Transitivität und Diathese in romanischen Sprachen [Reprint 2013 ed.] 9783110912470, 9783484303928

These articles all revolve around the complex imaging relations between semantic roles and diathetic categories such as

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German, French, Italian Pages 173 [180] Year 1998

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Table of contents :
Einleitung
Les relations syntaxiques entre constructions verbales: propositions pour une notation systématique
Pseudoreflexivität im Altitalienischen – Voraussetzungen und Richtungen eines Grammatikalisierungsprozesses
Spanisch se jenseits von Aktanz und Diathese
Tra passivo e impersonale: la funzione del pronome clitico riflessivo
Transitivity in the Italian dialects: synchronic aspects and diachronic implications
Transitivität als Parameter für sprachlichen Wandel?
Transitivität, Diathese und Perfekt: zur Entstehung der romanischen haben-Periphrasen
Warum Passivkonstruktion nicht gleich Passivkonstruktion ist oder von den Schwierigkeiten im Umgang mit wenig grammatikalisierten Formen
La suppression de l’agent entre l’oral et l’écrit: l’exemple de deux langues créoles françaises
„Transitivität“ aus rollensemantischer Sicht. Eine Fallstudie am Beispiel französischer und italienischer Wahrnehmungsverben
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Transitivität und Diathese in romanischen Sprachen [Reprint 2013 ed.]
 9783110912470, 9783484303928

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Linguistische Arbeiten

392

Herausgegeben von Hans Altmann, Peter Blumenthal, Herbert E. Brekle, Gerhard Heibig, Hans Jürgen Heringer, Heinz Vater und Richard Wiese

Transitivität und Diathese in romanischen Sprachen Herausgegeben von Hans Geisler und Daniel Jacob

Max Niemeyer Verlag Tübingen 1998

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Transitivität und Diathese im romanischen Sprachen / hrsg. von Hans Geisler und Daniel Jacob. Tübingen : Niemeyer, 1998 (Linguistische Arbeiten ; 392) ISBN 3-484-30392-1

ISSN 0344-6727

© Max Niemeyer Verlag GmbH, Tübingen 1998 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Druck: Weihert-Druck GmbH, Darmstadt Buchbinder: Industriebuchbinderei Nädele, Nehren

Inhaltsverzeichnis Einleitung

1

Ludo Melis (Leuven) Les relations syntaxiques entre constructions verbales: propositions pour une notation systématique

5

Maria Selig (Berlin) Pseudoreflexivität im Altitalienischen - Voraussetzungen und Richtungen eines Grammatikalisierungsprozesses

21

Roland Schmidt-Riese (München) Spanisch se jenseits von Aktanz und Diathese

43

Francesca Fici Giusti (Firenze) Tra passivo e impersonale: la funzione del pronome clitico riflessivo

61

Michela Cennamo (Napoli) Transitivity in the Italian dialects: synchronic aspects and diachronic implications

73

Ingrid Neumann-Holzschuh (Regensburg) Transitivität als Parameter für sprachlichen Wandel?

89

Daniel Jacob (München) Transitivität, Diathese und Perfekt: zur Entstehung der romanischen Aafcen-Periphrasen

105

Jakob Wüest (Zürich) Warum Passivkonstruktion nicht gleich Passivkonstruktion ist oder von den Schwierigkeiten im Umgang mit wenig grammatikalisierten Formen

127

Sibylle Kriegel (Paris) La suppression de l'agent entre l'oral et l'écrit: l'exemple de deux langues créoles françaises

141

Thomas Krefeld (München) „Transitivität" aus rollensemantischer Sicht. Eine Fallstudie am Beispiel französischer und italienischer Wahrnehmungsverben

155

Einleitung Die typologische Forschung der letzten Jahrzehnte hat deutlich gemacht, daß die meisten grammatischen Kategorien Konglomerate semantischer und pragmatischer Funktionen darstellen, die nicht ohne ihre einzelsprachspezifische Genese zu erklären sind. Dies trifft in besonderem Maße auf diathetische Kategorien wie Aktiv, Passiv und Medium zu, die zwar in den älteren Sprachstufen des Indogermanischen als verbale Formenreihen repräsentiert waren, deren klare formale Bezüge aber in den romanischen Sprachen durch Abbau der entsprechenden Verbparadigmen verloren gegangen sind. Die mit ihnen verbundenen Funktionen wurden in unterschiedlicher Weise auf neue Formen verteilt. Das wohl bekannteste und meistdiskutierte Beispiel ist die Grammatikalisierung der Reflexivkonstruktion, die, ausgehend von prototypisch transitiven Fällen mit Referenzidentität von Subjekt und Objekt, zu einer der wichtigsten Ersatzformen für das lateinische Passiv und unpersönliche Ausdrucksweisen avancierte. Hierbei vermischten sich Charakteristika der semantischen Ausgangsbasis in komplexer und einzelsprachlich unterschiedlicher Weise mit den neu erworbenen syntaktischen Funktionen, die nur mit Beschreibungsmodellen, die funktionale Überlappungen und Übergänge in die Beschreibung miteinbeziehen, adäquat erfaßt werden können. Exemplarisch für einen derartigen Ansatz kann die Transitivitätshypothese von Hopper und Thompson gelten, die es erlaubt, ausgehend von der zentralen grammatischen Kategorie der Transitivität, parametrische Beziehungen zwischen verb- und aktantenbezogenen semantischen Kategorien und satzbezogenen diskursfunktionalen Kategorien herzustellen. Die wichtige Stellung von Transitivität und Diathesen im Spannungsfeld von Semantik und Pragmatik wird besonders deutlich durch die enge Verbindung dieser grammatischen Kategorien mit der Informationsstruktur von Sätzen. Die durch die syntaktische Struktur und die Subjektivierungshierarchie vorgegebene Verteilung semantischer Rollen auf die Verbaktanten engt die diskursfunktionale Verfügbarkeit der Referenten beträchtlich ein, da im unmarkierten Fall nur Subjekte als Thema fungieren können. Die Thematisierung von Referenten in anderen syntaktischen Funktionen, entgegen ihrem Stellenwert in der Hierarchie, erfordert deshalb zusätzliche diathetische Kennzeichnungen. Im klassischen Fall des Passivs wird auf diese Weise die Thematisierung eines Direkten Objekts ermöglicht. Vor allem in Sprachen mit fester Wortstellung müssen Diathesen zusätzliche Aufgaben wie Detransitivierung, Agensausblendung und Impersonalisierung übernehmen, um Wortstellungsrestriktionen, die sich aus der positionellen Kodierung der Satzfunktionen ergeben, zu kompensieren. Die Funktionsbereiche von Diathesen berühren sich hier mit denjenigen von Verbalperiphrasen (cf. z.B. Passiversatzformen wie fr. se voir) und von Spaltsatzkonstruktionen, die in Sprachen mit fester Wortstellung ähnliche informationsstrukturelle Aufgaben übernehmen.

2 Die hier versammelten Artikel1 beschränken sich auf einige wenige Schwerpunkte aus diesem überaus komplexen und in den letzten Jahren vieldiskutierten Problemkreis. Im Vordergrund stehen die mannigfaltigen Abbildungsverhältnisse zwischen semantischen Rollen und diathetischen Konstruktionen. Als Bezugspunkt dient zumeist die Transitivitätshypothese von Hopper/Thompson. Vielen Artikeln liegt somit eine von Prototypen ausgehende, nicht-diskrete Sichtweise der untersuchten Kategorien zugrunde. Das Spektrum der behandelten Sprachen reicht vom Vulgärlateinischen, Altitalienischen und Altspanischen bis zum Französischen, Spanischen, Italienischen (mit seinen Dialekten) und zu französischen Kreolsprachen. Im einleitenden Beitrag entwirft L u d o M e l i s (5-19) eine Systematik diabetischer Beziehungen, mit deren Hilfe sich die unterschiedlichen Konstruktionsmöglichkeiten französischer Verben einheitlich erfassen lassen. Relevant für die Klassifizierung sind 1) die syntaktische Position, 2) die morphosyntaktische Realisation sowie 3) die semantischen Selektionsrestriktionen der einzelnen Aktanten. Ausführlich behandelt werden die Beziehungen zwischen den Basisstrukturen untereinander sowie zu Periphrasen und Reflexivkonstruktionen. Die vielfältigen Funktionsbereiche der Reflexivkonstruktion in den romanischen Sprachen bilden auch den ersten Themenschwerpunkt. Zunächst klärt M a r i a S e l i g (21-42) die komplexe funktionale Differenzierung dieser Konstruktion in der Entwicklung vom Lateinischen zum Altitalienischen. Zunächst nur zum Ausdruck echter Reflexivität verwendet, übernehmen die Pronomina allmählich mediale, passivische und impersonale Funktionen, d.h. sie werden zunehmend grammatikalisiert. Daneben finden sich Reflexivpronomina in Verbindung mit Affekt-, Wahrnehmungs- und Bewegungsverben wie altitalienisch dolersi, pensarsi, morirsi etc., wobei es häufig zu Lexikalisierungen kommt (z.B. pentirsi). Die Verwendung des Reflexivums und die damit verbundene Erhöhung der Aktantenzahl bewirkt eine stärkere Subjektorientierung bzw. eine Stärkung transitiver Eigenschaften nach der Transi ti vi tätsskala. R o l a n d S c h m i d t - R i e s e (43-60) befaßt sich mit den Übergangsbereichen zwischen echten Reflexiva und grammatikalisierten bzw. lexikalisierten Pseudoreflexiva in nähesprachlich geprägten, kolonialspanischen Texten des 16. Jahrhunderts. Im Anschluß an theoretische Vorklärungen wird der Status von vier, einer diffusen Zone zwischen Lexikon und Grammatik angehörenden Problemfällen (sp. morirse, comerse, llamarse, acordarse) mit Hilfe der Transitivitätsskala näher bestimmt. Auch bei dieser Untersuchung wird deutlich, in welchem Ausmaß rein formale Transitivierungen spezifische, von der Transitivitätshypothese her zu erwartende Rückwirkungen auf die Bedeutung des Satzes haben können (Verstärkung der Agentivität, Telizität etc.). F r a n c e s c a F i c i G i u s t i (61-72) untersucht die uneigentlichen Verwendungen des Reflexivums (costrutto impersonale, medio, passivo, antipassivo) aus der überein-

1

Grundlage dieses Sammelbandes bilden ausgewählte Beiträge der Sektion «Diathese, Transitivität, Informationsstruktur in den romanischen Sprachen» des 24. Romanistentages in Münster (1995). Wir danken an dieser Stelle nochmals allen Referenten, Korreferenten und Gästen für ihr Engagement. Ergänzt werden die Sektionsbeiträge durch den Artikel von Daniel Jacob, der aus Zeitgründen nicht in die Sektion aufgenommen werden konnte.

3 zelsprachlich orientierten Sichtweise der Universalen Grammatik. Sie konfrontiert dazu die Verhältnisse im Italienischen mit denen in verschiedenen anderen europäischen, vornehmlich slawischen Sprachen. Auch hier wird die Abhängigheit bestimmter Diathesen vom Transitivitätsgrad des Verbs betont. Abgesehen vom bekannten Fall des Passivs ist dies besonders deutlich bei der impersonalen Verwendung des Reflexivpronomens, welches in Sätzen des Typs La sera si studia Subjekteigenschaften annimmt. Wie beim echten Reflexivum setzt Fici Giusti demnach für die uneigentliche Verwendung Aktantenpositionen voraus, die durch si ausgefüllt werden (si ist bei impersonaler Verwendung „traccia di soggetto"). M i c h e l a C e n n a m o (73-87) liefert reichhaltiges neues Material zur Verbreitung von Reflexivkonstruktionen mit unpersönlicher oder passivischer Funktion in verschiedenen italienischen Dialekten sowie im Friaulischen und Sardischen. Sie weist diesen Konstruktionen generell detransitivierende Funktion zu. Der unterschiedliche Grammatikalisierungsgrad in den einzelnen Dialekten wird wiederum anhand der Transitivitätshypothese ermittelt. Auch I n g r i d N e u m a n n - H o l z s c h u h (89-103) geht von der Transitivitätshypothese aus, wenn sie einzelne Parameter hinsichtlich ihrer Relevanz für die Wortstellungsveränderungen und das Aufkommen der Objektmarkierung im Altspanischen untersucht. In ihrem Aufsatz wird der Bezug zwischen Transitivität und Informationsstruktur des Satzes besonders deutlich. Stark transitive Sätze machen aufgrund ihrer speziellen Informationsverteilung in spanischen Texten des 13. bis 15. Jahrhunderts zuerst die Veränderung von der im Altspanischen noch dominierenden VS- zur SVStellung durch. Neumann-Holzschuh kann damit eine von Hopper/Thompson für das Malaiische nachgewiesene Korrelation zwischen SV-Stellung und dem Transitivitätsgrad von Sätzen für das Spanische bestätigen. Ebenfalls unter dem Aspekt der relativen Transitivität beschäftigt sich Daniel Jacob (105-126) mit der Entstehung der romanischen Modal- und Perfektperiphrasen (Infinitiv + habeo, habeo + Partizip), wobei die Wahl des Auxiliars habere nicht aus dessen possessiver Bedeutung, sondern aus seiner valenziell-diathetischen Besonderheit erklärt wird. Die übereinzelsprachlich immer wieder auftauchenden Zusammenhänge zwischen Modalität, Perfekt und bestimmten Diathesen deutet Jacob als Zeichen verminderter Transitivität oder besser „verminderter Kontrolle" des Subjektsaktanten beim Perfekt, wobei er jedoch die Annahme einer „split ergativity" in diesem Zusammenhang ablehnt. Es schließen sich zwei Artikel zum Passiv und seinen Ersatzkonstruktionen an: J a k o b W ü e s t (127-140) untersucht anhand der Übersetzungen wissenschaftlicher Texte die passivischen Ausdrucksmöglichkeiten des Deutschen und Französischen (Reflexivpassiv, passivische Verbalperiphrasen etc.). Wüest kommt zu dem Ergebnis, daß die verschiedenen Konstruktionen jeweils separat auf ihre Frequenz hin untersucht werden müssen, um beide Sprachen adäquat vergleichen zu können. Entgegen anderslautenden Annahmen scheint der Bedarf an passivischen Ausdrucksmöglichkeiten im Deutschen und Französischen ungefähr gleich groß zu sein. Jedoch sind im Deutschen das eigentliche Passiv und überraschenderweise die Passivperiphrasen häufiger, während das Französische die on-Konstruktion und Reflexivkonstruktionen bevorzugt.

4 S y b i l l e K r i e g e l (141-154) skizziert die Entstehung neuer Techniken der Agensausblendung in französischen Kreolsprachen und führt diese Entwicklung auf Erfordernisse der Verschriftlichung zurück. Anders als im Französischen besteht im Kreol der Seychellen und von Mauritius die einfache Möglichkeit, die Position des Erstaktanten im Satz unbesetzt zu lassen, ohne daß dies eine diathetische Kennzeichnung beim Verb erfordert. Verschiedentlich treten auch Dummy-Partikel mit unklaren Funktionen auf, welche die Stelle links vom Verb besetzen. Eine weitere Technik der Agensausblendung besteht darin, Patiensrollen als Erstaktanten transitiver Verben wie kraz(e) und met(e) zu kodieren und damit als Thema des Satzes zu verwenden. Eine dritte Möglichkeit der Agensausblendung wird durch die Ausbildung des Verbs gany (aus fr. gagner) zu einer diathetischen Kennzeichnung geschaffen. In einem weiteren Artikel wird die enge Beziehung zwischen semantischen Rollen und syntaktischen Konstruktionen thematisiert. Ausgehend von einem rollensemantischen Standpunkt befaßt sich T h o m a s K r e f e l d (155-173) zunächst kritisch mit der Transitivitätshypothese, die anhand französischer und italienischer Wahrnehmungsverben überprüft wird. Er übernimmt dabei eine gestalttheoretisch fundierte Gliederung dieses Bereichs, die zu einer differenzierteren Beschreibung der verschiedenen Typen von Wahrnehmungsverben führt. Wie die Beiträge deutlich machen, treten in romanischen Sprachen vermittelt durch polyfunktionale diathetische Kategorien komplexe Wechselwirkungen zwischen den sprachlichen Ebenen auf, die nur mit Hilfe eines multifaktoriellen Beschreibungsansatzes angemessen zu erfassen sind. Der vorliegende Sammelband versucht, durch Konzentration auf wenige Themenschwerpunkte die angesprochenen Diatheseprobleme schärfer zu fassen und neue Lösungsvorschläge anzubieten.

Hans Geisler/Daniel Jacob

Ludo Melis (Leuven)

Les relations syntaxiques entre constructions verbales: propositions pour une notation systématique 0 Les constructions verbales sont la matérialisation, sous forme de signes complexes, de relations sémantiques, relation de transitivité et de diathèse, et de rapports textuels et interpersonnels. L'analyse de ces aspects sémantiques, informationnels et pragmatiques relève de l'étude des fonctions de la langue au sens de Koch (1981). Toute étude de ce type suppose toutefois que les formes à considérer, les moyens mis en œuvre, soient bien identifiés et que les relations qui les unissent au plan formel le soient également. Ici intervient la syntaxe, au sens étroit du terme. Dans cette contribution, j'adopterai ce dernier point de vue et je présenterai certaines conventions qui permettent de noter de manière systématique, uniforme et transparente, les rapports syntaxiques entre constructions verbales qu'il s'agisse de constructions simples, périphrastiques (être + participe passé) ou réflexives.1 Ce travail est issu des recherches de Eggermont (1994) dont il présente une réélaboration et une réinterprétation. Il se situe dans le prolongement des travaux de Busse (1974; voir en particulier la notion de „Produktklassen"), de Koch (1981), de Kotschi (1981), de l'équipe du LADL (voir Vives 1993 pour une présentation générale) et de Willems (1981). Il s'en distingue par sa volonté de systématicité accrue qui a pour conséquence de mettre au centre de l'analyse non pas les constructions spécifiques, mais bien les relations entre celles-ci, et par la séparation plus nette des phénomènes syntaxiques et des phénomènes fonctionnels; les rapports entre constructions seront d'abord définis au plan formel et considérés indépendamment de leur exploitation comme supports de rapports fonctionnels. Enfin, la procédure décrite dans ce travail accorde au départ le même statut aux trois types de constructions: la construction simple, périphrastique et réflexive. La première section sera consacrée à la définition des opérations élémentaires permettant de décrire les rapports entre constructions (1). Dans les trois sections suivantes, je considérerai successivement les liens entre constructions simples (2), ceux qui impliquent la périphrase (3) et le tour pronominal (4). Certaines extensions et le problème du rapport à l'analyse fonctionnelle seront évoqués dans la section finale (5).

Vu les limitations d'espace, j'écarterai certaines classes de constructions, en particulier les constructions impersonnelles et celles qui impliquent un attribut ou une prédication secondaire. En plus, je me bornerai à illustrer les différents cas, sans fournir les listes des verbes qui manifestent les différents rapports. Enfin, je ne pourrai fournir les références aux nombreux travaux qui étudient l'un ou l'autre rapport particulier.

6

Ludo

Melis

1 Les opérations élémentaires 1.1

La description des constructions

La mise en carte des rapports entre constructions verbales présuppose que celles-ci soient décrites de manière standardisée, en d'autres termes que l'on dispose d'un dictionnaire de valence qui fournit au moins pour chaque construction des informations de trois ordres: - le nombre de positions syntaxiques possibles; - pour chaque position, le mode de réalisation syntaxique, c'est-à-dire la fonction et les catégories morpho-syntaxiques qui peuvent la réaliser; - pour chaque position, le mode de réalisation sémantique, c'est-à-dire les restrictions de sélection. Vu le point de vue syntaxique adopté, le dernier paramètre jouera essentiellement le rôle de condition externe; la stabilité, à vrai dire toujours relative, des contraintes de sens, tant au niveau du lexème verbale qu'à celui des actants, conditionne la reconnaissance d'un lien. Celui-ci suppose en effet que deux constructions dont la configuration diffère soit quant au nombre de positions, soit quant à leur réalisation syntaxique, partagent, au moins pour une position, les mêmes conditions sémantiques, ainsi qu'un noyau lexico-sémantique invariant. On reconnaîtra ainsi un lien entre les constructions directe et indirecte du verbe habiter dans II habite Paris/il habite à Paris, parce que le même complexe de traits sémantiques se réalise dans deux positions syntaxiques distinctes et ce pour un sens verbal fondamentalement invarié. Afin de décrire les liens possibles, il convient donc d'identifier les positions syntaxiques, du point de vue quantitatif et du point de vue syntaxique, et de décrire les contraintes sémantiques. Pour ce faire, je me suis servi du dictionnaire de valence automatisé développé à Louvain selon les principes de l'approche pronominale (Blanche-Benveniste et al. 1984) qui comporte à peu près 8.600 entrées pour 3.734 verbes différents. Les principes qui ont servi à son élaboration et les conventions qui ont été utilisées sont présentés dans Melis/Eggermont (1994) et dans Melis (1995) qui offrent également un échantillon. Cette base de données représente l'essentiel des informations syntaxiques et sémantiques à l'aide de paradigmes de pro-formes, nominales ou adverbiales. Les marques fonctionnelles véhiculées par certains membres des paradigmes, tels les clitiques, et les combinaisons avec les prépositions offrent les informations syntaxiques de base. Les pro-formes fournissent également les informations centrales relatives aux contraintes de sélection, par le biais de chaînes de pronoms indicatrices des traits sémantiques fondamentaux (Melis 1994); ainsi, le paradigme contenant la chaîne je, nous, celui-ci exprime le trait [+locuteur humain], la chaîne ceci, ça, celui-ci les traits [-loc. hum., -(-délimité] ou 'concret' et la chaîne ça mais non ceci les traits [-loc. hum., -délimité] ou 'abstrait'. Une analyse plus fine, portant sur les restrictions lexicales ou référentielles, impose évidemment de compléter cette information, mais ces distinctions de base suffiront ici. La base de données con-

Les relations syntaxiques entre constructions

verbales

7

sidère que la construction simple est la formulation de base; dans le cadre de ce travail les constructions périphrastique et réflexive ont été traitées de manière séparée.

1.2

Les classes de paradigmes

Le calcul des rapports entre constructions se fera sur la base des paradigmes prévus dans la base de données, mais il n'opérera pas directement sur les quelque quarante combinaisons recensées; il a en effet paru indispensable de regrouper les différents paradigmes qui s'excluent mutuellement dans la chaîne syntaxique en classes. Ceci permet de travailler avec cinq classes, numérotées de 0 à 4 et avec quatorze combinaisons. Les deux premières classes ne contiennent qu'un paradigme; CO, ou classe du sujet, est définie par le paradigme je, tu, il, ..., alors que C l , ou classe de l'objet direct, se caractérise par me, te, le, la, les et les éléments qui peuvent leur être associés. La classe C2 est plus complexe; elle regroupe deux ensembles de paradigmes: le paradigme nominal de lui, leur ou paradigme datif et un ensemble de paradigmes adverbiaux liés au pronom y. Ce dernier comprend à son tour le paradigme neutre de Herslund (1988) caractérisé par à lui, y, typique des verbes non datifs à préposition obligatoire à, le paradigme locatif de où?, y ou paradigme des locatifs de la famille de à, auquel j'associe les expressions temporelles de la série (à) quand? et enfin le paradigme caractérisé par la présence d'une préposition fixe qui est, d'après Ruwet (1982), liée à à, telles que sur ou dans. Le regroupement des deux ensembles de paradigmes, nominal et adverbial, en une classe se fonde sur leur complémentarité: ils s'excluent en effet mutuellement et de très nombreux verbes admettent, comme le souligne Herslund (1988), tantôt un complément nominal, tantôt un complément adverbial de la classe C2. 2 La classe C3 est liée à la préposition de et au pronom en; elle regroupe les verbes à préposition de, les locatifs de la série d'où? et les temporels de la série de quand?. La classe C4 est en réalité composite; elle permet de regrouper tous les autres paradigmes, qui s'excluent mutuellement; les principaux sont celui de combien? comme dans Cela pèse vingt kilos, celui de comment? dans II se comporte bien et celui des prépositions fixes non encore considérées, comme avec ou par. L'utilité des regroupements proposés apparaît clairement par le fait qu'ils permettent de décrire les constructions verbales attestées à l'aide de 14 combinaisons: 3

2

3

La prise en considération de certains syntagmes à la frontière entre les actants et les circonstants pourrait mener à une séparation plus nette dans C2 entre les compléments nominaux et les compléments adverbiaux; il existe en effet des combinaisons telles que (a) et (b) où les deux paradigmes apparaissent conjointement: (a) Il lui sert du thé dans un verre de cristal. (b) Il lui a envoyé une lettre au Brésil. En théorie, la combinaison C 0 - C 2 - C 3 - C 4 est également possible; elle ne semble pas attestée. Les combinaisons à quatre termes sont d'ailleurs souvent assez marginales; le nombre de verbes qui les réalisent est peu élevé et le statut du quatrième actant n'est pas toujours clair.

δ

Ludo Melis CO CO-C1 CO-C 3 C0-C1-C2 C0-C1-C4 C0-C2-C4 CO-C1-C2-C3 CO-C1-C3-C4

1.3

Il agonise. Il le voit. Il en abuse. Il le lui donne. Il le traite mal. Combien cela lui coûte? Il nous le rapporte de là. Il les en arme contre eux.

C0-C2 C0-C4 C0-C1-C3 C0-C2-C3 C0-C3-C4 CO-C 1-C2-C4

Cela lui plaît. Il va bien. Il l'en prévient. Il lui en parle. J'en ai convenu avec lui. Je le lui vends autant.

Les opérations élémentaires entre classes: altération et décalage

Pour décrire les rapports entre constructions, je définirai en premier lieu deux opérations élémentaires entre classes; la combinaison de ces opérations permettra de définir ensuite les rapports de construction plus complexes. La première porte sur le nombre de positions: il s'agit de l'altération ou modification du nombre. La seconde concerne la réalisation des traits sélectionnels en une certaine position; il y a rapport de décalage si un ensemble de contraintes se réalise tantôt dans une position et tantôt dans une autre position. L'altération se définit comme un rapport entre une construction brève et une construction longue qui ne diffèrent que par la présence, respectivement l'absence d'un paradigme et ce au niveau du système lexico-grammatical.4 L'altération se vérifie, en principe, par une opposition sémantique. Je la noterai par A suivi du numéro de la classe qui est éliminée dans la construction brève. On reconnaîtra des altérations non seulement dans le cas canonique de boire, mais aussi dans celui de vivre: Al Al

boire vivre

Pierre boit ça ('ingurgiter'). Pierre boit ('être alcoolique'). Pierre vit sa vie. Pierre vit (toujours).

Des arguments d'ordre sémantique et fonctionnel ou, dans une autre optique, d'ordre historique peuvent intervenir pour interpréter la direction de l'altération, reformulée comme une réduction dans le cas de boire et comme une augmentation dans le cas de vivre', mais, d'un point de vue strictement syntaxique, il n'est pas possible de définir la direction du rapport, d'où l'emploi du terme neutre 'altération'. Le décalage, rapport entre constructions qui signale que les traits affectés à une position de valence pour la construction χ se retrouvent affectés à une autre position dans 4

La reconnaissance de l'altération demande donc des critères pour la distinguer de la réalisation d'une position par une catégorie vide en discours. Opérant dans le cadre de la théorie du gouvernement et du liage, Tasmowski (1992) propose des tests syntaxiques, tel que le contrôle de se par une position vide, pour rendre compte de certains cas: Il fait signe de s'asseoir. Dans d'autres cas, le lien n'existe qu'en discours et l'information spécifique, omise dans le contexte ou dans la situation, peut être récupérée; en plus, le test de la coordination à retardement (Eggermont 1994) permet de mettre la position implicite en évidence: Il prend son verre et il boit, mais seulement quelques gorgées.

Les relations syntaxiques entre constructions

verbales

9

la construction y, sera noté Dxy; par convention, l'indice numérique inférieur est mentionné en premier lieu et aucune priorité syntaxique, logique ou diachronique ne doit être accordée à cet ordre.5 D12

habiter

II habite la maison / dans la maison.

Les opérations d'altération et de décalage peuvent se combiner; ceci s'observe dans le cas bien attesté et abondamment commenté des verbes causatifs: Pierre cuit le poulet/Le poulet cuit. La combinaison implique toujours la mise en rapport d'une construction longue et d'une construction brève. La notation part de la construction longue et note l'altération; pour le décalage, qui se fait nécessairement vers la position altérée, il suffit de noter la classe qui apparaît dans la même construction. La formule A0D1 suffit donc pour l'exemple ci-dessus; elle note que la position CO de la construction longue a été altérée et que le paradigme occupant la position Cl de cette même construction a été décalé vers la position CO dans la construction brève.

1.4

Les opérations complexes entre classes

Avant de présenter la typologie des rapports entre constructions, il convient de définir à partir de l'altération et du décalage deux opérations complexes: la permutation et Γ union/scission. La permutation est un cas de décalage couplé; les traits affectés à deux positions sont permutés, comme dans le couple bien connu fourmiller

Le jardin fourmille d'abeilles. Les abeilles fourmillent dans le jardin.

On y observe un premier décalage D02 et un second, corrélatif, D30. On notera le rapport comme suit P02-30. L'ordre des constructions n'est à nouveau pas pertinent. L'union/scission est un type particulier de la combinaison du décalage et de l'altération. Ce rapport apparaît lorsque deux constructions, l'une brève et l'autre longue, peuvent être mises en relation et que la position subsistante dans la construction brève incorpore, par décalage, des traits des deux positions, aboutissant à un ensemble complexe. Le cas considéré ici est celui des verbes qui imposent dans leur construction brève un terme pluriel ou complexe (Blanche-Benveniste et al. 1984): alterner

Le jour alterne avec la nuit. Le jour et la nuit alternent.

Il suffit de noter les deux positions de la construction longue et de mentionner en premier lieu la position subsistante: U04.

5

Dans les cas des permutations et des réseaux complexes, traités plus loin, il est utile de diverger de cette convention et de noter le décalage en tenant compte de l'ordre de présentation des constructions.

10

Ludo Melis

2 Typologie des relations entre constructions simples 2.1

Les altérations et les décalages élémentaires

Si les altérations et les décalages apparaissent en général en combinaison (v. 2.2.), il faut cependant signaler que les deux opérations peuvent apparaître séparément. Elles peuvent dans ce cas affecter toutes les classes sauf CO, vu le fait que cette position doit nécessairement être réalisée en français. Al A2 A3 A4 A4 A4

voir écrire sortir peser aller sentir

II voit ça. Il voit. II le lui écrit. Il l'écrit, le roman. II en sort. Il sort (souvent). Ça pèse autant. Ça pèse. Ça va mal. Ça va. Le jardin sent la rose. Cela sent.

Des altérations successives peuvent relier plusieurs constructions du même verbe: Il le lui écrit. Il l'écrit. Il écrit avec trois interprétations différentes 'il le lui communique par écrit', 'il le rédige', 'il est capable de tracer des lettres/il rédige habituellement'. Il n'est en outre pas exclu que deux altérations puissent apparaître simultanément, bien qu'une analyse sur le modèle d'écrire puisse également être envisagée: A1+A2

piailler

II lui piaille de cesser.

Pour les décalages, le type simple implique habituellement Cl et une des classes à préposition; l'inventaire suivant est organisé par classe et par préposition: D12

D13 D14 D23 D24 D34

2.2

à dans sur loc. de devant

atteindre, toucher fouiller, fourrager épargner, gloser, pleurer habiter, perquisitionner discuter fuir

Il atteint le but/au but. Il touche le but/au but. Il fouille le tiroir/dans le tiroir. Il glose ce texte/sur ce texte. Il perquisitionne la maison/dans la maison/là. Ils discutent le projet/du projet. Il fuit l'ennemi/devant l'ennemi.

de avec contre en

envelopper comparer défendre, protéger foisonner

Je l'y enveloppe. Je l'en enveloppe. Je l'y compare/je le compare avec ça. Il nous protège du/contre le soleil. Ce lac foisonne de/en truites.

Les altérations-décalages

Les verbes qui manifestent le rapport combiné d'une altération et d'un décalage sont bien plus nombreux. Le premier sous-ensemble est celui des AODx; le classement se fera en fonction de la catégorie décalée vers CO: A0D1

vieillir passer

Cela l'a vieilli. Il a vieilli. II passe ce travail à son adjoint. Ce travail passe à son adjoint.

Les relations syntaxiques entre constructions verbales

A0D2

A0D3 A0D4

avancer enfler éviter inclure dissimuler décorer suinter figurer

11

Je l'avance vers le mur. Il avance vers le mur. Cela enfle sa joue. Sa joue enfle. Cela lui évite des ennuis. Il évite les ennuis. Je l'y inclus. Cela l'inclut. Il les y dissimule. Cela les dissimule. Il l'en décore. Cela le décore. Cela en suinte. Cela suinte. Il le figure par cela. Cela le figure.

Un second sous-ensemble concerne les décalages vers Cl: A1D2

A1D3

escroquer percer broder glaner alléger essuyer

On le lui a escroqué. On l'a escroqué. On l'y a percé, un trou. On l'a percée, la porte. Elle le brode sur ça. Elle brode ça. Elle les y glane. Elle glane les champs. Elle l'en avait allégé. Elle les avait allégés. Elle essuya l'eau de la table. Elle essuya la table.

Les deux séries sont caractérisées par un décalage vers une classe à indice inférieur (CO ou Cl); la seule exception est A3D1

hériter

II a hérité ce trait de son père. Il a hérité de ce trait.

Les autres combinaisons ne sont pas attestées. Ceci peut être dû au petit nombre de verbes qui pourraient y entrer, surtout que les paradigmes adverbiaux en C4 ne peuvent pas participer au décalage vers une position typiquement nominale. Mais, si l'on interprète l'ordre des classes comme un ordre de centralité décroissante, à la manière e.a. de la grammaire de Dik, on peut conclure que la construction brève dans la relation AD opère toujours dans le sens d'une plus grande centralisation des actants.6

2.3

Les permutations et les unions/scissions

Les permutations peuvent être classées selon que CO ou Cl est affecté.

6

P02-10

cahoter

P02-20 P03-10

réussir dégorger

Les ornières cahotaient les roues. Les roues cahotaient dans les ornières. Tout lui réussit. Il réussit dans tout. L'égout dégorge l'eau. L'eau en dégorge.

II reste à mentionner quelques verbes de mesure qui présentent deux constructions qu'il est difficile de mettre en rapport à l'aide de la notation proposée comme jauger, mesurer, peser, tirer. Il pèse la lettre. Elle pèse vingt grammes. Les deux constructions ont le même nombre d'actants et on y note deux altérations, une dans chaque construction et un décalage. Dans ce cas, aucune construction ne peut servir de point de départ conventionnel pour la notation qu'il convient d'adapter en décrivant séparément les deux altérations: A0abDl+A4ba. Les indices identifient les deux constructions et, dans le cas des altérations, le premier indice signale la construction longue du point de vue de l'opération.

12

Ludo Melis P03-20

P04—20 P12-31 P12-41 PI 3-31 P14—41

bénéficier apprendre grouiller abonder

Cela lui a bénéficié. Il en a bénéficié. Tu le lui as appris. Il l'a appris de toi. Ils grouillent là dedans. Cela en grouille. Les truites abondent dans le lac. Le lac abonde en truites.

planter incruster fournir replanter dégager entendre

Il le plante de salades. Il les y plante. Il l'en incruste. Il l'y incruste. Il les fournit en vin. Il leur fournit du vin. Il la replante en chênes. Il les y replante. Je dégage le bureau de papiers. Je dégage les papiers du bureau. Qu'entendez vous par ce mot? Comment entendez-vous ce mot?7

Pour le rapport d'union/scission, les cas suivants ont été relevés: U02 U03 U04 U12 U13 U14

causer divorcer différer fraterniser attacher trier confondre

Il a causé à Marie. Ils ont causé. Il a divorcé d'elle. Ils ont divorcé. Celui-ci diffère de celui-là. Ceux-ci diffèrent. Il a fraternisé avec lui. Ils ont fraternisé. Il a attaché celui-ci à celui-là. Il les a attachés. Il a trié le bon grain de l'ivraie. Il les a triés. Il le confond avec celui-ci. Il les confond. 8

On observera que le phénomène d'union/scission, quoiqu'il s'observe de manière particulièrement fréquente avec la préposition avec en C4, n'est nullement limité aux constructions qui impliquent cette préposition, puisque à et de sont également attestés.

3 L'intégration des périphrases de la forme être + participe passé Après avoir établi un premier inventaire des rapports entre constructions simples, je tenterai d'y intégrer les variations dites diathétiques et en premier lieu les périphrases avec être, dont fait partie le passif canonique. Cette construction peut aisément être décrite comme une altération de CO avec décalage DIO, accompagnée d'une morphologie spécifique. La notation A0D1 rend compte des rapports entre classes de paradigmes; il convient d'y ajouter l'indication de la périphrase en ajoutant au décalage l'indice pp., pour être + participe passé: A0D1 pp. A0D1 pp

lire

Je le lis. Il est lu.

La formule reprend l'essentiel de l'analyse par récession du 'passif (Lamiroy 1993); on notera cependant deux divergences: la première concerne l'orientation du rapport, qui dans l'analyse par récession va de la construction simple, synthétique, vers la 7

8

L'apparente perfection de la permutation dans le dernier cas est due au fait que C4 regroupe différents paradigmes non liés au plan formel. Dans le cas de U04 et U14 la préposition avec est la plus fréquemment attestée, mais avec certains verbes on rencontre également contre (se battre).

Les relations syntaxiques entre constructions

verbales

13

construction périphrastique, et la seconde concerne le statut de la morphologie périphrastique: celle-ci n'est pas intrinsèquement liée à la distribution des traits sélectionnels sur les paradigmes. L'importance de ce dernier aspect est confirmée par le fait que les deux phénomènes peuvent être dissociés. On notera en premier lieu le cas bien connu d'obéir ou de pardonner que l'on peut représenter par A0D2 pp, mais on observe également une série de permutations: P02-10 pp

P03-10 pp P04-10 pp

enserrer refléter ensevelir navrer révolter embêter longer

Ceci l'enserre. Il y est ensené. Cela le reflète. Il y est reflété. Cela l'a enseveli. Il est enseveli dessous. Cela me navre. J'en suis navré. Ceci le révolte. Il est révolté contre ceci. Ceci nous embête. Nous sommes embêtés avec ceci. La route longe le jardin. Le jardin est longé par la route.

Le décalage impliquant Cl et CO est canonique; l'autre décalage pourrait en quelque sorte être considéré comme un anàlogue de la démotion du sujet transitif, surtout dans le cas D03. Si ces permutations sont toujours compatibles avec l'interprétation de l'altération comme une opération orientée, une récession, l'existence de décalages et de couples sans modification du nombre et de la qualité des classes pose des problèmes pour la généralisation de l'interprétation récessive: D12pp D13 pp

infiltrer (re)vêtir divorcer fermenter

L'eau l'infiltré. L'eau y est infiltrée. Elle le (re)vêtissent. Elles en sont (re)vêtues. Elle a/est divorcé(e) de lui. Cela fermente. C'est fermenté.

Ce dernier phénomène apparaît couramment dans le cas des constructions brèves, intransitives, des verbes causatifs, vu la triade (a) Pierre casse la branche, (b) Elle casse. (c) Elle est cassée. La même formule A0D1 note les rapports entre les paires (a)-(b) et (a)-(c). Ici aussi les relations entre les deux constructions ne peuvent pas univoquement être décrites à l'aide de rapports orientés sur le modèle (b a c), en particulier vu l'autonomie relative de (b) et de (a) (Boons/Guillet/Leclère 1976). La question de la valeur spécifique de la morphologie périphrastique, qui est à distinguer du rapport d'altération et de décalage, ainsi que celle des conditions sous lesquelles le lien, en principe neutre, acquiert une orientation, se posent sous un angle partiellement nouveau.

4 L'intégration des tours réflexifs Dans le cas des tours réflexifs, il est également utile de distinguer la morphologie de la construction de la distribution des paradigmes. Le morphème se, ainsi que ses variantes aux autres personnes peut en effet apparaître avec des verbes qui ne connaissent pas d'autres constructions (s'arroger des droits, se pavaner, se trémousser) et en com-

14

Ludo Melis

binaison avec d'autres constructions, mais sans que les relations entre paradigmes soient modifiées. Ceci est le cas de nombreux verbes causatifs; aux trois constructions de casser il convient en effet d'ajouter Elle se casse. Mais, on note d'autres cas encore: imaginer épaissir éteindre

II imagine cela. Il s'imagine cela. Le sirop a/s'est épaissi. Cela épaissit le sirop. Le feu (s') est éteint. Cela éteint le feu.

En plus, le français moins formel ou régional, connaît ce type avec de nombreux verbes transitifs: Je (me) mange une pomme. Une des spécificités de la morphologie réflexive est que le morphème occupe une position fonctionnelle et s'intègre, sauf dans les cas de datif adjoint, dans une des classes d'actants (Cl ou C2), sans nécessairement s'intégrer à un paradigme à charge sémantique. Cette caractéristique peut rendre compte des types de décalage suivants:9 D12 D13 D14

heurter enlacer apercevoir entretenir

Je le heurte. Je m'y heurte. II l'enlace. Π s'y enlace. Je l'aperçois. Je m'en aperçois. Je l'en entretiens. Je m'entretiens de cela avec lui.

Si l'on admet en plus que les contraintes de sous-catégorisation peuvent varier, on peut intégrer à cet ensemble un couple tel que hâter pour lequel la réalisation nominale en Cl (hâter son départ) et la réalisation infinitive en C3 (se hâter de partir) alternent. Des cas parallèles avec se interprété comme une réalisation de C2 ne semblent pas attestés. On notera que certains décalages sont parallèles pour les constructions périphrastique et réflexive; il en est ainsi du verbe infiltrer vu L'eau s'y infiltre. Les constructions réflexives traitées jusqu'à présent sont marginales. Pour rendre compte des cas centraux de type objectif, essentiellement les tours à interprétation passive ou moyenne, il faut, comme pour le passif, recourir à la formule A0D1 complétée par l'indication réfi.: A0D1 réfi.

vendre

II le vend. Cela se vend.

Si l'on tient compte des trois morphologies, on peut dresser le tableau suivant de la distribution du rapport A0D1: - le réseau complet qui connaît les trois constructions brèves: simple, périph., réfi, cristalliser

II le cristallise. Cela (se) cristallise. Cela est cristallisé.

- trois réseaux à deux constructions brèves: simple, réfi. simple, périph. périph., réfi.

9

enlaidir frire crisper

Cela l'enlaidit. Il (s') est enlaidi, II le frit. Cela frit. Cela est frit, Cela le crispe. Il se crispe. Il est crispé.

Nous retrouvons ici les verbes déaccusatifs de Geniuâienè (1987).

Les relations syntaxiques entre constructions

verbales

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- trois réseaux à construction brève unique: simple réflexive périphrastique

démarrer assagir horripiler

II démarre la moto. La moto démarre. Cela l'assagit. Il s'est assagi. Cela l'horripile. Il est horripilé.

La répartition des verbes sur les différents types et les glissements interprétatifs qui peuvent se produire demandent à être étudiés de plus près, même si les oppositions aspectuelles proposées dans la littérature semblent globalement adéquates (Melis 1990, Lamiroy 1993). La même formule pourrait également être invoquée pour rendre compte des emplois dits subjectifs, en gros les emplois réfléchis et réciproques (Melis 1990), ainsi que pour les tours datifs en faisant appel à la formule A0D2: A0D1 réfi. A0D2 réfi.

voir plaire donner

Pierre le voit. Il se voit. Ils se voient. II lui plaît. Il se plaisent. II le lui donne. Ils se le donnent.

Une analyse par altération simple, de C l ou de C2, est toutefois également à envisager dans ces cas. Elle semble convenir en particulier pour les emplois métonymiques (Melis 1990) qui ne se laissent que difficilement rapprocher par décalage de la construction transitive: A l réfi.

organiser

II organise ses activités. Il s'organise.

La généralisation de cette analyse, plus simple parce qu'elle ne fait intervenir qu'un seul lien, se heurte cependant à deux groupes d'objections. Le premier concerne les relations entre les tours objectifs, liés à la construction transitive par A0D1, et les tours subjectifs qui manifesteraient un autre lien. Or, ces deux tours partagent de nombreuses propriétés syntaxiques et il se produit dans de très nombreux cas des phénomènes de neutralisation et de sous-détermination interprétative (Melis 1990). Le recours à un même lien pourrait offrir une base pour en rendre compte. Le second groupe d'objections concerne les relations entre les tours pronominaux subjectifs et les constructions du type Pierre boit, qui seraient tous deux liés aux constructions transitives par A l . Or, ces dernières constructions ne manifestent aucune des propriétés syntaxiques qui font de la construction réflexive une structure de type intransitif; le rapport sémantique est d'ailleurs tout autre. Il semble donc peu indiqué d'écarter le rapport A0D1 pour lier le tour pronominal au tour transitif. Peut-être faut-il admettre que les deux mises en rapport sont toutes deux légitimes et que Γ activation de l'une ou de l'autre dépend de facteurs fonctionnels et non de facteurs syntaxiques? A côté du type canonique on notera l'existence d'un rapport plus complexe où apparaissent deux décalages et qui échappe donc plus ou moins à la notation proposée: A1D2 + D12 réfi,

éveiller

Ce regard éveille l'amour chez lui. Il s'éveille à l'amour.

16

Ludo Melis

ainsi que l'existence d'un rapport d'union/scission qui a pour particularité de mettre deux constructions reflexives en rapport: U04 réfi.

se bagarrer

Pierre et Jean se bagarrent. Il se bagarre avec lui.

Pour de nombreux verbes qui connaissent ce lien, il faut tenir compte d'au moins trois constructions: croiser

(a) Jean croise Pierre, (b) Jean et Pierre se croisent, (c) Il se croise avec lui.

Le lien entre (a) et (b) est décrit par A0D1, celui entre (b) et (c) par U04; celui entre (a) et (c) peut être noté par D14. Pour le verbe concerter il convient même de tenir compte de quatre cas, liés par un rapport d'union (U04) liant les deux constructions non réflexives (a, b) et les deux constructions reflexives (c, d), et par une altération Al dans chacun des couples (a, c) et (b, d): (a) Nous avons concerté cela. (c) Nous nous sommes concertés,

(b) J'ai concerté cela avec lui. (d) Je me suis concerté avec lui.

Il reste à considérer un certain nombre de permutations qui apparaissent dans les constructions réflexives, en particulier dans le groupe que GeniuSienè (1987) nomme „tours converses", mais aussi dans le cas de plaire: P02-10réfl.

P02-20 réfi. P03-10 réfi. P04-10 réfi.

épuiser confesser renseigner estomper plaire étonner exhaler révolter singulariser

Cela l'épuisé. Il s'épuise à cela. II t'en confesse. Tu t'en confesseras à lui. 10 II t'a renseigné sur ça. Tu t'es renseigné sur ça auprès de lui. Le brouillard les estompe. Ils s'y estompent. Ces œuvres violentes lui plaisent. Il se plaît à ces œuvres. Cela m'étonne. J'en suis étonné. Ces plantes exhalent une odeur. Elle s'en exhale. Cela le révolte. Il se révolte contre cela. Cela le singularise. Il se singularise par cela.

La permutation peut aussi s'observer entre deux constructions réflexives: P02-10 réfi.

attacher

Je me le suis attaché. Il s'est attaché à moi.

5 Extensions et questions La notation proposée ci-dessus a permis de mettre en évidence de manière uniforme et systématique un grand nombre de constructions verbales. Il convient d'évaluer, en guise de conclusion, sa pertinence. La notation semble, en premier lieu, présenter un 10

Pour ce verbe il faut également tenir compte de Tu les confesseras au curé.

Les relations syntaxiques entre constructions

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verbales

certain intérêt par le fait qu'elle peut être appliquée à d'autres phénomènes que ceux évoqués ci-dessus. S'appuyant exclusivement sur les rapports entre paradigmes, elle peut en effet être étendue pour décrire non seulement les rapports entre deux constructions, comme je l'ai fait dans les sections 2 à 4, mais aussi ceux qui existent entre toutes les constructions d'un même verbe, comme dans l'exemple du verbe concerter (v. Melis, à par.). En outre, le domaine d'application du système de notation n'est pas limité aux variations de la valence lexicale du verbe. Son indépendance de caractéristiques morphologiques permet de la transposer, en premier lieu, au problème de la construction des noms, en particulier des noms déverbaux. Si l'on traite le complément adnominal de + GN comme une réalisation de C3, on pourra noter la nominalisation agentive: A0D13 nom.

inventer/ inventeur

Il a inventé cet appareil. L'inventeur de cet appareil.

Le système peut, en second lieu, être étendu à certaines classes de circonstants, plus spécifiquement à certaines classes de circonstants du noyau (Melis 1983), en particulier les compléments d'instrument et les compléments sémiématiques: A0D4 P12-41

ouvrir prendre

II ouvre la porte avec la clef. II le prend par la main.

La clef ouvre la porte. Il lui prend la main.

Une telle extension permet de rendre compte de la parenté assez étroite entre certaines classes de circonstants et les actants, ainsi que des phénomènes d'intégration croissante déjà signalés par Blinkenberg (1960) pourraient être intégrés plus facilement. Elle implique cependant l'augmentation du nombre des classes de paradigmes, comme il ressort de l'exemple suivant avec le verbe échanger où apparaîtraient sinon deux constituants du type C4: Pierre échange avec Gustave une carte postale suisse contre une carte postale italienne.

Mais, plus importantes que les éventuelles extensions de la notation me semblent être les questions que soulève la proposition. Un premier ensemble concerne le système lui-même. Il convient d'abord de préciser les conditions de la légitimation des liens, tant au plan syntaxique qu'en corrélation avec le plan fonctionnel; la question centrale est de définir le concept intuitif de stabilité sémantique, tant en ce qui concerne les paradigmes que pour le lexème verbal. Ensuite, il faut rouvrir la question de l'orientation des liens; cet examen peut se faire à partir des seules propriétés formelles, en particulier la distribution, ou en corrélation avec des propriétés fonctionnelles des constructions et des relations implicati ves entre constructions. Une troisième question concerne la force des liens: peut-on distinguer des liens forts et des liens faibles d'un point de vue intrinsèque, systématique et/ou du point de vue de la distribution sur le lexique et de la productivité? Enfin, il faut se demander si les relations proposées suffisent à rendre compte de tous les rapports attestés. Les cas de complémentarité entre paradigmes comme pour enlever, où la combinaison C1C2 est attestée pour un

18

Ludo Melis

réfèrent fortement individualisé en C2 (Le dentiste lui a enlevé une dent) et la combinaison C1C3 pour un réfèrent faiblement individualisé en C3 (Il a enlevé les papiers du bureau), suggèrent qu'il existe encore d'autres types de rapports entre constructions. Si l'on considère l'ensemble des constructions d'un verbe, d'autres questions doivent être étudiées de manière plus approfondie. La première question concerne le problème de l'interaction entre les rapports de diathèse et les relations entre paradigmes dans une construction, dont j'ai pu montrer qu'ils sont au moins partiellement indépendants. En plus, il convient de se poser la question des lacunes dans les réseaux: sont-elles dues à des exclusions logiques, à des facteurs systématiques ou sont-elles occasionnelles? Enfin, il faut reconsidérer tant les classes que les types de construction du point de vue de la constitution interne des classes et surtout en vue d'une meilleure compréhension de leurs rapports dans une construction, en terme de centralité, de rapports hiérarchiques et oppositifs. A cet ensemble de questions, qui présuppose que le système a quelque validité, s'en ajoute un second, plus fondamental; il concerne la relation entre le plan formel et le plan fonctionnel. Quelle que soit la systématicité obtenue dans l'analyse formelle, celle-ci n'a de sens que si l'organisation dégagée peut être corrélée aux différentes organisations fonctionnelles. Il faut donc que les relations dégagées puissent être mises en rapport avec les faits de sémantique, avec les phénomènes relatifs à la structuration de l'information et de la prédication et avec le plan pragmatique. Les problèmes peuvent être situés à différents niveaux. D'une part, l'on peut, un peu à la manière de Levin (1993) pour l'anglais ou déjà de Willems (1981), chercher à corréler les classes de verbes issues de l'analyse formelle avec une organisation lexico-sémantique. D'autre part, on peut chercher à interpréter les rapports, les opérations elles-mêmes, ainsi que leurs configurations, comme le fait une longue tradition pour le 'passif, mais comme certains l'ont également fait pour les verbes à renversement ou pour les décalages impliquant Cl où une interprétation en termes quasi aspectuels selon que l'objet est globalement ou partiellement affecté a été proposée. L'examen ne doit pas nécessairement aboutir à l'attribution d'une valeur stable et unique à chaque opération et à chaque combinaison. La réalité peut être plus complexe, soit qu'une valeur typique, mais non exclusive, puisse être définie, soit que différentes valeurs, dont l'actualisation dépend de facteurs complexes tant formels que sémantico-pragmatiques, doivent être prévues. Ceci pourrait être le cas du lien A0D1 qui à première vue peut être interprété tantôt comme un lien causatif, orienté de la construction brève vers la construction longue, tantôt comme un lien récessif d'exclusion de l'agent ou de la cause et dans ce cas l'orientation est inversée. L'étude de dernier lien, qui a été au centre des travaux sur la diathèse, pourra en outre bénéficier de l'éclairage au moins partiellement nouveau qui provient du rapprochement entre cette combinaison d'altération et de décalage aux trois réalisations canoniques - A0D1 simple, périphrastique et réflexive - et des altérations-décalages affectant d'autres classes de paradigmes comme A0D2-3-4 et A1D2-3, ainsi que des divers types de permutations.

Les relations syntaxiques entre constructions verbales

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Si la notation proposée permet de (re)formuler ces questions d'une manière plus systématique et au moins partiellement nouvelle,11 elle sera utile et elle aura atteint son but qui est de dresser une carte plus fiable des phénomènes formels à proposer à l'analyse.

Références Blanche-Benveniste, Claire et al. (1984): Pronom et syntaxe. - Paris: Selaf. Blinkenberg, Andreas (1960): Le problème de la transitivité en français moderne. - Copenhague: Munksgaard. Boons, Jean-Pierre/Guillet, Alain/Leclère, Christian (1976): La construction des phrases simples en français. - Genève: Droz. Busse, Winfried (1974): Klasse, Transitivität, Valenz. Transitive Klassen des Verbs im Französischen. - München: Fink. Eggermont, Carmen (1994): Reformulations et reconstructions, deux aspects de la systématique des verbes français. - Thèse Leuven. Geniusiené, Emma (1987): The Typology of Reflexives. - Berlin: de Gruyter. Herslund, Michael (1988): Le datif en français. - Louvain et Paris: Peeters. Koch, Peter (1981): Verb, Valenz, Verfügung. Zur Satzsemantik und Valenz französischer Verben am Beispiel der Verfügungs-Verben. - Heidelberg: C. Winter. Kotschi, Thomas (1981): Verbvalenz im Französischen. - In: Beiträge zur Linguistik des Französischen, 80-122. Tübingen: G. Narr. Lamiroy, Béatrice (1993): Pourquoi il y a deux passifs? - In: Langages 109, 53-72. Levin, Beth (1993): English Verb Classes and Alternations. - Chicago: University Press. Melis, Ludo (1983): Les circonstants et la phrase. - Leuven: Universitaire pers. — (1990): La voit pronominale. - Louvain-la-Neuve et Paris: Duculot. — (1994): Paradigmes de la valence verbale et réalisations nominales et pronominales. - In: international Journal of Lexicography 7, 142-157. — (1995): Les dictionnaires automatisés des valences verbales du français et du néerlandais développés à la K.U. Leuven. Présentation. - In: Contragram 4, 4-12. — (à par.): Les réseaux de constructions complexes. Melis, Ludo/Eggermont, Carmen (1994): L'approche pronominale de la valence. - In: International Journal of Lexicography 7, 79-89. Ruwet, Nicolas (1982): Grammaire des insultes et autres études. - Paris: Seuil. Tasmowski-De Ryck, Liliane (1992): Le verbe transitif sans complément. - In: Travaux de linguistique et de philologie 30, 157-170. Vives, Robert (éd.) (1993): Le lexique-grammaire. - In: L'information grammaticale 59, 7-41. Willems, Dominique (1981): Syntaxe, lexique et sémantique: les constructions verbales. - Gent: Rijksuniversiteit.

11

L'adoption d'une terminologie nouvelle doit être située dans ce contexte; comme elle ne fait pas référence aux analyses antérieures et qu'elle ne privilégie a priori aucun lien, elle contribue à jeter un regard nouveau sur les faits et à rapprocher certaines données séparées jusqu'alors.

Maria Selig (Berlin)

Pseudoreflexivität im Altitalienischen - Voraussetzungen und Richtungen eines Grammatikalisierungsprozesses Die Reflexiva treten in den romanischen Sprachen in sehr vielen - und sehr unterschiedlichen - Verwendungskontexten auf.1 Diese große Variationsbreite wird in der sprachwissenschaftlichen Beschreibung bekanntlich ganz verschieden gehandhabt. Man kann zwei Pole festmachen, zwischen denen die Forschung offensichtlich hin und her gerissen ist. Es gibt einerseits Interpretationen, die den Reflexivkonstruktionen „vielfältige, nicht aufeinander reduzierbare Bedeutungswerte" zuschreiben, andererseits solche, die alle Reflexivkonstruktionen auf eine „unitarische Bedeutung" zurückführen wollen. 2 Für die diachronische Analyse hat die Alternative zwischen unitarischer und „multipler" Sichtweise der Reflexivkonstruktionen eine etwas andere Akzentuierung. Es geht darum, wie man den Grammatikalisierungsprozeß3 der Reflexiva vom Lateinischen zu den romanischen Sprachen interpretiert. Handelt es sich um einen Prozeß, in dem schrittweise die Grenzen einer Konstruktion erweitert werden, ohne daß die semantisch-syntaktische „Integrität" des beteiligten Reflexivums davon berührt ist? Oder ist dies ein Prozeß, bei dem die Reflexiva „uminterpretiert" werden müssen, damit sie in den neuen Funktionsgebieten verwendet werden können?4 Ich will mich im folgenden näher mit diesen Fragen auseinandersetzen und sie anhand der altitalienischen Situation diskutieren.

1

Zu den Reflexivkonstruktionen im Romanischen vgl. etwa Cerniamo (1993b); Wehr (1996); zum Italienischen Castelfranchi/Parisi (1976); Cinque (1976); Cordin (1988); Lepschy (1976); Lepschy/Lepschy ( 1 9 8 6 : 2 8 0 - 2 9 0 ) ; Napoli (1976); Schwarze ( 2 1 9 9 5 : 1 8 2 - 1 9 0 ) ; Wehr (1993, 1995); zum Spanischen Cano Aguilar ( 1 9 8 1 : 2 5 6 - 3 0 1 ) ; Cartagena (1972); García (1975); Martín Zorraquino ( 1 9 7 9 ) ; Molina Redondo (1974); Oesterreicher (1992a, b); Roegiest/Spanoghe (1993); zum Französischen Dubois ( 1 9 6 7 : 1 1 3 - 1 1 8 ) ; Kayne ( 1 9 7 7 : 3 9 5 - 3 9 8 ) ; Kotschi ( 1 9 7 4 : 4 5 - 6 0 ) ; Lyons (1982); M e l i s ( 1 9 9 0 , 1991); Ruwet (1972); Zribi-Hertz (1982, 1987).

2

Vgl. Oesterreicher (1992b:241). Lehmann ( 1 9 8 2 : 4 3 - 5 0 ) . Lehmann geht auf die funktionale Seite des Grammatikalisierungsprozesses nur am Rande ein und dimensioniert diesen in erster Linie als (formalen und semantischen) Klitisierungsprozeß des Reflexivums.

3

4

Michela Cennamo hat vor kurzem eine solche Interpretation vorgeschlagen (Cerniamo 1991a, 1993b). S i e begründet die funktionale Ausweitung der Reflexiva v o m Lateinischen zum Altitalienischen mit mehreren sukzessiven semantisch-syntaktischen Umdeutungen: si wird vom koreferentiellen Objektpronomen mit der PATŒNS-Rolle zur „traccia di un potenziale argomento nucleare della frase", nämlich des AGENS oder ACTOR (1991a:244).

22

Maria

Selig

1 Reflexiva und Reflexivkonstruktionen Zunächst sind jedoch einige Klarstellungen notwendig, die bei der Interpretation des Grammatikalisierungsprozesses der romanischen Reflexiva nicht immer genügend beachtet werden. Es handelt sich dabei zum einen um die seit Jahrtausenden diskutierte Notwendigkeit, zwischen außersprachlicher Bezeichnung und innersprachlicher Bedeutung zu unterscheiden. Ich kann hier auf diesen wichtigen sprach- und grammatiktheoretischen Grundsatz nur kurz verweisen. In unserem Zusammenhang ist wichtig, daß man, wenn man diese Unterscheidungsnotwendigkeit bejaht, eine ganze Reihe von Interpretationen der Reflexivkonstruktionen von vornherein zurückweisen muß. Es sind die Ansätze, die in der synchronischen Beschreibung oder in der diachronischen Herleitung auf die sprachliche Sachverhaltsdarstellung, genauer auf das Reflexivum, „Sinnelemente" der bezeichneten außersprachlichen Sachverhalte projizieren, die sich erst aus komplexen interpretatorischen Implikationsprozessen ergeben, in der sprachlichen Sachverhaltsdarstellung aber schlicht nicht vorhanden sind.5 Die zweite Präzisierung betrifft die Notwendigkeit, bei der Analyse Reflexiva und Reflexivsyntagmen voneinander getrennt zu halten. Die lateinisch-romanischen Reflexiva6 sind Morpheme/Klitika, Reflexivsyntagmen sind Kombinationen dieser Morpheme/Klitika mit anderen sprachlichen Zeichen, beispielsweise mit einer finiten Verbform und einem Subjekt-Antezedens. Die Unterscheidung ist wichtig, weil ein Reflexivsyntagma eine semantisch gesättigtere Struktur ist, in der das Reflexivum bei der Semiose mit den anderen Konstituenten interagiert. Insofern ist grundsätzlich zu trennen zwischen der Bedeutung des Reflexivums und der Bedeutung des Reflexivsyntagmas, ebenso zwischen den Funktionen des Einzelmorphems und denen, die das gesamte Syntagma ausfüllt. Beide Analyseebenen dürfen nicht gleichgesetzt werden. Die Alternative zwischen unitarischer und „multipler" Interpretation stellt sich deshalb zweimal, nämlich bei der - mono- oder polyfunktionalen - Interpretation der Reflexivsyntagmen7 und der - monosemen oder homonymen - Interpretation der Reflexiva. Konzentrieren wir uns nach diesen Klarstellungen zunächst auf die Analyse der lateinisch-romanischen Reflexiva. An dem noch dokumentierten diachronischen Ausgangspunkt der lateinisch-romanischen Entwicklung gehört das Reflexivum eindeutig zum Bereich der koreferentiellen Ausdrücke, wie etwa die Demonstrativa oder die Personalpronomina. Auf den koreferentiellen Ausgangspunkt der Reflexiva in der romanischen - und insgesamt wohl der indoeuropäischen - Sprachfamilie verweist auch die Tatsache, daß in der ersten und zweiten Person, die immer durch die Sprechsituation eindeutig referentiell determiniert sind, kein morphologischer Unterschied zwischen 5

6

7

So interpretiert Hubert Haider das Reflexivum in pseudo-reflexiven Konstruktionen als Träger der Theta-Rolle des „'verschwundenen' externen Arguments", sprich des nicht genannten, nur implizierten AGENS (Haider 1985:245f.). Vgl. hier auch den skizzierten Ansatz von Michela Cennamo. Ich spreche von Reflexiva, um die Festlegung auf einen nominalen, pronominalen oder klitischen Status dieser Morpheme zu umgehen. In bezug auf die Interpretation der Reflexivsyntagmen scheinen mir unitarische Interpretationen, wie sie etwa Winfried Busse (1974:174ff.) im Anschluß an Eugenio Coseriu vorgeschlagen hat, nicht haltbar. Vgl. auch Oesterreicher (1992a, b).

Pseudoreflexivität im Altitalienischen

23

„normalen" Personalpronomina und Reflexiva besteht. 8 D i e Reflexiva haben innerhalb dieser koreferentiellen Ausdrücke einen spezifischen Status. Sie signalisieren, daß ihr Antezedens unmittelbar benachbart ist und als Subjekt, zumindest aber als TOPIC, ausgezeichnet ist. 9 Im Lateinischen reicht der Skopus des Reflexivums weiter als in den modernen romanischen Sprachen. Das Reflexivum kann sich in untergeordneten finiten und infiniten Konstruktionen nicht nur auf das Subjekt - oder das TOPIC - des Syntagmas, sondern auch auf das des übergeordneten Hauptsatzes beziehen. 1 0 (1)

Caes., Bell.Gall. 1, 47, 6: Ariovistusi [...] exercitu suo, praesente conclamava quid ad se, venirent 'Ariovist rief im Angesicht seines Heeres, warum sie zu ihm kämen'

A l s koreferentielle Ausdrücke haben die Reflexiva nur w e n i g e eigene semantische Merkmale (Person, teilweise auch Numerus). 1 1 Sie erhalten, j e nach dem Antezedens, auf den sie verweisen, ganz unterschiedliche Interpretationen. Durch ihren engen Skopus signalisieren die R e f l e x i v a außerdem dem Hörer/Leser, daß er gerade nicht zu einem eigenständigen Identifikationsakt des gemeinten Referenten ansetzen soll, sondern daß er sich auf einen in unmittelbarer Nähe aktivierten, identifizierten Referenten beziehen muß. R e f l e x i v a „verhindern" also gewissermaßen jeden Ansatz zu einem eigenständigen Identifikationsakt (vgl. Plank 1979:341). 8

9

10

11

Im Altenglischen und in einigen deutschen Dialekten wird auch in der dritten Person statt des Reflexivums das Personalpronomen verwendet (Stimm 1974:6f.). Vgl. außerdem, daß im Französischen das betonte Reflexivum eine mit même ( agent-suppression) Stativization (—> perfect(ive)-resultative perspective on the event)/Marked verbal morphology Subjectization of a non-Agent (Patient/Benefactive/Recipient, syntactically an original DO/IO) Affectedness of the surface subject Topicalization of a non-Agent

Passives that allow the overt expression of the Agent (through a prepositional phrase) (e.g. [so 'statu 'vistu da Lu'isu] Ί have been seen by Louis' (Servigliano; Camilli 1929:233); [do 'libri vjen kom'pra da 'Marjo] 'Two books are bought by Mario' (Paduan)) are less prototypical, in that they appear merely to reorganize the core participants of a sentence (A, P) due to discourse perspectives, with no difference in their propositional meaning. In point of fact, they can be easily paraphrased with an active pattern and indeed in several dialects either the plain active (often with an indefinite third person plural subject) or left dislocation is generally used. 3 Impersonality, too, is a gradient. Core impersonals realize the least transitive pattern, the mere expression of the taking place of a state or event, the verb most typically occurring with the unmarked third person singular ending (the least marked form, also in languages which lack specific impersonal forms) (cf. Comrie 1977:54), preceded, sometimes optionally, by a dummy pivot holder in the form of a non-agreeing (i.e., non-referential) subject clitic in northern dialects ([e pju'veva] 'It rained' (Romagnol)) and marginally also in few southern varieties ([kella 'kjova] 'It rains' (Neapolitan)), an originally locative element in northern dialects and in some Sardinian varieties ([bi 'keret tre 'ovos] 'Three eggs are necessary' lit. 'There needs three eggs' (Jones 1993)), and/or a non-referential, affix-like reflexive pronoun ([safatjetta 'tarda] (Neapolitan)).4 Core passives and core impersonals both exemplify maximal Agent-defocusing, in that in prototypical instantiations of these categories the Agent is suppressed. Less 2 3

4

For passives and perfective aspect see also La Fauci (1985). Cf. Cennamo (1997) for a full discussion of passive and passive-like constructions in the Italian dialects. Cf. Cennamo (1997) and references therein quoted.

Transitivity in the Italian dialects

75

prototypical impersonals, on the other hand, involve divalent/monovalent structures, respectively A/S oriented, with A/S defocused in that low in Individuation (i.e., [-Def]), but high in Volitionality and Potency. In some dialects these indefinite (human) Participants (A/S) are expressed by means of a reflexive pronoun, whereas in others they surface as the indefinite uno, nome, etc. Sometimes third person plural or second person singular verbs, or the collective noun 'people', are used if the sentence has indefinite, generic meaning. If the speaker belongs to the unspecified set of people referred to, the (indefinite) first person plural is used. More peripheral impersonals are so-called impersonal-passives (imp.-pass.), impersonal patterns having a 'passive' morphology (a form of 'be' + pp), and defocusing of A/S, (depending on whether the verb is divalent/monovalent). A/S can either be suppressed (gl'è stato trovato una borsa Ά handbag has been found' (Florentine); [fo kama'netò] 'It was walked' (Altamuran)) or surfaces in a prepositional phrase ([fo/e 'steta 'Juta dd3E da dd3u'wann] 'John has already left' (Loporcaro 1988:299)). In some dialects imp.-pass. may be P-oriented, with Ρ signalled by the reflexive morpheme and the past participle optionally agreeing with it ([ko se se morse'ga(i) se 'siga] 'When one is (they, we (indef.) are) bitten one screams (Venetian)). A being optionally overtly realized in a prepositional phrase (['kwando ss 'stadi sko'tadi da l'akwa 'kalda] 'When one has been burnt by hot water' (Veronese)). In several varieties (especially southern ones) the reflexive also marks so-called impersonal/passives (imp. or pass.), patterns which can have either an A-oriented (impersonal) or P-oriented (passive) interpretation, according to the context of utterance, the individual lexical verb and often tense (cf. [i 'libris si 'vendin/si 'vendin i 'libris] 'The books are sold/one sells (they, we (indef.) sell) the books' (Palmanova Friulan)).5 To mark an indefinite human participant (either A or S), with both monovalent and divalent verbs, some dialects employ the first person plural reflexive pronoun (which can also occur with an imp. or pass, value as well as a reflexive and anticausative one). Another syntactic realization of the semantico-pragmatic continuum illustrated above is the anticausative structure, a pattern where the surface subject [-An] retains Control over the verbal process (e.g. [(t)sa ya'perte la 'porta] 'The door opened' (Tollo)). Anticausatives are usually derived from a transitive structure, via subjectization of the original object (cf. Siewierska 1984). The criterion used to differentiate the different points along the transitivity continuum is the degree of identification of the Causer of the process with the Affectum (cf. Halliday 1967/68). If they identify the clause is anticausative. If the Causer is external to the process the pattern is imp. or pass., imp.-pass., passive. In the present discussion we shall examine only passive and impersonal reflexives.6

5

6

Cf. Cerniamo (1984:chpt. 2; 1995); Lepschy (1986:143-5) for a discussion of this issue for Standard Italian. For a full discussion of Transitivity in the Italian dialects, cf. Cennamo (1997).

76

Michela Cennamo

2 Passive and impersonal reflexives A strategy used in all dialects to mark the categories under scrutiny is the third person singular/plural reflexive pronoun [se/si/(t)s9], and marginally, in that attested in some dialects only, the first person plural reflexive pronoun [tja/tji/ntjì]. The use of this strategy varies considerably from dialect to dialect, according to five main parameters: 1) functional domains; 2) tense-aspect; 3) nature of the surface subject in imp. or pass, reflexives; 4) co-occurrence of impersonal reflexives with pronominal objects; 5) auxiliary selection. The major feature differentiating most northern dialects from central and southern ones, is that they distinguish, syntactically and/or morphologically, passive from impersonal reflexives. 7 Passive reflexives, in fact, are usually coded by the sequence Ni refi. V (where N¡= surface subject), with Ni most typically [-An], [+Given], [+Def], as in (1) below: (la) (lb) (le) (ld)

[i 'libri (i) se 'lezen fasil'mente] (Genoese) 'The books read easily' (Battye 1989:1) [la 'porta la se 'verze/i 'libri de aven'tura i se 'vende ben] (Venetian) 'The door opens/Adventure books sell well' [la 'porta la s 'apre/i 'libri e si 'vendono] (Fiorentine) [la 'skra:na la se: 'rota/la mun'tajia la se: 'vesta (bë)] (Grizzanese) 'The chair broke/The mountain has been seen' (Loporcaro 1991:93; 98)

This pattern becomes ungrammatical in some dialects if the surface subject is postverbal, [+New] (2), unless right-dislocated, i.e., unless it conveys [+Given] information and is clause-external (3): (2)

**[la se 'verze la 'porta]/**[i se 'vende i 'libri] (Venetian)

(3a) (3b)

[is 'vendon fajïl'ment, i 'libbor daven'tura] (Parmigiano) [a i se ent fajïl'mente, i liber] (Bergamasco) 'They sell well, adventure books'

The shift of the surface subject to sentence final position makes the sentence impersonal, with the subject Nominal losing one of its definitional criteria for subjecthood, verbal agreement, the verb appearing in the unmarked third person singular (4): (4a) (4b)

[se leze fasil'mente i libri] (Genoese) 'One reads the books easily' (Battye 1990:16) [(e) s 'apre la 'porta] (Florentine) O n e opens/we open the door'

In the dialects where the third person singular is morphologically identical with the third person plural, the impersonality of the pattern usually shows up in compound 7

Cf. Stefanini (1983) for Florentine, strictly speaking a central variety, but having several northern morphosyntactic features; Benincà/Vanelli (1984) for Veneto and Friulan; Battyee (1989; 1990) for Genoese; Loporcaro (1991) for Grizzanese.

Transitivity

in the Italian

dialects

77

tenses, with the past participle occurring in the unmarked (masculine) singular form. Morphologically, the impersonality of the pattern is also signalled by the loss of the agreeing subject clitic, as in (4a), and the appearance, in those dialects having a subject clitic also for the third person, of an optional, non-agreeing, 'impersonal' subject clitic (which in several varieties is identical to the third singular masculine subject clitic, cf. 5a), generally used in all kinds of impersonal sentences (4b; 5a,b). Dialects such as Pontremolese and Filattierese distinguish the third singular masculine subject clitic (i), used in canonical transitive, intransitive sentences, from the 'neutral' subject clitic (a), occurring in impersonal patterns (cf. Maffei Bellucci 1977:52ff; Loporcaro 1991:104, n.72). The latter clitic is widespread among northern dialects (e.g. Milanese, Bergamasco, Paduan, Rovigotto), with a function that may only partially coincide with that of a subject clitic (cf. Benincà 1983). (5a) (5b)

[uj· 'vend i 'liver/uj" arVeJ la 'pworta] (Romagnol, Forlì) 'One sells/they sell the books/One opens/they open the door' [ase:'rot na 'skra:na/ase:'vest la mun'tajia] (Grizzanese) O n e has broken a chair/One has seen the mountain' (Loporcaro 1991:93; 98)

Dialects such as Turinese, Cairese (cf. Parry forthc.), Genoese (cf. Battyee 1990), allow both structures, with and without subjectization (6), the former being generally regarded as 'less dialectal', betraying Italian influence. In Cairese (and Piedmontese and Ligurian in general (Mair Parry, p. c.)) the impersonality of the pattern does not affect its interpretation, so that (6d) can have both an impersonal and a passive interpretation. (6a) (6b)

(6c) (6d)

[as 'taiju ηεη le 'sjule iq 'kusta ma'nera] (Turinese) Onions should not be cut in this way' [as'taja net) le 'sjule iq 'kusta ma'nera] O n e does not cut the onions in this way' [is b0tu i pjat au so pojt] (Cairese) 'The plates are put away' [us b0t i pjat au so pojt] 'The plates are put away/one puts the plates away'

Other dialects, such as Bussoleno (Piedmontese) (7a) and Friulan, on the other hand, allow free variation of pre-/postverbal subjects, the latter conveying mainly a difference in given vs new information, like in southern dialects: (7a) (7b)

[la 'porta as 'dwerta/as 'dwerta la 'porta] (Bussoleno) 'The door opens' [i 'libris di aven'tura si 'vendin 'ben/si 'vendin 'ben i 'libris di aven'tura] (Friulan)

As already pointed out, in central and southern dialects the subject can occur either pre- or post-verbally, so that both configurations (Ni refi. V/V refi. Ni) are possible under the anticausative and imp. or pass, interpretation, the different word order reflecting mainly given vs new information:

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Michela Cennamo (8)

[s 'libbra d'd3alta sa 'vemrana fatjil'manta] (Neapolitan) 'Thrillers are sold (sell) quickly/one sells thrillers quickly'

Very widespread is also the impersonal use of the reflexive with monovalent verbs, both unergative and unaccusative (when this distinction holds): (9a) (9b)

[ujpar'tej/uf ka'mena] (Romagnol, Forlì) 'One leaves/One walks' [a s 'part/a s 'martja] (Bussoleno) 'One leaves/One walks'

The non-agreement pattern occurring in (4), (5), (6b,d) above is characteristic of sentences conveying [+New] information in northern dialects and is indeed regarded in the literature as a characteristic feature of these dialects (cf. Browne/Vattuone 1975; Benincà 1986:466; Loporcaro 1991:101, n.69). In some varieties (Paduan, Venetian, Grizzanese), it occurs with all verb classes. In Genoese it occurs with transitives and unaccusatives (cf. Browne/V attuone 1975:368). In the Ligurian variety spoken at Sestri Levante and in Turinese, this 'quirky' agreement (Battyee 1990) only occurs with unaccusatives (cf. Battyee 1990; Burzio 1986:124). In other Ligurian (e.g. Savonese) and Piedmontese dialects, on the other hand, non-agreement is possible also with some unergative verbs, though only in simple tenses, not in compound ones (Mair Parry, p. c.). The issue, however, needs further investigation, both synchronically and diachronically. Whereas virtually all dialects appear to use the reflexive to mark anticausatives, imp. or pass., passives and impersonals, with divalent and monovalent verbs, not all of them use this strategy with equative structures, imp.-pass. or for the impersonal of reflexives, just as very few allow the co-occurrence of impersonal [se, si, (t)s9] with a pronominal object. The other parameters of variation are tense-aspect and the nature of the surface subject with imp. or pass, reflexives. The differences seem to reflect the degree of grammaticalization of the reflexive, with northern dialects such as Paduan (and to some extent Venetian) showing the maximal exploitation of this strategy, that is used for all the above-mentioned parameters. In southern dialects such as Neapolitan, Cosentino, Sicilian, on the other hand, the reflexive does not cover all the functional domains illustrated in section 1, in that it does not occur at all with equative structures, for the impersonal of reflexives or imp.-pass. patterns. For these other strategies are used: a variant of the indefinite pronoun uno/a, the collective 'people', the indefinite third person plural or the first person plural if the speaker belongs to the unspecified set of people mentioned. (10a) [se ze pu'tei/se ze 'zovani/se ze stai 'zovani] (Paduan) 'One is a child/One is young/One has been young' (10b) [se ze par'tii/se ze pa'ga(i)/se ze 'sta pa'ga(i)/se se pen'tise/se se ga pen'tio] 'One has left/One is paid/One has been paid/One repents/One has repented'

Transitivity in the Italian dialects

79

(10c) [se se 'kompra na kaza/se se ga kom'pra na 'kaza/se ga konda'na i kolpevoli a siqkwe ani] O n e buys a house/One has bought a house/One has sentenced those who were found guilty to five years' (lOd) [se li ga konda'na/se 'vende i 'libri/se ga ven'duo i libri/se li 'vende/se li ga ven'dui] O n e has condemned them/One sells the books/One has sold the books/One sells them/One has sold them' (Ila) [kwann'una ekkij a'tura/una 'pa sa 'penta/tja pan'timma/tja simma pan'tuta] (Neapolitan) 'When one is a child/One repents/We repented/We have repented' ( l i b ) ['pavana 'paka pak'killu la'vara/tj'anna pa'vata 'paka.../ku sti 'sarda una sa'katta na 'ka sa] 'They do not pay much for that job/They have paid us.../With this money one can buy a house' (11c) [a stad'd3ona tjai'tsamma am'bressa a ma'tina/a dd3enta sa'itsa am'bressa/una sa'itsa am'bressa] 'During the summer we get up early in the morning/People get up early/One gets up early' (lid) [so 'stata kundan'nata (1 'anna kundan'nata)/sa 'vennana e libbra/sanna ven'nuta e libbra/s 'anna van'nuta] 'One has condemned them/One sells the books/One has sold the books/One has sold them' Intermediate s e e m to be dialects such as Turinese, where some idiolects allow impersonal se to occur with equative structures and with imp.-pass. (forms which might betray, however, Italian influence, and are regarded as Italianisms by several speakers (Mair Parry, p. c.)), the latter alternating with the indefinite [yq] and also the first person plural, which are the forms normally used (cf. Parry 1995; forthc.). In Milanese, although the reflexive may occur for the impersonal of reflexive verbs ([se se]), this form is not widely used, and usually in the spoken language one [se] is omitted, so that the simple impersonal form occurs (12b) (cf. Nicoli 1983:168): (12a) [se se 'lava/se se se de'mentega de pa'ga le 'pesg] O n e washes oneself/If one forgets to pay it is worse' (12b) [se 'romp l'oss del 'kol koj salt mor'tal] O n e breaks his neck (lit. 'the neck to oneself) with a double deadly jump' Trentino and B u s s o l e n o do not allow imp. or pass, se with [+An] subjects in compound tenses: (13a) **[se a konda'na i kol'pevoli a 'tsiijkwe 'ani] (Trentino) 'One has/they have sentenced the people found guilty to five years' (13b) [i a konda'na i kol'pevoli a 'tsiijkwe 'ani] 'They have sentenced those found guilty to five years' (13c) **[a 1 an kunda'nasi i 'lader a 'siqk 'ani] (Bussoleno) 'One/they have sentenced the thieves to five years' (13d) [a 1 an kunda'na i 'lader a 'siqk 'ani] 'They have sentenced the thieves to five years' (13e) [a 1 an ven'dusi i 'liber] 'One has sold the books/the books have been sold' The same cooccurrence restrictions on the use of imp. or pass, se with [+Hum] subjects also occur in s o m e Molisan dialects (Agnone, Castelpetroso) and in Neapolitan.

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Michela Cennamo

This constraint may be regarded as reflecting the diachronic development of the reflexive pronoun as a passive marker, which appears to be attested at first with inanimate subjects and only later with animate ones (cf. Cennamo 1991; 1993:81-82; 1997). Another parameter of variation is the use of the reflexive in compound tenses. Whereas virtually all dialects allow for the impersonal reflexive to occur in simple tenses (though not always with specific time reference), there is variation as to the use of this strategy in compound ones. Here, either the indefinite third person plural or the first person plural are used instead, according to whether the speaker belongs to the unspecified set of people mentioned. It is unclear whether this constraint reflects the diachronic path, whereby the reflexive is attested in O. Italian at first in simple tenses and only later in compound ones (cf. Ageno 1964:211; Cennamo 1991 for O. Tuscan), or whether it reflects other features, such as generic vs specific time reference, interacting in turn with differential behaviour of transitive-unergative vs unaccusative verbs (in those dialects where this distinction holds). In particular, we need to explore whether, to what extent and in which dialects one finds the asymmetry observed by Cinque (1988) regarding the generic vs specific interpretations of Italian reflexives with specific time reference, and to what extent this distinction determines the occurrence of the reflexive in compound tenses. In certain dialects (e.g. Paduan) the reflexive occurs both in simple and compound tenses, with both generic and specific time reference, regardless of verb classes, though apparently with restrictions related to the transitivity parameter of realis/irrealis encoding of an event. With unaccusatives, in fact, the impersonal reflexive in compound tenses and specific time reference is acceptable in the subjunctive and the conditional (14a,b), but only marginally (though not completely ungrammatical) in the perfect/pluperfect indicative (14c) (Paola Benincà, p. c.): (14a) [se se 'fusse par'tii ale 'siqkwe se sa'ria 'riva presto] (Paduan) 'If we had left at five, we would have arrived early' (14b) [se sa'ria par'tii ale 'siijkwe, ma no ge 'djera 'posto] 'We would have left at five, but no seat was available' (14c) ??[se ze/'djera par'tii ale 'siijkwe] 'We have/had left at five'

In Palmanova Friulan, it looks as if the distinction made by Cinque (1988) for Italian holds: with transitive and unergative verbs, the generic interpretation of the reflexive is retained with specific time reference, but is lost with unaccusative verbs, as shown by the occurrence of si with transitives and unergatives and of the indefinite first person plural with unaccusatives within the same sentence (15): (15)

[si a fi'nut di lavo'ra as sis dopo di miz'di e la 'sera o sin las al 'bar] (Friulan) 'We have finished working at six p.m. and in the evening we went to the pub'

The other parameter of variation, cooccurrence of the impersonal reflexive with a pronominal object, is not very common. It occurs in Paduan, Friulan (e.g. Palmanova), Venetian, Trentine, for example. It is ungrammatical in the Friulan variety of Stras-

Transitivity

in the Italian

dialects

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soldo, in several North-Eastern dialects (Bergamasco, Milanese, Piedmontese, Val Bormida, Ligurian) as well as Romagnol, Florentine and most central and southern varieties.8 These dialects usually either drop the pronoun and use the plain reflexive pattern, or use an alternative strategy (the first person plural or the third person plural), according to context of utterance (16): (16a) [se li 'vende/se li ga ven'dui] (Paduan) O n e sells them/One has sold them' (16b) [si ju 'vent/si ju an (son) vin'dus] (Palmanova Friulan) (16c) [se i 'vende 'ben/se i ε ven'dudi 'ben] (Trentino) (16d) [se le 'vede/se la ga 'rota] (Venetian) 'One sees them/One has broken it' (16e) [(a) si'vendin] (Strassoldo Friulan) 'One sells them/they are sold' (16f) [se'led3en'ben] (Milanese) O n e reads them/they read well' (16g) [le si'mandjan] (Florentine) O n e eats them/they are eaten' (16h) [se 'ddopra kos'si] (Velletrese) 'One uses them/they are used in this way' (16i) [sa 'vennana/sanna ven'nuta] (Neapolitan) 'One sells them/they are sold' (161) [i vin 'nimu] (Cosentino) 'We sell them' (16m) [li 'vinna na 'lesta] (Esperiano) 'They sell them easily' (lit. 'quickly') (16n) [yq aj 'vend] (Turinese) 'One sells them'

In those varieties which allow impersonal [se, si, (t)sa] with a pronominal object, the reflexive usually occurs in sentence initial position, as is to be expected of an 'unspecified' subject (cf. Lepschy 1983; 1984). As regards the last parameter of variation mentioned above, auxiliary selection, there usually occurs the auxiliary 'have' in those dialects that select it with all verb classes (as in Venetian, Paduan, Sicilian) and either the auxiliary 'be' or 'have' in those varieties where auxiliary selection depends on the category of Person (some Marchigiano, Latió, Molisan, Abruzzese dialects). Other varieties, on the other hand, which use 'be' for all verb classes or just for unaccusatives, will use 'be' in all the patterns discussed so far. (The issue, however, is far more complex, and appears to be related to the more general issue of the development of 'be/have' in Romance, along a path convincingly argued for by La Fauci and Loporcaro (1989) for Altamuran and by La Fauci (1992) for Old Sicilian).9 8

9

Cf. inter al., Rossini (1975:141); Nicoli (1983:167, η. 2); Stefanini (1983); Benincà/Vanelli (1984: 171); Zaccagnini (1992:78). For a synchronic discussion of auxiliary selection in some central varieties see Tuttle (1986); Lorenzetti (1993); Cocchi (1995:115-58); cf. also Kayne's (1993) modular general account.

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Michela

Cennamo

In several Tuscan (e.g. Florentine, Sienese, Viareggino; cf. Giannelli 1976:32; 65; Stefanini 1983), in some Umbrian (Città di Castello, Amelia; cf. Moretti 1987:66; 127), and in some Marchigiano varieties (e.g. Arsoli; cf. Pulcini 1972:64-5), the impersonal reflexive + the third person singular active has replaced the first person plural (see also AIS map 1278): (17a) [si 'va] (Florentine)/[si kan'to] (Viareggino) 'We go/We sang' (Giannelli 1976:65) (17b) [no sea a'mato] (Città di Castello)/[saj'juta] (Amelia) 'We have loved/We help' (17c) [nui, mo, ma'gari se lavo'rava 'propijo 'nui] (Arsoli) 'Maybe, we were the ones who had to work'

Consequently, in dialects such as Florentine, (18) can have four interpretations depending on context (cf. Stefanini 1983:111): (18)

[e si'mand3a] 'They, people eat/we eat/we eat it/one, people, they eat it'

In Florentine, although si [+Active] is used with an impersonal function, the indefinite third person plural active is preferred, with an interpretation which excludes the speaker from the Universe of Discourse (cf. Stefanini 1983:109, n.21). In some dialects there also occurs, as an impersonal and passive marker, the first person plural reflexive pronoun [tja/tjì/ntjì]. This strategy is attested in some Abruzzese and Molisan dialects (province of L'Aquila (Castel di Sangro) and Campobasso, Isernia (Castelpetroso); cf. Giammarco 1968:479-80), in several Pugliese dialects of the Gargano peninsula (cf. Melillo 1973:120-1) as well as some Salentino dialects (cf. Rohlfs 1956:128). Similar forms recur in the province of Reggio Calabria (cf. Rohlfs 1977:455) and are also reported for the island of Giglio, Tuscany (cf. Rohlfs 1968: 186): (19a) [ φ par'tetta la ma'tina 'prjejt] (Castelpetroso) 'One/they/we left early in the morning' (19b) [tfa 'vinnana ra 'libbra] 'The books are sold/one, they, we sell the books' (19c) [ntjì 'parti/sta 'sira ntjï 'balla] (Calabrian) O n e leaves/they/we leave/This evening one/they/we shall dance'

The extent to which this strategy is used to cover the functional domains discussed so far needs investigating. In preliminary fieldwork on the dialect of Castelpetroso, we noticed that [tja], though used with anticausative, imp. or pass, and impersonal patterns, does not occur with equative structures or with imp.-pass., for which either the indefinite third person plural active or the first person plural (if the speaker belongs to the Universe of Discourse), are used: (20a) [kwira la'vora ru 'payana 'poka/sema 'stata pa'yata 'paka] 'They do not pay much for that job/that job is not paid much/We have not been paid much'

Transitivity

in the Italian

dialects

83

(20b) [sema waX'Xuna/swonna waA'Auna] 'We are children/They are children'

For impersonal of reflexives either the third person plural or the first person plural reflexive pronoun [tja/tji/ntji] and the indefinite [una] occur (21): (21)

[ φ anna pan'tuta/tfa 'sema pan'tuta/'una tja po 'pura pan'ti] 'They have repented/We have repented/One can also repent'

In this dialect, as already noted, imp. or pass, cannot occur with [+Hum] subjects. The geographical extent of this strategy has still to be investigated, as has the extent to which [tJVtji/ntJi] covers functional domains covered by [se/si/(t)s9] elsewhere. A superficial analysis (as also pointed out by Ed Tuttle, p. c.), reveals the coexistence and competition of both [se/si/(t)sa] and [tja/tjì/ntjì] as reflexive, anticausative and imp. or pass., impersonal markers in some areas, at some time, with [tja/tji/ntji] prevailing in certain isolated areas. In some Abruzzese (cf. Finamore 1893:276), Molisan and Marchigiano dialects the reflexive also marks the spontaneous manifestation of a process involving a human participant who has no Control over the verbal process. These forms mainly involve mental process verbs, as in (22): (22a) [ma se 'skorda la 'kjava] (Abruzzese) Ί forgot the key' (22b) [me se 'skorda/me se skor'dato] (Arcevia) Ί forgot/I have forgotten' (Crocioni 1906:55)

This impersonal use of the reflexive (reminiscent of Spanish se me ha olvidado la cartera Ί have forgotten my bag') is also attested in the Istrian dialects of Trieste, Pirano, Fiume, 10 apparently used to denote either necessity or wishing (23): (23)

[me se 'dorme/me se 'majia/me se 'kanta/me se 'bala/ge se 'ride] Ί sleep/I eat/I sing/I dance/He laughs'

Such structures might be related to an analogous construction which is widespread, with both animate, human and inanimate participants in several central and southern Italian dialects (Abruzzo, Molise, Lazio, Marche, and marginally Sardinian) (24) and which appears to go back to Late Latin use of the reflexive dative sibi as an unaccusative marker (cf. Cennamo 1995b; forthc.), mainly with verbs denoting change of state and location and states, to denote the lack of Control of S over the verbal process. (24a) [ma tse pas'sata ru du'lora] (Molisan) 'The pain has gone' (24b) [tse m'mworta ru jatta] 'The cat died'

10

For Trieste, Pirano, cf. Ursini (1988:348); for Fiume, cf. De Poli (1913:311).

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Michela Cennamo (24c) [tss partu'rite kai 'natama] 'My sister-in-law has given birth to a child' (24d) [tse fa'nuta ru sa'pona] 'We have run out of washing-powder' (24e) [tse kaji'jiats ru 'tjembs] 'The weather has changed'

The Istrian examples (23) might also be accounted for as due to Slavic influence, in that the use of the reflexive to denote lack of Control of the A/S participant over the verbal process is very common in the Slavic languages, with both divalent and monovalent verbs (cf. Fici 1994). Both (23) and (24), however, seem to realize the same type of construction, well attested crosslinguistically (cf. Dixon 1994:26-27) (the use of a reflexive/middle marker to denote lack of Control of A/S, and A coded in the Dative if the verb is divalent), differing only in the verbal classes allowing it.

3 Conclusion The overall picture emerging from this brief survey of passive and impersonal reflexives in the Italian dialects shows that reflexives occur throughout the peninsula with anticausative, imp. or pass., passive, impersonal and, more rarely, imp.-pass. value, varying along five main parameters: a) functional domains, b) tense-aspect, c) animacy of the surface subject in imp. or pass, patterns, d) cooccurrence of the impersonal reflexive with a pronominal object, e) auxiliary selection. Points a) - d), in turn, seem to reflect the different degrees of grammaticalization of the reflexive as a marker of impersonality (hence its diachronic spread), with dialects such as Paduan allowing it to occur for all the above-mentioned parameters, and dialects such as Neapolitan showing a less pervasive use of this strategy, with other devices being used instead, such as the indefinite pronoun 'one', the collective 'people', the indefinite third person plural, second person singular and the first person plural. The last strategies in turn are available to most dialects, and their use often depends on the context of utterance and on the speaker's choice. In some isolated areas from central and southern Italy the first person plural reflexive pronoun [tjb/tji/ntjì] occurs as an anticausative, passive, imp./pass. and impersonal marker (as well as reflexive), pointing to a period of alternation and competition of two different forms ([se/si/(t)s3/tj3/tji/ntjì]) for expressing Participants with low degree of Individuation, with [tja/tji/ntjì] winning out in some areas of Tuscany, Abruzzo, Molise, Puglie, Calabria. The pragmatic notions of Newness/Givenness, in particular the tendency for [+New], [-Def] information to occur postverbally, and for [+Given], [+Def] information to occur pre-verbally, are grammaticalized in several northern Italian dialects, so that [-Def], [+New] information cannot occur preverbally, and, conversely, [+Def], [+Given] information cannot occur postverbally, unless clause-external (i.e., right or left-dislocated).

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The grammaticalization of these pragmatic features (Definiteness and Newness) is expressed not only by word order, but also by the lack of subjectization of the Nominal collocating with the verb (i.e., impersonality of the pattern), and either absence of a subject clitic or occurrence of a non-agreeing one.

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Ingrid Neumann-Holzschuh

(Regensburg)

Transitivität als Parameter für sprachlichen Wandel?* 1 Transitivität wird von Paul J. Hopper und Sandra Thompson rein begrifflich-semantisch definiert als: a discourse-derived relationship which is stronger in proportion to the intensity of the event which the clause is reporting. The intensity - that is, THE DEGREE OF TRANSITIVITY - of the event is measured as an aggregate of a number of parameters, each of which contributes in some way to the transitivity relationship. (Hopper 1983:73-74)'

Maßgeblich für die Kodierung einer prototypisch-transitiven Merkmalkonstellation sind die folgenden Parameter: intentional und willentlich handelnder Agens, telische, punktuelle, affirmative und reale Handlung, stark affiziertes und hochgradig individualisiertes Objekt; nicht-prototypische Äußerungen weisen demgegenüber nur einen Teil der genannten semantisch-grammatikalischen Parameter auf. 2 Es werden also sehr heterogene inhaltliche Aspekte miteinander verknüpft und in ein übergreifendes Szenario integriert. Transitivität ist für Hopper/Thompson „a central relationship in the grammars of human languages" (Hopper/Thompson 1980:254), und in den meisten Sprachen korreliert ein hoher Grad an satzsemantischer Transitivität mit bestimmten Enkodierungsstrategien auf der morphosyntaktischen Ebene. 3 Der Grund dafür, daß * Die Abschnitte 2 und 3 dieses Beitrags basieren auf Kap. III.4.3.1. in Neumann-Holzschuh (1997). 1 Im folgenden verwende ich den Terminus „Transitivität" überwiegend im Sinne von Hopper/Thompson; ich werde die vom traditionellen Sprachgebrauch abweichende Verwendung daher nicht eigens hervorheben. 2 Vgl. zu den einzelnen Parametern Hopper/Thompson (1980). In diesem Beitrag wird Transitivität definiert als „a relationship which obtains throughout a clause. It is not restricted to one constituent or pair of constituents. Consequently, the presence of an overt O is only one feature of a Transitive clause; it co-exists with other defining properties (such as Agency, Kinesis etc.). And just as a clause may have an overt second participant, and still be aligned with the intransitive clause, so also it may lack a second participant, and yet have Transitive features. Because Transitivity is not dichotomous, but is a continuum, it follows that clauses lacking an overt O must be locatable somewhere on this continuum; but it does not necessarily follow that such clauses are situated at the extreme intransitive end" (1980:266). Letztlich ist aber auch bei Hopper/Thompson hohe Transitivität in erster Linie durch das seit der Antike bekannte „carrying-over or transferring an action from one participant to another" (1980:253), d.h. also durch die syntaktische Zweistelligkeit definiert. Zu neueren Konzepten von Transitivität vgl. auch Drossard (1991). 3 Hopper/Thompson (1980:254): „morphosyntactic markings tend to be sensitive to Transitivity as a whole, rather than to the actual presence or absence of a second participant". Die Transitivitätshypothese besagt folgendes: „The hypothesis associated with these parameters states that their values co-vary in such a way that if a morphosyntactic marker which is High in transitivity according to the above parameters is obligatorily accompanied by another mark (morphosyntactic or semantic), this second mark must also be High in transitivity" (Hopper/Thompson 1985:240). Zum Problem der Korrelation von morphosyntaktischen und semantischen Komponenten sowie zur Kritik an der als „Transitivitätshypothese" bezeichneten dynamischen Implikation der Merkmale vgl. auch Krefeld (in diesem Band).

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stark transitive Sätze anders behandelt werden als schwach transitive und in der Regel auch eine andere Funktion im Diskurs haben, liegt darin, so formuliert es De Lancey (1987), daß Sätze mit hoher Transitivität aus kognitiv-perzeptiver Sicht „more salient" sind.4 Die Unterschiede zwischen den Sprachen hinsichtlich des Ausmaßes und der Art und Weise, mit der Transitivität morphosyntaktisch ausgedrückt wird, sind allerdings beträchtlich. Der Ausgangspunkt der folgenden Überlegungen ist die Frage, inwieweit dieses Transitivitätskonzept auch für die Beschreibung diachroner Prozesse von Relevanz sein kann, eine Frage, die Hopper/Thompson (1980:279) selbst vorsichtig bejahen: A pervasive structural-semantic feature like that presented above might be expected to play a role in language change. In fact, there appear to be examples in which diachronic processes may be understood more clearly in terms of Transitivity.

Um zu überprüfen, inwieweit diese Vermutung in bezug auf die Entwicklung vom Altzum Neuspanischen zutrifft, werden im folgenden zwei der von Hopper/Thompson genannten Parameter, nämlich die Anordnung der Satzglieder und die Markierung des Akkusativobjekts, unter diesem Blickwinkel betrachtet.

2 Hopper selbst illustriert seine These, daß Äußerungen mit hohem Transitivitätsgrad besonders im Bereich der Subjekt-Verb-Anordnung anfällig sind für morphosyntaktische Veränderungen, anhand einer Analyse von Wortstellungsveränderungen vor allem im Malaiischen (vgl. Hopper 1983, 1986).5 Das Malaiische verfügt über drei grundlegende Satztypen: „ergativische", „passivische" und „aktivische" („anti-passivische") Sätze, die jeweils andere Funktionen im Diskurs haben und die auch morphosyntaktisch unterschiedlich kodiert werden (vgl. dazu auch Givón 1984:164-165). Im 19. Jahrhundert wurden, so Hopper (1983, 1986), „events" der Haupterzählebene überwiegend „ergativisch" mit VSO, „noun-oriented utterances" hingegen „aktivisch" mit SVO oder „passivisch" mit der OVS-Anordnung wiedergegeben (Hopper 1986:135). Bei den „ergativischen" Sätzen handelt es sich in der Regel um stark transitive Äußerungen, die Vordergrundhandlungen wiedergeben (die Betonung liegt hier auf der Verbalhandlung),6 „aktivische" und „passivische" Sätze dienen hingegen meist der Wiedergabe von Hintergrundinformation.7 Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts kann 4

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Zur Affinität von stark transitiven Äußerungen und Vordergrundhandlungen bzw. von schwach transitiven und Hintergrundinformationen vgl. Hopper/Thompson (1980), De Lancey (1987), Croft (1990:163) sowie Wehr (1984). Vgl. Hopper (1986:128): „Transitivity interacts with Categoriality, the Preferred Argument Structure, and the VS/SV Alternation in similar ways across a number of languages". Vgl. Croft (1990:131): „the standard ergative construction is the analogue to the prototypically transitive construction in non-ergative languages". Vgl. Hopper (1983:78-79): „The parameters that are most distinctive for the ergative are precisely those which typically make the most contribution to the event line of the narrative. They suggest human actors carrying out rapid, sequenced actions. [...] The active is often used in discourse to

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jedoch, so Hopper, ein gradueller Zusammenbruch dieses Systems beobachtet werden: Die diskurspragmatisch bedingte Distribution von VS- und SV-Anordnungen funktioniert nicht mehr, und die hochgradig transitiven „ergativischen" VS-Konstruktionen weisen zunehmend die SV-Anordnung auf: transitive clauses regardless of their discourse status tend increasingly to be formulated in the Active, i.e., with SVO word order and the Active prefix meng-, if this is possible. This encroachment is largely at the expense of the Ergative, which at least in the written language becomes an archaism. Since the Ergative was the more highly Transitive construction, in the composite sense discussed above, the trend may be characterized as one in which the Active increases in Transitivity, and the language as a whole becomes increasingly SVO and decreasingly VSO, though there is of course no point at which the transition may be said to have been completed. (1986:132)

Hopper weist mehrfach darauf hin, daß es sich bei den beobachteten Veränderungen nicht um einen abrupten Wechsel, sondern um eine kontinuierliche Entwicklung handelt, die bis heute keineswegs abgeschlossen ist. Mit anderen Worten: Trotz der wachsenden Zahl der SV-Anordnungen zur Kodierung von Vordergrundhandlungen gibt es im Malaiischen bei den „ergativischen" Sätzen auch weiterhin ein Nebeneinander von VS- und SV-Konstruktionen.8

3 Natürlich sind die Verhältnisse im Malaiischen mit denen im (Alt-)Spanischen nur bedingt vergleichbar; dennoch möchte ich fragen, inwieweit die Überlegungen Hoppers für eine Beschreibung der Entwicklungen im Altspanischen von Interesse sein können. Zunächst einige überblicksartige Anmerkungen zur Entwicklung der Wortstellungsmodalitäten im Altspanischen vom 13. bis 15. Jahrhundert.9 Die Entwicklung im Bereich der eingliedrigen, „thetischen" Äußerungen - es handelt sich hier vor allem um Äußerungen mit intransitiven Verben, also um sogenannte „Existentialaussagen" und um präsentative Strukturen - war nur gering; hier ist die VS-Struktur im Prinzip bis heute das dominante Anordnungsmuster geblieben. Bei den zweigliedrigen „ k a t e g o r i schen" Äußerungen gab es hingegen signifikante Veränderungen.10 Charakteristisch vor allem für die Texte des 13. Jahrhunderts waren VSO-Konstruktionen, die im Sinne

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suggest a slowed tempo of narrative and is thus usual in backgrounded detail when scenic or characterological description is being given". Zur Wortstellung kommt im Malaiischen noch die morphologische Markierung des jeweiligen Satztyps durch bestimmte Affixe. Hopper (1986:137) beobachtet eine ähnliche Entwicklung im Englischen. Während im Altenglischen „transitive" Äußerungen, die Ereignisse auf der Haupterzählebene wiedergeben, überwiegend mit VS angeordnet wurden, setzen sich zum Neuenglischen hin, ähnlich wie im Malaiischen, zunehmend SVAnordnungen durch: „SV clauses occur with increasing indifference to the original distinction in grounding and transitivity". Vgl. dazu auch Hopper (1979) und (1983:87). Mein Untersuchungsgegenstand sind chronistische Texte; die Ergebnisse wurden aber jeweils durch eine komplementäre Analyse von Texten einer anderen Gattung (Exempelliteratur) bestätigt, vgl. Neumann-Holzschuh (1997). Zum Thetisch-Kategorisch-Modell vgl. Ulrich (1985).

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von Hopper/Thompson hochgradig transitiv waren, ein aus dem Kontext bekanntes Subjekt aufwiesen und der Kodierung von Handlungen auf der Haupterzählebene dienten. Äußerungen dieses Typs („narrative Inversionen") kodierten in erster Linie fortschreitende Handlungen, d.h., sie betonten stärker als die SVO-Anordnungen diese hatten im 13. Jahrhundert noch teilweise die Funktion, das Subjekt hervorzuheben - die Handlungssequenz, und dies vor allem dann, wenn Themakontinuität vorlag. Darüber hinaus konnten durch Äußerungen mit VS-Anordnung auch Knotenpunkte des Geschehens wiedergegeben werden. In den genannten Kontexten waren allerdings jeweils auch SVO-Anordnungen möglich, so daß es in den frühen Texten zu einem ständigen Alternieren von VSO und SVO im Bereich dieser narrativen Strukturen kam. Im Laufe des 14. und 15. Jahrhunderts verlor das Spanische zunehmend die Möglichkeit, ein aus dem Kontext bekanntes Subjekt nachzustellen, und die Zahl der „kategorischen" VSO-Anordnungen nahm deutlich ab. Darüber hinaus wurde die SV-Anordnung immer seltener zur Themabetonung eingesetzt und wurde so mehr und mehr zum unmarkierten Anordnungsmuster im Bereich des Kategorischen. Dies bedeutet zwar nicht, daß „narrative" VSO-Anordnungen im 15. Jahrhundert nicht mehr möglich waren - im Prinzip verfügte das Spanische auch in diesem Jahrhundert noch über dieselben Möglichkeiten, die Satzgliedanordnung diskurspragmatisch zu nutzen wie im 13. Jahrhundert - sie wurden nur viel seltener genutzt. Dieser Wandel setzte nun, ähnlich wie im Malaiischen, genau bei solchen Äußerungen ein, die im Sinne von Hopper/ Thompson ein hohes Maß an Transitivität aufweisen, d.h., Äußerungen mit der VSOKonstruktion und einem ausgeprägten Agens-Patiens-Profil (oder Cause-EffectProfil) 11 tendieren im Verlauf der Sprachentwicklung als erste zur aktantenzentrierten SV-Konstruktion. Zwar hat auch das Neuspanische die Möglichkeit nicht verloren, das vorerwähnte Subjekt im Sinne der Diskurslenkung oder der stilistischen Nuancierung nachzustellen, die „Inversion" innerhalb des nicht-thetischen Bereichs erfolgt allerdings vor allem dann, wenn die Äußerung als solche nur gering transitiv ist.12 Äußerungen mit einem hohen Transitivitätsgrad weisen im Neuspanischen bevorzugt die Subjektvoranstellung auf. Im folgenden möchte ich versuchen, das Gesagte zu illustrieren, indem ich exemplarisch die Situation im 14. Jahrhundert, das sich zumindest in Hinsicht auf die Satzgliedanordnung als Übergangsepoche erweist,13 darstelle. Zunächst sollen Beispiele aus den Chroniken des 14. Jahrhunderts mit 8 der 10 von Hopper/Thompson genannten „Transitivitätskriterien" korreliert werden.14 Dabei wird 11

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Auf dem Kontinuum zwischen prototypisch kategorischen und prototypisch thetischen Äußerungen gehört dieser Äußerungstyp der transitorischen Zone an und ist von daher labiler als die Äußerungstypen der beiden Fokalpunkte, vgl. Neumann-Holzschuh (1997) und i.Dr. Hochgradig transitive Äußerungen mit VS-Anordnung, seien sie nun thetisch oder kategorisch, sind typisch für die geschriebene Sprache und in der Regel stilistisch markiert. Interessanterweise weist auch Company Company (1992:139) auf die Bedeutung des 14. Jahrhunderts für Veränderungen im Bereich der Nominalphrase hin. Die Parameter /Mode (realis vs. irrealis)/ und /Affirmation (affirmative vs. negative)/ berücksichtige ich nicht, da alle Sätze jeweils 'realis' bzw. 'affirmativ' sind. Die Daten sind einem sample von je 500 Hauptsätzen mit ausgedrücktem Subjekt aus den Chroniken Crònica del Rey Don Sancho el

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folgendes deutlich: je ausgeprägter der „Transitivitätsgrad" einer Äußerung ist, d.h., je mehr Kriterien für hohe Transitivität vorhanden sind, desto höher ist im 14. Jahrhundert die Wahrscheinlichkeit der SVO-Anordnung. Die folgenden fünf Merkmalkonfigurationen sind in Anlehnung an Hopper/Thompson (1980) nach abnehmender Transitivität geordnet: (1) Merkmale: /2 or more participants A[gent] and 0[bject]/, /action/, /telic/, /punctual/, /volitional/, /A high in potency/, /O totally affected/, /O highly individuated/ SVO É luego el Rey tomó á don Juan Nuñez (San, 77b) E los criados de Garçi Laso tomaron su fijo (CDP, 25a, 11)

Die VSO-Anordnung ist bei dieser Merkmaikonfiguration zwar möglich, aber selten: é luégo casó don Juán Nuñez á sufijo con doña Isabel (San, 84a)

(2) Alle unter (1) genannten Merkmale sind vorhanden, lediglich /O highly individuated/ und /O totally affected/ sind nicht oder nur bedingt gegeben —> VSO und SVO E fizo el rey muchas honrras al rey don Alfonso de Portogal (CDP, 31 a,8) E fizo fazer estonçe Tarifee abrir vna fuente a par del rrio de Asterga (1344, 135,9) e estonçe firmaron los dos reyes sus amistades (CDP, 3 la,2)

aber auch: E el rey don Pedro auia ganado çiertos castillos de moros (CDP, 19a,23)

(3) Folgende der unter (1) genannten Merkmale sind nicht (oder nur bedingt) gegeben: /A high in potency/, /volitional/, /telic/ —> VSO und SVO é en el mes de Diciembre, Fernando (San, 72a)

el dia de Sant Nicolas, encaesció la reina doña María del infante don

aber auch: E despues desto la reina doña Maria su mujer, que era en cinta, encaesció en Valladolid de un fijo (San, 74b)

Wenn das Objekt nicht /highly individuated/ ist, überwiegt die VSO-Anordnung: é tomó ende Aben Yuzafmuy grand pesar (San, 71b)

In diese Gruppe gehören auch die Verben saber und aver/tener, die überwiegend mit der VSO-Anordnung gebildet werden: Bravo (1340-1352) [San]; Crònica General de 1344 [1344], Gran Crònica de Alfonso XI (13761379) [AXI], Crònica del Rey don Pedro (1383) [CDP] entnommen.

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E sopolo donna Leonor (CDP, 16a,38) Despues que todo esto asi paso, vuo Muça todo el rrobo (1344, 145,1)

(4) Im Vergleich zu (1) weist die Äußerung nur einen Partizipanten auf, d.h., die restlichen Merkmale sind bis auf das Erst- und Letztgenannte gegeben —> SV und VS é el Rey vinose para Valladolid (San, 80b) é vinose el rey don Sancho para Castilla (San, 70a) é luégo salió el Rey dende con todas estas gentes (San, 70a)

(5) Die Äußerung weist nur einen Partizipanten auf, keines der unter (1) genannten Merkmale ist gegeben —> VS E posaua el rey don Alfonso de Portogal dentro en la çibdat (CDP, 3 la,5)

Interessant für unsere Fragestellung sind natürlich weniger die Äußerungen mit einem Partizipanten - hier waren die Entwicklungen vom 13. bis zum 15. Jahrhundert wenig einschneidend - als vielmehr die Äußerungen mit zwei Aktanten und insbesondere die prototypische Merkmalkonfiguration unter (1). Noch im 13. Jahrhundert war die VSOAnordnung in dieser Gruppe wesentlich häufiger; von einer Affinität hochgradig transitiver Äußerungen mit der Subjektinitialstellung kann z.B. in den alfonsinischen Texten noch nicht die Rede sein.15 Folgende Beispiele, die sich beliebig vermehren ließen, mögen das illustrieren: e ell estando allo en el mandado, tomol el rey Rodrigo aca la fija porfuerça E uencio Hercules al rey Antheo desta guisa (GE, 305b,33) E dio Dios Eua a Adam por conpannera (GE, 6a, 10) 16

(PCG, 307a,42)

Natürlich ergibt sich in diesem Zusammenhang eine Reihe von methodischen Problemen, die mit der Skalarität des Modells zusammenhängen. Die Schwäche einer solchen Auswertung liegt darin, daß es bei der Frage nach dem Vorhandensein bzw. Nicht-Vorhandensein der einzelnen Parameter mitunter Schwierigkeiten gibt: Parameter wie /Agency/ und /Individuation of O/ sind nämlich skalar zu sehen, und diesem Faktor wird man mit der pauschalisierenden Zuweisung von z.B. /highly individuated/ nicht gerecht.17 Aber darüber hinaus stellen sich noch weitreichendere Fragen: Wann hört ein Satz auf, hochgradig transitiv zu sein? Gibt es eine Hierarchie zwischen den 15

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Vgl. auch Meyer-Hermann (1991:95): „Die Tatsache, daß in der Crónica [i.e. die Primera Crónica General, I. N.-H.] keine Korrelation zwischen semantisch determinierten Verbklassen und Subjektpositionen erkennbar ist, stellt keinen Widerspruch zu der Tatsache dar, daß im modernen (geschrieben und gesprochen konstituierten) Spanisch derartige Zusammenhänge sehr wohl zu existieren scheinen". PCG = Alfonso X, Primera Crónica General de España; GE = Alfonso X, General Estoria. Hopper/Thompson (1985:240) selbst weisen auf die Skalarität der Parameter /Agency/ und /Object Individuation/ hin. Vgl. auch Geisler (1988:25): „In diesem Zusammenhang ergeben sich auch eine Reihe neuer Fragestellungen, die bisher wenig untersucht wurden, z.B. welcher Grad an Individuation vorliegen muß, damit ein Objekt ausgesetzt wird, welcher Grad an Aktivität vorhanden sein muß, damit ein Partizipant noch im Subjektkasus auftreten kann, etc.".

Transitivität

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einzelnen Parametern?18 Offenbar spielt bei WortstellungsVeränderungen vor allem die An- oder Abwesenheit eines direkten Objekts eine Rolle; zumindest im Altspanischen scheinen es die Parameter /Participants/, /Individuation of O/ und /Affectedness of O/ zu sein, die in hohem Maße für das „Umkippen" der VS-Anordnung in die SV-Anordnung verantwortlich sind. Betrachten wir dazu die Situation im Altspanischen noch einmal unter einem anderen Blickwinkel, indem wir eine Chronik aus dem 13. Jahrhundert (Primera Crónica General) und eine Chronik aus dem 15. Jahrhundert (Crónica de Don Alvaro de Luna) exemplarisch gegenüberstellen. Insgesamt gesehen ist die Zahl der VS-Anordnungen bis zum Spätmittelalter zurückgegangen: Die PCG weist 57%, die Crònica de Don Alvaro de Luna nur 45,4% VS-Anordnungen auf. Noch deutlicher ist der Rückgang bei Sätzen mit zwei- oder mehrwertigen Verben: In der PCG liegt die VS-Anordnung in 43,7% der Fälle, in der Crònica de Don Alvaro de Luna nur noch in 25,2% der Fälle vor.19 Die Veränderungen betreffen also vor allem Äußerungen mit zweiwertigen Verben und stark affiziertem und individualisiertem Objekt, d.h., die VS-Anordnung tritt im ausgehenden Mittelalter in Sätzen mit im traditionellen Sinne transitiven Verben seltener auf als im Hochmittelalter. In dem späteren Text finden sich VS-Anordnungen überwiegend in Äußerungen mit Verben des Kommens, Gehens oder der Veränderung. Diese rangieren zwar nach Hopper/Thompson trotz ihrer Einwertigkeit noch relativ hoch auf der Transitivitätsskala, da hier in der Regel ein intentional und willentlich handelnder Agens sowie eine telische und punktuelle Handlung vorliegen (vgl. 1980: 253-254), der Transitivitätsgrad ist aber nicht so hoch wie in Äußerungen mit zwei Aktanten.20 Vom 13. zum 15. Jahrhundert hat der Transitivitätsgrad der Äußerungen mit VS-Anordnung also auf eine ganz spezifische Weise abgenommen. Wenngleich es noch verfrüht ist, Hoppers Vermutung, daß Transitivität zumindest im Bereich der Wortstellungsentwicklung eine gewisse Rolle spielt, zu bewerten, deutet die Auswertung der altspanischen Materialien in diese Richtung. Offensichtlich sind es in erster Linie prototypisch-transitive Äußerungen mit zwei Aktanten, bei denen die Spannung zwischen Transitivitätsgrad und Anordnungsmuster dazu führt, daß die VS-Anordnung seltener wird. Verantwortlich für diese „Labilität" hochgradig transitiver Äußerungen mit VS-Anordnung dürften kommunikative und kognitive Kategorien im Informationsvermittlungs- und Informationsverarbeitungsprozeß sein. In stark transitiven Äußerungen ist der Erstaktant mit hoher Wahrscheinlichkeit ein humaner Agens, der aufgrund seiner inhärenten Topikalität zur Satzspitze tendiert und dort in subjektprominenten Sprachen als grammatisches Subjekt kodiert wird. So wie es „natürlicher" ist, mit dem Element zu beginnen, über das etwas ausgesagt werden soll, entspricht es kognitiv-perzeptiven Gegebenheiten, bei der Schilderung einer Handlung zunächst dasjenige Element zu

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Vgl. dazu auch die Beiträge von Cennamo und Krefeld in diesem Band. Die Auswertung beruht wiederum auf je 500 Hauptsätzen mit ausgedrücktem Subjekt. Den besonderen Status der Verben der Bewegung und der Veränderung zwischen prototypisch transitiven und intransitiven Verben betont auch Selig (in diesem Band), die darauf hinweist, daß die inhärente Dynamik dieser Verben über die pseudoreflexive Konstruktion vermittelt werden kann.

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nennen, das die Handlung ausführt. 21 Auf diese Korrelation, die der ikonographischen Abbildung der Geschehnisse und damit den Bedürfnissen der Sprachbenutzer optimal Rechnung trägt, haben u.a. Haiman (1980) und Seiler (1988) hingewiesen. Also: je „transitiver" eine Handlung ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß das „Prinzip der pragmatischen Linearisierung" (Bossong 1984), das ja die Thema-RhemaAbfolge als die „psychologisch naheliegende Reihenfolge" (Wandruszka 1982:12) postuliert, zum Tragen kommt, und daß die entsprechende Äußerung aufgrund der Affinität zwischen der pragmatischen Funktion 'Thema' und der grammatischen Kategorie 'Subjekt' irgendwann im Laufe der Sprachgeschichte die SV(0)-Anordnung aufweist. Das Spanische gehört also offensichtlich zu jenen Sprachen, die in einer bestimmten Phase ihrer Geschichte stark transitive Äußerungen sowohl mit VSO als auch mit SVO kodieren konnten, wobei sich in diesem Äußerungstyp die SVO-Anordnung letztlich aber durchgesetzt hat. Das im Spanischen diachron zu beobachtende Zurückgehen hochgradig transitiver Äußerungen mit VS-Strukturen im kategorischen Bereich führte zu einer weitgehenden Komplementarisierung der beiden Anordnungsmuster SV und VS (die Verbinitialstellung dient heute vorwiegend der Kodierung thetischer Äußerungen mit einem Aktanten) und zu einer zunehmenden stilistischen Markierung der „narrativen Inversionen". Bedeutet dies nun, daß auch andere Sprachen, die in einem gewissen Stadium ihrer Geschichte eine „VS/SV alternating language" (Myhill 1985) waren, zwangsläufig in Richtung auf SVO (oder SOV) evoluieren? Ich glaube nicht. Es handelt sich hier allenfalls um Affinitäten, was zum einen durch die Tatsache belegt ist, daß es eine ganze Reihe relativ stabiler VSO-Sprachen gibt, zum anderen dadurch, daß auch bei den SV(0)-Sprachen die Grenzen in bezug auf das Ausmaß, mit dem transitive Äußerungen die SVO-Anordnung aufweisen, einzelsprachlich unterschiedlich gezogen sind. Während im Spanischen in Äußerungen mit hoher Transitivität die SVO-Anordnung bevorzugt wird, scheinen z.B. im Rumänischen die Möglichkeiten, die VS-Anordnung auch bei zwei (und drei) Aktanten zu gebrauchen, größer zu sein (vgl. Ulrich 1985). Meines Erachtens geben das Transitivitätsprinzip und das Prinzip der pragmatischen Linearisierung lediglich Hinweise darauf, unter welchen Bedingungen und in welche Richtung sich Veränderungen vollziehen können, aber nicht müssen. No principle dictates that word order will change, e.g., from SV/VS to SVO. To the contrary: the VS/SV continuum appears to be capable of existing over long periods of time in perpetual flux, with only slight but not necessarily consistent movement toward stabilization in either direction. (Hopper 1986:138)

4 Semantische Transitivität korreliert nun, wie Hopper/Thompson (1980) zeigen, in vielen Sprachen vor allem mit bestimmten Erscheinungen auf der morphologischen Ebene. 22 Ein Paradefall ist in diesem Kontext die Objektmarkierung, auf deren Aus21

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Stichworte sind in diesem Zusammenhang das „Animated First Principle" und das „Theme First Principle" von Tomlin (1986). So ähnlich formuliert es auch Haiman (1985:140): „a correlation does seem to exist between the degree of transitivity and the phonological/morphological bulk of the complement case affix".

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prägung im Spanischen Hopper/Thompson selbst hinweisen, und die sie als Korrelat des Parameters /Individuation of O/ interpretieren (1980:256). Inwieweit kann nun auch die diachrone Entwicklung des präpositionalen Akkusativs - es ist ja bekannt, daß die Objektmarkierung vom Alt- zum Neuspanischen zugenommen hat - im Lichte des Transitivitätskonzepts beschrieben werden? Ähnlich wie bei der Satzgliedanordnung scheint mir auch hier die Entwicklung vom 13. bis 15. Jahrhundert aufschlußreich für die Beantwortung dieser Frage zu sein.23 Erica C. Garcia zeigt in einem neueren Beitrag (1993) sehr schön, auf welche Objekte sich die Markierung im Laufe der altspanischen Epoche ausgedehnt hat.24 Waren im 12. Jahrhundert nur die Pronomina25 und die Eigennamen betroffen, 26 dehnte sich der Gebrauch in den folgenden Jahrhunderten graduell auf solche Nomina aus, die die Merkmale [+human/+belebt] und [+definit] haben, wobei singularische Nomina früher betroffen sind als pluralische.27 Ab dem 14. Jahrhundert steigt langsam auch die Zahl der mit Präposition verbundenen indefiniten Substantive im Singular, sofern sie das Merkmal [+human] haben; Tierbezeichnungen werden nur dann mit a verbunden, wenn das Tier stark individualisiert ist, Sachbezeichnungen sowie generische bzw. kollektiv gebrauchte Nomina werden in der Regel nicht markiert. Im Laufe der altspanischen Epoche kommt es also, so zeigen Garcías Statistiken (sie berücksichtigt übrigens nur NPs mit dem Merkmal [+human]), zu einer Verschiebung des Wendepunkts, der die Zone der positiven und der negativen Markierung voneinander scheidet, und zwar von [proper] zu [human/definite],28 ein Ergebnis, das ich in bezug auf die altkastilischen Chroniken weitgehend bestätigen kann.29 Erst im 15./16. Jahrhundert dehnte 23

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Es geht mir hier wohlgemerkt nicht um die Frage der Entstehung des präpositionalen Akkusativs; vgl. dazu die bekannten Arbeiten von Meier (1948) und Müller (1971). Die von ihr untersuchten Texte sind El Cantar de Mio Cid, zwei Ausgaben des Caballero Zifar (14. Jahrhundert) und Don Quijote (17. Jahrhundert). In den ältesten Dokumenten waren offensichtlich ausschließlich die Pronomen von der Objektmarkierung betroffen, vgl. Bossong (1982:31): „Nach meinen Untersuchungen zur Sprache der Hargas sind sichere Fälle von /+M/ nur bei [+deix] (z.B. a mihi) belegt. Schon zwei Jahrhunderte später ist der Bereich der positiven Markierung weiter ausgedehnt, wenn auch noch lange nicht so wie im neueren Spanischen". Vgl. auch Mondero Carillo de Albornoz (1983) und speziell zum Cid Martin Zorraquino (1976). Im 13. Jahrhundert schließt der definite Artikel, der im Cid noch demonstrativen/individualisierenden Wert hatte, den Gebrauch der Präposition vor einem Objekt im Singular also nicht mehr aus. Bereits im 13./14. Jahrhundert wird der Faktor Determination wichtiger als Belebtheit (vgl. Garcia Martin 1988:374). Vgl. Garcia (1993:39—40). Zwischen den Merkmalkombinationen [definit/human] und [indefinit/nonhuman] liegt nach Lazard (1984) ein wichtiger Wendepunkt in bezug auf die Aktantenmarkierung in den Einzelsprachen. Eine Untersuchung der Chroniken zeigt, daß die Schwankungen beim Gebrauch der Präposition fast ausschließlich bei der SVO-Anordnung anzutreffen sind; bei den VSO-Strukturen hingegen wird das Objekt morphematisch immer markiert, wenn sowohl das Subjekt als auch das Objekt die Merkmale [+human] und [+definit] aufweisen, d.h., wenn das Objekt prinzipiell das gleiche (oder ein höheres) Maß an „Agens-Potentialität" besitzt und von daher Unklarheiten entstehen könnten. Zusätzlich zu der semantischen Funktion hatte die Präposition also in den frühen Texten durchaus noch die Aufgabe der Desambiguierung (so auch Müller 1971; vgl. auch Garcia 1993:48); daß der Desambiguie-

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sich die Objektmarkierung dann auf indefinite Nomina im Singular und auf definite Nomina im Plural aus. Damit folgte die Entwicklung ziemlich genau der „individuation hierarchy", wie sie Hopper/Thompson (1980) in Anlehnung an Timberlake (1977) postulieren, bzw. der aus den Parametern 'definiteness' und 'humanness' kombinierten Skala von Lazard (1984). 30 Im Altspanischen sind die zuerst betroffenen Objekte „highly individuated" und affiziert, was wiederum, so würden Hopper/Thompson argumentieren, kennzeichnend ist für Sätze mit hoher Transitivität, die in vielen Sprachen entsprechend auch am Objekt markiert wird.31 Auf die Ähnlichkeit dieser Akkusativ-Objekte mit indirekten Objekten, die ja in der Regel die Merkmale [+human] und [+definit] aufweisen und nach Hopper/Thompson die eigentlich transitiven Objekte sind,32 ist bereits mehrfach hingewiesen worden. 33 Auch Garcia interpretiert die im Altspanischen zu beobachtende Entwicklung als einen Verlust der Kasusmarkierung zwischen direktem und indirektem Objekt.34 Als ausschlaggebenden Faktor für die Markierung des Objekts sieht sie seine „focus-worthiness" an: „Motion by the (Accusative) referent suggests independent volition and activity, and hence a more attention-calling, focus-worthy referent" (1993:42), was auch Hopper/Thompson als charakteristisches Merkmal eines „Transitive object" anführen. Mit anderen Worten: Transitivität, „focus-worthiness" und „saliency" bedingen einander und lassen den präpositionalen Akkusativ letztlich

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rungsfaktor letztlich aber nur sekundär war, zeigt die Tatsache, daß trotz der Ausbreitung der SVOKonstruktion die Morphemmarkierung des Akkusativobjekts nicht zurückging. Zur Motivierung des markierten Akkusativs im Altromanischen vgl. auch Selig (1991:205); zum Dependenzverhältnis von morphemmarkiertem Satzobjekt und Satzgliedanordnung vgl. Neumann-Holzschuh (1997: Kap. 5.4). Bossong (1991) unterscheidet zwei Skalen: die „domain of inherence" und die „domain of reference"; vgl. auch Croft (1990:127). „These correlations suggest that the special markings on definite O's, found in many languages, are better interpreted functionally as signals of the high Transitivity of the clause as a whole - rather than as devices for distinguishing O's from A ' s " (Hopper/Thompson 1980:259). Vgl. Hopper/ Thompson (1980) sowie die Beiträge in Hopper/Thompson (eds.) (1982): z.B. den Beitrag von Lord (1982) zu den afrikanischen Kwa-Sprachen, in denen die morphologische Objektmarkierung zunächst in solchen Äußerungen zu beobachten ist, die stark transitiv sind. „... the arguments known to grammar as INDIRECT OBJECTS should in fact be Transitive O's rather than what might be called 'accusative' O's, since they tend to be definite and animate" (Hopper/ Thompson 1980:259). Vgl. dazu z.B. Roegiest (1990). In dieser Ähnlichkeit liegt nach Bossong (1991:162-163) der eigentliche Grund für die Markierung dieser Akkusativ-Objekte: „Positive object marking inside a DOM system marks subject-like objects. In this perspective, the formal identity of A C C and DAT markers in so many languages can easily be explained: prototypical datives have the same semantic properties as prototypical subjects. [...] The general under lying principle can be described in terms of natural markedness theory whose domain is in the iconic distribution of morphological markedness patterns". „Examination of the distribution of a with Accusatives in four successive texts shows that the extension of the use has taken place along (semantic/pragmatically) relevant contexts and categories; it appears to have been gradual, i.e. occurring, in principle, simultaneously on all fronts, but with different frequency and, therefore, speed. The diffusion of a is, moreover, best understandable as a reinterpretation of the value of the Dative marker for NP's, and hence as an instance of case-loss" (1993:46).

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als ein sowohl durch syntaktische und satzsemantische als auch durch kommunikative Faktoren determiniertes Phänomen erscheinen:35 If a signals greater focussability than 0 , it stands to reason that, other things being equal, a, rather than 0 , will be resorted to more with those Accusatives which because of their inherent (or contextual) salience naturally lay a greater claim on our attention. That is why Names rate a more than do non-names, Singulars more than Plurals, Definites more than Indefinites, and why a is relatively disfavoured in „backgrounded" contexts, static aver/tener and negative sentences. (Garcia 1993:42) 36

Es ist nun sicherlich unbestreitbar, daß für die Entwicklung des präpositionalen Akkusativs in erster Linie Faktoren in Frage kommen, die unmittelbar die Kategorie Objekt betreffen, und man darf sicher fragen, ob dieses Phänomen nicht auch anders als mit dem komplexen Transitivitätskonzept beschrieben werden kann.37 Wenngleich zu diesem Aspekt eingehendere Untersuchungen noch ausstehen, dürften aber auch andere der von Hopper/Thompson genannten Parameter zumindest in den frühen Texten eine gewisse Rolle bei der Objektmarkierung gespielt haben.38 Mit Sicherheit gilt dies für /Affirmation/: Im Altspanischen sind die Sätze mit präpositionalem Akkusativ in der Regel affirmativ, eine Ausdehnung auf negative Kontexte ist erst im 17. Jahrhundert zu beobachten (vgl. Garcia 1993:39). Schwerer zu bewerten ist z.B. die Rolle des Faktors /Kinesis/ (eng damit verbunden ist die Affiziertheit des Objekts); bereits Reichenkron (1951) vermutete einen Zusammenhang zwischen stark transitiven Handlungen (er nennt dies natürlich nicht so!) und einer Ausweitung des präpositionalen Akkusativs im Mittelalter: Die Richtung der Weiterentwicklung, wie sie sich auch schon im Cid andeutet, ist gegeben durch das unterschiedliche Paar: die einfache Verbindung Verbum + Substantivum kann eine mehr unbeabsichtigte Handlung ausdrücken, unter Umständen sogar statisch sein, der gegenüber die Gruppe Verbum + a + Substantivum einen mehr dynamischen Charakter annehmen kann. Damit ist die zuletzt genannte Verbindung - wie so oft in der Sprachentwicklung - geradezu prädestiniert, sich in dem Konkurrenzkampf immer mehr in den Vordergrund zu schieben, obwohl es auch nicht an Übergriffen von der anderen Seite gefehlt hat. (1951:388)

Während statische Verben wie tener/aver in den altspanischen Texten so gut wie nie ein morphemmarkiertes Objekt aufweisen, können in den Chroniken Verben wie matar, vencer, ganar sowohl markierte als auch unmarkierte Objekte haben. Dies deutet darauf hin, daß einerseits hohe Transitivität allein zwar nicht ausschlaggebend für die

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„Prominence in discourse is a more pervasive kind of salience than (strictly local) Case, since it correlates more directly with the nature of the referent, and is cumulative perceivable" (Garcia 1993:44). Auch García schließt satzsemantische Faktoren übrigens nicht aus: „It is also possible to consider the semantic (/syntactic) properties of the utterance as a whole, and, in particular, the nature of the event itself' (Garcia 1993:36). So z.B. Laca (1987). Außer Betracht lasse ich diejenigen Verben, die im Lateinischen sowohl den Dativ als auch den Akkusativ regieren konnten, wie z.B. rogar etc., und die nach Müller (1971) einer der auslösenden Faktoren für die Entstehung des präpositionalen Akkusativs waren.

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Objektmarkierung ist - bereits in der frühen Sprachstufe waren auch kommunikative Aspekte wie die „intención expresiva" des Sprechers/Schreibers (Laca 1987:310) wichtig - , daß andererseits aber der Faktor /Kinesis/ nicht ganz ausgeschlossen werden kann (vgl. Kliffer 1984). Die weitere Entwicklung des präpositionalen Akkusativs im Spanischen ist gekennzeichnet durch eine Ausweitung der Morphemmarkierung auf nicht prototypische Objekte, ohne daß dieser Prozeß jedoch bereits abgeschlossen ist.39

5 Die Entwicklungen im Bereich der Wortstellung und der Objektmarkierung zeigen, daß begrifflich-semantische Transitivität zwar keine conditio sine qua non aber offenbar auch keine quantité négligeable darstellt, wenn es darum geht, Wege des sprachlichen Wandels aufzuzeigen. Es waren zuerst jeweils hochgradig transitive Äußerungen, die von den Veränderungen betroffen waren - Veränderungen, die darauf abzielten, hohe Transitivität syntaktisch bzw. morphologisch anders zu kodieren als schwache. Das frühe Altspanische war sowohl in bezug auf eine deutlichere Differenzierung von thetischen und kategorischen Äußerungen als auch in bezug auf die oberflächensyntaktische Kodierung von Transitivität noch wenig konsequent: während in der frühen Sprachstufe SV- und VS-Anordnungen im kategorischen Bereich mitunter die gleiche Funktion hatten, und stark transitive Äußerungen uneingeschränkt die VS-Anordnung und den kasusunmarkierten Akkusativ aufweisen konnten, ist auf dem Weg zum Neuspanischen zuerst im Bereich der stärker transitiven Äußerungen eine eindeutige Tendenz zu mehr SV-Anordnungen und mehr markierten Objekten festzustellen. Hoppers Arbeiten zeigen ergänzend, daß hochgradige Transitivität offenbar auch in anderen Sprachen zumindest in bestimmten Epochen günstige Voraussetzungen schafft für Veränderungen im Sinne einer deutlicheren Markierung prototypischer Konstellationen bzw. für das Wirksamwerden universaler Tendenzen des sprachlichen Wandels. Die weitere Entwicklung im Spanischen zeigt allerdings, daß es durch Grammatikalisierungsprozesse zur Verfestigung bestimmter Strukturen kommen kann, was unter Umständen eine Ausweitung ihres Anwendungsbereichs bedeutet. Zwar ist das Neuspanische (anders als das Französische, vgl. Geisler 1988) nach wie vor in der Lage, den diskurspragmatisch relevanten Unterschied zwischen thetischen/faktumbezo-

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Zur Situation im Neuspanischen vgl. Laca (1987). Für das Russische notieren Hopper/Thompson (1980:279) ebenfalls: „But this marker of high Transitivity is in the process of spreading DOWN the scale or 'cline' of Transitivity, into decreasingly Transitive contexts". Der Verlauf ähnelt dem, den Hopper/Traugott (1993:159) für das Persische beschreiben: „The change starts with highly specific, individuated objects that are most capable of being affected, namely individual humans. It spreads to all kinds of noun and pronoun objects provided they are individuated (referential)". Ähnlich beschreibt auch Slobin (1982:414) diesen Prozeß: „Both in historical language change and in child language development such semantically transparent applications of grammatical forms are gradually extended, at first metaphorically, and ultimately becoming more or less opaque. Accusative inflections, for example, are eventually extended to mark the direct objects of verbs that are not part of the prototypical event of physical object manipulation". Vgl. auch García (1993:46), die als Grund für die Ausdehnung „the generalization of the rule" nennt.

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genen und kategorischen/aktantenbezogenen Äußerungen durch die Satzgliedanordnung wiederzugeben, die Restriktionen sind aber insofern größer geworden, als sich die SV-Anordnung zunehmend zur neutralen, unmarkierten Anordnung entwickelt hat, sieht man einmal von den Existential- und Präsentativkonstruktionen ab. Gegenüber d e m Altspanischen hat das Neuspanische an syntaktischer Rigidität gewonnen, d.h., daß die Kodierung s o w o h l satzsemantischer als auch diskurspragmatischer Konstellationen heute stärker als in der frühen Sprachstufe grammatischen Regeln unterworfen ist. Eine typologische Beschreibung des Spanischen muß diesen Veränderungen im Bereich der Syntax natürlich Rechnung tragen.

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Transitivität als Parameter für sprachlichen Wandel?

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Daniel Jacob (München)

Transitivität, Diathese und Perfekt: zur Entstehung der romanischen /za¿en-Periphrasen Das Entstehen des periphrastischen, mit dem Hilfsverb habere gebildeten Perfekts ist zusammen mit der ebenfalls mit habere gebildeten und wieder resynthetisierten Futurperiphrase wohl eine der markantesten gemeinromanischen diachronen Entwicklungen in der Morphosyntax. Mein Anliegen in diesem Aufsatz ist es, die beiden Periphrasentypen zur gegenseitigen Erklärung heranzuziehen. Dabei will ich mich allerdings nicht, wie üblich, auf das begriffliche Konzept 'Possession' stützen, sondern auf die diathetische Besonderheit, die meines Erachtens beiden Periphrasentypen zu eigen ist.1 Die Perfektperiphrase mit haben ist keineswegs ein Spezifikum der romanischen Sprachen. Die Herausbildung eines Perfekts mit resultativer, zumindest aber in weiterem Sinne gegenwartsbezogener Bedeutung auf der Basis ursprünglich „possessiver" Konstruktionen gilt als universeller Grammatikalisierungsweg.2 Neben den haben-Periphrasen hat man hier vor allem solche Fälle ins Feld geführt, in denen ebenfalls eine infinite Verbalform („Partizip") auftaucht, wobei diese aber allenfalls die Kopula als Hilfsverb zu sich nimmt, während das „possessive" Element darin liegt, daß das ursprüngliche Subjekt des Verbs in einem Kasus oder einer Präpositionalform auftaucht, die in der jeweiligen Sprache kanonisch für den Ausdruck der Possession sind, d.h. insbesondere Genitive, Dative oder eine lokale Präposition der Bedeutung 'bei'. Standardbeispiel für eine „possessive" Perfektperiphrase auf Basis einer lokalen Präposition ist die im Russischen dialektal und umgangssprachlich geläufige Form u + Gen. + PPP. 3 Der Fall der genitivischen bzw. dativischen „Subjekt"-Kodierung ist vor allem exemplifiziert worden an dem berühmten Belegtyp aus dem Altpersischen manä krtam ('ich habe getan', wörtl. 'mein/mir [ist] getan'; manä = gen./dat. '(von) mir', krtam = Partizip bzw. Verbaladjektiv des Verbs kar- 'tun'). 4 1 2

3

4

Ich danke besonders Eva Tichy und Wolfgang Schulze für Kritik und wertvolle Hinweise. Z.B. Kurytowicz (1931/1973); Benveniste (1952/1966, 1960/1966 u.ö.); Allen (1964); S.R. Anderson (1977:337f.); Nedjalkov (1988); Bybee/Dahl (1989:68ff.); Hopper/Traugott (1993:53, 57ff.). Vgl. zu dieser Form z.B. Drossard (1991b:12); Trubinskij in Nedjalkov (1988:399ff.); Vasilev (1968); Panzer (1984); Maslov (1988:80ff.): Primus ne u menja potus-en, jesce u babuski Primus nicht bei mein (Gen.) ausgeschaltet sondern bei Großmutter (Gen.) 'nicht ich habe den ausgeschaltet, sondern die Großmutter' (Maslov I.e.) Von einem gewöhnlichen Passiv unterscheidet sich diese Form dadurch, daß diese den Agens mit einem Instrumental oder mit der Präp. ot + Gen. anschließt. Ein haben-PerfekX im engeren Sinne wird vermeldet für die romanischen und die germanischen Sprachen (Engl., Fries., Ndl., Dt., Dän., Schwed., Norweg., Isl.) seit Beginn ihrer schriftlich belegten Tradition; für das antike und moderne Griechische, das Albanische, das Bretonische; mehr oder weniger grammatikalisiert für das Bulgarische, Mazedonische, Tschechische, Litauische; bei altindo-

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Daniel Jacob

Von Beginn an ist diese Form verglichen worden mit analogen Strukturen des Altgriechischen und Lateinischen: auch im Altgriechischen kann man, neben dem ganz normal konstruierten synthetischen Perfekt und der haben-P&nphrase, die Kombination eines passivischen Perfekts mit dem dativus auctoris finden:5 (1)

K&v τοϋτ'έφη, νικώμεν, πάνθ'ήμΐνπεποίηται (Xen. Anab. 18, 12; Hirt 1934:§83) 'wenn wir dabei, sagte er, siegen, haben wir alles getan (geschafft, erreicht)'

(2)

ώςμοι πρότερον δεδήλωται 'wie ich vorher gezeigt habe'

(3)

ώσπερ καΐ πρότερόνμοι εΐρηται (Thuc. 6.94; Benveniste 1960/66:204) 'wie ich auch oben gesagt habe'

(Hdt. VI, 123; Benveniste 1960/66:204)

Ebenso sind im Lateinischen die Perfektstammtempora, insbesondere aber das Partizip Perfekt Passiv, typische Kontexte für das Auftreten des dativus auctoris:6

5

6

(4)

satin istuc mihi exquisitumst (Plaut. Capt. 3,4,105)

(5)

Cui non sunt auditae Demosthenis vigiliae (Cie. Tusc. 4,19,44)

(6)

ego istuc fiirtum scio quoi factum est (Plaut. Rud. 958)

(7)

argenti quinquaginta mihi illa emptast minis (Plaut. Epid. 467)

germanischen Sprachen das Hethitische und das Mitteliranische. Ein im weiteren Sinne „possessives" Perfekt wird vermeldet für die russische Umgangssprache, die südkaukasischen Sprachen, verschiedene südasische Sprachen, das Chukchi, an alten Sprachen das Altarmenische, Altiranische, Altindische, Altägyptische. Undiskutiert bleiben muß hier, ob die areale Verteilung dieser Sprachen nicht doch eher eine historische Erklärung (d.h. Sprachkontakt) für die Verbreitung des „possessiven" Perfekts nahelegt als eine universelle (d.h. kognitive Prädestination der Periphrase). Zumindest für den Bereich der indoeuropäischen Sprachen hat die Diskussion bis heute kein Ergebnis, nicht einmal eine Tendenz ergeben, außer für den Balkan, wo unterschiedliche Lehnbeziehungen zwischen Südslavisch, Griechisch, Albanisch und Romanisch diskutiert werden, oder für das Bretonische, wo die Entlehnung aus dem Französischen gesichert ist, während das Verhältnis zwischen den romanischen und den germanischen Sprachen ungeklärt ist, ebenso wie zwischen den südkaukasischen und den älteren indoiranischen Sprachen. Zur Diskussion (meist von Einzelfällen) vgl. u.a. Kurylowicz (1931/1973:107); Benveniste (1960/1966:207); Tuttle (1986:229f.); Gallis (1960: bes. 181ff.); Vasilev (1968:221ff.); Panzer (1984:117, 118); S.R. Anderson (1977:337f.); Bybee/Dahl (1989:98, Fn. 7). Selbst wenn man die Verbreitung „possessiver" Perfekte als Sprachkontaktphänomen auffaßt, bleibt, daß eine so weitgehende Entlehnung eine gewisse intuitive Suggestivität der entlehnten Form voraussetzen würde, d.h., moderner gesagt, daß sie einer kognitiv naheliegenden Metapher oder Metonymie entspricht, und daß somit auch das Konstatieren dieses Übergangs als übereinzelsprachlichen Grammatikalisieningskanal durchaus gerechtfertigt ist. Vgl. Hirt (1934:§83); Schwyzer (1943:16); Benveniste (1960/1966:204); Drossard (1991a:467f.). Weitere Beispiele vor allem bei Benveniste. Die in diesem Beitrag angeführten Satzbeispiele stammen größtenteils aus der zitierten Sekundärliteratur. Wo die Sekundärquelle nicht explizit angegeben ist, handelt es sich, soweit nicht anders ersichtlich, um die Beiträge von Thielmann (1885a/b). Kuryîowicz (1931/1973:106); Bennett (1966:166); Hofmann/Szantyr (1965:96); Kühner/Stegmann ( 4 1962:324); Seiler (1973/1977:182ff.). Weitere Beispiele vor allem bei Bennett (1966:169f.). Im Altgriechischen und im Lateinischen existiert der dativus auctoris zwar vereinzelt auch mit anderen Tempora, hier aber nach einhelliger Aussage wesentlich seltener und nur sehr literarisch.

Transitivität, Diathese und Perfekt Wir haben also über die Sprachen hinweg eine g e w i s s e Rekurrenz des Dativs Agensmarkierung beim periphrastischen Perfekt. 7

107 als

Nun hat bereits E. Benveniste in seinen beiden berühmten Aufsätzen ( 1 9 5 2 / 1 9 6 6 und 1 9 6 0 / 1 9 6 6 ) auf die Parallelität hingewiesen, die hier zu der Situation der Modalperiphrasen besteht: auch b e i m Ausdruck von Modalität findet man die gleiche Alternative z w i s c h e n dem Auxiliar haben und dem dativas auctoris bei infiniter Verbkonstruktion vor. Im Lateinischen ist b e i m Ausdruck deontischer Notwendigkeit das Gerundivum mit d e m dativus auctoris geläufig und wird nach Kuryfowicz (1931/1973: 106) nachklassisch sogar zur Standardkonstruktion: (8)

extra portam mi etiam currendumst (Plaut. Pseud. 331; Bennett 1966:1,167)

(9)

si quid faciundumst mulieri male atque malitiose, ea sibi immortalis memoriast meminisse et sempiterna (Plaut. Mil. 887; Bennett 1966:1,168)

A u c h in anderen klassischen und auch modernen indogermanischen Sprachen ist diese Konstellation äußerst geläufig (Schmalstieg 1980:173; Hirt 1934:129 und bes. Hettrich 1990:64ff.): (10)

τον θάνατον ήμΐν μετ'εύδοξίας αίρετέον έστίν(\&οοτ. 6,91; Hettrich 1990:66) 'wir haben [wörtl. 'uns ist'] in Ehren den Tod zu wählen'

Außer mit d e m dativus auctoris kann das Gerundivum aber durchaus auch mit einer /¡aòen-Periphrase konstruiert werden:

7

(11)

ibi agrum de nostro patre colendum habebat (Ter. Ph. 364f.; Ramat 1982:368)

(12)

aedem... habuit tuendam (Cie. Ver. 11,1,130; Pinkster 1987:208)

Genannt worden sind als weitere Beispiele für dativische „Agens"-Markierung beim Perfekt neben dem bereits erwähnten Altpersischen besonders das Sanskrit (Havers 1911:9, 14) und das klassische Armenisch (vgl. bes. Benveniste 1952/1966), wobei sich die Argumentation allerdings jeweils auf Formen des Personalpronomens stützte, in denen der Dativ mit dem Genitiv homonym war, die aber wohl eher als Genitiv- denn als Dativformen aufzufassen sind (Dank an E. Tichy für mündliche Informationen; Stempel 1983 geht von einem Gen. aus); ferner das Altägyptische (Westendorf 1953: bes. 229). Hettrich (1990:75f., 100) sieht in seiner Untersuchung zur Agensmarkierung bei infiniten Verbalkonstruktionen in den altindogermanischen Sprachen speziell bei resultativen und modalen Kontexten den Dativ als die ursprüngliche Form der Agensmarkierung an, wobei es ihm aber mehr um den Zustandscharakter des Resultativums geht. - Die vielzitierten dative subjects der heutigen südasischen Sprachen scheinen in erster Linie eine Affinität zur Modalität und zu Experiencer-Verben zu haben, wohl aber auch zum Perfekt (vgl. Allen 1964:343 zum Harauti; Klaiman 1987:68f. zur Partikel le im Nepali). Klaiman (1991:624, 644ff.) interpretiert die dative bzw. indirect subjects als markierte Fälle, in denen (Subjekts-)Aktanten, die potentiell eigentlich hochgradig agens- oder control-fáhig wären (im Sinne der Belebtheits-/Individuiertheitsskala von Silverstein/Dixon), als Experiencer, Patientes o.ä. auftreten. Dies harmoniert mit der Beschreibung, die ich unten für die modalen und perfektischen haben-Periphrasen im Lateinischen geben werde (deontischer Gebrauch, Experiencer-Charakter). Zu Ergativität und dative subjects in den indischen Sprachen vgl. auch Masica (1976); S.R. Anderson (1977); Sridhar (1979); L.B. Anderson (1982); DeLancey (1982).

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Im folgenden Beispiel finden wir die dativische und die /lafcen-Konstruktion des Gerundivums parallel nebeneinander in Konkurrenz gestellt: (13)

multi enim habent in praediis... [quid desit] inportandum; contra non pauci, quibus aliquid sit exportandum (Varr. rust. 1,16,2)

Blümel (1979:92ff.) ist sogar davon überzeugt, daß es überhaupt erst der Dativ bzw. das Auxiliar haben (Blümel faßt beide unter dem Begriff „Besitzbezeichnung" zusammen) sind, die aus dem Gerundivum einen modalen Ausdruck machen. Zum Beleg führt er Konstruktionen an, in denen der Dativ mit anderen nominalen Verbalabstrakta wie nomina actionis oder dem Infinitiv konstruiert ist, und die ebenfalls modalen Wert haben: (14)

quid tibi nos tactio est (Blümel 1979:93) 'was hast du uns anzufassen'

(15)

mihi cautio est ne... (Plaut. Poen. 445, neben mihi cavendum est ne... Pit. Pseud. 471; Blümel 1979:93) 'ich muß achtgeben'

(16)

illi descensus erat (Sail. Cat. 57,3; Blümel 1979:93) 'er mußte hinabsteigen'

Das heißt: Modalität entsteht aus der Kombination eines nominalen Verbalabstraktums mit haben bzw. dem dativus auctoris.8 Erwähnt seien auch solche Varianten, die statt des Dativs ein Possessivpronomen haben, was wiederum eher einer genitivischen als dativischen Agensmarkierung entspricht: (17)

tuum est... mi ignoscere (Ter. Andr. 678; Blümel 1979:93) 'du mußt mir verzeihen'

Zu all den hier möglichen Kombinationen ist auch die Kombination habere + Infinitiv (idicere habeo) zu zählen, die sich letztlich zur Futurperiphrase und später zum romanischen Futur 9 weiterentwickelt hat. Für weitere empirische Plausibilität des dativischen Charakters von Modalität braucht man gar nicht so entfernte indogermanische oder gar außerindogermanische Sprachen zu bemühen: Das wohl wichtigste deontisch/faktische Modalverb des Französischen, il faut, ist bezeichnenderweise eines, das das ursprüngliche Subjekt des Hauptverbs in den Dativ verschiebt, und man kann auch sehr suggestiv die Alternative Dativ/Hilfsverb haben demonstrieren: (18)

8

9

il me faut faire qch./j 'ai à faire qch.

Allerdings erwähnt Thielmann (1885a:381) auch Beispiele des Alternierens von Dativ und haben, in denen sich die modale Bedeutung klar aus den hinzugefügten Lexemen ergibt: opus habeo re (Colum. 9,1,5; neben mihi opus est re), necesse/necessarium habeo neben mihi necesse/necessarium est. Zum Verhältnis der beiden Periphrasen Infinitiv + habere und Gerundivum + habere siehe Pinkster (1987:208f.), Ramat (1982:368); zur semantisch-funktionalen Verteilung der verschiedenen Modalperiphrasen im Lateinischen siehe Kooremann (1995).

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Diese beiden Sätze sind zwar nicht gleichbedeutend, zumindest aber drücken beide (nicht-epistemische) Notwendigkeit aus, die den (potentiellen) Agens der bezeichneten Handlung betrifft. Bekannt für dativische Modalkonstruktionen sind schließlich das Polnische und das Russische. 10 Worin besteht nun dieser doppelte Zusammenhang, der einerseits die haben-Periphrase mit dem dativus auctoris, andererseits die Perfektperiphrase mit der Modalperiphrase zu verbinden scheint? 11 In der Indogermanistik bzw. der Allgemeinen Sprachwissenschaft gibt es, soweit ich sehe, drei grundlegende Ansätze zur Deutung der nicht-nominativischen Agensmarkierung in der Perfektperiphrase. 12 Einige Autoren führen diesen Markierungstypus auf den infiniten Charakter des Verbs in der Periphrase zurück. 13 Der infinite Charakter wiederum kann in Zusammenhang gebracht werden mit dem Stativen Charakter, den das Perfekt aufweist (und den man auch der Modalität unterstellen könnte). 14 In der Tat scheint diese Annahme besonders plausibel für den Genitiv: Als genuin adnominaler Kasus ist er im Auftreten weitgehend an infinite Verbformen gebunden; er fungiert dort gewissermaßen als „Genitiv der Zugehörigkeit im weitesten Sinne" (Hettrich 1990:96). Weniger einleuchtend ist diese Erklärung für den Dativ (der ja durchaus und zuerst ein ad-verbaler Kasus ist). Fälle wie die Beispiele ( l ) - ( 3 ) und unten (19), in denen der Dativ ja mit finiten Verbformen konstruiert ist, wären dann überhaupt nur als sekundäre Generalisierungen beschreibbar. Überhaupt nicht einsichtig ist, was die Wahl des Verbs haben mit einem ursprünglich infiniten Charakter der Verbform zu tun haben könnte. 15 Ein anderer traditioneller Erklärungsansatz bringt die Fälle von genitivischer und dativischer Agensmarkierung in Zusammenhang mit der Vielzahl derjenigen Konstruk-

10

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14

15

Weitere siehe Drossard (1991b:6ff). Beispiele aus anderen, auch neuen indogermanischen Sprachen für dativisches Subjekt in modalen/futurischen/perfektischen Kontexten findet man auch bei Schmalstieg (1980:173) (allerdings ohne Hinweis auf diese spezifische distributionelle Ausrichtung der Belege). Die Parallelität zwischen Modalität und Perfekt bezüglich einer besonderen Agensmarkierung wird auch von Klaiman (1987:68f.) in verschiedenen indischen Sprachen beobachtet. Diese drei Ansätze sind durchaus kontrovers diskutiert worden, vgl. bes. Benveniste (1962, 1968, 1970); Kurytowicz (1931/1973: bes. 107f.); Schnorr von Carolsfeld (1934) mit weiteren Hinweisen; Comrie (1976:84ff.); Cardona (1970); Stempel (1983:68ff.); Hettrich (1990). Z.B. Hettrich (1990:61ff., 75ff„ 94ff„ 96); Stempel (1983:83ff„ vgl. auch 69f.). Schmalstieg (1980: 166ff., bes. 172ff.) sieht in den indogermanischen genetivi bzw. dativi auctoris Reflexe einer Situation, in der noch gar kein Unterschied zwischen finitverbalen und nominalen Prädikaten bestand. Zur übereinzelsprachlichen Tendenz, perfektische Bedeutung periphrastisch unter Rückgriff auf infinite Verbformen auszudrücken, siehe Bybee/Dahl (1989:56ff.). Seiler (1984:94) und Drossard (1991c:172ff.) konstatieren universell bei Stativität Übergänge des Verbs zur Nominalität, was ja auch auf Infinitheit hinausläuft. Wenn man davon absieht, daß auch die haben-Periphrase, wie jede andere Periphrase, den ursprünglich nominalen (hier: adjektivischen) Charakter des Hauptverbs voraussetzt. Dies erklärt aber nicht den speziellen Zusammenhang zwischen der Wahl gerade dieses Hilfsverbs (z.B. gegenüber der Kopula) und der Infinitheit.

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tionsformen, bei denen der Agens nicht nur im Dativ oder Genitiv (d.h. einem im engeren Sinne „possessiven" Kasus), sondern im Instrumental, Ablativ oder Lokativ konstruiert ist, und die insbesondere im Awestischen, Altindischen, aber auch in neuindischen Sprachen geläufig sind.16 Hier werden die betreffenden Formen in eine andere Diskussion verschoben, nämlich in die Diskussion um die Ergativität (früher auch „Passivität") des Perfekts. 17 Hierbei werden alle Fälle von nicht-nominativischer Agensmarkierung18 aufgefaßt als Instanzen von split ergativity, genauer als Fälle von TMA-split, d.h. dem Gebrauch von ergativischen Kasus-Patterns in Abhängigkeit von einer temporal-aspektuellen Kategorie, hier dem Perfekt. Zur Begründung für diese ergativische/passivische Struktur im Perfekt wird gerne auf die „Patiensorientiertheit" des Perfekts verwiesen. 19 Perfekte (synthetische wie periphrastische) entstehen normalerweise aus Resultativkonstruktionen.20 Es ist plausibel, daß das Resultat eines Vorgangs sich in erster Linie am Patiens festmacht. Wenn nun dieser resultierende Zustand durch ein Verbaladjektiv ausgedrückt wird, wird das Bezugsnomen normalerweise den Patiens des implizierten Vorganges bezeichnen; bei prädikativer Konstruktion des Adjektivs wird dieser dann als Subjekt auftauchen. Dies führt beispielsweise zu der uns geläufigen Asymmetrie beim Partizip der neuen indogermanischen Sprachen: Das ursprüngliche indogermanische Verbaladjektiv auf -to wird zum Partizip Perfekt, das bei einstelligen Verben aktiv, bei zweistelligen Verben aber passiv (d.h. mit dem Patiens an Subjektstelle) ausgedeutet wird. Aus dieser Patiensorientiertheit des Resultativums leitet Comrie (1976:86; 1981:70f) eine generelle Tendenz zur Ergativität des Perfekts ab. Zuzustimmen ist hier darin, daß diese Tendenz zur passivischen Ausdeutung des Resultativums und damit zur Ergativität des Perfekts eine Voraussetzung für die dativisch/genitivische Agenskodierung ist. In jedem Fall stellt die Markierung des kanonischen Subjekts eines Verbs mit einem Dativ oder Genitiv eine diathetische Verschiebung gegenüber der kanonischen Form des Präsens dar. Allerdings wird mit der undifferenzierten Subsumierung der von Benveniste diskutierten dativisch/genitivischen Perfektperiphrasen unter das Schlagwort 'Ergativität' bzw. 'Passivität' eine wichtige Bedeutungsspezifik der Formen verwischt, und zwar genau die, die Benveniste und die 16 17

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20

Vgl. bes. Cardona (1970:lff.); Hettrich (1990: bes. 58, lOOff.). Comrie (1976:85f., 1981); Drossard (1991b:llf„ mit Distanz), Tsunoda (1981:41 Iff.); Klaiman (1987: bes. 63ff.); S.R. Anderson (1977:333ff., speziell für das Hindi und das Nepali); DeLancey (1981: 646ff„ 1982:167ff.); Lehmann (1982:109). Ausgangspunkt der Diskussion um die „Passivität" des Perfekts waren die Untersuchungen von W. Geiger (1893) zum Iranischen und H. Schuchardt (1895) zu den kaukasischen Sprachen. Der Terminus 'Agensmarkierung' ist hier üblich, wenn auch unglücklich, da es auch um solche Fälle geht, wo das ursprüngliche Subjekt andere Rollen einnimmt, wie in mihi est visum 'ich habe gesehen' . Aus Gründen der Klarheit werde ich im folgenden deshalb bisweilen auch von 'Ausgangssubjekt' oder 'kanonischem Subjekt des Verbs' sprechen. Gemeint ist bei allen drei Termini der Aktant, der im Präsens Indikativ die Subjektstelle einnimmt. Z.B. DeLancey (1981:646ff.); Comrie (1976:86, 1981); Drossard (1991b:12); Schulze (1990:10, der 'Perfekt' von vorneherein als Zustand ohne „Cause" definiert); Haspelmath (1994). Klassisch Wackemagel (1904/1953); im Zusammenhang mit der diathetischen Ausdeutung des indogermanischen Verbaladjektivs auf -to Brugmann (1895:96); Herzog (1910:85ff.). Vgl. bes. die Beiträge in Nedjalkov (1988); Überblick und Literatur auch bei Haspelmath (1994).

Transitivität, Diathese und Perfekt

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Grammatikalisierungstheorie mit 'Possession' zu umschreiben versuchen, und die den Zusammenhang zwischen dem Hilfsverb haben und den anderen Perfektkonstruktionen begründen kann. Mit split ergativity werden relativ ungenau alle Situationen beschrieben, in denen - abweichend von der Grundform - der Patiens (genauer: das Direkte Objekt der Ausgangsform) in den zentralen Kasus (Nominativ oder Absolutiv, d.h. einen Kasus, der unabhängig von der Rolle das einstellige Verb begleitet und/oder mit dem das Verb kongruiert) gerückt ist, während das Ausgangssubjekt (der , Agens") in einem anderen Kasus auftritt als dem Nominativ, beispielsweise als Lokativ, als Instrument tal, 21 als Dativ, als Genitiv oder Akkusativ. Welcher Kasus oder welche Präposition dies ist, steht nicht zur Debatte bzw. reduziert sich auf die Feststellung der größeren Peripherizität. In dieser allgemeinen Form aber ist Ergativität keineswegs ein Spezifikum des Perfekts. Im Gegenteil: split ergativity kann sich an sehr verschiedenen Kriterien orientieren, und das Perfekt ist keineswegs die eigentliche 'Domäne' ergativischer Strukturen im sogenannten Τ M A - s p l i t ' . 1 2 Worin der Unterschied zwischen Ergativität/Passivität und dem uns interessierenden Phänomen liegt, sei demonstriert an dem „klassischen" Beispiel für dativische Perfektmarkierung: 23 (19) Präsens: Aorist: Perfekt/Evidentialis:

student-i sçers megobar-s çeril-s Student-nom schreibt Freund-dat Brief-dat student-ma misçera megobar-s ceril-i Student-erg schrieb Freund-dat Brief-nom student-s miuçeria megobrisa-t'vis çeril-i Student-dat schreibt-perf pass Freund-fiir Brief-nom

Wie man sieht, liegt die klassische Ergativ-Konstellation im Aorist vor: 24 hier wird der Patiens in dem Kasus markiert, der auch beim intransitiven Verb steht (und der im akkusativisch organisierten Präsens den Nominativ darstellt und den Agens markiert), 21

22

23 24

Lokativ und Instrumental hier als formale Kasuskategorien, die primär dem Ausdruck von Ort und Instrument dienen. Auch wenn manche Fälle von perfect split speziell in den indoarischen Sprachen sich als klassische Fälle von split ergativity erweisen, vgl. bes. S.R. Anderson (1977:333ff.); Klaiman (1987). Anderson (1977:330ff.) zeigt, daß es sich beim heutigen Hindi und Nepali tatsächlich um Ergativität des Perfekts handelt, die aus der passivischen Interpretation des ta-Verbaladjektivs entstanden ist. Anderson (1977:341) trennt sorgfältig die passivische und die „possessive" Konstruktion des Perfekts als zwei völlig verschiedene Quellen für letztendliche Ergativität des Perfekts, schließt sich also letztlich Benvenistes possessiver Deutung für bestimmte Sprachen an. Zum Überblick über Verteilungen von split ergativity in verschiedenen Sprachen vgl. bes. Dixon (1994: Kap. 4). Beispiel von Allen (1964:342); ähnlich DeLancey (1982:176) mit weiterer Literatur. Zumindest in Allens (1964) Darstellung, die das komplexe Spiel der Verbalkongruenz im Georgischen außer acht läßt. DeLancey (1982:176) kommt - aufgrund der Verbalkongruenz - zu einer anderen Einschätzung, in der gerade das Perfekt als ergativisch anzusehen ist! Dies ist jedoch für uns unerheblich und zeigt nur die Unzulänglichkeit des Redens von Ergativität. Das von Allen (1964) übernommene Beispiel genügt, um die uns interessierende Frage der tendenziellen Dativität des Perfekts aufzuzeigen. Eine andere Frage betrifft die genaue funktionale Beschreibung des „Perfekts" im Georgischen, das von zahlreichen Autoren eher als Evidentialis beschrieben wird (vgl. z.B. DeLancey 1981:647f.), was aber auch keinen Einfluß auf unsere Fragestellung hat.

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während für den Agens ein spezieller Kasus, also ein Ergativ eingeführt wird. Beim Perfekt ist die Situation eine andere: hier wird der Agens (bzw. der Aktant, der im Präsens Subjekt ist), mit einer Kasusform markiert, die zwar im Präsens allgemein die obliquen Aktanten kodiert (also neben dem Benefizienten/Experiencer auch den Patiens), die aber im Aorist dem Ausdruck des Benefizienten/Experiencer vorbehalten ist, und die insbesondere auch allgemein den Erstaktanten von „Empfindungsverben" und possessiven Verben markiert (Allen 1964:342), einer Form also, die semantisch am ehesten dem Dativ unserer Sprachen entspricht. Der eigentliche, valenzgegebene Benefizient muß dann mit einer Postposition (etwa 'für') markiert werden. 25 Es handelt sich also beim Perfekt nicht einfach um 'Ergativität' oder um die Markierung des Agens/ Ausgangssubjektes in einem periphereren Kasus, es handelt sich um die Markierung in dem Kasus, der normalerweise den Experiencer/Benefizienten markiert.26 Schließlich gilt auch für den Erklärungsansatz 'Ergativität' bzw. 'Patiensorientiertheit' des Perfekts, daß die Rolle der Aaèen-Periphrase ungeklärt bleibt. Gerade diese Form bewirkt ja eben die Aufhebung des ergativischen/patiensorientierten Effektes des Partizips, indem sie den Patiens wieder in die Akkusativposition schiebt, die ihm als Patiens nach einem finiten Verb mit Vorgangscharakter gebührt (Paul schlägt Hans > resultativ: der geschlagene Hans/Hans ist geschlagen > Paul hat Hans geschlagen). Unerklärt bleibt auch die Parallelität der Strukturen zur Modalperiphrase: Für den Komplex „prospective/future/potential/irrealis" fordert Comrie (1981:71) genau die entgegengesetzte Korrelation, nämlich Agens-Orientiertheit, tatsächlich aber finden wir hier, wie gesehen, genau die gleichen Kodierungsmuster wie beim Perfekt. Die dritte Position ist die eingangs referierte, die in den genitivi/dativi auctoris ebenso wie in den haben-Periphrasen ursprünglich possessive Konstruktionen erblickt. Am explizitesten wurde dies formuliert und weitergedacht von E.Benveniste, vor allem in den schon erwähnten Aufsätzen von 1952 und I960. 27 Für Benveniste gilt die Gleichung: 25

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Dabei ist die Perfektform nicht einfach ein Passiv: Zwar wird die Verbform als passivisch angesehen, normalerweise allerdings markiert das Passiv den Agens mit einem Instrumental oder einer Postposition und eben nicht im Dativ (Allen 1964:341). Dies entspricht also genau der Situation des agr./ lat. dativus auctoris, wie sie in den obigen Beispielen gegeben ist, wo auch der Dativ den Instrumental oder die Präposition als angestammte Agensmarker beim Passiv verdrängt. Ein weiterer für unsere Frage wichtiger Punkt ist, daß die dativische Agensmarkierung in jedem Fall eine vom Kanonischen abweichende Form ist, die man als Hinweis auf eine geminderte Transitivität des Ausdrucks ansehen kann (siehe dazu noch unten), während die klassische ergativische Struktur durchaus unterschiedlich beurteilt wird: Man kann sie entweder ebenfalls auffassen als symptomatische, mindertransitive Abweichung von einer kanonischen akkusativischen Grundstruktur (dies impliziert im Prinzip die Rede von der Ergativität des Perfekts oder von split ergativity ganz allgemein), oder aber selbst als kanonische Grundstruktur (in ergativischen Sprachen, vgl. Drossard 1991b:15, 1991a) mit maximalem Transitivitäts-/Agentivitätsgrad (so Hopper/Thompson 1980 bzw. Tsunoda 1981: bes. 428, Fn. 12; 401), von der ihrerseits wieder mindertransitive Abweichungen möglich sind, wie der Übergang von ERG-ABS ZU DAT-ABS, den Drossard (1991b:20) neben die Abweichung von akkusativischem NOM-AKK ZU DAT-NOM stellt. Zu Widersprüchlichkeiten bei der Einschätzung der Ergativität in Bezug auf den Transitivitätsgrad vgl. sehr instruktiv Croft (1995). Vgl. auch Benveniste (1962; 1970 etc.); als Vorgänger: Meillet (1912/1948); Kuryfowicz (1931/ 1973) u.a.; bezogen auf das Verhältnis Dativ/Genitiv besonders auch Havers (191 l:passim). Im

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Transitivität, Diathese und Perfekt mihi (meum) est vestimentum = mihi (meum) est visum = mihi est cantandum

habeo vestimentum habeo visum habeo cantandum/cantare

Benveniste hat sich also die traditionelle Vorstellung von der Typologie und Diachronie des possessiven Ausdrucks (Meillet 1923, Havers 1911) zu eigen gemacht und sie auf die Perfektperiphrase übertragen. Diese possessive Erklärung stimmt auch mit der großen Mehrzahl der vielen einzelsprachlichen Darstellungen über das Entstehen der haben-Periphrasen vor allem in den romanischen und den germanischen Sprachen überein. Es ist anzuerkennen, daß dieser Ansatz der einzige ist, der sich bemüht, sowohl das Perfekt als auch die Modalperiphrasen zu erklären, und der einzige, der Überlegungen über die konkrete Leistung und Motivierung der speziellen Formen angestellt hat. Zuzustimmen ist Benveniste meines Erachtens darin, daß er in der dativischen Konstruktion nicht einfach eine Kodierungsvariante zum nominativischen Subjekt sieht, wie es die Schlagwörter Passivität oder Ergativität des Perfekts insinuieren könnten, sondern, daß er den Einsatz des Hilfsverbs haben - oder alternativ dazu des Dativs - aus der gemeinsamen Bedeutung der beiden Morpheme zu erklären versucht. Nicht unbedingt klärend scheint mir hierbei allerdings das begriffliche Konzept 'Besitz' oder 'Possession'. Die empirischen wie theoretischen Probleme, die der Rekurs auf dieses Konzept für die Darstellung der Perfektentstehung im Lateinisch-Romanischen aufwirft, können hier nicht im einzelnen diskutiert werden. 28 Abgesehen davon, daß die dabei vorausgesetzte Metapher 'Besitz eines Vorganges' intuitiv etwas unbefriedigend scheint, sollte es meines Erachtens in der linguistischen Beschreibung nicht einfach darum gehen, Metaphern, die in der Sprache und ihrer Entwicklung auftreten, einfach zu theoretischen Konzepten zu erklären. Vielmehr sollte sich die Sprachwissenschaft bemühen, die abstrakteren tertia oder Bedeutungskonstanten, die solchen Metaphern zugrunde liegen, aufzudecken. Allen drei referierten Beschreibungsansätzen gemein ist ein relativ starkes Insistieren auf der „Stativität" des Verbalausdrucks beim Entstehen der Periphrase: der Zustandscharakter der ursprünglichen Periphrase ist Voraussetzung für den infiniten Charakter des Verbaladjektivs, 29 ebenso wie für die Resultativität, aus der die Patiensorientiertheit der Periphrase abgeleitet wird, die zur Ergativität des Perfekts führen soll. Und auch Benveniste invoziert da, wo er den Zusammenhang zwischen dem Konzept 'haben' und dem Konzept 'Perfekt' formulieren soll, die Stativität als gemeinsa-

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Anschluß an Benveniste Allen (1964); S.R. Anderson (1977); Seiler (1973/1977) (siehe noch unten); Drossard (1991b:9f., 1 Iff., 21f.) mit vermittelnder Position. Siehè dazu ausführlicher Jacob (1995). Zu Problematik und Sichtweisen des Konzeptes 'Possession' allgemeiner siehe auch Jacob (1991, 1993), wo argumentiert wird, daß 'Possession' eigentlich nur ein relativ ungenaues Etikett für eine Reihe sprachlicher Werkzeuge ist, deren Aufgaben sich bei näherem Hinsehen als wesentlich grundlegender und struktureller erweisen, als es die Anspielung auf ein relativ kontingentes anthropologisches Konzept 'Besitz' beschreiben kann. Siehe hierzu auch Langacker (1990). Vgl. bes. Heftrich (1990:75ff).

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mes Drittes. 30 Tatsächlich scheint es eine Art „magisches Dreieck" zu geben, gebildet aus dem Perfekt, aus der Stativität und aus den spezifisch diathetischen Verschiebungen, die wir gesehen haben. Dies bezieht sich im übrigen nicht nur auf das periphrastische Perfekt: auch bei der Entstehung des indogermanischen synthetischen Perfekts ist die - umstrittene - morphologische (und im Altgriechischen auch funktionale) Verwandtschaft mit dem Medium Anlaß für eine alte und bis heute nicht abgeschlossene Diskussion über die gemeinsame Herkunft der drei Kategorien Stativ, Medium und Perfekt gewesen, wobei einem ursprünglichen Stativ als gemeinsamer Ausgangskategorie die größten Chancen einzuräumen sind.31 Diese Zusammenhänge zwischen Stativ, Medium und Perfekt/Resultativum könnte man, zusammen mit der Tendenz zur dativischen Agensmarkierung, interpretieren als Effekte verminderter Transitivität im Sinne von Hopper/Thompson (1980). Nach dieser Theorie ist ja Stativität ein Faktor für geringere Transitivität. Wiederum würde ich aber sagen, daß diese Aussage zu undifferenziert ist, um die eigentliche semantische Spezifität des Problems zu erfassen. So wie der Dativ nicht einfach irgendein peripherer Kasus ist (s.o.), so ist das Medium nicht einfach irgendeine Diathese und irgendein Zeichen verminderter Transitivität. Die Definitionen für 'Medium' innerhalb und außerhalb der Indogermanistik sind vielfältig.32 Wichtig ist, daß das Medium, im Gegensatz zum Passiv, eben nicht einfach ein Patiens an Subjektstelle führt. Immer wiederkehrende Elemente der Definition von 'Medium' sind: Rückbezüglichkeit der Handlung (daher die Nähe zum Reflexivum), Affiziertheit des Subjekt-Aktanten als Experiencer, Nutznießer oder Geschädigter und agenslose Vorgänge. Die ersteren beiden Elemente, Doppelrolle und Experiencer-/Betroffenencharakter des Subjektaktanten, seien für die weitere Argumentation zurückbehalten.33 Demonstriert wird das Dreieck Perfekt - Medium - Stativität auch an dem berühmten *uoide ('er hat gesehen, er weiß', vgl. z.B. Rix 1976:221) und an den germani30

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32

33

Benveniste (1960/1966:197ff.). Benveniste weist in diesem Zusammenhang auch auf die Ableitungen des Verbs habere im Lateinischen hin, die essentiell Habitualität(l) ausdrücken: habitare, habilis, habere i.d. Bed. 'wohnen' (1960/1966:199). Zur komplexen paradigmatisch-semantischen Interaktion von Perfekt und Medium und deren Diachronie im Altgriechischen vgl. Wackernagel (1904/1953:4); Haspelmath (1992); Szemerényi (1970: 270); Kurytowicz (1964:56, 58ff„ 61ff.). Zur Diskussion um eine eventuelle morphologische Verwandtschaft zwischen Medium und Perfekt im Indogermanischen vgl. Kuryiowicz (1964:56); Szemerényi (1970:305ff.); Adrados (1981); Rix (1988); Boley (1984:99ff.); Schulze (1990). Auf universeller Ebene postuliert L.B. Anderson (1982:230ff.) eine semantische Nähe zwischen Perfekt, „dative-subject construction", „ethical dative", „affective dative", „affective passive" und „middle voice". Vgl. zum Indogermanischen Szemerényi (1970:234); Rix (1988: bes. 104); Strunk (1980:324ff.); allg. Kemmer (1993). Auch die Fälle der Agenslosigkeit könnte man, wenn nicht als Fälle von Doppelrolle, so doch als Fälle von Ambiguität oder Unsicherheit in der Rolle des Subjekts ansehen: zumeist geht es hier um Vorgänge, bei denen nicht recht klar ist, ob das Subjekt nun als Patiens oder als Agens anzusehen ist, so etwa bei den häufigen Bewegungs- und Positionsveränderungsverben oder der Bezeichnung spontaner Ereignisse. Diese ambige Rolle des Subjekts ist sehr suggestiv beschrieben durch den Begriff der „relative elaboration of events" von Kemmer (1993: bes. 109ff.).

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sehen sogenannten ,Präteritopräsentia'' (Adrados 1981:29; Maslov 1988:71), Verben, die die Formen eines starken (germanischen) Präteritums, dabei aber präsentische, stative Bedeutung haben und zu dieser Grundform ein schwaches Präteritum bilden. Da es sich bei dem Formenbestand des Präsens dieser Verben um Reste des Stativen indogermanischen Perfekts handelt, wird öfters der Terminus „Perfektopräsentia" als angemessener vorgeschlagen. Es handelt sich dabei um ca. 13-15 Verben, die fast alle in allen altgermanischen Sprachen existieren:34 witan 'wissen', munan 'denken, gedenken', durian 'wagen, Mut haben', kunnan 'wissen, kennen', dugan 'taugen', magan/ mugan 'können, vermögen, erreichen', igan/aigan 'haben, besitzen', ogan 'fürchten', lizan 'wissen, können, gelernt haben', purban, 'bedürfen, nötig haben', unzan 'lieben', motan 'Raum, Freiheit haben; können, dürfen', skulan 'schuldig sein, sollen'. Auch Benveniste (1960/1966:197) zieht die „Präteritopräsentia" in der Argumentation heran, um die Verwandtschaft von Perfekt und Stativität zu beweisen und damit auch den Einsatz des Verbs haben zu begründen: er verweist auf den Zustandscharakter als gemeinsames Merkmal dieser Verben (vgl. auch Drossard 1991b:9f.).35 Er ignoriert dabei allerdings ein noch auffälligeres Merkmal, nämlich deren spezifische semantische Valenz: Neben haben und Modalverben handelt es sich in der großen Mehrzahl um Verben der Wahrnehmung bzw. Kognition, während andere (viel prototypischer) stative Verben wie z.B. leben, schlafen, stehen, bleiben, sich aufhalten o.ä. nicht auftauchen. Nicht umsonst rekrutiert sich fast der gesamte Bestand der Modalverben aller modernen germanischen Sprachen aus dieser Verbgruppe (vgl. nhd. sollen, können, dürfen, müssen, mögen, engl, ought, may etc.). Man kann anhand ihrer Entwicklung auch sehr schön den immer wiederkehrenden Zusammenhang von Wahrnehmungsund Modalverben sehen ('wissen'/'kennen' > 'vermögen' > 'können'; 'fürchten' > 'sollen' > 'müssen'). Wir stoßen also auch hier wieder auf altbekannte semantische Bereiche, zum einen die Modalität, diese aber ihrerseits sekundär entstanden aus solchen Verbbedeutungen, in denen an Subjektstelle keine Agens- oder Patiens-Rolle, sondern eine Experiencer-Rolle kodiert ist, d.h. eine Rolle, die große Nähe zum Dativ hat: *uoide 'er wei&!hat erfahren - ihm ist bekannt'; skal 'je dois faire -}'ai à faire - il me faut faire', aih 'ich habe, mir ist'. 36 Allenthalben finden wir also dieselbe Affinität zwischen Resultativum/Perfekt, bzw. Modalität einerseits und andererseits einer Konstellation, in der der , Agens" oder das kanonische Subjekt des Verbs entweder semantisch oder formal Züge trägt, die es als untypischen Agens ausweisen: Diachron-morphologisch besteht eine Nähe zwischen Perfekt und solchen Verben, die an Subjektstelle keinen Agens, keinen Patiens, 34

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Im folgenden die erschlossenen urgerman. Formen und Bedeutungsangaben, wie sie bei Birkmann (1987) aufgezählt sind, vgl. bes. seine Zusammenfassung S. 87. Daß die allgemein verbreitete Vorstellung von der Stativität als semantischem Bindeglied der Präteritopräsentia mehr als problematisch ist, wird von Birkmann (1987: bes. 4ff., 87) klar herausgearbeitet. Vielleicht bieten meine folgenden Beobachtungen ein besseres semantisches Kriterium. Maslov (1988) nennt auch noch die lateinischen Verben auf -eo(habeo, debeo...): auch deren Gemeinsamkeit wird üblicherweise in der Stativität gesehen, auch sie weisen aber die spezifische semantische Valenz auf, um die es mir hier geht. Und schließlich entsprechen auch die „perfecta praesentia" des Lateinischen zum größten Teil diesem Kriterium: memini, novi, consuevi, odi (nicht alle: coepi).

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sondern einen Experiencer oder Benefizìenten führen. Formal äußert sich die Verwandtschaft darin, daß das kanonische Subjekt in Formen oder Positionen auftaucht, die normalerweise einen Experiencer/Benefizienten zu kodieren pflegen, entweder als Dativ, als Subjekt einer medialen Verbform - oder als Subjekt von habenl Selbst die Wahl des Auxiliars haben läßt sich nämlich hier integrieren: Wenn man haben, in unseren Sprachen das zweithäufigste Verballexem, einmal nicht von seiner konkretesten, spezifischsten Bedeutung, sondern von seiner abstraktesten, allgemeinsten und wohl auch gängigsten Bedeutung her interpretiert, erscheint es quasi als verbum vicarium für alle die semantisch-syntaktischen Konstellationen, in denen nicht ein Agens an Subjektstelle auftaucht (diese Konstellation wird repräsentiert durch tun), auch kein Patiens (hier wäre sein das verbum vicarium), sondern ein Experiencer/Benefizient. Haben repräsentiert als genetischstes Verb die Konstellation, in der die dritte der „top three" (Givón 1984:87) unter den semantischen Kasusrollen an Subjektstelle kodiert ist.37 Es handelt sich um die Konstellation, die beispielsweise bei Verben des Besitzes (auch des 'Bekommens, Verlierens') vorliegt, aber etwa auch bei den Verben der Wahrnehmung bzw. der 'geistigen Präsenz'. Wenn man haben in diesem Sinne eher als abstrakten Repräsentanten einer bestimmten diathetisch-valenziellen Situation ansieht denn als possessives Verb, fügt sich die haben-Periphrase ganz natürlich in alle anderen beobachteten Tatsachen ein: Das Auftreten von dativischer Agensmarkierung, der Aaèen-Periphrase und die Nähe zum Medium sind gleichermaßen Symptome eines unprototypischen, „zwittrigen" Charakters des Agens beim Perfekt und bei der Modalität; das kanonische Subjekt nimmt neben seiner angestammten Rolle zusätzliche Merkmale eines Experiencers/Benefizienten an. Dabei besitzt die Aaòew-Periphrase gegenüber den anderen Kodierungsvarianten den „Vorteil", diese zweite Funktion zu kodieren, ohne die oberflächlich transitive, akkusativische Organisation aufzugeben, die der normalen Valenz des Verbs entspricht. Bei der ftaèen-Periphrase kann das kanonische Subjekt Subjekt bleiben und bekommt dennoch, durch die spezifische Valenz des Verbs haben, etwas von der Betroffenen-Rolle mit, die ihm bei Modalität/Perfekt semantisch zukommt. Bleibt nur noch zu klären, wie es zu diesem Experiencer-/Benefizienten-Charakter des Ausgangssubjekts beim Perfekt und der Modalität kommt. Für die Modalität ist diese Doppelfunktion des Subjekts beschrieben worden: Man kann das Subjekt des Modalausdruckes auffassen einerseits als Agens,38 gleichzeitig aber als 'Betroffenen' der Situation, in der für ihn diese Handlung möglich, notwendig etc. ist.39 Der Agens 37

38 39

Vgl. zu dieser traditionellen Vorstellung der Kasusgrammatik Fillmore (1968:47) und in der Folge Manoliu-Manea (1985:§§3.2, 6.2-4) bzw. Barnes (1980); sowie Heger ( 2 1976: bes.140, Modell 17a); vgl. auch Jacob (1991:17Iff., bes.l75f.). Einen Versuch, das Verb haben ohne Rückgriff auf das Konzept 'Possession' zu deuten, macht auch Langacker (1990). Bzw. als Träger der Rolle, die ihm das Verballexem kanonisch zuweist. Vgl. Drossard (1991b:7): „Die (b)-Variante [gemeint: ein dativischer Modalausdruck, D J . ] präsentiert dabei das potentielle AGENS als Adressaten einer von außen an es herangetragenen Verpflichtung". Drossard arbeitet klar heraus, daß deontische Modalität („intention", „permission", „ability", „obligation") ganz stark einhergeht mit der Koinzidenz von „Actor (Initiant)" und „Experiencer". Drossard spricht von einer „Affinität/Identität von Experiencern und modalen ΙΝΓΠΑΝΤΕΝ" (1991b:9).

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ist also beim Modalausdruck gleichzeitig Handelnder und Betroffener, betroffen von der Notwendigkeit (oder Möglichkeit) seines Handelns.40 Formal ist das sehr suggestiv bei Heger (1979) beschrieben, in Form einer Referenzidentität zwischen dem Agens (Subjekt des Verbs) und einem Aktanten, der als Betroffener („Finalaktant") in der Prädikation auftritt: (il me faut venir: 'es ist für mich notwendig, daß ich komme'). Der Wechsel des kanonischen Subjekts in eine Kodierung, die typisch ist für 'Betroffenheit', 'Experiencer', 'Benefizienten', ist Ausdruck dieser zweiten Funktion, die ihm neben der angestammten Subjektrolle zukommt. Eine analoge Doppelrolle (Experiencer-Charakter des Subjekts neben der angestammten, valenzbedingten Rolle) wäre nun auch für das Perfekt zu postulieren. Man könnte dies als Ausgangshypothese für einen empirischen Blick auf die Entstehung des haben-Períékts vom Latein zu den romanischen Sprachen nehmen, der ich mich in den verbleibenden Abschnitten zuwenden will.41 Wenn man sich die Belegsituation im Lateinischen ansieht, wird man zunächst enttäuscht. Der - nach einhelliger Meinung - im Lateinischen älteste Belegtyp weist keinerlei Tendenz zu verminderter Agentivität oder gar einen Experiencer-Charakter des Subjektaktanten auf: (20)

oportet [...] clausa habere ostia acfenestras

(Varrò rust. 2,7,10)

(21)

multiplex aerumna exercitam med habet (Plaut. Epid. 529)

(22)

inclusum in cuña senatum habuerunt... ita multos dies (Cie. Att. 6,2,8)

Die Bedeutung der Periphrase ist hier 'etwas in einem Zustand halten' oder sogar 'festhalten': Der mit habere angeschlossene Aktant besetzt die Rolle eines 'Kausators', die zu der ursprünglichen Agensrolle des Verbs hinzutritt. Es erscheint evident, daß diese Verwendung die „ältere", ursprünglichere Bedeutung des Verbs habere, nämlich das konkretere und agentivischere 'halten' voraussetzt.42 Von verminderter Agentivität kann hier, wie gesagt, keine Rede sein. Im Gegenteil, die kausative Grundbedeutung der Periphrase weist ja gerade dem Subjekt eine relativ hohe Agentivität zu. Was wir allerdings vorfinden, ist, daß die Periphrase bereits hier einen diathetischen Wert hat, indem sie eine Aktantenrolle eröffnet, die im Verb gar nicht angelegt ist. Die Konstruktion setzt nicht einmal eine Agensrolle für das untergeordnete Lexem voraus: (23)

40

41

42

Quoius ante aedificium semita in loco erit, is earn semitam [...] lapidibus perpetueis integréis continentem constratam recte habeto (Lex Iulia municipalis 53f.) 'Der, vor dessen Gebäude ein Weg situiert ist, soll diesen Weg durchgehend mit ganzen Steinen zusammgefugt und bedeckt halten'

Vgl. auch Hettrich (1990:73), der den agentischen Dativ bei Modalausdrücken sogar rundweg als 'dativus commodi' einordnet. Zum Folgenden siehe z.T. ausführlicher Jacob (1995) mit einem Überblick über die Literatur zu Belegtypen und Chronologie im Latein. Einschlägig ist bis heute Thielmann (1885b). Zur Bedeutungsentwicklung des Verbs habere siehe neben dem Thesaurus Linguae Latinae und den einschlägigen etymologischen Wörterbüchern auch Meillet (1923).

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Im Normalfall ist es allerdings so, daß der Kausator referenzidentisch ist mit dem kanonischen Agens und Subjekt des Verbs: (24)

tum demum includere [apes] et... triduo fere clausas habere (Colum. 9,9,1)

(25)

sed hoc tu tecum taciturn habeto (Plaut. Poe. 890; Happ 1967:98)

Es wird normalerweise derjenige sein, der die Bienen eingeschlossen hat, der auch in der Lage ist, diesen Verschluß aufrechtzuerhalten. Und nur der, der etwas verschweigt, kann den Zustand der Verschwiegenheit auch aufrechterhalten. Wenn die Periphrase hier also eher gesteigerte als geminderte Agentivität ausdrückt, weist sie dennoch zwei der drei gesuchten Elemente auf: die Stativität (hier sogar als Durativität) sowie die Formulierung einer additiven semantischen Rolle, durch welche die kanonische Rolle des Verb-Subjekts gedoppelt wird. Der zweite große Belegtyp der Periphrase habeo + PPP, zeitlich weitgehend auf die klassische Epoche beschränkt, ist der mit Wahrnehmungsverben: (26)

dicam de istis graecis suo loco, Marce fili, quid Athenis exquisitum habeam (Cato, ad fil. frg. 1) ' . . . was ich in Athen herausgefunden habe'

(27)

quantum autem in acie tironi sit committendum nimium saepe expertum habemus (Plancus apud Cie. Fam. 10,24,3)

(28)

Clodii animum perspectum habeo, cognitum, iudicatum (Cie. ad Brut. 1,1,1)

(29)

scio quidem et bene compertum habeo (Comment. Lucan. p. 70,18)

Dieser Belegtyp nun repräsentiert unmittelbar die Situation, in der das Subjekt eine Experiencer-Funktion einnimmt. Es fragt sich allerdings, worin eigentlich die Funktion der Periphrase hier liegt: Die Rolle, die haben hier seinem Subjekt zuweist, unterscheidet sich überhaupt nicht von der Rolle, die das Subjekt ohnehin vom Verballexem zugewiesen bekommt. Ein Hinweis auf den Bedeutungsunterschied zwischen visum habeo und visi ergibt sich vielleicht aus einer Beobachtung von Thielmann (1885b: 519-521): Fast immer geht dieser Belegtyp einher mit einem Ausdruck der Verstärkung, so z.B. dem nimium saepe in (27), der asyndetischen Reihung mehrerer Verben und dem Präfix per- in (28), der Verb-Häufung und dem bene in (29). Vielleicht ist die Periphrase im Rahmen dieser Verstärkungsmittel zu sehen: Sie insistiert auf der Experiencer-Funktion, verdoppelt diese gewissermaßen. Zu bemerken ist im übrigen, daß es einen weiteren Gebrauch der Form habere + PPP gibt, bei dem dem Subjekt ebenfalls eine Experiencer-Funktion zugewiesen wird, allerdings eine, die im Normalfall nicht durch das Subjekt, sondern durch den Dativaktant zu besetzen wäre: (30)

satis iam dictum habeo (Plaut. Persa 214; Herzog 1910:112) 'ich habe genug gesagt bekommen'

(31)

is sibi responsum hoc habeat (Ter. Phorm. prol. 17) 'dies sei ihm geantwortet'

Transitivität, Diathese und Perfekt (32)

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cuius salutem a senatu... commendatam habebam (Cie. epist. 15,4,6) 'dessen Wohlergehen mir vom Senat ans Herz gelegt war'

Hier hat die Periphrase eine ganz klar diathetische Funktion, die dazu dient, den Experiencer an Subjektstelle zu kodieren, und zwar abweichend von der normalen Valenz des Verbs. Die chronologische Verteilung der Belege läßt sogar die Vermutung zu, daß dieser Belegtyp gegenüber dem Typ mit Wahrnehmungsverben der ältere ist. In beiden Fällen scheint mir der eigentliche Zweck der Periphrase zu sein, die natürliche Valenz des Verbs haben (als generisches Experiencer/Benefizienten-Verb) dahingehend zu nutzen, die Experiencer-Rolle des Satzsubjekts festzuschreiben oder hervorzuheben. Darüber, wie der kausative Belegtyp und der Experiencer-Typ miteinander zusammenhängen könnten, erlaubt die lateinischen Beleglage nur sehr hypothetische Vermutungen. Einen Hinweis könnten die recht frequenten und gern zitierten Beispiele aus dem politisch-militärischen Bereich geben, bei denen das Subjekt einen Machthaber bezeichnet und die Handlung in einer strategischen Aktion besteht: (33)

[equitatum] quem ex omni provincia...

coactum habebat (Caes. Gall. 1,15,1)

(34)

in alas divisum socialem exercitum habebat (Liv. 31,21,7)

(35)

[Romulus] et ipse... urbem condidit auspicato et... cooptavit augures, et habuit plebem in clientelasprineipum discriptam (Cie. Rep. 2,16; Pinkster 1987:202)

Gerade im letzten Beispiel kann man die Periphrase kaum anders als mit 'lassen' übersetzen (weder eine possessive noch eine plusquamperfektische Auflösung gäbe einen Sinn). Ein Zwischenschritt zwischen der kausativischen und der Experiencer-/Benefizienten-Verwendung der Periphrase könnte also in der Faktitivität liegen. Dies ist ein Übergang, wie wir ihn aus dem heutigen Englischen kennen: I have my car repaired 'Ich lasse mein Auto reparieren/das Auto wird mir repariert'. In der Faktitivität kann der Kausator leicht zum Nutznießer oder Betroffenen der Handlung uminterpretiert werden. Auch im Französischen kann man diese Uminterpretation vom faktitiven Kausator zum Experiencer/Benefizienten finden (Pierre se fait voler sa voiture). Ein zweiter möglicher Übergang zwischen Kausativität und Experiencer-Charakter besteht in der Habitualität: (36)

[vilica] villam conversarti mundeque habeat (Cato r.r. 143;2)

(37)

boves maxima diligentia curatos habeto (Cato r.r. 54,3)

(38)

nimium ego te habui delicatam (Pl. Men. 119f/l,2,10; Happ 1967:97)

(38)

quando te auratam et vestitam bene habet (Pl. Men. 5,2,50)

(39)

templa deum, quae pagatim sacrata habebant (Liv. 31,26,10)

Kollokationen wie profanumlvileldespicatum habere ('nicht achten, verachten, gering schätzen') bilden die Endpunkte einer Filiation von Belegen, die meines Erachtens sehr klar den metonymischen Übergang demonstriert, der von der Bedeutung 'etwas in

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Daniel

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einem bestimmten Zustand halten' über 'etwas in einer bestimmten Weise halten, behandeln', 'etwas in einer bestimmten Weise nehmen, auffassen', 'etwas in einer bestimmten Weise wahrnehmen, erfahren' geht. Die Kollokation consuetum habere (analog zu dt. an etwas gewöhnt sein 'etwas als normal empfinden') repräsentiert den Zusammenhang zwischen Habitualität und Wahrnehmung idealtypisch. Auch hier finden wir wieder eine spezifischere Fassung eines allgemeineren Prinzips aus der Transitivitätstheorie von Hopper/Thompson (1980:271ff., bes. 276): sie haben herausgearbeitet, daß auch „continuous action" mit einem geringeren Transitivitätsgrad (in unserem Fall mit Minderung der Agentivität des Subjektaktanten) einhergeht. Es gibt schließlich einen dritten großen Belegtyp der lateinischen Periphrase habere + PPP. 43 Hierbei bezeichnet das Verb eine Handlung des Subjekts, aus der sich für den Handelnden eine soziale Konsequenz ergibt. Eine Handlung, die sich in ein System von Berechtigung, Verpflichtung, Verantwortung, Schuld und Verdienst einordnet. Sehr häufig handelt es sich um performative Verben: (41)

excusatum habeas me rogo (Martial 2,79,2) 'daß Du mich entschuldigst, bitte ich'

(42)

habe rem pactam bzw. pactam rem habeto (Plaut Poe. 854 bzw. 1157; Happ 1967:98) 'Abgemacht!'

(43)

ecce episcopum...

(44)

sicut domnus imperator

invitatum habes (Greg. Tur. vit. patr.) mandatum habet (Capit. Caroli M. 146,32)

Aber auch andere (Symbol-)Handlungen von juristischer, religiöser oder sozialer, kurz zwischenmenschlicher Relevanz können auftauchen: (45)

quodsi feceris, me... máximo beneficio devinctum habebis (Cie. Att. 16,16B, 9) 'wenn du das tust, wirst du mich durch einen sehr großen Gefallen verpflichtet haben (werde ich dir sehr dankbar sein)'

(46)

nam et capillos nostros ipse utique creavit et numerates habet (Aug. Serm. 62, 10,15; Pinkster 1987:201) 'denn sogar unsere Haare hat er durchaus erschaffen und gezählt'

(47)

quaestor... in taboleispoplieeis scriptum habeto (CIL 1 198,58) 'der Quästor soll in den öffentlichen Tafeln schriftlich festhalten.

In Jacob (1995) habe ich diese Verwendung der Aaèen-Periphrase als unmittelbares Gegenstück zur modalen Periphrase habere + Infinitiv gedeutet, gestützt auf J. Lyons' Terminus „acts performed by morally responsible agents", der sich auf die mit dem Infinitiv gebildete Modalperiphrase bezieht, der aber ebensogut auf die Periphrase mit PPP anwendbar ist. Die Gemeinsamkeit besteht darin, daß eine Verpflichtung oder 43

Vgl. zu dieser Gebrauchsweise vor allem Seiler (1973/1977), der diese Verwendung unter dem Titel „Possessor of an Act" (!) paraphrasiert hat mit der Formel „the POSSESSOR is credited with the ACT" (1973/1977:170, 174), allerdings mit Bezug auf die dativische Form mihi est emptum bzw. auf Beispiele aus dem modernen Dt. und Engl.

Transitivität, Diathese und Perfekt

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Berechtigung für den Subjektaktanten formuliert wird: im einen (modalen) Fall eine Verpflichtung oder Berechtigung zu einer Handlung (also klassische deontische Modalität), im anderen Fall eine Verpflichtung oder Berechtigung, die sich aus einer Handlung ergibt. Ich spreche deshalb von „vergangenheitsgerichteter Deontik". Gemeinsam ist beiden Periphrasen also, daß die Agentivität, die dem Subjekt (als dem Agens des Hauptverbs) zukommt, gedoppelt wird durch eine Experiencer-/Benefizienten-Rolle: Der Agens erscheint gleichzeitig als betroffen von der deontischen Notwendigkeit/ Möglichkeit (d.h. Verpflichtung bzw. Berechtigung), vor der er sich findet.44 Hier haben wir also genau die Konstellation vor uns, die in der obigen Hypothese gesucht war. Man könnte fast sagen, daß es sich um zwei syntagmatisch unterschiedliche Verwendungen einer einzigen Periphrase handelt. Der einzige Unterschied liegt für mich darin, daß der inaktuelle Infinitiv zu einer zeitlichen Projektion der Handlung in die Zukunft führt, während das perfektive ίο-Partizip eine Projektion der Handlung in die Vergangenheit auslöst. Auch hier kann der Übergangsweg von den anderen Verwendungstypen nur angedeutet werden. Ein Zwischenschritt von der kausativ-durativen Verwendung zur deontischen scheint der Typ 'Erreichter Zustand als Absolvierung einer Verpflichtung' zu sein: (48)

ut ante Kalendas Sextiles omnes decumas ad aquam deportatas Cicero zitiert hier ein Edikt)

haberent (Cie. Verr. 3,36;

(49)

Prima adulescentia patrem familiae agrum conserere studere oportet. [...] conserere cogitare non oportet, sed facere oportet. Ubi aetas accessit ad annos XXXVI, tum aedificare oportet, si agrum consitum habeas (Cato r.r. 3,1)

Ein anderer Weg zur deontischen Bedeutung führt aus dem Belegtyp mit Wahrnehmungsverben: Eine Zwischenkategorie zwischen Wahrnehmung und deontischer Handlung ist die Anerkennung. Man kann Belege wie excusatum habere 'entschuldigen' durchaus auch paraphrasieren mit 'als entschuldigt ansehen'. Die Variantenreihung ratum habere - ratum ducere — ratum facere (Forcellini 1871, s.v. ratus, paraphrasiert alle drei mit 'firmum esse putare') zeigt den fließenden Übergang zwischen dem Wahrnehmungsaspekt und dem performativen Handlungsaspekt der Anerkennung. Als Gesamtbild ergeben alle diese Übergänge das Folgende: Aus der ursprünglichen kausativen Doppelung der Agensrolle (habeo inclusum) ergibt sich zunächst eine Art „Dissimilation", in der die übergeordnete, kausative Rolle sich „abschwächt".45 Diese Abschwächung mündet in eine sekundäre Experiencer-/Benefizienten-Rolle. Ob es nun in Form der Gewohnheit, der Verantwortung oder der Wahrnehmung ist, der Agens 44

45

Vgl. Drossard (1991a:468) zum Altgriechischen: „In diesem Beispiel kommt durch die Perfektform pepoietai Resultativität zum Ausdruck, und gleichzeitig wird signalisiert, - im Einklang mit der Auffassung Wackernagels - daß das Resultat zugunsten der Handelnden gesehen wird. Diese werden damit eher zu BETROFFENEN (als „benefactees" ihrer eigenen Handlung) als zu ΙΝΠΊΑΝΤΕΝ, wenn man dies so extrem deuten darf'. Schulze (1990:8f.) zeigt, daß die Rolle des Kausators/Agens bei Zuständen eigentlich eine unprototypische, in sich widersprüchliche Konstellation ist.

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erlebt seine Handlung in Form eines Zustandes, vor dem er sich befindet. Im Fall der Wahrnehmungsverben ergibt sich durch die Doppelung eine emphatische Verstärkung der Experiencer-Rolle. 46 Die Durativität bleibt erhalten, die Kausativität und die ursprüngliche Agentivität treten teilweise zurück hinter der neu geschaffenen Experiencerrolle. Es ist bezeichnend, daß der Gebrauchstyp Β (Experiencer-Verben) wie der Typ C (deontischer Gebrauch) jeweils eine dativische Variante besitzen (vgl. die Beispiele (4), (5) bzw. (6), (7)), nicht jedoch der Typ A.47 Wie es, nach-lateinisch, von dieser Situation zur letztlich rein temporalen und nicht mehr diathetischen bzw. deontischen Bedeutung der Periphrase kommt (wodurch der Subjektaktant wieder bei seiner ursprünglichen, durch die Verbvalenz gegebenen Rolle bleibt), wird in Jacob (1996) anhand des Altspanischen beschrieben. Zu betonen ist, daß es keine Weiterentwicklung der ,Abschwächung" der Subjektrolle etwa bis zum Patiens gibt. Die sekundäre Experiencerrolle ist nicht einmal mit der Patiensrolle kompatibel: Die haben-Periphrase taucht im Prinzip nur mit Handlungs- und ExperiencerVerben auf, während die Patiens-Verben bis ins romanische Mittelalter, z.T. bis heute, die typische Domäne der jem-Periphrase (asp. soy muerto, fastes nacido etc.) sind.48 Es zeigt sich nun auch, wie die Periphrasen in Bezug auf die Frage der Transitivität/Passivität/Ergativität einzuschätzen sind: Sicherlich kann man sagen, daß die beschriebenen modalen Und proto-perfektischen Patterns semantisch (im Fall der Dativ-Formen auch syntaktisch) jeweils eine geringere Transitivität aufweisen als die entsprechenden Präsens-Grundformen. Da diese Minderung aber grundsätzlich bei der Rolle des Subjekts ansetzt (der Patiens, soweit überhaupt vorhanden, bleibt in seiner Rolle unberührt), ist es wohl angemessener, von verminderter Kontrolle zu sprechen.49 Wichtig allerdings ist, daß diese 'verminderte Kontrolle' immer nur bis zu einer „Relativierung" oder Doppelung der Rolle des Subjekts führt, und daß sie immer nur bis zu einer Experiencer-/Benefizienten-Rolle, nie zu einer Patiens-Rolle führt. Dies scheint mir das Spezifikum aller oben angesprochenen modalen und (proto-)perfektischen Konstruktionen zu sein, das sich in der Nähe dieser Formen zur dativischen Agensmarkierung, zum Medium und zum Hilfsverb haben zeigt.

46

47

48

49

Der Fall habeo dictum 'mir wird gesagt' stellt eine diathetische Nutzung des Experiencer-Charakters des Verbs habere dar, die von der Perfektentwicklung abgekoppelt ist und die durch die Diachronie der romanischen Sprachen bis heute nachzuverfolgen ist, vgl. mod. frz. ils eurent leurs têtes tranchées. Bsp. (4) korrespondiert unmittelbar mit (26); in (6) bezeichnet das furtum quoi factum est den Dieb weniger in seiner Rolle als Handelnder als vielmehr in der Schuld/Verantwortung, von der er durch die Handlung betroffen ist. Zu Bsp. (7) vgl. eingehend Seiler (1973/1977). Auch in anderen Sprachen (etwa dem Engl.) ist ja die Verallgemeinerung von haben auf Kosten von sein als Perfekt-Hilfsverb nur der Effekt einer jüngeren Grammatikalisierung und Demotivierung. Mit Drossard (1991b:15ff.), der diesen Begriff eben auf die oben diskutierten Kategorien der Faktitivität, Stativität/Habitualität, Modalität und „Expericencer-focus" anwendet. Vgl. auch Klaimann (1991).

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Jakob Wiiest (Zürich)

Warum Passivkonstruktion nicht gleich Passivkonstruktion ist oder von den Schwierigkeiten im Umgang mit wenig grammatikalisierten Formen

1 Einleitung 1.1 Es ist schon des häufigeren die Meinung geäußert worden, das Französische besitze eigentlich gar kein wirkliches Passiv (cf. auch Karasch 1982:11). Besonders eindrucksvoll hat Aurélien Sauvageot (1957:172) diese Auffassung vertreten: Le verbe français ne connaît, du point de vue morphologique, qu'une seule «voix», la voix active. Les formes dites «passives» sont obtenues par différents expédients. Le plus connu des grammaires est celui qui consiste à construire le participe passé d'un verbe transitif avec l'auxiliaire être [...]. Mais cette construction a le défaut de ne pas distinguer l'état résultant d'une action accomplie et l'action passive en cours d'accomplissement.

Demgegenüber besitzt das Deutsche zwar ebenfalls keine synthetischen Passivformen wie das Lateinische {amor, amabar etc.), es kann aber zumindest die letztere Unterscheidung mittels der beiden Hilfsverben sein und werden zum Ausdruck bringen.

1.2 In Untersuchungen zum deutsch-französischen Sprachvergleich ist denn auch immer wieder die Meinung vertreten worden, Passivsätze seien im Französischen wesentlich seltener als im Deutschen. Marcel Pérennec meint so, das französische Passiv sei „d'un emploi plus restreint que le passif allemand" (1993:37), und zeigt eine Reihe von Möglichkeiten auf, wie die deutschen Passivsätze in französischen Übersetzungen durch andere Konstruktionen ersetzt werden können. Gerold Hilty tut dies ebenfalls und erklärt sogar: La voix passive est beaucoup moins fréquente en français qu'en allemand. Si l'on compare des textes allemands avec leurs traductions françaises et vice-versa, on voit que la moitié environ des constructions passives sont transformées en constructions actives. (Hilty et al. 1985:355)

In meiner eigenen Untersuchung zur Präsenz des Autors in linguistischen Publikationen (Wüest 1988) waren die Passivkonstruktionen in den deutschen Texten sogar gut dreimal so häufig wie in den französischen, während sich bei on/man das genau umgekehrte Verhältnis ergab. Allerdings beziehen sich diese letzteren Angaben nicht auf die Gesamtzahl der entsprechenden Konstruktionen, sondern nur auf diejenigen, welche nach unserer Interpretation dazu dienen, die persönliche Nennung des Autors zu vermeiden.

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Jakob Wiiest

1.3 Zu erheblich anderen Ergebnissen gelangt dagegen Angela Karasch (1982), die die umfangreichste empirische Untersuchung zu diesem Thema vorgelegt hat. Die Verfasserin beschränkt sich dabei nicht auf die Passivkonstruktionen vom Typ sein/werden + Part. Π im Deutschen und être + Part. Π im Französischen sowie auf die entsprechenden Partizipialkonstruktionen. Sie bezieht unter der Bezeichnung „passivische Diathese" auch all jene Konstruktionen mit ein, welche (bei transitiven Verben) eine „nicht primär urheberfixierte Blickrichtung" (Karasch 1982:86) zum Ausdruck bringen. Dazu rechnet sie Reflexivpassive, Verbalperiphrasen, mantón, sowie die Adjektive auf -ablel-ible beziehungsweise -barl-lich. Untersucht wurden Ausschnitte aus 14 deutschen Texten mit ihren französischen Übersetzungen und Ausschnitte aus 12 französischen Texten mit ihren deutschen Übersetzungen. Wollte man dem Ergebnis dieser Untersuchung Glauben schenken (cf. vor allem Karasch 1982:374s.), so wäre das Passiv im Deutschen nur geringfügig häufiger als im Französischen. Zudem würde der Unterschied nicht etwa durch die anderen passivischen Diathesen, sondern durch eine größere Häufigkeit der Aktivkonstruktionen im Französischen ausgeglichen.

1.4 Dieses Ergebnis reizt zum Widerspruch. Tatsächlich ist die Untersuchung von Angela Karasch mit zwei entscheidenden Mängeln behaftet. Zunächst fällt auf, daß man nirgends erfährt, nach welchen Kriterien die Verfasserin die einzelnen Arten von Passivkonstruktionen begrenzt hat. Was eine solche Auszählung nämlich äußerst problematisch macht - und das gilt auch für unsere eigenen Auszählungen - , das ist die Tatsache, daß man es vorwiegend mit wenig grammatikalisierten Konstruktionen zu tun hat, die gegenüber formal identischen Konstruktionen ohne Passivbedeutung abgegrenzt werden müssen. Die Verfasserin macht denn auch gleich zu Beginn (Karasch 1982:4ss.) das bemerkenswerte Eingeständnis, daß ihr methodisches Vorgehen streng genommen weder semasiologisch noch onomasiologisch sei. Weit schwerer wiegt jedoch die Tatsache, daß die Auswahl der untersuchten Textausschnitte statistischen Anforderungen in keiner Weise zu genügen vermag. Die Verfasserin hat drei verschiedene Textsorten verwendet, nämlich literarische Texte, Sachtexte und Patentschriften. Dabei stellt sie selber fest, daß in beiden Sprachen die Häufigkeit von Passiv und passivischer Diathese in hohem Maße textsortenabhängig ist. Sehr niedrig ist ihr Anteil in literarischen Texten, weit höher in Sachtexten, extrem hoch in Patentschriften, wo das Passiv zum Teil gegenüber dem Aktiv überwiegt. Es wäre deshalb unbedingt notwendig gewesen, die drei Textsorten ins Gleichgewicht zu bringen. Das ist jedoch nicht geschehen. Nicht nur sind die gewählten Textausschnitte von völlig willkürlicher Länge, die Zahl der gleichen Texttypen ist zudem von Sprache zu Sprache verschieden (Französisch: 5 literarische, 4 Sachtexte und 3 Patentschriften; Deutsch: 3 literarische, 6 Sachtexte und 5 Patentschriften).

1.5 Um die genannte Untersuchung einer Überprüfung zu unterziehen, habe ich mir einen eigenen Korpus von je zwei deutschen und französischen Texten aus dem

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nicht gleich Passivkonstruktion

ist

129

Bereich von Philosophie und Psychologie mit ihren Übersetzungen zusammengestellt. Die daraus ausgewählten Ausschnitte wurden jeweils so begrenzt, daß sie genau 100 Passivkonstruktionen enthielten.1 Neben dem statistischen Vergleich geht es mir im folgenden aber auch um die Frage, welche Konstruktionen in beiden Sprachen zur Passivdiathese gerechnet werden können.

2 Passiv und Transitivität 2.1 Es muß gleich zu Beginn zugegeben werden, daß eine streng begriffliche Definition der Passivdiathese nahezu unmöglich ist. Man könnte versucht sein, sie als eine Konstruktion zu beschreiben, in welcher dem grammatikalischen Subjekt die Rolle eines /patiens/ zukommt. Diese Definition hat aber schon in Sprachen wie dem Französischen, wo die Passivdiathese strikt auf transitive Verben beschränkt ist, ihre Tücken. Zwar kann man die große Gruppe der Handlungsverben, bei denen das Subjekt die semantische Rolle eines /agens/ und das direkte Objekt diejenige eines /patiens/ übernimmt, als den prototypischen Fall transitiver Verben betrachten (cf. Lazard 1994, Palmer 1994). Eine Reihe anderer Verben, bei denen dem Subjekt und dem direkten Objekt andere semantische Rollen zufallen, haben sich jedoch dem Modell der transitiven Verben angeschlossen, so die Verben der Sinneswahrnehmung (voir, regarder, entendre usw.). Bei den Verben der Gefühls Wahrnehmung hat sich das Modell der Transitivität dagegen nicht ganz durchgesetzt. Man findet nebeneinander: (la) (lb)

J'aime ce vin Ce vin me plaît

Eine ähnliche Aktantenstruktur wie plaire in (lb) weist auch eine Reihe von Verben der Zugehörigkeit auf: Das, was jemandem zukommt, erscheint als Subjekt, der (potentielle) Besitzer aber als Dativobjekt: (2)

appartenir à qn. / jdm. gehören convenir à qn. / jdm. angemessen sein échoir à qn. / jdm. zufallen incomber à qn. / jdm. zukommen usw.

Ausgerechnet die beiden häufigsten Verben (avoir und posséder im Französischen, haben und besitzen im Deutschen) haben sich jedoch dem Modell der transitiven 1

Die bibliographischen Angaben und einen statistischen Überblick findet man im Anhang. Die nicht sehr häufigen koordinierten Passivkonstruktionen von der Art Ce problème η 'est pas encore résolu, ni aplani, de nos jours wurden jeweils als nur ein Vorkommen gezählt. Zitate wurden nur verwendet, wenn die Ausgangssprache mit der des Autors identisch ist. Zu erwähnen ist allerdings, daß in die theoretische Abhandlung Piagets Beobachtungsprotokolle eingefügt sind, welche einer anderen Textsorte angehören und durch eine wesentlich größere Seltenheit der Passivkonstruktionen auffallen. Ich danke meiner Assistentin Dominique Zaugg und vor allem meinem Assistenten Giuseppe Manno für ihre Hilfe bei der Aufbereitung der Materialien.

130

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Verben angeschlossen. Allerdings handelt es sich dabei um atypisch transitive Verben, da in beiden Fällen die Passivdiathese bekanntlich nicht zulässig ist. Ähnliches gilt auch für Konstruktionen wie mesurer 10 mètres, peser 100 kilos oder coûter 1000 francs, wo die Passivdiathese ebenfalls ausgeschlossen ist, und die traditionelle französische Grammatik sogar so weit geht, daß sie das „direkte Objekt" als complément circonstanciel einstuft.

2.2 Beschränken wir uns auf die prototypischen Fälle, so läßt sich die Aktivdiathese als die Diathese mit der Aktantenfolge /agens/ /patiens/ und die Passivdiathese als die Diathese mit der Aktantenfolge /patiens/ /agens/ definieren (cf. Tesnière 1966: chap. 100). Die Passivdiathese ist dabei in den sogenannten Akkusativsprachen die markierte Form. Es braucht deshalb in Sprachen wie dem Französischen und dem Deutschen besondere Gründe, damit die Passiv- der Aktivdiathese vorgezogen wird. 2.2.1 Dabei liegt es nahe, daß die Passivdiathese etwas mit der Thema-RhemaGliederung des Satzes zu tun hat. Nur ist es leider nicht so, daß man das Thema einfach mit dem Subjekt des Satzes oder sonst einer grammatikalischen Form gleichsetzen könnte. Immerhin läßt sich jedoch sagen, daß sowohl in der Aktiv- wie in der Passivdiathese eine starke Affinität zwischen dem grammatikalischen Subjekt und dem Thema des Satzes besteht (cf. Givón 1995:79ss.). Daneben gibt es eine Reihe von grammatikalischen Konstruktionen, wie beispielsweise die Pronominalisierung, welche zumindest als starke Indizien für eine intendierte Thematisierung gelten dürfen. Zu diesen Indizien muß selbstverständlich auch die Passivdiathese gerechnet werden. In diesem Sinne darf diese als eine Konstruktion verstanden werden, durch welche der Sprecher die Thematisierung des Patiens2 und die „Entthematisierung" des Agens signalisieren kann. 2.2.2 Palmer (1994) weist darauf hin, daß nicht selten die Passivkonstruktion dazu dient, eine Null-Anapher zu ermöglichen, wie dies die folgenden beiden französischen Beispiele zeigen: (3) (3a) (3b)

L'actrice entra en scène. Le public aperçut l'actrice —> *L'actrice entra en scène, et le public aperçut L'actrice entra en scène et fut aperçue par le public

(4)

J'attends qu'on me serve —» J'attends d'être servi

Da die Null-Anapher aber ihrerseits eines der stärksten Indizien für die Thematisierung ist, dürfen wir diesen Fall wohl einfach als einen Spezialfall der Thematisierung ansehen.

2

Ich verwende die Bezeichnungen /agens/ und /patiens/ für die spezifisch semantischen Rollen, „Agens" und „Patiens" dagegen auch für diejenigen Konstruktionen, welche sich den prototypisch transitiven Verben angeglichen haben.

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nicht gleich Passivkonstruktion

ist

131

2.2.3 Durch die Passivierung wird das Agens aber nicht nur (virtuell) entthematisiert, sondern es wird auch zum fakultativen Mitspieler. Bei einer deutlichen Mehrheit der Passivkonstruktionen fehlt denn auch das Agens. 3 Der häufigste Grund für die Verwendung des Passivs liegt deshalb wohl weniger auf der Ebene der Informationsstruktur des Satzes als auf derjenigen der Aktantenstruktur der Verben. Die Passivkonstruktion ohne Agens ermöglicht es dem Sprecher, ein Agens, das er nicht nennen kann oder will, unerwähnt zu lassen. Nur bei der Passivkonstruktion mit Agens dürfte das Problem der Thematisierung im Vordergrund stehen.

3 Passivsätze 3.1 Wie schon erwähnt, kennt das Deutsche zwei Passivkonstruktionen. Das mit werden gebildete Vorgangspassiv stellt dabei die Handlung aus der Sicht des Patiens dar, während das mit sein gebildete Zustandspassiv das Ergebnis der Handlung darstellt: (5a) (5b)

Die Gläser wurden (von einem Kellner) gefüllt Die Gläser waren gefüllt

Im letzteren Fall ist die Angabe eines Agens so gut wie unmöglich, weshalb im Französischen die Anwesenheit oder Abwesenheit des Agens häufig der Unterscheidung zwischen Handlung und Zustand dient: (6a) (6b)

Les verres étaient remplis par un garçon Les verres étaient remplis

In Wirklichkeit funktioniert diese Unterscheidung allerdings ohnehin nur bei perfektiven Verben. Bei imperfektiven Verben ist kaum ein aspektueller Unterschied zwischen dem sein- und werden-Passiv auszumachen: (7a) (7b)

Die Prinzessin wurde von einem Offizier begleitet Die Prinzessin war von einem Offizier begleitet

In diesem Fall ist auch die Verwendung eines Agens beim deutschen sem-Passiv möglich, wofür wir allerdings nur zwei Beispiele in unserem Korpus gefunden haben:

3

(8)

Das Verhältnis des Menschen zu seiner Phantasie ist in hohem Maße bedingt von seinem Verhältnis zum Unbewußten überhaupt. (Jung 54)

(9)

Vom Gesichtspunkt der Kausalität her ist es eine Welt, in der die Verbindungen der Dinge untereinander verschleiert sind durch die Beziehungen zwischen der Handlung und ihren erwünschten Ergebnissen. (Piaget 14)

Eine Erwähnung verdient in diesem Zusammenhang das unpersönliche Passiv der intransitiven Verben, welches ausschließlich der Elimination des Subjekts dient: Kartengespielt und gekegelt wurde fleißig (cf. Pérennec 1993:42). Diese Konstruktion kommt nur im Deutschen vor und war in unserem Korpus nicht vertreten.

132

Jakob Wiiest

3.2 Der Hauptunterschied zwischen dem werden-Passiv auf der einen, dem sein- und dem éíre-Passiv auf der anderen Seite besteht jedoch darin, daß wir es beim werdenPassiv mit einer stärker grammatikalisierten Form zu tun haben. Obwohl werden polysem ist und außerdem als Hilfsverb des Futurs (mit dem Infinitiv) sowie als Vollverb mit der Bedeutung von 'devenir' (Alles wird gut) vorkommt, stellt seine formale Identifikation kein Problem dar. Leider gilt dies nicht auch für das sein- und das êire-Passiv. Beide Hilfsverben haben noch zwei zusätzliche Funktionen: Sie kommen einerseits auch mit den Partizipien Π intransitiver Verben vor, andererseits dienen sie als Kopula für Adjektive sowie für adjektivisierte Partizipien Π. Vor allem diese letztere Konstruktion ist sehr leicht mit einem Passiv zu verwechseln.4 So könnte man versucht sein zu glauben, wir hätten es im folgenden Satz und seiner Übersetzung mit zwei koordinierten Passivkonstruktionen zu tun: (10)

Or, l'observation et l'expérimentation combinées semblent démontrer que la notion d'objet, loin d'être innée ou donnée toute faite dans l'expérience, se construit peu à peu. (Piaget 10) 'Beobachtung und Experiment scheinen uns zu demonstrieren, daß sich der Objektbegriff, weit davon entfernt, angeboren oder fix und fertig in der Erfahrung gegeben zu sein, nach und nach aufbaut.' (15)

Sehen auch inné und angeboren wie Partizipien aus, so sind es doch Adjektive, da es keine Verben *innaître und *angebären gibt. Noch stärker ist man aber versucht, im Falle von être donné!gegeben sein an eine Passivkonstruktion zu glauben. Wir haben es hier jedoch mit einer Bedeutung von donné!gegeben zu tun, welche dem entsprechenden Verb abgeht, wie man leicht feststellen kann, wenn man versucht, den gleichen Gedankengang aktiv zu formulieren. Auch diese Konstruktion darf deshalb nicht zu den Passivkonstruktionen gezählt werden. Es ist deshalb notwendig, die Sätze mit être und sein genau unter die Lupe zu nehmen, bevor man sie zu den Passivkonstruktionen einreiht. Wie sehr auf diesem Gebiet eine einzige Fehlentscheidung eine Statistik verfälschen kann, ist uns am Beispiel von gegeben klar geworden. Dies scheint nämlich ein Lieblingsadjektiv von C.G. Jung zu sein, der es im von uns analysierten Textabschnitt nicht weniger als siebenmal verwendet.

3.3 Unsere Auszählungen bestätigen die Vorliebe des Deutschen für diese Art von Passivkonstruktionen. In den beiden französischen Originaltexten haben wir 51, in den beiden deutschen Originaltexten dagegen 92 Passivsätze gezählt, was einem Überhang von 80% zugunsten des Deutschen entspricht. Zählt man freilich die Übersetzungen hinzu, so kommt man auf ein Verhältnis von 126 zu 195, was noch einem Überhang

4

Auch die Identifikation des Agens ist nicht immer eindeutig. Soll der Satz: „Der Begriff 'Wahrheit' wird durch die Begriffe 'Erfolg' oder 'Normalität' ersetzt" (Sartre 28) heißen: „Die Begriffe 'Erfolg' oder 'Normalität' ersetzen den Begriff 'Wahrheit'" oder: „Man ersetzt den Begriff 'Wahrheit' durch die Begriffe 'Erfolg' oder 'Normalität'"! Das französische Original legt hier die zweite Interpretation nahe: On remplace la notion de vérité par celles de réussite ou de normalités (125).

Warum Passivkonstruktion

nicht gleich Passivkonstruktion

ist

133

von 55% entspricht. Tatsächlich scheinen in diesem Fall individuelle Vorlieben der Übersetzer eine nicht unerhebliche Rolle zu spielen. So beträgt im Falle des Textes von Sartre der Überhang satte 138%, während er beim Text von Adorno gerade noch 16% erreicht (Zahl der französischen Passivsätze = 100%). Ausgeblieben ist dagegen ein signifikanter Unterschied in der Behandlung des Passivs mit und ohne Agens, welchen wir eigentlich erwartet hatten. Nimmt man sich die Mühe, die Zahlen der Untersuchung Karaschs nachzurechnen, so kommt man übrigens sehr bald zum Schluß, daß unsere Vorgängerin zu ähnlichen Ergebnissen gelangt wäre, hätte sie nicht die eigentlichen Passivsätze mit den passivischen Partizipialkonstruktionen zusammengerechnet. Wie wir gleich sehen werden, sind diese letzteren im Französischen erheblich zahlreicher als im Deutschen, so daß sich die Unterschiede gegenseitig zu einem guten Teil aufheben.

4 Passivische Partizipialkonstruktionen 4.1 Während die französische Grammatik bei den αηί-Formen zwischen dem participe présent und dem adjectif verbal unterscheidet, kennt sie beim Partizip Π keine entsprechende Opposition. Tatsächlich ist in diesem Fall die Unterscheidung zwischen adjektivischer und verbaler Verwendung schwierig, denn es fehlen die morphologischen Kriterien, und es gibt auch keine semantische Unterscheidung zwischen Handlung {participe présent) und Zustand oder, besser gesagt, Eigenschaft (adjectif verbal). Nur dort, wo die Bedeutung nicht mit derjenigen des Verbs übereinstimmt, wie im erwähnten Fall von donné, handelt es sich mit Sicherheit um ein Adjektiv. Dort hingegen, wo seine Konstruktion diejenige eines Verbs ist, handelt es sich mit Sicherheit um ein Verb. In allen anderen Fällen überlappen sich die beiden Kategorien. Nun interessieren uns aber in diesem Zusammenhang nur die satzwertigen Partizipialkonstruktionen. Wir haben deshalb in beiden Sprachen nur diejenigen Partizipien Π berücksichtigt, die sich wie ein Verb konstruieren.

4.2 Solche Partizipialkonstruktionen sind im heutigen Französischen und besonders im wissenschaftlichen und administrativen Stil außerordentlich beliebt. Ihre Übersetzung ins Deutsche ist dagegen nicht ganz unproblematisch. Man betrachte das folgende Nominalsyntagma, welches zu einer langen Aufzählung gehört: (11)

... une crise de chômage engendrée par le traité de commerce de 1786 et par la guerre d'Orient... (Sartre 116)

Die wörtliche Übersetzung würde lauten: (11') '... eine durch den Handelsvertrag von 1786 und den orientalischen Krieg verursachte Arbeitslosigkeit...'

134

Jakob Wiiest

Abgesehen davon, daß bei dieser Konstruktion die Unterscheidung zwischen Handlungs- und Zustandspassiv entfällt, wirkt die Voranstellung sehr bald schwerfällig. Man versteht deshalb, daß der deutsche Übersetzer in diesem und in ähnlichen Fällen einen passiven Relativsatz bevorzugt hat: (11")

.. die Arbeitslosigkeit, die durch den Handelsvertrag von 1786 und den orientalischen Krieg verursacht wurde...' (16)

Weniger Übersetzungsprobleme bereiten die appositiven und absoluten Konstruktionen des Partizips II. Nur sind diese erheblich seltener. Es ist unter diesen Umständen nicht verwunderlich, daß in beiden Übersetzungen aus dem Französischen die Partizipialkonstruktionen nur rund halb so häufig sind wie in den Originaltexten. Was die Übersetzungen aus dem Deutschen betrifft, so stellt man fest, daß sich nur der Übersetzer von Adorno um eine umgekehrte Anpassung der Zahl der Partizipialkonstruktionen bemüht hat, während in der C.G. Jung-Übersetzung ihre Zahl nahezu gleich bleibt. Dies darf wohl als erneuter Beweis dafür gelten, wie sehr man beim Übersetzungsvergleich vom Geschick des Übersetzers abhängt.5

5

Passivperiphrasen

Als Passivperiphrasen werden im Französischen vor allem die Konstruktionen mit se faire, se laisser, se voir, s'entendre + Infinitiv angesehen. Es handelt sich dabei eigentlich um die Kombination einer faktitiven oder verwandten Diathese mit einer Reflexivdiathese.6 Das Deutsche besitzt eine einzige äquivalente Konstruktion: sich (tun) lassen. Desto erstaunlicher ist es eigentlich, daß in unserem Korpus sieben Fälle von sich (tun) lassen einem einzigen Fall von se laisser + Inf. gegenüberstehen. Als Passivperiphrasen haben wir fernerhin auch all jene Fälle betrachtet, wo im Zustandspassiv être durch ein anderes Hilfsverb ersetzt wird. Daß dies möglich ist, zeigt nur einmal mehr, wie wenig grammatikalisiert die entsprechenden Formen sind. Belegt sind in unseren französischen Texten se trouver (3), rester (1) und se voir (1), in unseren deutschen bleiben (5) und sich sehen (1).

5

6

Ich habe mir auch die Frage gestellt, ob das Agens häufiger in den passivischen Partizipialkonstruktionen als in den Passivsätzen vorkommt. Wenn dies zuträfe, so könnte es dadurch begründet sein, daß unter den in 2.2 angeführten Gründen für den Passivgebrauch beim Partizip der zweite, die Möglichkeit der Null-Anapher, im Vordergrund steht. Bei den vier französischen Texten ergab sich denn auch in erwarteter Weise ein statistisch signifikanter Unterschied. Da dieser aber in erster Linie den Übersetzern zu verdanken ist, möchte ich daraus keine Folgerungen ableiten. Auch hier gilt es aber aufzupassen, ob wir es wirklich mit einer Passivperiphrase zu tun haben. Das von Karasch (1982:177) zitierte Beispiel: „II aurait dû se faire réparer la pomme d'Adam" ist mit Bestimmtheit keine solche, da hier se Pertinenzdativ ist (= Il aurait dû faire réparer sa pomme d'Adam).

Warum Passivkonstruktion nicht gleich Passivkonstruktion ist

135

Den Ausschlag dafür, daß bei uns die Passivperiphrasen im Deutschen eindeutig häufiger vorkommen, hat aber vor allem die Konstruktion (zu tun) sein gegeben, welche bei Jung fünfmal und bei Adorno gleich neunmal vorkommt. Streng genommen handelt es sich hier um ein modales (deontisches) Hilfsverb, dem gleichzeitig eine passivische Bedeutung eigen ist. Bemerkenswert ist die Tatsache, daß das Französische zwar eine äquivalente Konstruktion kennt, être à (faire), diese aber kaum zu brauchen scheint (cf. auch Wüest 1993:111). In unserem Korpus ist sie jedenfalls nicht vorgekommen.

6 Reflexivpassiv Als diejenigen beiden Konstruktionen, welche dem Französischen erlauben, seine Schwäche bei den Passivsätzen auszugleichen, werden meistens das Reflexivpassiv und der Gebrauch von on genannt. Beim Reflexivpassiv haben wir es mit einer echten Passivkonstruktion zu tun, deren Abgrenzung von der eigentlichen Reflexivdiathese aber erneut Probleme bereitet. Kehren wir zu Satz (10) zurück, wo wir im Französischen se construire und im Deutschen sich auftauen finden. Diesen Satz kann man natürlich dahingehend interpretieren, daß die Objektsvorstellung (vom Kind) nach und nach aufgebaut würde. Eine andere Interpretation - und diese dürfte wohl eher der (strukturalistisch geprägten) Auffassung Piagets entsprechen - ist jedoch diejenige, wonach sich die Objektsvorstellung nach und nach selber aufbauen würde. Nur im ersten Fall handelt es sich jedoch um ein Passiv. Diese Konstruktion ist deshalb ambivalent. Wenn wir dagegen etwas weiter unten im gleichen Text lesen: (12)

... aucune recherche systématique ne s'observe encore pour retrouver les objets absents. (Piaget IO)7

so handelt es sich diesmal um ein eindeutiges Reflexivpassiv, denn niemand wird annehmen wollen, daß das systematische Suchen sich selber beobachtet. Bernd Heine (1993:48-53) hat auf die Wichtigkeit sich überlappender Bedeutungskategorien für den semantischen Wandel hingewiesen. Beim Reflexivum dürfte es wohl gerade der Häufigkeit der ambivalenten Fälle zuzuschreiben sein, wieso diese Konstruktion eine passivische Bedeutung annehmen konnte. Das Französische geht auf diesem Gebiet zwar weniger weit als andere romanische Sprachen, doch immerhin weiter als das Deutsche. Obwohl diese Konstruktion bei uns relativ wenig belegt ist, da wir uns (im Gegensatz zu Karasch) auf die eindeutig passivischen Fälle beschränkt haben, ist ihre größere Häufigkeit im Französischen statistisch hochsignifikant.

7

Der Übersetzer verwendet an dieser Stelle eine unpersönlich gebrauchte Passivperiphrase: „... es läßt sich noch kein systematisches Suchen nach den nicht mehr gegenwärtigen Gegenständen feststellen" (15).

136

1

Jakob Wiiest

on/man

Eigentlich sind die Sätze mit on/man gar keine Passivsätze, denn die Aktantenfolge bleibt ja bewahrt. Eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Passivsatz besteht freilich darin, daß on/man, soweit dieses Indefinitum für eine nicht identifizierte Subjektsperson gebraucht wird, 8 grundsätzlich nicht als Thema des Satzes in Frage kommt. Damit bewirkt es, ähnlich wie die Passivdiathese, eine „Entthematisierung" des Subjekts. Dies scheint jedoch eine sekundäre Eigenschaft zu sein; on/man wird primär dort gebraucht, wo der Sprecher die Subjektsperson nicht nennen kann oder will. Seine Verwendungsart überschneidet sich somit mit derjenigen des Passivsatzes ohne Agens (cf. 2.2.3). Tatsächlich handelt es sich dort, wo ein französischer on-Satz mit einem deutschen Passivsatz übersetzt wird, immer um einen solchen ohne Agens. In dieser Hinsicht besteht auch eine gewisse Verwandtschaft zwischen den on-Sätzen und den unpersönlichen Verben. Ein klassisches Beispiel hierfür ist die Konstruktion il faut mit (aktivem) Infinitiv, die üblicherweise entweder durch man muß mit aktivem Infinitiv oder durch es muß mit passivem Infinitiv übersetzt wird: (13)

Il faut d'abord insister sur la différence... (Piaget 26) 'Man muß zunächst den Unterschied betonen' (33)

(14)

Ainsi faut-il reprendre le problème du début... (Sartre 120) 'Deshalb muß das Problem bei seinem Ausgangspunkt wieder aufgenommen werden...' (22)

Das ändert aber nichts daran, daß das französische on insgesamt häufiger als das deutsche man ist. In den beiden französischen Übersetzungen haben wir es sogar doppelt so oft gezählt wie in den deutschen Originaltexten. Dagegen ergeben sich merkwürdigerweise so gut wie keine quantitativen Unterschiede zwischen den beiden französischen Texten und ihren deutschen Übersetzungen, wobei freilich zu sagen ist, daß die Frequenz von on bei Sartre sehr hoch, bei Piaget aber für einen französischen Text unerwartet niedrig ist.

8 Weitere Konstruktionen Kaum je wird darauf hingewiesen, daß es im Deutschen eine weitere Konstruktion gibt, welche äquivalent sein kann zu einem Passiv mit Agens: Es ist dies die Konstruktion mit Anfangsstellung des Akkusativobjekts, welche im folgenden Beispiel als Passivsatz im Französischen wiedergegeben wird: (15)

8

9

Die nächste Sitzung [...¡findet lich die altneupresbyterianische

in Sydney statt [...]. Die Spesen übernimmt Kirche. (Dürrenmatt)9

selbstverständ-

Das gilt freilich nicht für jedes on, insbesondere nicht für jenes on, das im gesprochenen Französisch als Substitut von nous eintritt. Die Beispiele (15) und (16) verdanke ich einer Seminararbeit von Daniela Wiesendanger.

Warum Passivkonstruktion

nicht gleich Passivkonstruktion

ist

137

'La prochaine session [...] aura lieu à Sydney [...]· Les frais sont naturellement couverts par l'ancienne nouvelle église presbytérienne.'

Dieser Fall scheint aber sehr selten zu sein. In unseren vier Texten haben wir dafür kein einziges Beispiel gefunden, wobei die emphatische Voranstellung eines Akkusativobjekts in wissenschaftlichen Texten ohnehin eher selten zu sein scheint. Auch in literarischen Texten scheint es nicht sehr häufig zu sein, daß der französische Übersetzer wie im obigen Fall die Thema-Rhema-Struktur des deutschen Satzes dadurch zu bewahren sucht, daß er auf das Passiv mit Agens zurückgreift. Eher wird er noch eine Extraposition in Kauf nehmen, obwohl es sich dabei eigentlich um eine Konstruktion des gesprochenen Französisch handelt: (16)

Im Mantel des Ministers ist ein Revolver gewesen. Diesen Revolver haben Sie zu sich genommen. (Dürrenmatt) 'Dans le manteau du ministre, il y avait un revolver. Ce revolver, vous vous en êtes emparée.'

Das eigentliche Problem dürfte bei der Voranstellung darin bestehen, daß diese im Grunde genommen eine emphatische Konstruktion ist, bei der das dem Verb vorangestellte Nominalsyntagma auch rhematischen Charakter haben kann (cf. Blumenthal 1987:48). Dies zeigt aber noch einmal, wie sehr sich im Übersetzungsvergleich verschiedene Kategorien überschneiden können.

9

Gesamtvergleich

Mit Ausnahme von on/man haben wir darauf verzichtet, auch die lexikalischen Äquivalente der Passivdiathese zu berücksichtigen (cf. z.B. Riegel et al. 1994:442-444). Ihre Berücksichtigung hätte weitere Abgrenzungsprobleme geschaffen und wäre insgesamt kaum ins Gewicht gefallen. Die von Karasch untersuchten Adjektive auf -able/ -ible beziehungsweise auf -licht-bar, welche einem deontisch modalisierten Passiv entsprechen (Cela est faisable ~ Cela peut être fait), dürften noch am häufigsten sein, doch ist mir aufgefallen, daß diese fast immer syntaktisch unverändert übersetzt werden. Solches ist eigentlich eher ungewöhnlich, denn die Übersetzer erlauben sich sonst auf syntaktischem Gebiet erhebliche Freiheiten. Wie man dem Anhang entnehmen kann, hat nur gerade der Übersetzer Sartres mehr als die Hälfte der Passivkonstruktionen syntaktisch unverändert übernommen. Die große syntaktische Freiheit, welche sich die Übersetzer erlauben, dürfte denn auch der Hauptgrund dafür sein, daß jeweils rund 15% der Passivkonstruktionen in der einen Fassung keine Passivkonstruktionen in der anderen Fassung gegenüberstehen. Der Prozentsatz ist aber in beiden Sprachen ungefähr gleich, so daß ich Angela Karaschs Ergebnis, die passivische Diathese sei im Deutschen häufiger als im Französischen, nicht bestätigen kann. Insgesamt scheint vielmehr der Bedarf an passivischer Ausdrucksweise in beiden Sprachen etwa gleich groß zu sein. Aufgrund der Strukturunterschiede werden jedoch nicht die gleichen Konstruktionen bevorzugt. Deutlich häufiger sind im Deutschen die

138

Jakob Wiiest

Passivsätze. Als ebenfalls häufiger stellten sich in dieser Sprache die Passivperiphrasen dar. Dagegen dominiert das Französische bei den satzwertigen Partizip Π-Konstruktionen, bei den on-Sätzen und den Reflexivpassiven. Die Dominanz des Deutschen bei den Passivperiphrasen ist dabei wohl die einzige Überraschung unserer Untersuchung. Ich muß gestehen, daß ich dieses Endergebnis nicht vorausgesehen hatte, da ich zunächst geneigt war, den Zahlen Karaschs Glauben zu schenken, und schon Vermutungen darüber angestellt hatte, wie diese sich linguistisch erklären lassen. Diese Spekulationen haben sich nunmehr als überflüssig herausgestellt. Ich hoffe aber, mit dieser Untersuchung die Tücken eines solchen Übersetzungsvergleichs aufgezeigt zu haben. Ein Teil der Schwierigkeiten liegt dabei auf linguistischer Ebene und rührt daher, daß wir es, außer beim deutschen werden-Passiv, ausschließlich mit wenig grammatikalisierten Konstruktionen zu tun haben oder gar mit solchen, welche primär eine andere Funktion haben und nur unter gewissen Bedingungen eine passivische Bedeutung annehmen. Daraus ergeben sich schwierige Abgrenzungsprobleme. Ein anderer Teil der Schwierigkeiten rührt dagegen von den Übersetzern her. Ich war mehrfach erstaunt, wie unterschiedlich die verschiedenen Übersetzer verfahren sind, wie der eine im gleichen Fall die syntaktischen Strukturen den Gegebenheiten der anderen Sprache anpassen zu müssen glaubte, der andere aber nicht. Dazu kommt noch die Tatsache, daß die Häufigkeit der Passivkonstruktionen textsortenabhängig ist. Wir sind diesem Problem dadurch aus dem Wege gegangen, daß wir vier möglichst vergleichbare Texte gewählt haben. Ein nicht geringer Teil der Probleme bei Karasch scheint jedoch gerade daher zu rühren, daß sie diesen Faktor zu wenig kontrolliert hat.

Anhang: Verwendete Texte und statistische Übersicht Carl Gustav Jung, Psychologische Typen. Olten-Freiburg i.Br.: Walter, 1 1921; 9 1967, p. 26-55. —Types psychologiques, trad, par Y. Le Lay. Genève: Georg & Cié, 2 1958, p. 28-58. werden-Passiv mit Agens se/n-Passiv mit Agens werden-Passiv ohne Agens iei'n-Passiv ohne Agens

6 1 24 22

Passivsätze total

5

passif avec agent

33

passif sans agent

53

38

phrases passives (total)

Partizipiale Passivkonstruktionen Passivperiphrase Reflexivpassiv man

12 6 2 9

14 3 4 21

participiales passives périphrase passive pronominal passif on

Diverse

18

20

divers

Übereinstimmende Konstruktionen: 47/100

Warum Passivkonstruktion

nicht gleich Passivkonstruktion

ist

139

Theodor W. Adorno, Gesammelte Schriften 7: Ästhetische Theorie. Frankfurt/M.: Suhrkamp, 1970, p. 31-^9. —Théorie esthétique, trad, par Marc Jiménez et Eliane Kaufholz. Paris: Klincksieck, 2 1989, p. 33-48. 8

5

passif avec agent

werden-Passiv ohne Agens seiw-Passiv ohne Agens

20 15

32

passif sans agent

Passivsätze total

43

37

phrases passives (total)

Partizipiale Passivkonstruktionen

14

24

participiales passives

Passivperiphrase

16

1

périphrase passive

1

1

pronominal passif

man

10

25

on

Diverse

16

12

divers

werden-Passiv mit Agens

Reflexivpassiv

Übereinstimmende Konstruktionen: 44/100

Jean-Paul Sartre, Critique de la raison dialectique. Paris: nrf, 1960, vol. I, p. 115— 128. — Kritik der dialektischen Vernunft, deutsch von Traugott König. Hamburg: Rowohlt, 1967, vol. I, p. 15-32. passif avec agent

6

15

werden-Passiv mit Agens

passif sans agent

15

27 8

werden-Passiv ohne Agens sein-Passiv ohne Agens

phrases passives (total)

21

50

Passivsätze total

participiales passives

21

9

Partizipiale Passivkonstruktionen

périphrase passive

0

0

Passivperiphrase

pronominal passif

7

4

Reflexivpassiv

on

34

32

divers

17

5

Constructions concordantes: 62/100

man Diverse

140

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Jean Piaget, La construction du réel chez l'enfant. Neuchâtel: Delachaux & Niestlé, 1 1950;51971,p. 13-30. —Der Aufbau der Wirklichkeit beim Kinde, deutsch von Johann-Ulrich Sandberger, Christiane Thirion und Hanne-Lore Wunberg. Stuttgart: Klett, 1974, p. 1 4 - 3 7 .

passif avec agent

8

13 1

xverden-Passï\ mit A g e n s sem-Passiv mit A g e n s

passif sans agent

22

19 16

werden-Passiv ohne A g e n s sem-Passiv ohne A g e n s

phrases passives (total)

30

49

Passivsätze total

participiales passives

37

20

Partizipiale Passivkonstruktionen

périphrase passive

2

4

Passivparaphrase

pronominal passif

10

1

Reflexivpassiv

8

9

man

13

17

on divers

Diverse

Constructions concordantes : 36/100.

Sekundärliteratur Blumenthal, Peter (1987): Sprachvergleich Deutsch-Französisch. - Tübingen: Niemeyer (= Romanistische Arbeitshefte 29). Givón, Talmy (1995): Functionalism and Grammar. - Amsterdam, Philadelphia: John Benjamins. Heine, Bernd (1993): Auxiliaries. Cognitive Forces and Grammaticalization. - New York/Oxford: Oxford University Press. Hilty, Gerold/Wüest, Jakob (1985): Langue française. Phonétique. Morphologie. Syntaxe. Différences de structure entre le français et l'allemand. - Zürich: Romanisches Seminar. Karasch, Angela (1982): Passiv und passivische Diathese im Französischen und Deutschen. - Frankfurt a.M./Bern: Lang. Lazard, Gilbert (1994): L'actance. - Paris: p.u.f. Palmer, Frank R. (1994): Grammatical Roles and Relations. - Cambridge: Cambridge University Press. Pérennec, Marcel (1993): Éléments de traduction comparée français-allemand. - Paris: Nathan. Riegel, Martin/Pellat, Jean-Christophe/Rioul, René (1994): Grammaire méthodique du français. Paris: p.u.f. Sauvageot, Aurélien (1957): Les procédés expressifs du français contemporain. - Paris: Klincksieck. Tesnière, Lucien ( 2 1969): Éléments de syntaxe structurale. - Paris: Klincksieck. Wüest, Jakob (1988): Textsorten kontrastiv betrachtet (Die Präsenz des Autors in linguistischen Publikationen). - In: Gerd Wotjak (Hg.): Studien zur Sprachkonfrontation, 125-137. Berlin: Akademie der Wissenschaften der DDR (= Linguistische Studien A, 176). — (1993): Die Sprache der Gesetze. Ein Beitrag zu einer vergleichenden Pragmatik. - In: Giovanni Rovere/Gerd Wotjak (Hg.): Studien zum romanisch-deutschen Sprachvergleich, 103-120. Tübingen: Niemeyer.

Sibylle Kriegel (Paris)

La suppression de l'agent entre l'oral et l'écrit: l'exemple de deux langues créoles françaises Lors du passage à l'écrit d'une langue, on assiste à des changements structurels importants: conséquence des nouveaux besoins communicatifs auxquels la langue doit faire face. Le côté linguistique de la communication doit devenir plus précis pour compenser le manque de contexte extralinguistique. C'est p.ex. le cas du créole seychellois (cr sey) qui a été un moyen de communication essentiellement oral jusqu'au début des années 70 et qui, suite à une politique linguistique de créolisation, est désormais soumis à un processus de passage à l'écrit (cf. Bollée 1989). En créole mauricien (er mau) en revanche, le domaine de la langue écrite reste réservé au français et à l'anglais. La comparaison de ces deux langues extrêmement proches montre qu'un bon nombre de changements structurels sont directement liés au passage à l'écrit. L'analyse présente est consacrée à la suppression de l'agent: toute langue doit, à l'oral comme à l'écrit, 1 disposer d'une technique qui permet de ne pas nommer l'agent d'une action. Avant de parler des techniques dont disposent le cr mau et le cr sey, rappelons quelques notions théoriques.

1 Notions théoriques Pour toute analyse linguistique, on doit d'abord considérer séparément au moins trois plans bien définis: un plan syntaxique, un plan sémantico-propositionnel ainsi qu'un plan informationnel dans lequel les notions de thème et de rhème entrent en jeu (level of the organization of utterance, Dane§ 1964). Une diathèse peut être définie comme étant la projection de rôles sémantiques (agent, patient prototypique, etc.) sur des rôles syntaxiques (sujet ou prime actant, objet ou second actant, etc.). Dans les langues accusatives (cf. p.ex. Lazard 1994), la diathèse active est la diathèse non-marquée.2 Cela veut dire que l'agent, s'il existe, est codé comme prime actant et que, s'il est absent, tout autre rôle sémantique peut prendre la place du prime actant. La diathèse passive constitue un changement diathétique par rapport à la diathèse active. En présence d'un verbe transitif d'action bi- ou plurivalent qui demande un agent et un patient, on parlera de diathèse passive si le patient est codé comme prime actant et si l'agent correspond à un complément prépositionnel non-obligatoire.

1

2

En ce qui concerne le contexte de recherche sur l'oral et l'écrit, cf. p.ex. Koch/Oesterreicher (1985), (1990) ou Ludwig (1986). Pour l'opposition marqué - non-marqué, cf. Ludwig (1996).

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Sibylle

Kriegel

Cette définition est conçue pour le er mau et le er sey et peut sembler étroite à deux égards. Non seulement elle ne tient pas compte des 'passifs impersonnels' qui n'existent ni en créole ni dans les langues romanes en général, mais elle n'inclut pas non plus les changements diathétiques où un autre rôle que le patient est codé comme prime actant. Cette restriction est cependant moins importante dans la mesure où tous les rôles sémantiques sont considérés comme étant des prototypes. 3 D'un autre côté, cette définition est assez vaste: dans la plupart des définitions, la présence de morphologie passive est un trait obligatoire (cf. p.ex. Shibatani 1985, Haspelmath 1990). En revanche, dans la définition proposée dans cette communication, la présence d'une marque morphologique du passif n'est pas obligatoire. Par conséquent, une construction est appelée passive dès que le patient prend la place du prime actant, bien que le verbe n'ait subi aucun changement morphologique. Dans beaucoup de langues indo-européennes, la fonction la plus importante du passif sans complément d'agent est la suppression de l'agent. 4 Dans la très grande majorité des phrases passives, l'agent n'est pas mentionné (cf. aussi la contribution de Wüest dans ce volume). C'est surtout à l'écrit conceptuel que ce type de passif est fréquent. La fonction du passif avec expression de l'agent peut seulement être expliquée si on prend en considération les notions de thème et de rhème. L'ordre non-marqué des éléments dans la phrase est thème-rhème, cet ordre assurant une augmentation constante de l'information. Par thème, j'entends les éléments déjà connus qu'on peut déduire du contexte linguistique ou extralinguistique. Les éléments nouveaux représentent le rhème. Le passif permet d'établir l'ordre normal thème-rhème. Ainsi un patient thématique peut être codé comme prime actant et un agent Thématique peut être réalisé comme complément prépositionnel (cf. Schoenthal 1987 pour l'allemand). Dans les langues SVO rigides, cette technique est un moyen important pour l'organisation textuelle, et on y a recours surtout dans les textes écrits où la cohérence textuelle ne peut être créée que par des moyens linguistiques. Ainsi, on peut établir un rapport direct entre le passage à l'écrit et l'évolution d'une diathèse passive en créole où l'ordre SVO est fonctionnel à cause du manque de marquages actanciels morphologiques. Dans ce contexte, il est important de souligner le fait que le passif sans complément d'agent a un effet secondaire: dans les langues SVO, le codage du patient comme prime actant le place automatiquement en position initiale qui est, normalement, la place du thème. Les formes passives sans agent peuvent donc servir, elles aussi, à assurer un ordre thème-rhème normal. Après ces réflexions théoriques, il semble pertinent d'examiner comment le créole fait face au devoir communicatif de supprimer un agent, devoir qui, dans la plupart des langues indo-européennes de type scriptural, est assuré par le passif sans expression de l'agent. 3

4

D'autres essais de définition permettent de coder d'autres rôles sémantiques que le patient dans la position du prime actant, ce qui rend la définition plus vaste (cf. p.ex. Givón 1979:186). Pour les raisons de la suppression d'un agent, cf. p.ex. Kriegel (1996).

La suppression de l'agent entre l'oral et l'écrit

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2 La non-occupation de la position du prime actant: la technique I Dans le créole basilectal, il existe une technique qui permet de laisser non-occupée la place du prime actant (cf. p.ex. Véronique 1993). L'agent, ou, pour être plus précis, le rôle sémantique qui dans le cas non-marqué prend la place du prime actant, est supprimé. Il s'agit d'une diathèse récessive dans le sens de Tesnière (21988:272). Tandis que les locuteurs des langues romanes ou germaniques sont obligés d'avoir recours à des techniques syntaxiquement complexes, la position du prime actant peut rester nonoccupée en er mau et en cr sey sans qu'il y ait de changements morphologiques ou positionnels dans le reste de l'énoncé.

2.1

Les données du cr mau

2.1.1 Référence [+spécifique] du prime actant 0 Dans les textes conceptuellement écrits du cr mau, je n'ai pu trouver que très peu d'exemples de la technique du prime actant 0 . Par contre, dans les textes conceptuellement oraux, cette technique est très fréquente. Dans le passage suivant, le prime actant n'est mentionné qu'au début: (1)

crmau 5 A [mo'n/mo'n bizeñ ale mo'n bizeñ prañ bis al Flak 0 in prañ bis ziska de zer tan par la Β [< z a 0 ti al par bis z > A [wi 0 in al par bis par bis apre sa depi Flak 0 prañ lot bis al Trudodus Β [ 0 al Trudodus (Kriegel 1996:201) Ά : Il a fallu queje m'en aille. Il a fallu queje m'en aille pour prendre le bus à Flacq. J'ai pris le bus. (Il met) à peu près deux heures par là. B: Ah, vous avez pris le bus. A: Oui. J'ai pris le bus, le bus. Après ça, à partir de Flacq, j'ai pris l'autre bus pour aller à Trou d'Eau Douce. B: Vous êtes allée à Trou d'Eau Douce.'

Au début du passage, la locutrice A mentionne à trois reprises le pron. pers. de la l re pers. du sing. mo. Elle l'omet après parce que son interlocutrice sait de qui elle parle. Le thème, sa propre personne, est établi. A choisit la solution économique parce que l'interlocuteur est tout-à-fait capable d'identifier le réfèrent. Le prime actant peut donc être supprimé quand il s'agit d'un réfèrent défini, identifiable par l'interlocuteur.

5

La plupart des exemples créoles sont tirés de mon propre corpus qui contient des textes de conception orale et écrite. J'ai enregistré les données orales dans les années 1991-92 sur l'Ile Maurice pour les transcrire en collaboration étroite avec des 'locuteurs natifs' du cr mau (cf. Kriegel 1996). Pour les exemples que j'ai trouvés dans des textes écrits, j'adopte l'orthographe originale. Pour les transcriptions d'exemples oraux du cr mau, je me sers du système proposé par Baker/ Hookoomsing (1987).

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Sibylle Kriegel

2.1.2 Référence [-spécifique] du prime actant 0 (2)

er mau L [mo koùtaù mo'n rest dan propriété partikilyer parski mo'n/mo'n/mo'n ne laba si 0 met mwa dan lot klima (Kriegel 1996:191) 'L: Je suis content de vivre sur la plantation parce queje suis né là-bas. Si on me met dans un autre climat.

Le locuteur L parle de lui-même et au début, souligne ce fait par la verbalisation redondante du pron. pers. de la l re pers. du sing. Lors de la première suppression du prime actant, ce n'est en revanche pas mo qui manque. L ne peut et ne veut surtout pas se mettre lui-même dans un autre climat. Un autre réfèrent spécifique et déjà mentionné n'existe pas non plus. Le prime actant 0 fait référence à un humain non-spécifique et correspond à on en français. 6 La suppression de l'agent a donc deux interprétations possibles: soit le prime actant peut être restitué à partir du contexte (cf. (1)), soit il se réfère à un être humain nonspécifique (cf. (2)).

3 Comparaison avec le cr sey En cr sey aussi, la technique du prime actant 0 est productive, mais la place à gauche du verbe doit être occupée: s'il n'y a pas d'autre particule TMA ou de négation, la place est occupée par la particule i. Le i du cr sey peut non seulement remplir la fonction de pron. pers. atone de la 3 e pers. du sing., mais aussi avoir la fonction d'une particule dont l'interprétation reste controversée. Je voudrais me joindre à Michaelis (1993), qui dans son analyse propose une interprétation selon laquelle i peut être considéré comme une particule TMA dummy : Demnach ist i also weder ausschließlich Präsens-Marker, noch Affirmationsmarker, noch Kongruenzmarker. I könnte man vielmehr als 'dummy -(TMA-)Partikel einstufen, die bei Nomina als rein materielle Besetzung der Position links des Verbs bei Absenz irgendeiner anderen TMA-Partikel dem Ausdruck minimaler Finitheit dient, d.h. wenn man so will, in Negativabgrenzung in sich die merkmallosen Kategorien [+Präsens], [+Affirmation], [Kongruenz 3.P.] vereint. (Michaelis 1993:86)

Dans notre contexte, il est particulièrement intéressant de constater que la position du prime actant doit être matériellement occupée, mais qu'il ne doit pas s'agir d'un morphème qui ait le statut d'agent. Des particules TMA faisant partie du verbe suffisent à occuper la position à gauche du verbe. 6

En cr mau aussi, la position du prime actant peut être occupée par un pronom ayant la référence [-spécifique, +humain], A côté de dimun (< fr. 'du monde') qui se réfère toujours à un réfèrent nonspécifique, il existe trois autres pronoms permettant une lecture non-spécifique: les pronoms de la 3 e pers. du sing, li (< fr. 'lui'), de la 2 e /3 e pers. du pl. zot (< fr. 'les/eux autres') (cf. p.ex. Corne 1977:34, Syea 1993:95) et de la 2 e pers. du sing, u (< fr. 'vous') (cf. Bollée 1977:48, Corne 1977: 34). C'est seulement par le biais du contexte que la lecture non-spécifique devient possible (pour des exemples, cf. Kriegel 1996:63ss.).

La suppression de l'agent entre l'oral et l'écrit

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4 Le patient en position initiale: la technique II Tandis que la technique I n'est utilisée pratiquement que dans des textes conceptuellement oraux, des exemples de la technique Π se trouvent dans des textes provenant et de la langue de distance et de la langue de proximité. Ici, on analysera deux exemples extraits d'un échantillon de la langue parlée: (3)

er mau Β [katreven katreveñ dis ton kan par zur kraze (Kriegel 1996:195) Έ: Quatre-vingts, quatre-vingt-dix tonnes de canne à sucre sont écrasées par jour.'

(4)

cr mau L [lasan-la lasan-la met dan kan usi lasan-la ki'n zete (Kriegel 1996:197) 'L: La cendre, la cendre est mise sur la canne à sucre aussi, la cendre qui a été jetée.'

Dans les exemples ci-dessus, la position du prime actant est occupée. En revanche, les entités codées dans la position du prime actant katreven dis ton kan, lasan-la sont [-animé] et ne représentent en aucun cas des agents prototypiques (Givón 1984:107), bien que les deux verbes kraz(e) et met(e)7 soient fortement transitifs (pour la notion d'une échelle de transitivité, cf. p.ex. François 1995:50ss., Hopper/Thompson 1980, Lazard 1994:167ss.). Dans un emploi actif non-marqué, les verbes des exemples (3) et (4) sont bi- ou trivalente, la place du prime actant étant occupée par un agent, celle du second actant par un patient. Dans le cas de met(e), il faut ajouter le rôle du locatif. Dans la même transcription, on trouve des exemples pour un emploi actif des mêmes lexèmes verbaux. Pour le moment, c'est l'interprétation comme changement diathétique qui s'impose (pour une autre possibilité d'interprétation, cf. 5): la projection des rôles sémantiques sur les rôles syntaxiques a changé dans les exemples (3) et (4) par rapport à l'emploi actif. Selon ma définition, il s'agit de constructions passives avec suppression de l'agent. Le patient occupe la place du prime actant, l'agent est supprimé, les verbes sont des verbes d'action bi- ou trivalente. Mais comment les constructions passives en cr mau sont-elles motivées? Dans la plupart des langues indo-européennes, la fonction la plus importante de la diathèse passive est la suppression d'un agent. Mais il a été démontré ci-dessus (2) que le cr mau, contrairement à la plupart des langues indo-européennes, dispose d'une technique plus simple, plus élégante pour supprimer un agent: le prime actant 0 (technique I). Si on compare la construction passive de l'exemple

7

Si on compare les verbes dans les exemples (3) et (4), on peut remarquer que dans l'exemple (3), on a affaire à la forme longue kraze, tandis que dans (4), il s'agit de la forme courte met. Dans 80% des verbes, on distingue entre une forme longue et une forme courte en cr mau et en cr sey. S'il y a un second ou tiers actant qui suit, c'est la forme courte qui apparaît. Je voudrais me joindre à Raible (1992) et à Michaelis (1993), qui interprètent la forme courte comme étant la forme non-marquée. La différenciation entre ces deux formes sert uniquement à donner de l'information syntaxique et n'a rien à voir avec des changements diathétiques. Ceci est illustré par l'exemple (4): bien qu'il s'agisse d'un passif, le -e est supprimé parce que le locatif suit.

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Sibylle Kriegel lasan-la met dan kan usi

avec la construction correspondante sans prime actant (4' )

0 met lasan-la dan kan usi

on peut seulement constater un changement positionnel des éléments sur le plan syntaxique, aucune différence morphosyntaxique entre les deux constructions ne peut s'observer. Sur le plan sémantico-propositionnel, elles ont la même valeur. Cela signifierait que le er mau basilectal disposerait de deux constructions qui ne se distingueraient que par l'ordre de leurs éléments et qui ainsi, de façon arbitraire, seraient interchangeables. Pour expliquer la différence entre la technique I et la technique Π, les notions de thème et de rhème deviennent importants: dans les exemples (3) et (4), les patients prenant la place du prime actant constituent le thème de l'énoncé. Il s'agit d'éléments connus par le contexte: dans l'exemple (3), il n'y a pas de signe formel prouvant la thématicité du patient. Il faut regarder le contexte linguistique immédiat pour s'apercevoir que le second actant/patient Thématique de la phrase précédente est repris dans la fonction de prime actant thématique. Dans l'exemple (4), c'est l'article défini -la qui indique le caractère thématique de lasan (pour le codage du thème et du rhème, cf. Raible 1971). Les constructions passives du er mau et du cr sey ne servent pas à supprimer l'agent. Tout comme les constructions passives avec expression de l'agent, elles permettent de changer l'ordre des éléments dans la phrase. Ainsi l'emploi du passif dans les exemples (3) et (4) permet d'établir un ordre thème-rhème normal. Le thème assurant la cohérence textuelle est remis en position initiale, position qui lui revient normalement. Dans les exemples (3) et (4), l'emploi d'une construction sans prime actant (technique I) aboutirait à un ordre rhème-thème marqué. Cet ordre est, certes, fréquent dans l'oralité conceptuelle, mais il doit être interprété comme un marquage d'expressivité et il rend le message linguistique difficile à décoder (cf. Söll 31985:58ss., Koch 1986:131s., Koch/Oesterreicher 1990:93).

5 La technique II: passif ou dislocation à gauche? La technique de la dislocation à gauche d'un patient thématique remplit la même fonction que le passif. Les deux techniques permettent de placer un patient/second actant en position thématique. Cette équivalence fonctionnelle existe aussi dans beaucoup de langues indo-européennes: (5)

allemand A: Eben habe ich Peter getroffen. B.Peter ist gestern von der Polizei angehalten worden, Β: Peter, die Polizei hat ihn gestern angehalten. thème/patient

(passif) (dislocation à gauche)

La suppression de l'agent entre l'oral et l'écrit

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Une équivalence formelle n'est cependant possible que dans des conditions rencontrées dans un créole basilectal: 1. la possibilité de supprimer le prime actant sans autre changement positionnel ou morphologique dans la phrase, 2. pas de morphologie passive, 3. la possibilité de dislocation d'un actant sans reprise pronominale. A l'aide de l'exemple (4), on peut démontrer les deux possibilités d'analyse structurelle: (4)

er mau las an-la met I. l.a./patient V II. 2.a./patient 0 V

dan kan usi locatif locatif

Deux critères peuvent faciliter l'analyse: S'agit-il „encore" d'une dislocation à gauche ou „déjà" d'un passif? 1 S'il s'agissait d'une dislocation à gauche, on devrait entendre une pause intonative entre le second actant disloqué à gauche et le reste de la phrase. Ce critère s'avère cependant difficile à appliquer. Très souvent la pause intonative ne peut même pas être distinguée lorsqu'il s'agit d'une dislocation à gauche avec expression du prime actant, parce que le second actant disloqué appartient à la même courbe intonative que le reste de la phrase. Le fait qu'aucune pause intonative ne puisse être distinguée dans les exemples (3) et (4) ne représente par conséquent pas une preuve suffisante pour leur interprétation passive.8 Ce n'est pas à partir d'une analyse de l'intonation qu'on est en mesure de décider s'il s'agit, dans les exemples (3) et (4), d'un patient/second actant thématique ou si on a affaire à un changement diathétique permettant d'analyser le patient comme étant le prime actant. 2 Le deuxième argument en faveur d'une analyse passive est la possibilité d'ajouter l'agent à l'aide d'un complément prépositionnel. Les locuteurs du cr mau à qui j'ai fait écouter les exemples (3) et (4) ont considéré que l'expression de l'agent avec par (ek) était possible: (3')

cr mau katreven dis ton kan par zur kraze par muleñ-la 'Quatre-vingt-dix tonnes de canne à sucre sont écrasées par le moulin.'

(4")

crmau lasan-la met dan kan usi par ban travayer 'La cendre est mise sur la canne à sucre aussi par les travailleurs.'

Dans les exemples (3) et (4), il n'y a donc pas de pause intonative et l'expression de l'agent est possible. Par conséquent, on pourrait les classer comme étant des construc-

8

Söll ( 3 1985:150) constate pour le français parlé aussi que la pause peut parfois être inexistante.

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tions passives. Les deux critères peuvent aider à déterminer l'appartenance d'un exemple à un type de construction, mais il faut se garder de les considérer comme des critères absolus: comme très souvent lors de l'analyse de faits linguistiques, il ne s'agit peut-être pas de prendre des décisions binaires, mais de présumer l'existence d'une transition souple entre la dislocation à gauche et le passif. Dans beaucoup de langues (pour l'indonésien, cf. p.ex. Chung 1976, Klaiman 1991, pour quelques langues bantoues, cf. Givón 1979:188, 1995:74), il existe des constructions passives résultant diachroniquement d'une dislocation à gauche.9 Dans la littérature, on nomme les dislocations à gauche d'éléments thématiques topic-shift. Si les constructions passives du er mau résultaient diachroniquement de dislocations à gauche, on devrait les trouver avant les constructions passives. L'analyse exhaustive des recueils de textes de Baissac qui ont été écrits pendant la 2 e moitié du 19e siècle, a montré que, dans ces textes conceptuellement écrits, les constructions sans prime actant étaient plus fréquentes que les passifs. En ce qui concerne les textes conceptuellement écrits du 20 e siècle, on a cependant constaté que les constructions sans prime actant étaient d'un emploi rare, tandis que les formes passives étaient beaucoup plus fréquentes. Ce fait indique qu'il pourrait exister un rapport diachronique entre les techniques I et II. Mais l'existence d'une étape intermédiaire avec un second actant thématique disloqué à gauche ne peut être prouvée à l'aide de mon corpus. En revanche, des faits comme la thématicité des patients dans les constructions passives et les parallèles avec la diachronie d'autres langues augmentent la probabilité d'une telle hypothèse.

6 Le développement d'une diathèse morphologiquement marquée: la technique III En cr sey, on assiste à une innovation qui doit être interprétée comme étant une conséquence directe du passage à l'écrit: le développement d'une diathèse morphologiquement marquée formée à l'aide d'une périphrase avec l'auxiliaire gany (fr. 'gagner') et le verbe (cf. Kriegel 1993): (6)

cr sey Bann fermye Praslin e La Digue i a ganny enformen kan sa bann regilasyon lo kontrol prodiksyon koson i pa aplik pour zot. (NATION 24/6/94) 'Les fermiers de Praslin et de La Digue seront informés à partir de quand ces règlements sur le contrôle de la production de cochons ne seront plus appliqués pour eux.'

Le passif en gany est seulement productif dans les textes conceptuellement écrits. Il est surtout employé si la place du prime actant est prise par une entité animée. De plus, gany ne s'emploie que dans des contextes où le verbe exprime un processus. En 9

A la différence du créole, l'analyse s'avère plus facile dans ces langues, parce qu'il existe un élément pronominal qui est grammaticalisé et qui devient marqueur du passif.

La suppression de l'agent entre l'oral et l'écrit

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er mau, langue essentiellement orale jusqu'à présent, le passif en gany ne constitue pas un procédé grammaticalement productif et est limité aux seuls verbes d'action fortement transitifs partageant le trait sémantique 'patient affecté négativement' (pour une liste de ces verbes, cf. Corne/Neumann 1984, Véronique 1993, Kriegel 1996). Tout comme en cr sey, la position du prime actant est occupée par une entité animée. Cette restriction trouve d'abord une explication pragmatique: L'interlocuteur interprétant spontanément un prime actant animé comme un agent, l'emploi de la technique Π peut donner lieu à des malentendus. L'emploi de la marque morphologique du passif gany indique que l'entité codée comme prime actant ne doit pas - bien qu'elle soit animée être interprétée comme un agent. Dans un deuxième temps, la restriction qui ne permet que des entités animées dans la position du prime actant s'explique par les origines du passif en gany. Employé comme verbe plein, gany signifie 'obtenir, recevoir'. La grammaticalisation en tant qu'auxiliaire du passif de verbes ayant comme premier sens celui d' 'obtenir' paraît être un phénomène très répandu (Haspelmath 1990). Le verbe plein gany se prête à assumer la fonction d'auxiliaire du passif pour plusieurs raisons. Premièrement, la place du prime actant est occupée par une entité animée qui subit quelque chose, en d'autres termes, qui est affectée par quelque chose qui vient de l'extérieur. Deuxièmement, gany est un verbe processuel. Le développement de gany en tant qu'auxiliaire du passif peut être décrit comme étant une 'chaîne de grammaticalisation' (Craig 1991, Heine 1992, 1993). D'après Heine, une 'chaîne de grammaticalisation minimale' consiste en au moins deux emplois différents d'une même entité linguistique, qui se chevauchent: An Overlap Model of a minimal grammaticalization chain Stage: Type of uses:

I Source

II Source Target

ΙΠ Target

(Heine 1993:92)

Dans la phase I, la position à droite de gany est occupée par un élément nominal comme c'est le cas de malaria dans l'exemple (7): (7)

Zan in gany malaria. 'Jean attrape la malaria.'

Dans la phase Π, l'entité à droite de gany n'appartient plus à une classe de mots bien définie. Pour traduire l'exemple (8)

Mo gany bate

dans une langue dans laquelle les classes de mots sont fixes, on peut ou avoir recours à une interprétation verbale: 'Je suis battu', ou choisir une formule nominale: 'Je reçois des coups'. La phase ΙΠ n'a été atteinte jusqu'à présent qu'en cr sey. Tandis que dans la phase Π le lexème à droite de gany est encore ambiguë (cf. bate dans (8)), il a une interprétation clairement verbale dans la phase ΙΠ (cf. enformen dans (6), gany sert d'auxiliaire). La grammaticalisation de la périphrase en gany profite du fait que les classes de mots dans le créole basilectal sont floues (Ludwig 1996).

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7 La suppression de 1 ' agent entre 1 ' oral et 1 ' écrit Les techniques I à ΠΙ servent toutes les trois à supprimer un agent. Mais les différentes techniques ne se distinguent pas seulement par leur organisation thématique mais aussi par leur fréquence à l'oral et à l'écrit. Les techniques I et Π se trouvent surtout dans la langue de proximité, tándis que la technique ΙΠ du cr sey est réservée à la langue de distance. Dans la langue de distance, les techniques Π et ΙΠ se côtoient, la technique I étant quasiment inexistante. Quant à la technique I, le prime actant 0 , l'ordre des éléments est le même que dans la phrase active. La seule chose qui change par rapport à l'actif est la suppression du prime actant. Bien qu'elle paraisse être d'une extrême simplicité, il ne faut pas oublier que, d'un point de vue pragmatique, elle est néanmoins complexe, les contextes linguistiques et extralinguistiques étant indispensables à un décodage correct. Elle ne peut être comprise que grâce aux conditions d'utilisation typiques de l'oral: les interlocuteurs partagent un savoir commun et l'énoncé est ancré dans une situation. On ne s'étonnera donc point du fait qu'elle soit réservée à l'oralité conceptuelle. Après une phase de transition que j'appelle dislocation à gauche, on passe à la technique Π: si l'on ne parvient plus à distinguer une pause intonative entre le patient disloqué et le verbe et qu'on peut rajouter un complément d'agent, le patient peut être analysé comme représentant le prime actant. Il a „glissé" et a pris la position du prime actant: il s'agit, selon ma définition, d'un changement diathétique que j'appelle passif. Les techniques I et Π se côtoient dans l'oralité conceptuelle, elles ont la même valeur sur le plan sémantico-propositionnel, bien qu'un changement ait eu lieu sur le plan informationnel. Il est important de souligner que - contrairement aux langues indo-européennes - la première fonction du passif non-marqué (technique Π) dans les textes conceptuellement oraux, c'est la constitution d'un ordre thème-rhème normal. La fonction de la suppression de l'agent est secondaire, parce qu'elle peut aussi être assurée par la technique I. La technique ΙΠ, le marquage morphologique avec gany, n'est productif qu'en cr sey. Cela s'explique par le fait que le cr sey est la première langue officielle et doit suffire aux besoins communicatifs résultant du passage à l'écrit. Les nouveaux besoins communicatifs causés par le changement des conditions d'utilisation est responsable de l'évolution d'un passif morphologiquement marqué. Le codage complexe et intensif que demande l'emploi de la technique ΠΙ compense l'absence d'un contexte extralinguistique commun au locuteur et à l'interlocuteur.

8 Perspectives typologiques On a constaté que la technique I n'est productive que dans la langue de proximité alors que la technique Π est employée aussi dans la langue de distance. On peut établir un rapport direct entre ce fait et une tendance évolutive vers le marquage obligatoire du prime actant dans la langue de distance. Cela pourrait s'expliquer par l'influence

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importante des acrolectes français et anglais, langues dans lesquelles la place du prime actant doit obligatoirement être occupée. Dans le cr sey, où le passage à l'écrit a déjà progressé, l'obligation de placer un élément à gauche du verbe est beaucoup plus avancée qu'en er mau (cf. 3). Dans les textes conceptuellement écrits, le i du cr sey est de plus en plus souvent analysé comme pronom impersonnel: il ne possède plus le statut de particule TMA dummy, mais il commence à assumer la fonction d'un pronom (Michaelis 1993:156s.). L'occupation obligatoire de la position du prime actant peut avoir des répercussions importantes: la place du prime actant est une charnière parce que différents rôles sémantiques peuvent y être projetés. Ainsi dans les langues accusatives avec un système d'oppositions diathétiques développé, le marquage du sujet est presque toujours obligatoire. Une telle constatation me mène à prononcer deux hypothèses: 1. L'occupation obligatoire de la place du prime actant est favorable au développement de diathèses morphologiquement marquées. 2. Le développement de diathèses marquées favorise l'occupation obligatoire de la place du prime actant. Mais peut-être ne s'agit-il même pas d'un rapport de cause à effet, les deux phénomènes se trouvant probablement dans un rapport dialectique qui, lui, jouerait un rôle important dans un cadre typologique plus vaste. Li/Thompson (1976) proposent une typologie des langues, qui distingue les langues à proéminence topicale (topic prominent languages), comme p.ex. le chinois, et les langues à proéminence subjectale (subject prominent languages), comme p.ex. le français ou l'anglais. Le topic ou thème serait caractérisé par sa fonction constante, sa position initiale et son caractère défini. Le sujet, en revanche, appartiendrait au cadre valenciel du verbe et serait déterminé par le verbe, il y aurait congruence entre le sujet et le verbe et il jouerait un rôle important lors de procédés syntaxiques comme p.ex. la diathèse passive ou réfléchie. Dans le contexte présent, deux traits des langues à proéminence subjectale sont importants: 1. La possibilité de passivation (il s'agit d'un passif morphologiquement marqué, cf. technique ΙΠ) serait répandue dans les langues à proéminence subjectale et non pas dans les langues à proéminence topicale, où elle ne serait qu'un procédé marginal, voire inexistant.10 2. En outre, les sujets dummy n'existeraient selon Li/Thompson que dans les langues à proéminence subjectale, car c'est seulement là que la catégorie de sujet jouerait un rôle assez important. Le rapport entre ces constatations et les observations faites sur le cr mau et le cr sey paraît évident:11 en cr sey, non seulement on assiste au développement d'un sujet 10

11

„[...] in Sp [subject prominent] languages, the notion of subject is such a basic one that if a noun other than the one which a given verb designates as its subject becomes the subject, the verb must be marked to signal this 'non-normal' subject choice" (Li/Thompson 1976:467). Ludwig (1991:84) est le premier à établir un rapport entre certains phénomènes syntaxiques typiques des langues créoles (comme p.ex. le développement d'une marque morphologique de la diathèse réfléchie et l'existence de verbes sériels en créole guadeloupéen) et la classification typologique de Li/Thompson.

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Sibylle Kriegel

dummy qui n'existe pas sous cette forme en er mau, mais aussi à l'évolution d'une diathèse morphologiquement marquée. En cr mau, les données de départ pour le développement d'une telle diathèse existent, mais la construction n'est pas productive comme l'est son équivalent en cr sey. Entre la proéminence topicale et subjectale, le cr sey se situe apparemment plus près du pôle de la proéminence subjectale. Pour expliquer ce phénomène il faut, une fois de plus, avoir recours à la différence entre l'oral et l'écrit. Li/Thompson (1976:484) proposent une autre hypothèse qui éclaire le rapport diachronique entre la proéminence topicale et subjectale. Ainsi les sujets représenteraient essentiellement des thèmes grammaticalisés (cf. aussi Lehmann 1982:117). Cette constatation ne renforce pas seulement l'hypothèse prononcée ci-dessus concernant la genèse d'un passif via la dislocation à gauche, mais on peut en tirer des conséquences qui mènent plus loin: Givón (1979) reprend les observations faites par Li/Thompson et les met en rapport avec sa conception des différents modes communicatifs. Selon Givón, le mode pragmatique est associé au langues pidgin, au langage enfantin ainsi qu'à la langue parlée, tandis que le mode syntaxique (syntactic mode), secondaire par rapport au mode pragmatique, est assigné au créole - généralisation quelque peu simplifiante - , au langage des adultes ainsi qu'à la langue écrite. Ainsi la plus grande proéminence subjectale du cr sey par rapport au cr mau s'explique par le fait que le passage à l'écrit du cr sey est beaucoup plus avancé. Tandis que le mode pragmatique prédomine encore en cr mau, langue essentiellement orale, le cr sey développe avec son passage à l'écrit des possibilités systématiques (sujet dummy, diathèses morphologiquement marquées) qui sont proches du mode syntaxique (pour l'importance croissante de ce mode, cf. Hazaël-Massieux 1989). Le développement de nouvelles possibilités systématiques est favorisé par l'influence acrolectale du français et de l'anglais qui, elle, est renforcée par le passage à l'écrit. Entre la proéminence topicale et subjectale le cr sey s'avance en direction du pôle où se trouvent la plupart des langues indo-européennes de type scriptural.

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Thomas Krefeld (München)

„Transitivität" aus rollensemantischer Sicht. Eine Fallstudie am Beispiel französischer und italienischer Wahrnehmungsverben 1 Semantische Transitivität und Valenztheorie Transitivität und Rollensemantik? Es mag auf den ersten Blick überraschen, das altehrwürdige Konzept der Transitivität ausgerechnet mit der Valenztheorie zusammenzuführen. Die Sprengkraft der Tesnièreschen Syntax bestand ja nicht zuletzt darin, den in der Schulgrammatik wie in der Sprachwissenschaft weithin als fundamental empfundenen Gegensatz zwischen Subjekt und Objekt einerseits, sowie den ebenfalls als grundlegend angesehenen Gegensatz zwischen dem „direkten" Objekt eines „transitiven" Verbs (Akkusativ) und den verschiedenen „indirekten" Objekten eines intransitiven Verbs andererseits zu relativieren, ja zu überwinden.1 Nun wurde der traditionelle Begriff der Transitivität in den letzten Jahren, vor allem im Gefolge der sog. kognitiven Wende, in der Sprachwissenschaft rehabilitiert. Einen wichtigen Anstoß gab dabei der Aufsatz von Paul J. Hopper und Sandra A. Thompson (1980). Die beiden Autoren entwickeln in dieser Arbeit eine rein semantisch definierte Konzeption, die im Kern auf die bereits in der antiken Sprachbetrachtung verwurzelte und den Terminus Transitivität motivierende Vorstellung zurückführt, dem sprachlichen Phänomen läge ein „carrying-over or transferring an action from one participant to another" (1980:253) zugrunde.2 Ganz im Sinne der schulgrammatischen Tradition werden daneben jedoch auch morphosyntaktische Phänomene als „transitiv" bezeichnet. Dieser, seiner ursprünglich semantischen Motivation zum Trotz, vor allem in der Morphosyntax verwurzelte Begriff wird also nicht nur beibehalten, sondern im Sinne eines grundlegenden semantischen Organisationsprinzips aufgewertet. Dahinter steht die ikonistische Überzeugung, die herauspräparierte semantische Konstellation würde auf bevorzugte, besonders adäquate Weise durch die morphosyntaktische Konstruktion kodiert, die man herkömmlicherweise eben „transitiv" nennt. Wegen dieser ausdrücklichen, das Subjekt und das direkte (bzw. Akkusativ-)Objekt bevorzugenden Gewichtung der participants sollte man dem Ansatz von Hopper und Thompson keine implizit valenzielle Fundierung unterschieben; man darf jedoch aus valenzorientierter Sicht feststellen, daß es sich bei dieser Konzeption um den Versuch handelt, einen bestimmten Typus des Verbalgeschehens mit einer bestimmten Rollen-

1

2

Vgl. Tesnière ( 2 1966:109, §13): „le sujet est un complément comme les autres". Grundlegend zu diesem Thema ist Busse (1974). In diesem Sinne äußert sich auch Hagège ( 2 1986:49).

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Thomas Krefeld

konstellation zu korrelieren. Denn es geht weniger um die dyadische Relation zwischen Verbalgeschehen und (direktem) Objekt als vielmehr um die triadische Relation zwischen Verbalgeschehen, einem das Verbalgeschehen bewirkenden Partizipanten und einem anderen Partizipanten, auf den sich die Verbalhandlung richtet. Mit anderen Worten: Agentivität und Affiziertheit der Aktanten stehen im Zentrum dieser Konzeption. Die Art und Weise, wie die beiden Autoren ihren Begriff von Transitivität operationalisieren, zeigt freilich sofort, daß sie dem rollensemantischen Aspekt ihres Entwurfs keinerlei heuristischen Wert beimessen. Hopper und Thompson gehen nämlich von einem Transitivitätskontinuum aus, in dem ganz verschiedene inhaltliche Aspekte miteinander verknüpft und in eine übergreifende semantische Konstellation (in ein Szenario, wenn man so will) integriert werden. Im einzelnen läßt sich die Spannweite dieses Kontinuums mit den im folgenden genannten Parametern abstecken. Dabei gilt: Je stärker der linke Pol (High) der konträren Oppositionspaare ausgeprägt ist, desto transitiver ist die jeweilige Verbalkonstruktion (Hopper/Thompson 1980:252). A. Participants Β. Kinesis C. Aspect D. Punctuality E. Volitionality F. Affirmation G. Mode H. Agency I. Affectedness of O J. Individuation of O

High 2 or more participants, A and O action telic punctual volitional affirmative realis A high in potency O totally affected O highly individuated

Low 1 participant non-action atelic non-punctual non-volitional negative irrealis A low in potency O not affected O non-individuated

Während nun der Einbezug der morphosyntaktischen Komponente in mancher Hinsicht grundsätzliche Fragen aufwirft, 3 scheinen die von Hopper/Thompson herauspräparierten semantischen Merkmale und ihre „Wahlverwandtschaft" zweifellos nützlich für die (rollen-)semantische Beschreibung und Typisierung von Verben zu sein. Gegenstand dieses Beitrags ist es, ihren deskriptiven Wert in einer Fallstudie exemplarisch zu überprüfen. Vorab ist es jedoch unumgänglich, die einzelnen Merkmale und vor allem die Art ihrer gegenseitigen Verknüpfung begrifflich schärfer zu fassen. Die Autoren selbst verzichten auf eine Hierarchisierung der genannten Parameter; sie fassen ihre inhaltliche Zusammengehörigkeit und Kookkurrenz jedoch in einer „Transitivitätshypothese" zusammen (1980:255), die allen Merkmalen denselben Status einräumt: 3

Insbesondere muß man sich fragen, ob es gerechtfertigt ist, einzelsprachlich ganz und gar verschiedene und vollkommen mechanisierte morphosyntaktische Kodierungen unter einem gemeinsamen inhaltlichen Nenner zusammenzufassen: Handelt es sich beispielsweise bei der Konstellation aus Nominativ, Verb und Akkusativ in einer Kasussprache wie dem Lateinischen einerseits und der Konstellation aus Verb und nicht-präpositionalem Subjekts- bzw. Objektsaktanten in einer Positionssprache wie dem Französischen andererseits nicht um morphologisch inkommensurable Verfahren?

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Sicht

If two clauses (a) and (b) in a language differ in that (a) is higher in Transitivity according to any of the features [...] A-J, then, if a concomitant grammatical or semantic feature appears elsewhere in the clause, that difference will also show (a) to be higher in Transitivity.

Gegen diese Vorgehensweise erheben sich aus rollensemantischer Sicht zwei grundsätzliche Einwände. 1. Zunächst ist es wichtig, die semantischen Merkmale, die sich auf das Verblexem selbst beziehen, von denen zu trennen, die eigentlich seine Aktanten betreffen. 4 - Der Bestimmung des Verbalgeschehens dienen die o.g. Kriterien B-G (B. Kinesis; C. Aspect; D. Punctuality; E. Volitionality; F. Affirmation; G. Mode). - Mit den verbleibenden Kriterien A, H, I, J (A. Participants; H. Agency; I. Affectedness of O; J. Individuation of O) wird dagegen ein rollensemantischer Rahmen skizziert. Somit ergibt sich das folgende prototypische Bild der Transitivität: Verb 'Handlung' 'telisch' 'punktuell' 'willentlich' 'affirmativ' 'real'

Erstaktant 'ausgeprägte Agentivität'

Zweitaktant 'stark affiziert' 'hochgradig individuiert'

Wie man sieht, werden die verbalen und die aktantiellen Komponenten unterschiedlich differenziert dargestellt: Besonderes Gewicht wird dabei der Aktionsart ('punktuell', 'zielgerichtet') beigemessen. Die Schlüsselrolle spielt jedoch gerade ein Merkmal, das gar nicht ausdrücklich genannt wird, nämlich das Merkmal 'menschlich'. Es wird gleich durch mehrere Merkmale des Verbs ('Handlung', 'willentlich') für den Erstaktanten obligatorisch impliziert (Merkmal 'Agens') und für den Zweitaktanten zumindest nahegelegt (Merkmal 'hochgradig individuiert'). Durch das Merkmal 'menschlich' werden also Aktantenrollen und Verbbedeutung miteinander verklammert - man darf es daher als konstitutiv für die von Hopper/Thompson beschriebene semantische Konstellation betrachten. 2. Der zweite Einwand betrifft den Anspruch, für die inhaltliche Verknüpfung der Transitivitätsmerkmale ein Ordnungsprinzip zu postulieren, das unabhängig von den Einzelbedeutungen der jeweiligen Verben gelten soll. Im Vorgriff auf die nachfolgende Untersuchung kann gesagt werden, daß je nach semantischem Feld durchaus mit verschiedenen Implikationen zu rechnen ist. 4

Zu dieser fundamentalen Unterscheidung vgl. Koch (1981: 99-104).

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Thomas Krefeld

2 Sprachliche Darstellung von Wahrnehmungserlebnissen5 Die Gruppe der Wahrnehmungsverben bietet sich nun aus verschiedenen Gründen für eine kritische Überprüfung der Transitivitätshypothese an, denn die einschlägigen, einzelsprachlich hochdifferenzierten lexikalischen Felder lassen sich in Teilbereiche untergliedern, die sich zumindest teilweise mit den o.g. Kriterien von Hopper/Thompson bestimmen lassen. Ganz allgemein gesagt ist jedes Wahrnehmungsverb sozusagen auf spezifische Aspekte der Wahrnehmung orientiert,6 insofern es eine spezifisch nuancierte Konstellation der drei folgenden konstitutiven Wahrnehmungskomponenten einzelsprachlich typisiert bzw. Institutionalisiert: 1. das wahrnehmende Bewußtsein, das Husserl in Anlehnung an Descartes als „cogito" bezeichnet (1950; Ί913); 7 2. das aktuelle Wahrnehmungserlebnis, das rein physiologisch gesehen an spezifische Sinnesrezeptoren (bzw. -organe) gebunden ist; so lassen sich die Wahrnehmungsdomänen 8 des Auges, der Hand, des Ohres, der Nase, der Zunge und der Haut unterscheiden; 3. das Wahrgenommene, das im Fall der Dingwahrnehmung selbst kein Erlebnis ist.9 Aufgabe der Rollensemantik ist es, die Konstellationen aus aktanzgebundenen und aktanzunabhängigen (verblexematischen) Merkmalen herauszuarbeiten, die der jeweiligen Kategorisierung zugrunde liegen. Dabei hat jedes Verb natürlich seine eigene, idiosynkratische Lösung; deshalb sind die Merkmale von besonderem Interesse, die es gestatten, innerhalb des Gesamtfeldes Teilbereiche abzugrenzen; solche Teilbereiche können sich durchaus aus Verben verschiedener Domänen zusammensetzen. Es braucht nicht eigens betont zu werden, daß es sich grundsätzlich um einzelsprachliche Rahmungen handelt, in denen ontische Relationen keinesfalls abbildungstreu widergespiegelt werden; sie zeichnen sich nur umrißhaft in je einzelsprachlichen 5 6 7

8

9

Vgl. dazu, insbesondere zu den Verhältnissen im Fr., Klein (1981), Schepping (1982). Den nützlichen Begriff der Orientierung übernehmen wir von Wüest (1991). Vgl. Husserl (1950:75): „Bekanntlich wurde es von Descartes so weit verstanden, daß es mitumfaßt jedes 'Ich nehme wahr, Ich erinnere mich, Ich phantasiere, ich urteile, fühle, begehre, will' und so alle irgend ähnlichen Icherlebnisse in den unzähligen fließenden Sondergestaltungen". In der Anthropologie ist in der Regel von Wahrnehmungsmodus die Rede; um diesen eigentlich treffenderen, aber linguistisch schon anderweitig besetzten Ausdruck nicht mit einer weiteren Bedeutung zu belasten, wird hier im Einklang mit dem Sprachgebrauch der kognitiven Linguistik der Terminus Domäne verwandt; vgl. aber Langacker (1987), Taylor (1989), Geisler (1991); zur Anthropologie der Sinne vgl. Plessner (1923), (1980) und Teilenbach (1968). Husserl macht hier den wichtigen Unterschied zwischen „immanenter" und „transzendenter" Wahrnehmung. Im Fall der „immanenten" Wahrnehmung, z.B. bei der Reflexion oder bei der Erinnerung, „bilden Wahrnehmung und Wahrgenommenes wesensmäßig eine unvermittelte Einheit, die einer einzigen konkreten cogitatio. Das Wahrnehmen birgt sein Objekt hier so in sich, daß es von diesem nur abstraktiv, nur als wesentlich unselbständiges abzusondern ist" (1950:78).

Transitivität" aus rollensemantischer

Sicht

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Brechungen ab (vgl. Koch 1981:114ff.).10 Dies gilt, wie sich in der Beschreibung der Beispiele zeigen wird, für die Relationierung von Rollen und „Verbalgeschehen", wo z.B. mit der „Inkorporation" (Koch 1991) einer Rolle in die Verbbedeutung zu rechnen ist;11 es gilt aber auch für das semantische Profil der einzelnen Rollen, das man nicht vorschnell schematisch einengen darf. Die einzelsprachlichen Verhältnisse können natürlich in einem zweiten Schritt in einer übereinzelsprachlich-typologischen Perspektive „aufgehoben" und bewußtseinspsychologisch oder -philosophisch gedeutet werden.12 Die Bestandsaufnahme der it. und fr. Wahrnehmungsverben ergibt ein in syntaktischer Hinsicht außerordentlich homogenes Bild. Alle einschlägigen Verben (bis auf it. orecchiare 'heimlich lauschen') sind zweiwertig und transitiv im Sinn der traditionellen Grammatik: d.h. auch der Zweitaktant wird in der Regel nicht durch eine präpositionale Ergänzung besetzt. Auch Reflexiva sind selten (vgl. etwa das bereits genannte rum. a se uita 'schauen'). Hinter dieser syntaktischen Uniformität verbergen sich jedoch Konstellationen, die sich vor allem in bezug auf die jeweils dargestellten Leistungen, in geringerem Maße aber auch in bezug auf ihre rollensemantische Valenz, zwei komplementären Lösungen für die Darstellung von Wahrnehmungserlebnissen zuordnen lassen.

3 Eine prototypische Alternative: perzeptive und apperzeptive Wahrnehmungsverben Die auffälligste, weil durchgängige Gemeinsamkeit besteht nun in der grundsätzlich analogen Kategorisierung aller Sinnesbereiche; in allen Domänen stehen sich zwei Typen gegenüber (vgl. Anhang Tab. 1): Neben wenigen, oder sogar einzelnen, maximal unspezifischen Verben des Typs voir/vedere, entendre/sentire usw. auf der einen Seite, findet sich auf der anderen Seite eine meist umfangreichere, oft sogar sehr differenzierte Gruppe spezifischer Verben (z.B. regarder/guardare, écouter/ascoltare etc.). Entscheidend ist nun, daß es sich hier keineswegs, wie das gemeinsame Etikett der 10

11

12

Der Hinweis auf die grundsätzlich verschiedene Kategorisierung des Sehens im Dt. einerseits und im Fr./It. andererseits muß an dieser Stelle genügen: Im Dt. gibt es eine kleine Gruppe sehr frequenter verba videndi, die anstatt einer Rolle 'Wahrnehmungsgegenstand' obligatorisch die Rolle 'Wahmehmungsrichtung' eröffnen (auf/durch/empor/über etwas hinweg/aus etwas hinaus/in etwas hinein blicken usw.; ähnlich verhalten sich gucken, lugen, äugen, spähen). In den rom. Sprachen (mit Ausnahme des Rumänischen; vgl. z.B. a se uita la ceva) wurde diese onomasiologisch naheliegende Lösung nicht lexikalisiert. Derartige Inkorporationen manifestieren sich historisch oft in denominalen Verben; vgl. etwa Bildungen wie lat. considerare zu sidus, die also ursprünglich wohl 'Sterne betrachten' bedeutet hat oder it. braccare 'nachspüren' zu bracco 'Jagdhund, Bracke'. Wie in den Anmerkungen 5 und 7 angedeutet wird, könnte sich die Linguistik, speziell die sog. kognitive Linguistik, hier mit Gewinn auf die Arbeiten der Phänomenologie und der philosophischen Anthropologie stützen; vgl. dazu Holenstein (1980a), (1980b); Krefeld (1997) sowie die exemplarische Studie von Trabant (1993).

160

Thomas Krefeld

'Wahrnehmung' suggeriert, um eine Relation von allgemeinem Oberbegriff und besonderen Unterbegriffen handelt. Vielmehr führen die beiden Verbtypen auf einen fundamentalen kognitiven Unterschied in der Art und Weise, wie Wahrnehmungen erlebt werden. Bereits Husserl hat diese Alternative, die man aus Sicht der zeitgenössischen Semantik als eine prototypische Alternative bezeichnen darf, sehr ausführlich beschrieben. 13

3.1

Perzeptive Wahrnehmungsverben

Im ersten Fall (Typ voir, entendre etc.) handelt es sich um die Darstellung schlicht sensorieller Rezeption von Wahrnehmungsdaten. Diese perzeptiven Wahrnehmungsverben sagen allenfalls, welche organisch-sensorielle Quelle (Auge, Ohr etc.) bzw. welche Daten (Farbdaten, Tondaten, Tastdaten etc.) der Wahrnehmung zugrunde liegen; im Fall der polysemen Verben fr. sentir, it. sentire ('wahrnehmen allgemein', 'hören', 'riechen') fehlt es sogar hier noch an Eindeutigkeit. Die Lösung der perzeptiven Verben zeichnet sich durch ein höchst unspezifisches Rollenprofil aus: Die Rolle des Zweitaktanten ('Wahrgenommenes') ist gänzlich unbestimmt, die Rolle des Erstaktanten ist minimal durch das Merkmal '+belebt' spezifiziert und damit weit vom Profil eines „prototypischen Agens" entfernt. 14 Aus diesem Grund wurde von Chafe (1976:147) speziell für die Beschreibung der Wahrnehmungsverben die Rollenbezeichnung „experiencer" eingeführt; dieser Begriff charakterisiert aber gerade nicht das Gesamtfeld der Wahrnehmungsverben, sondern eben nur die Gruppe der perzeptiven Verben sowie einen Teilbereich der apperzeptiven Verben (die sog. identifizierenden Wahrnehmungsverben; s.u.). Das Wahrnehmungserlebnis wird gewissermaßen so dargestellt, als ob sich das Wahrgenommene dem Wahrnehmenden aufdrängte; man ist geradezu versucht, in bezug auf die Interrelation der Rollen von einer „umgekehrten Transitivität" mit einem „affizierten" Subjekt zu sprechen. Im Fall der perzeptiven Wahrnehmungsverben hat sich also der rezeptive Charakter der Wahrnehmung verselbständigt.15 13

14

15

Es liegt also ein designatsorientierter und kein einzelsprachlich „signifikantenorientierter" Prototypenbegriff zugrunde; Koch (1994:213 Anm. 24), weist zu Recht darauf hin, daß beide in der kognitiven Linguistik nicht immer klar geschieden werden. Vgl. dazu Welke (1988:202), der das Agens eines „prototypischen Tätigkeitssatzes" durch die folgende Merkmalskombination charakterisiert: 'löst einen Vorgang ursächlich aus', '+menschlich\ '+intentional\ 'wirkt auf einen Gegenstand ein, ihn schaffend oder verändernd'; vgl. auch Taylor (1989:206-215) und Geisler (1988). Nicht berücksichtigt werden hier reine Selbstwahrnehmungen (Propriozeptionen) wie die Schmerzempfindung oder Wahrnehmungen wie die Temperaturempfindung, für die die Propriozeption eine wichtige Rolle spielt. Diese Leistungen werden nicht deshalb ausgeschlossen, weil man sie herkömmlicherweise - zu Unrecht (vgl. Steinbuch 1972:96) - nicht zu den Sinneswahrnehmungen rechnet, sondern vielmehr deshalb, weil sie durch Verben kaum kategorisiert wurden. Allenfalls sind fr. grelotter und frissonner zu nennen (dagegen im It. eine Fügung mit Funktionsverb, z.B. avere i brividi); die beiden fr. Verben meinen jedoch zunächst die körperliche Reaktion (frissonner ist denominal zu frisson 'tremblement fin, irrégulier, passager, accompagne une émotion (désagréable ou

Transitivität" aus rollensemantischer

Sicht

161

Prototypische Konstellation perzeptiver Wahrnehmungsverben dargestelltes Verbalgeschehen: Perzeption von Sinnesdaten

Rolle des Erstaktanten: 'Wahrnehmender' ('experiencer') (+belebt)

Rolle des Zweitaktanten: 'Wahrnehmungsgegenstand' (-affiziert)

A u s dieser Rollenkonstellation bzw. aus ihrer prototypisch-kognitiven Basis erklärt sich im übrigen die auffällige Tatsache, daß gerade die genannten perzeptiven Verben (und ausschließlich diese 1 6 ) häufig eine metonymische Bedeutungserweiterung erfahren haben und sekundär unter Ausblendung des 'Wahrnehmenden' auch für die Darstellung der wahrnehmbaren Qualitäten 1 7 ausgenutzt werden. Im Blick auf eine etwaige Korrelation z w i s c h e n semantischer und syntaktischer Transitivität ist es bemerkenswert, daß diese Zustandsverben, die man in semantischer Hinsicht gar nicht mehr als transitiv ansehen kann, im Italienischen ebenso w i e im Deutschen auch die syntaktische Transitivität aufgeben: vgl. questa camera sente di muffa/dies Zimmer riecht nach Schimmel vs. cette pièce sent le moisi. (Die Tab. 1 des Anhangs zeigt die einschlägigen Verben im Überblick.)

16

17

non)' (PR 831); ebenfalls denominal ist grelotter zu grelot 'sonnette [...]'; (PR 889). Das Temperaturempfinden ist wohl bei beiden, ganz sicher aber bei frissonner, nur sekundär. Primäre Verben für Temperaturempfindungen sind wohl auch sonst selten, vgl. lat. frigeo 'mir ist kalt', caleo 'mir ist warm', dazu defektives chaut in älterem Fr., oder dt. frieren. - Aus rollensemantischer (und kognitiver) Sicht untersuchenswert ist das Nebeneinander einwertiger (Typ frigeo) und ursprünglich zweiwertiger Lösungen (Typ a: fr. j'ai froid, it. ho freddo, Typ b: rum. mi-efrig, dt. mir ist kalt); vgl. aus anderer Perspektive zur Konkurrenz dieser beiden Lösungen Geisler (1988:23), der hier den Übergang von der „Sein- in die Haben-Domäne" sieht. Es zeigt sich hier allerdings ein ambivalenter, zwischen Semasiologie und Onomasiologie schwankender Gebrauch des Begriffs 'Domäne': Natürlich ist die Gebrauchssphäre von sein und haben in Wendungen der beiden Typen ausgeweitet worden. Es ist allerdings die Frage, ob damit wirklich ein Übergang in eine andere kognitive Domäne verbunden ist (vgl. auch o. Anm. 12). Beide, besser gesagt alle drei Ausdrucksformen (primäres Verb, Kopula, 'haben') stehen ja gerade für dieselbe onomasiologische Domäne ('Temperaturempfindung'). Das Nebeneinander läßt sich auch dadurch erklären, daß der Inhalt von Propriozeptionen im vorwissenschaftlichen Weltbild weniger gegenständlicher Art ist als das, was man „vor Augen", „auf der Zunge" oder „in der Hand" 'hat'. Ein besonderer Fall ist fr. mirer 'regarder, viser, zyeuter', dessen sekundäre Bedeutung 'refléter' (TLF 11:873) wohl auf die Appellativa miroir u.ä. 'Spiegel' zurückführt; vgl. analog zu sentir auch e. to smell, to look etc. - Die entsprechenden deutschen Verben verhalten sich semantisch analog (vgl. das schmeckt)·, der Gebrauch von Präpositionen bzw. die Ausnutzung der Verbpräfixe hat jedoch die Bildung von Homonymen meist verhindert (vgl. riechen/schmecken nach, sehen vs. aussehen, fiihlen vs. (sich) anfühlen). Freilich sind diese Präpositionen und Präfixe auch nicht eindeutig (vgl. nach etwas, z.B. nach Regen aussehen vs. nach etwas/jemandem, z.B. nach seinen Kindern ausschauen). Vgl. dazu auch Weisgerber (1929).

162 3.2

Thomas Krefeld

Apperceptive Wahrnehmungsverben

Der andere, apperzeptive Typ des Wahrnehmungsverbs stellt dagegen ein komplexes Erlebnis dar, in dem die eigentliche Wahrnehmung semantisch untrennbar mit anderen Bewußtseinsleistungen verknüpft ist (vgl. Tab. 2 im Anhang). Also beispielsweise das Sehen wird nicht als autonome visuelle Rezeption optischer Daten, sondern ausdrücklich als ein konzentriert-verinnerlichtes Sehen (z.B. fr. apercevoir, it. scorgere), als ein untersuchendes Sehen (z.B. fr. scruter/,it. scrutare) usw. dargestellt. Die Wahrnehmungen sind, mit anderen Worten, in intentionalen, sinngebenden Funktionszusammenhängen (eben in Apperzeptionen) eingebettet. Husserl (1952:196) spricht hier von „noetischen" Wahrnehmungserlebnissen. Die Mehrschichtigkeit des dargestellten Erlebnisses schlägt sich auch im rollensemantischen Profil der einschlägigen Verben nieder. Zunächst ist die Rolle des 'Wahrnehmenden' gewissermaßen „agensähnlicher", insofern sie durch das Merkmal der 'Intentionalität' spezifiziert wird, wobei 'intentional' in der Regel, aber durchaus nicht in jedem Fall, mit dem Merkmal 'absichtlich' verbunden ist; selbst das Merkmal 'kontrolliert' ist nicht obligatorisch.18 Sodann ergeben sich komplexere Anforderungen an die semantische Besetzung des anderen Mitspielers, dem sozusagen eine Doppelrolle zugemutet wird. Es ist nämlich grundsätzlich damit zu rechnen, daß er nicht nur den Gegenstand der Wahrnehmung, sondern gleichzeitig den Gegenstand bzw. das Ziel der Apperzeption darstellt.19 3.2.1 Identifizierende Wahrnehmung Die bisher herausgearbeiteten Merkmale lassen eine erste zusammengehörige Gruppe it. und fr. Verben im Gesamtfeld der apperzeptiven Wahrnehmung hervortreten, die man als „Verben der identifizierenden Wahrnehmung" bezeichnen kann. Die apperzeptive Leistung der hier kategorisierten Erlebnisse besteht darin, den jeweiligen Wahrnehmungsgegenstand zum vorgängigen Wissen des Wahrnehmenden in Beziehung zu setzen und als ein bestimmtes Individuum oder als Vertreter einer bestimmten Klasse, Qualität usw. (wieder) zu erkennen - unabhängig davon, ob die jeweilige Identifikation sich als richtig oder falsch erweist. Die semantische Rolle 'Wahrnehmungsgegenstand', die durch den Zweitaktanten dieser Verben eröffnet wird, läßt sich also als 'apperzeptiv bestätigter Wahrnehmungsgegenstand' präzisieren.20 18

19

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Vgl. Husserl (1966:54): „Die Wahrnehmung hat ihre eigene Intentionalität, die noch nichts von dem aktiven Verhalten des Ichs und von dessen konstitutiver Leistung in sich birgt, da sie vielmehr eben vorausgesetzt ist, damit das Ich etwas haben, wofür und wogegen es sich entscheiden kann." Lepschy/Lepschy (1986:272) geben einen Hinweis darauf, daß die beiden Typen von Perzeptionsverben (die sie im übrigen nicht explizit auseinanderhalten) sich ansatzweise auch morphosyntaktisch verschieden verhalten: „Bei vedere 'sehen' und sentire 'hören' ist ein dativisches Subjekt sehr viel gebräuchlicher als z.B. bei guardare 'zusehen' und ascoltare 'zuhören': le ho visto scrivere una lettera 'ich habe sie einen Brief schreiben sehen' und le ho sentito cantare una canzone 'ich habe sie ein Lied singen hören' sind akzeptabler als le ho guardato scrivere una lettera [...]". Vgl. Plessner (1970:332): „Der Mensch [...] nimmt in seinen Informationen gegenständlich wahr. [...] (Er) beruhigt sich nicht bei dem puren Faktum seiner sinnlichen Organisation, er sieht etwas darin, einen Sinn - und wenn er ihn nicht findet, gibt er ihm einen und macht etwas daraus".

Transitivität"

aus rollensemantischer

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Sicht

Mit der Kategorie 'identifizierende Wahrnehmung' wird natürlich nicht behauptet, daß es 'Wahrnehmen' ohne 'Identifizieren' gäbe - Identifikation mit Wissenskategorien ist bei jeder menschlichen Wahrnehmung impliziert. Menschliche Wahrnehmung erschöpft sich grundsätzlich nicht in der sinnesspezifischen, rein sensoriellen Information. Aus sprachwissenschaftlicher Sicht entscheidend ist, daß mit Hilfe der entsprechenden Verben die Identifikation ausdrücklich thematisiert wird. Die verbsemantische Konstellation des Typs 'Identifizieren' läßt sich wie folgt schematisieren: Apperzeptive Wahmehmungsverben: Teilbereich 'Identifizieren' dargestelltes Verbalgeschehen: 'Perzeption und positive Apperzeption von Sinnesdaten'

Rolle des Erstaktanten: Wahrnehmender Agens (+belebt; +intentional)

Rolle des Zweitaktanten: 'Wahrnehmungsgegenstand' und 'Apperzeptionsziel' sind ausdrücklich identisch

Die einschlägigen Verben werden in der Tabelle 3 des Anhangs zusammengefaßt. Abgesehen von der allgemeinen Domäne sind nur 'sehen' und 'riechen' betroffen; im Blick auf das naive, in den Lexikalisierungen kristallisierte Menschenbild ist es interessant, auf eine besondere Spezifizierung hinzuweisen: Die in der Domäne 'riechen' aufgeführten „identifizierenden" Verben gelten ausschließlich zur Bezeichnung tierischer Wahrnehmungen. In bezug auf Menschen haben braccare, fiutare, flairer und subodorer stets die übertragene Bedeutung 'ahnen, erraten' usw. (s.u.). Die Verben des identifizierenden Sehens werden dagegen in aller Regel auf Menschen bezogen. Anders gesagt: Das 'Sehen' nimmt in bezug auf die Identifikation eine privilegierte Stellung ein. Der Unterschied zwischen den beiden romanischen Sprachen auf der einen und dem Deutschen auf der anderen Seite ist hier frappierend: Im Deutschen ist - im Gegensatz zum Romanischen - die identifizierende Erfahrung des Geschmacks lexikalisiert worden: schmecken ist grundsätzlich 'identifizierend', die fr. und it. Verben grundsätzlich nicht. In nicht-identifizierender Bedeutung entspricht den romanischen Verben das dt. probieren; ich probiere den Wein und schmecke Korken vs. fr. je goûte le vin qui sent le bouchon bzw. it. degusto il vino che sa di tappo (*je goûte du bouchon bzw. it. * degusto il tappo). Es fehlt dagegen im Dt. eine direkte Entsprechung zu fr. apercevoirAt. scorgere. 3.2.2 Interessierte Wahrnehmung Manche der eben genannten 'identifizierenden' Verben (z.B. distinguer/distinguere im Unterschied zu apercevoir/scorgere) stellen nun Wahrnehmungserlebnisse dar, die neben der Identifikation noch eine spezifische intentionale Einstellung zur Wahrnehmung implizieren, die sich mit dem Begriff 'Interesse' fassen läßt. Es handelt sich hier um gezielte Wahrnehmungen, die zustande kommen, weil der Wahrnehmende sich

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Thomas Krefeld

aufgrund spezifischer, d.h. in der Regel eingeschränkter Relevanzbedingungen auf einen Teil der aktuell zugänglichen Sinnesdaten konzentriert.21 Dieses Kriterium 'Interesse' liefert einen gemeinsamen Nenner für die Darstellung all der verschiedenen Wahrnehmungen, die mit geschärfter Aufmerksamkeit erbracht werden. Den Grundtyp dieser 'interessierten Wahrnehmung' kann man genauer als 'erkundende Wahrnehmung' fassen. Er zeichnet sich in rollensemantischer Hinsicht durch eine weitergehende Spezifizierung des 'Wahrnehmenden' aus, dem das Merkmal 'kontrolliert' oder 'selbsttätig' (d.h. 'initiativ' und 'zweckorientiert' tätig) zugesprochen werden kann. Ein anderer, nur auf den ersten Blick unscheinbarer Unterschied betrifft die komplexe semantische Rolle des Zweitaktanten ('Apperzeptionsziel' und 'Wahrnehmungsgegenstand'), genauer gesagt die Teilrolle 'Wahrnehmungsgegenstand': Durch die Verben des Typs 'Identifizieren', die in dieser Hinsicht noch den perzeptiven Wahrnehmungsverben gleichen, wird der 'Wahrnehmungsgegenstand' grundsätzlich als nicht affiziert dargestellt; manche der apperzeptiven Verben der interessierten Wahrnehmung implizieren dagegen durchaus eine gewisse Affizierung ihrer Objekte (s.u.). Der Typ 'Erkunden' ist in allen Domänen lexikalisiert und insofern strukturbildend für das Gesamtfeld der französischen und italienischen Perzeptionsverben (vgl. Anhang, Tab. 4). Man darf die zugrundeliegende verbsemantische Konstellation (vgl. das folgende Schema) als die prototypische Darstellung der apperzeptiven Wahrnehmung ansehen. Sie läßt sich wie folgt schematisieren: Prototypische Konstellation apperzeptiver Wahrnehmungsverben: 'Erkunden' dargestelltes Verbal geschehen : gezielte, willentliche Perzeption und positive Apperzeption von Sinnesdaten

Rolle des Erstaktanten: Wahrnehmender Agens (+belebt; +kontrolliert; +intentional)

Rolle des Zweitaktanten: 'Wahrnehmungsgegenstand' und'Apperzeptionsziel' sind identisch (+/-affiziert)

Der höhere Grad an Agentivität sowie die Zulässigkeit der Gegenstandsaffizierung zeigen, daß man dieser prototypischen Konstellation zwar keinen hohen, aber doch einen höheren Grad an semantischer Transitivität als den perzeptiven Wahrnehmungsverben zusprechen darf. Entscheidend ist jedoch, daß die Prototypikalität eines Wahrnehmungsverbs abnimmt, wenn Affizierung und praktische Agentivität in den Mittelpunkt der Bedeutung rücken, oder aber, wenn die apperzeptive Bedeutungskomponente ein deutliches Übergewicht gegenüber der perzeptiven erhält. Im Fall eines prototy21

Das dt. erblicken ist in bezug auf das der Identifikation vorhergehende Interesse nicht festgelegt; es bedeutet ebenso zufälliges, wie nach langer Suche erfolgendes Identifizieren. - Die deutschen Präfixbildungen des Typs etwas heraushören/herausriechen/herausschmecken/ertasten, die in den anderen Domänen zur Verfügung stehen, bezeichnen dagegen stets Identifikationserlebnisse, denen eine interessiert-konzentrierte Wahrnehmung vorausgeht.

„ Transitivität"

aus rollensemantischer

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Sicht

pischen Wahrnehmungsverbs ist die Apperzeption stets auf den Wahrnehmungsgegenstand oder zumindest auf einen Teil der aktuell wahrnehmbaren Gegenstände gerichtet. Letztere können affiziert werden, die Affizierung ist jedoch keinesfalls Zweck der dargestellten Handlung. Zum Kontrast sollen im folgenden zwei Reihen semantischer Konstellationen mit jeweils abnehmender Prototypikalität vorgestellt werden. 3.2.3

Abnehmende Prototypikalität aufgrund zunehmender Apperzeptionsorientierung: 'untersuchen', 'suchen', 'erraten' Den Anfang macht eine wichtige Untergruppe im Bereich der 'interessierten Wahrnehmung', die in bezug auf die Besetzung der Rolle des Zweitaktanten von der prototypischen Lösung abweicht: Gemeint sind die Verben der 'untersuchenden Wahrnehmung', bei denen es sich zwar ebenfalls um Wahrnehmungen mit geschärfter Aufmerksamkeit handelt; das Interesse des Wahrnehmenden, die Apperzeption, zielt jedoch ausdrücklich auf ein vorgegebenes Wahrnehmungsziel, dessen Präsenz unter den aktuell zugänglichen Sinnesdaten, d.h. den Wahrnehmungsgegenständen, nicht gesichert ist (z.B. scruter l'horizon parce qu'on attend l'apparition

de qqn. ou de qch.).

Apperzeptionsziel ist es, eine Vermutung, Hypothese, Erwartung etc. durch Wahrnehmungsevidenz zu bestätigen oder zu verwerfen. Die Verben des Typs 'Untersuchen' unterscheiden sich also bereits in zweifacher Hinsicht von der genannten prototypischen Konstellation der apperzeptiven Wahrnehmungsverben: 1. Die Apperzeption ist zwar auf den Wahrnehmungsgegenstand bezogen, ihr eigentlicher Sinn, das Apperzeptionsziel (d.h. die Verifikation oder Falsifikation) ist jedoch in der Aktanz nicht verankert. Die Verben sind kraft ihrer Rolle einzig auf den 'Wahrnehmungsgegenstand' orientiert, der in der Domäne 'tasten' stets, in der Domäne 'sehen' (s.u.) gelegentlich affiziert wird. 2. Die positive Übereinstimmung von (implizitem) Apperzeptionsziel und Wahrnehmungsgegenstand ist gerade nicht gewährleistet. Apperceptive Wahrnehmungsverben: Teilbereich 'Untersuchen' dargestelltes Verbalgeschehen: •gezielte, willentliche Perception und problematische Apperzeption (+/-positiv) von Sinnesdaten bei vorgegebenem Apperzeptionsziel'

Rolle des Erstaktanten: Wahrnehmender Agens (+belebt; +kontrolliert; +intentional)

Rolle des Zweitaktanten: 'Wahmehmungsgegenstand' (+/-affiziert)

Noch weiter entfernt als das 'Untersuchen' ist das mit ihm engverwandte 'Suchen' von der prototypischen Konstellation der apperzeptiven Wahrnehmung entfernt: Das dargestellte Verbalgeschehen und die durch den Erstaktanten eröffnete Rolle lassen sich in beiden Fällen gleich charakterisieren; in der Rollenbesetzung des Zweitaktanten kann

166

Thomas Krefeld

man beide Typen jedoch als alternative Einschränkungen der prototypischen Lösung ('Wahrnehmungsgegenstand' und 'Apperzeptionsziel') deuten; während die Verben des Typs 'Untersuchen' auf den 'Wahrnehmungsgegenstand' orientiert sind, blenden die Verben des Typs 'Suchen' den 'Wahrnehmungsgegenstand' aus. Dieser lediglich in den Domänen 'wahrnehmen allgemein' und 'riechen' lexikalisierte Typ ist durch die Rolle des Zweitaktanten auf das vorgegebene Apperzeptionsziel, d.h. auf den gesuchten, aktuell gerade nicht präsenten Gegenstand orientiert; vgl. scruter l'horizon (en cherchant qn.) vs. chercher qn. (en scrutant l'horizon). Wie die Belege des Typs 'wittern' zeigen (vgl. it. braccare, fiutare, fr. flairer), schließen sich fehlende Präsenz und (spurenhafte) Wahrnehmbarkeit allerdings nicht aus. Durch diese, im folgenden Schema zusammengefaßte Konstellation rückt bei den Verben des 'Suchens' die apperzeptive Bedeutungskomponente sehr stark in den Vordergrund; man sollte diese Gruppe daher nur am Rande zum Feld der Wahrnehmungsverben rechnen. Marginale apperzeptive Wahrnehmungsverben: 'Suchen' dargestelltes Verbalgeschehen: 'gezielte, willentliche Perzeption und problematische Apperzeption (+/-positiv) von Sinnesdaten bei vorgegebenem Apperzeptionsziel'

Rolle des Erstaktanten: Wahrnehmender Agens (+belebt; +kontrolliert; +intentional)

Rolle des Zweitaktanten: 'Apperzeptionsziel'

An zwei der beschriebenen Konstellationen, nämlich an dem zuletzt genannten Typ 'Suchen' sowie an den vorher angeführten Typ 'Identifizieren', läßt sich nun aufgrund gemeinsamer Bedeutungsmerkmale eine Gruppe apperzeptiver Verben anschließen, die Wahrnehmungsleistungen nunmehr implizieren, ohne sie eigentlich darzustellen; gemeint sind die Verben des Typs it. indovinareÄr. deviner, it. intuire 'erraten'. Sie bezeichnen Identifikationserlebnisse, die nicht auf der Evidenz der Sinnesdaten, sondern auf der apperzeptiven Vervollständigung unzureichender Sinnesdaten beruhen. Die einschlägigen Verben besetzen den Erstaktanten durch dieselbe Rolle wie die Verben des 'Identifizierens', und ihr Zweitaktant eröffnet, ebenso wie die Verben des 'Suchens', die Rolle 'Apperzeptionsziel'. Die Verben des Typs 'Erraten' stehen bereits außerhalb des Felds der 'Wahrnehmung'; man könnte von 'Verben der apperzeptiven Identifikation' sprechen (vgl. das folgende Schema). Verben der apperzeptiven Identifikation : 'Erraten' dargestelltes Verbalgeschehen: 'apperzeptive Vervollständigung unzureichender Sinnesdaten'

Rolle des Erstaktanten: Wahrnehmender Agens (+belebt; +intentional)

Rolle des Zweitaktanten: 'Apperzeptionsziel'

„ Transitivität" aus rollensemantischer

Sicht

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Die semantische Verwandtschaft von 'identifizieren', 'suchen' und 'erraten' zeigt sich im übrigen auch darin, daß Verben des ersten Typs metaphorisch auch für die Bezeichnung der apperzeptiven Identifikation verwendet werden. Solche polysemen Verben stammen häufig aus der Domäne des Geruchssinns (subodorare un imbroglio, flairer un piège, eine Gefahr wittern usw.). Dieser Sinn liefert im Tierreich Empfindungsdaten mit hoher Identifikationskraft, die für den Menschen empirisch nicht nachvollziehbar ist und deshalb als sichere Identifikation bei fehlender Evidenz gedeutet wird. 3.2.4 Abnehmende Prototypikalität aufgrund zunehmender Affizierung Das für die Bestimmung der semantischen Transitivität eines Verbalgeschehens wichtige Kriterium der Affizierung ist im Bereich der fr. und it. Wahrnehmungsverben lediglich für die Domänen 'schmecken', 'sehen' und 'tasten' relevant.22 Grundsätzlich affiziert sind alle durch den Tastsinn „erfaßten" Gegenstände; daher stellt sich bei der Beschreibung der sprachlichen Kategorisierung in dieser Domäne unweigerlich das Problem der metasprachlichen Kategorisierung. Welche Verben lassen sich überhaupt sinnvollerweise als 'Wahrnehmungsverben' (Typ 'tasten') klassifizieren und welche sollte man besser als 'Handlungsverben' (Typ 'greifen') einordnen? Eine eindeutige Zuordnung ist vielleicht nicht immer angemessen; es hilft aber ein gutes Stück weiter, wenn man versucht, den Status des Merkmals 'affiziert' in der Gesamtkonstellation des jeweiligen Verbs zu präzisieren: Ist die Affizierung des Gegenstands Ziel der Apperzeption (oder gar Mittel, einen anderen, nicht in der Aktanz repräsentierten Zweck zu erreichen), sollte man nicht von einem Wahrnehmungsverb sprechen. Der 'Griff gilt nicht der Kenntnis des jeweils 'Gegriffenen', sondern seiner direkten Verwendbarkeit (z.B. maneggiare la creta/saisir la craie). Anders sieht es aus, wenn die Affizierung des Wahrnehmungsgegenstands nur als sekundäres, in Kauf genommenes Korrelat der Berührung dargestellt wird. In der Reihe éffleurer/sfiorare, toucher/toccare, caresse r/acca rezza re, chatouille r/solleticare wären somit die beiden letzten eindeutig als Handlungsverben anzusprechen, da sie eben auf den Effekt, das Resultat des Kitzeins zielen. Nicht eindeutig auf die Bereiche 'Wahrnehmung' vs. 'Handlung' festzulegen sind in diesem Fall caresser/accarezzare. Aufschlußreich ist es hier, sich die unterschiedliche Bedeutung der Verben in z.B. caresser un tissu de soie/accarezzare un tessuto di seta einerseits und caresser la joue de qn./accarezzare la guancia di qu, andererseits zu vergegenwärtigen. Während im ersten Fall die Wahrnehmung des Handelnden klar im Vordergrund steht, rückt die Affizierung im zweiten Fall, d.h. dann, wenn sie Lebewesen, vor allem wenn sie Mitmenschen betrifft, nachdrücklich in den Mittelpunkt: Die Wahrnehmung erhält eine kommunikative Dimension. 22

Im Deutschen ist für die Domäne 'wahrnehmen allgemein' das Verb jmd. ertappen zu nennen, zu dem es in den beiden rom. Sprachen, die hier zur Diskussion stehen, keine echte Entsprechung zu geben scheint: fr. surprendre!it. sorprendere können zwar okkasionell diese affizierende Wahrnehmung bezeichnen, als 'Wahrnehmungsverben' kann man sie jedoch schon deshalb nicht bezeichnen, da sie ebenso wie dt. überraschen keinen belebten Agens voraussetzen (vgl. etwa: la sua gentilezza mi ha sorpreso).

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Thomas Krefeld

Es ist daher nicht verwunderlich, daß diese kommunikative Wahrnehmung vor allem in der Domäne des Sehens, wo sie in der außersprachlichen Wirklichkeit streng konventionalisiert ist, auch sprachlich lexikalisiert wurde.23 Die Wichtigkeit der zwischenmenschlichen Dimension des 'Sehens' zeigt sich darin, daß es sowohl im Fr. als auch im It. zwei Verben gibt, die nicht eine allgemeine Rolle 'Wahrnehmungsgegenstand' sondern eine spezifizierte Rolle 'wahrgenommene menschliche Person' eröffnen (fr. dévisager, mater, it. occhieggiare, squadrare). Festzuhalten ist, daß beide Sprachen ausgehend von etymologisch verschiedenem Material zu einer parallelen Kategorisierung gelangt sind: In beiden Sprachen steht jeweils ein Verb für den allgemein musternden Blick (dévisager, squadrare) und ein weiteres für den speziell in sexueller Absicht musternden Blick (fr. mater, it. occhieggiare) zur Verfügung. Das eben genannte fr. mater gehört jedoch gleichzeitig noch in eine andere Subkategorie, nämlich in das kleine Paradigma der Verben, die für das 'heimliche Sehen' stehen, für das 'Sehen' also, das eigenes 'Gesehenwerden' ausschließen soll. Dazu die folgende Tabelle: Verben des kommunikativen Sehens Verben mit einer Rolle 'wahrgenommene Person'

Verben des heimlichen Sehens

fr. dévisager mater

fr. mater guigner épier

it. squadrare 'mustern' occhieggiare 'mustern in sexueller Absicht'

it. sbirciare sogguardare spiare

4 Rückblick Von einer kleinen Fallstudie sind keine großen Rückschlüsse zu erwarten. Es hat sich aber immerhin gezeigt, daß sich schon hinter der syntaktisch uniformen Kodierung (Verb, Erstaktant, nicht-präpositionaler Zweitaktant) eines einzigen lexikalischen Feldes, dem der französischen und italienischen Wahrnehmungsverben, eine ganze Palette verschiedener semantischer Konstellationen verbirgt, die sich allesamt zwei prototypischen Lösungen zuordnen lassen. Beide unterscheiden sich in der Tat in ihrem Grad an semantischer Transitivität im Sinne von Hopper/Thompson. Die komplexere und wegen der zahlreichen zugehörigen Verben erheblich umfangreichere Gruppe der sog. apperzeptiven Verben setzt sich wiederum aus mehreren, semantisch verschiedenen Konstellationen zusammen. Um die fein nuancierte Abstufung ihrer jeweiligen Prototypikalität zu erfassen, ist es jedoch unerläßlich, die von Hopper und Thompson

23

Auf die sehr komplexe und faszinierende anthropologische Deutung des Blicks und seiner fundamentalen Rolle für die sozial fundierte Bildung des Selbstbewußtseins können wir hier nicht eingehen; vgl. vor allem das berühmte Kapitel über den regard in Sartre (1977); vgl. Krefeld (1997) ausführlicher zur sprachlichen Kategorisierung des Sehens im It. und Fr.

Transitivität" aus rollensemantischer

Sicht

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zusammengestellten Transitivitätsmerkmale in rollensemantischer Hinsicht zu differenzieren und zu hierarchisieren. So hat z.B. das Merkmal 'telisch' in den Konstellationen 'Erkunden', 'Untersuchen' und 'Suchen' durchaus nicht denselben Status, da es unterschiedliche Rollen ('Erkunden' vs. 'Suchen') oder unterschiedliche Komponenten ein und derselben komplexen Rolle ('Erkunden' vs. 'Untersuchen') betrifft. Auf dieser rollensemantischen Grundlage erweist sich die von Hopper/Thompson als „Transitivitätshypothese" bezeichnete dynamische Implikation der Merkmale als unhaltbar; etwa eine deutlicher ausgeprägte Agentivität (+kontrolliert) bedingt keineswegs automatisch eine stärkere Affizierung des Wahrnehmungsgegenstands usw. D e m universalen Erklärungsanspruch eines umfassenden, gleichzeitig morphosyntaktisch und semantisch basierten Konzepts der Transitivität sollte man daher mit Skepsis begegnen.

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Thomas Krefeld

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Anhang Tab. 1 : Perzeptive Verben und die Darstellung von wahrnehmbaren Qualitäten fr. sentir nordfr./belg. gôuter fr. voir it. odorare lat. sapere it. sapere (di) it. sentire

'avoir la sensation de (une odeur)' 'répandre une odeur' (PR 1799f.) 'percevoir par le sens du goût' 'avoir le goût de' (PR 878) 'percevoir par le sens de la vue' voyant (des couleurs voyantes) 'qui attire la vue' (PR 2119), 'saggiare attraverso l'olfatto, fiutare, sentire l'odore' (D/O 1528) 'Geschmack empfinden' 'aver sapore (e anche odore)' (D/O 2061) 'sentire un odore' 'emanare un odore'

Transitivität" aus rollensemantischer Sicht

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Tab. 2: Perzeptive und apperceptive Wahrnehmungsverben im Überblick (rudimentäre Bedeutungs-und Varietätenangaben nach D/O und PR; Bezeichnungen für Propriozeptionen wurden nicht berücksichtigt) 2a: Domäne 'wahrnehmen allgemein' Wahrnehmungserlebnis perzeptiv fr. percevoir sentir it. avvertire percepire sentire

apperzeptiv fr. découvrir 'entdecken' discerner 'eindeutig erkennen', distinguer 'erkennen', reconnaître 'wiedererkennen', trouver 'finden it. accorgersi/avvedersi 'sich gewahr werden', distinguere 'erkennen', riconoscere 'wiedererkennen', scoprire 'entdecken', trovare 'finden'

2b: Domäne 'riechen' Wahrnehmungserlebnis perzeptiv fr. sentir it. sentire

apperzeptiv fr. flairer 'am Geruch erkennen', humer 'schnuppern', renifler 'konzentriert schnuppern, schnüffeln', subodorer 'von weitem wittern' it. annusare '(prüfend) schnuppem, schnüffeln' braccare 'witternfiutare 'am Geruch erkennen, wittern', odorare 'Duft wahrnehmen, am Duft erkennen'

2c: Domäne 'schmecken' Wahrnehmungserlebnis perzeptiv fr. goûter it. gustare

apperzeptiv fr. déguster 'genießend probieren', savourer 'genießend Geschmack wahrnehmen', sentir 'etwas schmecken' it. assaggiare 'probieren', assaporare 'genießend Geschmack wahrnehmen', degustare 'genießend probieren', delibare 'genießend probieren (lett.)', prelibare 'probieren (lett.)'

2d: Domäne 'tasten' Wahrnehmungserlebnis perzeptiv fr. toucher

it. toccare

apperzeptiv fr. caresser 'streicheln', effleurer 'ganz leicht berühren',/rô/er 'streifen', palper 'be-, abtastenpeloter 'in sexueller Absicht streicheln (fam.)', täter 'aufmerksam be-, abtasten', tripoter 'grob berühren (vulg.)' it. accarezzare 'streicheln', lisciare 'ausgiebig streicheln', palpare 'be-, abtasten', palpeggiare 'ausgiebig 'be-, abtasten', sfiorare 'ganz leicht streifen', tastare 'betasten'

2e: Domäne 'hören' Wahmehmungserlebnis perzeptiv fr. entendre it. sentire, udire

apperzeptiv fr. ausculter 'abhorchen', écouter 'zuhören' it. ascoltare 'zuhören', auscultare 'abhorchen', orecchiare!origliare 'belauschen'

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Thomas Krefeld

2f: Domäne 'sehen' Wahrnehmungserlebnis perzeptiv fr. voir

it. vedere

apperzeptiv fr. apercevoir 'im Blick erkennen', aviser 'in den Blick nehmen', bigler 'aus den Augenwinkeln ansehen', contempler!considérer!observer!regarder (vgl. Tab. 4), découvrir 'mit den Augen entdecken', dévisager!épier!mater! guigner, discerner 'mit den Augen genau erkennen', distinguer 'mit den Augen erkennen', examiner 'mit den Augen untersuchen', fixer 'anstarren', guetter 'im Blick überwachen, suchen', lorgner 'schielen (auf)', mater 'heimlich betrachten (arg.)', mirer 'zielen, ansehen (pop.)', reluquer 'aus den Augenwinkeln interessiert ansehen', remarquer 'mit den Augen bemerken', scruter 'mit den Augen aufmerksam untersuchen', viser 'zielen', zieuter!zyeuter 'aufmerksam ansehen (pop.)' adocchiare 'mit Interesse/Begehren in den Blick nehmen', ammirare 'mit Bewunderung ansehen', avvistare 'sichten', considerare!contemplare!guardare/osservare, discernere 'mit den Augen genau erkennen', esaminare 'mit den Augen untersuchen', fissare 'anstarren', mirare 'zielen', notare 'bei aufmerksamem Blick bemerken', occhieggiare! squadrare!sbirciare! sogguardare (lett)!spiare, scoprire 'mit den Augen (in der Ferne) erkennen, untersuchen', sorvegliare/vigilare 'mit dem Augen überwachen', studiare 'eingehend mit den Augen erkunden'

Tab. 3: Identifizierende Wahrnehmung Domäne

'wahrnehmen'

'riechen'

'sehen'

'ausdrückliche Identifikation des Wahrgenommenen' fr. it. accorgersi avvedersi apercevoir découvrir scoprire discerner discernere distinguere distinguer riconoscere reconnaître trouver trovare fiutare braccare flairer subodorer adocchiare apercevoir avvistare discernere discerner distinguere distinguer découvrir scoprire notare ravvisare remarquer scorgere

Transitivität " aus rollensemantischer Sicht

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Tab. 4: Typen interessierter Wahrnehmung Domäne

'wahrnehmen'

'riechen'

'tasten'

'schmecken'

'hören'

'interessierte Wahrnehmung' erkundend untersuchend distinguer considérer discerner examiner distinguere considerare discernere esaminare perlustrare renifler humer annusare odorare peloter palper tripoter tâter palpare tastare palpeggiare déguster savourer assaggiare assaporare degustare delibare prelibare ausculter écouter ascoltare 1 auscultare orecchiare origliare examiner bigler

suchend chercher

französisch

cercare italienisch flairer subodorer braccare

französisch italienisch französisch italienisch französisch

italienisch französisch italienisch

gut tter contempler considérer dévisager fixer lorgner mater observer regarder zieuter 'sehen' ammirare considerare contemplare guardare osservare fissare

surveiller scruter viser französisch

ép ier fu ter gm %ner mi rer esaminare guatare mirare scrutare sorvegliare squadrare vigilare sbirciare no tare stuc liare ispez onare sp are

italienisch