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German Pages 155 [149] Year 2008
Klaus Siebenhaar (Hrsg.) Unternehmen Universität
Klaus Siebenhaar (Hrsg.)
Unternehmen Universität Wissenschaft und Wirtschaft im Dialog 2. Forum Hochschulmarketing der Freien Universität Berlin
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
1. Auflage 2008 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2008 Lektorat: Katrin Emmerich / Sabine Schöller VS Verlag für Sozialwissenschaften ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Druck und buchbinderische Verarbeitung: Krips b.v., Meppel Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in the Netherlands ISBN 978-3-531-16244-7
Inhalt Inhalt
Vorwort ............................................................................................................ 7 Ursula Lehmkuhl Begrüßung ........................................................................................................ 9 Andreas Storm Gemeinsam für mehr Autonomie und Wettbewerb an den Hochschulen: Wissenschaft, Wirtschaft und Politik im Dialog ............................................ 13 Arend Oetker Innovationsfaktor Kooperation – neue Wege zu mehr Austausch zwischen Unternehmen und Hochschulen .................................... 27 Albert Berger Unternehmen Universität – Universität unternehmen .................................... 37 Klaus Siebenhaar Lebendige Praxis. Von der Integration wirtschaftender Unternehmen in Curriculum und Hochschulmarketing ...................................................................................... 47 Stefan Hormuth, Christian Schulze Die TransMIT Gesellschaft für Technologietransfer mbH – Flexibilisierung und Optimierung des Technologietransfers an den mittelhessischen Hochschulen ............................................................ 57 Holm Keller, Felix C. Seyfarth Eine Universität erneuert sich grundlegend: Leuphana Universität Lüneburg ..................................................................... 77 Marcus Beiner Wissen stiften: Das Beispiel „Pro Geisteswissenschaften“ ............................ 93
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Inhalt
Markus Baumanns Die Bucerius Law School in Hamburg – Ein Projekt der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius: Eine Hochschule als Unternehmen ............................................................... 103 Henrik Enderlein Privat finanziert, öffentlich ausgerichtet: Die Hertie School of Governance als eine besondere Form von „Public-Private-Partnership“ ................................................................. 113 Peter-André Alt, Peter Gaehtgens, Hardy Rudolf Schmitz, René Gurka Moderation: Armin Himmelrath Podiumsdiskussion: Wissenschaft und Wirtschaft zwischen Ökonomisierung und Autonomieanspruch ..................................................................................... 127 Verzeichnis der Autorinnen und Autoren ..................................................... 147
Vorwort
Wissenschaft und Wirtschaft rücken näher zusammen. Das gilt nicht nur für die bereits traditionell angewandten Forschungsbereiche der Natur-, Technik- und Wirtschaftswissenschaften, um Transaktionsbeziehungen der besonderen Art bemühen sich längst auch Geistes-, Kultur- und Medienwissenschaften. Der Bologna-Prozess, die beiden Exzellenzwettbewerbe und die großen wissenschaftspolitischen Offensiven wie etwa das Jahr der Geisteswissenschaften haben die gesamtgesellschaftliche Relevanz universitärer Lehre und Forschung nachhaltig in das öffentliche Bewusstsein gerückt. Zugleich vermochten aber auch die deutschen Hochschulen ihre gewachsene „unternehmerische“ Kompetenz in zentralen Managementfragen, in der Organisationsentwicklung und in Marketing unter Beweis zu stellen. Zu allen diesen Prozessen zwischen wettbewerbsorientierter Ökonomisierung und identitätsbestimmten Autonomieanspruch hatte das vorliegend dokumentierte 2. Forum Hochschulmarketing der Freien Universität Berlin am 27. und 28. Juni 2007 hochkarätige Fachvertreter aus Wirtschaft, Politik, Universitäten und Stiftungen zu Wort kommen lassen. Der mündliche Vortragsstil ist für die Drucklegung erhalten geblieben, auch geben die Texte den damals aktuellen Stand der Entwicklung und Diskussion wieder. Inzwischen können sechs weitere deutsche Universitäten den Exzellenzstatus für sich in Anspruch nehmen, darunter die gastgebende Freie Universität Berlin. Das ist ebenso erfreulich wie der ungebrochen intensive Dialog zwischen Politik, Wirtschaft und Wissenschaft im gemeinsamen Bemühen, die Herausforderungen der Zukunft am Standort Deutschland gemeinsam zu meistern. Praktische Anregungen und nachahmenswerte Beispiele bietet der vorliegende Band dazu in Hülle und Fülle. Dafür sei den Referenten und dem für Konzeption, Organisation und Redaktion der Tagung verantwortlichem Team des „Forum Hochschulmarketing“ um Kathrin Lebrecht am Institut für Kultur- und Medienmanagement der Freien Universität Berlin noch einmal ausdrücklich gedankt. Berlin, im Juni 2008
Der Herausgeber
Begrüßung Ursula Lehmkuhl
Sehr geehrter Herr Staatssekretär Storm, sehr geehrter Herr Doktor Oetker, sehr geehrte Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, sehr geehrte Kollegen anderer Universitäten, lieber Herr Professor Siebenhaar, liebe Mitglieder und Freunde der Freien Universität Berlin, sehr geehrte Damen und Herren, die Reform von Lehre und Studium sowie der zunehmend schärfer werdende Wettbewerb um „kluge Köpfe“ und um die finanzielle Sicherung der Leistungsfähigkeit in Wissenschaft und Forschung verlangen von den deutschen Hochschulen eine deutliche Profilbildung. Nicht nur Studierende und Wissenschaftler wollen von der Qualität der Lehre und Forschung der jeweiligen Universität überzeugt werden, auch der öffentliche Diskurs ist gekennzeichnet von einem stärkeren Interesse, was hinter den Türen der Elfenbeintürme vonstatten geht. Dabei setzt sich die Erkenntnis durch, dass zum einen wissenschaftliche Bildung und Ausbildung eine zentrale Rolle für die Zukunftsfähigkeit des Standortes Deutschland spielen, zum anderen die Lösung gesellschaftlicher Probleme einer engen Verzahnung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft bedarf. Die Herausforderung, das Leistungsprofil und damit auch das Angebot der Hochschule an die Gesellschaft öffentlich darzustellen, gewinnt für die Universitäten somit zunehmend an Bedeutung. Vor diesem Hintergrund hat die Freie Universität Berlin das Hochschulmarketing zu einer zentralen Aufgabe erklärt. Die Freie Universität Berlin positioniert sich hierbei als internationale Netzwerkuniversität, deren Forschung sich durch internationale Ausrichtung und interdisziplinäre Zusammenarbeit auszeichnet. 1948 mit Hilfe massiver internationaler, besonders amerikanischer Unterstützung im freien Westteil Berlins gegründet, gehört die Freie Universität Berlin heute zu den deutschen Spitzen-Universitäten. Ihre einzigartige internationale Vernetzung drückt sich nicht nur in über hundert Partnerschaften mit Universitäten weltweit aus, sondern auch in verschiedenen Niederlassungen, die die Universität in New York mit den Friends of Freie Universität und der German University Alliance, oder in Peking mit dem Zentrum für Deutschlandstu-
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Ursula Lehmkuhl
dien und in Moskau unterhält. Auch das erste Konfuzius-Institut in Deutschland, das die Peking-Universität an der Freien Universität 2006 eingerichtet hat, zeugt von den vielfältigen internationalen Kooperationen, die die Universität pflegt. Die Umsetzung dieses Konzepts der internationalen Netzwerkuniversität, mit dem die Freie Universität im Exzellenzwettbewerb des Bundes und der Länder angetreten ist, wird in die Hände dreier strategischer Zentren gelegt: dem Center for Cluster Development, dem Center for Graduate Studies und dem Center for International Exchange. Im ersten Center, dem Center for Cluster Development, soll das Clusterkonzept der Freien Universität verwirklicht werden. Es wird Forschungsfelder identifizieren, daraufhin analysieren, wie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität diese bearbeiten können, und geeignete Partner für zukunftsträchtige Kooperationen zusammenführen. Dabei kann das Center for Cluster Development auf unsere bereits bestehenden breit angelegten Kooperationen mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen, mit politischen und gesellschaftlichen Organisationen und mit Wirtschaftsunternehmen in der Region und darüber hinaus zurückgreifen. Als Netzwerk für wissenschaftlichen Nachwuchs koordiniert das Center for Graduate Studies die strukturierte Doktorandenausbildung nach Maßgabe internationaler Qualitätsstandards. Als Dahlem Research School wird sie – gerade auch in Verbindung mit den sich herausbildenden Clusternetzwerken – neue Graduiertenprogramme etablieren, deren Exzellenz sie durch regelmäßige Evaluierungen sicherstellt. Inzwischen ist die Freie Universität als einzige deutsche Universität in den Council of Graduate Schools, Washington, DC, aufgenommen worden, dessen Präsidentin Debra Stewart Mitglied im Internationalen Beirat der Freien Universität Berlin ist. Das dritte strategische Zentrum, das Center for International Exchange, ist der Schnittpunkt für das internationale Netzwerk mit Zweigstellen weltweit. Im Zeichen des für Deutschland notwendigen „Brain Gain“ wirbt es durch seine Zweigstellen zusammen mit Partnern und örtlichen wissenschaftlichen Einrichtungen akademischen Nachwuchs an. Darüber hinaus sind die Zweigstellen Orte des Austauschs über die Clusterforschung an der Freien Universität Berlin. 2006 hat die Freie Universität ihre wissenschaftliche Expertise in den Regionalwissenschaften zu den Regionen Nord- und Südamerika, Osteuropa, Asien, Vorderer Orient unter dem Dach des Center for Area Studies (CAS) gebündelt, da die Regionalstudien ein wissenschaftliches Kernstück der Internationalen Netzwerkuniversität sind. Auch die Area Studies werden durch die ScoutingTätigkeit des Center for International Exchange in den verschiedenen Weltregionen unterstützt.
Begrüßung
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Um dieses umfassende Konzept an der Freien Universität Berlin implementieren zu können, wurden in den letzten Jahren verschiedene Reformschritte vollzogen:
So wurden unter Nutzung der sogenannten Erprobungsklausel effektive Entscheidungsstrukturen eingeführt. Durch eine neue Kosten-Leistungs-Rechnung wurde ein effizienter Mitteleinsatz gewährleistet. Seit 2003 ist die Freie Universität zudem dabei, die Studienstrukturen in das europäische BA/MA-System zu überführen. Durch die Strukturplanung wurde ein verlässlicher Rahmen für die Entwicklung der Hochschule geschaffen. Und in einem weiteren Schritt wurde 2004 ein Qualitätsmanagement als System eingeführt.
Dies alles hat unter anderem auch dazu geführt, dass die Freie Universität 2006 von der Studie „Unternehmen Hochschule“, die von dem Wirtschaftsmagazin „karriere“ und dem Wirtschaftsforschungsinstitut „Prognos“ vorgestellt wurde, als unternehmerischste Hochschule in Deutschland ausgezeichnet wurde. Laut Jury hat die Freie Universität im Vergleich zu den anderen evaluierten Hochschulen am stärksten den Vorgaben für ein professionalisiertes und aktives Hochschulmanagement entsprochen. Dieses Profil der Freien Universität will vermarktet und der nationalen wie internationalen Öffentlichkeit präsentiert werden. Dazu hat die Freie Universität einen marketing-orientierten Prozess initiiert und Herrn Prof. Dr. Klaus Siebenhaar, dem Leiter des Instituts für Kultur- und Medienmanagement (IKM) die inhaltliche und organisatorische Koordination dieses zentralen Auftrags übertragen. Das von ihm gegründete Forum Hochschulmarketing dient der Freien Universität zum einen als koordinierende und „ausrichtende“ Agentur und zum anderen als eine Plattform zur Bündelung der inneruniversitären Marketingaktivitäten. Ein Kernelement des Forums Hochschulmarketing ist der jährlich stattfindende Kongress, der neue Themen aufgreift, aktuelle Entwicklungen diskutiert und Anregungen gibt für neue Formen von Hochschulmarketing. Unter dem heutigen Titel „Unternehmen Universität – Wissenschaft und Wirtschaft im Dialog“ sollen nun grundlegende Kennzeichen und Anforderungen an unternehmerische und wettbewerbsorientierte Universitäten formuliert und diskutiert werden sowie „best practice“-Beispiele vorgestellt werden. Vielleicht kann die Freie Universität als ein solches Beispiel dienen.
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Ursula Lehmkuhl
Ihnen, Herr Professor Siebenhaar, und Ihrem Team möchte ich ganz besonders danken, dass Sie diesen Kongress auf die Beine gestellt haben und durch eine sehr kluge Auswahl an Referenten sicherlich zu einem sehr interessanten und gewinnbringenden Ereignis werden lassen. Auch Deutschlandradio Kultur möchte ich als Medienpartner für diesen Kongress nicht unerwähnt lassen. Und nun seien Sie ganz herzlich beim 2. Forum Hochschulmarketing begrüßt, seien Sie an der Freien Universität begrüßt.
Gemeinsam für mehr Autonomie und Wettbewerb an den Hochschulen: Wissenschaft, Wirtschaft und Politik im Dialog Andreas Storm
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Einleitung
Unsere Hochschulen befinden sich im Aufbruch. Sie durchlaufen einen tiefgreifenden Struktur- und Mentalitätswandel, um im globalen Wettbewerb als Institution zukunftsfähig zu bleiben. Marketing ist für die meisten Hochschulen noch relativ neu, auch wenn die das Selbstverständnis prägenden Stichworte wie Profilbildung, Wettbewerb und Autonomie seit einigen Jahren immer stärker in den Mittelpunkt der Hochschulpolitik gerückt sind. Das Bewusstsein dafür, dass es einer strategischen Planung bedarf, die mehr ist als die herkömmliche Öffentlichkeitsarbeit, ist bei uns anfangs vor allem für den Wissenschaftsstandort Deutschland insgesamt gewachsen. Im Bereich dessen, was man vielleicht „Wissenschaftsaußenpolitik“ nennen könnte, haben wir inzwischen ein professionelles Marketing unserer Hochschulen erfolgreich in Angriff genommen. Das BMBF hat hieran wesentlichen Anteil. Sie alle kennen – hoffentlich! – (das Konsortium) GATE-Germany (und die Portale) Campus Germany und Hi! Potentials. Die Marktorientierung unserer Hochschulen innerhalb Deutschlands ist noch längst nicht so weit. Zwar findet die Generation der heutigen Abiturientinnen und Abiturienten am Kiosk eine Fülle von Zeitschriften, die Fragen zum Studium aufbereiten, und es gibt eine Vielzahl von Rankings mit ganz unterschiedlicher Ausrichtung. Wer studieren möchte oder die Hochschule wechseln möchte, kann sich umfassend informieren, was man wo bei welcher Interessenlage am besten studiert. Für die Studienanfängerinnen und Studienanfänger dominiert aber immer noch die Frage, ob und wo sie angesichts allgemeiner Studienplatzknappheit überhaupt einen Studienplatz bekommen. Den wählen sie dann vor allem heimatnah – die erzwungene Mobilität in den ZVS-Fächern bleibt wenig beliebt. Unsere Hochschulen als Bildungsanbieter wiederum sehen sich durch die existierenden Überfüllungstendenzen oft noch nicht in Anbieterkonkurrenz um
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Andreas Storm
Studierende. Mancherorts hat man das Gefühl, dass sie sich durch örtliche NC geradezu wallartig um die Abwehr der Massen bemühen. Zugegeben, das mag etwas übertrieben geschildert sein. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass wir hier eine neue Kultur der Wertschätzung und des gegenseitigen Umgangs brauchen und auch bekommen werden: Wenn wir die Leistungsfähigkeit unserer Hochschulen und Forschungseinrichtungen steigern und die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands weiter ausbauen wollen, dann müssen wir dafür sorgen, dass sich gerade die Kreativität junger Menschen optimal entfalten kann, dass sie ihre Chancen bei uns sehen und wahrnehmen können. Das darf nicht nur für die besten 10 % eines Jahrgangs gelten, und das kann sich nicht allein auf den Bereich der Forschung beschränken. Erforderlich ist deshalb ein generelles Umdenken, wie das Beispiel der Freien Universität Berlin zeigt. 2
Marktorientierung am Beispiel der Freien Universität Berlin
„Der Student ist nicht Kunde, er ist König“, hat Herr Prof. Dr. Siebenhaar beim ersten Forum Hochschulmarketing der Freien Universität Berlin als Programm formuliert. Da ging es um „Kundendienstleistung an Studierenden“ und die Universität als Dienstleister. Nun hat die Freie Universität Berlin bekanntlich für Studierende eine hohe Attraktivität und muss sich um hinreichend Studienbewerber nicht sorgen. Sie könnte den Marktmechanismus der Kundenfreundlichkeit also missachten, ohne mit nachfrageseitigen Substitutionshandlungen im Sinne einer „Abstimmung mit den Füßen“ rechnen zu müssen. Dass sie sich dennoch intensiv mit zukunftsweisenden Konzepten eines Hochschulmarketing befasst, zeigt, dass sie sich doch einem Wettbewerb ausgesetzt sieht, in dem sie bestehen möchte: Sie möchte nicht irgendwelche Studenten haben. Sie möchte attraktiv sein für besonders motivierte Studenten und diese an sich binden. Und sie hält hierfür eine stärkere Studierendenorientierung für nötig. Die Freie Universität Berlin ist im Bereich Marketing sicher in einer Vorreiterrolle. Sie hat eine beeindruckende Entwicklung von einer verschlafen wirkenden Massenuniversität der 80er Jahre hin zu einer der TOP-Universitäten in Deutschland genommen. Nimmt man die Vorauswahlentscheidungen für die Zukunftskonzepte im Rahmen der Exzellenzinitiative als Indikator, gehört die Freie Universität Berlin klar zu den führenden Hochschulen unseres Landes. Aus Sicht der Politik ist die Hinwendung zu den Studierenden und ihrem Studienalltag aber überall notwendig und überfällig – bei den TOP-Hochschulen
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genauso wie bei denen, die eher für den regionalen Bedarf der Wirtschaft ausbilden. Mit dem Ausbau der Massenuniversitäten der 70er Jahre hat sich in Deutschland eine Distanz zwischen Professorenschaft und Studierenden etabliert, die die Studierenden zu oft unbetreut und verloren gefühlt zurückgelassen hat. Das war und ist sicher auch eine Frage des Geldes und der Betreuungsrelationen. Aber es ist auch eine Frage der Wissenschafts- und Lehrkultur der Hochschulen. Unsere Studienabbruchquoten von 30 bis 40 % (je nach Fach) sind viel zu hoch. Sie sind wesentlich Resultat der zum Teil katastrophalen Studienbedingungen. Studierende, die sich als Kunden sehen und die als Kunden von den Hochschulen wahrgenommen werden, fordern und bekommen eine bessere Betreuung. Zu lange haben Bilder geduldiger Studenten in überfüllten Hörsälen mit veralteter Ausstattung in den letzten Jahren den Blick auf unsere großen Universitäten geprägt. Dass sich hier im Zusammenhang mit der Erhebung von Studienbeiträgen – auf beiden Seiten – vieles ändert und ein Akzeptanz- und Bewusstseinswandel stattfindet, ist für den Bildungsmarkt Deutschland und seine internationale Anschlussfähigkeit enorm wichtig. 3
Hochschulpakt
Ein Studium eröffnet vermutlich wie kaum eine andere Zeit im Lebenslauf die Chance, der eigenen Neugierde freien Lauf zu lassen, sich mit bislang Unbekanntem zu beschäftigen und sich begeistern zu lassen. Wir brauchen Universitäten und Fachhochschulen auch als Orte, an denen Menschen ihren geistigen Horizont erweitern. Wir wollen, dass möglichst viele junge Menschen an den Hochschulen das Rüstzeug dafür erwerben, mit ihren Ideen und Fähigkeiten in der Wissensgesellschaft des 21. Jahrhunderts Erfolg zu haben. Es ist nicht nur eine Frage der Generationengerechtigkeit, dass wir diese Startchancen auch der steigenden Zahl der Studienanfänger der kommenden Jahre ermöglichen wollen. Einen Verlust von Begabungen können wir uns nicht leisten. Bis in die zweite Hälfte des nächsten Jahrzehnts wird die Zahl der Studienberechtigten aufgrund der demographischen Entwicklung und der doppelten Abiturjahrgänge erheblich ansteigen. Gleichzeitig entsteht eine wachsende Nachfrage nach Hochschulabsolventen auf dem Arbeitsmarkt. Denn während im Zuge des wirtschaftlichen Strukturwandels der Bedarf an hochqualitativen Arbeitskräften kontinuierlich steigt, droht zugleich infolge der demographischen Entwicklung ein massiver Fachkräftemangel.
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Bundesministerin Dr. Schavan hat die Chancen der demographischen Entwicklung sehr schnell erkannt und sich dagegen gewehrt, dass in diesem Zusammenhang von „Studentenbergen“ und „Belastungen“ gesprochen wird. Es ist wesentlich ihr Verdienst, dass Bund und Länder mit dem Hochschulpakt 2020 nun gemeinsam die Verantwortung dafür übernehmen, dass es für die Studieninteressierten der nächsten Jahre genügend Studienplätze geben wird. Ich freue mich, Ihnen berichten zu können, dass der Hochschulpakt in Sack und Tüten ist: Am 14. Juni 2007 haben die Regierungschefs von Bund und Ländern die Vereinbarung unterzeichnet, mit der die zwei Säulen des Hochschulpakts 2020 festgelegt sind: Es geht – erstens – um ein großes Programm zur Aufnahme zusätzlicher Studienanfänger. Im Vergleich zu 2005 rechnen wir auf der Basis der KMKPrognose für die Jahre 2007 bis 2010 mit insgesamt rund 90.000 zusätzlichen Studienanfängern. In den Jahren des Spitzenbedarfs 2011 bis 2013 wird mit jährlich ca. 40.000 zusätzlichen Studienanfängern gerechnet. Der Bund wird sich an den Kosten für diese zusätzlichen Studienanfänger alleine in den Jahren 2007 bis 2010 mit insgesamt 565 Millionen Euro beteiligen. Diese massive Unterstützung ermöglicht es den Ländern, die Gesamtfinanzierung sicherzustellen. Das Programm enthält auch wichtige strukturpolitische Zielsetzungen. Es besteht ein Grundkonsens, dass der Ausbau der Hochschulen auch zu einer Steigerung der Studienplätze an Fachhochschulen genutzt werden soll. Es ist ein wichtiges Anliegen, dass bei der Mittelverwendung die gravierende Unterrepräsentation von Frauen an Hochschulen berücksichtigt werden soll. Die Länder werden mit den Fördermitteln Schwerpunkte setzen. Das können zusätzliche Stellen für Professuren und Juniorprofessuren, vorgezogene Berufungen auf Lehrstühle oder die Einführung neuer, lehrbezogener Personalkategorien etwa nach dem Modell des angelsächsischen „Lecturer“ sein. Neben diesem Programm ist – zweitens – die Einführung der sogenannten Overheads beschlossen. Mit einer Programmpauschale für erfolgreiche Forschungsvorhaben, die sich im Wettbewerb um Fördermittel der DFG durchsetzen, stärken wir die Hochschulforschung. Die Forschungsförderung wird von der Grundfinanzierung der Hochschulen unabhängiger. Die deutschen Hochschulen werden in ihrer strategischen Ausrichtung international wettbewerbsfähiger, handlungsfähiger und autonomer. Bis 2010 übernimmt der Bund eine 100 % ige Finanzierung der Overheads in Höhe von insgesamt rund 703 Millionen Euro. Diese Mittel werden – durch die zu erwartende Streuung auf viele Hochschulen in der DFG-Förderung – eine hohe Breitenwirkung haben. Die Einführung der Overheads ist nicht nur ein forschungspolitisch wichtiges neues Instrument. Ich bin überzeugt davon, Overheads werden das Rückgrat der Hochschulen stärken.
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Hochschulautonomie
Wenn wir darüber nachdenken, wie Wissenschaft, Wirtschaft und Politik die Hochschulen dabei unterstützen können, sich zukunftsfähig auszurichten, ist Autonomie der Schlüsselbegriff. Die Hochschulen brauchen die Freiheit, ihre Stärken auszubauen, flexibel auf neue Herausforderungen zu reagieren und im Wettbewerb ein differenziertes Profil zu entwickeln. Wettbewerb, Profilbildung und Diversifizierung der Hochschullandschaft setzen Hochschulautonomie voraus. Die Föderalismusreform I hat ein deutliches Signal gegeben, die Hochschulen aus der staatlichen Detailsteuerung zu entlassen und ihnen mehr Autonomie einzuräumen. Mit der Aufhebung des Hochschulrahmengesetzes (HRG) leistet die Politik auf Bundesebene ihren Beitrag hierzu. Frau Bundesministerin Dr. Schavan setzt nicht nur konsequent um, dass die Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes mit der Föderalismusreform entfallen ist. Sie nimmt auch den Ruf der Hochschulen nach mehr Autonomie ernst. Und sie setzt ein deutliches Signal in der Wissenschaftspolitik gegen staatliche Detailsteuerung und Verwaltung, für eine Modernisierung des Wissenschaftssystems durch Freiheit und Autonomie. Eine Politik größerer Selbständigkeit ist in erster Linie Länderwissenschaftspolitik. Die Länder tragen die primäre Verantwortung für die Steuerung des Hochschulsystems. Es ist eine der zentralen Herausforderungen der aktuellen Hochschulpolitik, Handlungsspielräume zu nutzen und so viel Freiheit wie möglich vom Staat an die Hochschulen weiterzugeben. Wie erfolgreich das sein kann, lässt sich zum Beispiel an der Technischen Universität in meiner Heimatstadt Darmstadt beobachten. Sie ist als erste autonome Modellhochschule hervorragend auf die Herausforderungen unserer Zeit eingestellt. Hochschullehrer und Studierende profitieren gleichermaßen von den neuen Freiräumen für Forschung und Lehre. Im Rahmen der zweiten Förderstaffel der Exzellenzinitiative ist Darmstadt mit einem Cluster und gleich drei Graduiertenschulen im Rennen. Was bei der TU Darmstadt noch vor wenigen Jahren Modellcharakter hatte und mit dem TUD-Gesetz auch nur am Einzelfall galt, haben inzwischen alle Länder aufgegriffen. Im Bereich der Hochschulfinanzierung und -verwaltung sind in allen Ländern Reformen in Gang. Die Ministerien ziehen sich zunehmend aus der Detailsteuerung zurück. Globalhaushalte, leistungsorientierte Mittelzuweisung und Zielvereinbarungen zwischen Land und Hochschule treten als neue Steuerungselemente an die Stelle staatlicher Regulierung. Das Niedersächsische Hochschulgesetz mit
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der Möglichkeit der Hochschulen, öffentlich-rechtliche Stiftung zu werden, erschien noch vor kurzem spektakulär. Inzwischen ist das NordrheinWestfälische Hochschulfreiheitsgesetz mit der sehr weitgehenden Verselbständigung der Hochschulen und der Übertragung der Finanz-, Personal- und Organisationsverantwortung auf die Hochschulen in einer Vorreiterrolle. Die aktuellen Hochschulreformen sind von der Erwartung getragen, dass in ihrer Autonomie gestärkte Hochschulen schneller auf die vielfältigen und veränderlichen Anforderungen aus Gesellschaft und Wirtschaft reagieren können. Die Reformen bedeuten aber keine Entstaatlichung des Hochschulwesens – weder in der politischen Zielsetzung noch in der faktischen Entwicklung. Der Staat behält die politische Verantwortung für das Hochschulwesen. Die staatliche Regelungskompetenz geht weit darüber hinaus, lediglich allgemeine Rahmenbedingungen für den freien Wettbewerb zu setzen. Dass die Einführung von Globalhaushalten und die Stärkung der korporativen Freiheit den Hochschulen nicht nur in guter Erinnerung ist, liegt an den vielfach gleichzeitig abgeschlossenen Hochschulpakten und den Kürzungsauflagen, die mit der Gewährung der Planungssicherheit verbunden wurden. Der Anspruch, durch die globale Mittelverwaltung effizienter haushalten zu können, geht fehl. Schon jetzt kämpfen die Hochschulen mit einer Unterfinanzierung, die vom DHV auf 3 Milliarden Euro geschätzt wird. Die Stärkung der Hochschulautonomie darf im Ergebnis nicht zu einem weiteren Rückzug des Staates aus seiner finanziellen Verantwortung für das Hochschulsystem führen. Das richtet sich nach der Föderalismusreform I in erster Linie an die Länder, geht aber auch den Bund etwas an. Ich bin der festen Überzeugung: Wenn wir Hochschulen mit Exzellenz nach internationalen Maßstäben bekommen wollen, brauchen wir dafür nicht nur Bund und Länder. Bund, Länder, Hochschulen und Wirtschaft müssen an einem Strang ziehen. Sie müssen sich als Partner begreifen und eine Verantwortungsgemeinschaft bilden. Das Verhältnis von Wissenschaft und Wirtschaft, das Thema dieses Forum Hochschulmarketing ist, ist für die Hochschulen der Zukunft entscheidend. Es ist ein wesentlicher Bestandteil der Regierungspolitik dieser Bundesregierung, im Rahmen der High-Tech-Strategie alles dafür zu tun, dass Wirtschaft und Wissenschaft die Potenziale ihrer Zusammenarbeit besser nutzen. Um Deutschland nach vorne zu bringen bei der Entwicklung von Spitzentechnologien und Innovationen, brauchen wir eine Bündelung der Kräfte von Wissenschaft und Wirtschaft. Ich werde später noch ausführlich darauf kommen. Eine engere Zusammenarbeit von Hochschulen und Wirtschaft liegt aber nicht nur im Interesse des Wirtschaftsstandorts Deutschland, sondern auch im wohlverstandenen Eigeninteresse der Partner. Unternehmen brauchen hervorra-
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gend qualifizierten Nachwuchs, und sie brauchen die Forschungsergebnisse der Grundlagenforschung wie der angewandten Forschung. Unternehmer können viel dazu beitragen, dass sie beides bekommen, wenn sie Schulen und Hochschulen unterstützen. Für die Hochschulen ist die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft auch deshalb so wichtig, weil die damit verbundenen privaten Geldmittel die Handlungsfähigkeit und damit die Autonomie stärken. Der Anteil privater, nicht-staatlicher Mittel an der Finanzierung des tertiären Bereichs liegt in Deutschland unter 13 % und damit weit unter dem internationalen Durchschnitt von 23,6 %. Ich möchte die Gelegenheit in diesem Kreis nicht versäumen, Sie alle zu Mäzenatentum und Sponsoring im Hochschulbereich zu ermuntern. Wir brauchen mehr Unternehmen wie Vodafone, das sich mit einer Summe im zweistelligen Millionenbereich für die im Rahmen der Exzellenzinitiative ausgezeichneten Eliteuniversitäten engagiert. 5
Exzellenzinitiative
Meine Damen und Herren, das sichtbarste Beispiel dafür, dass unsere Hochschulen ihre Autonomie beeindruckend nutzen, um sich im Hochschulsystem neu auszurichten, haben wir mit der Exzellenzinitiative. Die Exzellenzinitiative ist ein großer Erfolg für die gesamte deutsche Hochschullandschaft. Sie zielt nicht nur darauf ab, exzellente und international sichtbare Forschung zu fördern. Es geht vor allem auch darum, die Universitäten wieder zu Zentren des deutschen Wissenschaftssystems zu entwickeln. Es ist unsere Überzeugung, dass die Universitäten in der disziplinären Breite ihrer Fächerstruktur und ihrer zentralen Rolle für die Heranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses den Grundpfeiler unseres Wissenschaftssystems bilden. Es ist daher das Kernziel der Initiative, das Forschungspotenzial des deutschen Wissenschaftssystems in den Universitäten zusammenzuführen, diese zu internationalen Spitzenzentren in enger Verknüpfung mit den außeruniversitären Forschungseinrichtungen auszubauen und ihre Stärken international sichtbarer zu machen. Eine Entwicklung, die nicht gegen eine starke außeruniversitäre Forschung, sondern gemeinsam mit ihr durch Institutionen übergreifende Forschungsverbünde funktioniert. Die Exzellenzinitiative hat in den Hochschulen eine enorme Dynamik in Gang gesetzt. Das beweist die beeindruckende Zahl an qualitativ hochwertigen Anträgen in beiden Antragsrunden. Es ist inzwischen erkennbar, dass der Wett-
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bewerb erhebliche Impulse für die gesamte Hochschullandschaft hat. Er bewirkt an den Hochschulen einen tiefgreifenden Reflexionsprozess über die eigenen Stärken und Schwächen, über die Strategien, diese Stärken auszubauen und die Gesamtleistungsfähigkeit zu steigern. Die Exzellenzinitiative wird außerdem transparent machen, mit welchen Strategien universitäre Forschung an die Spitze geführt werden kann. Verglichen mit den Vorergebnissen der ersten Förderstaffel vor einem Jahr ist die Vorauswahl der zweiten Förderstaffel in der Fächerverteilung – und auch regional – ausgewogener. Im Jahr der Geisteswissenschaften ist es erfreulich, dass insbesondere die Geistes- und Sozialwissenschaften stärker vertreten sind. Das hängt aber nicht etwa damit zusammen, dass Bewertungskriterien verändert wurden. Vielmehr hat sich die Wissenschaftskultur in vorher schwach vertretenen Bereichen sozusagen „berappelt“ und sich den Herausforderungen des neuen Förderinstruments dann mit größerem Erfolg gestellt. Gerade vor diesem Hintergrund, um weiterhin Exzellenzaufbau gezielt anstoßen zu können, wollen wir die Exzellenzinitiative verstetigen. 6
Wissenschaftsförderung des Bundes
Daneben ist und bleibt es Ziel der Bundesregierung, die hohe Qualität der universitären Wissenschaft in Deutschland insgesamt weiter auszubauen und die Förderverfahren von BMBF und DFG weiter finanziell zu stärken. Neben Spitzenunis werden wir auch in Zukunft gute und sehr gute Hochschulen brauchen, die eine gute Ausbildung der Berufsanfänger und eine gute Weiterbildung sicherstellen. Staatliche Investitionen in Bildung und Forschung in der Breite bleiben in Deutschland die Grundvoraussetzung für erfolgreiche Wachstumsstrategien. Dies erfordert bei begrenzten öffentlichen Mitteln von beiden Seiten eine klare Prioritätensetzung. Denn – das ist fast schon eine Binsenweisheit – langfristig kostet es den Staat mehr, an dieser Stelle nicht zu finanzieren. Das heißt nicht: öffentliche Hochschulfinanzierung mit der Gießkanne. Sondern: Solide leistungsorientierte Basisfinanzierung und konzentrierte Förderung von Spitzenleistungen im Wettbewerb. Das kann und wird nicht auf den Bereich universitärer Forschung beschränkt sein. An dieser Stelle muss man betonen: Die Föderalismusreform I hat ein mehr an Aktionsradius für die Bund-Länder-Zusammenarbeit im Hochschulbereich gebracht. Die neue Gemeinschaftsaufgabe des Art. 91 b Abs. 1 GG für Vorhaben der Wissenschaft und Forschung ermöglicht mit der Ausdehnung auf
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den Wissenschaftsbereich nun ausdrücklich auch strategische Kooperationen zur Förderung der Hochschullehre. Das ist neu. Mit der Ausdehnung der Gemeinschaftsaufgabe auf den Wissenschaftsbereich hat die Föderalismusreform der Bedeutung der Hochschullehre Rechnung getragen. Es ist ein besonderes Verdienst von Frau Dr. Schavan, das Humboldtsche Prinzip der Einheit von Forschung und Lehre in der politischen Debatte um eine Reform des Wissenschaftssystems in den Vordergrund gerückt zu haben. Die gestiegenen Leistungsanforderungen in Forschung und Lehre könnten auf den ersten Blick neue Möglichkeiten für Organisationen oder Personalstrukturen eröffnen, die ganz auf die Lehre oder die Forschung beschränkt sind. Dagegen steht aber die Überzeugung, dass die Einheit von Forschung und Lehre erhalten bleiben muss. So wie exzellente Forschung auch vom akademischen Nachwuchs lebt, so ist es wichtig, dass auch die Lehre immer wieder frische Impulse aus der Forschung bekommt. Für die Zukunftsfähigkeit unserer Hochschulen brauchen wir mehr Exzellenz in Forschung und Lehre. Unsere Hochschulen müssen sich in der Art und Weise, Wissen zu schaffen und zu vermitteln, den Bedürfnissen der Zeit anpassen und sich auch weiterentwickeln. Der Fokus der wettbewerblichen Exzellenzförderung lag bisher – auch verfassungsrechtlich bedingt – fast ausschließlich im Bereich der Hochschulforschung. Exzellenz in der Lehre ist für uns alle ein neues Thema. Dabei kann es aber nicht um einen neuen Exzellenzwettbewerb gehen, mit dem einige wenige Leuchttürme der Lehre gekürt werden. Es geht gerade nicht um eine Handvoll Unikate, die in der Weltspitze mitspielen. Ziel muss es vielmehr sein, in der Breite eine hohe Qualität der Lehre an den Hochschulen zu fördern. Dazu müssen wir Best-Practice-Beispiele herausstellen, die ausdrücklich zur Nachahmung empfohlen sind und dadurch eine breite Wirkung entfalten sollen. Dieses Ziel verlangt natürlich nach völlig anderen Instrumenten, als sie im Auswahlverfahren der Exzellenzinitiative für die Hochschulforschung angewendet werden. Erste Aktivitäten in dieser Richtung sind bereits zu verzeichnen. So werden derzeit die gar nicht trivialen Fragen der Qualitätsmessung und Qualitätssicherung in der Lehre im Wissenschaftsrat aufgearbeitet. Im vergangenen Jahr haben HRK und Stifterverband erstmals einen Preis für exzellente Hochschullehre vergeben, und der Deutsche Hochschulverband kürte den „Hochschullehrer des Jahres“. Ich bin sicher: Die Förderung von Qualitätsverbesserungen in der Lehre wird das nächste hochschulpolitische TOP-Thema.
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Andreas Storm Die Reform der Studienstrukturen
Dass wir uns mit der Qualitätsverbesserung der universitären Lehre beschäftigen, dass der Wissenschaftsrat Lehrprofessuren empfiehlt und das Bewusstsein dafür wächst, dass unsere hohen Studienabbruchquoten nicht mehr länger hinnehmbar sind, ist wesentlich auch Folge von Globalisierung und BolognaProzess. Der Blick über den Tellerrand zeigt, dass es anderswo besser läuft. Ein gemeinsamer europäischer Hochschulraum, der die Mobilität der Studierenden unterstützt, wirkt wettbewerbsfördernd. Die Umstellung der Studienstrukturen auf BA/MA ist außerdem eine einmalige Gelegenheit, unsere klassischen Defizite anzugehen, die der Wissenschaftsrat in seinen „Empfehlungen zur Neuordnung des Studiums an den wissenschaftlichen Hochschulen“ bereits 1966 beschrieben hat: Mangelnde Internationalität und Kompatibilität der Studiengänge und Abschlüsse, lange Studienzeiten, hohe Abbrecherquoten und unzureichender Praxisbezug. Meine Damen und Herren, die Umsetzung der Ziele des Bologna-Prozesses ist ein langer Prozess. Dass es dabei auch Schwierigkeiten gibt, ist keine Überraschung. Auch wenn die wichtigsten Akteure die Hochschulen selbst sind: Sie brauchen bei der Qualitätsentwicklung der neuen Studiengänge und ihrer Ausrichtung auf den Arbeitsmarkt Unterstützung von Politik und Wirtschaft. Unternehmen sind gefordert, eine engere Verbindung von Hochschulbildung und Arbeitsmarkt zu gestalten. Sie werden gebraucht, um berufsrelevante Qualifikationen in das Studium zu integrieren und die Ausrichtung der neuen Studiengänge auf die Beschäftigungsfähigkeit zu unterstützen. Auch bei der Etablierung von Qualitätsmanagement- und Qualitätssicherungssystemen ist die Erfahrung der Unternehmen für die Hochschulen enorm wertvoll. Bund und Länder sind gefordert, für die weitere Umsetzung der BolognaReformen in Deutschland die erforderlichen Rahmenbedingungen zu schaffen – auch finanziell. In einem Gipfeltreffen wollen Bund, Länder und HRK noch in diesem Sommer darüber sprechen, was wir in Deutschland tun können, um die Bologna-Ziele und die damit gesteigerten Qualitätsansprüche zu sichern. Die Umstellung auf Bachelor und Master ist in Deutschland vor allem mit den Zielen der Effizienz- und Qualitätssteigerung der universitären Ausbildung verbunden. Ein wichtiges europäisches Ziel ist es aber auch, das europäische Hochschulsystem attraktiv zu machen, ohne die kulturelle Vielfalt und damit einen wichtigen Teil unserer Traditionen zu verleugnen. Mit dem Europäischen Hochschulraum schaffen wir einen Beitrag für ein Europäisches Bewusstsein in den kommenden Generationen.
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Rahmenbedingungen des Hochschulstudiums
Die Studienanfängerinnen und Studienanfänger der nächsten Jahre finden sich stark verändernde Rahmenbedingungen an unseren Hochschulen vor: Die Bologna-Reformen werden fortgesetzt, Studiengebühren werden eingeführt. Die Hochschulen stellen sich strategisch auf und bauen ihre Strukturen dafür um. Aufgrund der demographischen Entwicklung und der Schulzeitverkürzung kommen in den nächsten Jahren bis zu 40.000 zusätzliche Studienanfänger pro Jahr in die Hochschulen. Mit dem Hochschulpakt – von dem ich Ihnen schon ausführlich berichtet habe – haben wir dafür gesorgt, dass genügend Studienplätze für die zusätzlichen Studienanfänger da sein werden. Wir werden eine deutlich steigende Studienanfängerquote aber nur erreichen, wenn wir alle Begabungsreserven mobilisieren und dabei auch individuelle Finanzierungshürden überwinden helfen. Dafür ist das BAföG ein weiterhin unverzichtbares Instrument. Es ist nicht nur Sozialleistung, sondern wirkt eben auch bildungspolitisch. Hier haben wir mit dem Regierungsentwurf eines 22. BAföG-Änderungsgesetzes einen Vorstoß unternommen, zusätzliche strukturelle Korrekturen und Umsteuerungen vorzunehmen. Das gilt insbesondere im Bereich der Auslandsförderung sowie für Migranten mit dauerhafter Bleibeperspektive, denen wir den Zugang zum BAföG erleichtern wollen. Verbesserungen haben wir überdies für Studierende mit Kindern vorgesehen. Sie erhalten künftig einen Betreuungszuschlag von 113 Euro für das erste Kind und 85 Euro für jedes weitere Kind. Damit wird ein wichtiger Beitrag zur besseren Vereinbarkeit von Studium und Familie geleistet. Noch während des laufenden Gesetzgebungsverfahrens haben wir uns zudem darauf verständigt, eine spürbare Anhebung der Bedarfssätze und der Freibeträge zum Wintersemester des kommenden Jahres bereits jetzt verbindlich festzuschreiben. Damit werden wir eine deutliche Steigerung der Gefördertenzahlen erreichen. Wir werden gerade in dieser Zeit vieler, vielleicht nicht immer verlässlich erscheinender Veränderungen im Hochschulbereich mehr junge Menschen überhaupt für die Entscheidung für ein Hochschulstudium gewinnen können, die bislang aus finanziellen Erwägungen davor zurückschrecken. Darüber hinaus müssen wir gerade für die besonders begabten Studierenden und Promovierenden alle Wege freimachen. Wir sind dabei, die Rahmenbedingungen für die Talentförderung deutlich zu verbessern. Unser Ziel ist es, 1 % der Studierenden zu fördern. Vor zwei Jahren sind wir bei einer Quote von rund 0,6 % gestartet; nun ist bereits die Hälfte des Weges geschafft, denn derzeit erreichen wir 0,8 % der Studierenden. Wir haben die Mittel für die Begabtenförderungswerke von 80 Millionen Euro auf 100 Millionen Euro aufgestockt
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und weitere Mittelaufstockungen geplant. Das BMBF stellt jedes Jahr mehr als 100 Millionen Euro für DAAD-Stipendien, Graduiertenkollegs der DFG und Forschungsstipendien zur Verfügung. Im Rahmen der Exzellenzinitiative werden schon jetzt – nach der ersten Runde – außerdem 18 Graduiertenschulen mit rund 1 Million Euro gefördert. Die Bundesregierung meint es ernst damit, begabten jungen Menschen alle Chancen zu eröffnen. Exzellente Bedingungen können wir in Deutschland aber nur anbieten, wenn Politik und Wirtschaft hier im Gleichschritt gehen. Es sollte doch für die Unternehmen in Deutschland ein Leichtes sein, 10.000 Stipendien für Studierende zur Verfügung zu stellen. Das wäre nicht nur ein Signal an unsere Talentiertesten, dass sie hier in Deutschland eine spannende berufliche Zukunft erwartet und die Unternehmen sie brauchen. Es wäre auch im ureigenen Interesse der Unternehmen eine sichere Investition in die Zukunft. Schon heute klagen Unternehmen oft darüber, dass sie nicht genügend qualifizierte und gute Mitarbeiter finden. 9
Profilbildung im Hochschulsystem – Chance der Wirtschaft
Meine Damen und Herren, die Bedingungen für eine neue Kultur des – im Idealfall barrierefreien – Miteinanders zwischen Hochschulen und Wirtschaft sind gut. Der Struktur- und Mentalitätswandel der Hochschulen bietet viele Chancen. Mit der Freiheit der Institutionen, ihre Stärken auszubauen, flexibel auf neue Herausforderungen zu reagieren und im Wettbewerb ein differenziertes Profil zu entwickeln, wird es für die Wirtschaft leichter, als Partner Verantwortung zu übernehmen. Wir haben in Deutschland das Potenzial für die Flexibilisierung und Differenzierung unseres Wissenschaftssystems bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Ich glaube: Unsere Hochschullandschaft wird in den nächsten Jahren bunter, vielfältiger und unangepasster werden. Unsere Hochschulen werden unternehmerischer agieren. Damit entsteht auch ein neues gesellschaftliches Bewusstsein. Hochschulen und Wirtschaft können in einzelnen Fächern oder regional in ganz neuen Formen und einem anderen Klima des Miteinanders an einem Strang ziehen. Wo immer sich Partnerschaften und Verantwortungsgemeinschaften bilden, können Sie sicher sein: Die Politik gibt Ihnen Rückenwind. Es ist ein wesentlicher Bestandteil der Regierungspolitik dieser Bundesregierung im Rahmen der High-Tech-Strategie, alles dafür zu tun, dass Wirtschaft und Wissenschaft die Potenziale ihrer Zusammenarbeit besser nutzen. Zu viele Ideen aus deutschen Wissenschaftseinrichtungen werden – wie im Falle der MP3-Technologie – in anderen Ländern zum Innovationserfolg geführt; Abeits-
Gemeinsam für mehr Autonomie und Wettbewerb an den Hochschulen
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plätze entstehen dort und nicht bei uns. Um das zu ändern und Deutschland nach vorne zu bringen bei der Entwicklung von Spitzentechnologien und Innovationen, nehmen wir ressortübergreifend die gesamte Innovationskette in den Blick: Von den Qualifikationsvoraussetzungen über die Forschungsförderung und Finanzierungsfragen bis hin zu den rechtlichen Rahmenbedingungen für die Märkte von Morgen oder den Voraussetzungen für Existenzgründer. Beim Bindeglied Hochschulen-Wirtschaft in der Innovationskette haben die allerersten Maßnahmen angesetzt. Bereits kurz nach der Beschlussfassung über die High-Tech-Strategie im Bundeskabinett haben wir vom BMBF gemeinsam mit dem Stifterverband für die deutsche Wissenschaft den Wettbewerb „Austauschprozesse zwischen Hochschulen und Unternehmen“ gestartet. Vor gut sechs Wochen haben Frau Bundesministerin Dr. Schavan und Herr Dr. Oetker bereits fünf Siegerhochschulen gekürt, die ihre vorbildlichen Kooperationen zu Unternehmen nun mit 250.000 Euro Preisgeld weiter ausbauen und konzeptionell weiterentwickeln können. Nach diesem gelungenen Auftakt wollen wir in diesem Jahr mit einem Spitzenclusterwettbewerb an den Start gehen. Der themenoffene Wettbewerb soll die leistungsfähigsten Cluster aus Wissenschaft und Wirtschaft identifizieren und Strategien fördern, die die internationale Anziehungskraft dieser Cluster vergrößern und ihre Position im globalen Wettbewerb ausbauen. Wir setzen auch auf eine Ausstrahlungs- und Mobilisierungswirkung des Wettbewerbs, wie wir das bei der Exzellenzinitiative erleben. Der Spitzenclusterwettbewerb wird die Anfang dieses Jahres eingeführte Forschungsprämie in der Förderstrategie sinnvoll ergänzen. Mit der Forschungsprämie fördern wir gezielte Kooperationen zwischen der Wissenschaft und kleineren und mittleren Unternehmen mit bis zu 1.000 Beschäftigten. Ich bin sicher: Wenn wir dauerhafte Kooperationen und strategische Partnerschaften zwischen Wissenschaft und Wirtschaft erst etabliert und die Berührungsängste beider Seiten abgebaut haben, wird das eine echte Win-WinSituation. In seinen jüngsten Empfehlungen zur Interaktion von Wissenschaft und Wirtschaft beschreibt der Wissenschaftsrat die Anreizmechanismen, mit denen Wissens- und Technologietransfer bei den Hochschulen so verankert werden können, dass die Potenziale auch im Hochschulinteresse genutzt werden. In seiner Studie „Innovationsfaktor Kooperation“ zur Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Hochschulen kommt der Stifterverband aus einer etwas anderen, breiteren Perspektive ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die Kooperation beiden Seiten nachhaltige Vorteile bringt.
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10 Schluss Meine Damen und Herren, wenn in aktuellen politischen Debatten in Deutschland von Reformnotwendigkeiten, Reformstau und fehlender Reformbereitschaft in der Gesellschaft die Rede ist, sind jedenfalls nicht die Hochschulen gemeint. Der Strukturwandel an den Hochschulen, die Art und Weise, wie sie – mit den gegebenen Rahmenbedingungen – die neue Autonomie nutzen und sich dem Wettbewerb stellen, sind beeindruckend. Das Hochschulmarketing spiegelt das sich wandelnde Selbstverständnis der Hochschulen: Sie werden unternehmerischer und wettbewerbsorientierter. Das bedeutet nicht, dass Hochschulbildung kommerzialisiert oder privatisiert wird. Eine unternehmerische Universität in diesem Sinne verfolgt das Unternehmensziel der Wissenschaftlichkeit, sie stellt sich dem Wettbewerb, sucht ein Alleinstellungsmerkmal und setzt auf Wertschöpfung. Die Hochschulen haben damit begonnen, sich im globalen Wettbewerb als Institution zukunftsfähig aufzustellen. Ich bin der festen Überzeugung: Wenn wir Hochschulen mit Exzellenz nach internationalen Maßstäben bekommen wollen, müssen Bund, Länder, Hochschulen und Wirtschaft an einem Strang ziehen. Sie müssen sich als Partner begreifen und eine Verantwortungsgemeinschaft bilden. Politik und Wirtschaft tragen Verantwortung, denn sie sind gleichermaßen angewiesen auf hervorragend ausgebildeten Nachwuchs und den wissenschaftlichen „Output“ unserer Universitäten. In einer zunehmend auf Wissen basierenden Welt sind Bildung und Wissenschaft die zukunftssichersten und wichtigsten Investitionen. Deshalb ist es der Politik ein so wichtiges Anliegen, den Anteil privater und öffentlicher Ausgaben in FuE bis 2010 auf die Zielmarke von 3 % des Bruttoinlandsprodukts zu steigern. Deswegen müssen wir die Begabungsreserven in Deutschland konsequent nutzen und alle Talente fördern – nur mit klugen Köpfen können unsere finanziellen Anstrengungen und unsere forschungspolitischen Konzepte zum Erfolg führen. Und deswegen möchte ich die Gelegenheit nutzen, den Dialogpartner Wirtschaft in diesem Forum nachdrücklich zu ermutigen: Übernehmen Sie Stiftungsprofessuren, vergeben Sie Forschungsaufträge an Universitäten, fördern Sie Sanierungsmaßnahmen, unterstützen Sie Studierende durch Stipendienprogramme und bezahlte Praktika. Ich bin optimistisch, dass unser Hochschulen es dann schaffen werden, sich im globalen Wettbewerb zukunftsfähig aufzustellen – als attraktive Partner für Studierende, Forscher und Unternehmen. Sie haben das Potenzial dazu.
Innovationsfaktor Kooperation – neue Wege zu mehr Austausch zwischen Unternehmen und Hochschulen Arend Oetker
Die Innovationsfähigkeit Deutschlands steht im Fokus der politischen Diskussion. Jeder weiß es: Nur auf Grund der Ideen, Inventionen und Innovationen haben wir in der globalen Welt eine Zukunft in Wohlstand. Ideen haben wir genug. Aber wir haben Schwächen, diese Ideen in Wirtschaft und Gesellschaft umzusetzen. Dazu kommt: die Innovationszyklen verkürzen sich rasant. Die Lösungen der großen gesellschaftlichen und technischen Herausforderungen etwa bei den Themen Energie, Klima, Sicherheit oder alternde Gesellschaft – um nur die dringendsten zu nennen – kann nur noch im Schulterschluss gelingen. Kein Unternehmen, keine Disziplin kann diese heute noch im Alleingang lösen. Dazu brauchen wir Kooperation und funktionierende Austauschprozesse. Es gilt: Forschungsergebnisse und Erfindungen mit Innovationspotenzial für Industrie und Gesellschaft zu erkennen, diese erfolgreich und schnell in marktfähige Produkte weiterzuentwickeln bzw. in gesellschaftliche Veränderungen umzusetzen. Eine intensive Interaktion zwischen Wirtschaft und Wissenschaft ist aber auch für die Formulierung von für die Zukunft relevanten Forschungsfragen wichtig. Austauschprozesse sind ein Dialog zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft Der Begriff Austausch – nicht Transfer – ist uns als Stifterverband in diesem Zusammenhang besonders wichtig. Es geht nicht um einseitige Prozesse von der Forschung in die Industrie, oder von der Forschung in die Gesellschaft. Es geht nicht um einseitige Abhängigkeiten der Hochschulen und Forschungseinrichtungen von privaten Finanzierungsquellen und Unternehmensinteressen. Es geht um einen Prozess gegenseitiger Ergänzung und Befruchtung, der nicht in den klassischen Kategorien des Transfers beschrieben werden kann. Alle Seiten – Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft, Forschungseinrichtungen und private bzw. gesellschaftliche Partner – leisten wiederholt im Laufe eines Innovationsprozesses einen wichtigen Beitrag dazu, dass etwas Neues entsteht.
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Die Vorteile gelungener Kooperationen liegen auf der Hand Hochschulen können durch Kooperationen mit der Wirtschaft und Gesellschaft ihr Profil stärken, neue Entwicklungen in der Lehre befördern und den Praxisbezug der Hochschulausbildung verbessern, aber auch neue Finanzierungsquellen erschließen. Als Unternehmer erhalte ich Zugang zu den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und kann so meine Wettbewerbsfähigkeit erhöhen und die Innovationsprozesse in meinem Unternehmen beschleunigen. Die dadurch gewonnenen Netzwerke kann ich für andere Kooperationen nutzen, vor allem aber verringere ich mein Forschungsrisiko und verteile das Beschäftigungsrisiko besser. Die Gesellschaft ist ein Partner im Austauschprozess, der in der öffentlichen Innovationsdebatte selten vorkommt. Für die Gesellschaft gibt der Austausch mit der Wissenschaft Impulse für gesellschaftliche Veränderungen, kann ein Korrektiv für gesellschaftliche Entwicklungen sein bzw. helfen, Wirkungen gesellschaftlichen Handelns zu verstehen und einzuschätzen. Facts and Figures Quantitativ wird die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Hochschulen bereits sehr deutlich: Ein paar Zahlen und Beobachtungen
Die „Win-Win-Situation“, die sich aus einer engeren Zusammenarbeit ergibt, wird immer stärker erkannt. Das finanzielle Volumen von Forschungskooperationen, das heißt die externen FuE-Investitionen von Unternehmen, die an Hochschulen oder Forschungseinrichtungen geflossen sind, hat sich allein in den vergangenen zwölf Jahren mehr als verdoppelt auf 1,32 Milliarden Euro in 2003 (davon 2/3 an Hochschulen, 891.765.000 Euro, und etwa 1/3 an Forschungseinrichtungen, 424.650.000 Euro, zusammen). Die Industrie zahlte in 2004 13 % der gesamten Forschungsaufwendungen an Hochschulen und Forschungseinrichtungen und ist im internationalen Vergleich damit vorbildlich. Die Hochschulen und Forschungseinrichtungen akquirieren jedoch nur 10 % der externen FuE-Aufwendungen der Unternehmen. Die FuE-Investitionen insgesamt erreichen noch nicht das 3 %-Ziel, lediglich der private Anteil steigt kontinuierlich. Der öffentliche Anteil am BiP ist zwischen 1995 und 2004 von 0,95 % auf 0,76 % zurückgegangen (derzeitiges Verhältnis von privater und öffentlicher FuE-Finanzierung 70:30).
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Was heißt das – ein Zwischenfazit
Private FuE-Aufwendungen und ihre Bedeutung als Drittmittel für Hochschulen nehmen zu. Hochschulen können den Anteil der Durchführung externer FuE jedoch noch deutlich steigern. Öffentliche FuE-Investitionen müssen wieder deutlich steigen und das Forschungspotenzial der KMU (der kleinen und mittleren Unternehmen, Anm.d.R.) noch stärker mobilisiert werden, um auch den Beitrag der Wirtschaft zum 3 % Ziel zu erreichen. Die Optimierung der Schnittstelle zwischen Hochschulen, Unternehmen und Gesellschaft muss im Mittelpunkt der Innovationsdebatte stehen, da an dieser Stelle der Schlüssel zur Verbesserung der Innovationsfähigkeit liegt. Das heißt aber auch: Unser verengter – hightech-fixierter – Innovationsbegriff vernachlässigt den Dienstleistungssektor und den Austausch mit der Gesellschaft. Andere Länder, beispielsweise die USA, haben aber gerade im Dienstleistungssektor enormes Innovationspotenzial mobilisiert. Amazon, Google oder eBay verdeutlichen das.
Dem Stifterverband ist das Thema der Austauschprozesse ein besonderes Anliegen. Zwei Initiativen haben den Programmschwerpunkt bestimmt:
ein Wettbewerb „Austauschprozesse zwischen Unternehmen und Hochschulen“, den wir gemeinsam mit dem BMBF in 2007 durchgeführt haben, ein Bericht zur Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Hochschule unter dem Titel „Innovationsfaktor Kooperation“.
Trends und Empfehlungen Einige Eindrücke aus diesen Initiativen sollen im Folgenden beschrieben werden. Die Hochschulen müssen Austauschprozesse in viel stärkerem Maße als institutionelle Aufgabe wahrnehmen und Gesamtstrategien für die Zusammenarbeit entwickeln. Nur so können sie ihre eigene Position im Austausch mit Unternehmen stärken. Dies war der Grundgedanke zu unserem Wettbewerb, den wir gemeinsam mit dem BMBF durchgeführt haben. Ziel war es, gute Beispiele von Hochschulstrategien zur Zusammenarbeit mit Unternehmen zu identifizieren und beispielhafte Projekte durch eine finanzielle Förderung weiter voranzutreiben. Denn wenn der Wissenstransfer in den Landeshochschulgesetzen neben Forschung und Lehre als dritte Kernaufgabe definiert wird, dann sollte es im
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Management einer Hochschule auch Strategien und Konzepte dafür geben, wie man dieses „Geschäftsfeld“ insgesamt weiterentwickelt und vorantreibt. Der Wettbewerb hat eine gute Resonanz ausgelöst. 84 Hochschulen haben sich beteiligt, darunter 44 Fachhochschulen und 40 Universitäten. Das sind immerhin gut ein Drittel aller deutscher Hochschulen, und die Resonanz zeigt: Das Thema gewinnt für alle Hochschulen an Bedeutung, und viele haben sich aufgemacht, Strategien für die Zusammenarbeit mit Unternehmen zu entwickeln und ihre Strukturen entsprechend weiterzuentwickeln. Auffallend ist, dass sowohl bei den Bewerberzahlen als auch bei den Preisträgern ein Gleichgewicht zwischen Universitäten und Fachhochschulen festzustellen ist. Die Differenzierung nach „Hochschultypen“ in diesem Bereich scheint also zunehmend an Bedeutung zu verlieren. Die eingereichten Anträge haben aber auch deutlich gemacht: Obwohl Technologietransfer seit 20 Jahren durch eine Vielzahl öffentlicher Förderprogramme und Initiativen gefördert wurde, ist das Feld insgesamt noch sehr unterentwickelt. Der Austausch mit der Wirtschaft basiert noch immer sehr stark auf persönlichen Netzwerken einzelner Professoren. Die verschiedenen Aktivitäten der Hochschulen im Bereich Austauschprozesse haben sowohl hinsichtlich ihrer Formate als auch ihrer Instrumente und ihrer organisatorischen Verankerung eher den Charakter eines „Bauchladens“ als den eines schlüssigen Gesamtkonzeptes. Dies konnte selbst bei Universitäten festgestellt werden, die in ihren Kooperationsbeziehungen mit Unternehmen anderen quantitativ weit voraus sind. Gesamtkonzept heißt für uns nicht, dass Ziele und Verfahren top-down festgelegt werden. Vielmehr bedeutet Gesamtkonzept, dass sich zentrale, von der Hochschulleitung initiierte, und dezentrale, von den Hochschullehrern getragene, Aktivitäten entlang gemeinsam definierter Schwerpunkte sinnvoll ergänzen und verstärken. Als Fazit des Wettbewerbs lässt sich sagen: Es besteht offensichtlich nach wie vor eine Lücke zwischen den Erwartungen an die Akteure in diesem Themenfeld und den Realitäten an den Hochschulen. Es gibt hervorragende Einzelbeispiele für Kooperationsformen, aber nur vereinzelt sichtbare gesamtinstitutionelle Strategien, die die vielen Instrumente strategisch zusammenführen und an klar formulierten Zielen und Qualitätsmaßstäben ausrichten. Diese Erkenntnis deckt sich auch mit den Ergebnissen unseres zweiten Schwerpunktprojektes. Der Stifterverband hat einen umfangreichen Bericht zum Status Quo und zu Perspektiven der Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Unternehmen erstellt. Der Bericht „Innovationsfaktor Kooperation“ liefert eine Gesamtschau über Stand, Hürden und Perspektiven des Austausches zwischen Wirtschaft und Wissenschaft. Die Basis bildet eine breit angelegte Fragebogenaktion im Sommer und Herbst 2006. Insgesamt knapp 250 Hochschulen,
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Unternehmen und Verbände haben sich beteiligt. Dazu kommen über 50 Interviews mit Meinungsführern aus dem In- und Ausland, darunter Unternehmensleiter, Innovationsforscher, Spitzen von Verbänden, Hochschulen und Ministerien. Ziel des Berichtes ist es, der Innovations- und Standortdebatte in Deutschland neue Impulse zu geben. Einige Ergebnisse im Überblick Einen Trend zeigt der Bericht klar: Strategische Partnerschaften werden zum neuen Paradigma der Kooperation zwischen Wirtschaft und Wissenschaft. War die Zusammenarbeit von Unternehmen und Hochschulen lange Zeit von Einzelbeziehungen – etwa in Form von Beraterverträgen oder Forschungsaufträgen – geprägt, so entwickelt sie sich immer mehr zu längerfristig angelegten, strategischen Partnerschaften. Beispiele für derartige Kooperationen sind gemeinsame Institutsgründungen und Stiftungsprofessuren. Viele Unternehmen haben ihre Forschungseinrichtungen aufgelöst oder outgesourct. „Zielhochschulen“ werden zunehmend in die Unternehmensforschung eingebunden. Längerfristige Zusammenarbeit bringt meist den Erfolg, denn beide Seiten müssen den Umgang miteinander üben, das wechselseitige Verständnis muss sich erst entwickeln. Am Ende aber ist der gemeinsame Nutzen größer und die Gefahr einseitiger Abhängigkeit kleiner als im Fall punktueller Kooperationen. Strategische Partnerschaften zeichnen sich aus durch langfristige gemeinsame Ziele. Sie bieten Raum für alle Formen des Austausches in Forschung, Lehre und im Bereich der Dienstleistungen und ermöglichen die gemeinsame Finanzierung und Nutzung von Infrastruktur. Ein Erfolgsfaktor für die Wahrung gegenseitiger Interessen sind paritätisch besetzte Steuerungsgremien, die eine Kommunikation auf gleicher Augenhöhe und eine flexible Zusammenarbeit ermöglichen. Es gibt eine klare Verpflichtung auf beiden Seiten. Entscheidungsstrukturen und finanzielle Beteiligungen sind verbindlich festgelegt und transparent. Diese Formen der Zusammenarbeit stellen gleichermaßen Anforderungen an Unternehmen und Hochschulen. Was brauchen Kooperationen also? Vertrauen und Kommunikation sind Grundlage für Kooperationen „Persönliche Kontakte sind das A und O“, in den Gesprächen zu unserem Bericht wiederholt sich keine Aussage so oft wie diese. Zusammenarbeit braucht gemeinsame Interessen, die bei allen Partnern hinreichend stark ausgeprägt sind,
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um die Transaktionskosten auf sich zu nehmen, und ein wechselseitiges Vertrauen, das stark genug ist, auch tatsächliche oder scheinbare Interessengegensätze zu überwinden. Eine persönliche Beziehung ist für funktionierende Austauschprozesse zwischen Unternehmen und Hochschulen absolut notwendig. Eine Erklärung dafür liegt in der vielfach beschriebenen Unterschiedlichkeit der ‚Kulturen‘, der Ziele und Aufgaben wie auch der Zeitskalen in Unternehmen und in akademischen Einrichtungen. „Wissenschaft und Wirtschaft finden häufig in Parallelwelten statt“, so ein Unternehmen in der Befragung. Damit die Zusammenarbeit gelingen kann, müssen die Unterschiede der Systeme durch professionelle Kommunikation überwunden werden. Kommunikation nach innen und außen ist eine Aufgabe der Hochschul- und auch der Unternehmensleitung. Die dafür verantwortlichen Mitarbeiter müssen in der Nähe der Leitung angesiedelt sein. Zu ihnen gehören auch Technologie- und Ideenscouts, die aktiv eine Prospektion auf Austauschpotenzial betreiben. Zentral für den Erfolg einer Hochschule ist es, die Kompetenzfelder einer Institution verständlich und einleuchtend nach außen sichtbar zu machen, damit ich als Unternehmer Anknüpfungspunkte für gemeinsame Aktivitäten habe. Zur Darstellung der institutionellen Kompetenzfelder sollte in Erwägung gezogen werden, die universitäre Gliederung nach Fakultäten und Disziplinen aufzugeben zugunsten einer Struktur, die Grundlagen- und Anwendungsforschung zusammenführt, in der z. B. Natur- und Technikwissenschaften zusammenrücken und kooperieren. Fragen der Unternehmen lassen sich auch meist nicht mit Hilfe einer Disziplin lösen. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit ist gefordert und würde auf diese Weise bereits innerhalb der Hochschule gestärkt. Ziel ist es nicht, die Hochschule auf ihre Relevanz für die Unternehmen zu reduzieren, vielmehr aber zu erreichen, dass sie ihre Stärken sinnvoll zusammenführt und auch die dezentralen Aktivitäten darauf fokussieren. Dieser Prozess wirkt auch positiv auf die institutionelle Strategie zurück. Vertrauen und Kommunikation bilden aber lediglich die Grundlage für erfolgreiche Austauschprozesse. Wissens- und Technologietransfer als zusätzliche Aufgabe für die Hochschulen muss auf zwei Ebenen Konsequenzen haben. 1. 2.
Austauschprozesse als institutionelle Aufgabe müssen sich auch in der Organisationsentwicklung einer Hochschule widerspiegeln. Die Politik muss sowohl die Rahmenbedingungen als auch die Förderlandschaft so verändern, dass eine systematische Kooperationsförderung möglich ist und Anreizsysteme gestärkt werden.
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Austauschprozesse als institutionelle Aufgabe Wissens- und Technologietransfer bzw. Austauschprozesse müssen stärker als bisher als institutionelle Aufgabe der Hochschulen betrieben werden. Das bedeutet, dass sie in die strategische Gesamtentwicklung der Hochschule einbezogen sind. Eine institutionelle Strategie umfasst die Definition von Kompetenzfeldern und Prioritäten, die klare Zuschreibung von Verantwortung und Aufgaben, die Formulierung einer IP-Policy und deren konsequenten Umsetzung auch bei dezentralen Aktivitäten. Die Hochschule und alle ihre Teilbereiche müssen also wissen: wo, mit wem, wie und zu welchen Bedingungen wollen wir eigentlich zusammenarbeiten? Eine solche Strategie sollte sich dann in der Organisationsstruktur wiederfinden. Dabei gilt es, ein Gleichgewicht zwischen zentraler Steuerung, intelligenter Dezentralisierung und Motivation der Professoren als wesentliche Akteure zu finden. Wie kann das aussehen? Einige Anregungen möchte ich herausgreifen. Die Hochschulen, die bereits sehr erfolgreich in der Anbahnung und im Aufbau von strategischen Partnerschaften sind, haben Unternehmens- und Industriekompetenz in der Umgebung der Hochschulleitung verankert. Das heißt konkret, der Kanzler, der Präsidialamtsleiter oder auch der zuständige Kollege für die externe Kommunikation sind aus der Industrie rekrutiert. Sie fördern Personalaustausch auf allen Ebenen (Leitung, Verwaltung, Professoren). Beides dient dem Ziel, die Systemunterschiede zu überwinden und eine Annäherung der Kulturen zu erreichen. Kommunikation und die Schaffung einer Corporate Identity gehören zusammen. Sie etablieren daher die Institution als eine spezifische Marke, die nach innen und außen wirken kann. Die Marke baut auf einem institutionellen Leitbild und seiner Differenzierung in Kompetenzfelder auf. Dazu ist es auch erforderlich, dass diese Kompetenzfelder der Hochschule bekannt und die dezentralen Aktivitäten für alle transparent sind. Ein aktives Hochschulmarketing greift die Eigenschaften und Merkmale dieser Marke auf. Die Marke bietet eine Grundlage für eine erfolgreiche Alumniarbeit, die es an den Hochschulen insgesamt noch zu verstärken gilt. Erfolgreiche Hochschulen bündeln die kooperationsbezogenen Dienstleistungen in einer Organisationseinheit, die in der Nähe der Hochschulleitung angesiedelt ist. Dabei scheint es sinnvoll, Leistungen, die die Hochschule nicht selber professionell erbringen kann oder will, auszulagern. Dies kann z. B. die Patentverwertung sein. Eine derartige Organisations- und Strategieentwicklung ist grundlegend, um erfolgreiche Austauschprozesse als weitere Aufgabe neben Forschung und
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Lehre zu etablieren, und eindeutig auf Seiten der Hochschulen notwendig und ausbaufähig. Dies zeigen sowohl unsere Befragung wie auch die Beiträge der Hochschulen in unserem Wettbewerb. Beitrag der Politik Zwei Bereiche sind in direkter Verantwortung der Politik: 1. 2.
die Rahmenbedingungen für Motivations- und Anreizsysteme und die Gestaltung der Förderlandschaft.
Damit Wissenschaftler ihre neuen Ideen als potenzielle Innovationen verstehen und zu deren Verwirklichung in ein Unternehmen wechseln, mit Unternehmen kooperieren oder gar zu Unternehmensgründern werden, müssen sie die Vorteile sehen können. Gleiches gilt für Hochschulen und Forschungsinstitute, wenn sie eine Kultur des Wissenstransfers oder der Unternehmensgründung, heute gern als „Entrepreneurship“ bezeichnet, entwickeln. Die Motivations- und Anreizsysteme für Hochschullehrer müssen demnach den gestiegenen Erwartungen an Hochschulen im Wissenstransfer Rechnung tragen. In unserem Bericht wird deutlich: Wirtschaft und Wissenschaft nehmen sich oft als fremde Systeme wahr. Der direkteste Weg, Vorbehalte abzubauen und unmittelbaren Wissenstransfer zu erreichen, ist der Seitenwechsel. Warum wird der Wechsel eher als Risiko denn als Chance begriffen? Warum gelingt wenn überhaupt z.B. bei den Ingenieuren meist ein Seitenwechsel, aber eine stärkere Durchlässigkeit in beide Richtungen bleibt die Ausnahme? Die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Hochschulen würde über alle Disziplinen hinweg davon profitieren. Um eine höhere Durchlässigkeit zu erreichen, muss nicht nur ein Umdenken weiter vorangetrieben werden, es müssen auch die dienst- und versorgungsrechtlichen Detailregelungen den Erwartungen an eine und Anforderung für eine intensive Zusammenarbeit angepasst werden. Ich greife nur zwei Aspekte heraus: Das neue Dienst- und Besoldungsrecht für Professoren ermöglicht es nicht, in allen Bundesländern eine Forschungszulage aus privaten Drittmitteln zu zahlen, die ein Gehalt in der Wissenschaft halbwegs wettbewerbsfähig machen könnte, geschweige denn Gehälter frei zu verhandeln. Zweitens sind aus Sicht der Hochschulleitung zwar alle Fragen rund um Nebentätigkeiten von Professoren grundsätzlich lösbar. Allerdings wird erwartet, dass dieses Engagement im Nebenamt betrieben wird, als reputationssteigernd wird es auch nicht bewertet. Daher empfehlen wir, den Bereich des Wissenstransfers mehr als bisher aus der
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Sphäre der professoralen Nebentätigkeiten in den Bereich der Dienstaufgaben zu holen und Erfolge in diesem Feld attraktiv zu belohnen. Die Anreizsysteme im Beamten- und Dienstrecht sind also so zu öffnen, dass sie die Motivation der Beteiligten fördern. Eine solche Neugestaltung sollte auch eine Flexibilisierung der Aufgabenaufteilung in Haupt- und Nebenamt beinhalten. Umgestaltung der Förderlandschaft Der Wettbewerb „Austauschprozesse zwischen Hochschulen und Unternehmen“ hat sehr deutlich gezeigt, wie die Projektförderung für den Bereich der Austauschprozesse in den letzten Jahren die strukturelle Entwicklung an den Hochschulen geprägt hat. Überall haben sich Transferstellen, Gründungszentren und landeseigene Patentverwertungsagenturen entwickelt – dies ist ein Spiegel der Förderinitiativen der letzten Jahre. Die Vielfalt an Initiativen fügen sich jedoch nur selten zu Gesamtkonzepten, einer klaren Dienstleistungsstruktur und definierten Schwerpunkten zusammen. Wir können nicht von den Hochschulen erwarten, Austauschprozesse als weitere Aufgabe eigenständig wahrzunehmen, wenn wir auf der anderen Seite nur kleinteilige Förderprogramme anbieten und die Inhalte und Formate dazu noch top-down vorgeben. Eine zukünftige Förderpolitik sollte die Institutionen systematisch und strukturell darin unterstützen, eine eigene erfolgreiche Kooperationspolitik zu verstetigen und strategisch weiterzuentwickeln. Der Stifterverband empfiehlt, die gegenwärtige kleinteilige Projektförderung für den Wissenstransfer analog dem britischen Third Stream Funding in einer langfristig angelegten systematischen Kooperationsförderung zu bündeln. In Großbritannien ist diese Förderung relevant erhöht worden und wird auf der Grundlage der Strategiekonzepte der Hochschulen in einem wettbewerblichen Verfahren vergeben. Das heißt, die institutionellen Strategien der Akteure und nicht die Vorstellungen der Zuwendungsgeber stehen im Mittelpunkt. Der Stifterverband fordert die Ministerien zur Bereinigung des unübersichtlichen Förderdschungels auf. Die öffentlichen Innovationsförderprogramme sind nicht aufeinander abgestimmt, was insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen den Zugang erschwert. Neben die direkte Projektförderung sollten darüber hinaus Instrumente indirekter Innovationsförderung treten, die zum Beispiel in Form steuerlicher Anreize in vielen anderen Ländern (so zum Beispiel in 20 der EU-Länder) üblich sind. Dies wäre anstelle von oder zusätzlich zu der zugegebenermaßen sehr ausgeprägten Projektförderlandschaft denkbar.
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Schließlich hat der Bund für die kommenden Jahre eine beachtliche Steigerung seiner Aufwendungen für Forschung und Entwicklung angekündigt. Diese wird aber nicht ausreichen, den im Bundesbericht Forschung 2006 dokumentierten Rückstand des Bundes gegenüber den Ländern und vor allem gegenüber dem privaten Sektor aufzuholen. Die Bundesregierung sollte zusätzlich die Exzellenzinitiative gemeinsam mit den Ländern verstetigen und dabei den Wissenstransfer als Auswahlkriterium dort, wo er sich dafür eignet, wesentlich stärker gewichten. Projektbezogene Gemeinkosten („Overhead“), wie sie künftig von der DFG gewährt werden, sollten auch in den Förderprogrammen des Bundes zur Regel werden, um die Forschungsstruktur insgesamt zu stärken. Der Stifterverband ist überzeugt, dass eine nachhaltige Grundfinanzierung für die Kooperationsentwicklungen eine lohnende Investition in die Hochschulen ist. Dies nimmt die Hochschulen jedoch in die Pflicht, diesen Aufgabenbereich strategisch gut zu positionieren und eigene Ideen zu entwickeln. Die genannten Vorschläge können ein Einstieg in eine Umgestaltung der Förderlandschaft sein. Für die Lösung von Zukunftsfragen brauchen wir in jedem Fall eine neue Dimension der gemeinsamen Anstrengung und neue Wege in der Zusammenarbeit. Eine kleinteilige Herangehensweise reicht nicht mehr aus. Daher sind Hochschulen, Unternehmen und Politik gleichermaßen gefragt.
Unternehmen Universität – Universität unternehmen Albert Berger
Einleitung Die im internationalen Wettbewerb um Wissen und Innovation stehende Technische Universität München (TUM) hat sich das Leitbild der unternehmerischen Universität gegeben und sich ausgehend von diesem Leitbild auf einen kontinuierlichen Weg hin zu einem handlungsfähigen Wissenschaftsunternehmen begeben. Und um es gleich am Anfang zu verdeutlichen, sei gesagt: Unternehmensziel der Technischen Universität München ist dabei nicht der rein wirtschaftliche Ertrag, sondern die Wissenschaftlichkeit, aus der sich die gesamte Agenda und die operative Gestaltung ableiten. In Forschung und Lehre mit akademischer Schulenbildung will sich die Universität selbst unternehmen, das heißt sich zuständig fühlen, Verantwortung übernehmen, sich Flexibilität und Handlungsfähigkeit erarbeiten und täglich praktizieren. Das Unternehmensziel der Wissenschaftlichkeit setzt eine ständige inhaltliche Erneuerung voraus. Zwei entscheidende Schritte der jüngsten Zeit in diesem Prozess sind der aus eigenem Antrieb initiierte wissenschaftsgesteuerte Umbauund Erneuerungsprozess „innovaTUM-2008“ und die erfolgreiche Teilnahme an der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder. An diesen beiden Beispielen wird im Folgenden das Unternehmen „Technische Universität München“ dargestellt. Ausgangslage und Exzellenzinitiative Die deutsche Hochschullandschaft wird seit dem Jahr 2005 maßgeblich beeinflusst durch das wettbewerbliche Verfahren der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder. Kaum ein Thema – mit Ausnahme der Einführung von Studiengebühren bzw. Studienbeiträgen – war bestimmender und prägender. Ausgelobt wurden für die Jahre 2006 bis 2011 insgesamt 1,9 Milliarden Euro zusätzliche Fördermittel zur Weiterentwicklung der Spitzenforschung und der Qualität des Hochschul- und Wissenschaftsstandortes Deutschland. Ziel ist die nachhaltige Stärkung dieses Standortes, die Verbesserung der internationa-
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len Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Universitäten und die deutlichere Sichtbarmachung der Spitzen im Universitäts- und Wissenschaftsbereich. Ausgeschrieben wurden drei Förderlinien: Graduiertenschulen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses (Doktorandenausbildung), die Exzellenzcluster zur Förderung der Spitzenforschung in einem weitergefassten Themenkomplex und Zukunftskonzepte zur langfristigen Entwicklung einer Universität in der Forschung. Die Finanzierung erfolgt zu 75 % durch den Bund und zu 25 % durch die Länder. Das Verfahren selbst war und ist für alle Akteure mit einem großen Aufwand verbunden, sowohl auf Seiten der beteiligten Universitäten als auch auf Seiten des Wissenschaftsrates und der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Die Gesamtfördersumme von 1,9 Milliarden Euro ist für deutsche Verhältnisse zwar ungewöhnlich hoch, sie ist aber bei genauer Betrachtung lange nicht ausreichend, sondern eigentlich nur „ein Tropfen auf den heißen Stein“. Ungeachtet dessen ist die Exzellenzinitiative hochgradig zu begrüßen als eine in Deutschland neu- und einzigartige (und hoffentlich nicht einmalige) Maßnahme. Sie ist ein entscheidender und notwendiger Schritt in Richtung einer stärkeren Differenzierung der Universitäten. Die hochschulpolitische Bedeutung der Exzellenzinitiative kann insgesamt nicht hoch genug eingeschätzt werden, auch wenn die Politik derzeit noch zögerlich ist mit Aussagen über die Verstetigung nach dem Ende der derzeit geplanten Laufzeit. Die Exzellenzinitiative allein kann sicherlich nicht die Probleme der deutschen Hochschulen lösen, sie stellt aber einen Meilenstein auf dem langen Weg zu einer leistungsfähigeren Hochschullandschaft in Deutschland dar. Entscheidend auf diesem Weg ist die Befreiung der Hochschulen von der Detailsteuerung durch den Staat. Die Hochschulen müssen befähigt werden, ihre eigenen Zielsetzungen zu entwickeln und umzusetzen. Und in eben diesem Punkt hat die Exzellenzinitiative schon viel Positives bewirkt. Die an der Exzellenzinitiative beteiligten Universitäten sind gezwungen, sich ihrer eigenen Stärken und Schwächen bewusst zu werden, was selbstverständlich nicht nur mit positiven Erfahrungen verbunden ist. Indem sich die Hochschulen in viel stärkerem Maße als bisher mit ihrem eigenen Selbstverständnis auseinandersetzen müssen, wird der Einstieg in den langwierigen Prozess der Strategiefindung markiert. Die Technische Universität München selbst hat diesen Weg bereits vor mehreren Jahren beschritten, ist aber auch noch nicht am Ziel angekommen. Neben dem beginnenden Bekenntnis der Politik zur Vielfalt im Bereich der Hochschulen sowie dem Impuls für die Hochschulen selbst, hat die ExzellenzInitiative – vor allem durch die mit ihr verbundenen öffentliche Diskussion – zwei weitere wichtige und positive Effekte bewirkt.
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Zum einen wurde das Augenmerk für die (universitäre) Bildung und ihre Bedeutung gestärkt. Die Diskussion wurde weg geführt von unverbindlichen Reden über die Notwendigkeit von Bildung, Forschung und Innovationen für den Standort Deutschland, und hin gelenkt auf die konkreten Umsetzungsthemen. Zum anderen wurde die internationale Aufmerksamkeit für den Hochschulstandort Deutschland erhöht. Zusammenfassend lässt sich die hochschulkulturelle Bedeutung der Exzellenzinitiative wie folgt beschreiben: „Paradigmenwechsel: kompetitiv statt egalitär“, „Identifizierung (eigener) Stärken und Schwächen“, „Zielfindung als Profilschärfung – Strategiefähigkeit“, „Sichtbarkeit der Universitäten, national und international“ und „Wettbewerb als Betriebskonzept“. Die Technische Universität München hat sich mit Erfolg in allen drei Förderlinien an der Exzellenzinitiative beteiligt und ist hier angetreten mit der Maxime der unternehmerischen Universität, die zu einer zentralen Richtschnur der Entwicklung geworden ist. Damit wurde aber kein völlig neues Ziel ausgegeben, sondern das bestimmende Leitbild der letzten Jahre konsequent fortgeführt. Die im internationalen Wettbewerb stehende Technische Universität München hat sich bereits vor Beginn der Exzellenzinitiative mit dem Selbstverständnis eines Wissenschaftsunternehmens Schritt für Schritt aus dem Korsett einer nachgeordneten Staatsbehörde befreit und zu einem Mehr an Handlungsfähigkeit und Verantwortlichkeit entwickelt. Begriff der „unternehmerischen Universität“ Was bedeutet nun „unternehmerische Universität“, was heißt eigentlich „Unternehmung“? Das Wesen des Unternehmertums lässt sich erfassen als die durch Joseph Schumpeter bekannt gewordene Vorstellung von der „Schöpferischen Zerstörung“. Auch an den Hochschulen geht es darum, Neues zu schaffen und dabei Eingefahrenes zu überwinden und auch in Hochschulen gibt es Beharrungskräfte, die sich dem Neuen lieber verschließen. Daneben zeichnen sich Hochschulen durch starke Persönlichkeiten mit kontroversen Ansichten und sehr heterogenen Vorstellungen bezüglich der Gestaltung der eigenen Hochschule aus. Um trotz bestehender Widerstände den Prozess und die Innovationen vorantreiben zu können, ist die Zusammenführung von Amt und Verantwortung ein wesentliches Erfolgsmoment. Ziel des unternehmerischen Handelns an der Technischen Universität München ist nicht der rein wirtschaftliche Ertrag, sondern die Wissenschaftlichkeit, aus der sich die Aufgaben und die operative Umsetzung ableiten. Die Universität will sich selbst unternehmen, wofür die fol-
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genden fünf Faktoren bestimmend sind, wie sie im Jahr 1998 von Prof. Burton R. Clark (University of California, Los Angeles) als irreduzibles Minimum benannt wurden: Handlungsfähige Führungsebene, entwicklungsfreudige Peripherie, verbreiterte Finanzierungsbasis, stimulierende akademische Landschaft und eine integrierte unternehmerische Kultur. Die Technische Universität München hat im Verlauf ihres nunmehr beinahe 140-jährigen Bestehens zahlreiche Unternehmenspersönlichkeiten hervorgebracht. Zu den herausragenden Unternehmenslenkern früherer Zeit zählen Carl von Linde (Pionierleistung in der Kältetechnik), Rudolf Diesel (Pionierleistung in der Motorenentwicklung), Oskar von Miller (Pionierleistung in der Speicherkraftwerkstechnik) und Claude Dornier (Pionierleistung im Flugzeugbau). Aus den Leistungen dieser Pioniere von damals – oftmals Revolutionäre und „schöpferische Zerstörer“ in ihrem Fach – sind moderne, internationale Unternehmen geworden. Unternehmenslenker der Gegenwart, die eng mit der Technischen Universität München verbunden sind, führen diese Tradition fort. Zu nennen sind hier beispielsweise Prof. Dr. Henning Kagermann, Vorstandssprecher des SAP AG, Dr. Bernd Pischetsrieder, Vorsitzender des Aufsichtsrates der Scania AB, Prof. Dr. Wolfgang Reitzle, Vorstandsvorsitzender der Linde AG und Prof. Dr. Norbert Reithofer, Vorstandsvorsitzender der BMW AG. Entscheidend für das Handeln einer unternehmerischen Universität sind Aufgaben- und Zielorientierung, Effizienz und planvolles Vorgehen. Aufgabenorientierung besagt, dass Universitäten Erkenntnisse generieren und Wissen vermitteln müssen im Spannungsfeld der Trias von Gesellschaft, Wirtschaft und (reiner) Wissenschaft. Diese Aufgabe ist in erster Linie eine Dienstleistung, welche, wie bei allen hochwertigen Dienstleistungen, unternehmerisch gelöst werden kann und muss. Zielorientiertes Handeln hat die Besetzung langfristig relevanter Forschungs- und Lehrbereiche zum Gegenstand. Auch hier dürfen Hochschulen nicht allein Wirtschaft und Industrie in ihren Fokus nehmen, sondern müssen die gesamte Gesellschaft im Auge behalten. Damit trifft diese These auf marktrelevante Forschungs- und Studienfelder genauso zu, wie auf die sogenannten Orchideenfächer. Effizientes Handeln bedeutet im deutschen Hochschulwesen nach wie vor in erster Linie die Bewirtschaftung der begrenzten Ressourcen, die eine Fokussierung auf die Kernkompetenzen erfordern. Und planvolles Handeln meint ein systematisches Vorgehen in vorhandenen Strukturen und Prozessen. In diesem Sinne versteht sich die Technische Universität München als ein Unternehmen, das aufgaben- und zielorientiert, effizient und planvoll Bildung und Wissenschaft unternimmt.
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Das Unternehmen „Technische Universität München“ Die Technische Universität München als Wissenschaftsunternehmen zeichnet sich aus durch interdisziplinäre, internationale Studienangebote, Forschungsfelder jenseits traditioneller Fachbereiche, Rückwärtsintegration in das Schulwesen, Vorwärtsintegration in die Berufsmärkte sowie Bemühen um umfassendes Können und umfassende Bildung. Letzteres bedeutet insbesondere auch, in Ausund Weiterbildung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft eine Brücke zu schlagen; dafür steht an der Technischen Universität München u.a. die Carl von Linde Akademie. Der geniale Hochschullehrer und Unternehmensgründer Carl von Linde (1842 – 1934) hat den gesellschaftlichen Wandel und die Verantwortung für das eigene Handeln gelehrt und gelebt. Diese Kompetenzen will die Carl von Linde Akademie den Mitgliedern der Technischen Universität vermitteln. Mit einem spezifisch kulturwissenschaftlich geprägten Angebot soll das Verständnis dafür gefördert werden, wie man führt und kooperiert, Zukunft gestaltet, Entscheidungen herbeiführt, Risiken abschätzt, Verantwortung übernimmt und damit insgesamt aufgeschlossen bleibt für Wandel. Unternehmerische Universität heiß auch, den Studierenden und Wissenschaftlern frühzeitig unternehmerisches Denken und Handeln zu vermitteln. Es soll der Boden für eine unternehmerische Laufbahn sowohl als Selbstständiger als auch als „Unternehmer im Unternehmen" bereitet werden. An der Technischen Universität München wird unternehmerisches Handeln als Ausbildungsund Praxisgegenstand u.a. über die im Jahr 2002 gegründete UnternehmerTUM GmbH angeboten. Neben der Förderung des unternehmerischen Denkens und Handelns betreut die UnternehmerTUM universitäre Innovations- und Gründerteams bei der Entwicklung ihrer Produkte und Unternehmen. Eine Vielzahl von Unternehmensgründungen belegen hier eine wachsende unternehmerische Kultur, obwohl im Großraum München viele große Unternehmen ansässig sind, die attraktive Arbeitsmöglichkeiten bieten. Im Administrations- und Organisationsbereich ist die Technische Universität München als Wissenschaftsunternehmen gekennzeichnet durch dienstleistungsorientierte Teamstrukturen in der Verwaltung, durch ein Finanzmanagement mit kaufmännischer Buchführung und aussagekräftiger Kosten- und Leistungsrechnung sowie durch die Zusammenführung von Amt und Verantwortung in den Gremien, das heißt Personenverantwortung statt Anonymität. Da diese Visionen allein mit staatlichen Mitteln nicht zu verwirklichen sind, hat die Technische Universität München bereits 1999 als erste staatliche Hochschule Deutschlands durch ein zielgerichtetes Fundraising ihre finanzielle Basis erheblich erweitert. Bisher konnten hier über 100 Millionen Euro eingeworben und mit diesen zusätzlichen Mitteln zukunftsweisende Förderprojekte
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wie insbesondere Stiftungslehrstühle, Stipendienprogramme und soziale Einrichtungen geschaffen werden. Für die Zukunft gilt es, das Fundraising weiterzuentwickeln, weg von einer projektbezogenen Mitteleinwerbung hin zu einer Endowment-Strategie mit einer langfristigen Finanzrendite. Das Unternehmen „Technische Universität München“ im Exzellenzwettbewerb Nachfolgend wird das unternehmerische Handeln der Universität am Beispiel des Zukunftskonzepts der Exzellenzinitiative „TUM. The Entrepreneurial University“ dargestellt. Im Oktober 2006 wurde der Technischen Universität München vom Wissenschaftsrat und der Deutschen Forschungsgemeinschaft das Prädikat einer „Exzellenzuniversität“ verliehen. Anknüpfend an bisherige Reformen kann nun mit einem Budget von insgesamt 141 Millionen Euro für die Jahre 2007 – 2011 das Profil der unternehmerischen Universität weiter ausgebaut werden. Erfolgreich war die Technische Universität München in allen drei Förderlinien mit der „TUM International Graduate School of Science and Engineering“, den Exzellenzclustern „Origin and Structure of the Universe – Fundamental Physics“ und „Cognition for Technical Systems“ sowie dem Zukunftskonzept „TUM. The Entrepreneurial University“. Unternehmerischer Geist steht im Zukunftskonzept für die Förderung und Zusammenführung der Vielfalt der Begabungen. Für die Spitzenforschung bedeutet dies ein Maximum an individueller Freiheit, verbunden mit einer funktionierenden, wissenschaftsorientierten Administration. Das Zukunftskonzept besteht aus einem kohärenten Maßnahmenbündel zur Stärkung und langfristigen Verstetigung von Spitzenforschung mit einem entsprechenden flankierenden Umfeld. Im Fokus stehen hier die Bereiche Kommunikation (Corporate Communications Center), Fundraising, Alumni-Betreuung, EU-Forschungsförderung, Patentverwertung und Ausgründungen. Im universitären Kernbereich liegen die Schwerpunkte der Professionalisierung bei folgenden Themenfeldern: Berufungsverfahren (bis hin zum Headhunting) mit umfassendem Qualitätsmanagement, qualifikationsbasierte Studierendenauswahl, Integration exzellenter Emeriti, Zusammenwirken und Austausch mit den Gymnasien, Verbesserung der Lehrqualität, Förderung der Persönlichkeitsentwicklung sowie der Academica verpflichtete Führungs- und Aufsichtsstrukturen. Diese Maßnahmen sind Ausdruck des Willens, vorhandene Stärken im internationalen Wettbewerb zu verstetigen und schwächere Bereiche durch ein attraktives Umfeld sowie Anreiz-
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systeme nach oben zu entwickeln. Innerhalb der Technischen Universität München soll das Bewusstsein dafür geschärft werden, dass sich kein Hochschulmitglied auf Besitzständen ausruhen kann. Vielmehr ist die unternehmerische Universität eine „Universität der Chancen“, innerhalb der sich alle Mitglieder die besten Arbeitsmöglichkeiten in einem Klima von Leistung und Loyalität schaffen können. Ein weiterer Schwerpunkt des Zukunftskonzepts ist die Frauenförderung, konkret formuliert in dem klar definierten Ziel, für die begabtesten Wissenschaftlerinnen und Studentinnen die attraktivste Technische Universität Deutschlands zu werden. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde ein umfassendes „Gender-Programm“ entwickelt, mit einem weit gefächerten Maßnahmenbündel, das insbesondere die verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf zum Inhalt hat. Zentraler Baustein des Zukunftskonzepts ist das „TUM Institute for Advanced Study“ (IAS), das auch bereits eingerichtet worden ist. Rund 36 Millionen Euro werden in fünf Jahren in die personelle Ausgestaltung investiert, um herausragende Forscherpersönlichkeiten für ihre wissenschaftlichen Arbeiten bestmöglich zu unterstützen. Im TUM-IAS bekommen die Spitzenforscher jene Freiheiten und Ressourcen für innovative Projekte, die in einer Atmosphäre von Kreativität und Inspiration wirkliche Fortschritte in der Forschung ermöglichen, und die im herkömmlichen „Alltagsgeschäft“ einer Universität vielfach verloren gehen. Das Fellowship-Programm des TUM-IAS richtet sich sowohl an qualifizierte Forscher der Technischen Universität München (Carl von Linde Senior Research Fellowships), wie an international erstrangige Gäste (Hans Fischer Fellowships) sowie Forscher und Entwickler aus der Industrie (Rudolf Diesel Fellowships). Für die Interaktion mit talentierten Nachwuchswissenschaftlern stehen die Carl von Linde Junior Researcher Awards (um Postdoc-Fellows an der Universität zu halten) und die Hans Fischer Tenure Track Professorships (um junge Wissenschaftler zu gewinnen) zur Verfügung. Besonders hervorzuheben ist die erstmalige Einbindung der Ingenieurwissenschaften in ein IAS, was dem Institut weltweit ein Alleinstellungsmerkmal verleiht.
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Das Unternehmen „Technische Universität München“ und ihr Umbau- und Erneuerungsprogramm innovaTUM-2008 Als weiteres gewichtiges Beispiel für unternehmerisches Handeln an der Technischen Universität München ist das umfangreiche Umbau- und Erneuerungsprogramm innovaTUM-2008 zu nennen. Auf der Basis des Hochschulentwicklungsplans 2000 und dessen Fortschreibung 2003 ist mit diesem Programm innovaTUM-2008 die Gesamtstrategie der Technischen Universität München konsequent weiterentwickelt worden. Die Ausgangslage wurde im Jahr 2004 durch die Ankündigung des Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst markiert, die Stellen an den bayerischen Hochschulen um 10 % zu reduzieren. Gleichzeitig hat das Ministerium einen späteren Rückfluss eines Teils dieser Stellen in Aussicht gestellt für neue zukunftsorientierte Schwerpunkte, die in einem vom Staat gesteuerten Prozess zu definieren sind. Damit sah sich die Technische Universität München mit angeordneten Sparmaßnahmen massiven Ausmaßes konfrontiert. Die Antwort darauf konnte und durfte aber keine pauschale Kürzung quer über alle Fächer und Fakultäten, gefolgt von einer wissenschaftsfremd gesteuerten Schwerpunktsetzung sein. Es wurde daher „aus der Not eine Tugend gemacht“ und das hochschuleigene, rein wissenschaftsgesteuerte Erneuerungsprogramm innovaTUM-2008 ins Leben gerufen, unter dem Motto „Sparen, reformieren, investieren“. Mit innovaTUM-2008 wurde ein wettbewerbliches Umbau- und Aufbauprogramm für die Jahre 2005 – 2008 vorgelegt, welches das Gebot, Ressourcen für neue Entwicklungen freizusetzen, mit einer strategischen Profilschärfung auf Grundlage erwiesener Stärken verbindet. Dem staatlich gesteuerten Prozess konnte ein eigenverantwortlich gesteuerter Prozess entgegengesetzt werden. Das Ziel von innovaTUM-2008 ist, die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit weiter zu steigern, u.a. durch die Schärfung des eigenen Profils, der Verbesserung der Arbeitsbedingungen und die Einführung effizienterer Strukturen in Forschung, Lehre und Verwaltung. Hierzu wurden auf Grundlage eines Beschlusses der Erweiterten Hochschulleitung (bestehend aus den sechs Mitgliedern des Präsidiums der Technischen Universität München, den Dekanen der 12 Fakultäten sowie den zwei Sprechern der Zentralinstitute und der Studiendekane) hochschulweit insgesamt 420 Personalstellen als Umbaupotenzial identifiziert. Diese 420 Stellen haben einen Gegenwert von 21 Millionen Euro pro Jahr und entsprechen etwa 10 % des gesamten wissenschaftlichen Personalbestands der Technischen Universität München.
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Wesentlich war, dass der gesamte Stelleneinzug nicht gleichmäßig über die einzelnen Einrichtungen realisiert wurde. Vielmehr wurden Bereiche mit einem höheren angenommenen Erneuerungsbedarf stärker, solche mit einer gerade abgeschlossenen Neuausrichtung weniger belastet. Für die Akzeptanz dieser äußerst schmerzlichen Abgabeverpflichtung war es jedoch sehr wichtig, dass alle Teile der Technischen Universität München, also auch die gesamte Administration, am Umbauprogramm mit dem zunächst damit verbundenen Zwang zur Identifikation von Einsparpotentialen beteiligt wurden. Zweiter Schritt war die Ausschreibung der 420 Stellen im Rahmen eines breit angelegten Wettbewerbs zur Setzung neuer Schwerpunkte, insbesondere für den Auf- und Ausbau weiterer interdisziplinärer Brücken. Exemplarisch wurden die Zukunftsfelder Biotechnologie, Systembiologie, Medizintechnik, Computational Engineering, Katalyse, Mechatronik, Nanotechnologie, Software Engineering, Energie und Umwelt sowie Nachwachsende Rohstoffe benannt, in denen neue, fachübergreifende Stärken als Brücke zwischen den klassischen Kernkompetenzen geschaffen werden sollten. Entsprechend dem Selbstverständnis einer wissenschaftlich exzellenten, gesellschaftlich verantwortlichen und international erfolgreichen Universität orientierte sich der Wettbewerb in innovaTUM-2008 dabei an klar definierten und nachprüfbaren Leitkriterien. Hierzu zählten hohe bereits bestehende Kompetenz, Stärkung der Drittmittelfähigkeit, Innovationspotenzial, Nachhaltigkeit für Wirtschaft und Gesellschaft, Interdisziplinarität sowie nationale und internationale Vernetzungsfähigkeit. Darüber hinaus waren Ausbildung-, Berufsfeldund Marktrelevanz von Bedeutung. In Anlehnung an diese Leitkriterien wurden die Einzelinitiativen von den Fakultäten, den Zentralen Einrichtungen und der Zentralen Verwaltung ausgearbeitet, zumeist im fachübergreifenden Zusammenwirken. Diesen Einzelinitiativen wurden sieben übergeordnete Relevanzfelder „Technik, Umwelt und Kultur“, „Leben und Gesundheit“, „Basistechnologien und industrielle Anwendungen“, „Information und Kommunikation“, „Wirtschaft“, „Wissen und Bildung“ sowie „Organisation und Hochschulmanagement“ zugeordnet, wobei das letztgenannte Feld für Initiativen aus der Hochschulverwaltung stand. Die Vorschläge wurden in Anlehnung an Verfahren der DFG durch externe, von der Hochschulleitung ausgewählte Evaluatoren im Rahmen von ein- bis zweitägigen Begehungen je Relevanzfeld begutachtet. Bei mehr als 1.000 beantragten Stellen wurden insgesamt 460 Stellenempfehlungen ausgesprochen. Auf dieser Basis und unter Beachtung des langfristigen Entwicklungsplans der Technischen Universität München wurden von der Erweiterten Hochschulleitung von den 420 verfügbaren Stellen schließlich 364 Stellen direkt den ausgewählten Einzelinitiativen zugewiesen, bei denen es sich um ca. 30, meist fakul-
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tätsübergreifende Schwerpunkte handelt. Von den verbleibenden 56 Personalstellen wurden 28 Stellen für eine 2. Antragsrunde zurückgehalten, um einzelnen wenigen Initiativen durch Nachbesserung eine Chance auf Stelleneinwerbung zu erhalten. Weitere 28 Stellen wurden direkt dem TUM Institute for Advanced Study (TUM-IAS, siehe oben) zugewiesen. Die ausgewählten Einzelinitiativen bzw. neuen Schwerpunkte und das TUM Institute for Advanced Study wurden mit den Fakultäten und zentralen Einrichtungen der Universität im Rahmen von Zielvereinbarungen weiter spezifiziert und zur Realisierung freigegeben. Die Initiativen befinden sich nun in der Realisierungsphase und die ersten Erfahrungen in der Umsetzung des Programms bestätigen die Erwartungen. Durch die eigenverantwortliche Profilstärkung konnte sowohl die Unabhängigkeit gegenüber dem Staat als auch die Wettbewerbsfähigkeit der Universität verbessert werden. In manchen Bereichen wurden verfestigte Strukturen aufgebrochen, umfangreiche Neustrukturierungsmaßnahmen wurden in vielen Fakultäten und Einrichtungen begonnen und interdisziplinäre Schwerpunkte gestärkt. Für zahlreiche bereits längst gewünschte, jedoch wegen fehlender Ressourcen vorher nicht realisierbare Schwerpunkte können nun die notwendigen Personalmittel bereitgestellt werden. Das Erneuerungsprogramm wurde Vorbild für ähnliche Programme an anderen bayerischen Universitäten. So hat innovaTUM-2008 Pate gestanden für das Programm LMU-innovativ der Ludwig-Maximillians-Universität München. Darüber hinaus diente es als Grundlage für die nach dem neuen Bayerischen Hochschulgesetz vorgeschriebene Zielvereinbarung mit dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, die am 21. Juli 2006 unterzeichnet wurde. Das Erneuerungsprogramm war aber auch eine entscheidende Grundlage für den Erfolg in der Exzellenzinitiative. So ist das TUM-IAS zentraler Bestandteil des Zukunftskonzepts der Technischen Universität München und die zahlreichen Initiativen der Fakultäten waren eine hervorragende Grundlage für die Exzellenzclusteranträge und die Anträge auf Förderung von Graduiertenschulen. Das unternehmerische Wirken der Technischen Universität München hat sich also bereits jetzt in jeder Hinsicht ausgezahlt.
Lebendige Praxis. Von der Integration wirtschaftender Unternehmen in Curriculum und Hochschulmarketing Klaus Siebenhaar
Der Bologna-Prozess bedeutet den tiefgreifendsten Einschnitt in die deutsche Universitätslandschaft seit 40 Jahren. Im Unterschied zu den stark von außen gesteuerten Auf-, Um- und Einbrüchen der sechziger und frühen siebziger Jahre kommt die Umstellung auf das internationale Bachelor- und Master-Studium zwar als „silent revolution“ daher, das in der breiteren Öffentlichkeit kaum Wellen schlägt. Und doch berührt der Bologna-Prozess aufs nachhaltigste Identität, Selbstverständnis und Mission der deutschen Universitäten. Denn er bringt mit Folgen, das heißt disziplinenübergreifend, drei für lange Zeit im universitären Kontext tabuisierte oder vernachlässigte Aspekte in die Kernbereiche Lehre und Forschung: Arbeitsmarkt, Nachfrageorientierung und berufliche Praxis. Das tangiert insbesondere die Konzeption und Ausdifferenzierung der neuen Master-Studiengänge gerade in den geistes-, kultur- und sozialwissenschaftlichen Fakultäten, das tangiert die Ausgestaltung der sogenannten Praxis- oder berufsvorbereitenden Module bereits in den Bachelorstudiengängen sowie die außengerichtete Profilbildung der Universitäten selbst im nationalen wie internationalen Wettbewerb. Ich möchte im Folgenden aus der Sicht eines gelernten wie ungebrochen mit Lust praktizierenden Geisteswissenschaftlers, der darüber hinaus seit rund zwanzig Jahren über mannigfaltige Erfahrung mit dem wohl erfolgreichsten und populärsten anwendungs- und praxisorientierten Studiengangsmodell an der Schnittstelle von Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft verfügt, nämlich Kulturund Medienmanagement, den Problemhorizont aufspannen. Ich will Ihnen vor diesem Hintergrund einige wesentliche, weil ebenso herausfordernde wie zukunftsweisende Gesichtspunkte für Kooperation und strategische Allianzen zwischen Universität und Wirtschaft vorstellen – und zwar aus der universitären Binnenperspektive. Damit bewege ich mich bewusst in die sensiblen Zonen des Curriculums: der beruflichen Praxisorientierung innerhalb des Studiums. Deshalb gestatten Sie mir zunächst eine knappe und auch (selbst-) kritische Bestandsaufnahme, bevor ich Ihnen meine Beispiele und Modelle präsentiere
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und zur Diskussion stelle. Das Verhältnis von Wissenschaft und Praxis gilt in Deutschland im universitären Kontext gemeinhin als problematisch bis gestört. Berufsorientierend oder gar berufsbezogen studieren darf ein jeder gern an Fachhochschulen, die Universitäten reklamieren als ihre Mission traditionell die Vermittlung von Theoriewissen und Forschungspraxis – beherrscht von der ewigen Furcht der „Verfachhochschulung“ und „Ökonomisierung“. Ein auf den Erwerb wissenschaftlicher Qualifikation und wissenschaftlicher Kernkompetenzen ausgerichtetes Universitätsstudium schloss lange Zeit die Anwendungsorientierung bzw. Praxiserprobung kategorisch aus. Die freiwillige Selbstverpflichtung insbesondere der Hochschullehrer auf die reine fachdisziplinäre Lehre und Forschung kollidierte nicht erst seit den neunziger Jahren mit den Erwartungshaltungen der Studierenden und der sehr realen Arbeitsmarktsituation speziell für Geisteswissenschaftler. Die Universitäten reagierten auf die Forderung nach mehr Welthaltigkeit mit sogenannten angewandten Spezial-Studiengängen, zumeist Derivate klassischer Angebote wie Theaterwissenschaft, Literaturwissenschaft oder Kulturwissenschaft. Nach einem größtenteils schlichten Implementierungsschema addierte man hier in einer Art Schnelldurchlauf allerlei Bausteine aus den Bereichen BWL, Jura sowie den damit verbundenen möglichen institutionellen Praxisfeldern. Damit wurden curricular oft nur unzureichend entwickelte Ventile geschaffen, um den wachsenden Praxisdruck auf die Universitäten kompensieren zu können. In der Regel kranken solcherart Alibi- oder Zeitgeist-Angebote an den immergleichen Geburtsfehlern: Sie sind von Theoretikern auf eine bloß angenommene Praxis hin konzipiert; sie stellen in ihrer disziplinären und berufsbildbezogenen Engführung keine wirkliche Bereicherung für den Arbeitsmarkt dar, sie bieten eher selten ein facettenreiches, voll entwickeltes Praxisnetzwerk, das integraler Bestandteil des Lehrplanes ist; und schließlich: eine notwendige systematische, dauerhafte Verknüpfung von Theorie-, Handlungs- und Erfahrungswissen mit einem Akzent auf Persönlichkeitsentwicklung bildet die Ausnahme. Schon innerhalb der nun im Auslaufen begriffenen MagisterStudienordnungen galt: dieser Art neue Studiengänge haben nur als Zusatz-, Ergänzungs- oder Aufbaustudiengänge, niemals grundständig eine Existenzberechtigung. Sie müssen sich komplementär und angebotsbereichernd zu den traditionellen Fächern verhalten. Als weiterführende Zusatzqualifikation bedürfen sie einer übergreifenden, breit gefächerten thematisch-fachlichen Ausrichtung. Auf eine grundständige fachdisziplinäre Ausbildung sollte keine einengende, spezialisierende praxisorientierte Weiterbildung folgen – alle Erfahrungen auf dem Arbeitsmarkt sprechen dagegen. Innerhalb eines breitgefächerten transdisziplinären Angebots vermag jeder seine institutionellen Vertiefungs-
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segmente zu finden, auf zum Teil überkommene Berufsbilder hin einen eigenen Studiengang zu konzipieren, erscheint mehr als fragwürdig. Die auf ein ganzheitliches Verständnis ausgelegte Förderung der kognitiven, aktionalen und emotionalen Intelligenz schafft dagegen die Voraussetzung für den Erwerb notwendiger Schlüssel- oder Kernkompetenzen, um deren Verfestigung es in solchen Studiengängen auch geht. Eine Auswahl an Anforderungen mag das veranschaulichen: Souverän agieren in hierarchischen Räumen, die Interpretation und Bewertung organisatorisch-gruppendynamischer Ablaufprozesse oder das konsequente Verfolgen strategischer Ziele beispielsweise sind auf Dauer nicht allein über Case-Studies, Rollenspiele oder einfache Praktika zu erlernen und zu beherrschen, sondern benötigen die wechselseitige Erhellung höchst unterschiedlicher Wissensformen innerhalb eines darauf subtil abgestimmten Curriculums. Praxis in diesem Verständnis umfasst eigenverantwortliches Handeln der Studierenden unter Anleitung – das heißt: den betreuten Ernstfall kultureller Praxis mit der prägenden Erfahrung, dass Handlungsrationalität nur in Lehrbüchern existiert. Praxis ist also nicht das Sahnehäubchen oder das Außerordentliche, sondern die extrauniversitäre Regel mit all ihren Basiskomponenten und Konsequenzen – als da wären: Persönlichkeitsbildung, Führungsfragen, Ergebnis- und Leistungsorientierung, Erfolgsdruck, Chaos- und Zeitmanagement, Dramaturgie, Berichtswesen usw.. Vorhandenes Fachwissen wird erweitert und hat sich in der konkreten Einübung von Handlungs- und Erfahrungswissen, das heißt im Modus von Präsentation, Umsetzung und Vermittlung zu beweisen. Dieser kontinuierliche Austausch verschiedener Wissensebenen gestaltet sich durchgehend spannungsreich, aber stets reflexiv und als individuell wie gruppendynamisch herausfordernder Prozess. Und er benötigt als integralen Bestandteil Personal- und Kompetenzressourcen aus der unternehmerischen Praxis. Als eine erste Zwischenbilanz können wir festhalten: Entscheidend für eine sinnstiftende und nutzbringende Einbindung von berufsvorbereitenden Elementen in ein universitäres Studium ist ein durchaus theoriegeleitetes, reflexives Praxisverständnis, denn „Praxis ist mehr (und möglicherweise auch etwas gänzlich anderes) als die Summe aller bekannten Gewohnheiten und überlieferter Traditionen eines speziellen Berufszweiges. Praxis ist aktuelles Wissen, das heißt Wissen, das in das Handlungsverhalten eines Individuums (oder einer Institution) eingebettet ist im Gegensatz zu Wissen, das bloß begrifflich oder verbalisiert ist!“ (Georg Lind: Von der Praxis zur Theorie. Eine Neubestimmung der Funktion der Praxis für die Lehrerbildung. Vortrag 12.6.2001, S. 14). Das impliziert wechselseitige Erhellungen von der Praxis zur Theorie und umgekehrt, schließt aber kategorisch eine curriculare Engführung auf tradierte Berufsbilder hin aus. Im Gegenteil: Das gern als Antagonismus
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gesehene Verhältnis zwischen Bildung im Humboldtschen Sinne und Berufsbefähigung (employability) mit seinen rein beruflichen oder wirtschaftlichen Verwertungsinteressen ist dann produktiv und gleichsam universitär kompatibel, wenn das Primat des kulturellen Verstehens gegenüber den rein technischen Fertigkeiten erhalten bleibt. Das heißt für eine so verstandene universitäre Bildung und Ausbildung: Wissenschaft, Wirtschaft und Kunst repräsentieren die Bereiche und Hauptprovinzen der Kultur. Dem theoretischen, ökonomischen und ästhetischen Wert entsprechen Erkenntnisgüter, Gebrauchsgüter und Kunstgüter. Solche Güter zu verstehen, zu ihnen sachgemäß Stellung nehmen zu können, sich zwischen ihnen zu bewegen und mit ihnen zusammenhängend und bewusst arbeiten zu können, das ist die eigentliche, die überaus anspruchsvolle curriculare und forschende Aufgabe, wenn wissenschaftliche Praxis um reflexive reine Praxis erweitert werden soll. Kulturelle Kontextualität schließt Wertbestimmungen der ökonomischen Effizienz und technische Effektivität eben nicht aus. Und bei solcher Art interessegeleiteter Synthetisierung, bei einer so begründeten praktisch-theoretischen disziplinären Identität läuft universitäre Ausbildung auch nicht atemlos dem Arbeitsmarkt hinterher, sondern der Arbeitsmarkt kommt zur Universität. Womit wir nach dem normativ-konzeptionellen zum operativ-strategischen Teil unseres Themas kommen. Wie lassen sich Praxis und Praktiker als Träger des „aktuellen Wissens“ – auch und gerade aus der geisteswissenschaftlichen Perspektive – in universitäre Curricula und in ein beziehungsorientiertes Hochschulmarketing integrieren? Instrumentell-methodisch vollzieht sich wissenschaftliche Praxis über Case-Studies, Rollenspiele oder anwendungsorientierte Forschung. Dies kann und wird zum Teil von Hochschullehrern geleistet, kritisch wird es jenseits dieser theoretisch angeleiteten Praxis bei echten Praxisprojekten, bei qualifizierten Praktika oder auch bei der Vermittlung sogenannter Schlüsselqualifikationen, die als Sozial- und Selbstkompetenzen die „Schlüssel liefern, mit Menschen gut zurechtzukommen und konstruktiv zu leben.“ (HansHenning Kappel: Schlüsselqualifikationen wozu? (I), in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 17. Juni 2007, S. 74) Am Beispiel der Allgemeinen Berufsvorbereitung (ABV) in den neuen Bachelor-Studiengängen lassen sich das universitäre Dilemma, aber auch die Chancen im Verhältnis Wissenschaft-Wirtschaft sehr bodenständig und elementar illustrieren. In Erkenntnis ihrer tradierten Praxis-Defizite verfolgen gerade geistes- und kulturwissenschaftliche Fachbereiche vielfach eine EntsorgungsMethode nach dem Muster: Praxis heißt ausschließlich Fremdsprachen- und ITKurse, Praktika werden von externen Praktikumsbörsen unterschiedlich gut organisiert, und: die ausgewählten Schlüsselqualifikationen werden von Trai-
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nern angeboten, die selten etwas anderes als Trainer waren und somit Lehrbuchpraxis vermitteln. Der Fachbereich Philosophie und Geisteswissenschaften der Freien Universität Berlin ist mit der Einführung der Bachelorstudiengänge einen anderen Weg gegangen, indem er mit Hilfe des Instituts für Kultur- und Medienmanagement einen Kreis von langjährigen Schering-Führungskräften für die Bereiche Kommunikation, Präsentationstechniken, Bewerbungspraxis und insbesondere Unternehmens-Planspiel gewonnen hat. Erfolgreiche Praktiker aus wirtschaftenden Unternehmen mit eigenem akademischen Hintergrund bringen ihr Handlungs-, Erfahrungs- und Theoriewissen ein. Damit wird qualitativ eingelöst, was führende Bildungsforscher längst propagieren: „Lernen und Entwicklung bewegen sich in einem Kreislauf von der Praxis zur Theorie und wieder zurück zur Praxis, und sie schrauben sich dabei von einem niedrigen Wissensstand in immer höhere Dimensionen.“ (Lind a.a.O.) Wissenschaftliche Praxis braucht ergänzend Praktiker aus der Wirtschaft, um Praxis in seiner Komplexität als „aktuelles Wissen“ garantieren zu können. Das Schering-Modell unter Anleitung des ehemaligen Führungskräfteentwicklers und Weiterbildungschefs des Unternehmens zeigt, wie bildungsfördernd und wissenserweiternd solcherart integrierte Praxis wirtschaftender Unternehmen wirken kann. Herausfordernd ist diese Kooperation für beide Seiten: Die Universitäten müssen sich an eine neue, anspruchsvolle Umgangs- und Beziehungskultur mit diesen Praktiker-Dozenten gewöhnen, das ist ein regelrechter Kultivierungsprozess! Und für die Lehrenden aus der Wirtschaft, die der universitären Praxis mit einem fast auratisch getönten Respekt begegnen, stellt dies höchste didaktische und eigenmotivatorische Anforderungen. Mein zweites Erprobungsfeld für die produktive Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft betrifft das Thema Hochschulmarketing in Verbindung mit den „Creative Industries“. Beide Bereiche erleben gewissermaßen einen Boom und bieten sich nicht nur deshalb als ideale Kooperationspartner an. Die Freie Universität hat das Institut für Kultur- und Medienmanagement mit der Konzipierung und schrittweisen Implementierung eines professionellen Hochschulmarketings beauftragt, und wir haben – angegliedert als Arbeitsstelle des Instituts, organisiert wie eine Agentur – das Forum Hochschulmarketing gegründet, das alle marketingrelevanten Aktivitäten der Zentralen Universitätsverwaltung evaluiert, diskutiert, bündelt, koordiniert und darüber hinaus in Abstimmung und als Dienstleister des Präsidiums eigene operative Maßnahmen initiiert und durchführt. Dafür investiert die Freie Universität in zwei Mitarbeiterstellen und gibt Werkvertragsmittel für studentische Hilfskräfte, die im Rahmen ihres Kulturmanagement-Studiums forschend und operativ tätig eingebunden sind. Das Forum Hochschulmarketing ist also in Teilaspekten wie ein Pra-
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xisprojektseminar zu sehen, wo eine erfolgs- und ergebnisorientierte Praxis an die Stelle von Szenario-Techniken oder Planspielen tritt. Das Forum Hochschulmarketing wurde darüber hinaus im engen Schulterschluss mit einer der renommiertesten deutschen Werbe- und Kommunikationsagenturen, Scholz & Friends, entwickelt. Das Forum-Team unter meiner Anleitung hatte mehrere Strategieworkshops mit der Mannschaft von Scholz & Friends, in denen die prinzipielle Vorgehensweise, Einzelaspekte wie Markenbildungsprozess, Special Events u.ä. erörtert und abgestimmt wurden. Gerade an einem Standort wie Berlin, wo die Kreativwirtschaft in voller Blüte steht, lassen sich mannigfaltige pro-bono-Aktionen und Transaktionsbeziehungen zugunsten von Marketing, Kommunikation oder außeruniversitärer Veranstaltungsformate mit großer Öffentlichkeitswirkung gestalten. Neben Scholz & Friends konnten weitere Medienagenturen, Lichtdesigner und Außenwerber gewonnen werden, so dass sich ganz neue werbliche und kommunikative Spielräume und Kontextualisierungen für die Freie Universität ergeben. Das Forum Hochschulmarketing fungiert als Netzwerker und Begegnungsplattform in die unterschiedlichen Segmente der Kreativwirtschaft und Dienstleistungsunternehmen und schafft so eine nutzbringende Verankerung in der Region. Gewahrt bleibt bei diesem Modell der selbstbestimmte Charakter eines von innen nach außen gerichteten Hochschulmarketings, und zugleich profitiert die Universität vom Know-How-Transfer durch die wirtschaftenden Unternehmen.
Lebendige Praxis Abbildung 1:
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Unser letztes Exempel verbindet universitäres Entrepreneurship mit wissenschaftlicher Praxis und berufsorientierender Nachwuchsförderung durch die Medienwirtschaft. Den institutionellen Rahmen bildet die BerlinMediaProfessionalSchool (BMPS), die ohne eigenen Studiengang wiederum dem Plattformgedanken folgt und ebenfalls dem Institut für Kultur- und Medienmanagement angegliedert ist. Fokussiert auf den auch international expandierenden Medienstandort Berlin, strategisch ausgerichtet auf Kooperationen mit dem gesamten Spektrum der Medienwirtschaft und natürlich den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, versucht die BMPS die inneruniversitär verstreuten medienwissenschaftlichen Kompetenzen und Ressourcen für Einzelprojekte wie Forschungsaufträge und Studien, für ausgewählte Veranstaltungen sowie für die Nachwuchsförderung zu stimulieren und zu bündeln. Im Leitungsteam sitzt mit dem Honorarprofessor Ernst Elitz einer der einflussreichsten öffentlichrechtlichen Medienmanager, im Beirat finden sich leitende Medienmanager, Kommunikationschefs und Journalisten von der ZEIT, über BMW, AOL bis hin zur Axel-Springer-Akademie und n-tv. Sie beraten, öffnen Türen, fördern Projekte und kommunizieren als hochkarätige Multiplikatoren die Freie Universität Berlin. Auftragsforschung, verschiedene gemeinsame Veranstaltungsforen, Weiterbildungsangebote für Medienpraktiker stehen ebenso auf der Agenda wie ein spezielles Förderprogramm mit berufspraktischem Bezug für den wissenschaftlichen Nachwuchs auf der Ebene der Master- und Magisterabsolventen. Mit sogenannten Master-Kollegs, die allesamt von wirtschaftenden Unternehmen finanziert werden, wird unterhalb des klassischen Graduiertenkollegs ein Modell erprobt, das nach dem Mentoren-Prinzip funktioniert und zugleich neben der von Hochschullehrern betreuten Master-/Magisterarbeit die Möglichkeit zur angeleiteten Praxiserprobung, zu vertiefenden und ergänzenden Gesprächen mit hochkarätigen Unternehmensvertretern impliziert. Bisher haben wir ein AOL-Kolleg zum Schwerpunktthema Web 2.0, ein Vodafone-Kolleg zur „Zukunft der Kommunikation“ und ein Kolleg der Berliner Volksbank, das den Akzent auf Kommunikationsstrategien im Rahmen von Corporate Social Responsibility setzt. Die Master- und Magister-Kandidaten kommen aus unserem Institut sowie dem Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaft, sie erhalten ein pauschales Stipendium vom 3.000 Euro und werden in ausgewählte Praxisfelder eingebunden bzw. erhalten weiterführende Einblicke in die Unternehmenspraxis. Netzwerkbildung, Beziehungspflege, berufspraktische Vertiefung der wissenschaftlichen Praxis schon auf studentischer Ebene sind die Lernziele. Zugleich fließt „aktuelles Wissen“ in universitäre Forschungs- und Reflexionszusammenhänge ein, was besonders im so wandlungsdynamischen Medien- und IT-Bereich einen unschätzbaren Mehrwert darstellt. Die ersten Erfahrungen sind
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ermutigend, die Einbindung der Praxis, die vielfältigen Kontakte mit Praktikern werden als Bereicherung und große Chance in der Übergangsphase zum Beruf empfunden. Was bleibt am Ende als vorläufiges Fazit? Die Integration von richtig verstandener Praxis und von Praktikern aus wirtschaftenden Unternehmen kann im Interesse der Studierenden, auch der Lehrenden und der Institution Universität selbst ein qualitativ erweitertes Lernen, ergänzende Bildung und profunde Orientierung bedeuten. Es geht dabei nicht um die „Flucht in die Anwendung“ oder eine „wissenschaftsferne Berufsausrichtung“ (Jürgen Mittelstraß) an den Universitäten, sondern um die betreute und reflektierte praktische Probe aufs theoretische Exempel, um im gelungenen Fall neue geistig-kulturelle Verstehenshorizonte zu eröffnen – für die Studierenden und auch für die Lehrenden. Am Schluss ist denn alles so einfach, wie in meinem kleinen finalen Dialog. Der Praktiker aus der Wirtschaft sagt: „Der Pudding erweist sich beim Essen!“ Der Philosoph aus der Universität antwortet milde: „Wenn aber das Essen der Beweis des Puddings sein soll, so ist damit dessen durchdachtes Rezept selbstverständlich vorausgesetzt, statt eines bloß blinden Reinschlagens an sich.“ (Ernst Bloch: Experimentum Mundi, GA Bd. 15, Ffm 1977, S. 248). Recht haben sie beide!
Die TransMIT Gesellschaft für Technologietransfer mbH – Flexibilisierung und Optimierung des Technologietransfers an den mittelhessischen Hochschulen Stefan Hormuth, Christian Schulze
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Technologie- und Wissenstransfer – Strategische Einordnung
Auch wenn Technologie- und Wissenstransfer ein wichtiger Faktor der Profilierung einer Hochschule sein kann, muss der Zusammenhang mit den Kernaufgaben von Forschung und Lehre hergestellt werden. Die Strategien im Technologietransfer müssen eng mit der Gesamtstrategie der Hochschule verbunden sein. Darüber hinaus sind nicht alle Erwartungen, die mit dem Technologie- und Wissenstransfer verbunden sind, realistisch, insbesondere nicht die Erwartung eines signifikanten finanziellen Beitrages für die Hochschulen. Wissenstransfer muss vielmehr gesehen werden als Chance, die Forschung weitertreiben zu können, und damit auch Chancen für Absolventen und den wissenschaftlichen Nachwuchs zu erschließen. Die Zusammenarbeit mit der regionalen Wirtschaft ist ein wesentlicher politischer Faktor. Hier gilt es, Angebot und Erwartungen in Einklang zu bringen. Eine Fachhochschule kann in vielen Fällen diesen Erwartungen eher entsprechen, während universitäre Forschung häufiger in Kooperation mit überregionalen Partnern weiterentwickelt und verwertet werden muss. Diese Aufgaben sind besser in besonderen Einrichtungen zu erfüllen, die nicht unmittelbar in der Hochschule, sondern eher an der Hochschule angesiedelt werden. Hier können rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen, unternehmerische Ansätze gepflegt und umgesetzt werden. Der Wissenschaftsrat hat in 2007 Empfehlungen zur Interaktion von Wissenschaft und Wirtschaft herausgegeben, die die Bedeutung des Transfers betonen, die Einbindung in die Hochschulstrategie und eine Neustrukturierung von Transferstellen und Patentverwertungsagenturen fordern. Wissens- und Technologietransfer muss sich institutionell und individuell lohnen.
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Der Wissenschaftsrat betont aber auch, dass dies nicht zu Lasten der anderen Aufgaben im Wissenschaftssystem gehen darf, so dass die Hochschulen einer eigenen Strategie wie auch der politischen Unterstützung bedürfen. Der vorliegende Text soll
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die Erwartungen unterschiedlicher Interessengruppen im Technologietransfer beschreiben und bewerten, Hemmnisse und Überwindungsstrategien im Technologietransfer aufzeigen und am Beispiel der mittelhessischen TransMIT GmbH Strategien zur Optimierung und Flexibilisierung im Technologietransfer zur Überbrückung dieser Hemmnisse vorstellen. Erwartungen im Technologietransfer
Der Auftrag an deutsche Hochschulen lautet „Forschung und Lehre“, wobei beides frei und unabhängig ausgeübt werden soll. Parallel fordert die Wirtschaft möglichst marktnahe Produkt- und Prozess-Innovationen aus den Hochschulen. Die beiden Welten, Hochschule und Wirtschaft, sind strukturell so unterschiedlich, dass es geeigneter Schnittstellen bedarf, wenn man Technologietransfer systematisch entwickeln und professionalisieren will. Technologie- und Wissenstransfer ist mittlerweile auch eine gesetzlich verankerte Auflage der Hochschulen, so findet man z. B. im Hessischen Hochschulgesetz § 3 die Formulierung „Die Hochschulen fördern den Wissens- und Technologietransfer in die berufliche Praxis“. Diese Aufgabe muss verschiedene Zielrichtungen beachten: 2.1 Erwartungen der Politik Die Erwartung der Politik ist ebenso einfach wie abstrakt auf eine einfache Formel zu bringen: Erwartet werden marktnahe Produkt- und Prozessinnovationen aus Hochschulen. Verbunden ist diese Erwartung häufig noch mit dem Wunsch nach der Erzielung von Einnahmen aus dem Transfer-Geschäft und der Förderung von Existenzgründungen an den Hochschulen. Die Marktnähe von Innovationen, die aus den Hochschulen kommen, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab, von denen an dieser Stelle nur zwei erwähnt sein sollen:
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Unterschiedliche Hochschulformen produzieren mehr oder eben weniger marktnahe Ideen. Eine Technische Hochschule oder Fachhochschule ist in der Regel näher an der Praxis als eine klassische Universität. Natürlich spielen hier auch die Professoren und die jeweilige Instituts-Philosophie eine wichtige Rolle. Die Märkte, in die Innovationen gebracht werden sollen, sind sehr unterschiedlich: Während z. B. eine Innovation im Maschinenbau relativ schnell am Markt umgesetzt werden kann, brauchen Innovationen in der Pharmakologie viele Jahre Klinischer Forschung bis zur Marktreife. Die Klinische Forschung beispielsweise kann in der Regel nicht von den Hochschulen geleistet werden.
Die politischen Erwartungen sind sicher nachvollziehbar, es gibt aber keine einfachen Lösungsmuster, da Hochschulen und ihre Lehrstühle von völlig unterschiedlicher Praxisnähe sind und da die Zielmärkte für Innovationen große Unterschiede aufweisen. Dementsprechend flexibel müssen erfolgreiche Technologietransfer-Einrichtungen aufgestellt sein. Mit der Praxisnähe steht und fällt letztlich die Möglichkeit, Einnahmen aus dem Transfergeschäft zu generieren. In der Regel ist aber die Marktferne von Hochschul-Innovationen noch so groß, dass zunächst in den Hochschulen (oder in hochschulnahen Einrichtungen) eine Weiterentwicklung notwendig ist. Und diese erfordert Investitionen in Infrastruktur und Personal. Hier helfen zwar oft Fördermittel und Drittmittel weiter, von einer zusätzlichen Einnahmequelle ist man aber weit entfernt, insbesondere da das Projektgeschäft meistens die Infrastruktur der Hochschule belastet, ohne dass ein finanzieller Ausgleich hierfür stattfindet. 2.2 Kooperationsmöglichkeiten mit der Wirtschaft Durch Kooperationen mit der Wirtschaft wird die Praxisnähe von Forschung und Lehre gefördert. Völlig unabhängig von finanziellen Betrachtungen gibt es viele Argumente für die Intensivierung solcher Kooperationen, so haben beispielsweise Absolventen durch frühzeitige Kontakte mit der Wirtschaft deutlich bessere Berufseinstiegschancen. Nun wird aber immer wieder die Hoffnung geäußert, dass Technologietransfer künftig signifikant zur Finanzierung der Hochschulen beitragen kann. Schaut man sich aber Technologietransfer-Projekte an (unabhängig davon, ob es sich um rein industriefinanzierte Projekte oder um geförderte Projekte mit industrieller Anteilsfinanzierung handelt), stellt man fest, dass der Kalkulation
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solcher Projekte in den meisten Fällen keine Vollkosten-Betrachtung zugrunde liegt. Das heißt, rein finanziell betrachtet wird der Haushalt der Hochschulen durch solche Projekte eher belastet. Hochschulleitungen befinden sich hier durchaus in der Zwickmühle: Natürlich haben sie ein großes Interesse daran, möglichst viele zusätzliche Mittel zu generieren, dennoch kann der Haushalt (Personal und Infrastruktur) eigentlich nur eine begrenzte Anzahl solcher Projekte verkraften. Inwiefern die immer stärker werdenden Tendenzen, Hochschulen betriebswirtschaftlichen Betrachtungen und Bewertungen zu unterziehen, dazu führen, dass Hochschulen echte Rückflüsse, betriebswirtschaftlich würde man sagen Gewinne, erwirtschaften, bleibt abzuwarten. Derzeit sind die meisten Hochschulen hiervon weit entfernt. Dies auch, weil die Industrie aus ihren Steuerzahlungen einen gewissen Anspruch auf die Hochschulen ableitet. Dies gilt auch für Schutzrechte, die an Hochschulen entstehen und mittlerweile über sogenannte Patentverwertungsagenturen vermarktet werden. Bei Kauf oder Lizenzierung von Schutzrechten wird von der Industrie immer wieder darauf verwiesen, dass man die Hochschulen ja über Steuerzahlungen finanziere und somit beim Erwerb von Schutzrechten doppelt bezahle. Dass über den u.a. aus Steuermitteln finanzierten Hochschulhaushalt lediglich eine Grundfinanzierung der Hochschulen für Forschung und Lehre gewährleistet wird, wird in diesem Kontext häufig übergangen. Hier ist also ebenfalls ein Bewusstseinswandel notwendig. Dennoch: Auch wenn man Technologie- und Wissenstransfer kurz- und mittelfristig sicher nicht als Finanzierungsinstrument für die Hochschulen einsetzen kann, so muss er vielmehr gesehen werden als Instrument, die Forschung weitertreiben zu können, und damit auch Chancen für Hochschullehrer, Absolventen und den wissenschaftlichen Nachwuchs zu erschließen. Außerdem fördert er das Renommee einer Hochschule, die sich letztlich auch im Wettbewerb um Studenten und um qualifiziertes Personal positionieren und behaupten muss. 2.3 Verantwortung gegenüber der Region Hochschulen sind innerhalb ihrer geographischen Regionen, gerade in ländlichen Gebieten mit wenigen Oberzentren, ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Sowohl als Arbeitgeber als auch als Abnehmer von Produkten und Dienstleistungen einer Region (unmittelbar durch die Hochschule selber und mittelbar durch das Hochschulpersonal) spielen sie eine zentrale Rolle im Wirtschaftsleben. Darüber hinaus wünschen sich regionale Akteure von „ihren“ Hochschulen in einer Region
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die Förderung von Existenzgründungen und die Unterstützung von kleinen und mittelständischen Unternehmen in der Region in Forschung und Entwicklung.
2.3.1 Förderung von Existenzgründungen Die Förderung von Existenzgründungen kann auf unterschiedliche Art und Weise geschehen: Durch ein direktes betriebswirtschaftliches Coaching beispielsweise oder durch die Bereitstellung von Infrastruktur für Existenzgründungen. Auch die günstige Übereignung von Schutzrechten an Gründer oder Gründungsunternehmen ist eine Form der Förderung. Letztlich entstehen durch die Unterstützung aber Kosten, die von einer Hochschule nur in einem gewissen Rahmen getragen werden können. Förderprogramme erleichtern Hochschulen mittlerweile die Erfüllung dieser Aufgabe. Insbesondere ermöglichen sie, oft zeitlich begrenzt, die Institutionalisierung der Existenzgründungsförderung. Da auch die Existenzgründung eine Form des Technologie- und Wissenstransfers ist und Kenntnisse der Wirtschaft gefragt sind, ist es sinnvoll, das Thema institutionell im Umfeld der übrigen Transfer-Aktivitäten anzusiedeln. 2.3.2 Unterstützung von KMU Gerade die Regionalpolitik sieht in der Zusammenarbeit mit der regionalen Wirtschaft eine wesentliche Aufgabe der Hochschulen. Fachhochschulen, die wegen ihrer Praxisnähe häufig eine stärkere Anbindung an die regionale Wirtschaft haben, fällt diese Aufgabe naturgemäß wesentlich leichter als Universitäten. Hier ist die Forderung nach Zusammenarbeit mit der regionalen Wirtschaft häufig verfehlt: Zum einen ist die Grundlagenforschung vom Markt soweit entfernt, dass vorliegende Forschungsergebnisse keiner unmittelbaren Verwertung zugeführt werden können. Das ist aber gerade bei kleinen und mittelständischen Unternehmen eine Grundvoraussetzung für die Zusammenarbeit. Zum anderen gibt es oft weltweit wenige Industrie-Partner, die überhaupt für eine Technologie in Frage kommen, so dass eine regionale Zusammenarbeit mit der heimischen Wirtschaft gar nicht möglich ist. Von den Regionalpolitikern unterschätzt wird hier häufig die Bedeutung des überregionalen, meist internationalen Technologietransfers für den eigenen „Technologie-Standort“: Die Unternehmen außerhalb der Region, die als Abnehmer von Technologietransfer auftreten, nehmen die Region als industrienahen Forschungsstandort wahr. So fördert gerade der überregionale Technologie-
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transfer das Image der Region und trägt damit langfristig zu einem positiven Image des Standorts bei. 2.4 Chancenerschließung für Wissenschaftler Für Wissenschaftler ergeben sich im Technologietransfer Chancen, die häufig innerhalb der Hochschule nicht vollständig genutzt werden können: Rechtliche und organisatorische Rahmenbedingungen der Hochschule sind auf Forschung und Lehre ausgerichtet und orientieren sich nicht an den Erfordernissen der Industrie. Gerade die fehlende freie Verwendung von Mitteln (Investitionen) und die mangelnde Flexibilität bei Personaleinstellungen sind massive Hemmnisse im Technologietransfer. Auch der Wissenschaftsrat unterstreicht in seiner Veröffentlichung „Empfehlungen zur Interaktion von Wissenschaft und Wirtschaft“ vom 25. Mai 2007 die strukturelle Unterschiedlichkeit der Hochschulund der Industriewelt. Diese gilt es zu akzeptieren, um dann die Herausforderung zu erkennen, geeignete rechtliche und organisatorische Bedingungen zu schaffen, unter denen sich Technologietransfer erfolgreich entfalten kann. Neben den geeigneten Rahmenbedingungen besteht zudem bei den Hochschulmitarbeitern großer Beratungsbedarf, z. B. in der Patentverwertung und der marktbezogenen Bewertung von Innovationen. Gerade dieses Know-How liegt in der Regel in Hochschulverwaltungen nicht vor, ist aber unbedingt notwendig für die angemessene finanzielle Bewertung der eigenen Leistung innerhalb einer Kooperation. Ein weiterer Aspekt ist die geeignete kommerzielle Vermarktung des Angebots von Hochschulen und ihren Leistungen. Das aktive Einwerben von Forschungsmitteln über geeignete Marketing-Maßnahmen ist ebenfalls über den Hochschulhaushalt nur schwer darstellbar. Die genannten Handlungsfelder legen das Schaffen von Einrichtungen nahe, die nicht unmittelbar in der Hochschule, sondern eher an der Hochschule angesiedelt werden. Hier können rechtliche und organisatorische Rahmenbedingungen geschaffen werden, die unternehmerische Ansätze pflegen und eine operative Umsetzung von Technologietransfer ermöglichen. 3
Hemmnisse im Technologietransfer und Überwindungsstrategien
So unterschiedlich die deutschen Hochschulen und ihre jeweiligen Umfelder sind, so unterschiedlich wird die Aufgabe „Technologietransfer“ auch von den Hochschulen interpretiert:
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Häufig wird das Thema Technologietransfer in Dezernaten angesiedelt, die zahlreiche andere Aufgaben haben. Das Thema hat dann meist nur untergeordnete Bedeutung. In vielen Fällen gibt es auch einzelne Beauftragte, kleine Teams oder Abteilungen in den Hochschulen, die im Technologietransfer arbeiten. Einige Hochschulen haben bewusst Einrichtungen für Technologietransfer außerhalb der Hochschule geschaffen, u. a. um mehr Flexibilität zu schaffen und nicht an den Hochschulhaushalt gebunden zu sein.
Gemeinsam ist allen, dass der Prozess der aktiven Vermarktung von HochschulKnow-How in die Wirtschaft sich schwierig gestaltet. Im Folgenden soll kurz auf die zentralen Hemmnisse im Prozess des aktiven Technologietransfers aus der Hochschule in die Wirtschaft eingegangen und Überwindungsstrategien vorgestellt werden. 3.1 Konkretheit im Transferprozess und operative Professionalität Die Schwäche vieler Technologietransfer-Einrichtungen oder -Abteilungen liegt in der fehlenden Konkretheit ihres Angebotes und der unzureichenden operativen Professionalität. Dies ist in der Regel aber nicht den Einrichtungen oder Abteilungen selber anzulasten, sondern liegt vielmehr an deren finanzieller und personeller Ausstattung. Einzelne Personen oder kleine Teams sind nicht in der Lage
das immer komplexer werdende Wirtschaftsleben zu beobachten und Marktkenntnisse in unterschiedlichen Branchen zu erlangen.
Außerdem fehlen in den Einrichtungen Projektmanager, die sich um das operative Geschäft im Technologietransfer tatsächlich projektbezogen kümmern können. Diese brauchen außerdem Unterstützung von Vertragsjuristen und Spezialisten in Schutzrechtsfragen. Folgen der personellen Unterbesetzung im Management des Transferprozesses sind aus Sicht der Wirtschaft
unspezifische Angebote, die über die reine Kontaktvermittlung nicht hinausgehen und von Unternehmen wegen der fehlenden Konkretheit des Angebots nicht genutzt werden, die unprofessionelle Abwicklung von Technologietransferprojekten in der Hochschule oder in vielen Fällen auch in juristischen Grauzonen an der Hochschule vorbei.
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Außerdem werden im Transferprozess Hochschul-Interessen vernachlässigt:
Mittelrückflüsse an die Hochschulen aus Schutzrechten finden nicht statt, weil Know-How kostenfrei abgegeben wird. Es werden keine Overheads für Industrie-Projekte veranschlagt, obwohl diese die Hochschulinfrastruktur belasten.
Beide Elemente könnten zur Finanzierung der Hochschulen beitragen und eine Professionalisierung des Transferprozesses mitfinanzieren. 3.2 Überwindungsstrategien Eine hervorragende Chance, die o. g. Probleme, insbesondere die fehlende Konkretheit im Angebot, zu überwinden, bieten hier die seit 2002 an den deutschen Hochschulen bestehenden Patentverwertungsagenturen. Diese bauen strukturiert Patent-Portfolios für die Hochschulen auf, die dann im Idealfall über einen funktionierenden Vertrieb in die Wirtschaft vermarktet werden. Die Terminologie ist hier bewusst wirtschaftsnah gewählt, um einen Hinweis darauf zu geben, auf welchen Weg sich Hochschulen begeben müssen, wenn aktiver Technologietransfer aus der Hochschule heraus gelingen soll. Die Erfahrung zeigt, dass in den meisten Fällen nur die direkte Ansprache von Unternehmen Erfolge nach sich zieht. Um möglichst viele Unternehmen systematisch, strukturiert und direkt anzusprechen, können durchaus Dienstleister eingesetzt werden, die im Hochschulumfeld unüblich sind. So kann z. B. durch den Einsatz eines Call Centers eine breite Marktabdeckung erzielt werden. Natürlich setzt eine solche Maßnahme sehr qualifizierte Mitarbeiter im Call Center und ein umfassendes Briefing voraus. Der Prozess der Ansprache von Unternehmen sollte sich, unabhängig von der gewählten Methodik, als regelmäßige Aufgabe im Technologietransfer etablieren. Bei Interessensbekundung eines Unternehmens besucht ein Mitarbeiter der Hochschule (oder einer ausgegliederten Einrichtung der Hochschule) ein Unternehmen mit wenigen ausgewählten konkreten Technologie-Angeboten aus dem Patent-Portfolio der Hochschule. Die Reaktionen der Unternehmen können wie folgt aussehen: Interesse und Kauf eines Angebots: Dies ist der seltene Idealfall. Interesse, aber der Industriepartner erkennt die Notwendigkeit einer Weiterentwicklung und ist bereit, diese im Rahmen eines Entwicklungsauftrages an die Wissenschaftler zu vergeben.
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Interesse, aber der proof of principle oder ein Prototyp wird vom Industriepartner noch erwartet. Hier fehlen in der Regel Finanzierungsmöglichkeiten für die Wissenschaftler. Für diese „letzten Meter zum Markt“ kann eine Transfereinrichtung dann im Idealfall mit eigenen, mit Fördermitteln oder mit Mitteln aus einem hierfür geschaffenen Fonds weiterhelfen. Zwar finanziert die Industrie zunächst nicht mit. Immerhin wird in diesem Fall aber die Innovation oder das Patent weiter veredelt und kann ggf. zu einem höheren Preis verwertet werden. Kein Interesse an den Technologie-Angeboten: In den meisten Fällen ist dann aber trotzdem gezeigt worden, dass die Hochschule sehr konkrete Innovationen hervorbringen kann und sich ein Gespräch mit den betreffenden Wissenschaftlern wegen anderer Fragestellungen lohnen könnte. Außerdem entsteht ein qualifizierter und ggf. dauerhafter Kontakt.
In allen genannten Fällen wird über die Konkretheit des Angebots die Innovationskraft der Hochschulen dokumentiert und das Interesse der Wirtschaft wenigstens geweckt. Der Vertrieb wird professionalisiert: Der Kontakt zum Unternehmen kann beispielsweise über ein Vertriebsinformationssystem (VIS) erfasst werden. Im VIS werden qualitative Kontaktdaten (Profil, Schwerpunkte, Interessen) der Unternehmen erhoben und die Kontakthistorie dokumentiert. Das System wird genutzt, um den Unternehmen auf Wunsch regelmäßig Technologie-Angebote zur Verfügung zu stellen. Zusammenfassend: Die Professionalisierung des Technologietransfers erfordert wirtschaftsaffine Strukturen:
In den Teams einer Transferstelle müssen zahlreiche unterschiedliche Qualifikationen (sowohl technologisch als auch kaufmännisch) verfügbar sein. Die Angebote der Hochschulen an die Wirtschaft müssen möglichst konkret und möglichst marktnah sein. Die Vermarktungsstrukturen müssen professionell organisiert sein. In der Abwicklung müssen Industriestandards gelten (Vertragsgestaltung, Projektmanagement etc.).
3.3 Hemmnisse für die Professionalisierung Man kann sich nun die Frage stellen, warum Hochschulen nicht längst den Weg der Professionalisierung ihrer Transferaktivitäten beschritten haben. Hierauf
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gibt es mehrere Antworten, die in Abhängigkeit von der Hochschul-Form mal mehr, mal weniger zutreffen:
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Viele Entscheider in Hochschulen fürchten eine Kommerzialisierung, weil sie die Freiheit von Forschung und Lehre gefährdet sehen. Die primäre Aufgabe der Hochschulen ist qua Gesetz Forschung und Lehre, wobei traditionell Forschung grundlagenorientiert betrieben wird. Die Karriere von Hochschullehrern hängt gerade in Deutschland immer noch stark von der Anzahl ihrer Veröffentlichungen ab, nicht von der Intensität ihrer Industriekontakte. Hochschulverwaltungen sind in der Regel nicht dafür ausgelegt, professionelle Industriekontakte abzuwickeln. So ist beispielsweise ein Verwaltungsjurist noch in der Lage, einen Vertrag auf seine Risiken zu prüfen, einen Industrie-Vertrag im Interesse seiner Hochschule zu verhandeln wird ihm aber mangels Zeit und Sachkenntnis in den meisten Fällen nicht möglich sein. Ein anderes Beispiel sind Reaktionszeiten von HochschulVerwaltungen, die oft nicht industriekompatibel sind. Last but not least: Es fehlen Budgets zum Aufbau und zum dauerhaften Betrieb industrieaffiner Strukturen in der Hochschule. Ein Beispiel, wie man auch diese verbleibenden Hemmnisse überwinden oder zumindest abschwächen kann, wird in Kapitel 4 gezeigt: Die TransMIT Gesellschaft für Technologietransfer mbH wurde 1996 von den mittelhessischen Hochschulen gegründet, um sowohl eine Professionalisierung im Technologietransfer zu erzielen, als auch um bestehende Hemmnisse abzubauen. Technologietransfer am Beispiel der mittelhessischen TransMIT GmbH
4.1 Überblick Die TransMIT GmbH wurde nach ca. einem Jahr der Gründungsvorbereitung im Jahre 1996 gegründet. Ziel der TransMIT GmbH war und ist die Vermarktung von Innovationen aus den mittelhessischen Hochschulen. Das sind die JustusLiebig-Universität Gießen, die Philipps-Universität Marburg und die Fachhochschule Gießen-Friedberg. Unter Innovationen sind Forschungsergebnisse zu allen von den Hochschulen behandelten Themen in jedweder Form zu verstehen.
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Meist geht es hierbei um die Vermarktung von Technologien oder Wissen in Form von Kooperationsprojekten oder Beratungsaufträgen, aber in zunehmendem Maße auch in Form von Lizenzverträgen an schon erarbeiteten Forschungsergebnissen. Der Kern des Transfergeschäfts wird im Wesentlichen in zwei Geschäftsbereichen abgebildet:
den sogenannten TransMIT-Zentren und im Geschäftsbereich Patente, Innovations- und Gründerberatung.
TransMIT-Zentren ähneln in ihrer Struktur den Steinbeis-Zentren. Sie sind juristische und steuerliche Abteilungen der TransMIT GmbH. Die fachliche Leitung dieser Abteilungen obliegt ca. 80 jeweils den Zentren zugeordneten Hochschulprofessoren. In den TransMIT-Zentren werden Technologietransfer-Projekte operativ umgesetzt. Insgesamt arbeitet die TransMIT GmbH im Jahresmittel mit ca. 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Zentren und zusätzlich ca. 80 Professorinnen und Professoren, das heißt also mit rund 180 Personen im operativen Technologietransfer. Der Geschäftsbereich Patente, Innovations- und Gründerberatung begleitet die TransMIT-Zentren in ihrer Geschäftsentwicklung. Er berät zu den möglichen Geschäftsmodellen und hilft bei der Entwicklung und Definition marktfähiger Produkte. Für die Hochschulen übernimmt er direkt die Vermarktung von Forschungsergebnissen, die im Idealfall schon nahe am Markt sind. Dabei werden überwiegend die Regionen Deutschland, Europa und Nordamerika abgedeckt. 4.2 Gesellschafter, Partner, Netzwerke Bei Gründung der TransMIT GmbH wurde neben Hochschulen und Banken auch die IHK Giessen-Friedberg als Gesellschafter gewonnen. Von ihrer Beteiligung versprechen sich die Gesellschafter positive wirtschaftliche Effekte für die Region Mittelhessen. Wegen des in der Satzung verankerten wirtschaftsfördernden Charakters der TransMIT GmbH finden keine Ausschüttungen statt. Die Gesellschafter profitieren nur indirekt bei einer positiven Entwicklung der Wirtschafts- und Technologieregion Mittelhessen. Der seriöse und neutrale Gesellschafterhintergrund der TransMIT GmbH und der Geschäftszweck, der keine Ausschüttung an die Gesellschafter vorsieht, ist dafür von großem Nutzen.
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Industriepartner nehmen die TransMIT GmbH als seriösen, unternehmerisch handelnden Partner wahr, der keine persönlichen Interessen verfolgt. Äußerst wichtig für die erfolgreiche Arbeit der TransMIT GmbH ist die enge Einbindung in ein Netzwerk mit den regionalen Partnern: Kammern, Städte, Landkreise, dem Land Hessen, sowie regionalen Banken und Unternehmen. Abstrakt formuliert bildet die TransMIT GmbH die Schnittstelle zwischen den drei Gesellschafterhochschulen und der Wirtschaft für den Bereich des kommerziellen Technologietransfers. Effekte sind Kooperationen zwischen Hochschulvertretern und Wirtschaft, die in neue Produkte oder die Weiterentwicklung bestehender Produkte münden. Durch die Arbeit der TransMIT GmbH werden auch Neuansiedlungen im Umfeld der Hochschulen, sowie die Ausgründung von Unternehmen aus den Hochschulen stimuliert. 4.3 Geschäftsbereiche und Zentrale Die TransMIT GmbH wurde ursprünglich zum Zweck der Förderung des Technologietransfers mit vier Geschäftsbereichen gegründet. Durch die zahlreichen Aufträge, welche über die TransMIT GmbH seit 1996 abgewickelt wurden, haben sich vielfältige Kontakte zu großen Unternehmen und Einrichtungen in Deutschland ergeben. Für viele deutsche (und mittlerweile häufig internationale) Großunternehmen war die TransMIT GmbH schon als Auftragnehmer tätig. Zu den Kunden gehören aber auch viele kleine und mittelständische Unternehmen aus Deutschland und Europa. Die größte wirtschaftliche Bedeutung haben heute die Bereiche TransMITZentren und Patente, Innovations- und Gründerberatung. Auf beide Bereiche wird in den nachfolgenden Abschnitten näher eingegangen. Der Vollständigkeit halber seien auch die beiden übrigen Geschäftsbereiche erwähnt: Der Bereich Kommunikationsdienste und -netze, heute vergleichbar mit einem Systemhaus für IT-Dienstleistungen im Netzwerk-Sektor, war der erste wirtschaftlich erfolgreiche Bereich und ging aus einem Projekt der mittelhessischen Hochschulen mit dem Wirtschaftsministerium des Landes Hessen hervor: Anfang der 90er Jahre wurden ca. 500 mittelhessische Unternehmen erstmals mit dem Internet in Berührung gebracht. Auch die TransMIT-Akademie gewinnt an Bedeutung. Hochschulangehörige bieten über die Akademie in Weiterbildungsveranstaltungen ihr Know-How an. Wegen der Vielzahl der Angebote am Markt bewegt sich die Akademie allerdings in einem schwierigen Wettbewerbsumfeld.
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Die TransMIT-Zentrale mit mittlerweile ca. 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist in Gießen auf einem ehemaligen Kasernengelände angesiedelt worden. Das heutige Europaviertel ist mittlerweile in dem Sinne erfolgreich „konvertiert“, dass alle ehemaligen Kasernengebäude vorwiegend mit jungen Unternehmen innovativer Branchen belegt sind. Insgesamt arbeiten mittlerweile gut 500 Menschen in der ehemaligen Steubenkaserne, in der auch die TransMIT GmbH angesiedelt ist. Wegen der guten Erreichbarkeit des Frankfurter Flughafens ist die Lage innerhalb Mittelhessens ideal für internationale Wirtschaftskontakte. Die TransMIT-Zentrale stellt Services für die Geschäftsbereiche zur Verfügung. Dies beginnt bei einer professionellen Geschäftsausstattung, geht über das Inkasso und endet im Projektmanagement incl. der Beratung und Betreuung bei juristischen Fragestellungen und Vertragsverhandlungen. 4.4 Die TransMIT-Zentren 4.4.1 Das Modell der TransMIT-Zentren Das Modell der TransMIT-Zentren sieht vor, dass neue Forschungsergebnisse, welche wirtschaftlich relevant sind, aber auch einen innovativen Charakter aufweisen, über diese Zentren der Wirtschaft angeboten werden. Bei der Abwicklung der sich hieraus ergebenden Projekte, aber auch schon in der Akquise, werden die Mitarbeiter in den TransMIT-Zentren durch Dienstleistungen der TransMIT-Zentrale intensiv unterstützt. Insgesamt wird durch den Mantel einer GmbH eine Flexibilisierung für alle Technologietransfer-Bemühungen erreicht. Für die Hochschul-Professoren, die die TransMIT-Zentren fachlich leiten, steht der Zugewinn an Flexibilität im Rahmen einer GmbH-Struktur im Vordergrund. Dadurch lassen sich kommerzielle Aktivitäten einfacher abbilden als dies im Rahmen der Hochschulhaushalte möglich wäre. Mit der Gründung eines TransMIT-Zentrums haben die Professoren die Möglichkeit entweder a. b.
dauerhaft einen Mantel für kommerzielle Transfer-Aktivitäten zu erhalten oder die Vorstufe einer Existenzgründung zu schaffen.
Die „sanfte Gründung“ aus der Hochschule ist somit ohne die Gründung eines Unternehmens möglich. Die Wissenschaftler können sich auf ihr Kerngeschäft,
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das heißt die Erarbeitung oder Verbesserung von Forschungsergebnissen, konzentrieren und müssen keine finanziellen oder formalen Hürden nehmen. Da sich die TransMIT GmbH aus eigener Kraft wirtschaftlich tragen muss, steht das unternehmerische Handeln als Leitlinie im Vordergrund der TransferAktivitäten. Dies unterscheidet die TransMIT von vielen anderen Transfereinrichtungen und ist eine wesentliche Triebfeder für das stark marktorientierte Vorgehen. Die TransMIT-Zentren und damit die entsprechenden Arbeitsgruppen innerhalb der TransMIT GmbH generieren Umsätze, die sie als flexibles Geld ohne Förderbestimmungen, aber im Rahmen des weit gezogenen Gesellschaftszwecks, das heißt für Forschung und Lehre, verwenden können. Für die Professoren stehen dabei Investitionen in Geräte und die Einstellung von Personal im Vordergrund. Abbildung 1:
Das Modell der TransMIT-Zentren
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4.4.2 Zusammenarbeit zwischen TransMIT-Zentren und TransMIT-Zentrale Von der TransMIT-Zentrale erhalten die TransMIT-Zentren und deren Leiter eine ganze Palette von Leistungen, z. B. eine Unterstützung bei Verhandlungen bis hin zur kompletten Betreuung und Durchführung der Vertragsgestaltung, eine Rechtsberatung zur Projektabwicklung mit Industrie-Partnern, sowie den Schutz der Forschungsergebnisse samt deren Vermarktung in Form der Suche nach Verwertungspartnern (Kooperationspartner oder Lizenznehmer). Ebenso klärt die TransMIT-Zentrale, ob Versicherungen benötigt werden und schließt diese ggf. ab. Ein umfassendes Controlling der TransMIT bildet eine gute Basis für die transparente betriebswirtschaftliche Betreuung der einzelnen Zentren incl. der Beratung in steuerlichen Fragestellungen. Für die Außendarstellung wird Wert auf eine seriöse Pressearbeit und ein professionelles, einheitliches Corporate Design gelegt. 4.4.3 Gründung von TransMIT-Zentren Zur Gründung eines TransMIT-Zentrums sind nur wenige Schritte notwendig. Unerlässlich ist die Erstellung eines belastbaren und wirtschaftlich tragfähigen Konzeptes. Dieses wird im Beirat (vier gewählte Vertreter der Gesellschafter) und bei dessen positiver Empfehlung auch in der Gesellschafterversammlung vorgestellt. Dadurch ist eine Selektion und Profilbildung der Gesellschaft möglich. Zur Gründung eines Zentrums sind lediglich zwei Verträge oder Genehmigungen notwendig (Vertrag zur Leitung eines Zentrums zwischen Hochschullehrer und TransMIT, Nebentätigkeitsgenehmigung für den Hochschullehrer erteilt durch die Hochschule). Falls auch Personal in einem TransMIT-Zentrum eingestellt werden soll, so werden zwei weitere Verträge (Arbeitsvertrag zwischen TransMIT und Personal, Gestattungsvertrag zwischen TransMIT und Hochschule, siehe unten) abgeschlossen. Das Maximum liegt also bei vier (Standard-) Verträgen, die zwischen den Parteien TransMIT GmbH, Leiter eines Zentrums, Hochschule und Mitarbeiter geschlossen werden müssen. 4.4.4 Rahmenbedingungen für die Projektabwicklung Die Rahmenbedingungen für TransMIT-Zentren sind relativ einfach. Eine Vergütung für die Dienstleistungen der TransMIT-Zentrale ist lediglich dann notwendig, wenn tatsächlich Umsatz in einem TransMIT-Zentrum generiert wird.
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Die sogenannte Verwaltungspauschale beträgt 12 % der Umsätze in den Zentren. Um Steuerzahlungen nach Feststellung des Jahresabschlusses verursachungsgerecht zu verteilen, wird von den Umsätzen eines jeden Zentrums noch eine Rückstellung in Höhe von 2 % einbehalten, um im Falle eines Gewinns der GmbH die dann entstehenden Steuern abführen zu können. Daneben werden die Umsätze – so Infrastruktur der Hochschulen genutzt wurde – noch mit einer Abgeltungspauschale belastet. Diese lehnt sich in der Bemessung an die Richtlinien des Landes zur Erhebung von Nutzungsentgelten bei der Nebentätigkeit von Professoren an. Falls Mitarbeiter in den TransMIT-Zentren (das heißt juristisch in der TransMIT GmbH) eingestellt werden, so ist noch ein Gestattungsvertrag zwischen TransMIT und Hochschule notwendig, welcher den Mitarbeitern das Arbeiten in den Räumlichkeiten der Hochschulen und die Nutzung der Infrastruktur gestattet. Die Personalverträge mit den Mitarbeitern in den Zentren (Angestellte der GmbH) werden von den Leitern der Zentren individuell verhandelt. Durch diese flexiblen Rahmenbedingungen ergibt sich ein wesentliches Alleinstellungsmerkmal der TransMIT-Zentren: Das operative Geschäft kann schnell starten und ermöglicht sehr flexibles unternehmerisches Handeln ohne Gründung eines eigenen Unternehmens. 4.4.5 Die TransMIT GmbH als Inkubator Die TransMIT GmbH ist im Bereich der TransMIT-Zentren auch als Inkubator zu verstehen, der den Mitarbeitern oder Leitern freistellt, ob eine Ausgründung insgesamt oder nur in Teilen erfolgt. Auch ein regelmäßiger Dauerbetrieb der Zentren unter dem Dach der TransMIT ist gängige Praxis. Im Schnitt kann pro Jahr mit einer technologieorientierten Ausgründung gerechnet werden, wobei in vielen Fällen das entsprechende TransMIT-Zentrum unter gleicher Leitung erhalten bleibt. Keines der bisher ausgegründeten Unternehmen ist bis zum heutigen Datum insolvent geworden. 4.5 TransMIT-Geschäftsbereich Patente, Innovations- und Gründerberatung 4.5.1 TransMIT als Patentverwertungsagentur Der Geschäftsbereich „Patente, Innovations- und Gründerberatung“ der TransMIT GmbH arbeitet mit seinen sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch
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als sogenannte Patent-Verwertungs- oder treffender Patent-VermarktungsAgentur (PVA). Die TransMIT GmbH gehört damit zu den im Rahmen der BMBF-Verwertungsoffensive bundesweit und flächendeckend geschaffenen PVAen. Anlass für die BMBF-Verwertungsoffensive war der Wegfall des sogenannten Hochschullehrererfinderprivilegs. Nach neuer Regelung des ArbErfG müssen patentierbare Arbeitsergebnisse auch von Professoren den jeweiligen Dienstherren (Hochschulen) angeboten werden. Als Kompensation zu der somit nicht mehr durch die Professoren privat erfolgende Patent-Verwertung hat das BMBF das seit Ende 2001 laufende Projekt „Verwertungsoffensive“ zumindest anteilig finanziert. Im Rahmen dieses Projektes wurden PVAen als externe Dienstleister der Hochschulen gegründet und mit der Patent-Be- und -Verwertung beauftragt. Im Rahmen dieser Tätigkeit betreut die TransMIT GmbH als PVA mittlerweile nicht nur die drei mittelhessischen Gesellschafterhochschulen, sondern auch die Fachhochschulen Wiesbaden und Frankfurt in Südhessen. 4.5.2 Der Verwertungsprozess Der Ablauf eines Verwertungsprozesses lässt sich grob in zwei Teilschritte untergliedern. Im ersten Teilschritt wird nach Eingang einer vorläufigen Erfindungsmeldung (entweder direkt vom Erfinder oder von dem betreffenden Arbeitgeber) eine Beratung des Erfinders zur Erstellung einer ordnungsgemäßen Erfindungsmeldung durchgeführt. Dabei wird auch schon der mögliche Gegenstand der Erfindung besprochen oder erfragt. Anschließend folgt eine kurze Marktbewertung und eine Patentrecherche zur Klärung der „Marktrelevanz“ und des möglichen Schutzes der betreffenden Erfindung (meist ein Forschungsergebnis). Zum Abschluss des ersten Teilschritts wird dann – basierend auf den Ergebnissen der Recherche – eine Empfehlung an den Arbeitgeber, in der Regel die Hochschule, abgegeben. Dabei werden ca. 50-70 % der Erfindungsmeldungen negativ oder zumindest so bewertet, dass den Erfindern angeraten wird, weitere Forschung zu betreiben, um dann in einer neuen Erfindungsmeldung einen besser „vermarktbaren“ Gegenstand zu melden. Im positiven Falle, das heißt bei Inanspruchnahme der Rechte an der Erfindung, erfolgt durch den Arbeitgeber (die Hochschule) eine Beauftragung der TransMIT zur weiteren Betreuung im patentrechtlichen Sinne und zur Vermarktung des Forschungsergebnisses (in Form einer dann vorliegenden Patentanmeldung).
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Zur Vermarktung werden Technologie-Exposés erstellt, passende Unternehmen recherchiert und kontaktiert. Im Vordergrund der Exposés stehen dabei immer ein Produkt oder zumindest eine Produktidee. Bei erfolgreicher Vermarktung (etwa durch Verkauf oder Lizenzierung der Rechte an dem Forschungsergebnis) betreut die PVA anschließend häufig, je nach Auftrag der Hochschule, auch die finanzielle Abwicklung der Mittelflüsse incl. der Arbeitnehmererfindervergütung. 4.5.3 Verwertungsergebnisse In den letzten Jahren haben sich im Mittel etwa folgende Verwertungsergebnisse erzielen lassen: Aus den drei mittelhessischen Hochschulen gehen pro Jahr ca. 150 Erfindungsmeldungen ein. In einem Drittel der Fälle, also in ca. 50 Fällen wird eine Patentierung empfohlen und durchgeführt. In ca. 15 Fällen findet dann tatsächlich eine Verwertung (Verkauf oder Lizenzierung von Schutzrechten) statt. Bei einer im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung durchgeführten Evaluierung der 21 bundesdeutschen Patent- und Verwertungsagenturen hat die TransMIT GmbH den ersten Platz belegt. Die von der Kienbaum Management Consultants GmbH durchgeführte Studie klassifizierte im Jahr 2006 nach den Kategorien Akquisition und Patentierung, Verwertung sowie Kundenzufriedenheit. Die von der TransMIT verfolgte Strategie, sich nicht mehr als nötig auf Akquisition und Patentierung zu fokussieren (dies ist notwendig, um eine kritische Masse an patentierbaren Forschungsergebnissen zu erhalten), sondern besondere Expertise im Verwertungsgeschäft aufzubauen, findet im Rankingergebnis seine Bestätigung. Im Bereich Verwertung erzielte die TransMIT in nahezu allen Bewertungskriterien beste Ergebnisse und liegt damit deutlich vor den anderen Patent- und Verwertungsagenturen Deutschlands. Die Kundenresonanz ergab, dass die Erfinder vor allem die sehr gute Zusammenarbeit sowie die Effizienz und Seriosität der TransMIT schätzen. Auf Unternehmensseite wird insbesondere die juristische Arbeit sowie die fundierte Erfahrung und routinierte Verhandlungsführung gewürdigt. 4.6 Synergien Eine wesentliche Stärke der TransMIT liegt in der Tatsache, dass sie sich nicht alleine im Bereich der Patentvermarktung bewegt. Vielmehr ist sie über ihre
Die TransMIT Gesellschaft für Technologietransfer mbH
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TransMIT-Zentren sehr stark im operativen Geschäft des Technologietransfers aktiv und steht in einem unmittelbaren Kontakt zu zahlreichen Unternehmen. Der Kunde auf Unternehmensseite erwartet in der Regel nicht nur ein Patent, sondern auch das Know-How, das sich um dieses Patent rankt. Dies kann über die TransMIT (z. B. über ein TransMIT-Zentrum) oder die Hochschule (industriefinanzierte Drittmittel) zur Verfügung gestellt werden. Der in vielen Fällen notwendige nachfolgende Entwicklungsprozess kann von der TransMIT betreut werden. Für den Kunden ist die TransMIT GmbH somit eine One Stop Agency für Hochschul-Know-How. 4.7 Fazit Über die TransMIT-Zentren und die erfolgreiche Arbeit der TransMIT als Patentverwertungsagentur sind nachhaltige Kompetenzschwerpunkte mit Branchen-Know-how entstanden, die den Technologiestandort Mittelhessen prägen. Von diesem indirekten „Technologiemarketing“ profitiert der Ruf der mittelhessischen Hochschullandschaft und der Standort Mittelhessen. Die mittelhessischen Hochschulen und die Region Mittelhessen haben mit der TransMIT GmbH ein Alleinstellungsmerkmal im bundesweiten Wettbewerb der Hochschulen und der Regionen.
Eine Universität erneuert sich grundlegend: Leuphana Universität Lüneburg Holm Keller, Felix C. Seyfarth
Die Universität in Lüneburg hat innerhalb von 14 Monaten eine grundlegende Reform diskutiert, beschlossen und ihre Umsetzung in Angriff genommen. Ihre Neuausrichtung orientiert die Universität an den Leitideen von Humanismus, Nachhaltigkeit und Handlungsorientierung. Sie ergänzt die klassischen universitären Binnenstrukturen mit klaren Schnittstellen für die Adressaten von universitären Leistungen in Gesellschaft und Praxis. Sie hat ein bundesweit innovatives Studienmodell, das Leuphana College, innerhalb von nur 16 Monaten an den Start gebracht. Ein wesentlicher Bestandteil für den Erfolg dieses Prozesses war und ist die gemeinsame Anstrengung einer Vielzahl interner und externer Beteiligter. Im Folgenden werden Strategien und Maßnahmen des Hochschulmarketings – und damit eines Teilprozesses der Reform in Lüneburg – vorgestellt. Das Papier skizziert einzelne Meilensteine der Lüneburger Neuausrichtung, aus denen sich Kriterien für die Kommunikation öffentlicher Hochschulen in Reformprozessen ableiten lassen. 1
Zum Begriff des Hochschulmarketings
Obwohl sich von Greenpeace bis zur Caritas längst eine Vielzahl verschiedener Akteure außerhalb der Wirtschaft aktiver Marketing- und Werbestrategien bedient haben, ist der Begriff des Hochschulmarketing durch seinen Bezug auf den „Markt“ in Deutschland immer noch schnell Angriffspunkt für Kritik aus zwei Richtungen. Eine Universität darf, so eine der Auffassungen, mit dem Markt nichts zu tun haben; sie mache sich unseriös, ja verdächtig, wenn sie Angebot und Nachfrage zu Einflussfaktoren ihres Handelns mache. Dieser Strang der Kritik vermutet eine schrittweise Ökonomisierung neoliberaler Prägung – oder etwas schlichter: den Ausverkauf – hinter dem Begriff des Hochschulmarketing und möchte Hochschulkommunikation auf im staatlichen Kontext etablierte Formen von Pressearbeit reduziert wissen. Obwohl die Begriffe des Sozialmarketings und Non-Profit-Marketings bereits etabliert sind, lehnt diese Argumen-
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Holm Keller, Felix C. Seyfarth
tation den Gedanken jeglichen universitären Agierens am Markt also grundsätzlich ab. Ein zweiter Ansatzpunkt der Kritik behauptet, es handele sich bei Hochschulmarketing um eine Kommunikationsform sui generis, die jenseits der normalen Regeln stehe; angesichts einer zunehmend kompetitiven Bildungslandschaft müssten Universitäten zwar gezielt kommunizieren – die gemeinnützigen öffentlichen Einrichtungen gebotene Seriosität und Rücksicht auf besondere interne Beschaffenheiten (Heterogenität, Autonomie einzelner Einheiten) seien jedoch mit Instrumenten wie Corporate Identity, Public Relations und Relationship Management nicht zu verbinden. Damit wird, zehn Jahre nach dem ersten Grundsatzpapier der Hochschulrektorenkonferenz zum Hochschulmarketing, für öffentliche Bildungseinrichtungen ein angeblich nicht den üblichen Gesetzmäßigkeiten unterliegender „Reputationsmarkt“ postuliert, der gewöhnlichen, das heißt im weitesten Sinne privatwirtschaftlichen, Instrumenten verschlossen bleibt. Diese Kritiken sind in sozio-kulturellen Erfahrungen oder historischen Entwicklungen begründet, die an anderer Stelle ausführlich beleuchtet worden sind. Sie tragen jedoch ein verkürztes Bild dessen, was Marketing will, im Hinterkopf: Modernes Marketingverständnis zielt jedenfalls nicht auf Umsatz- oder Gewinnmaximierung, sondern allgemein auf die Kommunikation zur Förderung von Austauschbeziehungen zwischen Individuen oder Organisationen zum gegenseitigen Nutzen (American Marketing Association, 2004). Im Folgenden wird Marketing an Hochschulen dementsprechend umfassend definiert als ein Prozess aus (1) umfassender Bedarfsanalyse bei Zielgruppen, (2) strategischer Ausrichtung der Angebotspalette an identifizierten Bedürfnissen, (3) Aufmerksamkeitsgewinnung für die Alleinstellungsmerkmale, und (4) der Entscheidung für eine Austauschbeziehung zum Erreichen beiderseitiger Ziele. Diese allgemeine Prozessdefinition für öffentliche Hochschulen ist strukturell identisch mit der Prozessdefinition für andere Organisationen. Aus dieser Definition folgt wesentlich erstens, dass die Instrumente und Mechanismen des Marketings von Unternehmen, anderen Produkten und Dienstleistungen auch für das Hochschulmarketing geprüft werden können und prinzipiell zur Verfügung stehen. Zweitens fällt eine Vielzahl der in Pressestelle, Studienberatung, Außen-/Auslandsamt, Dekanaten und Hochschulleitung angesiedelten Aufgaben unter diese Definition von Hochschulmarketing – häufig ohne, dass sie inhaltlich oder organisatorisch eindeutig trennbar wären. Da diese funktional bereits vorhandenen Prozesskomponenten des Marketings unkontrovers sein dürften, sind Koordination, Strukturierung und Steuerung dieser Teilprozesse deshalb als wichtige Aufgaben des zentralen Hochschulmarketings anzusehen. Es empfiehlt sich dazu ein breit abgestimmtes Vorgehen, das sich
Eine Universität erneuert sich grundlegend: Leuphana Universität Lüneburg 79 auf das Erreichen realistischer Ziele konzentriert, anstatt grundsätzliche Legitimationsfragen und Zuständigkeitsbereiche rechtfertigen zu wollen. 2
Komplexe Angebote, verständliche Formen
Die Marketingperspektive auf die deutsche Bildungssituation nach Pisa und Bologna lässt sich knapp zusammenfassen: Hier ist ein echter Schildbürgerstreich passiert. Mit der PISA-Studie war die Mär von der Überlegenheit des deutschen Schulwesens als kurzsichtig diagnostiziert – allerdings ohne dass es zu massiven Leistungssteigerungen gekommen wäre. Der sogenannte BolognaProzess hat die im Hochschulwesen bereits bekannten Missstände an manchen Stellen auf eine so gründliche Weise verschlimmbessert, dass sich das ganze Ausmaß des inzwischen vielfach absehbaren Schadens wohl erst in einigen Jahren zeigen wird. Ursprünglich sollte die Reform zwei Ziele erreichen: Für Studierende und wissenschaftlichen Nachwuchs sollte ein einheitlicher, transparenter und durchlässiger europäischer Bildungsraum geschaffen werden, der einen nahtlosen Ortswechsel zwischen Madrid und Oslo erlaubt. Zweitens sollten in Deutschland als überlang wahrgenommene Studienzeiten, hohes Absolventenalter und hohe Abbrecherzahlen nachhaltig reduziert werden. Nicht zuletzt galt es, die ursprünglich auf kleine Zahlen und eine homogene, kleine Gruppe Studierender ausgelegten Diplom- und Magisterstudiengänge durch einen straffer strukturierten ersten Abschluss, den Bachelor, zu reformieren. Das Ergebnis kann knapp zehn Jahre nach Bologna noch nicht befriedigen: Weil der Bachelor in Deutschland bisher weder von Personalchefs auf dem Arbeitsmarkt noch von den universitären Akteuren als vollwertiger wissenschaftlicher Abschluss verstanden wird, studieren heute mehr junge Leute länger als vor der Reform – in aller Regel bei gleicher Finanz- und Personalausstattung der Hochschulen. Parallel dazu ermutigt die Exzellenzinitiative des Bundes eine Fokussierung auf Forschungsstrategien bei sträflicher Vernachlässigung der Qualität in der Lehre. Das Lehrangebot fragmentiert in den mittlerweile mehr als 4.000 deutschen Bachelorprogrammen zusehends in verschulte Mikrofächer, befördert den Schnellkonsum lexikalischen Wissens und bietet wenig Forschungserfahrung im Studium. Die starre Struktur macht selbstgesteuertes Lernen systematisch unmöglich; Wissenserwerb wird im Sinne einer kurzfristigen Arbeitsmarktorientierung instrumentalisiert. Für kleine und mittlere Universitäten in Deutschland bedeutet dies eine ernste Krise, denn ein Scheitern des zweiten Teils der Bologna-Reform – die Einführung der neuen Studienabschlüsse – macht den ersten Teil – die
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Konkurrenzfähigkeit europäischer Hochschulen im Bezug auf Studiengänge oder Nachwuchsförderungen – zu einer unmittelbaren Bedrohung. Für motivierte, begabte, ambitionierte junge Menschen ist die Entscheidung für ein Studium oder eine wissenschaftliche Karriere in England, der Schweiz oder Holland die äußerst naheliegende Alternative zu der Ochsentour durch deutsche Hörsäle. In der festen Überzeugung, dass der öffentliche Bildungsauftrag auch in Deutschland mit hoher Qualität umsetzbar sein muss, hat die Leuphana Universität Lüneburg einen dreistufigen Neuausrichtungsprozess in Angriff genommen. In der Ausgangssituation war die Universität Lüneburg eine mittlere norddeutsche Universität, die durch strukturelle Unterfinanzierung viele Probleme einer Massenuniversität bewältigen musste. Mit einigen wenigen herausragenden Leuchttürmen war das Gros der Angebote von lokaler, aber nicht überregionaler Attraktivität. Erster Schritt des Reformprozesses war deshalb die langfristige Orientierung der Institution an drei inhaltlichen Leitlinien für ein eindeutiges Profil: Humanismus, Nachhaltigkeit, Handlungsorientierung. In einem zweiten Schritt wurde ein neues Universitätsmodell entwickelt. Alle Fächer und Fakultäten wurden durch eine klare Binnenstruktur in dieses neue Modell integriert. Dem Grundprinzip des „Lebenslangen Lernens“ verschrieben, macht das neue Lüneburger Universitätsmodell Angebote für alle Phasen einer Bildungsbiographie vom Abitur über Bachelor, Master und Doktor bis hin zur Fortbildung im Beruf. Darüber hinaus werden verschiedene Schnittstellen gesellschaftlicher Interaktion direkt adressiert. Dieses Modell wurde auf der Basis vielfältiger Reformerfahrungen in der Universität, verschiedener Ideale der Mitglieder der Universität und Kenntnissen ausländischer Hochschulen entwickelt. In der Konzeptionsphase wurde zudem eine Vielzahl von Gesprächen mit externen Wissenschaftlerinnen, aber auch Personalentscheiderinnen und -entscheidern in Unternehmen verschiedener Größe und Ausrichtung geführt. Den Kern der Universität bilden wenige Forschungszentren mit thematischen Schwerpunkten. Flankiert werden sie von drei „Schools“, die mit verschiedenen Lebensphasen korrespondieren: Das Leuphana College bietet ein einheitliches Studienmodell für alle Studienfächer (Major), ein gemeinsames erstes Semester und ein Fachinhalte ergänzendes und kontrastierendes Komplementärstudium. Die Graduate School bietet Programme für Graduierten/PostgraduiertenStudiengänge mit akademischem Schwerpunkt, einen an der Praxis orientierten Management-Studiengang und ein entsprechendes Angebot für die Lehrerbildung. Eine Professional School schließlich bildet die Schnittstelle für Weiterbildungsangebote und Transferprojekte, Ansiedlungs- und Gründungsvorhaben in der Region – kurz gesagt: eine Schnittstelle für die Kooperation mit öffentlichen und privaten Institutionen.
Eine Universität erneuert sich grundlegend: Leuphana Universität Lüneburg 81 Dieses Modell, seine Umsetzung und Ausgestaltung haben viele Universitätsmitglieder in einem intensiven partizipatorischen Prozess mit mehr als 100 Arbeitsgruppen- und Gremiensitzungen entwickelt. Bei der Einführung des Bachelor-Studiengangs war und ist es das gemeinsame Ziel, einen ernstzunehmenden ersten akademischen Abschluss zu schaffen, der zu lebenslangem Lernen befähigt, wissenschaftliches Arbeiten und methodische Sorgfalt vermittelt, exemplarisch fachliche Vertiefungen zulässt und durch anspruchsvolle Perspektivenwechsel Freiräume des Denkens schafft. Dabei soll Studierenden der Eintritt in die Wissenschaftsgemeinschaft als vollwertige Mitglieder der Universität ermöglicht werden. Sie sollen dadurch ihre Persönlichkeit frei entfalten können und Produzenten, nicht Konsumenten ihrer Studieninhalte sein. Mit anderen Worten: Für eine gesteigerte Attraktivität der Universität war es vor allem entscheidend, eine große, gemeinsame inhaltliche Grundlage zu finden, die für Studienanfänger, Studierende, wissenschaftlichen Nachwuchs, Verwaltung, Mittelbau und Professorinnen die vielen Einzelleistungen verbinden könnte und die für die externen Stakeholder in Stadt und Region, Wirtschaft und Politik ein schnelles Verständnis komplexer Reformprozesse ermöglichen würde. Die Lüneburger Reform setzt in der grundständigen Lehre an, um so einen wichtigen Beitrag zur Vollendung des Bologna-Prozesses zu leisten. An dieser Stelle, darauf sei für ein besseres Verständnis hingewiesen, steht also die „Marktorientierung“ im Hintergrund, die dem Hochschulmarketing seinen Namen gibt: Die strategische Ausrichtung der Universität orientiert ihre Angebote an Defiziten in der Bildungslandschaft und qualitativen inhaltlichen Anforderungen – statt an vermeintlichen Bedarfen lokaler Unternehmer oder dem status quo hochschulinnerer Gegebenheiten. 3
Fachexperten und Fachabteilungen arbeiten zusammen
Sobald der Kern der Reform und die langfristige Zielvorstellung klar geworden sind, können die ersten Schritte einer Kommunikation beginnen. Da mit neuem Wein in alten Schläuchen den inhaltlichen Anliegen nicht gedient ist und sich mit der Fortsetzung etablierter Kommunikationsstrategien nicht die der Reform entsprechende Glaubwürdigkeit erzielen lässt, muss die Veränderung im Außenauftritt mindestens ebenso tiefgreifend und umfassend sein wie die Veränderung im Inneren. Je deutlicher die Botschaft einer klaren Vision, einer idealen Universität, wirklich intensiver Reformarbeit und der Bereitschaft zum Verzicht auf eingeübte Traditionen nach außen getragen wird, desto glaubwürdiger ist der Anspruch auf Besonderheit. Notwendig geworden war deshalb ein grundsätzlich
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neuer Außenauftritt, der in Wertigkeit und Anspruch den Geist der Reform auch für universitätsferne Adressaten sofort erkennbar macht. Mit universitätseigenen Ressourcen ist eine solche Aufgabe, die ebenso Kriterien langlebiger funktionaler Ästhetik und flexibler Detailumsetzung genügen muss, nicht zu erbringen. Die Universität muss sich eingestehen, dass sie entgegen landläufiger Auffassung nicht alles selber kann, sondern dass ein solches Projekt im vorgesehenen Zeitrahmen jenseits ihrer Kernkompetenzen und Leistungsfähigkeit liegt und von erfahrenen Experten übernommen werden muss. Bei der Suche nach einem professionellen Partner konnte die Hochschulleitung die Agentur Scholz & Friends in Hamburg gewinnen, die sich aus Begeisterung über das Reformprojekt im Rahmen einer pro-bono-Zusammenarbeit engagiert hat. Während Grundzüge des Außenauftritts verhältnismäßig schnell beschlossen worden waren, stellte die Aufgabe, innerhalb von zehn Monaten Interessenten und geeignete Bewerber für ein bis dato völlig unbekanntes Studienmodell zu gewinnen, die Universität vor eine sportliche Herausforderung. Die beste Idee nützt nichts ohne Bewerber, die auf ihre Qualitäten vertrauen und Teil einer innovativen Hochschulerfahrung werden wollen. Basierend auf den Unterlagen des Reformprozesses und den Briefings der Hochschulleitung kristallisierte sich eine zentrale Aussage heraus, der die Kerngedanken der Idee in eine für die Adressaten verständliche Sprache übersetzt. Diese Aussage mit Blick auf Studieninteressenten verzichtet auf das Vokabular von methodischer Rigorosität und akademischen Basiskompetenzen. In der Sprache der Zielgruppe sollen vielmehr verunsicherte junge Menschen dazu eingeladen werden zu prüfen, die Lebensphase Studium in einer Gemeinschaft von motivierten, vielseitig engagierten, sozial verantwortungsvollen Kommilitonen zu verbringen. Dafür müssen Erwartungen formuliert werden. Zentrale Aussage wurde: „Der neue Universitätsstandard für eine neue Generation: Anspruchsvoll, offen, vernetzt, lebendig, zukunftsfähig.“ Diese Aussage ist kein Motto oder Slogan; vielmehr ist er die grundlegende Botschaft für die Arbeit des Hochschulmarketings, die alle weiteren kommunikativen Aktivitäten leitet und bestimmt. Mit dem neuen Namen „Leuphana“ erinnert die junge Universität an eine wissenschaftliche Urtugend: das Wissen um die Begrenztheit der Erkenntnis. Im „Verzeichnis lateinischer Ortsnamen“ von J. W. Graesse wird die auf dem ptolemäischen Weltatlas aus dem zweiten Jahrhundert verzeichnete norddeutsche Siedlung Leuphana mit dem modernen Lüneburg identifiziert. Ptolemäus stellte das geographische Wissen seiner Zeit mit ca. 6.000 Ortsnamen erstmals in Kartenprojektion zusammen. Nur in Abschriften überliefert, galt das Werk im Mittelalter als Standard – Ptolemäus‘ Definition der Breitengrade gilt bis heute. Graesses Zuordnung im 19. Jahrhundert ist zweifelhaft – Lüneburg wird erst
Eine Universität erneuert sich grundlegend: Leuphana Universität Lüneburg 83 700 Jahre nach Ptolemäus urkundlich erwähnt – und bleibt damit weiterhin Gegenstand wissenschaftlicher Forschung. Aus der Liste möglicher Kandidaten stach der Name unter anderem aus diesem Grund heraus: Statt eines Kunstworts oder eines vielleicht prominenten, aber beliebig wirkenden Namenspatrons bot sich hier eine Bezeichnung als Name an, dem zu ergründende regionale, historische Bezüge zugeschrieben werden, der aber vor allem wegen seiner Seltenheit weder politisch noch touristisch besetzt und somit völlig unverbraucht war. Ein Name, der erst noch zu einer Marke werden kann, sobald er mit assoziativen Bedeutungen aufgeladen wird. Banale, aber in der digitalisierten Welt wichtige Aspekte zeigte eine erste Google Recherche: Eine Suche nach dem Namen ergab mehrere Verweise auf philologische Dokumente mit dem Hinweis auf Lueneburgensis/Leuphana – und sonst nichts. Weiter wurden ein Logo und eine Bildmarke geschaffen: Der Farbton greift den auf dem zentralen Campus vorherrschenden Rotton der Ziegel auf; die Schrifttype ist seriös, aber nicht altmodisch, modern, aber nicht trendy. Die korrespondierende Farbwelt orientiert sich an den gebrochenen Farben von Kristallen, ein Bezug zu den Salzminen unter der Lüneburger Heide. Die Bildmarke, ein Netzwürfel, erinnert den Betrachter an die trügerischen Eigenheiten der Wahrnehmung: Das Kippbild kann zweidimensional – als Netzwerkknoten oder Salzkristall – betrachtet werden, oder als ein dreidimensionaler auf einer Spitze stehender Würfel, von dem nicht eindeutig zu sagen ist, aus welcher Perspektive er betrachtet wird. Eine fotografische Bildwelt rundet das Corporate Design ab: Die Optik zeigt durchgängig Gruppensituationen und weite Flächen; formgebend ist das Quadrat. Abbildung 1:
Logo und Bildmarke der Leuphana Universität Lüneburg
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Für externe Zielgruppen können auf dieser Grundlage Drucksorten je nach Anknüpfungspunkt erstellt werden: Informationen über das College für Studienbewerber, eine Beschreibung des Strukturmodells für Kooperationspartner, eine englische Broschüre, in der man das College nicht erklären muss – aber dafür das mittelalterliche Stadtzentrum von Lüneburg. Im Unterschied zur internen Umstellung von Verwaltung, Forschung und Lehre – neue Schriften, Dokumentvorlagen, Visitenkarten, Stempel, Beschilderung, Leitsystem etc. – erfordern die externen Kommunikationsprozesse eine hohe Geschwindigkeit. Der neue Außenauftritt muss haptische Qualität bekommen, greifbare Wirklichkeit werden. Für diesen operativen Teil der breiten Umsetzung müssen interne Ressourcen bereitgestellt werden – die Arbeit der Agentur reduziert sich mit der Übergabe der Designs auf eine Konsultationsrolle. Die Produktion der Inhalte, der roll-out in der Institution, die Dissemination des Materials sowie die Ausgestaltung einzelner Drucksorten sind Teil der Identitätsfindung mit dem neuen Design. Sie brauchen Zeit und stoßen auf verschieden große Akzeptanz. Der neue Auftritt symbolisiert den Neuanfang nach innen und nach außen. Weil die eigentlichen Reformprozesse langwierig, komplex und in aller Regel unsichtbar stattfinden, hilft das Corporate Design dabei, das neue Selbstverständnis der Institution und seiner Mitglieder zu fördern. Ein qualitativ hochwertiges Design unterstützt eine qualitative hochwertige Wahrnehmung innerhalb und außerhalb der Organisation. Ein neuer Außenauftritt braucht aber Jahre, um selbstverständlicher Teil zu werden, und es vergeht einige Zeit, bis Identifikation und emotionale Nähe wachsen. Wie dies gelingt, hängt von der Organisationskultur und der inhaltlichen Arbeit aller Mitglieder der Universität ab. 4
Grundsatzbeschlüsse in den Gremien und operative Ausgestaltung
Ein radikaler Schnitt – in manchen Fällen die gewünschte Außenwirkung einer neuen Corporate Identity – bringt als Kehrseite nach innen zwangsläufig einen schmerzhaften Kulturbruch mit sich. Dieses Phänomen stellt sich unabhängig von allen inhaltlichen Kontingenzen und Kontinuitäten unweigerlich ein: Das Vertraute zu Gunsten des Unbekannten aufzugeben, erhöht die kognitive Spannung und schafft zumindest vorübergehend Unsicherheiten. Im Kontext einer Strukturreform sind solche Verluste besonders belastet – wenn alles in Fluss geraten zu scheint, sind die bewährten Symbole nicht nur aus nostalgischen Gründen wichtige Fixpunkte der eigenen Identität. In der Tat werden die neuen Symbole – eben weil sie die Veränderung sichtbar machen – intern häufig aufgeladen mit aus dem Reformprozess resultierenden Spannungen, die nun auf die neuen Insignien projiziert werden. Dieser
Eine Universität erneuert sich grundlegend: Leuphana Universität Lüneburg 85 Vorgang kann nicht grundsätzlich vermieden, sondern bestenfalls durch gute Vorbereitung und sensible Implementierung gemindert werden, da es sich um die Bedrohung eines natürlichen Sicherheitsbedürfnisses handelt. Die schrittweise Implementierung als institutioneller Lernprozess wird deshalb zwangsläufig Mut, Geduld und Durchhaltevermögen bei denjenigen erfordern, die sich in der Pilotphase engagieren. Sie sind nicht nur Nutzer, sondern auch Multiplikatoren und müssen deswegen gelegentlich Vorwürfe ertragen. Ohne die Bereitschaft einiger, auch ohne Erfolgsgarantie als engagierte Geburtshelfer des Neuen zu wirken, ist ein solcher Prozess im öffentlichen Dienst allerdings nicht vorstellbar. Skeptiker bezweifeln die Umsetzung einer Corporate Identity an Universitäten generell angesichts der hohen Identifikation von Individuen mit konkret erfahrbaren, dezentralen Einzelbereichen (Instituten, Lehrstühlen, Studiengängen, Professuren) statt mit der als abstrakt wahrgenommenen, diffus konturierten Dachmarke einer Gesamtinstitution. Die nicht-hierarchischen, dezentralen Strukturen einer öffentlichen Hochschule in Forschung und Lehre und die Partizipationskultur an Universitäten erfordern einen geteilten Grundkonsens im ersten Schritt und die nachfolgende interne Umsetzung als opt-in einzelner Bereiche. Die erwünschte identitätsstiftende Markenwirkung kann sich somit nicht, wie in vielen Unternehmen üblich, durch Kontrollversuche oder Sanktionsmaßnahmen entfalten – beides wäre in Universitäten unrealistisch und unangemessen. Sie entsteht allein durch Angebote hochwertiger zentraler Dienstleistungen für dezentrale Forschungs- und Lehreinrichtungen bei der Erstellung von Drucksorten und Webauftritten. Erfolgsentscheidend ist die richtige Mischung aus Partizipationsprozessen und Exekutiventscheidungen: Ästhetische Entscheidungen und Detailfragen der Ausgestaltung eignen sich nur selten für Lösung im Gremienkonsens. Einzelheiten in der Umsetzung müssen in den dafür einzurichtenden Fachabteilungen vorgenommen werden. Ein konkreter Vorschlag zur Vorlage und Entscheidung in den Gremien muss deshalb, analog zur Arbeit parlamentarischer Ausschüsse, auf dem Weg der Expertenkonsultation vorbereitet werden. Jedoch müssen die für den internen Identifikationsprozess entscheidenden grundsätzlichen Fragen nach Zielen, Anlass, Art und Zweck einer neuen Corporate Identity in der notwendigen Breite und Ausführlichkeit diskutiert und Maßnahmen gemeinsam beschlossen werden. Eine Institution, die ihren Außenauftritt nicht an wesentlichen Stellen trägt, kann nicht von ihm getragen werden.
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Holm Keller, Felix C. Seyfarth Emotionale Erstansprache, sachliche Glaubwürdigkeit
Der Launch des neuen Modells unter neuem Namen hilft im günstigen Fall, einmalig die gewünschte Aufmerksamkeit für die Reform in der Öffentlichkeit zu generieren. Im Umfeld der Hochschullandschaft genügen eine gute Idee und ein gutes Modell aber nicht (mehr), um neue Gruppen von Studienbewerbern anzusprechen. Eine Studieninnovation entzieht sich zwangsläufig den Multiplikatoreffekten von Alumni oder Rankings, da sie ja erst in Zukunft kommen wird; die Ansprache von für das Studienmodell entsprechend begabten und motivierten Studienanfängern ist somit grundlegend. Erster Schritt, um die überregionale Attraktivität eines Studienangebots, was in Deutschland in großen Teilen regional gewählt wird, für die Zielgruppe zu erhöhen, ist nach der Logik der Informationsgesellschaft die kontinuierliche überregionale Verbreitung der Idee mit dem Ziel, sich als Option im Entscheidungsraum möglicher Bewerbungen zu etablieren. Das mediale Echo des ersten Auftritts allein reicht in Zeiten hoher Ereignisdichte und vielfältiger Studienangebote nicht aus. Kommunikative Herausforderung für das Hochschulmarketing ist die Verankerung der Alleinstellungsmerkmale der Universität im überregionalen Diskurs. Die Entscheidung für ein Studium und einen Studiengang ist zunächst eine emotionale. Diverse Studien belegen die unverändert schlechte sachliche Information über Studienaufbau und -inhalte. Aus der Vielfalt der möglichen Optionen wählen die meisten Studienanfänger, häufig durch persönliche Empfehlungen gelenkt, weit vor der eigentlichen Bewerbungsentscheidung zunächst einige Universitäten aus, die sie für eine mögliche Bewerbung in Betracht ziehen. Die Phase rationaler Informationsbeschaffung, in der Prospekte und Informa-tionsblätter gelesen und Informationsveranstaltungen besucht werden, führt letztlich zur Präferenzbildung und zur Studienplatzentscheidung. Um in dieser Phase noch zu den Kandidaten zu gehören, muss eine Universität ihre Leistungs- und Alleinstellungsmerkmale früh in den Köpfen von Gymnasialdirektoren, Eltern, Bildungspolitikern, Journalisten und Mitschülern verankern. Die noch im Reformprozess stattfindende Kommunikation an eine Zielgruppe, die sich mit einer Vielzahl sachlicher Einzelheiten ausführlich befassen muss, kann deshalb in der Frühphase konsequent auf emotionale Botschaften setzen. In ihrer narrativen Form unverändert muss diese Botschaft über alle Kanäle hinweg immer wieder neu erzählt werden, in Variationen zwar, aber stets stringent orientiert an der Leitidee. Ausgehend von einer realistischen Analyse der rationalen Kriterien, die bei der Entscheidung für eine Universität in die Waagschale geworfen werden – geographische Nähe, Stadt-/Universitätsgröße, Fachstudium – sind maßgebliche Parameter für eine emotional aufgeladene Botschaft, ihre Authentizität und ihre Konsistenz.
Eine Universität erneuert sich grundlegend: Leuphana Universität Lüneburg 87 Die häufigen Berührungsängste mit Hochschulmarketing resultieren aus einer schnellen Gleichsetzung von Marketing mit Werbung – letzteres ist aber nur ein Marketingwerkzeug, das im öffentlichen Bereich in aller Regel schon aus Kostengründen in nicht nennenswertem Maße zum Einsatz kommt. Stattdessen kann Hochschulmarketing bemerkenswerte Effekte durch die konsequente emotionale Ergänzung universitärer Kommunikation erzielen, indem sie Charakteristika der Universität – respektvolle Gemeinschaft der Lernenden, Verantwortungsübernahme im geschützten Umfeld, Motivation für soziales Engagement – in den Vordergrund stellt. Eine fundamentale Rolle bei diesem Prozess spielt der Webauftritt der Universität. Die Website ist für viele Studieninteressierte (und andere) der erste intensive und bei entsprechender Entfernung einzige visuelle Kontakt mit der Institution. Das Missverhältnis aus einem Überangebot an heterogenen Inhalten und knapper Ressourcenausstattung in Pressestellen und Rechenzentren führt leider immer noch häufig zu Webgestaltungen, die an elektronische Vorlesungsverzeichnisse erinnern. Selbst hochwertige Designs konzentrieren sich gemäß dem rational-sachlichen Diskurs der Wissenschaft auch online auf Sachinformation und eine hierarchische, verwaltungstechnische Sicht auf die Institution – für Außenstehende entsteht häufig ein verwirrender Eindruck. Die sorgfältig entwickelte sozio-emotionale Dimension einer Universitätsmarke fällt hier häufig technischen, pragmatischen oder finanziellen Begrenzungen zum Opfer. Die holistisch-emotionale Ansprache für die Besucher der Website ist von nicht zu unterschätzender Bedeutung. In Lüneburg ist deshalb auch auf den typischen Portalcharakter einer Universitätshomepage verzichtet worden – zu Gunsten einer klaren, übersichtlichen Gliederung. Der Einsatz von Bildern transportiert den Gemeinschaftsgedanken, das Miteinanderlernen und die Atmosphäre der Campusuniversität. Die Glaubwürdigkeit der Leitidee spiegelt sich hier auch auf der Meta-Ebene verwendeter Inhalte wieder: Podcasts, Newsfeeds, Interaktion und Kommentarfunktion sind Web-2.0 Technologien1 , die einen inhaltlichen Anspruch auf Innovation unterstreichen. Aus Kostengründen bietet es sich dabei an, das Internet konsequent als Leitmedium für die Außenkommunikation zu verwenden und andere Drucksorten online verfügbar zu machen, sie aber am Primat der Online-Inhalte auszurichten. Schließlich dürfen trotz der aktiven Betonung emotionaler Aspekte sachlich-seriöse Informationsinhalte nicht zu kurz kommen. Damit ist die Integration von Drucksorten in die Website als PDF-Datei oder e-Papier ebenso ge1 Als Beispiel sei die für das Leuphana College eingesetzte Web-Applikation „Studienwunsch College“ genannt, die es Bewerbern ermöglichte, ein kurzes eigenes Profil samt Foto in einer „Bewerbergalerie“ anzulegen. In kürzester Zeit entstand auf der Website eine sichtbare community mehrerer hundert künftiger Bewerber mit hohen wiederkehrenden Besucherzahlen.
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meint wie die Möglichkeit, universitäre Veranstaltungen online anzukündigen und zu dokumentieren. Eine auf diese Weise erreichte Bindung der Nutzer an das Online-Angebot leistet einen wertvollen Beitrag für die soziale Gestaltung der Markenidentität. Der Wirkungsgrad der so eingesetzten Ressourcen ist schwierig zu kontrollieren. Naheliegende Messgrößen sind die Zahl der Bewerber und die Annahmequote unter den zugelassenen Bewerbern – die allerdings durch mehrere Einflussfaktoren bedingt werden und somit nur eingeschränkt operationalisierbar sind. Die Bewerberquote hat sich mit der Einführung des neuen Modells im Wintersemester in Lüneburg im Vergleich zum Vorjahr leicht erhöht. Angesichts der auslaufenden bekannten Studiengänge einerseits und der parallel (unabhängig vom Lüneburger Reformprozess) neu anfallenden Studienbeiträge war in Niedersachsen ein Rückgang der Zahl von Studienbewerbern erwartet worden. Dass dieser Rückgang in Lüneburg ausblieb, kann als ein vorsichtiger Erfolg für die gelungene Vermittlung der Qualitäten des Studienmodells gewertet werden. Aussagekräftiger ist hingegen die Annahmequote unter den im Leuphana College zugelassenen Bewerbern. Durch die Möglichkeit, sich ohne nennenswerten Zeitaufwand und ohne Kosten für mehrere Studienplätze zu bewerben, sind Bewerbungen an mehreren Universitäten keine Seltenheit. In den vergangenen Jahren lag die Annahmequote der Lüneburger Universität – also die Zahl der nach Zulassung tatsächlich immatrikulierten Erstsemester – bei rund 30 %, ein Anzeichen dafür, dass viele Bewerber einem Studienplatz in Lüneburg das Angebot anderer Standorte vorgezogen haben. Die Annahmequote im Wintersemester 2007/08 für das Leuphana College lag hingegen bei 47 % – eine erfreuliche Entwicklung, die nebenbei auch der Hochschulverwaltung zu Gute kommt, weil sie die Planbarkeit erhöht und die Nachrückerbetreuung vermindert. 6
Eindeutiges Branding, flexible Markenführung
Universitäre Strukturen sind typischerweise geprägt von hoher Heterogenität. Bestimmte Einrichtungen und Teilbereiche verfügen über Teilautonomien; eine Vielzahl dezentraler Prozesse entzieht sich der Steuerung durch eine vergleichsweise schwache Leitungsebene, die Einheiten arbeiten autonom. In der Kommunikation nach außen dominieren Vielfalt und Uneinheitlichkeit. Im Gegensatz zur klassischen Unternehmenskommunikation geht deshalb ein großer Teil der Energie von Pressestellen und Öffentlichkeitsarbeit nach innen, und zwar mit dem Ziel einer stärkeren universitären Integration, die Voraussetzung
Eine Universität erneuert sich grundlegend: Leuphana Universität Lüneburg 89 für eine erfolgreiche Positionierung der Universität in der wissenschaftlichen wie größeren Öffentlichkeit und eine Markenführung ist. Die grundsätzliche Schwierigkeit bei der Entwicklung gemeinsamer Zielsysteme der ganzen Hochschule spiegelt sich auch in der Ausgestaltung der Corporate Identity wider. Alle Elemente des Designs – sowohl im Druckbereich als auch online – müssen deshalb modulare Verwendung in dezentralen Kontexten zulassen. Eine Universität kann nicht in einem strengen Logikbaum kategorisiert werden; das Branding muss – soweit dies leistbar ist – deshalb interne Heterogenität, Zielkonflikte und Widersprüchlichkeiten berücksichtigen, auffangen und produktiv machen. Corporate Identity wird sich deshalb immer nur langsam und langfristig entwickeln und muss die Grundprinzipien der akademischen Denkweise – Pluralismus, Freiheit und Disput – anerkennen, ohne völlig unkenntlich zu werden. Für eine erfolgreiche Branding-Strategie müssen deshalb auf drei Ebenen Antworten gefunden werden, die universitären Realitäten gerecht werden. (1) Eine gezielte Branding-Strategie muss klar kennzeichnen, an welchen Stellen autorisierte, offizielle Kommunikation der Hochschule als übergeordneter Institution stattfindet und wo Kommunikation aus den einzelnen, dezentralen Einrichtungen heraus oder von Dritten passiert. Konsistenz in der Darreichung von Nachrichten ist für Unterstützer und Interessenten ein wichtiges Thema und muss entsprechend behandelt werden. (2) Die Branding-Strategie muss den Teilidentitäten von Fakultäten, Instituten, Bereichen, Einrichtungen etc. in soweit Raum geben, dass ein widerspruchsfreies Nebeneinander als Teil der Identität der Hochschule möglich wird. Ein Weg, um dies zu erreichen, sind Sublogos und Bereichslogos in Anlehnung an die Dachmarke. (3) Eine nachhaltige Branding-Strategie akzeptiert und unterstützt auch kritische und satirische Kommunikation, die sich auf die Dachmarke bezieht oder sie benutzt. Wird eine Hochschulmarke nicht als monolithischer Block, sondern als Assoziationswolke verschiedener Teilöffentlichkeiten verstanden, dann zahlt der long tail verschiedener Markenaspekte langfristig in das Profil der Marke ein. 7
Public Relations als Hauptinstrument
Die gewöhnlichen Aktionsparameter des Marketings stehen Hochschulen in der Tat nur eingeschränkt zur Verfügung. Werbemaßnahmen, Preisanreize und Point-of-Sale Marketing kommen in Deutschland zumindest nicht in nennenswerten Größenordnungen zum Tragen; nicht nur aus Kostengründen sind zumindest im Bereich der Studierendengewinnung andere Maßnahmen auch zu
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bevorzugen. Distribution schließlich scheidet für die überschaubare Zukunft ebenfalls aus – die Wissenschaft bleibt ortsgebunden. Umso ernster muss das verbleibende Instrument Public Relations genommen werden. Eine professionelle Presseabteilung muss Beziehungen zu Journalisten aufbauen und universitäre Aktivitäten aktiv kommunizieren, um im Gespräch zu bleiben oder ins Gespräch zu kommen. Das bedeutet, dass die Universität ihren qualitativen Anspruch und ihre inhaltlichen Leitlinien mit Projekten und Personen konkretisieren muss, um die Ernsthaftigkeit ihres Anliegens zu verdeutlichen. Persönlichkeiten, die sich als Botschafter eine Vision zu eigen machen, werden sie weitererzählen und mit ihr identifiziert werden. Die Universität muss sich auf ihre Stärke besinnen, durch Ideen und Erkenntnis zu überzeugen. Vier ganz unterschiedliche Beispiele für dieses Arbeiten seien genannt: 1.
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Gemeinsam mit den Universitäten Mannheim, Trier und Essen kooperiert die Leuphana Universität Lüneburg mit der Jimmy & Rosalynn CarterStiftung, die Kooperationsinitiativen zwischen Hochschulen und Gemeinden fördert. Die Botschaft des Friedensnobelpreisträgers Carter, dass aus dem Privileg der Bildung eine Verantwortung für persönliches Engagement in nächster Nähe erwächst, ist ein fester Bestandteil der das College tragenden Überlegungen. Im Rahmen der Preisverleihung der Stiftung 2007 in Lüneburg hat Präsident Carter die Erstsemester in bewegenden Worten an ihre Verantwortung erinnert und ihren Mut begrüßt, sich auf Unbekanntes einzulassen. Solche Partnerschaften mit universitätsfernen Verantwortungsträgern des öffentlichen Lebens sind für die lebensweltliche Verankerung akademischer Lehre elementar, und sie tragen zur öffentlichen Wahrnehmung der Universität als zivilgesellschaftlicher Akteurin wesentlich bei. Im Rahmen der Startwoche des Leuphana College haben alle Erstsemester eine groß angelegte Fallstudie zur Sanierung eines fiktiven öffentlichen Theaters bearbeitet – und zwar innerhalb und außerhalb des Campus. Die Universität hält damit nicht nur vom ersten Tage an ihr Versprechen ein, ein interdisziplinäres, problembezogenes Studium zu bieten, sondern sie sendet auch ein deutliches Signal der Öffnung in die sie umgebende Kommune. Medien, Politiker, Gewerkschaften, Theaterleute sind als Rollenspieler eine Woche lang Teil einer fiktiven Welt geworden, um eine möglichst lebendige Situation herzustellen. Die Leuphana verdeutlicht, dass Universitätsmitglieder nicht nur Mitglieder der scientific community sind, sondern auch Bürger einer Stadt, und heißt die Studierenden in beiden Gemeinschaften willkommen.
Eine Universität erneuert sich grundlegend: Leuphana Universität Lüneburg 91 3.
4.
Im Rahmen der Ziel-1-Förderung in Niedersachsen hat die Universität einen EU-Antrag gestellt, um ihrer Verantwortung auch auf regionaler Ebene gerecht zu werden. Das Selbstverständnis eines aktiven, gesellschaftlich engagierten Partners für die regionale Entwicklung stellt sich dem klassischen Bild des akademischen Elfenbeinturmes bewusst entgegen. Die besonderen Qualitäten einer Hochschule – internationale Kontakte, Nähe zum aktuellen Forschungsstand, skalierbare Infrastruktur, Absolventenzyklen – konsequent auch als Standortfaktor in der Region zu betrachten, untermauert die auf langfristige Stabilität gerichteten Aspekte der Reform. Die Entwicklung des Universitätscampus speist sich aus der Einsicht, dass Ästhetik und Kreativität wichtige Komponenten von Lernprozessen darstellen. Im Rahmen einer fakultätsübergreifenden Projektwoche in der vorlesungsfreien Zeit haben Studierende aller Fachrichtungen die baulichen, energetischen, ökologischen und informationellen Aspekte des Campus analysiert und dokumentiert.
Solche dem traditionellen universitären Selbstverständnis eher fernen Projekte sind Teil einer Reform, die Forschung und Lehre im Rahmen einer gesellschaftlich fest verankerten Universität begreift. Die Universität als öffentliche Einrichtung tritt dazu in einen partnerschaftlichen Dialog mit der sie umgebenden Zivilgesellschaft. Die äußere Wahrnehmung der Universität als Akteurin von unmittelbarer sozialer Relevanz eröffnet der Institution die Chance, ein neues Modell für den Bildungsstandort Deutschland medienübergreifend vorzustellen. Damit sind public relations im ursprünglichen Sinne gemeint: Über die Kommunikation von Forschungsergebnissen und Lehrveranstaltungen hinaus nimmt die Universität ihre Rolle als Gesprächspartner für die komplexen sozialen Fragen der Zukunft wahr: Wenn sie sich ernsthaften Fragen ernsthaft widmet, wird ihr öffentliche Aufmerksamkeit sicher sein. 8
Erfolgsfaktoren: Effizientes Marketing in der Hochschule
Universitäre Kommunikationsstrukturen sind typischerweise gekennzeichnet durch eine im Vergleich zum privaten Sektor relativ hohe Heterogenität, Komplexität, Autonomie und Partizipation. Erfolgreiche Markenbildung öffentlicher Universitäten muss damit gleichzeitig allgemeine Prinzipien der Markenbildung und spezifische Prozesse der Hochschulentwicklung und -kommunikation meistern. Darüber hinaus werden Reformprozesse von manchen auch als implizite Kritik am Bestand wahrgenommen. Das Beispiel der Leuphana Universität
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Holm Keller, Felix C. Seyfarth
Lüneburg zeigt allgemeine Strukturen und kontextspezifische Pfadabhängigkeiten für einen solchen Prozess. Identifizierbare Erfolgsfaktoren sind (a) der organische Bezug kommunikativer Inhalte auf die lokale Situation, (b) die intensive Betreuung des Prozesses durch externe Partner und zusätzliche Ressourcen außerhalb bestehender Organisationseinheiten und (c) die zügige Projektumsetzung innerhalb eines begrenzten Zeithorizontes.
Wissen stiften: Das Beispiel „Pro Geisteswissenschaften“ Marcus Beiner
„Wir stiften Wissen“ – unter diesem Motto steht die Arbeit der VolkswagenStiftung, und ich komme gerne der Einladung nach, an einem Beispiel zu erläutern, was das konkret bedeutet. Das Beispiel der Förderinitiative „Pro Geisteswissenschaften“ haben die Veranstalter mit Bedacht erbeten – steht es doch zugleich für eine Kooperation von vier wissenschaftsfördernden Einrichtungen. Und verschiedene Kooperationsformen stehen ja auf der Themen-Agenda dieser Veranstaltung ganz oben. Ich möchte im Folgenden fünf Punkte ansprechen, von denen zwei bereits genannt sind: die Förderinitiative „Pro Geisteswissenschaften“, die Motive ihrer Einrichtung und ihre konkrete Ausgestaltung sowie Erfahrungen aus diesem Kooperationsvorhaben aus dem Stiftungssektor. Davor will ich eine kurze Einordnung zur Wahrnehmung der Geisteswissenschaften in der gegenwärtigen Wissenschaftslandschaft vornehmen, einige Motive für die gemeinsame Stiftungsinitiative erläutern und die Rolle von Stiftungen im Wissenschaftsbetrieb skizzieren. Beide Einordnungen beziehen sich auf den nationalen Rahmen; international ließen sich eine Vielzahl von Differenzen konstatieren, die hier außen vor bleiben können. Lassen Sie mich aber, erstens, beginnen mit einigen Ausführungen zum Verhältnis Wissenschaft – Gesellschaft – Wirtschaft – Staat. 1
Zum Verhältnis Wissenschaft – Gesellschaft – Wirtschaft – Staat
Die Aufgabe von Wissenschaft ist, verkürzt gesprochen, im Wesentlichen noch immer, zweierlei zu betreiben: Forschung und Lehre. Vom erwarteten Ergebnis ihres Tuns her betrachtet, geht es ihr einerseits um Erkenntnis und andererseits um Ausbildung. Erkenntnis ist die Grundlage für technische Innovationen und gesellschaftliche wie individuelle Orientierung. Wissenschaft stellt damit Wissen bereit, das die Grundlage unserer sogenannten zivilisierten Lebensform ist. Und Wissenschaft – und hier vor allem die Hochschulen – trägt dafür Sorge, dass das Wissen nicht verlorengeht, sondern an nachfolgende Generationen weitergegeben wird, lebendig bleibt und erweitert wird. Es geht in der Wissen-
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Marcus Beiner
schaft also um fundamentale Aufgaben für die Gesellschaft, es geht um ihre Zukunft und deren Gestaltung. Denn die Zukunft der Gesellschaft, sei es national, sei es in internationalen Verbünden, sei es global, hängt neben den demokratischen Willensbildungsprozessen vor allem ab von technischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Machbarkeiten, über die – in ihren Chancen wie ihren Risiken – nur die Wissenschaften informieren können. Dafür braucht die Gesellschaft die Wissenschaft, hier stellt sie zu Recht ihre Erwartungen. In der sich anbahnenden „Wissensgesellschaft“ ändert sich in großen Bereichen das Zusammenwirken von Wissenschaft und Gesellschaft. Betrieb die sogenannte Grundlagenforschung lange Zeit so etwas wie eine intellektuelle und technologische Vorratshaltung, so stellen Beobachter des Wissenschaftssystems inzwischen einen Auszug von Wissen aus der Wissenschaft in die Hände „praktizierender“ Experten und Veränderungen im Zuschnitt der Fragen der Wissenschaft im Zuge gesellschaftlicher und vor allem ökologischer Probleme fest. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass wissenschaftliches Wissen immer noch als das „beste“, weil methodisch abgesicherte, Wissen gilt. Im Zweifel zählt das immer noch. Denn je mehr der Umgang mit Wissen in der Gesellschaft als zentral erkannt wird, desto dringender ist zu wissen, was überhaupt als Wissen zählen kann. Hier die Kriterien zu liefern, das ist eine Aufgabe, die die Wissenschaft in der Wissensgesellschaft in steigendem Maße wird wahrnehmen müssen. Darüber hinaus bleiben die einzelnen Menschen Adressaten der Wissenschaft: Ihre Ausbildung, die, damit sie gut ist, auch ihre individuelle Bildung sein muss, ist die vordringliche Aufgabe und die wichtigste Zukunftsinvestition, derer sich eine Wissensgesellschaft annehmen muss – und zwar insbesondere mit Hilfe der Hochschulen. Welche Rolle spielt die Wirtschaft im Zusammenspiel von Wissenschaft und Gesellschaft? Zwei Aspekte möchte ich herausgreifen: Sie fungiert als Vorbild und als Abnehmer – als Vorbild insofern, als Sie für einen Gesellschaftsbereich steht, der einiges an Erfahrungen hat mit effizienzsteigerndem Wettbewerb, und als „Abnehmer“ für Forschungsergebnisse (verkürzt gesagt und angesichts immer komplexer werdender Innovationsprozesse hier nicht näher aufgegriffen) und vor allem als „Abnehmer“ für gut ausgebildete Nachwuchskräfte. Zum Thema Effizienz und Wettbewerb: Wettbewerb im Wissenschaftssystem ist kein Selbstzweck; er sollte von der die Wissenschaft finanziell tragenden Gesellschaft einfach als Instrument eingesetzt werden, um jenen leistungssteigernden Druck zu erzeugen, der sich für mehr oder weniger autonom agierende Organisationen mit relativer Planungssicherheit nicht naturwüchsig ergibt. Der Wettbewerb – das ist die Idee – sorgt auf indirektem Weg für Effizienz im Verhältnis von Aufwand und wissenschaftlichem Ertrag (wohlgemerkt wissenschaftlichem Ertrag!), und dieser Weg ist selbst effizienter im Sinne einer finan-
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ziellen Kosten-Nutzen-Rechnung als jene Detailsteuerung, an der sich der Staat über lange Jahre mit bescheidenem Erfolg versucht hat. Diesen Gedanken zu vermitteln und in praktischer Wissenschaftspolitik umzusetzen – das ist eine der größten Herausforderungen, vor der wir heute stehen, wenn wir weiter auf dem Weg sein wollen, über den Umgang mit Wissen unseren Wohlstand zu sichern. Über die inhaltlichen Gegenleistungen, die die Gesellschaft von der Wissenschaft für ihre weitgehende Finanzierung legitimerweise erwarten kann, habe ich eingangs schon einiges gesagt – in technisch-organisatorischer Hinsicht ergibt sich darüber hinaus eine umfassende Berichtspflicht, und zwar ganz konkret zum Verhältnis von finanziellem Aufwand zu wissenschaftlichem Ertrag. Zum Thema Wirtschaft als Abnehmer von Absolventen: Auch hier geht es um einen indirekten Weg, und das hängt mit den Lehraufgaben der Hochschulen und den Begriffen Bildung und Ausbildung zusammen. Der Freiraum, den die Wissenschaft durch Verlässlichkeit in der Finanzplanung für Ihre Forschungsaufgaben benötigt, hat sein Pendant in dem Freiraum, den Wissenschaft benötigt, um ihrem Ausbildungsauftrag gerecht zu werden. Es gibt eine lange Debatte um diesen Auftrag, die sich um die (vermeintlichen) Oppositionsbegriffe Bildung und Ausbildung rankt. Ausbildung ist dabei eine auf die Ausübung von bestimmten Tätigkeiten ausgerichtete Unterrichtung über Wissensbestände, die allein der optimalen Erfüllung dieser Aufgabe dient. Bildung dagegen gilt als umfassende Persönlichkeitsschulung, die über die Aneignung von Wissensbeständen und die Auseinandersetzung mit diesen den Einzelnen bei seiner intellektuellen Formung unterstützt und so in die Lage versetzt, wechselnden, auch beruflichen Anforderungen gerecht zu werden. Bildung in diesem Sinne wird sich künftig in noch weit stärkerem Maße als notwendig erweisen, um Menschen in die Lage zu versetzen, sich in dynamischen Umwelten, wie sie sich in einer von Wissen und Wissensformen bestimmten Welt in einer Vielzahl ergeben, zurecht zu finden und zu agieren. Vermeintlich alte Hüte wie ein Studium generale, richtig in Studienplänen platziert, und auch die Geisteswissenschaften dürften zu ganz neuen Ehren kommen – als Grundlage und Ergänzung zu einer Schulung, die sehr fach- und tätigkeitsspezifisch im Sinne einer Ausbildung ist. Bisher ist wenig vom Staat, mehr dagegen von der Gesellschaft und ihren Teilbereichen Wissenschaft und Wirtschaft die Rede gewesen. Das ist kein Zufall, sondern beinhaltet einen Wechsel im Rollenverständnis des Staates, der nicht leicht zu bewerkstelligen sein dürfte, solange der Staat auch die Auszahlungsagentur des in der Gesellschaft (unter staatlich geregelten Bedingungen) erwirtschafteten Wohlstandes ist. Es steht gar nicht in Frage, dass der Staat über Regelungsfunktionen hinaus, denen er in Gesetzen nachkommt, auch eine Einrichtung zur Umverteilung materieller Ressourcen darstellt. Und, auch darüber sollten keine Illusionen bestehen, für Wissenschaft und Bildung wird er auf
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lange Sicht der wichtigste Geldgeber bleiben müssen. Es ist ja eine seiner Aufgaben, durch Investitionen in diese kostspieligen Gesellschaftsbereiche Zukunftssicherung zu betreiben. Und trotzdem sollte er aus Effizienzgründen der Versuchung widerstehen, dem Motto „Wer zahlt, bestimmt“ zu folgen. Das führt im Falle von Wissenschaft und Bildung zu Fehlsteuerungen, die auf jeden Fall vermieden werden sollten. 2
Stiftungen im Wissenschaftsbetrieb
Welche Rolle können Stiftungen, speziell wissenschaftsfördernde Stiftungen, in diesem grob, aber hoffentlich nicht gänzlich unzutreffend skizzierten Szenario spielen? Das gewissermaßen klassische Selbstverständnis ist das des Impulsgebers. Das setzt freilich voraus, dass bei den impulsgebenden Stiftungen selbst ein gewisser Ideenpool verfügbar ist oder bei passender Gelegenheit aktiviert werden kann. Ob dieser Anspruch berechtigt ist, bedürfte natürlich einer Prüfung im Einzelfall. Aber ich will nicht leugnen, dass etwa die Stiftung, bei der ich arbeite, ihn erhebt. Und letztlich dürfte die Hoffnung, dass solche Ansprüche nicht allein Ausdruck von Vermessenheit und Selbstüberschätzung sind, auch die steuerliche Bevorzugung begründen, die Stiftungen staatlicherseits für die Verfolgung bestimmter Zwecke gewährt wird. Doch stecken diese Zwecke nur Rahmen ab, die etwa von wissenschaftsfördernden Stiftungen mit speziell zugeschnittenen Programmen gefüllt werden müssen. Diese Ebene, die der Programmangebote, ist der Ansatzpunkt für die Impulse einer Förderstiftung: Hier werden Angebote unterbreitet und Anreize gesetzt. Das bedeutet allerdings auch, dass Förderstiftungen zur Verwirklichung ihrer Zwecke zwingend auf ihre Destinatäre angewiesen sind, wenn ihre Impulse nicht wirkungslos verpuffen sollen. Auch in diesem Sinn ist das Motto „Wir stiften Wissen“ zu verstehen: Wir stiften es, die wissenschaftliche Arbeit übernehmen erfolgreiche Antragsteller – „Bewilligungsempfänger“ nennen wir sie im Jargon –, die sich auf die Programmideen und Förderangebote einlassen. Lassen Sie mich noch ausdrücklicher auf wissenschaftsfördernde Stiftungen und ihre Rolle im Wissenschaftssystem eingehen: Die Funktion des Impulsgebers kann sich sowohl auf inhaltliche Akzente beziehen und etwa bestimmte, besonders sich neu entwickelnde Wissenschaftsbereiche mit dem Lancieren eines bestimmten Fördergebietes herausgreifen als auch auf strukturelle Defizite, wie wir sie beispielsweise in der Nachwuchsförderung lange zu beklagen hatten. Über die Rolle des Impulsgebers hinaus agieren wissenschaftsfördernde Stiftungen auf zwei weiteren Feldern, und diese haben in den letzten Jahren –
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nach meiner Einschätzung als Beginn eines noch länger anhaltenden Prozesses – an Bedeutung gewonnen. Das eine ist der Bereich Öffentlichkeitsarbeit und der andere der der Qualitätssicherung. In beiden Fällen wird auf Defizite reagiert. Offensichtlich bedarf es zur wirkungsvollen Legitimation von Wissenschaft in der Öffentlichkeit auch Institutionen, die sich Wissenschaft auf die Fahnen geschrieben haben, ohne sie selbst zu betreiben. Stiftungen machen mit ihren Förderungen und öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen auf die Leistungen von Forschern aufmerksam und unterstützen sie damit bei der notwendigen, aber im Ringen um mediale Aufmerksamkeit nicht einfachen Prozess der Rechtfertigung im Sinne des ja auch eben eingeforderten Erbringes von gesellschaftlich relevanten Leistungen. Die Rolle von, sagen wir einmal: avancierten wissenschaftsfördernden Stiftungen für die Qualitätssicherungsprozesse im Wissenschaftssystem wird landläufig unterschätzt. Es dürften nicht zuletzt jene harten Prozesse der Bestenauslese insbesondere in der personenbezogenen Förderung sein, zu denen ich im Folgenden noch ein Beispiel geben werde, welche die nachhaltigste Wirkung für die Weiterentwicklung der Wissenschaft haben. Wir haben etwa in der VolkswagenStiftung inzwischen eine Expertise in der Auswahl von und der Kommunikation mit Gutachtern, mit der Organisation von Begutachtungsprozessen und der professionellen Entscheidungsvorbereitung und -durchführung, dass ich hier so etwas wie eine Kernkompetenz ausmachen würde, die wir nutzen, um im Zusammenspiel mit den jährlich knapp hundert Millionen Euro, die wir zu vergeben haben, mit unseren Förderentscheidungen richtige und wichtige Weichen insbesondere für die wissenschaftlichen Innovatoren von morgen zu stellen. 3
Zur Wahrnehmung der Geisteswissenschaften in der gegenwärtigen Wissenschaftslandschaft
Nun, wie versprochen, zu den Geisteswissenschaften. Obwohl es mich ausgesprochen reizte, weil ich selbst einer ihrer Absolventen bin, versage ich mir an dieser Stelle eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Frage, was die Geisteswissenschaften in ihrer Gesamtheit eigentlich ausmacht, und konzentriere mich auf einige Beobachtungen und Bewertungen zu ihrer gegenwärtigen öffentlichen Wahrnehmung hierzulande. Wir haben es ja inzwischen glücklich zu einem Jahr der Geisteswissenschaften gebracht, wobei ich das „glücklich“ weniger ironisch meine, als es noch vor einigen Jahren geboten gewesen wäre. Erlauben Sie mir ein Wort vorweg – ein Wort zu einem Wort, das ich aus dem semantischen Umfeld von „Geisteswissenschaft“ gerne getilgt sähe. Es ist das Wort „Krise“. Ich verspreche Ihnen, ich verwende es jetzt nicht mehr. Es hat mit
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den Geisteswissenschaften nichts zu tun. Über Finanzierungslücken oder Qualitätsprobleme können wir gegebenenfalls reden – wie bei vielen anderen Bereichen der Wissenschaft auch. Es gibt eine Generation von Geisteswissenschaftlern, die von einer nachgerade selbstzerstörerischen Situationsdiagnose nicht lassen kann, obwohl die Geisteswissenschaften hervorragende Forschungsergebnisse vorlegen und auch in öffentlichen Debatten mit ihren prominenten Vertretern breit vertreten sind. Zu Unrecht, wie ich glaube, sind die Geisteswissenschaften, auch im Zuge von Ökonomisierungstendenzen an den Hochschulen, in die Stiefkindrolle unter den großen Wissenschaftsbereichen geraten. Zum Glück fängt die Lage an, sich zu verbessern: Durchaus als ein Beitrag dazu intendiert, haben vier große wissenschaftsfördernde Einrichtungen im Frühjahr 2005 die gemeinsame Initiative „Pro Geisteswissenschaften“ – Sie können das mit Ausrufezeichen lesen – ins Leben gerufen; am Ende des Jahres hat die Berlin-Brandenburgische Akademie (bemerkenswerterweise wohl ohne Beteiligung der geisteswissenschaftlichen Klasse) ein Manifest vorgelegt, das in manchen Teilen das geliebte Problemgerede noch einmal aufleben ließ und das glücklicherweise Anfang 2006 von einer wegweisenden Stellungnahme des Wissenschaftsrates gleichsam überkompensiert wurde. Und 2007, im Jahr der Geisteswissenschaften, in dem, wie mir scheint, mit beachtlichem Erfolg von vielen Beteiligten durch eine Vielzahl von Diskussionen, Streitgesprächen, Präsentationen, Aktionen und Veröffentlichungen auf die Forschungsleistungen der Geisteswissenschaften aufmerksam gemacht wird. Ob es freilich gelingt, die strukturelle Benachteiligung der Geisteswissenschaften in Teilen der Forschungsförderung und eines drittmittelfixierten Universitätsmanagements abzubauen, wird sich noch zeigen müssen. Mit einer ausdrücklichen Förderung zu einem Stimmungswechsel pro Geisteswissenschaft auch an diesen Stellen beizutragen, ist jedenfalls eines der Motive der Initiatoren der Initiative, die ich hier vertreten darf. Es waren jetzt nur wenige Stationen, auf die ich mich auch nur kurz bezogen habe; sie gehören zum Außenverhältnis der Geisteswissenschaften im Deutschland der letzten Jahre. Welche geisteswissenschafts-internen und förderpolitischen Gründe für das Engagement der vier Fördereinrichtungen sprechen, möchte ich jetzt erläutern.
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Die Initiative „Pro Geisteswissenschaften“
„Pro Geisteswissenschaften“ – unter diesem Titel verfolgen die Fritz-ThyssenStiftung und die VolkswagenStiftung seit 2005 gemeinsam mit dem Stifterver-
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band für die Deutsche Wissenschaft und der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius zwei Ziele. Sie möchten auf die imposanten Forschungsleistungen dieser Wissenschaftsgruppe aufmerksam machen, die zu unrecht in den Schatten der wissenschaftspolitischen Aufmerksamkeit geraten sind; dazu werden an eine breitere Öffentlichkeit adressierte Tagungen und zusätzlich in einer Reihe von Landeshauptstädten Streitgespräche mit und vor Vertretern des politischen Lebens organisiert. Und die Projektpartner möchten die Geisteswissenschaften zu weiteren Spitzenleistungen stimulieren – und zwar mit Förderangeboten, die ausdrücklich auf die Arbeitsweise von Geisteswissenschaftlern zugeschnitten sind. Nicht, dass es keine erfolgreichen geisteswissenschaftlichen Forschungsverbünde oder Sonderforschungsbereiche gäbe. Auch zeigen Hunderte von Geisteswissenschaftlern, dass es möglich ist, erfolgreich in Zwei- oder DreiJahres-Projekten zu arbeiten. Aber das Leistungspotential der Geisteswissenschaften wird nicht ausgeschöpft, wenn die heute dominierenden Förderformen auf die konkrete Forschungsarbeit als Zwang zu Kurzatmigkeit und Oberflächlichkeit, als Druck auf möglichst schnelle Publizierbarkeit oder als Verhinderung von langfristigem Wissens- und Kompetenzerwerb oder eingehender Recherche wirken. Die beiden Förderformen der Initiative „Pro Geisteswissenschaften“ sind im Format bewusst schlicht gehalten – um auf der anderen Seite an die Projekte höchste inhaltliche Anforderungen zu stellen. Erfolgreichen Antragstellern wird in erster Linie Forschungszeit bereit gestellt, den promovierten „DiltheyFellows“ zunächst fünf Jahre, freigestellten Spitzenforschern in der Programmlinie „opus magnum“ bis zu zwei Jahre. In beiden Fällen sollen genuine Forschungsarbeiten ermöglicht werden, die als individuelle Leistung die Forschung auf neuen, kaum betretenen Feldern voran bringen. Es sind in den Geisteswissenschaften eben auch – das ist die Überzeugung der Projektpartner – einzelne Forscherpersönlichkeiten, die mit ihren Ergebnissen Diskurse in der Fachwelt wie in der Öffentlichkeit (mit-) bestimmen können. Auf der Seite der Forschungsförderer und der befragten Gutachter bedeutet das zum einen, dass die vorgelegten Projekte mit besonderer Sorgfalt und Sensibilität für das Neue, das Innovative und den abweichenden Zugang beurteilt werden müssen. Und es bedeutet zum anderen, dass den geisteswissenschaftlichen Forscherinnen und Forschern auf der Grundlage solcher Beurteilungen Vertrauen entgegengebracht wird – Vertrauen, ein Thema zu entwickeln und die Ergebnisse in Prozessen sorgfältigen Abwägens in Fachdiskursen zu erarbeiten. Denn erst auf dieser Grundlage können die Geisteswissenschaften seriös und legitim jene Orientierungsfunktion in gesellschaftlichen Fragen erbringen, die von ihnen in der Öffentlichkeit erwartet wird. Förderangebote, die sich an
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die Geisteswissenschaften richten, müssen daher Freiräume zur Reflexion bieten und sich von allzu simplen Modellen eines linearen wissenschaftlichen Fortschritts fern halten. Mit den „Dilthey-Fellowships“ und dem „opus magnum“Freistellungsangebot sollen daher umfassende Syntheseleistungen und grundlegende Aufarbeitungen breiter Gegenstandsbereiche genauso Unterstützung finden können wie die pointierte Darlegung neuer Thesen oder die konsequente Weiterentwicklung eigener Zugänge zu einem neuen Forschungsbereich. Forschungsförderung in den Geisteswissenschaften bedeutet, ganz unterschiedliche Modelle des Arbeitens zuzulassen, Kooperation wie Konzentration, Verbünde und arbeitsteilige Vorhaben wie Individualforschung und auch eine Form der Interdisziplinarität, die früher einmal Gelehrsamkeit hieß. Wie wird dieses Förderangebot angenommen? Ich nenne dazu einige Zahlen, die zugleich noch einmal zur Erläuterung dessen dienen, was ich eben über die Aufgabe der Qualitätssicherung gesagt habe, die wissenschaftsfördernde Stiftungen im Wissenschaftssystem erbringen. In den beiden Programmlinien sind zu den beiden bisherigen Stichtagen rund 250 Anträge eingegangen, ca. 170 bezogen sich auf ein „Dilthey-Fellowship“, ca. 80 auf eine Freistellung im der Programmlinie „opus magnum“. Wir haben zu den Anträgen rund 100 Gutachter der verschiedenen geistes- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen befragt und um die 800 Stellungnahmen erhalten. 48 Bewerber erhielten nach einer Vorauswahl auf der Grundlage der Gutachtervoten Gelegenheit zur persönlichen Präsentation ihrer Vorhaben vor einem Komitee mit Fachleuten, welches die beiden diese Programmkomponenten verantwortenden Stiftungen eigens zusammengerufen haben. Das Komitee hat sich für jeden der 48 Vortragenden 45 Minuten Zeit genommen und außerdem über die „opus magnum“-Anträge zu befinden gehabt. Qualitätssicherung bedeutet eben auch einen ziemlichen Aufwand – nicht zuletzt auf Seiten der Gutachter. Wir sind mit dem Ergebnis aber auch sehr zufrieden: 35 Projekte wurden in die Förderung genommen, 17 in der Förderlinie „Dilthey Fellowships“ und 18 in der Förderlinie „opus magnum“. Knapp 10 (2 bzw. 8) Millionen Euro haben die Thyssen- und die VolkswagenStiftung dafür zur Verfügung gestellt. 5
Zur Kooperation unter Stiftungen – Erfahrungen
Ich hatte versprochen, abschließend von der Kooperation der vier Projektpartner zu berichten, um damit Ansatzpunkte für einen Austausch von institutionellen Lernerfahrungen zu geben. Ich möchte das kurz und anhand von drei Begriffen unternehmen: Interessenkompatibilität, Vertrauen und Arbeitsteilung. Ich ver-
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meide den häufig strapazierten Begriff der Synergieeffekte, weil Synergie schon allzu oft behauptet wurde, wo es mit den Effekten eher mau aussah. Synergieeffekte werden sie feststellen können, wenn die Interessen der Partner kompatibel sind, wenn sie untereinander Vertrauen aufbringen und wenn sie zu einer effektiven Arbeitsteilung kommen. Zunächst zur Interessenkompatibilität: Kompatibilität der Interessen von Kooperationspartnern meint ein Zusammenpassen von Zielen und Vorstellungen der zusammenarbeitenden Partner. Dazu bedarf es einer Abstimmung vor dem eigentlichen Start der Kooperation, im Falle von Organisationen nach Möglichkeit auf höchster Ebene. Es bedarf nicht zwingend einer völligen Deckung der Interessen. Zudem kann zwischen verschiedenen Zielen und Zielebenen unterschieden werden, die in unterschiedlicher Weise zusammenwirken können. In der schon erläuterten strategischen Ausrichtung decken sich bei der Initiative „Pro Geisteswissenschaften“ die Vorstellungen der vier Partner: Es geht um die Förderung der und die Aufmerksamkeit für die Geisteswissenschaften. Unterschiedliche Akzentuierungen, die es durchaus gibt, finden dann ihren Niederschlag in der vorgenommenen Arbeitsteilung. Eine Voraussetzung für eine gelingende Arbeitsteilung ist Vertrauen, und zwar in mehrfacher Hinsicht: Es bedarf des Vertrauens darin, nicht vom Partner übervorteilt zu werden – das ist einerseits eine Grundvoraussetzung bei Kooperationen, und sie ist anderseits latent heikel, weshalb theoretisch eine Reihe von gegenseitigen Kontrollen denkbar wären. Ich kann Ihnen versichern, dass uns solche in der Praxis von „Pro Geisteswissenschaften“ den Aufwand nicht wert sein müssen, den sie zwangsläufig mit sich brächten. Vielleicht kann man generalisierend feststellen: Wenn eine Kooperation sich schon im Kontrollaufwand als sehr aufwendig erweist, sollte sie noch einmal auf den Prüfstand gestellt werden. Vertrauen ist aber auch nötig in die Kompetenz der Partner, und das ist für die praktische Kooperation möglicherweise noch wichtiger. Damit bin ich bei meinem letzten Punkt: Arbeitsteilung. Nur wenn klar ist, welcher der Partner was kann oder besonders gut kann, und wenn es das Zutrauen in die Kompetenz der Partner gibt, ist eine Arbeitsteilung möglich, die Kooperationen effektiv macht. Solche Arbeitsteilung setzt die Vorbereitung und tatsächliche Nutzung von Kommunikationskanälen voraus, die für die notwendige Transparenz zwischen den Partnern sorgen. Aber auch hier gilt: Vertrauen spart einiges an Aufwand. So haben wir uns in der Initiative „Pro Geisteswissenschaften“ etwa darauf verständigt, dass, der jeweiligen Positionierung und den jeweiligen Kompetenzen entsprechend, die ZEIT-Stiftung und der Stifterverband für die deutsche Wissenschaft die Förderlinie der Veranstaltungen und Streitgespräche verantworten (und zwar auch finanziell), während die Thyssen-
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und die VolkswagenStiftung für die beiden Förderlinien „Dilthey-Fellowships“ und „opus magnum“ stehen. Lassen sie mich meine einschlägigen Erfahrungen zusammenfassen in einer dialektisch inspirierten Formel: Kooperation ist da besonders effektiv, wo wenig kooperiert wird. Das ist das „Paradox der Kooperation“. Natürlich handelt es sich um ein Paradox, das sich leicht auflösen lässt: Die gemeinsamen strategischen Ziele werden am effektivsten erreicht, wo eine auf KompetenzVertrauen gründende Arbeitsteilung zwischen Partnern praktiziert wird. Im Detail – das ist die Pointe des „Paradoxes der Kooperation“ – muss dann zum Glück eben nicht kooperiert werden. Verstehen sie mein Paradox also als Plädoyer für eine wohlabgestimmte Zusammenarbeit dort, wo sie sich, wie in der Initiative „Pro Geisteswissenschaften“, für alle Partner lohnt.
Die Bucerius Law School in Hamburg – Ein Projekt der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius: Eine Hochschule als Unternehmen Markus Baumanns
Gute Gründe für eine eigene Hochschule Viele fragen sich, was eine private gemeinnützige Stiftung motiviert, eine eigene Hochschule zu gründen. Für die ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius waren es vor allem zwei Gründe, im Jahr 2000 eine eigene Hochschule für Rechtswissenschaften – die Bucerius Law School – auf den Weg zu bringen: Die Stiftung wollte mehr Wettbewerb im deutschen Hochschulsystem schaffen und einen Impuls zur Reform der deutschen Juristenausbildung leisten. Die fehlende Attraktivität des Hochschulstandorts Deutschland sowie die Erkenntnis, dass das Hochschulwesen in Deutschland erhebliche Defizite aufweist, hat in den letzten Jahrzehnten eine grundlegende Debatte um die Zukunft der deutschen Hochschulen ausgelöst. Die Forderungen nach stärkerer Autonomie der Hochschulen vom Staat, Pluralismus zwischen staatlichen und privaten Hochschulgründungen, effizientem Hochschulmanagement, Evaluation und Qualitätssicherung von Forschung und Lehre, Internationalisierung der Hochschulausbildung, die Frage nach dem Umgang mit Langzeitstudenten und der Wunsch nach Straffung und stärkerer Praxisorientierung, die Klage über eine zu starke Theorielastigkeit der deutschen Hochschulausbildung, die zu findende Balance zwischen einer praxisorientierten Ausbildung und einer hohen wissenschaftlichen Ansprüchen genügenden Forschungsleistung gehörten zum Alltag der Hochschuldebatten in Deutschland. Gleichzeitig wurde über die unzureichende, veraltete Juristenausbildung debattiert. Im Jahr 1999 entschloss sich die ZEIT-Stiftung ein Konzept für die Ausbildung zum international versierten Juristen zu entwickeln und dies aus eigener Kraft in die Realität umzusetzen. Die Bucerius Law School verbindet die traditionellen Stärken der deutschen Wissenschaftstradition mit dem Unternehmen Hochschule.
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Die Bucerius Law School Die Bucerius Law School ist die erste und bisher einzige private Hochschule für Rechtswissenschaft in Deutschland. Sie setzt all das modellhaft um, worüber in der Hochschuldiskussion in Deutschland seit Jahrzehnten debattiert wird: Sie wählt ihre Studenten sorgfältig aus, die Studierenden zahlen – sozial abgefederte – Studiengebühren und haben daher ein Anrecht auf eine gute Gegenleistung. Die Hochschule ist autonom, stark international ausgerichtet, praxisorientiert und bekennt sich durch das verpflichtende Studium generale zu einer umfassenden Entwicklung der Persönlichkeit der Studierenden. Die Bucerius Law School möchte Volljuristen mit internationaler und wirtschaftlicher Perspektive ausbilden. Dazu vermitteln ihre in einem Trimester strukturierten Lehrveranstaltungen neben Kenntnissen des deutschen Rechtssystems auch Einblicke in das europäische und angloamerikanische Recht. Tabelle 1: Die Bucerius Law School in Zahlen: Stand: Herbsttrimester 2007
Gegründet: Studierende:
2000 487 LL.B.-Studierende, 129 Promotionsstudierende, darunter 44, die an Lehrstühlen beschäftigt sind, sowie 81 externe Doktoranden 69 internationale Studierende 45 Master-Studierende 6 Habilitanden, 1 Habilitierter
Lehrstühle:
17 Professoren, 12 davon mit Anstellung auf Lebenszeit Jährlich etwa 30 Lehrbeauftragte aus Wissenschaft und Praxis
Partneruniversitäten:
78 Partner Law Schools in 26 Ländern, davon 10 der 15 Top US-Law Schools
Die Bucerius Law School in Hamburg: Eine Hochschule als Unternehmen
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Fortsetzung Tabelle 1: Die Bucerius Law School in Zahlen: Stand: Herbsttrimester 2007
Studiengänge:
Studium der Rechtswissenschaft mit den Abschlüssen Baccalaureus Legum (LL.B., akkreditiert) und Erste Prüfung (bis 2005: Erstes Juristisches Staatsexamen) Masterprogram: „Bucerius/WHU Master of Law and Business“, englischsprachig, Studiendauer: 1 Jahr, Ausbildung von Führungskräften für die internationale Wirtschaft, die sowohl mit rechtlichen als auch mit wirtschaftlichen Fragestellungen des internationalen Wirtschaftens vertraut sind
Studiendauer:
4 Jahre (12 Trimester), inkl. eines fünfmonatigen Auslandsaufenthalts nach dem 6. Trimester und des hochschuleigenen Examensvorbereitungsprogramms, Studierende an der Bucerius Law School absolvieren ihr Studium 1,5 Jahre zügiger als der Durchschnitt ihrer Kommilitonen an staatlichen Universitäten.
Weiterbildungsangebote:
Deutschland, China und USA in Recht und Wirtschaft
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Das Auswahlverfahren an der Bucerius Law School Erst die erfolgreiche Teilnahme an dem Auswahlverfahren entscheidet über ein Studium an der Bucerius Law School. Es besteht aus zwei Teilen, einem schriftlichen und einem mündlichen Teil. Der schriftliche Teil fragt in einem speziell für das Jurastudium entwickelten Multiple Choice Test intellektuelle Kompetenzen ab, die für ein Jurastudium wichtig sind: Logik, Assoziationsvermögen, Analysefähigkeit. Der schriftliche Teil wird abgerundet durch einen in einer Stunde zu erstellenden Aufsatz zu einem vorgegebenem Thema, der klar strukturiert sein sollte und eine gut begründete Position vertritt. Die besten 200 Bewerber erreichen den mündlichen Prüfungsteil, bei dem ehrenamtliche Prüfer aus unterschiedlichen Berufsfeldern und Alumni die Bewerber in einem klar strukturierten eintägigen Verfahren in Einzel- und Gruppengesprächen kennenlernen und nach deren sozialen und kommunikativen Kompetenzen beurteilen. Den besten 100 Studierenden bietet die Hochschule einen Studienplatz an. Für ein Auswahlverfahren an einer staatlichen Universität dürften die Abiturnoten in spezifischen Einzelfächern als Voraussetzung zur Aufnahme zu einem mündlichen Teil ausreichend sein. Die Bedeutung des mündlichen Teils als Bindefaktor für externe Prüfer und deren Unternehmen und Kanzleien – die über das Career Office und die Fundraising Abteilung der Hochschule gepflegt werden sowie für die ehemaligen Studierenden als Teil der Almuniarbeit – ist sehr hoch einzuschätzen. Bucerius Law School – Internationalität wird groß geschrieben Ein Beispiel für einen gelungenen Austausch zwischen einer deutschen Hochschule und den besten Hochschulen der Welt ist das internationale Austauschprogramm der Bucerius Law School mit ihren 78 Partnerhochschulen in 26 Ländern der Welt, darunter führende Ivy-League Law Schools in den USA. Verpflichtender Bestandteil des Studiums der deutschen Studierenden an der Bucerius Law School ist ein Auslandsstudium an einer der Partnerhochschulen. Im Gegenzug nimmt die Bucerius Law School jedes Jahr im Herbst für fünf Monate ausgewählte Studierende von den Partnerhochschulen bei sich auf und bietet ihnen ein englischsprachiges Programm in „International and Comparative Business Law“. Dieses Programm wird von den Professoren der Bucerius Law School und von Gastprofessoren aus aller Welt unterrichtet. Das Programm erfüllt die Standards, die das mittlerweile auch über Europa hinaus anerkannte European Credit Transfer System (ECTS) setzt und ist damit
Die Bucerius Law School in Hamburg: Eine Hochschule als Unternehmen
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mit den Leistungsanforderungen der entsendenden Hochschulen kompatibel. Die US-amerikanischen Teilnehmer des Programms erzielen Leistungsanforderungen, die mit der American Bar Association (ABA) abgestimmt sind. Das Austauschprogramm der amerikanischen Partner mit Bucerius Law School und damit die von den amerikanischen Austauschstudenten in Hamburg erworbenen Leistungspunkte werden von den amerikanischen Heimathochschulen anerkannt. Die Gaststudenten werden in allen Belangen des Arbeitens und Lebens in Hamburg von der Hochschule und einem von Bucerius Studenten entwickelten Patensystem betreut: Wohnungssuche, Anerkennung von Leistungen, Einschreibung, Kurse Grundkenntnis Deutsch, Sportfeste, soziales Leben auf dem Campus. Seit 2006 bietet der „Bucerius/WHU Master of Law and Business (MLB)“ der Bucerius Law School und der WHU-Otto Beisheim School of Management zudem graduierten Studenten aus aller Welt, ganz gleich welcher vorangegangener Studienrichtung, einen intensiven Einblick in internationale rechtliche und wirtschaftliche Zusammenhänge mit dem Schwerpunkt Wirtschaftsrecht und Wirtschaft. In der Berufspraxis eines weltweit agierenden Unternehmens, einer global Law Firm oder einer global agierenden Nichtregierungsorganisation sind Wirtschaft ohne Recht und Recht ohne Wirtschaft nicht denkbar. Der Unternehmer muss auch Grundzüge des Internationalen Rechts verstehen, der Jurist ist kein guter Berater, wenn er nicht auch ökonomisch denkt. In der Theorie ist es bis dato bis auf wenige Ausnahmen noch nicht gelungen, diese zwei Perspektiven zusammenzuführen. Das Masterprogramm ist auf ein Jahr angelegt, schließt mit dem „MLB“ ab, wird komplett in englischer Sprache unterrichtet und erlebt weltweit eine außergewöhnliche Resonanz. So gelang es die Zahlen qualifizierter Bewerber auf das Masterprogramm vom Startjahr 2006 auf 2007 um das 2,5-fache zu steigern. Hervorragende Ergebnisse der Absolventen Im Jahr 2005 – also fünf Jahre nach Gründung der Bucerius Law School – haben 75 Prozent der Studierenden des ersten Jahrgangs das Erste Juristische Staatsexamen mit hervorragenden Ergebnissen absolviert. Zwei Prozent haben mit „sehr gut“ abgeschlossen, 48 Prozent mit „gut“, 46 Prozent mit „vollbefriedigend“, vier Prozent mit „befriedigend“. Mit einem Mittelwert von 11,2 Punkten („Prädikatsexamen“) liegen die Absolventen der Bucerius Law School weit über dem Bundesdurchschnitt (etwa 6 Punkte). Auch im Vergleich mit den Absolventen staatlicher Hochschulen in einem benachbarten Flächenstaat, die
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wie die Studierenden der Bucerius Law School eine Abiturnote von 1,5 haben, sind die Absolventen deutlich besser (8,22 Punkte). Der erfolgreiche Trend zu weit überdurchschnittlichen Ergebnissen der Absolventen der Bucerius Law School im Ersten Juristischen Staatsexamen setzte sich auch bis in das Jahr 2007 fort. Der Schnitt der Prädikatsexamina liegt weiterhin bei rund 75 %; die Durchschnittsnote liegt konstant zwischen 10,3 und 11,2 Punkte. Bucerius Law School steht hoch im Kurs bei Studierenden und Professoren In den Rankings (Handelsblatt, Spiegel, Wirtschaftswoche) belegt die Bucerius Law School Spitzenplätze. So nahm die Bucerius Law School beim jährlichen Hochschulranking der Zeitschrift „karriere“ im Fachbereich Jura – wie auch schon im Vorjahr – mit Platz 1 die Spitzenposition ein. Das Ranking basiert auf einer Befragung von 50.000 Studenten und Absolventen sowie Personalverantwortlichen aus 1.000 Unternehmen. Seit April 2006 hat die Hochschule sechs Professoren halten können, die Rufe nach Münster, Erlangen-Nürnberg, Göttingen, Regensburg, Zürich und Trier erhalten haben. Dies macht deutlich, dass die Bucerius Law School hervorragende Professoren nicht nur gewinnen, sondern auch an sich binden kann. Bei der Entscheidung für die Law School spielte neben den guten Studierenden und dem effizienten Management der Hochschule, das den Professoren erlaubt, sich ganz auf Forschung und Lehre zu konzentrieren, besonders der „spirit of Bucerius“ eine wichtige Rolle, der auf dem Campus herrscht. Fundraising – eine zentrale Management-Aufgabe Wettbewerb ist eine wesentliche Voraussetzung für eine leistungsfähige Wirtschaft. Dies gilt auch für den Hochschulbereich. Private Hochschulen können dabei eine besondere Rolle spielen. Dies setzt jedoch ihre Autonomie sowohl hinsichtlich ihrer Organisation und der Inhalte von Lehre und Forschung als auch hinsichtlich ihrer Finanzierung voraus. Hochschulen müssen ein effektives Fundraising betreiben, das neben der Einwerbung von Mitteln zur Deckung der laufenden Aufwendungen dazu dient, ein Stiftungskapital aufzubauen, aus dessen Erträgen die Hochschule langfristig und dauerhaft (mit-)finanziert werden kann.
Die Bucerius Law School in Hamburg: Eine Hochschule als Unternehmen Abbildung 1:
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Fundraising – Anteil an Gesamtfinanzierung der Hochschule (in %) im Jahr 2007
23%
2%
63%
Studiengebühren
12%
Sonstige Einnahmen
Spenden
ZEIT-Stiftung
Tabelle 2: Die wichtigsten Förderpartner der Bucerius Law School
Partner
Donatoren
Commerzbank-Stiftung Freshfields Bruckhaus Deringer UBS Deutschland AG Deutsche Bank AG Dr. Ernst A. Langner-Stiftung Wübben, Dr. Walter Sal. Oppenheim
Allen & Overy Claussen-Simon-Stiftung Clifford Chance Gleiss Lutz Linklaters Lovells Marga und Kurt MöllgaardStiftung Taylor Wessing Hengeler Mueller
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Markus Baumanns
Für das Fundraising der Bucerius Law School gilt: Fundraising ist eine zentrale Management-Aufgabe, die alle angeht. Das Fundraising-Instrument schlechthin ist der Aufbau persönlicher, langfristiger Beziehungen = „RelationshipFundraising“. Daraus folgt, dass alle Fundraising-Instrumente auf folgende Elemente abgestimmt sind:
philanthropische Motivation Interesse an den Absolventen (Spenden = Recruitmentmaßnahme) Wettbewerb („die anderen großen Kanzleien fördern auch“) Wunsch, an der „Erfolgsstory“ der Bucerius Law School teilzuhaben innere Verpflichtung der Alumni
Abbildung 2:
Die Struktur der Bucerius Law School
Die Bucerius Law School in Hamburg: Eine Hochschule als Unternehmen
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Die Bucerius Education GmbH – das Unternehmen der Hochschule Quelle: Website Bucerius Education GmbH Seit ihrer Planung und der Aufnahme des Studienbetriebs im Oktober 2000 hat die Hochschule es sich zum Ziel gesetzt, einen Beitrag zur Reform der Juristenausbildung zu leisten und den Wettbewerb unter den Hochschulen zu beleben. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen die Universitäten in Deutschland unternehmerisch aktiv werden. Die Weiterbildungsangebote für Juristen der Bucerius Education GmbH greifen den Gedanken des lebenslangen Lernens an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Recht, der Kernkompetenz der Hochschule, auf. Neben Fachthemen aus dem Gesellschafts-, Steuer- und Stiftungsrecht, bietet die Bucerius Education GmbH Fortbildungen von Anwälten und Unternehmern in Recht und Management in Deutschland, China und den USA an. Darüber hinaus bestehen internationale Kooperationsprogramme (u.a. mit CEIBS, Shanghai; Instituto de Empresa, Madrid; CASS, Bejing). Ein eigener Eventbereich bietet als Servicegesellschaft für die Hochschule und die Bucerius-Familie beratende und logistische Unterstützung bei der Planung und Durchführung von Veranstaltungen. Schlussbemerkung In den letzten fünf Jahren ist in der Hochschullandschaft in Deutschland mehr erreicht worden als in den letzten Jahrzehnten zuvor. Die Einführung von Studiengebühren, die gesetzlich eingeräumte Möglichkeit, Studenten auswählen zu können, die Exzellenzinitiative der vorherigen Bundesregierung, die ungeahnte Wettbewerbskräfte innerhalb der Universitäten in Deutschland freigesetzt hat, die ebenfalls von der Bundesregierung begonnene Flexibilisierung des Dienstund Besoldungsrechts von Hochschulprofessoren, die unter großen Diskussionen, aber konsequent begonnene Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen an deutschen Hochschulen, Sparzwänge, die erfindungsreich machen – all diese Punkte werden in den nächsten Jahren zu einer grundlegenden Umwälzung innerhalb der deutschen Universitäten führen. Private Hochschulen – wie die Bucerius Law School – haben ihren Beitrag dazu geleistet, dass Bewegung in die Hochschullandschaft gekommen ist.
Privat finanziert, öffentlich ausgerichtet: Die Hertie School of Governance als eine besondere Form von „Public-Private-Partnership“ Henrik Enderlein
Private Hochschulen sind dabei, sich von einem Ornament im deutschen Hochschulsystem zu einer tragenden Säule zu entwickeln. Zwar wird es in Deutschland auf absehbare Zeit wohl kaum eine ähnlich entwickelte Struktur von Privatuniversitäten wie z.B. in den USA geben, aber die immer zahlreicher werdenden Projekte in nicht-staatlicher Trägerschaft stellen ein wichtiges Element im laufenden Reformprozess der deutschen Universitätslandschaft dar. Andererseits ist es aber auch wichtig, die Gegenüberstellung von privaten und staatlichen Projekten nicht überzustrapazieren, denn dafür sind die privaten Ansätze zu unterschiedlich, müssen je nach disziplinärer Ausrichtung, Art des Studiengangs, Art der Finanzierung und auch abhängig vom Umfeld, in dem sie sich befinden, ganz unterschiedliche Probleme meistern. Private Projekte sollten nur dort verglichen werden, wo sie vergleichbar sind, und voneinander abgegrenzt werden, wo sie sich unterscheiden. In diesem Aufsatz möchte ich zeigen, was die Hertie School of Governance (HSoG) ist, wo sie im breiten Spektrum des privaten Hochschulmarktes zu verorten ist, wo sie ihre Herausforderungen sieht und welche Schlussfolgerung wir aus ihren Erfahrungen für die Entwicklung des deutschen Universitätssystems ziehen könnten. Doch zuerst ein paar Erklärungen zum Titel: „Privat finanziert, öffentlich ausgerichtet: Die Hertie School of Governance als eine besondere Form von ,Public-Private-Partnership’“. Die eigentliche Definition von „Public-PrivatePartnership“ verweist auf die Mobilisierung privaten Kapitals bzw. Wissens zur Erfüllung von staatlichen Aufgaben. Natürlich trifft diese Definition nicht auf die HSoG zu. Wir erfüllen an der HSoG keine Staatsaufgaben und streben dieses Ziel auch nicht an. Aber wir haben eine starke öffentliche Ausrichtung. Das erste Ziel der HSoG ist es, als private Hochschule junge Menschen auf für die Gemeinschaft und Gesellschaft relevante Führungsaufgaben in unterschiedlichen Sektoren vorzubereiten. Ihr wichtigster Inhalt ist die Erforschung und Vermittlung modernen Regierens. Gutes Regieren setzt hohe Expertise, horizon-
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tale Denkfähigkeit und kreative Problemlösungskraft voraus. Dies wollen wir an der HSoG vermitteln. Dabei geht es übrigens nicht in erster Linie darum, Berufspolitiker ausoder weiterzubilden. Mandatsträger in einer Demokratie stellen als Repräsentanten die Brücke zwischen den Demos und der Fachkompetenz der verschiedenen Komponenten der öffentlichen Hand her. Die für diese Mittleraufgabe geforderten sozialen und politischen Kompetenzen lassen sich nur begrenzt in einem universitären Umfeld erlernen. In der „Kunst des Regierens“ geht es dagegen primär um die fachlichen Kompetenzen, die für die erfolgreiche Bewältigung von Problemen und Herausforderungen im öffentlichen Sektor, im Privatsektor oder auch im Non-Profit-Sektor notwendig sind. Gleichzeitig würde aber auch eine zu scharfe Trennung von Politik und Fachkompetenz ein abwegiges Bild ergeben. Die Stärken und Schwächen der lenkenden Akteure staatlichen und gesellschaftlichen Handelns sind oft eine Resultante ihrer Fähigkeit, Politik und politische Fragestellungen nicht nur aus einer rein fachlichen, sondern auch aus einer politischen Perspektive zu verstehen. An dieser Schnittstelle setzt die HSoG an. Sie trägt als privat finanzierte Hochschule zur Leistungsfähigkeit der Polis bei. Deshalb kann die HSoG auch kein auf Profit ausgerichtetes Unternehmen sein. Sie ist der Gemeinnützigkeit verpflichtet – und das nicht nur im Namen als gGmbH oder im Finanzierungshintergrund als Projekt der Gemeinnützigen Hertie Stiftung, sondern auch und vor allem in der inhaltlichen Zielrichtung. Nach dieser kurzen Beschreibung der HSoG als besondere Form des Public-Private-Partnerships will ich nun das breitere Aufgaben- und Herausforderungsspektrum der HSoG beschreiben. Ich beginne mit sieben Kurzcharakteristika der HSoG. Dann wende ich mich zwei Herausforderungen von Privatuniversitäten zu und schließe mit drei Überlegungen dazu, was die Erfahrungen der HSoG für das deutsche Universitätssystem und die Diskussion „Unternehmen und Hochschule“ bedeuten könnten. Die Hertie School of Governance – eine Kurzbeschreibung in sieben Punkten 1. Charakteristikum eins ist, dass die HSoG seit 2003 die erste private Public Policy School in Deutschland ist. Sie stellt dabei in vielerlei Hinsicht ein Novum dar. Sie ist nicht nur eine neu gegründete Hochschule, sondern sie hat einen neuen Abschlusstypus, den „Master of Public Policy“ eingeführt, den es so in Deutschland in dieser Form bislang nicht gab. Dieser englischsprachige Studiengang hat im September 2005 begonnen. Die erste Generation unserer Mas-
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terabsolventen wurde im Mai 2007 verabschiedet. Die Kosten belaufen sich auf 10.000 Euro pro Jahr. Wir vergeben zahlreiche Stipendien, um tatsächlich die besten und motiviertesten Studierenden zu uns zu holen. Der Studierendenkorpus ist mit 25 vertretenen Nationen international ausgerichtet. Der akademische Kalender ist amerikanisch. Dies ist ein sehr wichtiger Punkt, denn nur so kann die Vernetzung in der internationalen Hochschullandschaft erreicht werden und viele internationale Partner sind nicht nur in die wissenschaftliche Landschaft Berlins eingebettet, sondern es existieren auch Austauschprogramme mit einer Reihe internationaler Universitäten. 2. Zum Aufbau der HSoG: Die Hertie School of Governance stützt sich auf fünf unterschiedliche Pfeiler, die ich hier kurz beschreiben möchte. Abbildung 1:
Der Aufbau der Hertie School of Governance
Der erste zentrale Stützpfeiler ist der oben kurz skizzierte Master of Public Policy. Als zweiten Pfeiler führt die HSoG im September 2008 einen „Executive Master of Public Management“ ein, der für bereits im Beruf stehende ange-
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hende Führungskräfte als einjähriges Vollzeitprogramm oder zweijähriges berufsbegleitendes Programm eine fokussierte Weiterbildungsmöglichkeit liefert. Zudem bietet die HSoG eine breite Palette an Executive Education Seminaren an, also drei- bis fünftägige Weiterbildungskurse, die den Teilnehmern nicht nur zusätzliches Fachwissen vermitteln sollen (z.B. „Ökonomie für NichtÖkonomen“), sondern auch Reflektion und Analyse zu wichtigen Themen unserer Zeit in den Vordergrund rücken. Ein Beispiel: Welcher Mitarbeiter in einem Ministerium, einer Nicht-Regierungsorganisation oder einem Privatunternehmen nimmt sich schon selbst die Zeit, ein Phänomen wie Globalisierung fundiert zu reflektieren und Schlussfolgerungen für die eigene berufliche Tätigkeit zu ziehen? Der vierte Pfeiler, den wir als „Knowledge Transfer“ bezeichnen, steht dafür, dass unser Fachwissen nicht nur über die Lehre an die Studierenden und Teilnehmer unserer Weiterbildungsangebote vermittelt werden soll, sondern auch in die öffentliche Verwaltung und die politische Debatte in Berlin ausstrahlt. Wenn es uns gelingt, die öffentliche Diskussion mit zu prägen, Themen in den Vordergrund zu rücken und inhaltliche Vorschläge zu formulieren, dann sind wir in der Herstellung der von uns gewünschten Verbindung zwischen Wissenschaft und Politik erfolgreich. Berlin bietet uns natürlich genau den richtigen Kontext für eine solche Verbindung. Ein weiterer Pfeiler ist die Forschung: Ein Projekt wie die HSoG kann nur erfolgreich sein, wenn die dort entstehenden Forschungsleistungen exzellent sind. Unsere wichtigste Ressource ist die Expertise unserer Professoren und wissenschaftlichen Mitarbeiter. Deshalb darf die Forschung an privaten Hochschulen nicht unterbewertet werden. Es wäre fatal, die Versuchung, durch ein höheres Lehrdeputat ein rentables Unternehmen aufzubauen, auch nur entstehen zu lassen. Wir räumen der Forschung an der HSoG deshalb einen sehr hohen Stellenwert ein. Alle am Projekt beteiligten Akteure – von den Stiftern bis zu den Studierenden – wissen, dass das Humboldtsche Prinzip der Verkopplung von Forschung und Lehre keine leere Floskel ist. 3. Das dritte Charakteristikum: Die Themen der Hertie School of Governance. Wenn über Themen gesprochen wird, bemerkt man, dass die HSoG aus den klassischen Bereichen der Disziplinen, wie zum Beispiel Jura, Politikwissenschaft oder Ökonomie, auszubrechen versucht und danach strebt, etwas Neues zu entwickeln. Der Inhalt unserer Lehrangebote entspringt keiner klassischen Disziplin. Er geht vielmehr aus den Anforderungen hervor, mit denen die drei zentralen Zielbereiche unserer Arbeit konfrontiert sind: der öffentliche Sektor, der Privatsektor und die Zivilgesellschaft. Natürlich sind diese Anforderungen nicht mehr nur
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national, wie das klassische Modell der Regierungslehre suggeriert. So ergibt sich die folgende Matrix: Abbildung 2:
Die Themen der Hertie School of Governance
Modernes Regieren muss in der Lage sein, diese Matrixstruktur abzudecken. Die an den Universitäten klassisch vertretenen Disziplinen stellen die notwendige Bedingung dar, mit dieser Matrix umzugehen. Eine hohe fachliche Expertise in Recht, Ökonomie, Politikwissenschaft oder anderen Disziplinen ist Ausgangspunkt. Doch die Vernetzung dieser disziplinären Ansätze untereinander könnte die hinreichende Bedingung sein. Da die HSoG aber einen Masterstudiengang und keinen BA anbietet, kommen die Studierenden mit einer Grundausbildung aus einer Fachdisziplin an die School. Wir bringen unsere Studierenden mit dieser Matrix in Verbindung und bilden sie weiter in den Bereichen, die notwendig sind, um modernes Regieren zu verstehen. Der Ansatz muss also notwendigerweise interdisziplinär sein. Unser Lehrprogramm speist sich aus der Politikwissenschaft, aus der Ökonomie, aus der Rechtswissenschaft und einer ganzen Reihe von anderen Disziplinen und versucht, diese in eine variable Geometrie einzuordnen. So wird ein Programm
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Henrik Enderlein
kreiert, das den Studierenden erlaubt, sich erfolgreich mit neuen Fragestellungen auseinander zu setzen. Abbildung 3:
Der Ansatz der Hertie School of Governance
4. Wer sind die Studierenden der HSoG? Das Programm der Hertie School ist ein internationales Programm; es zieht mehr und mehr Studierende aus allen fünf Kontinenten an. Weniger als die Hälfte der Studierenden kommt aus Deutschland. Dieser Punkt ist uns wichtig, denn die HSoG will keine nur in Deutschland verankerte Hochschule sein. Begonnen wurde im ersten Studienjahr mit 30 Studierenden, im zweiten Jahr mit ungefähr 45. Im neuen Jahrgang werden 60 Studierende erwartet und mittelfristig sind 80 Teilnehmer geplant. So werden pro Jahr 80 Studierende teilnehmen. Und da sie zwei Jahre im Masterstudiengang bleiben, werden jährlich ungefähr 160 Studierende an der Hertie School of Governance auf den Abschluss des Masters of Public Policy hin studieren.
Hertie School of Governance als Form von „Public-Private-Partnership“ Abbildung 4:
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Die Studierenden der Hertie School of Governance
5. Wo sollen unsere Absolventen arbeiten? Die Hertie School of Governance ist, wie bereits beschrieben, auf die drei Sektoren öffentlicher Sektor, privater Sektor und Zivilgesellschaft ausgerichtet. Adressaten unserer politischen Impulsarbeit und potentielle Arbeitgeber für Absolventen sind nationale Verwaltungen, die Europäische Union, internationale Organisationen und teilweise auch der Privatsektor. Im Privatsektor sind es, neben den großen Unternehmen, Projekte in Public-Private-Partnerships und politische Beratung. Nicht zu vergessen sind die Nicht-Regierungsorganisationen, bei denen die Nachfrage an gut ausgebildeten Studierenden besonders hoch ist. Gerade aus diesem Sektor hören wir oft, dass es wenige Orte gibt, an denen Studierende die Möglichkeit haben, das zu lernen, was sie für Berufe in diesem Bereich erlernen sollten.
120 Abbildung 5:
Henrik Enderlein Die Ausrichtung der Hertie School of Governance
6. Partnerschaften. Die HSoG hat sich von Beginn an in enge Kooperations-abkommen mit Partnern eingebracht. Besonders wichtig ist die Teilnahme an einem internationalen Netzwerk von Public Policy Schulen. Wir bieten „Dual Degree” Programme mit der London School of Economics, Sciences Po in Paris sowie der School of International Public Affairs (SIPA) an der Columbia University in New York an. In Berlin verbindet uns ein enges Kooperationsabkommen mit dem Wissenschaftszentrum. Darüber hinaus arbeiten wir eng mit der Freien Universität Berlin und der Humboldt Universität zusammen, natürlich auch mit den anderen Institutionen für Wissenschaft und Politik – z.B. der Stiftung Wissenschaft und Politik oder auch der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Neben diesen akademischen Partnerschaften hat die HSoG auch fest institutionalisierte Abkommen mit Praxisinstitutionen aufgebaut. Ein Beispiel: Mit dem Kanzleramt der Bundesrepublik Deutschland besteht ein Kooperationsabkommen. Jedes Jahr können mehrere Studierende der HSoG Praktika im Kanzleramt absolvieren. Darüber hinaus wurde vereinbart, dass jedes Jahr ein Studierender im zweijährigen Masterprogramm zwischen den Studienjahren ein ganzes Praxisjahr im Kanzleramt verbringen kann. Mit dem Bundesgesund-
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heitsministerium oder auch internationalen Organisationen bestehen ähnliche Vereinbarungen. Abbildung 6:
Die Partnerschaften der Hertie School of Governance
7. Zur Finanzierung. Anders als eine Business School oder auch eine Law School richtet sich eine School of Policy fast schon aus ihrer Definition heraus an weniger solvente Interessenten. Bei anderen Schulen sehen Sie in der Liste der Geldgeber und Partner oft eine Vielzahl an Großunternehmen oder Kanzleien, die einen privilegierten Kontakt institutionalisieren wollen, um auf einen Pool der Absolventen einen Erstzugriff zu haben oder auch, um die Expertise der Schule nutzen zu können. Die HSoG hat es in diesem Bereich schwerer. Wir sind auf einen Sektor ausgerichtet, der nicht viel bezahlen kann. In der Tat stehen den großen internationalen Unternehmen oftmals mehr Kapital zur Verfügung als Ministerien, Nichtregierungsorganisationen oder internationalen Organisationen. Die HSoG wird von der Gemeinnützigen Hertie Stiftung (GHS) finanziert. Mit ihrem Vermögen von rund 830 Millionen Euro und einem jährlichen Fördervolumen von durchschnittlich rund 25 Millionen Euro gehört die Hertie-
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Stiftung zu den größten privaten Stiftungen Deutschlands. Seit 1998 besteht keinerlei Unternehmensbindung mehr. Die GHS ist in einer Vielzahl von Bereichen aktiv. Neben der HSoG unterstützt die GHS das Institut für klinische Hirnforschung an der Universität Tübingen. Sie fördert darüber hinaus eine Reihe von anderen Projekten in den Bereichen Neurowissenschaften, Europäische Integration und Erziehung zur Demokratie. Das größte Projekt der GHS ist die Hertie School of Governance. Die Hertie School of Governance ist aus knapp 26 Millionen Euro Aufbaufinanzierung für die ersten fünf Jahre hervorgegangen. Ich will bewusst noch einmal hervorheben, dass die GHS nicht mehr unternehmerisch gebunden ist, also im Gegensatz zu anderen Stiftungen, die sich eben doch in einer gewissen Brückensituation gegenüber dem Geldgeber befinden, völlige Unabhängigkeit garantiert. Der Name wurde bewusst gewählt, denn er kennzeichnet die Bindung zwischen der Gemeinnützigen Hertie Stiftung und der Hertie School of Governance. Und das ist notwendig, damit die Langfristigkeit des Projekts und auch dessen Nachhaltigkeit garantiert werden. Privat oder öffentlich – wer finanziert innovative Hochschulprojekte in Deutschland? Die Finanzierung einer Public Policy School ist in einem Land wie Deutschland keine einfache Aufgabe. Wenn die Vermittlung modernen Regierens als ein öffentliches Gut betrachtet wird, dann sollte die Finanzierung – wie bei den meisten öffentlichen Gütern – im Prinzip über staatliche Mittelvergabe erfolgen. Allerdings wissen wir um die immer deutlichere Ressourcenknappheit des Staates. Und da ein „Shareholder-Modell“, wie es bei Business Schools oder auch bei Law Schools gut funktioniert, sich für den Bereich Public Policy kaum eignet (siehe oben), können gerade bei der Finanzierung von Public Policy Schools Engpässe entstehen. Stiftungskapital kann eine sehr effektive Antwort sein. Die Finanzierung über eine Stiftung ist eine Mischform zwischen „Endowment“ und operativer Finanzierung. Denn eine Stiftung will der Hochschule zwar nicht unbedingt ein festes „Endowment“ zur Verfügung stellen. Gleichzeitig kann sie einen Teil ihres Stiftungskapitals aber fest einem Projekt wie der HSoG zweckgebunden zuordnen und aus der Rendite die operative Finanzierung der Hochschule betreiben. Damit zur Gretchenfrage: Gibt es deutliche Unterschiede zwischen privater und öffentlicher Finanzierung? Ich sehe bei der privaten Finanzierung einige, nicht unerhebliche Vorteile gegenüber der öffentlichen Finanzierung, wenn es
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um ein Projekt wie die HSoG geht. Gleichzeitig will ich allerdings unterstreichen, dass ein ähnliches Projekt wie die HSoG natürlich auch an einer öffentlichen Universität hätte entstehen können. Ein junges, interdisziplinär aufgebautes Projekt internationaler Ausrichtung braucht einen schlanken Aufbau mit gutem Management, das auf Herausforderungen flexibel reagieren kann, wenn es um den Gewinn international führender Wissenschaftler geht, für die schnell ein attraktives Angebot zur Verfügung stehen muss; wenn es um interdisziplinäre Projekte geht, bei denen Instituts- oder Fachbereichskämpfe eine echte Barriere darstellen; wenn es um schnelle Verwaltungsprozesse geht, um Gelder dorthin fließen zu lassen, wo sie am effektivsten eingesetzt sind…. In diesen Bereichen kann eine private Hochschule durchaus Vorteile haben. Allerdings: Mit einer Art Stiftungskapital oder einer weitgehend autonomen Struktur innerhalb einer öffentlichen Hochschule wäre ein Projekt wie die HSoG aber auch an einer staatlichen Universität sicherlich realisierbar gewesen. Natürlich ist, solange es einen privaten Financier gibt, die Langfristigkeit nie hundertprozentig gesichert – was sie im öffentlichen Bereich übrigens auch nicht ist. Nur ein echtes „Endowment“ kann hier Abhilfe leisten. In Deutschland sind wir davon weit entfernt. Ich bin aber davon überzeugt, dass wir in Zukunft immer mehr Mischfinanzierungsprojekte sehen werden, in denen öffentliche Gelder mit privaten Beiträgen kombiniert werden. Privat finanzierte Forschungszentren oder Studienprogramme, „Endowed Chairs“ oder auch gestiftete Bibliotheken werden in Deutschland an Bedeutung gewinnen. Auch an der HSoG gibt es Bestrebungen, mit Unternehmen zu kooperieren. Wir werden gemeinsam mit KPMG einen Lehrstuhl für Verwaltungswissenschaften besetzen. Zwei zentrale Herausforderungen privat finanzierter Hochschulprojekte Selbstverständlich gibt es auch spezifische Herausforderungen in privaten Hochschulprojekten. Hier sehe ich vor allem (1) die langfristige Bindung von Professoren, (2) die nachhaltige Finanzierung von Forschung und (3) die Hochschulautonomie. Zum ersten Aspekt: Der Wettbewerb um Professuren ist eine der größten Herausforderungen für die privaten Hochschulen. Denn es mag zwar sein, dass der Geist und das Umfeld an einer privaten Universität für hoch qualifizierte Wissenschaftler sehr attraktiv und auch sehr motivierend ist, aber langfristig könnten sich viele Professoren die Frage stellen, warum eine Position an einer öffentlichen Universität verbunden mit dem Beamtenstatus nicht doch sicherer wäre. Es gibt hier zwei zentrale Antworten. Die erste ist, dass eine Entsprechung
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der garantierten Versorgungsleistungen im öffentlichen Dienst durchaus über gut gestaltete Verträge an einer privaten Universität erreicht werden können. Die zweite Antwort zielt auf Professoren, denen das öffentliche System wenig attraktive Angebote unterbreiten kann. Ältere, erfahrene Professoren, die aus dem öffentlichen Universitätssystem „heraus emeritiert“ werden und junge talentierte Wissenschaftler können an einer privaten Universität ein Umfeld finden, das ihren persönlichen Bedürfnissen entspricht. Schwieriger ist es bei den „Middle-Track-Professuren“, also den klassischen Lehrstuhlinhabern an einer deutschen Universität zwischen 45 und 60 Jahren. Gerade in diesem Lebensabschnitt ist ein Sprung aus der Sicherheit des Beamtenstatus an eine private Universität nicht ganz leicht. Und in diesem Bereich müssen sich die privaten Universitäten tatsächlich überlegen, wie sie Anreize schaffen und wie sie in Konkurrenz zu den staatlichen Universitäten treten können. Der zweite Herausforderungsbereich ist die Forschung. Wie eingangs erwähnt, ist exzellente Forschung in einem privat finanzierten Modell absolut notwendig für das Überleben einer privaten Hochschule. Andererseits sind die Anreizstrukturen so, dass es für die Professoren einer privaten Hochschule nicht immer leicht ist, ausreichend Zeit für die Forschung zu schaffen. Mit vielfältigen Aufgaben, wie dem Einwerben von Geldern, Teilnahme an Executive Education Programmen, der engen Betreuung der Studierenden etc., wird ein Leistungsumfang aufgebaut, der an dem Zeitbudget für Forschung zu knabbern droht. Hier liegt es an den privaten Geldgebern zu realisieren, Bildung nicht nur als ein Marktgut zu sehen, mit dem ein „Degree“ verkauft werden kann. Das Humboldtsche Prinzip in die private Hochschullandschaft zu übertragen, ist nicht leicht. Ich bin mit der Entwicklung in gerade diesem Bereich an der HSoG sehr zufrieden: Wir wissen nur zu gut, dass Einsparungen bei der Forschung letztlich an unserem eigenen Kapitalstock zehren würden. Nur wenn ausreichend Zeit für Forschung ist, kann sich die Schule weiterentwickeln, stetig erneuern und ihr Niveau beibehalten. Die dritte Herausforderung für privat finanzierte Projekte ist die Hochschulautonomie. Es gibt viele gut dokumentierte Gründe, warum Hochschulen sich selbst verwalten sollen, warum Freiheit und Unabhängigkeit von Forschung und Lehre an jeder Hochschule gewährleistet sein müssen. Wenn mit der Bereitstellung von Kapital bestimmte Einflüsse auf die Arbeit der Hochschule verbunden sind, dann droht das Modell zu scheitern. Gerade bei einer School of Public Policy ist es von großer Bedeutung, dass über die Finanzierung keine Themen, Interessen oder Meinungen in die Arbeit der Universität eingehen. Mit der Gemeinnützigen Hertie Stiftung haben wir einen Partner gefunden, der aufgrund seiner eigenen Autonomie als unternehmensunabhängige Stiftung fast ideal zu diesen Zielsetzungen passt.
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Schlussfolgerungen Abschließend will ich drei Schlussfolgerungen aus dem Projekt Hertie School of Governance für private Hochschulen allgemein ziehen. Erstens: Private Hochschulfinanzierung muss auf die Bedürfnisse eines einzelnen Feldes zugeschnitten sein. Es gibt hier sicherlich kein Standardmodell. Eine Business School wird ein anderes Modell brauchen als eine Law School. Eine breit ausgerichtete Universität wie die Jacobs University in Bremen hat andere Herausforderungen zu bewältigen als die Hertie School of Governance. Deshalb würde ich immer warnen, aus den positiven oder auch negativen Erfahrungen einzelner Projekte schnell verallgemeinernde Rückschlüsse zu ziehen. Zweitens: Die private Hochschulfinanzierung ist nur ein möglicher Weg, innovative Projekte in der deutschen Hochschullandschaft umzusetzen. Ich bin auf Mischfinanzierungsformen eingegangen und möchte noch einmal unterstreichen, dass ich die Kooperation zwischen staatlichen und privaten Modellen für einen sehr Erfolg versprechenden Weg halte. Staatliche und private Hochschulen sollten nicht als Gegensätze begriffen werden, sondern sich vielmehr als Partner in einer tiefgreifenden, dynamischen Umstrukturierung des deutschen Hochschulsystems sehen. Hybride Modelle wie teil- und privatfinanzierte Lehrstühle, Institute an staatlichen Universitäten oder die staatliche Unterstützung von privat finanzierten Systemen gehören zu den wichtigsten Modellen der Zukunft. Nur wenn der Brückenschlag zwischen Privatfinanzierung und staatlicher Finanzierung stattfindet, kann tatsächlich eine Dynamik, mehr Wettbewerb im Hochschulbereich erreicht werden. Drittens: Deutschlands Stärke ist die Stiftungslandschaft. Gerade im Vergleich mit vielen europäischen Ländern sind die Stiftungen in Deutschland so stark, dass sie Innovationen im Hochschulsystem und Reformprozesse tatkräftig unterstützen können. Auch deshalb sehe ich die Teilfinanzierung durch Stiftungen als eine essentielle Zukunftskomponente. Kurz: Die Kombination „Public-Private“ könnte ein echtes Erfolgsmodell werden. Das zeigen viele Projekte – und daran können wir weiter arbeiten.
Podiumsdiskussion: Wissenschaft und Wirtschaft zwischen Ökonomisierung und Autonomieanspruch Peter-André Alt, Peter Gaehtgens, Hardy Rudolf Schmitz, René Gurka Moderation: Armin Himmelrath
Armin Himmelrath: Wir wollen uns dem Thema Wissenschaft und Wirtschaft zwischen Ökonomisierung und Autonomieanspruch widmen. Wenn man die Vorträge, Diskussionen und Debatten im Laufe der Veranstaltung gehört hat, dann stellt sich für mich die Frage, ob dieser Titel in seiner Formulierung überhaupt richtig gewählt ist. „Zwischen Ökonomisierung und Autonomieanspruch“ hört sich ja nach Widerspruch an. Jedoch habe ich eher den Verdacht, dass die Begriffe ganz eng zusammengehören: Autonomie und Ökonomie. Wenn es denn so richtig ist, dass dies zusammengehört, dann stellt sich die Frage, was davon ist die Vorraussetzung des anderen. Diese Frage möchte ich zuerst an Herrn Gaehtgens richten, wie man Ökonomisierung und Autonomieanspruch unter einen Hut bekommt und was wovon die Voraussetzung ist. Prof. Dr. Peter Gaehtgens: Ja, Herr Himmelrath, das ist mir auch sofort aufgefallen und ich finde es gut, dass Sie mit diesem Punkt beginnen. Natürlich hängt alles davon ab, wie man diese Begriffe versteht. Wenn man unter Ökonomisierung versteht, dass die Prozesse, die sich an Hochschulen abspielen – Lehre, Forschung, wissenschaftliche Nachwuchsausbildung und Servicefunktionen anderer Art – auch unter Bedingungen ökonomischer Optimierung betrieben und Hochschulen so organisiert werden, dass Rechenschaftslegung erfolgen und Leistung vorgewiesen werden kann und daher auch wirtschaftlich vernünftig gearbeitet wird – dann ist Autonomie eine Voraussetzung. Ohne Autonomie kann die Hochschule das nicht. Sie muss Freiräume haben und ggf. auch unter ökonomischen Kriterien Entscheidungen treffen, die natürlich auch Negativentscheidungen innerhalb der Hochschule sein werden. Deswegen, so glaube ich, befinden wir uns im Moment in einer Situation, in der zu Recht – ich beschränke mich mit dieser Bewertung nicht auf die Bundesrepublik – die Entwicklung von Hochschulauto-
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Peter-André Alt, Peter Gaehtgens, Hardy Rudolf Schmitz, René Gurka
nomie europaweit sehr weit fortgeschritten ist – vielleicht in Deutschland etwas weniger als in anderen Ländern. Dies geschieht durchaus im Interesse der wirtschaftlicheren, das heißt in diesem Falle effizienteren Gestaltung akademischer Prozesse an der Hochschule. Diese Prozesse dienen dem Erkenntnisgewinn wissenschaftlicher Fragestellungen, können ihrerseits im Einzelfall aber auch ökonomische Nutzungen ermöglichen, selbst wenn der primäre Auftrag der Hochschulen natürlich kein ökonomischer Auftrag ist. Die Konvertibilität dessen, was Hochschulen produzieren, nämlich neues Wissen und Transfer dieses Wissens, in eine geldliche Währung ist Aufgabe der Wirtschaft. Aber die neu gewonnene Autonomie der Hochschulen muss von ihnen im Sinne auch ökonomischen Verhaltens genutzt werden. Deshalb ist es richtig zu sagen, dass die Tätigkeit von autonomen Hochschulen am Anfang einer Wertschöpfungskette steht, die nur ertragreich sein kann, wenn die Hochschulen ihre gewonnene Autonomie auch, wenngleich nur, im Sinne der Wirtschaftlichkeit nutzen. Armin Himmelrath: Bleiben wir auf der Seite der Hochschulen. Herr Alt, wenn Sie jetzt die Autonomie, die überall diskutiert wird und zunehmend auch eingeräumt wird, auf Ihre praktischen Erfahrungen innerhalb eines Fachbereichs herunterbrechen, wie steht es um die Autonomie und die ökonomische Arbeitsweise? Prof. Dr. Peter-André Alt: Um das zu beantworten, möchte ich gern das Verhältnis zwischen Ökonomie und Autonomie aus einem anderen Blickwinkel betrachten. Wir haben gerade in der letzen Woche die Anhörungen im Rahmen der Exzellenzinitiative hinter uns gebracht, vor einem großen internationalen Gremium von 15 Gutachtern. Dabei fanden wir uns häufig zwischen zwei extremen Positionen zerrieben. Die eine Position besagte: Die Zukunftsentscheidungen der Freien Universität werden durch ein starkes Präsidium auf der Grundlage von neuen administrativen Strukturen getroffen, die Wissenschaft so zu organisieren haben, dass sie Spitzenforschung betreiben kann, wobei internationale Boards und interne Konzentrationsbewegungen die Effizienz steigern sollen. Die Frage wäre aber, wo hier die akademische Basisdemokratie bleibt, die doch ein Teil des deutschen Systems und ein Grund für seine Stärke ist. Die andere Position besagte: Die Freie Universität möchte ein neues System entwickeln, wird jedoch durch ihre Bottom-Up-Prozesse behindert, weil klare Entscheidungen durch Abstimmungszwänge mit entsprechendem Kompromissdruck unterbunden werden. Die Berufungsverfahren sind zu langsam, die Koordinationsvorgänge zu umständlich, zu ver-wickelt und zu konsensabhängig. Diese extremen Positionen lassen sich schwer verbinden. Die einen argumentieren im Sinne einer rationalen Logik des Ökonomischen – wobei ich den Begriff des Ökonomischen so weit fasse, dass er Synonym von Effizienz ist.
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Die anderen argumentieren im Namen der Universitätsautonomie als Element der alten, korporationsrechtlich begründeten Idee der Gemeinschaft von Lehrenden und Lernenden. Ich will damit nicht sagen, dass diese Antinomie der Positionen immer genau die Situation beschreibt, in der wir stecken, aber sie spiegelt die Zwänge unserer Selbstfindung. Wir waren auf der einen Seite, auch unter dem Druck der knappen Mittel der letzten Jahre, gezwungen, Strukturentscheidungen zu fällen, die nicht immer in der Sache begründet schienen, sondern heteronom, von außen gesteuert. Auf der anderen Seite haben wir damit Weichen in neue Richtungen gestellt. Die Freie Universität ist ein Beispiel dafür, wie unter dem Druck einer durch die Politik erzwungenen schwierigen Haushaltssituation eine enorme wissenschaftliche Leistungsfähigkeit geschaffen wurde. Auf der anderen Seite ist zu bedenken, dass die Autonomie im Hochschulrecht verankert ist, das Spielräume in bestimmten Punkten nicht erweitert, sondern verengt. Man kann das am Beispiel des Recruitings zeigen, der Suche nach geeignetem Personal. Wenn die Universität außerhalb der Regeln von administrativ genau festgelegten Berufungs- und Besetzungsverfahren geeignete Personen gewinnen möchte, ist das unerhört schwierig, selbst wenn wir zunehmend über Drittmittel verfügen, die größere Beweglichkeit schaffen. Wenn man im akademischen Alltag erlebt, wie mühselig und zeitaufwendig die Arbeit von Berufungskommissionen ist, muss man erkennen, dass Autonomie, die alle Statusgruppen an Entscheidungen beteiligt, sehr anstrengend, manchmal auch kontraproduktiv sein kann. Die Zwänge des Systems führen dazu, dass diejenigen, die Drittmittel für die Schaffung einer Stelle eingeworben haben, nicht die Entscheidungsbefugnis haben, diese Stelle so zu besetzen, wie sie es für richtig halten. Auf der anderen Seite möchte ich nicht nur im Sinne der Effizienzsteigerung argumentieren, denn es existieren gute Gründe dafür, dass Hochschulen an bestimmten Punkten anders funktionieren als Unternehmen. Dass in Entscheidungsprozesse alle Statusgruppen einbezogen sind, erinnert uns zu Recht daran, dass die Universität eine Gemeinschaft mit Selbstverwaltungsanspruch und keine Firma ist. Es besteht also zwangsläufig eine Reibung zwischen den alten und neuen Strukturen. Im Alltag kann das manchmal gewaltig „knirschen“. Armin Himmelrath: Herr Gurka, wenn Sie sich von außen an die Hochschule annähern und stoßen dann auf diese gerade umschriebene Umstandsautonomie, wo zucken Sie zurück und wo sagen Sie, so schlecht ist das ja eigentlich gar nicht? René Gurka: Das ist schwierig zu beantworten. Aus meiner rein wirtschaftlichen Sicht ist eine der Problematiken, die wir in Deutschland haben, die, dass vielleicht die Universitäten zu weit von der Wirtschaft weg sind. Wenn man sagt, die Auto-
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nomisierung ist ein wichtiger Teil der Hochschulen, der nicht angetastet werden soll, so werden wir nie die Annäherung zur Wirtschaft haben. Ich habe lange in den USA (das oft zitierte Beispiel) in Silicon Valley zugebracht, und wenn man in Stanford oder UC Berkeley ist, dann ist alles wie ein fließender Übergang. Man weiß gar nicht, bin ich jetzt auf dem Campus oder in einem Innovationszentrum oder bin ich in der Privatwirtschaft. Ich glaube, da haben wir in Deutschland noch viele Möglichkeiten, die noch unausgeschöpft sind. Ich muss es daher kritisieren, dass es tatsächlich so ist, dass die Universität von der Wirtschaft zu weit weg ist. Das Ziel der richtig guten Leute in den USA ist, dass 80 – 90 % nach Stanford gehen, weil sie sich dann selbstständig machen wollen. Hier sind mit Sicherheit 80 – 85 % der guten deutschen Forscher nicht daran interessiert, sich selbstständig zu machen, sondern der Beste in ihrem Forschungsgebiet zu werden. Da kann Herr Schmitz sicher mehr zu sagen. Adlershof ist für mich da eine vorbildliche Einrichtung, weil dort die ersten Ansätze zu sehen sind, wo man Institute der Universität mit den sich ansiedelnden Firmen vermischt. Daher ist mein Standpunkt: Weniger in die Autonomie, mehr in die Wirtschaft. Armin Himmelrath: Das ist sicher noch zu diskutieren. Herr Schmitz, Sie machen die Erfahrung des Brückenbauers zwischen Wissenschaft und Wirtschaft fast täglich in Ihrer Arbeit und sagen, da knirscht es noch gewaltig. Sind die Universitäten vielleicht noch gar nicht reif für das, was wir hier diskutieren? Vielleicht können sie das ausführen und Beispiele nennen, wo es wirklich nicht klappt. Hardy Rudolf Schmitz: Ich sollte vielleicht kurz einschränken, für welchen Bereich Folgendes Gültigkeit hat. Adlershof ist ja ein Aufbauprojekt des Landes Berlin, ich leite die Gesellschaft, die den Aufbau betreibt. Ich bin von meiner Herkunft und Sozialisation einerseits Ingenieur und habe andererseits eine sehr starke Vertriebssozialisation. Somit sehe ich viele Dinge aus der Fähigkeit der Universität, sich nach außen zu organisieren und zwar in Richtung Wirtschaft. Ich kann dies am besten aus dem naturwissenschaftlich-technischen Bereich beurteilen. Davon lebt das starke Wachstum in Adlershof, was ja ein sehr schönes Tempo in den letzen vier Jahren mit 10 – 11 % Arbeitskräftewachstum auf nun 12.000 Mitarbeiter erlebt hat. Wenn man den Kräften nachspürt, wo sie herkommen, dann waren die sicherlich nicht aus der Humboldt ausgegründet. Die Humboldt Universität war in diesem Bereich noch am Anfang und hatte sich nicht eingerichtet. Das Erstaunliche waren die Wirtschaftskraft, die Entwicklung von neuen Unternehmen, von schnellen Lizenzierungsprozessen und ähnlichen Dingen. Die kamen aus einer ganz anderen Geschichte, nämlich aus der Historie, in der 1990 die Akademie
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der Wissenschaften der DDR, die mit den Naturwissenschaften in Adlershof angesiedelt war, zerrissen wurde. Es gab die einen, die durften da bleiben und weiter forschen und die anderen, die es eben nicht mehr durften. Und da sie sehr applikationsorientiert gearbeitet haben, das war die Politik der DDR, ein Beschluss aus den frühen sechziger Jahren, kam es zu einem Dialog. Dieser Dialog kam zustande, weil sie sich erstens kannten. Es gab diese Bänke, die gewissermaßen nur in andere Gebäude gezogen worden waren. Manche standen sich aber sehr nahe. Das führte dazu, dass extrem schnell etwa 100 Unternehmen gegründet wurden, die auch heute noch den ältesten Kern der Unternehmungen in Adlershof ausmachen. Was lehrt uns das? Es lehrt uns hoffentlich, dass wir eine gemeinsame Sprache haben müssen. Da setzt schon mein erster Kritikpunkt an. Dies gilt auch für das Umfeld der Exzellenzinitiative. (Dort hatten wir ein Clustergebilde geschaffen, was sich „Material New Light“ nannte, ich halte es immer noch für ein kluges Konzept, wir waren nicht siegreich, doch sind wir da in guter Gesellschaft). Wichtig war, dass wir dort von Anfang an begleitend die Industrie einbetten wollten. Da musste man Letters of Intent erzielen, und dieses Konzept musste nach draußen getragen werden. Da habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Sprachfähigkeit vieler Professoren der Physik, der Chemie für diese Art von Marsch in die Unsicherheit für ein Projekt was eigentlich noch gar nicht richtig reif ist und das man vertreten muss, nicht vorhanden war. Sprich, bei mir kommt diese Vertriebssozialisation durch, dass man diese Unsicherheit der Begegnung ertragen kann. Das empfindet der klassisch berufene C4-Professor als eine sehr unangenehme Situation. Die Frage ist daher: Ist man eigentlich ertüchtigt zum Dialog? Es geht noch weiter. Das einzelne Institut kann diese Sprachfähigkeit zwar durchaus entwickeln, jedoch die Breite eines Cluster zu argumentieren, war dann eine erneute Schwierigkeit und führte dazu, dass man nicht nur als ein Institut, sondern auch als Cluster bzw. Universität sprachfähig sein musste, und dass man ein Angebot für eine Dauerbeziehung entwickeln musste. Denn klassisch, was ja durchaus funktioniert, ist die Drittmittelgenerierung für gemeinsame Projekte. Die Beobachtung war, dass es eigentlich nur sehr wenige Beispiele für die Etablierung von langfristigen strategischen Beziehungen zu großen Industriebetrieben in ganz Berlin gab. Wir haben also nachgeforscht, wie baut man so etwas auf, und stellten fest, wir fräsen aus dem Vollen. Je weiter wir forschten, desto mehr Gedanken fielen uns auf, die bereits gedacht waren. An der TU gibt es das European Center for Information and Communication Technologies (EICT). Das hat zu einer Ansiedlung der Telekom ganz in der Nähe der TU geführt. Das war also ein langer strategischer Prozess, durchaus auch der Einflussnahme der Industrie auf konkrete Einzelforschungsprojekte. Nach meinem externen Blick funktioniert es sehr gut, diesen Prozess zu managen. So gibt
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es also viele Ansätze im Einzelnen, die gut funktionieren. Dabei fehlt es an einer Tool-Box, wie Universitäten sich dort verhalten wollen, wie man genau mit diesem Gegensatz der Übergriffigkeit der Industrie in Forschungsgebieten umgehen will. Armin Himmelrath: Was Sie beschreiben, ist eine Situation, in der einzelne Projekte funktionieren, aber Basisstrukturen fehlen, die Tool-Box fehlt. Sie haben auch gesagt, dass die Wissenschaft nicht unsere Sprache spricht. Herr Gaehtgens, Sie haben den Blick auf viele Universitäten auch im Ausland, hat da ein Umdenken noch nicht stattgefunden oder geht das nur sehr langsam? Sind die Voraussetzungen so beschaffen, dass die Universitäten einfach gezwungen sind, bei Einzellösungen zu bleiben und es keine Strukturveränderung gibt? Peter Gaehtgens: Zuallererst ist es eine Realität, die man verstehen muss. Die Zweckbestimmung der Universität kommt stark aus ihrer Peripherie („bottom-up“) und nicht aus ihrer Zentrale („top-down“). Es ist der einzelne Wissenschaftler, dessen Forschungsprojekt die intellektuelle Bewegung innerhalb der Universität antreibt, und nicht die Institution Universität als ein Ganzes. Wenn man aber wie Herr Schmitz mit den Strukturen von außen verhandelt, sind es eben die Leitungsebenen, mit denen er spricht. Das ist möglicherweise etwas ganz anderes. Es gibt in Deutschland – anders als in anderen Ländern – einen traditionell sehr seltenen Personalwechsel zwischen den akademischen Bereichen und der Wirtschaft. Es ist viel öfter z.B. in den USA der Fall, dass ein Hochschullehrer in die Wirtschaft geholt wird, oder einer aus der Wirtschaft als lehrender Wissenschaftler an die Hochschule kommt. So ist die wechselseitige Kenntnis der jeweils anderen Kultur in Deutschland zu gering. Ein Top-Manager von HewlettPackard wird in den USA berufen, Präsident einer Universität zu sein. In Deutschland ist es – noch! – völlig unvorstellbar, dass ein Rektor oder Präsident aus dem Management eines Unternehmens der freien Wirtschaft kommt. Da ist ein kultureller Bruch, der überwunden werden muss. Deshalb eben auch der Modernisierungsprozess, in dem wir uns derzeit befinden. Die Universitäten sind aufgefordert, auch die Philosophie ihrer Ausbildungsgänge stärker auf die zukünftige berufliche Tätigkeit ihrer Studierenden auszurichten. Für die Hochschule ist dies eine sehr fundamentale Herausforderung, denn die meisten Hochschullehrer wissen ja gar nicht so genau, wie die berufliche Wirklichkeit aussieht, auf die hin sie die Studierenden ausbilden sollen. Die akademische Laufbahn ist – vielleicht mit Ausnahme der technischen Disziplinen – immer noch ein kultureller Tunnel, in den man sich nach Abitur, Studium und weiterer Tätigkeit an der Universität begibt. In diesem Tunnel ist die Detailkenntnis der Berufswelt außerhalb sehr begrenzt. Deshalb stehen die
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Hochschulen mit dem Bologna-Prozess derzeit unter einem gewaltigen, nicht nur formalen, sondern auch inhaltlichen Druck. Wie bereits gesagt wurde, ist Sprachunfähigkeit im Grunde auch Denkunfähigkeit. Denn es geht ja nicht um Vokabeln per se, sondern um die inhaltliche Verwendung von Begriffen, die aus Kontexten stammen, die man nicht kennt. Wir sollten uns auch nicht dem Irrtum hingeben, die kulturelle Annäherung zwischen Wirtschaft und Hochschule sei, wenn erst einmal als Problem und Aufgabe erkannt, schnell behoben. Dies ist ein Prozess des Lernens, des Abbaus von Misstrauen und der Herstellung von Vertrautheit, der Zeit braucht. Zweitens ist es ein Prozess, der einen Generationensprung vollziehen muss. Das Prinzip der Hochschulausbildung besteht ja darin, das der junge Neuankömmling von dem Vertreter der vorangegangenen Generation Wissen bezieht und sich nach kritischer Prüfung zu eigen macht. Auch da sind die Denk- und Sprechstrukturen der vorangegangenen Generationen zunächst bestimmend. Der letzte Punkt ist, dass sich die Hochschulen im Moment – und deshalb ist der Begriff Autonomie ein zentraler Begriff – in einer Situation befinden, in der ein Interessensausgleich zwischen dem geschaffen werden muss, was der einzelne Wissenschaftler an Interesse formuliert, und dem was die Institution als Ganzes, als „akademisches Unternehmen“ formuliert. Auch in der Wirtschaft kann nicht jeder in einem großen Unternehmen seiner eigenen Nase folgen, da gibt es „Corporate Interest“. Wenn Herr Alt die Berufungsverfahren angesprochen hat, dann sehen wir da genau diesen Konflikt: Der Fachbereich ist traditionell die Struktur, die Berufungslisten macht und damit aus rein fachlicher Sicht Entscheidungen für Personen fällt, die aus der Sicht der Hochschulleitung keineswegs eine ideale Besetzung darstellen würden. Die Hochschulleitung aber betritt nach alter Hochschultradition immer noch gefährliches Terrain, wenn sie etwa den Listenvorschlag eines Fachbereichs in Frage stellt. Deshalb gibt es die ominösen „illegalen“ Mechanismen, die ein Präsident oder Rektor der Hochschule unter Umständen beschreitet, um – unter Verstoß gegen tradierte Regeln – institutionelle Interessen wahrzunehmen. Zugegeben – viele dieser kulturellen Barrieren verändern sich derzeit, andere stehen unter Veränderungsdruck. Dieser Umbruch stellt einen Prozess dar, der die Hochschulen auf das Äußerste strapaziert. Denn die Universitäten dürfen dabei nicht vergessen, was ihre primäre Verpflichtung und Aufgabe ist. Wir reden hier übrigens immer von einigen spezifischen Teilbereichen der öffentlichen Hochschulen. Herr Schmitz hat überwiegend den naturwissenschaftlich-technischen Bereich angesprochen. In Deutschland finden wir die meisten Studierenden immer noch in den Geistes- und Sozialwissenschaften, nicht in den Ingenieurs- und Naturwissenschaften. Das ist in den USA ganz anders. Ihre starke Business-Orientierung bringt junge Generationen dazu, die
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Technik- und Naturwissenschaften zu wählen. Ich glaube daher, dass dieser kulturelle Umbruch seine Zeit brauchen und es dabei nicht ohne Reibungen und Schwierigkeiten abgehen wird. Armin Himmelrath: Es ist also ein Generationenprojekt, was sie da beschreiben. Herr Gurka, welche Hilfe von außen, von der Wirtschaft können Sie den Hochschulen anbieten, die sich umstellen müssen? René Gurka: Es existieren erste Ansätze. Folgendes möchte ich dazu ergänzen: Es ist in den USA tatsächlich so, dass nicht nur der Chef oder der CEO des Unternehmens Präsident der Universität werden kann. Umgekehrt gilt auch ein herausragender Professor seines Fachgebiets als sehr wenig, wenn er nicht selbst eine Firma geleitet oder ihr vorgestanden hat. Vielleicht kann man das Ganze umkehren und die Professoren anspornen, mit Studierenden Ausgründungen zu bilden. Ich weiß, dass es erste Schritte in diese Richtung gibt. In meiner Zeit in den USA habe ich einige kleine Firmen betreut, die sehr gut aufgestellt waren. Teilweise hatten von dreißig Angestellten zehn einen Doktortitel, jedoch war keiner über 30 Jahre alt. Das brauchen wir auch in Deutschland, nur bleibt die Frage, wo wir ansetzen sollen. Zwingen wir die Studierenden, stärker unternehmerisch zu denken, obwohl sie ja ausgebildet sind, gute Wissenschaftler zu sein. Oder sagen wir, dass die Professoren ein gutes Beispiel geben sollen mit den erwähnten Ausgliederungen und mit guten Ideen und Ergebnissen die Kommerzialisierung im Auge behalten, und nicht nur den Forschungsauftrag abschließen. Es ist die Frage, wo wir ansetzen und vielleicht auch an der Spitze beginnen wollen. Ein sehr gutes Beispiel ist „Professor Sonnenschein“: Professor Eike Weber, ein Photovoltaik-Experte. Dieser Professor war für 20 Jahre an der UC Berkeley und ist jetzt Präsident des Fraunhofer Instituts Solare Energiesysteme in Freiburg. Während des Wechsels hat er aber eine Firma gegründet. Nun ist er am Fraunhofer Institut tätig, leitet eine Firma in Berlin und hat nach wie vor seine Professur in Berkeley. Hier besteht die Verbindung der Weiterentwicklung seiner Technologie, der Kommerzialisierung seiner Idee und der Betreuung der Studierenden in den USA, die an seinen Projekten arbeiten. Armin Himmelrath: Da muss ich die Frage an Herrn Alt anschließen. Sie leiten als Dekan einen Fachbereich, der Nicht-Naturwissenschaftler ausbildet. Wo gibt es Ansätze für die geisteswissenschaftlichen Fächer, in eine ähnliche Richtung zu gehen? Peter-André Alt: Tatsächlich sind wir in einem Prozess, der sehr rasant voranschreitet. Wenn man die letzten 15 Jahre betrachtet, erkennt man, dass sich die Strukturen fundamental verändert haben. Das betrifft bei vielen Hochschullehrerinnen und Hoch-
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schullehrern die Bereitschaft, von individuellen Ambitionen abzusehen und eine sehr narzisstische Beziehung zur eigenen Arbeit zugunsten von Gemeinschaftsprojekten aufzugeben. Es handelt sich um einen über die Generationen sich entwickelnden Prozess. Die Generation meiner akademischen Lehrer hat noch keine Anträge geschrieben, drittmittelfinanzierte Stellen geschaffen und Wissenschaftsmanagement getrieben, sondern bevorzugt allein am häuslichen Schreibtisch geforscht. Ich will die Lage nicht beschönigen, zumal gerade in den Geisteswissenschaften Drittmittelforschung nicht allein zum Erfolg führen kann; doch muss man konstatieren, dass die Universität der 70er Jahre mit ihrer Tendenz zur Vereinzelung der Forschungsaktivitäten tot ist. Es gibt nicht wenige, die das beklagen, auch, weil Forschungsexzellenz in den Geisteswissenschaften an Individualleistungen gebunden ist. Eine andere Frage wäre, nach welchen Kriterien geisteswissenschaftliche Fächer eine Forschungspraxis definieren, die, wie für sie typisch, nicht in Zweckkategorien zu erfassen ist. Mir scheint, dass es gerade der Nutzen der Universität ist, dass sie nicht dem Nutzen verpflichtet ist. Und dass Forschung in einem experimentellen Rahmen im doppelten Sinn betrieben wird, nämlich zum einem erfahrungsgestützt und zum anderen nach den Prinzipien von Versuch und Irrtum. Diese Spielräume müssen bleiben; der Nutzen, auch für die Wirtschaft, besteht darin, dass es in beiden Systemen – Ökonomie und Forschung – unterschiedliche Strukturen und Effizienzgesetzmäßigkeiten gibt. Es wäre nicht förderlich, wenn sich Universitäten in allen Punkten Wirtschaftsunternehmen anglichen. Dann würden auch erhebliche geistige Ressourcen verloren gehen. Was meinen Fachbereich angeht, so ist dieser in exakt den dynamischen Prozess einbezogen, den ich eben beschrieb. Wir müssen aber generell konstatieren, dass bei uns der Zusammenhang zwischen Forschung und Berufsmarkt nicht so eng ist wie bei den Natur- oder Medizinwissenschaften. Wir müssen daher die Interaktion zwischen Hochschule und Berufsmarkt anders definieren, da wir quasi ein Forschungsmonopol haben. In den Geisteswissenschaften wird primär an der Universität geforscht. Auch in Berlin gibt es zwar außeruniversitäre Einrichtungen in den Humanities, doch ist deren Zahl begrenzt. Wir bringen verstärkt Praktika ins Studium hinein, und durch das Bachelor-Studium ergeben sich ganz neue Perspektiven. Wir beschäftigen Lehrkräfte, die Berufserfahrung haben und uns entsprechend unterstützen. Gustav Seibt hat in der Süddeutschen geschrieben, dass die Umstellung auf das modularisierte Bachelor- und Mastersystem nach Humboldt der größte Umbruch in der Geschichte der deutschen Universität sei. Das gilt auch für die Geisteswissenschaften, die durch allgemeine Berufsvorbereitung, durch Praktika und Projektseminare Zusammenhänge herstellen, die es zuvor nicht gab. Wir sind hier in Berlin aufgrund der dichten Fächerkonzentration und
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des attraktiven Umfeldes allerdings sehr im Vorteil. Probleme mit den Kulturund Geisteswissenschaften entstehen dagegen an kleinen Universitäten, die über solche Umfelder nicht verfügen. Doch gibt es auch bei uns Schwierigkeiten, den veränderten Anforderungen der Lehre gerecht zu werden. Als wir vor zwei Jahren mit den neuen Studiengängen starteten, ging die Hochschulleitung ganz selbstverständlich davon aus, dass sich eine praxisbezogene Lehre aus sich selbst erzeugen könne. Dabei stellte es sich als großes Problem heraus, dass man in den Geisteswissenschaften nicht über Kontakte zu den Unternehmen verfügt, und dass man kein Lehrpersonal besitzt, das Geisteswissenschaftlern Projektmanagement, Unternehmensplanung oder Urheberrecht vermittelt. Das kann man nicht einfach durch Wirtschaftswissenschaftler umsetzen, sondern man muss Personen gewinnen, die in Verlagen, Medienhäusern, im Journalismus und im Bereich des Kulturmanagements arbeiten. Langsam entwickeln sich neue Kooperationen, die aber schwierig und konfliktträchtig bleiben, weil hier zwei Kulturen – der Theorie und der Praxis – am Werke sind, zwischen denen eine Vermittlung nicht naturgegeben möglich ist. Armin Himmelrath: Herr Schmitz, ist es nicht so, dass vielleicht auch die Wirtschaft viel zu wenig auf die anderen Bereiche setzt, bei denen nicht sofort eine Verwertbarkeit zu erkennen ist? Ob sie nicht als wirtschaftsförderndes Unternehmen und Brückenbauer viel zu sehr auf die Absolventenmärkte schauen, die tatsächlich aus den Naturwissenschaften kommen. Haben Sie das Bewusstsein, dass es eine Vielzahl an Hochschulabsolventen gibt, die andere Qualifikationen mitbringen? Hardy Rudolf Schmitz: Also, das ist ja schon längst so. Wenn Sie heute bei monster.de oder in die Zeitung schauen, dann sehen Sie, dass die Persönlichkeit gefragt ist, es sei denn, es handelt sich um ein besonders enges Profil. Es werden Personen gesucht, die eine kleine Spur in ihrer Ausbildungszeit zum Themenbereich gezogen haben, die hoffen lassen, dass sie sich durchsetzen können, einen eigenen Kopf haben und die Initiative ergreifen und nachweisen können, dass sie eine hinreichende intellektuelle Fähigkeit besitzen. Die Notenfrage spielt zwar immer noch eine Rolle, aber die großen Organisationen wollen gar nicht mehr den Fachidioten, sondern das Gegenteil. Das kann ich nur bestätigen. Wir sind da zwar sehr ungeduldig, aber die Umwälzungen an den Universitäten sind ganz erheblich. Doch geschieht auch in Unternehmen, dass sie sich laufend verändern. Ich möchte auf den Punkt der Trennung der Bereiche zurückkommen. Was man zumindest in der forschungsnahen Industrie sieht, ist, dass die Umsetzungszeiten vom Labor bis in die Produktion sehr kurz geworden sind. Die klassische Trennung von Massenproduktion und Forschung ist nicht mehr gegeben. Zum Beispiel ist die Firma Zeiss, auch sehr aktiv in Adlershof forschend, durch ein
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ganz neues Paradigma gegangen. Früher gab es geschlossene Innovationszyklen, ein großes Labor und eine geschlossene Forschungsabteilung nach außen. Heute sind die Zeitkonstanten ganz andere. Man fischt sozusagen Ergebnisse, Patente, Lizenzen und Prozesse aus einem viel größeren Kreis, und damit erhöhen sich die Chancen für forschende Universitäten im naturwissenschaftlichen Bereich, die Tentakel anzusetzen. So können wir uns mit dem, was wir haben, einerseits nützlich machen und andererseits die eigene Forschung durch externe Mittel beschleunigen. Das interessiert die Forscher natürlich, immer an den neuesten Stand der Technik, der technischen Ausrüstung wie Analysegeräte und schnellste Rechner zu kommen. Dies wird zukünftig aber nur im engen Dialog mit der forschenden Industrie passieren. Dies ist eindeutig ein schmaler Bereich, aber ein schneller, extremer Bereich. Deshalb ist es ein Verlust, nicht schnell auf diese Prozesse zu reagieren. Frage aus dem Publikum: Bildung an sich kann ja durchaus eine Ware sein. Gerade die Geisteswissenschaften in Deutschland sind zum Beispiel in Russland besonders populär. Sie genießen einen guten Ruf. Wer es sich leisten kann, kommt zum Studium der Geisteswissenschaften nach Deutschland. Kann man diese Stärke vermarkten? Peter-André Alt: Mich ärgert immer, wenn ich lese, dass die deutsche Universität international nicht mehr konkurrenzfähig sei. Wir sind doch weiterhin außerordentlich attraktiv, das zeigen die steigenden Zahlen internationaler Studienplatzbewerber. Sie haben völlig Recht, insbesondere Osteuropäer kommen zu uns. Darauf haben wir reagiert, indem wir verstärkt Sprachkurse und Mentoring-Programme für die Startphase anbieten. Außerdem setzen wir auf das in den USA schon länger erprobte Verfahren des Brandbuilding. Es werden Filialen als Anlaufstellen für Interessenten in den großen Metropolen und international attraktiven Regionen mit hohem Entwicklungspotenzial gebildet. Dort informieren Mitarbeiter über die Konzeption der Universität, unterstützen die Bewerbung, helfen bei ersten praktischen Planungen. Das ist eine neue administrative Komponente, die die Zahl unserer internationalen Bewerbungen steigern wird. Wir müssen darüber hinaus begreifen, dass im Ausland nicht nur eine Sprach- oder Wissenschaftskompetenz nachgefragt wird, wenn man sich für ein Studium in Deutschland entscheidet. Es ist primär die Idee unserer Universität, die attraktiv ist: die immer noch geltende Vorstellung einer Einheit von Lehre und Forschung. Das zu sehen bedeutet aber, dass wir Gespräche nicht nur durch Mitarbeiter führen lassen dürfen, sondern als Professoren selbst persönlich erreichbar bleiben müssen, um diese Einheit zu beglaubigen. Leider gehört es zu den unerfreulichen Begleiterscheinungen des uns momentan beherrschenden großen Reformprozesses, dass das Bologna-
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Konzept, das eine größere Transparenz und Durchlässigkeit postuliert, genau das Gegenteil bewirkt. Tatsächlich ist die Transparenz der neuen Studiengänge eingeschränkt, und wir müssen ständig neue Maßnahmen ergreifen, um diese zumindest im Ansatz herzustellen. Der internationale Austausch, der durch die Bachelorstruktur vereinfacht werden sollte – das Prinzip der Vergleichbarkeit durch Modularisierung – ist gerade nicht gewährleistet. Die Universitäten haben sehr individuelle Modelle entwickelt, die mit anderen europäischen Mustern oftmals nicht synchronisierbar sind. Wir sind also auf eine sehr großzügige Anerkennungsregelung angewiesen, und dementsprechend verrechnen wir Leistungen, die vielleicht gar nicht äquivalent sind. Es gehört zu den frustrierenden Erfahrungen im Universitätsalltag, dass eine Idee, die auf Internationalisierung und Mobilisierung setzte – heute haben 90 % eines Bachelorstudienganges mindestens ein Semester im Ausland studiert – zu einer akademischen Realität geführt hat, die durch wachsende Immobilität gekennzeichnet ist. Die Hochschulen sind gefordert, das sperrige Instrument der Studienreform beweglicher zu machen, um solche Statik zu verhindern. Frage aus dem Publikum: Wir sprechen hier ja immer wieder die amerikanischen Hochschulen an. Gibt es denn eine Besonderheit, die gerade die deutschen Universitäten in einem globalen Bildungsmarkt auszeichnet. Ist der Standort Deutschland nicht durch seine Tradition besonders stark? Peter Gaehtgens: Einen globalen Bildungsmarkt gibt es in dem Sinne eigentlich nicht. Wenn es ihn doch gibt, so nehmen wir nicht an ihm teil, da das Studium in Deutschland nichts kostet und wir nichts an einem ausländischen Studierenden verdienen. Bildung und Ausbildung werden hierzulande nicht aus Marktgründen betrieben – durchaus anders als anderswo, etwa in Australien. Gerade in den Disziplinen, die, was den Markt angeht, wegen ihrer Forschung nicht so im Rampenlicht stehen, wie etwa in den Geisteswissenschaften, genießt die Ausbildung an deutschen Universitäten einen exzellenten Ruf. Immer wieder höre ich von deutschen Stipendiaten aus dem Ausland, dass wir durch die gegenwärtigen Reformen an unserem Bildungssystem nur ja nicht dessen vorzügliche Qualität in Frage stellen sollten. Gerade dies hörte ich jetzt wieder aus Australien, welches doch massiv an ausländischen Studierenden verdient. Tatsächlich gibt es also einen Bildungsmarkt, von dem wir hierzulande aber weit entfernt sind. Sie wünschen, aus diesem Standortfaktor – nämlich hoher Qualität der geisteswissenschaftlichen Forschung – einen weiteren Attraktor zu machen und die Unterscheidung zu anglo-amerikanischen Modellen zu betonen. Das ist nun in die Verantwortung der Hochschulen gelegt. Was Herr Alt eben beschrieben hat, ist Ergebnis des unzureichenden Reflektierens des Gehalts von Bologna. Es
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ist die Möglichkeit, selbst zu gestalten, was in den Curricula vorkommt und dies mit Studierenden oder potenziellen zukünftigen Arbeitgebern so zu gestalten, dass es einem Arbeitsmarkt angemessen entspricht. Dies ist lange Zeit weitestgehend formal gehandhabt und dabei viel alter Wein in neue Schläuche abgefüllt worden. Die Aufgabe der Universitäten scheint in der Tat ambivalent: Einerseits soll der Austausch auf internationaler Ebene erleichtert werden, was Transparenz und Ähnlichkeit der Strukturen sowie vergleichbare Inhalte erfordert. Auf der anderen Seite können die Hochschulen hohe Attraktivität durch ein eigenständiges Profil entwickeln, indem sie sich gerade von anderen unterscheiden. Dann werden eben nicht alle Studierende der Germanistik, nicht alle der Geschichtswissenschaften angezogen, sondern nur ein Segment mit bestimmten Interessensgebieten. Diese Ambivalenz zu entscheiden – darin besteht die intellektuelle und, um im Thema zu bleiben, unternehmerische Herausforderung, vor der die Hochschulen jetzt stehen und die der Staat nicht mehr wie in der Vergangenheit für sie erledigt. Die Hochschulen werden eigenständig in der Gestaltung dessen, was sie anbieten. Das ist für Deutschland eine viel neuere Aufgabe als für Länder wie die Niederlande oder skandinavische Länder, die z.B. die Bachelor/Master-Struktur schon lange kennen. Die deutsche Universitätstradi-tion ist von der These ausgegangen, dass ein junger Mensch nach 13 Schuljahren eine voll ausgereifte Persönlichkeit ist. Deshalb wird ihm nicht vorgeschrieben, was er im Studium tun soll oder lassen kann. Das war die Situation, als 1 % oder 2 % eines Jahrgangs die Universität besuchten, jetzt sind es 37 % und es sollen 50 % werden. In dieser Situation kann man mit der althergebrachten Erwartungshaltung nicht mehr glückselig werden. Diese Reform muss stattfinden – so schwierig sie ist und so sehr sie vielfach zu Irritationen führt. Diese Herausforderung muss die Universität schaffen, und dass sie seit einigen Jahren mittendrinsteckt, finde ich anerkennenswert und weniger kritikwürdig. Armin Himmelrath: Das waren quasi schon große Teile für einen Businessplan für den Umbau der Universität und damit sind wir eben auch bei der wirtschaftlichen Perspektive. Hardy Rudolf Schmitz: Das Feld des internationalen Bildungsmarktes und Profilierung der einzelnen Hochschulen innerhalb dieses Spannungsfeldes, einerseits High-End-Forschung zu betreiben und andererseits junge Bachelor-Kandidaten auf den Weg zu bringen, das ist die Herausforderung für die Universitäten. Das mag früher vielleicht gereicht haben, aber jetzt, da der Bildungsmarkt ein internationaler ist, stellt sich die Frage, ob dieses Prinzip die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Universitäten aushungert. Ich schaue mir die Strukturen des Imperial Colleges sehr genau an. Wenn man dieses investive Verhalten sieht, dann muss man wirtschaftlich
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gesprochen sagen, dass die Investitionen da sind, um im Kampf auf dem Weltmarkt die Profilierung auf der Bachelorebene oder auf der Forschungsebene voranzutreiben und zu gewinnen. Man mache sich klar, dass in Singapur direkt vor einer Universität ein Straßenschild steht, dass man doch bitte zum Imperial College kommen solle. Dieser Markt findet am Ernst-Reuter-Platz oder hier in Dahlem nicht statt. Wenn man nun sieht, mit welchen Investitionen dort gearbeitet wird, könnte man fragen, ob die Studierenden der Geisteswissenschaft ob der Qualität des Studiums nicht eine Gebühr zahlen sollen. Im Imperial College kostet das Studium 1.500 Pfund für den Europäer und für den Inder 15.000 Pfund pro Term. Das ist also auch eine Frage nach dem Steuerraum, in dem man lebt. Aus diesen Gebühren erwachsen jedenfalls Mittel, mit denen man arbeiten kann, um das, was allerseits verlangt wird, zu erbringen. Armin Himmelrath: Herr Gurka, Sie haben eben die Formulierung gebraucht, zu viel Autonomisierung verhindert die Ökonomisierung der Universitäten. Nun haben wir gerade ein Konzept gehört, welches stark auf Autonomie der Hochschulen setzt, bei der Entscheidungen eigenständig getroffen werden. René Gurka: Es ist eine schwierige Diskussion. Natürlich steht außer Frage, dass man amerikanische Verhältnisse kopieren sollte und sagt, die machen das alles besser. Das sehe ich auch nicht so, und wir haben auch in Deutschland Alleinstellungsmerkmale. Wir haben viele Innovationen, Erfindungen und gute Produkte. Made in Germany steht in der ganzen Welt für Wirtschaftskraft. Natürlich ändern sich auch die Zeiten, und es ist heute so, dass auch Kürzungen die Universitäten betreffen und zyklisch zur wirtschaftlichen Konjunktur Geld zu- oder abfließt. Doch bietet dies für die nächsten Jahrzehnte keine Verlässlichkeit. Das Studium in Deutschland ist kostenlos, aber muss es denn so sein? International sind Gebühren üblich, warum sollte man das in Deutschland nicht ändern? Auf der anderen Seite steht völlig außer Frage, dass eine amerikanische Universität von nur wenigen Mäzenen der jeweiligen Universität gesteuert wird. Das kann auch nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Aber letztendlich bleibt die Frage, wie viel Autonomie kann der Universität zugesprochen werden? Dort wo es möglich ist, sollten sich die Universitäten der Wirtschaft weiter öffnen. Das betrifft gerade die Produktentwicklung und Produkte, die zurzeit die Wirtschaft interessieren, und man etwas liefert, was weiterverwendet werden kann. Auf Wolke Sieben weiterzuforschen, nur um ein Ergebnis zu erzielen, was vielleicht gar nicht anwendbar ist, das halte ich für nicht richtig. Da können wir noch viel ändern. Vor kurzem bin ich an der MIT in Boston gewesen. Beim Gang durch die Labore in dem Biotechnologiesektor hieß es, dass der eine oder andere Studierende gerade in der eigenen Firma eine Straße weiter sei. Das ist
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doch auch schon eine Verknüpfung, die man machen kann, ohne dass es schadet. So haben die Mitarbeiter die Möglichkeit, auch parallel in Universität und Wirtschaft zu arbeiten, und die Kommerzialisierung der eigenen Idee voranzutreiben. Armin Himmelrath: Dann stelle ich zwei Einigkeiten bisher fest: Erstens darf das Studium etwas kosten und auch mehr als 500 Euro pro Semester. Und zweitens sollten wir nicht blind amerikanische Konzepte übernehmen. Da bleibt natürlich die Frage, ob sich die Amerikanisierung der deutschen Hochschullandschaft überhaupt verhindern lässt. Ist es nötig, eine Universität „Jacobs University“ zu nennen, oder kann man Spender anwerben, ohne eine Hörsaalbenennung zu garantieren? Wo ist die Grenze und wo kann man Einhalt gebieten? Peter-André Alt: Ich habe grundsätzlich nichts dagegen, Hörsäle nach Spendern zu benennen. Das ist nicht das grundsätzliche Problem. Ich möchte definitorisch beginnen und fragen: Was ist eigentlich Amerikanisierung? Es gibt zahlreiche Mythen über das amerikanische Universitätssystem, wobei man zunächst an die banale Tatsache erinnern sollte, dass die Hochschulen in den USA ein riesiges Qualitätsspektrum vom armen College im Mittleren Westen bis zur steinreichen Ivy League Universität an der Ostküste abdecken. Zu den Mythen gehört der Glaube, dass an den amerikanischen Universitäten flache Entscheidungshierarchien und schlanke administrative Strukturen bestehen. Das ist nicht wahr. Die Freie Universität hat zum Beispiel 300 Bedienstete in der Verwaltung, die Columbia University in New York dagegen 5.000. Es wäre falsch zu behaupten, dass die amerikanischen Universitäten ohne Administration auskommen und aus diesem Grund entscheidungsfähiger sind. Dann muss man auch fragen, welche Funktionen Verwaltungsstäbe erfüllen sollten. Im Idealfall strukturieren sie die Vernetzung im In- und Output-Bereich so, dass Effizienz gewährleistet ist. Ich bin der Ansicht, dass unsere Universität auf dem richtigen Weg ist, wenn sie sicherstellt, dass durch administrative Strukturen auch Forschungsprojekte angestoßen werden, die wiederum wissenschaftlich ertragreich sind. Wir befinden uns im Augenblick in der unersprießlichen Situation, dass wir, wenn wir Gelder einwerben möchten, Drittmittelanträge im Umfang von 200 bis 500 Seiten zu schreiben haben; das gilt für alle Disziplinen, für Geistes- und Naturwissenschaften. Ehe wir mit der Forschung beginnen, sitzen wir in der Antragsfalle. Dabei wäre es zunächst Aufgabe der Förderinstitutionen, die Antragsvolumen durch strikte Vorgaben zu reduzieren. Solange das noch nicht der Fall ist, benötigt man die strukturelle Unterstützung der Hochschule. Dann ist es sinnvoll, wenn man administrative Kompetenz in die Universität holt und Koordinationsstellen im Sektor der Forschungsförderung schafft, die den Zeitaufwand für
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Antragsteller minimieren. Wenn das als Amerikanisierung verstanden wird, dann bin ich für Amerikanisierung. Ein anderes Thema sind die Studiengebühren. Das ist in Berlin politisch nicht durchsetzbar und aus meiner Sicht nicht wünschbar, solange ein befriedigendes Finanzierungssystem fehlt, das die Studierenden entlastet. Wir könnten die Hochschulen wahrscheinlich für ein ganzes Jahr schließen, wenn wir Gebühren durchzusetzen suchen, weil es Protestlawinen ohne Ende gäbe. In anderen Bundesländern funktioniert das offenbar konfliktfrei. Ein Kollege aus Würzburg berichtete mir, dass man dort die Exzellenzinitiative nicht benötige, da man zahlreiche neue Stellen aus Studiengebühren finanziert habe. Generell sollten wir uns aber in Berlin zuerst fragen, wie wir uns selbst helfen können. Die Universitäten der USA sind für mich ein Vorbild weniger durch die Studiengebühren als vielmehr durch Hilfsprogramme wie die Welcome Center, die gezielte Integration der ‚freshmen’ in den Campus und das Ideal der Corporate Identity. Die Freie Universität ist hier weiter als andere deutsche Hochschulen. So haben wir unter dem Dach der Dahlem Research School Graduate Schools mit strukturierten Promotionsprogrammen geschaffen, die Doktoranden besser als früher in die Hochschulen einbinden und gemeinschaftliche Aktivitäten in Forschung und Lehre fördern. Solche Elemente des amerikanischen Systems, die auch im Bereich der psychologischen Betreuung liegen, betrachte ich als nachahmenswert und nützlich. Anderes ist problematisch, wie die Konzentration auf einzelne Geldgeber, die Abhängigkeit der Forschung von Sponsoren. Wir hören gerade von unseren amerikanischen Kollegen die Warnung, sich nicht zu sehr an diesem Sponsorensystem zu orientieren. Es heißt immer, dass die amerikanischen Universitäten höhere interne Leistungsparameter als wir hätten. Das ist falsch. Schlecht läuft in den USA zum Beispiel das Tenure Verfahren, bei dem es permanent zu Hausberufungen kommt. Man muss sehen, dass nichts härter als ein deutsches Berufungsverfahren ist. Das bei uns geltende Hausberufungsverbot, von dem nur in Ausnahmefällen abgewichen werden darf, halte ich für ein schützenswertes Gut, das die Qualität bei der personellen Erneuerung der Hochschulen garantiert und den Nachwuchs zur Mobilität verpflichtet. Hardy Rudolf Schmitz: In dem Punkt bin ich auch einverstanden und kann dies über Partnerschaften nachvollziehen und bestätigen. Man muss auch sagen, dass das amerikanische System in der Fläche nicht integrativ ist wie das europäische oder besonders das deutsche. Es ist ja eine Legende, dass die Ausbildungsleistung aus der eigenen Dichte der Population besonders groß ist. Da ist das deutsche System deutlich überlegen. Nur in der Mittelmobilisierung, der Schnelligkeit der Entscheidung und der High-End-Forschung im investiven Wettbewerb kommt das deutsche
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System ganz naturgemäß nicht mit. Dies ist nur möglich, wenn man ein attraktives und offenes Umfeld hat, in dem man arbeiten kann. Das ist für Berlin ein Standortvorteil. Eine europäische Stadt unterscheidet sich da doch sehr von zum Beispiel Kansas. Eine Umgebung zu haben und sie zu kultivieren und Berlin zu einem Campus durchdrungenem Ort zu machen, dass sind Chancen, die Universitäten in ihrer Umgebung attraktiv und wettbewerbsfähig machen. Das ist ja auch der Versuch in Adlershof. Zu dem finanziellen geringen Rahmen kann eine intellektuelle Breite, Stadtqualität und ein besonderer Raum addiert werden. Dies können amerikanische oder gar chinesische Universitäten nicht bieten. Ich glaube, dass dies als Vorteil im Wettbewerb stärker genutzt werden kann. Frage aus dem Publikum: Inwieweit besteht denn der Wunsch nach Entlastung durch professionelles Management? Kann eine Universität von Menschen geführt werden, die nicht aus der Wissenschaft kommen? Peter-André Alt: Was zunächst einmal gelingen muss, ist die Umwandlung eines kafkaesken Apparates in ein effizientes Unternehmen. Der Begriff „Unternehmen“ ist dabei durchaus als Metapher zu verstehen. Ein tragendes Element dieses Umwandlungsprozesses sind die neuen Karriereprofile, die Forschung und Management zusammenbringen. Wir haben in interdisziplinären Zentren und Sonderforschungsbereichen, in den Graduate Schools aller Disziplinen, in Forschungsclustern und in den Fachbereichen Personen, die eine wissenschaftlich vorzügliche Ausbildung erhalten haben und später in Positionen des Forschungsmanagements oder der Administration eingestiegen sind. Diese Personen haben eine genaue Vorstellung von dem, was auf dem wissenschaftlichen Feld getrieben wird, kennen aber auch die Probleme der Umsetzung, die Möglichkeiten der Fördersysteme und die Funktionen der Verwaltung. Je stärker eine Universität solche Personen anzieht, desto stärker ist die Entlastung für die Wissenschaft etwa in der Vorphase der Projekt-Antragsstellung, bei der es um die Vorbereitung des Konzepts, die Identifizierung von vergleichbaren Forschungsunternehmen, aber eben auch um die längerfristige Akquise von Drittmitteln und die Einschätzung von Wettbewerbssituationen geht. Eine effiziente Verwaltung hängt von einem organisatorischen Leistungsprofil ab, das die Freie Universität in Zukunft stärken wird. In der Vergangenheit hatte man bei der Besetzung von Koordinationsstellen immer das Problem, dass es eigentlich gescheiterte wissenschaftliche Karrieren waren, die hinter den Bewerberbiographien standen. Insgeheim wurden solche Stellen als Parkstation zum Zweck der eigenen wissenschaftlichen Qualifikation genutzt, was nicht gut gehen konnte. Mittlerweile hat sich das geändert, und wir erkennen an der Bewerbungssituation, dass der Typus des Forschungsmanagers oder der Forschungsmanagerin
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auch in den Geisteswissenschaften keine Seltenheit mehr ist. Unsere Universität unterstützt den Prozess des Ausbaus von Forschungsmanagement im Bewusstsein, dass er der Qualität im Zusammenhang der Verbundforschung förderlich ist. Wissenschaftliche Expertise und Organisationsqualität müssen in den neuen Strukturen der gezielt geplanten Forschungsaktivitäten gebündelt werden. René Gurka: Dem stimme ich zu. Ein weiteres Beispiel aus den USA. Mein Lieblingsdepartment an der Stanford University ist das Licensing Office, ein vierstöckiger Bau auf dem Campusgelände. Dort sitzt ein riesiger Pool von talentierten Leuten, die genau wissen, was von Stanford aus an Lizensierung zu verkaufen ist. Die Erfolge sind einfach unglaublich. Nach wie vor hält die Universität einen großen Anteil an Sun Microsystems, was ja auch für Stanford University Network Microsystems steht. Auch hält die Universität drei Prozent von Google. Dies ist alles durch Spitzenkräfte in der Verwaltung zustande gekommen. Armin Himmelrath: Herr Gaehtgens, das waren Beispiele aus den USA. Sie schauen ja auch auf die europäische Entwicklung. Vielleicht können Sie uns zum Schluss Beispiele nennen, von denen wir lernen können. Peter Gaehtgens: Ich denke, ein Teil der bisherigen Vorschläge findet bereits seine Behinderung in der Gesetzgebung. Stanford ist eine Privatuniversität, das darf man nicht vergessen. Unser staatliches Universitätswesen ist durch den zu engen gesetzlichen Rahmen behindert. Was die Patentierung betrifft, so ist dies ein ganz neues Gebiet für deutsche Hochschulen, die sich damit noch nicht genug auseinandergesetzt haben; es bedarf dafür übrigens auch einer Investition, die die Hochschulen nicht ohne Weiteres leisten können. Geld ist nicht verfügbar, und ein Patentanwalt ist extrem kostenintensiv – sofort stellt sich das Problem der unternehmerischen Entscheidung: Lohnt sich das Risiko? Das größte Problem aber ist, dass Universitäten nicht unternehmerische Autonomie haben, um ihre Investitionsentscheidungen lenken zu können. Das sieht man rein optisch als einen negativen Attraktivitätsfaktor, wenn man sich nur den Zustand der Universitätsgebäude anschaut. Dadurch kann sich doch kein Studierender angezogen fühlen. Was wir von privaten Universitäten gezeigt bekommen, ist das genaue Gegenteil. Dort gibt es einen schönen Campus und es sieht nach Ivy League aus. Es gibt Bemühungen um die Studierenden, doch werden die Studierendenzahlen klein gehalten, während die Freie Universität mit 35.000 Studierenden aus amerikanischer Sicht riesig ist. Wichtig wäre also eine Investitionsliberalisierung. Die Anschaffung in das Bildungssystem ist eine wirklich auch konsumtive Investition. Sie setzt allerdings grundsätzliche strategische Entscheidungen voraus – eine risikobehaftete
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Angelegenheit. Der deutsche Umgang mit Risiko ist, Verantwortung im Kollektiv zu verteilen und nicht zu individualisieren. Das ist ein zweiter neuralgischer Punkt und eine Rückständigkeit im Vergleich zu anderen europäischen Ländern. Wir erleben noch die Rückwirkung einer Grundhaltung, die aus den 60er und 70er Jahren stammt. Das Prinzip der „Demokratisierung“ der Hochschulen hat sie mit großen Problemen behaftet, und dies gilt es nach wie vor abzubauen. Entscheidungsprozesse sind sehr lang, manchmal ist der Autor oder Initiator einer Entscheidung nicht mehr ausfindig zu machen, diese wohlorganisierte Verantwortungslosigkeit lässt die Einzelentscheidung in der Anonymität verschwinden. Eine stringentere Entscheidungsorganisation sollten wir uns zumuten. Wir sollten mehr Mut haben, Entscheidungskompetenz auch auf Individuen zu übertragen. Ich halte die Gremienuniversität für an ihrem Ende angekommen, sie wird die Herausforderung durch den wachsenden Wettbewerb nicht bestehen. Die nötige Reform aber ist ein politischer Prozess, bei dem es große Hindernisse zu überwinden gilt. Im europäischen Vergleich sind wir hinsichtlich dieser Veränderungen wahrlich nicht führend, erst recht nicht nach den mutigen Schritten, die man z.B. in Österreich oder in Dänemark vollzogen hat – und jetzt sogar in Frankreich. Herr Schmitz hat ja bereits das Positive betont. Wir könnten unsere eigene Leistungsfähigkeit allerdings besser verkaufen, aber wir tun es vielfach unter Wert. Das gilt nicht nur für die Geistes-, sondern auch für Teile der Naturwissenschaften. Und doch – sind etwa die letzten Nobelpreise, die nach Deutschland gingen, in die Hochschulen gefallen? Über Organisation und Struktur der Wissenschaftslandschaft insgesamt müssen wir uns sehr viel Gedanken machen. Es geht nicht nur darum, die Hochschulen zu reformieren und zu ernsthaften Kooperationspartnern zu gestalten. Es geht auch darum, ob die Einrichtungen wie Max-Planck, Helmholtz, Leibniz, Fraunhofer als konkurrierende Forschungseinrichtungen eine vernünftige strukturelle Situation bilden und ob wir uns nicht viel intensiver darum bemühen müssten, die Stärken zu bündeln. Schaffen wir es nicht, die strukturellen Schwächen des Systems, die wir in Deutschland haben, zu überwinden, so werden wir im internationalen Vergleich weiter hinten liegen. Armin Himmelrath: Ich danke allen Diskutanten und Teilnehmenden.
Verzeichnis der Autorinnen und Autoren
Prof. Dr. Peter-André Alt, geboren 1960. Studium der Germanistik, Politischen Wissenschaft, Geschichte und Philosophie in Berlin (Freie Universität Berlin) (1979–1984). Promotion 1984, Habilitation 1993. Lehrbeauftragter und Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin (1985–1992), Habilitationsstipendium (1992–1993), Lehrstuhlvertretung Universität Rostock (1993/94), Heisenberg-Stipendiat der DFG (1994–1995), Professor an der Universität Bochum (1995–2002), Universität Würzburg (2002–2005), Freie Universität Berlin (seit 2005). Marbacher Schiller-Preis (2005). Geschäftsführender Direktor Germanistisches Institut Ruhr-Universität Bochum (1996–1997); Mitglied des Konvents der Ruhr-Universität Bochum (1997–2000). Geschäftsführender Vorstand Institut für deutsche Philologie Universität Würzburg (2005). 2006–2007 Studiendekan des Fachbereichs Philosophie und Geisteswissenschaften der Freien Universität, seit April 2007 Dekan; Mitglied des Akademischen Senats. Arbeitsschwerpunkte/Aufgabenbereich: Deutsche Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts, Klassische Moderne, Literatur und Wissensgeschichte, Poetik und Ästhetik zwischen 1600 und 1800, Drama und Theater der Frühen Neuzeit, Literaturwissenschaft und Systemtheorie. Aktuelle Forschungsvorhaben: Literarische Ästhetik des Bösen, Hermetisches Wissen in der Literatur des 17. Jahrhunderts, Topische Systeme in der Poetik der Frühen Neuzeit, Tragödie und Opfer, Das politische Drama um 1800. Auswärtige Tätigkeiten: DAADGutachter für Auslandspromotionen; DFG-Gutachter; Mitglied des Ausschusses und Wissenschaftlichen Unterausschusses der Deutschen Schillergesellschaft (Marbach); Mitglied im Beirat des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Geschichte u. Theorie der Biographie (Wien); Gastprofessuren u.a. in Trieste (Italien). Dr. Markus Baumanns, geboren 1965, ist seit Oktober 2006 geschäftsführendes Vorstandsmitglied der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius in Hamburg und verantwortlich für die Förderungen der Stiftung in den Bereichen Wissenschaft und Bildung und deren Initiativen in den USA und in Asien. Das Studium der Geschichtswissenschaften, Politologie und Literaturwissenschaften schloss er mit dem Magisterexamen (1990) und dem Dr. phil. an der Universität Köln (1994) ab und übernahm 1990 eine Referententätigkeit im Presse- und Informationsamt der Bundesregierung. 1995 trat er in den Dienst des Auswärtigen Amts
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und war bis 1999 Presse-, Politik- und Kulturattaché an der deutschen Botschaft in Bogotá/Kolumbien. Nach einer kurzen Phase als stellvertretender Referatsleiter im Presse- und Informationsamt der Bundesregierung in Berlin wurde Herr Baumanns Programmleiter für die Internationalen Programme und die Presseund Öffentlichkeitsarbeit der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius. Von September 2001 bis September 2006 leitete er als Geschäftsführer die Bucerius Law School in Hamburg, die von der ZEIT-Stiftung gegründete erste private Hochschule für Rechtswissenschaft in Deutschland. Dr. Marcus Beiner, geboren 1968, studierte in Bonn und Franfurt/Main Philosophie, Geschichte und Germanistik. Nach dem Magister Artium 1993 war er Mitarbeiter am Philosophischen Institut der RWTH Aachen, an der er 1994 die Position eines koordinierenden Referenten für fünf „Interdisziplinäre Foren“ übernahm. 1997 erfolgte die Promotion in Philosophie mit der Arbeit „Diskursprinzip und wirtschaftliches Handeln“ und die Übernahme der Geschäftsführung des Forums „Technik und Gesellschaft“ der RWTH. Seit 2000 arbeitet er als Referent in der Abteilung Geistes- und Gesellschaftswissenschaften der VolkswagenStiftung in Hannover. Er ist Koordinator der seit 2005 bestehenden Förderinitiative „Pro Geisteswissenschaften“, die gemeinsam von der VolkswagenStiftung, der Fritz Thyssen Stiftung, der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius und vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft getragen wird. Albert Berger, geboren 1962 in München. 1981 Abitur am Humanistischen Karlsgymnasium in München. Studium der Rechtswissenschaft und der Politologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. 1989 Erste Juristische Staatsprüfung in München, Vorbereitungsdienst für den höheren Justiz- und Verwaltungsdienst (Rechtsreferendariat). 1992 Zweite Juristische Staatsprüfung in München. 1992–1993 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Rechtswissenschaft der Fakultät für Wirtschafts- und Organisationswissenschaften der Universität der Bundeswehr München (parallel Lehrauftrag für Öffentliches Recht an der Bergakademie/Technischen Universität Freiberg und Dozententätigkeit für Berufsausbildungsmaßnahmen in Berlin). 1994–1995 Juristischer Mitarbeiter in der Personal- und Organisationsabteilung der Technischen Universität München. 1995–1998 Abteilungsleiter der Personalabteilung der Technischen Universität München. 1998–2003 Verwaltungsdirektor des Wissenschaftszentrum Weihenstephan der Technischen Universität München. 2003– 2006 Kanzler der Fachhochschule Rosenheim. Seit 1. Februar 2006 Kanzler der Technischen Universität München.
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Prof. Dr. Henrik Enderlein ist Associate Dean und Direktor of Executive Education der Hertie School of Governance. Er lehrt angewandte Wirtschaftswissenschaften, Wirtschaftspolitik und Politische Ökonomie. Nach dem Studium der Politik- und Wirtschaftswissenschaften an Sciences Po in Paris und an der Columbia University in New York promovierte er am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln. Von 2001 bis 2003 war er als Ökonom bei der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt beschäftigt, ehe er von 2003 bis 2005 Juniorprofessor für Wirtschaftswissenschaften an der Freien Universität Berlin war. Von 2006–2007 forschte und lehrte er als Fulbright Ehrenprofessor an der Duke University in den USA. Henrik Enderlein ist Träger der Otto-HahnMedaille der Max-Planck-Gesellschaft. Prof. Dr. med. Peter Gaehtgens studierte Medizin in Freiburg/Brsg, München und Köln, promovierte 1964 im Fach Physiologie und erhielt seine akademische Ausbildung als Post-Doktorand auf dem Gebiet der Kreislaufphysiologie, Biomechanik der Mikrozirkulation und Haemorheologie an der Universität zu Köln und am California Institute of Technology in Pasadena/California, USA. 1972 habilitierte er sich an der Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln. 1983 folgte er einem Ruf als C4-Professor an die Freie Universität Berlin. Für seine wissenschaftlichen Arbeiten erhielt er mehrere wissenschaftliche Auszeichnungen, darunter den Malpighi Award der European Society for Microcirculation sowie Ehrenmitgliedschaften wissenschaftlicher Gesellschaften. 1996 wurde er Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Die Staatliche Universität in Taschkent/Usbekistan sowie die Chinese Academy of Medical Sciences in Beijing/China ernannten ihn zum Honorary Professor. In der akademischen Selbstverwaltung engagierte er sich viele Jahre lang. Nach Amtszeiten als Dekan, Vizepräsident für Medizin und Erster Vizepräsident der Freien Universität Berlin diente er 1998–2003 als Präsident dieser Universität. Nach seiner Pensionierung übernahm er 2003–2005 das Amt des Präsidenten der Hochschulrektorenkonferenz (HRK). Seit vielen Jahren ist er im internationalen Wissenschaftsmanagement tätig, so war er u.a. mehrere Jahre Generalsekretär der European Society for Microcirculation, fungierte als Programme Coordinator des World Congress for Microcirculation in München und amtierte als Vice-President Europe in der International Society of Biorheology. Im Jahre 2005 wurde er zum Vorstandsmitglied der European University Association (EUA) gewählt.
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René Gurka, geboren am 11. November 1971 in Varel/Friesland. Seit April 2007 Geschäftsführer der Berlin Partner GmbH. März 2004–März 2007: Geschäftsführer und Büroleiter der Deutsch-Amerikanischen Handelskammer San Francisco, CA, USA; organisatorische Leitung des weltweit ersten Gemeinschaftsbüros der Agenturen der deutschen Außenwirtschaft im ersten Halbjahr 2005. August 2001–März 2004: Leiter der Abteilung Marketing & Consulting Services der Deutsch-Amerikanischen Handelskammer Atlanta, GA, USA. Februar–Juli 2001: Manager für Marketing & Consulting Services in der Deutsch-Amerikanischen Handelskammer Atlanta, GA, USA. März 1996– Dezember 2001: Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der GGS Telekommunikation (Groß- und Einzelhandel) in Osnabrück; Vermarktung und Vertrieb von Fest- und Mobilfunknetzdiensten sowie Endgeräten und Installationsdienstleistungen. Oktober 1992–Juni 2000: Studium der Rechtswissenschaften mit Schwerpunkt Wirtschaftsrecht an der Universität Osnabrück; Abschluss Bachelor of Law (LL.B) USA 2001. Armin Himmelrath, geboren 1967. Studium (Sozialwissenschaft und Germanistik) in Wuppertal und Beer Sheva (Israel). Seit 1986 freie Mitarbeit bei unterschiedlichen Print-Redaktionen, seit 1989 bundesweit. 1990 Gründungsmitglied der Journalisten-Aktion Umwelt (JAU). Seit 1991 Hörfunkbeiträge für verschiedene Redaktionen. 1993 Gründung des Journalistenbüros „profil Text + Recherche“ in Gummersbach. Seit Mai 1994 Dozent für journalistische Praxis, freien Journalismus und Öffentlichkeitsarbeit für verschiedene Bildungsträger, seit September 1995 im Medienbüro Köln; seit 1998 Hörfunk- und Veranstaltungsmoderationen; seit 2004 Lehrbeauftragter der Freien Universität Berlin sowie anderer Hochschulen. Mehrere Buchpublikationen, u.a.: „Der Sündenfall. Betrug und Fälschung in der deutschen Wissenschaft“, „Macht Köpfen dumm? Neues aus der Fußballfeldforschung“. Prof. Dr. Stefan Hormuth ist seit 1997 Präsident der Justus-Liebig-Universität Gießen. Nach dem Abschluss als Diplom-Psychologe an der Universität Heidelberg 1975 und der Promotion 1979 an der University of Texas at Austin war er bis 1981 Post Doctoral Fellow an der Northwestern University. Der Habilitation in Heidelberg 1987 folgten Professuren an der Universität Heidelberg, der Justus-Liebig-Universität Gießen und bis 1997 der Technischen Universität Dresden. Er ist Fellow der American Psychological Society. Prof. Hormuth ist als Vizepräsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) von 2001 bis 2007 für deren internationale Angelegenheiten zuständig, ebenso ist er Mitglied der Deutschen Fulbright-Kommission.
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Holm Keller, geboren 1967, hat an der Universität Wien Dramaturgie studiert und erwarb den Master of Public Administration an der Kennedy School of Government in Harvard. Neben einer Vielzahl von Theater-, Film- und Eventproduktionen war Keller sieben Jahre lang als Berater für McKinsey & Company tätig und arbeitete anschließend als President Corporate Development Asia für Bertelsmann in Shanghai. Er ist Mitglied des Board of Directors der Robert Wilson’s Byrd Hoffman Watermill Foundation in New York. Seit 2006 ist Keller der hauptamtliche Vizepräsident und Kanzler der Leuphana Universität Lüneburg. Prof. Dr. Ursula Lehmkuhl, Erste Vizepräsidentin der Freien Universität Berlin und Professorin für Neuere Geschichte mit dem Schwerpunkt Geschichte Nordamerikas am John F. Kennedy-Institut der Freien Universität Berlin. Sie studierte an der Ruhr-Universität Bochum, promovierte 1990 in Neuerer Geschichte mit einer Arbeit zur Entwicklungspolitik in Süd- und Südostasien und wurde 1997 habilitiert in Politikwissenschaft mit einer Arbeit zur „Pax AngloAmericana“ und den machtstrukturellen Grundlagen der britischamerikanischen „special relationship“. Zu ihren gegenwärtigen Forschungsschwerpunkten gehören die Geschichte der internationalen Beziehungen im 20. Jahrhundert, deutsche Auswanderergeschichte im 19. und 20. Jahrhundert, die Geschichte der Weltausstellungen im Kontext der Entwicklung amerikanischer Großstädte sowie „Governance in Räumen begrenzter Staatlichkeit“. Zusammen mit Thomas Risse leitet sie den gleichnamigen SFB 700, den einzigen sozialwissenschaftlichen SFB in Berlin. Sie ist Sprecherin für die Freie Universität im Transatlantischen Graduiertenkolleg „Geschichte und Kultur der Metropolen“, das gemeinsam von der Technischen Universität Berlin, der HumboldtUniversität zu Berlin, der Freien Universität Berlin, der Columbia University und der New York University getragen wird, und Mitglied des Executive Board der Graduiertenschule Nordamerikastudien des John F. Kennedy-Instituts. Zusammen mit Marianne Braig (Lateinamerika-Institut) und Verena BlechingerTalcott (Japanologie) koordiniert sie das Zentrum für Regionalstudien der Freien Universität Berlin. Als Erste Vizepräsidentin ist sie die ständige Vertreterin des Präsidenten und ist unter anderem zuständig für Berufungen, die Fachbereiche Rechtswissenschaft, Philosophie und Geisteswissenschaften und Geschichts- und Kulturwissenschaften sowie für das Bibliothekswesen. Dr. rer. pol. Arend Oetker, geboren 1939. Abitur am humanistischen Gymnasium Leopoldinum in Detmold. Hauptmann der Reserve (Luftwaffe). 1962–1966 Studium der Betriebswirtschaftslehre und politischen Wissenschaften in Hamburg, Berlin und Köln, 1967 Promotion zum Dr. rer. pol. an der Universität zu
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Köln. Beteiligungen und Mandate in Kontrollgremien folgender Unternehmen: Hero AG, Lenzburg (Präsident des Verwaltungsrats), Schwartauer Werke GmbH & Co. KGaA, Bad Schwartau (Vorsitzender des Aufsichtsrats), KWS Saat AG, Einbeck (stellv. Vorsitzender des Aufsichtsrats), TT-Line GmbH, Hamburg (Vorsitzender des Beirats), KG Bominflot Bunkergesellschaft für Mineralöle mbH & Co., Hamburg (Gesellschafter), Cognos AG, Hamburg (Vorsitzender des Aufsichtsrates), Boston Capital Ventures, Boston, MA, USA (Mitglied des Beirats). Aufsichtsratsmandate und sonstige Mandate in Kontrollgremien von in- und ausländischen Wirtschaftsunternehmen: Merck KGaA, Darmstadt (Mitglied des Aufsichts- und Gesellschafterrats), Bâloise Holding AG, Basel (Mitglied des Verwaltungsrats), Leipziger Messe GmbH, Leipzig (Mitglied des Aufsichtsrats), E. Gundlach GmbH & Co. KG, Bielefeld (Mitglied des Beirats). Weitere Funktionen: Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, Essen (Präsident), Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V., Berlin (Präsident), Bundesverband der Deutschen Industrie e.V., Berlin (Vizepräsident), Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Berlin (Präsidiumsmitglied), Deutsche Forschungsgemeinschaft, Bonn (Präsidiumsmitglied), Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, München (Mitglied des Senats), Deutsche Stiftung Musikleben, Hamburg (Mitglied des Kuratoriums), Fritz Thyssen Stiftung, Köln (Mitglied des Kuratoriums), Carl-ZeissStiftung, Heidenheim und Jena (Mitglied des Stiftungsrates), Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im Bundesverband der Deutschen Industrie e.V., Berlin (Vorsitzender des Gremiums Bildende Kunst), Stiftungsrat der Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig e.V., Leipzig (Vorsitzender), Berliner Philharmonie GmbH, Berlin (Vorsitzender des Aufsichtsrats). Hardy Rudolf Schmitz, geboren 1951 in Emsdetten. 1973 Abschluss Studium der Elektrotechnik (RWTH Aachen/TU München), Dipl.Ing, 1975 Abschluss als Dipl.-Wirtschaftsingenieur, 1975–1977 BMW AG München, 1977–1982 Berater- und Projektleiter bei der Boston Consulting Group in München und London, 1983–1989 Vertriebs- und Marketingfunktionen bei der Digital Equipment GmbH, 1989 Gründung eines Unternehmens innerhalb der CompuNet-Gruppe, 1992 Geschäftsführender Gesellschafter in der CompuNet, Computer AG mit Sitz in Berlin. 1996 Veräußerung der CompuNet Computer AG an den Amerikanischen GE-Konzern, dort Geschäftsführer der GE CompuNet. 2000 Aktiver Business Angel im Bereich der Hochtechnologie und seit 2002 Geschäftsführer der WISTA-MANAGEMENT GMBH. Mitglied des Aufsichtsrates der BerlinPartner Holding GmbH; Mitglied des Aufsichtsrates der Comline AG, Hamburg; Mitglied des Beirates der Schmitz Werke GmbH +Co, Emsdetten; Mitglied des Beirates der Investitionsbank Berlin (IBB).
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Dr. Christian Schulze, geboren 1967, führt seit 1998 die Geschäfte der TransMIT Gesellschaft für Technologietransfer mbH. Die TransMIT GmbH gehört mit ihren derzeit ca. 100 Mitarbeitern zu den führenden Unternehmen im Bereich der Umsetzung von Forschungsergebnissen in innovative Produkte und arbeitet seit mittlerweile 10 Jahren erfolgreich an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. In ihrer Arbeit als Patentverwertungsagentur der mittelhessischen Hochschulen hat die TransMIT GmbH im Rahmen des letzten Rankings durch das BMBF im Jahr 2005 den ersten Platz unter allen vergleichbaren Einrichtungen in Deutschland belegt. Neben der Patentverwertung liegt der Schwerpunkt des Unternehmens auf derzeit 82 Business Units, den sogenannten TransMIT-Zentren, in denen Hochschullehrer ihr Know-How vermarkten. Seit 1999 ist Dr. Christian Schulze außerdem Geschäftsführer der Technologie- und Innovationszentrum Gießen GmbH, die als Technologie- und Gründerzentrum innovativen jungen Unternehmen und Existenzgründern Infrastruktur zur Verfügung stellt und Services rund um die Existenzgründung anbietet. Bereits während des Studiums der Mathematik und Informatik an der JustusLiebig-Universität Gießen von 1987 bis 1995 hatte Schulze als Dozent und Berater für mehrere Beratungsunternehmen gearbeitet und erste Kontakte zum Transferzentrum Mittelhessen, einer Gemeinschaftseinrichtung der drei mittelhessischen Hochschulen für Technologietransfer, geknüpft. Dort arbeitete er nach dem Studium zunächst als Projektleiter, bevor er 1997 als Leiter des Geschäftsbereichs Kommunikationsdienste und Netze zur TransMIT GmbH wechselte, deren Geschäftsführer er heute ist. Schulze lehrt gelegentlich an der Justus-Liebig-Universität Gießen und der Fachhochschule Gießen-Friedberg in den Themenfeldern Projektmanagement, Prozessmanagement, IT und Neue Medien. Felix C. Seyfarth, geboren 1974 in Rostock. Studium der Philosophie und Geschichte in Berlin als Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes und in New York als Stipendiat der Marie-Baier-Foundation. Im Dezember 2005 Diplom der Politikwissenschaften am Otto-Suhr-Institut an der Freien Universität Berlin mit einer DAAD-geförderten Forschungsarbeit über Modelle staatlicher und nicht-staatlicher Behindertenpolitiken im post-sandinistischen Nicaragua. Tätigkeiten als Entwicklungsarbeiter in Nicaragua für EIRENE e.V., bei den Vereinten Nationen (NY) im Bereich Public Information, bei der Deutschen Bank (NY) im Bereich Management Information Services. Projektleiter und Berater für Web-Publishing im öffentlichen Dienst und Blended LearningAnwendungen. Seit Mai 2006 als Referent für Öffentlichkeitsarbeit im Präsidium der Leuphana Universität Lüneburg während der Neuausrichtung, seit September 2007 als Leiter des Bereiches Hochschulmarketing verantwortlich für Außenauftritt, Drucksorten, Webkoordination und Markenpositionierung. Lehr-
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tätigkeit am John. F. Kennedy-Institut für Nordamerikastudien der Freien Universität Berlin in den Bereichen Democracy and Civil Society, Urban Politics und Gentrification sowie Theorien und Methoden der Politikwissenschaft. Forschungsschwerpunkte: Disability Theory, Öffentliche Gesundheit im Entwicklungszusammenhang, Non-Profit und Social Marketing, Change Communications, europäische Bildungspolitik, Innenpolitik Nordamerika. Prof. Dr. Klaus Siebenhaar, geboren am 30. Mai 1952 in Siegen/Westfalen. 1972–1979 Studium der Germanistik, Theaterwissenschaft und Philosophie an der Freien Universität Berlin; 1979 Promotion zum Dr. phil., 1993 Habilitation, seit 1988 Leiter des Instituts für Kommunikationsgeschichte und angewandte Kulturwissenschaften der Freien Universität Berlin, seit 2000 außerplanmäßiger Professor für Neuere Deutsche Literatur an der Freien Universität Berlin, seit 1991 Professor für Kulturmanagement und Direktor des Instituts für Kultur- und Medienmanagement: bis 2004 Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin, seit Wintersemester 2004/05 Freie Universität Berlin, Fachbereich Philosophie und Geisteswissenschaften; seit 2004 Leiter des im Aufbau befindlichen Clusters Medienforschung und Medienpraxis der Freien Universität Berlin; seit 2006 Beauftragter für das Hochschulmarketing der Freien Universität Berlin. Des weiteren 1973–1975 Dramaturg und Regieassistent am Staatstheater Kassel, 1990–2001 Leiter der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit und Marketing sowie Mitglied der künstlerischen Leitung des Deutschen Theaters Berlin und seiner Kammerspiele; 1994–1999 Verlagsleiter Fannei & Walz und FAB, seit 1999 Geschäftsführender Gesellschafter des Verlags B&S Siebenhaar, 2001–2006 Leiter Marketing, Development & Services des Jüdischen Museums Berlin. Zahlreiche Veröffentlichungen zur Literatur- und Theaterwissenschaft sowie zu Fragen des Kulturmanagements und Marketings. Darüber hinaus Ausstellungen, Theaterarbeit und Entwicklung von Kulturfestivals. Andreas Storm, geboren am 20. Mai 1964 in Darmstadt. 1983 Abitur. Studium der Volkswirtschaftslehre an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt/Main. 1986 bis 1990 und 2001 bis 2005 kommunalpolitische Tätigkeit in Weiterstadt und im Kreis Darmstadt-Dieburg. 1988 bis 1990 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Entwicklung, Umwelt und quantitative Wirtschaftsforschung in Frankfurt/Main. 1990 bis 1994 Referent in der Grundsatzabteilung des Bundesministeriums für Wirtschaft. Seit 1994 Mitglied des Deutschen Bundestages; 1996 bis 2002 Mitglied/Obmann der CDU/CSUBundestagsfraktion in der Enquête-Kommission „Demographischer Wandel“ des Deutschen Bundestages. Seit 1998 Kreisvorsitzender der CDU DarmstadtDieburg und Mitglied des Landesvorstandes der CDU Hessen. 2002 bis 2005
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Gesundheits- und sozialpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. 2003 Mitglied der Herzog-Kommission „Soziale Sicherheit“ der CDU Deutschlands. Seit November 2005 Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung.