Theodor Sickel: Denkwürdigkeiten aus der Werdezeit eines deutschen Geschichtsforschers [Reprint 2019 ed.] 9783486752304, 9783486752298


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German Pages 330 [336] Year 1926

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Table of contents :
Vorrede
Inhalt
Einleitung
I. Versuche und Veröffentlichungen der Frühzeit
II. Aufzeichnungen zur Geschichte des eigenen Lebens
III. Briefe
Nachträge
Namenverzeichnis
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Theodor Sickel: Denkwürdigkeiten aus der Werdezeit eines deutschen Geschichtsforschers [Reprint 2019 ed.]
 9783486752304, 9783486752298

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Denkwürdigkeiten aus der Werdezeit eines deutschen Geschichtsforschers

bearbeitet von

Milhelm Crben berauegegeben mit Unterstützung der Notgemeinschoft der

deutschen Alissenschoft

München und Berlin 1926

Druck und Verlag von R. Oldenbourg

Alle Rechte Vorbehalten.

Dorreäe. Theodor Sickel hat in dem letzten Jahrzehnt, das ihm vergönnt war, einen guten Teil seiner Kraft an die Festhaltung seiner eigenen Erlebnisse gewendet. Am meisten zog es ihn an, von den Jahren seiner Wirksamkeit in Rom 511 berichten, die ihn mit führenden Män­ nern in Berührung gebracht hatte und deren Früchte nicht so offen­ kundig waren wie die seines früheren Schaffens. Mit erstaunlicher Frische und Ausdauer arbeitete er in seinem 80. Lebensjahr und noch nach dessen Vollendung an den „Römischen Erinnerungen", von denen er zwei umfangreiche Reihen, stellenweise inhaltlich über­ einstimmend, aber in der Form abweichend, in den drei ersten und den drei letzten Monaten des Jahres 1906 zum größten Teil eigen­ händig niederschrieb. Mit der erreichten Gestalt unzufrieden, hat er sie noch im Februar 1907 durch eine dritte Folge ergänzt. Da­ neben und vorher wurden von ihm andere bedeutende Lebens­ abschnitte mündlich oder schriftlich behandelt. Zwei davon sind in der Form, in der er sie im Winter 1898/99 diktiert hatte, nach seinem Tode von Berthold Bretholz veröffentlicht worden, andere liegen unveröffentlicht und als mehr oder weniger unfertige Entwürfe in seinem Nachlaß. Sickel ist zu ihrer Ausarbeitung nicht mehr gelangt, und so ist das Gesamtbild seines Lebens, wie es ihm selbst vorschwebte, nicht zustande gekommen. Man kann diese Ergebnisse seiner auto­ biographischen Bemühung nicht mit irgendeiner abgeschlossenen Selbstbiographie, wie mehrere Historiker sie hinterließen, ver­ gleichen, eher mit den Rückblicken, welche Leopold v. Ranke vor und nach erreichtem 70. Lebensjahr, 1863 und 1869, begann, und die er dann aus Anlaß seines 80. und seines 90. Geburtstages wieder auf­ nahm. Diel ausführlicher als Sickel verweilt Ranke bei seiner Kind­ heit und Jugend, und unvergleichlich bleibt die Kunst, mit der er die eigene „geringfügige Existenz mit den großen Angelegenheiten der Welt in Verbindung" brachte. Aber hier wie dort sind es doch eigent­ lich nur Anläufe zur Selbstschilderung, Bruchstücke, die zur Heran­ ziehung anderer Quellen einladen. Es fehlt in beiden Fällen nicht an solchen Mitteln zur nachträglichen Ergänzung der Lücken, welche von den Dahingegangenen leer gelassen wurden. Bei Ranke dienen hiefür, abgesehen von dem persönlichen Gehalt seiner Geschichts­ darstellungen, die gedankenreichen Tagebuchblätter der Spätzeit. Bei Sickel, dessen Werke nach Stoff und Anlage weit weniger Gelegenheit zu eigenen Bekenntnissen gaben, bieten Tagebücher oder

1*

IV Reiseschilderungen aus der Jugend und den ersten Mannesjahren willkommenen Ersatz, und unerwartete Ausschlüsse gewähren man­ cherlei schriftstellerische Arbeiten, die mir seine»« wissenschaftlichen Leistungen nur in sehr losem Zusammenhang stehend, der Vergessen­ heit fast ganz anheimgefallen sind. Endlich helfen hier wie dort die Briese dazu, das volle Gewebe der'Erlebnisse wiederherzustellen, so gut dies eine ftemde Hand überhaupt zu tun vermag. Den Brie­ fen freilich, die Ranke in der ersten Hälfte seines Lebens an seinen Bruder Heinrich und an den befreundeten Philosophen Heinrich Ritter schrieb, ist auf Sickels Seite keine entsprechende Zahl seiner eigenen Briese entgegenzustellen; nur was andere an ihn schrieben, liegt auch aus jener Frühzeit in einiger Vollständigkeit vor, und man muß sich begnügen, aus den Antworten keine verlorenen Worte und Gedanken herauszulesen. Aber diesen Einla«»s hat Sickel schon in jungen Jahren sorgfältig aufzubewahren und zu buchen begönne»«, und in der Ordnung, die er ihm selbst im Alter gab, ist er in großer Vollständigkeit erhalten. Der so gestaltete Nachlaß von Theodor Sickel bildet nicht bloß eine Quelle für die Geschichte eines bedeutenden Gelehrtenlebens, sondern bei der Stellung, die Sickel einnahm, a««ch eine Quelle für die Geschichte des geschichtlichen und des damit eng verschwisterten politischen Denkens. Schon als ich wenige Wochen nach Sickels Tod, im Mai 1908, den ersten raschen Einblick in diesen Nachlaß nehmen konnte, w««rde der Wunsch lebendig, daß dieser Schah er­ halten bleibe u»«d wirksam werde, womöglich noch bevor die letzten Fäden der Erinner»«ng ai« der« Lebenden abreißen. Dor allen an­ dern Fachgenossen schien derjenige, der Sickel bei der Niederschrift von Lebenserinnerungen geholfen und dadurch Einblick in seinen Plan gewonnen hatte, Berthold Breihvh in Brünn, zu solcher Auf­ gabe berufen. Aber gerade die Kenntnis des einst vorhandenen, nun doch nicht ganz zugänglichen Bestandes hielt ihn von der Inangriff­ nahme des Gegenstandes ab, und die Pflichten seiner amtlichen und wissenschaftlichen Stellung zogen ihn nach anderer Seite. So entschlotz er sich, den zuerst in seine Hände gelegten Nachlaß dem Wiener Institut für Geschichtsforschung zu übergeben. Als mir vor mehr als sieben Jahren dessen damaliger Vorstand, Hofrat v. Ottenthal, und im Verein mit ihm auch sein jetziger Nachfolger, Hofrat Redlich, den Wunsch nahelegten, die biographische Verwertung des Nachlasses zu übernehmen, wollte und konnte ich mich dieser Aufgabe nicht entziehen, obwohl auch bei mir andere Arbeiten, die mich zur Zeit in Anspruch nahmen, ihrer raschen Inangriffnahme und Lösung im Wege standen. Ich habe sie seither im Auge behalten und schritt­ weise, wenn auch mit vielen Unterbrechungen, immer bereitwilligst von den Anregern unterstützt, zu fördern getrachtet. Aber der ur-

sprüngliche Plan einer Sickelbiographie hat sich im Laufe der Jahre geändert: was ich heute, zu Theodor Sickels 100. Geburtstag, vor­ lege, ist nicht, wie ich es zuerst gewollt hatte, seine Lebensbeschrei­ bung, sondern eine Auswahl von Quellen zur Geschichte seiner Werdezeit. Unwillkürlich bin ich so wieder auf die Bahn gedrängt worden, auf der er selbst das meiste geleistet hat, vom Darsteller wieder zum Quelleneditor geworden. Ich denke, die Leser haben es nicht zu bedauern, wenn sie statt seines letzten Schülers den Meister selbst reden hören, der sie unmittelbar in die eigenen Anfänge zurück­ führen wird. Nur über die äußeren Umstände, die auf die Abgrenzung des Stoffes eingewirkt, und über die Schwierigkeiten, die dabei entstanden, seien einige Worte vorangeschickt. Der nach buchhändlerischen Rücksichten festgesetzte Umfang des Buches nötigte zu starker Einschränkung bei der Auswahl aus dem zur Verfügung stehenden, geschichtlich wertvollen Stoff. Mein Bestreben war, trotz dieser äußeren Hindernisse etwas Geschlossenes zu bieten. Ich verzichtete daher auf die in überreicher Menge vor­ liegenden Aufzeichnungen der späteren Zeit, in welcher Sickel als Vorstand wissenschaftlicher Anstalten und Schöpfer bekannter Veröffentlichungen in der Fachwelt eine weithin sichtbare Rolle gespielt hat, und beschränkte meine Ausgabe aus die Zeit bis zum Jahr 1867, in welchem Sickel die ordentliche Professur der Geschichte in Wien erlangt hat. Auch bei dieser Abgrenzung lag die Schwierig­ keit nicht an einem Mangel an Denkwürdigem sondern eher daran, daß aus einer Fülle des Vorhandenen weniges ausgewählt werden mußte. Die Ausscheidung alles dessen, was sich auf Sickels Arbeiten zur italienischen und französischen Geschichte bezieht, hatte den Verzicht aus nähere Beleuchtung seiner eigentlichen Wanderzeit zur Folge, aber sie war geboten, wenn im übrigen, wenigstens in der Form von Beispielen, der bis 1867 vorliegende Stoff veranschau­ licht werden sollte. In der Wiedergabe der Vorlagen, die teils in Drucken teils handschriftlich benützt wurden, bin ich mit Absicht un­ gleichmäßig vorgegangen. Die größte Genauigkeit, auch in ortho­ graphischen Kleinigkeiten, erstrebte ich bei dem Abdruck der Briese. Die verschiedene Art und die wechselnde Sorgfalt des Schreibens gehören mit zu den Eigentümlichkeiten der Briesschreiber. Ich bin hier den Vorlagen, wenn ich auch keinen Unterschied zwischen latei­ nisch- und deutschgeschriebenen Briesen machen konnte, selbst in der Interpunktion gefolgt und habe die Originale, die bei Sickel eingelausen waren, noch mit der Korrektur verglichen. Bei Sickels eigenen Briefen, deren Originale ich schon vor mehreren Jahren abschrieb oder verglich, war solche Überprüfung jetzt allerdings zumeist nicht möglich, ich hoffe aber auch da genau gewesen zu sein. Hingegen habe ich mir gegenüber solchen Sickel-Manuskripten, die

VI für den Druck bestimmt waren, also aus Anlaß des Druckes von ihm wohl nochmals durchgesehen worden wären, und auch gegenüber den Drucken, die von Druckfehlern nicht frei sind, weil ihm selbst keine Gelegenheit zur Korrektur gegeben war, etwas größere Freiheit erlaubt, an vereinzelten Stellen auch stillschweigend eine kleine Aus­ besserung vorgenommen, dennoch immer darnach gestrebt, die sprach­ liche Eigenart zu wahren. Anmerkungen über die in den Originalen anzutrefsenden Ausbesserungen wurden tunlichst vermieden, um den Raum unter dem Strich oder am Schluß einzelner Stücke für sachliche Bemerkungen verwenden zu können. Aber auch in der Bei­ gabe solcher sachlicher Anmerkungen ist ungleichmäßig vorgegangen worden. Es würde mich von der Hauptaufgabe zu weit abgezogen haben, hätte ich Sickels Ausführungen zu der gleichzeitigen franzö­ sischen und österreichischen Geschichte sachlich nachprüsen und seine einschlägigen Zeitungsaussätze mit erklärenden Roten begleiten wollen, Im Gegensatz dazu glaubte ich die Briese und die Auf­ zeichnungen zu Sickels eigener Lebensgeschichte durch gegenseitige Hinweise und durch Herbeiziehung der nicht zum Abdruck gelangen­ den Rachlahteile erläutern zu sollen und dem Verständnis auch durch Beigabe mancher an sich leicht zu beschaffenden, aber nicht jedem Benützer sogleich gegenwärtigen biographischen Angaben entgegenkommen zu dürfen, obwohl ich an anderen Stellen diese Art der Erklärung unterlassen mußte. Unter denen, welche zu dem Zustandekommen meiner Arbeit hilfreich beitrugen, gebührt Hosrat v. Ottenthal der erste Platz; ohne seine Mitwirkung wäre es mit nicht gelungen, die in ver­ schiedenen Händen befindlichen Sickelbriefe, über die ich unten S. 167f. genauer berichte, zu erlangen, und ohne die von ihm ge­ stattete Entlehnung der erforderlichen Rachlahteile nach Graz hätte ich die Arbeit nicht ausführen können. Ich sage ihm und seinem Assi­ stenten, Dr. Heigl, für alle diese Hilfe herzlichen Dank. Don den jüngeren Mitgliedern des Wiener Institutes haben mich auch mein lieber Freund Sektionsrat Dr. Josef Mayr in Wien und Dr. Leo Santisaller in Bozen mit größter Gefälligkeit durch Vermittlung von Akten und Briesen in dankenswertester Weise unterstützt, und mehrere von meinen hiesigen Schülern, voran Dr. Burkhard Seuffert, sind mir während der Korrektur nützlich an die Hand gegangen. Durch viel längere Zeit habe ich im eigenen Hause wertvolle und stets bereitwillige Helfer gehabt. Die Abschrift der „Römischen Erinnerungen" Sickels, die hier nur gelegentlich erwähnt, deren volle Kenntnis aber doch auch hier nötig war, und die Abschrift eines großen Teiles der hier wiedergegebenen Briefe ist das Werk meiner lieben Frau und meiner Tochter, Frau Professor Marie Schwinner; sie haben sich, wenn ich auch in jedem Fall die Vergleichung

selbst durchführte, mit Entzifferung der schwer lesbaren Schriftzüge ein stattliches Verdienst um meine Arbeit erworben und mit ihrer Anteilnahme die meine erhöht. Aber außer dem Hause habe ich vielen für tätige Hilfe und stillen Rat herzlich zu danken, zu vielen, um sie alle hier zu nennen. Die Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft, welche in großmütiger Weise die Druckunterstühung gewährte, und die Dibliotheksverwaltungen Graz und München, Halle und Berlin, die mich vielfach gefördert haben, sollen mir in dankbarer Erinnerung bleiben. Am meisten aber die herzliche Aufnahme, die ich im Mai dieses Jahres bei den in Halle lebenden Verwandten meines ein­ stigen Lehrers, dem früheren Straßburger Aniversitätsprofessor Wilhelm Sickel und seinen beiden Schwestern, sowie bei den Fräulein Anna und Martha Mebesius gefunden habe. Des großen Entgegen­ kommens, das sie mir durch die Entlehnung von Briefen, Auszeich­ nungen und Bildern bewiesen, ist an vielen Stellen des Buches zu gedenken. Sie haben mit dazu geholfen, den Mann, den die deutsche Wissenschaft längst zu ihren Großen rechnet, auch als Menschen zu würdigen. Graz, im Dezember 1926. Wilhelm Erben.

Inhalt.

Seite 1—25

Einleitung I. Versuche und Veröffentlichungen der Frühzeit

1. Jugendgerichte (von 1843 und 1844)............................. 2. Pariser Zeitungsberichte von 1851 (aus der „Constitutionellen Ztg.", der „Magdeburgifcben Ztg." und aus Uhlichs „Sonntagsblatt") 3. Die gothischen Thürme in Deutschland und Frankreich (aus der „Donau" vom 22. Dezember 1854) 4. Die Neugestaltung Österreichs (aus den „Preußischen Jahrbüchern" vom November 1860, mit dort nicht mehr abgedruckter Fortsetzung vom Dezember 1860) .... 5. Das Sprachenverhültniß im Elsaß (aus der „DonauZeitung" vom 15. April 1862) 6. Briefe von der französischen Reise des Jahres 1862 (aus den „Preußischen Jahrbüchern" vom April, Mai und Juni 1862, mit ungedruckter Fortsetztlng vom September 1862

26—120 26 f.

27—40

40—46

46—74

74—76

76—120

II. Aufzeichnungen zur Geschichte des eigenen Lebens . . .

121—166

1. Der Lebenslauf des jungen Doktors (aus der i. I. 1900 gedruckten Doktordissertation von 1850) 2. Tagebücher von 1850 und 1851 3. Reise nach Baiern und Österreich im Sommer 1852 . 4. Don Besanyon über den Simplen im Juli 1854 . . 5. Reise nach Friaul 1863 6. Entwurf zu dem Anfang einer Selbstbiographie . . .

121 f. 122—133 133—139 139—157 157—161 161—166

Briefe Übersicht der Briefe nach den Verfassern Nr. 1—100 (1850—1867)

167—317 169 169—317

111.

Nachträge............................................................................................... 317

Namenverzeichnis

318—323

Das Titelbild gibt in starker Verkleinerung eine im Besitz der beiden Fräulein Mebesius in Halle befindliche Photographie wieder, welche von M. Lotze in Verona, wahrscheinlich im Jahr 1857, ausgenommen ist. Die Unterschrift stammt aus einem Brief desselben Jahres.

Einleitung. Theodor Sickel ist in seinem langen Leben nicht bloß viel gereist, wie es die Arbeit des Historikers mit sich bringt, er ist auch bis ins hohe Alter recht eigentlich ein Wanderer geblieben, der sich an keinen Ort dauernd band. Auch Nom und Wien, die großen geschichtlichen Mittelpunkte, an denen er durch lange Jahre seine Tätigkeit entfaltete, haben ihn nie für immer zu fesseln vermocht, ja er ist kein ganzer Österreicher geworden, obwohl er reichlich die Hälfte der ihm beschiedenen acht Jahrzehnte in österreichischen Staatsdiensten stand und, die Zeit seines Ruhestands eingerechnet, gewiß ebensolange auf österreichischem Boden gelebt hat. Viel­ leicht darf man sagen, daß die Kinderjahre, in denen ihn das Schicksal, wie er in einem Iugendgedichte Elagt1), mit blinder Laune von allen Orten vertrieb, diesen weiteren wechselvollen Gang für ihn vorgezeichnet, ihm die Gewohnheit steten Orts­ wechsels eingepflanzt und den Segen einer festen Scholle vor­ enthalten haben. Schon im vierten Lebensjahr kam der kleine Theodor von seiner Geburtsstadt Aken an der Elbe, wo das alte Magdeburger Stiftsland an das Herzogtum Anhalt grenzt, nach dem thüringischen Erfurt, das noch nicht drei Jahrzehnte zuvor aus mainzischem in preußischen Besitz gelangt war; und noch ehe er sein vierzehntes Jahr vollendete, übersiedelte der Vater nach Hornburg an der Ilse in den äußersten Westen des Halberstädter Gebietes, in die Nähe von Goslar und Wolfenbüttel, der Sohn aber in die Klosterschule zu Unserer Lieben Frauen nach Magde­ burg. Zur preußischen Provinz Sachsen gehören und gehörten alle diese Städte und Städtchen, aber ihre Verschiedenheit an Geschichte und Stammesart war merklich, die Entfernung noch nicht von den Eisenbahnen überwunden, ein gemeinsames Heimat­ gefühl konnten sie kaum erzeugen, und keine von ihnen hat, wenn man von der in Erfurt mit Oskar Schade und der Familie Pabsts), in Magdeburg mit den Brüdern Lindaus geknüpften Freund­ schaft absieht, in Sickels Leben dauernd nachgewirkt. Viel eher gilt dies von Halle, wo er von 1845—1847 die ersten drei Semester seiner Universitätsstudien verbrachte und im Sommer den philosophischen Doktor erwarb, in noch höherem Grade aber von Cönnern, der kleinen nordwestlichen Nachbarstadt von Halle. In diesem einst magdeburgischen Städtchen hatte Sickels Mutter, Luise Sickel geb. Koecher, sei es vor oder während Erben, Sickel.

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2 Theodors Studentenjahren, ihren Mitwensitz aufgeschlagen, uni> mit Cönnern waren auch sonst Sickels mütterliche Vorfahren seit drei Generationen aufs engste verwachsens. Der Urgroßvater von Theodors Mutter war aus dem Mansfeldischen nach Cönnern eingewandert, hatte dort Grundbesitz und einen Gasthof erworben und als Zolleinnehmer gewaltet. Denselben Besitz und verwandte Stellung zu Cönnern hatten seine Nachkommen inne, der Groß­ vater, dann ein Oheim, endlich ein Vetter von Sickels Mutter, und dieser Vetter wurde im Jahre 1843 der Mann ihrer älteren Tochter Marie, der Schwester Theodors. Indem also bald darnach auch die Mutter mit ihrer jüngeren, noch unvermählten Tochter nach Cönnern zog, war dort der engste Familienkreis Theodors vereinigt. Dorthin gingen aus weiter Ferne die regelmäßigen Briefe Theodors, dort hat er Jahr für Jahr, wenn es möglich war, die alternde Mutter besucht, dort auch nach deren Tod, der bald nach seiner ersten Verinählung, im August 1867, eintrat, wiederholt bei den Geschwistern vorgesprochen, dorthin lud er auch die neugewonnenen Wiener Freundes. In Cönnern mag er immer wieder die Erinnerungen der Kinderzeit erneuert uni> das Behagen des Zuhauseseins empfunden haben. Aber auch Halle, das auf dem Weg nach und von Cönnern berührt werden mußte, weckte ähnliche Gefühle. Da wirkten an der Universität zwei Männer, mit denen ihn gemeinsame Erfahrungen und Be­ strebungen verbanden. Der um drei Jahre jüngere Ernst Dümmler, neben ihm der verdienteste Erforscher karolingischer Geschichte, war durch mehr als vier Jahrzehnte sein'getreuer Berichterstatter in allen akademischen $>ingen6), und seine Briese trugen allemal ein Stück Iugendlust von der Saale nach Wien oder wo immer Sickel weilte. Rudolf Haym hingegen, der um fünf Jahre ältere, der während Sickels Studentenzeit im Frankfurter Parlament gesessen und kurz vor dessen Promotion Privatdozent und Redakteur der Constitutionellen Zeitung geworden war, ist ihm trotz bald erkannter Gegensätze ein Führer für Betätigung als politischer Schriftsteller gewesen; Haym suchte den mehr und mehr von wissenschaftlicher Arbeit in Anspruch Genommenen bei den Gegenwarteausgaben festzuhalten'), an denen Halle in besonderem Sinn beteiligt war. Halle war in Sickels Jugendzeit ein Mittelpunkt des kirchlichen und des politischen Liberalismus^) und der Jugend­ liche hatte sich diesen Richtungen angeschlossen, er muß auch des­ halb Halle als seine geistige Heimat angesehen haben, wie ja bald auch andere Mitglieder der Sickelschen Familie, sein jüngerer Bruder Bernhard, der in Halle studierte, und sein Vetter Emil, nachmals Oberprediger zu St. Ulrich, in dieser Stadt heimisch wurden, die bis heute deren Verwandte beherbergt.

3 Die eigentliche Heimat der Sickelschen Familie lag aber nicht an der unteren Saale, wo einst deutsches und slawisches Volkstum aneinander stießen, sondern ein gutes Stück weiter nordwestlich, im sächsischen Binnenland, an der Bode und den Nordostabhängen des Harz, in dem säkularisierten und an Brandenburg gefallenen alten Bistum Halberstadt. Nach Halberstadt wiesen ja zum Teil auch die Koecherschen Verbindungen, denn Sickels Mutter war die Tochter eines Halberstädter Fabrikanten') und die Schwester eines Halberstädter Kaufmannes. Viel älter und ausgedehnter waren die Halberstädter Beziehungen der Sickelschen Familie, deren Stamm­ baum freilich nicht so weit zurück zu verfolgen ist wie der Koechersche; von Theodor aufwärts sind nur vier seiner Generationen besannt10). Der älteste väterliche Vorfahre Theodors, Christian Sickel, muh nach den Geburtsangaben seiner Kinder von 1719 bis 1734 zu Deesdorf, eine Meile nordöstlich von Halberstadt gelebt haben, er wurde Stadtschreiber und Ratsherr zu Halberstadt. Etwas genauer bekannt ist sein ältester Sohn Johann Martin Sickel, der 1775 erst 56 jährig als Pfarrer zu Ausleben, drei Meilen nördlich von der alten Dischofsstadt, starb, nachdem er zu Beginn des 7 jährigen Krieges Rektor zu Derenburg und Garnisonspfarrer der damals zwischen Preußen und Franzosen umstrittenen, dann von Friedrich II. geschleiften Feste Regenstein, im Südwesten der Stadt bei Blankenburg, gewesen war. In volles Licht aber tritt die Geschichte der Familie mit dessen Sohn, dem Großvater unseres Theodor, Karl Philipp Sickel, der im 82. Lebensjahre am 2. November 1847 als Oberpfarrer zu Schwanebeck, nördlich nächst Halberstadt, gestorben ist. Von ihm kennen wir dank der Verehrung, die ihm seine Söhne, aber auch seine geistlichen und weltlichen Amtsbrüder entgegenbrachten, nicht bloß den Lebens­ gang, sondern auch das kluge und gütige Antlitz, welches eine vier Jahre vor seinem Tode, aus Anlaß seines Jubelfestes angefertigte Lithographie11) lebensvoll wiedergibt. Die Ähnlichkeit mit den Zügen des Enkels ist kaum zu verkennen, aber es liegt in ihm jener Ausdruck der Ruhe und Milde, der dem einfacher verlaufenen Leben und den leichter errungenen Zielen einer glücklichen älteren Zeit entspricht. Es hatte auch für Karl Philipp nicht an Kämpfen gefehlt1'), früh vaterlos, hatte er mit möglichster Raschheit seine Studien, auf die in Halberstadt der humanistisch gerichtete Struensee einwirkte, abschließen und mehrere Jahre Hofmeisterdienste leisten müssen; dann zum Rektor der Stadtschule zu Oschersleben nord­ östlich von Halberstadt und Prediger eines Nachbardorfes, 1795 zum Prediger in Athenstedt westlich von Halberstadt ernannt, hatte er hier auch eine nicht unbedeutende Gutswirtschaft übernehmen müssen; die Kriegsereignisse von 1806 und ihre Folgen brachten Ein-

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quartierungen, ja einen Fluchtversuch der Familie, und es mag dem kinderreichen Vater damals, und auch nachdem er 1814 die Stelle zu Schwanebeck erhalten hatte, nicht leicht geworden sein, seinen Söhnen akademische Bildung und entsprechende Versorgung zu sichern; er hat zwei von ihnen vorübergehend an seiner Seite in Schwanebeck verwendet und sie selbst in ihr Schulamt eingesührt, wie er ihnen auch vordem im eigenen Hause Unterricht erteilt hatte, solange es möglich war, um ihren Weggang an das Halber­ stadter Gymnasium hinauszuschieben. Alles, was wir von ihm wissen, spricht für einen hochgebildeten und ungewöhnlich tätigen Mann, der seine festen Schriftzüge bis ins Alter bewahrt und das Patriarchenansehen mit vollem Recht genossen hat. Außer jenem schönen Bildnis ist ihm bei seinem Amtsjubiläum auch ein Band „Ephoralreden" von seinem Sohne Friedrich und ein in Distichen gefaßtes, nicht mehr erhaltenes Gedicht seiner Enkel gewidmet worden^). Das beste Zeugnis aber für die Tüchtigkeit Karl Philipps legen seine Söhne ab, die seinem Vorbild folgend, Theologie und Pädagogik, Wissen und Wirten in sich vereinen. Abgewichen ist von diesem Wege nur der zweite, August, der um 1833 Gutsverwalter im Hannoverschen und bei seinem frühen Tode 1843 Steuerkontrollor zu Obisfelde in der Altmark nächst der braunschweigischen Grenze war, von dessen Söhnen aber der eine, Eduard, doch wieder räumlich und nach seinem Beruf (er wurde Pfarrer in dem sogleich nochmals zu nennenden Horn­ burg) in die gewohnte geistliche Laufbahn zurückgekehrt ist. Die vier andern Söhne Karl Philipps haben sich ihr und dem damit verbundenen Lehrberuf von Anfang an zugewendet, und sie sind in verschiedenen Teilen der Provinz Sachsen tätig gewesen. Die beiden jüngeren, aus der zweiten Ehe des Vaters stammend, führte ihr Weg südlich an die Unstrut, wo der eine, Wilhelm, Pfarrer zu Artern, der andere, Karl Friedrich, der sich als Philo­ loge um Homer und Thukydides Verdienste erwarb, Vorstand der Klosterschule zu Roßleben tpurbe14). Roch näher stehen sich, sowohl in ihrem Lebenslauf als in ihrem literarischen Schaffen, Franz Sickel, geb. 1794, gest. 1842, und Friedrich Sickel, geb. 1799, gest. 1867. Beide waren nicht nur von dem Vater, sondern auch von dem Magdeburger Pädagogen Zerrenner start beeinflußt; dabei ist jedoch das Leben des jüngeren weniger bewegt und sein Schaffen nicht so tiefgreifend als das des älteren. Friedrichs) nahm zu Ende 1829 die zuvor seinem Bruder Franz angeborene Stellung als Direktor der höheren Töchterschule zu Magdeburg an und paßte ihr, während er früher über allgemeine und besondere Aufgaben der Schule, wie über Grammatik und Geometrie, ge­ schrieben hatte, nun auch seine schriftstellerische Tätigkeit an, indem

5 er in drei verschiedenen Büchern die Fragen der weiblichen Er­ ziehung erörterte. Später, in den südlichen Teilen des Magde­ burgischen, zu Ahendors und seit 1849 zur Groß-Rosenburg als Superintendent und Schulaufseher tätig, hat er sich aus eine Neuauflage seiner schönen Erziehungslehre für christliche Mütter und aus die Herausgabe jener Ephoralreden zu Ehren seines Vaters beschränkt. Als er 1859 für Heindls Galerie berühmter Pädagogen eine Selbstschilderung entwarf, stellte er unter den Grundsätzen, die er während 22jähriger Leitung des Schulwesens befolgt habe, den voran, daß des Lehrers Persönlichkeit wirken müsse ohne Schablone, aber sein Bericht endet doch müde und ohne Zuver­ sicht; eigene bittere Erfahrungen (er hatte einen Sohn durch frühen Tod, einen andern durch Auswanderung nach Amerika verloren), und auch die bedauerlichen „Früchte, welche von der Aussaat des Jahres 1848 reiften", mögen, wie er andeutet, dir Ursache solcher Stimmung gewesen fein. Dem ältesten der fünf Sickelschen Brüder, Franz, der uns hieb als der Vater Theodor Sickels besonders angeht, sind durch einen frühen, noch vor Vollendung seines 48. Lebensjahres eingetretenen Tod solche bittere Erfahrungen erspart geblieben, aber was wir von ihm wissen, spricht für einen starten, unternehmenden Geist, dem es an Ehrgeiz und Selbstbewußtsein nicht gefehlt haben tann16). Er hat im Jahr 1815 zusammen mit seinen zwei Brüdern August und Friedrich in der Duderstädter Legion, der auch Karl Lach­ mann angehörte*'), den Feldzug nach Frankreich mitgemacht und, ohne ins Gefecht zu kommen, doch einmal zu einem mutigen und erfolgreichen Schritt Gelegenheit gehabt. Als auf dem Marsch nach Paris wegen eines bei Rambouillet verübten Silberdiebstahls Verdacht auf sein Detachement fiel, war es Franz Sickel, der durch eine Verteidigungsschrift die Truppe rechtfertigte und vor weiterer schlechter Behandlung schützte. Rach einer ersten unter den Augen des Vaters zu Schwanebeck durchgemachten Lehrtätigkeit kam auch er nach Magdeburg und ist hier 1819 bis 1823 unter Zerrenners Leitung an verschiedenen Schulen zur Mithilfe an der Schulaufsicht und zu mannigfaltigen schriftstellerischen Aufgaben herangezogen worden. Nebenbei auch als Prediger in Schwanebeck tätig und seit seiner Verheiratung, 1821, mit seinem Schwager Adolf Koscher ein Schülerpensionat im eigenen Hause leitend, bewarb er sich um verschiedene Psarrstellen und erhielt 1823 die in Aken. Er hat sie sieben Jahre lang innegehabt, natürlich auch hier mit den geistlichen Pflichten die Schulaufsicht über die Stadt und die eingepsarrten Dörfer vereinend, und er hat gerade von dieser Akener Zeit, als ihn Diesterweg für sein „pädagogisches Deutsch­ land" um eine Darstellung seines Wirkens bat, ein Bild von

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packender Anschaulichkeit geschrieben, das für die Schulzustände der Zeit und für ihn selbst kennzeichnend ist. Wir besitzen von ihm ein nachträglich nach unbekannter Vorlage hergestelltes Relief­ porträt in Naturgröße, welches sein Sohn Theodor in der Sakristei der Marienkirche zu Aken, deren massige romanische Türme weit­ hin über das flache Land ragen, anbringen lieft18). Denen, die in diesem bescheidenen Raume ein- und ausgehen, wird es das Wesen des einstigen Oberpsarrers mehr in ernstem als in freundlichem Lichte erscheinen lassen, den Kopf tief im Nacken sitzend, Mund, Kinn und Wangen derber als die des Vaters und die Augen ohne den freundlichen Ausdruck, der für jenen gewinnt. Der Unter­ schied mag weniger an der Wirklichkeit als in der ungleichen Rich­ tung ‘bet Kunst gelegen sein, denn wer neben das strenge, fast mürrische Reliefbild das Selbstbildnis hält, welches Franz Sickel in jener Sammlung Diesterwegs von seinem eigenen Wirken ent­ warf, der kann an dem idealen Sinn und der Schaffensfreude dieses Mannes nicht zweifeln. Mit begeisterter Hingabe hat er in Aken für das Schulwesen gewirkt, durch Errichtung einer Armen­ schule die Erhöhung des Lehrziels in der Stadtschule ermöglicht, die Dorfschulen durch Einleitung von Neubauten, Belehrung der ungenügenden Lehrkräfte, Ausarbeitung von Lehrplänen und beispielgebendes persönliches Eintreten im Lehrbetrieb gehoben. Don seiner Erfurter Wirksamkeit (1830—1840) konnte Franz Sickel in seinem mitten während dieses Jahrzehntes geschriebenen Berichte für Diesterweg nichts Abschlieftendes und nichts Rüh­ mendes sagen; rückschauend würde er wohl auch hier seine Erfolge in der Aufsicht über die städtischen Schulen, die Errichtung einer Prä­ parandenanstalt zur Vorstufe des ihm unterstellten Lehrerseminars erwähnt und die Fortschritte in der Verbreitung besserer päda­ gogischer Grundsätze unter der Heranwachsenden Lehrerschaft nicht verschwiegen haben. Daneben nahmen ihn, da die Erfurter Aka­ demie der gemeinnützigen Wissenschaften ihn zum Mitglied erkor und der Verkehr mit dem Lehrkörper des Gymnasiums reichere Anregungen bot, die in Aken etwas in den Hintergrund getretenen literarischen Aufgaben stark in Anspruch. Hier veröffentlichte er 1833 sein „Handbuch der Schulmeisterklugheit", das, obwohl uns der dort vertretene Gedanke einer Abhängigkeit des Lehrers von der geistlichen Obrigkeit fremd geworden ist, für jene Zeit als ein sehr gelungener Versuch, die gesamte Stellung des Lehrers zu behandeln, denkwürdig bleibt und ohne Zweifel über örtliche und zeitliche Grenzen hinaus förderlich war. Und hier griff er durch seine Schrift über „die Bedeutsamkeit der wechselseitigen Schuleinrichtung für unsere ungeteilten Volksschulen" in eine leb­ haft umstrittene praktische Frage ein, indem er gegen Diesterweg

und im Sinne Zerrenners zeigte, daß bei der Überfüllung der preußischen Schulen die Heranziehung fortgeschrittener Schüler zum Unterricht, wie sie von englischen und dänischen Pädagogen empfohlen war, Nachahmung verdiene und gute Wirkungen auf die Regsamkeit der Schüler, auf die Gründlichkeit und die erziehe­ rische Seite des Unterrichtes erhoffen lasse. Ein Jahr nachdem sich Franz Sickel so geäußert, hat er die Seminardirektorstelle in Erfurt geräumt und sich auf die bescheidenere Pfarrstelle in dem kleinen Hornburg an der Ilse zurückgezogen. Der jähe Abbruch einer so großen pädagogischen Wirksamkeit, die Rückkehr in den Berufskreis des Vaters und die engere Heimat legen den Ge­ danken nahe, daß es nicht nur die übermäßige Arbeitslast seiner Erfurter Stellung, sondern etwa eine Nachwirkung seiner Stellung­ nahme gegen den einflußreicheren Berliner Seminardirektor Diester­ weg war, welche ihn zu solchem Wechsel trieb. Der tätige Mann würde aber mit dem kleineren Wirkuugsfeld sich kaum auf die Dauer begnügt haben; zu früh» am 30. Januar 1842, hat der Typhus seinem Leben und Streben ein Ende gesetzt. Die Kirchen­ gemeinde Hornburg beklagte seinen Tod wegen des christlichen Sinnes und der ausgezeichneten Rednergabe, die ihm eigen waren, und gedachte dankbar der wohltätigen Einrichtungen, die er in der kurzen Zeit feiner dortigen Wirksamkeit ins Leben gerufen hatte. Daß die Verbindungen und Neigungen des Vaters auch über dessen Tod hinaus aus den Sohn wirkten, war längst beachtet und insbesondere der starke Einfluß, den des Vaters Freund vom fran­ zösischen Feldzug her, Karl Lachmann, aus den Sohn übte, ist von den meisten Lebensbeschreibungen Theodors erwähnt roorben19). Aber erst seine eigenen Worte stellen das Verhältnis zu Lachmann ganz klar, und die Zeugnisse für den geistigen Zusammenhang Theodor Sickels mit dem Vater und den älteren Gliedern der Theologen- und Pädagogenfamilie, aus der er hervorging, lassen sich noch weiter mehren und vertiefen. Der bei der ersten Wieder­ kehr des Todestages in poetischer Form von dem jungen Theodor ausgesprochene Wunsch"), daß ihm der Geist des Vaters vor­ schwebe und ihn leite, darf ernst genommen werden, weil er sich, soweit sein Vorbild überhaupt in Betracht kam, erfüllte. Theodor hat das Immergrün auf dem väterlichen Grabe auch an. einer andereil Stelle seiner Gedichte erwähnt, er hat als junger Doktor neben anderen für die Vorgeschichte seiner Familie bedeutenden Örtlichkeiten, Schwanebeck, Groß-Rosenburg und Dardesheim, jenes Hornburg, wo der Vater begraben lag, wieder besucht und sich auch in Paris an dessen Todestag erinnert21). Von den Freun­ den des Vaters hat außer Lachmann auch Zerrenner, der wäh­ rend Theodors Magdeburger Schuljahren dem dortigen Päda-

8 gogium vorstand, den Jugendlichen gefördert, und dieser empfand den Tod des Gönners, von dem er in seiner ersten Pariser Zeit erfuhr, als persönlichen Verlust. Zerrenners Name steht unter den zwölf Taufpaten Theodors, welche sein Vater im Januar 1827 mit eigener Hand in das Taufregister der Gemeinde Aken eintrug22), an erster Stelle, noch vor dem Schwanebecker Großvater und dem Onkel Fritz. Als letzter unter den männlichen Paten steht ein anderer Freund des Vaters, der ähnlich wie Zerrenner sich auch des vaterlosen Sohnes annahm; es ist Leberecht Uhlich, damals noch als Prediger in dem anhaltischen Diebzig bezeichnet, bald aber dort unmöglich, nach dem preußischen Pömmelte, 1845 nach Magdeburg versetzt, seit 1847 enthoben, jener Führer der „Prote­ stantischen Freunde" oder „Lichtfreunde", die in alljährlichen oder halbjährigen Versammlungen an verschiedenen Orten der Provinz Sachsen für ein möglichst einfaches, alle dogmatischen Streitfragen ausschaltendes Christentum eintraten. Ahlichs Ge­ danken berühren sich mit dem, was Theodors Vater gelehrt hatte, und sie müssen auch den Sohn beeinflußt haben. In dem Augen­ blick, da dieser die Universität bezog, war durch eine von den Recht­ gläubigen hart bekämpfte Schrift des Pfarrers Wislicenus „Ob Schrift ob Geist?" der Kampf um die Religion lebhaft entbrannt. Theodor nahm selbst an der Versammlung zu Cöthen, wo eine Reihe von Zustimmungserklärungen für deren Verfasser abgegeben wurden, zur Entrüstung der Strenggesinnten teil und zog sich da­ durch eine Rüge ju23). Daß er die Beziehungen zu seinem mitten im Kampf stehenden Taufpaten auch nach seiner Abwendung vom theologischen Studium fortsehte, zeigt ein Bries aus der ersten Pariser Zeit, der erkennen läßt, wie der treubesorgte Pate neben leichter Warnung vor dem Qualm der Weltstadt dem jungen Freund die Wege zu journalistischer Betätigung in seinem eigenen Sonntagsblatt und in der weitverbreiteten Magdeburgischen Zeitung ebnete24). Die Beziehungen zu den Männern, die Theodors Vater ge­ kannt, mußten sich im Lauf der Jahre lockern und lösen, aber die geistige Nachwirkung der älteren Sickelschen Generation war da­ mit nicht erloschen. Der Theologiestudent hat sich nach seinen drei Halle'schen und seinen zwei ersten Berliner Semestern der philoso­ phischen Fakultät zugewendet. Er war damit dem Beispiel des Vaters nicht ganz untreu geworden, auch dieser hatte in Göttingen Philologie getrieben, um sich für ein Gymnasiallehramt auszu­ bilden, und nur die Aussicht auf das Schwanebecker Rektorat hatte ihn zur Theologie zurückgeführt. Innere Kämpfe, wie sie wenige Jahre zuvor bei ähnlichem Wechsel Rudolf Haym durch­ gemacht und lebhaft geschildert hat23), mögen auch dem jungen

s Eickel nicht ganz erspart geblieben sein, aber die Entscheidung wird ihm nach der Vorgeschichte seiner eignen Familie und nach deren geistiger Einstellung leichter geworden sein als dem philo­ sophisch angeregten, von den Lehren Hegels, von Strauß und Feuerbach innerlich ergriffenen Haym, der sich, seine Zukunft gefährdend, unter der Hallischen Studentenschaft an die Spitze einer Werbetätigkeit für Strauß gestellt hatte. Sickel hat zwar die grundstürzenden Schriften jener süddeutschen Denker in noch jün­ geren Jahren auf sich wirken lassen26), aber eine so leidenschaft­ liche Parteinahme lag ihm fern; gewiß nicht bloß weil der Miß­ erfolg des Vorgängers davor warnte, sondern weil er nach väter­ lichem Beispiel den trennenden Spekulationen der Dogmatiker und Philosophen aus dem Wege gehen wollte. Er blieb, die Philo­ sophie des 19. Jahrhunderts überhörend, auf dem Boden jener älteren Generation, welche die religiösen Gedanken rationalistisch vereinfachen und sie dadurch vor weiterer Zersetzung zu bewahren meinten. Damit war verständnisvolle Anteilnahme an den reli­ giösen und kirchlichen Einrichtungen sehr wohl vereinbar. Die lebhafte Aufmerksamkeit, die Sickel in Paris den Mandements des Erzbischofs entgegenbrachte, und die genaue Schilderung, die er zwei Jahre darnach den Schuleinrichtungen der Jesuiten am Freinberg bei Linz und dem Kloster Lambach widmete2?), sind bemerkenswerte Vorläufer seines dann im ganzen Leben be­ tätigten, an die Erfurter Erfahrungen des Vaters anknüpfenden Verhaltens gegenüber dem Katholizisnms. Ebenso vereinbar damit war aber auch offenes Eintreten für das eigene Bekenntnis, wo diesem die volle Freiheit und Achtung verwehrt wurde. Ein bezeichnender Vorgang aus wesentlich späterer Zeit darf hier Platz finden, weil er Sickels Verhalten deutlich ausdrückt. Als er 1883 sein Buch über „das Privilegium Otto I. für die Römische Kirche" persönlich dem Papst überreichte, lenkte Leo XIII. das Gespräch auf die von der deutschen.Wissenschaft zu erwartende Kritik, und er schien wenig geneigt, ihr ein unbefangenes Urteil in Fragen der Papstgeschichte zuzutrauen; dem trat Sickel offen und entschieden entgegen, so scharf, daß seine der Audienz bei­ wohnende Frau ihm nachher vorwarf, sein „quoique Protestant“ Seiner Heiligkeit allzu oft und allzu deutlich ins Gesicht geschleudert zu haben26). So wie hier vor dem Papst, so bekannte sich Sickel als Protestant auch in dem katholischen Österreich, und er sah in den Fortschritten, die er für die protestantische Sache durchsetzte, die beste Rechtfertigung für sein Ausharren in Österreich. Als er im Herbst 1855 nach Wien gekommen war, hatte die dortige Re­ gierung eben durch das Konkordat neue Zugeständnisse an die katholische Kirche gemacht und Graf Leo Thun, an den er als den

10 Vertreter des Unterrichtswesens gewiesen war, war zugleich als Kultusminister für diese ultramontane Richtung verantwortlich. Sickel hat die Verdienste Thuns um die Wissenschaft aufs wärmste gerühmt und dabei vertraulich zugestanden, daß das Konkordat „in der Praxis gar nicht so fürchterlich" sei; konnte er doch gleich­ zeitig von dem glänzenden Erfolg der Landhausvorträge berichten, seit langem der ersten öffentlichen Vortragsunternehmung in Wien, und mit Stolz feststellen, daß daran vier Protestanten mit­ gewirkt hatten3»). Aber er hat sich dann auch an den Geschäften der neugebildeten evangelischen Gemeinde lebhaft beteiligt, Briefe, die ihm 1862 aus Wien von dem Großindustriellen Arthaber und dem evangelischen Theologen Schenker nach Paris gesandt wurden, zeigen, daß er aufs genaueste in ihre Verhältnisse und Bestrebungen eingeweiht war. Er verhandelte bei der Besetzung einer Pfarr­ stelle im Namen des evangelischen Presbyteriums mit dem ihm von Halle her bekannten Karl Schwarz, der, seit 1858 Oberhof­ prediger in Gotha, als Vertreter der freiheitlichen Richtung großes Ansehen genoß, und er hielt mit anderen evangelischen Theologen enge Fühlung^»). Und auch in den gesellschaftlichen Beziehungen Sickels hat sein evangelisches Bekenntnis sich geltend gemacht. Heiterer Ver­ kehr ist ihm von Jugend auf und allezeit ein Bedürfnis gewesen, auch in den Zeiten angestrengtester Arbeit. Sein vorwiegend nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten geordneter Nachlaß gewährt in diese Seite seines reichen Lebens nur bescheidene Einblicke, er­ gänzt aus anderen Quellen, möchte sich das Bild des ernsten Forschers zu dem eines frohen, genießenden, auch zu feinem künstlerischen Gefühlsausdruck befähigten Mannes verwandeln. Hier sei hervorgehoben, daß der Frauenverkehr, den Sickel in seinen früheren Wiener Jahren, vor seiner ersten, 1867 mit einer Berlinerin geschlossenen Verlobung und Ehe, pflegte, obwohl ihm die Schönheit der Österreicherinnen schon beim ersten Betreten des österreichischen Bodens ouffid31), doch vorwiegend Frauen aus dem Reich galt, die ihn von neuem in die Kreise seiner Heimat zurückriefen. Das trifft sicher zu bei seinem Verkehr im Hause des Buchhändlers Moriz Gerold in Wien, welches durch lange Jahre der Mittelpunkt seiner geselligen Beziehungen gewesen ist. Frau Rosa von Gerold, die wesentlich jüngere Gattin des dritt­ ältesten Enkels jenes Joseph Gerold, der das Wiener Geschäft begründet und als erster im Jahre 1776 den Titel eines kaiserlichen Hosbuchdruckers erlangt hatte, muß eine Frau von seltenen Gaben gewesen sein, vielleicht keine hervorragende Schönheit, aber, ob­ wohl sie sich selbst zu den Melancholischen rechnete, voll von hei­ terem Lebensmut, teilnehmend an den Angelegenheiten der

11 Männer, die in ihrem Haus verkehrten, auch befähigt und geneigt zu eigener geistiger Arbeit. Sie hat reizvolle, mit reichster Bildung durchtränkte Neiseschilderungen aus Griechenland und aus Spa­ nien veröffentlicht, ihre botanischen Sammlungen erfreuen sich noch heute in der Fachwelt eines guten Ansehens, und in den Briefen ihrer Freunde strahlt es wie Frühling, wo ihr Name genannt roirb32). Zu diesen Freunden nun gehörte Theodor Sickel wenigstens seit dem Jahr 1859, er war in ihrem Stadthaus wie in der schönen Villa zu Neuwaldegg mit dem ganzen Kreis der Wiener Kollegen, Büdinger, Lorenz, Lincker und anderen regelmäßiger Gast, wenn es galt, frohe Gedenktage zu feiern, aber die Verbindung wurde auch aus der Ferne durch eifrigen Brief­ wechsel fortgepflegt. Briefe der Frau Rosa vom September 1860 und September 1871 sind erhalten, unbefangen und herzlich nach den Erlebnissen des Freundes fragend, von den eigenen berichtend. Eine große Zahl anderer, die herüber- und hinüber­ gingen, ist durch Sickels gewissenhaft geführtes Briefbuch be­ zeugt. Er hat es vermittelt, daß seine Schwester Luise im Früh­ jahr 1860 im Hause Gerold zu Besuch weilen konnte, aus dem sorgfältig geführten Tagebuch und dem reizvoll mit gepreßten Blumen und Stammbuchversen gefüllten Gedenkbuch der jungen Dame, das heute noch ihre Töchter pietätvoll bewahren33), ließe sich ein anmutiger, nun schon geschichtlich wertvoller Ausschnitt des geselligen Lebens der Kaiserstadt gewinnen. Frau Rosa aber war, obwohl schon als Kind nach Wien gekommen, nicht in Wien, sondern viel näher an Sickels Heimat geboren, in Waltershausen bei Gotha, am Nordhang des Thüringer Waldes; sie hat uns ein kostbares Bild von diesem kleinen Städtchen und von ihrem an der Ecke des Marktplatzes gelegenen Geburtshaus geschenkt3*). Viel­ leicht ist in den Dreißigerjahren des vorigen Jahrhunderts, an die sie dabei denkt, von dem nahen Erfurt aus oder bei anderem Anlaß auch Theodor Sickel nach Waltershausen gekommen, gewiß werden sich beide oft genug an diese gemeinsamen heimatlichen Beziehungen gemahnt und in ihnen immer neuen Antrieb zu treuem Zusammenhalten gefunden haben. Nicht so unmittelbare Nachbarin war die andere, uns nach Herkunft wie sonstigen Verhältnissen nicht so genau bekannte briefschreibende Freundin Sickels, von der hier berichtet werden kann: Frau Minna Ottilie Wendlandt. Während des Fa­ schings 1855 hat Sickel in Venedig sie und ihre Verwandten, die Mutter, den Bruder und den Gatten, einen aus Hamburg stammenden Chemiker, der sich bei Bozen ansässig gemacht hatte, in heiterster Geselligkeit kennengelernt. An diese fröhlichen Er­ innerungen knüpfte sich bald ein brieflicher Gedankenaustausch,

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der zuerst vielfach französisch, dann nur in deutscher Sprache ge­ führt, nicht immer in gleicher Raschheit der Antworten, aber-doch in fast unveränderter Herzlichkeit durch mehr als vier Jahrzehnte bis nahe an den Tod der beiden fortgeführt worden ist35). Sickel hatte einer Einladung folgend im September 1857 dem befreun­ deten Hause in Campil bei Bozen auf der Durchreise von Halle nach Mailand seinen ersten Besuch gemacht und in der herrlichen Landschaft eine gastliche Aufnahme gefunden, von der er sich ver­ jüngt fühlte, die ihm Lust gab, was ihm seit sieben Jahren nicht passiert war, wieder Verse zu schmieden. Das Andenken des Bozner und des früheren venezianischen Beisammenseins klingt durch die Jahrzehnte nach in den von Sickel geschriebenen Briefen, die in diesem Fall in geschlossener Reihe, mehr als sechzig an Zahl und manche von stattlichem Umfang, erhalten sind; die der Freundin fehlen fast alle; aber man vermag sich aus der Entgegnung in jedem Fall ein gutes Bild auch von ihnen zu machen, und auch ohne sie ist es ein rührendes Denkmal für die Freundschaft zweier Menschen, die, sich geistesverwandt und ebenbürtig, einander suchen, ohne sich jemals zu finden und anzugehören. Don Mailand aus redet er sie mit den Worten eines eben im Archiv gelesenen Briefes aus dem 15. Jahrhundert, die alte Schreibweise nach­ ahmend, an als „tres noble dame, ma tres ediere et loyalle arme", ein andermal als „allergnädigste gestrenge Frau" oder als „liebe Freundin und ungnädige Frau". Und daß sie auch ungnädig ant­ worten konnte, ist oft genug aus der Erwiderung zu sehen; er schreibt von „fulminanten Antworten", von einem „lieben Donner­ wetter", das sie über die Alpen gesandt, oder von einem „unter Donner und Blitz eingetroffenen Duodezblättchen" und „scharfem Monitorium". Wiederholt heißt sie, mit Anspielungen aus Venedig und Bozen der „Kobold der Piazzetta und des gescheubten Turms" u. dgl., aber zwischen allen Scherzen und Neckereien stehen die ernstesten Gedanken» an denen der Mann die studierte Frau, seine „nicht an Lebensjahren, aber an Jahren unserer Bekanntschaft älteste Freundin" teilnehmen läßt. Er redet von dem Eindruck, den ihm Grillparzer und Hamerling gemacht, er empfiehlt ihr auf ihre Frage die Simrocksche Nibelungenübertragung, ein andermal auch Thausings Ausgabe der Dürerbriefe, und er unterhält sich mit ihr über „Politica und Ecclesiastica“, über das neue Deutsche Reich und seine Rückwirkung auf Österreich, über Papst und Konzil. Man erfährt nebenbei, daß sie auch von geistlichen Herren umschwärmt und mit Vertrauen beehrt war, aber auch sie, die geborne Scholwin aus Hamburg, muh Protestantin gewesen sein. Der Einblick in diese Briefe umschreibt auch sonst die mannig­ faltigen gesellschaftlichen Beziehungen des lebensfrohen Gelehrten,

13 ihr eigentlicher Wert liegt aber wohl darin, daß sie in Sickels Geistesart und Lebensauffassung tiefer hineinschauen lassen, als fachliche Korrespondenzen und wissenschaftliche Arbeiten. Die Freude an diesem Verkehr mit einer geistreichen Frau läht ihn Witz, Phantasie und Gestaltungskraft, kurz alle die Eigenschaften und Fähigkeiten zur Geltung bringen, zu deren Verwertung seine Berufstätigkeit wenig Anlatz bot. Sickel ist als Lehrer und als Forscher so überwiegend der Hilsswissenschaftler und Quellen­ herausgeber geworden, daß von seinen Gaben für geschichtliche Darstellung die jüngere, nicht mehr in unmittelbarer Fühlung mit ihm gestandene Schicht der Historiker gar keine Vorstellung mehr haben kann. Da verlohnt es sich, auch diese Seite seines Wesens zu beleuchten und daran zu erinnern, dah er nicht blotz auf der Lehrkanzel ein hinreißender Redner und in der mündlichen Unter­ haltung ein glänzender Erzähler war, sondern auch mit der Feder in der Hand seine Gedanken eindrucksvoll und in schönster Form zu gestalten wußte. Seine Iugendgedichte, noch etwas schülerhaft, aber des selbsterlebten Inhaltes nicht entbehrend, fallen dabei nicht allzusehr ins Gewicht, eher vielleicht eine kleine Novelle, die er als 28 jähriger, den Stoff aus unmittelbarer Erfahrung schöpfend, geschaffen hat33). Sickel reiste im Juli 1854 von Paris über Dijon, Besanxon, Pontarlier und Lausanne, dann über den Simplon, Domo d'Ossola und den Lago Maggiore zu mehrwöchentlicher Arbeit nach Mailand. Im Dezember in Venedig angelangt, faßte er jene Reiseerlebnisse vom Sommer in eine fein abgerundete „Reiseerzählung" zusammen, in welcher Naturschilderung und geschichtliche Betrachtung — mit einer kleinen reizend und spannend durchgeführten Liebesgeschichte — verwoben sind. Wieviel davon Wahrheit, wieviel Dichtung, das wird nicht zu ergründen sein; vielleicht ist der Erzähler mit seiner „Q3raut", deren Vorname in der Tat damals in Sickels Leben eine Rolle spielte37), nicht gerade im gleichen Wagen, wie es nach der Erzählung ohne Wissen der beiden geschehen sein soll, sondern nur ungefähr gleichzeitig über den Simplon gefahren, vielleicht sind auch Nebenfiguren, wie die Professorsleute aus Halle, und andere Umstände nur teilweise der Wirklichkeit entnommen: gleichviel, das Ganze bleibt eines der anziehendsten und aufschlußreichsten Stücke aus Sickels Nach­ laß, weil es seine Neigung zu poetischer Gestaltung deutlich zeigt. Ein schönes Seitenstück dazu, noch mehr mit prickelndem Humor durchsetzt, ist die Schilderung des ungarischen Klosters Martinsberg, die den Inhalt eines Briefes an Frau Ottilie Wendlandt aus­ macht. Sickel hat in der Tat im Frühjahr 1858 das Martinsberger Archiv um der Urkunden willen, die er für die Monurnenta graphica auswählte33), besucht, und er mag dabei in näheren Verkehr mit

14 den Insassen des Stiftes getreten sein; seiner Freundin gegenüber spricht er von seinem bevorstehenden Eintritt ins Kloster, be­ gründet ihn mit Liebesunglück, das etwas genauer erzählt wird, und berichtet sodann in heiterster Weise über das Klosterleben, wobei nur der endgültige Entschluß, sich ihm dauernd zu widmen, von nochmaliger brieflicher Beratung durch seine Freundin ab­ hängig gemacht wird. Der gelungene Scherz geht über die Geschichte des Klosters mit kurzen Andeutungen hinweg. Viel mehr berührt sich mit den geschichtlichen Gedanken Sickels jene Reisenovelle, sie ist neben seiner Doktordissertation auf der einen, seinem Landhausvortrag von 1858, den durch einen Brief Büdingers bezeugten Arbeits­ plänen von 1862 und einigen Besprechungen^) auf der andern Seite ein beachtenswertes Zeugnis für Sickels andauernde Be­ schäftigung mit der burgundischen Geschichte. Bei dem Reichsadler auf dem Stadthaus zu Besan^on und bei der weiteren Fahrt durch die Freigrasschast gedenkt er mit Wehmut der vergessenen Reichsrechte in Burgund und der harten, vergeblichen Kämpfe, die dieses Land zur Abwehr französischer Ausdehnungspolitik geführt hat. Der Anblick der Alpen von der Höhe des Iura er­ innert ihn nicht nur an die eigene fast kindische Freude, mit der er zum erstenmal, zwei Jahre zuvor, auf österreichischem Boden dieses Schauspiel erlebt hatte, sie erweckt wieder historische Er­ innerungen. Er denkt sich in die Seele des letzten unglücklichen, als starrsinnig und rachsüchtig so oft geschmähten Burgunder­ herzogs, Karls des Kühnen, und frägt, ob in seine Kämpfe mit den Eidgenossen nicht auch andere mildere Empfindungen hinein­ gespielt, ob nicht auch ihn, wenn er von hier auf die liebliche Land­ schaft und aus die blinkenden Ferner der Alpen sah, ihre Schönheit gefesselt und betört, in ihm den unwiderstehlichen Wunsch, diese Lande zu besitzen, erweckt habe. Es sind, obwohl Sickel dabei auf den gleichzeitigen Briefwechsel Bezug nimmt, flüchtig hinge­ worfene Gedanken, aber die Art, wie dabei Selbsterlebtes mit der Kenntnis der Quellen in Zusammenhang gebracht und zur psychologischen Erklärung herangezogen wird, ist beachtenswert genug, und sie läßt bedauern, daß Sickel so selten dazu gekommen ist, diese seine Art historischen Erkennens und Darstellens anzu­ wenden, daß er nicht wirtlich darstellender Historiker geworden ist. Daß es dazu nicht kam, darf nicht bloß um seinetwillen, son­ dern aus weit allgemeineren Gründen bedauert werden, Sickel wäre berufen gewesen, über neuere österreichische Geschichte zu reden, weil er österreichische Zustände mit scharfem Blick erfaßte, ihnen unbefangener gegenüberstand als die im Lande Wurzelnden und doch auf Grund eigener Erfahrung eine viel günstigere Auf-

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sassung über Österreich hegte als die meisten deutschen Historiker protestantischen Bekenntnisses. Sowie er im Jahr 1858 gegenüber seinem Oheim Wert darauf legte, „draußen im Reich es bekanntzumachen, daß es sich jetzt in Wien doch rührt und regt", und mit Stolz von dem Gebrauch redete, den er von der vorhandenen Lehrfreiheit und der für wissenschaftliche Zwecke offenen Hand der Regierung gemacht hatte4"), so war er auch 1860, nach Er­ lassung des Oktoberdiploms, als ihn Haym zur Beteiligung an den Preußischen Jahrbüchern einlud, sofort bereit, über dieses neue Verfassungsgeseh und die daran zu knüpfenden Hoffnungen und Aussichten zu berichten, und zwar bei aller Kritik doch in einem aus Kräftigung des Staates gerichteten Sinn41). Sickel sieht am Schluß seines in wenig Tagen (2. bis 11. Rov. 1860) verfaßten Aufsatzes über Österreichs Neugestaltung beide Wege offen; der kaiserliche Willensakt, den er als entschiedene Abwendung von absoluter Staatsgewalt mit Freude begrüßt, könne „ein letzter Lichtstrahl untergehenden Gestirns oder der Freude und Leben verkündende Strahl neuaufgehender Sonne sein." Unverkennbar neigt er aber doch zu der günstigen Auffassung und bekennt, daß ihm „der Anblick der kaum sich entfaltenden materiellen und moralischen Kräfte" Österreichs „von jeher den Glauben" an Öster­ reichs Zukunft ausgedrängt habe. Einen folgenden Aufsatz, in welchem das in der deutschen Bevölkerung neu erwachte Leben geschildert und ihr „über Anhänglichkeit an die Dynastie hinaus­ gehendes, ja von ihr unabhängiges österreichisches Bewußtsein" betont wird, hat Haym nicht mehr zum Abdruck gebracht. Er zog die Ausführungen seines nun plötzlich wieder erstandenen früheren österreichischen Korrespondenten vor, der wenige Monate zuvor den Deutschen in Österreich alle Gemütsbeziehungen zu ihrem Staat abgesprochen, der damals klipp und klar seine Überzeugung „von dem wenn auch langsamen, doch unabwendbaren Verfall des Staates" dargelegt, der nun die italienische Politik Österreichs als mit verfassungsmäßigen Zuständen unvereinbar mtgriff42). Sickel mußte vor Anton Springer weichen, der sich den politischen Ansichten Hayms besser anbequemte42). Haym hat diesen „ge­ wöhnlichen Korrespondenten" für Österreich, den er Sickel gegen­ über einen „unzuverlässigen Mann" genannt, von dem er klagte, daß er ihn „monatelang trotz all seiner Mahnungen warten und schmählich im Stiche gelassen", nachträglich wegen seiner Prompt­ heit gerühmt und seiner Geschichte Österreichs drei Jahre darnach eine glänzende Anzeige in den Jahrbüchern gewidmet44). Als er dann Sickel noch zu ausführlicherer Besprechung dieses Werkes einlud und ihm dafür sehr genaue, jede Kritik ausschließende An­ weisungen gab, ist Sickel darauf nicht eingegangen. Er stimmte

16 mit Haym soweit überein, daß nicht Österreich sondern Preußen zur Lösung der deutschen Frage berufen sei, aber er beurteilte den Kaiserstaat doch anders als der Herausgeber der Jahrbücher, schätzte die deutsche Aufgabe Österreichs sowie die Volksstimmung in Österreich und in ganz Süddeutschland viel höher ein als jener45). Und so konnte er sich in den Jahrbüchern sowie einst in der Kon­ stitutionellen und der Magdeburgischen Zeitung wohl über fran­ zösische Dinge äußern45), nicht über Österreich, und doch hat er mit brennendem Herzen an der Lösung der deutschen Frage, und auch als sie gelöst schien, an der weiteren Gestaltung der öster­ reichisch-deutschen Beziehungen teilgenommen. Seine Briefe an die Bozner Freundin zeugen dafür, der Öffentlichkeit sind die politischen Ansichten dieses im Grunde doch sehr politischen Histo­ rikers verborgen geblieben. Andere Hindernisse bewirkten, daß der junge Professor auch vor den Hörern nicht als Geschichtsdarsteller zu wirken vermochte. Seine Lehrbefugnis lautete auf diejenigen Fächer, deretwegen er 1856 für das Institut, dann 1857 für die Universität gewonnen worden war, aus „historische Quellenkunde und Paläographie"; nur außerhalb der Universität, in jenen Landhausoorträgen von 1858 und in einer ähnlichen Veranstaltung von Februar und März 1860, bei welcher er über Geschichte des Protestantismus sprach4?), vermochte er diese Grenzen zu überschreiten. Im Sommer 1859 wurde ihm von einigen protestantischen Hörern der Universität „im Namen vieler anderer" das schriftliche Ersuchen vorgetragen, er möge „von dem nächstfolgenden Semester angefangen für die zahlreich in Wien studierenden Evangelischen Vorlesungen über allgemeine Geschichte halten", weil „die an der Universität wirken­ den, ausnahmslos dem katholischen Bekenntnisse zugetanenen Do­ zenten der Geschichte sich von der katholischen Geschichtsauffassung leiten lassen". Sickel tat daher Schritte, um eine Erweiterung seiner Lehrbefugnis zu erreichen, indem er an den ihm wohl­ gesinnten Minister Grafen Thun zuerst mündlich, dann über dessen Befehl in Form einer Denkschrift am 18. Dezember 1859 die vorläufige Anfrage richtete, ob ein in diesem Sinn eingereichtes Gesuch an das Prosessorenkollegium Aussicht auf Genehmigung in letzter Instanz haben würde, und er bezeichnete es dabei als seine Absicht, im Fall der Gewährung ausgewählte Partien aus der Geschichte des Mittelalters in kleineren, zwei- oder dreistün­ digen Vorlesungen zu behandeln45). Da diese Eingabe ohne Ant­ wort blieb, versuchte Sickel die Entscheidung aus andere Art zu erreichen: er meldete für das Sommersemester 1861 ein Kolleg über die Geschichte des 15. Jahrhunderts an, dieses aber wurde von dem Ministerium (Graf Thun war im Oktober 1860 aus dem

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Amte geschieden) im März 1861 als unzulässig, weil mit dem Lehr­ auftrag in Widerspruch, aus dem im Manuskript vorgelegten Vorlesungsverzeichnis gestrichen^). Ein heftiger Zeitungsstreit folgte lind ein neues wegen der Vorlesungen dem Minister am 4. April eingereichtes Promemoria war offenbar erfolglos. So eingeengt, strebte er sich durch eine Berufung nach aus-x wärts freizumachen imb erbat sich zugleich eine Beurlaubung sü das Sommersemester 1862, um die für Fortführung seiner diplo­ matischen Studien nötige größere Reise zu ermöglichen. Noch vor Antritt dieser neuen Pariser Fahrt, dann während derselben und ebenso in den folgenden Jahren verfolgte nun Sickel eifrig die sich ergebenden Vakanzen historischer Lehrkanzeln und nützte alle seine Beziehungen aus, um sich da und dort als Anwärter in Erinnerung zu rufen. Rudolf Haym, dem er als einem der ersten, die wegen der Preußischen Jahrbücher voll diesem ge­ pichte Verbindung ergreifend, sich anvertraute, gab Sickels Wünsche weiter an Duncker, fügte aber, sich auf genaue Kenntnis berufend, eine für Sickel recht ungünstige Charakterisierung bei, die doch nur durch die politische Verschiedenheit veranlaßt war. Er, der als Redakteur sich und seine Mitarbeiter gewöhnt hatte, „den Stempel der Partei jeder Notiz und jedem Sahe aufzudrücken"^), glaubte wohl so auch seinen alten journalistischen Helfer beurteilen zu nmssen, der, vor eine weit schwierigere Ausgabe gestellt als er, wissenschaftliche Objektivität sich auch im politischen Urteil zur Pflicht machte. Haym hat Sickel Duncker gegenüber als biegsam und unzuverlässig hingestellt, weil er dem absprechenden Urteil über Österreich nicht zustimmen und doch sein Schicksal nicht blei­ bend an diesen Staat binden wollte; und als Sickel das Mißlingen der ersten Schritte auf Nachwirkungen der alten seit 1849 ihm anhängenden Polizeibeschwerden zu schieben geneigt war, hat Haym die Ursache der von Duncker beobachteten Vorsicht begreif­ licherweise nicht aufgedeckt^). Getreuere Helfer waren von Sickels Altersgenossen der Historiker Julius Weizsäcker, der sich, als er unvermutet selbst an der von Sickel angestrebten Stelle in Betracht kam, anbot, alle einschlägigen Briefe ihm vorzulegen33), sein ältester Jugendfreund, der Germanist Oskar Schade, der Jenaer Jurist Wilhelm Endemann, die Theologen Schenker und Fricke, der Wiener Philologe Dahlen, wohl auch Karl Weinhold, der besser als andere nach dem Maßstab des Selbsterlebten Sickels Wünsche ermessen konnte, endlich als angesehenster von allen Georg Waitz, von dem man wußte, daß er bei den meisten histo­ rischen Besehungsfragen zu Rate gezogen u>urbe53). Dem feineren Empfinden in akademischen Fragen ist es nicht erfreulich, in diese Versuche hineinzuleuchten, durch welche Sickel Erben, Sickel. 2

18 sich aus seiner' Lage in Wien zu befreien und zu einer Professur in Königsberg oder Greifswald, Bonn, Kiel oder Rostock, allen­ falls auch zu einer Archivarstelle in Breslau oder zu einem Vibliothekarsposten in Dresden zu tommen54) oder durch einen Ruf da­ hin oder dorthin seine Wiener Stellung zu verbessern hoffte. So­ sehr seine wissenschaftlichen Leistungen alle diese Ansprüche recht­ fertigten, das unbehagliche Gefühl, daß unverantwortliche Ein­ mischung in Besehungsfragen versucht wurde, bleibt bestehen, und es ist, wie das oben Erzählte zeigt, Sickel nicht erspart geblieben, daß solche Bewerbungen, Empfehlungen und Vermittlungen auch zu unberufenen, ungünstigen Beurteilungen die Gelegenheit bieten. Indes sind in dem Lebensbild Sickels, wie vielleicht in dem mancher anderer, die sich und ihrem besonderen Fach müh­ sam den Weg öffneten, diese Züge aus der Schattenseite der ge­ lehrten Welt nicht zu entbehren. Sie endeten mit einem Erfolg, der nicht bloß dem einzelnen, sondern der Gesamtheit zugute kam. Als im Winter 1863/64 die Königsberger philosophische Fakultät nach dem Tode von Johannes Voigt ihren Besetzungsvorschlag erstattete, war Sickel, dank dem eifrigen Betreiben seines Jugend­ freundes Schade, an zweiter Stelle, hinter dem Geographen Neu­ mann, einstimmig vorgeschlagen worden; aber das Ministerium hielt sich, die Bibliothekarsfrage gleichzeitig zur Lösung bringend, an diesen Vorschlag gar nicht, ernannte Carl Hops, und es kam zu keinerlei Verhandlungen mit Sidel55). Zwei Jahre darnach haben die großen Ereignisse von 1866, wie Sickel selbst in einem amtlichen Schreiben sagte, auch die Stellung seiner geringfügigen Person verändert. Nachdem der Sieg Preußens entschieden war, während in Prag über den Frieden verhandelt wurde, entschloß sich Sickel, dem es in den letzten Wochen hart genug gewesen war, in dem seinem heimatlichen Staate feindlichen Lager stehen zu müssen, an den preußischen Minister des Innern ein Gesuch um Verwen­ dung bei dem in Folge der Eebietserwerbungen neuzugestal­ tenden preußischen Archivdienst zu richten^). Ehe darauf eine Erledigung erfolgte, ergaben sich Aussichten von anderer Seite. In Tübingen hatte Hayms Freund und Mitarbeiter, Reinhold Pauli, weil er in den Preußischen Jahrbüchern die Haltung der Württembergischen Regierung in der Deutschen Frage anzugreisen und den preußischen Standpunkt zu vertreten wagte, seine Pro­ fessur verloren. Der Vorschlag der Tübinger ging nun dahin, an erster Stelle Georg Waih, zur Zeit den angesehensten Vertreter der mittelalterlichen Geschichte, an zweiter aber Theodor Sickel zu gewinnen; beides Männer, auf die nicht nur ihre wissenschaft­ liche Stellung, sondern auch die schwierige Lage, in die der Krieg und sein Ausgang sie gebracht, die Augen lenkte: den wider Willen

19 unter preußische Herrschaft gekommenen Göttinger und den Wiener Professor, der seine preußische Herkunft nicht vergessen konnte. Hier und dort haben die Negierungen, über die politische Richtung der Berufenen hinwegsehend, Wert darauf gelegt, sie in ihrem bisherigen Wirkungskreis festzuhalten, Waih ist in ehrenvollster Weise von der preußischen^), Sickel ebenso von der österreichischen Regierung bestimmt worden, dem Tübinger Rufe nicht zu folgen. Für Sickel aber ergab sich außer der persönlichen Anerkennung und dem Ordinariat, zu dem er schon früher vorgeschlagen ryar, jetzt jene Erweiterung der Lehrbefugnis, die ihm bisher ver­ wehrt war. Er erhielt den Lehrauftrag nicht bloß für Hilfswissen­ schaften, sondern für Geschichte, so daß er neben Paläographie, Diplomatik und Chronologie fortan darstellende Kollegien aus mittlerer und neuerer Geschichte zu halten befugt nxir58). Sickel hat gerade dieses Zugeständnis, obwohl es ihn mit neuer Arbeit belastete, als den großen Erfolg dieser Entscheidung empfunden. Und mit Recht. Daß er als der Nachkomme jener Halberstädter Pastorensamilie nun seine aus protestantischer und preußischer Grundlage erwachsene Anschauung aus der Wiener Lehrkanzel vertreten könne, das erfüllte ihn mit Freude und Stolz: der Dann einer ausschließlich von dem katholischen Bekenntnis geführten Geschichtsauffassung schien gebrochen und als gute Frucht des verhängnisvollen Krieges war die Wiener historische Schule für die deutsche Wissenschaft gewonnen.

Anmerkungen. 1) In dem dritten der unten in Reihe I, Nr. 1 (fernerhin angeführt I, 1) abgedruckten Gedichte. 2) Nach den Einträgen des Briefbuches (f. die Vorbemerkung zu 11, 3) hat Sickel 1855—1865 mit mehreren Mitgliedern der Familie Pabst, Albert, Carl und Julius, die in Zürich und Vern, Erfurt und Dresden lebten, Briefe gewechselt. Erhalten sind solche aus Erfurt, Dezember 1853, worin Geld­ anweisung angekündet und auf Dankesschuld gegen Sickels Vater Bezug genommen wird, aus Vern vom 13. November 1853, mit Auskünften Hidbers über die Tellsage, und 21. August 1860, betr. die erledigte, aber inzwischen durch Johannes Scherr wiederbesetzte Geschichtsprofessur in Zürich, deretwegen Sickel angefragt hatte (dabei wird der in Erfurt, 21. Dez. 1858, er­ folgte Tod der Mutter nachträglich gemeldet) und einer aus Dresden, 19. Ian. 1865, betr. Sickels Aussichten auf eine Stelle an der Dresdner Bibliothek. Zwei andere Erfurter Schulkameraden, im Alter etwa vier Jahre vor Sickel, waren der musikverständige Karl Martin Reinthaler, mit dem Sickel zu Anfang 1851 in Paris viel verkehrte und für den er auch einen Opern­ text schrieb (s. die Tagebucheinträge vom 17. Ian. und 7. Febr. 1851, unten 11, 2), sowie der nachmalige Kardinal Gustav Adolf Prinz Hohenlohe,

20 der sich nach Sickels „Römischen Erinnerungen" im Jahre 1876 vergeblich für Sickels Zulassung zum vatikanischen Archiv verwendete. Neue Be­ ziehungen zu Erfurt gewann Sickel 1884 durch Paul Kehr, dessen im Januar 1885 verstorbener Vater Seminardirektor in Erfurt, also ein Nach­ folger von Sickels Vater war. 3) Mit Rudolf Lindau mutz Sickel in Paris 1853—1855 die bei 71. L. Frauen in Magdeburg (Spiero, Rudolf Lindau, S. 8) angeknüpfte Bekannt­ schaft erneuert haben. Die sechs erhaltenen Briefe Rudolfs an Sickel aus den Jahren 1856 und 1858 lassen t>en Freundeskreis beider (Braun, Kietz, Lindemann, Gasianowski und Rudolfs Bruder Richard) erkennen, in dem sie m Paris lebten. Als Rudolf Lindau im Alter, zwischen 1901 und 1908, in Meran wieder mit Sickel zusammentraf, kamen nach freundlicher Mit­ teilung von Dr. Piffl beide miteinander fast täglich in dessen Haus. 4) Ein Auszug aus dem Koecherschen Stammbaum, welchen mir Fräu­ lein Anna Mebesius in Halle gütigst zur Verfügung stellt, gestattet, abgesehen von dem einmaligen Vorkommen des Namens Johann Koecher in einer Halberstädter Urkunde von 1286, dessen Zusammenhang mit den folgenden Namen unbestimmt bleibt, Theodor Sickels mütterliche Vorfahren an einer Stelle bis in die 9. Generation, also bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts zurückzuverfolgen. Davon waren die ältesten fünf (von Theodor Sickel auf­ wärts gezählt: die 9. bis 5.) im Mansfeldischen heimisch, zunächst in Ahls­ dorf, westlich, dann in Hohnstedt, östlich von Eisleben,- der mittlere, Gabriel Koecher, wird als „Bergmann, später Soldat" bezeichnet, der letzte als „Freisaß und Gerichtsschöppe". Auf diesen Michael K., geb. 1674, gest. 1717, der als „ein höflicher und guter Mann" gerühmt wird, folgen deutlicher erkennbar die in Eönnern heimischen Generationen, die ich wieder von Theodor Sickel aufwärts weiterzähle und hier genauer anführe: 4. Johann Christophorus K., Ökonom, Kgl. Zoll- und Geleitseinnehmer und Besitzer des Gasthofs „Zur preußischen Krone" in Eönnern (auf der Freiheit), geb. in Höhnstedt 1697, gest, in Eönnern 1755. 3. Friedrich K., Ökonom, Ratskämmerer und Besitzer des Gasthofs „Zum schwarzen Adler" in Eönnern, geb. 1735, gest. 1798, hatte vier Kinder, darunter: Gottlob Heinrich K., Tuchfabrikant in Halberstadt, geb. 1770 in Eönnern, gest. 1815 in Halberstadt.

Christian Wilhelm K., Kgl. Zolleinnehmer, Ökonom, Gastw. „z. schw. Adler" u. Bürger in Cönn., geb. 1773, gest. 1822, hatte 10 Kinder, darunter als 6.:

Luise K., verm. Sickel, geb. 1803, gest. 16. August 1867.

Gustav K., Gutsbesitzer in Cönnern, geb. 1809, gest. 1884, verh. mit Marie Sickel, 8 Kinder.

Marie Theodor Luise vm. Koecher vm. Mebesius

Die Nachkommen sind im Besitz des Rittergutes zu Schwanebeck.

5) Daß Sickels Schwester Luise, nachm. verm. Mebesius, schon vor 1860 in Halle den damals mit Theodor befreundeten Ottokar Lorenz gesehen

21 hatte, ergibt sich aus ihrem im Frühjahr 1860 im Hause Gerold (f. unten Anm. 33) geführten Tagebuch. Sickel erzählte mir selbst, wie Lorenz bei einer gemeinsam gemachten Wagenfahrt nach Gönnern den Kutscher eigensinnig bald auf der linken, bald auf der rechten Straßenseite fahren ließ. — Don einem Plan, Gönnern zu besuchen, schreibt im September 1860 Frau Rosa v. Gerold an Sickel, bedauernd, daß er wohl nicht zustande kommen werde. 6) Sickels Briefwechsel mit Dümmler begann im Dezember 1860 und wurde bis zu dessen Tod (September 1902) fortgesetzt. Das Berliner Lite­ raturarchiv verwahrt 339 Briefe und Karten Sickels an Dümmler, die hier nicht benutzt sind, da die Größe dieser Korrespondenz eine getrennte Ver­ wertung wünschenswert macht. Dümmlers Briefe an Sickel, in dessen Nach­ laß erhalten, wurden gelegentlich benutzt, aber in III nicht ausgenommen.

7) Der Briefwechsel Sickels mit Haym, der in Sickels Nachlaß und im Besitz von Hayms Tochter, Frau Prof. Schmidt-Haym in Halle, erhalten und mir zugänglich war, wurde in III abgedruckt, soweit er vor 1867 liegt; nachher scheinen nur 1873 (wegen des Vorschlags für die Wiener Philosophie­ professur) und 1900 (bei Sickels goldenem Doktorjubiläum, vgl. Heldmann in der Hist. Ztschr. 104, 136 ff.) Briefe zwischen beiden gewechselt worden zu sein.

8) Haym, Aus meinem Leben, S. 183. 9) S. oben Anm. 4. 10) Für das Folgende benutze ich einen Stammbaum der Familie Sickel, welcher nach den von dem 1920 verstorbenen Prof. Wilhelm Sickel in Zerbst und dem 1912 verstorbenen Pfarrer zu Hornburg Eduard Sickel, zwei Vettern Theodors, und anderen Unterlagen zusammengestellt, mir in zwei lithographierten Exemplaren von den Schwestern Mebesius (den Nichten Theodors) und von dem in Halle lebenden vormaligen Straßburger Univ.Prof. Wilhelm Sickel, gleichfalls einem Vetter Theodors, freundlich ge­ liehen wurden. — Unaufgeklärt bleibt der etwaige Zusammenhang der hier in Rede stehenden Sickel mit den in Kursachsen (Königreich Sachsen) lebenden Trägern des gleichen Namens. Über das auf denl gohannisfriedhof zu Leipzig befindliche Erbbegräbnis einer Familie Sickel, mit der Kätchen Schönkopf, Goethes Jugendfreundin, zusammenhing, s. Ernst Boerschel in VelhagenKlasings Monatshefte XXX, 5, 118. Dem dort vertretenen Appell.-Gerichtspräsidenten vr. goh. Conrad Sickel, geb. 1769, gest. 1837, hat der Pastor der Nikolaikirche daselbst, Karl Gottfried Bauer, einen „Schattenriß für die Freunde und Verehrer" gewidmet (Leipzig 1837), den die Univ.-Bibl. zu Halle besitzt, wo aber kein Zusammenhang mit den Halberstädter Sickel zu ersehen ist. — Theodor Sickel verkehrte im Herbst 1864 laut Briefbuch mit einem Oberappellationsrat Sickel in Dresden, der auch mit feinem Dresdner Freunde Gehe verkehrte (Brief Gehes v. 30. Dez. 1864), der aber in dem Stammbaum nicht vorkommt.

11) Abdrücke hiervon im Besitz der in Halle lebenden Verwandten Theodors.

12) Eine kurze Lebensgeschichte enthält, im Rahmen der Lebens­ geschichte seines ältesten Sohnes, Diesterweg, Das pädagogische Deutschland der Gegenwart 1 (1835), 287 ff.

22 13) Das bei I, 1 benutzte Büchlein von 1842/44 enthält hinter dem bei I, 1 mitgeteilten Gedicht auf den Tod des Vaters den Vermerk: „1/2 43. Gedicht zum Jubiläum des Großvaters in Distichen; V. d. Hexameter." Es mag Theodors jüngerer Bruder Bernhard mitbeteilgt gewesen sein. 14) Über Karl Friedrich Sickel s. Heldmann in der Hist. Ztschr. 104,116; er schrieb in den Schulprogrammen von Roßleben 1847, 1854 und 1863: „Über die Homerischen Gleichnisse", „Quaestionum Homericarum pars l" und „Beitrage zur Erklärung des Thukydides". 15) Gustav Adolph Friedrich Sickel (in der Familie „Onkel Fritz") hat an zwei Stellen über sein Leben berichtet, zuerst 1835 bei Diesterweg a. a. O. 337—358, dann 1859 bei Heindl, Galerie berühmter Pädagogen 2, 465—468; beidemal am Schluß das Verzeichnis seiner Schriften; es waren zwölf sehr verschiedenartige Arbeiten, beginnend mit einer „Christlichen Glaubenslehre für Seminaristen", Halberstadt 1823, und einer „Praktischen Formenlehre mit Anwendung auf das Elementarzeichnen", Leipzig-Quedlinburg 1824, schließend mit den „Ephoralreden" von 1843 und der zuerst 1835, dann wieder 1850 in Magdeburg erschienenen „Erziehungslehre für gebildete christliche Mütter, in Vorlesungen". 16) Heinrich Friedrich Franz Sickel über sein Leben bei Diesterweg a. a. O. 1, 287—336. 17) gn den Briefen an Karl Lachmann, 1814—1850, welche Leihmann in den Abhandlungen der preuß. Akademie der Wissenschaften 1915 heraus­ gab, kommt Sickels Name nicht vor. Martin Hertz, K. Lachmann S. 23 nennt ihn einen seiner nächsten Freunde in der Duderstädter Legion, jedoch ohne ihn als Verfasser der Denkschrift (S. 28 f.) zu bezeichnen. 18) Die näheren Umstände der Ausführung und Anbringung des Reliefs, welches auf schwarzem Rahmen die Inschrift „Dem Andenken des Heinrich Friedrich Franz Sickel Oberprediger zu Aken a. E. 1824—1830" trägt, waren an Ort und Stelle nicht festzustellen, sie hängen mit Theodor Sickels Anwesenheit im Jahr 1897 zusammen. — Ein zweiter Abguß des Reliefs, im Besitz der beiden Fräulein Mebesius in Halle, ist mir durch deren Güte photographisch zugänglich gemacht worden. — Den Fräulein Mebesius verdanke ich auch eine Aufzeichnung des Nachrufs, den die Mitglieder des Kirchenvorstandes Hornburg am 2. Febr. 1842 ihrem verstorbenen Ober­ prediger widmeten. 19) Uhlirz in der Beilage zur Allg. Zeitung v. 18. Dez. 1906 nach dem Wortlaut des der Dottordissertation vorausgeschickten Lebenslaufes (unten II, 1); anders Bretholz in der Osterr. Rundschau 9, 284 und in der Zeitschr. des deutschen Vereins f. Gesch. Mährens und Schlesiens 13, 23; Heldmann in dem Jahresbericht 1907/08 des Thüring.-Sächsischen Vereins für Gesch. u. Altertum S. 18; v. Ottenthal in Mitt, des Instituts 29, 545 und im Biogr. gahrb. 13, 62; ich selbst in der Hist. Vierteljschr. 1908, 339. Zu alledem vgl. jetzt unten I I, 6 Sickels eigene Worte. 20) S. unten I, 1. 21) S. unten II, 2 zum 18. bis 28. August, 30. Jänner und für das Folgende zum 16. März. 22) Das Taufregister, das ich am 7. Mai 1926 in Aken einsehen durfte, nennt als Paten: Consistorial- und Schulrat C. CH. G. Zerrenner, Ober­ prediger C. Sickel aus Schwanebeck, Pastor Friedrich Sickel aus Schwanebeck,

23 Amtsrat Friedrich Bennecke aus Aken, Bürgermeister Hundt aus Aken, Kämmerer David Runge aus Aken, Rektor (später Oberprediger) Friedrich Kühne aus Aken, Prediger Leberecht Uhlich aus Diebzig und vier Frauen. 23) Was ich in der Hist. Vierteljschr. 1908, S. 336 nach mündlicher Erzählung Sickels vorbrachte, läßt sich nach dem unübersichtlichen Bericht bei Pröhle, Feldgarben (Leipzig 1859), S. 1—228 und nach Haym, Das Leben Max Dunckers (1891), S. 67—73 ergänzen. Zur religiösen Stellung von Franz Sickel s. dessen 1838 erschienenen „Abriß der christlichen Lehre zum Gebrauch insbesondere in Schullehrer-Seminarien“, wo im Vorwort jedes Eingehen auf theologische Parteikämpfe und philosophische Systeme abgelehnt wird. 24) S. unten III, 6 Ahlichs Brief und I, 2 unter dem Juli 1851 Sickels Bericht in Uhlichs Sonntagsblatt. 25) Haym, Aus meinem Leben, S. 98—117. 26) Dgl. Sickels eigenen Bericht in II, 6. 27) Außer den in Anm. 24 angeführten Belegen s. den Tagebucheintrag vom 19. Febr. 1851 in I I, 2 und die Schilderung von Linz und Lambach (nebst Erwähnung von Kremsmünster) in II, 3. 28) Rach Sickels „Römischen Erinnerungen", deren Or. mir 1923 vorlag. 29) Mit dem am 28. Mai 1858 von Sickel seinem Oheim geschriebenen Brief, den Heldmann in der Hist. Ztschr. 104, 129 ff. veröffentlichte (vgl. besonders S. 130 u. 133 f.) stimmt in dem Bericht über die Vorträge ein Brief an Frau Ottilie Wendlandt (s. Anm. 35) gut überein. 30) S. unten III, 95 u. 51 Anm. Die Briefe von Arthaber (18. Aug.) und Schenker (5. Mai 1862), sowie von Karl Schwarz (30. Dez. 1860) im Nachlaß Sickels, ältere Beziehungen zu dem letztgenannten sind durch Briefe von 1851 (III, 3 am Schluß und III, 5) bezeugt; sie mögen in der bei Haym, Aus meinem Leben, S. 159 erwähnten philosophischen Gesellschaft oder als Schwarz im März bei einer Versammlung der Lichtfreunde in Halle sprach (Schrader, Gesch. der Universität Halle S. 234), angeknüpft worden sein. 31) Einschlägige Worte im Reisebericht von 1852, unten II, 3, dort wo von der Landung in Linz gesprochen wird. 32) S. die Festschrift „Zur 100jährigen Gründungsfeier des Hauses Gerold, Wien, 9. Oktober 1875“ und die von Goswina von Berlepsch heraus­ gegebenen „Erinnerungen von Rosa von Gerold“, Wien 1908, ferner Rosa von Gerold, „Eine Herbstfahrt nach Spanien“, Wien 1879 und 1881, die­ selbe, „Ein Ausflug nach Athen und Corfu“, Wien 1885. Dazu meine Be­ merkungen im Reuen Grazer Tagblatt vom 22. April 1926. 33) Ich verdanke Fräulein Anna und Martha Mebesius in Halle den Einblick in das Stammbuch und die Entlehnung des Tagebuches nach Graz. 34) In den „Erinnerungen“ S. 7—19. 35) Herr Staatsarchivar Dr. Leo Santifaller in Bozen ermittelte auf meine Anfrage das Vorhandensein dieser Briefe und erwirkte, daß der gegenwärtige Besitzer, Herr gustizrat Thomsen, der eine Nichte von Frau Wendlandt zur Frau hatte, die Entlehnung nach Graz gütigst gestattete. Frau Wendlandt starb, ihren Gatten um 36 Jahre überlebend, am 28. Oktober 1907; sie wird Sickel, der seit 1901 in Wien lebte, in den letzten Jahren häufig gesehen haben. In Sickels Nachlaß fand ich einen einzigen kurzen



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Brief von ihr (vom 5. Januar 1886), seine an sie gerichteten Briefe gehen vom Mai 1855 bis zum Juli 1899. 36) Jetzt unten II, 4 abgebruckt. 37) Das Briefbuch weist im Sommer 1855, als Sickel in Paris weilte, mehrfachen Briefwechsel mit Therese S. in Passy (bei Paris) aus. 38) Dem Archiv der Erzabtei Martinsberg sind sieben Tafeln der Mon. graphica (III, 4, 5, 12, 14; V, 11; IX, 10 u. 12) entnommen. 39) Sawczynski, Die neuburgundischen Reiche, I. Teil bis 1888, gahresber. des Gymn. zu Krakau 1857, bespr. in der Ztschr. f. d. österr. Gymn. 1858, S. 342 f. — Warnkönig u. Gerard, Histoire des Carolingiens (Bruxelles 1862), bespr. in der österr. Wochenschrift f. Wissenschaft, Stunft u. öff. Leben 1863, 1, 161—169. — Memoires et documents de la Suisse romande XIX: Forel, Repertoire chronologique, bespr. ebenda 395—401. — Wauters, Table chronologique, bespr. Hist. Zeitschr. 29, 210—215. — van Lokeren, Chartes et documents de l’abbaye de 8. Pierre au mont Blandin ä Gand, bespr. ebenda 21, 457—461. — Vüdingers Brief vom 23. März 1862 unten I I I, 50. 40) Hist. Ztschr. 104, 130 u. 133 f. 41) Unten I, 4 und dazu den Briefwechsel mit Haym, 111,27, 28,30—34. 42) Preuß. Jahrbücher 5 (1860), S. 87 f., 412; 6 (1860), S. 601 bis 606. 43) Über Springer als Berichterstatter der Preuß. Jahrbücher s. West­ phal, Welt- und Staatsauffassung des deutschen Liberalismus (Hist. Biblio­ thek 41), S. 81—87 und 109—112, wo indes die negative Einstellung Sprin­ gers gegen österreich (s. vorige Anm.) hinter andern Äußerungen zurücktritt. 44) Mit Hayms Briefen, unten III, 27, 31, vgl. sein späteres Urteil, Aus meinem Leben S. 279 und die Anzeige von Springers Geschichte Österreichs in den Preuß. gahrb. 11 (1863), S. 567 f. Zu dieser sind Hayms Briefe, unten III, 72, 75 zu vergleichen, welche die Parteinahme für das Werk noch deutlicher erkennen lassen. Über sonstige Aufnahme desselben s. g. Jung in der Monatschrift „Deutsche Arbeit" 6 (1906/07), S. 148. 45) Zu den schon von Westphal bekanntgemachten Stellen aus den Briefen Sickels an Haym, unten III, 16 u. 45 (Hist. Bibl. 41, 313—317) kommen nun weitere auf die Verschiedenheit der Auffassung hinweisende Stellen in Hayms Briefen, unten III, 27 (unbeschadet der Differenzen usw.), 33 (unsre Differenz in Beziehung auf österr. Ansprüche an Deutschland), 34 (wenn sie nicht zu sanguinisch für Österreichs Zukunft und zu österreichisch sind) usw. 46) Dgl. I, 2 u. 6. Die Beurteilung der elsässischen Sprachverhältnisse, I, 5, kam für die deutsche Frage zur Zeit nicht in Betracht. 47) Den Schluß dieser Vorträge habe ich nach dem MS. in der Hist. Dierteljschr. 1908, S. 337 mitgeteilt. 48) Das Gesuch der Hörer liegt im Original, die Denkschrift für Thun im Entwurf in Sickels Nachlaß. 49) Auszugsweise Abschrift der ministeriellen Entscheidung in Sickels Nachlaß. Das Promemoria von April 1861 ist durch einen Eintrag im „Journal II meiner amtlichen Korrespondenz, angefangen Oktober 1860" (dem privaten Teil des Briefbuches beiliegend) bezeugt. Die Wiener „Presse" nahm am 17. März 1861 für Sickel, der „Österr. Volksfreund" zwei Tage darnach im entgegengesetzten Sinne Stellung.

25 50) Haym, Aus meinem Leben, S. 205. 51) Ich verdanke Herrn Dr. Rosenberg die Kenntnis einschlägiger Stellen aus Briefen Hayms an Max Duncker vom 20. Nov. 1860 und 22. Okt. 1861, die von Unzuverlässigkeit so deutlich reden, daß Duncker sich wohl dadurch zu der Erkundigung nach Sickels Antezedenzien veranlaßt sah, von welcher Droysen am 19. Dez. 1861 ohne Namensnennung an Sickel schrieb (Anm. zu III, 45), und die Sickel dann III, 49 auf Duncker bezog. 52) Dgl. unten III, 60, 66, 67. 53) Zu Schade, Schenker, Bahlen, Weinhold s. das den Briefen vor­ ausgeschickte Namensverzeichnis; Frickes Brief ist in dem von Schenker erwähnt. Den Briefwechsel Sickels mit Waitz (auf dessen Ansehen bei Nitzsch und Olshausen Schade aufmerksam macht und auch Weinhold hin­ weist), veröffentliche ich in Nachrichten der Göttinger Gesellschaft 1926 S. 51 ff. Endemann schrieb im Oktober und November 1865 an Sickel über die bei Besetzung der Leipziger Lehrkanzel durch Schmidt oder Voigt in Jena oder in Rostock zu erwartenden Vakanzen, und berichtete ihm im Februar weiter über die in Rostock zu Sickels Gunsten unternommenen Schritte. 54) Von der durch Wattenbachs Berufung nach Heidelberg freigewor­ denen, dann mit Colmar Grünhagen besetzten Breslauer Archivstelle handeln Droysen in dem bei 111, 45 erwähnten Brief vom 19. Dez. 1861 und Büdinger, 31. Dez. 1861, II I, 43. Zu Ende 1864 und Anfang 1865 schrieben Sickels Freunde Gehe und Julius Pabst, beide aus Dresden, über eine etwaige Gewinnung Sickels für die Oberbibliothekarstelle der dortigen Bibliothek. 55) Schade an Sickel, 20. Mai 1864, unten III, 77. Vorläufige Aus­ kunft hatte darüber schon im Oktober 1863 Waitz gegeben, vgl. Nachr. der Gött. Ges. 1926 S. 77 f. 56) Der Entwurf des Gesuches vom 7. August 1866 in Sickels Nachlaß. 57) Vgl. was Waitz am 23. Juni 1867 hierüber an Sickel schreibt. Nachr. der Gött. Gesellschaft a. a. O. 58) Außer den ) So im Orig. 2) Daß Sickel ant gleichen Tag an Düdinger und Dümmler schrieb, ergibt das Briefbuch, und aus der Antwort Büdingers (f. unter Rr. 50) ist zu erraten, daß er an Beschäftigung mit burgundischer Geschichte dachte; der vom gleichen Tag datierte Brief an Waitz (Nachr. d. Göttinger Ges. 1926, S. 57 Nr. 3 zeigt aber, daß Sickel zugleich für den Plan der Acta Karolinomm arbeiten wollte.

231 1862 Februar 12.

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Julius Weizsäcker an Theodor Sickel. Lieber Freund!

Mir und meiner Frau thut es herzlich leid daß D. nichts für Sie ausgerichtet hat. Von ihm selbst habe ich noch keine Nach­ richt darüber. Es würde uns sehr freuen wenn wir Sie hier wieder begrüßen könnten. Im Nothfall komme ich sicher an die Bahn. Für Ihre gütigen Zusendungen sage ich Ihnen meinen besten Dank. Für Sybel's Zeitschrift werde ich das Gewünschte besorgen — da Sie einmal das Vertrauen auf mich setzen, obschon ich mich der Sache nicht gewachsen glaube — jedenfalls mit Vergnügen. Ich danke sehr für Ihre Nachrichten im Betreff der Mon. graph.: ich will die Anschaffung von 2 Exemplaren beim Ministerium be­ antragen, deshalb waren mir Ihre Nachrichten erwünscht. Auf die Regesten aus Sigismund's Registratur bin ich begierig. Ich habe kürzlich hier sehr schöne Ausbeute für die Zeit der Hus­ sitentage auf dem Nürnberger Archiv gefunden. Es sind offenbar zersprengte Reste des Ansbachischen Archivs. Ich bitte Sie mir etwas Näheres zu sagen über die von Ihnen erwähnten Mainzer Kopialbücher. Hängen sie etwa zusammen mit den hiesigen? Wir haben hier solche im Reichsarchiv. Sie sind bezeichnet als Liber registri literarum ecclesiae Moguntinae, gehen nicht über Wenzel hinaus, und sind 6 Foliobände N. 1—6 (andere Numerierung 17—22) offenbar Reste einer anderen größer» Sammlung. Ich schrieb kürzlich an Höfler wegen des Epistolartodex dessen er in der Vorrede zu seinem Ruprecht erwähnt), und der gewis

auch für unser Unternehmen wichtig ist. Ich erhielt aber von ihm die gewünschte Notiz wo diese Handschrift sei und wie sie zu er­ langen wäre — nicht. Er sagt mir daß dieser Codex nicht in dem für Baiern inhospitabeln München sondern in Wien gedruckt werden wird. Er habe, nachdem die historische Kommission in München, wie so manchen andern Baiern, bisher auch ihn als nicht vorhanden betrachtete, was er an Materialien für bairische oder deutsche Ge­ schichte besaß, der k. k. Akademie zu Wien zu übergeben sich ver­ anlaßt gesehen. Wann jene Handschrift gedruckt werde, hänge frei­ lich von der historischen Kommission der k. k. Akademie ab, welche ihm vor einigen Wochen deshalb die schriftliche Zusage mitgetheilt habe. So bleiben also nur Vermuthungen über den Aufenthaltsort dieses codex übrig. Ich denke er ist in der Universitätsbibliothek zu Prag. Aber zu erlangen wird er für mich schon deswegen nicht sein, weil ihn Höfler entweder im Hause hat, oder doch Vorkehrungen l) Höfler, Ruprecht von der Pfalz (Freiburg i. D. 1861), Vorrede 6. VII.

232 getroffen haben wird ihn unsindbar zu machen. Hat vielleicht Thausing in Prag derlei Verbindungen daß er der Sache auf die Spur kommen kann? Oder können Sie in Wien Etwas darüber erfahren? Wenn der codex bald gedruckt wird, ist es mir genug. Denn dann erfährt man wenigstens wo er ist, und wir können ihn vielleicht sogar hierher bekommen. — Denn bloß nach Höfler's Edition zu edieren habe ich nach seiner früheren Erprobung außer­ ordentlich wenig Lust. Wird aber der Wiener Druck verzögert, dann ist es für die Reichstagsakten sehr fatal. Und in diesem Fall bleiben nur Schleichwege übrig. Ich bin zu jeder Schlechtigkeit vollkommen bereit» — rathen Sie mir. Können Sie irgend etwas Näheres erfahren, um so besser. Aber schreiben Sie mir doch.

Ich grüße herzlich mit meiner Frau.

Ihr München 12. Febr. 1862. Schellingstraße 37/2.

Weizsäcker.

*

1862 Februar 14.

(47)

Rudolf Haym an Theodor Sickel. (Antw. 26/2 62.) Halle 14/2 62. .

Verehrtester Herr und Freund!

Trotz alles Aufschubs meiner Antwort, muh ich nun doch die­ selbe eilig und kurz fassen. Ich acceptire also aus's Freudigste und Dankbarste Ihr Erbieten. Nur zwei der letzten Hefte stehn mir augenblicklich zur Verfügung, diese sende ich sogleich, das Januar­ heft folgt nach noch vor dem Termin Ihrer Abreise. Sie werden nicht viel über die Dinge finden, die gerade das Thema Ihrer Correspondenzen bilden würden, am meisten noch in der Politi­ schen Correspondenz. Nur um so wichtiger für mich, wieder einmal einen italienischen und französischen Correspondenten zu gewinnen. Wenn ich pünktlich jedesmal am 22. des betreffenden Monats im Besitz des Manuscripts bin, so findet dasselbe — vorausgesetzt, daß es nicht länger als einen halben Druckbogen etwa, in dem jedesmaligen Hefte Platz. Am liebsten ist es mir, wenn Sie mich noch außerdem vorher jedesmal avertiren, damit ich unter allen Umständen für Platz sorgen kann. Nur keine Neuigkeiten im strikten Sinn — denn dergl. veraltet allemal. Die Bombe, von der Sie mich im Voraus avertirten, ist nun geplatzt. Ich hatte von Ihren Mittheilungen, ohne Sie zu nennen, Gebrauch machen'), und Ihre Angaben sind in mein Januarheft übergegangen. Man schrieb mir damals aus Berlin, daß auf diplo*) So im Or., es mag „können" ausgefallen sein.

233

malischem Wege ähnliche Andeutungen dort eingelaufen seien. Und dennoch spielte man nicht das Prävenire! Ich habe geringe Hoff­ nung, wenn es auch zu einem zweiten Olmütz nicht kommen wird. Wie Schade, daß Sie in Ihrem letzten Brief über die in Bezug auf Deutschland gehegten Pläne Schmerling'» so kurz abbrachen. Ich würde, da ich eben den betreffenden Artikel zur Correctur hatte, den trefflichsten Gebrauch von Ihren Angaben haben machen können. Nun ließ ich mich sogar durch Ihr „seit Weihnachten sei es stiller geworden" irreführen. Wie wäre es, wenn Sie mir noch bis zum 21. b. eine Wiener Correspondenz schrieben — aber freilich, nur wenn Sie im Stande sind, sich mit dem Programm GagernBernstorsf, dem Programm der Jahrbücher zu identisiciren. In diesem Fall aber wäre mir eine Correspondenz von Ihnen gerade diesmal unschätzbar. Hinsichtlich Ihrer Pläne auf Preußen hat Ihnen Duncker ge­ antwortet; ich habe den Brief selbst addressirt*). Ich hoffe doch, daß Sie noch einmal der Unsrige werden. Um zwei Zeilen Antwort darf ich ja wohl auf alle Fälle bitte»? Treu ergeben R. Haym. Als Adresse schlage ich Ihnen vor: Frau Professor Dzondi in Halle vor dem Kirchthor. — Zur Verlobung Ihrer Schwesters meinen Glückwunsch!

*

1862 Februar 18. (48) Georg Heinrich Pertz an Theodor Sickel. Berlin, 18. Februar 1862. Hochgeehrter Herr Professor Entschuldigen Sie es mit den mancherlei Obliegenheiten die mich eine Zeit lang gefesselt hatten, wenn ich Ihnen erst jetzt für Ihre gütigen Sendungen meinen besten Dank abstatte,- ich habe davon sehr erheblichen Nutzen gezogen und verspreche mir davon noch mehr für die Zukunft wenn wir an die wirkliche Ausgabe der Kaiserurkunden ernstlich gehen werden. Nicht minder bin ich Ihnen für die gefällige Nachricht von Ihrer bevorstehenden Reise zu Dank verpflichtet^). So wohl wir im x) Dunckers Brief vom 22. Ian. 1862 enthält nichts als Danksagung für zwei ihm zugesandte Abhandlungen, s. Nr. 49, 53 und Anm. zu Nr. 42. 2) Louise Sickel, geb. 1835, gest. 1910, verm. mit Postverwalter Mebesius in Nebra, der 1901 starb; vgl. oben S. 11 und 158. 3) Dgl. Bresslau im Neuen Archiv 42, 401 und Sickels am 26. Jan. an Waitz gerichtete Bitte, seinen Antrag bei Pertz zu unterstützen, in ben Nachr. der Gött. Gesellsch. 1926, S. 58.

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Ganzen schon mit Kaiserurkunden im nördlichen und mittleren Italien versehen sind und eben Vervollständigung nahe ent­ gegensehen, was auch von den Schweizer und Pariser Archiven gilt, so angenehm wäre es, aus den französischen Departements­ und städtischen Archiven im ehemaligen Arelat zuverlässige Ab­ schriften der Kaiser-und Könige, nämlich der Urkunden der Deutschen und Lotharingischen Karolinger, sowie der Sächsischen, Fränkischen, Schwäbischen Kaiser bis einschließlich Kaiser Heinrich VII. 1313 zu erhalten. Sollten Sie daher in diese Gegenden kommen und dort einige Muße für solche Arbeiten haben, so würde ich von Ihrem gütigen Erbieten gern Gebrauch machen. Ich meine den Landstrich von Langres, Chalons an der Saone bis Marseille hinab, und glaube daß sich namentlich in Besan^on, Lyon, Valence und Mar­ seille Kaiser- und Königsurkunden finden werden. Ich bin jetzt mit Herausgabe des 3ten Bandes der Leges be­ schäftigt, worin nächst der Lex Alemannorum, die der Baiuwarier, Burgundionum, Frisionum und Langobardorum endlich erscheinen sollen. Zugleich wird am 18ten Band der Scriptores weiter gedruckt, welcher die großen und kleinen Annalen Italiens im Schwäbischen Zeitalter enthalten soll.

Indem ich Ihnen eine recht ergiebige und glückliche Reise wünsche, beharre ich hochachtungsvoll und ganz ergebenst

* 1862 Februar 26.

Perh.

(49)

Theodor Sickel an Rudolf Haym. Verehrter Herr und Freund. Bis zum 21. Ihnen zu schreiben war mir nicht möglich und wäre auch überflüssig gewesen. Über1) die Gegenwart denke ich doch ganz anders als Sie, wenn ich auch für die Zukunft wohl mit Ihrem Programm übereinstimme. Ich will, nur um meinen Stand­ punkt zu rechtfertigen, Ihnen kurz sagen, worin der Unterschied unserer Meinungen und Anschauungen besteht. Sie glauben immer noch, daß nur die Regierungen gegen das Berliner Programm ankämpsen und halten alle diese Regierungen, besonders die öster­ reichische, für machtlos und abgewirtschaftet. Ich weiß — und nehmen Sie mir nicht übel, daß ich mich rühme, das vor Ihnen

*) Die ganze Stelle „Über die Gegenwart — Pläne aufzustellen" voll­ ständig bei Westphal, Welt-und Staatsauffassung des deutschen Liberalismus, S. 316 f., der dort gebotene Druck hier nach dem Orig, verbessert.

235 voraus zu haben — daß im ganzen Süden das Doll sich gegen Preu­ ßens voreilige und grade jetzt nicht motivierte Ansprüche erhebt, daß die Regierungen aus dieser Volksstimmung Muth und Kraft schöpfen und daß besonders die österreichische Regierung kaum in einer anderen Frage so ungeteilten Beifall findet als in dieser, und daß, sobald hier Regierung und Völker Hand in Hand gehen, der Staat noch nichts weniger als bankerott ist. Verstehen Sie mich nur recht. Ich will ebenso entschieden als Sie eine größere Einigung Deutschlands und halte die preußische Spitze dabei für unvermeidlich und unausbleiblich. Aber wider den Willen des Volkes von Süddeutschland und Österreich, welche jetzt noch da­ gegen sind, sehen Sie nichts durch .... Nun bitte ich Sie, hüten Sie sich, mich und andere, welche die gegenwärtige Lage in gleicher Weise beurteilen, österreichischer oder doch antipreußischer Gesin­ nung zu beschuldigen. Zwischen mir und den Großdeutschen ist eine noch viel größere Kluft, als zwischen uns beiden: zwischen mir und jenen der Unterschied des Endziels, zwischen uns beiden doch nur der Unterschied der Auffassung der jetzigen Lage, und der sich aus ihr ergebenden Wahl der Mittel. Hier in den Augen der Offi­ ziellen und Nichtosfiziellen bin ich stets der Preuße und habe grade in den letzten Wochen viel auszustehen gehabt. Denn daraus mache ich hier kein Hehl, daß ich das ganz Deutschland und Österreich um­ fassende Mittelreich für eine absolute Unmöglichkeit halte und daß meiner Meinung nach Süddeutschland die Habsburger Restaura­ tionsgelüste in einem gewissen Augenblick noch entschiedener zurück­ weisen wird, als die preußische Hegemonie.... so freue ich mich des Augenblicks, wo die hiesigen Ideologen ernüchtert werden werden; erst dann wird es an der Zeit sein, wirklich durchführbare Pläne auszustellen. So offen wie ich Ihnen diese meine Anschauungen darlege, so offen thue ich es hier. Und eben dem verdanke ich es wohl, daß ich doch noch bei manchen hier als möglichst unparteisch gelte und daß man mich trotz meiner vielfachen Opposition immer und immer wieder in die Kreise hineinzieht, in denen die politi­ schen Fragen verhandelt werden, daß ich daher auch noch allerlei erfahre. Bis zu einem gewissen Grade legt mir dieß die Pflicht der Diskretion auf, und nur was doch der Oeffentlichkeit angehört und in hiesigen Kreisen nicht als Geheimniß gilt, kann ich mit­ theilen. Der Art waren meine früheren Andeutungen, so wie das Folgende: Das „um Weihnachten wurde es stiller" bezog sich nicht auf das was seitdem geschehen, sondern die Roten sind nicht bloß Spiegelfechterei und Humbug. Es handelt sich hier in Wien wirk­ lich um bestimmte sogenannte Reformvorschläge. Ich gebe durch­ aus zu, daß gewisse hiesige Politiker es damit nicht ehrlich meinen, sondern nur eine Reformkomödie aussühren wollen, um Preußen

236 und D. zu hindern und um auch Zeit für die Lösung rein österr. Fragen zu gewinnen. Aber hinter oder neben diesen steckt eine ganz ansehnliche Zahl von Politikern, darunter selbst Regierungs­ männer, die ganz ehrlich glauben von Oest. aus D. reformiren zu können. Ich nannte sie schon zuvor Ideologen und brauche Sie ja nur an 1848 zu erinnern, wo auch gerade in Oe. am meisten ideale Politik getrieben wurde; ich weiß daß was sie anstreben, mit der Zeit sich als unmöglich Herausstellen muß. Für jetzt aber mühen sie sich redlich ab die scheinbar richtige Formel zu finden und in Folge ihres augenblicklichen Einflusses werden doch Projekte zu Tage ge­ fördert und D. angeboten werden, welche wenigstens in der öffent­ lichen Meinung des nicht preuss. D. momentane Erfolge haben werden. Daß wie die Berliner Blätter meinen, die Oest. und Württb. schon am Ende ihrer Weisheit seien und jetzt überhaupt nichts vor­ zuschlagen wüßten, ist nach meinem Wissen unrichtig. Die Ausarbei­ tung der Reformvorschläge (sie findet hier statt, jedoch mit Zu­ ziehung von süddeutschen Politikern und Parteiführern) war es welche um Weihnachten herum etwas ins Stocken gerathen war, aber weniger wegen innerer Schwierigkeiten, als so viel ich wenig­ stens weiß, wegen Zufälligkeiten. Aber ich glaube, daß gerade in den letzten Wochen die Arbeiten wieder ausgenommen und bald zum Abschluß kommen werden. Da auch ich in letzter Zeit wenig gehört, gebe ich kein Detail an und hebe nur hervor, daß eine Volksvertretung neben dem Bundestage in allem Ernste beabsich­ tigt wird. Den zunächst unausbleiblichen Eindruck solcher Vor­ schläge unterschätzt man nun doch in Berlin. Zunächst wird man dort protestiren. Desto besser für die Oest., weil sie dann dieUnausfürbarkeit, die in der Sache selbst liegt, wieder aus Pr. schieben können. Oest. will das Voltsparlament, Pr. nicht: wenigstens ein Jahr lang kann man damit Süddeutschland irre führen und Pr. mehr denn je isoliren. Ist aber solche Isolirung, wenn auch nur vorübergehend, ein Glück für Pr. und für Deutschland? — Doch ich komme zu tief hinein und breche ab. Ich meine über Frankreich und Italien verständigen wir uns. Ich korrespondiere also für Sie. Von hier reise ich etwa 10. März ab, muß aber mich in Stuttgart und Karlsruhe etwas aufhalten, komme also nach F. zu spät, um Ihnen noch im März zu schreiben. Ihre Weisungen in Bezug auf Tag, Adresse u. s. w. werde ich befolgen. Sollten Sie noch vorher (und nach 10. März) an mich zu schreiben haben, so bitte adressiren Sie an Mrs. Jung et Treuttel, libraires, nie de Lille 19, faubourg St. Germain, Paris. Duncker's Brief habe ich empfangen. Ich sah darin zunächst nur eine Artigkeit: Dank und Anerkennung meiner Arbeiten. Ihr Brief belehrt daß darin mehr liegen sollte: Ablehnung meiner auf

237

Preussen gerichteten Hoffnungen. Danach hätte also doch wieder ein Polizeiurtheil (ich weiß daß sich Dunker hat insormiren lassen) den Ausschlag gegeben*). Ich übersetze dieß einfach in die Worte: für mich wird wohl nie mehr die Zeit der Rückkehr in die Heimath kommen. Denn haben 10 Jahre nicht genügt, um mich vollständigst zu rehabilitiren, so genügen auch 12 und 15 nicht. Und andrerseits werde ich alt und suche eine bleibende Stätte. Wien betrachte ich als solche nicht. Bleibt mir aber Preußen noch einige Jahre ver­ schlossen, so muß ich meine Augen anderwärts richten. Für die zugesandten Hefte sage ich besten Dank. in alter Treue Ihr ergebenster 26/2 62. Th. S. *

(50) 1862 März 23. Max Büdinger an Theodor Sickel. Schaffhausen 23. März 1862. Lieber Theodor! Du hast mich zu meinem Bedauern diesmal unpünktlich erfinden müssen; doch wirst Du von Herrn Faurel un­ mittelbar die Aushängebogen erhalten haben, wie G. v. Wyß den­ selben aufgesordert hat. Durch Deine Verbindung mit Hilpert in Bern, von welcher Wyß mir erzählte, würdest Du ohnehin leicht zu allem für Dich Wünschenswerten in Helveticis gelangen können. Deinen Plan einer alt-burgundischen^) Geschichte begrüsse ich mit Freuden: aller Orten vermisst man bei mittelalterlichen Stu­ dien eine eingehende Darstellung dieser so unendlich wichtigen Lande. Ich denke mir, dass Du in einigen einleitenden Kapiteln die Ereignisse von 437—879 doch auch behandeln wirst, um so der puren Herrschaft der Phrase, welche bisher in diesen Gebieten ge­ herrscht hat, ein Ziel zu sehen. Erst mit 1032 läßt sich nach meiner Ansicht ein Abschluß gewinnen*). — Bei meinem Aufenthalte in *) Vgl. die in den Anm. zu Nr. 42, 45 u. 47 erwähnten Briefe von Dropsen und Duncker. 2) So, statt „Hidber", im Or. Sickel war mit Hidber schon 1853 durch Pabst in Berührung gekommen (s. oben S. 19 Anm. 2). Dann schrieb er ihm am 23. Jänner 1862 über die ihm zugesandten Bogen des seit 1863 erscheinenden Schweizerischen Urt.-Registers. Dieser Brief Sickels und 9 weitere Briefe und Karten an Hidber, bis 1883, find aus dem Berner Staats­ archiv dem Wiener Institut abschriftlich mitgeteilt worden. Hidbers Briefe von 1862 an, ebenda in Sickels Nachlaß. 3) „alt" über der Zeile nachgetragen. 4) Dieser Sah zwischen den Zeilen nachgetragen.

238 Besannen habe ich zwei dort erschienene neuere Schriften (Castan, hist, de la commune de Bes. und Duvernoy, mouvance du comte de Bourg.) kennen gelernt, welche Du auch ansehn musst, die ich hier aber eigentlich nur als Beweis anführe, wie wenig die Special­ arbeiten über dortige Verhältnisse in Deutschland — und selbst hier in der Schweiz — bekannt werden. Urkundliches Material dürste sich freilich, wenn ich auch hier nach der Analogie von Desan;on schliessen darf, nur ausnahmsweise finden, da die Centralisierung in die Pariser Archive sehr vollständig stattgesunden haben soll; nach einer Mittheilung Castans seien nur mit Chartularien Ausnahmen ge­ macht worden, wie denn eben dieser junge, sehr gut unterrichtete Mann in einem solchen zu Besannen gute Ausbeute gefunden hat. — Dass ich mit meiner Thätigkeit und Stellung in Z. zuftieden bin, wirst Du wol durch Frau Rosa fortwährend erfahren habens. Für Dich erwarte ich fast mit Sicherheit einen Wechsel in Folge Deiner sommerlichen Weltumsegelung; nur das wünschte ich nicht, dass Du Dich in einem einträglichen französischen Exile sesthalten ließest. — Meine Glückwünsche zur Verlobung Deiner Schwester darf ich Dich wol derselben zu vermitteln bittens. Ihr wisst Beide, daß sie von ganzem Herzen kommen. — Da Du die Sybelsche Zeitschrift hältst, schicke ich Dir natürlich keine Separatabdrücke. Ich bin neugierig, zu erfahren, wie Dir meine Sicilica gefallen 3).— Die Quellenaufspürung des Freculph haben zwei meiner Schüler nunmehr dem Ende nahe gebracht; ich bin noch unschlüssig, wie das Ding an die Öffentlichkeit treten soll; das Ergebnis ist doch nicht so bedeutend als man erwarten durste.

Diesen Bries sende ich aus gut Glück nach Wien. Möge er Dich aus deutschem oder französischem Boden in so guter Stimmung und Arbeitslust, in so frohen Hoffnungen finden, als ich herzlich wünsche. — Hier in Schaffhausen habe ich zwei Tage frische oder vielmehr andere Lust schöpfen wollen, was mir in Gesellschaft meines alten Corpsbruders und Freundes Adam Pfaffs) mich x) Über Frau Rosa v. Gerold s. oben S. 10f.

2) Büdinger war mit Sickels Schwester bei deren Wiener Aufenthalt im Frühjahr 1860 bekannt geworden und wird in ihrem Tagebuch oft freundlich erwähnt. Vgl. oben S. 11 und die Anm. zu Nr. 47. *) Zürcher Antrittsrede Büdingers „Über Darstellungen der allgem. Gesch. insb. des Mittelalters" in Hist. Zeitfch. 7, 109—132 und seine An­ zeige des 2. Dds. von Curtius, Griech. Gesch. ebenda 173—176, wo die „Sizilische Frage" hervorgehoben wird. *) Adam Pfaff, geb. 1820 zu Kassel, wohl schon dorther mit Büdinger befreundet, erhielt als politischer Flüchtling 1855 eine geschichtliche Lehrstelle in Schaffhausen, 1878 eine Professur in Karlsruhe, starb 1886.

239

bestens gelungen ist. Der Ort und seine hochgebildeten Bewohner sagen mir sehr zu. — Leb recht wol und lasse bald wieder von Dir hören Deinem treuen MB. Keine Nachricht von Linker?!

*

1862 Slpril 26. Julius Weizsäcker an Theodor Sickel.

(51)

(Antw. 2/5.)

Lieber Herr Professor! Mit Aufträgen für Ihre Reise ist es Nichts: wir haben so viele Ausgaben bevorstehend, daß die Rechnung schwierig werden könnte, und eben in der letzten Sitzung ist daraus hingewiesen worden in diesem Punkt vorsichtig zu sein. Ich habe die Antwort von Sybel schon länger, aber ich dachte es eile doch nicht. Inzwischen ist Giesebrecht hier eingetrosfen und ich habe von ihm die Beförderung von Nitzsch nach Königsberg bestätigen hören. Für Kiel scheint an Voigt gedacht zu werden. An Duncker geht heute eine Anfrage von mir wegen dieser Stelle ab, und Sie werden von mir Nachricht darüber erhalten. Vielleicht wäre es gut, wenn Sie selbst nach Kiel schrieben*), Sybel hat dort keine Ver­ bindungen. Oder wünschen Sie daß ich an Professor Dillmann daselbst schreibe? Er ist der einzige den ich dort kenne. Von O. Lorenz habe ich kürzlich ein Schreiben erhalten worin er um Aufklärung über das Gutachten der historischen Kommission bittet, das ihm zufällig zu Gesicht gekommen, er wisse von allem nichts?). Grüße von meiner Frau und beste Grüße von Ihrem München 26. April 1862. Weizsäcker.

*

*) Während Sickel im Herbst ds. g. wirklich an Weinhold in Kiel schrieb (Nr. 61), brachte er im Frühjahr seine Wünsche nur auf Umwegen vor; er schrieb (laut Driefbuch) am 2. Mai an Schenker in Wien, und dieser ant­ wortete am 5. Mai mit der Versicherung, durch den Kieler Theologen G. A. Fricke, der schon mehrere Kollegen auf Sickel aufmerksam gemacht hatte, für ihn wirken zu wollen, vgl. unten Nr. 83. '*) Dieser Brief von Lorenz an Weizsäcker, geschrieben am 24. April, und zwei weitere vom 2. Mai und 20. Juni 1862 nebst den Konzepten der Weizsäckerschen Antworten liegen in den Akten der bayr. Akademie, X/20, Hrsg, der RTA. Wegen des Ausscheidens von Büdinger und der längeren Beurlaubung von Sickel war vom Wiener Staatsarchiv unter Berufung auf Snbels Übertritt in preußische Dienste als Ersatzmann für die Reichstags-

240

(52)

1862 Mai 4.

Julius Weizsäcker an Theodor Sickel. L. Fr.!

Ich habe eben an Tillmann1) geschrieben und da ich in dieser Woche nach Tübingen abreise (Adr. Frau Stistspredigerin Weiz­ säcker, Neckarhalde) so werde ich Ihnen vielleicht von dort aus mehr berichten können. Daß die Zettel nicht angekommen sind thut mir sehr leid. Sie werden sich wol noch finden... Das Buch von Lorenz habe ich noch nicht gesehen?). Er hat mir nun abermals geschrieben, und legt darin förmlich Protest ein gegen die Annahme irgend einer Betheiligung seiner Person an dem Schritte der österreichischen Regierung. Er will diese Erklä­ rung auch auf Seite der genannten Negierung selbst erwirken, über Stumps läßt sich nur sagen daß sein Verfahren sehr abge­ schmackt oder außerordentlich frech ist — das überschreitet die Naivetät. Ich bin voller Reisegedanken. Agnes grüßt. Herzlich Ihr München 4. Mai 1862. Weizsäcker. *

1862 Mai 10. Rudolf Haym an Theodor Sickel.

(53)

Halle, 10. Mai 62. Verehrter Herr und Freund!

Wie lange schon habe ich Ihnen schreiben wollen! Zuerst unmittelbar nach Ihrem letzten Brief; dann als ich hörte, daß Sie durch einen Unglücksfall noch länger als anfänglich bestimmt in alten Lorenz vorgeschlagen worden, ohne daß dieser selbst davon wußte. Lorenz erbat sich, als er zufällig Kenntnis davon erhielt, Aufklärung und vermutete, Sickel könne Anregung dazu gegeben haben, was aber Weiz­ säcker bestritt. Eine Abschrift des bett, vom Staatsarchiv an das Minist, des Kais. Hauses erstatteten Berichtes (Gurr. Akt N. 29. HA 1862 des Wiener Staatsarchivs) verdanke ich Herrn vr. Heigl. *) Chr. Fr. August Dillmann, Theolog und Erforscher des Äthiopischen, wohl von Tübingen her mit Weizsäcker in Verbindung, 1854 ao. Prof, in Kiel, 1864 ord. in Gießen, geb. 1823, gest. 1894. 2) Lorenz, Deutsche Geschichte im 13. und 14. Jahrh., 1. Bd., trägt auf dem Titel die Jahreszahl 1863, der Druck wird aber noch vor Sickels Abreise von Wien begonnen haben.

241 Wien*) zurückgehalten worden seien. Ich hoffte damals, in Berlin etwas über die Meinung zu hören, die man von Ihrer Anstellbarkeit in Preußen hat — aber ich kam nicht zu Olshausen, weil mir (der Ministerwechsel war inzwischen eingetreten) Dropsen ver­ sicherte, daß derselbe augenblicklich nichts wisse, nichts könne und Alles in suspenso sei. Daß Duncker, wenn er sich nach Ihren Antecedentien erkundigt hat, wenigstens nicht darum nichts für Sie hat thun können, glaube ich versichern zu dürfen. Seinen Bries an Sie hatte ich nicht gelesen; was ich darüber schrieb, konnte also kein Commentar desselben sein; ich glaubte, er habe sich auch über Ihre etwaigen Aussichten in Preußen darin ausgesprochen und wußte nur, daß Grünhagen so vielseitig empfohlen war, daß diese Stelle — die Archivarstelle in Breslau — eigentlich für keinen Andern mehr vakant war. Daß Duncker Sie für einen vorzüglichen Archivar hält und daß er vorkommenden Falls Sie gern bei uns irgendwo placirte, weiß ich aus seinem Munde. Aber — abgesehen davon, daß wir jetzt, unter Mühler?), Alle über die nächste Zukunft der Univcrsitätsdinge im Unklaren sind — so glaube ich, daß Sie Unrecht haben, wenn Sie für das Scheitern Ihrer letzten Absichten auf Preußen etwas Anderes verantwortlich machen, als die An­ sprüche, die Andre in Preußen schon vor Ihnen hatten. Gewiß ist es mehr der leidige Geldmangel, die extreme Knauserei als ängst­ liche Rücksicht auf 1848iger Polizei-Acten, was Ihnen hinderlich gewesen ist. Übrigens, sei es das Eine oder das Andre» so ver­ denke ich Ihnen in keiner Weise, daß Sie inzwischen sich der grö­ ßeren Liberalität der österreichischen Regierung erfreuen. Zu Ihrem Urlaub und der damit verbundenen Studienreise gratulire ich von Hcrzen. Um so mehr, da auch ich davon die Früchte genieße. Ihre Correspondenz von Ende April (Ostern) kam sehr ä propos und ist im Aprilheft sogleich abgedruckt worden. Einige Abzüge davon liegen bei mir bereit. Schreiben Sie mir, ob und wie ich sie Ihnen schicken soll. Auch das Heft schickte ich, wenn ich nicht das Porto scheute und sicher wüßte, daß es in Ihre Hände käme. Es ist ein vrrtresflicher Aufsatz^) über Schlosser darin; auch die ') Vorher ein anderes Wort, wohl „Paris" durchstrichen. Dabei wird es sich um einen Wagenunfall (mit Verletzung der Hand?) handeln, der, wie ich mi