der bisherigen Spendenleistung erhöhen können, ohne dafür zusätzlich eigene Mittel aufbringen zu müssen, ein Anreiz, der dem Lohnsteuerpflichtigen mit kleinem Einkommen - schon wegen seines vergleichsweise geringen finanziellen Spielraums - nicht geboten wird. Obwohl das Gesetz formal alle politischen Parteien gleich behandelt, begünstigt es in der PraxiS! diejenigen Parteien, die mit ihrem Programm und ihrer Tätigkeit besonders kapitalkräftige Kreise ansprechen und sich damit das Reservoir der großen Spenden erschließen. In der Folge wird das Gewicht dieser Parteien im politischen Konkurrenzkampf ohne sachlich zu rechtfertigenden Grund verstärkt.
-
Das zweite Argument ergab sich aus dem Blickwinkel des Bürgers und seines Grundrechtes auf Gleichheit. Indem er einer politischen Partei Geld spendet, macht er von seinem Recht auf Teilhabe am politischen Willensbildungsprozeß Gebrauch, das sich nicht nur auf die Stimmabgabe bei einer Wahl, sondern auch auf das gesamte Vorfeld der Einflußnahme auf die politische Willensbildung erstreckt. Die Ausübung politischer Rechte erfolgt dabei in ihrem gesamten Bereich unter der Voraussetzung formaler Gleichheit. Der Gleichheitssatz findet folglich streng formal mit der Maßgabe Anwendung, keine gesetzlichen Bestimmungen zu erlassen, die dem einzelnen besondere Möglichkeiten der politischen Einflußnahme verschaffen und damit zu einer Differenzierung führen, welche die Privilegierung finanziell leistungsfähiger Bürger nach sich zieht36 • Da § 10 b EStG und § 11 Ziff. 5 KStG unter Berücksichtigung der progressiven Besteuerung bewirken, daß der Großverdiener mit seiner Parteispende "einen absolut und relativ höheren Betrag an 35 36
BVerfGE 8, 51, 52. BVerfGE 8, 68.
I. Steuerrechtliche Wandlungen im Hinblick auf politische Spenden 129 Steuern erspart als der Bezieher eines kleinen Einkommens, wird die politische Meinung des ersten sozusagen prämiert"37. Diese steuerliche Ungleichbehandlung einer gleichartigen Beteiligung am politischen Willensbildungsprozeß, die allein aus der unterschiedlichen Höhe des Einkommens resultiert, verstößt gegen den Grundsatz der formalen Gleichheit. Mit dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes entstand nach dem 24. Juni 1958 dieselbe Rechtslage, die schon vor Erlaß des Gesetzes zur Neuordnung der Steuern im Jahre 1954 herrschte. Eine steuerliche Begünstigung von Spenden an politische Parteien war ausgeschlossen. Zuwendungen dieser Art konnten allein aus dem Gewinn bzw. Einkommen nach Steuern erbracht werden. In der Folge war ein teilweise dramatischer Spendenrückgang bei den bürgerlichen Parteien zu verzeichnen38 . Weinmann weist in diesem Zusammenhang auf den psychologischen Effekt hin, den das Steuerabzugsverbot bei Spendern aus der Wirtschaft auslöste. In der Zeit nach dem Bundesverfassungsgerichtsbeschluß wurde nicht einmal mehr die Hälfte der vorherigen Zuwendungen zur Verfügung gestellt. Man war also nicht bereit, aus eigener Tasche denselben Betrag aufzubringen, der bisher schon nach Abzug der Steuerersparnis - aus eigenen Mitteln erbracht wurde3u . Für die bürgerlichen Parteien war es folglich nur eine Frage der Vorgehensweise, um die entfallende Steuerabzugsfähigkeit wenigstens teilweise wieder einzuführen. d) Die Wiedereinführung eines begrenzten steuerlichen Abzugs für Spenden an politische Parteien
Mit dem Parteiengesetz vom 24. Juli 1967 wurde erneut eine steuerliche Berücksichtigung der Parteispenden in begrenztem Umfang zugelassen. Die §§ 34 und 35 PartG40 ergänzten das Einkommen- bzw. Körperschaftsteuerrecht in der Weise, daß Beiträge und Spenden an politische Parteien i. S. d. § 2 PartG bis zur Höhe von insgesamt 600 Deutsche Mark41 im Kalenderjahr vom Einkommen abgezogen werden durften. 37 BVerfGE 8, 69. 38 Auf dem Landesparteitag NW am 21.122. Februar 1959 berichtete der damalige F.D.P.-Schatzmeister Scheel von einem Spendenrückgang von 30 %, s. Die Welt vom 23.2. 1959, S. 2; ebenfalls DübbeT, Parteifinanzierung, S. 19. 3U Weinmann, S.23, vergleicht dieses Phänomen mit der psychologischen Situation eines Rabattkäufers, der ebenfalls seine Kaufentscheidung vom eingeräumten Rabatt abhängig macht, ohne auf den möglicherweise zuvor erhöhten Bruttopreis zu achten. 40 BGBl. 1967, Teil I, S. 780. 41 Im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten bis zur Höhe von insgesamt 1200 Deutsche Mark im Kalenderjahr. 9 Kul1tz
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Wiederum hatte das Bundesverfassungsgericht - diesmal auf Antrag der NPD und der Europa-Partei - u. a. zu beurteilen, ob die Vorschriften über die nunmehr begrenzte steuerliche Abzugsfähigkeit nicht aus denselben Gründen zur Verfassungswidrigkeit und damit Nichtigkeit führen, welche schon in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 24. Juni 1958 die generelle Steuerabzugsfähigkeit zu Fall brachten. Das Bundesverfassungsgericht kam jedoch zu dem Ergebnis, daß die §§ 34 und 35 PartG "weder gegen das Recht der Parteien auf Chancengleichheit ... noch gegen das Recht des Bürgers auf gleiche Teilhabe am Willensbildungsprozeß"42 verstoßen. Bei einer maximalen Steuerersparnis von etwas über 300 Deutsche Mark könne für den Großverdiener der Prämierungseffekt für seine politische Meinung, so wie er nach der früheren gesetzlichen Regelung bestand43, nicht mehr Platz greifen. Auch sei das Recht aller Bürger auf gleiche Teilhabe an der politischen Willens bildung von der Steuerbegünstigung einer Parteispende in Höhe von jährlich 600 DM nicht tangiert. e) Die aktuelle Rechtslage zur Steuervergünstigung von Parteispenden unter besonderer Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Vorgaben
Das "Gesetz zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und anderer Gesetze" vom 18. August 198044 erhöhte die abzugsfähigen Spendenbeträge in § 10 b Abs. 2 EStG und § 9 Ziff. 3 b KStG um das Dreifache. Demnach gilt folgende Regelung: § 10 b Abs. 2 EStG:
"Beiträge und Spenden an politische Parteien im Sinne des § 2 des Parteiengesetzes sind bis zur Höhe von insgesamt 1800 Deutsche Mark und im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten bis zur Höhe von insgesamt 3600 Deutsche Mark im Kalenderjahr abzugsfähig." § 9 Ziff. 3 b KStG: "Abziehbare Aufwendungen sind auch: Spenden an politische Parteien im Sinne des § 2 des Parteiengesetzes bis zur Höhe von insgesamt 1800 Deutsche Mark im Kalenderjahr."
Die Erhöhung der steuerabzugsfähigen Spendenbeträge war möglich geworden, nachdem das Bundesverfassungsgericht im Jahre 1979 unter ausdrücklicher Bestätigung seiner bisherigen Rechtsprechung nochmals Ausführungen machte, die den verfassungsrechtlich vorgegebenen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers für eine steuerlich großzügigere 42
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BVerfGE 24, 300, 357 ff. s. oben Kap. 4 I. 3. a). BGBl. 1980, Teil I, S. 1537 ff.
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Behandlung von Beiträgen und Spenden an politische Parteien präzisierten. Das Verfahren war durch einen Normenkontrollantrag der Niedersächsischen Landesregierung gemäß Art. 93 Abs.1 Nr.2 GG am 29. Juli 1978 in Gang gesetzt worden45 • Angegriffen wurden § 10 b Abs. 2 EStG und § 9 Ziff. 3 b KStG insoweit, als diese Vorschriften die steuerliche Abzugsfähigkeit von Parteispenden auf insgesamt 600 DM und im Falle der Zusammenveranlagung von Ehegatten auf insgesamt 1200 DM im Kalenderjahr beschränkten. Das Bundesverfassungsgericht erachtete den Normenkontrollantrag für unbegründet, da der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht gehalten sei, die in den Steuergesetzen festgelegten Freigrenzen zu erhöhen. Allerdings sei er andererseits ,,- in engen Grenzen _cc auch nicht daran gehindert. Ob und inwieweit der Gesetzgeber daher von dieser Möglichkeit Gebrauch machen will, sei eine politische Entscheidung, die in seinem pflichtgemäßen Ermessen stehe46 • Falls er Bestimmungen erläßt, die eine großzügiger bemessene Abzugsfähigkeit von Beiträgen und Spenden an politische Parteien beinhalten und dadurch dem Einzelnen eine Einflußnahme im Bereich der politischen Willensbildung erleichtern, müsse darauf geachtet werden, daß keine Differenzierung eintritt, die den finanziell leistungsfähigeren Bürger in gleichheitswidriger Weise bevorzugt. Die verfassungsrechtlichen Schranken, die sich aus dem Recht der Bürger auf gleiche Teilhabe am Willensbildungsprozeß sowie den Grundsätzen der Chancengleichheit und der Parteienfreiheit ergeben, müssen beachtet werden. Verfassungsrechtlich ist eine Erhöhung der steuerlichen Freibeträge daher solange erlaubt, wie der Mehrzahl der Steuerpflichtigen die Möglichkeit erhalten bleibt, in vergleichbarer Weise an der Steuervergünstigung teilzuhaben. 4. Die legale Steuerbegünstigung mittelbarer Parteispenden durm Einsmaltung steuerbefreiter Berufsverbände
Nachdem unmittelbare Parteispenden weder als Werbungskosten noch als Betriebsausgaben steuerliche Berücksichtigung finden und auch nur sehr beschränkt als Sonderausgaben abzugsfähig sind, gibt es noch eine besondere Form mittelbarer Parteifinanzierung, die eine steuerliche Begünstigung zuläßt. In Anlehnung an die vom BFH entwickelten 45 Nach Einschätzung des WDR-Redakteurs Kurt Gerhardt war die Anrufung des Bundesverfassungsgerichtes ein Versuch der CDU, das Interesse der Offentlichkeit von den seinerzeit aktuellen Spendenaffären abzulenken, Informationsgespräch des Verfassers mit Kurt Gerhardt am 23.3.1981. 46 BVerfGE 52, 63, 82.
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4. Kap.: Die steuerlichen Aspekte der Unternehmerspende
Grundsätze47 können Berufsverbände (z. B. Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften, Wirtschaftsverbände u. a.), die sich über steuerlich voll abzugsfähige Mitgliedsbeiträge48 finanzieren, einen Teil dieser Mittel an politische Parteien weitergeben, ohne den z. B. gemäß der §§ 5 Abs. 1 Nr.5 KStG 1977, 3 Ziff.3 GewStG, 3 Abs. 1 Ziff.8 VStG eingeräumten steuerfreien Status zu verlieren und ohne die steuerliche Abzugsfähigkeit der Mitgliedsbeiträge für die einzahlenden Mitglieder zu gefährden. Voraussetzung ist, daß die Berufsverbände keinen unmittelbaren Einfluß auf die staatliche Willensbildung ausüben. Deshalb darf die finanzielle Unterstützung einer Partei durch einen Berufsverband nur soweit gehen, als man darin noch die Wahrnehmung verbandspolitischer Interessen - wozu in Maßen auch allgemeinpolitische Aufgaben gehören können - sehen kann. Nur solange kein "erheblicher Teil" der Einnahmen eines Berufsverbandes politischen Parteien zugeführt wird, bleibt der Charakter eines Berufsverbandes gewahrt48 • Ist dies nicht mehr der Fall, wandelt er sich in einen "politischen Verein" mit der Konsequenz, daß ihm zufließende Mitgliedsbeiträge weder als Betriebsausgaben noch als Werbungskosten oder sonstwie geartete Spenden i. S. d. § 10 b EStG steuerlich abzugsfähig sind. Als unerheblich werden von der Finanzverwaltung Zuwendungen an politische Parteien bis zu 20 Ofo der Verbandseinnahmen angesehen50 • Im Rahmen dieser Grenze ist es Unternehmern daher möglich, einen Teil ihrer steuerabzugsfähigen Beiträge an ihre Berufs- oder sonstigen Wirtschaftsverbände den Parteien zukommen zu lassen. Gelder, die ein Verband mit der Weisung entgegennimmt, sie einer politischen Partei zuzuführen, können als sog. "Durchlaufspende" von den Gebern allerdings nicht als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten abgesetzt werdensI. Werden solche Beträge beim Verband buchhalterisch gesondert geführt, läuft er andererseits - auch bei Zahlungen größeren Umfangs - nicht Gefahr, seine Eigenschaft als Berufsverband und der damit verbundenen Steuerfreiheit zu verlierenU. Die Frage, ob eine FördergeselZschaft als Berufsverband i. S. d. Körperschaftsteuergesetzes anzusehen ist, wird jeweils im Einzelfall von der Finanzverwaltung entschiedenss. BFHE 56, 591, 597; auch BStBl. 1952 III, 288 ff. Die Mitgliedsbeiträge sind von den Mitgliedern als Betriebsausgaben oder Werbungskosten absetzbar, vgl. Blümich / Falk, § 9. " BFHE 56, 597. 150 Felix, in: Weyrauch, Anschlußgutachten, Bd. II: Vermerk zur Besteuerungspraxis vom 15. September 1978. &1 BFHE 56, 599. SI Hierzu Weinmann, S.114. 53 Vgl. beispielsweise Verfügung OFD Düsseldorf S 2144A-St 111 vom 5.11. 1969; StEK EStG § 10 b Nr.45, abgedruckt in Weyrauch, Anschlußgutachten, Bd. II, D. Anlage B: 47
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H. Auswirkungen der Steuergesetzgebung auf das Spendenverhalten 133 ß. Die Auswirkungen der Steuergesetzgebung auf die Unternehmerspenden an politische Parteien
1. Der mit der Ausgabendynamik der Parteien verbundene Zwang zu wachsender Einnabmenbescllaffung durch Spenden Seit 1949 ist es bisher keiner politischen Partei gelungen, ihren Finanzbedarf für die laufenden jährlichen Aufwendungen und die periodisch anfallenden Wahlkampfkosten ausschließlich aus eigenen Mitteln zu deckenM. Im Verlauf der letzten zehn Jahre zeichnet sich bei den Parteien immer deutlicher ein Mißverhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben ab. Die ständige Aufgabenerweiterung, die sich zwangsläufig aus der funktionalen Stellung der Parteien als politische Willensbildungsorgane in einer modernen Demokratie ergibt, rückt die Parteien allmählich in den Bereich zentraler Dienstleistungsbetriebe55 mit der Folge eines unaufhörlichen Mehrbedarfs an personellen und sachlichen Mitteln. Schon der in § 1 Abs. 2 PartG festgelegte, aber nicht abschließende Aufgabenkatalog zeigt das Ausmaß der Erwartungen, die an die Parteien als "verfassungsrechtlich notwendiger Bestandteil der freiheitlich demokratischen Grundordnung" gestellt werden5•• Diese ihnen übertragenen Aufgaben können die Parteien nicht reduzieren, ohne die Erfüllung ihres Verfassungsauftrages zu gefährden. Sie sind somit unweigerlich einer kostenintensiven Eigendynamik unterworfen. Unter diesen systemimmanenten Ausgabensteigerungen, denen ver"Der Verband wird als politischer Verein anzusehen sein, wenn er einen erheblichen Teil seiner Einnahmen politischen Parteien zuführt oder wenn er durch seine Zuwendungen einen beherrschenden Einfluß auf die Partei ausübt. Ob und ggf. in welchem Umfang die Zuwendungen als Betriebsausgaben behandelt werden können, richtet sich jeweils nach den Umständen des Einzelfalls. Ist eine "Fördergesellschaft" als politischer Verein anzusehen, kommt ein Abzug der Zuwendungen an sie als Betriebsausgaben nicht in Betracht... M Wellner, S. 60. 55 Weyrauch, Anschlußgutachten, Bd. I, S. 55. 56 § 1 Abs. 2 PartG: "Die Parteien wirken an der Bildung des politischen Willens des Volkes auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens mit, indem sie insbesondere auf die Gestaltung der öffentlichen Meinung Einfluß nehmen, die politische Bildung anregen und vertiefen, die aktive Teilnahme der Bürger am politischen Leben fördern, sich durch Aufstellung von Bewerbern an den Wahlen in Bund, Ländern und Gemeinden beteiligen, auf die politische Entwicklung in Parlament und Regierung Einfluß nehmen, die von ihnen erarbeiteten politischen Ziele in den Prozeß der staatlichen Willensbildung einführen und für eine ständige lebendige Verbindung zwischen dem Volk und den Staatsorganen sorgen."
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4. Kap.: Die steuerlichen Aspekte der Unternehmerspende
gleichbare Zuwächse auf der Einkommenseite fehlen, läuft das auch bei den Parteien herrschende Kostendeckungsprinzip Gefahr, sich in einen Grundsatz der Defizitfinanzierung zu wandeln, denn nicht die Einnahmen bestimmen die Ausgaben der Parteien, sondern die Ausgaben definieren den Finanzbedarf57 • In dieser Situation einer Dynamisierung der Kosten unterliegen die Parteien einem konstanten Zwang zur Beschaffung wachsender Einkünfte. Von den drei Haupteinnahmegruppen der Parteien - Eigenmittelaufkommen58, öffentliche Mittel in Form von Wahlkampfkostenzuschüssen und Fremdfinanzierung durch Spendenbeiträge - ist die Spendenfinanzierung die einzige Selbstfinanzierungsquelle, die sich in ihrem Aufkommen flexibel und damit den aktuellen Bedürfnissen anpaßbar zeigt. Allein die Spendenbeiträge sind geeignet, entstehende Deckungslücken in den Parteienbudgets ohne Kreditaufnahme kurzfristig zu schließen. Findet bei einer solchen Finanzstruktur eine Stagnation oder gar ein Rückgang des Spendenaufkommens statt, so trifft dies den Finanzhaushalt der Parteien an seiner empfindlichsten Stelle. Es verbleibt dann nur noch, den Fehlbedarf durch Kredite zu schließen. Eine zunehmende Verschuldung bleibt unausweichlich59• 2. Die psychologisme Wirkung der Steuerbelastung und ihre Bedeutung für die Parteispende
Welche psychologische Wirkung eine steuerliche Berücksichtigung der Parteizuwendungen gerade in Unternehmerkreisen hat, zeigen die Erfahrungen Ende der fünfziger Jahre, als die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes wegen des darin ausgesprochenen steuerlichen Abzugsverbotes einen deutlichen Spendenrückgang auslöste, ebenso wie eine Analyse der Hintergründe der Spendenaffären in den siebziger Jahren. Da nach geltendem Steuerrecht ertragsstarke Unternehmen bzw. deren Inhaber nicht nur mit einer tariflichen Einkommensteuer von 56 Ofo (Spitzenprogression ab einem zu versteuernden Einkommen von DM 130 000) zu rechnen haben60, sondern zusätzlich noch weitere Steuern Weyrauch, Anschlußgutachten, Bd. I, S. 55. Die wesentlichen Arten der Eigenfinanzierung sind: - Aufnahmegebühren, Mitgliedsbeiträge und Umlagen, - Abgaben bzw. Leistungen der Mandatsträger, - Einnahmen aus Parteivermögen und sonstigen Erwerbstätigkeiten. s. Wellner, S.44. 59 Kulitz, DOV 82, 306. 80 Tatsächlich wird allerdings dieser Spitzensteuersatz insgesamt nie ganz erreicht, da die der Höchststufe vorausgehenden Tarifstufen immer einen Abzug (bis zu DM 14837) verursachen, vgl. Rose, Die Ertragsteuern, S. 25. 57
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H. Auswirkungen der Steuergesetzgebung auf das Spendenverhalten 135 bezahlen müssen, kann die effektive Steuerbelastung weit über dem einkommensteuerlichen Spitzensatz liegen. Dies führt dazu, daß Unternehmer ihre unternehmerische Konzeption nicht mehr allein nach dem herkömmlichen Kaufmannsgrundsatz einer Erzielung größtmöglichen Erfolges bei möglichst geringem Einsatz ausrichten können, sondern immer auch die steuerlichen Auswirkungen ihres HandeIns berücksichtigen müssen. Bei gutgehenden Unternehmen mit hoher Gewinnerwartung - aus ihren Reihen rekrutiert sich ja die Masse der potentiellen Großspender - lautet demzufolge die brennendste Frage nicht immer: "Wie erzielen wir einen höchstmöglichen Gewinn?" sondern häufig: "Auf welche Weise können wir noch Steuern sparen?" Daß diese Denkweise, der immerhin eine ganze "Abschreibungsbranche" ihren Ursprung und ihr fortlaufendes Wohlergehen verdankt, auch im Bereich der Spendenakquisition eine zentrale Bedeutung hat, leuchtet ein. Ein Kaufmann wird sich um so leichter zu einer Parteispende entschließen, wenn er weiß, daß er sie steuermindernd beim Finanzamt geltend machen kann und damit in der Lage ist, u. U. weit über die Hälfte der Zuwendung sich über seine Steuerersparnis wieder zurückholen zu können. 3. Verdec1de Parteispende und die kumulierende Ersparniswirkung bei allen ertragsabhängigen Steuern am Beispiel der Einkommen- und Gewerbesteuer
Die bei Unternehmern weitverbreitete "Steuersparmentalität" läßt sich im Bereich der politischen Spende legal nur sehr beschränkt - im Rahmen der §§ 10 b Abs.2 EStG, 9 Ziff. 3 b KStG - in tatsächliche Ersparnis umsetzen. Hinzu kommt der Umstand, daß der im Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht zugelassene Abzug für die Berechnung der Gewerbesteuer außer Ansatz bleibt61 • Wie an anderer Stelle dieser Arbeit62 dargestellt, entwickeln Unternehmer und Spendenakquisiteure der Parteien einen erstaunlichen Erfindungsreichtum, wenn es darum geht, eine Parteizuwendung durch fingierte Rechnungen von Zwischenorganisationen (z. B. die Europäische Unternehmensberatungsanstalt, Zeitungsverlage, Werbebüros usw.) in abzugsfähige Betriebsausgaben umzuwandeln. Ist dies erreicht, wirkt die als Betriebsausgabe verdeckte Parteispende in kumulierender Weise steuersparend bei allen Steuerarten, deren Bemessungsgrundlagen sich mindestens teilweise aus 81 § 8 Nr.9 GewStG verlangt für die Feststellung des Gewerbegewinns die Hinzurechnung der Ausgaben i. S. d. § 9 Ziff. 3 KStG. Aus § 9 Nr.5 GewStG ergibt sich, daß die gemäß § 10 b Abs. 2 EStG abzugsfähigen Parteispenden den für die Gewerbesteuer relevanten Gewerbeertrag nicht mindern; vgl. hierzu auch die Abschnitte 64 und 58 der Gewerbesteuerrichtlinien 1978 i. d. F. vom 21. Juni 1979 (BStBl. 1979 I, Sondernummer 4/79). 82 s. oben Kap. 2 HI. 2. a-f).
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4. Kap.: Die steuerlichen Aspekte der Unternehmerspende
dem Ertrag ergeben63 • Zu den ertragsabhängigen Steuern zählt auch die Gewerbesteuer, da gemäß § 6 GewStG neben dem Gewerbekapital der Gewerbeertrag Grundlage der Besteuerung ist. Eine einfache Berechnung soll in folgendem Beispiel die kumulierende Steuerersparnis verdeutlichenef , die der Unternehmer erzielt, wenn er seine Parteispende als Betriebsausgabe geltend macht.
Kasuistische Veranlagungssimulation Ein einzelkaufmännisch geführter Gewerbebetrieb erwirtschaftet einen Gewerbeertrag in Höhe von DM 500 000. Dieser Gewinn soll als Ausgangsgröße dienen. Gewerblicher Gewinn ...................................... ;( Freibetrag gern. § 11 I GewStG ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ;( Gewerbeertragsteuer65 •••••••••••••••••••••••••••••••••• versteuerbarer Reingewinn ................................ ;( Steuerschuld nach ESt-Grundtabelle .................... verfügbares Einkommen nach Steuern ......................
500 000 36 000 464000 69 600 394 400 207 175 187 225
Reduziert der Unternehmer seinen Gewinn um die als Betriebsausgabe deklarierte Parteispende, ergibt sich folgende Berechnung: Gewerblicher Gewinn ..................................... . 500000 20000 ;( 20 000 verdeckte Parteispenden ......................... . reduzierter Gewinn ....................................... . 480000 36000 ;( Freibetrag gern. § 11 I GewStG ......................... . 444000 66600 ;( Gewerbeertragsteuer ................................... . versteuerbarer Reingewinn ............................... . 377400 ;( Steuerschuld nach ESt-Grundtabelle ................... . 197666 verfügbares Einkommen nach Steuern ..................... . 179734 Die Differenz im verfügbaren Einkommen des Unternehmers beträgt DM 7491. Er braucht also nur 37,45 Ofo seiner Parteispende aus eigener Tasche aufzubringen. Die verbleibenden 62,55 Ofo holt er sich durch 83 Zu den Grundsätzen der Teilsteuerrechnung vgl. Rose, Die Steuerbelastung der Unternehmung, S. 71 ff. ef Da es für den hier interessierenden Bereich nur auf den Gewebeertrag ankommt, genügt für das Berechnungsbeispiel allein die Berücksichtigung der Gewerbeertragsteuer. 85 Die Anwendung der Steuermeßzahl von 5 % (§ 11 Abs. 1 GewStG) aus 464000 führt zu einem Steuermeßbetrag von 23200. Nach Anwendung eines unterstellten Hebesatzes von 300 % ergibt sich die Gewerbeertragsteuer von 69600, der Einfachheit halber unter Vernachlässigung der eigenen Abzugsfähigkeit.
H. Auswirkungen der Steuergesetzgebung auf das Spendenverhalten 137 ersparte Steuern zurück und beteiligt den Fiskus an seinem Parteifinanzierungsbeitrag in einer Höhe (im Beispiel DM 12 509), die weit über seinem einkommensteuerlichen Progressionssatz von 56 Ofo liegt. Ist der Unternehmer kirchensteuerpflichtig, kommt prozentual eine weitere Erhöhung der Steuerersparnis in Betracht. Die Feststellung Rittners88, daß ein Unternehmen "über die ,mittelbaren' Spenden ... nicht wesentlich mehr an Steuerersparnis zu erreichen" vermag, stimmt mit der Praxis nicht überein. Es gibt ein Finanzierungsmodell, das dem Spender nach erfolgter Zuwendung an eine als gemeinnützig anerkannte Organisation und entsprechender steuerlicher Berücksichtigung netto mehr Geld übrig läßt, als wenn er gar nicht gespendet hätte. Dies erfolgt in der Weise, daß ein Spender von der als gemeinnützig anerkannten Institution neben der Spendenquittung einen über dem Prozentsatz der persönlichen Steuerprogression liegenden Anteil der Spendensumme wieder zurückerhäUS7 • 4. Der Fall Frascbka, ein Hinterziehungsmodell aus der Praxis
Im Bewußtsein der Neigung kapitalkräftiger Kreise, den Fiskus an ihren Parteispenden zu beteiligen, entwickelten die mit der Geldbeschaffung befaßten Parteimitglieder immer verfeinerte Methoden der Spendenakquisition. Neben dem Geschäftsführer der Union BetriebsGmbH, Peter Müllenbach, der den über die EU in Liechtenstein organisierten Gutachtenverkauf in Schwung brachtee8 , tat sich im süddeutschen Raum vor allem der Spendenakquisiteur Günter Fraschka hervor. Ermittlungen, die im Zusammenhang mit der Steiner-Affäre 1973 durchgeführt wurden, deckten ein Finanzierungsmodell auf, welches exemplarisch für viele ähnliche Konstruktionen8u vorgestellt werden soll: Im Mittelpunkt der Spendensammelaktion stand das von Fraschka geführte "Büro für Publizistik". Als Spendenakquisiteur der CDU trat Fraschka an verschiedene Firmen heran, um für Zuwendungen zu werben. Der Entschluß zu Spendenleistungen wurde Unternehmern und Managern dadurch erleichtert, daß Fraschkas Büro für Publizistik Rechnungen über Werbeleistungen oder Lieferungen sog. Limeshefte erstellte, die von den Betrieben ordnungsgemäß verbucht und bezahlt Unternehmerspenden, S. 233. Nach den vom SPIEGEL Nr. 211982, S.30/31, bekanntgemachten Ermittlungsergebnissen soll der Flick-Konzern innerhalb von zehn Jahren in einer Größenordnung von 10 Millionen Mark an die "Soverdin Gesellschaft für Gemeinwohl mbH" gespendet und von dieser 8 Millionen wieder zurückerstattet bekommen haben. 88 s. oben Kap. 2 IH. 2. d). 89 Ein weiteres Beispiel findet sich im SPIEGEL Nr. 13/1982, S. 98 ff. 88 87
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4. Kap.: Die steuerlichen Aspekte der Unternehmerspende
wurden. Auf diese Weise konnten die - zum Ausgleich für vergleichsweise wertlose oder gar nicht erbrachte Leistungen - in Rechnung gestellten Beträge als Betriebsausgabe von den Unternehmen steuermindernd geltend gemacht werden. Dem Inhaber eines Pharmawerkes, zugleich Verbandsvorsitzender der chemischen Industrie, bot Fraschka darüber hinaus an, bei Bezug von Fachzeitschriften, die Hälfte der 10% igen Provision "als Rücklauf zu erstatten". "Denn bei einem Streuetat von mindestens 2 Mill. DM ergäbe das 200 000 DM, bzw. 100 000 DM für die Firma70 ." Fraschka stand nun seinerseits vor dem Problem, die von ihm bzw. seinem Büro für Publizistik offiziell vereinnahmten Gelder versteuern zu müssen. Damit wäre jedoch der eigentliche Zweck der Zahlungen, sie als Parteispende ungekürzt der CDU zugute kommen zu lassen, nicht erreicht worden. Es mußte deshalb ein Weg gefunden werden, die offiziell verbuchten Einnahmen als Betriebsaufwendungen so auszugeben, daß mangels Gewinn keine Besteuerung drohte und diese Gelder damit für die Partei zur Verfügung standen. Dieses Ziel erreichte man durch Zwischenschaltung eines von der Körperschaftsteuer befreiten Berufsverbandes. Im konkreten Fall war dies der "Verband von Industrie, Handel und Gewerbe zur Förderung des Eigentumsgedanken e. V." in Ravensburg, dessen Geschäftsführung dem früheren Bundestagsabgeordneten Julius Steiner oblag. Da von der Körperschaftsteuer befreite Berufsverbände i. d. R. keiner Außenprüfung der Finanzverwaltung unterliegen, droht diesen Institutionen kaum Gefahr einer Aufdeckung ihrer Manipulationen. Steiners Verband stellte nun an Fraschkas Büro für Publizistik Rechnungen über Leistungen aus, "die von Mitarbeitern der CDU kostenlos ausgeführt wurden". Die Höhe der Rechnungsbeträge wurde jeweils im voraus zwischen Fraschka und Steiner vereinbart und damit betragsmäßig den bei Fraschka eingehenden verdeckten Parteispenden angepaßt. In den Jahren 1968 bis 1970 handelte es sich um Rechnungen in Höhe von insgesamt DM 201 84671 ,. die von Fraschkas Büro für Publizistik verbucht, per Aktennotiz Fraschkas vom Oktober 1971. Die allein durch diesen Betrag erfolgte Steuerverkürzung wurde von dem für Steiner zuständigen Finanzamt mit DM 114831 errechnet. Auf Vorhalt, warum er die sich aus der Rechnungstellung an Fraschka ergebende steuerliche Verpflichtung nicht erfüllt habe, antwortete Steiner, er wäre der Ansicht gewesen, "der Verband sei als Finanzierungsverein der CDU eine steuerliche Institution". Was immer diese Antwort aussagen mag, beweist sie jedenfalls eine ungewöhnliche Gelassenheit, wenn es um Steuerhinterziehung zugunsten einer großen Partei geht. Immer wieder begegnet man dem Hinweis aus Spenderkreisen, daß Parteispenden, welche in steuerverkürzender Weise geleistet werden, bis zu einem Betrag von DM 20000 von der Finanzverwaltung nicht beanstandet, sondern als Bagatellfälle angesehen wurden. "Der Betrag von 20 000 DM wurde bislang nach meinem Wissen dann geduldet, wenn eine Rechnung einer sogenannten zugelassenen Institution vorgelegt werden konnte." (Aus dem Vernehmungsprotokoll eines CDU-Spenders.) 70 71
11. Auswirkungen der Steuergesetzgebung auf das Spendenverhalten 139 Scheck bezahlt und als Betriebsausgaben abgesetzt wurden. Steiner seinerseits vereinnahmte die Schecks nicht offiziell, sondern reichte sie auf seinem Privatkonto zur Gutschrift ein, um das Geld sofort wieder bar an Fraschka zurückzugeben. Nun waren die ursprünglich von Firmen aufgebrachten Beträge wieder bei Fraschka, nur mit dem Unterschied, daß sie diesmal nicht mehr als offizielle Einnahme verbucht werden mußten. Fraschka leitete das Geld sodann an CDU-Kreisverbände weiter, die diese Zuwendungen teilweise gar nicht als Parteieinnahmen in den Rechenschaftsberichten erfaBten72 • Während Fraschka wegen täterschaftlich begangener Steuerhinterziehung einen inzwischen rechtskräftigen Strafbefehl über DM 80 000 erhieW3 , wurden die Ermittlungsverfahren gegen die für die verdeckten Parteispenden verantwortlichen Firmenleiter in aller Regel eingestelW4 • Auch die SPD sieht sich in neuerer Zeit mit der Vermutung, ähnliche Hinterziehungsmodelle entwickelt zu haben, im Rampenlicht der Öffentlichkeit. Gegen den SPD-eigenen Vorwärts-Verlag und die Sozialdemokratische Pressedienst GmbH wurden Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts eingeleitet, Spendern aus der Wirtschaft Rechnungen für nicht erschienene Anzeigen und nicht ausgeliefertes Druckmaterial ausgestellt und den Unternehmern damit die steuerliche Abzugsfähigkeit ihrer Zuwendung ermöglicht zu haben76 • 5. steuerfahndung, Strafverfahren und Publizität als Sperren gegen den Spendenfluß aus der Wirtschaft
Einer unangenehmen Publizität war die CDU ausgesetzt, als in den Jahren 1977 und 1978 Ermittlungsverfahren wegen des Verdachtes der Steuerhinterziehung gegen 105 deutsche Unternehmen von insgesamt 30 Staatsanwaltschaften eingeleitet wurden76 • Auslösendes Moment der Aktion waren die anläßlich einer Außenprüfung bei der CDU-eigenen Union Betriebs-GmbH entdeckten Rechnungsfotokopien der EU über 72 Ergebnis der überprüfung eines CDU-Kreisverbandes anläßlich eines steuerlichen Ermittlungsverfahrens. Fraschka, der seinerzeit zur Geldbeschaffung für die CDU die ,Limes'-Hefte verkaufte (s. oben Kap. 2 111. 2. b), FN 114), soll inzwischen das Nachfolgeblatt ,Südwestdeutsche Illustrierte' mit derselben Zweckbestimmung vertreiben, Information von HanshoTst ThoTspecken, ehemals Sachgebietsleiter der mit Parteispendenaffären befaßten Straf- und Bußgeldsachenstelle des Finanzamtes Mannheim-Stadt. 73 Vgl. Süddeutsche Zeitung vom 25. 1. 1980. 74 Vgl. Bad.-Württ. LT-Drucks. 7/3923 vom 2.8.1978. 75 Die Welt, Nr.188 vom 15./16.8.1981, S.3; SPIEGEL Nr.50/1981, S. 17 ff.; Nr. 5111981, S. 20; Nr. 3/1982, S. 33 ff. 78 SPIEGEL Nr.26/1977, S. 34; SPIEGEL Nr. 19/1979, S. 23; WiWo 48/77, S. 16.
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4. Kap.: Die steuerlichen Aspekte der Unternehmerspende
Gutachten und Vorträge77, welche der Finanzverwaltung die Praktiken offenbarten, mit denen die Parteispenden anonym und steuerbegünstigt geleistet werden. Entgegen der herrschenden Rechtslage, wonach Spenden an politische Parteien keinesfalls als Betriebsausgaben anerkannt werden78 , wurden Rechnungen für Leistungen ausgestellt und bezahlt, die entweder gar nicht erbracht wurden oder für die Unternehmen vollkommen nutzlos waren". Die Berechnung diente allein dem Zweck, die bezahlten und an die gewünschte Partei weitergeleiteten Beträge als Betriebsausgaben steuermindernd geltend machen zu können. Die Folge der Ermittlungsverfahren80 , die in den meisten Fällen zu Strafbefehlen führten und von einer für die Betroffenen unangenehmen Publizität begleitet waren, bestand in einer gehörigen Verärgerung der Spender und ihrem Entschluß, den Parteien künftig die finanzielle Unterstützung zu versagen81 • 6. Die zunehmende Verschuldung als Folge einer Spendenverweigerung der Unternehmer am Beispiel der CDU
Die Auswirkungen der Strafverfolgungen gegen potentielle Parteispender auf den Finanzhaushalt der Parteien zeigten sich prompt. Für die CDU konstatiert Weyrauch 82 : "Die finanzielle Situation der CDU-Bundestagspartei ist im laufenden Jahr (1978) dadurch verschärft worden, daß der Spendeneingang wegen der öffentlichen Diskussion über die steuerliche Problematik der ParteienSPIEGEL Nr. 8/1978, S. 54 und oben Kap. 2 111. 2. d~). s. oben Kap. 4 I. 2. 70 Vgl. im einzelnen oben Kap. 2 111. 2. d-f). 80 Ohne Erfolg bot der Generalbevollmächtigte des CDU-Bundesschatzmeisters, Uwe Lüthje, dem damaligen Finanzminister von Nordrhein-Westfalen, Halstenberg, einen Scheck über 1,6 Millionen DM als pauschale Abgeltung für die durch verdeckte Unternehmerspenden erzeugte Steuerverkürzung an. Die damit bezweckte Einstellung der Ermittlungsverfahren gegen die CDU-Spender wurde nicht erreicht, Informationsgespräch vom 8.7. 1981 mit HanshoTst ThoTspecken, ehemals Sachgebietsleiter der mit Parteispendenaffären befaßten Straf- und Bußgeldsachenstelle des Finanzamtes Mannheim-Stadt; WiWo 20/79, S. 16; SPIEGEL 8/1978, S. 55. Um die Gutachtenkäufer vor den drohenden Ermittlungsverfahren zu warnen, erschien in der Finanz-Rundschau ein Diskussionsbeitrag mit dem Hinweis: "In der Presse wurden weithin die Praktiken erörtert, daß Parteien Wirtschaftsunternehmen und Drittfirmen, auch ausländische, einschalten, um gegen überhöhte Entgelte Wirtschaftsgüter zu vertreiben oder um Scheingeschäfte abzuschließen. Die angesprochenen Geschäfte, die in der Presse unterschiedlich dargestellt werden, sollten die Berater veranlassen, diese Komplexe in ihre Beratungsgespräche einfließen zu lassen, da in extremen Fällen Selbstanzeige geboten ist, weil offenbar Ermittlungen breiteren Umfangs angelaufen sind", s. FinR 5/1977, S.114. 81 WiWo 48/77, S.24. 82 Gutachtliche Stellungnahme CDU, S. 6. 77
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H. Auswirkungen der Steuergesetzgebung auf das Spendenverhalten 141 finanzierung bis zur Bedeutungslosigkeit zurückgegangen ist. Hatte die CDU-Bundestagspartei im vergangenen Jahr einen Spendeneingang von 11959984,85 DM (der allerdings in 1977 wegen einiger Spendenabwicklungen, die noch aus dem Bundestagswahljahr 1976 resultierten, relativ hoch war), so betrug der Spendeneingang im ersten Halbjahr 1978 nur noch 11 696,25 DM (zum Vergleich: im ersten Halbjahr 1977 betrug der Spendeneingang 4792274,35 DM)." Dies traf die eDU um so härter, als sie sich dem Stadium konstanter Überschuldung näherte. Am 9. Juli 1978 stellte der mit der Abschlußprüfung der Jahresrechnung zum 31. Dezember 1977 der Bundesgeschäftsstelle der eDU, Bonn, befaßte Wirtschaftsprüfer Pougin fest 83 : "Da die Verpflichtungen die Vermögenswerte um rd. 6,1 Mio. DM übersteigen, ist die Christliche Demokratische Union Deutschlands nach der vorliegenden Bilanz zum 31. Dezember 1977 weiterhin verschuldet." Pougin wies in diesem Zusammenhang auf die bestehende Vergleichs-
bzw. Konkursantragspflicht hin, falls sich die Überschuldung nicht beseitigen lasse. Daß dies in Kürze möglich sei, widerlegt Weyrauch in seiner Darstellung des Kreditumfanges der eDU im Jahr 1978. In diesem Jahr stand der eDU "zur Sicherung der liquiditätsmäßigen Abwicklung" ein Kreditrahmen von 24,2 Millionen Mark zur Verfügung, der - nach den Weyrauch gegebenen Informationen - auch voll in Anspruch genommen wurde84 • Die Kreditzusagen beliefen sich im Einzelfall auf 6,2 Millionen, 8,4 Millionen und 9,6 Millionen, wobei der Zinssatz zwischen 3 % bis 3,5 % über Bundesbankdiskont betrug. 7. Verschuldung als neue Form der Abhängigkeit von wenigen Großunternehmen
Neben der Tatsache, daß die Kreditinanspruchnahme der eDU insgesamt bedenkliche Ausmaße annimm~, begibt sich diese große Volkspartei mit einer solchen Verschuldung bei nur drei Großbanken in eine Abhängigkeit, wie sie ein einzelner Spender auch mit noch so großen Zuwendungen nicht herstellen kann. In der Budgetplanung der eDU vom 9. Februar 197888 wurde der Zinsaufwand mit 1,15 Millionen Mark - wohl immer noch zu wenig - angesetzt. Berücksichtigt man den Umstand, daß der Zinssatz seit seinem damaligen Tiefstand Anfang 1978 (ca. 60/0) auf annähernd das Doppelte (10-120/0) gestiegen ist, 83
84 85
Pougin, zitiert in Weyrauch, Gutachtliche Stellungnahme CDU, S. 2/3.
Weyrauch, Gutachtliche Stellungnahme CDU, S. 4/5. Weyrauch: "Die überschuldung hat ein Maß erreicht, das eine Beschäf-
tigung mit dem Konkurs- und Vergleichsrecht erforderlich macht." In: Gutachtliche Stellungnahme CDU, S.17. 88 Etat der Bundesgeschäftsstelle für das Rechnungsjahr 1978, Anlage H in Weyrauch, Gutachtliche Stellungnahme CDU.
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4. Kap.: Die steuerlichen Aspekte der Unternehmerspende
sieht sich die CDU schon bei einer gleichbleibenden Verschuldung einer jährlichen Zinsbelastung von bis zu 3 Millionen Mark ausgesetzt. Die steigende Verschuldung offenbart, daß ein großer Teil des Parteibetriebs praktisch bereits über Kredite finanziert wird87 • Die SPD weist in ihrem Rechenschaftsbericht für 198088 einen Schuldenstand von 51 Millionen Mark aus. Im Bereich der Wahlkampffinanzierung, für welche die SPD im Wahljahr 1980 60 Millionen Mark aufbrachte, sieht sich der SPD-Bundesschatzmeister, Friedrich Halstenberg, genötigt, eine fünfzigprozentige Budgetkürzung auf 30 Millionen Mark für den nächsten Wahlkampf vorzunehmen, da er nicht damit rechnen könne, "im Jahre 1984 einen großen Betrag aus Spendenmitteln finanzieren zu können "89. Das Nachlassen des Spendenaufkommens9o ist in dieser Situation für alle Bundestags-Parteien mit dem zwangsläufigen Ansteigen der Verschuldung verknüpft und führt zu einer Verbundenheit der Parteien mit wenigen kreditgebenden Großunternehmen, die eine Abhängigkeit ganz neuer Qualität darstellt. Die Möglichkeiten der Geldinstitute, über Zinssätze oder gar Stundungen zu "verhandeln" und damit den Parteien gewichtige Vorteile (Sicherung ihrer Liquidität) in Aussicht zu stellen, eröffnet den Kreditinstituten ein nicht zu unterschätzendes Einflußpotential9 t, eine Tatsache, die bisher in keiner Weise in der Gesetzgebung berücksichtigt worden ist. 8. Zusammenfassung
Die Finanzierungslücken der Parteien verursachen eine Verschuldung mit steigender Tendenz, führen zu einseitigen Abhängigkeiten verbunden mit einer Gefährdung der Parteienfreiheit, verwickeln angesehene Spitzenpolitiker92 und Unternehmer93 in Spendenaffären sowie staats87 Diese Tatsache bestätigt auch die Niedersächsische Landesregierung anläßlich des Normenkontrollverfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht im Jahre 1978, s. WiWo 40/78, S. 15. 88 BAnz. Nr. 227 vom 4. 12. 1981, S.5. 89 SPIEGEL-Interview mit Halstenberg, SPIEGEL Nr.51/1981, S. 20/21. 90 Das Bekanntwerden der neuen Spendenaffären um die Jahreswende 1981/1982 hinterließ bei der F.D.P. seine Wirkung: "Wir haben praktisch keine Spendeneingänge mehr!", F.D.P.-Generalsekretär Günther Verheugen im "Bericht aus Bonn", ARD-"Tagesthemen"-Sendung vom 15.1.1982. 91 Kulitz, DOV 82,308. 92 BMWi Otto Graf Lambsdorff, die ehemaligen BMFi Hans Matthöfer und Manfred Lahnstein, BML Josef Ertl, CDU-Bundesschatzmeister Walter Leisler Kiep u. a. Siehe auch die Stellungnahmen der Betroffenen zu den Vorwürfen der Vorteilsannahme, FAZ vom 30.3.1982, S. 2. 93 Friedrich Kar! Flick, Eberhard von Brauchitsch, Hans Friderichs (Vorstandsvorsitzender der Dresdner Bank, ehemals BMWi). Nachdem der Prä-
III. Lösungsvorschläge
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anwaltschaftliche Ermittlungsverfahren94 und können dadurch einen generellen Vertrauensschwund gegenüber politischen Parteien als verfassungsrechtlich legitimierten Repräsentanten des Volkes bewirken. Das sind Folgen, die das Bundesverfassungsgericht mit seiner Rechtsprechung "zur steuerlichen Berücksichtigung von Beiträgen und Spenden an politische Parteien"95 nicht beabsichtigte und die für die Zukunft im besonderen durch eine Revitalisierung der Spendenfinanzierung behoben werden sollten98 .
111. Lösungsvorschläge Da sich aufgrund der Verfassungsrechtsprechung eine weitere Erhöhung der unmittelbaren staatlichen Beteiligung an der Spendenfinanzierung verbietet und auch das Eigenmittelaufkommen der Parteien wenig beeinflußbar ist, kann die Beseitigung des finanziellen Fehlbedarfs der sident des BDI, Nikolaus Fasolt, bereits im August 1978 wegen seiner Verwicklungen in Parteispendenaffären zurücktreten mußte, legte der amtierende Vizepräsident und designierte Präsident des BDI, Eberhard von Brauchitsch, wegen des gegen ihn eingeleiteten Ermittlungsverfahrens sein Amt mit den Worten nieder: "Bei meinem Verständnis von der dienenden Funktion des Präsidenten für die gesamte Industrie halte ich deshalb eine Trennung meiner Person von jeder Funktion im BDI für notwendig und nicht aufschiebbar." FAZ vom 26.2.1982, S. 14. 94 Vgl. SPIEGEL-Titelgeschichte, "Die öffentliche Wirkung ist verheerend", SPIEGEL Nr. 9/1982, S. 19 ff. 95 BVerfGE 52, 63 ff.; 8, 51 ff. U6 Dies erkannten auch die Schatzmeister der Bundestagsparteien und bereiteten schon 1978 einen Gesetzentwurf vor, der die Einrichtung eines "Allgemeinen Spendenfonds" beim Parlamentspräsidenten beinhaltete. Zuwendungen an diesen Spendenfonds sollten bis zur Höhe von DM 10 000/ 20 000 einkommensteuer- und bis zu DM 10 000 körperschaftsteuerbegünstigt sein. 97 % des Aufkommens waren, je zur Hälfte zu gleichen Teilen und dem Wahlergebnis entsprechend, an die Bundestagsparteien zu verteilen, der Rest sollte an die nicht im Bundestag vertretenen Parteien gehen. Dieser von den Schatzmeistern gemeinsam erarbeitete Gesetzesvorschlag beinhaltete eine Klausel, welche vorsah, die "bisherigen mittelbaren Zuwendungen" als "Zuwendungen an allgemeine Spendenfonds" anzusehen. Damit sollte den zu jener Zeit im ganzen Land laufenden Ermittlungsverfahren gegen Unternehmer wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung durch Absetzung verdeckter Parteispenden der Boden entzogen werden. Dieser Versuch der Schatzmeister, ihren Gönnern aus der Wirtschaft eine Generalamnestie zu verschaffen, ließ die gemeinsame Initiative bereits im parlamentarischen Vorfeld scheitern, vgl. Siebert, Neue Entwicklungstendenzen der Parteienfinanzierung, in: Kaack / Roth, Handbuch des deutschen Parteiensystems, Band 1, S.190/191; WiWo 26178, S.17; SPIEGEL Nr.48/1977, S.24. Zur Frage der rechtlichen Durchsetzbarkeit einer Amnestie, wie sie zur Jahreswende 1981/1982 erneut in die politische Diskussion gebracht wurde, vgl. die unterschiedlichen Auffassungen von Franzheim, Parteispenden - Steuerhinterziehung - Straffreiheit?, in: NStZ 1982, 137, 139 ff. und Danzer, Steuer- und strafrechtliche Aspekte der Parteienfinanzierung durch Spenden, Die Aktiengesellschaft 1982, 57, 71.
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4. Kap.: Die steuerlichen Aspekte der Unternehmerspende
politischen Parteien auf Dauer allein mit einer steuergesetzlichen Neuordnung der Spendenfinanzierung erreicht werden. 1. Einführung des Gemeinnützigkeitsstatus für politische Parteien
Würde man politische Parteien steuerrechtlich als gemeinnützig anerkennen, könnte man ihre vereinnahmten Spenden in gleicher Weise behandeln wie die Förderungsbeträge für mildtätige, kirchliche, religiöse und die als besonders förderungswürdig anerkannten gemeinnützigen Zwecke i. S. d. §§ 10 b Abs. 1 EStG, 9 Ziff. 3 a KStG. Bei einer steuerlichen Abzugsfähigkeit der Zuwendungen bis zur Höhe von insgesamt 5 v. H. des Gesamtbetrages der Einkünfte des Spenders oder 2 v. T. der Summe der gesamten Umsätze des Unternehmens und seiner im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter als Sonderausgaben, wäre vor allem von gutverdienenden Freiberuflern und umsatzstarken Unternehmern eine massive Erhöhung der Spendenbereitschaft zu erwarten. Für diese Lösung streitet Klein97 , der die Gemeinnützigkeit der politischen Parteien als "vernünftigerweise" nicht bestreitbar ansieht und das Ergebnis der vom Bundesverfassungsgericht durchgeführten Abwägung zwischen einer besseren Finanzausstattung der politischen Parteien einerseits und der Bewahrung der Chancengleichheit der Parteien sowie des Bürgerrechts auf gleiche Teilhabe an der politischen Willensbildung andererseits zugunsten des letzteren als "nicht schlüssig" und "realitätsfern" betrachtet. Im einzelnen versucht Klein, der Annahme des Bundesverfassungsgerichtes, der Großverdiener verschaffe seiner politischen Meinung mit seiner höheren Steuerersparnis eine größere Werbekraft als der Spender mit niedrigem Einkommen, mit dem Argument zu begegnen, daß die Werbewirkung nicht von der Steuerersparnis abhänge, sondern von der Höhe der Zuwendung, mithin es also an der Kausalität fehle 9s • Im übrigen zwinge die Nähe der politischen Parteien zum Prozeß der staatlichen Willensbildung nicht zu einer unterschiedlichen Beurteilung im Vergleich zu gemeinnützigen Spenden. Schließlich sei ein etwaiger Einfluß von Großspendern auf die Politik durch das Gebot der Offenlegung "ausreichend neutralisiert" .
Kritik Abgesehen davon, daß das Offenlegungsgebot des § 25 PartG - über die reine Alibifunktion für gerade solche Argumentationsweisen, wie von Klein vorgetragen, hinaus - kaum zu vermehrter Transparenz bei97 Parteien sind gemeinnützig in: NJW 1982, 735 ff. 98 Ebd., S. 737.
das Problem der Parteienfinanzierung,
III. Lösungsvorschläge
145
trägt99 , veraniaßt vor allem die unmittelbare Beziehung der Parteien zur politischen Willensbildung das Bundesverfassungsgericht, im Bereich von Wahlen den Verfassungsgrundsatz der Gleichheit enger zu fassen als in Art. 3 Abs. 1 GG100• Den Nachweis, warum die unterschiedliche verfassungsrechtliche Behandlung von politischen und gemeinnützigen Spenden nicht schlüssig sei, bleibt Klein schuldig. Ihm ist zwar zuzustimmen, daß nicht die Steuerersparnis, sondern die tatsächlich zugewendete Spendensumme Werbewirkung für eine politische Meinung entfaltet, doch ändert dies nichts an der verfassungsrechtlichen Beurteilung, da die Steuerersparnis i. d. R. geradezu Vorbedingung für die Hingabe größerer Spenden darstellt. Da sich bisher keine grundlegend neuen Tatsachen ergeben haben, die das Bundesverfassungsgericht in begründeter Weise zu einer Abkehr seiner bisherigen Rechtsprechung insbesonderere zur Frage der Gemeinnützigkeit politischer Parteien veranlassen könnten, scheint eine erneute Anrufung des Bundesverfassungsgerichtes101 zur Beurteilung altbekannter Fragen wenig hilfreich10I• Aussichtsreicher als die steuerliche Gemeinnützigkeitsanerkennung politischer Parteien, welche mit einer über zwanzigjährigen und erst im Jahre 1979 nochmals ausdrücklich bestätigten Verfassungsrechtsprechung kollidieren müßte, erscheinen hingegen Finanzierungsmodelle, die der bisherigen Verfassungsrechtsprechung umfassend Rechnung tragen. 2. Bürgerspende aus Steuermitteln
Insbesondere dem Bürgerrecht auf gleiche Teilhabe am politischen Willensbildungsprozeß und der Parteienfreiheit vor einseitigen finanziellen Einflußnahmen wird der aus einem Beispiel im amerikanischen Steuerrecht hervorgegangene Vorschlag gerecht, einen feststehenden Betrag aus der Steuerzahlung des Steuerpflichtigen zur Finanzierung politischer Parteien zu verwenden103• In gleicher Weise wie 26 USC § 6096 (Internal Revenue Code) vorsieht, daß jeder Steuerpflichtige in seiner jährlichen Steuererklärung die Finanzverwaltung veranlassen s. hierzu ausführlich oben Kap. 2 III. 4. und 5. BVerfGE 52, 63, 89; s. auch oben Kap. 2 I. 4. 101 Klein: "Dem Bundesverfassungsgericht muß nach alledem Gelegenheit gegeben werden, seine Rechtsprechung zu überprüfen." NJW 1982, 737. 101 Ebenso Danzer, S.57, 71, der die Position des Bundesverfassungsgerichtes als "zumindest auf absehbare Zeit festgeschrieben" ansieht. Er plädiert für eine Lösung mittels Änderung des Art. 21 GG dergestalt, "daß sich Bund und Länder unmittelbar und mittelbar an der Parteienfinanzierung zu beteiligen haben". Ausführliche Kritik an den Auffassungen Kleins übt 'V. Arnim, S. 76-80. 108 Kulitz, DOV 82, 309. 88
100
10 Kulitz
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4. Kap.: Die steuerlichen Aspekte der Unternehmerspende
kann, einen Dollar der von ihm zu bezahlenden Steuerschuld dem Presidential Election Campaign Fund zu überweisen, könnte der deutsche Steuerbürger das Recht erhalten, in der Einkommensteuererklärung bzw. dem Antrag auf Lohnsteuerjahresausgleich bestimmen zu können, daß z. B. DM 10 aus seiner Steuerzahlung einer politischen Partei seinen Wahl von der Finanzverwaltung zur Verfügung gestellt wird. Ausweislich der vom Internal Revenue Service herausgegebenen "Statistics of Income"104 haben die mit einer entsprechenden Steuer belasteten amerikanischen Steuerzahler in den Jahren 1976 bis 1978 im Durchschnitt zu 55 Ofo von der sie nichts kostenden Möglichkeit Gebrauch gemacht. überträgt man dieses Resultat beispielhaft auf deutsche Verhältnisse und legt die vorgeschlagene DM-10-Spende zugrunde, ergäbe sich bei den etwa 30 Millionen steuerbelasteten Lohn- und Einkommensteuerpflichtigenl05 ein Spendenaufkommen von 165 Millionen DM für die politischen Parteien allein aus dieser Finanzierungsvariante. Obwohl durch den Steuerausfall der staatliche Anteil an der Parteienfinanzierung erheblich vergrößert wird, führt dieses Verfahren zu keiner erhöhten Abhängigkeit der politischen Parteien vom Staat, da die Entscheidung über die Hingabe einer Spende weiterhin beim steuerbelasteten Bürger liegt. Allein die Gefahr einseitiger Abhängigkeit vom Staat veranlaßt das Bundesverfassungsgericht, eine überwiegende Staatsfinanzierung abzulehnen. Kann eine staatliche Alimentation der politischen Parteien in der Weise erreicht werden, daß eine zwangsläufige Abhängigkeit von staatlichen Entscheidungsträgern ausgeschlossen ist, stehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken entgegen. Der bislang vom Bundesverfassungsgericht erhobene Einwand, eine weitere Erhöhung staatlicher Parteienfinanzierung überantworte die Parteien in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise der staatlichen Vorsorgel08, kann nicht aufrechterhalten werden, solange der jährliche Verteilungsschlüssel über den staatlichen Parteienfinanzierungsbeitrag nicht beim Staat, sondern allein beim Bürger liegt. Da der Bürger in seiner Spendenentscheidung weiterhin frei bleibt, kann diese Zuwendung aus Steuermitteln auch nicht als "Parteisteuer" angesehen werdenl07 . Es handelt sich nicht um eine "alljährliche Pflicht104 Internal Revenue Service, Statistics of Income - 1976, 1977, 1978 Individual Income Tax Returns, Washington, D.C. 1979 Publication 79 (4-79), 1980 Publication 79 (5-80), 1981 Publication 79 (2-81). 105 Ausweislich des Statistischen Jahrbuches 1981 für die Bundesrepublik Deutschland (S.433/434) gab es im Jahre 1977 30,154 Millionen steuerbelastete Steuerpflichtige, bei welchen eine Spendenübertragung vorgenommen werden könnte. 106 BVerfGE 52, 63, 85. 107 So aber Friedrich Karl Fromme (FAZ) in seinem Schreiben an den Verfasser vom 17.5.1982. Fromme sieht "das Problem der Stimmenthaltung
III. Lösungsvorschläge
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beitragsleistung mit freiem Entscheidungsrecht der Zahlenden" wie Eschenburg sie als "einzige systemgerechte Art der Staatsfinanzierung" vorgeschlagen hat108• Zu bedenken bleibt allenfalls, daß eine in Form der Bürgerspende betriebene Parteienfinanzierung faktisch eine Art jährlicher ,Zwischenwahlen' darstellt und durch die verläßliche Repräsentation der aktuellen Wählerstimmung u. U. Legitimationsprobleme erzeugen könnte. Aus diesem Grund erheben sich im Rahmen der Diskussion über den Bürgerbeitrag108 Einwände gegen ein solches "monetäres Plebiszit", das die Machtverteilung aufgrund der letzten Wahlen jedes Jahr erneut wieder in Frage stellen könnte. Wie konträr sich die Meinungen entwickeln, zeigt die unterschiedliche Beurteilung der Folgen einer Einführung des Bürgerbeitrages. Während die Parteienrechtskommission110 und Plate111 befürchten, daß um den Bürgerbeitrag ein kostspieliger Dauerwerbefeldzug geführt und so ein erheblicher Teil der Einnahmen wieder aufgezehrt werden würde, gewichtet v. Arnim vollkommen anders und sieht in der Einführung des Bürgerbeitrages einen Abbau der "Gefahren, die mit den Stichworten ,Beeinträchtigung der Parteienfreiheit' und ,Bürgerferne' angesprochen werden können und welche vornehmlich von der Parteienfinanzierung über direkte Zahlungen aus der Staatskasse drohen, ... , weil die Parteien sich ja um die Beiträge der Bürger bemühen müßten"112. Liermann113 schließlich meint, daß ein mit großem finanziellen Aufwand betriebenes Werben um den Bürgerbeitrag "nur eine kurze Zeit in Anspruch nimmt", da die Parteien sehr rasch die Ineffektivität ihres Handeins erkennen würden. Insgesamt überzeugen die Argumente gegen einen ,freiwilligen Bürgerbeitrag' nicht. Zu Recht wird entgegnet, daß "die Geldstimme des Bürgers und seine Wahlentscheidung zwei verschiedene Gegenstände betrifft"114 und nicht ausgeschlossen werden kann, daß "die Stimmberechtigten durchaus andere Parteien f~nanziell unterstützen können als jene, die sie wählen"115. Im übrigen kann der Zeitpunkt der Abgabe und Bearbeitung der Steuererklärung für einen bestimmten Veranlagungszeitraum bei der Einkommensteuer bis um Jahre auseinanderliegen, nicht befriedigend lösbar" und vernachlässigt damit die Tatsache, daß das Merkmal der Freiwilligkeit eben gerade die Möglichkeit der "Spendenenthaltung" beinhaltet. 108 Eschenburg, Parteifinanzierung, S.42/43. 108 s. hierzu Bericht, S.213-216; Dübber, Parteifinanzierung, S.80; Hug, S. 156-161; Plate, S.114--116; Weinmann, S. 135-137. 110 Bericht, S. 115/116. 111 S.116. 112 v. Arnim, S. 89. 113 S.146/147. 114 Liermann, S. 146. 115 Schmid, S. 126. 10·
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4. Kap.: Die steuerlichen Aspekte der Unternehmerspende
weshalb die in der Steuererklärung enthaltene Spendenzuweisung an eine Partei doch keine Rückschlüsse auf die aktuelle Wählerstimmung zuläßt118 • In den Vereinigten Staaten sieht 26 USC § 9006 vor, daß dem Presidential Election Campaign Fund ein Staatszuschuß gewährt werden kann, der sich maximal auf die Summe belaufen darf, die durch die privaten Bürgerspenden eingegangen ist. Sollten die im Wege der DM-lO-Spende aufgebrachten Geldmittel nicht ausreichen, könnte man zusätzlichen Bedarf in Anlehnung an das Vorbild des 26 USC § 9006 dadurch decken, daß nach dem von den Bürgern in ihren Steuererklärungen vorgegebenen Verteilerschlüssel der gleiche Betrag noch einmal als direkter Staatszuschuß hinzugefügt wird. Das ist eine weitere Finanzierungsvariante, die den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Maßstäben deshalb nicht zuwiderläuft, weil auch hier Höhe und Verteilung der Staatsgelder allein vom Bürger bestimmt werden und somit keine Abhängigkeit von staatlichen Instanzen erzeugt wird. 3. Parteispenden mit konstantem SteuerbegÜDstigungssatz
Eine verfassungsrechtlich ebenfalls zulässige Regelung wäre die dem 26 USC § 41 nachgebildete progressionslose Steuerbegünstigung politischer Spenden. Danach wird der prozentuale Anteil der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Parteispenden unabhängig von der Steuerprogression des einzelnen festgelegt. Um das Recht auf gleiche Teilhabe an der politischen Willensbildung zu wahren, muß der steuerbegünstigte Spendenbetrag allerdings auf eine Höhe begrenzt werden, die von der Mehrzahl der Steuerpflichtigen noch ausschöpfbar ist117• v. Arnim118 scheint diesem Vorschlag des Verfassers unter der Bedingung zuzustimmen, daß auch diejenigen miteinbezogen werden, "die keine Steuern zahlen, also insbes. der Sozialversicherungsrentner" . Diese Forderung muß Widerspruch erzeugen, da der Grundsatz der Chancengleichheit im Bereich der Parteienfinanzierung nicht derart überspannt werden sollte, daß nur unter der Voraussetzung gespendet werden darf, wenn auch diejenigen mithalten können, die weder aus eigenen Mitteln noch indirekt durch eigene Steuerzahlungen einen finanziellen Eigenbeitrag erbracht haben. Die Parteispende muß weniger als Stimmabgabe denn 118 Auch ist festzustellen, daß gegen die mit modernen Hochrechnungsmethoden von den Meinungsforschungsinstituten durchgeführten Bürgerbefragungen zwischen den Wahlterminen aus plebiszitären Gründen ebenfalls keine Einwände erhoben werden. 117 Kulitz, DOV 82, 310. 118
S.88.
III. Lösungsvorschläge
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als demokratisches Finanzierungsmittel für politische Parteien betrachtet werden. Sieht man die progressionslose Parteispende ihrer Intention entsprechend vorwiegend als Finanzierungsbeitrag und nicht als ,Wahlentscheidung', ist es aus Gründen der Chancengleichheit nicht zwingend, einen Ausgleich für diejenigen Bürger schaffen zu müssen, die keiner Steuerbelastung unterliegen119 • Spenden mit progressionslosem Steueranteil soll nur derjenige können, der zumindest in Höhe der in seiner Zuwendung enthaltenen Steuermittel auch zum Steueraufkommen beiträgt. Andernfalls würde der Charakter der Parteispende zugunsten eines jährlichen Volksentscheids über die Verwendung von Steuergeidern an politische Parteien aufgegeben120 • 4. Publizität durch Spendenlisten der Finanzverwaltung
Die immer wieder von Politikern und den Partei-Schatzmeistern erhobene Forderung, Parteispenden betragsmäßig in größerem Umfang an der Steuervergünstigung teilhaben zu lassen, scheint nach den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Vorgaben verfassungsrechtlich nicht durchsetzbar zu sein. Bei einer Erhöhung des steuerbegünstigten Spendenbetrages wären wegen der progressionsabhängigen Steuervergünstigung insbesondere Unternehmerspenden und Zuwendungen von in der steuerlichen Spitzenprogression liegenden Großverdienern bevorzugt und somit ein Verstoß gegen das Verfassungsrecht der Chancengleichheit. Offen bleibt die Frage, ob der Nachteil eines nicht in vollem Umfang zu gewährleistenden Rechtes auf gleiche (finanzielle) Teilhabe des Bürgers an der politischen Willensbildung dadurch seinen Ausgleich finden kann, daß für progressionsabhängige steuervergünstigte Parteispenden ab einem gewissen Betrag von der Finanzverwaltung Spendenlisten geführt werden, die der jährlichen Veröffentlichung unterliegenl21 • Die damit bewirkte umfassende Transparenz der Spendenfinanzierung politischer Parteien ermöglicht es den Bürgern mit weniger großem Einkommen, die an der angebotenen progressionsabhängigen Steuervergünstigung nicht mehr in vollem Umfang teilhaben können, mit ihrer lU So aber (für den Bürgerbeitrag) Liermann, S. 139-141; Weinmann, S. 136, FN 19. 120 Eine derartige, von der ganzen Wählerschaft zu treffende Entscheidung über die Verteilung finanzieller Mittel an politische Parteien könnte man allenfalls bei einem über die Bürgerspende hinaus gewährten Staatszuschuß erwägen, da es im Falle staatlicher Bezuschussung durchaus vertretbar erscheint, den Verteilerschlüssel nicht nach der Aufteilung der Bürgerspenden auf die Parteien zu richten, sondern allen Bürgern ein Mitspracherecht einzuräumen. 121 Kulitz, DOV 82, 309.
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4. Kap.: Die steuerlichen Aspekte der Unternehmerspende
Wahlstimme der Gefahr einer einseitigen, durch finanzielle Leistungen verursachten Verschiebung des politischen Kräfteverhältnisses entgegenzuwirken. Bei Einführung einer derartigen Kompensationsmöglichkeit für den finanziell schwachen Wahlbürger könnte eine erneute Abwägung des Bundesverfassungsgerichtes zwischen den Vorteilen (Sicherung der Parteienunabhängigkeit und Parteienfreiheit durch höhere Spendeneinnahmen und damit geringere Verschuldung der Parteien, Eindämmung der illegalen Steuerverkürzungen durch Unternehmerspenden, umfassende Transparenz der Spendenfinanzierung) und den Nachteilen (sektorelle Einschränkung der Chancengleichheit bei der finanziellen Beteiligung des Bürgers an der politischen Willensbildung) zu einer
verfassungsrechtlichen Zu lässigkeit der progressionsabhängigen Steuervergünstigung politischer Spenden führen 122 •
Es bleibt zu bedenken, daß der Öffentlichkeit zugängliche Spendenlisten der Finanzverwaltung einen Verstoß gegen die Pflicht zur Wahrung des Steuergeheimnisses i. S. d. § 30 AO darstellen könnten. Dies wird nur dann nicht der Fall sein, wenn die Bekanntgabe der den Parteien steuerbegünstigt zugeflossenen Spenden gemäß § 30 Abs. 4 Nr.5 AO im zwingenden öffentlichen Interesse steht. Bei der erforderlichen Abwägung zwischen dem Steuergeheimnis des § 30 AO und dem Informationsanspruch der Öffentlichkeit im Bereich der Finanzierung politischer Parteien hat das OLG Ramm zugunsten des letzteren entschieden123• In Anbetracht der vergleichsweise geringen Beeinträchtigung des Spenders, die in der Veröffentlichung seiner Zuwendung liegt, und der Tatsache, daß auf diese Weise eine wirksame öffentliche Kontrolle der finanziellen Einflüsse auf politische Parteien und damit erneut Vertrauen in ein funktionierendes Parteienwesen geschaffen werden kann, empfiehlt es sich, eine gesetzliche Sondervorschrift i. S. d. § 30 Abs.4 Nr.2 AO zu erlassen, die zur Bekanntgabe der Spenden an politische Parteien ermächtigt124 •
12% a. A. v. Arnim, S.80, FN 142, der die vom Verfasser vorgenommene Abwägung nicht in Betracht zieht, sondern auf die vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen engen Grenzen steuerlicher Begünstigung verweist. 123 "Ist mit der Finanzierung einer Partei zweifellos auch ihr Lebensnerv berührt, so ist das Informationsinteresse der Öffentlichkeit im Hinblick auf das innere Gefüge der Partei jedenfalls dann als zwingend anzusehen, wenn dem Staat vorenthaltene Steuergelder der Partei in großem Umfange als Spenden zuteil werden", OLG Hamm, DStZ 1980, 475, 478. Das Verfahren wurde durch den WDR-Redakteur Kurt Gerhardt in Gang gesetzt, dem im Rahmen seiner Recherchen i. S. Parteispenden-Affären Auskünfte verweigert wurden, Informationsgespräch mit Gerhardt am 23.3. 1981. 124 Kulitz, DÖV 82,309.
Fünftes Kapitel
Gesellschafts- und unternehmensrechtliche Betrachtung der Unternehmerspende an politische Parteien Im Gesellschafts- und Unternehmensrecht verdichtet sich die Problematik der politischen Unternehmerspende im wesentlichen auf zwei Fragen: (1) In wessen Kompetenzbereich innerhalb des Unternehmens fällt die Entscheidung über die Hingabe politischer Zuwendungen? (2) Kann dem Bedürfnis nach umfassender Transparenz durch ein rechtsformunabhängiges Unternehmensverhaltensrecht Rechnung getragen werden? Der erste Themenkomplex konzentriert sich auf das Rechtsverhältnis zwischen Geschäftsleitung und Gesellschaftern, aus dem sich je nach der gesellschaftlichen Organisationsform der Unternehmung die Befugnis zu Spendenleistungen aus dem Gesellschaftsvermögen ableiten läßt. Das zweite Thema führt rechtssystematisch in die Kategorie des Unternehmensrechtes1 und sucht eine Antwort auf die Frage nach einer umfassenden Kontrolle politischer Unternehmerspenden durch ein rechtsformunabhängiges Publizitätsgebot.
I. Die Kompetenzzuordnung im Gesellschaftsrecht Die Problematik der Entscheidungskompetenz über eine politische Spende ist allen Gesellschaften gemeinsam, bei denen Kapitalbesitz und Unternehmensherrschaft auseinanderfallen. Bei Handelsgesellschaften (oHG, KG, AG, KGaA, GmbH, als sog. Formkaufmann weitgehend gleichgestellt: e.Genossenschaft und VVaG) sind für die Frage, wer im Innenverhältnis der Gesellschaft zur Leistung politischer Zuwendungen befugt ist, primär die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages bzw. der Satzung maßgebend. Da sie dazu - mit Ausnahme bei Tendenz1 Zum Unternehmensrecht allgemein vgl. Hopt I Hehl, Gesellschaftsrecht, Rdnr.169-182 m. w. N.; Rittner, Wirtschaftsrecht, S.117-184; zum Verhältnis von Unternehmensrecht und Gesellschaftsrecht s. Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 21.
152 5. Kap.: Unternehmerspende im Gesellschafts- und Unternehmensrecht betrieben - in aller Regel weder spezifische Ausführungen enthalten noch sich aus dem vereinbarten oder in der Satzung beschlossenen Gesellschaftszweck Rückschlüsse auf die gesellschaftsinterne Entscheidungszuständigkeit über finanzielle Unterstützungshandlungen zugunsten politischer Parteien ziehen lassen, muß auf gesetzliche Funktionszuweisungen zurückgegriffen werden. 1. Die Personenhandelsgesellschaften
Wer bei der oHG oder KG im Innenverhältnis zur Hingabe einer politischen Spende berechtigt ist, entscheidet sich danach, ob die Spendenleistung als eine Handlung angesehen wird, die typischerweise in den Aufgabenbereich der Geschäftsführung fällt, oder eine Maßnahme darstellt, welche die Geschäftsführungsbefugnis überschreitet. In § 116 HGB wird sie für die oHG und aufgrund der Verweisung des § 161 Abs. 2 HGB auch für die KG geregelt. Danach erstreckt sich die Geschäftsführungsbefugnis auf alle Handlungen, die der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft mit sich bringt (§ 116 Abs. 1 HGB). Maßnahmen, die darüber hinausgehen, bedürfen eines Beschlusses sämtlicher, auch der nicht geschäftsführenden Gesellschafter (§ 116 Abs.2HGB).
a) Die Vblichkeit als Maßstab für gesellschaftszweckfremde Handlungen der Geschäftsführung Bei handelsrechtlichen Personengesellschaften ist der "auf den Betrieb eines Handelsgewerbes" gerichtete Zweck gemäß § 105 Abs. 1 HGB zwingend vorgeschrieben!. Dieser Gesellschaftszweck bildet den Rahmen, innerhalb dessen die Gesellschafter den Unternehmensgegenstand definieren. Aus seiner Festlegung und den daraus resultierenden spezifischen Gegebenheiten ergibt sich für jede Gesellschaft, was zu den gewöhnlichen Betriebsgeschäften gehört. Neben den typischen Geschäften der Handelsgewerbe, wie dem Kauf von Waren, dem Anbieten oder Inanspruchnehmen von Dienstleistungen, dem An- oder Vermieten von Betriebseinrichtungen und der Einstellung bzw. Kündigung des Personals, sind dies alle Rechtsgeschäfte, die einen gewissen Bezug zum Gesellschaftsgegenstand aufweisen. Hinzu kommen Maßnahmen, die keine unmittelbare Förderung des Gesellschaftszwecks erkennen lassen, solange sie nur dem entsprechen, was von anderen Unternehmen vergleichbarer Art, Größe und Branche ebenfalls unternommen wird3 • Für ! Winkler, Nichtgewerbliche, ideale, insbesondere politische Zielsetzung als Inhalt von Gesellschaftsverträgen und Satzungen, in: NJW 1970, 149 ff. a Rittner, Unternehmerspenden, S. 227.
1. Die Kompetenzzuordnung im Gesellschaftsrecht
153
altruistische, dem Unternehmenszweck nicht dienende Handlungen' ergibt sich somit ein Maßstab der üblichkeit, der den Geschäftsführungsorganen Grenzen setzt, innerhalb derer sie zur Vornahme von gesellschaftszweckfremden Maßnahmen befugt sind. Das für Geschäftsführungsmaßnahmen grundsätzlich erforderliche Merkmal der Betätigung im Rahmen des Unternehmensgegenstandes und somit der Förderung des Gesellschaftszwecks ist regelmäßig bei altruistischen, dem Gesellschaftszweck indifferent gegenüberstehenden Handlungen nicht gegeben. Spenden aus Gründen der Gemeinnützigkeit können im Rahmen des üblichen von der Geschäftsführung einer Personenhandelsgesellschaft veranlaßt werden, ohne daß derartige Zuwendungen dem Unternehmen - wenn auch nur mittelbar - Vorteile verschaffen müssen. Wohltätige Unterstützungen sowie Ausgaben zur Förderung mildtätiger und gemeinnütziger Zwecke liegen bei Üblichkeit im Kompetenzbereich der Geschäftsführungl, auch wenn sie der Gesellschaft keinerlei meßbaren Nutzen bringen. b) Die Behandlung politischer Zuwendungen im Verhältnis zu Spenden anderer Art
Parteispenden lassen sich in zweierlei Weise aufteilen. Einmal kann es sich um allgemeine oder spezielle, mit einem bestimmten Zweck verbundene Zuwendungen handeln, zum anderen um unmittelbar von Unternehmen den politischen Parteien zufließende Zahlungen oder mittelbare bzw. verdeckte Spenden, die in vielgestaltiger WeiseS über Drittorganisationen den politischen Parteien gegeben werden. aal Handelt es sich um allgemeine und unmittelbare Spenden zur nur generellen Unterstützung einer bestimmten Partei, so ist kein Bezug zum Gesellschaftszweck erkennbar, der im Betrieb eines Handelsgewerbes liegt und grundsätzlich keine politischen Unterstützungsmaßnahmen umfaßt. Sind demzufolge allgemeine Parteispenden gesellschaftszweckfremde Leistungen, wäre die Spendenbefugnis der Geschäftsleitung nur dann begründbar, wenn politische Zuwendungen durch Unternehmen allgemein üblich sind. Im Gegensatz zu mildtätigen 4 Z. B. Geld- und Sachspenden an Wohltätigkeitsveranstaltungen, Geschenke an Kindergärten oder Betriebsfremde ganz allgemein, Beiträge an karitative Verbände usw. 5 Rittner, Unternehmerspenden, S. 227,scheint auch bei derartigen Zuwendungen an der Erforderlichkeit eines unternehmensfördernden Charakters der Geschäftsführungsmaßnahme festhalten zu wollen, da er von "scheinbar altruistischen Handlungen" ausgeht und Wohltätigkeitsspenden der Geschäftsführung zuläßt, "soweit sie eben dem entsprechen, was von einem Unternehmen ... erwartet wird (und ihm zu nutzen verspricht)". 6 s. oben Kap. 2 !II. 2. f).
154 5. Kap.: Unternehmerspende im Gesellschafts- und Unternehmensrecht und gemeinnützigen Aufwendungen kann bei Parteispenden nicht davon ausgegangen werden, daß sie von der Mehrzahl aller Gesellschaften in mehr oder weniger großem Umfange erbracht werden. Eine "Üblichkeit" der politischen Spende kann deshalb anders als bei gemeinnützigen u. ä. Ausgaben nicht unterstellt werden. Damit entfällt die Voraussetzung, die der Geschäftsleitung bei gesellschaftszweckfremden Maßnahmen die Entscheidungskompetenz beläßt. Soweit die politische Spende nicht primär aus gesellschaftszweckfördernden Motiven gegeben wird, kann sie nicht als unternehmensbezogene Handlung anerkannt werden und muß dem konkreten Entscheidungsträger im Unternehmen als staatsbürgerlicher Beitrag zugerechnet werden. Zur Befriedigung der persönlichen staatspolitischen Bedürfnisse dürfen aber keine Gelder der Gesellschaft verwandt werden. Da die politische Spende ohne Bezug zum Gesellschaftszweck nicht als betriebsbedingter Aufwand anzusehen ist, sind Unternehmensspenden, die auf alleinige Veranlassung der Geschäftsleitung gegeben werden, als Mitwirkung der Geschäftsführer an der politischen Willensbildung auf Kosten der Gesellschafter zu beurteilen. Den Geschäftsführern der Personenhandelsgesellschaften steht die Befugnis zur Hingabe allgemeiner Spenden an politische Parteien aus dem Gesellschaftsvermögen nicht zu7 • Derartige Spenden liegen im Kompetenzbereich der Gesellschafterversammlung, die gemäß § 119 Abs. 1 HGB für den Spendenbeschluß zugunsten einer politischen Partei der Zustimmung aller Gesellschafter bedarf. Selbst eine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung, daß ein Mehrheitsbeschluß genügen soll oder - besonders bei der Massen-KG - ein Gesellschafterausschuß die Aufgaben der Gesellschafterversammlung wahrnehmen kann, ist im Bereich politischer Finanzierung mit Rücksicht auf das verfassungsrechtlich garantierte gleiche politische Teilhaberecht eines jeden Gesellschafters bedenklich. bb) Anders verhält es sich mit speziellen Spenden zur Erzielung von Vorteilen für das Unternehmen. Vor allem bei wirtschaftspolitischen, einzelne Unternehmungen betreffende Entscheidungen können Spenden an diejenigen Parteien, denen die maßgeblichen Politiker angehören, ebenso betriebsbezogen sein, wie alle sonstigen Aufwendungen. Wenn es beispielsweise zur Erlangung von Steuervergünstigungen der Bescheinigung oder Zustimmung einiger Minister bedarf und die Geschäftsführer einer Gesellschaft das entsprechende Wohlverhalten der Politiker mit Spendenzahlungen an deren Parteien belohnen8 , liegt dieRittner, Unternehmerspenden, S.227. Ein Beispiel aus der Praxis: Gemäß § 6 b Abs. 1 Satz 2 Ziff. 5 EStG kann der BMWi "im Benehmen" mit dem BMFi bescheinigen, daß der Erwerb von 7
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I.
Die Kompetenzzuordnung im Gesellschaftsrecht
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sem Umstand eine unmittelbar den Gesellschaftszweck begünstigende Handlung zugrunde. Eine solche Maßnahme befindet sich damit eindeutig im Kompetenzbereich der Geschäftsführung. Gesellschaftsrechtlich sind derartig zweckgebundene Zahlungen unproblematisch. ce) Schwerer faßbar sind die im Mittelfeld zwischen allgemeinen und speziellen Spenden sich bewegenden Zuwendungen, bei denen die entscheidende Motivation des Gebers nicht eindeutig zuzuordnen ist. Grundsätzlich hat die Geschäftsführung die Befugnis zu politischen Spenden nur dann, wenn die Spendenentscheidung in der alleinigen, jedenfalls aber klar überwiegenden Absicht getroffen wird, der Gesellschaft unmittelbar zu nutzen. Hierzu gehören nicht mehr Beiträge, die - weltanschaulich motiviert - "dem Kampf zur Erhaltung der freien Marktwirtschaft" oder "zur Eindämmung der Sozialisierungsgefahr" geleistet werden, auch wenn die Geldmittel von Berufsverbänden im Wege der Umlage erhoben werdens. Verdeckte Parteisubsidien, wie Inseraten- und Abonnementspenden, sowie die Zuwendung an den nur zwischengeschalteten "gemeinnützigen Verein" und der Gutachtenkaufpreis dienen ebenfalls primär der Parteiunterstützung und sind nicht betrieblich veranlaßt.
Die Antwort auf die Frage, inwieweit eine Zuwendung aus Sicht der Gesellschaft sachlich gerechtfertigt ist und in angemessenem Verhältnis zum gegebenen Anlaß steht, gibt Auskunft, ob die Spendenentscheidung erstrangig von dem Willen einer Förderung des Unternehmens getragen ist und somit einen Bezug zum Unternehmensgegenstand aufweist oder der parteipolitischen Unterstützung nach eigenem Gutdünken Vorrang eingeräumt wird. Je nach dem Ergebnis dieser Prüfung handelt es sich um eine allgemeine Spende mit der Folge, daß die GesellschafterKapitalanteilen "volkswirtschaftlich besonders förderungswürdig und geeignet ist, die Unternehmensstruktur eines Wirtschaftszweigs zu verbessern oder einer breiten Eigentumsstreuung zu dienen". Diese Anerkennung des BMWi bewirkt, daß Veräußerungsgewinne, die beim Verkauf von Anteilen an Kapitalgesellschaften entstanden sind und zum Erwerb solchermaßen anerkannter Kapitalanteile verwendet werden, gemäß § 6 b Abs. 1 EStG vom Kaufpreis abgezogen werden können. Unter Berufung auf Angaben des SPDSchatzmeisters Halstenberg verdächtigt der SPIEGEL Nr.51/1981, S.17-19 und Nr.52/1981, S. 23, den BMFi Matthöfer der Annahme einer 50000-MarkSpende von der Flick KGaA zugunsten der SPD (s. allerdings MatthöferDementi F AZ vom 22. 12. 1981, S. 6). In der Tat würde eine solche Spende ohne weiteres im Befugnisbereich der Geschäftsführung liegen, wenn der vom SPIEGEL vermutete Zusammenhang bestünde, daß die Spendenfirma Flick die steuerfreie Wiederanlage des Erlöses aus dem Daimler-Benz Aktienverkauf ohne SPD-Veto (BMFi) vom BMWi bescheinigt bekam und sich auf diese Weise mit unversteuerten 210 Millionen beim Gerling-Konzern einkaufen konnte. o Meilicke, Zuwendungen an politische Parteien aus Mitteln wirtschaftlicher Unternehmungen, in: NJW 1959, 409, 411; s. beispielsweise oben Kap. 1 III. 2. a), FN 178.
1565. Kap.: Unternehmerspende im Gesellschafts- und Unternehmensrecht versammlung für die Spendenentscheidung zuständig ist (§ 116 Abs.2 HGB), oder um eine spezielle Zuwendung, die wegen ihrer Unternehmensbezogenheit der Entscheidungsbefugnis der Geschäftsführer unterliegt (§ 116 Abs. 1 HGB). 2. Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Das Spannungsverhältnis zwischen Gesellschaftern und der Geschäftsführung einer Unternehmung läßt sich für die Frage der Entscheidungskompetenz über politische Spenden bei der GmbH vergleichsweise einfach auflösen. Im Gegensatz zur Verwaltung der AG, aber auch zu den Komplementären der KG und den oHG-Geschäftsführern, ist die Geschäftsleitung einer GmbH der Willensbildung ihrer Gesellschafter auch in Angelegenheiten der allgemeinen Geschäftsführung unterworfen. Die GmbH-Gesellschafter sind oberstes Organ des Unternehmens. Neben der Möglichkeit, im Gesellschaftsvertrag die Geschäftsführung - mit Ausnahme eines weisungsfreien Mindestbereichs lO beliebig zu beschränken, können die GmbH-Gesellschafter gemäß § 45 i. V. m. § 37 Abs. 1 GmbHG allgemeine und spezielle Anordnungen treffen und durch Weisungsbeschlüsse die Geschäftsführung in Einzelentscheidungen binden. SchilZing11 sieht in dieser überragenden Stellung der Gesellschaftergesamtheit den Gedanken der Gesellschafterdemokratie in der GmbH am meisten verwirklicht. Solange die Unternehmensleitung nicht insgesamt durch Satzung - wie es § 76 Aktiengesetz für den Vorstand der AG tut - den Geschäftsführern zur selbstverantwortlichen Wahrnehmung übertragen wird, sind sie an die Regel gebunden, "keine Entscheidungen zu treffen, von denen sie annehmen müssen, daß die Gesellschafter sie mißbilligen werden"12. Daraus folgt, daß die Geschäftsführer den Rahmen des bisherigen Geschäftsbetriebs sprengende Entscheidungen nicht in eigener Verantwortung treffen dürfen, sondern der Gesellschafterversammlung zu überlassen haben13• Diese sich aus der Gesellschaftsstruktur der GmbH ergebende Dominanz der Anteilseigner weist ihnen grundsätzlich die Kompetenz zur Entscheidung über Parteispenden zu, da sie wegen ihres Bezugs zur politischen Willensbildung und der Parteipolitik in aller Regel den sonstigen Alltagsgeschäften einer GmbH nicht gleichgestellt werden können. 10 In einigen wenigen Fällen weist das GmbHG den Geschäftsführern einen autonomen Entscheidungsbereich zu, der nicht zur Disposition der Gesellschafter steht, s. hierzu im einzelnen Mertens, Das Recht des Geschäftsführers der GmbH, § 37 Rdnr.7. 11 In Großkomm. zum GmbHG, § 45 Rdnr. 5. I! Mertens, § 37 Rdnr. 5. 13 Ebd., Rdnr.4; Hommethoff, Unternehmensführung in der mitbestimmten GmbH, in: ZGR 1978, 8.123.
1. Die Kompetenzzuordnung im Gesellschaftsrecht
157
3. Die Aktiengesellschaft a) Die gesetzliche Kompetenzregelung
Hinsichtlich der Kompetenzabgrenzung unterscheidet sich die AG wesentlich von den Personenhandelsgesellschaften. Anders als § 116 HGB, der den Geschäftsführern nur die Befugnis zu betriebsüblichen Handlungen zuweist, stattet § 76 Abs.l AktG den Vorstand der AG mit einer den anderen Handelsgesellschaften fremden Machtvollkommenheit aus. Der Vorstand leitet die Gesellschaft unter eigener Verantwortung14 . Aus seiner gesetzlich festgeschriebenen Leitungsmacht ergibt sich die Zuständigkeit des Vorstands für die Geschäftsführung und Vertretung der AG. Der Begriff "Leitungsmacht" umfaßt insgesamt mehr als nur die Summe von Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis. Godin / Wilhelmi 15 sehen in der Innehabung der Leitungsmacht einer AG die Übernahme der Unternehmerfunktion. Aus dieser dominanten Stellung des Vorstands innerhalb der Gesellschaft folgt, daß er "grundsätzlich dieselbe Freiheit und Verantwortung hat, wie die Unternehmensleitung eines seiner Art und Größe vergleichbaren anderen Unternehmens"16. In Fragen der Geschäftsführung kann der Aufsichtsrat keine Entscheidungen treffen. § 111 Abs.4 Satz 1 AktG bestätigt dies mit dem ausdrücklichen Ausschluß des Aufsichtsrats von Geschäftsführungsmaßnahmen. Ihm ist es nur möglich, bestimmte Geschäfte gemäß § 111 Abs.4 Satz 2 AktG an seine Zustimmung zu binden, was allerdings voraussetzt, daß der Vorstand sich erst einmal zur Vornahme einer solchen zustimmungsbedürftigen Maßnahme entschließt. Die Hauptversammlung schließlich hat auf Geschäftsführungsangelegenheiten nur Einfluß, wenn ihre Entscheidung vom Vorstand gemäß § 119 Abs.2 AktG (auch nach § 111 Abs.4 Satz 3 AktG) gefragt wird. Im übrigen liegt der Zuständigkeitsbereich der Hauptversammlung im wesentlichen bei grundlegenden Fragen des rechtlichen Aufbaus der Gesellschaft. Neben der Kompetenz für Satzungsänderungen (§§ 179 ff.), Umwandlungen (§§ 362 ff.), Verschmelzung (§§ 339 ff.) und Auflösung 14 Diese betont starke Stellung des Vorstands gegenüber den anderen Organen der AG ist das Ergebnis der Aktienrechtsreform von 1937, die im besonderen die Entmachtung der Hauptversammlung zugunsten einer eigenverantwortlichen Leitungsmacht des Vorstands zum Ziele hatte; s. MeyerLandrut in Großkomm. zum AktG, Vorbemerkung zu § 76. Noch im vor 1937 geltenden HGB konnte die "Generalversammlung" alle Kompetenzen an sich ziehen und gemäß § 235 HGB 1900 die Geschäftsführungsbefugnisse des Vorstands beliebig beschränken. 15 Godin / Wilhelmi, § 76 Anm. 2; wohl auch Meyer-Landrut in Großkomm. zum AktG, § 76 Anm. 2. 18 Rittner, Zur Verantwortung des Vorstandes nach § 76 Abs. 1 AktG 1965, in: FS für Geßler, S. 153; ders., in: Die Aktiengesellschaft, 120.
1585. Kap.: Unternehmerspende im Gesellschafts- ubd Unternehmensrecht (§§ 262 ff.), Entscheidungen der Kapitalbeschaffung (§§ 182 ff.) oder Kapitalherabsetzung (§§ 222 ff.), beschließt die Hauptversammlung gemäß § 174 Abs. 1 AktG über die Verwendung des Bilanzgewinns. b) Die Einordnung der politischen Spende in das Kompetenzgefüge der Aktiengesellschaft aal Die Behandlung von Spenden allgemein Von der Allzuständigkeit des Vorstands in Angelegenheiten der Geschäftsführung ausgehend, scheint es zunächst einleuchtend, dem Vorstand die Entscheidungsbefugnis auch über Spenden aller Art zuzugestehen. Sofern Aktivitäten des Vorstands sich in einem mehr oder weniger engen Bezug zu den Zielen der Gesellschaft befinden, ist seine Kompetenz eindeutig17 • Dies gilt auch für die mannigfachen Aufwendungen des Unternehmens im Sozialbereich, aus mildtätigen oder gemeinnützigen Motiven, zugunsten von Wissenschaft und Sport, als Beitrag zur Entwicklungshilfe oder ähnlichen Anlässen. Freigiebigkeit und Mäzenatentum ist in angemessenem Rahmen Sache des Vorstands, auch wenn sie in Form von Werbung bzw. positiver Public Relations der Gesellschaft nicht unmittelbar zugute kommen18 • Ob diese Vorstandsbefugnis nun aus der von einigen Autoren als noch weitergeltend empfundenen Gemeinwohlbindung resultiert18 oder direkt von der durch die Sozialbindung begrenzten Kompetenz des Vorstands abgeleitet wird20 , ist für das Ergebnis nicht maßgebend.
Rittner verzichtet ganz auf die Sozialkomponente der Verfassung und begründet die Befugnis des Vorstands mit seiner Aufgabe, "alle die Anforderungen zu erfüllen, welche - über die einzelnen RechtspflichRittner, Zur Verantwortung, in: FS für Geßler, S. 154. Bestes Beispiel, welche Größenordnung die Spendengroßzügigkeit eines Vorstands erreichen kann, zeigt die Zuwendung der Deutschen Bank AG, die anläßlich ihres 100jährigen Bestehens dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft 10 Millionen DM zukommen ließ. Der in der Hauptversammlung geäußerten Kritik begegnete der damalige Vorstandssprecher, Franz Heinrich Ulrich, mit dem Hinweis, der Vorstand sei sehr wohl juristisch berechtigt, derart steuerlich abzugsfähige Spenden vorzunehmen. Prosperität von Bank und Wirtschaft seien schließlich von den Forschungsergebnissen der Wissenschaft abhängig. Zudem handele es sich bei der Spende auch gleichzeitig um eine billige Werbung. Wenn an der Stiftung Zweifel bestünden, dann nur insofern, als man sich frage, ob man genug getan hape, vgl. Handelsblatt Nr. 93 vom 19.5. 1970, S. 13. 19 Baumbach/ Hueck, § 76 Rdnr.l; Mertens in Kölner Komm., § 76 Anm.5; Godin / Wilhelmi, § 76 Anm. 1 und 5, sehen den durch die Richtlinie des § 70 Abs. 1 AktG 1937 geschaffenen Rechtszustand im § 76 Abs. 1 AktG 1965 trotz Streichung der unternehmensrechtlichen Zielvorgabe weitergelten. 20 Hefermehl, in: Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, Aktiengesetz-Kommentar, § 76 Rdnr. 21, 25 und 27. 17 18
1. Die Kompetenzzuordnung im Gesellschaftsrecht
159
ten hinaus - die Rechts- und die übrige Sozialordnung an die Gesellschaft stellen"!1. Regelmäßig stehen somit Zuwendungen zur Befriedi~ gung solcher aus der Allgemeinheit an die Gesellschaft herangetragenen Ansprüche im Ermessen des Vorstands, eine Befugnis, die "einen weiten Bereich von trial and error umfaßt"22. Auch der BGH schließt sich dieser Meinung an: "Sozialpolitische und gemeinnützige Zuwendungen fallen in den Aufgabenbereich des Vorstands"23. Sie sind Ausfluß der Leitungsmacht und werden als Aufwand verbucht. In der GuV werden Spenden gemäß § 157 Abs. 1 Nr. 26 AktG unter der Rubrik "sonstige Aufwendungen" geführt24 . Da der Allgemeinheit zugute kommende Spenden immer zugleich auch gewinnmindernde Maßnahmen gegenüber den Aktionären darstellen, erhebt sich die Frage nach dem Umfang des vom Vorstandsermessen gedeckten Spendenvolumens. Angaben wie "der Üblichkeit oder doch den allgemeinen Erwartungen entsprechend "25 oder "in einem angemessenen Verhältnis zur Vermögensentwicklung des Unternehmens"26 sind wenig präzise Beurteilungskriterien. Bei gemeinnützigen Spenden beispielsweise hält Baas die steuerrechtlichen Bestimmungen (§§ 10 b EStG, 9 Nr.3 KStG 1977) für einen geeigneten Maßstab zur Festlegung der gesellschaftsrechtlichen Ermessensgrenzen27 . Zuwendungen des Vorstands, die den Umfang des § 9 Nr.3 a KStG 1977 überschreiten, seien pflichtswidrig und verletzten die Zuständigkeit der Hauptversammlung 28. Denn "Aufwendungen für Zwecke der Allgemeinheit, welche die erörterten Grenzen übersteigen und nicht dem Interesse der Gesellschaft dienen, seien gesellschaftsrechtlich Gewinnverwendung"29. Unklar bleibt, wieso steuerrechtliche Erwägungen in Form 21 Rittner, Zur Verantwortung, in: FS für Geßler, Meyer-Landrut in: Großkomm. zum Aktiengesetz, § 76
S. 153; ähnlich auch Anm.9: "Die Leitung eines Großunternehmens ist darüber hinaus als verpflichtet und den Aktionären gegenüber als berechtigt anzusehen, allgemeine Belange und Interessen der Volkswirtschaft gebührend in Betracht zu ziehen." 22 Rittner, Unternehmerspenden, S. 232; ebenfalls Baas, Leitungsmacht und Gemeinwohlbindung der AG, S.146/147 m. w. N.; Baas geht noch weiter und sieht in der allgemeinen übung, "daß Aktiengesellschaften in jedem Geschäftsjahr Aufwendungen zu gemeinnützigen Zwecken tätigen", einen Tatbestand, dem "eine Rechtspflicht (korrespondiere), zumindest in jedem Geschäftsjahr einmal einer gemeinnützigen Einrichtung eine Spende zuzuwenden". Der Vorstand einer AG handele pflichtwidrig, wenn er dies unterläßt, Baas, S. 167. 23 BGHZ 23, 150, 157. 24 Adler I Düring I SchmaZtz, Rechnungslegung und Prüfung der Aktiengesellschaft, § 157 Rdnr. 184. 25 Rittner, Zur Verantwortung, in: FS für Geßler, S. 155. 26 Mertens in Kölner Komm., § 76 Anm. 5. 27 Baas, S. 172 ff. Ihm lag noch die alte Vorschrift des § 11 Nr. 5 KStG vor. 28 Ebd., S. 173. 29 Ebd., S. 184.
160 5. Kap.: Unternehmerspende im Gesellschafts- und Unternehmensrecht von gesetzlichen Grenzziehungen im Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht Grundlagen für gesellschaftsrechtliche Wertungen sein sollen. Die steuerrechtlichen Entscheidungen zugrunde liegenden Motive entspringen ganz anderen, auf den Staat und die Allgemeinheit bezogenen Bedürfnissen, als die im Gesellschaftsrecht prävalierenden Interessen der Anteilseigner, an denen sich die Unternehmensleitung in erster Linie zu orientieren hat. Die Unsicherheit über das zulässige Ausmaß einer gegenüber den Aktionären grundsätzlich berechtigten Vorstandsspende bleibt solange bestehen, als man zur Kompetenzbegründung auf Gemeinwohlbelange zurückgreift. Dieser verhältnismäßig unbestimmte Rechtsbegriff erlaubt es nur schwer, für den konkreten Einzelfall eine beständige Trennungslinie zwischen zulässigen und pflichtwidrigen Spenden festzulegen. Bei allen altruistischen Aktivitäten darf der Vorstand die Vorrangigkeit des erwerbswirtschaftlichen Prinzips nicht aus den Augen verlieren. "Der Vorstand wirtschaftet mit fremdem Geld, und zwar, das muß mit aller Deutlichkeit festgehalten werden, mit dem Geld der Aktionäre30 ." Mit Rücksicht auf seine in § 93 AktG festgeschriebene Sorgfaltspflicht muß er darauf achten, daß Spenden nur in einem ausgewogenen Verhältnis zu den sonstigen, der erwerbswirtschaftlichen Zielsetzung des Unternehmens dienenden Maßnahmen gegeben werden. Die einem Vorstandsmitglied obliegende Treuepflicht hat Vorrang vor seinen persönlichen Interessen81 • Gerade bei der Vergabe von Spenden muß der Vorstand darauf bedacht sein, seine Entscheidungen nicht von persönlichen Präferenzen leiten zu lassen, die zu einem unangemessenen finanziellen Engagement der Unternehmung führen könnten. bb) Die Behandlung politischer Spenden im besonderen Die Entscheidungskompetenz des Vorstands über politische Spenden ist insoweit unproblematisch, als Zuwendungen unternehmensbezogen, d. h. speziell zur Förderung der Unternehmung geleistet werden. Spenden dieser Kategorie sind betrieblich veranlaßte Aufwendungen und schon durch die viel engere Befugnis der Geschäftsführer von Personenhandelsgesellschaften gedeckt32 • Fraglich bleibt, ob die Leitungsbefugnis des Vorstands einer AG so weit geht, daß diesem Organ anders als bei den Geschäftsführern anderer Gesellschaften - auch die Kompetenz über die allgemeinen, nicht betrieblich veranlaßten 30 Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden, S. 61. 31 Hefermehl, in: Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, Aktiengesetz-Kommentar, § 76 Rdnr. 8. 82 Vgl. oben Kap. 5 I. 1. b) bb).
I. Die Kompetenzzuordnung im Gesellschaftsrecht
161
Parteispenden zugeordnet werden kann. Die Meinungen der Literatur zu diesem Punkt sind kontrovers: -
Eine klare Position bezieht Meilicke, der Zuwendungen an politische Parteien, gleichgültig ob sie unmittelbar oder unter Zwischenschaltung von Drittorganisationen geleistet werden, gesellschaftsrechtlich als Gewinnverwendung charakterisiert33• Für eine Parteispende erforderlich sei demzufolge entweder die Zustimmung aller Aktionäre oder der in der Satzung zugelassene Mehrheitsbeschluß der Anteilseigner zu einer anderweitigen Gewinnverwendung. Er begründet dies mit der Tatsache, daß Aktiengesellschaften - Tendenzbetriebe mit politischer Zweckbestimmung ausgenommen - "grundsätzlich politisch neutral" seien, die Aktionäre aber Mitglieder ganz verschiedener Parteien sein könnten. Weiterhin sei die Hingabe von Mitteln der Gesellschaft an politische Parteien nicht durch den Gegenstand des Unternehmens gedeckt. Solche Zuwendungen wären somit, "ohne daß sämtliche Gesellschafter zustimmen, ... nicht mehr als Geschäftsaufwand anzusehen". An dieser Meinung Meilickes fällt auf, daß er die Gemeinwohlbindung der AG als mögliche Legitimationsbasis für vom Vorstand veranlaßte Parteispenden gar nicht diskutiert, obwohl die Berechtigung der Unternehmensverwaltung beispielsweise zu Wohltätigkeitsspenden ohne weiteres mit der sozialen Verantwortung der Unternehmung begründet wird. Im übrigen macht Meilicke die Einordnung der Parteispende als "Geschäftsaufwand" von der Zustimmung sämtlicher Gesellschafter abhängig. Der Charakter einer Maßnahme richtet sich aber nicht nach dem Umstand, ob die Gesellschafterversammlung sie einstimmig befürwortet. Entweder ist die politische Zuwendung ein in der Geschäftsführungskompetenz liegender Aufwand der Gesellschaft, zu der es grundsätzlich keiner Zustimmung der HV bedarf, oder die Parteispende ist Gewinnverwendung, die zwar einen HV-Beschluß voraussetzt, bei Einstimmigkeit aber keinesfalls sich in "Geschäftsaufwand" verwandelt.
-
Einen der Auffassung Meilickes entgegengesetzten Standpunkt vertritt Barz34 • Im Anschluß an den BGH35, der sozialpolitische und gemeinnützige Spenden in den Aufgabenbereich des Vorstands fallen läßt, meint Barz, "das gleiche muß dann auch für politische Zuwendungen gelten". Derartige Spenden seien "gesellschaftsrechtlich keine Gewinn33 34 3$
Meilicke, in: NJW 1959, 409, 411/412. In Großkomm. zum Aktienrecht, § 58 Anm. 24/25. BGHZ 23, 150, 157 a. E.
11 KuJitz
1625. Kap.: Unternehmerspende im Gesellschafts- und Unternehmensrecht
ausschüttung oder Gewinnverwendung, sondern schlicht Aufwand"3G. Diese Ansicht stimmt bedenklich, weil sie allein aufgrund der Tatsache, daß die AG "trotz ihrer politischen und weltanschaulichen Neutralität ein Bestandteil des Sozialgefüges"37 ist, Spenden für wohltätige und politische Zwecke vollkommen gleichgesetzt. Erwägungen zu der Frage, ob Argumente, die sowohl im Verfassungsals auch im Steuerrecht ausdrücklich zu einer unterschiedlichen Behandlung der politischen Spenden im Verhältnis zu allen anderen geführt haben, nicht auch im Gesellschaftsrecht eine differenzierende Betrachtungsweise geboten erscheinen lassen, stellt Barz nicht an. -
Wie schon bei den Spenden anderer Art will Baas die Befugnis für Zuwendungen an politische Parteien an steuergesetzlichen Maßstäben ausrichten und erklärt Parteispenden bis zur steuerlichen Freigrenze (DM 600 bis 1976, inzwischen durch § 9 Nr.3 KStG 1977 auf DM 1800 erhöht) als pflichtgemäße Ermessensentscheidung des VorstandsS8• Die gesetzlich statuierte Steuervergünstigung billige inzidenter die außerwirtschaftliche Betätigung der AG über den durch den Unternehmensgegenstand beschränkten Bereich hinaus, begrenze aber auch gleichzeitig "die von der wirtschaftlichen Macht der AG ausgehende gefährliche Einflußnahme"su. Nach Baas sind alle Spenden, die DM 1800 (§ 9 Nr. 3 KStG 1977) übersteigen, pflicht~ widrig, selbst wenn sie unternehmensbezogen sind40 bzw. in übereinstimmung mit dem Willen aller Aktionäre gegeben werden'1. Neben der Fragwürdigkeit einer Verbindlichkeitserklärung steuerrechtlicher Richtlinien für gesellschaftsrechtliche Sachverhalte42 ist insbesondere nicht einleuchtend, warum gesellschaftsbezogene Zuwendungen an politische Parteien, die z. B. zur schnellen Erlangung einer behördlichen Genehmigung gegeben werden und somit betriebsbedingten Aufwand darstellen, auch bei erheblicher überschreitung des steuerlichen Limits nicht eine pflichtgemäße Vorstandsmaßnahme sein sollen. Dasselbe gilt für mit dem Willen aller Aktionäre vorgenommene Förderungen politischer Parteien. Sind sie auch materiell Gewinnverwendung, handelt der Vorstand bei Zustimmung aller Anteilseigner doch pflichtgemäß. Der gesellschaftsrechtliche Charakter einer Spende als Geschäftsführungsmaßnahme oder Gewinnverwendung Barz, § 58 Anm. 24/25. Ebd., § 58 Anm. 24/25. S8 Baas, S. 212. su Ebd., S. 211. 40 Ebd., S. 212. 41 Ebd., S. 213. 42 s. bereits oben Kap. 5 I. 3. b) bb) a. E. SB
37
I. Die Kompetenzzuordnung im Gesellschaftsrecht
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läßt sich nicht durch eine im Steuerrecht festgelegte Betragsgrenze bestimmen.
-
Marsch 43 will die gesellschaftsrechtliche Einordnung der Parteispende ebenfalls nach quantitativen Gesichtspunkten vornehmen. Solange sich politische Zuwendungen im "üblichen Rahmen" halten, der sich seinerseits aus der "allgemeinen Übung der Aktiengesellschaften" ergebe, seien solche Spenden als "notwendiger Aufwand" anzusehen. Erst wenn sie ein ungewöhnliches Ausmaß annehmen und nicht mehr als "normale Spenden" aufzufassen sind, seien sie unter "andere Verwendung" gemäß § 58 Abs.3 Satz 2 AktG einzuordnen. Der von Marsch vorgeschlagene Beurteilungsmaßstab enthält dieselben Kriterien, die allgemein für Wohltätigkeitsspenden aufgestellt werden. Wie schon für das Recht der Personenhandelsgesellschaften festgestellt", kann von einer "Üblichkeit", welche die zur Begründung der Spendenkompetenz erforderliche Unternehmensbezogenheit ersetzen soll, im Bereich der politischen Spende nicht ausgegangen werden. Im übrigen führen ein solchermaßen weitgesteckter Ermessensspielraum und vor allem die Tatsache, daß für Unternehmen keine gesonderte Ausweispflicht ihrer politischen Spenden besteht, zur Unkontrollierbarkeit. Faktisch erhält der Vor, stand eine uneingeschränkte Spendenkompetenz, da direkte als auch mittelbare Spenden an politische Parteien unter dem Sammelposten "sonstige Aufwendungen" gemäß § 157 Abs. 1 Nr. 26 AktG verbucht werden. Bei der Vielzahl an Kosten, die unter diese Gliederungsposition fallen und nur insgesamt ausgewiesen werden, ist eine eventuell vorhandene Unangemessenheit der vom Vorstand geleisteten Spenden weder für die HV, geschweige denn für die Öffentlichkeit erkennbar.
-
Rittner trennt zwischen den unternehmensbezogenen, dem Gesellschaftsinteresse dienenden Parteispenden und den generellen Zuwendungen an politische Parteien. Er weitet die Eigenschaft der Unternehmensbezogenheit dabei beträchtlich aus und unterstellt auch die gleichmäßige Förderung sämtlicher im Parlament vertretener Parteien im Sinne einer "Kontaktpflege gegenüber den Parteiführern" dem Interesse der Gesellschaft und des Unternehmens45, schränkt dann aber sogleich wieder ein und
43 Marsch, Die rechtliche Problematik der Verwendung von Jahresüberschüssen deutscher Aktiengesellschaften unter besonderer Berücksichtigung der Kleinaktionärsinteressen, S. 54. 44 s. oben Kap. 5 I. 1. b). 45 Rittner, Unternehmerspenden, S. 229.
164 5. Kap.: Unternehmerspende im Gesellschafts- und Unternehmensrecht gibt vor, daß "derartige Zuwendungen ... sich allerdings in engem Rahmen halten" müßten. Schon mit Rücksicht auf die gebotene Diskretion46 habe der Vorstand solche Spendenentscheidungen in der Regel allein zu treffen. Es komme vielleicht gelegentlich "zu einem Gespräch zwischen Vorstand und Aufsichtsrat", doch "an die HV (werde) der Vorstand derartige Dinge nie herantragen". Zur Veranschaulichung der Grenze der Vorstandskompetenz schildert Rittner den Fall, daß eine von zwei im Parlament vertretene Parteien die Sozialisierung der Groß banken anstrebt. Der Vorstand einer Großbank dürfe sich bei dieser Sachlage nicht zum Sachvt::rwalter angeblicher Aktionärsinteressen aufschwingen, da die Existenz der Gesellschaft als Unternehmensträger allein Sache der Aktionäre sei. Es könne ja sein, daß manche Aktionäre die Verstaatlichung der Großbanken billigen. Hingegen sei die Grenze überschritten, wenn die eine Partei die Sozialisierung sämtlicher größerer Unternehmen propagiere. Dann nämlich seien finanzielle Unterstützungshandlungen des Vorstands mit Geldern der Gesellschaft erlaubt, weil aus der kapitalistischen Rechtsposition des Aktionärs sich "ein Einverständnis mit einem derart radikalen, die verfassungsrechtlichen Grenzen zumindest in Frage stellenden Programm ohne weiteres" ausschließen lasse, so daß der Vorstand mit Sicherheit davon ausgehen könne, "im Interesse der Aktionäre zu handeln"47. Falls bei personenbezogenen Aktiengesellschaften sich der wirkliche Wille der Aktionäre ermitteln lasse, handele der Vorstand rechtmäßig, "wenn er aufgrund der von ihm festgestellten Überzeugung der Aktionäre eine bestimmte politische Partei subventioniert"48. Eine förmliche Entscheidung der Aktionäre könne er weder herbeiführen, noch sei sie sonst möglich, da "es sich um eine Geschäftsführungsfrage handelt, zu der es keine rechtlich erhebliche ,Zustimmung' der Aktionäre gibt"49. Im Ergebnis stellt Rittner fest, daß als Aufwendungen nur solche Parteispenden verbucht werden können, "die der Geschäftspolitik der Gesellschaft zu dienen bestimmt sind oder die bei personenbezogenen Gesellschaften ausnahmsweise durch den wirklichen oder den mutmaßlichen Willen aller Aktionäre gedeckt sind". Alles übrige sei Gewinn, der nicht satzungsgemäß verwendet werde 50 • Zwar zieht Rittner die Trennungslinie zwischen Geschäftsführungsmaßnahmen (alle unternehmensbezogenen Parteispenden) und GeEbd., Ebd., 48 Ebd., " Ebd., 60 Ebd., 48
47
S. 230. S. 231. S. 232. S. 232, FN 96. S. 233.
I. Die Kompetenzzuordnung im Gesellschaftsrecht
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winnverwendung (alle übrigen politischen Zuwendungen) theoretisch klar und deutlich, doch zeigen schon seine eigenen Beispiele die praktischen Schwierigkeiten einer sauberen Einordnung. Wenn gleichmäßig auf alle im Parlament vertretene Parteien verteilte Spenden, die an sich das Paradebeispiel nichtunternehmensbezogener Zuwendungen darstellen, mit dem Hinweis auf "Kontaktpflege zu den Parteiführern" zu einer betriebsbedingten Ausgabe - wenn auch "in engem Rahmen" - deklariert werden können, ist es unschwer, für mehr oder weniger alle Förderbeiträge an politische Parteien mit den richtigen Argumenten die Kompetenz des Vorstands zu begründen. Angezweifelt muß werden, ob es im Bereich politischer Zahlungen eine - wie Rittner meint - "gebotene Diskretion" geben soll. Nicht nur aus verfassungs- und parteienrechtlicher, sondern auch aus gesellschaftsrechtlicher Sicht scheint eher eine erweiterte Transparenz erforderlich zu sein51 • Legt man die für eine Kompetenzzuweisung notwendige Unterscheidung Rittners in unternehmensbezogene und andere Spenden an politische Parteien zugrunde, ist unklar, wieso in seinem Beispielsfall Spendenmaßnahmen des Vorstands zur Verhinderung der Sozialisierung der eigenen Branche nicht in die Kompetenz des Vorstands fallen, die mittels Parteispenden zu bewirkenden Schutzvorkehrungen gegen die Verstaatlichung aller Branchen dagegen innerhalb der Vorstandskompetenz liegen sollen. Ganz abgesehen davon, daß es eher noch möglich erscheint, bei Verstaatlichung von Unternehmen der eigenen Branche eine Unternehmensbezogenheit anzunehmen52, ist nicht einleuchtend, auf welche Weise der mutmaßliche Wille aller Aktionäre die originäre Vorstandskompetenz begründen kann. Der übereinstimmende Wille aller Aktionäre läßt ein gesellschaftszweckfremdes Vorstandshandeln nicht unternehmensbezogen werden. Durch gleichlautende Willensäußerung der Aktionäre wandelt es sich nicht in eine von der Leitungskompetenz des Vorstands umfaßte Geschäftsführungsmaßnahme. Die Legitimation des Vorstands zur Hingabe solcher nicht unternehmensbezogener politischer Zuwendungen kann sich allein aus dem Gewinnverwendungsbeschluß der HV ergeben, den der Vorstand als für die Ausführung der HVBeschlüsse zuständiges Organ zu realisieren hat. Die Analyse der oben aufgezeigten Meinungen offenbart eine Uneinigkeit über die systematische Einordnung politischer Spenden im Vgl. unten Kap. 5 IH. 2. Morgan v. Tate & Lyle (1954), 2 All.E.R. 413 ff., s. auch unten Kap. 5 H. 2. a.E. 61
52
1665. Kap.: Unternehmerspende im Gesellschafts- und Unternehmensrecht
Aktienrecht. Die für die Kompetenzfrage entscheidende Festlegung der Parteispende als Aufwand oder Gewinnverwendung ist bisher in praktikabler Weise nicht gelungen. In der aktienrechtlichen Praxis tritt dieser Mangel deshalb nicht zum Vorschein, weil Zuwendungen aller Art so gut wie ausnahmslos innerhalb der Gewinn- und Verlustrechnung als Aufwand erscheinen53 , obwohl sie materiell häufig - zumindest was politische Spenden angeht - Gewinnverwendung darstellen. Die vom Vorstand für politische Zahlungen zur Verfügung gestellten Gelder der Aktiengesellschaft sind zwangsläufig bereits "aufgewendet", bevor der Jahresabschluß vom Vorstand aufgestellt (§ 148 AktG) und regelmäßig vom Aufsichtsrat gebilligt wird (§ 172 AktG). Sie können somit nicht mehr als zur Verteilung anstehender Bilanzgewinn festgestellt werden, über deren Verwendung die HV zu beschließen hat (§ 174 AktG). Diese Handhabung steht im Widerspruch zu der im § 58 Abs. 3 Satz 2 AktG festgelegten Intention des Gesetzgebers, die Bestimmung zu einer anderweitigen Gewinnverwendung allein der Entscheidung der HV vorzubehalten. Die Begründung des RegE zu § 58 Abs. 3 AktG54 macht deutlich, daß mit § 58 Abs. 3 Satz 2 AktG auch diejenigen Fallgestaltungen gemeint sind, bei denen weder weitere Beträge in offene Rücklagen eingestellt noch unter den Aktionären verteilt werden, sondern beabsichtigt ist, den Bilanzgewinn einem Dritten, "etwa einer gemeinnützigen Anstalt" 55, zuzuwenden. Zwar hat der BGH sozialpolitische und gemeinnützige Zuwendungen der Vorstandsbefugnis unterstellt58 und insoweit den Anwendungsbereich des § 58 Abs.3 Satz 2 AktG faktisch beträchtlich eingeengt, doch besagt dies noch nichts darüber, ob politische Spenden ebenfalls der Entscheidungsbefugnis der HV entzogen sein sollen. Dies könnte man nur annehmen, wenn die Berechtigung des Vorstands zur Hingabe nicht unternehmensbezogener Spenden an politische Parteien ebenso wie soziale und gemeinnützige Zuwendungen aus der Gemeinwohlbildung des Unternehmens ableitbar wäre. Eine derartige von Barz und Marsch vorgenommene Gleichstellung57 wohltätiger und politischer Spenden berücksichtigt aber in keiner Weise den wesensmäßigen Unterschied dieser beiden Spendenarten. Während gemeinnützige, wohltätige oder aus sonstigen altruistischen Motiven gegebene Spenden die Erfüllung sozialpolitischer Erwartungen der Allgemeinheit gegenüber dem Unternehmen darstellen und demgemäß von den Aktionären hinzunehmen sind, kann diese Sozialpflichtigkeit nicht der Legitimation von Spenden an politische Parteien dienen. Eine 53 54 55
58 57
Barz, § 58 Anm. 24/25. Kropff, Aktiengesetz mit Begründung des RegE, S. 77/78. Beispiel von Kropff. BGHZ 23, 150, 157. s. im einzelnen oben S. 161 ff.
I. Die Kompetenzzuordnung im Gesellschaftsrecht
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allgemeine Erwartung auf finanzielle Unterstützung politischer Parteien durch Unternehmungen besteht nicht. Sie löst im Gegenteil wegen der mangelnden Transparenz eher Unbehagen in der Öffentlichkeit aus. Anders als bei den sonstigen Spenden, bei denen oftmals durch ihre steuerliche Anerkennung als gemeinnützig der Gemeinwohlcharakter besonders deutlich wird, können politische Zuwendungen nicht unter Berufung auf Gemeinwohlbelange geleistet werden. Diese Betrachtungsweise spiegelt sich auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wider, wenn es für politische Parteien einen steuerbegünstigten Status, etwa die Anerkennung der Gemeinnützigkeit, gerade ablehnt. Ist somit dem Vorstand bei politischen Spenden die Berufung auf Gemeinwohlbelange verwehrt, gibt es keine Möglichkeit, solche Zuwendungen als "Aufwand" zu erfassen. Sie sind schlicht Gewinnverwendung 58 • Ebenso wie das Verfassungsrecht verlangt, das Recht des Bürgers auf gleiche Teilhabe am politischen Willensbildungsprozeß auch im Bereich der Spendenfinanzierung dadurch zu verwirklichen, daß die Spendenentscheidung durch Einhaltung der Chancengleichheit beim einzelnen verbleibt, muß im Aktienrecht darauf geachtet werden, daß das mit § 58 Abs. 3 Satz 2 AktG zur Verfügung gestellte Instrumentarium - zumindest was politische Zahlungen angeht nicht umgangen wird. Was materiell Gewinn ist, kann an Dritte nur aufgrund eines HV-Beschlusses gemäß § 58 Abs. 3 Satz 2 AktG gegeben werden. Daß ein solcher Beschluß nur bei entsprechender Satzungsermächtigung zulässig ist (§ 58 Abs. 3 Satz 2 AktG), kommt der verfassungsrechtlichen Intention nach gleichrangiger Beteiligung am politischen Willensbildungsprozeß entgegen. Die mit der Ermächtigung zur "anderen Verwendung" eintretende Beeinträchtigung des Gewinnbeteiligungsrechtes der Aktionäre wird als "nachträglicher Eingriff in das Wesen der AG" angesehen5'. Das hat zur Folge, daß die in einem solchen Eingriff liegende teilweise Änderung des auf Gewinnerzielung ausgerichteten Gesellschaftszwecks einen einstimmigen Beschluß voraussetzt. Die für satzungsändernde Beschlüsse regelmäßig erforderliche Zustimmung von 75 Ofo des in der HV vertretenen Grundkapitals genügt grundsätzlich nicht80 • Im Ergebnis sind nicht unternehmensbezogene Parteispenden von Aktiengesellschaften nur im Rahmen eines Gewinnverwendungsbeschlusses gemäß § 58 Abs. 3 Satz 2 AktG zulässig. Dem Vorstand steht keine Entscheidungsbefugnis für allgemeine Spenden an politische Parteien zu. Insbesondere darf er derartige Spenden nicht als "sonstige Aufwendungen" i. S. d. § 157 Abs.1 Nr.26 AktG verbuchen81, sondern 58 58 80
a. A. Barz, § 58 Anm. 24/25. Ebd., § 58 Anm. 5. Vgl. ebd., § 23 Anm. 11 und § 58 Anm. 5.
168 5. Kap.: Unternehmerspende im Gesellschafts- und Unternehmensrecht sie nur nach Maßgabe des Gewinnverwendungsbeschlusses politischen Parteien zuwenden. ce) Die Einordnung der politischen Spende, soweit sie steuerlich abzugsfähig ist Nach der dogmatischen Festlegung politischer Spenden als Gewinnverwendung bleibt noch offen, ob diese Wertung auch für solche Parteispenden gilt, die sich im Rahmen der zulässigen steuerlichen Abzugsfähigkeit bewegen. Die aus dem Bedürfnis nach einer gesicherten Parteienfinanzierung erwachsene, begrenzte steuerliche Abzugsfähigkeit gemäß § 9 Nr.3 KStG kann ihre Wirkung solange nicht entfalten, als der Vorstand nur aufgrund einstimmigen HV-Beschlusses spenden darf. Gerade bei finanzkräftigen Publikumsaktiengesellschaften wäre im Hinblick auf die vielschichtigen und wenig homogenen Interessen der Aktionäre faktisch kein Spenden an politische Parteien möglich. Die bisher in der Literatur vorgeschlagenen Wege zur Lösung dieses Spannungsverhältnisses sind kaum gangbar, will man der aktienrechtlichen Einordnung der politischen Spende als Gewinnverwendung treu bleiben. Der von Baas vorgenommenen Einteilung in steuerbegünstigte Parteispenden, die in dem steuergesetzlich vorgesehenen Umfang unter Berufung auf das Gemeinwohl vom Vorstand geleistet werden dürfenG2, und den Steuerfreibetrag übersteigende Zuwendungen, die Gewinnverwendung darstellen und damit zur Kompetenz der HV gehören8!, kann nicht gefolgt werden. Ausgaben aus Gründen des Gemeinwohls richten sich nach den konkreten Bedürfnissen, keinesfalls nach steuergesetzlich im voraus festgelegten Betragsgrenzen. Wird im Bereich politischer Spenden die Berufung auf Gemeinwohlbelange grundsätzlich abgelehnt, kann man nicht zur Harmonisierung mit Steuervorschriften eine partielle Berufung auf die Gemeinwohlbindung des Unternehmens wieder zulassen. Gesellschaftsrechtlich gleichfalls unzulässig wäre die Handhabung, allgemeine Parteispenden - etwa gerade in Höhe der steuerrechtlichen Grenzen - mit dem Hinweis auf die "Kontaktpflege gegenüber den Parteiführern" als unternehmensbezogen anzusehenG" um damit dem Vorstand in gewissem Rahmen doch die Kompetenz zu verschaffen, an sämtliche oder einzelne politische Parteien Zuwendungen machen zu 81 Eine derartige Einordnung verstößt gegen aktienrechtliche Gliederungsvorschriften und macht den Vorstand ggf. gemäß § 93 AktG schadensersatzpflichtig. 82 Baas, S. 212. 13 Ebd., S. 213 und 285 f. M So aber scheint es Rittner, Unternehmerspenden, S. 229, andeuten zu wollen.
I. Die Kompetenzzuordnung im Gesellschaftsrecht
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können. Die steuerrechtlichen Regelungen haben grundsätzlich keine Auswirkung auf die gesellschaftsrechtliche Beurteilung politischer Spenden. Sind somit auch die steuerbegünstigten Parteispenden aktienrechtlich als Gewinnverwendung anzusehen, kann das Spannungsverhältnis zwischen steuerrechtlicher und gesellschaftsrechtlicher Bewältigung der politischen Spende nur im Bereich des Verfahrens über die im Aktienrecht geregelte Gewinnverwendung gelöst werden. Zu überdenken ist hierbei das Erfordernis der Einstimmigkeit bei den die politischen Zuwendungen betreffenden HV-Beschlüssen. Zumindest im Rahmen der betragsmäßig eng begrenzten steuerbegünstigten Parteispenden kann man entgegen Barz85 noch nicht von einem "nachträglichen Eingriff in das Wesen der AG" ausgehen, der wegen seiner gesellschaftszweckändernden Wirkung Einstimmigkeit erfordere. Praktikabel erscheint daher - bei Vorliegen der satzungsmäßigen Ermächtigung zur "anderen Verwendung" des Bilanzgewinns nach § 58 Abs.3 Satz 2 AktG -, HV-Beschlüsse zuzulassen, die mit qualifizierter Mehrheit von 750/0 des in der HV vertretenen Grundkapitals dem Vorstand die Vollmacht erteilen, den Bilanzgewinn in Höhe der steuerlich begünstigungsfähigen Beträge - ggf. nach eigenem Ermessen - politischen Parteien zuwenden zu dürfen. Auf diese Weise wäre die Einordnung der politischen Spende als Gewinnverwendung dogmatisch durchgehalten und doch der hinter den steuerrechtlichen Regelungen stehenden Intention nach Stärkung der Parteienfinanzierung Rechnung getragen. 4. Zusammenfassung und Ausblick
Aus der oftmals noch bestehenden Unklarheit über die eigentliche Zielsetzung von Wirtschaftsunternehmen88 resultiert ein Mangel, der sich bei den heutigen Organisationsformen der Unternehmen in Grenzbereichen durch eine unpräzise Zuständigkeitsordnung dokumentiert. Zu dieser Grauzone gehört auch die Zuständigkeitsfrage für Unternehmensspenden an politische Parteien. Immerhin läßt die differenzierende Betrachtungsweise der gesellschaftsrechtlichen Kompetenzzuordnung aber für allgemeine Parteispenden eine grundsätzliche Entscheidungsbefugnis der Gesellschafter erkennen87• Dieses Ergebnis kommt der verfassungs- und parteienrechtlichen Intention einer möglichst chancengleichen Beteiligung am politischen Willensbildungsprozeß entgegen. Um sie auch in der Unternehmenspraxis zu verwirklichen, § 58 Anm. 5. Duden, über Unternehmensziele, in: Recht und Rechtsleben in der sozialen Demokratie, Festgabe für Otto Kunze zum 65. Geburtstag, S. 139. 67 Rittner, Unternehmerspenden, S. 233. 1$ 88
170 5. Kap.: Unternehmerspende im Gesellschafts- und Unternehmensrecht bedarf es allerdings einer umfassenden Transparenz politischer Zahlungen. Andernfalls ermöglichen es die inzwischen beinahe schon institutionalisierten und sehr variantenreichen Umgehungspraktiken, nicht nur den illegalen Steuerspareffekt zu schaffen, sondern auch die Gesellschafter über die wahre Verwendung eines Teils ihres im Gesellschaftsvermögen investierten Kapitals zu täuschen.
11. Die Bewältigung der politischen Unternehmerspende in Großbritannien 1. Die Polarisierung untemebmerischer und gewerkschaftlicher Einflüsse Die angelsächsische Parteienlandschaft ist - im Unterschied zu amerikanischen Verhältnissen - durch eine ausgeprägte ideologische Gegensätzlichkeit gekennzeichnet. Die organisatorische Verflechtung von Labour Party und Gewerkschaften auf der einen Seite68 und die massive finanzielle und propagandistische Unterstützung der Konservativen durch eigens zu diesem Zweck gegründete Unternehmerverbände 69 auf der anderen Seite lassen die ideologische Auseinandersetzung bis in die Art und Weise der Parteienfinanzierung spürbar werden. Das Phänomen der im Zweiparteiensystem der USA die Regel darstellenden cross pressure70 ist in Großbritannien die Ausnahme. Die enge Symbiose der Labour Party mit den Gewerkschaften in England macht dies besonders deutlich. Das mit dem Trade Union Act 1913 71 eingeführte System des "contracting out" bewirkt, daß alle Gewerkschaftsmitglieder, die nicht schriftlich eine Ausschlußerklärung abgeben, mittelbar der Labour von Beyme, S. 202. Beispielhaft seien Aims of Industry, The Economic League und das Institute of Economic Affairs genannt, die Zusammenschlüsse von Industriellen und Unternehmern darstellen, mit der Zielsetzung, das freie Unternehmertum zu propagieren und die Ausdehnung von Einfluß und Kontrolle des Staates in der Wirtschaft zu verhindern. Für Aims of Industry vgl. im einzelnen Rose, Influencing Voters, S.95-107. 70 Cross pressure wird betrieben, wenn ein Verband bzw. eine Interessengruppe mit mehreren oder allen politisch maßgebenden Parteien in Beziehung steht und Einfluß ausübt. Cross pressures verhindern die einseitige . Kooperation mit nur einer politischen Partei. 71 Der Trade Union Act 1913 war die Reaktion der damals regierenden Labour Party auf das Osborne-Urteil von 1909, in welchem das House of Lords als letzte Instanz auf die Klage eines Eisenbahnersekretärs gegen seine Gewerkschaft feststellte, daß die Gewerkschaften nicht berechtigt seien, von ihren Mitgliedern Beiträge zu erheben, die sodann zu nichtgewerkschaftlichen Zwecken, nämlich der Unterstützung der Labour Party, verwendet werden. Vgl. Gwyn, Democracy and the Cost of Politics, S. 187; Loewenstein, Staatsrecht und Staatspraxis von Großbritannien, Bd.lI, 1967, S. 340; eine ausführliche Darstellung des Osborne-Judgment gibt Gwyn auf den Seiten 178-205. 68
69
H. Bewältigung der politischen Unternehmerspende in Großbritannien 171 Party angeschlossen sind. Auf diese Weise bringen die Gewerkschaften mit ihrem Beitragsaufkommen gut die Hälfte der Gesamteinnahmen der Labour Party auf72 • Die Tories (Conservative Party) hingegen erhalten etwa 20 bis 25 Prozent ihres Finanzetats in Form von großen Spenden aus der Wirtschaft7s. Durch Zwischenschaltung von - den deutschen Fördergesellschaften vergleichbaren - Vermittlerorganisationen wie der "British United Industrialists" (BUI) oder dem "Central Board of Finance" können auch in England die Parteispenden anonym gegeben werden. Diese Art der Finanzierung durch Wirtschaftsverbände oder einzelne Unternehmer einerseits und Gewerkschaften andererseits führt zu einer Klassengebundenheit, die zu überwinden den beiden großen Parteien bisher nicht gelungen erscheint. Schon auf ihrer konstituierenden Sitzung im März 1981 hat die neue Sozialdemokratische Partei Großbritanniens SDP zu erkennen gegeben, daß sie gegen dieses bestehende System politischer Abhängigkeiten angehen wolle und zur Wahrung ihrer Unabhängigkeit besonders aus der Wirtschaft keine großen Geldspenden annehmen werde7C • 2. Kernpunkt der gesellschaftsrechtlichen Diskussion
Die gesellschaftsrechtliche Diskussion über die Berechtigung der Geschäftsleitung, politischen Parteien aus Gesellschaftsmitteln Spenden zu leisten, wird in England stärker als in anderen Ländern von dem klassenkämpferischen Hintergrund geprägt. Die Polarisierung in die eine allgemeine Sozialisierung anstrebende Gewerkschaftsbewegung (Labour Party) und das freie, vom Staat unbeeinflußte Unternehmertum bewahrende Konservative (Tories) findet ihren Widerhall bis in gesellschaftsrechtliche Argumentationsweisen. Kernpunkt der Frage nach der gesellschaftsrechtlichen Zulässigkeit politischer Spenden ist, ob die Geschäftsleitung (board of directors) ihren fiduciary duties75 72 Schmitt, Probleme der Parteienfinanzierung in Großbritannien, S. 24. Vorübergehend konnten die Konservativen nach ihrem Wahlsieg im Jahre 1927 mit Verabschiedung des "Trade Disputes and Trade Unions Act" die "contracting in"-Klausel durchsetzen, wonach jedes Gewerkschaftsmitglied ausdrücklich seine Zustimmung zur finanziellen Unterstützung der Labour Party erklären mußte. Die Konservativen setzten hierbei auf die politische Apathie der gewerkschaftlichen Arbeiter und erreichten tatsächlich einen beträchtlichen Rückgang der indirekten Labour-Mitgliedschaften von 3,2 auf 2,0 Millionen. 1946 konnte die Labour Party den alten Zustand des "contracting out"-Systems wiederherstellen. Im Jahre 1966 betrug die Zahl der auf diese Weise zu Mitgliedern der Labour Party gewordenen Gewerkschafter 5,5 Millionen, vgl. Schmitt, S. 21. 73 Schmitt, S. 26. 74 FAZ vom 27. 3.1981, S.l und 2. 75 Mit "fiduciary duties" wird die Gesamtheit aller Pflichten der Unter-
172 5. Kap.: Unternehmerspende im Gesellschafts- und Unternehmensrecht nachkommt. Jedwede Handlung für die Gesellschaft muß in Aufrichtigkeit und gutem Glauben vollzogen werden. Von diesem Grundsatz wird die Verpflichtung der "directors" abgeleitet, "bona fide" zu handeln; d. h. ihre geschäftlichen Aktivitäten müssen von der überzeugung begleitet werden, im besten Interesse des Unternehmens tätig zu sein. Dabei ist darauf zu achten, daß die von einem Funktionsinhaber wahrzunehmenden Gesellschaftsinteressen nicht mit seinen privaten in Konflikt geraten. Auf Grundlage dieser Vorbedingungen ist es der Geschäftsleitung erlaubt, politische Spenden zu geben. Allerdings neigt die Rechtsprechung dazu, die Beweislast dafür, daß Spenden einzig und allein zum Vorteil des Unternehmens durch Förderung seines Gesellschaftszwecks gegeben werden, den Geschäftsführern aufzuerlegen78 • An dieser Stelle bekommt der klassenkämpferische Hintergrund in England Bedeutung. Als Beweis für die vorhandene Förderabsicht des Unternehmenszwecks soll es beispielsweise genügen, wenn wirtschaftspolitische Maßnahmen wie die Verstaatlichung der das Unternehmen angehörenden Branche mit den Spenden bekämpft werden soll77. In der Finanzierung von Anti-Verstaatlichungskampagnen und von Interessengruppen, die sich der Bekämpfung staatlicher Enteignungsabsichten verschrieben haben78 , liege ein Vorteil für das Unternehmen, der ihm unmittelbar zugute komme. Bahnbrechend für diese Betrachtungsweise war eine steuerrechtliche Entscheidung aus dem Jahre 1954. In Morgan (Inspector of taxes) v. Tate & Lyle, Ltd. 7U entschied das House of Lords, daß die beklagte Zuckerraffinerie die Beträge, welche sie für Propagandamaßnahmen gegen die von der Labour Party geplante Verstaatlichung der Zuckerindustrie aufgewendet hatte80, von ihrem steuerpflichtigen Betriebsgewinn zu Recht als "business expense" abziehen konnte. Solange die Geschäftsführung in dem Bewußtsein spendet, daß diese Ausgaben zur Unterstützung einer spezifischen, dem Betrieb zugute kommenden Kampagne gemacht werden oder auf irgend eine Weise aus derartigen Zuwendungen ein unmittelbar begünstigender Effekt für das Spenderunternehmen zu erwarten ist, wird der Gesellschaft die nehmensleiter und Direktoren bezeichnet, die sich aus ihrer treuhandähnlichen Stellung gegenüber den Aktionären ergeben. 78 GoweT, Gower's Principles of Modern Company Law, S. 579. 77 Vgl. FosteT, The legal right of directors to defend the assets and trade of companies, Sonderdruck Hrsg. Aims of Industry. 78 z. B. Aims of Industry und Economic League. Exemplarisch für die Arbeitsweise dieser Interessengruppen ist die von Aims of Industry im Auftrag von Tate & Lyle durchgeführte Zeitungskampagne "Mr. Cube", s. FosteT (FN 77). 79 (1954) 2 All.E.R. 413 ff.
80 Die Zahlungen gingen an Aims of Industry, welche damit einen Propagandafeldzug gegen die Verstaatlichungsabsicht finanzierte, s. (1953) 2 All.E.R. 162 und (1954) 2 AIl.E.R. 413.
H. Bewältigung der politischen Untemehmerspende in ,Großbritannien 173
Befugnis zu finanziellen Unterstützungsmaßnahmen zugestanden81 . Die Grenze findet sich dort, wo Spenden sich als reiner Förderungsbetrag darstellen und keine positiven Rückwirkungen auf den Geschäftsbetrieb des Unternehmens erkennbar werden lassen. In einem solchen Fall handelt die Geschäftsleitung "ultra vires" und macht sich schadensersatzpflichtig. 3. Die Offenlegungspflicb.t für Unternehmerspenden nach dem Companies Act 1967
a) Das Publizitätsbedürfnis und seine Durchsetzung
Nachdem das Jenkins Committee 82 es ablehnte, über die Frage der Zulässigkeit politischer Unternehmerspenden eine Stellungnahme abzugeben83, wandte sich das allgemeine Interesse Anfang der sechziger Jahre mehr der Problematik einer wirkungsvollen Publizität solcher Zuwendungen zu. Das Bedürfnis, politische Spenden offenzulegen, wurde in einer Unterhausdebatte am 18. Juni 1964 ausführlich diskutiert84 • Anlaß war der von der' Labour Party (Mr. James Callaghan) im Rahmen eines Steuergesetzentwurfs eingebrachte Vorschlag, eine neue Vorschrift zu schaffen, die der Steuerbehörde einen Informationsanspruch auf Offenlegung politischer Zahlungen geben sollte. Damit wollte man sicherstellen, daß die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer ordnungsgemäß auf alle Beträge entrichtet wird, die von Unternehmen zu politischen Zwecken ausgegeben werden85. Es war beabsichtigt, besonders die "public companies"86 in die Pflicht zu nehmen, da sie mit "shareholders' money" betrieben werden87 und sich vor allem dort die Fälle häuften, in denen Auskünfte über politische Spenden von den Verwaltungen verweigert wurden88 • Die Verabschiedung der Vorschrift scheiterte 1964
Foster, Abschnitt: Has a company power to contribute. Vom Handelsministerium am 10. Dezember 1959 eingesetztes Komitee zur überarbeitung und Aktualisierung des Company Act 1948. 83 Begründet wurde dies damit, daß die Problematik politischer Spenden primär eine verfassungsrechtliche Thematik darstelle und das Gesellschaftsrecht nur am Rande tangiere, s. Report of the Company Law Committee, Her Majesty's Stationary Office, London June 1962, S. 16/17. 84 Vgl. House of Commons, Parliamentary Debates, Fith Series Vol. 696, Col. 1577-1650. 85 CaZZaghan, House of Commons, Col. 1578 und 1585. SI Im Gegensatz zu "private companies" (sie dürfen keine Gesellschaftsanteile oder Schuldverschreibungen öffentlich anbieten bzw. ausgeben) unterliegen die den deutschen Aktiengesellschaften vergleichbaren "public companies" strengen Schutzvorschriften und der öffentlichen Kontrolle. 87 CaZZaghan, House of Commons, Col. 1579. 88 s. die reichlichen Zitate von CaZZaghan, House of Commons, Col. 15881595. - Mr. Foot: "Do hon. Members opposite really think it right that the 81
8!
174 5. Kap.: Unternehmerspende im Gesellschafts- und Unternehmensrecht an den zugunsten der Konservativen bestehenden Mehrheitsverhältnissen im Unterhaus. Doch konnte die Labour Party drei Jahre später ihre Vorstellungen über das Gesellschaftsrecht durchsetzen. Sinn des Companies Act 1967 war es, die Gesellschaften zu umfassenderer Informationsbereitschaft gegenüber ihren Anteilseignern unter Einschluß der Bekanntgabe aller politischen Zuwendungen anzuhalten88 •
b) Section 19 Companies Act Sec. 19 Abs.1 C. A. 80 verpflichtet jede Kapitalgesellschaft, die im Laufe eines Geschäftsjahres mehr als :E 200 für politische und/oder wohltätige Zwecke ausgegeben hat, in ihrem auf dieses Geschäftsjahr bezogenen Geschäftsbericht den Betrag der Zuwendungen anzugeben. Bei politischen Zahlungen müssen zusätzlich genannt werden a) der Name jeder Person, die mehr als :E 200 empfangen hat, mit dem genauen Geldbetrag, b) im Falle der Hingabe einer Spende oder eines Beitrags von über :E 200 an eine politische Partei die genaue Bezeichnung der Partei und der Geldbetrag. Sec. 19 Abs.3 C. A. 81 konkretisiert den Anwendungsbereich und erstreckt die Anzeigepflicht der Kapitalgesellschaften auch auf Spenden directors of any company should be entitled to give away the shareholders' money without their consent and even without their knowledge?" in: House of Commons, Co!. 1603. 88 s. Owles, The use of an incorporated company's assets for charitable purposes in Anglo-American law, S. 173. 80 If a company ... has, in a financial year, given money for political purposes or charitable purposes or both, there shall (if it exeeded ~ 200 in amount) be contained in the directors' report relating to that year, in the case of each of the purposes for which money has been given, a statement of the amount of money given therefore and, in the case of political purposes for which money has been given, the following particulars, so far as applicable, namely (a) the name of each person to whom money has been given for those purposes exeeding 5: 200 in amount and the amount of money given; (b) ü money exeeding 5: 200 in amount has been given by way of donation or subscription to a political party, the identity of the party and the amount of money given. U1 For the purposes of this section a company shall be treated as giving money for political purposes if, directly or indirectly, (a) it gives a donation or subscription to a political party of the United Kingdom or of any part thereof; or (b) it gives a donation or subscription to a person who, to its knowledge, is carrying on, or proposing to carry on, any activities which can, at the time at which the donation or subscription was given, reasonably be regarded as likely to affect public support for such a political party as aforesaid.
H. Bewältigung der politischen Unternehmerspende in Großbritannien 175 und Beiträge an Personen, von denen anzunehmen ist, daß sie ihrerseits Unterstützungsmaßnahmen zugunsten einer politischen Partei in England durchführen. Auf diese Weise werden auch die Zahlungen erfaßt, die zunächst an Fördergesellschaften und ähnliche Organisationen (Aims of Industry, BUI, Economic League) fließen, um den direkten Bezug zu einer politischen Partei nicht in Erscheinung treten zu lassen. c) Auswirkungen der Publizitätsvorschrift
Die mit Verabschiedung der sec. 19 C. A. gleichfalls von der Labour Party erhoffte Erschwerung der Geldbeschaffung für die Tories92 ließ sich in den folgenden Jahren kaum feststellen. Der Gedanke, daß die gesellschaftsrechtliche Offenbarungspflicht politischer Spenden viele Unternehmen in Zukunft gänzlich von Spendenzahlungen abhalten werde, schien sich nicht zu bewahrheiten. Immerhin veranlaßte die Unsicherheit, wie sich der Offenbarungszwang nun tatsächlich auf das Spendenaufkommen auswirken werde, die Tory-Führer, ihrerseits über die Parteifinanzen öffentlich Rechnung zu legen93 • Im Jahre 1967 verweigerten lediglich zwei Firmen den Konservativen Zuwendungen mit dem Hinweis auf die neue Vorschrift der sec. 19 C. A. 94 • Bereits in den ersten drei Monaten des Jahres 1968 erfuhr die Conservative Party einen beachtlichen Zuwachs an Industrie-Spenden, die mit ca. :E 400 000 das Dreifache des Spendeneingangs des entsprechenden Vorjahreszeitraumes ausmachtenOS. Allerdings mehrten sich Hauptversammlungen, in denen über Geldzuwendungen an die Tory Party abgestimmt wurdeOft. Als Argumente zur Erhöhung der Spendenbereitschaft der Aktionäre dienen den Geschäftsleitungen immer wieder die Hinweise auf Verstaatlichungsgefahr und die massive gewerkschaftliche Unterstützung der Labour Party 97. Eine führende "City merchant bank" gab im Rahmen 92 Richard Casement, Firms increase funds for Tories, The Times vom 6. 5. 1968, S. 19. 93 Butler / Pinto-Duschinsky, The British General Election of 1970, S.96/97. 94 Richard Casement, Tory funds: industry pays estimated 1: 1/2 m a year, The Times vom 21. 10. 1967, S. 11. 9S Richard Casement, Firms increase funds for Tories, The Times vom 6. 5. 1968, S. 19. 98 The Times vom 24. 11. 1967, S. 19. Die Anteilseigner der Spark Holdings beschlossen einstimmig, den Konservativen bis zu 1/2 Prozent des jährlichen Ertrags zur Verfügung zu stellen. 97 Raymond Brookes, Vorstandsvorsitzender des englischen Maschinenbaukonzerns Guest Keen and Nettlefolds, spendete den Konservativen über 1: 34000 und bemerkte: "We are not concerned with politics. Our concern is business and the preservation of private enterprise. The level of our subscription reflects our concern with the poorer of the two parties and is related to our employees' voluntary and involuntary contributions to the other major party." The Times vom 10.4.1968, S. 21.
176 5. Kap.: Unternehmerspende im Gesellschafts- und Unternehmensrecht
ihrer neuen Rechenschaftspflicht bekannt, daß sie ihre Zuwendungen an die Conservative Party im Jahre 1967 von :E. 1000 auf :E. 10000 erhöht habet8 • Die im Jahre 1979 von der Labour Party durchgeführte Auswertung der Geschäftsberichte großer Firmen für das Jahr 1978 ergab, daß 358 Unternehmen :E. 1 721 000 an politischen Zahlungen leisteten. :E. 951 000 gingen direkt an die Konservativen, :E. 450 000 wurden der BUI und :E. 144000 anderen Industrieberatern überwiesen. Die Economic League erhielt :E. 117 000 und Aims of Industry :E. 18 000. Die größten Einzelspenden gaben Taylor Woodrow mit insgesamt :E. 64000 an die Conservative Party und BUI sowie Allied Breweries mit :E. 53 000 ebenfalls an BUltt • III. Publizität als Kontrollmechanismus A. Informations- und Kontroll rechte der Gesellschafter 1. Die Kontrolle der Geschäftsleitung Der je nach Rechtsform mehr oder weniger ausgeprägte Ermessensfreiraum der Geschäftsleitung bedarf einer Kontrolle. Grundsätzlich wird sie von der Gesellschafterversammlung bzw. besonderen Aufsichtsorganen innerhalb der Gesellschaft übernommen. Abhängig von der gesetzlichen Organisationsstruktur des jeweiligen Gesellschaftstyps können die überwachungs- und Einflußmöglichkeiten der Gesellschafter sehr umfassend (§§ 45 ff. GmbHG), eingeschränkt (§ 716 BGB und § 118 HGB) oder wenig ausgeprägt (§ 166 Abs. 2 HGB) sein. Während im Recht der GmbH die Kontrolle der Geschäftsführung sich als "eine permanente Aufgabe der Gesellschafterversammlung und damit aller Gesellschafter"100 darstellt, wird im Aktienrecht die Kontrolle durch das politische System101 der Unternehmung ausgeübt. In seiner Zusammensetzung aus Kompetenzzuweisungen, organisationsrechtlichen Abhän18 Chairman J ocelyn Hambro: "I believe we have the worst Prime Minister of this country since Lord North. I believe it is in the best interest of our shareholders and the country that we have a change of Government. I put this to my Board and they were unamimous." Financial Times vom 28. 5. 1968, S.l. 99 Butler / Kavanagh, The British General Elektion of 1979, S. 71, FN 5. 100 Lutter, Zum Informationsrecht des Gesellschafters nach neuem GmbHRecht, in: ZGR 1982, S. 7. 101 Dieser Begriff wurde in diesem Zusammenhang erstmals von Duden, über Unternehmensziele, S. 137, geprägt.
IH. Publizität als Kontrollmechanismus
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gigkeiten, Verfahrensvorschriften und sonstigen äußeren Zwängen sorgt das politische System dafür, daß "die Balance zwischen Freiheit des Vorstands und der notwendigen Kontrolle"102 hergestellt wird. 2. Das Informationsbedürfnis der Gesellschafter
Voraussetzung für eine wirksame Wahrnehmung der Kontrollfunktion ist die umfassende Information der Gesellschafter über alle Angelegenheiten der Gesellschaft. Diesem Bedürfnis trägt das Gesellschaftsrecht in unterschiedlicher Intensität Rechnung. Wiederum zeigt sich das GmbHG besonders gesellschafterfreundlich und räumt mit dem neuen § 51 a GmbHG jedem Gesellschafter ein umfangreiches Auskunfts- und Einsichtsrecht einl03 . Für die oHG und KG gibt es mit den §§ 118 Abs. 1, 166 Abs.l und 2 HGB ein abgestuftes InformationsrechtlO' und § 131 Abs. 1 AktG beschränkt das Auskunftsrecht des Aktionärs auf Fragen in der HV zu Gesellschaftsangelegenheiten, die zur sachgemäßen Beurteilung eines Tagungsordnungspunktes erforderlich sind. Diese Einschränkung darf allerdings nicht allzu eng gesehen werden, da die Grenzen für "Angelegenheiten der Gesellschaft" sehr weit zu ziehen sind l05 . Ohne die Einräumung einer umfassenden Informationsmöglichkeit des Aktionärs zum gesamten Inhalt der Geschäftspolitik in der HV kann von dem Anteilseigner nicht verlangt werden, über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat abzustimmen. 3. Das Auskunftsrecllt des Aktionärs über politische Zuwendungen der Gesellschaft
In der Diskussion über das Auskunfts- und Rederecht zu politischen Themen im Rahmen der HV wird dem Aktionär solange ein Recht zugestanden, als es sich um die Befriedigung seiner Informationsbedürfnisse handelt und diese einen konkreten Bezug zum Unternehmen aufweisenlOS. In der HV kann jeder Aktionär Auskunft über die Berücksichtigung sozialer und politischer Faktoren begehrenl07, wozu im besonderen auch die Frage nach dem finanziellen Engagement des Unternehmens im politischen Bereich gehört. Begründet wird dies schlicht damit, daß die Unternehmensver~!lltung über keinen, einer rechtlichen oder 101 Großmann, S. 173. lOS Deutler, Das neue GmbH-Recht, GmbH-Novelle 1980, S. 93 ff. 10' Vgl. im einzelnen Baumbach / Duden zu §§ 118 und 166. 105 10'
Barz, § 131 Anm. 7; Zöllner in: Kölner Kommentar, § 131 Anm.18. Lutter, Der Aktionär in der Marktwirtschaft, S.41; W. Günther, Poli-
tische Diskussion in der HV, in: FS für Erich Fechner, S. 117 ff. 107 Großmann, S. 178. 12 Kulitz
178 5. Kap.: Unternehmerspende im Gesellschafts- und Unternehmensrecht politischen Kontrolle durch die HV entzogenen Freiraum verfügtl08• Solange politische Spenden erlaubt sind, besteht auch ein Auskunftsrecht des Aktionärs. An dieser Stelle eröffnet sich ein Spannungsfeld zwischen den Interessen des Vorstands und ggf. auch des Aufsichtsrates an weitestmöglicher Geheimhaltung politischer Einflußnahmen durch Spenden und dem Anspruch der Aktionäre auf Offenlegung politischer Zahlungen. Welch empfindlicher Bereich damit angesprochen wird, zeigt der Disput zwischen dem "Berufs-HV-Opponenten" Nold und dem ARVorsitzenden H. J. Abs anläßlich der RWE- (Rheinisch-Westfälisches Elektrizitätswerk AG) HV im Jahre 197610': Nold: "Ich möchte Sie vor allen Dingen um Vorlage Ihrer Spendenliste bitAbs: Nold: Abs:
Nold:
ten. Bitte legen Sie genauestens Ihre Spendenliste vor." "Ich werde alles tun, was ich in meiner Macht habe, daß das nicht geschieht. " "Aufgliederung der Spenden!" "Aufforderung zum Tanz!" " ... Die Spenden müssen aufgegliedert werden, in Amerika wie in Deutschland. Davor können Sie sich, Herr Dr. Abs, nicht drücken."
(Zuruf: Aufhören!) Diese keinen Einzelfall darstellende rechtswidrige Verhaltensweise des AR-Vorsitzenden macht das Erfordernis nach legislativer Initiative deutlich, welche den materiellen Auskunftsanspruch der Gesellschafter für möglichst alle Gesellschaften ab einer bestimmten Größenordnung normiert. B. Unternehmensrechtliche Rechnungslegung de lege ferenda 1. Das Erfordernis einer umfassenden Offenlegungspßicht für politische Unternehmerspenden
Die bisherige gesellschaftsrechtliche Untersuchung hat für die Frage der Spenden an politische Parteien gezeigt, daß sowohl über die Spendenkompetenz innerhalb einer Gesellschaft als auch hinsichtlich des Publizitätserfordernisses bzw. des Auskunftsrechts der Gesellschafter Unsicherheit besteht. Ihre Beseitigung liegt im Interesse aller mit dem Unternehmen verbundenen Personenkreise und kann mit Einführung Ebd., S. 179. VgI. HV-Stenogramm abgedruckt in: Blick durch die Wirtschaft vom 3. 4. 1976, S. 5; ebenfalls zitiert von Gropmann, S. 178, FN 205. 108 lOg
rH.
Publizität als Kontrollmechanismus
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weitestgehender Transparenz erreicht werden. Das Bewußtsein der Geschäftsleitung, über jede Parteispende Rechenschaft ablegen zu müssen, bewirkt von selbst den Miteinbezug des Gesellschafterwillens und zwingt zu einer breit angelegten Konsensbildung innerhalb der Unternehmung. Eine solche Zielvorgabe setzt die normative Pflicht zur Rechenschaftslegung voraus. Um die Informationsvermittlung nicht dem Ermessen der Unternehmensverwaltungen oder dem zufälligen Auskunftsbegehren eines Gesellschafters zu überlassen, bedarf es einer geordneten Vorwegerfüllung. 2. Rechtssystematiscbe Einordnung der Publizitätspflicbt a) Publizitätsnorm als rechtsformunabhängige
Verhaltensvorschrift
Die Pflicht zur Offenlegung politischer Unternehmerspenden ist aus gesellschaftsrechtlicher Sicht vor allem für jene Gesellschaften erforderlich, die auf der Basis reiner Kapitalbeteiligung aufgebaut sind. Bei diesen Unternehmen ist wegen der funktionalen Trennung von Anteilseignern und Geschäftsleitung der Informationsfluß fast ausschließlich von der Mitteilungsbereitschaft der Verwaltungen abhängig. Sie sind daher primär angesprochen, wenn es darum geht, für den laufenden Geschäftsbetrieb gesetzliche Verpflichtungen zu erfüllen. Mit Normierung einer Veröffentlichungspflicht politischer Unternehmerspenden wird an das Unternehmen eine neue Verhaltensanforderung gestellt. Rechtssystematisch stellt sich das Publizitätsgebot somit· als Bestandteil eines Unternehmensverhaltensrechts dar, das das Informations- und Kontrollrecht der Anteilseigner bezüglich politischer Unternehmerspenden befriedigtllO • Passend läßt sich diese Offenlegungspflicht in das bestehende Normengefüge am besten bei den sonstigen Rechenschaftslegungsvorschriften einordnen. Da sie sich im deutschen Recht schon bisher weitgehend rechtsformunabhängig entwickelt haben111 , fügt sich eine seiner Natur nach gleichfalls von den einzelnen Rechtsformen unabhängige unternehmensverhaltensrechtliche Verpflichtung zwanglos ein. Das Publizitätserfordernis für politische Unternehmerspenden in den auf die jeweilige Rechtsform bezogenen Einzelgesetzen (AktG, GmbHG, GenG usw.) zu normieren, hieße systemwidrig zu verfahren; dies um 110 Zur dogmatischen Begründung des Unternehmensverhaltensrechts im Bereich des Kapitalanlegerschutzes vgl. Hopt, Der Kapitalanlegerschutz im Recht der Banken, S. 219-260. Zur generellen Einordnung s. Wiedemann, Grundfragen der Unternehmensverfassung, in: ZGR 1975, S.400. 111 BR-Drucks. 61/82, S.62.
12*
180 5. Kap.: Unternehmerspende im Gesellschafts- und Unternehmensrecht so mehr, als die neueste Entwicklung, die durch die in der Vierten EGRichtlinie (Bilanzrichtlinie)112 festgelegte Verpflichtung der Bundesrepublik zur Anpassung des deutschen Rechts in Gang gesetzt wurde, eine entgegengesetzte Richtung einschlägt. Danach werden alle Vorschriften, die schon heute rechtsform- und größenunabhängige Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) beinhalten, mit denjenigen Normen zusammengefaßt, die künftig für mehr als eine Rechtsform gelten sollen118• b) Einfügung in das Handelsgesetzbuch Der dem Bundesrat am 12. Februar 1982 zugeleitete Gesetzesentwurf der Bundesregierung1l4 sieht vor, die Vierte EG-Richtlinie ausschließlich durch Änderung und Ergänzung bestehender Gesetze in innerstaatliches Recht zu transformieren115. Der Schwerpunkt der Durchführung liegt im HGB. Es soll ein neues, an alle Unternehmensformen gerichtetes Drittes Buch erhalten, das die generelle Verpflichtung zur Aufstellung eines Jahresabschlusses und des Lageberichts kodifiziert. In § 236 Abs. 1 EHGB werden "Unternehmen" i. S. d. neuen dritten Buches des HGB definiert. § 236 Abs. 2 EHGB legt fest, was unter einem Unternehmen zu verstehen ist, das seinen Jahresabschluß offenzulegen hat. Angesprochen sind damit Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Genossenschaften, Kapitalgesellschaften und Co. im Sinne des neuen § 178 EHGB 116 und 112 Die Vierte Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Bilanzrichtlinie-Gesetz) wurde am 25. Juli 1978 mit der Maßgabe erlassen, innerhalb von zwei Jahren (Art. 55) die Durchführungsgesetze zur Bilanzrichtlinie zu erlassen und damit die erforderliche Transformation in nationales Recht durchzuführen. Im einzelnen vgl. Biener, "AG, KGaA, GmbH, Konzerne", Rechnungslegung, Prüfung und Publizität nach den Richtlinien der EG; Lutter, Europäisches Gesellschaftsrecht, ZGR Sonderheft 1, 1979; Hopt, Die Publizität von Kapitalgesellschaften - Grundsätzliche überlegungen zum stand nach der 4. EGRichtlinie und zur Reformdiskussion in den USA -, in: ZGR 1980, S. 225 ff. 11a Allerdings wollte man nicht soweit gehen, die gesamten Rechnungslegungsvorschriften einschließlich der Bestimmungen über Prüfung und Publizität in einem besonderen Rechnungslegungsgesetz zu formulieren. Dieser Vorschlag wurde mit dem Hinweis auf die dann erforderliche "grundsätzliche Reform" nicht akzeptiert, BR-Drucks.61182, S.65. Man einigte sich auf einen Mittelweg, der im Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Durchführung der Vierten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaft zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Bilanzrichtlinien-Gesetz) seinen Niederschlag fand. 114 BR-Drucks.61 vom 19.3. 1982. 115 Insgesamt werden 37 Gesetze geändert oder aufgehoben, um das deutsche Recht an die Bilanzrichtlinie anzupassen, Biener, Die Rechnungslegung der GmbH nach dem Regierungsentwurf eines Bilanzrichtlinien-Gesetzes, GmbH-Rundschau 3/82, S.52. 111 Mit den neuen §§ 178 ff. EHGB werden die Personenhandelsgesellschaften erfaßt, die über keine natürliche Person als persönlich haftenden Gesell-
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die unter den ersten Abschnitt des Publizitätsgesetzes117 fallenden Unternehmen. Für sie alle gelten die §§ 238 ff. EHGB. Fügt man daher die Verpflichtungsnorm zur Ausweisung der an politische Parteien geleisteten Spenden den in Zukunft im HGB geregelten Rechnungslegungsvorschriften hinzu, ist gewährleistet, daß politische Unternehmensspenden i. S. d. § 236 Abs. 2 EHGB offengelegt werdenl18 • Innerhalb der Gliederungsvorschriften zur GuV stehen für die Aufnahme politischer Spenden grundsätzlich zwei Gliederungspunkte zur Verfügung. Zum einen ist dies § 253 Abs. 1 Nr.8 EHGB "sonstige betriebliche Aufwendungen", zum anderen kann § 253 Abs. 1 Nr. 17 EHGB "außerordentliche Aufwendungen" herangezogen werden. Gegen die Ausweisung politischer Spenden unter "sonstige betriebliche Aufwendungen" i. S. d. § 253 Abs. 1 Nr. 8 EHGB spricht die Tatsache, daß mit "betrieblichen" Aufwendungen i. d. R. nur engere, sich aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit ergebende Ausgaben gemeint sind. Die Einordnung politischer Spenden bei Nr. 17 des § 253 Abs. 1 EHGB bringt den Vorteil, daß die darauf bezogene Erläuterungsvorschrift des § 256 EHGB durch einen Abs. 3 ergänzt werden könnte, der die gesonderte Ausweisung politischer Spenden nach Betrag und Empfänger regelt. Eine weitere Möglichkeit systematischer Offenbarung politischer Spenden bietet der in den §§ 270 ff. EHGB geregelte "Anhang"I1D. In § 271 Abs. 1 EHGB sind diejenigen Angaben zusammengefaßt, die nach Art. 43 Abs. 1 der Vierten EG-Richtlinie gefordert werden oder bisher schon nach § 160 Abs. 3 AktG zu machen sind. Den in § 271 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 EHGB vorgeschriebenen Angaben könnte eine neue Nr.8 hinzugefügt werden, welche die Offenlegung politischer Zuwendungen statuiert. c) Gesetzesvorschlag
In dem zu schaffenden Gesetz muß sich die Offenlegungspflicht sowohl auf direkte als auch auf mittelbare Spenden an politische Parteien beziehen. Zur Harmonisierung mit steuerrechtlichen Vorschriften und um keinen - durch Kleinspenden verursachten - unangemessenen schafter verfügen (z. B. GmbH & Co KG). Wegen ihrer auf ein bestimmtes Vermögen beschränkten Haftung für Unternehmensverbindlichkeiten müssen auch diese Firmen der Abschlußpublizität als notwendigem Ausgleich für die Haftungsbeschränkung unterworfen werden. 117 Gesetz über die Rechnungslegung von bestimmten Unternehmen und Konzernen vom 15. 8. 1969, BGBl. I (1969), S. 1189. 118 Bei nicht prüfungspflichtigen Unternehmen erfolgt dies in der Weise, daß sie ihren Jahresabschluß zu einem Register einreichen oder im Bundesanzeiger bekanntmachen, § 236 Abs. 2 Nr.1 EHGB. 119 Der Anhang ersetzt in weitem Umfang den bisherigen Geschäftsbericht nach § 160 AktG.
1825. Kap.: Unternehmerspende im Gesellschafts- und Unternehmensrecht Verwaltungsaufwand zu erzeugen, kann die Betragsgrenze, ab welcher eine Veröffentlichungspflicht bestehen soll, mit dem Höchstsatz direkter steuerlicher Abzugsmöglichkeit gemäß der §§ 10 b Abs.2 EStG, 9 Ziff. 3 b KStG gleichgesetzt werden. Mit Rücksicht auf den legitimen Verbandseinfluß und die Steuerrechtsprechung sind indirekte Parteispenden, die unter Einschaltung von Drittorganisationen oder sonstigen Mittelsmännern den politischen Parteien zugewendet werden, nur dann im einzelnen offenzulegen, wenn die zwischengeschaltete Institution mehr als 20 Ofo der VOn dem Unternehmen stammenden Summe als Geldleistung an eine politische Partei weiterleitet. Da die Weiterleitung der Unternehmenszuwendung auch in Form von Sach-, Werk- oder Dienstleistungen erfolgen kann, muß sich die Berichtspflicht ebenfalls auf solche Förderungsbeiträge erstrecken. Entsprechend ihrer systematischen Einordnung in das neue Dritte Buch des HGB empfehlen sich zur Formulierung des Publizitätsgebotes folgende Textfassungen: als § 256 Abs. 3 EHGB Spenden an politische Parteien sind außerordentliche Aufwendungen im Sinne des Abs. 1, soweit sie den Gesamtbetrag von DM 1800 übersteigen. Sie sind hinsichtlich ihres Betrages und des Empfängers offenzulegen. Als Spenden an politische Parteien gelten auch Zuwendungen an Dritte, die ihrerseits mehr als 20 Ofo der vom Unternehmen stammenden Summe in Form von Geld-, Sach-, Werk- oder Dienstleistungen an eine oder mehrere politische Parteien weiterleiten. als § 271 Abs. 1 NT. 8 EHGB Spenden an politische Parteien im Sinne des § 2 Abs. 1 PartG, soweit sie den Gesamtbetrag von DM 1800 im Geschäftsjahr übersteigen. Dasselbe gilt für Zuwendungen an Dritte, die ihrerseits mehr als 20 % der vom Unternehmen stammenden Summe in Form von Geld-, Sach-, Werk- oder Dienstleistungen an eine oder mehrere politische Parteien weiterleiten. Diese auf Offenlegung politischer Unternehmerspenden abstellende Reglementierung konkretisiert in ihrer rechtsformunabhängigen Ausgestaltung ein Unternehmensverhaltensrecht. Daneben bedeutet diese Normierung einen weiteren Schritt hin zur gesellschaftsbezogenen Rechnungslegung120, über deren Notwendigkeit als Ergänzung der herkömm110 Unter "gesellschaftsbezogener Rechnungslegung" versteht man Versuche, das soziale und ökologische Beziehungsfeld, auf das sich die Unternehmenstätigkeit auswirkt, möglichst umfassend darzustellen. Als neuen Bewertungsmaßstab für die Unternehmenstätigkeit werden hierbei die Krite-
III. Publizität als Kontrollmechanismus
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lichen, ausschließlich auf die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Unternehmens bezogenen Rechnungslegung die Auffassungen weit auseinandergehen121 •
rien "soziale Kosten" und "sozialer Nutzen" eingeführt. In der Praxis werden solche Berichte meist als Sozialbilanz bezeichnet. Weiterführende Literatur: DieTkes, Die Sozialbilanz; BTockhoff, Zur externen gesellschaftsbezogenen Berichterstattung deutscher Unternehmen; PiToth, Sozialbilanzen in der Bundesrepublik Deutschland. 121 s. Bericht über die Verhandlungen der Unternehmensrechtskommission, Hrsg. BMJ 1980, Rdnr. 1885-1922 (S. 940---963).
Zusammenfassung Die Problematik der Unternehmerspenden an politische Parteien findet ihren Schwerpunkt im Verfassungsrecht. Mit seinen Grundsätzen der Parteienfreiheit und Chancengleichheit bildet es Vorgaben, an denen sich das gesamte Finanzierungssystem politischer Parteien auszurichten hat. Das Steuerrecht und die unternehmensrechtlichen Publizitätsvorschriften stellen das Instrumentarium dar, mit dessen Hilfe den verschiedenen Interessen, die mit einer Unternehmerspende verbunden sind, Rechnung getragen, aber auch für den verfassungsrechtlichen Ausgleich gesorgt werden kann. Im Bereich der allgemeinen Finanzausstattung gewährleistet neben den Mitgliedsbeiträgen die Spendenfinanzierung den politischen Parteien ihren freien und außerstaaatlichen Grundcharakter, der Voraussetzung für die verfassungsrechtlich geforderte staatsfreie und offene Meinungs- und Willensbildung ist. Eine Förderung der staatsunabhängigen Parteienfinanzierung liegt im verfassungsrechtlichen Interesse. Besonders Unternehmer machen ihre Spendenbereitschaft von der Bedingung abhängig, daß ihre Zuwendungen steuerlich begünstigt werden. Diesem Interesse nach steuerlicher Abzugsfähigkeit politischer Spenden steht das verfassungsrechtliche Gebot eines gleichen Teilhaberechtes aller Bürger an der politischen Willensbildung dann entgegen, wenn es der Mehrzahl der Bürger nicht mehr möglich ist, in gleicher Weise von der angebotenen steuerlichen Vergünstigung Gebrauch zu machen. Die steuerrechtlichen Regelungen sind so zu fassen, daß sie einerseits den Anreiz zum Spenden an politische Parteien bieten, um sie damit finanziell unabhängiger von staatlichen Geldern zu machen (Parteienfreiheit), andererseits dürfen steuergesetzliche Normen zu keiner ungleichen Begünstigung von Bürgern oder Parteien führen (Chancengleichheit). Neben den verfassungsrechtlich unbedenklichen Möglichkeiten einer Bürgerspende aus Steuermitteln und der progressionsunabhängigen begrenzt-steuerbegünstigten Parteispende wird besonders im Hinblick auf Unternehmerspenden eine neue Finanzierungsvariante vorgeschlagen. Sie beinhaltet eine Erhöhung des steuerbegünstigten Spendenbetrages bei gleichzeitiger, von den Finanzbehörden zu übernehmender Offenlegung.
Zusammenfassung
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Diese Publizität durch Spendenlisten der Finanzverwaltung koppelt die Steuerbegünstigung und Offenlegung politischer Spenden untrennbar aneinander und hat somit eine umfassende Transparenz der Spendenfinanzierung zur Folge. Dies ermöglicht Bürgern mit kleinerem Einkommen, die an der angebotenen Steuervergünstigung nicht mehr in vollem Umfang teilhaben können, eine Kontrollmöglichkeit. Der ggf. sichtbar werdenden Gefahr einseitiger, durch finanzielle Leistungen bestärkter Einflußnahme können sie mit ihrer Wahlstimme entgegenwirken. Mit einer solchen Kompensationsmöglichkeit für finanzschwache Wähler bleibt verfassungsrechtlich gegen steuerbegünstigte Unternehmerspenden größeren Umfangs bei garantierter Offenlegung wenig einzuwenden. Gesellschaftsrechtlich ist zu entscheiden, welches Gesellschaftsorgan befugt ist, politischen Parteien zu spenden. Aus der erforderlichen Differenzierung zwischen Zuwendungen, die aus wohltätigen, religiösen, kulturellen oder ähnlich gemeinnützigen Beweggründen gegeben werden, und Spenden an politische Parteien ergibt sich eine Unterscheidung, die sich auf die Entscheidungskompetenz innerhalb der Gesellschaft auswirkt. Während Spenden der erstgenannten Art ohne weiteres als "Aufwand" betrachtet werden können und damit in den Bereich betriebsüblicher Geschäfte fallen, sind Spenden an politische Parteien nicht als Konkretisierung der Sozialpflichtigkeit anzusehen. Allgemeine Spenden an politische Parteien mit ihrem unmittelbaren Bezug zur politischen Willensbildung unterliegen vom Verfassungsrecht mitbeeinflußten Maßstäben, die es gebieten, die Spendenentscheidung beim einzelnen Gesellschafter zu belassen. Nur in Fällen, in denen das Gesellschaftsinteresse eindeutig dominant erscheint - z. B. bei (verfassungsrechtlich sehr bedenklichen) Spenden zum Zwecke der Herbeiführung dem Betrieb unmittelbar zugute kommender Entscheidungen -, sind politische Spenden Angelegenheiten der Geschäftsleitung. Im übrigen sind Zuwendungen an politische Parteien als "Gewinnverwendung" einzuordnen. Diese Einordnung harmonisiert mit den steuerrechtlichen Vorschriften, die politische Spenden grundsätzlich dem Bereich der privaten Lebensführung zuweisen. Zur Vervollkommnung der verfassungsrechtlich geforderten Transparenz politischer Finanzierung scheint es angebracht, eine unternehmensrechtliche Rechnungslegung über direkte und mittelbare Parteispenden zu schaffen. Eine solche, dem englischen Gesellschaftsrecht nachempfundene Offenlegungspflicht kodifiziert in ihrer rechtsformunabhängigen Ausgestaltung das ohnehin gesellschaftsrechtlich festgeschriebene Auskunfts- und Informationsrecht der Anteilseigner.
186
Zusammenfassung
Diese unternehmensrechtliche Publizität trägt dazu bei, das durch die zahlreichen Parteispenden-Affären der letzten Jahre erzeugte Mißtrauen der Öffentlichkeit gegenüber Unternehmern und politischen Parteien abzubauen.
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