Umweltverträglichkeitsprüfung, Umweltschutz und räumliche Nutzung in den USA: Am Beispiel der Umweltverträglichkeitsprüfung auf der Bundesebene und in Kalifornien [1 ed.] 9783428465620, 9783428065622


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German Pages 298 Year 1989

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Umweltverträglichkeitsprüfung, Umweltschutz und räumliche Nutzung in den USA: Am Beispiel der Umweltverträglichkeitsprüfung auf der Bundesebene und in Kalifornien [1 ed.]
 9783428465620, 9783428065622

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Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft

Band 35

Umweltverträglichkeitsprüfung, Umweltschutz und räumliche Nutzung in den USA Am Beispiel der Umweltverträglichkeitsprüfung auf der Bundesebene und in Kalifornien

Von

Gabriele Mezger

Duncker & Humblot · Berlin

GABRIELE MEZGER

Umweltverträglichkeitsprüfung, Umweltschutz und räumliche Nutzung in den USA

Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft Herausgegeben im Auftrag der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster durch die Professoren Dr. Hans-Uwe Erichsen Dr. Helmut Kollhosser Dr. Jürgen Welp

Band 35

Umweltverträglichkeitsprüfung, Umweltschutz und räumliche Nutzung in den USA Am Beispiel der Umweltveiträglichkeitsprüfung auf der Bundesebene und in Kalifornien

Von Dr. jur. Gabriele Mezger, LL.M.

Duncker & Humblot · Berlin

CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Mezger, Gabriele: Umweltverträglichkeitsprüfung, Umweltschutz und räumliche Nutzung in den USA : am Beispiel der Umweltverträglichkeitsprüfung auf der Bundesebene und in Kalifornien / von Gabriele Mezger. — Berlin : Duncker u. Humblot, 1989 (Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft ; Bd. 35) Zugl.: Münster, Univ., Diss., 1987 ISBN 3-428-06562-X NE: GT

D6 Alle Rechte vorbehalten © 1989 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Satz: Irma Grininger, Berlin 62 Druck: Werner Hildebrand, Berlin 65 Printed in Germany ISBN 3-428-06562-X

Vorwort

Diese Arbeit lag der juristischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster im Herbst 1987 als Dissertation vor. Zur Aktualisierung der Arbeit ist die seither erschienene Literatur und Rechtsprechung im wesentlichen eingearbeitet worden. Auf das Thema bin ich zuerst im Rahmen eines LL.M-Studiums an der Law School der Washington University, St. Louis, Missouri aufmerksam geworden. Für die Unterstützung des LL.M-Studiums durch ein Stipendium danke ich der Law School und insbesondere Herrn Prof. Daniel Mandelker. Praktische Erfahrung mit der UVP in den USA habe ich im Rahmen meiner Tätigkeit bei der Rechtsanwaltskanzlei Ross & Hardies in Chicago, Illinois gewonnen. Dies war der Anreiz, die gewonnenen Erfahrungen für die wissenschaftliche Diskussion in der Bundesrepublik Deutschland fruchtbar zu machen. Ich möchte an dieser Stelle Herrn Prof. Dr. Werner Hoppe für die Betreuung der Arbeit und die mir zugute gekommenen Hinweise bei der Durchsicht Dank sagen. Weiter danke ich Herrn Prof. Dr. Kollhosser für die Aufnahme in die Reihe „Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft" und dem Verlag für die stets angenehme Zusammenarbeit. Mein Dank gilt schließlich James Lashly, der mich stets bestärkt und unterstützt und mit nicht nachlassendem Interesse und großer Geduld das Entstehen dieser Abhandlung verfolgt hat. Bremen, im Oktober 1988 Gabriele Mezger

Inhaltsverzeichnis I. Einführung

17

1. Gegenstand der Arbeit

17

2. Aufbau und Inhalt der Untersuchung

18

II. Räumliche Nutzung und Umweltschutz — Ein Überblick

23

1. Umweltschutz und Planungen und Entscheidungen über räumliche Nutzungen auf der Bundesebene

25

1.1. Kompetenzen der Bundesebene auf dem Gebiet des Umweltschutzes im föderalistischen System der USA

25

1.2. Planung und Entscheidungen über räumliche Nutzungen auf der Bundesebene

27

1.2.1. Verwaltung der im Eigentum des Bundes stehenden Gebiete

29

1.2.2. Finanzielle Unterstützung räumlicher Planung als Instrument der Umweltpolitik

32

1.2.3. Räumliche Planung als Ausprägung des Vorsorgegrundsatzes bei Implementation von Fachgesetzen

34

1.3. Ausblick — Umweltverträglichkeitsprüfung unter dem National Environmental Policy Act (ΝΕΡΑ)

35

2. Umweltschutz und räumliche Planungen auf der Ebene des Einzelstaates — Beispiel Kalifornien

36

2.1. Regionale Planungen zur Umsetzung umweltbezogener Ziele . . .

38

2.1.1. Planungen für die Küstenzone 2.1.1.1. California Coastal Zone Conservation Act of 1972 2.1.1.2. California Coastal Act of 1976 2.1.2. Planungen für die San Francisco Bay Area 2.1.3. Planungen für das Gebiet um Lake Tahoe 2.2. Ausblick — Die Umweltverträglichkeitsprüfung unter dem California Environmental Quality Act 3. Räumliche Planungen und Umweltschutz auf der lokalen Ebene

38 39 41 43 45 46 47

3.1. Flächennutzungsplanung

47

3.2. Lokale Bebauungsplanung

49

III. Umweltschutz und Umweltverträglichkeitsprüfung — Entwicklung eines Konzepts

58

8

nsverzeichnis 1. Definition von Umweltpolitiken

58

1.1. Umweltschutz zwischen Marktversagen und Politikversagen

...

1.2. Verfahrensregelungen als Instrument der Umweltpolitik

61 65

2. Funktion der Umweltverträglichkeitsprüfung — Konkretisierung der Fragestellung 2.1. Unsicherheiten komplexer Verwaltungsentscheidungen

68 68

2.1.1. Wissenschaftliche und technische Komplexität

69

2.1.2. Unvollständige Informationen

69

2.1.3. Beträchtliche Risiken

70

2.1.4. Zahl der beteiligten Parteien

70

2.1.5. Mögliche Entscheidungsalternativen

70

2.1.6. Widersprechende Zielsetzungen

71

2.1.7. Mehrere Entscheidungsträger

71

2.1.8. Verteilungsvarianten

71

2.1.9. Umsetzung der Entscheidung

72

2.2. Aufgaben der Umweltverträglichkeitsprüfung bei komplexen Verwaltungsentscheidungen

72

2.2.1. Die Umweltverträglichkeitsprüfung als Informationsverfahren

73

2.2.2. Koordinationsfunktion der Umweltverträglichkeitsprüfung

75

2.2.2.1. Horizontale Koordination

75

2.2.2.2. Vertikale Koordination

76

2.2.2.3. Koordination mit Dritten 2.2.3. Berücksichtigung der Umweltverträglichkeitsprüfung der Entscheidung

77 bei

2.2.4. Funktion der Umweltverträglichkeitsprüfung bei der Implementation der Entscheidung 2.3. Zusammenfassung

78 80 81

IV. Die Umweltverträglichkeitsprüfung auf der Bundesebene

83

1. Grundlage der Umweltverträglichkeitsprüfung: Der National Environmental Policy Act (ΝΕΡΑ)

83

1.1. Rechtspolitische und umweltpolitische Überlegungen bei der Verabschiedung von ΝΕΡΑ

85

1.1.1. Erklärung der nationalen Umweltpolitik

86

1.1.2. Umweltverträglichkeitsprüfung — Environmental Impact Statement (EIS)

89

1.1.3. Beirat für Umweltfragen Quality (CEQ)

93



Council on Environmental

nsverzeichnis

9

1.1.3.1. Überwachung und Implementation von ΝΕΡΑ . .

94

1.1.3.2. Beratung der Regierung

98

1.2. Zusammenfassung 2. Planungen und Maßnahmen, die ein Environmental Impact Statement erfordern

99

103

2.1. Umweltverträglichkeitsprüfung bei Gesetzgebungsvorhaben

104

2.2. Environmental Impact Statement bei Verwaltungsentscheidungen

105

2.2.1. Finanzielle Förderung von Vorhaben

108

2.2.2. EIS bei Planungen und Vorschlägen

110

2.2.3. Unterlassen als Bundesmaßnahme

114

2.2.4. Zusammenfassung

117

2.3. Schwelle für die Vorbereitung eines EIS: Bedeutende Maßnahmen mit signifikanten Umweltauswirkungen

117

2.3.1. Definition der Umwelt durch die Rechtsprechung

122

2.3.2. Environmental Impact Statement und Bebauungspläne . . 2.3.3. Änderung des Vorhabens zur Vermeidung eines EIS — Informelle Vorverhandlungen

125

2.3.4. Zusammenfassung

132

2.4. Kursorische Umweltprüfung (Environmental Assessment) — Entscheidung, kein EIS zu erstellen 2.4.1. Gerichtliche Überprüfung der Negativerklärung 2.4.1.1. Arbitrary and Capricious Standard — Ermessensprüfung

129

133 133 134

2.4.1.2. Angemessenheitsprüfung — "Reasonabless Standard"

136

2.4.1.3. De novo-Prüfung

138

2.4.2. Zusammenfassung 2.5. Grenzen des Geltungsbereichs von ΝΕΡΑ

139 140

2.5.1,. Bereits begonnene Vorhaben — Rückwirkung des ΝΕΡΑ

141

2.5.2. Konflikte zwischen ΝΕΡΑ und materiellen Umweltgesetzen

142

2.5.3. Kein EIS-Verfahren bei „funktional äquivalenten" Verfahren der Entscheidungsvorbereitung

144

2.5.4. EIS nur bei Ermessensentscheidungen?

145

2.5.5. Zusammenfassung

147

3. Inhalt der Umweltverträglichkeitsprüfung unter ΝΕΡΑ 3.1. Auswirkungen auf die Umwelt

148 150

3.1.1. Mittelbare Folgen — Regionales und lokales Wachstum .

152

3.1.2. Soziale und ökonomische Folgen der Maßnahme

156

10

nsverzeichnis 3.1.3. Unsicherheit über die Folgen — Schlechtester aller anzunehmenden Fälle

160

3.2. Segmentation und zusammenhängende Maßnahmen

165

3.3. Regionale Umweltprüfungen

167

3.4. Alternativen zu der vorgeschlagenen Maßnahme

171

3.5. Ausgleichsmaßnahmen

177

3.6. Kriterien für die Beurteilung von Umweltauswirkungen

178

3.6.1. Matrix-Systeme

180

3.6.2. Network-Methode

183

3.6.3. Overlay-Methode

184

3.6.4. Kosten-Nutzen-Analyse

185

3.6.4.1. Theoretische und praktische Grenzen der KostenNutzen-Analyse bei der Umweltverträglichkeitsprüfung

185

3.6.4.2. Rechtsprechung zur Kosten-Nutzen-Analyse

190

4. Verfahren bei der Vorbereitung des EIS

192

4.1. Frühzeitige Festlegung des inhaltlichen Rahmens des EIS (Scoping)

192

4.2. Beteiligung Dritter durch Kommentare und Anhörungen

193

4.3. Vorbereitung des EIS durch andere Behörden — Delegation . . .

197

4.4. Kooperation zwischen mehreren Bundesbehörden

199

4.5. Kooperation mit Landes- und Gemeindebehörden

201

4.6. Bericht über die Entscheidung — Verfahren nach Vorbereitung des EIS

202

5. Überprüfung des EIS durch die Gerichte

204

5.1. Zugang zu den Gerichten — Weite Interpretation der Klagebefugnis unter ΝΕΡΑ

205

5.2. Keine subjektiven Rechte unter ΝΕΡΑ

211

5.3. Inhaltliche Überprüfung des EIS

213

5.3.1. Verfahrensmäßige versus inhaltliche Verpflichtungen unter ΝΕΡΑ

213

5.3.2. Überprüfung der Angemessenheit des EIS

215

5.3.3. Ergebnisse des EIS als Grundlage für die Entscheidung über das Vorhaben selbst?

217

V. Umweltverträglichkeitsprüfung und räumliche Nutzung in Kalifornien

224

1. Regelung der Umweltverträglichkeitsprüfung auf der Ebene der Einzelstaaten

224

2. Die Umweltverträglichkeitsprüfung mental Quality Act (CEQA)

228

unter dem California Environ-

nsverzeichnis

11

2.1. Weiterentwicklung des California Environmental Quality Act (CEQA) seit seiner Verabschiedung

229

2.2. Implementation der Umweltverträglichkeitsprüfung unter dem CEQA

231

3. Raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen, die ein Environmental Impact Report (EIR) erfordern 3.1. Definition der Vorhaben unter dem CEQA

235 235

3.1.1. Umweltverträglichkeitsprüfung bei Flächennutzungs- und Bebauungsplänen

235

3.1.2. Andere Vorhaben mit signifikanten Auswirkungen auf die Umwelt

238

3.1.3. Änderungen des Vorhabens durch informelle Vorverhandlungen — Negativerklärung durch Ausgleichsmaßnahmen

240

3.2. Einschränkungen des UVP-Verfahrens unter dem CEQA

242

3.2.1. EIR nur bei Ermessensentscheidungen

242

3.2.2. Gesetzliche Ausnahmen

243

3.3. Gerichtliche Überprüfung der Entscheidung, kein EIR vorzubereiten 4. Inhalt des Environmental Impact Report (EIR)

246 249

4.1. Mittelbare und kumulative Auswirkungen des Vorhabens

250

4.2. Folgen der Maßnahme für räumliches Wachstum

254

4.3. Alternativen und Ausgleichsmaßnahmen

257

5. Verfahren bei der Vorbereitung des EIR

260

5.1. Koordination mit anderen Behörden

261

5.2. Beteiligung der Öffentlichkeit

265

6. Überprüfung des EIR durch die Gerichte

268

6.1. Vorverfahren und Klagebefugnis

268

6.2. Überprüfung des Inhalts des EIR

270

7. Berücksichtigung der Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung bei der Entscheidung

272

VI. Zusammenfassung der Ergebnisse in Thesen

278

Literaturverzeichnis

288

Abkürzungsverzeichnis A.2d. a.a.O. Abs. AEC afFd A I P Journal Ala. Ann. APA App. Ark. Art. Ass'n B.C.D.C. B. C. Envtl. Äff. BLM B. U. L. Rev. CA. Cal. Adm. Code Cal. Gov. Code Cal. L. Rev. Cal. Pub. Res. Code Cal. Rptr. Cal. Stat. ch. CEQ CEQA cert. Cir. Co. Colo. Columbia J. Envtl. L. Comm.

Comm'n

Cong. Cong. Ree. Conn. Corp. CZMA D. D.C. Del.

Atlantic Reporter, 2nd Series (Band, Seite) am angegebenen Ort Absatz United States Atomic Energy Commission affirmed American Institute of Planners Journal Alabama Annotated Administrative Procedure Act Appendix Arkansas Artikel Association San Francisco Bay Conservation and Development Commission Boston College Environmental Affairs Law Review Federal Bureau of Land Management Boston University Law Review California Court of Appeals California Administrative Code California Government Code California Law Review California Public Resources Code California Reporter (Band, Seite) California Statutes Chapter U.S. Council on Environmental Quality California Environmental Quality Act certiorari Circuit Court Company Colorado Columbia University Journal of Environmental Law Committee Commission Congress Congressional Record Connecticut Corporation Coastal Zone Management Act District Court District of Columbia Delaware

Abkürzungsverzeichnis Diss. DVB1. Ecol. L. Q. E.D. EDF EIR EIS ELR Envtl. Aff. Envtl. Conserv. Law Envtl. L. EPA ERC F.2d FAA FERC ff. FHA FHLBB FLMPA Fn. Ford. Urb. L. J. FPC F.R. F.Supp. Ga. Gen. Laws Gen. Stat. Harv. Envtl. L. Rev. Harv. L. Rev. Hasting L. J. H.R. HUD ICC 111. Inc. Ind. L. J. J. Air Comm. La. L. Rev. Mass. Md. Me. Mich. L. Rev. Mill. Minn. Mo. NAACP Nat'l

13

Dissertation Deutsches Verwaltungsblatt Ecology Law Quarterly District Court, Eastern District Evnironmental Defense Fund, Inc. Environmental Impact Report Environmental Impact Statement Environmental Law Reporter (Bureau of National Affairs) Environmental Affairs Environmental Conservation Law Environmental Law U.S. Environmental Protection Agency Environmental Reporter Cases Federal Reporter, 2nd Series (Band, Seite) Federal Aeronautics Adminstration Federal Energy Regulatory Commission fortfolgende Federal Housing Administration Federal Home Loan Bank Board Federal Land Management and Policy Act Fußnote Fordham University Urban Law Journal Federal Power Commission Federal Register Federal Reporter, Supplement (Band, Seite) Georgia General Laws General Statutes Harvard Environmental Law Review Harvard Law Review Hasting Law Journal House of Representatives U.S. Department of Housing and Urban Development U.S. Interstate Commerce Commission Illinois Incorporated Indiana Law Journal Journal of Air and Commerce Louisiana Law Review Massachusetts Maryland Maine Michigan Law Review Millionen Minnesota Missouri National Association For the Advancement of Colored People National

14 Nat. Res. J. Nat. Res. L. N.C. N.D. NE.2d Neb. ΝΕΡΑ N.J. No. NPDES NRC NRDC N.Y. N. Y. U. L. Rev. o.g. OMB Ο PR Ore. Pa. Pub. L. Pubi. Interest Pubi. Policy Rep. Res. Code Ann. rev'd S. s. SCRAP S.Ct. S.D. S.D. S.D. SEC Sec. Sess. SIP SIPI So. Cal. L. Rev. Soc. Sci. Q. sog. S. Rep. Stanf. L. Rev. stat. sub nom. TDR Temp. Envtl. L. + Tech. J. Tenn. Tex. TRPA TVA

Abkürzungsverzeichnis Natural Resources Journal Natural Resources Lawyer North Carolina District Court, Northern District North Eastern Reporter, 2nd Series Nebraska National Environmental Policy Act New Jersey Number National Polluntants Discharge Elimination System U.S. Nuclear Regulatory Commission Natural Resources Defense Council, Inc. New York New York University Law Review oben genannt Office of Management and Budget Office of Planning and Research Oregon Pennsylvania Public Law The Public Interest Public Policy Report Resources Code Annotated reversed Senat Bill; Seite siehe Students Challenging Regulatory Agency Procedure, Inc. United States Supreme Court Reporter (Band, Seite); California Supreme Court District Court, Southern District District Court, Southern District South Dakota U.S. Security Exchange Commission Section Session State Implementation Plan Scientists' Institute for Public Information, Inc. Southern California Law Review Sociology Science Quarterly sogenannt Senat Reports Stanford Law Review Statute sub nome Transfer of Development Rights Temple Environmental Law and Technology Journal Tennessee Texas Tahoe Regional Planning Agency Tennessee Valley Authority

Abkürzungsverzeichnis

15

University of California at Davis Law Review University of California at Los Angeles Journal of Environmental Law and Policy University of California at Los Angeles Law Review U.C.L.A. L. Rev. University of Colorado Law Review U. Col. L. Rev. University of Miami Law Review U. Miami L. Rev. Univeristy of Michigan Journal of Legal Refeorm U. Michigan J. L. Reform University of Pennsylvania Law Review U. Pa. L. Rev. Urban Law Annual Urb. L. Ann. Urban Lawyer Urb. Lawyer University of Richmond Law Review U. Rich. L. Rev. United States; United States Reporter (Band, Seite) U.S. United States Code U.S.C. Umweltverträglichkeitsprüfung UVP versus V. Virginia Va. vgl. vergleiche Wash. L. Rev. Washington Law Review Wash. U. J. Urb. + Contemp. L. Washington University Journal of Urban and Contemporary Law W.D. District Court, Western District WiVerw Wirtschaft und Verwaltung Wyo. Wyoming Yale L. J. Yale Law Journal U. C. Davis L. Rev. U.C.L.A. J. Envtl. L. + Pol.

I. Einführung 1. Gegenstand der Arbeit Umweltschutz und Umweltrecht nehmen in den letzten Jahren einen immer breiteren Raum in der rechtspolitischen Diskussion ein. Neben Vorschlägen und Gesetzesvorhaben, die die materiellen Anforderungen an umweltbelastende Vorhaben bestimmen, ist zu überlegen, wie sichergestellt werden kann, daß umweltrelevante Folgen einer Maßnahme sowohl bei der Genehmigung einzelner Vorhaben als auch im Rahmen der (räumlichen) Gesamtplanung angemessen bedacht werden. Hier hat der Rat der Europäischen Gemeinschaften mit der Verabschiedung einer Richtlinie zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) 1 die Initiative ergriffen. In der Bundesrepublik Deutschland wird seit einiger Zeit diskutiert, welche Regelungen zur UVP de lege lata vorhanden sind 2 und wie die Richtlinie der EG zur Umweltverträglichkeitsprüfung in das deutsche Rechtssystem integriert werden kann 3 . Dabei wird die Umweltverträglichkeitsprüfung teilweise mit gesamtökologischen Gutachten gleichgesetzt oder als Oberbegriff für verschiedene Methoden, Umweltbelange einzuschätzen, verwandt 4 . Diese unklare Bestimmung der Ziele und des Inhalts einer Umweltverträglichkeitsprüfung führt häufig zu Mißverständnissen über die Ergebnisse, die mit einer UVP erreicht werden können. Ausgangspunkt der EG-Richtlinie war die Regelung des US-amerikanischen National Environmental Policy Act (ΝΕΡΑ) von 1969 für ein Environmental 1 „Richtlinie des Rates über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten", ENV 92 vom 14.5.1985, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 175/44, abgedruckt in NVwZ 1987, 305 ff. 2 Salzwedel (1981); Stich (1980); Hennecke (1977); Schoeneberg (1984); Braun (1987). 3 Erbguth, Natur und Recht 1982, 162; Steinberg, Natur und Recht 1983, 169; Carlsen, Natur und Recht 1984,48; Schoeneberg, DVB1. 1984, 929; Cupei, DVB1. 1985,813; Erbguth, Schoeneberg, WiVerw 1985, 102; Bunge, S. 60 ff.; Bartelsperger, DVB1.1987,1 (5 ff.); Hoppe, Püschel, DVB1. 1988, 1; Michler, DVB1. 1987, 410 (411); Erbguth, DÖV 1988, 481; Jarass, S. 14 ff.; siehe auch den Gesetzentwurf der Fraktion der GRÜNEN, „Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Gesetz)" vom 19.2.1988, BTDrucksache 11/1844 und den Gesetzentwurf der Bundesregierung „Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie des Rates vom 27. Juli 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (85/337/EWG)" vom 12.8.1988, BRDrucksache 335/88. 4 Cupei, DVB1. 1985, 813 (814); für eine ausführliche Analyse der verschiedenen Bedeutungen der UVP, Cupei, S. 3 ff.

2 Mezger

18

I. Einführung

Impact Statement (EIS). Dort wird die Umweltverträglichkeitsprüfung als Verfahren verstanden, um (öffentliche) Entscheidungsträger über die möglichen Umweltauswirkungen der geplanten Maßnahme zu informieren. Von dieser Definition der Umweltverträglichkeitsprüfung wird auch in dieser Arbeit ausgegangen. Grundsätzlich läßt sich feststellen, daß sich das Verfahren der Umweltverträglichkeitsprüfung in den USA in den mehr als 15 Jahren seit seiner Verabschiedung von einer allgemeinen umweltpolitischen Absichtserklärung zu einem integrierten Planungs- und Informationsverfahren für die beteiligten Entscheidungsträger entwickelt hat. Angesichts der langjährigen Erfahrungen, die in den USA - sowohl auf Bundesebene als auch auf der Ebene der Einzelstaaten - mit der Umweltverträglichkeitsprüfung gemacht wurden, und unter dem Gesichtspunkt, daß die EGRichtlinie zur Umweltverträglichkeitsprüfung bis 1988 in innerstaatliches Recht umzusetzen ist, erscheint es für die rechtspolitische Diskussion in der Bundesrepublik Deutschland sinnvoll, die Regelungen der UVP in den USA näher zu untersuchen. Dabei wird sich die Arbeit darauf konzentrieren, die Umweltverträglichkeitsprüfung bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu analysieren. Bei Planungen und Entscheidungen über räumliche Nutzungen in den USA ist festzustellen, daß trotz eines raumbezogenen Vorsorgegrundsatzes und Konfliktbewältigungsgebotes Umweltauswirkungen häufig nicht angemessen beachtet werden. Zersiedlung und Verstädterung der Landschaft sowie die räumliche Allokation umweltbelastender Vorhaben scheinen mit den Instrumenten herkömmlicher Planung nur unzureichend gesteuert werden zu können. Die Arbeit wird sich hier im wesentlichen auf folgende Aspekte beschränken: erstens zu fragen, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung bei der räumlichen Planung überhaupt notwendig und sinnvoll ist, und zweitens zu untersuchen, ob durch die UVP die umweltbezogenen räumlichen Auswirkungen bei der Planung, aber auch bei der Genehmigung einzelner Vorhaben besser berücksichtigt werden können.

2. Aufbau und Inhalt der Untersuchung Da Umweltauswirkungen bei Planungen und Entscheidungen über räumliche Nutzung in den USA häufig nicht ausreichend beachtet werden, wird zunächst nach den rechtlichen Rahmenbedingungen für räumliche Planungen und Entscheidungen zu fragen sein. Ein Grund für die mangelnde Integration von Umweltbelangen - so die These - liegt in der horizontalen Differenzierung von materieller Umweltschutzgesetzgebung und Entscheidungen und Planungen über räumliche Nutzung. Die rechtlichen Regelungen der räumlichen Planung

2. Aufbau und Inhalt der Untersuchung

19

tragen wiederum umweltbezogenen Vorsorgegrundsätzen nicht ausreichend Rechnung. Erschwerend für eine medienübergreifende Einbeziehung von Umweltschutzbelangen in den Entscheidungs- und Planungsprozeß kommt hinzu, daß auch vertikal, d.h. zwischen den verschiedenen staatlichen Ebenen, erhebliche Differenzierungen in den Zuständigkeiten der Bundes-, Landes- und Gemeindeebenen für Umweltschutzgesetzgebung und räumliche Planungen bestehen. Die Defizite, die sich aus der fragmentierten Zuständigkeit, dem Fehlen eines medienübergreifenden umweltorientierten Verfahrens sowie aus dem Mangel an umweltbezogenen Kriterien ergeben, werden für die einzelnen staatlichen Ebenen exemplarisch dargestellt. Als Ausblick wird die Frage aufgeworfen, ob ein Verfahren wie die Umweltverträglichkeitsprüfung dazu beitragen kann, die aufgezeigten Mängel zu kompensieren. Diese Frage ist im nächsten Schritt zu konkretisieren. Zunächst können umweltschützende Politiken verschiedene Ziele verfolgen und in zahlreichen Formen implementiert werden. Für die Umweltverträglichkeitsprüfung in den USA läßt sich sagen, daß sie in ihren Zielsetzungen einen eher werteorientierten Ansatz verfolgt, während sie in ihrer Ausgestaltung als Verfahrensinstrument mehr auf ressourcenökonomische Politiken ausgerichtet ist. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die Umweltverträglichkeitsprüfung als Verfahren dem Dilemma anderer Umweltpolitiken zwischen Marktversagen und Politikversagen entgehen kann. Unter dem Aspekt, daß staatliche Politiken zunehmend wegen ihres „Regulierungsversagens" kritisiert werden, ist die UVP als Verfahrensinstrument eher weniger Kritik ausgesetzt als Regelungen der materiellen Umweltschutzgesetzgebung. Während die meisten Umweltpolitiken letztlich darauf vertrauen, die als Externalitäten in Marktentscheidungen nicht integrierten Umweltbelange durch staatliche Regulierung in Entscheidungen über den Markt - wenigstens mittelbar - einfließen zu lassen, gehen Verfahrensanforderungen einen anderen Weg. Sie richten sich nicht an die beteiligten Marktsubjekte, sondern an die Verwaltung, und versuchen, mehr Rationalität in die staatlichen Enscheidungsprozesse einzubringen. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist insoweit ein besonderes Verfahrensinstrument. Es ist bei der UVP als Verfahrensinstrument zwischen drei verschiedenen Aspekten zu unterscheiden: erstens dem Zielaspekt, d.h. welche umweltpolitischen Ziele durch die UVP erreicht werden sollen, zweitens dem inhaltlichen Aspekt, nach welchen Kriterien Umweltbelange zu messen und zu beurteilen sind, und drittens hat die UVP auch einen methodischen bzw. verfahrensmäßigen Aspekt, der die Frage nach Gestaltung und Ablauf des Verfahrens einschließt. Jedoch bleibt bei dem zweitgenannten, dem inhaltlichen Aspekt der UVP wie auch bei anderen Umweltpolitiken - ein Problem ungelöst, das die Tauglichkeit der UVP als „sanftes" Regulierungsinstrument beeinträchtigt: Weder werteorientierte Ansätze noch ressourcenökonomische Theorien bieten aus2*

20

I. Einführung

reichende Kriterien, um die Umweltfolgen einer Maßnahme einschließlich ihrer Verteilungswirkungen beurteilen zu können. Der dritte, im engeren Sinn verfahrensbezogene Aspekt der UVP bezieht sich darauf, daß der Entscheidungsträger auch in komplexen Entscheidungssituationen Umweltbelange ausreichend beachtet. Der Umweltverträglichkeitsprüfung fallt die Aufgabe zu, „verfahrensmäßig" bei der Lösung komplexer Entscheidungssituationen zu helfen. Aus einer kurzen Skizze der Schwierigkeiten, denen sich ein Entscheidungsträger bei komplexen Verwaltungsentscheidungen gegenübergestellt sehen kann und die dazu beitragen, daß Umweltfolgen häufig nicht angemessen in die Entscheidung einbezogen werden, sind für die Umweltverträglichkeitsprüfung im wesentlichen vier Aufgaben zu definieren: Information, Koordination, Entscheidung und Implementation. Bei der Frage, welche Aufgaben der Umweltverträglichkeitsprüfung zufallen sollen, wird insbesondere zu problematisieren sein, ob Veränderungen einer Entscheidungsprämisse der Verwaltung - hier: des Verfahrens - auch eine Veränderung des Entscheidungsinhaltes garantiert. Die Umweltverträglichkeitsprüfung enthält als Instrument der Entscheidungsvorbereitung keine Entscheidung über das Vorhaben selbst. Es wird zu fragen sein, ob und inwieweit die Verwaltung verpflichtet ist, die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung bei der Entscheidung über das Vorhaben selbst zu beachten. Die Arbeit wird sich dann dem Verfahren der Umweltverträglichkeitsprüfung auf der Bundesebene zuwenden. Zunächst werden die Gesetzgebungsgeschichte und die mit ΝΕΡΑ verfolgten Politikziele dargestellt. Da die Umweltverträglichkeitsprüfung unter ΝΕΡΑ in relativ weiten und vagen Begriffen umschrieben ist sowie Zielsetzung, Aufgabenstellung und Verfahren im Gesetz nur unzureichend geregelt sind, hat sich eine umfangreiche Rechtsprechung zu den Anforderungen an das UVP-Verfahren unter ΝΕΡΑ herausgebildet. Wie ein Richter des U.S. Supreme Court zusammenfaßte: „Dieses weit gefaßte Gesetz scheint zu nichts anderem geschaffen zu sein, als als Katalysator für die Entwicklung eines common law des ΝΕΡΑ zu dienen . . . Die Gerichte haben genau in dieser Weise darauf geantwortet und ein common law entwickelt" 5 .

Da das UVP-Verfahren auf der Bundesebene im wesentlichen durch Richterrecht bestimmt wird, ist die Rechtsprechung der Bundesgerichte für die folgenden Fragen zu untersuchen: erstens, für welche Verwaltungsentscheidungen eine UVP erforderlich ist, zweitens, welche Anforderungen an den Inhalt der UVP zu stellen sind, drittens, wer an dem Verfahren zu beteiligen ist und viertens, inwieweit die Verwaltung die Ergebnisse der UVP bei der Entscheidung zu beachten hat und schließlich, in welchem Maß eine gerichtliche Überprüfung sowohl der UVP als auch der Verwaltungsentscheidung selbst möglich ist. 5 Kleppe v. Sierra Club, 427 U.S. 390 (421) (1976) (Marshall, J., concurring in part, dissenting in part).

2. Aufbau und Inhalt der Untersuchung

21

Ausgehend von der Prämisse, daß die Informationsaufgaben der Umweltverträglichkeitsprüfung um so besser erfüllt werden können, je weiter der Bereich der in einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu untersuchenden Maßnahme ist und je umfassender die durch die Maßnahme ausgelösten Umweltauswirkungen definiert werden, ist festzustellen, daß die Rechtsprechung diese Fragen eher großzügig ausgelegt hat. Auffallig ist jedoch, daß Bebauungspläne und die meisten der sog. gebundenen, auf Fachplanungsrecht beruhenden Erlaubnisse nicht in einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu untersuchen sind. Für ein medienübergreifendes Verfahren - so die These - bleibt insoweit nur wenig Raum. Dagegen werden in den Bereich der Umweltauswirkungen, die in der Umweltverträglichkeitsprüfung analysiert werden, auch die räumlichen Auswirkungen einzelner Vorhaben, insbesondere kumulative und mittelbare Auswirkungen auf das räumliche Wachstum einbezogen. Problematisch bleibt für den Inhalt der UVP die Frage, nach welchen Kriterien Umweltauswirkungen einzuschätzen bzw. wie die Vor- und Nachteile eines Vorhabens zu beurteilen sind. Verschiedene theoretische Ansätze sowie die Rechtsprechung zu dieser Frage werden im einzelnen dargestellt. Als ΝΕΡΑ verabschiedet wurde, ist keine Institution geschaffen worden, die überprüft, ob die Verwaltung die Anforderungen des UVP-Verfahrens beachtet. Es wird von der Annahme ausgegangen, daß es zur Umsetzung des UVP-Verfahrens „politischer Unternehmer", z.B. Umweltgruppen und Bürgerinitiativen bedarf, um diffuse Allgemeininteressen wie die Beachtung von Umweltbelangen durchzusetzen. Für ΝΕΡΑ läßt sich feststellen, daß es Umweltgruppen und interessierten Dritten mit Unterstützung der Gerichte gelungen ist, die Umweltverträglichkeitsprüfung in der Praxis umzusetzen. Es wird daher im einzelnen anhand der Rechtsprechung zu ΝΕΡΑ zu untersuchen sein, inwieweit Dritte und Umweltgruppen Klagebefugnis haben, ob Dritte subjektive Rechte besitzen und in welchem Maße die Gerichte Verletzungen des UVP-Verfahrens durch die Verwaltung nachprüfen. Hier ist schließlich die Frage zu stellen, welche Bedeutung die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung für die Entscheidung über das Vorhaben selbst haben. Im Ergebnis läßt sich jedoch feststellen, daß die Gerichte zurückhaltend sind, eine Entscheidung der Verwaltung aufzuheben, wenn die Ergebnisse der UVP nicht ausreichend beachtet wurden. Da die wichtigsten Entscheidungen über räumliche Nutzungen auf der Ebene des Einzelstaates bzw. der lokalen Gebietskörperschaften fallen, wendet sich die Arbeit im letzten Teil der Umweltverträglichkeitsprüfung der Ebene des Einzelstaates - und zwar Kalifornien - zu. Die Umweltverträglichkeitsprüfung in Kalifornien ist im wesentlichen der Umweltverträglichkeitsprüfung auf der Bundesebene nachgebildet. Unterschiede bestehen hier jedoch insbesondere darin, daß für räumliche Planungen und zahlreiche Entscheidungen über räumliche Nutzungen eine Umweltverträglichkeitsprüfung ausdrücklich im Gesetz vorgesehen ist. Die Arbeit wird sich der Frage zuwenden, ob die Kritik berechtigt ist, die Anwendung der UVP sei hier wegen der erheblichen Konvergenzen zwi-

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I. Einführung

sehen räumlichen Planungsverfahren und Umweltverträglichkeitsprüfung nicht sinnvoll. Ein weiterer Unterschied zu ΝΕΡΑ liegt darin, daß die UVP unter dem California Environmental Quality Act (CEQA) auch bestimmte inhaltliche Verpflichtungen für die Verwaltung, nämlich bei der Entscheidung weniger umweltbelastende Alternativen der ursprünglichen Maßnahme vorzuziehen, beinhaltet. Anhand der Rechtsprechung zu dieser Frage ist zu problematisieren, ob wegen des weiten Ermessens, das der Verwaltung bei der Entscheidung zusteht und das eine Abwägung verschiedener Belange erfordert, diese Verpflichtung praktisch durchgesetzt werden kann. Angesichts des von den Gerichten entwickelten Standards des „Ermessensmißbrauchs", der verhindert, daß die Verwaltung die Ergebnisse der UVP bei ihren Entscheidungen willkürlich unbeachtet läßt, ist zu fragen, ob eine Verpflichtung der Verwaltung, weniger umweltbelastende Maßnahmen anderen Vorhaben vorzuziehen, überhaupt sinnvoll und notwendig ist. Dies gilt insbesondere unter dem Aspekt, daß das UVP-Verfahren keine umweltbezogenen Kriterien enthält, die die Abwägung zwischen den verschiedenen widerstreitenden ökonomischen, sozialen und umweltpolitischen Belangen, die für die Entscheidung relevant sind, bestimmen.

I I . Räumliche Nutzung und Umweltschutz Ein Überblick

Zersiedlung und Verstädterung der Umwelt sind eines der schwerwiegendsten Umweltprobleme in den USA 1 . Der Charakter städtischer Gebiete und des städtischen Umlandes verändert sich im interregionalen, regionalen und lokalen Rahmen mit erheblicher Geschwindigkeit2. Ältere Gebäude und ganze Wohnviertel werden abgerissen und durch neue Bebauung ersetzt, die oft nur wenig den Bedürfnissen der lokalen Bevölkerung entspricht und Umweltauswirkungen vernachlässigt 3. Ausufernde Vororte einschließlich der notwendigen öffentlichen Infrastruktur führen zur Zersiedlung der Landschaft und haben einen enormen Flächenverbrauch. Mit dem unkontrollierten Wachstum von Vororten und Umlandgemeinden sind häufig zusätzliche Umweltprobleme, z.B. ungenügende Abwasser- oder Abfallbeseitigung, Verschlechterung der Luftqualität, Zerstörung von Feuchtgebieten sowie mangelhafte öffentliche Infrastruktur verbunden. Schließlich sind Umwelt und öffentliche Sicherheit gefährdet, wenn neue Vororte oder Gewerbegebiete an Standorten errichtet werden, die grundsätzlich wegen ihrer Beschaffenheit nicht für eine räumliche Nutzung durch Bebauung geeignet sind. Mittelbare und sekundäre Auswirkungen der räumlichen Entwicklung und des Wachstums von Umlandgemeinden können ebenfalls negative Veränderungen in der natürlichen und städtischen Umwelt mit sich bringen.

1

Stewart, Krier, S. 5. Kasarda, 61 Soc. Sci. Q. 373 ff. (1980) unterscheidet vier Trends in demographischer und industrieller räumlicher Umverteilung: 1) interregionale Migration, die die Wanderung von Bevölkerung und ökonomischen Aktivitäten vom Nordosten in den Süden und Westen der USA umfaßt (Wanderung vom sog. "snow-belt" zum "sun-belt"); 2) Migration von Kleinstädten in Großstädte; 3) innerstädtische Migration, die den Auszug von Bevölkerung und Arbeitsplätzen aus den Innenstädten in die Vororte umfaßt und 4) Abwanderung von Arbeitsplätzen und Bevölkerung aus städtischen Gebieten insgesamt; siehe dazu auch Morgan, Shonkwiler, 10 Oregon L. Rev. 351 (378) (1982), die eine deutliche Tendenz zum Zuzug in kleinere und ländliche Gemeinden sehen. Nach Kushner, 2 U.C.L.A. J. Envtl. L. + Pol. 209 (220) (Fn. 43) (1982) zogen zwischen 1975 und 1979 8,4 Mill. Personen aus den Innenstädten in die Vororte und 3 Mill, in ländliche Gemeinden, gleichzeitig 6,1 Mill, neue Familien in die Städte. 3 für die Auswirkungen dieser Politik auf die Bevölkerung der Innenstädte, siehe Kushner, 2 U.C.L.A. J. Envtl. L. + Pol. 209 (215 ff.) (1982), der feststellt, daß trotz Versuchen der Rehabilitation von älteren Stadtgebieten der Trend zu rassisch und/oder ökonomisch segregierten Wohngebieten weiter anhält. 2

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II. Räumliche Nutzung und Umweltschutz

Die Beziehung zwischen unkontrolliertem und schnellem Wachstum der Städte und des Umlandes und dem Verlust von Lebensqualität ist extensiv dokumentiert 4 . Aber auch unbegrenzter Zugang und ökonomische Entwicklung bisher wenig entwickelter Regionen können dazu führen, daß diese Gebiete zum bloßen Anhängsel der städtischen und industriellen Zivilisation werden. Schließlich können auch einzelne Vorhaben erhebliche Auswirkungen auf die natürliche Umwelt haben, wenn z.B. neue Großvorhaben in unmittelbarer Nachbarschaft von ökologisch wertvollen Gebieten errichtet werden. Während bei einzelnen Großvorhaben die jeweiligen Umweltauswirkungen des Vorhabens in der Regel durch Festsetzung von Grenzwerten etc. in den entsprechenden Fachgesetzen geregelt werden, sind die räumlichen Auswirkungen und deren - mittelbaren - Umweltfolgen häufig nicht durch Fachgesetze abgedeckt. Selbst wenn ein Vorhaben alle in den Fachgesetzen enthaltene Standards und Grenzwerte einhält, kann es sich an der geplanten Stelle oder unter den besonderen Umständen nachteilig auf die Umwelt auswirken. Die Einhaltung sämtlicher in den Fachgesetzen vorgesehenen Grenzwerte oder Genehmigungsvoraussetzungen ist noch keine Garantie dafür, daß sich einzelne Vorhaben nicht, allein oder kumulativ, negativ auf die vorhandene Umweltsituation auswirken. Planungen und Entscheidungen über räumliche Nutzungen dagegen vernachlässigen Umweltbelange tendenziell. Das mag einmal darauf beruhen, daß bei räumlichen Planungen und Entscheidungen keine festen inhaltlichen Standards vorgegeben werden, nach denen, wie bei Fachgesetzen, bestimmte Umweltauswirkungen materiell beurteilt werden können. Hinzu kommt, daß - zumindest bei räumlichen Planungen - eine Abwägung aller beteiligten Interessen und Belange vorgenommen wird, bei der Umweltbelangen gegenüber anderen Erwägungen des Allgemeinwohls keine Priorität einzuräumen ist. Die Probleme, die entstehen, weil es kein horizontales, die einzelnen gesetzlichen Regelungen übergreifendes Verfahren ist, das Entscheidungen über räumliche Nutzung und materielle, in einzelnen Fachgesetzen enthaltene Umweltstandards integriert, werden noch dadurch verstärkt, daß aufgrund der föderalistischen Struktur der USA die Zuständigkeiten für Entscheidungen über räumliche Nutzungen einerseits und fachgesetzliche Umweltschutzregelungen andererseits zwischen den einzelnen hoheitlichen Ebenen vertikal aufgeteilt sind oder zueinander in Konkurrenz stehen. Dieses komplexe Beziehungsgeflecht, das entscheidend mitbestimmt, inwieweit eine Integration von Umweltbelangen bei raumbedeutsamen Planungen und Entscheidungen möglich ist, soll im folgenden näher dargestellt werden.

4 siehe Bosselmann, Callies, S. 15 ff.; McAllister, S. 40 ff; Reilly, S. 2 ff; vgl. aber Lefcoe, 54 So. Cal. L. Rev. 447 (465 ff.) (1981), nach seiner Meinung sind Vororte mit niedriger Bebauungsdichte nicht unbedingt nachteilig für die Umwelt.

1. Umweltschutz und Planungen auf der Bundesebene

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1. Umweltschutz und Planungen und Entscheidungen Uber räumliche Nutzungen auf der Bundesebene 1.1. Kompetenzen der Bundesebene auf dem Gebiet des Umweltschutzes imföderalistischen System der USA Aufgrund der föderalistischen Struktur der USA, die den einzelnen Bundesstaaten (States) die grundsätzliche Gesetzgebungskompetenz zuspricht 5 und der Bundesregierung (Federal Government) nur die in der US-Verfassung ausdrücklich erwähnten Gesetzgebungszuständigkeiten einräumt 6 , besitzt die Bundesregierung weder unbegrenzte noch ausdrückliche Zuständigkeiten für den Erlaß von Umwelt- oder Planungsgesetzen. Allerdings sind die in der US-Verfassung an den Congress delegierten Gesetzgebungskompetenzen von der Rechtsprechung in der Vergangenheit weit ausgelegt worden und erlauben der Bundesregierung, einen weiten Bereich von Regelungen auf wirtschaftlichem oder sozialem Gebiet zu treffen 7. Es ist schwierig, sich ein Problem von Umweltbelastung vorzustellen, das nicht auf Bundesebene unter der "commerce clause" geregelt werden könnte. Die Beziehung zwischen den verschiedenen Umweltfaktoren und die Erkenntnis, daß Belastungen der Umwelt in einem Gebiet Auswirkungen auf das Ökosystem in anderen Gebieten mit sich bringt, und die unvermeidbaren Kosten und ökonomischen Auswirkungen sowie Wettbewerbsverzerrungen, die zwischen den einzelnen Bundesstaaten entstehen, wenn Umweltbelastungen vermieden werden sollen, bieten eine weite Ermächtigung unter der "commerce clause", Umweltbelastungen durch die Bundesebene zu regeln. Konsequenterweise hat der Congress Anfang der 70er Jahre eine umfangreiche Gesetzgebung zur Luftreinhaltung 8 und Gewässerverschmutzung 9 erlassen, aber auch die Genehmigung und der Betrieb von Atomkraftwerken 10 und der Bereich der Abfallbeseitigung 11 , der Lärmbekämpfung 12 und des Tagebergbaues13 werden durch Gesetze der Bundesebene berührt. 5 siehe U.S. Constitution, 10th Amendment: "The powers not delegated to the United States by the Constitution, nor prohibited by it to the States, are reserved to the States respectively, or to the people." 6 für eine ausfuhrliche Darstellung des US-amerikanischen Regierungssystems und der Gesetzgebungszuständigkeit des Congress, siehe Fraenkel, S. 104 ff. 7 insbesondere unter der sog. commerce clause, U.S. Constitution, Art. 1, See. 8; siehe Gunther, S. 153 ff. 8 Clean Air Act, 42 U.S.C. § 7401 ff.; für eine ausfuhrliche Beschreibung der Regelungen des Clean Air Act, siehe Anderson, Mandelker, Tarlock, S. 137 ff. 9 Der Clean Water Act, 33 U.S.C. §§ 1251 ff. ist ein Beispiel der Konflikte, die um die Zuständigkeit des Bundes entstehen können; siehe Skillern, 17 Nat. Res. L. 535 (538) (1985). 10 Atomic Energy Act, 42 U.S.C. §§ 2011 ff. 11 Resource Conservation and Recovery Act, 42 U.S.C. §§ 6901 ff.; siehe auch Comprehensive Environmental Response, Compensation, and Liability Act of 1980,42 U.S.C. §§ 9601 ff.,

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II. Räumliche Nutzung und Umweltschutz

Die überragende Rolle, die der Bund bei der Regulierung von Umweltproblemen spielt, ist auch kritisiert worden. Stewart 14 z.B. hebt hervor, daß zentrale umweltpolitische Entscheidungen fragmentierte Entscheidungen zur Förderung eigener Interessen, Disparitäten in der Interessenrepräsentation sowie "spillover" Effekte vermeiden können und die Durchsetzung von politischen Entscheidungen auf nationaler Ebene ermöglichen. Diese Politiken berücksichtigen aber andererseits nicht, daß zentralisierte Entscheidungen auf Bundesebene die Besonderheiten der jeweiligen lokalen Situation häufig nicht einbeziehen, die Selbstbestimmung behindern und möglicherweise übermäßige Opfer von einzelnen Gruppen zugunsten der Erreichung nationaler Politikziele verlangen. Im Mittelpunkt des sog. "new federalism" steht das Bemühen, die Position der Bundesstaaten gegenüber der Bundesregierung zu stärken. Neben der Prämisse, daß die Bundesstaaten für alles zuständig sind, was nicht auf der Bundesebene geregelt wird, fällt den Bundesstaaten eine stärkere Rolle zu, die auf der Bundesebene ausgearbeiteten Programme und Regelungen in eigener Verantwortung durchzuführen und zu verwalten. Dabei soll den Bundesstaaten ausreichend Spielraum verbleiben, eigene Vorstellungen durchzusetzen und den lokalen Besonderheiten Rechnung zu tragen. Aber auch aus der Überlegung heraus, daß dezentrale Entscheidungsstrukturen effizienter sein können, als alle Entscheidungen auf nationaler Ebene zu treffen, ist es das Bestreben des "new federalism", den Bundesstaaten mehr Entscheidungsspielraum bei der Durchführung der Bundesprogramme zu ermöglichen. Daneben bleibt es den Bundesstaaten wie bisher überlassen, strengere Umweltschutzregelungen als auf der Bundesebene vorhanden, einzuführen 15. Allerdings hat sich unter dem seit der Reagan-Regierung propagierten "new federalism" auf dem Gebiet des Umweltschutzes für die Gesetzgebungszuständigkeit der Bundesregierung nichts Entscheidendes geändert. Auch unter diesem Konzept soll der Congress weiter zuständig bleiben, Umweltprobleme zu regeln, die ökonomische Auswirkungen auf mehrere Staaten oder die gesamte USA haben, es sich um das Gebiet eines Bundesstaates überschreitende Umweltprobleme handelt oder diese einer einheitlichen Regelung auf nationaler Ebene bedürfen. Ebenso sollen durch Regelungen auf Bundesebene Wettbewerbsverzerrungen und Konkurrenz unter den einzelnen Bundesstaaten ausgeschlossen werden, indem national einheitliche Mindeststandards für den Umweltschutz Standort vorteile einzelner Bundesstaaten nivellieren; ähnliches gilt für Regelungen, die darauf zielen, Probleme zu lösen, deren Bewältigung häufig an einem Veto lokaler Interessen scheitert. Schließlich bleibt dem Congress wie bisher die der u.a. US $ 1,6 Milliarden für die Beseitigung von Giftmülldeponien vorsieht, sog. Superfund; siehe ausführlich Anderson, Mandelker, Tarlock, S. 568 ff. 12 Noise Control Act, 42 U.S.C. §§ 4901 ff. 13 Surface Mining Control and Reclamation Act, 30 U.S.C. §§ 1201 ff. 14 86 Yale L. J. 1196 (1210 ff.) (1977). 15 siehe Strohbehn, S. 10 ff.

1. Umweltschutz und Planungen auf der Bundesebene

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Möglichkeit, umweltschützende Maßnahmen der Bundesstaaten finanziell zu unterstützen. Entgegen dem ersten Anschein ist der Bund jedoch nicht völlig frei, wie er die Bedingungen für seine Programme gestaltet. Die verfassungsmäßige Grenze ist erreicht, wenn der Bund die einzelnen Bundesstaaten zwingen will, gesetzliche Regelungen auf einzelstaatlicher Ebene zu erlassen16. Im übrigen hat die Rechtsprechung aber auch Regelungen gegen den Widerstand der Bundesstaaten aufrechterhalten, die für die Partizipation oder Implementation von Bundesprogrammen enge Bedingungen bzw. bei Weigerung der Bundesstaaten finanzielle Einbußen an Bundesmitteln vorsahen 17. Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß dem Bund auf dem Gebiet des materiellen Umweltschutzes relativ umfassende Gesetzgebungskompetenzen zustehen, die durch die Souveränität der Bundesstaaten auch unter der neueren Rechtsprechung zum 10th Amendment nur unwesentlich eingeschränkt werden. Die relativ weiten Gesetzgebungskompetenzen auf dem Gebiet des Umweltrechts geben jedoch keine Antwort auf die Frage, wie die Implementation durch die Einzelstaaten vorgenommen und überwacht wird. Auf die diffizilen Probleme, die die föderalistische Struktur der USA bei der Implementation von Bundesprogrammen mit sich bringt, kann hier nur hingewiesen werden 18. Inwieweit ein Verfahren wie die Umweltverträglichkeitsprüfung koordinierende Funktionen bei diesen fragmentierten Zuständigkeiten haben kann, wird unter III.2. zu diskutieren sein.

1.2. Planung und Entscheidungen über räumliche Nutzungen auf der Bundesebene Gegenüber den weitreichenden Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Umweltgesetzgebung hat der Bund nur begrenzte Kompetenzen, Planungen und Entscheidungen über räumliche Nutzungen zu treffen oder durchzuführen.

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Maryland v. EPA, 530 F.2d 215 (4th Cir. 1975), siehe aber United States v. Ohio Department of Highway Safety, 635 F.2d 1195 (6th Cir. 1980), cert, denied, 451 U.S. 949 (1981) (Weigerung des Staates Ohio, bestimmten Forderungen der Environmental Protection Agency für die Kontrolle von Abgasemissionen unter dem Clean Air Act nachzukommen, ist unwirksam); siehe auch Strohbehn, S. 9. 17 Pacific Legal Foundation v. Costle, 627 F.2d 917 (9th Cir. 1980) (drohende Streichung von Bundesmitteln kann als "stick and carrot" Maßnahme verwendet werden, damit die Einzelstaaten in der Umsetzung von Umweltgesetzen des Bundes partizipieren); Kalifornien z.B. verlor $ 850 Mill, an Bundesmitteln, weil es bestimmte Forderungen der EPA unter dem Clean Air Act nicht erfüllte, Anderson, Mandelker, Tarlock, S. 241 ; ausführlich zur Diskussion um die verfassungsmäßigen Grenzen der Umsetzung nationaler Umweltprogramme durch die Bundesstaaten, Stewart, 86Yale L. J. 1196 (1233 ff.) (1977). 18 ausführlich Rehbinder, Stewart, S. 177 ff.

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II. Räumliche Nutzung und Umweltschutz

Grundsätzlich in den Bereich der allgemeinen Polizeigewalt der Bundesstaaten, für Wohl, Gesundheit und Prosperität ihrer Bürger zu sorgen, fallen räumliche Planung, die Kompetenz zum Erlaß von Bauvorschriften und die Verabschiedung von Bebauungsplänen. Letztgenannte Zuständigkeiten werden von den Bundesstaaten in der Regel an die lokalen Gebietskörperschaften delegiert 19. Wenn diese Regelungsbereiche dem traditionellen Bereich der Hoheitsgewalten der Bundesstaaten zuzuordnen sind, könnten sie unter dem 10th Amendment der U.S. Verfassung von gesetzlichen Regelungen durch die Bundesebene ausgenommen sein 20 . Diese These ist in zwei neueren Entscheidungen des U.S. Supreme Court 2 1 zu räumlichen Planungen und Entscheidungen über räumliche Nutzungen im Zusammenhang mit dem Tagebergbau im Einklang mit der Rechtsprechung in National League of Cities v. Usery 22 differenziert beantwortet worden. Solange sich die Regelung nicht an die einzelnen Bundesstaaten selbst richtet, sondern an private Dritte, in diesem Fall Unternehmen, die zu bestimmten Ausgleichsmaßnahmen und zur Wiederherstellung der durch den Tagebergbau zerstörten Landschaft verpflichtet werden, ist eine Regelung auf Bundesebene zulässig, obgleich Planungen und Entscheidungen über die räumliche Nutzung in den traditionellen Hoheitsbereich der Bundesstaaten fallen. Während der U.S. Supreme Court in diesen Entscheidungen einerseits feststellt, daß das 10th Amendment den Bund nicht hindert, Aktivitäten privater Dritter zu regeln, muß die Regelung andererseits durch ihre Auswirkungen auf den "interstate commerce" gerechtfertigt sein. In bezug auf gesetzliche Regelungen des Tagebergbaus, einschließlich Planung und Entscheidung, welche Flächen der Nutzung durch Tagebergbau zur Verfügung stehen, ist nach Ansicht des U.S. Supreme Court die Gesetzgebungszuständigkeit des Congress gegeben, da die Auswirkungen auf die Umwelt eine einheitliche Regelung durch Bundesgesetzgebung erfordern. Allerdings erscheint es zweifelhaft, ob die "commerce clause" für die Regelung von rein lokalen Planungen ausreichend ist; oder anders gefragt, ob räumliche Planungen und Maßnahmen auf der lokalen Ebene unter die Ermächtigung des Congress fallen, den interstate commerce zu regeln. Zwar ist es denkbar, daß unter der Rechtsprechung des U.S. Supreme Court auch die Regelung rein lokaler Aktivitäten unter die "commerce clause" fällt. Das gilt aber nicht, wenn sie, wie räumliche Planungen und Maßnahmen der lokalen Gebietskörperschaften, den jeweiligen lokalen Besonderheiten Rechnung tragen und sich insoweit nicht auf den Handel zwischen den Staaten auswirken. Der Bund ist äußerst zurückhaltend, in die traditionellen Planungshoheiten kommu19

Village of Euclid v. Ambler Realty Co., 272 U.S. 365 (1926). dazu ausführlich Tarlock, 34 Stanf. L. Rev. 255 (271 ff.) (1981). 21 Hödel v. Indiana, 101 S.Ct. 2376 (1981); Hödel v. Virginia Mining and Reclamation Ass'n, 452 U.S. 264 (1981). 22 426 U.S. 833 (1976), siehe aber die Entscheidung des U.S. Supreme Court in Garcia v. San Antonio Metropolitan Transit Authority, 105 S.Ct. 47 (1985); für eine Analyse dieser Entscheidung, Horace, 28 Wash. U. J. Urb. + Contemp. L. 445 (1985). 20

1. Umweltschutz und Planungen auf der Bundesebene

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naler Gebietskörperschaften direkt einzugreifen oder sie für sich zu besetzen. Versuche, ein einheitliches System räumlicher Planung oder eine Rahmenregelung für die räumliche Planung der Einzelstaaten auf der Bundesebene zu entwickeln, sind aus diesem Grund bisher bereits am Widerstand des U.S. Congress gescheitert 23. Obgleich eine gesetzliche Regelung der (lokalen) räumlichen Planung durch Bundesgesetzgebung nicht möglich ist, verbleiben dem Congress weitere Möglichkeiten, Umweltbelange in Entscheidungen über räumliche Planungen einzuführen: einmal über Eigentümerbefugnisse, d.h. die Verwaltung der Gebiete, die sich im Eigentum des Bundes befinden; zweitens über finanzielle Förderung räumlicher Planung auf der Ebene der Einzelstaaten und drittens bei der Implementation fachgesetzlicher Programme als Ausprägung des räumlichen Vorsorgegrundsatzes. Man könnte annehmen, daß eine Integration von Umweltbelangen am ehesten dann möglich sei, wenn der Bund die Entscheidungen über die räumlichen Nutzungen unmittelbar beeinflussen kann. Jedoch wird man feststellen müssen, daß dies gerade bei der Verwaltung der im Bundeseigentum stehenden Flächen nur unvollkommen gelingt. Dagegen hat sich die finanzielle Förderung der räumlichen Planung für bestimmte - ökologisch wichtige - Regionen bewährt, während die aus dem Vorsorgegrundsatz herzuleitende räumliche Planung für indirekte Quellen von Luftverschmutzung an den Grenzen des föderativen Systems gescheitert ist. Diese Annahmen sollen im folgenden konkretisiert werden.

1.2.1. Verwaltung der im Eigentum des Bundes stehenden Gebiete

Einen direkten Einfluß auf Planungen und Entscheidungen über räumliche Nutzungen kann die Bundesebene bei der Verwaltung der Gebiete nehmen, die im Eigentum des Bundes stehen (sog. federal lands) 24 . Jedoch ist gerade die Verwaltung der im Eigentum des Bundes stehenden Gebiete ein Beispiel dafür, daß die Integration von Umweltbelangen in die Entscheidungen über räumliche Nutzung mit dem vorhandenen planungsrechtlichen Instrumentarium nur unvollkommen gelingt. 23

Strohbehn, S. 13; zu den verschiedenen Entwürfen, Low, 25 Hasting L. J. 1165 (1184) (1974). 24 Circa ein Drittel der Fläche der USA befindet sich in öffentlichem Eigentum. Von 738 Mill, acres, die im Eigentum des Bundes stehen, werden ca. 450 Mill, acres von dem Bureau of Land Management im Department of Interior verwaltet, CEQ, Sixth Annual Report, S. 209. Die sog. federal lands liegen vor allem in Alaska und dem Westen der USA. Traditionell waren die im Eigentum des Bundes stehenden Gebiete der Besiedlung und wirtschaftlichen Ausbeutung durch private Dritte nahezu unbeschränkt zugänglich. Seit den 40er Jahren ist die Bundesregierung dazu übergegangen, das Eigentum an diesen Flächen zu behalten und die Gebiete an Private nur zu verpachten; dazu und zu der Frage der wirtschaftlichen Nutzung dieser Gebiete, siehe ausfuhrlich Anderson, Mandelker, Tarlock, S. 883 ff.

30

II. Räumliche Nutzung und Umweltschutz

Der Federal Land Management and Policy Act (FLMPA) 2 5 legt die Richtlinien für die Verwaltung derjenigen Gebiete fest, die sich unter der Verwaltung des Bureau of Land Management (BLM) befinden. Neben der Festsetzung von besonderen Gebieten mit kritischer Umweltbelastung (areas of critical environmental concern) sieht das Gesetz vor, daß Verwaltung und Nutzung der "federal lands" durch einen gemeinsamen, mit anderen Bundesbehörden und Behörden der Einzelstaaten koordinierten Planungsprozeß vorbereitet werden. Trotz dieses Anspruchs läuft der Planungs- und Entscheidungsprozeß relativ fragmentiert. Der FLMPA verlangt, daß die Bundesplanungen konsistent mit den Planungen der einzelstaatlichen und lokalen Körperschaften sind. Das mit der Verwaltung der "federal lands" beauftragte Federal Bureau of Land Management (BLM) hat trotz dieses Erfordernisses relativ viel Freiraum bei der Planung für die Nutzung der Gebiete, denn die Besonderheit des Abstimmungserfordernisses liegt darin, daß der U.S. Secretary of Interior bestimmt, ob und wann die Bundesplanungen mit den Planungen der Bundesstaaten oder lokalen Gebietskörperschaften vereinbar sind 26 . Zudem besitzen die von den Bundesbehörden getroffenen Entscheidungen über die räumliche Nutzung dieser Gebiete Vorrang gegenüber den auf der lokalen Ebene verabschiedeten Flächennutzungs- und Bebauungsplänen27. Ein wirklicher Zwang zur Koordination besteht demnach für die Bundesverwaltung nicht. Neben den Gebieten, die unter der Verwaltung des Federal Bureau of Land Management stehen, ist ein weiterer großer Teil der "federal lands" in das National Forest System, das unter die Verwaltung des National Forest Service und damit in den Bereich des U.S. Secretary of Agriculture fällt, einbezogen28. Die unter Umweltgesichtspunkten entscheidende Frage, welchen Nutzungen die im Eigentum des Bundes stehenden Gebiete zugeführt werden sollen, ist in mehreren Gesetzen geregelt. Sowohl der Federal Land Management and Policy 25 43 U.S.C. § 1701 enthält ausdrücklich: "a) Congress declares that it is the policy of the United States that (1) the public lands shall be retained in Federal ownership, unless as a result of the land use planning procedures provided for in this Act, it is determined that disposal of a particular parcel will serve the national interest; (2) the national interest will be best realized if the public lands and their resources are periodically and systematically inventored and their present and future use is projected through a land use planning process coordinated with other Federal and State planning efforts." Die Entscheidung, die "federal lands" im Eigentum des Bundes zu halten, hat zu beträchtlichen Kontroversen mit den betroffenen Bundesstaaten geführt, siehe Leshy, 14 U. C. Davis L. Rev. 317 ff. (1980); siehe auch die Entscheidung des U.S. Supreme Court in Kleppe v. New Mexico, 426 U.S. 529 (1976), daß die Hoheitsgewalt des Bundes über die "federal lands" ohne Grenzen ist ("without limitations"). 26 43 U.S.C. § 1712 (c). 27 Citizens for a Better Henderson v. Hödel, 768 F.2d 1051 (9th Cir. 1985). 28 ca. 187 Mill, acres; ungefähr ein Viertel der National Forest sind als „Wildnisgebiete" designiert, siehe Anderson, Mandelker, Tarlock, S. 887 ff.

1. Umweltschutz und Planungen auf der Bundesebene

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Act of 197629 als auch der Multiple Use Sustained Yield Act of I960 30 und der Federal Forest Management Act of 197631, die die Verwaltung der National Forests regeln, haben den potentiellen Konflikt zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und Umweltbelangen dahin gehend beantwortet, daß die "federal lands", einschließlich des National Forest Systems, für verschiedene Zwecke unter Erhaltung ihrer grundsätzlichen Produktivität genutzt werden. Die im Eigentum des Bundes stehenden Gebiete sind u.a. für Erholungszwecke, Holzwirtschaft, Viehzucht, Bergbau, Wasserwirtschaft und Fischerei sowie als Lebensraum für Wildtiere und für die Bewahrung der natürlichen Landschaft und historischen Werte zu nutzen. Umweltbelangen soll dabei auf zweierlei Weise Rechnung getragen werden: Einer übermäßig extensiven Nutzung der "federal lands" soll dadurch vorgebeugt werden, daß die Grenze der wirtschaftlichen Ausnutzung erreicht ist, wenn die grundsätzliche Produktivität, d.h. die Wiederherstellung und Regenerierung der genutzten Ressourcen behindert oder gefährdet ist 32 . Zweitens haben der Federal Land Management and Policy Act als auch der Federal Forest Management Act sowohl in ihren Erklärungen der grundsätzlichen Richtlinien für die Verwaltung als auch bei der Definition des Begriffes „vielfältige Nutzung" ausdrücklich aufgenommen, daß Auswirkungen auf die Umwelt zu beachten sind. Diese rein programmatischen Aussagen sind nicht geeignet, Umweltbelange in die Entscheidung über die räumliche Nutzung einzubeziehen. Angesichts der vielfältigen, sich teilweise widersprechenden Nutzungen, denen die "federal lands" zugeführt werden können, und des nicht unbeträchtlichen Drucks wirtschaftlicher Interessen, insbesondere der Viehzucht, des Bergbaus und der Holzindustrie, aber auch der einzelnen Bundesstaaten, ist Umweltbelangen nicht immer ausreichend Beachtung geschenkt worden. Ob die mit der Verwaltung der "federal lands" beauftragten Verwaltungsträger die Optionen der in den Gesetzen enthaltenen verschiedenen Nutzungen ausnutzen werden oder bei ihrer traditionellen Politik bleiben, wirtschaftliche Interessen zu unterstützen, ist bisher nicht entschieden33. Bei Fehlen verbindlicher Kriterien für die Beurteilung von Umweltauswirkungen und 29

43 U.S.C. § 1701 (a) (8), (12) und § 1702 (c). 16 U.S.C. § 528. 31 18 U.S.C. § 1600 (3). 32 Das Konzept der „grundsätzlichen Erhaltung der Produktivität" ist für die Forstwirtschaft entwickelt worden. Dort bedeutet es, daß der Holzschlag das Volumen des innerhalb eines Jahres nachwachsenden Holzes nicht überschreiten darf; Coggins, 53 U. Colo. L. Rev. 229 (265) (1981). Die „Erhaltung der Produktivität" ist aber für andere natürliche Ressourcen schwieriger zu bestimmen. 33 Für eine Kritik am National Forest Service, nicht alle Aspekte der verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten zu beachten, sondern im wesentlichen die Interessen der Holzindustrie zu fördern, siehe Sierra Club v. Morton, 405 U.S. 727 (dissenting opinion by Justice Douglas, S. 748 ff.) (1977); siehe auch Anderson, Mandelker, Tarlock, S. 895; Coggins, 53 U. Col. L. Rev. 229 (240 ff.) (1981). 30

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II. Räumliche Nutzung und Umweltschutz

mangelnder Priorität von Umweltbelangen in den gesetzlichen Regelungen besteht die Gefahr, daß wirtschaftliche Nutzungen zu Lasten von Umweltbelangen bevorzugt werden. Wenn auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung kein Garant für die Beachtung von Umweltbelangen bei der endgültigen Entscheidung über bestimmte räumliche Nutzungen sein kann, so zwingt sie den Entscheidungsträger doch, die Grundlagen für seine Entscheidung offenzulegen. Daß dies trotz Einführung eines Verfahrens wie der Umweltverträglichkeitsprüfung Schwierigkeiten macht, zeigen die zahlreichen Gerichtsentscheidungen zu Umweltverträglichkeitsprüfungen, die die Planung und Entscheidung über die Nutzung der im Eigentum des Bundes stehenden Flächen zum Gegenstand hatten 34 .

1.2.2. Finanzielle Unterstützung räumlicher Planung als Instrument der Umweltpolitik

Ein entscheidender Mangel für die Durchsetzung von Umweltbelangen bei der Verwaltung der im Bundeseigentum stehenden Gebiete liegt darin, daß die beabsichtigte „vielfaltige Nutzung" unter Bewahrung der „grundsätzlichen Produktivität" Umweltbelange gegenüber anderen Nutzungen nicht ausdrücklich hervorhebt. Dieser Nachteil wird in Förderungsprogrammen für finanzielle Unterstützung von räumlichen Planungen und Entscheidungen über räumliche Nutzung durch eine umweltorientierte Ausrichtung der Planung kompensiert. Diese These gilt insbesondere für die finanzielle Förderung der Planungen der räumlichen Nutzungen in der Küstenzone, die von dem Grundsatz der planerischen Vorsorge bestimmt ist. Angesichts der drohenden Gefahr einer Zerstörung der natürlichen Ressourcen der Küstenzone35 sieht der Coastal Zone Management Act ( C Z M A ) 3 6 in erster Linie eine Finanzierung der Entwicklung und Implementation von sog. Küstenplänen ("coastal zone management programs") der einzelnen Bundesstaaten vor. Umweltbelange werden dabei besonders betont, da das Gesetz ausdrücklich vorsieht, daß die Planungen eine ausgeglichene ökonomische und ökologische Entwicklung der Küstengebiete ermöglichen sollen 37 . Im ersten Schritt wird die Entwicklung von Programmen finanziell unterstützt, die die zulässigen Nutzungen in den Küstengebieten definieren, Meeresreservate 34 siehe State of California v. Bergland, 690 F.2d 753 (9th Cir. 1983) (specific area designation); American Timber Co. ν. Bergland, 473 F.Supp. 310(D.C. Montana 1979)(Holzschlag); Sierra Club v. Peterson, 717 F.2d 1404 (D.C. Cir 1983) (Gas- und Ölausbeutung); Albrechtsen v. Andrus, 570 F.2d 906 (10th Cir. 1978) (Bergbau); NRDC v. Hughes, 454 F .Su pp. 148 (D.D. C. 1978) (Kohleabbau). 35 Mehr als 75 % der Bevölkerung der USA lebt in oder in Nähe der Küstenzonen, die auch die Great Lakes umfassen, Anderson, Mandelker, Tarlock, S. 845. 36 16 U.S.C. §§ 1451 ff. 37 16 U.S.C. § 1452 (2).

1. Umweltschutz und Planungen auf der Bundesebene

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(maritime sanctuaries) festsetzen und Richtlinien für die Prioritäten unter den verschiedenen Nutzungen entwickeln sowie die Mittel angeben, mit denen der einzelne Bundesstaat beabsichtigt, die im Zusammenhang mit dem Coastal Zone Management Act entwickelten State Coastal Zone Management Programs, die Küstenpläne, umzusetzen38. Die einzelnen Bundesstaaten haben dabei verschiedene Möglichkeiten, wie sie anschließend ihre Coastal Zone Management Programs implementieren 39. Inhaltliche Kontrolle der Planungen durch die Bundesverwaltung ist gesichert. Bevor die Implementation eines Küstenplans finanziell durch die Bundesebene unterstützt wird, muß der Secretary of Interior die State Coastal Zone Management Programs (Küstenpläne) und deren vorgesehene Umsetzung überprüft und gebilligt haben40. Die Beachtung von Umweltinteressen in der Planung ist vorgeschrieben. Umweltbelange müssen in den State Coastal Zone Management Programs einbezogen werden; es wird ihnen jedoch keine Priorität gegenüber anderen Nutzungen eingeräumt 41. Für ökologisch sensitive Gebiete gibt es besondere Regelungen. Die im Jahre 1980 in den Coastal Zone Management Act aufgenommenen Änderungen enthalten den Hinweis, „Sonderpläne" ("special area management plans") vorzubereiten. Diese Pläne sollen dem besonderen Schutz der natürlichen Ressourcen der Küstenregion dienen und nur angemessenes, in Beziehung zur Küste stehendes räumliches Wachstum zulassen42. Grundsätzlich wird der Coastal Zone Management Act als Erfolg angesehen43. Der Kritik, das Gesetz setze nur schwache Umweltpolitiken für die Küstenzone fest, wurde dadurch begegnet, daß im Jahre 1980 in den Coastal Zone Management Act ausdrücklich aufgenommen wurde, die natürlichen Ressourcen der Küstenzone zu bewahren und ökologischen und ökonomischen Faktoren bei der Planung und Umsetzung gleiches Gewicht zu geben. Der Erfolg des Küstenprogrammes ist schließlich darauf zurückzuführen, daß der Coastal Zone Management Act die einzige Regelung auf Bundesebene ist, in der finanzielle Förderung von umweltorientierten Planungen der räumlichen Nutzung mit dem Versuch verbunden wurde, komplexe institutionelle Veränderungen in der Verwaltung eines ökologisch wichtigen Gebietes zu initiieren 44 .

3K

16 U.S.C. § 1454. 16 U.S.C. § 1455 (e); für die Umsetzung des State Coastal Zone Management Program in Kalifornien, siehe II.2.1.2. 40 16 U.S.C. §§ 1454 (h), 1455 (c). 41 siehe Anderson, Mandelker, Tarlock, S. 847. 42 16 U.S.C. § 1453 (3). 43 Anderson, Mandelker, Tarlock, S. 845. 44 Anderson, Mandelker, Tarlock, S. 860. 39

3 Mezger

34

II. Räumliche Nutzung und Umweltschutz 1.2.3. Räumliche Planung als Ausprägung des Vorsorgegrundsatzes bei Implementation von Fachgesetzen

Am Beispiel einer nunmehr aufgehobenen Regelung des Clean Air Act wird noch einmal deutlich, welchen Schwierigkeiten die Bundesebene bei der Integration umweltschützender Regelungen in Planungen und Entscheidungen über räumliche Nutzungen gegenübersteht. Bis zum Jahre 1977 waren durch den Clean Air Act Möglichkeiten gegeben, räumliche Nutzungen auf der Bundesebene im Hinblick auf Umweltbelange zu beeinflussen. In die Pläne, die die einzelnen Bundesstaaten für die Umsetzung der auf Bundesebene festgesetzten Standards für die Luftqualität an die Environmental Protection Agency (EPA) abzugeben haben (State Implementation Plans (SIP)), waren als Ausprägung des Vorsorgegrundsatzes auch räumliche Planungen, Flächennutzungsplanungen vergleichbar, für indirekte Quellen von Luftverschmutzung sowie Planungen des individuellen und öffentlichen Verkehrs aufzunehmen 45. Diese Planungen waren ein Versuch, die Anordnung von Vorhaben, die eine große Anzahl von Kraftfahrzeugen anziehen (größere Büro- und Wohnhäuser, Einkaufszentren, Flughäfen, Parkplätze, usw.) und indirekte Quellen für Luftverschmutzung bilden, räumlich zu planen. Sie waren als Bestandteil des State Implementation Plan bei der Umsetzung des Clean Air Act durch die Bundesstaaten der Genehmigung der Bundesumweltbehörde (EPA) unterworfen 46 . Änderungen des Clean Air Act im Jahre 1977 haben die Versuche der Bundesverwaltung, die Luftqualität durch Planungen für indirekte Quellen der Luftverschmutzung zu verbessern, ausgeschlossen. Zwar enthält das Gesetz immer noch die Anforderungen, Verkehrsplanungen (transportation control) in den Umsetzungsplan (State Implementation Plan) aufzunehmen 47. Jedoch ist die EPA nicht mehr in der Lage, die Planungen für indirekte Quellen von Luftverschmutzung (indirect sources) im State Implementation Plan zu beurteilen oder einen State Implementation Plan abzulehnen, weil er keine räumlichen Planungen und Kontrollen von indirekten Quellen von Luftverschmutzung enthält 48 . Die Motive des Congress, die Forderung nach räumlicher Planung für Quellen indirekter Luftverschmutzung im State Implementation Plan aufzugeben, waren eindeutig: In Städten mit starker Luftverschmutzung wurde faktisch durch die 45

42 U.S.C. § 1857 (a) (2) (B) (1970). Da räumliche Planungen nur dann in den State Implementation Plan aufzunehmen waren, wenn es für die Erreichung der festgesetzten Luftqualität „notwendig" war, sind räumliche Planungen nur zögerlich in die State Implementation Plans aufgenommen worden, Mandelker, Rothschild, 3 Ecol. L. Q. 235 (238) (1973); für die Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Flächennutzungsplanung in den State Implementation Plan siehe Jorling, S. 1095. 47 16 U.S.C. § 7410 (a) (2) (Β). 48 Anderson, Mandelker, Tarlock, S. 244. 46

1. Umweltschutz und Planungen auf der Bundesebene

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Genehmigung der in den Umsetzungsplanungen enthaltenen Flächennutzungsplanung die Befugnis zur lokalen räumlichen Planung von den örtlichen Gebietskörperschaften, in deren Hoheitsbereich diese Planungen traditionell fallen, auf die Bundesebene übertragen. Die Environmental Protection Agency als Bundesbehörde hatte damit die Möglichkeit, räumliche Planungen im Hinblick auf die Luftqualität zu genehmigen, obgleich diese Planungen möglicherweise mit anderen lokalen sozialen und ökonomischen Interessen im Widerspruch standen. Es war notwendig, den Clean Air Act zu ändern, weil der Congress einen solchen Eingriff in die lokale Planungshoheit durch die Bundesebene vermeiden wollte 49 .

1.3. Ausblick - Umweltverträglichkeitsprüfung unter dem National Environmental Policy Act (ΝΕΡΑ) Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß die Bundesebene ein relativ differenziertes Instrumentarium besitzt, Umweltprobleme wie Luft- oder Wasserverschmutzung fachspezifisch zu regeln. Auf der Ebene von raumbedeutsamen Planungen und ihren Auswirkungen sowohl auf die natürliche als auch die städtische50 Umwelt sind die Möglichkeiten der Einflußnahme des Bundes relativ begrenzt. Abgesehen von der Verwaltung der im Eigentum des Bundes stehenden Gebiete kann der Bund nur mittelbar über finanzielle Unterstützung versuchen, raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen der einzelnen Bundesstaaten und Gemeinden im Hinblick auf Umweltbelange zu beeinflussen. Die Beachtung von Umweltbelangen bei raumbedeutsamen Planungen und Vorhaben oder Entscheidungen über räumliche Nutzungen der einzelnen Bundesstaaten und Gemeinden können aus diesem Grunde von der Bundesebene nur schwer durchgesetzt werden. Dabei besteht die besondere Schwierigkeit darin, daß nicht nur eine horizontale Differenzierung zwischen fachgesetzlichem Umweltrecht und der Beachtung von Umweltbelangen in Planungen und Entscheidungen über räumliche Nutzung besteht, sondern diese Differenzierung sich auch vertikal zwischen den verschiedenen staatlichen Ebenen fortsetzt. Allein für die Küstenplanung ist es gelungen, zusammen mit komplexen institutionellen Veränderungen in der Planung und Genehmigung von räumlichen Nutzungen Umweltbelange in die Entscheidung über die zukünftige Nutzung einzubeziehen. 49 siehe H.R. Rep. No. 294, 95th Congress, 1st Sess. 1301 (1977); siehe auch Manchester Environmental Coalition ν. EPA, 612 F.2d 56 (2nd Cir. 1979). 50 Bemerkenswert ist, daß die im Housing and Urban Development Act von 1974 enthaltenen Politikziele neben der Revitalisierung der Städte und Schaffung eines angemessenen Wohnungsangebotes für alle Bevölkerungsgruppen auch die rationale Nutzung der natürlichen Ressourcen und damit eine umweltgerechte räumliche Nutzung erwähnt, 42 U.S.C. §5301. Die Notwendigkeit der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung wird ausdrücklich betont, 42 U.S.C. § 5304 (0(1).

3*

36

II. Räumliche Nutzung und Umweltschutz

Ein anderer Weg, bei komplexen Entscheidungssituationen Umweltbelange in das Verfahren einzuführen, ist die Umweltverträglichkeitsprüfung. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung für Maßnahmen, an denen die Bundesverwaltung direkt oder mittelbar beteiligt ist, eröffnet die Möglichkeit, auf der Bundesebene Umweltauswirkungen von räumlichen Nutzungen sowohl bei der räumlichen Planung als auch bei dem fachgesetzlichen Genehmigungsverfahren einzubeziehen. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung kann insoweit zwei Mängel der herkömmlichen Planungs- und Entscheidungsverfahren kompensieren: Einmal wird dem umweltbezogenen Vorsorgegrundsatz dadurch Rechnung getragen, daß bisher vernachlässigte Umweltbelange im Verfahren der Entscheidungsvorbereitung ausdrücklich untersucht und adressiert werden. Andererseits bietet die Umweltverträglichkeitsprüfung ein eigenes institutionelles Verfahren, das die vertikale Fragmentierung zwischen den verschiedenen staatlichen Ebenen tendenziell überwindet und auch eine horizontale Integration, nämlich zwischen fachgesetzlich geregelten Vorhaben und räumlichen Planungen, im Hinblick auf die Beachtung von Umweltbelangen eröffnet.

2. Umweltschutz und räumliche Planungen auf der Ebene des Einzelstaates - Beispiel Kalifornien Während der Bundesebene im wesentlichen die materielle Umweltgesetzgebung zusteht, liegt die Gesetzgebungszuständigkeit für die räumliche Planung bei den einzelnen Bundesstaaten. Die Bundesstaaten besitzen die allgemeine Polizeigewalt, für Wohl, Sicherheit und Ordnung ihrer Bürger zu sorgen. Im Rahmen dieser allgemeinen Polizeigewalt führen die Bundesstaaten räumliche Planungen durch, wobei sie die Bebauungsplanung an die lokalen Gebietskörperschaften delegiert haben. Obgleich die meisten Staaten den Standard State Zoning Enabeling Act 5 1 zur Grundlage der Delegation der Bebauungsplanung an die Gemeinden gemacht haben, bestehen erhebliche Unterschiede zwischen den Systemen räumlicher Planung der einzelnen Bundesstaaten und kommunalen Gebietskörperschaften. Kalifornien, der Bundesstaat, auf den sich die Betrachtung im folgenden konzentrieren wird, ist auf dem Gebiet der räumlichen Planung aktiver als andere Einzelstaaten. Als Ergebnis eines großen Bevölkerungszuwachses in den letzten Jahrzehnten ist Kalifornien mit den Auswirkungen des räumlichen Wachstums 51

Der Standard State Zoning Enabeling Act wurde als Modellgesetz für die Delegation der räumlichen Planung der einzelnen Bundesstaaten an die lokalen Gebietskörperschaften im Jahre 1924 vom U.S. Department of Commerce entwickelt, siehe Mandelker, Cunningham, S. 70.

2. Umweltschtz und räumliche Planungen des Einzelstaates Kalifornien

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von Städten und ländlichen Regionen und den damit einhergehenden Auswirkungen auf die Umwelt besonders stark konfrontiert. Als Antwort auf diese Umweltprobleme hat Kalifornien eine gesetzliche Regelung der räumlichen Planung eingeführt. Dabei sind zwei Konzepte zu unterscheiden. Einmal die rechtlichen Regelungen der Bebauungsplanung auf der lokalen Ebene. Diese werden unter II.3. näher untersucht. Zum anderen ist in Kalifornien das Bedürfnis nach landesweiter bzw. regionaler räumlicher Planung als Ausprägung des räumlichen Vorsorgeprinzips ausdrücklich anerkannt. Diesem Aspekt wird sich die Arbeit zunächst zuwenden. Das Bedürfnis nach landesweiter Planung der räumlichen Nutzung wurde in die Erklärung der offiziellen Planungspolitik durch die kalifornische Legislative ausdrücklich aufgenommen: „Das künftige Wachstum dieses Staates... soll durch einen effektiven Planungsprozeß begleitet werden . . . und innerhalb des Rahmens von offiziell anerkannten landesweiten Zielen voranschreiten, die sich auf räumliche Nutzung, Bevölkerungswachstum und -Verteilung, Freiflächen, Erhalt und Nutzung der natürlichen Ressourcen, Luftund Wasserqualität sowie andere damit zusammenhängende physische, soziale und ökonomische Entwicklung beziehen52."

Die Kontrolle des räumlichen Wachstums durch landesweite Planung ist allerdings sowohl im Hinblick auf die formulierten Ziele als auch auf die institutionellen Mittel, diese umzusetzen, eher schwach ausgeprägt. Ähnlich wie bereits bei der Nutzung der im Eigentum des Bundes stehenden Gebiete festgestellt wurde, sind auch hier Umweltbelange nur ein Abwägungsbelang und können sich aus diesem Grunde nur schwer gegen andere Entwicklungen, insbesondere wirtschaftliche Nutzungen, durchsetzen. Dieser Nachteil wird auch nicht durch die institutionelle Umsetzung der Planung kompensiert. Um die oben genannten Ziele in der räumlichen Planung umzusetzen, wurde 1970 das Office of Planning and Research (OPR) eingerichtet 53, das als staatliche Planungsbehörde die Aufgabe besitzt, die ordnungsgemäße Entwicklung und Durchführung von räumlichen Planungen und Umweltschutzpolitiken zu planen und zu koordinieren 54 . Das Office of Planning and Research soll u.a. folgende Aufgaben erfüllen: langfristige Strategien und Ziele für räumliche Planungen und Umweltpolitik zu entwickeln und die Behörden bei ihren Fachplanungen zu unterstützen. Daneben ist es die Aufgabe des OPR, bestehende räumliche und Umweltplanungen zwischen den beteiligten Ressorts und den verschiedenen staatlichen und lokalen Körperschaften zu koordinieren und Prioritäten in der Durchführung der verschiedenen Programme zu setzen sowie durch Forschung und finanzielle Unterstützung neue Programme zu ent52 Cal. Gov. Code § 65030.1 ; siehe auch Cal. Gov. Code § 65030.2, danach soll die Planung für räumliche Nutzungen Überlegungen zu kurz- und langfristigen Kosten und Nutzen sowie den langfristigen Umweltfolgen einbeziehen. 53 Cal. Gov. Code § 65035. 54 Cal. Gov. Code § 65040.

38

II. Räumliche Nutzung und Umweltschutz

wickeln 55 . In erster Linie als Beratungs- und Koordinationsbehörde konzipiert, besitzt das OPR keine Ermächtigung, seine Planungen selbst durchzusetzen oder für andere Behörden verbindlich zu machen56. Eine Ausnahme bilden lediglich die vom OPR entwickelten Richtlinien für Wohnungsbaupolitik, die für die Bebauungsplanung auf der lokalen Ebene seit 1981 zwingend zu beachten sind 57 . Angesichts der mangelnden Befugnisse des OPR ist es zu bezweifeln, daß sich die auf der Landesebene entwickelten umweltpolitischen Vorsorgegrundsätze wirksam in planerische Entscheidungen einfügen lassen, solange nicht zusätzliche Implementationsmechanismen geschaffen werden.

2.1. Regionale Planungen zur Umsetzung umweltbezogener Ziele Dagegen wird versucht, bei bestimmten regionalen Planungen Umweltbelange in die räumlichen Planungen zu integrieren, indem umweltpolitische Ziele formuliert und besondere institutionelle Mechanismen der Umsetzung geschaffen wurden. Wenn es in Kalifornien auch keine verbindliche landesweite Planung gibt, so hat die kalifornische Legislative jedoch Regelungen verabschiedet, die regionale Planungen für verschiedene Gebiete vorsehen: für die Küstenzone, die San Francisco Bay Area und das Gebiet um Lake Tahoe zwischen Kalifornien und Nevada. Die Inhalte, Organisation und Auswirkungen dieser Planungen sollen im folgenden exemplarisch dargestellt werden.

2.1.1. Planungen für die Küstenzone

Von allen Küstenplanungen (state coastal zone programs), die unter der finanziellen Förderung durch den Federal Coastal Zone Management Act hervorgegangen sind, ist der California Coastal Zone Act of 1976 der an die Stelle des durch öffentliche Initiative angenommenen California Coastal Zone Conservation Act of 197259 getreten ist, in seinen Regelungen am weitestgehenden.

55

ausführlich zu den verschiedenen Aufgaben des OPR, Hagman, Volpert, § 252.03. Cal. Gov. Code § 65035. 57 Cal. Gov. Code § 65040.2. 58 Cal. Pub. Res. Code §§ 30000 ff. 59 Cai. Pub. Res. Code §§ 27000 ff. (1972); zur Entwicklung der Gesetzgebung, siehe Billerbeck, S. 33 ff. 56

2. Umweltschtz und räumliche Planungen des Einzelstaates Kalifornien

2.1.1.1. California

39

Coastal Zone Conservation Act of 1972

Kaliforniens Küstenzone wird als Basis für extensive wirtschaftliche Aktivitäten, einschließlich Landwirtschaft, Industrie, Wohnungsbau und Tourismus, genutzt, während gleichzeitig die natürlichen Ressourcen erhalten bleiben sollen. Die Beziehung zwischen diesen entgegengesetzten, sich häufig widersprechenden ökologischen und ökonomischen Faktoren sowie unzureichende Planungsverfahren haben Anfang der 70er Jahre zu einer lebhaften öffentlichen Diskussion über die künftige Entwicklung der Küstenzone geführt. Vor 1972 lagen die Planungen für die Nutzung der Küstenregion in dem Ermessen der jeweilig zuständigen lokalen Gebietskörperschaft oder Behörde 60. Diese Aufteilung von Zuständigkeiten erlaubte den betroffenen Gebietskörperschaften und Behörden zwar größtmögliches planerisches Ermessen, führte aber zu zunehmenden Umweltproblemen in der Küstenregion. Es wurde versucht, die Mängel der bisherigen Planung dadurch zu beheben, daß einerseits inhaltliche Kriterien für die räumliche Nutzung der Küstenzone vorgegeben wurden und andererseits durch komplexe institutionelle Veränderungen im Planungs- und Genehmigungsverfahren ein inhaltlich und verwaltungsmäßig koordinierter Entscheidungsprozeß eingefühlt wurde. Der Coastal Zone Conservation Act of 1972 sah eine umfassende landes weite Planung für die Küstenzone vor, um die natürlichen Ressourcen der Küstenzone zu schützen und die zukünftige Nutzung umfassend und vorausschauend zu planen. Im Einklang mit der umweltpolitischen Zielsetzung des Gesetzes erklärte der Coastal Zone Conservation Act von 1972, daß die Küstenzone61 eine „besondere und natürliche Ressource" ist und es die Absicht des Staates Kalifornien ist, die „Ressourcen der Küstenzone zu bewahren, beschützen und, wenn möglich, wiederherzustellen" 62. Die Küstenzone, so die Feststellung des Gesetzgebers, ist ein "delicately balanced ecosystem" und die allgemeine Polizeigewalt des Staates ist zu benutzen, um das „ökologische Gleichgewicht der Küstenzone zu erhalten 60 Vor Verabschiedung des Coastal Zone Conservation Act im Jahre 1972 wurde die 1072 Meilen lange Küstenzone (ausgenommen die San Francisco Bay, die seit 1965 der San Francisco Bay Conservation and Development Commission untersteht) von 15 Kreisen, 45 Städten und 42 Landes- und 70 Bundesbehörden verwaltet, McDonald, 21 Santa Clara L. Rev. 439 (442, Fn. 9) (1981). 61 Der Coastal Zone Act von 1972 definierte die Küstenzone als Gebiet zwischen den Küstengewässern, die in der Hoheit des Staates Kalifornien stehen (3-Meilen-Zone, Inner Continental Shelf im Gegensatz zum Outer Continental Shelf, das in der Verwaltung des Bundes steht) und der höchsten Erhebung der nächsten Gebirgskette bzw. 5 Meilen von der mittleren Hochwasserlinie, Cai. Pub. Res. Code § 27100; der nachfolgende Coastal Zone Act von 1976 begrenzte die Küstenzone landeinwärts auf 1000 Yards von der mittleren Hochwasserlinie, Cai. Pub. Res. Code § 30103 (a); diese Grenzen sind aber relativ flexibel und können sich in besonderen Gebieten auch bis zur nächsten Gebirgskette oder 5 Meilen landeinwärts erstrecken. Die Grenzen der Küstenzone wurden für die einzelnen Gebiete jeweils ausdrücklich im Gesetz festgelegt, Cai. Pub. Res. Code §§ 30150 ff. 62 Cai. Pub. Res. Code § 27001 (1972).

40

II. Räumliche Nutzung und Umweltschutz

und weitere Verschlechterung oder Zerstörung zu verhindern" 63 . Neben der ausdrücklichen Betonung einer ökologisch ausgeglichenen Entwicklung der Küstenzone wurden besondere Verwaltungsstrukturen zur Planung und zur Umsetzung dieser Planung eingeführt. Das Gesetz von 1972 schuf die California Coastal Zone Conservation Commission sowie sechs nachgeordnete Regionalbehörden, um die gesetzlichen Anforderungen des Costal Act umzusetzen64. Die Coastal Commission hatte die Aufgabe, einen umfassenden und langfristigen Plan für die Entwicklung der Küstenzone vorzubereiten und ihn der Legislative zur Zustimmung zu unterbreiten. Die Planungen der Commission, so forderte der Coastal Act, hatten mehrere Ziele zu berücksichtigen einschließlich des „Schutzes . . . aller lebenden und nicht lebenden Ressourcen" und der „allgemeinen Verbesserungen der Umwelt in der Küstenzone"65. Um diese Ziele zu erreichen, sah das Gesetz vor, daß der Plan bestimmte Elemente enthält, einschließlich der Planung der räumlichen Nutzung in der Küstenzone, des öffentlichen Zugangs zu Wasser und Stränden, der Freizeitnutzung sowie Planungen für den zu erwartenden Bevölkerungszuwachs, um damit gleichzeitig die Grenze für die noch wünschenswerte Besiedlungsdichte festzusetzen 66. Um die Entwicklung der Küstenzone kontrollieren und steuern zu können, wurde während der Vorbereitung des Coastal Plan der Coastal Commission die Kompetenz gegeben, neue Vorhaben in der Küstenzone zu genehmigen oder zu versagen (sog. intérim permit control program), wobei die Kompetenz, die Genehmigung zu erteilen, an die sechs regionalen Küstenbehörden delegiert war. Ob das Vorhaben genehmigt wurde, stand im wesentlichen im Ermessen der regionalen Behörde. Jedoch waren umweltpolitische Vorsorgegrundsätze nicht nur bei der Planung, sondern auch bei den konkreten Entscheidungen über die räumliche Nutzung zu beachten. Das Gesetz sah vor, daß das beantragte Vorhaben keine wesentlichen nachteiligen Umweltauswirkungen haben durfte 67 . Das Gesetz von 1972 läßt eine aktive staatliche Planungspolitik für den Schutz der natürlichen Umwelt in der Küstenzone erkennen. Dank der langfristigen und umfassenden Planung und Koordination sowie den abgestimmten Genehmigungen für die Küstenzone war der Gesetzgeber in der Lage, langfristige Umweltpolitiken für Erhalt und Fortentwicklung der Küstenzone durchzusetzen68. Zahlreiche der in dem unter dem Gesetz von 1972 entwickelten Küstenplan enthaltenen Schlußfolgerungen sind in den 1976 erlassenen California Coastal Act übernommen worden.

63 64 65 66 67 68

Cai. Pub. Res. Code § 27001 (1972). Cai. Pub. Res. Code § 27301 (1972). Cai. Pub. Res. Code § 27302 (1972). Cai. Pub. Res. Code § 27304 (1972). Die Beweislast lag beim Antragsteller, Cai. Pub. Res. Code § 27402 (1972). McDonald, 21 Santa Clara L. Rev. 439 (444) (1981).

2. Umweltschtz und räumliche Planungen des Einzelstaates Kalifornien

2.1.1.2. California

41

Coastal Act of 1976

Nach einer kontroversen öffentlichen Diskussion um die Weiterentwicklung der Küstenpolitik in Kalifornien 69 nahm der 1976 erlassene California Coastal Act die umweltschützende Zielsetzung des Gesetzes von 1972 vordergründig zurück und betonte statt dessen, daß die Küstenzone „durch eine ausgeglichene Nutzung . . . der Küstenressourcen unter Berücksichtigung der sozialen und ökonomischen Bedürfnisse der Bevölkerung" entwickelt werden soll, die küstenabhängigen Nutzungen Vorrang vor anderen Nutzungen gibt 70 . Im Mittelpunkt der Ziele, die das Gesetz von 1976 erreichen soll, steht die Erklärung, daß eine „vorsichtig geplante" zukünftige Entwicklung der Küstenzone „wesentlich für das soziale und ökonomische Wohlergehen der Bevölkerung" ist 71 . Obgleich das Gesetz die Küstenzone weiterhin als "delicately balanced ecosystem" anerkennt, wird der wirtschaftlichen Nutzung der Küstenzone gleicher Stellenwert wie dem Schutz der natürlichen Ressourcen eingeräumt 72. Neben der Erklärung, die Küstenzone wirtschaftlich zu entwickeln, bleibt es weiterhin Zielsetzung der Küstenpolitik, die Küstenzone zu schützen und zu erhalten, öffentlichen Zugang zur Küste zu garantieren und staatliche sowie lokale Behörden in einer umfassenden und integrierten langfristigen Planung für die Küstenzone zu unterstützen73. Zwar nimmt der Coastal Act von 1976 die stark umweltschützende Sprache des alten Gesetzes einerseits zurück, stellt aber andererseits genauere und strengere Anforderungen an die Genehmigung neuer Vorhaben. Unter anderem ist ein Vorhaben nur dann zulässig, wenn es in unmittelbarer Nähe bereits vorhandener Vorhaben angesiedelt wird, die Landschaft der Küstenzone nicht verunstaltet und der öffentliche Zugang zum Strand nicht behindert wird 7 4 . Industrielle Vorhaben dürfen nur dann in der Küstenzone genehmigt werden, wenn alternative Standorte nicht möglich sind, das öffentliche Wohl durch das Vorhaben nicht beeinträchtigt wird und nachteilige Umweltauswirkungen so weit wie möglich vermieden werden 75. Diese konkreten Kriterien für die Genehmigung von Vorhaben stellen sicher, daß Umweltbelange sowohl bei Planung und Genehmigung beachtet werden. Jedoch wurden auch institutionelle Veränderungen im Planungs- und Genehmigungsverfahren vorgenommen. Die 69 Ein von Umweltschutzgruppen unterstützter Gesetzesentwurf scheiterte im Gesetzgebungsverfahren, ausführlich Squire, Scott, S. 3 ff.; Billerbeck, S. 197 ff. Die Gesetzgebungsmaterialien sind später von der Rechtsprechung extensiv zur Interpretation des Gesetzes herangezogen worden, siehe Billings v. California Coastal Commission, 163 Cal. Rptr. 288 (1980). 70 Cal. Pub. Res. Code § 30001, § 30001.5. 71 Cai. Pub. Res. Code § 30001 (d). 72 McDonald, 21 Santa Clara L. Rev. 439 (445) (1981). 73 Cal. Pub. Res. Code § 30001 (a). 74 Cai. Pub. Res. Code §§ 30250, 30251, 30252. 75 Cai. Pub. Res. Code § 30260.

42

II. Räumliche Nutzung und Umweltschutz

Coastal Commission wurde im Gesetz von 1976 beibehalten. Die regionalen Behörden wurden jedoch aufgelöst und die Verantwortung für die langfristige Planung und Umsetzung der Küstenpolitiken den jeweiligen lokalen Gebietskörperschaften übertragen. Diese sind verpflichtet, örtliche Küstenpläne (local coastal programs) vorzubereiten, um die Ziele, die der Gesetzgeber mit dem Coastal Act verfolgt, umzusetzen. Die lokalen Küstenpläne, die von der zentralen Coastal Commission zu genehmigen sind 76 , müssen u.a. Flächennutzungsplanungen, Bebauungsplanungen77 und in sog. sensitiven ökologischen Gebieten (sensitive coastal resources areas) zusätzliche Maßnahmen enthalten, um die in diesen Gebieten auftretenden Umweltprobleme zu bewältigen78. Nachdem der lokale Küstenplan von der Coastal Commission genehmigt ist, ist die lokale Planungsbehörde ermächtigt, neue Vorhaben zu genehmigen, soweit sie dem lokalen Küstenplan entsprechen 79. Allerdings bleibt die Coastal Commission weiterhin zuständig, neue Vorhaben zu genehmigen, solange die betreffende Gebietskörperschaft keinen von der Coastal Commission anerkannten lokalen Küstenplan besitzt. Wird die Genehmigung von der lokalen Gebietskörperschaft erteilt, kann die Genehmigung bzw. deren Versagung nur begrenzt von der Coastal Commission überprüft werden 80. Im Ergebnis hat die Coastal Commission jedoch weiterhin maßgeblichen Einfluß, da sie die lokalen Küstenpläne genehmigen muß. Solange die Kriterien für die Nutzung der Küstenzone relativ genau im Gesetz festgelegt sind, kann die Genehmigung von Einzelvorhaben an die lokalen Gebietskörperschaften übertragen werden, da das Ermessen der einzelnen Gemeinden und damit auch die Gefahr, lokale Sonderinteressen auf Kosten von Umweltbelangen zu verfolgen, relativ eingeschränkt ist. Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß das Gesetz von 1976 Umweltschutz und wirtschaftlicher Nutzung der Küstenzone gleichen Stellenwert einräumt. Nachdem eine umfassende Planung auf landesweiter Ebene entwickelt wurde, konnte die Verantwortung für die weitere Planung und Durchführung an die lokalen Gebietskörperschaften delegiert werden. Konsequent im Ansatz der landesweiten Planung, bleibt durch die Genehmigung der lokalen Küstenpläne die Coastal Commission die entscheidende Leitstelle für die Implementation der Küstenpolitik und garantiert, daß unter Berücksichtigung der jeweiligen lokalen Besonderheiten die Küstenzone nach langfristigen und einheitlichen Planungen entwickelt und geschützt wird. Gleichzeitig ist es gelungen, räumliche Planungen mit Umweltschutz einerseits inhaltlich zu verbinden und andererseits durch eine 76 Die Kriterien für die Genehmigung der lokalen Küstenpläne durch die Coastal Commission sind in Cai. Pub. Res. Code §§ 30500 ff. enthalten. U.a. darf der lokale Küsten pia η keine geringeren Umweltstandards als andere Landes program me und -gesetze enthalten, § 30522. 77 Cai. Pub. Res. Code §§ 30512 ff. 78 Cai. Pub. Res. Code § 30525. 79 Cai. Pub. Res. Code § 30600. w Cal. Pub. Res. Code § 30603.

2. Umweltschlitz und räumliche Planungen des Einzelstaates Kalifornien

43

institutionelle Reform der räumlichen Planung zu erreichen, daß Umweltbelange im Entscheidungsprozeß tatsächlich beachtet werden.

2.1.2. Planungen für die San Francisco Bay Area

Ein weiteres Beispiel einer erfolgreichen Integration von Umweltbelangen in den Planungsprozeß und einer Reform des Planungsverfahrens ist die räumliche Planung für das Gebiet der San Francisco Bucht. Als Antwort auf die Kritik an der fortschreitenden Auffüllung in der San Francisco Bay, um zusätzliches Land zu gewinnen, wurde bereits im Jahre 1965 die San Francisco Bay Conservation and Development Commission (B.C.D.C.) geschaffen, mit der Aufgabe, eine ordnungsgemäße Entwicklung der Bucht von San Francisco und ihrer Küstenlinie zu planen und umzusetzen. Im Jahre 1969 wurde eine umfassende Gesetzgebung für die San Francisco Bay Conservation and Development Commission erlassen, die u.a. den Geltungsbereich dieser Planungsbehörde erweiterte und genauere Richtlinien für die zukünftige Planung und Verwaltung der Bucht von San Francisco enthielt 81 . Im wesentlichen ist es die Aufgabe der San Francisco Bay Conservation and Development Commission, innerhalb ihres Geltungsbereiches, der neben der Bucht von San Francisco und ihrer Küstenlinie auch die eingedeichten Salzsümpfe, Marschen und Kanäle innerhalb der San Francisco Bucht umfaßt 82 , regionale Flächennutzungsplanungen zu entwickeln sowie Einbringen oder Entnahme von Materialien oder Veränderungen der Nutzung der Bucht von San Francisco zu regeln 83. Die Planung für das Gebiet der Bucht von San Francisco, die 1969 in dem offiziellen San Francisco Bay Plan zusammengefaßt wurde, berücksichtigt sowohl die Interessen des Umweltschutzes als auch der betroffenen Grundstückseigentümer 84 und bezieht ökologische wie ökonomische Faktoren in die Planungen ein 85 . Der verabschiedete Plan kann von der Commission jederzeit verändert werden. Einzige Voraussetzung ist, daß die beabsichtigte Änderung des Planes mit den Zielen des sog. McAteer-Petris Act, nämlich grundsätzlich keine weitere Verlandung der Bucht von San Francisco durch Aufspülungen oder Eindei-

81

sog. McAteer-Petries Act, Cal. Gov. Code §§ 66600 ff.; zur Gesetzgebungsgeschichte siehe Comment, 23 Stanf. L. Rev. 349 ff. (1971), der das Gesetz als einen Erfolg der Umweltschutzgesetzgebung bezeichnet. 82 Cal. Gov. Code § 66610. 83 Cal. Gov. Code § 66632. 84 zu der Frage Enteignung oder entschädigungslose Eigentumsbindung, Candlesticks Properties, Inc. v. San Francisco Bay Conservation and Development Commission, 89 Cal. Rptr. 897 (C.A. 1970) (Versagung der Genehmigung für Landaufspülung keine Enteignung, sondern rechtmäßige Ausübung der allgemeinen Polizeigewalt). 85 siehe Cal. Gov. Code § 66603.

44

II. Räumliche Nutzung und Umweltschutz

chungen zuzulassen, wasserorientierten Nutzungen Vorrang einzuräumen und ökologisch wichtige Feuchtgebiete zu erhalten 86, vereinbar ist 87 . Um die Ziele der Gesetzgebung in der Praxis durchzusetzen, bedarf jede Entnahme oder Einbringung von Material in die Bucht sowie jede Veränderung der Nutzung von Wasser, Land oder Gebäuden in der Küstenlinie einer Genehmigung durch die San Francisco Bay Conservation and Development Commission 88 . Hat aber die jeweilige lokale Gebietskörperschaft einen sog. special area plan, der im McAteer-Petris Act nicht vorgesehen ist, jedoch mit dem San Francisco Bay Plan vereinbar sein muß, verabschiedet, besitzt sie die Zuständigkeit, Genehmigungen für neue Vorhaben in der Küstenlinie zu erteilen. Weitergehend als in der Küstengesetzgebung, behält sich die San Francisco Bay Conservation and Development Commission das Recht vor, die von der lokalen Gebietskörperschaft erteilten Genehmigungen aufzuheben, wenn das Vorhaben den Festsetzungen des San Francisco Bay Plan nicht entspricht 89 . Angesichts der relativ umfassenden Regelungsbefugnis der San Francisco Bay Conservation and Development Commission überrascht es nicht, daß die Planung und Verwaltung der Bucht von San Francisco durchweg als erfolgreich eingeschätzt wird 9 0 . Die Auffüllung der Bucht konnte gestoppt werden, die Küstenlinie ist für besondere, auf die Küste bezogene Vorhaben reserviert, und der öffentliche Zugang zur Bucht ist erweitert worden. Weiterhin wurde die Nutzung der Salzsümpfe geregelt, und die Veränderung von Meeresströmungen innerhalb der Bucht, ein Ergebnis der Aufspülungen, konnte beträchtlich eingeschränkt werden. All dies ist von einer wohlorganisierten Behörde 91 mit Unterstützung der betroffenen Gemeinden bewältigt worden, wobei drei Ziele im Vordergrund standen: größtmögliche Wasserfläche in der Bucht zu garantieren, unverbauten Blick auf die Bucht zu erhalten sowie kommerziellen Aktivitäten, die küsten- oder wasserbezogen sind, Vorrang vor anderen Vorhaben zugeben. Der Erfolg dieses Modells liegt nicht zuletzt daran, daß räumliche Planungen und Entscheidungen von genauen, umweltschützenden Kriterien unterstützt wurden, die durch die Einrichtung einer eigenständigen und einflußreichen Planungsbehörde durchgesetzt werden konnten.

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Cal. Gov. Code §§ 66601, 66602, 66602.1. Cal. Gov. Code § 66652. 88 Cal. Gov. Code § 66632. 89 Berke, 15 Urban Lawyer 487 (497) (1983). 90 Berke, 15 Urban Lawyer 487 (500) (1983); Comment, 23 Stanf. L. Rev. 349 (362) (1971); Williams, S. 490; Bosselman, Callies, S. 109. 91 Die San Francisco Bay Conservation and Development Commission hat 27 Mitglieder, darunter insgesamt 13 Vertreter der die San Francisco Bucht umgebenden Kreise und Städte, 7 Vertreter der Öffentlichkeit und 7 Vertreter von Bundes-und Landesbehörden, Cal. Gov. Code § 66620. 87

2. Umweltschtz und räumliche Planungen des Einzelstaates Kalifornien

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2.1.3. Planungen fur das Gebiet um Lake Ta ho e

Weit kontroverser und weniger erfolgreich hat sich die regionale Planung für das Gebiet um Lake Tahoe an der Grenze zwischen Nevada und Kalifornien erwiesen. Die Tahoe Regional Planning Agency (TRPA) wurde 1969 als Antwort auf die zunehmende Wasserverschmutzung im Lake Tahoe und der unkontrollierten Zersiedlung des Tahoe Beckens in den Rocky Mountains gegründet..Da die auftretenden Probleme sowohl in die Gebietshoheit von Kalifornien als auch von Nevada fielen und beide Staaten das Gebiet um Lake Tahoe in seinem Landschaftscharakter erhalten wollten, wurde die Tahoe Regional Planning Agency durch den Tahoe Regional Planning Compact, eine gemeinsame Gesetzgebung von Kalifornien und Nevada, die durch den U.S. Congress ratifiziert wurde, gegründet 92. Im Gegensatz zu den vorher beschriebenen regionalen Planungen sind hier aber weder Umweltbelange ausdrücklich als gleichgewichtige oder vorrangige Planungsziele formuliert oder genauere Kriterien für die Genehmigung von Vorhaben definiert noch eine Planungsbehörde mit eigenen Kompetenzen zur Umsetzung der Politikziele geschaffen worden. Der Tahoe Regional Planning Agency fallt als zentraler Planungsbheörde für das Gebiet um Lake Tahoe die Aufgabe zu, einen regionalen Plan zu erarbeiten, der u.a. Flächennutzungsplanungen, Planungen für öffentliche Infrastruktur, Verkehr, Umweltschutz und Erholung enthält 93 . Der Plan soll anschließend durch die zuständigen Behörden in Kalifornien und Nevada umgesetzt werden 94. Die Richtlinien und Planungen der Tahoe Regional Planning Agency setzen lediglich M ini malstandards für die Planungen; jede lokale Gebietskörperschaft kann eigene, gleichwertige oder höhere, Standards ihren Planungen zugrunde legen95. Die Gründe, aus denen die Tahoe Regional Planning Agency nicht ebenso erfolgreich ist wie die regionalen Planungen für die Küstenzone und die San Francisco Bucht, liegen darin, daß die lokalen Gebietskörperschaften sich nur widerstrebend nach dem regionalen Plan richten 96 , die Tahoe Regional Planning Agency keine eigenen Kompetenzen besitzt, ihre Planungen selbst zu implementieren, und der Staat Nevada für sein Gebiet eine eigene, nicht mit dem regionalen Plan im Einklang stehende Entwicklungspolitik für das Gebiet um Lake Tahoe betreibt 97 .

92 Für eine Beschreibung der frühen Form der Tahoe Regional Planning Agency siehe Low, 26 Hasting L. J. 1165 (1175) (1974); der Vertrag selbst ist ein Bundesgesetz mit der Folge der Zuständigkeit der Bundesgerichte, siehe Jacobson v. Tahoe Regional Planning Agency, 566 F.2d 1353 (9th Cir. 1977). 93 Cal. Gov. Code § 66801 (ν). 94 Cal. Gov. Code § 66801 (vi); Kalifornien hat eine eigene Behörde zur Umsetzung des regionalen Planes gegründet, die California Tahoe Regional Planning Agency, siehe Cal. Gov. Code § 67040. 95 siehe Williams, § 2.18A. 96 siehe People ex rei. Younger ν. El Dorado County, 96 Cal. Rptr. 553 (C.A. 1971). 97 Williams, S. 491.

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II. Räumliche Nutzung und Umweltschutz

2.2. Ausblick - Die Umweltverträglichkeitsprüfung unter dem California Environmental Quality Act Die Anfang der 70er Jahre vorausgesagte „stille Revolution in der räumlichen Planung" ("quiet revolution in land use controls") 98 hat nicht stattgefunden. In den einzelnen Bundesstaaten sind, bis auf wenige Ausnahmen, weder die Kompetenzen, räumliche Planungen zu entwickeln und umzusetzen, von der lokalen Ebene auf die Landesebene verlagert noch ist landesweit eine verbindliche und integrierte Raum- und Regionalplanung auf einzelstaatlicher Ebene eingeführt worden 99 . Kalifornien bildet insoweit keine Ausnahme. Das OPR hat die wichtige Funktion, Ziele für räumliche Planung und Umweltschutzpolitiken landesweit zu entwickeln und zu koordinieren, besitzt aber keine Kompetenz, diese Planungen für andere Behörden oder die lokalen Gebietskörperschaften verbindlich zu machen. Umweltschutz integrierende langfristige Planungen haben sich mit Erfolg für die Küstenzone und die San Francisco Bucht bewährt. Hier war ausdrückliches Ziel der räumlichen Planung, Umweltbelange in die Entscheidungen zu integrieren. Dazu wurden bestimmte Kriterien vorgegeben und eine entsprechende Verwaltungsstruktur zu deren Umsetzung geschaffen. Ob diese Planungen, die für Gebiete mit besonderen ökologischen Gegebenheiten entwickelt wurden, ein grundsätzliches Modell für räumliche Planungen sein können, mag dahingestellt bleiben. In diesem Zusammenhang ist jedoch anzumerken, daß diese Planungen die den räumlichen Planungen an sich innewohnenden Defizite im Hinblick auf die Beachtung von Umweltbelangen teilweise zu überwinden scheinen. Im übrigen bleibt aber der wichtigste Teil der raumbedeutsamen Planungen, nämlich die Bebauungsplanung, in dem ausschließlichen Kompetenzbereich der lokalen Gebietskörperschaften. Diese besitzen, wie noch zu zeigen sein wird, sowohl bei der Wahl ihrer Ziele als auch ihrer Mittel relativ großen Freiraum. Integrierte Planungen mit einheitlichen Standards für die Beachtung von Umweltbelangen bei raumbedeutsamen Planungen können auf der Landesebene aber durch eine Umweltverträglichkeitsprüfung unter dem California Environmental Quality Act (CEQA) ermöglicht werden. Der CEQA mit der Anforderung, bei bestimmten Vorhaben einen sog. Environmental Impact Report (EIR), eine Umweltverträglichkeitsprüfung, vorzubereiten, ist ein Versuch, landesweite einheitliche Standards, zumindest im Verfahren, für die Beachtung von Umweltbelangen durchzusetzen und damit eine Integration von Umweltschutz in die räumliche Planung zu ermöglichen. Die Umweltverträglichkeitsprüfung kommt insoweit den beiden genannten Merkmalen für eine erfolgreiche Einbeziehung von Umweltbelangen in den räumlichen Planungs98 Bosselman, Callies, S. 2 ff., die für eine stärkere Rolle der Bundesstaaten in der räumlichen Planung und eine verbindliche landesweite räumliche Planung eintreten. 99 Popper, S. 12; einige Staaten, z.B. Florida, Vermont und Oregon haben landesweite räumliche Planungen eingeführt, siehe dazu Anderson, Mandelker, Tarlock, S. 861 ff.

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prozeß nach: eine ausdrückliche Betonung des umweltpolitischen Vorsorgeprinzips und ein eigenes institutionelles Verfahren.

3. Räumliche Planungen und Umweltschutz auf der lokalen Ebene Wichtigster Träger räumlicher Planungen und Entscheidungen über räumliche Nutzungen sind die lokalen Gebietskörperschaften durch die lokale Bebauungsplanung. Unter der allgemeinen Polizeigewalt, Regelungen für Ruhe, Sicherheit und Ordnung der Bevölkerung zu treffen, haben fast alle Staaten die Befugnisse, Bebauungspläne zu erlassen und Baugenehmigungen zu erteilen, an die lokalen Gebietskörperschaften delegiert 100. Hier treten die Defizite der herkömmlichen Instrumente räumlicher Planung in bezug auf die Beachtung von Umweltbelangen am deutlichsten zutage. Das gilt sowohl für die vorbereitende Bebauungsplanung als auch für die Bebauungspläne und deren Umsetzung selbst.

3.1. Flächennutzungsplanung In Kalifornien muß grundsätzlich jede Gemeinde (city) oder Kreis (county) eine Planungsbehörde (planning agency) gründen und einen sog. Generalplan (general plan) erlassen, der mit dem Flächennutzungsplan nach dem Bundesbaugesetz vergleichbar ist. Im "general plan" sind die räumlichen Nutzungen innerhalb der Gebietskörperschaft unter Einbeziehung der umgebenden Gebiete langfristig und umfassend zu planen 101 . Der Generalplan enthält mehrere zwingende Bestandteile. Neben der allgemeinen Verteilung und Intensität der zugelassenen räumlichen Nutzungen muß der Plan u.a. Planungen für den Wohnungsbedarf, Verkehrsplanungen, Festsetzung der unbebaubaren Flächen, Planungen für Lärmschutz und Erdbebensicherheit sowie für den Schutz der natürlichen Ressourcen (conservation element) enthalten 102 . Das "conservation element" des Generalplans umfaßt jedoch eher traditionelle Konzepte des Umweltschutzes, die weniger auf einem umweltpolitischen Vorsorgeprinzip beruhen, als vielmehr von dem Grundsatz der polizeilichen Gefahrenabwehr geprägt sind. So werden neben der Erhaltung und Nutzung der natürlichen Ressourcen die Planung von Trink-

"" für Kalifornien, siehe Cal. Gov. Code §§ 65000 ff. ,()I Cal. Gov. Code § 65300. 102 Cal. Gov. Code § 65302; siehe auch El Toro Ass'n v. Days, 141 Cal. Rptr. 282 (C.A. 1977); weitere Elemente, wie Denkmalschutz und Stadterneuerung, können ebenfalls in den Generalplan aufgenommen werden, Cal. Gov. Code § 65303.

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II. Räumliche Nutzung und Umweltschutz

wasserreserven, die Kontrolle von Bodenerosion, Überschwemmungsgefahren sowie die Vermeidung von Wasserverschmutzung betont 103 . Ein anderer umweltschützender Aspekt ist in der Festsetzung unbebaubarer Flächen enthalten. Die Planung für unbebaubare Flächen wird für jede kommunale Gebietskörperschaft in einem "open space plan" verabschiedet, der die unbebaubaren Flächen bzw. Flächen für Landschafts-, Erholungs- und Umweltschutzzwecke in der jeweüigen Gemeinde festlegt 104. Die Festsetzung von unbebaubaren Flächen als umweltpolitisches Konzept, räumliches Wachstum zu kontrollieren und zu koordinieren, ist äußerst umstritten. Während von den Befürwortern dieser Konzeption vertreten wird, daß die Festsetzung von unbebaubaren Flächen es der Gemeinde erleichtert, einerseits Freiflächenvorräte zu bilden und andererseits dem Druck nach wirtschaftlicher Nutzung bzw. Bebauung dieser Flächen auszuweichen, wird dagegen eingewandt, daß diese "open space plans" negative Zersiedlungsstrukturen in der Gemeinde begünstigen und damit zur allgemeinen Verstädterung des Umlandes beitragen 105. Als besonderes Problem gemeindlicher Flächennutzungs- und Bebauungsplanung in den USA kommt hinzu, daß sich die angemessene Verteilung von Wohnraum für verschiedene Bevölkerungsgruppen innerhalb der und zwischen den einzelnen Gemeinden häufig als schwierig erweist. Daher werden besondere Anforderungen an die Planung von Wohnungen im Generalplan gestellt (housing element). Angesichts der weit verbreiteten Praxis der Gemeinden, diskriminierende Bebauungsplanung (exclusionary zoning) zu betreiben, d.h. Bebauungspläne zu verabschieden, die Wohnbedürfnisse von bestimmten Bevölkerungsgruppen, vor allem rassischer Minderheiten und/oder Personen mit geringem Einkommen, nicht einschließen, soll die Planung des Wohnungsbedarfs im Generalplan sicherstellen, daß die jeweiligen lokalen Gebietskörperschaften ausreichend Wohnraum für alle Bevölkerungsschichten einplanen. Damit soll auch erreicht werden, daß jede Gemeinde einen angemessenen Anteil des Wohnungsbedarfs für diese Bevölkerungsgruppen in der relevanten Region übernimmt 106 . Generalpläne, die diese zwingend vorgeschriebenen Elemente nicht enthalten, sind fehlerhaft und damit unwirksam 107 . im

Cal. Gov. Code § 65302. Cal. Gov. Code §§ 65302 (e), 65560. 105 siehe Comment, 15 San Diego L. Rev. 1211 (1219 ff.) (1978), der den Freiflächen plan als geeignetes Mittel sieht, räumliches Wachstum in der Gemeinde zu kontrollieren, dagegen Lefcoe, 54 So. Cal. L. Rev. 447 (465 ff.) (1981), der davon ausgeht, daß Freiflächenpläne uneffiziente Zersiedlungsstrukturen innerhalb der Gemeinde begünstigen. Grundsätzlich sind weitgehende Restriktionen der Bebaubarkeit im Freiflächenplan zulässig, siehe Associated Home Builders, Inc. v. City of Walnut Creek, 94 Cal. Rptr. 630 (S.Ct. 1971). 106 Cal. Gov. Code § 65580; Burten, 9 San Fernando Valley L. Rev. 19 (20 ff.) (1982) sieht darin einen ersten Schritt, den Zuzug von Minderheiten in bestimmte Vororte zu ermöglichen. Grundsätzlich läßt sich feststellen, daß in den Innenstädten überdurchschnittlich viele Personen mit niedrigem Einkommen oder Angehörige von Minderheiten leben, während in den Vorstädten das Verhältnis umgekehrt ist, siehe Godschalk, S. 7, Kushner; 2 U.C.L.A. J. Envtl. L. + Pol. 209 (218 ff.) (1982).

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Die bedeutende Funktion des Generalplans liegt darin, daß der anschließende Bebauungsplan mit den Festsetzungen des Generalplans übereinzustimmen hat 108 . Auch die Erschließung und Aufteilung von Grundstücken sowie die Aufteilung von Gebäuden in Eigentumswohnungen (subdivision) können nur dann von der jeweiligen lokalen Gebietskörperschaft genehmigt werden, wenn die vorgeschlagene Aufteilung und spätere Nutzung mit den Festsetzungen des Generalplans und des Freiflächenplans (open space plan) übereinstimmen 109. Abgesehen von den zwingenden Erfordernissen, einen Generalplan und einen Freiflächenplan aufzustellen und den Bebauungsplan sowie die Teilungsgenehmigungen (subdivisions) im Einklang mit den im Generalplan niedergelegten Grundsätzen zu verabschieden, haben die Städte und Kreise weites Ermessen, Ziele und Mittel für ihre Bebauungsplanung zu entwickeln.

3.2. Lokale Bebauungsplanung Das gilt insbesondere für Teilungsgenehmigungen zugrunde liegenden Anforderungen (subdivision control). Umweltpolitisch und stadtentwicklungspolitisch besonders wichtig, geben die Anforderungen an Teilungsgenehmigungen (subdivision controls) der Gemeinde oder dem Kreis die Möglichkeit, die räumliche Entwicklung, vor allem in bisher nicht vollständig bebauten Gebieten und im Außenbereich zu steuern. Häufig wird ein größeres Areal oder Grundstück im Außenbereich oder in Gebieten, die bisher nicht vollständig genutzt sind, aufgekauft, aufgeteilt und anschließend mit Wohnungen, Geschäfts- oder Industriebauten bebaut oder als ganze Wohnsiedlung entwickelt. Wird auf diese Weise neues Bauland geschaffen, hat dies oft erhebliche Um weitaus Wirkungen. Neben der Bewältigung des Bevölkerungszuwachses kommt auf die jeweilige Gemeinde die Aufgabe zu, öffentliche Infrastruktur, wie Straßen, Schulen usw., zu schaffen. Konsequenterweise benutzen die Gemeinden die für die Aufteilung von Grundstücken erforderlichen Teilungsgenehmigungen, um von dem Antragsteller bzw. späteren Bauunternehmern oder Eigentümern für die Er-

107 Save El Toro Ass'n v. Days, 141 Cal. Rptr. 282 (C.A. 1977); seit 1982 kann anderereeits gegen eine Baugenehmigung für Mehrfamilienhäuser nicht mehr eingewandt werden, daß der Generalplan fehlerhaft ist, Cal. Gov. Code § 65754.5. ,0B Cal. Gov. Code § 65860 a; es ist eine einstweilige Anordnung gegen die Baugenehmigung möglich, wenn der Bebauungsplan nicht mit dem Generalplan übereinstimmt, Friends of " Β " Street v. City of Hayward, 165 Cal. Rptr. 514 (C.A. 1980); auch die von vielen Gemeinden geübte Praxis, den Generalplan nachträglich mit dem verabschiedeten Bebauungsplan in Übereinstimmung zu bringen, wird von der Rechtsprechung mißbilligt, Coalition for Los Angeles County Planning in the Public Interest ν. Board of Supervisors, 8 ERC 1249 (S.Ct. 1975). 109 Cal. Gov. Code §§ 66473 f.; Subdivision Controls schreiben vor, welche Standards für Planung und Ausführung der vorgeschlagenen Nutzung bei der Teilungsgenehmigung zugrunde zu legen sind, Cal. Gov. Code §§ 66475 ff.; ausführlich Mandelker, Cunningham, S. 783 ff. und infra, II.3.2.

4 Mezger

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II. Räumliche Nutzung und Umweltschutz

laubnis, das Land aufzuteilen und zu bebauen, bestimmte Bedingungen und Leistungen zu verlangen 110. Die Forderungen der Gemeinde können sich dabei sowohl auf stadtentwicklungspolitische Ziele als auch auf Umweltbelange beziehen. So kann die Gemeinde verlangen, daß die Herstellungs- und Unterhaltungskosten für öffentliche Infrastruktur wie Abwasserkanäle, Straßen usw. von dem Grundstückseigentümer bezahlt 111 , finanzielle Mittel oder Grundstücke für die Anlage von Schulen oder Parks bereitgestellt werden 112 . Grundsätzlich werden diese, oft mit beträchtlichen finanziellen Belastungen verbundenen Bedingungen von der Rechtsprechung aufrechterhalten, auch wenn die Vorteile nicht nur dem neuen Wohngebiet, sondern der Gemeinde insgesamt zugute kommen. Solange die von der Gemeinde verlangten Leistungen sich nicht als Enteignung auswirken, werden sie als Gegenleistung für das Privileg, das Land bebauen zu dürfen, als rechtmäßige Ausübung der allgemeinen Polizeigewalt angesehen113. Angesichts der weiten Möglichkeiten der Bebauungsplanung unter der allgemeinen Polizeigewalt überrascht es nicht, daß die Rechtsprechung sowohl der Bundesgerichte als auch der Gerichte des Staates Kalifornien weitreichende Beschränkungen der Bebaubarkeit von Grundstücken aufrechterhält, solange die Festlegung des Bebauungsplans dem Eigentümer noch eine wirtschaftliche Nutzung des Grundstückes läßt 114 . Entsprechend dem Erlaß eines Bebauungsplans wird auch der Änderung eines Bebauungsplans, die mit Wertverlusten des Grundstückes einhergeht, keine enteignende Wirkung mit der nachfolgenden Zahlung von Entschädigungen an den Grundstückseigentümer zugebilligt 115 . Damit sind der Gemeinde beträchtliche Spielräume gegeben, umweltorientierte und/oder wachstumsbeschränkende Bebauungsplanungen durchzuführen, ohne Entschädigungsforderungen der betroffenen Grundstückseigentümer befürchten zu müssen.

110 Für die nachfolgende Bebauung der aufgeteilten Grundstücke ist kein Bebauungsplan erforderlich. Das bedeutet, daß die Teilungsgenehmigung (subdivision control) die Bebauungsplang der Gemeinde insoweit ersetzt, siehe auch Williams, § 3.51. Cal. Gov. Code §§ 66483 ff. 112 Cal. Gov. Code §§ 66475 ff.: Bereitstellen von Grundstücken für Straßen, Radwege, öffentliche Verkehrsmittel; Grundstücke oder finanzielle Mittel für Parks, § 66477; fur Schulen, § 66478. 113 Associated Home Builders, Inc. v. City of Walnut Creek, 94 Cal. Rptr. 630 (S.Ct. 1971). 1,4 siehe Agins v. City ofTiburon, 157 Cal. Rptr. 372 (S.Ct. 1979); Agins v. City ofTiburon, 447 U.S. 255 (1980); San Diego Gas + Electric Co. v. City of San Diego, 450 U.S. 621 (1981). 115 Penn Central Transportation Corp. v. New York City, 438 U.S. 104 (1978); der California Supreme Court hat in Agins v. City ofTiburon, 157 Cal. Rptr. 372 (1979) festgestellt, daß, selbst wenn der Bebauungsplan enteignende Wirkung hat, der Eigentümer nicht auf Entschädigung klagen kann, sondern nur verlangen kann, daß der Bebauungsplan für nichtig erklärt wird.

3. Umweltschutz auf der lokalen Ebene

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Anforderungen an die Teilungsgenehmigungen (subdivision controls) sowie Bebauungspläne (zoning ordinances) sind nicht die einzigen Mittel, mit denen die Gemeinde ihre Planungspolitiken durchsetzen kann. Neben dem Erlaß von Bebauungsplänen mit ihren uniformen Standards für Bebauungsdichte, Grundstücksgrößen, Nutzungsklassen usw. kann die Gemeinde auch Vereinbarungen mit dem Bauunternehmer treffen und Entwicklungsverträge (development agreements), d.h. Verträge für die Planung und Bebauung, einschließlich Finanzierung von Infrastruktur durch die jeweilige Baugesellschaft, für ein bestimmtes Gebiet oder größeres Siedlungsprojekt abschließen116. Eine andere, dem "development agreement" vergleichbare Möglichkeit, die strengen Regelungen eines Bebauungsplanes zu verlassen und umweltschützende Belange in die räumliche Planung zu integrieren oder eine bessere Nutzung der vorhandenen Flächen zu erreichen, ist durch die Entwicklung von sog. geplanten Vorhaben (Planned Unit Development) gegeben. Diese werden von Baugesellschaft und Planungsbehörde gemeinsam in einem individuellen Plan für das beabsichtigte Vorhaben ausgearbeitet und können u.a. im Austausch gegen dichtere Wohnbebauung einen größeren Anteil an öffentlichen oder im Miteigentum aller Bewohner des Vorhabens stehenden Grünflächen festsetzen 117. Schließlich kann die Gemeinde die Übertragung von Bebauungsrechten (Transfer of Development Rights) von einem Grundstück auf ein anderes Grundstück desselben oder eines anderen Eigentümers genehmigen. Damit kann in ökologisch sensitiven Gebieten oder wenn es aus stadtentwicklungspolitischen Gründen notwendig ist, eine erheblich reduzierte Bebauung erreicht werden, ohne die Bebauungsplanung insgesamt zu ändern oder in die Gefahr zu kommen, das betroffene Grundstück enteignen zu müssen118. Die genannten Mittel ermöglichen es den Gemeinden grundsätzlich, Umweltbelange in die räumliche Planung einzubeziehen. Ein Grund dafür, daß dies nur unvollkommen geschieht, liegt möglicherweise darin, daß nicht nur die Mittel der Gemeinde, ihre Bebauungsplanung umzusetzen, flexibel sind, sondern auch die Ziele und Zwecke, die die Gemeinde mit ihrer Bebauungsplanung unter der

1.6 Cal. Gov. Code §§ 65864 (f.; allerdings muß das Development Agreement mit dem bestehenden Bebauungsplan vereinbar sein, Williams, § 5.73. Jedoch gibt das Development Agreement dem Bauunternehmer gesicherte Rechte (vested rights) gegenüber späteren Planänderungen durch die Gemeinde, ausführlich Holliman, 13 Urb. Lawyer 44 ff. (1981). 1.7 ausführlich Wilüams, § 6.61. 118 ausführlich Carlo, Wright, 10 U. C. Davis L. Rev. 1 ff. (1977); für Küstenzone, McDonald, 21 Santa Clara L. Rev. 439 ff. (1981); Marcus, 20 Urb. L. Ann. 1 (5 ff.) (1977) schlägt die Übertragung von Bebauungsrechten (Transfer of Development Rights) zur Schaffung von „Naturreservaten' 4 innerhalb entwickelter Gebiete vor, wenn die übrigen Gebiete verdichtete Bebauung vertragen.

4

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II. Räumliche Nutzung und Umweltschutz

allgemeinen Polizeigewalt verfolgen kann, relativ weit sind und erhebliche Zielkonflikte beinhalten. Bei Zielkonflikten und Abwägungsvorgängen besteht die Gefahr, daß Umweltbelange zugunsten wirtschaftlicher oder stadtentwicklungspolitischer Erwägungen zurückgestellt werden. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn Interessenkonflikte zwischen Planungszielen nicht ausdrücklich aufgezeigt und nicht alle möglichen Alternativen umfassend untersucht werden. Die Rechtsprechung hat Bebauungsplanungen für eine Vielzahl von Zwecken aufrechterhalten. Der U.S. Supreme Court hat in einer seiner Entscheidungen ausgeführt: „Die allgemeine Polizeigewalt ist nicht auf die Beseitigung von Dreck, Gestank und ungesunden Stätten beschränkt... Die lokalen Baubehörden können rechtmäßig zur Unterstützung aller Ziele, denen ein Bebauungsplan dienen soll, handeln: unkontrolliertes Wachstum einzuschränken, Verkehrsprobleme zu lösen, Mieten auf einem vernünftigen Niveau zu halten und die Gemeinde attraktiv für Familien zu machen. Die allgemeine Polizeigewalt, die die Grundlage für die Bebauungsplanung bildet, ist nicht eng zu definieren. Und es ist angemessen, daß wir den Behörden beträchtliches Ermessen zugestehen, die Mittel zu wählen, um diese Ziele umzusetzen 119 . M

Unter dieser weiten Definition der allgemeinen Polizeigewalt können Bebauungsplanungen sowohl für traditionell unter der allgemeinen Polizeigewalt zu verfolgende Ziele, wie Sicherheit und Ordnung, als auch für soziale, ökonomische und umweltpolitische Zwecke eingesetzt werden. Allerdings ist diese weite Definition der allgemeinen Polizeigewalt im Zusammenhang mit der Bebauungsplanung nicht ohne Probleme. Vordergründig sind in der Regel Gesundheit, Sicherheit und Ordnung die Ziele der Bebauungsplanung; aber der Wunsch, die gegenwärtige soziale Zusammensetzung der Bevölkerung sowie Grundstückswerte zu erhalten und die Grundsteuern, die die Haupteinnahmequelle der Gemeinde darstellen, niedrig anzusetzen, sind häufig ebenfalls - zulässige - Ziele der Bebauungsplanung. Bei Klagen gegen Bebauungspläne sind die Gerichte grundsätzlich geneigt, die Begründung der Gemeinde für die im Bebauungsplan getroffenen Regelungen zu akzeptieren. Für die Frage, ob eine bestimmte Regelung des Bebauungsplanes rechtmäßig ist, stellt die Rechtsprechung darauf ab, ob die beanstandete Regelung eine rationale Beziehung zu einem legitimen öffentlichen Zweck besitzt. Ist das der Fall, unterwirft sich das Gericht grundsätzlich der Ermessensentscheidung der lokalen Legislative120. Im Kontext der Diskriminierung von rassischen Minderheiten und/oder Personen mit geringem Einkommen 121 führt diese Rechtsprechung dazu, daß

1,9

Village of Belle Terre v. Boraas, 416 U.S. I (10, 13 f.) (1974). Berman v. Parker, 348 U.S. 26 (1954); Construction Industry Ass'n v. City of Petaluma, 552 F.2d 897 (9th Cir. 1975). 120

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Bebauungspläne mit erheblich diskriminierenden Auswirkungen als grundsätzlich zulässige Ausübung der allgemeinen Polizeigewalt angesehen werden, solange die Gemeinde mit ihrer Bebauungsplanung nicht diskriminierende Zwecke verfolgt u n d die Regelungen i m Bebauungsplan nicht willkürlich u n d unvernünftig sind oder keine rationale Beziehung zur öffentlichen Sicherheit, O r d n u n g oder Allgemeinwohl haben 1 2 2 . Zunehmend werden die Gerichte aber aufmerksamer, wenn neben diskriminierenden Auswirkungen gemeindlicher Bebauungsplanung auch diskriminierende Zielsetzungen erkennbar sind. Diskriminierende Absichten hinter Bebauungsplanungen sind leicht aufzuzeigen, wenn Kanalanschlüsse oder andere öffentliche Einrichtungen grundsätzlich genehmigt werden, nicht aber bei Wohnungsbauvorhaben für M i n o r i t ä ten 1 2 3 . Weigert sich die Gemeinde, den Bebauungsplan zu ändern, u m ein bestimmtes Vorhaben zu genehmigen, oder ändert sie den Plan, u m ein W o h nungsvorhaben zu verhindern, sehen die Gerichte der Einzelstaaten die Begründungen der Gemeinde, die Planänderung sei wegen der Vergrößerung v o n Parks oder Grünflächen, wegen ungenügender Kanalsysteme, Überschwemmungsgefahren, Übervölkerung oder Umweltproblemen notwendig, generell m i t Skepsis 1 2 4 . Neben Umweltschutzargumenten, die für diskriminierende Bebauungs-

121 Mandelker, Cunningham, S. 454 ff.; die Strategien, unerwünschte Bevölkerungsgruppen durch Bebauungsplanung auszuschließen, sind vielfältig: Mindestgrößen für Grundstücke und Wohnhäuser, Home Builders League v. Township of Berlin, 405 A.2d 381 (S.Ct. New Jersey 1979); Weigerung, Festsetzungen für Mehrfamilienhäuser in den Bebauungsplan aufzunehmen, Village of Arlington Heights v. Metropolitan Housing Development Corp., 429 U.S. 252 (1977); Metropolitan Housing Development Corp. v. Village of Arlington Heights, 616 F.2d (7th Cir. 1980); Referendum bei Aufnahme von Mehrfamilienhäusern in den Bebauungsplan, James v. Valtierra, 402 U.S. 137 (1971) (Zulässigkeit bestätigt); Änderung der Gemeindegrenzen, Park View Heights Corp. v. City of Black Jack, 467 F.2d 1208 (8th Cir. 1972); für eine ausführliche Diskussion dieser Problematik, siehe Fishman, S. 51 ff.; Hagman, S. 904 ff. 122 Während der U.S. Supreme Court sich bei der Frage, ob gemeindliche Bebauungsplanungen, die diskriminierende Auswirkungen haben, aus verfassungsrechtlichen Gründen unzulässig sind, grundsätzlich zurückgehalten hat, siehe Berman v. Parker, 348 U.S. 26(1954), Village of Arlington Heights v. Metropolitan Housing Development Corp., 429 U.S. 252 (1977), James v. Valtierra, 402 U.S. 137 (1971), haben die Federal Courts of Appeal häufig diskriminierende Praktiken der Gemeinden als Verletzung des Civil Rights Act of 1866 bzw. des Fair Housing Act, 42 U.S.C. § 1982, für ungültig erklärt, Metropolitan Housing Development Corp. v. Village of Arlington Heights, 616 F.2d (7th Cir. 1980), Gautreaux v. Chicago Housing Authority, 342 F.Supp. 827 (N.D. III. 1972); siehe auch die Entscheidung des New Jersey Supreme Court in Southern Burlington County NAACP v. Township of Mount Laurel, 456 A.2d 390 (1983) (jede Gemeinde hat einen angemessenen Anteil an Wohnungen für Minderheiten zu tragen). 123 United Farm Workers of Florida Housing Project, Inc. v. Delray Beach, 493 F.2d 799 (5th Cir. 1974), bei prima facie Anschein von rassischer Diskriminierung muß die beklagte Gemeinde ein „zwingendes öffentliches Interesse" für die Rechtfertigung der diskriminierenden Regelung nachweisen. 124 siehe Appeal of Kit-Mar Builders, Inc., 268 A.2d 765 (Pennsylvania Supreme Court 1970) (Bebauungsplan, der nur Einfamilienhäuser und Mehrfamilienhäuser für Personen mit

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II. Räumliche Nutzung und Umweltschutz

planung herangezogen werden, können sich aber auch tatsächlich erhebliche Zielkonflikte zwischen Umweltschutz und Daseinsvorsorge für die Bevölkerung ergeben. Der Gesetzgeber in Kalifornien hat diesen Konflikt dadurch zu lösen versucht, daß jeder Generalplan Überlegungen zum voraussichtlichen Wohnungsbedarf in der betroffenen Gemeinde zu enthalten hat. Damit soll sichergestellt werden, daß alle Gemeinden einen angemessenen Anteil an Wohnungen, auch für Personen mit geringerem Einkommen, tragen 125 . Die Wohlfahrtseffekte lokaler Bebauungsplanung werden häufig durch eine Tendenz der lokalen Planungsbehörden beeinträchtigt, negative Auswirkungen, die die Bebauungsplanung außerhalb der Gemeinde mit sich bringt, zu ignorieren; der Ausschluß von Personen mit niedrigem Einkommen vom Zuzug in die Gemeinde ist nur ein Beispiel126. Sieht man davon ab, daß der Ausschluß bestimmter Personengruppen Vorteile für die betroffene Gemeinde hat, da Steuern niedrig bleiben, soziale Homogenität nicht gestört und öffentliche Einrichtungen weniger in Anspruch genommen werden, hat die diskriminierende Planung Auswirkungen auch außerhalb der Gemeinde, wenn die Aufgabe, Personen mit niedrigem Einkommen mit Wohnungen und öffentlichen Einrichtungen zu versorgen, auf andere kommunale Gebietskörperschaften zurückfällt, die möglicherweise weniger geeignet sind, diese Wohnbedürfnisse und die damit einhergehende Nachfrage nach öffentlichen Leistungen zu erfüllen 127 . Aufgrund der begrenzten Perspektive und der Vertretung von primär lokalen Interessen, so ist kritisiert worden, haben kommunale Gebietskörperschaften grundstäzliche Probleme durch kommunale Bebauungsplanung Gebiete zu schützen und zu bewahren, die wichtige ökologische oder ästhetische Funktionen im regionalen Rahmen haben, Vorhaben in der Gemeinde zuzulassen mittlerem und hohem Einkommen wegen ungenügender Abwassersysteme festsetzt, ist ungültig); Oak Wood at Madison, Inc. v. Madison, 283 A.2d 353 (New Jersey Supreme Court 1971) (1 und 2 acre Mindestgrundstücksgrößen und erhebliche Beschränkungen für Mehrfamilienhäuser wegen angeblicher Überschwemmungsgefahr sind ungültig); Appeal of GirsJb, 263 A.2d 395 (Pennsylvania Supreme Court 1971) (Verbot von Mietshäusern wegen überlasteter gemeindlicher Einrichtungen und Straßen ist ungültig). 125 Cal. Gov. Code §§ 65583 ff.; siehe aber Ybarra v.Town of Los Altos Hill, 503 F.2d 250 (9th Cir. 1974) (Mindestgrundstücksgrößen, die es Personen mit unteren Einkommen unmöglich macht, ein Haus in der Gemeinde zu erwerben, sind zur Bewahrung des ländlichen Charakters einer Gemeinde zulässig). 126 In den letzten Jahren ist grundsätzliche Kritik an dem Konzept von lokaler räumlicher Planung zur Steuerung von Bebauung und räumlicher Nutzung geäußert worden, siehe Delogu, 36 Maine L. Rev. 261 (262 ff.) (1984); im Zusammenhang mit der Diskussion um „Deregulierung" werden andere Wege vorgeschlagen, um die gewünschte räumliche Nutzung bzw. Bebauung zu erreichen, z.B. Steuern, Grunddienstbarkeiten, Nachbarklagen, privatrechtliche Verträge usw., siehe Hagman, S. 18 ff.; Rose, 71 Cal. L. Rev. 839ff.( 1983); Lefcoe, 54 Southern Cal. L. Rev. 447(451 ff.)(1981);Ellikson, 86 Yale L. J. 385(429ff.)(1977);Tarlock,9 Urb. L. Ann. 69 (75 ff.) (1975); Kmiec, 130 U. Pa. L. Rev. 28 (66 ff.) (1981). 127 siehe Southern Burlington County NAACP v. Township of Mount Laurel, 336 A.2d 713 (New Jersey Supreme Court 1975).

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und/oder zu finanzieren, die für weite Teile der Bevölkerung notwendig und wichtig sind, die aber Probleme für die Gemeinde in finanzieller oder sozialer Hinsicht mit sich bringen und schließlich Wachstum, das die Gemeinde anzieht, das sich aber mittelbar negativ auf das Umland auswirken kann, zu kontrollieren und zu regulieren 128. Mittelbare Auswirkungen von Bebauungsplanung werden aber nicht nur zu einem Problem gerechter sozialer Verteilung von Wohnungen, wenn bestimmte Bevölkerungsgruppen diskriminierende Bebauungsplanung vorliegt, sondern auch dann, wenn die Bebauungsplanung der Gemeinde Umweltbelange ignoriert oder in die Planung einbezieht. Während diese Feststellung nicht überrascht, soweit es sich darum handelt, daß Um weit belange ignoriert werden, bedarf sie für umweltfreundliche Bebauungsplanungen der näheren Erläuterung. Als aktive Planungen, Umweltprobleme in den Griff zu bekommen, sind Planungen zur Kontrolle des räumlichen Wachstums (growth control) 129 und andere Versuche 130, Überlastung der Städte und Zersiedlung des Umlandes zu verringern, umweltfreundlich und ein positiv zu weitender Versuch, die mit dem expandierenden Wachstum der Städte und Umlandgemeinden entstehenden Probleme zu bewältigen. Jedoch kann die Kontrolle des räumlichen Wachstums sich in einem Konflikt zwischen Umweltschutz und den Bedürfnissen der Bevölkerung befinden und auch negative Externalitäten mit sich bringen, die unerwünschte Auswirkungen auf andere Gebiete haben können. Häufig geäußerte Bedenken gegen Wachstumskontrollen weisen darauf hin, daß die Entwicklung in Gebiete oder Gemeinden gelenkt wird, die möglicherweise noch weniger in der Lage sind, das zu erwartende Bevölkerungswachstum aufzunehmen, und Wachstumskontrolle nur die begünstigt, die bereits in den Vororten wohnen und andere, die ebenfalls die Annehmlichkeiten und besseren Lebensbedingungen in den Umlandgemeinden genießen möchten, ausschließt und sich schließlich wiederum besonders negativ auf die Wohnoptionen von bestimmten Bevölkerungsgruppen auswirken kann 131 .

,2

* Clark, 70 Cal. L. Rev. 151 (155) (1982); siehe Haskell, S. 6 ff. Räumliche Wachstumskontrollen (growth control) können verschiedene Formen haben, z.B.: 1) Investitionsplanung: keine neuen Vorhaben, bis die gemeindliche Infrastruktur auf den gewünschten Stand gebracht ist, Golden v. Town of Ramapo, 285 NE2d 291 (New York Superior Court 1972), 2) Bebauungsbeschränkungen von begrenzter Dauer, Associated Home Builders, Inc. v. City of Livermore, 135 Cal. Rptr. 41 (S.Ct. 1976) 3) Bebauungsquoten: z.B. 500 neue Gebäude jährlich, Construction Ass'n v. City of Petaluma, 522 F.2d 897 (9th Cir. 1975). z.B. Verweigerung öffentlicher Infrastruktur wie Wasser- oder Kanalanschlüsse; nicht notwendige Ausweisung von großen Industriegebieten im Bebauungsplan, ausführlich Zumbrun, Hookana, S. 170 ff. m Godschalk, S. 7, 14 ff.; Rodgers, S. 188; Zumbrun, Hookano, S. 178 ff. 129

56

II. Räumliche Nutzung und Umweltschutz

Von der Rechtsprechung ist dieses Problem aufgegriffen worden. Für die Bewältigung der externen Auswirkungen von räumlichen Wachstumspolitiken der Gemeinden legen die Gerichte in Kalifornien einen „regionalen Ansatz" zugrunde. Die Rechtsprechung der kalifornischen Gerichte hat räumliche Wachstumskontrollen (growth control) dann aufrechterhalten, wenn die Regelung neben den Interessen der betroffenen Gemeinde auch das Wohl der regionalen Bevölkerung in seine Planung einbezieht und fördert 132 . Um festzustellen, ob die Beschränkungen der räumlichen Entwicklung einer Gemeinde auch das Wohl der - regionalen - Bevölkerung einbezieht, gehen die Gerichte in drei Schritten vor: Zuerst werden Gründe und Auswirkungen der Planungen betrachtet. Sind Mangel an oder Überlastung von öffentlicher Infrastruktur oder Einrichtungen Grund für die Wachstumsbeschränkungen, wird das Gericht überprüfen, ob die Gemeinde sich bemüht, diese Mängel in einem angemessenen Zeitraum zu beheben. Im nächsten Schritt sind die widerstreitenden Interessen, die durch die Wachstumsbeschränkungen berührt werden, zu analysieren, z.B. zwischen Wohnungssuchenden, die sich in der Gemeinde niederlassen möchten, und Bewohnern, welche die Vorteile ihres Wohnortes gegen unerwünschten Zuzug zu erhalten suchen. Schließlich wird das Gericht die Frage stellen, ob die angegriffene Regelung einen angemessenen Ausgleich zwischen diesen komplexen und konkurrierenden Interessen findet und das Wohl auch der Bevölkerung außerhalb der betroffenen Gemeinde einbezieht. In der Praxis sind räumliches Wachstum kontrollierende Planungen in Kalifornien in der Regel bisher dann aufrechterhalten worden, wenn die Wohnbedürfnisse von Personen mit niedrigem Einkommen in der Umgebung und außerhalb der Gemeinde adäquat befriedigt werden konnten oder kein dringendes Bedürfnis nach solchen Wohnungen in der Region vorhanden war 133 . Der „regionale Ansatz", den die Rechtsprechung in Kalifornien der Beurteilung von räumlichen Planungen zugrunde legt, ist, obgleich er nicht alle Probleme löst, ein erster Schritt, die Mängel der Bebauungsplanung, die entstehen, wenn sich in der Planung lediglich die unmittelbaren lokalen Interessen repräsentieren, zu beheben. Kritisiert wird an dieser Rechtsprechung, daß die Gerichte nicht die geeignete Instanz seien, nachträglich die Auswirkungen der Bebauungsplanung auf das Wohl der Region zu analysieren 134. Konsequenterweise wird daher gefordert, der Bebauungsplanung einen Datensammlungs- und n2 Associated Home Builders v. City of Livermore, 135 Cal. Rptr. 41 (S.Ct. 1975). In Livermore verbot der Bebauungsplan die Erteilung von weiteren Baugenehmigungen bis die Gemeinde folgende Standards erfüllt: angemessene Schulen, Anpassung der Abwassersysteme an die gesetzlichen Anforderungen und adäquate Wasserreserven für die Feuerwehr; siehe auch Deutsch, 15 Santa Clara L. Rev. 1 (12 f.) (1975). 133 Associated Home Builders v. City of Livermore, 135 Cal. Rptr. 41 (S.Ct. 1975); Ybarra v. Town of Los Altos Hill, 503 F.2d 250 (9th Cir. 1975). m Clark, 70 Cal. L. Rev. 151 (157) (1982).

. Umweltschutz auf der

ebene

57

Informationsprozeß vorzuschalten, um den einzelnen Gemeinden zu ermöglichen, die Folgen ihrer Planung - auch außerhalb ihres unmittelbaren Hoheitsgebietes - rechtzeitig in Betracht zu ziehen135. Eine Möglichkeit, Bebauungsplanung Planungsprozeß zu prüfung sowohl für zubereiten 136. Der Möglichkeit vor.

die Gemeinden vor den Unzulänglichkeiten herkömmlicher zu bewahren und einen rationalen und informierten ermöglichen, besteht darin, eine UmweltverträglichkeitsFlächennutzungspläne als auch für Bebauungspläne vorCalifornia Environmental Quality Act sieht eine solche

Eine Umweltverträglichkeitsprüfung zwingt die Gemeinde einerseits, neben den wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen die Umweltauswirkungen ihrer Planungen genau zu untersuchen und damit die Umweltbelange besser in den Prozeß der räumlichen Planung einzubeziehen. Andererseits muß die Gemeinde in diesem Zusammenhang nicht nur die Folgen ihrer Planungen für die Gemeinde selbst, sondern auch außerhalb der Gemeinde analysieren. Jedoch ist das Konzept der Umweltverträglichkeitsprüfung bei der lokalen Bebauungsplanung nicht ohne Schwierigkeiten. Die Gemeinden besitzen ein weites Ermessen bei der Wahl der mit der Planung zu verfolgenden Ziele sowie der Mittel, wie diese Ziele umzusetzen sind. Dabei handelt es sich um eine Entscheidung, die die verschiedenen Belange und Interessen gegeneinander abzuwägen hat und letztlich auf diesem Weg das „Allgemeinwohl" definiert. Anders als bei der räumlichen Planung für ökologisch sensitive Gebiete sind nur wenige feste Kriterien vorhanden, die diese Entscheidung strukturieren. Die damit einhergehende „Offenheit" der Entscheidungsstrukturen wirkt sich auf die Beurteilung der Vor- und Nachteile der Planung insoweit nachteilig aus, als Umweltbelangen kein genau definierter Stellenwert in der Abwägungsentscheidung gegeben wird. Jedoch kann die Umweltverträglichkeitsprüfung zu einem informierten und rationalen Entscheidungsprozeß der kommunalen Gebietskörperschaften beitragen, indem sie den Planungsträger zwingt, Auswirkungen der Planungen auf die Umwelt zu analysieren, Zielkonflikte aufzuzeigen und mögliche Alternativen einzubeziehen. Sie kann somit zu einer besseren Integration von Umweltbelangen in die räumliche Planung führen.

n

- Clark, 70 Cal. L. Rev. 151 (158 f.) (1982). siehe Hagman, S. 1103 ff.; Rose, 71 Cal. L. Rev. 837 (856) (1983); Fredland, 12 Urb. Lawyer 678 (683) (1980); Pearlman, 43 AIP Journal 47 (52 (1977).

I I I . Umweltschutz und Umweltverträglichkeitsprüfung Entwicklung eines Konzepts 1. Definition von Umweltpolitiken Umweltschützende Maßnahmen können verschiedene Ziele verfolgen und in zahlreichen Formen implementiert werden. Die 70er Jahre, als die Umweltverträglichkeitsprüfung in den USA eingeführt wurde, werden als die "environmental decade" bezeichnet1. Umweltpolitik war ein Hauptinteresse der Öffentlichkeit, und Ökologie bekam ein neues Wissenschaftsfeld. Im weitesten Sinn bezieht sich „Umwelt" auf alle äußeren Bedingungen, die eine Person oder einen Organismus beeinflussen 2; eine Definition, die ebenso weit wie bedeutungslos ist, um um weltpolitische Ziele zu bestimmen. Der Versuch, Umweltschutz und umweltpolitische Ziele zu definieren, kann grundsätzlich von zwei unterschiedlichen Positionen angegangen werden 3. Häufiger Ausgangspunkt für die Formulierung umweltpolitischer Ziele ist die Beobachtung, daß zunehmende Industrialisierung und Nutzung der natürlichen Umwelt einen Verlust an Lebensqualität mit sich bringt, irreversible Schäden verursacht und langfristig die Lebensgrundlage der menschlichen Gesellschaft gefährden kann 4 . Durch Umweltpolitik soll verhindert werden, daß die Nutzung der natürlichen Umwelt bei begrenzten natürlichen Ressourcen die Lebensgrundlage für die Erdbevölkerung und zukünftige Generationen zerstört 5. 1

Anderson, Mandelker, Tarlock, S. 5. Webster's Third International Dictionary, Springfield 1970, "environment :... the whole complex of climatic, edaphic, and biotic factors that act upon an organism or an ecological community and ultimately determine its form and survival." 3 Pollack, 9 Harv. Envtl. L. Rev. 359 ff. (1985) unterscheidet neben „technokratischen" und „werteorientierten" Ansätzen für Umweltpolitik noch eine „ökologische" Perspektive, die beide vorgenannten Ansätze kritisiert und Umweltprobleme als Symptom tiefergehender gesellschaftlicher Probleme sieht, die nur durch grundlegende Änderungen des bestehenden gesellschaftlichen Wertesystems und seiner Institutionen gelöst werden können. 4 siehe Anderson, Mandelker, Tarlock, S. 22 ff.; die offizielle Einschätzung der Regierung der USA für die weltweiten Umweltprobleme findet sich in 44 The Global 2000 Report to the President" (1980) und "Global Future; Time to Act, Report to the President on Global Resources, Environmental Quality" (1981), die vom Council on Environmental Quality und dem U.S. Department of State vorbereitet wurden. Der „Global 2000 Report" nennt als grundsätzliche weltweite Umweltprobleme: die wachsende Weltbevölkerung, Nahrungsknappheit, weiterer Verbrauch von fossilen Energiequellen und die Zerstörung von Ackerland, Weideland und Regenwäldern. 2

1. Definition von Umweltpolitiken

59

Rechtlich werden diese Konzepte durch Forderungen nach einem gerichtlich durchsetzbaren Recht auf eine gesunde Umwelt des einzelnen Individuums 6 , einem Recht der Umwelt selbst gegen Umweltzerstörung 7 oder als Treuhänderschaft für zukünftige Generationen 8 formuliert. Dieser „werteorientierte" Ansatz bringt für die Definition von Umweltpolitiken mehrere Schwierigkeiten mit sich, die an dieser Stelle nur angedeutet werden können: Mit dem Gebot, die Lebensgrundlage für jetzige und zukünftige Menschengenerationen nicht zu gefährden, ist lediglich die absolute Grenze von noch hinnehmbaren Umweltbelastungen definiert. Ungelöst bleibt die Frage, wann diese Grenze erreicht ist. Ist sie dann erreicht, wenn eine Gesundheitsgefährdung einzelner Individuen vorliegt, oder reicht z.B. eine Belästigung durch Lärm oder ähnliches aus? Im Extremfall könnte man argumentieren, daß bereits jede Veränderung der vorgefundenen ökologischen Situation eine Gefahrdung der natürlichen Lebensgrundlage bedeutet oder die Umweltauswirkungen der gegenwärtigen Zivilisation ein zu großes Risiko für zukünftige Generationen mit sich bringen. Konsequenterweise folgendes begrenztes industrielles Wachstum mag als Lösung von Umweltproblemen wünschenswert sein, wird aber weder allgemeine Zustimmung als Basis für die Formulierung von Umweltpolitiken finden noch ist sicher, ob die Wohlfahrtsverluste - kurz- und langfristig - bei dieser Lösung nicht größer sind als bei einer Lösung, die ökonomisches Wachstum bei gleichzeitiger begrenzter Nutzung der natürlichen Ressourcen zuläßt. Mit der Bestimmung einer absoluten Grenze der hinnehmbaren Umweltbelastungen ist ebenfalls noch keine Entscheidung darüber getroffen, ob Umweltauswirkungen nicht bereits vorher durch staatliche Umweltpolitiken gelöst werden sollten. Angesichts begrenzter natürlicher Ressourcen ist es die Aufgabe von Umweltpolitik, Kriterien zu finden, wie diese Ressourcen zu verteilen und zu nutzen sind, um maximale Wohlfahrtsergebnisse für derzeitige und zukünftige Generationen zu erreichen. Kriterien für optimale Distribution und Allokation begrenzter Ressourcen können durch die Definition von (Umwelt-)Werten allein nicht erreicht werden. Schließlich besteht ein Problem darin, wie und von wem die diesem Standpunkt zugrunde liegenden Werte, die gleichzeitig die Kriterien für staatliche 5 siehe Anderson, Mandelker, Tarlock, S. 36; Sagoff, 12 Envtl. L. 283 (292) (1983); siehe auch die Erklärung der nationalen Umweltpolitik in § 101 (b) ΝΕΡΑ(42 U.S.C. §4331 (b))"... that the Nation may (1) fulfill the responsibilities of each generation as trustee of the environment for suceeding generations; .. 6 Die Idee, ein Recht auf eine gesunde Umwelt in den National Environmental Policy Act von 1969 aufzunehmen, wurde aufgegeben, siehe infra, IV. 1.1.1.; in der Literatur wurde die damit einhergehende Wertediskussion fortgeführt, siehe Sagoff, 84 Yale L. J. 205 ( 1975); Tribe, 84 Yale L. J. 545 (1975); ders., 83 Yale L. J. 1315 (1974). 7 Stone, 45 So. Cal. L. Rev. 450 if. (1970), der natürlichen Objekten gerichtlich durchsetzbare Rechte gegen Umweltzerstörung zuspricht. 8 Weiss, 11 Ecol. L. Q. 449 (451 ff.) (1984).

60

III. Umweltschutz und Umweltverträglichkeitsprüfung

Umweltpolitik darstellen, definiert werden sollen. Geht man von einem demokratischen Modell aus, in dem kollektive Werte durch die Summe individueller Entscheidungen bestimmt werden, bleibt fraglich, ob die Definition von Umweltpolitiken mit den Entscheidungen, die das einzelne Individuum für sich selbst trifft, vereinbar ist 9 . Zur Lösung der oben genannten Probleme wird häufig auf ein ressourcenökonomisches „MarktmodeH" verwiesen. Ausgehend von der Grundthese, daß der Markt gerechte und effiziente Verteilung und Nutzung von begrenzten Ressourcen garantiert, sind Umweltbelastungen Externalitäten 10, die in die Entscheidung auf dem Markt über Verteilung und Nutzung 11 von Ressourcen nicht angemessen einbezogen werden. Ziel der Definition einer ressourcenökonomischen Umweltpolitik ist unter dieser Prämisse, Externalitäten in das Marktsystem einzubeziehen, damit eine optimale Nutzung und Verteilung über den Markt erreicht werden kann. Optimale Ergebnisse über den Markt sind dann möglich, wenn Effizienz und Gerechtigkeit bzw. Gleichheit bei der Verteilung von Ressourcen und größtmöglicher Vorteil in ihrer Allokation und Nutzung sichergestellt werden 12. Das Marktmodell mit seiner Betonung von Verteilung und Nutzung erreicht einen kritischen Punkt, wenn es darum geht, Externalitäten einzubeziehen sowie Verteilungskriterien festzulegen. Sind die Entscheidungskriterien Gerechtigkeit und Effizienz für die Verteilung und Nutzung erfüllt, kann theoretisch in einem perfekten Markt unter Ausschaltung von Externalitäten durch Konsumentenpräferenz die optimale Entscheidung über Verteilung und Nutzung erreicht werden. Abgesehen von der Tatsache, daß Umweltbelastungen sich gerade als Externalitäten darstellen, die in 9 Sagoff, 12 Envtl. L. 283 (284 ff) (1982) nennt als klassisches Beispiel für diese Inkonsequenz die Befragung von Studenten über "Mineral King", ein geplantes Freizeitprojekt in einer Wildnis in den Rocky Mountains. Obgleich keiner der befragten Studenten das Wildnisgebiet aufsuchen würde, viele jedoch einen Freizeitpark dort besuchen würden, fanden sie einstimmig, daß das Projekt wegen der ökologischen Aspekte abzulehnen sei. 10 Externalitäten existieren, wenn der Markt nicht zu effizienten Nutzungen von Ressourcen führt, da Kosten und Nutzen nicht ausschließlich denen zufließen, die sie schaffen. Das paradigmatische Beispiel ist Umweltverschmutzung. Umweltverschmutzer schaffen Kosten, die nicht in die Kosten der Produktion einbezogen werden und deshalb von den Produzenten vernachlässigt werden können. Umgekehrt: diejenigen, die durch die Umweltverschmutzung geschädigt werden, müssen die Kosten tragen, ohne an den Vorteilen beteiligt zu sein. In dieser Situation sind die privaten Kosten der Produzenten geringer als die gesamten sozialen Kosten ihrer Handlungen, und ihr privater Vorteil größer als der gesamte gesellschaftliche Nutzen, siehe Latin, 6 Harv. Envtl. L. Rev. 187 (212) (1982). 11 Allokation bzw. Nutzung von Ressourcen bezieht sich darauf, wie sie genutzt werden; Verteilung bezieht sich darauf, wer sie nutzt bzw. wer* von der Nutzung Vorteile hat, siehe Sagoff, 12 Envtl. L. 283 (288) (1983). 12 Optimaler Nutzen ist dann erreicht, wenn der gesamte gesellschaftliche Nutzen die gesamten gesellschaftlichen Kosten überwiegt, siehe Sagoff, 12 Envfl. 283 (290) (19-83) m.w.N. Optimale Allokation bedeutet aber nicht, daß die Verteilung von Kosten und Nützen unier allen Gruppen gleich bzw. gerecht ist, ders., 12 Envtl. L. 283 (291) (1983).

1. Definition von Umweltpolitiken

61

Entscheidungen über Allokation auf dem Markt nicht einbezogen werden, ergeben sich auch Schwierigkeiten, wenn die Verteilungskriterien Gerechtigkeit und Effizienz nicht gleichzeitig erfüllt werden können. Zwischen ihnen muß dann ein "trade off" von dem politischen System vorgenommen werden, worauf sich wieder die Frage der Begründung und Legitimität der jeweiligen politischen Entscheidung stellt. Konsumentenpräferenzen, die unter dem Marktmodell über Verteilung und Nutzung von begrenzten Ressourcen entscheiden, spiegeln zudem nicht unbedingt die politischen oder ethischen Werte wider, die für die Gesellschaft relevant sind und gerade bei der Umweltpolitik eine bedeutende Rolle spielen13. Gerechtigkeit und Effizienz bei der Verteilung und Nutzung von begrenzten Ressourcen sind zudem schwer erreichbar, wenn Verteilung und Allokation dieser Ressourcen unter verschiedenen konkurrierenden Gruppen vorgenommen werden muß 14 . Schließlich sind die Kriterien „Gerechtigkeit" und „Effizienz" für die Verteilung und Nutzung nicht selbstevident, sondern bedürfen der Bestimmung in einem politisch-moralischen Kontext 15 . Wertewahl und Definition von Umweltpolitik werden damit wieder partiell an das politische System und den demokratisch-politischen Prozeß zurückverwiesen.

1.1. Umweltschutz zwischen Marktversagen und Politikversagen Aus der Kritik der Marktmodelle konnte entnommen werden, daß Umweltprobleme oft als Externalitäten auftreten, die durch den Markt nicht angemessen verteilt oder genutzt werden. Antwort staatlicher Umweltpolitik war, umweltpolitische Ziele aus dem „werteorientierten" Ansatz zu definieren 16 sowie Umweltprogramme zu entwickeln, die ermöglichen sollten, Umweltbelange in Marktentscheidungen zu

13 siehe Sagoff, 12Envtl. L. 283 (290) (1983), ders., 79 Mich. L. Rev. 1393 (1411) ( 1981 ), bei Umweltfragen ist die Bereitschaft des Konsumenten, für Umweltschutz zu zahlen, kein Kriterium; siehe auch Latin, 6 Harv. Envtl. L. Rev. 187 (192 ff.) (1982), der davon ausgeht, daß wegen nicht ausreichender Information ein Konsument keine rationale Wahl über seine Umweltschutzpräferenzen über den Markt treffen kann. 14 Stewart, 88 Harv. L. Rev. 1667 (1706) (1975). 15 siehe Sagoff, 12 Envtl. L. 283 (289) (1983). 16 siehe z.B. Clean Water Act, 33 U.S.C. § 1251 (a) ( 1) (Ziele und Politiken); Clean Air Act, 42 U.S.C. § 7409 (primary and secondary air quality standards) und § 7491 (Verhinderung signifikanter Verschlechterung). " Preservai ion" verlangt, ungleich Marktmodellen, daß negative Umweltauswirkungen ohne Rücksicht auf die damit verbundenen Kosten vermieden werden, zu diesem Konzept siehe Tarlock, 44 Stan. L. Rev. 255 (256) (1981); der Clean Water Act, 33 U.S.C. § 1251 ist dahin gehend interpretiert worden, daß bei der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen die Kosten fur das Einhalten der Wassergrenzwerte unberücksichtigt bleiben, siehe EPA v. National Crushed Stone Ass'n, 449 U.S. 64 (1980); ähnlich Clean Air Act, 42 U.S.C. § 7409, die Environmental Protection Agency (EPA) kann Gesundheitsstandards für Luftqualität ohne Rücksicht auf ökonomische und technische Durchführbarkeit setzen, Lead Industries Ass'n v. EPA, 647 F.2d 1130 (D.C. Cir. 1980).

62

III. Umweltschutz und Umweltverträglichkeitsprüfung

integrieren und Kriterien für die gerechte und effiziente Verteilung und Nutzung von Ressourcen zu liefern. Umweltpolitik als Mittel staatlicher Sozialregulierung, hier verstanden als ein Prozeß politischer Steuerung von Marktversagen, der dem Schutz der Allgemeinheit dient und sich - anders als bei klassischer ökonomischer Marktregulierung - nicht an die Partizipanten des Marktes selbst wendet, kann grundsätzlich mehrere verschiedene Ansätze der Regulierung wählen. Sie kann versuchen, Externalitäten, die sich als negative Auswirkungen auf die Umwelt niederschlagen, in Marktentscheidungen zu internalisieren, indem sie sich als Kosten für den Produzenten auswirken. Ökonomische Anreize, die gewünschtes Verhalten beeinflussen, Zahlungen für öffentliche Güter, z.B. natürliche Ressourcen zu benutzen oder verschmutzen zu dürfen, sowie Besteuerung oder finanzielle Sanktionen sind gewöhnlich die Formen, mit denen versucht wird, negative Umweltauswirkungen in Marktprozesse zu integrieren. Anders als die Regulierung von Marktversagen bei Branchen- oder Wettbewerbsregulierung, lassen sich öffentliche Güter nur schwer über Schattenpreise in Marktentscheidungen einbeziehen. Gerade bei der Diskussion um „ökonomische" Instrumente des Umweltschutzes hat sich gezeigt, daß es äußerst schwierig zu bestimmen ist, bei welchen ökonomischen Anreizen das gewünschte Verhalten erreicht werden kann 17 . Eine andere Möglichkeit, Marktversagen in bezug auf Umweltbelange zu regeln, besteht darin, bestimmtes Verhalten an Erlaubnisse oder Genehmigungen zu knüpfen 18 . In der Regel werden dann feste Standards vorgegeben, nach denen Erlaubnisse erteilt oder versagt werden. Auch hier ist es schwierig zu bestimmen, ob die gesetzten Standards oder Grenzwerte ausreichend sind, um die gewünschten Ergebnisse, insbesondere im Hinblick auf kumulative Auswirkungen mehrerer Vorhaben oder eine stark vorbelastete Umweltsituation zu erreichen. Diese Regelungen werden häufig auch als „materielles Umweltrecht" verstanden. Im Zuge der Diskussion um „Regulierungsversagen", ein Begriff, der im Zusammenhang mit staatlicher Wettbewerbs- und Branchenpolitik entstanden ist, wurde auch das Versagen von staatlicher Sozialregulierung problematisiert.

17

Dieser Ansatz versucht, über Kosten und Preise (z.B. emission fees, transferable pollution rights, bubble-policy, etc.) als ökonomische Anreize, Umweltbelastungen der einzelnen Umweltverschmutzer zu vermindern, für eine ausfuhrliche Diskussion der verschiedenen Regulierungsformen, siehe Breyer, S. 36 ff.; Latin, 37 Stanf. L. Rev. 1268 (1269 ff.)(1985); siehe auch Hoffmann-Riem, WiVerw 1983, 120 (127 f.). 18 Oft werden diese Regulierungsformen als "command- and control regulation" bezeichnet, die strikte Standards für einzelne Quellen von Umweltverschmutzung vorschreiben (z.B. Grenzwerte für Emissionen, Anwendung besonderer umweltschützender Techniken), während ihre Nichteinhaltung sanktioniert wird, Krier, Stewart, 1 U.C.L.A. J. Envtl. L. + Pol. 13 (15) (1980).

1. Definition von Umweltpolitiken

63

Nach Reich 19 sind grundsätzlich drei Ebenen von Versagen denkbar: 1. Auf der Programmebene staatlicher Regulierung erfolgt keine Transformation von politischen Zielen in regulatorische Mechanismen: Programme scheitern, werden reduziert oder verwässert. Festsetzung von Standards oder Grenzwerten sind häufig Ausdruck eines politischen Kompromisses. Ein offenkundiges Versagen ist hier am ehesten auf der Instrumentenebene festzustellen. Das vom Gesetzgeber oder der Verwaltung gewählte Mittel zur Beseitigung eines Types von Marktversagen reicht nicht aus, um die gewünschten sozialen und ökonomischen Folgen zu erreichen. Straf- oder Zivilsanktionen sind zu „billig", um wirkliche Änderungen zu erzielen, Klagemöglichkeiten werden nicht wahrgenommen, Verfahren sind zu langsam und schwerfällig. 2. Bei bestehenden regulatorischen Mechanismen findet eine Implementation nicht oder nur zum Teil statt. Dieses Problem wird teilweise auch unter dem Stichwort „Vollzugsdefizit" diskutiert. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß sich die auf der Ebene der Programmformulierung festgestellten Reduktionsprozesse wiederholen. Teilweise wird auch das statisch-rechtsförmige Vollzugsmodell von einem informalen Verhandlungsmodell abgelöst. Während ein ungleicher, nicht rechtsförmiger Vollzug mit den Gleichheitsgesichtspunkten des Rechtsstaates in Widerspruch steht und zudem ineffizient sein kann, provoziert ein rechtsförmiger Vollzug wiederum schwerfällige, verrechtlichte Konfliktsituationen. Kritik an der Umsetzung von Regulierungsprogrammen durchzieht die sogenannte "new economics" der Chicago Schule, die den Regulierungsanspruch des Wohlfahrtstaates im übrigen generell kritisiert. Formuliert für Branchen- und Wettbewerbsregulierungen, aber auch auf andere Regulierungsprogramme zu übertragen, wird behauptet, staatliche Regulierung von Marktversagen sei deshalb allokativ ineffizient, weil sie zu kartellähnlichen Schutzpositionen führe und mehr Wohlfahrtsverluste mit sich bringe als ohne Regulierung entstehen würden 20 . Diese Kritik an staatlicher Regulierung verbindet sich gedanklich mit der sog. capture Theorie, die auf die enge Beziehung zwischen regulierter Industrie und regulierenden Behörden bei Erlaß und Implementation von Verwaltungsrichtlinien und -entscheidungen hinweist, die eine effiziente und gerechte Regulierung erschweren 21. 19

Reich, S. 31 fT. siehe Posner, S. 271 ff.; Breyer, S. 11 fT. mit einer ausführlichen Analyse der Schwächen regulatorischer Programme. 21 Stewart, 88 Harv. L. Rev. 1667 (1683 f.) (1975); diese Kritik mündet in eine weit akzeptierte Theorie der einseitigen Sichtweise (regulatory capture): die Behörde wird von den zu regelnden Marktsubjekten auf deren Interessendurchsetzung verpflichtet; "capture" soll dabei nicht im Sinne eines vorwerfbaren Verhaltens verstanden werden, sondern als Ausdruck eines dichten Kommunikations- und Interessengeflechts zwischen Behörde und regulatorischem Umfeld, die weitgehend unkontrolliert vor sich geht, siehe Mitnick, S. 206 ff. 20

64

III. Umweltschutz und Umweterträglichkeitsprüfung

3. Eine effektive Implementation kollidiert mit anderen Zielvorgaben des bestehenden politischen Systems. Erlaubnisprogramme erweisen sich in Relation zu Kosten/Nutzen als unwirtschaftlich, gefährden Arbeitsplätze oder bringen andere unerwünschte Nebenwirkungen mit sich. Die Kosten einer Regulierung können zudem größer sein als der potentielle Nutzen 22 . Diese Kritik staatlicher Regulierung ist auch für die Umweltgesetzgebung aufgenommen worden; insbesondere, daß die angebotenen regulatorischen Mechanismen, durch die die angestrebten Ziele erreicht werden sollen, unverhältnismäßig hohe Kosten mit sich bringen bzw. den angestrebten Zweck nicht erreichen 23. Als Ergebnis dieser Kritik sind viele in den siebziger Jahren verabschiedeten Umweltgesetze verzögert, aufgehalten oder geändert worden 24 . Mit dem Ziel, regulatorische Mechanismen effektiver zu gestalten und damit gleichzeitig das Ziel zu erreichen, weniger zu regulieren, wurde durch Executive Order 12,29125 eine Kosten-Nutzen-Analyse aller zu verabschiedenden Gesetze und Verwaltungsvorschriften (regulations) eingeführt. Sie sieht u.a. vor, daß keine neuen regulierenden Gesetze verabschiedet werden sollen, solange der gesellschaftliche Nutzen nicht die gesamtgesellschaftlich anfallenden Kosten überwiegt sowie unter möglichen Regelungen die Alternative gewählt wird, die die geringsten Kosten mit sich bringt. Dieser Prozeß der Kosten-Nutzen-Analyse für Gesetzesvorschläge, der als "regulatory impact analysis" bezeichnet wird, erfordert, daß die vorgeschlagene gesetzliche Regelung, ebenso wie jede von einer Bundesbehörde zu verabschiedende "rule" oder "regulation", unter Kosten/Nutzen Gesichtspunkten gerechtfertigt ist und durch das Office of Management and Budget (OMB) auf seine Kosten-Nutzen-Relation überprüft wurde. Ob dies der geeignete Weg ist, weniger und effektivere Regelungen zu erreichen, ist zu bezweifeln 26. Neben den Einwänden, die gegen die Anwendung einer Kosten-Nutzen-Analyse in der Umweltgesetzgebung im einzelnen bestehen, insbesondere der Mangel an Kriterien für eine monetäre Quantifizierung und Beurteilung der Kosten und Nutzen einer vorgeschlagenen Regelung, unterminiert diese executive order die Entscheidungsfreiheit des Parlaments, einen bestimm-

22

Reich, S. 33. Breyer, S. 261 ff; siehe auch Latin, 37 Stanf. L. Rev. 1268 (1275 ff.) ( 1985) (trotz Uneffizienz muß Umweltregulierung aufrechterhalten bleiben); Vorschläge für Reform der materiellen Umweltgesetzgebung, siehe Ackerman, Stewart, 37 Stanf. L. Rev. 1333 ff. (1985). 24 Costle, 57 Wash. L. Rev. 409 (1982). 25 46 F.R. 13, 193 (1981). 26 siehe auch die kritische Analyse bei Andrews, Economics, S. 79 ff., der davon ausgeht, daß die durch Executive Order 12, 291 geforderte "regulatory impact analysis" notwendige Reformen aufhält und grundsätzlich nicht geeignet ist, die Folgen vorgeschlagener Maßnahmen angemessen und vollständig zu erfassen; für eine Diskusison der Kosten-NutzenAnalyse bei der Umweltverträglichkeitsprüfung, siehe infra, IV.3.6. 23

1. Definition von Umweltpolitiken

65

ten Bereich - möglicherweise unabhängig von monetären Kosten/Nutzen Gesichtspunkten - zu regeln 27.

1.2. Verfahrensregelungen als Instrument der Umweltpolitik Während die meisten Umweltpolitiken letztlich darauf hinauslaufen, die als Externalitäten in Marktentscheidungen nicht integrierten Umweltbelange durch staatliche Regulierung in Entscheidungen über den Markt - wenigstens mittelbar- einfließen zu lassen, gehen Verfahrensanforderungen einen anderen Weg. Zunächst wenden sie sich nicht an die beteiligten Marktsubjekte, sondern an die Verwaltung selbst. Zudem beziehen sie sich weniger direkt auf Probleme des Marktversagens als andere umweltregulierende Programme, die materielle Standards für die Genehmigung von Vorhaben oder finanzielle Anreize oder Sanktionen enthalten. Vielmehr sollen Umweltauswirkungen öffentlicher Entscheidungen durch Verfahrensanforderungen vorausschauend, langfristig und umfassend in den Entscheidungsprozeß der Verwaltung einbezogen werden 28. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist insoweit ein besonderes Verfahrensinstrument zur Vorbereitung von Entscheidungen der Verwaltung. Dabei sind drei verschiedene Aspekte zu unterscheiden: - der Zielaspekt, d.h. welche umweltpolitischen Ziele durch die Umweltverträglichkeitsprüfung erreicht werden sollen; - der inhaltliche Aspekt, nach welchen Maßstäben und Kriterien Umweltbelange bzw. Umweltauswirkungen zu messen und zu beurteilen sind; - der methodische bzw. verfahrensmäßige Aspekt; das schließt die Frage nach Gestaltung und Ablauf des Verfahrens ein. Betrachtet man die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) unter dem National Environmental Policy Act (ΝΕΡΑ) oder dem California Environmental Quality Act (CEQA), wird man feststellen, daß die Formulierung der mit der UVP zu verfolgenden umweltpolitischen Ziele eine eindeutige Referenz auf „werteorientierte" Umweltpolitiken enthält. In § 101 ΝΕΡΑ z.B. verkündet der Congress 29 „Es ist die anerkannte Politik der Bundesregierung, in Kooperation mit Ländern und Gemeinden und anderen betroffenen öffentlichen und privaten Organisationen, alle 27 Costle, 57 Wash. L. Rev. 409 (420) (1982); hinzu kommt, daß Regelungen auch deshalb verzögert werden, weil die meisten Behörden nur ungenügende Mittel haben, eine kostspielige (und möglicherweise im Ergebnis unzuverlässige) "regulatory impact analysis" durchzuführen; siehe auch Steinberg, 4 Yale L. + Pol. Rev. 404 (1986). 28 siehe dazu auch Schemel, S. 45 „Die UVP ist ein Instrument für die angemessene Berücksichtigung der Umweltbelange bei der Vorbereitung von Entscheidungen, deren Ausführung voraussichtlich die Umwelt erheblich verändert"; siehe auch Cupei, S. 10 ff. 29 42 U.S.C. §4331.

5 Mezger

III. Umweltschutz und Umweterträglichkeitsprüfung

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umsetzbaren Mittel und Maßnahmen, einschließlich finanzieller und technischer Unterstützung, zu ergreifen, . . . um Bedingungen zu schaffen und zu erhalten, unter denen Mensch und Natur in Harmonie existieren und unter denen die sozialen, ökonomischen und anderen Bedürfnisse der gegenwärtigen und zukünftigen Generationen von Amerikanern erfüllt werden können . . . und den weitesten Bereich des nützlichen Gebrauchs (von Ressourcen) zu erreichen, ohne die Umwelt zu verschlechtern 30."

Ziel der mit der UVP verfolgten Umweltpolitik ist, alle Mittel einzusetzen, damit maximale Wohlfahrtseffekte bei Ausnutzung der natürlichen Ressourcen erreicht werden, wobei gleichzeitig eine Verschlechterung der Umweltbedingungen zu vermeiden ist. Damit stellen sich die bereits bei der Diskussion von „werteorientierten" Umweltpolitiken erwähnten Probleme, wie diese Politikziele tatsächlich auszufüllen sind. Solange die UVP keine Grundlage, auf der umweltpolitische Ziele konkretisiert werden können, oder Kriterien vorgibt, nach denen diese bestimmt werden können, z.B. was es bedeutet, „die Umweltbedingungen nicht zu verschlechtern", wird es schwierig sein, diese Ziele zu erreichen. Damit bleibt es letztlich dem einzelnen Verfahrensträger überlassen, die mit dem Verfahren zu erreichenden Ziele zu bestimmen. Umweltpolitische Zielsetzungen werden damit für den Einzelfall variabel. Mangels bestimmbarer und anerkannter Kriterien wird es nur schwer möglich sein, die Definition der um weltpolitischen Ziele durch den jeweiligen Entscheidungsträger nachzuprüfen oder als unzureichend zu kritisieren. Das gleiche gilt für den zweiten Aspekt der inhaltlichen Beurteilung, nämlich wie die einzelnen Umweltauswirkungen zu messen und zu beurteilen sind. Das Fehlen vorgegebener Standards und Kriterien, mit denen die auftretenden Umweltprobleme bestimmt und beurteilt werden können, zwingt den jeweiligen Verfahrensträger, Beurteilungskriterien im Verfahren selbst zu entwickeln. Hier bietet sich wieder ein Rückgriff auf das Marktmodell, z.B. in Form einer Abwägung der Kosten und Nutzen des Vorhabens, an. So überrascht es nicht, daß in der Umweltverträglichkeitsprüfung sowohl unter ΝΕΡΑ 3 1 als auch unter dem CEQA 3 2 ausdrücklich vorgeschrieben ist, die Beziehung von lokalen kurzfristigen Nutzungen der Umwelt und Bewahrung und Verbesserung der langfristigen Produktivität in der Umweltverträglichkeitsprüfung zu untersuchen. Damit befindet sich die Umweltverträglichkeitsprüfung als Verfahrensregelung in einem ähnlichen Dilemma wie andere Programme staatlicher Sozialregulierung, wenn versucht wird, Kosten und Nutzen des Vorhabens, einschließlich der Kosten der direkten und der mittelbaren Auswirkungen auf die Umwelt, zu quantifizieren bzw. in monetären Größen auszudrücken. Mit einer Analyse der Kosten und Nutzen wird - mittelbar - auf die Kriterien des Marktes als Garanten optimaler Wohlfahrtsregelung reflektiert; ein Weg, dessen Problematik bereits 30 31 32

siehe auch California Environmental Quality Act, Cai. Pub. Res. Code § 21000. 42 U.S.C. § 4332 (2) (C) (iv). Cai. Pub. Res. Code § 21100 (e).

1. Definition von Umweltpolitiken

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aufgezeigt wurde. Die Regelungen zur Umweltverträglichkeitsprüfung in den USA lösen das staatlicher Sozialregulierung innewohnende Dilemma nicht. Grundsätzlich sind ΝΕΡΑ oder auch der CEQA in ihren umweltpolitischen Positionen weder auf einen „werteorientierten" Ansatz noch auf eine ökonomische Bewertung und damit Marktkriterien festgelegt. Daher überrascht es nicht, daß Interpretationen der Umweltverträglichkeitsprüfung von „technokratischen" oder „ökologischen" Positionen durchaus zu unterschiedlichen Ergebnissen bei der inhaltlichen Beurteilung der in der UVP zu untersuchenden Vorhaben gelangen33. Angesichts der Variabilität der möglichen Zielsetzungen und inhaltlichen Beurteilung von Umweltbelangen in der Umweltverträglichkeitsprüfung erscheint es notwendig, durch Kontrolle und Beteiligung Dritter an der UVP die Rationalität des Verfahrens zu erhöhen. Diese Forderung ist auch aus einem weiteren Grunde berechtigt: Verfahrensinstrumente als "soft regulation" sind nicht gegen die Mängel anderer Regulierungsformen gefeit. Die verschiedenen Ebenen des Regulierungsversagens können auch auf Verfahrensinstrumente, und hier gerade auf die konkrete Ausgestaltung des Verfahrens, zutreffen. Programmformulierung, -implementation und -ergebnis hängen nicht unwesentlich von den beteiligten Interessengruppen ab. Regelungstypen, die negative Umweltauswirkungen im Interesse der Allgemeinheit verringern wollen, verlagern die Kosten der Regulierung zunächst auf die beteiligten Wirtschaftssubjekte; der Nutzen kommt einer diffusen Allgemeinheit zugute. Dieser Allgemeinnutzen zu Lasten anderer Interessengruppen kann aber nur durch „politische Unternehmer" (public interest groups, Bürgerinitiativen, Reformparteien) an das politische System herangetragen werden 34. Im Zusammenhang mit der Umsetzung des Verfahrens der Umweltverträglichkeitsprüfung haben Umweltgruppen und Bürgerinitiativen eine wichtige Rolle gespielt. Diese Gruppen können in den USA oft zu Recht behaupten, nicht „Sonderinteressen", sondern bisher nicht berücksichtigte „diffuse" Allgemeininteressen zu vertreten 35. Sie scheinen die These zu widerlegen, daß allgemeine diffuse Interessen wie im Bereich des Konsumenten- oder Umweltschutzes als öffentliches Gut ohne selektive Anreize nicht organisierbar sind, weil sie an der "free-rider" Problematik scheitern. Diese besteht darin, daß Aufwand und Kosten, diese diffusen Allgemeininteressen durchzusetzen, von einzelnen Personen getragen werden, während der Nutzen der Allgemeinheit zufallt - also auch denjenigen, die sich nicht an dem Verfahren beteiligt haben36. Da andererseits Forderungen nach Umsetzung von Umweltpolitiken von Umweltgruppen, Bürgerinitiativen und anderen Organisationen teilweise vergeblich an das politisch-administrative 33 34 35 36

5*

Pollack, 9 Harv. Envtl. L. Rev. 359 (368 fT.) (1985). Reich, S. 19. Stewart, 88 Harv. L. Rev. 1667 (1728) (1975); Handler, S. 15; Trubek, S. 153. siehe Komesar, S. 219 ff.

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III. Umweltschutz und Umweterträglichkeitsprüfung

System herangetragen werden, erscheint es notwendig, daß die Vertretung von „diffusen" Allgemeininteressen durch private Dritte mit einer großzügigen Auslegung der gerichtlichen Klagebefugnis durch die Rechtsprechung korrespondiert 37 . Der dritte Aspekt, Ablauf und Organisation des Verfahrens, bezieht sich darauf, daß das Verfahren in einer Weise ausgestaltet ist, die den Entscheidungsträger zwingt, auch in komplexen Entscheidungssituationen, Umweltbelange ausreichend zu beachten. Die Probleme, denen sich der Entscheidungsträger bei komplexen Verwaltungsentscheidungen gegenübersehen kann, und die Konsequenzen, die daraus für die verfahrensmäßigen Aufgaben der UVP zu ziehen sind, werden im folgenden näher zu konkretisieren sein.

2. Funktion der Umweltverträglichkeitsprüfung Konkretisierung der Fragestellung In der verwaltungswissenschaftlichen Diskussion ist es heute allgemein anerkannt, daß die Verwaltung die Lösung ihrer Aufgaben nicht mehr deduktiv aus dem Gesetz ableiten kann, sondern sich häufig mehr oder weniger komplexen Entscheidungssituationen gegenübergestellt sieht. Verfahrensregelungen haben insoweit die Aufgabe, den Entscheidungsprozeß zu strukturieren. Verfahrensregelungen im Bereich der Umweltpolitik können neben einer „materiellen" Komponente, die sich auf die inhaltliche Beurteilung von Umweltfolgen im Verwaltungsverfahren bezieht, die Aufgabe haben, durch Gestaltung des Verfahrens zur Lösung komplexer Verwaltungsentscheidungen beizutragen.

2.1. Unsicherheiten komplexer Verwaltungsentscheidungen Gründe, aus denen Umweltbelange bei öffentlichen Entscheidungen häufig vernachlässigt werden, können u.a. darin liegen, daß die Entscheidungen der öffentlichen Verwaltung über Vorhaben oder Maßnahmen, die nachteilige Umweltauswirkungen mit sich bringen können, häufig mehr oder weniger komplex sind. In vielen Fällen wird die zuständige Behörde, die mit den Umweltauswirkungen entstehenden Probleme nicht durch einfachen Gesetzesvollzug oder, soweit vorhanden, durch Anwendung materieller Standards in Umweltgesetzen lösen können, sondern eine Vielzahl von Problemen und möglichen Lösungen oder Entscheidungsalternativen gegenüberstehen. Unter anderem kann die Behörde mit Fragen wissenschaftlicher oder technischer Komplexität, unvollständigen Informationen, beträchtlichen Risiken, mehreren beteiligten 37

siehe dazu ausführlich Stewart, 88 Harv. L. Rev. 1667 (1728 ff.) (1975).

2. Funktion der Umweltverträglichkeitsprüfung

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Parteien, Entscheidungsträgern oder -alternativen, widerstreitenden Zielsetzungen, Verteilungsvarianten und Problemen der Implementation konfrontiert sein38. Bei komplexen Verwaltungsentscheidungen kann die Verwaltung einer Situation gegenüberstehen, die möglicherweise ein oder mehrere der im folgenden kurz zu skizzierenden Aspekte enthält:

2.1.1. Wissenschaftliche und technische Komplexität

Eine Entscheidung ist wissenschaftlich oder technisch komplex, wenn sie den Zugang zu besonderen Daten und Informationen erfordert und/oder nur mit Hilfe spezialisierten Personals beantwortet werden kann. Das kann z.B. der Fall sein, wenn die Entscheidung sich auf biologische, technische oder soziale Auswirkungen bezieht oder die Geeignetheit von besonderen technischen Instrumenten umfaßt. Häufig sind mehrere technische Fragen betroffen. Aufgrund wissenschaftlicher oder technischer Komplexität können sich Unsicherheiten sowohl über die Umweltauswirkungen von bestimmten Aspekten der Entscheidung als auch über die Wahrscheinlichkeit, daß eine bestimmte Vorsorgemaßnahme negative Umweltauswirkungen verhindert oder vermindert, ergeben. Diese Beziehungen vermehren die Gesamtkomplexität der wissenschaftlichen und technischen Probleme, die eine Entscheidung mit sich bringen kann.

2.1.2. Unvollständige Informationen

Die Entwicklung des technischen Wissens mag mehr oder weniger perfekt sein. Es kann sein, daß die Behörde viele Informationen über eine bestimmte komplexe technische Frage besitzt oder aber wenige. Das Kriterium „unvollständige Informationen" bezieht sich weniger auf den Stand des technischen Wissens und auf den Grad der wissenschaftlichen oder technischen Komplexität als vielmehr auf die Frage, mit welchen Kosten bzw. mit welchem Aufwand Informationen über die entscheidungsrelevanten Variablen in den Entscheidungsprozeß einbezogen werden müssen. Es geht bei dieser Frage nicht darum, ob das Wissen „abstrakt" vorhanden ist, sondern ob und mit welchem Aufwand es in den Entscheidungsprozeß einfließt. Da technisches Wissen oft nur unter erheblichen Anstrengungen und Kosten von der Verwaltung in den Entscheidungsprozeß eingebracht werden kann, werden Entscheidungen in vielen Fällen auf Grundlage unvollständiger Informationen getroffen werden müssen und bringen aus diesem Grunde Unsicherheiten mit sich. 38 Die folgende beispielhafte Zusammenstellung der Elemente komplexer Verwaltungsentscheidungen beruht auf den Ausführungen von Trubek, S. 153 ff.; siehe Boyer, 71 Mich. L. Rev. I l l (117 ff.) (1972) für ein „polyzentrisches Modell" von Verwaltungsentscheidungen; für die Diskussion komplexer Verwaltungsentscheidungen in der Bundesrepublik, Schoeneberg, S. 25 ff.

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III. Umweltschutz und Umweterträglichkeitsprüfung 2.1.3. Beträchtliche Risiken

Selbst wenn vollständige und sichere Informationen über die relevanten technischen Fragen und deren Risiken vorhanden sind, stellt sich das Problem, wie diese Risiken zu bewerten sind. Es mag bekannt sein, daß bestimmte Aspekte des Vorhabens unter bestimmten Umständen schädliche Folgen haben können. Es kann für den Entscheidungsträger zudem notwendig sein, zu evaluieren, ob die getroffenen Gegenmaßnahmen wirksam sind, Schäden zu verhüten oder zu verringern. Schließlich ist das Risiko abzuschätzen, sollten sich diese Vorsorgemaßnahmen als unwirksam herausstellen. Dieser Aspekt spielt vor allem bei der Diskussion um die Technologiefolgeabschätzungen eine bedeutsame Rolle.

2.1.4. Zahl der beteiligten Parteien

Die Zahl der beteiligten Individuen oder Gruppen, die an der Entscheidung beteiligt oder an ihr interessiert sind, wird die Komplexität des Entscheidungsprozesses beeinflussen. In umweltpolitisch kontroversen Entscheidungsprozessen sind häufig zahlreiche „Parteien" beteiligt, im weitesten Sinne Individuen und organisierte Gruppen umfassend, die ein Interesse am Entscheidungsergebnis haben und eine mehr oder weniger aktive Rolle im Entscheidungsprozeß spielen. Abhängig von der Art des Problems und des formalen Verfahrens können solche „Parteien" tatsächlich beteiligte Parteien formaler oder informaler Verwaltungsprozesse sein und damit zur Komplexität des Verfahrens beitragen.

2.1.5. Mögliche Entscheidungsalternativen

Die möglichen Ergebnisse des Entscheidungsprozesses können variieren und sich sowohl auf die verfolgten Ziele als auch auf die vorgeschlagenen Mittel beziehen. So können z.B. bei einem Entscheidungsverfahren über ein bestimmtes Vorhaben dem Entscheidungsträger folgende Optionen offenstehen: 1. Die Ziele, die mit dem Projekt verfolgt werden, ganz aufzugeben; 2. sämtliche oder einige Ziele der ursprünglichen Zielsetzung zu erreichen, dies aber durch andere Mittel als das geplante Vorhaben; 3. das Vorhaben selbst zu ändern oder 4. wie geplant durchzuführen oder 5. ganz aufzugeben. Viele der genannten Möglichkeiten werden mehrere Vor- und Nachteile haben. Die Vor- und Nachteile der verschiedenen Entscheidungsoptionen tragen zur Komplexität der Entscheidung bei.

2. Funktion der Umweltverträglichkeitsprüfung

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2.1.6. Widersprechende Zielsetzungen

Viele der mit komplexen Entscheidungssituationen konfrontierten Verwaltungsträger sind Behörden, deren Zielsetzung in der Erfüllung einer bestimmten Aufgabe besteht, z.B. Autobahnen, Brücken oder Staudämme zu bauen. Dabei haben diese Behörden die Tendenz, Entscheidungsalternativen zu bevorzugen, die erlauben, ihre gesetzlich vorgegebene Zielsetzung weiter zu verfolgen. Diese Verwaltungsträger vernachlässigen häufig, daß die von ihnen durchzuführenden Vorhaben negative Umweltfolgen mit sich bringen können 39 . Wenn die betroffene Behörde diese negativen Umweltfolgen andererseits anerkennt, kann sie gezwungen sein, eigene Vorhaben zu ändern oder aufzugeben. Das kann im Ergebnis dazu führen, daß eine Behörde gezwungen ist, entgegen ihrem ursprünglichen Auftrag zu handeln und damit möglicherweise die Legitimation für ihre Existenz zu gefährden. Dieses Dilemma beeinflußt das Verhalten der Behörden in umweltpolitisch relevanten Fragen und trägt nicht unwesentlich zur Komplexität des Entscheidungsprozesses bei.

2.1.7. Mehrere Entscheidungsträger

Es kann sein, daß ein Entscheidungsträger allein die einzige und abschließende Entscheidung über ein Vorhaben, Programm oder Plan trifft. Jedoch ist es wahrscheinlicher, daß mehrere Entscheidungsträger in einer oder mehreren Behörden oder anderen Stellen des politisch-administrativen Systems an der Entscheidung beteiligt sein werden. Ein Projekt kann deshalb die Entscheidung, Zustimmung oder Genehmigung von mehreren Behörden erfordern und kann der Überprüfung durch Gerichte oder Parlamente oder beiden unterliegen. Je größer die Zahl der beteiligten Entscheidungsträger ist, desto größer wird die Möglichkeit, daß sich diese in den Entscheidungsprozeß einschalten, um das Ergebnis zu beeinflussen, und damit die Komplexität des Entscheidungsprozesses vergrößern.

2.1.8. Verteilungsvarianten

Verteilungsvarianten können äußerst unterschiedliche Verteilungen von Kosten und Nutzen einer Entscheidung beinhalten. Wird beispielsweise ein Staudamm gebaut, kann der Nutzen des Vorhabens möglicherweise bei einigen Landwirten oder Grundeigentümern liegen sowie Energieversorgungs- und 39 Vor Verabschiedung des ΝΕΡΑ hat z.B. die U.S. Atomic Energy Commission (AEC), deren Aufgabe darin bestand, die Entwicklung nuklearer Energiequellen zu fördern, die private Nutzung von Atomenergie zu regulieren und die öffentliche Gesundheit vor radioaktiven Gefahren zu schützen, 42 U.S.C. §2001 (1970) (eine Zielsetzung, die bereits möglicherweise in sich widersprüchlich ist, siehe Trubek, S. 162) abgelehnt, Umweltbelange in ihre Entscheidungen einzubeziehen, da sie nur für die radiologischen Gefahren der Nutzung von Nuklearenergie zuständig sei, New Hampshire v. AEC, 406 F.2d 170 ( 1st Cir.), cert, denied, 395 U.S. 962 (1969).

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III. Umweltschutz und Umweterträglichkeitsprüfung

Freizeitinteressen dienen. Personen, die die Landschaft in ihrem natürlichen Zustand schätzen, werden keinen Nutzen von dem Vorhaben haben. Normalerweise wird nicht erwartet, daß die Nutznießer öffentlicher Entscheidungen die Geschädigten oder Benachteiligten öffentlicher Entscheidungen kompensieren 40. Öffentliche Entscheidungen bringen häufig beträchtliche Verteilungen von Kosten und Nutzen unter den betroffenen Gruppen mit sich. Die dabei zu bedenkenden "trade-offs", die notwendigerweise die betroffenen Interessen untereinander abwägen müssen, tragen erheblich zur Komplexität des Entscheidungsprozesses bei. Weiter gilt, daß je größer die mögliche Bandbreite von Verteilungsvarianten ist, es um so wahrscheinlicher sein wird, daß der Entscheidungsprozeß kontrovers verläuft.

2.1.9. Umsetzung der Entscheidung

Häufig wird die Entscheidung nicht durch den Entscheidungsträger oder nicht allein durch ihn implementiert. Grundsätzlich wird der Entscheidungsträger vermeiden, daß andere mit der Durchführung der Entscheidung betraute Stellen die Entscheidung nachträglich unterlaufen. Interessen und Erwartungen der implementierenden Institutionen oder Gruppen werden deshalb häufig in den Entscheidungsprozeß und die Entscheidung einzubeziehen sein.

2.2. Aufgaben der Umweltverträglichkeitsprüfung bei komplexen Verwaltungsentscheidungen Angesichts der oben skizzierten Probleme, denen die Verwaltung bei komplexen Verwaltungsentscheidungen gegenübersteht, können der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) als Verfahrensinstrument 41 in bezug auf Ablauf und Organisation komplexer Verwaltungsentscheidungen im wesentlichen vier Aufgaben zufallen: 1. Information, 2. Koordination, 3. Entscheidung und schließlich 4. Umsetzung.

40 Die sog. ökonomische Analyse des Rechts hat eine Anzahl von Theorien entwickelt, wie über Schadensersatz (torts) und anderen Mechanismen des Privatrechts Kosten und Nutzen zugewiesen werden können, siehe Calabresi, Melamed, 85 Harv. L. Rev. 1089 (1106) (1972); Posner, S. 119 ff. 41 Die Funktion von Verfahren unter rechtspolitischen und verwaltungspolitischen Gesichtspunkten angesichts komplexer Verwaltungsentscheidungen soll hier nicht diskutiert werden, siehe ausführlich Schoeneberg, S. 29 ff., der dem Verwaltungsverfahren folgende Aufgaben zuweist: 1) Rechtsverwirklichung, 2) Rechtswahrung und Richtigkeitsgewähr, 3) Verwaltungseffizienz und Konkretisierung des Gemeinwohls, 4) Beteiligung, 5) Verfahrensklarheit.

2. Funktion der Umweltverträglichkeitsprüfung

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2.2.1. Die Umweltverträglichkeitsprüfung als Informationsverfahren

Neben der zuvor erwähnten Tendenz regulierender Behörden, sich von den zu regulierenden Interessen vereinnahmen zu lassen, verhalten sich Behörden auch in anderer Hinsicht bei komplexen Verwaltungsentscheidungen oft nicht ausreichend objektiv. Ein Faktor, der die Entscheidungen „vorformt", selbst wenn der Entscheidungsprozeß in Strukturen stattfindet, die die Neutralität des Verwaltungsträgers gegenüber widerstreitenden Interessen stärken, kann darin bestehen, daß der Entscheidungsträger unvollständige Informationen besitzt. In diesem Fall wird die Behörde versuchen, Aufwand und Kosten, die notwendigen Informationen zu erhalten, gering zu halten. Das kann dazu führen, daß der Bereich möglicher Alternativen vermindert wird, eine Alternative, die auf gesicherten Informationen beruht, gegenüber anderen Alternativen, die sich auf ungesicherte Informationen stützen, vorgezogen wird und die Verwaltung eher auf bestehende Informationsquellen vertraut als sich neue zu erschließen. Als Ergebnis dieser Verhaltensweise setzen die Behörden „alte" Politiken fort, solange sie nicht mit deren offensichtlichem Versagen konfrontiert sind, weigern sich, neue Probleme zu untersuchen, wenn sie nicht dazu gezwungen sind und verlassen sich schließlich in beträchtlichem Maß auf Informationen, die von den an dem Entscheidungsergebnis interessierten Parteien kommen. Im Kontext von umweltpolitisch relevanten Entscheidungen wird kritisiert, daß die Behörden angesichts der geschilderten Tendenzen sich häufig auf die von den direkten Nutznießern des geplanten Vorhabens, und das sind in diesem Zusammenhang die Antragsteller, bereitgestellten Informationen verlassen und Informationen über mögliche Unsicherheiten, Risiken oder Alternativen nicht vollständig in den Entscheidungsprozeß einbeziehen42. Die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) kann die Träger des Verwaltungsverfahrens veranlassen, vollständige Informationen über die Umweltauswirkungen des Vorhabens und deren Risiken sowie Alternativen zu der vorgeschlagenen Maßnahme zusammenzustellen. Die Funktion der Umweltverträglichkeitsprüfung als Regelung zur „vollständigen Umweltaufklärung" ("environmental full disclosure document") 43 , die sämtliche mit dem Vorhaben verbundenen relevanten Informationen offenlegen soll, zwingt die Behörde, sich neue Informationsquellen zu erschließen und sich nicht allein auf bestehende Informationen zu verlassen. Die Offenlegung der gesamten Informationen erlaubt es auch anderen Gruppen als den direkten Nutznießern des Vorhabens, Forderungen nach vollständigen oder neuen Informationen zu stellen bzw. diese Informationen in den Prozeß einzubringen 44. Dadurch wird auch ermöglicht, diese Informationen der Überprüfung durch Dritte zugänglich zu machen. 42

Trubek, S. 157. Environmental Defense Fund v. U.S. Army Corps of Engineers, 325 F.Supp. 749(759) (1971). 43

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III. Umweltschutz und Umweterträglichkeitsprüfung

Schließlich müssen in der UVP die vorhandenen Informationen ausgewertet und die Umweltauswirkungen des Vorhabens, einschließlich der Risiken, Alternativen und Verteilungsfolgen bewertet werden. Für die Informationsfunktion der Umweltverträglichkeitsprüfung ist es einerseits entscheidend, welche Verwaltungsentscheidungen überhaupt von einer Umweltverträglichkeitsprüfung vorzubereiten sind. Zweitens ist für die Informationsfunktion des UVP-Verfahrens wichtig, welche Umweltauswirkungen in der Umweltverträglichkeitsprüfung zu berücksichtigen und auszuwerten sind. Für die Einbeziehung der Umweltverträglichkeitsprüfung sowohl bei der Vorbereitung von Plänen und Programmen als auch bei Entscheidungen über einzelne Vorhaben spricht, daß ein weiter Anwendungsbereich der Umweltverträglichkeitsprüfung die Informationen der Verwaltung über Umweltauswirkungen ihrer Entscheidungen verbreitert. Und - je größer die Reichweite der in der UVP zu untersuchenden Umweltauswirkungen des Vorhabens, desto vollständiger werden die in der UVP enthaltenen Informationen sein. Angesichts fehlender Standards oder fester Begrifflichkeiten für die Beurteilung von Umweltbelangen, die die Umweltverträglichkeitsprüfung als Verfahrensmechanismus nicht enthält, ist die Beurteilung der festgestellten Umweltauswirkungen, Alternativen oder Verteilungsfolgen oder die Einschätzung von Risiken jedoch nicht ohne Probleme. Kosten-Nutzen-Analysen zur Beurteilung von Umweltauswirkungen werden häufig deshalb kritisiert, weil sie zu einer Quantifizierung bzw. Monetarisierung von Kosten und Nutzen neigen, die für die Einschätzung von Umweltauswirkungen nicht geeignet sind 45 . „Werteorientierten" Ansätzen fehlen dagegen Kriterien, mit denen Umweltauswirkungen im einzelnen beurteilt werden können. Solange es keine verbindlichen Bewertungskriterien gibt, um Umweltauswirkungen von Entscheidungen zu messen, hat der Entscheidungsträger selbst Kriterien für die Beurteilung von Umweltfolgen zu entwickeln. Den bereits aufgezeigten Nachteilen der verschiedenen Ansätze zur Formulierung von Umweltpolitiken bzw. der Bewertung von Umweltbelangen kann er dabei nicht entgehen. Aus diesem Grund sind bei der Festlegung von Beurteilungskriterien von Umweltbelangen zwei Gesichtspunkte zu beachten, die sich weniger auf den Inhalt dieser Kriterien als auf ihre Struktur beziehen: Angesichts der Vor- und Nachteile der verschiedenen Ansätze müssen die Beurteilungskriterien der Verwaltung ausreichend Spielraum bei der Beurteilung und Einschätzung von Umweltauswirkungen ermöglichen. Dies ist notwendig, damit die Verwaltung angesichts der Offenheit der Bewertung ihr Ermessen angemessen ausüben kann. Andererseits müssen die Beurteilungskriterien für die Öffentlichkeit, andere Behörden, aber auch die Gerichte nachvollziehbar sein. Nur dadurch kann sichergestellt werden, daß eine Partizipation an dem Prozeß, wie die 44 45

Cramton, Berg, 71 Mich. L. Rev. 511 (515) (1973). ausführlich Rodgers, 4 Harv. Envtl. L. Rev. 191 ff. (1980).

2. Funktion der Umweltverträglichkeitsprüfung

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Umweltauswirkungen zu beurteilen sind, und eine Überprüfung der Bewertung des Entscheidungsträgers erfolgen kann.

2.2.2. Koordinationsfunktion der Umweltverträglichkeitsprüfung

Wie bereits ausgeführt wurde, besteht ein besonderes Problem, Umweltbelange angemessen in Entscheidungen über räumliche Nutzungen einzubeziehen, darin, daß es einerseits kein medienübergreifendes Verfahren gibt, sondern zwischen materiellen Umweltgesetzen und allgemeiner räumlicher Planung zu unterscheiden ist, und andererseits die Zuständigkeiten für räumliche Planungen und fachliche Umweltregelungen vertikal zwischen den verschiedenen staatlichen Ebenen aufgeteilt sind. Als weitere Schwierigkeit kommt hinzu, daß Umweltbelange als diffuse Allgemeininteressen häufig nur über Beteiligung von Dritten in den Entscheidungsprozeß staatlicher Instanzen integriert werden können. Für die Koordinationsaufgaben, die die UVP in diesem Zusammenhang erfüllen kann, sind deshalb grundsätzlich drei Aspekte zu unterscheiden: - horizontale Koordination: In der UVP werden Um weit belange medienübergreifend behandelt. Die fachgesetzlichen Umweltregelungen können dadurch in den Prozeß der räumlichen Planung einbezogen werden. Andererseits wird es möglich, die räumlichen und kumulativen Auswirkungen im fachgesetzlichen Genehmigungsverfahren zu berücksichtigen. - vertikale Koordination: Anhörung und Beteiligung anderer Behörden an der Informationssammlung und -ausWertung überwindet strukturell vorgegebene Zuständigkeiten sowohl zwischen gleichgeordneten Verwaltungsträgern als auch zwischen Behörden und Institutionen auf den verschiedenen staatlichen Ebenen. - Koordination mit Dritten: Hier geht es zunächst um die Beteiligung der Öffentlichkeit. Umweltbelange, die von den Entscheidungsträgern und beteiligten Behörden vernachlässigt werden, können von Dritten rechtzeitig in den Prozeß der EntscheidungsVorbereitung eingeführt werden. Neben der formalen Beteiligung der Öffentlichkeit bietet das Verfahren der UVP Gelegenheit zu informalen Vorverhandlungen, um nachteilige Umweltfolgen zu reduzieren und damit möglichen Widerstand gegen das geplante Vorhaben zu vermeiden. 2.2.2.1. Horizontale Koordination Bei der horizontalen Koordination geht es einerseits darum, durch das Verfahren der UVP fachgesetzlich geregelte Umweltaspekte in die Entscheidungen über räumliche Nutzungen einfließen zu lassen bzw. andererseits in der UVP zu

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III. Umweltschutz und Um weit Verträglichkeitsprüfung

untersuchen, wie die Genehmigung eines Vorhabens sich auf die vorhandene Gesamtsituation auswirkt. Unter dem verfahrensmäßigen Aspekt erscheint die UVP ein medienübergreifendes Verfahren zu ermöglichen. Problematisch ist dagegen der materielle Aspekt. Es stellt sich die Frage, ob die UVP an die in den Fachgesetzen enthaltenen Grenzwerte gebunden ist oder ob höhere bzw. geringere Anforderungen als die fachgesetzlichen Regelungen bei der Beurteilung der Umweltauswirkungen in der UVP zugrunde gelegt werden dürfen. Dieses Problem wird besonders dann kritisch, wenn es sich um sogenannte gebundene Genehmigungen handelt 46 . In diesen Fällen besteht ein Anspruch auf Genehmigung, wenn bestimmte fachgesetzlich geregelte Grenzwerte oder Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt sind. Insoweit handelt es sich bei der gebundenen Genehmigung um ein Konzept der Gefahrenabwehr, das auf Einzelvorhaben beschränkt und durch seinen individuellen und punktuellen Charakter gekennzeichnet ist 47 . Andere Umweltauswirkungen des Vorhabens, die nicht von der fachgesetzlichen Regelung erfaßt werden und die die allgemeine Umweltsituation an dem Ort des Vorhabens betreffen, sowie kumulative Umweltauswirkungen mehrerer Einzelvorhaben bleiben in der Regel außer Betracht. Grundsätzen der planerischen Vorsorge kann damit nicht ausreichend Rechnung getragen werden. Betrachtet man das Konzept der gebundenen Genehmigung, scheinen die Möglichkeiten, durch die Umweltverträglichkeitsprüfung weitere Umweltbelange bei der Entscheidung berücksichtigen zu können als diejenigen, die fachgesetzlich geregelt sind, eher gering. Dieser Einwand gilt in doppelter Hinsicht: Einmal können durch die Umweltverträglichkeitsprüfung keine weiteren Umweltaspekte als die in den Fachgesetzen geregelten Umweltbelange materiell in das fachgesetzliche Genehmigungsverfahren eingeführt werden 48. Andererseits ergibt sich daraus gleichzeitig die Konsequenz, daß bei Entscheidungen über räumliche Nutzungen die fachgesetzlich geregelten Werte zugrunde zu legen sind, will man sich nicht den Vorwurf der Ungleichbehandlung und damit möglichen eigentumsrechtlichen Entschädigungsansprüchen aussetzen.

2.2.2.2. Vertikale

Koordination

Umweltbelange werden auch deshalb häufig in Verwaltungsentscheidungen vernachlässigt, weil die Zuständigkeiten für die Entscheidung zwischen verschiedenen Verwaltungsträgern aufgeteilt sind, die die Planung nur im Hinblick auf die ihre gesetzliche Aufgabenstellung berührenden Belange untersuchen und die 46

Steinberg, Natur und Recht 1983, 169 (171). Schoeneberg, S. 47. 48 siehe ausführlich Steinberg, Natur und Recht 1983, 169 (171 ff.), der die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bei sog. gebundenen Genehmigungen grundsätzlich ablehnt. 47

2. Funktion der Umweltverträglichkeitsprüfung

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Gesamtauswirkungen des Vorhabens aus Kompetenzgründen häufig unzureichend beachten. Bei der Beteiligung verschiedener Behörden oder Verwaltungsträger kann die UVP ein Verfahren zur Abstimmung und Koordination unter den am Verfahren beteiligten Stellen sein. Zugleich wird ein koordinierter und interdisziplinärer Ansatz bei der Sammlung und Bewertung von Information ermöglicht, der die Fragmentierung zwischen den verschiedenen staatlichen Ebenen und beteiligten Verwaltungsträgern überwindet. Allerdings ist es notwendig, ein institutionalisiertes Anhörungs- und Kommentierungsverfahren mit den zu beteiligenden Verwaltungsträgern auf den verschiedenen staatlichen Ebenen zu entwickeln. Durch die Einrichtung einer „Leitstelle", die die Koordination bei der Vorbereitung der UVP zwischen den verschiedenen Behörden übernimmt, kann verhindert werden, daß andere Behörden mit partiellen Entscheidungskompetenzen das Vorhaben oder festgelegte Ausgleichsmaßnahmen im oder nach Abschluß des UVP-Verfahrens unterlaufen.

2.2.2.3. Koordination

mit Dritten

In komplexen Entscheidungssituationen werden Umweltbelange als diffuse Allgemeininteressen häufig von den jeweiligen Entscheidungsträgern nicht ausreichend in den Entscheidungsprozeß einbezogen. Die Beteiligung der Öffentlichkeit an der Vorbereitung der UVP kann dazu beitragen, „institutionelle Vorurteile" der Behörden zugunsten der von ihnen traditionell vertretenen Aufgaben und Interessen zu überwinden. Das UVP-Verfahren zwingt die Behörden einerseits, ihre Informationen offenzulegen, andererseits aber auch kontroverse Fragen zu lösen. Das gilt besonders im Hinblick auf die Verteilungsfolgen, die die Entscheidung mit sich bringen kann. Neben formalen Anhörungs- und Beteiligungsverfahren stellt das UVP-Verfahren die Gelegenheit für informale Vorverhandlungen bereit mit dem Ziel, Widerstand oder Opposition gegen das Vorhaben durch Veränderungen der Planung zu verringern und erkannte nachteilige Umweltfolgen des Vorhabens zu vermindern. Der Antragsteller gewinnt damit die Möglichkeit, diese Aspekte frühzeitig in die Planung des Vorhabens einzubeziehen oder nachteilige Umweltfolgen des Vorhabens durch Ausgleichsmaßnahmen zu reduzieren. Gleichzeitig bietet die Aussicht, daß nach Änderung des Vorhabens oder der Einbeziehung von Ausgleichsmaßnahmen die Umweltauswirkungen nicht mehr relevant sind und die Vorbereitung einer vollständigen Umweltverträglichkeitsprüfung aus diesem Grunde nicht notwendig ist bzw. zu einem positiven Ergebnis kommt, einen Anreiz, diese Änderungen frühzeitig vorzunehmen. Während informale Vorverhandlungen unter rechtsstaatlichen Erwägungen und unter Gesichtspunkten der Verwaltungseffizienz nicht ohne Probleme

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III. Umweltschutz und Umweterträglichkeitsprüfung

sind 49 , bietet das Verfahren der Umweltverträglichkeitsprüfung eine Möglichkeit, diese informalen Vorverhandlungen in einem institutionellen und geordneten Verfahren, d.h. auch unter Beteiligung der Öffentlichkeit, stattfinden zu lassen. Allerdings wird es notwendig sein, das Verfahren für die Vorbereitung der Umweltverträglichkeitsprüfung abschichtig zu gestalten, damit informale Vorverhandlungen und daraus resultierende Änderungen in einem frühzeitigen Verfahrensschritt vorgenommen werden können, bevor die Behörde die Entscheidung trifft, daß eine Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig ist. Änderungen des Vorhabens während der Vorbereitungen der Umweltverträglichkeitsprüfung selbst dagegen bergen die Gefahr in sich, daß Umweltauswirkungen nur unvollständig untersucht werden und die Partizipation anderer Behörden und der Öffentlichkeit erschwert wird. Schließlich können zahlreiche Änderungen des vorgeschlagenen Vorhabens während der Vorbereitung der UVP dazu führen, daß das Verfahren faktisch leerläuft.

2.2.3. Berücksichtigung der Umweltverträglichkeitsprüfung bei der Entscheidung

Neben der Sammlung von Informationen war bei Verabschiedung der gesetzlichen Regelung zur Einführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung in den USA der Gedanke vorherrschend, durch die Umweltverträglichkeitsprüfung den Entscheidungsprozeß der Verwaltung im Hinblick auf die Beachtung von Umweltweltbelangen auch inhaltlich zu verändern. Angesichts der Unsicherheiten über die tatsächlichen Umweltauswirkungen und möglichen Risiken sowie der in Frage kommenden Alternativen und deren Vertei lungs Varianten ist die Vorbereitung der Entscheidung Kernstück der Umweltverträglichkeitsprüfung. In den gesetzlichen Regelungen der Umweltverträglichkeitsprüfung sowohl auf Bundesebene als auch in Kalifornien sind weder Kriterien enthalten, nach denen eine Entscheidung über das Vorhaben selbst zu treffen ist, noch ist zumindest auf Bundesebene - vorgesehen, das Ergebnis der UVP bei der Entscheidung zwingend zu beachten. Aufgabe der Um weit Verträglichkeitsprüfung ist vielmehr, die Umweltauswirkungen zu untersuchen sowie eine Abwägung der Vor- und Nachteile des Vorhabens vorzunehmen, den Entscheidungsprozeß offenzulegen und dadurch zu rationalisieren. Solange eine Tendenz der Verwaltung zu beobachten ist, Umweltbelange bei den von ihnen zu treffenden Entscheidungen zugunsten der mit der vorgeschlagenen Maßnahme verfolgten Ziele zu vernachlässigen, ist zu bezweifeln, ob vollständige und bessere Informationen über Umweltauswirkungen und deren Vor- und Nachteile allein ausreichend sind, das Entscheidungsverhalten der Behörden inhaltlich zu verändern. Es stellt sich die Frage, ob das Verfahren einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht auch eine inhaltliche Verpflichtung für die 49

Schoeneberg, S. 66 ff.

2. Funktion der Umweltverträglichkeitsprüfung

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Verwaltung mit sich bringt, die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung bei der Entscheidung über das Vorhaben selbst zu beachten. Diese Frage stellt sich insbesondere dann, wenn die mit der vorgeschlagenen Maßnahme verfolgten Ziele nur unter nachteiligen Folgen für die Umwelt zu erreichen sind, während in der Umweltverträglichkeitsprüfung gleichzeitig weniger umweltbelastende Alternativen aufgezeigt oder Ausgleichsmaßnahmen vorgeschlagen werden, die nachteilige Umweltfolgen mindern, oder sogar der Schluß gezogen wird, daß Vorhaben sei aus Umweltgründen aufzugeben. Für die Beantwortung dieser Frage ist letztlich entscheidend, von welchem Konzept einer Umweltverträglichkeitsprüfung ausgegangen wird. Die eine Konzeption der Umweltverträglichkeitsprüfung sieht in ihr vor allem ein Mittel der Enischéidwn&vorbereitung. Dem Entscheidungsträger wird ein weites Ermessen bei seiner Entscheidung zugebilligt, die auch die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung tendenziell unberücksichtigt lassen kann; jedenfalls wird keineswegs verlangt, die in der Umweltverträglichkeitsprüfung gefundene „beste" umweltpolitische Alternative bei der Entscheidung zu wählen50. Die andere Konzeption der Umweltverträglichkeitsprüfung sieht in ihr neben dem Aspekt der Entscheidungsvorbereitung auch inhaltliche Leitlinien für die Entscheidung selbst. Zeigt die Umweltverträglichkeitsprüfung weniger umweltbelastende Alternativen zu der ursprünglich vorgeschlagenen Maßnahme oder Umweltnachteile vermeidende Ausgleichsmaßnahmen auf, sind diese bei der Entscheidung über das Vorhaben vorzuziehen 51. Dabei unterscheiden sich beide Konzeptionen in einem Punkt nicht: Vorhaben können durchgeführt werden, obgleich sie nachteilige Folgen für die Umwelt mit sich bringen. Insoweit gibt die deutsche Terminologie „Umweltverträglichkeitsprüfung" zu Mißverständnissen Anlaß. Bei diesem Verfahren geht es nicht darum, festzustellen, ob das geplante Vorhaben mit der Umwelt „verträglich" oder „vereinbar" ist. Schon gar nicht kann als Ergebnis der Umweltverträglichkeitsprüfung feststehen, eine Maßnahme sei mit der Umwelt „verträglich", nachteilige Umweltauswirkungen seien insoweit „hinnehmbar". Vielmehr sollen in der Umweltverträglichkeitsprüfung, wie der englische Begriff des "environmental impact statement" es korrekt umschreibt, die Umweltauswir/cungen eines Vorhabens festgestellt werden. Die Entscheidung, ob ein Vorhaben durchgeführt werden soll und damit als „mit der Umwelt verträglich" zu akzeptieren ist, bleibt der Entscheidung über das Vorhaben selbst vorbehalten. Solange die gesetzlichen Regelungen der Umweltverträglichkeitsprüfung weder eine gesetzliche Verpflichtung enthalten, bei der Entscheidung über die Maßnahme selbst Um weit belangen den Vorrang zu geben, noch Kriterien festlegen, nach denen Umweltbelange gegenüber anderen Belangen bei der Ent50 51

Strycker's Bay Neighborhood Council ν. Karlen, 444 U.S. 223 (1980). Pollack, 9 Harv. Envtl. L. Rev. 359 (375 ff.) (1985).

80

III. Umweltschutz und Umweterträglichkeitsprüfung

Scheidung zu gewichten sind, muß der Entscheidungsträger eine Abwägung zwischen den Umweltauswirkungen der geplanten Maßnahme und den mit der Maßnahme verfolgten Zielen vornehmen, um zu einer Entscheidung über das Vorhaben selbst zu gelangen. Ob die Verwaltung dabei verpflichtet werden kann, Alternativen bzw. Ausgleichsmaßnahmen zu berücksichtigen, hängt nicht zuletzt davon ab, welchen Prüfungsmaßstab die Gerichte zugrunde legen, wenn sie die Entscheidung der Verwaltung über das vorgeschlagene Vorhaben selbst überprüfen. Ohne an dieser Stelle auf die damit verbundenen Probleme im einzelnen einzugehen, läßt sich folgendes feststellen: Bei einem weiten Maßstab richterlicher Kontrolle von Verwaltungsentscheidungen, dem des Ermessensmißbrauchs, daß die Entscheidung angesichts der in der Umweltverträglichkeitsprüfung aufgezeigten Umweltauswirkungen nicht willkürlich sein darf, wird eine Entscheidung, die die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung völlig unberücksichtigt läßt, nur schwerlich nicht als „ermessensmißbräuchlich" angesehen werden können. Somit wird durch die Rechtsprechung ermöglicht, daß zumindest ein Minimalstandard für die Berücksichtigung der in der Umweltverträglichkeitsprüfung festgestellten Umweltauswirkungen gesetzt werden kann. Von der richterlichen Kontrolle unabhängig ist jedoch die Frage, ob es sich der Entscheidungsträger politisch leisten kann, bei gravierenden Umweltauswirkungen des Vorhabens die in der Umweltverträglichkeitsprüfung gefundenen Ergebnisse bei seiner Entscheidung zu vernachlässigen. Der Zwang des Entscheidungsträgers, seine Entscheidung in bezug auf die in der Umweltverträglichkeitsprüfung enthaltenen Ergebnisse zu legitimieren, kann nicht unterschätzt werden.

2.2.4. Funktion der Umweltverträglichkeitsprüfung bei der Implementation der Entscheidung

Zwar ist die Umweltverträglichkeitsprüfung in erster Linie ein Verfahren der Entscheidungsvorbereitung, sie kann aber auch bei der Umsetzung der getroffenen Entscheidung bestimmte Aufgaben erfüllen. Die in der Umweltverträglichkeitsprüfung enthaltenen Informationen und Vorschläge können in die Entscheidung selbst übernommen werden und von dem Entscheidungsträger oder anderen beteiligten Behörden bei der Durchführung des Vorhabens zu beachten sein. Das ist besonders dann von Bedeutung, wenn die Durchführung des Vorhabens oder möglicher Ausgleichsmaßnahmen sich außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Entscheidungsträgers befinden. Damit kann gleichzeitig vermieden werden, daß die Durchführung der Entscheidung von anderen Behörden unterlaufen wird. In der Umweltverträglichkeitsprüfung können zudem Umweltprobleme, die sich während der Durchführung des Vorhabens ergeben, angesprochen sein. Angesichts der nicht unbeträchtlichen Schwierigkeiten, denen die Verwaltung bei der Umsetzung der Entscheidung gegenübergestellt sein kann, wird auch vorgeschlagen, daß nach Voll-

2. Funktion der Umweltverträglichkeitsprüfung

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endung des Vorhabens eine erneute Umweltverträglichkeitsprüfung zur Kontrolle durchgeführt wird 52 . Hier ist allerdings zu fragen, ob eine solche Kontrolle nach Vollendung des Vorhabens noch sinnvoll ist. Nach Durchführung wird ein Vorhaben nicht deshalb aufgegeben oder beseitigt werden, weil die tatsächlichen Umweltauswirkungen andere sind, als ursprünglich in der Umweltverträglichkeitsprüfung angenommen wurde. Statt dessen wird zu überlegen sein, ob nicht ein Überwachungsprogramm, das eine ordnungsgemäße Durchführung der getroffenen Entscheidung sicherstellt, in die Umweltverträglichkeitsprüfung selbst aufgenommen werden sollte.

2.3. Zusammenfassung Der vorgenommene Überblick hat im wesentlichen drei verschiedene Aspekte für die Anwendung einer Umweltverträglichkeitsprüfung aufgezeigt. Die Zuständigkeiten für räumliche Planungen und Entscheidungen sind einerseits zwischen den verschiedenen staatlichen Ebenen fragmentiert. Andererseits werden Umweltbelange nur unvollständig bei der Planung und Entscheidung über räumliche Nutzungen einbezogen, die Umweltauswirkungen einzelner Vorhaben auf die gesamte Situation nur unzureichend berücksichtigt. Angesichts der damit verbundenen Probleme ist die Umweltverträglichkeitsprüfung ein Weg, Umweltbelange in die räumlichen Planungen und Entscheidungen auf den verschiedenen staatlichen Ebenen einzubeziehen und zugleich horizontal ein medienübergreifendes Verfahren zwischen räumlicher Planung und fachgesetzlichen Umweltregelungen zu entwickeln. Der zweite Aspekt bezieht sich auf umweltpolitische Gesichtspunkte. Im Hinblick auf die Kritik, der sich umweltpolitische Programme und Regelungen ausgesetzt sehen, daß Umweltprobleme als Marktversagen nur mit Schwierigkeiten durch staatliche Regulierungsprogramme in Entscheidungen integriert werden können, verfolgt die Umweltverträglichkeitsprüfung als Verfahrensregelung einen anderen Ansatz, der sich nicht direkt auf die Problematik des Marktversagens, sondern auf den Entscheidungsprozeß der Verwaltung bezieht. Damit werden einige - wenn auch nicht alle - Probleme staatlicher Sozialregulierung vermieden. Der dritte Aspekt bezieht sich auf die Rationalität staatlicher Entscheidungsvorbereitung. Die Verwaltung sieht sich bei Entscheidungen, die signifikante Umweltauswirkungen mit sich bringen, häufig komplexen Entscheidungssituationen gegenübergestellt. Die Umweltverträglichkeitsprüfung als Verfahren der Entscheidungsvorbereitung löst zahlreiche der im Zusammenhang mit komplexen Verwaltungsentscheidungen auftretenden Probleme und kann dazu bei52

Delogu, S. 19 f.

6 Mezger

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III. Umweltschutz und Umweterträglichkeitsprüfung

tragen, daß die Behörden nicht tendenziell Umweltbelange zugunsten der mit der Maßnahme verfolgten Ziele vernachlässigen. Im folgenden soll anhand der Regelungen der Umweltverträglichkeitsprüfung auf der Bundesebene, die im National Environmental Policy Act (ΝΕΡΑ) zusammengefaßt sind, und für einen einzelnen Bundesstaat, nämlich Kalifornien, am Beispiel des California Environmental Quality Act (CEQA) untersucht werden, wie die Umweltverträglichkeitsprüfung im Hinblick auf die zuvor erwähnten Aspekte in den konkreten gesetzlichen Regelungen umgesetzt wird.

IV. Die Umweltverträglichkeitsprüfung auf der Bundesebene 1. Grundlage der Umweltverträglichkeitsprüfung: Der National Environmental Policy Act (ΝΕΡΑ) Grundlage für die Vorbereitung eines Environmental Impact Statement (EIS), das in der Bundesrepublik Deutschland mit „Umweltverträglichkeitsprüfung" übersetzt wird, ist § 102 ΝΕΡΑ 1 . ΝΕΡΑ war eines der ersten und das vielleicht einflußreichste Gesetzeswerk zum Umweltrecht in den 70er Jahren in den USA 2 . Für die Bundesverwaltung (federal agencies) wurde zwingend vorgeschrieben, bei ihren Entscheidungen Umweltbelange zu beachten. Durch die Möglichkeit, die Maßnahmen der Verwaltung vor den Bundesgerichten (federal courts) überprüfen zu lassen, die zu Anfang der 70er Jahre ein beträchtliches Maß an „richterlichem Aktivismus" in umweltpolitischen Fragen zeigten, haben Umweltbelange und -auswirkungen einen beträchtlichen Stellenwert in der rechtlichen Diskussion eingenommen. Ausgehend von den oben beschriebenen Problemen, denen Verwaltungsbehörden bei komplexen Verwaltungsentscheidungen gegenüberstehen, hatte bereits in den 60er Jahren ein Bundesgericht 3 bemängelt, daß die für öffentliche Vorhaben zuständigen Behörden den Auswirkungen der geplanten Vorhaben auf die Umwelt nicht ausreichend Beachtung schenken und vor allem keine weniger umweltbelastenden Alternativen zu geplanten Maßnahmen entwickeln. Als das öffentliche Interesse Ende der 60er Jahre an umweltpolitischen Fragen wuchs, nahm der Congress sich dieser Fragestellung an. Er initiierte eine Studie mit dem Ziel, die Auswirkungen von Bundesgesetzen und -programmen auf die 1 42 U.S.C. § 4332; "Environmental Impact Statement" ist wörtlich mit „Umweltauswirkungsbericht" zu übersetzen, siehe auch Wäldle, S. 616 „Umwelteinflußanalyse". 2 siehe die ausführliche, aber etwas ältere Darstellung in deutscher Sprache von Delogu (1974); Carrell (1980) beschäftigt sich mit dem allgemeinen Verfahren unter ΝΕΡΑ. Eine detaillierte, teilweise rechtsvergleichende Untersuchung zur Umweltverträglichkeitsprüfung bei Straßenplanungen haben Kennedy, Diss. 1980; Kennedy/Lummert, ZFU 1981,455 und Salzwedel (1981) vorgelegt; siehe auch Cupei, S. 209 ff.; für eine vergleichende Analyse von ΝΕΡΑ mit der EG-Richtlinie zur UVP, siehe Jörissen, Coenen, Franz, S. 236 ff. 3 Scenic Hudson Preservation Conference v. Federal Power Commission, 354 F.2d 608 (2nd Cir. 1965), cert, denied, 384 U.S. 941 (1966); ausführlich zu dem dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Konflikt um den Bau des Storm King Kraftwerks und der weiteren Entwicklung, siehe Trubek, S. 159 ff.; erst im Dezember 1980 wurde ein Vergleich erreicht, der u.a. die Aufgabe des Storm King Vorhabens endgültig festlegte, Schoenbrod, 58 Ν. Y. U. L. Rev. 1453 (1459 f.) (1983).

6

84

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

Umwelt und den Prozeß der Entscheidungsfindung der Behörden im Hinblick auf Umweltauswirkungen zu untersuchen. Es wurde festgestellt, daß der Entscheidungsprozeß der Verwaltung wenig aufmerksam gegenüber Umweltbelangen ist und - als Ergebnis - viele Behörden Vorhaben durchführen oder genehmigen, die unerwünschte oder nicht notwendige Auswirkungen auf die Umwelt mit sich bringen 4. Kritisiert wurde, daß Fachbehörden zu „aufgabenund wachstumsorientiert" sind und die Tendenz haben, die Vorteile ihrer Vorhaben und Planungen herauszustreichen und nur unzureichende Anstrengungen unternehmen, neue umweltfreundlichere Wege der Aufgabenerfüllung zu finden 5. Diese Kritik war auch insoweit berechtigt, als Ende der 60er Jahre Umweltbelange in den gesetzlichen Aufträgen der einzelnen Bundesbehörden weder materiell noch verfahrensmäßig verankert waren. Es waren weder Emissionswerte für die Verbesserung der Luftqualität oder Grenzwerte für die Einleitung von Stoffen in Gewässer verabschiedet 6, noch waren in der gesetzlichen Aufgabenstellung vieler Bundesbehörden die Beachtung von Umweltbelangen überhaupt erwähnt oder in das Verwaltungsverfahren einzubeziehen7. Angesichts der oben genannten Probleme war es die Absicht des Gesetzgebers, den Entscheidungsprozeß der Verwaltung dahin gehend zu verändern, daß die kurz- und langfristigen Umweltauswirkungen bei der Planung und Entscheidung adäquat einbezogen sowie weniger umweltbelastende Alternativen zu den vorgeschlagenen Maßnahmen berücksichtigt werden 8.

4 siehe Joint House-Senate Colloquium to Discuss a National Policy for the Environment, in Hearings Before the Senate Comm. on Interior and Insular Affairs and the House Comm. on Science and Astronautics, 90th Cong., 2nd Sess. (No. 8)(July 7,1968); Congressional White Paper on a National Policy for the Environment, Serial Τ (Comm. Print, October 1968); Hearings on S. 1075, S. 237, and S. 1752 Before the Senate Committee on Interior and Insular Affairs, 91st Cong., 1st Sess. (April 1969); Senate Comm. on Interior and Insular Affairs, ΝΕΡΑ of 1969, S. Rep. No. 91-296, 91st Cong., 1st Sess. (July 9, 1969). 5 Tarlock, 47 Ind. L. J. 645 (657) (1972). 6 Umweltgesetze, die materielle Standards enthalten, wurden wie der Clean Air Act (42 U.S.C. §§ 1857 ff.) erst im Jahre 1970 oder wie der Clean Water Act (33 U.S.C. §§ 1250 ff.) erst 1972 verabschiedet. 7 Andrews, S. 208; die oben zitierte Entscheidung Scenic Hudson Preservation Conference v. FPC, 354 F.2d 608 (2nd Cir. 1965) war nur über eine außerordentlich weite Interpretation der gesetzlichen Ermächtigung der Federal Power Commission (FPC), Genehmigungen für den Betrieb von Wasserkraftwerken zu erteilen "for ... improvement and utilization of water power development, and for other beneficial uses, including recreational purposes" (Federal Power Act, 16 U.S.C. § 803) in der Lage, zu verlangen, daß wegen der "beneficiai uses" auch Umweltbelange bei der Genehmigung zu berücksichtigen sind. 8 ΝΕΡΑ war nicht die einzige gesetzgeberische Möglichkeit, Umweltbelange zu schützen. Weitere Ansätze bestehen z.B. darin, 1 ) umweltpolitisch wichtige Ressourcen von der Entwicklung und Ausbeutung auszuschließen oder Umweltbehörden die Kontrolle darüber zu geben, z.B. Festsetzung von Wildnisgebieten; siehe Anderson, Mandelker, Tarlock, S. 621 ff., 918 ff.; 2) Behörden können Standards entwickeln und Vorhaben ablehnen, die diese Standards oder Grenzwerte nicht erfüllen, z.B. Clean Water Act, siehe Rehbinder, Stewart, S. 48; 3) es können direkte ökonomische Anreize geschaffen werden, um Umweltbelange zu schüt-

1. National Environmental Policy Act (ΝΕΡΑ)

85

Anstatt alle Fachgesetze um eine dementsprechende Klausel zu erweitern, wurde vom Congress der National Environmental Policy Act (ΝΕΡΑ) verabschiedet, der als Schlüsselelement von den Bundesbehörden verlangt, bei Maßnahmen mit signifikanten Umweltauswirkungen eine Umweltverträglichkeitsprüfung, ein sog. Environmental Impact Statement, im folgenden EIS, vorzubereiten. Mit dieser generalklauselartigen Regelung wurden zwei Ziele erreicht: erstens die Erweiterung der gesetzlichen Aufgabenstellung der einzelnen Behörden und zweitens eine Änderung des Verfahrens der Entscheidungsvorbereitung 9. Durch ΝΕΡΑ wurde der gesetzliche Auftrag aller Bundesbehörden dahin gehend erweitert, daß neben ihren ursprünglichen Zielsetzungen nunmehr auch die Beachtung von Umweltbelangen zu den gesetzlichen Aufgaben der einzelnen Behörden gehört. Für die Entscheidungsvorbereitung wurde die Notwendigkeit begründet, bei der Analyse der Vor- und Nachteile eines Vorhabens auch die Auswirkungen auf die Umwelt einzubeziehen10.

1.1. Rechtspolitische und umweltpolitische Überlegungen bei der Verabschiedung von ΝΕΡΑ Die Aufgabe bei dem Entwurf von ΝΕΡΑ bestand aus der Sicht des Congress darin, die neue Aufgabe "environmental management" bei komplexen Verwaltungsentscheidungen umfassend anzugehen. Wie Senator Jackson, einer der Haupt Verfechter des Gesetzesvorschlages ausführte, war es angesichts der fragmentierten Zuständigkeit und verschiedenen gesetzlichen Aufgaben der Behörden notwendig, die Beachtung von Umweltbelangen zum Bestandteil aller Verwaltungsentscheidungen zu machen11. Die ersten Entwürfe zu ΝΕΡΑ enthielten noch kein Erfordernis für ein Environmental Impact Statement (EIS). Der Gesetzesentwurf sah lediglich ein zen, siehe die Einführung von Marktinstrumenten im Clean Air Act, Rehbinder, Stewart, S. 50; 4) Umweltbelange können ausdrücklich in den gesetzlichen Auftrag der Verwaltung aufgenommen werden, z.B. Ports and Waterways Safety Act, 33 U.S.C. § 1224; 5) andere Vorschläge, z.B. verfassungsrechtlicher Schutz vor Umweltschäden oder Politik des Null-Wachstums, zentrale Prüfungsstelle für Umweltfragen, etc. wurden nicht weiter verfolgt, siehe Delogü, S. 16 f. 9 Andrews, S. 3. 10 § 102 (2) (C) (iv) ΝΕΡΑ. 11 "There are about 80 major Federal agencies with programs under way which affect the quality of the human environment. If environmental policy is to become more than rhetoric, and if the studies and advice of any high-level, advisory group are to be translated into action, each of these agencies must be enabled and directed to participate in active and objectiveoriented environmental management. Concern for environmental quality must be made part of every Federal action.", 115 Cong. Ree. 29087 (1969) (Anmerkungen von Senator Jackson).

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

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Forschungsprogramm für Umweltprobleme vor und konstituierte einen Beirat für Umweltfragen (Council on Environmental Quality (CEQ)) innerhalb der Exekutive. Erst später im Gesetzgebungsverfahren wurde eine Erklärung der nationalen umweltpolitischen Ziele sowie die "action-forcing" Bestimmung, bei Bundesmaßnahmen ein Environmental Impact Statement (EIS) zu erstellen, in das Gesetz aufgenommen 12. Grundsätzlich enthält der National Environmental Policy Act (ΝΕΡΑ), wie er schließlich verabschiedet wurde 13 , drei wesentliche Bestandteile: Zunächst wurden die Ziele einer nationalen Umweltpolitik formuliert, zweitens eine Umweltverträglichkeitsprüfung (Environmental Impact Statement (EIS)) eingeführt und drittens als Beratungsorgan der Council on Environmental Policy (CEQ) im Executive Office des Präsidenten gegründet. Diese drei wesentlichen Bestandteile des ΝΕΡΑ sollen im folgenden kurz skizziert werden.

1.1.1. Erklärung der nationalen Umweltpolitik

Einer der Untersuchungsberichte faßte die Notwendigkeit für die Formulierung einer einheitlichen Umweltpolitik auf Bundesebene wie folgt zusammen: „Konflikte entstehen, wenn Umweltqualität durch verschiedene Politiken erreicht werden soll, die sich auf Naturschutz oder Landwirtschaft, auf ästhetische Überlegungen, Freizeitbelange, die wirtschaftliche Entwicklung, die Gesundheitspolitik usw. beziehen. Die Programme, die die Qualität der Umwelt berühren, werden nicht durch eine Institution koordiniert, sondern beziehen sich auf verschiedene Verwaltungen. . . . Die bestehenden Institutionen können diese Probleme bewältigen, wenn sie 1. unter einer einheitlichen nationalen Umweltpolitik und 2. mit einem erweiterten Verständnis der ökologischen Fakten und Prozesse handeln 14 ."

Vorschläge für die Formulierung einer einheitlichen Umweltpolitik waren von Anfang an sehr weit angelegt. Der wohl einflußreichste Bericht, der die Überlegungen und Probleme bei der Formulierung einer "national environmental policy" untersuchte, ging davon aus, daß eine einheitliche Umweltpolitik auf Bundesebene die gesamte Umwelt und nicht nur biologische Systeme, die Bewahrung natürlicher Reserven oder der ästhetischen Werte der Natur umfassen dürfe, und ließ starke Bezüge zu einer „werteorientierten" Umweltpolitik anklingen 15 .

12

Andrews, S. 13. Für eine ausführliche Darstellung des Gesetzgebungsverfahrens siehe Liroff, S. 10 ff.; Andrews, S. 8 ff.; Carroll, S. 63 ff. 14 U.S. House of Representatives Committee on Science and Astronautics, Managing the Environment, Serial S, Washington, D.C. 1968, S. 24, 30. 15 "Environmental policy, broadly construed, is concerned with the maintenance and management of those life-support systems - natural and man made - upon which the health, 13

1. National Environmental Policy Act (ΝΕΡΑ)

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Ausgehend von der Überlegung des Congress, daß es sich bei ΝΕΡΑ mehr um ein „Politikgesetz" als um ein materielles Regulierungsprogramm handelt 16 , überrascht es nicht, daß die Ziele für die nationale Umweltpolitik umfassend angelegt wurden. Grundlegend für die Erklärung der nationalen Umweltpolitik in § 101 ΝΕΡΑ ist die „Erkenntnis des Congress, daß die menschlichen Aktivitäten, insbesondere der Einfluß des BevölkerungsWachstums, verdichtete Verstädterung, industrielle Entwicklung, Ausbeutung natürlicher Ressourcen sowie neuer und wachsender technologischer Fortschritt erhebliche Auswirkungen auf die . . . natürliche Umwelt haben und daß es außerordentlich wichtig ist, die menschliche Umwelt wiederherzustellen und zu erhalten; daher erklärt der Congress, daß es die langfristige Politik der Bundesregierung ist, in Kooperation mit einzelstaatlichen und lokalen Trägern staatlicher Gewalt und anderen interessierten privaten und öffentlichen Organisationen, alle zur Verfügung stehenden Mittel und Maßnahmen, einschließlich technischer und finanzieller Hilfestellung, zu ergreifen, um Bedingungen zu schaffen und zu erhalten, unter denen Mensch und Natur in Harmonie existieren und unter denen die sozialen, ökonomischen und sonstigen Forderungen gegenwärtiger und zukünftiger Generationen von Amerikanern erfüllt werden können . . . l 7 "

Weiter fährt die Erklärung der Umweltpolitik in § 101 ΝΕΡΑ fort: „Um diese Politik durchzusetzen, ist es die langfristige Verantwortung der Bundesregierung, alle zur Verfügung stehenden Mittel zu benutzen, soweit vereinbar mit anderen grundlegenden Überlegungen nationaler Politik, um Pläne, Programme, Funktionen und Ressourcen auf Bundesebene zu verbessern und zu koordinieren, mit dem Ziel, die Nation in die Lage zu versetzen, 1. die Verantwortung jeder Generation als Verwalter der Umwelt für die nachfolgenden Generationen zu erfüllen, 2. für alle Amerikaner eine sichere, gesunde, produktive sowie ästhetisch und kulturell angenehme Umgebung zu sichern, 3. den weitesten Umfang des nützlichen Gebrauchs der Umwelt ohne Verschlechterung, Gefahr für Gesundheit und Sicherheit oder andere nicht beabsichtigte oder unerwünschte Folgen zu erreichen, happiness, economic welfare, and physical survival of human beings depend ... Environmental policy should not be confused with efforts to preserve natural or historical aspects of the environment in a perpetually unaltered state. Environmental quality does not mean indiscriminate preservationism, but it does imply a careful examination of alternative means of meeting human needs before sacrificing natural species or environments to other competing demands. Environmental quality is not identical with any of the several schools of natural resources conservation. A national environmental policy would, however, necessarily be concerned with natural resource issues. But the total environmental needs of man - ethical, esthetic, physical, and intellectual, as well as economic - must also be taken into a c c o u n t . . A Special Report to the Committee on Interior and Insular Affairs, United States Senate (Together with a Statement by Senator Henry M. Jackson), 90th Congress, 2nd Session, July 11, 1968, reprinted in U.S. Congress, Senate Committee on Interior and Insular Affairs, National Environmental Policy, Hearing on S. 1075, April 16, 1969, Washington, D.C. 1969, S. 30 ff. 16 Caldwell, Environmental Forum 1985, 38; siehe auch § 2 ΝΕΡΑ, 42 U.S.C. §4321 "The purposes of this chapter are: to declare a national policy .. 17 § 101 (a) ΝΕΡΑ, 42 U.S.C. § 4331 (a).

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IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

4. wichtige Aspekte des historischen, kulturellen und natürlichen Erbes zu bewahren und, wenn möglich, die Verschiedenheit und Möglichkeit von individuellen Wünschen zu erhalten, 5. ein Gleichgewicht zwischen Bevölkerung und der Nutzung von Ressourcen zu erreichen, das einen hohen Lebensstandard und eine weite Verteilung von Lebensqualität ermöglicht und 6. die Qualität von erneuerbaren Ressourcen zu verbessern sowie das höchste Maß von Recycling nicht erneuerbarer Ressourcen anzustreben 18."

Beachtenswert ist an der Erklärung der nationalen Umweltpolitik, daß sie das Prinzip von Umwelt als natürlicher bzw. biologischer Umwelt verläßt und statt dessen ein weites Konzept mit einer Vielzahl von Zielsetzungen formuliert, die u.a. Umweltprobleme der Verstädterung ausdrücklich einbeziehen. Trotz der Betonung umweltpolitischer Ziele in § 101 ΝΕΡΑ wird den Umweltbelangen keine Priorität eingeräumt, sondern die umweltpolitischen Ziele sind nur zu verfolgen, soweit sie „vereinbar mit anderen grundlegenden Überlegungen nationaler Politik" sind. Bei einzelnen umweltpolitischen Maßnahmen des Gesetzgebers oder der Verwaltung ist daher eine Abwägung mit anderen (nicht umweltbezogenen) Politikzielen vorzunehmen, bevor die in § 101 ΝΕΡΑ angeführten umweltpolitischen Zielsetzungen zu erfüllen sind. Insofern beinhaltet das Gesetz keine Verpflichtung der Verwaltung, Umweltbelange bei der Entscheidung zu bevorzugen. Erklärtes Ziel der US-amerikanischen Umweltpolitik ist es, weitere Verschlechterungen der Umweltqualität so weit wie möglich zu vermeiden. Das Gesetz gibt aber weder eine Grenze an, ab welcher eine Verschlechterung der Umwelt nicht mehr hinzunehmen ist, noch zeigt es Mittel auf, wie Umweltverschlechterungen zu vermeiden sind, und schließlich enthält es keine Kriterien, unter welchen Umständen Umweltbelange gegenüber anderen wichtigen Politikerwägungen zurückzutreten haben. Trotz der weitreichenden Formulierung der Politikerklärung des ΝΕΡΑ bleibt festzustellen, daß die inhaltliche Verpflichtung, Umweltbelange zu beachten, in das weite Ermessen des jeweiligen Entscheidungsträgers gestellt wird. Obgleich die Erklärung der nationalen Umweltpolitik insoweit ein Fortschritt ist, als sie eine Vielzahl von Zielsetzungen erfaßt und die Umwelt als ein zusammenhängendes System von natürlichen, menschlichen, technischen und sozialen Beziehungen begreift und die Beachtung von Umweltbelangen betont, ist sie jedoch zunächst eine reine Absichtserklräung, die als Antwort auf die Umweltbewegung formuliert wurde, keine materiellen Konsequenzen enthält und der Regierung einen Bonus für umweltschützende Initiativen gab 19 . Weitergehende Forderungen, wie die in einem früheren Entwurf des ΝΕΡΑ enthaltene

18 19

§ 101 (b) ΝΕΡΑ, 42 U.S.C. § 4331 (b). Andrews, S. 17; Liroff, S. 22.

1. National Environmental Policy Act (ΝΕΡΑ)

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Erklärung, daß jeder ein Recht auf eine gesunde Umwelt habe20, die möglicherweise ein juristisch durchsetzbares Recht auf Beachtung von Um weit belangen geschaffen hätten, haben sich dagegen im Gesetzgebungsverfahren nicht durchsetzen können 21 . Wenn die Erklärung der umweltpolitischen Ziele im ΝΕΡΑ auch keine materiellen Verpflichtungen der Verwaltung oder subjektive Rechte einzelner Individuen auf weniger um weit belastende Maßnahmen des Staates begründet, so hat sie doch eine nicht zu unterschätzende Signalwirkung gehabt. Insbesondere die Rechtsprechung hat sich auf die um weltpolitische Zielsetzung des § 101 ΝΕΡΑ berufen, um die weite und vage Begrifflichkeit des EIS-Verfahrens auszufüllen.

1.1.2. Umweltverträglichkeitsprüfung Environmental Impact Statement (EIS)

Angesichs fehlender Implementationsmechanismen, um die in der Erklärung der nationalen Umweltpolitik formulierten Ziele gegenüber der Verwaltung umzusetzen, wurde während des Gesetzgebungsverfahrens erkannt, daß die Erklärung umweltpolitischer Ziele und Politiken allein nicht ausreichen würde, die in § 101 ΝΕΡΑ formulierten umweltpolitischen Ziele tatsächlich in die Entscheidungspraxis der Behörden einzuführen. Nach Ansicht des Congress waren besondere Maßnahmen notwendig, damit die Bundesbehörden bei der Entscheidungsvorbereitung Umweltbelange tatsächlich auch einbeziehen22. Im zuständigen Ausschuß des Senats wurde daraufhin eine Bestimmung entworfen, daß bei GesetzgebungsVorschlägen oder anderen Vorschlägen für Maßnahmen der Bundesbehörden deren Umweltauswirkungen zu untersuchen und diese im informalen Verfahren gewonnenen Ergebnisse auf Wunsch interessierten Dritten zugänglich zu machen sind. In den nachfolgenden Beratungen im Repräsentantenhaus und im Senat wurde diese Bestimmung weiter konkretisiert und in eine zwingende ("action-forcing") Bestimmung umgewandelt, allen Vorhaben der Bundesbehörden mit signifikanten Folgen für die Umwelt eine detaillierte Stellungnahme über die möglichen Umweltauswirkungen beizufügen. 20

"The Congress recognizes that each person has a fundamental and inalienable right to a healthy environment and that each person has a responsibility to contribute to the preservation and enhancement of the environment", Senate Committee on Interior and Insular Affairs, National Environmental Policy Act of 1969, S. Rep. No. 91-296, 91st Congress, 1st Sess. 2 (1969). 21 Dreyfuss, Ingram, 16 Nat. Res. J. 243 (250) (1976); Liroff, S. 29; siehe statt dessen § 101 (C) ΝΕΡΑ "The Congress recognizes that each person should enjoy a healthful environment ..."; ΝΕΡΑ verschafft kein individuelles Recht auf Freiheit von Umweltschäden, South East Lake View Neighbors v. HUD, 685 F.2d 1027 (7th Cir. 1982). 22 siehe den Vorschlag von Prof. Caldwell während des Gesetzgebungsverfahrens zu ΝΕΡΑ: "Congress should at least consider measures to require the Federal agencies, in submitting proposals, to contain within the proposals an evaluation of the effects of these proposals upon the state of the environment", Hearings on S. 1075, S. 237, S. 1752, Before the Senate Committee on Interior and Insular Affairs, 91st Congress, 1st Sess. 116 (1969).

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IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

Im genauen Wortlaut sieht § 102 (2) (C) ΝΕΡΑ nunmehr für eine Umweltverträglichkeitsprüfung, (Environmental Impact Statement) vor, daß „den Vorschlägen für Gesetzgebungsvorhaben und sonstigen bedeutenden Maßnahmen des Bundes, welche signifikante Auswirkungen auf die Umwelt haben, eine ins einzelne gehende Darstellung der zuständigen Behörde über i. die Auswirkung der vorgeschlagenen Maßnahme auf die Umwelt; ii. alle nachteiligen Auswirkungen auf die Umwelt, die sich nicht vermeiden ließen, falls der Vorschlag durchgeführt würde; iii. Alternativen zu der vorgeschlagenen Maßnahme; iv. das Verhältnis zwischen der örtlichen kurzfristigen Nutzung der menschlichen Umwelt und der Wahrung und Hebung der langfristigen Produktivität; v. jede sich bei der Durchführung der vorgeschlagenen Maßnahme ergebende irreversible und nicht ausgleichbare Bindung von Ressourcen, beizufügen ist 23 ."

Das Bestreben des Gesetzgebers, das EIS-Verfahren für alle Vorhaben der Bundesbehörden verbindlich vorzuschreiben, wird auch dadurch betont, daß die Behörden die Anforderungen des EIS-Verfahrens "to the fullest extent possible" („so weit wie möglich") zu erfüllen haben24. Neben der Informationsfunktion des EIS-Verfahrens wird auch die Koordinationsfunktion im Gesetz ausdrücklich erwähnt. Damit auch Umweltauswirkungen, die außerhalb der Zuständigkeit der das EIS vorbereitenden Behörde liegen, in das EIS-Verfahren einbezogen werden, sieht § 102 (2) (C) ΝΕΡΑ weiter vor, daß die das EIS vorbereitende Bundesbehörde sich mit anderen Behörden beraten bzw. Stellungnahmen von anderen Behörden einholen soll, die in Umweltfragen zuständig sind oder Sachkenntnis besitzen. Diese Stellungnahmen sowie Stellungnahmen von anderen einzelstaatlichen oder lokalen Behörden, die mit Umweltfragen befaßt sind, sollen dem Präsidenten, dem Council on Environmental Quality (CEQ) sowie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden und das EIS im nachfolgenden Entscheidungsprozeß begleiten25. Im übrigen wurde ausdrücklich festgelegt, daß die umweltpolitischen Ziele des ΝΕΡΑ ergänzender Bestandteil des gesetzlichen Auftrages aller Bundesbehörden werden 26 und die Bundesverwaltungen verpflichtet sind, ihre Verwaltungspolitiken und -verfahren in Einklang mit den umweltpolitischen Zielen von ΝΕΡΑ zu bringen 27.

23 24 25 26 27

42 U.S.C. § 4332 (2) (C). § 102 ΝΕΡΑ, 42 U.S.C. § 4332. 42 U.S.C. § 4332 (2) (C). § 105 ΝΕΡΑ, 42 U.S.C. § 4335. § 103 ΝΕΡΑ, 42 U.S.C. § 4333.

1. National Environmental Policy Act (ΝΕΡΑ)

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In bezug auf die horizontalen, medienübergreifenden Aspekte des EIS-Verfahrens wurde im Gesetzgebungsverfahren ein möglicher Kpnflikt zwischen materiellen Umweltgesetzen und den Verfahrensregelungen des EIS gesehen. Bedenken bestanden dahin gehend, daß das EIS-Verfahren die ausdrückliche Verpflichtung anderer Behörden, Umweltbelange und Umweltstandards zu beachten, schwächen könnte. Durch einen weiteren Zusatz zu ΝΕΡΑ wurde sichergestellt, daß Behörden, die unter ΝΕΡΑ Auswirkungen einzelner Vorhaben auf Luft- oder Wasserqualität untersuchen, die bestehenden (bzw. noch zu erlassenden Standards) für Luft- und Wasserqualität zugrunde legen. § 104 ΝΕΡΑ sieht nunmehr vor, daß das EIS-Verfahren „in keiner Weise besondere gesetzliche Verpflichtungen einer Bundesbehörde berühren soll, 1. Kriterien oder Standards der Umweltqualität zu erfüllen, 2. andere Behörden zu konsultieren oder sich mit ihnen zu koordinieren, 3. auf Empfehlung anderer Bundesbehörden oder Behörden eines Bundesstaates zu handeln oder nicht zu handeln" 28 . Der Implementation und Durchsetzung des EIS-Verfahrens in der behördlichen Praxis wurde dagegen wenig Beachtung geschenkt. Viele Mitglieder des Congress gingen - in ungenügender Erkenntnis der Bedeutung des EIS-Verfahrens - davon aus, daß sich das EIS-Verfahren in der Praxis der Bundesverwaltung von selbst umsetzen würde 29 . Die Umsetzung des EIS-Verfahrens in das Verfahren der Entscheidungsvorbereitung der Bundesverwaltung sah sich allerdings folgenden Schwierigkeiten gegenüber: Die gesetzlichen Anforderungen an das EIS-Verfahren in ΝΕΡΑ legen einerseits relativ genau fest, welche Informationen das EIS enthalten muß und wer an dem Verfahren zu beteiligen ist. Die in § 102 ΝΕΡΑ verwandten Begriffe sind jedoch äußerst weit und unscharf und lassen der Verwaltung beträchtlichen Spielraum bei ihrer Interpretation und damit letztlich bei der Umsetzung des Verfahrens selbst. Der Erlaß von Richtlinien und Verwaltungsvorschriften, die das Verfahren im einzelnen näher konkretisieren sowie die in ΝΕΡΑ verwandten Begriffe erläutern, wurden dem Council on Environmental Quality (CEQ), überlassen30. Neben der Frage, wie die weite Begrifflichkeit des § 102 ΝΕΡΑ auszufüllen ist, stellte sich auch das Problem, ob und wie die Einhaltung des EIS-Verfahrens durch die Verwaltung kontrolliert wird. Für die Überwachung und Implementation des EIS-Verfahrens innerhalb der Verwaltung wurde zunächst das Office of Management and Budget (OMB) 3 1 in 28

42 U.S.C. § 4334; siehe auch infra, IV. 2.5.2. siehe Sen. Rep. No. 296, 91st Congress, 2nd Sess. 21 (1969); Anderson, Mandelker, Tarlock, S. 684. 30 Executive Order No. 11514, March 5, 1970, 35 F.R. 4247, amended by Executive Order No. 11991, May 24, 1977, 42 F.R. 26967, Sec. 3; ausführlich infra, IV. 1.1.3.1. 31 Das OMB ist das einflußreichste Gremium im Executive Office des Präsidenten. U.a. überprüft das OMB alle Gesetzesvorschläge der Verwaltung vor Veröffentlichung auf ihre Vereinbarkeit mit den Politiken der Regierung; Vorschläge für Verwaltungsvorschriften (rules and regulations) müssen ebenfalls teilweise vor Veröffentlichung dem OMB zugeleitet werden, Andrews, S. 43. 29

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IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

Betracht gezogen32. Die endgültige Fassung von ΝΕΡΑ erwähnt weder das Office of Management and Budget (OMB), noch schien das OMB selbst daran interessiert zu sein, die neue Aufgabe zu übernehmen, Gesetzgebungsvorschläge in bezug auf das EIS-Verfahren zu überprüfen oder die von anderen Behörden zu erstellenden Umweltverträglichkeitsprüfungen auf Vollständigkeit und Angemessenheit zu überwachen 33. Die Aufgabe, die Behörden bei Erstellung des EIS zu beraten und zu kontrollieren, fiel schließlich dem ebenfalls in ΝΕΡΑ geschaffenen Council on Environmental Quality (CEQ) zu, der allerdings keine eigene Hoheitsgewalt besaß und deshalb nicht über Sanktionen gegenüber anderen Behörden bei Verletzung der Vorschriften über das EIS-Verfahren verfügte. Daß das EIS-Verfahren schließlich allgemein in die Entscheidungspraxis der Verwaltung einbezogen wurde, ist nicht zuletzt auf die Beteiligung der Öffentlichkeit und die gerichtliche Kontrolle des EIS-Verfahrens zurückzuführen. Ein - eher indirekter - Weg, die Behörden zu veranlassen, die Vorschriften des § 102 (2) (C) ΝΕΡΑ zu erfüllen, war dadurch gegeben, daß ΝΕΡΑ u.a. von der das EIS vorbereitenden Behörde verlangt, sich mit anderen Behörden zu beraten und das EIS und die sich daraus ergebenden Stellungnahmen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dadurch werden der Behörde nicht nur bessere und ausführlichere Informationen zur Verfügung gestellt. Vielmehr wird die Behörde durch „Druck von außen", nämlich Kommentare anderer Behörden und der Öffentlichkeit, veranlaßt, die Anforderungen an ein EIS vollständig zu erfüllen 34. Ob der Congress für die Umsetzung des EIS-Verfahrens auch an die Gerichte gedacht hat, ist nicht eindeutig35. ΝΕΡΑ selbst sieht eine gerichtliche Überprüfung des EIS nicht ausdrücklich vor, schließt sie aber auch nicht aus. Bei der Verabschiedung von ΝΕΡΑ wurde nicht vorausgesehen, daß Bürgerinitiativen, Umweltschutzgruppen und sog. public interest law firms beträchtliche Mittel und Energien aufwenden würden, Notwendigkeit und Angemessenheit der Environmental Impact Statements durch die Gerichte überprüfen zu lassen und die Bestimmung des ΝΕΡΑ gegen die zunächst zurückhaltende Implementation durch die Verwaltung 36 gerichtlich durchzusetzen 37. Mit der "environmental 32

Anderson, S. 11. Rodgers, S. 705; Anderson, S. 210. 34 Dreyfuss, Ingram, 16 Nat. Res. J. 243 (253) (1976). 35 Anderson, Mandelker, Tarlock, S. 684; Anderson, S. 13. 36 Einige der frühen Environmental Impact Statements für bedeutende Projekte umfaßten nur 5-8 Schreibmaschinenseiten, Dreyfuss, Ingram, 16 Nat. Res. J. 243 (257) (1976). 37 Anderson, S. 14; Dreyfuss, Ingram, 16 Nat. Res. J. 243 (257) (1976); siehe Trubek, S. 164 ff. für eine Beschreibung der Strategie von Public Interest Law Firms, die in einem koordinierten Bemühen versucht haben, die wichtigsten Bestimmungen des EIS-Verfahrens unter ΝΕΡΑ frühzeitig in Gerichtsverfahren klären zu lassen und ΝΕΡΑ als Instrument zur Lösung komplexer, um weltpolitisch kontroverser Vorhaben zu benutzen; zu den Grenzen der gerichtlichen Durchsetzung von ΝΕΡΑ siehe auch Cortner, 16 Nat. Res. J. 321 (327 ff.)(1976). 33

1. National Environmental Policy Act (ΝΕΡΑ)

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decade" in voller Entwicklung 38 waren auch die Gerichte grundsätzlich kritisch gegenüber der Implementation von ΝΕΡΑ durch die Bundesbehörden eingestellt. Es überrascht deshalb nicht, daß die Rechtsprechung einen entscheidenden Einfluß auf die Entwicklung und Umsetzung des EIS-Verfahrens hatte. Bei Fehlen einer verbindlichen institutionellen Kontrolle des EIS-Verfahrens innerhalb der Verwaltung waren andererseits die Beteiligung der Öffentlichkeit in umweltpolitischen Kontroversen und die aktive Rolle, die die Rechtsprechung bei der Interpretation von ΝΕΡΑ eingenommen hat, notwendige Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung der gesetzlichen Regelung des EIS-Verfahrens in der Praxis.

1.1.3. Beirat für Umweltfragen - Council on Environmental Quality (CEQ)

Neu eingeführt wurde durch ΝΕΡΑ der Council on Environmental Quality (CEQ) als Beratungsgremium für Umweltfragen, das im Executive Office des Präsidenten angesiedelt wurde. Der CEQ besteht aus drei Mitgliedern sowie angegliedertem Personal 39 und soll im wesentlichen folgende Funktionen erfüllen: den Präsidenten in Umweltfragen zu beraten, die Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtungen unter ΝΕΡΑ durch die Bundesbehörden zu überwachen sowie das EIS-Verfahren zu strukturieren und zu koordinieren und der Öffentlichkeit Informationen über Umweltfragen bereitzustellen 40. In seiner Beratungsfunktion, der einzigen der oben genannten Funktionen, die in ΝΕΡΑ selbst ausdrücklich erwähnt wird, hat der CEQ u.a. die Aufgabe, bestehende Gesetze und Programme im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit den Zielen der nationalen Umweltpolitik zu überprüfen, den Präsidenten über Bedingungen und Entwicklung der Umweltqualität zu beraten und Vorschläge zu entwickeln, wie die Ziele der nationalen Umweltpolitik fortzuschreiben sind, sowie Untersuchungen und Forschungen über die Bedingungen der Umweltqualität durchzuführen 41. Dane38 Downs, The Public Interest 1979, 38 ff. hat den wechselnden Kreislauf des „ProblemAufmerksamkeits Zirkels" fur Umweltfragen beschrieben. Das Ende der 60er Jahre kann danach als "pre-stage" bezeichnet werden. Daran schließt sich die Phase der „alarmierten Entdeckung des Problems und des Enthusiasmus" an. Im dritten Schritt werden die Kosten der Problembewältigung realisiert; in der vierten Phase nimmt das öffentliche Interesse schrittweise ab und schließlich wird fünftens die "post problem stage" erreicht, in der die aufgezeigten Probleme noch immer der Lösung harren, aber auch nicht völlig aus dem Bewußtsein der Öffentlichkeit verschwunden sind. 39 Das gesamte wissenschaftliche Personal des CEQ bestand im Jahre 1971 aus 21 Personen und erreichte 1973 mit 50 Personen seinen höchsten Stand, Andrews, S. 38. 40 Executive Order 11514, 35 F.R. 4247 (1970). 41 Die Aufgabe, ökologische Systemstudien durchzufuhren, wie es § 204 (5) ΝΕΡΑ verlangt, wurde im Dezember 1970 auf die neu gegründete Bundesumweltbehörde, die Environmental Protection Agency (EPA) übertragen; dem CEQ verbleibt jedoch die Aufgabe, Studien zur Umweltqualität durchzuführen, Reorganization Plan No. 3 of 1970, 35 F.R. 15623, 84, stat. 2068. Dem CEQ wurde im Environmental Quality Improvement Act von 1970 (42 U.S.C. §§4371 ff.) auch die Befugnis gegeben, ein "Office of Environmental Quality" im Executive

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IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

ben hat er Umweltveränderungen festzustellen und zu berichten sowie einen jährlichen Bericht an den Präsidenten über den Stand der Umwelt abzugeben42.

1.1.3.1. Überwachung und Implementation von ΝΕΡΑ ΝΕΡΑ übertrug eine Vielzahl von Verpflichtungen auf den CEQ, delegierte an ihn jedoch nicht ausdrücklich die Aufgabe, Verwaltungsvorschriften für die Umsetzung des Verfahrens unter ΝΕΡΑ zu entwerfen. Die Gesetzgebungsgeschichte enthält Hinweise, daß ursprünglich dem Office of Management and Budget (OMB) auch diese Rolle zufallen sollte 43 . Durch Executive Order 11514 vom 5.3.1970 wurden die Aufgaben, zu überwachen, ob das EIS-Verfahren unter ΝΕΡΑ durch die Verwaltung erfüllt wird, und Verwaltungsvorschriften für das Verfahren selbst zu entwickeln, ausdrücklich dem CEQ übertragen. Als ΝΕΡΑ vom Congress verabschiedet wurde, enthielt das Gesetz keine Einzelheiten im Hinblick auf das EIS-Verfahren und gab damit dem CEQ beträchtliches Ermessen bei der Entwicklung von Verwaltungsvorschriften und Richtlinien (guidelines). Der Council hatte die schwierige Aufgabe, Kriterien für Begriffe wie „nachteilige Umweltauswirkungen" ("adverse environmental impacts") oder „langfristige Produktivität und kurzfristige Nutzung" ("long term productivity and short term use") zu finden. Das Ziel der Verwaltungsvorschriften bestand darin, einerseits diese Begriffe so zu definieren, daß sie auf bestehende Bundesgesetze und -programme anwendbar waren, andererseits das EIS-Verfahren für die Bundesbehörden zu konkretisieren und damit erfüllbar zu machen. Sowohl bei den überarbeiteten Richtliniendes CEQ (revised guidelines) als auch bei den zwischenzeitlichen Richtlinien (interim guidelines)44, die im April 1971 veröffentlicht wurden, ist der Einfluß der Rechtsprechung deutlich. Sie bezogen sich im wesentlichen auf die Kriterien, die die Gerichte bis dahin für das EIS-Verfahren entwickelt hatten 45 . Neben Regelungen für die wesentlichen Punkte des EIS-Verfahrens, die auch während des Gesetzgebungsverfahrens eine Rolle spielten, wie Informationssammlung, Entscheidungsvorbereitung und Anhörung anderer Behörden und der Öffentlichkeit, waren für die Entwicklung der Richtlinien die Definitionen der Bundesgerichte einflußreich, die in den Gerichtsentscheidungen zu ΝΕΡΑ entwickelt wurden und die ΝΕΡΑ auch eine

Office des Präsidenten zu gründen. Das o.g. 'Office" hatte niemals eine eigene institutionelle Identität, alle Verpflichtungen waren dem CEQ übertragen, Liroff, S. 233, Fn. 1. 42 § 204 ΝΕΡΑ, 42 U.S.C. § 4344. 43 Andrews, S. 42; Liroff, S. 37; siehe Senate Committee on Interior and Insular Affairs, National Environmental Policy Act of 1969, S. Rep. No. 91-296, 91st Congress, 1st Sess. 25 (1969). 44 36 F.R. 7724 (April 23, 1971); eine weitere Überarbeitung der Richtlinien folgte im Jahre 1973, 38 F.R. 20549 (August 1, 1973). 45 Liroff, S. 39.

1. National Environmental Policy Act (ΝΕΡΑ)

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gewisse Verpflichtung für die Beachtung von Umweltbelangen bei der Entscheidung über das Vorhaben selbst zusprachen. Die Gerichte selbst bezogen die Richtlinien (guidelines) in ihre Entscheidungen ein, sahen sich aber durch sie nicht in der Interpretation von ΝΕΡΑ gebunden46. Obgleich der CEQ darauf bestand, daß seine Richtlinien von den Behörden ohne Ausübung eigenen Ermessens zu befolgen waren, ist die Rechtsprechung davon ausgegangen, daß sie lediglich empfehlende und keine bindende Funktion für die Verwaltung besitzen47. Im übrigen erließen alle Behörden eigene Richtlinien für die Durchführung des EIS-Verfahrens, die im wesentlichen den CEQ-Richtlinien folgten. Jedoch ergaben sich zahlreiche Unstimmigkeiten und Widersprüche zwischen den verschiedenen Richtlinien, die von Widersprüchen in der verwendeten Terminologie bis zu Unterschieden in den Formen öffentlicher Partizipation bei der Vorbereitung des EIS reichten 48. Ausgehend von dem Bedürfnis, das EIS-Verfahren durch einheitliche Vorschriften verbindlich für alle Behörden zu regeln sowie das Verfahren selbst zu verkürzen und effizienter zu machen, wurde der CEQ im Jahre 1977 durch Executive Order 11991 beauftragt, bindende Verwaltungsvorschriften in Form von "regulations" für das EIS-Verfahren zu erlassen49. Zielsetzung der zu erlassenden VerwaltungsVorschriften bestand darin, das EIS-Verfahren als Mittel zur Entscheidungsvorbereitung zu verbessern, Verzögerung und Bürokratismus zu verringern sowie den Inhalt des EIS auf die wesentlichen Fragen und Probleme zu beschränken 50. Nach umfangreichen Anhörungen wurden im Jahre 1978 die endgültigen Verwaltungsvorschriften (regulations) veröffentlicht 51. Die Verwaltungsvorschriften enthalten nicht nur eine umfassende Regelung des EIS-Verfahrens unter § 102 (2) (C) ΝΕΡΑ, sondern alle Prinzipien unter § 102 (2) ΝΕΡΑ 5 2 . 46 siehe Warm Springs Dam Task Force v. Gribble,417U.S. 1301 (1309-10) (1976) ("CEQ is the Executive Office charged with administration of the National Environmental Policy Act ... (its) determination is entitled to great weight..."); Natural Resources Defense Council, Inc. v.Callaway, 524 F.2d 79 (86, Fn. 8) (2nd Cir. 1975) (the Council's guidelines carry "significant weight"); Sierra Club v. Morton, 514 F.2d 856 (873) (D.C. Cir. 1975), rev'd on other grounds sub nom. Kleppe v. Sierra Club, 427 U.S. 390 (1976) ("great respect"). 47 Hiram Clark Civic Club v. Lynn, 476 F.2d 421 (5th Cir. 1973); Aertsen v. Landrieu, 11 ELR 20005 (9th Cir. 1980). 48 Liebesman, 10 ELR 50039 (50045) (1980); siehe aber die 1982 überarbeiteten Verwaltungsvorschriften des U.S. Department of Housing and Urban Development (HUD), 24 C.F.R. §§ 50 ff., die die neuen CEQ-Verwaltungsvorschriften als Bestandteil eingeschlossen haben; bestätigt in United Civic Ass'n v. Pierce, 563 F.Supp. 200 (E.D. N.Y. 1983). 49 Executive Order 11991, 42 F.R. 26967 (May 25, 1977). 50 Die Verwaltungsvorschrift war "designed to make the environmental impact statement process more useful to the decisionmaker and the public; and to reduce paperwork and the accumulation of extraneous background data in order to emphasize the need to focus on real environmental issues and alternatives." Executive Order 11991, § 3 (h). 51 Council on Environmental Quality, ΝΕΡΑ, Implementation of Procedural Provisions, Final Regulations, 40 C.F.R. § 1500 ff. 52 Neben dem EIS-Verfahren in § 102 (2) (C) ΝΕΡΑ enthält § 102 (2) ΝΕΡΑ auch die Verpflichtung aller Bundesbehörden,

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IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

Die CEQ-Verwaltungsvorschriften fördern nicht nur die Durchführung des EIS-Verfahrens durch die Verwaltung, sondern auch die inhaltliche Entscheidungsfindung der Behörden im Hinblick auf die in § 101 ΝΕΡΑ genannten Politikziele 53 . Um eine bessere Entscheidungsvorbereitung und damit auch bessere Entscheidungen zu erreichen, legen die neuen Verwaltungsvorschriften Wert auf einen frühzeitigen Beginn des EIS-Verfahrens, auch um zu vermeiden, daß das EIS-Verfahren nicht lediglich die bereits getroffene Entscheidung nachträglich rechtfertigt, frühzeitige Bestimmung aller wichtigen, im EIS zu beantwortenden Fragen sowie eine kürzere und präzisere Dokumentation der Entscheidungsvorbereitung. Schließlich verlangen die neuen Verwaltungsvorschriften einen "record of decision", der die endgültige Entscheidung über das Vorhaben selbst mit den in dem EIS aufgeworfenen Fragen in Verbindung bringt 54 und damit eine Verbindung zwischen dem EIS und der nachfolgenden inhaltlichen Entscheidung über das Vorhaben selbst schafft. Auch bei Erlaß der neuen Verwaltungsvorschriften wurden im starken Maße die gerichtlichen Interpretationen zum EIS-Verfahren einbezogen55. Die neuen CEQ-Verwaltungsvorschriften sind grundsätzlich positiv aufgenommen worden 56 . Auch die Gerichte haben den VerwaltungsVorschriften, die für alle Bundesbehörden bindend sind 57 , erheblich größeres Gewicht bei ihrer Interpretation von ΝΕΡΑ beigemessen als den vorangegangenen Richtlinien (guidelines)58.

A) einen systematischen und interdisziplinären Ansatz für Planung und Entscheidungsfindung bei Umweltbelangen anzuwenden; B) Methoden zu entwickeln, um bisher unberücksichtigte Umweltbelange in den Entscheidungsprozeß einzubeziehen; E) Alternativen zu Vorschlägen, die ungelöste Konflikte hinsichtlich anderer Nutzung von Ressourcen beinhalten, zu untersuchen und zu entwickeln; F) Ziele und Initiativen fiir internationale Umweltprobleme zu entwickeln; G) Hilfestellung für Umweltprogramme anderer politischer oder privater Träger zu geben; H) ökologische Informationen für Planung und Entwicklung von ressourcen-orientierten Vorhaben zu entwickeln und zu nutzen; I) dem CEQ bei seinen Beratungsaufgaben zu assistieren, 42 U.S.C. § 4332 (2). 53 Liebesman, 10 ELR 50039 (50046) (1980); CEQ, 9th Annual Report 404 (1978). 54 40 C.F.R. § 1505.2 (b); siehe die ausfuhrliche Diskussion der CEQ-Verwaltungsvorschriften bei Liebesman, 10 ELR 50039 (50046 ff.) (1980); Fisher, 3 Harv. Envtl. L. Rev. 347 (350 ff.) (1979). 55 Lesser, 13 U. Michigan J. L. Reform 367 (369) (1980). 56 Liebesman, 10 ELR 50039 (50051) (1980); Fisher, 3 Harv. Envtl. L. Rev. 347 (380) (1979); Lesser, 13 U. Michigan J. L. Reform 367 ((404) (1980); Friedman, Environmental Forum 1985, 39 (42); unter der Reagan-Administration wurden die CEQ-Verwaltungsvorschriften im wesentlichen unverändert beibehalten. 57 National Indian Youth Council ν. Watt, 664 F.2d 220 (9th Cir. 1984). 58 Der U.S. Supreme Court hat in Andrus v. Sierra Club, 442 U.S. 347 (1979) festgestellt, daß sich die Gerichte den Verwaltungsvorschriften grundsätzlich zu unterwerfen haben; das bedeutet, daß die Gerichte sich bei ihren Entscheidungen grundsätzlich an den Verwaltungsvorschriften ausrichten, solange diese mit ΝΕΡΑ und seiner Interpretation durch den U.S. Supreme Court vereinbar sind, Reeve, 60 Wash. L. Rev. 101 (103) (1984).

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Die Entwicklung und Verabschiedung der Richtlinien (guidelines) bzw. der nachfolgenden Verwaltungsvorschriften (regulations) ist wohl der bedeutendste Erfolg des CEQ. Bei der Aufgabe, den Vollzug von ΝΕΡΑ durch die Bundesbehörden zu überwachen, sah sich der CEQ jedoch mehreren Schwierigkeiten gegenüber. ΝΕΡΑ verlangt nicht ausdrücklich, daß der CEQ die Umweltverträglichkeitsprüfung der Behörden überprüft, sondern sieht lediglich vor, daß die Environmental Impact Statements dem CEQ zuzuleiten sind, bevor sie dem Präsidenten und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden 59. Aus dem Gesetzgebungsverfahren läßt sich entnehmen, daß der Congress nicht beabsichtigte, den Council in den alltäglichen Entscheidungsprozeß der Verwaltung zu involvieren 60. Im wesentlichen beschränkt sich damit die Funktion des CEQ darauf, den Behörden Rat und Hilfestellung bei der Vorbereitung des EIS zu geben. Da dem CEQ kein Veto oder andere Mittel zur Verfügung stehen, seine Meinung gegen die der einzelnen Behörden durchzusetzen, war der CEQ allerdings häufig mit seinen gegen ein von einer Bundesbehörde vorbereitetes EIS geäußerten Bedenken wenig erfolgreich 61. Weil aber die Gerichte bei der Formulierung ihrer Urteile sich häufig auf die vom CEQ gegen ein EIS vorgebrachten Bedenken gestützt bzw. ihnen erhebliches Gewicht beigemessen haben 62 , nahmen die Behörden die Bedenken des CEQ ernster und verlangten teilweise, daß der CEQ das von ihnen erstellte EIS vor Veröffentlichung auf Vollständigkeit überprüft 63 . Eine Aufgabe, der der CEQ aufgrund seiner personellen Kapazitäten nicht nachkommen konnte. Nachdem die Aufgabe, die von den Bundesbehörden vorzubereitenden EIS auf Vollständigkeit zu überprüfen, im Jahre 1977 auf die Environmental Protection Agency (EPA) übertragen wurde 64 , ist der CEQ nicht mehr so stark in den Vollzug von ΝΕΡΑ eingebunden.

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§ 102 (2) (C) ΝΕΡΑ. Liroff, S. 43. 61 Liroff, S. 44. 62 siehe Warm Springs Task Force v. Gribble, 417 U.S. 1301 (1310) (1974) "The Council, ultimately responsible for administration of ΝΕΡΑ and most familiar with its requirements for Environmental Impact Statements, has taken the unequivocal position that the statement in this case is deficient ... That agency determination is entitled to great weight."; siehe auch Sierra Club v. Marsh, 769 F.2d 868 (1st Cir. 1985). 63 Liroff, 16 Nat. Res. J. 357 (360) (1976). 64 42 F.R. 59543 (November 18,1977); siehe zur Aufgabe der EPA unter § 309 Clean Air Act von 1970, die Umweltauswirkungen von Gesetzgebungsvorschlägen und Vorhaben der Bundesverwaltung zu analysieren und zu kommentieren; infra, IV. 2.5.2.; die EPA hat im übrigen eigene Verwaltungsvorschriften zur Vorbereitung eines EIS verabschiedet, 40 C.F.R. §6.100 ff. (1987). 60

7 Mezger

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IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

1.1.3.2. Beratung der Regierung In ΝΕΡΑ selbst wird die Rolle des CEQ als Beratungsorgan der Regierung ausdrücklich erwähnt. Gerade in dieser Funktion kann man dem CEQ nur wenig Erfolge bescheinigen. Dem Council of Economic Advisors nachgebildet65, ist der CEQ im Executive Office des Präsidenten angesiedelt, um direkten Kontakt als Grundlage der Politikberatung zu ermöglichen. In den ersten Jahren seines Bestehens ist der CEQ jedoch selten von der Regierung zur Beratung in Umweltfragen herangezogen worden 66 . Die Situation für den CEQ verschlechterte sich, als im Jahre 1972 Versuche von Regierung und Congress unternommen wurden, ΝΕΡΑ und andere Umweltgesetze in ihren Regelungen wesentlich zurückzunehmen 67. Der CEQ sah sich in die Rolle versetzt, umweltschützende Forderungen teilweise zurückzunehmen und sich damit gleichzeitig mit seinem Auftrag unter ΝΕΡΑ, der im wesentlichen umweltschützend ist, in Widerspruch zu setzen. Andererseits mußte er als Berater des Präsidenten "Team Player" sein und konnte nicht offen gegen die vorgeschlagenen Änderungen opponieren. Daher besteht in seiner Position als Berater der Regierung ein weiter Teil der Arbeit in informalen, wenig sichtbaren Versuchen, die Umweltpolitik zu beeinflussen, was ihm - trotz erheblichen Widerstandes innerhalb der Exekutive - teilweise gelungen ist 68 . Obgleich der CEQ nur begrenzten Einfluß auf die Entscheidungen der Regierung in Umweltfragen besitzt, ist seine Existenz für umweltorientierte Politik innerhalb anderer Behörden von nicht unbeträchtlichem Wert, wenn sie auf Unterstützung des CEQ gegen „wachstumsorientierte" Positionen innerhalb der Verwaltung oder auf Hilfestellung für umweltschützende Initiativen rechnen können 69 . In seiner Rolle als Koordinator für die Umweltpolitik auf Bundesebene, eine Rolle, die er sich zunehmend mit der Environmental Protection Agency (EPA) teilen muß, benutzt der CEQ Richtlinien, Verwaltungsvorschriften, Stellungnahmen und informale Besprechungen, um die Erfüllung von ΝΕΡΑ durch die Bundesbehörden zu fördern. Obgleich der Council davon ausgeht, daß diese Techniken sinnvoll sind, besitzt er doch keine Mittel, widerstrebende Behörden zu zwingen, die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen. Seine Position als Berater des Präsidenten ist relativ schwach, sein Haushalt wird von einem kritisch eingestellten Ausschuß überprüft 70 , er hat wenig politische Unterstützung innerhalb und außerhalb der Regierung oder im Congress und besitzt zudem keine eigene Hoheitsgewalt. Daher war und ist die Öffentlichkeit, und 65

zur Funktion und Bedeutung des Council of Economic Advisors, siehe Liroff, S. 52. Andrews, S. 42. 67 Rodgers, S. 715. 68 Liroff, S. 55; so war der CEQ erfolgreich, den Präsidenten zu veranlassen, das umstrittene Projekt des Cross-Florida Barge Canal aufzugeben, Liroff, S. 58. 69 Liroff, S. 60. 70 Andrews, S. 39. 66

1. National Environmental Policy Act (ΝΕΡΑ)

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hier insbesondere Umweltgruppen und -initiativen, seine Hauptunterstützung 71. Vor allem in den von Umweltgruppen und public interest law firms initiierten Klagen gegen Environmental Impact Statements sah der CEQ einen Weg, die weiten und vagen Formulierungen von ΝΕΡΑ durch die Rechtsprechung zu konkretisieren und die Behörden zur Erfüllung von ΝΕΡΑ zu zwingen72. Die jährlichen Berichte des CEQ über den Stand der Umwelt geben der Öffentlichkeit einen genauen Überblick über die bestehenden Umweltprobleme, wenn auch der Teil, der sich mit den Vorschlägen und Maßnahmen der jeweiligen Regierung befaßt, nicht allzu kritisch gelesen werden darf, da sich der CEQ nicht in offenen Widerspruch zu der offiziellen Umweltpolitik der jeweiligen Regierung setzen kann. In Anbetracht der eher zurückhaltenden Rolle, die der CEQ als Beratungsorgan der Exekutive spielen muß, ist seine Kooperation mit Umweltgruppen auf politische Arbeit „hinter den Kulissen" beschränkt, schließt aber eine Zusammenarbeit, vor allem im Bereich der Lobbypolitik bei neuen Umweltgesetzgebungsvorhaben, zwischen CEQ und Umweltschutzgruppen nicht aus73. Schließlich führt der CEQ zunehmend öffentliche Anhörungen zu wichtigen Fragen durch. Beides, so wird behauptet, habe dazu geführt, daß der CEQ seine Unterstützungsbasis in der Öffentlichkeit verbreitern konnte, ohne Einfluß innerhalb der Regierung zu verlieren 74.

1.2. Zusammenfassung Nachdem ΝΕΡΑ verabschiedet wurde, sind umfangreiche Versuche von Verwaltungsbeamten, Rechtswissenschaftlern und Gerichten unternommen worden, die Motive und Absichten des Gesetzgebers aus der Gesetzgebungsgeschichte abzuleiten. Die Motive und Absichten des Gesetzgebers beim Erlaß von ΝΕΡΑ sind jedoch nicht allzu deutlich 75 . Einigkeit besteht darin, daß dem Congress bei der Verabschiedung von ΝΕΡΑ nicht bewußt war, welche Konsequenz die Bestimmung in § 102 (2) (C) ΝΕΡΑ, ein EIS für Bundesmaßnahmen zu erstellen, haben würde 76 . Man kann jedoch davon ausgehen, daß der Congress das EIS-Verfahren nicht allein deshalb geschaffen hat, um den Informations71

Liroff, S. 62. siehe CEQ, 3rd Annual Report, S. 248,256 (1972); der Council war ebenfalls erfolgreich in seinem Bemühen, die Steuerfreiheit von Public Interest Law Firms zu erhalten, Liroff, S. 63. 73 Liroff, 16 Nat. Res. J. 358 (361) (1976). 74 Liroff, 16 Nat. Res. J. 358 (360) (1976). 75 Wie ein Autor, der selbst an dem Entwurf des § 102 ΝΕΡΑ während des Gesetzgebungsverfahrens gearbeitet hatte, es ausdrückte, sei die Rekonstruktion des "congressional intent", so ernsthaft sie auch angegangen sein mag, „ungefähr so wissenschaftlich wie die VoodooPraktiken, die Zukunft aus einem Haufen Hühnerknochen vorauszusagen", Dreyfuss, Ingram, 16 Nat. Res. J. 243 (254) (1976). 76 Andrews, S. 17; Liroff, S. 35; Anderson, Mandelker, Tarlock, S. 686; Dreyfuss, Ingram, 16 Nat. Res. J. 243 (254) (1976). 72

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stand der Verwaltung im Hinblick auf Umweltbelange zu verbessern, sondern auch den Entscheidungsprozeß inhaltlich beeinflussen wollte 77 . Da die Umweltverträglichkeitsprüfung als Verfahren zur Entscheidungsvorbereitung gedacht war, sollte jedoch im EIS keine Entscheidung über die geplante Maßnahme selbst getroffen werden. In welchem Maße ΝΕΡΑ eine Verpflichtung der Behörden beinhaltet, bei ihren Entscheidungen Umweltbelange einzubeziehen, nach welchen Kriterien Umweltauswirkungen zu beurteilen sind und welche Informationen das EIS enthalten soll, ist dagegen aus dem Gesetzgebungsprozeß nicht ersichtlich, und der Hinweis auf die Gesetzgebungsgeschichte trägt nur wenig zur Lösung dieser Fragen bei. Die weiten und vagen Anwendungsbereiche und Kriterien von ΝΕΡΑ sind im wesentlichen von der Rechtsprechung konkretisiert worden; eine Entwicklung, die der Gesetzgeber bei der Verabschiedung wohl einkalkuliert, jedoch in diesem Umfang nicht beabsichtigt hatte. Niemand im Gesetzgebungsverfahren konnte voraussehen, daß die Umweltschutzbewegung eine starke Unterstützung in der Rechtsprechung finden würde und das EIS-Verfahren zu einem extensiven Planungs- und Entscheidungsvorbereitungsverfahren umformen würde. Die Rechtsprechung und die CEQ-Verwaltungsvorschriften haben zugleich neue Funktionen für das Environmental Impact Statement entwickelt, die über die von dem Gesetzgeber intendierten Funktionen als Verfahren der Entscheidungsvorbereitungen und als Mittel zur Berücksichtigung von Umweltbelangen in den Entscheidungen selbst hinausgehen. Erstens wurde das EIS zu einer umfassenden Dokumentation des Entscheidungsprozesses ausgebaut. Der Gesetzgeber war bei dem Entwurf des Gesetzes offensichtlich davon ausgegangen, daß die von den Bundesbehörden geplanten Vorhaben bereits im Hinblick auf ihre wirtschaftliche Rechtfertigung überprüft sowie mögliche Alternativen zu dem vorgeschlagenen Vorhaben während des Planungsprozesses analysiert und beschrieben wurden; im EIS sollten dagegen lediglich die Umweltbelange untersucht werden, die in den bisherigen Planungsprozeß nicht einbezogen waren 78. Viele der von den Bundesbehörden geplanten Vorhaben waren - anders als die vom Gesetzgeber beim Entwurf des EIS-Verfahrens in Betracht gezogenen Wasser bau vorhaben 79 - in keiner Weise formal im Planungsprozeß dokumentiert. Umweltschützer, die seit Jahren vergeblich schriftliche Berichte, die die Entscheidung der Verwaltung für ein Vorhaben erläutern, gefordert hatten, suchten im EIS eine Dokumentation des gesamten Entscheidungsprozesses zu erhalten. Die Gerichte - ebenfalls auf der Suche nach vollständigen Informationen - unterstützten diese Haltung 80 . 77

Dreyfuss, Ingram, 16 Nat. Res. J. 243 (254) (1976). Dreyfuss, Ingram, 16 Nat. Res. J. 243 (259) (1976). 79 Eine wirtschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse ist bei Wasserbauvorhaben zwingend vorgeschrieben, Jaffe, 4 Harv. Envtl. L. Rev. 58 (1980). 80 siehe EDF v. Froehlke, 473 F.2d 346 (351) (8th Cir. 1972) .. the formal impact study 78

1. National Environmental Policy Act (ΝΕΡΑ)

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Obgleich die Information der Öffentlichkeit über die Hintergründe öffentlicher Entscheidungen und Maßnahmen sinnvoll und notwendig ist, bleibt zu fragen, ob alle für die spätere Entscheidung der Behörde relevanten Informationen, ob sie sich auf Umweltbelange beziehen oder nicht, in das EIS aufzunehmen sind. In diesem Zusammenhang besteht die Gefahr, daß sich das EIS-Verfahren von einem Verfahren zur Entscheidungsvorbereitung der Verwaltung in ein nachträgliches Informations- und Dokumentationsverfahren für die Öffentlichkeit bzw. Gerichte verwandelt, das zudem dysfunktionale Konsequenzen mit sich bringt, da es das Verfahren selbst langwierig und kostspielig gestaltet. Zweitens entwickelt sich das EIS immer häufiger zu einem - in nachfolgenden Gerichtsverfahren zu verwendenden - Nachweis, daß die Behörde die gesetzlichen Anforderungen des ΝΕΡΑ erfüllt hat 81 . Die Behörden versuchen sich vor möglichen gerichtlichen Angriffen gegen das von ihnen vorbereitete EIS zu schützen, indem sie im EIS bis ins letzte Detail nachweisen, daß sie die Anforderungen des ΝΕΡΑ erfüllt haben. Die Folge ist, daß das EIS in seinem Inhalt einerseits zu ausführlich und andererseits gleichzeitig bedeutungslos wird, da es nicht für den Entscheidungsprozeß der Behörde, sondern für ein möglicherweise nachfolgendes Gerichtsverfahren vorbereitet wurde. Diese Verwendung des EIS ist zudem nicht sinnvoll, da der Beweis, daß die Behörde ihre Verpflichtung unter ΝΕΡΑ erfüllt hat, ebensogut, falls es notwendig sein sollte, nachträglich durch Beweismittel im Gerichtsverfahren selbst geführt werden kann. ΝΕΡΑ basiert zudem auf einer Reihe von Annahmen. Eine dieser Annahmen besteht darin, daß der Entscheidungsprozeß der Bundesbehörden geändert werden kann, ohne im einzelnen den gesetzlichen Auftrag oder die Aufgabenstellung der Behörden zu ändern. Die Frage bleibt offen, ob die vagen umweltpolitischen Zielsetzungen und Formulierungen sowie die generalklauselartige Erweiterung der gesetzlichen Aufgaben der Verwaltung in bezug auf Umweltbelange in ΝΕΡΑ ausreichend sind, um gesetzliche Aufgabenstellung und etabliertes Entscheidungsverhalten der Verwaltung, die Umweltbelange tendenziell vernachlässigen, zu ändern 82. Die zweite Annahme, die mit der ersten in enger Verbindung steht, besteht darin, daß Umweltbelange und Umweltwerte ausreichend definiert sind und die Wissenschaft der Ökologie die umweltrelevanten Informationen liefern kann, wie sie für die Untersuchungen der Umweltauswirkungen, die ΝΕΡΑ verlangt,

supplies a convenient record for the courts in reviewing agency decisions for the merits to determine if they are in accord with the substantive policies of ΝΕΡΑ .. 81 Yost, Environmental Forum 1985,38 (41); Bardach, Pugliaresi, 49 Pubi. Interest 22 (134) (1977). 82 Oakes, 52 Ν. Y. U. L. Rev. 418 (507) (1977); Sax, 26 Okl. L. Rev. 239 (1973); Cortner, 16 Nat. Res. J. 323 (337) (1976); Andrews, 16 Nat. Res. J. 301 (321) (1976) (UVP-Verfahren bewirkt keine grundlegende Änderung im Entscheidungsverhalten der Behörden); siehe auch Delogü, S. 14 (ΝΕΡΑ kann kein Ersatz für materielle Umweltgesetzgebung sein).

102

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

benötigt werden 8 3 . Manche A u t o r e n bezweifeln, daß die Ökologie als Wissenschaft verläßliche Informationen für die abschließende Beurteilung von Umweltauswirkungen liefern k a n n 8 4 , vor allem wenn sie i m Kontext der richterlichen Interpretation von vagen Umweltbegriffen geschieht 85 . Das EIS-Verfahren selbst hat sich i m Laufe der Jahre in einen komplexen Planungs-p Dokumentations- u n d Entscheidungsprozeß transformiert, jenseits seiner v o m Gesetzgeber beabsichtigten Funktion. Die äußeren Umstände, die das Verfahren umgeben, laufen teilweise den Absichten des Gesetzgebers zuwider, nämlich daß das EIS-Verfahren in erster Linie für den Entscheidungsprozeß effizient zu sein hat. Obgleich Ν Ε Ρ Α nicht zu einer Prozeßflut 8 6 oder zu erheblichen Verzögerungen von Vorhaben geführt h a t 8 7 , machen jedoch die Ver-

83

Anderson, Mandelker, Tarlock, S. 687. siehe Carpenter, 6 ELR 50014 (50017) (1976) "Ecology has not yet achieved a predictive capacity to the extent that other natural sciences such as chemistry or physics have. There are few established "principles** of ecology upon which to construct a prediction. Most important, ecology by its very definition involves such broad and complex number of things and interactions that adequate knowledge for practical application is very difficult to obtain .. 85 Carpenter, 15 Nat. Res. L. 573 (579 ff.)(1983); Bazelon, 5 Harv. Envtl. L. Rev. 209(210) (1981). 86 von 1970 bis 1978 sind über 10.000 EIS vorbereitet worden, Liroff, 21 Nat. Res. J. 315 (316) (1981); davon wurden bis 1978 in 938 Fällen das EIS gerichtlich angegriffen, Liroff, 21 Nat. Res. J. 315 (323) (1981); im Jahre 1979 wurde in 139 Fällen, im Jahre 1980 in 140 Fällen, im Jahre 1981 in 114 Fällen, im Jahre 1982 in 127 Fällen Klage wegen Verletzung von ΝΕΡΑ bei den Gerichten anhängig gemacht, CEQ, Annual Report 1982, S. 234; Annual Report 1983, S. 265. 87 Verzögerungen bei Bundesvorhaben durch einstweilige Anordnungen unter ΝΕΡΑ in den Jahren 1970-1977: Gründe Zahl der Fälle 84

Verzögerungen wegen einstweiliger Anordnungen bis zu 3 Monaten 3 bis 6 Monate 6 bis 12 Monate über 12 Monate Länge nicht angegeben Total Dauernd aufgehalten Verzögerung aus anderen Gründen Keine einstweilige Anordnung Gesamtfälle

37 21 23 92 29 202 0 27 709 938

U.S. Council on Environmental Quality, Annual Report, S. 409 (1978). 1982 wurden 19 einstweilige Anordnungen unter ΝΕΡΑ ausgesprochen bei 157 anhängigen Fällen, CEQ, Annual Report, S. 265 f. (1983); 1981 wurden bei 114 anhängigen Verfahren 12 einstweilige Anordnungen, 1980 bei 140 anhängigen Verfahren 17 einstweilige Anordnungen und im Jahre 1979 wurden bei 139 anhängigen Verfahren 12 einstweilige Anordnungen ausgesprochen, CEQ, Annual Report, S. 234 (1982); siehe weitere statistische Angaben bei Liroff, 21 Nat. Res. J. 315 (322) (1981); Wenner, S. 10 ff.

2. Planungen und Maßnahmen, die ein EIS erfordern

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schiedenheit der Teilnehmer am Verfahren, die Unabhängigkeit der Einwender bzw. möglicher Kläger sowie die Rechtsprechung die zügige Durchführung von Vorhaben in manchen Fällen schwierig. Darin liegen zugleich die größten Vorund Nachteile des EIS-Verfahrens. Überprüfung des ElS-Verfahrens durch Partizipation von Dritten oder die Kontrolle durch die Gerichte kann verhindern, daß die entscheidende Behörde auf lokale und politische Interessen oder die Interessen einer bestimmten Klientel reagiert oder lediglich versucht, eine bereits getroffene Entscheidung nachträglich zu legitimieren. Andererseits können Dritte das EIS-Verfahren nutzen, um ihre eigenen Interessen durchzusetzen oder bestimmte Vorhaben zu verhindern, aus Gründen, die möglicherweise in keiner Beziehung zu Umweltbelangen stehen und nur von ihren eigenen partikularistischen Interessen abhängen88. Dies ist ein Problem, das sich bei allen Verfahrensinstrumenten, die eine Beteiligung von Dritten vorsehen, stellt. Letztlich hängt es aber von der Interpretation der Rechtsprechung ab, in welchem Maß ein Verfahren wie das EIS-Verfahren für partikularistische Zwecke instrumentalisiert werden kann. Zu beachten ist bei dieser Diskussion jedoch die Tatsache, daß der Verwaltung kein selbstdeduktiver Begriff von Allgemeinwohl vorgegeben ist. Dieser - so ist in der neueren verwaltungsrechtlichen Diskussion anerkannt - entwickelt sich aus einer Abwägung der beteiligten Interessen im Verfahren 89. Daß es hierbei zu Friktionen und Verzögerungen kommt, läßt sich nicht vermeiden. Im folgenden soll nunmehr untersucht werden, wie die Regelungen von ΝΕΡΑ sich seit der Verabschiedung konkretisiert und durchgesetzt haben.

2. Planungen und Maßnahmen, die ein Environmental Impact Statement erfordern Die Informationsfunktion des ElS-Verfahrens wird zunächst durch den Bereich von Vorhaben und Maßnahmen bestimmt, für die ein EIS unter ΝΕΡΑ zu erstellen ist. Aufgrund der föderalistischen Struktur der USA, die der Bundesregierung nur beschränkte Gesetzgebungskompetenzen einräumt, erstreckt sich die Anforderung, ein EIS zu erstellen, nach dem gesetzlichen Wortlaut lediglich 88 siehe O'Hare, 25 Pubi. Policy 407 (1977); Anwendung von ΝΕΡΑ als Unterstützung des „nicht in unserer Gegend" Prinzips; ΝΕΡΑ-Klagen sind auch von der Industrie angewandt worden, um Wettbewerbsbeschränkungen oder ökonomische Regulierungen abzuwenden bzw. zu verzögern, siehe Burger, 47 J. Air Com. 529 (1976); siehe auch Nucleus of Chicago Homeowners v. Lynn, 524 F.2d 225 (7th Cir. 1975) (ΝΕΡΑ als Mittel, sozialer Homogenität eines Wohnviertels zu erhalten); siehe auch Daffron, 4 Envtl. Äff. 81 (1975); Liroff, 21 Nat. Res. J. 315 (326 (1981). 89 siehe Stewart, 88 Harv. L. Rev. 1669 ff. (1975); für die Diskussion in der Bundesrepublik siehe Schoeneberg, S. 34 ff.; Ladeur, S. 16 ff., 93 ff.

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IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

auf "federal" (Bundes-)Gesetzgebungsvorschläge, Berichte, Empfehlungen und Vorschläge für Maßnahmen ("actions"). Eine weitere Eingrenzung besteht darin, daß nur „bedeutende" Maßnahmen mit „signifikanten Umweltauswirkungen" in einem EIS zu untersuchen sind. Die Rechtsprechung hat eine umfangreiche Judikatur zu diesen Begriffen entwickelt, die versucht, die weite Begrifflichkeit im Hinblick auf die mit ΝΕΡΑ verfolgten Ziele zu konkretisieren.

2.1. Umweltverträglichkeitsprüfung bei Gesetzgebungsvorhaben Obgleich Gesetzgebungsvorhaben im Zusammenhang mit der Planung und Entscheidung über räumliche Nutzungen nur wenig Bedeutung haben, kann an diesem Beispiel gezeigt werden, daß das EIS-Verfahren nur dann umgesetzt wird, wenn der Entscheidungsträger - in diesem Fall der Congress - Interesse an der Durchführung hat und/oder die Durchführung des EIS-Verfahrens durch die Rechtsprechung überwacht und durchgesetzt wird. Die Vorschrift des § 102 (2) (C) ΝΕΡΑ findet zwar Anwendung auf Gesetzgebungsvorhaben des Bundes, tatsächlich werden aber nicht immer Environmental Impact Statements (EIS) für Gesetzgebungsvorhaben erstellt 90 . Bemerkenswert ist die Tatsache, daß ein EIS häufiger für Gesetzesvorhaben vorbereitet wird, die umweltschützende Absichten verfolgen, als für Gesetze, die wachstumsorientiert sind 91 . Es wäre jedoch wichtiger, ein EIS für Gesetzgebungsvorhaben, die wachstumsorientiert sind und damit möglicherweise nachteilige Folgen für die Umwelt mit sich bringen können, zu erstellen. Gründe, aus denen ein EIS nur selten für Gesetzgebungsvorschläge vorbereitet wird, liegen in der Haltung des Congress bzw. des Office of Management and Budget (OMB), die an der Vorbereitung eines EIS grundsätzlich wenig Interesse gezeigt haben und keinen Druck auf die Bundesressorts ausüben, ein EIS für die entsprechenden Gesetzgebungsvorschläge vorzubereiten 92. Zum anderen beruht das Versäumnis, ΝΕΡΑ in dieser Hinsicht zu erfüllen, auf dem Mangel, diese Vorschrift gerichtlich durchsetzen zu können. Die Interpretationen der Rechtsprechung haben eine bedeutende Rolle bei der Durchsetzung des EIS-Vefahrens für Maßnahmen der Verwaltung gespielt. Die gerichtlichen Interpretationen des EIS-Verfahrens bei Gesetzgebungsvorschlägen sind dagegen zurückhaltend und widersprüchlich. Schließ90 Von den 992 EIS-Entwürfen im Jahre 1976 betrafen lediglich 9 Gesetzesvorhaben, obgleich die Gesetzesvorhaben, die Umweltbelange betreffen, auf ungefähr 800 per Gesetzgebungsperiode geschätzt wird, Kirshner, 58 B. U. L. Rev. 560 (562) (1978); für die Diskussion in der Bundesrepublik siehe Cupei, Zeitschrift für Gesetzgebung 1988, S. 46 ff. 91 Anderson, S. 126; Rodgers, S. 714. 92 Rodgers, S. 714.

2. Planungen und Maßnahmen, die ein EIS erfordern

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lieh sind die Klagemöglichkeiten Dritter begrenzt und die Klageart bzw. anzuwendenden Rechtsmittel umstritten 93 . Mit der Vernachlässigung des EIS-Verfahrens bei Gesetzgebungsvorhaben begibt sich der Congress eines wichtigen Mittels, Umweltbelange langfristig und vorausschauend in das Gesetzgebungsverfahren und damit in die materiellen Gesetzesregelungen einzuführen. Diese Entwicklung läuft Intention und Wortlaut von ΝΕΡΑ entgegen, die ein EIS bei Gesetzgebungsvorhaben ausdrücklich fordern. Hier wäre das EIS zudem ein geeignetes Mittel, Motive und Auswirkungen der vorgeschlagenen Gesetzesregelung offenzulegen und damit mehr Rationalität, vor allem im Hinblick auf die mit der Beachtung von Umweltbelangen verbundenen Wertentscheidungen, in den Gesetzgebungsprozeß einzubringen. Die gleichen Überlegungen gelten auch für langfristige politische Entscheidungen, sei es durch den Congress oder die Verwaltungsspitze, bei denen ebenfalls in der Regel kein EIS vorbereitet wird 94 . Bei Haushaltsgesetzen bzw. Gesetzen für Haushaltszuweisungen (appropriation requests) hat der Supreme Court ausdrücklich entschieden, daß für diese Gesetze, obgleich oft mittelbar mit bedeutenden Folgen für die Umwelt verbunden, kein EIS vorzubereiten ist 95 .

2.2. Environmental Impact Statement bei Verwaltungsentscheidungen Der Begriff der Bundesmaßnahme ("federal action") ist weit interpretiert worden. Er umfaßt nicht nur Maßnahmen, die von einer Bundesbehörde (federal agency)96 selbst geplant und durchgeführt werden, sondern auch solche Vorhaben, bei denen eine Beziehung zu einer Bundesbehörde besteht. Wie ein Gericht ausgeführt hat: „Eine Bundesmaßnahme im Sinne des Gesetzes ist nicht nur dann gegeben, wenn die Behörde beabsichtigt, die Maßnahme selbst durchzuführen, . . . sondern auch immer dann, wenn die Verwaltung eine Entscheidung trifft, die einem Dritten erlaubt, eine Maßnahme durchzuführen, welche Auswirkungen auf die Umwelt mit sich bringt... Das UVP-Verfahren unter ΝΕΡΑ wurde angewendet, wenn eine Bundesbehörde die Verpachtung von Land an private Dritte genehmigt,... Erlaubnisse oder Lizenzen an Dritte vergibt, . . . Straßenbauvorhaben der Einzelstaaten genehmigt oder finanziert, . . . In allen diesen Fällen hat die Bundesbehörde Maßnahmen unternommen, die die Umwelt berühren in dem Sinn, daß die Behörde eine Entscheidung getroffen hat, die 9i

Kirshner, 58 B. U. L. Rev. 560 (562) (1978); siehe auch Rodgers, S. 714; eine einstweilige Anordnung gegen den Congress wegen Verletzung des EIS-Verfahrens, die Gesetzgebungsvorhaben aufhalten könnte, ist nicht zulässig; es kommt allerdings dann eine Feststellungsklage (declatory relief) in Betracht, die das Problem einer möglichen Verletzung der Gewaltenteilung vermeiden könnte, McGarity, 55 Texas L. Rev. 801 (815) (1977). 94 McGarity, 55 Texas L. Rev. 801 (809) (1977). 95 Andrus v. Sierra Club, 442 U.S. 347 (1979). 96 Eine weitere wichtige Einschränkung des Anwendungsbereiches von ΝΕΡΑ liegt darin, daß der Congress, die Judikative, der Präsident und die Staatskanzlei keine Bundesbehörden und damit von dem EIS-Erfordernis ausgenommen sind, 40 C.F.R. § 1508.12.

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IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

einem - privaten oder staatlichen - Dritten eine Handlung ermöglicht, die sich auf die Umwelt auswirkt 97 ."

Dank dieser Verbindung findet ΝΕΡΑ Anwendung, wenn ein privates Atomkraftwerk eine Genehmigung einer Bundesbehörde benötigt oder wenn ein privates oder öffentliches Projekt des sozialen Wohnungsbaus finanzielle Unterstützung der Bundesverwaltung erhält. Projekte, die von den Einzelstaaten und Gemeinden durchgeführt werden, fallen in der Regel dann unter ΝΕΡΑ, wenn der Bund sie finanziell unterstützt 98 . Raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen erfordern ein EIS, wenn eine ausreichende Beziehung zu einer Bundesbehörde besteht und die Planung oder Maßnahme damit zu einer „Bundesmaßnahme" ("federal action") wird. Grundsätzlich lassen sich „Bundesmaßnahmen" ("federal actions") unter ΝΕΡΑ in fünf verschiedene Fallgruppen einteilen. In der ersten Fallgruppe, wenn eine Bundesbehörde ein Vorhaben selbst durchführt oder initiiert, ist die Beziehung zur Bundesverwaltung eindeutig. Es bleibt für die Vorbereitung eines EIS dann allein die Frage offen, ob es sich um ein „bedeutsames" ("major") Vorhaben mit „signifikanten Auswirkungen auf die Umwelt" ("significantly affecting the environment") handelt. Beispiele in dieser Kategorie von Fällen sind der Neubau von Bundesgefängnissen 99 oder Postämtern ,ü0 . Die Rechtsprechung hat eine zweite Gruppe von Fällen als „Bundesmaßnahmen" anerkannt, die im wesentlichen lokale Vorhaben oder Projekte der einzelnen Bundesstaaten umfassen, die aber ohne finanzielle Beteiligung von Bundesbehörden nicht durchgeführt werden können, wie z.B. Wohnungsbauprojekte ohne finanzielle Unterstützung des U.S. Department of Housing and Urban Development (HUD). Hier hängt die Frage der ausreichenden Beziehung zu einer Bundesbehörde von Art, Umfang und Zeitpunkt der finanziellen Unterstützung ab 101 . Eine dritte Fallgruppe umfaßt Vorhaben von privaten Dritten oder staatlichen Institutionen, die Genehmigungen durch eine Bundesbehörde, in der Regel durch Lizenzen, Genehmigungen, Erlaubnisse oder Verträge erfordern. So 97

Scientists' Institute for Public Information, Inc. v. AEC (SIPI), 481 F.2d 1079 (1088-1089) (D.C. Cir. 1973). 98 siehe 40C.FR. § 1508.18. 99 Hanly v. Kleindienst, 471 F.2d 823 (2nd Cir. 1972). 100 City of Rochester v. U.S. Postal Service, 541 F.2d 967 (2nd Cir. 1976). 101 NAACPv. Medical Center, 584 F.2d 619 (3rd Cir. 1978) (Genehmigung von Kapitalausgaben für Krankenhaus, das bereits sonst durch Bundesmittel unterstützt wird, ist nicht ausreichend „bundesbezogen"); James River and Kanowah Canal Parks, Inc. v. Richmond Metropolitan Authority, 359 F.Supp. 611 (E.D. Virg. 1973) (Finanzierung durch lokale Anleihen, spätere finanzielle Unterstützung durch den Bund allein wegen steigender Kosten nicht ausreichend für eine „Bundesmaßnahme"); Hill v. Coleman, 399 F.Supp. 194 (D. Del. 1975) (finanzielle Unterstützung des Planungsprozesses durch den Bund nicht ausreichend).

2. Planungen und Maßnahmen, die ein EIS erfordern

107

haben z.B. die Gerichte eine Genehmigung für den Bau einer Hochspannungsleitung durch die Federal Power Commission (FPC) (mittlerweile Federal Regulatory Energy Commission) 102 , Verpachtungen von Öl- und Gasfeldern an private Firmen im Outer Contintental Shelf durch die Bundesregierung 103, Genehmigung von Pachtverträgen zwischen Indianerstamm und privaten Dritten durch den Secretary of Interior 104 oder Verträge über die Verteilung von Wasservorräten mit privaten Dritten 105 als „Bundesmaßnahmen" ("federal actions") unter ΝΕΡΑ angesehen. Raumbedeutsame Vorhaben, die unter die letztgenannte Gruppe fallen, sind z.B. die Genehmigung von Stadterneuerungsvorhaben 106 bzw. deren Planung 107 , Abriß von Stadtvierteln 108 , Vermietung von Gebäuden 109 , Verlagerung von Dienststellen oder Dienstleistungen110 sowie finanzielle Unterstützung für den Abriß unter Denkmalschutz stehender Gebäude111. In anderen Fällen mag eine solche Beziehung des Vorhabens zu einer Bundesbehörde bestehen, aber diese Verbindung ist nicht bedeutend genug, um das Projekt zu einer „Bundesmaßnahme" ("federal action") zu machen. In diesem Sinne ist z.B. die Verbindung einer Bundesbehörde als zu gering angesehen worden, um für eine 67 Meilen lange Hochspannungsleitung ein EIS zu verlangen, wenn lediglich ein 1,25 Meilen langes Stück wegen der Überquerung des Missouri Rivers eine Genehmigung des U.S. Army Corps of Engineers benötigte112. 102

Green County Planning Bd. v. FPC, 455 F.2d 412 (2nd Cir. 1972). NRDC v. Morton, 337 F.Supp. 165 (D. D.C.); affd, 458 F.2d 827 (D.C. Cir. 1971). 104 Davis v. Morton, 469 F.2d 593 (10th Cir. 1972). 105 Environmental Defense Fund v. Andrus, 596 F.2d 848 (9th Cir. 1979). 106 Sierra Club v. Lynn, 502 F.2d 43 (5th Cir. 1974); Jones v. HUD, 390 F.Supp. 579 (D. La. 1974); Davis v. Morton, 469 F.2d 593 (10th Cir. 1972). 107 siehe dazu Strycker's Bay Neighborhood Council, Inc. v. Karlen, 444 U.S. 723 (1980). 108 Watch v. Harris, 603 F.2d310(2ndCir. 1979); Dalsis v. Hill, 424 F.Supp. 784 (W.D. N.Y. 1976) (Genehmigung für Stadterneuerungsprojekt und anfängliche finanzielle Unterstützung für den Abriß vorhandener Gebäude). 109 S.W. Neighborhood Assembly ν. Eckard, 445 F.Supp. 1195 (D. D.C. 1978) (Entscheidung der Government Service Administration, Räume in einem zu errichtenden Gebäude anzumieten); siehe aber Birmingham Realty Co. v. Government Service Administration, 497 F.Supp. 1377 (D. Ala. 1980) (kein EIS für Anmietung von Gebäuden, da keine Bundesmaßnahme). 110 Edwards v. First Bank of Dundee, 393 F.Supp. 680 (D. III. 1975) (Genehmigung der Federal Deposit Insurance Corporation für Verlagerung einer Geschäftsstelle); siehe aber Breckinridge v. Rumsfield, 537 F.2d 864 (6th Cir. 1976) (Schließung einer Militärbasis keine Bundesmaßnahme, die sich signifikant auf die Umwelt auswirkt). 1.1 Wisconsin Heritage, Inc. v. Harris, 490 F.Supp. 1334 (E.D. Wisconsin 1980); siehe aber Preservation Coalition v. Pierce, 667 F.2d 851 (9th Cir. 1982). 1.2 Ein environmental assessment, das das Corps vorbereitete, beschäftigte sich nur mit dem vorgenannten Teilstück. Das Gericht lehnt es ab, ΝΕΡΑ auf den Rest der Strecke anzuwenden, obgleich die gesamte Linie ohne die Flußüberquerung nicht möglich war, Winnebago Tribe v. Ray, 621 F.2d 269 (8th Cir. 1980); siehe auch Hayes, Hourihan, 13 B. C. Envtl. Äff. L. Rev. 61 (62 ff.) (1985) (ΝΕΡΑ eignet sich nicht für private Vorhaben, die nur eine geringe Verbindung zu einer Bundesbehörde haben); siehe aber Maryland Conservation Council v. Gilchrist, 808 F.2d 103

108

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

Die vierte Fallgruppe umfaßt Maßnahmen, die sich noch im Planungsstadium befinden. Hier stellt sich die Frage, ob die Maßnahme im Planungsstadium bereits Folgen für die Umwelt hat, insbesondere dann, wenn die Planungen nur deshalb vorgelegt werden, um später finanzielle Förderung für Einzelvorhaben zu erhalten. Die fìinfte Gruppe umfaßt schließlich solche Maßnahmen der einzelnen Bundesstaaten, Gemeinden oder Dritter, die keine Genehmigung oder finanzielle Unterstützung durch die Bundesverwaltung erhalten, die jedoch insoweit in einer Beziehung zur Bundesebene stehen, als die Bundesverwaltung diese Vorhaben verhindern könnte. Hier ist umstritten, ob für ein Nicht-Handeln bzw. Unterlassen einer Bundesbehörde gleichfalls ein EIS zu erstellen ist. Die Rechtsprechung zu den angesprochenen Fragen wird im folgenden dargestellt.

2.2.1. Finanzielle Förderung von Vorhaben

Zahlreiche Vorhaben, die von dem EIS-Verfahren unter ΝΕΡΑ erfaßt werden, fallen in die zweite Fallgruppe, da sie finanziell durch die Bundesebene unterstützt werden. Unter der traditionellen Form finanzieller Unterstützung, der Förderung einzelner Vorhaben, schlägt ein Bundesstaat oder eine kommunale Gebietskörperschaft ein Vorhaben zur Finanzierung vor, und die Bundesbehörde prüft und genehmigt die finanzielle Förderung des Vorhabens. Die Verbindung zur Bundesverwaltung ist in diesem Fall eindeutig. Die Frage der Anwendbarkeit von ΝΕΡΑ für die finanzielle Unterstützung von Plänen und Vorhaben durch die Bundesebene hängt dann von Umfang und Zeitpunkt der finanziellen Unterstützung ab. Nicht immer ist die finanzielle Beziehung zur Bundesverwaltung ausreichend, um ein EIS für das Vorhaben zu fordern. Bei finanziellen Zuwendungen ist der Bund, speziell unter der Reagan-Regierung, in den letzten Jahren dazu übergegangen, nicht mehr einzelne Projekte auf einzelstaatlicher oder Gemeindeebene zu bewilligen und finanziell zu unterstützen, sondern den Bundesstaaten und Gemeinden im Rahmen von sog. block-grant Programmen pauschal Mittel zuweisen. Die einzelnen Bundesstaaten oder lokalen Gebietskörperschaften können diese Mittel ohne Genehmigung und Überwachung der Bundesebene lediglich nach den in den Programmen aufgeführten generellen Kriterien für bestimmte Aufgaben verwenden. Die Verpflichtung, ΝΕΡΑ zu beachten, ist in manchen Gesetzen, die block-grant Programme enthalten, ausdrücklich aufgenommen, so z.B. für die finanzielle Unterstützung von Stadterneuerungsprogrammen 113 . 1039 (9th Cir. 1986) (eine Genehmigung einer Bundesbehörde reicht aus, um für Vorhaben eines Einzelstaates ein EIS zu fordern). 1,3 Housing and Community Development Act of 1974, 42 U.S.C. § 5304 (f.).

2. Planungen und Maßnahmen, die ein EIS erfordern

109

Aber auch für die Gesetze, die eine solche Bestimmung nicht enthalten, haben die Gerichte entschieden, daß ΝΕΡΑ anzuwenden ist. Bei block-grant Programmen, die geschaffen wurden, um den Bundesstaaten und Gemeinden mehr Verantwortung und Entscheidungsfreiheit in der Durchführung zu geben, geht es bei der Anwendung von ΝΕΡΑ letztlich wiederum um das Problem des Föderalismus. Während einerseits die Fragmentierung zwischen den verschiedenen staatlichen Ebenen bei der Behandlung von Umweltproblemen durch die Vorbereitung einer Umweltverträglichkeitsprüfung tendenziell überwunden werden kann, stellt sich gleichzeitig die Frage, in welchem Maß die Bundesebene Anforderungen, in diesem Fall Umweltbelange zu beachten, an die Bundesstaaten und Gemeinden stellen kann, ohne gleichzeitig inhaltlich in den Verantwortungsbereich des Trägers der jeweiligen Maßnahme einzugreifen. Dieses Problem wurde in einer frühen Entscheidung, 2s/y v. Velde 114, zugunsten der Beachtung von Umweltbelangen entschieden. In diesem Fall sollte der Neubau eines Aufnahme- und medizinischen Centers für Häftlinge eines Bundesstaates durch eine block-grant Zuweisung unter dem Organized Crime Control and Safe Street A c t 1 1 5 finanziert werden. Mit der Begründung, dem Empfänger von Pauschalzuweisungen könnten nur Bedingungen auferlegt werden, die in dem die Zuweisung autorisierenden Gesetz enthalten seien, lehnte es die zuständige Bundesbehörde ab, ein EIS für die Bewilligung eines block-grant für das oben genannte Vorhaben vorzubereiten. Der Court of Appeals kam zu der Auffassung, daß zwar der Zweck pauschaler Zuweisungen durch block-grant Förderung darin bestehe, den Einfluß der Bundesebene auf die Politik der einzelnen Bundesstaaten und lokalen Gebietskörperschaften möglichst gering zu halten. Das Erfordernis, ein EIS zu erstellen, sei aber in keiner Weise als Versuch zu werten, lokale oder einzelstaatliche Politik inhaltlich zu beeinflussen. Daraus ist die Schlußfolgerung zu ziehen, daß die Beachtung von Umweltbelangen als grundlegende verfahrensmäßige Anforderung gesehen wird und nicht als Wahl einer inhaltlichen Entscheidung, die in das Belieben des Entscheidungsträgers gestellt ist. Diese Schlußfolgerung wird dadurch unterstützt, daß bei finanziellen Zuweisungen unter den block-grant Programmen auch andere Anforderungen der Bundesebene, z.B. die Beachtung der Civil Rights Gesetze oder die Anforderung an Planungs- und Berichtspflichten, die das Office of Management and Budget stellt, zu beachten sind 116 . Finanzielle Förderung in Form von Pauschalzuweisungen durch die sog. block-grants und direkte Finanzierung bzw. Teilfinanzierung von raumbedeutsamen Maßnahmen ist nicht die einzige Form von finanzieller Verbindung zu einer Bundesmaßnahme, die solche Vorhaben in den Anwendungsbereich von

1.4 1.5 116

451 F.2d 1130 (4th Cir. 1971). 42 U.S.C. §§ 3701 ff. Anderson, S. 61.

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IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

ΝΕΡΑ bringen. Ebenso werden Darlehen für die Finanzierung von Vorhaben 117 , Hypotheken oder Bürgschaften für private Dritte 1 1 8 , die durch die Bundesbehörden verwaltet oder genehmigt werden, als ausreichende Verbindung angesehen, um das Vorhaben zu einer Bundesmaßnahme zu machen. Anders als bei Pauschalzuweisungen durch block-grant Programme findet bei Maßnahmen, die durch generelle Steuerzuweisungen (general revenue sharing) finanziert werden, ΝΕΡΑ keine Anwendung. Während bei block-grant Programmen die Mittelvergabe für bestimmte Vorhaben, die die im Gesetz niedergelegten Kriterien zu erfüllen haben, und nach von dem einzelnen Bundesstaat bzw. der lokalen Gebietskörperschaft ausgearbeiteten Plänen und Programmen erfolgt, werden bei der Steuerverteilung die Mittel automatisch und zur freien Verfügung an die Bundesstaaten und Gemeinden verteilt. Zwar müssen die Staaten und Gemeinden einen Bericht über die geplante Verwendung geben, aber die Verwendung der Mittel bedarf keiner Genehmigung des Bundes und die Staaten sind in der Verwendung der Mittel frei. Diese Verbindung ist nach Ansicht der Rechtsprechung 119, die auch von den Verwaltungsvorschriften des CEQ aufgenommen wurde 120 , nicht ausreichend, um eine Bundesmaßnahme anzunehmen. Für die Frage, ob ein Programm, Plan oder Maßnahme eine ausreichende Beziehung zu einer Bundesbehörde besitzt, um in den Anwendungsbereich von ΝΕΡΑ zu kommen, ist eine genaue Analyse des Betrages und der Bedeutung der finanziellen Unterstützung oder anderen Beziehungen zur Bundesverwaltung notwendig. Während in manchen Fällen der „Bundes"Charakter einzelstaatlicher oder lokaler Projekte durch die Präsenz von beträchtlicher finanzieller Unterstützung etabliert wird, kann in anderen Fällen finanzielle Förderung lediglich ein Faktor sein, um zu bestimmen, ob ausreichend „Bundes"-Kontrolle, Einbindung oder Verantwortung der Bundesebene besteht, um die Vorbereitung eines EIS unter ΝΕΡΑ zu verlangen.

2.2.2. EIS bei Planungen und Vorschlägen

Bei der vierten Fallgruppe ist die entscheidende Frage, ob überhaupt eine „Bundesmaßnahme" vorliegt.

1.7 Texas Committee on Natural Resources v. United States, 430 F.2d 1315 (5th Cir. 1970) (ein FHA Darlehen für den Bau eines Golfplatzes und Parks); Goose Hill Foothill League v. Romney, 334 F.Supp. 877 (D. Ore. 1971) (HUD Darlehen von S 3,1 Millionen für den Bau eines Wohnhauses). 1.8 Wilson v. Lynn, 372 F.Supp. 934 (D. Mass. 1974) (HUD Versicherung für Hypothek und Garantie ftir Zinszahlungen des privaten Bauunternehmers); Sierra Club v. Lynn, 502 F.2d 43 (5th Cir. 1974) (Garantie für $ 18 Millionen Anleihe an Bauunternehmer für neue Siedlungsvorhaben). 1.9 Carolina Action ν. Simon, 384 F.Supp. 1244 (N.D. N.C.), afPd per curiam, 522 F.2d 295 (4th Cir. 1975). 120 40 C.F.R. § 1508.18 (a).

2. Planungen und Maßnahmen, die ein EIS erfordern

111

Für die Anwendung von ΝΕΡΑ muß nicht nur eine Beziehung zu einer Bundesbehörde vorhanden sein, sondern es muß auch eine „Maßnahme" ("action") vorliegen 121. Grundsätzlich fällt die Entwicklung von neuen Politiken, Programmen und Plänen unter den Begriff der „Bundesmaßnahme", da nicht nur bei „Maßnahmen", sondern auch bei „Vorschlägen" ("proposais") für Maßnahmen ein EIS vorzubereiten ist (§ 102 (2) (C) ΝΕΡΑ). Nach den CEQ-Verwaltungsvorschriften können „Maßnahmen" grundsätzlich in folgende Kategorien fallen: 1. Entwicklung neuer Politiken, 2. Annahme formaler Pläne, 3. Entwicklung von Programmen, um diese Pläne umzusetzen, 4. Entscheidungen der Behörde, diese Pläne und Programme umzusetzen122. Bei diesen „Vorschlägen" für Maßnahmen ergeben sich durch die Rechtsprechung gewisse Einschränkungen, die die Informationsfunktion des EIS in diesem Bereicfi teilweise begrenzen. Zunächst muß ein Vorschlag, Bericht oder Empfehlung vorliegen. Hat die Behörde Anhörungen durchgeführt, ohne bereits einen Vorschlag für eine bestimmte Maßnahem gemacht zu haben, ist zu diesem Zeitpunkt noch kein EIS zu erstellen, sondern erst dann, wenn eine Empfehlung oder ein Vorschlag für ein bestimmtes Vorhaben von der Behörde abgegeben wurde 123 . Außerdem muß ein EIS nur für „konkrete" Vorschläge vorbereitet werden 124 . Hier stellt sich die Frage, wie konkret ("specific") ein Vorschlag sein und zu welchem Zeitpunkt er untersucht werden muß. Die CEQ-Verwaltungsvorschriften haben „Vorschlag" recht undeutlich definiert als „Zeitpunkt in der Entwicklung eines Vorhabens, wenn die Behörde ein Ziel hat und Vorbereitungen trifft, sich für die eine oder andere Durchführungsvariante zu entscheiden und die Auswirkungen dieser Entscheidung bereits sinnvoll evaluiert werden können" 125 . Gerade bei Vorschlägen für Maßnahmen ist der Zeitpunkt sowie die Konkretheit des Vorschlages besonders wichtig. Wird das EIS zu früh im Entscheidungsprozeß erstellt, können die Folgen nicht abgeschätzt werden. Wird es dagegen zu spät erstellt, hat die Behörde sich vielleicht bereits zu sehr gebunden. Die 121 Scientists' Institute for Public Information v. AEC, 481 F.2d 1079 (D.C. Cir. 1973); Calvert Cliffs' Coordinating Committee v. AEC, 449 F.2d 1190 (D.C. Cir. 1971); 40 C.F.R. § 1508.18 (a); Aberdeen and Rockfish Railroad v. SCRAP, 422 U.S. 289 (1975); auch Grundsatzentscheidungen (rules) und Verwaltungsvorschriften (regulations), die die Bundesverwaltung in einem formalen Verfahren erläßt und die sie in ihrem Handeln binden und für Dritte zu beachten sind, werden wie Einzelanordnungen durch "adjudication" von dem Begriff der „Bundesmaßnahme" ("federal action") umfaßt. 122 40 C.F.R. § 1508.18 (b); siehe auch American Public Transit Ass'n v. Goldschmidt, 485 F.Supp. 811 (D. D.C. 1980). 123 Aberdeen and Rockfish Railroad v. SCRAP, 422 U.S. 289 (1975). 124 Kleppe v. Sierra Club, 427 U.S. 390 (401, Fn. 12) (1976) "The Committee Report (on ΝΕΡΑ) made clear that the impact statement was required in conjunction with specific proposals." 125 40 C.F.R. § 1508.23.

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IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

Gerichte haben die Notwendigkeit, das EIS frühzeitig im Planungsprozeß zu erstellen, häufig betont, aber bisher keine einheitliche Rechtsprechung zu dieser Frage entwickelt 126 . So ist die vorbehaltliche Zurückstellung von Finanzierungsmitteln für eine Flughafenerweiterung nicht „konkret" genug 127 , während das Versprechen einer Bundesbehörde für finanzielle Unterstützung und Bürgschaften für ein Wohnungsprojekt ausreichend „konkret" ist 128 . Besonders umstritten ist die Frage, ob für Planungen bereits ein EIS vorzubereiten ist. In Atlanta Coalition on Transportation Crisis , Inc. v. Atlanta Regional Commission 129 hat das Gericht entschieden, daß finanzielle Unterstützung von Planungen nicht ausreicht, um ein EIS für diese Pläne zu fordern. „In diesem Fall ist die finanzielle Unterstützung durch den Bund für das Planungsverfahren offensichtlich nicht mit einer Überprüfung der in diesem Verfahren erarbeiteten Pläne verbunden. Außerdem bringt die finanzielle Unterstützung des Planungsverfahrens durch den Bund keineswegs die Verpflichtung einer Bundesbehörde mit sich, ein Verkehrsvorhaben zu finanzieren oder eine Maßnahme durchzuführen, zu unterstützen oder zu genehmigen, die sich direkt auf die menschliche Umwelt auswirkt 130 ."

Grundsätzlich ist bei Planungen eine Tendenz der Rechtsprechung zu erkennen, die Notwendigkeit eines EIS von den spezifischen Verfahrensschritten des jeweiligen Förderungsprogrammes abhängig zu machen 131 . Das Problem besteht darin, daß viele Verfahren einen „konkreten" Vorschlag, der die Anwendung von ΝΕΡΑ nach sich zieht, häufig erst dann vorsehen, wenn die Verwaltung sich in der Planung bereits relativ festgelegt hat. Bei einigen Förderungsprogramm müssen erst umfassende Planungen für ein allgemeines Programm vorgelegt werden, bevor einzelne Vorhaben finanziell unterstützt werden, oder es müssen Planungen vorgelegt und genehmigt werden, bevor überhaupt ein Antrag auf finanzielle Förderung gestellt werden kann.

126 Thomas v. Peterson, 753 F.2d 754 (9th Cir. 1985) (EIS muß zum frühest möglichen Zeitpunkt des Planungsprozesses der Verwaltung vorbereitet werden); siehe auch 40 C.F.R. § 1501.2. 127 City of Boston v. Volpe, 464 F.2d 254 (1st Cir. 1972); siehe auch City of Highland Park v. Train, 519 F.2d 681 (7th Cir. 1975) (mögliche finanzielle Unterstützung durch die Bundesebene nicht ausreichend). 128 Silva v. Romney, 473 F.2d 287 (1st Cir. 1973). 129 599 F.2d 1333 (5th Cir. 1979). 130 a.a.O., S. 1336; siehe auch Tahoe Regional Planning Agency ν. Sahara Tahoe Corp., 504 F.Supp. 753 (D. Nev. 1980) (finanzielle Unterstützung der Planungen für Tahoe-Gebiet durch Bundesverwaltung nicht ausreichend); siehe auch Citizens for Responsible Area Growth v. Adams, 680 F.2d 835 (1st Cir. 1982) (Verbindung zu Flughafenprojekt, das lediglich in der Planung durch Bundesmittel finanziell unterstützt wurde, im übrigen aber privat finanziert und gebaut wurde, reicht nicht aus); Save our Wetlands, Inc. v. Sands, 711 F.2d 634 (5th Cir. 1983) (privates Vorhaben wird nicht zur Bundesmaßnahme durch zufallige Beteiligung von Bundesbehörden). 131 Anderson, Mandelker, Tarlock, S. 702.

2. Planungen und Maßnahmen, die ein EIS erfordern

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Vorbereitende raumbedeutsame Planungen werden häufig nicht als „Vorschlag" für eine Bundesmaßnahme angesehen, mit der Konsequenz, daß im Planungsprozeß kein EIS erstellt werden muß, sondern erst dann, wenn einzelne Vorhaben zu genehmigen oder zu fördern sind 132 . Als Argumente, auf ein EIS im Planungsstadium zu verzichten, werden angeführt, daß sich die Bundesbehörden durch diese Planungen nicht verpflichten, bestimmte Projekte durchzuführen 133 , daß nicht abzusehen ist, ob die Planungen jemals in dieser Form umgesetzt werden 134 , und schließlich die Bundesverwaltung keinen Einfluß auf oder Entscheidung über die vorbereitenden Planungen besitzt 135 . Damit werden die Planungen lediglich als ein Verfahrensschritt angesehen, während die Entscheidung über das Vorhaben zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt. Diese Einschätzung gilt insbesondere für sog. Entwicklungspläne (development plans), die für die Förderung von Stadterneuerungsprojekten vorgelegt werden müssen. Diese Pläne, deren Entwicklung von der Bundesverwaltung finanziell unterstützt wird, sind von dem U.S. Department of Housing and Urban Development (HUD) zu akzeptieren, solange die Pläne Fakten oder tatsächliche Situationen nicht unrichtig darstellen, die vorgeschlagenen Maßnahmen eindeutig nicht den vom Gesetzgeber verfolgten Zielen dienen oder nicht die im Gesetz gestellten Anforderungen erfüllen. Wegen des mangelnden inhaltlichen Einflusses auf die Planungen durch die Bundesverwaltung wird für diese „Entwicklungspläne" von der Rechtsprechung ein EIS nicht für erforderlich gehalten136. Nimmt man diese Prämissen der Rechtsprechung ernst, kommt die Vorbereitung eines EIS niemals in Betracht, wenn die Bundesbehörde keinen inhaltlichen Einfluß auf die spätere Entscheidung nehmen kann. Davon ist die Rechtsprechung auch in anderen Zusammenhängen ausgegangen (siehe infra, IV.2.5.). Allerdings hat die Rechtsprechung bisher keine eindeutigen Kriterien entwickelt, unter welchen Umständen vorbereitende Planungen unter ΝΕΡΑ 132

Atlanta Coalition on Transportation Crisis, Inc. v. Atlanta Regional Commission, 599 F.2d 1333 (5th Cir. 1979) (kein EIS für vorbereitende Planung für Verkehr und Flächennutzung für späteres Autobahnprojekt); Bradley v. HUD, 658 F.2d 290 (5th Cir. 1981) (kein EIS für regionalen Entwicklungsplan fur nachfolgende Stadterneuerungsprojekte); City of Highland Park v. Train, 519 F.2d681 (7thCir. 1975) (Planung von Straßen, die möglicherweise mit finanzieller Unterstützung der Bundesverwaltung gebaut werden, bleibt ein Vorhaben des einzelnen Bundesstaates); Hawthorn Environmental Preservation Ass'n v. Coleman, 417 F.Supp. 1091 (D. Ga. 1976) (Bundesmittel für Planung und Design von Straßen nicht ausreichend); siehe auch Monarch Chemical Works v. Exxon, 466 F.Supp. 639 (N.D. Tex. 1979). 133 Atlanta Coalition on Transportation Crisis, Inc. v. Atlanta Regional Commission, 599 F.2d 1333 (5th Cir. 1979); Bradley v. HUD, 658 F.2d 290 (5th Cir. 1980). 134 Atlanta Coalition on Transportation Crisis, Inc. v. Atlanta Regional Commission, 599 F.2d 1333 (5th Cir. 1979). 135 Bradley v. HUD, 658 F.2d 290 (5th Cir. 1980). 136 Bradley v. HUD, 658 F.2d 290 (5th Cir. 1980); siehe aber Samson Committee v. Lynn, 382 F.Supp. 1245 (D. Pa. 1974) (bei Planungen von einzelnen Vorhaben ist EIS erforderlich). 8 Mezger

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IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

fallen 137 . Diese Frage wird im wesentlichen unter dem Gesichtspunkt von "timing" diskutiert, dem Zeitpunkt, zu dem ein EIS erstellt werden muß, und weniger im Hinblick darauf, ob das EIS im Planungs- oder Genehmigungsverfahren erstellt wird. Die Beantwortung dieser Frage hängt nicht zuletzt davon ab, ob der Entscheidungsprozeß auch im Genehmigungsverfahren für die Beachtung von Umweltbelangen noch offen ist. Neben den vorbereitenden Planungen für einzelne Vorhaben gibt es auf der Bundesebene Planungen, die sich mit der Entwicklung von langfristigen Plänen oder Programmen befassen. Diese Programme und Planungen werden jedoch grundsätzlich als Bundesmaßnahmen angesehen. Um die Folgen langfristiger Planungen auf die Umwelt einzuschätzen oder die regionalen Auswirkungen von mehreren, miteinander verbundenen Projekten zu untersuchen, ist das sog. program impact statement entwickelt worden. Dieses findet auf Programme und Pläne, z.B. umfassende Planung für die Verpachtung der im Eigentum des Bundes stehenden Gebiete zu Weidezwecken, Anwendung 138 . Außerdem ist durch Richtlinien ausdrücklich vorgesehen, daß ein EIS für die Genehmigung der Küstenplanungen der einzelnen Bundesstaaten unter dem Coastal Zone Management Act des Bundes zu erstellen ist 139 . Die Probleme, die im Zusammenhang mit program impact statements entstehen und die wiederum eng mit der Frage des Zeitpunkts sowie der Reichweite der zu untersuchenden Planungen und Programme zusammenhängen, werden unter IV.3.3. näher diskutiert.

2.2.3. Unterlassen als Bundesmaßnahme

Schließlich kann nicht nur positives Handeln der Verwaltung, sondern auch Unterlassen bzw. Nicht-Handeln (in-action) einer Bundesbehörde als „Bundesmaßnahme" (federal action) anzusehen sein und damit ein EIS erfordern. Diese in die fünfte Fallgruppe einzuordnenden Vorhaben umfassen, ähnlich der zweiten und dritten Fallgruppe, in erster Linie Vorhaben der einzelnen Bundesstaaten, lokalen Gebietskörperschaften oder Dritter, jedoch werden diese Vorhaben weder von der Bundesverwaltung finanziell unterstützt noch erfordern sie

137 Named Individual Members of the San Antonio Conservation Soc. v. Texas Highway Department, 446 F.2d 1013 (5th Cir. 1971) (Vorhaben wird „Bundesmaßnahme", wenn Bundesbehörde sich für die Beteiligung entscheidet); La Raza v. Volpe, 337 F.Supp. 221 (N.D. Cal. 1971) (Planung für Straße durch Bundesstaat ist Bundesmaßnahme, obgleich kein Antrag auf finanzielle Unterstützung gestellt wird); City of Highland Park v. Train, 519 F.2d 681 (7th Cir. 1975) (Planung einer Straße bleibt Vorhaben des einzelnen Bundesstaates und erfordert kein EIS, auch wenn spätere finanzielle Förderung durch die Bundesverwaltung). 138 NRDC v. Morton, 388 F.Supp. 829 (D. D.C. 1974); für die Bewilligung der einzelnen Verpachtungen muß dann allerdings möglicherweise wieder ein gesondertes EIS erstellt werden. 139 siehe Cameron, 16 William and Mary L. Rev. 773 ff. (1976).

2. Planungen und Maßnahmen, die ein EIS erfordern

115

eine ausdrückliche Genehmigung. Das Vorhaben fällt aber in den Zuständigkeitsbereich einer Bundesbehörde, und sie besitzt die Möglichkeit, das Vorhaben durch positives Handeln zu verhindern bzw. durch Nicht-Handeln zu ermöglichen. In Scientists ' Institute for Public Information, Inc. (SIPI) v. Atomic Energy Commission (AEC) 140 hat ein Bundesgericht - obgleich lediglich in einem dictum - darauf hingewiesen, daß auch bewußtes Nicht-Handeln einer Behörde eine „Bundesmaßnahme" unter ΝΕΡΑ sein könnte. In Defenders of Wildlife v. Andrus 141 wurde jedoch die Frage, ob auch NichtHandeln einer Bundesbehörde eine Bundesmaßnahme unter ΝΕΡΑ sein könnte, negativ beantwortet. Nach Ansicht des Gerichts sei eine Bundesmaßnahme nicht auch dann anzunehmen, wenn die Bundesbehörde die Handlung eines Dritten hätte unterbinden können, jedoch nicht tätig geworden ist. Es sei unzumutbar und würde den Zweck von ΝΕΡΑ gefährden, wenn eine Behörde jedesmal ein EIS erstellen sollte, wenn sie hätte handeln können, es aber nicht getan hat 142 . Auch andere Gerichte haben es abgelehnt, Nicht-Handeln einer Behörde, solange sie keinen gesetzlichen Auftrag zum Tätigwerden besitzt, als „Bundesmaßnahme" unter ΝΕΡΑ anzuerkennen 143. In der Literatur wird teilweise die Meinung vertreten, daß ΝΕΡΑ ein umweltpolitisches Mandat der Verwaltung mit sich bringe, das von der Bundesverwal140

481 F.2d 1079 (D.C. Cir. 1973). 627 F.2d 1238 (D.C. Cir. 1980); der Staat Alaska hatte das Jagen von Wölfen zum Schutz der Karibou auch auf im Bundeseigentum stehenden Gebieten zugelassen. Obgleich der Staat Alaska nicht verpflichtet war, eine Genehmigung für die Freigabe von Wölfen zum Abschuß von einer Bundesbehörde zu beantragen, besaß der Secretary of Interior unter dem Federal Land and Management Act of 1976 (43 U.S.C. §§ 1701 ff.) und dem Alaska Native Claims Settlement Act (43 U.S.C. §§ 1616 fT.) die Möglichkeit, die vom Staat Alaska genehmigte Wolfsjagd zu verhindern, Marek, 58 Texas L. Rev. 393 (399, Fn. 45) (1980). 142 "(It is argued) that, by not inhibiting an action of a private party or a state or a local government, the federal government makes that action its own within the meaning of ΝΕΡΑ. However, in no published opinion of which we have been made aware has a court held that there ist Tederai action' where an agency has done nothing more than fail to prevent the other party's action from occurring ... ΝΕΡΑ would be impaired... were we now to decide... that an impact statement is required. No agency could meet its ΝΕΡΑ obligations if it had to prepare an environmental impact statement every time the agency had power to act but did not do so.", a.a.O., S. 1244, 1246. 143 Molokai Homesteaders Coop. Ass'n v. Morton, 506 F.2d 572 (9th Cir. 1974) (Entscheidung der Behörde, Pachtvertrag nicht zu widersprechen, ist keine Bundesmaßnahme); Chesapeake Bay Foundation, Inc. v. Virginia State Water Control Board, 453 F.Supp. 122 (E.D. Va. 1978) ("An Impact Statement is not required each time a federal agency fails to take action albeit that failure to act will have some impact on the environment"); siehe aber Students Challenging Regulatory Agency Procedures v. U.S., 346 F.Supp. 189 (D. D.C. 1972) (SCRAP I); rev'd on other grounds, 412 U.S. 669 (1973) (Weigerung der Interstate Commerce Commission, Tariferhöhungen von Eisenbahnen aufzuheben, ist eine Bundesmaßnahme); ebenso Asphalt Roofing Manufacturers Ass'n v. ICC, 567 F.2d 994 (D.C. Cir. 1977); in diesen Fällen handelt es sich allerdings nicht um ein „Nicht-Handeln", sondern um die Weigerung, eine Entscheidung aufzuheben bzw. tätig zu werden. 141

8*

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IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

tung verlange, die Umweltauswirkungen ihres „Unterlassens" in einem EIS zu untersuchen. Auch Nicht-Handeln sei dem EIS-Erfordernis zu unterwerfen, wenn durch das Unterlassen der Bundesbehörde Dritten ermöglicht werde, Vorhaben mit signifikanten Umweltauswirkungen durchzuführen 144. Dahinter steht die Prämisse, daß Bundesbehörden möglicherweise verpflichtet sind, umweltbelastende Maßnahmen Dritter zu verhindern, und insofern eine „Garantenstellung" für die Umwelt besitzen. Die CEQ-Verwaltungsvorschriften haben diese Frage dahin gehend gelöst, daß eine „Bundesmaßnahme" auch dann gegeben ist, wenn die Bundesbehörde versäumt, tätig zu werden, die Behörde aber verpflichtet ist, tätig zu werden, bzw. das Ermessen der Behörde, ob sie tätig wird, gerichtlich überprüfbar ist , 4 5 . Dies erscheint als ein praktikabler Weg, um zu entscheiden, ob für das „NichtHandeln" einer Bundesbehörde ein EIS erforderlich ist. Der Ansatz, den die CEQ-Verwaltungsvorschriften verfolgen, begegnet allerdings insofern Bedenken, als er eine inhaltliche Definition der umweltschützenden Aufgaben der Behörde beinhaltet, um zu bestimmen, ob sie verpflichtet ist bzw. ob es im ausdrücklichen Ermessen des jeweiligen Entscheidungsträgers steht, Umweltbelange zu schützen. Für die Ansicht der Rechtsprechung, Unterlassen bzw. NichtHandeln nicht als „Bundesmaßnahme", die ein EIS erfordert, zu betrachten, sprechen grundsätzlich folgende Erwägungen: Jedesmal ein EIS zu verlangen, wenn die Behörde tätig werden könnte, ist wegen der Vielzahl möglicher Fälle nicht nur praktisch kaum durchführbar, sondern hat zur Konsequenz, daß der Bundesverwaltung die Aufgabe zufällt, potentiell umweltgefährdende Vorhaben anderer Hoheitsträger oder Privater aufzuhalten, bis ein EIS vorbereitet worden ist. Diese Zielsetzung enthält ΝΕΡΑ, das auf eine Verbesserung des Entscheidungsverfahrens der Bundesverwaltung ausgerichtet ist, weder in seinem Wortlaut noch in seiner Absicht. Da die Weigerung zu handeln in einem EIS begründet werden müßte, würde die Behörde ihr Unterlassen begründen müssen, obgleich es ihr völlig freisteht, zu handeln oder nicht zu handeln. Ein umweltpolitisches Mandat der Bundesverwaltung, Umweltbelastungen durch Dritte zu verhindern, würde schließlich in die Autonomie anderer Hoheitsträger oder privater Individuen eingreifen. Ein solcher Eingriff müßte zumindest durch eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung gerechtfertigt sein. ΝΕΡΑ kann weder eine solche Ermächtigung noch eine derartige Zielsetzung unterlegt werden.

144

Marek, 58 Texas L. Rev. 393 (412 f.) (1980); siehe auch McGarity, 55 Texas L. Rev. 801 (887) (1977); kritisch dagegen Fergenson, 53 Ind. L. J. 497 (530) (1978). 145 40 C.F.R. § 1508.18; siehe auch die Ausführungen des CEQ in Defenders of Wildlife ν. Andrus, 627 F.2d 1238 (D.C. Cir. 1980) (1247, Fn. 6) (diese Verwaltungsvorschrift ist nicht auf den Fall bezogen, in dem die Behörde nicht gehandelt hat und keine Entscheidung der Behörde erforderlich war).

2. Planungen und Maßnahmen, die ein EIS erfordern

117

2.2.4. Zusammenfassung

Obgleich die Rechtsprechung in der Frage, ob eine Bundesmaßnahme vorliegt, nicht immer widerspruchsfrei ist, läßt sich - ohne die zitierten Entscheidungen einheitlich interpretieren oder verbinden zu wollen - feststellen, daß das entscheidende Kriterium für eine „Bundesmaßnahme" darin besteht, ob die Bundesverwaltung in der Lage ist, das Ergebnis des Entscheidungsprozesses inhaltlich zu beeinflussen oder zu kontrollieren 146 . Dieses erscheint folgerichtig. Das EIS-Verfahren soll dem Entscheidungsträger Informationen für die zu treffende Entscheidung liefern. Dies ist nur sinnvoll, wenn er inhaltlich auf die zu treffende Entscheidung Einfluß nehmen kann. Ist die Beteiligung des Bundes dagegen unbedeutend oder zeitlich weit von der eigentlichen Entscheidung über das Vorhaben entfernt oder ein vorgelagerter Verfahrensschritt ohne materielle Konsequenzen, erscheint es wenig sinnvoll, ein Environmental Impact Statement zu verlangen. In Anbetracht der Prämisse des ΝΕΡΑ, durch Vorbereitung eines EIS den Entscheidungsprozeß der Verwaltung zu verbessern, ist ein EIS nur dann notwendig, wenn die Bundesbehörde auch eine Entscheidung trifft. Diese Aussage ist jedoch im Hinblick auf Planungen zu relativieren. Zwar ist nicht immer abzusehen, ob die Planungen in der ursprünglichen Form umgesetzt werden. Jedoch werden in den Planungen relativ umfassende inhaltliche Festlegungen getroffen, die für den weiteren Entscheidungsverlauf erheblich sind. Die Vorbereitung eines EIS erscheint hier unter mehreren Aspekten sinnvoll: Zunächst werden in einem frühzeitigen Stadium der Planungen die Umweltauswirkungen abgeschätzt. Festlegungen sind noch nicht erfolgt, Änderungen der Planungen im Hinblick auf Beachtung von Umweltbelangen eher möglich. Zweitens können die kumulativen Aspekte mehrerer Einzelvorhaben bei der vorbereitenden Planung besser abgeschätzt werden als bei der Vorbereitung eines EIS für die sukzessive Genehmigung nachfolgender Einzelvorhaben. Schließlich wird das Problem der Segmentation vermieden. Durch Aufteilung eines einheitlichen Vorhabens in einzelne Maßnahmen können Tatsachen geschaffen werden, die bei der Planung bzw. Genehmigung nachfolgender Vorhaben nicht mehr revidierbar sind. Das letztgenannte Problem wird von der Rechtsprechung erkannt und einer differenzierten Lösung zugeführt, wie unter I V.4.3.2. zu diskutieren sein wird.

2.3. Schwelle für die Vorbereitung eines EIS: Bedeutende Maßnahmen mit signifikanten Umweltauswirkungen Die zweite wichtige Einschränkung des EIS-Verfahrens besteht darin, daß eine UVP nur bei Maßnahmen durchzuführen ist, die für die Umwelt relevant sind.

146

Rodgers, S. 763.

118

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

§ 102 ΝΕΡΑ verlangt, daß ein EIS nur für „bedeutende" ("major") Bundesmaßnahmen vorbereitet wird, die „signifikante Auswirkungen auf die Umwelt" ("significantly affecting the environment") haben. Da von der Beantwortung der Frage, ob eine Bundesmaßnahme „signifikante Umweltauswirkungen" mit sich bringt, abhängt, ob die zuständige Behörde ein EIS vorbereiten muß, hat es über diese Frage zahlreiche Kontroversen gegeben, und es liegt eine umfangreiche Judikatur zu diesem Problem vor. Ein großer Teil der Fälle, in denen Klagen wegen Verletzung des EIS-Verfahrens unter ΝΕΡΑ anhängig gemacht wurden, betrafen die Behauptung, die Behörde hätte ein EIS vorbereiten müssen, dieses aber nicht getan. Abhängig davon, welchen Begriff von Umwelt man ΝΕΡΑ zugrunde legt und wie die einzelnen Umweltfaktoren bewertet werden, ist die Frage zu beantworten, ob ein EIS in dem jeweiligen Einzelfall erforderlich ist. Obgleich die Fragen, ob eine Maßnahme „bedeutend" ("major") ist und einen „signifikanten" Einfluß auf die Umwelt hat, getrennt und unterschiedlich zu beantworten sind, wird in der Mehrheit aller Fälle davon ausgegangen, daß wenn ein Vorhaben signifikante Auswirkungen auf die Umwelt mit sich bringt, es auch „bedeutend" ("major") ist 147 . Grundsätzlich läßt sich feststellen, daß viele raumbedeutsame Vorhaben und Maßnahmen „bedeutend" ("major") genug sind, um unter ΝΕΡΑ zu fallen 148 . Im übrigen sind nur unzureichende Kriterien ersichtlich, worauf die Gerichte ihre Entscheidung stützen, daß eine Maßnahme „bedeutend" genug für die Vorbereitung eines EIS ist. Die Rechtsprechung geht hier relativ pragmatisch vor. Sie stellt eine Voraussage auf, ob Zeit und Kosten, die mit der Vorbereitung eines EIS verbunden sind, durch die im EIS enthaltenen Informationen über mögliche 147 siehe Minnesota Public Interest Research Group v. Butz, 498 F.2d 1314 (1321) (8th Cir. 1974) im Hinblick auf den Zweck von ΝΕΡΑ ist es wenig sinnvoll, die Überlegungen über die Bedeutung des Projekts von den Überlegungen über die Auswirkungen auf die Umwelt zu trennen. Wenn das Vorhaben ,signifikante 4 Auswirkungen auf die Umwelt hat, sollte das Vorhaben den Anforderungen des ΝΕΡΑ unterworfen sein..."; so jetzt auch die CEQ-Verwaltungsvorschriften (40 C.F.R. § 1508.18) ,bedeutend* hat keine von »signifikant 4 verschiedene Bedeutung, sondern verstärkt es"; anders z.B. NAACP v. Medical Center, Inc., 584 F.2d 619 (3rd Cir. 1978); Save the Bay, Inc. v. U.S. Army Corps of Engineers, 610 F.2d 322 (5th Cir. 1980); Winnebago Tribe of Nebraska v. Ray, 621 F.2d 269 (8th Cir. 1980); siehe aber Colorado River Indian Tribes v. Marsh, 605 F.Supp. 1425 (D. Cal. 1985) (für die Anwendung von ΝΕΡΑ ist es ausreichend, daß eine minimale Beziehung zu einer Bundesbehörde besteht, eine „bedeutende Maßnahme mit signifikanten Umweltauswirkungen" ist nicht erforderlich). San Francisco Tomorrow ν. Romney, 472 F.2d 1021 (9th Cir. 1973) (Vertrag mit HUD für Änderung eines Vorhabens für Gewerbegebiet im Stadtentwicklungsprogramm); Sansom Comm. v. Lynn, 366 F.Supp. 1271 (E.D. Pa. 1973) (Beendigung eines Pachtvertrages für die Durchführung eines Stadterneuerungsvorhabens); Boston Waterfront Residents Ass'n ν. Romney, 343 F.Supp. 89 (D. Mass. 1972) (Beteiligung von H U D an Abriß vorhaben); Vorhaben nicht bedeutend: St. Joseph Historical Society v. Land Clearance for Redevelopment Authority, 366 F.Supp. 605 (W.D. Mo. 1973) (Abriß historischer Gebäude); New Hope Community Ass'n v. HUD, 509 F.Supp. 525 (E.D. N.C. 1981) (Wohnungsbauvorhaben mit weniger als 500 Wohneinheiten).

2. Planungen und Maßnahmen, die ein EIS erfordern

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Umweltauswirkungen der vorgeschlagenen Maßnahme gerechtfertigt wären 149 . Die Vorbereitung eines EIS ist dann abzulehnen, wenn die Kosten für die Erstellung des Impact Statements seinen Informationswert weit überwiegen 150. Zweitens muß die in einem EIS zu untersuchende Maßnahme „signifikante Auswirkungen auf die Umwelt" haben. Wenn die Umweltauswirkungen einer Bundesmaßnahme in der Tat ohne Bedeutung sind, wäre ein EIS für den Entscheidungsprozeß der Behörde irrelevant oder würde nur wenige, für den Entscheidungsprozeß der Verwaltung relevante Informationen in bezug auf die Umweltauswirkungen enthalten. Selbst wenn es nicht ausdrücklich im Gesetz enthalten wäre, folgt aus dem Zeck des EIS-Verfahrens, daß es nur dann notwendig ist, wenn das im EIS zu untersuchende Vorhaben relevante Auswirkungen auf die Umwelt mit sich bringt. Das Problem, ob ein Vorhaben „signifikante" Umweltauswirkungen hat, wird häufig angesprochen. Damit wird gleichzeitig die Schwelle der Umweltauswirkungen definiert, die erreicht sein muß, bevor eine Bundesbehörde gezwungen ist, ein EIS vorzubereiten. Bei der Einschätzung, ob eine Maßnahme signifikante Umweltauswirkungen mit sich bringt, muß die Behörde entscheiden, ob ein EIS notwendig sein wird. In einem relativ frühen Stadium des Verfahrens sind demnach bereits Einschätzungen mit beträchtlichen Folgen zu treffen. Vordergründig muß die Behörde lediglich die Umwelt in ihrem bestehenden Zustand mit dem Zustand nach der Durchführung der vorgeschlagenen Maßnahme vergleichen und die Umweltauswirkungen abschätzen. Diese Einschätzung kann nach relativ objektiven Kriterien - abhängig vom jeweiligen Stand der Wissenschaft - vorgenommen werden, bleibt jedoch bis zu einem bestimmten Maß subjektiv, was das Konzept der Umwelt, die Einschätzung der in Betracht zu ziehenden Faktoren sowie deren Bedeutung betrifft. Verschiedene umweltpolitische Ansätze können hier zu durchaus unterschiedlichen Ergebnissen kommen, wie Pollack 151 aufgezeigt hat. „Technokratische" Ansätze, die Umweltauswirkungen auf Marktversagen und Externalitätenprobleme zurückführen und Lösungsmöglichkeiten von Umweltproblemen in staatlicher Umweltpolitik und einer verbesserten Entscheidungsvorbereitung durch ΝΕΡΑ sehen, begreifen Umweltauswirkungen staatlicher Maßnahmen als eine ressourcenökonomische Beeinträchtigung der natür149

River Road Alliance v. U.S. Army Corps of Engineers, 764 F.2d 445 (7th Cir. 1985). McGarity, 55 Texas L. Rev. 801 (847) (1977); siehe auch Monarch Chemical Works, Inc. v. Exxon, 466 F.Supp. 639 (640) (D. Neb. 1979), "Since the amount of time that the preparation of a full blown environmental impact statement entails would be out of proportion to the environmental risks involved, the objective of environmental protection would not be served by requiring an impact statement where a major federal action is insignificant within the meaning of this chapter." 151 Pollack, 9 Harv. Envtl. L. Rev. 359 (368 ff ) (1985). 150

120

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

liehen Umwelt. „Umweltorientierte Bürgerinitiativen" sehen Umweltprobleme als Wertekonflikt und in ΝΕΡΑ einen Ansatz zu einer werteorientierten Diskussion staatlichen Entscheidungsverhaltens. Umweltauswirkungen seien nicht mehr auf die natürliche Umwelt beschränkt, sondern bezögen auch Auswirkungen auf die allgemeinen Lebensbedingungen ein. „Ökologische Fundamentalisten" gehen dagegen von einem grundsätzlichen Gegensatz von wirtschaftlichem Wachstum und Bewahrung der natürlichen Umwelt aus. ΝΕΡΑ sei ein Mittel, um soziale Bezüge und ästhetische Werte und letztlich gesellschaftspolitische Ansätze in die öffentliche Diskussion um Umweltprobleme einfließen zu lassen. Hier müßten konsequenterweise auch soziale, psychische und andere Auswirkungen von Verwaltungsentscheidungen unter Umweltauswirkungen subsumiert werden. Angesichts der Differenzen, die in den verschiedenen umweltpolitischen Ansätzen liegen, kommen diese Ansätze jeweils zu unterschiedlichen Ergebnissen, wie die Signifikanz der Umweltauswirkungen einer Maßnahme zu beurteilen ist. Auch die Rechtsprechung hat zahlreiche Kriterien für „signifikant" und „bedeutend" entwickelt. Manche Formulierungen, die von den Gerichten benutzt werden, entsprechen dem weiten und vagen Anwendungsbereich von § 102 (2) (C) ΝΕΡΑ 1 5 2 . Die Gerichte ziehen Kriterien wie Kontroversität 153 , mögliche Verletzung der Umwelt 1 5 4 , die vorhandene Situation oder bestehende Umweltbelastungen155, Auswirkungen auf die geologischen, historischen oder archäologischen Bedingungen in dem betroffenen Gebiet 156 , unbekannte Risi152 "Formulations popularized by the courts stretch the extensive reach of Section 102 (2) (C): an impact statement is required if a project 'may cause a significant degradation of some human environmental factor'; if it 'could have a significant effect on the environment'; if it 'arguably will have an adverse environmental impact'; if it has a 'potentially significant adverse effect'; or 'whenever it can be fairly argued on the basis of substantial evidence that the project may have a significant environmental impact'", Rodgers, S. 754 f. (Zitate sind Gerichtsentscheidungen entnommen). 153 „Kontrovers" bezieht sich auf die Auswirkungen und Folgen des Vorhabens, nicht auf Opposition gegen das Vorhaben, die von Anliegern oder von anderen Dritten kommt, Hanly v. Kleindienst, 471 F.2d 823 (830) (2nd Cir. 1972) "The suggestion that 'controversial' must be equated with neighborhood opposition has been rejected by others."; ebenso Cobble Hill Ass'n v. Adams, 470 F.Supp. 1077 (D.N.Y. 1979); Texas Committee v. Bergland, 433 F.Supp. 1235 (D. Texas 1977); Simmons v. Grant, 370 F.Supp. 5 (D. Texas 1974). 154 M.P.I.R.G. v. Butz, 498 F.2d 1314 (8th Cir. 1974) (da Auswirkungen von Holzschlag über 100 Jahre sichtbar, ist EIS erforderlich). 155 Rucker v. Willis, 484 F.2d 158 (4th Cir. 1973) (Bau eines Pier hat keinen signifikanten Effekt, wenn bereits mehrere Piers vorhanden sind); Kisner v. Butz, 350 F.Supp. 310 (W.D. Va. 1972) (Herstellung einer einspurigen Rollsplitstraße als Teil eines Straßensystems, das bereits 30 Jahre existiert, ist nicht signifikant); Virginians for Dulles ν. Volpe, 344 F.Supp. 573 (E.D. Va. 1972) (Landeerlaubnis für einen Flugzeugtyp in Anbetracht der bisher zugelassenen Landeerlaubnisse für andere Typen nicht signifikant). 156 Indian Look Out Alliance ν. Volpe, 345 F.Supp. 1167 (S.D. Iowa 1972); Boston Waterfront Residents Ass'n ν. Romney, 343 F.Supp. 89 (D. Mass. 1972).

2. Planungen und Maßnahmen, die ein EIS erfordern

121

ken, Potential für wissenschaftliche Kontroversen 1 5 7 , weitere Umweltverschlechterungen über die bereits vorhandenen Umweltbelastungen hinaus sowie die absolute Quantität des Eingriffs i n die U m w e l t selbst 1 5 8 für die Bedeutung der Umweltauswirkungen heran. Die gegenwärtigen CEQ-Verwaltungsvorschriften lassen sich keiner der oben angeführten umweltpolitischen Positionen unmittelbar zuordnen. Sie definieren „signifikante" Umweltauswirkungen nicht, sondern sehen vor, daß die Frage, o b ein Vorhaben signifikante Umweltauswirkungen m i t sich bringt, für den Einzelfall unter Beachtung der allgemeinen Umgebung u n d der Intensität des Eingriffs beantwortet werden s o l l 1 5 9 . Weiter enthalten die Verwaltungsvorschriften mehrere Faktoren, die das Vorliegen v o n signifikanten Auswirkungen auf die U m w e l t indizieren. So z.B. sind die Schwere des Eingriffs, Umstrittenheit des Vorhabens, Unsicherheit oder Risiko der Folgen, Besonderheiten der Umgebung, kumulative Auswirkungen des Vorhabens, mögliche Verletzung umweltschützender Gesetze oder die Bedeutung der Entscheidung für nachfolgende Maßnahmen geeignet, auf die Signifikanz der Umweltauswirkungen zu schließen 160 . Für raumbedeutsame Vorhaben hat ein Gericht die Frage, o b sich das Vorhaben „signifikant" auf die Umwelt auswirken wird, wie folgt zusammengefaßt: „Bei Fehlen einer Definition dieses Begriffes durch Parlament oder Verwaltung... ist die verantwortliche Behörde, wenn sie entscheidet, ob eine bedeutende Bundesmaßnahme sich „signifikant" auf die Qualität der menschlichen Umwelt auswirkt obgleich mit weitem Ermessen ausgestattet - , grundsätzlich verpflichtet, die vorgeschlagene Maßnahme zumindest im Hinblick auf die zwei folgenden wichtigen Gesichtspunkte zu überprüfen: 1. den Umfang, in dem die vorgeschlagene Maßnahme negative Umweltauswirkungen hervorruft - und zwar über diejenigen Auswirkungen hinaus, die in dem betroffenen Gebiet durch die bereits vorhandene Nutzung hervorgerufen werden, und 2. die absoluten quantitativen nachteiligen Umweltauswirkungen der Maßnahme selbst, einschließlich der kumulativen Nachteile, die neben den bereits vorhandenen nachteiligen Umständen oder Nutzungen in dem betroffenen Gebiet verursacht werden. Wenn die Maßnahme mit der vorhandenen Nutzung übereinstimmt, werden die Veränderungen gewöhnlich weniger signifikant sein, als wenn ein radikaler Wechsel vorgenommen wird. Falls sich nicht ein ganzes Wohngebiet im Prozeß der Sanierung befindet, repräsentiert die vorhandene Umgebung - obgleich sie sich in einem Zustand befinden kann, der nicht als ideal zu bezeichnen ist, - einen Maßstab, der nicht ignoriert werden kann. Z.B. hat der Bau einer weiteren Straße in einem

157

Foundation on Economic Trends v. Weinberger, 610 F.Supp 829 (D. D.C. 1985). Hanly v. Kleindienst, 471 F.2d 823 (2nd Cir. 1972). 159 40 C.F.R. § 1508.27. 160 Einige Bundesbehörden haben „signifikant" in ihren eigenen Verwaltungsvorschriften definiert, siehe Federal Highway Administration, NEPA-Regulations, 23 C.F.R. § 771.3 (d), "An action 'significantly affecting the quality of the human environment' is an action in which the overall cumulative primary and secondary consequences significantly alter the quality of the human environment, curtail the choices of beneficial uses of the human environment, or interfere with the attainment of long-range human environmental goals." 158

122

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

Gebiet, das bereits mit Straßen durchzogen ist, in der Regel weniger nachteilige Auswirkungen, als wenn die Straße durch einen öffentlichen Park ohne Straßen gebaut werden würde 161 ."

Demnach sind zumindest zwei Faktoren zu berücksichtigen: die negativen Umweltfolgen, die das Vorhaben über die bereits bestehenden Umweltbelastungen hinaus mit sich bringt, und zweitens die absoluten quantitativen Umweltnachteile des Vorhabens. Entscheidend sowohl für die Definition der kumulativen als auch der absoluten Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt ist die bereits vorhandene Umgebung. Abhängig davon, wie diese gewählt und definiert wird, werden die Umweltauswirkungen als signifikant zu beurteilen sein. Dabei besteht die Gefahr, daß die Begrenzung auf die unmittelbare Umgebung des Vorhabens dazu führt, lokale oder regionale Umweltauswirkungen außer acht zu lassen.

2.3.1. Definition der Umwelt durch die Rechtsprechung

Die Feststellung der Rechtsprechung, daß kumulative und absolute Auswirkungen eines Vorhabens auf die Umwelt zu untersuchen sind, sagt noch nichts darüber aus, welcher Begriff von Umwelt ΝΕΡΑ zugrunde zu legen ist. Seinem Wortlaut nach ist ΝΕΡΑ nicht auf die Auswirkungen auf die natürliche Umwelt begrenzt. Die Deklaration der nationalen Umweltpolitik in § 101 (Α) ΝΕΡΑ bezieht sich u.a. ausdrücklich auf die „Einflüsse auf das Bevölkerungswachstum, städtische Verdichtung und industrielle Entwicklung". Insofern bestehen keine Hindernisse, das EIS-Verfahren auch auf Entscheidungen über räumliche Nutzungen, die Umweltprobleme von Zersiedlung und Verstädterung mit sich bringen, anzuwenden. Die Signifikanz der Umweltauswirkungen gerade auf die städtische Umwelt ist nicht immer leicht zu bestimmen. Wie ein Gericht in einer frühen Entscheidung ausführte: „Die Umweltprobleme der Städte sind nicht so einfach zu erkennen wie saubere Luft und sauberes Wasser. Das Leben in den Innenstädten umfaßt eine Reihe von Umweltproblemen, von denen einige offensichtlich, andere verborgen, einige als Umweltprobleme bezeichnet werden, einige wiederum andere Bezeichnungen tragen . . . Viele unserer schwersten Umweltprobleme stehen in Beziehung zu sozialen und ökonomischen Bedingungen, die die Nation ebenfalls zu verbessern sucht... Die traditionellen umweltbezogenen Ziele wie saubere Luft und sauberes Wasser oder der Erhalt der Nationalparks . . . sind nicht die dringendsten Anliegen in den Innenstädten 162 ."

Auch die CEQ-Verwaltungsvorschriften haben in § 1508.8 als direkte und indirekte Auswirkung eines Vorhabens, die im EIS Beachtung finden sollen und damit auch für die Bestimmung der Notwendigkeit eines EIS relevant sind, die 161 162

Hanly v. Kleindienst, 471 F.2d 823 (830, 831) (2nd Cir. 1972). First National Bank v. Richardson, 484 F.2d 1369 (1377-1378) (7th Cir. 1973).

2. Planungen und Maßnahmen, die ein EIS erfordern

123

sozialen, kulturellen, ökonomischen und ästhetischen Auswirkungen einbezogen, während ökonomische oder soziale Auswirkungen des Vorhabens allein noch kein EIS erfordern 163 . Damit wird sowohl von der Rechtsprechung als auch von den CEQ-Verwaltungsvorschriften der Anwendungsbereich des EIS-Verfahrens unter ΝΕΡΑ über die Probleme der natürlichen Umwelt ausgeweitet und ein sozialer Begriff von Umwelt zugrunde gelegt. Die Rechtsprechung hat allerdings keine einheitlichen Kriterien entwickelt, welche Auswirkungen auf die natürliche, menschliche oder städtische Umwelt „signifikante" Auswirkungen mit der Folge der Anwendbarkeit von ΝΕΡΑ sind. Die gerichtliche Anerkennung von Umweltauswirkungen hat sich nicht in der Betrachtung von Luft- und Wasserverschmutzung erschöpft, sondern auch die Auswirkungen auf die städtische Umwelt wie Lärm, Verkehr, Kriminalität 164 einbezogen165. Folgen des Vorhabens, die sich signifikant auf die städtische Umwelt auswirken können, sind u.a. Auswirkungen auf die Bevölkerungsdichte 166 , Veränderung des Gebietes167, Zerstörung von historischen Gebäuden 168 , Verschlechterung des Gebietscharakters 169, Verlust von Aussicht 170 oder andere ästhetische Faktoren 171 . Ökonomische oder soziale Auswirkungen von raumbedeutsamen Vorhaben sind in einigen Fällen nicht als „signifikante" Umweltauswirkungen unter ΝΕΡΑ anerkannt worden, mit dem Ergebnis, daß kein EIS erstellt werden mußte. So haben z.B. die Verlagerung eines Postamtes, die lediglich ökonomische Auswirkungen für die 120 Beschäftigten mit sich bringt 172 , oder die Schließung einer 163 40 C.F.R. § 1508.14; siehe auch Metropolitan Edison Co. v. People Against Nuclear Energy, 103 S.Ct. 1556 (1983) (psychische Auswirkungen erfordern kein EIS); für die Notwendigkeit eines EIS bei Experimenten mit gentechnisch veränderten Organismen, siehe Foundation on Economic Trends v. Heckler, 756 F.2d 142 (9th Cir. 1985); Note, 21 Santa Clara L. Rev. 501 (1987); Note, S.F. L. Rev. 567 (1987). 164 Hanly v. Mitchell, 460 F.2d 640 (2nd Cir. 1972); McDowell ν. Schlesinger, 404 F.Supp. 221 (D. Mo. 1975); in anderen Fällen wurde mögliches Ansteigen von Kriminalität-anders als in Hanly - nicht als signifikante Umweltauswirkung angesehen, da das Gefängnis sich nicht in einem Wohngebiet, sondern in einer eher heruntergekommenen Gewerbegegend befand, First National Bank v. Richardson, 484 F.2d 1369 (7th Cir. 1973); Continental III. National Bank & Trust Co. v. Kleindienst, 382 F.Supp. 107 (N.D. III. 1973). 165 Jones v. HUD, 390 F.Supp. 579 (E.D. La. 1974); Sierra Club v. Mason, 351 F.Supp. 419 (D. Conn. 1972); City and County of San Francisco v. U.S., 615 F.2d 498 (9th Cir. 1980). 166 Hiram Clarke Civic Club v. Lynn, 476 F.2d 421 (5th Cir. 1973); Goose Hollow Foothills League v. Romney, 334 F.Supp. 877 (D. Ore. 1971). 167 Goose Hollow Foothills League v. Romney, 334 F.Supp. 877 (D. Ore. 1971). 168 Boston Waterfront Residents Ass'n, Inc. v. Romney, 343 F.Supp. 89 (D. Mass. 1972). 169 Hiram Clarke Civic Club, Inc. v. Lynn, 476 F.2d 421 (5th Cir. 1973). 170 Goose Hollow Foothills League v. Romney, 334 F.Supp. 877 (D. Ore. 1971). 171 Continental 111. Nat'l. Bank & Trust Co. v. Kleindienst, 382 F.Supp. 107 (N.D. 111. 1973); Town of Groton v. Laird, 353 F.Supp. 344 (D. Conn. 1972). 172 Dover Township v. U.S. Postal Service, 429 F.Supp. 295 (D. N.J. 1977).

124

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

Militärbasis, die den Verlust von 2500 zivilen Arbeitsplätzen nach sich ziehen würde 173 , keine signifikanten Auswirkungen auf die Umwelt unter der Definition von ΝΕΡΑ. Dagegen ist in City of Rochester v. U.S. Postal Service 174 die Notwendigkeit eines EIS für die Umsetzung eines Postamtes mit 1400 Beschäftigten aus der Innenstadt von Rochester in eine nahe gelegene Vorstadt damit begründet worden, daß die Verlagerung des Postamtes zu erhöhtem Automobilverkehr sowie Verödung und Verelendung der Innenstadt beiträgt. Fälle wie City of Rochester scheinen anzudeuten, daß ΝΕΡΑ auch soziale und ökonomische Auswirkungen einbezieht. Die Gerichte haben aber die Erweiterung von ΝΕΡΑ auf soziale und ökonomische Folgen dann abgelehnt, wenn nicht auch direkte physische Veränderungen vorhanden waren 175 . Diese Einschränkung gilt vor allem dann, wenn die Maßnahme den sozialen Gebietscharakter ändern könnte. Versuche, mit Hilfe von ΝΕΡΑ sozial unerwünschte Veränderungen in der Bevölkerungsstruktur zu verhindern, wies das Gericht in Nucleus of Chicago Homeowner Association v. Lynn m zurück. Dort hatten sich die Bewohner eines Mittelklasseviertels gegen die Planung eines öffentlich geförderten Wohnungsbauprojekts in ihrer Nachbarschaft gewandt und die Vorbereitung eines EIS für dieses Vorhaben mit der Begründung gefordert, die Bewohner von Sozialwohnungen trügen wegen vermehrter Neigung zu Kriminalität, Vernachlässigung von Wohnungen und mangelnder Arbeitsdisziplin zur Verschlechterung der Nachbarschaft bei. Das Gericht verneinte die These von "people pollution" und kam zu dem Schluß, daß das Wohnungsbauvorhaben im übrigen wegen seiner geringen Größe und Verdichtung keine negativen tatsächlichen Auswirkungen auf die Umwelt mit sich bringe. Auch andere Gerichte haben das hier bestehende Problem zwischen Umweltschutz und sozialen Verteilungsfolgen erkannt. So führte ein anderes Gericht aus: „NEPA darf nicht von den Gemeinden benutzt werden, um große Grundstücksgrößen und andere Mittel diskriminierender Bebauungsplanung abzusichern, die Familien mit mittlerem oder geringem Einkomen ausschließen177."

173

Breckenridge v. Rumsfeld, 537 F.2d 864 (6th Cir. 1976); siehe auch Maryland National Park and Planning Comm'n v. U.S. Postal Service, 487 F.2d 1029 (D.C. Cir. 1973) (Zuzug von Personen mit niedrigem Einkommen und damit verbundene Auswirkungen auf die Steuerkraft sind keine signifikanten Umweltauswirkungen); siehe aber Chelsea Neighborhood Ass'n ν. U.S. Postal Service, 516 F.2d 378 (2nd Cir. 1975). 174 541 F.2d 967 (2nd Cir. 1976). 175 siehe Como-Falcon Coalition v. Department of Labor, 465 F.Supp. 850 (D. Minn. 1978), rev'd, 609 F.2d 343 (8th Cir. 1979), cert, denied, 446 US 936 (1980) (Einrichtung eines JobCenters auf ehemaligem College Campus bewirkt keine tatsächlichen Auswirkungen oder Veränderungen). 176 524 F.2d 225 (7th Cir. 1975). 177 Town of Groton v. Laird, 353 F.Supp. 344 (350) (D. Conn. 1972).

2. Planungen und Maßnahmen, die ein EIS erfordern

125

Psychische und soziale Auswirkungen werden häufig nicht als Belange angesehen, die einen signifikanten Einfluß auf die Umwelt haben können. Der Grund für die Haltung der Rechtsprechung, diesen Faktoren signifikante Umweltauswirkungen abzusprechen, mag darin liegen, daß diese Auswirkungen häufig schwer zu bestimmen sind 178 . Die mangelnde Meßbarkeit von sozialen Auswirkungen kann kein Argument sein, diese Belange aus der Diskussion der Entscheidungsvorbereitung auszuklammern 179 . Zudem wird durch den relativ weiten Begriff der Umwelt, wie ihn die Rechtsprechung zugrunde legt, die Anwendung des EIS-Verfahrens auf Entscheidungen über räumliche Nutzungen, insbesondere über die Folgen der Verstädterung und Zersiedlung des Umlandes, eingeschlossen. Jedoch erscheint der oben genannte Standpunkt, den auch andere Gerichte eingenommen haben, daß ΝΕΡΑ in erster Linie physische Umweltauswirkungen untersuchen soll, und sozio-ökonomische Auswirkungen, liegen sie allein vor, nicht ausreichen, um ein EIS zu erfordern 180 , angesichts der Funktion des EIS-Verfahrens unter ΝΕΡΑ gerechtfertigt. Die Aufgabe des EIS-Verfahrens besteht darin, das Verfahren der Entscheidungsvorbereitung in bezug auf die tatsächlichen Veränderungen zu rationalisieren. Soziale Folgen dieser Entscheidung betreffen häufig nicht die physischen Veränderungen der vorgefundenen Situation, sondern sind als (mittelbare) Verteilungsfolgen anzusehen. Das EIS-Verfahren allein mit den Verteilungsfolgen einer Entscheidung zu befassen, ohne daß diese durch tatsächliche Veränderungen hervorgerufen werden, hat zur Folge, daß das UVP-Verfahren Verteilungsfolgen zu rechtfertigen hat, die letztlich politisch begründet und entschieden werden müssen. Dieses würde den Rahmen des EIS-Verfahrens, das in erster Linie der Informationssammlung dient, sprengen. Zum anderen besteht dann auch die Gefahr, daß versucht wird, das EIS-Verfahren für einzelne Interessen, die durch die Verteilungsfolgen der Entscheidung berührt sind, zu instrumentalisieren.

2.3.2. Environmental Impact Statement und Bebauungspläne

Bei Entscheidungen über räumliche Nutzungen ist es aus Gründen eines medienübergreifenden Verfahrens und zur Überwindung vertikaler Fragmentierung sinnvoll, ein EIS zu erstellen. Jedoch können sich Konflikte zwischen bestehenden lokalen oder regionalen Planungen und dem EIS-Verfahren ergeben. 178 179

Hanly v. Kleindienst, 471 F.2d 823 (2nd Cir. 1972). Das Problem der „Meßbarkeit" von Umweltauswirkungen wird unter IV.3.1.2. disku-

tiert. 180 Image of Greater San Antonio, Texas v. Brown, 570 F.2d 517 (5th Cir. 1978); Birmingham Realty Co. v. General Services Administration, 497 F.Supp. 1377 (D. Ala. 1980); Monarch Chemical Works, Inc. v. Exxon, 466 F.Supp. 639 (D. Tex. 1979); National Ass'n of Government Employees ν. Brown, 556 F.2d 76 (D.C. Cir. 1977).

126

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

Besondere Aufmerksamkeit haben die Gerichte der Frage geschenkt, ob ein Vorhaben auch dann ein EIS erfordert, wenn es mit den Regelungen eines vorhandenen Bebauungsplanes vereinbar ist. Nach der Entscheidung in Maryland National Park and Capital Planning Commission v. U.S. Postal Service 181 ist kein EIS erforderlich, wenn das Vorhaben den Festsetzungen eines lokalen Bebauungsplanes entspricht. In seiner Begründung führte das Gericht aus, wenn die Bundesbehörde dem lokalen Bebauungsplan folge, seien die Umweltauswirkungen nicht größer als die Umweltauswirkungen der Planung, die die lokale Gebietskörperschaft durch ihre gewählten Repräsentanten in ihrem Bebauungsplan selbst festgelegt habe. Damit, so die Schlußfolgerung des Gerichts, könne man davon ausgehen, daß die Auswirkungen der vorgeschlagenen Maßnahme nicht „signifikant" im Sinne von NEPA seien. Solange die Bundesbehörde den Richtlinien des Bebauungsplanes folge, sei davon auszugehen, daß die Bundesmaßnahme nicht weitere nachteilige Umweltfolgen nach sich ziehe als vergleichbare Vorhaben privater Dritter und die Gemeinde derartige Umweltfolgen durch ihren Bebauungsplan grundsätzlich gebilligt habe 182 . Der Hintergrund für diese außerordentliche Zurückhaltung der Gerichte in bezug auf Bebauungspläne mag darin liegen, daß sie NEPA nicht als ein „MetaBebauungsrecht" ("meta zoning law") 1 8 3 ansehen wollen, das in die Souveränität der lokalen Gebietskörperschaften eingreift. Ein anderes Gericht faßte die Problematik wie folgt zusammen: „NEPA beabsichtigt eine Beziehung der Zusammenarbeit zwischen den lokalen Behörden und der Bundesverwaltung. Ein wichtiger Aspekt dieser Beziehung ist der Respekt für die Souveränität der lokalen Gebietskörperschaften. Wenn in diesem Fall die Bundesbehörde Planungsunterlagen gefolgt wäre, die die Gemeinde nicht verabschiedet hat, oder eine Überprüfung von möglichen Widersprüchlichkeiten vorgenommen hätte, die die verantwortliche lokale Behörde nicht aufgezeigt hat, wäre die Bundesbehörde tatsächlich zu einer Planungs- und Baugenehmigungsbehörde geworden. NEPA beabsichtigt sicherlich nicht, diese Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten den Bundesbehörden zu übertragen 184 ." 181

487 F.2d 1029 (D.C. Cir. 1973). "When local zoning regulations and procedures are followed in site location decisions by the Federal Government, there is an assurance that such 'environmental' effects as flow from the special uses of land - the safety of the structures, cohesiveness of neighborhoods, population density, crime control, and esthetics - will be no greater than demanded by the residents acting through their elected representatives. There is room for the contention, and there may even be a presumption, that such incremental impact on the environment as is attributable to the particular land use proposed by the Federal agency is not 'significant*, that the basic environmental impact from the project derives from the land use pattern, approved by local authorities, that prevails generally for the same kind of land use by private persons. When, on the other hand, the Federal Government exercises its sovereignty so as to override local zoning protections, NEPA requires more careful scrutiny.", Maryland National Park and Capital Planning Commission v. U.S. Postal Service, 487 F.2d 1029 (1035) (D.C. Cir. 1973). 183 Town of Groton v. Laird, 353 F.Supp. 344 (D. Conn. 1972). 184 Isle of Hope v. U.S. Army Corps of Engineers, 646 F.2d 215 (221) (5th Cir. 1981). 182

2. Planungen und Maßnahmen, die ein EIS erfordern

127

Nach Ansicht der Rechtsprechung verpflichtet ΝΕΡΑ die Bundesbehörden nicht, aus Umweltgesichtspunkten lokale Planungsentscheidungen in einem EIS zu überprüfen, mit dem Argument, daß Bundesbehörden nicht zur Einhaltung von höheren Umweltstandards verpflichtet seien, als die lokale Bevölkerung für sich durch ihren Bebauungsplan verlangt 185 . Auch andere Gerichte sind davon ausgegangen, wenn das vorgeschlagene Vorhaben den Festsetzungen eines Bebauungsplanes entspricht, es keine signifikanten Umweltauswirkungen im Sinne von ΝΕΡΑ mit sich bringt 186 . Andererseits haben nicht alle Abweichungen eines Vorhabens von den Bestimmungen des Bebauungsplanes notwendigerweise signifikante Auswirkungen auf die Umwelt mit der Folge, daß ein EIS notwendig ist 187 . Es muß dann wieder für den Einzelfall entschieden werden, ob das vorgeschlagene Vorhaben tatsächlich signifikante Auswirkungen auf die Umwelt besitzt. Die Rechtsprechung durchbricht das Konzept von ΝΕΡΑ, daß ein EIS für Bundesmaßnahmen erforderlich ist, in doppelter Hinsicht: Zum einen ist ein EIS dann nicht notwendig, wenn das Vorhaben mit den Festsetzungen des Bebauungsplanes vereinbar ist, zum anderen sollen die Umweltnachteile des Vorhabens anstatt im EIS bei der Verabschiedung des Bebauungsplanes aufgearbeitet werden. Das EIS soll nicht nur nicht zu einem "Meta zoning law" werden, sondern der Bebauungsplan selbst wird von der Rechtsprechung zu einem Verfahren zur Lösung umweltbezogener Probleme interpretiert. Während in anderen Fällen die sekundären und mittelbaren Umweltauswirkungen eines Vorhabens die Vorbereitung eines EIS bei raumbedeutsamen Projekten erfordern 188 , wurde in Sierra Club v. Cavanaugh m kein EIS für ein durch den Bund finanziertes Bewässerungssystem verlangt, da die Wachstumseffekte gering seien und im übrigen auch im Rahmen der lokalen Bebauungsplanung gelöst werden könnten. Diese Rechtsprechung schränkt die Anwendung des EIS-Verfahrens bei Entscheidungen über räumliche Nutzungen wesentlich ein. Ein medienübergreifendes Verfahren, das vertikale Fragmentierung zwischen den verschiedenen Ebenen staatlicher Hoheitsgewalt tendenziell überwinden könnte, ist nicht 185

Sierra Club v. Cavanaugh, 447 F.Supp. 427 (S.D. S.D. 1978). New Hope Community Ass'n v. HUD, 509 F.Supp. 525 (E.D. N.C. 1981); City of Loveland v. Pierce, 564 F.Supp. 76 (S.D. Ohio 1983); Town of Groton v. Laird, 353 F.Supp. 344 (D. Conn. 1972); Isle of Hope Historical Ass'n v. U.S. Army Corps of Engineers, 646 F.2d 215 (5th Cir. 1981); Goodman Group, Inc. v. Dishroom, 679 F.2d 182 (9th Cir. 1982); Friends of Endangered Species, Inc. v. Jantzen, 760 F.2d 976 (9th Cir. 1985). 187 Maryland National Capital Parks and Planning Commission v. U.S. Postal Service, 487 F.2d 1029 (D.C. Cir. 1973); siehe auch Biderman v. Morton, 497 F.2d 1141 (2nd Cir. 1974). 188 City of Davis v. Coleman, 520 F.2d 661 (9th Cir. 1975), dort ordnete das Gericht die Vorbereitung eines EIS an, weil die geplante Autobahnkreuzung, die einem Industriegebiet dienen sollte, Wachstumseffekte habe, die unter ΝΕΡΑ zu untersuchen seien. 189 447 F.Supp. 427 (S.D. S.D. 1978). 186

128

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

möglich, und die Informationsfunktion des EIS für die Entscheidung der Bundesverwaltungen über räumliche Nutzungen wird damit erheblich eingeschränkt. Die genannten Entscheidungen ignorieren die Tatsache, daß - obgleich die vorhandene Nutzung des Gebietes und die Festsetzungen des Bebauungsplanes wichtige Faktoren sind, um die Relevanz der Umweltauswirkungen zu bestimmen 190 , - der alleinige Bezug auf die Festsetzungen des Bebauungsplanes den Blick für die tatsächlichen Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt verstellt. Diese Rechtsprechung läßt zudem außer acht, daß die Analyse der Umweltbelange - wenn überhaupt beim Erlaß des Bebauungsplanes von der Gemeinde vorgenommen - in der Regel nicht mit der Expertise und den Mitteln, die der Bundesverwaltung zur Verfügung stehen, durchgeführt wird und daß die Gemeinde nicht unter der gleichen Verpflichtung steht, Umweltbelange zu beachten, wie sie der Bundesverwaltung durch NEPA auferlegt ist. Lokale Bebauungspläne sind nicht immer notwendigerweise Ergebnisse von informierten oder umweltorientierten Entscheidungsprozessen. Auch vermögen die Argumente der Rechtsprechung nur teilweise zu überzeugen. Verletzung der Souveränität der gemeindlichen Planungshoheit ist nicht bereits dann gegeben, wenn die Bundesverwaltung ein EIS für ein Vorhaben vorbereiten muß. Vielmehr könnte ein Eingriff in die gemeindliche Planungshoheit nur dann gegeben sein, wenn das EIS zu dem Ergebnis kommt, daß das Vorhaben in einer Form durchgeführt werden sollte, die nicht im Einklang mit den Festsetzungen des Bebauungsplanes steht. Selbst in diesem Fall ist noch kein Eingriff in die lokale Souveränität gegeben, da die Behörde sich entscheiden kann, das Vorhaben nicht durchzuführen. Ebenfalls vermag das zweite Argument der Rechtsprechung, daß an die Bundesbehörden keine höheren Anforderungen als an private Dritte gestellt werden könnten, nicht zu überzeugen. NEPA verlangt ausdrücklich von den Bundesbehörden, Umweltbelangen erhöhte Beachtung zu schenken. Es kann daher kein Unterschied machen, ob das Vorhaben den Festsetzungen des Bebauungsplanes entspricht oder nicht. Der Bundesverwaltung ist in jedem Falle auferlegt, Umweltbelangen einen höheren Stellenwert bei der Entscheidungsvorbereitung einzuräumen, als Private, Gemeinden oder andere Träger staatlicher Gewalt verpflichtet sind. Das von der Rechtsprechung angeführte Argument geht auch aus einem anderen Grunde fehl. Zwar besitzt die lokale Gebietskörperschaft Hoheitsgewalt, Bebauungspläne festzusetzen, dabei muß sie jedoch auch in anderer Hinsicht Bundesgesetze befolgen, wie z.B. die Civil Rights Gesetze. Überträgt man die Argumente, die die Rechtsprechung für die Ablehnung von NEPA auf Bebauungspläne entwickelt hat, auf diesen Bereich, so könnte man argumentieren, daß diskriminierende Bebauungsplanung nicht unter Civil Rights 190

Hanly v. Kleindienst, 471 F.2d 823 (2nd Cir. 1972).

2. Planungen und Maßnahmen, die ein EIS erfordern

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Gesichtspunkten überprüft werden könne, da die lokale Gebietskörperschaft sich durch ihre gewählten Vertreter in demokratischer Legitimation für Diskriminierung entschieden habe. Lokale politische Entscheidungen müssen aber grundsätzlich die durch Bundesgesetzgebung vorgegebenen Rahmenbedingungen einhalten. Schließlich ist nicht einsichtig, aus welchen Gründen für die Gemeinden etwas anderes in bezug auf ΝΕΡΑ gelten soll als für andere demokratisch legitimierte Institutionen. Auch für die Vorhaben anderer politischer Hoheitsträger, z.B. der Bundesstaaten, muß ein EIS erstellt werden, obgleich das Vorhaben möglicherweise die in den einzelstaatlichen Gesetzen festgelegten Standards erfüllt. Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum die Bundesbehörde nicht höhere Umweltstandards unter ΝΕΡΑ zu erfüllen hat, als die lokale Gebietskörperschaft für Vorhaben in ihrem Hoheitsbereich festlegt. In der Literatur wird deshalb der Standpunkt vertreten, daß fiir die Entscheidung, ob ein EIS erforderlich, in erster Linie auf die vorhandene Nutzung und die absoluten und kumulativen Auswirkungen abzustellen ist. Auf ein EIS sollte nicht bereits deshalb verzichtet werden, weil das Vorhaben den Festsetzungen eines Bebauungsplanes entspricht, ohne zuvor die tatsächlichen Auswirkungen festgestellt zu haben 191 . Obgleich dies den Zielsetzungen von ΝΕΡΑ eher entsprechen würde, ist bisher nicht ersichtlich, daß sich die Gerichte dieser Meinung anschließen.

2.3.3. Änderung des Vorhabens zur Vermeidung eines EIS Informelle Vorverhandlungen

Die Vorbereitung eines EIS ist mit einem relativ großen Aufwand für die verantwortliche Behörde verbunden und birgt stets die Gefahr, daß aufgrund der im EIS enthaltenen Information das Vorhaben nicht wie ursprünglich geplant durchgeführt werden kann. Es gibt grundsätzlich zwei Möglichkeiten, ein EISVerfahren zu vermeiden. Neben der Möglichkeit, das Vorhaben auch ohne Beteiligung einer Bundesbehörde durchzuführen - hier kommt insbesondere der Verzicht auf finanzielle Unterstützung in Betracht - , besteht die andere Möglichkeit darin, vor der Entscheidung der Behörde, ob ein EIS notwendig ist, Änderungen oder Ausgleichsmaßnahmen zu dem ursprünglichen Vorhaben vorzunehmen, um die möglichen Umweltauswirkungen unter der Schwelle der „Signifikanz" und damit unterhalb der Schwelle von Umweltauswirkungen zu halten, die für die Vorbereitung eines EIS erreicht sein muß. Ist eine Maßnahme oder vorbereitende Planung durch finanzielle Unterstützung einer Bundesbehörde zu einer Bundesmaßnahme unter ΝΕΡΑ geworden, ist die Rechtsprechung in mehreren Fällen davon ausgegangen, daß ein späterer Verzicht auf Bundesmittel die Maßnahme nicht aus dem Anwendungsbereich 191

Peltz, Weinman, 31 U. Miami L. Rev. 71 (119) (1976).

9 Mezger

130

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

von NEPA entläßt 192 . Es soll auch einer möglichen Umgehung von NEPA vorgebeugt werden, wenn Bundesmittel für andere als das ursprünglich beantragte Vorhaben verwendet werden und die dadurch mittelbar freigewordenen Mittel zur Durchführung des umweltpolitisch kontroversen Vorhabens genutzt werden 193 . Während nachträglicher Verzicht auf Bundesmittel, um den Anforderungen von NEPA zu entgehen, erhebliche Nachteile mit sich bringt, können Änderungen des Vorhabens oder die Festsetzungen von Ausgleichsmaßnahmen im Planungsprozeß, um negative Auswirkungen auf die Umwelt zu verhindern oder zu verringern, zu dem Ergebnis führen, daß - mangels signifikanter Umweltauswirkungen - ein EIS für das Vorhaben nicht mehr zu erstellen ist 194 . In der Literatur ist die Frage aufgeworfen worden, ob die Änderung des Vorhabens durch Ausgleichsmaßnahmen als illegitimer Versuch der Umgehung von NEPA oder als wünschenswertes Mittel, Umweltbelastungen im Vorfeld der Entscheidung zu reduzieren, anzusehen ist 195 . Die Rechtsprechung hat in dieser Frage unterschiedliche Anforderungen gestellt. Während der CEQ verlangt, daß ein EIS nur dann nicht erforderlich ist, wenn zu Beginn des EIS-Verfahrens durch Ausgleichsmaßnahmen oder Änderungen negative Umweltauswirkungen gegenüber dem ursprünglich geplanten Vorhaben ausgeschlossen wurden 196 , halten die Gerichte es für ausreichend, wenn nachteilige Umweltfolgen später im EIS-Verfahren, jedoch vor der Entscheidung, ob eine UVP notwendig ist, durch Ausgleichs maß nahmen reduziert werden 197 . Jedoch muß die zuständige Behörde im Detail darlegen, wie die vorgeschlagenen Ausgleichsmaßnahmen die nachteiligen Um weitaus Wirkungen des 192

Sierra Club v. Volpe, 351 F.Supp. 1002 (N.D. Cal. 1972); Scottsdale Mall v. State of Indiana, 549 F.2d 484 (7th Cir. 1977), cert, denied 434 U.S. 1008 (1977). 193 siehe Ely ν. Velde (Ely II), 497 F.2d 252 (4th Cir. 1974), dort war geplant, ein Aufnahmeund Medizinisches Center mit block-grant Mitteln zu bauen. Nachdem ein Bundesgericht in Ely v. Velde (Ely I), 451 F.2d 1130 (4th Cir. 1971) ein EIS für das Vorhaben gefordert hatte, setzte der Bundesstaat das Vorhaben mit eigenen Mitteln fort und verwandte die freigewordenen Bundesmittel für andere Vorhaben. Während die Kläger dieses Vorgehen als Umgehung von NEPA angriffen, entschied das Gericht, daß der Bundesstaat das Vorhaben ohne EIS durchführen kann, wenn es keine Bundesmittel verwendet, jedoch nicht die freigewordenen Bundesmittel für andere Projekte verwenden kann. Damit eröffnete das Gericht zwar die Möglichkeit, dem EIS-Erfordernis zu entgehen, machte die Möglichkeit aber durch den Verlust der finanziellen Unterstützung insgesamt unattraktiv. 194 Preservation Coalition, Inc. v. Pierce, 667 F.2d 851 (9th Cir. 1982); City and County of San Francisco v. U.S., 615 F.2d 498 (9th Cir. 1980); Maryland National Capital Park and Planning Commission v. U.S. Postal Service, 487 F.2d 1029 (D.C. Cir. 1973); Friends of Endangered Species, Inc. v. Jantzen, 760 F.2d 976 (9th Cir. 1985). 195 siehe Glitzenstein, 10 Ecol. L. Q. 263 (1982); Herson, 13 Ecol. L. Q. 51 (1986). 196 CEQ, 46 F.R. 18026 (18038) (1981); siehe auch Sierra Club v. Marsh, 769 F.2d 868 (1st Cir. 1985). 197 Friends of Endangered Species, Inc. v. Jantzen, 760 F.2d 976 (9th Cir. 1985); Cabinet Mountains Wilderness v. Peterson, 685 F.2d 678 (D.C. Cir. 1985).

2. Planungen und Maßnahmen, die ein EIS erfordern

131

Vorhabens vermindern 198 . Die Behörde wird dann auf Grundlage einer kursorischen Umweltprüfung feststellen, daß das Vorhaben wegen der vorgeschlagenen Ausgleichsmaßnahmen keine negativen Umweltauswirkungen mehr hat ("Finding of No Significant Impact" - FONSI). Wenn der Entscheidungsträger zu der Schlußfolgerung kommt, ein EIS sei nicht notwendig, muß er eine Reihe von Anforderungen beachten, die sicherstellen sollen, daß Ausgleichsmaßnahmen nachteilige Umweltfolgen tatsächlich vermindern und nicht nur deshalb in das EIS-Verfahren eingebracht wurden, um die Vorbereitung einer UVP zu umgehen. Nach Ansicht der Gerichte müssen vier Kriterien erfüllt sein, damit die Vorbereitung eines EIS entfallen kann: Erstens muß die Behörde die möglichen Umweltauswirkungen genau überprüft haben; zweitens muß sie alle Umweltbelange erkannt haben; drittens muß nachgewiesen werden, daß die vorgeschlagenen Ausgleichsmaßnahmen die verbleibenden Umweltfolgen auf „ein Minimum" reduzieren, und viertens muß sichergestellt sein, daß die vorgeschlagenen Ausgleichsmaßnahmen auch tatsächlich durchgeführt werden 199 . Sind die negativen Umweltfolgen im Vorfeld ausgeglichen worden, braucht kein EIS erstellt zu werden. Insofern begünstigt diese Rechtsprechung informelle Vorverhandlungen zwischen dem Antragsteller und der Verwaltung und bietet einen Anreiz, durch Änderungen des Vorhabens oder Ausgleichsmaßnahmen nachteilige Umweltauswirkungen zu vermeiden bzw. zu reduzieren, um einem - möglicherweise langwierigen und kostspieligen - EISVerfahren zu entgehen. Unter umweltpolitischen Gesichtspunkten hat dieses Vorgehen gegenüber der Vorbereitung eines EIS den Vorteil, daß die im Vorfeld von dem Antragsteller angebotenen Ausgleichsmaßnahmen tatsächlich umgesetzt werden, während die Umsetzung von im EIS vorgeschlagenen Ausgleichsmaßnahmen - anders als die Ausgleichsmaßnahmen bei der UVP in Kalifornien - im Ermessen der entscheidenden Behörde steht. Andererseits hat diese Vorgehensweise viele der informellen Vorverhandlungen eigenen Nachteile. Häufig wird das Vorhaben zu einem Zeitpunkt oder in einer Weise geändert, die es Dritten schwierig macht, Einwendungen gegen das Vorhaben vorzubringen. Die Öffentlichkeit ist bei diesen informellen Vorverhandlungen ausgeschlossen, und es besteht die Gefahr, daß die Behörde sich in den Vorverhandlungen bereits bindet. Kriterien der Entscheidung sind häufig nicht nachvollziehbar, und der Rechtsschutz wird möglicherweise abgeschnitten.

198 Louisiana v. Lee, 758 F.2d 1081 (5th Cir. 1985); The Steamboaters v. Federal Energy Regulatory Commission, 759 F.2d 1382 (9th Cir. 1985), siehe auch Foundation for North American Wild Sheep v. U.S. Dep. of Agriculture, 681 F.2d 1172 (9th Cir. 1982) (Behauptung, wegen vorgenommener Ausgleichsmaßnahmen sei kein EIS mehr notwendig, wurde vom Gericht zurückgewiesen). 199 Cabinet Mountains Wilderness v. Peterson, 685 F.2d 678 (D.C. Cir. 1982); Friends of Endangered Species v. Jantzen, 760 F.2d 976 (9th Cir. 1985); The Steamboaters v. Federal Regulatory Energy Commission, 759 F.2d 1382 (9th Cir. 1985); Sierra Club v. Block, 614 F.Supp. 488 (D. D.C. 1985)

9*

132

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

Einige dieser Nachteile werden dadurch ausgeschlossen, daß die Behörde ihre Entscheidung, kein EIS zu erstellen, in einem der Öffentlichkeit zugänglichen sog. environmental assessment, einer kursorischen Einschätzung der Umweltauswirkungen des Vorhabens, zu begründen hat 2 0 0 und im Detail nachweisen muß, aus welchen Gründen die vorgeschlagenen Ausgleichsmaßnahmen die vermuteten negativen Umweltfolgen vermindern können. Insofern bieten die Vorstufen des EIS-Verfahrens, sowohl das environmental assessment als auch die Feststellung, daß keine negativen Umweltfolgen vorliegen (Finding of No Significant Impact - FONSI), einen Rahmen für informelle Vorverhandlungen, durch den die notwendige Transparenz und Neutralität von Verwaltungsentscheidungen auch bei informellen Vorverhandlungen gewährleistet bleiben. Da die Entscheidung der Behörde, eine UVP sei nicht notwendig, von den Gerichten überprüft werden kann, kann auch sichergestellt werden, daß die vorgeschlagenen Ausgleichsmaßnahmen tatsächlich die möglichen nachteiligen Folgen des Vorhabens reduzieren. Insofern wird der Kritik an informellen Vorverhandlungen, daß sie gerichtlich nicht nachprüfbar seien, begegnet und ein effektiver Rechtsschutz garantiert 201 .

2.3.4. Zusammenfassung

Man könnte aus § 101 (B) (3) NEPA schließen, das Gesetz verfolge die Absicht, jede weitere Verschlechterung der Umwelt zu vermeiden, und daraus die Folge ziehen, daß für alle Vorhaben, die eine Verschlechterung der Umwelt, kumulativ oder absolut, mit sich bringen, ein EIS erforderlich sei. Ohne zu der Frage Stellung zu nehmen, ob NEPA eine Politik der „Nicht-Verschlechterung" ("non-degradation") verfolgt, hat die Rechtsprechung in Hanly m, um die Signifikanz der Umweltauswirkungen zu bestimmen, sowohl die absoluten Auswirkungen als auch auf die kumulativen, d.h. die Auswirkungen, die das Vorhaben in bezug auf die bereits vorhandene Umweltbelastung besitzt, herangezogen. Die Schwierigkeiten, die Schwelle der Umweltbelastungen eines Vorhabens zu bestimmen, die ein EIS erfordern, liegen darin, daß NEPA weder eine Grundlage angibt, von der aus signifikante Eingriffe in die Umwelt definiert werden können, noch Kriterien enthält, welche Auswirkungen als signifikant anzusehen sind. Trotz der genannten Probleme haben die Rechtsprechung und CEQ-Verwaltungsvorschriften die Anwendung von NEPA auf einen weiten Bereich von Bundesmaßnahmen ausgedehnt, mit dem Ziel, weiteren Verschlechterungen der Umweltbedingungen durch einen informierten Entscheidungsprozeß der Ver200

siehe 40 C.F.R. § 1508.9 und infra, IV.2.4. siehe auch Herson, 13 Ecol. L. Q. 51 (70) (1986) (Vorschläge zur Überarbeitung der CEQVerwaltungsvorschriften, um größere Beteiligung der Öffentlichkeit an informellen Vorverhandlungen über Ausgleichsmaßnahmen zu erlauben). 202 Hanly v. Kleindienst, 471 F.2d 823 (2nd Cir. 1972). 201

2. Planungen und Maßnahmen, die ein EIS erfordern

133

waltung vorzubeugen. Bemerkenswert ist, daß durch die weite Interpretation des Begriffes „Bundesmaßnahme" auch eine Vielzahl von Vorhaben der einzelnen Bundesstaaten, Gemeinden oder privater Dritter unter ΝΕΡΑ fallen. Die Schwelle für die Anwendung des EIS-Verfahrens hat die Rechtsprechung niedrig angesetzt, indem sie Umweltauswirkungen nicht nur auf die Auswirkungen auf die natürliche Umwelt bezogen hat. Sie hat insoweit den ökologischen Begriff von Umwelt verlassen und die Interdependenzen zwischen den Auswirkungen auf die Natur und die allgemeinen Lebensbedingungen anerkannt.

2.4. Kursorische Umweltprüfung (Environmental Assessment) Entscheidung, kein EIS zu erstellen In vielen Fällen ist anfangs nicht deutlich, ob ein EIS erstellt werden muß. Dann bereitet die Behörde zunächst ein sog. Environmental Assessment, d.h. eine kursorische Bestandsaufnahme möglicher Umweltauswirkungen, vor 2 0 3 . Der Zweck des Environmental Assessment besteht darin, festzustellen, ob negative Auswirkungen des Vorhabens ausreichend wahrscheinlich und signifikant sind, um den Aufwand von Zeit und Kosten für die Vorbereitung eines vollständigen EIS zu rechtfertigen 204. Dieses Environmental Assessment bildet die Grundlage für die Entscheidung, ob ein EIS erstellt wird, oder dient als Basis für die Feststellung, daß keine signifikanten Umweltauswirkungen vorliegen und deshalb ein EIS nicht vorbereitet werden muß (Finding of No Significant Impact - FONSI) 205 . Das Environmental Assessment und das Finding of No Significant Impact (sog. Negativerklärung) sind gerichtlich voll nachprüfbar, und die Gerichte scheuen sich nicht, insbesondere die sog. Negativerklärung (negative declaration) für unzureichend zu erklären 206 . 2.4.1. Gerichtliche Überprüfung der Negativerklärung

Der Standard der gerichtlichen Überprüfung der sog. Negativerklärung, ob „ex novo" durch die Gerichte, die allgemeine Ermessensprüfung unter dem "arbitrary and capricious" Standard des Administrative Procedure Act (APA) oder der "reasonabless-rule", ist streitig 207 . 203

40 C.F.R. § 1508.9. River Road Alliance v. U.S. Army Corps of Engineers, 764 F.2d 445 (7th Cir. 1985). 205 40 C.F.R. §§ 1508.9, 1508.13. 206 siehe City of Davis v. Coleman, 51 F.2d 661 (670) (9th Cir. 1975) (Negativerklärung fur eine geplante Autobahnkreuzung wurde als „bürokratisches Scheingeschwätz" ("bureaucratic double talk") charakterisiert, das die Realität auf den Kopf stellt). 207 Ob überhaupt eine gerichtliche Kontrolle über die Entscheidungen der Verwaltung besteht, hängt zunächst von der Frage ab, ob die Behörde nach völlig freiem Ermessen handeln 204

134

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene Wenn die Notwendigkeit eines EIS noch nicht entschieden ist:

aus: 12 ELR 46061 (1979)

2.4.1.1. Arbitrary

and Capricious Standard - Ermessensprüfung

Für die gerichtliche Überprüfung der Entscheidung der Behörde bietet zunächst der Administrative Procedure Act 2 0 8 den sog. arbitrary and capricious Standard. Unter diesem Standard sind Verwaltungsentscheidungen aufzuheben, wenn sie willkürlich, ermessensmißbräuchlich oder sonstwie rechtswidrig sind ("arbitrary, capricious or otherwise not in accordance with law"). Die gerichtliche Überprüfung beschränkt sich zunächst auf eine relativ oberflächliche Prüfung des Ermessens und akzeptiert die Entscheidung der Behörde, wenn sie nicht offensichtlich ermessensmißbräuchlich oder willkürlich ist, alle relevanten Fakten in die Entscheidung einbezogen hat und keine offensichtlichen Fehleinkann oder in der Ausübung ihres Ermessens rechtlich gebunden ist ("has law to apply**); 5 U.S.C. § 706); im ersten Fall gibt es überhaupt keine gerichtliche Überprüfung, Rodgers, S. 17; für eine grundlegende Diskussion der verschiedenen Maßstäbe der gerichtlichen Kontrolle von Verwaltungshandlungen unter dem Administrative Procedure Act siehe Citizens to Preserve Overton Park ν. Volpe, 401 U.S. 402 (1971). 208 5 U.S.C. §§ 701 ff.

2. Planungen und Maßnahmen, die ein EIS erfordern

135

Schätzungen dieser Fakten erkennbar sind 209 . In Hanly v. Kleindienst 210 wurde ausgeführt, daß die Entscheidung der Behörde, ob sie ein EIS unter § 102 NEPA vorbereitet, ein Teil ihrer Aufgabe unter NEPA sei und das Gericht diese Entscheidung der Behörde überprüfen könne. Das Gericht stellte fest, daß die Entscheidung der Behörde unter dem weiten Standard der Überprüfung von Ermessensentscheidungen nur dann aufzuheben sei, wenn sie willkürlich, ermessensmißbräuchlich oder sonstwie rechtswidrig sei. Jedoch ging Hanly noch einen Schritt weiter, als lediglich den Standard für die gerichtliche Überprüfung von Verwaltungsentscheidungen unter NEPA darzulegen. Das Gericht wies darauf hin, daß die Überlegungen und Fakten, die zu der Entscheidung geführt hätten, ein EIS sei nicht erforderlich, in einem nachvollziehbaren Bericht niederzulegen seien und der Öffentlichkeit vor der Entscheidung Gelegenheit zu geben sei, zu diesen Überlegungen Stellung zu nehmen. Andere Entscheidungen haben diese Rechtsprechung aufgenommen 211 und weiterentwickelt. Nach der neuen Rechtsprechung ist die Entscheidung einer Behörde, ein EIS zu erstellen, unter dem "arbitrary and capricious" Standard im Hinblick auf vier Punkte zu überprüfen: Erstens muß die Behörde alle Umweltbelange richtig erkannt und zweitens ihnen genaue Beachtung ("hard look") geschenkt haben 212 , drittens muß die Verwaltung für ihre Schlußfolgerung, das Vorhaben bringe keine signifikanten Umweltauswirkungen mit sich, überzeugende Argumente haben und schließlich muß, falls negative Umweltauswirkungen vorliegen und diese durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert werden sollen, die Sicherheit gegeben sein, daß nachteilige Umweltfolgen auf ein Minimum reduziert werden 213 . Zwar wird nicht verlangt, daß im Environmental Assessment bzw. in der Negativerklärung die relevanten Umweltfaktoren im gleichen Detail zu untersuchen sind wie im eigentlichen EIS-Verfahren, jedoch sind bloße Behauptungen, die nicht durch Tatsachen gestützt sind, insbesondere die Behauptung, negative Umweltfolgen seien durch die Maßnahme nicht zu befürchten, nicht ausreichend 214.

209

Citizens to Preserve Overton Park ν.Volpe, 401 U.S. 402 (1971). 471 F.2d 823 (2nd Cir. 1972). 2.1 Citizens for Clean Air v. Corps of Engineers, 356 F.Supp. 14 (S.D. N.Y. 1973); Citizens for Reid State Park v. Laird, 336 F.Supp. 783 (D. Me. 1972); New Hope Community Association v. HUD, 504 F.Supp. 525 (E.D. N.C. 1981); Izaak Walton League v. Marsh, 655 F.2d 346 (D.C. Cir. 1981); Sierra Club v. Alexander, 633 F.2d 206 (2nd Cir. 1980); Sierra Club v. U.S. Department of Transportation, 753 F.2d 120 (D.C. Cir. 1985); Foundation on Economic Trends v. Heckler, 756 F.2d 143 (D.C. Cir. 1985); CrounseCorp. v. ICC, 781 F.2d 1176 (6th Cir. 1986); National Trust for Historic Preservation v.Dole, 819 F.2d 1164(D.C. Cir. 1987). 2.2 Baltimore Gas + Electric Co. v. NRDC, 103 S.Ct. 2246 (1983); Foundation on Economic Trends v. Heckler, 756 F.2d 143 (D.C. Cir. 1985). 213 Sierra Club v. U.S. Department of Transportation, 753 F.2d 120 (D.C. Cir. 1985). 2,4 Foundation on Economic Trends v. Weinberger, 610 F.Supp. 829 (D. D.C. 1985). 2.0

136

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

Obgleich der "arbitrary and capricious" Standard der gerichtlichen Überprüfung relativ weit ist, gewinnt er durch das Erfordernis, alle relevanten Fakten zu beachten und sämtliche Überlegungen in einem allgemein zugänglichen Bericht zusammenzufassen, an Substanz und Rationalität. Dem Entscheidungsträger wird die Möglichkeit verschlossen, mit vagen Ermessensüberlegungen den Anforderungen des EIS-Verfahrens zu entgehen. Während die Rechtsprechung den weiten Maßstab des Ermessensmißbrauchs mit entsprechender Souveränität in der Entscheidungsfindung der Behörde grundsätzlich beibehält, wird die Behörde durch die Berichts- und Anhörungspflicht gezwungen, möglichen Umweltauswirkungen der Maßnahme bei der Entscheidung, kein EIS zu erstellen, sorgfaltige Beachtung zu schenken. Gleichzeitig werden durch die Rechtsprechung Transparenz und Neutralität informeller Vorverhandlungen sichergestellt und nachprüfbar.

2.4.1.2. Angemessenheitsprüfung

- "Reasonabless Standard'

Ausgehend von der Überlegung, daß die Verwaltung die Anforderungen von ΝΕΡΑ „so weit wie möglich" ("to the fullest extent possible") zu erfüllen hat und die Entscheidung, ob ein EIS zu erstellen ist, für das EIS-Verfahren von entscheidender Bedeutung ist, gehen einige Bundesgerichte davon aus, daß der Standard des Ermessensmißbrauchs es den Behörden möglicherweise zu einfach macht, den Anforderungen von ΝΕΡΑ auszuweichen215. Von einigen Gerichten wird deshalb eine Angemessenheitsprüfung unter dem "reasonabless" Standard vorgenommen, um die Negativerklärung zu überprüfen. Unter diesem Maßstab gerichtlicher Kontrolle wird die Entscheidung der Behörde, kein EIS zu erstellen, daraufhin überprüft, ob sie in Anbetracht der mit ΝΕΡΑ verfolgten Ziele „vernünftig" ist 216 . Auch hier muß die Behörde alle Umweltbelange genau überprüft und sämtliche Umweltaus Wirkungen einbezogen haben sowie überzeugend dar215 siehe auch Calvert Cliffs' Coordinating Committee v. AEC, 449 F.2d 1109 (D.C. Cir. 1971) "(ΝΕΡΑ) makes environmental protection a part of the mandate of every federal agency and department ... (Agencies are) not only permitted, but compelled, to take environmental values into account .. .(T)he requirement of environmental consideration 'to the fullest extent possible* sets a high standard for the agencies, a standard which must be vigorously enforced by the reviewing courts.** In Concord Township v. U.S., 625 F.2d 1068 (4th Cir. 1980) wird angedeutet, daß - wegen der Bedeutung der Frage, ob die Behörde ein EIS zu erstellen hat - die gerichtliche Überprüfung der Negativerklärung weitergehen soll als die Überprüfung des Inhalts des späteren EIS selbst. 216 City and County of San Francisco v. U.S., 615 F.2d 498 (9th Cir. 1980); Scientists* Institute for Public Information (SIPI) v. AEC, 481 F.2d 1079 (D.C. Cir. 1973); City of Davis v. Coleman, 521 F.2d 661 (9th Cir. 1975); Preservation Coalition v. Pierce, 667 F.2d 851 (9th Cir. 1982); Birmingham Realty Co. v. General Services Administration, 497 F.Supp. 1377 (N.D. Ala. 1980); Puna Speaks v. Hödel, 562 F.Supp. 82 (D. Hawaii 1983); State of Louisiana v. Lee, 758 F.2d 1081 (5th Cir. 1985); Manasota-88, Inc. v. Thomas, 799 F.2d 687 (11th Cir. 1986); Ringsred v. Duluth, 828 F.2d 1305 (8th Cir. 1987).

2. Planungen und Maßnahmen, die ein EIS erfordern

137

legen können, daß aufgrund der in der kursorischen Umweltprüfung gefundenen Fakten die Umweltfolgen des Vorhabens unbedeutend sind 217 . In Scientists ' Institute for Public Information (SIPI) v. AEC 21* wird dieser strengere Maßstab gerichtlicher Kontrolle damit begründet, daß Verwaltungsentscheidungen mit Umweltauswirkungen einem besonderen gerichtlichen Schutz unterliegen. „Verwaltungsentscheidungen im Umweltbereich berühren fundamentale persönliche Interessen des Lebens und der Gesundheit, die einen besonderen Anspruch auf gerichtlichen Schutz haben."

Der Angemessenheitstest setzt nicht voraus, daß die Gerichte feststellen, ob das angegriffene Vorhaben tatsächlich keine signifikanten Umweltauswirkungen hat. Vielmehr kommt es darauf an, ob die Behörde vernünftigerweise schließen durfte, das Vorhaben habe keine negativen Auswirkungen auf die Umwelt 219 . Wesentlich ist hier die Umkehr der Richtigkeitsvermutung. Wenn erhebliche Zweifel entstehen, ob das Vorhaben nachteilige Folgen für die Umwelt haben könnte, muß ein EIS vorbereitet werden, solange nicht sicher ist, daß das Vorhaben keine signifikanten Verschlechterungen in der Umwelt verursachen kann 220 Gegenüber dem Maßstab des Ermessensmißbrauchs nach dem "arbitrary and capricious" Standard bringt der Angemessenheitstest zwei entscheidende Veränderungen: Während es bei dem erstgenannten Standard letztlich dem jeweiligen Kläger obliegt, nachzuweisen, ob die Entscheidung der Behörde willkürlich war, muß unter dem Angemessenheitstest, wenn der Kläger den Anscheinsbeweis erbracht hat, daß das Vorhaben negative Folgen für die Umwelt haben könnte, die Behörde selbst beweisen, daß ihre Entscheidung, kein EIS zu erstellen, im Hinblick auf die mit NEPA verfolgte Zielsetzung und angesichts der tatsächlichen Umstände angemessen war 221 . Zweitens: Obgleich sich die Gerichte darüber ausschweigen, welche Bedeutung „angemessen" unter dem "reasonabless test" bzw. „willkürlich" unter dem "arbitrary and capricious" Standard besitzen, ist die Schwelle für die Gerichte, eine Negativerklärung aufzuheben und 217 Husman v. U.S., 616 F. Supp. 345(D. Wyo. 1985); Cabinet Mountains Wilderness v. Peterson, 685 F.2d 678 (D.C. Cir. 1982). 2,8 481 F.2d 1079 (1094) (D.C. Cir. 1973); siehe auch Vinestreet Concerned Citizens v. Dole, 630 F.2d 24 (E.D. Pa. 1985) (Fakten, die die Bedeutung von Umweltfolgen bestimmen, können vom Gericht überprüft werden). 219 City of Davis v. Coleman, 521 F.2d 661 (9th Cir. 1975). 220 State of Louisiana v. Lee, 758 F.2d 1081 (5th Cir. 1985); im übrigen müssen die Schlußfolgerungen der Behörde in einem detaillierten Bericht zusammengefaßt sein, Citizens Advocates for Responsible Expansion v. Dole, 770 F.2d 423 (5th Cir. 1985). 221 Simmons v. Grant, 370 F.Supp. 5 (S.D. Tex. 1974); Monarch Chemical Works v. Exxon, 466 F.Supp. 639 (D. Neb. 1979); siehe aber Louisiana Wildlife Federation v. York, 761 F.2d 1044 (5th Cir. 1985) (Kläger muß erhebliche Umweltprobleme behaupten und beweisen, daß die Behörde im Hinblick auf diese Fragen nicht vernünftig gehandelt hat); Sierra Club v. Froehlke, 816 F.2d 205 (5th Cir. 1987).

138

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

ein volles EIS zu verlangen, unter dem "reasonabless" Standard erheblich niedriger. Ein EIS ist bereits dann erforderlich, wenn das Vorhaben negative Auswirkungen haben könnte; einer tatsächlichen Feststellung negativer Folgen bedarf es nicht. Begründete Zweifel sind vielmehr ausreichend 222 - und die Beweislast für das Gegenteil liegt bei der Verwaltung.

2.4.1.3. De novo-Prüfung Während die meisten Gerichte entweder den Maßstab des Ermessensmißbrauchs ("arbitrary and capricious" Standard) oder die Angemessenheitsprüfung ("reasonabless test") ihrer Überprüfung zugrunde legen223, wird in der Rechtsprechung und in der Literatur auch die Meinung vertreten, die Entscheidung der Behörde, kein EIS zu erstellen, erfordere eine Überprüfung „de novo" durch die Gerichte. Grundsätzlich sieht der Administrative Procedure Act eine „de novo" Überprüfung, die mit der gerichtlichen Überprüfung von unbestimmten Rechtsbegriffen im deutschen Verwaltungsrecht vergleichbar ist, vor, wenn es sich um eine Rechtsfrage handelt 224 . Im Zusammenhang mit NEPA-Entscheidungen ist dieser Standard, der es den Gerichten erlaubt, die Frage, ob ein EIS zu erstellen ist, neu und durch selbständige Beweiserhebung zu entscheiden, angenommen worden, wenn die Unterlagen der Behörde zu dieser Frage inadäquat waren 225 oder der Kläger erhebliche Umweltprobleme des Vorhabens aufgezeigt hat, die nicht in der kursorischen Umweltprüfung der Behörde enthalten waren 226 . Die meisten Gerichte haben jedoch die Entscheidung der Behörde, ob ein EIS notwendig ist, nicht als Rechtsfrage, sondern als Ermessensentscheidung angesehen, und damit die „de novo" Überprüfung abgelehnt. In der Literatur wird die Ansicht geäußert, die strenge Überprüfung unter dem „de novo" Standard sei notwendig, weil ΝΕΡΑ die Behörden zwinge, ihnen fremde und im Hinblick auf ihre gesetzlichen Anforderungen - hinderliche Belange im EISVerfahren zu berücksichtigen. Die Verantwortung für die Entscheidung, ob ein EIS vorzubereiten ist, den Behörden zu überlassen, laufe angesichts der Vorbehalte der Verwaltung gegen das EIS-Verfahren den Zielsetzungen von ΝΕΡΑ entgegen227. Statt dessen sei eine strenge gerichtliche Kontrolle notwendig, die 222 The Steamboaters v. F.E.R.C., 759 F.2d 1382 (9th Cir. 1985); Sierra Club v. Froehlke, 630 F.Supp. 1215 (S.D. Texas 1986); Alaska Factory Trawlers Ass'n v. Baldridge, 831 F.2d 1456 (9th Cir. 1987). 223 Anderson, Mandelker, Tarlock, S. 712. 224 5 U.S.C. § 706 " . . . the reviewing court shall ... decide all relevant questions of law." 225 Sierra Club v. U.S. Corps of Engineers, 772 F.2d 1043 (2nd Cir. 1985); siehe auch Fritiofson v. Alexander, 772 F.2d 1225 (5th Cir. 1985). 226 Hiram Clarke Civic Club v. Lynn, 476 F.2d 421 (5th Cir. 1973); Trinity County v. Andrus, 438 F.Supp. 1368 (D. Cal. 1978). 227 Grad, § 9.02; siehe auch Anderson, S. 101 "The real significance of the dispute over standards of review is that if courts must rely on agency determinations, the agencies them-

2. Planungen und Maßnahmen, die ein EIS erfordern

139

unabhängig und selbständig nachprüft, ob die Vorbereitung eines EIS erforderlich ist. Gegen die „de novo" Überprüfung wird eingewandt, daß bei der Frage, ob die Maßnahme signifikante Umweltauswirkungen mit sich bringt, für die ein EIS erforderlich ist, nur schwer zu unterscheiden sei, ob es sich um eine Rechts- oder Ermessensfrage handele. Angesichts der aufgezeigten Komplexität, Umweltauswirkungen zu definieren und einzuschätzen, würde es zudem eine Belastung des Gerichtssystems mit sich bringen, wenn die - ohnehin überlasteten Gerichte eigenständig durch Beweiserhebung bestimmen müßten, ob ein EIS erforderlich ist. Schließlich würde dieser Ansatz das Konzept des Ermessens von Verwaltungsentscheidungen unterlaufen, eine Entscheidung der Behörde selbst tendenziell überflüssig machen und letztlich den Gerichten Aufgaben und Entscheidungen übertragen, die der Verwaltung vorbehalten sind 228 .

2.4.2. Zusammenfassung

Obgleich die Rechtsprechung bisher keine einheitlichen Kriterien des Maßstabes gerichtlicher Kontrolle entwickelt hat, läßt sich feststellen, daß - unabhängig von dem jeweiligen Maßstab der gerichtlichen Überprüfung - von den Gerichten verhindert werden konnte, daß die Verwaltung mit der schlichten Behauptung, die Umweltauswirkungen der geplanten Maßnahme seien nicht signifikant oder nicht ersichtlich, die Vorbereitung einer Umweltverträglichkeitsprüfung vermeidet. Selbst unter dem weiten Standard des Ermessensmißbrauchs ist die Behörde gezwungen, die Gründe für ihre Entscheidung, kein EIS zu erstellen, offenzulegen sowie die Bedenken der Öffentlichkeit in Betracht zu ziehen. Die Verwaltung befindet sich insoweit unter einem gewissen Zwang, ihre Entscheidung zu rechtfertigen. Der Angemessenheitstest, den viele Gerichte ihrer Überprüfung zugrunde legen, hat dagegen den Vorteile daß die Beweislast für die Behauptung, das Vorhaben habe keine Umweltauswirkungen, bei Vorliegen begründeter Zweifel auf Seiten der Verwaltung liegt und die Schwelle für die Vorbereitung eines EIS aus diesem Grunde niedriger anzusetzen ist. Der „de novo" Test erscheint dagegen sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht eher unzweckmäßig. Zwar kann die Frage, ob ein EIS notwendig ist, nämlich die Frage, ob es sich um eine bedeutende Bundesmaßnahme mit signifikanten Umweltauswirkungen handelt, als Rechtsfrage angesehen werden. Die Entscheidung, ob ein EIS zu erstellen ist, beinhaltet aber die Abwägung und Einschätzung zahlreicher Faktoren, so daß es sich im Grunde um eine Auswahlund Ermessensentscheidung handelt. Dieses Ergebnis wird auch durch prakselves can decide when to prepare statements. The very agents of a government whose environmental errors led to the adoption of NEPA would be able to set the threshold below which the act would not apply." 228 Cameron, 16 William and Mary L. Rev. 107 (122) (1974).

140

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

tische Erwägungen unterstützt. Den Gerichten die Aufgabe zu übertragen, diese Erwägungen anzustellen und durch Anhörungen und selbständige Beweiserhebung herauszufinden, ob die Maßnahme sich signifikant auf die Umwelt auswirkt, würde die Gerichte überfordern sowie eine Verdoppelung des Entscheidungsprozesses mit sich bringen. Auch ohne den strengen Maßstab der „de novo" Überprüfung ist es durch die von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien möglich, die Schwelle für die Vorbereitung eines EIS nachvollziehbar zu bestimmen. Die Entscheidungen der Verwaltung werden auch unter den anderen Maßstäben gerichtlicher Kontrolle nicht ungeprüft hingenommen. Diese Rechtsprechung war im übrigen für den Erfolg und die Durchsetzung der Umweltverträglichkeitsprüfung unter ΝΕΡΑ von entscheidender Bedeutung.

2.5. Grenzen des Geltungsbereichs von ΝΕΡΑ Auf den ersten Blick scheint es, als beziehe sich ΝΕΡΑ mit seiner umfassenden umweltbezogenen Zielsetzung auf die gesetzlichen Verpflichtungen aller Behörden. Die CEQ-Verwaltungsvorschriften nehmen aber zunächst den Congress, die Gerichte und den Präsidenten, einschließlich der Präsidialbüros, von den Anforderungen des EIS-Verfahrens aus 229 . Weiter findet ΝΕΡΑ keine Anwendung, wenn sich Umweltauswirkungen des Vorhabens außerhalb des Territoriums der USA ereignen 230. Zudem sehen die CEQ-Verwaltungsvorschriften 231 sowie die Verwaltungsvorschriften der einzelnen Bundesbehörden 232 sog. kategorische Ausnahmen ("categorical exemptions") vor, daß bei bestimmten Vorhaben mangels umweltrelevanter Auswirkungen regelmäßig kein EIS erforderlich ist. Kategorische Ausnahmen sind insoweit keine echten Ausnahmen von ΝΕΡΑ, da für diese Maßnahmen ein EIS notwendig sein kann, wenn das Vorhaben im Einzelfall nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt mit sich bringt. Einige umweltpolitisch umstrittene Großvorhaben hat der Congress ausdrücklich durch gesetzliche Regelung von den Erfordernissen des ΝΕΡΑ ausgenommen, besonders wenn es bereits zu umfangreichen Rechtsstreitigkeiten um diese Vorhaben gekommen war 233 . Der nachträgliche gesetzliche Ausschluß

229

40 C.F.R. § 1508.12. NRDC v. NRC, 645 F.2d 1345 (D.C. Cir. 1981) (ΝΕΡΑ findet keine Anwendung auf extraterritoriale Umweltauswirkungen; § 102 (F) verlangt lediglich internationale Kooperation in Umweltfragen). 231 40 C.F.R. § 1508.3. 232 siehe z.B. HUD-Verwaltungsvorschriften, 24 C.F.R. § 50.20. 233 Alaska Pipeline, 15 U.S.C. § 719 (h) (Zustimmung des Congress zur Pipeline schließt Billigung der Umweltauswirkungen ein); San Antonio Freeway, Pub. L. No. 93-87, § 154 (1973). 230

2. Planungen und Maßnahmen, die ein EIS erfordern

141

bestimmter Vorhaben aus dem Geltungsbereich von NEPA ist bisher jedoch nur selten geschehen. 2.5.1. Bereits begonnene Vorhaben - Rückwirkung des NEPA

In den Anfangsjahren von NEPA wurde oft um die Frage gestritten, ob NEPA auf Vorhaben anzuwenden ist, bei denen bereits mit der Durchführung begonnen worden war, als das Gesetz am 1.1.1970 in Kraft trat. Dabei liegt das Problem nicht in der Rückwirkung des Gesetzes, die unbestritten zulässig ist, sondern in der Frage, ob es sinnvoll ist, noch ein EIS für in der Durchführung bereits fortgeschrittene Vorhaben zu verlangen. Die Rechtsprechung hat einen abwägenden Ansatz für die Beantwortung dieser Frage gewählt und darauf abgestellt, ob das Vorhaben bereits so weit fortgeschritten ist, daß die im EIS enthaltenen Informationen keinen Einfluß mehr auf die Durchführung des Vorhabens haben können 234 . Ein anderer Ansatz beantwortet die Frage nach der Anwendbarkeit von NEPA auch dahin gehend, ob der noch nicht vollendete Teil des Vorhabens in seinen Umweltauswirkungen relevant genug ist, um eine „bedeutende Bundesmaßnahme" im Sinne des § 102 NEPA anzunehmen235. Das Problem der Anwendbarkeit von NEPA auf bereits begonnene Vorhaben entsteht 15 Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes nicht mehr unter dem Gesichtspunkt der Retroaktivität, sondern dann, wenn eine Klage wegen Verletzung von NEPA zu einem Zeitpunkt anhängig gemacht wird, zu dem das angegriffene Vorhaben sich bereits in der Durchführung befindet. Grundsätzlich lehnt die Rechtsprechung die Klage in diesen Fällen nur dann ab, wenn es auf grobes Verschulden des Klägers zurückzuführen ist, daß die Klage nicht zu einem früheren Zeitpunkt anhängig gemacht wurde und, im übrigen das Vorhaben noch nicht vollendet ist 236 . Hintergrund für diese großzügige Rechtsprechung ist die Annahme, daß ein Kläger grundsätzlich davon ausgehen kann, daß die Behörden ihren gesetzlichen Verpflichtungen unter NEPA nachkommen und es der Verwaltung nicht zum Vorteil gereichen dürfe, wenn sie die gesetzlichen Anforderungen nicht erfüllt 237 . Damit wird die Möglichkeit eröffnet, auch nach dem Beginn der Maßnahme gerichtlich durchzusetzen, daß ein EIS erstellt wird.

234 Arlington Coalition on Transportation ν. Volpe, 458 F.2d 1323 (4th Cir. 1972); siehe aber EDF v. Tennessee Valley Authority, 468 F.2d 1164 (6th Cir. 1972). 235 Rodgers, S. 766. 236 Park County Resource Council v. U.S. Department of Agriculture, 613 F.Supp. 1182 (D. Wyo. 1985); ausführlich Mandelker, NEPA, §§ 4.26 - 4.28. 237 Preservation Coalition, Inc. v. Pierce, 667 F.2d 851 (8th Cir. 1982); L.S.S. Leasing Corp. v. U.S. General Service Administration, 579 F.Supp. 1565 (C.D. N.Y. 1984).

142

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene 2.5.2. Konflikte zwischen ΝΕΡΑ und materiellen Umweltgesetzen

Ein medienübergreifendes Verfahren der Entscheidungsvorbereitung hat fachgesetzlich geregelte Umweltaspekte ebenso einzubeziehen wie raumbedeutsame Planungsabwägungen. Im Hinblick auf Bebauungsplanungen findet ein solches medienübergreifendes Verfahren nicht statt, da es nach Ansicht der Rechtsprechung bereits an den für ΝΕΡΑ relevanten Umweltauswirkungen mangelt, wenn das Verfahren den Festsetzungen eines gemeindlichen Bebauungsplanes entspricht. In bezug auf die einzelnen Umweltauswirkungen können sich bei medienübergreifenden Verfahren zwischen fachgesetzlich geregelten Umweltbelangen und den aus allgemeinen Vorsorgegesichtspunkten im EIS-Verfahren zu berücksichtigenden Umwelterwägungen Konflikte in mehrerer Hinsicht ergeben: Werden im EIS-Verfahren andere als in dem Fachgesetz enthaltene Umweltstandards und Grenzwerte zugrunde gelegt, können sich insoweit unterschiedliche Beurteilungen eines Sachverhalts ergeben, je nachdem, ob er im EIS-Verfahren zu beurteilen ist oder im fachgesetzlichen Genehmigungsverfahren. Kommt die Prüfung im EIS-Verfahren zu strengeren Anforderungen an das Vorhaben, als sie nach den in dem Fachgesetz enthaltenen materiellen Umweltstandards zu beurteilen wären, ergeben sich Probleme, wenn das Vorhaben die fachgesetzlich geregelten Werte einhält und damit an sich zulässig wäre. Besonders schwerwiegend ist dieser Konflikt in dem Bereich der sog. gebundenen Genehmigung, wenn das Vorhaben alle erforderlichen fachgesetzlichen Umweltbestimmungen erfüllt und damit einen Rechtsanspruch auf Genehmigung besitzt. Der Gesetzgeber hat versucht, diesen Konflikt durch Ausnahmeregelungen zu ΝΕΡΑ zu lösen. Die Grundlage für Ausnahmen vom EIS-Verfahren ist in § 104 ΝΕΡΑ zu finden, daß „besondere gesetzliche Verpflichtungen anderer Behörden nicht berührt werden sollen" ("is not to affect statutory obligations of other agencies"). Diese Formulierung wurde in einer frühen Entscheidung, Calvert Cliffs ' Coordinating Committee v. U.S. Atomic Energy Commission 238, dahin gehend ausgelegt, daß § 104 ΝΕΡΑ eine Behörde von der Vorbereitung eines EIS nur dann befreit, wenn ihre besonderen gesetzlichen Verpflichtungen die Beachtung von ΝΕΡΑ ausschließen. Nach Meinung des Gerichts soll § 104 ΝΕΡΑ lediglich sicherstellen, daß eine Behörde die Standards und Grenzwerte der Fachgesetze nicht durch andere (niedrigere) Werte ersetzt, nicht aber ausschließen, im Rahmen der Abwägung der Umweltauswirkungen im EIS z.B. höhere Grenzwerte für die zulässige Gewässerverschmutzung zu setzen, als die Environmental Protection Agency (EPA) für den Clean Water Act annimmt. Diese Rechtsprechung wurde vom Congress revidiert. Nach der Entscheidung in Calvert Cliffs' wurde durch gesetzliche Regelung den Bundesbehörden untersagt, höhere Grenzwerte als die des Clean Water Act bei ihren Entscheidungen 238

449 F.2d 1109 (D.C. Cir. 1971).

2. Planungen und Maßnahmen, die ein EIS erfordern

143

im Rahmen des EIS-Verfahrens zugrunde zu legen. Es wurden auch andere wichtige Bereiche des materiellen Umweltrechts von dem Geltungsbereich des NEPA ausgenommen. Grundsätzlich sind nunmehr gemäß § 511 (C) (1) Clean Water A c t 2 3 9 nur noch bestimmte Handlungen der EPA den Erfordernissen von NEPA unterworfen (z.B. Finanzierung von öffentlichen Kläranlagen, Erlaubnis für Einleitung von Stoffen, soweit nicht die einzelnen Bundesstaaten unter ihrem Umsetzungsplan dafür zuständig sind) 240 . Ebenfalls hat der Congress die Maßnahmen der EPA unter dem Clean Air Act sowie anderen Gesetzen aus dem Geltungsbereich von NEPA ausgenommen241. Das hat zur Folge, daß grundsätzlich ein EIS für neue industrielle Vorhaben oder Industrieansiedlungen, die eine Genehmigung einer Bundesbehörde benötigen, nur dann vorzubereiten ist, wenn das Vorhaben eine Genehmigung für Abgrabungen oder Aufschüttungen des U.S. Corps of Engineers benötigt 242 , es sich um die Lagerung giftiger Stoffe handelt oder, soweit nicht die Zuständigkeit der einzelnen Bundesstaaten gegeben ist, eine Erlaubnis für die Einleitung von Stoffen in Gewässer erfordert 243 . Diese Einschränkungen haben zur Folge, daß zahlreiche private Industrievorhaben, die keine finanzielle Unterstützung, sondern lediglich eine Genehmigung einer Bundesbehörde im Bereich von Emissionsschutz und Wasserreinhaltung benötigen, nicht in den Anwendungsbereich von NEPA fallen. Somit können Umweltauswirkungen neuer Industrievorhaben auf die allgemeine räumliche Situation nur in seltenen Fällen nach Bundesrecht in einer Umweltverträglichkeitsprüfung untersucht werden. Zum anderen haben die vom Congress vorgenommenen Einschränkungen Auswirkungen auf die inhaltliche Evaluation von Umweltauswirkungen im EIS, wenn die Behörde keine eigenen Überlegungen verfolgen kann, ob Umweltauswirkungen, die sich unterhalb der in Luftoder Wassergesetzgebung festgelegten Grenzwerte halten, in einzelnen Fällen möglicherweise negative Umweltfolgen mit sich bringen könnten. Ein medienübergreifendes Verfahren, das fachgesetzlich geregelte Umweltaspekte in Entscheidungen über räumliche Nutzungen einbezieht bzw. die Auswirkungen auf 239

33 U.S.C. § 1371 (C)(1). National Pollutants Discharge Elimination System (NPDES) sieht vor, daß die EPA Genehmigungen für Einleitung von Stoffen in Gewässer nur so lange erteilt, bis die Bundesstaaten einen Umsetzungsplan (state implementation plan) für dieses Programm entwickelt haben. 241 Energy Supply and Environmental Coordination Act of 1974, 15 U.S.C. § 793 (C) (1); Genehmigungen für Industrieanlagen, die Kohle verwenden, sind ebenfalls von NEPA ausgenommen, Power Plant and Industrial Fuel Act of 1978, Pub. L. No. 95-620, §763, weitere gesetzliche Ausnahmen siehe Disaster Relief Act of 1974, 42 U.S.C. § 5175; Trans-Alaska Pipeline Authorization Act of 1975,43 U.S.C. § 1652 (d); Regional Rail Reorganisation Act of 1973, 45 U.S.C. § 791; Act to Provide for Starling and Blackbird Control in Kentucky and Tennessee, Pub. L. No. 94-207, § 53.2 (b). 242 siehe Sierra Club v. U.S. Army Corps of Engineers, 481 F.Supp. 397 (S.D. N.Y. 1979). 243 Quarles, S. 44; Beckman, Prairie, 17 San Diego L. Rev. 973 (1004) (1980). 240

144

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

die räumliche Gesamtsituation in die fachgesetzliche Genehmigung eines Einzelvorhabens integriert, ist damit nur begrenzt möglich.

2.5.3. Kein EIS-Verfahren bei „funktional äquivalenten" Verfahren der Entscheidungsvorbereitung

Die Handlungen der Environmental Protection Agency (EPA) wurden unter der Theorie des funktional äquivalenten Verfahrens (functional äquivalent) auch im übrigen weitgehend von der Anwendung von ΝΕΡΑ ausgeschlossen. Die Gerichte haben auf die Einhaltung von ΝΕΡΑ verzichtet, wenn ein funktional äquivalentes Verfahren bei Verwaltungsmaßnahmen, die eher umweltschützend als umweltbelastend sind, angenommen werden konnte. Grundlage dieser Ausnahme war die Entscheidung in Portland Cement Assn'n v. Ruckelshaus244, wonach die EPA bei der Festsetzung von Standards für Luftemissionen unter § 111 des Clean Air Act kein EIS erstellen muß. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, daß § 111 des Clean Air Act verlange, bei Festsetzungen von Emissionswerten „das beste System der Emissionsverringerung" sowie die damit verbundenen Kosten in Betracht zu ziehen. Aus diesem Grunde habe die EPA sowohl die nachteiligen Folgen für die Umwelt als auch die Kosten der umweltschützenden Maßnahme sowie die Auswirkungen der vorgeschlagenen Regelung auf die Umwelt in einem Bericht zusammenzufassen und dem Vorschlag beizufügen. Obgleich dieses Verfahren nach Ansicht des Gerichts nicht alle Vorteile des EIS-Verfahrens enthält, sei es ausreichend, um ein EIS unter ΝΕΡΑ zu ersetzen. Obgleich ein funktionales Äquivalent, wie die Rechtsprechung es definiert hat, ausreichend sein mag, um die Behörde auf die Umweltfolgen ihrer Handlungen aufmerksam zu machen, hat dieses Vorgehen erhebliche Nachteile. Die Behörde ist nicht gezwungen, alle gesetzlichen Anforderungen, die in ΝΕΡΑ enthalten sind, in ähnlicher Form zu erfüllen. So braucht sie z.B. nicht Alternativen zu der vorgeschlagenen Maßnahme, die ein wichtiges Element des EIS-Verfahrens sind, zu untersuchen. Nachteile gibt es auch im Hinblick auf die Möglichkeiten der gerichtlichen Überprüfung. Die gerichtliche Überprüfung des Entscheidungsprozesses der Behörde kann unter dem Ansatz der „funktionalen Äquivalenz" weniger streng sein als unter ΝΕΡΑ 2 4 5 . Der EPA wird damit ein größerer Spielraum eingeräumt als anderen Behörden beim EIS-Verfahren unter ΝΕΡΑ. Dieses wirkt sich unter dem Gesichtspunkt, daß ΝΕΡΑ das Verfahren der Entscheidungsvorbereitung verbessern will, nicht unbedingt positiv aus. Jedoch 244

486 F.2d 375 (D.C. Cir. 1973), cert. den. 417 U.S. 921 (1974). Anderson, Mandelker, Tarlock, S. 720; die EPA hat mittlerweile auch alle Genehmigungen zur Abfallbeseitigung unter dem Resource Conservation and Recovery Act of 1976,42 U.S.C. § 6901 vom EIS ausgenommen, 40 C.F.R. § 124.9 (1986); kritisch dazu Hanenstein, 24 San Diego L. Rev. 1249 (1987). 245

2. Planungen und Maßnahmen, die ein EIS erfordern

145

haben die Gerichte das funktional äquivalente Verfahren ausschließlich bei Handlungen der EPA für den Erlaß von Umweltschutzvorschriften anerkannt 246 und abgelehnt, diese Ausnahme auf Handlungen anderer Behörden auszudeh-

2.5.4. EIS nur bei Ermessensentscheidungen?

Einen direkten Konflikt zwischen NEPA und anderen gesetzlichen Vorschriften im Sinne des § 104 NEPA hat der U.S. Supreme Court in Flint Ridge Development Co. v. Scenic River Ass' η of Oklahoma 24* für den Interstate Land Sales Full Disclosure Act 2 4 9 gesehen. Dieses Gesetz verlangt von den Käufern von Grundstücken, einen vollständigen Bericht über die geplante Bebauung beim U.S. Department of Housing and Urban Development (HUD) einzureichen. Der Bericht kann von der Behörde nicht inhaltlich auf Umweltauswirkungen überprüft werden und, soweit er nicht offensichtlich unvollständig ist, ist er nach Ablauf von 30 Tagen zu genehmigen. Diese Regelung schließt nach Ansicht des Gerichts die Vorbereitung eines EIS aus, da die Behörden den Bericht nur formal, aber nicht inhaltlich prüfen können. NEPA könne nur für Behörden gelten, denen aufgrund der sonstigen gesetzlichen Anforderungen des Genehmigungsverfahrens ausreichend Zeit verbleibe, ein EIS zu erstellen, und die in der Lage seien, bei ihren Entscheidungen bzw. Genehmigungen Konsequenzen für die Beachtung von Umweltbelangen zu ziehen250. Wird eine Genehmigung nur unter formalen Gesichtspunkten erteilt, ist demnach kein Raum für die Vorbereitung eines EIS. Auch in anderen Fällen hat die Rechtsprechung diesen Gesichtspunkt zugrunde gelegt, um die Notwendigkeit eines EIS zu verneinen. So ist wegen § 104 NEPA kein EIS unter dem Endangered Species Act 2 5 1 zu 246 EDF v. EPA, 489 F.2d 1247 (D.C. Cir. 1973); Portland Cement Ass'n v. Ruckeishaus, 486 F.2d 375 (D.C. Cir. 1973). 247 siehe Texas Commission on Natural Resources v. Bergland, 573 F.2d 201 (5th Cir. 1978) (nicht auf National Forest Management Act anwendbar, da National Forest Service nicht ausschließlich umweltschützende Behörde ist); NRDC v. Morton, 388 F.2d 829 (D. D.C. 1974) (Aktivitäten des Bureau of Land Management unter Taylor Grazing Act sind nicht von NEPA ausgenommen); Jones v. Gordon, 621 F.Supp. 7 (D. Alaska 1985) (gilt nicht fur National Marine Fisheries Service unter Marine Mammal Protection Act). 248 426 U.S. 776 (1976); siehe auch Colorado Public Interest Research Group, Inc. v. Hills, 420 F.Supp. 582 (D. Colo. 1976). 249 15 U.S.C. §§ 1701 ff. 250 Entscheidungen, in denen NEPA wegen Mangels an ausreichender Zeit für die Vorbereitung eines EIS nicht angewendet wurde, siehe Consolidated Edison Co. of New York, Inc. v. FPC, 512 F.2d 1332 (D.C. Cir. 1975); Dry Colors Manufacturers' Ass'n ν. Department of Labor, 486 F.2d 98 (3rd Cir. 1973); Gulf Oil Corp. v. Simon, 373 F.Supp. 1102 (D. D.C. 1974) (NEPA unvereinbar mit 15 Tage-Frist fìir Entscheidung unter Emergency Petroleum Allocation Act of 1973, 15 U.S.C. § 753 (a)); siehe aber Forelaws on Board ν. Johnson, 743 F.2d 677 (9th Cir. 1984) (Frist für die Genehmigung von Vorhaben von 9 Monaten schließt die Vorbereitung eines EIS nicht aus). 251 16 U.S.C. §§ 1530 ff.

10 Mezger

146

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

erstellen, da das Gesetz der Behörde kein Ermessen bei der Aufnahme in die Liste der gefährdeten Arten läßt, ein EIS dem Zweck des Endangered Species Act nicht dienlich ist und das Gesetz die gleichen umweltschützenden Ziele wie ΝΕΡΑ verfolgt 252 . Ein direkter gesetzlicher Konflikt wurde auch in folgenden Fällen gesehen: Obwohl die Gerichte militärische Vorhaben nicht grundsätzlich von ΝΕΡΑ ausgenommen haben, hat die Rechtsprechung die Geheimhaltungsklausel des Freedom of Information Act 2 5 3 in der Weise interpretiert, daß viele militärische Projekte nunmehr von ΝΕΡΑ ausgenommen sind 254 . Da gemäß § 102 (2) (C) ΝΕΡΑ alle Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung öffentlich sind, geheimzuhaltende Verteidigungsangelegenheiten aber nach dem Freedom of Information Act der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind, kann ΝΕΡΑ nach Meinung des Gerichtes keine Anwendung finden, da die Einzelheiten eines Vorhabens nicht bekannt gemacht werden dürfen und damit auch die Umweltauswirkungen des Vorhabens nicht bekannt sind 255 . In Weinberger v. Catholic Action of Hawaii 256 lehnte es der U.S. Supreme Court auch ab, ein EIS auf Grundlage hypothetischer Annahmen zu erstellen. Aus Gründen der nationalen Sicherheit könne die U.S. Navy weder zugeben noch abstreiten, ob es beabsichtigt sei, nukleare Waffen in der geplanten Militärbasis zu lagern, und das Gericht sei damit nicht in der Lage zu prüfen, ob überhaupt eine Maßnahme vorliegt, auf die ΝΕΡΑ anzuwenden ist. Mit dieser Entscheidung des U.S. Supreme Court sind militärische Vorhaben nicht grundsätzlich von ΝΕΡΑ ausgenommen. Unterliegen sie jedoch der Geheimhaltung, kommt ein EIS nicht in Betracht. Können Informationen über das Vorhaben dagegen enthüllt werden, ohne Geheimhaltungsvorschriften zu verletzen, ist ein EIS auch für militärische Vorhaben vorzubereiten, wenn sie sich signifikant auf die Umwelt auswirken. Es ist allerdings zu befürchten, daß mit dieser Ausnahme für viele militärische Vorhaben tatsächlich kein EIS mehr vorbereitet werden wird, da sich die Armee jederzeit auf die Pflicht zur Geheimhaltung berufen kann 257 .

252 Pacific Legal Foundation v. Andrus, 657 F.2d 829 (6th Cir. 1981); siehe aber California v. Bock, 690 F 2d 753 (9th Cir. 1982) (keine Ausnahme von ΝΕΡΑ, wenn kein „klarer und unvermeidbarer" Konflikt; National Forest Management Act, 16 U.S.C. § 1604, schließt die Vorbereitung eines EIS nicht aus). 253 5 U.S.C. § 522. 254 siehe Concerned about Trident v. Rumsfield, 555 F.2d 817 (D.C. Cir. 1977). 255 Weinberger v. Catholic Action of Hawaii, 454 U.S. 139 (1981); Laine v. Weinberger, 541 F.Supp. 599 (C.D. Cal. 1982). 256 454 U.S. 139(1981). 257 Du Bois, 22 Nat. Res. J. 699 (705) (1982).

2. Planungen und Maßnahmen, die ein EIS erfordern

147

2.5.5. Zusammenfassung

Die Funktion des EIS als medienübergreifendes Verfahren, das gleichzeitig vertikale Differenzierung in den Zuständigkeiten der verschiedenen Träger staatlicher Hoheitsgewalt überwindet, wird durch Ausnahmen des Geltungsbereiches von NEPA stark eingeschränkt. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß der Gesetzgeber weite Bereiche von privaten Industrieansiedlungen, die durch materielles Umweltrecht mit festen Standards geregelt werden, aus dem EIS-Verfahren ausgenommen hat. Die kumulativen räumlichen Auswirkungen von Ansiedlungsentscheidungen werden in vielen Fällen nicht in einem EIS untersucht. Damit entfällt die Möglichkeit, diese Vorhaben auf ihre Folgen für die Umwelt zu untersuchen. Es bleibt die Frage, ob gleiche oder strengere Grenzwerte als in den Fachgesetzen zugrunde zu legen sind, um bestimmte Umweltauswirkungen, insbesondere die kumulativen Umweltauswirkungen, zu beurteilen. Strengere Grenzwerte im Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren anzulegen, führt zu einer ungleichen Einschätzung gleichartiger Vorhaben, je nachdem ob sie im UVP-Verfahren untersucht werden oder im fachgesetzlichen Genehmigungsverfahren. Im Rahmen von NEPA ist dieses Problem dahin gehend gelöst worden, daß die in den fachgesetzlichen Regelungen enthaltenen Standards und Grenzwerte auch innerhalb des EIS-Verfahrens zu beachten sind. Damit kann den Besonderheiten der jeweiligen Situation nicht immer ausreichend Rechnung getragen werden. Andererseits werden dadurch zwei Probleme vermieden: Zunächst werden materielle Umweltstandards und Grenzwerte gleichmäßig angewandt und damit Probleme von unterschiedlichen Standards zwischen gleichartigen Vorhaben sowie zwischen NEPA und einzelnen Fachgesetzen ausgeschlossen. Gleichzeitig werden Folgeprobleme wie die Frage von gebundenen Erlaubnissen oder möglichen Entschädigungen, wenn die Verweigerung der Genehmigung als Eigentumseingriff zu klassifizieren wäre, weil das Vorhaben strengere Grenzwerte einhalten soll als in den Fachgesetzen vorgeschrieben, gelöst. Die zweite wichtige Ausnahme, nämlich ein EIS nur bei Maßnahmen vorzubereiten, bei denen die Behörde auch inhaltlichen Einfluß auf die Entscheidung nehmen kann, erscheint sinnvoll. Der Ausgangspunkt von NEPA liegt nicht darin, alle Vorhaben auf ihre Folgen für die Umwelt zu untersuchen und das Kriterium „Bundesmaßnahme" als Hebel zu benutzen, um private oder andere Vorhaben in den Anwendungsbereich von NEPA zu bringen, sondern den Entscheidungsprozeß der Verwaltung für die Beachtung von Umweltbelangen zu sensibilisieren. Wenn es auch wünschenswert sein mag, die Umweltauswirkungen möglichst vieler Vorhaben - unabhängig von ihrer Beziehung zu einer Bundesbehörde - zu untersuchen, so ist es jedoch unter der von NEPA verfolgten Zielsetzung, das Entscheidungsverfahren der Bundesverwaltung zu ändern, nur dann sinnvoll, ein EIS zu erstellen, wenn die Behörde bei ihrer Entscheidung

10

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IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

auch Ermessens- und Abwägungsspielräume besitzt, um Umweltfolgen in der Entscheidung tatsächlich berücksichtigen zu können. Tendenzen der Rechtsprechung, umweltschützende Aktivitäten von Bundesbehörden grundsätzlich von ΝΕΡΑ auszunehmen, sind bisher nur für die Bundesumweltbehörde (EPA) ersichtlich. Auch bei umweltschützenden Maßnahmen von Bundesbehörden erscheint ein EIS sinnvoll, um sicherzugehen, daß die Behörde Alternativen einbezogen hat, Kosten und Nutzen der vorgeschlagenen Maßnahme angemessen beurteilt hat, und um eine ausreichende richterliche Kontrolle zu garantieren. Ob das Vertrauen der Rechtsprechung in die EPA, ihre umweltschützenden Aufgaben angemessen wahrzunehmen, in jedem Fall berechtigt ist, ist angesichts mancher Entscheidungen der Reagan-Administration zu bezweifeln.

3. Inhalt der Umweltverträglichkeitsprüfung unter ΝΕΡΑ Wenn ein EIS vorzubereiten ist, stellt sich im nächsten Schritt die Frage, was der Inhalt der Umweltverträglichkeitsprüfung ist. Nach dem Wortlaut von § 102 (2) (C) ΝΕΡΑ sind im EIS die möglichen nachteiligen Folgen für die Umwelt, die sich nicht vermeiden lassen, wenn das Vorhaben durchgeführt wird, verfügbare Alternativen zu dem vorgeschlagenen Vorhaben, die Beziehung zwischen kurzfristigem Nutzen und langfristiger Produktivität der menschlichen Umwelt sowie der irreversible Verbrauch von natürlichen Ressourcen zu untersuchen. Diese im Gesetz angeführten Anforderungen sind einerseits konkret, bleiben aber in ihrem Inhalt relativ ungenau. Die Gesetzgebungsgeschichte gibt weder einen Hinweis darauf, mit welchem Aufwand die Behörden die genannten Faktoren zu untersuchen haben, noch auf den präzisen Inhalt der genannten Begriffe. Die Rechtsprechung hat das EIS als einen „vollständigen Bericht" ("full disclosure document") 258 angesehen, das die Folgen des Vorhabens vollständig darzustellen hat. Aus dieser Forderung nach vollständiger Information sind mehrere Schlußfolgerungen zu ziehen: Zunächst ist zu fragen, welche Umweltauswirkungen eines Vorhabens in die Prüfung einzubeziehen sind. ΝΕΡΑ umfaßt selbstverständlich die Auswirkungen auf die natürliche Umwelt. Unter einem weiten Konzept von ΝΕΡΑ, wie es die Rechtsprechung entwickelt hat, sind daneben auch Auswirkungen auf die menschliche und städtische Umwelt einzubeziehen und unter Umständen soziale und ökonomische Folgen der Maßnahme im EIS zu diskutieren. 258 EDF v. U.S. Army Corps of Engineers, 325 F.Supp. 728 (E.D. Ark. 1971); Students Challenging Regulatory Agency Procedures (SCRAP) v. U.S., 346 F.Supp. 189(D. D.C. 1972).

3. Inhalt der Umweltverträglichkeitsprüfung

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Das Problem, welchen Inhalt das EIS haben soll, besitzt auch eine tatsächliche Dimension. Manche Behörden teilen größere Vorhaben in mehrere Segmente auf. Hier stellt sich die Frage, wie die kumulativen Auswirkungen der gesamten Maßnahme beurteilt werden können. Schließlich kann die Behörde zu dem Schluß kommen, daß mehrere Vorhaben zu verbinden sind. Soll die Behörde dann ein EIS für die einzelnen Vorhaben erstellen oder ein EIS für alle Vorhaben gemeinsam vorbereiten? Neben der Überlegung, daß es, ähnlich wie bei der Segmentation, möglicherweise den Zielen von NEPA entgegenläuft, die kumulativen Auswirkungen zu vernachlässigen, spricht für die Verbindung mehrerer Einzelvorhaben, daß nur wenig Möglichkeit besteht, ein EIS für den Planungsprozeß vorzubereiten, bevor nicht eine konkrete Maßnahme vorgeschlagen wird - und sich die Verwaltung bereits relativ festgelegt hat. Hier ist in Erinnerung zu rufen, daß ein EIS für - finanziell von den Bundesbehörden geförderte - Planungsprozesse in der Regel nicht vorzubereiten ist. Ein Weg, dieser Schwierigkeit zu entkommen, besteht darin, eine Programm- bzw. Regional-Umweltverträglichkeitsprüfung für miteinander verbundene Vorhaben zu fordern, bevor Entscheidungen über die einzelnen Vorhaben getroffen werden. Der Inhalt der Umweltverträglichkeitsprüfung wird weiter dadurch bestimmt, welche Alternativen zu der vorgeschlagenen Maßnahme die Verwaltung zu untersuchen hat. Hier muß der Entscheidungsträger Faktoren analysieren, die er normalerweise in seine Entscheidung nicht einbezogen hätte. Nimmt man das umweltpolitische Mandat von NEPA ernst, muß man erwarten, daß der Entscheidungsträger auch solche Alternativen einbezieht, die neu und ungewöhnlich sind und möglicherweise mit den ursprünglichen Zielsetzungen seiner gesetzlichen Aufgabenstellung kollidieren, aber weniger umweltbelastend sind. Zudem stellt sich die Frage, mit welchem Aufwand die Verwaltung mögliche Alternativen im EIS zu untersuchen hat. Schließlich sind im EIS die kurz- und langfristigen Vor- und Nachteile des Vorhabens zu untersuchen. Kosten und Nutzen können, das hat die Analyse unter III. 1.1. aufgezeigt, auch unter ressourcenökonomischen Ansätzen kaum quantifiziert werden, da Umweltbelange als Externalitäten nur schwer über Schattenpreise in Marktentscheidungen und damit in monetäre Kosten übersetzt werden können. Da aber die Analyse der Vor- und Nachteile des Vorhabens Grundlage für die aus dem EIS zu ziehenden Schlußfolgerungen, insbesondere im Hinblick auf die Verteilungsfolgen, und für die spätere Entscheidung über die Durchführung des Vorhabens selbst bildet, sind Kriterien für die Einschätzung der Vor-und Nachteile des Vorhabens zu entwickeln und im EIS die Beurteilungsmaßstäbe und deren grundlegende Annahmen offenzulegen.

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IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

3.1. Auswirkungen auf die Umwelt Zunächst sind die Auswirkungen auf die natürliche Umwelt im EIS zu analysieren. Welche Auswirkungen im EIS zu untersuchen sind, hängt von dem Charakter der vorgeschlagenen Maßnahme und der vorhandenen Umgebung ab. Exemplarisch für den weiten Bereich an Umweltfolgen, die in einem EIS zu untersuchen sind, ist die Entscheidung in Citizens for Reid State Park v. Laird 259. Für das EIS, das sich mit der Nutzung eines öffentlichen Erholungsgebietes für Landeübungen des U.S. Marine Corps befaßte, wurde verlangt, den Charakter des Vorhabens, die Zerstörung von Flora und Fauna, die Besonderheiten des Erholungsgebietes, aber auch Folgen für die Fischereiwirtschaft, Zunahme von Lärm, nachteilige ästhetische Auswirkungen sowie mögliche Schäden des Ökosystems in die Diskussion der Umweltauswirkungen im EIS einzubeziehen. Die CEQ-Verwaltungsvorschriften sehen vor, daß Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt mit Umgebung und Intensität des Vorhabens variieren und unter drei verschiedenen Gesichtspunkten, nämlich den Auswirkungen auf die Gesellschaft insgesamt sowie die regionalen und lokalen Interessen, zu untersuchen sind 260 . Die gleichen Kriterien, die von der Rechtsprechung herangezogen wurden, um die Signifikanz der Umweltauswirkungen und damit die Notwendigkeit für ein EIS zu bestimmen, sind auch relevant, um zu definieren, welche Folgen des Vorhabens im EIS selbst zu untersuchen sind. Die CEQ-Verwaltungsvorschriften listen eine Anzahl von Überlegungen und Faktoren auf, die für die Analyse der Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt im EIS heranzuziehen sind. Zunächst gehen die Verwaltungsvorschriften davon aus, daß Auswirkungen des Vorhabens sowohl nachteilige als auch positive Folgen für die Umwelt haben können. Signifikante Umweltauswirkungen können selbst dann gegeben sein, wenn die Behörde davon ausgeht, das Vorhaben habe positive Folgen. Nach den CEQ-Verwaltungsvorschriften ist weiter zu fragen: - ob und in welchem Umfang das Vorhaben Gesundheit und Sicherheit der Bevölkerung beeinflußt; - nach besonderen geographischen Charakteristiken des Vorhabens, wie z.B. Nähe zu historischen oder kulturellen Stätten, Parks, wertvollem Ackerland, Feuchtgebieten, Gewässern oder ökologisch sensitiven Gebieten; - ob die vorgeschlagene Maßnahme inhaltlich umstritten ist; - in welchem Maß die Folgen des Vorhabens fur die menschliche Umwelt unsicher sind oder unbekannte oder einzigartige Risiken enthalten; - ob die vorgeschlagene Maßnahme einen Präzedenzfall für nachfolgende Vorhaben schafft oder Entscheidungen für den Verlauf zukünftiger Projekte beinhaltet;

259 260

336 F.Supp. 783 (D. Me. 1972). 40 C.F.R. § 1508.27 (a).

3. Inhalt der Umweltverträglichkeitsprüfung

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- ob das Vorhaben mit anderen Vorhaben verbunden ist oder, wenn die einzelnen Vorhaben unbedeutend sind, sie sich kumulativ bedeutend auf die Umwelt auswirken; - ob das Vorhaben sich nachteilig auf Landschaft, Straßen, Gebäude oder historische Bauten auswirkt bzw. Zerstörung von bedeutenden historischen, wissenschaftlichen oder kulturellen Quellen mit sich bringt; - in welchem Maß das Vorhaben gefährdete Tier- oder Pflanzenarten bedroht und schließlich - ob die Maßnahme eine Verletzung von Umweltschutzgesetzen auf Bundes-, Landesoder lokaler Ebene darstellt 261 .

Demnach sind zahlreiche - ökologische wie soziale - Faktoren heranzuziehen, um die Umweltauswirkungen einer geplanten Maßnahme im EIS zu untersuchen. Wie bereits erwähnt, umfaßt NEPA nicht nur die Auswirkungen auf die natürliche Umwelt, sondern bezieht sich ausdrücklich auf die Einflüsse des Bevölkerungswachstums, der Verstädterung und industriellen Entwicklung. In seiner ersten Entscheidung, die sich mit dem Bau eines Gefängnisses in Manhattan befaßte {Hanly 7), bestätigte der Court of Appeals, daß die Auswirkungen auf die städtische Umwelt in die Diskussion der Folgen des Vorhabens im EIS einzubeziehen sind. „Das Gesetz ist dahin gehend auszulegen, daß es den Schutz der Lebensqualität der Stadtbevölkerung einbezieht. Lärm, Verkehr, überlastete öffentliche Verkehrsmittel, Kriminalität, Übervölkerung und sogar das Vorhandensein von Drogen berühren insgesamt die städtische „Umwelt" und sind sicherlich Ergebnisse der bestimmenden Einflüsse von verdichteter Verstädterung und industrieller Entwicklung 262 ."

Nach dieser Entscheidung sind auch die Auswirkungen auf die Qualität des städtischen Lebens, wie Lärm, Verkehr, Kriminalität, Überbevölkerung und sogar Drogenhandel als Umweltauswirkung in das EIS einzubeziehen. Die Rechtsprechung bezieht die Auswirkungen des Vorhabens auf die Qualität der städtischen Umwelt grundsätzlich in die im EIS zu diskutierenden Auswirkungen ein 263 . Zudem haben sich die Gerichte bemüht, mögliche Folgen für die städtische Umwelt inhaltlich näher zu bestimmen. Nach Como Falcon Coalition v. U.S. Department of Labor 264 sind für die Auswirkungen eines Vorhabens auf die städtische Umwelt und die Folgen der räumlichen Nutzung im EIS vier, sich teilweise überschneidende Bereiche zu 261 262 263

40 C.F.R. § 1508.27(b) (1) bis (10). Hanly v. Mitchell, 460 F.2d 640 (647) (2nd Cir. 1972), cert. den., 409 U.S. 990 (1972). Rucker v. Willis, 484 F.2d 158 (9th Cir. 1973); Jones v. HUD, 390 F.Supp. 579 (E.D. La.

1974). 264 465 F.Supp. 850 (866) (D. Minn.), afPd, 609 F.2d 342 (8th Cir. 1979) "Impacts on an urban environment... may be classified into four somewhat overlapping categories. The first regards what might be termed health and public safety. Courts have examined a project's potential effect on the quality of air and water, the noise level of the community, and the capacity of existing or proposed sewage and solid-waste disposal facilities. Relevant as well is whether the project will affect the local crime rate, present fire dangers, or otherwise unduly tap

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IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

untersuchen: erstens die Auswirkungen des Vorhabens auf Sicherheit und Gesundheit der Bevölkerung. Dieser Bereich umfaßt ähnliche Faktoren, wie sie die allgemeine Polizeiklausel mit öffentlicher Sicherheit und Ordnung umschreibt. Zweitens die Folgen für die gemeindlichen Dienstleistungen und die lokale Infrastruktur; die dritte Kategorie umfaßt die Veränderungen der räumlichen Nutzung und des Gebietscharakters und viertens sind die Folgen des Vorhabens für die Wachstumspolitik der Gemeinde zu untersuchen. Insoweit ist hier ein medienübergreifender Ansatz mit umweltbezogenem Vorsorgecharakter sichtbar, da die im EIS enthaltenen Informationen auch mittelbare Folgen für das Wachstum der lokalen Gebietskörperschaften einbeziehen. Bei den Auswirkungen auf die städtische Umwelt sind jedoch Einschränkungen zu machen. Nicht alle möglichen Auswirkungen auf die städtische Umwelt sind im EIS zu diskutieren 265 . Hier sind grundsätzlich die gleichen Kriterien anzuwenden, die die Rechtsprechung entwickelt hat, um die Signifikanz von Umweltauswirkungen zu bestimmen. Ist das Vorhaben mit den Festsetzungen eines Bebauungsplanes vereinbar, wird die Rechtsprechung sich möglicherweise nur kursorisch mit den Folgen des Vorhabens auf die Umwelt auseinandersetzen266. 3.1.1. Mittelbare Folgen - Regionales und lokales Wachstum

Die Integration von Umweltbelangen in Entscheidungen über räumliche Nutzungen setzt voraus, daß auch mittelbare und über das Zuständigkeitsgebiet des Trägers der jeweiligen Maßnahme hinausgehende Folgen in die Entscheidung einbezogen werden. Das EIS geht noch einen Schritt weiter, als nur die direkten Auswirkungen auf die städtische Umwelt zu betrachten, und bezieht auch Sekundäreffekte des Vorhabens, die Wachstum und Entwicklung im regionalen und lokalen Rahmen beeinflussen, ein. Die CEQ-Verwaltungsvorschriften beziehen sich ausdrücklich auf indirekte Auswirkungen, die durch das Vorhaben verursacht werden, aber-vorhersehbar police and fire forces in the community. The second category involves consideration of the project's impact on social services, such as the availability of schools, hospitals, businesses, commuter facilities, and parking. Apart from its impact on a community's services, a project may alter the character of the area in which it locates - the third category. Conformance to local zoning ordinances, harmonization with proximate land uses, and a blending with the aesthetics of the area are concerns relevant to this category. The final category involves consideration of the project's impact on the community's development policy. Relocation of a federal facility from a downtown to a suburban location, for example, might contribute to urban blight and decay. Neighborhood stability and growth are values which have been found to be cognizable under ΝΕΡΑ." 265 Goodman Group v. Dishroom, 679 F.2d 182 (9th Cir. 1982) (Auszug von Künstlern aus Gebäude, das für Abriß vorgesehen ist, ist keine Umweltauswirkung unter NEPA); Monarch Chemical Works, Inc. v. Exxon, 466 F.Supp. 639 (D. Neb. 1979) (Auswirkungen auf Gemeindesteuer nicht im EIS zu berücksichtigen). 266 Hanly v. Kleindienst, 471 F.2d 823 (2nd Cir. 1972).

3. Inhalt der Umweltverträglichkeitsprüfung

153

- weiter entfernt und zeitlich verzögert auftreten 267 . Die mittelbaren Folgen des Vorhabens können räumliche Wachstumsfolgen und andere Auswirkungen, die sich auf die räumliche Nutzung, Bevölkerungsdichte und Wachstumsrate sowie die damit verbundenen Folgen für Luft- und Wasserqualität sowie das Ökosystem insgesamt auswirken, umfassen 268. Nach der Entscheidung in City of Rochester v. US. Postal Service 269 ist die Verlagerung eines Postamtes aus der Innenstadt in eine nahegelegene Vorstadt u.a. in ihren Auswirkungen für mögliche Verödung und Verfall der Innenstadt, die die Lebensqualität in diesem Gebiet verschlechtern würden, im EIS zu untersuchen. Die Entscheidung in City of Rochester ist nicht nur wichtig, weil sie davon ausgeht, daß die Verschlechterung der ökonomischen und sozialen Situation in der Innenstadt als Umweltauswirkung unter NEPA zu sehen ist, sondern auch deshalb, weil sie impliziert, daß, jenseits der Auswirkungen der Maßnahme auf das betroffene Gebäude oder Grundstück selbst, Umweltauswirkungen, die durch regionale Veränderungen in der räumlichen Nutzung verursacht werden, im EIS zu untersuchen sind 270 . Andere Situationen, in denen die Frage der Veränderung räumlicher Nutzung entstehen kann, sind z.B. Neubau von Einkaufszentren in den Vorstädten, die Kunden und Arbeitsplätze aus der Innenstadt abziehen und damit zum Verfall der Innenstädte beitragen 271. Ein medienübergreifendes Verfahren setzt voraus, daß neben den fachplanerischen Voraussetzungen einer Maßnahme die Auswirkungen auf die allgemeine räumliche Situation unter dem Aspekt des umweltbezogenen Vorsorgegrundsatzes einbezogen werden. City of Davis v. Coleman 272 ist die führende Entscheidung, daß Folgen für Wachstum und Entwicklung der Gemeinde als Auswirkungen einer Bundesmaßnahme im EIS zu untersuchen sind. Hier war eine Autobahnkreuzung mit Bundesmitteln finanziert worden, die nicht nur als Zufahrt zur Autobahn, sondern auch der Erschließung eines neuen Gewerbegebietes dienen sollte. Das Gericht entschied, daß die im EIS zu diskutierenden 267

40 C.F.R. § 1508.8. 40 C.F.R. § 1508.8. 269 521 F.2d 962 (973) (9th Cir. 1976). "The transfer of 1,400 employees alone could have several substantial environmental effects, including (1) increasing commuter traffic by car between the inner-city residents of the employees and their new job site ... (2) (a) loss of job opportunities for inner-city residents who cannot afford or otherwise manage, to commute by car or bus to the (Henrietta) site, or (b) their moving to suburbs, either possibly leading ultimately (to) both economic and physical deterioration in the (downtown Rochester) community, ... and (3) partial or complete abandonment of the downtown (facility) which could, one may suppose, contribute to an atmosphere of urban decay and blight making environmental repair of the surrounding area difficult if not infeasible." 270 siehe auch McDowell v. Schlesinger, 404 F.Supp. 221 (W.D. Mo. 1975)(Schließungeiner Militärbasis würde sich nachteilig auf das Wachstum der Gemeinde auswirken). 271 Dalsis v. Hills, 424 F.2d 784 (W.D. N.Y. 1976) (privat finanziertes Einkaufszentrum, das in einem von HUD zu genehmigenden Stadterneuerungsvorhaben enthalten ist, hat Auswirkungen auf die Situation in Innenstadt, die im EIS zu untersuchen sind). 272 520 F.2d 661 (9th Cir. 1975). 268

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IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

Umweltauswirkungen auch die Folgen des durch das Vorhaben möglichen Wachstums für die Gemeinde einschließen. „Die wachstumsfördernden Auswirkungen der Kidwell-Autobahnkreuzung sind ihr »raison d'être'; und mit dem Wachstum werden auch die damit verbundenen Probleme entstehen: anwachsende Bevölkerung, größerer Verkehr, wachsende Verschmutzung, erweiterte Nachfrage nach Dienstleistungen wie Infrastruktur, Schulen, Polizei, Feuerwehr und Freizeiteinrichtungen 273 ."

Das Gericht nannte in City of Davis eine Anzahl von Faktoren, die sich als Folgen des durch das Vorhaben hervorgerufenen Wachstums auf die Umwelt auswirken und deshalb im EIS zu untersuchen sind. Zunächst sind die direkten ökologischen Auswirkungen zu betrachten. Industrielles Wachstum verstärkt z.B. das Bedürfnis nach lokaler Wasserversorgung, das nicht immer unbegrenzt durch die Gemeinde erfüllt werden kann. Der Grundwasserspiegel wird möglicherweise nachteilig beeinflußt. Der zweite Aspekt betrifft die Auswirkungen auf die Planungspolitik der betroffenen Gebietskörperschaft. Eine Politik des kontrollierten räumlichen Wachstums, die die Stadt verfolgt, könnte durch die Maßnahme gefährdet werden. Neue Gewerbegebiete in der Nähe einer Autobahnzufahrt tragen zum wirtschaftlichen Wachstum und gleichzeitig zum Bevölkerungszuwachs der Gemeinde bei, und ein - bereits bestehender - Wohnungsmangel kann verstärkt werden. Der beschleunigte Bevölkerungszuwachs erfordert neue Wohnungsbauten im Außenbereich, die zu Zersiedlung der Landschaft und verstärkter Nachfrage von städtischen Dienstleistungen und Infrastruktur führen. Die Situation verschlechtert sich außerdem dann für die Gemeinde, wenn verstärktes Wachstum weitgehend außerhalb der Stadtgrenzen stattfindet und deshalb nicht zum Steuerertrag der Gemeinde beiträgt und von der Gemeinde planerisch nicht direkt beeinflußt werden kann. Diese weitgehende Interpretation der im EIS zu untersuchenden Auswirkungen, wie sie das Gericht in City of Davis aufgestellt hat, wird aber nicht allen Entscheidungen zugrunde gelegt. In anderen Fällen haben die Gerichte es abgelehnt, die Wachstumsfolgen der Maßnahme für die Gemeinde in die Untersuchung der Umweltauswirkungen im EIS einzubeziehen. Die Begründungen dafür variieren. Es wird angeführt, daß das durch die vorgeschlagene Maßnahme induzierte Wachstum nicht das Ziel der Maßnahme 274 sei oder daß es nicht vorauszusehen 275 sei und deshalb nicht im EIS zu untersuchen. Manche Gerichte behaupten, die Folgen des Vorhabens für die Entwicklung der Gemeinde könnten im Rahmen der Bebauungsplanung gelöst werden und eine Analyse dieser Umweltauswirkungen im EIS sei aus diesem Grund nicht erforderlich 276.

273

City of Davis v. Coleman, 520 F.2d 661 (667) (9th Cir. 1975). Trout Unlimited ν. Morton, 509 F.2d 1276 (9th Cir. 1974). 275 Cummington Preservation Committee v. FAA, 524 F.2d 241 (1st Cir. 1975); Bank of Homestead v. Watson, 363 F.Supp. 466 (D. D.C. 1973). 274

3. Inhalt der Umweltverträglichkeitsprüfung

155

An diesen Entscheidungen wird kritisiert, daß es nicht dem Zweck von NEPA entspricht, die Diskussion von Wachstumsfolgen im EIS davon abhängig zu machen, ob das Wachstum der Gemeinde im Rahmen des Vorhabens beabsichtigt ist - und damit gleichzeitig voraussehbar wird. Ein EIS sei vielmehr darauf ausgerichtet, Umweltbelange, die von der Verwaltung tendenziell vernachlässigt werden, in den Entscheidungsprozeß einzubeziehen. Dazu sei es notwendig, auch spekulative Folgen, die das Vorhaben auf die Entwicklung des betroffenen Gebietes haben könnte, im EIS zu untersuchen 277. Die Einschränkung der Rechtsprechung, die Folgen des durch die Maßnahme induzierten Wachstums müßten beabsichtigt bzw. voraussehbar sein, darf nicht dazu führen, alle Folgen, die einer gewissen Voraussage bedürfen, aus dem EIS auszuklammern. Diese Schlußfolgerung würde auch mit dem Gedanken der umweltbezogenen Vorsorge, den NEPA enthält, nicht im Einklang stehen. Diese Kritik ist vor allem dann berechtigt, wenn die wirtschaftlichen Folgen des Vorhabens auf die Entwicklung der Gemeinde im EIS (z.B. Schaffung von Arbeitsplätzen) positiv dargestellt werden, während nachteilige Folgen dieser wirtschaftlichen Entwicklung, wie Zersiedlung, Überlastung öffentlicher Infrastruktur, Verschlechterung der Luft- oder Wasserqualität, weil sie nicht immer genau vorhersehbar sind, nicht berücksichtigt werden sollen. Dies spiegelt - auf einer anderen Ebene - eine weitverbreitete Tendenz der Verwaltung wider, die ökonomischen Vorteile des Vorhabens gegen die Verletzung der Umweltbelange abzuwägen: eine Gegenüberstellung, bei der die mittelbaren Folgen des Vorhabens nicht vernachlässigt werden dürfen 278 . Vor- und Nachteile des Vorhabens können sonst nicht adäquat eingeschätzt werden, und die wirtschaftlichen Erwägungen überwiegen. Anderenfalls führt dies wieder zu der bereits beklagten Entwicklung, daß Umweltbelange in Entscheidungsprozessen der Verwaltung tendenziell vernachlässigt werden. Werden die mittelbaren Folgen in der Umweltverträglichkeitsprüfung analysiert, wird es möglich, die Folgen der vorgeschlagenen Maßnahme auf die Entwicklung der Gemeinde und - abhängig von der Bedeutung der Maßnahme - auf die regionale Umgebung zu untersuchen. Damit erweist sich die Umweltverträglichkeitsprüfung als ein wertvolles Instrument für die vertikale Koordination und medienübergreifende Analyse der Umweltfolgen raumbedeutsamer Planungen und Vorhaben.

276 Sierra Club v. Cavanaugh, 447 F.Supp. 427 (D. S.D. 1978) (Wachstum gering, Folgen können im Rahmen des Bebauungsplanes gelöst werden); Township of Parsinappy-Troy Hills v. Costle, 503 F.Supp. 314 (D. N.J. 1979) (keine signifikanten Auswirkungen, wenn Bevölkerungswachstum, das durch neue Kläranlage möglich wird, sich über fünf bis sieben Jahre verteilt); siehe aber Enos v. Marsh, 769 F.2d 1363 (9th Cir. 1985) (industrielles Wachstum, das durch Hafenprojekt angeregt wird, muß im EIS untersucht werden). 277 Caprio, 6 Envtl. Affairs, 127 (140) (1977). 278 Manning, 6 Ford. Urb. L. J. 169 (178) (1977); Friesema, Culhane, 16 Nat. Res. J. 339 (344) (1976).

156

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene 3.1.2. Soziale und ökonomische Folgen der Maßnahme

Während ästhetische, ökonomische oder soziale Auswirkungen, treten sie allein auf, kein EIS erfordern, stellt sich die Frage anders, wenn das Vorhaben auch tatsächliche Auswirkungen auf die Umwelt mit sich bringt. Die CEQ-Verwaltungsvorschriften fordern dann, daß auch kulturelle, ästhetische, historische und ökonomische Auswirkungen des Vorhabens im EIS zu diskutieren sind 279 . Manche Gerichte haben diese Faktoren in die Analyse des EIS einbezogen, beispielsweise die Landschaftsgestaltung für ein neues Postamt 2 8 0 oder ob ein Gebäude sich ästhetisch in die vorhandene Umgebung einfügt 281 oder wie sich eine Brücke auf die ästhetische Qualität eines Sees auswirkt 2 8 2 . Psychische Auswirkungen bzw. Schäden reichen nicht aus, um als Auswirkungen des Vorhabens im EIS diskutiert zu werden. Der U.S. Supreme Court hat sich in Metropolitan Edison Co. v. People Against Nuclear Energy m mit der Frage beschäftigt, ob das Risiko eines nuklearen Unfalles und der damit verbundene psychische Streß der Bevölkerung durch die Wiederinbetriebnahme des Atomreaktors "Three Miles Island" in Harrisburg in einem EIS untersucht werden muß. Nach Ansicht des Gerichtes sind das Risiko eines Reaktorunfalles und der damit verbundene psychische Streß keine direkten tatsächlichen Auswirkungen der Wiederinbetriebnahme, sondern lediglich ein Verbindungsglied, das aber selbst nicht ausreicht, um auch die psychischen Auswirkungen der Entscheidung in das EIS einzubeziehen. Nachteilige ökonomische Folgen einer Maßnahme, wie z.B. Verlust von Arbeitsplätzen, die nicht gleichzeitig mit anderen tatsächlichen Umweltauswirkungen einhergehen, werden mit dem Hinweis, ΝΕΡΑ sei kein "national employment act", nicht in die Diskussion im EIS einbezogen284. Da es teilweise Schwierigkeiten bereitet, sozio-ökonomische Folgen einer Maßnahme einzuschätzen, stehen Verwaltung und Rechtsprechung der Analyse sozio-ökonomischer Auswirkungen im EIS eher zurückhaltend gegenüber. 279

40 C.F.R. § 1508.7. Maryland National Capital Park and Planning Commission v. U.S. Postal Service, 487 F.2d 1029 (D.C. Cir. 1973) mit dem Hinweis, daß ästhetische Auswirkungen schwer zu überprüfen seien. 281 Hanly v. Kleindienst, 471 F.2d 823 (2nd Cir. 1972). 282 Steubing v. Brinegar, 511 F.2d 489 (9th Cir. 1975). 283 103 S.Ct. 1556 ( 1983); für eine Analyse der Entscheidung siehe Groy, Johnston, 26 Wash. U. J. Urb. + Contemp. L. 157 (170 ff.) (1984); Jordan, 8 Harv. Envtl. L. Rev. 55 (1984); Bauser, 9 Harv. Envtl. L. Rev. 211 (1985). 284 National Association of Government Employees v. Rumsfeld, 418 F.Supp. 1302 (E.D. Pa. 1976); Image of Greater San Antonio ν. Brown, 570 F.2d 541 (9th Cir. 1978); Metlakatla Indians Com. v. Adams, 427 F.Supp. 871 (D. D.C. 1977); siehe McDowell ν. Schlesinger, 404 F.Supp. 221 (W.D. Mo. 1976) (sozio-ökonomische Folgen sind zu untersuchen, wen η die Maßnahme in erster Linie tatsächliche Umweltfolgen mit sich bringt); siehe auch 40 C.F.R. § 1508.14 (wenn tatsächliche Faktoren mit sozialen und ökonomischen Auswirkungen verbunden sind, sind letztere im EIS zu diskutieren). 280

3. Inhalt der Umweltverträglichkeitsprüfung

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Mittelbare Folgen des Vorhabens, z.B. auf Kriminalität oder andere sozial störende Einflüsse, haben zunächst keinen unmittelbaren oder tatsächlichen Einfluß auf die natürliche Umwelt, wirken sich jedoch auf die allgemeinen Lebensumstände, die unter NEPA ebenfalls als Umwelt betrachtet werden, aus. Die Rechtsprechung hat mittelbare Folgen, wie die mögliche Zunahme von Kriminalität, als im EIS zu diskutierende Folgen des geplanten Vorhabens anerkannt 285 . Während Kriminalität, die sich in Form von Statistiken messen läßt, in das EIS einbezogen wird, werden andere psychische und soziale Auswirkungen oft von der Rechtsprechung nicht als im EIS zu diskutierende Umweltauswirkungen anerkannt, weil sie sich nur schwer messen und beurteilen lassen286. In der Literatur wird diese von der Rechtsprechung verwendete Begründung kritisiert, da fortgeschrittene Methoden der Sozialforschung eine Einschätzung dieser Fragen auf wissenschaftlicher Grundlage erlaubten 287 . Zudem wird bemängelt, daß wenn die Verwaltung soziale Auswirkungen im EIS diskutierte, diese Analysen neben methodisch bedeutsamen Mängeln häufig auch durch Fehlen jeglicher sozialwissenschaftlicher Theorie gekennzeichnet seien288. Die Einschätzung sozialer Folgen werden damit mehr zu einem Ratespiel der Behörden als zu einer fundierten Analyse indirekter Umweltauswirkungen. Die Abwesenheit jeglichen Hinweises auf sozialwissenschaftliche Literatur, die zur Frage der Bedeutung sozialer Auswirkungen auf die menschliche Umwelt vorhanden ist, überrascht deshalb, weil sie in einem starken Kontrast zu dem Umfang technischer Literatur steht, die die Behörden für die Analyse der „tatsächlichen", d.h. technischen Auswirkungen auf die Umwelt heranzieht 289 . Dieses Verhalten der Behörden ist zudem nicht mit der Forderung in § 102 (A) NEPA vereinbar, der von der Verwaltung fordert, einen systematischen und integrierten Ansatz von Natur- und Sozialwissenschaften zu verfolgen, wenn die Auswirkungen auf die menschliche Umwelt zu analysieren sind. Die Unzulänglichkeiten der Behörden, sozio-ökonomische Auswirkungen in das EIS einzubeziehen, sind auch unter dem Gesichtspunkt zu kritisieren, daß § 102 (B) NEPA von den Behörden ausdrücklich verlangt, Methoden und Analysen zu entwickeln, um nicht quantifizierbare Umweltauswirkungen angemessen in die Entscheidungen einzubeziehen.

285 Hanly v. Kleindienst, 471 F.2d 823 (2nd Cir. 1972); siehe aber First National Bank of Chicago v. Richardson, 484 F.2d 1369 (7th Cir. 1973) (Kriminalitätszuwachs nicht zu beachten, wenn Gefängnis nicht in der Nähe eines Wohngebietes geplant ist). 286 Hanly v. Kleindienst, 471 F.2d 823 (2nd Cir. 1972); siehe auch Dissenting Opinion von Justice Friendly (das allgemeine Wohlergehen der Menschheit sollte nicht nur in meßbaren Begriffen bestimmt werden), a.a.O., S. 836; siehe aber Chelsea Neighborhood Ass'n v. U.S. Postal Service, 516 F.2d 378 (2nd Cir. 1975). 287 Cornelison, 64 Georgetown L. Rev. 1121 (1127) (1976). 288 Friesema, Culhane, 16 Nat. Res. J. 339 (344) (1976). 289 Friesema, Culhane, 16 Nat. Res. J. 339 (344) (1976).

158

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

Die Analyse sozio-ökonomischer Folgen bringt nicht nur das Problem mit sich, wie diese zu quantifizieren und einzuschätzen sind, sondern beinhaltet häufig auch die Frage nach den Verteilungsfolgen der geplanten Maßnahme. Das Problem, ob und wie soziale Auswirkungen im EIS zu untersuchen sind, wird typischerweise in den Fällen kontrovers, in denen ein Wohnungsbauvorhaben für einkommensschwache Personen in einem mittelständischen Wohngebiet geplant wird. Argumente, mit denen ein EIS für diese Vorhaben gefordert wurde, bestanden darin, daß der Zuzug von Angehörigen sozialer, ökonomischer oder rassischer Minderheiten auch Auswirkungen auf die Qualität des städtischen Lebens habe, weil sich der (Mittelklasse-)Charakter der Nachbarschaft ändern könnte. Während in der bereits erwähnten Entscheidung Nucleus of Chicago Homeowners v. Lynn 290 es für nicht erforderlich gehalten wurde, ein EIS wegen des Zuzuges von Angehörigen rassischer oder ökonomischer Minderheiten vorzubereiten, ließ das Gericht in seiner Entscheidung die Möglichkeit offen, daß sozio-ökonomische Auswirkungen, die durch Minderheiten verursacht sein können, grundsätzlich im EIS zu berücksichtigen sind. Es differenzierte jedoch in folgender Hinsicht: Obgleich die sozialen und ökonomischen Charakteristika der Bewohner öffentlich geförderter Wohnungsvorhaben als solche nicht für das EIS relevant sind, sind Überlegungen, ob Handlungen, die aus den ökonomischen oder sozialen Charakteristika resultieren, signifikante Auswirkungen auf die Umwelt haben können, zulässig. Diese Differenzierung vermeidet, Angehörige sozialer oder rassischer Minderheiten per se zu diskriminieren, eröffnet aber die Möglichkeit, Zunahme von Kriminalität etc., die möglicherweise durch die Angehörigen dieser Minderheit in dem Wohngebiet hervorgerufen werden könnte, im EIS zu analysieren. Die Planung von Wohnungsbauvorhaben für einkommensschwache Familien in einem überwiegend weißen Wohngebiet kann mittelbar bedeutende Verteilungsfolgen durch Änderung in der rassischen Zusammenstzung des Gebietes mit sich bringen, verursacht durch einen Prozeß, der als "racial tipping" bezeichnet wird 2 9 1 . In Trinity Episcopal School ν. Romney 292 wurde die Behauptung der Kläger, die Planung eines Wohnungsbauvorhabens für Personen mit niedrigen und mittleren Einkommen in einem rassisch gemischten Wohnviertel würde das Gebiet in seiner ethnischen Zusammensetzung „umkippen", als nicht im EIS zu diskutierende Umweltauswirkung angesehen. Obwohl das Gericht sich zuvor ausführlich mit der Frage des „rassischen Umkippens" ("racial tipping") 290

524 F.2d 225 (7th Cir. 1975). siehe Ackerman, 26 Stanf. L. Rev. 245 (251 ff.) (1974); die Theorie des „rassischen Umkippens" ("racial tipping") geht davon aus, daß weiße Familien ein Wohngebiet verlassen, wenn der Anteil rassischer Minoritäten einen bestimmten Anteil, i.d.R. zwischen 30% bis 50 %, übersteigt. Für die Zulässigkeit von rassischen Quoten in öffentlichen Wohnungsvorhaben, die das „Umkippen" verhindern sollen, siehe Otero ν. New York City Housing Authority, 484 F.2d 1122 (2nd Cir. 1973). 292 387 F.Supp. 1044 (S.D. N.Y. 1975). 291

3. Inhalt der Umweltverträglichkeitsprüfung

159

beschäftigt und mit der Zulässigkeit von Belegungsquoten für das geplante Vorhaben, die dieses „Umkippen" vermeiden sollten, auseinandergesetzt hatte, lehnte das Gericht es ab, diese Überlegungen als Umweltauswirkungen anzuerkennen. Weder das behauptete antisoziale Verhalten von einkommensschwachen Schichten noch die Befürchtungen, die ihre vermehrte Präsenz wachrufen und die zum Auszug weißer Bevölkerungsgruppen führen können, sind nach Ansicht des District Courts ausreichend objektive Kriterien für die soziale Stabilität eines Wohngebietes und sind aus diesem Grund nicht im EIS zu untersuchen. Damit hat die Rechtsprechung die sozialen Auswirkungen auf die Qualität des städtischen Lebens, die im EIS untersucht werden müssen, mehr oder weniger auf die Folgen von Kriminalität beschränkt. Die Gerichte sind bereit, Befürchtungen vor vermehrter Kriminalität als Umweltauswirkungen im EIS überprüfen zu lassen, wenn diese Befürchtungen nicht pauschal Personen mit niedrigem Einkommen oder Angehörigen rassischer Minderheiten zugeschrieben werden. Die Weigerung der Rechtsprechung, die Präsenz von rassischen oder sozialen Minoritäten als negative Veränderung der städtischen Umwelt anzuerkennen, reflektiert die Haltung der Gerichte, daß NEPA nicht das geeignete Mittel ist, um die sozialen Fragen von ökonomischer und rassischer Segregation der Bevölkerungsstrukturen zu lösen 293 . Diese Überlegungen erscheinen gerechtfertigt, da anderenfalls die Gefahr besteht, daß NEPA zum Instrument wird, um partikularistische Interessen der vorhandenen Bevölkerung durchzusetzen. Das gilt insbesondere dann, wenn NEPA dazu gebraucht werden soll, um Personen mit niedrigem Einkommen oder Angehörige rassischer Minderheiten durch Umweltschutzüberlegungen von bestimmten Wohngebieten auszuschließen. Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß soziale Verteilungsfolgen einer Entscheidung nur begrenzt im EIS diskutiert werden können. Zwar können die Folgen der Entscheidung für die verschiedenen betroffenen Interessen erheblich zu der Komplexität von Verwaltungsentscheidungen beitragen. Es würde jedoch das EIS-Verfahren überfordern, wenn außer den Verteilungsfolgen, die sich aus den Auswirkungen der Entscheidung für die natürliche Umwelt ergeben, auch die sozialen Verteilungseffekte zu diskutieren wären. Hier handelt es sich um komplexe gesellschaftspolitische Fragen, die in einem anderen Verfahren der Entscheidungsvorbereitung als der Umweltverträglichkeitsprüfung aufzubereiten sind. Im übrigen sind die Folgen für die Umwelt, die im EIS zu berücksichtigen sind, großzügig auszulegen. Vor allem die Forderung der Rechtsprechung, mittelbare Auswirkungen des Vorhabens und Wachstumsfolgen einzubeziehen, machen NEPA zu einem - mangels anderer lokaler oder regionaler Planungen auf Bundesebene - geeigneten Instrument, Umweltfolgen raumbedeutsamer 293

Caprio, 6 Env. Äff. 127 (146) (1977); Einsberg, 6 Columbia J. Envtl. L. 31 (60) (1979).

160

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

Vorhaben langfristig in die Planung einzubeziehen. Insofern ist ein Schritt in Richtung einer medienübergreifenden und vertikal koordinierten Analyse von Umweltauswirkungen räumlicher Nutzung getan. Obgleich die weite Berücksichtigung mittelbarer Folgen unter ΝΕΡΑ auch kritisiert worden ist, weil es von dem eigentlichen Ziel von ΝΕΡΑ, der langfristigen Bewahrung natürlicher Ressourcen, ablenke, wird dadurch sichergestellt, daß indirekten Folgen für die Umwelt ebenfalls Beachtung geschenkt wird und langfristige Auswirkungen berücksichtigt werden 294 . Dabei bleiben allerdings sozio-ökonomische Belange tendenziell als nicht „meßbar" unberücksichtigt. Um die Analyse der Umweltauswirkungen im EIS, die neben der natürlichen Umwelt auch die Auswirkungen der Maßnahme auf die menschliche Umwelt einschließen soll, angemessen durchführen zu können, erscheint es notwendig, die in § 102 ΝΕΡΑ enthaltenen Forderungen umzusetzen und Methoden und wissenschaftliche Standards auf diesem Gebiet zu verbessern und in die Analyse der Umweltauswirkungen einzubeziehen.

3.1.3. Unsicherheit über die Folgen - Schlechtester aller anzunehmenden Fälle

Die Komplexität von Verwaltungsentscheidungen wird u.a. dadurch gekennzeichnet, daß in manchen Fällen Informationen über die Folgen einer Entscheidung dem Entscheidungsträger nicht zur Verfügung stehen, nur unter beträchtlichem Aufwand oder gar nicht beschafft werden können. Schließlich kann es vorkommen, daß die Folgen eines Vorhabens überhaupt noch nicht wissenschaftlich untersucht oder bekannt sind. Die Informationsfunktion des EIS-Verfahrens bei komplexen Verwaltungsentscheidungen wird nicht zuletzt dadurch bestimmt, mit welchem Aufwand sich der Entscheidungsträger Informationen über die Folgen der vorgeschlagenen Maßnahme zu beschaffen hat. Wenn dies nicht möglich ist, sei es, weil die Kosten der Informationsbeschaffung zu hoch werden oder Folgen der Maßnahme nicht bekannt sind, stellt sich die Frage, wie diese unbekannten Folgen im EIS einzuschätzen sind. ΝΕΡΑ geht zunächst davon aus, daß die Umweltauswirkungen der vorgeschlagenen Maßnahme „so weit wie möglich" ("to the fullest extent possible", § 102 ΝΕΡΑ) im EIS zu untersuchen sind. Der Gesetzgeber hat aber weder Angaben darüber gemacht, mit welchem Aufwand bzw. Kosten der Entscheidungsträger Informationen für das EIS zu beschaffen hat, noch bestimmt, wie, falls der Verwaltung Informationen über die Folgen der Maßnahme nicht zur Verfügung stehen oder sie wissenschaftlich nicht feststellbar sind, diese Folgen im EIS einzuschätzen sind.

294

(1976).

Caprio, 6 Env. Äff. 127 (153) (1977); Cornelison, 64 Georgetown L. Rev. 1121 (1141)

3. Inhalt der Umweltverträglichkeitsprüfung

161

Der gesetzliche Wortlaut in § 102 (2) (C) NEPA verlangt von der Verwaltung, einen „detaillierten Bericht" ("detailed Statement") im Hinblick auf die Umweltauswirkungen eines Vorhabens vorzubereiten. Nach Ansicht der Rechtsprechung ist den Umweltbelangen im EIS „genaue Beachtung" ("hard look") 2 9 5 zu schenken. Das setzt nicht nur voraus, daß die Behörde die Auswirkungen des vorgeschlagenen Vorhabens auf die Umwelt sowie mögliche Alternativen vollständig und genau untersucht, sondern erfordert auch, die Umweltauswirkungen der Maßnahme bzw. deren Alternative in einem allgemein verständlichen, präzisen, der Öffentlichkeit zugänglichen Dokument zusammenzufassen. Damit wird denjenigen, die an dem Verfahren der Entscheidungsvorbereitung nicht unmittelbar teilgenommen haben, Gelegenheit geboten, Faktoren und Überlegungen, die dem EIS zugrunde liegen, zu überprüfen und nachzuvollziehen. Über Umweltauswirkungen einer Maßnahme bestehen häufig kontroverse Ansichten. Der Informationsfunktion des EIS entspricht es, daß die verschiedenen wissenschaftlichen Positionen im EIS dargestellt und diskutiert werden. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für die Informationsfunktion der UVP, insbesondere dann, wenn sich kontroverse wissenschaftliche Positionen, wie einzelne Umweltbelange einzuschätzen sind, ergeben oder widersprechende Meinungen von Experten über einzelne Folgen der Maßnahme vorliegen. Die Rechtsprechung hat den für den Inhalt des EIS zu stellenden Anspruch an Ausführlichkeit dahin gehend präzisiert, daß im EIS nicht sämtliche möglichen wissenschaftlichen Positionen im Detail zu diskutieren sind. Es ist vielmehr ausreichend, wenn der Stand der wissenschaftlichen Diskussion im EIS objektiv und nachvollziehbar dargestellt wird 2 9 6 . Der Anforderung, kontroverse Einschätzungen über die möglichen Umweltauswirkungen objektiv im EIS darzustellen, kommt deshalb besondere Bedeutung zu, da sich der Entscheidungsträger zwischen den verschiedenen wissenschaftlichen Positionen entscheiden muß. Dem Entscheidungsträger steht insoweit Ermessen zu, das von den Gerichten nur begrenzt überprüft werden kann. Auch können die Gerichte nicht überprüfen, ob das EIS auf den besten zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Methoden beruht 297 . Kontrolle des EIS kann insoweit nur durch die Stellungnahmen von Dritten oder der Öffentlichkeit erfolgen. Aus diesem Grund ist es notwendig, kontroverse Meinungen über mögliche Umweltfolgen objektiv und nachvollziehbar im EIS darzustellen. Nicht immer können die nachteiligen Folgen dés Vorhabens für die Umwelt von dem Entscheidungsträger vollständig übersehen werden. Informationen 295

Kleppe v. Sierra Club, 427 U.S. 390 (410, Fn. 21) (1977); NRDC v. Morton, 458 F.2d 827 (D.C. Cir. 1972); Calverts' Cliff Coordinating Committee v. AEC, 449 F.2d 1109 (D.C. Cir. 1979). 296 Davison v. Department of Defense, 560 F.Supp. 1019 (D. Ohio 1982). 297 Friends of Endangered Species, Inc. v. Jantzen, 760 F.2d 976 (9th Cir. 1985). 11 Mezger

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IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

über die möglichen Auswirkungen des geplanten Vorhabens können nur unter Schwierigkeiten und beträchtlichem Aufwand erhältlich sein, oder wissenschaftliche Methoden, diese Auswirkungen einzuschätzen, stehen überhaupt nicht zur Verfügung. Ein EIS ist nicht allein deshalb fehlerhaft, weil die Folgen des Vorhabens nicht eingeschätzt werden konnten, solange die Behörde die Unsicherheiten der Folgen angemessen in ihre Überlegungen einbezogen hat. Diese grundsätzliche Anforderung ist von der Rechtsprechung dahin gehend konkretisiert worden, daß die Behörden eine Analyse der „schlechtesten aller anzunehmenden Möglichkeiten" ("worst case analysis") für die Einschätzung der Folgen im EIS zugrunde zu legen hat 2 9 8 . Die vor 1986 geltenden CEQ-Verwaltungsvorschriften, die sich mit Unsicherheiten über mögliche Umweltfolgen befaßten, hatten die Anforderungen an die schlechtest denkbare Fallkonstellation ("worst case analysis") spezifiziert. Sie setzten zunächst voraus, daß wenn die Kosten, die fehlenden Informationen zu beschaffen, nicht unangemessen hoch sind, sich die Behörde diese Information zu beschaffen und in das EIS einzubeziehen hat. Sind dagegen die Kosten, die notwendigen Informationen zu beschaffen, unangemessen hoch, oder ist es nach dem Stand der Wissenschaft nicht bekannt, wie die Folgen überhaupt einzuschätzen sind, sahen die alten CEQ-Vorschriften vor, daß die zuständige Behörde die möglichen Folgen gegen die Notwendigkeit der Maßnahme unter Berücksichtigung der unbekannten Kosten und Risiken abzuwägen hatte. Entschied sich die Behörde, angesichts der Unsicherheiten über die möglichen Folgen dennoch mit den Planungen für die vorgeschlagene Maßnahme fortzufahren, hatte das EIS eine Analyse der schlechtesten anzunehmenden Möglichkeiten sowie die Wahrscheinlichkeit deren Eintritts zu enthalten 299 . Die Anforderung, bei unsicheren oder unbekannten Folgen die schlechteste aller Möglichkeiten in das EIS aufzunehmen, ist seit April 1986 entfallen. Die neuen CEQ-Verwaltungsvorschriften zu dieser Frage verlangen nunmehr von der Behörde, die Tatsache, daß Informationen über mögliche Umweltfolgen nicht vollständig bekannt sind, in das EIS aufzunehmen, die Bedeutung, die die nicht vorhandenen Informationen haben, zu erklären und die zur Verfügung stehenden Informationen zu nutzen, um die vernünftigerweise vorhersehbaren Umweltfolgen abzuschätzen bzw. aufgrund theoretischer Annahmen vorauszusagen. Zu den „vernünftigerweise vorhersehbaren" Folgen gehören auch solche Umweltauswirkungen, deren Eintritt eher unwahrscheinlich ist, die aber weitreichende Folgen haben können, vorausgesetzt, die Voraussage kann sich auf wissenschaftliche Tatsachen stützen 300 .

298

Sierra Club v. Sigler, 695 F.2d 957 (5th Cir. 1983). 40 C.F.R. § 1502.22 (1984). 300 51 Fed. Reg. 15618(25. April 1986) (to be condified under 40 C.F.R. § 1502.22); kritisch Note, 60 St. John's L. Rev. 500 (1986). 299

3. Inhalt der Umweltverträglichkeitsprüfung

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Wäre die Verpflichtung, alle Informationen über mögliche Folgen der Maßnahme im EIS zusammenzustellen, absolut, würde jede Verwaltungsentscheidung, die Unsicherheiten oder fehlende Information über mögliche Auswirkungen enthält, unmöglich gemacht. Wenn die verantwortliche Behörde nachweisen kann, daß die Kosten, die notwendigen Informationen zu beschaffen, unverhältnismäßig sind oder keine Informationen über diese Folgen vorhanden sind, kann nach den neuen CEQ-Verwaltungsvorschriften die Behörde dann mit der Vorbereitung des EIS fortfahren, wenn sie diese Tatsache in das EIS aufnimmt und die „vernünftigerweise vorhersehbaren" Folgen im EIS analysiert. Bisher haben die Gerichte allerdings wenige Hinweise gegeben, wann die Kosten für die Informationsbeschaffung als zu hoch anzusehen sind. Die Beantwortung dieser Frage wird davon abhängig zu machen sein, wie wichtig die fehlenden Informationen für die Beurteilung des Vorhabens sind und wie groß das damit verbundene Risiko für die Umwelt ist 301 . Einen anderen Aspekt betrifft das Problem, ob bereits dann keine Informationen über mögliche Folgen zu erhalten sind, wenn sie nach den „Regeln der Technik" nicht vollständig eingeschätzt und beurteilt werden können. § 102 NEPA verfolgt einen wissenschaftsfördernden Ansatz, der von der Verwaltung verlangt, einen systematischen und interdisziplinären Ansatz zu verwenden, um sicherzustellen, daß bisher unquantifizierten Umweltbelangen ausreichend Beachtung geschenkt wird. Das hat zur Folge, daß der Entscheidungsträger für die Frage, ob Informationen über unbekannte Folgen vorhanden sind, sich nicht darauf berufen kann, nach den allgemeinen Regeln der Technik sei diese Frage nicht zu beantworten, sondern nachweisen muß, daß auch nach dem neuesten Stand der Technik diese Frage tatsächlich nicht beurteilt werden kann 302 . Die alten CEQ-Verwaltungsvorschriften hatten die frühere Rechtsprechung aufgenommen, wonach die Behörde mit der Planung eines Vorhabens fortfahren kann, wenn sie die Nachteile bzw. Kosten, die aus der Unsicherheit über die möglichen Folgen des Vorhabens, einschließlich der schlechtesten aller denkbaren Möglichkeiten, entstehen können, gegen die Vorteile der geplanten Maßnahme abgewogen hat 3 0 3 . Die neuen Verwaltungsvorschriften sehen eine solche Risikoabwägung nicht mehr vor.

301 siehe Save our Ecosystems v. Clark, 747 F.2d 1240 (1243) (9th Cir. 1984), "NEPA requires a 'worst case analysis* when the information relevant to adverse impacts is essential... and it is not known or the overall costs of obtaining it are exorbitant o r . . . the information ... is important and the means to obtain it are not known ..."; so auch Oregon Natural Resources Council v. Marsh, 628 F.Supp. 1557 (D. Ore. 1986); Oregon Environmental Council v. Kunzmann, 817 F.2d 484 (9th Cir. 1987); Methow Valley Citizens Council v. Regional Forester, 833 F.2d 810 (9th Cir. 1987). 302 Reeves, 60 Wash. L. Rev. 101 (104) (1984). 303 County of Suffolk v. Dep. of Interior, 562 F.2d 1368 (2nd Cir. 1977); Jicariela Apache Tribe of Indians v. Morton, 471 F.2d 1275 (9th Cir. 1973).

1

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IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

Die Gerichte hatten die "worst-case" Analyse als eine Folgerung aus der mit ΝΕΡΑ verfolgten Zielsetzung, die Öffentlichkeit über alle, also auch über unbekannte und unsichere Folgen einer Maßnahme zu informieren, angesehen304. Die Annahme der schlechtesten denkbaren Folgen, wie sie die Rechtsprechung fordert, muß einerseits die Auswirkungen dieser Möglichkeit analysieren und muß andererseits die Wahrscheinlichkeit deren Eintritts enthalten. Die Behörde darf nach Ansicht der Gerichte die Analyse der denkbar schlechtesten Fallkonstellation ("worst case analysis") nicht deshalb entfallen lassen, weil der Eintritt dieses Ereignisses eher unwahrscheinlich ist. Die Annahmen der Verwaltung in dieser Hinsicht werden allerdings nur begrenzt von den Gerichten überprüft. Der U.S. Supreme Court hat entschieden, daß wenn ein Entscheidungsträger „vernünftigerweise" schließen kann, das geplante Vorhaben habe auch angesichts wissenschaftlicher Unsicherheiten oder fehlender Informationen über die möglichen Folgen keine nachteiligen Umweltauswirkungen, das Gericht diese Schlußfolgerung akzeptieren und nicht in Frage stellen wird 3 0 5 . Dies gilt insbesondere für die Einschätzung des Entscheidungsträgers, die Wahrscheinlichkeit, daß der schlechteste aller denkbaren Fälle eintritt, gehe geben Null 3 0 6 . Im übrigen liegt die Beweislast für die Richtigkeit nicht bei der Verwaltung. Wenn Dritte die Schlußfolgerungen des Entscheidungsträgers in bezug auf die „denkbar schlechteste Fallkonstellation" angreifen, müssen sie nach Ansicht der Rechtsprechung Tatsachen anführen, warum die Schlußfolgerungen der Verwaltung willkürlich sind 307 . Die Forderung nach einer "worst-case" Analyse, wie sie die alten Verwaltungsvorschriften des CEQ enthielten, wurden in der Literatur als eine bedeutende Innovation des EIS-Verfahrens bezeichnet308. Da das vorhandene Wissen über ökologische Folgen in vielen Bereichen noch relativ begrenzt ist, boten diese Verwaltungsvorschriften einen Anreiz für die Behörden, ihre Kenntnisse über unbekannte Folgen zu erweitern. Wird nämlich die schlechteste aller 304

Sierra Club v. Sigler, 695 F.2d 957 (5th Cir. 1983); Save our Ecosystems ν. Clark, 747 F.2d 1240 (9th Cir. 1984); Friends of Endangered Species, Inc. v. Jantzen, 760 F.2d 976 (988) (9th Cir. 1985) "The purpose of the (worst case) analysis is to carry out ΝΕΡΑ mandate for full disclosure to the public of the potential consequences of any agency decisions, and to cause agencies to consider those potential consequences when acting on the basis of scientific uncertainties or gaps in available information. The analysis is formulated on the basis of available information, using reasonable projections of the worst possible consequences of a proposed action." 305 Baltimore Gas and Electric Co. v. NRDC, 462 U.S. 87 (1983) (keine "worst case" Analyse fur Annahme der Atombehörde bei der Genehmigung für Atomkraftwerk, daß nuklearer Abfall ohne radioaktive Außenstrahlung gelagert werden kann). 306 San Louis Obispo Mothers for Peace v. NRC, 751 F.2d 1287 (9th Cir. 1984). 307 Baltimore Gas and Electric Co. v. NRDC, 426 U.S. 87 (1983). 308 Comment, 9 ELR 10,005 (10,008) (1979); Fisher, 3 Harv. Envtl. L. Rev. 347 (374) (1980); Liebesman, 10 ELR 50.039 (50.049) (1980); Yost, 13 ELR 10394 (1983); Henry, 64 Oregon L. Rev. 547 (568) (1986); kritisch aber Rosenbaum, 14 ELR 10267 (1984); McChesney, 13 ELR 10069 (1983); Brock, 2 Natural Resources and Environment 22 (23) (1986).

3. Inhalt der Umweltverträglichkeitsprüfung

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anzunehmenden Möglichkeiten im EIS zugrunde gelegt, kann sich das bei der Abwägung der Kosten und Nutzen des Vorhabens nachteilig auf die Durchführung des Vorhabens auswirken. Gleichzeitig hinderten die früheren Verwaltungsvorschriften die Verwaltung, sei es, weil Informationen fehlten oder Unsicherheiten über die Folgen des Vorhabens bestanden, die möglichen Auswirkungen der vorgeschlagenen Maßnahme zu vernachlässigen. Schließlich wurde auch die Öffentlichkeit vollständig über die möglichen Risiken eines Vorhabens aufgeklärt. Die neuen CEQ-Regelungen tragen diesen Überlegungen nur wenig Rechnung. Nunmehr sind nur noch „vernünftigerweise vorhersehbare" Folgen in das EIS einzubeziehen, wenn Informationen über Umweltauswirkungen nicht zur Verfügung stehen. Es bleibt abzuwarten, ob die Gerichte, von denen die "worst case" Analyse wesentlich entwickelt wurde, die neuen Verwaltungsvorschriften des CEQ akzeptieren werden 309 .

3.2. Segmentation und zusammenhängende Maßnahmen Der Inhalt des EIS wird nicht nur durch die einzubeziehenden Umweltauswirkungen, sondern auch durch den tatsächlichen Umfang der zu betrachtenden „Maßnahme" bestimmt. Viele Projekte sind in einzelne Teile aufgesplittert oder werden nacheinander durchgeführt. Die Reichweite des Vorhabens für die Umweltverträglichkeitsprüfung zu definieren, ist meist schwierig. Beim Bau von Autobahnen wird die geplante Gesamtstrecke wegen der Finanzierung und Planung in einzelne Teilstrecken aufgeteilt. Es stellt sich dann die Frage, ob diese einzelnen Segmente auch für den Zweck, eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu erstellen, getrennt bleiben sollen. Diese Segmentation eines Vorhabens in einzelne Abschnitte erlaubt der Planungsbehörde, nur die Auswirkungen eines einzelnen Teilstückes zu betrachten und die kumulativen Auswirkungen des Gesamtvorhabens auszuklammern. Andererseits kann es unzweckmäßig sein, das EIS auf zusammenhängende Projekte auszudehnen, zumal dann, wenn Auswirkungen von Projekten einzubeziehen sind, die noch nicht genehmigt sind und über deren Auswirkungen nur spekuliert werden kann. Obgleich die Segmentation zusammenhängender Vorhaben die Informationsund Koordinationsfunktion der UVP beeinträchtigen kann, sieht die Rechtsprechung die Segmentation einer zusammenhängenden Maßnahme nicht perse als eine Verletzung von NEPA, sondern nur dann, wenn das Vorhaben zu eng definiert wird, um eine umfassende Analyse der Umweltauswirkungen zu erlauben 310 . Wann dies der Fall ist, bleibt allerdings umstritten. 309 In einigen neueren Entscheidungen halten die Gerichte an der bisherigen Rechtsprechung fest, Oregon Natural Resources Council v. Marsh, 832 F.2d 1489 (1497) (9th Cir. 1987); Oregon Environmental Council v. Kunzmann, 817 F.2d 484 (9th Cir. 1987).

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IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

Die Gerichte haben eine umfangreiche Judikatur zu der Frage entwickelt, ob eine unzulässige Aufteilung zusammenhängender Maßnahmen im Einzelfall vorliegt. Bei der Beantwortung der Frage, ob einzelne Teilprojekte für das EIS als einheitliches Vorhaben angesehen werden sollen, sind verschiedene Faktoren herangezogen worden: So soll u.a. die Art und Weise, wie die einzelnen Segmente geplant sind 311 , ihre geographische Lage, ob sie einzeln selbständige Bedeutung haben 312 , ob es eine starke Verbindung zwischen den einzelnen Teilvorhaben gibt 3 1 3 , oder das Vorhaben lediglich ein Anhängsel ist 3 1 4 oder nur lokale Bedeutung hat 3 1 5 , ob die Einbeziehung von Alternativen möglich ist 3 1 6 , es sich um eine Erweiterung des Vorhabens oder eine Verbindung zwischen mehreren Vorhaben handelt 317 oder die Durchführung des Vorhabens weitere Vorhaben nach sich ziehen kann 318 , entscheidend sein, ob es sich um eine zulässige Aufteilung einer zusammenhängenden Maßnahme handelt. Die Frage nach der Segmentation ist eng verbunden mit dem Problem, daß ein EIS nur bei „Vorschlägen" ("proposals") für Vorhaben vorzubereiten ist. Ist das Planungsstadium für weitere Segmente noch nicht bis zu einem Vorschlag gereift, können diese Teilplanungen grundsätzlich nicht einbezogen werden 319 . Eine andere Form von Segmentation kann dann vorliegen, wenn verschiedene Behörden einzelne Projekte durchführen, die aber einen Zusammenhang und kumulative Auswirkungen haben und aus diesem Grund in die Diskussion im Rahmen einer einheitlichen Umweltverträglichkeitsprüfung einzubeziehen sind 320 . Hier könnte insbesondere der Koordinationsbedarf ein EIS-Verfahren erfordern. Segmentation von Vorhaben tritt besonders häufig beim Bau von Autobahnen, Pipelines oder anderen Vorhaben auf, die sich leicht in einzelne Teilab-

3.0 Sierra Club v. Callaway, 499 F.2d 982 (5th Cir. 1974); Association Concerned About Tomorrow, Inc. v. Dole, 610 F.Supp. 1101 (D. Texas 1985); siehe auch Rodgers, S. 787. 3.1 James River and Kanawha Parks, Inc. v. Richmond Metropolitan Authority, 359 F.Supp. 611 (E.D. Va. 1973). 3.2 Indian Lookout Alliance v. Volpe, 484 F.2d 11 (8th Cir. 1973); Coalition for Sensible Transportation, Inc. v. Dole, 826 F.2d 60 (D.C. Cir. 1987). 3.3 Sierra Club v. Callaway, 499 F.2d 982 (5th Cir. 1974); Foundation on Economic Trends v. Lyng, 817 F.2d 882 (D.C. Cir. 1987). 3.4 Sierra Club v. Stamm, 507 F.2d 788 (10th Cir. 1974). 3.5 Daly v. Volpe, 514 F.2d 1106 (9th Cir. 1975). (Umgehungsstraße selbständig im EIS zu untersuchen, wenn Zweck Verkehrsentlastung ist, die Verbindung zum Interstate Highway System tritt demgegenüber zurück). 316 Committee to Stop Route 7 ν. Volpe, 346 F.Supp. 731 (D. Conn. 1972). 317 Hawthorn Environmental Preservation Ass'n v. Coleman, 417 F.Supp. 1091 (D. Ga. 1976), affd per curiam, 551 F.2d 1055 (5th Cir. 1977). 318 Patterson v. Exxon, 415 F.Supp. 1276 (D. Neb. 1976). 3,9 siehe Aberdeen*Rockfish Railroad v. SCRAP, 422 U.S. 284 (1975). 320 Natural Resources Defense Council, Inc. v. Callaway, 524 F.2d 79 (2nd Cir. 1975).

3. Inhalt der Umweltverträglichkeitsprüfung

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schnitte unterteilen lassen. Aber auch bei anderen raumbedeutsamen Planungen und Vorhaben kann Segmentation zu einem Problem werden 321 . Manche Kriterien, die die Rechtsprechung heranzieht, um zu bestimmen, ob eine Aufteilung in einzelne Abschnitte zulässig ist, sind zu kritisieren. Anstatt darauf abzustellen, ob das Segment eine „unabhängige Bedeutung" habe bzw. „selbständig" sei, scheint es sinnvoller, danach zu fragen, ob das Vorhaben weitere Projekte nach sich zieht und damit die Möglichkeiten für zukünftige Entscheidungen eingrenzt. Ein anderer Ansatzpunkt für die Beantwortung der Frage, ob eine Segmentation zulässig ist, besteht darin, daß im EIS die Rahmenbedingungen insgesamt zu untersuchen sind 322 . Das setzt voraus, daß kumulative Auswirkungen zusammenhängender Projekte untersucht werden und im Rahmen des EIS-Verfahrens versucht wird, einen koordinierten und informierten Entscheidungsprozeß einzuleiten. Nicht immer wird es möglich sein, die Auswirkungen zukünftiger Teilprojekte oder zusammenhängender Vorhaben im einzelnen abzusehen. Da aber das EIS-Verfahren dem zukunftgerichteten Vorsorgeprinzip entspricht, muß es notwendigerweise spekulative Folgen von einzelnen, in der Zukunft liegenden Teilvorhaben, einbeziehen. Im Zweifel ist die Zulässigkeit von Segmentation eng auszulegen und zu versuchen, inhaltlich zusammenhängende Vorhaben verschiedener Planungsträger in einem EIS zusammenzufassen.

3.3. Regionale Umweltprüfungen Die Diskussion um das Problem der Segmentation führt automatisch zu einem anderen Ansatz, um die kumulativen Auswirkungen von mehreren, untereinander in Beziehung stehenden Vorhaben zu betrachten: die sogenannte regionale oder programmatische Umweltverträglichkeitsprüfung. Regionale Umweltverträglichkeitsprüfungen werden in der Regel dann vorbereitet, wenn Vorschläge zur Entwicklung eines Planes oder Programmes vorliegen, die regionale Auswirkungen 323 haben, während sich programmatische Umweltverträglichkeitsprüfungen häufig mit der Entwicklung neuer Technologien und deren Auswirkungen beschäftigen 324. Das Problem besteht - ähnlich wie bei der Seg321 Nucleus of Chicago Homeowners v. Lynn, 524 F.2d 225 (7th Cir. 1975) (Einteilung in einzelne Wohnungsprojekte zulässig); Citizens against Construction of NAPA v. Lynn, 391 F.Supp. 1188 (D. Cal. 1975) (Segmentation von Stadterneuerungsplan zulässig, da jedes Segment selbständig); siehe aber City of Rochester v. U.S. Postal Service, 541 F.2d 967 (2nd Cir. 1976) (Konstruktion von Postamt in Vorstadt ist "intimately related" mit Aufgabe des Postamtes in der Innenstadt, deshalb beide Vorhaben in einem EIS zu untersuchen). 322 Rodgers, S. 792. 323 z.B. Programm für Abbau von Kohle im Tagebergbau, NRDC v. Tennessee Valley Authority, 367 F.Supp. 128 (D. Tennessee 1973); Programm fur die Verpachtung von Weideland, NRDC v. Morton, 388 F.Supp. 829 (D. D.C. 1974). 324 z.B. Programm für die Entwicklung des sog. schnellen Brüters, Scientists' Inst, for Public Information v. Atomic Energy Commission, 495 F.2d 1079 (D.C. Cir. 1973).

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IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

mentation - darin, zu bestimmen, wann die Entwicklung eines Programmes bzw. Planes weitreichend und konkret genug ist, um eine Umweltverträglichkeitsprüfung unter ΝΕΡΑ zu fordern. Die Gerichte sind grundsätzlich zurückhaltend, ein EIS für die Vorbereitetenden Planungen zu verlangen. Daher überrascht es nicht, daß der U.S. Supreme Court die Schwelle für die Vorbereitung eines EIS für umfassende Planungen mit regionalen Auswirkungen relativ hoch angesetzt hat. In Kleppe v. Sierra Club 325 beschäftigte sich das Gericht mit der Frage, ob ein regionales EIS für die Entwicklung der Northern Great Plains Region 326 notwendig war, um die geplante Entwicklung dieser Region in ihren Auswirkungen insgesamt zu untersuchen, bevor die Bundesverwaltung einzelne Erlaubnisse, Naturschätze in bestimmten Gebieten dieser Region wirtschaftlich auszubeuten, erteilen durfte. Der Court of Appeals hatte in seiner vorangegangenen Entscheidung eine vier Schritte umfassende Prüfung entwickelt, um festzustellen, ob ein EIS für Planungen mit weitreichenden regionalen Auswirkungen vorbereitet werden muß. Danach mußte zunächst überhaupt wahrscheinlich sein, daß die Programme und Pläne umgesetzt werden. Zweitens mußten Informationen über die voraussichtlichen Umweltauswirkungen sowie über mögliche Alternativen verfügbar sein. Drittens war es wichtig, ob bei der Entwicklung des Programmes bereits weitreichende Verpflichtungen eingegangen wurden, und schließlich war die Schwere der Umweltauswirkungen, die bei Umsetzung des Planes zu erwarten waren, erheblich. Der U.S. Supreme Court wies diese Definition in Kleppe zurück und stellte darauf ab, ob ein „Vorschlag" für eine Bundesmaßnahme vorliegt. Entscheidend für die Beantwortung der Frage, ob ein EIS für diese regionale Planung notwendig sei, waren für den U.S. Supreme Court die beiden folgenden Aspekte: erstens, ob die Planungen einen „Vorschlag" für eine Bundesmaßnahme darstellten, und wenn ja, ob er von regionaler Bedeutung sei. Insoweit hat der Supreme Court Bestrebungen der unteren Gerichte und der Literatur enttäuscht 327 und ein EIS für umfassende vorbereitende Planungen nur dann verlangt, wenn die Behörde tatsächlich einen Plan oder Programm oder Vorhaben ablehnt oder genehmigt. Im übrigen hat der Supreme Court die Schwelle für die „Wahrscheinlichkeit" der Umsetzung und damit für die Definition von „Vorschlag" unter § 102 (2) (C) ΝΕΡΑ sehr hoch angesetzt. Solange die Behörde nur eine Programmstudie betreibt, muß kein EIS vorbereitet werden. Gleichzeitig hat der U.S. Supreme Court den Behörden weites Ermessen zugebilligt, um zu bestimmen, ob die Auswirkungen in einem regionalen EIS zu 325

427 U.S. 390 (1976). Die Northern Great Plains Region umfaßt in diesem Zusammenhang ca. 90000 square miles in Wyoming, Montana, North Dakota und South Dakota, Grad, §9.02 (2) (b). 327 siehe Grad, § 9.02 (2) (b). 326

3. Inhalt der Umweltverträglichkeitsprüfung

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untersuchen sind. Der Supreme Court geht davon aus, daß ein Vorhaben, auch wenn es regionale Auswirkungen hat, dann keine regionale Umweltverträglichkeitsprüfung erfordert, wenn es sich vernünftigerweise auch nach anderen geographischen Gegebenheiten aufteilen läßt. Angesichts der vielen Zweifelsfragen, die die Entscheidung des U.S. Supreme Court in Kleppe offengelassen hat, hat der CEQ im Federal Register Anforderungen an die Vorbereitung von regionalen oder programmatischen Umweltverträglichkeitsprüfungen in einer Weise formuliert, die einer offiziellen Interpretation der ^ / ^ - E n t s c h e i d u n g entspricht. Entgegen der Rechtsprechung des Supreme Court sind nach Ansicht des CEQ die kumulativen Auswirkungen der geplanten Vorhaben, die Verfügbarkeit von Informationen sowie die Frage, ob Präzedenzfalle geschaffen werden, die entscheidenden Kriterien für die Frage, ob ein regionales EIS vorzubereiten ist 328 . Die gegenwärtigen CEQ-Verwaltungsvorschriften für Umweltverträglichkeitsprüfungen bei „weitreichenden Maßnahmen" ("broad actions") verlangen, daß diese Vorhaben „grundsätzlich und geographisch" ("generically and geographically") untersucht werden und das EIS zu einem Zeitpunkt vorbereitet wird, zu dem es sinnvoll in den Planungs- und Entscheidungsprozeß eingefügt werden kann 329 . Auch in der Literatur sind Vorschläge entwickelt worden, um zu bestimmen, wann ein regionales EIS erforderlich ist. Zunächst wird gefragt, ob vom Congress oder der Verwaltung ein umfassender Planungsprozeß in Betracht gezogen wurde, zweitens ob die Planungen geographisch und inhaltlich verbunden sind und schließlich, ob ausreichend Informationen über die regionalen und kumulativen Auswirkungen des Vorhabens verfügbar sind 330 . Die CEQVerwaltungsvorschriften und die in der Literatur gemachten Vorschläge sind insoweit konkreter als der Maßstab, den der U.S. Supreme Court in Kleppe angelegt hat, um zu bestimmen, ob ein regionales EIS notwendig ist. Sie nehmen teilweise die Kriterien der Rechtsprechung, die der U.S. Supreme Court für die Definition der Notwendigkeit eines regionalen bzw. programmatischen EIS zurückgewiesen hat, wieder auf. Die zahlreichen Fragen, die die Entscheidung in Kleppe offengelassen hat, machen es schwierig, die Auswirkungen dieser Entscheidung für das EIS-Verfahren vorauszusagen. Es wird befürchtet, die Entscheidung des U.S. Supreme Court, kein regionales EIS im Planungsstadium zu fordern, ermögliche es den Behörden, die Vorbereitung eines EIS zu vermeiden, bis sie mit den Planungen so weit fortgeschritten sind, daß sie die Planungen als konkrete Vorschläge für bestimmte Maßnahmen formulieren können 331 . 328

42 Fed. Reg. 61.066 (61.071). 40 C.F.R. § 1502.4 (C). 330 Koshland, 30 Stanf. L. Rev. 767 (801) (1978); siehe auch Proest, 11 Harv. Envtl. L. Rev. 77 (1987). 331 Anderson, Mandelker, Tarlock, S. 750; siehe auch Texas Commission on Natural 329

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IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

Hinzu kommt, daß die Ä7e/>/?e-Entscheidung Tendenzen der Verwaltung fördert, eher inkrementalistische Entscheidungen zu treffen als einen umfassenden Planungsprozeß zu verfolgen. Die Behörde ist, je weniger sie einen inkrementalistischen Entscheidungsprozeß verfolgt, desto mehr gezwungen, Umweltplanungen in Form einer Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen 332. Eine Anforderung, die dazu führt, daß die Verwaltung eher inkrementalistische Entscheidungsstrukturen weiterverfolgen wird, solange sie nicht gezwungen ist, umfassende und koordinierte Planungsprozesse durch ein EIS vorzubereiten. Erste Wirkungen der Entscheidung des U.S. Supreme Court für die Vorbereitung eines EIS im regionalen Planungsprozeß konnten in Atlanta Coalition ν. Atlanta Regional Commission 333 beobachtet werden. In dieser Entscheidung, in der das Gericht sich in den Entscheidungsgründen im wesentlichen auf Kleppe bezieht, wird ein EIS für regionale Verkehrsplanungen und damit verbundene räumliche Planungen nicht für notwendig gehalten, da die Planungen noch nicht bis zu einem „Vorschlag" fortgeschritten waren. Andererseits sind durch die Entscheidung in Kleppe nicht alle Versuche, regionale Umweltverträglichkeitsprüfungen für Planungen mit regionalen Auswirkungen zu verlangen, hinfällig geworden 334. Die Entscheidung in Kleppe läßt der Verwaltung noch beträchtlichen Spielraum bezüglicher Fragen, zu welchem Zeitpunkt ein EIS für Planungen vorzubereiten ist (timing) und welche Fragen das EIS, ob regional angelegt oder nicht, tatsächlich umfassen soll (scoping) 335 . Eine Programm- bzw. regionale UVP im Planungsprozeß bringt neben ihren Vorteilen für einen frühzeitigen und umfassenden Planungsprozeß auch Probleme mit sich, wenn es um die Frage geht, ob individuelle EIS für die einzelnen Vorhaben im Rahmen des Gesamtplanes erforderlich sind. Es stellt sich dann die Frage, ob zusätzlich zu der Programm- bzw. regionalen UVP ein EIS für nachfolgende einzelne Vorhaben erstellt werden muß. Dieses Problem wird dahin gehend gelöst, daß in der regionalen UVPs für den Planungsprozeß die grundsätzlichen Fragen der Gesamtplanung geklärt werden und spezifische Belange, die sich auf einzelne Vorhaben beziehen, in nachfolgenden UVP für die jeweiligen Maßnahmen zu untersuchen sind. Bei diesem Vorgehen, das als „Abstufung" ("tiering") bezeichnet wird, kann auf die Ergebnisse der regionalen UVP Bezug genommen werden.

Resources v. Bergland, 573 F.2d 201 (5th Cir. 1978) (bestätigt die Entscheidung der Behörde, kein EIS für Holzschlag-Programm zu verlangen). 332 Johnston, 1 Harv. Envtl. L. Rev. 182 (200) (1976). 333 599 F.2d 1333 (5th Cir. 1979). 334 Johnston, 1 Harv. Envtl. L. Rev. 182 (219) (1976). 335 siehe NRDC v. Munro, 626 F2d 134 (9th Cir. 1980) (integrierter Plan für Elektrizitätsversorgung im Nordwesten der USA erfordert eine Programm-UVP); EDF v. Andrus, 596 F.2d 848 (8th Cir. 1979) (Programm-UVP für Wasser-Marketingplan durch Department of Interior erforderlich).

3. Inhalt der Umweltverträglichkeitsprüfung

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Die CEQ-Verwaltungsvorschriften sehen das „Abstufungs"-Verfahren mit einer regionalen bzw. Programm-Umweltverträglichkeitsprüfung und nachfolgenden Einzelanalysen vor, wenn eine allgemeine Umweltverträglichkeitsprüfung für einen Plan oder Programm vorbereitet wird und nachfolgend die einzelnen Vorhaben in eigenen Umweltverträglichkeitsprüfungen zu untersuchen sind. Eine Abstufung des EIS-Verfahrens ist auch dann angebracht, wenn ein bestimmtes Vorhaben zu einem früheren Zeitpunkt untersucht wird und eine ergänzende Prüfung zu einem späteren Zeitpunkt oder aufgrund von Änderungen in der Planung notwendig wird 3 3 6 . Typischerweise wird eine „Abstufung" ("tiering") von nachfolgenden Umweltverträglichkeitsprüfungen notwendig sein, wenn die allgemeine Umweltverträglichkeitsprüfung die grundsätzlichen Fragen untersucht hat, aber die spezifischen Folgen einzelner Vorhaben nicht analysiert worden sind 337 . „Abstufung" erlaubt eine Analyse der einzelnen Vorhaben unter Bezugnahme auf die in der allgemeinen Umweltverträglichkeitsprüfung enthaltenen Informationen. Dadurch werden nicht notwendige Wiederholungen von Informationen und Untersuchungen vermieden und der Arbeitsablauf effektiviert. Gleichzeitig kann mit dem Verfahren der Abstufung von Gesamt- und Einzel-Umweltverträglichkeitsprüfungen Einwänden begegnet werden, daß regionale EIS für Planungen nicht sinnvoll seien, weil sich die Umweltauswirkungen noch nicht abschätzen ließen. Die allgemeine regionale Umweltverträglichkeitsprüfung ist für einen koordinierten und langfristigen Planungsprozeß jedoch - trotz ihres teilweise spekulativen Charakters - unverzichtbar. Bedenken sind dagegen zu erheben, wenn das Abstufungsverfahren horizontal, d.h. auf gleichartige Projekte angewendet wird 3 3 8 . Hier wird das Ziel von NEPA umgangen, das für jedes Vorhaben eine eigene Umweltverträglichkeitsprüfung erfordert 339 . Das gilt insbesondere deshalb, weil - selbst wenn ein EIS für ein Vorhaben erstellt worden ist - die kumulativen Auswirkungen der einzelnen - gleichartigen - Vorhaben in einem EIS gesondert zu untersuchen sind.

3.4. Alternativen zu der vorgeschlagenen Maßnahme Jedes EIS muß gemäß § 102 (2) (C) (iii) NEPA „Alternativen" zu dem vorgeschlagenen Vorhaben enthalten. In der Anforderung, Alternativen zu der ursprünglichen Maßnahme zu untersuchen, treffen sich mehrere Faktoren, die die Komplexität von Verwaltungsentscheidungen bestimmen und die Funktion des EIS-Verfahrens betreffen. 336

40 C.F.R. § 1508.24. NRDC v. Administrator EPA, 451 F.Supp. 1245 (D. D.C. 1978); siehe aber Ventling v. Bergland, 479 F.Supp. 174 (S.D. 1979) (kein EIS für einzelne Vorhaben). 338 siehe Get Oil Out, Inc. v. Andrus, 477 F.Supp. (D. Cal. 1979). 339 Lind, 20 Urb. L. Ann. 197 (213) (1980). 337

172

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

Wenn die Behörde Alternativen zu der vorgeschlagenen Maßnahme zu untersuchen hat, ist sie gezwungen, auch andere Wege als die ihrer traditionellen Aufgabenerfüllung zu bedenken. Die Informationsfunktion des ElS-Verfahrens wird damit beträchtlich erweitert. Gleichzeitig sind bei der Untersuchung von Alternativen deren Verteilungswirkungen zu berücksichtigen. Neue Mittel und Wege der Aufgabenerfüllung können etablierte Interessen und Erwartungen enttäuschen und die Folgen des Vorhabens, insbesondere die Vor- und Nachteile, unter den betroffenen Interessen neu verteilen. Diese Erwägungen werden sich auch auf die Entscheidungsfunktion des ElS-Verfahrens auswirken. Schließlich werden nicht alle möglichen Alternativen von dem Entscheidungsträger selbst durchgeführt werden können. In diesem Zusammenhang wird die Untersuchung von Alternativen im EIS-Verfahren auch Fragen der Koordination zwischen den beteiligten Verwaltungsträgern und die Probleme der Umsetzung zu diskutieren haben. Sowohl der Council on Environmental Quality (CEQ) 3 4 0 als auch die Gerichte sehen in der Untersuchung von Alternativen das „Herz" der Umweltverträglichkeitsprüfung 341 . Die Zahl der möglichen Alternativen ist beträchtlich. Die weitreichendste Alternative bleibt die "no action", das Vorhaben ganz aufzugeben 342. Weitere Alternativen bestehen darin, das Vorhaben zwar durchzuführen, aber Änderungen vorzunehmen. Man kann grundsätzlich zwischen „primären Alternativen" ("primary alternatives") unterscheiden, wenn das mit dem Vorhaben verfolgte Ziel durch eine andere Maßnahme erreicht werden kann, z.B. anstelle von Atomkraftwerken erhöhte Kohleproduktion, um den Energiebedarf zu erfüllen, und „sekundären Alternativen" ("secondary alternatives"), wenn das Vorhaben in einer anderen Weise als ursprünglich geplant, z.B. an einem anderen Ort, durchgeführt wird 3 4 3 . Die Behörden werden in der Regel weniger Schwierigkeiten haben, „sekundäre Alternativen" in die Diskussion einzubringen als mög340

40 C.FR. § 1502.14. Unabhängig von Alternativen im EIS sieht ΝΕΡΑ außerdem vor, daß Bundesbehörden „geeignete Alternativen erforschen, beschreiben und entwickeln, wenn vorgeschlagene Maßnahmen Konflikte hinsichtlich der möglichen Nutzung von Ressourcen beinhalten" (§ 102(2) (Ε) (ΝΕΡΑ). Diese Vorschrift ist dahin gehend interpretiert worden, daß Alternativen zu vorgeschlagenen Maßnahmen aufgrund von § 102 (2) (Ε) ΝΕΡΑ untersucht werden müssen, auch wenn kein EIS erforderlich ist, weil es sich nicht um eine „Bundesmaßnahme mit signifikanten Auswirkungen" handelt, siehe Trinity Episcopal Church ν. Romney, 523 F.2d 88 (2nd Cir. 1975), reversed on other grounds sub nome Strycker's Bay Neighborhood Council v. Karlen, 444 U.S. 223 (1980); River Road Alliance v. U.S. Army Corps of Engineers, 15 ELR 20518 (8th Cir. 1985). 342 40 C.F.R. § 1502.14 (d); siehe Getty Oil Co. v. Clark, 614 F.Supp. 904 (D. Wyo. 1985) ("no action" Alternative muß im EIS untersucht werden); anders NRDC v. Hödel, 624 F.Supp. 1045 (D. Nev. 1985); siehe Hill, Ortolano, 18 Nat. Res. J. 285 (309) (1978) (empirische Studien zeigen, daß die "no action" Alternative nur in Ausnahmefällen im EIS untersucht wird). 343 Mandelker, Equity, S. 120. 341

3. Inhalt der Umweltverträglichkeitsprüfung

173

liehe Alternativen zu verfolgen, die jenseits ihres eigentlichen Aufgabenbereiches angesiedelt sind. Die CEQ-Verwaltungsvorschriften haben die von den Gerichten entwickelten Kriterien 344 weitgehend aufgenommen. Nunmehr sind auch „vernünftige Alternativen", die außerhalb des Zuständigkeitsbereiches der entscheidenden Behörde liegen 345 , sowie Ausgleichsmaßnahmen (mitigation measures) im EIS zu diskutieren 346 . Die Forderung, Alternativen zu der vorgeschlagenen Maßnahme im EIS zu diskutieren, soll sicherstellen, daß der Entscheidungsträger alle in Betracht kommenden Möglichkeiten untersucht hat und auf diese Weise die unter allen Aspekten beste Entscheidung getroffen werden kann. In Calvert Cliffs' Coordinating Committee v. AFC 347, einer der frühen wichtigen NEPA-Entscheidungen, stellte das Gericht fest, daß die Berücksichtigung von Alternativen darauf gerichtet ist, „sicherzustellen, daß der Entscheidungsträger alle möglichen Varianten eines Vorhabens (einschließlich der Möglichkeit, das Vorhaben völlig aufzugeben), die die Umweltauswirkungen und Kosten-Nutzen-Analyse verändern, kennt und in Betracht zieht. Nur auf diese Weise ist wahrscheinlich, daß die intelligenteste und beste Entscheidung schließlich getroffen wird."

Beträchtliche Kontroversen hat es allerdings um die Frage gegeben, was eine „vernünftige" Alternative ("reasonable available alternative") ist bzw. wie weit die Verwaltung auch unerprobte und neue Alternativen in die Umweltverträglichkeitsprüfung einbeziehen muß. Bereits die Entscheidung in NRDC v. Morton 348 legte eine „Regel der Vernunft" ("rule of reason") an, um zu entscheiden, welche Alternativen im EIS zu untersuchen sind. Die Entscheidung sagte deutlich, daß die Diskussion um Alternativen im EIS keine „Wahrsagerei" ("cristal-ball inquiry") erfordere, sondern lediglich die Diskussion von Alternativen, die „vernünftigerweise" zur Verfügung ständen. Dabei habe die Verwaltung aber auch solche Alternativen einzubeziehen, die außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs liegen und die möglicherweise gesetzgeberische Aktivitäten oder Änderungen in der Verwaltungsstruktur oder -politik für ihre Durchführung bedürfen. Jedoch sind nach Ansicht des Gerichts nicht alle denkbaren Alternativen einzubeziehen. Die Grenze für die Diskussion möglicher Alternativen zu der vorgeschlagenen Maßnahme ist dann erreicht, wenn sie lediglich spekulativ und weit entfernt in ihrer Realisierungsmöglichkeit sind.

344 345 346 347 348

NRDC v. Morton, 458 F.2d 827 (D.C. Cir. 1972). 40 C.F.R. § 1502.14. 40 C.F.R. § 1508.20, § 1508.25 (b) (3). 449 F.2d 1109 (1112) (D.C. Cir. 1972). 458 F.2d 827 (D.C. Cir. 1972).

174

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

„Es gibt Gründe für die Schlußfolgerung, daß NEPA keine detaillierte Diskussion der Umweltauswirkungen von »Alternativen 4 verlangt, die in Kommentaren aufgeworfen wurden, wenn die Auswirkungen nicht festgestellt werden können und diese Alternativen nur als weit entfernte und spekulative Möglichkeiten erscheinen. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie - angesichts der grundlegenden Veränderungen, die sie in den gesetzlichen Grundlagen und Politiken anderer Behörden erfordern - nur, wenn überhaupt nach ausfuhrlichen Diskussionen und Gerichtsverfahren durchführbar sind und damit nicht vereinbar erscheinen mit dem vorgegebenen Zeitrahmen der Probleme, die durch die vorgeschlagene Maßnahme gelöst werden sollen 349 ."

Im Kontext dieses Falles hatte das EIS für die vorgeschlagene Verpachtung von 380.000 acres Küstenzone für Gas- und Ölbohrungen eine Diskussion der Abschaffung von Öl-Importquoten, weitere Ausbeutung bereits vorhandener Vorkommen, Entwicklung von Atomenergie, Änderung der Preise für Erdgas, nicht aber Vorschläge zur Kohlevergasung, Sonnenenergie oder geothermischen Energiequellen zu enthalten. In einer späteren Entscheidung hat der U.S. Supreme Court in Vermont Yankee Nuclear Power Corp. v. NRDC 350 diese „Regel der Vernunft" ("rule of reason") für die Einbeziehung von Alternativen in zweifacher Hinsicht konkretisiert: Zunächst müssen nur solche Alternativen diskutiert werden, die nicht spekulativ und abwegig sind, sondern innerhalb eines absehbaren Zeitraumes und ohne grundsätzliche Änderungen innerhalb des bestehenden Systems durchführbar sind. „Der gesunde Menschenverstand sagt uns, daß die »detaillierte Feststellung der Alternativen' nicht allein deshalb fehlt, weil die Behörde es unterlassen hat, jede alternative Möglichkeit und denkbares Mittel einzubeziehen. Zeit und Ressourcen sind einfach zu begrenzt, um ein EIS für unvollständig zu erklären, nur weil die Behörde nicht jede mögliche Alternative erkundet hat, gleichgültig, wie ungewöhnlich und unbekannt diese Alternative zu dem Zeitpunkt, an dem das Vorhaben genehmigt wurde, war 351 ."

Für die Alternative „Energiekonservierungsmaßnahmen", ein neues und unerforschtes Technologiefeld, war die Schwelle für die Diskussion dieser Alternative im EIS entpsrechend hoch anzusetzen. Zweitens ist die Verwaltung zwar angehalten, von sich aus alle in Betracht kommenden Alternativen aufzugreifen. Handelt es sich aber um neue und unbekannte Technologien, müssen diese Alternativen von denjenigen, die sie geprüft haben möchten, klar, rechtzeitig und deutlich in die Diskussion eingebracht werden 352 . Die „Regel der Vernunft" ("rule of reason") ist damit für die Einbeziehung von Alternativen eng ausgelegt worden. Die Entscheidung des U.S. Supreme Court in Vermont Yankee hat letztlich zur Folge, daß Dritte die Berechtigung, bestimmte Alternativen im EIS zu untersuchen, nachweisen müssen. Damit wird 349 350 351 352

a.a.O., S. 837. 435 U.S. 519(1978). a.a.O., S. 549. a.a.O., S. 553.

3. Inhalt der Umweltverträglichkeitsprüfung

175

Umweltschutzgruppen und Privaten, denen nur begrenzte Ressourcen zur Verfügung stehen, die Beweislast für die Durchführbarkeit von neuen, umweltschonenden Technologien aufgebürdet. Die Rechtsprechung des U.S. Supreme Court wird den Intentionen von ΝΕΡΑ nicht gerecht. Anstatt, wie im Urteil von Vermont Yankee angelegt, sich abwartend zu verhalten, bis Dritte bewiesen haben, daß eine mögliche Alternative sinnvoll und durchführbar ist, geht das Konzept von ΝΕΡΑ davon aus, daß die Behörden selbst aktiv werden und neue Wege suchen, ihre Aufgaben weniger umweltbelastend zu erfüllen. Entscheidende Voraussetzung für dieses Konzept besteht darin, daß die Verwaltung selbst aktiv nach neuen Möglichkeiten und Alternativen sucht 353 . Die Entscheidung des U.S. Supreme Court wirft zudem wenig Licht auf die Frage, wie die „Regel der Vernunft" auf die Frage der Diskussion von Alternativen im EIS anzuwenden ist. Wann sind z.B. Alternativen zu berücksichtigen, die außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der entscheidenden Behörde liegen oder gesetzgeberische Aktivitäten oder Handlungen anderer staatlicher Organe für ihre Umsetzung erfordern? Es wird vorgeschlagen, den Bereich der in das EIS einzubeziehenden Alternativen durch den Anwendungsbereich des jeweiligen Gesetzes zu begrenzen, unter denen das ursprüngliche Vorhaben durchgeführt werden sollte 354 . Auch die Rechtsprechung will den Bereich der in Betracht zu ziehenden Maßnahmen teilweise auf den Anwendungsbereich des das jeweilige Vorhaben autorisierenden Gesetzes oder eine ähnliche enge Beziehung zu der ursprünglich vorgeschlagenen Maßnahme begrenzen 355. Eine weitere Einschränkung der in Betracht zu ziehenden Alternativen besteht darin, daß die Alternative nicht nur „vernünftigerweise" vorhanden, sondern auch „durchführbar" sein muß. Mögliche Alternativen werden von der Rechtsprechung aus diesem Grund relativ häufig zurückgewiesen, so z.B. wenn der alternative Standort für eine Landungsbrücke den Bau eines drei Meilen langen Kanals erfordert 356 oder ein anderer Standort für einen zu bauenden neuen Stadtteil, dessen Errichtung von der Bundesverwaltung finanziell gefördert wird, nicht die Anforderungen an finanzielle Förderung unter diesem Gesetz erfüllt 357 .

353

Rodgers, 67 Georgetown L. Rev. 699 (721) (1979). Mandelker, § 9.22. 355 Roosvelt Campobello International Park Committee ν. EPA, 684 F.2d 1041 (1st Cir. 1982) (Alternativen auf die Hauptziele des Vorhabens begrenzt); Aertsen v. Landrieu, 637 F.2d 12 (1st Cir. 1980) (Alternativen auf solche beschränkt, die an der vorgeschlagenen Stelle durchgeführt werden können); Trinity Episcopal School ν. Romney, 523 F.2d 88 (2nd Cir. 1975) (Alternativen müssen in vernünftiger Beziehung zu der vorgeschlagenen Maßnahme stehen); Sierra Club v. Lynn, 562 F.2d 43 (5th Cir. 1974) (Alternativen werden durch den Charakter der Bundesmaßnahme und der mit ihr im Zusammenhang stehenden Gesetzgebung begrenzt). 356 Coalition for Lower Beaufort County v. Alexander, 434 F.Supp. 293 (D. D.C. 1977); das gleiche gilt, wenn eine Maßnahme wirtschaftlich nicht durchführbar ist, siehe York, 22 Nat. Res. J. 497 (498) (1982). 357 Sierra Club v. Lynn, 502 F.2d 43 (5th Cir. 1974). 354

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IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

Die von der Rechtsprechung verwendeten Kriterien und Faktoren, um zu bestimmen, welche Alternativen im EIS zu diskutieren sind, sind wedér konsistent noch vorhersehbar. Grundsätzlich billigen die Gerichte den Behörden weites Ermessen zu, in welchem Maß Alternativen in das EIS einzubeziehen und zu diskutieren sind 358 . Die Formulierungen der Rechtsprechung sind relativ weit. Es sollen zwar nicht jede „mögliche" Alternative, jedoch alle „vernünftigen" Alternativen im EIS diskutiert werden. Unterläßt die Behörde es, eine vernünftige und durchführbare Alternative im EIS zu diskutieren, wird das Environmental Impact Statement fehlerhaft 359 . Angesichts der mangelnden inhaltlichen Bestimmungen der Begriffe wie „vernünftig" und „verfügbar" bzw. „durchführbar" verwundert es nicht, daß in einigen Fällen die Gerichte strenge Anforderungen an die Einbeziehung von zusätzlichen Möglichkeiten in das EIS, einschließlich der Aufgabe der Maßnahme selbst, gestellt haben, während sie bei anderen Gelegenheiten die eher oberflächlichen Begründungen der Verwaltung, bestimmte Alternativen nicht in Betracht zu ziehen, akzeptiert haben 360 . Da der U.S. Supreme Court die „Regel der Vernunft" für die Einbeziehung von Alternativen in das EIS relativ eng ausgelegt hat, wird die Entscheidung des U.S. Supreme Court die Rechtsprechung der unteren Gerichte in dieser Frage beeinflussen 361. Grundsätzlich läßt sich jedoch feststellen, daß die Gerichte weiter auf einer Diskusison von möglichen Alternativen zu der ursprünglich vorgeschlagenen Maßnahme als „Herz" des ElS-Verfahrens bestehen. Die meisten Gerichte sind dem pragmatischen Ansatz des U.S. Supreme Court gefolgt und verlangen, daß lediglich „vernünftigerweise" zur Verfügung stehende Alternativen im EIS untersucht werden. Jedoch läßt sich auch eine Tendenz in manchen Entscheidungen feststellen, einen Schritt weiter als Vermont Yankee zu gehen und der Behörde, die das EIS vorbereitet hat, die Beweislast für den Nachweis zu geben, daß die von Dritten in die Diskussion eingebrachten Alternativen nicht durchführbar sind 362 .

358 North Slope Borough v. Andrus, 642 F.2d 589 (D.C. Cir. 1980); Kentucky v. Alexander, 655 F.2d 714 (6th Cir. 1981). 359 Citizens for a Better Henderson v. Hödel, 768 F.2d 1051 (9th Cir. 1985); Association Concerned About Tomorrow, Inc. v. Dole, 610 F.Supp. 1101 (D. Tex. 1985). 360 Life of the Land v. Brinegar, 485 F.2d 460 (9th Cir. 1973) (bessere Organisation des Flugzeugverkehrs keine Alternative zu neuer Landebahn). 361 Rodgers, 67 Georgetown L. Rev. 699 (723) (1979); siehe aber Druid Hills Civil Ass'n v. Federal Highway Administration, 772 F.2d 700 ( l l t h Cir. 1985) (Nur „vernünftigerweise durchfuhrbare" Alternativen sind im EIS zu untersuchen. Bei der Auswahl von Alternativen muß der Entscheidungsträger nicht Umweltschutzaspekte anderen Belangen vorziehen.). 362 siehe York, 22 Nat. Res. J. 497 (500) (1982).

3. Inhalt der Umweltverträglichkeitsprüfung

177

3.5. Ausgleichsmaßnahmen Neben Alternativen zu der vorgeschlagenen Maßnahme kommen auch Ausgleichsmaßnahmen in Betracht, um negative Umweltauswirkungen des geplanten Vorhabens zu verringern. ΝΕΡΑ impliziert, daß auch Ausgleichsmaßnahmen in das EIS einzuschließen sind, da das Gesetz verlangt „alle nachteiligen Umweltfolgen, die nicht vermieden werden können", im EIS zu diskutieren 363 . Die CEQ-Verwaltungsvorschriften haben diese Anforderung dahin gehend interpretiert, daß Ausgleichsmaßnahmen (mitigation measures) im EIS zu untersuchen sind 364 . Nach der Definition des CEQ sind Ausgleichsmaßnahmen alle Maßnahmen, die: 1) Umweltauswirkungen verringern, indem sie Umfang oder Intensität der vorgeschlagenen Maßnahme vermindern, 2) die Umweltauswirkungen der vorgeschlagenen Maßnahme dadurch korrigieren, daß sie die Umwelt, die durch das Vorhaben betroffen ist, wiederherstellen oder rehabilitieren oder 3) langfristig negative Folgen durch Erhaltungsmaßnahmen vermindern oder 4) die negativen Folgen des geplanten Vorhabens durch Ersatzmaßnahmen oder Bereitstellung von gleichen oder ähnlichen Ressourcen kompensieren 365. Aus der Verpflichtung des § 101 (Β) ΝΕΡΑ, „alle zur Verfügung stehenden Mittel zu benutzen, um die Ziele der nationalen Umweltpolitik durchzusetzen", wird teilweise auf eine Pflicht zum optimalen Ausgleich (maximum mitigation) geschlossen. Diese Position ist jedoch von der Rechtsprechung nicht aufgegriffen worden 366 . Obgleich Ausgleichsmaßnahmen ein wichtiges Mittel sind, um ein Vorhaben genehmigen zu können und gleichzeitig die daraus folgenden Umweltbelastungen zu begrenzen, hat die Rechtsprechung der Diskussion von Ausgleichsmaßnahmen im EIS bisher weder übermäßige Beachtung geschenkt, noch sind einheitliche Kriterien entwickelt worden, wie Ausgleichsmaßnahmen im EIS zu diskutieren sind 367 . In einigen Fällen wurde ein EIS als unzureichend angesehen, weil es keine Ausgleichsmaßnahmen enthielt 368 . Außerdem soll eine bloße Auflistung möglicher Ausgleichsmaßnahmen nicht ausreichend sein, um die gründliche Analyse der Umweltauswirkungen, wie sie ΝΕΡΑ auch für die Diskussion von Ausgleichsmaßnahmen und Alternativen verlangt, zu erfüllen 369 . In anderen Fällen wurde die Diskussion von Ausgleichsmaßnahmen im 363

§ 102 (2) (C) (ii) ΝΕΡΑ. 40 C.F.R. §§ 1502.14 (0, 1502.16 (h). 365 40 C.F.R. § 1508.20; die Möglichkeit, das Vorhaben ganz oder teilweise aufzugeben, wird auch als Ausgleichsmaßnahme angesehen, § 1508.20 (a). 366 siehe Rodgers, S. 748 f. 367 Friends of the Earth v. Hintz, 800 F.2d 822 (9th Cir. 1986). 368 EDF v. Froehlke, 473 F.2d 346 (8th Cir. 1972); Duck River Preservation Authority v. TVA, 410 F.Supp. 758 (E.D. Tennessee 1974), afPd, 529 F.2d 554 (6th Cir. 1976); North West Indian Cemetry Protective Ass'n v. Peterson, 565 F.Supp. 586 (D. Cal. 1983). 369 North West Indian Cemetry Protective Ass'n v. Peterson, 764 F.2d 581 (9th Cir. 1985); Oregon Natural Resources Council v. Marsh, 832 F.2d 1489 (9th Cir. 1987). 364

12 Mezger

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IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

EIS für ausreichend gehalten370. Das gilt auch dann, wenn im EIS nicht alle Daten für die relevanten Ausgleichsmaßnahmen enthalten sind oder die verantwortliche Behörde Schwierigkeiten mit der Implementation von Ausgleichsmaßnahmen haben kann 371 . Die Koordinationsfunktion des EISVerfahrens ist angesprochen, wenn auch solche Ausgleichsmaßnahmen in Betracht gezogen werden, deren Umsetzung außerhalb des Zuständigkeitsbereiches des Entscheidungsträgers liegen. Im EIS muß dann dargelegt werden, wie diese Ausgleichsmaßnahmen umgesetzt werden können 372 . Grundsätzlich läßt sich jedoch feststellen, daß Bedeutung und Wert von Ausgleichsmaßnahmen bisher nicht angemessene Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Ausgleichsmaßnahmen sind in der Lage, unerwünschte Umweltauswirkungen auch dann zu vermeiden, wenn die Abwägung der Vor- und Nachteile des Vorhabens ergeben, daß das Vorhaben trotz seiner Folgen für die Umwelt durchgeführt werden soll. Gründe, warum sich die Rechtsprechung der Frage der Ausgleichsmaßnahmen im EIS so wenig zugewendet hat, mögen darin liegen, daß die Gerichte die Behörden weder zwingen können, die im EIS aufgeführten Ausgleichsmaßnahmen bei Durchführung des Vorhabens umzusetzen, noch durch einen strengen Maßstab der gerichtlichen Prüfung die Behörden veranlassen können, mögliche Ausgleichsmaßnahmen nachträglich zu untersuchen, wenn sie keine Diskussion von Ausgleichsmaßnahmen im EIS vorgenommen haben.

3.6. Kriterien für die Beurteilung von Umweltauswirkungen Umweltpolitisch informierte Entscheidungen setzen voraus, daß die verschiedenen Umweltfolgen bewertet und Vor- und Nachteile der mit der Entscheidung verbundenen Folgen abgewogen werden. Während sich der erste Aspekt auf die Informationsfunktion des UVP-Verfahrens bezieht, ist die Abwägung der gesamten Vor- und Nachteile einer Maßnahme eher eine Aufgabe der Entscheidungsvorbereitung im Rahmen des UVP-Verfahrens. Hier geht es nicht zuletzt darum, die Verteilungsfolgen der Maßnahme oder deren Alternativen auf die betroffenen Interessen aufzuzeigen. § 102 (2) (C) NEPA verlangt für die Umweltverträglichkeitsprüfung, daß neben der Darstellung der Umweltauswirkungen im EIS auch die Beziehung zwischen kurzfristiger Nutzung und Bewahrung der langfristigen Produktivität 370 Trout Unlimited ν. Morton, 509 F.2d 1276 (9th Cir. 1974) (Ausgleichsmaßnahmen für Verlust von Fischen und Wildtieren durch Staudamm); EDF v. Hoffman, 566 F.2d 1060 (8th Cir. 1977) (20 % der jährlichen Kosten für die Flußregulierung für Ausgleichsmaßnahmen); Davison ν. Department of Defense, 560 F.Supp. 1019 (D. Ohio 1983). 371 Davison ν. Department of Defense, 560 F.Supp. 1019 (D. Ohio 1983). 372 CEQ, F.R. 18823 (18031, 18032).

3. Inhalt der Umweltverträglichkeitsprüfung

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von Ressourcen (§ 102 (2) (C) (iv)) sowie die irreversible Bindung von Ressourcen bei Durchführung des Vorhabens (§ 102 (2) (C) (v)) untersucht werden 373 . In Calvert Cliffs' Coordinating Committee v. AEC 374 interpretierte das Gericht die o.g. Vorschriften dahin gehend, daß die Umweltbelange gegen die ökonomischen und technischen Vorteile des Vorhabens abzuwägen sind. Das Gericht führte aus, „NEPA verlangt für jeden Einzelfall eine abwägende Entscheidung durch die Bundesbehörden. In jedem individuellen Fall muß der besondere ökonomische und technische Nutzen der vorgeschlagenen Maßnahme eingeschätzt werden und anschließend gegen die ökologischen Kosten abgewogen werden. Alternativen, die die Kosten-NutzenAbwägung berühren, müssen einbezogen werden 375 ."

Damit sind die Vor- und Nachteile des Vorhabens im EIS darzustellen und abzuwägen. Jedoch ließ das Gericht offen, ob eine bestimmte Methode, z.B. eine formale Kosten-Nutzen-Analyse, zu benutzen ist, um die Vor- und Nachteile des Vorhabens zu evaluieren. Spätere Entscheidungen, die sich mit den Kriterien für die Beurteilung der Vor- und Nachteile einer Maßnahme auseinandergesetzt haben, sind der Abwägungsdoktrin ("balancing") von Calvert Cliffs' gefolgt, ohne auf einer Quantifizierung oder Monetarisierung von ökologischen Werten zu bestehen. So muß die Behörde die Kosten der Maßnahme nicht in Dollars und Cents ausdrücken, sondern die ökologischen Kosten für zukünftige Generationen abschätzen, wenn das Vorhaben nicht ausgleichbare Bindungen von Ressourcen beinhaltet 376 . Der CEQ hat es bisher versäumt, verbindliche Kriterien oder Methoden für die Beurteilung der Vor- und Nachteile eines Vorhabens zu entwickeln. Der Rechtsprechung folgend verlangen die CEQ-Verwaltungsvorschriften nicht, daß eine Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt oder Vor- und Nachteile der vorgeschlagenen Maßnahme in Geldwerten ausgedrückt werden. Im Gegenteil - wenn „qualitative" Überlegungen eine bedeutende Rolle bei der Evaluation des Vorhabens spielen, soll die Behörde von der Vorbereitung einer Kosten-NutzenAnalyse absehen377. 373 Die CEQ-Verwaltungsvorschriften verlangen, daß neben den langfristigen Kosten und Nutzen des Vorhabens u.a. die Bedeutung der direkten und indirekten Auswirkungen des Vorhabens, mögliche Konflikte mit anderen bundes-, einzelstaatlichen oder gemeindlichen Politiken, einschließlich Flächennutzungs- und Bebauungsplanung sowie möglichen Erhaltungs- und Ausgleichsmaßnahmen, aufgezeigt werden, 40 C.F.R. § 1502.16. Alternativen zu dem vorgeschlagenen Vorhaben sowie Ausgleichsmaßnahmen sind ebenfalls unter KostenNutzen-Gesichtspunkten im EIS zu analysieren, 40 C.F.R. §§ 1502.14, 1502.16. 374 449 F.2d 1109 (D.C. Cir. 1971). 375 a.a.O., S. 1123. 376 Sierra Club v. Morton, 510 F.2d 813 (827) (5th Cir. 1975), "(The statute only requires consideration of) the previously unconsidered by giving weight and consideration to the ecological costs to future generations in deciding whether present economic benefits indicate that the depletion of irreplaceable natural resources should proceed in the manner suggested or not at all.**

12»

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IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

In jedem Fall ist die Verwaltung jedoch verpflichtet, die Überlegungen und Faktoren, die für die Beurteilung des Vorhabens entscheidend sind, im EIS darzulegen, einschließlich der Faktoren, die sich nicht auf Umwelt belange beziehen, aber für die Beurteilung des Vorhabens eine Rolle spielen, wie z.B. wirtschaftliche Erwägungen oder Vorteile 378 . Die Frage nach den langfristigen Kosten und Nutzen eines Vorhabens ist ausgesprochen schwierig zu beantworten. Viele ökologische Belange sind ökonomisch schwer einzuschätzen und oft bestehen beträchtliche Unsicherheiten, wie die Folgen eines Vorhabens überhaupt wissenschaftlich zu beurteilen sind 379 . Zwar verlangt § 102 (2) (B) NEPA, daß alle Bundesbehörden „Methoden entwickeln, die sicherstellen, daß gegenwärtig unquantifizierten Umweltwerten und -vorteilen angemessenes Gewicht zusammen mit ökonomischen und technischen Belangen gegeben wird"; die Evaluation der kurz- und langfristigen Vorund Nachteile des Vorhabens wirft dennoch eine Reihe von ungelösten Fragen auf. Obgleich die Rechtsprechung nicht verlangt, daß die Untersuchung von Kosten und Nutzen des Vorhabens quantifiziert oder in ökonomischen Werten ausgedrückt wird, fordern die Gerichte, daß die Umweltfolgen sowie Vor- und Nachteile im EIS in einer Weise dargestellt und analysiert werden, die eine informierte Entscheidung über das Vorhaben und die Partizipation der Öffentlichkeit am Entscheidungsprozeß ermöglicht 380 . Es sind mehrere Methoden entwickelt worden, um die Vor- und Nachteile eines Vorhabens, insbesondere die Auswirkungen auf die Umwelt, einzuschätzen. Ohne diese Methoden, die technisch und wissenschaftlich außerordentlich komplex sind, abschließend darstellen und beurteilen zu wollen, soll an dieser Stelle ein kurzer Überblick über die verschiedenen Ansätze sowie deren Vorzüge und Nachteile gegeben werden.

3.6.1. Matrix-Systeme

Die Matrix-Methode erlaubt eine vergleichende Betrachtung der vorgeschlagenen Vorhaben und deren Auswirkungen auf die Umwelt. Grundsätzlich werden die einzelnen Bestandteile des Vorhabens (räumliche Nutzung, Straßen, Bodenbeschaffenheit, usw.) auf der horizontalen Achse dargestellt, während Umweltfaktoren (Luftqualität, Erosion, Zersiedlung) auf der 377

40 C.F.R. § 1502.23. 40 C.F.R. § 1502.23. 379 siehe aber die CEQ-Verwaltungsvorschriften fur die Einschätzung unsicherer Folgen, 40 C.F.R. § 1502.22. 380 Trout Unlimited, Inc. v. Morton, 509 F.2d 1276 (9th Cir. 1974); State of California v. Block, 690 F.2d 753 (9th Cir. 1982). 378

3. Inhalt der Umweltverträglichkeitsprüfung

181

vertikalen Achse aufgelistet werden, wie das Schaubild auf der nächsten Seite zeigt. Die Beziehung der einzelnen Bestandteile des Vorhabens und deren Auswirkungen auf die Umwelt werden dann durch zwei Zahlen indiziert, wobei die erste Zahl die quantitative Bedeutung der Auswirkungen auf die Umwelt und die zweite Zahl die qualitative Bedeutung der Folgen charakterisiert. Die Summe der gesamten Folgen, gewichtet nach ihrer Bedeutung, ergibt eine Einschätzung der Umweltauswirkungen des Vorhabens 381. Die Matrix-Methode hat Schwierigkeiten, Umweltauswirkungen zu identifizieren. Nur wenige der möglichen Beziehungen zwischen den einzelnen Bestandteilen des Vorhabens und deren Auswirkungen auf die Umwelt werden Folgen produzieren, die so gewichtig sind, daß sie einer selbständigen Darstellung auf der Matrix bedürfen. Andere Auswirkungen des Vorhabens, die auf der Matrix nicht dargestellt werden können, sind mittelbare Folgen des Vorhabens, vor allem wenn sie sich innerhalb des ökologischen Systems ändern oder mit anderen Auswirkungen verbinden. Das Matrix-System kann zudem weder Unsicherheiten noch Risiken der Folgen einbeziehen oder darstellen. Die Liste der Umweltfaktoren, die auf der Matrix dargestellt werden, ist entscheidend für die Beurteilung des Vorhabens. Tendenzen der Verwaltung, bestimmte Umweltauswirkungen zu vernachlässigen, wirken sich daher stark auf das Ergebnis der Matrix-Analyse aus. Schließlich ist die Einschätzung der quantitativen und qualitativen Bedeutung der einzelnen Beziehungen zwischen den einzelnen Bestandteilen des Vorhabens und deren Auswirkungen auf die Umwelt höchst subjektiv. Aus diesen Gründen ist es schwierig, einen endgültigen und zusammenfassenden Eindruck der Gesamtbewertung des Vorhabens zu gewinnen382. Trotz der beschriebenen Schwierigkeiten ist die Matrix-Methode jedoch ein sinnvolles Mittel, die Beziehung des Vorhabens auf die Umwelt zu analysieren: Ursachen und Folgen von Umweltauswirkungen des Vorhabens können anschaulich dargestellt werden. Die Rechtsprechung hat das Matrix-System als taugliches Mittel anerkannt, um Vor- und Nachteile eines vorgeschlagenen Vorhabens im EIS darzustellen 383. Allerdings muß die Matrix-Analyse im EIS bestimmten Anforderungen entsprechen. In State of California v. Bloc/c m wurde die vom National Forest Service im EIS erstellte Matrix-Analyse für die Zuordnung von nicht erschlossenen Waldge381

Mandelker, NEPA, § 10.4. Mandelker, NEPA, § 10.4. 383 Minnesota Public Interest Research Group v. Butz, 541 F.2d 1292 (8th Cir. 1976); Sierra Club v. Morton, 510 F.2d 813 (5th Cir. 1975). 384 690 F.2d 753 (9th Cir. 1982). 382

182

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

Β

A

Wasser

A

Β

Β

Klima

A

Überflutungen

C

C

Β

C

Verkehr

C

Landschaftsgestaltung

Lärm/Vibration

Β

vorhandene \ Umweltbedingungen \

Erosionskontrolle

Oberfläche Versiegelung

Gelände

\

Aufspülungen / Abgrabungen

Veränderung hydrologischer Faktoren und Entwässerung

vorgeschlagene Maßnahmen

Änderung der Lebensumstände

\

Urbanisierung

Schaubild des Matrix-Systems für die Analyse der Umweltauswirkungen

Β

C

C

D

Β

Β

A

D

Β

A

D

Β

A

A Β

Erdbewegungen (Erdbeben) Freiflächen

D

Wohnen

D

Gesundheit u. Sicherheit

D

Bevölkerungsdichte

Β

Bebauung

Β

Verkehr

Β

Gesamtwertung

Β

A D

Β

D

C

Β

D Β

Β

Β

Β

Β

Β

C

Β

A

C

Β

A

Β

A

Β

A

C

Β

Β

Β C

Β

A

D

B,C

Erläuterung: A — Unbedeutende Auswirkungen; keine Nachteile für Landschaft und Umwelt Β — Nachweisbare Auswirkungen; bei richtiger Planung und Durchführung nicht nachteilig für Landschaft C — Bedeutende Auswirkungen; können durch angemessene Vorsichtsmaßnahmen begrenzt werden D — Auswirkungen auf die Umwelt, die aber als vorteilhaft anzusehen sind aus: Rau, Wooten (ed.), Environmental Impact Analysis Handbook 8—3, zit. nach Mandelker, NEPA, § 10.4.

3. Inhalt der Umweltverträglichkeitsprüfung

183

bieten ("roadless areas" (RARE) zu verschiedenen (wirtschaftlichen) Nutzungen innerhalb des National Forest System385 zurückgewiesen. Obgleich die Analyse der Umweltauswirkungen sowie der Vor- und Nachteile der Maßnahme von der Rechtsprechung nicht inhaltlich überprüft wurden, waren jedoch die von den Behörden in der Matrix-Analyse verwandten Kriterien, um die Folgen der vorgeschlagenen Maßnahme zu untersuchen, nach Ansicht des Gerichts unzureichend. Das Gericht kritisierte, daß weder die Besonderheiten der einzelnen nicht erschlossenen Waldgebiete, die für wirtschaftliche Nutzungen geöffnet werden sollten, aufgezeigt worden seien, noch die Konsequenzen für die einzelnen Gebiete unter den verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten erläutert und schließlich weder mittelbare Auswirkungen noch die Bedeutung der Klassifikation als „Nichtwildnisgebiet" (mit der Konsequenz der wirtschaftlichen Nutzung) für eine zukünftige Neuklassifikation als „Wildnisgebiet" bestimmt worden seien. Abgesehen von der Tatsache, daß die Matrix-Analyse nur unvollständige Informationen enthielt, kritisierte der Court of Appeals auch, daß die Behörde keinen Versuch unternommen habe, die Vorteile, die die Designation von nicht erschlossenen Gebieten als „Nichtwildnis" mit der damit möglichen wirtschaftlichen Nutzung mit sich bringe, gegen den Verlust an Natur und Ursprünglichkeit, den jedes Gebiet erleiden müsse, wenn es wirtschaftlicher Nutzung zugänglich gemacht werde, abgewogen habe. Mit dieser Entscheidung hat die Rechtsprechung die theoretisch bereits formulierten Schwächen des Matrix-Modells in der Praxis aufgezeigt, die es nur begrenzt zu einem nützlichen Instrument werden läßt, Vor- und Nachteile eines Vorhabens abschließend abzuschätzen.

3.6.2. Network-Methode

Die sog. Network-Methode entwickelt die Matrix-Analyse weiter, indem sie eine Ursache-Folge-Ergebnis Verbindung einführt, die auch die kumulativen und mittelbaren Folgen des Vorhabens erfassen kann. Die Darstellung der Folgen eines Vorhabens beginnt nach der Network-Methode mit einer Auflistung von einzelnen Segmenten des Vorhabens und setzt sich dann für jedes Segment in einer Reihe von Ursachen-Folgen-Wirkungen fort. Diese „Netzwerke" identifizieren lediglich die Umweltauswirkungen des Vorhabens und charakterisieren nicht die vorhandenen Umweltbedingungen. Auch hier wird 385 "Roadless Areas" sind bisher nicht erschlossene Gebiete im National Forest System. Die Kontroverse ging darum, ob die bisher nicht erschlossenen Gebiete den Wildnisgebieten zugeordnet werden oder wirtschaftlicher Nutzung zur Verfugung stehen sollten. Der Vorschlag des National Forest Service in dem sog. RARE II Projekt sah vor, daß 15 Millionen acres der "roadless areas" als Wildnisgebiete bestimmt, 10.8 Millionen acres für weitere Studien zurückgestellt und 36 Millionen acres zu „Nichtwildnisgebieten" mit der Folge wirtschaftlicher Entwicklung erklärt werden. Das EIS, das fur diesen höchst umstrittenen Vorschlag vorbereitet wurde, erhielt im Rahmen der Beteiligung der Öffentlichkeit ungefähr 264.000 Kommentare, 690 F.2d 753 (758) (9th Cir. 1982).

184

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

das Vorhaben in einzelne Bestandteile bzw. Aktivitäten aufgeteilt. Dann werden die unmittelbaren Auswirkungen des Vorhabens aufgezeigt und anschließend die sekundären Auswirkungen analysiert. Dieser Vorgang wird wiederholt, bis alle möglichen Auswirkungen für jeden Bestandteil analysiert sind, wobei ein Netzwerk von Ursachen/Folgen produziert wird. Die Network-Methode erlaubt es, die Beziehungen der Umweltauswirkungen untereinander zu analysieren sowie Folgen zu bestimmen, die durch Alternativen zu der vorgeschlagenen Maßnahme hervorgerufen werden können. Der Nutzen der Network-Methode ist dadurch begrenzt, daß sie einen erheblichen Bedarf an Informationen erfordert und in manchen Fällen Ergebnisse produziert, die zu komplex werden. Das gilt vor allem dann, wenn es sich um größere Vorhaben mit regionalen Auswirkungen handelt. Zudem erfordert diese Methode auch hier, daß die Bedeutung der Umweltfolgen von der Behörde bewertet sowie die Wahrscheinlichkeit ihres Vorkommens eingeschätzt werden müssen und die Bewertung dementsprechend subjektiv sein kann 386 . Zwar kann die Network-Analyse sekundäre und weit entfernt liegende Folgen des Vorhabens darstellen, sie ergibt jedoch kein abschließendes Ergebnis über die Vor- und Nachteile des Vorhabens in Form einer Abwägung, wie sie von der Rechtsprechung gefordert wird.

3.6.3. Overlay-Methode

Die Overlay-Methode kann vor allem dann benutzt werden, wenn es erforderlich ist, die Folgen des Vorhabens auf die Umwelt räumlich zu analysieren. Hierbei wird eine Reihe von transparenten Plänen entwickelt, die das Gebiet, in dem das Vorhaben durchgeführt werden soll, abdecken. Die kombinierten, übereinanderliegenden Pläne sind in der Lage, ein vollständiges und vergleichendes Bild von den Umweltbedingungen des Ortes der vorgeschlagenen Maßnahme zu geben. Diese Methode erlaubt eine graphische Darstellung der Umweltbelange und der genauen Standorte der einzelnen Umweltauswirkungen. Diese Vorgehensweise ist empfehlenswert, wenn das vorgeschlagene Vorhaben komplexe räumliche Beziehungen und Auswirkungen mit sich bringt. Allerdings ist die Methode nur bedingt erfolgreich, alle Umweltauswirkungen zu erfassen sowie Bedeutung der Umweltauswirkungen zu messen oder Unsicherheit der Folgen einzuschätzen387. Obgleich durch Computerprogrammierung diese Methode entscheidend verbessert werden kann, erlaubt auch sie keine abschließende Bewertung der Vor- und Nachteile des Vorhabens.

386 387

Mandelker, NEPA, § 10.5. Mandelker, NEPA, § 10.6.

3. Inhalt der Umweltverträglichkeitsprüfung

185

3.6.4. Kosten-Nutzen-Analyse

Der Forderung der Rechtsprechung nach einer Abwägung der Vor- und Nachteile eines Vorhabens, einschließlich der Auswirkungen auf die Umwelt, kommt die Kosten-Nutzen-Analyse ihrem Ansatz nach am nächsten. Mit der Technik der Kosten-Nutzen-Analyse (cost-benefit analysis) soll häufig festgestellt werden, ob das Projekt ökonomisch gerechtfertigt ist. Gewöhnlich werden zu diesem Zweck allen Kosten und Nutzen eines Vorhabens monetäre Werte zugeordnet. Die Vorteile des Vorhabens werden zu den Kosten in Beziehung gestellt. Das Vorhaben ist kostenmäßig gerechtfertigt, wenn das Verhältnis von Nutzen zu Kosten größer oder mindestens 1.0 ist 3 8 8 . Die Anwendung der Kosten-Nutzen-Analyse ist auch dann sinnvoll, wenn verschiedene Alternativen zu vergleichen sind. Der Entscheidungsträger wird in der Regel die Alternative auswählen, die das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis hat. Gegen die Verwendung der Kosten-Nutzen-Analyse in der Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen zahlreiche Bedenken, die an dieser Stelle nur angedeutet werden können. 3.6.4.1. Theoretische und praktische Grenzen der KostenNutzen-Analyse bei der Umweltverträglichkeitsprüfung Die Kosten-Nutzen-Analyse folgt dem traditionellen Ansatz des Marktmodells. Es wurde für Vorhaben der öffentlichen Hand entwickelt, um festzustellen, ob öffentliche Investitionen durch die zu erzielenden Ergebnisse gerechtfertigt sind. Zunächst und in erster Linie ist die Kosten-Nutzen-Analyse ein Substitut für fehlende Marktentscheidungen bei öffentlichen Vorhaben. Die Kosten-Nutzen-Analyse betrachtet als Nutzen des Vorhabens den Betrag, den der Nutznießer der Maßnahme theoretisch zu zahlen bereit wäre, wenn diese Güter durch private Unternehmer bereitgestellt würden. Als Kosten wird der Geldbetrag eingesetzt, den das Vorhaben, einschließlich der Ressourcen, die dafür verwendet werden, und den Verlust, den andere möglicherweise durch die Maßnahme erleiden, kosten würde. Die Kosten-Nutzen-Analyse bringt bei der Umweltverträglichkeitsprüfung erhebliche Schwierigkeiten mit sich. Einige Probleme der Kosten-NutzenAnalyse ergeben sich auch bei der Analyse von Investitionen im privaten Sektor. Das gilt vor allem für die Einbeziehung von sog. Externalitäten in die Evaluation der Kosten des Vorhabens; andere beziehen sich spezifisch auf Probleme des Umweltschutzes, die bereits bei der Diskussion der ressourcenökonomischen Ansätze in der Umweltpolitik angesprochen wurden 389 . 388 389

Anderson, Mandelker, Tarlock, S. 775. siehe supra, III. 1.

186

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

Bei der traditionellen Kosten-Nutzen-Analyse, die sich grundsätzlich auf die Analyse der ökonomischen Vor- und Nachteile des zu untersuchenden Vorhabens beschränkt, ist der Ansatzpunkt der Kritik, wie Kosten und Nutzen richtig und vollständig einzuschätzen sind. Die Anwendung der Kosten-NutzenAnalyse in der Umweltverträglichkeitsprüfung impliziert zugleich, daß es grundsätzlich möglich ist, auch Umweltbelange zu ökonomisieren. Ungleich privaten Investitionen, bei denen der Vorteil des Vorhabens über den Preis bestimmt werden kann, den es auf dem Markt erzielt, ist bei Vorhaben der öffentlichen Hand häufig kein Markt für die Güter, die durch die öffentlichen Investitionen produziert werden, vorhanden. Daher läßt sich nur schwer abschätzen, welches der „Preis" für die entsprechenden Vorzüge des Vorhabens ist. Es bedarf eines besonderen Verfahrens, um z.B. den Geldwert des ökonomischen Nutzens eines neuen Kanals oder Naturparks auszudrücken. Den Preis darüber zu bestimmen, was die Öffentlichkeit theoretisch bereit wäre, für diese Güter zu zahlen, beruht dagegen auf unsicheren Voraussagen und ist schwierig zu bestimmen390. Hinzu kommt, daß manche öffentliche Investitionen eine Lebensdauer von 50-100 Jahren haben. Die Evaluation ihrer Kosten und Nutzen erfordert damit höchst unsichere Voraussagen über den Zeitpunkt hinaus, zu dem herrschende ökonomische Bedingungen noch angemessen extrapoliert werden können. Kosten und Nutzen können sich zudem zu unterschiedlichen Zeitpunkten ereignen. Damit können weitere Variablen, wie Berechnung der Zinsgewinne bei später anfallenden Kosten oder die Abschreibung der Anlage, hinzukommen. Schließlich spielt die sog. "discount rate" für langfristige Vorhaben, deren Festsetzung und Laufzeit relativ willkürlich sind 391 , eine entscheidende Rolle, ob das Vorhaben im Ergebnis ökonomisch gerechtfertigt ist oder nicht 392 . Die verminderte Aussagekraft der Kosten-Nutzen-Analyse, die auf der Ökonomisierung von öffentlichen Gütern aufbaut, wird unter dem Gesichts390 Burmeister, 24 Stanf. L. Rev. 1092 (1100) (1972); z.B. ist der Wert eines Tages Erholung am Delaware River zwischen $ 0.75 und $ 5 geschätzt worden, Rodgers, 4 Harv. Envtl. L. Rev. 191 (194, Fn. 21) (1980); siehe auch Baram,8 Ecol. L. Q. 473 (485) (1980) (EPA legt Grenzwerte für Radioaktivität fest auf der Basis von $ 500.000 pro gerettetem Leben). 391 Die discount rate ist an die nominalen Zinsen der Bundesschuldverschreibungen angepaßt, siehe 42 U.S.C. § 1962 (d) (17); siehe auch Oregon Natural Resources Council v. Marsh, 832 F.2d 1489 (9th Cir. 1987). 392 Williams, 11 Nat. Res. L. 761 (781) (1979); Jaffe, 4 Harv. Envtl. L. Rev. 58 (62) (1980); Burmeister, 24 Stanf. L. Rev. 1092 (1101) (1972); eine Mark ist heute mehr wert als eine Mark im nächsten Jahr, da sie z.B. mit einem Zinssatz von 10% investiert werden könnte. In diesem Beispiel wäre die "discount rate** 10%; alle Kosten und Nutzen, die anfallen, nachdem das Vorhaben beendet wird, würden um 10 % pro Jahr reduziert werden fur jedes Jahr, bevor sie ausgegeben werden. Alle Kosten, die vor diesem Datum entstehen, würden um 10 % erhöht werden für jedes Jahr, bis das Vorhaben vollendet ist. Der präzise Betrag der discount rate ist deshalb so wichtig, weil die meisten Projektkosten anfallen, bevor das Vorhaben beendet ist und die Vorteile des Vorhabens erst in der Zukunft anfallen. Eine relativ hohe discount rate reduziert die Zahl der Vorhaben, die ökonomisch gerechtfertigt sind.

3. Inhalt der Umweltverträglichkeitsprüfung

187

punkt, daß mittelbare Folgen des Vorhabens kaum ökonomisierbar sind, überdeutlich. Damit bleibt im Rahmen der Kosten-Nutzen-Analyse die gerade im Bereich der Umweltpolitik so wichtige Frage, wie mittelbare Folgen des Projekts vorausgesehen und in die Analyse einbezogen sowie Unsicherheiten und Risiken der Folgen der vorgeschlagenen Maßnahme evaluiert werden können, außer Betracht 393 . Die Kritik an der Kosten-Nutzen-Analyse wird auch durch institutionell bedingte Schwierigkeiten bei der Kosten-Nutzen-Analyse verstärkt, die sich an der Interessengebundenheit bei der Vorbereitung einer solchen Analyse festmacht. Vor- und Nachteile eines Vorhabens werden von potentiellen Befürwortern des Vorhabens bewertet, in der Regel von Behörden, die die vorgeschlagene Maßnahme durchführen, genehmigen oder finanziell unterstützen. Angesichts der Bewertung und Werturteile, die für die Analyse der Vor- und Nachteile eines Vorhabens erforderlich sind, den institutionellen Vorurteilen der Behörden zugunsten der vorgeschlagenen Maßnahme sowie der Leichtigkeit mit der die Verwaltung durch Änderung von Variablen das Ergebnis der KostenNutzen-Analyse ändern kann, verwundert es nicht, daß viele der von den Behörden vorbereiteten Kosten-Nutzen-Analysen bei Umweltverträglichkeitsprüfungen mit Skepsis betrachtet werden 394 . Grundlegender ist allerdings eine andere Kritik, die an die traditionelle Kosten-Nutzen-Analyse zu richten ist: die Ausrichtung der Kosten-NutzenAnalyse auf die Wirtschaftlichkeit als Ziel der Maßnahme. Der wirtschaftliche Nutzen ist häufig nicht das einzige Ziel noch der vorrangige Nutzen einer vorgeschlagenen Maßnahme. Zusätzlich zu der ökonomischen Rechtfertigung kann Ziel der Maßnahme z.B. die Verringerung von Arbeitslosigkeit oder der Schutz der natürlichen Umwelt sein. Auch diese Ziele lassen sich unter einen gesamtgesellschaftlichen Nutzen subsumieren, sind aber einer direkten Ökonomisierung und damit der Einbeziehung in eine monetäre Wirtschaftlichkeitsberechnung nicht zugänglich. Gerade unter den unter NEPA zu verfolgenden „werteorientierten" umweltpolitischen Zielen muß die KostenNutzen-Analyse im EIS nicht nur die mittelbaren ökonomischen Vor- und Nachteile des betroffenen Vorhabens, sondern die gesamten sozialen und gesellschaftlichen Kosten und Nutzen umfassen. Die in der Literatur vertretene Meinung, die sozialen bzw. gesamtgesellschaftlichen Kosten und Nutzen seien aus der Kosten-Nutzen-Analyse auszuklammern 395, scheint mit dem weitreichenden Ansatz von NEPA, der eine umfassende Abwägung aller Kosten und Nutzen des jeweiligen Vorhabens fordert, nicht vereinbar zu sein. 393

Anderson, Mandelker, Tarlock, S. 777. Rodgers, 4 Harv. Envtl. L. Rev. 191 (200) (1980); Note, 88 Harv. L. Rev. 735 (744, Fn. 60); Burmeister, 24 Stanf. L. Rev. 1092 (1104) (1972); Edwards, 58 Texas L. Rev. 355 (377) (1980). 395 siehe Jaffe, 4 Harv. Envtl. L. Rev. 58 (61) (1980). 394

188

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

Erweitert man jedoch die Reichweite der Kosten-Nutzen-Analyse und schließt nichtökonomische Ziele und Auswirkungen, insbesondere die Verteilungsfolgen, ein, ergeben sich daraus Schwierigkeiten, die den Wert in der KostenNutzen-Analyse, die gesamtgesellschaftlichen Kosten und Nutzen abzuschätzen, erheblich begrenzen. Die zuvor geäußerten Bedenken gegen die Ökonomisierung öffentlicher Güter gilt hier besonders. „Umweltwerte" wie saubere Luft, klares Wasser und Naturschönheiten lassen sich nicht monetarisieren. Die Frage, ob und wieviel die Gesellschaft bereit ist, dafür zu zahlen, daß z.B. eine Pflanzenart vor dem Aussterben bewahrt wird, führt ins Leere. Neben einer bedenklichen Beschränkung der Analyse auf „anthropozentrische" Werte ist die Bereitschaft der Gesellschaft, für diese Werte zu zahlen, fast unmöglich abzuschätzen. Es existiert kein Markt für unzerstörte Natur oder gerettetes Leben; es ist schwierig, monetäre Werte selbst indirekt zu messen396. Angesichts dieser Schwierigkeiten würde eine Quantifizierung in Geldbeträgen höchst unsicher und damit letztlich bedeutungslos werden 397 . Zudem vernachlässigt die Prämisse der „Zahlungsbereitschaft" ("willingness to pay") vollständig, daß nur wenig Bereitschaft besteht, für Interessen künftiger Generationen zu zahlen. Die Kosten-Nutzen-Analyse birgt die Gefahr, daß Vor- und Nachteile des Vorhabens vor allem im Hinblick auf die Interessen der gegenwärtigen Nutznießer vorgenommen wird und die Interessen nachfolgender Generationen nur unvollständig berücksichtigt werden 398 . Selbst wenn es möglich wäre, diesen Vor- und Nachteilen des Vorhabens monetäre Werte zuzuordnen, würden diese Beträge nicht angemessen reflektieren, welchen Wert ihnen die Gesellschaft beimißt. Der außerordentliche Schutz, der gefährdeten Arten oder Wildnisgebieten zukommt, ist angesichts der damit verbundenen Kosten häufig nur schwer zu rechtfertigen. Obgleich im politischen Prozeß eine Abwägung ("trade off') und damit eine Wertentscheidung zwischen ökonomischen Überlegungen und ökologischen Belangen erforderlich sein kann 399 , würde eine Reduzierung aller Belange auf monetäre Werte nicht nur diese Abwägung erschweren, sondern auch die dieser Abwägung zugrunde liegenden Wertentscheidung nicht mehr reflektieren. Schließlich können die Folgen des Vorhabens für einige vorteilhaft, für andere nachteilig sein. Solche Verteilungsfolgen gehen über den Bereich der Kosten396 Williams, 11 Nat. Res. Lawyer 761 (776) (1979); noch schwieriger ist es, die mit einer möglichen Umweltzerstörung verbundenen Risiken und Kosten einzuschätzen, Edwards, 58 Texas L. Rev. 355 (378) (1982). 397 Jaffe, 4 Harv. Envtl. L. Rev. 58 (61) (1980); Rodgers, 4 Harv. Envtl. L. Rev. 191 (196) (1980). 398 Burmeister, 24 Stanf. L. Rev. 1092 (1107) (1972); Baram, 8 Ecol. L. Q. 473 (488) (1980). 399 Ein anschauliches Beispiel war der Bau des Tellico Staudammes, siehe Tennessee Valley Authority ν. Hill, 437 U.S. 153 (1978); das Gericht entschied, daß der Staudamm nicht in Betrieb genommen werden durfte, weil eine bestimmte Fischart gefährdet war. Der Congress hat daraufhin die entsprechende Bestimmung im Endangered Species Act, 16 U.S.C. § 1531, geändert, damit der Staudamm in Betrieb genommen werden konnte.

3. Inhalt der Umweltverträglichkeitsprüfung

189

Nutzen-Analyse hinaus, die lediglich die gesamten Kosten und Nutzen eines Vorhabens betrachtet, ohne zu analysieren, was die gesamtgesellschaftlichen Verteilungsfolgen sind bzw. wer durch die Folgen der Maßnahme begünstigt bzw. benachteiligt wird 4 0 0 . Das Konzept der Kosten-Nutzen-Analyse, die nur die gesamten Kosten und Nutzen in Vergleich setzt, impliziert Indifferenz dafür, wer die Vor- und Nachteile einer Maßnahme trägt. Jedoch stehen weder der jeweilige Entscheidungsträger noch die Gesellschaft selbst diesen Verteilungsfolgen gleichgültig gegenüber. Im Gegenteil - in der Binnenstruktur sind diese Verteilungsfolgen für die nachfolgende Entscheidung und deren Durchsetzung besonders wichtig. „Werteorientierten" Ansätzen fehlen dagegen Kriterien, mit denen Umweltauswirkungen im einzelnen beurteilt werden können. Dieser Vorwurf wird auch gegen die Nutzwertanalyse erhoben, wenn es um die Formulierung eines Ziel-und Wertesystems geht. Als weiterer Einwand gegen die Nutzwertanalyse kommt hinzu, daß angesichts der mangelnden Objektivierbarkeit der Bewertungskriterien das Wertesystem des Entscheidungsträgers bzw. eine daraus abgeleitete Entscheidungsregel (Präferenzmuster) primär die Wertvorstellungen des Entscheidungsträgers selbst widerspiegeln 401. Während diese Methoden in der Bundesrepublik Deutschland am häufigsten als Bewertungs- und Entscheidungsmethode im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung angewandt wird 4 0 2 , wird dieser Ansatz in den USA kaum diskutiert 403 . Die Nutzwertanalyse soll aus diesem Grund als Bewertungsmethode von Umweltauswirkungen bei der Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter diskutiert werden. Aus den genannten Gründen erscheint es zweifelhaft, ob ein einzelnes Kriterium, wie die Kosten-Nutzen-Analyse, als entscheidende Grundlage für die Abwägung der Vor- und Nachteile eines Vorhabens auf die Umwelt bzw. die Gesellschaft insgesamt im EIS benutzt werden kann. Zudem besteht die Gefahr, wenn die Kosten-Nutzen-Analyse bei Ermittlung der Vor- und Nachteile unkritisch zugrunde gelegt wird, die wirtschaftlichen Vorteile des Vorhabens gegenüber Umweltbelangen, die nur schwer oder überhaupt nicht monetarisierbar sind, tendenziell bevorzugt werden. Die richtige Antwort auf die Erkenntnis, daß die Kosten-Nutzen-Analyse für die Abwägung der Vor- und Nachteile des Vorhabens im EIS nur von begrenztem Wert ist, besteht darin, die KostenNutzen-Analyse als ein Element für die Evaluation des Vorhabens zu verwenden. Die anderen notwendigen Elemente liegen in einer umfassenden und systema400

Jaffe, 4 Harv. Envtl. L. Rev. 58 (61) (1980); Rodgers, 4 Harv. Envtl. L. Rev. 191 (200)

(1980). 401 für eine ausführliche Diskussion der Vor- und Nachteile der Nutzwertanalyse, siehe Schemel, S. 105 ff. 402 Schemel, S. 121. 403 siehe Rodgers, 4 Harv. Envtl. L. Rev. 191 ff. (1980), Mandelker, NEPA, § 10.

190

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

tischen Analyse der nichtökonomischen Werte und Belange sowie der Verteilungsfolgen des Vorhabens 404. Hierbei wird es notwendig sein, die der Einschätzung nichtmonetarisierbarer Belange zugrundeliegenden Wertentscheidungen offenzulegen. Insoweit kann die Entscheidungsvorbereitung durch das EIS-Verfahren beträchtlich objektiviert werden.

3.6.4.2. Rechtsprechung zur Kosten-Nutzen-Analyse Obgleich die Rechtsprechung nicht verlangt, eine Kosten-Nutzen-Analyse im EIS vorbereiten, überprüfen die Gerichte die Kosten-Nutzen-Analyse, wenn sie im EIS enthalten ist. Einige Gerichte haben sich bei der Überprüfung der Kosten-Nutzen-Analyse auf eine allgemeine Prüfung des Verfahrens beschränkt, ohne die KostenNutzen-Analyse inhaltlich auszuwerten, mit der Begründung, daß NEPA keine Kosten-Nutzen-Analyse in mathematischen Begriffen erfordere 405 oder weil die Kosten-Nutzen-Analyse eine technische Aufgabe sei, die der Expertise der jeweiligen Behörde überlassen bleiben sollte 406 . Andere Gerichte haben die Kriterien der Behörden für die Kosten-Nutzen-Analyse überprüft. So haben die Gerichte beispielsweise die Frage aufgeworfen, wie Kosten und Nutzen berechnet wurden - und im Detail - welche Belange als Kosten und welche als Nutzen eingerechnet wurden sowie deren Bewertung 407 oder sie sind auf die Abwägung der Vor- und Nachteile in der Kosten-Nutzen-Analyse selbst eingegangen408. Überprüfen die Gerichte die Bewertung einzelner Belange oder das Abwägungsergebnis insgesamt, lehnen sie die Kosten-Nutzen-Analyse und damit das EIS als unzureichend ab, wenn die Kosten-Nutzen-Analyse in einer Weise unschlüssig oder tendenziös ist, die es objektiv unmöglich macht, nachzuvollziehen, wie Kosten und Nutzen des Vorhabens bestimmt wurden 409 .

404 Jaffe, 4 Harv. Envtl. L. Rev. 58 (61) (1980); siehe auch Burmeister, 24Stanf. L. Rev. 1092 (1111) (1972); Edwards, 58 Texas L. Rev. 355 (380) (1982). 405 Robinson v. Knebel, 550 F.2d 422 (8th Cir. 1977); Sierra Club v. Lynn, 502 F.2d 43 (5th Cir. 1974); Environmental Defense Fund v. Corps of Engineers, 492 F.2d 1123 (5th Cir. 1974). 406 Sierra Club v. Froehlke, 359 F.Supp. 1289 (D. Texas 1973); Environmental Defense Fund v. Armstrong, 352 F.Supp. 50 (D. Cal. 1972), afPd, 487 F.2d 814 (9th Cir. 1973). 407 Cape Henry Bird Club v. Laird, 359 F.Supp. 404 (D. Va. 1973), afPd, 484 F.2d 453 (4th Cir. 1973); Environmental Defense Fund v. TVA(Tellico Dam II), 371 F.Supp. 1004(D. Tenn. 1973), affd, 492 F.2d 466 (6th Cir. 1974); Environmental Defense Fund v. TVA (Tellico Dam I), 339 F.Supp. 806 (D. Tenn. 1972), afFd, 468 F.2d 1164 (6th Cir. 1972); Alabama ex rei. Baxley v. Corps of Engineers, 411 F.Supp. 1261 (D. Ala. 1976); South Louisana Environmental Council v. Sand, 629 F.2d 1005 (5th Cir. 1980). 408 Sierra Club v. Froehlke, 359 F.Supp. 1289 (D. Tex. 1973), rev'd on other grounds sub nom. Sierra Club v. Callaway, 499 F.2d 982 (5th Cir. 1974); Montgomery v. Ellis, 364 F.Supp. 517 (D. Ala. 1973). 409 Johnston v. Davis, 698 F.2d 1088 (10th Cir. 1983).

3. Inhalt der Umweltverträglichkeitsprüfung

191

Angesichts der oben angeführten Schwierigkeiten, die dem Konzept der Kosten-Nutzen-Analyse innewohnen, verwundert es nicht, daß auch die Gerichte häufig Mängel an den von der Verwaltung vorgenommenen KostenNutzen-Analysen formuliert haben. Ein häufig vorkommender Fehler, der zur Ablehnung der Kosten-Nutzen-Analyse führen kann, ist eine unvollständige Auflistung oder Quantifizierung der (umweltbezogenen) Kosten des Vorhabens410. Ebenfalls wird die Kosten-Nutzen-Analyse dann für fehlerhaft gehalten, wenn die Faktoren, die das Verhältnis von Kosten und Nutzen (costbenefit ratio) bestimmen, ersichtlich falsch sind 411 . Eine höhere "discount rate" beispielsweise oder Annahme einer kürzeren Lebensdauer des Vorhabens kann das Verhältnis von Kosten und Nutzen umkehren mit der Konsequenz, daß das Vorhaben wirtschaftlich nicht mehr gerechtfertigt ist. Da es bei der Abwägung der Vor- und Nachteile im EIS vor allem darum geht, daß die Verwaltung die Grundlagen für die Abwägung der Vor- und Nachteile und ihre Schlußfolgerungen darlegt, haben die Gerichte die Evaluation von Kosten und Nutzen im EIS auch dann aufrechterhalten, wenn die KostenNutzen-Analyse nicht quantifiziert war, solange die Behörde die Methoden der Bewertung offengelegt und allen Belangen angemessene Beachtung geschenkt hat 4 1 2 . So hat die Rechtsprechung z.B. anerkannt, daß es schwierig sein kann, Umweltauswirkungen zu monetarisieren. Ästhetische Belange - wie der Verlust von Naturschönheiten - müssen daher nicht in Geldwerten ausgedrückt werden; wichtig sei, daß der Entscheidungsträger sich des möglichen Verlustes bei der Entscheidung über die geplante Maßnahme bewußt ist 413 .

410 Sierra Club v. Sigler, 695 F.2d 957 (5th Cir. 1983) (Analyse enthielt nur Nutzen, aber keine Kosten); National Wildlife Federation v. Marsh, 568 F.Supp. 985 (D. D.C. 1983) (entscheidender Punkt, nämlich Transportkosten, ausgelassen); Burkey v. Ellis, 483 F.Supp. 897 (D. Ala. 1979) (Verlust von Fischen und andere Nachteile vernachlässigt); Sierra Club v. Froehlke, 359 F.Supp. 1289 (D. Texas 1973) (Behauptung, geplanter Stausee würde „Naturstudenten" dienen, zweifelhaft, während andere Nachteile überhaupt nicht erwähnt wurden); Environmental Defense Fund v. U.S. Army Corps of Engineers, 325 F.Supp. 749 (D. Ark. 1971) (verbesserte Wasserqualität als Vorteil eines neuen Staudammes erklärt, obgleich Wasserqualität des Flusses zu diesem Zeitpunkt einwandfrei war, mit der Begründung, daß der Staudamm industrielle Vorhaben nach sich ziehe und die damit verbundene Wasserverschmutzung durch den Staudamm vermindert würde). 4,1 Johnston v. Davis, 698 F.2d 1088 (10th Cir. 1983); Burkey v. Ellis, 483 F.Supp. 897 (D. Ala. 1979); Sierra Club v. Froehlke, 359 F.Supp. 1289 (D. Texas 1973); Montgomery v. Ellis, 365 F.Supp. 517 (D. Ala. 1973); siehe auch Enos ν. Marsh, 616 F.Supp. 32 (D. Hawaii 1984); Oregon Natural Resources Council v. Marsh, 832 F.2d 1489 (9th Cir. 1987) (discount-rate nicht willkürlich). 412 Izaak Walton League of America ν. Marsh, 655 F.2d 346 (D.C. Cir. 1981); County of Suffolk v. U.S. Secretary of Interior, 562 F.2d 1368 (2nd Cir. 1977) (Kostenschätzungen); Robinson v. Knebel, 550 F.2d 422 (8th Cir. 1977) (Geldbeträge nicht notwendig, wenn Umweltbelange angemessen zusammengefaßt); Sierra Club v. Lynn, 502 F.2d 43 (5th Cir. 1974). 413 South Louisiana Environmental Council v. Rush, 12 Envtl. Rep. Cases 1844 (D. La. 1978).

192

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß die Gerichte zwar nicht die Schlußfolgerungen der Behörde in der Kosten-Nutzen-Analyse, das Vorhaben sei ökonomisch gerechtfertigt oder nicht, überprüfen, aber Methoden und Annahmen, die der Kosten-Nutzen-Analyse zugrunde liegen, kritisch hinterfragen. Dabei sind sich die Gerichte der Grenzen der Kosten-Nutzen-Analyse durchaus bewußt. Andere Wege, die Vor- und Nachteile eines Vorhabens abzuwägen, werden ebenfalls anerkannt. Entscheidend kommt es der Rechtsprechung darauf an, daß die Behörde allen Belangen genaue Beachtung geschenkt hat. Wie das Gericht in Sierra Club v. Morton 414 festgestellt hat, muß der Entscheidungsträger die Kosten und Nutzen der vorgeschlagenen Maßnahme nicht in Dollars und Cents ausdrücken, sondern die ökologischen Kosten für zukünftige Generationen abwägen, um zu entscheiden, ob ein Vorhaben, das nichterneuerbare Ressourcen zerstört, durchgeführt werden soll. Forderungen, daß die Abwägung der Vor- und Nachteile eines Vorhabens im EIS vollständig und nachvollziehbar zu sein hat, werden mit dieser Rechtsprechung zumindest teilweise erfüllt.

4. Verfahren bei der Vorbereitung des EIS Für die Koordinationsfunktion der Umweltverträglichkeitsprüfung ist das Verfahren von entscheidender Bedeutung. Soll das EIS eine möglichst umfassende Information über das Vorhaben leisten, ist es notwendig, daß andere Behörden und die Öffentlichkeit an der Vorbereitung partizipieren. Zugleich bietet das Beteiligungsverfahren Möglichkeiten zur Kooperation und Koordination der betroffenen Interessen, indem die Beteiligten über das Vorhaben aufgeklärt und - soweit möglich - eine gütliche Einigung divergierender Interessen herbeigeführt werden kann. Die CEQ-Verwaltungsvorschriften legen im Detail das Verfahren fest, das eine Behörde bei der Vorbereitung eines EIS zu beachten hat.

4.1. Frühzeitige Festlegung des inhaltlichen Rahmens des EIS (Scoping) Eine vollständige und umfassende Information und Koordination im Verfahren ist nur dann zu erreichen, wenn die betroffenen Interessen frühzeitig an der Vorbereitung des EIS beteiligt werden. Die CEQ-Verwaltungsvorschriften sehen vor, daß von der zuständigen Behörde zuerst ein Entwurf für ein EIS (draft EIS) vorbereitet wird, dem ein endgültiges EIS (final EIS) 415 folgt, nachdem die 4.4 4.5

510 F.2d 813 (5th Cir. 1975). Das endgültige EIS soll nicht mehr als 150 Seiten umfassen, 40 C.F.R. § 1502.7.

4. Verfahren bei der Vorbereitung

193

Behörde Kommentare zu dem Entwurf erhalten und ausgewertet hat 4 1 6 . Die Vorbereitung des Entwurfs (draft EIS) folgt nach dem Scoping-Prozeß, in dem der inhaltliche Rahmen des EIS festgelegt wird. Dieser Prozeß beginnt, nachdem die Verwaltung aufgrund einer kursorischen Bestandsaufnahme (environmental assessment)417 entschieden hat, daß das geplante Vorhaben ein EIS erfordert und ihre Absicht, ein EIS zu erstellen, im Federal Register bekanntgemacht hat 4 1 8 . Im Scoping-Verfahren muß die Behörde in einem frühzeitigen und offenen Prozeß alle wichtigen Punkte festlegen, die im EIS behandelt werden sollen 419 . Bei der Bestimmung aller wichtigen, im Rahmen des EIS zu behandelnden Fragen sind sämtliche betroffenen Behörden, der Antragsteller sowie mögliche Gegner des Vorhabens von Anfang an zu beteiligen420. Neben der Festlegung des inhaltlichen Rahmens des EIS werden während des Scoping-Verfahrens auch ein Zeitplan sowie ein Organisationsschema für die Vorbereitung des EIS aufgestellt. Das Verfahren, den inhaltlichen Rahmen des EIS frühzeitig im Rahmen des Scoping-Verfahrens zu bestimmen, ist als eine wesentliche Verbesserung des ElS-Verfahrens bezeichnet worden, da rechtzeitig alle wichtigen, im EIS zu behandelnden Fragen festgelegt werden und von Anfang an eine Kooperation aller am EIS-Verfahren zu beteiligenden Parteien ermöglicht wird 4 2 1 .

4.2. Beteiligung Dritter durch Kommentare und Anhörungen Um die „vollständige Offenlegung" ("full disclosure") im EIS zu gewährleisten, sieht NEPA vor, bei der Vorbereitung eines EIS Kommentare von allen Behörden einzuholen, die für bestimmte Umweltbelange zuständig sind oder Wissen auf diesem Gebiet besitzen. Zudem sind Kommentare von geeigneten Bundes-, Landes- oder Gemeindeverwaltungen, die mit der Entwicklung und Durchsetzung von Umweltstandards befaßt sind, dem Entwurf des EIS beizufügen (§ 102 (2) (C) NEPA). Damit wird grundsätzlich ermöglicht, daß die im übrigen voneinander getrennt arbeitenden Verwaltungsträger einerseits in einen umfassenden Informationsaustausch und andererseits in einen Koordinationsprozeß eintreten. Dies erscheint vor allem dann erforderlich, wenn die das EIS vorbereitende Behörde Alternativen oder Ausgleichsmaßnahmen vorschlägt, deren Durchführung in den Zuständigkeitsbereich einer anderen Behörde fällt. 4.6 4.7 4.8 419 420 421

40 C.F.R. § 1502.9. siehe supra, IV.2.4. 40 C.F.R. § 1501.7. 40 C.F.R. § 1501.7. 40 C.F.R. § 1501.7 (a)(1). Liebesman, 10 ELR 50039 (50046) (1980).

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Formulierung der PJäne Analyse und Überprüfung der Pläne und Vorhaben

aus: Carter, Environmental Impact Assessment, 1977, S. 244.

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Verfahren bei der Vorbereitung eines EIS

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194 IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

4. Verfahren bei der Vorbereitung

195

Während das Gesetz es nicht verlangt, fordern die CEQ-Verwaltungsvorschriften ausdrücklich, auch Kommentare der Öffentlichkeit zu suchen und heranzuziehen 422. Die Informationsfunktion des EIS-Verfahrens hat hier zwei Komponenten. Nicht nur sollen Informationen von der Öffentlichkeit gesucht werden, um das Wissen der Verwaltung in bezug auf die Umweltauswirkungen zu erweitern, sondern die Öffentlichkeit ist auch über das Vorhaben und seine Umweltfolgen zu informieren, um in einen - kritischen - Diskussionsprozeß über die Folgen des Vorhabens eintreten zu können. Die Behörden sind verpflichtet, das vorgeschlagene Vorhaben weit in der Öffentlichkeit bekannzumachen und - wenn das Vorhaben umweltpolitisch kontrovers ist - auch öffentliche Anhörungen durchzuführen 423. Dabei geht das EIS-Verfahren von einem Kommunikationsprozeß zwischen den Beteiligten aus. Die CEQ-Verwaltungsvorschriften sehen vor, daß der Kommentierung anderer Behörden eine Antwort der vorbereitenden Behörde in der Endfassung des EIS folgt 424 . Das EIS ist unvollständig, wenn die Behörde nach Entwurf des EIS keine weitere Möglichkeit zur Kommentierung gibt 4 2 5 . Um der Gefahr zu entgehen, daß die das EIS vorbereitende Behörde die von der Öffentlichkeit und anderen Verwaltungsträgern vorgebrachten Bedenken und Anregungen nur formal und kursorisch zur Kenntnis nimmt, haben die Gerichte verlangt, daß die Behörde, wenn sie die Bedenken gegen das Vorhaben ablehnt, die Gründe, warum der Einwand keines weiteren Kommentares bedarf, darzulegen hat 426 . Die Behörde ist zudem verpflichtet, die vorgebrachten Bedenken gegen die vorgeschlagene Maßnahme im EIS klar und deutlich darzustellen 427. Um sicherzustellen, daß dieser Kommunikationsprozeß eingehalten wird, darf, nachdem der Entwurf des EIS veröffentlicht ist bzw. 30 Tage nach der Veröffentlichung des endgültigen EIS, die Behörde keine Entscheidung über das Vorhaben selbst treffen 428 . Allerdings besitzt die kommentierende Behörde kein Veto, wenn ihre Anregungen im EIS nicht umgesetzt werden 429 . Ob diese Anforderungen an die Beteiligung der Öffentlichkeit die gegen die Anhörung im Planfeststellungsverfahren in der Bundesrepublik vorgebrachte Kritik, nach der die Anhörung eher einer Gewährung rechtlichen Gehörs durch die Behörden als einem kontradiktorischen Verhandeln vor der Behörde dient 430 , 422

40 C.F.R. § 1503.1 (a) (4). 40 C.F.R. § 1506.6; die Behörde muß mindestens 45 Tage für Kommentare lassen, § 1506.10. 424 40 C.F.R. § 1501.4. 425 California v. Block, 690 F.2d 753 (9th Cir. 1982). 426 40 C.F.R. § 1503.4 (a). 427 Committee for Nuclear Responsibility v. Seaborg, 463 F.2d 783 (D.C. Cir. 1971). 428 40 C.F.R. § 1506.10. 429 Warm Spring Dam Task Force v. Gribble, 565 F.2d 549 (9th Cir. 1979); Sierra Club v.Callaway, 449 F.2d 982 (5th Cir. 1974). 430 siehe Schoeneberg, S. 162 f. 423

13*

196

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

ausräumt, kann mangels empirischer Daten nicht eingeschätzt werden. Nach den Kriterien, die die Rechtsprechung zu NEPA aufgestellt hat, ist jedenfalls ein Austauschprozeß durch Stellungnahmen zu den vorgebrachten Einwänden von seiten der Anhörungsbehörde erforderlich. Dieser Kommunikationsprozeß hat nicht nur bei der Vorbereitung des EIS zu erfolgen, sondern auch dann, wenn die Behörde entscheidet, daß kein EIS erforderlich ist. Obgleich NEPA es nicht fordert, haben die Gerichte verlangt, daß der Öffentlichkeit auch dann Gelegenheit zur Partizipation zu geben ist, wenn die Behörde aufgrund einer kursorischen Umwelteinschätzung (environmental assessment) die Entscheidung trifft, ob das vorgeschlagene Vorhaben ein EIS erfordert oder nicht 431 . Hier ist die Information der Öffentlichkeit besonders wichtig, denn damit wird Umweltgruppen und anderen interessierten Dritten die Möglichkeit gegeben, zu überprüfen, ob die Argumente der Verwaltung für die Behauptung, ein EIS sei für ein bestimmtes Vorhaben nicht erforderlich, zutreffend sind. Damit wird vermieden, daß die Verwaltung mit allgemeinen Erwägungen möglicherweise den Erfordernissen von NEPA ausweicht, ohne der Öffentlichkeit Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Beteiligung der Öffentlichkeit in diesem Verfahrensschritt ist auch deshalb wichtig, weil im Vorfeld der Entscheidung, ob ein EIS zu erstellen ist, häufig informelle Vorverhandlungen mit den Antragstellern aufgenommen werden. Ziel dieser Verhandlungen ist es, durch die Änderungen oder Ausgleichsmaßnahmen zu der vorgeschlagenen Maßnahme die „Schwelle" der möglichen Umweltbelastungen unter der für die Vorbereitung des EIS erforderlichen Signifikanz zu halten. Mit der Beteiligung der Öffentlichkeit an der kursorischen Umwelteinschätzung (environmental assessment) wird ein wichtiges Argument gegen informelle Vorverhandlungen, nämlich die mangelnde öffentliche Überprüfbarkeit des Verhandlungsergebnisses, ausgeräumt. Kritisch ist dagegen der Versuch zu sehen, auf Bundesebene einen Kommentierungs- und Koordinationsprozeß für Umweltbelange im Rahmen der Bundesumweltbehörde, Environmental Protection Agency (EPA), zu institutionalisieren. Eine besondere Verpflichtung, den Entwurf eines EIS zu kommentieren, ist der Environmental Protection Agency (EPA) durch § 309 des Clean Air Act auferlegt 432 . Danach ist die EPA verpflichtet, schriftlich zu allen Umweltauswirkungen von Vorhaben, die ihren Zuständigkeitsbereich berühren, Stellung zu nehmen sowie alle Vorhaben an den CEQ zu verweisen, bei denen festgestellt wurde, daß Umweltbelange unbefriedigend gelöst sind. Als Konsequenz müssen die anderen Behörden in allen Fällen, in denen ein Vorhaben Auswirkungen auf Luft- oder Wasserqualität, Lärmbekämpfung, Pestizidkontrolle, Abfallbesei431 432

siehe supra, IV.2.5. 42 U.S.C. § 7609.

4. Verfahren bei der Vorbereitung

197

tigung, Giftmülldeponien oder Auswirkungen auf die allgemeine Radioaktivität mit sich bringt, ihren Entwurf eines EIS der EPA zuleiten. Bisher ist die Implementation der Verpflichtung unter § 309 Clean Air Act durch die EPA zurückhaltend gewesen. Diese zögernde Haltung mag darin begründet sein, daß häufig wenig Neigung auf Seiten der EPA besteht, sich in die Angelegenheiten anderer Behörden einzumischen433. Das gilt zumal deshalb, weil die Feststellung der EPA, daß Umweltbelange nur ungenügend im EIS berücksichtigt sind, die verantwortliche Behörde nicht von der Durchführung des Vorhabens abhält 434 .

4.3. Vorbereitung des EIS durch andere Behörden - Delegation Obgleich NEPA verlangt, daß Bundesbehörden das EIS vorbereiten, haben die Behörden diese Aufgabe auch delegiert. Die Delegation mag für manche Behörden praktischer und kostengünstiger sein, besonders dann, wenn die Behörde selbst nicht über ausreichende Sachkenntnis verfügt. Die Befugnisse unter NEPA, die Vorbereitung eines EIS zu delegieren, sind kritisch zu sehen. Wenn die Vorbereitung des EIS an eine andere Behörde übertragen wird, muß sichergestellt werden, daß der Entscheidungsträger, in dessen Verantwortung das EIS fallt, inhaltlich und formal die Kontrolle über das Verfahren behält. Zunächst wurde von einer weitgehenden Delegationsmöglichkeit unter NEPA ausgegangen. In einem frühen und einflußreichen Fall, Green County Planning Board ν. FPC 435, entschied das Gericht dagegen, daß die Delegation der Vorbereitung eines EIS an den Antragsteller selbst NEPA verletzt. Nachdem auch andere Gerichte, der Gree/?-Entscheidung folgend, für das Federal Highway Programm die Delegation eines EIS an Landesbehörden abgelehnt hatten 436 , wurde vom Congress § 102 (2) (D) eingefügt, der eine qualifizierte Delegation an Behörden der einzelnen Bundesstaaten erlaubt 437 . Gerade im Bereich räumlicher Vorhaben ist die Praxis der Delegation zu kritisieren. Der Congress autorisierte eine weitere Möglichkeit, die Vorbereitung von Umweltverträglichkeitsprüfungen zu delegieren, unter dem Housing and Community Development Act von 1974438. Sie erlaubt, die Vorbereitung eines EIS an die jeweilige gemeindliche Verwaltung oder Behörde eines Staates, die Community Development Programme ausführen, abzugeben. Zwar kann das 433

Anderson, Mandelker, Tarlock, S. 787. Alaska v. Andrus, 580 F.2d 465 (D.C. Cir. 1978). 435 455 F.2d 412 (2nd Cir. 1972). 436 Conservation Society, Inc. v. Secretary of Transportation, 508 F.2d 297 (2nd Cir. 1975), vacated, 423 U.S. 809 (1975). 437 dazu ausführlich, Carrel, S. 262 ff. 438 § 104 (h) Housing and Community Development Act of 1974; 42 U.S.C. § 5304 (h). Die Delegationsmöglichkeiten sind auch auf die neuen Programme für Wohnungsumbauten und Erneuerungsvorhaben ausgedehnt worden, 42 U.S.C. § 1437 (ο) (i) (2). 434

198

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

U.S. Department of Housing and Urban Development (HUD) Förderungsmittel nur dann genehmigen, wenn die gemeindliche Behörde - mindestens 15 Tage vorher - erklärt hat, daß sie die Anforderungen an ein EIS unter NEPA erfüllt hat. H U D ist aber weder verpflichtet, das EIS der Gemeinde zu überprüfen (oder die Entscheidung der Gemeinde, kein EIS zu erstellen) noch eine eigene unabhängige Prüfung der Umweltauswirkungen des betreffenden Vorhabens vorzunehmen 439 . Wie ein Gericht ausgeführt hat, sind HUD's Verpflichtungen erfüllt, wenn die Gemeinde, an die die Vorbereitung des EIS delegiert wurde, versichert hat, daß sie den Anforderungen von NEPA nachgekommen ist. Die Kontrolle des H U D , und damit der für die Vorbereitung des EIS eigentlich verantwortlichen Stelle, ist auf die Einhaltung des Verfahrens beschränkt und schließt eine inhaltliche Überprüfung des von der Gemeinde vorbereiteten EIS aus 440 . Angesichts dieser mangelnden Einflußmöglichkeiten der zuständigen Bundesbehörden überrascht es nicht, daß die Erfahrungen unter dieser Delegationsmöglichkeit als nicht zufriedenstellend angesehen werden. Die gemeindlichen Behörden, die ein EIS vorbereiten, haben weniger Erfahrung auf diesem Gebiet als die Bundesbehörden, verfolgen in erster Linie ihre eigenen Interessen und weniger die Beachtung von Umweltbelangen441, nur wenige Vorhaben werden überhaupt dem EIS-Verfahren unterworfen und von diesen sind die meisten ohne Änderungen oder Auflagen genehmigt worden 442 . Die Befugnis, die Verantwortung unter NEPA an die lokalen Gebietskörperschaften zu delegieren, zusammen mit der fehlenden Befugnis der bewilligenden Behörde, die Verwendung der "block grant" Mittel inhaltlich zu überprüfen 443 , und die Tatsache, daß die Gemeinden nicht bei Antragstellung für Förderungsmittel, sondern erst bei der Entscheidung über die finanzielle Unterstützung selbst NEPA zu erfüllen haben 444 , schränken die Einflußmöglichkeiten der Bundesverwaltung, Umweltbelange bei raumbedeutsamen Maßnahmen und Planungen auf der lokalen Ebene einzubeziehen, erheblich ein. Das führt dazu, daß die Bundesbehörden bei dieser Form der Delegation im Ergebnis keinen inhaltlichen Einfluß auf das EIS mehr nehmen können. Und - die Vorbereitung des EIS wird Stellen übertragen, die zumindest mittelbar ein erhebliches Interesse an einem positiven Ergebnis des EIS haben. Die verantwortliche Behörde kann unter bestimmten Umständen die Vorbereitung des EIS auch an Dritte vergeben. Einschränkungen der Gree/z-Entschei439

Crosby v. Young, 521 F.Supp. 1363 (D. Mich. 1981). Monarch Chemical Works v. Exxon, 466 F.Supp. 639 (D. Neb. 1974); Brandon v. Pierce, 725 F.2d 555 (10th Cir. 1984). 441 Thomas, 10 Urb. L. Ann. 179 (210) (1975). 442 Anderson, Mandelker, Tarlock, S. 788; Frank, 13 B. C. Envtl. Äff. L. Rev. 79 (80) (1985). 443 Supra, IV.2.2.1. 444 Mandelker, NEPA, § 7.8. 440

4. Verfahren bei der Vorbereitung

199

dung sind nicht maßgeblich, wenn die Vorbereitung des EIS an eine private Planungs- oder Beratungsfirma, die selbst nicht an der Entscheidung über das Vorhaben beteiligt oder interessiert ist, vergeben wird 4 4 5 . Auch die CEQ-Verwaltungsvorschriften ermächtigen die Behörden, private Dritte zu beauftragen, wobei Interessenkonflikte zu vermeiden sind und von dem Beauftragten eine entsprechende Erklärung abzugeben ist 446 . Um sicherzugehen, daß das EIS vollständig ist, muß die Behörde allerdings bei der Vergabe des EIS an Dritte die im EIS zu behandelnden Fragen bestimmen und nach Fertigstellung des EIS dessen Inhalt selbständig überprüfen und evaluieren. Die Kosten für die Vorbereitung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unter NEPA sind grundsätzlich von dem Antragsteller zu tragen 447 . Bedenken, wie sie gegen die Delegation an andere Behörden geäußert worden sind, sind gegen die Delegation an private Dritte nicht zu erheben, da diese neutral sind und der inhaltliche Einfluß der delegierenden Behörde gewahrt bleibt 448 .

4.4. Kooperation zwischen mehreren Bundesbehörden NEPA sieht vor, daß das EIS von dem „verantwortlichen Beamten" ("responsible official") einer Bundesbehörde vorbereitet wird. Während in manchen Fällen nur eine Bundesbehörde Verantwortung für das geplante Vorhaben trägt, stellt sich jedoch häufig das Problem, daß mehrere Behörden für ein Vorhaben verantwortlich sind, in anderen Fällen erfordert ein Vorhaben die Zustimmung von anderen Bundesbehörden. NEPA selbst trifft keine Entscheidung darüber, welche Behörde das Vorhaben vorbereiten soll, wenn mehr als eine Bundesbehörde an dem Vorhaben beteiligt ist. Die CEQ-Verwaltungsvorschriften sehen vor, daß wenn mehr als eine Behörde an einer Maßnahme beteiligt ist oder es sich um eine Gruppe von funktional oder räumlich zusammenhängenden Vorhaben handelt, eine leitende Behörde (lead agency) die Vorbereitung eines EIS für das gesamte Vorhaben übernimmt 449 . Falls die beteiligten Behörden sich nicht untereinander verständigen können, welche von ihnen die „leitende Behörde" (lead agency) sein soll, sind folgende Kriterien, gewichtet nach ihrer Reihenfolge, zu berücksichtigen, um die für die Vorbereitung des EIS verantwortliche Behörde zu bestimmen:

445

NRDC v. Callaway, 524 F.2d (2nd Cir. 1975). 40 C.F.R. § 1506.5. 447 Bearer v. Andrus, 15 Envtl. Rep. Cases (BNA) 1361 (10th Cir. 1980). 448 siehe aber Frank, 13 B. C. Envtl. Äff. L. Rev. 79 (120 ff.), der folgende Forderungen erhebt: 1. Vorbereitung eines EIS durch Private sollte nicht zugelassen werden; 2. Vorbereitung eines EIS durch lokale Behörden ist durch strengere Anforderungen zu regeln; 3. Bundesbehörden haben die von anderen Behörden vorbereiteten EIS genau zu evaluieren. 449 40 C.F.R. § 1501.5. 446

200

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

Bedeutung der Beteiligung; Befugnis, Vorhaben abzulehnen oder zu genehmigen; Erfahrungen mit dem Vorhaben; Länge der Beteiligung, etc. 450 . Probleme ergeben sich bei der Kooperation der anderen beteiligten Behörde mit der sog. leitenden Behörde. Die CEQ-Verwaltungsvorschriften verlangen, daß die anderen Bundesbehörden dem Verlangen der leitenden Behörde nach Partizipation und Kooperation bei der Vorbereitung des EIS nachkommen, sehen jedoch keine Vorbereitung eines gemeinsamen EIS vor 4 5 1 . Obgleich die Kooperation zwischen den verschiedenen Behörden für den Erfolg des Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahrens eine bedeutende Rolle spielt, hat die Rechtsprechung der Frage nach der Zusammenarbeit der Behörden bei der Vorbereitung des EIS bisher nicht übermäßige Aufmerksamkeit geschenkt. Grundsätzlich gehen die Gerichte davon aus, daß die Behörde mit der größten Verantwortung an dem Vorhaben die „leitende Behörde" sein soll, die das EIS erstellt 452 . Die Regel, daß die Behörde mit der größten Verantwortung die leitende Behörde für die Erstellung des EIS sein soll, kann dazu führen, daß die leitende Behörde nicht alle Umweltauswirkungen in Betracht zieht, die für andere Behörden von Bedeutung sind 453 . Zudem ist nicht sicher, ob die Behörde mit der größten Verantwortung auch die Behörde ist, in deren Bereich die wichtigsten Umweltauswirkungen des Vorhabens fallen oder die den meisten Sachverstand in diesen Fragen besitzt 454 . Eine weitere Schwierigkeit mit dem Konzept der „leitenden Behörde" ergibt sich, wenn eine der beteiligten Behörde mit der Durchführung des Vorhabens beginnt, bevor das EIS von der leitenden Behörde fertiggestellt und das Verfahren unter NEPA abgeschlossen ist. Die Rechtsprechung hat in dieser Frage einen überraschend zurückhaltenden Standpunkt eingenommen. Unter der Bedingung, daß sie nach Vorliegen des von der „leitenden Behörde" vorbereiteten EIS ihre Entscheidung im Hinblick auf die damit verbundenen Umweltauswirkungen noch einmal überprüft, kann die andere Behörde mit der Durchführung des Vorhabens beginnen455. Dieser Ansatz der Rechtsprechung birgt die Gefahr in sich, daß der Koordinierungsprozeß zwischen den verschiedenen Behörden leerläuft, da eine Behörde vor Erstellung des EIS Maßnahmen treffen kann, die eine spätere - möglicherweise zu koordinierende - Entscheidung präjudiziell. Obgleich der Kooperationsprozeß zwischen den verschiedenen Behörden nicht 450 40 C.F.R. § 1501.5 (c); können sich die Behörden nicht einigen, trifft der CEQ die endgültige Entscheidung über die „leitende Behörde", 40 C.F.R. § 1501.5 (e). 451 40 C.F.R. § 1501.6; die ehemaligen CEQ-Richtlinien sahen die Vorbereitung von gemeinsamen EIS vor, § 1500.7 (b), 38 F.R. 20553 (1973); siehe auch Sierra Club v. U.S. Army Corps of Engineere, 701 F.2d 1011 (2nd Cir. 1983). 452 NRDC v. Callaway, 524 F.2d 79 (2nd Cir. 1975). 453 Anderson, Mandelker, Tarlock, S. 753. 454 Anderson, S. 199; andererseits sind die anderen zu beteiligenden Bundesbehörden häufig desinteressiert, an der Vorbereitung des EIS zu partizipieren, Carrel, S. 260. 455 Silentman v. FPC, 566 F.2d 237 (D.C. Cir. 1977).

4. Verfahren bei der Vorbereitung

201

immer ganz einfach ist, hat sich das Prinzip der „leitenden Behörde", die das EIS vorbereitet, grundsätzlich bewährt 456 .

4.5. Kooperation mit Landes- und Gemeindebehörden Neben einer Koordination der EIS-Aktivitäten der verschiedenen Bundesbehörden unter dem Konzept einer „leitenden Behörde" ergeben sich auch Fragen der Koordination und Kooperation zwischen Landes- und Gemeindebehörden, wenn es sich um die Vorbereitung eines EIS für ein Vorhaben handelt, an deren Durchführung Gemeinden oder einzelne Bundesstaaten beteiligt sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn diese Behörden aufgrund anderer Vorschriften bereits eine Umweltverträglichkeitsprüfung erstellen müssen. Eine Anzahl von Bundesstaaten haben Gesetze verabschiedet, die in irgendeiner Form eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorsehen (sog. little NEPAs). Raumbedeutsame Planungen und Vorhaben, an denen Gemeinden oder die Verwaltung eines einzelnen Bundesstaates beteiligt sind, können ein EIS unter NEPA und gleichzeitig eine Umweltverträglichkeitsprüfung unter dem Gesetz des jeweiligen Einzelstaates erfordern, wobei die Anforderungen an die UVP unter den jeweiligen gesetzlichen Regelungen unterschiedlich sein können. Die CEQ-Verwaltungsvorschriften erlauben eine Kooperation mit einzelstaatlichen und lokalen Behörden bei der Vorbereitung des EIS, um Wiederholungen zwischen den Umweltverträglichkeitsprüfungen unter NEPA und derjenigen des einzelnen Bundesstaates zu vermeiden. Die Kooperation zwischen den Behörden ist dabei weitreichend und kann gemeinsame Forschung, Studien, Planungen, Anhörungen, Umwelteinschätzungen, einschließlich der Vorbereitung einer gemeinsamen Umweltverträglichkeitsprüfung, umfassen 457. Der Koordinationsprozeß ist nicht auf das Verfahren beschränkt, sondern besitzt auch eine inhaltliche Komponente, die für die Koordination räumlicher Vorhaben und Planungen wichtig ist. Das in diesem Koordinationsprozeß gemeinsam vorbereitete Dokument soll mögliche Konflikte zwischen der vorgeschlagenen Bundesmaßnahme und den einzelstaatlichen oder lokalen Flächennutzungsplanungen oder anderen räumlichen Planungen oder Politiken diskutieren 458 . Die inhaltliche Koordination von räumlichen Planungen ist jedoch nicht zwingend, da eine Bundesbehörde mit ihrer geplanten Maßnahme trotz festgestellter Unvereinbarkeit mit den räumlichen Planungen auf einzelstaatlicher oder lokaler Ebene fortfahren kann, wenn der Widerspruch des Vor456

siehe Carrel, S. 260. Gemeinsame Umweltverträglichkeitsprüfungen dürfen nur dann vorbereitet werden, wenn die Vorbereitung des EIS unter NEPA nicht an eine einzelstaatliche Behörde delegiert wurde, 40 C.F.R. § 1506.2 (c). 458 40 C.F.R. § 1506.2 (d); siehe auch CEQ, 46 F.R. 18026 (18033) (1981). 457

202

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

habens zu der Festsetzung der räumlichen Planung nicht ausdrücklich gesetzlich verboten ist 459 . Jedoch soll die Bundesverwaltung im EIS darlegen, inwieweit sie bereit ist, ihr Vorhaben aufgrund der festgestellten Unvereinbarkeit mit den lokalen Planungen noch einmal zu überdenken 460. Grundsätzlich ermöglicht diese Kooperation, die Fragmentierung zwischen den einzelnen staatlichen Ebenen tendenziell zu überwinden. Da aber kein Zwang zu einer inhaltlichen Koordination der räumlichen Planung zwischen den verschiedenen Behörden besteht, sollten die Kooperationsmöglichkeiten nicht überschätzt werden.

4.6. Bericht über die Entscheidung - Verfahren nach Vorbereitung des EIS Während im EIS die Auswirkungen des geplanten Vorhabens auf die Umwelt, die Vor- und Nachteile der vorgeschlagenen Maßnahme sowie mögliche Alternativen darzustellen sind, enthält das EIS keine Entscheidung über das Vorhaben selbst. In welchem Maß die Verwaltung bei ihrer Entscheidung über die Maßnahme selbst die Ergebnisse des EIS zu berücksichtigen hat, wird unter IV.5.3.3. zu diskutieren sein. Verfahrensmäßig wird die Verbindung zwischen dem Ergebnis des EIS und der Entscheidung über das Vorhaben selbst durch den sog. "record of decision", dem Bericht über die Entscheidung, hergestellt 461. In diesem, der Öffentlichkeit zugänglichen Dokument soll die Behörde darlegen, welche Entscheidung über das Vorhaben getroffen wurde, und alle möglichen Alternativen zu der vorgeschlagenen Entscheidung sowie die Gründe, warum diese Alternativen nicht gewählt wurden, darstellen. Die Behörde muß erklären, daß alle praktisch durchzuführenden Maßnahmen ergriffen wurden, um die negativen Umweltauswirkungen des Vorhabens zu vermeiden. Falls nicht alle durchführbaren Ausgleichsmaßnahmen in die Umsetzung des Vorhabens eingeschlossen wurden, hat die Behörde entsprechende Gründe dafür anzugeben. Insofern unterliegt die Behörde, obgleich, wie noch zu zeigen wird, ihr ein weites Ermessen bei der Entscheidung über das Vorhaben selbst zusteht, im Hinblick auf die Beachtung von Umweltbelangen formal und verfahrensmäßig erheblichen Begründungszwängen.

459 CEQ, 46 F.R. 18026 (18033) (1981); siehe auch Maryland Capital Park and Planning Commission v. U.S. Postal Service, 487 F.2d 1029 (D.C. Cir. 1973); Town of Groton v. Laird, 353 F.Supp. 344 (D. Conn. 1972) (Bundesbehörden sind nicht an die Festsetzungen von lokalen Bebauungsplänen gebunden). 460 40 C.F.R. § 1506.2 (d). 461 40 C.F.R. § 1505.2.

4. Verfahren bei der Vorbereitung

203

Schließlich muß die Behörde ein Überwachungsprogramm, wie die Ausgleichsmaßnahmen umgesetzt werden sollen, in die Entscheidung über das Vorhaben aufnehmen 462. Bei der Umsetzung der Entscheidung soll sie die Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen überwachen sowie sicherstellen, daß entsprechende Bedingungen für die Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen in die finanzielle Förderung der Genehmigung des Vorhabens aufgenommen werden, und die beteiligten Behörden und die Öffentlichkeit über die Umsetzung der Ausgleichsmaßnahmen informieren 463 . Mit der Forderung nach einem „Bericht über die Entscheidung" (record of decision) schaffen die CEQ-Verwaltungsvorschriften ein Verbindungsglied zwischen dem Inhalt des EIS und der nachfolgenden Entscheidung über das Vorhaben selbst. Es ist ein Versuch, sicherzustellen, daß die Ergebnisse des EIS auch bei der Entscheidung und Durchführung des Vorhabens beachtet werden. Diese Verbindung erscheint insbesondere notwendig, um Ausgleichsmaßnahmen durchführen zu können. Durch Bedingungen, die die Behörde in ihre Genehmigung oder finanzielle Förderung gegenüber Dritten, die das Vorhaben durchführen, aufnehmen kann, ist sie grundsätzlich in der Lage, die Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen zu ermöglichen. Die Überwachung der Durchführung der Entscheidung schafft ebenfalls ein Verbindungsglied zwischen dem EIS und der nachfolgenden Entscheidung über das Vorhaben selbst. Ob diese formalen Verfahren ausreichend sind, um die inhaltlichen Ergebnisse des EIS in die Entscheidung zu übernehmen, ist zu bezweifeln. Zudem schweigen sich die Rechtsprechung und die CEQ-Verwaltungsvorschriften darüber aus, wie die Umsetzung der Maßnahme tatsächlich überwacht werden soll. Ein formales Verfahren ist nicht notwendig. Dritte haben keine Rechte unter NEPA zu fordern, daß die Ergebnisse des EIS bei der Durchführung des Vorhabens selbst umgesetzt werden (siehe infra, IV.5.1.3.). Insofern ist der Zwang, die Ergebnisse des EIS in der nachfolgenden Entscheidung und Durchführung des Vorhabens umzusetzen, relativ schwach ausgeprägt und von der Bereitschaft der entscheidenden Behörde abhängig. Die Bereitschaft der Behörde, bei der Umsetzung des Vorhabens die Ergebnisse des EIS zu berücksichtigen, kann lediglich dadurch verstärkt werden, daß durch den Bericht über die Entscheidung die Öffentlichkeit die Entscheidung und deren Umsetzung nachvollziehen und damit entsprechend überwachen kann. Wenn die Umsetzung des EIS letztlich von der Kontrolle der Öffentlichkeit abhängt, kann sie nur dann erfolgreich sein, wenn die Öffentlichkeit die Möglichkeiten der Kontrolle und Kritik auch wahrnimmt. Insofern begegnet die Umsetzung gerade weil sie keine Möglichkeiten der gerichtlichen Durchsetzung beinhaltet erheblichen Bedenken. 462 463

40 C.F.R. § 1505.2. 40 C.F.R. § 1505.3.

204

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

5. Überprüfung des EIS durch die Gerichte Die Rechtsprechung hat eine entscheidende Rolle bei der Durchsetzung des EIS-Verfahrens gehabt. Innerhalb weniger Jahre nach Verabschiedung von NEPA haben die unteren Bundesgerichte eine differenzierte und durchsetzbare Rechtsprechung geschaffen, um die vagen und weiten Begriffe für das EIS-Verfahren unter § 102 NEPA zu implementieren 464. Die Aufgabe der Rechtsprechung bestand nicht allein darin, die Anforderungen an das EIS-Verfahren unter der weiten Begrifflichkeit von NEPA zu konkretisieren, sondern auch darin, das Verfahren gegen die Vorbehalte der Verwaltung, Umweltbelange zu beachten, durchzusetzen. Bei Fehlen effektiver Implementations- und Kontrollmechanismen für die Durchsetzung des EIS-Verfahrens innerhalb der Verwaltung selbst fiel der Rechtsprechung, mit der Unterstützung von Umweltgruppen, Bürgerinitiativen und sog. public interest law firms, die Rolle zu, diffuse Allgemeininteressen, nämlich Umweltauswirkungen gegen die Entscheidungspraxis der Verwaltung, die Umweltbelange tendenziell vernachlässigt, durchzusetzen. Insoweit hat sich die Rolle der Rechtsprechung mit dem Konzept des Verwaltungsrechts geändert. Die Aufgabe, die der Rechtsprechung unter einer modernen Theorie des "adminstrative law" zufallt, besteht nicht mehr allein darin, Individualinteressen gegen unrechtmäßige oder verfassungswidrige Übergriffe der Verwaltung zu schützen, sondern sie muß teilweise ihre Rolle in einem Modell finden, in dem Verwaltungsrecht Konflikte zwischen möglicherweise konfligierenden und antagonistischen Einzel- und Gruppeninteressen zu lösen hat 4 6 5 . Dieses Modell bringt einen Wandel im Konzept der Rechtsprechung mit sich. Anstelle der traditionellen Prämisse des US-amerikanischen Verwaltungsrechts, daß Verwaltungsenscheidungen grundsätzlich der inhaltlichen Überprüfung durch Gerichte entzogen sind, wenn die Maßnahme in die besondere Erfahrung und Kenntnis der Verwaltung fällt, übt die Rechtsprechung nunmehr eine beschränkte Kontrolle über Verwaltungsentscheidungen aus, um sicherzustellen, daß alle Interessen in einem fairen und offenen Verfahren berücksichtigt werden, bevor eine Entscheidung getroffen wird 4 6 6 .

464

Goldsmith, Banks, 7 Harv. Envtl. L. Rev. 1 (4) (1983); Anderson, S. 23; siehe auch Calvert Cliffs' Coordinating Committee v. AEC, 449 F.2d 1109 (1111) (D.C. Cir. 1971) .. that important legislative purposes, heralded in the halls of Congress, (were) not lost or undirected in the vast hallways of the federal bureaucracy .. 465 Stewart, 88 Harv. L. Rev. 1667 (1712 ff.) (1975), ders., 7 Envtl. L. 465 (1981). 466 siehe Stewart, 88 Harv. L. Rev. 1667 (1712 ff.) (1975); für die Rolle der Rechtsprechung in Umweltfragen siehe auch Leventhal, 122 U. Pa. L. Rev. 509 (512 fT.) (1974); Bazelon, 5 Harv. Envtl. L. Rev. 209 (210 ff.) (1981).

. Überprüfung durch die Gerichte

205

5.1. Zugang zu den Gerichten - Weite Interpretation der Klagebefugnis unter NEPA Diffuse öffentliche Interessen können nur dann erfolgreich gerichtlich durchgesetzt werden, wenn die Möglichkeit zur Klage und damit zur gerichtlichen Überprüfung besteht. Der Zugang zu den Gerichten spielt daher eine bedeutende Rolle für die gerichtliche Durchsetzung von allgemeinen öffentlichen Interessen. Gerade bei der Frage nach der Beachtung von Umweltbelangen wird ein Kläger in der Regel behaupten, daß allgemeine öffentliche Interessen verletzt seien. Häufig werden Entscheidungen der Verwaltung, die nachteilige Folgen für die Umwelt mit sich bringen, nur von Organisationen oder Dritten angegriffen, die selbst nicht an der Verwaltungsentscheidung beteiligt waren, da bei Genehmigungen oder finanzieller Förderung eines Vorhabens beide Parteien, die Behörde und der Antragsteller, mit der Entscheidung der Behörde einverstanden sein werden. Wenn überhaupt, werden lediglich interessierte Dritte die nachteiligen Folgen des Vorhabens für die Umwelt rügen. Um die Entscheidung der Verwaltung gerichtlich überprüfen zu lassen, müssen interessierte Dritte Klagebefugnis besitzen. Die traditionelle Definition der Klagebefugnis verlangt, daß der Kläger eine Verletzung eines "common law" oder gesetzlichen Rechts nachweist. Diese Anforderung beinhaltet häufig erhebliche Schwierigkeiten, die Klagebefugnis Dritter zu definieren. Die herkömmliche Bestimmung des Zugangs zu den Gerichten läßt wenig Raum für Klagen von Personen, die keine Verletzung eigener subjektiver Rechte geltend machen, sondern ein generelles und weites Allgemeininteresse repräsentieren 467. Verfassungsrechtliche Einwände gegen die Klagebefugnis unter NEPA werden selten geltend gemacht, da § 10 des Administrative Procedure Act (APA) 4 6 8 eine gesetzliche Grundlage für die Klagebefugnis von Dritten bietet. Danach hat jeder, der durch eine Handlung einer Behörde, die in den Bereich des jeweiligen Gesetzes fallt, verletzt, nachteilig beschwert oder berührt wird, ein Recht auf gerichtliche Überprüfung der Maßnahme. Frühe Entscheidungen zur Klagebefugnis von Dritten unter dem Administrative Procedure Act (APA) sahen § 10 als Grundlage für eine Klagebefugnis, wenn der Kläger eine Verletzung von "legal interests" („rechtlichen Interessen") oder ein "legal wrong" 467 In frühen Entscheidungen hatte die Rechtsprechung bereits ein Modell eines „privaten Staatsanwalts" ("private attorney general**) entwickelt, das dem einzelnen Bürger die Ermächtigung gibt, Verletzungen allgemeiner Interessen durch die Verwaltung gerichtlich überprüfen zu lassen, wenn das betreffende Gesetz es vorsieht, siehe Associated Industries v. Ickes, 134 F 2d 694 (2nd Cir. 1943); siehe auch Jaffe, 116 U. Pa. L. Rev. 1033 (1045 f.) (1968) (Klagebefugnis zur gerichtlichen Kontrolle der Verletzung von allgemeinen Interessen ist mit dem Konzept repräsentativer Demokratie vereinbar). 468 5 U.S.C. § 702 " A person suffering legal wrong because of agency action, or adversely affected or aggrieved by agency action within the meaning of the relevant statute, is entitled to judicial review thereof.**

206

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

(„rechtswidrigen Zustand") geltend machte, und wiederholten damit im wesentlichen die Standards für die Definition der Klagebefugnis unter der "case or controversy" Klausel des Art. I I I der U.S. Verfassung. Das traditionelle Konzept der Klagebefugnis mit seiner Ausrichtung auf die Verletzung von subjektiven Rechten kann den Konflikten, die sich bei der Umsetzung von Umweltpolitiken ergeben, nicht mehr gerecht werden. Im Gegensatz zu herkömmlichen Prämissen des Verwaltungsrechts handelt es sich nicht nur um einen Übergriff des Staates in die rechtlich geschützten Sphären eines Individuums, sondern um die - auch gerichtliche - Geltendmachung von diffusen Allgemeininteressen. Die Änderung des Konzepts der Klagebefugnis ist auch deshalb notwendig, da die Definition des Allgemeinwohls durch die Verwaltung angesichts der vielfältigen - unter Umständen antagonistischen und konfligierenden - Einzel- oder Gruppeninteressen zunehmend schwieriger wird. Es muß im Einzelfall unter Berücksichtigung der widerstreitenden Interessen immer wieder neu bestimmt werden. Damit dieser Abwägungsprozeß gerichtlich überprüft werden kann, müssen die zu beteiligenden Interessen in der Weise rechtlich anerkannt werden, daß sie eine Klagebefugnis Dritter konstituieren. Dies gilt um so mehr, wenn es sich um die (gerichtliche) Überprüfung von „Politikgesetzen" wie NEPA handelt, deren Zielsetzung und Umsetzung im Verfahren immer wieder neu definiert werden muß. In einer Reihe von Entscheidungen des U.S. Supreme Court ist die traditionelle Rechtsprechung, die die Klagebefugnis auf die Verletzung von subjektiven Rechten beschränkte, für Kläger, die allgemeine öffentliche Interessen repräsentieren, erweitert worden. In Data Processing Service v. Camp469 entschied der U.S. Supreme Court, daß auch solchen Personen Klagebefugnis unter dem Administrative Procedure Act (APA) zusteht, die eine "injury in fact", eine tatsächliche Verletzung eines Interesses darlegen, und die behauptete Interessenverletzung in den Schutzbereich des jeweiligen Gesetzes fällt. Das verletzte Interesse muß kein Recht sein, sondern kann auch die Verletzung eines wirtschaftlichen, ästhetischen Interesses oder eines Freizeitbelanges sein. In Sierra Club v. Morton* 70 wandte der U.S. Supreme Court sich ausdrücklich der Frage der Klagebefugnis von Umweltgruppen zu, die eine allgemeine Verletzung von Umweltbelangen rügen. In diesem Fall klagte der Sierra Club, eine Umweltschutzorganisation „mit besonderen Interessen für den Erhalt der Nationalparks, Wildschutzgebieten und Waldgebieten in den USA", gegen die vorgeschlagene Entwicklung des Mineral King Valley im Sequoia National Park zu

469 470

397 U.S. 150 (1969). 405 U.S. 727 (1972).

. Überprüfung durch die Gerichte

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einem Besucher- und Wintersportzentrum. Das Gericht bestätigte seine frühe Rechtsprechung, daß die Verletzung von Umweltbelangen eine Klagebefugnis verleihende Interessenverletzung sein kann. „Eine gute Umwelt oder Ästhetik sind ebenso wie eine gute wirtschaftliche Lage wichtige Bestandteile der Lebensqualität in unserer Gesellschaft. Und die Tatsache, daß bestimmte Umweltinteressen eher von vielen geteilt werden als nur von wenigen, führt nicht dazu, daß sie geringeren gerichtlichen Schutz verdienen 471 ."

Es verlangte jedoch, daß eine "injury in fact" mehr als eine Verletzung eines erkennbaren Interesses ist. Eine Partei, die die gerichtliche Überprüfung einer Verwaltungshandlung sucht, muß selbst durch die Maßnahme verletzt sein. Die Tatsache, daß die klagende Umweltschutzgruppe in ihrem Organisationszweck von der angegriffenen Maßnahme betroffen ist, war nach Ansicht des Gerichts nicht ausreichend, um die Organisation nach § 10 APA nachteilig durch die angefochtene Entscheidung berührt oder beschwert werden zu lassen. Dem Sierra Club wurde deshalb keine Klagebefugnis als Repräsentant eines allgemeinen öffentlichen Interesses zugebilligt. Für ihre Klagebefugnis mußte die Organisation vielmehr nachweisen, daß einzelne Mitglieder tatsächlich durch die angefochtene Maßnahme betroffen sind. In diesem Fall verlangte der U.S. Supreme Court vom Sierra Club, geltend zu machen, daß seine Mitglieder das Mineral King Valley tatsächlich zum Wandern benutzen und diese Nutzung durch die vorgeschlagene Entwicklung des Tales beeinträchtigt wird. Ob der „Benutzertest" geeignet ist, die Klagebefugnis unter § 10 Administrative Procedure Act (APA) in bezug auf „berechtigte" Interessen Verletzung einzuschränken, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls ermöglicht der „Benutzerstandard" 472 die Klagebefugnis von Dritten in zahlreichen Fällen, vor allem, wenn es sich um die spezifischen Auswirkungen eines bestimmten Vorhabens handelt. Für den Sierra Club war es z.B. keine Schwierigkeit, die Klage zu ändern und neben der Verletzung von Interessen, die der Sierra Club als Organisation vertritt, auch Verletzung von Interessen von einzelnen Mitgliedern, die das Mineral King Valley zum Wandern nutzen, darzulegen 473. Probleme ergeben sich aber für die Klagebefugnis von interessierten Dritten unter dem „Benutzerstandard", wenn die Beziehung zwischen der angegriffenen Maßnahme und den behaupteten Interessenverletzungen allgemein und vage ist. Diese Frage wurde von dem U.S. Supreme Court in dem ersten Fall unter NEPA, der den Supreme Court erreichte, äußerst großzügig beantwortet. In 471

a.a.O., S. 734. der Benutzerstandard wird z.B. auch bei Klagen wegen Umweltverletzungen unter dem Clean Water Act, 33 U.S.C. § 1365, siehe Chesapeake Bay Foundation ν. Bethlehem Steel Corp., 608 F.Supp. 440 (D. Mich. 1985), und dem Federal Land Management and Policy Act, 43 U.S.C. § 1782 angewandt, siehe Sierra Club v. Watt, 608 F.Supp. 305 (D. Cal. 1985). 473 Der Sierra Club hatte seine Prozeßstrategie ausdrücklich darauf ausgelegt, Klagebefugnis für die Organisation zu gewinnen, siehe Sierra Club v. Morton, 402 U.S. 727 (Fn. 8, 15) (1972). 472

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IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

U.S. v. Students Challenging Regulatory Agency Procedure (SCRAP) 414 klagten eine Gruppe von Studenten und eine Umweltschutzorganisation, weil die Interstate Commerce Commission (ICC) kein EIS für eine vorübergehende Steigerung der Frachtraten für Eisenbahnen vorbereitet hatte, mit der Begründung, daß die beabsichtigte Erhöhung der Frachtraten sich negativ auf das Recycling von gebrauchten Gütern auswirkt, damit den Gebrauch von neuen Waren fördert und mittelbar zur Umweltverschmutzung beiträgt. Im Unterschied zu der Fallkonstellation in Sierra Club, in der es sich um ein Vorhaben mit spezifischen Umweltauswirkungen handelte, war hier die Beziehung zwischen der behaupteten Verletzung der Interessen der Kläger, nämlich der Verschlechterung der allgemeinen Umweltbedingungen, und der angegriffenen Maßnahme weniger direkt und faßbar. Dieses darf nach Ansicht des U.S. Supreme Court aber nicht dazu führen, die Klagebefugnis zu verneinen. Das Gericht führte für die Begründung der Klagebefugnis in diesem Fall aus: „Wir haben bereits klargestellt, daß die Klagebefugnis nicht einfach deshalb verneint werden kann, weil viele Menschen unter der gleichen Verletzung leiden. In der Tat haben einige der Fälle, auf die wir uns in Sierra Club bezogen haben, die offenkundige Tatsache gezeigt, daß Personen überall in diesem Land durch Handlungen der Verwaltung nachteilig berührt werden können... Diesen Personen, die in der Tat verletzt sind, die Klagebefugnis nur deshalb zu verweigern, weil zahlreiche andere Personen ebenfalls verletzt sind, würde dazu fuhren, daß die weitreichendsten und nachteiligsten Handlungen der Verwaltung durch niemanden überprüft werden könnten. Diese Schlußfolgerung können wir nicht akzeptieren 475 ."

Damit hat das Gericht anerkannt, daß grundsätzlich auch eine allgemeine Verschlechterung der Umweltbedingungen ausreichend ist, um eine Interessenverletzung und damit eine Klagebefugnis der Kläger zu begründen. Zudem bestätigte das Gericht, daß die Veränderung von Umweltbedingungen in der durch NEPA gesetzlich geschützten Interessenzone liegt. Mit der Anerkennung, daß die Verletzung von Umweltbelangen in den Schutzbereich von NEPA fallt, beschränkt sich der Test für die Klagebefugnis unter NEPA auf die Frage nach der behaupteten Interessenverletzung der Kläger. Die Entscheidung in SCRAP allerdings reduziert die behauptete Interessenverletzung im Prinzip zu einer Fiktion und erlaubt interessierten Dritten und Umweltgruppen 476 einen weiten Zugang zu den Gerichten in NEPA-Fällen. Obgleich der U.S. Supreme Court es für NEPA nicht ausdrücklich formuliert hat, steht hinter dem weiten Konzept der Klagebefugnis, wie es in SCRAP formuliert wurde, die Prämisse, daß interessierte Dritte als "private attorney generals" („private Staatsanwälte") handeln, die die behaupteten unrechtmäßi474

412 U.S. 669 (1973). a.a.O., S. 687. 476 Wenn einzelne Mitglieder Klagebefugnis haben, besitzt auch die Organisation als solche Klagebefugnis, Citizens Committee Against Interstate Route 675 v. Lewis, 542 F.Supp. 496 (D. Ohio 1982). 475

. Überprüfung durch die Gerichte

209

gen Handlungen der Verwaltung im Hinblick auf die mit der Umweltschutzgesetzgejbung allgemein verfolgten Politikziele gerichtlich überprüfen lassen. Damit haben die Gerichte im Umweltrecht mehr oder weniger eine Popularklage, für NEPA zwar nicht dogmatisch, jedoch praktisch anerkannt 477 . Das Konzept der Popularklage gilt in diesem Zusammenhang in zweierlei Hinsicht: Zunächst kann der Kläger seine Klagebefugnis auf die Verletzung allgemeiner Interessen, soweit er auch selbst betroffen ist, stützen; zum anderen ist er im Rechtsstreit selbst nicht auf Geltendmachung seiner eigenen Rechte und Interessenverletzung beschränkt. Ist die Klagebefugnis eines interessierten Dritten aufgrund eigener Verletzung von Interessen etabliert, kann er auch allgemeine Interessen gegen die angegriffene Maßnahme anführen 478 . Dieser Ansatz erlaubt, Umweltbelange, die als „diffuse Interessen" nur schwer organisierbar sind, über die Verletzung allgemeiner Interessen in die gerichtliche Überprüfung einzubringen. Befürchtungen, die häufig gegen eine Ausweitung der Klagebefugnis geltend gemacht werden, daß sich die Zahl der Rechtsstreitigkeiten vermehre, haben sich in bezug auf NEPA als unzutreffend 479

erwiesen . Nach der Entscheidung des U.S. Supreme Court in SCRAP sind Einwendungen gegen die Klagebefugnis von privaten Dritten oder Umweltgruppen unter NEPA selten und wenig erfolgreich. Alle Verletzungen von Interessen, die als „signifikante Umweltauswirkungen" unter NEPA angesehen werden können, liegen im geschützten Interessenbereich von NEPA und sind aus diesem Grund für die Klagebefugnis relevant. Damit kann auch die Verletzung von ästhetischen, kulturellen Interessen oder der städtischen Umwelt Klagebefugnis unter NEPA begründen 480. Die angebliche Verletzung ökonomischer Interessen allein bietet allerdings in der Regel keine ausreichende Basis für eine Klagebefugnis 477

siehe auch Duke Power Company v. Carolina Environmental Study Group, 438 U.S. 59 (1978) (mögliche Gefahr von Atomkraftwerken bietet ausreichende Interessenverletzung für Klagebefugnis); Oregon Environmental Council v. Kunzman, 817 F.2d 484 (9th Cir. 1987) (Gefahr, daß durch Verletzung von NEPA Umweltbelange übersehen werden, ist ausreichend für Klagebefugnis); siehe aber Pacific Northwest Bell. Telephone Co. v. Dole, 633 F.Supp. 725 (D. Wash. 1986) (Telefongesellschaft keine Klagebefugnis, da nicht in der von NEPA geschützten Interessenzone); City of Evanston v. Regional Transportation Authority, 825 F.2d 1121 (7th Cir. 1987) (Kläger muß tatsächliche Betroffenheit durch das Vorhaben nachweisen). 478 Sierra Club v. Morton, 405 U.S. 727 (1972); Sierra Club v. Adams, 578 F.2d 389 (D.C. Cir. 1978). 479 Beim EIS-Verfahren unter NEPA wurden seit 1970 bei über 22.000 erstellten Umweltverträglichkeitsprüfungen lediglich ca. 1.800 Klagen anhängig gemacht, 16 Envtl. Rep. Current Development 3 (1985). 480 Gelegentlich haben die Gerichte die Klagebefugnis verneint, weil sie die Interessenverletzung nicht für ausreichend hielten, siehe Sadler ν. 218 Housing Corporation, 417 F.Supp. 348 (N.D. Ga. 1976); grundsätzlich wird aber Klagebefugnis dann zugestanden, wenn Dritte die Bebauung von Gelände im Außenbereich aus Umweltschutzgründen angegriffen haben, Coalition for the Environment ν. Volpe, 504 F.2d 156 (8th Cir. 1974); siehe auch Sierra Club v. Hassell, 636 F.2d 1095 (5th Cir. 1981)(Verschlechterung der städtischen Umwelt); Hall County Historical Soc., Inc. v. Georgia Department of Transportation, 447 F.Supp. (D. Ga. 1978) (Auswirkung von Autobahn auf historisches Stadtviertel). 14 Mezger

210

IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

unter NEPA 4 8 1 . Es ist zu vermuten, daß die Rechtsprechung in diesen Fällen nicht nur deshalb die Klagebefugnis verneint, weil die Verletzung von ökonomischen Interessen allein nicht als Verletzung von Umweltbelangen unter NEPA angesehen wird, sondern auch deshalb, weil diese Kläger oft versuchen, ihre partikularistischen wirtschaftlichen Interessen über NEPA durchzusetzen. Die Einführung einer weiten Klagebefugnis stößt jedoch für andere gesellschaftliche Bereiche auf die Grenzen der gerichtlichen Kontrolle. Das liberale Modell der Klagebefugnis, das der U.S. Supreme Court für das Umweltrecht entwickelt hat, führt auf anderen Gebieten zu einer von den Gerichten unerwünschten Verwicklung in die Entscheidung gesellschaftspolitischer Fragen. Als Folge ist der Supreme Court in den letzten Jahren dazu übergegangen, neue verfassungsrechtliche und gesetzliche Anforderungen für die Klagebefugnis von interessierten Dritten zu formulieren und die zuvor entwickelten Standards zu konkretisieren. Der U.S. Supreme Court verlangt nunmehr vier Voraussetzungen für die Klagebefugnis: Erstens muß eine tatsächliche oder drohende Verletzung eines Interesses vorliegen. Diese Interessenverletzung muß auf Handlungen des Beklagten beruhen oder ihm zuzurechnen sein 482 . Zweitens muß eine Verbindung der behaupteten Interessenverletzung zu der angegriffenen Maßnahme bestehen. Die Verletzung muß durch eine für den Kläger günstige Entscheidung des Gerichts aufgehoben oder geheilt werden können 483 . Drittens ist eine Verletzung von eigenen Interessen oder Rechten und nicht lediglich eine Verletzung von allgemeinen Interessen oder von Interessen Dritter erforderlich 484 , und viertens muß die Interessenver letzung in den Schutzbereich der jeweiligen Gesetzes- oder Verfassungsbestimmung fallen 485 . Durch diese Anforderungen an die Klagebefugnis, vom U.S. Supreme Court als Minimalforderungen bezeichnet, wird versucht zu verhindern, daß der U.S. Supreme Court zunehmend zum Instrument für die Entscheidung von Wertfragen wird, an deren Beantwortung Dritte interessiert sind, ohne selbst von der angegriffenen Maßnahme konkret betroffen zu sein oder von einer für den Kläger vorteilhaften Entscheidung des Gerichts zu profitieren 486 . Es soll hier 481

Delaware River Port Authority v. Teimann, 403 F.Supp. 1117 (D. N.J. 1975); Benton County Savings and Loan v. FHLBB, 450 F.Supp. 884 (D. Ark. 1978); siehe aber Lake Erie Alliance for Protection of the Coastal Corridor v. U.S. Army Corps of Engineers, 486 F.Supp. 707 (D. Pa. 1980), afPd, 707 F.2d 1392 (3rd Cir. 1983) (Obgleich die Sicherung von Arbeitsplätzen das wirkliche Interesse hinter der Klage sei, seien die Kläger doch auch von den behaupteten nachteiligen Umweltfolgen des Vorhabens betroffen). 482 Allen v. Wright, 104 S.Ct. 3315 (1984); Simon v. Eastern Kentucky Welfare Rights Organization, 426 U.S. 26 (1976). 483 Simon v. Eastern Kentucky Weifare Rights Organization, 426 U.S. 26 (1976). 484 Warth v. Seidin, 422 U.S. 490 (1975). 485 Data Processing v. Camp, 397 U.S. 150 (1969); Clarke v. Securities Industries Ass'n, 107 S.Ct. 750 (1987). 486 Valley Forge Christians College v. American United for Separation of Church and State, 470 U.S. 464 (1982).

5. Überprüfung durch die Gerichte

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nicht junerwähnt bleiben, daß diese Rechtsprechung nachteilige Folgen vor allem auch für die Klagebefugnis von Dritten gegen diskriminierende Bebauungspläne (exclusionary zoning) mit sich bringt 487 . Dies mag damit zusammenhängen, daß die Bundesgerichte grundsätzlich zurückhaltend sind, in die gemeindliche Bebauungsplanung und in die komplexen gesellschaftspolitischen Probleme, die mit räumlicher Segregation verbunden sind, einzugreifen. Wegen des unterschiedlichen gesellschaftlichen Problemfeldes haben aber die erhöhten Anforderungen an die Klagebefugnis bisher wenig Einfluß auf den Zugang zu den Gerichten von interessierten Dritten und Umweltschutzgruppen unter NEPA gehabt 488 .

5.2. Keine subjektiven Rechte unter NEPA Nach der Rechtsprechung des U.S. Supreme Court kann die Einhaltung des EIS- Verfahrens durch die Bundesverwaltung durch Klagen privater Dritter durchgesetzt werden 489 . Die Gerichte überprüfen, ob die Bundesbehörden NEPA erfüllt haben und verpflichten die Verwaltung, das EIS-Verfahren zu erfüllen. Die Implementationsfunktion des EIS-Verfahrens hängt aber letztlich davon ab, ob die im EIS vorgeschlagenen Maßnahmen umgesetzt werden bzw. ob der Entscheidungsträger bei der Entscheidung über das Vorhaben selbst an die Ergebnisse des EIS gebunden ist. Ein privater Kläger kann versuchen, zusätzlich zu der impliziten gerichtlichen Kontrolle, ob die Behörde das Verfahren erfüllt hat, gerichtlich durchzusetzen, daß die Behörde umweltbeeinträchtigende Maßnahmen unterläßt oder die im EIS enthaltenen Ergebnisse inhaltlich umsetzt. In beiden Fällen würde es voraussetzen, daß NEPA dem einzelnen Individuum subjektive Rechte gibt, um die Ergebnisse des EIS durchzusetzen. Trotz der Erklärung der Ziele der nationalen Umweltpolitik in § 101 NEPA, wonach negative Umweltauswirkungen so weit wie möglich zu vermeiden sind, haben die Gerichte es abgelehnt, ein "private right of action" (subjektives Recht) anzuerkennen, das dem einzelnen Individuum ein durchsetzbares subjektivöffentliches Recht auf Unterlassen von umweltschädigenden Maßnahmen einräumt 490 . Betrachtet man in diesem Zusammenhang die Gesetzgebungsge487 siehe Warth v. Seiding, 422 U.S. 490 (1975) (Klagebefugnis für Kläger, die außerhalb der Gemeinde wohnen und für Bürgerinitiativen, die gegen diskriminierende Bebauungsplanung der Gemeinde klagen, verneint). 488 siehe z.B. Sierra Club v. Watt, 608 F.Supp. 305 (D. Cal. 1985). 489 Allerdings keine Schadensersatzansprüche, Pye v. Department of Transportation, 513 F.2d 290 (5th Cir. 1975); U.S. v. 45, 149.58 Acres, 455 F.Supp. 192 (D. N.C. 1978). 490 Tanner v. Armco Steel Corp., 340 F.Supp. 532 (D. Texas 1972); siehe auch Bradford Township v. Illinois State Toll Highway Authority, 463 F.2d 537 (7th Cir. 1972) (NEPA schafft keine privaten subjektiven Rechte).

14*

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IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

schichte von NEPA, so erscheint diese Rechtsprechung konsequent, da subjektive Rechte auf eine gesunde Umwelt im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich abgelehnt wurden. Daraus ist auch geschlossen worden, daß NEPA die Verwaltung nicht verpflichtet, eine bestimmte - weniger umweltbelastende - Umweltpolitik zu betreiben 491. Im anderen Fall, wenn der Kläger klagt, den Inhalt des EIS bei der Durchführung des Vorhabens zu beachten, sind die Gerichte davon ausgegangen, daß NEPA lediglich die Vorbereitung eines EIS erfordert und nicht verlangt, die Ergebnisse des EIS bei späteren Entscheidungen zu berücksichtigen, und aus diesem Grund kein subjektives Recht für die Durchsetzung der im EIS gefundenen Ergebnisse bietet. Die Argumente, mit denen subjektive Rechte unter NEPA abgelehnt werden, stimmen im übrigen auch mit der vom U.S. Supreme Court entwickelten Dogmatik zur Definition subjektiver Rechte überein. Die Voraussetzungen für die Anerkennung subjektiver Rechte, nämlich Mitglied der Klasse, die durch das in Frage stehende Gesetz begünstigt wird, Hinweis auf Schaffung subjektiver Rechte in der Gesetzgebungsgeschichte, Vereinbarkeit subjektiver Rechte mit der Zielsetzung des Gesetzes und Zuständigkeit der Bundesgerichte, treffen auf NEPA nicht zu 4 9 2 . In Noe ν. Metropolitan Atlanta Rapid Transit Authority 49*, einem Fall, in dem ein Kläger die Umsetzung von im EIS enthaltenen Lärmschutzmaßnahmen beim Bau eines Nahverkehrssystemes forderte, wurden die einzelnen der oben genannten Kriterien für NEPA wie folgt abgelehnt: Die unter NEPA geschützten Interessen sind nicht auf die Durchsetzung bestimmter Umweltschutzmaßnahmen gerichtet, sondern der informierte Entscheidungsprozeß der Verwaltung im Hinblick auf die Beachtung von Umweltbelangen steht im Vordergrund der gesetzgeberischen Zielsetzung. Das Gesetz wurde nicht geschaffen, um einzelnen Freiheit von umweltbelastenden Maßnahmen zu sichern. Die Gesetzgebungsgeschichte von NEPA ergibt keinen Hinweis auf die Absicht des Gesetzgebers, subjektive Rechte unter NEPA zu schaffen. Im Gegenteü, der Vorschlag, ein Recht auf eine gesunde Umwelt, das möglicherweise gerichtlich durchsetzbar gewesen wäre, wurde im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich abgelehnt. Nach Ansicht des Gerichts ist die Anerkennung von subjektiven Rechten auch unvereinbar mit den Zielen von NEPA, da NEPA den Entscheidungsprozeß der Verwaltung verbessern soll. Da es sich bei der Klage letztlich um eine Klage wegen störenden Lärms handelt, die als allgemeines Polizeirecht in die gerichtliche Zuständigkeit der Einzelstaaten gehört, kommt nach Ansicht des Gerichts auch aus diesem Grund kein subjektives Recht unter NEPA in Betracht 494 . 491 Mountainbrook Homeowners Ass'n v. Adams, 492 F.Supp. 521 (D. N.C. 1979), afTd, 620 F.2d 294 (4th Cir. 1980); siehe auch City of Blue Ash v. McLucas, 596 F.2d 709 (6th Cir. 1979); infra, IV.5.3. 492 Zu den Kriterien fur die Definition subjektiver Rechte, siehe Cort v. Ash, 422 U.S. 66 (1975). 493 644 F.2d 434 (5th Cir. 1981).

. Überprüfung durch die Gerichte

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Es ist offensichtlich, daß die Rechtsprechung es nicht mit der Konzeption von NEPA als Verfahrensgesetz für vereinbar hält, subjektive Rechte anzuerkennen. Dabei ist die Implementation der mit NEPA verfolgten Ziele nicht zuletzt davon abhängig, inwieweit umweltschützende Maßnahmen, die im EIS niedergelegt sind, sich auch inhaltlich durchsetzen lassen. Doch führt die Zielrichtung von NEPA, bessere Entscheidungsvorbereitung zu erreichen, dazu, auf die Überzeugungskraft der im EIS gefundenen Ergebnisse zu vertrauen. In bezug auf die Implementation der im EIS gefundenen Ergebnisse hat die Rechtsprechung eine restriktive Position eingenommen. Solange aber die Umsetzung der Ergebnisse bei Durchführung des Vorhabens nicht gerichtlich durchgesetzt werden kann, ist die Implementationsfunktion des ÈIS auf die Bereitschaft der Behörden, die Ergebnisse des EIS bei der Umsetzung der Entscheidung zu beachten, angewiesen. Das EIS kann damit in manchen Fällen für nachfolgende Entscheidungen folgenlos bleiben. Kritik an der mangelnden Implementationsfunktion des EIS-Verfahrens gilt vor allem deshalb, weil kein anderes formales Verfahren oder Institution vorhanden ist, die die Entscheidung begleitet und die Umsetzung der im EIS gefundenen Ergebnisse überwacht. Das Argument gilt zwar grundsätzlich auch für das EIS -Verfahren unter NEPA selbst. Dort haben aber die Gerichte mit Unterstützung von interessierten Dritten und Umweltgruppen die Behörden veranlaßt, die verfahrensmäßigen Anforderungen an die Vorbereitung eines EIS zu beachten. Soweit es nicht möglich ist, die Ergebnisse des EIS bei der Entscheidung und nachfolgenden Implementation durchzusetzen, bleibt nur der Weg über die allgemeine gerichtliche Überprüfung des EIS selbst, im Einzelfall weniger umweltbelastende Entscheidungen durchzusetzen.

5.3. Inhaltliche Überprüfung des EIS 5.3.1. Verfahrensmäßige versus inhaltliche Verpflichtungen unter NEPA

Wenn die Verwaltung ein EIS vorbereitet, muß sie den in § 102 (2) (C) NEPA geforderten Inhalt einhalten. Letztlich haben aber die Gerichte zu entscheiden, ob das EIS adäquat ist. Im Mittelpunkt der gerichtlichen Überprüfung steht dabei folgende Frage: Da das EIS Grundlage für die Entscheidung der Behörde ist, sind die im EIS enthaltenen Informationen geeignet und ausreichend, um informierte und kompetente Entscheidungen hinsichtlich der Umweltauswirkungen des beabsichtigten Vorhabens treffen zu können? In bezug auf diese Anforderung ist es zunächst entscheidend, ob überhaupt ein EIS zu erstellen war und wenn ja, ob alle Auswirkungen und Alternativen in das EIS einbezogen sind. Weiter ist zu fragen, wenn Auswirkungen und Alternativen 494

Für eine detaillierte Analyse des Urteils siehe Simmons, 22 Nat. Res. J. 493 (1982).

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IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

vollständig enthalten sind, ob sie angemessen ausgewertet und diskutiert wurden. Das EIS enthält keine Entscheidung über die Maßnahme selbst. Es wurde bereits bei der Diskussion der subjektiven Rechte unter NEPA die Frage aufgeworfen, ob NEPA auch eine inhaltliche Verpflichtung für die Verwaltung mit sich bringt, die in dem EIS gefundenen Ergebnisse bei der Entscheidung über das Vorhaben zu beachten oder gar eine Entscheidung zu treffen, die möglichst geringe nachteilige Folgen für die Umwelt mit sich bringt. Um die nachfolgende Diskussion um die gerichtliche Kontrolle der Adäquanz und Reichweite des EIS zu verstehen, ist es zunächst notwendig, zu unterscheiden zwischen der Vorbereitung des EIS und der Entscheidung der Behörde über das Vorhaben. Gerichte und Literatur haben die Verpflichtung der Verwaltung hinsichtlich der Vorbereitung des EIS als „verfahrensmäßige" (procedural) und die Entscheidung über das Vorhaben selbst als „inhaltliche" (substantive) Verpflichtung der Verwaltung unter NEPA bezeichnet. Da die Rechtsprechung bei Durchsetzung von NEPA eine führende Rolle eingenommen hat, überrascht es nicht, daß eine frühe Entscheidung, Environmental Defense Fund v. US. Army Corps of Engineers *95, mit der Begründung, NEPA ziele auf eine inhaltliche Änderung in den Entscheidungen der Verwaltung, festgestellt hat, daß die Gerichte ermächtigt seien, die Entscheidung über das Vorhaben selbst inhaltlich zu überprüfen. Ob NEPA auch eine „inhaltliche" (substantive) Verpflichtung der Verwaltung beinhaltet, die Ergebnisse des EIS bei der Entscheidung über das Vorhaben zu beachten, ist allerdings nach der neuesten Rechtsprechung des U.S. Supreme Court zweifelhaft. Abgesehen davon, daß die gerichtliche Kontrolle der „verfahrensmäßigen" Anforderungen unter NEPA sich von der Überprüfung der „inhaltlichen" Verpflichtungen der Verwaltung nicht immer konsequent auseinanderhalten läßt, haben sich verschiedene Maßstäbe herausgebildet, um die Angemessenheit des von einer Behörde vorbereiteten EIS zu überprüfen 496.

495

470 F.2d 289 (8th Cir. 1972). siehe Bazelon, 5 Harv. Envtl. L. Rev. 209 (1981); Leventhal, 122 U. Pa. L. Rev. 509 (1974); siehe auch die Kontroverse zwischen Bazelon und Leventhal in Ethyl Corp. von EPA, 541 F.2d 1 (D.C. Cir. 1976); Bue, 4 ELR 50148 (1974); Oakes, 52 N. Y. U. L. Rev. 448 (1977) (fur eine eher aktive Rolle der Rechtsprechung); zur Frage, ob gegen das EIS erst nach der Entscheidung über das Vorhaben selbst oder bereits während des Verfahrens der Entscheidungsvorbereitung geklagt werden kann, siehe Stafstrom, 55 U. Colo. L. Rev. 99 (101 ff.) (1983). 496

. Überprüfung durch die Gerichte

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5.3.2. Überprüfung der Angemessenheit des EIS

Die Diskussion, welcher Maßstab der richterlichen Kontrolldichte bei der Prüfung, ob die Behörde ein angemessenes und ausreichendes EIS vorbereitet hat, anzulegen ist, geht teilweise von der zum Administrative Procedure Act (APA) entwickelten Dogmatik aus, teils bringt sie neue Ansätze hervor. Oftmals werden trotz der verschiedenen Ansätze im Ergebnis nur wenig voneinander abweichende Resultate für das Ergebnis der richterlichen Kontrolle erzielt. Für die Ansätze, die davon ausgehen, daß es sich bei der Überprüfung des EIS um eine gemischte Frage von Fakten und Recht handelt, bietet zunächst der § 706 (2) (A) des Administrative Procedure Act (APA) den sog. Maßstab des Ermessensmißbrauchs ("arbitrary and capricious standard") 497 . Unter diesem Maßstab kann ein Gericht die Entscheidung der Verwaltung aufheben, wenn sie "arbitrary, capricious or an abuse of discretion or otherwise not in accordance with law" („willkürlich, leichtfertig, ermessensmißbräuchlich oder sonstwie rechtswidrig") ist. Unter diesem Maßstab wird überprüft, ob die im EIS enthaltenen Ergebnisse willkürlich sind, wobei die Gerichte im einzelnen nachzuprüfen haben ("exercise substantial inquiry") 4 9 8 , ob sich die Schlußfolgerungen der Behörde im Hinblick auf die im EIS vorgelegten Fakten aufrechterhalten lassen499. Der zweite Standard, der sog. substantial evidence test , der sich ebenfalls unter dem Administrative Procedure A c t 5 0 0 herausgebildet hat, erlaubt eine begrenzte inhaltliche Kontrolle des Verwaltungshandelns im Hinblick darauf, ob entsprechende Tatsachen beweisen, daß die Behörde ihren Verpflichtungen unter NEPA gefolgt ist 501 . Unter den dritten Maßstab der richterlichen Kontrolle, dem sog. rational basis standard, der von den Gerichten entwickelt wurde, werden die Entscheidungen der Behörde dahin gehend überprüft, ob die im EIS gefundenen Ergebnisse eine rationale Basis haben und ob dadurch die Politikziele von NEPA erfüllt werden 502 . Viertens, der sog. reasonabless standard, erlaubt den Behörden begrenztes Ermessen; die Erfüllung der Anforderungen in § 102 NEPA bestimmt sich nach der "rule of reason", nach dem Maßstab der Vernunft, und das EIS muß ausreichende Informationen enthalten, um eine vernünftige Diskussion der 497

siehe Mandelker, NEPA, § 3.05. siehe Citizens to Preserve Overton Park ν. Volpe, 401 U.S. 402 (415) (1971). 499 Chelsea Neighborhood Ass'n v. U.S. Postal Service, 516 F.2d 378 (2nd Cir. 1975); EDFv. Armstrong, 487 F.2d 814 (9th Cir. 1973); jedoch liegt die Beweislast - nich nur für den Anscheinsbeweis - bei den Klägern, Association Concerned About Tomorrow, Inc. v. Dole, 610 F.Supp. 1101 (D. Tex. 1985). 500 siehe 5 U.S.C. § 706 (2) (E). 501 Mason County Medical Ass'n v. Knebel, 563 F.2d 256 (8th Cir. 1977); Scenic Hudson Preservation Conference v. FPC, 453 F.2d 463 (2nd Cir. 1972). 502 Nader v. Schlesinger, 609 F.2d 494 (D.C. Cir. 1979). 498

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IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

Umweltauswirkungen zu erlauben und damit eine rationale Entscheidung der Behörde zu ermöglichen 503. Einige Gerichte wenden den strengen Standard der „ex «ovo"-Überprüfung an, mit dem Argument, daß es sich bei der Erfüllung der EIS-Anforderungen unter NEPA um eine Rechtsfrage handele504. Obgleich die Maßstäbe differieren und sich eine einheitliche Linie der Rechtsprechung nicht herausgebildet hat, läßt sich feststellen, daß die gerichtliche Kontrolle bezüglich des Inhalts des EIS in der überwiegenden Mehrheit der Fälle grundsätzlich danach fragt, ob ein EIS zu erstellen war, ob die Behörde alle relevanten Umweltauswirkungen in die Betrachtung einbezogen hat, Alternativen und Ausgleichsmaßnahmen erwogen und alle relevanten Fakten richtig erkannt und abgewogen hat. Die meisten der den verschiedenen Maßstäben zugrundeliegenden Theorien zielen darauf ab, daß die Anforderungen des EIS-Verfahrens so weit wie möglich zu erfüllen sind, damit die Behörde im EIS eine detaillierte Analyse der Umweltauswirkungen vornehmen kann 505 . Trotz der Anwendung verschiedener Theorien der richterlichen Überprüfung des EIS wird materiell kaum ein Unterschied im Ergebnis erzielt 506 . Unstrittig erscheint, daß selbst unter dem weiten Maßstab des Ermessensmißbrauchs der Entscheidungsträger eine rationale und detaillierte Analyse der Umweltauswirkungen des geplanten Vorhabens im EIS vornehmen muß. Unter dieser Prämisse ist sichergestellt, daß die Verwaltung die Anforderungen an das EIS-Verfahren auch bei einem weiten Maßstab der richterlichen Kontrolle erfüllt.

503 Brooks v. Volpe, 380 F.Supp. 1287 (D. Wash. 1974); Sierra Club v. Morton, 510 F.2d 813 (5th Cir. 1975); Citizens for a Better Henderson v. Hödel, 768 F.2d 1051 (9th Cir. 1985); Enos v. Marsh, 616 F.Supp. 32 (D. Hawaii 1984); NRDC v. Marsh, 628 F.Supp. 1557 (D. Ore. 1986); Brist v. U.S. Army Corps of Engineers, 769 F.2d 84 (2nd Cir. 1985). 504 Concord Township v. U.S., 625 F.2d 1068 (3rd Cir. 1980). 505 siehe Karl, 21 Urb. L. Ann. 301 (308 f.)(1981), siehe auch Association Concerned About Tomorrow, Inc. v. Dole, 610 F.Supp. 1101 (1102) (D. Tex. 1985): "Criteria to guide evaluation of the adequacy of the environmental impact statement ... were whether the agency had in good faith objectively taken a hard look at the environmental consequences of proposed action and alternatives, whether the EIS provided details sufficient to allow those not participating in its preparation to understand and consider the pertinent environmental influences involved, and whether the EIS explanation of alternatives was sufficient to permit a reasoned choice among different courses of action."; so auch Van Abbema v. Fornell, 807 F.2d 633 (7th Cir. 1986); Sierra Club v. Froehlke, 816 F.2d 205 (5th Cir. 1987). 306 River Road Alliance, Inc. v. U.S. Army Corps of Engineers, 764 F.2d 445 (7th Cir. 1985); NRDC v. Hödel, 819 F.2d 927 (9th Cir. 1987); siehe Rodgers, S. 742, und Leventhal, 122 U. Pa. L. Rev. 509 (529) (1974), die der Frage des Maßstabes der gerichtlichen Kontrolle wenig Bedeutung zumessen, solange die Behörde die grundlegenden Anforderungen des EISVerfahrens beachtet und ihre Schlußfolgerungen nicht willkürlich sind. In Ausnahmefallen kann das Gericht übrigens seine Schlußfolgerungen auch auf Beweise außerhalb des EIS erstrecken, siehe County of Bergen v. Dole, 620 F.Supp. 1009 (D. N.Y. 1985).

. Überprüfung durch die Gerichte

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5.3.3. Ergebnisse des EIS als Grundlage für die Entscheidung über das Vorhaben selbst?

Das Modell von NEPA, Umweltbelange in die Entscheidungsvorbereitung der Verwaltung einzubeziehen, erhebt konzeptionell den Anspruch, Informationen bereitzustellen, die für die Entscheidung relevant sind. Zwar bezieht sich das EIS zunächst nur auf das Verfahren der Informationsgewinnung; auf der anderen Seite sind diese Informationen nur dann sinnvoll, wenn sie in die Entscheidung selbst einbezogen werden. Ein Konzept, Umweltbelange zwingend zu beachten, steht jedoch im Widerspruch zu der Prämisse, daß dem Entscheidungsträger grundsätzlich Ermessen zusteht, sich zwischen mehreren Möglichkeiten - auch nach anderen Kriterien als umweltpolitischen - entscheiden zu können. Dieser Konflikt ist in NEPA selbst nicht gelöst. Ob NEPA eine inhaltliche Verpflichtung der Behörden im Hinblick auf die Entscheidung über das Vorhaben selbst enthält, die von den Gerichten überprüft und eingefordert werden kann, ist erstmals im Jahre 1970 in der Entscheidung Calvert Cliffs' Coordinating Committee v. AEC 501 diskutiert worden. Ausgehend von der These, die Anforderungen des National Environmental Policy Act in § 102 NEPA seien „so weit wie möglich" zu erfüllen ("to the fullest extent possible"), kommt das Gericht zu dem Schluß, daß die Gerichte prüfen können, ob die Entscheidung der Verwaltung über das Vorhaben selbst die Politikziele von NEPA angemessen berücksichtigt hat, sowie die Hintergründe dieser Entscheidung analysieren dürfen. Um eine angemessene Berücksichtigung von Umweltbelangen sicherzustellen, verlangte das Gericht, daß die Behörde Umweltbelange in "good faith" gegen die technischen und wirtschaftlichen Faktoren analysiert und abgewogen hat. Dementsprechend sei es die Aufgabe des Gerichts, den Entscheidungsprozeß der Verwaltung daraufhin zu überprüfen, ob die in NEPA angeführten Faktoren angemessen berücksichtigt und abgewogen sind. Das Modell, das die Verwaltung verpflichtet, die Ergebnisse des EIS in der Entscheidung selbst zu beachten, wird wesentlich durch rechtliche Argumente eingeschränkt, die die inhaltliche Überprüfung der Entscheidung unter NEPA auf die Prüfung des Ermessensmißbrauchs beschränken. Nach Ansicht des Gerichts kann die Entscheidung auch im Hinblick auf die in § 101 NEPA formulierten Politikziele dann nicht aufgehoben werden, wenn die Abwägung der Vor- und Nachteile des Vorhabens nicht willkürlich ist oder den Um weit belangen nicht offensichtlich unzureichendes Gewicht beimißt. Die Ausführungen in Calvert Cliff s\ obgleich sie darauf hinweisen, daß die ein EIS vorbereitende Behörde inhaltliche Verpflichtungen unter § 101 NEPA besitzt, setzen eher enge Grenzen, bevor eine Entscheidung der Verwaltung unter dem "arbitrary and capricious" Standard aufgehoben wird. Solange die Ent507

449 F.2d 1109 (D.C. Cir. 1971).

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IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

Scheidung der Behörde über das Vorhaben selbst im Hinblick auf die Beachtung von Umweltbelangen nicht willkürlich gewesen ist, kann das Gericht die Entscheidung nicht aufheben. Dieser Standard der gerichtlichen Kontrolle, dem auch andere Gerichte gefolgt sind 508 , wurde aus der Entscheidung des U.S. Supreme Court in Citizens to Preserve Overton Park ν. Volpe 509 gewonnen. Er ermöglicht nur eine begrenzte Kontrolle der Entscheidungen der Verwaltung, da gleichzeitig die grundsätzliche Entscheidungsfreiheit des Verwaltungsträgers anerkannt wird. Zwar verlangt die Entscheidung in Calvert Cliffs' von den Behörden eine "good faith" Abwägung der Umweltbelange gegen wirtschaftliche und technische Überlegungen, impliziert aber, daß die Gerichte die Entscheidung der Behörde nicht aufheben können, solange die Behörde bei der Entscheidung über das Vorhaben selbst in gutem Glauben alle Belange abgewogen hat 5 1 0 . Die Rechtsprechung verlangt damit weder, daß die Verwaltung die die Umwelt am wenigsten belastende Alternative wählt, noch alle möglichen oder erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen ergreift. Der Rückzug auf die - wie im einzelnen auch immer begründete - Prüfung des Ermessensmißbrauchs überläßt der Verwaltung letztlich wieder die endgültige Entscheidung über das Maß umweltschützender Maßnahmen und vertraut damit auf die Rationalität des Verfahrens der Entscheidungsvorbereitung, um umweltschützende Politiken durchzusetzen. Ausgehend von der Annahme in Calvert Cliffs' , daß die das EIS vorbereitende Behörde auch inhaltliche Verpflichtungen unter § 101 NEPA besitzt, ist in Environmental Defense Fund v. U. S. A rmy Corps of Engineers (Gilham Dam)511 die Befugnis der Gerichte zur inhaltlichen Überprüfung der Entscheidung der Verwaltung ausdrücklich anerkannt worden. Jedoch akzeptierte das Gericht auch hier die „Abwägungsprämisse" unter dem Maßstab des Ermessensmißbrauchs ("arbitrary and capricious" Standard), die in Calvert Cliffs' entwickelt wurde und nur eine begrenzte inhaltliche Überprüfung der Verwaltungsentscheidung erlaubt. In diesen frühen Entscheidungen haben fast alle Berufungsgerichte anerkannt, daß die kombinierte Anwendung des Administrative Procedure Act (APA) und des National Environmental Policy Act (NEPA) ausreichend ist, um die inhaltliche Entscheidung der Behörde über das Vorhaben selbst unter den Zielsetzungen des § 101 NEPA zu überprüfen 512. 508 Sierra Club v. Froehlke, 486 F.2d 946 (7th Cir. 1973); EDF v. U.S. Army Corps of Engineers, 470 F.2d 289 (8th Cir. 1972); NRDC v. Morton, 458 F.2d 827 (D.C. Cir. 1972). 509 401 U.S. 402 (1971). 5.0 siehe aber Leventhal, 122 U. Pa. L. Rev. 509 (528) (1974) (Beachtung von Umweltbelangen verlangt mehr als „guten Glauben" der Behörden, der grundsätzlich nicht meßbar ist). 5.1 470 F.2d 289 (298) (8th Cir. 1972) "The unequivocal intent of ΝΕΡΑ is to require agencies to consider and give effect to the environmental goals set forth in the Act, not just to file detailed impact studies which will fill government archives."

. Überprüfung durch die Gerichte

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In der Literatur ist kritisiert worden, daß die in Calvert Cliffs' entwickelte Formel einen eher restriktiven Standpunkt in der Frage einnimmt, ob NEPA die Verwaltung verpflichtet, weniger umweltbelastende Alternativen zu ergreifen oder die bestmöglichen Ausgleichsmaßnahmen durchzuführen. Insbesondere wird kritisiert, daß Entscheidungen der Verwaltung, die z.B. nicht alle möglichen Ausgleichsmaßnahmen enthalten, nicht aufgehoben werden, solange die Entscheidung im Lichte des EIS nicht willkürlich ist und Umweltbelangen ausreichend Gewicht gegeben hat 513 . Angesichts der Unsicherheiten und Schwierigkeiten, die Vor- und Nachteile eines Vorhabens abzuwägen, sowie des Ermessens, das der Verwaltung bei Abwägung von Umweltbelangen gegenüber anderen öffentlichen und privaten Interessen zusteht, ist es in der Praxis unwahrscheinlich, daß ein Gericht tatsächlich zu dem Schluß kommen wird, die von der Behörde vorgenommene Abwägung sei willkürlich und die Entscheidung über das Vorhaben sei aufzuheben. Das gilt nicht zuletzt deshalb, weil der Kläger mehr als einen Anscheinsbeweis dafür erbringen muß, daß die Entscheidung der Behörde willkürlich war 5 ' 4 . Nach dem in der Calvert Cliffs' Entscheidung entwickelten Konzept erfüllt eine Behörde auch dann ihre inhaltlichen Verpflichtungen unter NEPA, obgleich sie nicht, wie in § 101 NEPA vorgesehen, alle durchführbaren Mittel ergriffen hat, um durch das Vorhaben hervorgerufene Umweltverschlechterungen zu verhindern. Die Verpflichtung in § 101 NEPA, alle „durchführbaren Mittel, vereinbar mit anderen wichtigen Überlegungen nationaler Politik anzuwenden, um Verschlechterungen der Umweltbedingungen zu verhindern", verlangt nach seinem Wortlaut jedoch mehr als eine bloße Abwägung aller für die Entscheidung relevanten Gesichtspunkte. Ob allerdings argumentiert werden kann, die in § 101 NEPA enthaltene Formulierung bedeute, bei der Abwägung über das Vorhaben seien Umweltbelange zu bevorzugen, solange nicht ersichtlich ist, daß 5.2 siehe Natural Resources Defense Council, Inc. v. SEC, 636 F.2d 1031,9 ELR 20367 (D.C. Cir. 1979); Conservation Council of North Carolina v. Froehlke, 591 F.2d 1339(4th Cir. 1979); Karlen v. Harris, 590 F.2d 39 (2nd Cir. 1978), rev'd sub nom. Strycker's Bay Neighborhood Council, Inc. v. Karlen, 444 U.S. 223 (1980); Jackson County v. Jones, 571 F.2d 1004 (8th Cir. 1978); Environmental Defense Fund v. TVA, 492 F.2d 466 (6th Cir. 1974); Sierra Club v. Froehlke, 486 F.2d 946 (7th Cir. 1973); Silva v. Lynn, 482 F.2d 1282 (1st Cir. 1973); Warm Springs Dam Task Force v. Gribble, 565 F.2d 544 (9th Cir. 1977); EDFv. U.S. Army Corps of Engineers, 492 F.2d 1123 (5th Cir. 1974); lediglich der 10th Circuit Court vertritt die Ansicht, ΝΕΡΑ enthalte nur verfahrensmäßige Anforderungen, siehe National Helium Corp. v. Morton, 455 F.2d 650 (10th Cir. 1971). 5.3 Note, 88 Harv. L. Rev. 735 (746) (1975); Liebesman, 10 ELR 50039 (50042) (1980); Rodgers, S. 743 "The arbitrary and capricious standard is a rough prescription for protecting executive decision making from encroachment by the judiciary. w ; siehe aber Karl, 21 Urb. L. Ann. 301 (308) (dieser Standard erlaubt weite Überprüfung). 514 siehe Association Concerned About Tomorrow, Inc. v.Dole, 610 F.Supp. 1101 (D. Texas 1985); hat er diesen erbracht, kehrt sich die Beweislast jedoch um, Marcel, 62 Oregon L. Rev. 403 (443) (1983).

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IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

andere Politikziele wichtiger sind, erscheint angesichts des weiten Ermessens der Verwaltung zweifelhaft 515 . Weitergehende Konzepte, die aufgrund der in § 101 NEPA enthaltenen Formulierung davon ausgehen, daß die Behörden bei ihrer Entscheidung die am wenigsten umweltbelastende Alternative zu wählen bzw. die nach dem Stand der Technik optimalen Ausgleichsmaßnahmen durchzuführen haben 516 , stehen mit der grundsätzlichen Entscheidungsfreiheit des Entscheidungsträgers im Widerspruch. Diese weitergehenden Ansätze wurden auch von den Berufungsgerichten, die eine inhaltliche Verpflichtung der Behörden unter NEPA anerkennen, nicht geteilt. Der Widerspruch zwischen den inhaltlichen Verpflichtungen der Verwaltung, Umweltbelange zu beachten, und der Anerkennung einer grundsätzlichen Entscheidungsfreiheit des Verwaltungsträgers ist im Prinzip nicht auflösbar. In der Rechtsprechung des Supreme Court wurde dieser konzeptionelle Konflikt unter NEPA zugunsten der Entscheidungsfreiheit der Verwaltung gelöst. Im übrigen wurde die Annahme, daß NEPA auch inhaltliche Verpflichtungen für die Entscheidungen der Verwaltung mit sich bringt, von dem U.S. Supreme Court in späteren Entscheidungen modifiziert. Zur Debatte stand in Kleppe v. Sierra Club 517 zwar nur die Frage, ob und wann ein EIS erforderlich ist. Der Supreme Court setzte sich aber in einer Fußnote 518 mit der Rolle der Gerichte bei der Überprüfung des EIS auseinander. Er kam zu dem Schluß, daß die Gerichte bei der Überprüfung des EIS nicht ihr Urteil an die Stelle des der Behörde setzen dürften. Nach der Auffassung des Supreme Court in Kleppe besteht die Aufgabe der gerichtlichen Überprüfung allein darin, sicherzustellen, daß die Behörden den Umweltbelangen genaue Beachtung ("gave a hard look") geschenkt sowie die Konsequenzen des Vorhabens auf die Umwelt ernsthaft abgewogen haben, bevor sie eine Entscheidung über das Vorhaben treffen. Ganz in diesem Sinne kam der Supreme Court in Vermont Yankee Nuclear Power Cooperation v. NRDC 519, einem Fall, der sich mit der rule-making procedure der Atomic Energy Commission beschäftigte, beiläufig zu dem Ergebnis, daß, obgleich NEPA inhaltliche umweltschützende Politikziele vorgibt, die Verpflichtung der Behörden grundsätzlich verfahrensmäßig ("procedural") ist. Die Überprüfung der Entscheidung der Behörde durch die Gerichte sei darauf beschränkt, sicherzustellen, daß die Entscheidungen "fully informed and well considered" („voll informiert und gut überlegt") sind. Abgesehen 515

Rodgers, S. 748. Note, 88 Harv. L. Rev. 735 (756) (1975); Liebesman, 10 ELR 50035 (50043) (1980). 5,7 427 U.S. 390 (1978); für die Entwicklung der "hard look" Doktrin und ihre Bedeutung fur die gerichtliche Überprüfung von Verwaltungsentscheidungen, siehe Marcel, 62 Oregon L. Rev. 403 (443 ff.) (1983). 518 427 U.S. 390 (410, Fn. 21) (1978). 519 435 U.S. 519 (1978). 516

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davon, daß "fully informed" in Vermont Yankee den Standard des "hard look" in Kleppe abgeschwächt hat, kamen beide Entscheidungen zu dem Ergebnis, daß sich die gerichtliche Überprüfung nur auf die „verfahrensmäßigen" Verpflichtungen unter NEPA bezieht. Ausführlicher mit der Frage, ob die gerichtliche Kontrolle unter NEPA auf den Inhalt des EIS beschränkt ist oder auch die Entscheidung der Behörde über das Vorhaben selbst umfaßt, hat sich der U.S. Supreme Court in Strycker's Bay Neighborhood Council ν. Karlen 520 befaßt. In einer vorausgegangenen Entscheidung hatte der Court of Appeals 521 das Department of Housing and Urban Development (HUD) angewiesen, bei der Abwägung über die Genehmigung eines Stadterneuerungsvorhabens in New York Umweltbelange anderen Faktoren vorzuziehen. Im Gegensatz zu der Entscheidung des Berufungsgerichts fand der U.S. Supreme Court, daß die gerichtliche Überprüfung sich darauf zu beschränken hat, ob die Entscheidung Umweltfaktoren „überlegt" ("considered") hat. Das Gericht bestätigte seine Entscheidung in Vermont Yankee, daß die Verpflichtungen der Verwaltung von NEPA grundsätzlich verfahrensmäßig sind. NEPA erfordere nicht, daß die Behörde Umweltbelangen gegenüber anderen Belangen bei der Entscheidung über das Vorhaben selbst den Vorzug gebe. Insbesondere, so schränkte der U.S. Supreme Court ausdrücklich ein, dürften die Gerichte Entscheidungen der Behörde nicht deshalb aufheben, weil sie deren Ergebnisse unbefriedigend fanden. „Wenn die Behörde eine Entscheidung getroffen und dabei die Verfahrensanforderungen von NEPA erfüllt hat, bleibt dem Gericht nur die Aufgabe, zu überprüfen, ob die Behörde die Umweltfolgen einbezogen hat. Das Gericht kann nicht in das der Verwaltung zustehende Ermessen eingreifen, welche Entscheidung zu treffen ist. In dem hier vorliegenden Verfahren besteht kein Zweifel, daß H U D die Umweltfolgen seiner Entscheidung, das geplante Wohnungsbauvorhaben zu verlagern, einbezogen hat. NEPA verlangt nicht mehr 522 . 44

Nimmt man die Kriterien des Supreme Court ernst, so wird man finden, daß sie nur wenig Offenbarung über den Maßstab der gerichtlichen Kontrolle unter NEPA geben. Weder definiert die Entscheidung die Grenze, bis zu welcher die Behörde Umweltbelange zu „überlegen" ("considered") hat, noch diskutiert das Urteil die Vor- und Nachteile der zuvor entwickelten und erwähnten Standards für die gerichtliche Kontrolle von Verwaltungsentscheidungen 523.

520

444 U.S. 223 (1980). Karlen v. Harris 590 F.2d 39 (2nd Cir. 1979); zu der Vorgeschichte der Entscheidung, Karl, 21 Urb. L. Ann. 301 (302 ff.) (1981). 522 444 U.S. 223 (227) (1980). 523 siehe auch die dissenting opinion von Justice Marshall, 444 U.S. S. 229 f. (1980), der kritisiert, daß die Mehrheit bei ihrer Entscheidung hinter dem "arbitrary and capricious" Standard des Adminstrative Procedure Act zurückfallt; für eine ausfuhrliche Diskussion der Entscheidung und die Rolle des U.S. Supreme Court in Umweltfragen, siehe Goldsmith, Banks, 7 Harv. Envtl. L. Rev. 1 (7 ff.) (1983). 521

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IV. Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene

Auch die nachfolgende Entscheidung des U.S. Supreme Court in Baltimore Electric and Gas Company v. NRDC 524 hat nicht mehr Klarheit gebracht. Einerseits kehrt der Supreme Court zu dem strengeren Standard des "hard look" unter der Ä7e/?/?e-Entscheidung zurück und verlangt, daß die Entscheidung der Behörde nicht „willkürlich" ist, andererseits beschränkt er die Frage der gerichtlichen Überprüfung darauf, ob die Behörde Umweltbelange angemessen „überlegt" und dargelegt hat. Daraus ist geschlossen worden, daß die Entscheidung der Behörde über das Vorhaben selbst grundsätzlich inhaltlich unter dem Standard des Ermessensmißbrauchs überprüft werden kann. Diese Überprüfung schließt auch die Frage ein, ob der Entscheidungsträger alle relevanten Belange berücksichtigt hat und die Entscheidung der Behörde vernünftig war 525 . Doch kann sich letztlich der Standard der gerichtlichen Kontrolle erst dann herausstellen, wenn die Gerichte die Leerformel des Supreme Court, die Behörde habe bei ihren Entscheidungen die Umweltauswirkungen zu „überlegen", ausgefüllt haben 526 . Aus einigen neueren Entscheidungen läßt sich ersehen, daß die Gerichte sich nicht unbedingt an den engen Rahmen, der durch die Entscheidung des Supreme Court in Strycker's Bay vorgegeben wurde, halten 527 . Im übrigen ist grundsätzlich die Frage aufzuwerfen, ob die Ziele von NEPA gefördert werden, wenn die Gerichte die Entscheidung der Behörde über das Vorhaben selbst inhaltlich überprüfen. Unter der "hard look"-Doktrin des U.S. Supreme Court überprüfen die Gerichte, ob die Schlußfolgerungen der Behörde durch Beweise und Tatsachen gestützt werden 528 . Damit wird sichergestellt, daß die Verwaltung die Ergebnisse des EIS bei der Entscheidung über die Maßnahme 524 103 S.Ct. 2246 (2253) (1983) "Congress in enacting ΝΕΡΑ, however did not require agencies to elevate environmental concerns over other appropriate decisions. Rather, it required only that the agency take a 'hard look* at the environmental consequences before takingt a major action. The role of the courts is simply to ensure that the agency has adequately considered and disclosed the environmental impacts of its action and that its decision is not arbitrary or capricious." 525 Weinstein, 36 Syracuse L. Rev. 837 (874) (1985). 526 siehe auch CEQ, Environmental Quality, 10th Annual Report 1980, S. 376; Liebesman, 10 ELR 50039 (50044) (1980) (Strycker's Bay schließt Überprüfung der Entscheidung unter dem "arbitrary and capricious* Standard nicht aus). 527 siehe Citizens for Mass Transit v. Adams, 630 F.2d 309 (5th Cir. 1980); Aersten v. Landrieu,488 F.Supp. 314(D. Mass. 1980), afFd 637 F.2d 12(lstCir. 1980)(reasonedchoice); Ashwood Manor Civic Ass'n. v. Dole, 619 F.Supp. 52 (D. Pa. 1985) (Gericht überprüft, ob Behörde Entscheidung "fully informed" und "well considered" getroffen hat); Oregon Natural Resources Council, Inc. v. Marsh, 628 F.Supp. 1557 (D. Ore. 1986) (Entscheidung ist aufzuheben, wenn Behörde nicht Umweltbelangen einen "hard look" gegeben hat); Sierra Club v. U.S. Army Corps of Engineers, 772 F.2d 1043 (2nd Cir. 1985) (Wenn der Entscheidungsträger NEPA in "good faith" erfüllt hat, kann das Gericht Entscheidung über das Vorhaben nicht aufheben); Manasota-88, Inc. v. Thomas, 799 F.2d 687 (1 Ith Cir. 1986) (Gericht überprüft, ob Umweltfolgen angemessen aufgezeigt sind und Entscheidung nicht willkürlich ist); es wird auch darauf hingewiesen, daß die district courts seit der Strycker's ^^-Entscheidung die Verpflichtung der Verwaltung unter NEPA mit weniger Interesse überprüfen, Goldsmith, Banks, 7 Harv. Envtl. L. Rev. 1 (5) (1983), Murchison, 18 U. Rich. L. Rev. 557 (602) (1984). 528 Marcel, 62 Oregon L. Rev. 403 (433) (1983).

. Überprüfung durch die Gerichte

223

selbst nicht vollständig vernachlässigt. Umweltpolitisch kontroverse Vorhaben fordern in der Regel eine Abwägung zwischen verschiedenen, miteinander konkurrierenden Belangen. Ein Grund, warum die Rechtsprechung diese Abwägung inhaltlich nicht nachprüft, besteht in der Ambivalenz der meisten Umweltgesetze. Bei NEPA z.B. wollte der Congress sowohl ökonomische wie umweltpolitische Belange schützen, ohne für den Einzelfall zu bestimmen, welches Interesse überwiegt. Solange NEPA keine Kriterien vorgibt, nach denen die Entscheidung der Verwaltung über das Vorhaben selbst zu treffen ist, sondern versucht, durch ein weit definiertes umweltpolitisches Mandat das Verfahren der Entscheidungsvorbereitung zu verbessern, kann die Rolle der Rechtsprechung nur darauf begrenzt sein, sicherzustellen, daß der Entscheidungsträger die im EIS enthaltenen Umwelterwägungen bei der Entscheidung über das Vorhaben nicht willkürlich ignoriert 529 . Angesichts der Tatsache, daß sich das Verfahren unter NEPA in der Verwaltung weitgehend durchgesetzt hat 5 3 0 , scheint die gerichtliche Überprüfung der verfahrensmäßigen Anforderungen des UVP-Verfahrens ausreichend gewesen zu sein. Inwieweit das EIS-Verfahren unter NEPA auch inhaltlich das Entscheidungsverhalten der Verwaltung geändert hat, läßt sich mangels umfassender empirischer Daten jedoch nicht beantworten 531 . Da aber durch die Rechtsprechung sichergestellt wird, daß der Entscheidungsträger die Ergebnisse des EIS bei seiner Entscheidung nicht willkürlich ignoriert, erscheint es nicht notwendig, die gerichtliche Kontrolle in dieser Frage zu erweitern, zumal die Gerichte dann in den originär der Exekutive zustehenden Entscheidungsbereich eingreifen würden.

529 siehe auch Weinstein, 36 Syracuse L. Rev. 837 (882) (1985); Marcel, 62 Oregon L. Rev. 403 (463) (1983) (Gerichte sollten nicht in umweltpolitische Ermessensentscheidungen der Verwaltung eingreifen, jedoch Schlußfolgerungen hinterfragen); Holland, 12 B. C. Envtl. Äff. L. Rev. 743 (787) (1985) (ΝΕΡΑ ist um Kriterien zu erweitern, die die Aufgaben der Verwaltung in bezug auf Umweltbelange näher bestimmen). 530 Taylor, S. 150; Wichelmann, 16 Nat. Res. J. 263 (301) (1976); Mandelker, ΝΕΡΑ, § 11; siehe aber Cortner, 16 Nat. Res. J. 323 (337) (1976) (Verwaltung erfüllt NEPA nur soweit, wie die Gerichte sie dazu zwingen). 531 Andrews, 16 Nat. Res. J. 301 (321) (1976) (UVP-Verfahren bringt keine inhaltlichen Änderungen in Entscheidungsverhalten); Hill, Ortolano, 18 Nat. Res. J. 285 (1978) (Einbeziehung von Alternativen bewirkt keine wirkliche Veränderung in der Entscheidung); siehe auch Sax, 26 Okla. L. Rev. 239 (1973); Bardach, Pugliaresi, 49 Public Interest 22 (1979), Fairfax, 199 Science 743 (1978); positiv: Wichelman, 16 Nat. Res. J. 263 (1976); Andrews, 16 Nat. Res. J. 301 (1976); Liroff, S. 21 ff.; Taylor, S. 150 ff.; Note, 88 Yale L. J. 596 (611) (1979); Kent, Pendergrass, 5 Temp. Envtl. L. + Tech. J. 324 (1986).

V. Umweltverträglichkeitspriifting und räumliche Nutzung in Kalifornien 1. Regelung der Umweltverträglichkeitspriifung auf der Ebene der Einzelstaaten Wie die Untersuchung der Umweltverträglichkeitsprüfung auf der Bundesebene gezeigt hat, ist die Umweltverträglichkeitsprüfung unter NEPA nur begrenzt in der Lage, Umweltbelange in räumliche Entscheidungen zu integrieren. Dagegen kann sie einen Beitrag zur Lösung komplexer Verwaltungsentscheidungen leisten. Da die Umweltverträglichkeitsprüfung unter NEPA nur einen beschränkten Anwendungsbereich besitzt, fallen zahlreiche räumliche Planungen oder Entscheidungen über räumliche Nutzungen nicht unter das EIS-Verfahren. Gleichzeitig ist, obgleich Vorhaben oder Maßnahmen der Bundesverwaltung häufig auch räumliche Auswirkungen mit sich bringen - bis auf wenige Ausnahmen - , die Bundesverwaltung nicht zu räumlicher Planung berechtigt. Die meisten Entscheidungen über räumliche Nutzungen fallen in den Hoheitsbereich der einzelnen Bundesstaaten oder sind unter der allgemeinen Polizeigewalt der Einzelstaaten an die lokalen Gebietskörperschaften delegiert. Insoweit gewinnt die Umweltverträglichkeitspriifung auf der Ebene der Einzelstaaten für die Integration von Umweltbelangen in raumbedeutsame Entscheidungen besondere Bedeutung. Fünfzehn Bundesstaaten sind dem Beispiel der Bundesebene gefolgt und haben Gesetze erlassen, die eine Umweltverträglichkeitspriifung bei bestimmten Vorhaben oder Maßnahmen vorsehen 1. Ähnlich wie NEPA erfordern die meisten "little NEPAs" 2 grundsätzlich, daß die Behörden des jeweiligen Bundesstaates eine Umweltverträglichkeitspriifung vorbereiten, wenn das vorgeschlagene Vorhaben nachteilige Folgen für die Umwelt mit sich bringen könnte. 1 California, Cai. Pub. Res. Code, §§ 21000ff.; Connecticut, Conn. Gen. Stat., §§ 22a-1 ff.; Hawaii, Hawaii Rev. Stat., §§ 343-1; Indiana, Ind. Code Ann., §§ 13-1-10-1 ff.; Maryland, Md. Nat. Res. Code Ann., §§ 1-300 ff.; Massachusetts, Mass. Gen. Laws Ann., Ch. 30, §§61 ff.; Minnesota, Minn. Stat. Ann., §§ 116 D.Ol ff.; Montana, Mont. Code Ann., §§ 75-1-101; New York, N.Y. Envtl. Conserv. Law, §§ 8-0101 ff.; North Carolina, N.C. Gen. Stat., § 113A-1; Pennsylvania, P. R. Law Ann., §§ 39A-£-l ff.; Virginia, Va. Code, §§ 3.1 ff.; Washington, Wash. Res. Code, §§ 43.21 C.010 ff.; Wisconsin, Wis. Stat. Ann., § 1.11; ausführlich Mandelker, NEPA, § 12.02. 2 Mandelker, NEPA, § 12.1.

1. Regelungen der Einzelstaaten

225

Dabei kann jedoch, je nach dem wie die gesetzlichen Voraussetzungen gestaltet sind, die Vorbereitung einer UVP nicht nur bei Vorhaben der Landesbehörden, sondern auch für Maßnahmen der lokalen Gebietskörperschaften oder privater Dritter erforderlich sein3. Im letzten Fall bezieht sich die Umweltverträglichkeitsprüfung auf bestimmte Planungen für und Entscheidungen über die räumliche Nutzung in der jeweiligen kommunalen Gebietskörperschaft und erweitert den Anwendungsbereich der Umweltverträglichkeitsprüfung in dieser Hinsicht beträchtlich. Im wesentlichen sind hier drei Fallgruppen zu unterscheiden: Erstens Vorhaben, die in den Aufgabenbereich der Gemeinde fallen, z.B. öffentliche Infrastruktur bereitzustellen. Die Vorbereitung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für diese Vorhaben ist nicht weiter kontrovers und beschränkt sich im wesentlichen auf die Frage, ob die geplante Maßnahme, z.B. der Bau eines Abwasserkanals, Straße oder Schule, nachteilige Folgen für die Umwelt hat. Die zweite Fallgruppe bezieht sich auf die räumliche Planung der Gemeinde. Diese kann die Vorbereitung von Flächennutzungs- oder Bebauungsplänen umfassen, die die räumlichen Nutzungen, ihre Verteilung und Intensität - theoretisch ohne Berücksichtigung von einzelnen (privaten) Vorhaben - entscheiden. Darunter kann auch die Eingemeindung von Gebieten fallen, die häufig ein erster Schritt für eine räumliche Entwicklung dieser Gebiete darstellt. Räumlichen Planungen ähnlich sind die Entscheidungen über Ausnahmen und Befreiungen von den Festsetzungen eines Planes, da sie - obgleich in der Praxis häufig vernachlässigt - den allgemeinen, in der Planung niedergelegten Zielen und Regeln entsprechen müssen4. Die dritte Fallgruppe schließlich umfaßt die Genehmigung von einzelnen oder mehreren Vorhaben Dritter, einschließlich Baugenehmigungen, etc. Im Unterschied zu den zuvor genannten Fallgruppen werden hier die grundsätzlichen Politiken der räumlichen Planung der kommunalen Gebietskörperschaft nicht in Frage gestellt, sondern es geht um die Entscheidung über bestimmte räumliche Vorhaben, die die in den Planungen getroffenen allgemeinen Entscheidungen über die räumliche Nutzung für das betroffene Gebiet zu berücksichtigen haben. Während die Anwendung einer Umweltverträglichkeitsprüfung auf räumliche Planungen und Entscheidungen über räumliche Nutzung auf der lokalen Ebene als sinnvolle Ergänzung des Planungs- und Genehmigungsverfahrens bezeichnet wurde 5 , ist dieses Konzept auch auf Kritik gestoßen6. Gegen das 3 Die gesetzlichen Regelungen der UVP in den einzelnen Bundesstaaten unterscheiden sich teilweise erheblich, siehe Pearlman, 43 API Journal 42 (47 ff.) (1977); Mandelker, NEPA, § 12.2. - 12.26; Grad, § 9.08. Die Untersuchung wird sich auf Kalifornien konzentrieren, da dort die Planungs- und Umweltgesetzgebung als besonders fortschrittlich gilt und das UVPVerfahren weiter entwickelt ist als in den meisten anderen Bundesstaaten, siehe Selmi, 18 U. C. Davis L. Rev. 197 (1984). 4 Elrod, 31 De Paul L. Rev. 679 (712 ff.) (1982).

15 Mezger

226

V. Umweltverträglichkeitsprfung

afnen

Konzept einer Umweltverträglichkeitspriifung bei räumlichen Planungen auf der lokalen Ebene wird in erster Linie eingewandt, daß es sinnvoller sei, Umweltbelange im räumlichen Planungsverfahren selbst stärker zu berücksichtigen. Dieser Einwand verkennt jedoch die strukturellen Unterschiede zwischen dem räumlichen Planungsverfahren und dem UVP-Verfahren. Wenn sich auch teilweise inhaltliche Konvergenzen zwischen räumlichen Planungsverfahren und Umweltverträglichkeitspriifung ergeben, so ist doch die Zielrichtung beider Verfahren unterschiedlich. Während das räumliche Planungsverfahren durch Abwägung aller in Betracht kommenden Belange und Interessen die unter Allgemeinwohlgesichtspunkten beste Lösung sucht, stellt die Umweltverträglichkeitsprüfung auf ein bereichsspezifisches Ziel, nämlich die Berücksichtigung von Umweltbelangen, ab. Gerade weil die räumliche Planung diese bereichsspezifischen Belange tendenziell vernachlässigt, erscheint es notwendig, diesen Mangel durch ein eigenes Verfahren zu kompensieren. Hinzu kommt, daß räumliche Planung die Abwägung verschiedener Belange beinhaltet, die Umweltbelangen nicht notwendigerweise Vorrang vor anderen Erwägungen einräumt. Ebensowenig wird verlangt, daß die Gemeinde unter Umweltgesichtspunkten überlegene Alternativen berücksichtigt oder über Ausgleichsmaßnahmen nachdenkt. Eine dementsprechende Verpflichtung der Gemeinde würde mit anderen - ebenso legitimen - Planungszielen kollidieren. Das UVP-Verfahren im Bereich der räumlichen Planungen und Entscheidungen wird auch deshalb kritisiert, weil das UVP-Verfahren einen Rückschritt in ordnungsrechtliche Konzeptionen bedeute, nämlich eine mögliche störende Nutzung im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit der vorhandenen Umwelt zu überprüfen. Gerade dieser Aspekt wäre besser durch eine vorausschauende und umfassende räumliche Planung abgedeckt. Schließlich handele es sich bei dem UVP-Verfahren um eine nicht notwendige Wiederholung von bereits im Planungsverfahren vorgenommenen Prüfungen 7. Diese Kritik übersieht, daß die Konzeptionen beider Verfahren - trotz teilweiser Konvergenz - unterschiedlich und nicht austauschbar sind. Während im Planungsverfahren unter Berücksichtigung aller relevanten Belange - einschließlich der Umweltbelange - die grundsätzlichen Ziele und Leitlinien für die räumliche Nutzung festgelegt werden, ist die Umweltverträglichkeitspriifung kein Planungsverfahren, sondern ein Verfahren zur Entscheidungsvorbereitung. Insoweit betrachtet die Umweltverträglichkeitspriifung den fertigen Plan und analysiert seine Auswirkungen auf die Umwelt. Diese Unterscheidung erscheint deshalb sinnvoll, weil die planende Behörde im Planungsverfahren zwischen zahlreichen Belangen abzuwägen hat und diese Abwägung im Ergebnis durch5 Pearlman, 43 API Journal 42 (49) (1977); siehe auch Rodgers, S. 811; Anderson, Mandelker, Tarlock, S. 789. 6 Hagman, 7 Urb. L. Ann. 3 (45 ff.) (1977); Kmiec, 130 U. Pa. L. Rev. 28 (33) (1981). 7 Hagman, 7 Urb. L. Ann. 3 (49 ff.) (1974); Kmiec, 130 U. Pa. L. Rev. 28(33) (1981).

1. Regelungen der Einzelstaaten

227

aus zu einem "trade off" mit Umweltbelangen führen kann. Ist die planende Behörde in dieser Abwägung zu einem Ergebnis gekommen, d.h. hat sie einen Plan erstellt, so fällt der Umweltverträglichkeitsprüfung die Aufgabe zu, diesen Plan einschließlich des Ergebnisses der Abwägung im Hinblick auf die Umweltbelange zu überprüfen. Dieses zweistufige Verfahren führt nicht zu einer geringeren Berücksichtigung von Umweltbelangen im Planungsverfahren. Im Gegenteil - , da die Umweltverträglichkeitsprüfung den Entscheidungsvorschlag der Behörde auf seine Umweltauswirkungen überprüft, besteht ein beträchtlicher Anreiz für die Verwaltung, Umweltbelange rechtzeitig und umfassend in den Planungsprozeß einzubeziehen, um zu einem möglichst positiven Ergebnis bei der Umweltverträglichkeitsprüfung zu kommen. Da Bedeutung und Stellenwert von Umweltbelangen bei der Umweltverträglichkeitsprüfung und im Planungsverfahren unterschiedlich sind, handelt es sich auch nicht um eine Verdoppelung der bereits im Planungsprozeß vorgenommenen Analysen. Ein gewisser ordnungsrechtlicher Charakter, nämlich die Prüfung, wie ein Vorhaben sich auf die Umwelt auswirkt, weil es sich nicht in die Umgebung einfügt oder sonstwie mit der vorhandenen Umgebung aus Umweltgründen unvereinbar ist, anstatt, wie das Planungsverfahren, die Umgebung selbst zu definieren, ist ein wesentliches Merkmal der Umweltverträglichkeitsprüfung. Gleichzeitig trägt die Umweltverträglichkeitsprüfung dem umweltbezogenen Vorsorgeprinzip Rechnung, da bereits bei der Vorbereitung der Entscheidung Überlegungen anzustellen sind, nachteilige Umweltauswirkungen möglichst gering zu halten. Schließlich erscheint die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung auch bei der dritten Fallgruppe, der Genehmigung von einzelnen Vorhaben, sinnvoll. Obwohl in manchen Fällen bereits eine Umweltverträglichkeitsprüfung für den der Genehmigung des Einzelvorhabens zugrundeliegenden allgemeinen Plan vorbereitet worden sein kann, ist eine weitere UVP für die nachfolgende Genehmigung einzelner Vorhaben aus folgenden Gründen notwendig: Zunächst können weder in dem allgemeinen Plan noch in der dafür zu erstellenden UVP sämtliche Auswirkungen des einzelnen Vorhabens mit ihren tatsächlichen Folgen vorausgesehen werden. Auch ist es erforderlich, Ausgleichsmaßnahmen und Alternativen konkret für das einzelne Vorhaben zu entwickeln, während die UVP für den Gesamtplan Umweltauswirkungen, Alternativen und Ausgleichsmaßnahmen aus der Perspektive der Gesamtplanung analysiert, die notwendigerweise allgemein bleiben muß und sich nicht auf konkrete Vorhaben beziehen kann. Dem Einwand, die UVP wiederhole für das Einzelvorhaben nicht notwendige Untersuchungen, da diese bereits für die Gesamtplanung vorgenommen wurden, kann dadurch begegnet werden, daß die entsprechenden Analysen zur Umweltverträglichkeit, die bereits für die Gesamtplanung erstellt wurden, in die anschließend für das einzelne Vorhaben zu erarbeitende UVP übernommen werden.

15*

228

V. U m welt Verträglichkeitsprüfung in Kalifornien

2. Die Umweltverträglichkeitspriifung unter dem California Environmental Quality Act (CEQA) Der im Jahre 1970 verabschiedete California Environmental Quality Act (CEQA) 8 hat - ähnlich wie NEPA - zunächst ganz allgemein zum Ziel, daß die Behörden, sowohl auf Landesebene als auch auf der Ebene der lokalen Gebietskörperschaften, die Auswirkungen der von ihnen durchzuführenden oder zu genehmigenden Maßnahmen auf die Umwelt in ihren Entscheidungsprozeß einbeziehen. Daneben ist es die Intention des Gesetzes, nicht allein den Entscheidungsträger, sondern auch die Öffentlichkeit über die Umweltfolgen der vorgeschlagenen Maßnahme zu informieren. Ausgehend von der Prämisse, daß Umweltbelange häufig deshalb nicht in Entscheidungsprozesse einbezogen werden, weil sie nicht einschätzbar oder quantifizierbar sind, verlangt das Gesetz, Methoden zu entwickeln, um nachteilige Umweltfolgen zu verhindern oder zu verringern. Der CEQA geht aber noch einen Schritt weiter als NEPA und stellt nicht nur auf das Verfahren der Entscheidungsvorbereitung ab, sondern bezieht auch die Entscheidung selbst in seine umweltpolitischen Absichtserklärungen ein. Vermeidbare Umweltschäden sollen durch Änderung des Vorhabens oder Ausgleichsmaßnahmen vermindert werden. Schließlich ist die Verwaltung verpflichtet zu begründen, aus welchen Erwägungen eine Maßnahme trotz nachteiliger Umweltfolgen durchgeführt wird. Das Gesetz enthält zudem eine Erklärung umweltpolitischer Ziele 9 , die neben wirtschaftlichen Belangen ökologische Werte als leitendes Kriterium für die Entscheidungen der Verwaltung betont.

8

Cai. Pub. Res. Code, §§ 21000 ff. Cai. Pub. Res. Code, §§ 21000, 21001. § 21000: „(a) Der Erhalt der Qualität der Umwelt in diesem Staat jetzt und für die Zukunft ist eine Angelegenheit des gesamten Staates; (b) es ist notwendig, eine Umwelt von hoher Qualität zu erhalten, ... (g) es ist die Absicht des Gesetzgebers, daß alle Behörden, die Aktivitäten von privaten Individuen, Wirtschaftssubjekten und Behörden, die die Umwelt berühren, in einer Weise regeln, die dem Umweltschutz größere Bedeutung gibt, unter Berücksichtigung von angemessenen Wohnmöglichkeiten und zufriedenstellenden Umweltbedingungen für alle Bürger." § 21101: „...es ist die Politik des Staates: ... (d) sicherzustellen, daß der langfristige Schutz der Umwelt, vereinbar mit angemessenen Wohnmöglichkeiten und angemessener Umwelt für alle Bürger Kaliforniens, leitendes Kriterium für öffentliche Entscheidungen ist,... (e) Bedingungen zu erhalten und zu schaffen, unter denen Mensch und Umwelt in produktiver Harmonie existieren können, um die sozialen und wirtschaftlichen Bedürfnisse gegenwärtiger und zukünftiger Generationen zu erfüllen,... (g) von allen Behörden zu fordern, qualitative Überlegungen ebenso wie ökonomische und technische Faktoren und langzeitige Kosten und Nutzen zusätzlich zu kurzfristigen Kosten und Nutzen zu betrachten und Alternativen zu Vorhaben, die sich auf die Umwelt auswirken, zu überlegen." 9

2. California Environmental Quality Act (CEQA)

229

Vorsorgebezogene Grundsätze der Umweltpolitik können aber nur dann erfolgreich durchgesetzt werden, wenn sie auch Instrumente bereitstellen, mit denen diese Ziele umgesetzt werden können. Als Herz 10 enthält der CEQA daher die Verpflichtung der Landesbehörden und lokalen Gebietskörperschaften, eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorzubereiten, wenn ein von ihnen zu genehmigendes oder durchzuführendes Vorhaben signifikante nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt mit sich bringt 11 . Die Umweltverträglichkeitsprüfung, im folgenden als Environmental Impact Report (EIR) bezeichnet, ist ähnlich wie das EIS unter NEPA konzipiert und muß nach dem Gesetzeswortlaut folgende Fragen diskutieren: „(a) die signifikanten Umweltauswirkungen des Vorhabens; (b) nachteilige Umweltauswirkungen, die nicht vermieden werden können, wenn das Vorhaben durchgeführt wird; (c) Ausgleichsmaßnahmen, um signifikante Umweltauswirkungen zu verringern, einschließlich, aber nicht begrenzt auf Maßnahmen, um verschwenderischen und nicht notwendigen Verbrauch von Energie zu reduzieren; (d) Alternativen zu der vorgeschlagenen Maßnahme; (e) die Beziehung zwischen den lokalen kurzfristigen Nutzungen der menschlichen Umwelt und der Bewahrung und Verbesserung der langfristigen Produktivität; (0 alle unwiderruflichen Veränderungen der Umwelt, die durch das Vorhaben hervorgerufen werden können; (g) die Folgen des Vorhabens für mögliches Wachstum 12 ."

2.1. Weiterentwicklung des California Environmental Quality Act (CEQA) seit seiner Verabschiedung Ohne im einzelnen die Gründe aufzeigen zu können, ist festzustellen, daß während NEPA seit seinem Erlaß im Jahre 1969 im wesentlichen unverändert geblieben ist - der CEQA seit seiner Verabschiedung durch zahlreiche, teilweise inhaltlich bedeutende Veränderungen gegangen ist 13 . Die wohl wichtigste Veränderung des CEQA erfolgte kurz nach seiner Verabschiedung im Jahre 1972. Der California Supreme Court hatte in seiner Entscheidung Friends of Mammoth v. Board of Supervisors 1* entgegen dem damaligen 10

Inyo County v. City of Los Angeles, 139 Cal. Rptr. 396 (401) (C.A. 1977). Cal. Pub. Bes. Code, §§ 21100 ff. 12 Cai. Pub. Res. Code, § 21100 (a) - (g). 13 Der CEQA ist bisher in jedem Jahr geändert worden. Zur Diskussion der Entwicklung des Gesetzes und seiner Veränderungen siehe Hagman, 7 Urb. L. Ann. 3 (5 ff.) (1974); Pridgeon, Anderson, Delphey, 2 Harv. Envtl. L. Rev. 419 (421 ff.)(1977); Selmi, 18 U. C. Davis L. Rev. 197 (198 f.) (1984). 14 104 Cal. Rptr. 761 (S.Ct. 1972). 11

230

V. Umweltverträglichkeitsprfung

afnen

Wortlaut des CEQA, der eine Vorbereitung eines EIR nur für Vorhaben vorsah, die eine Behörde „duchführt" I 5 , ein EIR auch für Vorhaben von privaten Dritten verlangt, wenn sie der Genehmigung einer Landesbehörde oder kommunalen Gebietskörperschaft bedürfen. In Umsetzung der Entscheidung des California Supreme Court änderte der Gesetzgeber den CEQA dahin gehend, daß nunmehr auch für Vorhaben von Dritten, die eine behördliche Genehmigung benötigen, ein EIR vorzubereiten ist 16 . Mit dieser Änderung können neben räumlichen Planungen auf gemeindlicher Ebene auch einzelne raumbedeutsame Vorhaben Dritter dem EIR-Verfahren unterworfen sein17. Damit wurde der Anwendungsbereich der UVP in Kalifornien beträchtlich erweitert. Zahlreiche Änderungen des CEQA wurden deshalb vorgenommen, um gerichtliche Entscheidungen zu kodifizieren oder, in anderen Fällen, weite richterliche Interpretationen des Anwendungsbereichs des CEQA ausdrücklich gesetzlich einzuschränken 18. Spätere Änderungen, u.a. in den Jahren 1976,1977 und 1984, versuchten, das Verfahren unter dem CEQA zu verbessern 19, nachdem die durch die Vorbereitung des EIR hervorgerufenen Verzögerungen bei der Genehmigung privater Vorhaben kritisiert worden waren 20 . Eine weitere bedeutende inhaltliche Anforderung wurde 1976 in den CEQA aufgenommen. Obgleich das Gesetz nirgendwo ausdrücklich verlangte, bei der Entscheidung über ein Vorhaben das Ergebnis der UVP zu übernehmen oder umweltschützende Erwägungen anderen Belangen vorzuziehen, gingen die Gerichte davon aus, daß Umweltbelange bei der Entscheidung über das Vorhaben zu bevorzugen sind. Der CEQA gibt Umweltbelangen somit größeres 15

Cai. Pub. Res. Code, § 21151 (1970). Assembly Bill 889, ch. 1154(1972), Cal. Stat. 2271, kodifizierte u.a. die Entscheidung Friend of Mammoth, daß CEQA auch auf Vorhaben Privater Anwendung finden kann, etablierte ein 120-Tage-Moratorium für die Anwendung des CEQA auf private Vorhaben und Schloß Rückwirkung auf bereits begonnene Vorhaben aus und definierte zahlreiche Begriffe; fur eine Beschreibung der Folgen der Mammoth-Entscheidung, siehe Hagman, 7 Urb. L. Ann. 3 (19 ff.) (1974). 17 siehe Hagman, 7 Urb. L. Ann. 3 (40 ff.) (1974), der diese Entwicklung kritisiert. 18 Selmi, 18 U. C. Davis L. Rev. 197 (212, 217) (1984). 19 für die jüngsten Änderungen siehe u.a. Assembly Bill 2583, ch. 1514 (1984) (öffentliche Vorhaben müssen wie private Vorhaben überprüft werden; Schlußfolgerungen unter § 21081 müssen auf beweisbare Tatsachen gestützt werden; Kommentare von Behörden werden auf Zuständigkeitsbereich der Behörde begrenzt; Fristen bei Klagen gegen EIR; Schlichtungsverfahren vor Klageerhebung notwendig; siehe auch Assembly Bill 3772, ch. 440 (1984) (Cal. Pub. Res. Code § 21083.3) (kein EIR notwendig für bestimmte Wohnbauvorhaben, wenn EIR für Planung vorbereitet wurde); Assembly Bill 2411, ch. 637 (1984) (Cal. Pub. Res. Code §§21104, 21153) (Behörde muß sich frühzeitig mit Antragsteller beraten). 20 siehe Pridgeon, Anderson, Delphey, 2 Harv. Envtl. L. Rev. 419 (427 f.) (1977); Selmi, 18 U. C. Davis L. Rev. 197 (200 f.) (1984) (mehrere größere Industrievorhaben in Kalifornien wurden u.a. mit der Begründung von bürokratischen Verzögerungen bei Erteilung der notwendigen Genehmigungen bzw. des UVP-Verfahrens aufgegeben); siehe auch Pinkerton,6 U.C.L.A. J. Envtl. L. + Pol. 173(186) (1985) (CEQA verursacht noch immer erhebliche Verzögerungen bei der Genehmigung von Vorhaben). 16

2. California Environmental Quality Act (CEQA)

231

Gewicht als NEPA 2 1 . Umweltpolitische Absichtserklärungen des CEQA, nachteilige Umweltauswirkungen zu vermindern, werden auf diese Weise in eine inhaltliche Verpflichtung der Verwaltung umgesetzt. Nunmehr verlangt der CEQA ausdrücklich, daß ein Vorhaben nicht wie vorgeschlagen genehmigt werden soll, solange Ausgleichsmaßnahmen oder Alternativen, die die nachteiligen Umweltfolgen des Vorhabens vermindern, durchführbar sind 22 . Jedoch sollte diese Verpflichtung unter dem CEQA nicht überschätzt werden, da die Rechtsprechung - wie noch zu zeigen sein wird - über die Interpretation des Ermessens diese inhaltlichen Anforderungen restriktiv ausgelegt hat. Das Verfahren der Vorbereitung und der Inhalt des EIR werden durch die im CEQA enthaltenen Anforderungen sowie umfangreiche Verwaltungsvorschriften, im folgenden „Richtlinien" ("guidelines") 23 bestimmt. Neben den vielen Gesetzesänderungen hat sich durch die zahlreichen, im Gesetz enthaltenen Anforderungen, die umfangreichen Erläuterungen der Richtlinien sowie die vielfältigen Gerichtsentscheidungen die Vorbereitung eines EIR in ein äußerst komplexes und kompliziertes Verfahren verwandelt 24 . Die Tatsache, daß die Verfahrensanforderungen eine so bedeutende Rolle spielen, ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß ein Kläger in vielen Fällen nur dann erfolgreich gegen ein EIR gerichtlich vorgehen kann, wenn er eine Verletzung der Verfahrensvorschriften durch die Behörden nachweist. Dieses fördert Tendenzen der Verwaltung, sich eher auf die strikte Einhaltung der Verfahrensvorschriften zu konzentrieren als sich der inhaltlichen Frage, welche Auswirkungen die Maßnahme auf die Umwelt hat, zuzuwenden.

2.2. Implementation der Umweltverträglichkeitsprüfung unter dem CEQA Der California Environmental Quality Act (CEQA) hat selbst keine Institutionen oder Gremien geschaffen, die die Durchführung des EIR-Verfahrens durch die Verwaltung überwachen oder koordinieren. Es scheint, als habe der Gesetzgeber das EIR-Verfahren als „sich selbst durchsetzend" angesehen25. Dies erschwert nicht nur einen einheitlichen Vollzug des Gesetzes, sondern macht es 21 San Francisco Ecology Center v. City and County of San Francisco, 122 Cal. Rptr. 100 (104) (C.A. 1975) "(The CEQA) ... requires decision-makers to assign greater priorities to environmental values than to economic needs." 22 Cai. Pub. Res. Code, §§ 21002, 21002.1 (b). 23 Guidelines for the Implementation of the California Environmental Quality Act, Cal. Adm. Code, Title 14, §§ 15000 ff. 24 Auch die Rechtsprechung hat die "complicated nature of CEQA and its Guidelines" festgestellt, Whitman v. Board of Supervisors, 151 Cal. Rptr. 866 (878) (C.A. 1979); siehe auch Hagman, 19 Santa Clara L. Rev. 513 (516) (1979) "The CEQA is approaching the complication of the Internal Revenue Code." 25 Jokela, S. 1.

232

V. Umweltverträglichkeitsprüfung

afnen

auch erforderlich, nach zusätzlichen Mitteln zu suchen, um das EIR-Verfahren in der Praxis der Verwaltung durchzusetzen. Einige Vorschriften im CEQA befassen sich mit der Umsetzung des EIR-Verfahrens und geben der Landesebene eine entscheidende Rolle, die Umweltverträglichkeitspriifung unter dem CEQA zu implementieren. Zunächst ist dem Office of Planning and Research (OPR) die Verpflichtung übertragen worden, Verwaltungsvorschriften, einschließlich Kriterien für die Beurteilung von Umweltauswirkungen für das EIR-Verfahren zu entwickeln 26 . Die frühen vom OPR entwickelten Richtlinien, die 1971 verabschiedet wurden, waren nicht sehr umfangreich und wandten sich ausschließlich an die Landesbehörden. Sie enthielten keine Vorschriften für die Implementation des EIRVerfahrens auf der lokalen Ebene27. Da wesentliche Anwendungsbereiche des EIR-Verfahrens auf der lokalen Ebene liegen, führte dies dazu, daß das UVPVerfahren auf der lokalen Ebene nicht durch einheitliche Richtlinien geregelt und teilweise nur unvollständig durchgesetzt wurde. Im Jahre 1983 wurden neue umfangreiche Richtlinien verabschiedet, die im wesentlichen die gesetzlichen Änderungen und die bisherige Rechtsprechung berücksichtigen und sich ausdrücklich auch an die lokalen Gebietskörperschaften wenden. Die Verabschiedung der überarbeiteten Richtlinien wurde als bedeutende Verbesserung des EIR-Verfahrens bezeichnet, da sie die Vorbereitung des EIR von dem ursprünglichen Antrag bis zur Verabschiedung des endgültigen EIR im Detail festlegen und damit zur Klarstellung und Beschleunigung des Verfahrens beitragen 28. Der CEQA sieht vor, daß die lokalen Gebietskörperschaften Kriterien und Verfahren für die UVP entwickeln. Diese Regelungen müssen jedoch mit den in den Richtlinien enthaltenen Anforderungen vereinbar sein29. Von der Rechtsprechung werden die Richtlinien, obgleich sie Ermessen bei ihrer Anwendung für Gerichte und Behörden erlauben, in der Regel anerkannt, solange sie nicht eindeutig ohne Ermächtigung oder sonstwie mit dem CEQA unvereinbar sind 30 . Grundsätzlich läßt sich jedoch feststellen, daß wegen der herausragenden Bedeutung und der - wenn auch informellen - Bindungswirkung der Richtlinien den einzelnen lokalen Gebietskörperschaften nur wenig Freiheit bleibt, eigene Vorstellungen für die Durchführung des EIR-Verfahrens durchzusetzen. Auch in anderer Hinsicht ist das OPR in die Umsetzung des EIR-Verfahrens unter dem CEQA eingeschaltet. Ihm ist von allen Behörden 31 mitzuteüen, ob 26

Cai. Pub. Res. Code, § 21083. Selmi, 18 U. C. Davis L. Rev. 197 (287) (1984). 28 Selmi, 18 U. C. Davis L. Rev. 197 (285) (1984). 29 Cal. Pub. Res. Code, § 21082; für eine Analyse der Regelungen lokaler Gebietskörperschaften für das EIR-Verfahren, siehe Catalano, Reich, 9 Urb. L. 195 (1977). 30 City of Santa Ana v. City of Garden Grove, 160 Cal. Rptr. 907 (C.A. 1980); siehe auch Land Owners Ass'n v. Lodi City Council, 12 Cal. Rptr. 325 (C.A. 1983); Karlson v.City of Camarillo, 161 Cal. Rptr. 260 (C.A. 1981). 27

2. California Environmental Quality Act (CEQA)

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vorgeschlagene Vorhaben nachteilige Folgen für die Umwelt haben und ob ein EIR bzw. eine Negativerklärung, daß ein EIR nicht erforderlich ist, vorbereitet wird 32 . Außerdem ist dem OPR zu melden, ob ein EIR fertiggestellt wurde 33 . Das OPR besitzt jedoch bei der Vorbereitung des EIR lediglich beratende Funktion 3 4 und kann somit keinen inhaltlichen Einfluß auf das Verfahren oder den Inhalt der von einer Behörde vorbereiteten Umweltverträglichkeitsprüfung nehmen. Ob eine solche "Clearing"-Stelle angesichts der mangelnden Einflußmöglichkeiten sinnvoll ist und nicht nur zur Verzögerung des Verfahrens beiträgt, ist fraglich. Ähnlich wie bei NEPA war die Rechtsprechung entscheidend, die UVP in der Praxis der Verwaltung durchzusetzen 35. Dabei hat auch der California Attorney General 36 eine wichtige Funktion erfüllt. Neben bedeutenden Gerichtsverfahren, die von dem Attorney General gegen einzelne Behörden, weil sie die Vorschriften der CEQA nicht beachtet haben, anhängig gemacht wurden 37 , hat er auch in zahlreichen Fällen Schriftsätze als „amicus curiae" für die Kläger eingereicht 38 . Daneben sind in zahlreichen Fällen Bürgerinitiativen und Umweltschutzgruppen als Kläger aufgetreten. Obgleich bisher weit weniger Fälle unter dem CEQA als unter NEPA entschieden wurden, hat sich sehr bald nach Verabschiedung des Gesetzes eine Interpretation der wesentlichen Begriffe und Verfahrensanforderungen herausgebildet, da sich die Gerichte in Kalifornien bei ihrer Interpretation des E IR-Verfahrens ausdrücklich auf die von den Bundesgerichten entwickelten Definitionen bezogen39. Mit der Begründung, daß der CEQA dem NEPA wesentlich nachgebildet ist, wird davon ausgegangen, daß die Entscheidungen der Bundesgerichte zu NEPA von „überzeugendem Einfluß" ("persuasive authority") 40 für die gerichtliche Interpretation des CEQA sind, soweit die Vorschriften von NEPA denen des CEQA entsprechen 41. 31

Lokale Gebietskörperschaften müssen entsprechende Mitteilungen an den County Clerk abgeben, Cai. Pub. Res. Code, § 1152. 32 Cai. Pub. Res. Code, § 21108. 33 Cai. Pub. Res. Code, § 21161. 34 Cai. Pub. Res. Code, §§ 21080.3, 21080.4. 35 Selmi, 18 U. C. Davis L. Rev. 197 (205 ff.) (1984). 36 für die Möglichkeiten der Generalstaatsanwälte, Klagen auf anderen um weltpolitischen Gebieten anhängig zu machen, siehe Wagner, 14 Santa Clara L. Rev. 296 (298 ff.) (1974). 37 z.B. People ex rei. Younger v. Local Agency Formation Com., 146 Cal. Rptr. 400 (C.A. 1978); People v. County of Kern, 133 Cal. Rptr. 389 (C.A. 1976). 38 z.B. in Bozungv. Local Agency Formation Com., 118 Cal. Rptr. 249 (S.Ct. 1975); Friends of Mammoth v. Board of Supervisors, 104 Cal. Rptr. 761 (S.Ct. 1972), siehe auch Hagman, 7 Urb. L. Ann. 3 (11 ff.) (1974); Younger, 5 Pacific L. J. 19 (20 ff.) (1974). 39 siehe z.B. No Oil, Inc. v. City of Los Angeles, 118 Cal. Rptr. 34 (S.Ct. 1974); Friends of Mammoth v. Board of Supervisors, 104 Cal. Rptr. 761 (S.Ct. 1972); Residents Ad Hoc Stadium Comm. v. Board of Trustees, 152 Cal. Rptr. 585 (C.A. 1979); Whitman v. Board of Supervisors, 151 Cal. Rptr. 866 (C.A. 1977); County of Inyo v. City of Los Angeles, 139 Cal. Rptr. 396 (C.A. 1977); San Francisco Ecology Center v. City & County of San Francisco, 122 Cal. Rptr. 100 (C.A. 1975).

234

V. Umweltverträglichkeitspriifung in Kalifornien

Nach einer Anfangsphase von „richterlichem Aktivismus" 42 , der die umweltpolitischen Ziele des CEQA betonte und den Anwendungsbereich stark erweiterte, verhalten sich die Gerichte eher zurückhaltend. Allerdings gibt es immer noch rechtliche Kontroversen um die Fragen, ob überhaupt ein EIR für ein Vorhaben erforderlich ist. Bei der Untersuchung des Inhalts des EIR beschränken sich die Gerichte in der Regel darauf zu überprüfen, ob die Auswirkungen des Vorhabens ausreichend untersucht und die Öffentlichkeit angemessen beteiligt wurde. In der Frage, ob die Ergebnisse des EIR auch bei der Entscheidung über das Vorhaben selbst zu beachten sind, hat sich die Rechtsprechung vor allem mit dem Problem der Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen bzw. Alternativen beschäftigt. Da die Rechtsprechung zu wichtigen Fragen des CEQA nicht immer widerspruchsfrei war und die Verwaltung das UVP-Verfahren teilweise nur nachlässig erfüllt hat, ergeben sich noch immer Probleme mit der einheitlichen Durchführung des EIR-Verfahrens. Lösungsvorschläge, z.B. eine zentrale Stelle innerhalb der Verwaltung zu schaffen, die sämtliche von den Behörden vorbereiteten EIR auf Vollständigkeit und Richtigkeit untersucht 43 , haben bisher allerdings keine Zustimmung gefunden. Angesichts der Erfahrung, die auf Bundesebene mit dem "environmental review" Verfahren durch die EPA gemacht wurden 44 , sind Zweifel angebracht, ob die Einrichtung einer zentralen „Kontrollstelle" den gewünschten Erfolg bringt. Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß der Gesetzgeber Verfahren und Inhalt des EIR ausführlicher im Gesetz geregelt hat, als dies bei NEPA der Fall ist. Die zahlreichen Änderungen des Gesetzes lassen darauf schließen, daß sich das EIR-Verfahren nicht ohne Schwierigkeiten umsetzen ließ. Da sich der CEQA und NEPA im wesentlichen entsprechen, beziehen sich Gerichte und Verwaltung in Kalifornien in zahlreichen Fragen auf die von den Bundesgerichten zu NEPA entwickelten Interpretationen. Obgleich keine zentrale Stelle innerhalb der Verwaltung vorhanden ist, die die Umsetzung des EIR-Verfahrens koordiniert und überwacht, hat sich das EIR-Verfahren in Kalifornien - auch hier im wesentlichen mit Hilfe der Rechtsprechung und durch die Beteiligung der Öffentlichkeit - grundsätzlich durchgesetzt. 40 Village of Laguna Beach v. Board of Supervisors of Orange County, 185 Cal. Rptr. 41 (42) (C.A. 1982). 41 Wildlife Alive v. Chickering, 132 Cal. Rptr. 377 (S.Ct. 1976); siehe auch Terminal Plaza v. City and County of San Francisco, 223 Cal. Rptr. 379 (C.A. 1986) (CEQA ist weit auszulegen, um den höchstmöglichen Schutz der Umwelt zu gewährleisten). 42 siehe die ausfuhrliche Analyse der Rechtsprechung des California Supreme Court seit Mitte der 60er Jahre in Umweltfragen oder Problemen räumlicher Nutzung, die die Rechtsprechung zeitlich in folgende Perioden unterteilt: „verwaltungsfreundlich", „umweltfreundlich" und „ab und zu umweltfreundlich", Di Mento, etc., 27 U.C.L.A. Rev. 859 (862 ff.) (1980). 43 Manning Van Alistyne, 24 U.C.L.A. L. Rev. 838(875 f.) (1977). 44 siehe supra, IV.4.2.

3. Maßnahmen, die ein EIR erfordern

235

3. Raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen, die ein EIR erfordern Die Bedeutung, die das UVP-Verfahren für die Integration von Umweltbelangen in räumliche Entscheidungen haben kann, wird im wesentlichen dadurch bestimmt, für welche Planungen und Vorhaben überhaupt eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist.

3.1. Definition der Vorhaben unter dem CEQA Grundsätzlich ist ein EIR zunächst für alle Vorhaben ("projects") erforderlich, die von einer Behörde oder lokalen Gebietskörperschaft durchgeführt oder genehmigt werden und die signifikante Auswirkungen auf die Umwelt mit sich bringen 45 . Trotz der in der früheren Fassung des Gesetzes enthaltenen Formulierung, daß Vorhaben ein EIR erfordern, die von einer Behörde „durchgeführt" werden, hat der California Supreme Court den Anwendungsbereich des Gesetzes auch auf solche Vorhaben ausgedehnt, in denen eine Verbindung zwischen dem Vorhaben und einer Behörde besteht, sei es durch direkte eigentumsähnliche Interessen, Erteilung von Genehmigungen, regulierende Aktivitäten oder finanzielle Förderung 46 . Der CEQA definiert nunmehr Vorhaben ("projects") weit als Aktivitäten, die von einer Behörde durchgeführt werden, finanzielle Unterstützung oder Förderung Dritter sowie die Erteilung von Genehmigungen und Erlaubnissen 47. Bei der Antragstellung bzw. Genehmigung finanzieller Zuweisung innerhalb der Verwaltung muß gleichfalls ein EIR vorbereitet werden 48. Diese gesetzliche Klarstellung vereinfacht das UVP-Verfahren, da bei Unklarheiten, ob eine UVP zu erstellen ist oder nicht, im Zweifel aufgrund des weiten Gesetzeswortlauts zu Lasten der Behörde zu entscheiden ist. 3.1.1. Umweltverträglichkeitsprüfung bei Flächennutzungsund Bebauungsplänen

Bei räumlichen Planungen muß nicht wie bei NEPA ein mittelbarer Bezug zu raumbedeutsamen Aktivitäten der Verwaltung gefunden werden, sondern der CEQA erwähnt als Vorhaben, die ein EIR erfordern, den Erlaß und die Ände45

Cai. Pub. Res. Code, § 21100 (Landesbehörden); § 21151 (lokale Gebietskörperschaften). Friends of Mammoth v. Board of Supervisors, 104 Cal. Rptr. 761 (S.Ct. 1972); siehe auch NRDC v. Areata Nat. Corp., 131 Cal. Rptr. 172 (C.A. 1976). 47 Cai. Pub. Res. Code, § 21065. 48 Cai. Pub. Res. Code, § 21102. 46

236

V. Umweltverträglichkeitspriifung in Kalifornien

rung von Bebauungsplänen, die Erteilung von Ausnahmen (conditional use permits) 49 und Befreiungen (variances) 50 sowie die Genehmigung der für Grundstücksteilungen erforderlichen Pläne (subdivision maps) 51 ausdrücklich 52. Die im Gesetz enthaltene Aufzählung erfaßt nicht die Vorbereitung von Flächennutzungsplanungen, die jedoch aufgrund des ihnen innewohnenden planerischen Vorsorgeprinzips im Hinblick auf die Einbeziehung von Umweltbelangen besonders wichtig sind. In Anbetracht der Bedeutung, die die Flächennutzungsplanung für die räumliche Nutzung des beplanten Gebietes besitzt, hat die Rechtsprechung verlangt, daß auch für die Verabschiedung oder Änderung der von den lokalen Gebietskörperschaften vorzubereitenden Flächennutzungspläne (general plans) ein EIR zu erstellen ist 53 . Obgleich Flächennutzungsplanungen keine direkten Veränderungen der Umwelt bewirken, wurde von den Gerichten betont, daß unter dem CEQA ein „Vorhaben" lediglich mittelbare Auswirkungen auf die Umwelt haben muß. Der Flächennutzungsplan (general plan) bildet die Grundlage für die nachfolgenden Bebauungspläne und die Teilungsgenehmigungen, da diese mit den Festsetzungen des Flächennutzungsplanes übereinstimmen müssen. Gleichzeitig beinhaltet der Flächennutzungsplan die grundlegenden Entscheidungen der räumlichen Planung, die Wachstum und Flächennutzung der jeweiligen Gemeinde in der Zukunft beeinflussen. Die Verabschiedung oder Änderung eines Flächennutzungsplanes bewirkt nach Ansicht der Rechtsprechung damit - mittelbar - endgültige Veränderungen in der Umwelt. Ein anderes Argument, das für die Einbeziehung von Flächennutzungsplanungen in das EIR-Verfahren spricht, besteht darin, die Umweltfolgen der geplanten Maßnahme so früh wie möglich zu analysieren, damit die im EIR enthaltenen Untersuchungen in die Entscheidung der Behörde einfließen können 54 . Diese Argumentation verstärkt auch das räumliche Vorsorgeprinzip, 49 Bei "conditional use permits" handelt es sich um im Bebauungsplan festgelegte Ausnahmen von der sonstigen Nutzung, siehe Mandelker, Land Use Law, § 6.48. 50 "Zoning variances" werden erteilt, wenn ein Eigentümer behauptet, daß die Festsetzungen des Bebauungsplans eine ungewöhnliche und unnötige Härte für ihn bedeuten und eine wirtschaftliche Nutzung seines Grundstücks unmöglich machen, siehe Mandelker, Land Use Law, § 6.36. 51 Bei Grundstücksteilungen wird in der Regel zunächst eine "tentative subdivision map" genehmigt, für die ein EIR erforderlich ist, die endgültige "subdivision map" kann dann nicht mehr abgelehnt werden (siehe Cal. Gov. Code, § 66474.1) und erfordert kein EIR, Cal. Adm. Code, Title 14, § 15268 (b); siehe auch supra, II.3. 52 Cal. Pub. Res.Code, § 21080 (a). 53 City of Santa Ana v. City of Garden Grove, 160 Cal. Rptr. 907 (C.A. 1979); Las Virgenes Homeowners Federation ν. Los Angeles County, 223 Cal. Rptr. 18 (C.A. 1986); siehe auch Cal. Adm. Code, Title 14, § 15378. 54 City of Santa Ana v. City of Garden Grove, 160 Cal. Rptr. 907 (C.A. 1979); siehe auch Cal. Adm. Code, Title 14, § 15004; dagegen erfordern Planungsstudien und Studien über die Durchführbarkeit von Vorhaben kein EIR, sie sollen aber Umweltbelange einbeziehen, Cal. Pub. Res. Code, § 21102; Cal. Adm. Code, Title 14, § 15262.

3. Maßnahmen, die ein EIR erfordern

237

in dem Umweltbelange mehr Beachtung zu finden haben. Jedoch werden diese positiven Ansätze abgeschwächt, wenn - obgleich es das Gesetz nicht vorsieht die Richtlinien erlauben, daß das EIR für die vorbereitende Planung durch den Flächennutzungsplan selbst ersetzt wird, wenn der Plan die Anforderungen an den Inhalt des EIR erfüllt 55 . Gegen diese Möglichkeit spricht zunächst, daß das EIR-Verfahren kein Planungsverfahren, sondern ein Verfahren zur Entscheidungsvorbereitung ist. Das Planungsverfahren kann aus diesem Grund nicht als UVP-Verfahren instrumentalisiert werden 56. Selbst wenn der Flächennutzungsplan alle Anforderungen, die an den Inhalt eines EIR gestellt werden, erfüllt, verlangen die Planungsgesetze andererseits nicht, Umweltbelangen bei der Entscheidung den Vorzug zu geben oder alle möglichen Ausgleichsmaßnahmen in den Plan einzubeziehen. Insoweit können sich Konflikte zwischen beiden Verfahren ergeben. Zudem ist die Form öffentlicher Beteiligung und der Maßstab der gerichtlichen Kontrolle unterschiedlich. Zwar ergeben sich Konvergenzen, da die räumliche Planung auch notwendigerweise Umweltbelange einbeziehen muß. Die Abwägung zwischen den Umweltbelangen und anderen Planungszielen kann aber im Planungsverfahren und im UVP-Verfahren jeweils unterschiedlich ausfallen. Die teilweisen Überschneidungen zwischen beiden Verfahren dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, daß auch unter demokratischpartizipatorischen Gesichtspunkten materielle Unterschiede zwischen beiden Planungsverfahren bestehen. Im räumlichen Planungsverfahren soll durch die Beteiligung und Abwägung der betroffenen Interessen das Allgemeinwohl konkretisiert werden. Das UVP-Verfahren ist dagegen ein Instrument, die Entscheidung der Verwaltung öffentlich zu begründen und durch die Beteiligung der Öffentlichkeit zu überprüfen 57. Gerade dieser Aspekt der Überprüfung würde bei dem von den Richtlinien vorgeschlagenen Verfahren geschwächt werden. Bisher ist allerdings nicht ersichtlich, daß das EIR durch den Flächennutzungsplan in der Praxis ersetzt wird. Im übrigen ist die Kritik, daß sich Wiederholungen ergeben, wenn ein EIR für die Flächennutzungsplanung und die nachfolgenden Genehmigungen für Grundstücksteilungen oder einzelne Vorhaben ebenfalls vorbereitet wird, nicht berechtigt. Die Richtlinien sehen vor, daß die Umweltverträglichkeitsprüfungen, die für Einzelvorhaben vorbereitet

55

Cal. Adm. Code, Title 14, § 15166; siehe auch die besonderen Vorschriften für das EIRVerfahren bei Stadterneuerungsvorhaben sowie Wohnungsvorhaben, die dem Bebauungsplan entsprechen, Cai. Pub. Res. Code, § 21080.7; Cal. Adm. Code, Title 14, § 15180. 56 Umgekehrt kann auch Vorschlägen nicht gefolgt werden, die das Planungs- und Genehmigungsverfahren für räumliche Nutzungen durch das UVP-Verfahren ersetzen wollen, so aber Pearlman, 43 AIP Journal 42 (49) (1977). 57 People v. County of Kern, 115 Cal. Rptr. 67 (75) (C.A. 1974) "Finally, and perhaps most substantially, the requirement of a detailed statement helps insure the integrity of the process of decision by precluding stubborn problems or serious criticism from being swept under the rug ... Only by this process will the public be able to determine the environmental and economic values of their elected and appointed officials, thus allowing for appropriate action on election day should a majority of the voters disagree."

238

V. Umweltverträglichkeitspriifung in Kalifornien

werden, soweit sie den Festsetzungen des Flächennutzungsplanes entsprechen und ein EIR für diesen vorbereitet wurde, sich auf die Besonderheiten des jeweiligen Vorhabens und seiner Umgebung beschränken können, die in der vorangegangenen Umweltverträglichkeitsprüfung für den Gesamtplan nicht angesprochen wurden 58 . Ergeben sich jedoch Änderungen in den Planungen, dem Entwurf des einzelnen Vorhabens oder den allgemeinen Umständen, kann ein weiteres EIR erforderlich sein59. In Anerkennung des raumbezogenen Vorsorgegrundsatzes hat die Rechtsprechung ein EIR nicht nur für räumliche Planungen gefordert, sondern auch für solche Entscheidungen, die für die zukünftige räumliche Entwicklung der betroffenen lokalen Gebietskörperschaft wichtig sind. Insofern ist auch für die Eingemeindung von Gebieten oder die Gründung selbständiger Gemeinden, wenn damit die räumliche Entwicklung und Nutzung dieser Gebiete verfolgt wird, ein EIR erforderlich 60. Schließlich ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen, daß ein EIR für die Genehmigung eines Local Coastal Plan durch die California Coastal Commission notwendig ist 61 und das EIR-Verfahren auch Anwendung auf die Handlungen findet, die die Lake Tahoe Regional Planning Agency in Kalifornien durchführt 62 . Hier ist eine institutionelle Überprüfung von umweltbezogenen räumlichen Planungen im Rahmen des EIR-Verfahrens zu erwarten.

3.1.2. Andere Vorhaben mit signifikanten Auswirkungen auf die Umwelt

Während bei Bebauungsplänen und Teilungsgenehmigungen ein EIR ausdrücklich gesetzlich vorgegeben ist, erfordert der CEQA ein EIR im übrigen nur bei Vorhaben, die sich signifikant auf die Umwelt auswirken 63. Der CEQA sieht vor 64 , daß die Richtlinien eine Liste von Ausnahmen, sog. "categorical exemptions" 65 enthalten, die von den Anforderungen des CEQA ausgenommen sind, weil bei ihnen regelmäßig angenommen werden kann, daß sie keine signi58

Cai. Pub. Res. Code, § 21083.3 (a); Las Virgenes Homeowners Federation v. City of Los Angeles, 223 Cal. Rptr. 18 (C.A. 1986). 59 Cai. Pub. Res. Code, § 21166; siehe auch Concerned Citizens of Palm Desert v. Riverside County, 113 Cai. Rptr. 338 (C.A. 1974). 60 Bozung v. Local Agency Formation Com., 118 Cal. Rptr. 249 (C.A. 1975); People ex rei. Younger v. Local Agency Formation Com., 146 Cal. Rptr. 400(C.A. 1978), Rural Landowners Ass'n v. Lodi City Council, 192 Cal. Rptr. 325 (C.A. 1983); Pistoresi v. City of Madera, 188 Cal. Rptr. 136 (C.A. 1982); wenn solche Entwicklungen nicht beabsichtigt sind, ist kein EIR erforderlich, Simi Valley Recreation and Park District v. Local Agency Formation Com., 124 Cal. Rptr. 635 (C.A. 1975). 61 Cai. Pub. Res. Code, § 21080.9. 62 California Lake Tahoe Planning Agency v. Harrah's Corp., 509 F.Supp. 753(D. Nev. 1981). 63 Cai. Pub. Res. Code, § 21100. 64 Cai. Pub. Res. Code, §§ 21084, 21080 (b) (10). 65 Cal. Adm. Code, Title 14, § 15300.

3. Maßnahmen, die ein EIR erfordern

239

fikanten Umweltauswirkungen haben, wie z.B. die Errichtung einer geringen Anzahl von Gebäuden66, unbedeutende Änderung von Baugrenzen 67, geringfügige Veränderungen der Landschaft 68 . Die Behörden können durch Klassifikation als „kategorische Ausnahme" das Vorhaben relativ leicht aus dem Anwendungsbereich des CEQA herausnehmen. Die Gerichte scheuen sich jedoch nicht, zu überprüfen, ob das angegriffene Vorhaben tatsächlich unter diese Ausnahme fällt und keine signifikanten Umweltauswirkungen mit sich bringt 69 . Damit wird sichergestellt, daß die Verwaltung das EIR-Verfahren nicht auf diese Weise umgeht. Im übrigen wird „Umwelt" im Gesetz weit enger definiert als von der Rechtsprechung unter NEPA, und zwar als „die vorhandenen physischen Bedingungen der Umgebung, die durch das Vorhaben berührt werden, einschließlich Raum, Luft, Wasser, Mineralien, Flora, Fauna, Lärm, historisch oder ästhetisch signifikante Objekte" 70 . Diese Definition scheint Umweltauswirkungen zunächst auf die Folgen für die natürliche Umwelt zu begrenzen, da beispielsweise Auswirkungen auf die städtischen Lebensbedingungen, anders als bei NEPA, nicht erwähnt sind. Jedoch haben die CEQA-Richtlinien die von den Bundesgerichten entwickelten Interpretationen von Umweltfolgen, die in einer UVP zu untersuchen sind, teilweise übernommen. Während ökonomische und soziale Folgen des Vorhabens selbst nicht als signifikante Umweltauswirkungen angesehen werden, können sozio-ökonomische Folgen, die mit tatsächlichen Veränderungen in der Umgebung einhergehen, signifikante Folgen für die Umwelt sein71. Hier gilt aber ebenso wie bei NEPA, daß die Bedeutung von Umweltfolgen und damit das Erfordernis für ein EIR in erster Linie an den tatsächlichen physischen Veränderungen der Umwçlt gemessen wird 7 2 . Die Richtlinien haben eine Reihe von Faktoren aufgelistet, um zu bestimmen, ob ein Vorhaben signifikante Auswirkungen auf die Umwelt hat und deshalb eine UVP erforderlich ist, u.a.: Konflikte mit bestehenden Plänen oder planerischen Zielsetzungen, Zunahme von Verkehr oder Lärm, Konflikte mit vorhandenen Nutzungen, Verschlechterung der Luftqualität, Umwandlung von landwirtschaftlicher Nutzfläche 73. Die Schwelle für die Vorbereitung eines EIR 66

Cal. Adm. Code, Tide 14, § 15303. Cal. Adm. Code, Title 14, § 15305. 68 Cal. Adm. Code, Title 14, § 15304; für eine Liste der übrigen Ausnahmen ("Categorical exemptions"), siehe Cal. Adm. Code, Title 14, §§ 15301-15329. 69 Myers v. Board of Supervisors, 129 Cal. Rptr. 902 (C.A. 1976); Hans Joachim Dehne v. County of Santa Clara, 171 Cal. Rptr. 753 (C.A. 1981); Lewis v. Seventeenth District Agricultural Ass'n, 211 Cal. Rptr. 884 (C.A. 1985). 70 Cal. Pub. Res. Code, § 21060.5. 71 Cal. Adm. Code, Title 14, § 15382; siehe aber Cal. Adm. Code, Title 14, § 15131 (a) "The focus of the analysis shall be on physical changes." 72 Hagman, 7 Urb. L. Ann. 3 (49) (1974). 67

240

V. Umweltverträglichkeitspriifung in Kalifornien

unter dem CEQA liegt relativ hoch, da nur bedeutende nachteilige Folgen für die Umwelt signifikante Umweltauswirkungen im Sinne des Gesetzes sind 74 . Andererseits werden signifikante Umweltauswirkungen relativ weit definiert, da auch indirekte und kumulative Auswirkungen des Vorhabens einzubeziehen sind 75 . Ob diese Betonung der physischen Veränderungen der natürlichen Umwelt angesichts des gesetzlichen Erfordernisses, die durch das Vorhaben mittelbar hervorgerufenen Wachstumseffekte zu untersuchen, die u.a. Überlastung öffentlicher Infrastruktur und eine grundsätzliche Verschlechterung der Lebensbedingungen umfassen können, gerechtfertigt ist, erscheint zweifelhaft und wird von der Rechtsprechung auch nicht aufrechterhalten. Da aber räumliche Planungen und andere Entscheidungen über räumliche Nutzungen, wie die Teilungsgenehmigungen, bereits nach dem gesetzlichen Wortlaut ein EIR erfordern, ist diese Frage bei räumlichen Planungen und Vorhaben, bei denen es auch um die Veränderung der städtischen Umwelt und die Folgen räumlichen Wachstums geht, praktisch nicht besonders relevant.

3.1.3. Änderungen des Vorhabens durch informelle Vorverhandlungen Negativerklärung durch AusgleiehsmaBnahmen

Das EIR-Verfahren unter dem CEQA ist nicht nur ein Verfahren der Entscheidungsvorbereitung, sondern wird in der Praxis vor allem auch als Rahmen für informelle Vorverhandlungen genutzt, mit dem Ziel, das Vorhaben frühzeitig zu ändern und negative Umweltauswirkungen zu vermindern. Das EIR-Verfahren unter dem CEQA erlaubt es, ein Vorhaben vor der endgültigen Entscheidung der Behörde, ob ein EIR erforderlich ist oder nicht, zu ändern, um vermutete nachteilige Umweltauswirkungen zu verringern. Durch solche Änderungen können die Umweltauswirkungen des Vorhabens unter der Schwelle der „Signifikanz" gehalten werden. In diesem Fall kann die Vorbereitung eines EIR vermieden werden. Sind negative Umweltfolgen des Vorhabens im Vorfeld ausgeglichen worden, braucht kein EIR erstellt zu werden 76. Insofern begünstigt das Verfahren informelle Vorverhandlungen zwischen dem Antragsteller und der Verwaltung und bietet einen Anreiz, durch Änderung des Vorhabens oder Ausgleichsmaßnahmen nachteilige Umweltauswirkungen zu verringern, um das möglicherweise langwierige und kostspielige - EIR-Verfahren zu vermeiden. Das güt vor allem deshalb, weil der Antragsteller, wenn in der UVP Ausgleichsmaß73

Cal. Adm. Code, Title 14, § 15000, App. G. Cai. Pub. Res. Code, § 21068. 75 Cai. Pub. Res. Code, § 21083 (c). 76 Cai. Pub. Res. Code, § 21080(c) (2); Cal. Adm. Code, Title 14, § 15070; durch Stellung von Sicherheitsleistung oder Bedingungen in der Genehmigung wird sichergestellt, daß die vorgeschlagenen Änderungen oder Ausgleichsmaßnahmen auch tatsächlich vom Antragsteller durchgeführt werden, Bendix, 19 Santa Clara L. Rev. 521 (527) (1979). 74

3. Maßnahmen, die ein EIR erfordern

241

nahmen bzw. Alternativen aufgezeigt werden, unter Umständen gezwungen sein kann, die entsprechenden Maßnahmen bei der Durchführung des Vorhabens umzusetzen. Andererseits birgt auch dieses Verfahren viele der informellen Vorverhandlungen eigenen Nachteile. Eine Überprüfung der zwischen dem Antragsteller und der Verwaltung gefundenen Lösung ist kaum möglich. Häufig wird das Vorhaben in einer Weise oder zu einem Zeipunkt geändert, die es Dritten erschwert, Einwendungen gegen das Vorhaben vorzubringen. Die Behörde kann sich in den Vorverhandlungen bereits gebunden haben. Oft ist auch nicht ersichtlich, nach welchen Kriterien die Behörde Umweltauswirkungen, Änderungen und Ausgleichsmaßnahmen beurteüt, und schließlich ist die Beteüigung der Öffentlichkeit an diesen informellen Vorverhandlungen ausgeschlossen. Einige dieser Nachteile werden dadurch kompensiert, daß die Behörde die Gründe, weshalb kein EIS für das Vorhaben erforderlich ist, darlegen 77 und der Öffentlichkeit damit die Möglichkeit geben muß, die Schlußfolgerungen der Behörde nachzuprüfen und zu kommentieren 78. Die Rechtsprechung hat sich mit den Bedenken gegen informelle Vorverhandlungen bisher wenig auseinandergesetzt und im wesentlichen darauf abgestellt, ob das Vorhaben nach Änderungen noch signifikante Umweltauswirkungen besitzt. Sie hält es grundsätzlich für zulässig, ein Vorhaben nach Antragstellung zu ändern, um die Vorbereitung eines EIR zu vermeiden 79. Auch wenn ersichtlich ist, daß Ausgleichsmaßnahmen nur ein Mittel sind, um das EIR-Verfahren und eine umfassende Beteiligung der Öffentlichkeit durch eine sog. "mitigated negative declaration" (Negativerklärung mit Ausgleichsmaßnahmen) zu vermeiden, kommt es nach Ansicht der Gerichte lediglich darauf an, ob das Vorhaben in der endgültigen Form der Antragstellung sich noch nachteilig auf die Umwelt auswirkt. Wenn dies nach der Aufnahme von Ausgleichsmaßnahmen nicht mehr der Fall ist, ist ein EIR nicht notwendig. Jedoch wird dem wesentlichen Kritikpunkt an informellen Vorverhandlungen dadurch begegnet, daß die Öffentlichkeit bei der Entscheidung, kein EIR zu erstellen, angehört werden muß. Insoweit ist die Transparenz des Entscheidungsprozesses gewahrt. Zudem ist die Entscheidung der Verwaltung, keine UVP zu erstellen, gerichtlich nachprüfbar. Ob die Vorteile der informellen Vorverhandlungen, im Ergebnis ein weniger umweltbelastendes Vorhaben zu erreichen, in Anbetracht der mangelnden Möglichkeit zur Partizipation überwiegen, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls ist das Verfahren der sog. "mitigated negative declaration", wenn das Vorhaben wegen der in den Vorverhandlungen aufgenommenen Ausgleichsmaßnahmen oder Änderung kein EIR mehr erfordert, gegenüber informellen Vorverhandlungen traditioneller Prägung, in denen nur wenig Transparenz des Ent77

Cai. Pub. Res. Code, §§ 21064, 21080 (c) (2). Cai. Pub. Adm. Code, Title 14, § 15073. 79 Perley v. Board of Supervisors, 187 Cal. Rptr. 53 (C.A. 1982); Novi v. City of Pacifica, 215 Cal. Rptr. 439 (C.A. 1985); Long Beach Saving and Loan Ass'n v. Long Beach Redevelopment Agency, 232 Cal. Rptr. 772 (C.A. 1986). 78

16 Mezger

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V. Umweltverträglichkeitspriifung in Kalifornien

scheidungsvorganges besteht, sowohl unter dem Aspekt des Ergebnisses weniger Umweltbelastung - als auch des Verfahrens - Überprüfbarkeit des Entscheidungsprozesses - insgesamt positiv zu bewerten.

3.2. Einschränkungen des UVP-Verfahrens unter dem CEQA Der Anwendungsbereich des EIR-Verfahrens unter dem CEQA wird durch zahlreiche Ausnahmen erheblich eingeschränkt.

3.2.1. EIR nur bei Ermessensentscheidungen

Zunächst findet das UVP-Verfahren unter dem CEQA nur auf Vorhaben Anwendung, deren Durchführung oder Genehmigung im Ermessen der Verwaltung stehen80. Damit fallen Genehmigungen für einzelne Vorhaben, die wie eine Baugenehmigung bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen zu erteilen ist 81 , ebenso aus dem Anwendungsbereich des CEQA wie sog. gebundene Erlaubnisse nach materiellem Umweltrecht bei Genehmigungen für Industrievorhaben, die die gesetzlichen Werte für Luft- und Wasserqualität einhalten82. Obgleich diese Beschränkung den Anwendungsbereich des UVP-Verfahrens erheblich einschränkt, erscheint es - auch aus Umweltschutzgründen - gerechtfertigt, bei Vorhaben und Maßnahmen, bei deren Genehmigung der Behörde keine Entscheidungsfreiheit zusteht, auf eine UVP zu verzichten, da die Behörde, selbst wenn sie negative Folgen für die Umwelt festgestellt hat, das Vorhaben in dieser Form genehmigen muß. Anderseits ist, wenn bestimmte, im materiellen Umeltrecht vorgegebene Grenzwerte und Standards erfüllt sind - angenommen diese Standards repräsentieren den nach dem Stand der Technik bestmöglichen Schutz der Umwelt - , keine Sicherheit gegeben, daß ein Vorhaben an einer bestimmten Stelle oder unter bestimmten Umständen (z.B. besonders gute bzw. schlechte Umweltbedingungen oder kumulative Folgen mehrerer Vorhaben) sich nicht doch nachteilig auf die Umwelt auswirkt. In diesen Fällen müßte für die Verwaltung die Möglichkeit bestehen, die Grenzwerte und Standards, die in den materiellen Umweltgesetzen enthalten sind, als (Mindest-)Anforderungen anzusehen, die von dem Entscheidungsträger unter den besonderen Umständen des Einzelfalles auch in strengere Grenzwerte umgewandelt werden können. 80

Cai. Pub. Res. Code, § 21080 (a). Cal. Adm. Code, Title 14, § 15268 (b); siehe aber Starbird v. San Benito County, 176 Cal. Rptr. 149 (C.A. 1981) (Baugenehmigung, die auf Ausnahme oder Befreiung beruht, ist Ermessensentscheidung und erfordert bei Vorliegen signifikanter Umweltauswirkungen die Vorbereitung eines EIR). 82 Beckman, Prairie, 17 San Diego L. Rev. 979 (1003) (1980) (neue Industrievorhaben erfordern nur dann ein EIR, wenn sie eine Bebauungsplanänderung, Befreiung oder Ausnahme von den Festsetzungen des Bebauungsplans benötigen, da die Erteilung der übrigen Genehmigungen grundsätzlich nicht im Ermessen der Verwaltung steht). 81

3. Maßnahmen, die ein EIR erfordern

243

Daraus ergeben sich folgende Probleme, die gegen diese Möglichkeit und damit gegen die Vorbereitung eines EIR bei gebundenen Genehmigungen sprechen: Gleichartige Projekte könnten an verschiedenen Standorten unterschiedlichen Grenzwerten unterworfen sein. Für eine derartige Ungleichbehandlung gleichartiger Vorhaben müßten dann einheitliche Kriterien entwickelt werden, die die Anwendung verschiedener Standards rechtfertigen. Entsprechende Kriterien werden angesichts der Vielzahl von Einzelfallen nur schwer zu definieren sein. Nicht nur bei der Entwicklung von Kriterien, sondern auch im Verwaltungsvollzug können sich erhebliche Ungleichheiten ergeben. Ob die Anwendung unterschiedlicher Umweltstandards und Grenzwerte dem Ermessen und der Beurteilung der das EIR vorbereitenden Behörde, der es möglicherweise an Fachkenntnis und Erfahrung auf diesem Gebiet mangelt, überlassen werden sollte, ist zu bezweifeln. Es stellt sich außerdem die Frage, ob die Anwendung von strengeren als in den materiellen Umweltgesetzen vorgesehenen Werten nicht möglicherweise zu entschädigungspflichtigen Eigentumseingriffen führt. In Anbetracht dieser Probleme ist festzustellen, daß das UVP-Verfahren als ein horizontales medienübergreifendes Verfahren an die Grenzen des materiellen Umweltrechts stößt. Anders kann sich die Situation allerdings darstellen, wenn die Entscheidung der Behörde teilweise die Ausübung von Ermessen beinhaltet. Hier sieht der CEQA vor, daß in den Fällen, in denen die Entscheidung auch teilweise im Ermessen der Behörde steht, ein EIR zu erstellen ist 83 . Jedoch wird auch hieraus den bereits genannten Gründen - der Entscheidungsträger sich bei der Beurteilung der Umweltauswirkungen an den in den materiellen Umweltgesetzen festgelegten Standards und Grenzwerten zu orientieren haben. Da die Klassifikation eines Vorhabens als „gebundene Entscheidung" ein einfacher Weg ist, die Vorbereitung eines EIR zu vermeiden, ist es positiv zu werten, daß die Gerichte eigene Überlegungen anstellen, ob das von der Behörde als „gebundene Entscheidung" eingestufte Vorhaben tatsächlich keinerlei Ermessen bei der Genehmigung zuläßt 84 .

3.2.2. Gesetzliche Ausnahmen

Der CEQA sieht außerdem umfangreiche Ausnahmen von dem UVP-Verfahren im Gesetz selbst vor, die auch bestimmte räumliche Planungen und Entscheidungen über räumliche Nutzungen umfassen 85. 83 Cal. Adm. Code, Title 14,§ 15268 (d); People ν. Department of Housing and Community Development, 119 Cal. Rptr. 266 (C.A. 1975); NRDC v. Areata National Corp., 131 Cal. Rptr. 172 (C.A. 1976). 84 siehe Day v. City of Glendale, 124 Cal. Rptr. 569 (C.A. 1975). 85 Cai. Pub. Res. Code, § 21080 (u.a. Notmaßnahmen, Maßnahmen in Katastrophenfällen, bestimmte Erhöhungen von Tarifen für Straßennutzung oder Verkehrsmittel, zahlreiche Maßnahmen der Förderung von öffentlichen Verkehrsmitteln oder Eisenbahnen); §§ 21080.4,

16

244

V. Umweltverträglichkeitspriifung in Kalifornien

Die gesetzlichen Ausnahmen lassen sich in zwei Kategorien unterteilen: Einmal soll vermieden werden, daß Untersuchungen im EIR wiederholt werden, die in ähnlicher Form oder Zielrichtung bereits vorgenommen wurden. Hier ist insbesondere das Konzept des „funktionalen Äquivalents" zu erwähnen (siehe supra, IV.2.5.3). Die zweite Kategorie umfaßt im wesentlichen Maßnahmen, in denen es aus gesellschaftspolitischen Erwägungen nicht wünschenswert erscheint, ein EIR für diese Maßnahmen zu erstellen. Ein Beisiel für die erste Kategorie ist, daß Vorbereitung und Verabschiedung eines Local Coastal Plan kein EIR erfordern, solange ein EIR für die Genehmigung des Planes durch die California Coastal Commission vorbereitet wird 8 6 . Die übrigen Aktivitäten der California Coastal Commission sind im wesentlichen unter einer der „funktionalen Äquivalent" ähnlichen Theorie von dem CEQA ausgenommen87. Diese im Gesetz vorgesehene Ausnahme besteht darin, von Behörden, die überwiegend umweltschützende Programme verwalten, kein EIR zu verlangen, wenn Umweltbelange bei der Durchführung dieser Programme bereits ausreichend beachtet werden 88. Als „funktionales Äquivalent" zum EIR-Verfahren werden umweltregulierende Programme einzelner Behörden dann angesehen, wenn das Programm verlangt, daß der Genehmigung eines Vorhabens ein schriftlicher "project plan" vorangeht, der ausreichende Informationen über die betroffenen Umweltbelange enthält. Um als „funktionales Äquivalent" von dem zuständigen Landesministerium anerkannt zu werden, muß ein Programm u.a. folgende Voraussetzungen erfüllen: 1. Das Programm muß vor allem umweltschützende Ziele verfolgen. 2. Es darf kein Vorhaben genehmigt werden, solange weniger umweltbelastende Ausgleichsmaßnahmen oder Alternativen durchfuhrbar sind. 3. Es müssen Kriterien vorhanden sein, um die Umweltauswirkungen des Vorhabens beurteilen zu können, und diese Kriterien müssen mit den umweltschützenden Zielsetzungen des jeweiligen Programms übereinstimmen. 4. Andere Behörden sind zu beteiligen, und ein schriftlicher Bericht muß die im Hinblick auf Umweltbelange aufgeworfenen Fragen kommentieren 89 .

Außerdem muß der Plan für einen angemessenen Zeitraum der Öffentlichkeit zur Überprüfung und Kritik zugänglich gemacht werden 90. Insofern werden Programme und Pläne, die unter die „funktionale Äquivalenz"-Ausnahme fallen, im wesentlichen als eine verkürzte Umweltverträglichkeitspriifung ange21080.10-21080.21 (Ausnahmen für bestimmte Häfen und Gefängnisse, Schließung von Schulen); § 21080.5 (Planungs- und Erlaubnisprogramme der San Francisco Bay Conservation and Development Commission). 86 Cal. Pub. Res. Code,§ 21080.9; siehe California Coastal Commission, Implementation Plans, Cal. Adm. Code, Title 14, § 13557 ff. 87 siehe Wildlife Alive v. Chickering, 132 Cal. Rptr. 337 (S.Ct. 1976). 88 Cai. Pub. Res. Code, § 21080.5; Cal. Adm. Code, Title 14, § 15251. 89 Cai. Pub. Res. Code, § 21080.5 (d) (2). 90 Cai. Pub. Res. Code, § 21080.5 (d) (3) (ii).

3. Maßnahmen, die ein EIR erfordern

245

sehen91. Allerdings war die Rechtsprechung bisher äußerst zurückhaltend, die Ausnahme für umweltregulierende Programme unter der „funktionalen Äquivalenz w-Theorie auf eine große Anzahl von Programmen auszudehnen. Dahinter scheint die Annahme zu stehen, daß auch umweltschützende Aktivitäten der Verwaltung nicht grundsätzlich von dem Erfordernis einer Umweltverträglichkeitsprüfung befreit werden sollten. Obgleich sich die Verwaltung für die Vorbereitung von waldwirtschaftlichen Plänen92, der Genehmigung von einzelnen Vorhaben in der Küstenzone93 oder der Regelung für das Jagen von Wüdtieren 94 ausdrücklich auf die in den Richtlinien erwähnten Ausnahmen für umweltregulierende Programme berufen haben, ist von der Rechtsprechung abgelehnt worden, diese Programme von dem EIR-Verfahren auszunehmen, da Verfahren und Inhalt der Programme eine Ausnahme als „funktionales Äquivalent" nicht rechtfertigen 95. Die Rechtsprechung geht aber noch einen Schritt weiter und stärkt die inhaltlichen Verpflichtungen der Verwaltung unter dem CEQA. Sie verlangt, daß selbst wenn einzelne Programme als „funktionales Äquivalent" die Vorbereitung eines vollständigen EIR nicht erfordern, die Verwaltung bei der Entscheidung über ein Vorhaben die inhaltlichen Verpflichtungen des CEQA, einschließlich der Forderung, nachteilige Folgen für die Umwelt zu vermeiden, zu beachten hat 96 . Die zweite Gruppe von Ausnahmen umfaßt Fälle, in denen es aus allgemeinen politischen Erwägungen nicht angezeigt scheint, ein EIR-Verfahren durchzuführen, insbesondere dann, wenn es sich um Konflikte zwischen Umweltschutz, räumlichem Wachstum und Wohnbedürfnissen der Bevölkerung handelt. Aber auch diese Ausnahmen sind eher begrenzt. Beispielsweise bedarf die Genehmigung von Wohnungsbauvorhaben und kleineren Geschäften in städtischen Gebieten keines EIR, wenn eine Umweltverträglichkeitsprüfung für den zugrundeliegenden Bebauungsplan vorbereitet wurde 97 . Kein EIR ist notwendig für den Bau von Wohnungen für ältere Menschen oder die Errichtung von weiteren Gebäuden auf bereits bebauten Grundstücken 98 . Die letztgenann91

NRDC v. Arcata National Corporation, 131 Cal. Rptr. 172 (C.A. 1976). Cal. Adm. Code, Title 14, § 15251 (a). 93 Cal. Adm. Code, Title 14, § 15251 (c). 94 Cal. Adm. Code, Title 14, § 15251 (b). 95 Coronado v. California Coastal Zone Commission, 138 Cal. Rptr. 241 (C.A. 1977) (Erteilung von Erlaubnissen für Vorhaben in der Küstenzone durch die Coastal Conservation Commission); Wildlife Alive v. Chickering, 132 Cal. Rptr. 377 (S.Ct. 1976) (Programm für Jagen von Wildtieren); NRDC v. Arcata Nat'l Corp., 131 Cal. Rptr. 172 (C.A. 1976) (Holzfallprogramm des Forstministeriums); siehe aber Environmental Protection Information Center, Inc. v. Johnson, 216 Cal. Rptr. 502 (C.A. 1985) (Holzfallprogramm, das den Kriterien des Pub. Res. Code, § 21080.5 entspricht, ist von EIR ausgenommen). 96 Environmental Protection Information Center, Inc. v. Johnson, 216 Cal. Rptr. 502 (C.A. 1985). 97 Cai. Pub. Res. Code, § 21080.7; siehe auch Cal. Adm. Code, Title 14, §§ 15180 ff. 98 Cai. Pub. Res. Code, § 21080.10, § 21080.17. 92

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V. Umweltverträglichkeitspriifung in Kalifornien

ten Ausnahmen sind eine Antwort auf die Kritik, daß sich das EIR-Verfahren negativ auf die Wohnoptionen bestimmter Bevölkerungsgruppen auswirkt, wenn die lokalen Gebietskörperschaften versuchen, mit Umweltschutzargumenten oder Gefahren unkontrollierten räumlichen Wachstums die Genehmigung von Wohnungsbauvorhaben, insbesondere Mehrfamilienhäusern zu verhindern oder durch das EIR-Verfahren zu verzögern". Der Gesetzgeber hat dieser Kritik auch in anderer Hinsicht Rechnung getragen. Neben den Ausnahmen von dem EIR-Verfahren, die den Bau von Wohnungen erleichtern, wurde in die Erklärung der umweltpolitischen Ziele des CEQA ausdrücklich aufgenommen, daß die Verwaltung neben umweltschützenden Zielen auch ausreichende Wohnmöglichkeiten für alle Bürger zu berücksichtigen hat 1 0 0 . Ausgleichsmaßnahmen für ein Vorhaben dürfen nicht in einer Reduzierung von Wohneinheiten bestehen101. Das Problem des Zielkonfliktes zwischen Umweltschutz und einem den Bedürfnissen der Bevölkerung entsprechenden räumlichen Wachstum wird unter V.4.2. noch ausführlicher zu diskutieren sein.

3.3. Gerichtliche Überprüfung der Entscheidung, kein EIR vorzubereiten Kommt die Verwaltung nach anfanglichen Prüfungen zu dem Schluß, daß ein Vorhaben, das nicht im übrigen bereits aus dem Anwendungsbereich des CEQA ausgenommen ist, keine signifikanten negativen Auswirkungen auf die Umwelt hat, veröffentlicht sie eine „Negativerklärung" ("negative declaration") einschließlich der Gründe, aus denen ein EIR für das Vorhaben nicht erforderlich ist 102 . Mit der Feststellung, das Vorhaben habe keine signifikanten Auswirkungen auf die Umwelt, ist gleichzeitig das Ergebnis verbunden, daß keine UVP erforderlich ist. Diese Feststellung verlangt von der Behörde, die potentiellen Folgen des Vorhabens einzuschätzen. Da die Verwaltung mit der Behauptung, das Vorhaben habe keine negativen Umweltfolgen, sich relativ leicht dem EIR-Verfahren entziehen kann, gewinnt die Frage, inwieweit die Negativerklärung gerichtlich nachprüfbar ist, sowie die Frage der Beweislast für die Durchsetzung des UVP-Verfahrens in der Praxis erhebliche Bedeutung.

99 Ackerman, 46 So. Cal. L. Rev., 754 (765) (1973); Hagman, 7 Urb. L. Ann. 3(43 ff.) (1974); siehe auch City of Poway v. City of San Diego, 202 Cal. Rptr. 366 (370) (C.A. 1984) .. delay is a tactic in environmental disputes to force developers to accede to project design changes simply because of the economic pressure to move the project forward." 100 Cai. Pub. Res. Code, § 21000 (g). 101 Cai. Pub. Res. Code, § 21085. 102 Cai. Pub. Res. Code, § 21080 (c); siehe auch Pistoresi v. City of Madera, 188 Cal. Rptr. 136 (C.A. 1982).

3. Maßnahmen, die ein EIR «erfordern

247

Die Gerichte prüfen die Schlußfolgerungen der Behörden, ob das Vorhaben bedeutende Umweltfolgen mit sich bringt, nicht im einzelnen nach, sondern beschränken ihre Prüfung darauf, ob „wesentliche Tatsachen" ("substantial evidence") in der Negativerklärung vorhanden sind, das Vorhaben habe keine signifikanten Umweltauswirkungen, oder ob man argumentieren könnte ("arguable"), das Vorhaben habe bedeutende Folgen für die Umwelt. Der CEQA sieht den "substantial evidence" Standard für die gerichtliche Kontrolle ausdrücklich vor 1 0 3 . Das Gesetz untersagt den Gerichten, Schlußfolgerungen der Behörde, wie die Umweltauswirkungen der Maßnahme einzuschätzen sind, selbständig und unabhängig zu überprüfen oder ihr Ermessen an die Stelle des Ermessens der Verwaltung zu setzen. Die Richtlinien haben versucht, den Begriff des "substantial evidence" näher zu bestimmen als in der Negativerklärung enthaltene „ausreichend relevante Informationen und vernünftige Hinweise für die Schlußfolgerung, das Vorhaben besitze keine signifikanten Auswirkungen auf die Umwelt" 1 0 4 . Diese Definition ist jedoch wenig konkret. Die neuere Rechtsprechung hat etwas Klarheit in diese vage Begrifflichkeit gebracht und ist davon ausgegangen, wenn die Negativerklärung Hinweise erhält, aus denen man mit Berechtigung ("fair argument") schließen kann, das Vorhaben könnte signifikante nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt haben, ein EIR erforderlich ist 105 . Obgleich dieser Standard keine unabhängige Prüfung der Schlußfolgerungen der Behörde, eine UVP sei nicht erforderlich, durch die Rechtsprechung erlaubt, wird er als ausreichend angesehen, um sicherzustellen, daß die Behörden die Anforderungen des CEQA nicht umgehen106. Da aber die Gerichte sich bei der Überprüfung auf die in der „Negativerklärung" enthaltenen Ausführungen stützen und grundsätzlich keine neuen Beweise zulassen, fällt der Öffentlichkeit und Umweltgruppen die Aufgabe zu, während der Kommentierungsphase zu der von der Verwaltung vorbereiteten Negativerklärung Zweifel an den Schlußfolgerungen der Behörde zu erheben 107. Da bloße „Behauptungen und Gerüchte" nicht ausreichend sind, um als „wesentliche Tatsachen" ("substantial evidence") angesehen zu werden 108 , müssen Dritte zudem Fachkenntnis besitzen und Beweismittel beibringen, um die Schlußfolgerungen der Verwaltung über die möglichen Umweltauswirkungen zu erschüttern. Die Beweislast für die Vermutung, das Vorhaben könnte nachteilige Umweltfolgen haben, liegt insofern bei der Öffentlichkeit. Diese Rechtsprechung zur „Negativerklärung" zwingt Dritte, sich einerseits am Verfahren zu beteiligen und andererseits Fachwissen in das 103

Cai. Pub. Res. Code, § 21168. Cal. Adm. Code, Title 14, § 15384. 105 Friends of " Β " Street v. City of Hayward, 165 Cal. Rptr. 514 (C.A. 1980); Newberry Springs Water Ass'n v. County of San Bernardino, 198 Cal. Rptr. 100 (C.A. 1984). 106 Selmi, 18 U. C. Davis L. Rev. 197 (227) (1984). 107 siehe auch Citizens Ass'n v. County of Inyo, 217 Cal. Rpt. 893 (C.A. 1985). 108 Cal. Adm. Code, Title 14, § 15384 (a). 104

248

V. Umweltverträglichkeitsprfung in Kalifornien

Beteiligungsverfahren einzubringen. Diese Rechtsprechung ist insoweit zu kritisieren, als sie Dritten, Umweltgruppen oder Individuen, denen in der Regel weniger fachliche und materielle Ressourcen zur Verfügung stehen, die Beweislast - zumindest des ersten Anscheins - auferlegt, daß ein EIR wegen möglicher nachteüiger Umweltauswirkungen erforderlich ist. Erschwerend für diese Gruppen kommt hinzu, daß bloße Einwendungen nicht als "substantial evidence" angesehen werden, sondern diese Einwendungen begründet werden müssen. Enthält die Negativerklärung andererseits jedoch erhebliche Hinweise, aus denen berechtigterweise geschlossen werden kann, daß nachteilige Umweltauswirkungen vorhanden sind, kehrt sich die Beweislast um. Die Behörde muß im Zweifel ein EIR vorbereiten, auch wenn es Hinweise gibt, daß das Vorhaben möglicherweise keine nachteiligen Umweltfolgen mit sich bringt 109 . Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß der CEQA räumliche Planungen sowie die Genehmigung einzelner räumlicher Vorhaben umfassend in das EIRVerfahren einbezieht. Die zahlreichen, im Gesetz und in den Verwaltungsvorschriften aufgenommenen Ausnahmen weisen jedoch daraufhin, daß diese umfassende Anwendung des EIR-Verfahrens nicht immer als wünschenswert angesehen wurde. Bei der Vorbereitung eines EIR für die Gesamtplanung kann sich bei der Genehmigung nachfolgender Einzel vorhaben das EIR auf die BesonBesonderheiten des jeweiligen Vorhabens konzentrieren. Die wohl wichtigste Beschränkung des UVP-Verfahrens liegt darin, daß ein EIR nur bei Vorhaben und Maßnahmen vorzubereiten ist, bei deren Entscheidung die Behörde, zumindest teilweise, Ermessen besitzt. Angesichts der starken Bedenken, die gegen die Ausweitung des EIR-Verfahrens auf gebundene Entscheidungen sprechen, scheint diese Beschränkung gerechtfertigt. Das hat allerdings auch zur Folge, daß Vorhaben, die durch einzelne Fachgesetze geregelt werden, häufig aus dem Anwendungsbereich des EIR-Verfahrens herausfallen. Ein medienübergreifendes Verfahren ist insoweit nur begrenzt möglich. Bei der Frage, inwieweit die Entscheidung der Behörde, kein EIR zu erstellen, gerichtlich nachprüfbar ist, ist zu kritisieren, daß die Beweislast, ob das Vorhaben signifikante Auswirkungen auf die Umwelt besitzt und deshalb ein EIR erfordert, letztlich bei der Öffentlichkeit und nicht bei der Verwaltung liegt. Es besteht damit die Möglichkeit, solange sich nicht Dritte aktiv an dem EIR-Verfahren beteiligen und Einwendungen gegen die Negativerklärung vorbringen, das EIR-Verfahren durch die Verwaltung relativ leicht zu unterlaufen.

109 Friends of " Β " Street v. City of Hayward, 165 Cal. Rptr. 154 (C.A. 1980); Heninger v. Board of Supervisors, 224 Cal Rptr. 509 (C.A. 1986).

4. Inhalt des EIR

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4. Inhalt des Environmental Impact Report (EIR) Für den Inhalt des EIR ist entscheidend, ob die im EIR vorgenommenen Untersuchungen der Umweltauswirkungen den Entscheidungsträger mit ausreichenden Informationen versorgen, um die Umweltfolgen der Entscheidung abzuschätzen, Alternativen zu entwickeln oder negative Umweltfolgen durch Ausgleichsmaßnahmen zu vermindern 110 . Dazu muß zunächst das Vorhaben und die vorhandene Umgebung beschrieben werden 111 . Manche Umweltverträglichkeitsprüfungen scheitern bereits daran 112 . Daneben sind die Rahmenbedingungen, unter denen das Vorhaben durchgeführt wird, wie z.B. seine Vereinbarkeit mit bestehenden räumlichen Planungen und anderen Plänen für Luftqualität, Abfallwirtschaft usw. zu untersuchen 113. Obgleich der CEQA betont, daß vor allem die tatsächlichen Veränderungen der natürlichen Umwelt zu untersuchen sind 114 , können auch soziale und wirtschaftliche Auswirkungen für die Analyse der Umweltauswirkungen herangezogen werden, soweit die Behörde dies wünscht 115 . Um die Verteilungswirkungen der Entscheidung abzuschätzen, erscheint es notwendig, auch die ökonomischen Auswirkungen zu untersuchen. Der Gesetzgeber hat jedoch verschiedene Versuche, auch wirtschaftliche Auswirkungen des Vorhabens zum Bestandteil des EIR zu machen, abgelehnt 116 . Mit dem Hinweis, daß die Erklärung der umweltpolitischen Ziele des CEQA u.a. enthält, daß Bedingungen geschaffen werden sollen, unter denen Mensch und Natur in produktiver Harmonie leben können, um die wirtschaftlichen und sozialen Erfordernisse gegenwärtiger und zukünftiger Generationen zu erfüllen 117 , sind nach Ansichten in der Literatur wirtschaftliche Auswirkungen des Vorhabens, soweit sie offensichtlich die wirtschaftliche Situation eines Gebietes beeinflussen und in ihren Auswirkungen eingeschätzt werden können, in die Diskussion des EIR einzuschließen118. Da aber grundsätzlich nicht ausgeschlossen ist, auch die wirtschaftlichen Auswirkungen im EIR zu untersuchen, erscheint eine Aufnahme in den Gesetzestext nicht notwendig. Auch in anderer Hinsicht wird eine enge Definition der Umweltfolgen als tatsächliche Auswirkungen auf die natürliche Umwelt verlassen und die, insbe1,0

Cal. Adm. Code, Title 14, § 15121. Cal. Adm. Code, Title 14, § 15124. 112 siehe County of Inyo v. City of Los Angeles, 139 Cal. Rptr. 396 (C.A. 1977) (EIR fehlerhaft wegen unzureichender Beschreibung des Vorhabens). 1,3 Cal. Adm. Code, Title 14, § 15125. 114 Siehe Cai. Pub. Res. Code, § 21060.5. 115 Cal. Adm. Code, Title 14, § 15131. 116 Bendix, 19 Santa Clara L. Rev. 521 (532) (1979). 117 Cal. Pub. Res. Code, § 21001 (e). 1,8 Bendix, 19 Santa Clara L. Rev. 521 (533) (1979). 111

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V. Umweltverträglichkeitsprfung in Kalifornien

sondere für raumbedeutsame Vorhaben wichtigen, mittelbaren Folgen in die UVP einbezogen. Neben den tatsächlichen Veränderungen der vorhandenen Umgebung, die im EIR zu analysieren sind, sollen auch die direkten und indirekten Auswirkungen des Vorhabens sowie Veränderungen in der Bevölkerungsdichte und -Verteilung und der räumlichen Nutzung (einschließlich Wohn- oder gewerblicher Nutzung) sowie Gesundheits- oder Sicherheitsprobleme, Auswirkungen auf Infrastruktur und Naturschönheiten untersucht werden 119 . Ähnlich wie bei NEPA muß das EIR unter dem CEQA neben den Umweltfolgen auch die Beziehungen zwischen lokalen kurzfristigen Nutzungen und der Unterhaltung und Verbesserung der langfristigen Bedingungen der menschlichen Umwelt diskutieren 120 . Damit sind die Vor- und Nachteile des Vorhabens zu bestimmen. Jedoch muß eine solche Analyse nur für die Verabschiedung eines Planes, Satzung oder Grundsatzentscheidung sowie bei Entscheidungen über Eingemeindungen und bei Vorhaben, die auch ein EIS unter NEPA erfordern, vorgenommen werden 121 . Damit wird die Anforderung, Vor- und Nachteile der Entscheidung zu analysieren, auf Vorhaben mit weitreichenden Folgen begrenzt. Während die Rechtsprechung auch unter CEQA eine Abwägung der Vor- und Nachteile des Vorhabens, einschließlich der ökonomischen und sozialen Kosten und Nutzen fordert 122 , verlangt sie - unter Berufung auf die Rechtsprechung der Bundesgerichte zu NEPA - jedoch nicht, daß das EIR eine formale Kosten-Nutzen-Analyse enthält 123 . Insoweit kann hier auf die für NEPA vorgenommene Diskussion der Vor- und Nachteile der verschiedenen Modelle, die Kosten und Nutzen eines Vorhabens zu analysieren, verwiesen werden (siehe supra, IV.3.6.).

4.1. Mittelbare und kumulative Auswirkungen des Vorhabens Die Frage des Informationswertes, den das EIR haben kann, wird nicht zuletzt dadurch bestimmt, welche Folgen der Maßnahme im EIR untersucht werden und mit welchem Aufwand die Verwaltung auch unbekannte Auswirkungen des Vorhabens zu analysieren hat. Diese Frage wird teilweise bereits dadurch beantwortet, daß der CEQA ausdrücklich verlangt, in die Beurteilung der Umweltfolgen auch die kumulativen Folgen anderer Vorhaben einzubeziehen124. Zunächst verhindert die Analyse der kumulativen Auswirkungen, 119

Cal. Adm. Code, Title 14, § 15126. Cai. Pub. Res. Code, § 21100 (e). 121 Cai. Pub. Res. Code, § 21100.1; Cal. Adm. Code, Title 14,§ 15127. 122 Society for California Archeology v. County of Butte, 135 Cal. Rptr. 679 (C.A. 1977). 123 San Francisco Ecology Center v. City and County of San Francisco, 122 Cal. Rptr. 100 (C.A. 1975). 124 Cai. Pub. Res. Code, § 21083: "(a) Eine vorgeschlagene Maßnahme kann die Qualität oder Bedingungen der Umwelt ver120

4. Inhalt des EIR

251

daß ein Vorhaben in einzelne Abschnitte aufgesplittert wird und nur die Umweltauswirkungen dieser Teile untersucht werden, während die Umweltfolgen des gesamten Vorhabens außer acht bleiben; ein Problem, das bei NEPA unter dem Stichwort „Segmentation" diskutiert wurde (siehe supra, IV.3.2.) 125 . Ähnlich wie bei NEPA betonen die Gerichte, daß Sinn und Zweck des CEQA nicht umgangen werden soll, indem ein größeres oder zusammenhängendes Vorhaben in mehreren Teilen untersucht wird, die dann selbst keine bedeutenden Umweltauswirkungen mehr haben 126 . Andererseits sieht sich die Rechtsprechung auch hier mit dem Problem konfrontiert, daß ein Vorhaben ausreichend konkret sein muß und mögliche Folgen nicht nur spekulativ sein dürfen, damit die im EIR enthaltenen Informationen auch sinnvoll für die Entscheidung sind 127 . Die Analyse der kumulativen Auswirkungen verhindert außerdem, daß nur die Folgen der einzelnen Maßnahme betrachtet werden, ohne die allgemeine Umweltsituation einzubeziehen. Der stark umweltschützenden Tendenz des CEQA entspricht die Forderung der Rechtsprechung, daß im EIR möglichst alle mit dem Vorhaben zusammenhängenden Folgen zu untersuchen sind und die Aufteilung oder Begrenzung von Vorhaben für die UVP restriktiv zu behandeln ist 128 . Das gilt nicht nur, wenn es sich um ein zusammenhängendes Vorhaben eines Antragstellers oder einer Behörde handelt, sondern auch dann, wenn andere Vorhaben außerhalb des Zuständigkeitsbereiches der Genehmigungsbehörde liegen oder mit dem zu genehmigenden Vorhaben nicht unmittelbar inhaltlich verbunden sind, aber gegenwärtig oder zukünftig - kumulative Auswirkungen auf die Umwelt mit sich bringen können 129 . Für die Frage, ob weitere Vorhaben in der Zukunft wahrscheinlich und damit in die Diskussion im EIR einzubeziehen sind, sind nicht nur schlechtem oder kurzfristige Uniweltverbesserungen auf Kosten langfristiger Umweltverschlechterung erreichen; (b) die möglichen Auswirkungen des Vorhabens sind einzeln begrenzt, aber kumulativ bedeutend; 'kumulativ bedeutend* meint in diesem Zusammenhang die gesamten Auswirkungen von vorhergegangenen, anderen gegenwärtigen und zukünftigen Vorhaben; (c) die Umweltauswirkungen des Vorhabens wirken sich, direkt oder indirekt, nachteilig auf Menschen aus." 125 siehe auch Cai. Pub. Res. Code, § 21090 (verschiedene Vorhaben eines Stadterneuerungsplanes sind als ein Vorhaben anzusehen); Citizens Ass'n v. County of Inyo, 217 Cal. Rptr. 893 (C.A. 1985) (größeres Vorhaben darf nicht in mehrere Maßnahmen aufgeteilt werden). 126 Plan for Arcadia, Inc. v. Arcadia City Council, 117 Cal. Rptr. 96 (C.A. 1974). 127 siehe Topanga Beach Renters Ass'n v. Department of General Services, 129 Cal. Rptr. 739 (C.A. 1976). 128 San Franciscans for Reasonable Growth v. City and County of San Francisco, 198 Cal. Rptr. 634 (C.A. 1984). 129 Las Virgines Homeowners v. Los Angeles City, 223 Cal. Rptr. 18 (C.A. 1986); San Franciscans for Reasonable Growth v. City and County of San Francisco, 198 Cal. Rptr. 634 (C.A. 1984) (EIR für Genehmigung von Bürokomplex fehlerhaft, wenn für die Innenstadt nur Auswirkungen von neuen Bürogebäuden, die sich im Bau befinden bzw. genehmigt sind, analysiert werden, nicht aber die Folgen von Bürogebäuden, die sich noch im Genehmigungsverfahren befinden); Laurel Heights Imp. Ass'n v. Regents of University of California, 238 Cal. Rptr. 451 (C.A. 1987).

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V. Umweltverträglichkeitsprfung in Kalifornien

die bereits vorhandenen oder im Bau befindlichen, sondern auch Vorhaben, die sich noch im Genehmigungsverfahren befinden oder deren Realisierung wahrscheinlich ist, einschließlich der Voraussagen, die die Flächennutzungs- und Bebauungspläne über die zukünftige Entwicklung des Gebietes enthalten, in die Analyse der kumulativen Auswirkungen einzubeziehen130. Insofern ermöglicht das EIR die Integration von verschiedenen Verfahren in einem teilweise medienübergreifenden Verfahren der Entscheidungsvorbereitung. Da es häufig schwierig sein wird, zu bestimmen, ob die Realisierung zukünftiger Vorhaben wahrscheinlich ist, wird vorgeschlagen, die Behörden zu verpflichten, festzustellen, ob andere Vorhaben, die kumulative Auswirkungen auf die Umwelt haben könnten, absehbar sind 131 . Dies erscheint nicht notwendig. Auch ohne diese Verpflichtung ist die Verwaltung angehalten, die im EIR zu diskutierenden Auswirkungen relativ weit - sowohl zeitlich als auch räumlich - zu untersuchen. Für eine Folge von Vorhaben, die geographisch oder inhaltlich zusammenhängen und zu einem fortlaufenden Programm gehören, sowie für mehrere Einzelvorhaben, die von der gleichen Behörde genehmigt werden und ähnliche Auswirkungen haben, ist es nicht sinnvoll, jeweils einzelne Umweltverträglichkeitsprüfungen vorzubereiten. Hier kann auch unter dem CEQA ein sog. Programm Impact Statement erforderlich sein, das zusammenhängende Vorhaben programmatisch untersucht und damit vor allem bei der Vorbereitung von langfristigen räumlichen Planungen sinnvoll ist 132 . Wird der Bereich der im EIR zu untersuchenden Umweltauswirkungen relativ weit festgelegt, stellt sich unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungseffizienz die Frage, mit welcher Genauigkeit und mit welchem Aufwand auch mittelbare oder weit entfernt liegende Folgen der Maßnahme zu untersuchen sind. Die Gerichte gehen davon aus, daß, obgleich die kumulativen Auswirkungen vorhandener oder zukünftiger Vorhaben nicht im gleichen Umfang und Detail zu diskutieren sind wie die Folgen des Vorhabens selbst, jedoch Schwere, Bedeutung sowie Wahrscheinlichkeit ihres Vorkommens im EIR analysiert werden müssen133. 130 Cal. Adm. Code, Title 14,§ 15130; San Franciscans for Reasonable Growth v. City and County of San Francisco, 198 Cal. Rptr. 634 (C.A. 1984); siehe aber Lake Energy Council v. County of Lake, 139 Cal. Rptr. 176 (C.A. 1977)(beiProbebohrungen müssen mögliche spätere Entwicklungen dieser Bohrungen nicht berücksichtigt werden); vgl. No Oil, Inc. v. City of Los Angeles, 118 Cal. Rptr. 34 (S.Ct. 1974) (Probebohrungen haben signifikante Umweltauswirkungen, da nur im Zusammenhang mit späterer wirtschaftlicher Ausbeutung gefundener Rohstoffe sinnvoll); siehe auch Village Laguna of Laguna Beach v. Board of Supervisors, 185 Cal. Rptr. 41 (C.A. 1982) (EIR muß nur Umweltauswirkungen von „Vorschlägen" prüfen, nicht von nur „beabsichtigten" Vorhaben); siehe aber Christward Ministry v. Superior Court, 225 Cal. Rptr. 334 (C.A. 1986) (bei Änderung des Flächennutzungsplanes Vergleich mit der tatsächlichen Situation erforderlich, Hinweis auf im Flächennutzungsplan zugelassene Nutzung nicht ausreichend). 131 Eastman, 21 Santa Clara L. Rev. 727 (748 f.) (1981). 132 siehe Cal. Adm. Code, Title 14, § 15168.

4. Inhalt des EIR

253

Mit der Forderung, die Schwere und Bedeutung kumulativer Auswirkungen im EIR zu untersuchen, ist jedoch noch nicht die Frage beantwortet, mit welchem Aufwand die Behörden sich Informationen über diese und andere unbekannte - Auswirkungen des Vorhabens beschaffen müssen. Die Richtlinien sehen vor, bei der Analyse der Umweltauswirkungen einen interdisziplinären Ansatz zu verfolgen, der Natur- und Sozialwissenschaften wie auch qualitative und quantitative Faktoren in die Analyse einbezieht134. In bezug auf unsichere oder unbekannte Folgen des Vorhabens gehen die Richtlinien davon aus, daß nicht immer sämtliche Informationen verfügbar sein werden und die Analyse der Umweltauswirkungen ein gewisses Maß an Vorhersagen bedarf. Die Behörde muß alle Anstrengungen unternehmen, soweit vernünftigerweise vertretbar, um die notwendigen Informationen zu erlangen und in das EIR einzubeziehen135. Die Gerichte haben diese Richtlinien im wesentlichen unterstützt und verlangt, daß nur solche Fragen im EIR diskutiert werden, über die sich die Behörde mit „vernünftigerweise" durchführbarem Aufwand Informationen beschaffen kann' 36 . „Die Untersuchung der Umweltauswirkungen muß nicht erschöpfend sein. Ob ein EIS ausreichend ist, ist unter dem Gesichtspunkt zu beurteilen, was vernünftigerweise durchführbar ist. Die Gerichte fordern Angemessenheit und Vollständigkeit, aber keine Perfektion 137 ."

Mit dem Argument, es sei gesetzlich nicht vorgeschrieben, daß die Behörden alle Umweltfolgen erschöpfend untersuchen, um die Umweltauswirkungen des Vorhabens zu bestimmen, wird der Aufwand der Verwaltung für die Sammlung von Informationen begrenzt 138. Andererseits können hohe Kosten allein nicht als Grund angegeben werden, warum weitere Studien, die für die Analyse wichtiger oder unbekannter Umweltauswirkungen des Vorhabens notwendig sind, nicht verfolgt werden 139 . Jedoch sind die Gerichte im übrigen eher zurückhaltend, da sie zu befürchten scheinen, daß anderenfalls von der Verwaltung größtmögliche Bestimmtheit bei der Analyse von Umweltfolgen verlangt werden könnte. Deshalb wird der von den Gerichten in anderen Fragen angewandte „Maßstab der Vernunft" auch in diesem Fall benutzt, um das Ermessen der 133 Citizens for Preserve the Ojai ν. Ventura County, 222 Cal. Rptr. 247 (C.A. 1985); San Franciscans for Reasonable Growth v. City and County of San Francisco, 192 Cal. Rptr. 634 (C.A. 1984); siehe auch Cal. Adm. Code, Title 14, § 15130 (fur die Diskussion der kumulativen Auswirkungen gilt der Maßstab der Praktikabilität und Vernunft). 134 Cal. Adm. Code, Title 14, § 15142. 135 Cal. Adm. Code, Title 14, § 15144. 136 San Francisco Ecology Center v. City and County of San Francisco, 122 Cal. Rptr. 100 (C.A. 1976); San Franciscans for Reasonable Growth v. City and County of San Francisco, 198 Cal. Rptr. 634 (C.A. 1984). 137 San Francisco Ecology Center v. City and County of San Francisco, 122 Cal. Rptr. 100 (106) (C.A. 1975). 138 Society for California Archeologia v. County of Butte, 133 Cal. Rptr. 679 (C.A. 1977). 139 People v. County of Kern, 133 Cal. Rptr. 389 (C.A. 1976).

254

V. Umweltverträglichkeitsprfung in Kalifornien

Verwaltung zu konkretisieren 140 . Überläßt man die Entscheidung, ob weitere Informationen notwendig sind, allein dem freien Ermessen der Behörde, besteht die Gefahr, daß offene Fragen über mögliche Umweltfolgen unbeantwortet bleiben. Für den Fall, daß Informationen nicht vorhanden oder nicht mit vertretbarem Aufwand verschafft werden können und Unsicherheiten über die möglichen Folgen der Maßnahme auftreten, zieht die Rechtsprechung in Kalifornien im übrigen andere Konsequenzen als die Bundesgerichte unter NEPA. Bei NEPA geht zumindest die Rechtsprechung 141 davon aus, daß bei unbekannten und unsicheren Folgen, wenn keine Informationen zur Verfügung stehen, die schlechteste aller Möglichkeiten anzunehmen ist ("worst case" Analyse). Dagegen sehen die CEQA-Richtlinien vor, wenn nach umfassender Prüfung der vorhandenen Informationen bestimmte Umweltauswirkungen spekulativ bleiben, auf eine weitere Analyse verzichtet und eine entsprechende Bemerkung in das EIR aufgenommen wird 1 4 2 . Unsicheren und spekulativen Folgen wird damit weit geringeres Gewicht eingeräumt als unter NEPA. Es erscheint jedoch notwendig, bei unsicheren Folgen die schlechteste aller Möglichkeiten anzunehmen, um die mit einer Fehleinschätzung der Umweltfolgen verbundenen Risiken, die gerade bei unbekannten Folgen besonders hoch sein können, zu verringern.

4.2. Folgen der Maßnahme für räumliches Wachstum Eng mit dem Problem der kumulativen Auswirkungen hängt auch die Frage nach den Folgen des Vorhabens für mögliches Wachstum zusammen, die nach dem Gesetzeswortlaut im EIR zu untersuchen sind 143 . Da keine Verpflichtung besteht, mögliche Folgen für räumliches Wachstum in einem gesonderten Kapitel zu untersuchen, kann und wird diese Untersuchung in der Regel im Zusammenhang mit der Analyse der anderen Umweltauswirkungen vorgenommen 144 . Nach den CEQA-Richtlinien kann sich „Wachstum" sowohl auf wirtschaftliches Wachstum als auch auf Bevölkerungswachstum beziehen, die direkte oder indirekte Folgen des Vorhabens sind 145 . Dabei ist einerseits zu untersuchen, ob als Folge des Vorhabens bisher existierende Beschränkungen für räumliches Wachstum in dem betreffenden Gebiet (z.B. mangelnde Infrastruktur, Abwässerkanäle etc.) beseitigt werden, und anderer140 141 142 143 144 145

Pridegon, Anderson, Delphey, 2 Harv. Envtl. L. Rev. 419 (435) (1977). siehe aber die geänderten Verwaltungsvorschriften unter NEPA, supra IV.3.1.3. Cal. Adm. Code, Title 14, § 15145. Cai. Pub. Res. Code, § 21100 (g). Bendix, 19 Santa Clara L. Rev. 521 (533) (1979). Cal. Adm. Code, Title 14, § 15126 (g).

4. Inhalt des EIR

255

seits, wie sich das durch das Vorhaben hervorgerufene räumliche Wachstum auf die vorhandene Infrastruktur auswirken wird. Die Richtlinien gehen ausdrücklich davon aus, daß Wachstum per se weder positiv noch negativ zu bewerten ist 146 . Ob das durch das Vorhaben hervorgerufene Wachstum als nachteilig oder vorteilhaft angesehen wird, ist vielmehr für den jeweiligen Einzelfall zu entscheiden 147 . Dadurch wird ermöglicht, Umweltzerstörungen, die durch räumliches Wachstum und Zersiedlung der Landschaft hervorgerufen werden und die von den kommunalen Gebietskörperschaften, insbesondere wenn sie sich außerhalb ihres Zuständigkeitsbereiches ereignen, bei Planungen häufig vernachlässigt werden, in den Entscheidungsprozeß einzubeziehen. So verlangt die Rechtsprechung, daß ein EIR für eine neue Siedlung neben potentiellen Gefährdungen des Grundwassers, unzureichender Versorgung mit Strom, mangelnden Zufahrtsstraßen, Bodenerosion und Verschlechterung der Luftqualität ebenfalls mögliche Überbevölkerung, Flächenverbrauch, nachteilige Auswirkungen auf Freizeitmöglichkeiten sowie die kumulativen Folgen des Vorhabens als auch die Folgen von anderen zu erwartenden Vorhaben in diesem Gebiet untersucht 148 . Die Diskussion von Wachstumsfolgen ist auch in anderer Hinsicht bedeutsam. Zunächst wird die Analyse der Umweltauswirkungen nicht auf die Folgen für die natürliche Umwelt begrenzt, wenn Auswirkungen von Überbevölkerung auf öffentliche Infrastruktur zu untersuchen sind. Zum anderen können Kriterien des materiellen Umweltrechts und andere Umweltstandards, z.B. Grenzwerte für Luftemissionen, in die Diskussion eingeführt werden, die bei der räumlichen Planung, die selbst auch Wachstumsfolgen einzubeziehen hat, häufig keine Rolle spielen. Drittens verlangt die Diskussion von Wachstumsfolgen von der betroffenen lokalen Gebietskörperschaft auch außerhalb ihres Hoheitsgebietes liegende Folgen der räumlichen Planung bzw. Genehmigung von Einzelvorhaben in die Analyse der Umweltauswirkungen einzubeziehen149. Angesichts der Tatsache, daß in Kalifornien regionale Planungen nur begrenzt möglich sind, ist die Analyse der Wachstumsfolgen im EIR ein erster Schritt zu einer integrierten und regionalen Analyse der Umweltauswirkungen räumlicher Planungen und Entscheidungen. Zugleich kann sich die lokale Gebietskörperschaft, wenn sie die Wachstumsfolgen und deren Verteilungswirkungen im EIR untersucht, einem Dilemma gegenübergestellt sehen, das mit dem Begriff „Umweltschutz versus räumliches Wachstum" charakterisiert werden kann: In Gebieten mit großem Bevölke146

Cal. Adm. Code, Title 14, § 15126 (g). Hildreth, 17 Santa Clara L. Rev. 805 (816) (1977). 148 People v. County of Kern, 133 Cal. Rptr. 389 (C.A. 1976). 149 siehe City of Del Mar v. City of San Diego, 183 Cal. Rptr. 898 (C.A. 1982); Bozung v. Local Agency Formation Commission, 118 Cal. Rptr. 249 (S.Ct. 1975); Citizens Ass'n v. County of Inyo, 217 Cal. Rptr. 893 (C.A. 1985). 147

256

V. Umweltverträglichkeitsprfung in Kalifornien

rungszuwachs ist es die Aufgabe umweltorientierter räumlicher Planung, Zersiedlung und Verstädterung der Landschaft zu verhindern und neue Vorhaben in einer Weise durchzuführen, die möglichst geringe Umweltbelastungen mit sich bringt. Aus Überlegungen des Umweltschutzes kann es aber notwendig sein, daß bestimmte, mit räumlichem Wachstum einhergehende Bedürfnisse, z.B. der Bedarf an neuen Wohnungen und Infrastruktur, nicht erfüllt werden können. Es besteht dann die Gefahr, daß räumliches Wachstum in Gebiete gelenkt wird, die noch weniger geeignet sind, die damit verbundenen Folgen aufzunehmen, oder Umweltauswirkungen als Argument benutzt werden, um den Status quo zu erhalten und neuen Bevölkerungszuwachs auszuschließen. Bedenken, daß die Umweltauswirkungen des räumlichen Wachstums dazu dienen können, diskriminierende Bebauungsplanung zu rechtfertigen, wird von den Gerichten Rechnung getragen. Wachstumsbeschränkende räumliche Planungen, sei es aus Umweltschutzgründen oder um Überlastung bestehender öffentlicher Infrastruktur bzw. Steuererhöhungen zu vermeiden, werden von der Rechtsprechung in Kalifornien nur dann anerkannt, wenn diese Beschränkungen im Hinblick auf die regionale Situation, vor allem unter dem Aspekt der räumlichen Verteilung von Bevölkerung und Wohnungen, zu rechtfertigen sind 150 . Die gleichen Überlegungen gelten für die Diskussion der Wachstumsfolgen im EIR, wenn restriktive Bebauungsplanungen mit Hinweis auf nachteilige Umweltfolgen des räumlichen Wachstums verteidigt oder mit Hinweis auf Wachstumsfolgen vorgeschlagener Maßnahmen abgelehnt werden 151 . Wenn Ausgleichsmaßnahmen oder Alternativen vorgeschlagen werden, die möglicherweise weniger umweltbelastend sind, aber Wachstumsprobleme von einer Gemeinde in die andere verlagern, ist ebenfalls auf die regionale Gesamtsituation abzustellen152. Die Überlegungen, die die Rechtsprechung in Kalifornien für wachstumskontrollierende Bebauungspläne aufgestellt hat und die einen Ausgleich zwischen der Verteilung des regional notwendigen Wachstums und umweltschützenden Interessen der einzelnen Gemeinde beinhalten, sind auch im Rahmen des UVP-Verfahrens maßgeblich. Das EIR-Verfahren hat dann die Aufgabe zu untersuchen, wie - unvermeidliches - Wachstum möglichst ohne Umweltnachteile räumlich verteilt und für die einzelnen Gemeinden bewältigt werden kann. Obgleich die Rechtsprechung das Dilemma zwischen Bevölkerungszuwachs und Umweltschutz ausdrücklich anerkannt hat, ist jedoch zu bezweifeln, ob die Diskussion der Wachstumsfolgen im EIR allein ausreicht, räumliches Wachstum sowohl unter Umweltschutzgesichtspunkten als auch unter gesellschaftspolitischen Aspekten angemessen zu verteilen.

150 Associated Homebuilders v.City of Livermore, 135 Cal. Rptr. 41 (S.Ct. 1977); siehe auch supra, III.3.2. 151 siehe City of Del Mar v. City of San Diego, 183 Cal. Rptr. 898 (C.A. 1982). 152 siehe City of Del Mar v. City of San Diego, 183 Cal. Rptr. 898 (C.A. 1982); City of Poway v.City of San Diego, 202 Cal. Rptr. 366 (C.A. 1984).

4. Inhalt des EIR

257

4.3. Alternativen und Ausgleichsmaßnahmen Bei der Frage, welche Alternativen zu der vorgeschlagenen Maßnahme im EIR zu untersuchen sind, hat die Rechtsprechung in Kalifornien die von den Bundesgerichten zu NEPA entwickelte „Regel der Vernunft" ("rule of reason") übernommen (siehe supra, IV.3.4.). Die Diskussion von Alternativen und Ausgleichsmaßnahmen im EIR soll dem Entscheidungsträger erlauben, eine rationale Auswahl zwischen verschiedenen Möglichkeiten und Varianten zu treffen. Alternativen müssen nur insoweit im EIR diskutiert werden, wie sie „vernünftigerweise" realisierbar sind. Sie können jedoch auch außerhalb des Zuständigkeitsbereiches der genehmigenden bzw. das EIR vorbereitenden Behörde liegen. Spekulative oder nicht durchführbare Alternativen können dagegen bei der Diskussion im EIR außer acht gelassen werden 153 . Neben der Diskussion von Alternativen sieht der CEQA ausdrücklich vor, daß auch Ausgleichsmaßnahmen untersucht werden 154 . Ausgleichsmaßnahmen können Maßnahmen sein, um nachteilige Umweltauswirkungen a) zu verhindern, wenn das Vorhaben teilweise oder ganz nicht durchgeführt wird; b) zu vermindern, indem Größe oder Intensität des Vorhabens verringert werden; c)zu korrigieren, indem die beeinträchtigte Umwelt wiederhergestellt wird; d) langfristig zu reduzieren oder zu eleminieren, wenn Unterhaltungs- und Bewahrungsmaßnahmen während der Laufzeit des Vorhabens durchgeführt werden und e) durch Ersatz der betroffenen Ressourcen zu kompensieren 155. Die Diskussion von Alternativen und Ausgleichsmaßnahmen unter dem CEQA ist allerdings in mehrfacher Hinsicht von der Behandlung der Alternativen und Ausgleichsmaßnahmen unter NEPA zu unterscheiden: Einmal sehen die Richtlinien ausdrücklich vor, daß auch solche Alternativen in die Untersuchung eingeschlossen werden, die nachteilige Umweltauswirkungen erheblich vermindern, obgleich diese Alternativen teilweise verhindern, alle mit dem ursprünglichen Vorhaben verfolgten Ziele zu erreichen und möglicherweise auch teurer in der Durchführung sind 156 . Insofern gehen die Richtlinien von der Priorität umweltschützender Alternativen gegenüber Kostenerwägungen und selbst Zielerreichung aus. Zweitens darf die Verwaltung keine Vorhaben genehmigen oder durchführen, wenn sie nicht begründet hat, aus welchen Gründen wegen besonderer wirtschaftlicher, sozialer oder sonstiger Überlegungen Alternativen oder Ausgleichsmaßnahmen zu dem vorgeschlagenen Vorhaben nicht 153 Villa Laguna of Laguna Beach v. Board of Supervisors, 185 Cal. Rptr. 41 (C.A. 1982); Residents Ad Hoc Stadium Committee v. Board of Trustees, 152 Cal. Rptr. 585 (C.A. 1979); Cal. Adm. Code, Title 14, § 15126 (d). 154 Cai. Pub. Res. Code, § 21100 (c); siehe auch Goldman, 3 U.C.L.A. J. Envtl. L. + Pol. 1 (29) (1982) (auch die Umweltauswirkungen von Alternativen und Ausgleichsmaßnahmen müssen im EIR untersucht werden). 155 Cal. Adm. Code, Title 14, § 15370. 156 Cal. Adm. Code,Title 14, § 15126 (d) (3).

17 Mezger

258

V. Umweltverträglichkeitsprfung in Kalifornien

durchgeführt werden können 157 . Die Behörde ist gezwungen, ihre Entscheidung, Alternativen oder Ausgleichsmaßnahmen seien nicht durchführbar, zu begründen, da die Gerichte ein EIR, das entsprechende Ausführungen (findings) nicht enthält, für fehlerhaft erklären 158 . Um zu entscheiden, ob Ausgleichsmaßnahmen oder Alternativen durchführbar sind oder ob das Vorhaben trotz nachteiliger Umweltauswirkungen genehmigt werden soll, muß die Behörde eine Abwägung vornehmen 159 . Der CEQA selbst definiert „durchführbar" relativ vage als „kann in einem angemessenen Zeitraum unter Berücksichtigung von wirtschaftlichen, sozialen, Umwelt- und technologischen Faktoren erreicht werden" l6 °. Um zu bestimmen, ob Alternativen/Ausgleichsmaßnahmen durchführbar sind, kommt es aber nicht allein darauf an, ob diese tatsächlich erreicht werden können. In vielen Fällen können negative Umweltauswirkungen durch Alternativen oder Ausgleichsmaßnahmen reduziert, jedoch nicht alle mit der Maßnahme verfolgten Ziele erreicht werden. Die Frage nach der Durchführbarkeit von Ausgleichsmaßnahmen beinhaltet damit eine Abwägung zwischen diesen Maßnahmen und der Erreichung der mit dem Vorhaben verfolgten Ziele. Deutlich wird dieses an der "no action" Alternative, das Vorhaben ganz aufzugeben. Diese Alternative kann - unter Verzicht auf die mit dem Vorhaben verfolgten Ziele - immer durchgeführt werden. Da aber ein Vorhaben, auch wenn negative Umweltauswirkungen vorliegen, aufgrund anderer Erwägungen durchgeführt werden kann, ist bereits zu dem Zeitpunkt, zu dem die „Durchführbarkeit" von Ausgleichsmaßnahmen/Alternativen bestimmt wird, eine Abwägung zwischen den mit dem Vorhaben zu erreichenden Zielen und den mit der Durchführung von Alternativen verbundenen Kosten, Schwierigkeiten und Nachteilen vorzunehmen 161. Damit sind bereits hier Abwägungen von beträchtlicher Reichweite für die Entscheidung über das Vorhaben selbst zu treffen. Zum anderen wird deutlich, daß Alternativen/Ausgleichsmaßnahmen keinen absoluten Vorrang besitzen, sondern ihre Durchführbarkeit von einer Abwägung mit anderen Belangen und Zielen abhängt. Da Umweltbelange keine absolute Priorität besitzen, kann die Abwägung zugunsten der Maßnahme und zum Nachteil möglicher Alternativen ausgehen. Die Gefahr, daß das Vorhaben in seiner ursprünglichen Form möglichen Alternativen oder Ausgleichsmaßnahmen vorgezogen wird, wird nicht durch eine gerichtliche Kontrolle ausgeglichen. 157 Cai. Pub. Res. Code, § 21081(c); siehe auch Cal. Adm. Code, Title 14, § 15021 (Behörde hat wirtschaftliche Belange, Umweltbelange, rechtliche, soziale und technologische Faktoren bei Einschätzung der Durchführbarkeit von Alternativen und Ausgleichsmaßnahmen zu berücksichtigen). 158 Village Laguna of Laguna Beach v. Board of Supervisors, 185 Cal. Rptr. 41 (C.A. 1982); Cleary v. Stanislaus County, 173 Cal. Rptr. 390 (C.A. 1981); San Bernadino Valley Audubon Society, Inc. v. San Bernardino County, 202 Cal. Rptr. 423 (C.A. 1984). 159 Cal. Adm. Code, Title 14, § 15021. 160 Cai. Pub. Res. Code, § 21061.1. 161 Perlstein, 69 Cal. L. Rev. 112 (119) (1981).

4. Inhalt des EIR

259

Soll sichergestellt werden, daß die Verwaltung von richtigen Tatsachen bei der Abwägung ausgegangen ist bzw. alle relevanten Belange angemessen abgewogen hat, um die „Durchführbarkeit" von Ausgleichsmaßnahmen/Alternativen zu bestimmen, ist es erforderlich, daß die Gerichte die Abwägungen, die die Behörde zwischen den mit dem Vorhaben verfolgten Zielen und den mit den Ausgleichsmaßnahmen angestrebten Umweltschutz vorgenommen hat, überprüfen. Eine inhaltliche Überprüfung von Ermessensentscheidungen durch die Gerichte ist unter dem CEQA jedoch nur begrenzt möglich 162 . Jedoch prüft die Rechtsprechung, ob die Behörde formal ausreichend begründet hat, daß Ausgleichsmaßnahmen oder Alternativen nicht durchführbar sind. Bei räumlichen Planungen haben die Gerichte ausführliche Begründungen der lokalen Gebietskörperschaften, Alternativen zu der Entwicklung neuer Wohngebiete mit einer großen Anzahl von Wohneinheiten seien angesichts des regionalen Wohnungs- und Wachstumsbedarfs nicht durchführbar, als ausreichend akzeptiert 163 . Sie haben bei der Frage, ob Ausgleichsmaßnahmen durchführbar sind, auf die Notwendigkeit einer Abwägung und eines Ausgleichs zwischen Umweltschutz und den Zielen des Vorhabens, Bevölkerungswachstum aufzunehmen, hingewiesen, besonders deutlich in der Entscheidung City of Del Mar v. City of San Diego X( A. Als Alternative zu geplanten neuen Vororten für 40.000 Einwohner wurde vorgeschlagen, die gesamte Planung aufzugeben oder die Zahl der geplanten Wohneinheiten erheblich zu reduzieren. Diese Alternativen, die bereits wegen des geringeren Flächenverbrauchs weniger umweltbelastend waren, wurden angesichts der wirtschaftlichen und sozialen Situation in der Region, die durch einen starken Bevölkerungszuwachs gekennzeichnet ist, als nicht durchführbar zurückgewiesen. Unter Hinweis auf die für wachstumskontrollierende Bebauungspläne entwickelte Konzeption des „regionalen Allgemeinwohls" hielt das Gericht die Schlußfolgerung der lokalen Gebietskörperschaft, Aufgabe oder Beschränkung der Planung sei nicht durchführbar, für ausreichend. Es wies darauf hin, daß trotz Bedenken gegen das geplante Vorhaben aus Umweltgründen die Gemeinde sich nicht von den regionalen Problemen des Bevölkerungswachstums isolieren kann und die Stadt San Diego, falls sie das geplante Vorhaben ablehnt oder verkleinert, möglicherweise nicht einen angemessenen Anteil am regionalen Wohnungsbedarf übernimmt. An dieser Entscheidung wird deutlich, daß die Rechtsprechung bei der Entscheidung zwischen regionaler Entwicklung und Umweltschutz eine sorgfältige Abwägung und Analyse der Frage verlangt, ob Alternativen, die weniger umweltbelastend sind, aber gleichzeitig geringeres räumliches Wachstum erlau-

162

Perlstein, 69 Cal. L. Rev. 112 (120 ff.) (1981). City of Poway v. City of San Diego, 202 Cal. Rptr. 366 (C.A. 1984); City of Del Mar v. City of San Diego, 183 Cal. Rptr. 898 (C.A. 1982). 164 183 Cal. Rptr. 898 (C.A. 1982). 163

17*

260

V. Umweltverträglichkeitsprfung in Kalifornien

ben, angesichts eines starken Bevölkerungswachstums in der betroffenen Region vertretbar sind.

5. Verfahren bei der Vorbereitung des EIR Das Verfahren der Vorbereitung eines EIR ist im Detail im Gesetz und in den Richtlinien geregelt. Zunächst wird die Behörde prüfen, ob ein EIR notwendig ist 165 . Kommt die Behörde nach diesen anfänglichen Untersuchungen ("initial study") zu dem Schluß, daß kein EIR erforderlich ist, veröffentlicht sie eine entsprechende Negativerklärung ("negative declaration") mit den Gründen, aus denen sie ein EIR für nicht erforderlich hält 1 6 6 . Kommt die Verwaltung dagegen zu dem Ergebnis, daß das Vorhaben die Vorbereitung eines EIR erfordert, wird zunächst ein Entwurf eines EIR vorbereitet (draft EIR), das der Öffentlichkeit und anderen Behörden zur Stellungnahme zugänglich zu machen ist 1 6 7 . Die Antworten auf die Kommentare der Öffentlichkeit und anderer Behörden sind in das endgültige EIR aufzunehmen, das außerdem eine Erklärung darüber enthalten muß, ob Ausgleichsmaß nahmen/Alternativen durchführbar sind, und die Gründe darzulegen hat, warum die Behörde das Vorhaben trotz möglicher nachteiliger Umweltauswirkungen genehmigen oder durchführen will 1 6 8 . Die verschiedenen Schritte bei der Vorbereitung des EIR werden durch folgendes Schaubild 169 verdeutlicht. Um die Verwaltung bei der Vorbereitung des EIR zu entlasten, kann die Aufgabe, ein EIR vorzubereiten, auch an Dritte delegiert werden, wobei der Antragsteller des Vorhabens die Kosten einschließlich der der Behörde zu tragen hat 1 7 0 . Wird die Vorbereitung des EIR delegiert, bleibt die delegierende Behörde allerdings für Angemessenheit und Objektivität des EIR verantwortlich 171 . Häufig 165

Cal. Adm. Code, Title 14, §§ 15060 ff. Cal. Adm. Code, Title 14, §§ 15070 ff. 167 Cal. Adm. Code, Title 14, §§ 15070 ff.; um das EIR-Verfahren zu beschleunigen, müssen bestimmte Fristen eingehalten werden: bei Genehmigungen usw. höchstens 45 Tage zwischen Antragstellung und Entscheidung, ob EIR erforderlich ist, Cai. Pub. Res. Code, § 21080.2; 105 Tage für Veröffentlichung der "negative declaration" und 1 Jahr für Verabschiedung des endgültigen EIR, Cai. Pub. Res. Code, § 21100.2; für eine kritische Analyse, daß die Fristen für die Vorbereitung des EIR nicht unbedingt das Verfahren beschleunigen und sich negativ auf den Inhalt des EIR auswirken können, siehe Sahm, 19 Santa Clara L. Rev. 579 (580 ff.) (1979). 168 siehe Cal. Adm. Code, §§ 15084 ff. 169 Cal. Adm. Code, § 15000, App. A, CEQA Process, Flow Chart. 170 Cai. Pub. Res. Code, § 21151.6; Antragsteller muß auch alle notwendigen Informationen über das Vorhaben bereitstellen, soweit es sich nicht um Geschäftsgeheimnisse oder ähnliches handelt, Cai. Pub. Res. Code, § 21160. 171 Bendix, 19 Santa Clara L. Rev. 521 (531) (1979). 166

. Verfahren bei der Vorbereitung

261

wird die Behörde auch auf Kooperation und Information des Antragstellers angewiesen sein. Wenn der Antragsteller Informationen über Umweltauswirkungen und andere Informationen bereitstellt, darf die das EIR vorbereitende Behörde diese Information jedoch nicht ohne eigene Überprüfung und Bewertung in das EIR aufnehmen 172. Insofern ist die Verwaltung aufgefordert, Objektivität und Unabhängigkeit bei der Vorbereitung des EIR sicherzustellen.

5.1. Koordination mit anderen Behörden Sind mehrere Behörden an der Genehmigung oder Durchführung eines Vorhabens beteiligt, bereitet die Behörde mit der größten Verantwortung an dem Vorhaben als „leitende Behörde" das EIR vor 1 7 3 , während sich die anderen Behörden als „verantwortliche Behörden" durch Informationen und Kommentare daran beteiligen174. Die „verantwortlichen Behörden" erhalten zunächst eine Bekanntmachung über die Vorbereitung eines EIR ("notice of preparation") 175 . Darin fordert die „leitende Behörde" die anderen Behörden auf, innerhalb von 45 Tagen besondere, das Vorhaben betreffende Umwelterwägungen anzugeben, einschließlich Überlegungen über Alternativen und Ausgleichsmaßnahmen, die in den Entwurf des EIR aufgenommen werden sollen. Dieser Prozeß, in dem der Rahmen des EIR festgelegt wird und der als "scoping" bezeichnet wird, soll ermöglichen, Inhalt und Reichweite des EIR frühzeitig zu bestimmen. Beteiligen sich die anderen Behörden daran, werden sich kritische Kommentare anderer Verwaltungsträger zu dem endgültigen EIR zu einem späteren Zeitpunkt häufig erübrigen und dadurch hervorgerufene Verzögerungen können vermieden werden 176 . Jedoch sollte man die Koordinationsfunktion des EIR-Verfahrens nicht überschätzen. In der Praxis scheinen die Antworten anderer Verwaltungsträger auf die von der „leitenden Behörde" in der Bekanntmachung ("notice of preparation") aufgeworfenen Fragen eher unzureichend zu sein 177 . Nachdem der Entwurf des EIR fertiggestellt ist und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, haben die „verantwortlichen" und andere Behörden weiter Gelegenheit, zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens Stellung zu nehmen 178 . Aber auch 172

Bendix, 19 Santa Clara L. Rev. 521 (531) (1979). Mira Monte Homeowners Ass'n v. County of San Buenaventura, 212 Cal. Rptr. 127 (C.A. 1985). 174 siehe Cai. Pub. Res. Code, §§ 21067, 21069; besteht Uneinigkeit, welche der an dem Vorhaben beteiligten Behörden die „leitende" Behörde und damit mit der Vorbereitung des EIR beauftragt ist, entscheidet das Office of Planning and Research (OPR), Cal. Adm. Code, Title 14, § 15053. 175 Cal. Adm. Code, Title 14, § 15082. 176 Sahm, 19 Santa Clara L. Rev. 579 (594) (1979). 177 siehe Selmi, 18 U. C. Davis L. Rev. 197 (256) (1984). 178 Cal. Adm. Code, Title 14, § 15086; Cai. Pub. Res. Code, § 21153. 173

meÎkÎêratun'gèn Γ I

I

Beratung

keine Ausnahme





y



Auswirkungen



1

7 Λ

— L e i t e n d e Behörde entscheidet, """ — ob EIR oder Negtaiverklärung

Anfangsstudie vor

.

Verfahren nach CEOA



Auswirkungen

L— keine signifikanten

• Leitende Behörde bereitet

Leitende Behörde

Feststellung der leitenden Behörde, wenn mehr als eine Behörde beteiligt ist

mögliche signifikante Auswir kungen



die Umwelt hat

„signifikante Auswirkungen" auf

Behörde prüft ob Vorhaben

——

Verantwortliche Behörde

^^ ^^^^

. . . .

ke,n Vorhaben

Behörde entscheidet über geseztliche Ausnahmen Ausnahme kategorische Ausnahmen I I

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Behörde definiert, ob es sich um ein „Vorhaben" handelt

Ablauf des CEQA-Verfahren

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1

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262 V. Umweltverträglichkeitsprfung in Kalifornien

Leitende Behörde teilt VorBeratung bereitung des EIR den anrifTfin Rehtjrricn mit

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öffentliche

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Mitteilung der Entscheidung an Kreisverwaltung

Staatliche^^^^ehörden Lokale**^^^el^rde^

Entscheidung über Vorhabeii

Mitteilung der Entscheidung an Umweltminister

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Entscheidungsträger überprüft und billigt Negativerklärung

aus: Cal. Adm. Code, § 15000, Appendix a, CEQA Process, Flow Chart.

Mitteilung der Entminister1®311

. ' ι Prüfung und Bestätigung des Entsçheidung, ob Aus- endgültigen EIR durch Entscheigleichsmaßnahmen oder dungsträger Alternativen durchführbar ι sind I I Entscheidung, ob AusgleichsmaßI Entscheidung über Vorhaben I nahmen oder Alternativen Staatliche^Eehörden Loka^vj^Behörden durchführbar smd

Entscheidungsträger überprüft EIR oder Negativerklärung der leitenden Behörde

Auslegung

Leitende Behörde bereitet endgültiges EIR vor - einschließlich Antwort auf Kommentare zum EIR-Entwurf |

öffentliche

Fn^frffl^M^o'ti. Beratung Leitende Behörde stellt Abschluß INegatlv erklämng " des EIR-Entwurfs fest und teilt Öf1 — | — — f e n t l i c h k e i t mit, daß EIR-Entwurf

Leitende Behörde bereitet I — — L — — E I R - E n t w u r f vor Kommentare zur Voll|

Antwort auf Entscheidung EIR vorzubereiten und Entwurf des EIR

I

. Verfahren bei der Vorbereitung 263

264

V. Umweltverträglichkeitspriifung in Kalifornien

hier wird kritisiert, daß Kommentare anderer Behörden nur selten erfolgen, oft unzureichend sind und häufig nur standardisierte Antworten enthalten 179 . Es sei nicht ungewöhnlich, daß eine andere Behörde keine oder nur wenige Anmerkungen zu dem Entwurf des EIR macht, aber anschließend Einwände gegen die Genehmigung aus Gründen geltend macht, die sie bei der Vorbereitung des EIR hätte vorbringen sollen und können 180 . In anderen Fällen sind die Kommentare anderer Verwaltungsträger dagegen sinnvoll gewesen181, und es gibt Anzeichen, daß sich die Qualität der von anderen Behörden vorgelegten Kommentare verbessert hat 1 8 2 . Weitere Koordinationsmöglichkeiten sind in bestimmten Fällen auf Landesebene gegeben. Wenn ein Vorhaben „landesweite" Bedeutung besitzt, müssen die lokalen Gebietskörperschaften den Entwurf für ein EIR außerdem dem "state clearinghouse" übersenden, das ihn allen Landesbehörden zur Stellungnahme zuleitet 183 . Angesichts der unzureichenden Kommentare anderer Behörden ist nach Änderungen des CEQA ihre Rolle nunmehr darauf beschränkt, zu den Umweltauswirkungen der Vorhaben Stellung zu nehmen, die in ihren jeweiligen Aufgabenbereich fallen oder für die sie besondere Sachkenntnis besitzen184. Diese Änderung entspricht einer früheren Novellierung des CEQA, nach der eine „verantwortliche" Behörde, die an der Genehmigung des Vorhabens beteiligt ist, bei der Genehmigung nur diejenigen Umweltauswirkungen in Betracht ziehen darf, die in ihren Zuständigkeitsbereich gehören 185. Insoweit fördert der CEQA Koordination zwischen den verschiedenen Behörden, schließt aber aus, daß die verschiedenen Verwaltungsträger sich gegenseitig in ihre Zuständigkeitsbereiche eingreifen; ein Faktor, der die Zusammenarbeit verschiedener Behörden behindern kann. Eine Ausnahme bildet lediglich die Kommentierung des EIR bei Vorhaben von landesweiter Bedeutung, an dem sich alle Landesbehörden ohne inhaltliche Beschränkungen beteiligen können 186 . Allerdings wird dieses Verfahren angesichts der damit verbundenen Verzögerungen 187 sowie der mangelnden Sachkenntnis vieler Landesbehörden in bezug auf die spezifischen Umwelt179

Selmi, 18 U. C. Davis L. Rev. 197 (256) (1984). Beckman, Prairie, 17 San Diego L. Rev. 979 (1002) (1980). 181 siehe County of Inyo v. City of Los Angeles, 139 Cal. Rptr. 396 (C.A. 1977) (State Water Resource Board hatte kommentiert, daß Projektbeschreibung unrichtig war; dieses wurde vom Gericht bestätigt). 182 siehe Cleary v. County of Stanislaus, 113 Cal. Rptr. 390 (C.A. 1981). 183 Cai. Pub. Res. Code,§ 21083; Cal. Adm. Code, Title 14, § 15206. 184 Cai. Pub. Res. Code, § 21104; diese Stellungnahme muß außerdem durch Dokumente unterstützt werden. 185 Cai. Pub. Res. Code, § 21002.1. 186 Selmi, 18 U. C. Davis L. Rev. 197 (258) (1984). 187 Die Frist, die den Landesbehörden eingeräumt wird, beträgt 45 Tage, Cal. Adm. Code, Title 14, § 15205. 180

. Verfahren bei der Vorbereitung

265

auswirkungen des jeweiligen Vorhabens als nur bedingt sinnvoll kritisiert und vorgeschlagen, daß die Landesbehörden sich statt dessen an dem allgemeinen Kommentierungsverfahren für die Öffentlichkeit und andere Behörden beteiligen 188 .

5.2. Beteiligung der Öffentlichkeit Die Beteiligung der Öffentlichkeit an dem UVP-Verfahren ist unter Informations·, Koordinations- und Umsetzungsaspekten von besonderer Bedeutung. Die Richtlinien zum CEQA legen fest, daß die Negativerklärung, d.h. die Entscheidung, kein EIR vorzubereiten, und der Entwurf des EIR für Kommentare der Öffentlichkeit und anderer Verwaltungsträger zu veröffentlichen sind 189 . Den Verwaltungsvorschriften zufolge besteht das Ziel der öffentlichen Beteiligung an dem EIR-Verfahren darin, Erfahrungen auszutauschen, die Analysen der Verwaltung offenzulegen, den Inhalt des EIR auf Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen, die öffentliche Meinung zu berücksichtigen sowie nach Gegenvorschlägen zu suchen190. Zunächst ist Organisationen oder bestimmten Individuen, die es verlangt haben, mitzuteilen, aber auch öffentlich bekanntzumachen, daß die Negativerklärung bzw. der Entwurf des EIR der Öffentlichkeit zur Kommentierung zur Verfügung steht 191 . Obgleich öffentliche Anhörungen im CEQA nicht ausdrücklich vorgesehen sind 192 , schlagen die Richtlinien vor, öffentliche Anhörungen über die Umweltauswirkungen des Vorhabens durchzuführen 193 . Die „leitende" Behörde muß die mündlichen oder schriftlichen Kommentare der Öffentlichkeit und anderer Behörden auswerten und eine schriftliche Antwort vorbereiten. Die Antwort soll auf die aufgeworfenen Vorschläge und Kritikpunkte eingehen und in der Endfassung des EIR die Gründe angeben, warum diese nicht aufgenommen wurden 194 . Dabei muß die Behörde Objek188

Selmi, 18 U. C. Davis L. Rev. 197 (258) (1984). Cal. Adm. Code. Title 14, § 15073 (Prüfung der negative declaration durch Öffentlichkeit); § 15083 (Umweltgruppen oder andere interessierte Dritte können am "scoping" Prozeß teilnehmen); weitere Verfahren der Beteiligung sind in §§ 15200-15210 geregelt. 190 Cal. Adm. Code, Title 14, § 15200. 191 Cal. Adm. Code, Title 14, §§ 15072, 15087. 192 siehe auch Lightweight Processing v. County of Ventura, 184 Cal. Rptr. 479 (C.A. 1982) (kein Erfordernis im CEQA für öffentliche Anhörung bei Vorbereitung eines EIR); Concerned Citizens of Palm Desert v. Riverside County Board of Supervisors, 113 Cal. Rptr. 338 (C.A. 1974) (CEQA erfordert keine öffentlichen Anhörungen). 193 Cal. Adm. Code, Title 14, § 15202; öffentliche Anhörungen für das EIR oder die Negativerklärung können auch zusammen mit den öffentlichen Anhörungen fur räumliche Planungen durchgeführt werden, § 15202 (c). 194 Cal. Adm. Code, Title 14, § 15088. 189

266

V. Umweltverträglichkeitspriifung in Kalifornien

tivität und Rationalität walten lassen. Bloße Behauptungen, die nicht durch Tatsachen unterstützt werden, sind unzureichend 195. Jedoch kann die Behörde als Antwort auf bereits im EIR enthaltene Ausführungen verweisen. Wird im Kommentierungsverfahren auf negative Umweltauswirkungen hingewiesen, muß die Verwaltung auf die Einwendungen eingehen und gegebenenfalls das Vorhaben entsprechend ändern 196 . Ein wiederkehrendes Thema in den Gerichtsentscheidungen zur Umweltverträglichkeitsprüfung unter dem CEQA ist die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Vorbereitung des EIR. Die Rechtsprechung in Kalifornien hat der Beteiligung der Öffentlichkeit aus zwei verschiedenen Erwägungen Beachtung geschenkt. In der Anfangszeit des CEQA sahen die Gerichte in der Beteiligung der Öffentlichkeit vornehmlich ein Mittel, die Entscheidungsfindung der Verwaltung zu verbessern. Zunehmend tritt aber auch der Gedanke in den Vordergrund, daß die Beteiligung der Öffentlichkeit dazu dient, demokratische Beteiligung und Kontrolle bei Verwaltungsentscheidungen zu ermöglichen 197. Obgleich das Gesetz wenige Hinweise auf die Beteiligung der Öffentlichkeit enthält und die Richtlinien in ihrer frühen Fassung nicht vorsahen, die Negativerklärung oder den Entwurf eines EIR der Öffentlichkeit für Kommentare vorzulegen 198, haben die Gerichte die Beteiligung der Öffentlichkeit an der Vorbereitung des EIR, die sie implizit dem Gesetz zugrunde gelegt sahen, ausdrücklich gefordert 199 . In den Gerichtsentscheidungen wurde daraufhingewiesen, daß die Öffentlichkeit über das Vorhaben zu informieren ist und der Informationsund Entscheidungsprozeß der Verwaltung durch die Teilnahme der Öffentlichkeit am EIR-Verfahren verbessert wird 2 0 0 . Die Informationen, die durch die Kommentare der Öffentlichkeit in das EIR eingebracht werden, bilden nach Ansicht der Gerichte eine wichtige Grundlage für die Überlegungen, die die Behörde bei der Genehmigung des Vorhabens anstellt 201 . Eine frühzeitige Konsultation mit der Öffentlichkeit wird auch vom California Supreme Court gefordert, da nach Fertigstellung des EIR die Behörde größere Schwierigkeiten habe, entgegenstehende Überlegungen zu akzeptieren, und möglicherweise nicht mehr in der Lage sei, die von Dritten eingebrachten Einwände bei der Genehmigung des Vorhabens zu berücksichtigen 202. 195 People v. County of Kern, 115 Cal. Rptr. 67 (C.A. 1974); Citizens Ass'n v. County of Inyo, 217 Cal. Rptr. 895 (C.A. 1985); siehe auch Cal. Adm. Code, Title 14, § 15088. 196 Miramonte Homeowners Ass'n v. San Buenaventura City, 212 Cal. Rptr. 127 (C.A. 1985). 197 Selmi, 18 U. C. Davis L. Rev. 197 (248) (1984). 198 Selmi, 18 U. C. Davis L. Rev. 197 (249) (1984). 199 EDF v. Coastside County Water District, 104 Cal. Rptr. 197 (C.A. 1972). 200 siehe People v. County of Kern, 115 Cal. Rptr. 67 (C.A. 1974); Russian Hill Improvement Ass'n v. Board of Permit Appeals, 118 Cal. Rptr. 490 (C.A. 1974). 201 Russian Hill Improvement Ass'n v. Board of Permit Appeal, 118 Cal. Rptr. 490 (C.A. 1974).

. Verfahren bei der Vorbereitung

267

Die Rechtsprechung zu der Beteiligung der Öffentlichkeit am UVP-Verfahren spiegelt insoweit die in der theoretischen Diskussion über die Beteiligung der Öffentlichkeit enwickelten Paradigmen wider 203 . Neben einer Verbesserung der Verwaltungsentscheidungen und einer erhöhten Akzeptanz des Ergebnisses soll die Beteiligung der Öffentlichkeit dazu dienen, daß diffuse oder unterrepräsentierte Interessen angemessen berücksichtigt werden 204 . In Kalifornien messen die Gerichte der Beteiligung der Öffentlichkeit noch die bereits erwähnte Funktion zu, die eher demokratisch-partizipatorischen als umweltschützenden Zielen dient 205 . Es soll sichergestellt werden, daß die Öffentlichkeit angemessen Einfluß auf die Entscheidung über das Vorhaben selbst nehmen kann. „Bei der Auslegung gilt das vorrangige Anliegen dem Recht der Öffentlichkeit, in einer Weise informiert zu werden, daß sie nachvollziehbar die Folgen der beabsichtigten Maßnahme für die Umwelt abwägen und eine angemessene Stimme bei der Formulierung einer Entscheidung haben kann 2 0 6 ."

Schließlich wird durch die Beteiligung der Öffentlichkeit auch eine gewisse Kontrolle ausgeübt, daß alle Umweltbelange beachtet und keine Einwendungen oder Kritikpunkte „unter den Teppich gekehrt" werden. „Schließlich und noch entscheidender soll das Erfordernis eines detaillierten Berichts die Integrität des Entscheidungsverfahrens sicherstellen, indem ausgeschlossen wird, daß nicht gelöste Probleme oder Situationen unter den Teppich gekehrt werden 207 ."

Ob die Beteiligung der Öffentlichkeit all die genannten Ziele erfüllt und die Beteiligungsmöglichkeiten von der Öffentlichkeit auch entsprechend wahrgenommen werden, kann für das EIR-Verfahren nicht mit Bestimmtheit eingeschätzt werden 208 . Die Gerichte haben jedoch der Beteiligung der Öffentlichkeit erhebliches Gewicht beigemessen und ein EIR, an dessen Vorbereitung die Öffentlichkeit nicht ausreichend beteiligt oder bei dem auf Kommentare und Bedenken nicht angemessen durch die Verwaltung geantwortet wurde, für unwirksam erklärt 209 . 202 Woodland Hills Residents Ass'n v. City Council of the City of Los Angeles, 164 Cal. Rptr. 255 (S.Ct. 1980). 203 zu der Veränderung der Paradigmen des Verwaltungsrechts, siehe Stewart, 88 Harv. L. Rev. 1669 ff. (1975); für die Beteiligung der Öffentlichkeit, Gelhorn, 81 Yale L. Rev. 359 ff. (1972). 204 siehe Ogden, 7 Pepperdine L. Rev. 553 (564) (1980) ("It is generally recognized that expanded public participation in regulatory agency proceedings would produce a number of beneficial results ... includ(ing) well-balanced administrative decisions, representation of currently unrepresented interests, and increased public acceptance of, and confidence in, administrative decisions.") 205 Selmi, 18 U. C. Davis L. Rev. 197 (252) (1984). 206 Miramonte Homeowners Ass'n v. San Buenaventura City, 212 Cal. Rptr. 127 (130)(C.A. 1985). 207 People v. County of Kern, 115 Cal. Rptr. 67 (75) (C.A. 1975). 208 siehe Selmi, 18 U. C. Davis L. Rev. 197 (253 f.) (1984).

268

V. Umweltverträglichkeitsprüfung in Kalifornien

6. Überprüfung des EIR durch die Gerichte Ähnlich wie bei NEPA waren die Gerichte maßgeblich daran beteiligt, das UVP-Verfahren unter dem CEQA umzusetzen. Wie auf der Bundesebene ist es auch in Kalifornien Umweltgruppen und interessierten Dritten mit Hilfe der Rechtsprechung gelungen, das Verfahren der Umweltverträglichkeitsprüfung operationalisierbar zu machen und in der Praxis der Verwaltung durchzusetzen.

6.1. Vorverfahren und Klagebefugnis Dafür war auch hier zunächst die Frage entscheidend, ob Umweltgruppen und interessierte Dritte Klagebefugnis unter dem CEQA besitzen. Grundsätzlich ist die Klagebefugnis unter dem CEQA ähnlich weit wie bei NEPA (siehe supra, IV.5.1.), da sich der California Supreme Court bei der Bestimmung der Klagebefugnis ausdrücklich auf die von den Bundesgerichten zu NEPA entwickelte Definition der Klagebefugnis von Umweltgruppen und interessierten Dritten bezieht. Die Klagebefugnis unter dem CEQA wurde aber vom California Supreme Court noch weiter in Richtung auf eine Popularklage ausgedehnt, da Dritte grundsätzlich Klagebefugnis besitzen, um Verletzungen des CEQA durch die Verwaltung überprüfen zu lassen210. Die Möglichkeiten der gerichtlichen Kontrolle des EIR werden auch dadurch erweitert, daß der California Attorney General wegen Verletzung der Vorschriften des CEQA klagen kann 211 . Die Klagemöglichkeiten für Umweltgruppen und interessierte Dritte sind verbessert, weil Dritte in Kalifornien unter einer "Private Attorney General" Theorie, wenn sie berechtigte Interessen der Allgemeinheit, hier den Schutz der Umwelt, vertreten, von der unterliegenden Partei verlangen können, ihre Gerichts- und Anwaltskosten zu ersetzen 212.

209 People v. County of Kern, 115 Cal. Rptr. 67 (C.A. 1975); siehe auch Browning-Ferries Industries v. San Jose City Council, 226 Cal. Rptr. 575 (C.A. 1986) (Behörde muß nicht auf jeden Kommentar antworten, jedoch auf solche Einwendungen, die wichtige Umweltbelange betreffen). 210 Bozung v. Local Agency Formation Commission, 118 Cal. Rptr. 249 (255) (S.Ct. 1975) "Plaintiffs . . . have alleged that they will be harmed by the environmental effects of the challenged annex action; that allegation is sufficient ... Moreover, plaintiffs have standing to procure the enforcement of a public duty 2,1 Schwartz v. City of Rosemead, 202 Cal. Rptr. 400 (C.A. 1984); im übrigen ist bei CEQAKlagen dem Attorney General innerhalb von 10 Tagen nach Klageerhebung eine Kopie der Klageschrift zuzuleiten, Cai. Pub. Res. Code, § 21167.7. 212 siehe Code of Civil Procedure, § 1021.5; Twain Harte Homeowners v. County of Tuolumne, 188 Cal. Rptr. 233 (C.A. 1982); Woodland Hills Residents Ass'n v. City of Los Angeles; 154 Cal. Rptr. 503 (S.Ct. 1979) Starbird v. County of San Benito, 176 Cal. Rptr. 149 (C.A. 1981).

6. Überprüfung des EIR durch die Gerichte

269

Jedoch sind vor Klageerhebung eine Anzahl von Verfahrensschritten erforderlich, die dem Ziel dienen, die Zahl der Rechtsstreitigkeiten unter dem CEQA gering zu halten. Zunächst ist ein Kläger gezwungen, vor Klageerhebung der Behörde, die das EIR vorbereitet hat, alle klageerheblichen Kritikpunkte zur Kenntnis zu bringen 213 . Eine Klage wegen Verletzung der Vorschriften über das EIR-Verfahren muß innerhalb von 30 Tagen nach Verabschiedung des endgültigen EIR bzw. der Negativerklärung beim Gericht eingereicht werden. Wenn kein EIR oder Negativerklärung für ein Vorhaben erstellt wurde, das sich aber möglicherweise negativ auf die Umwelt auswirken könnte, muß die Klage innerhalb von 180 Tagen nach Genehmigung des Vorhabens und, wenn keine Genehmigung erforderlich ist, 180 Tage nach Beginn der Durchführung des Vorhabens erhoben werden 214 . Dadurch sollen Unterbrechungen bei der Durchführung des Vorhabens vermieden und spätere Klagen ausgeschlossen werden. Drittens ist nach der Klagezustellung ein Gütetermin innerhalb von 45 Tagen zwingend vorgesehen. In diesem Gütetermin sollen die beteiligten Parteien versuchen, einen Vergleich zu erreichen. Der Gütetermin ist von den Parteien durch Schriftsätze vorzubereiten und kann auch während des Rechtsstreites fortgesetzt werden 215 . Beteiligen sich die Kläger an den Vergleichsverhandlungen im Gütetermin nicht, führt dies zur Abweisung der Klage 216 . Kommt das Gericht zu dem Schluß, daß das EIR fehlerhaft war, kann es unter Abwägung der beteiligten Interessen und des Allgemeinwohls eine einstweilige Anordnung gegen das Vorhaben anordnen, während die Behörde ein neues oder ergänzendes EIR vorbereitet 217 . Die Folgen einer einstweiligen Anordnung werden allerdings dadurch gemildert, daß es während der einstweiligen Anordnung möglich bleibt, weitere Maßnahmen bedingt zu genehmigen218. Insgesamt läßt sich feststellen, daß das Vorverfahren eine gütliche Einigung zwischen den Parteien fördert und eine gerichtliche Auseinandersetzung eher verhindert. Ein Ergebnis, das angesichts der Komplexität von Gerichtsverfahren, die um den Schutz von Umweltbelangen geführt werden, und angesichts der verschiedenen beteiligten Interessen positiv zu werten ist. Ob die vor dem Rechtsstreit zu führenden Vergleichsverhandlungen tatsächlich die Zahl der Gerichtsverfahren verringern und zu einer gütlichen Einigung führen, läßt sich mangels ausreichender Erfahrung bisher jedoch nicht beurteilen.

2,3 214 215 216 2.7 2.8

Cai. Pub. Res. Code, § 21177. Cai. Pub. Res. Code, § 21167. Cai. Pub. Res. Code, § 21167.8. Cai. Pub. Res. Code, § 21167.8. EDF v. Coastside County Water Cal. Pub. Res. Code, § 21167.3.

ict, 104 Cal. Rptr. 197 (C.A. 1972).

270

V. Umweltverträglichkeitsprüfung in Kalifornien

6.2. Überprüfung des Inhalts des EIR Die gerichtliche Überprüfung des Inhalts des EIR ist begrenzt. Die Gerichte überprüfen den Inhalt des EIR nicht darauf, ob die Verwaltung die Umweltauswirkungen des Vorhabens richtig eingeschätzt hat oder die daraus gezogenen Schlußfolgerungen für das Vorhaben selbst gerechtfertigt sind. Sie beschränken sich auf die Prüfung, ob das EIR ausreichend Informationen für die Verwaltung zur Verfügung stellt, um die Umweltauswirkungen des Vorhabens zu beurteilen. Das EIR ist nur dann unzureichend, wenn die Behörde ihr Ermessen bei der Vorbereitung des EIR mißbraucht hat. Nach der Rechtsprechung der kalifornischen Gerichte ist ein solcher Ermessensmißbrauch nur gegeben, wenn die Verwaltung das gesetzlich vorgeschriebene Verfahren nicht eingehalten hat oder die von der Behörde getroffenen Schlußfolgerungen und Entscheidungen nicht durch „wesentliche Tatsachen" ("substantial evidence") im EIR selbst gerechtfertigt sind 219 . Die Gerichte nehmen keine eigenständige und unabhängige Beweiserhebung vor. Im Ergebnis beschränken sie sich darauf, zu überprüfen, ob das EIR als Informationsdokument ausreichend ist 220 . Um so wichtiger ist es daher, daß die Öffentlichkeit sich an dem EIR-Verfahren aktiv beteiligt, damit Bedenken und Anregungen in den Inhalt des EIR aufgenommen werden und der Bereich von Tatsachen, den die Gerichte überprüfen können, erweitert wird. Der CEQA sieht übrigens ausdrücklich vor, daß die gerichtliche Kontrolle auf diesen so definierten Ermessensmißbrauch beschränkt ist 221 . Das hat zur Folge, daß Bedenken, die erst während des Rechtsstreites gegen das EIR erhoben werden, von den Gerichten in der Regel nicht berücksichtigt werden. Der andere Weg, ein EIR vor Gericht als fehlerhaft anzugreifen, besteht darin zu rügen, daß das vorgeschriebene Verfahren verletzt wurde.In einigen Fällen wurde das EIR und damit alle anschließenden Genehmigungen für fehlerhaft erklärt, weil die Behörde das EIR nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise bekannt gemacht hatte und das Gericht darin einen Verstoß gegen die Verfahrensvorschriften sah 222 . Andere Verletzungen des Verfahrens, die zur Aufhebung des EIR führen, können darin liegen, daß die Öffentlichkeit unzureichend beteiligt oder Kommentare anderer Behörden oder Dritter nicht ausreichend beantwortet wurden 223 .

219

El Dorado County, Inc. v. El Dorado County, 182 Cal. Rptr. 317 (C.A. 1982); Inyo County v. City of Los Angeles, 139 Cal. Rptr. 396 (C.A. 1977); Mitchell v. County of Orange, 211 Cal. Rptr. 563 (C,A. 1985); Las Virgines Homeowners v. Los Angeles City, 223 Cal. Rptr. 18 (C.A. 1986). 220 Twain Harte Homeowners Ass'n v. County of Tuolumne, 188 Cal. Rptr. 233 (C.A. 1982); Mitchell v. County of Orange, 211 Cal. Rptr. 563 (C.A. 1985). 221 Cai. Pub. Res. Code, §§ 21168, 21168.5. 222 Plaggmier v. City of San Jose, 161 Cal. Rptr. 886 (C.A. 1980). 223 siehe People v. County of Kern, 115 Cal. Rptr. 67 (C.A. 1975); Cleary v. County of Stanislaus, 173 Cal. Rptr. 390 (C.A. 1981).

6. Überprüfung des EIR durch die Gerichte

271

Angesichts der Zurückhaltung der Gerichte zu überprüfen, ob die von der Verwaltung getroffenen Schlußfolgerungen und Entscheidungen richtig, ausreichend und angemessen sind, ist es für einen Kläger schwer, das EIR aus inhaltlichen Gründen anzugreifen. Klagen werden deshalb häufig auf Verfahrensfehler der Behörde bei Vorbereitung des EIR gestützt. Ein Weg, der angesichts der Kompliziertheit des Verfahrens eher Erfolg verspricht. Allerdings birgt dies die Gefahr in sich, daß die Behörden mehr Aufmerksamkeit dem Problem zuwenden, die Verfahrensvorschriften einzuhalten, als Umweltauswirkungen inhaltlich im Detail zu untersuchen. Eine dritte Möglichkeit, gegen ein EIR zu klagen, besteht darin, zu behaupten, daß das EIR nicht alle durchführbaren Ausgleichsmaßnahmen oder Alternativen zu der vorgeschlagenen Maßnahme enthält. Auch in diesem Fall müssen die Schlußfolgerungen unter dem "substantial evidence" Test durch „wesentliche Tatsachen" im EIR gerechtfertigt sein. Schlichte Annahmen und unsubstantiierte Schlußfolgerungen der Verwaltung im EIR, daß Alternativen oder Ausgleichsmaßnahmen nicht möglich seien, reichen nicht aus 224 . Es ist an dieser Stelle in Erinnerung zu rufen, daß der CEQA vorsieht, kein Vorhaben zu genehmigen oder durchzuführen, bevor die Behörde nicht besondere Feststellungen (findings) getroffen hat, ob Alternativen und Ausgleichsmaßnahmen durchführbar sind 225 . In der Praxis bedeutet dies, daß die Gerichte den Inhalt des EIR sorgfältig daraufhin überprüfen, ob die Ausführungen und Schlußfolgerungen der Behörde über mögliche Alternativen oder Ausgleichsmaßnahmen zu der vorgeschlagenen Maßnahme durch im EIR enthaltene Tatsachen und Dokumente gestützt werden 226 . Damit wird sichergestellt, daß die Ausführungen der Behörde zur Frage, ob Alternativen oder Ausgleichsmaßnahmen durchführbar sind, nicht nur auf bloßen Behauptungen beruhen. Im Ergebnis wird ein EIR dann als fehlerhaft angesehen, wenn es keine oder mangelhafte Ausführungen über mögliche Alternativen und Ausgleichsmaßnahmen enthält oder wenn detaillierte Feststellungen fehlen, aus welchen Gründen das Vorhaben trotz nachteiliger Umweltauswirkungen aufgrund anderer überwiegender Erwägungen durchgeführt werden soll 227 . Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß die Gerichte in Kalifornien eher einen "soft look" anwenden, wenn sie den Inhalt eines EIR überprüfen. Sie beschränken sich im wesentlichen darauf, nachzuprüfen, ob die Schlußfolge224

siehe People v. County of Kern, 115 Cal. Rptr. 67 (C.A. 1975). siehe Cal. Pub. Res. Code, §§ 21002, 2002.1, 21081, 21081.5. 226 Manning Van Alstyne, 24 U.C.L.A. L. Rev. 838 (872) (1977). 227 siehe Village Laguna of Laguna Beach v. Board of Supervisors, 185 Cal. Rptr. 41 (C.A. 1981); siehe aber Las Virgines Homeowners v. City of Los Angeles, 223 Cal. Rptr. 18 (C.A. 1986) (keine Feststellung anderer überwiegender Gründe notwendig, wenn im EIR festgestellt wurde, daß alle Umweltauswirkungen „zu einem gewissen Grad M ausgeglichen wurden). 225

272

V. Umweltverträglichkeitspriifung in Kalifornien

rungen der Behörde im Hinblick auf die im EIR enthaltenen Tatsachen gerechtfertigt sind 228 . Die Zurückhaltung der Rechtsprechung, die Schlußfolgerungen und Entscheidungen der Behörden inhaltlich auf Richtigkeit und Angemessenheit zu überprüfen, mag darauf beruhen, daß die Gerichte sich scheuen, die von der Verwaltung zu treffenden Entscheidungen, die häufig eine schwierige Abwägung zwischen wirtschaftlichen Belangen und Umweltschutzaspekten voraussetzen, durch eigene Abwägungen und Entscheidungen zu ersetzen. Die häufig komplexen Umstände des Einzelfalles, mangelnder technischer Sachverstand der Gerichte sowie die Begrenzung der Überprüfung auf die im EIR selbst enthaltenen Informationen hindern die Gerichte, eine aktivere Rolle bei der Überprüfung der Umweltverträglichkeitspriifung einzunehmen229.

7. Berücksichtigung der Ergebnisse der Umweltverträglichkeitspriifung bei der Entscheidung Der CEQA zielt nicht nur darauf ab, Umweltbelange bei der Entscheidungsvorbereitung zu berücksichtigen, sondern beinhaltet auch eine inhaltliche Verpflichtung der Behörden, die Ergebnisse des EIR bei der Entscheidung über das Vorhaben selbst zu beachten. Das Gesetz sieht ausdrücklich vor, daß Umwelterwägungen das leitende Kriterium bei Entscheidungen der Verwaltung sein sollen 230 . Diese darin ausgedrückte inhaltliche Verpflichtung der Verwaltung kann zwei Aspekte umfassen: Erstens, bei der Abwägung mit anderen Belangen haben Umweltschutzbelange größeres Gewicht; zweitens, wenn weniger umweltumweltbelastende Alternativen oder Ausgleichsmaßnahmen bestehen, sind diese bei der Entscheidung über das Vorhaben vorzuziehen. Im Hinblick auf die erstgenannte Möglichkeit hat die Rechtsprechung bereits in frühen Entscheidungen betont, daß die Verwaltung, wenn sie über das Vorhaben selbst entscheidet, umweltschützende Belange vor anderen, z.B. wirtschaftlichen Erwägungen, zu bevorzugen hat 2 3 1 . Obgleich das EIR, ebenso wie die Umweltverträglichkeitspriifung auf der Bundesebene unter NEPA, nicht mit einem Ergebnis abschließt, in welcher Form das Vorhaben durchgeführt werden 228

Selmi, 18 U. C. Davis L. Rev. 197 (236) (1984); Pridegeon, Anderson, Delphey, 2 Harv. Envtl. L. Rev. 419 (436) stellen fest, daß die Gerichte sich bei Übeiprüfung des Inhalts des EIR grundsätzlich dem Ermessen und den Beurteilungen der Behörde unterwerfen, aber den Anwendungsbereich des EIR eher ausgedehnt haben. 229 Selmi, 18U.C.DavisL.Rev. 197(239ff.)(1984);Anderson,Pridegeon,Delphey,2Harv. Envtl. L. Rev. 419 (435 fT.) (1980). 230 Cai. Pub. Res. Code, § 21001 (d). 231 San Francisco Ecology Center v. City and County of San Francisco, 122 Cal. Rptr. 100 (C.A. 1975); siehe aber Foundation for San Francisco Architectural Heritage v. City and County of San Francisco, 165 Cal. Rptr. 401 (C.A. 1980) (Verwaltung hat verschiedene Belange abzuwägen, wobei Umweltbelange nicht notwendigerweise zu bevorzugen sind).

7. Berücksichtigung der Ergebnisse

273

soll, sind jedoch nach der Rechtsprechung der kalifornischen Gerichte die in der Umweltverträglichkeitsprüfung enthaltenen umweltschützenden Gesichtspunkte bei der Enscheidung über das Vorhaben selbst vorrangig zu berücksichtigen. Für den zweiten Aspekt hat bereits in einer frühen und einflußreichen Entscheidung, Friends of Mammoth v. Board of Supervisors 232, der California Supreme Court verlangt, Konsequenzen daraus zu ziehen, wenn im EIR festgestellt wurde, daß weniger umweltbelastende Ausgleichsmaßnahmen und Alternativen durchführbar sind. Diese sind bei der Entscheidung über die Genehmigung des Vorhabens zu beachten, und das Vorhaben darf nicht in seiner ursprünglichen Form genehmigt werden. Seit 1976 enthält der CEQA ausdrücklich die Forderung, daß ein Vorhaben nicht genehmigt oder durchgeführt werden soll, solange nicht mögliche Alternativen oder Ausgleichsmaßnahmen, die die nachteiligen Umweltauswirkungen des Vorhabens vermindern, in die Entscheidung über das Vorhaben einbezogen werden 233 . Wenn aus wirtschaftlichen, sozialen oder anderen Erwägungen mögliche Ausgleichsmaßnahmen oder Alternativen nicht durchführbar erscheinen, kann allerdings trotz nachteiliger Umweltfolgen das Vorhaben genehmigt werden 234 . Insoweit enthält der CEQA, anders als NEPA, inhaltliche Verpflichtungen der Verwaltung, im EIR gefundene Ausgleichsmaßnahmen oder Alternativen bei der Genehmigung des Vorhabens zu berücksichtigen. Seit dem die inhaltliche Verpflichtung, mögliche Alternativen oder Ausgleichsmaßnahmen bei der Entscheidung über das Vorhaben zu berücksichtigen, in den CEQA aufgenommen wurde, hat sich bisher nur eine Entscheidung ausführlich mit dieser Frage beschäftigt. In Laurel Hills Homeowner Association v. City Council 235 schränkte der Court of Appeals die Verpflichtung der Verwaltung dahin gehend ein, daß, wenn durch Ausgleichsmaßnahmen nachteilige Umweltauswirkungen des Vorhabens auf einen „akzeptablen" Stand gebracht werden können, die Behörde nicht verpflichtet ist, unter Gesichtspunkten des Umweltschutzes überlegene Alternativen bei der Entscheidung über das Vorhaben vorzuziehen. Nach Ansicht des Gerichts besteht der Zweck des CEQA darin, Umweltschäden zu vermeiden. Wenn dies durch Ausgleichsmaßnahmen geschehen kann, sind Alternativen zu dem Vorhaben, auch wenn sie unter Umweltschutzgesichtspunkten vorzuziehen sind, nicht mehr zu berücksichtigen. Der CEQA verlange nicht, daß die Verwaltung die im Hinblick auf den Umweltschutz beste Lösung wählt. Der Court of 232 104 Cal. Rptr. 761 (771, Fn. 8) (S.Ct. 1972) "Obviously if the adverse consequences to the environment can be mitigated, or if feasible alternatives are available, the proposed activity... should not be approved." 233 Cai. Pub. Res. Code, § 21002; siehe auch San Diego County Archaelogical Society v. Compadres, 146 Cal. Rptr. 786 (C.A. 1978). 234 Cai. Pub. Res. Code, §§ 21002, 21002.1 (c). 235 147 Cal. Rptr. 842 (C.A. 1978).

18 Mezger

274

V. Umweltverträglichkeitsprfung in Kalifornien

Appeals stellte ausdrücklich fest, daß die Behörde ein Vorhaben genehmigen kann, wenn die nachteiligen Umweltfolgen auf einen „akzeptablen Stand" reduziert worden sind. „Mit anderen Worten verlangt der CEQA nicht die Wahl des unter Umweltgesichtspunkten besten Vorhabens, wenn durch die Auflage von durchführbaren Ausgleichsmaßnahmen allein die Behörde die Umweltschäden des Vorhabens auf ein akzeptables Maß reduziert hat 2 3 6 ."

Die Entscheidung in Laurel Hill ist unter mehreren Aspekten kritisiert worden. Die Interpretation des Gerichts, die Behörde habe nicht die umweltpolitisch beste aller Lösungen zu wählen, solange es möglich sei, nachteilige Umweltauswirkungen auf einen „akzeptablen" Stand zu bringen, stehe in einem direkten Gegensatz zu der Interpretation der grundlegenden Prinzipien des CEQA durch den California Supreme Court 2 3 7 . Dieser hatte in Friends of Mammoth v. Board of Supervisors 238 ausdrücklich verlangt, den CEQA in einer Weise auszulegen, die den besten Schutz der Umwelt ermöglicht. Nach dieser Entscheidung sei das Gericht, wenn es zwei mögliche Interpretationen gibt, verpflichtet, die umweltschützendere Auslegung zu wählen. Zweitens wird an der Entscheidung in Laurel Hill kritisiert, daß der CEQA kein „entweder/oder" von Alternativen und Ausgleichsmaßnahmen vorsieht, zumal sich Alternativen und Ausgleichsmaßnahmen in der Praxis auch häufig nicht auseinanderhalten lassen239. Die Laurel Hill Entscheidung ist auch für ihre Interpretation, der CEQA erfordere lediglich, nachteilige Umweltauswirkungen auf einen „akzeptablen" Stand zu reduzieren, angegriffen worden. Dieser Begriff wird im Gesetz nicht verwandt und läßt die Frage offen, wann ein „akzeptabler" Stand von nachteiligen Umweltfolgen erreicht ist 240 . Die Ausführungen in den Richtlinien zu dieser Frage verdeutlichen das von der Laurel Hill Entscheidung aufgeworfene Problem. Sie sehen vor, daß eine Behörde ein Vorhaben nicht genehmigen soll, wenn nicht alle signifikanten Umweltauswirkungen, soweit wie möglich, vermieden oder bedeutend verringert sind, und die Behörde festgestellt hat, daß alle verbleibenden nachteiligen Umweltfolgen, die unvermeidbar sind, aufgrund anderer Überlegungen akzeptabel sind 241 . Dementsprechend ist der „akzeptable" Stand in der Reduzierung nachteiliger Umweltauswirkungen erst dann erreicht, nachdem die Behörde, soweit möglich, sämtliche nachteiligen 236

Laurel Hill Homeowners Ass'n v. City Council, 147 Cal. Rptr. 842 (846) (C.A. 1978). Selmi, 18 U. C. Davis L. Rev. 197 (265) (1984), Comment, 8 ELR 10.208 (10210) (1978); Perlstein, 69 Cal. L. Rev. 112 (126) (1981). 238 104 Cal. Rptr. 761 (S.Ct. 1972). 239 Perlstein, 69 Cal. L. Rev. 112 (126 f.) (1981); z.B. kann eine Reduzierung von Wohneinheiten bei neuer Siedlung eine Ausgleichsmaßnahme oder eine Alternative zu der bisherigen Anzahl von Wohneinheiten sein. 240 Selmi, 18 U. C. Davis L. Rev. 197 (265) (1984). 241 Cal. Adm. Code, Tide 14, § 15092 (b). 237

7. Berücksichtigung der Ergebnisse

275

Umweltauswirkungen vermieden oder verringert hat und die verbleibenden negativen Umweltfolgen aufgrund anderer Gesichtspunkte hingenommen werden können 242 . Zum anderen sehen die Richtlinien vor, daß nachteilige Umweltfolgen nur dann als „akzeptabel" anzusehen sind, wenn die Nutzen des Vorhabens die unvermeidbaren nachteiligen Umweltfolgen überwiegen 243. Das weist eindeutig darauf hin, daß nur unvermeidbare nachteilige Umweltfolgen, d.h. wenn eine weitere Reduzierung nicht möglich ist, „akzeptabel" sein können. Ein „akzeptabler" Stand in der Reduzierung von nachteiligen Umweltauswirkungen ist daher nicht bereits dann erreicht, wenn Umweltauswirkungen durch Ausgleichsmaßnahmen reduziert werden, solange die nachteiligen Umweltfolgen durch Alternativen zu der vorgeschlagenen Maßnahme noch weiter verringert werden können 244 . Trotz dieser Kritik scheint die Rechtsprechung den in Laurel Hill entwickelten Grundsätzen zu folgen 245 . Teilweise sind aber die Ausführungen in der Laurel Hill Entscheidung und die Kritik daran in der Praxis nicht besonders bedeutend, da die Behörde im EIR zu dem Ergebnis kommen kann, daß Ausgleichsmaßnahmen oder Alternativen bereits aufgrund anderer Überlegungen nicht durchführbar sind. Es ist für die Gerichte unmöglich durchzusetzen, daß die Behörde ein Vorhaben zugunsten besserer Alternativen oder Ausgleichsmaßnahmen zurückstellt, da die Überlegungen, ob eine Ausgleichsmaßnahme oder Alternative durchführbar ist, neben ökonomischen und sozialen auch „sonstige Erwägungen" beinhalten kann und im Ermessen der Verwaltung steht 246 . Auch wirtschaftliche Erwägungen, daß das Vorhaben für den Antragsteller möglicherweise nicht mehr profitabel ist, können damit die Durchführbarkeit von Alternativen und Ausgleichsmaßnahmen beeinflussen 247. Zudem überprüfen die Gerichte weder die Abwägungen noch die Wahl der von der Behörde verfolgten Ziele 248 . Aus diesem Grunde ist die Entscheidung der Verwaltung, Alternativen oder Ausgleichsmaßnahmen seien nicht durchführbar, nur bedingt gegen einen Ermessensmißbrauch geschützt249. 242

Selmi, 18 U. C. Davis L. Rev. 197 (266) (1984). Cal. Adm. Code, Tide 14, § 15093 (a). 244 Perlstein, 69 Cal. L. Rev. 112 (128) (1981). 245 siehe Stevens v. City of Glendale, 178 Cal. Rptr. 367 (C.A. 1981); Las Virgines Homeowners v. City of Los Angeles, 223 Cal. Rptr. 18 (C.A. 1986). 246 Cai. Pub. Res. Code, §§ 21081, 21002,21002.1; insofern besteht eine Unstimmigkeit zur Definition von „durchführbar" in § 21067.1, der nur die Erwägung von technologischen, sozialen, wirtschaftlichen und Umweltfaktoren vorsieht. 247 siehe Burger v. County of Mendocino, 119 Cal. Rptr. 568 (C.A. 1975); Foundation for San Francisco's Heritage v. City and County of San Francisco, 165 Cal. Rptr. 401 (C.A. 1980); siehe aber Perlstein, 69 Cal. L. Rev. 112 (151) (1981) (Alternative nicht bereits deshalb undurchführbar, weil Antragsteller nicht gleichen wirtschaftlichen Gewinn wie bei dem ursprünglichen Vorhaben erwarten kann). 248 Perlstein, 69 Cal. L. Rev. 112 (128) (1981). 249 siehe Foundation for San Francisco's Architectural Heritage v. City and County of San Francisco, 165 Cal. Rptr. 401 (C.A. 1980) (Gerichte können die Schlußfolgerung der Verwaltung nicht inhaltlich nachprüfen). 243

18*

276

V. Umweltverträglichkeitspriifung in Kalifornien

Es bleiben erhebliche Zweifel bestehen, ob der geltende Maßstab der gerichtlichen Kontrolle es den Behörden nicht zu einfach macht, im Hinblick auf Umweltbelange überlegene Ausgleichsmaßnahmen und Alternativen abzulehnen. Es besteht die Gefahr, daß die im CEQA enthaltenen inhaltlichen Verpflichtungen, weniger umweltbelastende Alternativen oder Ausgleichsmaßnahmen bei der Entscheidung über das Vorhaben zu berücksichtigen, in der Praxis leerlaufen 250. Ob allerdings die Verpflichtung der Behörde, umweltschützende Alternativen bei der Entscheidung zu berücksichtigen, wie vorgeschlagen, durch eine unabhängige gerichtliche Nachprüfung des EIR und der Entscheidung über das Vorhaben besser durchgesetzt werden könnte 251 , ist zu bezweifeln. Es sprechen grundsätzlich folgende Argumente gegen eine selbständige und unabhängige Überprüfung von Verwaltungsentscheidungen unter dem CEQA durch die Gerichte. Angesichts des weiten Ermessens, das der Verwaltung bei der Abwägung der verschiedenen Belange zusteht, müßte der CEQA zunächst sehr viel konkretere Standards enthalten, um überhaupt Kriterien für eine unabhängige gerichtliche Entscheidung zu bieten. Eine selbständige Überprüfung der Verwaltungsentscheidung durch die Gerichte ist auch tatsächlich kaum durchzuführen, da sich die Gerichte nicht nur den notwendigen technischen Sachverstand aneignen, sondern auch unabhängig und vollständig Beweis erheben, öffentliche Anhörungen und andere Formen der Bürgerbeteiligung durchführen müßten, um ihre Entscheidung an die Stelle des der Verwaltung zustehenden Planungs- und Entscheidungsermessens setzen zu können. Dadurch würde auch das Prinzip der Gewaltenteilung durchbrochen, da die Gerichte diese von der Verwaltung zu treffenden Entscheidungen, bei denen es sich um originäre, von der Exekutive auszuübende Funktionen handelt, durch eigene Ermessensüberlegungen ersetzen könnten. Es hängt mit der Natur der richterlichen Überprüfung von Verwaltungsentscheidungen zusammen, daß Veränderungen im Entscheidungsverhalten der Behörden nicht durch Gerichte angeordnet werden können. Änderungen im Entscheidungsverhalten der Verwaltung sind häufig das Ergebnis von Überlegungen, die durch gerichtliche Klagen bewirkt werden, nicht zuletzt durch die Verzögerung, die ein Gerichtsverfahren mit sich bringt. Es bleibt festzustellen, daß die Ergebnisse von Klagen und Gerichtsverfahren in der Regel Vergleiche zwischen den beteiligten Parteien sind, die sich auf verschiedene Aspekte des UVP-Verfahrens beziehen können: neue öffentliche Anhörungen, Untersuchung von weiteren Alternativen, Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen, erneute Berechnung von Kosten und Nutzen des Vorhabens, Überprüfung der wissenschaftlichen Daten 252 . Die Hoffnung, daß die Gerichte zunehmend ähnliche 250 251 252

Perlstein, 69 Cal. L. Rev. 112 (129) (1981). Perlstein, 69 Cal. L. Rev. 112 (165 ff.) (1981). Huffman, 4 ELR 50001 (1974).

7. Berücksichtigung der Ergebnisse

277

Ergebnisse durch Urteil festlegen, wie die Parteien sie im Wege des Vergleichs aushandeln, scheint sich nicht zu realisieren 253. Es bleibt jedoch festzustellen, daß Klagen gegen eine Umweltverträglichkeitsprüfung häufig ein Katalysator sind, neue Entscheidungen der Verwaltung herbeizuführen, die Umweltbelangen möglicherweise besser Rechnung tragen.

253

Rodgers, S. 805.

VI. Zusammenfassung der Ergebnisse in Thesen

1. Umweltauswirkungen bei Planungen und Entscheidungen über räumliche Nutzungen werden häufig nicht ausreichend beachtet. Ein Grund für die mangelnde Integration von Umweltbelangen liegt in der horizontalen Differenzierung materieller Umweltschutzgesetzgebung und den Entscheidungen und Planungen räumlicher Nutzung. Erschwerend für die Einbeziehung von Umweltschutzbelangen in den Entscheidungsprozeß kommt hinzu, daß auch vertikal, d.h. zwischen den verschiedenen staatlichen Ebenen, erhebliche Differenzierungen in den Zuständigkeiten der Bundes-, Landes- und Gemeindeebene für Umweltschutz und räumliche Planung bestehen (S. 23 ff.). 2. Die Bundesebene besitzt ein relativ differenziertes Instrumentarium, um Umweltprobleme wie Luft- oder Wasserverschmutzung fachspezifisch zu regeln. Auf der Ebene von raumbedeutsamen Planungen und ihren Auswirkungen ist die Einflußnahme des Bundes relativ begrenzt. Für die Küstenplanung ist es gelungen, zusammen mit komplexen institutionellen Veränderungen in der Planung und Genehmigung von räumlichen Nutzungen Umweltbelange in die Entscheidung über die künftige Nutzung einzubeziehen (S. 25 ff.). 3. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundesebene kann zwei Mängel der herkömmlichen Planungs- und Entscheidungsverfahren kompensieren: Dem umweltbezogenen Vorsorgegrundsatz wird dadurch Rechnung getragen, daß bisher vernachlässigte Umweltbelange im Verfahren der Entscheidungsvorbereitung ausdrücklich untersucht und angesprochen werden. Andererseits bietet die Umweltverträglichkeitsprüfung ein eigenes institutionelles Verfahren, das die vertikale Fragmentierung zwischen den verschiedenen staatlichen Ebenen tendenziell überwindet und auch eine horizontale Integration, nämlich zwischen fachgesetzlich geregelten Vorhaben und räumlichen Planungen, im Hinblick auf die Beachtung von Umweltbelangen eröffnen kann (S. 35 ff.). 4. In den Einzelstaaten - hier Kalifornien - haben sich Umweltschutz integrierende Planungen auf der Landesebene mit Erfolg für die Küstenzone und die San Francisco-Bucht bewährt. Dort wurden verbindliche umweltbezogene Kriterien für die Planung vorgegeben und eine besondere Verwaltungsstruktur zu deren Umsetzung geschaffen. Integrierende Planungen mit einheitlichen Standards für die Beachtung von Umweltbelangen bei räum-

VI. Zusammenfassung

279

bedeutsamen Planungen können auf der Landesebene durch die Umweltverträglichkeitspriifung unter dem California Environmental Quality Act (CEQA) ermöglicht werden. Die Umweltverträglichkeitspriifung erfüllt zwei Merkmale für die erfolgreiche Einbeziehung von Umweltbelangen in den räumlichen Planungsprozeß: eine ausdrückliche Betonung des umweltbezogenen Vorsorgeprinzips und ein eigenes institutionelles Verfahren (S. 36 ff.). 5. Der wichtigste Bereich der raumbedeutsamen Planung, die Bebauungsplanung, liegt im ausschließlichen Kompetenzbereich der lokalen Gebietskörperschaften. Die Gemeinden besitzen ein weites Ermessen bei der Wahl der mit der Planung zu verfolgenden Ziele und Mittel. Hier handelt es sich um Entscheidungen, die die verschiedenen Belange und Interessen gegeneinander abzuwägen haben und erhebliche Zielkonflikte, z.B. zwischen Umweltbelangen und wirtschaftlichen oder stadtentwicklungspolitischen Erwägungen beinhalten können. Die damit einhergehende „Offenheit" der Entscheidungsstrukturen wirkt sich auf die Beurteilung der Vor- und Nachteile der Planung insoweit nachteilig aus, als Umweltbelangen kein genau definierter Stellenwert in der Abwägungsentscheidung gegeben wird. Jedoch kann die Umweltverträglichkeitspriifung zu einem informierten und rationalen Entscheidungsprozeß der kommunalen Gebietskörperschaften und einer besseren Integration von Umweltbelangen in die Planung beitragen, indem sie den Planungsträger zwingt, die Auswirkungen der Planungen auf die Umwelt zu analysieren, Zielkonflikte aufzuzeigen und mögliche Alternativen einzubeziehen (S. 47 ff.). 6. Umweltschützende Politiken können verschiedene Ziele verfolgen und in zahlreichen Formen implementiert werden. „Werteorientierte" Ansätze der Umweltpolitik haben Schwierigkeiten, Kriterien zu entwickeln, wie natürliche Ressourcen zu verteilen und zu nutzen sind, um maximale Wohlfahrtsergebnisse für derzeitige und künftige Generationen zu erreichen. „Ressourcenökonomische" Ansätze der Umweltpolitik, die sich für die Verteilung und Nutzung der natürlichen Ressourcen auf den Markt beziehen, erreichen einen kritischen Punkt, wenn es darum geht, Externalitäten einzubeziehen sowie Verteilungskriterien festzulegen (S. 59 ff.). 7. Umweltpolitik als Mittel staatlicher Sozialregulierung ist eine Antwort auf die Probleme des Marktes, die natürlichen Ressourcen ausreichend zu schützen. Staatliche Regulierungspolitiken werden kritisiert, weil insbesondere die angebotenen regulatorischen Mechanismen, durch die die angestrebten Ziele erreicht werden sollen, unverhältnismäßig hohe Kosten mit sich bringen bzw. den angestrebten Zweck nicht erreichen (S. 61 ff.). 8. Die Umweltverträglichkeitspriifung ist ein besonderes Verfahrensinstrument zur Vorbereitung von Entscheidungen der Verwaltung. Bei dem Zielaspekt der Umweltverträglichkeitspriifung, d.h. welche umweltpolitischen

280

VI. Zusammenfassung

Ziele durch die Umweltverträglichkeitsprüfung erreicht werden sollen, verfolgt die Umweltverträglichkeitsprüfung einen eher „werteorientierten" Ansatz. Bei dem inhaltlichen Aspekt, nach welchen Maßstäben und Kriterien Umweltbelange bzw. Umweltauswirkungen zu messen und zu beurteilen sind, ist sie mehr auf „ressourcenökonomische" Politiken ausgerichtet. Jedoch können verschiedene Ansätze zu unterschiedlichen Ergebnissen bei der Beurteilung der Vor- und Nachteile eines Vorhabens kommen (S. 65 ff.). 9. Angesichts der Probleme, denen die Verwaltung bei komplexen Verwaltungsentscheidungen gegenübersteht, fallen der Umweltverträglichkeitsprüfung als Verfahrensinstrument in bezug auf Ablauf und Organisation komplexer Verwaltungsentscheidungen im wesentlichen vier Aufgaben zu: Information, Koordination, Entscheidung und Umsetzung (S. 72 ff.). 10. Absicht des Bundesgesetzgebers bei der Verabschiedung des National Environmental Quality Act (NEPA) war es, den Entscheidungsprozeß der Verwaltung dahin gehend zu verändern, daß die kurz- und langfristigen Umweltauswirkungen bei der Planung und Entscheidung einbezogen sowie weniger umweltbelastende Alternativen zu der vorgeschlagenen Maßnahme berücksichtigt werden. Trotz der Betonung um weltpolitischer Ziele in § 101 NEPA wird den Umweltbelangen keine Priorität eingeräumt, sondern die umweltpolitischen Ziele sind nur zu verfolgen, soweit sie „vereinbar mit anderen grundlegenden Überlegungen nationaler Politik" sind. Bei den einzelnen umweltpolitischen Maßnahmen des Gesetzgebers und der Verwaltung ist daher eine Abwägung mit anderen (nicht umweltbezogenen) Politikzielen vorzunehmen, bevor die in § 101 NEPA angeführten umweltpolitischen Zielsetzungen zu erfüllen sind. Insofern beinhaltet das Gesetz keine Verpflichtung der Verwaltung, Umweltbelange bei der Entscheidung zu bevorzugen (S. 85 ff.). 11. Der weite und vage Anwendungsbereich der UVP unter NEPA sowie die Kriterien für die Beurteilung der Umweltauswirkungen sind durch die Rechtsprechung konkretisiert worden. Diese Rechtsprechung wurde später im wesentlichen in die vom Council of Environmental Quality (CEQ) erlassene Verwaltungsvorschrift übernommen. Bei Fehlen einer verbindlichen institutionellen Kontrolle des UVP-Verfahrens innerhalb der Verwaltung war die Beteiligung der Öffentlichkeit und die aktive Rolle, die die Rechtsprechung bei der Interpretation von NEPA eingenommen hat, notwendige Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung des UVP-Verfahrens in der Praxis (S. 94 ff.). 12. Die Rechtsprechung und die Verwaltungsvorschriften haben zugleich neue Funktionen für die UVP unter NEPA entwickelt, die über die vom Gesetzgeber intendierte Funktion als Verfahren der Entscheidungsvorbereitung und als Mittel zur Berücksichtigung von Umweltbelangen in den Entschei-

VI. Zusammenfassung

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düngen selbst hinausgehen: Einmal wurde die UVP zu einer umfassenden Dokumentation des Entscheidungsprozesses ausgebaut. Zweitens entwikkelte sich die UVP immer häufiger zu einem - in den nachfolgenden Gerichtsverfahren zu verwendenden - Nachweis, daß die Behörde die gesetzlichen Anforderungen des NEPA erfüllt hat. Das UVP-Verfahren unter NEPA basiert zudem auf der Annahme, daß der Entscheidungsprozeß der Behörden geändert werden kann, ohne im einzelnen den gesetzlichen Auftrag oder die Aufgabenstellung der Behörde zu verändern (S. 99 ff.). 13. Der Anwendungsbereich der UVP auf der Bundesebene ist weit. Neben Gesetzgebungsvorschlägen ist auch bei anderen bedeutsamen Maßnahmen und Vorschlägen für Maßnahmen, die sich signifikant auf die Umwelt auswirken, eine UVP zu erstellen. Darunter fallen auch Maßnahmen privater und öffentlicher Träger, die eine Genehmigung einer Bundesbehörde benötigen oder vom Bund finanziell unterstützt werden. Jedoch findet NEPA keine Anwendung, wenn die finanzielle Förderung in Form von Pauschalzuweisungen erfolgt. Ob für Planungen eine UVP vorzubereiten ist, hängt davon ab, ob der Entscheidungsprozeß auch noch im Genehmigungsverfahren für die Beachtung von Umweltbelangen offen ist, oder, ob die Bundesbehörde inhaltlichen Einfluß auf die Planung nehmen kann. Für Nicht-Handeln der Behörde ist keine UVP erforderlich (S. 103 ff.). 14. Für die Frage, ob sich ein Vorhaben signifikant auf die Umwelt auswirkt und aus diesem Grund eine UVP erforderlich ist, sind zumindest zwei Faktoren zu berücksichtigen: die negativen Umweltfolgen, die das Vorhaben über die bereits bestehenden Umweltbelastungen mit sich bringt, und zweitens die absoluten quantitativen Umweltnachteile des Vorhabens. Entscheidend für die Definition der kumulativen als auch der absoluten Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt ist die bereits vorhandene Umgebung. Abhängig davon, wie diese gewählt und definiert wird, werden die Umweltauswirkungen als signifikant zu beurteilen sein. Die Schwelle für die Anwendung des UVP-Verfahrens hat die Rechtsprechung niedrig angesetzt, indem sie Umweltauswirkungen nicht nur auf die Auswirkungen auf die natürliche Umwelt bezieht (S. 117 ff.). 15. Die Argumente der Rechtsprechung, keine UVP für Vorhaben, die einem lokalen Bebauungsplan entsprechen, zu verlangen, überzeugen nicht. Vielmehr ist auch hier auf die vorhandene Nutzung und die absoluten und kumulativen Auswirkungen der vorgeschlagenen Maßnahme abzustellen (S. 125 ff.). 16. Sowohl auf der Bundesebene unter NEPA als auch in Kalifornien unter dem CEQA bietet das UVP-Verfahren einen Anreiz für informelle Vorverhandlungen, mit dem Ziel, die Umweltauswirkungen der vorgeschlagenen Maßnahme in der Weise zu reduzieren, daß keine signifikanten nachteiligen Umweltauswirkungen von dem Vorhaben ausgehen und damit eine UVP

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VI. Zusammenfassung

nicht mehr erforderlich ist. Kritik an informellen Vorverhandlungen wird teilweise ausgeräumt, da die Öffentlichkeit bei der Entscheidung, keine UVP zu erstellen, zu beteiligen ist und die Entscheidung im übrigen der gerichtlichen Überprüfung unterliegt (S. 129 ff., 240 ff.). 17. Obgleich die Rechtsprechung bisher bei der Überprüfung der Entscheidung der Verwaltung, eine UVP nicht vorzubereiten, keine einheitlichen Kriterien für die gerichtliche Kontrolle entwickelt hat, konnte - unabhängig von dem jeweiligen Maßstab der gerichtlichen Überprüfung - von den Gerichten verhindert werden, daß die Verwaltung mit der Behauptung, die Umweltauswirkungen der geplanten Maßnahme seien nicht signifikant oder nicht ersichtlich, die Vorbereitung einer Umweltverträglichkeitsprüfung vermeidet (S. 133 ff.). 18. Die Funktion der UVP als medienübergreifendes Verfahren, das gleichzeitig vertikale Differenzierungen in den Zuständigkeiten der verschiedenen Träger staatlicher Hoheitsgewalt überwindet, wird durch Ausnahmen des Geltungsbereiches von NEPA stark eingeschränkt. Der Gesetzgeber hat weite Bereiche, die durch materielles Umweltrecht mit festen Standards geregelt werden, aus dem UVP-Verfahren ausgenommen. Zudem ist eine UVP nur bei Maßnahmen vorzubereiten, bei denen die Behörde auch inhaltlich Einfluß auf die Entscheidung nehmen kann (S. 145 ff.). 19. Tendenzen der Rechtsprechung, umweltschützende Aktivitäten von Bundesbehörden grundsätzlich von NEPA auszunehmen, sind bisher für die Bundesumweltbehörde (EPA) ersichtlich. Auch bei umweltschützenden Maßnahmen von Bundesbehörden erscheint eine UVP sinnvoll, um sicherzustellen, daß Alternativen einbezogen, Kosten und Nutzen der vorgeschlagenen Maßnahme angemessen beurteilt werden und eine ausreichende richterliche Kontrolle möglich ist (S. 144 ff.). 20. § 102 (2) (C) NEPA verlangt, in der UVP die möglichen nachteiligen Folgen für die Umwelt, die sich nicht vermeiden lassen, wenn das Vorhaben durchgeführt wird, verfügbare Alternativen zu dem vorgeschlagenen Vorhaben, die Beziehung zwischen kurzfristigem Nutzen und langfristiger Produktivität der menschlichen Umwelt sowie den irreversiblen Verbrauch von natürlichen Ressourcen zu untersuchen. Die Rechtsprechung hat die UVP als einen „vollständigen Bericht" angesehen, in dem die Folgen des Vorhabens auf die Umwelt umfassend darzustellen sind (S. 148 ff.). 21. In der UVP sind nicht nur die Auswirkungen auf die natürliche Umwelt zu diskutieren, sondern auch soziale, ökonomische, ästhetische und psychische Auswirkungen auf die städtischen, wirtschaftlichen oder sozialen Umweltbedingungen zu analysieren. Dies gilt allerdings nur insoweit, als ökonomische, soziale und psychische Folgen auch tatsächliche Auswirkungen auf die Umwelt mit sich bringen (S. 150 ff.).

VI. Zusammenfassung

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22. Vor allem die Forderung der Rechtsprechung, mittelbare Auswirkungen des Vorhabens und Wachstumsfolgen einzubeziehen, machen NEPA zu einem mangels anderer lokaler und regionaler Planung auf Bundesebene - geeigneten Instrument, Umweltfolgen raumbedeutsamer Vorhaben langfristig in die Planung einzubeziehen. Die Anforderung der Gerichte, die Folgen des durch die Maßnahme induzierten Wachstums müßten beabsichtigt bzw. voraussehbar sein, darf nicht dazu führen, alle Folgen, die einer gewissen Voraussage bedürfen, aus der UVP auszuklammern (S. 152 ff.). 23. Soziale Verteilungsfolgen einer Entscheidung werden nur begrenzt in der UVP diskutiert. Es würde das UVP-Verfahren überfordern, wenn außer den Verteilungsfolgen, die sich aus den Auswirkungen der Entscheidung für die natürliche Umwelt ergeben, auch die sozialen Verteilungseffekte zu diskutieren wären. Hier handelt es sich um komplexe gesellschaftspolitische Fragen, die in einem anderen Verfahren der Entscheidungsvorbereitung als der Umweltverträglichkeitsprüfung aufzubereiten sind (S. 157 ff.). 24. Die Anforderung der Rechtsprechung, die schlechteste aller anzunehmenden Möglichkeiten der UVP zugrunde zu legen, wenn Unsicherheiten über die möglichen Folgen einer Maßnahme bestehen oder wissenschaftliche Methoden, die Auswirkungen einzuschätzen, fehlen, sind für die Informationsfunktion des UVP-Verfahrens positiv. Die neuen Verwaltungsvorschriften, die lediglich verlangen, die „vernünftigerweise voraussehbaren Folgen" in das EIS einzubeziehen, tragen dem Informationserfordernis des UVP-Verfahrens nur begrenzt Rechnung (S. 160 ff.). 25. Manche Kriterien, die die Rechtsprechung heranzieht, um zu bestimmen, ob eine Aufteilung eines zusammenhängenden Vorhabens in einzelne Abschnitte für die Vorbereitung einer UVP zulässig ist, sind zu hinterfragen. Es erscheint sinnvoll, darauf abzustellen, ob das Vorhaben weitere Projekte nach sich zieht und die Möglichkeiten zukünftiger Entscheidungen eingrenzt (S. 165 ff.). 26. Das weite Ermessen, das die Rechtsprechung den Behörden zubilligt, ob für weitreichende und zusammenhängende Maßnahmen eine regionale oder programmatische UVP zu erstellen ist, fördert einen eher inkrementalistischen Entscheidungsprozeß der Verwaltung als einen umfassenden und koordinierten Planungsprozeß (S. 167 ff.). 27. Kernstück der UVP ist die Diskussion von weniger umweltbelastenden Alternativen. Allerdings sind nur „vernünftigerweise durchführbare" Alternativen zu berücksichtigen, deren Umsetzung aber auch außerhalb des Zuständigkeitsbereiches der planenden und ausführenden Behörde liegen kann. Die Beweislast, ob eine Alternative „vernünftig" ist, liegt bei dem Einwender (S. 171 ff.). 28. Obgleich Ausgleichsmaßnahmen ein wichtiges Mittel sind, um ein Vor-

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haben zu genehmigen und gleichzeitig die daraus folgenden Umweltbelastungen zu begrenzen, hat die Rechtsprechung der Diskussion von Ausgleichsmaßnahmen unter NEPA bisher keine übermäßige Beachtung geschenkt (S. 177 ff.). 29. Für die Analyse der Vor- und Nachteile der vorgeschlagenen Maßnahme werden von der Rechtsprechung verschiedene Methoden für zulässig gehalten. Angesichts der Schwierigkeiten der verschiedenen Methoden, die Vorund Nachteile eines Vorhabens einzuschätzen, ist darauf abzustellen, ob neben den quantifizierbaren Auswirkungen auch eine umfassende und systematische Analyse der nichtökonomischen Werte und Belange sowie der Verteilungsfolgen des Vorhabens vorgenommen wurde (S. 178 ff.). 30. Das Verfahren bei der Vorbereitung der UVP verlangt eine frühzeitige Festlegung der in der UVP zu untersuchenden Fragen sowie die Beteiligung anderer Bundesbehörden, Koordination mit Landes- und Gemeindebehörden sowie die Beteiligung Dritter durch Anhörungen und Kommentare (S. 192 ff.). 31. Die UVP enthält keine Entscheidung über die Maßnahme selbst. Verfahrensmäßig wird die Verbindung zwischen dem Ergebnis des EIS und der Entscheidung über das Vorhaben selbst durch den sogenannten "record of decision", dem Bericht über die Entscheidung, hergestellt. Dritte haben keine Rechte unter NEPA, daß die Ergebnisse der UVP bei der Durchführung beachtet werden. Insofern ist der Zwang, die Ergebnisse der UVP in der nachfolgenden Entscheidung und Durchführung des Vorhabens umzusetzen, schwach ausgeprägt und von der Bereitschaft der entscheidenden Behörde abhängig (S. 202 ff). 32. Eine wichtige Voraussetzung für die Durchsetzung des UVP-Verfahrens war die Klagebefugnis Dritter gegen die Verwaltung wegen Verletzung des UVPVerfahrens. Die Rechtsprechung hat die Klagebefugnis Dritter weit ausgelegt und wenn auch nicht dogmatisch (es muß eine Verletzung eigener Interessen vorliegen), so doch praktisch eine Popularklage unter NEPA anerkannt (S. 205 ff). 33. Die Rechtsprechung hat es abgelehnt, ein durchsetzbares subjektiv-öffentliches Recht auf Unterlassen von umweltschädigenden Maßnahmen oder auf Durchsetzung der Ergebnisse der UVP bei der Entscheidung selbst unter NEPA anzuerkennen (S. 211 ff). 34. Bei der gerichtlichen Kontrolle des EIS beschränken sich die Gerichte darauf, zu überprüfen, ob überhaupt ein EIS zu erstellen war und wenn ja, ob alle Auswirkungen und möglichen Alternativen in das EIS einbezogen sind. Weiter fragen die Gerichte, wenn Auswirkungen und Alternativen vollständig in der UVP enthalten sind, ob sie angemessen ausgewertet und diskutiert wurden (S. 213 ff).

VI. Zusammenfassung

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35. In bezug auf die Frage, inwieweit die Behörde die Ergebnisse der UVP bei der Entscheidung selbst zu beachten hat, verlangt die Rechtsprechung grundsätzlich, daß die Verwaltung Umweltbelange einbezogen und abgewogen hat. In Anbetracht des der Verwaltung zustehenden Ermessens überprüfen die Gerichte nicht, ob die Behörde die unter umweltpolitischen Gesichtspunkten beste Entscheidung getroffen hat. Sie beschränken sich im wesentlichen auf eine Überprüfung des Ermessensmißbrauchs (S. 217 ff.). 36. Angesichts der Tatsache, daß sich das Verfahren unter NEPA in der Verwaltung weitgehend durchgesetzt hat, scheint die gerichtliche Überprüfung der verfahrensmäßigen Anforderungen des UVP-Verfahrens ausreichend gewesen zu sein. Da durch die Rechtsprechung sichergestellt wird, daß der Entscheidungsträger die Ergebnisse des EIS bei seiner Entscheidung nicht willkürlich ignoriert, erscheint es nicht notwendig, die gerichtliche Kontrolle zu erweitern (S. 222 ff.). 37. In Kalifornien werden auch lokale Flächennutzungs- und Bebauungspläne von der Umweltverträglichkeitspriifung unter dem California Environmental Quality Act (CEQA) erfaßt. Trotz Übereinstimmung zwischen räumlicher Planung und Umweltverträglichkeitspriifung erscheint die Vorbereitung einer UVP sinnvoll, da das Ergebnis der Planungsabwägung im Hinblick auf die Umweltbelange nochmals überprüft wird und durch die UVP ein Anreiz für die Verwaltung geschaffen wird, Umweltbelange frühzeitig in den Planungsprozeß einzubeziehen. Auf diese Weise wird dem umweltbezogenen Vorsorgeprinzip besser Rechnung getragen (S. 225 ff.). 38. In Kalifornien hat der Gesetzgeber Verfahren und Inhalt der UVP ausführlicher im Gesetz geregelt, als dies auf der Bundesebene bei NEPA der Fall ist. Die zahlreichen Änderungen des Gesetzes lassen darauf schließen, daß sich das UVP-Verfahren in Kalifornien nicht ohne Schwierigkeiten umsetzen ließ. Da der California Environmental Quality Act (CEQA) in Kalifornien und der National Environmental Policy Act (NEPA) auf der Bundesebene sich im wesentlichen entsprechen, beziehen sich Gerichte und Verwaltung in Kalifornien in zahlreichen Fragen auf die von den Bundesgerichten zu NEPA entwickelten Interpretationen. Obgleich keine zentrale Stelle innerhalb der Verwaltung vorhanden ist, die die Umsetzung des UVPVerfahrens koordiniert und überwacht, hat sich das UVP-Verfahren in Kalifornien - auch hier im wesentlichen mit Hüfe der Gerichte und durch die Beteiligung der Öffentlichkeit - grundsätzlich durchgesetzt (S. 229 ff.). 39. In Anerkennung des raumbezogenen Vorsorgegrundsatzes hat die Rechtsprechung in Kalifornien eine UVP nicht nur für räumliche Planungen gefordert, sondern auch für solche Entscheidungen, die für die zukünftige räumliche Entwicklung der betroffenen lokalen Gebietskörperschaft wichtig sind. Insoweit ist auch für die Eingemeindung von Gebieten oder Gründung selbständiger Gemeinden, wenn damit die räumliche Entwick-

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lung oder Nutzung dieser Gebiete verfolgt wird, eine UVP erforderlich (S. 235 ff.). 40. Das UVP-Verfahren in Kalifornien findet nur auf Vorhaben Anwendung, deren Durchführung oder Genehmigung im Ermessen der Verwaltung stehen. Damit fallen z.B. Baugenehmigungen ebenso aus dem Anwendungsbereich wie sogenannte gebundene Erlaubnisse nach materiellem Umweltrecht bei Genehmigungen für Industrievorhaben, die die gesetzlichen Werte für Luft- und Wasserqualität einhalten. Da die Klassifikation eines Vorhabens als „gebundene Entscheidung" ein einfacher Weg ist, die Vorbereitung einer UVP zu vermeiden, ist es positiv zu werten, daß die Gerichte überprüfen, ob das von der Behörde als „gebundene Entscheidung" eingestufte Vorhaben tatsächlich keinerlei Ermessen bei der Genehmigung zuläßt (S. 242 ff.). 41. Die Entscheidung der Behörde, keine UVP zu erstellen, ist auch in Kalifornien gerichtlich überprüfbar. Jedoch ist zu kritisieren, daß die Beweislast, ob das Vorhaben signifikante Auswirkungen auf die Umwelt besitzt und deshalb eine UVP erfordert, letztlich bei der Öffentlichkeit liegt. Solange sich nicht Dritte aktiv an dem UVP-Verfahren beteiligen und Einwendungen gegen die Entscheidung, keine UVP zu erstellen, vorbringen, kann das UVP-Verfahren durch die Verwaltung relativ einfach unterlaufen werden (S. 246 ff.). 42. Der stark umweltschützenden Tendenz des kalifornischen UVP-Gesetzes entspricht die Forderung der Rechtsprechung, daß in der UVP möglichst alle mit dem Vorhaben zusammenhängenden Folgen zu untersuchen und die Aufteilung oder Begrenzung von Vorhaben für die Vorbereitung einer UVP restriktiv zu behandeln sind. Es sind nicht nur die bereits vorhandenen oder im Bau befindlichen, sondern auch solche Vorhaben, die sich noch im Genehmigungsverfahren befinden sowie Maßnahmen, die die Flächennutzungs- und Bebauungspläne über die zukünftige Entwicklung des Gebietes enthalten, in die Analyse der kumulativen Auswirkungen einzubeziehen. Insofern ermöglicht die UVP in Kalifornien die Integration von verschiedenen Verfahren in einem teilweise medienübergreifenden Verfahren der Entscheidungsvorbereitung (S. 250 ff.). 43. In Kalifornien müssen auch solche Alternativen und Ausgleichsmaßnahmen in die UVP aufgenommen werden, die nachteilige Umweltauswirkungen vermindern, mit denen aber nicht alle mit der Maßnahme verfolgten Ziele erreicht werden können und die möglicherweise auch teurer in der Durchführung sind. Außerdem darf die Verwaltung keine Vorhaben genehmigen oder durchführen, wenn sie nicht begründet hat, aus welchen Gründen wegen besonderer wirtschaftlicher, sozialer oder sonstiger Überlegungen Alternativen oder Ausgleichsmaßnahmen zu dem vorgeschlagenen Vor-

VI. Zusammenfassung

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haben nicht durchgeführt werden können. Die gerichtliche Überprüfung der Entscheidung der Behörde, ob Alternativen/Ausgleichsmaßnahmen „durchführbar" sind, ist angesichts der damit verbundenen Abwägung mit anderen Belangen und des der Verwaltung zustehenden Ermessens nur begrenzt möglich (S. 257 ff.). 44. Die Rechtsprechung in Kalifornien hat der Beteiligung der Öffentlichkeit besondere Bedeutung beigemessen. Neben einer Verbesserung der Verwaltungsentscheidung und einer erhöhten Akzeptanz des Ergebnisses soll die Beteiligung der Öffentlichkeit dazu dienen, diffuse oder unterrepräsentierte Interessen zu berücksichtigen und der Öffentlichkeit angemessenen Einfluß auf die Entscheidung über das Vorhaben selbst zu geben (S. 265 ff.). 45. Die Klagebefugnis ist in Kalifornien ähnlich weit interpretiert worden wie die Klagebefugnis auf der Bundesebene unter NEPA. Vor Klageerhebung sind eine Anzahl von Verfahrensschritten erforderlich, die dem Ziel dienen, die Zahl der Rechtsstreitigkeiten unter dem CEQA gering zu halten. Ob die vor dem Rechtsstreit zu führenden Vergleichsverhandlungen tatsächlich die Zahl der Gerichtsverfahren verringern und zu einer gütlichen Einigung führen, läßt sich mangels ausreichender Erfahrung bisher jedoch nicht beurteilen (S. 268 ff.). 46. Die Gerichte in Kalifornien sind zurückhaltend, zu überprüfen, ob die von der Verwaltung getroffenen Schlußfolgerungen und Entscheidungen in der UVP richtig, ausreichend und angemessen sind. Klagen werden deshalb häufig auf Verfahrensfehler der Behörde bei der Vorbereitung der UVP gestützt. Dies birgt die Gefahr, daß die Behörde mehr Aufmerksamkeit auf die Einhaltung der Verfahrensvorschriften verwendet als Umweltauswirkungen zu untersuchen. Bei der Überprüfung, ob die UVP alle durchführbaren Ausgleichsmaßnahmen oder Alternativen zu der vorgeschlagenen Maßnahme enthält, beschränkt sich die gerichtliche Prüfung darauf, ob die Schlußfolgerungen der Verwaltung durch in der UVP enthaltene Tatsachen und Dokumente gestützt werden (S. 271 ff.). 47. Obgleich die Umweltverträglichkeitsprüfung in Kalifornien, ebenso wie die UVP auf der Bundesebene unter NEPA, nicht mit einem Ergebnis abschließt, ob und wie das Vorhaben durchgeführt werden soll, sind jedoch nach der Rechtsprechung der kalifornischen Gerichte die in der Umweltverträglichkeitspriifung enthaltenen umweltschützenden Gesichtspunkte bei der Entscheidung über das Vorhaben selbst vorrangig zu berücksichtigen. In bezug auf die Einbeziehung weniger umweltbelastender Alternativen oder Ausgleichsmaßnahmen in die Entscheidung über das Vorhaben selbst geht die Rechtsprechung davon aus, daß die Behörde ein Vorhaben genehmigen kann, wenn nachteilige Umweltfolgen durch Ausgleichsmaßnahmen auf einen „akzeptablen Stand" reduziert worden sind (S. 272 ff.).

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