Technischer Lärmschutz: Praktische Methoden zur Minderung von Lärm und Schwingungen [3. Auflage] 3662656671, 9783662656679, 9783662656686

Dieses Fachbuch behandelt Themen des technischen Lärmschutzes und den eng mit ihm verbundenen Schwingungsschutz. Es enth

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German Pages 663 Year 2023

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Table of contents :
Vorwort zur dritten Auflage
Aus dem Vorwort zur ersten Auflage
Wichtige Formelzeichen und Einheiten
Inhaltsverzeichnis
Autorenverzeichnis
1 Vorschriften und Normen für Maschinengeräusche
1.1 Einführung
1.2 Geräuschemission, Maschinenrichtlinie
1.3 Geräuschemission, im Freien betriebene Maschinen
1.4 Geräuschemission, Umweltzeichen „Blauer Engel“
1.5 Geräuschemission, Ökodesign-Richtlinie
1.6 Geräuschimmission, Arbeitsschutz
1.7 Geräuschimmission, baulicher Schallschutz
1.8 Geräuschimmission, Nachbarschaftsschutz
Gesetze, EU-Richtlinien
Normen, Richtlinien
Literatur
2 Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung von Geräuschen und Geräuschquellen
2.1 Einführung
2.2 Kennzeichnung der physikalischen Eigenschaften von Geräuschen
2.2.1 Schalldruck und Schallschnelle
2.2.2 Schalldruckpegel
2.2.3 Bandschalldruckpegel
2.3 Rechenoperationen mit Schallpegelwerten
2.3.1 Addition
2.3.2 Subtraktion
2.3.3 Mittelwertbildung
2.4 Größen zur Kennzeichnung der Schallimmission
2.4.1 Überblick
2.4.2 Bewerteter Schalldruckpegel
2.4.3 Äquivalenter Dauerschallpegel, Taktmaximal-Mittelungspegel
2.4.4 Beurteilungspegel
2.4.5 Spitzen-Schalldruckpegel
2.4.6 Schallexpositionspegel
2.4.7 Lärmdosis
2.5 Psychoakustische Kenngrößen
2.5.1 Überblick und psychoakustische Grundlagen
2.5.2 Lautheit
2.5.3 Schärfe
2.5.4 Tonalität, Tonhaltigkeit, Klanghaftigkeit
2.5.5 Modulation und Schwankungsstärke
2.5.6 Rauhigkeit
2.5.7 Impulshaltigkeit
2.6 Größen zur Kennzeichnung der Schallemission
2.6.1 Überblick
2.6.2 Schallleistungspegel, Richtwirkungsmaß
2.6.3 Schallintensität, Schallintensitätspegel
2.6.4 Schallenergiepegel
2.6.5 Schalldruckpegel an festgelegten Messorten
2.6.6 Emissions-Schalldruckpegel am Arbeitsplatz
2.6.7 Geräuschemissionsangaben
2.7 Verfahren zur Messung der Schallimmission
2.7.1 Vorbemerkungen
2.7.2 Vorbereitung der Messung
2.7.3 Messdurchführung
2.7.4 Messauswertung
2.8 Verfahren zur Messung der Schallemission, Schallleistungsmessung
2.8.1 Überblick
2.8.2 Freifeldverfahren
2.8.2.1 Messprinzip
2.8.2.2 Messunsicherheit
2.8.3 Hallraumverfahren
2.8.3.1 Messprinzip
2.8.3.2 Messunsicherheit
2.8.4 Vergleichsverfahren
2.8.4.1 Messprinzip
2.8.4.2 Messunsicherheit
2.8.5 Kanalverfahren
2.8.5.1 Messprinzip
2.8.5.2 Messunsicherheit
2.8.6 Intensitätsverfahren
2.8.6.1 Messprinzip
2.8.6.2 Messunsicherheit
2.9 Verfahren zur Nachprüfung angegebener Geräuschemissionswerte
2.9.1 Nachprüfverfahren für Einzelmaschinen
2.9.2 Nachprüfverfahren für Maschinenlose
2.10 Verfahren zur Schallquellenanalyse
2.10.1 Überblick
2.10.2 Voruntersuchung
2.10.3 Verfahren ohne Änderung an der Maschine.
2.10.3.1 Schalldruckpegelmessung auf der Messfläche
2.10.3.2 Nahfeldmessung
2.10.3.3 Körperschallmessung
2.10.3.4 Intensitätsmessung
2.10.3.5 Frequenzanalyse
2.10.4 Verfahren mit Änderung an der Maschine.
Literatur
3 Messtechnik
3.1 Einführung
3.2 Luftschall
3.2.1 Schalldruckpegelmessung
3.2.1.1 Mikrofone
Kondensatormikrofon
Vorpolarisierte Kondensatormikrofone
Piezokeramische Mikrofone
3.2.1.2 Spannungs- und Stromversorgung
Polarisationsspannung
Konstantstromspeisung
3.2.1.3 Geräte zur Schalldruckpegel- und Schalldosismessung
Gerätetypen
Bestimmung des Schalldruckpegels
3.2.1.4 Kalibriergeräte
Schallpegelkalibrator
Pistonfon
Frequenzgangkontrolle mit elektrostatischem Eichgitter
Frequenzgangkontrolle mit Ladungseinspeisung auf Zusatzkapazität
3.2.1.5 Hilfsmittel zur Verringerung von Störeinflüssen
3.2.1.6 Handhabung
3.2.1.7 Fehler und Abhilfemaßnahmen
3.2.2 Messung der Luftschallschnelle mittels Hitzdraht-Anemometer
3.2.3 Messschallquellen
3.3 Körperschall- und Schwingungsgrößen
3.3.1 Einführung
3.3.2 Beschleunigungsaufnehmer
3.3.2.1 Wandler
3.3.2.2 Elektrische Ankopplung
3.3.2.3 Kalibriergeräte
3.3.2.4 Handhabung
Frequenzbereich
Ankopplung an die Struktur
Kabelkorrektur
Kalibrieren
Einfluss der Sensormasse
3.3.2.5 Fehler und Abhilfemaßnahmen
3.3.3 Messung der Schwingschnelle
3.3.3.1 Laser-Dopplervibrometer
3.3.3.2 Elektrodynamische Aufnehmer
3.3.4 Kraftaufnehmer
3.3.5 Punkt-Admittanz oder -Impedanz-Messköpfe
3.3.6 Dehnungsmessstreifen
3.3.7 Quellen zur Schwingungsanregung
3.4 Frequenzanalysen
3.4.1 Einführung
3.4.2 Analog/Digital-Wandler
3.4.3 Diskrete Fouriertransformation
3.4.3.1 Grundeinstellungen
3.4.3.2 Anwendung von Zeitfenstern
3.4.3.3 Mittelung und Mittelungszeit
3.4.4 Bandfilteranalyse
3.4.5 Auswahl und Handhabung der Frequenzanalyseverfahren
3.4.6 Sonogramm oder Campbell-Diagramm und Ordnungsanalyse
3.4.7 Cepstrum-Analyse
3.5 Zweikanalige Signal- und Systemanalyse
3.5.1 Einführung
3.5.2 Messung der Übertragungsfunktion
3.5.3 Anregung der Systeme
3.5.4 Quellenanalyse
Literatur
4 Ausbreitung und Abstrahlung von Körperschall
4.1 Einführung
4.2 Biegewellenausbreitung auf Platten
4.3 Biegeeigenfrequenzen von Stäben und Platten
4.4 Admittanz mechanischer Strukturen
4.5 Schallabstrahlung fester Körper
4.5.1 Abstrahlgrad, Definition und Grenzwerte
4.5.2 Schallabstrahlung konphas schwingender Körper – Monopol und Dipolstrahler
4.5.3 Schallabstrahlung schwach gedämpfter Platten mit Biegeschwingungen
4.5.4 Schallabstrahlung stark gedämpfter Platten mit Biegeschwingungen
4.6 Modelldarstellungen, Begriffe, Mess- und Berechnungsverfahren zur mechanischen Geräuschentstehung in Maschinen
4.7 Geräuscharme Varianten passiver Maschinenstrukturen
4.7.1 Bleche mit Dämpfungsbelag
4.7.1.1 Zu erwartende Verminderung der Schallabstrahlung
4.7.1.2 Einfacher Belag
4.7.1.3 Eingezwängter Belag
4.7.1.4 Praktische Ausführung von Dämpfungsbelägen
4.7.2 Gehäuseformen
4.7.3 Zusatzelemente an Krafteinleitungsstellen, Zusatzmassen bei elastischen Verbindungen
Literatur
5 Luftschalldämmung
5.1 Einführung
5.2 Physikalische Grundlagen der Schalldämmung
5.2.1 Erläuterung des Begriffes Schalldämmung und Definition des Schalldämm-Maßes
5.2.2 Anregung einer Wand zu Biegeschwingungen durch Luftschall
5.2.3 Trennimpedanz, Koinzidenzeffekt und Abstrahlwinkel
5.2.3.1 Trennimpedanz
5.2.3.2 Koinzidenzeffekt oder Spuranpassung
5.2.3.3 Abstrahlwinkel
5.3 Einschalige ebene Wände
5.3.1 Schalldämmung unterhalb der Grenzfrequenz
5.3.1.1 Schalldämmung großer bzw. gedämpfter Platten
5.3.1.2 Schalldämmung kleiner bzw. ungedämpfter Platten
5.3.2 Schalldämmung oberhalb der Grenzfrequenz
5.3.3 Zusammenfassung
5.4 Spezielle Wandarten
5.4.1 Rohrwandungen
5.4.2 Doppelwände
5.4.2.1 Schallübertragung über die Luftschicht
5.4.2.2 Schallübertragung über die gemeinsame Einspannstelle und über starre Verbindungen zwischen den Wandschalen
5.4.2.3 Biegeweiche Vorsatzschalen
5.5 Konstruktion aus mehreren Bauteilen
5.6 Messung des Schalldämm-Maßes
5.7 Schalldämm-Maße von Bauteilen
Literatur
6 Luftschallabsorption
6.1 Einführung
6.2 Physikalische Grundlagen und Berechnungsverfahren
6.3 Poröse Absorber
6.3.1 Kenngrößen poröser Materialien
6.3.2 Poröse Absorber endlicher Schichtdicke
6.3.3 Poröse Absorberschicht mit Wandabstand
6.3.4 Zusätzliche Verluste durch Bewegung des Absorber-Skelettes
6.3.5 Absorberabdeckungen
6.3.5.1 Vliese
6.3.5.2 Folienabdeckung
6.3.5.3 Gelochte Abdeckung
6.3.6 Dimensionierung von akustischen Absorbern aus handelsüblichen porösen Materialien
6.3.6.1 Längenbezogener Strömungswiderstand
6.3.6.2 Berechnungsbeispiel
6.4 Resonanzabsorber
6.4.1 Plattenresonator
6.4.2 Helmholtz-Resonator und Lochplattenresonatoren
6.4.3 Fazit
6.5 Weitere Breitband-Schallabsorber
6.5.1 Material- und Strömungs-Grenzschichtreibung
6.5.1.1 Folien- und Membranabsorber
6.5.1.2 Mikroperforierter Absorber
6.5.2 Poröses Material
6.6 Ermittlung der Stoffkennwerte für poröses Material
6.6.1 Längenbezogener Strömungswiderstand
6.6.2 Porosität
6.6.3 Strukturfaktor
6.6.4 Absorberkennwerte
6.6.4.1 Transmissionsmessrohr
6.6.4.2 Klassisches Impedanzrohr
6.7 Messung des Schallabsorptionsgrades
6.7.1 Messung im Hallraum
6.7.2 Messung im Impedanzrohr
6.7.3 Messung in-situ
6.7.4 Form von Schallabsorptionsgrad-Angaben
Literatur
7 Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen
7.1 Einführung
7.2 Schallausbreitung im Freifeld
7.2.1 Einzel- oder Punktschallquelle
7.2.2 Ausgedehnte Schallquellen
7.2.3 Verluste und Störungen im Ausbreitungsweg
7.3 Schallausbreitung in geschlossenen Räumen
7.3.1 Einflüsse und Beschreibungsarten
7.3.2 Annähernd kubischer Raum
7.3.3 Flachraum
7.3.4 Langraum
7.3.5 Streukörper
7.4 Schallausbreitung durch Koppelflächen
7.4.1 Geschlossene Koppelflächen
7.4.2 Offene Koppelflächen
7.5 Raumgestaltung und Quellenanordnung
7.6 Schallabsorbierende Raumauskleidungen
7.6.1 Anwendung
7.6.2 Anforderungen
7.6.3 Bauformen
7.6.4 Werkstoffe
7.6.5 Wirksamkeit
7.6.5.1 Quellbereich
7.6.5.2 Schallausbreitungsweg
7.7 Schallschirme
7.7.1 Anwendung
7.7.2 Berechnung
7.7.3 Bauformen
7.7.4 Werkstoffe
7.7.5 Wirksamkeit
7.8 Trennwände, Kapseln, Kabinen
7.8.1 Anwendung
7.8.2 Wirksamkeit
7.9 In Software implementierbare Verfahren
7.9.1 Berechnung der Schallausbreitung in Arbeitsräumen nach VDI 3760
7.9.2 Erweitertes Spiegelquellenverfahren mit Strahlverfolgung und Schirmrechnung
7.9.3 Stochastisches Schallstrahl- oder -teilchenverfahren
7.9.3.1 Berechnung der Schallausbreitung
7.9.3.2 Schallabsorption durch Deckensegel und Kulissenanordnung
7.9.3.3 Trennwände, Kapseln, Kabinen
7.9.4 Maschinen und andere technische Geräte als Schallquellen
7.9.4.1 Erstellung von Modellen
7.9.4.2 Zuweisung von Emissionswerten
7.9.5 Planung schalltechnisch optimierter Arbeitsstätten
7.9.5.1 Einleitung
7.9.5.2 Industriehallen und Werkstätten
Quellenanordnung
Abschirmung
7.9.5.3 Mehrpersonenbüros
Literatur
8 Ventilatorgeräusche
8.1 Ventilatorbauarten
8.2 Aufgabe des Ventilators und Ventilatorkennzahlen
8.3 Auswahl des Ventilators
8.4 Geräuschqualität und empfundene Lästigkeit
8.5 Mechanismen der Schallentstehung bei Ventilatoren
8.6 Konstruktive Geräuschminderungsmaßnahmen bei Ventilatoren
8.7 Niederfrequente Schall- und Schwingungsphänomene in lufttechnischen Anlagen
Literatur
9 Schalldämpfer
9.1 Einführung
9.2 Wirkmechanismen
9.3 Dämpfungsmaße
9.3.1 Längs- und Ausbreitungsdämpfungsmaß
9.3.2 Einfügungsdämpfungsmaß
9.3.3 Durchgangsdämpfungsmaß
9.3.4 Einordnung der Maße
9.4 Absorptionsschalldämpfer
9.4.1 Kanalquerschnittsformen
9.4.2 Normierte Größen
9.4.3 Akustische Bemessung
9.4.3.1 Exakte Lösung für die Kanaldämpfung
9.4.3.2 Normierte grafische Darstellung (Trapez-Diagramm)
9.4.3.3 Näherungsformel nach Piening
9.4.3.4 Einfluss verschiedener Abdeckungen des Absorbermaterials
9.4.3.5 Einfluss der Strömung auf die Schalldämpfung
9.4.3.6 Einfluss der Temperatur auf die Schalldämpfung
9.4.3.7 Unterteilung des Kanalquerschnittes
9.4.3.8 Bedämpfung tiefer Frequenzen
9.4.3.9 Bedämpfung hoher Frequenzen
9.4.4 Konstruktive Ausführung
9.4.4.1 Verhältnis Kulissenbreite – Spaltweite
9.4.4.2 Absorbermaterial
9.4.4.3 Dämpfungsminderung durch akustische Nebenwege
9.4.4.4 Handelsübliche Absorptionsschalldämpfer
9.5 Minderung durch Reflexion
9.5.1 Berechnung – Theorie der linearen Netzwerke
9.5.2 λ/4-Resonanzschalldämpfer
9.5.2.1 Einfacher -Resonator – Stichleitung
9.5.3 Querschnittsprung
9.5.3.1 Kanalerweiterung oder -verengung
9.5.3.2 Kulissenschalldämpfer
9.5.4 Kammer-Schalldämpfer
9.5.4.1 Einkammer-Schalldämpfer
9.5.4.2 Einkammer-Schalldämpfer mit -Resonatoren
9.5.4.3 Zweikammer-Schalldämpfer
9.5.5 Lochbleche und perforierte Rohre
9.6 Strömungsgeräusche
9.6.1 Verminderung von Geräuschen an Pneumatikventilen und Druckluftdüsen
9.6.2 Strömungsgeräusch des Schalldämpfers
9.6.3 Druckverlust im Schalldämpfer
Literatur
10 Schallschutzkapseln
10.1 Einführung
10.2 Begriffe und Schallübertragungswege bei einer Maschinenkapsel
10.3 Abschätzung der Pegelabsenkung bei Schallübertragung über die Kapselwände – Weg A
10.4 Konstruktive Gestaltung
10.4.1 Allgemeine Bemerkungen
10.4.2 Wahl der Kapselabmessungen
10.4.3 Ausführung der Kapselwand
10.4.4 Vermeidung der Schallübertragung über Undichtigkeiten und unvermeidbare Öffnungen – Weg B
10.4.4.1 Pegelabsenkung bei Schallübertragung über Weg B
10.4.4.2 Stoßstellen zwischen den Kapselelementen – Weg B 1
10.4.4.3 Durchführung von Maschinenteilen – Weg B 2
10.4.4.4 Stoßstellen zwischen Kapselwänden und angrenzenden Bauteilen – Weg B 3
10.4.4.5 Öffnungen für die Be- und Entlüftung sowie die Zu- und Abführung von Material oder Werkstücken – Weg B 4
10.4.5 Vermeidung der Körperschallanregung der Kapsel – Weg C
10.4.6 Vermeidung der Schallabstrahlung außerhalb der Kapsel – Weg D
10.4.7 Zusammenfassung
10.5 Verfahren zum messtechnischen Nachweis der Einfügungsdämmung
10.6 Wärmeabführung aus Schallschutzkapseln
10.7 Beispiele praktisch ausgeführter Schallschutzkapseln
10.7.1 Baukastensysteme für Schallschutzkapseln
10.7.2 Maschinenhaube mit Schallschutzkapselfunktion
10.7.3 Integrierte Schallschutzkapsel für eine Schnellläuferpresse
10.8 Rechenbeispiel
10.8.1 Akustische Dimensionierung
10.8.2 Wärmeabführung
Schrifttum
11 Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen
11.1 Einführung
11.2 Notwendigkeit und Zielstellung der Schwingungsabwehr
11.2.1 Auswirkung mechanischer Schwingungen
11.2.2 Rechtliche Vorschriften
11.2.3 Normative und Richtwerte
11.2.3.1 Nachweis der Festigkeit von Baukonstruktionen unter dynamischer Belastung
11.2.3.2 Nachweis der zuverlässigen Funktion von Maschinen und Geräten unter Schwingungseinwirkung
11.2.3.3 Beurteilung der Schwingungseinwirkung auf den Menschen
11.3 Verfahren zur Schwingungsabwehr
11.3.1 Schwingungssysteme und Schwingungsmodelle
11.3.1.1 Schwingungsphänomene
11.3.1.2 Modelle für Schwingungssysteme
11.3.1.3 Berechnungsverfahren
11.3.2 Mathematische Beschreibung des Schwingungsmodells für einen Freiheitsgrad
11.3.2.1 Formulierung der Bewegungsgleichung
11.3.2.2 Freie Schwingungen
11.3.2.3 Erzwungene Schwingungen
11.3.2.4 Auslenkung, Schwinggeschwindigkeit und Beschleunigung
11.3.3 Begriffe der Schwingungstechnik
11.3.3.1 Dynamische und kinematische Anregung
11.3.3.2 Primärmaßnahmen und Sekundärmaßnahmen
11.3.3.3 Passive und aktive Schwingungsabwehr
11.3.3.4 Schwingungen im Hörfrequenzbereich und Körperschall
11.3.3.5 Projektzustand und ausgeführte Anlage
11.3.4 Schwingungserregung
11.3.4.1 Erregungsarten
11.3.4.2 Entstehung freier Massenkräfte
11.3.5 Primärmaßnahmen der Schwingungsabwehr
11.3.5.1 Massenausgleich
11.3.5.2 Auswuchten
11.3.5.3 Ausgleichswellen
11.3.6 Schwingungsisolierung
11.3.6.1 Zielstellung und konstruktive Realisierung
11.3.6.2 Isolierwirkungsgrad
11.3.6.3 Zweistufige Schwingungsisolierung
11.3.6.4 Schwingungsisolatoren und Dämpfer
11.3.7 Stoßisolierung
11.3.8 Aktiver Schwingungsschutz durch Ausregelung
11.3.9 Schwingungstilger
11.3.10 Verminderung von Verkehrs- und Industrieerschütterungen
11.4 Berechnungsverfahren zur Schwingungsisolierung
11.4.1 Zusammenstellung der Berechnungsziele
11.4.2 Orientierungsrechnung mit 1 Freiheitsgrad
11.4.2.1 Berechnungsgang
11.4.2.2 Berechnungsbeispiel
11.4.3 Numerische Verfahren für Mehrfreiheitsgradsysteme
11.4.3.1 Räumliche Schwingungen des Einmassensystems (Freiheitsgrad 6)
11.4.3.2 Zweistufige Schwingungsisolierung (bis Freiheitsgrad 12)
11.4.3.3 Berücksichtigung der Nachgiebigkeit des Aufstellortes
11.5 Ausgeführte Beispiele
Literatur
12 Körperschallisolierung
12.1 Einführung
12.2 Grundlagen und Grundgleichung der Körperschallisolierung
12.2.1 Modell für die Beschreibung von Körperschall an Lagerstellen
12.2.1.1 Charakterisierung von Körperschallquellen
12.2.1.2 Prognose von Körperschall an der Lagerstelle
12.2.2 Dynamische Eigenschaften des Systems Maschine – Schwingungsisolatoren – Gebäudedecke
12.2.2.1 Dynamische Eigenschaften von Maschinen
12.2.2.2 Dynamische Eigenschaften von Schwingungsisolatoren
12.2.2.3 Dynamische Eigenschaften von Gebäudedecken
12.3 Maßnahmen zur Körperschallisolierung von Aggregaten
12.3.1 Körperschallisolierung von Aggregaten in Gebäuden
12.3.1.1 Wirkung eines Zwischenfundamentes
12.3.1.2 Körperschalldämmung in Rohrleitungen
12.3.2 Körperschallisolierung von Aggregaten in Maschinenstrukturen
12.3.3 Zusammenfassende Regeln für die qualitativ optimierte Körperschall-isolierung
12.4 Praktische Beispiele für die Körperschallisolierung von Maschinen
12.4.1 Aufzugsmaschinen und dazugehörige Schalteinrichtungen
12.4.2 Pumpen
12.4.3 Lüftungstechnische Anlagen
Literatur
13 Adaptronik-Anwendungen
13.1 Einführung
13.2 Aktive Werkstoffe
13.3 Systementwurf
13.4 Systemtechnik
13.5 Anwendungsbeispiele
13.5.1 Strukturkontrolle
13.5.2 Schwingungsdämpfung
13.5.3 Schwingungskompensation
Schrifttum
Stichwortverzeichnis
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Werner Schirmer Jörn Hübelt   Hrsg.

Technischer Lärmschutz

Praktische Methoden zur Minderung von Lärm und Schwingungen 3. Auflage

Technischer Lärmschutz

Werner Schirmer · Jörn Hübelt (Hrsg.)

Technischer Lärmschutz Praktische Methoden zur Minderung von Lärm und Schwingungen 3. Auflage

Hrsg. Werner Schirmer KBI Schallschutzberatung GmbH Dresden, Sachsen, Deutschland

Jörn Hübelt Lehrstuhl für Akustik und Technische Mechanik, Fakultät Ingenieurwissenschaften Hochschule Mittweida Mittweida, Deutschland

ISBN 978-3-662-65667-9 ISBN 978-3-662-65668-6  (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-662-65668-6 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 1996, 2006, 2023 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Planung/Lektorat: Alexander Grün Springer Vieweg ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany

Dieses Buch ist Werner Schirmer gewidmet, den ich als außerordentlich wissbegierigen, toleranten und den Freuden des Lebens zugewandten Menschen erleben durfte.

Vorwort zur dritten Auflage

Mit der Herausgabe der dritten Auflage von „Technischer Lärmschutz“ setzten wir die bewährte Tradition der Vorauflagen, den Lesern ein Lehr- und Arbeitsbuch im Fachbereich der Technischen Akustik zu Verfügung zu stellen, fort. Die Überarbeitung des Buches wurde wesentlich von den umfangreichen Erfahrungen Werner Schirmers beeinflusst. In den letzten zwei bis drei Jahren haben wir dazu durch regelmäßige Treffen die Inhalte der Kapitel zum Teil sehr intensiv diskutiert und die Zielstellung der nun hier vorliegenden erweiterten Auflage erarbeitet. Neben der Aktualisierung der Inhalte sind dabei folgende wesentliche Ergänzungen vorgenommen worden: • Kennzeichnung von Geräuschen: Berücksichtigung psychoakustischer Kenngrößen, • Messtechnik: Erweiterung der Techniken der Digitalen Signalanalyse verbunden mit der Anwendung von Mathematik-Software, • Schallabsorber: Einführung zu Labormessverfahren an Absorberkennwerten und -parametern, In-situ -Verfahren zur Bestimmung der Schallabsorption, sowie die Erweiterung der Betrachtungen zu Resonanzabsorbern und zu Modellen für Poröse Schallabsorber, • Schallausbreitung in Räumen: Anwendung moderner Simulationsmethoden, • Ventilatoren: Einbeziehung psychoakustischer Kenngrößen zur Bewertung, • Schalldämpfer: Erweiterung des Kapitels auf Resonanz- und Reflexionsschalldämpfer, Anwendung der FEM-Modellierung und Labormessmethoden, • Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen: Systematische Diskussion der verschiedenen Anregungsarten und • Körperschallisolierung: Einbeziehung des Einflusses der Quelladmittanzen auf die Auslegung sowie deren messtechnische Bestimmung. Ein herzlicher Dank geht an die Autoren für die gute Zusammenarbeit, die auch das gegenseitige Lesen der Kapitel umfasste. Darüber hinaus ist Herrn Sebastian Kluth für die sehr wichtigen Anregungen zu Kap. 6 und 9 zu danken. Nicht zuletzt soll auch die

VII

VIII

Vorwort zur dritten Auflage

Unterstützung durch Herrn Florian Anger bei der Formatierung des Manuskriptes nicht unerwähnt bleiben. Ich danke vor allem Werner Schirmer für die Eröffnung neuer Perspektiven in sowohl fachlicher als auch menschlicher Hinsicht. Die Zusammenarbeit war sehr intensiv und in unseren Diskussionen spielten auch immer Gedanken und Erfahrungen des täglichen Lebens eine Rolle. Bei unseren regelmäßigen Treffen habe ich dabei einen unwahrscheinlich offenen und neugierigen Menschen kennenlernen dürfen und bedauere sehr, dass Werner die Herausgabe der 3. Auflage nicht mehr erleben kann. Dresden im Mai 2022

Jörn Hübelt

Aus dem Vorwort zur ersten Auflage

Das Buch wendet sich an alle, die sich in Beruf oder Studium in einer der vielen Ingenieurdisziplinen von Maschinenbau bis Bauingenieurwesen, einschließlich Arbeitssicherheit und Umweltschutz, mit technischen Aufgaben des Lärm- und Schwingungsschutzes befassen. Autoren und Herausgeber verfolgen mit dem Buch die Absicht, diesem Personenkreis anwendungsbereites Wissen über Grundelemente des Schall- und Schwingungsschutzes zu vermitteln: • Modell und Beeinflussung der Schallentstehung in Maschinen und der Schallausbreitung in ihrer Umgebung, • physikalischer Hintergrund und Bemessung häufig angewendeter Schall- und Schwingungsschutzelemente, • Umgang mit Messgeräten und Messwerten, • Aussagen des Vorschriften-, Normen- und Richtlinienwerkes. Die Stoffauswahl des Buches ist durch den Aufgabenbereich „Lärm- und Schwingungsschutz an Maschinen, in Arbeitsstätten und deren Umgebung“ geprägt. Der Leser wird jedoch feststellen, dass das Buch wegen der Behandlung von Grundelementen des technischen Lärm- und Schwingungsschutzes auch über diesen Aufgabenbereich hinaus nützlich ist. Das Buch „Technischer Lärmschutz“ entstand durch umfangreiche Bearbeitung des Buches „Lärmbekämpfung“, das von 1971 bis 1989 in vier Auflagen vom ehemaligen Ostberliner Tribüne-Verlag veröffentlicht wurde. Selbstverständlich wurden dabei auch die angezogenen Vorschriften, Richtlinien und Normen sowie die Auswahl von Schrifttum und Produktbeispielen den aktuellen Bedürfnissen entsprechend geändert. Da das Vorläufer-Buch schon seit seiner ersten Auflage in ganz Deutschland vermutlich dadurch Anklang gefunden hatte, dass es nach dem Urteil von Fachkollegen Lehrund Arbeitsbuch vereinte und dabei Theorie unter dem Aspekt praktischer Anwendung vermittelt, wird dessen Darstellungsweise jetzt weitgehend fortgesetzt. Die im ersten

IX

X

Aus dem Vorwort zur ersten Auflage

Vorwort vom März 1969 gegebene Charakterisierung des Buchkonzeptes, das aus der Lehrtätigkeit der Autoren bei Fortbildungsseminaren entstand, kann deshalb hier wörtlich wiederholt werden: „Wegen des großen Umfanges der zu behandelnden Fakten musste auf mathematische Herleitung und auf Beweise in der Regel verzichtet werden. Jedoch wird in den meisten Kapiteln bis zur Behandlung von Detailfragen der praktischen Ingenieurarbeit vorgedrungen. Vorwiegend Übersichtscharakter hat nur die auf ein Kapitel zusammengedrängte Behandlung der mit der Lärmbekämpfung an Maschinen aufs engste verknüpften Schwingungsabwehr, da andernfalls der Umfang von Lehrgang und Buch leicht auf das Doppelte angewachsen wäre.“ Dresden im Januar 1996

Werner Schirmer

Inhaltsverzeichnis

1

Vorschriften und Normen für Maschinengeräusche. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Uwe Trautmann 1.1 Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.2 Geräuschemission, Maschinenrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 1.3 Geräuschemission, im Freien betriebene Maschinen. . . . . . . . . . . . . . . 6 1.4 Geräuschemission, Umweltzeichen „Blauer Engel“. . . . . . . . . . . . . . . 9 1.5 Geräuschemission, Ökodesign-Richtlinie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 1.6 Geräuschimmission, Arbeitsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 1.7 Geräuschimmission, baulicher Schallschutz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 1.8 Geräuschimmission, Nachbarschaftsschutz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Gesetze, EU-Richtlinien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Normen, Richtlinien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

2

Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung von Geräuschen und Geräuschquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Detlef Schulz 2.1 Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 2.2 Kennzeichnung der physikalischen Eigenschaften von Geräuschen. . . 24 2.2.1 Schalldruck und Schallschnelle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 2.2.2 Schalldruckpegel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 2.2.3 Bandschalldruckpegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 2.3 Rechenoperationen mit Schallpegelwerten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 2.3.1 Addition. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 2.3.2 Subtraktion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 2.3.3 Mittelwertbildung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2.4 Größen zur Kennzeichnung der Schallimmission. . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2.4.1 Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2.4.2 Bewerteter Schalldruckpegel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 2.4.3 Äquivalenter Dauerschallpegel, TaktmaximalMittelungspegel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 XI

XII

Inhaltsverzeichnis

2.4.4 Beurteilungspegel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 2.4.5 Spitzen-Schalldruckpegel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 2.4.6 Schallexpositionspegel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 2.4.7 Lärmdosis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 2.5 Psychoakustische Kenngrößen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 2.5.1 Überblick und psychoakustische Grundlagen. . . . . . . . . . . . 38 2.5.2 Lautheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 2.5.3 Schärfe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 2.5.4 Tonalität, Tonhaltigkeit, Klanghaftigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . 44 2.5.5 Modulation und Schwankungsstärke. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 2.5.6 Rauhigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 2.5.7 Impulshaltigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 2.6 Größen zur Kennzeichnung der Schallemission . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 2.6.1 Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 2.6.2 Schallleistungspegel, Richtwirkungsmaß . . . . . . . . . . . . . . . 47 2.6.3 Schallintensität, Schallintensitätspegel . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 2.6.4 Schallenergiepegel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 2.6.5 Schalldruckpegel an festgelegten Messorten. . . . . . . . . . . . . 50 2.6.6 Emissions-Schalldruckpegel am Arbeitsplatz. . . . . . . . . . . . 50 2.6.7 Geräuschemissionsangaben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 2.7 Verfahren zur Messung der Schallimmission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 2.7.1 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 2.7.2 Vorbereitung der Messung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 2.7.3 Messdurchführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 2.7.4 Messauswertung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 2.8 Verfahren zur Messung der Schallemission, Schallleistungsmessung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 2.8.1 Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 2.8.2 Freifeldverfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 2.8.3 Hallraumverfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 2.8.4 Vergleichsverfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 2.8.5 Kanalverfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 2.8.6 Intensitätsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 2.9 Verfahren zur Nachprüfung angegebener Geräuschemissionswerte. . . 77 2.9.1 Nachprüfverfahren für Einzelmaschinen. . . . . . . . . . . . . . . . 77 2.9.2 Nachprüfverfahren für Maschinenlose. . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 2.10 Verfahren zur Schallquellenanalyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 2.10.1 Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 2.10.2 Voruntersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 2.10.3 Verfahren ohne Änderung an der Maschine.. . . . . . . . . . . . . 84 2.10.4 Verfahren mit Änderung an der Maschine. . . . . . . . . . . . . . . 87 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88

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XIII

3 Messtechnik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 Jörn Hübelt 3.1 Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 3.2 Luftschall. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 3.2.1 Schalldruckpegelmessung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 3.2.2 Messung der Luftschallschnelle mittels Hitzdraht-Anemometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 3.2.3 Messschallquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 3.3 Körperschall- und Schwingungsgrößen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 3.3.1 Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 3.3.2 Beschleunigungsaufnehmer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 3.3.3 Messung der Schwingschnelle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 3.3.4 Kraftaufnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 3.3.5 Punkt-Admittanz oder -Impedanz-Messköpfe. . . . . . . . . . . . 121 3.3.6 Dehnungsmessstreifen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 3.3.7 Quellen zur Schwingungsanregung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 3.4 Frequenzanalysen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 3.4.1 Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 3.4.2 Analog/Digital-Wandler. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 3.4.3 Diskrete Fouriertransformation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 3.4.4 Bandfilteranalyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 3.4.5 Auswahl und Handhabung der Frequenzanalyseverfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 3.4.6 Sonogramm oder Campbell-Diagramm und Ordnungsanalyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 3.4.7 Cepstrum-Analyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 3.5 Zweikanalige Signal- und Systemanalyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 3.5.1 Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 3.5.2 Messung der Übertragungsfunktion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 3.5.3 Anregung der Systeme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 3.5.4 Quellenanalyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 4

Ausbreitung und Abstrahlung von Körperschall. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Jörn Hübelt 4.1 Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 4.2 Biegewellenausbreitung auf Platten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 4.3 Biegeeigenfrequenzen von Stäben und Platten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 4.4 Admittanz mechanischer Strukturen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 4.5 Schallabstrahlung fester Körper. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 4.5.1 Abstrahlgrad, Definition und Grenzwerte. . . . . . . . . . . . . . . 175 4.5.2 Schallabstrahlung konphas schwingender Körper – Monopol und Dipolstrahler. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176

XIV

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4.5.3

Schallabstrahlung schwach gedämpfter Platten mit Biegeschwingungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 4.5.4 Schallabstrahlung stark gedämpfter Platten mit Biegeschwingungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 4.6 Modelldarstellungen, Begriffe, Mess- und Berechnungsverfahren zur mechanischen Geräuschentstehung in Maschinen. . . . . . . . . . . . . . 185 4.7 Geräuscharme Varianten passiver Maschinenstrukturen. . . . . . . . . . . . 190 4.7.1 Bleche mit Dämpfungsbelag. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 4.7.2 Gehäuseformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 4.7.3 Zusatzelemente an Krafteinleitungsstellen, Zusatzmassen bei elastischen Verbindungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 5 Luftschalldämmung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 Werner Schirmer und Jörn Hübelt 5.1 Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 5.2 Physikalische Grundlagen der Schalldämmung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 5.2.1 Erläuterung des Begriffes Schalldämmung und Definition des Schalldämm-Maßes. . . . . . . . . . . . . . . . . 212 5.2.2 Anregung einer Wand zu Biegeschwingungen durch Luftschall. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 5.2.3 Trennimpedanz, Koinzidenzeffekt und Abstrahlwinkel. . . . . 214 5.3 Einschalige ebene Wände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 5.3.1 Schalldämmung unterhalb der Grenzfrequenz. . . . . . . . . . . . 218 5.3.2 Schalldämmung oberhalb der Grenzfrequenz. . . . . . . . . . . . 224 5.3.3 Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 5.4 Spezielle Wandarten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 5.4.1 Rohrwandungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 5.4.2 Doppelwände. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 5.5 Konstruktion aus mehreren Bauteilen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 5.6 Messung des Schalldämm-Maßes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 5.7 Schalldämm-Maße von Bauteilen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 6 Luftschallabsorption. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 Jörn Hübelt 6.1 Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 6.2 Physikalische Grundlagen und Berechnungsverfahren. . . . . . . . . . . . . 250 6.3 Poröse Absorber. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 6.3.1 Kenngrößen poröser Materialien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 6.3.2 Poröse Absorber endlicher Schichtdicke. . . . . . . . . . . . . . . . 258 6.3.3 Poröse Absorberschicht mit Wandabstand. . . . . . . . . . . . . . . 262

Inhaltsverzeichnis

XV

6.3.4

Zusätzliche Verluste durch Bewegung des Absorber-Skelettes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 6.3.5 Absorberabdeckungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 6.3.6 Dimensionierung von akustischen Absorbern aus handelsüblichen porösen Materialien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 6.4 Resonanzabsorber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 6.4.1 Plattenresonator. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 6.4.2 Helmholtz-Resonator und Lochplattenresonatoren. . . . . . . . 285 6.4.3 Fazit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 6.5 Weitere Breitband-Schallabsorber. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 6.5.1 Material- und Strömungs-Grenzschichtreibung. . . . . . . . . . . 288 6.5.2 Poröses Material. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 6.6 Ermittlung der Stoffkennwerte für poröses Material. . . . . . . . . . . . . . . 292 6.6.1 Längenbezogener Strömungswiderstand Ξ . . . . . . . . . . . . . . 292 6.6.2 Porosität Φ. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 6.6.3 Strukturfaktor. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 6.6.4 Absorberkennwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 6.7 Messung des Schallabsorptionsgrades. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 6.7.1 Messung im Hallraum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 6.7.2 Messung im Impedanzrohr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 6.7.3 Messung in-situ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 6.7.4 Form von Schallabsorptionsgrad-Angaben. . . . . . . . . . . . . . 306 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 7

Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 Jörn Hübelt und Wolfgang Probst 7.1 Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 7.2 Schallausbreitung im Freifeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 7.2.1 Einzel- oder Punktschallquelle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 7.2.2 Ausgedehnte Schallquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 7.2.3 Verluste und Störungen im Ausbreitungsweg . . . . . . . . . . . . 319 7.3 Schallausbreitung in geschlossenen Räumen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 7.3.1 Einflüsse und Beschreibungsarten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 7.3.2 Annähernd kubischer Raum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 7.3.3 Flachraum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 7.3.4 Langraum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 7.3.5 Streukörper. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 7.4 Schallausbreitung durch Koppelflächen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 7.4.1 Geschlossene Koppelflächen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 7.4.2 Offene Koppelflächen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 7.5 Raumgestaltung und Quellenanordnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 7.6 Schallabsorbierende Raumauskleidungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338

XVI

Inhaltsverzeichnis

7.6.1 Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 7.6.2 Anforderungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 7.6.3 Bauformen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 7.6.4 Werkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 7.6.5 Wirksamkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 7.7 Schallschirme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 7.7.1 Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 7.7.2 Berechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 7.7.3 Bauformen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 7.7.4 Werkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 7.7.5 Wirksamkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 7.8 Trennwände, Kapseln, Kabinen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 7.8.1 Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 7.8.2 Wirksamkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 7.9 In Software implementierbare Verfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 7.9.1 Berechnung der Schallausbreitung in Arbeitsräumen nach VDI 3760. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 7.9.2 Erweitertes Spiegelquellenverfahren mit Strahlverfolgung und Schirmrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 7.9.3 Stochastisches Schallstrahl- oder -teilchenverfahren. . . . . . . 363 7.9.4 Maschinen und andere technische Geräte als Schallquellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 7.9.5 Planung schalltechnisch optimierter Arbeitsstätten. . . . . . . . 369 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 8 Ventilatorgeräusche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 Thomas Carolus 8.1 Ventilatorbauarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 8.2 Aufgabe des Ventilators und Ventilatorkennzahlen. . . . . . . . . . . . . . . . 382 8.3 Auswahl des Ventilators. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 8.4 Geräuschqualität und empfundene Lästigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 8.5 Mechanismen der Schallentstehung bei Ventilatoren . . . . . . . . . . . . . . 394 8.6 Konstruktive Geräuschminderungsmaßnahmen bei Ventilatoren . . . . . 396 8.7 Niederfrequente Schall- und Schwingungsphänomene in lufttechnischen Anlagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404 9 Schalldämpfer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 Jörn Hübelt und Mirko Ruhnau 9.1 Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 9.2 Wirkmechanismen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408 9.3 Dämpfungsmaße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414

Inhaltsverzeichnis

XVII

9.3.1 Längs- Dpr und Ausbreitungsdämpfungsmaß Da. . . . . . . . . . 414 9.3.2 Einfügungsdämpfungsmaß Di . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 9.3.3 Durchgangsdämpfungsmaß Dt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416 9.3.4 Einordnung der Maße. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416 9.4 Absorptionsschalldämpfer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418 9.4.1 Kanalquerschnittsformen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418 9.4.2 Normierte Größen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 9.4.3 Akustische Bemessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420 9.4.4 Konstruktive Ausführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441 9.5 Minderung durch Reflexion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444 9.5.1 Berechnung – Theorie der linearen Netzwerke. . . . . . . . . . . 444 9.5.2 λ/4-Resonanzschalldämpfer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 448 9.5.3 Querschnittsprung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 450 9.5.4 Kammer-Schalldämpfer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453 9.5.5 Lochbleche und perforierte Rohre. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 462 9.6 Strömungsgeräusche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 464 9.6.1 Verminderung von Geräuschen an Pneumatikventilen und Druckluftdüsen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 464 9.6.2 Strömungsgeräusch des Schalldämpfers. . . . . . . . . . . . . . . . 465 9.6.3 Druckverlust im Schalldämpfer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 468 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 470 10 Schallschutzkapseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 Werner Schirmer 10.1 Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 10.2 Begriffe und Schallübertragungswege bei einer Maschinenkapsel. . . . 474 10.3 Abschätzung der Pegelabsenkung bei Schallübertragung über die Kapselwände – Weg A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 476 10.4 Konstruktive Gestaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 477 10.4.1 Allgemeine Bemerkungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 477 10.4.2 Wahl der Kapselabmessungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 478 10.4.3 Ausführung der Kapselwand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479 10.4.4 Vermeidung der Schallübertragung über Undichtigkeiten und unvermeidbare Öffnungen – Weg B. . . . . . . . . . . . . . . . 480 10.4.5 Vermeidung der Körperschallanregung der Kapsel – Weg C. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 489 10.4.6 Vermeidung der Schallabstrahlung außerhalb der Kapsel – Weg D. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491 10.4.7 Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491 10.5 Verfahren zum messtechnischen Nachweis der Einfügungsdämmung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491

XVIII

Inhaltsverzeichnis

10.6 10.7

Wärmeabführung aus Schallschutzkapseln. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492 Beispiele praktisch ausgeführter Schallschutzkapseln. . . . . . . . . . . . . . 497 10.7.1 Baukastensysteme für Schallschutzkapseln. . . . . . . . . . . . . . 497 10.7.2 Maschinenhaube mit Schallschutzkapselfunktion. . . . . . . . . 497 10.7.3 Integrierte Schallschutzkapsel für eine Schnellläuferpresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 498 10.8 Rechenbeispiel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 499 10.8.1 Akustische Dimensionierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 499 10.8.2 Wärmeabführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 501 Schrifttum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 501

11 Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 503 Michael Beitelschmidt 11.1 Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 503 11.2 Notwendigkeit und Zielstellung der Schwingungsabwehr . . . . . . . . . . 504 11.2.1 Auswirkung mechanischer Schwingungen . . . . . . . . . . . . . . 504 11.2.2 Rechtliche Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 505 11.2.3 Normative und Richtwerte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 506 11.3 Verfahren zur Schwingungsabwehr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 514 11.3.1 Schwingungssysteme und Schwingungsmodelle. . . . . . . . . . 514 11.3.2 Mathematische Beschreibung des Schwingungsmodells für einen Freiheitsgrad. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 519 11.3.3 Begriffe der Schwingungstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 528 11.3.4 Schwingungserregung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 530 11.3.5 Primärmaßnahmen der Schwingungsabwehr. . . . . . . . . . . . . 535 11.3.6 Schwingungsisolierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 540 11.3.7 Stoßisolierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 549 11.3.8 Aktiver Schwingungsschutz durch Ausregelung. . . . . . . . . . 551 11.3.9 Schwingungstilger. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 552 11.3.10 Verminderung von Verkehrs- und Industrieerschütterungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 555 11.4 Berechnungsverfahren zur Schwingungsisolierung. . . . . . . . . . . . . . . . 559 11.4.1 Zusammenstellung der Berechnungsziele. . . . . . . . . . . . . . . 559 11.4.2 Orientierungsrechnung mit 1 Freiheitsgrad. . . . . . . . . . . . . . 560 11.4.3 Numerische Verfahren für Mehrfreiheitsgradsysteme. . . . . . 564 11.5 Ausgeführte Beispiele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 566 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 571 12 Körperschallisolierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 575 Jan Troge 12.1 Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 575 12.2 Grundlagen und Grundgleichung der Körperschallisolierung. . . . . . . . 576

Inhaltsverzeichnis

XIX

12.2.1

Modell für die Beschreibung von Körperschall an Lagerstellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 578 12.2.2 Dynamische Eigenschaften des Systems Maschine – Schwingungsisolatoren – Gebäudedecke. . . . . . . . . . . . . . . . 589 12.3 Maßnahmen zur Körperschallisolierung von Aggregaten. . . . . . . . . . . 598 12.3.1 Körperschallisolierung von Aggregaten in Gebäuden. . . . . . 598 12.3.2 Körperschallisolierung von Aggregaten in Maschinenstrukturen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 605 12.3.3 Zusammenfassende Regeln für die qualitativ optimierte Körperschall-isolierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 608 12.4 Praktische Beispiele für die Körperschallisolierung von Maschinen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 609 12.4.1 Aufzugsmaschinen und dazugehörige Schalteinrichtungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 609 12.4.2 Pumpen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 611 12.4.3 Lüftungstechnische Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 613 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 614 13 Adaptronik-Anwendungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 617 Welf-Guntram Drossel 13.1 Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 617 13.2 Aktive Werkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 620 13.3 Systementwurf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 625 13.4 Systemtechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 626 13.5 Anwendungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 628 13.5.1 Strukturkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 628 13.5.2 Schwingungsdämpfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 630 13.5.3 Schwingungskompensation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 631 Schrifttum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 637 Stichwortverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 639

Autorenverzeichnis

Michael Beitelschmidt Institut für Festkörpermechanik, Technische Universität Dresden, Dresden, Deutschland Thomas Carolus  Steinbeistransferzentrum FLOWTRANS, Netphen, Deutschland Welf-Guntram Drossel Fraunhofer Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU), Dresden, Deutschland Jörn Hübelt  Hochschule Mittweida, Mittweida, Deutschland Wolfgang Probst  DataKustik GmbH, Gilching, Deutschland Mirko Ruhnau Gesellschaft für Akustikforschung Dresden mbH, Dresden, Deutschland Werner Schirmer  Hochschule Mittweida, Mittweida, Dresden, Deutschland Detlef Schulz  Hochschule Mittweida, Mittweida, Deutschland Uwe Trautmann  Stahnsdorf, Deutschland Jan Troge Fraunhofer Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU), Dresden, Deutschland

XXI

Wichtige Formelzeichen und Einheiten

Formelzeichen

Einheit

Benennung, Bemerkungen1)

A

m

äquivalente Schallabsorptionsfläche (2.8.3.1) (7.3.2)

ADiv

dB

Minderung des Schalldruckpegels auf dem Ausbreitungsweg (sphärische Divergenz) (7.2.1)

AAtm

dB

2

Luftabsorptionsmaß (7.2.3) 2

Beschleunigung, Schwingbeschleunigung (3.4.1)

a

m/s

aL

dB

Übertragungsmaß (3.2.1.1) Übertragungseigenschaft der Mikrofone oder Dämpfung (3.5.4)

B

N · m2

Biegesteifigkeit des Stabes (4.3)

N·m

Biegesteifigkeit je Breiteneinheit der Platte (4.2)

B∗

Hz

Bandbreite (3.5.4)

Be∗

Hz

effektive Bandbreite oder Frequenzauflösung (auch 3dB-Bandbreite) (3.5.3)

BL

V/Pa

Übertragungsfaktor, Übertragungseigenschaft der Mikrofone

Br

1

relative Bandbreite (3.5.4)

C

nF

Kapazität (3.4.1)

c

m/s

Schallgeschwindigkeit, • Index 0 für Longitudinalwellen in Luft bei ϑ = 20 ◦ C, • Index B für Biegewellen auf Platte, • Index L für Longitudinalwellen in Festkörpern (4.2)

c

N/m

Federsteifigkeit, Federkonstante (4.4, 11.3.1)

cP

W s/(kg K)

Spezifische Wärme der Luft bei konstantem Druck (10.6)

D

dB

Schalldruckpegeldifferenz, Maß für die Kanaldämpfung (9.3.1)

D

4

m /s

Dipolmoment (4.5.2)

Da

dB

Ausbreitungsdämpfungsmaß für Schalldämpfer (9.3.1)

B



1  In Klammern wird die Nummer des Abschnittes angegeben, der die Definition der jeweiligen Größe enthält.

XXIII

XXIV

Wichtige Formelzeichen und Einheiten

DD

dB

Dynamikbereich von AD-Wandlern (3.5.2)

Dh

dB

normierte Ausbreitungsdämpfung für Schalldämpfer (9.3.1)

Di

dB

Einfügungsdämpfungsmaß für Schalldämpfer (9.3.1)

DIL

dB

Einfügungsdämpfungsmaß für Zusatzmasse am Krafteinleitungspunkt (4.7.3)

DPr

dB

Längsdämpfungsmaß für Schalldämpfer (9.3.1)

Dt

dB

Durchgangsdämpfungsmaß für Schalldämpfer (9.3.1)

D

dB

Richtwirkungsmaß (7.2.1)

d

m

Plattendicke (5.2.3.2) 2

Elastizitätsmodul, E stellt hier den Realteil E ⊥ der komplexen Größe E = E(1 + jη) dar (4.7.1)

E

N/m

E

1

Absorber-Kennzahl (6.3.1)

F

N

Kraft (3.4.1)

f

Hz

Frequenz, Index s Abtastfrequenz (3.4)

fc

Hz

Koinzidenzgrenzfrequenz, definiert für streifenden Schalleinfall ϑ = 90◦ (5.2.3)

fcϑ

Hz

vom Schalleinfallswinkel ϑ abhängige Koinzidenzfrequenz, auch Spuranpassungsfrequenz (5.2.3)

fm

Hz

Mittenfrequenz für Terzen, Oktaven (3.4.4) 2

Schubmodul, G stellt hier den Realteil G⊥ der komplexen Größe G = G(1 + jη) dar (4.7.1)

G

N/m

GU

dB

Übertragungsmaß (3.5.4)

g

1

Schubparameter (4.7.1.3)

HU

1

Übertragungsfaktor (3.5.4)

h

m

halbe Kanalbreite (9.3.3); Raumhöhe (7.3.3); Plattendicke (4.2)

I

N·s

Impuls (7.5.3)

I

m4

Flächenträgheitsmoment (4.3), auch Flächenmoment 2. Grades, im Maschinenbau Einheit meist mm4

J

W/m2

Schallintensität (2.6.3)

K

N/m2

Kompressionsmodul (4.2)

k

−1

m

k

N · s/m

Dämpfungskonstante des Ein-Massen-Schwingers (11.3.1)

kS

1

Scheitelfaktor (auch Crest-Faktor) (3.2.4)

Lp

dB

Schalldruckpegel (2.2.2)

LI

dB

Schallintensitätspegel (2.6.3)

Wellenzahl, k = 2π/ = ω/c, • Index 0 für Longitudinalwellen in Luft (6.3) • Index A für Longitudinalwellen in porösen Absorberstrukturen (6.3) • Index B für Biegewellen in Festkörpern (4.2)

Wichtige Formelzeichen und Einheiten

XXV

LW

dB

Schallleistungspegel (2.6.2)

LWF

dB

Strukturübertragungsmaß (kraftbezogener Schallleistungspegel) (4.6)

M

Nm

Drehmoment (11.3)

m

kg

Masse

m′

kg/m

m

′′

kg/m

längenbezogene Masse von Stäben (4.3) 2

flächenbezogene Masse von Platten (4.3)

mL

m

Energiedämpfungskoeffizient von Luft (7.3.2)

m ˙

g/min

Massestrom (8.2)

N

1

Fresnel-Zahl (7.7.2)

−1

n

min

Drehzahl

P

W

Leistung, Luftschallleistung (2.4.2), Körperschallleistung (4.2), Wärmestrom (9.6)

p

Pa

Schalldruck, Luftdruck (2.2.1)

Q

1

Resonanzgüte (11.3.2.2)

q

m3 /s

komplexwertiger Schallfluss (4.5.2)

q

1

Öffnungsanteil von Kapseln (10.4.4.1), Streukörperdichte (7.9.1)

qv

1

Geräuschanteil (7.2)

R

dB

Schalldämm-Maß (5.1), • Index „diff“ für diffusen Schalleinfall • Index „min“ für kleine bzw. ungedämpfter Platten, für diffusen Schalleinfall

−1

Rs

Pa · s/m

Spezifischer Strömungswiderstand (6.3.1)

r

1

Schallreflexionsfaktor (6.2.1)

r

m

Abstand zwischen Immissionsort und Quelle (7.2.1), bei kugelförmiger Schallausbreitung

S

m2

Fläche

St

1

s



N/m

Strouhal-Zahl, dimensionslose Frequenz (9.6.1) 3

(flächenbezogene) dynamische Steifigkeit (5.4.2.1), meist in MN/m3

T

s

Periodendauer, Integrationszeit (2.2.1), Nachhallzeit (7.3.2)

T

K

Temperatur in Kelvin

Tv

1

Körperschallübertragungsfunktion (4.4)

t

s

Zeit

t



Temperatur in ◦ C

t

K

Temperaturdifferenz 1 K = 1 ◦ C

U

m

Umfang

C



XXVI

u

Wichtige Formelzeichen und Einheiten Spannung

V

V

m

Volumen



m3 /s

Volumenstrom (8.2)

v

m/s

Geschwindigkeit, Schwinggeschwindigkeit, Schallschnelle (3.4.1)

Y

m/Ns

Admittanz (4.4)

y

1

3

Z

Steifeparameter (4.7.1.3)

N · s/m

3

spezifische Impedanz, Z = p/v (6.2.1) Trennimpedanz (5.2.3) charakteristische Impedanz für die Ausbreitung der Ebene Welle in Luft Z0 = 408 N · s/m3 bei 20 °C und 1000 hPa (5.2.3)

N · s/m

3

Z0

N · s/m

3

Zw

N · s/m3

Wandimpedanz an der Stelle x = 0 (6.2), Randbedingung p Z w = v |x=0

z

m

Schirmwert (7.8.2)

α

1

Schallabsorptionsgrad (6.2.1), Wärmeübergangszahl (10.6)

ZT



1

mittlerer Schallabsorptionsgrad eines Raumes (7.3.2)



αS

1

Absorptionsexponent eines Streukörpers (7.9.1)

2

1

Richtwirkungsfaktor (7.2.1)

t; L

m

Mündungskorrektur Kap. 6 bzw. 9

δ

1

Durchmesserzahl (8.2), Abklingkonstante (11.3.2.2)

ε

1

Anpassungsverhältnis (6.3.2, 9.4.2)

η

1

Verlustfaktor (4.2), Frequenzparameter (9.4.2)





Mittlerer Abstrahlwinkel, bezogen auf die Wandnormale (5.2.3.3)

ϑ



Einfallswinkel einer Schallwelle, bezogen auf die Wandnormale (5.2.2)

ϑ

1

Lehr’sches (dimensionsloses) Dämpfungsmaß (11.3.2.2)

ϑ



Temperatur

α¯ Ŵ

C

κ

1

Adiabatenexponent (6.3.1)

κ

1

Stoßzahl (11.3.6)



1

normierte Auskleidungstiefe (9.4.2), logarithmisches Dekrement (10.3.2.2)



m

Wellenlänge, ohne Index: in Luft, Index B für Biegewellenlänge (5.2.2)



1

Leistungszahl (8.2)

µ

1



N · s/m

Poissonsche Querkontraktionszahl (4.2) 4

längenbezogener Strömungswiderstand (6.3.1), seit 2019 mit der Herausgabe der Norm DIN EN ISO 9053–1 (2019–03) veraltete Kennzeichnung, neue Bezeichnung mit dem Formelzeichen σ

Wichtige Formelzeichen und Einheiten

ξ

m

Schallausschlag, Schwingweg (3.4.1), Widerstandsbeiwert (9.6.2)

ρ

kg/m3

Dichte, Index „0“: Dichte der Luft (̺0 = 1,19 kg/m3 bei p_ = 1000 hPa und ϑ = 20 ◦ C)

̺

1

Reflexionsgrad (7.3.3)

σ

1

Abstrahlgrad (4.5)

σ

dB

relative Standardabweichung (3.5.3.3)

σ

1

Schnelllaufzahl (8.2)

τ

1

Transmissionsgrad (5.1), (10.3)

τ

s

Impulsdauer, Stoßdauer (7.4.3.1)

φ

1

Porosität (6.3.1)

ϕ



Phasenwinkel

ϕ

1

Volumenzahl (8.2)

χ

1

Strukturfaktor (6.3.1)

ψ

1

Druckzahl (8.2)



sr

Raumwinkel (7.2.1)

ω

−1

s

Winkelfrequenz (Kreisfrequenz), ω = 2π f

Schreibweisen für zeitabhängige Größen p Augenblickswert p(t)  p Amplitude, Spitzenwert p˜ oder arms Effektivwert (quadratischer Mittelwert), s. Gl. (2.1), v˜ 2 zeitlicher und räumlicher quadratischer  Mittelwert, z. B. Gl. (4.5)  p(t, x) = pˆ cos (ωt − kx) = Re pˆ ejωt−jkx mit p = pˆ ejωt−jkx rotierender komplexer Zeiger, mit t Zeit und x Weg p= pe−jkx = |p|e−jkx ruhender komplexer Zeiger;  Z = p v = Re{Z} + j Im{Z} = Z ⊥ + j Z ⊥⊥ = |Z|ejϕ Kurzformen: Z = Z, im Abschnitt 4.7.1 Z⊥ = Z.

XXVII

1

Vorschriften und Normen für Maschinengeräusche Uwe Trautmann

1.1 Einführung In diesem Kapitel wird eine Zusammenstellung der gesetzlichen und normativen Vorgaben gegeben, die bei der Konstruktion von Maschinen bezüglich ihrer Geräuschemission zu berücksichtigen sind. Dabei werden die Vorschriften, die sich auf die Geräuschemission beziehen (Abschn. 1.2, 1.3, 1.4 und 1.5), ausführlicher dargestellt, als Vorgaben zum Immissionsschutz, da sich das vorliegende Buch hauptsächlich mit den Geräuschentstehungsmechanismen in Maschinen und deren gezielter Beeinflussung befasst. Die Informationen zum Immissionsschutz (Arbeitsplätze in geschlossenen Räumen, Schallausbreitung im Freien) werden als Ergänzung zu den Geräuschemissionsvorgaben angegeben (Abschn. 1.6, 1.7 und 1.8). Festlegungen im Pflichtenheft oder im Vertrag enthalten häufig auch Angaben zum Immissionsschutz, die vom Hersteller Kenntnisse über den Aufstellungsort und die Betriebsbedingungen der von ihm gelieferten Maschine erfordern. Da gesetzlich nur die Angabe von Emissionsdaten für Maschinen gefordert wird, sollte sich der Hersteller/Lieferant einer Maschine ohne genaue Kenntnis der schalltechnischen Vorbelastung möglichst nicht zur Einhaltung von Geräuschimmissionswerten verpflichten. Die europäischen Vorschriften zur Begrenzung der Geräuschemission von Maschinen verfolgen drei Ziele: • Schutz der Arbeitnehmer vor gesundheitsschädigendem Lärm (Arbeitsschutz). • Schutz der Gesundheit und des Wohlbefindens der Bürger (Umweltschutz). • Gewährleistung des freien Warenaustausches innerhalb der EU. U. Trautmann (*)  Stahnsdorf, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Schirmer und J. Hübelt (Hrsg.), Technischer Lärmschutz, https://doi.org/10.1007/978-3-662-65668-6_1

1

2

U. Trautmann

In den EU-Richtlinien werden grundlegende Anforderungen formuliert. Wie diese Ziele erreicht werden können, wird in Normen geregelt. Die Normen werden aufgrund eines Abkommens zwischen der internationalen und der europäischen Normungsorganisation (ISO, CEN) vorwiegend als ISO-Normen erstellt und als „EN ISO“ in das europäische Normenwerk übernommen. In Deutschland erscheinen diese Normen in der Regel unverändert als „DIN EN ISO“. Die EU-Richtlinien werden als Gesetze in deutsches Recht überführt.

1.2 Geräuschemission, Maschinenrichtlinie Die EU-Maschinenrichtlinie 2006/42/EG (ursprünglich 98/37/EG mit Änderungen) gilt für Maschinen und Aggregate einschließlich auswechselbarer Ausrüstungen zur Änderung ihrer Funktion. Sie ist in der vorliegenden Fassung seit 29.12.2009 in allen Mitgliedstaaten der EU anzuwenden. Ausgenommen von der Maschinenrichtlinie sind u. a. Fahrzeuge und Aufzüge zur Personenbeförderung sowie Maschinen für medizinische oder militärische Zwecke. Es werden zwei Sicherheitsanforderungen geregelt (Kurtz und Jacques 2016):

• Konstruktion lärmarmer Maschinen (2006/42/EG Anhang I, Abschn. 1.5.8): „Die Maschine muss so konzipiert und gebaut sein, dass Gefahren durch Lärmemission auf das unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts und der verfügbaren Mittel zur Lärmminderung, vornehmlich an der Quelle, erreichbare niedrigste Niveau gesenkt werden.“ • Geräuschangabe (2006/42/EG Anhang I, Abschn. 1.7.4 f.): „Die Betriebsanleitung muss folgende Angaben über den von der Maschine ausgehenden Luftschall enthalten…: – der A-bewertete äquivalente Dauerschalldruckpegel an den Arbeitsplätzen des Bedienpersonals, wenn er über 70 dB(A) liegt. Ist dieser Pegel niedriger oder gleich 70 dB(A), genügt die Angabe „70 dB(A)“; – der Höchstwert des momentanen C-bewerteten Schalldrucks an den Arbeitsplätzen des Bedienpersonals, sofern er…130 dB…übersteigt; – der Schallleistungspegel der Maschine, wenn der A-bewertete äquivalente Dauerschalldruckpegel an den Arbeitsplätzen…über 85 dB(A) liegt. – Bei Maschinen mit sehr großen Abmessungen können statt des Schallleistungspegels die äquivalenten Dauerschalldruckpegel an bestimmten Stellen im Maschinenumfeld angegeben werden. … – Der Hersteller muss angeben, welche Messverfahren verwendet wurden und unter welchen Betriebsbedingungen der Maschine die Messungen vorgenommen wurden.

1  Vorschriften und Normen für Maschinengeräusche

3

– Wenn sich die Arbeitsplätze…nicht festlegen lassen., sind Schalldruckpegelmessungen in einem Abstand von 1 m von der Maschinenoberfläche und 1,60 m über dem Boden…vorzunehmen. Der höchste Schalldruckwert und der dazugehörige Messpunkt sind anzugeben.“ Sämtliche Unterlagen, in denen die Maschine präsentiert wird, dürfen nicht im Widerspruch zur Betriebsanleitung stehen. Damit bekommt der potenzielle Käufer die grundlegenden Informationen, um Maschinen hinsichtlich Ihrer Geräuschemission vergleichen und Immissionsberechnungen durchführen zu können (Kurtz 2011 und Kurtz 2017). Die in der Maschinenrichtlinie enthaltenen Anforderungen werden in europäischen Normen konkretisiert. Diese Normen werden in sogenannte A-, B- und C-Normen eingeteilt (Abb. 1.1): • Typ A: Sicherheitsgrundnormen. Festlegung der Grundsätze, wie Gefährdungen erkannt und vermieden werden können. Konventionen für die Erarbeitung von C-Normen. • Typ B: Gruppensicherheitsnormen. Rahmennormen zur Geräuschemissions-Messung, -Angabe und -Überprüfung, zur Konstruktion lärmarmer Maschinen und zum Vergleich von Geräuschemissionswerten. • Typ C: Maschinenspezifische Sicherheitsnormen, die neben anderen Sicherheitsaspekten die Gefährdung durch Geräuschemission für eine Maschinenart behandeln (Kenngrößen, Mess- und Betriebsbedingungen zur Ermittlung der Geräuschemission sowie Angabe- und Nachprüfverfahren zur Geräuschemissionsangabe; zum Teil Hinweise auf maschinenspezifische Lärmminderungsmaßnahmen). C-Normen sind entweder selbstständige Geräuschmessnormen für eine bestimmte Maschinenart oder werden als „Geräuschkapitel“ in eine maschinenspezifische Sicherheitsnorm integriert. Zusammenstellung der Normen zur Umsetzung der Maschinenrichtlinie (Stand 04/2020): https://ec.europa.eu/docsroom/documents/39781?locale=de Die Folgeteile von DIN 45635, in denen die Aufstellungs- und Betriebsbedingungen für die Bestimmung der Schallleistung und des Emissions-Schalldruckpegels an spezifischen Maschinen in der Vergangenheit beschrieben worden sind, werden mit der Erarbeitung von C-Normen zurückgezogen. Inzwischen existieren überwiegend europäische Sicherheitsnormen für unterschiedlichste Maschinengruppen mit Abschnitten zur Minderung, Angabe und Nachprüfung der Geräuschemission. Diese wurden in Technischen Komitees (TCs) der beiden Europäischen Normungsinstitutionen CEN und CENELEC erarbeitet und sind inzwischen als sogenannte DIN EN Normen in deutscher Sprache erhältlich. Durch Listung dieser Normen im Amtsblatt der Europäischen Union erlangen sie einen Status, der bei ihrer Anwendung durch den Maschinenhersteller die „Vermutungswirkung“ auslöst: Der Käufer kann davon ausgehen, dass Maschinen, die nach diesen Normen gebaut worden sind, die wesentlichen

4

U. Trautmann EU-Maschinenrichtlinie 2006/42/EG Produktsicherheitsgesetz, ProdSG Maschinenverordnung, 9. ProdSV

Anforderungen

1. Maschine so konstruieren, dass Gefahren durch Geräuschemission entsprechend dem jeweiligen Stand der Lärmminderungstechnik minimiert werden; Lärmminderung möglichst an der Quelle 2. Information über Geräuschemission der Maschine

A-Normen DIN EN ISO 12001

Aufbau einer Geräuschmessnorm

DIN EN 1746

Aufbau eines Geräuschkapitels in maschinenspezifischer Sicherheitsnorm

DIN EN ISO 12100

Maschinensicherheit, allgemeine Gestaltungsleitsätze

B-Normen DIN EN ISO 11688-1/2

Konstruktion lärmarmer Maschinen, Hinweise für Konstrukteure, Konstruktionsregeln, physikalische Grundlagen

DIN EN ISO 3740-3747

Bestimmung der Schallleistung aus Schalldruckmessungen

DIN EN ISO 9614-1/2/3

Bestimmung der Schallleistung aus Schallintensitätsmessungen

DIN EN ISO 11200-11205

Bestimmung des Emissionsschalldruckpegels

DIN EN ISO 4871

Angabe und Überprüfung von Geräuschemissionswerten

DIN EN ISO 11689

Vergleich von Geräuschemissionswerten von Maschinen einer Maschinengruppe

C-Normen (Beispiele) Geräuschmessnormen DIN EN 1265

Gießereimaschinen und -anlagen

DIN EN ISO 22868

Forst- und Gartenmaschinen (Verbrennungsmotor)

Geräuschkapitel DIN EN 1501

Abfallsammelfahrzeuge

DIN EN 1870-6

Holzbearbeitungsmaschinen

DIN EN ISO 4254-1

Landmaschinen

DIN EN ISO 19432

Baumaschinen, handgeführte Trennschleifmaschinen

Abb. 1.1   EU-Maschinenrichtlinie, Umsetzung in deutsches Recht durch Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) und Maschinenverordnung (9. ProdSV). Normensystem zur Umsetzung der Anforderungen (beispielhafte Auswahl)

1  Vorschriften und Normen für Maschinengeräusche

5

Anforderungen der Maschinenrichtlinie erfüllen, sofern nicht im Anhang Z der Sicherheitsnorm bestimmte Gefährdungsfaktoren oder Anforderungen der Richtlinie als nicht behandelt ausgewiesen werden. Neben den sogenannten „mandatierten“ Europäischen Normen, die der Umsetzung der Forderungen aus der Maschinenrichtlinie dienen, gibt es im deutschen Normensystem zahlreiche VDI-Richtlinien, die sich mit der Konstruktion lärmarmer Maschinen befassen bzw. den Bereich der Geräuschemission für bestimmte Maschinengruppen angeben (Hellweg und Kurtz 2016). Diese VDI-Richtlinien werden seit den 1990er Jahren nicht mehr aktualisiert bzw. neu erarbeitet. Sie können über den VDI bezogen werden, teilweise auch über den Beuth-Verlag (Tab. 1.1). • VDI 3720: Grundlegende Regeln für die Konstruktion lärmarmer Maschinen und Anlagen; Konstruktionsbeispiele. Tab. 1.1  VDI-Richtlinien (z. T. veraltet), Konstruktion lärmarmer Maschinen und Anlagen, Emissionskennwerte Technischer Schallquellen (Auswahl) VDI-Richtlinie

Inhalt

Ausgabe

Zurückgez

VDI 3720 Blatt 1

Lärmarm Konstruieren; Allgemeine Grundlagen

1980

1999

VDI 3720 Blatt 2

…; Beispielsammlung

1982



VDI 3720 Blatt 3

…; Systematisches Vorgehen

1978

1999

VDI 3720 Blatt 4

…; Rotierende Bauteile und deren Lagerung

1984



VDI 3720 Blatt 5

…; Hydrokomponenten und -systeme

1984



VDI 3720 Blatt 6

…; Mechanische Eingangsimpedanzen…

1984

1999

VDI 3720 Blatt 7

…; Beurt. v. Wechselkräften bei der Schallentstehung

1989

1999

VDI 3720 Blatt 9.1

…; Leistungsgetriebe, Körperschallanregung

1990



VDI 3731 Blatt 1

Kompressoren

1982



VDI 3731 Blatt 2

Ventilatoren

1990



VDI 3732

Fackeln

1999



VDI 3734 Blatt 2

Kühltürme

1990



VDI 3738

Armaturen

1994

2015

VDI 3739

Transformatoren

1999



VDI 3743 Blatt 1

Kreiselpumpen

2003



VDI 3752 Blatt 1

Schneidpressen

1993



VDI 3753

Stationäre Verbrennungsmotoren

1997



VDI 3757

Gießereimaschinen

1996



VDI 3761

Handgeführte Elektrowerkzeuge, Holzbearbeitung 1990

2012

VDI 3765

Typische Arbeitsabläufe auf Baustellen

2001



VDI 3767

Betonsteinformmaschinen

1997



6

U. Trautmann

• ETS-Richtlinien (Emissionskennwerte Technischer Schallquellen): Geräuschemissionsdaten für bestimmte Maschinengruppen in Abhängigkeit einer maschinenspezifischen Kenngröße (in der Regel mit grafischer Darstellung). Zum Teil Beschreibung maschinenspezifischer Lärmminderungsmaßnahmen. Daten teilweise veraltet.

1.3 Geräuschemission, im Freien betriebene Maschinen Die EU-Richtlinie 2000/14/EG gilt für 57 Maschinenarten, die ausschließlich im Freien betrieben werden (sogenannte „Outdoor“-Richtlinie, vor allem Baumaschinen, Gartengeräte, Kommunalfahrzeuge). Die Richtlinie gilt nicht für „Geräte und Maschinen, die in erster Linie für den Gütertransport oder die Beförderung von Personen … bestimmt sind“. Die EU-Richtlinie 2005/88/EG enthält Änderungen zur Richtlinie 2000/14/EG. Die EU-Richtlinie enthält folgende Anforderungen: • Kennzeichnungspflicht mit dem garantierten Schallleistungspegel und dem CE-Kennzeichen an der Maschine. • Geräuschemissionsbegrenzung für 23 Maschinengruppen in Abhängigkeit von einer charakteristischen Maschinenkenngröße. Für die Geräuschemissions-Grenzwerte gelten zwei Stufen, die seit 03.01.2002 bzw. 03.01.2006 gültig sind. • Durchführung eines Konformitätsbewertungsverfahrens. • Abgabe einer Konformitätserklärung. • Datensammlung und Veröffentlichung der Daten durch die EU-Kommission. • Marktüberwachung durch die Mitgliedsstaaten. Entscheidend für die Anwendung der Richtlinie auf eine bestimmte Maschine sind die Definitionen der Maschinengruppen (Anhang I der Richtlinie). Die Unterscheidung, ob eine Maschine nur der Kennzeichnungspflicht oder zusätzlich auch der Geräuschemissions-Begrenzung unterliegt, wird in den Artikeln 12 und 13 der Richtlinie geregelt. Die Aufstellungs- und Betriebsbedingungen für die Geräuschmessung werden zum Teil direkt in der Richtlinie beschrieben, in den anderen Fällen wird auf Normen verwiesen (Anhang III, Teil B der Richtlinie). Der garantierte Schallleistungspegel muss gemäß DIN EN ISO 4871 aus dem gemessenen Schallleistungspegel gebildet werden (Berücksichtigung der Produktionsstreuung und der Genauigkeit des Messverfahrens). Die Konformitätserklärung muss u. a. folgende Angaben enthalten: • Name und Anschrift des Herstellers, Aufbewahrungsort für die technischen Unterlagen. • Beschreibung der Maschine.

1  Vorschriften und Normen für Maschinengeräusche

7

• Angewandtes Konformitätsbewertungsverfahren, ggf. Name und Anschrift der benannten Stelle. • Garantierter Schallleistungspegel, der an repräsentativen Baumustern dieser Maschine ermittelt wurde. • Verweis auf die Richtlinie 2000/14/EG. Erklärung, dass die Maschine den Anforderungen dieser Richtlinie entspricht. • Ggf. Konformitätserklärung und Angabe zu anderen angewandten EU-Richtlinien (z. B. Maschinenrichtlinie). Die Umsetzung der EU-Richtlinie 2000/14/EG in deutsches Recht erfolgt in der 32. Verordnung zum Bundesimmissionsschutzgesetz, der Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung (32. BImSchV). Zusätzlich werden in der 32. BImSchV für Geräte die Nutzungszeiten in Bereichen geregelt, die als sensibel eingestuft sind. Bei Maschinen, für die sowohl die Maschinenrichtlinie (2006/42/EG) als auch die „Outdoor“-Richtlinie“ (2000/14/EG) gilt, wird folgendes Verfahren angewendet: • Konformitätserklärung gemäß 2000/14/EG mit Bezug auf 2006/42/EG. • Schallleistungsangabe gemäß 2000/14/EG (Betriebsbedingungen, Messverfahren), ggf. Einhaltung der Grenzwertvorgabe für die Geräuschemission. • Angabe des Emissions-Schalldruckpegels bzw. des Schalldruckpegels in der Kabine (Betriebsbedingungen gemäß 2000/14/EG). • Anforderungen an die Konstruktion beachten (2006/42/EG, LärmminderungsMaßnahmen an der Quelle). Vergleicht man die Schallleistungsangaben gemäß 2000/14/EG und 2006/42/EG, so ist zu beachten, dass für die im Freien betriebenen Maschinen stets der garantierte Schallleistungspegel genannt wird, der die o. g. Zuschläge bereits enthält. Die Angabe gemäß Maschinenrichtlinie 2006/42/EG enthält dagegen den Messwert (LWA, LpA) und separat die jeweilige Messunsicherheit. Für die geplante Überarbeitung der Richtlinie 2000/14/EG wurden umfangreiche Studien durchgeführt, u. a. (Dittrich 2016) • NOMEVAL (Noise of Machinery – Evaluation of Directive 2000/14/EC), Abschlussbericht 12.12.2007 • ODELIA (Outdoor Equipment Noise Limit Assessment), Abschlussbericht 19.01.2016 Die Datensammlung (Geräuschemissionsdaten, Konformitätserklärungen) der EUKommission (s. Abb. 1.2) ist verfügbar (Stand 05/2020): https://ec.europa.eu/growth/tools-databases/noise-emissions-outdoor-equipment_en

8

U. Trautmann

Abb. 1.2   Richtlinie über umweltbelastende Geräuschemissionen von zur Verwendung im Freien vorgesehenen Geräten und Maschinen („Outdoor“-Richtlinie 2000/14/EG)

1  Vorschriften und Normen für Maschinengeräusche

9

1.4 Geräuschemission, Umweltzeichen „Blauer Engel“ Mit dem Umweltzeichen „Blauer Engel“ können Produkte ausgezeichnet werden, die im Vergleich zu anderen Produkten mit gleichen Gebrauchseigenschaften als besonders umweltfreundlich bezeichnet werden können (hier: besonders lärmarme Produkte). Die Anforderungen werden in Vergabekriterien festgelegt, die von der „Jury Umweltzeichen“ unter Beteiligung des Umweltbundesamtes erarbeitet und vom RAL gGmbH veröffentlicht und vergeben werden (Fabris 2016). Auch ohne Vergabe eines Umweltzeichens können die Anforderungen als Grundlage für die Konstruktion/Lieferung von Maschinen bzw. Geräten genutzt werden. Für zahlreiche Produkte liegen Anforderungen vor, die sich auf die Geräuschemission beziehen (Tab. 1.2). Tab. 1.2  Umweltzeichen „Blauer Engel“, Vergabegrundlagen mit akustischen Anforderungen, Stand 02/2020 Nummer

Titel

Ausgabe

DE-UZ 21

Lärmarme Altglas-Container für lärmempfindliche Bereiche

2011

DE-UZ 32

Wassersparende Spülkästen

2011

DE-UZ 53

Baumaschinen

2015

DE-UZ 59a

Kommunalfahrzeuge

2018

DE-UZ 59b

Omnibusse

2018

DE-UZ 78

Computer und Tastaturen

2017

DE-UZ 87

Energiesparende Händetrockner

2014

DE-UZ 110

Umweltschonender Schiffsbetrieb

2015

DE-UZ 127

Beamer

2014

DE-UZ 141

Umweltfreundliches Schiffsdesign

2013

DE-UZ 147

Dunstabzugshauben für den Hausgebrauch

2010

DE-UZ 150

Voice over IP – Telefone

2010

DE-UZ 157

Energie- und wassersparende Hand- und Kopfbrausen

2011

DE-UZ 174

Datenträgervernichter

2018

DE-UZ 175

Haartrockner

2019

DE-UZ 188

Staubsauger

2015

DE-UZ 204

Raumklimageräte für den stationären Einsatz

2016

DE-UZ 205

Bürogeräte mit Druckfunktion (Drucker und Multifunktionsgeräte)

2017

DE-UZ 206

Gartengeräte

2017

10

U. Trautmann

1.5 Geräuschemission, Ökodesign-Richtlinie Das Ziel der Ökodesign-Richtlinie 2009/125/EG besteht darin, die Umweltverträglichkeit energieverbrauchsrelevanter Produkte mittels Vorgabe von ÖkodesignAnforderungen zu verbessern. Die EU-Richtlinie 2009/125/EG wird mit dem Energieverbrauchsrelevante-Produkte-Gesetz (EVPG) in deutsches Recht umgesetzt. Die Festlegung produktspezifischer Anforderungen erfolgt durch • EU-rechtliche Vorgaben in Form von Richtlinien oder Verordnungen oder durch • Selbstregulierungsinitiativen der Industrie (produktspezifische Durchführungs‑ maßnahmen). Neben der Energieeffizienz der Produkte müssen die Hersteller ausgewählte Emissionskennwerte angeben (ECO-Label, Datenblatt, Typenschild, Internet). Das betrifft für ausgewählte Produkte auch die Geräuschemission (Schallleistungspegel, z. B. Haushaltgeräte). Es ist geplant, außer der Kennzeichnungspflicht auch Grenzwertanforderungen für die Geräuschemission einzuführen (z. B. Verordnung (EU) Nr. 666/2013 zur Durchführung der Richtlinie 2009/125/EG zur umweltgerechten Gestaltung von Staubsaugern: LWA ≤ 80  dB(A)).

1.6 Geräuschimmission, Arbeitsschutz Aufgrund der Schallausbreitungsbedingungen in Arbeitsstätten führt die Geräuschemission einer Maschine zu einer Geräuschimmission am Arbeitsplatz. Auch andere Geräuschquellen im Umfeld des Arbeitsplatzes tragen zu dieser Geräuschimmission bei, was bei der vertraglichen Festlegung einer maximalen Geräuschimmission (Schalldruckpegel am Arbeitsplatz) berücksichtigt werden muss (Vorbelastung). Gesetzliche und normative Festlegungen beziehen sich auf die Begrenzung der Geräuschimmission mit dem Ziel, gesundheitliche Gefährdungen (vor allem Gehörgefährdungen) zu vermeiden. Die personenbezogene Lärmbelastung wird als Lärmexposition angegeben. Diese Größe verknüpft den energieäquivalenten Schalldruckpegel, dem ein Arbeitnehmer während eines Zeitabschnittes ausgesetzt ist, mit der zugehörigen Einwirkzeit und bezieht die Summe aller Einwirkungen auf einen 8-h Arbeitstag. Bei Vereinbarung von Lieferbedingungen ist diese Größe vom Emissions-Schalldruckpegel am Bedienplatz einer Maschine zu unterscheiden, da die Lärmexposition arbeitnehmerbezogen ist (Berücksichtigung anderer Tätigkeiten z. B. Vorbereitungs-, Kontroll- und Wartungsarbeiten). Die Ziele zum Schutz der Arbeitnehmer vor Lärm sind in der EU-Arbeitsschutzrichtlinie 89/391/EG und in der EU-Richtlinie über physikalische Agenzien „Lärm“ 2003/10/

1  Vorschriften und Normen für Maschinengeräusche

11

EG formuliert. Deren Umsetzung in deutsches Recht erfolgt durch die Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung. Die EU-Richtlinie 2003/10/EG verpflichtet den Arbeitgeber bei allen Maßnahmen, die der Vermeidung von Gesundheitsgefährdungen durch Lärm dienen, Folgendes zu beachten: • Auswahl lärmarmer Arbeitsmittel und Arbeitsverfahren entsprechend den fortschrittlichen Regeln der Lärmminderungstechnik (Geräuschangabe bzw. Kennzeichnung durch den Hersteller gemäß 2006/42/EG (Maschinenrichtlinie) bzw. 2000/14/EG (im Freien betriebene Maschinen)). • Gestaltung der Arbeitsstätten und Arbeitsplätze durch technische LärmminderungsMaßnahmen, die die Ausbreitung von Luft- und Körperschall vermindern. • Information und Unterweisung der Arbeitnehmer zur sachgerechten Handhabung der Arbeitsmittel (Verringerung der Lärmexposition). • Durchführung angemessener Wartungsprogramme für Arbeitsmittel und Arbeitsstätten. • Umsetzung arbeitsorganisatorischer Lärmminderungs-Maßnahmen (Begrenzung von Dauer und Ausmaß der Exposition, Ruhezeiten). • Bereitstellung von geeignetem persönlichen Gehörschutz, wenn die unteren Auslösewerte der Lärmexposition (s. u.) überschritten werden (Verwendungspflicht und Kontrolle ab oberen Auslösewerten). • Aufstellung eines Lärmminderungs-Programmes bei Überschreitung der oberen Auslösewerte der Lärmexposition. Kennzeichnung der Lärmbereiche. Arbeitsmedizinische Vorsorge und Beratung. Die EU-Richtlinie 2003/10/EG legt untere und obere Auslösewerte sowie Grenzwerte in Bezug auf die Tages-Lärmexpositionspegel und den Spitzenschalldruckpegel für die Durchführung verschiedener Lärmschutz-Maßnahmen fest. In der deutschen Umsetzung (LärmVibrationsArbSchV) wurden die Grenzwerte der EU-Richtlinie 140  dB(C)) auf die oberen Auslösewerte abgesenkt (LEX,8h = 87  dB(A), LpC,peak =  (LEX,8h = 85  dB(A), LpC,peak = 137 dB(C)). Diese Werte gelten in Verbindung mit der schalldämmenden Wirkung des persönlichen Gehörschutzes. Mit den „Technischen Regeln zur Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung (TRLV)“ werden die Bestimmungen der Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung konkretisiert (Gefährdungsbeurteilung, Messung, Lärmschutz-Maßnahmen). Die weitere Detaillierung ist in Normen geregelt (s. Abb. 1.3). Für den Schalldruckpegelbereich unter 80  dB(A) wird die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) durch die „Technischen Regeln zu Arbeitsstätten ASR A3.7 Lärm“ konkretisiert.

12

U. Trautmann

Abb. 1.3   Arbeitsschutzrichtlinien und -verordnungen. Anforderungen, Normen (Auswahl)

1  Vorschriften und Normen für Maschinengeräusche

13

1.7 Geräuschimmission, baulicher Schallschutz Aus den Vorschriften zur Bauakustik können Anforderungen an die Geräuschimmission in Aufenthaltsräumen abgeleitet werden, die durch Maschinen verursacht werden. Dabei handelt es sich um baurechtlich verbindliche bzw. empfohlene SchalldruckpegelBegrenzungen, die nicht dem Gehörschutz, sondern dem Schutz vor Belästigungen, der Nachtruhe, dem Komfort oder dem Schutz besonders empfindlicher Räume dienen, z. B.: • DIN 4109, VDI 4100: Beurteilungspegel bzw. maximaler Schalldruckpegel in Aufenthaltsräumen, der aus fremden Betrieben oder aus haustechnischen Anlagen herrührt. • VDI 2081: Mittlerer Schalldruckpegel aus raumlufttechnischen Anlagen für verschiedene Raumarten. • VDI 2569: Empfehlungen für Störschalldruckpegel bauseitiger Geräusche in Büros. • VDI 2719: Anhaltswerte für Schalldruckpegel in Aufenthaltsräumen für von außen eindringenden Schall. • DIN 15996: GK-Kurven, frequenzabhängige Schalldruckpegelbegrenzung für Räume zur Bild- und Tonbearbeitung (Störpegel). Im baulichen Schallschutz muss die Körperschallemission von Maschinen besonders beachtet werden, da der eingeleitete Körperschall (Schwingungsanregung) von der Gebäudestruktur übertragen und als sekundärer Luftschall in schutzbedürftigen Räumen abgestrahlt wird.

1.8 Geräuschimmission, Nachbarschaftsschutz Geräusche, die im Freien von Maschinen und Anlagen übertragen werden, unterliegen am Immissionsort einer Schalldruckpegelbegrenzung. Aufgrund der Schallausbreitungsbedingungen (Entfernung, Abschirmung, Reflexion, Dämpfung) und der akustischen Vorbelastung am Immissionsort können daraus Anforderungen an die Geräuschemission von Maschinen abgeleitet werden. Die folgenden gesetzlichen Vorschriften und Normen sind zu beachten: • Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG): Gilt v. a. für genehmigungsbedürftige Anlagen. Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, „dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind“ (§ 22 BImSchG). • Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm): Konkretisierung der Pflichten der Betreiber genehmigungsbedürftiger und nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen gemäß Bundesimmissionsschutzgesetz (§§ 5, 22 BImSchG). Immissionsrichtwerte (außen/innen) für Tag- und Nachtzeit je nach Gebietseinstufung ent-

14

U. Trautmann

sprechend der Nutzung. Mess- und Berechnungsverfahren für die Ermittlung von Geräuschimmissionen. • Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm (AVwV Baulärm): Immissionsrichtwerte (außen) für Baustellengeräusche für Tag- und Nachtzeit je nach Gebietseinstufung entsprechend der Nutzung. Verfahren zur Ermittlung des Beurteilungspegels am Immissionsort. Hinweise für Schallschutz-Maßnahmen an Baumaschinen und auf Baustellen. • DIN ISO 9613-2: Berechnung von Geräuschimmissionen in der Umgebung (z. B. Wohnnachbarschaft) von Geräuschquellen, deren Geräuschemission (z. B. Schallleistungspegel) bekannt ist. Z. B. Berechnung der Schallausbreitung im Freien in der Umgebung von Industrieanlagen.

Gesetze, EU-Richtlinien ArbStättV

Verordnung über Arbeitsstätten (Arbeitsstättenverordnung) vom 12. August 2004, in der Fassung vom 18.10.2017

ASR A3.7

Lärm; Technische Regeln für Arbeitsstätten, Ausgabe 05/2018

AVwV

Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm, Geräuschimmissionen vom 19. August 1970

BetrSichV

Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Verwendung von Arbeitsmitteln (Betriebssicherheitsverordnung) vom 03. Februar 2015, in der Fassung vom 30.04.2019

BImSchG

Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundesimmissionsschutzgesetz) vom 18. September 2002, in der Fassung vom 08.04.2019

32. BImSchV

32. Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung) vom 01. September 2002, in der Fassung vom 31.08.2015

EVPG

Gesetz über die umweltgerechte Gestaltung energieverbrauchsrelevanter Produkte vom 27. Februar 2008, in der Fassung vom 31.08.2015

TA Lärm

Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundesimmissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm, TA Lärm) vom 01. November 1998, in der Fassung vom 09.06.2017

LärmVibration

Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung vom 06. März 2007, in der Fassung vom 18.10.2017 (LärmVibrationsArbSchV)

ProdSG

Gesetz über die Bereitstellung von Produkten auf dem Markt (Produktsicherheitsgesetz) vom 08. November 2011, in der Fassung vom 31.08.2015

9. ProdSV

Neunte Verordnung zum Produktsicherheitsgesetz (Maschinenverordnung) vom 08. November 2011

1  Vorschriften und Normen für Maschinengeräusche

15

TRLV Lärm

Technische Regel zur Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung vom 05.09.2017 Teil Allgemeines Teil 1: Beurteilung der Gefährdung durch Lärm Teil 2: Messung von Lärm Teil 3: Lärmschutzmaßnahmen

89/391/EG

Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit

2000/14/EG

Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 08. Mai 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über umweltbelastende Geräuschemissionen von zur Verwendung im Freien vorgesehenen Geräten und Maschinen (Outdoor-Richtlinie)

2005/88/EG

Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2005 zur Änderung der Richtlinie 2000/14/EG über die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über umweltbelastende Geräuschemissionen von zur Verwendung im Freien vorgesehenen Geräten und Maschinen

2003/10/EG

Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 06. Februar 2003 über Mindestvorschriften zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch physikalische Einwirkungen (Lärm)

2006/42/EG

Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 über Maschinen und zur Änderung der Richtlinie 95/16/EG (Maschinenrichtlinie)

2009/125/EG

Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 zur Schaffung eines Rahmens für die Festlegung von Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung energieverbrauchsrelevanter Produkte (Ökodesignrichtlinie)

Normen, Richtlinien Bei den im Folgenden aufgeführten Normen und Richtlinien entspricht das Ausgabedatum dem aktuellen Stand bei Redaktionsschluss. Diese Angaben können sich ändern. Die jeweils aktuelle Ausgabe kann z. B. über die Verzeichnisse des DIN (Deutsches Institut für Normung, Berlin) in Erfahrung gebracht werden. DIN 4109–1

2018–01-00

Schallschutz im Hochbau – Teil 1: Mindestanforderungen

DIN 4109–5

2020–08-00

Schallschutz im Hochbau – Teil 5: Erhöhte Anforderungen

DIN 15996

2008–05-00

Bild- und Tonbearbeitung in Film-, Video- und Rundfunkbetrieben – Grundlagen und Festlegungen für den Arbeitsplatz

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U. Trautmann

DIN 45635–1

1984–04-00

Geräuschmessung an Maschinen; Luftschallemission, Hüllflächen-Verfahren; Rahmenverfahren für 3 Genauigkeitsklassen

DIN EN 1265

2009–07-00

Sicherheit von Maschinen – Geräuschmessverfahren für Gießereimaschinen und -anlagen (EN 1265:1999)

DIN EN 1501–1

2018–02-00

Abfallsammelfahrzeuge – Allgemeine Anforderungen und Sicherheitsanforderungen – Teil 1: Hecklader (EN 1501–1: 2018)

DIN EN 1501–2

2010–02-00

Abfallsammelfahrzeuge – Allgemeine Anforderungen und Sicherheitsanforderungen – Teil 2: Seitenlader (EN 1501–2: 2005)

DIN EN 1501–3

2010–06-00

Abfallsammelfahrzeuge – Allgemeine Anforderungen und Sicherheitsanforderungen – Teil 3: Frontlader (EN 1501–3: 2008)

DIN EN 1501–4

2008–01-00

Abfallsammelfahrzeuge und die dazugehörigen Schüttungen – Allgemeine Anforderungen und Sicherheitsanforderungen – Teil 4: Geräuschprüfverfahren für Abfallsammelfahrzeuge (EN 1501–4: 2007)

DIN EN 1746

1998–12-00

Sicherheit von Maschinen – Anleitung für die Abfassung der Abschnitte über Geräusche in Sicherheitsnormen (EN 1746: 1998)

DIN EN ISO 3740

2019–08-00

Akustik – Bestimmung des Schallleistungspegels von Geräuschquellen – Leitlinien zur Anwendung der Grundnormen (ISO 3740: 2019)

DIN EN ISO 3741

2011–01-00

Akustik – Bestimmung der Schallleistungs- und Schallenergiepegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen – Hallraumverfahren der Genauigkeitsklasse 1 (ISO 3741: 2010)

DIN EN ISO 3743–1

2011–01-00

Akustik – Bestimmung der Schallleistungs- und Schallenergiepegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen; Verfahren der Genauigkeitsklasse 2 für kleine, transportable Quellen in Hallfeldern – Teil 1: Vergleichsverfahren in Prüfräumen mit schallharten Wänden (ISO 3743–1: 2010)

DIN EN ISO 3743–2

2009–11-00

Akustik – Bestimmung der Schallleistungspegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen – Verfahren der Genauigkeitsklasse 2 für kleine, transportable Quellen in Hallfeldern – Teil 2: Verfahren für Sonder-Hallräume (ISO 3743–2:1994)

DIN EN ISO 3744

2011–02-00

Akustik – Bestimmung der Schallleistungs- und Schallenergiepegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen – Hüllflächenverfahren der Genauigkeitsklasse 2 für ein im Wesentlichen freies Schallfeld über einer reflektierenden Ebene (ISO 3744: 2010)

1  Vorschriften und Normen für Maschinengeräusche

17

DIN EN ISO 3745

2017–10-00

Akustik – Bestimmung der Schallleistungs- und Schallenergiepegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen – Verfahren der Genauigkeitsklasse 1 für reflexionsarme Räume und Halbräume (ISO 3745: 2012/2017)

DIN EN ISO 3746

2011–03-00

Akustik – Bestimmung der Schalleistungs- und Schallenergiepegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen – Hüllflächenverfahren der Genauigkeitsklasse 3 über einer reflektierenden Ebene (ISO 3746: 2010)

DIN EN ISO 3747

2011–03-00

Akustik – Bestimmung der Schallleistungs- und Schallenergiepegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen – Verfahren der Genauigkeitsklassen 2 und 3 zur Anwendung in situ in einer halligen Umgebung (ISO 3747: 2010)

DIN EN ISO 4254–1

2016–09-00

Landmaschinen – Sicherheit – Teil 1: Generelle Anforderungen (EN ISO 4254–1: 2015)

DIN EN ISO 4871

2009–11-00

Akustik – Angabe und Nachprüfung von Geräuschemissionswerten von Maschinen und Geräten (ISO 4871: 1996)

DIN EN ISO 7731

2008–12-00

Ergonomie – Gefahrensignale für öffentliche Bereiche und Arbeitsstätten – Akustische Gefahrensignale (ISO 7731: 2003)

DIN EN ISO 9614–1

2009–11-00

Akustik – Bestimmung der Schallleistungspegel von Geräuschquellen aus Schallintensitätsmessungen – Teil 1: Messungen an diskreten Punkten (ISO 9614–1: 1993)

DIN EN ISO 9614–2

1996–12-00

Akustik – Bestimmung der Schallleistungspegel von Geräuschquellen aus Schallintensitätsmessungen – Teil 2: Messung mit kontinuierlicher Abtastung (ISO 9614–2: 1996)

DIN EN ISO 9614–3

2009–11-00

Akustik – Bestimmung der Schallleistungspegel von Geräuschquellen aus Schallintensitätsmessungen – Teil 3: Scanning-Verfahren der Genauigkeitsklasse 1 (ISO 9614–3: 2002)

DIN EN ISO 11200

2014–10-00

Akustik – Geräuschabstrahlung von Maschinen und Geräten – Leitlinien zur Anwendung der Grundnormen zur Bestimmung von Emissions-Schalldruckpegeln am Arbeitsplatz und an anderen festgelegten Orten (ISO 11200: 2014)

DIN EN ISO 11201

2010–10-00

Akustik – Geräuschabstrahlung von Maschinen und Geräten – Bestimmung von Emissions-Schalldruckpegeln am Arbeitsplatz und an anderen festgelegten Orten in einem im Wesentlichen freien Schallfeld über einer reflektierenden Ebene mit vernachlässigbaren Umgebungskorrekturen (ISO 11201: 2010)

18

U. Trautmann

DIN EN ISO 11202

2010–10-00

Akustik – Geräuschabstrahlung von Maschinen und Geräten – Bestimmung von Emissions-Schalldruckpegeln am Arbeitsplatz und an anderen festgelegten Orten unter Verwendung angenäherter Umgebungskorrekturen (ISO 11202: 2010)

DIN EN ISO 11203

2010–01-00

Geräuschabstrahlung von Maschinen und Geräten – Bestimmung von Emissions-Schalldruckpegeln am Arbeitsplatz und an anderen festgelegten Orten aus dem Schallleistungspegel (ISO 11203: 2009)

DIN EN ISO 11204

2019–10-00

Akustik – Geräuschabstrahlung von Maschinen und Geräten – Bestimmung von Emissions-Schalldruckpegeln am Arbeitsplatz und an anderen festgelegten Orten unter Anwendung exakter Umgebungskorrekturen (ISO 11204: 2010)

DIN EN ISO 11205

2009–12-00

Akustik – Geräuschabstrahlung von Maschinen und Geräten – Verfahren der Genauigkeitsklasse 2 zur Bestimmung von Emissions-Schalldruckpegeln am Arbeitsplatz und an anderen festgelegten Orten unter Einsatzbedingungen aus Schallintensitätsmessungen (ISO 11205: 2003)

DIN EN ISO 11546–1 2010–01-00

Akustik – Bestimmung der Schalldämmung von Schallschutzkapseln – Teil 1: Messungen unter Laborbedingungen (zum Zweck der Kennzeichnung) (ISO 11546–1: 1995)

DIN EN ISO 11546–2 2010–01-00

Akustik – Bestimmung der Schalldämmung von Schallschutzkapseln – Teil 2: Messungen im Einsatzfall (zum Zweck der Abnahme und Nachprüfung) (ISO 11546–2: 1995)

DIN EN ISO 11688–1 2009–11-00

Akustik – Richtlinien für die Gestaltung lärmarmer Maschinen und Geräte – Teil 1: Planung (ISO/TR 11.688–1: 1995)

DIN EN ISO 11688–2 2001–03-00

Akustik – Richtlinien für die Gestaltung lärmarmer Maschinen und Geräte – Teil 2: Einführung in die Physik der Lärmminderung durch konstruktive Maßnahmen (ISO/TR 11.688–2: 1998)

DIN EN ISO 11689

Akustik – Vorgehensweise für den Vergleich von Geräuschemissionswerten für Maschinen und Geräte (ISO 11689: 1996)

1997–03-00

DIN EN ISO 11690–1 1997–02-00

Akustik – Richtlinien für die Gestaltung lärmarmer maschinenbestückter Arbeitsstätten – Teil 1: Allgemeine Grundlagen (ISO 11690–1: 1996)

DIN EN ISO 11690–2 1997–02-00

Akustik – Richtlinien für die Gestaltung lärmarmer maschinenbestückter Arbeitsstätten – Teil 2: Lärmminderungsmaßnahmen (ISO 11690–2: 1996)

1  Vorschriften und Normen für Maschinengeräusche

19

DIN EN ISO 11690–3 1999–01-00

Akustik – Richtlinien für die Gestaltung lärmarmer maschinenbestückter Arbeitsstätten – Teil 3: Schallausbreitung und -Vorausberechnung in Arbeitsräumen (ISO/TR 11.690–3: 1997)

DIN EN ISO 11691

2010–01-00

Akustik – Messung des Einfügungsdämpfungsmaßes von Schalldämpfern in Kanälen ohne Strömung – Laborverfahren der Genauigkeitsklasse 3 (ISO 11691: 1995)

DIN EN ISO 11820

1997–04-00

Akustik – Messungen an Schalldämpfern im Einsatzfall (ISO 11820: 1996)

DIN EN ISO 11821

1997–08-00

Akustik – Messung der Schalldämpfung von versetzbaren Schallschirmen im Einsatzfall (ISO 11821: 1997)

DIN EN ISO 11957

2010–01-00

Akustik – Messung der Schalldämmung von Schallschutzkabinen – Messungen im Labor und im Einsatzfall (ISO 11957: 1996)

DIN EN ISO 12001

2010–01-00

Akustik – Geräuschabstrahlung von Maschinen und Geräten – Regeln für die Erstellung und Gestaltung einer Geräuschmessnorm (ISO 12001: 1996)

DIN EN ISO 12100

2011–03-00

Sicherheit von Maschinen – Allgemeine Gestaltungsleitsätze – Risikobeurteilung und Risikominderung (ISO 12100: 2010)

DIN EN ISO 14257

2002–03-00

Akustik – Messung und Parametrisierung von Schallausbreitungskurven in Arbeitsräumen zum Zweck der Beurteilung der akustischen Qualität (ISO 14257: 2001)

DIN EN ISO 19432

2011–11-00

Baumaschinen und -ausrüstungen – Tragbare, handgeführte Trennschleifmaschinen mit Verbrennungsmotor – Sicherheitsanforderungen (ISO 19432: 2012)

DIN ISO 9613–2

1999–10-00

Akustik – Dämpfung des Schalls bei der Ausbreitung im Freien – Teil 2: Allgemeines Berechnungsverfahren (ISO 9613–2: 1996)

ISO 1999

2013–10-00

Akustik; Bestimmung des lärmbedingten Hörverlusts

ISO 9921

2003–10-00

Ergonomie – Beurteilung der Sprachkommunikation

VDI 2058 Blatt 3

2014–08-00

Beurteilung von Lärm am Arbeitsplatz unter Berücksichtigung unterschiedlicher Tätigkeiten

VDI 2081 Blatt 1

2019–03-00

Raumlufttechnik – Geräuscherzeugung und Lärmminderung

VDI 2081 Blatt 2

2005–05-00

Geräuscherzeugung und Lärmminderung in Raumlufttechnischen Anlagen – Beispiele

VDI 2569 VDI 2719

2019–10-00 1987–08-00

Schallschutz und akustische Gestaltung in Büros Schalldämmung von Fenstern und deren Zusatzeinrichtungen

VDI 3720 Blatt 2

1982–11-00

Lärmarm Konstruieren; Beispielsammlung

20

U. Trautmann

VDI 3720 Blatt 4

1984–01-00

Lärmarm Konstruieren; Rotierende Bauteile und deren Lagerung

VDI 3720 Blatt 5

1984–03-00

Lärmarm Konstruieren; Hydrokomponenten und -systeme

VDI 3720 Blatt 9.1

1990–01-00

Lärmarm Konstruieren; Leistungsgetriebe; Minderung der Körperschallanregung im Zahneingriff

VDI 3731 Blatt 1

1982–12-00

Emissionskennwerte technischer Schallquellen; Kompressoren

VDI 3731 Blatt 2

1990–11-00

Emissionskennwerte technischer Schallquellen; Ventilatoren

VDI 3732

1999–02-00

Emissionskennwerte technischer Schallquellen – Fackeln

VDI 3734 Blatt 2

1990–02-00

Emissionskennwerte technischer Schallquellen; Rückkühlanlagen; Kühltürme

VDI 3739

1999–02-00

Emissionskennwerte technischer Schallquellen – Transformatoren

VDI 3743 Blatt 1

2003–09-00

Emissionskennwerte technischer Schallquellen – Pumpen; Kreiselpumpen

VDI 3752 Blatt 1

1993–07-00

Emissionskennwerte technischer Schallquellen; Werkzeugmaschinen; Pressen zum Schneiden von Blech (Schneidpressen)

VDI 3753

1997–10-00

Emissionskennwerte technischer Schallquellen – Stationäre Verbrennungsmotoren

VDI 3757

1996–05-00

Emissionskennwerte technischer Schallquellen – Gießereimaschinen

VDI 3760

1996–02-00

Berechnung und Messung der Schallausbreitung in Arbeitsräumen

VDI 3765

2001–12-00

Kennzeichnende Geräuschemission typischer Arbeitsabläufe auf Baustellen

VDI 3767

1997–10-00

Emissionskennwerte technischer Schallquellen – Betonsteinformmaschinen

VDI 4100

2012–10-00

Schallschutz im Hochbau – Wohnungen – Beurteilung und Vorschläge für erhöhten Schallschutz

Literatur Kurtz P, Jacques J (2016) Legal requirements and standards. Buy Quiet 2016, i-ince/baua, Hamburg 25.08.2016. https://www.bruit.fr/buyquiet/presentations.htm. Zugegriffen: 03.03.2020 Hellweg R, Kurtz P (2016) Comparison of Products. Buy Quiet 2016 (s. o.) Fabris C (2016) Blue Angel. Buy Quiet 2016 (s. o.)

1  Vorschriften und Normen für Maschinengeräusche

21

Dittrich M (2016) Machinery noise limits and incentives for noise reduction. Buy Quiet 2016 (s. o.) Kurtz P (2011) Lärmarme Produkte als Wettbewerbskriterium. Die BG 07-09/2011. Erich Schmidt Verlag, Berlin Kurtz P (2017) Leisere Maschinen beschaffen und Kosten sparen. BAuA aktuell 3/17. Amtliche Mitteilungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Dortmund

2

Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung von Geräuschen und Geräuschquellen Detlef Schulz

2.1 Einführung Zur Kennzeichnung von Geräuschen und Geräuschquellen werden Kenngrößen angewendet, die entweder die Schalleinwirkung (Schallimmission) am Aufenthaltsort von Menschen im Wohn-, Erholungs- und Arbeitsbereich oder die Schallabstrahlung (Schallemission) von Maschinen, technologischen Einrichtungen oder Anlagen – allgemein Schallquellen genannt – beschreiben. Durch internationale Normung der Messgeräteeigenschaften, insbesondere hinsichtlich der Frequenz- und Zeitbewertungen der physikalischen Schallfeldgröße Schalldruck erhält man für die Schalleinwirkung Einzahlkenngrößen wie z. B. bewerteter Schalldruckpegel, Äquivalenter Dauerschallpegel, Beurteilungspegel, Spitzen-Schalldruckpegel oder Schalldosis. Diese gestatten es, verschiedene Lärmwirkungen wie z. B. Lästigkeit oder Gehörschädlichkeit unter einheitlichen Gesichtspunkten näherungsweise zu beurteilen, auch hinsichtlich der Einhaltung vorgeschriebener oder vereinbarter Grenzwerte. In zunehmendem Maße werden auf der Basis spektraler und zeitlicher Eigenschaften psychoakustische Kenngrößen wie Lautheit, Schärfe, Rauhigkeit oder Tonhaltigkeit herangezogen. Diese ermöglichen die quantitative Beschreibung einzelner Aspekte der menschlichen Wahrnehmung und bilden die Basis für komplexere Beurteilungen von Geräuschen.

Dies ist die Überarbeitung eines Beitrages von U. Trautmann. D. Schulz (*)  Hochschule Mittweida, Mittweida, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Schirmer und J. Hübelt (Hrsg.), Technischer Lärmschutz, https://doi.org/10.1007/978-3-662-65668-6_2

23

24

D. Schulz

Emissionskenngrößen wie Schallleistungspegel oder Richtwirkungsmaß dienen der Charakterisierung von Schallquellen. Sie bilden die Basis für Prognoseberechnungen im Rahmen akustischer Planungen, bei denen die Kenngrößen der Schallimmission aus denen der Schallemission berechnet werden, falls die bis zum betreffenden Nachweisort geltenden Schallausbreitungsgesetze und die die Schallausbreitung beeinflussenden Größen bekannt sind. Daneben wird in diesem Kapitel auch auf die durch internationale Normung festgelegten Messverfahren zur Bestimmung der Schallleistung eingegangen.

2.2 Kennzeichnung der physikalischen Eigenschaften von Geräuschen 2.2.1 Schalldruck und Schallschnelle Die Schallausbreitung in Luft kann durch zwei Schallfeldgrößen, Schalldruck p und Schallschnelle v, beschrieben werden. Der Schalldruck ist ein dem Gleichdruck der Luft überlagerter Wechseldruck (sehr klein gegenüber dem Gleichdruck), die Schallschnelle v ist die Wechselgeschwindigkeit, mit der die Mediumsteilchen um ihre Ruhelage schwingen. Unter Mediumsteilchen sind im Sinne einer kontinuumsmechanischen Beschreibung, welche z. B. der Herleitung der Wellengleichung zu Grunde liegt, sehr kleine Volumenelemente zu verstehen, die man als infinitesimale Größen im Sinne der Analysis betrachten kann. Sie müssen aber selbst noch eine Vielzahl von Gasmolekülen enthalten, sodass die Definition makroskopischer Größen wie Dichte und Druck sinnvoll ist. Die stochastischen Bewegungen der einzelnen Gasmoleküle werden somit von der Wechselgeschwindigkeit v überlagert. Die Schallschnelle ist nicht mit der Schallgeschwindigkeit zu verwechseln, die die Ausbreitungsgeschwindigkeit c des Schalles (ca. 343 m/s in Luft bei 20 °C) kennzeichnet. Die charakteristische Größe für die Schallwahrnehmung durch das Gehör ist der Schalldruck. Er nimmt deshalb bei der Beschreibung von Geräuschen eine dominierende Stellung ein. Der Schalldruck (Einheit: 1 Pa = 1  N/m2) ist eine zeitabhängige Größe p(t), deren Zeitfunktion mit einem Schallanalysator sichtbar gemacht werden kann. Die Zeitfunktion des Schalldruckes p(t) (s. Abb. 2.1) enthält jedoch zu viele nicht auswertbare Informationen, sodass man sich auf wesentliche Kenngrößen einer solchen Zeitfunktion beschränkt. Alternativ ist auch die Fequenzdarstellung möglich (s. Abb. 2.2 und Abschn. 2.2.3). Zur Kennzeichnung der Größe des Wechseldruckes wird der Effektivwert, d. h. der quadratische Mittelwert der Zeitfunktion

 p=



1 T

ˆ

p2 (t)dt T

(2.1)

2  Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung …

25

Abb. 2.1   Zeitfunktion des Schalldruckes p(t) eines Geräusches

verwendet, wobei lt. Definition die Integrationszeit T → ∞ zu verwenden wäre. Da diese Definition messtechnisch nicht umsetzbar ist und man darüber hinaus zeitliche Veränderungen des Schallfeldes betrachten will, wird in der Messpraxis ein gleitender Mittelwert (exponentielle Mittelung) gebildet:   ′ 1 t 1 t − tτ 2 ′ ′ ∫ ′ p (t − t )e dt = ∫ ′ p2 (t ′ )e−(t−t ′ )/τ dt ′ . p˜ (t) = τ t =0 τ t =0 Die Größe τ ist hierbei die Zeitkonstante (Trägheit des Messgerätes, siehe Abschn. 2.4.2), die zu einer Glättung der Anzeige führt (Tiefpassverhalten), näheres siehe z. B. (Feldmann 2010; Schmidt 1996; DIN EN 61672-1 2014). Je nach Zeitstruktur des Schalldruckes und gewählter Zeitbewertung ist der Effektivwert p˜ nun zeitabhängig (schwankende Messwertanzeige). Der Effektivwert repräsentiert die von einer ebenen, fortschreitenden Schallwelle transportierte Leistung. Es gilt P ∼ p˜ 2 (vgl. Abschn. 2.6). Überlagern sich inkohärente Schallfelder, so werden die zugehörigen Leistungen addiert: n p˜ 2ges = p˜ 2ν . (2.2) v=1

Zwei Schallfelder gelten als inkohärent, wenn sie • von zwei unabhängigen instationären Schallquellen herrühren, • aus verschiedenen Frequenzbereichen einer breitbandig strahlenden Schallquelle stammen, • von der gleichen breitbandigen Schallquelle mit zufälliger Zeitfunktion stammen, aber zwei Schallwellen mit gegenseitiger Laufzeitdifferenz angehören (z. B. Direktschall und reflektierter Schall). In der Praxis treten oft auch Situationen auf, in denen sich inkohärente und kohärente Schallfeldanteile überlagern. Einen Überblick über die Größe des Effektivwertes des Schalldruckes p˜ verschiedener Geräusche gibt Tab. 2.1.

26

D. Schulz

Tab. 2.1  Schalldruck p˜ und Schalldruckpegel Lp verschiedener Geräusche Geräusch

p˜ Pa

Ungefähre Hörschwelle bei 1000 Hz

2 · 10−5

Sehr ruhiger Garten (Blätterrauschen) Gedämpfte Unterhaltungssprache Staubsauger im Wohnraum Lautes Rufen in 1 m Abstand Schmerzgrenze bei 1000 Hz (z. B. Gesenkschmiede)

0



10−4

20

2 · 10−3

40



10−2



Drucklufthammer in 1 m Abstand

Lp dB

10−1

60 80

2

100

20

120

2.2.2 Schalldruckpegel Der kleinste bei einer bestimmten Frequenz gerade wahrnehmbare Schalldruck kennzeichnet die Reiz- oder Hörschwelle des Gehörs. Bei einer Frequenz von 1000 Hz liegt die Hörschwelle bei einem Schalldruck von etwa 2 · 10–5 Pa, s. Abb. 2.3. Die obere Gehörempfindungsgrenze wird durch die Schmerzgrenze charakterisiert, bei deren Überschreitung es zu einer Schmerzempfindung im Gehör kommt. Diese Schmerzempfindung tritt bei 1000 Hz oberhalb eines Schalldruckes von ca. 20 Pa ein. Der zwischen Hörschwelle und Schmerzgrenze bei 1000 Hz liegende Schalldruckbereich umfasst mithin 6 Zehnerpotenzen. Die Kennzeichnung eines Geräusches mithilfe des Schalldruckes ist aufgrund dieses großen Wertbereiches unbequem. Man benutzt deshalb ein logarithmisches Maß – den dekadischen Logarithmus – und definiert den Schalldruckpegel Lp mit der Einheit dB (Dezibel) zu

Lp = 10 lg

p˜ 2 dB; p20

p0 = 2 · 10−5 Pa

(2.3)

Analog kann auch der Schallschnellepegel Lv gebildet werden, wenn in (2.3) p durch v ersetzt wird (mit v0 = 5 · 10−8 m/s). Das benutzte logarithmische Maß kommt den Empfindungsabstufungen des menschlichen Gehörs im mittleren Hörfrequenzbereich nahe (vgl. Weber – Fechnersches Gesetz). Eine Schalldruckpegeländerung von 1 dB wird unter Laborbedingungen gerade noch wahrgenommen.

2.2.3 Bandschalldruckpegel Für Untersuchungen z.  B. der Geräuschentstehung bei Maschinen, der Schallabstrahlung, der Schallausbreitung im Freien oder in Räumen bzw. der Schallübertragung über Wände und Decken ist häufig die Kenntnis des Gesamtschalldruckpegels

2  Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung …

27

Abb. 2.2   Einfluss des Filtertyps auf das Schalldruckpegelspektrum. a Schmalbandanalyse (f = 1 Hz); b Terzbandanalyse; c Oktavbandanalyse

allein nicht ausreichend, sondern es sind detaillierte Informationen, speziell über die im Geräusch enthaltenen Frequenzanteile, erforderlich. Diese werden durch eine Frequenzanalyse, d. h. durch die Zerlegung des Geräusches in seine Frequenzanteile, gewonnen. Je nach Breite der Frequenzbereiche (Bandbreite), in die das Geräusch zerlegt wird, erhält man Schmalband-, Terz- oder Oktavbandspektren (s. Kap. 3). Bei der grafischen Darstellung von Geräuschspektren wird auf der Ordinate linear der Schalldruckpegel oder der Schallleistungspegel (s. Abschn. 2.6) über der Bandmittenfrequenz bei logarithmischer Abszissenteilung aufgetragen. Diese erhält man auch, wenn die Oktav- oder Terzfilter-Mittenfrequenzreihe linear aufgetragen wird, s. z. B. Abb. 2.5. (s. z. B. auch DIN ISO 226 2006; DIN 45672-2 2020; DIN 13320 1979). Abb. 2.2 zeigt die mit unterschiedlicher Bandbreite gemessenen Spektren des von einer Maschine abgestrahlten Geräusches. Deutlich ist zu erkennen, dass mit zunehmender Bandbreite der Frequenzanalyse der Informationsgehalt des Spektrums abnimmt. Tonale Komponenten im Geräusch (hier oberhalb 1 kHz) sind praktisch nur mittels einer Schmalbandanalyse auffindbar. Ein Vergleich zweier Spektren, die mit Filtern unterschiedlicher Bandbreite ermittelt wurden, ist – wie aus Abb. 2.2 ersichtlich – nicht möglich. Zwecks Vergleiches ist das schmalbandigere Spektrum in das breitbandigere umzurechnen, indem alle Frequenzanteile des schmalbandigeren Spektrums, die im breitbandigeren Frequenzbereich enthalten sind, energetisch zusammengefasst werden (vgl. Abschn. 2.3). Durch energetische Zusammenfassung aller Frequenzanteile erhält man den Gesamtschalldruckpegel.

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D. Schulz

Abb. 2.3   Kurven gleicher Lautstärke für Sinustöne (nach DIN ISO 226 2006), Normalkurven gleicher Lautstärkepegel für reine Töne (binaurales Hören im freien Schallfeld, frontaler Schalleinfall, otologisch normale Personen im Alter von 18–25 Jahren)

2.3 Rechenoperationen mit Schallpegelwerten 2.3.1 Addition Treffen an einem Ort inkohärente Schallanteile ein (s. Abschn. 2.2.1), dann überlagern sich additiv die Leistungsgrößen (Schallleistung, Schallintensität, Schallenergie) bzw. die diesen Größen proportionalen Schalldruckquadrate, s. Gl. (2.2). Anmerkung  Die im Folgenden nur für Schalldruckpegel angegebenen Gleichungen gelten gleichermaßen auch für alle dem Schalldruckquadrat proportionalen Größen, wobei dann z. B. im Falle der Schallleistung anstelle der Schalldruckquadrate p˜ 2

2  Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung …

29

die jeweils entsprechenden Schallleistungen P einzusetzen sind. Der Index p an den Schalldruckpegelgrößen wird hier im Interesse einer besseren Lesbarkeit weggelassen. Bei Anwendung auf Schallleistungspegel ist anstelle von z. B. Lges LWges zu schreiben. Mithin erhält man den Gesamtschalldruckpegel Lges aus Teilschalldruckpegeln Li nach Gl. (2.4):   n p˜ 2i dB bzw. mit Lges = 10 lg i=1 p2 0

p˜ 2i = p20 · 10 Lges = 10 lg

n

i=1

0,1Li dB

 100,1Li /dB dB;

(2.4)

Lges Gesamtschalldruckpegel, Li Teilschalldruckpegel, p˜ 2i Teilschalldruckquadrat, p0 Bezugsschalldruck p0 = 2 · 10−5 Pa. Sind speziell die Teilschalldruckpegel Li = L gleich groß, so ergibt sich für n Schallanteile die vereinfachte Beziehung

Lges = L + 10 lg n dB.

(2.5)

Zur Auswertung der Gl. (2.4) kann auch das Diagramm Abb. 2.4 genutzt werden, wobei jeweils aus zwei Einzelpegeln L1 , L2 der Gesamtpegel Lges gebildet wird:

Lges = L1 + L mit �L = f (L1 − L2 ) und L1 ≥ L2 . Der Zuschlag ΔL ist von der Pegeldifferenz L1 −L2 abhängig und kann Abb. 2.4 entnommen werden. Ist der Gesamtpegel aus mehreren Schallpegeln zu berechnen (z. B. Umrechnung von Terzpegel in Oktavpegel, Berechnung des Gesamtpegels aus Bandpegeln), so ist die Rechnung schrittweise auszuführen. Dabei wird der zunächst aus zwei Teilpegeln berechnete Gesamtpegel anschließend wie ein Teilpegel behandelt. Beispiel  Gesucht wird der aus den drei Schalldruckpegeln L1 = 80 dB, L2 = 82 dB, L3 = 78 dB zusammengesetzte Gesamtschalldruckpegel. Bei welchem Schalldruckpegel mit der Addition begonnen wird, ist grundsätzlich gleich. Zweckmäßigerweise beginnt man mit dem größten, da die Zuschläge mit zunehmender Differenz immer kleiner werden. Im vorliegenden Beispiel wird zunächst die Schalldruckpegeldifferenz zwischen L1 und L2 gebildet (2 dB). Dieser Schalldruckpegeldifferenz entspricht nach Abb. 2.4 ein Zuschlag ΔL von etwa 2,1 dB, der zum größeren Schalldruckpegel zu addieren ist,

30

D. Schulz

Abb. 2.4   Diagramm zur energetischen Addition von Pegelwerten

sodass man als Zwischenwert 84,1 dB erhält. Die Differenz zwischen diesem und dem Schalldruckpegel L3 beträgt 6,1 dB, der Zuschlag nach Abb. 2.4 beträgt ca. 0,9 dB. Im vorliegenden Beispiel ergibt sich damit ein Gesamtschalldruckpegel von 85,0 dB. Im Interesse möglichst geringer Abweichungen ist die Rechnung mit einer Genauigkeit von einer Dezimalstelle durchzuführen.

2.3.2 Subtraktion Die Subtraktion kann erforderlich werden, wenn z. B. einem zu messenden Schalldruckpegel (Nutzpegel) ein Störschalldruckpegel (Störpegel) überlagert ist. Analog zur Addition sind die Schallleistungsgrößen bzw. die diesen proportionalen Schalldruckquadrate zu subtrahieren. In Pegelschreibweise gilt

L1 = 10 lg(100,1Lges /dB − 100,1L2 /dB ) dB;

(2.6)

L1 Nutzpegel, Lges Gesamtpegel, L2 Störpegel. Gl. (2.6) gilt auch für Schallleistungspegel (s. Anmerkung im Abschn. 2.3.1). Die Anwendung von Gl. (2.6) ist nur so lange sinnvoll, wie der Störpegel mindestens 3 dB unter dem Gesamtpegel liegt (Bei einer Differenz von 3 dB sind Nutz- und Störpegel gleich groß). Andernfalls wird die Unsicherheit, mit der der Nutzpegel bestimmt wird, zu groß, wenn man davon ausgeht, dass sowohl Lges als auch L2 als Messwerte fehlerbehaftet sind.

2  Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung …

31

2.3.3 Mittelwertbildung Die Bildung des Mittelwertes, z. B. von Schalldruckpegeln an verschiedenen Messorten (räumliche Mittelung, s. z. B. Abschn. 2.8.2) oder der an einem Messort nacheinander gemessenen Schalldruckpegel (zeitliche Mittelung, s. Abschn. 2.4.3), ist ebenso wie die Addition und Subtraktion auf der Grundlage von Leistungsgrößen gemäß Gl. (2.7) oder (2.8) durchzuführen:    n 1 100,1Li /dB dB L = 10 lg (2.7) i=1 n

L = Lges − 10 lg n dB;

(2.8)

L mittlerer Schalldruckpegel, Li i-ter Schalldruckpegel, n Anzahl der zu mittelnden Schalldruckpegel, Lges nach Gl.  (2.4) bzw. Abb. 2.4 berechneter Gesamtschalldruckpegel aller Einzelpegel.

2.4 Größen zur Kennzeichnung der Schallimmission 2.4.1 Überblick Die Schallimmission (Schalleinwirkung) kann, wie beispielsweise zum Zweck der Informationsvermittlung (Sprache, Musik usw.) erwünscht oder, wie im Falle des Lärmes, unerwünscht sein. Als Lärm wird im allgemeinen Sprachgebrauch jede Art von Schall verstanden, der belästigend (störend) oder gesundheitsschädigend wirkt. Bezüglich der negativen Wirkungen des Lärmes auf den Menschen wird zwischen extraauralen Wirkungen (z. B. Lästigkeit, Gesundheitsstörungen besonders nervöser Art, Herz-Kreislaufschäden) und auralen Wirkungen (Gehörschädigungen) unterschieden. Während lästiger Lärm zur Minderung der Leistungsfähigkeit führen kann, wird durch gehörschädigenden Lärm das Hörorgan bleibend geschädigt. Ausführliche zusammenfassende Darstellungen der Lärmwirkungen sind in (Fasold et al. 1984; Heckl und Müller 1995; Müller und Möser 2004; Ising et al. 2004; DGUV 10/2013 2013) zu finden. Besondere Schwierigkeiten bereitet die Kennzeichnung des lästigen Lärmes wegen der komplizierten Zusammenhänge zwischen der Lästigkeit eines Geräusches und seinen messbaren Kenngrößen. Ob ein Geräusch als lästig (störend) empfunden wird oder nicht, hängt stark von subjektiven Faktoren, speziell von der Einstellung zum Geräusch ab. Während z. B. Musik – im Konzertsaal genossen – positive Emotionen hervorruft, kann sie bei Übertragung aus der Nachbarwohnung (z. B. Radiomusik) äußerst störend wirken. Folglich können Schallkenngrößen allein keine ausreichenden Kriterien dafür liefern, ob

32

D. Schulz

ein Geräusch als lästig empfunden wird oder nicht (vgl. Abschn. 2.5). Andererseits bestehen aber zwischen der Lästigkeit von Geräuschen und der wahrgenommenen Lautstärke Zusammenhänge und somit auch zu objektiven Schallkenngrößen, s. Abschn. 2.4.2 und 2.5. Ähnliche Beziehungen existieren auch zwischen der Gehörschädlichkeit von Geräuschen und den Schallkenngrößen. Daraus werden Kenngrößen abgeleitet, die eine einheitliche Kennzeichnung, Grenzwert-, Richtwert- oder Orientierungswertfestlegung und Beurteilung des lästigen und gehörschädigenden Lärmes erlauben.

2.4.2 Bewerteter Schalldruckpegel Das menschliche Gehör ist in der Lage, Frequenzen von 16 Hz bis etwa 16 kHz wahrzunehmen, wobei die Empfindlichkeit des Gehörs für Töne im mittleren Frequenzbereich am größten ist. Die obere Hörgrenze liegt nicht genau fest, sie verschiebt sich mit zunehmendem Alter nach tieferen Frequenzen. Bei jüngeren Menschen kann sie höher als 16 kHz sein. Die frequenzabhängige Empfindlichkeit des Gehörs kommt in den im Abb. 2.3 dargestellten Kurven gleicher Lautstärke für Sinustöne zum Ausdruck. Die Frequenzabhängigkeit ist bei kleinen Schalldruckpegeln größer als bei hohen Schalldruckpegeln. Die Kurven gleicher Lautstärke basieren auf dem subjektiven Vergleich eines beidohrig abgehörten 1000-Hz-Tones mit einem in gleicher Weise abgehörten Sinuston beliebiger Frequenz. Der Lautstärkepegel mit der Einheit phon ist definiert durch.

LN = 10 lg

p˜ 2 phon; p20

p˜ Effektivwert des Schalldruckes des als gleichlaut beurteilten 1000-Hz-Vergleichstones, p0 Bezugsschalldruck ( p0 = 2 · 10−5 Pa). Die frequenzabhängige Empfindlichkeit des Gehörs kann im Schallpegelmesser (s. Kap. 3) durch ein Bewertungsfilter angenähert werden, dessen Übertragungsmaß den inversen Verlauf vereinfachter Kurven gleicher Lautstärke für bestimmte Lautstärkebereiche hat. Von den standardisierten Bewertungskurven A, B, C und D wird gegenwärtig weltweit nur die A-Bewertung (s. Abb. 2.5 und Tab. 2.2) allgemein angewendet, und zwar – unabhängig vom Intensitätsbereich des Geräusches – sowohl für lästigen als auch für gehörschädigenden Schall. Die Bewertungskurve C findet u. a. in Verbindung mit der Ermittlung von Spitzen-Schalldruckpegeln (s. Abschn. 2.4.5) Anwendung. Des weiteren stellt die Bedingung LCeq − LAeq > 20 dB (siehe Abschn. 2.4.3) nach TA Lärm (1998) ein Kriterium für mögliche schädliche Umwelteinwirkungen durch tieffrequente Geräusche dar.

2  Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung …

33

Abb. 2.5   Frequenzbewertungskurve A nach (DIN EN 61672-1 2014). Zahlenwerte siehe Tab. 2.2

Tab. 2.2  Übertragungsmaß der Frequenzbewertung, Kurve A nach (DIN EN 61672-1 2014) Frequenz Übertragungsmaß Hz dB

Frequenz Übertragungsmaß Hz dB





100





125

10

−70,4

160

−56,7

250

−44,7

400

−34,6

630

−26,2

1000

12,5 16 20 25 31,5 40 50 63 80

−63,4

200

−50,5

315

−39,4

500

−30,2

800

−22,5

1250

Frequenz Übertragungsmaß Hz dB 1600

1,0

−16,1

2000

1,2

−13,4

2500

1,3

−10,9

3150

1,2

−8,6

4000

1,0

−6,6

5000

0,5

−4,8

6300

−3,2

8000

−0,1

−1,9

10.000

−0,8

12.500

0

16.000

0,6

20.000

−19,1

−1,1

−2,5

−4,3

−6,6

−9,3

Die dynamische Eigenschaft der Lautstärkebildung im Gehör kann durch Verwendung von Zeitbewertungen nachgebildet werden. Gleichzeitig wird damit eine Vereinheitlichung der Trägheit der Messgeräte erreicht (siehe Abschn. 2.2.1). Speziell für kurzzeitige Lärmeinwirkungen (Impulsschall) sind Zeitkonstanten von 25 bis 75 ms bei der Effektivwertbildung im Schallpegelmesser diskutiert worden (Reichardt 1965). In der Normung wurde

34

D. Schulz

die zur Beurteilung von Impulsschall anzuwendende Zeitkonstante mit 35 ms für das Anklingen des Impulses festgelegt (DIN 45675-1 2014). Damit der Impulsschalldruckpegel bequem abgelesen werden kann, ist die Abklingzeit mit 1,5 s wesentlich länger. Folgende Zeitbewertungen werden angewendet (siehe DIN EN 61672-1 2014 bzw. Feldmann 2010): I (Impulse): Anstiegszeit 35 ms Abklingzeit 1500 ms F (Fast): Beide Zeitkonstanten 125 ms S (Slow): Beide Zeitkonstanten 1000 ms peak: ca.  50  μs (vom Messgerätehersteller angegeben) Die teilweise übliche Schreibweise LXY (z. B.LA,F) bzw. dB(XY) schützt bei der Datenweitergabe zusätzlich vor dem Verlust der Information über die Bewertung. Bei stark impulsartigem Schall, z. B. in der Nähe von Richt- und Nietarbeitsplätzen, liefert die Zeitbewertung „F“ Schalldruckpegelwerte, die bis zu 15 dB unter denen mit der Zeitbewertung „I“ gemessenen liegen können. In vielen praktischen Fällen liegt der Unterschied allerdings nur bei 5 dB. Bei nahezu stationären Schallsignalen sind die mit den Zeitbewertungen I, F und S gemessenen Schalldruckpegel näherungsweise gleich, zu zeitlichen Mittelwerten siehe Abschn. 2.4.3.

2.4.3 Äquivalenter Dauerschallpegel, TaktmaximalMittelungspegel Die Kennzeichnung zeitlich schwankender Schalleinwirkungen durch eine Einzahlangabe erfolgt durch Mittelung des zeitlich schwankenden Schalldruckpegels LpA (t) [z. B. LpAF (t), LpAS (t), LpAI (t)] über den Beobachtungszeitraum T . Der nach der Beziehung   ˆ T 1 100,1LpA (t)/dB dt dB LAeq,T = 10 lg (2.9) T 0 mittels eines integrierenden Schallpegelmessers energetisch gebildete Mittelwert wird äquivalenter Dauerschall(druck)pegel LAeq (t) genannt. Gl. (2.9) lässt sich unter Verwendung eines Äquivalenzparameters (Halbierungsparameter) q auch schreiben als  ˆ T  1 q 0,3LpA (t)/(q dB) lg 10 dt dB, LAeq,T = 0,3 T 0 wobei mit q = 3 Identität mit Gl. (2.9) eintritt.

2  Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung …

35

Der Äquivalenzparameter gibt die Pegelerhöhung an, die einer Halbierung der Einwirkungszeit bei gleicher Schallenergie äquivalent ist (vgl. Abschn. 2.4.7). Analog dazu wird die Schallenergie bei Verringerung des Schalldruckpegels um q dB bei gleicher Einwirkungszeit halbiert. So entspricht z. B. ein mit q = 3 über einen Zeitraum von 4 h gebildeter Dauerschallpegel von 80 dB einer Lärmeinwirkung von 83 dB während 2 h oder einer Lärmeinwirkung von 77 dB während eines Zeitraumes von 8 h (näheres zur Wahl von q siehe auch Abschn. 2.4.7). Der Mittelwert für den Beobachtungszeitraum T kann auch aus n Einzelmesswerten, die in Zeitintervallen ti zu ermitteln sind, nach der Beziehung    n 1 0,1LpA,i /dB ti 10 dB LAeq,T = 10 lg (2.10) i=1 T gebildet werden. Entsprechend den hierbei angewendeten Messgrößen LpA,i wird der nach Gl. (2.10) gebildete Mittelwert • äquivalenter Dauerschall(druck)pegel LAeq,T (Messgröße: LpAF,i; LpAS,i) • AI-bewerteter äquivalenter Dauerschall(druck)pegel LAIeq,T (Messgröße: LpAI,i) • Taktmaximal-Mittelungspegel LAFTeq (Messgröße: LpAFT,i) genannt (s. DIN 45641 1990). Der Taktmaximalpegel LpAFT,i ist der in Zeitintervallen von vorzugsweise 5 s gemessene und dem jeweiligen Zeitintervall (Takt) zugeordnete maximale AF-Schalldruckpegel (DIN 45645-1 1996). Das Taktmaximalpegel-Verfahren (nur im Bereich der deutschen Normung üblich) wird z. B. bei Geräuschimmissionsmessungen nach TA Lärm (TA Lärm 1998) angewendet. Für impulshaltige Geräusche ist LAFTeq > LAFeq (kein Impulszuschlag erforderlich, s. Abschn. 2.4.4). Bei hinreichend langer Mittelungszeit T gilt für zeitlich schwankende Geräusche LAFeq ≈ LASeq ≤ LAIeq.

2.4.4 Beurteilungspegel Der Beurteilungspegel Lr (DIN 45645-1 1996) ist ein Maß für die mittlere Geräuschimmission am Aufenthaltsort von Menschen während einer gegebenen Beurteilungszeit Tr. Er setzt sich aus dem äquivalenten A-Dauerschallpegel LAeq und verschiedenen Zuschlägen für Impulshaltigkeit KI, TonhaltigkeitKT, InformationshaltigkeitKInf , Ruhezeiten KR und für bestimmte Geräuschsituationen festgelegte Zu- oder Abschläge KS zusammen. Für Nachbarschaftslärm gilt z. B.

Lr = LAeq + KI + KT + KInf + KR + Ks .

(2.11)

36

D. Schulz

Als Messgrößen finden hierbei der AF-Schalldruckpegel LAF (t), der AS-Schalldruckpegel LAS (t), der AI-Schalldruckpegel LAI (t) oder der Taktmaximalpegel LAFT (t) Verwendung, wobei die beiden letztgenannten Messgrößen den Impulszuschlag KI bereits enthalten. Der nach Gl. (2.11) anzuwendende Impulszuschlag ergibt sich aus der Differenz zwischen dem AI-bewerteten Dauerschallpegel LAIeq oder dem Taktmaximal-Mittelungspegel LAFTeq und dem äquivalenten Dauerschallpegel LAeq:   KI = LAIeq , LAFTeq − LAeq . (2.12) In (TA Lärm 1998) wird der Taktmaximal-Mittelungspegel herangezogen. Der Tonzuschlag KT soll die erhöhte Störwirkung von Geräuschen mit Einzeltönen berücksichtigen. Er ist entweder messtechnisch nach (DIN 45681 2005) zu ermitteln oder in Abhängigkeit von der subjektiven Wahrnehmung festzulegen, wobei Zuschläge von 3 oder 6 dB angewendet werden (s. z. B. DIN 45645-1 1996; DIN 45645-2 2012). Der Zuschlag für Informationshaltigkeit KInf soll die besondere Störwirkung berücksichtigen, wenn Geräusche Informationen vermitteln, sodass bei Mithörern ungewollt besondere Aufmerksamkeit entsteht. Der Zuschlag für Ruhezeiten KR soll dem größeren Ruhebedürfnis während bestimmter Zeiten Rechnung tragen. Nach (TA Lärm 1998) beträgt er 6 dB. Durch den Zuschlag für bestimmte Geräusche und Situationen KS soll die unterschiedliche Störwirkung bestimmter Geräusche bei gleichem äquivalenten Dauerschallpegel berücksichtigt werden. Sowohl die Beurteilungszeiten als auch die Anwendung der Zuschläge sind in den verschiedenen Vorschriften und Regelwerken unterschiedlich festgesetzt. Die im konkreten Fall bei der Beurteilung einer Lärmsituation zur Bildung des Beurteilungspegels anzuwendenden Beurteilungszeiten und Zuschläge sind dem zur Anwendung kommenden Regelwerk zu entnehmen (z. B. LärmVibrationsArbSchV 2017; TA Lärm 1998; DIN 45645-1u.2). Zur Beurteilung der Gehörschädlichkeit von Arbeitslärm wird der auf 8 h bezogene äquivalente Dauerschallpegel LAeq verwendet, in (LärmVibrationsArbSchV 2017) Tages-Lärmexpositionspegel LEX,8h genannt. Bei erheblichen Schwankungen der täglichen Lärmexposition LEX,8h darf der wöchentliche Mittelwert gebildet werden (LärmVibrationsArbSchV 2017 bzw. EG 2003).

2.4.5 Spitzen-Schalldruckpegel Bei extrem hohen Schalldruckpegeln von mehr als 140 dB (z. B. Knalle) können Gehörschäden bereits durch sehr kurzzeitige Einzelschallereignisse verursacht werden. Zur Ermittlung solch extremer Einzelschallereignisse wird bei der Schalldruckpegelmessung die Anzeigedynamik „peak“ (Anstiegszeitkonstante ca. 50 μs) in Verbindung mit Hochund Tiefpassfiltern, die den Messfrequenzbereich auf 20 Hz bis 20 kHz begrenzen oder

2  Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung …

37

die Frequenzbewertung C angewendet. Der auf diese Weise ermittelte Schalldruckpegel wird Spitzen-Schalldruckpegel Lpeak, auch LpC,peak, z. B. in (LärmVibrationsArbSchV 2017) genannt.

2.4.6 Schallexpositionspegel Zur Kennzeichnung isolierter, einzelner Schallereignisse wie Knalle oder Schlagimpulse dient der Schallexpositionspegel (Sound Exposure Level SEL). Er ist durch die Beziehung

LAE,T = LAeq,T + 10 lg

T dB mit T0

T0 = 1 s

(2.13)

mit dem über die (vorgegebene) Messzeit T gemessenen äquivalenten Dauerschallpegel verknüpft (vgl. Feldmann 2010; DIN EN 61672-1 2014). Der Schallexpositionspegel ist folglich derjenige konstante Schalldruckpegel, der innerhalb 1 s die gleiche Schallenergie liefert wie das tatsächliche Schallereignis während der Messzeit T .

2.4.7 Lärmdosis Umfangreiche Untersuchungen über den Zusammenhang zwischen der Schalleinwirkung und dem durch Lärm verursachten Gehörschaden von Kraak u. a. (in Fasold et al. 1984; Kraak et al. 1977 sowie Weißing und Jelinek 1984) ergaben, dass bei Schalleinwirkungen bis etwa 135 dB(A) die Lärmdosis BL nach ˆ TE BL = |pA (t)|n dt; (2.14) 0

TE Gesamteinwirkungszeit, pA (t) A-bewerteter Schalldruck, n Bewertungsexponent als maßgebliche Größe für die Schadenswirkung angenommen werden kann, wobei der optimale Bewertungsexponent im Bereich von 0,8 bis 1,2, also etwa bei n = 1, d. h. q = 6 liegt (vgl. Äquivalenzparameter q, Abschn. 2.4.3). Dessen ungeachtet wird bis auf die USA (q = 5) die Lärmdosis mit dem Exponenten n = 2 (q = 3) ermittelt, deshalb auch Energiedosis E genannt (DIN EN 61672-1 2014). Zwischen ihr und dem äquivalenten Dauerschallpegel LAeq gilt die Beziehung

LAeq = 10 lg

T E dB − 10 lg dB + 94 dB; E0 T0

(2.15)

38

D. Schulz

T Beurteilungszeit, nach (LärmVibrationsArbSchV 2017) 8 h, E0 = 1 Pa2 · h, T0 = 1 h. Demnach entspricht eine Energiedosis von 1 Pa2·h etwa der 8-stündigen Lärmeinwirkung bei einem äquivalenten Dauerschallpegel von 85 dB(A).

2.5 Psychoakustische Kenngrößen 2.5.1 Überblick und psychoakustische Grundlagen Psychoakustische Kenngrößen dienen zur quantitativen Beschreibung einzelner Aspekte der menschlichen Wahrnehmung von Geräuschen. Sie werden dann vorteilhaft eingesetzt, wenn Pegelangaben allein nicht ausreichend für eine gewünschte Geräuschcharakterisierung sind. Sie bilden eine Basis für Vergleiche und gezielte Modifikationen von Geräuschen (Sound Design) auf gehörgerechter Grundlage. Die Analyse psychoakustischer Kenngrößen ermöglicht es, „störende“ Komponenten in einem Geräusch zu identifizieren, den relevanten Zeitund Frequenzbereich zu finden und somit den „Verursacher“ zu erkennen. Anwendung finden diese Verfahren z. B. bei folgenden Aufgabenstellungen: • Verminderung der Lästigkeit unerwünschter Geräusche, wenn Pegelminderungen aus technologischen Gründen bzw. wegen eines zu hohen Aufwandes nicht oder nur schwer realisierbar sind; • Hervorhebung des Informationsgehaltes eines Geräusches; • Erzeugung eines produktspezifischen Klanges. Des Weiteren sind bestimmte Zuschläge bei der Ermittlung des Beurteilungspegels (Abschn. 2.4.4) psychoakustisch motiviert, z. B. der Impulszuschlag KI oder der Tonzuschlag KT. Psychoakustische Kenngrößen beruhen auf Modellvorstellungen über das menschliche Gehör, welche u. a. auf der Basis von Hörversuchen entwickelt wurden. Bei Hörversuchen werden verschiedene Aspekte von Geräuschen durch Testpersonen beurteilt, beispielsweise durch einen A/B – Vergleich oder Zahlenangaben auf einer vorgegebenen Skala (zu Details siehe z. B. Hellbrück 2008). In vielen Fällen der praktischen Anwendung werden die auf der Basis von Kenngrößen gewonnenen Ergebnisse zusätzlich durch Hörversuche validiert. Dabei ist zu beachten, dass die Wahrnehmung von Mensch zu Mensch variiert, d. h. psychoakustische Kenngrößen beschreiben stets eine mittlere Wahrnehmung. Die psychoakustischen Kenngrößen werden nach speziellen mathematischen Algorithmen aus der spektralen bzw. zeitlichen Struktur von Geräuschen als Einzahlwerte

2  Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung …

39

oder auch als spektrale Größen gebildet. Diese Algorithmen sind in der Regel in modernen Psychoakustik – Analysesystemen implementiert. Maßgeblich auf spektralen Strukturen basieren Größen wie die Lautheit N (Abschn. 2.5.2), die Schärfe S (Abschn. 2.5.3) oder diverse Verfahren zur Charakterisierung der Tonalität (Abschn. 2.5.4). Im Unterschied dazu basieren Größen wie Schwankungsstärke F (Abschn. 2.5.5), Rauhigkeit R (Abschn. 2.5.6) oder Impulshaltigkeit (Abschn. 2.5.7) in erster Linie auf den zeitlichen Strukturen, wobei das Spektrum die Ausprägung beeinflussen kann. Moderne Ansätze wie das Verfahren „Relative Approach“ beinhalten sowohl spektrale als auch zeitliche Verläufe. Dieses Verfahren berücksichtigt, dass das menschliche Gehör besonders empfindlich auf ausgeprägte Muster im zeitlichen Ablauf (schnelle Änderungen) sowie im Spektrum (Maxima, Minima) reagiert und versucht, diese zu identifizieren (vgl. Genuit 2010, S. 114 ff.). Der Geräuschqualität (vgl. auch Genuit 2010, Abschn. 4.1.2) und der Lästigkeit liegen sehr komplexe Wahrnehmungsphänomene zu Grunde. Mithilfe von Qualitätsprognosemodellen kann man versuchen, die Geräuschqualität als Funktion relevanter psychoakustischer Kenngrößen darzustellen (sog. „Metriken“). Dieser funktionelle Zusammenhang, der mittels Hörversuche bestimmt werden muss, nimmt für jede Geräuschart (d. h. für jede Geräte- oder Anlagenklasse) eine spezifische Form an (vgl. als Bsp. auch Abschn. 8.4). Darüber hinaus wird die jeweils empfundene Geräuschqualität auch durch nichtakustische Einflussgrößen wie z. B. die subjektive Einstellung der jeweiligen Person, ihr Alter und Geschlecht, ihre Erfahrungen, ihre Stimmungslage, die Umgebung und die Tageszeit, die gerade ausgeübte Tätigkeit, das Zusammenwirken mit anderen Sinneswahrnehmungen u.v. a.m. beeinflusst. Eine zentrale Rolle bei der Ermittlung vieler psychoakustischer Kenngrößen spielt die Tonheit z (Einheit: Bark). Im menschlichen Gehör werden bei vielen Aspekten der Wahrnehmung die Reizintensitäten in bestimmten Bereichen der Basilarmembran im Innenohr, dem Sitz der Sinneszellen (Haarzellen), zusammengefasst. Gemäß dem Grundprinzip der Tonhöhenwahrnehmung, der Orts-Frequenz-Kodierung, entsprechen diese Bereiche bestimmten Frequenzgruppen, die ähnlich wie z. B. Terzen bei einer variablen Mittenfrequenz angeordnet sind. So wie es aber auch eine normierte Terzskale gibt, wird auch eine Frequenzgruppenskala gebildet. Der Hörbereich des Menschen umfasst 25 Frequenzgruppen (vgl. Maschke und Jakob 2010), die den Tonheitswerten von z = 0 Bark bis z = 24 Bark entsprechen. Die Frequenzen lassen sich in Tonheiten umrechnen (siehe z. B. Fastl und Zwicker 2007; Maschke und Jakob 2010). Für Frequenzen oberhalb 315 Hz entspricht eine Terz näherungsweise einer Frequenzgruppe, bei tieferen Frequenzen sind die Frequenzgruppen breiter als Terzen. Dort können näherungsweise mehrere Terzen zu einer Frequenzgruppe zusammengefasst werden. „Zusammenfassen“ innerhalb einer Frequenzgruppe bedeutet, dass die zugehörigen Signalpegel energetisch zu addieren sind. Für eine Reihe von psychoakustischen Kenngrößen X sind auch spezifische Größen

X ′ (z) = dX/dz

(2.16)

40

D. Schulz

sinnvoll, den Einzahlwert erhält man durch Integration über z, d. h. durch Summation der Werte je Frequenzgruppe. Des Weiteren sind für eine Reihe von psychoakustischen Kenngrößen Verdeckungseffekte von Bedeutung, d. h. bestimmte Signalanteile werden überdeckt und sind somit nicht wahrnehmbar (vgl. z. B. Fastl und Zwicker 2007; Maschke und Jakob 2010). Man unterscheidet zwei Arten: • Spektrale (simultane) Verdeckung: Laute Anteile in einem Frequenzbereich überdecken gleichzeitig auftretende leisere Anteile in benachbarten Frequenzbereichen, da Sinneszellen auch in benachbarten Frequenzbereichen aktiviert werden. Von besonderer Bedeutung ist die Aufwärtsverdeckung, d. h. die Verdeckung höherfrequenter Anteile durch tieffrequente. Verdeckung kann sowohl zwischen benachbarten Frequenzgruppen als auch innerhalb einer Frequenzgruppe auftreten. • Zeitliche Verdeckung: Ein lauter Geräuschanteil verdeckt einen kurz darauffolgenden leiseren, da Sinneszellen eine gewisse Latenzzeit besitzen. Je nach Pegeldifferenz der Signalanteile können diese Effekte in einem Zeitbereich von ca. 20 … 200 ms auftreten.

2.5.2 Lautheit Der Lautstärkepegel LN eines Einzeltones kann aus den Kurven gleicher Lautstärke (Abb. 2.3) bestimmt werden, für ein beliebiges Geräusch (Tongemisch) sind dagegen komplexere Verfahren notwendig. Die Kenngröße Lautheit N ist so definiert, dass der Wert von N proportional zur mittleren Lautstärkeempfindung des Menschen ist. Es gibt verschiedene ähnliche Modelle zur Berechnung von N . Das in Deutschland überwiegend verwendete Verfahren ist in (DIN 45631 1991) definiert. Es ist anwendbar für stationäre Geräusche. Die Lautheit N und der Lautstärkepegel LN in phon (vgl.Abschn. 2.4.2) können für LN ≥ 40 phon nach folgender Beziehung ineinander umgerechnet werden (DIN 45631 1991):

N = 20,1(LN −40) sone.

(2.17)

Eine Erhöhung des Lautstärkepegels um 10 phon entspricht demzufolge einer Verdopplung der Lautheit. Das o. g. Verfahren nach Zwicker berücksichtigt insbesondere folgende Schritte (näheres siehe z. B. Maschke und Jakob 2010): 1. Messung des Schalldruckpegels in Terzen, ggf. Zusammenfassung zu Frequenzgruppenpegeln. 2. Frequenzabhängige Bewertung in Analogie zu den Kurven gleicher Lautstärke (vgl. Abb. 2.3). Dabei wird zwischen frontalem Schalleinfall und diffusem Schallfeld unterschieden.

2  Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung …

41

3. Berücksichtigung der spektralen Aufwärtsverdeckung: Es entstehen sogenannte Zwicker-Diagramme, welche die spezifische Lautheit N ′ (z) darstellen (Abb. 2.6). 4. Integration der so entstandenen spezifischen Lautheit N ′ (z) zur Gesamtlautheit. Das Zwicker-Verfahren beschreibt für die Schritte 2)–4) eine grafische Vorgehensweise, welche bei modernen Messsystem rechentechnisch umgesetzt wird. Bei unerwünschten Geräuschen korreliert die Lautheit positiv mit der Lästigkeit und ist in vielen Fällen die maßgebende psychoakustische Kenngröße bzgl. der Lästigkeit. Eng verbunden mit der Zusammenfassung von Schallreizen in Frequenzgruppen ist das Ergebnis, dass bei gleichem Schalldruckpegel und vergleichbarer Mittenfrequenz breitbandige Geräusche (Bandbreite größer als eine Frequenzgruppe) lauter wahrgenommen werden als schmalbandige (vgl. auch DIN 45631/A1 2010, Anhang A). Zur Kennzeichnung von Geräuschen im Umwelt-, Arbeits- und Freizeitbereich wird in normativen Regelungen überwiegend der A-bewertete Schalldruckpegel verwendet (Abschn. 2.4.2). Da sich die A-Bewertungskurve nur an einer Isophone (ca. 40 phon) orientiert, und auch das mit einigen Abweichungen besonders im tieffrequenten Bereich, sind je nach Geräusch z. T. deutliche Unterschiede zwischen einer Bewertung nach LA und der tatsächlich wahrgenommenen Lautheit möglich. So kann es z. B. vorkommen, dass eine Minderung von LA, die durch Verschiebung von spektralen Anteilen zu tieferen Frequenzen erreicht wurde (z. B. durch Verringerung der Motordrehzahl), nicht zu einer Verringerung der Lautheit führt (oder sogar mit einer Erhöhung verbunden ist). Bei gleichem A-bewerteten Schalldruckpegel kann somit die Wirkung auf Betroffene je nach dem Spektrum der Geräusche unterschiedlich ausfallen. Bei nichtstationären Geräuschen sind zusätzliche Aspekte der Wahrnehmung zu berücksichtigen (vgl. Maschke und Jakob 2010) wie z. B. die zeitliche Verdeckung oder die Tatsache, dass bei kurzen Geräuschen die wahrgenommene Lautstärke von der Signaldauer abhängt. Weiterhin haben Hörversuche gezeigt, dass sich der Mensch

Abb. 2.6   FFT-Spektrum und Spezifische Lautheit N ′ (z) (Zwicker-Diagramm) für ein Staubsaugergeräusch (dominierende Töne bei ca. 350 Hz und 2500 Hz entsprechen Maxima in N ′ (z) bei ca. 4 Bark und 15 Bark)

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bei der Lautheitsbeurteilung überwiegend an den Lautheitsspitzen orientiert. Nach dem Zwicker-Verfahren aus mittleren Terzspektren berechnete Werte von N würden also das Lautstärkeempfinden nicht adäquat beschreiben und liefern in der Regel zu kleine Werte. Dementsprechend wird in (DIN 45631/A1 2010, Anhang B.5) folgendes Verfahren festgelegt: 1. Messung von Einzelspektren zu Zeiten ti in Zeitabständen von 2 ms (in diesen Zeiträumen können viele Geräuschanteile als nahezu stationär betrachtet werden). 2. Bestimmung der Lautheiten Ni (ti ) nach dem oben beschriebenen Verfahren (Abb. 2.7). 3. Der Einzahlwert der Lautheit N ergibt sich aus dem Perzentilwert N5, d. h. dem Wert der von 5 % der Einzelwerte Ni überschritten wird. Die oben beschriebenen Verfahren basieren auf Messwerten, die mit einem Mikrofon aufgenommen wurden, der Mensch hört aber binaural. Experimente (z. B. Verdecken eines Ohres) haben gezeigt, dass die binaural wahrgenommene Lautheit abhängig vom Signalpegel um einen Faktor 1,4 … 2,0 höher als die monaurale Lautheit (s. o.) ist (siehe z. B. Fastl und Zwicker 2007). In (DIN 45631/A1 2010, Anhang E) wird deshalb bei binauralen Messungen empfohlen: • Angabe der Lautheit beider Kanäle; • Bei Angabe eines Einzahlwertes: Maximalwert beider Kanäle.

Abb. 2.7   Zeitabhängige Lautheit N(t) für eine PKW-Überfahrt über eine Aufpflasterung mit N = N5 = 63,3 sone (zum Vergleich: die aus dem mittleren Spektrum ermittelte Lautheit beträgt nur 43,8 sone)

2  Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung …

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2.5.3 Schärfe Die Empfindung der Schärfe wird durch die hochfrequenten Anteile in einem Geräusch hervorgerufen. Die Kenngröße Schärfe S (Einheit: acum) wird als gewichtetes erstes Moment der Tonheitsverteilung der Lautheit berechnet: ˆ ˆ 0, 11 24Bark  z  0,11 24 Bark  z  g(z) dN = g(z)N ′ (z) dz, (2.18) S= N 0 Bark N Bark 0 wobei g(z) eine Gewichtsfunktion ist. Diese berücksichtigt die Tatsache, dass hochfrequente Anteile f > 3000 Hz überproportional stark zum Schärfeeindruck beitragen. Anschaulich gesprochen kennzeichnet die Schärfe die Lage des Schwerpunktes des Spektrums auf der z-Achse (und damit auf der Frequenzachse). Das Berechnungsverfahren ist in (DIN 45692 2009) dargestellt. Daneben enthält Anhang B die Beschreibung zweier älterer Verfahren: Schärfe nach Aures und Schärfe nach Bismarck; letzteres entspricht bis auf geringe Modifikationen der Gewichtsfunktion dem normativen Verfahren. Die Schärfe nach DIN wurde so definiert, dass der Zahlenwert unabhängig von der Lautheit N ist. Damit kann diese Größe in Regressionsverfahren verwendet werden, in denen z. B. die Lästigkeit als Funktion verschiedener unabhängiger Kenngrößen wie N und S dargestellt wird. Sie eignet sich somit auch zum Vergleich des Schärfeeindrucks gleichlauter Geräusche (Abb. 2.8). Die Schärfe nach Aures berücksichtigt dagegen, dass der Schärfeeindruck eines Geräusches auch etwas von dessen Lautheit abhängt. Für Schmalbandrauschen mit Mittenfrequenzen fm < 3000 Hz ist die Schärfe näherungsweise proportional zu fm.

Abb. 2.8   FFT-Spektren zweier Geräusche unterschiedlicher Schärfe S (links: Staubsauger S1 = 1,90 acum; rechts: Handkreissäge S2 = 2,8 acum ≈ 1,5 S1), aber mit nahezu gleichem Schalldruckpegel (das Spektrum der Handkreissäge enthält kaum tieffrequente Anteile). Die Lautheiten betragen dagegen N1 = 37,2 sone bzw. N2 = 32,0 sone < N1

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I.A. korreliert die Schärfe positiv mit der Lästigkeit, näheres dazu siehe auch in (Genuit 2010). Zur Verringerung der Schärfe eines Geräusches gibt es prinzipiell zwei Wege: • Die Absenkung des Pegels der hochfrequenten Anteile, bes. f > 3000 Hz, was gleichzeitig mit einer Verringerung der Lautheit verbunden ist. • Das Hinzufügen tieffrequenter Anteile bewirkt ebenfalls eine Verschiebung des spektralen Schwerpunktes zu tieferen Frequenzen, erhöht aber gleichzeitig die Lautheit. In der Praxis ist dann zu überprüfen (Hörversuch), welcher Effekt zur Verringerung der Lästigkeit bzw. zur Verbesserung der Geräuschqualität maßgebend ist.

2.5.4 Tonalität, Tonhaltigkeit, Klanghaftigkeit Es gibt verschiedene Größen, die Aussagen darüber machen, inwiefern in einem Geräusch dominierende Einzeltöne (oder auch Schmalbandrauschen) bzw. klangartige Elemente enthalten sind, z. B.: • Tonalität T (Klanghaftigkeit K , vgl. Maschke und Jakob 2010); • Ton to Noise Ratio TNR (vgl. Genuit 2010); • Tonhaltigkeit/Tonzuschlag nach (DIN 45681 2005); • Prominence Ratio PR (vgl. Genuit 2010). Den ersten drei Verfahren ist gemeinsam, dass sie das Herausheben eines Tones innerhalb einer Frequenzgruppe anhand eines nach mehr oder weniger komplizierten Modellen berechneten Pegelüberschusses L der tonalen Komponente bewerten. Im Gegensatz dazu zieht das Verfahren PR die Differenz zwischen den Frequenzgruppenpegeln der Frequenzgruppe mit Ton sowie den beiden benachbarten Frequenzgruppen heran. Die jeweilige Wahl der Größe hängt von der Aufgabenstellung und der Geräuschart ab. Meist wird man das Verfahren bevorzugen, dass am stärksten zwischen den untersuchten Geräuschen differenziert. Moderne Psychoakustik-Analysesysteme ermöglichen mit geringem Zeitaufwand die parallele Bestimmung mehrerer Größen. Die Aussagekraft der Tonalität ist nicht so eindeutig wie z. B. bei N oder S. Bei erwünschten Geräuschen nimmt i. A. der Wohlklang mit der Klanghaftigkeit/Tonalität zu (Bsp.: Musik, Sprache). Tonhaltigkeit erzeugt Aufmerksamkeit und erhöht somit die Lästigkeit unerwünschter Geräusche. Dem wird z. B. bei Gewerbelärm in der Nachbarschaft (TA Lärm 1998) durch den Tonzuschlag nach (DIN 45681 2005) Rechnung getragen (Bildung des Beurteilungspegels: Pegelaufschlag auf den äquivalenten Dauerschallpegel je nach Tonhaltigkeit von 0 … 6 dB).

2  Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung …

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2.5.5 Modulation und Schwankungsstärke Die Empfindung Schwankungsstärke tritt auf, wenn ein Geräusch durch periodische Schwankungen der Hüllkurve des Verlaufs von p(t) mit Modulationsfrequenzen fmod gekennzeichnet ist. Dabei kann es sich sowohl um Amplituden- als auch Frequenzmodulationen handeln, beide liefern ähnliche Ergebnisse. Mögliche Realisierungen wären z. B. das Auftreten zweier Töne mit den Frequenzen f1 und f2 = f1 + fmod (Schwebung) oder aber Modulationen infolge von Drehzahlschwankungen eines Motors. Liegen die Modulationsfrequenzen im Bereich fmod < (15 . . . 20)Hz, so können sie vom Gehör als einzelne Schwankungen wahrgenommen werden. Die Kenngröße Schwankungsstärke F (Einheit: vacil) wird nach einem komplizierten Algorithmus aus p(t) berechnet. Es gilt näherungsweise (siehe auch Fastl und Zwicker 2007; Maschke und Jakob 2010):

F∼

1 f mod 4 Hz

+

4 Hz f mod

,

(2.19)

F hat demzufolge sein Maximum bei fmod = 4 Hz. Da schwankende Geräusche Aufmerksamkeit erregen, sind unerwünschte Geräusche mit hohem F besonders lästig. Andererseits erfolgen die Modulationen bei Sprache im Mittel bei fmod ≈ 4 Hz, bei Interesse an den Informationen sind dann Sprachgeräusche mit hohem F nicht lästig. Bei fmod ≈ 20 Hz sind die Geräusche nicht eindeutig klassifizierbar, man spricht dann häufig von R- Rauhigkeit.

2.5.6 Rauhigkeit Analog zur Schwankungsstärke wird auch die Rauhigkeit R (Einheit: asper) durch Modulationen erzeugt, die nun aber im Frequenzbereich 20 Hz < fmod < 300 Hz liegen. Sie wird nach einem komplizierten Algorithmus aus p(t) berechnet und ergibt sich durch Integration der spezifischen Rauhigkeit R′ (z) (zur Modellierung von R siehe z. B. Genuit 2010; Fastl und Zwicker 2007; Maschke und Jakob 2010), ein Beispiel zeigt Abb. 2.9. Sie hat ein Maximum im Bereich fmod ≈ 50 . . . 70 Hz. Der Wert von R ist abhängig von fmod, der Trägerfrequenz (die modulierte Frequenzkomponente), dem Modulationsgrad („Tiefe“ der Modulation) sowie dem Pegel (vgl. auch Maschke und Jakob 2010). Meist werden Geräusche mit hoher Rauhigkeit als lästig empfunden. Bei bestimmten produktspezifischen Geräuschen wird aber gelegentlich eine gewisse Rauhigkeit gewünscht, z. B. beim Klang von Sportfahrzeugen (vgl. auch Genuit 2010).

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Abb. 2.9   Spezifische Rauhigkeit R′ (z) für frequenzmodulierte Sinustöne der Trägerfrequenz fT = 1 kHz und Pegel L = 94 dB; Modulationsfrequenzen von links nach rechts fmod = {15 Hz; 60 Hz; 100 Hz}

2.5.7 Impulshaltigkeit Geräusche mit Impulsfolgen werden i. A. als lästig empfunden, bei hohen Pegeln steigt dadurch auch das Risiko für eine Gehörschädigung. Die Impulshaltigkeit ist maximal für Impulsfolgefrequenzen von ca. 5 … 8 Hz, bei höheren Frequenzen erfolgt ein Übergang zur Rauhigkeit. Im Gegensatz zur Schwankungsstärke sind hier die Impulsüberhöhung und eine hohe Flankensteilheit von p(t) maßgeblich. Im Zusammenhang mit der TA Lärm wird bei der Ermittlung des Beurteilungspegels zur Berücksichtigung der erhöhten Lästigkeit ein Impulszuschlag KI von 0 … 6 dB vergeben. Dieser wird für die relevanten Teilzeiten aus der Differenz des energetisch gemittelten Taktmaximalpegels und des äquivalenten Dauerschallpegels (beide A-bewertet) gebildet, wobei die Taktzeit mit 5 s festgelegt ist (siehe TA Lärm 1998, Anhang A3.3.6; vgl. Auch Abschn. 2.4.3 und 2.4.4).

2.6 Größen zur Kennzeichnung der Schallemission 2.6.1 Überblick Durch die Kenngrößen der Schallemission wird die Schallabstrahlung von Schallquellen unter festgelegten Aufstellungs- und Betriebsbedingungen eindeutig gekennzeichnet. Die Kenngrößen können u. a. verwendet werden • zum Vergleich der Schallabstrahlung von Schallquellen gleichen oder unterschiedlichen Typs, z. B. zur Geräuschminderung durch Auswahl geräuscharmer Maschinen oder Baugruppen,

2  Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung …

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• zum Vergleich mit Grenzwerten der Schallemission, z. B. EU-Richtlinie 2000/14/EG (EG 2014) oder mit Schallemissions-Datensammlungen, z. B. VDI-ETS-Richtlinien, Datenbank (Trautmann 2005), • zur Vorausberechnung der an Arbeitsplätzen oder im kommunalen Bereich zu erwartenden Schallimmission und • zur Planung des bei Überschreitung des Grenzwertes der Schallimmission erforderlichen Lärmschutzes.

2.6.2 Schallleistungspegel, Richtwirkungsmaß Die Kenngröße zur Beschreibung der Schallabstrahlung einer Schallquelle ist der Schallleistungspegel LW. Insbesondere für im Freien aufgestellte Schallquellen, z. B. Transformatoren oder Ventilatorkühltürme, ist auch das Richtwirkungsmaß DI (directivity index) wichtig. Beide Größen sind bei gleichen Aufstellbedingungen und gleichen Betriebsbedingungen von der akustischen Umgebung unabhängig und folglich erzeugnisspezifische Maschinenkenngrößen. Der Schallleistungspegel LW ist gegeben durch

LW = 10 lg

P dB; P0

(2.20)

P von der Schallquelle in die umgebende Luft abgestrahlte Schallleistung, P0 Bezugsschallleistung (P0 = 10−12 W). Das Richtwirkungsmaß DI kennzeichnet die Richtungsabhängigkeit der Schallabstrahlung einer Schallquelle. Es ist definiert als Differenz zwischen dem an einem Messort i auf einer kugelförmigen Messfläche oder Teilen davon gemessenen Schalldruckpegel Lpi und dem energetisch gebildeten Mittelwert L p der Schalldruckpegel an allen Messorten auf der gleichen Messfläche, je nach dem Raumwinkel Ω, in den die Quelle strahlt:

DI = Lpi − Lp

(2.21)

Sowohl der Schallleistungspegel als auch das Richtwirkungsmaß können als frequenzbewertete Größen, z. B. A-Schallleistungspegel, oder als Bandpegel, z. B. Oktav-Schallleistungspegel, Terz-Schallleistungspegel, ermittelt und angegeben werden. Den Schallleistungspegel bestimmt man in der Regel aus zeitlich (energetisch) gemittelten Schalldruckpegeln oder Schallintensitätspegeln (vgl. Abschn.   2.8). Wegen LpSeq = LpFeq wird meist nur Lpeq geschrieben (vgl. DIN 45635-1 1984) und entsprechend bei LW der Index F bzw. S weggelassen. Die Bewertung des Schallleistungspegels mit der Anzeigedynamik „Impuls“ bei Schallquellen mit ausgeprägten Einzelimpulsen wird gelegentlich auch verwendet (vgl. z. B. VDI 3752, Blatt 1 1993, Blatt 2 1989).

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2.6.3 Schallintensität, Schallintensitätspegel Eine Leistungsgröße, die bei der Ermittlung der Schallabstrahlung von Schallquellen angewendet werden kann, ist die Schallintensität J, siehe auch Abschn. 2.8.6. Sie ist die Schallenergie, die je Zeit- und Flächeneinheit durch ein Flächenelement dS hindurchtritt, das auf einer die Schallquelle umschließenden Hüllfläche liegt. Sie kann durch den zeitlichen Mittelwert des Produktes aus den beiden Schallfeldgrößen Schalldruck p und Schallschnelle v (s. Abschn. 2.2.1 und 2.2.2) beschrieben werden:

J� = p�v. Bei tonalen Schallanteilen mit einem Phasenversatz ϕ zwischen Schalldruck und Schallschnelle folgt dann.

J = p˜ v˜ cos ϕ. Diese Größe bezeichnet man auch als Wirkintensität. Sie resultiert aus dem zeitlich gemittelten aktiven Schallfeldanteil und beschreibt den Energietransport in einem Schallfeld. Die Größe

Jr = p˜ v˜ sin ϕ bezeichnet man dagegen auch als Blindintensität. Sie ist der Betrag des reaktiven Schallfeldanteils und beschreibt die Energiespeicherung (z. B. stehende Welle). Der zeitliche Mittelwert der reaktiven Intensität ist null. In Analogie zum elektrischen Wechselfeld kann man dann die Scheinintensität.

JS =

 J 2 + Jr2 = p˜ v˜ .

definieren. Es gilt tan ϕ = Jr /J . Diese Größe ist ein Maß für die Zuverlässigkeit von Intensitätsbestimmungen auf der Basis von Druckmessungen (siehe (2.29)). Ebenso erhöhen bei der Verwendung gängiger Intensitätssonden (siehe Abschn. 2.8.6) starke reaktive Anteile (z. B. Stehwellen infolge von Reflexionen) den Messfehler durch Phasenfehlanpassung der Mikrofone besonders im tieffrequenten Bereich, vgl. Möser (2012). Reaktive Schallfeldanteile treten z. B. auch im Nahfeld von Schallquellen auf (merklicher Einfluss bei Abständen ≤ 0,6 m, vgl. auch Crocker 1998). Wenn Schalldruck und Schallschnelle in Phase sind (ϕ = 0, z. B. ebene Welle), erhält man für den Betrag der Schallintensität

J = p˜ v˜ .

(2.22)

Dann verschwindet die Blindintensität und es liegt ein rein aktives Schallfeld vor. Im Gegensatz dazu ist das Schallfeld bei ϕ = 90◦ rein reaktiv. Die Richtung des Intensitätsvektors J fällt mit der Richtung der Schallschnelle v zusammen. Mittels eines Schallintensitätsmessgerätes (s. Abschn. 2.8.6) ist es möglich,

2  Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung …

49

direkt die Schallausbreitungsrichtung am Messort zu bestimmen. Die Schallintensitätsmessung kann deshalb vorteilhaft zur Schallquellenanalyse (s. Abschn. 2.9) eingesetzt werden. Durch Integration über die eine Schallquelle einschließende Hüllfläche erhält man die insgesamt von der Schallquelle abgestrahlte Schallleistung ˛ − → P = J� dS (2.23) S

bzw. bei Anwendung der zum Flächenelement dS gehörenden senkrechten Komponenten Jn ˛ P = Jn dS. S

Analog zum Schallleistungspegel wird der Schallintensitätspegel LJ gebildet:

Jn dB; J0

LJ = 10 lg

(2.24)

Jn Zeitlich gemittelte Schallintensität, J0 Bezugswert der Schallintensität (J0 = 10−12 W/m2).

2.6.4 Schallenergiepegel Zur akustischen Kennzeichnung von Schallquellen, die impulsartigen Schall abstrahlen (Impulsschallquellen), dient der Schallenergiepegel LE, der die von einer Impulsschallquelle insgesamt abgestrahlte Schallenergie repräsentiert. Er wird durch Integration der Schallleistung über den Impulsvorgang bis zum völligen Abklingen des Impulses gewonnen:

LE = 10 lg



1 P0 T0

ˆ





P(t)dt dB;

(2.25)

0

P(t) Zeitfunktion der Schallleistung, P0 Bezugsschallleistung (P0 = 10−12 W), T0 Bezugszeit. Der speziell auf T0 = 1 s bezogene Schallenergiepegel wird Einzelereignis-Schallleistungspegel LWA,1 s genannt (z. B. DIN EN 12549 2008; DIN 45635-1 1984; vgl. auch Abschn. 2.4.6). Er kann als Gesamtwert oder in Frequenzbändern ermittelt werden.

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D. Schulz

2.6.5 Schalldruckpegel an festgelegten Messorten Bei Schallquellen mit sehr großen Abmessungen (z. B. Kühltürme) oder wenn aus sicherheitstechnischen Gründen eine Messung in unmittelbarer Nähe der Schallquelle, wie beispielsweise bei Großtransformatoren, nicht durchführbar ist, wird zur Kennzeichnung der Schallemission der Schalldruckpegel am Bezugsradius in der horizontalen Ebene angewandt. Die Messorte, vorzugsweise acht, werden in diesem Fall gleichmäßig über den Umfang eines Messkreises verteilt, in dessen Mittelpunkt sich die Schallquelle befindet. Soll eine Umrechnung der an diesen Messorten ermittelten Schalldruckpegel auf andere Entfernungen erfolgen, dann müssen die Messorte im Fernfeld der Schallquelle liegen. Dies ist im Allgemeinen dann der Fall, wenn der Radius des Messkreises größer als die zweifache maximale Abmessung der Schallquelle ist. Übliche Messabstände sind z. B. bei Großtransformatoren 10 m, bei Ventilatorkühltürmen 25 m.

2.6.6 Emissions-Schalldruckpegel am Arbeitsplatz Eine weitere Größe zur Kennzeichnung der Schallemission einer Maschine ist der Emissions-Schalldruckpegel LpA (auch arbeitsplatzbezogener Emissionswert genannt). Der Emissions-Schalldruckpegel ist der an einem der Maschine fest zugeordneten Arbeitsplatz oder der über einen festgelegten Arbeitsbereich gemittelte, von Fremdgeräusch und Raumrückwirkung (s. unten) bereinigte A-Schalldruckpegel unter festgelegten Aufstellungs- und Betriebsbedingungen. Er ist folglich ebenso wie der Schallleistungspegel eine maschineneigene Kenngröße. Wenn für eine Maschine kein fester Arbeitsplatz oder Arbeitsbereich definiert werden kann, dann werden der höchste Schalldruckpegel, der im Abstand von 1,00 m und 1,60 m über dem Boden oder der Zugangsplattform bestimmt wurde sowie der dazu gehörige Messpunkt angegeben. Bei Maschinen, die impulsartigen Schall abstrahlen, kann zusätzlich der maximale (C-bewertete) Spitzen-Schalldruckpegel LpCpeak (siehe Abschn. 2.4.5) in Maschinennähe (Arbeitsplatz) ermittelt und angegeben werden. Die Verfahren zur Ermittlung des Emissions-Schalldruckpegels sind in der Rahmennorm (DIN EN ISO 11200 2020) und für drei Genauigkeitsklassen in (DIN EN ISO 11201 2010; DIN EN ISO 11202 2010; DIN EN ISO 11203 2010; DIN EN ISO 11204 2019; DIN EN ISO 11205 2009) festgelegt, vgl. Tab. 2.3. Die Emissions-Schalldruckpegel können zusammen mit dem Schallleistungspegel zur Vorausberechnung der am Einsatzort unter realen Betriebsbedingungen beim Betreiber der Maschinen zu erwartenden Lärmsituation angewendet werden (s. Kap. 7), wobei neben der Schallabstrahlung der Einzelmaschine noch die aller weiteren Lärmquellen sowie der Umgebungseinfluss (Aufstellungsraum, reflektierende Wände usw.) zu berücksichtigen sind.

2  Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung …

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Tab. 2.3  Messverfahren zur Bestimmung des Emissions-Schalldruckpegels und Anforderungen an die Messumgebung. (Näheres siehe DIN EN ISO 11200 2020) 11203

11204

Raum

DIN EN ISO 11201

Im Freien oder Im Freien oder in in Räumen (Prüfräume mit Räumen Freifeldbedg.; Betriebsraum mit bes. Anforderungen)

11202

Im Freien oder in Räumen (abhängig von LW -Messung)

Im Freien oder Im Freien oder in Räumen in Räumen

Aufwand

Mittel

Mittel – gering

Abhängig von LW -Messung

Mittel/hoch; punktbezogene Umgebungskorrektur

Hoch; Intensitätsmessgerät erforderlich

In SituMessung

Beschränkt möglich

Möglich

Abhängig von LW -Messung

Bestimmungszweck des Verfahrens

Möglich

Genauigkeit (Klasse)

1 oder 2

2 oder 3

2 oder 3 (wie LW -Messung)

2 oder 3

2

11205

2.6.7 Geräuschemissionsangaben Eine wichtige Möglichkeit zur Lärmminderung an Arbeitsplätzen oder in der Umwelt besteht darin, bereits bei der Planung lärmarme Maschinen vorzusehen. Dies erfordert aber, dass dem Planer bzw. dem zukünftigen Anwender der Maschinen die entsprechenden Emissionswerte, also z. B. der Schallleistungspegel und/oder der Emissions-Schalldruckpegel am Arbeitsplatz bekannt gemacht werden, und dass Ermittlung, Angabe und Nachprüfung der angegebenen (declared) Geräuschemissionswerte, gekennzeichnet durch den Index d (z. B. LWAd, LpAd, vgl. DIN EN ISO 4871 2009), nach einheitlichen Vorschriften erfolgen. Welche Größen im speziellen Fall vom Maschinenhersteller zu ermitteln und in der Betriebsanleitung anzugeben sind, ist in der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG (EG 2006) geregelt (s. Kap. 1, Abb. 1.1). Die Angabe der Geräuschemissionswerte hat mit Bezug auf die Normen, nach denen diese Werte ermittelt wurden, zu erfolgen. Abb. 2.10 zeigt ein Beispiel für die Geräuschangabe nach (DIN EN ISO 4871 2009).

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Abb. 2.10   Beispiel für eine normgerechte Maschinengeräuschangabe (Einwertangabe). (Aus DIN EN ISO 4871 2009)

Falls für eine Maschine noch keine maschinenspezifische Norm existiert, in der das anzuwendende Messverfahren sowie die Betriebs- und Aufstellbedingungen für die Maschine festgelegt sind, so sind stattdessen die Rahmennormen für den • Schallleistungspegel auf der Basis von Schalldruck-Messungen DIN EN ISO 374x – Reihe (DIN EN ISO 3740 2019; DIN EN ISO 3741 2001; DIN EN ISO 3743-1 2011; DIN EN ISO 3743-2 2009; DIN EN ISO 3744 2011; DIN EN ISO 3745 2017; DIN EN ISO 3746 2011; DIN EN ISO 3747 2011), • Schallleistungspegel auf der Basis von Schallintensitäts-Messungen DIN EN ISO 9614 – Reihe (DIN EN ISO 9614-1 2009; DIN EN ISO 9614-2 1996; DIN EN ISO 9614-3 2009) sowie • Emissions-Schalldruckpegel ISO 11200 – Reihe (DIN EN ISO 11200 2020; DIN EN ISO 11201 2010; DIN EN ISO 11202 2010; DIN EN ISO 11203 2010; DIN EN ISO 11204 2019; DIN EN ISO 11205 2009). anzuwenden und die benutzten Betriebs- und Aufstellbedingungen detailliert anzugeben. Die Normen zur Ermittlung der anzugebenden Geräuschemissionswerte und zu deren Nachprüfung erlauben einerseits dem Maschinenhersteller, sein Risiko bei der Festlegung der Werte zu beurteilen und bieten andererseits dem Maschinen- und Geräteanwender die Möglichkeit, die Einhaltung der angegebenen Geräuschemissionswerte zu überprüfen. Bei der Festlegung der Emissionswertangabe kann der Hersteller die Unsicherheiten berücksichtigen, die sowohl bei der Messung durch ihn selbst entstehen, als auch die, die bei der Nachprüfung der Geräuschangabe durch den Anwender auftreten können. Handelt es sich des Weiteren um eine Maschine, die in großen Stückzahlen

2  Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung …

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gefertigt wird, dann kann der Hersteller zusätzlich die während der Fertigung auftretenden Streuungen berücksichtigen. Je genauer ein Erzeugnishersteller alle diese Streuungen kennt, umso besser kann er das Risiko einer Zurückweisung seines Erzeugnisses bei der Überprüfung der Geräuschemissionswerte durch den Abnehmer beurteilen (Anmerkung: Hier und im Folgenden, besonders im Abschn. 2.9, ist auf die unterschiedliche Bedeutung der Begriffe angegebener Geräuschemissionswert und gemessener Geräuschemissionswert zu achten.). Die Wahl des Risikos, d. h. des Zuschlages zum Messwert, obliegt dem Hersteller, der dabei einem Interessenkonflikt ausgesetzt wird. Einerseits möchte er aus Wettbewerbsgründen einen möglichst niedrigen Wert angeben, andererseits wächst aber mit der Angabe von zu niedrigen Werten das Risiko, dass der Nachprüfende (Abnehmer) eine Überschreitung des angegebenen Wertes (LWAd, LpAd) feststellt und das Erzeugnis demzufolge reklamiert. Hinweise zur Festlegung geeigneter Geräuschemissionswerte enthält DIN EN ISO 4871 (2009).

2.7 Verfahren zur Messung der Schallimmission 2.7.1 Vorbemerkungen Schallmessungen an den Aufenthaltsorten von Menschen im Arbeits- und Nachbarschaftsbereich dienen vorrangig der Ermittlung der Lärmbelastung des Menschen. Mithilfe der Messungen werden die Schallimmissionswerte ermittelt und mit den in Gesetzen, Normen, Vorschriften oder Richtlinien festgelegten Grenz-, Richt- oder Orientierungswerten verglichen. Auf der Grundlage des Vergleiches ist dann die Beurteilung der konkreten Lärmbelastung möglich. Im Interesse der einheitlichen Beurteilung sind sowohl die Mess- als auch die Auswerteverfahren weitestgehend festgelegt (s. DIN 45645-1 1996; DIN 45645-2 2012; TA Lärm 1998; DIN 45681 2005; LärmVibrationsArbSchV 2017; VDI 2058-2 2020; VDI 2058-3 2014). Jede Messung lässt sich grob in drei Arbeitsstufen – Vorbereitung, Durchführung und Auswertung der Messung – gliedern.

2.7.2 Vorbereitung der Messung Im Rahmen der Messvorbereitung (Beschaffung der Arbeitsunterlagen [Lage- und Maschinenaufstellpläne], Ortsbesichtigung, Festlegung der Messzeiten [unter Berücksichtigung der Betriebszeit der Lärmquellen, von Störquellen usw.]) sind insbesondere alle Faktoren, die das Messergebnis wesentlich beeinflussen können, kurz Messbedingungen genannt, zu analysieren und im Messprotokoll festzuhalten. Zu den Messbedingungen zählen beispielsweise die Betriebsweise der Maschinen und Anlagen oder

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anderer Lärmquellen einschließlich der Arbeitsgegenstände, bei Messungen in Räumen die akustischen Raumparameter (Raumabmessung, mittlerer Schallabsorptionsgrad, Abschirmungen zwischen Lärmquelle und Nachweisort, geöffnete oder geschlossene Fenster und Türen), bei Messungen im Freien die Schallausbreitungsverhältnisse (meteorologische Bedingungen, Abschirmungen usw.). Die Messergebnisse einer Messung können nur dann auf Zeiträume außerhalb der Messzeit übertragen werden, wenn die geräuschrelevanten Parameter während dieser Zeit mit denen während des Messzeitraumes übereinstimmen oder wenn die Parametereinflüsse auf das Messergebnis quantitativ bekannt sind.

2.7.3 Messdurchführung Die im Vorschriftenwerk festgelegten Lärmgrenzwerte oder Richtwerte gelten sowohl für bestimmte Nachweisorte als auch für festgelegte bzw. empfohlene Zeiträume (z. B. Arbeitsschicht, lärmmäßig ungünstigste zusammenhängende 8 h während des Tages, lauteste Nachtstunde). Zur Prüfung einer gegebenen Lärmsituation sind deshalb die Messungen an den festgelegten Orten und zu den festgelegten Zeiten durchzuführen, wobei zu beachten ist, dass stets alle die Lärmsituation insgesamt bestimmenden Lärmquellen und die charakteristischen Situationen erfasst werden. Eine Verkürzung der Messzeit ist nur dann zulässig, wenn dadurch die Aussagekraft der Messung nicht vermindert wird. Der erforderliche zeitliche Aufwand zur Messwertgewinnung ist von der konkreten Lärmsituation abhängig. Er ist gering, wenn eine eindeutige Grenzwertüberoder Grenzwertunterschreitung vorliegt. Der Aufwand ist sehr hoch, wenn der zu beurteilende Schalldruckpegel nur wenig vom Grenzwert abweicht, s. Abschn. 2.7.4. Grundsätzlich sind drei Messverfahren gegeneinander abgrenzbar: Die kontinuierliche Messung während des gesamten Beurteilungszeitraumes, die Messung während ausgewählter Zeiten innerhalb des Beurteilungszeitraumes und die Stichprobenmessung. Das im konkreten Fall anzuwendende Messverfahren richtet sich nach der Art der Lärmsituation und den für die konkrete Lärmsituation geltenden Vorschriften (z. B. Arbeitslärm, Nachbarschaftslärm) und ist vom Messenden aufgrund seiner Kenntnisse über die betreffende Lärmsituation sowie unter Beachtung der geltenden rechtlichen Festlegungen zu wählen. Die kontinuierliche Messung über den gesamten Messzeitraum setzt keine speziellen Informationen z. B. bei der Messung am Arbeitsplatz über den technologischen Produktionsablauf voraus, da hier naturgemäß alle während des Beurteilungszeitraumes auftretenden Lärmsituationen erfasst werden. Je größer die Kenntnisse des Messenden über die zu beurteilende Lärmsituation sind (z. B. aufgrund von Ortsbesichtigungen oder Arbeitsplatzanalysen), um so gezielter kann der Messzeitraum festgelegt und gegebenenfalls verkürzt werden, ohne dass dadurch die Unsicherheit der Messung wesentlich vergrößert wird.

2  Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung …

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Der zur Beurteilung der Lärmsituation an Arbeitsplätzen erforderliche Beurteilungspegel Lr (s. Abschn. 2.4.4) kann als ortsbezogene Kenngröße (ortsbezogener Lr) oder als personenbezogene Kenngröße (personenbezogener Lr) ermittelt werden. In der Regel wird der Beurteilungspegel für einen festen Arbeitsplatz bestimmt. Dabei wird die Messung ortsfest durchgeführt und die Beurteilung ortsbezogen vorgenommen. Wenn sich die Person an mehreren Arbeitsorten aufhält, kann bei Geräuschpegeln, die im Bereich der Gehörgefährdung liegen, je nach Aufgabenstellung der Beurteilungspegel entweder für die verschiedenen Arbeitsorte getrennt oder für die Person, d. h. personengebunden, gebildet werden. Zum Beispiel werden bei der Festlegung von Lärmbereichen nach (LärmVibrationsArbSchV 2017) die Beurteilungspegel an ortsfesten Arbeitsplätzen (ortsbezogen) bestimmt. Bei der Beurteilung der Geräuschimmission hinsichtlich der individuellen Gehörschädigung wird demgegenüber die personenbezogene Beurteilung herangezogen (Lärmexposition).

2.7.4 Messauswertung Jede Messung ist mit einer gewissen Messunsicherheit behaftet, die aus systematischen und zufälligen Fehlern resultiert. Ursachen für systematische Fehler sind u. a. Messgerätefehler oder Kalibrierfehler. Durch regelmäßige Kalibrierung der Messgeräte gelingt es, die systematischen Fehler klein zu halten, vgl. Abschn. 3.2.5.1. Sind sie unbekannt, dann gehen sie in das Messergebnis ein. Ihre Größe ist in diesem Fall nach Betrag und Richtung abzuschätzen. Den Hauptanteil bei systematischen Fehlern bilden im Allgemeinen die Gerätefehler. Zufällige Fehler werden durch nicht erfassbare Änderungen der Schallabstrahlung des Messobjektes oder der Messbedingungen verursacht. Bei der Wiederholung einer Messung oder bei gleichzeitiger Messung durch verschiedene Personen erhält man zufällig voneinander abweichende Messwerte. Mittels statistischer Verfahren lässt sich auf der Grundlage von mehreren voneinander unabhängigen Einzelmesswerten von einer Größe (z. B. Schalldruckpegel) der wahrscheinliche Wert für den Erwartungswert (Mittelwert) sowie ein Bereich (Vertrauensbereich) berechnen (abschätzen), in dem der Erwartungswert mit einer vorgegebenen statistischen Sicherheit liegt. Der Vertrauensbereich ist umso kleiner, je größer die Anzahl der unabhängigen Einzelmessungen und je kleiner die Streubreite der Einzelmesswerte ist (hinsichtlich Begriffe der Statistik s. z. B. DIN 1319-1 1995). Hinweise zur Abschätzung der Messunsicherheit von Immissionsmessungen enthalten z. B. die entsprechenden Messvorschriften (DIN 45641 1990; DIN 45645-1 1996; DIN 45645-2 2012). Die Beurteilung der untersuchten Lärmsituation wird auf der Grundlage des auf den vorgeschriebenen Bezugszeitraum bezogenen Beurteilungspegels sowie aufgrund der Gesamtmessunsicherheit der Messung vorgenommen. Liegt der Beurteilungspegel im Bereich des Grenzwertes, dann ist, falls die Messunsicherheit der Messung einen vorgeschriebenen Wert überschreitet, durch erhöhten Messaufwand (z. B. größere Anzahl

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von Messungen) oder die Verwendung eines Messsystems einer besseren Genauigkeitsklasse die Messunsicherheit so weit zu vermindern, bis eine eindeutige Beurteilung möglich ist (s. z. B. DIN 45645-2 2012, vgl. auch DIN 45641 1990).

2.8 Verfahren zur Messung der Schallemission, Schallleistungsmessung 2.8.1 Überblick Zwischen den von einer Schallquelle in deren Umgebung erzeugten Schallfeldgrößen Schalldruck p und Schallschnelle v einerseits und der Schallleistung P der Schallquelle andererseits besteht ein funktionaler Zusammenhang, der durch die akustischen Eigenschaften der Umgebung bestimmt ist. Am weitesten verbreitet sind die Verfahren zur Schallleistungsmessung, bei denen die Schallleistung aus dem sich im Fernfeld der Schallquelle aufbauenden Schalldruck bestimmt wird. Abb. 2.11 zeigt als Beispiel die prinzipielle Schallfeldstruktur bei Aufstellung einer kleinen Schallquelle in einem halbhalligen Raum. Es ist aber auch möglich, die Schallleistung mittels einer direkten Schallintensitätsmessung zu bestimmen (s. u.). Der mit Nahfeld bezeichnete Bereich nahe der Schallquellenoberfläche ist u. a. dadurch gekennzeichnet, dass hier aufgrund der Strahlereigenschaften der Schallquelle die beiden Schallfeldgrößen Schalldruck und Schallschnelle nicht in Phase sind (vgl. Abschn. 2.6.3), sodass neben einem Wirkanteil auch ein Blindanteil der Schallenergie auftritt. Mit zunehmendem Abstand von der Strahleroberfläche vermindert sich die Phasenverschiebung zwischen Schalldruck und Schallschnelle, und das Nahfeld geht Abb. 2.11   Schallfeldstruktur in einem halbhalligen Raum. rH Hallradius

2  Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung …

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nahtlos in das Fernfeld über. Die exakte messtechnische Abgrenzung zwischen Nah- und Fernfeld ist nicht möglich. Die Schallfeldarten freies Schallfeld (Freifeld, Direktschallfeld) und diffuses Schallfeld (Hallfeld) werden durch die akustischen Eigenschaften des Raumbereiches, in den die Schallquelle strahlt, geprägt und sind von der Art der Schallquelle unabhängig. Die Grenze zwischen freiem und diffusem Schallfeld kann dort gezogen werden, wo die Energiedichte beider Schallfelder gleich groß ist. Der Abstand vom Schallquellenmittelpunkt (akustisches Zentrum der Schallquelle), bei dem diese Gleichheit eintritt, wird mit Hallradius bzw. Hallabstand rH bezeichnet, s. Kap. 7. Zur Bestimmung der von Schallquellen abgestrahlten Schallleistung auf der Grundlage von Schalldruckpegelmessungen im Fernfeld der Schallquelle stehen drei Messverfahren zur Auswahl: • Messung im freien Schallfeld (Freifeldverfahren), • Messung im diffusen Schallfeld (Hallraumverfahren), • Messung mit Vergleichsschallquelle (Vergleichsverfahren). Während beim Freifeld- und Hallraumverfahren eine der beiden Schallfeldarten – freies bzw. diffuses Schallfeld – wenigstens angenähert vorhanden sein muss, ist dies beim Vergleichsverfahren nicht notwendig. Außerdem ist die Messung im Bereich ebener fortschreitender Wellen möglich. Davon wird u. a. bei der Messung in einem reflexionsfrei abgeschlossenen Kanal zur Bestimmung der von Ventilatoren in einen Kanal eingespeisten Schallleistung Gebrauch gemacht. Alle bisher genannten Messverfahren basieren auf der Messung des Schalldruckpegels in einem Schallfeldbereich, wo zwischen Schalldruck und Schallschnelle die einfache Beziehung p˜ = v˜ /Z0 (Z0 = ̺0 c0 Schallkennimpedanz der Luft) gilt, sodass zur Bestimmung der Schallleistung eine Feldgröße, der Schalldruck p˜ , ausreicht. Eine weitere Voraussetzung für die Anwendung dieser Verfahren ist, dass der von der Schallquelle an den Messorten im Fernfeld bewirkte Schalldruck überwiegt und nicht durch Störschall wesentlich überlagert wird bzw. korrigierbar ist. Das Verfahren der direkten Schallintensitätsmessung, s. Abschn. 2.8.6, ist weniger abhängig von den akustischen Umgebungsbedingungen und erlaubt die Bestimmung der Schallleistung sowohl in gewissen Bereichen des Nahfeldes als auch unter Einwirkung stationärer Störschallquellen. Tab. 2.4 gibt einen Überblick über die genormten Rahmen-Messverfahren. Entsprechend den Anforderungen an die Messumgebung und die Messbedingungen, die wesentlich die Messunsicherheit der Verfahren bestimmen, sind die Verfahren in die Genauigkeitsklassen 1 bis 3 eingeteilt: 1 – Präzisionsverfahren, 2 – Laborverfahren, 3 – Übersichtsverfahren. Für die einzelnen Messverfahren werden die Vergleichsstandardabweichungen σR angegeben, mit denen bei der Ermittlung des Schallleistungspegels nach einem

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Tab. 2.4  Rahmen-Messverfahren zur Bestimmung des Schallleistungspegels von Geräuschquellen (s. DIN EN ISO 3740 2019) Norm

Genauigkeits- Messverfahren klasse

Geräuschart

Vergleichsstandardabweichung σR für LWA*

DIN EN ISO 3741 (2001)

1

Hallraumverfahren

Gleichförmig, breitbandig, schmalbandig, tonal

σR ≤ 0,5 dB

DIN EN ISO 3743-1 (2011)

2

Hallraumverfahren

Gleichförmig, breitbandig, schmalbandig, tonal; keine Einzelimpulse

σR ≤ 1,5 dB

DIN EN ISO 3744 (2011)

2

Freifeldverfahren

Beliebig

σR ≤ 1,5 dB

DIN EN ISO 3745 (2017)

1

Freifeldverfahren

Beliebig

σR ≤ 0,5 dB

DIN EN ISO 3746 (2011)

3

Freifeldverfahren

Beliebig

σR ≤ 3,0 dB tonal: σR ≤ 4,0 dB

DIN EN ISO 3747 (2011)

2 oder 3

VergleichsverGleichförmig, fahren (ausreichend breitbandig, halliges Schall-feld) schmalbandig, tonal

σR ≤ 1,5 dB

DIN EN ISO 9614-1 (2009); DIN EN ISO 9614-2 (1996); DIN EN ISO 9614-3 (2009)

1, 2 oder 3

Intensitätsverfahren Breitbandig, schmalbandig, tonal, sofern stationär

Von Genauigkeitsklasse abhängig: σR ≤ (0,5 . . . 1,5)dB

*σR

für LW ist frequenzabhängig

bestimmten Messverfahren zu rechnen ist. Diese Standardabweichungen beinhalten alle nicht korrigierbaren Fehler, die bei der normgerechten Ermittlung des Schallleistungspegels unter Vergleichsbedingungen, d. h. bei Wiederholung der Messungen durch andere Messpersonen in einer anderen Messumgebung und mit anderen Messgeräten an derselben Schallquelle auftreten können – zeitliche Konstanz der Schallleistung der geprüften Maschine vorausgesetzt. Auf der Grundlage der Vergleichsstandardabweichung lässt sich die Messunsicherheit der Messung LR angeben. Bei einer in der akustischen Messtechnik üblichen Wahrscheinlichkeit von P = 95 %, Annahme normalverteilter Schallleistungspegel LW und beiderseitiger Schranken nach oben und unten gilt (vgl. z. B. DIN 45641 1990)

2  Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung …

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1,96 �LR = √ σR ; n Messunsicherheit bei der Bestimmung des Schallleistungspegels unter VerLR  gleichsbedingungen, σR Vergleichsstandardabweichung des Messverfahrens, n Anzahl der Messungen unter Vergleichsbedingungen. Der wahre Wert liegt also im Intervall Lm ∓ LR, wobei Lm der arithmetische Mittelwert der gemessenen Pegel ist. In der Praxis ist die mehrfache Wiederholung der Schallleistungsermittlung unter Vergleichsbedingungen an einer Maschine nur selten möglich, sodass die verfahrensbedingte Messunsicherheit für die gleichen Bedingungen wie oben �LR = 1,96 σR beträgt (DIN 45641 1990; vgl. auch Hoffmann 2002). Zu dieser, allein durch das angewendete Messverfahren bedingten Messunsicherheit können weitere Unsicherheiten bei der Schallleistungsermittlung hinzukommen, z. B. durch nicht erkennbare oder nicht reproduzierbare Änderungen des Betriebszustandes der Maschine, die die Schallabstrahlung bei der Messung beeinflussen können. In derartigen Fällen ist es erforderlich, die Messungen unter Wiederholbedingungen, also durch Messungen an der Maschine in derselben Prüfumgebung, mit denselben Messgeräten usw. durchzuführen. Da für die Messungen unter Wiederholbedingungen an einer konkreten Maschine die Standardabweichung der Grundgesamtheit unbekannt ist, muss σR durch die Standardabweichung s der Stichproben (Einzelmessungen) ersetzt werden. Bei kleinem Stichprobenumfang (≤20) weicht die Verteilung des Stichprobenmittelwertes von der Normalverteilung ab und folgt einer t -Verteilung, die ihrerseits außer von der statistischen Sicherheit noch vom Stichprobenumfang abhängt. Die Messunsicherheit LB (B nicht erkennbare oder nicht reproduzierbare Änderungen des Betriebszustandes) ergibt sich folglich zu (DIN 45641 1990; vgl. auch Hoffmann 2002)

t LB = √ s n

s=



1 n (LWi − LW )2 i=1 n−1

LW =

1 n LWi ; i=1 n

√ t -Verteilung (Werte für t/ n, s. Tab. 2.5), t  s Standardabweichung der Stichprobenmessung, LWi Schallleistungspegel einer Einzelmessung.

(2.26)

(2.27)

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√ Tab. 2.5  t/ n-Werte bei einer statistischen Sicherheit P = 95 %. n Anzahl der Messwerte n

√ t/ n

3

4

5

6

8

10

16

20

2,48

1,59

1,24

1,05

0,84

0,72

0,53

0,47

Entsprechend dem Charakter der verfahrens- und betriebsbedingten Messunsicherheiten berechnet sich die resultierende Messunsicherheit Lges bei der Ermittlung des Schallleistungspegels einer Maschine zu

Lges =

 LR2 + LB2 .

Das Gesamtergebnis ist somit in der Form LW ± Lges darzustellen, wobei LW der analog nach Gl. (2.4) aus den Schallleistungspegeln (A-Schallleistungspegel, Bandschallleistungspegel) der Einzelmessungen LWi gebildete mittlere Schallleistungspegel (A-Schallleistungspegel, Bandschallleistungspegel) ist.

2.8.2 Freifeldverfahren 2.8.2.1 Messprinzip Die von einer Schallquelle abgestrahlte Schallleistung P ergibt sich aus der Schallintensität J, die durch eine die Schallquelle einhüllende Messfläche S hindurchtritt, gemäß ˛ − → P = J� dS. (2.28) Bei Anordnung der Messfläche im Bereich des freien Schallfeldes und im Fernfeld der Schallquelle sowie bei Anwendung einer Messfläche, die so geformt ist, dass sie von der Schallschnelle v senkrecht durchsetzt wird (s. Abb. 2.12), kann die Messung der Schallintensität auf eine Schalldruckpegelmessung an sehr vielen Messorten auf der Messfläche zurückgeführt werden. Die von der Schallquelle entweder in ein allseitig freies Schallfeld oder in ein freies Schallfeld über einer schallreflektierenden Fläche (Semi-Freifeld) abgestrahlte Schallleistung wird dann aus dem zeitlich und über die Messfläche gemittelten Schalldruckquadrat sowie aus der Messfläche S berechnet: ˛ p˜ 2 dS P= (2.29) ̺0 c0 bzw. in Pegelschreibweise

LW = Lp + 10 lg

S dB; S0

(2.30)

2  Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung …

a

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b

Abb. 2.12   Dem Strahlertyp angepasste Messflächen (Beispiele). a kompakte Quelle (lmax < ), Radius der Messfläche: R > 2lmax, b langgestreckte Quelle (B, H < , L ≫ ), Radius der Messfläche: R > (2B, 2H); R ≪ L. L, B, H Abmessungen der Schallquelle, R Messflächenradius, S − → Messfläche, J Vektor der Schallintensität, dS Vektor der Flächennormale des Flächenelementes dS

Lp zeitlich und räumlich gemittelter Schalldruckpegel auf der Messfläche (Messflächenschalldruckpegel), S Messfläche, S0 = 1 m2 Bezugsmessfläche, 10 lg SS0 dB Messflächenmaß, Z0 = ̺0 c0 Schallkennimpedanz der Luft.

2.8.2.2 Messunsicherheit In der Praxis sind die Voraussetzungen, die zur Gl. (2.29) führen, oft nicht erfüllt. Zu den allgemeinen Fehlern bei Schalldruckpegelmessungen treten deshalb weitere Fehler hinzu. Dies sind im wesentlichen Nahfeldfehler, Winkelfehler, Umgebungseinflussfehler und Abtastfehler (Hübner 1973), wobei die drei erstgenannten Fehler zu einem zu großen Schallleistungspegel führen. Zum besseren Verständnis dieser Fehler werden im Folgenden die Näherungen, die letztlich zur Gl. (2.29) führten, betrachtet. Nahfeldfehler Bei Betrachtung sinusförmiger Größen kann für Gl. (2.28) mit (2.22) geschrieben werden (siehe Abschn. 2.6.3): ˛ − → − → P = p˜ v˜ cos(p, v) dS;

− → p˜ v˜ Effektivwert von Schalldruck und Schallschnelle, cos(p, v) Phasenverschiebung zwischen Schalldruck und Schallschnelle. Im Fernfeld der Schallquelle gilt die Näherung (vgl. Abschn. 2.6.3)

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p˜ v˜ cos(p, v) ≈

1 2 p˜ ; ̺0 c0

Z0 = ̺0 c0  Schallkennimpedanz der Luft. Diese Näherung gilt umso besser, je größer der Abstand der Messorte von der Oberfläche der Schallquelle und je höher die Frequenz ist. Untersuchungen von (Hübner 1973) an praktischen Schallquellen ergaben, dass bei Messungen auf Hüllflächen in 1 m Abstand von der Schallquellenoberfläche der Nahfeldfehler infolge der genannten Näherung < 1 dB ist. Winkelfehler Bei der Betrachtung des Nahfeldfehlers wurde angenommen, dass die Schallintensität an allen Stellen senkrecht durch die Messfläche hindurchtritt, d. h., dass eine Messfläche zur Anwendung kommt, die der Schallfeldstruktur angepasst ist (z. B. bei einem Kugelstrahler eine kugelförmige Messfläche, bei einem Linienstrahler eine zylinderförmige Messfläche gemäß Abb. 2.12), sodass näherungsweise

1 P≈ ̺0 c0

˛

p˜ 2 dS

geschrieben werden kann. Für reale Schallquellen lassen sich derartige Messflächen nicht ohne Weiteres angeben, da sich die Schallfeldstruktur nur durch umfangreiche Voruntersuchungen ermitteln lässt. Der Fehler, der dadurch entsteht, dass die Schallintensität die Messfläche nicht senkrecht durchsetzt, wird Winkelfehler genannt. Er ist umso kleiner, je größer der Messabstand und je besser die Messflächenform der Schallfeldstruktur angepasst ist. In der Praxis werden z. B. bei Präzisionsmessungen kugelförmige bzw. halbkugelförmige Messflächen mit einem Radius R ≥ 2 lmax (lmax maximale Schallquellenabmessung) angewendet. Bei geringen Anforderungen an die Messgenauigkeit sind auch quaderförmige Messflächen zulässig (s. Abb. 2.13). Abtastfehler Die Integration des Schalldruckquadrates nach Gl. (2.28) erfordert eine lückenlose Erfassung des Schalldruckes über der Messfläche. Praktisch ist dies nicht möglich, und es entsteht durch den Übergang von der Integration nach Gl. (2.29) zur Summenbildung gemäß n 1  2 p˜ Si ; P≈ ̺0 c0 i=1 i

p˜ 2i Quadrat des Effektivwertes des Schalldruckes im Bereich der i-ten Teilfläche Si, Si i-te Teilfläche.

2  Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung …

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Abb. 2.13   Messflächen nach (DIN EN ISO 3744 2011; DIN EN ISO 3745 2017; DIN EN ISO 3746 2011): a quaderförmige Messfläche; b halbkugelförmige Messfläche. d Messabstand, R Radius der Messfläche, lmax maximale Linearabmessung des Prüfobjektes

ein Fehler, der Abtastfehler, dessen Größe von der Streuung des Schalldruckes auf den Teilflächen abhängt. In der Praxis wird die Gesamtmessfläche meist in gleich große Teilflächen zerlegt und jeder Teilmessfläche ein Messort zugewiesen, sodass anstelle der gewichteten Mittelwertbildung die einfache Beziehung nach Gl. (2.30) tritt. Der Abtastfehler ist dann außerdem noch von der Richtcharakteristik der Schallquelle und der Anzahl der Messorte auf der Messfläche abhängig. Die Anzahl der Messorte wird in Abhängigkeit von der Genauigkeitsklasse der Messverfahren festgelegt. Beim Präzisionsverfahren muss die Anzahl der Messorte mindestens doppelt so groß und beim technischen Verfahren mindestens ebenso groß sein wie die Differenz in Dezibel zwischen dem höchsten und dem niedrigsten auf der Messfläche ermittelten Schalldruckpegel, wenn die Geräuschquelle an eine reflektierende Ebene angrenzt (näheres siehe DIN EN ISO 3744 2011; DIN EN ISO 3745 2017; DIN EN ISO 3746 2011). Anstelle diskreter Messorte ist auch die Anwendung von Mikrofonpfaden, insbesondere bei halbkugel- oder kugelförmigen Messflächen, möglich. Umgebungseinflussfehler Die Messumgebung entspricht selten dem Idealfall eines Freifeldes oder Semi-Freifeldes. Vielmehr wird das Schallfeld im Messflächenbereich mehr oder weniger stark durch Reflexionsschall infolge in der Nähe befindlicher schallreflektierender Flächen (z. B. Raumbegrenzungsflächen, Maschinen) beeinflusst. Im Allgemeinen wächst der Umgebungseinfluss mit zunehmendem Abstand der Messfläche von der Schallquelle. Um den Umgebungseinflussfehler klein zu halten, müsste man also den Messabstand klein wählen. Dem steht aber die damit verbundene Vergrößerung des Nahfeld- und des Winkelfehlers entgegen. Man nimmt aus diesem Grund zumindest beim technischen Verfahren und beim Orientierungsverfahren einen gewissen Umgebungseinflussfehler in

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Kauf und gleicht diesen durch die Umgebungskorrektur K2 aus. Je nach gewünschter Genauigkeit beträgt die maximal zulässige Umgebungskorrektur 4 dB (Klasse 2) oder 7 dB (Klasse 3) (s. DIN EN ISO 3740 2019). Beim Präzisionsverfahren werden strenge Kriterien für Prüfräume vorgegeben, sodass eine Umgebungskorrektur entfallen kann. Die Umgebungskorrektur kann sowohl rechnerisch als auch messtechnisch ermittelt werden (vgl. DIN EN ISO 3744 2011, Anhang A). Die Ermittlung basiert hierbei auf der Annahme einer Schallfeldstruktur, wie sie in halbhalligen Räumen entsprechend Abb. 2.11 anzutreffen ist. Die Berechnung wird auf der Grundlage der Messflächengröße S und der äquivalenten Schallabsorptionsfläche A durchgeführt, wobei die äquivalente Schallabsorptionsfläche auch geschätzt sein darf. Messtechnisch kann die Umgebungskorrektur entweder nach dem „ZweiFlächen-Verfahren“, bei dem der mittlere Schalldruckpegel auf zwei unterschiedlich großen Messflächen bestimmt und aus den Differenzen zwischen den einzelnen Messflächenschalldruckpegeln die Umgebungskorrektur K2 berechnet wird, oder unter Zuhilfenahme einer Vergleichsschallquelle (absoluter Vergleichstest) ermittelt werden. Beim absoluten Vergleichstest wird eine Vergleichsschallquelle, deren Schallleistungspegel bekannt ist, anstelle der zu prüfenden Maschine aufgestellt. Aus dem auf der Messfläche ermittelten mittleren Schalldruckpegel LpR , der Messfläche S und dem Schallleistungspegel LWR der Vergleichsschallquelle ergibt sich die Umgebungskorrektur für die betreffende Messfläche zu

K2 = LpR + 10 lg(S/S0 ) dB − LWR ; S0 = 1 m2 Bezugsfläche. Dieses Verfahren setzt keine bestimmte Schallfeldstruktur voraus und liefert infolgedessen im Allgemeinen genauere Korrekturwerte als die anderen Verfahren. Weitere Umgebungseinflussfehler sind zu erwarten, wenn Messungen unter voneinander abweichenden meteorologischen Bedingungen und/oder unter dem Einfluss von Störschallquellen ausgeführt werden. Der erstgenannte Einfluss ist gering und liegt, wenn die Abweichungen des Luftdruckes und der Temperatur von den Normal15 K nicht übersteigen, bei bedingungen ( p0 = 100 kPa, t = 20 ◦ C) ± 25  hPa bzw. ±  jeweils etwa 0,1 dB. Dieser Einfluss wird deshalb nur bei Präzisionsmessungen durch die Korrektur C1 berücksichtigt: ̺0 c0 dB; C1 = −10 lg (̺c)0

Z0 = ̺0 c0 Schallkennimpedanz der umgebenden Luft während der Messung [bei 20 °C und 1000 hPa ist ̺0 c0 = 408 N · s/m3] (̺ c)0 = 400 N · s/m3 Bezugs-Schallkennimpedanz wegen P0 = 1 pW und p0 = 20 µPa. (Anmerkung: In (DIN EN ISO 3744 2011) und (DIN EN ISO 3746 2011) werden die Korrekturen mit K0 . . . K2 bezeichnet, in (DIN EN ISO 3745 2017) dagegen mit C1 . . . C3 mit entgegengesetztem Vorzeichen und geänderter Bedeutung, vgl. (2.31).)

2  Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung …

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Störgeräusche, z. B. verursacht durch Luftströmungen am Mikrofon oder durch Störschallquellen, können durch geeignete Maßnahmen (Anwendung von Windschutzeinrichtungen, Abschirmung, Kapselung usw.) vermindert oder – falls sie unvermeidbar sind und in vorgeschriebenen Grenzen bleiben – korrigiert werden (s. Abschn. 2.3.2). Das Verfahren nach Klasse 1 setzt dagegen voraus, dass die Störgeräusche je nach Terzband mindestens 6 bzw. 10 dB niedriger als die Pegel der zu messenden Quelle sind oder alternativ einen vorgegebenen Absolutpegel nicht überschreiten. Unter Berücksichtigung der korrigierten Fehlereinflüsse erhält man für den Schallleistungspegel

LW = Lp + 10 lg(S/S0 ) dB − K1 − K2 ; (für Klasse 2 bzw. 3: DIN EN ISO 3744 2011; DIN EN ISO 3746 2011)

LW = Lp + 10 lg(S/S0 ) dB + C1 + C2 + C3 ;

(2.31)

(für Klasse 1: DIN EN ISO 3745 2017)

Lp = 10 lg

   n 1 100,1Lpi /dB dB; i=1 n

Lpi Schalldruckpegel am i-ten Messort, S Messfläche, S0 = 1 m2 Bezugsfläche, K2 Umgebungskorrektur, K1 Störpegelkorrektur, C1 Korrektur für Luftdruck und Temperatur (Kennimpedanzkorrektur), Korrektur der Strahlungsimpedanz (Anpassung an meteorologische C2  Bedingungen der maschinenspezifischen Geräuschmessnorm), C3 Korrektur der Luftabsorption.

2.8.3 Hallraumverfahren 2.8.3.1 Messprinzip Strahlt eine Schallquelle stationären Schall in einen Raum, der allseitig durch schallreflektierende Flächen begrenzt ist, dann stellt sich in diesem Raum ein eingeschwungener Zustand ein, bei dem ein Gleichgewicht zwischen der von der Schallquelle abgestrahlten Schallleistung P und der von den Raumbegrenzungsflächen, den im Raum befindlichen Gegenständen und der in der Luft absorbierten Schallleistung besteht: P=

1 p˜ 2 A; 4 ̺0 c0

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D. Schulz

p˜ 2 räumlicher Mittelwert des Schalldruckquadrates im Bereich des diffusen Schallfeldes, A äquivalente Schallabsorptionsfläche des Raumes und in Pegelschreibweise

LW = Lp + 10 lg

A dB; A0

(2.32)

Lp räumlich und energiemäßig gemittelter Schalldruckpegel, A0 = 4 m2 Bezugswert der äquivalenten Schallabsorptionsfläche. Die Bestimmung der Schallleistung nach (2.32) wird auch als Direktverfahren bezeichnet. Eine Sonderform des Hallraumverfahrens stellt die Messung mittels Vergleichschallquelle dar (DIN EN ISO 3743-1 2011, als Option auch in DIN EN ISO 3741 2001; DIN EN ISO 3743-2 2009; vgl. Abschn. 2.8.4). Das Hallraumverfahren nach (DIN EN ISO 3743-1 2011) und (DIN EN ISO 3743-2 2009) ist nicht bei Schallquellen anwendbar, die einzelne Schallimpulse abstrahlen, da dann nicht mehr von einem eingeschwungenen Gleichgewichtszustand zwischen abgestrahlter und absorbierter Schallleistung ausgegangen werden kann.

2.8.3.2 Messunsicherheit Ebenso wie beim Freifeldverfahren wird die Messunsicherheit des Hallraumverfahrens durch eine vom idealen Schallfeld abweichende Messumgebung und durch Art und Umfang der Stichprobennahme bei der Messung beeinflusst. Die Messunsicherheit ist beim Hallraumverfahren insbesondere im unteren und oberen Frequenzbereich etwas größer als beim Freifeldverfahren (s. Hübner 1973). Messumgebungseinfluss Die Messumgebung wird in erster Linie von den akustischen Eigenschaften des Messraumes geprägt. Im Interesse eines möglichst guten diffusen Schallfeldes wird angestrebt, dass im Messraum im Messbereich • Ausreichend viele Raumeigenfrequenzen je Terz angeregt werden, • die Eigenfrequenzen gleichmäßig verteilt sind, • sich das Schallfeld über einen möglichst großen Raumbereich erstreckt. Die Anzahl der Raumeigenfrequenzen je Frequenzband ist vom Volumen des Raumes abhängig. Daraus ergibt sich für eine untere Terzgrenzfrequenz eine Forderung für ein Mindestvolumen (vgl. Sinambari und Sentpali 2014).   1000 3 ; V≈ fterz

V Mindestvolumen des Messraumes in m3, fterz untere Terzmittenfrequenz in Hz.

2  Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung …

67

Obige Formel entspricht einer Anregung von ca. 70 Raumeigenfrequenzen innerhalb einer Terz. Je größer das Volumen des Raumes ist, umso niedriger ist der Frequenzbereich, ab dem Messungen im diffusen Schallfeld möglich sind. Andererseits darf das Raumvolumen nicht beliebig groß werden, da mit wachsendem Raumvolumen die Luftabsorption die Ausbildung eines diffusen Schallfeldes zunehmend verhindert. Beide Forderungen – Mindestvolumen wegen einer ausreichenden Anzahl Eigenfrequenzen, Maximalvolumen wegen Begrenzung des Einflusses der Luftabsorption – führen bei vorgegebenem Frequenzbereich zur Einschränkung möglicher Hallraumvolumina, Details siehe jeweils (DIN EN ISO 3741 2001) bis (DIN EN ISO 3743-2 2009). Die Verteilung der Eigenfrequenzen in einem Rechteckraum wird maßgeblich durch die Raumform, insbesondere durch die Seitenlängenverhältnisse, bestimmt. Die günstigsten Seitenlängenverhältnisse sind den entsprechenden Messnormen (z. B. DIN EN ISO 3741 2001) zu entnehmen, ganzzahlige Seitenlängenverhältnisse sind zu vermeiden. Darüber hinaus hat sich die Schiefstellung der Wände (5° bis 10° Abweichung vom rechten Winkel) als günstig hinsichtlich der Verteilung der Eigenfrequenzen erwiesen. Damit sich das diffuse Schallfeld über einen möglichst großen Raumbereich erstreckt, sollte die äquivalente Schallabsorptionsfläche bzw. der mittlere Schallabsorptionsgrad des Messraumes möglichst klein sein (α ≤ 0,05). Dies lässt sich durch sehr glatte Wandflächen, die gespachtelt oder lackiert sind, erreichen. Andererseits strebt man bei niedrigen Frequenzen zwecks Verminderung der örtlichen Schalldruckpegelschwankungen eine gewisse Überlappung der Eigenschwingungen des Raumes an, was einen höheren Schallabsorptionsgrad (α ≈ 0,15) erfordert. Hierzu setzt man im unteren Frequenzbereich wirksame Resonanzabsorber ein. Dies ist auch im Hinblick auf die Verminderung der vornehmlich bei tiefen Frequenzen ausgeprägten Ortsabhängigkeit der Strahlungsimpedanz im Hallraum vorteilhaft. Die Ortsabhängigkeit der Strahlungsimpedanz im Hallraum bewirkt, dass bei unterschiedlichen Aufstellorten der Schallquelle unterschiedliche Schallleistungspegel ermittelt werden können, wobei in Extremfällen die Differenzen bis zu 20 dB betragen können. Die Differenzen sind umso kleiner, je breitbandiger die Schallquelle strahlt, je größer ihre Abmessungen – verglichen mit der Luftschallwellenlänge – sind und je mehr Eigenfrequenzen des Raumes gleichzeitig angeregt werden. Mittels rotierender Diffusoren, die die Strahlungsimpedanz kontinuierlich ändern, oder durch Aufstellung der Schallquelle an verschiedenen Orten im Raum kann die durch die Raumrückwirkung verursachte Messunsicherheit wesentlich vermindert werden (Tichy 1977). Die bei Schallabsorptionsgradmessungen im Hallraum zur Anwendung kommenden ortsfesten Diffusoren sind bei Schallleistungsmessungen aufgrund ihrer Abmessungen und der damit verbundenen Einschränkungen möglicher Mikrofonpositionen nicht vorteilhaft.

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Stichprobennahme Zur Bildung des räumlichen Mittelwertes des Schalldruckpegels sind die Messungen entweder an diskreten Messorten oder längs eines Mikrofonpfades vorzunehmen. Um sicherzustellen, dass bei diskreter Messortverteilung die einzelnen Messwerte nicht miteinander korrelieren, muss der Messabstand zwischen den Messorten mindestens der halben Luftschallwellenlänge bei der Messfrequenz entsprechen. Der gleiche Abstand gilt auch für unterschiedliche Aufstellorte der Schallquelle. Die Anzahl der anzuwendenden Messorte und Aufstellorte der Schallquelle ist bei vorgegebener Messunsicherheit von den akustischen Eigenschaften des Messraumes und von der Spektrumsform des von der Schallquelle abgestrahlten Schalls (breitbandig, schmalbandig, tonal) abhängig und kann aus den räumlichen Schalldruckpegelschwankungen bei Betrieb der zu prüfenden Schallquelle abgeleitet werden (DIN EN ISO 3741 2001 bis DIN EN ISO 3743-2 2009). Bei der Festlegung der Messorte ist außerdem zu beachten, dass die Schallenergiedichte sowohl im wandnahen als auch im schallquellennahen Bereich infolge der Interferenz zwischen auffallender und reflektierter Schallwelle ansteigt. Da sich die Schallenergie in diesen Bereichen nicht hinreichend sicher messen lässt, werden die Messorte außerhalb dieser Bereiche, die sich bis zu einem Abstand von etwa /4 ( Luftschallwellenlänge bei der Messfrequenz) von den Reflexionsflächen aus erstrecken, angeordnet. Die erhöhte Schallenergiedichte in diesen Bereichen wird bei Präzisionsmessungen durch ein Korrekturglied K01 (DIN EN ISO 3741 2001) berücksichtigt (Waterhouse-Term):   S dB; K01 = 10 lg 1 + 8V

S Oberfläche des Messraumes, V Messraumvolumen,  Luftschallwellenlänge bei der Messfrequenz. Die durch die Art der Stichprobennahme bewirkten Messunsicherheiten sind nicht korrigierbar. Sie werden deshalb durch entsprechende Forderungen an den Messraum, die Aufstellung der zu prüfenden Schallquelle und durch Vorgabe der Art und des Umfanges der Stichprobennahme in vorgegebenen Grenzen gehalten. Der Einfluss des Messraumes (Absorption) kann durch einen Term 4,34 AS dB berücksichtigt werden. Ebenso wie beim Freifeldverfahren sind auch hier auftretende unvermeidbare Störgeräusche entsprechend (2.6) zu korrigieren, hier aber für jeden Messpunkt separat. Gegebenenfalls ist auch die Kennimpedanzkorrektur C2 (vgl. (2.31)) zu berücksichtigen, sodass sich der Schallleistungspegel LW berechnet nach   S A A (2.33) dB + 4,34 dB + 10 lg 1 + dB + C1 + C2 − 6 dB LW = Lp + 10 lg A0 S 8V

2  Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung …

Lp = 10 lg

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   n 1 100,1Lpi /dB dB; i=1 n

Lpi Korrigierter Schalldruckpegel am i-ten Messort, A äquivalente Schallabsorptionsfläche des Messraumes, A0 = 1 m2 Bezugswert der äquivalenten Schallabsorptionsfläche, S Gesamtoberfläche des Hallraumes, V Volumen des Hallraumes,  Luftschallwellenlänge bei der Messfrequenz, Korrektur zur Berücksichtigung der unterschiedlichen C1  Bezugskenngrößen für Schalldruckpegel und Schallleistungspegel (abhängig von Luftdruck und Temperatur), Korrektur der Strahlungsimpedanz (Anpassung an meteorologische C2  Bedingungen der maschinenspezifischen Geräuschmessnorm).

2.8.4 Vergleichsverfahren 2.8.4.1 Messprinzip Das Vergleichsverfahren basiert auf dem Vergleich zwischen den von einer Schallquelle mit bekannter Schallleistung (Vergleichsschallquelle) an festgelegten Messorten erzeugten Schalldruckpegeln mit den von der zu prüfenden Schallquelle an den gleichen Messorten erzeugten Schalldruckpegeln. Der Schallleistungspegel LW der Schallquelle berechnet sich dann nach LW = Lp + LWR − LpR ;

(2.34)

Lp über alle Messorte gemittelter Schalldruckpegel bei Betrieb der Schallquelle, LWR Schallleistungspegel der Vergleichsschallquelle, LpR über alle Messorte gemittelter Schalldruckpegel bei Betrieb der Vergleichsschallquelle. Auf die gemessenen Schalldruckpegel ist eine Fremdgeräuschkorrektur nach Gl. (2.6) anzuwenden. Vorzugsweise wird die Vergleichsschallquelle entsprechend Abb. 2.14 anstelle der zu prüfenden Schallquelle aufgestellt (Substitutionsverfahren). Es ist aber auch möglich, die Vergleichsschallquelle auf oder in unmittelbarer Nähe der zu prüfenden Schallquelle anzuordnen (DIN EN ISO 3747 2011). Die akustischen Umgebungsverhältnisse können sowohl dem freien als auch dem diffusen Schallfeld angenähert sein. Entsprechend werden auch die Messorte festgelegt, d. h. entweder auf einer Messfläche oder gemäß dem Hallraumverfahren. Die Durchführung der Messungen speziell in Hallräumen wird in (DIN EN ISO 3743-2 2009) beschrieben.

70

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a

b

Abb. 2.14   Vergleichsverfahren – Messanordnung. a Messung im Freifeld; b Messung im halligen Raum. LWR Schallleistunspegel der Vergleichsquelle, LpR mittlerer Schalldruckpegel bei Betrieb der Vergleichsquelle, Lp mittlerer Schalldruckpegel bei Betrieb des Prüfobjektes, LW Schallleistungspegel des Prüfobjektes

2.8.4.2 Messunsicherheit Die Messunsicherheit des Vergleichsverfahrens ergibt sich u. a. aus • den Unterschieden in der Schallabstrahlung hinsichtlich Zeitfunktion und Richtcharakteristik sowie den unterschiedlichen geometrischen Abmessungen von Schallquelle und Vergleichsschallquelle, • der zweimaligen Schalldruckpegelmessung. Die Messunsicherheit ist unter hallfeldähnlichen Umgebungsbedingungen kleiner als unter freifeldähnlichen, da im ersten Fall die Unterschiede in der Schallabstrahlung zwischen Schallquelle und Vergleichsschallquelle durch den Messraum mehr oder weniger stark ausgeglichen werden. Das Messverfahren ist nicht bei Schallquellen anwendbar, die impulsartigen Schall (Einzelimpulse) abstrahlen oder die eine ausgeprägte Richtcharakteristik aufweisen.

2  Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung …

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2.8.5 Kanalverfahren 2.8.5.1 Messprinzip Das Kanalverfahren (vgl. DIN EN ISO 5136 2003), das vorrangig zur Ermittlung des Schallleistungsanteils angewendet wird, der von Strömungsmaschinen (z.  B. Ventilatoren) in angeschlossene Kanäle eingestrahlt wird, basiert auf der Messung des Schalldruckes innerhalb des Kanals im Bereich ebener fortschreitender Wellen (s. Abb. 2.15). Der Schallleistungspegel ergibt sich analog zum Freifeldverfahren nach der einfachen Beziehung S (2.35) LWK = Lp + 10 lg dB − K0 ; S0 Lp mittlerer Schalldruckpegel in der Querschnittsfläche des Messkanals, K0 = −C1 Kennimpedanzkorrektur (vgl. Abschn.  2.8.2.2). S Querschnittsfläche des Messkanals, S0 = 1 m2 Bezugsfläche,

2.8.5.2 Messunsicherheit Die Grundvoraussetzungen für die Ausbildung ebener fortschreitender Wellen in einem Kanal sind: • keine Schallreflexion am Kanalende (unendlich langer oder reflexionsfrei abgeschlossener Kanal), • keine Kanaleigenschwingungen (Kanalmoden) in radialer Richtung und in Umfangsrichtung des Kanals (Kanalquerschnitt kleiner als die halbe Luftschallwellenlänge). Die Messunsicherheit des Verfahrens resultiert in erster Linie aus der Nichterfüllung der genannten Voraussetzungen in der Praxis. Im Frequenzbereich, in dem die Luftschallwellenlänge vergleichbar oder größer als der Kanaldurchmesser ist, erfolgt am Kanalende eine Reflexion der sich im Kanal ausbreitenden Schallwellen. Diese Schallreflexion

Abb. 2.15   Kanalverfahren – Messanordnung. 1 Ventilator, 2 Anschlussmöglichkeit für aerodynamische Mess- und Drosseleinrichtung, 3 reflexionsarmer Kanalabschluss, 4 Kanal, 5 elastische Verbindung, 6 Messkanal, 7 Messebene

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führt bei einem Kanal endlicher Länge zur Ausbildung stehender Wellen in Kanallängsrichtung und damit zu einer orts- und frequenzabhängigen Schalldruckpegelverteilung in Kanallängsrichtung und zu einer wechselnden Eingangsimpedanz des an den Ventilator angeschlossenen Messkanals. Diese unterschiedliche akustische Belastung bewirkt eine Änderung der vom Ventilator in den Kanal eingespeisten Schallleistung (Müller und Möser 2004; Cremer 1971). Durch einen reflexionsfreien Kanalabschluss, dessen Reflexionsfaktor den Wert von 0,2 nicht überschreiten sollte, wird die Ausbildung stehender Wellen in Kanallängsrichtung weitestgehend unterbunden und gleichzeitig eine äußere „Normimpedanz“, die in etwa der Schallkennimpedanz der Luft entspricht, geschaffen. Die Messunsicherheit infolge stehender Wellen in Kanallängsrichtung ist umso geringer, je kleiner der Reflexionsfaktor und je größer die Messbandbreite ist. Neben der Schallreflexion am Kanalende treten oberhalb der Kanalgrenzfrequenz fgr, die bei Kanälen ohne Strömung mit Kreisquerschnitt bei fgr = 0,586 c0 /D (c0 Schallgeschwindigkeit in Luft, D Kanaldurchmesser) liegt, Eigenschwingungen in radialer Richtung und in Umfangsrichtung (Kanalmoden) auf, die zu einer ortsabhängigen Schalldruckpegelverteilung in der Kanalquerschnittsebene führen. Zur Bestimmung der in den Kanal von der Schallquelle eingespeisten Schallleistung muss, wenn die Messung oberhalb der Kanalgrenzfrequenz ausgeführt wird, die Schallenergie aller ausbreitungsfähigen Kanalmoden berücksichtigt werden. Dies erfordert eine gewichtete Mittelung des Schalldruckpegels. Unter Berücksichtigung der Richtcharakteristik des Mikrofons (gegebenenfalls einschließlich Windschutzeinrichtung) ergeben sich in Abhängigkeit vom Kanaldurchmesser unterschiedliche radiale Mikrofonpositionen für eine geeignete Energiemittelung (Bolleter et al. 1973). Mit zunehmender Frequenz oberhalb der Kanalgrenzfrequenz erhöht sich die Anzahl der sich innerhalb eines Frequenzbandes ausbreitenden Kanalmoden, sodass die Druckschwankungen über dem Kanalquerschnitt abnehmen (Dyer 1958; Kerka 1957). Mit steigender Frequenz wird folglich die radiale Mikrofonposition unkritischer. Eine Beeinflussung des Messergebnisses bei Messungen in luftführenden Kanälen ist weiterhin durch die Luftströmung zu erwarten. Zur Unterdrückung des Einflusses der Strömung infolge turbulenter Druckschwankungen und Windgeräusche haben sich lange, rohrförmige Mikrofonvorsätze bewährt, die entweder gelocht oder geschlitzt und mit einem Gewebe als Strömungswiderstand umwickelt sind (Friedrich-Sonde: Neise 1975). Die Vergleichsstandardabweichung bei Anwendung des Kanalverfahrens zur Ermittlung des Kanal-Schallleistungspegels von Ventilatoren beträgt je nach Frequenzband bei f < 10.000 Hz ca. 2 bis 4 dB (DIN EN ISO 5136 2003; Hübner 1984; DIN EN 27574-1 1989).

2  Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung …

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2.8.6 Intensitätsverfahren 2.8.6.1 Messprinzip Die direkte Ermittlung der Schallintensität erfordert die gleichzeitige Erfassung der beiden Feldgrößen Schalldruck p(t) und Schallschnelle v(t) J� = p(t)�v(t), wobei zur Ermittlung des Schalldruckes ein Schalldruckmikrofon (z. B. Kondensatormikrofon) und zur Ermittlung der Schallschnelle ein Schnellemikrofon (z. B. Bändchen-, Gradientenmikrofon, Hitzdrahtanemometer) eingesetzt werden könnte. Aufgrund der strengen Forderungen bezüglich phasengetreuer Wandlung beider Feldgrößen erwies es sich als günstiger, anstelle der Schallschnelle v(t) den Druckgradienten dp/dr als Maß für die Normalkomponente der Schallschnelle vn zu ermitteln. Nach dem Newtonschen Grundgesetz (Kraft = Masse · Beschleunigung) gilt für Gase (Eulersche Gleichung)



dvn dp = ̺0 dr dt

̺0 Dichte der Luft, aus dem sich unmittelbar die Schallschnelle ergibt: ˆ 1 dp dt. vn (t) = − ̺0 dr In der Praxis wird der Druckgradient durch Messung des Schalldruckes pA (t) und pB (t) an eng benachbarten Messorten A und B, deren gegenseitiger Abstand r ≪  ( Luftschallwellenlänge) ist, ermittelt. Die Normalkomponente der Schallschnelle ergibt sich damit näherungsweise nach der Beziehung ˆ pB (t) − pA (t) 1 dt. vn (t) ≈ − (2.36) ̺0 �r Die Mikrofone können sowohl in einer Achse als auch achsparallel angeordnet sein (Abb. 2.16). Der Schalldruck p(t) ergibt sich bei Anwendung des Zweimikrofonverfahrens als arithmetischer Mittelwert der an den Mikrofonpositionen A und B gemessenen

Abb. 2.16   MikrofonsondenKonfiguration. a axiale Anordnung; b achsparallele Anordnung

a

b

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Schalldrücke pA (t), pB (t), sodass sich die Normalkomponente der Schallintensität Jn schließlich nach  ˆ T ˆ t     1 pA (t) + pB (t) · pB (τ ) − pA (τ ) dτ dt (2.37) Jn = − 2̺0 �r T 0 0 berechnet. Die Schallleistung wird aus der Normalkomponente Jn durch Integration über die gesamte Messfläche gewonnen [s. Gl. (2.28)]: ˆ ˆ − → P = J� dS = Jn dS, (2.38)

LW = LIn + LS . Die Möglichkeit, die Normalkomponente der Schallintensität bzw. die Schalleinfallsrichtung, bei der ein Umschlag von positiver zu negativer Intensität (Schalleinfall von „hinten“) erfolgt, exakt ermitteln zu können, erlaubt den vorteilhaften Einsatz des Intensitätsmessverfahrens bei der Geräuschquellenanalyse an Maschinen (s. Abschn. 2.10). Das Intensitätsmessverfahren wird außer zur Schallquellenanalyse bevorzugt zur Ermittlung des Schallleistungspegels nach dem Hüllflächenverfahren eingesetzt, wenn starke parasitäre Geräuschanteile (Messumgebung/Reflexionsschall, Fremdgeräusche) vorhanden sind. Schallreflexionen und Fremdschall von inkohärenten, stationären Quellen werden durch das Messverfahren weitgehend kompensiert. Das Schallintensitätsverfahren füllt die zwischen den (angenähert) idealen Schallfeldstrukturen (Freifeld, Hallfeld) bestehende Lücke und gestattet somit Messungen unter nahezu allen praktisch vorkommenden Betriebsbedingungen (DIN EN ISO 9614-1 2009; DIN EN ISO 9614-2 1996; DIN EN ISO 9614-3 2009).

2.8.6.2 Messunsicherheit Die Gültigkeit der Gl. (2.36) setzt voraus, dass der Abstand ∆r zwischen den beiden Mikrofonen sehr klein ist (r ≪ ;  Luftschallwellenlänge). Das bedeutet, dass durch diese Forderung eine obere, verfahrensbedingte Frequenzgrenze vorgegeben wird (s. Abb. 2.17). Nach den tiefen Frequenzen zu wird der nutzbare Frequenzbereich im Wesentlichen durch gerätetechnisch unvermeidliche, unterschiedlich große Phasenfehler in beiden Übertragungskanälen eingeengt, wobei die Größe des Messfehlers infolge des Phasenfehlers ebenfalls vom Mikrofonabstand r abhängt (s. Abb. 2.18), näheres siehe z. B. (Hübner und Rieger 1988). Bei einem vorgegebenen, maximal zulässigen, gerätetechnisch bedingten Fehler von 1 dB ergeben sich in Abhängigkeit des Mikrofonabstandes r z. B. für das Schallintensitäts-Messsystem Typ 3599 der Fa. Brüel & Kjaer die in Tab. 2.6 angegebenen Messbereiche (B&K 2020). Daraus ist zu ersehen, dass sich mit Vergrößerung des Mikrofonabstandes sowohl die untere als auch die obere Frequenzgrenze gleichermaßen nach niedrigeren Frequenzen hin verschiebt.

2  Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung …

75

Abb. 2.17   Durch Mikrofonabstand bedingter Messfehler Lr. r Mikrofonabstand, k = 2 π/ ( Luftschallwellenlänge bei der Frequenz f )

Abb. 2.18   Durch Phasenfehler bedingter Messfehler �Lϕ, r Mikrofonabstand, k = 2 π/ ( Luftschallwellenlänge bei der Frequenz f ), ϕ = 0,3° Phasenverschiebung zwischen den beiden Übertragungskanälen

Tab. 2.6  Nutzbare Frequenzbereiche in Abhängigkeit vom Mikrofonabstand (Gerätesystem Typ 3599, Brüel & Kjaer) für einen Gesamtfehler von 1 dB Mikrofonabstand ∆r mm

Untere Frequenzgrenze Hz

Obere Frequenzgrenze kHz

8,5

250

6,3

12

250

5

50

20

1,25

Die Betrachtung der weiteren, vom Messgerätesystem unabhängigen Fehler, die bei der Bestimmung der Schallleistung mit dem Intensitätsmessverfahren auftreten, kann wie beim Freifeldverfahren (s. Abschn. 2.8.2) vorgenommen werden, da hier im wesentlichen die gleichen Teilfehler (Nahfeld-, Abtast-, Umgebungseinflussfehler) auftreten. Nahfeldfehler Aufgrund der Intensitätsmessung verschwindet der Nahfeldfehler, d. h., der sonst übliche Messabstand von 1,00 m kann ohne Einbuße an Genauigkeit wesentlich vermindert

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werden. Dies bringt auch Vorteile wegen der damit verbundenen Vergrößerung der NutzStörschalldruckpegeldifferenz. Abtastfehler Bezüglich des Abtastfehlers besteht kein prinzipieller Unterschied zwischen Freifeldund Intensitätsmessverfahren. Zur Minimierung der Abtastfehler bei kontinuierlicher Abtastung (scanning) werden in (DIN EN ISO 9614-2 1996; DIN EN ISO 9614-3 2009) Hinweise gegeben. Umgebungseinflussfehler Der Einfluss von Störschallquellen und von Raumrückwirkungen wird beim Intensitätsmessverfahren stark unterdrückt, sodass die Schallleistung noch unter Umgebungseinflüssen mit hinreichender Genauigkeit bestimmt werden kann, bei denen mit anderen Messverfahren (Freifeldverfahren) die Schallleistung nur noch unter Berücksichtigung der Raumkorrektur und/oder der Störpegelkorrektur ermittelt oder – falls eine Korrektur nicht mehr zulässig ist – überhaupt nicht mehr ermittelt werden kann. Die Eliminierung der von Störschallquellen und Raumrückwirkungen verursachten Geräuschanteile (parasitäre Geräuschanteile) erfolgt im Prinzip durch zwei Effekte: den integralen und den lokalen Effekt. Der integrale Effekt beruht auf der Messung der Schallintensität über die gesamte Messfläche. Hierbei werden infolge der vorzeichenrichtigen Intensitätsermittlung alle die parasitären Geräuschanteile eliminiert, die von außen in die Hüllfläche eintreten und ohne Energieverlust wieder austreten. Dieser Effekt wird gestört, wenn die von außen in die Messfläche eindringende Fremdintensität zeitlich schwankt oder von schallabsorbierenden Flächen am Messobjekt absorbiert wird, sodass sie nicht wieder durch die Messfläche austreten kann. Als lokalen Effekt bezeichnet man das Verschwinden des zeitlichen Mittels der momentanen Schallintensität eines parasitären Geräusches an jedem Messort. Er tritt bei der Messung im idealen diffusen Schallfeld oder bei der Messung in unmittelbarer Nähe der schallharten Oberfläche einer Geräuschquelle auf (Hübner 1982, 1984). Bei Intensitätsmessungen in unmittelbarer Nähe der Maschinenoberfläche werden Störschalleinflüsse durch den Reflexionseffekt unterdrückt. Dieser basiert darauf, dass durch Überlagerung von hin- und rücklaufender Welle infolge von Reflektionen an der Oberfläche die resultierende Schallschnelle der parasitären Anteile nahezu 0 wird. Die Nutzung des Reflexionseffektes wird durch Fehler begrenzt, die bei der Anwendung von Messabständen auftreten, die in die Größenordnung des gegenseitigen Mikrofonabstandes (oder größer) kommen. Die praktische Anwendung des Schallintensitätsmessverfahrens zur Schallleistungsmessung wird in (DIN EN ISO 9614, Teil 1–3) beschrieben. Diese Messnormen enthalten Festlegungen für die Messdurchführung und Anforderungen an die Messtechnik, um das Messergebnis in einer der 3 Genauigkeitsklassen (s. Abschn. 2.8.1) abzusichern. Durch Vormessungen werden Feldindikatoren ermittelt, die in bestimmte Kriterien ein-

2  Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung …

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zusetzen sind. Daraus kann entweder eine Aussage zu der zu erwartenden Messgenauigkeit der ermittelten Schallleistung abgeleitet werden oder man erhält Hinweise, welche Parameter zu ändern sind, um die Messgenauigkeit zu erhöhen.

2.9 Verfahren zur Nachprüfung angegebener Geräuschemissionswerte Die Normung von Verfahren zur Nachprüfung von Geräuschemissionswerten (s. Abschn. 2.6.7) von Maschinen ermöglicht dem Anwender eine statistisch abgesicherte Überprüfung des vom Hersteller angegebenen Kennzeichnungswertes (Schallleistungspegel, Emissions-Schalldruckpegel). Der Hersteller muss bei der Festlegung des Geräuschemissionswertes für seine Maschine sowohl die Unsicherheiten der eigenen Messungen, als auch die, die bei der Nachprüfung durch den Anwender auftreten können, berücksichtigen. Wenn er beide Messunsicherheiten kennt, kann er sein Risiko bei der Angabe des Geräuschemissionswertes einschätzen (vgl. Abschn. 2.6.7). Sowohl der Maschinenhersteller als auch der Käufer/Anwender stützen sich auf die gleichen Nachprüfverfahren (DIN EN ISO 4871 2009 bzw. DIN EN 27574-1 1989; DIN EN 27574-2 1989; DIN EN 27574-3 1989). Bei den Nachprüfverfahren wird zwischen der Nachprüfung des Geräuschemissionswertes für eine Einzelmaschine und für Maschinenlose unterschieden. Ein Maschinenlos ist eine Gruppe von Maschinen derselben Maschinenart aus einer Fertigung in großen Stückzahlen, die nach den gleichen technischen Unterlagen gefertigt und durch denselben Geräuschemissionswert Ld gekennzeichnet sind.

2.9.1 Nachprüfverfahren für Einzelmaschinen Das Nachprüfverfahren für eine Einzelmaschine verlangt, dass der Anwender den nach einem maschinenspezifischen Standard (falls vorhanden, ansonsten nach einem Rahmenverfahren) ermittelten Schallleistungspegel LWA der Maschine und den Emissions-Schalldruckpegel LpA mit den vom Hersteller für diese Maschine angegebenen Werten Ld vergleicht. Die angegebenen Geräuschemissionswerte Ld gelten nach dieser Vorschrift als eingehalten, wenn der Käufer bei Anwendung eines in der maschinenspezifischen Sicherheitsnorm für die betreffende Maschine vorgeschriebenen Messverfahrens einen Wert ermittelt, der kleiner oder gleich dem angegebenen Geräuschemissionswert ist.

2.9.2 Nachprüfverfahren für Maschinenlose Es ist oft nicht möglich und auch nicht notwendig, eine 100 %ige Kontrolle aller Maschinen einer Fertigung (Lieferposten) durchzuführen. Aufgrund subjektiver Mängel (z. B. fehlerhafte Messung) schließt auch eine 100 %ige Prüfung nicht aus, dass

78

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fehlerhafte Erzeugnisse in einem Lieferposten enthalten sind. Dagegen schafft ein gutes Stichprobenverfahren, bei dem nur wenige Erzeugnisse gründlich überprüft werden, oft einen besseren Einblick in die Qualität des Lieferpostens. Im Folgenden wird das Prinzip des Festlegungs- und Nachprüfverfahrens für Maschinenlose erläutert. Ausführlichere Darstellung findet man in (DIN EN 27574-3 1989; DIN EN 27574-4 1989). Festlegungsverfahren Abb. 2.19 zeigt die angenommene Normalverteilung der Geräuschemissionswerte aller Maschinen eines großen Maschinenloses. Sie ist durch den Mittelwert

L=µ und die Produktionsstandardabweichung σP festgelegt. Nimmt man an, dass die gleichen Maschinen von vielen verschiedenen Labors jeweils nach der gleichen Messnorm geprüft werden, ergäben diese (Nach-)Messungen aller Maschinen eine Verteilung nach Abb. 2.20, die durch einen Mittelwert L und durch die Gesamtstandardabweichung σt

σt =

 σR2 + σP2

gekennzeichnet ist. Die für das Messverfahren typische Vergleichsstandardabweichung σR (s. Abschn. 2.8.1) führt zu einer größeren Streuung der Messwerte. Bei genügend großer Anzahl von Labors und Maschinen geht σt in die Bezugsstandardabweichung σM über. Nach (DIN EN 27574-4 1989) ist der angegebene Geräuschemissionswert Ld so zu wählen, dass er von einem großen, zahlenmäßig festgelegten Anteil p aller Maschinen des Loses unterschritten wird, s. Abb. 2.20.

Abb. 2.19   Verteilung der Geräuschemissionswerte aller Exemplare eines Maschinenloses. Messung beim Hersteller unter Wiederholbedingungen, Wiederholstandardabweichung σr ≪ σ P

2  Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung …

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Abb. 2.20   Verteilung der Geräuschemissionswerte aller Exemplare des gleichen Maschinenloses bei der Messung durch verschiedene Labors (Vergleichsbedingungen). Ld = L + u93,5 σM

Der in (DIN EN 27574-4 1989) gegebene Vorzugswert von p = 93,5 % sichert, dass bei einem Stichproben-Nachprüfungsverfahren die Annahmewahrscheinlichkeit 95 % beträgt bzw. die Wahrscheinlichkeit der Zurückweisung des Loses nur 5 % ist. Voraussetzung ist, dass die Stichproben-Nachprüfung mit einem Geräuschmessverfahren der gleichen Bezugsstandardabweichung σR wie bei der Festlegung erfolgt. Die zu einem Prozentsatz p gehörende Variable u der standardisierten Normalverteilung kann Tabellen (z. B. in DIN EN 27574-4 1989) entnommen werden. Sie beträgt im vorliegenden Fall u93,5 = 1,51. Für ein der Abb. 2.20 zugrundeliegendes großes Maschinenlos mit bekannter Bezugsstandardabweichung σM kann der anzugebende Geräuschemissionswert Ld aus der Beziehung

Ld = µ + u93,5 σM berechnet werden:

Ld = L + 1,51σM .

(2.39)

Für reale Losgrößen und σt = σm werden in (DIN EN ISO 4871 2009; DIN EN 27574-4 1989) Berechnungsverfahren angegeben. Nachprüfverfahren Für Stichproben-Nachprüfverfahren wird in maschinenspezifischen Messstandards neben der Bezugsstandardabweichung σM eine Stichprobenanzahl n angegeben. Gibt es keine Festlegung von n, dann wird ein Stichprobenumfang von n = 3 vorausgesetzt. Zur weiteren Erläuterung des Verfahrens sei nochmals Abb. 2.20 betrachtet, dass die Streuung der Geräuschemissionswerte aller Exemplare des Maschinenloses bei einer Nachmessung der Maschinen durch verschiedene Labors zeigt. Wenn dagegen von einer großen Anzahl von Prüflabors jeweils an einer Stichprobe von n (z. B. n = 3) Maschinen die Geräuschemissionswerte ermittelt und die Mittelwerte LS aus diesen n Einzelwerten

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D. Schulz

gebildet werden, streuen diese Mittelwerte LS um den gemeinsamen Mittelwert L S = L deutlich weniger, s. Abb. 2.21. Diese Verteilung hat die geringere Standardabweichung:

σM σS = √ . n Auch der Mittelwert LS bei der Nachprüfung anhand einer Stichprobe des Umfanges n durch das Prüflabor eines einzelnen Maschinenabnehmers liegt in der Verteilung Abb. 2.21. Für die Nachprüfung wird in dieser Verteilung eine obere zulässige Grenze A für den Stichprobenmittelwert LS festgelegt. Die Fläche links von A hat einen Anteil von 95 % der Gesamtfläche unter der Verteilungsfunktion, d. h., es besteht 95 % Annahmewahrscheinlichkeit für das Los bei Ermittlung von Ld nach Gl. (2.39) bzw. (DIN EN ISO 4871 2009; DIN EN 27574-4 1989). Das Maschinenlos wird als „gut“ angenommen, wenn der vom Abnehmer festgestellte Mittelwert der Stichprobe LS (n = 3)

LS ≤ A ist und wird zurückgewiesen, wenn

LS > A ermittelt wird. Es gilt in Abb. 2.21

σM A = µ + u95 √ , mit u95 = 1,65, n und mit Gl. (2.39) bei L = µ

A = Ld − σM

Abb. 2.21   Verteilung der bei der Messung an Stichproben von jeweils n Maschinen des gleichen Loses von verschiedenen Labors festgestellten Mittelwerte LS. √ σs = σM / n, A = L + u95 σs



 1,65 1,51 − √ . n

2  Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung …

81

Mit σM = 2,5 dB folgt daraus z. B. das in (DIN EN ISO 4871 2009) für die Stichprobenprüfung angegebene Kriterium

A ≈ Ld −1,5 dB f¨ur n = 3.

2.10 Verfahren zur Schallquellenanalyse 2.10.1 Überblick Eine erfolgreiche Geräuschminderung an Maschinen setzt die Kenntnis dominierender Geräuschquellen, Schallübertragungswege und schallabstrahlender Bauteile voraus. In (DIN EN ISO 11688-2 2001) werden die Verfahren zur Analyse der Geräuschentstehung angegeben (Tab. 2.7, 2.8 und 2.9). Darüber hinaus wurden in den letzten Jahren weitere moderne Verfahren entwickelt, die immer weitere Einsatzgebiete erschließen. Beispielhaft seien genannt: • Mikrofonarray („Akustische Kamera“) besonders zur Schallquellenlokalisierung (ergänzend zu Tab. 2.7 und 2.9); • Statistische Energieanalyse SEA und Experimentelle SEA zur Analyse der Schallleistungsübertragung (ergänzend zu Tab. 2.8, Punkt 4). Von den zahlreichen möglichen Verfahren (Fasold et al. 1984; Schirmer 1984; DIN EN ISO 11688-2 2001) werden folgende häufig benutzte Verfahren erläutert: • Verfahren ohne Änderungen an der Maschine – Schalldruckpegelmessung auf einer Messfläche, – Nahfeldmessung, – Körperschallmessung, – Intensitätsmessung, – Frequenzanalyse; • Verfahren mit Änderungen an der Maschine – Variation der Betriebsparameter, – Zu- und Abschalten von Teilschallquellen, – Bauliche Veränderungen.

2.10.2 Voruntersuchung Die Auswahl der für einen speziellen Fall geeigneten Verfahren erfolgt zweckmäßigerweise auf der Grundlage von Voruntersuchungen unter Berücksichtigung der Konstruktionseigenheiten, der Betriebs- und Aufstellbedingungen der Maschine sowie der Prüfumgebung. Die zur Anwendung kommenden Messverfahren werden durch

Zeitverlauf des abgestrahlten Schalldrucks

Abschaltung von Teilschallquellen

Sukzessive Abschirmung oder Es ist oft möglich, die Übertragung des Schalls von einer Isolation maschineneigener Teil- bestimmten maschineneigenen Schallquelle hin zu den schallquellen Begrenzungsflächen auf einem bestimmten Übertragungsweg zu vermindern. Zu messen ist dann die Auswirkung auf den abgestrahlten Schalldruck (als Funktion der Zeit und/oder Frequenz) in einer beliebigen Messumgebung

Variation der Betriebsparameter

Analyse der Signatur

2

3

4

5

6

Bemerkungen

Zu messen ist die Beschleunigung an einem Punkt auf einer Begrenzungsfläche der Maschine. Diese wird mit dem Signal der umlaufenden Welle oder Achse synchronisiert. Für die Auswertung ist spezielle Software zu verwenden

Variation der Drehzahl oder Last. Zu messen ist dann der abgestrahlte Schalldruck (als Funktion der Zeit und/oder Frequenz) in einer beliebigen Messumgebung

Es ist mitunter möglich, eine Maschine zu betreiben, wenn bestimmte Schallquellen abgeschaltet sind. Der Beitrag einer Teilschallquelle kann bestimmt werden, wenn ein Schalldruckspektrum im Fernfeld gemessen wurde

Messung des Zeitverlaufs des Schalldrucks an einem beliebigen Punkt im Fernfeld der Maschine. Beliebige Messumgebungen sind zulässig

(Fortsetzung)

Bei umlaufenden Maschinen ist dies ein sehr nützliches Verfahren zur Unterscheidung maschineneigener Quellen von den Struktureigenschaften der Maschine

Eine Teilschallquelle für Luftschall kann in eine improvisierte Kapsel eingeschlossen werden. Eine Teilschallquelle für Körperschall kann auf improvisierten elastischen Elementen gelagert werden

Ergänzend zur Frequenzanalyse kann die Analyse des Zeitverlaufes weitere Erkenntnisse über den Anregungsmechanismus vermitteln

Ermittlung des Schallspektrums an einem beliebigen Punkt Ist die mechanische Struktur der Maschine im Fernfeld der Maschine. Die Messumgebung ist beliebig bekannt, kann die Spektralanalyse Hinweise liefern, welche maschineneigenen Quellen wesentlich sind

Spektralanalyse

1

Beschreibung

Bezeichnung

Nr.

Tab. 2.7  Vorgehensweise zur Untersuchung der maschineneigenen Quellen (DIN EN ISO 11688-2 2001)

82 D. Schulz

Umgekehrtes Substitutionsverfahren

Korrelations-/Kohärenzverfahren Bestimmung der Korrelation zwischen dem abgestrahlten Der Nutzen dieses Verfahrens kann einSchall und einem Bezugssignal von der maschineneigenen geschränkt sein, da es in der Praxis schwierig Schallquelle sein kann, ein geeignetes Bezugssignal zu erzeugen

Schallintensitätsmessungen

9

10

Bestimmung von Teilschallleistungen von möglichen maschineneigenen Schallquellen

Umkehrung von Verfahren 7, d. h. Anbringung eines Lautsprechers am Empfangsort und eines Mikrofons oder Beschleunigungsaufnehmers am Ort der maschineneigenen Schallquelle

Geeignet zur Bestimmung der direkten Beiträge verschiedener Komponenten zum Luftschall

Eine günstige Alternative, wenn die maschineneigene Quelle nicht durch eine Ersatzschallquelle ersetzt werden kann. Setzt Linearität voraus

Verfahren zur Messung der (äquivalenten) Quellstärke einer maschineneigenen Luftoder Körperschallquelle

8

Ersatz der Teilschallquelle durch eine Ersatzschallquelle mit bekannten Eigenschaften. Zu messen ist der abgestrahlte Schalldruck

Direktes Substitutionsverfahren

Bemerkungen

7

Beschreibung

Bezeichnung

Nr.

Tab. 2.7   (Fortsetzung)

2  Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung … 83

84

D. Schulz

Tab. 2.8  Vorgehensweise zur Untersuchung der Schallübertragung innerhalb der Maschine (DIN EN ISO 11688-2 2001) Nr.

Bezeichnung

Beschreibung

1

Direkte Messung der Übertragungsfunktionen

Anbringung einer Ersatzschallquelle am Ort der maschineneigenen Schallquelle und Messung der Beschleunigungen an den Maschinenbegrenzungsflächen oder der Schalldrücke im Fernfeld

2

Umgekehrte Messung der Übertragungsfunktionen

Umkehrung von Verfahren 1. Die Anbringungsorte von Quelle und Empfänger werden vertauscht

Nützlich wenn die Anbringung einer Ersatzschallquelle in der Maschine nicht möglich ist

3

Sukzessives Blockieren von Übertragungswegen in der Maschine

Anwendung von Isolierung oder Dämmung im Verlauf der verschiedenen Übertragungswege

Dieses Verfahren eignet sich zur Erkennung wichtiger Übertragungswege

4

Messung des Leistungsflusses

Anwendung von speziellen Techniken zur Bestimmung des Flusses von Luft-, Flüssigkeits- oder Körperschallleistungen entlang bestimmter Pfade

Kompliziertes Verfahren, erfordert besonderes Fachwissen

5

Modalanalyse (experimentell)

Messung des deterministischen Schwingungsverhaltens der Struktur

Nicht geeignet für Frequenzbereiche mit dicht liegenden Eigenfrequenzen

Bemerkungen

unmittelbar an der Maschine durchzuführende Maßnahmen, wie Änderung der Betriebsparameter, Abschalten von Baugruppen und bauliche Veränderungen an der Maschine ergänzt. Im Rahmen der Voruntersuchung sollte die Fähigkeit des Gehörs, sowohl die Schalleinfallsrichtung als auch charakteristische Geräusche zu erkennen, genutzt werden, um mit geringem Aufwand Geräuschquellen aufzuspüren.

2.10.3 Verfahren ohne Änderung an der Maschine. 2.10.3.1 Schalldruckpegelmessung auf der Messfläche Bei Aufstellung der Maschine unter Freifeldverhältnissen entsprechend dem Hüllflächenverfahren (DIN EN ISO 3744 2011; DIN EN ISO 3745 2017; DIN EN ISO 3746 2011) kann aus der Verteilung der auf der Messfläche (Abstand der Messfläche

2  Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung …

85

Tab. 2.9  Vorgehensweise zur Untersuchung der Luftschallabstrahlung (DIN EN ISO 11688-2 2001) Nr.

Bezeichnung

Bezeichnung

Bemerkungen

1

Selektive Abschirmung von Luftschall abstrahlenden Teilen

Sukzessive Abschirmung von Maschinenteilen und Messung des abgestrahlten Schalldrucks

Geeignet zur Ermittlung direkter Beiträge verschiedener Maschinenkomponenten zum Luftschall, der von der Maschine abgestrahlt wird

2

Schallintensitätsmessungen

Abtastung der Maschinenoberfläche mit einer lntensitätsmesssonde

(Siehe oben)

3

Nahfeldmessung

Messung des Schalldrucks nahe an der schallabstrahlenden Fläche

Einfacher durchführbar; jedoch auch ungenauer als Verfahren 2

4

Messung der Richtcharakteristik

Messung des Schalldrucks im Freifeld mit einem Mikrofon mit stark richtungsabhängiger Empfindlichkeit

Naheliegendes Verfahren, wird jedoch selten angewendet

5

Schwingungsmessungen an Luftschall abstrahlenden Maschinenteilen

Messung der Schwingungen Geeignet, sofern eine gute auf der schwingenden Fläche Abschätzung des Abstrahlgrades σ möglich ist W = ρcS˜v2 σ Dabei ist: ρc die Kennimpedanz für Luftschall S der Flächeninhalt der schallabstrahlenden Fläche; v˜ 2 der räumlich gemittelte Effektivwert der Schnelle; σ der Abstrahlgrad

6

Modalanalyse

Untersuchung des Eignet sich für tiefe deterministischen Verhaltens Frequenzen, wenn der der Außenflächen Abstrahlgrad σ bekannt ist

von der Maschinenoberfläche vorzugsweise 1,00 m) gemessenen Schalldruckpegel auf dominierende Schallquellen der untersuchten Maschine geschlossen werden.

2.10.3.2 Nahfeldmessung Aus dem Schalldruckpegel in sehr geringem Abstand von der Maschinenoberfläche (2 bis 10 cm je nach Größe des Messobjektes) kann man Hinweise über die Beiträge einzelner Flächen auch bei geringer Richtwirkung (kleine Flächen) erhalten.

86

D. Schulz

Zu beachten ist, dass auch bei Berücksichtigung der Größe der Teilflächen aus dem Schalldruckpegel im Nahfeld nur eine grobe Abschätzung der ins Fernfeld abgestrahlten Schallleistung möglich ist. Zur Abschirmung von Störschall benachbarter Geräuschquellen können sowohl handgeführte Schallschirme als auch spezielle Messköpfe (Scheuring 1979) verwendet werden.

2.10.3.3 Körperschallmessung Bei hohem Störpegel oder wenn einzelne Teilschallquellen eng benachbart sind, kann als Ergänzung oder Ersatz der Nahfeldmessung die Schwingbeschleunigung auf der Maschinenoberfläche gemessen und aus Schwinggeschwindigkeit und Abstrahlgrad (s. Kap. 4) die Schallabstrahlung bestimmter Maschinenstrukturen abgeschätzt werden. 2.10.3.4 Intensitätsmessung Das Intensitätsmessverfahren (s. Abschn. 2.8.6) kann sowohl zur Ermittlung der Schallleistung von Einzelmaschinen eines Aggregates (z. B. Motor-Getriebe-Pumpe) als auch zur Lokalisation von Teilschallquellen angewandt werden. Im ersteren Fall wird um jede Teilschallquelle eine geschlossene Hüllfläche gelegt, auf der die Schallintensität gemessen wird. Die Schallleistung ergibt sich dann aus der über die Messfläche gemittelten Schallintensität und der Messfläche nach Gl. (2.38). Zur Lokalisation von Teilschallquellen wird in einem konstanten Abstand zur Maschinenoberfläche (0,05 bis 1,00 m) auf einem vorgegebenen Linien- oder Flächenraster, je nach gewünschter Ergebnisform, der Schallintensitätspegel in einer oder in mehreren Koordinatenrichtungen ermittelt und anschließend graphisch ein oder mehrdimensional dargestellt. Zur Messung können vorteilhaft rechnergesteuerte Messplätze, einschließlich Messroboter genutzt werden. Der zu wählende Rasterabstand ist vom Abstand zur Maschinenkontur und von der Streuung der Schallintensitätspegel abhängig. Im Allgemeinen muss mit abnehmendem Abstand der Messorte zur Maschinenoberfläche auch der Abstand zwischen benachbarten Messorten verkleinert werden. Häufig wird der Abstand so festgelegt, dass die Differenz zwischen den Schallintensitätspegeln benachbarter Messorte 2 dB nicht überschreitet. Bei der Messung z. B. längs einer Linie kann zusätzlich durch eine entsprechende Sondenorientierung die ausgeprägte Richtwirkung der Messsonde hinsichtlich des Umschlagpunktes zwischen positiver und negativer Schallintensität genutzt werden (Abb. 2.22). Ein Beispiel für eine mehrdimensionale Darstellung zeigt Abb. 2.23. 2.10.3.5 Frequenzanalyse Die Zerlegung des Gesamtgeräusches mittels Frequenzanalyse in Frequenzbänder (s. Abschn. 2.2.3) wird vornehmlich bei zeitlich konstanten Geräuschen vorgenommen. Ist das Geräusch zeitlich veränderlich, dann wird entweder die Frequenzanalyse auf Zeiten beschränkt, in denen das Geräusch annähernd zeitlich konstant ist, oder das zu analysierende Geräusch wird gespeichert (z. B. Schallanalysator, Rechner) und anschließend

2  Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung …

87

Abb. 2.22   Ermittlung der Lage einer Teilschallquelle durch Bestimmung des Umschlagpunktes * des Vorzeichens der Schallintensität (Schirmer 1984)

Abb. 2.23   Kurven gleicher Schallintensitätspegel, berechnet aus Messwerten an 24 Messorten vor einer Maschinenoberfläche (Gade et al. 1992)

abschnittsweise analysiert. Moderne Messsysteme gestatten auch eine direkte Auswertung in Form von Spektrogrammen (flächenhafte Darstellung; Abtragung von Zeit und Frequenz auf den Koordinatenachsen des Diagramms, Intensitäten/Pegel als Farbkodierung). Der Vergleich messtechnisch ermittelter tonaler Frequenzkomponenten mit vorausberechneten funktionsbedingten Erregerfrequenzen und ihrer Harmonischen (Zahneingriffsfrequenzen, Drehfrequenzen, Zündfrequenzen usw.) erlaubt Rückschlüsse auf dominierende Schallquellen.

2.10.4 Verfahren mit Änderung an der Maschine. Durch Änderungen an der Maschine, z. B. Änderung der Betriebsparameter, Zu- und Abschalten von Baugruppen, getrennter Betrieb einzelner Baugruppen, Abdeckung einzelner schallabstrahlender Teile, Fremdanregung der Maschine oder der Maschinenteile, lassen sich Rückschlüsse auf wesentliche Teilschallquellen einer Maschine ziehen. So ergeben sich in Abhängigkeit vom jeweils dominierenden Geräuschentstehungsmechanismus bei Drehzahlverdopplungen unterschiedliche Schalldruckpegelerhöhungen. Diese betragen beispielsweise bei Vorliegen einer Unwucht 12 dB, bei Lüftergeräuschen 13 bis 18 dB, bei Massekräften 15 bis 27 dB. Besonders in der Fahrzeugakustik sind Ordnungsanalysen gebräuchlich (vgl. z. B. Genuit 2010). Durch Ermittlung der Drehzahlabhängigkeit des abgestrahlten Schalles sind folglich Rückschlüsse auf dominierende Geräuschquellen möglich. Des Weiteren

88

D. Schulz

kann z. B. bei Be- oder Verarbeitungsmaschinen aus dem Vergleich der Schallemission bei Leerlauf und unter Last auf den Einfluss des Be- oder Verarbeitungsgutes auf wesentliche Schallquellen geschlossen werden. Weiterhin gelingt es mitunter, durch schrittweises Abschalten (Demontieren) einzelner Baugruppen einer Maschine Hauptlärmquellen zu identifizieren. Hierbei ist zu beachten, dass infolge der Belastungsänderung z. B. des Antriebsaggregates die Schallemission der Maschine Änderungen unterliegen kann. Weitere Möglichkeiten zur Analyse von Geräuschquellen sind im Austausch einzelner Baugruppen durch nachweislich geräuschärmere, in der teilweisen Abdeckung oder Kapselung einzelner Teilschallquellen, in der Trennung von Körperschallbrücken und damit der Trennung des Körperschalls vom Luftschallanteil u. a. (Schirmer 1984) zu sehen.

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2  Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung …

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90

D. Schulz

DIN EN ISO 3740 (2019), Akustik – Bestimmung des Schallleistungspegels von Geräuschquellen – Leitlinien zur Anwendung der Grundnormen, DIN EN ISO 3740 2019-08-00, Beuth Verlag GmbH. DIN EN ISO 3741 (2001), Akustik – Bestimmung der Schallleistungs- und Schallenergiepegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen – Hallraumverfahren der Genauigkeitsklasse 1, DIN EN ISO 3741:2001-01-00, Beuth Verlag GmbH. DIN EN ISO 3743-1 (2011), Akustik – Bestimmung der Schallleistungspegel von Geräuschquellen; Verfahren der Genauigkeitsklasse 2 für kleine, transportable Quellen in Hallfeldern – Teil 1: Vergleichsverfahren in Prüfräumen mit schallharten Wänden, DIN EN ISO 37431:2011-01-00, Beuth Verlag GmbH. DIN EN ISO 3743-2 (2009), Akustik – Bestimmung der Schallleistungspegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen – Verfahren der Genauigkeitsklasse 2 für kleine, transportable Quellen in Hallfeldern – Teil 2: Verfahren für Sonder-Hallräume, DIN EN ISO 3743-2:200907-00, Beuth Verlag GmbH. DIN EN ISO 3744 (2011), Akustik – Bestimmung der Schallleistungs- und Schallenergiepegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen – Hüllflächenverfahren der Genauigkeitsklasse 2 für ein im wesentlichen freies Schallfeld über einer reflektierenden Ebene, DIN EN ISO 3744:2011-02-00, ISO 3744:1994, Beuth Verlag GmbH. DIN EN ISO 3745 (2017), Akustik – Bestimmung der Schallleistungs- und Schallenergiepegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen – Verfahren der Genauigkeitsklasse 1 für reflexionsarme Räume und Halbräume, DIN EN ISO 3745:2017-03-00, ISO 3745:2003, Beuth Verlag GmbH. DIN EN ISO 3746 (2011), Akustik – Bestimmung der Schallleistungs- und Schallenergiepegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen – Hüllflächenverfahren der Genauigkeitsklasse 3 über einer reflektierenden Ebene, DIN EN ISO 3746:2011-03-00, ISO 3746:1995, Beuth Verlag GmbH. DIN EN ISO 3747 (2011), Akustik – Bestimmung der Schallleistungs- und Schallenergiepegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen – Verfahren der Genauigkeitsklassen 2 und 3 zur Anwendung in situ in einer halligen Umgebung, DIN EN ISO 3747:2011-03-00, Beuth Verlag GmbH. DIN EN ISO 4871 (2009), Akustik – Angabe und Nachprüfung von Geräuschemissionswerten von Maschinen und Geräten, DIN EN ISO 4871:2009-11-00, ISO 4871:1996, Beuth Verlag GmbH. DIN EN ISO 5136 (2003), Akustik, Bestimmung der von Ventilatoren und anderen Strömungsmaschinen in Kanäle abgestrahlten Schallleistung; Kanalverfahren, DIN EN ISO 5136:200310-00, ISO 5136:2003, Beuth Verlag GmbH. DIN EN ISO 9614-1 (2009), Akustik – Bestimmung der Schallleistungspegel von Geräuschquellen aus Schallintensitätsmessungen – Teil 1: Messungen an diskreten Punkten, DIN EN ISO 96141:2009-11-00, Beuth Verlag GmbH. DIN EN ISO 9614-2 (1996), Akustik – Bestimmung der Schallleistungspegel von Geräuschquellen aus Schallintensitätsmessungen – Teil 2: Messung mit kontinuierlicher Abtastung, DIN EN ISO 9614-2:1996-12-00, Beuth Verlag GmbH. DIN EN ISO 9614-3 (2009), Akustik – Bestimmung der Schallleistungspegel von Geräuschquellen aus Schallintensitätsmessungen – Teil 3: Scanning-Verfahren der Genauigkeitsklasse 1, DIN EN ISO 9614-3:2009-11-00, Beuth Verlag GmbH. DIN ISO 226 (2006), Akustik, Normalkurven gleicher Lautstärkepegel, DIN ISO 226:2006-04, Beuth Verlag GmbH. Dyer, I. (1958), Measurement of noise sources in ducts, J. Acoust. Soc. Amer. 30 (1958), Nr. 9, S. 833–841.

2  Größen und Messverfahren zur Kennzeichnung …

91

EG (2000), Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 08. Mai 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über umweltbelastende Geräuschemissionen von zur Verwendung im Freien vorgesehenen Geräten und Maschinen, 2000/14/ EG, bzw. 32. Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (Geräte- und Maschinenschutzverordnung, 32. BImschV) vom 29.08.2020, letzte Änderung 27.06.2020. EG (2003), Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 06. Februar 2003 über Mindestvorschriften zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch physikalische Einwirkungen (Lärm), 2003/10/EG. EG (2006), Richtlinie über Maschinen und zur Änderung der Richtlinie 95/16/EG (Maschinenrichtlinie) vom 17.05.2006, 2006/42/EG,. Fasold, W., Kraak, W., Schirmer, W. (1984), Taschenbuch Akustik, Verlag Technik, Berlin. Fastl, H., Zwicker, E. (2007), Psychoacoustics – Facts and Models, Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2007. Feldmann, J. (2010), Schallpegelmesstechnik und ihre Anwendung, in Möser, M.: Messtechnik der Akustik. Springer -Verlag Berlin Heidelberg, 2010. Gade, S., Wulff, H., Ginn, K. (1992), Sound Power determination using sound intensity measurements, Brüel & Kjaer, Naerum, Appl. Notes B0055 (1992). Genuit, K. (2010), Sound Engineering im Automobilbereich, Springer-Verlag Berlin Heidelberg, 2010. Heckl, M., Müller, H.A. (1995), Taschenbuch der Technischen Akustik, Springer-Verlag, 1995. Hellbrück, J. (2008), Kompendium „Hörversuche in Wissenschaft und industrieller Praxis“, Publikationen der Deutschen Gesellschaft für Akustik DEGA e. V. 2008, https://www.degaakustik.de/publikationen/online-publikationen/. Hoffmann, J. (2002), Taschenbuch der Messtechnik, Fachbuchverlag Leipzig im Carl Hanser Verlag, München Wien, 2002. Hübner, G. (1973), Analysis of errors in the measurement of machine noise, J. Acoust. Soc. Amer. 54 (1973), Nr. 4, S. 967–977. Hübner, G. (1982), Zum Anwendungsbereich des Schallintensitätsverfahrens bei der Schallleistungsbestimmung von Maschinen, 3. FASE-Tag. u. 9. DAGA-Tag. Göttingen: Dt. Phys.Ges., 1982. Hübner, G. (1984), Grundlagen der Intensitätsmessmethode und Untersuchungen zum Anwendungsbereich in der Praxis der Geräusch-Emissionsermittlung, VDI-Ber. 526, S. 1–47, Düsseldorf: VDI-Verl., 1984. Hübner, G., Rieger, W. (1988), Schallintensitätsmessverfahren zur Schallleistungsbestimmung in der Praxis, Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz – Forschung – FB 550, Wirtschaftsverlag NW, 1988. Ising, H., Sust, Ch., Plath, P. (2004), Lärmwirkungen: Gehör, Gesundheit, Leistung, Bundesanstalt f. Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Gesundheitsschutz 4, 2004. Kerka, W. (1957), Evaluation of our methods for determining sound-power output of a fan, Heating. Piping & Air Conditioning 19 (1957) April, S. 139–146. Kraak, W., Kracht, L., Fuder, B. (1977), Die Ausbildung von Gehörschäden als Folge der Akkumulation von Lärmwirkungen, Acustica 38 (1977), Nr. 2, S. 102–117. LärmVibrationsArbSchV (2017), Lärm- und Vibrations Arbeitsschutzverordnung vom 06.03.2007, in der Fassung vom 18.10.2017. Maschke, Chr., Jakob, K. (2010), Psychoakustische Messtechnik; in Möser, M.: Messtechnik der Akustik, Springer-Verlag Berlin Heidelberg, 2010. Möser, M. (2012), Technische Akustik, Springer Verlag Berlin Heidelberg, 2012.

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D. Schulz

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3

Messtechnik Jörn Hübelt

3.1 Einführung Eine wichtige Voraussetzung für erfolgreichen technischen Lärmschutz sind aussagekräftige Messungen von Luft- und Körperschall. Im Einzelnen dienen solche Messungen • zur Ermittlung des Ausgangszustandes, • zur Klärung von Geräuschursachen und Planung von Geräuschminderungs­ maßnahmen, • zum Nachweis der erzielten Verbesserung. Für diese Messungen stehen eine Vielzahl von Geräten zur Verfügung, vom einfachen Handschallpegelmesser zur Feststellung des Gesamtschalldruckpegels bis zum prozessorgesteuerten Analysator zur umfassenden Schall- und Schwingungsanalyse. Zur Ermittlung der Ursachen der Geräuschentstehung genügen SchalldruckpegelMessgeräte meist nicht. So sind z. B. zur Anregung von Strukturen mit Wechselkräften Schwingungserreger notwendig; zur Auswertung werden Schwingungsaufnehmer und Analysatoren, z. B. zur Filterung für kurzzeitige Vorgänge eingesetzt. Die folgenden Abschnitte sollen mit den wichtigsten Messgeräten für Aufgaben des Lärm- und Schwingungsschutzes und ihrem Zubehör bekannt machen. Hinweise zur Auswahl der Geräte, zur Anwendung und zur Auswertung der gewonnenen Messergebnisse werden gegeben. Auf theoretische Ableitungen zur Funktion von MessDies ist die Überarbeitung eines Beitrages von E. Seidel. J. Hübelt (*)  Hochschule Mittweida, Mittweida, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Schirmer und J. Hübelt (Hrsg.), Technischer Lärmschutz, https://doi.org/10.1007/978-3-662-65668-6_3

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94

J. Hübelt

Abb. 3.1   Grundaufbau einer Messkette zur Ermittlung von Schall- und Schwingungskenngrößen

wandlern und zu den Messverfahren wird aufgrund zahlreicher bereits vorliegender Literatur, z. B. (Fasold 1984; Lerch et al. 2009; Randall 1987; Kollmann et al. 2006; Möser 2009) nicht eingegangen, jedoch auf Anwendungsgrenzen und Fehlermöglichkeiten besonders hingewiesen. Die Messung der von den Messobjekten oder von Anregungsketten abgegebenen, meist sehr kleinen Größen – Schalldruck, Beschleunigung u. Ä. – erfolgt durch Wandlung in ein analoges meist elektrisches Signal. Der Ausgang dieses Wandlers ist in den meisten Fällen sehr hochohmig, d. h. er ist nicht in der Lage ausreichend Leistung an die nachfolgende Messkette abzugeben. Aus diesem Grund wird das Signal zunächst verstärkt. Dabei steht insbesondere die Impedanzwandlung im Vordergrund. In nahezu allen heutzutage auf dem Markt erhältlichen Systemen wird das bis zu diesem Zeitpunkt sowohl wert- als auch zeitkontinuierlich vorliegende meist elektrische (analoge) Signal anschließend durch einen A/D-Wandler in ein wert- und zeitdiskretes (diskretes) Signal gewandelt. Diesem Wandler ist ein Tiefpass, das Antialiasing-Filter, vorgeschalten. Dieses Filter soll Fehlabtastungen des analogen Signals verhindern. Dabei wird dessen Grenzfrequenz durch die Abtastfrequenz fs des AD-Wandlers bestimmt. Nach der Wandlung kann das nun diskrete Signal beliebig weiterverarbeitet werden. Bei ausreichender Prozessorleistung und Speicherausstattung des Systems ist damit eine flexible Erweiterung der Analysemöglichkeiten der digitalen Signalverarbeitung (DSV) durch Aktualisierung der Software möglich. Die Messketten besitzen deshalb in den meisten Fällen den in Abb. 3.1 gezeigten Grundaufbau.

3.2 Luftschall 3.2.1 Schalldruckpegelmessung 3.2.1.1 Mikrofone Zur Wandlung des Schalldruckes in ein analoges elektrisches Signal dient das Mikrofon. Für Präzisionsmessungen werden vorwiegend Kondensatormikrofone verwendet. Sind geringere Anforderungen an die Langzeit- und Temperaturstabilität gestellt, können

3 Messtechnik

95

für diese Messungen auch Elektret-Mikrofone zum Einsatz kommen. Im Bereich höherer Temperaturen und tiefer Frequenzen ist darüber hinaus die Verwendung spezieller keramischer Mikrofone mit geringerer Genauigkeit denkbar. Kondensatormikrofon Den Aufbau eines Kondensatormikrofons zeigt Abb. 3.2. In geringem Abstand vor einer isolierten Gegenelektrode befindet sich eine dünne Membran. Der so gebildete Kondensator wird über einen hochohmigen Widerstand von der Polarisationsspannung (up = 200 V oder auch 48 V) aufgeladen. Auf die Membran einwirkende Schalldruckschwankungen biegen diese durch. Die dadurch entstehende Kapazitätsänderung führt – da die Ladung des Kondensators sich nicht so schnell ausgleichen kann – zu einer dem Schalldruck proportionalen Spannungsänderung. Die Übertragungseigenschaft der Mikrofone wird durch den Übertragungsfaktor

BL =

u˜ L ; p˜

u˜ L

Ausgangsspannung des Mikrofons bei Leerlauf,



Schalldruck

(3.1)

bzw. durch das Übertragungsmaß

aL = 20 lg

BL dB; BL0

(3.2)

mit BL0 Bezugsübertragungsmaß, meist 10 mV/Pa, gekennzeichnet. Übliche Messmikrofone besitzen einen Übertragungsfaktor von BL ≈ 10 . . . 50 mV/Pa. Bei höheren Frequenzen führen die durch Reflexion am Mikrofon auftretenden unterschiedlichen Druckverhältnisse zu einem von der Schallfeldform abhängigen Übertragungsfaktor.

Abb. 3.2   Aufbau und Grundschaltung eines Kondensator-Messmikrofons. R hochohmiger Ladewiderstand, uP Polarisationsspannung, V Mikrofonverstärker, u Ausgangsspannung

96

J. Hübelt

Aus diesem Grund werden Mikrofone als freifeld- (ebene Schallwellen, senkrecht auf die Membran auftreffend), diffusfeld- (allseitig auf den Mikrofonkörper auftreffende Schallwellen) und druckkompensierte (ohne Reflexion, z. B. für Druckkammermessung) Typen geliefert. Aufgetragen über der Frequenz ergibt sich z. B. für ein freifeldkompensiertes 1 Zoll Mikrofon der in Abb. 3.3. gezeigt Verlauf. Je kleiner ein Mikrofon ist, umso weniger wird das Schallfeld gestört und umso genauer kann der Schalldruckpegel bis zu hohen Frequenzen bestimmt werden. Andererseits sind kleinere Mikrofone unempfindlicher; kleine Pegel können damit nicht mehr mit ausreichender Genauigkeit gemessen werden. Mikrofone mit großem Membrandurchmesser weisen dagegen eine geringere obere Grenze im Dynamikbereich auf (3% Verzerrungsgrenze). Als Kompromiss werden daher in den meisten Fällen Halb- oder Viertelzoll-Mikrofon zum Einsatz gebracht. Vorpolarisierte Kondensatormikrofone Durch Einbau eines Elektrets, in dem ein elektrostatischer Verschiebungsfluss „eingefroren“ ist, kann die notwendige Ladung ohne Zuführung der Polarisationsspannung von außen erzeugt werden. Die Eigenschaften dieser auch als vorpolarisiert bezeichneten Elektretmikrofone entsprechen in etwa normalen Kondensatormikrofonen. Jedoch tritt im Verlauf der Zeit eine deutlich stärkere Änderung des Übertragungsmaßes aL auf. Hierbei kann in einem Zeitraum von ca. 10 Jahren durchaus eine Verminderung des Übertragungsmaßes von ca. 2–3 dB beobachtet werden. Als vorteilhaft erweist sich jedoch der Wegfall der Polarisationsspannung. Dadurch ist das Mikrofon gegenüber dem polarisierten Mikrofon auch bei kondensierender Feuchtigkeit vollkommen sicher bezüglich eines elektrischen Durchschlages. Die wiederum im Vergleich zum polarisierten Mikrofon mit metallischer Membran geringere Membran-Masse der Kunststofffolie macht die Elektretkapsel außerdem unempfindlicher gegenüber Erschütterungen aus der Umgebung (Lerch et al. 2009). Piezokeramische Mikrofone Piezokeramische Mikrofone besitzen ein Wandlerelement aus Keramik, das durch die Membranbewegung gebogen wird und eine dem Schalldruck proportionale piezo-

Abb. 3.3   Frequenzgang eines freifeldkalibrierten Mikrofons mit 25,6 mm Durchmesser

3 Messtechnik

97

elektrische Spannung abgibt. Der Übertragungsfaktor beträgt BL = 3 mV/Pa bis 10 mV/Pa, der Frequenzgang ist jedoch – bedingt durch die mechanischen Übertragungsglieder – nicht so gleichförmig wie bei Kondensatormikrofonen und umfasst nur den Bereich von 10 Hz bis 10 kHz. Piezokeramische Mikrofone werden deshalb vorwiegend für kleine Handmessgeräte geringerer Genauigkeit verwendet. Spezielle piezokeramische Sensoren aus dem Bereich der Gaswechsel-Analyse an Verbrennungsmotoren können im unteren Hörfrequenzbereich bei sehr hohen Schalldruckamplituden (100 – 180 dB) bei Temperaturen bis 260 °C im Bereich niedriger Frequenzen für die Bestimmung von Schalldruckpegelwerten in Abgasanlagen von Kraftwerken und Schiffen Anwendung finden. Dabei muss jedoch ein hohes Eigenrauschen der Sensoren im Bereich von 90 dB Gesamtpegel in Kauf genommen werden. Weitere Details zum Aufbau und zur Funktionsweise dieser Wandlerart können (Lerch et al. 2009) entnommen werden.

3.2.1.2 Spannungs- und Stromversorgung Polarisationsspannung Der Übertragungsfaktor des Kondensatormikrofones wird durch die Kapazität der angeschlossenen Leitung bei hohen Schalldruckpegeln im Bereich hoher Frequenzen verfälscht. Abb. 3.4 ermöglicht daher für den Einsatz von üblichen Mikrofonverstärkern in Abhängigkeit vom zu messenden Pegel und vom Frequenzbereich eine Vorauswahl des Mikrofondurchmessers. Grundsätzlich bleibt anzumerken, dass bei der Verwendung von Kondensatormikrofonen eher kurze Kabellängen im Bereich zwischen 5–20 m erforderlich sind.

Abb. 3.4   Anwendungsbereiche von Kondensator-Messmikrofonen

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J. Hübelt

Konstantstromspeisung Sehr oft werden Elektret- und Piezokeramische Mikrofone aber auch Piezokeramische Beschleunigungsaufnehmer in Verbindung mit einer Konstantstromspeisung betrieben: In der Sensorkapsel selbst ist dazu eine Elektronik zur Impedanzwandlung in einer meist sehr einfachen FET-Schaltung integriert. Dieses System wird mit einem Konstantstrom IS zwischen IS = 2 − 20 mA beaufschlagt. Über dem Sensoreingang stellt sich dabei durch die Stromversorgung IS eine positive Gleichspannung als Arbeitspunkt ein. Das Wechselsignal des Wandlers, erzeugt z. B. durch die alternierende Änderung der Lage der Membran, wird auf diesen Arbeitspunkt aufmoduliert und durch einen Koppelkondensator Ck (Abtrennen des Gleichanteils infolge Konstantstromversorgung) in den Eingang des angeschlossenen Messsystems eingespeist. Der Vorteil dieser Art der Schaltung ist, dass das Wechselsignal des Sensors und das Speisesignal über dieselbe Leitung übertragen werden kann. Daher ist hier die Verwendung von einfachen Koaxialkabeln möglich. Ein geringer Speisstrom führt bei dieser Beschaltung zu einer höheren Störempfindlichkeit des Systems und damit zur Forderung nach kürzeren Kabellängen. Ein guter Kompromiss zwischen geringer Störempfindlichkeit und einem möglichst geringen Strombedarf wird mit einem Strom von IS = 4 mA gefunden. Bei batteriebetriebenen Systemen ist jedoch u. U. die Reduzierung des Speisstroms auf IS = 2 mA sinnvoll. Auch bei Konstantstromspeisung hat die Kabelkapazität Einfluss auf die Übertragungsfunktion des Systems. Dabei sinkt hier ebenfalls mit steigender Kabellänge die Aussteuerbarkeit des Systems. Als Ursache wird hier von den Herstellern die verringerte Spannungsanstiegsgeschwindigkeit des Verstärkers durch umzuladende Kapazitäten angeben. Nach (Weber 2012) besteht jedoch für Kabellängen von bis zu 100 m bei einem Konstantstrom von IS = 4 mA keine Einschränkung in der Aussteuerbarkeit. Zuletzt sei noch darauf hingewiesen, dass der Koppelkondensator Ck und der angeschlossen Lastwiderstand des Messgerätes einen RC-Hochpass bilden. Je nach Grenzfrequenz dieses Filters führen Sprungimpulse am Eingang, wie sie z. B. bei Anschluss des Sensors entstehen, zu Einschwingzeiten des Systems von bis zu 1 s (Möser 2009). Als nachteilhaft werden im Übrigen häufig die begrenzte maximale Einsatztemperatur von bis zu ca. 125 °C und das zusätzliche Eigenrauschen der Konstantstrom-Schaltung angegeben.

3.2.1.3 Geräte zur Schalldruckpegel- und Schalldosismessung Gerätetypen Die Eigenschaften von Schalldruckpegelmessern sind in internationalen Standards vorgeschrieben: z. B. (IEC 61672-1 2013), (IEC 61260-1 2014). Gemäß der auf diesen Standards beruhenden europäischen Richtlinie (DIN EN 61672-1 2014) findet dabei eine Unterteilung der Messgeräte in zwei Klassen statt. Zu diesem Zweck werden in der Norm für die verschiedensten Anforderungen, wie z. B. die Richtcharakteristik, die

3 Messtechnik

99

Frequenzbewertungen, Pegellinearität oder auch die Antwort auf Tonimpulse von 4 kHz, Akzeptanzgrenzen festgelegt. Diese Grenzen sind bei Geräten der Klasse 1 entsprechend strenger gefasst. Ein Typ 1-Messinstrument älterer Bauart, eingestuft auf der Basis der bisherigen Normung, würde in etwa der Klasse 1 entsprechen, ist aber vermutlich nicht in der Lage, alle Ansprüche an diese Klasse zu erfüllen. Eine Anforderung an den Funktionsumfang gibt es nach der Norm nicht. Aus diesem Grund können einfache Geräte auch mit der Klasse 1 geliefert werden. Für viele praktische Anwendungen wird in den nationalen Richtlinien die Verwendung eines Gerätes der Klasse 2 als vollkommen ausreichend eingestuft. Der Einsatz im Bereich der Forschung oder im Rechtsvollzug kann die Anwendung eines Schalldruckpegelmessers der Klasse 1 notwendig machen. Je nach Nutzungszweck werden Geräte mit einer unterschiedlichen Anzahl von Funktionen angeboten: Einfache Handschalldruckpegelmesser: einfache Handgeräte, fest angebrachtes Mikrofon, Bewertungskurve A, national vorgeschriebene Zeitbewertung (s. Abschn. 2.4.2), einfache Messwertausgabe mit Digitalanzeige. Komfortables Gerät: tragbares Gerät, ein- und mehrkanalig, ausgeführt als Handschalldruckpegelmesser oder als speziell durch die PTB „bauartzugelassenes“ Laptop mit mehreren AD- und D/A-Wandler-Kanälen (Ein- und Ausgänge), abgesetztes Mikrofon, Anschluss für weitere Sensoren ist möglich, die mitgelieferte Software ist meist modular erweiterbar: Dadurch ist ein aus schalltechnischer Sicht nahezu vollständiger Funktionsumfang möglich, wie z. B. mehrere Bewertungskurven, Oktav- und Terzfilter, unterschiedliche Zeitbewertung, auch Integration über größere Zeiten, FFT und Terz/Oktav-Analysen, Nachhallzeitmessungen etc. Eine digitale Anschlussmöglichkeiten ermöglicht meist die Anbindung an einen Computer, dadurch wird die Fernsteuerung des Systems oder aber auch eine effektive Weiterverarbeitung der Daten, wie sie z. B. bei der Auswertung von Überwachungsmessungen nach (TA Lärm 1998) notwendig werden kann, erlaubt. Umfangreiches Labormesssystem: Der Übergang vom komfortablen Gerät zum umfangreichen Labormesssystem ist fließend. Laborgeräte sind in den meisten Fällen modular aufgebaut. Auf diese Weise kann die Anzahl und die Art der verwendeten Messkanäle verändert werden. In vielen Fällen entspricht die eingesetzte Software der des komfortablen Gerätes. Auf jeden Fall wird durch Labormessgeräte ein ähnlicher Umfang, wie bereits bei komfortablen Geräten beschrieben, abgedeckt. Z.T. können die Einzelkomponenten der Systeme auch räumlich verteilt betreiben werden. Dazu stehen integrierte Netzwerkadapter zur Verfügung. Für allgemeine Aufgaben der Lärmminderung sind tragbare Geräte mit integriertem Terz/Oktav-Filter erfahrungsgemäß ausreichend. Stark schwankende Pegel erfordern die Möglichkeit, über eine längere Zeit den Messwert zu mitteln (integrierende Geräte) und Pegel-Zeit-Verläufe aufzuzeichnen. Bei

100

J. Hübelt

Arbeiten an wechselnden Arbeitsplätzen ist die Lärmbelastung mit dem Lärmdosimeter festzustellen, das der Arbeitende an der Kleidung trägt; Lärmdosis s. Abschn. 2.4.7. Bestimmung des Schalldruckpegels Wie in Abb. 3.1 dargestellt, wird die vom Mikrofon abgegebene Spannung (nach einem Impedanzwandler, der aufgrund der kleinen Mikrofonkapazität direkt dem Mikrofon angeschlossen ist) auf die zur weiteren Verarbeitung notwendige Spannung verstärkt. Alle Geräte erlauben zur Kalibrierung das Einfügen eines Übertragungsfaktors in den Signalfluss. Gemäß

p˜ =



1 T

ˆ

p2 dt

(3.3)

T

wird der Effektivwert  p als gleitender Mittelwert der quadrierten Schalldruck-Zeitfunktion über die Beobachtungszeit T gebildet; dabei ist die Integrationszeit einstellbar. Für harmonische Signale (Sinus- oder Cosinus-Funktionen) ist der Effektivwert anhand des Spitzenwertes pˆ des Signales bestimmbar:

pˆ p˜ = √ . 2

(3.4)

Dabei entspricht die Beobachtungszeit T entweder der Periode der Zeitfunktion oder sollte bedeutend länger sein. Für die Messung langsam schwankender Pegel ist daher eine entsprechend große Mittelungszeit notwendig. Die Abweichungen vom tatsächlichen Effektivwert können dabei durch eine Si-Funktion beschreiben werden. Immer wenn die Mittelungszeit einem Vielfachen der Periode der harmonischen Zeitfunktion entspricht, verschwinden diese. Je größer die Mittelungszeit T ist, je kleiner sind die Nebenmaxima der Si-Funktion und umso kleiner ist der Fehler. In (Randall 1987) wird daher für einen Fehler kleiner 1/4 dB eine Mittelungszeit von mindestens 3 Perioden der tiefsten Frequenz f gefordert (s. auch Abschn. 3.4.3.3):

T=

3 . f

(3.5)

Bei tatsächlich stochastischen Signalen mit einem Mittelwert p = 0 Pa entspricht der Effektivwert der einfachen Standardabweichung σ der Amplituden des Signals. Dies ist bei Schallsignalen gegeben, da hier der Normaldruck dem Mittelwert entspricht und zu Null gesetzt wird. Der Effektivwert kann daher auch zur Bewertung stochastischer Signale herangezogen werden. Der Spitzenwert des stochastischen Signals wird mit pˆ ≈ 3σ geschätzt. Der Scheitelfaktor

kS = pˆ /˜p

(3.6)

(auch Crest-Faktor) beträgt somit √ für diese Signalart kS ≈ 3, wohingegen dieser Wert für das harmonische Signal mit kS = 2 angegeben werden kann.

3 Messtechnik

101

Das menschliche Gehör weist aufgrund seiner mechanischen Komponenten Tiefpassverhalten auf. Der Effektivwert, mit seinem Zeitintegral, kann infolgedessen auch bei der Berechnung der Zeitbewertungen verwendet werden. Dabei wird zur zeitlichen Bewertung zusätzlich eine Exponentialfunktion zur Anwendung gebracht:

LAF (t) = 10 lg



1 τF

∫t−∞ p2A (ξ )e−(t−ξ )/τF dξ p2o



dB.

(3.7)

Hierin sind • ξ die Integrationsvariable für die Integration über die Zeit von einem Zeitpunkt in der Vergangenheit (ξ = −∞ als untere Integrationsgrenze) bis zum Beobachtungszeitpunkt ξ = t, • pA (ξ ) der Momentanwert des A-bewerteten Schalldrucks, • τF die Zeitkonstante der Exponentialfunktion der Zeitbewertung, hier z. B. F nach (IEC 61.672-1 2013) für: – die Zeitbewertung S: τ = 1000 ms, die Abklingrate nach dem schlagartigen Abschalten eines sinusförmigen 4-kHz-Dauersignals beträgt dann 4,3 dB/s, – die Zeitbewertung F: τ = 125 ms, die Abklingrate nach dem plötzlichen Abschalten eines sinusförmigen 4-kHz-Dauersignals beträgt hier 34,7 dB/s. Dies bedeutet, für ein „A“-frequenz- und „F“ zeitbewertetes Signal würde sich die Bezeichnung LAF ergeben. Die Zeitbewertung I ist nunmehr in (DIN 45657 2014) mit einer Anstiegszeitkonstante von 35 ms und der Abklingzeitkonstante von 1,5 s enthalten. Eine weitere Anwendung findet der Effektivwert bei der Bildung des äquivalenten Dauerschalldruckpegels Leq mit dem Äquivalenzparameter q = 3 (s. Abschn. 2.4.3). Wird im Integral das Quadrat des Schalldruckes noch mit der Beobachtungszeit multipliziert, erhält man nach (IEC 2013) die Schallexposition E in Pa2s (dabei wird  61672-1  2 ein Bezugswert p0 T0 = 2 · 10−5 Pa · 1 s, siehe auch Abschn. 2.4.6, verwendet). In vielen Richtlinien wird das Kalibrieren im Zusammenhang mit dem Messvorgang vorgeschrieben.

3.2.1.4 Kalibriergeräte Da Schallpegelmesser, insbesondere das Mikrofon, empfindliche Geräte sind, sollte die Justierung des Gerätes von Zeit zu Zeit kontrolliert werden. Dazu sind Schallquellen mit genau bekanntem Schalldruckpegel geeignet. Beim Kalibrieren wird die Abweichung des angezeigten Schalldruckpegels vom Sollwert bestimmt, durch Justieren des Messgerätes kann diese Abweichung verringert werden. Dabei ist zu beachten, dass für einen Schallpegelmesser der Klasse 1 auch ein Schallkalibrator der Klasse 1 nach (DIN EN IEC 60942 2018) zum Einsatz kommt. Die wichtigsten Möglichkeiten der Kalibrierung sind nachfolgend beschrieben:

102

J. Hübelt

Schallpegelkalibrator Der konstante Schalldruck im Kalibrator wird durch eine Membran erzeugt, die von einem piezoelektrischen Biegeelement zu Schwingungen angeregt wird. Die Konstanz des Pegels wird durch Stabilisierungs- und Rückkopplungsschaltungen gewährleistet. Der Schalldruckpegel beträgt 94 (entspricht p˜ = 1 Pa) bis 114 dB, die Frequenz meist 1000 Hz. Damit können auch Schallmessgeräte mit Bewertungsfilter kalibriert werden. Als nachteilig könnte sich eine nur unzureichende Schalldämmung der Kalibratoren bei Kontrollen in lärmerfüllten Räumen herausstellen. Durch die hohe Messfrequenz bedingt, ist bei der Kontrolle der Unterschied zwischen Druckkammer- und Freifeldfrequenzgang bei 1 kHz zu berücksichtigen. Der Druckkammerwert liegt bei einem 1″-Mikrofon etwa 0,4 dB unter dem Freifeldwert (s. Abb. 3.3), d.h., der Schallpegelmesser muss z. B. bei einem Kalibrierpegel von 94 dB einen Schallpegel von 93,6 dB anzeigen. Bei 1/2″-Mikrofonen beträgt die Abweichung 0,2 dB und ist im Allgemeinen zu vernachlässigen. Pistonfon Pistonfone gelten bereits als veraltet. Trotzdem soll an diese Stelle kurz die Funktionsweise vorgestellt werden: Das Volumen einer abgeschlossenen Kammer (Abb. 3.5) wird durch zwei Kolben, die mit einer Kurvenscheibe bewegt werden, periodisch verändert. Die dadurch in der Kammer entstehenden Druckschwankungen sind abhängig vom Volumen, einschließlich des Ersatzvolumens des Mikrofons, vom Luftdruck, vom Kolbenweg und von der Kolbenfläche. Weil die letzten Größen konstant sind und bei exakt eingeschobenem Mikrofon das Volumen ebenfalls bekannt ist, kann der entstehende Schalldruck unter Berücksichtigung des Korrekturwertes am beigegebenen Barometer zur Kalibrierung benutzt werden. Der Schalldruckpegel industriell gefertigter Geräte liegt im Bereich 115 bis 125 dB, die Frequenz im Bereich 160 bis 250 Hz, der Fehler beträgt etwa ±0,2 dB. Bei der Kalibrierung von Geräten, die keine Umschaltung auf die Frequenzbewertung „Linear“ erlauben (z. B. Dosimeter), ist die Bewertungskurve zu berücksichtigen, s. Abschn. 2.4.2. Abb. 3.5   Funktionsprinzip des Pistonfons

3 Messtechnik

103

Frequenzgangkontrolle mit elektrostatischem Eichgitter Die durch den Schalldruck auf die Membran einwirkende Kraft kann durch ein elektrostatisches Feld nachgebildet werden. Dazu sind spezielle Eichgitter vor der Membran zu befestigen. Bei einigen Mikrofonen ist das Schutzgitter vor der Membran isoliert und kann zu dieser Messung genutzt werden. Zur Bestimmung des sogenannten Ersatzschalldruckes ist eine Wechselspannung u1 mit einer weitaus größeren Gleichspannung u2 bis zu 800 V zu überlagern und am Eichgitter anzulegen. Der auf diese Weise gemessene frequenzabhängige Ersatzschalldruck entspricht dem Druckfrequenzgang des Mikrofons. Steht keine Gleichspannungsquelle zur Verfügung, kann die Messung auch nur mit einer Wechselspannung durchgeführt werden. Die Amplitude des Signals ist dabei entsprechend höher zu wählen. Die Auswertung muss jedoch aufgrund des nunmehr dominanten quadratischen Zusammenhanges bei der halben Frequenz vorgenommen werden. Weitere Details siehe z. B. (DIN EN 61.094-6 2005), (Brüel&Kjær 1995) oder (GRAS RA0014 2021). Frequenzgangkontrolle mit Ladungseinspeisung auf Zusatzkapazität Bei dieser Art der Kalibrierung wird über einen Kondensator mit einer zeitlich sehr stabilen Kapazität ein definiertes Wechselspannungssignal in den Mikrofonverstärkereingang eingekoppelt. Diese Kapazität und die Kapazität der Kapsel bilden einen frequenzabhängigen Spannungsteiler. Die sich nunmehr über der Kapsel einstellende frequenzabhängige Spannung wird über den Mikrofoneingang überwacht. Eine Änderung der Kapselkapazität ist dadurch über eine frequenzabhängige Spannungsmessung sehr gut nachweisbar. So würde sich z. B. ein Kurzschluss im Mikrofon mit einem Zusammenbruch der Spannung am Mikrofonverstärkereingang äußern. Weitere Hinweise dazu können z. B. (BP1584-13 2018) entnommen werden. Diese Art der Frequenzgangkontrolle ist unabhängig vom Einfluss statische Felder und kann ohne weiteren Aufwand periodisch vorgenommen werden.

3.2.1.5 Hilfsmittel zur Verringerung von Störeinflüssen Bei der Messung des Schalldruckpegels sind zum Schutz des Mikrofons und zur Anpassung an die Messbedingungen verschiedene Hilfsmittel notwendig. Strömende Luft erzeugt am Mikrofonkörper infolge Wirbelbildung ein Windgeräusch. Dieses kann mit einem Windschutz aus offenporigem Schaumstoff oder mit einem kugelbzw. zylinderförmigen, mit Gewebe bespannten Windschirm verringert werden. Mit Windschirmen können die Toleranzen der Genauigkeitsklasse 1, bedingt durch Änderung des Frequenzganges des Mikrofons, nicht mehr eingehalten werden, sodass die Messung nur noch der Klasse 2 entspricht. Dagegen verändert ein Windschutz aus Schaumstoff (sog. Pop-Schutz) den Frequenzgang oft so, dass das Messgerät u.U. den Genauigkeitsklassen 1 und 2 nicht mehr entspricht. Damit die Genauigkeitsklasse beibehalten werden kann, erkennen viele der heutigen Schallpegelmesser den applizierten Windschutz und korrigieren den Einfluss des Schirmes durch eine eigens eingemessene Übertragungsfunktion (dies ist in (IEC 61672-1 2013) geregelt).

104

J. Hübelt

Abb. 3.6   Terzspektrum des Windgeräusches am 1/2″-Messmikrofon ohne und mit Windschutz bei 15 m/s Windgeschwindigkeit nach (Robotron 1980)

Abb. 3.7   Windgeräuschpegel (A-bewertet) am 1″-Messmikrofon als Funktion der Windgeschwindigkeit nach (Robotron 1980)

Abb. 3.6 zeigt die Größe des Windgeräusches ohne und mit Windschirmen. Abb. 3.7 verdeutlicht die Abhängigkeit des Windgeräuschpegels von der Windgeschwindigkeit. Bei Messungen in Luftströmungen bekannter Richtung kann mit einem Nasenkonus der Strömungsverlauf um den Mikrofonkörper günstiger gestaltet werden. Damit verringern sich die Störungen um 20 dB. Gleichzeitig wird die Richtcharakteristik des Mikrofons verbessert, sodass die Diffusfeld-Korrektur bis zu 10 kHz bei Schallleistungsmessungen entfallen kann. Messungen der Schallleistung in Kanälen erfordern zur Verminderung des durch Turbulenzen hervorgerufenen Pseudoschalles spezielle Mikrofonvorsätze (s. Abschn. 2.8.5). Für Messungen in Modellen, in schmalen Kanälen, in Rohren und Hohlräumen können Sondenvorsätze verwendet werden. Diese Sonden (Stahlrohre mit einem Durchmesser zwischen 0,5 mm und 6 mm) werden über ein Kuppelstück vor der Mikrofonmembran anstelle des Schutzgitters angebracht. Frequenzgang und Übertragungsmaß verändern sich dadurch stark, sodass meist nur Relativmessungen möglich sind. Eine Ersatzkapazität, die anstelle der Mikrofonkapsel auf den Mikrofonverstärker geschraubt wird, ermöglicht die Kontrolle der Störpegel. Der Pegel, erzeugt durch Einflüsse auf die Messanordnung, durch elektrisches Störgeräusch, Magnetfelder,

3 Messtechnik

105

Erdschleifen und Erschütterungen, ist damit messbar und kann mit dem Schalldruckpegel des Nutzschalles verglichen werden.

3.2.1.6 Handhabung Zur Lösung umfangreicher Messaufgaben sollte ein Messprogramm aufgestellt werden, das unter Berücksichtigung von • Schallfeldform (Auswahl des Mikrofontyps: Diffus-, Frei- oder NahfeldKalibrierung), • Raumbedingungen (reflektierende Flächen), • Störungsmöglichkeiten (elektrostatische und magnetische Felder, Erdschleifen, Körperschall, Fremdschall) Messpunkte und Messstrategie festlegt. Nach der Überprüfung des Messgerätes auf einwandfreie Funktion (Batteriekontrolle, Kalibrierung mit Kalibrator sowie evtl. Kontrolle der gesamten nachgeschalteten Messkette) erfolgt die Kontrolle des Störpegels. Das kann entweder durch Messung bei abgeschaltetem Messobjekt, durch Messung mit einer Ersatzkapazität oder durch Abschätzung, z. B. bei Wind, erfolgen. Das Messergebnis muss u. U. korrigiert werden, s. Abschn. 2.8.5, wenn die Pegeldifferenz zwischen Mess- und Störpegel kleiner als 10 dB ist. Die ermittelten Messwerte, einschließlich Messtag, Messzeit, Messobjekt, Betriebsbedingungen, Messpunkt sowie aller für die Weiterverarbeitung wichtigen Fakten, sind sofort zu protokollieren. Im Verlauf eines Signal-Spektrums sind im Übrigen Messfehler leichter erkennbar, z. B. das Auftreten eines 50-Hz-Netzstörpegels. Zur Bestimmung der Messunsicherheit sind mehrere Messungen notwendig. Die Auswertung erfolgt bei vielen Messungen nach genormten Verfahren (DIN 45641 1990)

3.2.1.7 Fehler und Abhilfemaßnahmen Die für die Messung des Schalldruckes notwendige hohe Empfindlichkeit des Mikrofons und die geringe abgegebene Wechselspannung erfordern eine sorgfältige Berücksichtigung von Störeinflüssen und deren Abstellung. Die wichtigsten Fehler sind: • Wind und Luftströmungen führen zu Störschall. Abhilfe: Windschutz bzw. Nasenkonus anwenden. • Elektrostatische Felder, z. B. in Papierfabriken oder Bandwebereien, führen bei isoliertem Schutzgitter am Mikrofon zur Aufladung desselben. Der angezeigte Schalldruckpegel sinkt während der Messung um 5 dB ab. Ähnlich können Wechselfelder einen Schalldruckpegel vortäuschen.

106

J. Hübelt

Abhilfe: Isolierung durch Draht oder mit einem Bleistiftstrich überbrücken. • Magnetische Wechselfelder, z. B. in der Nähe großer elektrischer Maschinen, führen zur Induktion von Spannungen im Gerät. Abhilfe: Kontrolle mit Ersatzkapazität, günstigen Standort aufsuchen. • Erdschleifenbildung und Potenzialausgleichsströme ergeben einen Störpegel vorwiegend bei einer Frequenz von 50 Hz. Diese können auftreten, wenn eine elektrische Verbindung zwischen dem Messobjekt bzw. dem Fußboden und dem Schutzleiter der die Messkette speisenden Steckdose über das Wandlerkabel besteht, siehe Abb. 3.8. Abhilfe: Mikrofon isoliert befestigen, Batteriebetrieb des Messgerätes. • Schwingungen können einen Schallpegel vortäuschen. Abhilfe: Unter das Stativ weichen Schaumstoff legen zur Verminderung der Körperschallübertragung im hochfrequenten Bereich. • Über- bzw. Unterschreiten der Messgrenzen führt zu falschen Messwerten. Abhilfe: Störpegelkontrolle durchführen, Aussteuerbereich beachten. Günstigeren Mikrofontyp wählen. • In das Kapselinnere eingedrungene Feuchtigkeit führt zu charakteristischen, kurz aufeinander folgenden Störpegeln mit ca. 80 bis 90 dB. Abhilfe: Gerät sofort ausschalten, Kapsel in Trockengefäß lagern. Günstig ist mehrfaches Aufheizen auf etwa 70 °C. Bei Messungen in feuchter Umgebung gegebenenfalls Mikrofonheizung einschalten, bei Messpausen (Abschalten des Messgerätes) Mikrofon betriebswarm in ein Gefäß mit Trockenmittel legen. Günstiger ist der Einsatz der von den Mikrofonherstellern angebotenen Trockenadapter zwischen Vorverstärker und Mikrofonkapsel. Die Mikrofonkapsel muss jedoch einen nach innen geführten Luftausgleichskanal besitzen.

3.2.2 Messung der Luftschallschnelle mittels HitzdrahtAnemometer Die Verwendung eines Hitzdraht-Anemometers erlaubt die direkte dreidimensionale Messung des Vektors der Schallschnelle v. Das Verfahren bestimmt dabei letztendlich den Massenwechselfluss. Dieser ist in dem hier betrachten Fall proportional zum Volumenwechselfluss und kann somit zur Bestimmung der Schallschnelle benutzt werden. Zum Zweck der Messung werden sehr dünne Drähte, meist aus Platin, mit einem elektrischen Strom durchflossen. Die zwei- oder zum Teil sogar dreidimensional Abb. 3.8   Erdschleifenbildung bei Massekontakt von Mikrofonen oder Beschleunigungsaufnehmern

3 Messtechnik

107

angeordneten Drähte heizen sich dabei auf eine feste Temperatur auf. Um die Sensoren bildet sich dadurch zunächst im Medium ohne Schallfluss eine zeitlich konstante bezüglich der Drähte rotationssymmetrische Temperaturverteilung aus, die sich wiederum als zeitlich konstanter Ohm’scher Widerstand über den jeweiligen Drähten messen lässt. Wird nun der Bereich um den Sensor mit einem Wechsel(-schall)fluss beaufschlagt, bildet sich aufgrund des konvektiven Wärmetransportes je nach Richtung und Amplitude des Flusses eine asymmetrische Temperaturverteilung aus. An den einzelnen Drähten ist daher auch eine von der Temperaturverteilung abhängige Veränderung des Ohm’schen Widerstands feststellbar. Anhand dieser Veränderung lässt sich folglich die räumliche Ausrichtung und die Amplitude des Schallflusses und damit der Vektor der Schallschnelle bestimmen (Honschoten et al. 2001). In (Bree 2003) wird einem ½-Zoll-Sensor im Bereich von ca. 300 – 600 Hz ein linearer Amplituden-Frequenzgang (3 dB-Grenze) und ein Amplitudenbereich von 100 nm/s bis 0, 1 m/s bescheinigt. Oberhalb von 600 Hz führt die wirksame Wärmekapazität der Drähte und die Verzögerung während der Ausbildung der Temperaturverteilung zum Abfall des Amplituden-Frequenzgangs. Diese Effekte lassen sich jeweils sehr gut mit dem Verhalten eines Tiefpasses 1. Ordnung beschreiben. Bei dem Sensor liegt nach (Bree 2003) die Grenzfrequenz des Tiefpasses aufgrund der Verzögerung in der Wärmeausbreitung bei etwa 600 Hz und die Grenzfrequenz der Filterwirkung infolge der Wärmekapazität bei etwa 2600 Hz. Der Amplituden-Frequenzgang fällt daher oberhalb von ca. 1800 Hz zunächst mit 20 dB/Dekade ab und für Frequenzen größer als ca. 8000 Hz geht dieser Abfall dann in 40 dB/Dekade über. Die Sensorart erlaubt in Verbindung mit einem Mikrofon die Messung der akustischen Impedanz. Auf diese Weise kann die Schallabsorption an der Oberfläche eines Bauteils bestimmt werden, s. hierzu Kap. 6. Weiterhin ermöglicht diese Sensorkombination die Bestimmung der Schallintensität. Hinweise zu der dabei erreichbaren Messgenauigkeit können in (Lerch et al. 2009) nachgeschlagen werden.

3.2.3 Messschallquellen Zur Erzeugung von Schall für Messzwecke werden üblicherweise Lautsprecher verwendet. Günstig ist eine Anregung mit Bandrauschen (z. B. Oktavbänder) oder mit einem Sinus-Sweep, um z. B. den Einfluss einzelner stehender Wellen in Räumen zu vermeiden. Zu beachten ist, dass bei Rauschanregung die zulässige Speiseleistung nur

PR = PL 

PL ; 10

Lautsprecherleistung

sein darf, damit das Antriebssystem nicht beschädigt wird.

(3.8)

108

J. Hübelt

Genügt bei Breitbandanregung die abgestrahlte Leistung in einzelnen Frequenzbereichen nicht, so kann durch ein zwischen Generator und Leistungsverstärker eingefügtes, umschaltbares Bandfilter die gesamte Leistung in einzelnen Frequenzbändern abgestrahlt werden. Bei einem 10-W-Lautsprecher beträgt die erzeugbare akustische Leistung, abhängig vom Lautsprecher-Wirkungsgrad und dem Aufstellort, etwa 100  dB (Bezugsschalleistung 1 pW [s. Abschn. 2.6.2, Gl. (2.20)]). Für Messzwecke werden Schallquellen mit zeitlich konstanter Schallleistung in einem Frequenzbereich vorwiegend zwischen 100 Hz und 10 kHz geliefert. Diese Messschallquellen arbeiten nach unterschiedlichen Wirkprinzipien: • elektroakustische Messschallquellen (von einer Rauschquelle gespeiste Lautsprecher werden durch ein Mikrofon auf konstanten Messpegel geregelt), akustische Gesamtleistung 100 bis 110 dB, besonders geeignet für mobilen Einsatz durch Einstellbarkeit, Nutzung zur Nachhallzeitmessung als Dodekaeder-Box mit allseitiger Schallabstrahlung, • aeroakustische Messschallquellen (eine lüfterähnliche Konstruktion gibt ein breitbandiges Geräusch ab), Gesamtschallleistung 80 bis 90 dB, besonders geeignet für genaue Schallleistungsmessungen, • mechanische Schallquellen (an einer Welle befestigte Ketten schlagen an Anschlagschienen, die das Gehäuse anregen), Gesamtschallleistung 100 bis 110 dB, besonders geeignet neben Schallleistungsmessungen zur Bestimmung der Schalldämmung und Schallausbreitung.

3.3 Körperschall- und Schwingungsgrößen 3.3.1 Einführung Untersuchungen im Rahmen der Geräuschminderung innerhalb von Geräten, Maschinen und Anlagen, also an der Quelle, umfassen vor allem auch die Messung von Schwingungen in Form von Bewegungs-, Kraft- und Dehnungsgrößen, Spezialliteratur z. B. (Holzweißig und Meltzer 1973; Dresig und Holzweißig 2016; Broch 1984; Himelblau und Furrer 1999; Randall 1987; Vér 2006). Schwingungen fester Körper im Hörfrequenzbereich werden Körperschall genannt. Der Begriff Schwingungsmessung steht meist für die Messung der translatorischen Bewegungsgrößen • Weg, Ausschlag ξ, • Geschwindigkeit, Schnelle υ, • Beschleunigung a, • Kraft F .

3 Messtechnik

109

Unter Umständen könnte jedoch auch die Messung von Momenten von Interesse sein. Aus der Messung der Schwinggeschwindigkeit an Maschinen ergeben sich wichtige Aussagen für eine lärmarme Konstruktion: Beiträge einzelner Flächen zur abgestrahlten Gesamtleistung, Punkte mit geringerem Körperschall für die Befestigung von integrierten Kapseln usw., Punkte mit geringer Admittanz für die Einleitung dynamischer Kräfte (s. Kap. 4 und 11) Die Größen Weg ξ, Schnelle υ und Beschleunigung a sind mathematisch durch die Umkehroperationen, die zeitliche Integration und Differentiation, verknüpft. Für diese Rechenoperationen gilt im Zeit-(t) und Frequenzbereich (ω) folgender Zusammenhang:

y(t) =

d x(t) dt

x(t) = ∫ y(t)dt

FT



y(ω) = jω x(ω),

FT



x(ω) =

(3.9)

1 y(ω). jω

In Tab. 3.1 sind die Größen und deren Umrechnung im Zeit- und Frequenzbereich auf der Basis des Zusammenhangs nach den Gl. (3.9) zusammengestellt. Aus den Gl. (3.9) und Tab. 3.1 ergibt sich der in Abb. 3.9 dargestellte Zusammenhang. Wird demnach an einer schwingenden Platte eine nahezu von der Frequenz ω unabhängie Beschleunigung a(ω) gemessen, muss davon ausgegangen werden, dass die dazugehörige Schwingschnelle v(ω) mit 1/ω und der Schwingweg ξ (ω) sogar mit 1/ω2 fällt. Für die Praxis ist dieser Gesichtspunkt z. B. dann von Bedeutung, wenn der Zusammenhang zwischen der Schwingung einer Platte und dem von der Schwingung herrührenden Schalldruck hergestellt werden soll. Als Quellgröße für den Schalldruck müsste die Schwingschnelle v(ω) in Verknüpfung mit dem Abstrahlgrad verwendet werden (siehe hierzu Abschn. 4.5). Wird daher an der Platte mit einem Beschleunigungsaufnehmer die Beschleunigung gemessen, ist diese durch Integration in eine Schwingschnelle umzurechnen. Dabei sollte nach der Darstellung in Abb. 3.9 klar sein, dass der Amplitudengang der Schwingschnelle gegenüber der Schwingbeschleunigung besonders im Bereich hoher Frequenzen deutlich abfällt.

Tab. 3.1  Umrechnung der translatorischen Bewegungsgrößen – Zeitbereich vs. Frequenzbereich Zeitbereich ξ (t)

Frequenzbereich FT



ξ (ω)

υ(t) =

dξ (t) dt



FT

v(ω) = jω ξ (ω)

a(t) =

d2 ξ (t) dt 2



FT

a(ω) = −ω2 ξ (ω)

Zeitbereich  ξ (t) = a(t)dt 2 ´ υ(t) = a(t)dt a(t)

Frequenzbereich FT

ξ (ω) = − a(ω) ω2



FT

v(ω) =

FT

a(ω)





a(ω) jω

110

J. Hübelt

Abb. 3.9   Zusammenhang zwischen den frequenzabhängigen Größen Schwingbeschleunigung   a = |a(f )|, Schwingschnelle v = |v(f )| und Schwingweg ξ = ξ (f ). Für die Schwingbeschleunigung gilt in diesem Beispiel a = 1 m/s2. Die Einheit der Größe Schwingschnelle v ist in m/s und die des Schwingwegs ξ in m gegeben

3.3.2 Beschleunigungsaufnehmer In der Schwingungstechnik werden vorzugsweise die Effektivwerte der Bewegungsgrößen ξ, υ und a als Kennwerte benutzt. In der Schalltechnik verwendet man als Kenngröße für Körperschall den Schnellepegel Lv. Er ist definiert als

Lv = 20 lg

υ˜ dB υ0

(3.10)

mit υ0 = ρp0 0c0 = 50 nm/s. Im Fall von p = vρ0 c0 wird damit Lp = Lv. Für Pegeldarstellungen in der Schwingungstechnik sind dagegen in (Serridge und Licht 1990) folgende Bezugsgrößen festgelegt: a0 = 1 µm/s2 und v0 = 1 nm/s.

3.3.2.1 Wandler Zur Wandlung von mechanischen Schwingungen in elektrische Signale werden unterschiedlichste Verfahren genutzt. Für die Körperschallmessung haben sich besonders piezoelektrische Wandler bewährt. Abb. 3.10 zeigt den Aufbau eines solchen Wandlers. Hier in der Bauart Dickenschwinger (auch Kompressionstyp) dargestellt. Weitere Bauarten sind: Scherschwinger und Biegeschwinger. Das piezoelektrische Element gibt mit einem u. U. eingesetzten Ladungswandler (Erläuterung dazu siehe unten) eine Spannung ab, die proportional der einwirkenden Kraft F ist. Da andererseits die Kraft proportional der Beschleunigung der Masse m ist, F = m · a, gibt der Wandler eine der Beschleunigung proportionale Spannung ab und wird deshalb als Beschleunigungsaufnehmer bezeichnet.

3 Messtechnik

111

Zur Verminderung verschiedener Störeinflüsse wurde diese Konstruktion abgewandelt, z. B. durch Gestaltung des piezoelektrischen Wandlers als Scher- oder Biegeelement. Viele Probleme, die durch das Verbindungskabel zwischen Aufnehmer und (Ladungs-) Verstärker entstehen, sind vermeidbar, wenn der Verstärker direkt im Aufnehmer eingebaut ist. Das Anschlusskabel wird dann gleichzeitig zur Speisung des Verstärkers und zur Signalübertragung genutzt. Das angeschlossene Messgerät muss deshalb eine dafür geeignete Versorgungs- und Auskoppelschaltung besitzen, wenn kein spezielles Speisegerät eingesetzt wird. Wichtige Kenngrößen der Beschleunigungsaufnehmer sind: Der Spannungs-Leerlaufübertragungsfaktor

Bau =

u˜ L ; a˜

(3.11)

mit u˜ L Leerlaufspannung und a˜ Beschleunigung, der Ladungsübertragungsfaktor

Baq =

q˜ , a˜

(3.12)

die Resonanzfrequenz des Aufnehmers fR und die Masse des Aufnehmers ma. Der Ladungsübertragungsfaktor kann aus dem Spannungs-Leerlaufübertragungsfaktor berechnet werden:

Baq = Bau Ci ;

(3.13)

mit Ci Aufnehmerkapazität einschließlich Anschlusskabel. Ein typischer Aufnehmer mit einem Leerlaufübertragungsfaktor von 5 mV/m · s−2 und einer Kapazität von 1 nF besitzt demnach einen Ladungsübertragungsfaktor von

Baq = 1 nF · 5 mV/m · s−2 = 5 pA · s/m · s−2 . Sind Fehler bis zu 10 % zulässig, kann mit dem Aufnehmer bis zu einer Frequenz von 0,5 · fR gemessen werden.

Abb. 3.10   Piezoelektrischer Wandler als Beschleunigungsaufnehmer, hier Bauart Dickenschwinger (auch Kompressionstyp). Weitere Bauarten sind: Scherschwinger und Biegeschwinger

112

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Für die Vorauswahl sind in der Tab. 3.2 typische Eigenschaften von Beschleunigungsaufnehmern zusammengestellt. In dieser Tabelle sind auch die besonders bei sehr tiefen Frequenzen gut einsetzbaren piezoresistiven und kapazitiven Aufnehmer sowie elektrodynamische Wandler (Geophone) aufgeführt. Weiter Details zur Auswahl von Beschleunigungsaufnehmern können z. B. (Broch 1984; Kuttner 2019) entnommen werden. Piezoresistive Aufnehmer ermitteln die Beschleunigung über eine Dehnmessstreifenanordnung und benötigen deshalb spezielle Brückenverstärker. Bei kapazitiven Aufnehmern ist die Auswerteschaltung zur Messung einer der Beschleunigung proportionalen Kapazitätsänderung im Aufnehmer integriert.

3.3.2.2 Elektrische Ankopplung Die Eingangskanäle der Analysatoren für piezoelektrische Wandler sind im Wesentlichen ähnlich aufgebaut wie die zur Messung des Schalldruckpegels. In den meisten Fällen handelt es sich hierbei sogar um ein und dasselbe Gerät. Die Eingangsstufe ist ein rauscharmer Verstärker, der bei direkt anschließbaren piezoelektrischen Aufnehmern als Ladungsverstärker oder als Spannungsverstärker mit einem EingangswiderTab. 3.2   Technische Eigenschaften von Beschleunigungsaufnehmern, piezoresistiven und kapazitiven Aufnehmern sowie elektrodynamischen Wandlern (Geophonen), aus Angaben verschiedener Hersteller abgeleitete Richtwerte Typ

SpannungsMessbereich Übertragungsfaktor

Frequenzbereich

Masse

mV/(m/s2 )

m/s2

Hz

g

0,2 1 10 500

0,5 bis 100.000 0,02 bis 10.000 5 · 10−4 bis 1000 5 · 10−6 bis 10

2 bis 20.000 1 bis 10.000 0,5 bis 5000 0,1 bis 500

0,5 5 50 500

piezoresistive2) Aufnehmer

0,02 0,2 2

1 bis 5000 0,1 bis 1000 0,02 bis 100

0 bis 5000 0 bis 1000 0 bis 300

0,5 bis 30

Kapazitive Aufnehmer

50

3 · 10−3 bis 100

0 bis 1000

3

Elektrodynamische Aufnehmer (Geophone, Schnelle-Empfänger)

14 V/ms−1 30 V/ms−1 30 V/ms−1

0,1 µm/s bis 0,3 m/s 0, 1 µm/s bis 0,3 m/s

ca. 5 bis 200 1 bis 80 1 bis 80

250 2003) 26004)

piezoelektrische1) Aufnehmer

1 Piezoelektrische

Aufnehmer mit Verstärker besitzen einen fest eingestellten Übertragungsfaktor, der Messbereich kann diesem entsprechend aus der Tabelle entnommen werden 2 Piezoresistive Aufnehmer werden in unterschiedlichen Gehäusen mit einer Masse von 0,5 bis 30 g gefertigt. 3 uniaxialer Aufnehmer, 4 triaxialer Aufnehmer

3 Messtechnik

113

stand von > 100 MΩ ausgebildet ist. Das Eingangssignal wird entweder direkt als der Beschleunigung proportionales Signal oder, bei Verwendung eines Integrierverstärkers, einmal bzw. zweimal integriert als der Schwinggeschwindigkeit oder dem Schwingweg proportionales Signal, nach Tab. 3.1, Spalten 3–4 weitergeleitet. Bedingt durch Phasenfehler bei der Integration an der unteren Frequenzgrenze sind Integrierverstärker zur Messung von Weg- oder Geschwindigkeitsgrößen aus transienten Beschleunigungssignalen wenig geeignet. Piezoelektrische Aufnehmer mit keramischem Wandler sind bei tiefen Frequenzen (unter 2 Hz) nur mit Ladungs- oder Quasiladungsverstärker einsetzbar. Für Spannungsverstärker ist bei einem Eingangswiderstand von 100 MΩ und einer Aufnehmerkapazität von 1nF die untere Grenzfrequenz (3-dB-Abfall) fu = 1,5 Hz. Quarzaufnehmer erfordern immer spezielle Ladungsverstärker. Die Ausgangsspannung wird bei einem Ladungsverstärker mit einem in Stufen umschaltbaren Verstärker auf gut verarbeitbare Größen verstärkt. Verwendet wird entweder der Effektivwert oder der Spitzenwert, wobei die Integrationszeit bzw. die Speicherzeit in weiten Grenzen einstellbar ist. Heutzutage werden Beschleunigungsaufnehmer weitestgehend mit integriertem Ladungsverstärker und Konstantstromspeisung geliefert. Angaben zum elektrischen Anschluss, zur Länge der Anschlusskabel, den Temperaturbereich etc. sind in den Abschn. Konstantstromspeisung und Ankopplung an die Struktur zusammenfassend dargestellt.

3.3.2.3 Kalibriergeräte Zur Überprüfung der Messkette wird ein Schwingungserreger mit genau bekannter, reproduzierbarer Beschleunigung benötigt. Diese Erreger sind in kleiner, handlicher Form z. B. als selbsterregte Zweimassenschwinger aufgebaut und ermöglichen bei einer Frequenz f eine einfache Kontrolle der Schwingbeschleunigung a, der Schwinggeschwindigkeit v und des Schwingweges ξ. Da die Umrechnung zwischen den Schwingungsgrößen nach Tab. 3.1 mit dem Faktor jω = j2πf erfolgt, wird das Kalibiergerät häufig mit der Frequenz f = 159,15 Hz betreiben. Der Faktor beträgt dann jω = j 1000 s−1. Auf diese Weise lassen sich die Schwingungsgrößen mithilfe einer festen Zahlenfolge und Umrechnung mit dem Faktor 103 angeben, z. B. a = 10 m/s2, v = 10 mm/s, ξ = 10 µm. Darüber hinaus stehen für den Laboreinsatz Kalibriergeräte zur Verfügung, die einen breiten Frequenzumfang abdecken, jedoch wesentlich teurer sind. 3.3.2.4 Handhabung Frequenzbereich Zur Messung der Beschleunigung, der Schwinggeschwindigkeit oder des Schwingweges wird der Beschleunigungsaufnehmer am Messobjekt befestigt. Der Aufnehmer wird entsprechend der höchsten zu messenden Frequenz ausgewählt. Die Resonanzfrequenz des

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Aufnehmers sollte mindestens bei der doppelten maximalen Messfrequenz liegen. Entsprechend ist auch die Art der Ankopplung zu wählen. Ankopplung an die Struktur Für die Ankopplung der Beschleunigungsaufnehmer ist eine Vielzahl von Hilfsmitteln entwickelt worden. Die einfachste Form ist die Befestigung mit Klebewachs oder das Anbringen des Aufnehmers mit einem Haftmagneten auf ferromagnetischen Messobjekten. Erfahrungen zeigen jedoch, dass die Befestigung mit Klebewachs nur bei Raumtemperatur ausreichend gut funktioniert. In anderen Fällen ist die Verwendung von Klebern auf Methacrylat- oder Epoxydbasis sinnvoll. Anschrauben ist aufwendiger, jedoch sehr sicher, auch bei stoßartiger Belastung. Wird die Unterlage quer zur Befestigungsfläche stark belastet, so sollte die Befestigung mit einer Bundschraube erfolgen, damit die Dehnungen des Messobjektes die Grundplatte des Aufnehmers nicht verformen (Störpegel). Ebenso wirken rasche Temperaturschwankungen, sie sollten deshalb vom Aufnehmer ferngehalten werden (z. B. durch spezielle aufsteckbare Kunststoffhauben), oder es sind besonders störarme Aufnehmertypen (z. B. Scherschwinger) zu verwenden. Zur elektrischen Isolation des Aufnehmers vom Messobjekt sind isolierende Zwischenscheiben, Lackschichten oder spezielle Aufnehmertypen zu nutzen. Soll die Oberfläche mit dem Aufnehmer abgetastet werden, so kann eine Tastspitze die Messung erleichtern. Abb. 3.11 zeigt die mit diesen Hilfsmitteln erreichbaren Frequenzgänge. Dabei ist zu beachten, dass die Koppelflächen mit einem dünnen Fettfilm (am günstigsten Silikonfett) versehen sind, um Resonanzen durch die Aufnehmermasse und die Nachgiebigkeit der punktförmigen Auflageflächen zu vermeiden. Kabelkorrektur Hochohmigen Spannungsverstärker: Bei einer Messung mit piezoelektrischen Aufnehmern (ohne integrierten Verstärker) und über Verlängerungskabel angeschlossenem

Abb. 3.11   Typische Frequenzgänge von Beschleunigungsaufnehmern mit unterschiedlichen Kopplungsarten

3 Messtechnik

115

hochohmigen Spannungsverstärker muss der Übertragungsfaktor jedoch korrigiert werden. Dieser beträgt:

BaK = Bau

Ci + CK ; Ci + CK + CZ

Bau

Leerlauf-Spannungsübertragungsfaktor,

Ci + C K

Aufnehmerkapazität einschließlich zugehörigem Kabel,

CZ

zusätzliche Kabelkapazität des eingesetzten Verlängerungskabels.

(3.14)

Mithilfe einer eingebauten Kalibrierspannungsquelle kann nun das Messgerät kalibriert werden. Die angezeigte Beschleunigung beträgt

a˜ K =

u˜ K ; BaK

(3.15)

a˜ K

Kalibrierbeschleunigung,

u˜ K

Kalibrierspannung (meist 100 mV),

BaK

Aufnehmer-Übertragungsfaktor, korrigiert, wenn mit zusätzlichem Verlängerungskabel gemessen wird.

Da die Kalibrierspannung meist in die aufgetrennte Aufnehmermasseleitung eingespeist wird, muss der Aufnehmer bei der Kalibrierung angeschlossen und isoliert befestigt sein. Bei Ladungsverstärkern wird meist eine definierte Kalibrierladung q˜ K zur Verfügung gestellt, die in die Eingangsbuchse (der Aufnehmer ist bei der Kalibrierung zu entfernen) des Gerätes eingespeist werden muss. Die angezeigte Beschleunigung ist.

a˜ K =

q˜ K

Kalibrierladung,

Baq

Ladungsübertragungsfaktor.

q˜ K ; Baq

(3.16)

Ladungsverstärker:  Bei Aufnehmern mit integriertem Verstärker entfällt die Kabelkorrektur, ebenso bei piezoelektrischen Aufnehmern an Ladungsverstärkern. Jedoch müssen störarme Spezialkabel zum Einsatz gebracht werden. Die Kabellänge sollte 10 m nicht überschreiten. Der Vorteil der Verwendung von Ladungsverstärken ist ein vergleichsweise hoher Dynamikbereich

116

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Konstantstromspeisung:  Bei der Verwendung der Aufnehmer in Verbindung mit einer Konstantstromspeisung sind die Anforderung an die Leitungen weniger streng (s. Abschn. Konstantstromspeisung). Daher ist bei dieser Art der Sensorbeschaltung der Einsatz von normalen Koaxialkabeln möglich. Nachteilig stellen sich hier jedoch der im Vergleich zum Ladungsverstärker geringere Dynamikbereich, das höhere Eigenrauschen und der auf 125 °C beschränkte Temperaturbereich heraus. Kalibrieren Wenn möglich, sollte die Kontrolle der Messkette mit einem Kalibrator, der eine genau bekannte Beschleunigung abgibt, erfolgen. Die Größe der Störspannung, insbesondere infolge von Erdschleifen, Kabelbewegungen und Verstärkerrauschen, kann mit einer Ersatzkapazität bestimmt werden, die anstelle des Aufnehmers am Messobjekt angebracht wird. Die Erdverbindung muss dabei erhalten bleiben (z. B. durch Einbau der Ersatzkapazität in ein Aufnehmergehäuse). Bei den üblichen Schwingungsmessgeräten kann je nach Messaufgabe die Beschleunigung, die Schwinggeschwindigkeit oder der Schwingweg gemessen werden. Bei Schallpegelmessern oder anderen Messsystemen ist die Kalibrierung für Schwingungsgrößen mit einem Kalibriergerät oder mit der meist eingebauten Kalibrierspannung vorzunehmen. Zur näherungsweisen Ermittlung der Schwinggeschwindigkeit ist, wenn kein Integriereingang verwendet werden kann, das Beschleunigungsspektrum zu messen und daraus nach Gl. (3.9) mit der Beziehung

υ(f ˜ m) = fm

a˜ (fm ) ; 2πfm

(3.17)

Mittenfrequenz des Filters

die Schwinggeschwindigkeit zu berechnen. Der maximale Fehler dieser Umrechnung beträgt bei Oktavbandmessung ±3 dB, bei Terzbandmessung ±1 dB und bei schmaleren Filtern noch weniger. Die Ergebnisse der Schwingungsmessungen sind zu protokollieren, dabei müssen auch die technischen Daten, der Betriebszustand, Messtag, die Uhrzeit und alle weiteren für die Auswertung wichtigen Größen notiert werden. Einfluss der Sensormasse Bei der Auswertung der Messergebnisse ist zu berücksichtigen, dass die Masse des Beschleunigungs- bzw. Kraftaufnehmers am Messobjekt die Schwingungsverhältnisse bei leichten Messobjekten verfälscht. Das Verhältnis von unverfälschter Größe (Index 0) zur gemessenen, verfälschten Größe (Index m) erhält man bei plattenförmigen Objekten und Bandanregung näherungsweise aus folgenden Beziehungen:

3 Messtechnik

117

υ˜ 0 (fm ) ξ˜0 (fm ) a˜ 0 (fm ) = = = a˜ m (fm ) υ˜ m (fm ) ξ˜m (fm )

 1+



fm fk

2

.

(3.18)

Bei Kraftmessungen gilt:

1 F˜ 0 (fm ) =  2 F˜ m (fm ) 1 + ffmk

(3.19)

und bei Admittanzmessungen

Y0 (fm ) = Ym (fm )

 1+



fm fk

2

.

(3.20)

Diese Beziehungen gelten nur dann, wenn die Admittanz der endlichen Platte durch die der unendlichen Platte angenähert werden darf (s. Abschn. 4.4). Die Frequenzgrenze fk, oberhalb der eine Korrektur der Messergebnisse notwendig ist, wird mit den Gl. (4.101) bis (4.103) (Gleichungen zur Berechnung der Minderung der Schwingschnelle einer Platte durch Einsatz einer Zusatzmasse am Punkt des Krafteintrages) errechnet nach √ 4 m′′ B′ (3.21) . fk = πm mit m′′ flächenbezogene Masse und B′ Biegesteifigkeit je Breiteneinheit des Bleches nach Abschn. 4.2. Bei Erfüllung der Bedingung f ≤ fk ist die zu erwartende Verfälschung des Messergebnisses durch die Masse des Beschleunigungsaufnehmers ≤ 3 dB. Für Stahlbleche der Dicke h gilt h2 fk ≈ 14,7 ; (3.22) m fk in kHz, h in mm, m in g. Für m ist bei Beschleunigungsmessungen die Gesamtmasse des Aufnehmers, bei Kraftmessungen die Teilmasse (Koppelmasse, s. Abb. 3.13) zwischen Wandlerelement und Messobjekt, bei Admittanzmessungen die Teilmasse zwischen Wandlerelement und Messobjekt des Kraftmesswandlers und, wenn zusätzlich angebracht, die Masse des Beschleunigungsaufnehmers einzusetzen. Vereinfachend soll an dieser Stelle festgehalten werden, dass zur Vermeidung von Fehlern die Sensormasse m höchstens ein Zehntel der bewegten Masse mdyn des zu untersuchenden Bauteils sein sollte:

m≤

mdyn . 10

(3.23)

118

J. Hübelt

Abb. 3.12   Störungsarme Kabelführung bei Beschleunigungsmessungen

3.3.2.5 Fehler und Abhilfemaßnahmen Beschleunigungsaufnehmer sind relativ robuste Messwandler. Trotzdem sind sie vor harten Stößen (Fall auf Betonplatte o. Ä.) zu schützen. Bei der Messung können Fehler auftreten: • Erdschleifen und Potenzialausgleichsströme führen zu Störpegeln bei 50 Hz (s. Abb. 3.8). Abhilfe: Aufnehmer isoliert befestigen, entweder mit Isolierscheibe oder durch Haftmagnet mit dünner Glimmer- oder Papierzwischenlage oder durch Kleben auf eine dünne Lackschicht oder Messsystem im Batteriebetrieb betreiben. • Magnetische Wechselfelder induzieren im Aufnehmerkabel Spannungen. Abhilfe: Kontrolle der Störspannung mit einer Ersatzkapazität, Verändern der Kabelführung. • Tieffrequente Schwingungen sind nicht messbar. Abhilfe: Nutzung von piezoresistiven oder kapazitiven Aufnehmern, Einsatz von Ladungsverstärkern anstelle Spannungsverstärkern. Kontrolle des Aufnehmerkabels und der Buchsen auf Verschmutzung und Feuchtigkeit, der Isolationswiderstand muss bei piezoelektrischen Aufnehmern ohne integriertem Verstärker > 100 MΩ sein oder Geophon einsetzten. • Messung bei kleinsten Schwingungsgrößen ist gestört. Ursachen: Temperaturschwankung am piezoelektrischen Aufnehmer einfacher Konstruktion, Biegebewegung des Aufnehmerkabels. Abhilfe: thermische Abschirmung des Aufnehmers gegen schnelle Temperaturschwankungen, Kabel (Spezialkabel verwenden!) gegen Bewegung festlegen (Abb. 3.12). Aufnehmer günstigerer Konstruktion, z. B. mit Scherschwingerelement oder isoliertem Aufbau, einsetzen.

Abb. 3.13   Aufbau eines piezoelektrischen Kraftmesswandlers

3 Messtechnik

119

3.3.3 Messung der Schwingschnelle 3.3.3.1 Laser-Dopplervibrometer Der Einsatz des Laser-Doppler-Verfahrens erlaubt die berührungslose Messung der Oberflächenschnelle. Auf diese Weise werden einige der oben genannten Nachteile bei der Messung mit Beschleunigungsaufnehmern umgangen. Grundidee des Verfahrens ist die Aufteilung eines kohärenten Laserstrahles in einen Referenz- und einen Messstrahl. Der Messstrahl wird dabei auf die zu untersuchende Oberfläche gerichtet. Die Bewegung der Oberfläche in Richtung des Strahles bewirkt infolgedessen eine Dopplerfrequenzverschiebung. Durch die Überlagerung des auf diese Weise reflektierten Laserstrahls mit dem Referenzstrahl lässt sich anhand des dadurch entstehenden Interferenzmusters die Oberflächenschnelle bestimmen (Löffler-Mang 2012). Mit dem Einsatz eines weiteren Messstrahles lässt sich darüber hinaus auch die Rotation von Objekten erfassen. Vorteile: • hoher Dynamikbereich ca. 1 µm/s − 10 m/s, • großer Frequenzbereich im Hör- bis Ultraschallbereich – keine untere Grenzfrequenz, • kein Störeinfluss durch Aufnehmermasse. Nachteile: • hohe Anschaffungskosten, • nicht jede Oberfläche ermöglicht eine ausreichend starke Reflexion des Laserlichtes, jedoch werden inzwischen zur Abhilfe bei neuartigen Messköpfen mehrere Laser zum Einsatz gebracht.

3.3.3.2 Elektrodynamische Aufnehmer Elektrodynamische Aufnehmer (Geophone) sind Schnelle-Empfänger, deren Wandlerprinzip auf der Induktion einer Spannung in einer sich in dem Magnetfeld eines Permanentmagneten bewegenden Spule beruht. Die Spule stellt dabei in den meisten Fällen die seismische (in Bewegungsrichtung reibungsfrei gelagerte) Masse dar. In einigen Normen (siehe hierzu Kap. 11) werden die Anhaltswerte für die Begrenzung von Bauwerksschwingungen im Hochbau, z. B. die Fundamentschwingung von Maschinen mithilfe der Schwingschnelle angegeben. Da Elektrodynamische Aufnehmer direkt den Zusammenhang zwischen Schnelle und Spannung herstellen, kann im Gegensatz zum Beschleunigungsaufnehmer auf den Einsatz eines Integrators verzichtet werden. Dies ist zur Bestimmung der Schwingschnellen im Bereich tiefer Frequenzen und bei impulsartigen Vorgängen vorteilhaft, da, bedingt durch Phasenfehler bei der Integration an der unteren Frequenzgrenze, Integratoren zur Messung von Weg- oder Geschwindigkeitsgrößen aus transienten Beschleunigungssignalen eher ungeeignet sind.

120

J. Hübelt

In den meisten Fällen sind Elektrodynamische Aufnehmer um einiges schwerer als die klassischen Beschleunigungsaufnehmer (s. Tab. 3.2). Die etwas höhere Masse stellt in Bauwerken jedoch kein Problem dar, da hier die untersuchten Bauteile, z. B. Decken eine weitaus höhere Masse als die Aufnehmer aufweisen (Grenzfrequenz für Masse des Aufnehmers im Vergleich zum Messobjekt, siehe Abschn. Einfluss der Sensormasse).

3.3.4 Kraftaufnehmer Zur Kraftmessung sind Wandler mit piezoelektrischem Quarzeinsatz handelsüblich. Diese erfordern Ladungsverstärker zur Signalverarbeitung und ermöglichen die Messung bis zu tiefen Frequenzen. Auch hier ist der Einsatz einer Konstantstromspeisung möglich, siehe hierzu Abschn. Konstantstromspeisung. Für die Messung von Wechselkräften kann der Einsatz keramischer Wandlerelemente, wie sie in Beschleunigungsaufnehmern Verwendung finden, nützlich sein. Bei der Befestigung der Kraftmesswandler ist zu beachten, dass im Kraftfluss nur möglichst wenige, große, mit Silikonfett bestrichene Flächen vorhanden sind (Abb. 3.13). Gewindebauteile im Kraftfluss sind wegen ihrer starken Nichtlinearität zu meiden. Die Masse zwischen Piezoelement und Messobjekt (Koppelmasse ms, siehe Abb. 3.13) soll möglichst klein sein, damit die Messwerte durch diese Zusatzmasse nicht zu stark verfälscht werden. Eine Korrektur ist nach Abschn. Einfluss der Sensormasse möglich. Der Messfehler beträgt demnach weniger 1 dB, wenn die untersuchte Impedanz Z s der Struktur folgender Bedingung genügt:

Z s ≥ 10 jω ms .

(3.24)

Die Kalibrierung von Kraftmesswandlern erfolgt durch einen Messaufbau nach Abb. 3.14. Die erzeugte Kraft beträgt

Abb. 3.14   Kalibrieren von Kraftmesswandlern

3 Messtechnik

121

F˜ = mK a˜ ; mK

Kalibriermasse einschließlich Beschleunigungsaufnehmer,



Beschleunigung.

(3.25)

 vom Wandler abgegebenen Spannung bzw. Ladung wird der Aus der bei der Kraft F Kraftübertragungsfaktor errechnet:

BFu =

u˜ F q˜ F bzw. BFq = ; ˜ F F˜

u˜ F

Spannung am Kraftmesswandler,

q˜ F

Ladung am Kraftmesswandler.

(3.26)

Für die elektrische Kalibrierung kann der Wert

q˜ F u˜ F bzw. F˜ K = ; F˜ K = BFu BFq ũK

(3.27)

Kalibrierspannung im Messgerät,

Verwendung finden. Alle weiteren Probleme entsprechen denen der Messung mit Beschleunigungsaufnehmern; ebenso sind die Fehlermöglichkeiten gleichgeartet.

3.3.5 Punkt-Admittanz oder -Impedanz-Messköpfe Für die Messung der Punkt-Admittanz oder -Impedanz müsste zumindest aus theoretischer Sicht sowohl der Kraftmesswandler als auch Beschleunigungssensor am selben Messpunkt angebracht werden. Zu diesem Zweck werden von den Herstellern Impedanz-Messköpfe angeboten. Hierbei kommt ein Kraftmesswandler zum Einsatz, dessen Koppelmasse wiederum mit der Struktur verbunden wird. Auf der Basismasse des Wandlers ist jedoch nunmehr ein Beschleunigungssensor angebracht. Anhand dieser Anordnung ist schnell zu erkennen, dass der Beschleunigungsaufnehmer strenggenommen die Bewegung der Basismasse verfolgt. Sobald der Unterschied der Bewegung zwischen Basis- und Koppelmasse zu groß wird, tritt folglich ein Messfehler auf. Dieser Fehler hängt dabei maßgeblich vom Verhältnis der Impedanz der Steifigkeit des Piezoaufnehmers zur Impedanz der Steifigkeit oder der der dynamischen Masse

122

J. Hübelt

der untersuchten Struktur ab. Nicht zuletzt hat natürlich auch hier die Koppelmasse den bereits im Abschn. Einfluss der Sensormasse beschriebenen Einfluss auf die Messgenauigkeit. Der Einsatz der hier beschriebenen Wandler an steifen und/oder schweren Strukturen ist daher nicht empfehlenswert. In (Möser 2009) wird dazu folgende Faustregel genannt: Der Messfehler ist kleiner 10 %, wenn: • die dynamische Masse Struktur nicht größer als das fünfzigfache des Eigengewichts des Sensors wird und • die Steifigkeit der Struktur kleiner als ein Zehntel der Steifigkeit des Piezokraftelementes ist. Diese Anforderung beschränkt den Einsatz von Impedanz-Messköpfen stark. Aus diesem Grund werden Punkt-Admittanz- oder -Impedanz-Messungen oftmals mit getrennten Sensoren durchgeführt. Hierbei sollte der Abstand zwischen den Sensoren sehr klein zur Wellenlänge sein.

3.3.6 Dehnungsmessstreifen Da auf Bauteile einwirkende Kräfte zu Spannungen und damit zu Dehnungen in diesen Teilen führen, können in den Fällen, in denen der Einbau von piezoelektrischen Messwandlern nicht möglich ist, Kräfte durch Dehnungsmessverfahren bestimmt werden. Zur Dehnungsmessung werden Dehnungsmessstreifen auf das Bauteil geklebt. Aus der Widerstandsänderung bei Dehnung kann deren Größe bestimmt werden. Zur Verfügung stehen Folien- bzw. Draht-Dehnmessstreifen und Halbleiter-Dehnmessstreifen (Abb. 3.15). Folien- und Draht-Dehnmessstreifen sind relativ unempfindlich, ihr Übertragungsverhalten ist jedoch weitgehend linear. Bei sehr kleinen Dehnungen werden zur Verstärkung der Messsignale Wechselstrom-Brückenschaltungen eingesetzt, da damit die bei Dehnung auftretende Differenzspannung leicht weiterverstärkt und angezeigt werden kann. Die Frequenz der Speisespannung beträgt üblicherweise 5 kHz, sodass Schwingungsvorgänge bis zu 1 kHz gemessen werden können. Einige Geräte arbeiten mit 50-kHz-Signalen mit einer oberen Messgrenze von 10 kHz. Der notwendige Abgleich der Brückenschaltung erfolgt bei modernen Geräten automatisch.

Abb. 3.15   Halbleiter- und Draht-Dehnmessstreifen

3 Messtechnik

123

Abb. 3.16   Kraftmessung mit Dehnmessstreifen (DMS)

Bei ausreichend großer Dehnung sind spezielle Gleichspannungs-Differenzverstärker einsetzbar, die Messungen bis zu hohen Frequenzen gestatten. Halbleiter-Dehnmessstreifen sind fast 100-mal empfindlicher als Draht-Dehnmessstreifen. Bei großen Dehnungen kann deshalb oft auf eine Wechselspannungsspeisung und Verstärkung verzichtet werden. Die Messung der Dehnung kann dann bis zu sehr hohen Frequenzen erfolgen. Nachteilig ist die hohe Nichtlinearität und Temperaturabhängigkeit der Halbleiter-Dehnmessstreifen. Abb. 3.16 zeigt eine typische Anordnung zur Kraftmessung. Weitere Hinweise über Anordnung der Dehnmessstreifen, Kompensation und Abgleich sind in (Vaughan 1975; Keil 2017) enthalten.

3.3.7 Quellen zur Schwingungsanregung Elektrodynamischer Schwingungserreger (Shaker):  Zur Erzeugung von Schwingungen, z. B. zur Messung der Übertragungsfunktion von Strukturen, werden vorwiegend elektrodynamische Schwingungserreger, sogenannte Shaker, verwendet. Je nach Bauart und Größe können Kräfte im Bereich von 5 bis 1000 N erzeugt werden. Die niedrigste Frequenz wird durch die Systemresonanz bestimmt, diese beträgt 5 bis 20 Hz. Die in die Struktur eingeleitete Kraft (s. Abb. 3.17) lässt sich mit einer Kraftmessdose oder näherungsweise durch Messung der Schwingbeschleunigung (indirekte Kraftmessung) der schwingenden Gehäusemasse des Erregers ermitteln.

Abb. 3.17   Messung der in eine Struktur eingeleiteten Kräfte

124

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Impulshammer:  Die Industrie stellt Impulshämmer oftmals mit eingebautem Kraftmesswandler zur Verfügung. Die Hämmer werden in unterschiedlicher Größe, mit anschraubbaren Zusatzmassen sowie mit auswechselbaren Schlagflächen in unterschiedlicher Steifigkeit geliefert. Dadurch ist sowohl die Amplitude der Kraft, als auch deren Verteilung im Frequenzbereich beeinflussbar. Mit steifen Flächen wird dabei eher der Bereich höherer Frequenzen und mit elastischeren Flächen eher der tiefere Frequenzbereich angeregt (das Spektrum eines Stoßes ist in erster Näherung mit der Si-Funktion darstellbar: je härter die Koppelfläche, je kürzer der Stoß und je höher die erste Nullstelle der Si-Funktion). Die erzeugte Stoßkraft ist dabei auch durch Messung der Verzögerung der stoßenden Masse ermittelbar (Fasold 1984), insbes. S. 625. Soll eine Struktur, wie bei einer Variante der Modalanalyse üblich, nacheinander an mehreren Stellen angeregt werden, lässt sich dies im Gegensatz zum elektrodynamischen Schwingungserreger sehr schnell durch Hammeranschläge erledigen. Reicht die mit dem zur Verfügung stehenden elektrodynamischen Schwingungserreger erzeugte Kraft nicht aus, um bei großen Strukturen einen ausreichend großen Störabstand der Messgrößen zu erreichen, dann ist die Anwendung von Impulshämmern zur Anregung ebenfalls von Vorteil. Nachteilig ist dabei jedoch der ungünstige Scheitelfaktor (Crest-Faktor) ks nach Gl. (3.6) von Impulsen. Unwuchterreger:  Im tieffrequenten Bereich lassen sich Kräfte mit Unwuchterregern erzeugen (Dresig und Holzweißig 2016). Laserinduzierter berührungsloser Krafteintrag: Soll die Anregung der Strukturen berührungslos erfolgen, ist die Beaufschlagung der Struktur mit Laser-Pulsen möglich (Pfeiffer et al. 2021; Boustie et al. 2008). Diese Art der laserinduzierten Schockwellenanregung basiert auf der Absorption von hochenergetischen Laserpulsen in der Oberfläche des Messobjektes. Bei ausreichend kurzen Pulsdauern im Nanosekundenbereich und gleichzeitig hohen Laserpulsfluenzen >30 J/cm2 erfolgt infolge des Materialabtrags an der Oberfläche des Messobjektes mit Abtragstiefen je Puls von 10 nm bis 100 nm eine explosionsartige Plasmabildung. Diese Plasmaexpansion bewirkt einen Rückstoß, in dessen Folge eine Schockwellenfront im Probekörper angeregt wird und sich in Form eines Körperschallfeldes u. a. als Biege- oder Rayleigh-Welle ausbreitet. An Fahrbahnoberflächen aus Asphalt und Beton wurden bei den Untersuchungen in (Pfeiffer et al. 2021) in einem Abstand von 1 m von der Quelle ein noch ausreichender Signal-RauschAbstand festgestellt.

3 Messtechnik

125

3.4 Frequenzanalysen 3.4.1 Einführung Aus der bei den einzelnen Frequenzen abgestrahlten Schallenergie oder der auf den Bauteilen auftretenden Schwinggeschwindigkeit lassen sich wichtige Schlüsse auf Geräuschursachen, insbesondere bei rotierenden und anderen periodisch arbeiten Maschinen ziehen. Die Frequenzanalyse ist dazu ein einfaches aber sehr wirkungsvolles Mittel zur Findung von Lärmursachen. Hierfür kommen überwiegend zwei Verfahren zum Einsatz, die Fourier-Analyse (siehe Abschn. 3.4.3) und die Bandpassfilterung (siehe Abschn. 3.4.4). Beide Verfahren werden zum heutigen Zeitpunkt vornehmlich auf digitalen Signalprozessoren umgesetzt. Die Fourier-Analyse erlaubt dabei die Darstellung des frequenzabhängigen Signales als komplexwertiges Linienspektrum in Betrag und Phase, wohingegen die Bandpassfilterung den zur Leistung proportionalen Betrag des jeweiligen Frequenzanteils (energetische Addition der Frequenzanteile) liefert. Die komplexwertige Darstellung des Signals in Betrag und Phase wird sehr häufig zur Ermittlung von komplexen Übertragungsfunktionen (siehe Abschn. 3.5) benötigt, wie sie letztendlich z. B. bei der Modalanalyse, bei Mikrofonarrays oder bei der Messung der Schallabsorption mit der Zwei-Mikrofon-Methode im Kundtschen Rohr zum Einsatz kommen. Mithilfe der Bandpassfilterung lassen sich dagegen sehr schnell Aussagen zum Energiegehalt des Signals im jeweiligen Frequenzband machen. Darüber hinaus erfordern die Messverfahren für die Schalldämmung und die Nachhallzeit im Bereich der Bau- und Raumakustik zur Ausbildung eines diffusen Schallfeldes immer ein Frequenzgemisch innerhalb eines Bandes. Hier kommen daher Bandpässe mit einer konstanten relativen Bandbreite, die Terz- und Oktavfilter zum Einsatz (siehe Abschn. 3.4.4). Grundsätzlich sollen in der folgenden Abhandlung drei Arten von Vorgängen, das deterministische, das transiente und das stochastische Signal unterschieden werden s. Tab. 3.3:

3.4.2 Analog/Digital-Wandler Bevor die in der Realität vorliegenden zeit- und wertkontinuierlichen, oftmals kurz als analoge Signale bezeichneten Daten auf einem Digitalen Signalprozessor verarbeitet werden können, müssen diese einer Wandlung in zeit- und wertdiskrete, kurz digitale oder auch diskrete Signale unterzogen werden. Dazu wird das analoge Signal mit einer Frequenz fs abgetastet. Diese Frequenz wird als Abtast- oder Sampling-Frequenz bezeichnet. Das Blockschaltbild für den hierfür benötigten Aufbau ist in Abb. 3.18 schematisch gezeigt. Einen wesentlichen Bestandteil dieser Einrichtung bildet der dem Analog-

126

J. Hübelt

Tab. 3.3  Signalarten und Einheiten Signalart

Eigenschaften

deterministisch

Signal ist im betrachteten Zeitraum eindeutig beschreibbar, durch analytische Funktion oder Tabellen etc.

• periodisch

Leistung endlich Größen: Effektivwert x˜ , Einheit: u Leistung: P, Einheit:u2

• transient

Energie endlich, • transienter Vorgang, z. B. Impuls Größe: Energiedichtespektrum (ESD), endlicher Zeitdauer Einheit:u2 s/Hz • Sinus-Sweep

stochastisch

Funktionswerte sind zufallsverteilt, Signal ist nur durch statistische Größen beschreibbar

Beispiel

• harmonische Funktion (SinusFunktion) mit der Periodendauer T • allg. periodische Vorgänge, bestehend aus mehreren harmonischen Funktionen mit der Periodendauer T • Multi-Sinus (Boyd 1986) • pseudostochastische Funktion (Rauschen wird wiederholt)

Größe: • Weißes Rauschen Leistungsdichtespektrum S(ω) (PSD), Einheit:u2 /Hz

Abb. 3.18   Blockschaltbild einer Analog–Digital- und Digital-Analog-Wandleranordnung

Digital-Wandler vorgeschaltete auch als Anti-Aliasing-Filter bezeichnete analoge Tiefpass. Nach der Analog-Digital-Wandlung kann das Signal nunmehr im diskreten Bereich verarbeitet oder gespeichert werden. Soll im Anschluss eine ordnungsgemäße Wiedergabe des Signals erfolgen, müsste das digitale Signal einem Digital-Analog-Wandler mit einem nachgeschalteten Tiefpass (Rekonstruktionsfilter) zugeführt werden. Zur fehlerfreien Analog-Digitalwandlung muss das Nyquist-Shannon-Abtasttheorem mit

fs > 2 · f o

(3.28)

3 Messtechnik

127

erfüllt werden, d. h. die Abtastfrequenz fs soll mehr als doppelt so groß sein, wie die obere Frequenzgrenze fo des untersuchten Signals. Wird diese Bedingung nicht erfüllt, tritt eine Verfälschung des gewandelten Digitalsignals auf, die auch als Aliasing-Effekt bezeichnet wird. Durch den Einsatz des Anti-Aliasing-Filters (in Abb. 3.18 ist das AntiAliasing-Filter als Tiefpass dargestellt) werden nun in der Praxis die störenden hochfrequenten analogen Signalanteile abgetrennt. Für die obere Frequenzgrenze fo des Filters gilt:

fs = 2,56 · fo .

(3.29)

Amplitude x(t)

Strenggenommen wäre das Abtasttheorem mit einem Faktor größer zwei bereits erfüllt. Der Faktor 2,56 in Gl. (3.29) berücksichtigt jedoch die Anforderung an die Flankensteilheit des realen Aliasingfilters. Der Aliasing-Effekt lässt sich im Zeitbereich sehr anschaulich erläutern. Dazu soll die Darstellung in Abb. 3.19 herangezogen werden: Das analoge Messsignal mit der Frequenz fmess weist in dem hier gewählten Beispiel einen sinusförmigen Zeitverlauf auf und ist mit einer durchgezogenen Linie dargestellt. Die Abtastung mit der Frequenz fs erfolgt zu den mit den senkrechten Strichen markierten Zeitpunkten. Die zugehörigen

Zeit t

Abb. 3.19   Aliasing -Effekt im Zeitbereich: - schwarze Linie: analoges Messsignal mit der Frequenz f0; - schwarze Line markiert mit Kreisen: digitalisierten Signals mit der fehlerbehafteten Frequenz fdigit

128

J. Hübelt

Amplitudenwerte des nunmehr entstandenen digitalen Signals sind mit Kreisen gekennzeichnet. Diese Amplitudenwerte bilden wiederum einen sinusförmigen Zeitverlauf, der jedoch eine weitaus niedrigere Frequenz fdigit als die des analogen Originalsignals besitzt. Durch die Verletzung des Abtasttheorems werden folglich hochfrequente Anteile (hier mit der Frequenz f0) in den Bereich unterhalb fs /2 (hier mit der verfälschten Frequenz fdigit) transformiert. Dabei gilt folgender systematische Zusammenhang:

fdigit = min |f0 − i · fs | mit i = 1, 2, 3 . . . ..

(3.30)

Dies bedeutet, dass die Frequenz fdigit des digitalisierten Signals dem Betrag der kleinsten Differenz zwischen der Frequenz f0 des analogen Signals und den Vielfachen i der Abtastfrequenz fs entspricht. Ist zum Beispiel die Abtastfrequenz mit fs = 10000 Hz gegeben, würde ein analoges sinusförmiges Messsignal mit der Frequenz f0 = 9000 Hz zu einem digitalen Sinus-Signal mit der Frequenz fdigit = 1000 Hz führen. Ein analoges Messsignalsignal mit der Frequenz f0 = 11000 Hz oder f0 = 19000 Hz würde jedoch zum Beispiel auch eine Frequenz von fdigit = 1000 Hz erzeugen. Dieser Sachverhalt lässt sich im Frequenzbereich sehr anschaulich anhand der Faltung der Spektrallinie bei f0 mit Spektrallinien bei den Frequenzen i · fs (Dirac-Funktionen) erläutern. In Abb. 3.20 ist dieser Zusammenhang näher erläutert. Für eine Vertiefung soll an dieser Stelle jedoch auf (Grünigen 2014) verwiesen werden. AD-Wandler:  Durch die Analog–Digital-Wandlung wird das bis dahin analoge mit dem Aliasing-Filter tiefpassgefilterte Messsignal in Digitalworte umgesetzt. Als Wandlerart kommen hierbei heutzutage vielfach Sigma-Delta-Wandler (-Wandler) zum Einsatz. Der dabei maximal mögliche verfahrensbedingte Dynamikbereich DD wird durch die Breite des Digitalwortes s, durch den Grad der Überabtastung OSR = fs /(2fo ), die Ordnung n des Wandlers sowie durch Verfahren zur Unterdrückung des Quantisierungsrauschens, wie das Noise-Shaping beeinflusst. Ohne Überabtastung, d. h. für  OSR = 1 und ohne Unterdrückung des Quantisierungsrauschens lässt sich der Dynamikbereich anhand der Wortbreite s mit:

DD ≈ (6 s + 1, 8)dB

(3.31)

abschätzen. Dies bedeutet, bei einer Wortbreite von s = 24 Bit und OSR = 1 (Überabtastung fs = OSR · 2 · fo) ist der Dynamikbereich DD ≈ 146 dB. Bei der Auswertung der Signale, z. B. bei einer Frequenzanalyse, ist jedoch der messbare Pegelunterschied um den Über- und Untersteuerungsbereich Du.. ,u kleiner:

DD′ = DD − Du.. ,u .

(3.32)

Soll der Amplitudenfehler des kleinsten auswertbaren Signals kleiner als 5 % sein, so muss der notwendige Über- und Untersteuerungsbereich bei harmonischen Signalen etwa 13 dB, bei stochastischen Signalen bis zu 26 dB betragen. Mit einem 12-Bit-Analog-Digital-Wandler ist deshalb ein stochastischer Vorgang nur in einem Bereich von

3 Messtechnik

129

Abb. 3.20   Betragsspektrum |X(f )| einer mit der Abtastfrequenz fs abgetasteten Cosinus-Funktion der Frequenz f0, - oben f0,1 < fs /2: Das Abtasttheorem nach Gl. (3.28) ist erfüllt. Infolge der Abtastung des Signals mit �t = 1/fs ist das Spektrum |X(f )| mit fs periodisch. Höhere Frequenzanteile f ≥ fs /2,56 werden durch den Tiefpass (Antialiasing-Filter) abgetrennt. - unten f0,2 > fs /2 : Das Abtasttheorem nach Gl. (3.28) ist in diesem Fall verletzt. Auch hier ist das Spektrum mit fs periodisch. Da nunmehr jedoch f0,2 > fs /2 ist, entstehen Frequenzlinien im Nyquistbereich (roter Pfeil bei +fs /2 nach links) mit fdigit = min |f0,2 − i · fs | mit i = 1, 2, 3 . . ., d. h. auch sehr hohe Frequenzen können in den Nyquistbereich gefaltet werden. Diese Verfälschung wird als Aliasing bezeichnet

48 dB ausreichend genau auswertbar. Bei Einsatz eines 24-Bit-Analog-Digital-Wandlers können jedoch schon 120 dB Dynamikbereich erzielt werden. Durch Überabtastung des Signals bleibt die Leistung des Quantisierungsrauschens zwar konstant, wird aber über einen breiteren Frequenzbereich verteilt. Dadurch erhöht sich der Signal-Rausch-Abstand nach dem Term �DOSR = 10 lg (OSR) dB. Für einen 16-bit Wandler bei einer Abtastfrequenz fs = 44,1 kHz (OSR = 1) könnte bei oben genannter Amplitudengenauigkeit dann ein Dynamikbereich für stochastische Signale von DD′ = 72 dB ausgenutzt werden. Die Erhöhung der Abtastfrequenz auf fs ≈ 2,8 MHz (OSR = 64) führt zu einer Verbesserung des Dynamikbereichs auf DD′ = 90 dB. In vielen Fällen wird heute zur Unterdrückung des Aliasing-Effektes jedoch eine Kombination aus Analog- und Digitalfilter verwendet. Das kostengünstige Analogfilter mit geringer

130

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Flankensteilheit muss dabei den sich im Frequenzbereich periodisch mit fs fortsetzenden Durchlassbereich des Digitalfilters unterdrücken. Das Digitalfilter kann dann mit einer erheblich höheren Flankensteilheit ausgelegt werden (Grünigen 2014, S. 264) und somit den Anforderungen nach Gl. (3.29) genügen. Diese Filter-Kombination erfordert eine ausreichende Überabtastung des Signals, verringert jedoch den Term DOSR . Bei Sigma-Delta-Wandlern wird der Dynamikbereich obendrein durch die Ordnung O (Integrator-Stufen des Sigma-Delta-Wandlers) des Wandlers beeinflusst. Bei einer gewünschten Abtastrate von fs = 44, 1 kHz und einer Ordnung von O = 4 kommen bei handelsüblichen Wandlern durchaus Abtastfrequenzen fs · OSR zwischen 2–6 MHz zur Anwendung. ′ Grundsätzlich kann der nutzbare Dynamikbereich DD mithilfe der hier sehr knapp dargelegten Zusammenhänge abgeschätzt werden. Für genauere Angaben sollte jedoch der jeweilige Hersteller konsultiert werden.

3.4.3 Diskrete Fouriertransformation 3.4.3.1 Grundeinstellungen Die Basis der hier behandelten Transformation bildet das Fourier-Integral (FourierTransformation). Diese Art der Transformation wandelt zunächst ganz allgemein ausgedrückt Vorgänge aus einem Funktionsbereich in einen Bildbereich. Beispielsweise wäre damit die Transformation der Eigenformen des Schallfeldes eines Raumes aus dem Ortsbereich mit den Dimensionen x, y, z in den Wellenzahlbereich kx , ky , kz denkbar. Dies deutet an, dass die Transformation auch mehrdimensional ausgeführt werden kann. Für die in diesem Kapitel gesuchte Anwendung der Transformation entspricht der Funktionsbereich jedoch dem Zeit- und der Bildbereich dem Frequenzbereich. Die Fourier-Transformation ist auf an jeder Stelle differenzierbare (hier nun zeitkontinuierliche) Funktion anwendbar und liefert für nichtperiodische, also auch transiente Vorgänge ein (hier nun frequenz-) kontinuierliches Spektrum. Für im Zeitbereich periodische Vorgänge ist das Ergebnis der Transformation hingegen frequenzdiskret. Zur Verarbeitung der zeitlichen Vorgänge auf einem Computer liegen die Daten durch Abtastung zu den Zeitpunkten n · t zudem nur als zeitdiskrete Werte x[n] in einer endlichen Menge N vor. Dies führt zur Behandlung der Daten durch die als Diskrete Fouriertransformation (DFT) bezeichnete Transformation:

X[k] =

N

n=1

x[n]e−j2π(k−1)

n−1 N

; k = 1, . . . , N mit

N

Anzahl der Abtastwerte,

x[n]

diskrete Zeitfunktion: Abtastwert der Zeitfunktion x(t) zum Zeitpunkt t = n · �t = n/fs mit n = 1...N ,

(3.33)

3 Messtechnik

X[k]

131

diskretes (Linien)-Frequenzspektrum: komplexer Fourier-Koeffizient bei der Frequenz f = k · fs /N

Dadurch ergeben sich wichtige Einschränkungen: • Aufgrund des zeitlichen Abstands t der Abtastwerte x[n] und der endlichen Zeitdauer Tw = Nt der Analyse, stellt die DFT nur eine Approximation des FourierIntegrals dar. • Durch das im Frequenzbereich nur diskret vorliegende Spektrum X[k] ist die Transformation strenggenommen auf die Behandlung von periodischen Zeitfunktion beschränkt. Die Periodendauer entspricht dabei der Länge Tw des verwendeten Zeitfensters, z. B. Rechteckfenster. Dies bedeutet, auch transiente Signale werden als periodische Signal mit der Periodendauer Tw behandelt. Wird darüber hinaus z. B. eine Sinusfunktion nicht exakt mit der Periodendauer T oder einem ganzzahligen Vielfachen n dieser gefenstert (Tw = nT ), treten in derperiodischen Zeitfunktion Sprünge auf (s. Abb. 3.23), die zu Fehlern in der Frequenzdarstellung führen. • Da die Zeitfunktion darüber hinaus durch die Abtastung auch nur diskret mit x[n] vorliegt, ist das Spektrum X[k] mit den Frequenzlinien an den Stellen fk außerdem mit fs periodisch (s. Abb. 3.20). Daraus und aus der tieferen Betrachtung der Transformation lassen sich folgende, für die praktische Anwendung wichtige Schlüsse ziehen: • Die DFT liefert nur an diskreten Frequenzstellen fk im Abstand f entsprechende Fourier-Koeffizienten X[k]. Stimmt die Signalfrequenz mit diesem Frequenzraster f nicht überein, müssen Fehler in Kauf genommen werden. Dieses Phänomen wird als Leck- oder auch Leakage-Effekt bezeichnet (s. Abschn. 3.4.3.2 und Abb. 3.20). • Die DFT wird über ein endliches Zeitintervall Tw = Nt gebildet, d. h. die Signale werden bei der Transformation immer einer Fensterung unterzogen. Die Länge des Fensters Tw beeinflusst dabei das Frequenzraster f und somit wiederum das Auftreten des Leakage-Effekts. • Die Anzahl N der Frequenzlinien entspricht der Anzahl der Abtastwerte x[n], wobei durch die komplexe Form der Darstellung die Hälfte der Frequenzlinien im negativen Frequenzbereich liegen. Eine Frequenzlinie an der Stelle fk=1 = 0 Hz bleibt außerdem dem Gleichanteil vorbehalten. • Eine feinere Zeitauflösung Tw verschlechtert die Frequenzauflösung f und umgekehrt (Unschärfe-Relation). Es gilt: Tw = 1/�f . Zum Schluss sei darauf hingewiesen, dass mit dem Begriff Fast-Fourier-Transformation ein spezieller Algorithmus zur effizienten Berechnung der DFT bezeichnet wird. Die Anzahl der Abtastwerte N muss in diesem Fall dem Raster

132

J. Hübelt

Abb. 3.21   Darstellung des reellen Ak (ω) (links) und des komplexen Spektrums X(ω) (rechts) für die Zeitfunktion Ak (ω) = xˆ cos(kω0 t) = X(ω) = xˆ /2e+jkω0 t + xˆ /2e−jkω0 t

X[k] und Abtastwerte x[n] der hier gezeigte Cosinus-Funktion Abb. 3.22   Betrag von xˆ cos(ω0 (n − 1)�t) = xˆ cos ((n − 1) Ω0 ) mit der Periodendauer Tw = Nt mit N = 16 (Die Indizierung der Vektoren n und k beginnt hier nicht bei 0 sondern mit 1)

Nd = 2d (4, 8, 16, 32, 64 . . . 2048, 4096 usw.) entsprechen. Weitere Details zu diesem Algorithmus sind z. B. in (Grünigen 2014) sehr anschaulich dargestellt. Format der DFT: In einigen Fällen werden die Daten heute direkt unter Anwendung einer Mathematik-Software ausgewertet. Hierbei wird bei der Indizierung von n und k nicht bei 0 sondern mit 1 begonnen. Das Spektrum der DFT einer harmonischen  Funktion hat dann  das in Abb.  3.22 beispielhaft gezeigte Format. Die Länge des Zeitfensters Tw = Nt stimmt in diesem Beispiel mit der Periodendauer T der Sinusfunktion genau überein (kein Leakage-Effekt). Dadurch kann die Funktion im Frequenzbereich mit den spektralen Komponenten X[k] genau auf dem Frequenzraster �f = fs /N dargestellt werden. An der Stelle k = 1 findet sich der Gleichanteil der Funktion. In dem hier gezeigten Beispiel ist dieser mit X[1] = 0 anzugeben. An den Stellen k = 2 bis N/2 + 1 (hier: k = 2 bis 9, das sind 8 Linien) sind die positiven Frequenzkomponenten fk zu finden. Die negativen Frequenzen bleiben ferner dem Bereich k = N/2 + 2 bis N vorbehalten (das sind nur 7 Linien), wobei die niedrigste Frequenz an der Stelle k = N (hier k = 16) und die höchste an der Stelle k = N/2 + 2 (hier k = 10) abgelegt wird. Negative Frequenzen −jkω0 sind dabei die

3 Messtechnik

133

Abb. 3.23   Wirkung des Rechteck-Fensters: Die Periodendauer T = f10 = 2π der gezeigten Sinusω0 funktion xˆ sin (ω0 (n − 1)�t) entspricht in diesem Beispiel nicht der Zeitfensterlänge Tw = Nt der Abtastwerte x[n] (hier ist N = 16 mit Rechteck-Fensterung). Da die DFT nur zeitdiskrete periodische Zeitfunktionen verarbeiten kann, entstehen dadurch an den Stellen n = 0  1 und 16  17 Sprünge in der Zeitfunktion. Im Betrag der DFT |X[k]| äußert sich dies durch Leck-Artefakte (Leakage) im Bereich der Originalfrequenz ω0 der Sinusfunktion und durch die Verfälschung der Signalamplitude (Original |X[2]| = 8, vgl. Abb. 3.22). Die Originalfrequenz ω0 (schwarze Linie) stimmt darüber hinaus nicht mit dem Frequenzraster f der hier gewählten DFT überein (Lattenzaun- oder Picket-Fence-Effekt)

Konsequenz der Darstellung der Zeitfunktion xˆ cos(kω0 t) als komplexes Spektrum in der Form

Ak (ω) = xˆ cos(kω0 t) = X(ω) =

xˆ +jkω0 t xˆ −jkω0 t e + e . 2 2

(3.34)

In Abb. 3.21 ist dieser Zusammenhang gezeigt. Die harmonische Funktion xˆ cos(kω0 t) wird im reellen Spektrum Ak (ω) der Fourier-Reihe (im Bild links) als eine Linie mit der Amplitude xˆ dargestellt. Die komplexe Darstellung rechts im Bild erfordert zur Darstellung der Cosinus-Funktion dagegen zwei konjugiert komplex (entgegengesetzt)

134

J. Hübelt

drehende Zeiger, einer mit der positiven Frequenz +jkω0 und einer mit der negativen Frequenz −jkω0. Da die Zeiger konjugiert komplex sind, wird die vektorielle Summe der jeweils zu einer Frequenz gehörenden Zeiger immer eine reelle Zahl ergeben. Der Zusammenhang (3.34) zeigt außerdem, dass die Beträge des komplexen Spektrums gegenüber der reellen Darstellung mit der halben Länge (xˆ /2) eingehen. Bei der DFT wird der Betrag eines Frequenzanteils nach Gl. (3.33) außerdem durch eine Summe mit dem Umfang N über die Amplituden xˆ gebildet. Der Betrag der Frequenzline X[2] in Abb. 3.22 ergibt sich daher, zu:

|X[2]| =

N · xˆ . 2

(3.35)

Hierin sind: xˆ der Spitzenwert der harmonischen Zeitfunktion und N die Wortlänge von x[n]. Für den in Abb. 3.22 dargestellten Fall entsteht bei einem Spitzenwert von xˆ = 1 daher an der Stelle der niedrigsten Frequenzlinie, also an der Stelle k = 2, bei einer Wortlänge N = 16 eine Frequenzline mit der Amplitude |X[2]| = 16/2 · 1 = 8. Stimmt die Periodendauer des untersuchten harmonischen Signals nicht mit der Fensterlänge des betrachteten Zeitabschnittes überein, kann die Frequenz dieses Signals nicht auf dem Frequenzraster abgebildet werden. Es entstehen daher Leakage-Artefakte auf dem Frequenzraster in der Nähe der Originalfrequenz ω0 (s. hierzu Abb. 3.23 im Abschn. 3.4.3.2.). Mithilfe einer Korrekturfunktion kann die Amplitude bei der Originalfrequenz jedoch abgeschätzt werden, s. hierzu (Randall 1987, S. 161–164). In handelsüblichen Fourier-Analysatoren wird dem Nutzer nur der mit Gl. (3.29) festgelegte positive Bereich (Bereich bis zur Grenzfrequenz des Aliasingfilters s. Abb. 3.20) des Frequenzspektrums dargestellt. In dem hier gewählten Beispiel würden somit nur die unteren Frequenzlinien k = 2 − 7 und der Gleichanteil an der Stelle k = 1 angezeigt. Die Amplitudenwerte sind dann je nach Signalart (siehe Tab. 3.3) bereits entsprechend korrigiert. Bei einer DFT mit einer Wortlänge N = 2048 stehen dem Nutzer demzufolge z. B. 801 Linien zur Verfügung (siehe Tab. 3.4). Tab. 3.4  Beispiele für die Grundeinstellung der DFT 1

2

Anzahl der dargestellten Frequenzlinien n: 800, zusätzlich 1 Linie für Gleichspannung (0 Hz) Abtastfrequenz (meist im Raster vorgegeben) fs:

4 Hz

65,5 kHz

obere Frequenzgrenze fo:

1,56 Hz

25,6 kHz

Zeitauflösung oder Fensterlänge Tw:

512 s

31,3 ms

Frequenzauflösung f :

1,95 mHz

32 Hz

kleinste auflösbare Frequenz fu

1,95mHz

32 Hz

Wortlänge N :

2048

3 Messtechnik

135

Grundeinstellungen:  Bei der Wahl der Grundeinstellung der DFT kann auf der Basis der hier dargestellten Überlegungen wie folgt vorgegangen werden: • Festlegung der Mindestanforderung für die Abtastfrequenz fs anhand der gewünschten oberen darstellbaren Frequenz fo mit Gl. (3.29):

fs = fo · 2,56

(3.36)

Häufig ist durch den Hersteller ein Raster für die Abtastfrequenz festgelegt. Die gewählte gerasterte Abtastfrequenz müsste nun strenggenommen größer als die durch Gl. (3.36) berechnete sein. • Festlegung der unteren auflösbaren Frequenz fu und der Frequenzauflösung f anhand der Wortlänge N . Die Wortlänge muss dabei auf dem Raster Nd = 2d liegen. Diese zwingt die Frequenzen fu und f ebenfalls auf ein Raster:

fu = f =

fs 1 1 = = . Tw Nd · t Nd

(3.37)

Gemäß dem in Gl. (3.37) dargestellten Zusammenhang hat die Fensterlänge oder auch Zeitaufösung Tw unmittelbaren Einfluss auf die untere auflösbare Frequenz fu. Soll diese Grenze daher bei sehr tiefen Frequenzen liegen, führt dies zu einer groben Zeitauflösung Tw. Dieser Sachverhalt gilt ebenso für eine feine Frequenzauflösung f . Anhand der Gl. (3.37) ist außerdem ersichtlich, dass die untere darstellbare Frequenz fu durch die Erhöhung der Wortlänge Nd veringert werden kann. Im Fall begrenzter Rechenkapazität oder spezieller Anforderungen an den Arbeitsspeicher, z. B. bei einer Mehrkanalanalyse mit z. B. 256 Kanälen, soll unter Umständen die Wortlänge unverändert bleiben. In diesem Fall könnte die Verringerung der unteren darstellbaren Frequenz fu auch durch Minderung der Abtastfrequenz fs erreicht werden. Tab. 3.4 soll diesen Zusammenhang anhand von zwei Grundeinstellungen illustrieren. Als Wortlänge wurde für beide Beispiele der Wert N = 2048 gewählt. Während nunmehr die Einstellung 1 eine sehr feine Frequenzauflösung und somit eine sehr geringe untere darstellbare Frequenzgrenze aufweist, muss bei der zweiten Einstellung mit einer groben Frequenzauflösung sowie mit einer höheren unteren Frequenzgrenze gerechnet werden. Vorteil der Einstellung 2 ist jedoch, dass im Gegensatz zur Einstellung 1 eine feinere Zeitauflösung Tw = 31, 3 ms und eine viel größere obere Frequenzgrenze fo erreicht werden können. Weiter Einstellungen werden in den nachfolgenden Abschnitten behandelt.

3.4.3.2 Anwendung von Zeitfenstern DFT-Analysatoren verarbeiten wie eingangs beschrieben prinzipbedingt Ausschnitte aus der Zeitfunktion. Dadurch können am Anfang und Ende dieser Ausschnitte Sprünge im Signalverlauf auftreten, die im originalen Signal nicht enthalten sind (Abb. 3.23). Bei der Fourier-Transformation der Signalausschnitte erzeugen diese Sprünge Spektralanteile, die eigentlich im Originalsignal nicht vorhanden sind. Die dadurch entstehenden Fehler (siehe Abb. 3.23) werden durch Bewertung mit einer gewichten Fensterfunktion ver-

136

J. Hübelt

ringert, siehe hierzu Abb. 3.24. Dieser Effekt wird durch die Minderung α0 der höchsten Nebenkeulen gegenüber der Hauptkeule des Fensters im Frequenzbereich, s. hierzu Abb. 3.25, beschrieben. Das Rechteckfenster weist eine Nebenkeulenunterdrückung α0 von nur −13 dB auf, wohingegen das Hanning-Fenster schon eine stärkere Unterdrückung bewirkt: α0 = −32 dB. Eine weitere wichtige Größe ist die durch die Fensterfunktion bestimmte Frequenzauflösung der DFT. Oftmals wird dazu die effektive Frequenzauflösung Be∗ (auch 3 dBBandbreite) herangezogen (Harris 1976):

Be∗ = mr f = mr

fs . N

(3.38)

In Abb. 3.25 sind die Selektivitätskurven unterschiedlicher Fensterfunktion dargestellt. Dabei lässt sich anhand der Breite der Hauptkeule sehr gut die Verschlechterung der Auflösung eines Hanning-Fensters im Vergleich zum Rechteck-Fenster erkennen. Die Frequenzauflösung wird immer dann wichtig, wenn die im Originalsignal enthaltenen Spektrallinien sehr nah beieinander liegen.

Abb. 3.24   Wirkung des Hanning-Fensters

3 Messtechnik

137

Für eine ausreichend gute Trennung zwischen den Frequenzen sollte die Auflösung des Fensters geringer als der Abstand der Spektrallinien im Originalsignal sein. Dieser Zusammenhang soll in der Darstellung in Abb. 3.26 verdeutlicht werden. In vielen Fällen wird als Kriterium die 3 dB-Bandbreite Be∗ herangezogen. In (Harris 1976) wird jedoch gezeigt, dass eine Verwendung der 6 dB-Bandbreite bessere Aussagen treffen könnte. Zum Vergleich der Leistungsfähigkeit der Fenster ist jedoch die Bandbreite Be∗ vollkommen ausreichend. Je größer die Unterdrückung α0 der Nebenkeulen jedoch ist, desto schlechter gestaltet sich die Frequenzauflösung Be∗. Dieser Zusammenhang kann der Zusammenstellung in Tab. 3.5 entnommen werden.

Abb. 3.25   Fensterfunktionen im Vergleich oben: Darstellung im Zeitbereich mit den Abtastwerten n, unten: Darstellung im Frequenzbereich mit der normierten Frequenz, � = k 2π = 2π ffs , N mit k als Nummer der Frequenzlinie. Die Selektivitätskurven der Fensterfunktionen im Frequenzbereich sind logarithmisch skaliert und jeweils auf ihren Maximalwert normiert. Die Zahlenwerte in dB (unteres Bild) geben die Dämpfung der größten Nebenkeule an. 1 Rechteck-Fenster, 2 Hanning (Hann-)-Fenster, 3 Hamming-Fenster, 4 Flat-Top-Fenster (mit dem in MatlabTM implementierten Parametersatz)

138

J. Hübelt

Abb. 3.26   Einfluss der durch die Fensterfunktionen bedingten Frequenzauflösung auf das Trennvermögen am Beispiel zweier Spektrallinien gleicher Amplitude, Skizze. links: die Frequenzauflösung Be∗ ist größer als der Abstand der beiden im Originalspektrum enthaltenen einzelnen Spektrallinien, dadurch können die Einzelfrequenzen nicht voneinander getrennt werden, rechts: die Frequenzauflösung ist kleiner als der Abstand der beiden Spektrallinien, dadurch können die beiden Spektrallinien voneinander getrennt werden (Einbruch), 1 Selektivitätskurven der Fenster, 2 Spektrallinien im Originalspektrum, 3 Ergebnis der Fensterung Tab. 3.5  effektive Frequenzauflösung Be∗ = mr f , Nebenkeulenunterdrückung α0 und maximaler Amplitudenfehler Lmax einer Auswahl von Zeitfenstern (Randall 1987; Kammeyer und Kroschel 1998; Grünigen 2014). Fenster

mr = Be∗ /�f

α0 in dB

Lmax in dB

Rechteck

1 (0,89) (1)

−13

3,9

Hanning mit α =

2(3)

1,5

Hamming

1,36

Kaiser-Bessel mit α = 3(3)

1,8

Flat-Top

3,77

1,4

−32

1,8

−43

−69

−93(4)

1,0 (−83(2))

0 dB. Entsprechend dem Frequenzverlauf der Dämpfung werden Hochpässe, Tiefpässe, Bandpässe, Bandsperren und Bewertungsfilter unterschieden (Abb. 3.28). Mithilfe von Bandpässen, meist Bandfilter genannt, ist die spektrale Leistungsdichte oder der Effektivwert von Frequenzanteilen des Frequenzspektrums bestimmbar (s. Abschn. 2.2.3). Dazu ist der zu messende Frequenzbereich in einzelne Teilbereiche, in Frequenzbänder, aufzuteilen. Die Einteilung kann erfolgen in • gleichbreite Frequenzabschnitte konstanter absoluter Bandbreite oder • gleichförmig mit der Analysefrequenz steigende Bandbreite, d. h. konstante relative Bandbreite. Als Grenze des Durchlassbereiches eines solchen Teilbereichsfilters wird die Frequenz angegeben, bei der die Dämpfung 3 dB größer als die mittlere Grunddämpfung a0 ist. Man erhält damit eine untere und eine obere Grenzfrequenz f1 und f2. Bei Filtern mit konstanter absoluter Bandbreite wird die Bandbreite B∗ berechnet nach

B ∗ = f2 − f 1 ,

(3.44)

fm = (f2 − f1 )/2.

(3.45)

die Mittenfrequenz ist

Die Mittenfrequenzen der Teilfilter steigen gemäß

fm(n+1) = fm(n) + B∗ .

(3.46)

Bei Filtern mit konstanter relativer Bandbreite, s. auch (DIN EN 61260-1 2014), berechnet sich diese zu

Br = (f2 − f1 )/fm ,

Abb. 3.28   Filterarten

(3.47)

3 Messtechnik

143

darin ist die Mittenfrequenz fm das geometrische Mittel aus den Grenzfrequenzen:  fm = f 1 f 2 . (3.48) Die relative Bandbreite wird oft auch in Prozent angegeben. Die Mittenfrequenzen der Teilfilter steigen mit dem Stufungsfaktor Fs:

fm(n + 1) = fm(n) · Fs .

(3.49)

Die Bezugsmittenfrequenz ist dabei fm,b = 1000 Hz. Der Stufungsfaktor beträgt 1

Fs = G b

(3.50)

G = 103/10 .

(3.51)

mit dem Oktavverhältnis

Je nach relativer Bandbreite ist • bei Oktavfiltern b = 1, Br ≈ 0,707, • bei Terzfiltern b = 3, Br ≈ 0,231, • bei Schmalbandfiltern b = 24, Br ≈ 0,024 zu wählen. Die Grenzfrequenz der Teilfilter betragen

f1 = fm G−1/2b , f2 = fm G+1/2b ,

(3.52)

und die relative Bandbreite ist

Br = G+1/2b − G−1/2b .

(3.53)

Ein Terzfilter, b = 3, besitzt z. B. bei fm = 1000 Hz die Grenzfrequenzen f1 = 891,2 Hz und f2 = 1122 Hz. Da die Durchlasskurve des Bandpasses vom idealen rechteckigen Verlauf abweicht, wird für Präzisionsmessungen mit der effektiven Bandbreite Be bzw. der effektiven Grunddämpfung gerechnet. Diese Abweichungen sind bei normalen, genormten Terzoder Oktavfiltern für Belange der Geräuschminderung bedeutungslos. Filtereinschwingzeit: Die Impulsantwort eines Filters bewirkt eine Verzögerung des Eingangssignals am Filterausgang. Wird nun das Filter in seinem Durchlassbereich plötzlich mit einem harmonischen Zeitsignal beaufschlagt, baut sich das Ausgangssignal folglich erst nach einer Verzögerungszeit Td vollständig auf. Dies bedeutet, nach einer kurzen Totzeit wird sich das Signal mit der von der Bandweite des Filters abhängigen

144

J. Hübelt

Anstiegszeit aufbauen, bis sich die Amplitude des Eingangssignals im Durchlassbereich des Filters eingestellt hat. Die Filtereinschwingzeit Td lässt sich dabei mit

Td ≈

1 1 = ∗ Br fm Be

(3.54)

abschätzen. Für ein Terzfilter mit der relativen Bandweite Br = 0,231 ist daher das Signal bei einer Mittenfrequenz fm = 1000 Hz nach ca. 4–5 ms fast vollständig aufgebaut. Allgemein sind demnach 4–5 Perioden des Signals notwendig.

3.4.5 Auswahl und Handhabung der Frequenzanalyseverfahren Breitbandige Analyse:  Zur Auslegung sekundärer Lärmschutzmaßnahmen genügt oft die Kenntnis des Oktav- bzw. Terzspektrums, insbesondere, wenn breitbandige Geräusche vorliegen. So werden z. B. Schallimmissionsmessungen meist in Terzbandbreiten durchgeführt. Darüber hinaus wird der Terz-Filter auch bei der Bestimmung der Lautheit eingesetzt (s. Abschn. 2.5.2). Der Aufbau eines diffusen Luftschallfeldes in Räumen (Messung der Nachhallzeit oder der Luft- und Trittschalldämmung in der Bauakustik) oder eines Körperschallfeldes (Messung des Verlustfaktors anhand der Körperschallnachhallzeit oder SEA) in Festkörpern, z. B. auf Platten erfordert eine ausreichende Anzahl von Moden pro Frequenzband (Modendichte). Daher sind auch bei dieser Anwendung eher breitbandige Filter sinnvoll. Schmalbandige Analyse: Zur Ermittlung der Ursache tonaler Komponenten sind schmalbandige Filter (höchstens 1/24 Oktavbandbreite) oder FFT-Analysen notwendig. Treten einzelne Frequenzen in einem sehr weiten Frequenzbereich auf (z. B. Drehfrequenzen, Verzahnungsfrequenzen u.Ä.), dann ist ein Filter mit konstanter relativer Bandbreite und logarithmischer Frequenzskale zweckmäßig. Die Bandbreite Br ist so zu wählen, dass während der Analyse die Drehzahlschwankungen des Prüfobjektes kleiner sind als die Bandbreite:

�n < Br ; n0 n n0

(3.55)

Drehzahlschwankungsbereich, Nenndrehzahl.

Spektrallinienfolgen, entstanden z. B. durch periodische Stoßvorgänge, sind aus Schmalband- oder FFT-Analysen mit linearer Frequenzskala durch den gleichmäßigen Abstand der Frequenzspitzen ablesbar. Die Ergebnisse einer FFT-Analyse von stationären Signalen lassen sich näherungsweise durch energetische Addition der Spektralanteile in die Resultate der Bandpassanalyse nach Gl. (2.4) umrechnen (dabei muss die Flankensteilheit der Filter bei der Wichtung und Zuordnung der Spektrallinien Berücksichtigung finden). Bei FFT-Analysatoren, die auch die Optionen der Oktav- bzw. Terzanalyse anbieten, wird

3 Messtechnik

145

in der Regel diese Methode umgesetzt. Bei instationären Signalen kann der Fenstereinfluss der FFT-Analyse jedoch zu signifikante Abweichungen führen. FFT-Analysen sind besonders dann gefragt, wenn bei der Bestimmung von Übertragungsfunktionen neben der Information zum Betrag auch die Information über die Phase vorliegen muss. Anwendungen sind hierbei z. B. die Korrelationsmesstechnik zur Bestimmung der Impulsantwort (Raumimpulsantwort, in situ-Messung des Schallabsorptionsgrades), die Experimentelle Modalanalyse, die Mikrofonarray-Messtechnik oder die Messung im Kundtschen Rohr bei Anwendung der Zwei-Mikrofonmethode.

3.4.6 Sonogramm oder Campbell-Diagramm und Ordnungsanalyse Im Zusammenhang mit der Bewertung konstruktiver Aufgaben soll oft zwischen festen Frequenzen, wie sie z. B. durch Bauteilresonanzen, Ringdehnungs- und Magnetisierungsfrequenzen entstehen und Frequenzen, die sich proportional zur Drehzahl verhalten, wie sie z. B. bei Ventilatoren, Kompressoren, Getrieben oder auch Motoren zu beobachten sind, unterschieden werden. Diese Unterscheidung ist recht einfach durch eine Messung bei zwei unterschiedlichen Drehzahlen des entsprechenden Aggregates durchzuführen. In Abb. 3.29 ist das Ergebnis einer solchen sehr einfachen Untersuchung schematisch dargestellt. Während sich zwischen Messung 1 und 2 die Verzahnungsfrequenz und die Lüfterfrequenz ändern, bleibt die Bauteilresonanz sowie die Netzfrequenz konstant. Diese Art der Analyse wird sehr oft auf die Darstellung einer zeitabhängigen FFTAnalyse erweitert. Bei dem Hochlauf eines Aggregates werden in bestimmten Zeitabschnitten Tw FFT-Spektren berechnet und zeitsynchron in einem Diagramm, dem

Abb. 3.29   Auswertung einer Frequenzanalyse bei zwei unterschiedlichen Drehzahlen

146

J. Hübelt

Campbell-Diagramm oder auch dem Sonogramm (siehe Abb. 3.30) zugeordnet. Ist dazu noch die Drehzahl des Aggregates als Funktion der Zeit bekannt, lässt sich diese Darstellung auf den Zusammenhang zwischen Frequenz und Drehzahl erweitern. Die Amplitude der entsprechenden Feldgröße, wie z. B. der Beschleunigungs- oder der Luftschallpegel wird hierbei mit einem Farbcode angegeben. Nachteilhaft bei dieser Art der Darstellung ist, dass sich zum einen innerhalb eines Zeitfensters mit der Länge Tw die Drehzahl ändert und sich zum anderen auch Schwankungen während der eigentlich als kontinuierlich angenommenen Erhöhung der Drehzahl auf das Ergebnis ungünstig auswirken. Soll dieser Nachteil umgangen werden, kann die hier diskutierte Untersuchung auch auf die Ordnungsanalyse erweitert werden. Dazu wird als Basis der FFT-Analyse die entsprechende Zeitfunktion nicht in konstanten Zeitschritten t, sondern über einen äquidistanten Drehwinkel �ϕ abgetastet. In dem Diagramm wird folglich die Frequenz durch die Ordnung ersetzt. Dies bedeutet, die zur Drehzahl proportionalen Frequenzen erscheinen mit ihren Ordnungen im Diagramm als konstante Linien. Bauteilresonanzen wiederum werden als mit der Drehzahl veränderliche Spektrallinien auftreten. Da FFT-Analysatoren in den meisten Fällen mit einer konstanten Abtastfrequenz geliefert werden, wird das zeitsynchrone Signal überabgetastet und anschließend auf die diskreten Drehwinkel �ϕ näherungsweise umgerechnet. Bei ausreichend hoher Überabtastung werden dabei nur sehr geringe Fehler beobachtet.

Abb. 3.30   Sonogramm oder Campbell-Diagramm – Auswertung einer Frequenzanalyse bei zeitkontinuierlich veränderter Drehzahl (Klafki et al. 2002): Die zur Drehzahl proportionalen Anteile im Spektrum werden hierbei als Ordnungen der Drehzahl erkannt, feste Frequenzen, wie z. B. Bauteilresonanzen, Magnetisierungsfrequenzen oder Netzfrequenzen und ihre Harmonischen bleiben dagegen in der Frequenz unverändert. In der hier gezeigten Darstellung sind anhand des Verlaufes der Ordnungen Drehzahlschwankungen beim Hochlauf erkennbar

3 Messtechnik

147

3.4.7 Cepstrum-Analyse Sollen Harmonische Komponenten im Spektrum erkannt werden, kann dieses Spektrum erneut einer Frequenzanalyse unterworfen werden. Man erhält dabei das Spektrum des logarithmierten Leistungsspektrums, Cepstrum genannt. Auch für Ausschnitte des Spektrums ist diese Analyse möglich. Die hier verwendete Variable ist die sogenannte „Quefrenz“ n · τ1, ihr kleinster Wert beträgt (Abb. 3.31):

τ1 =

1 ; fo − f u

(3.56)

• fo obere Bereichsgrenze, • fu untere Bereichsgrenze. Sind im Spektrum u. a. mehrere Pegelmaxima mit dem Abstand Δf vorhanden, dann erhält man im Cepstrum bei n · τ1 = 1/�f eine besonders hohe Amplitude. Beispiel: Die Cepstrum-Analyse eines Spektrums im Bereich f0 − fu = 100 Hz (τ1 = 10 ms) ergibt bei n = 8 (Abb. 3.31) einen hohen Wert. Im Spektrum sind demnach ausgeprägte Maxima mit einem Frequenzabstand von

�f =

1 = 12,5 Hz 8τ1

(3.57)

vorhanden. Die Cepstrum-Analyse ist mit den meisten FFT-Analysatoren durchführbar, lässt sich aber auch mit einem Mathematik-Programm durch Eingabe des Spektrums mit linearer Frequenzteilung und normaler Fourier-Transformation realisieren. In verschiedenen anderen Arbeiten, so z. B. in (Bolton und Gold 1984), wird das Cepstrum nach der Betragsbildung des Ergebnisses der ersten Fourier-Transformation gebildet.

Abb. 3.31   Cepstrum-Analyse

148

J. Hübelt

3.5 Zweikanalige Signal- und Systemanalyse 3.5.1 Einführung Mehrkanalige Signalanalysen ermöglichen, mit relativ geringem Aufwand unter anderem Geräuschquellenuntersuchungen durchzuführen oder Übertragungseigenschaften von Strukturen zu messen. In den meisten Fällen wird diese Art der Analyse als Zweikanalanalyse durchgeführt. Die für den technischen Lärmschutz wichtigsten zweikanalig ermittelbaren Größen sind: die Kreuzkorrelation, die Kreuzleistungsdichte, die Übertragungsfunktion, die mithilfe der gleichzeitigen Messung an zwei benachbarten Mikrofonen bestimmbare Schallintensität (s. Abschn. 2.8.6), die auf der Basis der Kreuzkorrelation ermittelte Impulsantwort (s. Abschn. 6.7.3).

3.5.2 Messung der Übertragungsfunktion Die Ermittlung des Betrages der Übertragungsfunktion

|H(ω)|=|Y (ω)|/|X(ω)|;

(3.58)

Y (ω), X(ω) Fourier-Transformierte der Signale x(t), y(t), erfolgt herkömmlich und in einfacher Weise durch Einspeisen des Signals und Messung der Eingangs- und Ausgangsgrößen, bei breitbandigem Signal in einzelnen Frequenzbändern unter Verwendung von Bandfiltern. Die Übertragungsfunktion H(ω) ist strenggenommen im Frequenzbereich für einen, im Beobachtungszeitraum TW (Fensterlänge) eingeschwungenen Zustand, definiert. Die komplexe Übertragungsfunktion H(ω) = Y (ω)/X(ω)

(3.59)

ist durch Fourier-Transformation von Eingangs- x(t) und Ausgangssignal y(t) bestimmbar (Abb. 3.32). FFT-Analysatoren ermöglichen außerdem die Bestimmung der AutoSyy (ω) und Kreuzleistungsdichte S yx (ω), auf deren Basis für praktische Messung die komplexe Übertragungsfunktion H(ω) berechnet wird

H 1 (ω) = S xy (ω)/Sxx (ω) ≈ H(ω).

(3.60)

Die Übertragungsfunktion H 1 (ω) kommt dabei vorteilhaft zum Einsatz, wenn das Ausgangssignal y(t) durch unkorrelierte Fremdsignale gestört ist. Bei Störungen des Eingangssignals x(t) ist hingegen die Berechnung der komplexen Übertragungsfunktion H 2 (ω) mit

H 2 (ω) = Syy (ω)/S yx (ω) ≈ H(ω)

(3.61)

3 Messtechnik

149

sinnvoll. In diesen Beziehungen sind • Sxx (ω), Syy (ω) die Autoleistungsdichte der Signale x(t), y(t), • S xy (ω), Syx (ω) die Kreuzleistungsdichte der Signale x(t), y(t). Zweikanalige FFT-Analysatoren berechnen demnach die komplexe Übertragungsfunktion aus den Kreuzleistungs- und Autoleistungsdichten nach den beiden oben angegebenen Beziehungen. Die Messergebnisse für H 1 (ω) bzw. H 2 (ω) sind zuverlässiger als für H(ω), da die Leistungsdichten S(ω) auf der Basis von Korrelationsfunktionen berechnet werden, vgl. hierzu Gl. (3.68) und damit bereits eine Art von Mittelung beinhalten, vgl. hierzu Gl. (3.65). Für die Schätzung der Übertragungsfunktion H(ω) nach den Gl. (3.60) und (3.61) gilt:     H 1 (ω) ≤ |H(ω)| ≤ H 2 (ω). (3.62) Ein wichtiges Kriterium zur Bewertung der Qualität der ermittelten Übertragungs2 funktion ist der Kohärenzgrad γxy (ω) (oft auch mit Kohärenz oder Cohernce bezeichnet) 2 γxy (ω) =

|S xy (ω)|2 H 1 (ω) = 0 bis 1 = H 2 (ω) Sxx (ω) · Syy (ω)

(3.63)

Abb. 3.32   Messung der komplexen Übertragungsfunktion H(ω) mit Zweikanal-FFT-Analysator, mit dem Eingangssignal x(t) und Ausgangssignal y(t) und der Impulsantwort h(t) des untersuchten Systems im Zeitbereich sowie den Autoleistungsdichten Sxx (ω), Syy (ω) und Kreuzleistungsdichten S xy (ω), S yx (ω) und den Fourier-Transformierte Y (ω), X(ω) der Signale x(t) bzw. y(t) des Systems im Frequenzbereich, FT-Fouriertransformation

150

J. Hübelt

• S xy (ω) Kreuzleistungsdichtefunktion, • Sxx (ω), Syy (ω) Autoleistungsdichtefunktion. 2 2 Der Kohärenzgrad γxy erreicht sein Maximum mit γxy =1, wenn ein linearer Zusammenhang zwischen dem Eingangs- x(t) und dem Ausgangssignal y(t) besteht. Sind Eingang oder Ausgangssignal mit einem Fremdgeräusch, z. B. Hintergrundrauschen überlagert, verringert sich der Kohärenzgrad in Abhängigkeit vom Signal-Rausch-Abstand SNRdB nach Gl. (3.64)

SNRdB = 10 lg

2 γxy 2 1 − γxy

dB.

(3.64)

2 = 0, 95 ist nach Gl. (3.64) ein Signal-Rausch-Abstand Für einen Kohärenzgrad γxy 2 = 0, 9 wird der SignalSNRdB = 12 dB zu erwarten. Verringert sich diese Größe auf γxy 2 Rausch-Abstand mit SNRdB = 10 dB und für γxy = 0, 8 mit  SNRdB = 6 dB angegeben werden müssen. Als Grenze für die Bewertung der Genauigkeit der ermittelten Übertragungsfunktion 2 = 0, 9 verwendet. An dieser Stelle sei angemerkt, dass trotz hohem SNR wird oft γxy auch nichtlineare Effekte, wie sie z. B. bei Resonanzen auftreten, zur Verringerung des Kohärenzgrades bei der entsprechenden Frequenz führen.

3.5.3 Anregung der Systeme Übertragungsfunktionen werden sehr oft durch Anregung der untersuchten Systeme mithilfe von künstlichen Signalen bestimmt. Werden die Systeme mit stochastischen Signalen beaufschlagt, ist in den meisten Fällen aufgrund des ungünstigen Scheitelfaktors ks ≈ 3 (s. Abschn. Bestimmung des Schalldruckpegels) eine Bandpassfilterung zum Erreichen des notwendigen SNR sinnvoll. Deterministische Signale, z. B. der Sinus-Sweep oder der Multi-Sinus (Boyd 1986; Troge 2002), zeichnen sich gegenüber stochastischen Signalen durch einen günstigeren Scheitelfaktor ks aus. Deshalb sollte diese Signalart bevorzugt Anwendung finden. Wird der Sinus-Sweep gleichzeitig mit einem Bandpass-Filter am Eingang des Analysators verwendet, kann auch der Einfluss nichtlinearer Effekte (Harmonische Oberwellen) unterdrückt werden. Je nach untersuchtem System könnte eine Färbung der Signale („Rosa Rauschen“) sinnvoll sein. Beim Sinus-Sweep kann dieser Effekt mit einem zeitlich veränderlichen Frequenzhub erreicht werden. Der Wert des Scheitelfaktors beim Multi-Sinus wird wesentlich durch den PhasenFrequenz-Verlauf des Signals beeinflusst. Als günstig hat sich dabei ein quadratischer (ϕ(f ) ∼ f 2) oder auch ein stochastischer Verlauf der Phase verwiesen (Boyd 1986).

3 Messtechnik

151

3.5.4 Quellenanalyse Bei der Lärmminderung an Maschinen ist es vorteilhaft zu wissen, welchen Anteil am Gesamtgeräusch einzelne Quellen haben (Abb. 3.33). Für diese Aussage ist die Kreuzkorrelationsfunktion ˆ +T 1 x(t)y(t ± τ )dt ψxy (τ ) = lim (3.65) T →∞ 2T −T geeignet. Besser handhabbar für die praktische Anwendung ist der Korrelationsgrad

2 ̺xy (τ ) =

2 ψxy (τ )

ψxx (0)ψyy (0)

= 0 bis 1; (3.66)

ψxy (τ )

Kreuzkorrelationsfunktion,

ψxx (τ ), ψyy (τ )

Autokorrelationsfunktion, mit ψxx (τ = 0) = x˜ 2 bzw. ψyy (τ = 0) = y˜ 2.

Dabei ist die Unschärferelation einzuhalten: • f Bandbreite des Signals,

�f �τ ≥ 3;

(3.67)

• �τ Laufzeitdifferenz der Signale, d. h. die Bandbreite und die Laufzeit müssen möglichst groß sein (große Abstände zwischen den Messpunkten, deshalb nur anwendbar in größeren Anlagen, breitbandiges, z. B. A-bewertetes Messsignal ohne hervortretende tonale Komponenten). Oft ist die Kreuzleistungsdichte ˆ +∞ 1 ψxy (τ )e−jωτ dτ , S xy (ω) = (3.68) 2π −∞

Abb. 3.33   Anteil einzelner Quellen am Gesamtpegel

152

J. Hübelt

Abb. 3.34   Störung des Bezugssignals der Quelle 1 durch Körperschallübertragung von Quelle 2

Abb. 3.35   Schallintensitätsmessung zur Bestimmung der Schallleistung einzelner Quellen

2 bzw. der Kohärenzgrad γxy (ω) für diese Untersuchung besser geeignet. Als Bedingung gilt hier �f · �τ ≤ 0, 3, d. h. bei der Messung ist auf eine möglichst kleine Bandbreite (realisiert durch einen zweikanaligen FFT-Analysator) und auf eine möglichst kurze Laufzeit (kleiner Abstand des Aufpunktes von den Quellen, z. B. im Nahfeld von Maschinen) zu achten. Der Korrelations- bzw. Kohärenzgrad ist 0, wenn im Aufpunkt kein Quellenanteil vorliegt, er erreicht den Wert 1, wenn die Messgröße ausschließlich von der Quelle stammt. Voraussetzung ist aber, dass neben der Einhaltung der genannten Bedingungen die Bezugsgröße x(t) keinen Anteil anderer Quellen besitzt. Das ist jedoch nur in seltensten Fällen gewährleistet (Abb. 3.34), woraus sich die geringe Nutzung dieser Technik zu akustischen Untersuchungen erklärt. In einzelnen Fällen, z. B. zur Trennung von mechanisch und aeroakustisch erzeugtem Lärm, ist aufgrund der geringen Verkopplung beider Quellenarten dieses Verfahren jedoch anwendbar. Dagegen lässt sich die Schallintensitätsmessung (s. Abschn. 2.8.6) oder die Messung mit Mikrofonarrays oft günstiger zur Quellenfindung einsetzen. Durch Messung der Teilleistung einzelner Quellen ist der Anteil an der Gesamtleistung leicht bestimmbar (Abb. 3.35). Durch Messen der Schallintensität in zwei rechtwinklig aufeinanderstehenden Richtungen kann außerdem ein Schallintensitätsvektor bestimmt werden, aus dessen Richtung auf die Quelle geschlossen werden kann (Abb. 3.36). Für die Anwendung der Schallintensitätsmessung, insbesondere an Maschinen mit zeitlich schwankendem Pegel, sind Geräte mit Terz- bzw. Oktavfilterung aufgrund günstigerer Mittelwertbildung vorteilhafter als FFT-Analysatoren. Letztere eignen sich besser im Labor, insbesondere bei tonalen Komponenten und gleichförmigen Geräuschen. Dabei kann die Schallintensität ebenfalls mittels Kreuzleistungsdichte dargestellt werden, s. (Randall 1987).

3 Messtechnik

153

Abb. 3.36   Quellenfindung durch Schallintensitätsvektoren

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154

J. Hübelt

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4

Ausbreitung und Abstrahlung von Körperschall Jörn Hübelt

4.1 Einführung In diesem Kapitel werden der Eintrag und die Ausbreitung von Körperschall sowie dessen Schallabstrahlung in erster Linie unter dem Aspekt der Maschinenakustik behandelt, d. h. mit Hinblick auf die Konstruktion lärmarmer Maschinen mit mechanischer Geräuschentstehung. Die ersten Abschnitte haben zum Ziel, Begriffe, Gesetzmäßigkeiten und Gültigkeitsbedingungen sowie Schlussfolgerungen für die praktische Anwendung zu erläutern. Dabei steht zunächst die Berechnung der Eigenfrequenzen von stab- und plattenartigen Strukturen und die Vorhersage der Koinzidenzgrenzfrequenz von Platten im Vordergrund. Im Anschluss werden das Konzept der mechanischen Admittanz erläutert und die Eingangsadmittanzen für die eingangs genannten Strukturen zusammengestellt. Diese Modellvorstellung erlaubt die Unterscheidung zwischen Kraft- und Schnellanregung und findet im anschließenden Abschnitt im bewährten Modell der mechanischen Geräuschentstehung seine praktische Anwendung. Auf der Basis des Modells der mechanischen Geräuschentstehung wird schließlich die quantitative Höhe des Eintrages mechanisicher Energie in die Strukturen anhand des Verhältnisses von Quell- und Eingangsimpedanz abgeschätzt und deren Weiterleitung mithilfe des Konzepts der Transferadmittanz beschrieben. Letztes Detail bildet dann die Berechnung der Höhe des abgestrahlten Körperschalls unter Verwendung des Abstrahlgrades.

Dies ist die Überarbeitung eines Beitrages von W. Schirmer. J. Hübelt (*)  Hochschule Mittweida, Mittweida, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Schirmer und J. Hübelt (Hrsg.), Technischer Lärmschutz, https://doi.org/10.1007/978-3-662-65668-6_4

155

156

J. Hübelt

In den anschließenden Abschnitten wird die Eignung des Modells der mechanischen Geräuschentstehung anhand des Einsatzes von Dämpfungsbelägen, unterschiedlichen Gehäuseformen, und Zusatzelementen, wie Versteifungen und Massen an Krafteinleitungsstellen vor dem Hintergrund praktischer Anwendungen diskutiert.

4.2 Biegewellenausbreitung auf Platten In festen Körpern treten, abhängig von ihrer geometrischen Form, von ihren Abmessungen im Vergleich zur Wellenlänge  = c/f und von der Art und Anregung, verschiedene Wellenarten und Ausbreitungsgeschwindigkeiten c auf, s. z. B. (Kraak und Wöhle 1984; Heckl 1994). An Diskontinuitäten für die Wellenausbreitung, z. B. an den Begrenzungen oder an Querschnittsprüngen, erfolgen Übergänge zwischen verschiedenen Wellenarten, so dass meist mehrere Wellenarten gemischt auftreten. Die Schallausbreitung in festen Körpern unterscheidet sich dadurch wesentlich von derjenigen in Gasen und Flüssigkeiten, in denen nur eine Wellenart auftritt, die Kompressionswelle, mit

c0 =



K ; ̺

(4.1)

K   Kompressionsmodul in N/m2 , ̺    Dichte in kg/m3. Bei der für Luftschall adiabatischen Kompression ist (4.2)

K = 1,4 p− ; atmosphärischer Luftdruck, p_   von θ = 0 °C p_ ≈ 105 N/m2

z.  B.  auf

Meereshöhe

bei

einer

Temperatur

Hinsichtlich isothermer Kompression mit K = p− s. Abschn. 6.3.1. Eine technisch besonders wichtige Form fester Körper ist die Platte als Bauteil im Bauwesen und im Maschinenbau. Die charakteristische Wellenform in Platten ist die Biegewelle, die auftritt, sobald Länge und Breite der Platte groß, deren Dicke h aber klein gegen die Biegewellenlänge B = cB /f ist, s. Gl. (4.6). Gelegentlich wird diese sich mit der Biegewellengeschwindigkeit cB ausbreitende Welle auch als freie Biegewelle bezeichnet, um sie von der erzwungenen Biegewelle infolge schrägen Luftschalleinfalls auf Platten zu unterscheiden (s. Abschn. 5.2.2), zumal diese an der Diskontinuität „Plattenrand“ freie Biegewellen erzeugt (s. Abschn. 5.3.1.2). Auch auf Platten sind neben Biegewellen andere Wellenarten möglich, jedoch sind für die meist interessierende Schallabstrahlung der Platte die Biegewellen ursächlich.

4  Ausbreitung und Abstrahlung von Körperschall

157

Die Ausbreitungsgeschwindigkeit cB der Biegewellen ist abhängig von der Anregungsfrequenz sowie von der Dicke h und den Materialeigenschaften der angeregten Platte, d. h. von ihrer Biegesteifigkeit B′ und von ihrer flächenbezogenen Masse m′′:  √ 4 B′ ω = ω ; cB = (4.3) kB m′′  ellenzahl für Biegewellen, kB  W B′  Biegesteifigkeit je Breite,

B′ = 

h3 E  , 1 − µ2 12

(4.4)

m′′ =

m = ̺PL h, S

(4.5)

m′′  flächenbezogene Masse

h  Dicke der Platte, bzw. Wand, E  Elastizitätsmodul des Platten- bzw. Wandmaterials, ̺PL  Dichte des Platten- bzw. Wandmaterials, µ   Poissonsche Querkontraktionszahl, siehe Tab. 4.1 oder µ = 0,35, falls kein Materialkennwert bekannt. Gl. (4.3) gilt nach (Cremer und Heckl 1967) für dünne Balken oder Platten mit (4.6) √ Wesentlich ist, dass die Biegewellengeschwindigkeit cB mit f ansteigt (Dispersion) und damit die einzige Schallwellenart ist, deren Ausbreitungsgeschwindigkeit frequenzabhängig ist. Praktische Werte von cB können kleiner als, gleich der oder größer als die Schallgeschwindigkeit in Luft sein. Eine frequenzunabhängige Ausbreitungsgeschwindigkeit in festen Körpern ist die Longitudinalwellengeschwindigkeit

h ≦ B /6.

cL =



E . ̺

(4.7)

Sie gilt exakt für die (Quasi-)Longitudinalwellenausbreitung in Stäben und stellt einen Materialkennwert dar (Tab. 4.1). Aus Gl. (4.3) ergibt sich die Wellenlänge der Biegewellen zu

cB = B = f



2π f

 4

B′ . m′′

(4.8)

158

J. Hübelt

Tab. 4.1  Mechanische Stoffkennwerte bei Normalbedingungen (Anhaltswerte, weitere Daten in z. B. (Bender und Göhlich 2020a)), bei Auslegung Herstellerangaben anfordern Stoff

µ E 109 N/m2

̺ cL m/s 103 kg/m3

Aluminium

72

0,34

2,7

5200

Blei

17

0,4

11,3

1250

Eisen

210

0,29

7,8

5050

Grauguss

120

0,25

7,3

4050

Kupfer

125

0,35

8,9

3700

Messing

95

0,33

8,5

3200

Stahl

210

0,31

7,85

5100

13

0,33

7,13

1350

Metalle

Zink Kunststoffe

1)

GUP 2),

33 % Glasfasern

9

1,5

2400

50 % Glasfasern

14

1,65

2900

Piacryl

3

1,18

1600

Plexiglas

5,6

1,15

2200

Polyamid

0,37

1,25

1,1

1070

hart

1,2

0,95

1130

weich

0,2

0,93

460

Polypropylen

1,2

0,9

1150

Polystyrol

3,5

1,05

1830

Polyurethan

2,3

0,4

1,25

1360

PVC hart

3–3,5

0,36

1,38

1570

PVC weich

0,45–0,6

0,36

Schwer-

35

0,2

Leicht-

3,8

1,3 bis 1,6 1700

Poren-

2

0,6 bis 0,8 1700

7

1,2

Polyester,

Baustoffe 1) Beton,

Gips

2,0 bis 2,4 3400

2400 (Fortsetzung)

4  Ausbreitung und Abstrahlung von Körperschall

159

Tab. 4.1   (Fortsetzung) Stoff

µ E 109 N/m2

̺ cL m/s 103 kg/m3

Gipsplatten mit Celluloseanteil

3,4

1,1

1750

Glas

60

2,5

4900

Holz,

0,17– 0,3 0,035– 0,59

orthotropes Material, d. h. die Eigenschaften sind abhängig von der Faserrichtung Fichte

1–5

0,4 bis 0,7 2500

Eiche

6

0,7 bis 1,0 3000

Spanplatten

4,6

0,6 bis 0,8 2700

Sperrholz

5,4

0,6

3000

1,9

bis 3000

Sand

0,2–0,45

Ziegel

26

Stoff

E a),b) N/mm2

σmax c) N/mm2

s′ d),f) fo e) (h=20 mm) Hz MN/m3

gelb SR115.1)

0,25.1)

0,01

8

135.1)

bis

Elastische Werkstoffe 1), 3) Polyurethan-Weichschaum 25 mm dick, mit Kennfarbe bis

bis

bis

bis

SR12005.2), 7)

15,65.2)

1,2

624

125.2)

V2006.1) 34 mm dick

0,186.1)

0,02

5,2

116.1)

bis

bis

bis

bis

bis

V12006.2) 30 mm dick

256.2)

1,5

6256.2)

176.2)

Holzwolle-Leichtbauplatte

5

0,05

250

35

Kork, weich

10

0,5

500

15

Mineralfaserplatten

0,2

0,01

10

16

weinrot Gummischrot 6)

(Fortsetzung)

160

J. Hübelt

Tab. 4.1   (Fortsetzung) Stoff

Polystyrol-Hartschaum Polyurethan

-Hartschaum

4)

-Weichschaum Styropor

E a),b) N/mm2

σmax c) N/mm2

s′ d),f) fo e) (h=20 mm) Hz MN/m3

0,4

0,01

10

22

10

0,1

500

35

0,3

0,01

15

20

2

0,01

100

50

1)

Orientierungswerte, für Nachweis-Rechnungen Herstellerangaben heranziehen glasfaserverstärktes, ungesättigtes Polyesterharz 3) Angaben für kleine Formfaktoren k = belastete Fläche / freie Oberfläche, bei flächenhaften Elementen k ≤ 2 bis 3 durch geeignete Formgebung (Löcher, Rippen, Unterteilung) sichern, vgl. (Bender und Göhlich 2020b, S. 258 ff.) und (Heckl und Nutsch 1994) 4) Raummasse ≈ 50 kg/m3 5) z. B. Getzner Sylomer, Herstellerangaben bei f = 10 Hz, für Formfaktor 3, 5.1) E bei Pressung 0,12 N/mm2, 5.2) E bei Pressung 1,2 N/mm2 6) z. B. BSW Regupol, Herstellerangaben bei f = 10 Hz, 6.1) Pressung 0,01 N/mm2, 6.2) Pressung 0,75 N/mm2 a) 1 N/mm2 = 1 MN/m2 . b) E ist belastungsabhängig, E für ca. 50 % σ max und f = 5 Hz sofern Angaben vorhanden (siehe z. B. 5), vgl. Abschn. 12.2.2.2., (Heckl und Nutsch 1994; Bender und Göhlich 2020a) c) maximale statische Druckbelastbarkeit d) berechnet mit s′ = E/h; die lineare Abhängigkeit von h ist im Allgemeinen gestört 0,5 ′ e) Eigenfrequenz bei σ oder Herstellangaben gekennzeichnet an Daten max nach f0 = 0,5 s /σmax f) für h lt. Spalte 1, sonst h = 20 mm 2)

Mit cL und µ = 0,35 wird aus Gl. (4.8)

B = 1,4



h cL f

und

cB = 1,4



h cL f

(4.9)

mit B in m, h in m, cL und cB in m/s, f in Hz. Bei der Beurteilung des akustischen Verhaltens von plattenartigen Bauteilen in Bauwerken wie in Maschinen und Fahrzeugen ist es oft notwendig, die Größe der Biegewellenlänge für die interessierenden Frequenzen zu beachten (s. entsprechende Hinweise auf die Bedeutung der Biegewellenlänge an verschiedenen Stellen des Buches). Für den Maschinenbau ermöglicht Abb. 4.1 einen schnellen Überblick. Platten, für die im betrachteten Frequenzbereich B > 0 ist (0 = c0 /f Luftschallwellenlänge), bezeichnet man als biegesteif (nach Abb. 4.1 z. B. 50 mm Stahl oberhalb 300 Hz). Ist dagegen B < 0, charakterisiert man sie als biegeweich (z. B. 1 mm Stahl unterhalb 12 kHz). Die Frequenz, bei der cB = c0 bzw. B = 0 ist, wird nach (Cremer 1942) als Koinzidenzgrenzfrequenz fc bezeichnet (Schalleinfall parallel zur Platte). Sie ist von

4  Ausbreitung und Abstrahlung von Körperschall

161

Abb. 4.1   Biegewellenlänge B für Platten aus Walzstahl und Grauguss (GG) verschiedener Dicke sowie Luftschallwellenlänge  (a)

großer Bedeutung, da oberhalb dieser Frequenz grundsätzlich andere Gesetzmäßigkeiten für die Schallabstrahlung und die Schalldämmung bestehen als unterhalb. Bei der Grenzfrequenz selbst treten ein Maximum der Schallabstrahlung und ein erheblicher Einbruch der Schalldämmung auf (s. Abschn. 5.2.3.2). Plattenförmige Bauteile sind also so zu dimensionieren, dass die Grenzfrequenz möglichst unterhalb oder oberhalb des Frequenzbereiches liegt, der für die Geräuschabstrahlung bzw. -übertragung kritisch ist. So sind gemäß Abb. 4.1 Maschinengehäuse aus Stahl mit üblichen Wanddicken von 10 bis 20 mm akustisch recht ungünstig, da die dominierenden Geräuschanteile oft bei 1 kHz und damit im Bereich der Grenzfrequenz liegen. Trotz großer Wanddicke sind dann u. U. zusätzliche Maßnahmen erforderlich, z. B. biegeweiche Vorsatzschalen (s. Abschn. 5.4.2.3). Für die Koinzidenzgrenzfrequenz gilt

fc =

c02 2π



m′′ B′

=

c02 2πh



  12̺pl 1 − µ2 . E

(4.10)

162

J. Hübelt

Danach liegt die Grenzfrequenz um so höher, je schwerer und biegeweicher eine Platte bzw. je dünner sie bei gegebenem Material ist. Aus Gl. (4.10) lässt sich mit der Longitudinalwellengeschwindigkeit cL, der Schallgeschwindigkeit c0 = 343 m/s und einer mittleren Querkontraktionszahl µ = 0,35 folgende Näherungsformel für homogene ebene Platten ableiten:

fc =

61 · 103 c02 ≈ ; 1,936 h cL h cL

(4.11)

fc ≈

12 , h

(4.12)

fc ≈

15 . h

(4.13)

h in mm, cL in m/s, fc in kHz. Für Stahl gilt damit

für Grauguss

Eine Zusammenstellung der Koinzidenzgrenzfrequenzen in Abhängigkeit von der Plattendicke ist in Abb. 4.2 für verschiedene Materialien angegeben. Die Berechnung erfolgte mit Gl. (4.11) unter Anwendung von Tab. 4.1. Aus dem Bild ist ersichtlich, dass die Grenzfrequenz fc bei gleichem Material mit wachsender Bauteildicke abfällt, z. B. bei Stahlblech (Kurve e) von fc ≈ 12000 Hz bei h = 1 mm auf fc ≈ 2000 Hz bei h = 6 mm. Aus Abb. 4.2 kann außerdem abgelesen werden, dass die Koinzidenzgrenzfrequenzen folgender Materialien und Plattendicken im meist interessierenden Frequenzbereich von 200 bis 3000 Hz liegen, so dass die ungünstigen Effekte bei der Grenzfrequenz besonders beachtet werden müssen: Schwerbeton ≦90 mm dick, Ziegel ≦120 mm dick, Stahlblech ≧4 mm dick, Sperr holz ≦7 mm dick, Glas ≧4 mm dick. In der Bauakustik, mit einem festgelegten Frequenzbereich und einer Berechnungsvorschrift für den Einzahlwert der Schalldämmung, werden die Begriffe „ausreichend biegesteif“ und „ausreichend biegeweich“ verwendet. Liegt die Koinzidenzfrequenz fc im Bereich fc < 200 Hz, dann ist das Bauteil als „ausreichend biegesteif“ einzuordnen. Wenn dagegen fc > 2000 Hz gilt, wird das Bauteil als „ausreichend biegeweich“ bezeichnet. Für die Abnahme der Amplitude der von einer Anregungsstelle auf einer homogenen Platte weglaufenden Biegewelle gibt es wie bei jeder ungestörten Wellenausbreitung zwei Ursachen: • die Abnahme der Energiedichte wegen der divergierenden Wellenausbreitung und • die Umwandlung von mechanischer Schwingungsenergie in Wärme, kurz Dämpfung genannt.

4  Ausbreitung und Abstrahlung von Körperschall

163

Abb. 4.2   Koinzidenzgrenzfrequenz fc für verschiedene Materialien in Abhängigkeit von der Plattendicke h. a Leichtbeton, b Schwerbeton, c Ziegelstein, d Gips, e Stahl und Aluminium, f Blei, g Sperrholz, h Glas

Den Divergenzeffekt erhält man aus der Konstanz der durch jede Hüllfläche S unabhängig von der Entfernung hindurchtretenden Leistung

P = wcg S;

(4.14)

w = ̺˜v2  Energiedichte im Körperschallfeld, cg = 2cB   für Signal- und Leistungstransport maßgebende Gruppengeschwindigkeit von Biegewellen (s. (Kraak und Wöhle 1984), insbes. S. 149; für alle anderen Wellenarten gilt cg = c), S  Hüllfläche.

164

J. Hübelt

Für die Platte der Dicke h gilt im Abstand r von einer punktförmigen Anregungsstelle S = 2πrh. Daraus folgen v˜ 2 ∼ 1/r und Ls = 10 lg rr21 dB, d. h. 3 dB Abnahme des Körperschallpegels je Entfernungsverdopplung. Für einen Stab, in dem keine Divergenz der Biegewelle möglich ist, d. h. S = konst. gilt, tritt ohne Dämpfung keine Abnahme des Körperschallpegels mit der Entfernung auf. Vorgenannte Betrachtungen gelten für alle Wellenformen in festen Körpern. Den Dämpfungseffekt erhält man durch Einführung eines komplexen Elastizitätsmoduls E = E ⊥ (1 + jη), wobei hier η der Materialverlustfaktor (Erweiterung der Bedeutung von η s. Abschn. 4.7.1.1) ist und mit der Synthax ⊥ – der Realteil dargestellt werden soll. Aus Gl. (4.3) folgt

k B = kB

 4

 1 η ≈ kB 1 − j f¨ur η ≦ 0,2. 1 + jη 4

(4.15)

Mit

υ(x) = vˆ 0 e−jk B x

(4.16)

für die Ausbreitung ebener Biegewellen in x-Richtung erhält man für die Abnahme des Körperschallpegels über eine Strecke l

l dB. B

(4.17)

L = Ls + Lη .

(4.18)

�Lη = 13,6 η Bei divergierender Wellenausbreitung gilt

Mit einem üblichen Wert von η = 10−2 wird

Lη ≈ 0,14

l dB, B

(4.19)

d. h., auf einer Strecke gleich der Biegewellenlänge treten nur 0,14 dB Pegelabnahme ein. Auf schwach gedämpften kleinen Platten, deren Länge und Breite nur wenige Biegewellenlängen beträgt, ist infolge Überlagerung mit Randreflexionen keine vom Anregungspunkt abnehmende Schwinggeschwindigkeit messbar. Erfolgt die Anregung nur bei einer Frequenz und ist diese gleich einer Biegeeigenfrequenz fn (s. Abschn. 4.3), dann treten Schwingungsbäuche und Knotenlinien (auch als Chladnische Klangfiguren bekannt) auf. Sie werden durch die Eigenschwingungsform der angeregten Schwingungsmode bestimmt (auch Eigenfunktion genannt). Werden dagegen in einem Frequenzband zahlreiche benachbarte Eigenfrequenzen einer Platte angeregt, so tritt eine bis auf kleine statistische Schwankungen konstante

4  Ausbreitung und Abstrahlung von Körperschall

165

Schwinggeschwindigkeit auf. Sie ist im Gegensatz zur Anregung nur einer Mode auch bis auf statistische Schwankungen unabhängig vom Anregungsort. Es liegt ein diffuses Biegewellenfeld ähnlich dem diffusen Schallfeld in schwach gedämpften Räumen vor, und es gilt bei nicht zu großer Dämpfung 2 = v˜ �f

P ; ηωm

(4.20)

2   zeitlicher und räumlicher quadratischer Mittelwert, v˜ f P  eingespeiste Körperschallleistung (s. Abschn. 4.4), m  gesamte Masse der Platte, η  Verlustfaktor.

Gl. (4.20) folgt nach (Cremer und Heckl 1967) aus folgenden Überlegungen: Die eingespeiste Leistung P ist gleich der Verlustleistung Pv infolge Dämpfung. Pv erhält man aus der Definitionsgleichung des Verlustfaktors

η=

Wv . 2πWr

(4.21)

Da Wv die Verlustenergie je Schwingungsperiode ist, gilt Pv = Wv /T = Wv f . Schließlich folgt aus der Energiedichte für Körperschallwellen w = ̺0 v˜ 2 wegen des etwa konstanten v˜ 2 auf der Platte Wr = m˜v2 . Die erheblichen Probleme, die Körperschall bei der Lärmbekämpfung sowohl in Bauwerken als auch in Maschinen und Fahrzeugen verursacht, sind u. a. auf die festgestellte geringe natürliche Entfernungsabhängigkeit bei der Wellenausbreitung in homogenen Platten und Stäben zurückzuführen. Erst Diskontinuitäten in den Strukturen führen zu merklicher Körperschallabnahme (z. B. elastische Lagerung von Maschinen zur Körperschallisolierung, Kap. 12).

4.3 Biegeeigenfrequenzen von Stäben und Platten Dünnwandige Strukturen (Bedingung nach Gl. (4.6)) beliebiger Form besitzen Biegeeigenfrequenzen, und zwar bei einer Grundfrequenz und bei höheren Frequenzen, s. z. B. die folgenden Gln. (4.24) bis (4.29). Werden diese Eigenfrequenzen angeregt, d. h. stimmen die Anregungsfrequenzen mit den Eigenfrequenzen überein, dann ergeben sich Maximalwerte der Schwingungsamplitude, die von der Dämpfung des Materials abhängen. Dadurch wird eine starke Schallabstrahlung hervorgerufen. Dieser Effekt tritt z. B. als „Dröhnen“ bei Kraftfahrzeugen oder Maschinen in Erscheinung. Die Eigenfrequenzen sind abhängig von den geometrischen Abmessungen, den Materialeigenschaften (Elastizitätsmodul E, Querkontraktionszahl µ und Dichte ̺ST) und den Lagerbedingungen (s. Abb. 4.3) sowie dem Flächenträgheitsmoment I des

166

J. Hübelt

a

b1

c

d

b2

Abb. 4.3   Zur Randeinspannung von Balken und Platten. a) allseitig gelenkige Lagerung; b1) allseitig feste Einspannung; b2) allseitig freie Lagerung, c) feste Einspannung – freies Ende; d) feste Einspannung-gelenkige Lagerung

schwingenden Körpers. Allgemein gilt für einen Stab mit der Randbedingung 2RB,n gelagerte Stab (Dresig und Holzweißig 2016):  2RB,i B (4.22) ; i = 1, 2, 3, 4 . . . und B = E · I; m′ = ρST · S. fB,i = 2πL 2 m′ Das Flächenträgheitsmoment I (auch Flächenmoment 2. Grades) ist dabei: b·h3   für 12

den Stab mit rechteckigem Querschnitt, b ist die Breite und h die Höhe des Bauteils, Lage s. Abb. 4.3c, d. h. die Biegung findet um die Achse in Richtung b statt, ·D4   für den kreisförmigen Stabquerschnitt, D Durchmesser. I = π64

I=

Für andere Querschnitte sind I -Angaben in Tabellenwerken, z. B. in (Bender und Göhlich 2020a) zu finden. Die Werte 2RB,i für den Einfluss der Lagerungsarten (Randbedingung) auf die Eigenfrequenz können Tab. 4.2 entnommen werden.

Tab. 4.2  2RB,i für unterschiedliche Lagerungsarten nach (Dresig und Holzweißig 2016) Abb. 4.3

i=1 i=2 i=3

Fall a) beidseitig gelenkige Lagerung

Fall b1) beidseitig feste Einspannung Fall b2) allseitig freie Lagerung

Fall c) Fall d) feste Einspannung – feste Einspannung – freies Ende gelenkige Lagerung

π2

22,4

3,52

15,4

61,7

22,0

50

121

61,7

104

200

121

178



2



2

16π

2

i=5

25π

2

i≥6

2RB,i

i=4

298 2

=i π

2

200 

2RB,i = i +

 1 2

2

π2

272 

2RB,i = i −

 1 2

2

π2

2  2RB,i = i + 14 π 2

4  Ausbreitung und Abstrahlung von Körperschall

167

Zunächst soll der Fall betrachtet werden, dass ein dünner Balken h ≦ B /6 an den Enden bzw. Rändern allseitig gelenkig gelagert ist (s. Abb. 4.3 a). Bei einem so gelagerten eindimensionalen Bauteil treten die Eigenfrequenzen dann auf, wenn die Abmessungen des Bauteiles gerade der halben Wellenlänge der Biegewelle entsprechen bzw. ein ganzzahliges Vielfaches davon sind. Für das eindimensionale Bauteil der Länge L ergibt sich danach die Beziehung:

L=i

B mit i = 1, 2, 3,4 . . . 2

(4.23)

Daraus oder unter Verwendung der Gl. (4.22) und den Randbedingungen aus Tab. 4.2, Fall a) ergeben sich die Eigenfrequenzen fi mit

π fi = 2

 2  E·I i ; i = 1, 2, 3, 4 . . . . L ρ·S

(4.24)

Für einen Balken mit rechteckigem Querschnitt (b Breite, h Höhe) vereinfacht sich Gl. (4.24) zu:  2 i ; i = 1, 2, 3, 4 . . . . fi ≈ 0,45 cL h (4.25) L Damit treten die Eigenfrequenzen fi für einen allseitig gelenkig gelagerten Balken im quadratischen Verhältnis mit

fi ≈ i2 f1 ; i = 2, 3, 4 . . . .

(4.26)

auf. Die Eigenfrequenzen einer allseitig gelenkig gelagerten Vollwelle oder eines runden gelenkig gelagerten Stabes aus Vollmaterial sind unter Anwendung von Gl. (4.22) mit

fB,i

πD i2 = 8 L2



E ρ

(4.27)

berechenbar. Wenn es sich bei dem Stab um eine Hohlwelle handelt, wird das Flächenmoment aus der Differenz der Flächenmomenten des Außen- D und des Innendurch messers d gebildet: I = π · D4 − d 4 /64. Für die Eigenfrequenzen der allseitig gelenkig gelagerten Hohlwelle ergibt sich folglich:

fB,i

 √ π D2 + d 2 i 2 E . = 8 L2 ρ

(4.28)

168

J. Hübelt

In analoger Weise ergeben sich bei gelenkiger Lagerung die Eigenfrequenzen fix ,iy einer Rechteckplatte der Abmessungen lx × ly nach folgender Beziehung:

fix ,iy

   2   ix 2 iy ix + ; = 1, 2, 3, 4 . . . iy lx ly

(4.29)

   2   iy ix 2 ix + ; = 1, 2, 3, 4 . . . . ≈ 0,48 cL h iy lx ly

(4.30)

π = 2



B′ m′′

oder vereinfacht

fix ,iy Darin bedeuten

h  Plattendicke, h3 E Biegesteifigkeit je Breiteneinheit, B′ = E · I = (1−µ 2 12   ) m′′ = ̺PL h  flächenbezogen Masse, ̺PL Dichte des Plattenmaterials, i, ix , iy  Ordnung der Eigenfrequenz. Die niedrigste Eigenfrequenz (Grundfrequenz) ergibt sich für i = 1 bzw. ix = 1 und iy = 1. Diese Eigenfrequenz ist meist die wichtigste, da dabei die größte Schallabstrahlung bzw. der größte Schalldämmungseinbruch erfolgt. Bei allseitig fester Einspannung (s. Abb. 4.3b) erhöhen sich die Grundfrequenzen um etwa den Faktor 2. Die Eigenfrequenzen höherer Ordnung liegen ebenfalls etwas über den entsprechenden Frequenzen bei gelenkiger Einspannung. Die in der Praxis vorkommenden Einspannbedingungen entsprechen jedoch mehr dem Fall der allseitig gelenkigen Lagerung. Weitere Formeln zur Berechnung von Eigenfrequenzen s. z. B. (Schirmer und Tattermusch 1981; Kraak und Wöhle 1984; Heckl 1994; Dresig und Holzweißig 2012). Die Zahl der Eigenfrequenzen N einer Platte, die innerhalb der Bandbreite f auftreten, d. h. die Eigenfrequenzdichte, beträgt nach (Cremer und Heckl 1967):

N S = 4 S m′′ YPL∞ ≈ 1,7 ; f cL h

(4.31)

S  Fläche der schwingenden Platte, YPL∞  Punktadmittanz einer unendlich ausgedehnten Platte (s. Abschn. 4.4). Danach ist die Eigenfrequenzdichte unabhängig von der Frequenz. Zum Vergleich sei hier außerdem die Eigenfrequenzdichte für einen mit Luftschall erfüllten Raum angegeben:

f2 N = 4π V 3 . f c0

(4.32)

4  Ausbreitung und Abstrahlung von Körperschall

169

Diese wächst mit der 2. Potenz der Frequenz f an. Bei vorgegebener Geometrie eines Bauteiles und vorgegebener Anregungsfrequenz kann die Auswirkung der Eigenfrequenzen auf die Schallabstrahlung durch folgende Maßnahmen vermieden bzw. vermindert werden: • Bauteile aus Materialien mit geringer innerer Dämpfung sind zusätzlich zu entdröhnen (s. Abschn. 4.7.1). Dadurch wird die Ausbreitung der Biegewellen und damit auch die Anregung der Eigenfrequenzen weitestgehend verhindert. • Durch Versteifungen, Rippen bei Blechen, können die Eigenfrequenzen eines Bauteiles zu höheren Frequenzen verschoben werden. Das ist nur für Eigenfrequenzen mit genügendem Abstand zueinander anwendbar, z. B. für f1,1.

4.4 Admittanz mechanischer Strukturen Zur Untersuchung und Beeinflussung der Körperschallausbreitung ist es zweckmäßig, das Verhalten des Ausbreitungsmediums „mechanische Struktur“ an interessierenden Punkten kennzeichnen zu können. Solche Punkte sind insbesondere Verbindungsstellen zwischen Strukturabschnitten, z. B. Maschinenfuß – Gebäudedecke (s. Kap. 12) oder Zusatzmasse – Maschinengehäusewand (s. Abschn. 4.7.3). Während das Ausbreitungsmedium bei Luftschall durch die spezifische Impedanz Z(jω) = p/υ beschrieben wird (s. z. B. Abschn. 5.2.3.1 u. 6.2), wird für Körperschall im vorliegenden Buch wie auch von vielen anderen Autoren die Admittanz Y (auch Punktadmittanz genannt)

Y (jω) =

υ F

(4.33)

mit dem Betrag

Y (f ) = |Y (f )| =

υ˜ in m/(Ns) oder s/kg  F

benutzt. Sie gibt die Bewegung (Schwinggeschwindigkeit v) infolge der sinusförmigen Anregungskraft F am gleichen Strukturpunkt in Abhängigkeit von der Anregungsfrequenz f an. Die Admittanz kann anschaulich als Mitgang (Cremer und Heckl 1967), als Mobility (Beweglichkeit) (Beranek 1992) oder als Anregbarkeit der Struktur am betrachteten Punkt bezeichnet werden. Statt der möglichen drei translatorischen und drei rotatorischen Bewegungskomponenten wird bei der Admittanz schon aus messtechnischen Gründen meist nur die translatorische Hauptbewegungsrichtung berücksichtigt. Die Admittanz der Grundelemente schwingungsfähiger Systeme, nämlich Feder und Masse, ist durch folgende einfache Formeln gegeben.

170

J. Hübelt

In x-Richtung frei bewegliche starre Masse m: Aus F(t) = m¨x (t) folgt mit F(t) → Fejωt

Ym =

1 1 . , Ym = |Y m | = jωm ωm

(4.34)

In x-Richtung verformte masselose Feder der Steifigkeit c: Aus F(t) = cx(t) folgt entsprechend

Yc =

jω ω , Yc = |Y c | = . c c

(4.35)

Die grafische Darstellung der Gln. (4.34) und (4.35) in Abb. 4.4 liefert entsprechend deren Gültigkeitsvoraussetzungen idealisierte Verläufe für die Frequenzabhängigkeit der Admittanz von Bauteilen mit Feder- oder Masseverhalten. Sie sind ein wichtiges, anschauliches Hilfsmittel für die Abschätzung und Deutung des Verhaltens realer mechanischer Systeme bezüglich

 für frei bewegliche starre Körper Abb. 4.4   der Frequenzabhängigkeit der Admittanz Y (f ) = υ/ ˜ F mit der Masse m und masselose Federn mit der Steifigkeit c (Die Grafik kann für beliebige andere Werte von m und c durch weitere parallele Geraden ergänzt oder erweitert werden.)

4  Ausbreitung und Abstrahlung von Körperschall

171

• der Frequenzabhängigkeit von kompakten Bauteilen, die erkennbar überwiegend Feder- oder Masseeigenschaften haben, • der  Eigenfrequenz von Feder-Masse-Systeme aus dem Schnittpunkt der entsprechenden Geraden; z. B. Vorauswahl geeigneter elastischer Elemente für körperschallisolierte Lagerungen, genauere Bemessung s. Kap. 12, • der Zuordnung gemessener Admittanz-Frequenz-Verläufe zu den Grundtypen der Frequenzabhängigkeit Feder und Masse. Mit zunehmender Frequenz treten Abweichungen von den aus quasistatischer Betrachtung mechanischer Systeme erwarteten Verläufen nach Abb. 4.4 auf. Abfallende Masseadmittanz-Kurven wechseln in einen Anstieg über, vgl. Abb. 12.12, 12.21, 12.23; ansteigende Federadmittanz-Kurven gehen in einen annähernd gleichbleibenden Teil mit Einbrüchen über, vgl. Abb. 12.15. Den Anstieg für die Massenadmittanz kann man als Verkleinerung der wirksamen Masse deuten, den Verlauf für die Federadmittanz als Versteifung der Feder. Beide Effekte begrenzen die körperschallisolierende Wirkung von elastischen Lagerungen bei hohen Frequenzen, Abhilfe s. Abschn. 4.7.3. Genügend weit über der ersten Struktureigenfrequenz ergeben sich aus der großen Dichte von Struktur-Eigenfrequenzen für Frequenzbänder mittlere Admittanzen, die anderen Gesetzmäßigkeiten folgen, aber ebenfalls durch einfache Formeln beschreibbar sind. Für die Platte mit dichten Biegeeigenfrequenzen gilt

1 1 . YPL,∞ = √ ≈ 2 ′ ′′ 2,3 c 8 Bm L ̺PL h

(4.36)

d. h., die Theorie liefert hier für den Frequenzband-Mittelwert keine Frequenzabhängigkeit der Admittanz, vgl. Abb. 12.17 (schmalbandige Messung, ̺PL Dichte des Plattenmaterials). Aus der Messung des Frequenzganges der Admittanz realer Strukturen kann man also je nach festgestellter Neigung recht gut ermitteln, ob in einem Frequenzbereich Feder-, Massen- oder Plattenverhalten vorliegt. Für die Messung des Betrages der Admittanz ist es günstiger, statt mit sinusförmiger Anregung gemäß Definitionsgleichung für Y mit Rauschbandanregung die über Frequenzbänder f gemittelten Werte zu bestimmen. Bei konstanter relativer Breite (Terz-, Oktavfilter) (s. Abschn. 3.5.4) ergeben sich aus Gl. (4.31) folgende zwei gleichwertige Bedingungen für die Zulässigkeit der Annäherung der endlichen Platte durch die unendliche Platte:

fm ≧ a

c2 h cL oder fm ≧ a 0 ; S 2Sfc

h in m; S in m2 ; c0 , cL in m/s; fc , fm in Hz; a s. Tab. 4.3. √ l ≧ bB mit l = S; l, B in m, b s. Tab. 4.3.

(4.37)

(4.38)

172

J. Hübelt

Tab. 4.3  Konstanten a und b für Gln. (4.37) und (4.38) für Terz- und Oktavfilter, gerundet, N = Anzahl der Eigenfrequenzen in f

a

b

N= 3

N= 5

N= 3

N= 5

Terzen

7,5

12

2

2,5

Oktaven

2,5

4

1

1,4

Bei tiefen Frequenzen (unterhalb der 1. Biegeeigenfrequenz im sog. quasistatischen Bereich) verhalten sich starr gelagerte Platten und andere Strukturen, die durch die Anregungskraft verformt werden, von der Frequenz 0 Hz an wie eine Feder (Abb. 12.17), elastisch gelagerte Platten und andere Strukturen oberhalb der Eigenfrequenz der Lagerung wie eine Masse (Abb. 4.15, Position 2.1). Für die in einer Struktur vom Anregungspunkt in Form von Körperschallwellen weglaufende Leistung gilt:

 2 Y ⊥ bei Kraftanregung (⊥ -Realteil), P=F s

(4.39)

v˜ 2 bei Geschwindigkeitsanregung. Ys⊥

(4.40)

P=

Kraftanregung bedeutet, dass eine Änderung von Ys praktisch keine Rückwirkung auf die Größe der anregenden Kraft F hat (F˜ = konst.) . Nach Abb. 4.5a ist das nur möglich,   wenn sich Ys in einem Bereich ändert, in dem Y s /Y e  ⪡ 1 erfüllt ist, denn es gilt

F = F0 =

1 . 1 + Y s /Y e

(4.41)

Korrekturmöglichkeiten bei Admittanzmessungen s. Abschn. 3.3.2.4.5. Geschwindigkeitsanregung bedeutet dementsprechend, dass eine Änderung von Ys praktisch keine Rückwirkung auf die Größe der anregenden Schwinggeschwindigkeit υ hat (v˜ = konst.).

a

b

Abb. 4.5   Elektromechanische Ersatzschaltbilder für die Anregung einer Struktur (Ochmann und Heckl 1994). Ye Punktadmittanz des Erregers, YS Punktadmittanz der angeregten Struktur. Erreger gekennzeichnet durch a) Kurzschlusskraft F0, messbar für YS → 0; b) Leerlaufschnelle υ0, messbar für YS → ∞, s. auch Kap. 12

4  Ausbreitung und Abstrahlung von Körperschall

173

Nach Abb. 4.5b erfordert das, dass im ganzen Bereich möglicher Änderungen von Ys   die Bedingung Y e /Y s  ⪡ 1 erfüllt ist, wie aus

v = v0 =

1 1 + Y e /Y s

(4.42)

folgt. Bei Maschinen liegt Kraftanregung des Körperschalls vorzugsweise bei den die Betriebskräfte führenden massiven Teilen vor, Geschwindigkeitsanregung bei dünnwandigen Verkleidungsblechen. Aus Gl. (4.39) folgt für die Gestaltung lärmarmer Maschinengehäuse, dass bei Kraftanregung die Punktadmittanz der Struktur klein zu wählen ist (z. B. große Wanddicke).  = konst. nicht ausreichend erfüllt ist, vergrößert sich bei Sobald die Bedingung F Verkleinerung von Y s gleichzeitig die Kraft (Rückwirkung!), so dass gemäß Gl. (4.39) die Wirksamkeit der Minderungsmaßnahme verringert oder zu Null wird. Bei Geschwindigkeitsanregung gelten entsprechende Überlegungen. Die Gln. (4.39) oder (4.40) liefern zusammen mit Gl. (4.36) für endliche Platten die eingespeiste Körperschalleitung. Mit der früher abgeleiteten Gl. (4.20) erhält man schließlich die mittlere Schwinggeschwindigkeit auf endlichen Platten im Frequenzband f , falls die Bedingungen Gl. (4.37) oder (4.38) eingehalten werden und die Dämpfung nicht zu groß ist. Für Kraftanregung und f ≥ f1,1 2  v�f 1 1 √ = YT2 = ≈ 2 3 ′′ ′ ′′ 2  h 2,3 ωηScL ̺PL 8 ωηSm B m F

(4.43)

und für Geschwindigkeitsanregung und f ≥ f1,1 2 v˜ �f

v˜ 2

8 = Tv = ωηS



2,3 cL h B′ ; ≈ ′′ m ωηS

(4.44)

YT  mittlere Transferadmittanz, Tv  mittlere Körperschallübertragungsfunktion,    gemäß Abb. 4.5. v˜ und F Die Gln. (4.43) und (4.44) bieten den Vorteil der ingenieurmäßig einfachen Darstellung von Material- und Abmessungseinflüssen auf das Schwingungsverhalten von Platten im Bereich der Eigenfrequenzen. Auch für die Transferadmittanz gibt es im quasistatischen Bereich unterhalb der 1. Biegeeigenfrequenz je nach der Lagerung und der Krafteinwirkung einen feder- oder massebestimmten Frequenzgang (Abb. 4.6). Für die Resonanzspitzen gilt

YT =

1 ηωmM

(4.45)

174

J. Hübelt

Abb. 4.6.   Frequenzabhängigkeit der Transferadmittanz YT einer Platte mit Biegeschwingungen. 1 für harmonische Anregungskraft mit gleitender Frequenz; 2 Hüllkurve der Resonanzspitzen, Gl. (4.45); 3 ingenieurmäßige Abschätzkurve für eine gelenkig gelagerte Platte, für f ≥ f1,1 nach Gl. (4.43)

mit der modalen Masse mM = mges /4 der Platten und dem Verlustfaktor η. Eine Näherung für die Hüllkurve für Resonanzspitzen kann nach (Moorhouse und Gibbs 1995) einfach berechnet werden. Wie aus Abb. 4.6 erkennbar ist, treten bei Anregung mit variabler Frequenz zwischen den Admittanzmaxima (Übereinstimmung von Anregungs- und Eigenfrequenz) charakteristische Minima, sog. Antiresonanzen, auf (für die Transferadmittanz meist, für die Punktadmittanz immer). Die Ursache für diese Minima ist die Auslöschung von v˜ infolge von 180◦ Phasenverschiebung zwischen der massebestimmten Admittanz (−90◦ ) der tiefer liegenden Mode und der federbestimmten Admittanz (+90◦ ) der darüber liegenden Mode bei der Frequenz, für die beide Beträge gleich groß sind. Nur im Falle des Masseverhaltens der Admittanz unterhalb von f11 tritt auch hier eine Antiresonanz auf.

4  Ausbreitung und Abstrahlung von Körperschall

175

4.5 Schallabstrahlung fester Körper 4.5.1 Abstrahlgrad, Definition und Grenzwerte Die von einem festen Körper, dessen Oberfläche die Größe S und die flächennormale mittlere Schwinggeschwindigkeit v˜ 2 aufweist, in das umgebende Medium mit der Schallkennimpedanz Z0 = ̺0 c0 abgestrahlte Luftschallleistung P wird durch den Abstrahlgrad σ beschrieben. Es wird definiert

σ =

P ̺0 c0 v˜ 2 S

.

(4.46)

Dabei ist v˜ 2 der für Platten mit diffusem Biegewellenfeld [s. Abschn. 4.2, Text zu Gl. (4.20)] geltende, zeitliche und räumliche quadratische Mittelwert. Die logarithmische Schreibweise von σ ergibt das Abstrahlmaß Lσ = 10 lg σ dB. Entscheidend für die Größe von σ sind die Linearabmessungen der Strahlerfläche selbst sowie konphas schwingender Bereiche auf dieser Fläche im Vergleich zur Schallwellenlänge  im umgebenden Medium, meist Luft. Sind die Linearabmessungen der Strahlerfläche klein gegen , so ist der Abstrahlgrad σ ≪ 1. Ist die Strahlerfläche größer als , dann wird der Abstrahlgrad σ = 1, wenn außerdem die konphas schwingenden Bereiche der Fläche größer als  sind. Das wird bei starren Körpern einschließlich biegesteifen Platten erfüllt, d. h. bei Platten für f > fc (s. Abschn. 4.2). Andernfalls ( f < fc) wird auch für große Platten der Abstrahlgrad σ ≪ 1. Einen theoretischen Sonderfall stellt die unbegrenzte, unbedämpfte Platte mit Biegewellen dar. Dann ist für f < fc der Abstrahlgrad σ = 0, für f = fc gilt σ → ∞, s. z. B. (Cremer und Heckl 1967; Kraak und Wöhle 1984). Bei endlichen Platten üblicher Dämpfung wird σ für f = fc nur wenig größer als 1. Bei einer ungedämpften Stahlplatte kann die Überhöhung jedoch durchaus σ = 3 betragen (Ruhnau et al. 2015). Für konphas schwingende Strahler mit bekannter spezifischer Strahlungsimpedanz Z r (Lerch et al. 2009) folgt wegen P =  v2 SZr⊥ aus Gl. (4.46)

σ =

Zr⊥ . ̺0 c0

(4.47)

Die rechnerische Abschätzung des Abstrahlgrades mit einfachen Modellen und Formelsätzen hat im Vergleich zu den aufwendigerer numerischen Berechnungsmethoden (vgl. (Ochmann und Heckl 1994)) wegen ihrer schnellen und einfachen Verfügbarkeit sowie leichten Überschaubarkeit große praktische Bedeutung. Die Schwierigkeit liegt hier in der Auswahl des geeigneten Modells bzw. der geeigneten Näherungsformel, von denen teilweise für den gleichen Zweck mehrere vorhanden sind, s. folgende Erläuterungen. Anwendungsbeispiele für einfache Abstrahlmodelle:

176

J. Hübelt

• Ermittlung des Anteils einzelner Maschinenflächen an der Gesamtschallleistung aus Körperschallmessungen, • verallgemeinerte Aussagen über die akustische Auswirkung von Konstruktionsänderungen (vgl. Abschn. 4.7.2 und (Schirmer 1984), in Abschn. 5.1.6).

4.5.2 Schallabstrahlung konphas schwingender Körper – Monopol und Dipolstrahler Für Strahlerabmessungen l klein gegenüber der Wellenlänge im umgebenden Medium – also im Allgemeinen bei niedrigen Frequenzen – sind zwei Typen der Schallabstrahlung möglich. Sie werden unter Bezug auf Strahler mit Kugelgestalt benannt, umfassen aber zumindest in den Hauptaussagen Strahler beliebiger Gestalt. Der Typ mit den gleichwertigen Bezeichnungen atmende Kugel, Kugelstrahler nullter Ordnung oder Monopolstrahler liegt vor, wenn die Schwingung des Körpers mit einer Volumenänderung der Schallquelle verbunden ist. Praktische Beispiele sind eine konphas schwingende Lautsprechermembran oder Stahlplatte als Teil eines geschlossenen Gehäuses oder in einer Raumbegrenzungswand (Abb. 4.7). Die Schallabstrahlung erfolgt in alle Raumrichtungen gleichmäßig.

Abb. 4.7   Monopolstrahler, verschiedene Anordnungen und Typen. a) und b): Abstrahlung in den Vollraum (Raumwinkel 4π, engl. unbaffled source); c): Abstrahlung in den Halbraum Raumwinkel 2π, engl. baffled source): Strahlertypen: a) pulsierende (atmende) Kugel; b) und c) Kolbenstrahler (Membran oder Platte bei tiefen Frequenzen)

a

b

c

4  Ausbreitung und Abstrahlung von Körperschall

177

Die Bezeichnungen oszillierende Kugel, Kugelstrahler erster Ordnung oder Dipolstrahler werden für den Strahlertyp verwendet, bei dem durch die Schwingung des Körpers keine Volumenänderung der Quelle verursacht wird. Dieser Fall liegt praktisch vor, wenn die als Beispiele schon genannten konphas schwingenden Flächen ohne Gehäuse beidseitig in den umgebenden Raum strahlen können. Die Schallabstrahlung erfolgt gerichtet mit der Hauptabstrahlrichtung in der Translationsachse des Körpers (Abb. 4.8). Für l/ ≪ 1 ist im Monopolstrahler die abgestrahlte Schallleistung völlig unabhängig von der Strahlergeometrie nur durch den Schallfluss q˜ = v˜ S bestimmt, wobei v˜ der lineare Mittelwert der Schwinggeschwindigkeit auf der konphas schwingenden Strahlerfläche ist. Aus

P = ̺0 c0

k02 q˜ 2 4π

(4.48)

für Abstrahlung in den Vollraum (Heckl 1994) (Abb. 4.7 a, b) erhält man durch Vergleich mit Gl. (4.46)

k02 S 4π

(4.49)

2π ω = . c0 0

(4.50)

σM = mit

k0 =

Für eine Platte mit den Seitenlängen la , lb, die Teil eines Gehäuses ist, gilt S = la · lb. Für Abstrahlung in den Halbraum (Abb. 4.7 c) ist in Gl. (4.49) statt 4π (Vollraum) der Wert 2π (Halbraum) zu setzen. Beim Dipolstrahler ist für l/ ≪ 1 und Abstrahlung in den Vollraum

P = ̺0 c0

Abb. 4.8   Oszillierende Kugel als Dipolstrahler mit achtförmiger Richtcharakteristik p(ϕ) = p(0◦ ) cos ϕ für r= konst.

˜2 k04 D 12π

(4.51)

178

J. Hübelt

mit dem Dipolmoment

˜ = q˜ a = 3 V v˜ = 2πR3 v˜ , D 2

(4.52)

das auch für l/ ≪ 1 nur für Kugelgestalt des Strahlers gültig ist (Heckl 1994). Dabei ist a ≪  der Abstand zweier fiktiver gegenphasiger Monopole, jeder mit dem Schallfluss q˜ . Mit Gl. (4.46) wird für die oszillierende Kugel mit dem Radius R

(k0 R)4 . 12

σD =

(4.53)

Vernachlässigt man die nur geringe Abhängigkeit von der Strahlergeometrie, kann man 4π R2 = S setzen, wobei S die Größe der geglätteten Oberfläche des realen Strahlers ist

k04 S 2 . 12(4π )2

σD =

(4.54)

Für eine Platte, die beiderseitig in den umgebenden Raum strahlt, also nicht Teil eines Gehäuses ist, gilt S = 2 la · lb. Für Abstrahlung in den Halbraum (Strahler in < /4 Abstand von einer Raumbegrenzungsfläche) ist in Gl. (4.54) statt 4π der Wert 2π zu setzen. Für einen technisch wichtigen Spezialfall des Dipolstrahlers, den langen, runden Stab mit dem Radius R, der senkrecht zu seiner Achse oszilliert, gilt nach Morse (z. B. zitiert in (Richards et al. 1979)) für kR ≪ 1

σDR =

π (k0 R)3 . 2

(4.55)

Gl. (4.55) gilt ebenso für Rohre mit dem Außendurchmesser R und sinngemäß auch für Stäbe anderer Querschnittsformen (Richards et al. 1979). Aus den Gln. (4.49), (4.54) und (4.55) folgen für das Abstrahlmaß Lσ = 10 lg σ dB bei logarithmischer Frequenzskala Geraden mit einem Anstieg von 20 dB/Dekade und 40 dB/Dekade. In Abb. 4.9 ist dieser Anstieg, der exakt nur für kleine σ gilt, bis σ = 1, d. h. Lσ = 0 dB verlängert. Für hohe Frequenzen (l/ > 1) wird σ = 1 gesetzt (vgl. Abschn. 4.5.1). Bei dieser Darstellungsweise kann man schreiben

Lσ M = 20 lg

f f dB f¨ur ≤1 fM fM

(4.56)

für Monopolabstrahlung in den Vollraum und

Lσ D = 40 lg

f f dB f¨ur ≤1 fD fD

(4.57)

für Dipolabstrahlung in den Vollraum sowie

LσM,D = 0 dB f¨ur

f ≥ 1. fM,D

(4.58)

4  Ausbreitung und Abstrahlung von Körperschall

179

Abb. 4.9    Frequenzabhängigkeit des Abstrahlgrades von konphas schwingenden Körpern, ingenieurmäßige Näherung nach den Gln. (4.56) und (4.57)

Aus den Gln. (4.49) und (4.54) folgen die Knickfrequenzen fM (s. Abb. 4.9): für den Vollraum

c0 1,05 c0 fM = √ , fD = √ ; πS S

(4.59)

1,05 c0 √ ; , fD = √ 4 2 S

(4.60)

für den Halbraum

fM = √

c0 2πS

c0 in m/s, S in m2, f in Hz. Zur Größe von S zur Berechnung von fD s. Text zur Gl. (4.54). Für Abschätzungen bei Lärmbekämpfungsaufgaben sind die Fehler selbst in dem kritischen Bereich f /fM,D ≈ 1 nicht groß. Für einen Strahler mit Kugelgestalt und Monopolverhalten erhält man aus Gl. (4.47) und der spezifischen Strahlungsimpedanz (s. z. B. (Heckl 1994)) als exakte Formel für alle Werte von k0 R. σ =

(k0 R)2 . 1 + (k0 R)2

Der Fehler bei k0 R = 1, gleichbedeutend mit f /fM = 1 ist dann nur 3 dB.

(4.61)

180

J. Hübelt

4.5.3 Schallabstrahlung schwach gedämpfter Platten mit Biegeschwingungen Nur bei der nachfolgend zuerst erläuterten Plattenanordnung als Raumbegrenzungsfläche gemäß Abb. 4.10 a wird die Abstrahlung ausschließlich durch Biegewelleneffekte bestimmt, während bei den anschließend behandelten beiden anderen Plattenanordnungen von Abb. 4.10 zusätzlich die im vorangegangenen Abschn. 4.5.2 dargestellten Monopol- oder Dipoleffekte zu beachten sind. Für B > , d. h. für f > fc ist entsprechend den Betrachtungen im Abschn. 4.5.1 σ ≈ 1. Für B < , also für f < fc, tritt unmittelbar vor der Platte ein hydrodynamischer Druckausgleich ein, so dass keine Abstrahlung erfolgt. Da dieser Druckausgleich am Plattenrand gestört ist, ist bei endlichen Platten im Gegensatz zur unbegrenzten Platte eine von Null verschiedene Abstrahlung vorhanden. Der Abstrahlgrad ist abhängig vom Verhältnis Umfangslänge zu Fläche der Platte, da die Abstrahlung von den Plattenrändern erfolgt. Außerdem wird er durch die Biegeeigenschwingungsform bestimmt. Platteneigenschwingungen mit niedrigen ungeraden Ordnungszahlen, z.  B. (1,  1), strahlen wesentlich stärker ab als solche mit niedrigen geraden Ordnungszahlen, z. B. (2, 2). Eigenfrequenzen mit niedrigen gemischten Ordnungszahlen liegen dazwischen (Richards et al. 1979), insbes. S. 70. Die verschiedenen Näherungsformeln für die Schallabstrahlung von Platten mit Biegeschwingungen stellen Mittelwerte für Frequenzbänder mit mehreren Biegeeigenschwingungen dar. Die Näherungsformel von Heckl in (Heckl 1994) hat folgende Gestalt:

c0 U 1 σB ≈ 2 π S fc



σBmax ≈ 0,45

a

b

f f u¨ r f ≤ 0,5fc , fc



(4.62)

U f u¨ r f = fc , c

(4.63)

c

Abb. 4.10    Beeinflussung der Abstrahlung von Biegewellen durch verschiedene Plattenanordnung. a) Platte als Raumbegrenzungsfläche: keine Monopol-/Dipoleinflüsse; b) Platte als Teil eines Gehäuses: Monopoleinfluss, s. Gl. (4.68); c) Platte frei im Raum: Dipoleinfluss, s. Gl. (4.69)

4  Ausbreitung und Abstrahlung von Körperschall

σB ≈ 1 f¨ur f > fc ;

181

(4.64)

S  Plattenfläche, Plattenumfang plus 2 × Rippenlänge für Versteifungsrippen im Abstand > B /2 U  (Abschn. 4.7.2), c0  Schallgeschwindigkeit in Luft, c  Wellenlänge bei der Koinzidenzgrenzfrequenz c = c0 /fc. Die Lücke zwischen fc /2 und fc wird durch eine Verbindungsgerade in der Grafik „Abstrahlmaß über logarithmischer Frequenzskala“ geschlossen, vgl. Abb. 4.11, Kurve 2a. Wegen σB ∼ 1/fc1,5 ist es für die Lärmbekämpfung günstig, Platten mit hoher Grenzfrequenz fc (kleine Plattendicke h) zu verwenden, ausgenommen der Fall der Kraftanregung (Abschn. 4.4), weil dann bei kleinerer Dicke die mittlere Schwinggeschwindigkeit auf der Platte stark vergrößert würde [Gl. (4.43)]. Unterteilungen einer Platte, z. B. durch Versteifungsrippen, erhöhen die Umfangslänge um die zweifache Rippenlänge. Sie sollten vermieden werden, falls sie nicht solchen akustischen Zwecken wie der Verschiebung in Resonanz erregter Eigenschwingungen oder der Verminderung der in Platten eingeleiteten Anregungskräfte durch Ableitung der Kräfte über die Rippen dienen (s. Abschn. 4.7.2).

Abb. 4.11   Berechnetes Abstrahlmaß einer 2-mm-Stahlplatte, 200 mm · 300 mm. Anordnung nach Abb. 4.10b 1) Monopolstrahler, Halbraum, Gl. (4.56); für alle nachfolgenden Kurven gilt Lσ= Min (Lσ M; Lσ B); 2) Maidanik, nur 2. Term (Maidanik 1962), zitiert z. B. in (Kraak und Wöhle 1984), insbes. S. 171; (Kollmann, F., G. 2011), insbes. S. 65, 2a) (Heckl 1959), Gl. (4.62); 3) Maidanik, komplette Formel, 3 a) (Heckl 1959), Gl. (4.67)

182

J. Hübelt

Der Vorteil der Hecklschen Näherung Gl. (4.62) für die Biegewellenabstrahlung bei f ≤ fc /2 ist, dass Parametereinflüsse und Frequenzabhängigkeit unmittelbar aus der Formel ablesbar sind. Die Näherungsformel von Maidanik (Maidanik 1962) hat den Vorteil eines stetigen Verlaufes bis f < fc, vgl. Abb. 4.11, Kurven 2 und 3, aber den Nachteil, dass sie wegen ihrer komplizierten Struktur unanschaulich ist und dabei keine substanziell anderen Aussagen liefert. Bei der Gegenüberstellung der Näherungen in Abb. 4.11 wurde für f ≥ fc wie üblich einheitlich

σB = Min(σBmax ; σBh )

mit:

σBh =



1−

fc f

−0,5

, σBmax , s. Gl (4.63)

(4.65)

(4.66)

gesetzt. Für f ≪ fc gab Maidanik ursprünglich den Verlauf Kurve 3 in Abb. 4.11 an, was mit einer noch umfänglicheren Berechnungsformel verbunden war. Für diesen Bereich existiert jedoch eine besonders einfache Näherung nach Heckl, publiziert vor Maidaniks Formel (Heckl 1959):

σB ≈

c02 ; fc2 S

(4.67)

S    Plattenfläche, fc  Koinzidenzgrenzfrequenz, c0  Schallgeschwindigkeit in Luft. Für sehr tiefe Frequenzen münden in Abb. 4.11 alle Näherungskurven in das Monopolstrahlerverhalten nach Gl. (4.56) ein, wenn die Platte nach Abb. 4.10b in einem Gehäuse oder in einer Raumwand angeordnet ist. Dann gilt

σ = Min(σM ; σB ).

(4.68)

Wird die Plattendicke sehr groß, ist das Monopolstrahlerverhalten für den gesamten Frequenzbereich maßgebend, s. Abb. 4.12. Da im Frequenzbereich der ersten Biegeeigenschwingungen der Abstrahlgrad von allen Näherungsformeln nur mit erheblichen Unsicherheiten beschrieben werden kann (s. die eingangs genannten Voraussetzungen) ist es eine Ermessensfrage, welcher Näherungsformel man sich hier anvertraut. Der Vergleich zwischen Mess- und Rechenergebnissen zeigt nicht nur bei den Einzelbeispielen in Abb. 4.13a und b brauchbare Übereinstimmung. Bei Platten, die nach Abb. 4.10c frei im Raum angeordnet sind, wirkt zusätzlich ein Druckausgleich zwischen beiden Plattenseiten. Wie Abb. 4.13b zeigt, reicht es jedoch

4  Ausbreitung und Abstrahlung von Körperschall

183

Abb. 4.12   Berechnetes Abstrahlmaß von Stahlplatten 300 mm · 400 mm unterschiedlicher Dicke, Anordnung nach Abb. 4.10b., Lσ= Min (Lσ M; Lσ B); Lσ M nach Gl. (4.56), Vollraum; Lσ B nach Maidanik (Maidanik 1962), nur 2. Term, Kurve 2, Abb. 4.11

nicht aus, in Gl. (4.68) σM nach Gl. (4.56) durch σD nach Gl. (4.57) zu ersetzen. Eine zufriedenstellende Näherung ergibt hier die Formel

σ = σD · σB bzw. Lσ = LσD + LσB

(4.69)

für das gezeigte wie auch für andere Beispiele. Bei Kastenstrukturen (Maschinengehäuse) kann die Abstrahlung für jede Kastenseite einzeln und unabhängig von den anderen Seiten behandelt werden, solange sie als entkoppelte Schallstrahler wirken. Bedingung nach (Föller 1980), zitiert in (Kollmann, F., G. 2011): Mittelpunktabstand der Seiten (etwa gleich der mittleren Kantenlänge des Kastens) größer als Luft/2. Für tiefere Frequenzen siehe die zitierten Quellen. Für kompakte, kleine Gehäuse, z. B. von handgeführten Maschinen, sind erstaunlich einfache Abstrahlmodelle anwendbar: Dipolstrahler, berechnet nach Gl. (4.57), für den gesamten interessierenden Frequenzbereich.

4.5.4 Schallabstrahlung stark gedämpfter Platten mit Biegeschwingungen Bei punktförmiger Anregung von Platten mit hoher Dämpfung, das heißt mit hohem Verlustfaktor η, werden die sich ausbildenden Biegewellen bereits in unmittelbarer

184

J. Hübelt

a

b

Abb. 4.13   Vergleich von Mess- und Rechenwerten für das Abstrahlmaß Lσ von Stahlplatten. a) 6-mm-Stahlplatte 350 mm · 495 mm, Anordnung nach Abb. 4.10b oder in einer Wand: 1 Messwerte nach Föller (Föller 1980), 2 Rechenwerte Lσ = Min(Lσ M ; Lσ B ) wie Abb. 4.12, 3 Monopolstrahler Lσ M nach Gl. (4.56), Halbraum; b) 1,5-mm-Stahlplatte 500 mm · 500 mm, Anordnung nach Abb. 4.10c: 1 Messwerte nach Heckl (Heckl 1975), 2 Rechenwerte Lσ = Lσ D + Lσ B mit Lσ D nach Gl. (4.57) und Lσ B nach Maidanik (Maidanik 1962), nur 2. Term, vgl. Kurve 2, Abb. 4.11, 3 Dipolstrahler Lσ D nach Gl. (4.57), Halbraum

4  Ausbreitung und Abstrahlung von Körperschall

185

Nähe der Anregungsstelle stark gedämpft. Damit ist die Schnelle aber sehr stark ortsabhängig. Eine Mittelwertbildung für die Schnelle ist deshalb nicht sinnvoll, und die Angabe des Abstrahlgrades daher ebenfalls nicht. Bei einer derartig stark abklingenden Schnelleverteilung wird die abgestrahlte Schallleistung im Wesentlichen nur durch die Schallabstrahlung des Biegewellennahfeldes hervorgerufen. Unterhalb der Grenzfrequenz ist die von einem Anregungspunkt bei Geschwindigkeitsoder Kraftanregung (s. Abschn. 4.4) abgestrahlte Schallleistung nach (Cremer und Heckl 1967)

8̺0 c03 2  v f¨ur v˜ = konst. π 3 fc2

(4.70)

̺0  2 f¨ur F  = konst. F 2πc0 m′′2

(4.71)

P=

P=

Mit c = c0 /fc und der Schreibweise

P=

8 ̺0 c0 2c v˜ 2 π3

(4.72)

ist ein Vergleich mit Gl. (4.46) möglich, der zeigt, dass in diesem Sonderfall der Abstrahlgrad für alle Frequenzen den konstanten Wert von σ = 8/π 3 ≈ 0,25 besitzt und die wirksame Strahlerfläche S = 2c bei dünnen Platten extrem klein wird (1 mm Stahlblech c ≈ 30 mm). Im Fall hoher Dämpfung [η ≥ ηc nach (4.81)] und kleiner Plattendicke sind also punktförmige Verbindungen von Vorsatzschalen oder Kapselelementen mit den darunterliegenden, körperschallführenden Bauteilen unkritisch, s. hierzu Abschn. 5.4.2.3.

4.6 Modelldarstellungen, Begriffe, Mess- und Berechnungsverfahren zur mechanischen Geräuschentstehung in Maschinen In Maschinen gibt es zwei Arten der Geräuschentstehung: die direkte, strömungsmechanische (Strömungsmaschinen, Düsen) und die indirekte, mechanische (alle anderen Maschinen). Mit Hilfe der in den Abschn. 4.4 und 4.5 behandelten Größen (Y , YT und σ ) und Begriffen (Kraft-/Geschwindigkeitsanregung) ist es möglich, das in Abb. 4.14a gezeigte Grundmodell der mechanischen Geräuschentstehung aufzustellen (Föller 1972), zitiert in (Kollmann, F., G. 2011). Die Modellabschnitte 1 bis 4 in Abb. 4.14a haben folgende Bedeutung:

0 und innere 1. Quelle mit den frequenzabhängigen Größen Kurzschlusskraft F Admittanz Y e; Quellen in realen Maschinen sind Mechanismen wie Anschläge und Spiel oder Massenkräfte oder Druckwechselvorgänge in Kolbenmaschinen oder ganze Aggregate wie Antriebsmotoren, Getriebe, Pumpen.

186

J. Hübelt

a

b

Abb. 4.14   Modelle der mechanischen Geräuschentstehung. a) Grundmodell mit rückwirkungsfreier Unterteilung der Wirkungskette in Erreger und passive Struktur; b) Modell mit weiterer rückwirkungsfreier Unterteilung in der passiven Struktur (Positionen 1 bis 4 s. Text)

=F 0 der passiven Maschinenstruktur 3, erfüllt 2. Rückwirkungsfreie Kraftanregung F für ||Y s /Y e | ≪ 1. 3. Passive Maschinenstruktur (Gehäuse, Gestell oder Teile davon) unter Vernachlässigung von Nichtlinearitäten, z. B. durch lose Verbindungen (Entstehung von in der Anregung nicht vorhandenen Frequenzanteilen); Kenngrößen sind die frequenzabhängigen Größen Transferadmittanz YT und Abstrahlgrad σ sowie im Hinblick auf die Rückwirkungsfreiheit der Anregung die Eingangsadmittanz Ys. 4. Erzeugter Luftschall, dargestellt durch die Schallleistung P. Entsprechend Gl. (4.46) gilt  2 Y 2 Sσ ; P = ̺0 c0 F T

(4.73)

YT = Fv˜ mittlere Transferadmittanz der Struktur zwischen Krafteinleitungsstelle und abstrahlender Fläche S mit der mittleren Schwinggeschwindigkeit v˜ .

4  Ausbreitung und Abstrahlung von Körperschall

187

Mehrere Quellen werden einzeln gemäß Gl. (4.73) behandelt und die Schallleistungen addiert, was exakt nur für inkohärente Quellen zulässig ist. Durch Übergang zu logarithmischer Schreibweise wird aus Gl. (4.73).

LW = LF + LWF ; LW 

Schallleistungspegel

Lw = 10 lg LF 

(4.74)

Kraftpegel

P dB mit P0 = 10−12 W, P0

(4.75)

 F dB mit F0 = 1 N, F0

(4.76)

LF = 20 lg

LWF  Strukturübertragungsmaß, genannt kraftbezogener Schallleistungspegel LWF = 10 lg

YT2 S dB + 10 lg σ dB mit YT0 = 5 · 10−8 s/kg, S0 = 1 m2 . 2 YT0 S0

(4.77)

Gemäß Gl. (4.74) ist LWF der bei F = 1 N Anregungskraft (LF = 0 dB) in einem Frequenzband von einer Struktur erzeugte Schallleistungspegel. Für den Fall σ = 1 (biegesteife Platte) und S = 1 m2 ist LWF gemäß Gl. (4.77) identisch mit der Admittanz in Pegelschreibweise. Bei realen Maschinen sind die Modellvoraussetzungen „rückwirkungsfreie Anregung“ und „keine Nichtlinearität“ meist nicht ausreichend erfüllt, und die Größen LF sowie LWF sind nicht mit genügender Genauigkeit bekannt, so dass mit Gl. (4.74) die wünschenswerte Vorausberechnung des Absolutwertes der Schallleistung einer Maschine in der Konstruktionsphase nicht möglich ist. Trotzdem ist das Modell für die Geräuschminderung an Maschinen nützlich. Es ermöglicht Studierenden und Praktikern ein besseres Verständnis für die Geräuschentstehung als Grundvoraussetzung für deren Verminderung. Dem dient insbesondere die entkoppelte Betrachtung von Quelle und passiver Struktur (Abb. 4.14a, Positionen 1, 2, 3). Schließlich schafft das Modell Mess- und Berechnungsmöglichkeiten für die Optimierung einzelner Abschnitte der Wirkungskette. Schon vielfältig bewährt haben sich Messverfahren für das Strukturübertragungsmaß von passiven Maschinenstrukturen, die experimentelle Untersuchungen an abgeschalteten Maschinen oder an Teilen von Maschinen, z. B. dem leeren Gehäuse, ermöglichen (Haustein 1979). Die künstliche Anregung erfolgt mit Hilfe eines elektrodynamischen Schwingungserregers (Shakers) oder Stoßhammers durch eine Punktkraft oder unter Nutzung des Reziprozitätsgesetzes der Akustik (Cremer und Heckl 1967, 1996) durch Luftschall. Im Messbeispiel Abb. 4.15 wird gezeigt, wie durch Vergleich gemessener Werte des Strukturübertragungsmaßes LWF mit Rechenwerten nach (4.77) eine Modellidentifikation für das vibroakustische Verhalten der Struktur möglich ist.

188

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Abb. 4.15   Strukturübertragungsmaß LWF eines elastisch gelagerten Hohlprofilstahles 100 mm · 100 mm · 4 mm, Länge 1380 mm, nach (Rau 1980). 1 Messung, 2 Rechnung, 2.1 Modell starre Masse, Dipol, 2.2 Modell Stab mit dichten Biegeeigenfrequenzen, Dipol, 2.3 Modell Platte mit dichten Biegeeigenfrequenzen

Die Messung der von Aggregaten erzeugten Anregungskraft ist prinzipiell dadurch möglich, dass sie auf einer Prüfstruktur mit bekanntem Strukturübertragungsmaß montiert werden und gemäß Gl. (4.74) der Kraftpegel aus der von der Prüfstruktur abgestrahlten Schallleistung berechnet wird (Melzig-Thiel 1987). Dabei wird die real vorhandene Mischanregung infolge mehrerer räumlicher Komponenten von Kraft und Moment durch eine Ersatzkraft ersetzt, siehe hierzu Abschn. 12.2. Messtechnisch einfacher ist die Ermittlung der Anregungskraft oder der Anregungsschnelle durch Messung der mittleren Schwinggeschwindigkeit v˜ auf einer Platte realisierbar, auf der die Körperschallquelle montiert ist. Deren Transferadmittanz bzw. Körperschall-Übertragungsfunktion muss durch Messung bekannt sein, siehe Gl. (4.39), (4.40) und (4.43), (4.44) sowie (Melzig-Thiel 1987) und Kap. 12. Die emittierte Körperschallleistung von Geräten

PKS = v˜ 2 ηωmges

(4.78)

kann ebenfalls auf einer Platte ermittelt werden. Hierfür muss auch deren Verlustfaktor η gemessen werden: Reception Plate Method, Anwendung für haustechnische Geräte siehe (Späh et al. 2004), Grundlagen siehe (Cremer und Heckl 1996), Abschn. 4.7.3 Berechnungsverfahren für das Anregungskraftspektrum gestatten die Ermittlung der für geringe Geräuschentstehung günstigen Anregungszeitfunktion, z.  B. bei Stoßvorgängen, Druckwechselvorgängen und Kurvenscheibengetrieben. Neben der Möglichkeit der mathematischen Fourier-Analyse durch Eingabe interessierender Zeitfunktionsverläufe in ein Mathematikprogramm gibt es zur Abschätzung schnell ausführbare Näherungsmethoden, die außerdem den Vorzug bieten, dass sie allgemeine Hinweise für die Gestaltung geräuschmäßig günstiger Anregungszeitfunktionen liefern (Föller 1972).

4  Ausbreitung und Abstrahlung von Körperschall

189

Für die Berechnung des Einflusses der Wahl von Material und Geometrie für passive Maschinenstrukturen (z. B. Gehäuse) gibt es zwei Wege: 1. Weg: Ein auf einfachen, geschlossenen Näherungsformeln basierender Weg beruht auf der Grobmodellierung der realen Struktur durch Grundelemente mit bekannter Admittanz, Transferadmittanz und Abstrahlung, insbesondere Masse, Feder, Platte. Oft ist dieser Weg für einzelne Strukturteile und bestimmte Frequenzbereiche möglich, z. B. für den Bereich der Biegewellenausbreitung auf plattenartigen Abschnitten der Struktur, vgl. Abschn. 4.2 und Abb. 4.15, Pos. 2.3. Dann erhält man hierfür tendenziell die Wirkung der Änderung von Konstruktionsparametern wie Dicke, Fläche und Material, z. B. (Heckl 1959; Kassing 1975; Schirmer und Tattermusch 1981; Schirmer 1984). Auch eine Aufgliederung der passiven Struktur in mehrere rückwirkungsfreie Elemente ist möglich. Ein Beispiel zeigt Abb. 4.14 b. Dort bedeuten:

3,1  k rafterregtes, kompaktes und daher als nicht abstrahlend angenommenes Bauteil, dargestellt durch Masse- oder Federadmittanz Y1, Gl. (4.34) und (4.35), 3,2  Geschwindigkeitsanregung, siehe auch Abschn. 4.4, 3,3  leichtes abstrahlendes Element mit Plattenverhalten, s. Gl. (4.44) Es gilt Gl. (4.73) mit YT = Y1 v˜ /˜v1. Daraus folgt die aus dem Grundmodell Abb. 4.14a nicht direkt erkennbare Regel, dass in Maschinen innere Krafteinleitungsstellen möglichst massiv, abstrahlende Flächen möglichst leicht auszuführen sind. Trotz der mäßigen Kompliziertheit der Berechnungsformeln ist die in der Konstruktionspraxis erforderliche schnelle Verfügbarkeit von Aussagen, z. B. zum Variantenvergleich von Gehäuseentwürfen, erst mit Einsatz von Software erreichbar. Der zweite Weg basiert auf einer strukturdiskretisierenden mathematischen Modellierung der Maschinenstruktur: 1. Auflösung der Struktur a) in kleine Elemente mit Masse, Feder und Reibung zur Berechnung der Strukturschwingungen (Mehrkörpersimulation MKS, Finite-Elemente-Methode FEM) (Klein 2010; Steinke 2010; Freymann 2011); b) in größerer Teilstrukturen, z. B. Platten mit bekannten Werten für Eigenfrequenzdichte, Verlustfaktor und Kopplung mit anderen Teilstrukturen, Anwendung der SEA – der Statistischen Energieanalyse s. z. B. (Lyon et al. 1995; Petersson 2004; Lyon 2014) 2. Berechnung der Abstrahlung, z. B. aus den Schwingungen kleiner Oberflächenelemente (Boundary-Elemente-Methode), s. z. B. (Ochmann und Heckl 1994; Estorff 2000). Dieser zweite Weg erfordert einen wesentlich größeren Berechnungsaufwand zur Lösung der entstehenden sehr großen Gleichungssysteme. Hilfsprogramme sind erforderlich, um

190

J. Hübelt

die Arbeitsschritte „Eingabe der Strukturgeometrie, Elemente-/Netzwerksgenerierung und Ergebnisdarstellung“ auf praktikable Umfänge zu reduzieren, für FEM und BEM z. B. (Estorff 2003). Schwierigkeiten bereitet die Vorgabe realistischer Reibungswerte (Verlustfaktoren) und die Behandlung von Fügestellen. Falls diese Methoden für hohe Frequenzen, komplizierte Strukturformen und große Abmessungen angewendet werden sollen, können indiskutable Berechnungszeiten entstehen. Für die Konstruktionspraxis eher anwendbar erscheinen diese Verfahren bei Beschränkung auf Struktureigenfrequenzen niedriger Ordnungszahlen, wobei u. U. bereits wichtige Aussagen erhalten werden, s. z. B. (Brüdgam 1983). Mit numerischen Strukturoptimierungsmethoden wird auf Basis der Verfahren 1. und 2. auf Teilgebieten die intuitive Strukturoptimierung des Konstrukteurs durch systematische mathematische Methoden ergänzt; z. B. TU Darmstadt (Bös und Nordmann 2003) und TU Dresden (Marburg und Hardtke 2002).

4.7 Geräuscharme Varianten passiver Maschinenstrukturen 4.7.1 Bleche mit Dämpfungsbelag 4.7.1.1 Zu erwartende Verminderung der Schallabstrahlung Für die punktförmig mit konstanter Kraft angeregte Platte wird im Folgenden die Verminderung von Schwinggeschwindigkeit und Schallabstrahlung betrachtet, die infolge der Erhöhung des Verlustfaktors η durch einen Dämpfungsbelag möglich ist. Für den Frequenzbereich f < 0,5f1,1 ( f1,1 = 1. Biegeeigenfrequenz) gilt nach Abschn. 4.4 1 v˜ v˜ ω = oder = .   ωm c F F

(4.79)

v˜ 1 ; ≈  ωix ,iy m η F

(4.80)

Die Schwinggeschwindigkeit v˜ ist in diesem Frequenzbereich unabhängig vom Verlustfaktor. Ein Dämpfungsbelag ist völlig wirkungslos. Eine Verlustfaktorerhöhung ist erst im Frequenzbereich f ≥ f1,1, also im Bereich der Biegeeigenschwingungen der Platte, wirksam. Bei Anregung mit einer Kraft der Frequenz f = fix ,iy, d. h. in dem (seltenen) Fall der Anregung nur einer einzelnen Mode der Eigenfrequenz fix ,iy, gilt

m  hier modale Masse mit m = mges /4 für Platten, η    modaler Verlustfaktor.

4  Ausbreitung und Abstrahlung von Körperschall

191

Wegen v˜ ∼ 1/η und des von η unabhängigen Abstrahlgrades infolge gleichbleibender Eigenform vermindern sich Körperschallpegel Lv und Luftschallpegel Lp mit 6 dB je η -Verdopplung. Werden von der Kraft in einem Frequenzband mehrere Eigenfrequenzen angeregt, dann ist wegen Gl. (4.43) v˜ 2 ∼ 1/η. Der Körperschallpegel Lv nimmt also in diesem in der Praxis meist zutreffenden Fall um 3 dB je η-Verdopplung ab. Bei biegeweichen Platten ( f < fc , B < ) wird die Wirkung für den Luftschallpegel kleiner als für den Körperschallpegel, sobald der Verlustfaktor eine bestimmte Größe ηc überschreitet. Für niedrige Dämpfung erfolgt die Abstrahlung von den Plattenrändern (s. Abschn. 4.5.3). Man erhält eine mit 1/η abnehmende Schallleistung [Gln. (4.43), (4.46), (4.62)]. Für hohe Dämpfung wird vom Biegewellen-Nahfeld des Anregungspunktes gemäß Abschn. 4.5.4 Gln. (4.70) und (4.71), eine von η unabhängige Schallleistung abgestrahlt. Das Gleichsetzen beider Leistungen ergibt die gesuchte Grenzdämpfung ηg aus

4

1 S ηg = ; UB π

(4.81)

S    Plattenfläche, U   Plattenumfang plus 2 × Rippenlänge bei Versteifungsrippen. Für η ≪ ηg ist L = Lv . Für η ≥ ηg ist �L < �Lv. Für quadratische Platten mit der Seitenlänge l folgt aus Gl. (4.81)

1 1 ηg = ≈ 0,3. B π

(4.82)

Bei biegesteifen Platten ( f > fc , B > ), ist der Abstrahlgrad σ unabhängig von der Dämpfung mit σ ≈ 1 anzugeben, so dass hier stets L = Lv gilt. Welche Verlustfaktorerhöhung möglich ist, hängt von der bei einem Bauteil schon vorhandenen Dämpfung und der mit dem Dämpfungsbelag erreichbaren Dämpfung ab. Der Verlustfaktor von Maschinenstrukturen ohne Dämpfungsbelag ist nicht durch den sehr kleinen Materialverlustfaktor η = 10−4 bis 10−3 bestimmt, sondern ist infolge des Körperschallenergieabflusses in benachbarte Bauteile, der Reibung an Verbindungselementen usw. wesentlich größer (VDI 3727 1984; Heckl und Nutsch 1994). Als Orientierungswert hat sich η = 10−2 für viele reale Maschinenstrukturen gut bewährt. Für Frequenzen oberhalb 1 kHz nimmt der Verlustfaktor von Maschinenteilen η ∼ f −(0,5 bis 1) ab (Kraak und Wöhle 1984; Ochmann und Heckl 1994). Durch Aufbringen von viskoelastischem Material, z. B. in Form eines Entdröhnungsmittels, auf Blech als einfacher Belag (s. Abschn. 4.7.1.2) oder als eingezwängter Belag (s. Abschn. 4.7.1.3) kann bei richtiger Materialauswahl, Bemessung und Ausführung ein

192

J. Hübelt

Abb. 4.16   Ausführung eines einfachen Belages. 1 Grundplatte mit E1 , η1 , 2 Entdröhnungsbelag mit E2 (1 + j η2 ), 3 neutrale Faser der Gesamtanordnung für E2 ≪ E1

Verlustfaktor von η ≈ 0,1 erreicht werden. Bei der Bemessung von Dämpfungsbelägen wird für den resultierenden Verlustfaktor im Allgemeinen der Wert η ≈ 0,1 als Zielwert eingesetzt, z. B. (VDI 3727 1984).

4.7.1.2 Einfacher Belag Die Auslegung der Dämpfungswerkstoffe soll hier nicht tiefer behandelt werden. Für eingehendere Beschäftigung sei daher auf z. B. (Nashif et al. 1991) verwiesen. Gemäß Abb. 4.16 befindet sich der Dämpfungsbelag auf einer Seite des Bleches. Die Biegung des Bleches infolge von Biegewellen verursacht eine Dehnung des Belages (Abb. 4.16 unten). Mit den Bezeichnungen von Abb. 4.16 oben erhält man nach (Cremer und Heckl 1967, 1996) aus der im Belag durch Dehnungsbeanspruchung in Wärme umgewandelten mechanischen Energie und der reversiblen mechanischen Energie der Gesamtanordnung infolge Biegung den resultierenden Verlustfaktor (E stellt hier den Realteil E ⊥ des komplexen Elastizitätsmoduls E = E(1 + jη) dar.) η2 E2 h2 s2 B′

(4.83)

h1 + h 2 E1 h13 + E2 h2 s2 und s = . 12 2

(4.84)

η≈ mit

B′ ≈

Dabei ist B′ die Biegesteifigkeit je Breiteneinheit der Gesamtanordnung Platte mit Belag und s der Abstand zwischen der neutralen Faser und der Mitte des Dämpfungsbelages (s. Abb. 4.16 oben). Der zweite Summand in Gl. (4.84) ist für dicke Beläge (h2 > h1) von Bedeutung. Abb. 4.17 zeigt den resultierenden Verlustfaktor nach einer genaueren Rechnung in (Oberst und Frankenfeld 1952). Die Genauigkeit von Gl. (4.83) ist jedoch völlig ausreichend (s. (Cremer und Heckl 1967, 1996)). Aus Gl. (4.83) folgt für die praktische Anwendung von Dämpfungsbelägen:

4  Ausbreitung und Abstrahlung von Körperschall

193

Abb. 4.17   Normierter (Gesamt-)Verlustfaktor η/η2 einfacher Beläge in Abhängigkeit vom Dickenverhältnis h2 /h1 und vom Verhältnis der E-Moduln E2 /E1 nach (Oberst und Frankenfeld 1952)

• Die akustische Qualität eines Entdröhnungsmittels wird durch das Produkt η2 E2, Verlustmodul genannt, bestimmt. Es kommt also nicht nur auf ein großes η2 an, das bei Entdröhnungsmitteln im Bereich 0,5 bis 2 liegt, sondern es ist insbesondere wichtig, dass sie im ausgehärteten Zustand möglichst steif sind (E2 groß). • Da E2 bei vielen Entdröhnungsmitteln mit f (0,5 bis 1) ansteigt und η2 etwa im ausgewählten Frequenzbereich frequenzunabhängig ist (jedoch Frequenz-TemperaturÄquivalenz (Masterkurve) beachten, siehe hierzu (Nashif et al. 1991)), steigt der resultierende Verlustfaktor ebenfalls mit f (0,5 bis 1). • Die Belagdicke muss möglichst groß sein, weil nur dann eine genügend große Dehnung im Belag erreicht wird. Eine Verteilung des Belages mit der halben Dicke auf beide Seiten wäre also wesentlich schlechter als das einseitige Anbringen. Aus Abb. 4.17 folgt, dass man zum Erreichen eines resultierenden Verlustfaktors η ≈ 0,1 (s. Abschn. 4.7.1.1) bei Entdröhnungsmitteln mit η2 ≈ 1, E2 ≈ 0,2 · 109 N/m2 und E1 ≈ 200 · 109 N/m2 (Stahl), etwa die 3-fache Blechdicke als Belagdicke benötigt, was durch Messergebnisse bestätigt wird (Abb. 4.18). Aus Abb. 4.17 und 4.18 ist außerdem zu ersehen, dass in dem praktisch interessierenden Bereich von h2 /h1 und E2 /E1 der resultierende Verlustfaktor η ∼ (h2 /h1 )2 ist. Einfache Beläge werden wegen des erforderlichen großen h2 /h1 ≈ 3 und des damit für dicke Bleche großen Aufwandes nur als Dämpfungsbelag für dünne Bleche (h1 ≦ 2 mm) angewendet.

194

J. Hübelt

Abb. 4.18   Streubereich des Verlustfaktors η der Kombination Stahlblech – Dämpfungsbelag verschiedener Hersteller in Abhängigkeit vom Dickenverhältnis h2 /h1 bei einer Frequenz f = 200 Hz, Temperatur ϑ = 20 bis 23 ◦ C, Persönliche Mitteilung von Herrn Dietzel, 1980. Institut für Technische Akustik der Techn. Univ. Dresden

4.7.1.3 Eingezwängter Belag Durch eine wenig dehnungsfähige Deckschicht auf dem Dämpfungsbelag (Abb. 4.19) entsteht eine Schubbeanspruchung des Dämpfungsmaterials. Diese bewirkt, wie Abb. 4.20 an einem Beispiel zeigt, einen gegenüber dem einfachen Belag wesentlich günstigeren Dämpfungseffekt, insbesondere auch für Dämpfungsmaterial mit sehr kleinem Elastizitätsmodul, z. B. Kunststoffschäume. Auch bei h2 /h1 = 1 ist im Gegensatz zum einfachen Belag schon ein Verlustfaktor η ≈ 0,1 erzielbar. Als Deckschicht werden sowohl Metallfolien (Abb. 4.20) als auch Bleche mit etwa der gleichen Dicke wie das Grundblech verwendet. Folgende praktische Anwendungen sind 1. auf dünne Bleche aufklebbare Dämpfungsstreifen (Kunststoff mit geringem Elastizitätsmodul), durch eine Metallfolie abgedeckt; 2. Sandwich-Bleche, von z. B. 2 × 1 mm Stahl mit einer dünnen Kunststoff-Zwischenschicht, die wie normales Blech verarbeitet werden können. 3. Bedämpfung dicker Bleche mittels Dämpfungsbelag 2 zwischen Grundblech 1 und Deckblech 3, z. B. h1 = 8 mm, h2 = 2 mm, h3 = 2 mm (Betzhold 1977).

4  Ausbreitung und Abstrahlung von Körperschall

195

Abb. 4.19   Ausführung eines eingezwängten Belages. 1 Grundplatte mit E1 , η1, 2 Entdröhnungsbelag  mit G2 1 + jη2 , 3 einzwängendes Abdeckblech mit E3, η3, 4 neutrale Faser der Gesamtanordnung für h3 ≪ h1 , E2 ≪ E1

Abb. 4.20   Vergleich der theoretischen Verlustfaktoren für den einfachen und für den eingezwängten Belag nach (Brüdgam 1983). Frequenz 200 Hz, Platten 1 und 3 aus Stahl

Für die Realisierung dieser Anwendung ist wichtig, dass eine Segmentierung des Deckbleches eine Verbesserung der Dämpfungswirkung bei Frequenzen unterhalb fopt ergibt. Günstige Abmessungen lT der Segmente liegen nach (Cremer und Heckl 1996) Abschn. 3.6.2.1 vor, wenn α lT = 3 . . . 10 ist, mit   1 1 G2 + . α2 ≈ (4.85) d2 E1 h1 E3 h3 Das Dämpfungsmaterial wird durch den Schubmodul G = G(1 + jη) beschrieben. Die Größen G, E, B′ , g stellen im Folgenden die Realteile G⊥ , E ⊥ , B′⊥ , g⊥ der komplexen

196

J. Hübelt

Größen G, E, B, g dar. Der Verlustfaktor η ist für Schub- und Dehnungsbeanspruchung etwa gleich. Der Schubmodul G ist wesentlich kleiner als der Elastizitätsmodul E. Es gilt

G=

E E ≈ , 2(1 + µ) 3

(4.86)

wegen µ ≈ 0,5 für viskoelastische Materialien. Von den verschiedenen Bemessungsverfahren für eingezwängte Beläge (Kerwin Jr 1959; Dietzel 1967b; Ungar 1971) wurde das von Ungar in (Ungar 1971) angegebene zur Grundlage der folgenden Darstellung genommen. Mit diesem Verfahren erhält man den resultierenden Verlustfaktor η in einer normierten Darstellung

η = f (g, y), s. Abb. 4.21. Der Steifeparameter y hängt nur von den drei Schichtdicken und E1 /E2 ab, s. Gl. (4.87). Der Schubparameter g ist proportional G2 f −1 B′(0,5), s. Gl. (4.97). Da B′ ebenfalls von g abhängt, s. Gl. (4.99), ist zur Ermittlung von g eine Iterationsrechnung erforderlich. Selbst ein grober Anfangsschätzwert führt hier nach wenigen Schleifen zu stabilen Werten. Wegen G2 ∼ E2 ∼ f (0,5 bis 1), vgl. Abschn. 4.7.1.2, zeichnet sich der eingezwängte Belag durch geringe Frequenzabhängigkeit des Verlustfaktors η aus. Jedoch sollte bei der Auslegung oder Auswahl der Werkstoffe auf die Frequenz-TemperaturÄquivalenz (Masterkurve) der Dämpfungseigenschaften der Materialien geachtet werden, siehe (Nashif et al. 1991). Ziel der Bemessung sollte es sein, dass der zur Schwerpunktfrequenz des Geräusches gehörende Schubparameter g nahe gopt liegt, so dass möglichst ηopt ausgenutzt werden kann.

Abb. 4.21   Verlustfaktor η für den eingezwängten Belag als Funktion des Schubparameters g Gl. (4.95) für verschiedene Steifeparameter y und η2 = 1. Für η2 = 1 sind die Ordinatenwerte mit η2 zu multiplizieren. Rechnung nach den Gln. (4.87) bis (4.92). Die Frequenzachse läuft entgegengesetzt zur g-Achse, vgl. Gl. (4.97), 1 y = 3, h3 = h1, h2 ≪ h1; 2 y = 1,8, h3 = h2 = 0,25 h1; 3 y = 0,46, h3 = h2 = 0,1 h1

4  Ausbreitung und Abstrahlung von Körperschall

197

Der Steifeparameter ist



2 h3 h2 + + 2h h1 1 y=    3  . E3 h3 E1 h1 1 + E3 h3 1 + E1 h1 12

1 2

(4.87)

Für den häufigen Fall E3 = E1 und h3 ≪ h1 gilt mit 5 % Fehler, solange h3 ≦ 0,35 h1  2 h3 h2 12 21 + 2h + h1 1 (4.88) y≈ . h1 1 + h3 Für das symmetrische Sandwichblech mit h3 = h1 und E3 = E1 gilt   h2 2 . y ≈3 1+ h1

(4.89)

Optimale Dämpfungswirkung erhält man bei

gopt = 

1   (1 + y) 1 + η22

(4.90)

yη2 2+y+

(4.91)

mit

ηopt =

2 gopt

.

Aus Gl. (4.91) folgt, dass die erreichbare Dämpfung im Gegensatz zum einfachen Belag nicht vom Elastizitäts- bzw. Schubmodul des Dämpfungsmaterials abhängt. Dessen Schubmodul G2 beeinflusst nur die Frequenz, bei der g = gopt wird [s. Gl. (4.97)]. Schließlich erhält man η = f (g, y) aus

2(1 + N)g′ η = ηopt 1 + 2Ng′ + g′2

(4.92)

mit

g (2 + y)gopt , und N = gopt 2

(4.93)

η = 1 f¨ur g′ = 1. ηopt

(4.94)

  E3 h3 G2 2B 1+ g= . (2π)2 h2 h3 E3 E1 h1

(4.95)

g′ = und es wird

Der Schubparameter ist

198

J. Hübelt

Mit

kB2

=



2π B

2





m′′ B′

(4.96)

wird

G2 g= f



  E3 h3 1 B′ 1+ . m′′ 2πh2 h3 E3 E1 h1

(4.97)

Mit Gl. (4.97) wird der normierten Darstellung Abb.  4.21 ein Frequenzmaßstab zugeordnet. Ist für das Dämpfungsmaterial die Frequenzabhängigkeit von E und G nicht bekannt, kann f 0,5 als Schätzwert verwendet werden. Für B′ und m′′ sind in Gl. (4.97) die Werte für die Gesamtanordnung einzusetzen. Die Bezeichnungen G, E, B′ , g stellen hier wiederum die Realteile G⊥ , E ⊥ , B′⊥ , g⊥ der komplexen Größen G, E, B, g dar.

m′′ = m1′′ + m2′′ + m3′′



B =



B1′

+

B3′





1+

gy

(4.98)



1+g

(4.99)

mit g = g(1 + jη2 ). Aus Gl. (4.99) folgt: für hohe Frequenzen  Bges = B1 + B3 wegen g → 0, für tiefe Frequenzen inkl. f = 0 (statische Belastung)  Bges = (B1 + B3 )(1 + y) wegen g → ∞, y siehe Gl. (4.87) und folgende. Bei normalen Genauigkeitsansprüchen (ca. 10 %) ist es möglich, in Gl. (4.99) jη2 = 0 zu setzen, selbst bei Dämpfungsmaterial mit η2 = 1, falls y ≤ 3 ist (Vermeidung etwas aufwendigerer komplexer Rechnung). Für die schon eingangs erwähnte Iterationsrechnung mit den Gln. (4.97) und (4.99) eignen sich als Anfangs-Schätzwerte g = 1 oder g = gopt. Bei h3 ≪ h1, ̺2 h2 ≪ ̺1 h1 kann direkt B′ = B1′ und m′′ = m1′′ gesetzt werden. Für diesen Fall sind in (Dietzel 1967b) Nomogramme für die Ermittlung von η angegeben. Wird festgestellt, dass für interessierende Frequenzen g zu weit von gopt entfernt liegt, sollte möglichst durch Wahl eines anderen Materials der Schubmodul G2 verändert werden. Ebenfalls für diesen Zweck mögliche Änderungen von h2 , h3 , E3 verändern jedoch gleichzeitig y, gopt und ηopt.

4  Ausbreitung und Abstrahlung von Körperschall

199

4.7.1.4 Praktische Ausführung von Dämpfungsbelägen Für die Einzelfertigung, für nachträgliche Maßnahmen u. dgl. eignen sich lösungsmittelhaltige, pastöse Entdröhnungsmittel und auch wassergelöste Mittel. Sie benötigen lange Härtezeiten (etwa 24 h) und werden u. U. in mehreren Schichten durch Spachteln oder Spitzen aufgetragen. Es ist auf Rostfreiheit vor dem Auftrag und sichere, vollflächige Haftung zu achten, um ein Unterrosten zu vermeiden. Nur bei guter Haftung wird außerdem die beabsichtigte Dehnungs- oder Schubbeanspruchung des Dämpfungsmaterials erreicht. Bei Flächen mit erhöhter Temperatur ist die Wirksamkeit von Entdröhnungsmitteln fraglich, da die Kennwerte beträchtliche Temperaturabhängigkeiten zeigen, s. z. B. (Nashif et al. 1991; Heckl und Nutsch 1994). Den Bedingungen einer Großserienfertigung von Blechteilen entsprechen z. B. Zuschnitte konfektionierter Dämpfungsmaterialien auf Bitumenbasis, die sich mit Blechteilen bei Wärmebehandlung innig verbinden lassen. Zu beachten ist die u. U. erhebliche Masseerhöhung durch Dämpfungsbeläge (Dichte ca. 1,4 · 103 kg/m3). Bei einem einfachen Belag beträgt sie bei 3facher Dicke gegenüber einem Grundblech aus Stahl 50 %. Auch in dieser Hinsicht ist ein eingezwängter Belag wesentlich günstiger, da er bereits bei 10 bis 20 % Masseerhöhung einen Verlustfaktor η ≈ 0,1 ergibt, vgl. (Dietzel 1967a). In der Serienfertigung wird vorteilhaft von der Möglichkeit einer teilweisen Belegung von Blechflächen Gebrauch gemacht, deren Größe und Lage auf experimentellem Weg optimiert wird. Als Richtwert für die Größe der Teilbelegung wird in (Ungar 1971) etwa B /2 empfohlen. Es empfiehlt sich, Dämpfungsmaterialien mit bekannten Kennwerten E2 und η2 oder Kombinationen Dämpfungsbelag/Blech mit bekannten η anzuwenden. Die Bestimmung der Kennwerte erfolgt mit genormten Verfahren (DIN EN ISO 6721-1 2019; DIN EN ISO 6721-2 2019; DIN EN ISO 6721-3 2021). Stets sollte geprüft werden, ob im speziellen Fall die akustischen Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Dämpfung gegeben sind, s. Abschn. 4.7.1.1.

4.7.2 Gehäuseformen Bei konventionell konstruierten Maschinengehäusen werden die Betriebskräfte mit den überlagerten, geräuschverursachenden dynamischen Kräften meist direkt in dickwandige Gussgehäuse geführt. Typische Beispiele dafür sind Zahnradgetriebe (Abb. 4.22a) und Kolbenmaschinen aller Art. Das Gehäuse hat dann kraftaufnehmende und umhüllende Funktion zugleich. Es gilt dafür das akustische Modell nach Abb. 4.14a, wobei die Struktur akustisch stark vereinfacht durch krafterregte, schallabstrahlende Platten (Gehäusewände) beschrieben werden kann. Unterhalb der 1. Biegeeigenfrequenz f1,1 der Gehäusewände wirken diese als Feder (quasistatischer Bereich Abschn. 4.4). Da die Federsteife c ∼ B′ ∼ Eh3 ist, wirkt sich eine größere Dicke h günstig aus, denn mit Y = ω/c und σ = konst. ist gemäß Gl. (4.73)

200

J. Hübelt

a

b

Abb. 4.22   Guss-Getriebegehäuse. a) normale Ausführung; b) geräuschgeminderte Ausführung mit Zusatzmassen und Versteifungsrippen nach (Müller und Storm 1983)

P ∼ 1/h6 oder L = 18 dB je h-Verdopplung. Außerdem erhöht sich wegen Gl. (4.29) f1,1 ∼ h. Dadurch wird der akustisch vorteilhafte quasistatische Bereich größer, und das bei f1,1 möglicherweise auftretende Geräuschmaximum wird kleiner [s. Gl. (4.80)] bei η und m = konst. Günstig ist auch die mit wachsender Frequenz meist abnehmende Anregungskraft. Im Bereich dichter Biegeeigenfrequenzen oberhalb f1,1 (Abschn. 4.4) wirkt sich eine größere Wanddicke dagegen weniger gut aus. Unterhalb der Biegewellengrenzfrequenz fc ist mit der Näherung σ ∼ 1/fc2 ∼ B′ /m′′ für Gl. (4.67), mit YT nach Gl. (4.43) und (4.73) für Kraftanregung P ∼ 1/h oder L = 3 dB je h-Verdopplung. Bei fc kann ein Abstrahlmaximum gemäß Gl. (4.63) auftreten, das für 10 mm Stahlblech nach Gl. (4.10) bei 1, 2 kHz liegt, also in einem Frequenzbereich, in dem Maschinen mit mechanischer Geräuschentstehung ungünstigerweise hohe Geräuschanteile haben. Erst oberhalb von fc ist wegen σ = 1 wieder ein vorteilhafterer Einfluss einer h-Vergrößerung vorhanden, weil dort P ∼ 1/h3 gilt [Gl. (4.43)]. Eine alternative Gehäusekonstruktion, die akustisch außerordentliche Vorzüge aufweist, ist die in Abb. 4.23 am Beispiel Zahnradgetriebe (Wiltzsch 1980) gezeigte konsequente Trennung zwischen einer inneren, kompakten, kraftaufnehmenden Struktur und einer äußeren, dünnwandigen, umhüllenden Struktur. Diese Anordnung lässt sich gut durch das Modell nach Abb. 4.14b beschreiben, wobei Position 3.1 dieses

4  Ausbreitung und Abstrahlung von Körperschall

201

Abb. 4.23   Getriebegehäuse mit Trennung kraftaufnehmender und umhüllender Struktur. 1 kompaktes Lagergestell, 2 elastisch gelagertes 2-mm-Stahlblechgehäuse, 3 elastische Wellendichtung, 4 Edelstahl-Bodendichtung, nach (Wiltzsch 1980)

Bildes ein krafterregtes, kompaktes, nicht abstrahlendes Bauelement ist (Lagerbock 1 in Abb. 4.23 mit sehr kleiner Admittanz) und Position 3.3 das geschwindigkeitserregte, schallabstrahlende Gehäuse (Gehäuse 2 in Abb. 4.23 mit Plattenverhalten). Mit Versuchsgetrieben dieser Bauart wurde in einem Leistungsbereich bis 1000 kW eine Geräuschminderung gegenüber konventioneller Bauart von 7 bis 19 dB(A) erreicht, wobei die Unterschiede drehzahlbedingt sind (Gehäuseresonanzen) (Wiltzsch 1980). Die geringe Robustheit des dünnwandigen, elastisch gelagerten Gehäuses erschwert seine Einführung bei Getrieben hoher Leistung. Bei Maschinen oder Teilen davon mit geringeren Robustheitsanforderungen ist das beschriebene geräuscharme Gehäuseprinzip jedoch gut realisierbar. Eine andere Art akustisch vorteilhafter Gehäusegestaltung, die sich von der konventionellen weniger entfernt, ist in Abb. 4.22b gezeigt. Die erforderliche hohe Steifigkeit zum Erzielen einer möglichst hohen 1. Biegeeigenfrequenz f1,1 der Gehäuseteile und einer kleinen Schallabstrahlung unterhalb f1,1 wird durch starke Rippen erzielt, zwischen denen möglichst dünnwandige Gehäuseteile liegen. Diese Teile wirken akustisch günstigerweise als biegeweiche Platte, wenn der Rippenabstand größer als etwa B /2 ist, also bei hohen Frequenzen. Dieses Verhalten wurde von Storm aus dem Unterschied zwischen statischer und dynamischer Biegesteifigkeit inhomogener Strukturen erklärt (Storm 1980). ′ Die statische Biegesteifigkeit Bstat der gesamten Struktur (Gehäuse) ergibt sich aus ihrer statischen Durchbiegung bei statischer Krafteinwirkung. Sie ist maßgebend für die Lage der 1. Biegeeigenfrequenz und für das Strukturübertragungsmaß LWF im darunterliegenden quasistatischen Frequenzbereich (Abschn. 4.4). ′ Die dynamische Biegesteifigkeit Bdyn beschreibt die Biegesteifigkeit innerhalb eines Flächenbereiches der Abmessungen lk = B /2, wobei lk als Kopplungslänge bezeichnet ′ wird. Für verrippte Platten bzw. Gehäuse wird lk sowie Bdyn für den Zwischenrippenbereich aus dessen Wanddicke hz berechnet. Für hohe Frequenzen, für die der Rippenabstand ≧ lk ist, wird das Strukturübertragungsmaß LWF des Gehäuses allein durch die an ′ ′ < Bstat der Gesamtoberfläche überwiegend beteiligten Zwischenrippenbereiche mit Bdyn

202

J. Hübelt

bestimmt. Eine kleinere Biegesteifigkeit ist im Frequenzbereich dichter Biegeeigenfrequenzen günstig (s. Körperschallübertragungsfunktion Tv, Abschn. 4.4, Gl. (4.44), Biegewellenkoinzidenzgrenzfrequenz fc  Gl. (4.10) und Abstrahlgrad σ für Platten mit Biegewellen, Abschn. 4.5.3). Außerdem ist LWF für hohe Frequenzen davon abhängig, ob die Krafteinleitung auf der Rippe (akustisch günstig) oder zwischen den Rippen (akustisch ungünstig) erfolgt. ′ ′ < Bstat Der Bereich hoher Frequenzen mit Bdyn beginnt bei der Kopplungsgrenzfrequenz fk. Mit lk = B /2 sowie den Gln. (4.8) und (4.10) erhält man

fk =

c02 c0 ; und lk = √ 2 fc fk 4lk2 fc

(4.100)

 challgeschwindigkeit in Luft, c0  S fc  Biegewellenkoinzidenzgrenzfrequenz, für Grauguss fc = 15/hz mit fc in Hz, hz in m. Mittels Abb. 4.1 erhält man einen schnellen Überblick über die Größe von lk = B /2 und fk. Messergebnisse für ein Hohlprofil in Abb. 4.15 zeigen, dass eine in der Mitte angeregte Seitenwand (Platte der Breite b = 100 mm und der Dicke h = 4 mm) das Strukturübertragungsmaß LWF der Gesamtstruktur allein bestimmt, sobald b≧lk bzw. f ≧fk ≈ 1 kHz ist. Für verrippte Gussgehäuse mit hz = 10 mm Wanddicke ist ein Rippenabstand von lk ≥ 140 mm erforderlich, wenn die Kopplungsgrenzfrequenz fk = 1 kHz betragen soll. Wird der Rippenabstand halbiert, liegt Entkopplung erst ab 4 kHz vor, und die Vorteile der geringeren dynamischen Biegesteifigkeit werden noch nicht in dem für mechanische Geräusche wichtigen Frequenzbereich um 1 kHz wirksam. Als weitere geräuschmindernde Maßnahme wird an den Krafteinleitungsstellen, den Lagern durch Zusatzmassen und zu den Maschinenfüßen führenden starken Rippen ein Teil der Erregerkraft aufgenommen und dadurch die auf das Gehäuse wirkende Anregungskraft verringert (s. Abschn. 4.7.3). Die mögliche Verbesserung gegenüber konventionellem Getriebegehäuse hängt vom Aufwand ab und bleibt unter 5 bis 10 dB(A). Während bei der ersten alternativen Gehäusevariante eine Verringerung der Gesamtmasse eintritt, ist bei der Variante steifes Gehäuse mit Zusatzmassen trotz der starken Dickenunterschiede im Gehäuse eine Masseerhöhung unvermeidbar.

4.7.3 Zusatzelemente an Krafteinleitungsstellen, Zusatzmassen bei elastischen Verbindungen Zusatzmassen und Aussteifungen (Rippen) an Krafteinleitungsstellen, wie sie im vorangegangenen Abschnitt (Abb. 4.22b) bereits genannt wurden, dienen bei Kraftanregung (s. Abschn. 4.4) der Verminderung der auf eine Struktur einwirkenden Anregungskraft, ohne dass am Erreger eine Änderung erforderlich ist. Sie sind für die Konstruktion lärmarmer Maschinen verwendbar, sofern Kraftanregung vorliegt. Die Wirkung solcher

4  Ausbreitung und Abstrahlung von Körperschall

a

203

b

Abb. 4.24   Zusatzelemente an der Krafteinleitungsstelle. a) elektromechanisches Ersatzschaltbild, Y z Admittanz des Zusatzelementes, Y PL Admittanz der Struktur; b) Zusatzmasse auf Platte

Zusatzelemente ist anhand einer elektromechanischen Ersatzschaltung nach Abb. 4.24a darstell- und berechenbar. Die Struktur (z. B. Gehäuse) wird als Platte angenähert, die unterhalb der 1. Biegeeigenfrequenz f1 als Feder der Steife c wirkt und oberhalb f1,1 bei Frequenzbandanregung als unendliche Platte (Abschn. 4.4). Abb. 4.25 zeigt den entsprechenden Admittanz-Frequenzgang einer Platte sowie einer Zusatzmasse (Abb. 4.24b) und einer Aussteifung (Rippe). Sobald die Admittanz des Zusatzelementes kleiner als die Admittanz der Platte ist, wird bei konstanter Kraft F0 die auf die Platte wirkende Kraft FPL verringert. Die Zusatzmasse wirkt gemäß Abb. 4.25 bei hohen Frequenzen, und ihre Wirkung nimmt mit der Frequenz zu. Die Aussteifung wirkt bei tiefen Frequenzen, und zwar mit konstanter Größe. In Abb. 4.25 nicht dargestellt ist, dass die Aussteifung auch die Eigenfrequenz f1,1 erhöht und zugleich bei hohen Frequenzen eine günstige Wirkung hat, da die Aussteifung meist auch eine erhebliche Masse besitzt. Mit numerischen Strukturoptimierungsverfahren wurde von Bös und Nordmann (Bös und Nordmann 2003) gezeigt, dass die Massenerhöhung einer krafterregten Platte im Frequenzbereich über f0 die größte Verminderung des mittleren Körperschallpegels auf

Abb. 4.25   AdmittanzFrequenzgang Y (f ) von endlicher Platte und Zusatzelementen, f0 Massenwirkungsfrequenz nach Gl. (4.104) für DIL = 10 dB

204

J. Hübelt

der Platte bewirkt, wenn die zusätzliche Masse an der Krafteinleitungsstelle konzentriert wird. Die Zweckmäßigkeit des Zusatzmassen-Konzeptes wird damit bestätigt. Aus Abb. 4.24a lässt sich für F 0 = konst. für das Verhältnis der auf eine Platte ohne (F 0) und mit Zusatzelement (F PL) wirkenden Anregungskraft als Einfügungsdämmung DIL angeben:

DIL = 10 lg

 2   F˜ 02 1 + Y PL  dB. dB = 10 lg  2 Yz  F˜ PL

Für die Zusatzmasse (Abb. 4.24b) folgt aus Gl. (4.101)   DIL = 10 lg[1 + ωmYPL∞ )2 dB

(4.101)

(4.102)

mit

Yz =

1 jωm

und

1 YPL∞ = √ . 8 B′ m′′

(4.103)

Für hohe Frequenzen −(ωmYPL∞ )2 ≫ 1 und f ≧fm nach Gl. (4.37) (für die Admittanz YPL der endlichen Platte kann die der unendlichen angesetzt werden YPL ≈ YPL∞) – nimmt die Wirkung der Zusatzmasse mit 6 dB/Frequenzverdopplung und 6 dB/Masseverdopplung zu. Der Bemessung der Zusatzmasse m dient die aus Gl. (4.102) abgeleitete Formel: h2  ̺PL E · 10−6 ; m≧ (4.104) f0

m in kg, h in mm, f0 in Hz, ̺ in kg/m3, E in N/m2. In Gl. (4.104) sind h, ̺PL , E Größen der Platte, f0 ist die Frequenz, oberhalb der die Zusatzmasse m wirkt, falls zugleich f0 ≧fm nach Gl. (4.37) ist. Sonst beginnt die Wirkung bei fm. Zur Erzielung einer gewissen Sicherheit ist in Gl. (4.104) f0 nicht wie üblich für DIL = 3 dB definiert (ωmYPL∞ = 1), sondern für DIL = 10 dB bei ωmYPL∞ = 3. Einen schnellen Überblick über den Zusammenhang m, f0 , h nach Gl. (4.104) gibt für Platten aus Stahl Abb. 4.26. Für die Aussteifung am Krafteinleitungspunkt folgt aus Gl. (4.101) mit Y z = jω/cz und Y PL = jω/cPL   cz 2 dB DIL = 10 lg 1 + (4.105) cPL Aus Gl. (4.105) ergibt sich, dass zur Erzielung einer akustischen Wirkung Aussteifungen erforderlich sind, die wenigstens die gleiche Steifigkeit haben wie die Platte. Da quasistatisches Verhalten vorliegt, können die Steifigkeiten statisch berechnet werden. Für cz = cPL ist DIL = 6 dB.

4  Ausbreitung und Abstrahlung von Körperschall

205

Abb. 4.26   Erforderliche Größe der Zusatzmasse m bei Platten der Dicke h aus Stahl in Abhängigkeit von der Frequenz f0, oberhalb der die Zusatzmasse mit DIL = 10 dB bei ωmYPL∞ = 3 wirksam ist, nach Gl. (4.104). Für Platten aus Grauguss ist die erforderliche Zusatzmasse 30 % kleiner

Die Zusatzelemente müssen starr mit der Struktur verbunden werden, möglichst durch Schweißen, und sich direkt an der Krafteinleitungsstelle befinden, jedoch sind beide Seiten einer Platte gleichwertig. Soll die Bemessung für eine stabartige Struktur erfolgen, so ist in Gl. (4.105) cPL durch cstab und in Gl. (4.101) für YPL die Stabadmittanz einzusetzen (Heckl und Nutsch 1994; Cremer und Heckl 1996). Hinzuweisen ist noch auf die Bedeutung von Zusatzmassen bei der Körperschallisolierung durch elastische Elemente – sowohl von Maschinen gegenüber Bauwerken (Kap. 12) als auch innerhalb von Maschinen und Fahrzeugen. Die Isolierwirkung elastischer Verbindungen (Gummielemente) wird infolge ihrer hohen Admittanz Y = ω/c durch den Anstieg der Admittanz vieler realer Maschinenstrukturen bei hohen

206

J. Hübelt

Frequenzen stark verschlechtert oder ganz zu Null (vgl. gemessene Admittanz an Maschinenfüßen, Abb. 12.13). Durch Zusatzmassen, die auch beiderseits der elastischen Elemente erforderlich sein können, wird dieser Anstieg unterbunden (s. Abb. 12.21). Innerhalb von Maschinenstrukturen reichen dazu oft schon kleine Massen. Ihre erforderliche Größe kann mit Hilfe von Gl. (4.104) oder Abb. 4.26 abgeschätzt werden. Besteht die Möglichkeit, den Frequenzgang der Admittanz an Krafteinleitungsstellen oder an den Befestigungsstellen von elastischen Elementen zu messen, vgl. Abschn. 3.4 und 4.4, dann kann die Wirkung von Zusatzelementen durch Eintragen von deren Massenadmittanz in das Admittanz-Diagramm ermittelt werden (s. Abb. 4.25). Die Admittanz am Anregungspunkt einer Struktur (Punktadmittanz) kann nach (Heckl 1980) auch mit folgendem Ansatz berechnet werden: Im Bereich dichter Biegeeigenfrequenzen • für eindimensionale Strukturen (Stäbe)

Y=

ω ρPL

1 , Sq (B /5)

(4.106)

• für zweidimensionale Strukturen (flächenhafte Strukturen)

Y=

1 ; ωρPL hπ(B /5)2

(4.107)

Sq  maßgeblicher Stabquerschnitt, h  maßgebliche Dicke, ρPL  Dichte des Strukturmaterials. Die Gln. (4.106) und (4.107) repräsentieren Admittanzen einer mitschwingenden Masse, deren Größe von der Biegewellenlänge B und damit gemäß Gl. (4.8) von der Frequenz sowie dem Steifigkeits- und Massebelag der Struktur abhängt. Für den Stab sind in Gl. (4.3) statt B′ und m′′ die Größen B und m′ nach Gl. (4.22) (Ergänzungen) zu setzen. Mit B ∼ ω−0,5 wird Gl. (4.107) erwartungsgemäß frequenzunabhängig, vgl. Gl. (4.36). Etwas aufwendig ist bei diesem Verfahren die Ermittlung von Masse- und Steifigkeitsbelag der Struktur, die zur Berechnung von B benötigt werden (Berechnung oder experimentelle Bestimmung durch Wägung und Biegeversuch für Stab oder Plattenstreifen). Die Admittanz an Strukturpunkten, an denen mehrere starr verbundene Elemente zu unterscheiden sind, z. B. Platte mit parallel laufendem Versteifungsprofil oder mit Masse gemäß Abb. 4.24b, kann aus den einzelnen Admittanzen der Elemente berechnet werden. −1 = Y1−1 + Y2−1 + . . . , d. h., der kleinste Wert bestimmt die Gesamtadmittanz. Es gilt Yges Im Bereich unterhalb der 1. Biegeeigenfrequenz (quasistatischer Bereich, s. Abschn. 4.4) sind Masse und Biegesteifigkeit aus der Strukturgeometrie berechenbar. Welche von beiden Größen benötigt wird, entscheidet sich an der zu erwartenden Reaktion der Struktur auf eine Anregungskraft, s. Abb. 4.6.

4  Ausbreitung und Abstrahlung von Körperschall

207

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4  Ausbreitung und Abstrahlung von Körperschall

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5

Luftschalldämmung Werner Schirmer und Jörn Hübelt

5.1 Einführung Die Dämmung von Luftschall mittels einer geschlossenen Wand ist ein hochwirksames Prinzip des sekundären Lärmschutzes. Je nach der Ausführung dieser Wand sind Unterschiede des Schalldruckpegels zwischen zwei benachbarten Räumen von etwa 10 bis 60 dB, z. T. auch bis zu 70 dB, möglich, und der Lärm von Maschinen kann durch Kapselung (s. Kap. 10) um etwa 10 bis 40 dB gesenkt werden. Das Schalldämm-Maß einer Wand wird von vielen Faktoren beeinflusst. Die wichtigsten Einflussgrößen sind die flächenbezogene Masse und die Biegesteifigkeit, aber auch die Abmessungen, die Materialdämpfung und die Einspannbedingungen können das Schalldämm-Maß beeinflussen. Bei gekrümmten Schalen, Doppelwänden und sogenannten biegeweichen Vorsatzschalen sind besondere Gesetzmäßigkeiten zu beachten. Außer dem unmittelbaren Trennelement beeinflusst die Nebenwegübertragung auf flankierenden Bauteilen das Schalldämm-Maß. Im Folgenden werden physikalische Grundlagen, Berechnungsverfahren und Schalldämm-Maße wichtiger Bauteile mitgeteilt.

W. Schirmer · J. Hübelt (*)  Hochschule Mittweida, Mittweida, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Schirmer und J. Hübelt (Hrsg.), Technischer Lärmschutz, https://doi.org/10.1007/978-3-662-65668-6_5

211

212

W. Schirmer und J. Hübelt

5.2 Physikalische Grundlagen der Schalldämmung 5.2.1 Erläuterung des Begriffes Schalldämmung und Definition des Schalldämm-Maßes Bei der Übertragung von Luftschall über ein Bauteil, z. B. über die Wand einer Maschinenkapsel, über eine Gebäudewand oder eine Gebäudedecke, durchdringt nur ein Bruchteil der auffallenden Schallenergie das trennende Bauteil, und zwar infolge der teilweisen Reflexion an der Bauteiloberfläche, der Umwandlung in Wärme (Dissipation) und der Ableitung als Körperschall in benachbarte Bauteile, s. Abb. 5.1. Damit wird von dem Bauteil weniger Schall abgestrahlt, als auf der anderen Seite auffällt. Dieser Effekt wird als Schalldämmung bezeichnet. Die Schalldämmwirkung eines Bauteiles wird durch das Verhältnis der auf einer Seite dieses Bauteiles auffallenden Schallleistung zu der auf der anderen Seite abgestrahlten Schallleistung gekennzeichnet. Das logarithmierte Verhältnis der Schallleistungen wird als Schalldämm-Maß (in der Literatur auch als Schallisolationsmaß) bezeichnet, s. Abb. 5.2: Abb. 5.1   Schalldurchgang durch ein Hindernis. a eintreffender Schall, b reflektierter Schall, c Verlust durch Umwandlung in Wärme, d Verlust durch Ableitung als Körperschall, e abgestrahlter Schall

Abb. 5.2   Zur Definition des Schalldämm-Maßes

5 Luftschalldämmung

213

R = 10 lg

P1 dB. P2

(5.1)

Das Verhältnis der abgestrahlten zur eintreffenden Schallleistung wird Transmissionsgrad τ genannt:

τ=

P2 . P1

(5.2)

Damit ergibt sich das Schalldämm-Maß zu:

1 R = 10 lg dB. τ

(5.3)

5.2.2 Anregung einer Wand zu Biegeschwingungen durch Luftschall Trifft eine ebene Luftschallwelle unter dem Winkel ϑ (zur Flächennormalen) auf eine Wand, dann bewirkt die Spurwelle, s. Abb. 5.3, eine Anregung der Wand mit gleicher Frequenz, Phase und Kraft. Durch diese Anregung wird auf der Wand die Ausbildung einer Biegewelle erzwungen. Es entsteht eine sogenannte erzwungene Biegewelle. Die Wellenlänge der erzwungenen Biegewelle Be entspricht der Spurwellenlänge S der einfallenden Schallwelle:

Be = S =

 ; sin ϑ

(5.4)

Be  Wellenlänge der erzwungenen Biegewelle, S  Spurwellenlänge der einfallenden Schallwelle,   Wellenlänge der einfallenden Schallwelle in Luft, ϑ  Einfallswinkel, Winkel zwischen der einfallenden Welle und der Flächennormalen der Wand. Abb. 5.3   Zur Entstehung einer erzwungenen Biegewelle. a eintreffende Schallwelle, b reflektierte Schallwelle, c durchgelassene Schallwelle, d schwingende Platte

214

W. Schirmer und J. Hübelt

Erzwungene Biegewellen entstehen auf einem ebenen Bauteil nur bei schrägem Schalleinfall, und zwar bei flächenhafter und stationärer Anregung. Bei Wänden endlicher Abmessungen überlagern sich den erzwungenen Biegewellen die im Abschn. 4.2 beschriebenen Biegewellen, die bei der Reflexion der erzwungenen Biegewellen an den Plattenrändern oder an Versteifungen entstehen. Diese Biegewellen werden zur Kennzeichnung des Unterschieds in diesem Kapitel als freie Biegewellen bezeichnet. Beide Biegewellen haben bei gleicher Frequenz meist unterschiedliche Wellenlängen. Diese betragen bei der erzwungenen Biegewelle

Be =

c0 0 = sin ϑ f sin ϑ

(5.5)

und bei der freien Biegewelle

cB = B = f



2π f

 4

B′ ; m′′

(5.6)

mit (s. Abschn. 5.2.3.1)

B′  Biegesteifigkeit je Breite, m′′ = ̺w d  flächenbezogene Masse (̺w , d Dichte bzw. Dicke der Wand). Erfolgt die Anregung der Wand so, dass die Wellenlänge der erzwungenen Biegewelle mit der Wellenlänge der freien Biegewelle übereinstimmt, dann ergeben sich eine resonanzartige Erhöhung der Amplituden der Wandschwingungen und damit eine Verminderung der Schalldämmung. Die Bedingung

Be = S = B ist bei der Koinzidenzfrequenz, s. Gl. (5.15), erfüllt.

5.2.3 Trennimpedanz, Koinzidenzeffekt und Abstrahlwinkel 5.2.3.1 Trennimpedanz Bei der Luftschallanregung einer ebenen Wand mit dem Schalldruck p1 = pi + pr ( pi eintreffende Welle, pr reflektierte Welle) wird auf dieser die Schnelle vw hervorgerufen. Auf der der Anregung abgewandten Wandseite existiert dann der Schalldruck p2. Die über der Wand entstehende Druckdifferenz p1 − p2 und die Wandschnelle vw sind durch die Trennimpedanz Z T miteinander verknüpft: ZT =

p1 − p2 vw

.

(5.7)

5 Luftschalldämmung

215

Dabei wird vorausgesetzt, dass die Biegewellenlänge B nach Gl. (5.4) sehr viel größer als die Wanddicke d ist. Für die Trennimpedanz einer sehr großen, ebenen, homogenen Wand gilt:   B′ k 4 sin4 ϑ − kB4 ; ZT = (5.8) jω

B′  Biegesteifigkeit je Breite Ed 3  , 1 − µ2 12

(5.9)

2πf ω = , c0 c0

(5.10)

B′ = 

E  Elastizitätsmodul, d  Wanddicke, µ  Poissonsche Querkontraktionszahl µ = 0,2 bis 0,5, für Baustoffe bzw. für Kunststoffe (s. Tab. 4.1), k0  Wellenzahl in Luft bei Normalbedingungen k0 = kB  Wellenzahl für Biegewellen  √ 4 m′′ , kB = ω B′

(5.11)

f   Frequenz, m′′  flächenbezogene Masse der Wand

m′′ =

m = ̺w d; S

(5.12)

̺w  Dichte des Wandmaterials, ϑ  Schalleinfallswinkel, bezogen auf die Flächennormale der Wand. Mit Hilfe der Trennimpedanz ergibt sich das Schalldämm-Maß zu.     ZT cos ϑ dB; R = 20 lg 1 + 2̺0 c0

(5.13)

mit Z0 Schallkennimpedanz, Z0 = ρ0 c0 = 408 N · s/m3 (bei 20 °C und 1000 hPa), c0 Schallgeschwindigkeit in Luft, c0 = 343 m/s (bei 20 °C und 1000 hPa).

Aufgrund der Gln. (5.8) und (5.13), deren Ableitungen z. B. in (Möser und Kropp 2010) behandelt werden, ist das Schalldämm-Maß im Allgemeinen sowohl von der flächenbezogenen Masse als auch von der Biegesteifigkeit sowie von der Frequenz und vom Schalleinfallswinkel abhängig.

216

W. Schirmer und J. Hübelt

5.2.3.2 Koinzidenzeffekt oder Spuranpassung Aus Gl. (5.8) ist ersichtlich, dass die Trennimpedanz ZT → 0 und damit gleichzeitig auch das Schalldämm-Maß R → 0 dB gehen, wenn die Bedingung k 4 sin4 ϑ − kB4 = 0

(5.14)

erfüllt ist, d. h., wenn sich die phasenmäßig entgegengesetzten Wirkungen der Massenträgheit und der Biegesteifigkeit gerade kompensieren. Diese Bedingung ist bei der Koinzidenzfrequenz (Spuranpassung) erfüllt:    12̺w 1 − µ2 fc c02 = ; fcϑ (ϑ) = (5.15) E sin2 ϑ 2πd sin2 ϑ  oinzidenzgrenzfrequenz der Wand für ϑ = 90◦ (streifender Schalleinfall), s. fc  K Gl. (4.10) sowie Abb. 4.2 Dieser Effekt wird als Koinzidenz- oder Spuranpassungseffekt bezeichnet. Die Koinzidenzfrequenz ist vom Einfallswinkel abhängig. Die niedrigste Koinzidenzfrequenz ergibt sich für ϑ = 90◦, also für streifenden Schalleinfall. Diese Koinzidenzfrequenz stimmt mit der Grenzfrequenz überein und wird deshalb auch als Koinzidenzgrenzfrequenz fc bezeichnet. Für den Fall, dass die Schallwellen unter einem definierten Einfallswinkel ϑ auf eine Wand auftreffen, erfolgt der Schalldämmungseinbruch bei der dem Einfallswinkel ϑ zugeordneten Koinzidenzfrequenz fcϑ (ϑ). Bei diffusem Schalleinfall treffen dagegen die Schallwellen unter allen möglichen Einfallswinkeln auf die Wand auf. Der Schalldämmungseinbruch erfolgt dann in einem breiteren Frequenzbereich oberhalb der Grenzfrequenz fc. Der Schalldämmungseinbruch im Bereich des Koinzidenzeffektes ist umso stärker ausgeprägt, je mehr Biegewellenlängen bei der Grenzfrequenz auf die Wandabmessungen entfallen. Demzufolge ergeben sich bei Platten mit tiefen Grenzfrequenzen im Allgemeinen nur flache Minima. Der Dämmungseinbruch ist außerdem umso größer, je kleiner der Verlustfaktor des Wandmaterials ist. Durch eine zusätzliche Entdröhnung von z. B. Stahlblech (s. Abschn. 4.7.1) kann deshalb in diesem Frequenzbereich die Schalldämmung verbessert werden. Damit die Schalldämmung im interessierenden Frequenzbereich durch den Koinzidenzeffekt nicht verschlechtert wird, sollten im Allgemeinen nur Wände verwendet werden, bei denen die Koinzidenz- bzw. die Grenzfrequenz außerhalb des interessierenden Frequenzbereiches liegt. Das ist dann zu erwarten, wenn gemäß Gl. (5.15) die Wände entweder dünn, von hoher Dichte und ausreichend biegeweich ( fc > 2000 Hz) oder aber dick, von geringer Dichte und ausreichend biegesteif ( fc < 200 Hz) sind (s. Abschn. 4.2). Die Frequenzgrenzen sind hierbei der Bauakustik ( fm,Terz = 100−3150 Hz) entlehnt. Sollten die abzuschirmenden Quellen in einem anderen Frequenzbereich dominante Schallanteile aufweisen, müssten die Grenzen entsprechend verändert werden.

5 Luftschalldämmung

217

5.2.3.3 Abstrahlwinkel Bei schrägem Einfall einer ebenen Schallwelle auf eine Wand stimmen Einfalls- und Abstrahlwinkel überein (s. Abb. 5.3). Dementsprechend werden bei der Anregung durch ein diffuses Schallfeld unterhalb der Grenzfrequenz der Wand die Schallwellen ebenfalls diffus abgestrahlt. Dagegen erfolgt bei und oberhalb der Grenzfrequenz die Schallabstrahlung einer Wand gerichtet, d. h., für die Frequenzen eines jeden Frequenzbandes existiert ein definierter Winkelbereich, für den die Schallabstrahlung Maximalwerte annimmt. Der Betrag der Maximalwerte hängt u. a. von den geometrischen Abmessungen und der Grenzfrequenz der Wand ab. Der Zusammenhang zwischen der Mittenfrequenz fm des Frequenzbandes und dem mittleren Abstrahlwinkel  ist gegeben durch 1 fm ; = fc sin2 

(5.16)

 renzfrequenz der Wand, fc  G   mittlerer Abstrahlwinkel, bezogen auf die Wandnormale. Dieses Abstrahlungsmaximum ist durch den Koinzidenzeffekt zu erklären, jedoch sind dadurch nicht alle auftretenden Erscheinungen deutbar (Lotze 1980). Ein Beispiel zum Problem der gerichteten Schallabstrahlung zeigt Abb. 5.4. In diesem Bild ist das durch Modellmessungen ermittelte Richtwirkungsmaß DI = 10 lg Ŵ 2 dB (s. Abschn. 2.6.2) einer 18 mm dicken, rechteckigen Holzspanplatte für den Abstrahlwinkel  = 45◦ bei diffuser Schallanregung und bezogen auf den Raumwinkel 4π aufgetragen. Abb. 5.4   Gemessenes Richtwirkungsmaß einer Holzspanplatte (2 m · 1 m · 0,018 m) für den Abstrahlwinkel  = 45◦; Anregung durch ein diffuses Schallfeld, Abstrahlung bezogen auf den Raumwinkel 4π

218

W. Schirmer und J. Hübelt

Danach werden bei dem angegebenen Abstrahlwinkel  = 45◦ die Frequenzen im und oberhalb des Terzbereiches mit der Mittenfrequenz

fm =

fc = 2fc sin (45◦ ) 2

(5.17)

bevorzugt abgestrahlt.

5.3 Einschalige ebene Wände Bei der Betrachtung der Schalldämmung ist prinzipiell zwischen der Dämmung einschaliger und doppelschaliger Wandausführungen zu unterscheiden. Im Folgenden soll zuerst nur die Schalldämmung einschaliger Wandausführungen beschrieben werden. Voraussetzung für die folgenden Angaben ist, dass keine Schallübertragung über Nebenwege, d. h. über flankierende Bauteile und Undichtigkeiten der Wand, möglich ist.

5.3.1 Schalldämmung unterhalb der Grenzfrequenz Bauteile mit geringer Biegesteifigkeit werden als biegeweich bezeichnet. Dieser Fall liegt vor, wenn der interessierende Frequenzbereich unterhalb der Grenzfrequenz fc des Bauteiles liegt. Im umgekehrten Fall werden die Bauteile als biegesteif bezeichnet.

5.3.1.1 Schalldämmung großer bzw. gedämpfter Platten Bei der Luftschallanregung einer Platte durch eine schräg auftreffende Schallwelle entstehen erzwungene und freie Biegewellen. Letztere haben dann auf die Schalldämmung keinen Einfluss, wenn die Platte so große Abmessungen hat bzw. eine so große Dämpfung besitzt, z. B. durch zusätzliches Entdröhnen (s. Abschn. 4.7.1), dass die sich von den Plattenrändern ausbreitenden freien Biegewellen praktisch ohne Bedeutung sind. Das Schalldämm-Maß kann dann über die in Gl. (5.8) angegebene Trennimpedanz berechnet werden. Unterhalb der Grenzfrequenz ergeben sich aus Gl. (5.8) mit k < kB die Trennimpedanz zu (die Platte ist an ihren Rändern nicht eingespannt und somit annährend frei beweglich) Z T = jω m′′ und damit aus Gl. (5.13) das Schalldämm-Maß zu     ωm′′  cos ϑ dB. R = 20 lg 1 + j 2̺0 c0

(5.18)

(5.19)

Die Schalldämmung einer derartigen Platte wird also durch die Massenträgheitswirkung der Platten verursacht. Die Biegesteifigkeit hat praktisch keinen Einfluss auf die Trennimpedanz und die Schalldämmung, sodass Platten unter den genannten Voraussetzungen akustisch als annähernd steifelos zu betrachten sind.

5 Luftschalldämmung

219

Mit der Voraussetzung, dass der Imaginärteil stets größer ist als 1, erhält man aus Gl. (5.19)

R = 20 lg

ωm′′ cos ϑdB. 2̺0 c0

(5.20)

Gl. (5.20) vereinfacht sich für senkrechten Schalleinfall zu

R(ϑ = 0◦ ) = 20 lg

ωm′′ dB. 2̺0 c0

(5.21)

Die Schalldämmung ist für senkrechten Schalleinfall (ϑ = 0◦) am größten und nimmt mit zunehmendem Einfallswinkel ab. In der Praxis kommt jedoch sehr häufig der Fall vor, dass eine Platte durch diffusen Schalleinfall angeregt wird. Für diesen Fall kann die Schalldämmung in vereinfachter Form dadurch angegeben werden, dass das Schalldämm-Maß für den mittleren Einfallswinkel ϑ = 45◦ berechnet wird:     ωm′′  − 3dB. Rdiff = 20 lg (5.22) 2̺0 c0 Bei exakter Rechnung (Mittelung über alle Einfallswinkel ϑ = 0◦ bis 90◦) erhält man nach Beranek (1960) folgende Beziehung:   Rdiff = R(ϑ = 0◦ ) − 10 lg 0,23 R(ϑ = 0◦ ) dB; (5.23)

R(ϑ = 0◦ )  Schalldämm-Maß für senkrechten Schalleinfall nach Gl. (5.21). Die mit Gl. (5.23) berechnete Schalldämmung ist wesentlich niedriger als die nach Gl. (5.22) erhaltene. Aus praktischen Messungen folgt jedoch, dass Gl. (5.22) die tatsächlich vorhandene Schalldämmung besser beschreibt (s. Abb. 5.8). Die Ursache ist darin zu sehen, dass der streifende Schalleinfall in Räumen und Kapseln in geringerem Umfange auftritt als im ideal diffusen Schallfeld, das bei der Ableitung der Gl. (5.23) vorausgesetzt wurde. Aus den Gln. (5.20) bis (5.22) kann die Wirkung von zwei wichtigen Einflüssen abgeleitet werden: 1. Die Schalldämmung einer Platte ist umso besser, je schwerer diese ist:

R ∼ 20 lg

m′′ dB. m0′′

(5.24)

Wird die flächenbezogene Masse einer Platte verdoppelt, so kann die Schalldämmung um maximal 6 dB verbessert werden (Bergersches Massengesetz). 2. Die Schalldämmung einer Platte wächst mit ansteigender Frequenz:

R ∼ 20 lg

f dB. f0

(5.25)

220

W. Schirmer und J. Hübelt

Im Idealfall beträgt die Dämmungszunahme 6 dB je Frequenzverdoppelung. Bei endlichen Abmessungen bzw. geringer Dämpfung verschlechtert sich die Schalldämmung (s. Abschn. 5.3.1.2). Das Schalldämm-Maß nach Gl. (5.22) wird deshalb im Folgenden als maximales Schalldämm-Maß Rmax bezeichnet. Für die praktische Anwendung ist es zweckmäßig, wenn Gl. (5.22) als zugeschnittene Größengleichung bekannt ist. Diese lautet allgemein   ̺w d f + 20 lg − 105 dB + 20 lg Rmax = 20 lg (5.26) Hz mm kg/m3 und speziell für Stahlblech (in der Praxis wird sehr häufig Stahlblech als schalldämmendes Plattenmaterial verwendet, z. B. für die Kapselung lärmintensiver Maschinen)   d f + 20 lg − 27 dB. Rmax = 20 lg (5.27) Hz mm Die maximal möglichen Schalldämmungsverläufe nach Gl. (5.27) für Stahlblech mit 1 mm, 2 mm und 4 mm Dicke sind in Abb. 5.6 aufgetragen. In Gl. (5.27) und in Abb. 5.7 sind die Erhöhung des Schalldämm-Maßes und die Verringerung der Grenzfrequenz infolge der durch den Entdröhnungsbelag bewirkten Vergrößerung von Masse und Biegesteifigkeit nicht berücksichtigt. Dieses maximale Schalldämm-Maß Rmax wird erreicht, wenn der Verlustfaktor der entdröhnten Stahlplatte.  2 d ; ηgr ≈ 1000 (5.28) a

2a kleinste Plattenabmessung bzw. geringster Abstand von Versteifungen (s. Abb. 5.5) beträgt (Richtwert für homogene Platten aus Stahlblech nach Sonntag (1965). Eine weitere Vergrößerung des Verlustfaktors bringt keine bzw. nur noch eine geringfügige Erhöhung der Schalldämmung infolge der zusätzlichen Masse des Entdröhnungsbelages (s. Abb. 5.8).

5.3.1.2 Schalldämmung kleiner bzw. ungedämpfter Platten Die Schalldämmung von Platten mit kleinen Abmessungen bzw. von Platten mit geringer Dämpfung (kleiner Verlustfaktor) ist, im Gegensatz zu den im Abschn. 5.3.1.1 beschriebenen Platten, sowohl von der Massenträgheit als auch von der Biegesteifigkeit und insbesondere auch von den Abmessungen der Platten abhängig. Aufgrund der Untersuchungen von Sonntag (1965, 1966) beträgt das minimale Schalldämm-Maß derartiger Platten bei reiner Luftschallanregung durch ein diffuses Schallfeld   ωm′′ + 10 lg kB a − 3 dB. Rmin = 10 lg (5.29) 2̺0 c0 Dabei ist 2a die kleinste Plattenabmessung bzw. bei Platten mit Versteifungsrippen oder -sicken der kleinste Abstand der Versteifungen (s. Abb. 5.5). Gl. (5.29) ist auch gültig,

5 Luftschalldämmung

221

Abb. 5.5   Platte mit Versteifungen, 2a geringster Abstand der Versteifungen

wenn die kleinste Plattenabmessung 2a kleiner ist als die halbe Schallwellenlänge in Luft, d. h., wenn das anregende Schallfeld nicht diffus ist (Bericht Nr. 299 1967). Bei der Ableitung von Gl. (5.29) wurden die Entstehung und die Ausbreitung von freien Biegewellen auf der Platte infolge der Reflexion erzwungener Biegewellen an den Inhomogenitäten der Platten berücksichtigt. Diese Biegewellen bestimmen die Größe der Schalldämmung. Gl. (5.29) gilt für den Fall, dass die Dämpfungsverluste in der Platte nur durch die Schallabstrahlung verursacht werden (kleinste mögliche Dämpfung der Platte). Sind dagegen andere Verluste, z. B. infolge der Platteneinspannung, zu berücksichtigen, dann ergeben sich theoretisch mögliche Schalldämm-Maße, die über den nach Gl. (5.29) berechneten Werten liegen. Ergeben sich nach Gl. (5.29) größere SchalldämmMaße als nach Gl. (5.22), so sind nur die kleineren Werte sinnvoll. Als zugeschnittene Größengleichung lautet Gl. (5.29) allgemein   ̺w 2a cL f d + 10 lg + 10 lg − 5 lg − 36 dB (5.30) Rmin = 15 lg + 5 lg Hz mm m m/s kg/m3 und für Stahlblech

Rmin =



 d a f + 5 lg + 10 lg − 12 dB. 15 lg Hz mm m

(5.31)

√ Dabei ist cL = E/ρ die Schallgeschwindigkeit für Longitudinalwellen im betrachteten Plattenmaterial (s. Tab. 4.1). Aus der Gl. (5.30) ist ersichtlich, dass die Schalldämmung mit der Vergrößerung der Frequenz f , der Plattendichte ̺W und der kleinsten Plattenabmessung 2a anwächst. Die Plattendicke d hat wenig Einfluss auf die Schalldämmung. Für Stahlblechkapseln ohne Entdröhnung sollte deshalb nur Stahlblech von maximal 1,5 mm Dicke verwendet werden, da hierbei die Schalldämmung in dem meistinteressierenden Frequenzbereich noch nicht durch die Grenzfrequenz fc beeinflusst wird. Platten ohne Entdröhnung, mit denen eine hohe Schalldämmung erzielt werden soll, sind möglichst ohne Versteifungen auszuführen, da die freien Biegewellen umso schwächer abgestrahlt werden, je größer die Plattenabmessungen sind (s. Abschn. 4.5.3). Dies gilt im Wesentlichen nur für mittlere und hohe Frequenzen. Dagegen wird bei tiefen Frequenzen, wenn der kleinste Abstand der Versteifungen mit der Biegewellenlänge B nach Gl. (5.6) vergleichbar ist,

222

W. Schirmer und J. Hübelt

eine höhere Dämmung infolge der Massenerhöhung durch die Versteifungen, z. B. bei Verwendung von Profilmaterial, erreicht. In Abb. 5.6 sind die Schalldämmungsverläufe für das minimale und das maximale Schalldämm-Maß von Stahlblech mit 1, 2 und 4 mm Dicke nach den Gln. (5.27) und (5.31) aufgetragen. Die Kurven wurden nur für den Frequenzbereich eingezeichnet, in dem das Stahlblech als biegeweiche Schale wirkt ( fu bis fo < 0, 7fc). Dabei wurde als kleinste Plattenabmessung 2a = 0,2 m angenommen. Bei größeren Abmessungen erhöht sich das minimale Schalldämm-Maß auf

Rmin (a) = Rmin (0,1 m) + 10 lg

a dB. 0,1 m

(5.32)

Das Schalldämm-Maß Rmin (a) kann jedoch praktisch nicht größer werden als das Dämm-Maß Rmax nach Gl. (5.27). Durch eine zusätzliche Entdröhnung des Stahlbleches kann die Schalldämmung bei reiner Luftschallanregung maximal um den Betrag

Re = Rmax − Rmin

(5.33)

vergrößert werden. Ein Vergleich der in Abb. 5.6 eingetragenen Verläufe des minimalen und des maximalen Schalldämm-Maßes bzw. der Gln. (5.27) und (5.31) zeigt, dass die Schalldämmung dadurch im Wesentlichen nur bei hohen Frequenzen bzw. bei kleinen

Abb. 5.6  Theoretischer Verlauf des Schalldämm-Maßes einschaliger ebener Stahlblechwände unterhalb der Grenzfrequenz für diffusen Schalleinfall

5 Luftschalldämmung

223

Plattenabmessungen merklich verbessert werden kann. Nach Abb. 5.6 beträgt die maximale Verbesserung z. B. für die Frequenz f = 2000 Hz sowie für die Plattendicke d = 1 mm bei der Plattenabmessung 2a = 0,2 m Re = 11 dB, dagegen bei 2a = 1,5 m nur Re = 2 dB. Danach ist das Entdröhnen des Stahlbleches bei reiner Luftschallanregung nur bei kleinen Plattenabmessungen bzw. bei der Übertragung hoher Frequenzen sinnvoll. Der maximal erforderliche Verlustfaktor ist in Gl. (5.28) angegeben. Die Richtigkeit der für die Schalldämmung unterhalb der Grenzfrequenz angegebenen theoretischen Beziehungen soll durch folgende Messwerte, die Sonntag (1965, 1966) bei der Untersuchung von Kapseln aus Stahlblech erhalten hat, bestätigt werden: In Abb. 5.7 ist das Schalldämm-Maß von zwei Kapseln aus 1 mm dickem Stahlblech aufgetragen. Unterhalb der Grenzfrequenz fc stimmen die Messwerte und die nach Gl. (5.31) theoretisch zu erwartenden minimalen Schalldämm-Maße sehr gut überein. Abb. 5.8 zeigt den Einfluss einer zusätzlichen Entdröhnung. Ohne Entdröhnung ergibt sich wieder eine gute Übereinstimmung zwischen der Messung und der Theorie (Rmin). Aber auch die für das entdröhnte Stahlblech gemessenen Schalldämm-Maße nähern sich den theoretisch maximal möglichen Dämmungswerten (Rmax) recht gut. Bei den Versuchen waren zwei Entdröhnungen mit unterschiedlichem Verlustfaktor η ≈ 0,02 (Kurve b in Abb. 5.8) bzw. η ≈ 0,1 (Kurve c), bestimmt jeweils für die Frequenz f = 1000 Hz, untersucht worden. Andererseits ergibt sich der für optimale Entdröhnung erforderliche Verlustfaktor nach Gl. (5.28) Abb. 5.7   Schalldämm-Maß von Kapseln aus 1 mm dickem Stahlblech. a Abmessungen 0,24 m · 0,24 m · 1 m, b Abmessungen 0,5 m · 0,5 m · 0,5 m, c theoretischer Verlauf nach Gl. (5.31), fc ≈ 12000 Hz (s. Gl. (4.12))

224

W. Schirmer und J. Hübelt

Abb. 5.8   Schalldämm-Maß einer Kapsel aus 1 mm dickem Stahlblech ohne und mit Entdröhnung, Kapselabmessungen 0,5 m · 0,5 m · 1 m. a Blech ohne Entdröhnungsbelag, η ≈ 0,001, b Blech mit Entdröhnungsbelag, η ≈ 0,02, c Blech mit Entdröhnungsbelag, η ≈ 0,1, d theoretischer Verlauf für geringe Verluste nach Gl. (5.29), e theoretischer Verlauf für hohe Verluste nach Gl. (5.22), f theoretischer Verlauf für hohe Verluste nach Gl. (5.23), fc ≈ 12000 Hz (s. Gl. (4.12))

zu ηgr ≈ 0,016. Dieser optimale Wert war bei den beiden Varianten überschritten. Eine größere Schalldämmung konnte deshalb auch bei der Entdröhnung mit dem höheren Verlustfaktor nicht erreicht werden.

5.3.2 Schalldämmung oberhalb der Grenzfrequenz Oberhalb der Grenzfrequenz fc, d. h. für biegesteife Schalen, ergibt sich bei diffusem Schalleinfall das Schalldämm-Maß nach (Möser und Kropp 2010) zu   f 2η ωm′′ dB. + 10 lg + 10 lg Rdiff = 20 lg (5.34) 2̺0 c0 fc π Danach wächst die Schalldämmung in diesem Frequenzbereich stärker an als unterhalb der Grenzfrequenz, und zwar mit 9 dB je Frequenzverdopplung. Außerdem vergrößert sich die Schalldämmung nach Gl. (5.34) um 6 dB bei Verdopplung der flächenbezogenen Masse m′′ bzw. um 3 dB bei Verdopplung des Verlustfaktors η der Plattenausführung. Da der Verlustfaktor aber nicht nur durch das Material, sondern im Wesentlichen durch die Verluste an den Einspannstellen der Platten bestimmt wird, können bei gleichem Plattenmaterial unterschiedliche Schalldämm-Maße auftreten. Das Schalldämm-Maß Rdiff bleibt jedoch stets unter den Werten von Gl. (5.22) (Heckl und Donner 1985).

5 Luftschalldämmung

225

5.3.3 Zusammenfassung Die Prinzipverläufe des Schalldämm-Maßes für ebene homogene Platten sowie für großen und kleinen Verlustfaktor sind für diffusen Schalleinfall in Abb. 5.9 über der Frequenz aufgetragen. Danach ist die Schalldämmung bei den Eigenfrequenzen fBm,n, besonders bei der Grundeigenfrequenz (s. Abschn. 4.3), am geringsten. In dem Frequenzbereich zwischen den Eigenfrequenzen fBm,n und der Koinzidenzgrenzfrequenz fc (bzw. der Koinzidenzfrequenz fcϑ (ϑ) bei Schalleinfall unter einem definierten Einfallswinkel ϑ) wächst die Schalldämmung mit ansteigender Frequenz an, und zwar bei großer Dämpfung, d. h. bei großem Verlustfaktor, bzw. bei großen Platten mit 6 dB je Frequenzverdopplung infolge der Massenträgheitswirkung und bei kleiner Dämpfung bzw. bei kleinen Plattenabmessungen mit 4,5 dB je Frequenzverdopplung infolge der Massen- und Steifigkeitswirkung. Im Bereich des Koinzidenzeffektes kompensieren sich die phasenmäßig entgegengesetzten Wirkungen der Massenträgheit und der Steifigkeit. Es ergibt sich somit ein Schalldämmungseinbruch, der umso größer ist, je geringer der Verlustfaktor der Plattenausführung ist. Oberhalb der Grenzfrequenz wächst die Schalldämmung zunächst mit 9 dB je Frequenzverdopplung an. Die Schalldämmungskurven für unterschiedlichen Verlustfaktor verlaufen in diesem Frequenzbereich nahezu parallel. Im unteren Frequenzbereich ist die Schalldämmung von der Randeinspannung der Wand beeinflusst (federbestimmt). Abb. 5.9   Prinzipverlauf der Schalldämmung einschaliger am Rand eingespannter ebener Wände für diffusen Schalleinfall. a große bzw. gedämpfte Platten, b kleine bzw. ungedämpfte Platten, η Verlustfaktor, fc Koinzidenzgrenzfrequenz, fbn Eigenfrequenzen der Wand

226

W. Schirmer und J. Hübelt

5.4 Spezielle Wandarten 5.4.1 Rohrwandungen Das Schalldämmungsverhalten von Rohren ist aufgrund der Arbeiten von Cremer (1955) und M. Heckl (1957, 1958) hinreichend bekannt. Der Rohrschalldämmung RR wird dabei die Messvorschrift für das Schalldämm-Maß für Trennwände zwischen Räumen mit diffusem Schallfeld zugrunde gelegt und zwar auch dann, wenn sich im Innern des Rohres kein diffuses Schallfeld ausbilden kann. Dadurch sind alle auftretenden Größen leicht messbar. Der prinzipielle Frequenzgang der Schalldämmung von Rohren ist in Abb. 5.10 für schmalbandige Anregung gezeigt. Kennzeichnend sind Schalldämmungseinbrüche bei den Durchlassfrequenzen, bei denen das Verhältnis Rohrinnendurchmesser 2ri zu Schallwellenlänge F im Fluid, das sich im Rohrinnern befindet, charakteristische Werte annimmt. Diese Frequenzen (Fluid-Rohrquermoden) können nach Gl. (5.35) berechnet werden:

fDn = κn

cF 2πri

(5.35)

mit (nach (VDI 3733 1996)) n

1

2

3

4

5

6

κn

1,84

3,05

3,83

4,20

5,33

6,71

0,59

0,97

1,2

1,5

1,7

2,1

2ri F

=

κn π

cF    Schallgeschwindigkeit im Fluid, s. Tab. 5.1, 2ri  Rohrinnendurchmesser.

Abb. 5.10   Prinzipverlauf der Schalldämmung von Rohren. RRm = RR nach Gl. (5.62) mit Rn = 9 dB

5 Luftschalldämmung

227

Tab. 5.1  Eigenschaften von Gasen und Flüssigkeiten bei einem Druck p_ = 1000 hPa (VDI 3733 1996) Gas bei 0 °C

cF m/s

̺F kg/m3

Flüssigkeit bei 20 ◦ C

cF m/s

̺F kg/m3

Ammoniak

415

0,771

Ethylalkohol

1180

789

Ethylen

322

1,261

Erdöl

Erdgas (Mittelwert)

402

0,81

1300 bis 1520

1040 bis 700

Gichtgas

337

1,28

Kohlendioxid

260

1,977

Hydrauliköl luftfrei mit Lufteinschluss

1280 1050

900 900

Luft

331

1,276

Meerwasser bei 10 ◦ C

1481

1020

Luft bei 20 °C

343

1,189

(3, 2 % Salz)

Methan

427

0,717

Methylalkohol

1123

792

Sauerstoff

312

1,429

Tetrachlorkohlenstoff

938

1595

Schwefeldioxid

210

2,926

Transformatorenöl

1425

895

Stickstoff

335

1,251

Wasser bei 10 ◦ C

1440

1000

1258

0,090

(Leitungswasser)

478

0,598

Wasserstoff Wasserdampf bei 100 C ◦

Ferner tritt ein Schalldämmungseinbruch bei der Ringdehnungsfrequenz auf, bei der die Longitudinalwellenlänge in der Rohrwandung gleich dem Rohrumfang ist:

fR = cL

cL ; 2πri

(5.36)

Longitudinalwellengeschwindigkeit in der Rohrwandung (s. Tab. 4.1).

Für ein Stahlrohr DN 250 mit dem Fluid Luft bei 20 ◦ C und 1000 hPa wird z. B. fD1 = 800 Hz und fR = 6,5 kHz. Unterhalb von fD1 steigt die Schalldämmung nach den tiefen Frequenzen zu an. Die Schalldämmung ist abhängig von der Schwingungsform der Schallquelle und von der Rohrlänge. Oberhalb von fR verhält sich die Rohrwand akustisch etwa wie eine ebene Platte. Die Schalldämmung der Rohrwand RR lässt sich mit folgender Beziehung rechnerisch abschätzen (VDI 3733 1996):

RR = 10 lg

̺W cL d dB + Rn ; ̺F cF 2ri

̺W  Dichte des Rohrmaterials (s. Tab. 4.1), ̺F  Dichte des Fluids (s. Tab. 5.1), d  Wanddicke.

(5.37)

228

W. Schirmer und J. Hübelt

Für Rn können eingesetzt werden: • für Grobabschätzungen Rn = 9 dB als mittlerer Wert, gültig für dünnwandige Rohre (2ri /d > 10) im Frequenzbereich 1,5 c0 /cL < f /fR < 0,6, • falls pegelbestimmende Geräuschanteile im Frequenzbereich unterhalb fD1 bzw. oberhalb fR liegen, die frequenzabhängigen Näherungswerte nach Abb. 5.11, Kurve a (VDI 3733 1996), gültig für Stahlrohr. Nach Gl. (5.37) mit Rn = 9 dB ergibt sich beispielsweise für ein Stahlrohr DN 250 mit 6 mm Wanddicke und dem Fluid Luft bei 20 ◦ C und 1000 hPa in dem Frequenzbereich f > 1,5(c0 /cL )fR = 655 Hz bis f < 0,6 fR = 3,9 kHz das mittlere RohrschalldämmMaß RR = 43 dB. Abb. 5.12 zeigt den mit Gl. (5.37) erreichten Grad der Annäherung an erzielte Messergebnisse (Bericht Nr. 60.029.002 1981). An den Stellen der berechneten Durchlassfrequenzen fD1, fD2, fD5 und fD6 sowie der Ringdehnungsfrequenz fR zeigt der gemessene Schalldämmungsverlauf Einbrüche, die jedoch – außer bei fD2 – infolge der Messung in Terzen nicht sehr ausgeprägt sind. Das mittlere Schalldämm-Maß RR nach Gl. (5.37) mit Rn = 9 dB stimmt oberhalb der zweiten Durchlassfrequenz fD2 gut mit den Messwerten überein. Auch der Dämmungsanstieg unterhalb der niedrigsten Durchlassfrequenz ist gut erkennbar. Dagegen sind die Messwerte im Allgemeinen wesentlich niedriger als die mit den frequenzabhängigen Näherungswerten nach Abb. 5.11, Kurve a berechneten Schalldämm-Maße. Zur Verminderung der Schallabstrahlung von Rohrleitungen ist eine schalldämmende Ummantelung, ähnlich einer Wärmeisolierung, geeignet. Sie besteht aus einem dünnen Blechmantel aus Stahl oder Aluminium (d ≈ 0,5 bis 1 mm) und zwischen Rohrwand und Mantel liegendem Schallabsorptionsmaterial mit möglichst hoher längenspezifischer Strömungsresistanz (� > 20 · 103 Ns/m4), z. B. Mineralwolle, s. Abschn. 6.3.6. Die Verbesserung der Schalldämmung, die damit erreicht werden kann, beträgt in Abhängigkeit von der Frequenz f nach (VDI 3733 1996) für f > fr

Abb. 5.11   Korrekturglied Rn für das SchalldämmMaß von Stahlrohren nach Gl. (5.37), (VDI 3733 1996). a zur Anwendung empfohlene frequenzabhängige Näherungswerte, b und c maximaler Streubereich von Messwerten, d Rn = 9 dB für 1,5 c0 /cL < f /fR < 0,6

5 Luftschalldämmung

229

Abb. 5.12   Schalldämm-Maß eines Stahlrohres DN 250, Wanddicke: 6 mm, Rohrlänge: 3 m , Fluid: Luft bei 20 ◦ C und 1000 hPa, Anregung: diffuses Schallfeld mit Terzrauschen. a Messwerte, vgl. (Bericht Nr. 60.029.002 1981), b Rechenwerte nach Gl. (5.37) mit Rn = 9 dB, c Rechenwerte nach Gl. (5.37) mit frequenzabhängigen Näherungswerten nach Abb. 5.11, Kurven d1 und d2 maximaler Streubereich nach Abb. 5.11, Kurven, dort mit b und c bezeichnet

f 40 lg dB 0,12 1 + da 2, 2fr

(5.38)

60 f¨ur m′′ >> mw′′ fr = √ m′′ d ′

(5.39)

RI ≈ mit

[vgl. Gl. (5.45)], Falls ω0 ̺0 ≤ 0,1 � ist, muss berücksichtigt werden, dass die Kompression isotherm fr verläuft, damit ist fr,iso ≈ 1,18 Eigenfrequenz des Blechmantels in Hz, fr   m′′  flächenbezogene Masse des Mantels in kg/m2, mw′′   flächenbezogene Masse der Rohrwand in kg/m2, da  Rohraußendurchmesser in m, d ′  Luftabstand zwischen Rohrwand und Mantel in m. Für das Schalldämm-Maß des isolierten Rohres gilt.

RRI = RR + RI ; RR  Schalldämm-Maß des unisolierten Rohres, gemessen oder berechnet, RI  Verbesserung der Schalldämmung nach Gl. (5.38).

(5.40)

230

W. Schirmer und J. Hübelt

Abb. 5.13   Verbesserung der Schalldämmung RI von Rohren durch eine Ummantelung, vgl. (Bericht Nr. 60.029.002 1981); Einfluss von Isoliermaterial, Abstandshaltern und Entdröhnung des Mantels. Rohr: Stahl, DN 250, Wanddicke 6 mm; Isolierung: Dicke 60 mm; Mantel: Stahlblech, Wanddicke 0,5 mm; Fluid und Anregung: s. Abb. 5.12

Kurve

Isoliermaterial

a

Mineralwollmatte,

b

Filz, 135 kg/m3

c

PU-Weichschaum,

d

siehe a

110 kg/m3 45 kg/m3

Abstandshalter

Entdröhnung

ohne

ohne

ohne

ohne

ohne

ohne

2 Stück,

ohne

0,7 m Abstand e

siehe a

f

Verbesserung nach Gl. (5.38) für nichtentdröhntes Stahlblech

siehe d

mit

Untersuchungen von Rohrummantelungen, vgl. (Bericht Nr. 60.029.002 1981), zeigen gemäß Abb. 5.13: • Bei hohen Frequenzen ergeben sich zum Teil erhebliche Abweichungen von den nach Gl. (5.38) berechneten Verbesserungen. • Durch Verwendung von Schallabsorptionsmaterial mit fasriger Struktur und einer Dichte von etwa 100 kg/m3 können wirksame Verbesserungen erreicht werden. • Starre Abstandshalter verschlechtern die Wirkung der Ummantelung wesentlich. Deshalb sind nach Möglichkeit Abstandshalter ganz zu vermeiden oder z. B. weiche Gummimetallelemente einzufügen. • Auch durch eine Entdröhnung des Blechmantels kann der Einfluss starrer Abstandshalter nicht vollständig aufgehoben werden.

5 Luftschalldämmung

231

5.4.2 Doppelwände Bei einschaligen Wänden ist zur Erzielung einer guten Schalldämmung eine große flächenbezogene Wandmasse erforderlich. Diese schweren Wände können vermieden werden, wenn die Wände doppelschalig sind. Zwischen den beiden Einzelschalen ist dabei eine Schicht, z. B. Luft erforderlich, in der zur Bedämpfung der Stehwellen innerhalb dieses Wandzwischenraumes schalldämpfendes Material anzubringen ist. In Abb. 5.14 werden derartige doppelschalige Ausführung gezeigt. In der Praxis kann eine ideale Doppelwand, bei der die Schallübertragung nur über die Luftschicht erfolgt (Weg A in Abb. 5.14a), sehr schwer verwirklicht werden. Meist kommen die Schallübertragungen über die gemeinsame Befestigung der Wandschalen am flankierenden Bauteil (Weg B) und über etwaige starre Verbindungen zwischen den Wandschalen (Weg C) noch hinzu. Dadurch wird jedoch die maximal erzielbare Dämmwirkung herabgesetzt. Die Wirkung der Bedämpfung des Wandzwischenraumes ist aus Abb. 5.15 ersichtlich. Danach kann die optimal mögliche Verbesserung der Schalldämmung durch eine zweischalige Wand im Vergleich zur gleichschweren Einfachwand (s. Kurve d) nur erreicht werden, wenn der Wandzwischenraum vollständig mit Absorbermaterial ausgefüllt wird. Durch das Einbringen des Dämmstoffes darf jedoch die Kopplung zwischen den Wandschalen nicht zusätzlich versteift werden. Als Dämmstoff ist offenporiges Absorbermaterial mit einem längenbezogenen Strömungswiderstand � ≧ 5 · 103 Ns/m4 (s. Abschn. 6.5.1) zu verwenden. a

b

Abb. 5.14    Doppelschalige Wandkonstruktionen, a Schallübertragungswege bei einer GKDoppelwand. Weg A über die Luftschicht, Weg B über die gemeinsame Befestigung der Wandschalen am flankierenden Bauteil, Weg C über starre Verbindungen zwischen den Wandschalen, b leichte Schale vor schwerem Bauteil, hier am Beispiel der biegeweichen Vorsatzschale vor einer ′′ ′′ schweren biegesteifen Betonschale auf Dämmschicht mit hoher Gefügesteifigkeit; m1 , m2 flächenbezogene Massen, dL Abstand zw. den Schalen

232

W. Schirmer und J. Hübelt

Abb. 5.15   Verbesserung der Schalldämmung R durch zweischalige Wände aus 12,5 mm dicken Gipskartonplatten mit 60 mm Wandabstand nach (Gösele und Panday 1971; Fasold et al. 1987). Wandzwischenraum a ohne Absorbermaterial, b mit 10 mm dicker Mineralwollmatte, c mit Mineralwollmatten vollständig ausgefüllt, d Rechenwerte nach Gl. (5.48)

An dieser Stelle sei noch darauf hingewiesen, dass die frequenzabhängige Schalldämmung von Doppelwänden durch Messung bestimmt werden sollte. Es existieren keine exakten Berechnungsverfahren zur Vorausbestimmung. Eine Verfahren zur näherungsweisen Berechnung der Wirkung von Doppelwänden mit Berücksichtigung der Steifigkeit der Stützkonstruktion nebst der Angabe von Messergebnissen findet sich jedoch in (Fahy und Gardonio 2007). In der (DIN 4109–33 2016) werden darüber hinaus ′ Angaben zum Einzahlwert, der bewerteten Schalldämmung Rw, von Doppelschalen anhand eines Bauteilkatalogs gemacht. Im Folgenden sollen deshalb nur die die Schalldämmung wesentlich beeinflussenden Faktoren prinzipiell erläutert werden.

5.4.2.1 Schallübertragung über die Luftschicht Erfolgt die Schallübertragung nur über die Luftschicht, dann ergibt sich der in Abb. 5.16 (Kurve a) gezeigte theoretische Schalldämmungsverlauf (mit Berücksichtigung des Koinzidenzeffektes). Außerdem ist in diesem Bild die nach dem Massegesetz (s. Abschn. 5.3.1.1) für die gleichschwere Einfachwand zu erwartende Dämmkurve (Kurve b) aufgetragen. Aus dem Dämmungsverlauf für die Doppelwand ist ersichtlich, dass die Schalldämmung mehrere Einbrüche aufweist. Darüber hinaus verläuft die Dämmungskurve oberhalb der unteren Resonanzfrequenz fr wesentlich steiler als die Dämmung nach dem Massegesetz. Die Charakteristika sind im Einzelnen: Resonanzfrequenz bei tiefen Frequenzen Die große Durchlassfähigkeit bei tiefen Frequenzen wird durch eine Resonanz der beiden ′′ ′′ Wandmassen m1 und m2 mit der Feder der zwischen den Wandschalen eingeschlossenen Luft bzw. des dort angeordneten Dämmstoffes verursacht. Diese Resonanzfrequenz fr ergibt sich bei senkrechtem Schalleinfall nach z. B. (Fasold und Veres 2003) zu

5 Luftschalldämmung

233

Abb. 5.16   Prinzipverlauf der Schalldämmung als Funktion der Frequenz f , a Doppelwand aus biegeweichen Schalen, b gleichschwere Einfachwand (nach Massegesetz), für die Doppelschale ist der Einbruch der Schalldämmung bei der Koinzidenzgrenzfrequenz fc angedeutet. Für die Einschale ist diese Frequenz aufgrund der doppelten Dicke d des Bauteils um den Faktor 2 größer. Aus diesem Grund ist der Einbruch für dieses Bauteil hier nicht dargestellt

fr = 160



s′

m1′′ + m2′′ ; m1′′ m2′′

(5.41)

fr  in Hz, m1′′ , m2′′  flächenbezogene Masse der Schale 1 bzw. 2, s′  dynamische Steifigkeit der Luftschicht oder des Dämmstoffes zwischen den Wandschalen in MN/m3, Orientierungswerte für s′ in Tab. 4.1, Messung von s′ in Anlehnung an (DIN EN 29052 1992). Wird der Hohlraum zwischen den Schalen mindesten zu 70 % durch Mineralwolle mit einem Strömungsresistanz von 10 kNs/m4 ≤  ≤ 50 kNs/m4 gefüllt (die Schalen ρ c2 berühren sich nicht) kann die dynamische Steifigkeit der Luftfeder mit s′ = d0L 0 (Einheit MN) in die Berechnung einbezogen werden. Aus Gl. (5.41) wird somit (hier wird adiabatische Kompression unterstellt, s. Abschn. 6.4.1):   0, 14 m1′′ + m2′′ 1 m1′′ + m2′′ ≈ 60 ; fr ≈ 160 (5.42) dL m1′′ m2′′ dL m1′′ m2′′

dL  Abstand der Schalen in m (s. Abb. 5.14a). Falls nach Gl. (6.8) f ≤ 0,015 ρ�0 ist, muss berücksichtigt werden, dass die Kompression isotherm verläuft. Damit ist

friso ≈

fr . 1,18

(5.43)

234

W. Schirmer und J. Hübelt

Für f < 125 Hz und  ≈ 10 kNs/m4 findet nach o.g. Bedingung isotherme Kompression im Luftvolumen statt. Hinweis: In (DIN 4109–34 2016) wird fr um dem Faktor 0,9 kleiner als nach Gl. (5.42) in Verbindung mit (5.43) berechnet. Für den häufigen Fall, dass beide Schalen wie in Abb. 5.14a die gleiche flächenbezogene Masse m1′′ = m2′′ = m′′ besitzen, vereinfacht sich Gl. (5.43) weiterhin zu

fr ≈ 85



1 . dL m′′

(5.44)

Für tiefe Frequenzen sind wieder die Anmerkungen zu Gl. (5.43) zur isothermen Kompression zu berücksichtigen. Wird hingegen eine leichte Vorsatzschale mit der flächenbezogenen Masse m1′′ vor einem sehr schweren Bauteil mit der flächenbezogenen Masse m2′′ ≫ m1′′ angebracht, gilt folgende Beschreibung:

fr ≈ 60



1

. m1′′ dL

(5.45)

Dabei sollte der Hohlraum ebenfalls mit einem lose eingebrachten porösen Dämmstoff (5 kNs/m4 ≤  ≤ 50 kNs/m4) gefüllt sein. Auch an dieser Stelle sei die Anmerkung erlaubt, dass nach (DIN 4109–34 2016) fr um dem Faktor 0,9 geringer berechnet wird. Wird die leichte Schale direkt auf einer Dämmschicht mit höherer Gefügesteifigkeit im Abstand dL angebracht, z. B. auf einem Schaumstoff-Stützkern (Abb. 5.14b), ist:  fr = 160 s′ /m′′ . (5.46) Die Resonanz kann dann im Bereich 1 kHz liegen. Im Zweifelsfall gilt stets die höhere Resonanzfrequenz. Je nach der Größe von fr ist mit den Gln. (5.42), (5.44) und (5.45), gültig für adiabatische Kompression, oder mit einer Modifikation für isotherme Kompression nach Gl. (5.43) zu rechnen. Bei der Resonanzfrequenz wird die Dämmwirkung wesentlich geringer als die der Einfachwand gleicher Masse. Durch die Wahl von Wandschalen mit großer Masse, eines großen Abstandes und einer geringen dynamischen Steifigkeit der durch den Dämmstoff gebildeten Feder kann diese Resonanzfrequenz unterhalb des interessierenden Frequenzbereiches gelegt werden. Dämmungseinbrüche bei hohen Frequenzen Beim Fehlen der Bedämpfung des Wandzwischenraumes werden Dämmungseinbrüche bei hohen Frequenzen durch die Ausbildung stehender Wellen in der Luftschicht zwischen den beiden Wandschalen verursacht, und zwar treten diese dann auf, wenn der Abstand der beiden Wandschalen.

dL = n /2 mit n = 1, 2, 3, 4 . . .

5 Luftschalldämmung

235

beträgt. Für die Einbruchsfrequenzen gilt:

fn = n

170 ; dL

(5.47)

fn in Hz, dL in m, n = 1, 2, 3 . . . Diese Dämmungseinbrüche können vermieden werden, wenn in dem Luftzwischenraum schallabsorbierendes Material, z. B. Mineralwollbahnen, angebracht wird (s. Abb. 5.15). Dämmungsanstieg bei mittleren Frequenzen Der Dämmungsverlauf zwischen den beiden charakteristischen Frequenzen fr und f1 steigt wesentlich steiler an als der nach dem Massegesetz für eine gleichschwere homogene Wand. Die durch Anbringen einer zweiten Wandschale zu erwartende Verbesserung der Schalldämmung R beträgt nach z. B. (Cremer 1952; Fahy und Gardonio 2007; Fasold et al. 1987) für senkrechten Schalleinfall

f R = 40 lg dB fr

(5.48)

und nach (Gösele und Panday 1971; Fahy und Gardonio 2007; Fasold et al. 1987) für statistischen Schalleinfall   f Rdiff = 40 lg − 3 dB (5.49) fr mit fr nach Gln. (5.41) bis (5.46). Eine detaillierte Herleitung nebst der Angabe von Messergebnissen findet sich in (Fahy und Gardonio 2007). Dort wird außerdem der Einfluss der Steifigkeit der Stützprofile sehr ausführlich diskutiert. Durch Kombination der Gln. (5.49) und (5.26) gilt für das maximale SchalldämmMaß Rdiff max der Gesamtwand im Bereich oberhalb der Resonanzfrequenz fr bis zur Stehwellenfrquenz f1   f ̺w f d + 40 lg + 20 lg − 108 dB. Rdiff max = 20 lg + 20 lg (5.50) Hz fr mm kg/m3 Damit ergeben sich ein Anstieg der Schalldämmungsverbesserung R von 12 dB je Frequenzverdopplung und ein idealer Anstieg für die Schalldämmung Rdiff max der Gesamtwand von 18 dB je Frequenzverdopplung (s. Abb. 5.16), zumindest für den Bereich unterhalb von f1. Oberhalb dieser Frequenz steigt die Schalldämmung dann ungefähr mit 12 dB je Frequenzverdopplung, bis unterhalb von fc.

5.4.2.2 Schallübertragung über die gemeinsame Einspannstelle und über starre Verbindungen zwischen den Wandschalen Die Schallübertragungen über die gemeinsame Einspannstelle (Weg B in Abb. 5.14) und über starre Verbindungen zwischen den beiden Wandschalen (Weg C) sind für praktisch ausgeführte Doppelwände bei mittleren und hohen Frequenzen von Bedeutung.

236

W. Schirmer und J. Hübelt

Im Folgenden soll erläutert werden, wie der Einfluss dieser Übertragungswege auf die Schalldämmung möglichst klein gehalten werden kann. Die bei schrägem Schalleinfall auf der lärmquellenseitigen Wandschale angeregten erzwungenen Biegewellen regen über die Einspannstelle bzw. über starre Verbindungen die zweite Wandschale zu freien Biegewellen an. Je nachdem, ob die zweite Schale biegesteif oder biegeweich ist, erfolgt von dieser Schale bei gleicher Schwingungsamplitude eine starke oder eine geringe Schallabstrahlung (s. Abschn. 4.5.3). Außerdem ist bei dünnen, biegeweichen Schalen und schweren flankierenden Bauteilen die Schwingungsübertragung über Weg B geringer als bei dicken, biegesteifen. Bei Doppelwänden sollte deshalb zumindest eine der beiden Wandschalen biegeweich sein, d. h., eine Schale sollte eine Grenzfrequenz oberhalb des übertragenen Frequenzbereiches haben, z. B. fc > 3000 Hz. Die Wirkung der Schallübertragung über die Wege B und C wird dann weitestgehend unterbunden. Voraussetzung dafür ist, dass durch die Verbindungen zwischen den Wandschalen die Biegesteifigkeit der Schalen nicht beeinflusst wird. Die Übertragung über die Einspannstelle kann dadurch vermieden oder vermindert werden, dass zumindest eine der beiden Schalen durch einen weichen Dämmstoff von der Einspannstelle körperschallisoliert wird. Das gleiche gilt für Verbindungen zwischen den Wandschalen. Bei starren Verbindungen, z. B. durch Mörtelbrücken, wirkt eine Doppelwand aus biegesteifen Schalen akustisch wie eine gleichschwere einschalige Ausführung. In Abb. 5.17 ist die Schalldämmung einer Doppelwand aus Sperrholz aufgetragen (Gösele 1952). Bei dieser Doppelwand sind beide Holzplatten durch Holzleisten starr

Abb. 5.17   Gemessenes Schalldämm-Maß einer Doppelwand aus Sperrholzplatten mit starr verbundenen Schalen, 10 mm Plattendicke. a Doppelwand, b Einfachwand, Angaben im Bild in cm, fc ≈ 2000 Hz

5 Luftschalldämmung

237

miteinander verbunden. Trotz dieser Schallbrücken ist die akustische Wirkung einer Doppelwand erkennbar. Die Ursache dafür ist, dass die Platten unterhalb der Grenzfrequenz fc ≈ 2000 Hz biegeweich sind. Infolge des geringen Luftabstandes der Platten (30 mm) und der geringen Plattenmasse (7 kg/m2) wirkt die Wand jedoch erst oberhalb etwa 400 Hz als doppelschalige Ausführung (errechnete Resonanzfrequenz fr ≈ 200 Hz). Der Einbruch oberhalb 2000 Hz ist auf den Koinzidenzeffekt zurückzuführen. Zum Vergleich ist die gemessene Schalldämmung einer einschaligen Holzplatte eingezeichnet.

5.4.2.3 Biegeweiche Vorsatzschalen Die Schalldämmung eines biegesteifen, einschaligen Bauteiles, z. B. einer Wand, einer Decke oder eines dickwandigen Maschinengehäuses, kann dadurch erhöht werden, dass vor diesem mit Luftabstand eine biegeweiche Vorsatzschale angebracht wird, s. Abb. 5.14 b. Diese Anordnung ist ein Spezialfall der im Abschn. 5.4.2 beschriebenen Doppelwände. Die resultierende Schalldämmung ist dann. R = R1 + Rv ;

(5.51)

R1  Schalldämmung der biegesteifen Wand, Rv  Verbesserung der Schalldämmung durch Vorsatzschale. Die Voraussetzung für die im folgenden angegebenen Verbesserungen des SchalldämmMaßes sind (Möser und Kropp 2010, S. 496 ff.): • Die Grenzfrequenz der biegesteifen Schale liegt unterhalb des interessierenden Frequenzbereiches, z. B. fc1 < 200 Hz. • Die Grenzfrequenz der biegeweichen Vorsatzschale liegt oberhalb des interessierenden Frequenzbereiches, z. B. fc2 > 2000 Hz. • Die Vorsatzschale besteht aus einem Material mit hoher Dämpfung (hoher Verlustfaktor). • Die Schallübertragung erfolgt über die Luftschicht (Weg A in Abb. 5.14) und über starre Verbindungen (Weg C). Für Weg A ergibt sich die Verbesserung des Schalldämm-Maßes mit Rv = R nach Gl. (5.48). Für Weg C gelten bei punktförmigen Verbindungen zwischen den Wandschalen

�Rv = 10 lg

Rv =



 v12 fc22 S π 3 dB,  v22 c02 n 8

 n fc2 v˜ 1 2 − 10 lg 1 m + 15 dB 20 lg + 20 lg v˜ 2 1 kHz S

und bei linienförmigen Verbindungen

(5.52)

(5.53)

238

W. Schirmer und J. Hübelt

�Rv = 10 lg

Rv =



v˜ 12 fc2 b π dB, v˜ 22 c0 2

 b fc2 v˜ 1 + 10 lg + 7 dB. 20 lg + 10 lg v˜ 2 1 kHz 1m

(5.54)

(5.55)

Bei linienförmigen Verbindungen ergeben sich geringere Verbesserungen. Deshalb sollte diese Verbindungsart möglichst vermieden werden. In den Gln. (5.52) bis (5.55) bedeuten:

v˜ 1  Schnelle der biegesteifen Wandschale, v˜ 2  Schnelle der Vorsatzschale an den Befestigungen, fc2 Koinzidenzgrenzfrequenz der Vorsatzschale, S  Wandfläche, b  senkrechter Abstand zwischen zwei linienförmigen Schallbrücken, n  Anzahl der Schallbrücken. Die zu erwartende Schalldämmungsverbesserung Rv ist der niedrigere der beiden nach den Gln. (5.48), (5.52) bzw. (5.48), (5.54) berechneten Werte. Bei tiefen Frequenzen gelten die Gl. (5.48) und bei mittleren und hohen Frequenzen die Gln. (5.52) bzw. (5.54). Durch das Schnelleverhältnis v˜ 1 /˜v2 wird die Ankopplung der Vorsatzschale an die Wand gekennzeichnet. Bei völlig starren Verbindungen ist v˜ 1 /˜v2 = 1. Dem Wesen der biegeweichen Vorsatzschale entsprechend ergeben sich auch bei starren Verbindungen bereits wesentliche Verbesserungen. Da jedoch immer eine möglichst große Verbesserung angestrebt wird, ist es günstiger, die Vorsatzschale über geeignete körperschalldämmende, elastische Verbindungen zu befestigen. Es ist gleichgültig, auf welcher Seite der biegesteifen Wand die Vorsatzschale angebracht wird. Wird anstelle der biegeweichen Vorsatzschale eine biegesteife verwendet, beispielsweise vor Bauteilen in Gebäuden, so sind geringere Verbesserungen zu erwarten. Die Schalldämmung einer Einfachwand kann sogar durch eine biegesteife Vorsatzschale verschlechtert werden, wenn deren innere Dämpfung gering ist und außerdem viele Körperschallbrücken, z. B. in Form von Mörtelbrücken, auftreten. Die Ursache hierfür ist, dass auf einer leichten Platte bei starker Ankopplung eine größere Körperschallschnelle entstehen kann als auf der schweren Grundplatte (Möser und Kropp 2010). Für den Fall, dass die Grundplatte, an der die biegeweiche Vorsatzschale befestigt wird, nicht biegesteif, sondern auch biegeweich ist, sind die erreichbaren Verbesserungen ΔRv für den Schallübertragungsweg über starre Verbindungen (Weg C) niedriger als vorangehend beschrieben. Dieses ist besonders bei der Lärmbekämpfung an Maschinen und Anlagen zu beachten, da hierbei die zu betrachtenden Grundplatten meist biegeweich sind, d. h., die Grenzfrequenz dieser Bauteile liegt oberhalb des interessierenden Frequenzbereiches bzw. innerhalb dieses Bereiches. Die theoretischen Beziehungen für die Schalldämmungsverbesserung Rv ergeben sich aus den Gln. (5.52) und (5.54), indem der Abstrahlgrad σ der biegeweichen Grund-

5 Luftschalldämmung

239

platte, s. Gl. (4.62), in die Berechnungsvorschrift einbezogen wird. Danach gelten für den Weg C bei punktförmigen Verbindungen und den Frequenzbereich f ≦ fc1 /2

v˜ 2 f 2 �Rv ≈ 10 lg 12 c2 v˜ 2 fc1

Rv ≈





f U π dB, fc1 n 8c0

(5.56)

 fc2 fc1 f n v˜ 1 − 15 lg + 5 lg − 10 lg 1 m + 1 dB 20 lg + 20 lg v˜ 2 1 kHz 1 kHz 1 kHz U (5.57)

und bei linienförmigen Verbindungen

v˜ 2 fc2 �Rv ≈ 10 lg 12 v˜ 2 fc1

Rv ≈



20 lg



f Ub 1 dB, fc1 S 2π

(5.58)

 fc2 fc1 f Ub v˜ 1 + 10 lg − 15 lg + 5 lg + 10 lg − 8 dB. (5.59) v˜ 2 1 kHz 1 kHz 1 kHz S

Für die vorstehenden Gleichungen sind auch die Erläuterungen der Gln. (5.52) bis (5.55) gültig mit den Ergänzungen.

f   Frequenz, fc1  Grenzfrequenz der biegeweichen Grundplatte, U   Umfang der biegeweichen Grundplatte. Gl. (5.51) gilt auch für den Fall der biegeweichen Grundplatte. Zur Ermittlung der Schalldämmungsverbesserung in dem Übergangsgebiet fc1 /2 ≦ f ≦ fc1 sind die bei den Frequenzen f = fc1 /2 mit Gl. (5.56) oder (5.57) bzw. (5.58) oder (5.59) und f = fc1 mit Gl. (5.52) oder (5.53) bzw. (5.54) oder (5.55) berechneten Werte geradlinig zu verbinden. In Tab. 5.2 sind unter Verwendung von (Bruckmayer 1962), insbes. S. 211, geeignete Materialien für biegeweiche Vorsatzschalen zusammengestellt. Aufgrund praktischer Erfahrungen bei der Lärmbekämpfung an Maschinen werden die theoretisch möglichen Schalldämmungsverbesserungen Rv im Allgemeinen nicht erreicht (s. Abb. 5.18). Aus der Darstellung ist die große Bedeutung der Randabdichtung und der Bedämpfung des Luftraumes zwischen Grundplatte und Vorsatzschale mit Absorbermaterial ersichtlich. Die vorangegangene Betrachtung zur akustischen Wirkung der biegeweichen Vorsatzschale erfolgte aus der Sicht der Bauakustik. Da aber die biegeweiche Vorsatzschale mit einer integrierten Kapsel vergleichbar ist, kann die akustische Wirkung der Vorsatzschale bei tiefen Frequenzen ebenso mit Hilfe von Gl. (10.2) anstelle von Gl. (5.48) abgeschätzt werden. Nach beiden Verfahren sind unterschiedliche Ergebnisse zu erwarten. Zum

240

W. Schirmer und J. Hübelt

Tab. 5.2  Vorsatzschalen geringer Schallabstrahlung Baustoff

Dicke d in mm

flächenbezogene Masse m′′ in kg/m2

Grenzfrequenz fc in kHz

1-mm-Stahlblechplatte mit 3-mm-Entdröhnungbelag

4

11,7

9

2-mm-Stahlblechplatte mit 6-mm-Entdröhnungsbelag

8

23,4

4,5

Gipsplatte

10

10

3

Zementfaserplatte

6

8

4,5

25-mm-Holzwolleplatte mit 15-mm-Putz

40

30

2,5

Holzfaserdämmplatte

12

3

3

Abb. 5.18   Verbesserung der Schalldämmung Rv durch eine biegeweiche Vorsatzschale mit Einfluss der Abdichtung und der Bedämpfung des Wandzwischenraumes, vgl. (Rau 1969) Grundplatte: Stahlblech, 0,84 m · 0,5 m , 10 mm dick, fc1 = 1,2 kHz; Vorsatzschale: Stahlblech, 1 mm dick, entdröhnt; Befestigung: punktförmig, starr, mit vier Stahlbolzen; Wandabstand: 100 mm; a theoretischer Verlauf für Weg A nach Gl. (5.48), b theoretischer Verlauf für Weg C nach Gl. (5.56) oder (5.57), c geradlinige Verbindung der theoretischen Werte Rv bei 0,5 fc1 und fc1, d theoretischer Verlauf für Weg A nach Gl. (10.2), e ohne Randabdichtung der Vorsatzschale, f mit umlaufender Randabdichtung, g mit umlaufender Randabdichtung und Bedämpfung des Zwischenraumes

5 Luftschalldämmung

241

Vergleich wurde für das Beispiel von Abb. 5.18 die Pegelabsenkung nach Gl. (10.2) berechnet mit den folgenden Annahmen: • Das Stahlblech ist entdröhnt. Für das Schalldämm-Maß gilt R = Rmax gemäß Gl. (5.27). • Die gesamte biegeweiche Vorsatzschale ist schallabsorbierend verkleidet. Der Schallabsorptionsgrad ist mit der Kurve d = 100 mm von Abb. 6.5 identisch. Das Ergebnis wurde in Abb. 5.18 als Kurve d eingetragen. Danach liefert Kurve d eine bessere Übereinstimmung mit den Messwerten als Kurve a. Praktische Hinweise zur Realisierung von biegeweichen Vorsatzschalen an Maschinen und Anlagen: • Als Material für biegeweiche Vorsatzschalen wird im Maschinenbau üblicherweise 0,5 bis 1 mm dickes Stahlblech verwendet (s. Tab. 5.2). • Mit Bezug auf die Erläuterung der Gln. (5.52) bis (5.55) ist die Vorsatzschale nach Möglichkeit körperschallisoliert zu befestigen, d.  h., in den Körperschallübertragungsweg zwischen Maschinengehäuse und Vorsatzschale sind Körperschalldämmstellen einzubauen. Dafür sind u.  a. Gummimetallelemente geeignet. • Werden starre Verbindungen zwischen Vorsatzschalen aus Stahlblech und Maschinengehäuse verwendet, dann sind diese Vorsatzschalen zu entdröhnen (s. Abschn. 4.7.1). • Vorsatzschalen sollen möglichst mit punktförmiger Verbindung am Maschinengehäuse befestigt werden. • In den Luftraum zwischen Vorsatzschale und Maschinenkontur ist zur Bedämpfung schallabsorbierendes Material einzubringen. Dafür ist besonders Absorbermaterial geeignet, das maschinenseitig möglichst ganzflächig an der Vorsatzschale angeklebt werden kann. Dadurch kann eine zusätzliche Entdröhnung der Vorsatzschale entfallen. • Der Luftraum zwischen Maschinenkontur und Vorsatzschale ist an den Begrenzungen der Vorsatzschale nach außen möglichst so abzudichten, dass keine Schallabstrahlung erfolgen kann. Dabei sind jedoch bei im Freien eingesetzten Anlagen Möglichkeiten vorzusehen, wodurch der Zwischenraum belüftet bzw. eventuell vorhandenes Schwitzwasser oder anderweitig eingedrungene Feuchtigkeit abgeführt werden kann. • Die Anwendung biegeweicher Vorsatzschalen gestattet dem Konstrukteur einen großen Spielraum bei der Formgestaltung der Vorsatzschale, ohne dass deren Funktion eingeschränkt wird.

242

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5.5 Konstruktion aus mehreren Bauteilen Durch den Einbau von Bauteilen mit geringer Schalldämmung, z. B. eines Fensters, einer Tür oder einer Lüftungsöffnung, in eine Wand mit hoher Schalldämmung wird die resultierende Schalldämmung der zusammengesetzten Wand geringer. Die Abnahme der Schalldämmung hängt von der Dämmung und der Größe der Einbauten im Verhältnis zur Einbauwand ab. Aus τg (SWand + SE ) = τWand SWand + τE SE folgt für das Gesamtschalldämm-Maß Rg der zusammengesetzten Wand beispielsweise die Beziehung:

Rg = RWand − 10 lg

SWand SE

+ 10 1+

RWand −RE 10 dB

SWand SE

dB = RWand − R;

(5.60)

RWand  Schalldämm-Maß der Einbauwand ohne Einbauten, RE  Schalldämm-Maß der Einbauten, SWand  Fläche der Einbauwand abzüglich Fläche der Einbauten, SE  Fläche der Einbauten, R  Verminderung der Schalldämmung. Die Größe R, durch die die Abnahme der Schalldämmung gekennzeichnet wird, kann mit Hilfe des Nomogramms im Abb. 5.19 ermittelt werden. Dazu müssen die Differenz der Schalldämm-Maße der unterschiedlichen Bauteile und das Verhältnis von deren Flächen bekannt sein. Die Anwendung des Nomogramms zur Ermittlung der Schalldämmungsabnahme R geht aus folgendem Berechnungsbeispiel, für das die eingezeichnete Gerade gilt, hervor: RWand = 50 dB, SWand = 60 m2 und RE = 25 dB, SE = 1 m2. → SWand /SE = 60, RWand −RE = 25 dB, �R = 8 dB; Rg = RWand −�R = 50 dB−8 dB = 42 dB.

Die Schallübertragung zwischen zwei Räumen erfolgt nicht nur durch die Trennwand (Hauptweg), sondern auch über die in Abb. 5.20 gezeigten Flankenwege (Wege 2 bis 4). Dabei ist der Weg 2 über die flankierenden Bauteile der für die Praxis wichtigste Flankenweg. Einmal wird über die flankierenden Bauteile (Weg 2) im Allgemeinen genauso viel Schall übertragen wie über die Wege 3 und 4 gemeinsam, zum anderen ist die Übertragung über diesen Weg nicht durch die Ausführung der Trennwand beeinflussbar wie bei den Wegen 3 und 4. Die Schalldämmung bestimmend ist die Übertragung über die flankierenden Bauteile, wenn zwischen dem Sende- und dem Empfangsraum noch andere Räume angeordnet sind. Zur detaillierten Berücksichtigung des Einflusses der Schallleitung der Flankenwege auf die Gesamtschalldämmung sei auf die Normen (DIN EN ISO 12354-1 2017; DIN 4109-2 2018) verwiesen.

5 Luftschalldämmung

243

Abb. 5.19   Nomogramm zur Bestimmung des Gesamtschalldämm-Maßes Rg. von Wänden, die aus Bauteilen unterschiedlicher Schalldämm-Maße RWand und RE zusammengesetzt sind, Rg = RWand −R

Abb. 5.20   Schallübertragung über Flankenwege

5.6 Messung des Schalldämm-Maßes Zur messtechnischen Bestimmung des Schalldämm-Maßes eines Bauteiles wird dieses als Trennelement zwischen zwei Räumen (Sende- und Empfangsraum) eingebaut, s. Abb. 5.21. Die beiden Räume sollen im Vergleich zur Wellenlänge so groß sein, dass sich in beiden Räumen ein diffuses Schallfeld ausbilden kann. Nach (DIN EN ISO 10140–5 2021) müssen die Räume in Prüfständen ein Volumen von V ≥ 10 m3 haben.

244

W. Schirmer und J. Hübelt

Abb. 5.21   Zur Bestimmung des Schalldämm-Maßes

Für die Fläche des zu prüfenden Bauteiles werden bei Wänden etwa 10 m2 und bei Decken 10 bis 20 m2 gefordert. Das in bauakustischen Prüfständen ohne Nebenwegübertragung ermittelte SchalldämmMaß wird Labor-Schalldämm-Maß R genannt. Wird dagegen die Prüfung mit bauüblicher Nebenwegübertragung durchgeführt, dann wird das Messergebnis als Bau-SchalldämmMaß R′ bezeichnet (DIN EN ISO 16283–1 2014). Prüfstände mit bauüblichen Nebenwegen haben eine Grenzschalldämmung von Rw′ ≈ 58 dB. Im Fall von Prüfungen in einer Prüföffnung SP, die kleiner als die Trennwand ST ist, vermindert sich die wirksame Grenzschalldämmung um 10 lg (ST /SP ) dB. Für ST = 10 m2 und SP = 1,5 m2 sind das z. B. 8 dB. Alle gemessenen Schalldämm-Maße mit weniger als 15 dB Abstand zur wirksamen Grenzschalldämmung bedürfen der Interpretation. Aus Gl. (5.1) kann folgende Messvorschrift abgeleitet werden, s. Abschn. 7.4.1: S R = L S − L E + 10 lg dB; (5.61) AE räumlich und zeitlich gemittelter Schalldruckpegel im Senderaum, MittelwertL S   bildung, s. Kap. 2, L E  räumlich und zeitlich gemittelter Schalldruckpegel im Empfangsraum, S  gemeinsame Trennfläche zwischen Sende- und Empfangsraum oder Fläche der Prüföffnung, AE  äquivalente Absorptionsfläche im Empfangsraum. Danach ist bei Luftschallanregung in einem Raum (Senderaum) der mittlere Schalldruckpegel in beiden Räumen durch Pegelmessungen an verschiedenen Aufpunkten oder auf Messbahnen, die kontinuierlich abzutasten sind, zu bestimmen. Die Messungen sind im Frequenzbereich 100 bis 3150 Hz mit Terzfiltern, s. Kap. 3, vorzunehmen. Als Schallquelle sind Lautsprecher zu verwenden, die mit stationärem Rauschen gespeist werden. Ihr Standort soll bei der Messung wenigstens einmal gewechselt werden, insbesondere bei kleinen Räumen im Bau.

5 Luftschalldämmung

245

Die äquivalente Absorptionsfläche ist aus der gemessenen Nachhallzeit, s. Abschn. 7.3.2, zu berechnen:

A = 0,163

V ; T

(5.62)

A  ä quivalente Absorptionsfläche in m , V   Volumen des Messraumes in m3, T   Nachhallzeit des Messraumes in s. 2

5.7 Schalldämm-Maße von Bauteilen Zur Ermittlung eines repräsentativen Einzahlwertes werden die frequenzabhängigen Messwerte im Frequenzbereich 100 Hz bis 3150 Hz mit einer Bezugskurve bewertet, siehe (DIN EN ISO 717–1 2021). Die Bewertung der Messwerte erfolgt dadurch, dass die Bezugskurve um ganze dB senkrecht zur Abszissenachse soweit verschoben wird, bis die mittlere ungünstige Abweichung so groß wie möglich jedoch nicht größer als 2 dB ist. Das Ergebnis – der Bezugskurvenpegel bei 500 Hz – ist das bewertete BauSchalldämm-Maß Rw′ . Für das bewertete Bau-Schalldämm-Maß Rw′ von einschaligen Bauteilen können die in Abb. 5.22 aufgetragenen Kurven angegeben werden (Fasold et al. 1987; Gösele

Abb. 5.22   Bewertetes Bau-Schalldämm-Maß Rw′ in Abhängigkeit von der flächenbezogenen Masse m′′ einschaliger Bauteile nach (Fasold et al. 1987; Gösele 1968). a übliche Baustoffe (Beton, Ziegelmauerwerk, Gips) mit den Dichten 1 ̺w = 2000 kg/m3, 2 ̺w = 1000 kg/m3, 3 ̺w = 500 kg/m3, b Holz und Holzbaustoffe, c bedämpfte biegeweiche Schalen (entdröhntes Stahlblech, Gummi); Messwerte für Schwerbeton (x), Mauervollziegel (o) und Gips bzw. Gipskartonplatten ()

246

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1968). Dabei gelten die Kurven a für übliche Baustoffe, wie Beton, Ziegelmauerwerk und Gips, Kurve b für Holz und Holzbaustoffe und Kurve c für bedämpfte, biegeweiche Schalen, wie entdröhntes Stahlblech und Gummi. Die in das Abb. 5.22 zusätzlich eingetragenen Messwerte für das bewertete Bau-Schalldämm-Maß für Wände aus Schwerbeton, Mauervollziegel, Gips und Gipskartonplatten zeigen die Aussagefähigkeit der Näherungskurven. Messwerte für das bewertete Schalldämm-Maß Rw′ , teilweise auch für die Frequenzabhängigkeit von R′ sind zu finden in (Fasold und Veres 2003; Fasold et al. 1987; Fasold 1984; Fahy und Gardonio 2007; Möser und Kropp 2010; Müller und Möser 2004). Darüber hinaus kann das bewertete Schalldämm-Maß RW nach (DIN 4109–33 2016) für verschiedene Baustoffe sehr einfach berechnet werden.

Literatur Beranek, L. L. 1960. Noise reduction. New York: McGraw-Hill. Bericht Nr. 299. 1967. Untersuchung der Schalldämmung von engen Blechkapseln und Blechverkleidungen, Bericht Nr. 299, (unveröffentlicht). Dresden. Bericht Nr. 60029002. 1981. Schallschutz bei Freiluftanlagen. Bericht Nr. 60029002, VEB Komplette Chemieanlagen, 1981 (unveröffentlicht). Dresden. Bruckmayer, F. 1962. Handbuch der Schalltechnik im Hochbau: Schall-, Lärm-, Erschütterungsschutz, Raumakustik. Wien: Deuticke. Cremer, L. 1952. Näherungsweise Berechnung der von einem schwimmenden Estrich zu erwartenden Verbesserung. Fortschr. u. Forsch. i. Bauwesen, RD (2): 123. Cremer, L. 1955. Theorie der Luftsehalldämmung zylindrischer Schalen. Acta acustica united with acustica 5 (5): 245–256. DIN 4109–2. 2018. Schallschutz im Hochbau – Teil 2: Rechnerische Nachweise der Erfüllung der Anforderungen, Bd. 91.120.20. Berlin: Beuth Verlag GmbH 91.120.20. DIN 4109–33. 2016. Daten für die rechnerischen Nachweise des Schallschutzes (Bauteilkatalog) – Holz-, Leicht- und Trockenbau, Bd. 91.120.20. Berlin: Beuth Verlag GmbH 91.120.20. DIN 4109–34. 2016. Schallschutz im Hochbau – Teil 34: Daten für die rechnerischen Nachweise des Schallschutzes (Bauteilkatalog) – Vorsatzkonstruktionen vor massiven Bauteilen, ICS 91.120.20. Berlin: Beuth Verlag GmbH ICS 91.120.20. DIN EN 29052. 1992. Akustik; Bestimmung der dynamischen Steifigkeit; Teil 1: Materialien, die unter schwimmenden Estrichen in Wohngebäuden verwendet werden, Deutsche Fassung, EN 29052–1:1991. Berlin: Beuth Verlag GmbH. DIN EN ISO 10140–5. 2021. Akustik – Messung der Schalldämmung von Bauteilen im Prüfstand – Teil 5: Anforderungen an Prüfstände und Prüfeinrichtungen (ISO 10140–5:2021); Deutsche Fassung EN ISO 10140–5:2021, Bd. 91.120.20. Berlin: Beuth Verlag GmbH 91.120.20. DIN EN ISO 12354–1. 2017. Bauakustik – Berechnung der akustischen Eigenschaften von Gebäuden aus den Bauteileigenschaften – Teil 1: Luftschalldämmung zwischen Räumen (ISO 12354–1:2017); Deutsche Fassung EN ISO 12354–1:2017, Bd. 91.120.20. Berlin: Beuth Verlag GmbH 91.120.20. DIN EN ISO 16283–1. 2014. Akustik – Messung der Schalldämmung in Gebäuden und von Bauteilen am Bau – Teil 1: Luftschalldämmung (ISO 16283–1:2014); Deutsche Fassung EN ISO 16283–1:2014, Bd. 91.120.20. Berlin: Beuth Verlag GmbH 91.120.20.

5 Luftschalldämmung

247

DIN EN ISO 717–1. 2021. Akustik – Bewertung der Schalldämmung in Gebäuden und von Bauteilen – Teil 1: Luftschalldämmung (ISO 717–1:2020); Deutsche Fassung EN ISO 717–1:2020, Bd. 91.120.20. Berlin: Beuth Verlag GmbH 91.120.20. Fahy, F. und P. Gardonio. 2007. Sound and structural vibration. Radiation, transmission and response, 2. Aufl. ScienceDirect. Amsterdam: Elsevier Acad. Press. Fasold, W. (Hrsg.). 1984. Taschenbuch Akustik, Bd.1 und 2. Berlin: Verl. Technik. Fasold, W., E. Sonntag und H. Winkler. 1987. Bauphysikalische Entwurfslehre, Bd. Bau-und Raumakustik. Berlin: Verl. f. Bauwesen. Fasold, W. und E. Veres. 2003. Schallschutz und Raumakustik in der Praxis, 2. Aufl. Berlin: HussMedien-GmbH, Verlag Bauwesen. Gösele, K. 1952. Der Schallschutz von Decken und Wänden: zusammenfassende Darstellung neuerer Erkenntnisse. Forschungen und Fortschritte im Bauwesen. Reihe D (2): 50. Gösele, K. 1968. Zur Luftschalldämmung von einschaligen Wänden und Decken. Acustica. 1968. Gösele, K. und P. K. Panday. 1971. Einfluss der Hohlraumdämpfung auf die Schalldämmung von doppelschaligen Wänden. Berichte Inst. f. Tech. Physik, Stuttgart. Heckl, M. 1957. Schallabstrahlung und Schalldämmung von Zylinderschalen. Dissertation, Technische Universität Berlin, Berlin. Heckl, M. 1958. Experimentelle Untersuchungen zur Schalldämmung von Zylindern. Acta acustica united with acustica 8 (4): 259–265. Heckl, M. und U. Donner. 1985. Schalldämmung dicker Wände. Rundfunktechnische Mitteilungen 29 (6): 287–291. Lotze, E. 1980. Gerichtete Schallabstrahlung von Außenwänden des Industriebaus bei und oberhalb der Grenzfrequenz. Dissertation, TU Dresden, Dresden. Möser, M. und W. Kropp. 2010. Körperschall. Physikalische Grundlagen und technische Anwendungen, 3. Aufl. Berlin, Heidelberg: Springer. Müller, G. und M. Möser (Hrsg.). 2004. Taschenbuch Technische Akustik, 3. Aufl. Berlin: SpringerVerlag. Rau, G. 1969. Entwicklung akustischer Vorsatzschalen für Großtransformatoren zur Verminderung der Abstrahlung des magnetischen Geräusches. Bericht Nr. 474 (unveröffentlicht). Dresden. Sonntag, E. 1965. Der Einfluss des Verlustfaktors auf das Schalldämmaß von Blechkapseln. Hochfrequenztech. u. Elektroakustik: 206–211. Sonntag, E. 1966. Das Schalldämmaß von Blechkapseln. Hochfrequenztech. u. Elektroakustik: 18–24. VDI 3733. 1996. Geräusche bei Rohrleitungen, Bd. 17.140.20: Beuth Verlag GmbH 17.140.20.

6

Luftschallabsorption Jörn Hübelt

6.1 Einführung Schallabsorber bzw. schallabsorbierende Einbauten werden überall dort verwendet, wo störende Schallreflexionen an schallharten Begrenzungselementen vollständig oder teilweise vermieden werden sollen. Deshalb werden beispielsweise Kapseln oder offene Schirme um lärmintensive Maschinen sowie Lärmschutzkabinen schallabsorbierend ausgekleidet. In lärmerfüllten Räumen werden schallabsorbierende Fertigteile für Deckenoder Wandverkleidungen verwendet. Durch den Einbau schallabsorbierender Elemente wird die Nachhallzeit eines Raumes verkürzt. Diese Tatsache wird zur Nachhallzeitregulierung, beispielsweise in Konzertsälen und Studioräumen, ausgenutzt. Aber auch Absorptionsschalldämpfer, z. B. in Lüftungsanlagen, sind mit einer schallabsorbierenden Auskleidung versehen. Als Schallabsorber dienen poröse Materialien, wie Mineralwolle, Glaswolle oder Kunststoffschaum, die vor schallharten Flächen angebracht werden. Für die erforderliche Abdeckung werden in der Regel schalldurchlässige Anordnungen verwendet. Man erhält dann in einem breiten Frequenzband bei mittleren und hohen Frequenzen wirksame Schallabsorber (Breitbandabsorber). Für den Bereich tiefer Frequenzen werden zur Abdeckung dünne ungelochte oder gelochte Platten mit geringer Lochfläche verwendet. Dadurch ergeben sich Schallabsorber mit einer Absorptionswirkung in einem schmalen Frequenzband, wie z. B. Folien-, Platten oder auch Helmholtz-Resonatoren.

Dies ist die Überarbeitung eines Beitrages von E. Lotze und W. Schirmer. J. Hübelt (*)  Hochschule Mittweida, Mittweida, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Schirmer und J. Hübelt (Hrsg.), Technischer Lärmschutz, https://doi.org/10.1007/978-3-662-65668-6_6

249

250

J. Hübelt

In diesem Abschnitt werden die physikalischen Grundlagen des Absorptionsmechanismus erläutert. Es wird eine einfache Möglichkeit zur Dimensionierung von akustischen Absorbern bei Verwendung von handelsüblichen faserigen Materialien vor schallharter Wand angegeben. Praktische Realisierungsprobleme werden diskutiert. Außerdem werden von den Verfahren zur Bestimmung der wichtigsten akustischen Kenngrößen die Messprinzipien beschrieben und die Form von SchallabsorptionsgradAngaben behandelt.

6.2 Physikalische Grundlagen und Berechnungsverfahren Trifft eine Schallwelle mit dem Schalldruck pe auf ein anderes Medium gemäß Abb. 6.1 (z. B. Luft – poröses Material), so teilt sich diese in eine durchgelassene Schallwelle pd und eine reflektierte Schallwelle pr auf. In der Trennfläche an der Stelle x = 0 gilt die Beziehung (siehe Abb. 6.1):

pe + pr = pd .

(6.1)

Das Verhältnis

r=

pr pe

(6.2)

wird als Schallreflexionsfaktor r definiert. Dieser steht in folgendem Zusammenhang mit dem Schallabsorptionsgrad α:

α=

Ja = 1 − |r|2 . Je

(6.3)

Darin bedeuten Ja die absorbierte und Je die auftreffende Schallintensität (Schallleistung je Flächeneinheit). Für Schallabsorptionszwecke wird α → 1, das heißt r → 0, angestrebt. Bereits für r = 0,3 wird α ≈ 0,9. Der Schallreflexionsfaktor r ist um so größer, je mehr sich die Impedanzen Z = p/v (Einheit: 1 Pa s/m = 1 Ns/m3 = 10−1 Rayl (CGS-Einheitensystem); jedoch ist Rayl eine veraltete Einheit) der beiden Medien unterscheiden. Für senkrechten Schalleinfall gilt

Abb. 6.1   Schallreflexion an Grenzschichten, Z W Wandimpedanz für die unendliche Absorberschicht oder für den Fall, dass die im Absorber rücklaufende Welle stark gedämpft ist (siehe Gl. (6.26)), gilt: Z W = Z2

6 Luftschallabsorption

251

r=

Zw − Z1 . Zw + Z1

(6.4)

Darin sind Z 1 die Kennimpedanz des Fluids vor der Trennfläche (auch als Wellenwiderstand oder auch als charakteristische Impedanz bezeichnet) und Z w die Wandimpedanz der Trennfläche an der Stelle x = 0 selbst. Für den Übergang Luft – poröses Material ist die Kennimpedanz Z 1 gleich die der Luft mit Z 1 = Zo = ρ0 c0 = 408 Ns/m3 bei 20 °C und 1000 hPa (für andere Werte s. Gl. (6.42)). Die Wandimpedanz Z w ist als Quotient des Schalldrucks p in der Trennfläche und der Schallschnelle v⊥ in Richtung der Wandnormalen definiert:  p Z w = −  (6.5) v⊥ x=0 Der Richtungsbezug der Schallschnelle ve spielt bei der Beschreibung des senkrechten Schalleinfalls dabei zunächst keine Rolle. Erst bei schrägem Schalleinfall ist dieser näher in Betracht zu ziehen. Für den hier gewählten Fall einer Trennfläche vor einer im ersten Schritt als unendlich dick angenommenen Absorberschicht gilt:

Z w = Z 2 = Z A.

(6.6)

Das bedeutet, die Wandimpedanz Z w kann durch die charakteristische Impedanz (auch Kennimpedanz oder Wellenwiderstand) Z 2 des hinter der Trennfläche befindlichen Fluids ausgedrückt werden. Für den hier gewählten Übergang Luft – poröses Material entspricht die Kennimpedanz Z 2 des Fluids der Kennimpedanz Z A der porösen Schicht. Oft wird diese mit A (Absorber) indiziert. Daher wollen wir im weiteren Verlauf diese Impedanz mit Z A bezeichnen. Dem schallführenden porösen Material werden also die Eigenschaften eines sogenannten äquivalenten Fluids zugeordnet. Dieses Modell-Fluid führt strenggenommen nur bei starrem Skelett eine Longitudinalwelle, die bei ordentlicher Auslegung eine gegenüber Luft höhere Ausbreitungsdämpfung besitzt. Diese Modellvorstellung verliert dann ihre Gültigkeit, wenn die Strukturwellenlänge des Materials (z. B. Abstände der Kapillaren) nicht mehr klein im Vergleich zur Luftschallwellenlänge ist. In der Praxis werden technische Schallabsorber sicherlich immer in einer endlichen Schichtdicke eingesetzt. Als unendlich können diese nur dann aufgefasst werden, wenn die von der Rückwand der Schicht reflektierte Schallwelle keinen Einfluss auf das Schallfeld in der betrachteten Trennfläche an der Stelle x = 0 (siehe Abb. 6.1) hat. Dies bedeutet auch, dass in diesem Fall die Wandimpedanz unabhängig von der in der Absorberschicht rücklaufenden Welle ist. Eine Bedingung hierfür wird mit Gl. (6.26) im Abschn. 6.3.2 abgeleitet. Für gute Schallabsorption muss die Impedanz Zw → Z0 = ρ0 c0 betragen. Die Erfüllung dieser Bedingung bezeichnet man als „schallangepasst“. Weitere Sonderfälle sind in Tab. 6.1 zusammengefasst.

252

J. Hübelt

Tab. 6.1  Spezialfälle für den senkrechten Schalleinfall auf eine ebene Trennfläche (Gesamtschalldruck p und – schnelle v sowie Wandimpedanz Z w in der Trennfläche, Schallreflexionsfaktor r und – absorptionsgrad α p = pe + pr

v = ve + vr

Zw

r

α

Beispiel

schallhart

2pe  Lpe + 6 dB

0



1

0

Schalleinfall (aus Luft) auf eine Betonwand

schallangepasst

pe

ve

Z0

0

1

Schalleinfall (aus Luft) auf eine sehr dünne Folie (dahinter Luft)

schallweich

0

2ve

0

−1

0

Schalleinfall aus Wasser auf Luft oder Antischall, Ebene mit totaler Auslöschung

6.3 Poröse Absorber 6.3.1 Kenngrößen poröser Materialien Die Ausbreitung von Schallwellen in porösen Materialien lässt sich durch ein Absorberkennwertpaar, die charakteristische Impedanz Z A und die charakteristische Wellenzahl k A, des porösen Materials beschreiben. Für eine Absorberschicht unendlicher Dicke kann dieses Paar z. B. mit der Theorie des Homogenen Mediums (3-Parameter-Modell):

Z0 ZA = φ



�φ und k A = k0 χ −j ω̺0



χ −j

�φ ω̺0

(6.7)

mit

ω = 2πf Kreisfrequenz, Z0 = ρ0 c0 Kennimpedanz der Ebenen Welle in Luft, ̺0 , c0 Dichte der Luft, Schallgeschwindigkeit in Luft k0 = cω0 Wellenzahl der Ebenen Welle in Luft und �; φ; χ Absorberparameter:  längenbezogener Strömungswiderstand mit der Ns −3 Rayl =1m Einheit 1 Pa·s (CGS-Einheitensystem); φ Porosität; χ 4 = 10 m2 cm Strukturfaktor. berechnet werden. Für die Ableitung der Gl. (6.7) wurde adiabatische Kompression angenommen, d. h. K = ̺c2 = 1,4p_ (K – Kompressionsmodul der Luft). Die akustische Nachgiebigkeit N eines Luftvolumens V beträgt N = V /K . Im Bereich tiefer Frequenzen, das heißt, wenn die Absorber Kennzahl E der Bedingung

E = ρ0 f /� ≤ 0,015

(6.8)

6 Luftschallabsorption

253

Abb. 6.2   Einfluss der Kompressionswärmeverluste (KWV) auf den Schallabsorptionsgrad α für einen porösen Absorber vor schallharter Wand, mit � = 15 kNs/m3, d = 50 mm, φ = 0,95, χ = 1,3. Berechnung aus Z A mit Gl. (6.2) bis (6.6). a Z A nach empirischer Formel Gl. (6.18) mit dem Parametersatz nach Tab. 6.2, Zeile 1 (Regression anhand von 70 Messergebnissen), b Z A mit KWV nach Gl. (6.9), c Z A ohne KWV nach Gl. (6.7)

genügt (in (Heckl und Müller 2013) wird diese Grenze mit E = 0,013 angeben, andere Autoren, z. B. (Frommhold 2006) geben dagegen den Wert mit E = 0,017 an), tritt jedoch z. B. in porösen Materialien aus Glas- oder Steinwolle infolge von Wärmeableitung zum Gefüge isotherme Kompression auf. Dann ist K = 1 · p_, d. h., die Nachgiebigkeit N eines Luftvolumens wird dabei um den Faktor 1,4 größer. Bei einer Glas- oder Steinwollschicht mit � = 10000 Ns/m4 findet folglich isotherme Kompression unterhalb der Frequenz f ≤ 0,015 ρ0 ≈ 125 Hz statt. Im Übergangsgebiet zwischen adiabatischer und isothermer Kompression entstehen durch die Wärmeableitung Energieverluste. Beide Auswirkungen der Wärmeableitung (Änderung von K , Erhöhung der Verluste) beeinflussen das praktische Verhalten poröser Absorber. Abb. 6.2 zeigt die zu kleinen α-Werte, die die eingeschränktere Theorie nach Gl. (6.7) ohne Berücksichtigung der Kompressionswärmeverluste liefern würde. Praktische Erfahrungen zeigen also, dass das Modell nach Gl. (6.7) besonders im Bereich tiefer Frequenzen, z. B. bei der Verwendung in Absorptionsschalldämpfern, Ungenauigkeiten aufweist. Aus diesem Grund soll dem Leser hier eine erweiterte Beschreibung aus (Mechel 1995, S. 101) zur Verfügung gestellt und diskutiert werden:    �φ Z0 1 + jE/E0 χ −j und ZA = φ κ + jE/E0 ω̺0  (6.9)   κ + jE/E0 �φ χ −j ; k A = k0 1 + jE/E0 ω̺0

κ = 1,4  E = ρ�0 f  

d er Adiabaten-Exponent, die Absorber Kennzahl und

254

E0 =

J. Hübelt ρ0 f0 die �

Bezugs-Zahl mit der Relaxationsfrequenz f0 mit

 E0 → 0 für isotherme Zustandsänderung,      E0 → ∞ für adiabatische Zustandsänderung sowie   E0 = 0,1 für Glas- und Steinwolle und E0 = 0,125 für Basaltwolle nach (Mechel und Munjal 2008, S. 401). Die Gl. (6.9) kann nach Mechel in (Heckl und Müller 2013, S. 458) unter Anwendung eines für Mineralwolle sinnvollen Parametersatzes: (6.10)

E0 = 0,1; φ = 0,95; χ = 1,3

mit ausreichender Genauigkeit zur Beschreibung des Absorptionsvermögens der Strukturen herangezogen werden. (z. B. ergibt sich für Glasfasern mit der Rohdichte ̺G = 2700 kg/m3 und der Dichte des Absorbermaterials ̺A = 100 kg/m3 eine Porosität von σ ≈ 0,96). Unter der Berücksichtigung dieser Bedingung vereinfacht sich Gl. (6.9) im Bereich höherer Frequenzen, d. h. für E ≥ 1 darüber hinaus zu Gl. (6.7). Dies bedeutet jedoch auch, für Absorberzahlen E < 1 ist die Anwendung des Modells nach Gl. (6.9) sinnvoll. Weitere sehr umfangreiche Details zur Verwendung von Absorber-Kennwerten im Zusammenhang mit Absorber-Modellen sind z. B. (Allard et al. 1998) zu entnehmen. Absorberparameter:  In den Gl. (6.7) und (6.9) werden die beiden Größen (Z A, k A) von drei frequenzunabhängigen Stoffkennwerten des porösen Materials bestimmt: 1. Der längenbezogene Strömungswiderstand Ns −3 = 10 Rayl/cm 1 Pa ms2 = 1 m . Es gilt 4

=−

p . vx



mit

der

Einheit

(6.11)

Dabei ist p die über einer Strecke x entstehende Druckänderung, wenn durch das poröse Material eine Luftgleich- oder wechselströmung der Geschwindigkeit v hindurchströmt. Der Leser sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass seit der Herausgabe der Norm (DIN EN ISO 9053–1 2019) im Jahr 2019 die Bezeichnung des längenbezogenen Strömungswiderstandes mit dem Formelzeichen  veraltet ist. In der Norm wird die Größe nun mit dem Formelzeichen σ bezeichnet. Diesem Formelzeichen war bisher jedoch die zugängliche Porosität zugeordnet. Durch den längenbezogenen Strömungswiderstand  werden die Reibungsverluste gekennzeichnet, die in der Grenzschicht zwischen der in den Poren des porösen Materials bewegten Luft und dem ruhenden Gefüge desselben entstehen. Es ist damit die wichtigste Stoffkenngröße des porösen Materials (praktische Werte s. Abschn. 6.3.6.1).

6 Luftschallabsorption

255

Für die Messung an porösen Strukturen mit sehr geringer Probendicke x, wie z. B. an Vorhängen für den Einsatz in der Raumakustik, wird der spezifische Strömungswiderstand

Rs = −

p =  · x v

(6.12)

zur Kennzeichnung der Reibungsverluste herangezogen. Dies ist insbesondere auf den Einfluss der Ungenauigkeiten bei der Bestimmung der Dicke auf das Messergebnis für den Strömungswiderstand zurückzuführen. 2. Die zugängliche Porosität φ. Es gilt

φ=

VZH ; VA

(6.13)

VZH zugänglicher Hohlraungehalt oder auch akustisch wirksames Luftvolumen in den Poren, d. h. nur das Volumen für den Wechselfluss zugänglicher Poren, VA Gesamtvolumen des porösen Absorbers. Für Materialien ohne geschlossene Poren (z. B. alle Fasermaterialien) gilt ferner

φ =1−

̺A ; ̺G

(6.14)

̺A Dichte des Absorbers, bezogen auf VA, ̺G Rohdichte des Gefügematerials. Durch die Porosität φ wird der Unterschied der Schnelle innerhalb und außerhalb des porösen Materials gekennzeichnet (vA = φ vi). Bei faserigen Materialien (Mineralwolle, Glaswolle usw.) ist (siehe auch Bedingung (6.10)) φ ≈ 1. 3. Der Strukturfaktor χ. Es gilt:

χ=

VZH ≥ 1; VB

(6.15)

VZH  zugänglicher Hohlraungehalt , VB an der Beschleunigung beteiligtes Luftvolumen. Ein Unterschied zwischen beiden Volumina ist nur bei porösen Absorbern zu erwarten, deren Aufbau nicht einem einfachen Kapillarmodell entspricht, sondern die im Inneren zusätzlich Hohlräume und dergleichen besitzen (s. Abb. 6.3). Für faserige Materialien mit φ ≈ 1 ist auch χ ≈ 1. Abweichungen, d. h. χ > 1, sind z. B. bei Schaumstoffen zu erwarten. In Strukturen, in denen die Kapillaren eine Neigung β zur Richtung der Normalen der beschallten Trennfläche (anisotropen Medien) aufweisen, sollte nach (Mechel 1995) diese Richtungsabhängigkeit nicht mit dem Strukturfaktor sondern mit einer

256

J. Hübelt

Abb. 6.3   Modelle für poröse Absorber mit χ ≈ 1 (links) und χ > 1 (rechts)

Wegverlängerung, d. h. mit ZA → ZA / cos β; kA → kA cos β berücksichtigt werden. Weitere Details zur Definition des Strukturfaktors können darüber hinaus den Ausführungen in (Mechel 1995, S. 96) entnommen werden. Die Ergebnisse einer messtechnischen Untersuchung zur Schallausbreitung in anisotropen Mineralfasermaterialien finden sich z. B. in (Tarnow 2000). Für eine hohe Schallabsorption (α → 1) sollte nach Tab. 6.1, Zeile 3 die Bedingung Z A ≈ Z0 erfüllt sein. In Gl. (6.7) ist erkennbar, dass dafür der Imaginärteil unter der Wurzel nahezu vernachlässigbar sein muss. Daher lässt sich folgende einfache Bedingung für den längenbezogenen Strömungswiderstand ableiten:

� < ω̺0 χ/φ.

(6.16)

Ferner ist erkennbar, dass  umso kleiner sein muss, je niedriger die Frequenz ω ist. Für ausreichend hohe Werte des Schallabsorptionsgrades von z. B. α ≥ 0,8 ergibt sich unter Anwendung der Gl. (6.3) bis (6.4) für den effektiven Einsatz von MineralfaserStrukturen folgende untere Grenzfrequenz fu zu

fu ≈

�φ . 6πρ0 χ

(6.17)

In (Heckl und Müller 1994) ist der Wertebereich des längenbezogenen Strömungswiderstandes für unterschiedliche Mineralwoll-Strukturen zusammenfassend dargestellt. Weitere noch ausführlichere Angaben finden sich hierzu in (Mechel 1995). In beiden zusammenfassenden Darstellungen ist erkennbar, dass auch bei sehr geringen Dichten ρA des Absorber Materials die Werte des Strömungswiderstandes eine Schranke von 3−5 kNs/m4 nicht unterschreiten. Unter Berücksichtigung dieser Werte kann somit die untere Grenzfrequenz fu für den effektiven Einsatz von homogenen MineralwollStrukturen (bei sehr dicken Absorberschichten) mit in etwa fu ≈ 100 − 150 Hz abgeschätzt werden. Diese Abschätzung soll jedoch an dieser Stelle nicht als scharfer Grenzwert verstanden werden. So können poröse Absorber z. B. in sogenannten Bassfallen (Zylinder gefüllt mit porösem Material) bis zu einer Frequenz von 63 Hz mit einem Schallabsorptionsgrad von α ≈ 0.6 noch recht erfolgreich Anwendung finden. Darüber hinaus ist natürlich bekannt, dass gerade in älteren schallreflexionsarmen Räumen, poröse Absorber im Bereich tiefer Frequenzen verwendet werden. Hier wird die Anpassung an das Luftschallfeld mithilfe einer inhomogenen Oberfläche, d. h. zum

6 Luftschallabsorption

257

Beispiel mit einer keilförmigen Struktur erreicht. Dadurch kann der Schallabsorptionsgrad durchaus Werte von α → 1 annehmen. Ein weiterer Weg zu Beschreibung der Absorberkennwerte Z A ; k A von porösen Strukturen ist die Ermittlung einer Gleichung durch die Regression auf der Basis von Messwerten. Das hierbei häufig in der Praxis genutzte Modell nach Delany/Bazley (Empirisches 1-Parameter-Modell) (Delany und Bazley 1970)  β ′  β ′′   � � − jb′′ Z A ≈ Z0 1 + b ′ und ρ0 f ρ0 f  (6.18)  ′′   ′  � α � α ′ ′′ k A ≈ k0 1 + a . − ja ρ0 f ρ0 f wurde auf der Basis von den damals auf dem Markt verfügbaren Faserabsorbern mit dem Parametersatz:

a′ = 0, 189; a′′ = 0,0978; b′ = 0,0571; b′′ = 0,087; α ′ = 0,595; α ′′ = 0,7000; β ′ = 0,7540; β ′′ = 0,732

(6.19)

ermittelt. Eine Weiterentwicklung dieser Beschreibung besonders für den Bereich tiefer Frequenzen erfolgte anschließend z. B. durch (Miki 1990). Beiden Modellen ist gemeinsam, dass sie auf der Basis von nur einer Eingangsvariablen, der Strömungsresistanz, arbeiten. Das Modell nach Miki kann darüber hinaus nach (Hurrell 2018) auch sehr erfolgreich für die indirekte Bestimmung der Strömungsresistanz von Vliesstoffen herangezogen werden (siehe hierzu Abschn. 6.6.1). Praktische Erfahrungen zeigen, und Mechel weist in (Heckl und Müller 2013) explizit darauf hin, dass der Parametersatz (6.19) für kleine Absorberzahlen E = ρ0 f /� ≤ 0,013 (siehe auch Bed. (6.8)) im Zusammenhang mit der Beschreibung von Absorberschichten vor schallharten Wänden unplausible Ergebnisse liefert. Dies gilt somit nach Bedingung (6.16) insbesondere für Schalldämpfer bei tiefen Frequenzen. In (Heckl und Müller 1994) wird daher der Parametersatz auf den Bereich tiefer Frequenzen erweitert und zwischen Stein- und Basaltwolle sowie Glasfasern unterschieden (s. Tab. 6.2). Sollten sich die hier vorgestellten Absorber-Modelle als ungeeignet für eine Optimierung von Schallabsorbern, wie z. B. Metallische Hohlkugelstrukturen herausstellen, kann eine Optimierung der Materialien auch auf der Basis der gemessenen Absorberkennwerte k A , Z A erfolgen, siehe Abschn. 6.6.4. In Abb. 6.32 wird das Ergebnis einer Messung der Absorberkennwerte im erweiterten Impedanzrohr nach Abschn. 6.6.4 der direkten Messung des Schallabsorptionsgrades im Impedanzrohr nach (DIN EN ISO 10534–2 2001) (s. Abschn. 6.7.2) gegenübergestellt. Dieser Vergleich zeigt eine sehr gute Übereinstimmung der Messdaten und basiert auf der Berechnung des Schallabsorptionsgrades unter Verwendung der gemessenen Absorberkennwerte nach Gl. (6.3), (6.4) und (6.24).

258

J. Hübelt

Tab. 6.2  Empirische Regressionskoeffizienten zur Berechnung der Kennwerte Z A , k A von Mineralfaserprodukten nach Gl. (6.18) aus (Heckl und Müller 1994, S. 467), Datenbasis: 70 Mineralfaserabsorber, Frequenzbereich: 100– 4000 Hz und für PU Schaum, Datenbasis: 15 Schäume mit � = 2,9 . . . .24,3 kPa

Material

a′ α′

a′′ α ′′

b′ β′

b′′ β ′′

0,234

0,114

0,0531

0,144

0,565

0,672

0,725

0,615

E ≤ 0,025

0,322

0,136

0,081

0,191

0,502

0,641

0,699

0,556

E > 0,025

0,179

0,103

0,0563

0,127

0,663

0,716

0,725

0,655

0,199

0,0951

0,0203

0,104

0,615

0,720

0,928

0,701

E ≤ 0,025

0,396

0,135

0,0668

0,196

0,458

0,646

0,707

0,549

E > 0,025

0,179

0,102

0,0235

0,0875

0,674

0,705

0,887

0,77

0,163

0,188

0,209

0,105

0,592

0,554

0,548

0,607

Stein- und Basaltwolle gesamt

Glasfasern gesamt

PU Schaum

6.3.2 Poröse Absorber endlicher Schichtdicke Im praktisch stets gegebenen Fall endlicher Absorberschichtdicke d vor einer schallharten Wand gemäß Abb. 6.4 ist außer der charakteristischen Impedanz Z A nun auch die charakteristische Wellenzahl k A im Absorber von Bedeutung:

k A = kA′ + jkA′′ .

(6.20)

′′

Der Imaginärteil kA von k A beschreibt dabei die Dämpfung der Schallwelle im Absorbermaterial. Somit gilt für den Schalldruck p(x) einer in positiver x-Richtung fortschreitende Ebene Welle   p(x)|=|p(x = 0)e−kA′′ x . (6.21) Die Ausbreitungsdämpfung DPr lässt sich folglich für diese Welle mit

   2  p(x = 0) p˜ (x = 0)   dB = 10 lg 2 dB = 8,7 kA′′ · d dB DPr = 20 lg  p˜ (x = d) p(x = d)

(6.22)

6 Luftschallabsorption

259

Abb. 6.4   Poröser Absorber endlicher Dicke d vor schallharter Wand

berechnen. Zur Abschätzung der Dämpfung wird nunmehr noch der Imaginärteil von Gl. (6.7) herangezogen:

� �  � �2 � � �φ χ � − 1. kA′′ = k0 �  1 + 2 ω̺χ

(6.23)

Damit der Schall auf dem Weg bis zur Rückwand und zurück bis zum Wiederaustritt möglichst stark gedämpft wird, muss bei gegebener Absorberschichtdicke d die Dämpfung kA′′ möglichst groß sein. Das verlangt nach Gl. (6.23) große Werte für . Da andererseits zur Erzielung eines kleinen Schallreflexionsfaktors für die ankommende Welle gemäß Gl. (6.16)  nicht zu groß werden darf, sind folglich für die Absorberschichtdicke d Mindestwerte einzuhalten, um α → 1 zu erreichen. In (Tarnow 2000) wurde die Ausbreitungsdämpfung in Glasfasern mit Stopfdichten zwischen ρA = 14 . . . 30 kg/m3 bei einem Faserdurchmesser von 6,8 µm messtechnisch untersucht. Dabei sind für eine Stopfdichte von ρA = 14 kg/m3 bei einer Frequenz f = 1000 Hz richtungsabhängige Werte für die Dämpfung bestimmt worden: rechtwinklig zur Faserrichtung: 75 dB/m und in Richtung der Faser 57 dB/m. Das bedeutet, Mineralfaserwerkstoffe müssten strenggenommen als anisotrop aufgefasst werden. In der Praxis werden jedoch ausreichend genaue Aussagen mit der Annahme eines isotropen Materials gemacht. Aus der charakteristischen Impedanz Z A und der charakteristischen Wellenzahl k A gehen folgende Grundsätze für die Dimensionierung von porösen Absorbern hervor: Wie bereits erwähnt, werden für gute Absorption niedriger Frequenzen große Auskleidungstiefen d und kleine Werte des längenbezogenen Strömungswiderstandes  benötigt. Diese Tendenz ist in Abb. 6.5 zu erkennen. In diesem Bild ist der theoretische Schallabsorptionsgrad für senkrechten Schalleinfall für optimale Werte des längenbezogenen Strömungswiderstandes, s. Abb.  6.8a (einschließlich dazugehörender Erklärung), über der Frequenz mit der Absorberschichtdicke als Parameter aufgetragen.

260

J. Hübelt

Abb. 6.5   Einfluss der Absorberschichtdicke d auf den Schallabsorptionsgrad α(0) für senkrechten Schalleinfall (theoretischer Verlauf) bei Anordnung eines homogenen porösen Absorbers unmittelbar vor schallharter Wand, Mittelwertkurven für optimalen Anpassungsbereich �opt d = 800 bis 2400 Ns/m3

Daraus folgt z. B. für f = 100 Hz und α(0) = 0,8 die Dimensionierungsvorschrift: d ≈ 0,5 m, � = 1,6 bis 4,8 kNs/m4. Diese Forderung ist äußerst unangenehm. Faserige poröse Materialien haben längenbezogene Strömungswiderstände � > 5 kNs/m4. Außerdem stehen Auskleidungstiefen von 0,5 m kaum zur Verfügung. Für tiefe Frequenzen werden deshalb vorteilhaft die im Abschn. 6.4 beschriebenen Resonanzabsorber verwendet. Für gute Absorption mittlerer Frequenzen genügen dagegen kleine Absorberschichtdicken d, und die längenbezogenen Strömungswiderstände  üblicher poröser Materialien sind geeignet. Zum Beispiel gilt für f = 1000 Hz und α(0) = 0,8 die Dimensionierung d ≈ 50 mm, � = 16 bis 48 kNs/m4. Eine exakte Lösung des Problems „poröser Absorber endlicher Schichtdicke“ ist für senkrechten Schalleinfall durch die Wandimpedanz

Z W = −jZ A cot(k A d)

(6.24)

gegeben. Das Einsetzen der Gl. (6.7) in Gl. (6.24) und der gleichzeitige Übergang zu normierten Größen ergeben    √  χ Z W = −jZ0 φ 1 − j ε ffd cot ffd 1 − ε ffd ; (6.25) χ =1, c0 =343 m/s √ f √ und ε = ̺0�dφ = k0 χ · d mit fd = 2π dc0√χ −−−−−−−−−→ fd ≈ 54,6 m/s c0 χ fd d Die Größe ε wird als Anpassungsverhältnis bezeichnet. Zum Verständnis der Gl. (6.24) und (6.25) ist es wichtig zu wissen, dass für große Dämpfungen k ′′A d, d. h. große d und/oder große , für den Kotangens in Gl. (6.24) folgendes gilt:

cot k A d → j.

(6.26)

6 Luftschallabsorption

261

Der von der Rückwand reflektierte Schall ist dann bedeutungslos, und der Absorber wirkt praktisch als unendlich dick. Es gilt Gl. (6.6). Mit den Gl. (6.3) und (6.4) erhält man aus den Gln. (6.9) oder den empirischen Formeln von Delany/Bazley nach Gl. (6.18) den Schallabsorptionsgrad für senkrechten Schalleinfall. Aus der Darstellung dieser Berechnung in Abb. 6.6 ist ersichtlich, dass es zur Erzielung des maximal möglichen Schallabsorptionsgrades einen optimalen Bereich des Anpassungsverhältnisses ε gibt, und zwar mit

ε=

�dφ f¨ur Mineralwolle: �≈1, χ ≈1 �d = 2 bis 6. √ −−−−−−−−−−−−−−→ ̺0 c0 χ Z0

(6.27)

Dies bedeutet, dass das Produkt opt · d, unabhängig von dem Frequenzbereich, in dem eine gute Absorption erreicht werden soll, einen konstanten Wert haben muss. Dafür ist allerdings ein relativ großer Spielraum (2 ... 6) gegeben. Für kleinere und größere Anpassungsverhältnisse ergeben sich geringere Absorptionsgrade. Für die optimalen Werte des Anpassungsverhältnisses ε bzw. des längenbezogenen Strömungswiderstandes opt ist in Abb. 6.8a nochmals der theoretische Verlauf des Schallabsorptionsgrades für senkrechten Schalleinfall als Mittelwertkurve und Streubereich, aufbereitet für praktische Dimensionierungen, aufgetragen. Aus dem Bild geht u. a. hervor, dass Schallabsorptionsgrade α(0) ≥ 0,8 nur für Frequenzen f ≥ fd erreicht werden können. Daraus folgt die Bedingung

dmin ≈

u 2π

(6.28)

wobei u = c0 /fu die Schallwellenlänge in Luft bei der Frequenz ist, von der an α(0) ≥ 0,8 gilt. Diese Grenze ist allgemeingültig in der Form d/u = 1/2π in Abb. 6.7 eingezeichnet.

Abb. 6.6   Schallabsorptionsgrad für senkrechten Schalleinfall (theoretischer Verlauf) von homogenen porösen Absorbern vor schallharter Wand für verschiedene Anpassungsverhältnisse. ε = 0,5, ε = 2, ε = 4, ε = 6, ε = 20

262

J. Hübelt

Abb. 6.7   Schallabsorptionsgrad α(0) für senkrechten Schalleinfall (theoretischer Verlauf nach Gl. (6.9)) von homogenen porösen Absorbern vor schallharter Wand für verschiedene Anpassungsverhältnisse ε = � d Z0 φ√χ ≈ � d/Z0. a ε = 0,5, b ε = 2, c ε = 4, d ε = 6, e ε = 20 als Funktion des Verhältnisses von d/, senkrechte schwarze Linie bei d/ = 1/2π: fu unter Frequenzgrenze α(0) ≥ 0,8 nach Gl. (6.28)

Zur Bestätigung der Richtigkeit der beschriebenen Theorie wurden im Impedanzrohr, s. Abschn. 6.7.2, die Schallabsorptionsgrade von verschiedenen homogenen porösen Absorbermaterialien für unterschiedliche Anpassungsverhältnisse und unterschiedliche Schichtdicke gemessen. Die Messwerte stimmen im Allgemeinen sehr gut mit den theoretischen Werten überein, die mit Gl. (6.9) berechnet wurden. In Abb. 6.9 wird anhand von vier Beispielen die gute Übereinstimmung zwischen Messung und Theorie gezeigt. Aufgrund dieser Erkenntnisse ist es für die Dimensionierung von Absorberausführungen aus homogenen Faserstoffen ausreichend, wenn von dem Absorbermaterial der längenbezogene Strömungswiderstand  bekannt ist (praktische Werte s. Abschn. 6.3.6.1). Verlässt man die Voraussetzung des senkrechten Schalleinfalls, so werden die theoretischen Zusammenhänge wesentlich komplizierter. Wie ein Vergleich von Abb. 6.8 a und b zeigt, sind jedoch die Unterschiede für den besonders interessierenden Fall des allseitigen Schalleinfalls, bei dem alle Richtungen gleich wahrscheinlich auftreten, nur gering. Für Kunststoffschäume gelten die zuvor beschriebenen Zusammenhänge und die Dimensionierungsregeln näherungsweise, insbesondere wenn der Anteil geschlossener Poren nicht zu hoch ist, siehe auch die Konstanten der Delany/Bazley-Formel für Schaumstoffe in Tab. 6.2. An einer Schnittfläche sind beide Porenarten mit geübtem, bloßem Auge unterscheidbar.

6.3.3 Poröse Absorberschicht mit Wandabstand Die Reibungsverluste im porösen Material sind umso größer, je größer die Schallschnelle ist. Die größte Schallschnelle tritt vor einer starren Wand bei senkrechtem Einfall im

6 Luftschallabsorption Abb. 6.8   Theoretischer Verlauf des Schallabsorptionsgrades, oben a) α(0) – senkrechter Schalleinfall und unten b) αm – diffuser Schalleinfall auf homogen porösen Absorber vor schallharter Wand. Darstellung der Mittelwertkurve a und des Streubereiches b für optimale Werte des längenbezogenen opt.   Strömungswiderstandes Ns Ns 2400 m 800 m 4 /d bis 4 /d ,

263

a

fd = 54,6/d ( fd in Hz, d in m)

b

Abstand von /4 auf. Bei Montage von porösen Schichten mit Abstand L vor einer schallharten Wand (Aufbau und Bezeichnungen siehe Darstellung in Abb. 6.11, oben) entsteht deshalb für die entsprechende Frequenz ein Absorptionsmaximum. Damit treten andererseits aber auch Einbrüche im Verlauf des Schallabsorptionsgrades auf, wenn der Abstand L = /2 ist, da sich dann vor einer starren Wand ein Schnelleknoten befindet. Dieser Zusammenhang ist in Abb. 6.10 für den Schallabsorptionsgrad einer sehr dünnen Absorberschicht (dünnes Vlies, glatter Vorhang) d/ = 0,01 mit Wandabstand L vor einer „schallharten“ Wand für unterschiedliche Werte des Anpassungsparameters ε = Rs /Z0 = �d/Z0 dargestellt. Hierein ist erkennbar, dass auch für diese Anordnung ein optimaler Bereich für das Anpassungsverhältnis vorhanden ist:

ε = 1 . . . 2.

(6.29)

264

J. Hübelt

Abb. 6.9   Vergleich theoretischer und gemessener Schallabsorptionsgrade für senkrechten Schalleinfall  a ε = 4,2; d = 110 mm Mineralwolle - Bahnen b ε = 4 (Theorie)  c ε = 2,7; d = 70 mm Glasfaser - Isoliermatten d ε = 2(Theorie)  e ε = 1,6; d = 30 mm Basaltwollefilz f ε = 2(Theorie)  .. g ε = 2,1; d = 7,5 mm Glasfaser - N a hgewirkmatte h ε = 4(Theorie)

Durch eine derartige Anordnung des Schallabsorbers in bestimmtem Abstand vor einer Wand, die den Schall reflektiert, kann bei tiefen Frequenzen eine höhere Schallabsorption als bei normaler Montage an der Wand erreicht werden.

Abb. 6.10   Schallabsorptionsgrad einer sehr dünnen Absorberschicht (Vlies, Vorhang) d/ = 0,01 mit Wandabstand L vor einer „schallharten“ Wand für unterschiedliche Werte des Anpassungsparameters ε = Rs /Z0 = �d/Z0

6 Luftschallabsorption

265

Abb. 6.11   Einfluss des Wandabstandes L auf den Schallabsorptionsgrad, oben: für allseitigen Schalleinfall bei Verwendung von Glaswollmatten mit  = 26 kNs/m4 und d = 60 mm. a) L = 0 m, b) L = 0,2 m, c) L = 0, 4 m, unten: Schallabsorptionsgrad für senkrechten Schalleinfall (Berechnung auf der Basis einer Messung im Kundtschen Rohr), Material: Holzwolle mit  = 24 kNs/m4 und d = 10 mm vor schallharter Wand im Abstand d) L = 0 und e) L = 0,1 m

Abb. 6.11, oben zeigt die zu erwartenden Absorptionsmaxima und -minima bei tiefen Frequenzen für eine im Verhältnis zur Wellenlänge dickeren Schicht. In diesem Bild sind die theoretischen Kurven für den Schallabsorptionsgrad bei allseitigem Einfall für verschiedene Abstände des Absorbermaterials von der starren Wand (L = 0 m; 0,2 m und L = 0,4 m) über der Frequenz aufgetragen. Aus dem Bild ist zu erkennen, dass die Extremwerte bei etwas niedrigeren Frequenzen auftreten, als nach den obengenannten Bedingungen (L = /4 bzw. L = /2) zu erwarten wäre. Dies ist maßgeblich auf die geringer Ausbreitungsgeschwindigkeit der Schallwelle im Absorbermaterial und den in diesem Beispiel einbezogenen allseitigen Schalleinfall zurückzuführen. Im unteren

266

J. Hübelt

Bereich des Bildes sind Messwerte für den Absorptionsgrad bei senkrechtem Schalleinfall (Kundtsches Rohr) gezeigt. Die Absorberschicht ist hierbei mit d = 0,01 m sehr dünn auch der Strömungswiderstand weist im Vergleich zur oben gewählten Probe mit  = 24 kNs/m4 einen geringeren Wert auf. Wird dieser Absorber direkt vor der Wand positioniert, ist das Maximum im Schallabsorptionsgrad-Frequenz-Verlauf bei ca. 5 kHz zu finden. Der Anpassungsparameter mit ε ≈ 0,6 ist jedoch zu gering ausgelegt. Dies erklärt den Abfall der Absorption oberhalb von 5 kHz. Wird die Schicht in einem Abstand von der Wand mit L = 0,1 m positioniert, wandert das Absorptionsmaximum zwar zu f ≈ 600 Hz. Durch den hier gewählten geringen Anpassungsparameter ε treten dann jedoch starke Einbrüche im Schallabsorptionsgrad-Frequenz-Verlauf auf. Es ist dabei deutlich zu erkennen, dass diese Einbrüche zu höheren Frequenzen geringer werden. D. h. bei Auslegung eines Absorbers mit Wandabstand ist auf eine ausreichende Dicke der Schicht im Vergleich zur Wellenlänge zu achten, so sollten zum Beispiel dünne Vorhänge gerafft aufgehängt werden In der Darstellung in Abb. 6.12 ist dieser Zusammenhang allgemeingültig gezeigt. Zunächst ist für eine sehr dünne Absorberschicht mit d/ = 0,01 sowohl das Maximum als auch das Minimum im Schallabsorptionsgrad-Frequenz-Verlauf an den Stellen /4 bzw. /2 zu verzeichnen. Mit der Zunahme des Verhältnisses der Dicke der Schicht zur Wellenlänge d/ = 0,1 → 0,3 wandern diese Extremwerte in den Bereich tieferer Frequenzen. So kann z. B. der Wert α ≥ 0,8 für eine Schichtdicke d/ = 0,2 schon bei einem Wandabstand von L/ = 0,1 erreicht werden. Dies ist jedoch nicht die wesentliche Eigenschaft. Wichtiger scheint hier der Sachverhalt zu sein, dass mit einer ausreichenden Schichtdicke d der Absorberstruktur (immer im Verhältnis zur Wellenlänge ), der Einbruch des Schallabsorptionsgrades im Bereich ≈ /2 vermindert werden kann. Wird daher ein Vorhang zum Zweck der difusen Schallabsorption oberhalb des Frequenzbereichs f ≥ 500 Hz vor einer Wand angebracht,

Abb. 6.12   Schallabsorptionsgrad α als Funktion des Verhältnisses von Wandabstand L zur Wellenlänge . Darstellung des Einflusses der Schichtdicke d der Absorberschicht auf die Lage und die Amplitude des Maximums und Minimums im Schallabsorptionsgrad-Frequenz-Verlauf an den Stellen L/ = 1/4 bzw. L/ = 1/2

6 Luftschallabsorption

267

sollte dieser in einen Abstand von ungefähr L = 70−100 mm mit einem Faltenwurf der Breite d ≈ 100−140 mm montiert werden. Der spezifische Strömungswiderstand RS des porösen Vorhangmaterials müsste darüber hinaus im Bereich RS = 400−800 Pa · s/m (� ≈ 1, χ ≈ 1) liegen. Weiterhin könnte in Abb. 6.11, oben der Schallabsorptionsgrad im Frequenzbereich f = 100−500 Hz durch Verringerung des Anpassungsparameters ε verbessert werden. Bei gleichbleibender Schichtdicke wäre dazu eine Mineralfaserstruktur mit einem längenbezogenen Strömungswiderstand von  = 7 − 14 kNs/m4 ein sinnvoller Kompromiss.

6.3.4 Zusätzliche Verluste durch Bewegung des AbsorberSkelettes Die Gl. (6.25) für die Wandimpedanz Z w des Absorbers und die theoretischen Schallabsorptionsgrade in Abb. 6.8 gelten für den normalerweise erfüllten Fall, dass sich das Skelett des Absorbers in Ruhe befindet. Diese Forderung ist praktisch erfüllt für Absorberstopfdichten ρA ≥ 50 · ρ0 ≈ 60 kg/m3. Für leichtere poröse Absorber wird der Schallabsorptionsgrad durch die Bewegung des Skeletes beeinflusst, und zwar in der Tendenz so, dass der Anstieg der Absorptionsgradkurven bei tiefen Frequenzen steiler wird, s. Abb. 6.13. Dieser Effekt ist umso stärker, je größer  ist, da die Ankopplung des Gefüges an die Luft durch die Grenzschichtreibung erfolgt. In (Mechel 1995, S. 98) wird dieser Effekt durch einen komplexen effektiven Strömungswiderstand

�eff =

jωρA · � jωρA + �

(6.30)

berücksichtigt. Sobald infolge geringer Masse das Gefüge bewegt wird, spielt auch die Steifigkeit des Gefüges eine Rolle, und es kann zur Resonanz kommen (Fasold 1984; Kraak 1971, 1962; Tarnow 2000). Solche Effekte können bei Kunststoffschäumen von Bedeutung sein.

6.3.5 Absorberabdeckungen Schallabsorbierendes Material kann vor Feuchtigkeit und Staub in z. B. Kapselungen dadurch geschützt werden, dass vor dem Absorbermaterial Folie angeordnet bzw. das Absorbermaterial kissenartig in Folie eingeschlagen wird. An der Decke angeordnete Absorber können aus optischen Gründen aber auch zum Rieselschutz mithilfe eines Vlieses kaschiert werden. Darüber hinaus ist auch der mechanische Schutz der Struktur durch eine Lochplattenabdeckung, z. B. für den Einsatz an Raumwänden denkbar. In der Klimatechnik muss ferner für den Einsatz der Absorber in Kanälen mit der Überströmung der Strukturen gerechnet werden. Dies könnte zum Austrag von Fasern führen. Aus diesem Grund wird hier der Schutz der Strukturen mittels einer Vliesschicht dringend notwendig. Durch all diese Maßnahmen muss jedoch eine Minderung der Schallabsorptionswirkung bei hohen Frequenzen in Kauf genommen werden.

268

J. Hübelt

Abb. 6.13   Einfluss der Absorberdichte ϱA auf den Schallabsorptionsgrad für senkrechten Schalleinfall bei steifelosem Absorber und ε = 6 (theoretischer Verlauf). a ρA → ∞, b ρA ≈ 13 kg/m3

6.3.5.1 Vliese Der Einsatz poröser Strukturen in durchströmten Schalldämpfern (auch im Bereich v ≤ 20 m/s) erfordert die Kaschierung der strömungszugewandten Seite durch Vliese. Auch zum Zwecke des Rieselschutzes bei Deckenabsorbern ist eine derartige Kaschierung durchaus sinnvoll. Damit die Anpassung der Absorberstrukturen erhalten bleibt, sollte der spezifische Strömungswiderstand der eingesetzten Vliesmaterialien folgender Bedingung genügen (Reichardt 1968): Rs < 1000 Ns/m3 .

(6.31)

6.3.5.2 Folienabdeckung Werden anderseits poröse Strukturen in Feuchträumen, in staubiger Umgebung oder auch im Außenbereich eingesetzt, ist oftmals die Abdeckung oder sogar das vollständige Ummanteln durch Einschweißen der Materialen sinnvoll. Wird eine derartige Folie ohne Spannung vor der Struktur angeordnet, lässt sich deren akustisches Verhalten durch ihre flächenbezogene Masse m′′ beschreiben. Diese Masse wirkt sich aufgrund ihrer Trägheit negativ auf die Schallabsorption bei hohen Frequenzen aus. Aus diesem Grund ist der Einsatz von Folien mit geringer flächenbezogen Masse sinnvoll. Der Transmissionsgrad einer ungespannten Folie bei senkrechtem Schalleinfall kann mit τ⊥ =

1 1 Z0 = mit f0,5 = ω·m′′ f π · m′′ 1 + 2Z0 1 + f0,5

(6.32)

beschrieben werden. Anhand dieser Beschreibung wird nochmals das bereits eingangs erwähnte Tiefpassverhalten der Folien klar. Zur Berechnung der Gesamtwirkung des Aufbaus muss im Übrigen der hier gezeigte Transmissionsgrad mit dem Absorptionsgrad

6 Luftschallabsorption

269

der Struktur multipliziert werden. Zur gezielten Auslegung der Schutzfolien wird häufig die Halbwertfrequenz f0,5 eingeführt. Bei dieser Frequenz weist der Transmissionsgrad den Wert τ = 0,5 auf. Bei der Hälfte dieser Frequenz passiert dann jedoch schon 80 % (τ = 0,8) der Schallleistung die Folie. Für eine ungespannte Folie lässt sich die Halbwertfrequenz unter Verwendung von Gl. (6.32) für den senkrechten Schalleinfall kg mit f0,5 ≈ 130 abschätzen. Da die Strukturen in der Praxis jedoch eher im Diffusen m′′ m2 s Schallfeld zum Einsatz kommen, soll obige Gleichung nun für √den bei diffusem Schalleinfall repräsentativen Schalleinfallswinkel von 45° (Faktor 1/ 2) dargestellt werden:

f0,5diff ≈

185 kg . m′′ m2 s

(6.33)

Im Bereich der Raumakustik wird oftmals die obere Frequenzgrenze mit fo ≈ 4000 Hz festgelegt. Soll bei dieser Frequenz die Minderung der Schallabsorption durch den Einsatz der Folie nicht mehr als 20 % betragen, wird eine Halbwertfrequenz von f0,5diff ≈ 8000 Hz erforderlich. Dies führt zu folgender Bedingung für die flächenbezogene Masse der Folien:

m′′ ≤ 25 g/m2 .

(6.34)

Durch den Einsatz von z. B. Flurpolymerfolien mit einer maximalen Dicke von 20 µm ist diese recht strenge Anforderung recht gut erfüllbar. Wenn eine größere Stabilität der Folien erforderlich wird, können natürlich auch größere Flächenmassen in Kauf genommen werden. Dieser Effekt ist aus den Darstellungen in Abb. 6.14 und 6.15 zu erkennen. In diesen Bildern ist der im Impedanz-Rohr gemessene Schallabsorptionsgrad für einige Absorberausführungen mit Folie in Verbindung mit einer gelochten Abdeckung (Lochflächenverhältnis φ ≈ 0,6) aufgetragen. Aus Abb. 6.14 ist ersichtlich, dass die Absorption bei mittleren und hohen Frequenzen mit der Erhöhung der flächenbezogenen Masse der Folie abnimmt. Für feuchtigkeits- und staubgeschützte Absorberausführungen sind deshalb die leichtesten handelsüblichen Folien zu verwenden, z. B. Polyamid- oder Polyethylen-Folien mit einer Flächenmasse von etwa 40 bis 60 g/m2. Bei der in  Abb. 6.15 gewählten Darstellungsart (ε = 2 = konstant) und Auftragung über der normierten Frequenz liegen die Messwerte für die verschiedenen Ausführungen ohne Folie etwa auf der einen eingezeichneten Absorptionsgradkurve ohne Folie. Dagegen zeigen die gemessenen Absorptionsgrade mit Folie eine Abhängigkeit von der Stopfdichte. Mit Erhöhung der Stopfdichte werden gleichzeitig die Anpressung der Folie an die gelochte Abdeckung und damit die mechanische Spannung der Folie erhöht. Die Folie ist deshalb schlaff, also ohne jegliche mechanische Spannung, vor dem Absorbermaterial anzuordnen. Das kann erreicht werden • durch Wahl einer geringen Stopfdichte bei losem Absorbermaterial, • durch konstruktive Maßnahmen, bei denen ein Anpressen der Folie an die gelochte Abdeckung durch das Absorbermaterial vermieden wird.

270

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Abb. 6.14   Einfluss der flächenbezogenen Masse einer als Absorberabdeckung verwendeten ungelochten Folie auf den Schallabsorptionsgrad für senkrechten Schalleinfal  a theoretischer Verlauf ohne Folie b gemessener Verlauf  c m′′ = 40 g/m2 mit Polyamid-Folie d m′′ = 60 g/m2

6.3.5.3 Gelochte Abdeckung In Schallschutz-Kapselungen wird zum Schutz vor mechanischen Beschädigungen des schallabsorbierenden Materials häufig eine Abdeckung in Form von Lochblech, Streckmetall oder Drahtgewebe verwendet. In der Raumakustik wird hingegen gern auch auf Gipskarton- oder Holzplatten mit vielfältigen Lochmustern zurückgegriffen. Diese Abdeckungen werden meist in unterschiedlichen Dicken ausgeführt: z. B. Stahlplatten 1–2 mm, Gipskarton 10–12 mm, Holz 5–10 mm. Damit jedoch auch mit diesen Lochplatten eine breitbandige Absorptionswirkung erreicht wird und nicht, wie im Abschn. 6.4 beschrieben wird, ein Resonanzabsorber entsteht, muss gewährleistet sein, dass die Schallwellen durch eine genügend große Fläche der Abdeckung ungehindert in den Absorber eindringen können. Hierbei ist zu beachten, dass die Luft in den Lochungen als träge Masse fungiert und somit sowohl die Öffnungsfläche als auch Plattendicke bei der Auslegung eine Rolle spielen muss. Darüber hinaus weist das Masseverhalten der Lochungen darauf hin, dass der Transmissionsgrad von Lochplatten letztendlich der Gesetzmäßigkeit eines Tiefpasses folgt. Nach, z. B. (Reichardt 1968) kann unter Anwendung der Theorie der konzentrierten Elemente (Forderung: alle Bauteilabmessung sind klein gegenüber der Wellenlänge) der Transmissionsgrad der gelochten Platten bei senkrechtem Schalleinfall mit.

6 Luftschallabsorption

271

Abb. 6.15   Einfluss der mechanischen Spannung einer als Absorberabdeckung verwendeten ungelochten Folie (hervorgerufen durch die Stopfdichte ρA des Absorbers) auf den Schallabsorptionsgrad für senkrechten Schalleinfall bei konstantem Anpassungsverhältnis ε = 2 1

Polyamidfolie, 2

a b c d e f g

Mineralwolle � theoretischerVerlauf ohne Folie gemessenerVerlauf  ̺A = 40 kg/m3    ̺A = 60 kg/m3   3 ̺A = 80 kg/m mit Folie  ̺A = 100 kg/m3     ̺A = 150 kg/m3

τ⊥ = 1+

1 

ωteff 2c0 φ

2 ;

mit

φ = SLoch /Sges Lochflächeninhalt der Platte, z. B. φ = 0,3, φ  teff effektive Plattendicke, teff = t + 2t; mit

(6.35)

272

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Abb. 6.16   Effektive Plattendicke teff in mm einer Lochplatte nach Gl. (6.38) als Funktion des Lochflächenverhältnisse % der Platte in %; Parameter: Halbwertfrequenz f0,5. Hinweis zur Auslegung: Bei der Frequenz f = f0,5 weist der Transmissionsgrad der gelochten Platte einen Wert τ = 0,5 auf. Für eine Transmission von 80 % der Schallleistung (τ = 0,8) an der Stelle einer oberen Frequenzgrenze fo müsste für f0,5 = 2fo gewählt werden

-t Plattendicke und -2t Mündungskorrektur zur Beschreibung der Massewirkung der inner- und außerhalb der Lochung schwingenden trägen Luftmasse, jeweils auf der Vorderund Rückseite der Platte berechnet werden (Abb. 6.16). Die Mündungskorrektur 2t berücksichtigt die Massenwirkung der vor den Lochungen mitschwingende Luft auf der Vorder- und Rückseite der Platte. Die Korrektur t auf einer Seite der Platte setzt sich dabei mit t = t0 ·  aus der Korrektur t0 dieser Öffnung in einer unendlich großen Wand (siehe Tab. 6.3)und einer Funktion , die die Beeinflussung von t durch die umgebenden Lochungen des Lochmusters beschreibt, zusammen. In (Jaouen und Fabien 2018) wird gezeigt, dass diese Funktion  mit 1

3

� = 1 − 1,33φ 2 − 0,07φ + 0,4φ 2

(6.36)

nahezu unabhängig von der Geometrie der Lochungen ist. Ausgenommen werden dabei schlitzähnliche oder auch langgestreckte Öffnungen. In z. B. (Heckl und Müller 1994) finden sich weitere noch detailliertere Beschreibungen für Mündungskorrekturen. Die Mündungskorrektur wird gemäß Abb. 6.17 bei großem φ% ≥ 40 . . . 50 % vernachlässigbar klein. Wird nun, wie im vorangegangenen Abschnitt für die Folien bereits beschrieben, in Gl. (6.35) wiederum eine Halbwertfrequenz f0,5 eingeführt, kann eine sehr einfache Abschätzung der akustischen Wirkung der Lochplatten bei senkrechtem Schalleinfall durch

6 Luftschallabsorption

273

Tab. 6.3  Mündungskorrektur t0 für ein Loch auf einer Seite einer unendlich großen Platte (d. h. ohne die Beeinflussung eines umgebende Lochmusters) nach (Reichardt 1968). Die Querschnittsabmessungen sind dabei klein zur Wellenlänge (2r ≪ ), sodass keine Quermoden zu berücksichtigen sind Lochquerschnitt runder Lochquerschnitt mit dem Radius r quadratischer Lochquerschnitt mit Seitenlänge a und Öffnungsfläche S = a2 sowie

t0 ≈ 0,79 r √ t0 ≈ 0,44 S

unregelmäßige jedoch nicht langestreckte Öffnungsflächen S (d. h. z. B. rechteckige Lochquerschnitt jedoch keine Schlitze)

f0,5⊥ =

φ c0 φ ≈ 108 m/s . π teff teff

(6.37)

erfolgen. Für die überschlägige Berechnung der Halbwertfrequenz bei diffusem Schalleinfall √ soll abermals die Wirkung der Lochung bei einem Einfallswinkel von 45° (Faktor 1/ 2) herangezogen werden. Hier wird nunmehr der Lochflächeninhalt φ% in % und effektive Plattendicke teffmm in mm angegeben:

f0,5 ≈ 1500

φ% . teffmm

(6.38)

In den meisten praktischen Fällen wird nun anhand der festgelegten Plattendicke der Lochflächeninhalt abzuschätzen sein. Bei der Unterstellung einer Halbwertfrequenz von f0,5 ≈ 6300 Hz ergibt sich hierfür:

φ% ≈ 4 teffmm .

(6.39)

Wird z. B. für eine Gipskartonlochplatte mit einer Plattendicke von ca. t ≈ 12 mm und einem Lochdurchmesser von 2r = 12 mm eine Halbwertfrequenz von f0,5 ≈ 6300 Hz gefordert, müsste nach Abb. 6.18 der Lochflächeninhalt ca. φ ≈ 55% betragen. Bei

Abb. 6.17   Normierte Mündungskorrektur 2�t/x für kreisförmige Lochungen mit x = r (r - Radius) und quadratische sowie unregelmäßige jedoch nicht langestreckte Öffnungsflächen S, d. h. z. B. rechteckige √ Lochquerschnitt mit x = S (jedoch keine Schlitze)

274

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Abb. 6.18   Radius r in mm für Lochungen in einer Platte mit kreisförmigen Lochquerschnitt als Funktion des Lochflächeninhalts φ% in % einer Lochplatte: Parameter: Plattendicke t , gestrichelte Linien Halbwertfrequenz f0,5 = 8000 Hz, durchgezogene Linien Halbwertfrequenz f0,5 = 6300 Hz

Abb. 6.19   Bohrungsschema der Abdeckung

Lochplatten mit einer Stärke t ≈ 1 mm kann der Lochflächeninhalt dagegen auf ca. φ ≈ 20 % verringert werden. Das Lochflächenverhältnis φ für kreisförmige Öffnungen im regelmäßigem Raster 2 gemäß Abb. 6.19 wird nach φ = π4ar2 berechnet.

6 Luftschallabsorption

275

6.3.6 Dimensionierung von akustischen Absorbern aus handelsüblichen porösen Materialien Akustische Absorber werden meist unter Verwendung von handelsüblichem porösem Material hergestellt. Für Raumauskleidungen werden dabei oft montagefertige Absorptionselemente angewendet. Gemessene Schallabsorptionsgrade von porösen Materialien und Absorptionselementen werden von den Herstellern und in Tabellenwerken, z. B. (Fasold 1978), (Probst 1986) und (Schmidt 1996), angegeben. Im Folgenden wird gezeigt, wie ein akustischer Absorber aus porösem Material dimensioniert werden kann.

6.3.6.1 Längenbezogener Strömungswiderstand Die zu erwartenden Schallabsorptionsgrade jeder beliebigen Absorberausführung, bestehend aus porösem Material vor starrer Wand, können mithilfe der in Abb. 6.8 und 6.20 angegebenen theoretischen Kurven und des längenbezogenen Strömungswiderstandes  mit für die Praxis ausreichender Genauigkeit abgeschätzt werden. Die Voraussetzung für diese Kurven, dass das Gefüge des Absorbers bei Luftschallanregung nicht mitschwingt, ist für Stopfdichten ρA ≥ 60 kg/m3 eingehalten; für ρA ≤ 30 kg/m3 sind Abweichungen bei f /fd ≤ 0,2 und ε ≥ 4 zu erwarten (Fasold 1984, S. 84). Die Ergebnisse einer von Mechel in (Heckl und Müller 1994) veröffentlichten Messkampagne an einer Vielzahl von porösen Absorberwerkstoffen sind in Abb. 6.20 als Streubereiche der Messwerte und als Mittelwertskurven aufgetragen. Zum Beispiel ist für Mineralwolle mit einer Nennstopfdichte von ρAN = 60 kg/m3 nach Abb. 6.20 ein längenbezogener Strömungswiderstand von � ≈ 14 · 103 Ns/m4 zu erwarten. Häufig wird jedoch das Absorbermaterial noch zusammengedrückt. Dann ergibt sich eine höhere Stopfdichte, die nach folgender Beziehung berechnet werden kann: ρA =

dN ρA ; d N

(6.40)

mit:

ρA tatsächliche Stopfdichte, ρAN Nennstopfdichte des Materials, dN Nenndicke des Materials, d Absorberschichtdicke. Die Angabe der -Werte in Abb. 6.20 erfolgte für die bei den Messungen festgestellte Stopfdichte. Bei Verwendung konfektionierter Absorbermaterialien sollte beachtet werden, dass die tatsächlichen Werte der Stopfdichte und der Dicke infolge der Herstellungstoleranzen in gewissen Bereichen von den Nenndaten abweichen können. Der in Abb. 6.20 dargestellte Einfluss der Stopfdichte ϱa auf den längenbezogenen Strömungswiderstand  von Faserabsorbern kann zusammen mit anderen Einflüssen dargestellt werden durch

276

J. Hübelt

Abb. 6.20   Längenbezogener Strömungswiderstand Ξ (Mittelwertkurve und Streubereich) von Absorbermaterialien als Funktion der Stopfdichte ̺A. a Glaswolle 4 bis 6 μm, b Glaswolle 10 bis 15 μm, c Glaswolle 20 bis 35 μm, d Basaltwolle 5 bis 8 μm, e Mineralwolle 5 bis 8 μm, f Aluminiumwolle, Foliendicke 7 μm, g Kunststoffschäume mit hohem Anteil offener Poren nach (Heckl und Müller 1994)

�∼

η t2



̺A ̺M

1,5

;

(6.41)

mit:

η dynamische Viskosität des Fluids, z. B. Luft η = 18 · 10−6 Pa s bei 20 °C, t Faserdicke, ϱm Dichte des Skelettmaterials. Infolge des η-Anstieges (η dynamische Zähigkeit) von Gasen mit der Temperatur nimmt  bei hohen Temperaturen erheblich zu (siehe dazu auch Kap. 9 – Absorptionsschalldämpfer für heiße Medien).

6 Luftschallabsorption

277

Bei der Ermittlung des erforderlichen -Wertes für erheblich von ϑ = 20 ◦ C und p− = 103 hPa abweichende Parameter ist außerdem die Änderung der Schallkennimpedanz Z0 = ρ0 c0 zu beachten. Es gilt:

p− . ̺0 c0 (ϑ) ∼ √ 273 + ϑ

(6.42)

Für zahlreiche technische Gase ist Z0 der Tab. 5.1 zu entnehmen.

6.3.6.2 Berechnungsbeispiel Von einer vorgegebenen Absorberausführung ist die Frequenz zu berechnen, oberhalb der das Schallabsorptionsvermögen für allseitigen Schalleinfall mit αm ≥ 0,8 angegeben werden kann. Der Absorber besteht aus einer handelsüblichen Mineralwollbahn mit einer Nenndichte ρAN = 60 kg/m3 und einer Nenndicke dN = 80 mm unmittelbar vor einer schallharten Wand ohne zusätzliche Abdeckung. Es herrschen Normalbedingungen: ϑ = 20 ◦ C, p− = 103 hPa. Aus Abb. 6.20 ergibt sich bei der Dichte ρAN = 60 kg/m3 ein mittlerer längenbezogener Strömungswidertand � ≈ 14 · 103 Ns/m4. Die Bezugsfrequenz beträgt nach Gl. (6.25) fd =

54,6 54,6 Hz = Hz = 680 Hz. d/m 0,08

Nach Abb. 6.8b ist ein Schallabsorptionsgrad αm ≥ 0,8 zu erwarten für

�opt =

0,8 bis 2,4 0,8 bis 2,4 · 103 Ns/m4 = · 103 Ns/m4 = 10 bis 30 · 103 Ns/m4 d/m 0,08

und

f ≥ 0,75 · fd = 0,75 · 680 Hz = 510 Hz. Die Forderung bezüglich des längenbezogenen Strömungswiderstandes ist erfüllt. Der mit der Mineralwollbahn realisierbare Wert � ≈ 14 · 103 Ns/m4 liegt innerhalb des Bereiches optimaler Werte. opt = 10 bis 30 · 103 Ns/m4. Damit ist auch αm ≥ 0,8 für f ≥ 510 Hz zu erwarten.

6.4 Resonanzabsorber Poröse Materialien haben einerseits eine gute schallabsorbierende Wirkung in Räumen sowie Kanälen, und ihre akustische Bemessung gelingt beinahe problemlos (vgl. die vorangegangenen Abschnitte). Andererseits haben sie viele anwendungstechnische Nachteile:

278

• • • •

J. Hübelt

ungünstige Veränderung durch Feuchtigkeit, aggressive Medien oder Verschmutzung, Brennbarkeit infolge von Ablagerungen, z. B. von Öl, Abgabe von Faserpartikeln in die Luft, optische Undurchlässigkeit (Licht, Sicht).

Der effektive Einsatz Poröser Absorber ist auf den mittleren bis hohen Frequenzbereich beschränkt. Kommen darüber hinaus Anforderungen, wie die Widerstandsfähigkeit gegenüber Feuchtigkeit, Verschmutzung oder aggressiven Medien dazu, kann die Verwendung von Reaktiven Absorbern bei tiefen Frequenzen durchaus von Vorteil sein. Zu dieser Absorber-Gattung zählen zum einen die Platten- oder Folienabsorber und zum anderen die Lochplattenabsorber, die auch als Helmholtz-Resonatoren bezeichnet werden können. Der oftmals ungenügende Schallabsorptionsgrad poröser Absorber bei tiefen Frequenzen und geringen Schichtdicken wird durch den sehr großen Blindanteil der Wandimpedanz (Federcharakter) hervorgerufen. Durch Vorschalten einer Masse (ungelochte oder gelochte Platte) lässt sich der Blindanteil wenigstens in einem gewissen Frequenzbereich kompensieren (Resonanz). Dadurch entsteht die in Abb. 6.21 gezeigte Absorberausführung. Der Klasse der Reaktiven Absorber ist somit also gemeinsam, dass sie jeweils aus zwei Speicherelementen sowie einem Verlustelement bestehen. Ein Speicherelement weist hierbei Masse- und das andere Federcharakter auf. Bei der Auslegung der Absorber wird die Resonanzfrequenz des Systems in den anvisierten Frequenzbereich gelegt und das verlustbehaftete Bauteil, z. B. die Mineralwollschicht, nach z. B. Tab. 6.1 und den dazugehörigen Gleichungen auf „Anpassung“ ausgelegt. Damit das

Abb. 6.21   Plattenschwinger, bestehend aus einer konphas schwingenden Platte (Frequenzbereich strenggenommen unterhalb der 1. Eigenfrequenz der Platte) mit der Flächenmasse m′′ = ρt · t und einer porösen Füllung der Dicke dA, z. B. aus Mineralfasern. Der Luftspalt zwischen Platte und Füllung dient zum Druckausgleich und dazu, dass die Federwirkung der Anordnung nicht von der Steifigkeit des Skeletts der Füllung beeinflusst wird; - links: poröse Füllung mit Abstand zur Rückwand; - rechts: Füllung direkt auf der Rückwand

6 Luftschallabsorption

279

System eine möglichst breitbandige Wirkung aufweist, sollte das Produkt aus Masse- und Federwirkung möglichst klein gehalten werden. Dafür existieren natürlich einige Einschränkungen, die nunmehr in den folgenden Abschnitten näher erläutert werden sollen.

6.4.1 Plattenresonator Die grundsätzliche Herangehensweise bei der Auslegung von Reaktiven Absorbern soll nun beispielhaft anhand des Plattenresonators demonstriert werden. Das Speicherelement mit „Massecharakter“ wird hierbei durch eine konphas schwingende Platte oder auch eine Folie mit der Flächenmasse m′′ = ρt · t gebildet (s. Abb. 6.21). Die Forderung „konphas“ führt strenggenommen dazu, dass der Frequenzbereich, in dem der Absorber betrieben werden kann, unterhalb der 1. Biege-Eigenfrequenz der verwendeten Platte liegen sollte. An dieser Stelle sei auf Gl. (4.29) und die dazugehörigen Anmerkungen verwiesen, mit der diese Frequenz zumindest abgeschätzt werden kann. Die Federwirkung des Systems wird dahingegen bei zielgerichteter Auslegung durch das hinter der Platte eingeschlossene Luftvolumen dominiert. Für den maximalen Abstand dmax gilt Gl. (6.49). Für die Wandimpedanz Z w des Aufbaus ergibt sich bei tiefen Frequenzen und senkrechtem Schalleinfall.

Z w = Zr + Z m + Z s ;

(6.43)

mit

Zr Verlustelement, - Zr ≈ d3 A Mineralfaserschicht direkt auf der Rückwand, Abb. 6.21, rechts, - Zr = dA Mineralfaserschicht mit Abstand zur Rückwand Abb. 6.21, links, Der Luftspalt zwischen Platte oder Folie und Mineralfaserschicht dient zum Druckausgleich und u. U. dazu, dass die Federwirkung Z s der Anordnung nicht von der Steifigkeit des Skeletts der Absorberschicht beeinflusst wird, Z m Element mit Massecharakter, - Z m = jωm′′ = jωρt t mir der Dichte ρt und der Dicke t der Platte oder Folie, Z s Element mit Federcharakter, ′′ ρ0 c02 -Z s = −j sω = −j ωdφ mit

ρ0 , c0 Dichte bzw. Schallgeschwindigkeit für Luft,  d Abstand zwischen Platte und Rückwand nach Abb. 6.21,  φ zugänglicher Hohlraumgehalt der Mineralfaserschicht, meistens mit φ ≈ 1  Falls nach Gl. (6.8) f ≤ 0,015 ρ0 ist, muss berücksichtigt werden, dass die Kompression isotherm verläuft, damit ist ρ c2

- Z s = −j 1.4 ω0 0d φ , d. h. die Steifigkeit der Feder wird um den Faktor 1/1,4 verringert. Zur Dimensionierung von Resonanzabsorbern wird Gl. (6.43) zweckmäßigerweise wie folgt umgeformt:

280

J. Hübelt

Zw = Zρ + jZβ · ν; Z0

(6.44)

darin sind a) „normierte Wirkimpedanz“

Zρ =

Zr , Z0

b) „normierte Resonator-Kennimpedanz“  ′′  √ Zβ = Z10 s′′ m′′ = ρm0 d = ρρ0t dt ,  c) „Doppelverstimmung“ υ = ff0 − ff0 ,  d) „Resonanzfrequenz“   ◦ ρ0 ϑ=20 C c0 1 s′′ f0 = 2π = 2π −−−−→ f0 ≈ m′′ m′′ d

1900 √ Hz, m′′ d

für isotherme Kompression, d. h. für f ≤ 0,015 ρ0 gilt nach den Anmerkungen zu Zβ f0 . Gl. (6.43):  Z β,iso = 1,18 und  f0,iso ≈ 1,18 Der Schallabsorptionsgrad der hier diskutierten Anordnung berechnet sich unter Berücksichtigung von Gl. (6.43) und (6.4) in Verbindung mit Gl. (6.3) für den senkrechten Schalleinfall zu:

α⊥ (f ) = 

4Zρ 2  2 . Zρ + 1 + υ · Z β

(6.45)

Im Resonanzfall, d. h. für die Frequenz f = f0 wird der maximale Schallabsorptionsgrad αmax erreicht. An dieser Stelle ist die Doppelverstimmung υ = 0. Die Gl. (6.45) vereinfacht sich dadurch zu

α⊥,max (f = f0 ) = 

4Zρ Zρ + 1

2 .

(6.46)

Der maximale Absorptionsgrad α⊥,max an der Stelle der Resonanzfrequenz wird daher nur durch das eingebrachte Verlustelement Zρ bestimmt. Soll der Absorptionsgrad α⊥,max = 1 sein, muss für den Verlust ein Wert von Zρ = 1 gewählt werden (siehe auch Abb. 6.22). Der erforderliche längenbezogene Strömungswiderstand wird dann aus dem gewählten Zρ ermittelt:

6 Luftschallabsorption

281

Abb. 6.22   Schallabsorptionsgrad für senkrechten Schalleinfall von Resonanzabsorbern als Funktion der Frequenz f bezogen auf die Resonanzfrequenz f0 mit einer normierten ResonatorKennimpedanz Zβ = 1, Parameter: normierte Wirkimpedanz Zρ = 15 , 21 , 1, 2, 5

mit Abstand zur Rückwand (Abb 6.21, links):

≈

Z0 Zρ , dA

(6.47)

und direkt auf der Rückwand (Abb 6.21, rechts):

≈

3Z0 Zρ . dA

(6.48)

Anhand der Darstellung in Abb. 6.22 ist ablesbar, dass eine Erhöhung der normierten Wirkimpedanz Zρ > 1 den maximalen Schallabsorptionsgrad an der Stelle der Resonanzfrequenz zwar verringert, dafür aber die Bandbreite der Absorberanordnung im Bereich höherer Frequenzen erhöht. Für z. B. Zρ = 2 ist für die direkt auf der Rückwand positionierte poröse Schicht nach Gl. (6.48) die Strömungsresistanz � ≈ 6 Z0 /dA. Grundsätzlich wird jedoch die Bandbreite durch die normierte Resonator-Kennimpedanz Zβ eingestellt. Dieser Zusammenhang ist in Abb. 6.23 für Zρ = 1 und Zρ = 2 sowie für Zβ = 21 , 1, 2, 4, 8 dargestellt. Auf diese Weise kann der Schallabsorptionsgrad bei Verwendung der Parameter leicht ermittelt werden. Aus Gl. (6.45) und der Darstellung in Abb. 6.23 geht hervor, dass die normierte Resonator-Kennimpedanz Zβ klein zu halten ist, d. h. die vorgeschaltete Masse nicht zu groß sein darf, da sonst bereits kleine Verstimmungen zu einem großen Anwachsen des Blindanteiles der Wandimpedanz Z w und somit zur Verringerung des Schallabsorptions-

282

J. Hübelt

Abb. 6.23   Schallabsorptionsgrad für senkrechten Schalleinfall von Resonanzabsorbern als Funktion der Frequenz f bezogen auf die Resonanzfrequenz f0 mit einer normierte Wirkimpedanz durchgezogene Linie: Zρ = 1, gestrichelte Linie: Zρ = 2, Parameter: normierte Resonator-Kennimpedanz Zβ = 21 , 1, 2, 4, 8

grades α führen. Zweckmäßig ist es, einen Wert Zβ ≤ 2 zu realisieren. Je tiefer die geforderte Resonanzfrequenz ist, desto größer muss auch d sein, um genügend Bandbreite sicherzustellen. Damit sich jedoch hinter der Platte keine wellenartigen Energiefortpflanzungen in Form von Stehwellen ausbilden, muss der Abstand d der Platte zur Wand der Bedingung d ≪  genügen. Der maximale Abstand soll daher mit

dmax ≈ /10

(6.49)

festgelegt werden. Diese Einschränkung ist nicht weiter kritisch, da ja in den meisten Fällen geringe Bautiefen der Anordnung eher im Vordergrund stehen werden. Auslegung Ausgehend von einer festgelegten Resonanzfrequenz f0 könnten nun zwei Schwerpunkte im Mittelpunkt der Auslegung liegen: 1. die breitbandige Absorption oder 2. eine geringe Bautiefe des Systems: Breitbandige Absorption: Eine breitbandige Absorption wird durch kleine Werte der Resonator-Kennimpedanz Zβ erreicht. Kleine Werte Zβ bedingen wiederum möglichst große Wandabstände d. Die Bedingung (6.49) an den maximalen Wandabstand d sollte also möglichst ausgenutzt werden. Anhand der Resonanzfrequenz f0 ist folglich d nach

6 Luftschallabsorption

283

Bedingung (6.49) mit d = dmax festzulegen. Dies führt dann mithilfe der Gl. (6.44-d) für die Resonanzfrequenz zur flächenbezogenen Masse

m′′ = ρt t =

c02 ρ0 mit d = dmax . 4π 2 f02 d

(6.50)

der Platte, die ja möglichst gering sein soll. Damit kann schließlich, wiederum unter Berücksichtigung der Bedingung (6.49), für ein bekanntes Material mit der Dichte ̺t die Plattendicke t mit

t ≈ 0,25

103 Z0 ϑ=20 ◦ C −−−−→ t ≈ Ns/m3 f0 ̺ t f0 ̺ t

(6.51)

berechnet werden. Für die Bedingung (6.49) ergibt sich im Übrigen nach Gl. (6.52) eine konstante Resonator-Kennimpedanz Zβ ≈ 1,6. Darüber hinaus führt diese Bedingung besonders bei höheren Frequenzen zu sehr geringen Plattendicken. Geringe Bautiefe: Steht bei der Auslegung dagegen eine geringe Bautiefe d + t verbunden mit dem Wunsch nach einer ausreichend stabilen Platte im Vordergrund, muss ein Kompromiss zwischen Bautiefe und Bandbreite gefunden werden. Zur Festlegung der Bandbreite gilt dabei an der Stelle f = f0 der Zusammenhang:

Zβ =

 1   . 2π d f =f0

(6.52)

Hierbei wird schnell klar, dass eine kleine Bautiefe besonders im Bereich tiefer Frequenzen eine nur sehr geringe Bandbreite des Schallabsorber zur Folge hat. Wird z. B. für die Resonator-Kennimpedanz Zβ ein Wert von Zβ = 8 festgelegt, ergibt sich bereits ein sehr schmalbandiger Verlauf des Schallabsorptionsgrades (siehe Abb. 6.23, bereits im Frequenzbereich von einer Oktave oberhalb der Resonanzfrequenz ist der Schallabsorptionsgrad α < 0,1). Der Wert Zβ = 8 führt letztendlich zu einer Forderung für einen minimalen Wandabstand

dmin ≈ /50.

(6.53)

Die flächenbezogene Masse der Platte wird anschließend wiederum mit Gl. (6.50), jedoch hier mit d = dmin berechnet. An anderer Stelle, z. B. in (Fasold und Veres 2003) ist eine weniger strenge Bedingung für den minimalen Wandabstand mit dmin = /100 festgelegt worden. In diesem Fall würde Zβ ≈ 16 betragen und dadurch die Bandbreite weiterhin verringert werden. Absorptionsgradmaximum im Bereich der Resonanzfrequenz und Bandbreite: Abschließend wird der notwendige Verlust nach Gl. (6.46) und den dazugehörigen Anmerkungen eingebracht. Abb. 6.22 zeigt hierbei deutlich, dass Werte der normierten Wirkimpedanz Zρ zwischen 2 und 5 den Absorptionsgrad im Bereich der Resonanzfrequenz zwar verringern, dafür aber einen positiven Beitrag zur Erhöhung der Bandbreite leisten können.

284

J. Hübelt

Anmerkung zu Gl. (6.49): Anstelle von Zβ ≤ 2 ist auch die identische Bedingung 1/Zβ = k0 d ≥ 0,5 gebräuchlich, z. B. nach U. Ingard und R.H. Bolt, zitiert in (Fasold 1984, S. 63), mit Resonator-Kurvenscharen. Wenn nach Abb. 6.21, links die Mineralfaserschicht den Rückraum nahezu vollständig ausfüllt, darf im Bereich tiefer Frequenzen diese Bedingung mit dmax = /5 etwas gelockert werden. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit in der porösen Füllung ist in diesem Frequenzbereich ungefähr um den Faktor 2 bis 3 geringer. An dieser Stelle sei noch eine wichtige Anmerkung erlaubt: Obwohl es der Vorstellung zunächst widerspricht, überwiegt die Steifigkeit des Luftpolsters die Biegesteifigkeit der vorgeschalteten Platte meist um ein Vielfaches. Folglich wird die Resonanz „Plattenmasse – Nachgiebigkeit des Luftpolsters“ durch die Plattensteifigkeit nicht beeinflusst (Cremer 1950, S. 182). Dazu sollte die freie Plattenfläche mindestens 0,4 m2 betragen und der Abstand der die Platte stützenden Unterkonstruktion in allen Richtungen nicht kleiner als 0,5 m sein (Fasold und Veres 2003). Plattenresonatoren können auch durch eine Platte, z. B. aus Stahl verbunden mit einem aufkaschierten Elastomer hergestellt werden. Diese Kaschierung könnte dabei auch poroelastische Materialeigenschaften besitzen. In diesem Fall müsste neben den akustischen Eigenschaften auch der komplexe E-Modul für Kompression (Speichermodul und Verlustmodul mit Verlustfaktor) bekannt sein. Diese Größe kann im

Abb. 6.24   Flächenbezogene Masse m′′ der Platte eines Plattenresonators oder Folienabsorbers nach Abb. 6.21 als Funktion des Wandabstandes d für unterschiedliche Resonanzfrequenzen f0. Die Funktion ist in den Grenzen dmax ≈ /10 und dmin ≈ /50 dargestellt (z. T. wird in der Literatur auch die Bedingung dmin ≈ /100 verwendet)

6 Luftschallabsorption

285

gewählten Frequenzbereich durch eine Messung nach (DIN EN ISO 6721 Normenreihe) bestimmt werden. Im Wesentlichen lassen sich aus der Darstellung in Abb. 6.24 folgende Zusammenhänge für die Auslegung ableiten: • 1. Bedingung: d = dmax : Der maximale Wandabstand sollte möglichst ausgenutzt werden, um eine breitbandige Absorption zu ermöglichen. In diesem Fall ist die Resonator-Kennimpedanz Zβ ≈ 1,6. Der dazugehörige Verlauf des Schallabsorptionsgrades als Funktion der Frequenz ist in Abb. 6.23 dargestellt. Die Bedingung führt jedoch zu einer nur geringen Flächenmasse, d. h. im Bereich höherer Frequenzen zu sehr dünnen evtl. auch instabilen Platten; • 2. Bedingung: d = dmin: Sind geringe Bautiefen d + t im Bereich tiefer Frequenzen erwünscht, hat dies eine nur sehr schmalbandige Absorption zur Folge.

6.4.2 Helmholtz-Resonator und Lochplattenresonatoren Die im Abschn. 6.4.1 beschrieben Zusammenhänge zur Auslegung von Plattenschwingern haben ebenfalls für die auch als Helmholtz-Resonatoren bezeichneten Lochplattenschwinger ihre Gültigkeit. Für einen einzelnen in einer Wand angeordneten Helmholtz-Resonator, wie er auch z. B. in einer Kapselung zur Anwendung kommen könnte, gilt für die Resonanzfrequenz folgendes:

1 f0 = 2π



c0 s′′ = m′′ 2π



SH ; teff V

(6.54)

darin sind:

SH = πR2 die Resonatorhalsfläche für kreisförmigen Querschnitt, s. Abb. 6.25, m′′ = ρ0 teff die flächenbezogene Masse der Luft im Resonatorhals mit effektiver Resonatorhalslänge teff = t + 2t0 mit der Mündungskorrektur t0 nach Tab. 6.3,

Abb. 6.25   Prinzipskizze eines einzelnen HelmholtzResonators, 1 Verlust durch poröse Füllung, V Volumen proportional zur Federwirkung, SH Halsfläche und t Länge des Halses proportional zur Massenwirkung

286

J. Hübelt

a

b

c

Abb. 6.26   Prinzipskizze für verschiedene Lochplattenschwinger, bestehend aus einer starren Lochplatte der Dicke t mit dem Lochflächenverhältnis φ und einem Lochradius d0 = 2r0 sowie einer porösen Füllung der Dicke dA, z. B. aus Mineralwolle. Der Luftspalt zwischen Platte und Füllung bei den Varianten (a) und (b) dient zum Druckausgleich und dazu, dass die Federwirkung der Anordnung nicht von der Steifigkeit des Skeletts der Füllung beeinflusst wird, a poröse Füllung mit Abstand zur Rückwand, b poröse Füllung direkt auf der Rückwand, c poröse Füllung direkt hinter der Lochplatte, z. B. Vlieskaschierung, hier wird der Verlust vorteilhaft durch den Spezifischen Strömungswiderstand Rs bestimmt (eine Bestimmung der Vliesdicke ist oftmals nur mit unzureichender Genauigkeit möglich).

s′′ =

ρ0 c02 SH  die V

dynamische Steifigkeit für adiabatische Kompression im ρ0 c02 SH Volumen V. Falls die Kompression isotherm verläuft, ist s′′ = 1,4V (d. h. die Steifigkeit der Feder wird um den Faktor 1/1,4 verringert).

Lochplattenresonatoren werden in der Raumakustik z. B. unter Verwendung von gelochten Holz- oder Gipskartonplatten hergestellt. Grundsätzlich sind dabei die in Abb. 6.26 dargestellten Varianten denkbar. Für die Resonanzfrequenz gilt:

c0 f0 = 2π



φ . teff d

(6.55)

Darin sind:

φ = SH /SG Lochflächenverhältnis mit SH-Lochfläche und SG-Gesamtfläche, teff effektive Lochlänge teff = t + 2t0 mit der Mündungskorrektur t0 nach Tab. 6.3 und der Korrektur des Einflusses der umgebene Löcher nach Gl. (6.36) und d  Wandabstand, dieser repräsentiert die Dynamische Steifigkeit für adiabatische Kompression. Falls die Kompression isotherm verläuft, ist d (d. h. auch hier wird die Steifigkeit der Feder um den Faktor diso = 1,4 1,4 verringert).

6 Luftschallabsorption

287

a

b

Abb. 6.27   Einfluss des Lochflächenverhältnisses φ einer Absorberabdeckung auf den Schallabsorptionsgrad αm für allseitigen Schalleinfall (theoretischer Verlauf), Abmessungen in mm

Für kleine Verhältnisse des Lochflächenverhältnisses φ im Vergleich zur Plattendicke t ergeben sich Resonanzkurven, die umso schmalbandiger werden, je kleiner das Lochflächenverhältnis bei konstanter Plattendicke t wird. Abb. 6.27 a zeigt diese Tendenz. In diesem Bild sind für eine bestimmte Absorberausführung die theoretischen Absorptionsgrade für allseitigen Schalleinfall aufgetragen, wenn das Lochflächenverhältnis φ variiert wird. Die Resonanzkurven bei kleinen Lochflächenverhältnissen verschieben sich mit wachsendem Lochdurchmesser infolge der damit verbundenen Erhöhung der Luftmasse in den Löchern zu niedrigeren Frequenzen, s. Abb. 6.27b. Zur Erfüllung der Bedingung Zβ = 2 folgt aus vorstehenden Gleichungen für das Lochflächenverhältnis φ der Platte:

φ=

t + 2�t . 4d

(6.56)

288

J. Hübelt

Die in (Cremer 1950), beschriebene Erhöhung der Resonanzfrequenz bei schrägem Schalleinfall tritt bei einer Anordnung gemäß Abb. 6.26 (Raum hinter der Abdeckung mit porösem Absorber gefüllt) nicht auf. Die in (Cremer 1950) geforderte Kassettierung des Raumes hinter der Abdeckung ist daher in diesem Fall nicht erforderlich.

6.4.3 Fazit Alternative Breitband-Schallabsorber sind nach dem in diesem Abschnitt beschriebenen Resonanzabsorber-Prinzip realisierbar. Die hier angegebene Berechnungsmethodik gilt unabhängig davon, durch welche Effekte die für die Breitbandigkeit erforderliche Reibung zustande kommt. Für Breitband-Schallabsorber nach dem ResonanzabsorberPrinzip gelten folgende, aus dem hier gegebenen Formelsatz resultierende Gestaltungsregeln: • Herstellung einer möglichst kleinen normierten Resonatorkennimpedanz Zβ ≤ 2, d. h. kleine Masse, große Nachgiebigkeit (z. B. für Plattenschwinger in Abb. 6.21 kleines t , großes d), vgl. Gl. (6.49)–(6.53), • Realisierung mehrerer Resonanzabsorber mit gestaffelten Resonanzfrequenzen f0.

6.5 Weitere Breitband-Schallabsorber 6.5.1 Material- und Strömungs-Grenzschichtreibung Bei den nachfolgend beschriebenen drei alternativen Schallabsorbertypen werden Material- und Strömungs-Grenzschichtreibung ausgenutzt, um normierte Wirkimpedanzen Zρ in der gewünschten Größenordnung von 1 zu erhalten, vgl. Abb. 6.22. Solche Absorber sind außer in Räumen auch in Kanälen anwendbar. Abschätzung der Kanaldämpfung nach Piening, s. Abschn. 9.4.3.3.

6.5.1.1 Folien- und Membranabsorber Folienabsorber bestehen aus mehreren Kunststoff-Folien 300 bis 500 μm dick, die gemäß Abb. 6.28a und b verformt sind, sodass sich eine Vielzahl von Resonanzfrequenzen f0 ergibt (Biegeeigenfrequenzen der unterschiedlich geformten Foliensegmente und Eigenfrequenzen Folienmasse – eingeschlossene Luft) (Mechel und Kiesewetter 1981). Abb. 6.29 zeigt die erzielte Schallabsorption. Nach (Fuchs und Zha 1994) kann man auch mit nicht verformten Folien ähnliche Wirkungen erzielen. Beim Membranabsorber sind Resonatorkammern (Tiefe 100 bis 200  mm) durch eine geschlossene dünne Metallplatte (Dicke < 1 mm) abgedeckt, hinter der in einigen Millimetern Abstand eine zweite dünne Metallplatte (Dicke < 0,5 mm) mit einer schlitzförmigen oder runden Öffnung angeordnet ist (Fuchs et al. 1989). Mit

6 Luftschallabsorption

289

Abb. 6.28   Prinzipdarstellung eines Schallabsorbers aus tiefgezogener PVC-Folie nach (Mechel und Veres 1982). Abmessungen in mm

Membranabsorbern können Absorber von 63 Hz aufwärts realisiert werden, die sich durch geringen Raumbedarf und große Unempfindlichkeit gegen Verschmutzung in Kanälen auszeichnen. Bei hohen Schallpegeln in Kanälen (z. B. Rootsgebläse) können Ermüdungsbrüche eintreten (Fuchs und Mohr 1992). Vorausberechnung der Resonanzfrequenzen für beide Typen s. (Mechel und Veres 1982) und (Fuchs et al. 1989).

6.5.1.2 Mikroperforierter Absorber Die Basis dieser alternativen Schallabsorber sind Lochplatten nach Abschn. 6.4.2, jedoch als Besonderheit mit Bohrungen < 1 mm. Der Lochradius kommt damit in die Größenordnung der Zähigkeitsgrenzschichtdicke δ der Luft. In (Fuchs und Zha 1994) wird auf Basis von (Cremer 1950), insbes. S. 135, gesetzt:  η ; δ= ̺ω η dynamische Zähigkeit der Luft, η = 18 · 10−6 Pa · s bei 20 °C. Resonanzfrequenz f0 und normierte Resonatorkennimpedanz Zβ lassen sich mit dem Formelsatz im Abschn. 6.4.2 leicht berechnen. Die Berechnung des Reibungsverlustes, im Abschn. 6.4.2 die normierte Wirkimpedanz Zρ, ist ebenfalls leicht aus der Geometrie der mikroperforierten Platte möglich, sodass dieser Absorbertyp relativ einfach zu bemessen ist (Fuchs und Zha 1995). Die zur Anwendung kommenden Abmessungen liegen nach (Fuchs und Zha 1994) in folgenden Bereichen: t = 1 bis 8 mm, Plattendicke  Lochdurchmesser  2 r0 < 1 mm,  = 0,5 bis 2 %, Lochflächenverhältnis  d = 50 bis 150 mm. Luftschichtdicke 

290

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Abb. 6.29   Schallabsorptionsgrad nach dem Hallraumverfahren eines Schallabsorbers aus tiefgezogener PVC-Folie nach (Mechel und Veres 1982). Absorberausführung gemäß Abb. 6.28 a: a Wandabstand 0 mm (direkt aufgeklebt), b Wandabstand 50 mm; Absorberausführung gemäß Abb. 6.28 b: c Wandabstand 0 mm (direkt aufgeklebt), d Wandabstand 50 mm

Abb. 6.30 zeigt erreichte Absorptionsgrad-Frequenz-Verläufe und den Einfluss der Schrägstellung der Patten gegenüber der Rückwand.

Abb. 6.30   Schallabsorptionsgrad eines mikroperforierten Absorbers nach (Fuchs und Zha 1994). a: t = 5,0 mm, 2r0 = 0,55 mm,  = 1,94 %, d = 50 mm konstant, Messung im Rohr; b: t = 5,0 mm, 2 r0 = 0,8 mm,  = 1,4 %, d = 18 bis 50 mm ansteigend über 1 m Plattenbreite, Hallraummessung

6 Luftschallabsorption

291

Abb. 6.31   Referenzprobekörper für Messungen im Impedanzrohr oder bei der Bestimmung des Strömungswiderstandes, hergestellt mittels 3d-Druck-Verfahren, Foto: A. Thies

6.5.2 Poröses Material Absorber im 3d-Druckverfahren: Moderne 3-d Druckverfahren erlauben nunmehr auch die Herstellung von porösen Absorbern. Abb. 6.31 zeigt hierzu ein Beispiel: Dieser Probekörper wird als verschleißfeste Referenzprobe für Messungen im Impedanzrohr oder bei der Bestimmung des Strömungswiderstandes zur Anwendung gebracht. Das 3d-Druckverfahren ermöglicht eine gezielte Auslegung der Absorber. So sind z. B. für die Porosität  Werte im Bereich von � ≈ 0,5 . . . 0,9 und für die Strömungsresistanz  Werte im Bereich � ≈ 3 . . . .60 Ns/m4 einstellbar, wobei hier die untere Grenze des Bereiches der Porosität dem größten Wert des Strömungswiderstandes zugeordnet werden muss. Der Strukturfaktor χ der Proben war in den Untersuchungen im Bereich von χ ≈ 1,5 . . . .3 angesiedelt. In Abb. 6.32 ist der frequenzabhängige Schallabsorptionsgrad für einen Probekörper der Dicke d = 50 mm dargestellt. Dabei sind deutliche Einbrüche in der Schallabsorption zu erkennen. Dies ist auf die noch zu geringe innere Dämpfung der Strukturen zurückzuführen. Metallische-Hohlkugel-Absorber:  Im Bereich hoher Temperaturen oder bei großen Strömungsgeschwindigkeiten, wie sie z. B. in Abgaskanälen vorkommen können, ist der Einsatz metallischer Hohlkugelstrukturen (MHKS) (Kieback et al. 2012; Göhler et al. 2008) oder von Metallschäumen, z. B. (Xu und Mao 2016), sinnvoll. Die beispielsweise in (Einsiedler et al. 2009) eingesetzten MHKS-Absorber weisen jedoch aufgrund der geschlossenen Kugelschalen eine relativ geringe Porosität auf. Durch den hohen Strukturfaktor erreicht der Absorber im Bereich von fd (s. Gl. (6.24)) zwar schon höhere Absorptionswerte, als ein offenzelliger Schaumstoff gleicher Dicke.

292

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Abb. 6.32   Schallabsorptionsgrad α als Funktion der Frequenz f eines Probekörpers mit der Dicke d = 50 mm, gedruckt mittels 3d-Druck-Verfahren. 1 (rot): direkte Messung des Schallabsorptionsgrades im Impedanzrohr nach (DIN EN ISO 10534–2 2001) (s. Abschn. 6.7.2), 2. (blau): Berechnung des Schallabsorptionsgrades unter Anwendung der Gl. (6.3), (6.4) und (6.24) auf der Basis der Messung der Absorberkennwerte, der charakteristischen Impedanz Z A (f ) und der Wellenzahl k A (f ) („Two-Soure-Verfahren“ beschrieben in Abschn. 6.6.4.1), Messung: A. Thies

Bei höheren Frequenzen liegt der Schallabsorptionsgrad jedoch deutlich unterhalb des Wertes offenzelliger Schäume. Die Produktion der MHKS im Sinterverfahren ist leider sehr kostenintensiv. Dadurch sind die Strukturen in technischen Anwendungen bisher nur sehr gering verbreitet.

6.6 Ermittlung der Stoffkennwerte für poröses Material 6.6.1 Längenbezogener Strömungswiderstand Ξ Verfahren zur statischen und dynamischen Messung des längenbezogenen Strömungswiderstandes werden in DIN EN ISO 9053 angegeben. In diesem Abschnitt wird das Messprinzip anhand des Verfahrens mit statischer Luftströmung nach (DIN EN ISO 9053–1 2019) kurz beschrieben. Der Leser sei an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass seit der Herausgabe der Norm im Jahr 2019 die Bezeichnung des längenbezogenen Strömungswiderstandes mit dem Formelzeichen  veraltet ist. In der Norm wird die Größe nun mit dem Formelzeichen σ bezeichnet. Diesem Formelzeichen war bisher jedoch die zugängliche Porosität zugeordnet.

6 Luftschallabsorption

293

Bei der statischen Messung des längenbezogenen Strömungswiderstandes wird die Druckdifferenz festgestellt, die über einer zu untersuchenden Materialprobe entsteht, wenn diese Probe von einer Luftgleichströmung durchflossen wird. Der längenbezogene Strömungswiderstand Ξ wird dann mit folgender Beziehung berechnet:

=

p1 − p 2 in N · s/m4 ; u x

(6.57)

p1 − p2 Gleichdruckdifferenz vor und hinter der Probe in Pa, u Geschwindigkeit der Luftgleichströmung in m/s, x Dicke der Probe in Strömungsrichtung in m. Da jedoch bei vielen Absorbermaterialien der längenbezogene Strömungswiderstand mit der Strömungsgeschwindigkeit zunimmt, sind die Messungen bei einer möglichst niedrigen Strömungsgeschwindigkeit durchzuführen. Als solche ist in der Norm u = 0,5 mm/s festgelegt. Das entspricht einem Schalldruck in der Ebenen Welle von 80 dB. Die Messung des Druckverlustes ist, wenn möglich, direkt bei u = 0,5 mm/s durchzuführen. Andernfalls soll von einer möglichst nahe bei 0,5 mm/s liegenden Strömungsgeschwindigkeit der Wert schrittweise erhöht werden. Die maximale Strömungsgeschwindigkeit darf dabei 15 mm/s (110 dB Ebene Welle) nicht überschreiten. Anhand der auf diese Weise in Abhängigkeit von der Strömungsgeschwindigkeit gemessenen Druckverluste wird der Wert für den Strömungswiderstand bei der Geschwindigkeit u = 0,5 mm/s durch Polynomiale Regression mindesten 2. Ordnung extrapoliert. Die Messung sollte für mehrere Proben des gleichen Materials in einem geeigneten Prüfgefäß durchgeführt werden. Dieses muss je einen Anschluss für den Luftstrom und die Zuleitung zum Druckmessgerät besitzen, s. Abb. 6.33. Der Innendurchmesser eines zylindrischen Prüfgefäßes muss mindestens 29 mm betragen. Die Gesamthöhe ist so zu wählen, dass die Luftströmung vor und nach der Probe laminar und in Achsrichtung erfolgt. Die Probe ist so in das Prüfgefäß einzusetzen, dass das Messergebnis nicht durch Undichtigkeiten zwischen Probe und Halterung verfälscht wird (nötigenfalls Dichtung mit Vaseline, Gewindedichtungsband oder Gewindedichtungsringe). Es müssen Druckdifferenzen bis 0,1 Pa und Strömungsgeschwindigkeiten bis u = 0,5 mm/s herab messbar sein. Die Messunsicherheit bei der Bestimmung der Größen soll im Bereich von ±5 % liegen. Zur Erzeugung des Luftstromes eignen sich Vakuumpumpen und Kompressoren. Die Ergebnisse von Ringversuchen (Garai und Pompoli 2003) bescheinigen dem Verfahren eine Vergleichspräzision von näherungsweise 15 % für offenporige Schaumstoffe. Dieser Wert kann jedoch laut Hinweis in der Norm für andersartige Werkstoffe, z. B. bei Granulaten oder bei komprimierten Werkstoffen stark ansteigen. Zuletzt sei an dieser Stelle noch auf die Möglichkeit der indirekten Bestimmung des Strömungswiderstandes hingewiesen. In z. B. (Hurrell 2018) wird dazu auf der Basis der gemessenen Werte der frequenzabhängigen Wandimpedanz verbunden mit der Inversion

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J. Hübelt

Abb. 6.33   Beispiel eines zylindrischen Prüfgefäßes zur Messung des längenbezogenen Strömungswiderstandes

eines Absorbermodelles der Strömungswiderstand geschätzt. In dieser Arbeit wurden dazu unterschiedliche Modelle untersucht. Ein Vergleich mit normgerechten Messdaten bescheinigte dabei zumindest für Vliesstoffe dem Modell nach Miki (Miki 1990) die größte Übereinstimmung.

6.6.2 Porosität Φ Die Feststellung der Porosität einer Stoffprobe ist gleichbedeutend mit der Ermittlung des akustisch wirksamen Luftvolumens VZH dieser Probe. Darunter sind aber nur die Luftvolumina in den Poren einer Probe zu verstehen, die dem Schall von außen zugänglich sind, nicht aber völlig abgetrennte Hohlräume in Form von eingeschlossenen Luftblasen. Infolge der offenen Poren besitzt ein „poröses“ Material die Fähigkeit, Flüssigkeit oder Gas aufzunehmen. Aus dieser Eigenschaft können entsprechende Verfahren zur Porositätsbestimmung abgeleitet werden. Druckerhöhung durch Wasser:  Ein besonders einfaches Verfahren wird von Beranek (Beranek 1960), S. 249 angegeben. Es beruht im Wesentlichen auf der isothermen Kompression der in den offenen Poren des Absorbers enthaltenen Luft bei Druckerhöhung. Abb. 6.34 zeigt die Anordnung zur statischen Messung der Porosität. Die

6 Luftschallabsorption

295

a

b

Abb. 6.34   Anordnung zur statischen Messung der Porosität. a Absperrventil geöffnet, Messung von h0 (in beiden Messrohren gleiche Höhe); b Absperrventil geschlossen und rechtes Messrohr angehoben, Messung von h1 und h2. 1 Prüfkammer, 2 Absperrventil, 3 Messskale, 4 Messrohre; Die Messrohre sind mit Wasser gefüllt

Porosität der Absorberprobe kann, ausgehend von der isothermen Zustandsgleichung der Gase pV = konst., mit folgender Beziehung berechnet werden:

=1−

V p− V VAR − − ; VA VA p VA

(6.58)

VAR Volumen der Prüfkammer und Restvolumen im Messrohr zwischen der Höhe h0 und dem Absperrventil, VA Gesamtvolumen des porösen Absorbers, p_ atmosphärischer Luftdruck, p Druckanstieg, �p = 9,8(h2 − h1 ), p in Pa, h1 und h2 in mm, V Volumenreduzierung �V = −(h2 − h1 ) S, S Querschnittsfläche des Messrohres im Bereich h0 bis h1. Gaspyknometer:  Grundlage des Verfahrens ist die isotherme Expansion eines Messgases aus einer Kammer in eine zweite unter Anwesenheit einer porösen Probe. Das Skelett der Proben wird dabei als inkompressibel aufgefasst.

296

J. Hübelt

Diese Methode ist in (DIN 66137–2 2019) für die Bestimmung der Skelettdichte von Probekörpern ausführlich beschrieben. Als Messgas wird hierbei Helium zur Anwendung gebracht. Aufgrund der bei porösen Absorbern erwarteten Porengrößen (ausreichende Benetzung aller Poren) und zur Vermeidung der Gas-Sorption durch das Skelett ist jedoch der Einsatz trockener Luft oder Stickstoff empfehlenswert (Lowell et al. 2004). In der Norm werden zwei Verfahren beschrieben. Bei dem ersten wird das Messgas zunächst in die Kammer mit der Probe und dem kalibrierten Volumen Vcell geleitet. Anschließend ist der Druck p1 zu bestimmen. Danach soll durch Öffnen eines Verbindungsventils das Gas in die Referenzkammer mit dem ebenfalls kalibrierten Volumen Vref expandiert und der sich nunmehr einstellende Ausgleichsdruck p2 gemessen werden. Beim zweiten Verfahren wird zunächst die Referenzkammer mit dem Messgasdruck p1 beaufschlagt und dann das Gas in die mit der Probe gefüllte Kammer expandiert. Hier stellt sich dann wiederrum der Druck p2 ein. Für das Verfahren 1 berechnet sich das Skelettvolumen VS nach:

VS = Vcell −

p2 · Vref . p1 − p 2

(6.59)

Das Skelettvolumen VS beinhaltet neben dem Feststoffvolumen auch das Volumen der nicht zugänglichen Hohlräume. Das für das akustische Verhalten der porösen Struktur relevante zugängliche Volumen VZH kann somit aus der Differenz aus dem Gesamtvolumen VA und dem Skelettvolumen VS berechnet werden. Die Temperatur wird bei den Messungen konstant gehalten. Die Kammern werden dazu aus einem gut wärmeleitenden Material hergestellt. Verfahren mit Wechselfluss: Ein weiteres eher akustisches Verfahren nutzt zur Bestimmung der Porosität die Berechnungsgleichung der akustischen Impedanz Z s einer Luftfeder bei isothermer Zustandsänderung (Ballas et al. 2009)

Zs =

p q

= −j

p0 mit ω = 2πf . ωV

(6.60)

Die Messung wird hierzu in einem Gefäß mit z. B. zylinderförmigen Volumen V durchgeführt (s. Abb. 6.35). Durch Verwendung einer geeigneten Vorrichtung, z. B. einer Kolbenpumpe kann in das Gefäß ein Schallfluss (Wechselvolumenfluss) q eingetragen werden. Der dadurch entstehende Schalldruck p wird gleichzeitig unter Anwendung eines in der Gefäßwandung angebrachten Mikrofons bestimmt. Alle Dimensionen des Volumens V sind dabei so zu wählen, dass sie sich sehr klein im Vergleich zur Wellenlänge verhalten. Da zur Beschreibung der Federwirkung die isotherme Zustandsgleichung herangezogen und auch der Einfluss von Reibungseffekten (Ballas et al. 2009) vernachlässigt werden soll, muss die Anregungsfrequenz

6 Luftschallabsorption

297 4

3

1

2

Abb. 6.35    Anordnung zur Messung der Porosität unter Anwendung des Verfahrens mit Wechselfluss. 1 Einrichtung zum Erzeugen eines von der Befüllung des Volumens unabhängigen Schallflusses q; 2 Stutzen zum Anbringen eines Mikrofons zur Messung des Schalldruckes p; 3 Prüfkammer – 1. Messung: Kammer leer (mit Luft gefüllt), 2. Messung: Kammer vollständig mit der porösen Struktur gefüllt; 4 Deckel, die Kammer 3 ist während der Messungen dicht abgeschlossen

f im Bereich sehr tiefer Frequenzen, z. B. bei f = 2 Hz liegen. Dies bedeutet, dass die Größeneinschränkung für das Gefäß nicht von praktischer Bedeutung ist. Als Innendurchmesser des Zylinders ist daher ein Wert von 100 mm ohne weiteres realisierbar. Die Messung ist in zwei Schritten durchzuführen. Bei der ersten Messung des Schalldrucks p1 ist das Volumen V mit Luft gefüllt. Bei der zweiten Messung wird hingegen das Volumen vollständig mit dem porösen Material ausgekleidet und der Schalldruck p2 bestimmt. Wenn nun während der Messungen der Wechselvolumenfluss q, die Frequenz f und der Gleichdruck p0 unverändert bleiben, gilt: pV = −j

qp0 ω

= konst.

(6.61)

Das zugängliche Porenvolumen VZH kann somit durch

VZH =

 p1 V  p2

(6.62)

abgeschätzt werden. In der praktischen Realisierung wird das Volumen V oftmals nicht vollständig mit dem porösen Werkstoff gefüllt sein. In diesem Fall müsste in Gl. (6.60) ein Korrekturterm Berücksichtigung finden. Eine weitere Möglichkeit zur Verringerung des Einflusses des Restvolumens auf das Messergebnisse stellt die Befüllung dieses Bereiches mit kleinen Glaskugeln dar (siehe hierzu Hinweise in (DIN 66137–2 2019)).

298

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6.6.3 Strukturfaktor Grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass der Strukturfaktor nur schwer durch Messung oder Berechnung zugänglich ist. Er wird daher sehr oft durch eine indirekte Messung bestimmt. Dies erfolgt z. B. durch die Messung der Absorberkennwerte und die anschließende Anwendung eines invertierten Absorbermodelles nach der Gl. (6.7) oder (6.9) unter der Randbedingung hoher Frequenzen, z. B. (Panneton und Olny 2006) oder (Stebaev 2019). Hier wird die Größe mit α∞ bezeichnet. Eine weitere indirekte Methode zur Bestimmung des Strukturfaktors auf der Basis einer winkelabhängigen Beschallung der Absorberstruktur wird in (Fellah 2003) vorgestellt. Ein dagegen durch Messung zugänglicher Strukturfaktor ist die hydraulische Turtuosität τ . Diese Größe ist für eine Absorberstruktur, deren Skelet einen hohen Ohm’schen Widerstand aufweist, anwendbar (Lerch et al. 2001; Sarradj et al. 2006; Clennell 1997).

6.6.4 Absorberkennwerte 6.6.4.1 Transmissionsmessrohr Das Transmissionsrohr erlaubt die Bestimmung der frequenzabhängigen Größen, komplexe charakteristische Impedanz Z A (f ) und Wellenzahl k A (f ) (s. hierzu auch Abschn. 6.3.1) sowie des frequenzabhängigen Transmissionsgrads τ (f ) für poröse Materialien. Analog zur Absorptionsgradmessung im klassischen Impedanzrohr (Kundtsches Rohr) nach (DIN EN ISO 10534–2 2001), s. Abschn. 6.7.2, wird in dieser Messanordnung ein ebenes Wellenfeld erzeugt. Dies erlaubt die Auffassung des Rohres als eindimensionalen Wellenleiter. Der Rohrquerschnitt bestimmt folglich die höchste Frequenz fu. Für kreisrunde Rohrquerschnitte mit dem Durchmesser d gilt z. B. d < 0,58u. Der Probekörper befindet sich während der Messung in etwa in der Mitte des Rohres (in Richtung der Rohrachse) s. Abb. 6.36 und füllt das Rohr in diesem Bereich über den Querschnitt vollständig aus (Dichtigkeit an den Rändern beachten). Das Schallfeld wird vor und hinter der Probe mit zwei Mikrofonpaaren abgetastet. Dabei bestimmt der Abstand s der Mikrofone eines Paares die Grenzen des Messfrequenzbereichs (Anforderungen an den Mikrofonabstand s. Abschn. 6.7.2). Die in Abb. 6.36 gezeigte 6-Mikrofonanordnung ermöglicht die Messung in mindestens zwei verschieden Abständen s und gestattet folglich das Messen über einen erweiterten Frequenzbereich. Die Beschränkung auf den Frequenzbereich der Ebenen Welle erlaubt eine sehr einfache Beschreibung des Schallfeldes: Die einzelnen Abschnitte des Rohres sind in diesem Fall eindimensionale Wellenleiter, die jeweils durch eine komplexe Transfermatrix T (f ) abgebildet werden können. Dabei werden die Größen k0 und Z0 zur Charakterisierung der schallleitenden Eigenschaften von Luft herangezogen. Dasselbe

6 Luftschallabsorption

299

Abb. 6.36   Anordnung zur Messung der frequenzabhängigen Absorberkennwerte Z A (f ) und k A (f ) und des Transmissionsgrades τ (f ) – Transmissionsrohr (Erweitertes Kundtsches Rohr) unter Anwendung der „Two Source-Methode“, Foto: A. Thies

gilt auch für den mit dem Probekörper gefüllten Bereich des Rohres. Hier werden jedoch zur Beschreibung der Schallausbreitung die Absorberkennwerte k A und Z A verwendet:

T A (f ) =



    jZ A (f )sin k A (f )dA cos k A (f )dA     . j sin k A (f )dA cos k A (f )dA (f )

(6.63)

ZA

Zur Bestimmung von T A (f ) wird das Wellentrennungsverfahren, beschrieben z. B. in (Song und Bolton 2000), angewandt. Hierbei werden auf der Basis der Mikrofondaten die Feldgrößen, der frequenzabhängige komplexe Schalldruck p(f ) und die Schallschnelle v(f ), vor und hinter der Probe berechnet. Die frequenzabhängen Absorberkennwerte sind dann durch Lösung des Gleichungssystems (6.63) zugänglich. Die hier gezeigten Gleichungen beinhalten transzendente Anteile. Dies führt zur Mehrdeutigkeit der Lösung. Die Auswahl der physikalisch sinnvollen Lösungen muss daher auf der Basis von Randbedingungen gemacht werden. Vertiefend sei hierzu die Lektüre (Hübelt et al. 2004) empfohlen. Das Verfahren erfordert einen ideal angepassten Abschluss über den gesamten Frequenzbereich. Dies ist praktisch besonders im Bereich tiefer Frequenzen nur schwer umzusetzen. Abhilfe bieten daher die nachfolgend beschriebenen Verfahren: „Two-Source Verfahren“: Die Erweiterung des Transmissionsrohrs um eine zweite zusätzliche Schallquelle (s. Abb. 6.36) wird als Messaufbau des „Two-Source Verfahren“ bezeichnet. Hierbei werden zur Verringerung des Einflusses der störenden vom Rohrende rücklaufenden Schallwellen zwei Messungen durchgeführt. Für die erste Messung wird das Schallfeld durch Lautsprecher 1 angeregt. Bei der zweiten Messung erfolgt die Anregung dann durch Lautsprecher 2. Eine weiterführende Beschreibung des Verfahrens kann z. B. (Schulze et al. 2015; Stebaev 2019; Munjal und Doige 1990) entnommen werden.

300

J. Hübelt

„Two-Load-Methode“:  Eine weitere Möglichkeit zur Bestimmung der Kennwerte stellt die „Two-Load-Methode“ nach (ASTM E2611-17 2017) dar. Bei diesem Verfahren werden ebenfalls zwei Messungen durchgeführt. Anstelle des zweiten Lautsprechers wird hier jedoch eine definierte Abschlussimpedanz am Ende des Rohres vorgesehen, deren Eigenschaften zwischen den beiden Messungen verändert werden soll. Als Abschlussimpedanzen eignen sich dabei der nahezu schallangepasste Abschluss und das offene Rohrende. Jedoch kann auch schon durch die Verlängerung des Rohres eine ausreichend gute Veränderung der Impedanz (Änderung der Phasenlage) erreicht werden. Dies kann von Vorteil sein, wenn das Rohr während der Messung zusätzlich durch eine Gleichströmung beaufschlagt werden soll oder die Behandlung von Verzweigungen in Rohrsystemen (Chevillotte und Panneton 2011) eine Rolle spielt.

6.6.4.2 Klassisches Impedanzrohr Weitere Möglichkeiten zur Bestimmung der Kennwerte im klassischen Impedanzrohr (s. Abschn. 6.7.2) stellen die Methoden „Two-Cavity-Verfahren“ (Utsuno et al. 1989) (zwei Messungen: die Größe des Luftvolumens hinter der Probe wird zwischen den Messungen verändert) und die „Two-Thickness-Methode“ (Smith und Parrott 1983) (zwei Messungen: gleiches Material unterschiedlicher Dicke) dar.

6.7 Messung des Schallabsorptionsgrades Zur Messung des Schallabsorptionsgrades über einen größeren Frequenzbereich existieren verschiedene Verfahren: das Hallraum-Verfahren für den diffusen Schalleinfall auf eine große Probenfläche, die Messung im Impedanzrohr für den senkrechten Schalleinfall auf eher kleine Proben sowie die In-situ-Verfahren zur winkelabhängigen Messung an mittelgroßen Proben.

6.7.1 Messung im Hallraum Die Absorptionsgradbestimmung nach dem Hallraumverfahren gemäß (DIN EN ISO 354 2003) wird auf Nachhallzeitmessungen (s. Abschn. 3.7.3.2) zurückgeführt, und zwar werden die Nachhallzeiten des leeren Hallraumes (T1) und die des Hallraumes nach Einbringen der zu untersuchenden schallabsorbierenden Anordnung (T2) gemessen. Aus den Nachhallzeiten wird der Schallabsorptionsgrad αS unter Anwendung der Sabineschen Formel nach folgender Gleichung ermittelt:   1 55,3 V 1 − ; αS = (6.64) c0 S T2 T1

6 Luftschallabsorption

301

c0 Schallgeschwindigkeit in Luft in m/s; c0 = 331 + 0,6ϑ für ϑ =15 bis 30 °C, V Volumen des Hallraumes in m3, T Nachhallzeit in s, S vom Messobjekt eingenommene Prüffläche in m2. Eine Voraussetzung für die Anwendung dieser Gleichung ist, dass sich während der Messungen die Temperatur und die relative Luftfeuchtigkeit nicht ändern. Für die Bestimmung des Schallabsorptionsgrades im Frequenzbereich 100 Hz bis 5 kHz sind Hallräume mit einem Volumen von mindestens 150 m3 zu verwenden, bei Neubauten annähernd 200 m3. Zahlreiche weitere Bedingungen sind (DIN EN ISO 354 2003) zu entnehmen. Bei kleineren Hallräumen existiert eine höhere untere Frequenzgrenze, unterhalb der keine Absorptionsgradbestimmungen mit hinreichender Genauigkeit ausgeführt werden können. Sie kann abgeschätzt werden mit fu in Hz, V in m3. 1  180 3 (6.65) fu = 125 ; V Diese und eventuelle andere Abweichungen von der Norm sind im Prüfbericht mitzuteilen. Zur Erhöhung der Diffusität des Schallfeldes sind im Hallraum Diffusoren anzubringen. Die Prüffläche der absorbierenden Anordnung sollte etwa 10 bis 12 m2 groß sein bei annähernd quadratischer Form. Der Prüfling ist in seiner üblichen Montageweise anzubringen. Die Ränder sind evtl. einbaukonform seitlich mit schallreflektierendem Material abzudecken. Nach dem Hallraumverfahren werden im Allgemeinen höhere Absorptionsgrade ermittelt als nach der Theorie für allseitigen Schalleinfall auf eine unendlich große Absorberfläche zu erwarten sind. Die Ursache dafür sind Beugungseffekte in den Randzonen absorbierender Flächen. Sie können als Vergrößerung der akustisch wirksamen Fläche gegenüber der geometrischen Fläche der Absorber gedeutet werden (Kantenbeugungseffekt). Dieser Effekt ist nur schwer zu korrigieren, da er zum einem vom Verhältnis der Probekörperoberfläche zu dessen freien Kantenlänge und zum anderen von der Wandimpedanz des Absorbers selbst abhängt (siehe hierzu z. B. (Esche 1967/68) oder (Mechel 1989)).

6.7.2 Messung im Impedanzrohr Im Impedanzrohr (Kundtschen Rohr) können gleichzeitig die Größen: Schallabsorptionsgrad α, Wandimpedanz Z w und Reflexionsfaktor r jedoch nur für den senkrechten Schalleinfall bestimmt werden. Diese Messmethode wird wegen des geringen Prüfmaterialbedarfes für Vergleiche verschiedener Materialien und auch für Reihenmessungen an einem Material im Zusammenhang mit Entwicklungsaufgaben verwendet. Mithilfe einer kleinen Erweiterung des Messaufbaus ist darüber hinaus auch

302

J. Hübelt

die Messung der komplexwertigen Größen, charakteristische Wellenzahl k A und charakteristische Impedanz Z A möglich – siehe dazu Anhang (E-DIN EN ISO 10534 2021). Die an dieser Stelle vorgestellte Variante der Impedanzrohr-Messung nach (DIN EN ISO 10534–2 2001) oder (ASTM E 1050 2019) wird auch als Verfahren mit Übertragungsfunktion bezeichnet. Die Messung ist hierbei mittels Zwei-Kanal-FFT-Analyse und Rauschanregung möglich. Dabei erhält man aus der komplexen Übertragungsfunktion H(ω) zwischen zwei in axialer Richtung des Rohres im Abstand s positionierten Mikrofonen direkt die Frequenzverläufe der Größen α, r und Z w – siehe hierzu auch (Fahy 1984). Zur Messung wird die zu untersuchende schallabsorbierende Anordnung an einem Ende des Rohres angebracht. Die Absorberprobe ist unter Berücksichtigung der beim praktischen Einsatz verwendeten Montagebedingungen so im Probenhalter zu befestigen, dass sie ohne Pressung den gesamten Rohrquerschnitt ausfüllt. Es sind mehrere Proben des gleichen Materials zu untersuchen. Zur Erzielung minimaler Dämpfung der Schallwelle innerhalb des Rohres ist eine glatte und porenfreie Oberfläche erforderlich. Außerdem müssen die Wandung des Rohres und die Abschlussplatte möglichst schwer sein (keine Störung des Schallfeldes durch Mitschwingen des Rohres!). Der Frequenzbereich fl ≤ f ≤ fu, ist unter anderem von den Rohrabmessungen abhängig. Dabei bestimmen die Rohrlänge lR die tiefste Messfrequenz fl (lR ≈ l) und der Rohrdurchmesser d die höchste Frequenz fu (für kreisrunde Rohrquerschnitte gilt z. B. d < 0,58 u). Der Abstand s zwischen den Mikrofonen beschränkt einerseits die obere Frequenzgrenze mit fu < 0,45 · c0 /s (Abtasttheorem des Ortes) und andererseits aufgrund der Messgenauigkeit der Signalanalyseeinheit die untere Frequenzgrenze fl. In der Norm ist dazu festgelegt, dass der Abstand s mindestens 5 % der Wellenlänge l der niedrigsten Frequenz fl aufweisen soll. Eine weitere Technik zur Messung der akustischen Eigenschaften einer Probe ist die Stehwellenmethode. Aufgrund des hohen Zeitaufwandes wird dieses Verfahren jedoch nur noch selten angewandt und ist im Teil 1 der bereits erwähnten Norm beschrieben (zur Zeit der Drucklegung des Buches wird das Zurückziehen dieses Teils der Norm bereits diskutiert.). Für den experimentierfreudigen Leser sei das Verfahren hier jedoch kurz skizziert: Die Anregung des Schallfeldes der Ebenen Welle erfolgt anhand eines sinusförmigen Signals. Durch die Überlagerung der sich in Richtung der Absorberprobe ausbreitenden Schallwelle und der an der Probe reflektierten Welle entsteht in dem Rohr eine stehende Schallwelle. Aus dem Verhältnis der Schalldruckmaxima und -minima der stehenden Welle kann der Schallabsorptionsgrad für senkrechten Schalleinfall nach Gl. (6.3) unter Berücksichtigung der folgenden Beziehung berechnet werden:

   pmax  p  − 1 |r| =  p min  .  max  p  + 1 min

(6.66)

6 Luftschallabsorption

303

Aus der Lage des ersten Druckminimums vor der Probe ist auch die Phasenlage des komplexwertigen Schallreflexionsfaktors r der Probe bestimmbar (Cremer 1950).

6.7.3 Messung in-situ Impuls-Echo-Methode:  Die Messung des Schallabsorptionsgrades direkt vor Ort ist vor allem für Lärmschutzeinrichtungen an Fahrbahnen und für die Fahrbahn selbst genormt worden. Das Prozedere für Lärmschutzwände ist dabei auf der Basis des in (DIN EN 1793–5 2018) beschriebenen Adrienne-Verfahrens durchzuführen. Der Ablauf der Fahrbahnmessungen basiert ebenfalls auf dem Adrienne-Verfahren und wird in (DIN ISO 13472–1 2004) dargelegt. Dem Adrienne-Verfahren liegt dabei gemeinhin die in (Mommertz 1995) vorgestellte Impulse-Echo-Methode zugrunde. Grundsätzlich sei an dieser Stelle daher angemerkt, dass dieses Verfahren auch zur Messung an beliebigen Oberflächen, wie z. B. an plattenförmigen Schallabsorbern im Bereich der Raumakustik, Einsatz finden kann. Dabei sind jedoch bestimmte Einschränkungen zu beachten: Der Messaufbau besteht aus einem Lautsprecher und einem Mikrofon (siehe Abb. 6.37). Dem Impulse-Echo-Verfahren liegt grundsätzlich die Durchführung von jeweils zwei Messungen zugrunde, eine Messung mit der zu untersuchenden Probenfläche und eine ohne diese (Freifeld-Messung). In (DIN EN 1793–5 2018) werden im Übrigen sogar gleichzeitig neun Mikrofone verwendet. Dies erlaubt die Mittelung der Schallabsorptionsgrade über einen festgelegten Winkelbereich. Das Mikrofon wird bei der ersten Messung möglichst in einem kleinen Abstand dM zur Fläche positioniert und anschließend eine Impulsantwort bestimmt. Diese Messung erfolgt auf der Basis der Korrelationsmesstechnik. Aus diesem Grund kann das Verfahren auch bei hohen Hintergrundgeräuschen zur Anwendung kommen. Die auf diese Weise ermittelte Impulsantwort M 1 beinhaltet den vom Lautsprecher auf direktem Weg eintreffenden Schall, die Impulsantwort hd (t), den von der Probe reflektierten Schall hr (t) und verschiedene andere, sogenannte parasitären Reflexionen hp (t), die aus der näheren Umgebung der Probe herrühren. Mithilfe der zweiten Messung M 2 ohne Probekörper (Freifeld) wird nun eine Impulsantwort bestimmt, die nur den vom Lautsprecher auf direktem Weg eintreffenden Schall hd (t) beinhaltet (z. T. werden auch hier parasitäre Reflexionen auftreten). Dies kann z. B., wie in Abb. 6.37 gezeigt, durch Drehung der Messeinrichtung nach oben erreicht werden. Abschließend lässt sich die Energie des vom Probekörper reflektierten Schalls durch die Differenz der beiden berechneten Impulsantworten der Messungen M 1 und M 2 ermitteln. Die parasitären Reflexionen können danach durch Anwendung eines Zeitfensters mit der Länge TW, in der Norm ist dies das Adrienne-Fenster, aus den Impulsantworten M 2 und R 2 entfernt werden. Aus dem Verhältnis der reflektierten Energie (R 2) und der Energie der Freifeldimpulsantwort (M 2) lässt sich der frequenzabhängige Reflexionsgrad und daraus dann der Schallabsorptionsgrad berechnen.

304

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Abb. 6.37   Idealisierte Darstellung des Grundprinzips der Messung des Schallabsorptionsgrades in-situ – hier gezeigt für eine Ein-Mikrofon-Messung an einer Absorberprobe b, wie sie nach (DIN ISO 13472–1 2004) vorgesehen ist: – links-oben: M 1 – Messung 1 – mit Direktschall-Impulsantwort hd (t), Impulsantwort des reflektierten Schallanteils hr (t) und Impulsantwort des parasitären Schallanteils hp (t); – links-Mitte: M 2 – Messung 2 – Impulsantwort hd (t) der Freifeldmessung;

– links-unten: R 2 Differenz zwischen Messung M1 und Messung M2, danach: Anwendung eines Zeitfensters a mit der Länge TW auf M 2 und R 2; – rechts-oben: Messanordnung der Messung M1; – rechts-unten: Messanordnung der Messung  M2, der Mikrofon-LautsprechersAbstand dSM bleibt bei beiden Messungen unverändert.; Bei der Messung nach (DIN EN 1793–5 2018) wird das Verfahren auf 9 Mikrofone erweitert

6 Luftschallabsorption

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Die Länge des Zeitfensters TW bestimmt die untere Frequenzgrenze fl (siehe Kap. 3). Für die in (DIN ISO 13472–1 2004) festgelegte Zeitdauer von TW = 5 ms kann diese mit fl = 220 Hz angeben werden. In der (DIN EN 1793–5 2018) ist im Übrigen die Fensterlänge mit TW = 7,9 ms festgelegt. Die nach Möglichkeit hohe Zeitfensterlänge bedingt wiederrum, dass zum einen das Mikrofon möglichst nahe an der Probenoberfläche angeordnet werden muss (direkte und reflektierte Impulsantwort liegen zeitlich nahe beieinander) und zum anderen, dass sich störende Hindernisse in einem ausreichend großen Abstand befinden sollten. Dies bedeutet, störende Impulse sollten außerhalb des Zeitfensters mit der Länge TW liegen. Der Abstand des Lautsprechers zur Probe dS und der Abstand des Mikrofons dM zur Probe beeinflussen andererseits die Größe der an der Reflexion beteiligten Probenfläche. Diese Fläche wird als Fresnel-Zone bezeichnet. Eine gute Beschreibung dieser Theorie findet sich in (Cremer 1950). Die Anwendung diese Ansatzes auf die Schallausbreitung über Böden kann in (Boulanger et al. 1997) nachgeschlagen werden. In Abb. 6.38 ist der Radius r dieser Fläche für zwei Abstände dM in Abhängigkeit von der Frequenz für den senkrechten Schalleinfall ϑ = 0◦ nach dem Berechnungsverfahren von (Boulanger

Abb. 6.38   Radius r der an der Reflexion aktiv beteiligten kreisrunden Probenfläche (FresnelZone) für die Messung des Schallabsorptionsgrades bei senkrechtem Schalleinfall ϑ = 0° (siehe Abb. 6.37) für unterschiedliche Abstände dM des Mikrofones zur Probenfläche, berechnet nach (Boulanger et al. 1997) für F = 1/3 aus (Hübelt et al. 2010). Der Abstand dM = 0,25 m entspricht hierbei der nach der Norm (DIN ISO 13472–1 2004) geforderten Distanz. Zur Verringerung der aktiven Fläche wird hier außerdem ein Abstand von dM = 0,02 m gezeigt. Dabei ist die Position des Lautsprechers bei dS = 1,25 m unverändert geblieben. Zum Vergleich ist weiterhin der für den Einsatz einer PU-Sonde (Li et al. 2015) erforderliche Radius der Zone dargestellt

306

J. Hübelt

et al. 1997) gezeigt. Bei senkrechter Beschallung bildet sich auf der Probe eine kreisrunde Fläche aus, bei schrägem Schalleinfallswinkeln nimmt diese Fläche dagegen die Form einer Ellipse an. Der Abstand dM = 0,25 m entspricht dem in der Norm (DIN ISO 13472–1 2004) geforderten Abstand. Für diese Mikrofon/Proben-Distanz wird bei der Frequenz f = 500 Hz die an der Reflexion beteiligte Fläche einen Radius r ≈ 0,7 m annehmen. Wird die Distanz dM auf einen Wert von dM = 0,02 m verringert, verkleinert sich der Radius der Fresnel-Zone auf r ≈ 0,45 m. Der Abstand des Lautsprechers zur Probe blieb während dieser Untersuchungen mit dS = 1,25 m unverändert. Dieser Abstand wird nach Norm (DIN ISO 13472–1 2004) gefordert. Bei einer Verringerung der Frequenzgrenze auf fl = 220 Hz vergrößert sich der Radius. In der Norm wird daher das maximale Ausmaß der Fläche mir r ≈ 1,34 m angegeben. PU-Sonde:  In Abb. 6.38 ist zusätzlich der Radius der Fresnel-Zone für die Messung des Schallabsorptionsgrades bei Einsatz einer PU-Sonde abgebildet. Die PU-Sonde ist in der Lage, die Schallschnelle v durch Hitzdraht-Anemometrie auf direktem Weg zu messen (Li et al. 2015). Dabei führt die gleichzeitige Messung des Schalldruckes (in der Sonde ist zusätzlich noch ein Mikrofon eingebaut) mit Gl. (6.5) zur Wandimpedanz Z W. Auf der Basis dieser Größe ist abschließend nach den Gl. (6.4) und (6.3) sowie einer Abstandskorrektur der Schallabsorptionsgrad sehr einfach bestimmbar. Die Anordnung hat eine deutlich geringere Lautsprecher-Proben-Distanz dS. Dies erklärt die weitere Verringerung der Größe der Fresnel-Zone. Weiterführende Details zum Verfahren, wie die Anforderungen an den Signal-Rauschabstand, Messungen an unterschiedlichen Probengrößen oder die Richtungsabhängigkeit des Sensors können z. B. den Untersuchungen in (Hübelt et al. 2010) entnommen werden. Impedanz-Rohr-in-situ:  Für Fahrbahnoberflächen mit geringer Schallabsorption α ≤ 0,15 kann die Messung des Absorptionsvermögens mit einem senkrecht auf der Fahrbahn aufgestellten Impedanzrohres durchgeführt werden. Dieses Verfahren wird in (DIN ISO 13472–2 2010) beschrieben. Von besonderer Bedeutung ist bei dieser Art der Messungen die vollkommene seitliche Abdichtung des Rohres an der Fahrbahnoberfläche. Das Verfahren ist darüber hinaus für die Untersuchungen an plattenförmigen Asphaltprobekörpern mit Abmessungen von mindestens 300 mm × 300  mm einsetzbar (das Rohr wird mit einer Krempe aufgesetzt).

6.7.4 Form von Schallabsorptionsgrad-Angaben Einzahl-Angabe αW:  Für den Routineeinsatz von Schallabsorbern, z. B. in Büroräumen, Korridoren, Klassenzimmern und Krankenhäusern, ergibt sich durch den bewerteten Schallabsorptionsgrades αW eine erhebliche Vereinfachung für die Formulierung von Anforderungen und die Beschreibung von Erzeugnissen.

6 Luftschallabsorption

307

In (E-DIN EN ISO 11654 2018) werden hierzu folgende Größen definiert: Praktischer Schallabsorptionsgrad αp Auf die Oktavfolge 125 Hz bis 4 kHz durch Mittelung umgerechnete Terz-Messwerte von αs. Angabe in Vielfachen von 0,05, Werte > 1,00 auf 1,00 gesetzt. Die Messwerte müssen zuvor durch das Verfahren nach (DIN EN ISO 354 2003) ermittelt worden sein. Bewerteter Schallabsorptionsgrad αW Durch Verschiebung einer Bezugskurve für αp (fokt ) nach festgelegten Regeln gewonnener frequenzunabhängiger Einzahl-Wert, ebenfalls in Vielfachen von 0,05. Der Einzahl-Wert αW ist identisch mit den Werten der verschobenen Bezugskurve für die Oktave 500 Hz. Frequenzgang-Indikatoren L, M, H Hinweis auf die Frequenzlage von Überschreitungen der Bezugskurve um ≥ 0,25, in Klammern nach dem αW-Wert geschrieben. Unterschreitungen um mehr als 0,1 sind nach den Regeln der Bezugskurven-Verschiebung nicht möglich. Beispiel: αW = 0,65 (MH). Schallabsorptionsgradklassen A, B, C, D Nach dem informativen Anhang B von (DIN EN ISO 11654 1997) ist eine Klassifizierung von Schallabsorbern möglich (Tab. 6.4). In (E-DIN EN ISO 11654, 2018) wird jedoch nunmehr auf diese Einordnung verzichtet. Für die Bewertung einzelner Gegenstände, wie Stühle oder Baffles ist die (DIN EN ISO 11654 1997) oft ungeeignet. Als Einzahlbewertung kann an dieser Stelle der N10-Wert des Schwedischen Standards (SS 25269 2013) herangezogen werden. Diese Größe beschreibt die Anzahl an gleichen Absorbern, die benötigt werden würde, um 10 m2 äquivalente Schallabsorptionsfläche bei 500 Hz zu erzielen. Tab. 6.4  Schallabsorptionsgradklassen nach (DIN EN ISO 11654 1997). In (E-DIN EN ISO 11654 2018) wird auf diese Einordnung verzichtet

Klasse

αw

A

0,90 bis 1,00

B

0,80; 0,85

C

0,60 bis 0,75

D

0,3 bis 0,55

unklassifiziert

 ≤ 0,25

308

J. Hübelt

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6 Luftschallabsorption

309

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6 Luftschallabsorption

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7

Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen Jörn Hübelt und Wolfgang Probst

7.1 Einführung Jörn Hübelt Ein allgemeines Schema zur Emission, Ausbreitung und Immission von Geräuschen ist in Abb. 7.1 dargestellt. Die Schallquelle, die eine Maschine, ein Arbeitsvorgang oder Teil einer Anlage sein kann, wird in diesem Kapitel durch ihre unveränderte Schallleistung P beschrieben. Die Ausbreitung des Schalls zu einem Immissionsort, an dem sich ein Mensch aufhalten kann, erfolgt über einen oder mehrere Wege. Sie ist durch Schallschutzmaßnahmen zu beeinflussen. Zunächst müssen die Ausbreitungswege in ihrer Lage und relativen Bedeutung bekannt sein. Dann können zweckmäßige Schallschutzmaßnahmen getroffen werden. Dieser Zweiteilung folgend sollen zunächst in den Abschn. 7.2, 7.3 und 7.4 die Ausbreitungsgesetze für Schall im Freien, in großen, etwa leeren Arbeitsräumen, in dicht mit Maschinen oder Werkstoffen belegten Räumen und in gekoppelten Räumen behandelt werden. Die Kenntnis dieser Gesetze ist für das physikalisch-akustische Verständnis der Situation und eine möglichst genaue Prognose oder Analyse der Immission erforderlich.

Dies ist die Überarbeitung eines Beitrages von S. Gruhl und U. J. Kurze. J. Hübelt (*)  Hochschule Mittweida, Mittweida, Deutschland E-Mail: [email protected] W. Probst  DataKustik GmbH, Gilching, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Schirmer und J. Hübelt (Hrsg.), Technischer Lärmschutz, https://doi.org/10.1007/978-3-662-65668-6_7

313

314

J. Hübelt und W. Probst

Abb. 7.1   Schema der Schalleinwirkung auf den Menschen

Aus der Differenz zwischen den auftretenden Immissionswerten und den Anforderungen an den Immissionsschutz ergibt sich der Umfang des benötigten Schallschutzes. In den Abschn. 7.5, 7.6, 7.7 und 7.8 werden dann bautechnische Maßnahmen zur Verringerung der Schallausbreitung in Form von schallabsorbierenden Raumauskleidungen, Schallschirmen, Trennwänden, Kapseln und Kabinen mithilfe von einfachen auf bestimmte Geometrien beschränkte analytische Verfahren behandelt. Weil solche Maßnahmen jedoch in vielen Fällen eine komplexe Geometrie und trotz hoher Kosten mitunter nur geringe, räumlich begrenzte Wirkung haben, kommt einer genauen Prognose ihrer Schallschutzwirkung unter konkreten Bedingungen große Bedeutung zu. Die hierfür eingesetzten modernen Methoden werden daher im Abschn. 7.9 ausführlich beschrieben. Schallschutzmaßnahmen in Arbeitsstätten beeinflussen technologische und Transportvorgänge, die raumlufttechnischen und visuellen Bedingungen sowie die innenarchitektonische Gestaltung. Ihr erfolgreicher Einsatz ist häufig von der Maschinenanordnung abhängig. Sie lassen sich in eine bestehende Anlage nachträglich nur schlecht einfügen. Daher gilt – wie auch bei primären Schallschutzmaßnahmen direkt an der Quelle – der Grundsatz, bautechnische Maßnahmen schon in einem frühen Planungsstadium vorzusehen und zu bemessen. Die schallabsorbierende Raumauskleidung ist in lärmgefährdeten Bereichen als Grundausstattung vorzusehen, z. B. nach (DIN EN ISO 11690, 1-3 Normenreihe). Sie bietet u. a. die Voraussetzung, einzelne Geräuschquellen im Betrieb einfach zu erkennen und erforderlichenfalls Schallschutzmaßnahmen zu treffen. Weitere bautechnische Maßnahmen sind nur dann zu befürworten, wenn die Möglichkeiten zur Minderung der Schallemission der Quelle ausgeschöpft sind und eine nennenswerte Wirksamkeit dieser Maßnahmen nachgewiesen ist. Die Geräuschimmission wird in erster Linie auf der Grundlage des zeitlichen Mittelungspegels beurteilt, der für zeitlich veränderliche Geräusche gleich dem Pegel eines zeitkonstanten Geräusches mit gleicher Energie ist (energieäquivalenter Dauerschallpegel). Beiträge unterschiedlicher Energie sind mit ihrem jeweiligen Zeitanteil zu gewichten (siehe Kap. 2). In diesem Hauptabschnitt werden entsprechend nur Energiegrößen des Schallfeldes, nämlich die Schallintensität J, die Schallenergiedichte w, die Schallleistung P, das Quadrat des Schalldruckeffektivwerts p˜ 2 bzw. deren Pegel, behandelt. Neben Mittelwerten über längere Zeitabschnitte, wie Minuten oder Stunden, besteht gelegentlich auch Interesse an Kurzzeitmittelwerten, die als Maximalwerte z. B. bei der Zeitbewertung F (125 ms) oder S (1 s) auftreten. Die Verwendung von Pegeln ist

7  Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen

315

nachteilig, wenn Energiegrößen, z. B. die Beiträge von verschiedenen Geräuschquellen oder Ausbreitungswegen, addiert werden sollen. Sie ist vorteilhaft wegen des direkten Bezuges auf übliche Angaben der Geräuschemission und -immission in Form von Schallleistungs- und Schalldruckpegeln. Bei impulsförmiger Schallemission können nur dann Abweichungen von den Ergebnissen der Ausbreitungsrechnung für zeitkonstante Geräusche vorkommen, wenn Maximalwerte betrachtet werden. Am Immissionsort ist das Verhältnis von Kurzzeit- zu Langzeitmittelwerten immer dann geringer als an der Quelle, wenn mehrere Schallausbreitungswege vorliegen oder viele Geräuschquellen zusammenwirken.

7.2 Schallausbreitung im Freifeld Jörn Hübelt

7.2.1 Einzel- oder Punktschallquelle Im Abstand r von einer Schallquelle, der deutlich – wenigstens zweifach – größer ist als die größte Ausdehnung l der Schallquelle, aber noch nicht so groß, dass mehrere Ausbreitungswege über Reflexionen an Raumbegrenzungsflächen und Streukörpern oder auch Absorption und Inhomogenitäten der Luft zu berücksichtigen sind, kann die Schallquelle als Punktschallquelle im Freifeld behandelt werden. Zur schalltechnischen Beschreibung genügen die Angaben der Mittelpunktkoordinaten (x0 , y0 , z0), der Schallleistung P und des Richtwirkungsgrades Ŵ 2. Letzterer resultiert aus dem Zusammenwirken mehrerer kohärenter, d. h. in fester Phasenbeziehung zueinander stehender,

Abb. 7.2   Zur Schallausbreitung von einer Punktschallquelle im freien Schallfeld

316

J. Hübelt und W. Probst

Elementarstrahler (Monopole) der Schallquelle (Fasold 1984; Müller und Möser 2016), und kennzeichnet verstärkte oder verminderte Schallabstrahlung in Richtung auf einen Punkt mit den Polarwinkeln γ und φ (s. Abb. 7.2) im Vergleich zu einer ungerichtet strahlenden Quelle gleicher Schallleistung. Für reale technische Schallquellen ist er meistens so wenig bekannt, dass auf seine rechnerische Berücksichtigung verzichtet wird (Ausnahmen u. a. Schießlärm, Triebwerksgeräusche von Flugzeugen, Schornstein- und Kühlturmmündungen bei höheren Frequenzen). Die vereinfachende Beschreibung von Einzelschallquellen ist numerisch so gut handhabbar, dass größere Schallquellen vorzugsweise in Einzelschallquellen zerlegt und komplexe Schallquellen zu Einzelschallquellen zusammengefasst werden. Streng genommen ist dies nur zulässig, wenn inkohärente Quellen vorliegen. Der Idealfall einer Einzelschallquelle wird recht gut durch eine Kaminmündung an einem ebenfalls hochgelegenen Immissionsort realisiert, wenn von der Strömung und der ungleichförmigen Temperaturverteilung abgesehen werden kann. Sonst ist im Freien wenigstens mit einer Bodenreflexion und in der Nähe von Gebäuden mit Wandreflexionen des Schalls zu rechnen. Sofern diese Reflexionen etwa gleichzeitig mit dem Direktschall am Immissionsort eintreffen, ist es zweckmäßig, eine Einzelschallquelle als Ursache des Gesamtschalls anzusehen. Rechnerisch wird die Schallleistung um einen Faktor 4 π/� vergrößert (s. Tab 7.1), wenn die Einzelschallquelle nicht in den Raumwinkel 4π sondern nur in  abstrahlt. Der Umstand, dass eine höhere Anzahl von Elementarstrahlern zusammenwirkt und sich damit auch eine Änderung des Richtwirkungsgrades ergibt, bleibt meistens unberücksichtigt. Das ist bei breitbandigen Geräuschen, deren Kohärenz schon bei kleinen Laufwegunterschieden schnell abnimmt, oder bei Inhomogenität der Luft auch berechtigt, kann sich jedoch in schmalbandigen Frequenzanalysen als unzulässig erweisen. Im freien Schallfeld um eine Einzelschallquelle (im Fernfeld der Quelle), in dem von Verlusten durch Luftabsorption, Anisotropie durch Temperaturverteilung und Strömung abgesehen werden kann, errechnet sich das Schalldruckeffektivwertquadrat mit

p˜ 2 (x, y, z) =

P̺cŴ 2 4π ; 4πr 2 �

(7.1)

p˜   Effektivwert des Schalldruckes in Pa, P  Schallleistung in W  = Nm/s, Z0  Schallkennimpedanz Z0 = ρ0 c0 (für ϑ = 20 ◦ C ist Z0 = 413 Ns/m3), Γ   Richtwirkungsfaktor, kennzeichnet die verstärkte oder verminderte Schallabstrahlung in Richtung auf einen Punkt mit den Polarwinkeln γ und φ (s. Abb. 7.2) im Vergleich zu einer ungerichtet strahlenden Quelle gleicher Schallleistung, Ω  Raumwinkel, für die ungerichtete Abstrahlung von Schall in das Freie Schallfeld gilt für Ω = 4π (Vollraum),  r  Abstand Immissionsort – Quelle in m, r = (x − x0 )2 + (y − y0 )2 + (z − z0 )2 .

7  Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen

317

Tab. 7.1  Raumwinkelmaß K0 für unterschiedliche Anordnungen der Quelle Quelle im Freifeld (Vollraum)

Ω = 4π

D = 0

Quelle in einer reflektierenden ebenen Fläche (Halbraum)

Ω = 2π

D = 3 dB

Quelle in einer Kante, gebildet aus zwei senkrecht zueinander stehenden reflektierenden ebenen Flächen (Viertelraum)

Ω=π

D = 6 dB

Quelle in einer Ecke, gebildet aus drei senkrecht zueinander stehenden Ω = π/2 reflektierenden ebenen Flächen (Achtelraum)

D = 9 dB

In Pegelschreibweise wird in Anlehnung an (DIN EN ISO 9613-2 1999) aus Gl. (7.1) unter zusätzlicher Berücksichtigung der Dämpfung des Schalls auf dem Ausbreitungsweg in Luft Aatm

Lp = LW + DC − ADiv − Aatm ;

(7.2)

mit Lp  Schalldruckpegel, Lp = 20 lg(˜p/p0 ) dB mit p0 = 2 · 10−5 Pa, LW  Schallleistungspegel, LW = 10 lg(P/P0 ) dB mit P0 = 10−12 W, DC  Richtwirkungskorrektur, DC =D +DI, D  Raumwinkelmaß, D� = 10 lg(4 π/Ω) dB zur Berücksichtigung des Aufstellungsortes der Quelle – siehe nachfolgende Tab. 7.2  DI   Richtwirkungsmaß, DI = 10 lg Γ 2 dB zur Berücksichtigung der Richtwirkung der Quelle selbst, ADiv  ADiv = 20 lg (r/r0 ) dB + 11 dB,    Minderung des Schalldruckpegels auf dem Ausbreitungsweg (sphärische Divergenz) mit 10 lg (4π) dB ≈ 11 dB, AAtm  Dämpfung aufgrund von Luftabsorption, siehe Abschn. 7.2.3. Ist darüber hinaus eine ungerichtet abstrahlende Schallquelle in der Nähe einer ebenen reflektierenden Fläche, z. B. am Boden, angeordnet, lässt sich das Raumwinkelmaß wie folgt berechnen:



D� = 10 lg 1 +

rp2 + (hQ − hA )2 rp2 + (hQ + hA )2



dB,

darin sind:

rp  Abstand Schallquelle – Immissionsort parallel zur reflektierenden Fläche, hQ  Abstand Schallquelle – reflektierende Fläche, hA  Abstand Immissionsort – reflektierende Fläche.

(7.3)

318

J. Hübelt und W. Probst

Tab. 7.2  Schalldruckpegel im Abstand r von der Mitte inkohärenter Linien- und Flächenquellen mit der größten Abmessung l, l0 = 1 m, Abstrahlung in den Halbraum Schallquelle

Ausbreitungsrichtung

Linienquelle

senkrecht zur Achse für r/l ≤ 0,15 in der Richtung der Achse für r > 0,5

Flächenquelle quadratisch

senkrecht zur Flächenebene

Schalldruckpegel     L = LW − 20 lg ll0 − 10 lg rl arctan 2rl + 5 dB   L ≈ LW − 20 lg ll0 + 10 lg rl + 3 dB   2   L = LW − 20 lg ll0 + 10 lg rl2 − 41 + 8 dB    L = LW − 20 lg ll0 − 10 lg ln 1 +

l2 π r2

   in der √ Flächenebene für L = L − 20 lg l − 10 lg −ln 1 − W l0 r > l/ π



l2 π r2

 + 3 dB



 + 3 dB

Wenn in Gl. (7.3) hQ + hA ≪ rp ist, ergibt sich D = 3 dB. Das Raumwinkelmaß einer Schallquelle, die nur in einen Halbraum strahlt, beträgt somit 3 dB (siehe Tab. 7.1). Treten Reflexionen an zwei zueinander senkrechten Flächen auf, sodass sich Schall frei nur in einen Viertelraum ausbreiten kann, nimmt das Raumwinkelmaß auf 6 dB zu. Für die Ausstrahlung aus einer Ecke, die durch drei zueinander senkrechte reflektierende Flächen gebildet wird, beträgt das Raumwinkelmaß 9 dB. Um die Zunahme des Schalldruckpegels bei Aufstellung einer Maschine in der Nähe von reflektierenden Flächen gemäß dem Raumwinkelmaß zu vermeiden, werden diese Flächen schallabsorbierend verkleidet, siehe Gl. (7.45). Das Abstandsmaß ADiv berücksichtigt, dass bei der Verteilung des Schalles  auf eine  sich mit dem Abstand r vergrößernde Kugeloberfläche die Schallintensität J J ∼ p˜ 2 in dem Maße abfällt, wie die Fläche anwächst. Diese Erscheinung wird auch als sphärische Divergenz oder geometrisch bedingte Ausbreitungsdämpfung bezeichnet. Sie beträgt 6 dB je Abstandsverdopplung. Gl. (7.2) wird auch verwendet, um aus Messungen des Schalldruckpegels Lp auf einer Hüllfläche den Schallleistungspegel einer Einzelschallquelle zu bestimmen. Dabei ist über alle gemessenen Schalldruckquadrate zu mitteln. Bei der Mittelung entfällt das Richtwirkungsmaß (siehe Kap. 2).

7.2.2 Ausgedehnte Schallquellen Verkehrswege, Rohrleitungen, Förderrinnen und -bänder, Prozessfelder oder Fensterbänder in Werkhallen stellen für einen nahgelegenen Immissionsort ausgedehnte Schallquellen dar. Fällt der gemessene Schalldruckpegel an einer solchen Quelle nicht mit 6 dB je Abstandsverdopplung ab, so genügt die Schallquelle nicht den Bedingungen für eine Einzelschallquelle. Der anfängliche Abstand mag nicht groß gegenüber der Schallquellenabmessung sein, sodass sich geometrische Nahfeldeffekte bemerkbar machen.

7  Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen a

319

b

Abb. 7.3   Zur Schallausbreitung von inkohärenten a) Linien- und b) Flächenquellen

Messtechnisch ist es möglich, durch Heranziehen mehrere Messwerte auf einer Hüllfläche oder auf einem Messpfad und durch geeignete Mittelung der Schalldruckquadrate die Schallquelle trotzdem als Einzelschallquelle zu beschreiben, weil sich die geometrischen Nahfeldeffekte dabei weitgehend herausheben. Rechnerisch ist es zweckmäßig, ausgedehnte Schallquellen in Einzelschallquellen zu zerlegen. Nur für überschlägige Berechnungen und Abschätzungen empfiehlt es sich, ausgedehnte Schallquellen durch Linien- oder Flächenschallquellen zu modellieren. Solche Modelle bedürfen immer besonderer Annahmen, z. B. die der Gleichverteilung der Schallleistung über bestimmte Punkte, über Linien oder Flächen, der alleinigen Dämpfung durch geometrische Ausbreitung und der inkohärenten Teilquellen. Dann lassen sich mathematisch geschlossene Lösungen für die Schallfeldverteilungen angeben (Rathe E. J. 1969; Tatge R. B. 1972). In Tab. 7.2 sind einige Beispiele aufgelistet. Die Bezeichnungen nehmen auf Abb. 7.3 Bezug. LW ist der Gesamtschallleistungspegel aller Teilquellen Lw′ = Lw − 10 lg (l/l0 ) dB wird als längenbezogener und Lw′′ = Lw − 20 lg (l/l0 ) dB als flächenbezogener Schallleistungspegel bezeichnet (DIN 18005 1987). In Abb. 7.4 sind einige Ausbreitungsgesetze graphisch dargestellt.

7.2.3 Verluste und Störungen im Ausbreitungsweg Über größere Entfernungen, in denen der Ausbreitungsweg sehr viele Wellenlängen beträgt, macht sich die Luftabsorption bemerkbar. Es handelt sich dabei hauptsächlich um molekulare Relaxationsvorgänge, die temperatur- und feuchteabhängig sind. Sie sind sehr genau untersucht worden, um Nachhallvorgänge in Räumen zu beschreiben. Bei Frequenzen unterhalb von 1000 Hz spielt der Stickstoff in der Luft die größte Rolle, darüber der Sauerstoff, und erst im Ultraschallbereich kommen die klassischen Zähigkeitsund Wärmeleitungsverluste zum Tragen, siehe z. B. (DIN EN ISO 9613-1 1993). Im Freien unterliegt die Atmosphäre lokal sowie tages- und jahreszeitlich starken Schwankungen. Eine genaue Kenntnis der Luftabsorption ist weder möglich noch angesichts anderer überwiegender Effekte der Atmosphäre erforderlich. Gerechnet wird einheitlich mit einem abstandsproportionalen Luftabsorptionsmaß AAtm (DIN EN ISO 9613-2 1999)

320

J. Hübelt und W. Probst

Abb. 7.4   Entfernungsabhängigkeit des Schalldruckpegels im Freifeld um inkohärente Linien und Flächenquelle. L ′ (r) = L(r) − LW + 20 lg (l/l0 ) dB, a) Linienquelle, Richtung 1, b) Linienquelle, Richtung 2, c) Flächenquelle, Richtung 1, d) Flächenquelle, Richtung 2, e Punktquelle

AAtm =

α·r 1000

(7.4a)

mit dem Absorptionskoeffizient α der Luft, in Dezibel je Kilometer. Werte für den Absorptionskoeffizienten können der Norm (DIN EN ISO 9613-1 1993) oder (DIN EN ISO 9613-2 1999) entnommen werden. Für eine Temperatur von etwa 10 °C und einer relativen Luftfeuchte von 70 % kann jedoch näherungsweise mit Gl. (7.4b) gerechnet werden:

DAtm

   fm,okt fm,okt 2 r + 0,036 dB. = 0,02 + 0,36 kHz kHz 100 m 

(7.4b)

Darin ist fm,okt die Oktavbandmittenfrequenz. Zu den wichtigeren Effekten der Atmosphäre zählen die Brechung des Schalls durch vertikale Wind- und Temperaturgradienten (Müller und Möser 2016), Zur Erhöhung der Planungssicherheit bzw. des Nachbarschaftsschutzes wird stets die Mitwind- oder Inversionswetterlage betrachtet, bei der keine Zusatzdämpfungen auftreten. Turbulenzeffekte sind von untergeordneter Bedeutung. In Bodennähe tritt durch Interferenz und Absorption in der Regel eine Zusatzdämpfung auf, die als Bodendämpfung Agr in Regelwerken, z. B. in (DIN EN ISO 9613-2 1999) überschlägig für typische Mitwindbedingungen berücksichtigt wird. Detailliertere Verfahren zu Berechnung der Schallausbreitung unter Einfluss von Wind- und Temperaturgradienten werden unter der Verwendung statistischer meteorologischer Parameter beschrieben. Daraus abgeleitete „einfachere“ Verfahren stellen z. B. SonRoad (Heutschi 2005) und Nord 2000 (Plovsing und Kragh 2001) dar. Diese

7  Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen

321

Modelle verwenden zur Beschreibung der Fluktuation in der Luft einen Kohärenzfaktor. In der Nord 2000 setzt sich dieser aus einer Vielzahl von meteorologioschen Einflüssen zusammen. In SonRoad wird er ohne Kenntnis statistischer meteorologischer Parameter mithilfe eines einfachen empirischen Ansatzes berechnet. In (Hübelt und Schulze 2007) wird darüber hinaus ein Überblick über international übliche Modellbeschreibungen gegeben.

7.3 Schallausbreitung in geschlossenen Räumen Jörn Hübelt

7.3.1 Einflüsse und Beschreibungsarten Im Gegensatz zum Freien ist in Räumen mit wenig zeitlichen Schwankungen der Ausbreitungsbedingungen, dafür aber mit zahlreichen Einflüssen durch Hindernisse im Ausbreitungsweg zu rechnen. An Körpern, deren Abmessungen klein im Vergleich zur Schallwellenlänge sind, treten Schallstreuungen und Schallabsorption auf. An größeren Körpern kommt es – je nach der Gliederung der Oberfläche – zu Reflexionen und zur Schallbeugung um die Kante. An glatten Flächen herrscht die spiegelnde Reflexion vor, an rauen die diffuse. Im Prinzip sollte eine Lösung der Wellengleichung für ruhendes Medium unter Berücksichtigung der Randbedingungen an den Oberflächen aller Einrichtungsgegenstände und der Wände die Beschreibung des Schallfeldes um eine Quelle im Raum ermöglichen. Praktisch ist eine solche Berechnung nicht nur wegen des Aufwandes undurchführbar, sondern auch bedeutungslos, weil das Ergebnis für einen reinen Ton von geringsten Änderungen der Randbedingungen und der Quell- und Aufpunktkoordinaten abhängt. Unabhängig von solchen Änderungen und damit aussagekräftiger sind nur Mittelwerte über Frequenzbänder, in denen wenigstens fünf Eigenfrequenzen des Raumes auftreten, und über Raumbereiche, deren Abmessungen wenigstens ein Viertel der Wellenlänge in Frequenzbandmitte erreicht. Unter diesen Bedingungen kann auf die Betrachtung von Phasen verzichtet werden. Es werden Energiemittelwerte bestimmt. Je weniger Beiträge den Mittelwert der Schallenergiedichte über einen Raum- und Frequenzbereich jedoch liefern, desto stärkere Abweichungen vom Mittelwert sind im Einzelfall möglich (akustisch „kleine Räume“ (Müller und Möser 2016, Kapitel „Schallabsorber, Modale Schallfelder“) und (Fuchs 2010). In z. B. (Schulze et al. 2021) wurde eine räumliche Abweichung der Schalldruckpegelwerte hervorgerufen durch Raummoden von bis zu 15 dB messtechnisch bestimmt. In annähernd kubischen Räumen mit schallharten Wänden sind die Maxima der Eigenformen immer auch in den Raumecken zu finden. In Räumen mit unregelmäßigem Grundriss, können dagegen jedoch auch Minima in den Raumecken oder sogar -kanten zu finden sein, s. Abb. 7.5.

322

J. Hübelt und W. Probst

Abb. 7.5   Eigenmode: Eigenform (Schalldruckpegel) eines Büroraums bei der Eigenfrequenz 118 Hz (Grundfläche ohne Ausschnitt: 4,4 m × 5,85  m × 2,4 m, Schalldruckpegel: rot: Maximum, blau: Minimum, (Dynamikbereich 90 dB), Berechnung mit FEM, Wände schallhart), Bild: M. Ruhnau in (Schulze et al. 2021)

Zwei unterschiedliche Herangehensweisen führen zu vereinfachenden Schallfelddarstellungen. Einerseits dient die strahlengeometrische Betrachtung zusammen mit der Annahme spiegelnder Reflexionen zur Auflösung des Gesamtschalls in Energiebeiträge vom Direktschall und von zahlreichen Spiegelschallquellen. Bei kurzzeitiger Geräuschemission treffen die Beiträge zeitlich nacheinander am Immissionsort ein. Das Ausschalten einer Dauerschallquelle führt entsprechend zu einem Nachhallvorgang. Die andere Betrachtung beruht auf der Annahme der Schallstreuung oder der diffusen Reflexion. Im stationären Zustand muss die von einer Schallquelle dem Feld zugeführte Schallleistung gleich der absorbierten Schallleistung sein (Cremer und Müller 1978; Fasold 1984). Das Maß der Wirksamkeit verschiedener absorbierender Flächen im Raum richtet sich nach der jeder Streuung oder diffusen Reflexion folgenden Umverteilung des verbleibenden Schalls. Die zusammenfassende Bilanz der Schallleistung führt nur in geometrisch einfachen Fällen auf lösbare Integralgleichungen (Kuttruff 1985, 1989). Die Betrachtungen von Spiegel- und Diffusreflexionen lassen sich in verschiedener Weise verknüpfen. Es gibt Strahlverfolgungsverfahren, die beim Auftreffen eines Strahls auf eine Wandfläche mit Wahrscheinlichkeiten für die Unterschiede zwischen Einfalls- und Ausfallswinkeln arbeiten und zur Bestimmung eines sicheren Mittelwertes das Heranziehen vieler Zufallsergebnisse mit entsprechend hohem Rechenaufwand erfordern. Dies Methoden werden in Abschn. 7.9 näher vorgestellt. Im Bereich sehr tiefer Frequenzen ist darüber hinaus zur Abschätzung der Lage der Eigenfrequenzen auch die Brechung mit FEM oder BEM möglich. Diese Brechung ist jedoch nur für kleinere Räume und zu Forschungszwecken, z. B. zur Abschätzung der schallmindernden Wirkung von Außenwänden (Schulze et al. 2021), sinnvoll. In den folgenden Abschnitten werden daher nur die relativ einfachen Rechenmodelle beschrieben, die zur näherungsweisen Beschreibung von Schallfeldverteilungen in Arbeitsräumen, wie sie für typische Fälle in Abb. 7.6 dargestellt sind, dienen.

7  Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen

323

Abb. 7.6    Schematischer Verlauf des Schalldruckpegels (Schallausbreitungskurve) im Feld einer Punktschallquelle in schwach absorbierenden (α = 0,1) Räumen gleichen Volumens (V = 27000 m3) und schalltechnisch gleicher Einrichtung (αS = 0,05, lS = 10 m), aber unterschiedlicher Form. a) etwa kubischer Raum (30 m · 30 m · 30 m), b) Flachraum mit Streukörpern (73,5 m · 73,5 m · 5 m), c) Flachraum ohne Streukörper, d) Langraum mit Streukörpern (270 m · 10 m · 10 m), e) Freifeld

7.3.2 Annähernd kubischer Raum Ein Raum, dessen Kantenlängen b, h und l sich nicht mehr als um den Faktor 3 unterscheiden (Fasold 1984), bietet geometrisch die Voraussetzung, dass die Wände mit der Fläche Si vom Schall einer gleichmäßig in alle Richtungen abstrahlenden Quelle in etwa mit der Wahrscheinlichkeit Si /Sges getroffen werden. Wird nur ein kleiner Teil des auftreffenden Schalls absorbiert und treten, z. B. in einem leeren Raum, keine wesentlichen Dämpfungen im Ausbreitungsweg des Schalles auf, so wirken die Reflexionen an den Wänden der räumlichen Divergenz der Schallenergie entgegen. In einigem Abstand von der Schallquelle stellt sich infolge einer Vielzahl von Wandreflexionen annähernd ortsunabhängig derselbe Schalldruckpegel, der Schalldruckpegel des Diffusen Schallfeldes Lpdiff ein. Diese Betrachtungsweise ist jedoch erst oberhalb des durch Moden dominierten Frequenzbereiches (Schalldruckpegelverteilung siehe Abb. 7.5) möglich. Es existiert daher eine untere Frequenzgrenze, die mit der Schröder-Eckfrequenz fg näherungsweise abgeschätzt werden kann:  T (7.5) fg ≈ 2000 . V Erfahrungen zeigen, dass erst in etwa bei f ≥ 4fg für terzbandbreites Rauschen von einer annähernd ortsunabhängigen Verteilung des Schalldrucks ausgegangen werden kann. Der Schalldruckpegel des Diffusen Schallfeldes Lpdiff nimmt mit dem Pegel Lw der abgestrahlten Schallleistung zu und mit dem mittleren Absorptionsgrad α aller Raum-

324

J. Hübelt und W. Probst

begrenzungsflächen der Größe S sowie der Dämpfung m je Weglänge im Raumvolumen der Größe V ab:

Lpdiff = LW − 10 lg

αS +mV 4

A0

dB = LW − 10 lg



S 4A0



α + mL 4V S

A0 = 1 m2 .



dB;

(7.6)

Der Faktor 1/4 resultiert rechnerisch aus den Annahmen, dass der Schalleinfall auf jede Teilfläche aus dem Halbraum davor und gleichmäßig aus allen Richtungen erfolgt. Der Quotient 4 V /S = lV stellt die mittlere freie Weglänge zwischen zwei Reflexionen eines Schallstrahles an den Wänden dar (Reichardt 1968). In leeren Räumen wird die Dämpfung mL infolge Luftabsorption längs der mittleren freien Weglänge lV bestimmt. Sie hängt mit dem Luftabsorptionsmaß DL zusammen über m · lV = DL /4,3 dB. Für Arbeitsräume ist in der Regel mit einer Temperatur von 20 °C und einer relativen Luftfeuchte von 60 % zu rechnen. Näherungsweise gilt dafür

 2  f f r + 0,04 dB. DL = 0,4 1 kHz 1 kHz 100 m 

(7.7)

Praktische Bedeutung besitzt die Luftabsorption nur bei geringer Absorption der Wände von großen Räumen bei höheren Frequenzen. Für eingerichtete Räume, in denen ein Schallstrahl im Mittel nach einem Laufweg lS auf ein Hindernis trifft und dort zu einem Anteil α S absorbiert wird (s. Abschn. 7.3.5), kann Gl. (7.6) umgeschrieben werden zu    lV S Lpdiff = LW − 10 lg α + mL lV + α S dB. (7.8) 4A0 lS Räume mit Maschinen und anderen Einrichtungsgegenständen, die im Vergleich zu Wänden und Decken wenig absorbieren und deren Hüllfläche insgesamt nicht größer als die Raumbegrenzungsfläche S ist, können als leer angesehen werden. Der dritte Summand in Gl. (7.8) kann dann entfallen oder dem ersten zugeschlagen werden. Der mittlere Absorptionsgrad α wird meistens nach Sabine als arithmetischer Mittelwert über die Schallabsorptionsgrade αi der Teilflächen Si gemäß  αi Si α= i (7.9) Sges  mit Sges = i Si gebildet, siehe hierzu z. B. (DIN EN ISO 354 2003). Diese Mittelwertbildung ist angemessen für die Fälle, in denen ein Schallstrahl mit einer Wahrscheinlichkeit Si /Sges, die der relativen Teilflächengröße entspricht, auf die i-te Teilfläche auffällt. Damit ist bei gleichmäßiger Verteilung der Absorption zu rechnen oder bei sehr geringer Absorption, die sehr viele Reflexionen wirksam werden lässt, und bei Schallstreuung an Einrichtungsgegenständen, die zu einer Diffusität des Schallfeldes führt. Millington und Sette haben vorgeschlagen, nicht den Absorptionsgrad αi, sondern den Absorptionsexponenten αi′ = − ln(1 − αi ) gemäß den Teilflächengrößen zu

7  Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen

325

mitteln. Die aus der Umkehrung der Formel zu berechnenden mittleren Absorptionsgrade sind niemals größer als 1. Für kleine Werte α < 0,2 ist der Unterschied zwischen Absorptionsgrad und Absorptionsexponent vernachlässigbar (s. Abb. 7.7). Messtechnisch wird in annähernd kubischen Räumen die äquivalente Absorptionsfläche nach Sabine für α ≤ 0,2

A = αS + 4mV

(7.10)

A = − ln(1 − α)S + 4mV

(7.11)

oder nach Eyring

aus der Nachhallzeit T bestimmt (Cremer und Müller 1978), S. 170:

A=

s V 4 · 6 · ln(10) V ≈ 0,163 . 340 m/s T mT

(7.12)

Die Nachhallzeit wird als das Doppelte der Zeit bestimmt, in der der Schalldruckpegel nach Abschalten der Raumanregung von – 5 dB auf – 35 dB bezogen auf den Schalldruckpegel bei stationärer Anregung abfällt. Aus Messungen in nahezu leeren Räumen kann aus A nach Abzug der Luftabsorption der mittlere Schallabsorptionsgrad der Raumbegrenzungsflächen – meistens nach Sabine – bestimmt werden. Da der nach Sabine ermittelte Schallabsorptionsgrad in der Regel zu groß und der nach Eyring berechnete in der Regel zu klein ist, kann in bestimmten Fällen, in denen es auf eine möglichst genaue Ermittlung der für die Stärke von Spiegelquellen maßgebenden Reflexionsgrade ρ (s. Abschn. 7.3.3 f.) ankommt, vorteilhaft der arithmetische Mittelwert [α − ln(1 − α)]/2 herangezogen werden (s. Abb. 7.7). Die Auswertung der Nachhallzeit ist nur sinnvoll, wenn der Pegelabfall etwa linear mit der Zeit erfolgt. Bestimmungen von Schallabsorptionsgraden werden unzuverlässig, sobald die Ausbreitungsdämpfung im Volumen infolge von Streukörper- oder Luftabsorption mit der Wandabsorption vergleichbar wird. Für viele Arbeitsräume kann

Abb. 7.7   Zusammenhang zwischen Reflexionsgrad ̺ und Absorptionsgrad α (——), Absorptionsexponent α′ (⋯⋯⋯) sowie einem Mittelwert (1 − ̺ − ln̺)/2 (——), der üblichen Ergebnisse αSab von Hallraummessungen nahekommt

326

J. Hübelt und W. Probst

Tab. 7.3  Typische mittlere Schallabsorptionsgrade von annähernd kubischen Räumen ohne schallabsorbierende Ausstattung im Frequenzbereich von 500 bis 2000 Hz Art der Raumnutzung

α + llvs α s

Räume mit Aggregaten (z. B. Kompressoren, Lüfter), Schaltzentralen

0,05 bis 0,1

Räume der Metallverarbeitung, Maschinenhallen, Meisterbüros, Dispatcherräume 0,1 bis 0,16 Räume der Holzbearbeitung

0,12 bis 0,24

Räume der Textilindustrie (z. B. Weberei, Spinnerei)

0,20 bis 0,25

Büroräume

0,15 bis 0,20

praktisch keine Trennung von Wand- und Streukörperabsorption vorgenommen werden. Erfahrungswerte sind in Tab. 7.3 zusammengestellt. Der durch Gl. (7.6) angegebene Schalldruckpegel setzt sich aus Beiträgen des Direktschalles von einer Quelle und aller Reflexionen von den Wänden und Einrichtungsgegenständen zusammen, wobei vorausgesetzt wird, dass der Direktschall nur einen relativ kleinen Anteil liefert. Diese Voraussetzung trifft in der Nähe der Schallquelle aber nicht zu. Dort ist der Direktschall gemäß Gl. (7.1) gesondert zu berücksichtigen, sodass anstelle von Gl. (7.6) in Verbindung mit Gl. (7.10) gilt    2 4 Γ + A0 dB; mit A0 = 1 m2 . Lp = LW + 10 lg (7.13) �r 2 A Als Grenzradius (auch Hallradius) wird eine Entfernung rg zum Quellenmittelpunkt bezeichnet, bei der das Direktschallfeld und das diffuse Schallfeld die gleiche Energiedichte besitzen:  A (7.14) Ŵ. rg = 4Ω Befinden sich im Raum mehrere Schallquellen mit der Gesamtschallleistung Pges, so wird der Grenzradius kleiner und beträgt für die ν-te Quelle mit der Schallleistung Pν

rgν =



A 4Ω



Pν Γν . Pges

(7.15)

Bei n gleichen, ungerichtet auf dem Boden abstrahlenden Schallquellen gilt folglich  A (7.16) . rgn = 8πn Die Abhängigkeit des Schalldruckpegels von der Entfernung zu einer Quelle im annähernd kubischen Raum ist in Abb. 7.8 in normierter Form dargestellt. Daraus ist zu erkennen, dass das Direktschallfeld noch bis zum etwa dreifachen Grenzradius zu beachten ist und, umgekehrt, sich das diffuse Schallfeld schon etwa ab einem Drittel des Grenzradius bemerkbar macht.

7  Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen

327

Abb. 7.8   Schalldruckpegel im Feld einer Punktschallquelle im etwa kubischen Raum als Funktion der normierten Entfernung r/rg nach den Gl. (7.13) und (7.14); a) ursprünglicher Verlauf, b) Verlauf nach vierfacher Vergrößerung von A, c) Direktschall

Der Grenzradius, der die Bereiche mit überwiegendem Direktschall und überwiegendem Diffusschall trennt, ist für Schallleistungsmessungen (s. Kap. 2) und für die Auswahl von raumakustischen Schallschutzmaßnahmen (s. Abschn. 7.5) von großer Bedeutung. Vergrößert man z. B. die äquivalente Absorptionsfläche A durch eine absorbierende Raumauskleidung (s. Abb. 7.8), so sinkt nur der Schalldruckpegel des diffusen Feldes. Das direkte Schallfeld bleibt unverändert (ausführlich s. Abschn. 7.6). In der Praxis zeigen sich Abweichungen vom Verlauf des Schalldruckpegels in der Darstellung von Abb. 7.8. Das kann folgende Ursachen haben: • Interferenzen zwischen Direktschall und Boden- oder Wandreflexionen in der Nähe der Quelle; • mangelnde Diffusität des Schallfeldes durch zu kleines Volumen des Raumes bei tiefen Frequenzen oder durch tonale Komponenten, die nur eine Eigenfrequenz des Raumes anregen und eine stehende Welle bilden, z. B. (Schulze et al. 2021); • mangelnde Diffusität des Schallfeldes durch ungleichmäßige Verteilung von Flächen mit hoher Schallabsorption; • Interferenzen in geringem Abstand vor einer reflektierenden Fläche; • Ausbreitungsdämpfung durch Einrichtungsgegenstände; • Ausdehnung der Schallquelle über den rechnerischen Grenzradius hinaus, sodass ein Direktschallfeld nicht nachweisbar ist.

7.3.3 Flachraum Die meisten in der Praxis vorkommenden Arbeitsräume sind nicht annähernd kubisch, sondern mit seitlichen Abmessungen, die die Höhe mehr als dreifach überschreiten, eher als Flachräume anzusehen (Kraak 1971; Lazarus 1987). Sind Decke und Fußboden eben und ist der Raum sehr groß und leer, kann das Hallfeld im horizontalen Abstand rh von einer Schallquelle am vollständig reflektierenden Boden aus den Beiträgen von Spiegelschallquellen (s. Abb. 7.9) berechnet werden:

328

J. Hübelt und W. Probst

Abb. 7.9   Schallquelle Q und Spiegelschallquellen im Flachraum, Strahlenkonstruktion zum Aufpunkt E

� �  �� �  1 �∞ exp −rh mL + α ′ (0)/2h 1 + (2 n h/rh )2  Lp = LW + 10 lg dB. n=1  2πrh2  1 + (2 n h/rh )2

(7.17)

Dabei bezeichnet α ′ (0) den Absorptionsexponenten der Decke für senkrechten Schalleinfall, der meist etwa gleich dem Sabineschen Absorptionsgrad ist, und es wird ein Kosinusgesetz α ′ (ϑ) = α ′ (0)/cos (ϑ) für die Winkelabhängigkeit angenommen, das zur Beobachtung exponentiell verlaufender Nachhallvorgänge in annähernd kubischen Räumen gehört (Cremer et al. 1982). Im Fall einer schallharten Decke bilden eine Quelle und die Spiegelschallquelle einen Linienstrahler, von dem der Schalldruckpegel geometrisch mit 3 dB je Abstandsverdopplung und zusätzlich durch Luftabsorption abnimmt. Ohne Berücksichtigung der Luftabsorption und des Kosinusgesetzes kann die sehr aufwendige Auswertung von Gl. (7.17) näherungsweise in geschlossener Form angegeben werden (Schmidt 1986):

Lp ≈ LW + 10 lg



 1 5,7̺g     dB. 4πrh2 1,32 1 − ̺g + h/rh (1,93 + h/rh )

(7.18)

√ Dabei bezeichnet ̺g = ̺Boden ̺Decke den geometrischen Mittelwert der Reflexionsgrade ̺ = 1 − α von Boden und Decke. Reflexionen von Sheddächern, Unterzügen, Kanälen und anderen Streukörpern an der Decke, aber auch von Einrichtungsgegenständen am Boden führen zu Abweichungen von den geometrischen Gesetzen. Die in solchen Fällen auftretenden diffusen Reflexionen lassen sich mit dem Lambertschen Gesetz beschreiben, das aus der Optik bekannt ist (Kuttruff 1971). Es besagt für eine raue Fläche, dass die Rückwürfe eines auftreffenden Lichtstrahles aus allen Beobachtungsrichtungen gleich hell erscheinen. Dazu muss die Intensitätsverteilung der Reflexion eine Kosinus-Charakteristik besitzen. Auf die Akustik übertragen bedeutet dies, dass die aus der Beleuchtungsstärke abgeleitete Rückstreuintensität B1, die vom Schalleinfall auf eine raue Fläche mit der

7  Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen

329

Größe S und dem Reflexionsgrad ̺ hervorgerufen wird, auf der gegenüberliegenden Wand eine Intensität B2 gemäß ˆ B1 ̺cos2 ϑe−mL R dS 1 B2 = (7.19) π S R2 erzeugt (Kuttruff 1985). Dabei bezeichnet R den Abstand zwischen dem Aufpunkt (Index 2) und dem Flächenelement dS der Quellseite (Index 1). Der Reflexionsgrad ̺ bezeichnet den Mittelwert über alle Einfallswinkel. Als Lösung der Integralgleichung (7.19) ergibt sich näherungsweise für das Hallfeld im Flachraum ohne Berücksichtigung einer Ausbreitungsdämpfung zwischen Boden und Decke (Kuttruff 1985):

  ̺g2 ̺a b 1 LP ≈ LW + 10 lg + dB (7.20) πh2 (1 + rh2 /h2 )3/2 1 − ̺g (b2 + rh2 /h2 )3/2 

mit

  0,66 , b = 1 + ln 1 + 1 − ̺g

(7.21)

̺a als arithmetischer Mittelwert der Reflexionsgrade von Boden und Decke und ̺g als geometrischer Mittelwert. Abb. 7.10 zeigt den Vergleich von Rechenergebnissen nach Gl. (7.18) und (7.20). Bei diffuser Reflexion von einer rauen Decke erhöht sich der Schalldruckpegel in der Nähe der Schallquelle und nimmt in größerer Entfernung stärker ab als bei Spiegelreflexionen an einer glatten Decke.

Abb. 7.10   Differenz zwischen dem Schalldruckpegel Lp des Hallfeldes und dem auf eine Fläche h2 des Flachraumes bezogenen Schallleistungspegel LW − 20 lg[h/(1 m)] dB als Funktion des normierten Abstandes r/h im Flachraum. —— berechnet nach Gl. (7.18) für Spiegelreflexionen, (⋯⋯⋯) berechnet nach Gl. (7.20) für diffuse Reflexion (Kuttruff 1985); Parameter: Absorptionsgrade α von Decke und Boden

330

J. Hübelt und W. Probst

7.3.4 Langraum Von grundsätzlichem aber auch praktischem Interesse sind Langräume, bei denen nur eine Abmessung – hier l – sehr groß gegenüber den anderen beiden Raumabmessungen ist. In völlig schallharten Korridoren oder Kanälen nimmt der Schalldruckpegel in einigem Abstand von der Quelle geometrisch nicht und nur noch durch Luftabsorption etwas ab. Aber sobald ein Reflexionsfaktor ρ < 1 durch Wandabsorption auftritt, bleibt von der Ebene der Spiegelquellen nur noch ein begrenzter wirksamer Bereich übrig. In einem Abstand, der groß gegenüber den Abmessungen dieses Bereiches ist, nimmt der Schalldruckpegel wie im Freien mit etwa 6 dB je Abstandsverdopplung ab. Unter Vernachlässigung der Luftabsorption errechnet sich die Schallpegelverteilung in x-Richtung aus (Kuttruff 1989):   ∞ ̺|m|+|n| 1 ∞ dB, Lp = LW + 10 lg (7.22) m=−∞ n=−∞ (m b)2 + (n h)2 + x 2 4π

Lp ≈ LW + 10 lg



  4̺ 1 1 + dB f¨ur z ≫ b, h. 4π x 2 (1 − ̺)2

(7.23)

Der erste Summand beschreibt das Direktfeld, der zweite das Hallfeld. Sind die Reflexionsgrade der vier Wände unterschiedlich, so wird für ̺ das gewichtete Mittel

̺=

b(̺2 + ̺4 ) + h(̺1 + ̺3 ) , 2(b + h)

(7.24)

eingesetzt, wobei die Wände mit den Reflexionsfaktoren ̺1 und ̺3 sich im Abstand b gegenüberstehen. Die Schallausbreitung im Langraum mit diffus reflektierender Wand oder mit einigen Streukörpern, die als Diffusreflektoren an den Wandflächen angenommen werden können, kann aus der Lösung der Integralgleichung

B(r) =

1   ′   ′  cos ϑcosϑ ′ ′ dS + B0 (r), ̺ r B r π R2

(7.25)

bestimmt werden (Kuttruff 1989). Darin bezeichnen die Vektoren r und r′ die Lage und R den Abstand von zwei Wandelementen dS ′ und dS, deren Verbindungslinie mit den Flächennormalen die Winkel ϑ und ϑ ′ bildet. B0 ist der Beitrag des Direktschalles. Ergebnisse numerischer Integration sind in Abb. 7.11 dargestellt. Wie im Flachraum ist der Schalldruckpegel des Hallfeldes in Quellnähe zunächst konstant, um in größerem Abstand dann stärker als bei spiegelnder Wand abzufallen. Theoretisch erfolgt der Abfall des diffusen Schallfeldes schließlich mit 9 dB je Abstandsverdopplung. Das bedeutet, dass der Direktschall in großem Abstand wieder überwiegen muss, da er geometrisch nur mit 6 dB je Abstandsverdopplung abnimmt. Praktisch kommt durch Streukörper im Langraum und durch Luftabsorption eine abstandsproportionale Pegelminderung des Direktschalles hinzu.

7  Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen

331

Abb. 7.11    Differenz zwischen dem Schalldruckpegel des Hallfeldes und dem auf die a2 = b · h des Langraumes bezogenen Schallleistungspegel π-fache Querschnittsfläche  2 2 LW − 10 lg πa /r0 dB als Funktion des normierten Abstands x/a für einen leeren Langraum mit diffus reflektierenden Wänden. ……… Freifeld, r0 = 1 m, nach (Kuttruff 1989)

7.3.5 Streukörper Die Einrichtung von Arbeitsräumen mit Maschinen, Werkbänken, Regalen, raumlufttechnischen Anlagen, Kranbahnen, aber auch die Strukturierung von Wand- und Deckenflächen durch Fensternischen, Unterzüge, Sheddächer u. ä. ist erfahrungsgemäß schalltechnisch sehr schwierig zu beschreiben. Die als Kenngröße für die Raumbelegung eingeführte mittlere freie Weglänge 4V /Ss = ls, die aus dem Verhältnis von Raumvolumen V zu Oberfläche (Hüllfläche) Ss aller Streukörper zu bilden ist, stellt sich in der Praxis als nur mit großem Aufwand berechenbar heraus. Als Anhaltswerte dienen für die mittlere freie Weglänge ls zwischen zwei Streuungen in sehr dicht belegten Räumen ls = 10 m und in fast leeren Räumen ls = 30 m. Weitere Erfahrungswerte zur Streukörperdichte, also dem Kehrwert q = 1/ls, und zur Streukörperabsorption enthält Tab. 7.4 bzw. Tab. 7.5. Sie gelten für den mittleren Frequenzbereich von 500 bis 2000 Hz.

Tab. 7.4  Streukörperdichte q in verschiedenen Räumen Art des Raumes und seiner Ausstattung

q in 1/m

Raum mit Flachdach, spärliche Streukörperbelegung, z. B. Maschinenraum im Kraftwerk

0,015 bis 0,03

Raum mit Flachdach, mittlere Streukörperbelegung, z. B. Raum mit Werkzeugmaschinen

0,03 bis 0,06

Raum mit Sheddach, dichte Streukörperbelegung, z. B. Shedhalle mit Textilmaschinen

0,06 bis 0,12

332

J. Hübelt und W. Probst

Tab. 7.5  Schallabsorptionsgrad αs von Streukörpern Art der Streukörper

αs

Maschinen aller Art (außer Textilmaschinen), Säulen, Sheds, Materialstapel

0,05 bis 0,15

Textilmaschinen

0,2 bis 0,25

Schallabsorbierende Stellwände, z. B. in Großraumbüros

0,7 bis 0,9

Wichtig ist die Größe der Einrichtungsgegenstände. Die Richtlinie (VDI 3760 1996) empfiehlt, nur Strukturen, die in etwa durch eine Kugel von mindestens 1 m Durchmesser oder durch einen Quader mit der kleinsten Kantenlänge von mindestens 1 m beschrieben werden können, in die Abschätzung der mittleren freien Weglänge einzubeziehen. Um sehr viel kleinere Körper wird mittel- und tieffrequenter Schall im Wesentlichen herumgebeugt. Sehr viel größere Körper bewirken – insbesondere bei mittleren und höheren Frequenzen – eine Entkopplung von Teilräumen, die dann getrennt zu betrachten sind. Die Beschränkung der Größe der betrachteten Einrichtungsgegenstände berechtigt zu der Näherung, die Streukörperdichte frequenzunabhängig zu berücksichtigen. Die messtechnische Bestimmung des Schallabsorptionsgrades von Einrichtungsgegenständen gelingt indirekt, mit besonderen Hallraummessungen oder mit Intensitätsmessungen oder direkt durch in situ-Messungen (Kap. 6). Jedoch liegen Erfahrungen hauptsächlich dahingehend vor, dass die rechnerische Bestimmung der äquivalenten Absorptionsfläche von Arbeitsräumen aus Tabellenwerken für Wandwerkstoffe häufig zu kleineren Werten führt als die Nachhallmessung. Entsprechend ist eine Korrektur gemäß Gl. (7.8) erforderlich. Die Angabe von frequenzunabhängigen Werten für bestimmte Einrichtungstypen erscheint angemessen.

7.4 Schallausbreitung durch Koppelflächen Jörn Hübelt

7.4.1 Geschlossene Koppelflächen Grenzen zwei Räume im Wesentlichen über eine geschlossene Wandfläche der Größe ST aneinander, so bestimmt das Schalldämm-Maß R dieser Wandfläche die Kopplung der Schallfelder zu beiden Seiten der Wand. Von Interesse ist der Schalldruckpegel LII im Empfangsraum II, z. B. einem Bürotrakt, wenn eine oder mehrere Quellen im Raum I, z. B. einer Maschinenhalle, eine Schallleistung mit dem Pegel LWI abstrahlen. Die Berechnung erfolgt über die Definition des Schalldämm-Maßes R (s. Kap. 5) als Differenz zwischen dem Pegel LW + der auf die Trennfläche auffallenden Schallleistung und dem Pegel LWT der durchtretenden Schallleistung:

R = LW + − LWT .

(7.26)

7  Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen

333

Der Pegel der einfallenden Schallleistung kann messtechnisch aus dem Schalldruckpegel LI in geringem Abstand vor der Trennwand, dem Messflächenmaß der Trennwand und einer Korrektur KI für die Art des Schallfeldes im Senderaum bestimmt werden:

LW + = LI + 10 lg

ST dB + KI ; A0 = 1 m2 . A0

(7.27)

Der Schalldruckpegel im Empfangsraum errechnet sich aus

LII = LWT − 10 lg

SII dB − KII , A0

(7.28)

wobei SII die zum Pegel LII gehörige Messfläche und KII die Korrektur für die Art des Schallfeldes im Empfangsraum bezeichnen. Aus den Gl. (7.26) bis (7.28) folgt allgemein:

LII = LW+ − R − 10 lg = LI − R + 10 lg

SII dB − KII A0

ST dB + KI − KII . SII

(7.29)

Übersichtliche Berechnungen ergeben sich unter der Annahme, dass beide gekoppelten Räume annähernd kubisch sind (s. Abb. 7.12). Dann ist bei diffusem Schalleinfall aus dem Halbraum auf die Trennfläche KI = −6 dB, und im gesamten Empfangsraum herrscht etwa derselbe Pegel

LII = LWT − 10 lg

AII dB, 4A0

(7.30)

wobei AII die äquivalente Absorptionsfläche im Empfangsraum ist, sodass nach Gl. (7.28)

10 lg

Abb. 7.12   Zur Berechnung der Schallausbreitung in gekoppelten Räumen mit geschlossener Trennwand

AII SII dB + KII = 10 lg dB A0 4A0

(7.31)

334

J. Hübelt und W. Probst

ist. Daraus folgt

LII = LI − R + 10 lg

ST dB. AII

(7.32)

Im Fall bauüblicher Nebenwege wird R durch das Bauschalldämm-Maß R′ ersetzt, s. Kap. 5. Für ST > AII ist die Schalldruckpegeldifferenz zwischen beiden Räumen kleiner und für ST < AII größer als das Schalldämm-Maß der Wand. Der Schalldruckpegel LI ist mit dem Schallleistungspegel LWI gemäß Gl. (7.6) über die äquivalente Absorptionsfläche im Raum I verknüpft. Zusammen ergibt sich

LII = LWI − R′ + 10 lg

4ST A0 dB. AI AII

(7.33)

Kann nicht von allseitigem Schalleinfall auf die Trennwand ausgegangen werden, weil z. B. die Decke des Senderaumes hochabsorbierend ist, erhöht sich KI, z. B. um 3 dB. Befindet sich die Trennwand zwischen einem Flachraum als Senderaum und einem etwa kubischen Empfangsraum, so ist der Pegel LII nach Gl. (7.32) zu ermitteln, wobei LI der Pegel in geringem Abstand von mindestens einer Viertelwellenlänge vor der Trennwand ist. Er errechnet sich nach den Ausbreitungsgesetzen im Flachraum für alle dort emittierenden Schallquellen. Grenzt ein Flachraum, z. B. ein Bürotrakt, an einen etwa kubischen Raum, z. B. eine kleine Werkstatt, so ist als Ausgangsgröße für den Flachraum der Schallleistungspegel

LWT = LWI − R + 10 lg

ST dB AI

(7.34)

zu bestimmen. Für die weitere Berechnung des Schalldruckpegels LII im Abstand r von der Wand ist von n Einzelschallquellen mit den Teilschallleistungspegeln LWT − 10 lg n dB auszugehen, die gleichmäßig über die Trennwandfläche verteilt sind. Dabei ist die Anzahl n aus √ 2 ST (7.35) 10 > n ≥ r abzuschätzen. Befindet sich die Trennwand zwischen zwei Flachräumen oder stellt sie das für die Nachbarschaft maßgebliche – und gleichmäßig beschallte – Außenhautelement einer Flachhalle dar, so dient als Ausgangsgröße für die Bestimmung des Schalldruckpegels im Empfangsraum bzw. im Außenraum ebenfalls ein Schallleistungspegel, der hier aus dem Schalldruckpegel auf der Sendeseite der Trennwand zu bestimmen ist:

LWT = LI − R + 10 lg

ST dB + KI . A0

(7.36)

7  Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen

335

Im Fall allseitigen Schalleinfalls ist mit KI = −6 dB zu rechnen, bei hochabsorbierender Decke mit KI = −3 dB und bei Schalleinfall aus einem leeren Langraum, z. B. einem Korridor, mit KI = 0 dB.

7.4.2 Offene Koppelflächen Für eine offene Trennfläche der Größe SÖ (s. Abb. 7.13) mit dem Schalldämm-Maß 0 dB gilt die Leistungsbilanz. S ..

LII + 10 lg SAII0 dB + KII = LI + 10 lg AO0 dB + KI ; A0 = 1 m2 .

(7.37)

KI bezeichnet die Korrektur für das von einer ebenen fortschreitenden Welle abweichende Schallfeld im Senderaum vor der Öffnungsfläche. Im Allgemeinen ist nicht nur mit statistischem Schalleinfall aus einem Halbraum – oder bei absorbierender Decke aus einem Viertelraum – zu rechnen, sondern es sind auch rücklaufende Wellen aus dem Empfangsraum zu berücksichtigen. Die gleiche zusätzliche Korrektur gilt auch im Empfangsraum für KII, wenn der Schallpegel LII in der Nähe der Öffnung bestimmt wird. Ist der Empfangsraum etwa kubisch, so gilt anstelle von Gl. (7.31) 10 lg

AII + SO.. SII dB + KII = 10 lg dB, A0 4A0

(7.38)

weil die Öffnungsfläche als Absorptionsfläche hinzukommt. Wenn auch der Senderaum etwa kubisch ist und LI als mittlerer Raumpegel bestimmt wird, ist KI = −6 dB, und es gilt anstelle von Gl. (7.32):

LII = LI + 10 lg

Abb. 7.13   Zur Berechnung der Schallausbreitung in gekoppelten Räumen mit offener Trennfläche ( AI und AII ohne Berücksichtigung von SO.. )

SO.. dB. AII + SO..

(7.39)

336

J. Hübelt und W. Probst

Der Schalldruckpegel LI im etwa kubischen Senderaum erhöht sich durch Reflexionen aus dem Empfangsraum (Cremer und Müller 1978, S. 206):

LI = LWI − 10 lg

  AI + SO.. − S 2.. / AII + SO.. O

4A0

dB.

(7.40)

Aus den Gl. (7.39) und (7.40) folgt:

LII = LWI − 10 lg

AI AII + SO.. (AI + AII ) dB. 4A0 SO..

(7.41)

Die äquivalenten Absorptionsflächen AI und AII sind so zu ermitteln, als wäre die Fläche SO.. vollständig reflektierend. Ist der Raum II nur wenig absorbierend oder sehr klein ( AII ≪ SO.. ), dann sind die Schalldruckpegel in beiden Räumen etwa gleich. Ist dagegen der Empfangsraum sehr groß oder absorbierend ( AII ≫ SO.. ), dann ist der Schalldruckpegel dort relativ niedrig. Kann nicht von allseitigem Schalleinfall auf die Öffnungsfläche ausgegangen werden, weil z. B. die Decke des Senderaumes hochabsorbierend ist, verringert sich die wirksame Öffnungsfläche. Befindet sich die Öffnungsfläche in einer Wand zwischen einem Flachraum als Senderaum und einem etwa kubischen Empfangsraum, so ist der Pegel LII mit den Gl. (7.37) und (7.38) aus

LII = LI + 10 lg

4SO.. dB + KI AII + SO..

(7.42)

zu ermitteln, wobei KI ≈ −6 dB bis –3 dB ist, sodass näherungsweise Gl. (7.39) gilt, jedoch sind infolge der Reflexionen aus dem Empfangsraum und absorbierender Raumbegrenzungsflächen nahe der Öffnung Abweichungen möglich. Der Pegel LI ist als Mittelwert in geringem Abstand von mindestens einer Viertelwellenlänge vor der Trennwand mit Öffnung zu bestimmen. Er errechnet sich nach den Ausbreitungsgesetzen im Flachraum für alle dort emittierenden Schallquellen in erster Näherung mit der Annahme eines Absorptionsgrades αt für die teilweise offene Wand,   αO.. SO.. + αW SW − SO.. , αt = (7.43) SW wobei αW den Absorptionsgrad der Wand mit der Gesamtfläche SW bezeichnet und αO.. eine Rechengröße ist, für die bei einem Empfangsraum mit wenig Streukörpern αO.. = 1 und mit vielen Streukörpern αO.. ≈ 0,5 einzusetzen ist. Grenzt ein Flachraum, z. B. ein Bürotrakt, an einen etwa kubischen Raum, z. B. eine kleine Werkstatt, so ist als Ausgangsgröße unter Vernachlässigung der Rückwirkung aus dem Flachraum der Schallleistungspegel

LW O.. = LWI + 10 lg

SO.. dB AI + SO..

(7.44)

7  Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen

337

zu bestimmen. Für die weitere Berechnung des Schalldruckpegels LII im Abstand r von der Öffnungsfläche ist wiederum von n Einzelschallquellen mit den Teilschallleistungspegeln LWO¨ − 10 lg n dB auszugehen, die gleichmäßig über die Öffnungsfläche verteilt sind (s. Abschn. 7.2). Befindet sich die Öffnung in einer Wand zwischen zwei Flachräumen oder in der Außenwand eines Flachraumes, so dient als Ausgangsgröße für die Bestimmung des Schalldruckpegels im Empfangsraum bzw. im Freien ebenfalls ein Schallleistungspegel, der näherungsweise wiederum ohne genaue – oder überhaupt ohne – Berücksichtigung der Rückwirkung des Empfangsraumes aus dem Schalldruckpegel auf der Sendeseite zu bestimmen ist, s. Gl. (7.36). Bei allseitigem Schalleinfall ist mit KI = −6 dB zu rechnen, bei einer Öffnungsfläche unter einer hochabsorbierenden Decke mit KI = −3 dB und bei Schalleinfall aus einem leeren Langraum, z. B. einem Korridor, mit KI = 0 dB.

7.5 Raumgestaltung und Quellenanordnung Jörn Hübelt In annähernd kubischen Räumen hängt der Schalldruckpegel nicht wesentlich von der Form und der geometrischen Gestaltung von Raumbegrenzungsflächen, sondern nur vom Volumen und der Nachhallzeit ab. Unangenehme Flatterechos zwischen glatten, parallelen Flächen und besonders gute Schallausbreitung entlang konkav gekrümmten, glatten Flächen sind durch Strukturierung und Absorption vermeidbar. Dafür wird häufig bereits durch die Einrichtung gesorgt. Mit zunehmendem Raumvolumen nimmt die Energiedichte im Hallfeld einer Schallquelle ab, sodass im Prinzip größere Räume vorteilhaft erscheinen, falls dadurch die Anzahl der Schallquellen im Raum nicht zunimmt. Praktisch bestimmen andere Bemessungsvorschriften die Raumgröße, und es bestehen keine schalltechnisch vorteilhaften Gestaltungsmöglichkeiten. In Flachräumen wirken sich Reflexionen an der Decke und an Streukörpern im Nahbereich von Schallquellen pegelerhöhend und im Fernbereich pegelmindernd aus (s. Abb. 7.14). Je höher die Decke und je geringer die Streukörperdichte ist, desto größer ist der Nahbereich. Gestaltungsrichtlinien für den Raum lassen sich daraus nicht ableiten, sondern werden durch andere Gesichtspunkte bestimmt. Bei vielen ähnlichen Schallquellen in einem Raum hängt der mittlere Schalldruckpegel vom mittleren Schallleistungspegel und von der äquivalenten Absorptionsfläche je Schallquelle ab. Bei Verdopplung des Rastermaßes, in dem Maschinen aufgestellt werden, vergrößert sich die Fläche um den Faktor 4, und der Schalldruckpegel nimmt um 6 dB ab. Hieraus eine Schallschutzmaßnahme abzuleiten, führt in der Regel nicht auf eine wirtschaftliche Lösung. Einzig bei sehr unterschiedlich lauten Maschinen lässt sich die schalltechnische Empfehlung aussprechen, laute und leise Quellen jeweils räumlich zu konzentrieren und

338

J. Hübelt und W. Probst

Abb. 7.14   Berechnete Schallausbreitungskurven im Flachraum mit niedriger Absorption. a) hoher Raum (h = 20 m) mit geringer Streukörperdichte (q = 0,025 m−1), b) niedriger Raum (h = 10 m) mit hoher Streukörperdichte (q = 0,1 m−1 ), c) Freifeld

beide Gruppen möglichst weit voneinander entfernt anzuordnen, damit das Abstandsmaß bereits einen hohen Pegelabfall sichert. Eine solche Maßnahme ermöglicht vielfach erst die Anwendung weiterer Schallschutzmaßnahmen, z. B. die Aufstellung von Trennwänden oder Schallschutzkabinen.

7.6 Schallabsorbierende Raumauskleidungen Jörn Hübelt

7.6.1 Anwendung Großflächige und breitbandig wirksame Schallabsorber werden in Arbeitsräumen eingesetzt, wenn • sie unter den Anwendungsbereich der Norm (DIN 18041 2016) fallen, z. B. Unterrichtsräume in Schulen, Konferenzräume, Seminarräume, Hörsäle … • damit zu rechnen ist, dass der Schalldruckpegel arbeitsspezifische Grenzwerte überschreitet, und keine einfacheren Schallschutzmaßnahmen zur Verfügung stehen; • der Raum im Ausgangszustand relativ hallig ist, d. h. der aus Nachhallmessungen bestimmte mittlere Schallabsorptionsgrad der Raumbegrenzungsflächen α < 0,3 ist (Anforderung der Berufsgenossenschaft α ≥ 0,3) oder die Schallpegelabnahme im Flachraum zwischen 5 m und 16 m Abstand von einer Schallquelle im mittleren Frequenzbereich um 1 kHz weniger als 4 dB je Abstandsverdopplung beträgt; • im Raum viele – auch örtlich nicht festgelegte – Schallquellen und Arbeitsplätze vorhanden sind; • die Wirksamkeit von Schallschirmen verstärkt werden soll; • die Schallabstrahlung in die Nachbarschaft, z. B. durch offene Fenster oder von Bauteilen mit geringer Schalldämmung, verringert werden soll

7  Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen

339

Wenig sinnvoll ist die Anwendung schallabsorbierender Raumauskleidungen, wenn • der mittlere Schallabsorptionsgrad des Raumes bereits im Ausgangszustand relative hoch ist, z. B. in Räumen der Textilindustrie; • sich im Raum nur wenige Schallquellen befinden, deren Geräuschemission durch Kapselung oder andere Maßnahmen verringert werden kann; • sich im Raum nur wenige Kontrollarbeitsplätze befinden, für die mit geringerem Aufwand Schallschutzkabinen aufgestellt werden können.

7.6.2 Anforderungen Schalltechnische Anforderungen an absorbierende Raumauskleidungen beschränken sich auf den aus Hallraummessungen (DIN EN ISO 354 2003) ermittelten Schallabsorptionsgrad αSab. Für allgemeine Anforderungen ist es ausreichend, im Frequenzbereich mit den Terzmittenfrequenzen von etwa 400 Hz bis 4 kHz Mindestwerte des frequenzgemittelten Absorptionsgrades (DIN EN ISO 11690-2 2020), von mindestens 0,6 vorzusehen. Solche Anforderungen werden sicher erfüllt, wenn der Absorber selbst um den Faktor k > 1 höhere Absorptionsgrade besitzt, aber nur einen um den Faktor 1/k kleineren Flächenanteil belegt, weil Restflächen unverkleidet bleiben. Solche Restflächen, die für Beleuchtung, Belüftung, sicherheitstechnische Einrichtungen und aus Gründen der Zugänglichkeit oder des Aufwandes ausgespart werden, sind dann als unbedenklich anzusehen. Schallabsorptionsgrade sind nach Hallraummessungen eindeutig nur für Raumauskleidungen bestimmbar, die in bestimmtem geringen Wandabstand befestigt werden. Bei größeren Wandabständen, die eine Schallausbreitung zwischen dem Absorber und der Wand parallel zu deren Oberfläche zulassen, sind besondere Vereinbarungen – z. B. über die Gestaltung von Rahmen oder anwendungsähnlichen Feldern – für die Hallraummessungen zu treffen, damit die Ergebnisse übertragbar werden. Zusätzlich zur Akustik bestehen, je nach Anwendung, verschiedene Anforderungen an • die mechanische Stabilität, z. B. im unteren Teil von Wandverkleidungen gegenüber Beschädigungen der Oberfläche oder bei Elementen mit größerer Spannweite gegenüber Durchbiegung unter dem Eigengewicht; • den Brandschutz, z. B. nicht brennbar oder schwer entflammbar nach (DIN 4102 Normenreihe), keine Bildung giftiger Gase im Brandfall; • die Feuchtigkeitsbeständigkeit, Resistenz gegen Pilzbefall und ähnliche Probleme in Feuchträumen und bei besonderen hygienischen Anforderungen, z. B. Küchen, Krankenhäuser, pharmazeutische Industrie; • die Reflexion von Licht, um den Arbeitsraum nicht zu dunkel werden zu lassen, und die Beständigkeit gegenüber Tageslicht, besonders im Freien; • die Abriebfestigkeit der Oberfläche, z. B. in Reinräumen;

340

J. Hübelt und W. Probst

• die Reinigungsfähigkeit, z.  B. in Räumen mit hoher Schmutz-, Staub- und Ölnebelbelastung; • die chemische Langzeitstabilität von Kunststoffen oder geeignete Schutzmaßnahmen, z. B. Rieselschutz oder Dampfsperren; • die Möglichkeit der Hinterlüftung zur Vermeidung von bauphysikalischen Problemen, z. B. unter Kaltdächern; • das Flächengewicht bei Befestigung an Leichtbaudächern.

7.6.3 Bauformen Zu unterscheiden sind Flachabsorber und offene Raumabsorber (s. Abb. 7.15). Flachabsorber werden in bestimmtem Wand- oder Deckenabstand befestigt. Ihre Wirksamkeit hängt vom Wandabstand ab. Sie ist bei tiefen Frequenzen umso höher, je größer der Wandabstand ist. Überschreitet der Wandabstand etwa eine halbe Wellenlänge , was z. B. bei  ≈ 0,34 m oberhalb von 500 Hz auftritt, so hängt die Absorption dünner poröser Schichten vor einem wenig unterteilten Hohlraum nur noch geringfügig von der Frequenz ab (siehe hierzu Details aus Kap. 6). Dadurch, dass Flachabsorber nicht unbedingt ganzflächig verlegt werden müssen, können Anforderungen an die Beleuchtung, Belüftung und auch an die Hinterlüftung in der Regel ausreichend erfüllt werden (s. Abschn. 7.6.2). Offene Raumabsorber können sowohl in Wand- oder Deckennähe als auch in größerem Abstand befestigt werden. Abgesehen vom Fall der Montage in unmittelbarer Quellnähe, in dem praktisch eine Minderung der Geräuschemission auftritt, ist die Wirksamkeit gleichmäßig im Arbeitsraum verteilter Raumabsorber etwa unabhängig vom Wand- oder Deckenabstand und nur durch das Volumen und die Dichte der offenen Raumabsorberelemente bedingt. Wenn die Abmessung D der Elemente nach Abb. 7.15 bei tiefen Frequenzen viel kleiner als eine halbe Wellenlänge ist, erreicht der Absorptionsgrad auch nur kleine Werte.

Abb. 7.15   Beispiele für a) flächenhafte und b) offene schallabsorbierende Deckensysteme. 1 Absorberkulissen (Baffles), 2 Absorberbalken, 3 zylindrische Absorber

a

b

7  Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen

341

Bei offenen Raumabsorbern sind häufig der Werkstoffbedarf und damit das Gewicht und die Kosten höher als bei Flachabsorbern gleicher Wirksamkeit. Dagegen erlauben offene Raumabsorber gelegentlich eine einfachere Integration in bestehende Beleuchtungs-, Klimatisierungs-, Feuerlösch-, Transportsysteme u. dgl.

7.6.4 Werkstoffe Zur breitbandigen Absorption werden die Luftreibung an feinporigen oder -faserigen Strukturen und Biegeverluste von Membranen in Verbindung mit Luftreibung in engen Spalten ausgenutzt. Entsprechend gibt es poröse und geschlossene Absorber (zu alternativen, insbesondere auch faserfreien Schallabsorbern wird auf Kap. 6 und auf die Literatur verwiesen (Fuchs 2010; Fasold und Veres 2003; Mechel; Mechel 1995). Die porösen Absorber sind leicht und akustisch hochwirksam, erfüllen aber allein kaum eine der nichtakustischen Anforderungen. Sie werden deshalb mit Imprägnierungen, Kern- und Deckschichten versehen, die dem Brandschutz genügen, eine ausreichende mechanische Festigkeit bewirken, dem Rieselschutz dienen und andere Anforderungen erfüllen. Geschlossene Absorber bestehen vorzugsweise aus hochfestem Werkstoff in Folienform, um einerseits vom Schall leicht anregbar und andererseits mechanisch ausreichend stabil zu sein. Besondere Anforderungen, z. B. in Küchen, bei der Nahrungsmittelherstellung oder bei starker Verschmutzung, werden in unterschiedlicher Weise durch Kunststoffe und metallische Werkstoffe erfüllt. Probleme mit unzureichendem Schallabsorptionsgrad ergeben sich hauptsächlich bei hohen Frequenzen, wenn die Massenträgheit der Folien zu hoch wird.

7.6.5 Wirksamkeit 7.6.5.1 Quellbereich Die Beschreibung der Wandabsorption durch sechs (frequenzabhängige) Schallabsorptionsgrade α , die als arithmetische Mittelwerte über die tatsächlichen Schallabsorptionsgrade αk von Teilflächen Sk gemäß Gl. (7.9) bestimmt werden, reicht nicht aus, um die besondere Wirkung hochabsorbierender Wand- und/oder Deckenverkleidungen im engen Bereich um laute Geräuschquellen zu erfassen. Solche Schallschutzmaßnahmen wirken sich bereits beim Auftreffen des Direktschalls aus und beschränken die Geräuschemission, die an entfernteren Aufpunkten die Immission bestimmt, näherungsweise auf einen kleineren Raumwinkel 4π − αv �v, wenn αv den (hohen) Schallabsorptionsgrad der Verkleidung und v den Raumwinkel bezeichnet, unter dem die Verkleidung an der Schallquelle erscheint (s. Abb. 7.16). Die Berücksichtigung einer Verringerung des Raumwinkelmaßes in z. B. Gl. (7.2) um

342

J. Hübelt und W. Probst

Abb. 7.16   Geräuschquelle in einer Raumecke mit schallabsorbierender Auskleidung auf der Fläche S1 im Abstand a und auf der Fläche S2 im Abstand b. Näherung für kleine Teilraumwinkel aS12 , aS21 < π4 , v = 2 aS12 + 2 bS22

 D� = −10 lg 1 + αv

 �v dB 4π − �v

(7.45)

stellt hier eine zweckmäßige Weiterentwicklung der Richtlinie (VDI 3760 1996) dar.

7.6.5.2 Schallausbreitungsweg Die Wirksamkeit schallabsorbierender Raumauskleidungen hängt häufig von der Streukörperdichte im Arbeitsraum ab und sollte deshalb nur in eingerichteten Räumen geprüft werden (s. Abb. 7.17). Mit (VDI 3760 1996) stehen dafür festgelegte Rechen- und Messverfahren zur Verfügung. Sie beruhen auf der Konvention, dass die Schallausbreitung von einer gleichmäßig abstrahlenden Schallquelle längs eines freien Weges bestimmt wird. Bei ungleichmäßiger Abstrahlung, die z. B. besonders auf eine schallabsorbierende Decke gerichtet ist, oder bei Unterbrechung der Sichtverbindung vom Immissionsort auf die Schallquelle, kann sich die Wirksamkeit erhöhen. Maßgebliche Kenngrößen für die schalltechnische Beurteilung von Arbeitsräumen und damit auch der Wirksamkeit von schallabsorbierenden Raumauskleidungen sind die Schallpegelabnahme je Abstandsverdopplung, DL2, und die Pegelüberhöhung gegenüber dem Freifeld, DLf . Beide Kenngrößen werden als Mittelwerte über einen Abstandsbereich, z. B. 5 m bis 16 m, ein Oktavband im Bereich von 125 Hz bis 8 kHz und mehrere Ausbreitungswege in Ohrhöhe über dem Boden bestimmt. Die Kenngröße DL2 soll einen möglichst hohen Wert annehmen, die Kenngröße DLf einen möglichst kleinen. Je größer die Änderung der Werte ist, desto wirksamer ist die Schallschutzmaßnahme. Erfahrungswerte, nach denen die Wirksamkeit raumakustischer Maßnahmen in niedrigen Räumen besonders hoch ist, sind einleuchtend, weil die Ausgangsdaten für solche Räume besonders ungünstig sind (s. auch (Kuttruff 1971)). Dass in sehr hohen Räumen die Wirksamkeit gering ist, kann sowohl an den Ausgangsdaten als auch an dem unveränderten Bezugsabstand von 5 bis 16 m und zusätzlich an der Streukörperdichte liegen. So kann beispielsweise im Kesselhaus eines Kraftwerkes die absorbierende Wand- und Deckenauskleidung nur wenig wirksam werden, weil zahlreiche Einbauten eine hohe Streukörperdichte darstellen und damit die Schallfeldverteilung bestimmen.

7  Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen

a

343

b

Abb. 7.17    Schallausbreitungskurven in einer Montagehalle mit den Abmessungen 212 m · 62 m · 11,7 m; Ergebnisse von Messungen mit Oktavbandrauschen; (………) Rechenwerte für Freifeld, je Oktave um 10 dB versetzt. a) Vergleich von leerer Halle in Rohbau (●——●) und nach Anbringen einer schallabsorbierenden Decke (○——○); b) Vergleich von Halle mit schallabsorbierender Decke leer (●——●) und eingerichtet (○——○)

Abb. 7.18 zeigt die Pegelminderung L, wie sie in Flachräumen infolge einer absorbierenden Decke berechnet und gemessen wurde (Gruhl 1976). Abszisse ist der auf die Raumhöhe h bezogene Quellabstand r, die z. B. bei h = 5 m den Abstandsbereich von 2,5 bis 50 m umfasst. Mit zunehmendem Abstand steigt die Pegelminderung zunächst an, fällt aber dann wieder ab, wenn Sichtverbindung zum Immissionsort besteht und der Direktschall als ungestreuter Schallstrahl überwiegt. Ähnliches gilt auch für Langräume, (s. Abschn. 7.3.4). Häufig ist aufgrund des Abstandsmaßes der Schalldruckpegel in solchen Entfernungen ohnehin auf niedrige Pegel abgesunken, sodass die geringere Wirksamkeit der Deckenabsorber praktisch bedeutungslos ist. Ist der freie Querschnitt versperrt, wie es bei den Modelluntersuchungen durch abgehängte Absorberkulissen geschah und praktisch in Bodennähe durch Einrichtungsgegenstände erfolgen kann, so sind auch im Bereich r/h > 5 die theoretisch für ein trübes Medium zu berechnenden Pegelminderungen nachweisbar (vgl. Streuschall im Abschn. 7.3.5). Im Mittel über einen größeren Raumbereich ergeben sich dann höhere Pegelminderungen. Dazu enthält Abb. 7.19 einige Ergebnisse von Modelluntersuchungen.

344

J. Hübelt und W. Probst

Abb. 7.18   Schalldruckpegelsenkung �L(r) durch eine schallabsorbierende Decke im Flachraum mit einer Einzelschallquelle nach (Gruhl 1976), α = (αDecke + αBoden )/2; Index 1 ohne, Index 2 mit absorbierender Decke, αs Schallabsorptionsgrad von Streukörpern, s. hierzu Tab. 7.5. a) Rechenwerte nach (Kraak 1971), b) Mittelwert und maximaler Streubereich von Messwerten in neun großen Werkhallen mit flächenhaften Deckenabsorbern, c) Modellmessungen für Baffledecke (s. Abb. 7.19, Variante 2)

Abb. 7.19   Mittlere Schalldruckpegelsenkung L im Bereich 8 m ≤ r ≤ 60 m durch verschiedene Absorberdecken im Flachraum mit Einzelschallquelle nach (Gruhl 1976). l = 60 m, b = 50 m, q = 0,04 (0,02) m−1, α1 = 0,15, α2 = 0,5, αS = 0,1 nach Tab. 7.5 (Modellexperiment, Abmessungen im Originalbereich angegeben)

7  Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen

345

7.7 Schallschirme Jörn Hübelt

7.7.1 Anwendung Die Unterbrechung der Sichtlinie von einer Schallquelle zum Immissionsort durch ein Hindernis bewirkt, dass anstelle des Direktschalles nur noch um die Kanten des Hindernisses gebeugter Schall den Aufpunkt erreicht. Die Beugung ist mit einer Ausbreitungsdämpfung verbunden. Hindernisse treten im Freien in Form von topographischen Gegebenheiten, Erdwällen, Bauwerken und Anlagenteilen und in Räumen in Form von großen Maschinen, Regalen und Stellwänden auf. Dünne Wände, die den Schallweg unterbrechen sollen, werden als Schallschirme bezeichnet. Sie werden bevorzugt angewendet, wenn • am zu schützenden Aufpunkt der Direktschall von einer Fremdschallquelle überwiegt, • der erforderliche Schallschutz nur wenige Dezibel beträgt und an der Schallquelle nicht erreichbar ist, • eine variable Anpassung des Schallschutzes an Arbeitsvorgänge (z. B. Richt-, Schleifund Putzarbeiten) erforderlich ist, • eine variable Nutzung des Arbeitsraumes vorgesehen ist, • ein temporärer Schallschutz benötigt wird (z. B. Reparaturarbeiten in sonst ruhiger Umgebung oder an stillgelegten Maschinen in lauter Umgebung). Anforderungen an Schallschirme betreffen • die Mobilität zur Verringerung der Erschwernis betrieblicher Abläufe, damit verbunden Anforderungen an die Standfestigkeit und mechanische Stabilität, das Gewicht, Stoßempfindlichkeit der Oberfläche u. ä., • die Nichtbrennbarkeit, vor allem bei Schweißarbeiten, • die Empfindlichkeit gegenüber Verschmutzung und Aufnahme von Fremdstoffen sowie die Reinigungsfähigkeit, • die Lichtdurchlässigkeit, Farbgebung, begrenzte Einschränkung des Sichtbereiches, • die ansprechende, zur Umgebung passende Gestaltung, • den Schallabsorptionsgrad und das Schalldämm-Maß. Schallschirme werden hauptsächlich an Verkehrswegen angewendet, aber auch an Schießanlagen, Freianlagen der Industrie und im Dachbereich von Industriebauten. Im Bereich von Arbeitsstätten sind sie häufig einerseits betrieblich störend und andererseits akustisch nur wenig wirksam. Größere Verbreitung haben sie jedoch in den letzten Jahrzehnten in Großraumbüros gefunden.

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J. Hübelt und W. Probst

7.7.2 Berechnung Für die Berechnung der Abschirmwirkung von Hindernissen werden fünf Beschreibungstiefen verwendet: 1. die einfache Abschätzung einer A-Schallpegelminderung (für eine Schallquelle an bestimmter Position relativ zum Hindernis), 2. die Berechnung einer A-Schallpegelminderung nach z. B. RLS 19 (FgSV 2019) oder die frequenzabhängige Berechnung z. B. in Oktavbändern mit einfachen Annahmen oder Konventionen zum Einfluss des Hindernisses und der Umgebung (Reflexionen an anderen Hindernissen und am Boden, Mikrometeorologie) z. B. nach (DIN EN ISO 9613-2 1999), 3. Verfahren der geometrischen Akustik, für komplexere Hindernisformen a) nach dem Spiegelquellen-Verfahren, z. B. nach (VDI 3760 1996) oder dem erweiterten Spiegelquellenverfahren mit Strahlenverfolgung oder b) auf der Basis von stochastischen Schallstrahl- oder Teilchenverfahren. Eine detaillierte Beschreibung zu diesen Verfahren findet sich in den Abschn. 7.9.1, 7.9.2 und 7.9.3. 4. Die strenge Beugungstheorie (beschränkt auf einfache Hindernisformen, Verteilungen der Absorption und Umgebungsbedingungen), z. B. in Nord 2000 (Pierce 1974; Plovsing und Kragh 2001) und 5. weitere numerische Berechnungsverfahren (meist 2-D) für sehr komplexe Hindernisformen, wie z. B. – die BEM (Boundary Element-Method): beliebige Schirmgeometrie kann modelliert werden, jedoch keine Berücksichtigung von Effekten der Atmosphäre möglich, – die FDTD (Finite-Difference-Time-Domain): Berücksichtigung von Effekten der Atmosphäre möglich, jedoch Abbildung beliebiger Schirmgeometrien schwierig, – die TLM (Transfer-Line-Matrix): Berücksichtigung von Effekten der Atmosphäre und beliebige Schirmgeometrie möglich sowie – die TMM (Transfer Matrix Method): gut geeignet zur Berechnung der Schalldämmung von Schirmwänden mit Schichtenaufbau werden nur herangezogen, um Ungenauigkeiten üblicher Näherungen für einfache Fälle quantitativ anzugeben und die Bedeutung von Erfahrungswerten über Umgebungseinflüsse aufzuzeigen. Ein Überblick hierzu findet sich z. B. in (Clairbois 2013). Das Problem besteht darin, dass in der Praxis die Abschirmwirkung häufig auf kleine Werte von 5 bis 10 dB beschränkt ist, die Prognoseunsicherheit aber 5 dB überschreitet. Ein formales Vorgehen der Berechnung mit einfachen Annahmen oder Konventionen kann im Vergleich mit der strengen Beugungstheorie für einfache Fälle bereits einen

7  Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen

347

Unsicherheitsbereich von  ±  3 dB ausschöpfen, weil systematische Fehler enthalten sind. Hinzu kommen aber noch zufällige Fehler durch Umgebungseinflüsse. Sinnvolle Anwendungen der verschiedenen Beschreibungstiefen, die zu Aussagen über Mittelwerte mit engem Vertrauensbereich führen, sind nur quellenspezifisch und in Hinsicht auf festgelegte Beurteilungsverfahren möglich. Typische Beispiele für die Anwendung der geringsten Beschreibungstiefe sind Abschirmungen für Schallquellen im bodennahen Bereich von komplexen Freianlagen und Abschirmungen des Direktschalles von Maschinen in Arbeitsräumen. In der Planungsphase kann die abschirmende Wirkung von Gebäuden und anderen Anlageteilen für Immissionsorte in der Nachbarschaft bestenfalls mit einer Abschätzung der A-Schallpegelminderung berücksichtigt werden. Die Aufstellung eines Schallschirmes an einer Fremdschallquelle kann bei den einfachen Verfahren nur mit einem Richtwirkungsmaß für den Direktschall (ggfs. einschließlich der Bodenreflexion) und einer Emissionsminderung durch die schallabsorbierende Oberfläche des Schirmes (s. Abb. 7.20 und Gl. (7.45)) in die Vorauslegung bei der Planung einer Werkhalle einbezogen werden. Auf der Basis diese Abschätzung kommen dann die in Abschn. 7.9 näher beschriebenen Verfahren der geometrischen Raumakustik zur Anwendung. Abb. 7.20 bezieht sich auf ein Beispiel, in dem die Schallausbreitung in einer eingerichteten großen Flachhalle (L = 70 m, B = 40 m, H = 8 m, mittlere freie Weglänge zwischen Streuungen 20 m) ohne Akustikdecke berechnet wurde. Im Vergleich mit dem Freifeld ergibt sich von einer Einzelschallquelle entlang der 40-m-Breite ein langsamerer Abfall des Schalldruckpegels von –10 dB (bezogen auf den Schallleistungspegel) bei 1 m auf –24 dB bei 31,5 m Abstand. Schallschutz durch eine großflächige absorbierende Verkleidung der Wand bei 0 m wird mit einem verringerten Raumwinkelmaß von D = −3 dB angesetzt. Er wirkt sich dicht an der Schallquelle nicht aus, da dort das

Abb. 7.20   Schallausbreitungskurven Lp (r)−LW, berechnet ohne und mit Schallschutz in Form von absorbierender Wandverkleidung (D) nach Gl. (7.45) und Schallschirm (DI)

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J. Hübelt und W. Probst

unveränderte Direktfeld überwiegt, und kommt erst in Abständen von einigen Metern voll zum Tragen. (Der zusätzliche Effekt der Erhöhung des mittleren Absorptionsgrades der Wand blieb für Abb. 7.20 unberücksichtigt). Weitere absorbierende Stellwände, die das Raumwinkelmaß um –6 dB absenken, den Direktschall aber nicht beeinflussen, wirken sich erst in noch größeren Abständen voll aus. Das Aufstellen eines schallharten Schallschirmes, der ein Abschirmmaß von 10 dB bewirkt, liefert nach Abb. 7.20 selbst dicht hinter dem Schirm weniger als 5 dB Einfügungsdämpfung, da die Spiegelquelle an der nahen Wand als unabgeschirmt betrachtet wird. In größerer Entfernung nimmt die Einfügungsdämpfung auf 0 dB ab. Die Kombination eines schallharten Schirmes mit einer schallabsorbierenden Wandverkleidung, die im Abb. 7.20 durch die Größen D = −3 dB und DI = −10 dB beschrieben ist, erhöht den Schallschutz durchweg um etwa 3 dB. Wird auch noch der Schallschirm hochabsorbierend ausgeführt, sodass sich das Raumwinkelmaß um D = −6 dB verringert, ist insgesamt ein Schallschutz von etwa 6 dB zu berechnen. Solche Ergebnisse decken sich etwa mit praktischen Erfahrungen. Die zweite Beschreibungstiefe ist auf die standardisierten Schallschirme an Verkehrsanlagen im Freien und auf die Berücksichtigung der bodennahen meteorologischen Bedingungen bei der Schallausbreitung von Industrieanlagen mit einfachen Abschirmeinrichtungen anzuwenden. Hierzu wurden durch (Maekawa 1968) die notwendigen ingenieurmäßigen Grundlagen geschaffen und von Kurze (Kurze und Anderson 1971) weiterentwickelt. Die dritte Beschreibungstiefe ist für die Berechnung der Schallausbreitung in Räumen sehr gut geeignet und wird daher in Abschn. 7.9 vertiefend dargestellt. Die Methoden für die Beschreibungstiefe 4 und 5 beruhen hauptsächlich auf der geschlossenen Lösung der Wellengleichung unter den Randbedingungen eines keilförmigen Hindernisses bzw. auf numerischen Berechnungen für beliebige (wegen des Rechenaufwandes meistens nur zweidimensional betrachtete) Hindernisse (Hadden und Pierce 1981, 1974; Kluth et al. 2012; Lindner et al. 2019; Clairbois 2013). Sie zeigen: • Maßgeblich für das Abschirmmaß eines Hindernisses ist in erster Linie die FresnelZahl (Maekawa 1968)   1 1 h2 + . N = eff (7.46)  aQ aA Sie nimmt mit der effektiven Höhe heff der Hinderniskante über der Sichtlinie zu und ist umso größer, je kleiner die Schallwellenlänge  und der Quellabstand aQ und/oder der Empfängerabstand aA von der Hinderniskante sind. • Die geometrischen Kenngrößen können in guter Näherung durch den Umweg   1 1 h2 + , z = aQ + aA − r ≈ eff (7.47) 2 aQ aA

7  Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen

349

den der gebeugte Schallstrahl im Vergleich zum direkten Weg r zwischen Quelle und Aufpunkt durchläuft, zusammenfassend beschrieben werden, solange z ≪ r ist. Eine anschaulichere Deutung ergibt sich, indem mit dem Verhältnis heff 1/aQ + 1/aA = tan φ der Beugungswinkel φ an der Hinderniskante eingeführt wird. Je größer der Beugungswinkel und je höher das Hindernis, desto größer ist das Abschirmmaß Dz nach Gl. (7.48). • Die einfachen Näherungen gelten nur für kleine z-Werte und für Quell- und Immissionsorten, die nicht zu dicht am Hindernis liegen. Dann allerdings ist das Abschirmmaß unabhängig von der Hindernisform und von dessen schallabsorbierenden Eigenschaften. Das bedeutet, jedes Hindernis mit nur einer maßgeblichen Beugungskante darf durch einen dünnen Schirm ersetzt werden, der ausschließlich mit seiner Beugungskante wirksam wird. • Wenn die Voraussetzung z ≪ r nicht zutrifft, ist die Wegverlängerung des gebeugten Schallstrahles näherungsweise im Abstandsmaß zu berücksichtigen. Das Abschirmmaß kann also etwas zunehmen. • Wenn Quellpunkt oder Immissionsorten dichter an der Oberfläche des Hindernisses liegen, ist deren Rückwirkung durch Spiegelquelle und Spiegelaufpunkt beschreibbar. Die Kombination aller Möglichkeiten ergibt vier Wege, zu denen unterschiedliche Umwege und damit Abschirmungen der Teilbeiträge gehören. Das resultierende Abschirmmaß wird deshalb um bis zu 6 dB kleiner. In üblichen Konventionen sind Minderungen von 3 dB bereits berücksichtigt. Sie gelten im Mittel für reflektierende Hindernisflanken. Bei absorbierenden Schirmen sind solche Abschläge im Prinzip nicht nötig. • Die Mehrfachbeugung, z. B. an dicken Hindernissen wie Gebäuden, führt zu einer deutlichen Erhöhung des Abschirmmaßes (Walerian 1993; DIN EN ISO 9613-2 1999). • Durch Reflexionen am Boden vor und hinter dem Schallschirm, können zumindest im ruhendem Medium durch den Umweg z hervorgerufene Interferenzerscheinungen die Einfügungsdämpfung De an bestimmten Immissionsorten deutlich verschlechtern (Lam 1994) s. Abb. 7.21. In Ergänzung zur Theorie, in der eine Punktschallquelle, ein homogenes isotropes Medium für die Schallausbreitung und Reflexionen nur an einzelnen spezifizierten Flächen angenommen werden, bestehen die Erfahrungen, dass • Reflexionen zwischen Schallschirm und größerer Schallquelle das Abschirmmaß verschlechtern und durch absorbierende Verkleidung des Schirmes vermieden werden müssen, • die Abschirmwirkung im Freien bei Mitwind- und Inversionswetterlage in größeren Abständen von mehr als 100 m deutlich nachlässt (Lindner et al. 2019), • bei Schallschirmen an Arbeitsplätzen durch den Einfluss mehrerer Beugungskanten, möglicher Undichtigkeiten, nicht näher zu beschreibender Reflexionen an

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J. Hübelt und W. Probst

Abb. 7.21   Modellmessungen (Bild oben) und Berechnung nach (Lam 1994) (Bild unten) zur Bestimmung der Einfügungsdämpfung De (Schallpegeldifferenz an einem Aufpunkt ohne und mit Schirm unter Berücksichtigung aller Reflexionen in der Umgebung) eines dünnen Schallschirms ohne Leckage bei einer Frequenz von 1500 Hz im Halbraum (Maßstab 1:3, Längenangaben im Modellmaßstab), schallhart reflektierende Fläche in der Ebene y = 0 m, Quelle an der Stelle {x0 , y0 } = {1,50; 0,30} m, quellseitig absorbierender Schallschirm an der Stelle x0 = 2,80 m, Schirmkrone bei y0 = 1 m, Mikrofonraster 0,10 m, 1120 Messpunkte aus (Hübelt und Sarradj 1997). Die Verringerung der Einfügungsdämpfung im Schattenbereich des Schallschirmes („roter Bereich“) ist auf eine Verschiebung der Lage der destruktiven Interferenzen zwischen den Schallfeldern mit und ohne Schallschirm zurückzuführen. Der selber Grund kann für die Erklärung der hohen Werte für die Einfügungsdämpfung herangezogen werden. Das Abschirm-Maß Dz sollte sonst am dünnen Schirm Werte von 20–25 dB nicht überschreiten

Einrichtungsgegenständen u. a. kaum je das theoretische Abschirmmaß erreicht wird (Eine abschätzende Berechnung und die messtechnische Untersuchung von Undichtigkeiten wird dazu z. B. in (Lindner et al. 2019) vorgestellt), • durch Einsatz von Absorbermaterial auf der Quellseite des Schallschirmes kann im Idealfall quellseitig eine Minderung von bis zu 6 dB und auf der Schattenseite von eine Minderung 3 dB erzielt werden (Hübelt und Sarradj 1997). Die Erfahrungen sind in die Richtlinien (VDI 2720 1997) und (DIN EN ISO 17624 2005) eingeflossen. Bei der Schallausbreitung im Freien wird mit einem Korrekturfaktor KW

7  Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen

351

gerechnet, der den z-Wert mit zunehmendem Abstand exponentiell, d. h. gleichmäßig, abnehmen lässt. Anschaulicher sind Rechenmodelle, bei denen unter Witterungseinfluss mit nach unten gekrümmten Schallstrahlen zu rechnen ist, z. B. (Müller und Möser 2016). Die wirksame Schirmhöhe nimmt dann ab, im Grenzfall aber so stark, dass mit zunehmendem Abstand von der Schallquelle die Abnahme des Abschirmmaßes die Zunahme des Ausbreitungsmaßes übersteigen kann. Daraus ergibt sich in bestimmten Abständen ein niedrigerer Schalldruckpegel als in größeren Abständen. Praktisch sind solche Anomalitäten nicht auszuschließen, für eine Immissionsschutzplanung jedoch ungeeignet. Die Richtlinie (VDI 2720 1997) enthält weitere Angaben zur Berücksichtigung der Abschirmung bei sehr geringer und negativer Schirmhöhe, zur Doppelbeugung, zum Bodeneinfluss und zum Einfluss nicht näher beschreibbarer Reflexionen, die sämtlich als Konventionen zur vorsichtigen, eher unter- als überschätzenden Bestimmung des Einfügungsdämpfungsmaßes von Schallschirmen dienen. Unterschieden wird zwischen einem Abschirmmaß Dz   z Dz = 10 lg C1 + C2 C3 KW dB, (7.48)  das die Abschirmung des Direktschalles beschreibt, und dem Einfügungsdämpfungsmaß De, das die Schallpegeldifferenz an einem Aufpunkt ohne und mit Schirm unter Berücksichtigung aller Reflexionen in der Umgebung angibt. Die Größe C1, die theoretisch für Quelle und Empfänger im akustischen Fernfeld der Schirmkante den Wert 4 annimmt, wird im Freien mit 3 und in Räumen mit 1 angesetzt. Ein √ aus der theoretischen Reihenentwicklung folgender Summand, der proportional zu N anwächst, wird vernachlässigt. Als Faktor C2 für die halbe Fresnel-Zahl N/2 = z/ wird – je nachdem, ob eine Bodenreflexion bereits eingeschlossen ist oder gesondert berücksichtigt werden soll – der Wert 20 bzw. 40 verwendet. Mit dem Faktor C3 wird eine Zunahme des Abschirmmaßes bei Doppelbeugung an dicken oder Mehrfachhindernissen um bis zu 5 dB angesetzt. Die einschlägigen Rechenvorschriften für Geräusche vom Straßen- und Schienenverkehr sind auf (VDI 2720 1997), Teil 1 abgestimmt, berücksichtigen jedoch besondere Quellpositionen und Spektren sowie Anforderungen an absorbierende Schallschirme, um damit in vereinfachender Form nur den A-Schalldruckpegel und nicht die Frequenzabhängigkeit zu behandeln. Zur Bestimmung des Einfügungsdämpfungsmaßes De von Schallschirmen in Räumen ist der abgeschirmte Direktschall mit dem unveränderten – oder durch die Absorption des quellnahen Schallschirmes um D verringerten – Hallfeld zu überlagern (Kurze und Nürnberger 2000; DIN EN ISO 17624 2005). Für einen etwa kubischen Raum, in dem um eine ungerichtet abstrahlende Schallquelle der Hallradius rg auftritt, bewirkt ein Schallschirm im Abstand r das Einfügungsdämpfungsmaß

De (s) = 10 lg



1 + r 2 /rg2 10−Dz /10 dB + 10�K0 /10 dB r 2 /rg2



dB.

(7.49)

352

J. Hübelt und W. Probst

Abb. 7.22   Einfügungsdämpfungsmaß De eines harten Schallschirmes vor einer Punktschallquelle im etwa kubischen Raum; Parameter: Abschirmmaß Dz des Schirmes im Freien, D = 0

Gl. (7.49) ist in Abb. 7.22 für verschiedene Abschirmmaße Dz, aber ohne Berücksichtigung des Raumwinkelmaßes nach Gl. (7.45) dargestellt. Im Gebiet überwiegenden Direktschalles, r ≪ rg, tritt annähernd auch die im Freifeld angesetzte Wirkung ein. Mit wachsender Entfernung geht das Einfügungsdämpfungsmaß De gegen Null. Von besonderer praktischer Bedeutung sind vierseitige, nach oben offene Schallschirme, die in horizontaler Richtung außerhalb des Schirmes nach allen Seiten hin eine Pegelminderung bewirken. Der Zugang nach Innen kann über eine Tür oder eine schallgedämpfte Öffnung erfolgen. Eine Schirmwirkung tritt auf, wenn die Schallwellenlänge kleiner als die kleinste Schirmabmessung l nach Länge, Breite oder Höhe ist. Für die untere Grenzfrequenz gilt näherungsweise

fug ≈

250 m/s . l

(7.50)

Für den Frequenzbereich oberhalb fug kann man annehmen, dass sich Schall wie ein Strahl durch die Öffnung ausbreitet. Dann gilt für die Einfügungsdämpfung im näherungsweise diffusen Schallfeld außerhalb des abgeschirmten Bereiches [s. auch Gl. (7.45)]

 Ωges − 1 dB. De = 10 lg 1 + α ΩO.. 



(7.51)

Hierbei ist Ωges der Raumwinkel, in den die Abstrahlung ohne Schirm erfolgt, und ΩO.. der Raumwinkel, unter dem die Öffnungsfläche an der Schallquelle erscheint. Der mittlere Schallabsorptionsgrad α ist unter Berücksichtigung von Boden- und Öffnungsfläche zu ermitteln. Für eine etwa mittige Anordnung der Schallquelle im abgeschirmten Bereich gilt mit den Bezeichnungen in Abb. 7.23

ΩO = 4 arcsin ..



4t 2 +1 ls2



4t 2 +1 bs2

−0,5

.

(7.52)

7  Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen

353

Abb. 7.23   Zur Berechnung des Einfügungsdämpfungsmaßes vierseitiger Schallschirme im Flachraum (bs Schirmbreite)

Die Wirksamkeit des Schallschirmes kann um etwa 5 dB verbessert werden, wenn die durch die Quelle auf die Hallendecke projizierte Schirmöffnungsfläche schallabsorbierend verkleidet wird (s. Abb. 7.23). Die Größe der auszukleidenden Fläche SD beträgt   h − hs 2 . S D = ls b s 1 + (7.53) t Der Aufwand ist umso kleiner, je geringer die Deckenhöhe ist.

7.7.3 Bauformen Schallschirme sind in der Regel breitbandig schallabsorbierend zu gestalten. Teilweise durchsichtige Flächen beeinträchtigen die Wirksamkeit umso weniger, je kleiner und quellferner sie angeordnet sind. Weil sich die Beugungskante möglichst nah an der Schallquelle befinden soll, ohne dass der Schallschirm Verkehrswege oder den Zugang zur Schallquelle behindern darf, kommen neben ebenen Bauformen gelegentlich zur Schallquelle hin abknickende Schirme in Betracht. Abb. 7.24 zeigt den Querschnitt durch eine bewährte Schallschirmkonstruktion. Ein Lochblech mit wenigstens 33 % Lochflächenanteil befindet sich zum Schutz vor Beschädigung und Verschmutzung im Abstand von etwa 10 bis 30 mm vor einer etwa 50 mm dicken Mineralfaserplatte mit einem spezifischen Strömungswiderstand von

Abb. 7.24   Aufbau einer Schallschutzwand aus Lochblech (1), Mineralwolle (2) und einer festen Wand (3)

354

J. Hübelt und W. Probst

Rs ≈ 800 Ns/m3 (siehe hierzu Kap. 6). Sie ist in etwa 50 bis 80 mm Abstand vor einer ausreichend schalldämmenden Rückwand angeordnet. Besondere Bauformen, die durch Resonatoren an der Schirmkante, mitschwingende oder in besonderer Weise schalltransparente Schirmteile die Wirksamkeit einfacher Schirmwände verbessern sollen, sind physikalisch z. T.  auch als breitbandig wirksam einzuschätzen und haben neuerdings in Feldversuchen eine breitbandige Wirkung von 3–5 dB gezeigt (Volz und Möser 2000; Tarabini und Rour 2008; Schubert und Hübelt 2011).

7.7.4 Werkstoffe Für Schallschirme im Freien werden Bleche aus Kunststoff, Aluminium, verzinktem Stahl, Holzwände und imprägnierte Mineralwolle verwendet. Daneben kommen auch offenporige Steine auf der schallabsorbierenden und Betonwände auf der Rückseite zur Anwendung. Schalltechnische Anforderungen bestehen im Wesentlichen an den Absorber, während die Standsicherheit der Konstruktion in der Regel schon für eine ausreichend hohe Schalldämmung sorgt. Für den Einsatz an Arbeitsplätzen in Werkhallen kommen die für Verkehrsanlagen handelsüblichen Produkte in Betracht, aber auch vorhangartige Konstruktionen mit einer Flächenmasse von wenigstens 5 bis 10 kg/m2. In Büroräumen sind die Anforderungen an die mechanische Stabilität geringer, sodass einfache Stoffbespannungen als Abdeckung des Absorbers häufig genügen.

7.7.5 Wirksamkeit Erfahrungswerte zum Einfügungsdämpfungsmaß (Messung im Einzelfall nach (DIN EN ISO 11821 1997)) von Schallschirmen in Flachhallen sind in Tab. 7.6 zusammengestellt. Schallschirme und Teiltrennwände liefern nur dann eine nennenswerte Einfügungsdämpfung von mehr als 5 dB, wenn.

Tab. 7.6  Erfahrungswerte für das Einfügungsdämpfmaß De von Schallschirmen in flachen Hallen nach (Kurze und Nürnberger 2000; DIN EN ISO 17624 2005), mit h Schirmhöhe in m; H Raumhöhe in m; s Abstand Quelle – Empfänger in m h H

s H

< 0,3

0,3 bis 1

1 bis 3

< 0,3

7,4 dB ± 1,4 dB

4 dB ± 1,4 dB

-

0,3 bis 0,5

10 dB

7 dB ± 2,1 dB

4 dB ± 1,8 dB

> 0,5



9 dB ± 1,7 dB

6 dB ± 1,5 dB

7  Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen

355

• die ursprüngliche Öffnungsfläche durch den Schirm oder die Teiltrennwand zu mehr als 50 % versperrt ist und • die verbleibende Öffnungsfläche schallabsorbierend berandet ist, wobei • die schallabsorbierende Fläche sich senkrecht zur Öffnungsfläche mindestens in der dreifachen Breite der Öffnungsfläche erstrecken soll.

7.8 Trennwände, Kapseln, Kabinen Jörn Hübelt

7.8.1 Anwendung In modernen Werkhallen sind Trennwände grundsätzlich unerwünscht, weil sie den Produktionsablauf und die Flexibilität der Nutzung einschränken und zusätzliche Anforderungen an Beleuchtung, Klimatisierung, Sicherheitssysteme, Transportsysteme u. a. stellen. Aus schalltechnischen Gründen kann der Einsatz jedoch geboten sein, um geräuschintensive Produktionsbereiche von leisen Bereichen abzutrennen. Wegen der einschneidenden Bedeutung sind Trennwände frühzeitig in die Planung von Neuanlagen oder die Aufstellung von Lärmminderungsplänen einzubeziehen. Zu unterscheiden sind • geschlossene Trennwände zur Abtrennung ganzer Hallenschiffe oder großer Hallenteile mit allseitigem Anschluss an den Baukörper und • Teiltrennwände, die große Öffnungen für Transportwege u. a. enthalten. Geschlossene Trennwände bilden auch Einhausungen in Form von Kapseln für Maschinen und Anlagen und in Form von Schallschutzkabinen für Personen. Teiltrennwände wirken z. T. wie Schallschirme, entkoppeln jedoch in erster Linie Hallfelder und schirmen nur zusätzlich den Direktschall ab. Genaue Abgrenzungen der Begriffe lassen sich nicht vornehmen. Kapseln umschließen die Geräuschquelle und – bei höheren Anforderung an den Schallschutz – deren elastische Lagerung. Schallschutzkabinen werden für Bedien- und Steuerstände an lauten Maschinen, für Meisterbüros, Telefonkabinen, schallgeschützte Räume für Bedien- und Wartungspersonal und ähnliche Aufgaben eingesetzt, siehe (DIN EN ISO 15667 2001).

7.8.2 Wirksamkeit Die Einfügungsdämmung einer Trennwand ergibt sich aus dem Schalldruckpegel LII im Empfangsraum ohne und mit Wand (s. Abschn. 7.4.1). Mit schweren, massiven und

356

J. Hübelt und W. Probst

geschlossenen Trennwänden sind bei 500 Hz Werte von 30 bis 40 dB, mit leichteren, teilweise lichtdurchlässigen Werkstoffen von etwa 15 bis 25 dB erzielbar. Voraussetzung dafür ist die Vermeidung von Nebenwegen und Öffnungen, z. B. über Anschlüsse der Trennwand an das Bauwerk, durch Türen, Tore und Durchbrüche für Versorgungsleitungen. Kleinere Öffnungen sind durch Schalldämpfer akustisch zu verschließen. Für das Einfügungsdämm-Maß De von Einhausungen gilt mit den Bezeichnungen in Abb. 7.25. Einhausung von Schallquellen und Arbeitsplätzen. a) Kabine; b) Kapsel (s. auch Kap. 9)

De = R′ + 10 lg

AK dB. SK

(7.54)

  Anmerkung: Die Gleichung liefert nur dann sinnvolle Werte, wenn α ≫ τ τ = 10−R/10 dB . Diese Bedingung ist somit in etwa erfüllt, für α ≈ 1 und R > 10 dB. Die äquivalente Absorptionsfläche AK der Einhausung schließt den Fußboden und die Einrichtung ein. Maßgeblich sind das Schalldämm-Maß und der Schallabsorptionsgrad, während die Größe der Einhausung keinen Einfluss nimmt (Messung im Einsatzfall nach (DIN EN ISO 11546-2 2010)). Das Schalldämm-Maß von Türen und Beobachtungsfenstern muss dem der verwendeten Wände angepasst sein (u.  U. schalldämmende Türen mit speziellen Dichtungen und Mehrfachverglasung). Die Innenseite der Einhausung ist schallabsorbierend zu verkleiden. Lüftungsöffnungen sind schallgedämpft auszuführen. Bei Zwangsbelüftung ist das Ventilatorgeräusch in die Auslegung des Schalldämpfers einzubeziehen. Handelsüblich sind komplette oder aus Elementen zusammensetzbare Einhausungen verfügbar. Aufmerksamkeit ist der Aufstellung, Anpassung und Wartung zu widmen, damit zusätzliche Öffnungen, die für Durchführungen benötigt werden, dauerhaft schalldicht verschlossen oder schallgedämpft ausgeführt werden.

Abb. 7.25   Einhausung von Schallquellen und Arbeitsplätzen. a) Kabine; b) Kapsel

7  Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen

357

7.9 In Software implementierbare Verfahren Wolfgang Probst

7.9.1 Berechnung der Schallausbreitung in Arbeitsräumen nach VDI 3760 In Anhang A der VDI-Richtlinie (VDI 3760 1996) ist die Berechnung der Schallausbreitung mit einem Spiegelquellenverfahren unter Einbeziehung der Schallstreuung nach einem pauschalen Ansatz nach Vorschlag von Kuttruff und Jovicic quasi normativ festgelegt. Die Methodik ist mit den anzuwendenden Algorithmen in dieser Richtlinie detailliert und direkt in Software umsetzbar beschrieben und soll deshalb im Folgenden nur in den wesentlichen Schritten erläutert werden. Räume werden unabhängig von ihrer tatsächlichen Form stets durch eine Quaderform angenähert und somit geometrisch durch drei Abmessungen charakterisiert. Bei nicht rechteckigem Grundriss x–y oder Schnitt x–z bzw. y–z wird dieser jeweils durch ein flächengleiches Rechteck vereinfacht. Jede der sechs Raumbegrenzungsflächen ist durch ein mittleres Spektrum des Absorptionsgrads gekennzeichnet, wobei dieser für die sechs Oktavbänder von 125 Hz bis 4000 Hz zu berücksichtigen ist. Alle im folgenden genannten frequenzabhängigen Parameter sowie die durchzuführenden Berechnungen beziehen sich auf diese Frequenzbänder – an den Immissionsorten werden die sechs frequenzbezogenen Beiträge ggfs. unter Berücksichtigung der A-Bewertung addiert. Aus allen innerhalb des Raumquaders befindlichen Einrichtungsgegenständen wie Maschinen, technischen Geräten, Einbauten und Möblierungen wird eine Streukörperdichte q in m-1 als Einzahlwert gemäß  Sn q= n . (7.55) 4V ermittelt, wobei die Summe im Zähler die Summe der Oberflächen Sn in m2 aller dieser Objekte im Raum und V das Raumvolumen in m3 ist. Zur Bestimmung der Werte von S genügt eine relativ grobe Schätzung, indem die Form der Objekte jeweils durch eine einfache einhüllende Form wie Kugel, Quader oder Zylinder ersetzt wird. Der Kehrwert von q ist die mittlere freie Weglänge für die den Raum in allen Richtungen durchquerenden Schallstrahlen – auch diese Überlegung kann bei Betrachtung einer Industriehalle bei der ungefähren Abschätzung von q helfen. Aus praktischen Erwägungen und aufgrund der Erfahrungen mit der Anwendung des Verfahrens kann für alle Frequenzbänder derselbe Wert von q vorausgesetzt werden, wobei nur Objekte mit einer kleinsten Abmessung über 1 m in die Abschätzung einbezogen werden. Einige typische Werte der Streukörperdichte können aus Tab. 7.4 entnommen werden.

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J. Hübelt und W. Probst

Der wichtigste Kern des Rechenverfahrens nach (VDI 3760 1996) ist die Berücksichtigung aller im Raum befindlicher Einbauten und Objekte durch eine für den gesamten Raum kennzeichnende Streukörperdichte q als Einzahlwert. Ausgangspunkt ist ein gedachter „unendlicher“ Raum ohne Begrenzungsflächen, die zur Reflexion führen könnten. Der von der Quelle zum Immissionsort gelangende Schall ergibt sich in diesem Fall aus dem ohne Streuung und Reflexion „durchkommenden“ Schall mit dem anteiligen Pegel Ld und durch den von der Quelle in alle Richtungen abgestrahlten, aber durch Streukörper umgelenkten und letztlich auch den Immissionsort erreichenden Streuschall mit dem anteiligen Pegel Ls. Der Gesamtpegel ist somit

  LS /10 dB dB. Lges = 10 lg 10Ld /10 dB + 10

(7.56)

Der anteilige Pegel des direkt zum Immissionsort gelangenden Schalls ergibt sich aus

Ld = Lw − Ds − DL −Dqd ,

(7.57)

mit • Ld Schalldruckpegel des Direktschalls • Lw Schallleistungspegel der Quelle (re. 10–12 Nm/s) Das Abstandsmaß Ds beträgt (in Gl. (7.2) ist dies der Anteil ADiv )

Ds = 20 lg (r/r0 ) dB + 11 dB mit r0 = 1 m

(7.58)

Das Luftabsorptionsmaß DL ergibt sich aus

DL = 4,343 m r dB,

(7.59)

wobei m die Dämpfungskonstante der Luft nach (DIN EN ISO 9613-1 1993) ist. Das Streudämpfungsmaß Dqd ist

Dqd = 4,343 q r dB.

(7.60)

Der zweite Anteil bzw. der anteilige Pegel Ls des über Streuung zum Immissionsort gelangenden Schalls ergibt sich schließlich aus   3qr0 Ds − Dqs . Ls = LW + 10 lg √ dB − (7.61) 2 4π Das Streudämpfungsmaß für Streuschall Dqs ist  Dqs = 4,343 r 3qa dB.

(7.62)

Unter Berücksichtigung des in der Realität stets durch einen Fußboden und eine Deckenfläche begrenzten Raums werden bei der Berechnung des gestreuten Schallanteils die mittleren Absorptionsgrade αs der Streukörper sowie die mittleren Absorptionsgrade

7  Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen

359

αB und αD der raumseitigen Boden- und Deckenfläche über die folgende Definition des Parameters a einbezogen a = [b(αB ) + b(αD )] + αs′ q + m. Der Absorptionsexponent der Streukörper

αs′

(7.63)

ergibt sich aus dem Absorptionsgrad αs mit

αs′ = −ln(1 − αs ).

(7.64)

Zur Berechnung von b(αB ) bzw. b(αD ) sind zwei Fälle zu unterscheiden, wobei H der Abstand Fußboden und Deckenfläche ist. Für qH < 1 gilt       αX   αs′ 1 αX  2 −1 + 1− · ′ · 1 − exp − (αX ) = −q ln qH 1 − 4 2 αs 2 qH (7.65) und für qH ≥ 1 gilt

  αX , b(αX ) = −q ln 1 − 4qH

(7.66)

wobei als Index X für die Berechnung von Gl. (7.63) die Indizes B und D zu verwenden sind. Damit kann mit Gl. (7.56) durch Summation des Pegels des ungestreuten Schalls (Abb. 7.26 oben) und des Pegels des gestreuten Schalls (Abb. 7.26 unten) der gesamte Schalldruckpegel berechnet werden. Der nach Gl. (7.57) berechnete Pegel ergibt sich nach dieser Modellvorstellung aus der direkten Schallausbreitung im unendlich ausgedehnten Raum der Höhe H mit Streu-

Abb. 7.26   Oben: Der Direktschall mit Pegelanteil Ld; Unten: der Streuschall mit Pegelanteil Ls

360

J. Hübelt und W. Probst

körpern. Dieses Modell kann durch Einbeziehung von Reflexionen nach dem Spiegelquellenverfahren auf die Berechnung des Schalldruckpegels im allseitig oder teilweise begrenzten Raum erweitert werden (Abb. 7.27). Hierzu wird der anteilige Pegel des Direktschalls mit Gl. (7.57) und des Streuschalls nach Gl. (7.61) sowohl mit der Originalschallquelle Q0,0 wie auch mit allen Spiegelschallquellen bis zur erforderlichen Reflexionsordnung berechnet. Die Schallschwächung durch die Absorption bei jeder Reflexion an einer der sechs Raumbegrenzungsflächen wird für den Direktschall durch die Gl. (7.67) berücksichtigt, wobei Ld (r) der mit Gl. (7.57) berechnete Direktschallpegel mit dem Abstand r zwischen Spiegelschallquelle und Immissionspunkt ist und wobei die Summe über n die mittleren Absorptionsgrade aller Raumbegrenzungsflächen einbezieht, an denen der betrachtete Strahl reflektiert worden ist

Ld = Ld (r) + 10 lg



n

(1 − αn ) dB.

(7.67)

Fasst man Abb. 7.27 als die Darstellung der Reflexion in der Vertikalen x–z oder y–z auf, so ergibt sich

Ld = Ld (r) + 10 lg(1 − αW ) dB + 10 lg(1 − αD ) dB,

(7.68)

mit r als Abstand der Spiegelquelle zweiter Ordnung Q1,1 vom Immissionspunkt IP, αW als mittlerer Absorptionsgrad der linken Wand und αD als mittlerer Absorptionsgrad der raumseitigen Deckenfläche der Pegelanteil des nicht gestreuten auf dem Weg Q0,0 − P1 − P2 − IP sich ausbreitenden Schalls. Für den Pegelanteil des gestreuten Schallanteils einer Spiegelquelle ergibt sich mit Ls (r) aus Gl. (7.61)

Ls = Ls (r) + 10



m

lg(1 − αm ) dB,

(7.69)

wobei sich die Summe über m nur auf die Wandflächen, nicht jedoch auf die raumseitigen Oberflächen von Boden und Decke bezieht, da deren Absorption bereits in der Berechnung von Ls (r) berücksichtigt sind. Im Beispiel Abb. 7.27 lautet die Gleichung für

Abb. 7.27   Reflexion zweiter Ordnung mit Reflexionspunkten P1 und P2

7  Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen

361

den Pegelanteil des von der Spiegelquelle Q−1,1 zum Immissionspunkt IP gelangenden gestreuten Schalls

Ls = Ls (r) + 10 lg(1 − αW ) dB.

(7.70)

Die Spiegelung der Originalquelle an den 6 Begrenzungsflächen des Quaderraums führt zu einer Punktwolke aus Spiegelquellen, deren Koordinaten auf einfache, im Anhang A in (VDI 3760 1996) algorithmisch angegebener Weise berechnet werden kann. In der Richtlinie ist auch ein Abbruchkriterium angegeben, mit dem die höchste zu berechnende Reflexionsordnung ermittelt werden kann, wenn der Fehler aufgrund der Vernachlässigung noch höherer Reflexionsordnungen unter einer vorgebbaren Schranke in dB bleiben soll. Die vorbeschriebene Berechnung wird für jedes Oktav-Frequenzband durchgeführt, wobei die Koordinaten der Spiegelquellen nur einmal ermittelt werden müssen. Aus der energetischen Summe der auf die Frequenzbänder bezogenen Pegel ergibt sich der von der Punktschallquelle verursachte Gesamtpegel. Das mit (VDI 3760 1996) normativ geregelte Berechnungsverfahren eignet sich vor allem zur Bestimmung einer mittleren Abhängigkeit des Schalldruckpegels vom Abstand von einer ungerichtet abstrahlenden Punktschallquelle.

7.9.2 Erweitertes Spiegelquellenverfahren mit Strahlverfolgung und Schirmrechnung Bei dem oben beschriebenen Berechnungsverfahren werden die über die Fläche gemittelten Absorptionsgrade verwendet, wodurch sich für jedes Frequenzband ein Absorptionsgrad für die Streukörper und 6 Absorptionsgrade für die Raumbegrenzungsflächen ergeben. Dies hat den Vorteil, dass zur Berechnung der Schwächung des Schalls aufgrund der Absorption bei der Reflexion die genaue Lage der Reflexionsorte – z. B. P1 und P2 in Abb. 7.27 nicht ermittelt werden muss und somit im Hinblick auf die Rechenzeiten sehr schnelle Algorithmen angewendet werden können. Die Darstellungen in Abb. 7.28 zeigen die Schallausbreitung mit Bezug auf das Spiegelquellenverfahren von einer Punktquelle zu einem Immissionspunkt mit allen möglichen Schallstrahlen für verschiedene Reflexionsordnungen. Der genannte Vorteil des Spiegelquellen-Verfahrens mit Mittelwerten der Schallabsorption von Begrenzungsflächen hinsichtlich der Rechenzeiten spielt aufgrund der inzwischen erfolgten Fortschritte in der Computertechnik aber keine wesentliche Rolle mehr – es ist deshalb durchaus möglich, die genannten Durchstoß- oder Reflexionspunkte geometrisch zu bestimmen und in den Summen (7.67) und (7.69) für jeden Wert von n und m genau den Absorptionsgrad zu verwenden, der die Oberfläche am Reflexionsort kennzeichnet. Damit werden auch lokale Lärmminderungsmaßnahmen wie das Heranrücken einer lauten Maschine an eine Wand oder Raumecke und die kleinflächige absorbierende Verkleidung direkt dahinter der Prognoseberechnung zugänglich.

362

J. Hübelt und W. Probst

Abb. 7.28   Schallausbreitung mit Bezug auf das Spiegelquellenverfahren von einer Punktquelle zu einem Immissionspunkt mit allen möglichen Schallstrahlen bis zur ersten Reflexionsordung (links), bis zur zweiten Reflexionsordnung (mitte) und bis zur 5. Reflexionsordnung (rechts)

Eine wesentliche Erweiterung der Anwendungsmöglichkeiten ergibt sich durch die Einbeziehung von Abschirmung. Das bereits in Abschn. 7.7 beschriebene Verfahren zur Berechnung des über eine Schirmkante gebeugten Schallanteils nach Maekawa (Maekawa 1968) und dessen Erweiterung nach Kurze (Kurze und Anderson 1971) hat sich auch bei der Berechnung der Ausbreitungsdämpfung von Schallschirmen im Freien, beschrieben in (DIN EN ISO 9613-2 1999) in Verbindung mit (ISO/TR 17534-3 2015) – in gesetzlich geregelten Bereichen bewährt und kann in ähnlicher Weise für die hier betrachteten deterministischen Strahlverfahren angewendet werden. Dabei werden – wie in Abb. 7.29 für einen abschirmenden Quader dargestellt – durch Anfangs- und Endpunkt des blockierten Strahlwegs eine vertikale Ebene (EV ) und eine dazu senkrechte Ebene (EL) gelegt. In jeder dieser Ebenen werden nun die kennzeichnenden Wege um oder durch die Objektanordnung gesucht. Aus der Differenz z der Länge eines Umwegs zur Länge des direkten nicht blockierten Strahls ergibt sich direkt die Pegelminderung bei Verwendung dieses Umwegs.

EV EL R

S E0

Abb. 7.29   Konstruktion der kürzesten Umwege in den beiden zueinander senkrechten Ebenen EV und EL

7  Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen

363

7.9.3 Stochastisches Schallstrahl- oder -teilchenverfahren 7.9.3.1 Berechnung der Schallausbreitung Auch dieses Verfahren beruht auf den Prinzipien der geometrischen Akustik. Die berechneten Ausbreitungswege sind Polygone mit einer Folge von geraden Streckenzügen zwischen der Quelle sowie den Reflexionspunkten und dem Immissionsort. Die Darstellungen in Abb. 7.30 zeigen die Schallausbreitung von einer Punktquelle mit dem Teilchenmodell für die drei Phasen freie Ausbreitung (links), nach erster Reflexion (mittig) und nach diffuser Durchmischung (rechts). Diese Ausbreitungswege können sowohl als Strahl- wie auch als Teilchenwege betrachtet werden. Da für den ein Zählvolumen durchquerenden Weg bei der Betrachtung als Strahl wie auch als Teilchen die Laufzeit durch die Länge des Laufwegs und die Schallgeschwindigkeit eindeutig gegeben ist, sind die beiden Betrachtungsweisen äquivalent und führen auch zu denselben Ergebnissen. Im Weiteren wird von der Simulationsberechnung nach dem Teilchenmodell ausgegangen. Werden von der ungerichtet abstrahlenden Punktschallquelle, deren Emission durch einen Schallleistungspegel LW gekennzeichnet ist, insgesamt N Teilchen ausgesandt, so beträgt die Schallleistung pro Teilchen   Nm P0 · 10LW /10 dB ; P0 = 10−12 . P= (7.71) N s Mit der Lauflänge x des Teilchens im Zählvolumen V kann dem „Einfangvolumen“ eine für das Teichen relevante Querschnittfläche S zugeordnet werden gemäß

S=

V x

(7.72)

und es ergibt sich ein intensitätsproportionaler Beitrag von

JT =

xP0 · 10LW /10 dB . VN

(7.73)

Abb. 7.30   Schallausbreitung von einer Punktquelle mit dem Teilchenmodell für die drei Phasen freie Ausbreitung (links), nach erster Reflexion (mittig) und nach diffuser Durchmischung (rechts)

364

J. Hübelt und W. Probst

Mit der gesamten Länge des vom Teilchen zurückgelegten Strahlwegs d in m, dem Absorptionskoeffizient der Luft in dB/m αL und den Absorptionsgraden αi der Oberflächen an den Reflexionspunkten, an denen das Teilchen umgelenkt worden ist, ergibt sich der intensitätsproportionale Beitrag des im Zählvolumen registrierten Beitrags zu    LW xP0  −αL ·d /10 dB . JT = (1 − αi ) · 10 VN

(7.74)

Der Schalldruckpegel Lp für das betreffende Frequenzband ergibt sich durch Summation der intensitätsproportionalen Beiträge aller Teilchen zu

Lp = 10 lg



 JT /I0 dB.

(7.75)

Das Teilchenverfahren scheint bei oberflächlicher Betrachtung gegenüber dem deterministischen Spiegelquellenverfahren wenig ökonomisch, weil zur Berechnung des von einer Punktschallquelle an einem Immissionspunkt verursachten Schalldruckpegels eine Vielzahl von Teilchenbahnen geometrisch bestimmt werden, die das Zählvolumen nicht treffen und somit das Ergebnis nicht beeinflussen. Tatsächlich ist das Verfahren aber hinsichtlich der erforderlichen Rechenzeiten eindeutig überlegen, wenn Schalldruckpegel in halligen Räumen oder die Impulsantworten unter Einbeziehung längerer Abklingzeiten bestimmt und somit hohe Reflexionsordnungen berechnet werden sollen. Dies gilt umso mehr, je mehr Objekte und Oberflächen in die Reflexionsberechnung einbezogen werden. Der Berechnungsaufwand bei Anwendung des Spiegelquellenverfahrens steigt mit steigender Zahl der reflektierenden Flächen und der zu berücksichtigenden Reflexionsordnung stärker als bei der Anwendung des Teilchenverfahrens an. Berücksichtigung von Absorption, Transmission und Reflexion Ein weiterer wesentlicher Vorteil des Teilchenverfahrens ist die mögliche Einbeziehung von spiegelnder und von diffuser Schallreflexion. Durch einen der reflektierenden Oberfläche zugewiesenen Streugrad s wird der Anteil des diffus reflektierten Schalls festgelegt und dies kann statistisch korrekt berücksichtigt werden. In ähnlicher Weise ist es auch möglich, die Transmission τ bzw. das Schalldämm-Maß R eines plattenförmigen Bauteils in statistisch korrekter Weise einzubeziehen. Für plattenförmige Bauteile wird der durch dissipative Prozesse im Bauteil absorbierte Schallanteil durch den Absorptionsgrad α und der auf der Gegenseite abgestrahlte Schallanteil durch den Transmissionsgrad τ beschrieben. Damit wird ein Anteil ρ = 1−α−τ reflektiert (hierbei wird vorausgesetzt, dass der Schallabsorptionsgrad α in etwa dem Dissipationsgrad δ entspricht, α ≈ δ). Bei Anwendung des Teilchenmodells können diese Beziehungen durch entsprechende Wahrscheinlichkeiten berücksichtigt werden. Beträgt der Absorptionsgrad α = 0,3 und der Transmissionsgrad τ = 0,5, so wird ein Anteil 1−0,3−0,5 = 0,2 der auftreffenden Schallleistung reflektiert. Dies wird realisiert, indem von N auftreffenden Teilchen 0,3N Teilchen verschwinden, 0,5N Teilchen die Platte unbeeinflusst durchlaufen und

7  Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen

365

0,2N Teilchen entsprechend dem geltenden Reflexionsgesetz zurückgeworfen werden. Allerdings werden diese Beziehungen aufgrund der stochastisch erfolgenden Auswahl der Teilchenbahn im Einzelfall erst bei ausreichend großen Teilchenzahlen erfüllt.

7.9.3.2 Schallabsorption durch Deckensegel und Kulissenanordnung Mit den genannten Festlegungen können bei Anwendung des Teilchenmodells nicht nur vollflächige Absorptionsverkleidungen von Raumbegrenzungsflächen, sondern auch kompliziertere Anordnungen wie absorbierende Deckensegel oder schallabsorbierende Kulissen in die Berechnung einbezogen werden. Eine Anordnung von absorbierenden Deckenplatten (bezeichnet als Deckensegel), die mit Abstand von der Rohdecke abgehängt sind, wird bei der Ausbreitung der Schallteilchen im Rahmen der geometrischen Akustik korrekt berücksichtigt, wenn den Einzelplatten die über Messungen ermittelten Werte für Absorptionsgrad α und Transmissionsgrad τ zugewiesen werden. Allerdings werden diese zur Simulationsberechnung erforderlichen akustischen Parameter derzeit in den Messnormen noch nicht in dem erforderlichen Maße berücksichtigt. Die im Lärmschutz in industriellen Arbeitsstätten häufig verwendeten Kulissen- oder Baffeldecken entsprechend Abb. 7.31 können auf zwei Weisen in der Berechnung einbezogen werden. Ausgangspunkt sind die nach entsprechend Anhang B der Norm (DIN EN ISO 354 2003) mit Aufbau J ermittelten Absorptionsgrade der geplanten Anordnung der Kulissenkonstruktion. Diese vor reflektierender Rückwand bestimmten Absorptionsgrade αS werden durch Begrenzung auf Maximalwerte von 1 gemäß. α = Min(αS , 1)

(7.76)

als Näherungswerte für den „geometrischen“ Absorptionsgrad α verwendet. In (Probst W. 2008) ist die Beziehung zwischen dem – dort und im Folgenden als Bauteilabsorptionsgrad αB bezeichneten – Absorptionsgrad des Plattenmaterials und diesem nach Norm gemessenen und gemäß Gl. (7.76) auf 1 begrenzten Absorptionsgrad der Gesamtkonstruktion hergeleitet. Für die unter Kosten-Nutzen Aspekten optimale

Abb. 7.31   Abgehängte Kulissen- oder Baffeldecke

366

J. Hübelt und W. Probst

Anordnung mit einem Reihenmittenabstand gleich der Kulissenhöhe ergibt sich in guter Näherung die Beziehung

αB = 1,51 · α 3 − 0,85 · α 2 + 0,9 · α − 0,03.

(7.77)

Mit der Annahme, dass der von den Kulissen nicht absorbierte Schallanteil transmittiert wird, beträgt der Transmissionsgrad der Kulissenplatte.

τB = 1 − αB , andernfalls (bei Reflexion der nicht absorbierten Schallenergie).

τB = 0. Diese beiden letztgenannten Alternativen beeinflussen nur die Richtungsverteilung des die Kulissendecke durchdringenden Teilchenstroms und führen somit in der Regel auf dieselben Ergebnisse. Abb. 7.32 zeigt den von einer Punktquelle ausgesandten Teilchenstrom beim Durchdringen einer Kulissendecke bei Annahme vollabsorbierender Kulissen (αB = 1). Mit dem beschriebenen Verfahren wird somit aus den für einen Reihenabstand ermittelten Absorptionsgraden die auf das Kulissenmaterial bezogene Kenngröße αB ermittelt. Mit dieser kann somit ein detailliertes Modell mit einer beliebigen Anordnung dieser Kulissen entwickelt und berechnet werden. Eine andere Alternative besteht darin, die gesamte Kulissenanordnung durch eine ebene Platte nachzubilden. Dieser Platte wird beidseitig ein Absorptionsgrad αPlatte √ αPlatte = 1 − 1 − α (7.78) zugewiesen, wobei α der aus der Messung an der Gesamtkonstruktion nach Gl. (7.76) bestimmte Absorptionsgrad ist. Mit dem Transmissionsgrad dieser Platte von

τPlatte = 1 − αPlatte

(7.79)

werden alle in der Kulissenkonstruktion nicht absorbierten Teilchen in den Deckenhohlraum darüber eingestrahlt.

Abb. 7.32   Teilchenstrom durch eine Reihenanordnung vollabsorbierender Kulissen

7  Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen

367

7.9.3.3 Trennwände, Kapseln, Kabinen Wird ein Raum durch raumhohe Trennwände in Teilräume aufgeteilt, wird die Übertragung von Schall durch den – frequenzabhängigen – Transmissionsgrad bzw. durch das Schalldämm-Maß bestimmt. Wie in 7.9.3.1 beschrieben, kann dieser Transmissionsgrad für die einzelnen Frequenzbänder als Eingangsparameter zur akustischen Beschreibung von Plattenstrukturen verwendet werden, wodurch auch die komplette Abtrennung von Teilräumen bei der Simulationsrechnung korrekt einbezogen wird. Ein Schalldämm-Maß von R entspricht nach Gl. (5.1) einem Transmissionsgrad von τ = 10−R/10 dB und somit kann eine Wand mit einem Schalldämm-Maß von 10 dB durch einen Transmissionsgrad von 0,1 berücksichtigt werden. Für die Simulationsberechnung bedeutet dies, dass bei vernachlässigbarer Absorption nur 10 % aller auf die Wand auftreffenden Teilchen auf die Gegenseite transmittiert werden. Es ist offensichtlich, dass bei höheren Schalldämm-Maßen entsprechend mehr Teilchenbahnen berechnet werden müssen, damit im benachbarten Raum der Pegel mit einer gewünschten aus der Statistik resultierenden Genauigkeit berechnet wird. Bei Kapseln und Kabinen kommt erschwerend hinzu, dass die für die Schallausbreitung zur Verfügung stehenden Innenabmessungen oft im Bereich der Wellenlängen oder darunter liegen – hier treffen die Voraussetzungen der geometrischen Akustik nicht mehr zu und die entsprechenden Berechnungen können nur als grobe Näherung betrachtet werden. Bei Maschinenkapseln ist es deshalb in vielen Fällen zweckmäßig, die Kapsel als abstrahlendes Objekt entsprechend dem in Abb. 7.33, rechts dargestellten Bezugsquader einzubeziehen und dessen Emissionswerte aus den um die Pegelminderung durch die Kapsel reduzierten Maschinen-Emissionswerten zu bestimmen.

7.9.4 Maschinen und andere technische Geräte als Schallquellen 7.9.4.1 Erstellung von Modellen Kleine Maschinen und Geräte können zur Berechnung der jeweils zu erwartenden Schallimmission als Punktschallquellen betrachtet werden. Eine Richtungsabhängigkeit der Schallabstrahlung wird berücksichtigt, indem die raumwinkelbezogene Dichte

Abb. 7.33    Maschinenmodell: Originalmaschine (links), quaderförmige Hüllfläche (Mitte), Anordnung von Punktschallquellen (rechts)

368

J. Hübelt und W. Probst

des Teilchenstroms proportional zum Richtwirkungsmaß gewählt wird. Die Gesamtheit N der in den gesamten Raumwinkel 4π oder 2π bei üblicher Aufstellung auf reflektierendem Boden – ausgesendeten Teilchen muss aber auch bei gerichteter Abstrahlung die Gl. (7.71) erfüllen. Komplexere und große Maschinen mit unterschiedlichen Abstrahlbereichen können aus akustisch opaken – also für Schall undurchlässigen – Körpern unterschiedlicher Bauform aufgebaut werden. Auf deren Oberflächen werden Punktschallquellen so verteilt, dass die gewünschte Abstrahlcharakteristik nachgebildet wird. Die Ermittlung dieser Punktquellenverteilung auf der Basis von gemessenen, auf Umfangslinien oder Hüllflächen ermittelten Messwerten entspricht gewissermaßen einer Kalibrierung des virtuellen Maschinenmodells. Ein einfaches und bewährtes Verfahren ist in den Abb. 7.33 dargestellt. Die Originalmaschine ist detailliert in Abb. 7.33 (links) dargestellt. Diese wird durch eine gedachte quaderförmige Hüllfläche, die alle schalltechnisch relevanten Maschinenkomponenten umschließt, entsprechend der Abbildung in der Mitte ersetzt. Dieser Hüllflächenquader entspricht dem in (DIN EN ISO 3744 2011) genannten Bezugsquader. Auf dieser Hüllfläche werden die Punktschallquellen entsprechend der Abbildung rechts so angeordnet, dass deren Emission die Schallabstrahlung der Originalmaschine in Bezug auf den umgebenden Raum ersetzt.

7.9.4.2 Zuweisung von Emissionswerten Der wesentliche und die gesamte Abstrahlung kennzeichnende Kennwert einer Schallquelle ist ihr Schallleistungspegel LW in jedem relevanten Frequenzband bzw. als Einzahlangabe der A-bewertete Schallleistungspegel LWA. Für die Zwecke der Lärmprognose wird aus dem – z. B. durch die Geräuschangabe des Herstellers bekannten – LWA unter Verwendung eines für die betreffende Maschinenart typischen Frequenzspektrums der auf die Oktavbänder bezogene LW ermittelt. Dieser Wert wird für jedes der relevanten Frequenzbänder – in der Regel von 125 Hz bis 8000 Hz – so auf die Ersatz-Punktschallquellen nach Abb. 7.33 aufgeteilt, dass das Abstrahlverhalten der Originalquelle hinsichtlich der Original-Schallquellenbereiche bzw. hinsichtlich der Richtcharakteristik der Abstrahlung mit ausreichend guter Näherung nachgebildet wird. Das Verfahren zur Kalibrierung der Ersatz-Punktschallquellen auf der Basis von Messwerten ist in (Probst 2016) beschrieben. Für Maschinenhersteller ist es vorteilhaft, derartige Modelldateien für ihr Lieferprogramm vorzuhalten und dann bei geänderten Leistungs- oder Betriebsdaten durch eine einfache Korrektur mit dem hierfür aktuellen LWA anzupassen. Die nach der Maschinenlärm-Informationsverordnung bestimmenden Emissionskennwerte sind der Schallleistungspegel LWA und der Emissions-Schalldruckpegel LpA. Der Bediener-Arbeitsplatz befindet sich meist so nahe an der Maschine, dass der LpA durch die detaillierte Abstrahlung des davorliegenden Maschinenbereichs bestimmt wird und nur sehr unzureichend durch die Berechnung der Schallausbreitung von allen Punktschallquellen der „eigenen“ Maschine entsprechend Abb. 7.33 ermittelt werden kann. Da

7  Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen

369

der LpA der Schalldruckpegel ist, den die Maschine alleine beim bestimmungsgemäßen Betrieb ohne Raum und andere Schallquellen verursachen würde, ist er der Beitrag des maschinen-bezogenen Direktschalls an diesem Arbeitsplatz und kann direkt nach dem in (Probst 2015) beschriebenen Verfahren zur Prognose des dort zu erwartenden LärmExpositionspegels bei Betrieb aller Maschinen im Raum berücksichtigt werden. Dieses Verfahren sei kurz skizziert. 1) Mit allen Quellen des zum Arbeitsplatz gehörenden Maschinenmodells gemäß Abb. 7.33 wird der Schallpegel in jedem Frequenzband und hieraus der A-bewertete Schallpegel LpA ′ berechnet, wobei nur die Teilchen einbezogen werden, die das zum Arbeitsplatz-Immissionsort gehörende Prüfvolumen auf direktem Weg ohne Reflexion bzw. nach einer Reflexion an der Bodenfläche erreichen. Diese Berechnung erfolgt für alle Arbeitsplätze, die einer Maschine zugeordnet sind. ′ 2) Berechnung des Schalldruckpegels LAP an allen Maschinenarbeitsplätzen unter Einbeziehung aller Quellen im Raum und bei Rechnung bis zu einer ausreichend hohen Reflexionsordnung bzw. Teilchenlaufzeit. Bei dieser Rechnung wird auch der Direktschall der „eigenen“ Maschine auf der Basis der Ersatz-Punktschallquellen ermittelt. 3) Substitution des über die Simulationsberechnung ermittelten Direktschallanteils der ′ „eigenen“ Maschine LpA durch den bekannten LpA zur Ermittlung des Schalldruckpegels am Arbeitsplatz LAP gemäß.   ′ LAP = 10 lg 100,1/dB·LAP − 100,1/dB·LpA′ + 100,1/dB·LpA dB. (7.80) Die Prognoseberechnung verkoppelt die im Verantwortungsbereich des Maschinenherstellers liegenden Emissionswerte mit den Lärmexpositionspegeln an den Arbeitsplätzen, die letztlich im Verantwortungsbereich des Anlagenbetreibers liegen. Da diese zu erwartenden Expositionspegel auch von der Raumgestaltung, der akustisch relevanten Raumausstattung und dem gesamten Anlagen-Layout abhängen, können all diese Einflussfaktoren im Hinblick auf die angestrebte Lärmsituation optimiert werden, wenn das Rechenverfahren dies erlaubt.

7.9.5 Planung schalltechnisch optimierter Arbeitsstätten 7.9.5.1 Einleitung Mit den genannten Techniken der Geometrischen Akustik kann im Zuge der Planung oder schalltechnischen Sanierung von Arbeitsstätten die zu erwartende Schallbelastung an den Arbeitsplätzen und Aufenthaltsorten von Personen im Voraus beurteilt werden. Dies ermöglicht es dem dafür verantwortlichen Arbeitgeber die erforderliche Gefährdungsanalyse im Hinblick auf die zu erwartende Lärmexposition durchzuführen oder sachverständig durchführen zu lassen.

370

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Neben der Lärmexposition können mit dem Teilchenverfahren auch die zeitabhängigen und auf der energetischen Impulsantwort beruhenden Kenngrößen wie die Nachhallzeit oder der zur Beurteilung der Sprachverständlichkeit geeignete STI (Speech Transmission Index) berechnet werden. Damit eignet sich das Verfahren auch zur Planung von schalltechnisch optimierten Büroumgebungen in Verwaltungsbereichen unter Berücksichtigung der hier zutreffenden Anforderungen.

7.9.5.2 Industriehallen und Werkstätten In der Verordnung zum Schutz von Beschäftigten vor Gefährdungen durch Lärm und Vibrationen (Lärm VibrationsArbSchV 2007) und der den diesbezüglichen Stand der Technik beschreibenden Technischen Regeln zur Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung (TRLV Lärm 2017) ist festgelegt, dass ein Arbeitgeber für die Beurteilung der Gefährdung der Beschäftigten durch Lärm verantwortlich ist. Dies betrifft im Anwendungsbereich der TRLV Lärm die Gefährdung von Beschäftigten durch die Einwirkung von Schall im Bereich ab einem äquivalenten Dauerschallpegel von 80 dB(A). Konkret sind maximal zulässige Werte des Tages-Lärmexpositionspegels LEX,8h und des Spitzenschalldruckpegels LpC,peak festgelegt, die bei der Einwirkung von Schall auf das Gehör des Beschäftigten nicht überschritten werden dürfen. Bei den Maßnahmen zur Einhaltung dieser Werte haben technische Maßnahmen den Vorrang vor organisatorischen Maßnahmen und vor der Anwendung von geeignetem Gehörschutz. Eine Gefährdungsbeurteilung im Sinne der (TRLV Lärm 2017) ist erforderlich, wenn Arbeitsstätten neu geplant werden, wenn neue oder zusätzliche Maschinen oder Arbeitsmittel eingesetzt werden oder wenn eine Änderung der Arbeitsverfahren und -umgebung oder der Schutzmaßnahmen vorgenommen wird. Die hier behandelte Vorausberechnung der zu erwartenden Schallimmission an den Arbeitsplätzen und – unter Berücksichtigung der Aufenthaltsdauern eines Beschäftigten an den Arbeitsplätzen – des Tages-Lärmexpositionspegels LEX,8h aus den Geräuschemissionswerten der Maschinen und technischen Einrichtungen ist ein effektiver und dem Stand der Technik entsprechender Baustein einer derartigen Gefährdungsbeurteilung. Sie ermöglicht die rechtzeitige und damit meist kostengünstigere Einplanung von ggfs. erforderlichen Lärmschutzmaßnahmen. Folgende Schritte bilden das Grundgerüst einer schalltechnisch orientierten Planung: • Einbeziehung des Lärms bei der Planung der Arbeitsstätte. Hierzu werden die Geräuschemissionswerte LWA und – wenn ein Arbeitsplatz zugeordnet ist – LpA für alle schalltechnisch relevanten Maschinen und technischen Einrichtungen aufgelistet. Im Idealfall werden diese Emissionskennwerte von den Herstellern der Maschinen und Einrichtungen angegeben – immerhin ist die Geräuschangabe nach EG-(Maschinenrichtlinie 2006) bzw. der (GSGV 9 2008) verpflichtend. Die Praxis zeigt allerdings, dass diese Informationen ohne die Aufnahme als „garantierter Eigenschaft“ im Kaufvertrag oft unvollständig und selten so genau sind, dass sie als

7  Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen

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Ausgangsdaten für eine Prognose der an den Arbeitsplätzen zu erwartenden Schallimmission geeignet sind. Wesentlich hilfreicher sind hier oft die von den „branchenaffinen“ Schallfachleuten bzw. den für die Lärmproblematik verantwortlichen Mitarbeitern von Herstellern und Beratern fortgeschriebenen und aufgrund von Abnahmemessungen ständig aktualisierten Emissionsdaten. Auch die VDI-Richtlinien der Reihe „Emission technischer Schallquellen“ und andere Datensammlungen können herangezogen werden. Die Praxis der Lärmprognose auf der Basis von Geräuschemissionswerten hat gezeigt, dass die genannte Auflistung von Emissionswerten schon selbst ein wesentlicher Baustein der Planung von lärmarmen Arbeitsstätten ist, weil das unterschiedliche Lärmverhalten alternativ möglicher Fabrikate erkennbar und offengelegt wird (Abb. 7.34). • Erstellung eines Datenmodells bzw. eines virtuellen Modells der Arbeitsstätte. Der hierbei notwendige Detaillierungsgrad wird in der Regel überschätzt. In vielen Fällen ist es ausreichend, sowohl die Schallquellen wie auch die Arbeitsplätze als Punkte zu lokalisieren. • In vielen Fällen wird es aber im Sinne der vereinfachten Kommunikation der beteiligten Parteien über erforderliche Lärmschutzmaßnahmen als vorteilhaft empfunden, wenn die gesamte Anlage auch bei räumlicher Ansicht realistisch dargestellt ist. Abb. 7.35 zeigt als Beispiel eine Getränke-Abfüllanlage, bei der sowohl die Transportbänder wie auch die Maschinen mit ihrer – stark vereinfachten – Struktur dargestellt sind. Im Datenmodell werden auch alle schallabsorbierenden Oberflächen als solche berücksichtigt. • Berechnung der Schallpegelabnahme pro Abstandsverdopplung DL2 und des mittleren Absorptionsgrads α . Nach (TRLV Lärm 2017) soll in lärmbelasteten Arbeitsstätten die Schallpegelabnahme pro Abstandsverdopplung DL2 im Bereich von 0,75 m bis 6 m in den Oktavbändern von 500 Hz bis 4000 Hz mindestens 4 dB betragen und der mittlere Absorptionsgrad bezogen auf den gesamten Raum soll 0,3 nicht unterschreiten. DL2 kann z. B. mit dem Verfahren nach (VDI 3760 1996) berechnet werden, wobei die gesamten Einbauten und Maschinenanlagen durch den Einzahlwert der Streukörperdichte berücksichtigt werden.

Abb. 7.34   Beispiel einer Liste von Emissionsdaten zur Lärmprognose (vereinfacht)

372

J. Hübelt und W. Probst

Abb. 7.35   Schalltechnisches Modell einer Getränke-Abfüllanlage. (Schallemittierende Flächen blau)

• Berechnung der an den Arbeitsplätzen zu erwartenden Schalldruckpegel. Aus diesen können bei wechselnden Aufenthaltsorten von Beschäftigten die Expositionspegel durch Berücksichtigung der Aufenthaltsdauer an unterschiedlichen Arbeitsplätzen ermittelt werden. • Im Falle der Überschreitung der Auslösewerte bzw. der Unterschreitung der Pegelabnahme DL2 werden geeignete zusätzliche Maßnahmen eingeplant und im Datenmodell berücksichtigt. Mit einer Neuberechnung wird deren Minderungswirkung hinsichtlich der Pegel an den Arbeitsplätzen beurteilt. Quellenanordnung Die Anwendung von numerischen Verfahren ist immer dann zweckmäßig und im Sinne von Kosten-Nutzen Betrachtungen sinnvoll, wenn unterschiedliche Varianten im Hinblick auf die Integration von schallabsorbierenden Verkleidungen und die Anordnung der geräusch-emittierenden technischen Einrichtungen untersucht werden sollen. In diesen Fällen kommt es darauf an, die für die Schallausbreitung wichtigen Strukturen so in das Datenmodell zu integrieren, dass den mit einer Variante berechneten Zielgrößen wie z. B. Schalldruckpegel, Nachhallzeit oder Sprachverständlichkeit die erforderlichen Maßnahmen in ihrer tatsächlichen Ausdehnung und damit die jeweils erforderlichen Kosten gegenübergestellt werden können. Dies wird im Folgenden an einem einfach gehaltenen Beispiel mit einer Druckmaschine mit 4 Druckstationen und Bedienerplatz sowie mit weiteren Arbeitsplätzen im Raum erläutert. Abb. 7.36 zeigt eine derartige Maschine in der Realität, Abb. 7.37 das entsprechende aus den Eingabedaten erzeugte einfache Modell. Die 4 Stationen wurden als allseitig geräuschabstrahlende Volumenkörper modelliert. Auf der Basis der Geräuschangabe des Herstellers – bestätigt durch eine StichprobenKontrollmessung – wird ein Schallleistungspegel von 100 dB(A) vorausgesetzt. Es sei geplant, die Maschine mit dem zugeordneten Arbeitsplatz AP1 entsprechend Abb. 7.38 in einem Raum mit zwei unterschiedlichen Höhen unterzubringen. Die

7  Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen

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Abb. 7.36   Druckmaschine mit 4 Stationen

Abb. 7.37   „Virtuelles“ Modell der 4-Stationen Druckmaschine

Abb. 7.38   Druckmaschine mit 4 Druckstationen und Bedienerplatz sowie mit weiteren Arbeitsplätzen im Raum, links: Die Anordnung gemäß Variante 1, rechts: Das „virtuelle“ Modell des Raumes

374

J. Hübelt und W. Probst

übrigen Arbeitsplätze AP2 – AP4 sind stellvertretend für mehrere Arbeitsplätze in diesen Bereichen gewählt. Die Berechnung mit dem Teilchenverfahren ergibt die in Tab. 7.7 unter Variante V1 genannten Schalldruckpegel. Es soll nun geprüft werden, ob durch eine die Schallausbreitung mindernde Anordnung und durch gezielte absorbierende Verkleidung von Begrenzungsflächen die umliegenden Arbeitsplätze lärmgemindert werden können. Hierzu wird die Anordnung nach Abb. 7.39 untersucht. Mit der Variante V2 ist vorausgesetzt, dass die Druckmaschine direkt vor der linken Seitenwand platziert wird. Weiter werden die Deckenfläche sowie die beiden Seitenwände auf einer Länge von 10 m und die linke Seitenwand ab einer Höhe von 0,5 m schallabsorbierend verkleidet. Wie das Ergebnis der Berechnung für Variante V2 nach Tab. 7.7 zeigt, ergeben sich mit diesem Lärmminderungskonzept am Arbeitsplatz AP1 ca. 2 dB, an den Plätzen AP2 bis AP4 von 6 bis zu 8 dB niedrigere Schalldruckpegel. Abschirmung Als Beispiel sei die Anordnung mit der 4-Stationen-Druckmaschine weiter untersucht. Hierzu werden die Schalldruckpegel an den Arbeitsplätzen für den Fall berechnet, dass zwischen dem Raumbereich mit der Druckmaschine und dem übrigen Raum mit den Arbeitsplätzen AP2 bis AP4 eine Trennwand mit 3 m Höhe entsprechend Abb. 7.40 eingebaut wird. Mit dem angewendeten Berechnungsverfahren werden Beugungseffekte durch die entsprechende Ablenkung der Teilchenbahnen in Abhängigkeit vom Abstand zur beugenden Schirmkante einbezogen. Im ersten Schritt – Variante V3 – wird nur die Trennwand eingefügt. Diese Trennwand sowie Wände und Decke sind nicht absorbierend und durch einen Absorptionsgrad von ca. 0,1 gekennzeichnet. Im zweiten Schritt – Variante V4 – werden zusätzlich zur nach wie vor reflektierenden Trennwand absorbierende Verkleidungen an Decke und Seitenwänden im Bereich der Druckmaschine berücksichtigt. Tab. 7.7  Für die Varianten V1 und V2 durch Simulationsrechnung ermittelte Schalldruckpegel in dB Arbeitsplatz

AP1

AP2

AP3

AP4

Variante 1

83,7 dB

81,3 dB

80,9 dB

79,4 dB

Variante 2

81,6 dB

73,9 dB

73,6 dB

71,5 dB

Abb. 7.39   Die Anordnung gemäß Variante V2

7  Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen

375

Abb. 7.40   Anordnung wie Variante V2, jedoch mit Trennwand vor dem Raumbereich mit der Druckmaschine

In Verbindung mit den schallabsorbierenden Verkleidungen an den diesen Bereich begrenzenden Raumoberflächen ergibt sich dadurch entsprechend Tab. 7.8 eine weitere erhebliche Verbesserung. Mit den beschriebenen Standard-Rechenverfahren können auch Lärmminderungsprogramme, die aus einer Kombination von Maßnahmen unter Einbeziehung von Absorptionsverkleidungen, Schirmen und Teiltrennwänden bestehen, in ihrer Auswirkung an den Arbeitsplätzen beurteilt werden. Damit bilden sie eine wichtige Voraussetzung für eine vorausschauende Gefährdungsbeurteilung bei der Planung von Arbeitsstätten.

7.9.5.3 Mehrpersonenbüros Die Arbeitsplätze in Büroumgebungen sind im Vergleich zu den genannten Arbeitsumgebungen im industriellen Bereich durch niedrigere Schalleinwirkungen gekennzeichnet, die aber dennoch aufgrund der aufgabenbedingt erforderlichen Konzentration zu erheblichen Beeinträchtigungen führen können. Hier gelten gemäß Arbeitsstättenverordnung in der Bundesrepublik die Technischen Regeln für Arbeitsstätten ASR (Steinborn 2015), in denen die Pegelwerte für Tätigkeiten an Arbeitsplätzen sowie entsprechende raumakustische Anforderungen an die Arbeitsräume festgelegt sind. Auch die Norm (DIN 18041 2016) sowie die VDI-Richtlinie (VDI 2569 2019) behandeln die Sicherstellung einer gewünschten raumakustischen Qualität über die Festlegung von maximalen Werten von Nachhallzeiten und Mindestwerten der Pegelabnahme pro Abstandsverdopplung. Allerdings hat sich unabhängig von diesen Regelwerken bei der Büroplanung in den letzten Jahren ein Standard herausgebildet, der den extra-auralen Wirkungen des Schalls wie der Störung durch unerwünschte Sprachinformation erhebliche Bedeutung zumisst. Dies hat insbesondere bei der Planung von weitläufigen, stark Tab. 7.8  Für die Varianten V3 und V4 durch Simulationsrechnung ermittelte Schalldruckpegel in dB Arbeitsplatz

AP1

AP2

AP3

AP4

Variante 3

83,4 dB

75,3 dB

75,5 dB

72,3 dB

Variante 4

82,2 dB

66,7 dB

65,3 dB

64,5 dB

376

J. Hübelt und W. Probst

gegliederten und auch architektonisch anspruchsvollen Bürolandschaften zur verstärkten Anwendung der beschriebenen Berechnungstechniken geführt. Auch viele Hersteller von Büromöblierungen verfolgen inzwischen die Strategie, für die Objekte ihres Lieferprogramms die akustisch relevanten Daten zu ermitteln und für die Erstellung von „virtuellen“ Modellen der geplanten Büros zur Verfügung zu stellen. Folgende Schritte bilden das Grundgerüst einer schalltechnisch orientierten Planung: • Planung des Lay-Out, wobei die Arbeitsplätze mit unterschiedlichen akustischen Anforderungen in räumlich zusammenhängende Funktionsbereiche gegliedert werden (s. Abb. 7.41). • Formulierung dieser Anforderungen in Form von angestrebten Kennwerten, z. B. maximaler Beurteilungspegel, STI zwischen bestimmten Arbeitsplätzen sowie zwischen den Funktionsbereichen, maximale Nachhallzeit und andere Kenngrößen nach (VDI 2569 2019), Erstellung eines Datenmodells bzw. eines virtuellen Modells des gesamten Bürobereichs im akustisch relevanten Umgriff. • Ermittlung des kennzeichnenden Hintergrundpegels. Aufgrund von Vorerfahrung oder durch Stichprobenmessung in einer ähnlich genutzten Umgebung ermittelt oder unter Voraussetzung angenommener Gesprächspositionen berechnet. Die zumindest ungefähre Kenntnis des Hintergrundpegels ist eine notwendige Voraussetzung, wenn die Verständlichkeit der an einem Ort geführten Gespräche an einem anderen Ort auf der Basis des STI beurteilt werden soll. • Berechnung der o.g. als Anforderung festgelegten Werte der Kenngrößen. Bei den auf die Sprachverständlichkeit bezogenen Werten des STI wird der o. g. Hintergrundpegel als Eingangsparameter berücksichtigt. • Im Falle der Verletzung von Anforderungen werden geeignete zusätzliche Maßnahmen eingeplant und im Datenmodell berücksichtigt. Mit einer Neuberechnung wird die Verbesserung beurteilt.

Abb. 7.41   Für die akustische Planung erstelltes „virtuelles“ Modell eines Mehrpersonenbüros

7  Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen

377

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7  Schallausbreitung und Schallschutz in Räumen

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8

Ventilatorgeräusche Thomas Carolus

Ventilatoren sind in großer Zahl im Einsatz, um gasförmige Medien durch Rohrleitungen und Kanäle, zu bewegen. Dabei erzeugen sie Geräusche, deren Intensität mit der strömungsmechanischen Leistung des Ventilators ansteigt. In diesem Kapitel werden zunächst die verschiedenen Ventilatorbauformen (axial, radial, einstufig, mehrstufig) beschrieben. Es wird gezeigt, wie sich die Auswahl eines Ventilators nach dem energetischen Bedarf der Gesamtanlage richtet. Die Druckverluste in der Anlage bei gegebenen Förderstrom spielen dabei eine entscheidende Rolle. Dann wird auf den Schall eingegangen, der mit dem ausgewählten Ventilator verbundenen ist. Bekannte Modelle zu einer ersten Abschätzung des Schallleistungspegels des Ventilators wie der Ansatz von Madison oder der VDI-Richtlinie 2081 werden erläutert. Die im Spektrum oft dominanten Töne werden auf Rotordrehzahl und Schaufelzahlen von Rotor und gegebenenfalls Stator zurückgeführt. Ein weiterer Abschnitt befasst sich mit der der Lärmwirkung des Ventilatorschalls. Beginnend mit der klassischen A-Bewertung werden neuere Ansätze zur Ermittlung der psychoakustisch relevanten Lästigkeit des Ventilatorschalls genannt. Hier wird auch die Frage nach der produktadäquaten Geräuschqualität des Schalls von einem Ventilator angerissen. Letztlich werden die physikalischen Mechanismen des strömungsinduzierten Schalls von Ventilatoren kurz erläutert. Hieraus werden dann Hinweise zu Schallminderungsmaßnahmen abgeleitet: Die Wahl des optimalen Betriebspunkts des Ventilators, mögliche Maßnahmen zur Verbesserung der Zuströmqualität, konstruktive Details wie z. B. geeignete Schaufelzahlen, ungleichförmige Schaufelabstände, Sichelschaufeln, Kopfspaltmodifikationen bei Axial-

T. Carolus (*)  Steinbeistransferzentrum FLOWTRANS, Netphen, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Schirmer und J. Hübelt (Hrsg.), Technischer Lärmschutz, https://doi.org/10.1007/978-3-662-65668-6_8

381

382

T. Carolus

ventilatoren usw. Ergänzend wird abschließend auf strömungsinduzierte Schwingungen in kompletten Anlagen mit Ventilatoren, die zu unterwünschten niederfrequenten Schwingungen führen können, eingegangen.

8.1 Ventilatorbauarten Die Ventilatorbauart wird nach der Durchströmrichtung des Ventilatorlaufrades unterschieden. Es gibt u. a. Axial-, Diagonal-, Radial- und Trommelventilatoren (Abb. 8.1). Axialventilatoren werden ohne Leitrad oder mit Vorleitrad oder/und Nachleitrad gebaut. Diagonalventilatoren werden sowohl als Halbaxialventilator ohne umlaufendes Schaufeldeckband als auch als Halbradialventilator mit umlaufendem Schaufeldeckband ausgeführt. Bei Radialventilatoren teilt man die Ventilatorlaufräder nach dem Schaufelaustrittswinkel β2 gegenüber der Laufradumfangstangente ein in solche mit rückwärtsgekrümmten Schaufeln (β2 < 90°), mit radial endenden Schaufeln (β2 = 90°) und mit vorwärtsgekrümmten Schaufeln (β2 > 90°), d. h. die sog. Trommelläuferventilatoren. Die Auswahl der Ventilatorbauart, und damit der Laufradform, erfolgt nach Gesichtspunkten wie Leistungsanforderungen, Einsatzbedingungen (Temperatur, Feststoffpartikel im Gas), Raumbedarf und Schallemission.

8.2 Aufgabe des Ventilators und Ventilatorkennzahlen Um einen Gasvolumenstrom V˙ durch eine angeschlossene Anlage zu fördern, muss der Ventilator eine spezifische Förderarbeit Yt – oder gleichwertig ausgedrückt – eine Totaldruckerhöhung ∆pt erbringen. Bei Ventilatoren, die am Ende einer Anlage ausblasen, wird auch oft mit der freiausblasenden Druckerhöhung ∆pfa gerechnet, in der der Ausblasverlust (d. h. die kinetische Energie des Ausblasstrahls) unberücksichtigt bleibt. Allgemein gelten bei Ventilatoren, durch die ein Gas mit – in guter Näherung – konstanter Dichte ρ strömt, immer die Zusammenhänge

a

b

c

d

e

Abb. 8.1   Bauarten von Ventilatorlaufrädern. a Axialventilator, Strömung axial – axial; b und c Diagonalventilatoren, Strömung axial – diagonal; d Radialventilator, Strömung axial – radial; e Trommelventilator, Strömung axial – radial

8 Ventilatorgeräusche Tab. 8.1  Wichtige dimensionslose Kennzahlen

383 Bezeichnung

Definition

Volumenzahl

φ=

Druckzahl

ψ=

Leistungszahl

=

Schnelllaufzahl

σ =

Durchmesserzahl

δ=

π2 4

π2 2

π4 8

(8.3)

V˙ D3 n V˙ D 2 n2

oder ψ =

n 1

8 π2

1 4

�pt ρD2 n2

(8.4) (8.5)

PW ρD5 n3 1

3

(2π 2 )− 4 ·Y 4 ·V˙ − 2 

π2 2

D 1

1

(8.6) (8.7)

·Y − 4 ·V˙ 2

• zwischen Volumen- und Massenstrom

m ˙ V˙ = , ρ

(8.1)

• zwischen Totaldruckerhöhung und spezifischer Arbeit (8.2) ˙ V , ∆pt und die Wellenleistung PW werden oft mit dem Laufradaußendurchmesser D, der Drehzahl n und der Dichte ρ des Fördermediums zu dimensionslosen Kennzahlen kombiniert, deren Definitionen in Tab. 8.1 zusammengefasst sind. Einige Kennzahlen sind voneinander abhängig, z. B. lassen sich σ und δ aus der Volumenzahl ϕ und der Druckzahl ψ berechnen. Daneben existieren Abwandlungen dieser Kennzahlen (die hier jedoch nicht von Bedeutung sind) sowie Kennzahlen wie z. B. der Wirkungsgrad und die Reynoldszahl. ϕ, ψ und λ werden meist zur dimensionslosen Darstellung der aerodynamischen Kennlinie von Ventilatoren benutzt. σ und δ dagegen dienen im sog. CORDIER-Diagramms dazu, für eine gegebene Aufgabe des Ventilators V˙ /∆pt den Laufraddurchmesser (d. h. letztlich die Maschinengröße), die Antriebsdrehzahl und die Bauart festzulegen: Rechnet man den aerodynamischen Optimalpunkt1 gängiger einflutiger und einstufiger Ventilatoren mit „gutem“ Wirkungsgrad (d. h. keine Sonderbauarten) in die dimensionslosen Kennzahlen δopt und σopt um und trägt diese gegeneinander auf, so liegen sie mit einer gewissen Streuung in einem relativ engen Band, dem CORDIER-Band, Abb. 8.2. Dabei haben Radialventilatoren typischerweise kleine σopt -Werte (ca. 0,1–0,6, man nennt sie deshalb auch spezifisch langsamläufige Maschinen), Axialmaschinen dagegen große (> 0,6, daher spezifische schnellläufig). Dazwischen sind die Diagonalmaschinen angesiedelt. Der Trommelläuferventilator (d. h. der Radialventilator mit vorwärtsgekrümmten Lauf-

�pt = Y ρ.

1 Der

aerodynamische Optimalpunkt (Index „opt“) eines Ventilators ist der Arbeitspunkt, bei dem sie ihren maximalen Wirkungsgrad aufweist.

384

T. Carolus

Abb. 8.2   CORDIER-Diagramm zur Vorauswahl eines Ventilators, nach [Cordier 1953, Fister 1984, Roth 1981, Mode 1994]; dargestellt sind jeweils nur die Laufräder als wichtigstes Bauteil eines Ventilators

schaufeln) liegt außerhalb dieses Bandes. (Trommelläuferventilatoren scheinen übrigens wegen ihres vergleichsweise geringen Wirkungsgrades auch zunehmend weniger eingesetzt zu werden.) Die genannten Bereichsgrenzen sind nur als Anhaltswerte zu verstehen. Im allgemeinen ist es nicht zielführend, V˙ /∆pt mit einem Ventilator erreichen zu wollen, dessen Baugröße und Antriebsdrehzahl zu einem Punkt δopt/σopt führt, der außerhalb des CORDIER-Bands liegt. Gegebenenfalls muss dann zu mehrstufigen oder mehrflutigen Anordnungen der Laufräder gegriffen werden, um die gewünschte Druckerhöhung bzw. den Durchsatz auf mehrere Laufräder zu verteilen. Beispiel: Bei einem zweiflutigen Radialventilator, d. h. mit zwei gegenüberliegenden Ansaugöffnungen, muss jedes Laufrad nur den halben Volumenstrom der Gesamtmaschine fördern. Analog zu den aerodynamischen dimensionslosen Kennzahlen gibt es auch für die Schallleistung normierte oder besser „spezifische“ Kenngrößen. Aus einer Vielzahl wird hier der spezifische Schallleistungspegel vorgestellt, der häufig mit dem Namen MADISON [Madison 1949] verbunden ist. Ansatz ist eine Beziehung zwischen akustischer Gesamtleistung eines Ventilators und den elementaren Maschinenparametern Umfangsgeschwindigkeit u am Laufradaußendurchmesser und Laufraddurchmesser D:

Pak,ges ∼ uα D2

8 Ventilatorgeräusche

385

Dieser Ansatz liefert mit

u = πnD und den Proportionalitäten aus den aerodynamischen Modellgesetzen für Strömungsmaschinen

�pt ∼ u2 = π 2 n2 D2 V˙ ∼ uD2 = π nD3 mit einem Exponenten α = 5 (einem mittleren Erfahrungswert aus vielen Messungen2)

LW,ges = LW,spez + 10 lg

pt V˙ + 20 lg p0 V˙ 0

dB.

(8.8)

Hierbei sind als Bezugsgrößen V˙ 0 = 1  m3/s und p0 = 1 Pa gewählt. Der spezifische Schallleistungspegel

LW,spez = LW,ges − 10 lg

pt V˙ − 20 lg p0 V˙ 0

dB

ist ein zum individuellen Ventilatortyp gehöriger Wert, der empirisch bestimmt werden muss.

8.3 Auswahl des Ventilators Auswahl aus energetischer Sicht  Unter einer lufttechnischen Anlage wird hier das System – noch ohne Ventilator – verstanden, durch das ein bestimmter Gasvolumenstrom zu fördern ist, Abb. 8.3. Um den Ventilator für eine solche Anlage richtig auszuwählen, ist es notwendig, den „Bedarf der Anlage“ an spezifischer Förderarbeit (oder – äquivalent – Totaldruckerhöhung) für einen gewünschten Volumenstrom V˙ durch die Anlage vorab zu bestimmen. Die Schlüsselbeziehung kommt aus dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik und lautet

�pt,Anlage = (pII − pI ) +

  ρ 2 cII − cI2 + �pVerl . I→II 2

(8.9)

Dabei sind I und II Kontrollraumgrenzen um die Anlage, die man so wählt, dass an ihnen die statischen Drücke pI und pII und Strömungsgeschwindigkeiten des Fördermediums cI und cII bekannt sind.

2  Zu

einem gewissen Grad hängt der Wert von α vom Ventilatortyp und damit den jeweils dominanten Geräuschmechanismen ab; in der Regel liegt er im Bereich zwischen 4 und 6.

386

T. Carolus

Abb. 8.3   Beispiel einer lufttechnischen Anlage mit möglichen Kontrollraumgrenzen I und II

Die Einzeldruckverluste ∆pVerl gut abgrenzbarer Anlagenkomponenten wie Rohrleitungsabschnitte, Krümmer, Querschnittssprünge usw. bestimmt man üblicherweise getrennt und addiert diese dann zum Gesamtdruckverlust zwischen I nach II auf – dabei bleibt der Ventilator ausgespart. Die Einzeldruckverluste werden dabei angesetzt zu ρ �pVerl = ζ · c2 . (8.10) 2 c ist die mittlere Strömungsgeschwindigkeit an einem Referenzquerschnitt der Komponente. c ist die mittlere Strömungsgeschwindigkeit an einem Referenzquerschnitt der Komponente. Der Druckverlustbeiwert ζ jeder Komponente ist aus Handbüchern wie z. B. von IDELCHICK [Idelchik 1994] zu entnehmen. In jedem Fall muss nun der Ventilator so ausgewählt oder ausgelegt werden, dass beim Volumenstrom V˙ durch die Anlage (und damit dem Förderstrom des Ventilators) der Bedarf der Anlage durch das Angebot des Ventilators gedeckt wird, d. h.

pt = pt,Anlage .

(8.11)

Das Betriebsverhalten eines Ventilators als Funktion des Förderstroms wird in Form von Kennlinien beschrieben. Abb. 8.4a zeigt schematisch die Totaldruck- und Wirkungsgradkennlinie. Ein ausgezeichneter Punkt auf der Totaldruckkennlinie ist der Optimalpunkt, der sich durch den Maximalwert des Wirkungsgrades auszeichnet. Arbeitet der Ventilator links vom Optimalpunkt, spricht man vom Teillastbetrieb, rechts vom Überlastbetrieb. Der Betrieb in Teillast ist manchmal problematisch: Manche Ventilatorenkennlinien weisen eine Unstetigkeit auf, die auf den Strömungsabriss hindeutet. Am Abriss und

8 Ventilatorgeräusche Abb. 8.4   Aerodynamische Kennlinien: a) Ventilatorkennlinien, b) Anlagenkennlinie, c) Synthese von Ventilator und Anlage mit Betriebspunkt (schematisch)

387

a

b

c

links davon hin zu noch kleineren Volumenströmen sollten viele Ventilatoren nicht betrieben werden. Auch der Bedarf an Totaldruckerhöhung einer Anlage kann als Kennlinie darstellt werden. Alle Geschwindigkeiten in Gl. (8.9) und (8.10) sind proportional zum Volumenstrom. Daher ist die Anlagenkennlinie in guter Näherung eine quadratische Parabel, Abb. 8.4b.

388

T. Carolus

Die Bedingung zur Synthese von Anlage und Ventilator, Gl. (8.11), stellt sich in Abb. 8.4c als Schnittpunkt von Ventilator- und Anlagenkennlinie dar. Damit ergibt sich letztendlich der Betriebspunkt des Ventilators auf seiner Kennlinie. Idealerweise fällt der Betriebspunkt mit dem Optimalpunkt zusammen. Dies ist in der Praxis jedoch nicht immer einfach zu realisieren. In dieser Darstellung ist auch sofort der Volumenstrom V˙ BP , der sich tatsächlich einstellt, abzulesen. Auswahl aus akustischer Sicht  Wenn man von Ventilatorgeräusch oder Ventilatorschall spricht, muss man zunächst klarstellen, welcher Abstrahlpfad gemeint ist. Hilfreich ist die Unterteilung der verschiedenen Schallleistungen nach Abb. 8.5 und Tab. 8.2. Mit dem Ansatz Gl. (8.8) wird in der VDI-Richtlinie 2081 Blatt 1 [VDI 2081 2019] der Ansaug- und Ausblaskanal-Schallleistungspegel typischer Ventilatoren in ihrem aerodynamisch optimalen Betriebsbereich für raumlufttechnische Anwendungen abgeschätzt. Dazu gelten die Werte in Tab. 8.3. In dieser Richtlinie werden auch Korrelationen zur Abschätzung der breitbandigen Kanalschallleistungspegel in Oktavbändern (d. h. des Oktavbandspektrums) gegeben. Der Ansatz ist   8 kHz LW,Okt = LW,ges + LW,Okt − 10 lg 100,1LW,Okt dB (8.12a) fm =63 Hz

mit der Formfunktion

  �LW,Okt (SrD ) = − 5 + 5(lg SrD + C)2 dB in Abhängigkeit der Strouhalzahl (d. h. der dimensionslosen Frequenz)

SrD =

Abb. 8.5   Zu den Bezeichnungen ausgewählter Schallleistungspegel bei Ventilatoren

f f ·D = u πn

(8.12b)

8 Ventilatorgeräusche

389

Tab. 8.2  Definitionen verschiedener Schallleistungspegel (in Anlehnung an [DIN 45635 T38 1986]) Bezeichnung

Maß für die Schallleistung, die abgestrahlt wird über …

Ventilator-Gesamtschallleistungspegel LW1

… die Ansaug- und Ausblasöffnungen und Gehäuse in die freie Umgebung

Gehäuse-Schallleistungspegel LW2

… das Gehäuse in die Umgebung

Ansaug- oder Ausblas-Kanalschallleistungspegel LW3 bzw. LW4

… die Ansaug- bzw. Ausblasöffnungen in angeschlossene Kanäle

Freiansaug- oder FreiausblasSchallleistungspegel LW5 bzw. LW6

… die Ansaug- bzw. Ausblasöffnungen in die freie Umgebung

Gehäuse- und Freiansaug- oder Gehäuse- und Freiausblas-Schallleistungspegel LW7 bzw. LW8

… das Gehäuse und die Ansaug- bzw. Ausblasöffnungen in die freie Umgebung

Tab. 8.3  Geräuschemissionskennwerte für Ventilatoren im aerodynamisch optimalen Betriebsbereich, Ansätze Gl. (8.8) und Gl. (8.12b); aus [VDI 2081 2019] Ventilatortyp

LWspez

C

Radialventilator mit Spiralgehäuse, Ausblasöffnung

33 dB

 + 0,40

Radialventilator mit Spiralgehäuse, Ansaugöffnung

31 dB

 + 0,50

Radialventilator, freilaufendes Rad, Ausblasseite

35 dB

−0,20

Radialventilator, freilaufendes Rad, Ansaugseite

32 dB

 + 0,10

Trommelläufer

36 dB

 + 0,15

Axialventilator ohne Nachleitrad

40 dB

 + 0,10

Axialventilator mit Nachleitrad

40 dB

−0,30

(f = Frequenz, D = Laufraddurchmesser, u = Umfangsgeschwindigkeit an D). Werte für den Parameter C sind in Tab. 8.3 zusammengestellt. Im Falle des Axialventilators mit Nachleitrad wird ein zusätzlicher, ebenfalls empirischer Zuschlag ∆LW,BPF von 4 dB für den Drehton in dem Oktavband, das BPF = nz (BPF aus dem Englischen: Blade Passing Frequency) enthält, empfohlen. (Ein Drehtonzuschlag von 0 dB bedeutet nicht, dass kein Drehton im Spektrum vorhanden ist, sondern nur, dass er im Oktavspektrum nicht erkennbar ist). In [VDI 2081 2019] wird allerdings ein Toleranzband in den Oktavbändern von beträchtlichen ± 5 dB angegeben. Welche Auswirkung es hat, wenn man einen Ventilator in anderen als dem aerodynamisch optimalen Arbeitspunkt betreibt, erkennt man an seiner akustischen Kennlinie. Abb. 8.6 zeigt beispielhaft einen kompletten Satz von gemessenen Kennlinien eines einstufigen Axialventilators mit Nachleitrad. Als Funktion des Volumenstroms sind die Totaldruckerhöhung, der Wirkungsgrad und der Freiansaug-Schallleistungspegel LW5 des Ventilators aufgetragen. Die drei ausgezeichneten Punkte sind der aerodynamische und akustische Optimalpunkt sowie der Abrisspunkt. Wie bereits oben beschrieben, arbeitet

390

T. Carolus

Abb. 8.6   Gemessene aerodynamische und akustische Kennlinien eines einstufigen Axialventilators mit Nachleitrad, Radaußendurchmesser D = 300 mm, Drehzahl n = 3000 1/min

der Ventilator am aerodynamischen Optimalpunkt mit maximalem Wirkungsgrad. Am akustischen Optimalpunkt emittiert der Ventilator den geringsten Schall. Aerodynamischer und akustischer Optimalpunkt fallen manchmal zusammen oder weichen nur geringfügig voneinander ab. Drosselt man den Ventilator in Richtung Abrisspunkt, wird der Wirkungsgrad schlechter. In der akustischen Kennlinie erkennt man besonders gut, wenn der Ventilator voll abgerissen arbeitet: Die Schallemission nimmt sprungartig stark zu und ändert sich bei weiterer Drosselung nur noch gering. Nicht alle Ventilatorbauformen weisen einen ausgeprägten Abriss auf, aber die prinzipiellen Kennlinienverläufe sind ähnlich. Hieraus leitet sich die Regel ab, dass man einen Ventilator nicht nur aus aerodynamisch/ energetischer, sondern auch aus akustischer Sicht für den Einsatz in einer gegebenen Anlage so auswählen soll, dass er im Bereich seines aerodynamischen Optimalpunkts arbeiten kann.

8.4 Geräuschqualität und empfundene Lästigkeit Hinter dem Einzahlwert jeder in der Kennlinie dargestellten Schallleistung eines Ventilators steht ein Geräusch mit seinem Spektrum. Abb. 8.7 zeigt ein typisches zeitgemitteltes Schalldruckspektrum, das aus Mikrofonmessung in einem gewissen Abstand vom Ventilator stammt.3 Klar erkennbar ist meist der Drehton mit seiner Frequenz

3 Die Darstellung kann entweder schmalbandig oder in proportionalen Frequenzbändern wie z. B. genormten Terz- oder Oktavbändern vorgenommen werden.

8 Ventilatorgeräusche

391

Abb. 8.7   Typisches Geräuschspektrum eines Ventilators an einem Betriebspunkt in Schmal- und Terzbanddarstellung. OA bezeichnet den Gesamtpegel, aus dem die Kennlinienpunkte in Abb. 8.6 gebildet werden. Alle Spektren sind hier noch nicht A-bewertet

fBP = nz und Vielfachen als höhere Harmonische – die spektrale Zusammensetzung ist stark abhängig vom Betriebspunkt, an dem der Ventilator betrieben wird. Spektren und Gesamtgeräusche werden in der Praxis in der Regel A-bewertet, um die Lautheitsempfindung des menschlichen Gehörs in einer ersten Näherung nachzubilden.

392

T. Carolus

Der A-bewertete Schalldruck- und Schallleistungspegel sind national und international genormte Kenngrößen für Schallimmission und -emission, vgl. Kap. 2. Sie dienen der Angabe und der Nachprüfung einzuhaltender Geräuschkennwerte gemäß Vorschriftenwerk bzw. vertraglicher Vereinbarungen auch für Ventilatoren aller Bauarten und Größen, sofern vertragliche Vereinbarungen nichts anderes vorsehen. Zur Beurteilung der Geräuschqualität oder der Lästigkeit sind diese normativen Größen aber häufig nicht ausreichend und müssen dann zu diesem Zweck durch psychoakustische Kenngrößen ergänzt werden. Ein Maß für die empfundene Lästigkeit von Ventilatorengeräuschen erhält man, wenn man wie nach der technischen Anleitung Lärm [TA Lärm 1998] einen Beurteilungspegel aus dem zeitlichen Mittelwert des A-bewerteten Schalldruckpegels und gegebenenfalls aus Zuschlägen für Ton- und Informationshaltigkeit, Impulshaltigkeit etc. bildet:

Lr = Lp,A + Pegelzuschl¨age

dB

(8.13)

Welche psychoakustische Wirkung Geräusche von Ventilatoren und lufttechnischer Geräte im Detail auf den Menschen haben, wird im Folgenden kurz angerissen. In der neueren Forschung werden zur Prognose der Geräuschqualität häufig spezifische Qualitätsprognosemodelle herangezogen. Um ein Qualitätsprognosemodell zu erstellen, lässt man repräsentative Versuchsteilnehmer eine Klasse von Geräuschen (oder Geräuschquellen, z. B. Staubsauger) mit Adjektiven oder Adjektivskalen beschreiben. Parallel dazu werden aus den objektiv gemessenen Geräuschen bewertungsrelevante psychoakustische Empfindungsgrößen wie z. B. die Lautheit, die Schärfe, die Tonhaltigkeit, die Rauigkeit usw. abgeleitet. Algorithmen zur Ermittlung dieser psychoakustischer Empfindungsgrößen sind entweder genormt oder Gegenstand der laufenden Forschung, siehe Abschn. 2.4. Ein Qualitätsprognosemodell gibt nun die Geräuschqualität als Funktion der psychoakustischen Empfindungsgrößen an, deren individuelle Beiträge aus dem Ergebnis des Hörversuchs ermittelt wurden. Ein ventilatorspezifischer Beurteilungspegel wurde von TÖPKEN und VAN DE PAR [Töpken 2019a, b] entwickelt. Dazu wurden 37 verschiedene Ventilatorgeräusche mit einem semantischen Differential in Hörversuchen von Versuchsteilnehmern bewertet. Daraus wurden präferenzäquivalente Pegel als Funktion zweier Indexe bestimmt. Das letztendliche Ergebnis

Lr = Lp,A + (15,7−8,4 · Nratio ) dB

(8.14)

lässt sich als ventilatorspezifischer Beurteilungspegel interpretieren, worin Nratio ein Verhältnis der Lautheit des Geräusches in bestimmten Frequenzbereichen ist. Nratio ist nach einer einfachen Rechenvorschrift aus TÖPKEN und VAN DE PAR [Töpken 2019a] leicht zu ermitteln – Grundlage ist die Lautheit des Geräuschs, die aus einem gemessenen Schalldruckspektrum leicht ableitbar ist. Der Klammerausdruck in Gl. (8.14) ist ähnlich einem Zuschlag zum A-bewerteten Schalldruckpegel – in Analogie wie z. B. Tonzuschläge in der TA Lärm.

8 Ventilatorgeräusche Tab. 8.4  Sammlung möglicher Adjektivskalen zur Beschreibung des Geräuschs von Ventilatoren und lufttechnischen Geräten für lufttechnische Geräte mit niedrigem Schallleistungspegel [Feldmann 2019]

393 Nr 1

Adjektivskala völlig störend



gar nicht störend

2

gar nicht ausblendbar



völlig ausblendbar

3

völlig lästig



gar nicht lästig

4

unangenehm



angenehm

5

aufdringlich –



unaufdringlich

6

völlig brummend



gar nicht brummend

7

dunkel



hell

8

völlig röhrend



gar nicht röhrend

9

tief



hoch

10

völlig dröhnend



gar nicht dröhnend

11

schwer



leicht

12

völlig fluktuierend



völlig fluktuierend

13

instationär



stationär

14

völlig schwankend



gar nicht schwankend

15

bewegt



statisch

16

ungleichmäßig



gleichmäßig

17

schwach



stark

18

leistungsschwach



leistungsstark

19

kraftlos



kräftig

20

völlig zischend



gar nicht zischend

21

völlig rauschhaft



gar nicht rauschhaft

22

völlig pfeifend



gar nicht pfeifend

23

völlig schleifend



gar nicht schleifend

Für die Klasse „Ventilatoren und lufttechnische Geräte mit vergleichsweise niedrigem Schallleistungspegel“ wie Wärmepumpen, Luftreiniger, Dunstabzugshauben, Schaltschrankbelüftungen, Wärmetauscher und die entsprechenden „kleinen“ Ventilatoren entwickelte Feldmann [Feldmann 2019] ein angepasstes Geräuschqualitätsprognosemodell. Sie nutzte 37 Adjektivskalen im Hörversuch, die Reduktion auf 23 Adjektivskalen4 in Tab. 8.4 war das Ergebnis einer Hauptkomponentenanalyse nach dem Hörversuch. Das Qualitätsprognosemodell lautet

4 Die

exemplarischen Adjektivskalen in Tab. 8.4 sind deshalb hier aufgeführt, weil im Dialog z. B. von Hersteller und Kunden Geräusche zunächst oft verbal beschrieben werden. Es ist dabei oft schwierig, sich auf Adjektive, die für beide Parteien das Gleiche bedeuten, zu verständigen.

394

Q = 10,84 − 0,396N[sone] − 2,40S[acum] − 1,24T [tuHMS] − 0,137H[bit].

T. Carolus

(8.15)

Einflussgrößen sind die Lautheit N, die Schärfe S, die Tonhaltigkeit T und hier, statt einer Rauigkeit, die Shannon-Entropie H5. Q ist eine intervallskalierte Größe. Definitionsgemäß entspricht rosa Rauschen mit einer Lautheit von 11 sone einer Geräuschqualität von 1. Angenehmer empfundene Geräusche haben einen höheren Qualitätswert, unangenehmere einen geringeren. Die Skala ist im Prinzip nach unten und oben offen. Schon im Hörversuch mit einer vergleichsweise geringen Anzahl von 69 Versuchsteilnehmern kristallisierten sich allerdings drei unterschiedliche Gruppen heraus. Die Urteile der größten Gruppe aller Probanden führten zu dem Prognosemodell Gl. (8.15). In parallelen Interviews konnten ebenfalls Probandengruppen unterschieden werden. Etwa 40 % aller Versuchsteilnehmer gaben an, ein „Brummen“ dem „Rauschen“ vorzuziehen, während ca. 19 % das „Rauschen“ vorzog. Eine weitere Gruppe von Probanden mit etwa 41 % bevorzugte ein „nicht zu dunkles, nicht dominantes Brummen“. Daraus ist erkennbar, dass die Qualitätsurteilen zugrundeliegenden Kriterien individuell unterschiedlich sein können. Andere Lästigkeits- bzw. Qualitätsprognosemodelle für Staubsauger sind z. B. von ALTINSOY [Altinsoy 2013] und HÜLSMEIER et al. [Hülsmeier 2014] bekannt, für Klimaanlagen von SUSINI et al. [Susini 2004] und JEON et al. [Jeon 2011].

8.5 Mechanismen der Schallentstehung bei Ventilatoren Generell wird der strömungsinduzierte Schall bei Ventilatoren durch die strömungsinduzierten Kräfte auf die umströmten Oberflächen des Rotors (Laufrads) und anderer feststehender Teile verursacht. Wesentlich ist die Unterscheidung zwischen stationären und instationären Kräften (F bzw. F´) sowie schaufelgebundenen und schaufelungebundenen, Tab. 8.5 und Abb. 8.8. Mit der eigentlichen Aufgabe des Ventilators, Druck durch Strömungsumlenkung zu erzeugen, sind prinzipbedingte Auftriebs- und Widerstandskräfte auf die Schaufeln des

5 OETJEN

et al. [Oetjen 2013] zeigten anhand von Fahrzeuggeräuschen, dass die Empfindungsgröße Rauigkeit für technische Geräusche häufig nicht mit der Empfindung auf einer Adjektivskala von „rau“ nach „glatt“ korreliert. Die Modulation von technischen Geräuschen ist häufig zufällig – je zufälliger, desto geringer ist die Rauigkeit, die das menschliche Gehör wahrnimmt. Die ShannonEntropie wird üblicherweise in der Informationstheorie zur Messung der Zufälligkeit einer Verteilung genutzt. Eine Korrektur der Rauigkeitsberechnung mit einem Gewichtungsfaktor auf Basis der Shannon-Entropie ermöglicht eine vereinheitlichte Rauigkeitsprognose über verschiedene Geräuschgruppen, FELDMANN [Feldmann 2018] und FELDMANN et al. [Feldmann 2019].

8 Ventilatorgeräusche

395

Tab. 8.5  Kräfte als Schallquellen bei Ventilatoren

Rotors verbunden. Sie sind im drehenden Relativsystem stationär. Instationäre, schaufelungebundene Kräfte entstehen z. B. dann, wenn sich die Rotorschaufeln durch den Nachlauf von Streben oder eines Vorleitrades bewegen. Turbulente Zuströmung zum Schaufelgitter, die turbulente Grenzschicht auf der Schaufeloberfläche und der Nachlauf hinter der Schaufel bewirken dagegen instationäre Strömungsphänomene, die wiederum zu schaufelgebundenen instationären Kräften führen.

396

T. Carolus

Abb. 8.8   Kräfte am Schaufelgitter (schematisch)

8.6 Konstruktive Geräuschminderungsmaßnahmen bei Ventilatoren Die Minderung des aerodynamisch erzeugten Schalls bei Ventilatoren ist eine komplexe und schwierige Aufgabe, die neben theoretischen Analysen immer noch umfangreicher Versuchsreihen bedarf. In diesem Abschnitt wird eine recht willkürliche Auswahl primärer konstruktiver Geräuschminderungsmaßnahmen vorgestellt. Primäre Maßnahmen sind solche, die unmittelbar auf die Geräuscherzeugung einwirken – im Gegensatz zu sekundären wie Schalldämpfern oder Schallkapseln.

8 Ventilatorgeräusche

397

Abb. 8.9   Akustisch besonders kritische Abstände

Bevor man zu konstruktiven Geräuschminderungsmaßnahmen greift, sollte immer überprüft werden, ob der Ventilator im geplanten Einsatzfall in seinem akustisch optimalen Betriebspunkt arbeiten wird. Hier kommt der Dimensionierung und Auswahl des Ventilators eine große Bedeutung zu. Die Umfangsgeschwindigkeit des Laufrads geht mit einer sehr hohen Potenz in die Schallleistung eingeht. Aus diesem Grunde ist es ratsam, Ventilatorräder mit einer möglichst niedrigen Umfangsgeschwindigkeit zu bauen. Da aber der aerodynamische Betriebspunkt V˙ /∆pt erreicht werden muss, bedeutet dies Maschinen mit möglichst großen Werten der dimensionslosen Kennzahlen ϕ und ψ. Dies ist nur mit aerodynamisch hoher Belastung des Rades zu erreichen (hohe Schaufelzahl, große Schaufelaustrittswinkel, starke Schaufelwölbung und große Schaufelsehnenlänge). Hierdurch werden aber u. U. die Mechanismen dominant, die in Tab. 8.5 mit „self-noise“ bezeichnet wurden. Vergrößert man den Abstand zwischen feststehenden und rotierenden Bauteilen, wird einmal die Wechselwirkung der Potentialfelder der Bauteile geschwächt, aber auch der reibungsbedingte Nachlauf gleicht sich immer mehr aus, sodass Größe und Richtung der Anströmung zum stromabliegenden Bauteil nicht mehr so stark variieren. Eine Minderung vor allem des tonalen, aber auch des breitbandigen Geräuschs kann erwartet werden. Bei einem Axialventilator mit Leitrad sollte der axiale Abstand von Rotor zu Stator immer so groß wie möglich gewählt werden (Abb. 8.9 links und Mitte) Bei Radialventilatoren ist der Abstand von Laufrad zur Gehäusezunge besonders kritisch (Abb. 8.9 rechts). In Folge der Schaufelnachläufe werden starke Druckschwankungen an der Gehäusezunge induziert, die eine effektive Schallabstrahlung des Drehtons und seiner Harmonischen bewirken. Ein zu großer Abstand der Zunge vom Laufrad bedeutet allerdings wiederum Wirkungsgradeinbußen. Durch Schrägstellen der Leitschaufeln oder Streben in Umfangsrichtung bei einem Axialventilator (Abb. 8.10) kann vermieden werden, dass der Schaufelnachlauf über die ganze Schaufelhöhe in Phase mit der Laufschaufel in Wechselwirkung tritt. Alternativ können auch die Laufschaufeln geneigt werden. Beim Radialrad bestehen die Möglichkeiten, die Zunge schräg zu stellen oder die Schaufelhinterkanten gegenüber der Lauf-

398

T. Carolus

Abb. 8.10   Beispiel für eine punktweise Überschneidung feststehender und rotierender Bauteile, hier radiale Laufschaufeln und schräg angeordnete Streben beim Axialventilator

radachse zu neigen, EMBLETON [Embleton 1963]. Diese Maßnahmen zielen auf eine Reduktion des drehtonbezogenen Geräuschs ab. Die tonale Zusammensetzung des Geräuschs lässt sich durch ungleichmäßige Schaufelteilung entlang des Umfangs beeinflussen. In vielen Fällen wird der Gesamtschallleistungspegel nicht verändert, aber auf mehrere Töne verteilt. Lästigkeit oder Geräuschqualität (siehe Abschn. 8.3) können dadurch verändert werden. Ein klassischer Vorschlag dazu stammt von MELLIN und SOVRAN [Mellin 1970]. Sie betrachteten den isolierten Rotor eines Axialventilators. Die Autoren ermittelten semiempirisch Schaufelteilungen mit der kleinstmöglichen Abweichung von einer gleichmäßigen Schaufelteilung, mit denen die Schallleistung des Drehtons auf die der nächststärksten Harmonischen reduziert werden kann. Die minimal von der gleichmäßigen Schaufelteilung abweichenden Teilungen ergeben einen Rotor, der statisch nicht gewuchtet ist. Hier bilden die Fliehkräfte der Schaufeln G keinen geschlossenen Vektorzug, es sind also zusätzliche Wuchtgewichte erforderlich. Daneben geben MELLIN und SOVRAN aber auch „gewuchtete“ Teilungen an. Abb. 8.11 zeigt beide Teilungen am Beispiel eines fünfschaufligen axialen Laufrades. Die Zuströmung zum Laufrad muss so gleichförmig wie möglich gestaltet werden. Beim Ansaugen aus dem Freien sind dafür gute Einlaufdüsen erforderlich. Abb. 8.12 zeigt am Beispiel eines Axialventilators die Unterschiede in den aerodynamischen Kennlinien und den Geräusch(terz)spektren, wenn das Rad einmal hinter einer Viertelkreisdüse und dann in einer sog. Kurzdüse betrieben wird. Gerade bei Niederdruckaxialventilatoren in Kurzdüsen lohnt es sich manchmal akustisch, das Rad axial in der Düse zu verschieben. Dabei können u. U. sogar die Schaufeln aus der Düse herausragen. Um die evtl. gestörte Zuströmung im Einlauf eines Ventilators nachträglich zu homogenisieren – mit dem Ziel, vor allem die Amplitude von Drehtönen zu reduzieren – haben sich Turbulenzkontrollgitter wie in Abb. 8.13 in seiner Urform dargestellt (SCHNEIDER [Schneider 2006]), bewährt. Diese halbkugelförmigen Gitter können

8 Ventilatorgeräusche

399

Abb. 8.11   Ungleichmäßige Schaufelteilung bei einem fünfschaufligen Axiallaufrad; links: minimale Abweichung von der gleichmäßigen Schaufelteilung, ungewuchtet; rechts: gewuchtete Teilung; nach [Mellin 1970]

Abb. 8.12   Einfluss der Zu- und Abströmung auf die aerodynamischen Kennlinien (links) und das Geräusch (rechts) eines Axialventilators

Abb. 8.13   Grundkonfiguration eines Turbulenzkontrollgitters im Saugbereich eines Ventilators [Schneider 2006])

400

T. Carolus

Abb. 8.14   Vergleich der gemessenen Geräuschkennlinien von Modellen eines Windkanalventilators (Laufrad mit Nachleitrad) mit konventionellen und stark „gesichelten“ Laufradschaufeln, BAMBERGER et al. [Bamberger 2018]

auch deutlich kleiner sein, sie können in der Mitte eine lochartige Aussparung haben und werden auch im Saugbereich von Radialventilatoren erfolgreich eingesetzt, siehe z. B. die Europäische Patentschrift [EP 2 778 432 B1 2013]. Durch geschickte Wahl der Zahl von Rotor- und Statorschaufeln (oder Streben) können Moden in angrenzenden Rohrleitungen angeregt werden, die nicht ausbreitungsfähig sind. Hierdurch ist eine erhebliche Schallminderung tonaler Komponenten des Spektrums möglich. Einer der großen akustischen Fortschritte in den letzten Jahrzehnten bei Axialventilatoren wird mit sog. „Sichel“ “chaufeln erzielt, wie sie beispielhaft in Abb. 8.14 zu erkennen sind. Eine schräge Schaufelvorder- und -hinterkante wirkt auf verschiedene der o.g. Geräuschmechanismen. Abb. 8.14 zeigt auch die gemessenen Kennlinien des saugseitigen Freiansaugschallleistungspegels. Die erzielte Geräuschminderung durch die Sichelschaufeln ist hoch. Bei richtiger Auslegung der Sichelung verschiebt sich auch immer der Abrisspunkts hin zu kleineren Volumenströmen, was den effizienten und vor allem leisen Betriebsbereich des Ventilators vergrößert. Eine „naive“ Verschiebung einzelner Schaufelschnitte mit dem Ziel schräger Kanten ist allerdings meist nicht ziel-

8 Ventilatorgeräusche

a

b

401

c

d

e

Abb. 8.15   Konstruktive Maßnahmen zur Reduktion des Kopfspaltgeräuschs; a) mitrotierendes Band und Einlaufdüse nach LONGHOUSE [Longhouse 1978], b) Kontrollierte Rezirkulation des Leckvolumenstroms nach YAPP et al. [Yapp 1994], c) Turbulenzerzeuger im Spaltbereich nach KAMEIER und NEISE [P4310104.6 1993], d) Steg und Schaufelnut nach ZHU und CAROLUS [Zhu 2018], e) Winglets nach [DE 20 2004 005 548 U1 2004]

führend, da die aerodynamische Güte des Ventilators dann leidet – es sind detaillierte Korrekturen der Schaufelgeometrie notwendig. Zur Reduktion des Geräuschs durch die Sekundärströmung am Kopfspalt zwischen Laufschaufel und Gehäuse bei Axialventilatoren wurden eine Reihe von Maßnahmen vorgeschlagen und untersucht, Abb. 8.15. Die Konstruktionen von LONGHOUSE [Longhouse 1978] und YAPP et al. [Yapp 1994] zielen darauf ab, die Sekundärströmung an den Schaufelspitzen durch ein mitrotierendes Band zu mindern und gleichzeitig die unvermeidbare Rezirkulationsströmung im Bereich des Spaltes dem Rad wieder möglichst geordnet zuzuführen. LONGHOUSE fügt dazu an das Band einen mitrotierenden düsenartigen Einlauf, YAPP et al. richten die drallbehafte Leckströmung hinter dem Rad auf dem Weg zurück in den Einlauf durch kleine Leitschaufeln sogar wieder gerade. KAMEIER und NEISE [P4310104.6 1993] gelang es durch einen Turbulenzerzeuger im Kopfspalt, den Blattspitzenschall, der sich im Spektrum als relativ breitbandige Überhöhung in einem begrenzten Frequenzbereich zeigte, deutlich zu senken. Dies ist auch möglich mit einem Steg, der am Gehäuse angebracht ist, evtl. in Kombination mit einer komplementären Nut auf der Stirnfläche der Schaufel, um den Radialspalt aus Toleranzgründen nicht zu verringern, ZHU und CAROLUS [Zhu 2018]. Im Gebrauchsmuster [20 2004 005 548 U1 2004] werden sog. Winglets zur Geräuschminimierung beschrieben, d. h. plattenförmige Elemente am Kopf jeder Schaufel, die mitrotieren.

402

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8.7 Niederfrequente Schall- und Schwingungsphänomene in lufttechnischen Anlagen In manchen lufttechnischen Anlagen treten unerwünschte niederfrequente strömungsinduzierte Schwingungen auf, die akustisch hör- und in Form schwingender Wände, Rohre usw. auch nur fühlbar sind. Kaneko et al. [Kaneko 2014] versuchten, Phänomene in Anlagen allgemein zu klassifizieren. BEHN [Behn 2004] gibt einen Überblick über Schwingungen in lufttechnischen Systemen und Hinweise zur Vermeidung. Ventilatorbezogene Schwingungen werden bei BOMMES et al. [Bommes 2003] beschrieben. Eine Auswahl von Phänomenen in lufttechnischen wird im Folgenden zusammengestellt. Queranströmung von passiven Bauteilen  Wenn Rohre oder andere Elemente quer an- und/oder überströmt werden, dann entstehen im Nachlauf Wirbel, die ein Schallfeld mit der Frequenz fWirbel erzeugen können. fWirbel hängt von der Anströmgeschwindigkeit v und der projizierten Breite des Elements d normal zur Strömungsrichtung ab. Bei scharfund rundkantigen Elementen gilt etwa

fWirbel = 0,1 bis 0,2

v v bzw. fWirbel = 0,2 bis 0,3 . d d

(8.16)

Wenn das Element elastisch aufgehängt ist, kann es durch die Wirbel zum Flattern angeregt werden. Befindet sich das Element in einem Rohr oder Kanal, kann die Luftsäule in Resonanz geraten – mit der Folge extrem hoher Schalldruckpegel. Resonanz tritt dann auf, wenn ganzzahlige Vielfache von viertel oder halben Wellenlängen (abhängig von der Randbedingungen an den Rohrenden)

=

c0 f

mit den Längs- oder Querabmessungen des Kanals zusammenfallen. c0 ist die Schallgeschwindigkeit im Strömungsmedium. Drehton des Ventilators  Der eingangs erwähnte Drehton mit seiner Frequenz fBP = nz kann ebenfalls die Luftsäule in der Anlage anregen. Allerdings ist der Drehton von Ventilatoren eine eher schwache Erregerquelle – im Gegensatz etwa zu Verdrängermaschinen. Rotating stall des Ventilators  Wenn der Ventilator im starken Teillastgebiet betrieben wird (aber noch nicht im Abriss), dann kann eine instabile Strömung auftreten, die mit rotating stall im Laufrad bezeichnet wird. Die charakteristische Frequenz ist nach GOTTSCHALK [Gottschalk 1974]

fRS ≈

2 n. 3

(8.17)

8 Ventilatorgeräusche

403

Abb. 8.16   Selbsterregte Pumpschwingungen in einer lufttechnischen Anlage mit Ventilator, Rohrleitung, Luftspeicher und Drossel; A ist dynamisch stabil, B ist dynamisch instabil und führt zu Pumpschwingungen

Pumpschwingungen  Gelegentlich treten in lufttechnischen Systemen mit Ventilatoren niederfrequente sog. Pumpschwingungen auf. Es sind dies selbsterregte Schwingungen. Notwendig sind 1) eine Druckkennlinie des Ventilators, die nach einem maximalen Druck hin zu kleineren Volumenströmen wieder abfällt, 2) ein Zielarbeitspunkt des Ventilators im Kennlinienbereich, wo der Druck mit kleiner werdendem Volumenstrom ebenfalls abnimmt, 3) große Anlagenelemente, in denen Luft gespeichert und komprimiert/dekomprimiert werden kann, 4) Rohrleitungen, in denen eine träge Luftmasse oszillieren kann, CAROLUS [Carolus 1984]. Wie Abb. 8.16 schematisch zeigt, ist dann der Zielarbeitspunkt dynamisch instabil, d. h. eine kleine Störung führt zur zyklischen Veränderungen vom Volumenstrom und Druck im ganzen System, die u. a. als niederfrequentes Geräusch wahrg enommen werden. Die Frequenz dieser selbsterregten Schwingungen ist völlig unabhängig von der Drehzahl des Ventilators, sie ist vielmehr eine Eigenfrequenz des Gesamtsystems, hier der Frequenz eines äquivalenten Helmholtzresonators  c0 A . fHh = (8.18) 2π L · Vol mit A und L als Querschnitt und Länge der Rohrleitung, Vol als dem speicherfähigen Volumen in der Anlage. c0 ist die Schallgeschwindigkeit im Strömungsmedium. Die Schwierigkeit dabei ist, die wesentlichen Elemente in einer Anlage zu identifizieren, in der Realität existieren Trägheitseffekte der bewegten Luft und Kompressibilitätseffekte überall in der Anlage. Parallelschaltung von Ventilatoren  Schaltet man Ventilatoren mit einer jeweiligen Druckkennlinie, die nach einem maximalen Druck hin zu kleineren Volumenströmen wieder abfällt, zusammen, dann ist die resultierende Druckkennlinie bereichsweise mehrdeutig. Zusammen mit Effekten wie bei der Pumpschwingungen können niederfrequente Oszillationen von Volumenstrom und Druck im ganzen System auftreten, die u. a. als niederfrequentes Geräusch wahrgenommen werden, ECK [Eck 1991].

404

T. Carolus

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8 Ventilatorgeräusche

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9

Schalldämpfer Jörn Hübelt und Mirko Ruhnau

9.1 Einführung Schalldämpfer haben die Aufgabe, den sich über Kanäle ausbreitenden Luftschall stark zu vermindern, ohne dabei die Fortleitung strömender Medien wesentlich zu behindern. Sie werden insbesondere in folgenden Fällen eingesetzt: • Verminderung der Schallausbreitung im Kanalsystem lufttechnischer Anlagen, • Verminderung der Schallabstrahlung von Strömungsmaschinen in die unmittelbare Umgebung (z. B. Ventilatoren, Verdichter, Turbo-Strahlantriebe), • Bedämpfung von Öffnungen, z. B. für die Be- und Entlüftung in akustischen Kapseln, • Bedämpfung von Öffnungen für den Transport oder die Be- und Entlüftung zwischen lärmerfüllten Räumen und Räumen mit Ruheanspruch. Im Folgenden sollen zunächst der Dämpfungsmechanismus und die Kenngrößen von Schalldämpfern erklärt werden. Anschließend werden Wirkungsweise, akustische Bemessung und konstruktive Ausführung von Absorptionsschalldämpfern (Kanalauskleidung mit einem homogenen porösen Absorber) ausführlich behandelt. Dabei wird auch der Einfluss der Strömung im Kanal (Kanaldämpfung, Strömungsgeräusch, Dies ist die Überarbeitung eines Beitrages von W. Frommhold. J. Hübelt (*)  Hochschule Mittweida, Mittweida, Deutschland E-Mail: [email protected] M. Ruhnau  Gesellschaft für Akustikforschung Dresden mbH, Dresden, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Schirmer und J. Hübelt (Hrsg.), Technischer Lärmschutz, https://doi.org/10.1007/978-3-662-65668-6_9

407

408

J. Hübelt und M. Ruhnau

Druckverlust) sowie der Temperatur betrachtet. Die Konzeption dieses Abschnittes basiert in wesentlichen Teilen auf den entsprechenden Abschnitten des Buches „Lärmbekämpfung“ in der ersten und zweiten Fassung (Költzsch 1971; Biehn und Gruhl 1989). Reflexionsschalldämpfer, wie sie insbesondere bei Verbrennungsmotoren zum Einsatz kommen und deren Wirkung auf der Schallreflexion an Querschnittssprüngen beruht, werden in diesem Buch nur kurz behandelt. Hierzu wird auf die Literatur verwiesen, z. B. (Munjal 1987, 2014; Beranek und Ver 1992; Fahy 2001). Auf die Darstellung von Systemen zur aktiven Lärmbekämpfung in Kanälen wird verzichtet und auf die Literatur (Nelson und Elliott 1992) und Kap. 13 verwiesen. Selbstadaptierende elektromechanische Komponenten zur Erzeugung von Antischall in industriellen Kanälen sind heute kommerziell verfügbar. Als Vorteil ist eine breitbandige Dämpfung von etwa 15 dB im tieffrequenten Bereich ohne zusätzlichen Druckverlust zu nennen. Als Nachteil stehen dem die Beschränkung auf vergleichsweise enge Kanäle (die Wirksamkeit endet bei Einsatz der ersten Quermode im Kanal) und auf relativ niedrige Temperaturen und Strömungsgeschwindigkeiten gegenüber. Ebenfalls nur erwähnt wird der sog. „hybride“ oder „aktiv absorbierende“ Schalldämpfer, der in (Krüger 2002) beschrieben wird. Ausgangspunkt für diese Entwicklung war die Tatsache, dass alle üblichen Schalldämpfer weit unter dem theoretischen Höchstwert der Dämpfung bleiben, denn diese erfordert bei tiefen Frequenzen eine extrem weiche Auskleidung der Kanalwand. Hier setzt die Idee einer hybriden Absorberkassette an, bei der ein passiver Resonator mit elektroakustischen Mitteln in die Nähe der Optimal-Impedanz gesteuert wird. Diese hybride Kassette stellt eine kleine Lautsprecherbox mit transparenter Abdeckung zum Kanal hin dar. Die Schwingspule wird von einem (analogen) Controller so angesteuert, dass die vom Schalldruck im Kanal bewirkte Membranauslenkung noch wesentlich vergrößert wird – was zur niedrigen Eingangsimpedanz der Kassette führt. Nach (Krüger 2002) erreichen die tieffrequenten Dämpfungswerte ein Mehrfaches herkömmlicher Schalldämpfer. Die Kassetten werden industriell gefertigt und in Lüftungsanlagen eingesetzt.

9.2 Wirkmechanismen Schallabsorbierende Kanäle besitzen eine Wandauskleidung, durch deren Dämpfungsmechanismus der sich ausbreitenden Schallwelle ein Teil der Schallenergie entzogen wird. Schallabsorber werden allgemein in Kap. 6 und z. B. (Mechel 1994; Fuchs 2010) beschrieben. Für den Einsatz in Schalldämpfern muss zusätzlich gefordert werden, dass die Schallausbreitung im Absorber in Richtung der Kanalachse unterbunden (Kassettierung) oder zumindest behindert ist. Absorptionsschalldämpfer Beim Absorptionsschalldämpfer (s. Abb. 9.1) ist ein bestimmter Bereich des schalldämpfenden Kanals homogen mit einem porösen Absorber (Auskleidungstyp: Reibung),

9 Schalldämpfer

409

Abb. 9.1   Prinzipieller Aufbau der Wandauskleidung eines Absorptionsschalldämpfers. 1 Kanalwand, 2 homogener poröser Absorber (z. B. Mineral-, Glas-, Metallwolle), 3 Abdeckung (z. B. Nesselgewebe, Drahtgewebe, Lochblech mit Loch-FlächenVerhältnis >30 %)

z. B. mit Mineral- oder Glaswolle bzw. offenporigem Schaum ausgefüllt. Durch Reibungsvorgänge in den Poren des schallabsorbierenden Materials wird die kinetische Energie der schwingenden Mediumsteilchen in Wärmeenergie umgewandelt. Relaxationsschalldämpfer Beim Relaxationsschalldämpfer (s. Abb. 9.2) besteht die Wandauskleidung aus einer relativ dünnen homogenen Absorberschicht, hinter der sich ein kassettiertes Luftvolumen befindet (Auskleidungstyp: Reibung – Volumen). Zeitlich verzögerte Ausgleichsvorgänge zwischen den schwingenden Mediumsteilchen im Kanal und im kassettierten Luftvolumen hinter dem konzentrierten Strömungswiderstand (Relaxationsvorgänge) führen innerhalb des porösen Absorbers ebenso wie beim Absorptionsschalldämpfer zu einer Umwandlung der Schwingungsenergie in Wärmeenergie.

Abb. 9.2   Prinzipieller Aufbau der Wandauskleidung eines Relaxationsschalldämpfers. 1 Kanalwand, 2 kassettiertes Luftvolumen, 3 homogene poröse Absorberschicht (z. B. Mineralwolleplatte, 20 mm dick), 4 Abdeckung (z. B. Nesselgewebe, Drahtgewebe, Lochblech mit Loch-FlächenVerhältnis >30 %)

410

J. Hübelt und M. Ruhnau

Resonanzschalldämpfer Resonanzschalldämpfer werden besonders für tiefe Frequenzen eingesetzt. Der Plattenresonator entsteht aus Abb. 9.1, wenn die transparente Abdeckung durch eine Metallplatte ersetzt wird (Masse + Feder  +  Reibung). Für niedrige Resonanzfrequenzen werden Stahlbleche bis zu etwa 3 mm Dicke verwendet. Um deren Biegesteife klein zu halten, ist eine Mindestgröße der Platte von etwa 0,5 m2 sowie eine gelenkige Lagerung am Plattenrand erforderlich (Fuchs 2010). Beim Rohrschalldämpfer verbietet sich eine zylindrische Innenschale wegen ihrer Steifigkeit. Hier wurde in (Eckoldt et al. 2004) eine Lösung mit schwingungsfähigen vieleckigen Innenzügen gefunden. Erforderliche Mittelkulissen werden als beidseitig verkleidete Plattenresonatoren realisiert. Abb. 9.3 zeigt einen Schalldämpfer aus aneinandergefügten Helmholtz-Resonatoren. Die kassettierten Luftvolumina wirken als Feder, die in den Bohrungen schwingenden Luftpfropfen als Masse und Reibung. Um eine ausreichende Bandbreite zu erhalten, kann bei Helmholtz-Resonatoren poröses Material in das Loch oder Gewebe hinter dem Loch angebracht werden. Zur Berechnung dieser Resonatoren muss bei der Beschreibung der Wirkung der Bohrungen eine Mündungskorrektur vorgenommen werden. Diese Korrektur ist abhängig von der Geschwindigkeit der in den meisten Schalldämpfern vorhandenen Gleichströmung (Munjal 2014). Für eine erfolgreiche Auslegung der Systeme muss dieser Sachverhalt daher unbedingt Berücksichtigung finden. Der sogenannte Membranabsorber (Frommhold et al. 1994; Fuchs 2010) ist eine Kombination beider Resonatortypen; die Lochplatte ist schwingungsfähig ausgebildet. Die Dimensionierung erfolgt im Interesse einer großen Bandbreite so, dass die zwei Resonanzfrequenzen etwa eine Oktave auseinander liegen. Durch eine zusätzliche Deckmembran wird neben der Versiegelung des Bauteiles auch eine ausreichende Bedämpfung bewirkt. Abb. 9.4 zeigt den prinzipiellen Aufbau eines sogenannten Tannenbaum-Schalldämpfers, wie er häufig in Rauchgas-Entschwefelungsanlagen und anderen Anlagen mit staubführenden Medien eingesetzt wird (Kurze und Donner 1989). Die engen geneigten Abb. 9.3   Wandauskleidung eines Resonanzschalldämpfers mit Helmholtz-Resonatoren. 1 Kanalwand, 2 kassettiertes Luftvolumen, 3 Lochplatte mit Lochflächenverhältnis 5 verhalten sich bezüglich der Dämpfung wie schlitzförmige. Ferner ist darauf zu verweisen, dass in Abb. 9.7 Symmetrieachsen durch schallharte Begrenzungsflächen ersetzt werden dürfen, ohne dass sich die Dämpfung ändert. Dies ist in Abb. 9.7b dargestellt, gilt aber ebenso für kreisförmige Schalldämpfer.

9 Schalldämpfer

419

9.4.2 Normierte Größen Zur Darstellung allgemeingültiger Dämpfungsdiagramme (s. Abb. 9.12) werden folgende normierte Größen angewendet: Normierte Ausbreitungsdämpfung oder Kanaldämpfung Dh Zur Kennzeichnung der Wirksamkeit von schallabsorbierenden Kanalauskleidungen dient die Normierte Ausbreitungsdämpfung Dh. Das ist die längenbezogene Schalldämpfung Da eines Schalldämpferabschnittes der Länge h (h halbe Kanalbreite). Für einen Kanal der Länge L

Dh =

Dpr h = Da h. L

(9.7)

Das Schalllängsdämpfungsmaß Dpr ist dann

Dpr =

L Dh . h

(9.8)

Normierte Auskleidungstiefe Λ Die Auskleidungstiefe d wird auf die halbe Kanalbreite h bezogen (s. Abb. 9.7):

Λ=

d . h

(9.9)

Eine normierte Auskleidungstiefe von beispielsweise Λ = 1 bedeutet, dass die Auskleidungstiefe d gleich der halben Kanalbreite h ist. Frequenzparameter η Die Frequenz f wird auf eine Bezugsfrequenz fh = c0 /(2 h) bezogen:

η=

2h f . = fh 

(9.10)

Ein Frequenzparameter von beispielsweise η = 1 bedeutet, dass die Kanalbreite 2h ebenso groß wie die Luftschallwellenlänge  bei der betrachteten Frequenz f ist. Anpassungsverhältnis ε Der Strömungswiderstand Ξ d der schallabsorbierenden Auskleidung wird auf die Schallkennimpedanz Z0 = ̺0 c0 der Luft bezogen:

ε=

Ξd . ̺0 c0

(9.11)

420

J. Hübelt und M. Ruhnau

Ξ  längenbezogener Strömungswiderstand des schallabsorbierenden Materials (s. Abschn. 6.3.1). Der Leser sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass seit der Herausgabe der Norm (DIN EN ISO 9053-1 2019) die Bezeichnung des längenbezogenen Strömungswiderstandes mit dem Formelzeichen  veraltet ist. In der Norm wird die Größe nun mit dem Formelzeichen σ bezeichnet. Diesem Formelzeichen war bisher jedoch die zugängliche Porosität zugeordnet; optimaler Bereich ε = 2 bis 8. Ein Anpassungsverhältnis von beispielsweise ε = 1 bedeutet, dass der Strömungswiderstand der schallabsorbierenden Auskleidung ebenso groß wie die Schallkennimpedanz Z0 der Luft, also gleich Z0 = 408 Ns/m3 ist. Abb. 9.8 zeigt den Zusammenhang zwischen dem Anpassungsverhältnis ε und dem längenbezogenen Strömungswiderstand Ξ mit der Auskleidungstiefe d als Parameter im Bereich des mit üblichen Absorptionsmaterialien realisierbaren längenbezogenen Strömungswiderstandes.

9.4.3 Akustische Bemessung 9.4.3.1 Exakte Lösung für die Kanaldämpfung Von den in Abb. 9.7 dargestellten Querschnittsformen spielen beim industriellen Einsatz die rechteckigen Formen eine große Rolle. Für den allgemeinen Fall von Abb. 9.7a wird hier in knapper Form die Theorie behandelt, um danach an den grafisch dargestellten Rechenergebnissen die wesentlichen Zusammenhänge zu illustrieren. Für die Berechnung der benötigten Absorber-Kennwerte Wellenwiderstand Z A und Wellenzahl k A in Abhängigkeit vom längenbezogenen Strömungswiderstand Ξ des Materials

Abb. 9.8   Anpassungsverhältnis ε

9 Schalldämpfer

421

werden die erweiterten empirischen Formeln von Delany/Bazley nach den Gl. (6.18) in Abschn. 6.3.1 mit dem erweiterten Parametersatz nach Tab. 6.2 benutzt. Diese sind im Bereich tiefer Frequenzen f für E ≤ 0,025 und im Bereich höherer Frequenzen für E > 0,025 mit E = ρ0 f /� gültig (̺0 Dichte der Luft). Eine weitaus sichere Information erhält man jedoch durch die Messung der Absorberkennwerte, siehe hierzu Abschn. 6.6.4 und z. B. (Schulze et al. 2015a, b; Jaouen et al. 2020; E-DIN EN ISO 10534 2021). Es können aber auch die theoretischen Formeln für den porösen Absorber nach Gl. (6.9) benutzt werden. Diese führen im unteren und mittleren Frequenzbereich zu ähnlichen Ergebnissen wie die Gl. (6.18), wenn für die Porosität und für den Strukturfaktor Mittelwerte von 0,95 bzw. 1,3 eingesetzt werden (Frommhold 1991; Mechel 1994). Der Strömungswiderstand des Absorbermaterials sollte nach Möglichkeit gemessen werden, s. Abschn. 6.6.1. Ist dies nicht möglich, so hilft eine Abschätzung über die Rohdichte des Materials, z. B. nach (Beranek und Ver 1992; Mechel 1994; Schmidt 1996) oder speziell für Faserabsorber nach Gl. (6.41). Leider lässt sich für alle Absorbermaterialien keine allgemeingültige Formel angeben, weil Ξ bei gleicher Rohdichte stark von geometrischen Daten der Faserstruktur abhängt. Besonders in kleinen Schalldämpfern wird als Absorbermaterial auch Polyurethanschaum verwendet. Dieser Schaum kann nach Gl. (6.18) beschrieben werden, jedoch gelten dann andere Zahlenwerte, s. Tab. 6.2. Für den Schalldruck wird bei Wahl des Koordinatensystems nach Abb. 9.7 aus Symmetriegründen folgender Ansatz gewählt:

p(x, y, z) =



pm,n (0)e−jk x,m,n x cos k 0y,m,n y cos k 0z,m,n z;

(9.12)

komplexe Quer-Wellenzahlkomponenten in y- und z-Richtung mit k 0x , k 0y , k 0z  k 20 = k 20x + k 20y + k 20z. Die im Folgenden vorgestellten Rechenergebnisse nach (Wöhle 1984; Mechel 1998) sind auch durch die Erfahrungen des Autors und seiner Kollegen weitgehend experimentell gesichert. Eine ausführliche Diskussion für unterschiedliche Geometrien wird auf der Basis von (Wöhle 1984; Mechel 1998) geführt. Die Betrachtung gemäß Abschn. 9.3.1 wird dabei auf den Rechteckkanal mit ebener Welle (Mode 00) beschränkt. Zur Vereinfachung werden daher die Moden-Indizes weggelassen. Die Ausbreitungskonstante k 0x   2 erhält man durch Einsetzen von Gl. (9.12) in die Wellengleichung ∆−k0 p = 0. Mit Hinblick auf die interessierende Dämpfung Dh wird mit h erweitert, und man erhält

    Dh = −8,68 Im k 0x h = −8,68 Im (k 0y h)2 + (k 0z h)2 − (k 0 h)2 .

(9.13)

Die Wellenzahlkomponenten ky und kz gewinnt man über die Randbedingungen an der Trennebene zwischen freiem Querschnitt und Absorber. Hierbei ist nach der Art der Wandauskleidung zu unterscheiden:

422

J. Hübelt und M. Ruhnau

Kassettierte Auskleidung (die Querabmessungen der Kassetten sind kleiner als ein Viertel der Wellenlänge): Die axiale Wellenausbreitung (in x-Richtung) im Absorber ist unterdrückt, sodass nur die Gleichheit der wandnormalen Admittanzen G zu erfüllen ist (lokal reagierender Absorber). Dies führt auf die unabhängigen und über die Gl. (9.13) gekoppelten Gleichungen

k 0y h tan(k 0y h) = jk0 hZ0 Gy ,

(9.14)

k 0z H tan(k 0z H) = jk0 HZ0 Gz .

(9.15)

Im Weiteren wird angenommen, dass die Auskleidung in y- und z-Richtung gleich sei. Die Wandadmittanz Gw = 1/Zw erhält man aus der Wandimpedanz der Absorberschicht vor schallharter Wand, wobei noch die Serien-Impedanz einer dünnen Abdeckung ZS berücksichtigt ist:

Z w = Z s − jZ A cot(k A d).

(9.16)

Homogene Auskleidung Die zusätzliche axiale (in x-Richtung) Wellenausbreitung im Absorber (lateral regierender Absorber) führt über die Randbedingungen an der Absorberoberfläche in y- bzw. z-Richtung zu     k k Z wy = −jZ a A cot d k Ay , Z wz = −jZ A A cot d k Az (9.17) k Ay k Az und wiederum untere Anwendung von Säkulargleichungen nach (Mechel 1989, S. 806, Tab. 27.1) zu den charakteristischen gekoppelten Gleichungen     Z0 k0 h k 0y h · tan(k 0y h) = − k 2A − k 20x − k 20z tan d k 2A − k 20x − k 20z , (9.18) Z AkA

k 0z H · tan(k 0z H) = −

   Z0 k0 H  2 k A − k 20x − k 20y tan d k 2A − k 20x − k 20y . (9.19) Z AkA

Auch hier ist wie in Gl. (9.16) noch eine Erweiterung um die Serien-Impedanz einer Abdeckung anzubringen, was aber den Rahmen dieser knappen Darstellung sprengt. Die Gleichungen für den kreisförmigen Querschnitt ähneln den Gl. (9.14) bzw. (9.18), nur treten an die Stelle der trigonometrischen Funktionen Bessel- und NeumannFunktionen (Mechel 1976a; Frommhold und Mechel 1990). Zur Lösung der nichtlinearen Gleichungen kommen iterative Näherungsverfahren zur Anwendung. Hierbei treten besonders bei Absorbermaterial mit niedrigem Strömungswiderstand Konvergenzprobleme auf, mitunter kann die Dämpfungskurve nur aus getrennten Ästen zusammengesetzt werden. In dieser Hinsicht günstiger ist die von

9 Schalldämpfer

423

Mechel vorgeschlagene Entwicklung der transzendenten Funktionen in Kettenbrüche ausreichender Genauigkeit (Mechel 1976b, 1998).



k 0y h

k 0y h · tan(k 0y h) ≈



1−

2

k 0y h

3−

.

2

(k0y h)

(9.20)

2

5

Für die hier gezeigte Entwicklungstiefe von n = 2 beträgt der relative Fehler bei der Anwendung der Näherungslösung auf die Gln.  (9.18) und (9.19) im Anwendungsbereich handelsüblicher Schalldämpfer maximal 1,7 % (Geyer 2006). Auf der Basis der Kettenbruchzerlegung ist ein Polynom höheren Grades zu lösen und diejenige Lösung (Moden) auszuwählen, die die niedrigste Dämpfung ergibt. Dies Lösungen entsprechen dann den Moden, die die höchste Energie transportieren. Eine weitere Vereinfachung wurde in (Frommhold und Mechel 1990) durch Kombination der Kettenbruchentwicklung mit einem Prediktionsverfahren erreicht. Solche Rechenverfahren stehen auch als Software zur Verfügung. Diskussion prinzipieller Dämpfungskurven Zuerst wird für den allseitig gleichartig homogen ausgekleideten Kanal nach Abb. 9.7a die Abhängigkeit der Dämpfungskurve vom Verhältnis der Kantenlängen H :h untersucht. Für das Beispiel sind die Daten eines durchschnittlichen Schalldämpfers gewählt. Das Absorbermaterial ist mit relativ hohem Strömungswiderstand angesetzt, damit die Aussage auch für eine kassettierte Auskleidung näherungsweise gültig ist (ε ≥ 4). Abb. 9.9 zeigt das Ergebnis als Lösung des Gleichungssystems Gl. (9.18) und (9.19). Der typische Frequenzverlauf der Dämpfung zeigt von tiefen Frequenzen her zunächst einen ansteigenden Ast, der wesentlich vom zunehmenden Absorptionsvermögen der Wandauskleidung bestimmt wird. Dann folgt ein mehr oder weniger breites Plateau, und oberhalb einer Frequenzgrenze, wo die Wellenlänge kleiner als die Weite des freien Querschnittes wird, ein stetiger Abfall. Man spricht vom Durchstrahlungseffekt, weil dann die Welle den Kanal ungehindert wie ein Strahl in Längsrichtung durchläuft und nur noch wenig vom absorbierenden Rand beeinflusst wird. Beim quadratischen Querschnitt (H = h) wird die höchste Dämpfung erreicht. Bei schrittweiser Vergrößerung von H sinkt die Dämpfung und strebt für H > 5h sichtlich einem Grenzwert zu, der dem schlitzförmigen Kanal nach Abb. 9.7b entspricht. Die Auskleidung der Schmalseiten lohnt also bei schlanken Querschnitten nicht, weshalb sich in der Praxis Kulissen-Schalldämpfer nach Abb. 9.7b durchgesetzt haben, zumal solche Kulissen viel einfacher herzustellen und in einem schallharten Kanal zu montieren sind. Im Weiteren werden deshalb nur noch schlitzförmige Kanäle betrachtet. Die schallharten Schmalseiten bedeuten, dass kz in Gl. (9.15) bzw. (9.18) gleich null ist, sodass nur noch eine Bestimmungsgleichung zu lösen ist. Dies gilt auch im Fall des quadratischen Kanals, weil dann k y = k z gilt. Damit wird in Gl. (9.13) bei tiefen Frequenzen der Wert

424

J. Hübelt und M. Ruhnau

unter der Wurzel doppelt so groß wie beim schlitzförmigen Kanal, die Dämpfung steigt demnach um den Faktor 1,4 wie in Abb. 9.9 ersichtlich. Bei höheren Frequenzen erreicht der Unterschied aber fast den Wert zwei. Der einfach zu berechnende quadratische Kanal kann zugleich als Abschätzung für den kreisförmigen Kanal dienen, wenn die Weite h so gewählt wird, dass beide Querschnittsformen flächengleich sind. Im nächsten Schritt wird für den schlitzförmigen Kanal die Abhängigkeit der Dämpfungskurve vom Absorbermaterial untersucht. Abb. 9.10 zeigt für den Kanal mit homogener Auskleidung gleicher Dicke und gleicher Weite des freien Querschnittes wie in Abb. 9.9 (Λ = 1) die Dämpfungskurve für technisch interessierende Strömungswiderstände im Bereich Ξ = 4 bis 24 kNs/m4 entsprechend einem Anpassungsverhältnis ε = 1 bis 6. Bei sehr tiefen und sehr hohen Frequenzen ist der Einfluss von Ξ gering. Im mittleren Frequenzbereich ist eine deutliche Abhängigkeit vorhanden. Eine breitbandige hohe Dämpfung wird beim Anpassungsverhältnis ε = 2 bis 6 erreicht. Die gleiche Parametervariation für den Schalldämpfer mit kassettierter Auskleidung in Abb. 9.11 zeigt eine viel stärkere Abhängigkeit vom Absorbermaterial. Bei niedriger Strömungsresistanz sind hohe Resonanzspitzen vorhanden, wenn die Auskleidungstiefe gleich einem ungeradzahligen Vielfachen von /4 ist (die Ausbreitungsgeschwindigkeit im Absorbermaterial ist geringer als in Luft). Bei geradzahligen Vielfachen von

Abb. 9.9   Längsdämpfungsmaß Dpr (L = 1 m) = Da nach den Gl. (9.8), (9.13), (9.18) und (9.19) für einen rechteckigen Schalldämpfer nach Abb. 9.7a mit homogenem Absorber ohne Abdeckung: L = 1 m, d = h = 0,1 m, Ξ = 20 kNs/m4. a H = 0,1 m, b H = 0,2 m, c H = 0,3 m, d H = 0,4 m

9 Schalldämpfer

425

Abb. 9.10   Längsdämpfungsmaß Dpr (L = 1 m) = Da nach den Gl. (9.8), (9.13) und (9.18) für einen schlitzförmigen Schalldämpfer nach Abb. 9.7b mit homogenem Absorber ohne Abdeckung; L = 1 m, d = h = 0,1 m. a Ξ = 4 kNs/m4, b Ξ = 8 kNs/m4, c Ξ = 12 kNs/m4, d Ξ = 16 kNs/m4, e Ξ = 24 kNs/m4

Abb. 9.11   Längsdämpfungsmaß Dpr (L = 1 m) = Dα nach den Gl. (9.8), (9.13) und (9.14) für einen schlitzförmigen Schalldämpfer nach Abb. 9.7b mit kassettiertem Absorber ohne Abdeckung; L = 1 m, d = h = 0,1 m. a Ξ = 4 kNs/m4, b Ξ = 8 kNs/m4, c Ξ = 12 kNs/m4, d Ξ = 16 kNs/m4, e Ξ = 24 kNs/m4

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/2 treten Einbrüche im Dämpfungsverlauf (Antiresonanzen) auf. Mit wachsendem Ξ verschwinden diese Resonanzeffekte, und der Dämpfungsverlauf geht in denjenigen der homogenen Auskleidung über (vgl. Abb. 9.10 für Ξ = 24 kNs/m4). Auch bei der kassettierten Auskleidung liegt das Optimum für breitbandige hohe Dämpfung bei einem Anpassungsverhältnis von ε = 2 bis 4. Bemerkenswert ist, dass eine kassettierte Auskleidung mit Absorbermaterial niedriger Strömungsresistanz bei tiefen Frequenzen eine deutlich kleinere Dämpfung ergibt als die entsprechende homogene Auskleidung.

9.4.3.2 Normierte grafische Darstellung (Trapez-Diagramm) Dämpfungskurven in der Form der Abb. 9.9 bis Abb. 9.11, wie sie für die Auslegung von Schalldämpfern benötigt werden, sind von einer größeren Anzahl freier Parameter abhängig. Um nicht mit einem ganzen Katalog solcher Bilder arbeiten zu müssen, wurden schon frühzeitig geeignete Normierungen gemäß Abschn. 9.4.2 eingeführt, und die bezogene Dämpfung Dh wurde in doppeltlogarithmischem Maßstab über dem Frequenzparameter η aufgetragen z. B. (Költzsch 1971; Esche 1984; Mechel 1994). Diese Kurven können idealisiert in Form von Trapezen dargestellt werden, s. Abb. 9.13. Der aufsteigende Ast weist eine Proportionalität Dh ∼ η2 auf, die das mit der Frequenz steigende Absorptionsvermögen wiedergibt. Der Ast verschiebt sich mit dem Parameter Λ, weil das Absorptionsvermögen mit der Auskleidungstiefe d ansteigt. Die idealisierte Trapezform ergibt sich nur bei niedrigen Werten des Anpassungsverhältnisses, die bei technischen Schalldämpfern zumeist überschritten werden. Deshalb weisen die Kurven in (Költzsch 1971; Esche 1984) für ε = 2 bis 6 auf dem ansteigenden Ast vor Erreichen des Plateaus eine Krümmung auf. Dann folgt ein Plateau mit dem Dämpfungsmaximum, das für den schlitzförmigen Kanal in (Költzsch 1971; Esche 1984) mit Dh = 1,5 dB (empirische Daten), in (Mechel 1994) mit 3 dB (idealisierte rechnerische Daten) angegeben wird. Danach folgt der abfallende Ast mit Dh ∼ 1/η2. Der Grenzwert η0 für diesen Abfall wird in der Literatur unterschiedlich mit 1 bis 1,5 angegeben. Auch hier existiert keine klare Grenze, denn  nach 2 Gl. (9.13) geschieht der Übergang zum Dämpfungsabfall aufgrund des Terms k y h fließend in Abhängigkeit von der Art der Auskleidung. Die einheitliche stilisierte Darstellung in der Art von Mittelwert-Kurven ist also problematisch und wird hier nicht mehr verfolgt. Abb. 9.12 zeigt stattdessen Kurvenscharen in dem Bereich des Anpassungsverhältnisses, das bei gebräuchlichen Absorbermaterialien (Ξ = 8 bis 15 kNs/m4) technisch interessant ist. Man erkennt, dass der ansteigende Ast auch im unteren Frequenzbereich von ε abhängig ist und zumeist kontinuierlich in das Dämpfungsmaximum übergeht. Für eine sichere Auslegung besonders längerer Schalldämpfer in Blechkanälen wird empfohlen, die Kurven in Abb. 9.12 bei Dh = 1,5 dB zu begrenzen, wie dies auch in (Költzsch 1971; Esche 1984) getan wird. Der Grund liegt in den akustischen Nebenwegen (vgl. Abschn. 9.4.4.3). Bei kurzen Schalldämpfern (L < 1 m) mit nicht zu kleiner Weite des freien Querschnittes kann man dagegen Höchstwerte von Dh = 3 dB auch erreichen.

9 Schalldämpfer

427

Abb. 9.12   Normierte Ausbreitungsdämpfung Dh für schlitzförmige Schalldämpfer mit homogenem Absorber in Abhängigkeit vom Frequenzparameter η = 2 h/. a Λ = 0,25, b Λ = 0,5, c Λ = 1, d Λ = 2, e Λ = 4, —— ε = 2,– – – – ε = 4, ……… ε = 8

Diese Grenzen sind sehr streng. Erfahrungen zeigen, dass sie jedoch insbesondere bei sehr dünnen Wänden von t = 1 mm unbedingt berücksichtigt werden sollten. Bei größeren Blechstärken können durchaus höhere Werte erzielt werden. In (Lindner et al. 2018) wurde die Körperschallausbreitung auf der Schalldämpferaußenhaut von Schalldämpfern für den maritimen Einsatz mit einem auf der Statistischen Energieanalyse SEA basierenden Messverfahren untersucht. Hierbei bewirkte insbesondere das Anbringen massiver Koppelflansche zwischen den Bauteilen der Abgasleitung eine Verminderung der Körperschalllängsleitung und damit eine Verbesserung von Dh.

9.4.3.3 Näherungsformel nach Piening Eine weit verbreitete Berechnungsmöglichkeit für die Schalldämpfung von Absorptionsschalldämpfern stellt die Näherungsformel von Piening dar (zitiert z. B. in Mechel 1994). Sie folgt aus der Annahme, dass die Dämpfung über ein Kanalstück der Länge x dem Verhältnis der an der ausgekleideten Fläche des Kanalumfangs Ux mit dem

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Schallabsorptionsgrad α absorbierten Schallleistung Pa zur in die freie Kanalquerschnittsfläche S eingespeisten Schallleistung P proportional ist, also

Pa Ux ∼ ∼ Dx P S

(9.21)

αU�x dB. S

(9.22)

oder

D�x = K

Die Konstante K wurde experimentell mit K = 1,5 gefunden. Damit ist die Längsdämpfung für einen beliebig langen Kanal der Länge L

Dpr = 1,5α

UL dB. S

(9.23)

Für den Fall, dass sich im ausgelegten Schalldämpfer der Schall nur in eine Richtung ausbreitet, stimmt die Längsdämpfung Dpr mit dem Durchgangsdämpfungsmaß Dt überein. Die Gl. (9.23) berücksichtigt jedoch den Durchstrahlungseffekt nicht, der bei 2 h >  zur abfallenden Flanke der Dämpfungskurve führt. Dieser Einfluss kann gemäß den Aussagen im Abschn. 9.4.3.2 durch einen zusätzlichen Faktor (fS /f )2 oberhalb der Durchstrahlungsfrequenz fS beschrieben werden. Der in (Költzsch 1971) angegebene Grenzwert für den Beginn der Durchstrahlung η = 1,5 wird im Vergleich mit der exakten Rechnung in Abb. 9.13 bestätigt. Es gilt somit für f > fS:   c UL fs 2 dB mit fs ≈ 1,5 . Dpr = 1,5α (9.24) S f 2h Die Gegenüberstellung in Abb. 9.13 zeigt für durchschnittliche Schalldämpfer im Bereich des optimalen Anpassungsverhältnisses recht gute Übereinstimmung. Bei großer Auskleidungstiefe ergibt aber die Rechnung mit dem Absorptionsgrad für senkrechten Schalleinfall, wie er im Kundtschen Rohr gemessen werden würde, zu hohe Dämpfungswerte auf dem ansteigenden Ast. Im Bereich des Dämpfungsmaximums liegt das Plateau bei Dh = 1,5 dB wie bei den erwähnten Trapezkurven. Der große Vorteil der Piening-Formel besteht neben ihrer Einfachheit vor allem darin, dass auch solche Querschnittsformen abgeschätzt werden können, die sich einer analytischen Behandlung wie im Abschn. 9.4.3.1 entziehen. Als Beispiel wird die Unterteilung eines kreisförmigen Querschnittes in Abb. 9.14 angeführt. Während die Kreisringe im Teilbild a) und die innen liegenden Spalte im Teilbild b) in guter Näherung als schlitzförmige bzw. rechteckige Schalldämpfer behandelt werden können, sind die außenliegenden Kreissegmente im Teilbild b) und die freien Querschnitte in den Teilbildern c) und d) mit der Piening-Formel besser abzuschätzen als durch Umformung in äquivalent rechteckige Formen. Im Teilbild d) ist für die Abschätzung eine mittlere Dicke des Absorbers einzusetzen.

9 Schalldämpfer

429

Abb. 9.13   Normierte Ausbreitungsdämpfung Dh nach der Piening-Formel Gl. (9.23) und (9.24) mit α⊥ und Vergleich zur exakten Rechnung; ε = 3. a Λ = 0,5, b Λ = 2, —— Piening-Formel, – – – – exakte Rechnung, Absorber homogen

a

b

c

d

Abb. 9.14   Möglichkeiten zur Unterteilung des Kanalquerschnittes. a) kreisförmiger Querschnitt mit kreisförmigen Kulissen; b) kreisförmiger Querschnitt mit geraden Kulissen; c) kreisförmiger Querschnitt mit kreuzförmiger Kulissenunterteilung; d) kreisförmiger Querschnitt mit radialen Splittern

430

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Die Genauigkeitsgrenzen der Piening-Formel sollen im Folgenden an drei Beispielen aufgezeigt werden. • Rechteckiger, allseitig ausgekleideter Kanal: Nach Gl.  (9.23) ändert sich die Dämpfungskurve im gesamten Frequenzbereich proportional zum Verhältnis U/S. So sollte der quadratische Kanal genau die doppelte Dämpfung aufweisen wie der schlitzförmige. Nach Abb. 9.9 trifft dies im oberen Frequenzbereich gut, im mittleren Frequenzbereich mit dem Dämpfungsmaximum befriedigend, im unteren Frequenzbereich aber nicht mehr zu. • Kreisförmiger und quadratischer Querschnitt mit dem Radius bzw. der halben Spaltweite h: Nach Gl. (9.23) ist in beiden Fällen U/S = 2/h, die Dämpfungskurven sollten identisch sein. Tatsächlich weist bei gleicher Wandauskleidung der Rohrschalldämpfer im gesamten Frequenzbereich eine etwa 20 % höhere Dämpfung auf (Rechnung nach Mechel 1976a; Frommhold und Mechel 1990). • Querschnitte mit kassettierter Wandauskleidung und niedrigem Stömungswiderstand: Die rechnerischen hohen Resonanzspitzen von Dh bis 8 dB (Abb. 9.11) und mehr werden bei 1,5 dB begrenzt. Dagegen liegt bei tiefen Frequenzen die Dämpfung deutlich niedriger als nach Gl. (9.23) berechnet.

9.4.3.4 Einfluss verschiedener Abdeckungen des Absorbermaterials Zum Schutz der faserigen porösen Absorbermaterialien vor Austragung durch die Strömung, vor Durchfeuchtung oder Verschmutzung werden dünne, akustisch transparente Abdeckungen auf der Kanalseite angebracht, die rechnerisch durch eine Serienimpedanz wie in Gl. (9.16) oder nach den Gln. in Abschn. 6.3.5 berücksichtigt werden können. Grundsätzlich hindert eine solche Abdeckung die Schallwelle mehr oder weniger am Eindringen in den Absorber und vermindert deshalb die Dämpfung. Der Effekt ist aber gemäß Abb. 9.15 bei dünnem transparentem Gewebevlies und bei Lochblech mit einem Lochflächenanteil von mehr als 30 % sehr klein und geht kaum über die Wiederholgenauigkeit bei Schalldämpferprüfungen hinaus. Kritischer ist die Kombination von Lochblech mit dahinterliegendem Vlies. Hier sollte das Vlies nicht durch eine fest gestopfte Absorberschicht gegen das Lochblech gepresst werden (evtl. Drahtgewebe zwischenlegen). Das gleiche trifft für die Anwendung von geschlossenen Folien zu, die durch ihre Massehemmung bei hohen Frequenzen zu erheblichen Dämpfungsverlusten führen. Diese werden noch drastisch verstärkt, wenn die Folie gegen die Löcher gepresst wird (s. Abb. 6.15). Deshalb sollte die Folie zwischen zwei Lochblechen schlaff eingebracht werden, sodass sie frei schwingen kann. In strömungsmäßig hochbelasteten Kanälen, z.  B. Abgas-Schalldämpfern von Turbinenanlagen, wird oft ein geschichteter Absorberaufbau verwendet, der aus einer dicken Kernplatte mit niedrigem Strömungswiderstand und einer dünnen abriebfesten Randplatte mit hohem Strömungswiderstand besteht, die dann ihrerseits noch mit Vlies oder Lochblech geschützt ist. Abb. 9.16 zeigt die Dämpfung im Vergleich zu

9 Schalldämpfer

431

Abb. 9.15   Einfluss einer Absorberabdeckung auf das Längsdämpfungsmaß Dpr eines durchschnittlichen Schalldämpfers mit L = 1 m, d = h = 0,1 m, Ξ = 12 kNs/m4. a ohne Abdeckung, b Vlies mit Rs = 30 Ns/m3, c Lochblech, 1 mm dick, Lochdurchmesser 5 mm, Lochabstand 8 mm, d Lochblech wie c + freischwingende Folie mit mf′′ = 50 g/m2 + Lochblech

einem gleich dicken einschichtigen Aufbau. Die 20 mm dicke Randplatte führt bereits bei mittleren Frequenzen zu einem merklichen Dämpfungsverlust. Zur Berechnung geschichteter homogener Absorber wird auf (Mechel 1989) verwiesen.

9.4.3.5 Einfluss der Strömung auf die Schalldämpfung Eine der Schallausbreitung überlagerte Strömung verändert die Schallgeschwindigkeit im freien Querschnitt und damit auch die Längsdämpfung. Für die Rechnung hat sich die vereinfachende Annahme eines ebenen Strömungsprofiles mit der mittleren Geschwindigkeit vm bewährt (Frommhold und Mechel 1990; Mechel 1994; Munjal 2014). Die Mach-Zahl M = vm /c ist positiv anzusetzen, wenn die Strömung in Richtung der Schallausbreitung erfolgt (Schalldämpfer auf der Druckseite). Dagegen ist bei Ansaug-Schalldämpfern M negativ anzusetzen. Für den schlitzförmigen Kanal wird bei der Rechnung die jeweilige Bestimmungsgleichung Gl. (9.14) bzw. (9.18) um den Faktor   � � � � � � � k 0y 2 k 0x 1  vm � =0  1 − M 1 − 1 − M2 f¨ur k0 −→ k0 w; w = 1 − M = (9.25) k0 1 − M2 k0

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Abb. 9.16   Schalldämpfer mit geschichtetem Absorberaufbau; L = 1 m, h = 0,1 m, Abdeckung: Vlies. a eine einzige Platte d = 0,1 m, Ξ = 12 kNs/m4, b Kernplatte 0,09 m, Ξ = 8 kNs/m4, Randplatte 0,01 m, Ξ = 35 kNs/m4, c Kernplatte 0,08 m, Ξ = 8 kNs/m4, Randplatte 0,02 m, Ξ = 35 kNs/m4

auf der rechten Seite erweitert, und die Gl. (9.13) wird durch Gl. (9.26) ersetzt, s. hierzu auch (Mechel 1989, S. 744, Gl. 25.20):   1  2 (k h)2 − (k h)2 . Dh = −8,68 Im (1 − M) (9.26) 0y 0 1 − M2 Die so berechnete Kanaldämpfung Dh ist in Abb. 9.17 in normierter Form für einen durchschnittlichen Schalldämpfer bei vm = ±20 m/s und vm = ±50 m/s dargestellt. Bei positiver Mach-Zahl vermindert sich die Dämpfung im unteren und mittleren Frequenzbereich, während sie bei hohen Frequenzen geringfügig größer wird. Diese Verhältnisse kehren sich bei negativer Mach-Zahl um. Der Strömungseinfluss ist bei |vm | < 20 m/s so klein, dass er i. Allg. vernachlässigt werden kann, erst bei höheren Geschwindigkeiten wird er merklich. Es ist anzumerken, dass experimentelle Ergebnisse bei hohen Frequenzen eine stärkere Strömungsabhängigkeit aufweisen als auf dem abfallenden Ast in Abb. 9.17 dargestellt. Dies liegt an der zusätzlichen Schallbeugung am Strömungsprofil, die bei der Rechnung nicht berücksichtigt ist. Abb. 9.17 kann zur Abschätzung des Strömungseinflusses auch bei anderen Werten von Λ benutzt werden. Der ansteigende Ast ist dann gemäß Abb. 9.11 verschoben zu denken.

9 Schalldämpfer

433

Abb. 9.17   Einfluss der mittleren Strömungsgeschwindigkeit vm auf die normierte Ausbreitungsdämpfung Dh nach den Gl. (9.18), (9.25) und (9.26) für einen durchschnittlichen Kulissenschalldämpfer mit Λ = 1, ε = 3. a vm = 0, b vm = −20 m/s, c vm = +20 m/s, d vm = −50 m/s, e vm = +50 m/s

9.4.3.6 Einfluss der Temperatur auf die Schalldämpfung Der Index 0 an den Parametern c, ̺ und Ξ bezeichnet die Werte bei Normalbedingungen 20 ◦ C und 1000 hPa. Mit steigender Temperatur θ(◦ C) wächst die Schallgeschwindigkeit gemäß  c = c0 (273 + θ )/293. (9.27)   Damit verkleinert sich die Wellenzahl k, und der durch k θx h in Gl. (9.13) bedingte Dämpfungsabfall verschiebt sich zu höheren Frequenzen. Der ansteigende Ast der Dämpfungskurve wird mit steigender Temperatur in gleicher Richtung verschoben, weil mit kleinerem k auf der rechten Seite der Gl. (9.14) bis (9.19) auch die Lösungen kx und ky kleiner werden. Allerdings sind die Verhältnisse nicht einfach zu übersehen, weil außerdem auch die Kennwerte des Absorbermaterials von der Temperatur abhängig sind. Der Strömungswiderstand Ξ wird im Wesentlichen von der Geometrie der Faseranordnung und der Viskosität der Luft bestimmt. Letztere steigt mit der Temperatur.

434

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Ausgehend von der Formel von Sutherland (zitiert in Kohlrausch 1996) wird hier nach Anpassung des freien Parameters an Daten aus verschiedenen Handbüchern die Beziehung

Ξ = Ξ0



273 + θ 1,3891 293 1 + 273114+ θ

(9.28)

benutzt. Die Gasdichte ist gemäß ̺ = ̺0 [293/(273 + θ )] zu korrigieren. Mit diesen korrigierten Werten wird dann der Strömungswiderstand Ξ in den Gln. (6.7), (6.9) und (6.18) berücksichtigt. Abb. 9.18 zeigt die Gegenüberstellung von Rechnung und Messung an einem Rohrschalldämpfer bei Normalbedingungen und im Abgasstrom eines Dieselmotors bei 500 °C Gastemperatur. Die Temperatur am Schalldämpfergehäuse betrug 130 °C. Etwas vereinfachend wird im freien Querschnitt mit 500 °C, im Absorber aber mit einer geschätzten mittleren Temperatur von 350 °C gerechnet. Die Übereinstimmung von Rechnung und Messung auf dem unteren Dämpfungsast ist sehr gut. Auffallend ist der drastische Dämpfungsverlust im unteren Frequenzbereich, der durch die generelle

Abb. 9.18   Einfluss der Temperatur auf das Einfügungsdämpfungsmaß Di eines Rohrschalldämpfers mit d = 0,28 m, Ξ = 15 kNs/m4, h = 0,2 m, L = 3,7 m. 1. Normalbedingungen θ = 20 ◦ C, vm = 0, Schallquelle Lautsprecher: a Rechnung Dpr, b Messung Di; 2. Betriebsbedingungen im Abgasstrom (500 ◦ C) eines aufgeladenen Dieselmotors: c Rechnung Dpr, d Messung Di. Schalldämpferhersteller: G + H MONTAGE GmbH Ludwigshafen, Messergebnisse: MTU Motoren- und Turbinen-Union Friedrichshafen GmbH

9 Schalldämpfer

435

Verschiebung der Dämpfungskurve zu höheren Frequenzen und durch die zusätzliche Erhöhung des Strömungswiderstandes des Absorbermaterials zustande kommt. Der zusätzliche Einfluss der Strömung ist nur gering. Das Dämpfungsmaximum eines so langen Schalldämpfers ist allein durch akustische Nebenwege bestimmt und liegt weit unter den Rechenwerten für die Längsdämpfung. Bei hohen Frequenzen führt der Einfluss höherer Moden zu einer deutlich höheren Dämpfung als für die ebene Welle berechnet wird. Steht ein Rechenprogramm für die vorstehend beschriebenen Abhängigkeiten nicht zur Verfügung, so empfiehlt sich zur Abschätzung des Dämpfungsverlaufes bei hohen Temperaturen folgendes Vorgehen: Zuerst wird nach Gl. (9.28) der Strömungswiderstand korrigiert und dafür ε nach Gl. (9.11) bestimmt. Mit diesem Wert wird nach Abb. 9.12 die Dämpfungskurve konstruiert und diese danach gemäß Gl. (9.27) in Verbindung mit (9.10) auf der Frequenzachse verschoben.

9.4.3.7 Unterteilung des Kanalquerschnittes Anhand der Gl. (9.23) überzeugt man sich leicht, dass der Kanal mit schlitzförmigem Querschnitt gegenüber dem flächengleichen Quadrat-, Rechteck- oder Kreisquerschnitt bei gleicher Kanallänge die größte Dämpfung aufweist. So hat bei gleicher Wandauskleidung ein Schlitzkanal mit dem Seitenverhältnis H/h = 10 eine um den Faktor 1,58 höhere Dämpfung als der quadratische Kanal. Deshalb werden größere Kanalquerschnitte zur Erzielung einer ausreichend hohen Dämpfung durch Einfügen absorbierender Kulissen in mehrere schlitzförmige Teilkanäle aufgespalten. Der rechteckige Kanalquerschnitt wird dabei nach Abb. 9.7b so aufgeteilt, dass außen entweder eine Randkulisse der Dicke d oder ein Randspalt der Weite h liegt. Die Mittelkulissen der Dicke 2d brauchen in der Mitte nicht mit einer schallharten Wand versehen zu sein wie die Randkulisse, weil in der Mittelebene aus Symmetriegründen die seitliche Schnelle verschwindet. Abb. 9.14 zeigt Möglichkeiten zur Unterteilung eines kreisförmigen Querschnitts. Kulissen-Schalldämpfer weisen zwar eine höhere Dämpfung auf als nur am Umfang absorbierende Kanäle wie in Abb. 9.7a und c, dafür sind aber auch ihr Druckverlust und das erzeugte Strömungsgeräusch deutlich höher. Als Vorteil des Kulissen-Schalldämpfers ist die Variabilität bei der Anpassung an einen vorgegebenen Kanalquerschnitt zu nennen. Allgemein können zur Querschnittsunterteilung durch Absorberkulissen bezüglich der akustischen Wirkung folgende Anhaltspunkte gegeben werden: • Bei Bedämpfung eines sehr schmalbandigen Geräusches sollte der Querschnitt so weit unterteilt werden, d. h. eine solche Kanalbreite 2h gewählt werden, dass der Frequenzparameter η = 2 h/ im Gebiet der unteren Bereichsgrenze ηu liegt (s. Abb. 9.19). Hier ist bei maximaler Dämpfung Dh max die günstigste effektive Kanallänge L/h und damit die größte Gesamtdämpfung zu erreichen.

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Abb. 9.19   Zur Auslegung eines Breitbandschalldämpfers. a zu erwartende Dämpfung, b erforderliche Dämpfung

• Ist das zu bedämpfende Geräusch breitbandig (relative Bandbreite �f /fm etwa 2 bis 3; f = fo −fu), dann ist die Kanalbreite so zu wählen, dass bei der Mittenfrequenz fm des Geräusches die Bereichsmitte ηm der Dämpfungskurve liegt, folglich der gesamte Bereich von Dh max ausgenutzt wird. • Ist der zu bedämpfende Frequenzbereich eines Geräusches breiter, als sich durch die Dämpfungskurve eines Schalldämpferabschnittes erfassen lässt (�f /fm > 3), so müssen mehrere verschiedene Abschnitte geeignet bemessen und aneinandergereiht werden. Abb. 9.19 zeigt dieses Aneinanderreihen zu einem Beitbandschalldämpfer. Die unterschiedliche Abstimmung der einzelnen Schalldämpferabschnitte bedeutet natürlich die Wahl unterschiedlicher geometrischer Abmessungen und unterschiedlicher längenspezifischer Strömungswiderstände des schallabsorbierenden Materials.

9.4.3.8 Bedämpfung tiefer Frequenzen Bei der Bedämpfung tieffrequenter Komponenten ergeben sich meist Schwierigkeiten, die aus den vorangegangenen Erläuterungen bereits ersichtlich waren: • Um den Frequenzparameter η in den Bereich der maximalen Dämpfung zu legen, sind bei tiefen Frequenzen große Kanalbreiten 2h erforderlich. • Große Kanalbreiten erfordern zum Erzielen einer bestimmten Dämpfung Dpr eine große Kanallänge L, denn Dpr = Dh L/h. • Aus dem allgemeinen Dämpfungsdiagramm (Abb. 9.12) ist ersichtlich, dass zur Erzielung hoher Dämpfungen bei tiefen Frequenzen ein großes Λ = d/h angestrebt werden muss. Das bedeutet große Auskleidungstiefen, die in der Größenordnung bis zu d = 0,5 m liegen können. Der Aufwand an schallabsorbierendem Material ist erheblich. • Große Auskleidungstiefen erfordern einen sehr kleinen längenbezogenen Strömungswiderstand, wenn das Anpassungsverhältnis im optimalen Bereich ε = 2 bis 4 liegen soll. Diese Forderung ist nur mit lockerem Absorbermaterial zu erfüllen, das aus Stabilitätsgründen kassettiert werden muss. • Dicke Absorberkulissen machen bei konstantem Strömungsquerschnitt erhebliche Querschnittserweiterungen (lange Übergangsstücke) erforderlich und verursachen größere Druckverluste.

9 Schalldämpfer

437

Es zeigt sich im Allgemeinen, dass die Bedämpfung sehr tiefer Frequenzkomponenten (etwa 1,5 tritt nicht mehr auf. Bei schlitzförmigen Kanälen wird etwa Dh ≈ 1 dB erreicht. Dieser Wert kann für Abschätzungen verwendet werden. Kanalumlenkung Den prinzipiellen Verlauf des Schalldruckpegels Lp in einer schallabsorbierend ausgekleideten 90◦-Umlenkung entlang l zeigt Abb. 9.22. Die Dämpfung zwischen A und B und zwischen C′ und D entspricht der bereits beschriebenen Dämpfung im geraden Kanal. Die durch die Umlenkung zusätzlich bewirkte Winkeldämpfung DW kommt durch die Reflexion eines Teiles der Schallenergie zurück in den zuführenden Kanal, durch Absorption beim Auftreffen auf die schallabsorbierend verkleidete Wand und durch Anregung höherer, im nachfolgenden Kanalstück zwischen C und C ′ stark bedämpfter

Abb. 9.21   Dämpfung eines schlitzförmigen, geknickten Kanals (s. Abb. 9.20). a Theorie (gerader Kanal), b Messung

9 Schalldämpfer

439

Abb. 9.22   Zur Erläuterung der Schalldämpfung an einer absorbierend ausgekleideten 90◦Umlenkung. DW Winkeldämpfung

Kanalmoden zustande. Abb. 9.23 zeigt die berechnete Winkeldämpfung bei senkrechtem Schalleinfall auf die schallharte und schallabsorbierende Umlenkung (Mechel 1994). Bei statistischem Schalleinfall bzw. bei großen Kanalbreiten 2h können die hohen theoretischen Werte im Bereich η > 1 experimentell nicht bestätigt werden. Man rechnet dann besser mit den Werten, die in der Verlängerung der ersten Schulter der Kurven zu hohen Frequenzen liegen. Aus Abb. 9.23 ist zu erkennen, dass eine schallabsorbierend ausgekleidete 90◦Umlenkung vor allem bei hohen Frequenzen eine große Zusatzdämpfung aufweist, also in dem Bereich, in dem ein gestreckter Kanal in seiner Wirkung stark nachlässt. Abb. 9.23   Winkeldämpfung DW einer 90◦-Umlenkung für schallharte (Λ = 0) und schallabsorbierende Kanalwand nach (Mechel 1994); Anregung: Oktavbandrauschen

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Da die Winkeldämpfung zum Teil auf der verstärkten Dämpfung in der Umlenkung erzeugter höherer Moden beruht, müssen sich vor und hinter dem Winkel absorbierende Kanalstücke der Mindestlänge 8h befinden. Für Umlenkungen mit einem Winkel 1,5 größer als aus den Dämpfungsdiagrammen (Abb. 9.12 und 9.32) folgt. Dies zeigt Abb. 9.24 am Beispiel eines großen zylindrischen Absorptionsschalldämpfers mit kreuzförmig unterteiltem Querschnitt, unmittelbar druckseitig nach einem Axialventilator angeordnet. Es ist zu erkennen, dass auch im Bereich 1,5 < η < 10 noch Dämpfungswerte von Dh = 2 dB erreicht werden. Dies entspricht im konkreten Fall einem Frequenzbereich von 0,5 kHz < f < 4 kHz, in dem bei Axialventilatoren die für den A-Schallleistungspegel maßgeblichen Frequenzanteile liegen. Eine näherungsweise Berechnung der Gesamtdämpfung D ist möglich, wenn man den Schalldämpfer als zylindrischen Schallschirm mit dem räumlichen Öffnungswinkel  und dem Schallabsorptionsgrad a um den als Punktquelle gedachten Ventilator betrachtet. Es gilt dann mit den Bezeichnungen in Abb. 9.24a:

 √ K l2 + r 2 − 1 dB D = 10 lg 1 + α √ l2 + r 2 − l 

a



(9.29)

b

Abb. 9.24    Axialventilator mit kreuzförmig unterteiltem zylindrischem Absorptionsschalldämpfer (a) und normierte Ausbreitungsdämpfung Dh (b). a theoretische Werte für flächengleichen quadratischen Querschnitt, b Messwerte

9 Schalldämpfer

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mit

K = 1  ( freie Querschnittsfläche), K = 2  (eine Querunterteilung), K = 4  (kreuzförmige Unterteilung).

9.4.4 Konstruktive Ausführung 9.4.4.1 Verhältnis Kulissenbreite – Spaltweite Die häufigste Kulissendicke 2d beträgt 0,2 m mit einer Füllung von porösem Fasermaterial, dessen längenbezogener Strömungswiderstand im Bereich 10 bis 15 kNs/m4 liegt. Damit entspricht der Anpassungsfaktor ε = 3 dem Optimum für breitbandige und hohe Dämpfung. Die normierte Auskleidungstiefe Λ = d/h wird beim Entwurf zumeist mit dem Wert eins angenommen, was als Kompromiss zwischen Druckverlust und ausreichender Dämpfung gelten kann. Hier sind aber je nach Anwendungsfall größere Spielräume vorhanden (Λ = 0,25 bis 4). Die zweite häufige Kulissendicke beträgt 2 d = 0,1 m bei der gleichen Absorberfüllung. Sie wird ebenfalls meist bei Λ = 1, zur Bedämpfung höherfrequenter Geräusche gewählt. 9.4.4.2 Absorbermaterial Faserabsorber sollten konfektioniert in Form von Matten und Platten eingesetzt werden, um eine homogene Füllung der Kulisse zu gewährleisten. Es ist weiterhin sicherzustellen, dass diese Füllung, besonders bei Schwingungsbeanspruchung, nicht mit der Zeit zusammenrutscht, sodass am oberen Rand Hohlräume entstehen. In diesem Bereich könnte sich dann Schall nahezu ungedämpft ausbreiten und die Wirkung des Schalldämpfers zunichtemachen. Deshalb weisen Standardkulissen selten eine Bauhöhe über 0,5 m auf. Werden große Kulissen für Industrieanlagen im Ganzen gefertigt, müssen sie aus diesem Grunde in der Höhe mit Kassettierungswänden versehen werden. Aus akustischen Gründen im Sinn von Abschn. 9.4.3.1 ist diese Kassettierung nicht notwendig, zumal bei kleinem Anpassungsverhältnis die Dämpfung bei tiefen Frequenzen geringer als bei homogenem Absorber ist. Dieser Umstand ist übrigens zu beachten, wenn ein langer Schalldämpfer aus kurzen Kulissen von z. B. L = 0,5 m zusammengesetzt wird. Dieser wirkt bei Frequenzen unterhalb etwa 150 Hz als Schalldämpfer mit kassettierter Auskleidung und erst bei höheren Frequenzen als solcher mit homogener Auskleidung! Meist muss der Absorber zum Schutz vor Abrieb und Beschädigung mit einer Abdeckung versehen werden. Um merklichen Dämpfungsverlust zu vermeiden, sollen Abdeckungen aus Lochblech, Streckmetall und Drahtgewebe einen Lochflächenanteil über 30 % und Abdeckungen aus Glasvlies und anderen Geweben einen Strömungswiderstand unter etwa Rs = 1000 Ns/m3 aufweisen (s. hierzu Abschn. 6.3.5).

442

J. Hübelt und M. Ruhnau

9.4.4.3 Dämpfungsminderung durch akustische Nebenwege Die hohe theoretische – und mit entsprechenden Methoden auch experimentell nachweisbare – Längsdämpfung kommt bei technisch ausgeführten Schalldämpfern in üblichen luftführenden Kanälen nicht zu Wirkung, die tatsächlichen Einfügungsdämpfungsmaße sind in der Regel auf Werte von 40 bis 50 dB begrenzt (VDI 2081-1 2019). Verantwortlich dafür sind verschiedene Nebenwege, auf denen der Schalldämpfer umgangen wird: • Körperschalllängsleitung über die Kanalwände. Dieser Weg wird durch das Grenzdämpfungsmaß des Kanals charakterisiert. Dieses wird ermittelt, indem der Kanal (möglichst in Länge des vorgesehenen Schalldämpfers) akustisch versperrt wird. Es stellt in jedem Fall die Obergrenze für das erreichbare Einfügungsdämpfungsmaß dar. Abb. 9.25 aus (Esche 1984) gibt Anhaltswerte für das Grenzdämpfungsmaß. Werden höhere Werte verlangt, so muss der Kanal aus kürzeren körperschallisolierten Teilstücken zusammengesetzt werden (Lindner et al. 2018). • Körperschalllängsleitung in der Kulisse selbst. Der systematische Vergleich größerer Mengen von Norm-Messdaten in einem Prüfkanal mit sehr hohem Grenzdämpfungsmaß mit dem theoretischen Einfügungsdämpfungsmaß nach Abschn. 9.4.3.1 in (Frommhold et al. 1992) hat ergeben, dass es auch in üblichen Absorberkulissen mit schallharter Front- und Rückseite aus Blech (0,6 mm bis 1,5 mm) eine Körperschallübertragung gibt, die in Form einer Schwingungsanregung der Vorderseite, Fortleitung im Rahmen auf die Rückseite und von dort als Abstrahlung von Luftschall in den Kanal zu verstehen ist. Sie vermindert das Einfügungsdämpfungsmaß oberhalb etwa 25 bis 30 dB in der Art, dass der Dämpfungszuwachs mit weiterer Länge kleiner wird (Abflachung der PegelabfallKurve im Spalt im Frequenzbereich des Dämpfungsmaximums bei Längen oberhalb

Abb. 9.25   Grenzwerte für das mit einem zusammenhängenden Kulissenschalldämpfer erreichbare Einfügungsdämpfungsmaß Di im Mauer- oder im Blechkanal nach (Esche 1984)

9 Schalldämpfer

443

L = 0,5 bis 1 m). Dieser Einfluss ist zwar in Form von Datensätzen für vermindertes Dh oberhalb L = 1 m bekannt (Frommhold et al. 1992) und in Rechenprogramme eingebaut, lässt sich aber nicht ähnlich Abb. 9.12 in normierter allgemeiner Form darstellen. Den Dämpfungsverlust in der Kulisse kann man dadurch vermindern, dass der Schalldämpfer aus körperschallisolierten Teilstücken zusammengesetzt wird oder die Abstrahlung von der Rückseite, z. B. durch Lochblech-Ausführung, unterdrückt wird. • Luftschalllängsleitung in Spalten zwischen Kulissenrahmen und Kanal. Absorberkulissen werden i. Allg. mit einem umlaufenden Blechrahmen gefertigt und dann in den bauseitigen Kanal einfach eingeschoben. Verbleibende Spalte von wenigen mm können bereits zu einem merklichen Dämpfungsverlust zunächst im Frequenzbereich des Dämpfungsmaximums führen, s. Angaben in (Esche 1984). Bei der Normmessung werden deshalb solche Spalte sorgfältig mit Moosgummi oder anderen Materialien abgedichtet – was auch bauseitig erfolgen sollte. Dieser Aufwand lässt sich aber vermeiden, wenn die Oberseite der Kulisse schalldurchlässig ausgeführt wird, sodass der verbleibende Spalt zum Kanal einen Schalldämpferschlitz mit sehr hoher Dämpfung darstellt (Esche 1984).

9.4.4.4 Handelsübliche Absorptionsschalldämpfer Der Markt an Absorptionsschalldämpfern ist groß, und die Konstruktionen weichen nicht wesentlich voneinander ab. Zudem haben sich die meisten Hersteller in der RALGütegemeinschaft Schalldämpfer (RAL-GZ 595 1988) auf verbindliche Prüfverfahren geeinigt, sodass die Herstellerangaben untereinander zuverlässig verglichen werden können. Daher wird hier nicht ein Beispiel aus dem Katalog eines willkürlich ausgesuchten Herstellers angeführt, sondern es wird in Abb. 9.26 für den häufigsten Kulissentyp mit 2d = 0,2 m und dem Durchschnittswert Ξ = 12,5 kNs/m2 für den Strömungswiderstand des Absorbermaterials bei der normierten Auskleidungstiefe Λ = 1 das berechnete mittlere Einfügungsdämpfungsmaß Di in Abhängigkeit von der Länge L dargestellt. Diese Kurven sind unter Berücksichtigung der Nebenwege nach (Frommhold et al. 1992) berechnet und weichen von den Norm-Messwerten nach (DIN EN ISO 7235 2010) um weniger als 15 % der dB-Angaben ab. Es ist ersichtlich, dass im mittleren Frequenzbereich oberhalb L = 1 m die Dämpfung nicht mehr proportional zur Länge ansteigt. Die Angaben in Abb. 9.26 gelten für Schalldämpfer aus einem Stück. Wird der Schalldämpfer aus kürzeren Kulissen zusammengestellt, können höhere Werte im Dämpfungsmaximum erzielt werden (allerdings oft mit Verlust bei sehr tiefen Frequenzen – vgl. Abschn. 9.4.4.2 – die bei der Auslegung von Schalldämpfern oft das größere Problem darstellen). Weiterhin muss daran erinnert werden, dass die Werte in Abb. 9.26 nur für den Prüfkanal gültig sind und sich beim Einbau in einen luftführenden Kanal geringer Grenzdämmung noch vermindern können.

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Abb. 9.26   Mittleres Einfügungsdämpfungsmaß Di von Kulissenschalldämpfern mit 2d = 2h = 0,2 m in Abhängigkeit von der Länge; Rechnung nach (Mechel 1976b) in Übereinstimmung mit Messungen an Elementen verschiedener Hersteller, Abweichung ±0,15 Di. Absorber homogen mit Abdeckung aus Glasvlies oder Lochblech, Ξ = 10 bis 15 kNs/m4; a L = 0,5 m, b L = 1 m, c L = 1,5 m, d L = 2 m, e L = 2,5 m

9.5 Minderung durch Reflexion 9.5.1 Berechnung – Theorie der linearen Netzwerke Die Modellierung der Schallausbreitung in Kanälen, Leitungen und Rohren bei bestimmten Temperaturbedingungen und unter der Berücksichtigung von Strömungen ist im Zusammenhang mit akustischen Phänomenen sehr ausführlich in z. B. (Mechel 1995; Munjal 2014) und zum Teil mit sehr detaillierten Erläuterungen auch in (Alfredson und Davies, P.O. A. L. 1970; Rice 1976; Ballas et al. 2009; Mimani und Munjal 2010, 2011; Bhattu und Sahasrabudhe 2012; Munjal 2013; Allam 2015; Ranjbar und Alinaghi 2016) beschrieben. Diese Darstellungen beruhen auf der Theorie der linearen Netzwerke. Hierbei werden verschiedene Speicher- und Verlust-Elemente entsprechend dem jeweiligen physikalischen Zusammenhang im Netzwerk angeordnet und durch Knoten miteinander verbunden. Im Grunde werden diese Netzwerke an ihren Knoten durch zwei verschiedene Feldgrößen beschrieben: einer Differenzenkoordinate und einer Flusskoordinate. Die erste Koordinate drückt die Differenz einer skalaren Größe zwischen zwei Knoten

9 Schalldämpfer

445

über einem Element aus. Im hier behandelten Fall ist das nach der Analogie 1. Art der komplexwertige Schalldruck p. Die flussartige Koordinate durchdringt das Element dagegen als konstante Größe. Für die Berechnung des akustischen Netzwerks wird dazu vorteilhaft der komplexwertige akustische (Wechsel-) Volumenfluss q = dV /dt oder der (Wechsel-) Massenstroms m ˙ = dm/dt zum Ansatz gebracht. An dieser Stelle soll die Theorie kurz mithilfe des Volumenflusses q erläutert werden. Dies führt zunächst zur Flussimpedanz Za

Za =

p q

=

p vS

=

Z ; S

(9.30)

darin sind S die Querschnittsfläche des schallführenden Elements, z. B. der eines Rohres und v die Schallschnelle in Luft. Die bei der Modellierung zur Anwendung gebrachten Elemente sind in ihrer Ausdehnung klein zur Wellenlänge und werden als „konzentriert“ oder auch „lumped“ bezeichnet. Grundidee des Verfahrens ist dabei, dass sowohl die Summe der in die Knoten fließenden vorzeichenbehafteten Flussgrößen als auch die vorzeichenbehaftete Summe der Differenzengrößen einer Masche verschwindet. Die auf diese Weise entwickelten Netzwerke lassen sich daher durch die Knoten-Maschenstromanalyse in Gleichungssysteme überführen und nach den gesuchten Größen, z. B. dem Verhältnis von Schalldruck oder der Schallleistung am Ein- und Ausgang, umstellen. Eine sehr übersichtliche Darstellung der Netzwerke und deren Lösung liefert die Vierpoltheorie unter der Verwendung von Übertragungsmatrizen mit der Bezeichnung T . Die Gesamtwirkung T ges (f ) des auch als Filter zu bezeichnenden Systems wird dann sehr einfach durch Gl. (9.31) berechnet: ges

n

n+

n+

….= ∏

.

(9.31)

Das Verfahren wird als Transfer-Matrix-Methode TMM bezeichnet. Mithilfe der hier verwendeten Vierpole mit der Übertragungsmatrix T n können nunmehr die Einzelelemente auch in einer Schaltung zusammengefasst werden, wie es z. B. beim akustischen Wellenleiter nach Gl. (9.33) der Fall ist. Die Ausdehnung des dadurch entstandenen Bauteils ist nun unter Umständen nicht mehr klein im Vergleich zur Wellenlänge. Dadurch wird die Beschreibung der Schallausbreitung in einem Kanal unter Berücksichtigung von Interferenzen durch hin- und rücklaufende Wellen in Abhängigkeit von der Wandimpedanz am Abschluss möglich. In Abb. 9.27 ist die Beschaltung eines derartigen Filter-Systems T ges gezeigt. Auf der linken Seite ist die Quelle mit ihrer inneren Impedanz Z q angeordnet. Dabei entscheidet das Verhältnis zwischen der Eingangsimpedanz Z e = pe /qe und der Quellimpedanz Z q darüber, ob die Quelle nach Abb. 9.27a als Fluss– oder nach Abb. 9.27b als Druckquelle verstanden werden muss (s. hierzu auch Kap. 12).

446

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a

b

Abb. 9.27   Lineares Netzwerk des Filter-Systems T ges mit Abschluss Z w,a nach Gl. (9.30) und Quelle, a Flussquelle, b Druckquelle, Z q,a Quellimpedanz, pq Quellschalldruck ohne Last, qq Kurzschlussfluss, Z w,a Abschlussimpedanz, z. B. Z w,a = Z0 /S für einen vollabsorbierenden (schallangepassten) Abschluss zur Berechnung der Durchgangsdämpfung Dt nach Gl. (9.6)

Im Allgemeinen wird der Schallentstehungsprozess im Zylinder eines Kolbenkompressors z. B. am Eingang eines Absorptionsschalldämpfers ausreichend gut durch eine Flussquelle (Schaltung a) mit Zq,a → ∞ beschrieben. Diese Modellierung wird z. T. auch für Verbrennungsmotoren übernommen, s. hierzu z. B. (Desmons und Kergomard 1994). In (Callow und Peat 1988) zitiert in (Munjal 2013) wird jedoch für Mehrzylinder-Reihenmotoren eine Quellimpedanz Z q,a = Z0 /S(0,707 − j 0,0707) und die Modellierung der Quelle in Schaltung b vorgeschlagen. Des Weiteren kann für dieses Modell in (Munjal 2013) auch eine experimentell entwickelte Formel zur Beschreibung des Quellschalldrucks pq (Quellstärke pq ohne Last) der Motoren gefunden werden. Der Ausgang des Systems, z. B. die Mündung eines Schalldämpfers, wird durch eine akustische Abschlussimpedanz beschrieben. Für die Berechnung der Durchgangsdämpfung Dt nach Gl. (9.6) kommt dann z. B. die charakteristische Impedanz Z0 der Schallwelle bezogen auf die Querschnittsfläche S zum Einsatz. Soll die Kanalmündung hingegen in das freie Schallfeld abstrahlen (z. B. zur Berechnung des Einfügungsdämpfungsmaß Di), wird die akustische Strahlungsimpedanz eines Kugelstrahlers genutzt:

Z Kugela =

Z0 jkr0 . S 1 + jkr0

(9.32)

Für einen kreisförmigen Querschnitt mit dem Radius r0 wäre dazu die Querschnittsfläche S näherungsweise mit S ≈ 2πr02 (Hälfte der Kugeloberfläche) anzugeben. Anhand des dabei berechneten Schallflusses qa am Ausgang lässt sich nunmehr nach Gl. (7.1) für den Punktstrahler (r0 ≪ ) die abgestrahlte Schallleistung P und mit dem Schallfeldmodel des Kugelstrahlers auch ein Schalldruckpegel an einem Immissionsort im Abstand r berechnen (s. hierzu Abschn. 7.2.1) oder (DIN EN ISO 9613-2 1999). In Abb. 9.28 wird die u. U. unterschiedliche Anordnung von Elementen im linearen Netzwerk zur Übersicht gezeigt. Im Folgenden soll kurz anhand von Beispielen die

9 Schalldämpfer

447

a

b

c

Abb. 9.28   Netzwerkelemente mit der Nummerierung n, mögliche Anordnung der Elemente zur Ableitung von Übertragungsmatrizen, a ausgedehntes Element n (Wellenleiter – Wellenausbreitung ist möglich), z. B. Rohr der Länge l mit dem Kennwertpaar, charakteristische Impedanz Z0 und Wellenzahl k0, b T-Schaltung oder auch parallel geschaltetes Element z. B. /4-Resonator mit Wandimpedanz Z w als konzentriertes (Lumped-) Element n (Ausdehnung ist kleiner als die Wellenlänge), c in Reihe geschaltetes konzentriertes Element mit der Transferimpedanz Z t, z. B. Lochblech vor Resonator

Modellierung verschiedener Bauteile diskutiert werden: So wird z. B. zur Abbildung des akustischen Verhaltens eines mit der Länge l und der Querschnittsfläche S ausgedehnten verlustlosen Wellenleiters die Transfermatrix T a dargestellt in Abb. 9.28a nach Gl. (9.33) herangezogen (s. hierzu auch Gl. (6.63) für die Schallausbreitung im porösen Absorber)

T a (f ) =



    cos k0 (f ) · l  j ZS0 sin k 0 (f ) ·l  . j ZS0 sin k 0 (f ) · l cos k 0 (f ) · l

(9.33)

Dieser Wellenleiter könnte z. B. ein mit dem Kennwertpaar, charakteristische Impedanz Z0 und Wellenzahl k0, schallführendes Rohr der Länge l beschreiben. Wird dagegen ein Element in T-Schaltung nach Abb. 9.28b betrachtet, kann dessen Wandimpedanz durch   1 0 T b (f ) = (9.34) S/zw 1 in Matrix-Schreibweise transformiert werden. Als Beispiel sei an dieser Stelle der Einsatz eines /4-Resonators nach Abb. 9.29 genannt. Als Impedanz wird hier die Wandimpedanz nach Gl. (9.36) eingesetzt. a

b

c

Abb. 9.29   Skizzen für Bauformen von Resonanzschalldämpfern, a) einfache Stichleitung, b) „Tannenbaumresonatoren“, Verschmutzung durch Staub wird hier durch die Neigung der Resonatorkammern verhindert, c) Rohrschalldämpfer mit Kammern verschiedener Länge für den Einsatz in Schiff- und Kraftwerkschalldämpfern

448

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Wenn ein Element mit der Flussgröße direkt durchsetzt wird, kann dessen Transferimpedanz verwendet werden. Für die Transformation gilt dann:   1 Z t /S T c (f ) = . (9.35) 0 1 Als Beispiel sei hierzu die Modellierung der akustischen Wirkung eines durch den Schallfluss durchsetzten Lochbleches nach Gl. (9.44) genannt. Sollte für den entsprechenden Abschnitt kein ausreichend genaues Berechnungsmodel vorliegen, kann die Transfermatrix auch unter Verwendung der Finite-Element-Methode gewonnen werden. Dabei muss natürlich klar sein, dass die Ergebnisse der Berechnung dann nur für einen festen Arbeitspunkt, d. h. für eine festgelegte Strömungsgeschwindigkeit und eine Temperatur, Gültigkeit aufweisen. Zusammenfassend sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Wellenausbreitung in den Systemen mit der hier sehr kurz dargestellten Theorie nur eindimensional beschrieben wird. In der Realität baut sich das Schallfeld in einem Kanal jedoch in Form von radial und azimutal orientierten Moden auf. Dies bedeutet, die in der Realität oberhalb einer Frequenzgrenze fcσ nach Gl. (9.43) auftretenden Azimutal- und Radialmoden (kurz: Quermoden) werden bei der hier vorgestellten Theorie nicht berücksichtigt. Die Frequenz fcσ muss aber nicht als strenge Grenze für den Gültigkeitsbereich der Beschreibung angesehen werden. Zur praktischen Einordnung dieser Aussage werden daher in Abschn. 9.5.4.2 die Abweichungen der Vorhersagen der Theorie von Messergebnissen diskutiert. In vielen Fällen muss zur Beschreibung der Schallausbreitung die Strömung des Fluids berücksichtigt werden, s. hierzu die Diskussion in Abschn. 9.4.3.5. Weitere grundlegende Beschreibungen sind z. B. (Mechel 1998; Munjal 2014) zu entnehmen.

9.5.2  λ/4-Resonanzschalldämpfer Gebräuchliche Bauformen von λ/4-Resonanzschalldämpfern sind in Abb. 9.29 in Form von Skizzen zusammenfassend dargestellt. Im Teil a dieses Bildes wird der Resonator einfach durch eine Stichleitung aufgebaut. Diese Form findet sich z. B. bei der Kompensation von Fluid-Schall in Hydraulikleitungen. Die im Teil b des Bildes gezeigte Bauform, der sogenannte „Tannenbaum-Schalldämpfer“, wird vorteilhaft bei stark verschmutzen, staubhaltigen Abgasen zum Einsatz gebracht. Durch die Neigung der Resonatoren kann einer zu starken Verschmutzung entgegengewirkt werden. Das im Teil c des Bildes dargestellte Prinzip ist häufig in Schiff- und Kraftwerkschalldämpfern zu finden. Der Resonator wird hierbei vorteilhaft über den gesamten Umfang angekoppelt. Die unterschiedlichen Längen L1 und L2 erweitern den sonst sehr schmalbandigen Frequenzbereich der Systeme.

9 Schalldämpfer

449

9.5.2.1 Einfacher /4-Resonator – Stichleitung In Abb.  9.30 ist die Durchgangsdämpfung Dt eines schallführenden Rohres mit angeschlossenem Resonator gezeigt. Zum Zweck der Verallgemeinerung ist dabei Dt als Funktion der Länge L der Resonatorkammer im Verhältnis zur Wellenlänge  aufgetragen. Die hier gezeigten Ergebnisse beruhen auf der in Abschn. 9.5.1 beschriebenen Berechnung. Die auf die Fläche SB normierte akustische Wandimpedanz Z w,a des Systems wird dabei durch folgende Gleichung (s. auch Poröser Absorber vor schallharter Wand nach Gl. (6.24)) Z w,a = −jZ0 /SB cot(k 0 (L + �L));

(9.36)

mit

k0 = ω/c0 Kreiswellenzahl mit der Wellenzahl ω = 2πf und der Schallgeschwindigkeit c0 des entsprechenden Fluids, L Länge des Resonators, L Mündungskorrektur nach Gl. (9.38), SB = π4 · DB2 (DB = 2r0) Resonator-Querschnittsfläche mit DB als Durchmesser und r0 als Radius dieser Fläche, im Leitungssystem berücksichtig. Grundsätzlich lässt sich in der Darstellung nach Abb. 9.30 erkennen, dass die Minderungswirkung bei den Frequenzen

fR,n =

c0 · (2n − 1) mit n = 1, 2, 3, . . . . 4(L + �L)

(9.37)

Abb. 9.30   Durchgangsdämpfung Dt als Funktion der Länge L der Resonatorkammer im Verhältnis zur Wellenlänge , Parameter: Querschnitt DB = 2r0 der Resonatorkammern – die Verschiebung der Maxima im Verlauf Dt (L/) ist auf die Veränderung der Mündungskorrektur L nach Gl. (9.38) durch die Variation des Querschnitts DB zurückzuführen, Berechnung auf der Basis der Vierpoltheorie mit 1-dim. Wellenleiter, Azimutal- und Radialmoden werden nicht berücksichtigt, s. z. B. (Munjal 2014; Allam 2015)

450

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eintritt. Bei der Berechnung wurde die Querschnittsfläche SB des Resonators in ihrer Größe variiert. Hierbei ist zu erkennen, dass sich eine besonders starke Minderung bei einer ausreichend guten Ankopplung des Resonators, im Fall DB = DN (Bezeichnung s. Skizze in Abb. 9.30) einstellt. Bei Verringerung der Resonator-Querschnittsfläche SB wird einerseits die Minderungswirkung reduziert und andererseits die Resonanzfrequenz fR,1 nach Gl. (9.37) des Systems zu höheren Frequenzen verschoben. Dieser Effekt ist auf die Beeinflussung der Mündungskorrektur L nach (Munjal 2014)

�L =

  0,6133 − 0,1168(k0 · r0 )2 · r0

f¨ur

k · r0 < 0,5

[0,6393 − 0,1104(k0 · r0 )] · r0

f¨ur

0,5 ≤ k · r0 < 2

(9.38)

mit

k Wellenzahl, r0 Radius des Resonators, durch die Änderung der Ankoppelfläche zurückzuführen. Sehr kleine Ankoppelflächen im Vergleich zum Rohrquerschnitt werden z. B. bei dem Einsatz von Kapillaren für Mikrofonsonden bevorzugt. Dabei soll das Schallfeld im Gegensatz zu dem hier vorliegenden Zweck möglichst nur gering beeinflusst werden. Bei näherer Betrachtung von Gl. (9.37) wird schnell klar, dass weitere Resonanzfrequenzen fR,n bei ungeradzahligen Vielfachen n der untersten /4-Resonanz fR,1 entstehen. Dieser Effekt kann vorteilhaft auch auf den Frequenzbereich oberhalb der Frequenz fR,1, z. B. in Kammer-Schalldämpfern, angewendet werden und wird durch die in Kurve a in Abb. 9.39 gezeigten Messergebnisse bestätigt. Die Mündungskorrektur ist auch von der Strömungsgeschwindigkeit im Kanal abhängig, s. hierzu Anmerkungen zu Gl. (9.44).

9.5.3 Querschnittsprung 9.5.3.1 Kanalerweiterung oder -verengung Eine sehr einfache Möglichkeit zur Abschätzung der Durchgangsdämpfung Dt an einem Querschnittsprung im Kanal bietet Gl. (9.39)   (1 + n12 )2 dB; Dt = 10 lg (9.39) 4 n12 mit

n12 = S2 /S1, S1 Fläche vor dem Querschnittsprung, S2 Fläche hinter dem Querschnittsprung.

9 Schalldämpfer

451

Diese Abschätzung wurde anhand der Annahme der Ausbreitung Ebener Wellen (1-dim. Schallausbreitung) entwickelt. Dies bedeutet strenggenommen, dass Aussagen nur in einem Frequenzbereich unterhalb der ersten Querresonanz fcσ nach Gl. (9.43) abgeleitet werden können. Für diesen Frequenzbereich gilt jedoch nach Abb. 9.31, • dass die Durchgangsdämpfung Dt frequenzunabhängig ist, • dass für eine hohe Durchgangsdämpfung Dt ein großes Flächenverhältnis n12 notwendig ist (für n12 = 8 ist Dt = 4 dB) und • dass die Durchgangsdämpfung Dt am Querschnittsprung unabhängig von der Schallausbreitungsrichtung ist. Dies bedeutet, eine Erweiterung oder eine Verjüngung des Kanals führt bei Beibehaltung des Flächenverhältnisses n12 = n21 zum gleichen Wert von Dt. Im Fall von f > fcσ ist nach (VDI 2081-1 2019) für die Kanalerweiterung Dt = 0 zu setzen.

9.5.3.2 Kulissenschalldämpfer Zur Berechnung des Einfügungsdämpfungsmaßes Di eines Kulissen-Schalldämpfers ist zur Längsdämpfung noch die Reflexionsdämpfung Dr am Eingang und am Ausgang des Schalldämpfers zu addieren. Solange durch den Schalldämpfer der freie Strömungsquerschnitt nicht verengt wird (der Querschnitt des zu- und abführenden Kanals ist gleich dem freien Schalldämpferquerschnitt in Abb. 9.7a und c), ist der Reflexionsfaktor aufgrund des Unterschiedes der Wellenwiderstände im zu- bzw. abführenden Kanal (bei ebener Welle gleich Z0 = ̺0 c0) und im Schalldämpfer gering und kann für Absorptionsschalldämpfer vernachlässigt werden. Beim Kulissen-Schalldämpfer nach Abb. 9.7b mit

Abb. 9.31   Durchgangsdämpfung Dt am Querschnittsprung unterhalb der 1. Querresonanz, s. Gl. (9.43) als Funktion des Flächenverhältnisses n12 = S2 /S1

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schallharten Stirnflächen tritt aber an der Vorderseite eine deutliche Reflexionsdämpfung Dr auf, die in (Frommhold 1991) berechnet wurde. Das Einfügungsdämpfungsmaß Di lässt sich somit wie folgt berechnen (Krüger und Leistner 1997):

Di =

L Dh + Dr . h

(9.40)

Bei senkrechtem Schalleinfall (Ebene Welle im zuführenden Kanal) tritt nahezu Totalreflexion ein, wenn die Wellenlänge gleich der Periodenlänge 2(d + h) ist. Dieser Effekt kann auch experimentell beobachtet werden, wenn im anregenden Schallfeld die Ebene Welle bei den betreffenden Frequenzen von einigen Hundert Hertz dominiert (Frommhold et al. 1992). Diese Voraussetzung ist aber allenfalls unter Laborbedingungen gegeben, im realen Lüftungskanal ist eher ein diffuses Schallfeld zu erwarten. Für dieses wurden in (Frommhold 1991) die in Abb. 9.32 dargestellten Reflexionsdämpfungen über der mit der Periodenlänge normierten Frequenz berechnet. (Hinweis: diese Dämpfung darf nur einmal je Schalldämpfer angesetzt werden, da sie nur an der Vorderseite auftritt.) Die Reflexionsdämpfung an der Rückseite mit Abstrahlung in den größeren Kanalquerschnitt ist vernachlässigbar klein. Die experimentelle Prüfung der theoretischen Reflexionsdämpfung mit statistischen Methoden in (Frommhold et al. 1992) hat ergeben, dass selbst unter Laborbedingungen mit möglichst guter Anregung einer ebenen Welle noch höhere Werte bei hohen

Abb. 9.32   Reflexionsdämpfung Dr eines Kulissen-Schalldämpfers mit schallharten Stirnseiten nach (Frommhold 1991). a Λ = 0,5, b Λ = 1, c Λ = 2, d Λ = 3, e Λ = 4

9 Schalldämpfer

453

Frequenzen zu erwarten sind. Bei der Auslegung dürfen deshalb die Werte auf dem rechten Plateau der Abb. 9.32 noch um rund 50 % erhöht werden, während die niedrigen Werte bei kleinem Frequenzparameter experimentell bestätigt wurden. Anmerkung  Die höheren Dämpfungswerte bei hohen Frequenzen kommen nicht allein durch Reflexion zustande, sondern sind auf höhere Moden im freien Querschnitt zurückzuführen, die mit zunehmender Diffusität des anregenden Schallfeldes auch verstärkt angeregt werden (sogenannte Einlaufdämpfung). Wie ihr Name sagt, macht sie sich bei Pegelabfall-Messungen nur im Anfangsteil des Schalldämpfers bemerkbar, ist also nicht von der Länge abhängig, und wird deshalb hier als Teil der Reflexionsdämpfung behandelt.

9.5.4 Kammer-Schalldämpfer Wie bereits zu Beginn des Kapitels erwähnt, wird in Abb. 9.5 der prinzipielle Aufbau eines 2-Kammer-Reflexions-Schalldämpfers gezeigt. Eine weitere Darstellung kann z. B. Abb. 9.40 entnommen werden. Der Hauptwirkmechanismus dieses Schalldämpfertyps beruht auf der Reflexion von Schall an der Stelle starker Sprünge der Wandimpedanz (Def. der Wandimpedanz siehe Abschn. 6.2) in Richtung der Schallausbreitung. Diese Impedanzsprünge entstehen immer dann, wenn z. B. Querschnittsprünge in axialer Richtung eine Änderung der Schallschnelle erzwingen. In Abb. 9.40, links tritt dieser Effekt z. B. am Übergang zwischen dem Verbindungsröhrchen und der Kammer bei einer festgelegten Frequenz ein. Die dabei durch Reflexion rücklaufenden Wellen führen im Zusammenhang mit den hinlaufenden Wellen zu Interferenz-Effekten, die dann je nach destruktiver oder konstruktiver Überlagerung eine stark frequenzabhängige Minderungswirkung dieses Schalldämpfertyps zur Folge haben. Dies bedeutet, neben einer durchaus hohen Minderung Dt,max der übertragenen Schallleistung in bestimmten Frequenzbereichen muss zum Teil auch das Auftreten von Einbrüchen Dt,min der Minderungswirkung bei bestimmten Frequenzen in Kauf genommen werden. Die Lage dieser Maxima und Minima im Frequenzbereich ist dabei stark temperaturabhängig. Informationen zum Temperaturverlauf, sowohl in zeitlicher als auch in örtlicher Hinsicht sollten daher abgeschätzt werden. Je nach Art der Auslegung ist darüber hinaus mit relativ hohen Druckverlusten zu rechnen, die jedoch zum Teil zum Erreichen des gewünschten Arbeitspunktes von Verbrennungsmotoren (Einsiedler et al. 2009) durchaus von Vorteil sein können. In speziellen Fällen ist auch die Entstehung von Strömungsrauschen an den Querschnittsprüngen oder an Umlenkungen beobachtet worden. Daher muss bei der Auslegung zumindest bei hohen Strömungsgeschwindigkeiten auch dieser Effekt sorgsam geprüft werden. Grundsätzlich soll an dieser Stelle nochmals angemerkt werden, dass KammerSchalldämpfer zum Teil einen weitaus komplexeren Aufbau aufweisen. So werden z. B.

454

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perforierte Röhrchen mit einer speziell ausgelegten Wandimpedanz in Kombination mit Umlenkungen und Kammersprüngen zum Einsatz gebracht, s. hierzu z. B. (Munjal 2013). An dieser Stelle soll jedoch zunächst der prinzipielle Wirkmechanismus an grundlegenden Beispielen erläutert werden.

9.5.4.1 Einkammer-Schalldämpfer In Abb. 9.34a ist der grundlegende Aufbau eines rotationssymmetrischen EinkammerSchalldämpfers skizziert. Für die Berechnung der Durchgangsdämpfung Dt dieses Aufbaus wurde wiederum eindimensionale Schallausbreitung unterstellt, s. hierzu Anmerkungen zu Gl. (9.39):   (1 + n13 )2 · cos2 k · L + (n23 + n12 )2 · sin2 k · L Dt = 10 · lg dB; (9.41) 4n13 mit:

n12 =

S2 , S1

n13 =

S3 S1

und n23 =

S3 , S2

hierin sind

S1 die Querschnittsfläche der Leitung am Eingang, S2 die Querschnittsfläche der Kammer, S3 die Querschnittsfläche der Leitung am Ausgang und L die Länge der Kammer des Schalldämpfers sowie  die Luftschallwellenlänge. Zur allgemeingültigen Darstellung der Wirkung eines Einkammer-Schalldämpfers ist dessen Durchgangsdämpfung Dt nach Gl. (9.41) in Abb. 9.33 als Funktion der Kammerlänge L bezogen auf die Wellenlänge  dargestellt. An den Querschnittsprüngen mit den Flächenverhältnissen S2 /S1 und S3 /S2 am Ein- bzw. Ausgang der Kammer wird gemäß den Erläuterungen zu Gl. (9.39) der Schall jeweils reflektiert. Dadurch treten hin- und rücklaufende Schallwellen in der Kammer auf. Für den Fall, dass die Länge L der Kammer der halben Wellenlänge /2 entspricht, verschwindet die Durchgangsdämpfung Dt = Dt,min = 0 dB. Der Schalldämpfer ist folglich bei dieser Frequenz ohne Wirkung. Die maximale Durchgangsdämpfung Dt,max tritt dagegen für den Fall L = /4 in Abhängigkeit von der Größe der Verhältnisse nxy der Flächen ein. Diese Effekte wiederholen sich bei den Vielfachen i von /2 bzw. /4 nach folgendem Schema:

    Dt,min = 0 dB f¨ur L = i , i = 0, 1, 2, 3, . . . 2 . Dt =   D f¨ur L = i , i = 1, 3, 5, 7, . . . t,max 4

(9.42)

Die Schalldruckverteilung (Betrag) für den Fall Dt,min bei L/ = 1/2, 1 und 3,25 ist in Abb. 9.40 (obere Zeile) als Ergebnis einer numerischen Simulation unter Anwendung der Finite Elemente Methode dargestellt. Deutlich ist darin zu erkennen, dass für die Ver-

9 Schalldämpfer

455

Abb. 9.33   Durchgangsdämpfung Dt eines Einkammer-Schalldämpfers als Funktion der Länge L der Kammer im Verhältnis zur Wellenlänge , Parameter: Verhältnis n12 = S2 /S1, mit Kammerquerschnittsfläche S2 sowie Ein- und Austrittflächen S1 bzw. S3, a n12 = 2, b n12 = 4, c n12 = 8, d n12 = 16, S1 = S3

hältnisse L/ = 1/2 und 1 kein Unterschied zwischen dem Druck am Ein- und Ausgang eintritt. Dies gilt näherungsweise auch für das Verhältnis L/ = 3,25, siehe hierzu die Erläuterungen zu Abb. 9.36.

9.5.4.2 Einkammer-Schalldämpfer mit /4-Resonatoren In der Skizze in Abb. 9.34b ragt ein Verbindungsröhrchen in die Kammer mit einem Überstand der Länge L1 hinein. Der Überstand L1 bildet je nach Querschnitt des Schalldämpfers einen /4-Resonator. Dieser Effekt wird vorteilhaft zur Verbesserung der Wirkung im Bereich der Einbrüche der Durchgangsdämpfung Dt des Ein-KammerSchalldämpfers nach Abb. 9.33 herangezogen. a

b

c

Abb. 9.34    Schnittdarstellung rotationssymmetrischer Einkammer-Schalldämpfer mit /4Resonatoren (hineinragende Röhrchen) a Einkammer-Schalldämpfer ohne hineinragenden /4Resonator, b Einkammer-Schalldämpfer mit einem links in die Kammer hineinragende /4Resonator, c Einkammer-Schalldämpfer mit zwei, von beiden Seiten in die Kammer hineinragenden /4-Resonatoren, L Gesamtlänge der Kammer, L1 = L/2, L2 = L/4

456

J. Hübelt und M. Ruhnau

Das Ergebnis der Berechnung der Durchgangsdämpfung Dt eines Einkammer-Schalldämpfers nach Abb. 9.34a als Funktion der Länge L der Kammer im Verhältnis zur Wellenlänge  ist in Abb. 9.35 mit Kurve a nochmals mit den Einbrüchen Dt,min bei den Frequenzen nach Gl. (9.42) gezeigt. Die Kurve b repräsentiert hingegen die Durchgangsdämpfung Dt des Einkammer-Schalldämpfers nach Abb. 9.34b mit einem /4-Resonator am Eingang der Länge L1 = L/2. Der Einbruch Dt,min des Einkammer-Schalldämpfers (Kurve a) bei der Frequenz f = f |L=/2 und deren ungeradzahligen Vielfachen wird auf diese Weise verhindert und die Wirkung des Schalldämpfers in diesen Frequenzbereichen sogar erhöht. Dieser Effekt wird sehr anschaulich durch die Ergebnisse einer Simulation auf der Basis der „Finite Elemente Methode“ (FEM) in Abb. 9.40, untere Zeile, gezeigt. Die hierin für den Fall L/ = 0,5 dargestellte Schalldruckverteilung weist auf eine deutliche Minderung des Schalldrucks am Schalldämpferausgang hin. Wird ein weiterer /4-Resonator mit der Länge L2 = L/4 in die Kammer eingebaut (s. Abb. 9.34c), können nun auch die Einbrüche der Minderungswirkung bei f = f |i=/L i = 1, 3, 5, ... erfolgreich verhindert werden (Kurve c in Abb. 9.35). Auch in diesen Frequenzbereichen wird die Gesamtwirkung Dt des Schalldämpfers erhöht. Für die möglichst exakte Berechnung der Mündungskorrekturen der L/4-Resonatoren (L1 und L2) in Abb. 9.34c wird in (Munjal 2013) eine empirisch ermittelte Gleichung angegeben. Diese hier nur eindimensional berechneten Werte für die Durchgangsdämpfung Dt werden durch die an einem Einkammer-Schalldämpfer mit L/4 Resonator (Aufbau

Abb. 9.35   Durchgangsdämpfung Dt eines Einkammer-Schalldämpfers als Funktion der Länge L der Kammer im Verhältnis zur Wellenlänge , a Einkammer-Schalldämpfer nach Abb. 9.34a, b Einkammer-Schalldämpfer nach Abb. 9.34b, ein /4-Resonator (Röhrchen) ragt links mit L1 = L/2 in die Kammer hinein, c Einkammer-Schalldämpfer nach Abb. 9.34c, zwei /4Resonatoren ragen von beiden Seiten mit L1 = L/2 und L2 = L/4 in die Kammer hinein

9 Schalldämpfer

457

in Abb. 9.34b) gewonnen Messergebnisse, dargestellt in Abb. 9.39, Kurve a, sehr gut bestätigt. Erst im Bereich der ersten Azimutal- und Radialmoden (kurz: Quermoden) in der Kammer müssen Abweichungen von den Ergebnissen der hier erläuterten Auslegungsstrategie in Kauf genommen werden. Mithilfe der Darstellung der Durchgangsdämpfung Dt für einen rotationssymmetrischen Einkammer-Schalldämpfer als Funktion des Verhältnisses L/ soll daher in Abb. 9.36 und in Abb. 9.39 der Einfluss von Quermoden auf die Wirkung der Anordnung und die Aussagekräftigkeit der Ergebnisse der eindimensionalen Berechnung diskutiert werden. Dazu werden die Resultate der Transfer-Matrix-Methode (s. Abschn. 9.5.1) denen einer Messung nach der „Two-Source-Methode“ (s. hierzu Abschn. 6.6.4.1) und den Ergebnissen einer 3-dimensionalen numerischen Simulation unter Anwendung der „Finite Elemente Methode“ gegenübergestellt. Der Durchmesser der Kammer D2 und deren Länge L wurde für diesen Schalldämpfer mit D2 = 0,13 m bzw. L = 0,28 m gewählt. Die Ein- sowie Austrittflächen sind mit S1 = S3 gleich groß. Das Flächenverhältnis n12, als Verhältnis von Querschnitt der Kammer zum Querschnitt des Eingangs der Kammer, beträgt n12 ≈ 10. In Abb. 9.36 und 9.39 sind die Frequenzen fcσ der untersten Azimutal-(m) und Radialmoden (n) für kreisrunde Kanalquerschnitte nach Gl. (9.43) aus z. B. (Munjal 2014)

fc σ =

σ · c0 ; π ·D

(9.43)

Abb. 9.36   Gemessene und berechnete Durchgangsdämpfung Dt eines rotationssymmetrischen Einkammer-Schalldämpfers als Funktion der Länge L der Kammer im Verhältnis zur Wellenlänge  nach Abb. 9.34a mit Durchmesser D2 = 0,13 m und Ein- sowie Austrittflächen S1 = S3 sowie dem Flächenverhältnis n12 ≈ 10, a Messdaten gewonnen mit der „Two-Source-Methode“ nach s. Abschn. 6.6.4.1, b numerische 3-dim. Simulation unter Anwendung der Finite Elemente Methode, c analytische 1-dim. Simulation auf der Basis der Vierpoltheorie, Hinweis: die Lage der eingezeichneten Frequenzen fcσ der untersten Quermoden nach Gl. (9.43) ist vom jeweiligen Durchmesser D2 der Kammer abhängig und somit nicht fest mit der Abszisse L verknüpft, für die Darstellung wurde eine Kammer der Länge L = 0,28 m gewählt

458

J. Hübelt und M. Ruhnau

mit:

D Durchmesser, hier D2 = 0,13 m, c0 Schallgeschwindigkeit, σ Eigenwerte, markiert. Die Frequenzen fcσ hängen somit von der Geometrie des schallführenden Kanals, hier ist das der Durchmesser D2 der Kammer, von der temperaturabhängigen Schallgeschwindigkeit und, bei der Unterstellung von schallharten Kammerwänden als Randbedingung, von den Eigenwerten σ nach (Munjal 2014) in Abb. 9.37 ab. Die im Frequenzbereich unterste Mode ist azimutal orientiert und in dieser Darstellung mit ihrer Zuordnung zum Eigenwert σ zur Folge mit (m, n) = (1, 0) anzugeben. Der Eigenwert σ geht folglich mit σ = 1,84 in die Berechnung von fcσ ein. Die Darstellung in Abb. 9.36 zeigt die Frequenz fcσ=1,84 auf der Abszisse an der Stelle der L/ ≈ 1,25. Die Frequenzen fcσ der Quermoden sind dabei aber nicht fest mit dem Verhältnis L/ verknüpft, da sie vom jeweils gewählten Querschnitt der Kammer abhängen. Für die hier gezeigte Darstellung wurde jedoch eine für kleine Industrieschalldämpfer durchaus übliche Proportion zwischen Kammerlänge und -durchmesser mit L/D2 ≈ 2 gewählt. Es ist daher für Proportionen L/D2 in dem hier angegebenen Bereich davon auszugehen, dass die erste Querresonanzen oberhalb von L = 1 auftreten können. Die zum Vergleich herangezogen Messkurve a in Abb. 9.36 und die Ergebnisse der FEM-Berechnung (Kurve b) zeigen darüber hinaus, dass die Umfangsmoden (m-Moden) in der Kammer in dem hier gezeigten Fall durch die rotationssymmetrische Position des Schalldämpfereingangs (Quelle) nicht angeregt werden. Die Abweichung zwischen 1-dimensionaler Berechnung (Kurve a) und den zum Vergleich verwendeten Ergebnissen der Messung sowie der 3-dimensionalen FEM-Berechnung ist vertretbar, insbesondere dadurch, da die Vergleichsergebnisse höhere Werte der Durchgangsdämpfung Dt zeigen. Erst im Frequenzbereich oberhalb der zweiten Mode, d. h. bei der ersten radial orientieren Mode, bei der Frequenz fcσ=3,83 treten starke Abweichung zwischen 1- und 3-dimensionaler Brechung auf. Bemerkenswert ist jedoch, dass die Ergebnisse der FEM-Berechnung recht gut mit den Messdaten übereinstimmen und, dass in dem hier gewählten Beispiel die Wirkung des Schalldämpfers oberhalb der Frequenz fcσ=3,83 deutlich nachlässt. Diese Beobachtung wird durch die Darstellung in Abb. 9.39 bestätigt. An dieser Stelle sei angemerkt, dass die Umfangsmoden, z. B. bei einer außermittigen Position der Zuleitung angeregt werden können. Dies soll mit der Darstellung in Abb. 9.38 verdeutlicht werden. Bei der hierzu durchgeführten FEM-Simulation wurde die Zuleitung um den Abstand Dc von der Rotationsachse versetzt. In der Darstellung ist nun deutlich die Ausbildung der ersten Umfangsmode bei der Frequenz fcσ=1,84 zu erkennen. Sind bei der Anregung des Schallfeldes rotierenden Quellen, wie z. B. drehende Turbolader-Schaufeln zu berücksichtigen, breiten sich die Umfangsmoden darüber hinaus spiralförmig aus.

9 Schalldämpfer

459

Abb. 9.37   Darstellung der Eigenformen des Schalldruckes in einem kreisförmigen Querschnitt (hier Kammer-Schalldämpfer), numerische Simulation unter Anwendung der Finite Elemente Methode, σ Eigenwerte, m, n Ordnung der Eigenmoden

Die Eigenwerte σ zur Brechung der Eigenfrequenzen rechteckiger Querschnitte sind im Übrigen in (Munjal 2014) und die für elliptische in (Mimani und Munjal 2012) zusammengestellt.

9.5.4.3 Zweikammer-Schalldämpfer Eine weitere Möglichkeit zur Unterdrückung der Dämpfungseinbrüche Dt,min eines Kammer-Schalldämpfers der Länge L1 an den Stellen L1 = i 2 ist die Ergänzung des Systems durch einen zusätzlichen Kammerschalldämpfer mit von L1 abweichender Kammerlänge L2. Die Skizze c1 in Abb.  9.41 zeigt hierzu eine entsprechende

460

J. Hübelt und M. Ruhnau

Abb. 9.38   Berechnete Durchgangsdämpfung Dt eines Einkammer-Schalldämpfers mit einem um den Abstand Dc von der Mittelachse versetzten Eingangskanal, Durchmesser D2 = 0,13 m; a numerische 3-dim. Simulation unter Berücksichtigung des Versatzes Dc, Anwendung der Finite Elemente Methode, b analytische 1-dim. Simulation ohne Berücksichtigung des Versatzes Dc, Berechnung auf der Basis der Vierpoltheorie

Abb. 9.39   Gemessene und berechnete Durchgangsdämpfung Dt eines rotationssymmetrischen Einkammer-Schalldämpfers mit /4 Resonanzeffekt (ein Röhrchen ragt in die Kammer hinein) nach Abb. 9.34b mit Durchmesser D2 = 0,13 m, für die Ein- S1 und Austrittfläche S3 gilt: S1 = S3, das Flächenverhältnis ist n12 ≈ 10, a Messdaten gewonnen mit der „Two-Source-Methode“ s. Abschn. 6.6.4.1, b numerische 3-dim. Simulation unter Anwendung der Finite Elemente Methode, c analytische 1-dim. Simulation auf der Basis der Vierpoltheorie Vierpoltheorie, d analytische 1-dim. Simulation mit L1 = 0 (ohne /4 Resonanzeffekt) auf der Basis der Vierpoltheorie

9 Schalldämpfer

461

Schnittdarstellung rotationssymmetrischer Zweikammer-Schalldämpfer. Zur weiteren Verbesserung kann diese Zweikammer-Anordnung außerdem noch durch /4-Resonatoren ergänzt werden, s. hierzu Skizze c2 des Bildes. Die Darstellung in Abb. 9.42 fasst die Ergebnisse der Berechnung der Durchgangsdämpfung Dt (Vierpoltheorie mit 1-dim. Wellenleiter, Querresonanzen werden nicht berücksichtigt) für Kammer-Schalldämpfer (Industrieschalldämpfer) zunächst ohne /4 Resonanzeffekt bei einer Betriebstemperatur von ϑ = 320 ◦ C zusammen. Die Kurven a1 und b1 (Skizzen hierzu s. Abb. 9.41) repräsentieren die jeweilige Dämpfungswirkung der einzelnen Kammern mit der Länge L1 = 2 m bzw. mit der Länge L2 = 1,25 m. Das Verhältnis der Längen wurde mit L1 /L2 = 8/5 gewählt. Auf diese Weise tritt der erste gemeinsame Dämpfungseinbruch Dt,min der Zweikammer-Anordnung nach Skizze c1 in Abb. 9.41 erst bei dem 8. Dämmungseinbruch der Einzelkammer (hier bei der Frequenz f ≈ 980 Hz) mit der Länge L1 = 2 m ein. Trotz dieser Optimierung müssen für dieses hier nur willkürlich ausgewählte Beispiel Bereiche verminderter Wirkung mit Dt,min ≈ 2 . . . 6 dB schon bei den Frequenzen f ≈ 360 Hz, 610 Hz und f ≥ 710 Hz in Kauf genommen werden. Eine tatsächlich wirksame Verbesserung stellt folglich das Einbringen von /4-Resonatoren dar. In Abb. 9.43 ist aus diesem Grunde nun die Durchgangsdämpfung Dt des Kammer-Schalldämpfers nach Abb. 9.42 jedoch mit /4 Resonanzeffekt gezeigt. Die Wirkung der Einzelkammern ist in den Kurven a2 und b2 dargestellt. Der Verlauf dieser Kurven wurde bereits in Abschn. 9.5.4.2 erörtert. Die Kombination der Kammern führt nun zu dem gewünschten Ergebnis. Die Dämpfungswirkung (Kurve c2) liegt im gesamten betrachteten Frequenzbereich über 12 dB. In einem großen Bereich wird eine Minderung von sogar 20 dB erreicht.

Abb. 9.40   Darstellung der Verteilung des Schalldruckpegels in einem Einkammer-Schalldämpfer bei den Parametern L/ ohne (Zeile oben) und mit /4 Resonanzeffekt, ein Röhrchen ragt in die Kammer hinein (Zeile unten), numerische Simulation unter Anwendung der Finite Elemente Methode

462

J. Hübelt und M. Ruhnau

Abb. 9.41    Schnittdarstellung rotationssymmetrischer Ein- und Zweikammer-Schalldämpfer, Zeile 1: a1 und b1 Einkammer-Schalldämpfer ohne /4-Resonatoren, c1 Zweikammer-Schalldämpfer, Zeile 2: Kammerschalldämpfer mit /4-Resonatoren (in die Kammer hineinragende Röhrchen), a2 und b2 Einkammer-Schalldämpfer, c2 Zweikammer-Schalldämpfer

9.5.5 Lochbleche und perforierte Rohre In vielen Fällen werden zur strömungsgünstigen Ankopplung der Resonatoren, in z. B. Schiff- und Kraftwerkschalldämpfern nach Abb. 9.29c, Lochbleche zum Einsatz gebracht. Weiterhin wird in Kammerschalldämpfern durch gezielte Durchströmung von perforierten Röhrchen eine Erhöhung der dissipativen Effekte im Schalldämpfer erreicht. Die Ergebnisse derartiger Konzepte der Auslegung sind z. B. (Kar und Munjal 2005; Mechel und Munjal 2008; Munjal 2013) zu entnehmen. Zur Abschätzung der Wirksamkeit dieser Maßnahme sei an dieser Stelle lediglich die von den Autoren erfolgreich erprobte Beschreibung der auf Z0 normierten Transferimpedanz Z t,0 eines Blechs mit runden Löchern nach (Allam 2015) angegeben:

Z t,0

    √ 1,15 · Mb j · k0 th 0,3 · Mg 8 · η · ρ0 · ω + + · 1+ + = ρ0 · c0 · σ · CD dh σ σ · CD σ · CD · (th + �L · Fint · Fδ );

mit

ω Kreisfrequenz, k0 Wellenzahl, η dynamische Viskosität, ρ0 Dichte,

(9.44)

9 Schalldämpfer

463

Abb. 9.42   Berechnung der Durchgangsdämpfung Dt (Vierpoltheorie mit 1-dim. Wellenleiter, Querresonanzen werden nicht berücksichtigt) für einen Industrieschalldämpfer (Kammer-Schalldämpfer) ohne /4 Resonanzeffekt bei einer Fluidtemperatur von ϑ = 320 ◦ C: a1 und b1 (Skizzen hierzu s. Abb. 9.41) Einkammer-Schalldämpfer mit der Kammerlänge L1 = 2 m bzw. mit der Kammerlänge L2 = 1,25 m und c1 Zweikammer-Schalldämpfer mit den Kammerlängen L1 und L2 sowie mit L3 = 0,2 m, für die Ein- und Austrittfläche S1 bzw. S3 gilt: S1 = S3, das Flächenverhältnis ist n12 = S2 /S1 ≈ 10 (Bezeichnung der Flächen s. Abb. 9.33)

Abb. 9.43   Berechnung der Durchgangsdämpfung Dt (Vierpoltheorie mit 1-dim. Wellenleiter, Querresonanzen werden nicht berücksichtigt) für einen Industrieschalldämpfer (Kammer-Schalldämpfer) mit /4 Resonanzeffekt bei einer Betriebstemperatur von ϑ = 320 ◦ C: a1 und b1 (s. Abb. 9.41) Einkammer-Schalldämpfer mit der Kammerlänge L1 = 2 m bzw. mit der Kammerlänge L2 = 1,25 m und c1 Zweikammer-Schalldämpfer mit den Kammerlängen L1 und L2 sowie mit L3 = 0,2 m, für die Ein- und Austrittfläche S1 bzw. S3 gilt: S1 = S3, das Flächenverhältnis ist n12 = S2 /S1 ≈ 10 (Bezeichnung der Flächen s. Abb. 9.33)

464

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c0 Schallgeschwindigkeit, th Dicke des Lochbleches, dh Lochdurchmesser, σ Perforationsverhältnis, Mb Machzahl (durch das Lochblech), Mg Machzahl (über das Lochblech), CD Formwiderstandsbeiwert (orifice discharge coefficient), L Mündungskorrektur der Löcher, Fδ Einfluss der Strömung auf die akustische Reaktanz, z. B. Fδ = 0,38 nach (Rice 1976), Fint Berücksichtigung der Interaktion der Löcher auf die Mündungskorrektur.

9.6 Strömungsgeräusche Der Einfluss einer überlagerten Strömung auf die Schalldämpfung ist bereits in Abschn. 9.4.3.5 dargestellt. Als weiterer akustischer Einfluss ist hier das durch die Strömung verursachte Eigengeräusch der Rohrleitungen und des Schalldämpfers zu behandeln. Da umfassende Darstellungen zur Entstehung und Verminderung von Strömungsgeräuschen ausreichend vorhanden (Stüber 2004; Költzsch 1984; Lips 2008) sowie in Beispielsammlungen über Lärmminderungsmaßnahmen, siehe z. B. (Gummersbach 2001; Lips 2008), zahlreiche Informationen zu finden sind, werden hier nur einige bei der Maschinenkonstruktion häufig auftretende Fälle beispielhaft behandelt:

9.6.1 Verminderung von Geräuschen an Pneumatikventilen und Druckluftdüsen Für Pneumatikventile stehen spezielle Entspannungsschalldämpfer zur Verfügung (Abb. 9.44). Die Geräuschminderung beträgt etwa 25 dB(A). Sie folgt aus dem Übergang vom turbulenten Freistrahl ((Költzsch 1984; Stüber 2004), Pak ~ v8) zu überwiegend reibungsbestimmter Strömung ((Fuchs und Gießelmann 1981), Pak ~ v2). Kritisch sind Vereisungsgefahr und Zusetzen durch Luftbeimengungen, z. B. Öl (turnusmäßige Reinigung erforderlich). Eine Konstruktionsvariante des Entspannungsschalldämpfers (Durchströmung des porösen Materials aus Filterkeramik von außen nach innen) beugt der Gefahr des Wegschleuderns berstender Keramik vor. Reicht die mit dem Entspannungsschalldämpfer erzielte Geräuschminderung in Sonderfällen noch nicht aus, kann man etwa 20 dB(A) weitere Verminderung erzielen, indem man den Schalldämpfer in einem absorbierend ausgekleideten Hohlraum der Maschine (mit entsprechenden kleinen Öffnungen) unterbringt (Z. Arbeitsschutz u. Arbeitshyg. Dresden 1976 bis 1990), S. 269, ZAA 3/85.

9 Schalldämpfer

465

Abb. 9.44   Prinzip eines Entspannungsschalldämpfers für Pneumatikventile; übliche Anschluss-Nennweiten 1/2″ und 1″. 1 Drucklufteintritt, 2 durchströmtes poröses Material

Für Druckluftdüsen, die z. B. zum Wegblasen von Schmutz oder leichten Teilen aus Werkzeugen in Umformmaschinen eingesetzt werden, stehen geräuscharme Mehrlochdüsen zur Verfügung (Abb. 9.45), die in Ausblaspistolen eingeschraubt werden können. Die Geräuschminderung beträgt etwa 9 dB(A). Wichtig ist, dass der Druck für solche Düsen nicht größer als erforderlich eingestellt wird (Költzsch 1984; Fischer und Hertwig 1997).

9.6.2 Strömungsgeräusch des Schalldämpfers Besonders bei Kulissen-Schalldämpfern und bei Rohr-Schalldämpfern mit Einbauten entsteht durch die relativ hohe Strömungsgeschwindigkeit im freien Querschnitt ein Strömungsgeräusch durch Turbulenz. Dessen Schallleistungspegel darf nicht höher liegen als etwa 5 dB unterhalb desjenigen Pegels, der nach Einfügung des Schalldämpfers in der Anlage eingehalten werden soll. Andernfalls wird die mit dem Schalldämpfer geplante (und auch mögliche) Dämpfung nicht erreicht. Die am Einlauf des Schalldämpfers entstehenden Turbulenzgeräusche werden bei der Ausbreitung im freien Querschnitt gedämpft. Hauptschallquelle ist wohl die Strahlzone beim Austritt aus dem freien Querschnitt, die einer Dipolquelle entspricht, da die Schall-

Abb. 9.45   Geräuschgeminderte Druckluftdüse, Prinzip Mehrlochdüse, nach (Költzsch 1984). L = 20 mm, b = 9 mm, n = 5; 7; 9, D0 = 2,2; 1,9; 1,7 mm

466

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leistung etwa mit der 6. Potenz der mittleren Strömungsgeschwindigkeit vm im freien Querschnitt anwächst. In (Költzsch 1971; Biehn und Gruhl 1989; Lips 2008) wird die Schallleistung des Strömungsgeräusches in Abhängigkeit von v und vom Widerstandsbeiwert ξ, abgeschätzt. Im Allgemeinen genügt aber die Abschätzung allein über die Strömungsgeschwindigkeit v nach (VDI 2081-1 2019): Für die gerade durchströmte Luftleitung gilt für die Schallleistung des Strömungsgeräusches:  LW = 16,5 + 48,2 lg(v/vref ) + 10 lg(S/Sref )]dB. (9.45) Zur Abschätzung des frequenzabhängigen Oktav-Schallleistungspegels Lw,okt ist zu Lw die Korrektur Lw,okt Gl. (9.47) und die Gesamtkorrektur Lw,Okt,gesamt Gl. (9.48) nach

Lw,okt = LW +Lw,okt − Lw,Okt,gesamt

(9.46)

zu addieren bzw. zu subtrahieren. Die einzelnen Terme berechnen sich dabei mithilfe folgenden Gleichungen:    fm vref dB und Lw,okt = −6,24 − 21,75 lg 0,228 + 0,094 (9.47) v fref

�Lw,Okt,gesamt = 10 lg



8000 Hz fm =63 Hz

 10�Lw,okt /10 dB dB.

(9.48)

Die A-Bewertung des Geräusches kann dann unter Anwendung der Tab. 9.1 erfolgen. In (VDI 2081-1 2019) wird in Bild 8 für Lw,okt ein Streubereich angegeben, der in etwa ±4 dB beträgt. Für einen Rohrschalldämpfer mit rundem Kern gilt nach vorgenannter VDI folgende Abschätzformel:   pt vs − 11,6 lg − 3,2 dB. LW = 78,7 lg (9.49) vref pt0

Tab. 9.1  A-Bewertung in Oktavbändern, Bewertung mit LwA,Okt = Lw,okt + LA,Okt

fm in Hz

63 125 250 500

LA,Okt in dB

fm in Hz

−25,2

1000

−15,6 −8,4

−3,1

LA,Okt in dB

0

2000

1,2

4000

0,9

8000

−1,1

9 Schalldämpfer

467

Die Korrektur Lw,okt ist dabei angegeben mit:

  �Lw,okt = 39,6 − 76,7 lg St + 69,9 · (lg St)2 − 28,4 · (lg St)3 + 3,6 · (lg St)4 + K dB   D v mit K = 19,3 lg − 14,0 lg + 1,7 dB. D0 vref (9.50) Für den Kulissenschalldämpfer kann der Schallleistungspegel des Strömungsgeräusches Lw mit   S vs − 10 lg − 2,5 dB LW = 57,4 lg (9.51) vref Sref abschätzend berechnet werden. Die Korrektur Lw,okt ist:

  �Lw,okt = 7,4 − 14,9 lg St − 1,8 · (lg St)2 + 2,4 · (lg St)3 − 0,5 · (lg St)4 + K dB   vs mit K = −14,8 lg + 7,4 dB. vref (9.52) Zur Abschätzung des Oktav-Schallleistungspegels Lw,okt wird sowohl für den Rohr- als auch für den Kulissenschalldämpfer Gl. (9.46) angewandt. Es ist anzumerken, dass sich das Strömungsgeräusch mit steigender Temperatur vermindert. Eine Abschätzung dieses Einflusses ist möglich, indem man aus der Potenz von v auf den aerodynamischen Quellentyp schließt und in dessen charakteristischer Gleichung die Dichte und die Schallgeschwindigkeit mit der Temperatur T korrigiert. Dies wird in (VDI 3733 1996) für die turbulente Strömung im geraden Rohr vorgenommen und führt bei vm > 10 m/s auf

LW,A

       S p v + 10 lg + 10 lg ≈ K + 60 lg vref Sref p0     NT κ −25 lg dB + 15 lg N0 T0 κ0

(9.53)

mit

K = 8 − 0,16 101.325 Pa, p0  273 K, T0  287 J/kg K, N0  1,4. κ0 

v dB; v0

(9.54)

468

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Diese Gleichung kann für den Fall des Rohr-Schalldämpfers  ohne Einbauten benutzt werden. Die Temperaturkorrektur gilt für eine Dipolquelle P ∼ v6 und dürfte auch beim Kulissen-Schalldämpfer zutreffen. Das Strömungsgeräusch muss bei vm < 10 m/s i. Allg. nicht beachtet zu werden. Bei vm > 20 m/s ist dagegen seine Schallleistung schon so angewachsen, dass dieser Bereich möglichst vermieden werden sollte. Eine Ausnahme bilden Primär-Schalldämpfer nahe an der Quelle, denen in der weiteren Kanalführung noch ein Sekundär-Schalldämpfer folgt, der auch das Strömungsgeräusch des ersten Schalldämpfers wieder vermindert. In den Gl. (9.45) bis (9.54) bedeuten: vs

Strömungsgeschwindigkeit im freien Querschnitt (Spalt) des Schalldämpfers in m/s

v

Anströmungsgeschwindigkeit im freien Kanalquerschnitt in m/s,

vref = 1 m/s

Bezugsströmungsgeschwindigkeit,

pt

Totaldruckdifferenz nach Gl. (9.55) in Pa,

pt0 = 1 Pa

Bezugstotaldruckdifferenz,

S

freie Querschnittsfläche in m2,

Sref = 1 m2

Bezugsquerschnittsfläche,

D

Anschlussdurchmesser in m,

D0 = 1 m

Bezugsanschlussdurchmesser,

dh

hydraulischer Radius im Kulissenspalt s. Anmerkungen zu Gl. (9.57),

St = fm dh /vs

Strouhal-Zahl, dimensionslose Frequenz,

fref = 1 Hz

Bezugsfrequenz,

fm

die Oktavmittenfrequenz

κ

Adiabatenexponent

9.6.3 Druckverlust im Schalldämpfer Ein Vorteil der Absorptionsschalldämpfer gegenüber Reflexionsschalldämpfern, absorbierend ausgekleideten Kammern u. ä. besteht in ihrem relativ geringen Druckverlust, d. h. dem Gesamtdruckabfall über dem Schalldämpfer. Dennoch ist dieser nicht zu vernachlässigen und stellt i. Allg. einen wichtigen Gesichtspunkt bei der Auslegung dar, zumal sich hoher Druckverlust langfristig in den Betriebskosten einer Anlage niederschlägt (Fuchs und Ackermann 1992). Die Berechnung des Druckverlustes wird in (VDI 2081-1 2019) für eine homogene drallfreie Durchströmung unter Verwendung eines Widerstandsbeiwertes ξ mit

�pt =

̺0 2 v ξ; 2 m

ρ0 Dichte der Luft, vm mittlere Strömungsgeschwindigkeit im freien Querschnitt,

(9.55)

9 Schalldämpfer

469

angegeben. Beim Vergleich von ξ-Werten ist zu beachten, ob diese auf die Geschwindigkeit im zuführenden Kanal oder wie oben auf die Geschwindigkeit im freien Querschnitt bezogen sind! Der Widerstandsbeiwert von Rohrschalldämpfern ohne Kulissen oder ohne Kern kann analog zum rauen geraden Rohr berechnet werden. Ist jedoch im Rohrschalldämpfer mit dem Anschlussdurchmesser D ein Kern mit dem Durchmesser d vorhanden, gilt nach (VDI 2081-1 2019):

ξ = 0,981 + 0,0346

Leff D−d



D2 (D − d)2

2

(9.56)

.

Wobei Leff die wirksame Länge des Rohrschalldämpfers in m ist. Für den Kulissenschalldämpfer wird nach o. g. VDI der Widerstandsbeiwert mit

ξ = a1



s s + dk

b1

+ a2



s s + dk

b2

L ; dh

(9.57)

s freie Spaltbreite zwischen den Kulissen in m, sh Spalthöhe in m, dk Kulissendicke in m, s sh dh = 2 s+s hydraulischer Radius im Kulissenspalt. h angeben. Die Konstanten ai und bi sind Tab. 9.2 zu entnehmen. Nach einer Anmerkung in (VDI 2081-1 2019) gelten die hier abgeschätzten Druckverluste für Schalldämpfer mit eckigen Kulissen. Bei aerodynamisch gestalteten Anströmprofilen sind niedrigere Werte zu erwarten. Hier sollte auf Herstellerangaben zurückgegriffen werden. Das Anbringen von Abströmprofilen auf der Rückseite der Kulissen bringt nur dann eine Verminderung des Druckverlustes, wenn diese Profile sehr lang und schlank gestaltet sind. Auch beim Druckverlust muss bei höheren Temperaturen die Dichte ρ korrigiert werden

Tab. 9.2  Konstanten ai und bi zur Berechnung von Gl. (9.57) nach (VDI 2081-1 2019)

dk in mm

a1

a2

100

0,235

0,017

200

0,255

0,015

300

0,294

0,0167

b1

−2,78

−2,82

−2,83

b2

−2,70

−2,91

−2,95

470

J. Hübelt und M. Ruhnau

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Schallschutzkapseln

10

Werner Schirmer

10.1 Einführung Bei der Verminderung von Maschinenlärm durch passive Maßnahmen, d. h. ohne Änderung der Wirkungsweise oder der konstruktiven Gestaltung der Maschinen, kommt der vollständigen Kapselung lärmintensiver Maschinen bzw. Teilaggregate besondere Bedeutung zu, weil dadurch die Schallausbreitung von diesen Lärmquellen bereits in unmittelbarer Nähe der Quellen beeinflusst werden kann. Durch die Kapselung lärmintensiver Maschinen werden insbesondere auch die Beschäftigten in der näheren Umgebung dieser Lärmquellen geschützt. Dagegen ergibt sich z. B. durch die Auskleidung eines Raumes mit schallabsorbierenden Elementen nur für die Beschäftigten in größeren Entfernungen von den Lärmquellen eine Minderung der Lärmeinwirkung. Außerdem ist die durch eine solche Maßnahme erzielbare Pegelabsenkung im Vergleich zur Kapselung der Lärmquellen viel geringer. In den folgenden Ausführungen werden die Faktoren angegeben, die bei der Dimensionierung und Herstellung von Kapseln berücksichtigt werden müssen. Die für Schallschutzkapseln beschriebenen Dimensionierungs- und Gestaltungshinweise gelten im gleichen Maße auch für Schallschutzkabinen. Schallschutzkabinen sind Einhausungen, die in einem lauten Raum aufgestellt werden, um einen Arbeitsbereich mit niedrigem Lärm zu schaffen, beispielsweise eine lärmgeschützte Kontroll- und Steuerwarte in einer lärmerfüllten Werkhalle.

Dies ist die Überarbeitung eines Beitrages von E. Lotze. W. Schirmer (*)  Dresden, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Schirmer und J. Hübelt (Hrsg.), Technischer Lärmschutz, https://doi.org/10.1007/978-3-662-65668-6_10

473

474

W. Schirmer

10.2 Begriffe und Schallübertragungswege bei einer Maschinenkapsel Unter einer Vollkapsel für eine lärmintensive Maschine ist eine allseitig geschlossene Haube, die über der gesamten Maschine angeordnet ist, zu verstehen. Dadurch gelangt nur ein Bruchteil der von der Lärmquelle abgestrahlten Schallenergie in den Raum außerhalb der Kapsel. Außer der separaten Voll- bzw. Teilkapsel werden zunehmend in die Maschine integrierte Kapseln angewendet. Integrierte Kapseln liegen vor, wenn besonders stark schallabstrahlende Maschinenteile gekapselt werden oder unmittelbar vor schallabstrahlenden Gehäuseflächen zusätzliche Dämmwände in der Art von biegeweichen Vorsatzschalen (s. Abschn. 5.4.3) angebracht werden. Die integrierte Kapsel ist eine besonders wirtschaftliche und platzsparende Maßnahme zur Lärmminderung. Sie ist gut für Serienerzeugnisse geeignet. Bei der Teil- und der integrierten Kapsel ist jedoch die erreichbare Pegelminderung niedriger als bei einer Vollkapsel. Der Grund dafür ist, dass die ungeschützten Maschinenteile, die u. U. noch durch den Körperschall der gekapselten Maschinenteile angeregt werden können, durch ihre Schallabstrahlung weiterhin einen Beitrag zum Pegel am betrachteten Aufpunkt liefern. Die erzielbare Einfügungsdämmung ist von der Ausführung der Kapsel abhängig. Im Einzelnen sind folgende Schallübertragungswege bei einer Vollkapsel möglich, s. Abb. 10.1: Für den Luftschall Weg A Ausbreitung über die Kapselwände, Weg B Ausbreitung über Undichtigkeiten und unvermeidbare Öffnungen, und zwar • Weg B 1 – über undichte Stoßstellen zwischen den einzelnen Kapselteilen (darunter fallen auch undichte Türen, Reparatur- und Beobachtungsklappen), • Weg B 2 – über undichte Durchführungen von Maschinenteilen durch die Kapselwände (z. B. bei Rohr- oder Wellendurchführungen), Abb. 10.1   Die verschiedenen Schallübertragungswege bei einer Maschinenkapsel

10 Schallschutzkapseln

475

• Weg B 3 – über undichte Stoßstellen zwischen den Kapselwänden und angrenzenden Bauteilen, • Weg B 4 – über erforderliche Öffnungen für die Be- und Entlüftung sowie die Material- oder Werkstückzu- und -abführung; Für den Körperschall Weg C Körperschallausbreitung über starre Verbindungsteile bzw. angrenzende Bauteile auf die Kapselwände und Abstrahlung als Luftschall, und zwar • Weg C 1 – über starre Befestigungen der Kapsel am Maschinengehäuse, • Weg C 2 – über Durchführungen von Maschinenteilen, die starr mit der Kapselwand verbunden sind, • Weg C 3 – über angrenzende Bauteile, Weg D Körperschallausbreitung und Abstrahlung als Luftschall außerhalb der Kapsel, und zwar • Weg D 1 – über durchgeführte Maschinen- oder Anlagenteile, • Weg D 2 – über angrenzende Bauteile. Die lärmdämmende Wirkung einer Kapsel wird durch das Einfügungsdämm-Maß DeK gekennzeichnet. Dieses ist gegeben durch   ∆L .. ∆LK ∆Lv O − 10 dB − 10 dB − 10 Dek = L0 − Lm = −10 lg 10 + 10 + 10 dB dB; (10.1)

Lm  Schalldruckpegel an einem Aufpunkt außerhalb der Kapsel, L0  Schalldruckpegel an dem gleichen Aufpunkt ohne Kapsel, zu erwartende Schallpegelabsenkung bei Schallübertragung allein über die ∆Lk   Kapselwände – Weg A (s. Abschn. 10.3), ∆LO..    zu erwartende Schallpegelabsenkung bei Schallübertragung allein über Öffnungen – Weg B (s. Abschn. 10.4.4), zu erwartende Schallpegelabsenkung bei Schallübertragung allein über starre ∆Lv   Verbindungen – Weg C (s. Abschn. 10.4.5) Der Anteil der Schallübertragung über den Weg D kann rechnerisch nicht quantitativ angegeben werden. .. → 0 dB Das Einfügungsdämm-Maß DeK kann nach Gl. (10.1) bei Werten von ∆Lk O,V formal negativ werden. Für die resultierende Wirkung von Weg A und B tritt das jedoch wie physikalisch zu erwarten nicht ein, s. Gl. (10.5). Unter Berücksichtigung der akustischen Erfordernisse ist eine Vorauswahl der Kapselwandausführung nach Tab. 10.1 möglich. Die rechnerische Bemessung der Kapselausführung wird in den folgenden Abschnitten dargelegt.

476

W. Schirmer

Tab. 10.1  Orientierungsangaben zur Kapselwandausführung für unterschiedlich hohe Schallschutzanforderungen, alle Varianten mit schallabsorbierendem Material etwa 50 mm dick auf der gesamten Wandfläche (Fasold 1984) DeK bei etwa 500 Hz in dB

Typisches Dämmmaterial

Zulässiger Öffnungsanteil q, vgl. Gl. (10.4) in %

Größenordnung der Art der zulässigen Schlitz- Dichtung breite in mm

 ≤ 10

Dämm-Matten (nicht- 10 poröses Material, 5 bis 7 kg/m2)

10

Grobe Anpassung

 ≤ 20

1 mm Stahlblech, nicht entdröhnt

1

1

Gute Anpassung

 ≤ 30

2 mm Stahlblech, entdröhnt

0,1

0,1

Einfache Gummidichtung

 ≤ 40

Doppelwand, 2 × 1 mm Stahlblech oder Mauerwerk, 250 kg/m2

0,01

0,01

Mehrfachdichtung

10.3 Abschätzung der Pegelabsenkung bei Schallübertragung über die Kapselwände – Weg A Für die durch die Kapselung einer Lärmquelle hervorgerufene Schallpegelabsenkung ΔLk an einem Aufpunkt kann unter der Annahme, dass innerhalb der Kapsel ein diffuses Schallfeld vorhanden ist, folgende Beziehung abgeleitet werden:

∆LK = R − 10 lg

SK dB; AK

(10.2)

R  Schalldämm-Maß der Kapselwände (s. Abschn. 5.2.1), AK  äquivalente Absorptionsfläche innerhalb der Kapsel, Bei praktischen Dimensionierungen kann die Schallabsorption von den Wandflächen ohne Absorbermaterial und die der freien Bodenfläche vernachlässigt werden. Es gilt AK = αSA + τ SK.

α  Schallabsorptionsgrad der Kapselwandverkleidung, τ    Transmissionsgrad der Kapselwände entsprechend Gl. (5.22), τ SK ist nur zu berücksichtigen für α → 0, SK  Oberfläche der Kapselwände (ohne Öffnungen), SA  Gesamtfläche der schallabsorbierend verkleideten Kapselwände, SA ≤ SK.

10 Schallschutzkapseln

477

Aus dieser Gleichung ist ersichtlich, dass die erzielbare Pegelabsenkung mit der Erhöhung sowohl des Schalldämm-Maßes R der Kapselwände als auch des Schallabsorptionsgrades α innerhalb der Kapsel ansteigt. Im Normalfall ist die Pegelabsenkung kleiner als das Schalldämm-Maß der Kapselwände. Für eine Kapsel ohne schallabsorbierende Wandverkleidung ist z. B. bei Voraussetzung eines Schallabsorptionsgrades von α = 0,05 und SA = SK die Pegelabsenkung um 13 dB geringer als das Schalldämm-Maß. Die maximale Pegelabsenkung, die wertmäßig gleich dem Schalldämm-Maß ist, wird nur dann erreicht, wenn die gesamte Kapselwand schallabsorbierend verkleidet ist (SA = SK) und dabei der Schallabsorptionsgrad α = 1 beträgt. Aufgrund praktischer Erfahrungen kann Gl. (10.2) auch dann noch angewendet werden, wenn innerhalb der Kapsel kein diffuses Schallfeld vorhanden ist. Das ist dann der Fall, wenn • der mittlere Abstand der Kapselwände vom Maschinengehäuse kleiner ist als die Wellenlänge des Luftschalles, und zwar bis zu Abständen von etwa 30 mm (Bericht Nr. 299 1967), • die Kapselwände hochabsorbierend verkleidet sind (Erler 1965). Für die Anwendung der Gl. (10.2) ist keine besondere Schallfeldform außerhalb der Kapsel erforderlich. Sie gilt sowohl für das diffuse als auch für das freie Schallfeld, sofern die Lärmquelle keine extrem gerichtete Schallabstrahlung aufweist. Bei der Dimensionierung einer Kapsel wird zweckmäßigerweise so vorgegangen, dass man den gemessenen oder den aus dem Schallleistungspegel LW der Lärmquelle mit der Gl. (7.13) berechneten frequenzabhängigen Schalldruckpegel L0 mit den vorgegebenen frequenzabhängigen Pegelwerten Lm vergleicht. Daraus ergibt sich das erforderliche Einfügungsdämm-Maß, das durch die Kapsel verwirklicht werden muss. Der innerhalb der Kapsel zu erwartende Schalldruckpegel LK kann bei Voraussetzung eines diffusen Schallfeldes aus der abgestrahlten Schallleistung nach der folgenden Beziehung berechnet werden:   AK LK = LW − 10 lg 2 − 6 dB. m

10.4 Konstruktive Gestaltung 10.4.1 Allgemeine Bemerkungen Die akustische Wirkung einer Kapsel bei Schallübertragung über die Kapselwände (Weg A) wird gemäß Gl. (10.2) durch das Schalldämm-Maß der Kapselwände, die äquivalente Absorptionsfläche (bzw. den Absorptionsgrad der Wandverkleidung) in der Kapsel und durch die Oberfläche der Kapselwände bestimmt. R ­ ealisierungsmöglichkeiten für

478

W. Schirmer

die erforderlichen Werte des Schalldämm-Maßes R und des Schallabsorptionsgrades α werden im Kap. 5 „Luftschalldämmung“ und im Kap. 6 „Luftschallabsorption“ angegeben. Im vorliegenden Abschnitt werden besonders einige Gesichtspunkte für die konstruktive Gestaltung von Kapseln unter Berücksichtigung einer weitestgehenden Absenkung der Schallübertragung über die Wege B bis D beschrieben. An dieser Stelle soll noch darauf hingewiesen werden, dass bei der Konstruktion einer Kapsel neben den akustischen Forderungen vor allem die Betriebsverhältnisse, z. B. die Funktion der zu kapselnden Maschine, Möglichkeiten zur Kontrolle, Wartung, Reparatur und Wärmeableitung und der technologische Materialfluss, umfassend berücksichtigt werden müssen. Sonst ist der Einsatz einer Kapsel im Produktionsablauf, beispielsweise infolge eines erhöhten Zeitaufwandes für erforderliche Arbeitsgänge, oft nicht gewährleistet. Maschinenhersteller, Betriebsingenieure und Akustiker sollten deshalb bei einer Kapselkonstruktion eng zusammenarbeiten. Für besonders kritische Einsatzfälle und für Serienfertigungen ist der Bau eines Kapselfunktionsmusters zu empfehlen, damit die Eignung der gewählten Ausführung unter praktischen Bedingungen erprobt werden kann. Entscheidungshilfen bezüglich der Zweckmäßigkeit eines Kapseleinsatzes bietet das Lärmschutz-Arbeitsblatt (IFA-LSA 01-243 2014).

10.4.2 Wahl der Kapselabmessungen Die Abmessungen einer Kapsel ergeben sich aus den Maschinenabmessungen und aus dem zu wählenden Abstand zwischen der Kapselwand und der Oberfläche des Maschinengehäuses. Die Wahl dieses Abstandes ist abhängig • aus akustischer Sicht von der tiefsten Frequenz, bei der die Kapsel noch wirksam sein soll, • von den Forderungen bezüglich der Bedienbarkeit sowie der Kontroll-, Wartungsund Reparaturmöglichkeit des gekapselten Aggregates. Die akustische Wirksamkeit der Kapsel ist bei der tiefsten interessierenden Frequenz fu gewährleistet, wenn die Resonanzfrequenz fr s. Abschn. 5.4.2.1 und Gl. (5.41), niedriger ist als die Frequenz fu. Mit der Voraussetzung fr = 0,6fu (vgl. (VDI 2711 1978)) ergibt ′ sich aus Gl. (5.45) für den Mindestabstand dmin der Kapselwand ′ dmin =

107 ; m′′ fu2

(10.3)

m′′      flächenbezogene Masse der Kapselwand, ′   in mm, m′′ in kg/m2, fu in Hz. dmin Zur Veranschaulichung der erforderlichen Mindestabstände sind in Tab. 10.2 die Werte für Kapselwände aus Stahlblech eingetragen.

10 Schallschutzkapseln

479

Tab. 10.2  Erforderlicher Mindestabstand dmin (gerundet) der Kapselwand von der Maschinenoberfläche für Stahlblech der Dicke d und verschiedene untere Grenzfrequenzen fu der Kapselwirksamkeit (Fasold 1984) ′

fu in Hz

′ dmin in mm d = 1 mm

d = 2 mm

d = 4 mm

63

320

160

80

125

80

40

20

250

20

10

5

Außerdem ist zur Vermeidung einer Körperscfhallübertragung von der gekapselten Maschine auf die Kapselwand der Abstand zwischen Maschinenoberfläche und Kapselwand so groß zu wählen, dass keine direkte Berührung zwischen vorspringenden Maschinenteilen und Kapsel möglich ist. Größere Maschinen und Aggregate werden zweckmäßig mit großem Abstand gekapselt. Diese Kapseln sind dann begehbar. Wartungs- und kleinere Reparaturarbeiten können ohne Abbau der Kapsel ausgeführt werden. Innerhalb dieser Kapseln existiert meist, außer bei tiefen Frequenzen, ein diffuses Schallfeld. Dagegen werden kleine Maschinen vorzugsweise mit geringem Abstand eingehaust (integrierte Kapseln). Die Kontrolle und Wartung kann dabei durch Fenster und Montageklappen geschehen.

10.4.3 Ausführung der Kapselwand Die prinzipielle Ausführung einer einschaligen Kapselwand ist im Abb. 10.2 gezeigt. Als Material für die Außenhaut einer Maschinenkapsel wird meist 1 bis 3 mm dickes Stahlblech verwendet. Gemäß Abschn. 5.3.1.2 ist die Schalldämmung einer Stahlblechkapsel ohne Entdröhnung abhängig von der kleinsten Abmessung der Kapsel bzw. vom kleinsten Abstand erforderlicher Versteifungsrippen oder -sicken. Die zu erwartende Schalldämmung wird um so höher, je größer diese Abmessungen gewählt werden. Abb. 10.2   Prinzipieller Aufbau einer Kapselwand aus Stahlblech. 1 Außenhaut der Kapselwand, 2 Entdröhnungsmittel, 3 schallabsorbierendes Material, 4 Folie mit geringer flächenbezogener Masse, 5 schalldurchlässige, mechanisch stabile Abdeckung

480

W. Schirmer

Bei Kapselwänden aus Stahlblech und bei kleinen Kapselabmessungen kann die Schalldämmung durch eine Entdröhnung des Stahlbleches noch erhöht werden (s. Abschn. 5.3.1.2). Zu diesem Zweck ist Entdröhnungsmittel (s. Abschn. 4.7.1) auf einer Seite der Stahlblechwände mit etwa 2-bis 3facher Blechdicke aufzuspritzen bzw. aufzuspachteln. Das zusätzliche Aufbringen des Entdröhnungsmittels kann jedoch entfallen, wenn die erforderliche Bedämpfung bereits durch das Anbringen der schallabsorbierenden Verkleidung an der Kapselwand erreicht werden kann. Das ist dann der Fall, wenn das Absorbermaterial üblicher Dicke entsprechend fest an das Stahlblech angekoppelt ist, z. B. durch Ankleben oder Andrücken infolge hoher Stopfdichte. Für die schallabsorbierende Verkleidung der Kapselwände wird poröses Material, wie Mineralwolle, Glaswolle oder Kunststoffschaum, verwendet. Die erforderliche Absorberschichtdicke wird dabei durch die tiefste Frequenz bestimmt, bei der noch annähernd vollständige Absorption erzielt werden soll, d.h., je niedriger die zu absorbierenden Frequenzen sind, um so dicker muss die Absorberschicht sein (s. Abschn. 6.3.2). Hinweise zur schallabsorbierenden Auskleidung von Teil- und integrierten Schallschutzkapseln einschließlich deren Dimensionierung werden im Kap.  6, insbesondere Abschn. 6.3.6 gegeben. Zum Schutz des schallabsorbierenden Materials vor mechanischen Beschädigungen wird vor diesem meist eine schalldurchlässige, mechanisch stabile Abdeckung in Form von Lochblech, Drahtgewebe oder Streckmetall angebracht. Akustisch hat diese Abdeckung keinen Einfluss, wenn das Lochflächenverhältnis φ ≥ 0,3 ist (s. Abschn. 6.3.5). Das Absorbermaterial kann vor Feuchtigkeit und Staub durch die Verwendung von leichter Folie (Polyethylen- oder Polyamidfolie) geschützt werden. Dabei ist die Folie schlaff vor dem Absorbermaterial anzuordnen (s. Abschn. 6.3.5.2). Besonders günstig sind Kunststoffschäume als Absorbermaterial für Schallschutzkapseln. Sie sind sowohl mit selbstklebender Rückseite als auch mit feuchtigkeits- oder ölabweisender Beschichtung erhältlich. Auf eine mechanische Abdeckung kann meist verzichtet werden. Anstelle des Einfachbleches für die Außenhaut der Kapselwand (s. Abb. 10.2) können auch Mehrschichtbleche oder Verbundbleche verwendet werden. Dann kann die Entdröhnung entfallen.

10.4.4 Vermeidung der Schallübertragung über Undichtigkeiten und unvermeidbare Öffnungen – Weg B 10.4.4.1 Pegelabsenkung bei Schallübertragung über Weg B Wird der Schall aus einer Kapsel nur über eine Öffnung, die z. B. Lüftungszwecken dient, übertragen, d.h., die Übertragung über die Kapselwände selbst kann vernachlässigt werden, dann ergibt sich aus dem auf diese Öffnung auftreffenden Schallleistungsanteil folgende Pegelabsenkung (Voraussetzung: innerhalb der Kapsel ist ein diffuses ­Schallfeld):

10 Schallschutzkapseln

481

∆LO.. = 10 lg

AK Pges dB = 10 lg .. dB. .. PO SO

Diese Gleichung folgt auch aus Gl. (10.2) für R = 0 dB und SK = SO.. . Sie kann mit AK = α SA + SO.. SO.. und dem Öffnungsanteil q = SK +S .. O

umgewandelt werden in

 S A ∆LO.. = 10 lg 1 + α .. dB. SO 

Mit SA = SK wird daraus

  1−q dB ∆LO.. = 10 lg 1 + α q

(10.4)

und mit α → 1

1 ∆LO.. = 10 lg dB. q Darin bedeuten:

SO..   Fläche der Öffnung in der Kapselwand, Fläche der Kapselwand mit schallabsorbierender Verkleidung SA ≤ SK; SK SA   s. Gl. (10.2), α  Schallabsorptionsgrad der Wandverkleidung, q  Öffnungsanteil. Im Abb. 10.3 wurde für verschiedene Schallabsorptionsgrade die nach Gl. (10.4) berechnete Einfügungsdämmung ∆LO.. in Abhängigkeit vom Öffnungsanteil q aufgetragen. Daraus ist ersichtlich, dass die schallabsorbierende Verkleidung der Kapselwände einen sehr großen Einfluss auf die erzielbare Dämmwirkung einer Kapsel mit Öffnungen hat. Bei gleichem Öffnungsanteil wird über die Öffnung in einer unausgekleideten Kapsel (α ≈ 0,1) etwa 10 dB mehr Schall übertragen als über die Öffnung gleicher Größe in einer hochabsorbierenden Kapsel (α ≈ 1). Die Beziehung (10.4) gilt jedoch exakt nur, wenn die Abmessungen der Öffnungen groß gegen die Wellenlänge des Luftschalles sind. Dagegen ist die Schallübertragung über Schlitze größer, als sich aufgrund der Abmessungen und Berechnung nach Gl. (10.4) ergeben würde, besonders dann, wenn die Schlitzbreite wesentlich kleiner als die halbe Wellenlänge des übertragenen Schalles ist und die Schlitztiefe mit der halben Wellenlänge bzw. einem ganzzahligen Vielfachen übereinstimmt (Comperts 1964; Walsdorff 1967).

482

W. Schirmer

Abb. 10.3   Einfügungsdämmung ∆LO.. für Kapseln mit Öffnungen nach Gl. (10.5) in Abhängigkeit von Öffnungsanteil q und Schallabsorptionsgrad α der vollständig mit Absorptionsmaterial belegten Kapselwand, nach (Fasold 1984)

Erfolgt die Schallübertragung sowohl über die Kapselwände (Weg A) als auch über Öffnungen (Weg B), so ergibt sich das Einfügungsdämm-Maß gemäß Gl. (10.1) aus den nach den Gl. (10.2) und (10.4) berechneten Pegelabsenkungen. Das EinfügungsdämmMaß ist deshalb kleiner als die kleinere der beiden Pegeldifferenzen. Die resultierende Wirkung der Wege A und B mit

AK = αSA + SO.. + τ SK erhält man direkt aus

DeK

 αSA = 10 lg 1 + dB. τ SK + SO.. 

(10.5)

Der erforderliche Aufwand bezüglich der Abdichtung der Stoßstellen ist abhängig von dem gewünschten Einfügungsdämm-Maß. Es wäre also nicht sinnvoll, bei kleinen geforderten Einfügungsdämm-Maßen übertriebene Abdichtungsmaßnahmen auszuführen. Zur Beurteilung werden deshalb folgende Richtwerte angegeben (vgl. auch Tab. 10.1):

10 Schallschutzkapseln

483

• Für Einfügungsdämm-Maße bis zu etwa 20 dB ist eine gute Bearbeitungsgenauigkeit der Kapselelemente (gutes Zusammenpassen der Einzelelemente an den Montagefugen) ausreichend. Besondere Abdichtungen sind nicht erforderlich. • Für erforderliche Einfügungsdämm-Maße über 20 dB müssen dagegen einwandfreie Abdichtungen ausgeführt werden. Zur Orientierung über die mögliche Verschlechterung der Schalldämmung infolge einer zusätzlichen Schallübertragung über ungedichtete Stoßstellen sind im Abb. 10.4 die für eine Stahlplatte mit umlaufendem Schlitz verschiedener Breite gemessenen Schalldämm-Maße aufgetragen. Die Messungen erfolgten für eine 1 mm dicke Stahlplatte, die vor der Öffnung (0,9 m · 0,25 m) einer Messkammer angeordnet war. Die Schlitztiefe betrug 50 mm. Dabei war keine Behinderung des Schalldurchganges durch schallabsorbierendes Material in dem oder vor dem Schlitz vorhanden, die u. U. bei ausgekleideten Kapseln auftritt. Aus dem Bild ist die Abnahme der Schalldämmung oberhalb von etwa 2000 Hz mit wachsender Schlitzbreite zu erkennen. Die Dämmungseinbrüche bei etwa 3000 Hz und 6000 Hz ergeben sich aus der gewählten Schlitztiefe, die bei den Frequenzen gerade n /2 (mit n = 1, 2, 3, . . .) beträgt.

Abb. 10.4    Schalldämm-Maß einer Stahlplatte (900 mm · 250 mm · 1 mm) mit und ohne umlaufende Abdichtung an der Auflage, Schlitztiefe 50 mm (Sonntag 1966). a Abdichtung mit Moosgummi, b Schlitzbreite etwa 0,1 mm, c Schlitzbreite etwa 0,25 mm, d Schlitzbreite etwa 0,5 mm, e Schlitzbreite max. 1 mm, a1 bis e1 Rechenwerte für mittlere Schalldämm-Maße nach Gl. (5.60) mit RW = 40 dB (Kurve a1) und RE = 0 dB

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10.4.4.2 Stoßstellen zwischen den Kapselelementen – Weg B 1 Bei Maschinenkapseln, bei denen die Kapselwände fest miteinander verbunden sind, z. B. bei geschweißten Konstruktionen, bzw. bei denen die Wände am Aufstellungsort fest montiert werden können, ist eine gute Abdichtung bereits vorhanden oder relativ einfach zu verwirklichen. Dagegen muss bei Kapseln, die je nach Bedarf aus transportablen Einzelelementen auf- und abgebaut werden sollen, besonderer konstruktiver Aufwand getrieben werden. Im Abb. 10.5 sind verschiedene Möglichkeiten dargestellt, wie das Dichtungsmaterial, beispielsweise bei der Befestigung von Gehäuseverkleidungen an tragenden Gehäuseteilen, angeordnet werden kann. Mit einer U-förmigen Profilgummidichtung (z. B. 1,5 mm dicker Weichgummi), die mit einer stabilen Andruckleiste auf der ganzen Länge angedrückt wird [Variante a)], kann eine ausreichende Abdichtung erreicht werden. Der große Vorteil hierbei ist, dass die Befestigung nicht punktförmig erfolgt. Die Variante b) gibt bei Verwendung von Gummischlauch (z. B. 10 mm Ø) oder anderem weichem Dichtungsmaterial, wie Filz, ebenfalls eine ausreichende Abdichtung. Bei dem erstgenannten Material ist jedoch auf eine saubere Ausbildung des Stoßes zu achten. Die Varianten c) und d) sind akustisch ungünstig, da dabei die Dichtwirkung durch Öffnungen an den Verschraubungen sowie durch die Öffnungen, die durch das Verspannen des Bleches entstehen und bei Verwendung von Dichtungsmaterial mit großer Steifigkeit nicht genügend abgedichtet werden können, herabgesetzt wird. Diese Gesichtspunkte gelten auch für die Dichtung von Türen, Fenstern, Reparaturund Beobachtungsklappen. Transportable Kapselteile werden zweckmäßigerweise aus U-Profilrahmen hergestellt, an denen die Stahlblechverkleidungen befestigt werden. Möglichkeiten der Stoßstellendichtung derartiger Kapselteile sind im Abb. 10.6 gezeigt. Im Bild Abb. 10.6a wird die Stoßstelle beispielsweise doppelt abgedichtet. Der Dichtungsgummi wird jeweils durch einen Abdeckblechstreifen fest an die Profilrahmen angedrückt. Durch die doppelte Abdichtung ist die Schallübertragung an der Verschraubung unbedeutend. a

c

b

d

Abb. 10.5   Möglichkeiten zur Anordnung des Dichtungsmaterials (Sonntag 1966), a und b akustisch günstig, c und d akustisch ungünstig (Erläuterung siehe Text)

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485

a

b

c

d

e

Abb. 10.6   Möglichkeiten der Verbindung und Stoßstellenabdichtung von transportablen Kapselelementen. b) nach (DIN EN ISO 15667 2001); e) Schallschutzkapsel-Baukastensystem, vormals Industrielärmschutz, Leipzig, 1978. 1 Kapselwandung, 2 Profilrahmen eines Kapselelementes, 3 Gummidichtung, 4 Abdeckblech, 5 Verschraubung, 6 Halterung, 7 Kastenholmgerüst, 8 Gerüst aus zwei verschweißten U-Holmen, 9 Verbindungsklemme, Sicherung durch Blechschrauben

10.4.4.3 Durchführung von Maschinenteilen – Weg B 2 Oftmals müssen Maschinenteile wie Rohrleitungen oder Wellen durch die Kapselwand hindurchgeführt werden. Bei akustisch hochwertigen Kapseln müssen diese Durchführungen abgedichtet werden. Im Abb. 10.7 sind einige prinzipielle Möglichkeiten für die Abdichtung einer durchgeführten Rohrleitung dargestellt.

Abb. 10.7   Möglichkeiten zur isolierten Durchführung einer Rohrleitung durch eine Kapselwand. 1 Kapselwandung bzw. Kapselwand aus Stahlblech, 2 Rohrleitung, 3 Formstück aus Gummi oder elastischem Kunststoff, 4 Fasermaterial, z. B. Mineral-, Basalt- oder Glaswolle, 5 Gummimanschette

486

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Die Abdichtung einer Wellendurchführung wird im Abb. 10.8 gezeigt. Ein sehr kleiner Luftspalt kann dadurch erreicht werden, dass ein sehr weiches Material, z. B. 0,5 bis 1mm dicke Platte aus Messing oder Kunststoff, als Dichtungsmaterial verwendet wird. Im Stillstand der Maschine wird dieses Blech, das dem Wellendurchmesser angepasst ist, montiert. Bei Inbetriebnahme der Maschine wird die kleinste erforderliche Öffnung durch die rotierende Welle aus dem Blech ausgearbeitet. Bei einer derartigen Ausführung wird die Dicke des Luftspaltes also im Wesentlichen nur durch den Schlag der Welle bestimmt. Eine Beschädigung der Welle ist infolge der Weichheit des Materials nicht zu erwarten. Eine andere Möglichkeit ist die Verwendung eines ringförmigen schallabsorbierenden Kanalstückes, das in Schallausbreitungsrichtung nicht zu kurz sein darf.

10.4.4.4 Stoßstellen zwischen Kapselwänden und angrenzenden Bauteilen – Weg B 3 Eine gute Dichtung kann dadurch erreicht werden, dass einmal genügend breite und ebene Auf- bzw. Anlageflächen für die Kapsel vorgesehen und zum anderen genügend breite Streifen elastischen Dichtungsmaterials zwischen diesen Flächen und der Kapsel bzw. den Kapselelementen verwendet werden. Als Dichtungsmaterial sind beispielsweise Gummi, elastischer Kunststoff oder weiche Faserstoffe geeignet. Möglichkeiten zur dichten und körperschalldämmenden Aufstellung von Kapseln sind im Abb. 10.9 dargestellt. Zur Erzielung eines möglichst geringen Kapselmontage- und -demontageaufwandes bei der Reparatur und Instandsetzung der gekapselten Maschine werden Kapseln oftmals aus gegeneinander verschiebbaren, meist rollengelagerten Teilelementen gebaut. Dadurch entstehen aber Fugen, beispielsweise zur Gebäudewand, zum Fußboden oder zwischen den Teilelementen, als akustische Schwachstellen. Die Schallübertragung darüber kann vermindert werden, wenn die Fugen als schalldämpfende Schlitze ausgebildet sind. Die Schlitzbreite ist – unter Beachtung der Fertigungsgenauigkeiten der Kapselelemente sowie eventuell im Laufe der Nutzung auftretender Verformungen – so klein wie möglich zu wählen. Diese Maßnahme ist akustisch günstiger, besonders bei

Abb. 10.8   Möglichkeiten zur Abdichtung einer Wellendurchführung. 1 Kapselwand aus Stahlblech, 2 Justierbleche, 3 Messingblech, 0,5 bis 1 mm dick, 4 Spannring, 5 durchgeführte Welle, 6 Luftspalt, 7 Abdeckung, z. B. Lochblech, 8 Fasermaterial, z. B. Mineral-, Basalt- oder Glaswolle

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Abb. 10.9   Beispiele für eine dichte und körperschalldämmende Aufstellung der Kapsel nach (DIN EN ISO 15667 2001). 1 Kapselwandung, 2 Auflageplatte, 3 weiches Gummielement als Feder- und Dichtelement, 4 Konsolenkonstruktion, 5 Gummielemente zur Lagesicherung, 6 Grundrahmen

hohen Frequenzen, als ein stumpfer Anschlag mit Dichtungswulst, vgl. (Schwetzke und Bauer 1982). Eine Lösungsmöglichkeit wird im Abb. 10.10 gezeigt.

10.4.4.5 Öffnungen für die Be- und Entlüftung sowie die Zu- und Abführung von Material oder Werkstücken – Weg B 4 Infolge der schallabsorbierenden Verkleidung der Kapselwände und der damit verbundenen hohen Wärmedämmung wird die Wärmeableitung von gekapselten Maschinen wesentlich verschlechtert. Dies ist besonders kritisch bei Maschinen und Aggregaten mit hoher Wärmeabstrahlung, z. B. bei Turbokompressoren. Außerdem muss für eigenbelüftete Abb. 10.10   Beispiel zur Abdichtung rollbarer Kapselteile nach (Sehrndt 1975). 1 Schallabsorptionsmaterial. Hinweis: Aus Sicherheitsgründen muss die Führungsschiene in den Boden eingelassen sein

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Maschinen – wie für E-Motoren – ausreichend Kühlluft zugeführt werden. Deshalb sind in den Kapseln für derartige Maschinen Be- und Entlüftungsöffnungen mit ausreichender Fläche vorzusehen (s. auch Abschn. 10.6). Damit durch die Schallabstrahlung dieser Öffnungen die akustische Wirkung der Kapseln jedoch nicht zunichte gemacht wird (s. Abschn. 10.4.4.1), sind vor den Öffnungen Schalldämpfer anzubringen (s. Kap. 9). Diese Schalldämpfer können, beispielsweise in Form von schlitzförmigen Kanälen, auf dem Kapseldach bzw. an einer seitlichen Kapselwand angeordnet werden. Das durch eine Kapsel erreichbare Einfügungsdämm-Maß bei alleiniger Schallübertragung über die Lüftungsöffnung mit Schalldämpfer kann mit folgender Beziehung berechnet werden:

∆LO.. ,D = Dt + ∆LO.. .

(10.6)

Dt ist die Dämpfung des Schalldämpfers (s. hierzu Bemerkungen in Abschn. 9.3.3) vor der Lüftungsöffnung mit der Fläche SO.. . Die zur Belüftung einer Kapsel erforderliche Luftführung innerhalb der Kapsel muss so erfolgen, dass eine vollständige Wärmeableitung von der gekapselten Maschine gewährleistet ist. Eine Vermischung von Frischluft und Abluft ist zu vermeiden, z. B. durch die Verwendung besonderer Einbauten in Form von Trennblechen. Für den Fall, dass die unter vorgenannten Verhältnissen zur Verfügung stehende Frischluft zur Kühlung einer Maschine nicht ausreicht, ist in die Kapsel zusätzlich ein entsprechender Lüfter einzubauen. Abb. 10.11 zeigt ein Beispiel der Realisierung aller genannten Maßnahmen bei einer ausgeführten Kapsel. Es handelt sich dabei um die Schalldämmhaube für einen Erregermaschinensatz. Die mit dieser Kapsel erreichte Einfügungsdämmung beträgt 23 dB(A) ohne Betrieb des Zusatzlüfters (Vergleich der mit der A-Kurve frequenzbewerteten Gesamtschallpegelwerte ohne und mit Kapsel). Außer Lüftungsöffnungen können aber auch produktionsbedingte Öffnungen in der Kapselwand erforderlich sein, beispielsweise für die Zu- und Abführung von Material oder Werkstücken. Auch hier eignen sich zur Verminderung der Schallabstrahlung von diesen Öffnungen davor angebrachte schalldämpfende Kanäle. Abb. 10.12 zeigt als Teilmaßnahme eine solche Kanalstrecke für die Materialzuführung bei einer Dickenhobelmaschine1). Dabei ist das horizontal angeordnete absorbierende Kanalelement feststehend, während sich die vertikalen seitlichen Begrenzungen gemeinsam mit dem Maschinentisch in der Höhe verstellen lassen. Zusammen mit der schalldämmenden Verkleidung des Maschinengestells unterhalb des Arbeitstisches ergibt diese Maßnahme in Abhängigkeit von der gewählten Arbeitshöhe (= Schlitzbreite) eine Einfügungsdämmung von 4 bis 16 dB(A), gemessen am Arbeitsplatz „Materialzuführung“.

1 )

Nach Angaben des VEB Isolierungen, Berlin, 1987.

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Abb. 10.11   Schalldämmhaube für Erregermaschinensatz. a Frischluft, b Abluft, 1 Kapselwand aus Stahlblech mit schallabsorbierendem Material, 2 schalldämpfende Kanäle für Frisch- und Abluft, 3 Lüfter, 4 Blech zur Trennung von Frisch- und Abluft

Abb. 10.12   Schalldämpfender Kanal vor der Materialzuführung bei einer Dickenhobelmaschine

10.4.5 Vermeidung der Körperschallanregung der Kapsel – Weg C Über Maschinenteile, die starr mit der Kapsel verbunden sind, und über angrenzende Bauteile können Körperschallschwingungen auf die Kapselwände übertragen werden, die wiederum als Luftschall abgestrahlt werden. In die entsprechenden Übertragungswege sind deshalb Körperschalldämmstellen einzubauen.

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Aus diesem Grund sind die Kapselwände nach Möglichkeit nicht am Maschinengehäuse zu befestigen bzw. abzustützen. Ist dies jedoch erforderlich, z. B. bei integrierten Kapseln, dann sind dazu entweder elastische Zwischenglieder, wie Gummimetallverbindungen oder elastische Kunststoffe, zu verwenden (Vermeiden des Weges C 1), oder die Befestigung darf bei starrer Ausführung nur punktförmig erfolgen (s. Abschn. 5.4.2.3). Zwei Beispiele zur körperschalldämmenden Befestigung von Kapselelementen an Bauteilen, einschließlich Dichtung, zeigt Abb. 10.13. Eine Abschätzung der Schallübertragung über diesen Weg ist mit ∆LV = ∆RV und den Gl. (5.52) bis (5.55) möglich. Die Körperschallübertragung über Durchführungen von Maschinenteilen durch die Kapselwände (Weg C 2) kann in Verbindung mit den Maßnahmen, die zur Abdichtung bezüglich Luftschall vorgeschlagen wurden (s. Abschn. 10.4.4.3), reduziert werden. Die Maßnahmen zur Verringerung der Körperschallanregung der Kapselwände über angrenzende Bauteile (Weg C 3) sind vom Flächengewicht der angrenzenden Bauteile abhängig. Für schwere Bauteile und leichte Kapselwände, z. B. für Stahlblechkapseln auf dicken Bauwerksdecken, ist eine Körperschallisolierung nicht erforderlich. Dabei sind jedoch durch die Wahl der Kapselkonstruktion sowie durch eine entsprechende Bauausführung Resonanzen der Kapselteile und Klapperstellen zu vermeiden. Dagegen ist für angrenzende Bauteile mit geringer Flächenmasse und leichten Kapselwänden eine Körperschallisolierung erforderlich. Dieser Fall tritt beispielsweise dann ein, wenn das zu kapselnde Aggregat auf einem Stahlgerüst montiert ist. Die Körperschallisolierung kann auch entfallen, wenn das Fundament des Schwingungserregers von der Kapselaufstellungsfläche durch Trennfugen getrennt bzw. wenn der Erreger bereits körperschallisoliert aufgestellt ist. Die Körperschallübertragung über Weg C 3 ist stark reduziert, wenn eine der im Abb. 10.9 gezeigten Möglichkeiten zur Aufstellung der Kapsel mit Abdichtung genutzt wurde. Ist eine Körperschallanregung der Kapsel zu erwarten, dann sollten Kapselwände aus Stahlblech vorsorglich entdröhnt werden.

Abb. 10.13    Dichtung und körperschalldämmende Befestigung von Kapselelementen an Bauteilen bei Teil- und integrierten Kapseln, nach (VDI 2711 1978). 1 Kapselwandung, 2 Befestigungsleiste, 3 durchgehende Gummidichtung, 4 Befestigungslasche, 5 festes Bauteil, 6 Metallscheibe, 7 Gummischeibe, 8 Gummihülse

10 Schallschutzkapseln

491

10.4.6 Vermeidung der Schallabstrahlung außerhalb der Kapsel – Weg D Die über Weg D übertragenen Körperschallschwingungen und die damit verbundene Schallabstrahlung außerhalb der Kapsel können vermieden bzw. herabgesetzt werden, wenn beispielsweise bei Weg D 1 elastische Zwischenglieder in Form von Gummioder Segeltuchmanschetten oder elastischen Rohrverbindungen (Metallbälge) in die Rohrleitungen eingebaut werden (s. Abschn. 12.3.1) bzw. bei Weg D 2 eine körperschallisolierte Aufstellung der Maschine (s. Abschn. 12.3.2) verwirklicht wird. Die letztgenannte Maßnahme ist besonders dann erforderlich, wenn die Maschine auf Bauteilen mit geringer Flächenmasse aufgestellt werden soll, beispielsweise auf einem leichten Stahltragwerk (analog Abschn. 10.4.5).

10.4.7 Zusammenfassung Die Kapselung einer Maschine ist akustisch nur dann voll wirksam, wenn folgende Faktoren berücksichtigt werden: • ausreichende Schalldämmung der Kapselwände im erforderlichen Frequenzbereich, • schallabsorbierende Auskleidung im Inneren der Kapsel mit ausreichender Absorberschichtdicke, • gute Abdichtung der Öffnungen und Schlitze, z. B. durch gutes Zusammenpassen der Kapselelemente an den Montagefugen bei erforderlichen Pegelabsenkungen unter etwa 20 dB bzw. durch Dichtung mit elastischem Material an den Stoßfugen der einzelnen Kapselteile sowie an den Fugen der Kapselwände und den angrenzenden Bauteilen bei erforderlichen Pegelabsenkungen über etwa 20 dB und Verwendung von Schalldämpfern vor den Be- und Entlüftungs- sowie produktionsbedingten Öffnungen, • möglichst keine starren Verbindungen zwischen Maschine und Kapsel sowie zwischen Maschinenfundament, angrenzenden leicht anregbaren Bauteilen (z. B. Stahlgerüste) und Kapsel, • gegebenenfalls körperschallisolierte Aufstellung der abzukapselnden Maschine.

10.5 Verfahren zum messtechnischen Nachweis der Einfügungsdämmung Gemäß der Definition des Einfügungsdämm-Maßes DeK, s. Gl. (10.1), ist der Schalldruckpegel, der durch die interessierende Lärmquelle an einem Aufpunkt außerhalb des Bereiches der Kapsel hervorgerufen wird, ohne (L0) und mit Kapsel (Lm) zu messen, s. Abb. 10.14a:

DeK,a = L0 − Lm

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a

b

Abb. 10.14    Zur messtechnischen Überprüfung einer Kapsel. a) DeK,a = L0 − Lm; b) DeK,b = LR − LK, DeK,a = DeK,b, wenn die Schallübertragungen in den Richtungen A und B gleich sind (keine Körperschallübertragung)

Dieses Verfahren kann nach Fertigstellung einer Kapsel nicht angewendet werden, wenn • der Pegel ohne Kapsel nicht mehr feststellbar ist, • außerhalb der Kapsel ein zu hoher Hintergrundgeräuschpegel existiert. In diesem Fall kann die erzielte Einfügungsdämmung auch durch Messung des Pegels außerhalb und innerhalb der Kapsel bei Betrieb einer Lärmquelle außerhalb der Kapsel bestimmt werden, s. Abb. 10.14b:

DeK,b = LR = LK . Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Schallübertragung in beiden Übertragungsrichtungen gleich ist. Das ist bei guter Körperschallisolierung der Kapsel zu erwarten. Diese Überprüfung wird im Allgemeinen in Abhängigkeit von der Frequenz durchgeführt. Erfolgt der Vergleich aber für A-bewertete Gesamtschalldruckpegelwerte, dann ist das ermittelte Einfügungsdämm-Maß vom Spektrum des Prüfgeräusches abhängig. Damit können diese Angaben nicht verallgemeinert werden. In (DIN EN ISO 11546-1 2010) (DIN EN ISO 11546-2 2010) und sind entsprechende Messverfahren genormt.

10.6 Wärmeabführung aus Schallschutzkapseln Von (Wiltzsch 1987) wird ein Abschätzverfahren für die Wärmeabführung aus Kapseln angegeben, das im Folgenden dargestellt wird. Die Wärmeabführung aus Schallschutzkapseln umfasst • den Wärmeübergang von der Maschinenoberfläche zur Kühlluft, • den Wärmeabtransport durch Zuführung von Frischluft und Abführung der in der Schallschutzkapsel erwärmten Luft, • bei großem Luftdurchsatz die Begrenzung der Luftgeschwindigkeit zur Verringerung von Drosselverlusten und Vermeidung zusätzlicher Windgeräusche.

10 Schallschutzkapseln

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Abb. 10.15   Temperaturverlauf auf dem Weg der Kühlluft über die Maschinenoberfläche, stark vereinfacht

Diese drei Teilprobleme überschneiden sich und beeinflussen – wegen ihres Zusammenhangs mit dem Öffnungsanteil q – bei ungenügend bedämpften Öffnungen die Einfügungsdämmung der Kapsel. Auf ihrem Weg durch die Kapsel überstreicht die Kühlluft Oberflächen unterschiedlicher Temperatur und wird dabei aufgeheizt. Abb. 10.15 zeigt diesen Vorgang stark vereinfacht. Für einen Wärmeübertrager vom Typ „ummanteltes Rohr“ mit zeitlich konstanter Oberflächentemperatur der Heizfläche lässt sich in Anlehnung an (Faltin 1953) die Differenz δt zwischen mittlerer Oberflächentemperatur und mittlerer Kühllufttemperatur schreiben:

δt =



   t M − tLA − t M − tLE ln

t M −tLA t M −tLE

≈ tM −

tLE + tLA ; 2

(10.7)

δt  D  ifferenz zwischen mittlerer Temperatur der Maschinenoberfläche und mittlerer Kühllufttemperatur, tLA  Austrittstemperatur der Kühlluft aus der Kapsel, tLE  Eintrittstemperatur der Kühlluft in die Kapsel, tM  Temperatur der Maschinenoberfläche (t M = Mittelwert). Damit ist es möglich, den Wärmestrom PV anzugeben, der von der Maschinenoberfläche an die vorbeistreichende Kühlluft abgegeben wird:

PV = α δt SM ;

(10.8)

494

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α Wärmeübergangszahl, SM Summe aller von der Kühlluft überstrichenen Teilflächen der Maschine. Die Wärmeübergangszahl α beim Entlangströmen von Luft an glatten, ebenen Flächen beträgt nach (Deublein 1955 bis 1974), umgerechnet auf SI-Einheiten  α = 5,57 + 3,9w bei w ≤ 5 m/s, (10.9) α = 7,1w0,78 bei w > 5 m/s; w  Luftgeschwindigkeit auf der Maschinenoberfläche in m/s, α  in W/(m2·K). PV muss die gleiche Größe haben wie der sich aus der Wärmebilanz der Maschine ergebende, von der Maschinenoberfläche durch Konvektion abzuführende Wärmestrom PK. Wärmestrahlung ist hierbei vernachlässigt. Solange die Verlustleistung der gekapselten Maschine nicht über andere Wege als die Maschinenoberfläche abgeführt wird (z. B. Kühlflüssigkeit oder Abgasstrom), ist PK = η · PA mit η = Wirkungsgrad, PA = Antriebsleistung. Wäre die Verweilzeit der Luft in der Kapsel ausreichend lang und ihr Kontakt mit der Maschinenoberfläche intensiv genug, dann würde zum Abtransport der Wärme aus der Schallschutzkapsel der Luftvolumenstrom V˙ min ausreichen

V˙ min =

PV ̺0 cp ∆t

(10.10)

PV  Wärmestrom, der von der Maschinenoberfläche an die Kühlluft abgegeben und von dieser abtransportiert wird, ̺0  Dichte der Luft (̺0 = 1,19 kg/m3 bei p_ = 1000 hPa und t = 20 ◦ C), cp  spezifische Wärme der Luft bei konstantem Druck cp ≈ 103 W · s/(kg · K), ∆t Differenz zwischen Austritts- und Eintrittstemperatur der Kühlluft. Zur Abschätzung des erforderlichen Luftdurchsatzes benutzen Praktiker Gl. (10.10) in der Form 3000Pk ; V˙ min = ∆t mit

V˙      in m3 /h. PK  in kW. ∆t  in K,

10 Schallschutzkapseln

495

d. h. für ∆t = 10 K ist V˙ = 300PK. Der tatsächliche Luftbedarf V˙ ist größer, wenn der Wärmeübergang von der Maschinenoberfläche zur Luft nicht die zu V˙ min gehörenden Bedingungen erfüllt. Wird dieser Umstand durch einen Faktor C berücksichtigt und Gl. (10.8) in (10.10) eingeführt, so ergibt sich für eine optimale Bemessung

SM δt V˙ = C α . ̺0 cp ∆t

(10.11)

C ist abhängig von der Gestaltung des Kapselinnenraums und der Maschine. Bei einer Rohrkapsel oder bei optimal angebrachten Luftleitblechen kann C ≈ 1,2 angenommen werden. Bei ungeführter Luftströmung und so engem Abstand zwischen Maschine und Kapsel, dass die mittlere Luftgeschwindigkeit w > 1 m/s ist, wird 1,2 ≤ C ≤ 2. Ist w < 1 m/s, dann sollte bei einer eckigen Kapsel ohne Luftleitbleche die Berechnung nicht auf der Grundlage der Zwangsbelüftung vorgenommen werden, weil keine ausreichend gleichmäßige Umströmung der Maschine erwartet werden darf und partieller Wärmestau möglich ist. Aus der durchzusetzenden Kühlluftmenge lässt sich bei vorgegebener Lufteintrittsund -austrittsgeschwindigkeit die erforderliche Öffnungsfläche SO.. ermitteln: V˙ SO.. = 2 ; υ

(10.12)

υ      Luftgeschwindigkeit in den Kapselöffnungen in m/s, SO..   in m2, V˙ in m3 /s. Darin ist berücksichtigt, dass die Durchtrittsfläche zweimal vorhanden sein muss, nämlich eintritts- und austrittsseitig. Die Volumenzunahme der Luft infolge Erwärmung in der Kapsel ist vernachlässigt. Mit den Konstruktionswerten der Maschine SM, PK und den Gl. (10.8), (10.11), (10.12) lässt sich ein Diagramm zeichnen, mit dem Kühlluftmenge, Luftgeschwindigkeiten und Öffnungsquerschnitte überschläglich ermittelt bzw. festgelegt werden können, s. Abb. 10.16. Das Diagramm zeigt im 1. Quadranten den Wärmeübergang von der Maschinenoberfläche zur Kühlluft [Gl. (10.8) und (10.9)], im 2. Quadranten den Wärmetransport mittels Kühlluft [Gl. (10.10) zuzüglich Korrektur C], im 3. Quadranten die erforderliche Größe der Öffnungen [Gl. (10.12)]. Bei der Wahl der freien Parameter w, Δt, υ müssen einige Bedingungen erfüllt werden:

496

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Abb. 10.16   Abschätzung der Wärmeabführung aus einer zwangsbelüfteten Schallschutzkapsel mit SM = 4 m2 und C = 1,2. Für andere SM-Werte sind die Koordinatenwerte PV, V˙ und SO.. mit SM /4 zu multiplizieren

Unbedingt einzuhalten sind • zur Gewährleistung des Wärmeübergangs

tLE + δt +

∆t ≤ tM 2

(10.13)

• zum Verbleib im Gültigkeitsbereich der Näherungsgleichung  (10.7) für den Temperaturanstieg der Kühlluft

δt ≥ 1,5. ∆t

(10.14)

Möglichst einzuhalten ist • zur Begrenzung der Luftgeschwindigkeit zwecks Herabsetzung von Drosselverlusten und Vermeidung zusätzlicher Windgeräusche an scharfkantigen Öffnungen  υ ≤ 10 m/s, (10.15) 0,5υ ≤ w ≤ υ.

10 Schallschutzkapseln

497

10.7 Beispiele praktisch ausgeführter Schallschutzkapseln 10.7.1 Baukastensysteme für Schallschutzkapseln Baukastensysteme werden von einigen Schallschutzmittel-Herstellern angeboten und ermöglichen schalltechnisch, optisch und betriebstechnisch gute Lösungen für Schallschutzkapseln und auch Kabinen. Wie Abb. 10.17 zeigt, gehören zu solchen Systemen neben normalen Wandelementen (Ausführung außen Stahlblech, innen gelochtes Stahlblech, dazwischen poröses Schallabsorptionsmaterial) zahlreiche Sonderelemente: verglaste Elemente, Fenster, Klappen, Türen, Tore, Zuluft- und Abluft-KulissenSchalldämpfer, Ventilatoren und vieles andere mehr. Das Einfügungsdämm-Maß DeK, Definition s. Gl. (10.1), typischer Kapselausführungen mit dem Baukastensystem gemäß Abb. 10.17 beträgt für f ≥ 500 Hz etwa 25 dB und steigt bis 8 kHz um weitere 10 dB an. Das bewertete Schalldämm-Maß von normalen Wandelementen SONEX N beträgt ′ = 40 dB. Für f ≥ 500 Hz ist der Schallabsorptionsgrad α ≥ 0,8. RW

10.7.2 Maschinenhaube mit Schallschutzkapselfunktion Maschinenhauben oder Schutzverkleidungen, die aus Sicherheits-, Design-, Wetterschutzgründen oder dgl. vorgesehen werden, können mit meist geringem Mehraufwand zu wirksamen Schallschutzkapseln weiterentwickelt werden. Abb. 10.18 zeigt das am Beispiel eines Schraubenkompressors für Silofahrzeuge mit einer ­Einfügungsdämmung

Abb. 10.17    Schallschutzkapsel-Baukastensystem SONEX N in selbsttragender Bauweise, Hersteller: G + H Montage GmbH, 67.059 Ludwigshafen/Rhein (Werkfoto). Rastermaße bis 1,5 m, Standardlängen bis 5 m, Standarddicke 75 mm

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W. Schirmer

Abb. 10.18   Schallschutzhaube der Josef Wenker GmbH & Co. KG, 48.599 Gronau (Foto: Borck Brand, 48.599 Gronau). Geöffnete Haube, rechts oben Kühllufteintritt, dahinter Absorptionsschalldämpferstrecke, rechts Mitte Prozesslufteintritt, danach Filterkasten, Reflexionsschalldämpfer an Eintritts- und Austrittsseite Prozessluft. Schraubenkompressor der GHH-RAND Schraubenkompressoren GmbH & Co. KG, 46.145 Oberhausen. Einsatz auf Silofahrzeugen verschiedener Hersteller

der Haube von 25 dB(A). Sie ist aus 1,25 mm dickem Stahlblech gefertigt und mit 40 mm Mineralwolle schallabsorbierend ausgekleidet. Der wichtigen Anforderung nach Erfüllung auch aller betriebstechnischen Aspekte wird u. a. durch leichte Zugänglichkeit für Wartungszwecke (Schnellverschlüsse für die abgenommene Seitenwand im Abb. 10.18) und geeignete Kühlluftführung Rechnung getragen.

10.7.3 Integrierte Schallschutzkapsel für eine Schnellläuferpresse Mit der im Abb. 10.19 gezeigten Schnellläuferpresse PAUD 40 werden Böden und Deckel für Konserven-, Milch- und Farbdosen hergestellt. Aus technologischen Gründen ist die Presse schrägliegend angeordnet. Sie arbeitet maximal mit einer Hubzahl von 500 min−1. Zur Minderung der Schallabstrahlung ist die Presse als Hauptlärmquelle der Deckelanlage mit einer integrierten Kapsel versehen, s. auch Abschn. 10.2. Ausführung der integrierten Kapsel (Katalog Lärmminderungsmaßnahmen 1984) • körperschallisoliert an der Maschine befestigter, tragender Rahmen mit allseitig leiterförmig angeordneten Verbindungsteilen (Zahl der Befestigungsstellen < 2/m2). • körperschallisoliert auf dem Rahmen befestigte Schallschutzkapselelemente (Kühlschranktürelemente aus 0,7 mm Stahlblech, 25 mm schallabsorbierende Auskleidung,

10 Schallschutzkapseln

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Abb. 10.19   Schnellläuferpresse Typ PAUD 40 der Blema Kircheis GmbH, 08.280 Aue/Sa., mit integrierter Schallschutzkapsel (Foto: Foto-Grund, Leipzig)

• Schiebetür mit Beobachtungsfenster oberhalb des Arbeitsbereiches (2 · 4 mm Piacryl bzw. Plexiglas, Abmessungen: 500 mm · 300 mm), • keine Schallschutzelemente an den Materialeintritts- und -austrittsöffnungen. Das Einfügungsdämm-Maß der integrierten Kapsel beträgt bei einer Hubzahl von 400 min−1 15 dB(A), gemessen am Bedienstand.

10.8 Rechenbeispiel 10.8.1 Akustische Dimensionierung Für die folgende Kapselausführung ist das bei 2000 Hz zu erwartende EinfügungsdämmMaß DeK zu bestimmen, wenn angenommen wird, dass über die Kapselwände und über die Abluftöffnung (die Zuluft soll nicht betrachtet werden) jeweils die gleiche Schallleistung in den Raum außerhalb der Kapsel übertragen wird. Kapselabmessungen: Grundfläche 6 m · 5 m, Höhe 3 m, erforderliche Abluftöffnung 0,25 m2. Kapselwandaufbau: Stahlblech, 1 mm dick, nicht entdröhnt, mit schallabsorbierender Verkleidung α = 0,8; kleinster Abstand benachbarter Versteifungen 2a = 1,5 m. a) Kapselwandoberfläche (ohne Abluftöffnung)

SK = SA = 96 m2 − 0,25 m2 SK = SA = 95,75 m2 .

500

W. Schirmer

b) Schalldämmung der Kapselwand Aus Abb. 5.6 ergibt sich für nichtentdröhntes Stahlblech und für eine Frequenz von 2000 Hz (Abstand benachbarter Versteifungen 2a = 0,2 m) ein Schalldämm-Maß von Rmin (0,1 m) = 27 dB. Bei einem Abstand von 2a = 1,5 m beträgt das Dämm-Maß gemäß Gl. (5.32) a dB R = Rmin (α) = Rmin (0,1 m) + 10 lg 0,1 m

R ≈ 36 dB c) Pegelabsenkung bei Übertragung über die Kapselwand nach Gl. (10.2)

∆LK = R − 10 lg ∆LK = R − 10 lg

SK dB AK

1 dB, da AK = αSK α

∆LK ≈ 35 dB. d) Pegelabsenkung bei Übertragung über die Abluftöffnung nach Gl. (10.4)

 SA ∆LO = 10 lg 1 + α .. dB SO ..



∆LO.. ≈ 25 dB. Dieser Wert kann auch für

q=

SO.. = 2,6 · 10−3 SK + SO..

und Interpolation aus Abb. 10.3 abgelesen werden. e) Dimensionierung des Schalldämpfers vor der Abluftöffnung Ein Vergleich der abgeschätzten Pegelabsenkungen zeigt, dass über die Abluftöffnung eine um 10 dB höhere Schallübertragung zu erwarten ist. Deshalb muss gemäß Aufgabenstellung vor der Öffnung ein Dämpfer mit einer Schalldämpfung von D = 10 dB angeordnet werden, s. Gl. (10.6). f) Ergebnis Bei Verwendung eines Dämpfers mit D = 10 dB betragen die theoretisch erreichbaren Pegelabsenkungen für jeden der beiden Übertragungswege einzeln .. ∆LK = ∆LO,D = 35 dB.

10 Schallschutzkapseln

501

Aus Gl. (10.1) ergibt sich das Einfügungsdämm-Maß   ∆L .. ∆LK − 10 dB − 10O,D dB DeK = −10 lg 10 + 10 dB = 32 dB. Es ist zu erwarten, dass diese Kapsel bei sorgfältiger Ausführung der Dichtungen und der Körperschallisolierungen in der Praxis bei 2000 Hz ein Einfügungsdämm-Maß von etwa 30 dB besitzt, d. h., die ohne diese Kapsel vorhandenen Schalldruckpegel werden mit dieser um etwa 30 dB abgesenkt.

10.8.2 Wärmeabführung Bei einer Kühllufteintrittstemperatur tLE = 40◦ C müsste nach Gl. (10.13) für den in Abb. 10.16 gestrichelt eingetragenen Fall (δt = 65 K, ∆t = 10 K) die mittlere Oberflächentemperatur der Maschine t M = 110 ◦ C oder mehr betragen, um den Wärmeübergang zu gewährleisten. Ist t M = 85 ◦ C, dann darf (bei gleichem ∆t und tLE) δt maximal 40 K sein. Das erfordert, wie es im Abb. 10.16 der strichpunktiert eingetragene Fall zeigt, eine höhere Geschwindigkeit der Kühlluft an der Maschinenoberfläche, d. h. einen geringeren Abstand der Kapselwand zur Maschine oder einen größeren Luftdurchsatz, als er sich aus Gl. (10.11) ergibt.

Schrifttum Bericht Nr. 299. 1967. Untersuchung der Schalldämmung von engen Blechkapseln und Blechverkleidungen. Bericht Nr. 299 (unveröffentlicht). Dresden. Comperts, M. C. 1964. The „sound insulation“ of circular and slit-shaped apertures. Acustica. 1964. Deublein, O. 1955 bis 1974. Wärmelehre. In Dubbels Taschenbuch für den Maschinenbau, Bd. 1, Hrsg. F. Sass und Ch. Bouché, 11. Aufl.: Springer Berlin Heidelberg. DIN EN ISO 11546-1. 2010. Akustik – Bestimmung der Schalldämmung von Schallschutzkapseln – Teil 1: Messungen unter Laborbedingungen (zum Zweck der Kennzeichnung) (ISO 11546–1:1995); Deutsche Fassung EN ISO 11546-1:2009, Bd. 17.140.01. Berlin: Beuth Verlag GmbH 17.140.01. DIN EN ISO 11546-2. 2010b. Akustik – Bestimmung der Schalldämmung von Schallschutzkapseln – Teil 2: Messungen im Einsatzfall (zum Zweck der Abnahme und Nachprüfung) (ISO 11546–2:1995); Deutsche Fassung EN ISO 11546-2:2009, Bd. 17.140.01. Berlin: Beuth Verlag GmbH 17.140.01. DIN EN ISO 15667. 2001. Leitfaden für den Schallschutz durch Kapseln und Kabinen (ISO 15667: 2000), Bd. 17.140.99. Berlin: Beuth Verlag GmbH 17.140.99. Erler, G. 1965. Schalldämmaß von Kapseln aus Astikplatten. Diplomarbeit, TU Dresden. Faltin, H. 1953. Technische Wärmelehre. Halle: Knapp. Fasold, W. (Hrsg.). 1984. Taschenbuch Akustik, Bd.1 und 2. Berlin: Verl. Technik. IFA-LSA 01-243. 2014. Lärmschutz-Arbeitsblatt IFA-LSA 01-243: Geräuschminderung durch Kapselung – Hinweise zur Gestaltung von Kapseln einfacher Bauart. Berlin.

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W. Schirmer

Katalog Lärmminderungsmaßnahmen. 1984. Integrierte Schallschutzkapsel für Schnellläuferpresse PAUD 40. Katalog Lärmminderungsmaßnahmen. Beil. 31. 20 (1984), Nr. 3. Z. Arbeitsschutz, Arbeitshyg. 1984. Schwetzke, U. und E. Bauer. 1982. Beeinflussung der Kapseldämmung durch Stoßstellen beweglicher Kapselelemente. Zeitschrift für Lärmbekämpfung. 1982. Sehrndt, G. A. 1975. Lärmschutz-Arbeitsbl. LSA 02-243 Geräuschminderung durch Kapselung: Hinweise zur Auslegung von Kapseln einfacher Bauart. Köln: Carl Heymanns. Sonntag, E. 1966. Das Schalldämmaß von Blechkapseln. Hochfrequenztech. u. Elektroakustik. 1966. VDI 2711. 1978. Schallschutz durch Kapselung (zurückgezogen), Bd. 17.140.99. Berlin: Beuth Verlag GmbH 17.140.99. Walsdorff, J. 1967. Verminderung der Schalldämmung von Trennelementen durch Schlitze und Löcher. Wärme, Kälte, Schall. 1967. Wiltzsch, M. 1987. Abschätzverfahren für Einfügungsdämmung und Wärmeabführung von Motorschallschutzkapseln. Kraftfahrzeugen. Zs. f. Maschinenbautech. 1987.

Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen

11

Michael Beitelschmidt

11.1 Einführung Von einer Maschine oder einem Transportmittel erregte mechanische Schwingungen (Synonym: Vibrationen, Erschütterungen) können die Funktion dieser Maschine selbst oder benachbarter Maschinen und Geräte beeinträchtigen, ihre Sicherheit gefährden, Zerstörungen und Ausfälle herbeiführen oder zumindest den Menschen belästigende spürbare Schwingungen oder störenden Lärm verursachen. Mechanische Schwingungen können aber auch positive Auswirkungen in Produktions- und Transportprozessen haben und werden zu diesem Zweck planmäßig erregt. Es ist Aufgabe von mit Konstruktion, Projektentwicklung und Betrieb beschäftigten Personen, bei Planung, Bau und Nutzung technischer Anlagen diese Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Dazu soll dieses Kapitel Anregung und Hilfe geben. In einem sonst dem Lärmschutz gewidmeten Buch muss aber zwangsläufig eine Einschränkung nach Umfang und Inhalt erfolgen. Deshalb beschränkt sich Kap. 11 auf den Schwingungsschutz bei Maschinenaufstellungen. Das schließt auch den Schutz von Geräten, Anlagen und Wohngebäuden vor Umgebungserschütterungen mit ein.

Dies ist die Überarbeitung eines Beitrages von G. Meltzer. M. Beitelschmidt (*)  Institut für Festkörpermechanik, Technische Universität Dresden, Dresden, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Schirmer und J. Hübelt (Hrsg.), Technischer Lärmschutz, https://doi.org/10.1007/978-3-662-65668-6_11

503

504

M. Beitelschmidt

11.2 Notwendigkeit und Zielstellung der Schwingungsabwehr 11.2.1 Auswirkung mechanischer Schwingungen Abb. 11.1 zeigt die möglichen Auswirkungen ungewollter mechanischer Schwingungen sowie die Verbindung zur Lärmentstehung durch Umwandlung von Körperschall in Luftschall an schwingenden Oberflächen. Gegenstand der Schwingungsabwehr bei

Abb. 11.1   Auswirkungskategorien mechanischer Schwingungen sowie deren Folgen für den Menschen und für technische Objekte

11  Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen

505

Maschinenaufstellungen ist die Verringerung der Ganzkörper-Schwingungseinwirkung auf den Menschen, die Sicherheit der Stützkonstruktionen und die Zuverlässigkeit von Maschinen, Anlagen und Geräten in der Umgebung von Schwingungsquellen. Dafür beschreiben Unterkapitel 11.2 rechtliche Vorschriften, Normative und Richtwerte sowie Unterkapitel 11.3 technische Verfahren. Mit der Körperschallanregung und mit Schutzmaßnahmen gegen Körperschall befasst sich Kap. 12. Zur Gewährleistung der Sicherheit und Zuverlässigkeit der schwingungserregenden Maschine selbst durch Schwingungsabwehr während der Entwicklung oder Nutzung wird auf die spezielle Fachliteratur zur Maschinendynamik verwiesen, z. B. (Dresig 2016).

11.2.2 Rechtliche Vorschriften Die Vermeidung schädigender Auswirkungen technischer Prozesse auf Mensch, Umwelt und Sachgüter ist moralisches und gesellschaftliches Gebot für jede mit Technik befasste Person. Darüber hinaus wurde vom Gesetzgeber ein enger Rahmen von Gesetzen und Verordnungen zu diesem Belang geschaffen. Insbesondere handelt es sich dabei um • die Gewerbeordnung (GewO) • das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) • das Produktsicherheitsgesetz (ProdSG), ersetzte 2021 das Gesetz über technische Arbeitsmittel und Verbraucherprodukte • die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) • das Gesetz über die Haftung für fehlerhafte Produkte (ProdHaftG) • die Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung (LärmVibrationsArbSchV), Umsetzung der EU-Richtlinien 2002/44/EG und 2003/10/EG in deutsches Recht sowie um die dem Landesrecht unterliegenden Bauordnungen. Allerdings werden – außer in (2002/44/EG) – konkrete Festlegungen über Maßnahmen zur Bekämpfung mechanischer Schwingungen und einzuhaltende Grenzwerte meist nicht gegeben, sodass in allen Fällen folgende Klausel wirksam ist: „Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass Arbeitsstätten so eingerichtet und betrieben werden, dass Gefährdungen für die Sicherheit und die Gesundheit der Beschäftigten möglichst vermieden und verbleibende Gefährdungen möglichst geringgehalten werden.“ (hier in der Formulierung des §3a (1) der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)). Sie ist in ähnlicher Weise aber in allen anderen genannten Vorordnungen enthalten, in Zusammenhang mit: „Wegen der Anforderungen … kann auf jedermann zugängliche Bekanntmachungen sachverständiger Stellen verwiesen werden.“ (Formulierung aus Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) §7(5)). Schließlich legt das Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) §1(2)5 noch fest:

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M. Beitelschmidt

„Die Ersatzpflicht des Herstellers ist ausgeschlossen, wenn … der Fehler nach dem Stand der Wissenschaft und Technik in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller das Produkt in den Verkehr brachte, nicht erkannt werden konnte.“ In diesem Falle trägt aber der Hersteller die Beweislast. Er muss also in unserem Falle die bekannten Verfahren – auch die neuesten – zur Schwingungsabwehr kennen und anwenden. Es muss beachtet werden, dass auch Publikationen in Form von Monografien – also auch die nachfolgenden Darlegungen – nur während einer begrenzten Zeitdauer und mit Einschränkungen, welche deren Vollständigkeit betreffen, den Stand der Wissenschaft und Technik widerspiegeln können. Außerdem muss stets auf die aktuellen Ausgaben zitierter Gesetze, Verordnungen, Normen und Richtlinien zurückgegriffen werden.

11.2.3 Normative und Richtwerte Die Nachweisführung der Zulässigkeit mechanischer Schwingungen bzw. der Notwendigkeit von Maßnahmen zur Schwingungsabwehr kann auf zweierlei Weise erfolgen: • als rechnerischer Nachweis (in der Konstruktions- bzw. Projektierungsphase), • als messtechnischer Nachweis (bei der Inbetriebnahme oder in der Nutzungsphase bereits ausgeführter Anlagen). Im Falle einer dynamischen Schwingungserregung (s. Abschn. 11.3.2) sind dazu die Schwingsausschläge der Stützkonstruktion und der Maschine selbst sowie die auf die Stützkonstruktion übertragenen Kräfte zu beurteilen. Bei kinematischer Anregung sind die Schwingungsausschläge des schwingungsgefährdeten Objektes (Maschine, Gerät, Bauwerk, Mensch) Beurteilungsgrößen. Da für mechanische Schwingungen gesetzlich festgelegte Grenzwerte noch nicht existieren, muss auf Richtwerte zurückgegriffen werden, welche in Normativen und Richtlinien empfohlenen werden (s. Abschn. 11.2.2).

11.2.3.1 Nachweis der Festigkeit von Baukonstruktionen unter dynamischer Belastung Im Falle eines rechnerischen Nachweises sind die übertragenen Maschinenkräfte nach (DIN EN 1991-3:2010-12 mit DIN EN 1991-3/NA:2019-02-00) anzusetzen, wobei die dynamischen Eigenschaften der Stützkonstruktion und die Ermüdung des Baustoffes zu berücksichtigen sind. Das erfolgt bei Maschinenfundamenten nach (DIN 4024), bei Hochbauten und bei Baugrund nach den in der Fachliteratur – z. B. (Flesch 1993; Meskouris 1999; Natke 1989; Petersen 2017; Werner 1989) – angegebenen Verfahren in der Regel mit computergestützten Berechnungsprogrammen (z. B. FEM). Soweit es sich um Erschütterungseinwirkungen aus der Nachbarschaft oder auf die Nachbarschaft handelt, kann eine einfache Vorermittlung (Prognose) nach (DIN 4150), Teil 1, erfolgen. Ergebnis der Berechnung ist entweder

11  Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen

507

• der Festigkeitsnachweis für die Stützkonstruktion (auf der Grundlage des Vergleichs von berechneter und zulässiger Beanspruchung) oder • der Nachweis der Funktionsfähigkeit der Stützkonstruktion (auf der Grundlage des Vergleichs der berechneten Schwingung mit den zulässigen Werten entsprechend der vorgesehenen Nutzung). Auch der Festigkeitsnachweis kann näherungsweise anhand von Schwingungsausschlägen erfolgen, welche durch rechnerischen oder insbesondere durch messtechnischen Nachweis ermittelt wurden. (DIN 4150) enthält in Teil 3 Richtwerte zulässiger Schwingungsausschläge von Bauwerken bei Erschütterungen im Frequenzbereich 1…100 Hz. Für Gewerbebauten werden u. a. folgende Angaben gemacht: • kurzzeitige Erschütterungen: Messstelle Fundament, alle Raumrichtungen: frequenzabhängige Maximalausschläge zwischen 20 und 50 mm ∙ s–1 Messstelle oberste Deckenebene, horizontal: frequenzunabhängiger Maximalausschlag 40 mm ∙ s–1 Messstelle Deckenmitte, vertikal: frequenzunabhängiger Maximalausschlag 20 mm ∙ s–1 • Dauererschütterung: Messstelle oberste Deckenebene, horizontal: frequenzunabhängiger Maximalausschlag 10 mm∙  s–1 Messstelle Deckenmitte, vertikal: frequenzunabhängiger Maximalausschlag 10 mm ∙ s–1. Bei anderen Bauarten und Nutzungen gelten geringere Richtwerte. Für eine einfache, übersichtliche Beurteilung gemessener stationärer Schwingungen von Massivbauten hat die „Skala der Schwingstärkemaße“ nach Risch und Zeller seit ihrer Erstveröffentlichung im Jahre 1931 ihre Vorrangstellung unter vergleichbaren Beurteilungsskalen behalten (Koch 1955). Die Beurteilung erfolgt durch Messung des Schwingungsspektrums an der am stärksten schwingenden Stelle des Gebäudes. Jede einzelne Frequenzkomponente wird nach

S = 10 · lg

x in vibrar x0

(11.1)

mit x0 = 10−5 m2 · s−3 bewertet. Die Messgröße x = aˆ 2 · f −1 = vˆ 2 · f · (2π)2 hat also die Dimension einer spezifischen Leistung (aˆ = Schwingbeschleunigungsamplitude; vˆ = Schwinggeschwindigkeitsamplitude; f = Frequenz). Abb. 11.2 gibt eine Hilfe zur Bestimmung des

508

M. Beitelschmidt

Abb. 11.2   Schwingstärkemaße für Bauwerkschwingungen – nach (Koch 1955)

Schwingstärkemaßes für einzelne Spektralkomponenten der Schwingung. Besteht die Schwingung aus mehreren Spektralkomponenten, sind diese nach.  Si S = 10 · lg 10 10 vibrar (11.2) i

zu einem Gesamt-Schwingstärkemaß zusammenzufassen. Die Bewertungskriterien nach der Vibrarskala sind in Tab. 11.1 zusammengefasst. Neuere Erfahrungen haben ergeben, dass bei Stahlbetonkonstruktionen etwa 40 vibrar als Schadensgrenze anzusehen ist. Es wird deshalb empfohlen, bei S > 30 vibrar das Gutachten eines Bausachverständigen einzuholen.

Tab. 11.1  Bewertungskriterien für Bauwerke nach der Skala der Schwingstärkemaße – nach (Koch 1955) S vibrar

Kennzeichen

10 bis 20 20 bis 30 30 bis 40 40 bis 50 50 bis 60

Leichte Erschütterungen, noch keine Gebäudeschäden Mittelstarke Erschütterungen, noch keine Gebäudeschäden Starke Erschütterungen, leichte Gebäudeschäden (Risse in leichten Mauern, Verputzrisse) Schwere Erschütterungen, schwere Gebäudeschäden (Risse in tragenden Wänden) Sehr schwere Erschütterungen, Gebäudezerstörung

11  Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen

509

11.2.3.2 Nachweis der zuverlässigen Funktion von Maschinen und Geräten unter Schwingungseinwirkung Maschinen sind Quellen dynamischer Kräfte und Momente, welche sowohl die einzelnen Mechanismen und Baugruppen der schwingungserregenden Maschine selbst (s. Modell „elastische Maschine“ in Abschn. 11.3.1.2) als auch die Maschine insgesamt (als „starre Maschine“) und die Umgebung „aktiv“ in Schwingungen versetzen können (Stichwort dynamische Schwingungserregung – s. Abschn. 11.3.2.2). Werden schwingungserregende Maschinen zum Zwecke der Schwingungsisolierung elastisch aufgestellt, vergrößert sich die Schwingung der Maschine selbst. Diese muss deshalb in den rechnerischen Nachweis der Schwingungsisolierung einbezogen werden (s. Unterkapitel 11.4). Andererseits können Maschinen und Geräte aber auch durch Schwingungseinwirkung (synonym: Erschütterungen) aus der Umgebung (z. B. durch benachbarte Maschinen oder Verkehrserschütterungen) „passiv“ in ihrer zuverlässigen Funktion beeinträchtigt werden (kinematische Schwingungserregung). Tab. 11.2 enthält Anhaltswerte für die Begrenzung der Fundamentschwingung von Maschinen aus Gründen der Maschinensicherheit und -zuverlässigkeit auf der Basis von (DIN 4024) und älterer VDI-Richtlinien. Beim messtechnischen Nachweis sollten diese Schwingungen in der Nähe der Maschinenfüße oder Rotorlager gemessen werden. Sie sollten eingehalten werden, wenn der Maschinenhersteller keine anderen Forderungen stellt. Für Schmiedehämmer wird ein Größtwert des Schwingungsausschlages (Schwingwegamplitude) von 1,5 mm empfohlen (für große Aggregate wird an anderer Stelle in der Literatur aber auch 5 mm angegeben). Tab. 11.2  Anhaltswerte für maximal zulässige Fundamentschwingungen Art der Maschinen/Aufstellart

Effektivwert der Schwinggeschwindigkeit mm/s

Einzelne Triebwerksteile und Elektromotoren 2, bei welchem die Schwingung stark gedämmt (abgeschirmt) wird. Die Beeinflussung dieses sogenannten Abstimmungsverhältnisses erfolgt entweder • durch „überkritischen Maschinenbetrieb“( f ≫ f0): Das erfordert eine Erhöhung der Maschinendrehzahl n in U/min auf eine überkritische Drehzahl n ≫ nkrit (die Drehzahl ist bei rotierenden Maschinen (z. B. Pumpen) über n = 60 · f und ω = 2π · f mit der Erregerfrequenz f in Hz bzw. der Erregerkreisfrequenz ω in s–1 verknüpft). Das ist aber aus technologischen Gründen meist nicht oder nur in vorgegebenen Grenzen möglich. Oder • durch „tiefe Abstimmung“ (f0 ≪ f): Verringerung der Eigenfrequenz f0 = (2π)–1 · ω0 soweit, dass sie ausreichend weit unter der Erregerfrequenz f liegt. Das erfolgt durch Vergrößerung der schwingenden Masse m (aus Gründen der statischen Belastung und der Materialökonomie eine ungünstige Lösung) oder Verringerung der Steifigkeit c der Aufstellung. Dazu werden meist weiche Federelemente (Schwingungsisolatoren) unter den Maschinenfüßen angebracht. Für die Sekundärmaßnahmen der Schwingungsabwehr ist deshalb die Schwingungsisolierung (s. Abschn. 11.3.6) bzw. Empfängerisolierung (DIN EN 1299) die hauptsächlich angewandte Maßnahme. Allerdings bringt sie aufgrund der größeren Nachgiebigkeit bei wechselnder Maschinenlast (z. B bei Verarbeitungsmaschinen), bei bewegter Stützkonstruktion (z. B. Fahrzeuge) oder bei hohen Bedienkräften neue Nachteile mit sich. Bei Schwingungsübertragung über weitere Wege (z.  B. von Verkehrswegen oder Industriegebieten über den Baugrund zu Wohngebäuden oder Gebäuden mit schwingungsempfindlichen Einrichtungen) können neben der Quellenisolierung auf der Erregerseite oder Empfängerisolierung am schwingungserregenden Objekt (auch ganze Häuser werden schwingungsisoliert!) auch Maßnahmen zur Verminderung der Schwingungsausbreitung erfolgen (s. Abschn. 11.3.9).

11.3.3.3 Passive und aktive Schwingungsabwehr Schwingungsabwehr, insbesondere Schwingungsisolierung, erfolgt durch

530

M. Beitelschmidt

• passive Abwehrmaßnahmen (z. B. Schwingungsisolierung – s. Abschn. 11.3.6 – oder Auswuchten – s. Unterabschnitt 11.3.5.2) ohne Fremdenergiezufuhr oder durch • aktive Abwehrmaßnahmen (z.  B. durch Ausregelung der Schwingungen – s. Abschn. 11.3.8 oder durch Gegenerreger mit Zufuhr von Fremdenergie.

11.3.3.4 Schwingungen im Hörfrequenzbereich und Körperschall Das in Unterabschnitt 11.3.2.1 zur Ableitung der Schwingungsgleichungen benutzte Schwingungsmodell sowie alle anderen im Kap. 11 behandelten Schwingungsmodelle sind nur für einen niedrigen Frequenzbereich (etwa bis 100 Hz, also den Bereich der spürbaren Schwingungen) gültig. Das ist dadurch begründet, dass Maschinengehäuse und Schwingfundamente im höheren Frequenzbereich (im Körperschall-Frequenzbereich) keine starren Massen mehr sind, sondern „in sich“ schwingen können. Dabei sind besonders Biegeschwingungen relevant. Technische Nachgiebigkeiten wie Stützkonstruktionen, Schwingungsisolatoren usw. sind im höheren Frequenzbereich keine reinen Federn mehr. Vielmehr sind aufgrund ihrer Massebelegung innere Resonanzen möglich, durch welche eine Übertragung von Kräften oder Schwingungen erfolgt. Bei der Körperschallisolierung sind deshalb von der Schwingungsisolierung abweichende Regeln zu beachten (s. Kap. 12). 11.3.3.5 Projektzustand und ausgeführte Anlage Allgemeines Handlungsprinzip der Sicherheitstechnik und des Arbeitsschutzes ist die Reihenfolge der Handlungen: 1. Gefährdung (Schaden) an der Quelle vermeiden 2. Schutzmaßnahmen gegen Gefährdung ergreifen 3. Verhaltensregeln gegen Auswirkung einer Gefährdung anweisen. Diese Reihenfolge ist auch bei der Schwingungsabwehr einzuhalten. Deshalb ist die Abwehr im Projektzustand Maßnahmen an ausgeführten Anlagen (z. B. nach erfolgter Maschinenaufstellung) stets vorzuziehen. Diese Priorität ist meist auch am kostengünstigsten, jedoch aufgrund mangelnder Informationen über die Schwingungserregung oder das Schwingungsverhalten der Umgebung (z. B. des Baugrundes) nicht immer realisierbar. Aus Kostengründen sollten Maßnahmen der Schwingungsabwehr insbesondere an bereits ausgeführten Objekten nur dann ausgeführt werden, wenn aufgrund des rechnerischen bzw. messtechnischen Nachweises gültige Normative oder andere Richtwerte der Schwingungseinwirkung verletzt werden (s. Unterkapitel 11.2).

11.3.4 Schwingungserregung 11.3.4.1 Erregungsarten Dynamische Schwingungserregung erfolgt durch Maschinenkräfte, ausgehend von der Maschine als Quelle,

11  Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen

531

• aufgrund ungleichförmiger Bewegung als freie Massenkräfte (oder -momente), • aufgrund technologischer Prozesse in der Maschine als innere Kräfte (oder -momente) – z. B. Gaskräfte in Verbrennungsmotoren, Schneidkräfte oder • äußerer Antriebs- bzw. Abtriebskräfte (oder -momente). Freie Massenkräfte stellen unbedingt eine Schwingungserregung für den Aufstellort dar, innere Kräfte nur unter bestimmten Voraussetzungen (s. nachfolgender Abschnitt). Meist wird ihr Kraftfluss über das Maschinengehäuse oder über die Mechanismen geschlossen, sodass sie nur eine Schwingungserregung für die Maschine in sich („elastische Maschine“ – s. Abschn. 11.3.1) darstellen. Das gilt auch für die aus den inneren Kräften resultierenden Antriebs- oder Abtriebsmomente. Ist der gesamte Maschinensatz (Antriebs- und Arbeitsmaschine) z. B. auf einem gemeinsamen Schwingfundament oder einer anderen gemeinsamen Stützkonstruktion aufgestellt, sind Antriebsmoment und Abtriebsmoment insgesamt ausgeglichen, stellen aber für die Stützkonstruktion zwischen den beiden Maschinen eine „innere“ Schwingungserregung dar. Wird das Moment aber nach außen übertragen (z. B. von der schwingungsisoliert gelagerten Schiffsmaschine auf die Schraube), so stellt ein Abtriebsmoment mit zeitvariablem Anteil eine Schwingungserregung für die Maschinenaufstellung dar. Bei einem Betrieb mit konstanter Drehzahl sind die Erregerkräfte stationär, lassen sich also durch eine Summe harmonischer Kräfte (Fourier-Reihe) beschreiben. In anderen Fällen können sie aber auch als Stöße oder Stoßfolgen verlaufen, z. B. bei Hammermaschinen durch den Zusammenprall zweier Massen (s. Abschn. 11.3.9). Sie haben dann einen instationären oder transienten Zeitverlauf. Kinematische Erregungen durch Verkehrserschütterungen sind meist instationär (transient) und regellos (stochastisch), werden aber dennoch durch ihr charakteristisches Erregerspektrum beschrieben und bei der Schwingungsabwehr wie stationäre Schwingungen behandelt.

11.3.4.2 Entstehung freier Massenkräfte Jeder massebehaftete Körper und jedes Teilelement davon (Massenelement) setzt der Änderung seines Bewegungszustandes (=Impuls) Trägheit entgegen. Diese ist dem Produkt aus Masse und Beschleunigung als Änderungsgröße (1. Ableitung) der Geschwindigkeit betragsmäßig proportional und entgegengerichtet (2. Newtonsches Gesetz). Die Geschwindigkeit v des Massenpunktes bei beliebiger Bewegung im Raum kann sich nach Betrag oder Richtung oder nach beiden gleichzeitig ändern: v=v·t a= v = |v| : Betrag der Geschwindigkeit

dv v2 dv = t+ n dt dt r

(11.21) (11.22)

532

M. Beitelschmidt

t Einheitsvektor in Bahnrichtung (nicht die Zeit!), n Einheitsvektor in Normalrichtung, r momentaner Krümmungsradius der Bahn. Als Trägheitskraft oder Massenkraft wird nun die Kraft bezeichnet, die von der Umgebung aufgebracht werden muss, um die Beschleunigung zu erwirken. Diese ist der Beschleunigung entgegengerichtet und lautet. Fm = −ma

(11.23)

Die zwei Komponenten gemäß Gl. (11.22) sind aus der Anschauung bekannt:

−m

dv t dt

(11.24)

als Beschleunigungs- oder Bremskraft bei Änderung der Fahrgeschwindigkeit eines Fahrzeuges und

−m

v2 n = −mω2 rn r

(11.25)

als Fliehkraft bei der Kurvenfahrt. Bei Mechanismen in Maschinen treten Kräfte der ersten Art beispielsweise in hinund hergehenden Kolben oder anderen Arbeitselementen oder beim Schlag des Hammers auf den Amboss auf (translatorische freie Massenkräfte), Kräfte der zweiten Art (rotatorische freie Massenkräfte) z. B. beim Umlauf von unwuchtigen Rotoren. Die Entstehung von Massenkräften kann am einfachen Beispiel der Unwucht veranschaulicht werden. Auf Abb. 11.14 ist eine mit der konstanten Winkelgeschwindigkeit ω rotierende Scheibe mit einer kleinen Zusatzmasse m dargestellt. Da die Umfangsgeschwindigkeit v = ωr ebenfalls konstant ist, ist der tangentiale Anteil der Beschleunigung gemäß Gl. (11.24) gleich Null. Die Beschleunigung (hier die Zentripetalbeschleunigung) der Masse lautet gemäß Gl. (11.25)

a = nrω2

(11.26)

und zeigt zum Mittelpunkt der rotierenden Scheibe. Die zur Beschleunigung erforderliche Kraft F = ma muss dabei entgegengerichtet von der Scheibe aufgebracht werden, welche sich am Drehpunkt abstützt. Somit wirkt auf den Drehpunkt eine umlaufende Kraft Fu (Fliehkraft), die in die Abstützung oder das Fundament eingeleitet wird. Freie Massenkräfte können planmäßig oder außerplanmäßig auftreten. So ist z. B. die Unwucht eines Fliehkraft-(Unwucht-)Erregers planmäßig (konstruktiv bedingt bzw. gewollt), die eines Ventilatorlaufrades oder Elektromotorenankers außerplanmäßig (fertigungsbedingt). Hin- und hergehende Massen eines Mechanismus sind funktionsbedingt und erzeugen planmäßige freie Massenkräfte. Ihre fertigungsbedingte Abweichung von der Nenngröße verursacht jedoch auch hier außerplanmäßige freie Massenkräfte.

11  Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen

533

Bei Maschinen mit Kurbeltrieb (als kinematisches Grundelement von Verbrennungsmotoren, Kolbenkompressoren, Nähmaschinen usw.) sind aufgrund der funktionellen Verknüpfung umlaufender und hin- und hergehender Bewegungen auch rotatorische und translatorische freie Massenkräfte miteinander verknüpft. Vollführt der Kurbeltrieb eine technologische Funktion (z. B. Übertragung des Verbrennungsdrucks auf die Kurbelwelle), so treten zusätzliche innere Kräfte (hier: Gaskräfte) auf. Abb. 11.15 zeigt die Kräfte und Momente, die am Kurbeltrieb und am Gehäuse eines Verbrennungsmotors (Einzylinder-Kolbenmotor) auftreten. Die Ergänzung der Gaskraft FG = Kolbenfläche · Gasdruck und der hin- und hergehenden freien Massenkraft FMh durch die Kolbenseitenkraft FS zur Pleuelstangenkraft FSt ergibt sich daraus, dass die Pleuelstange aufgrund ihrer beidseitig gelenkigen Verbindung mit Kolben und Kurbelzapfen nur Kräfte in ihrer Längsachse übertragen kann. Es zeigt sich aus der Betrachtung, dass am Gehäuse lediglich die freien Massenkräfte FMu und FMh unausgeglichen sind und damit das System Kolbenmotor – Fundament zu Schwingungen erregen können. Das Kippmoment FS · h wird nur dann zum Schwingungserreger, wenn sich die Arbeitsmaschine nicht auf dem gleichen Fundament befindet, auf das sonst über die Kupplung der Kurbelwelle das Antriebsmoment MA = FSt a und dadurch auf deren Gehäuse das entgegengesetzte betragsgleiche Kippmoment – FS · h übertragen wird. In diesem Fall ist, wie bereits im Unterabschnitt 11.3.3.1 angedeutet, auch für An- und Abtriebsmomente der Kraftfluss geschlossen. Schwingungserregend wirkt das Kippmoment jedoch, wenn das Antriebsmoment nach außerhalb des Systems „starre Maschine“ übertragen wird, z. B. beim Antrieb des Schaufelrades eines Schaufelradbaggers oder beim Radantrieb eines Kraftfahrzeuges.

a

b

c

Abb. 11.15   Massenkräfte am Einzylinder-Kolbenmotor. a Schnittdarstellung; b Kräfte am Kurbeltrieb ausgeglichen: FG Gaskräfte, FMu, FMh Massenkräfte, FS Kolbenseitenkraft, FSt Pleuelstangenkraft; nicht ausgeglichen: MA  =  FSt a Antriebsmoment; c Kräfte am Gehäuse ausgeglichen: FG Gaskräfte, FS Kolbenseitenkraft; nicht ausgeglichen: FMu, FMh Massenkräfte, FS h Kippmoment

534

M. Beitelschmidt

Zur Berechnung der planmäßigen freien Massenkräfte wird von der Kinematik des Kurbeltriebes ausgegangen, die im Abb. 11.16 schematisch dargestellt ist. Dabei wird vorausgesetzt, dass die Massen der Kurbel und der Pleuelstange im Kurbelzapfen und am Kolbenbolzen als reduzierte Massen mu und mh konzentriert gedacht werden (über deren Berechnung s. z. B. Dresig 2016). Vom Kurbeltrieb gehen folgende freie Massenkräfte aus:

FMu = mu rω2 umlaufend (rotatorisch)

(11.27)

FMh = −mu s¨ hin- und hergehend (translatorisch)

(11.28)

Zur Berechnung der Kolbenbeschleunigung s¨(t) ist zunächst der Kolbenweg

s(t) = r cos ωt + l cos β erforderlich der mit cos β =



(11.29)

2

1 − 2 sin ωt zu   1 2 2 s(t) = r cos ωt + 1 −  sin ωt 

(11.30)

ergibt. Nach Entwicklung von Gl. (11.30) als Fourier-Reihe und deren zweimaliger Ableitung nach der Zeit ergibt sich

s¨ = −rω2 (cos ωt − A2 cos 2ωt − A4 cos 4ωt − . . .) mit A2 = − −

1 3  4

und A4 = 41 3 +



3 5  16

15 5  128

(11.31)

− ···

+ ···

Das Kurbelverhältnis  = r/l beträgt bei ausgeführten Maschinen  = 0,2 bis 0,4. Daraus ergibt sich die Berechtigung, die Reihe (11.31) nach den Gliedern mit 3 abzubrechen. Für  = 0,33 ergibt sich z. B. A2 = 0,34 und A4 = 0,01. Werden die Massenkräfte nach den Gl. (11.27) und (11.28) nach Einsetzen von Gl. (11.31) auf die Koordinatenachsen x und y projiziert, so ergibt sich    mh mh mh 2 A2 cos 2ωt − A4 cos 4ωt − · · · cos ωt − Fx = mu rω 1+ (11.32a) mu mu mu

Fy = mu rω2 sin ωt Abb. 11.16   Schema zur Kinematik des Kurbeltriebs

(11.32b)

11  Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen

535

Diese Kräfte wirken auf das Maschinengehäuse und stellen damit eine Schwingungserregung der „starren Maschine“ dar. Es ist aus Gl. (11.32a) zu sehen, dass die translatorischen freien Massenkräfte die 1., 2., 4. und jede weitere geradzahlige Harmonische der Erregerkreisfrequenz ω enthalten, die rotatorischen freien Massenkräfte nach Gl. (11.32b) dagegen nur deren 1. Ordnung. Mittels Gl. (11.32) können die planmäßigen freien Massenkräfte des Kurbeltriebes anhand konstruktiver Parameter berechnet werden.

11.3.5 Primärmaßnahmen der Schwingungsabwehr 11.3.5.1 Massenausgleich Der Massenausgleich ist ein konstruktives Verfahren zum Ausgleich planmäßiger freier Massenkräfte. Der Ausgleich hin- und hergehender Massen kann erfolgen durch (Dresig 2016; Meltzer 1977): • Ausgleichsgetriebe (bei Einzelmechanismen, wie Einzylinder-Kolbenmaschinen), • paarweise gegenläufige Anordnung zweier gleicher Mechanismen (Gegenkolbenanordnung, Boxermotor) oder Maschinen (s. Abb. 11.17), • Reihen- oder Winkelanordnung mehrerer gleicher Mechanismen (z. B. VierzylinderZweitakt-Reihenmotor, Abb. 11.18). Werden für den Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor nach Abb. 11.18 die freien Massenkräfte aller vier Zylinder in x- und y-Richtung nach den Gln. (11.32) aufsummiert, so ergibt sich

Fy(1...4) = mu rω

2



mh − A4 mu

mh 1+ mu

4 

 4

4

cos (ωt + αi ) −

i=1



mh  A2 cos 2(ωt + αi ) mu (11.33a) i=1

cos 4(ωt + αi ) − · · · ,

i=1

Fx(1...4) = mu rω2

4 

sin (ωt + αi ).

(11.33b)

i=1

Werden die αi nach Abb. 11.12 eingesetzt, so ergibt sich, dass die umlaufenden freien Massenkräfte planmäßig ausgeglichen sind. Die Massenkräfte 2. Ordnung sind jedoch nicht ausgeglichen. Zu beachten ist zudem, dass aufgrund des Abstandes a zwischen den einzelnen Zylindern auch Momente der freien Massenkräfte um die x - und y -Achse auftreten könnten, die gleichfalls als Schwingungserregung der „starren Maschine“ wirken.

536

M. Beitelschmidt

Abb. 11.17   Massenausgleich durch gegenläufigen Synchronantrieb zweier gleicher Schwingsiebe

a

b

Abb. 11.18   a Kurbelstern und b Kurbelwellen-Längsanordnung eines 4-Zylinder-ViertaktReihenmotors

Da die Kurbelwelle des 4-Zylinder 4-Takt Reihenmotors spiegelsymmetrisch zur x − y Ebene ist (Abb. 11.18b), tritt dies hier nicht auf. Der 3-Zylinder Reihenmotor mit einer Kröpfungsreihe 0°–120°–240° erzeugt hingegen Momente der freien Massenkräfte. Wird zum Massenausgleich ein Ausgleichgetriebe ohne technologische Funktion genutzt, kann von einer aktiven Maßnahme zur Schwingungsabwehr im Sinne von Unterabschnitt 11.3.3.3 gesprochen werden. Der Massenausgleich ist bereits beim einzelnen Mechanismus (z. B. Einzylindermotor) konstruktiv dadurch möglich, dass diametral zum Kurbelzapfen Gegengewichte an den Kurbelwangen befestigt werden, durch welche die Unwucht mu · r planmäßig zu Null wird. Diese Ausgleichsmassen können auch überdimensioniert werden und damit einen Teil der translatorischen freien Massenkräfte 1. Ordnung mit ausgleichen. Der Massenausgleich ist nur begrenzt im Rahmen der Fertigungsgenauigkeit wirksam. Außerplanmäßige Abweichungen der Massenverteilung der einzelnen Mechanismen können z. B. durch dynamisches Auswuchten der Kurbelwelle (s. Unterabschnitt 11.3.4.2) und Klassieren der hin- und hergehenden Massen (Kolben) weiter eingeschränkt werden.

11.3.5.2 Auswuchten Das Auswuchten ist ein experimentelles Verfahren zur Verminderung außerplanmäßiger freier Massenkräfte in der Fertigungs- oder Instanthaltungsphase. Besitzt ein scheibenförmiger Rotor durch Fertigungsungenauigkeiten eine Unwucht mu · ru, so ergibt sich nach Gl. (11.27) eine außerplanmäßige umlaufende freie Massenkraft FMu = mu · ru · ω2 als Schwingungserregung. Eine solche Unwucht lässt sich

11  Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen

537

durch statisches Auswuchten beseitigen. Dazu wird der Rotor auf parallelen horizontalen Schneiden abgerollt (Abb. 11.13). Wenn er zur Ruhe kommt, zeigt der Radiusvektor ru nach unten. Es kann danach diametral zu ru eine Gegenunwucht (Ausgleichsunwucht) ma · ra angebracht werden (oder auf dem Radiusvektor ru die Ausgleichsunwucht ma · ra ausgebohrt werden) und der Auswuchtvorgang wiederholt werden. Ist das Gleichgewicht mu ru = ma ra hergestellt, ergibt sich keine ausgezeichnete Ruhestellung des Rotors mehr. Der Rotor ist statisch ausgewuchtet. Ist der Rotor nicht scheibenförmig, so kann der in Abb. 11.14 dargestellte Zustand eintreten: Unwucht mu ru und Ausgleichsunwucht ma ra sind zwar betragsmäßig gleich und entgegengerichtet, liegen aber in unterschiedlichen Querschnittsebenen des Rotors (Abb. 11.19). Beim Umlauf des Rotors mit der Winkelgeschwindigkeit ω tritt dann durch die beiden um den Abstand b versetzten Fliehkräfte mu ru ω2 bzw. ma ra ω2 ein außerplanmäßiges umlaufendes Moment freier Massenkräfte auf, das den Rotor in der eingezeichneten Weise auf Biegung beansprucht und über die Auflagerkräfte

A = −mu ru ω2

B = ma ra ω2

b sin ωt 2a + b

b sin ωt 2a + b

(11.34a)

(11.34b)

das System „starre Maschine“ zu Schwingungen anregt. Für schnelllaufende, nicht scheibenförmige Rotoren (auch bereits für Kraftfahrzeugräder) ist deshalb ein dynamisches Auswuchten erforderlich (Abb. 11.20). Dabei wird der zunächst unwuchtige Rotor in einer Auswuchtmaschine auf die Betriebsdrehzahl n = 60 (ω/2π) gebracht und in beiden Lagern die Lagerkraft gemessen.

Abb. 11.19   Schematische Darstellung des statischen Auswuchtvorgangs

538

M. Beitelschmidt

Abb. 11.20   Wirkung eines Kräftepaares bei statisch ausgewuchtetem Rotor als Schwingungserregung auf die Rotorlager

Die Ausgleichsunwuchten werden nunmehr in zwei vorher festgelegten Auswuchtebenen so angebracht (oder ausgebohrt), dass beide Lagerkräfte zu null werden (Dresig 2016; Schneider 2013; DIN ISO 21940). Dynamisches Auswuchten wird bei der Serienproduktion von Elektromotorenankern, Kurbelwellen und anderen Rotoren in modernen Taktstraßen automatisch ausgeführt. Das statische oder dynamische Auswuchten kann nur bis zu einer gewissen Wuchtgüte wirtschaftlich praktiziert werden. Wird die Modellvorstellung der Einzelunwucht mu ru in den Gln. (11.34) durch die praktischere Kennzeichnung des unwuchtigen Rotors der Masse mRot mit der Schwerpunktexzentrizität e (es gilt also mu ru = mRot e) ersetzt, so lautet die Gleichung für die außerplanmäßige Erregerkraft

FMu = mRot · e · ω2 = mRot · e · ω

2πn 60

n in min−1 , ω in s−1 .

(11.35)

Das Produkt e · ω wird als Auswuchtgüte bezeichnet. In (Schneider 2013; DIN ISO 21940) werden Empfehlungen für die Auswuchtgüten angegeben, die vom Hersteller (oder Betreiber) eingehalten werden sollten. Diese sind in Tab. 11.6 auszugsweise wiedergegeben. Wenn vom Maschinenhersteller oder durch maschinenspezifische Standards keine anderen Angaben vorliegen, können diese Richtwerte in Verbindung mit Gl. (11.35) zur Abschätzung der außerplanmäßigen Rest-Erregerkraft ausgewuchteter Rotoren benutzt werden. (DIN 4024) Teil 1 empfiehlt allerdings, die Betriebsbelastung mit einer Restunwucht zu berechnen, die um eine Qualitätsstufe ungünstiger als die nach (DIN ISO 21940) ist. Als Havarielast wird sogar der sechsfache Betrag der Betriebslast vorgeschlagen.

11  Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen

539

Tab. 11.6  Richtwerte für die Auswuchtgüte von Rotoren – Auszug aus (DIN ISO 21940) Maschinenart – Allgemeine Beispiele

Betrag von ezul ω in mm s–1

Kurbeltriebe ohne Massenausgleich bei elastischer Aufstellung

630

Kurbeltriebe ohne Massenausgleich bei starrer Aufstellung

250

Komplette Kolbenmotoren von Pkw, Lkw und Lokomotiven

100

Pkw: Räder, Felgen, Radsätze, Gelenkwellen; Kurbeltriebe mit Massenausgleich bei elastischer Aufstellung

40

Maschinen der Landwirtschaft; Kurbeltriebe mit Massenausgleich bei starrer Aufstellung; Zerkleinerungsmaschinen; Antriebswellen (Kardanwellen, Propellerwellen)

16

Strahltriebwerke; Zentrifugen; Schleudern; Elektromotoren und Generatoren mit mindestens 80 mm Wellenhöhe und höchster Nenndrehzahl bis 950 min–1; Elektromotoren mit einer Wellenhöhe unter 80 mm; Lüfter, Getriebe; Maschinen des allgemeinen Maschinenbaus; Werkzeugmaschinen, Papermaschinen, Maschinen der Verfahrenstechnik; Pumpen, Turbolader, Wasserkraftturbinen

6,3

2,5 Kompressoren; Computer-Laufwerke; Elektromotoren und Generatoren mit mindestens 80 mm Wellenhöhe und höchster Nenndrehzahl über 950 min–1; Gasturbinen, Dampfturbinen; Werkzeugmaschinen-Antriebe; Textilmaschinen

11.3.5.3 Ausgleichswellen Im Unterabschnitt 11.3.5.1 wurde anhand des Beispiels der Schubkurbel gezeigt, dass ein Mechanismus mit nichtlinearer Kinematik bei einer Drehfrequenz f periodische Massenkräfte mit ganzzahligen Vielfachen der Drehfrequenz 2f , 3f , . . . erzeugen kann. Diese höheren Harmonischen können nicht mit einer Ausgleichs-Unwucht, die in der Basisdrehzahl umläuft, ausgeglichen werden. Mithilfe spezieller Ausgleichswellen, die sich mit entsprechend höherer, z. B. der doppelten, Frequenz drehen, können auch höhere Harmonische ausgeglichen werden. Die typische Anordnung von Ausgleichswellen ist in Abb. 11.21 dargestellt. Mit der Anordnung von zwei gegenläufigen, unwuchtigen Wellen kann eine resultierende oszillierende Massenkraft in Richtung der y-Achse erzeugt werden. Dieses beträgt FMy = 2mU · rU · ωA2 · sin ωA t.

(11.36)

Die Fliehkraft der beiden Unwuchtwellen in x-Richtung hebt sich gegenseitig genau auf. Gemäß Gl. (11.33a) beträgt die verbleibende Massenkraft 2. Ordnung Fy(1...4) = −4A2 · mh · r · ω2 cos 2ωt. Wird nun ωA = 2ω in die Gl. (11.36) eingesetzt, kann durch Gleichsetzen die erforderliche Unwucht mU · rU berechnet werden.

540

M. Beitelschmidt

a

b

y ω

ω

x

Zusatzmasse

Abb. 11.21    Ausgleichswellen zum Ausgleich von translatorisch wirkenden, oszillierenden Massenkräften. a grundsätzliche Anordnung gegenläufiger Unwuchtwellen, b Anordnung im Mehrzylindermotor

Ausgleichswellen haben neben ihrem gewünschten positiven Effekt auch Nachteile. Es muss ein weiteres Element in die Maschine integriert werden mit Lagerung, Schmierung und einem Antrieb, der hohe Drehzahlen erzeugen muss. Zudem bringen die Ausgleichswellen zusätzliches Gewicht, Reibung und eine weitere Drehträgheit in die Maschine ein. Diese Nachteile wiegen bei einer stationären Maschine nicht so schwer. Trotzdem werden im Fahrzeugmotorenbau, gerade bei 4-Zylinder 4-Takt Reihenmotoren mit größerem Hubraum und damit größeren bewegten Massen gerne Ausgleichswellen angewendet. Siehe hierzu Aufgabe 2.5 in (Beitelschmidt 2017).

11.3.6 Schwingungsisolierung 11.3.6.1 Zielstellung und konstruktive Realisierung Schwingungsisolierung ist die meist angewandte Maßnahme der sekundären Schwingungsabwehr bei dynamischer (Quellenisolierung) und bei kinematischer (Empfängerisolierung) Schwingungsanregung (s. Unterabschnitt 11.3.3.1). Sie erfolgt durch Verringerung der Steifigkeit der Maschinenaufstellung durch Untersetzen elastischer Elemente (Schwingungsisolatoren) unter die Maschinenfüße, um mit einer tiefen Abstimmung Eigenfrequenz (en) f0 ≪ Erregerfrequenz(en) f

11  Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen

541

die Übertragung der Erregerkraft F(t) von der schwingungserregenden Maschine auf den Aufstellort bzw. der Erschütterungen s(t) des Aufstellortes auf schwingungsempfindliche Maschinen, Anlagen oder Geräte zu minimieren (s. Unterabschnitt 11.3.2.1 und 11.3.2.3). Die Analyse der Gl. (11.12), (11.13) sowie (11.16) und von Abb. 11.11 lassen erkennen, dass mit

f > (3 . . . 4) · f0

(11.37)

für praktisch alle Fälle ein ausreichender Schwingungsschutz gewährleistet ist. Bei der Auslegung und Realisierung der Schwingungsisolierung sind folgende zusätzliche Gesichtspunkte besonders zu beachten: 1. Da Maschinengehäuse oder -gestelle in der Regel so ausgelegt sind, dass nur bei Ankopplung an eine starre Stützkonstruktion die Funktionssicherheit der Maschine gewährleistet ist, wird aufgrund der Ankopplung über elastische Stützelemente bei der Schwingungsisolierung oftmals eine Versteifung der Maschine durch einen mitschwingenden Zwischenrahmen oder ein Schwingfundament erforderlich sein. 2. Durch die elastischen Stützelemente ergibt sich eine vergrößerte Eigenschwingung x(t) der Maschine (s. Gl. (11.12)), welche zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der Maschine durch eine Vergrößerung der mitschwingenden Masse m („Vermassung“) mittels zusätzlichem Schwingfundament reduziert werden kann. 3. Starre Verbindungen zur Umgebung (z. B. Wellenstränge, Rohrleitungen, Materialzuführungen) sind ebenfalls elastisch oder gelenkig zu gestalten, um die Wirksamkeit der Schwingungsisolierung nicht einzuschränken bzw. die betroffenen Elemente einer Bruchgefahr auszusetzen (z. B. durch elastische Rohrleitungsverbindungen, Gelenkwellen). 4. Es ist sicherzustellen, dass beim Durchfahren der Resonanzen im Anfahr- und Auslaufprozess der Maschine die Schwingungen begrenzt bleiben. Dazu ist gegebenenfalls eine zusätzliche Dämpfung vorzusehen (s. Unterabschnitt 11.3.5.4).

11.3.6.2 Isolierwirkungsgrad Die Gl. (11.13) und (11.16) geben die frequenzabhängige Verringerung der auf den Aufstellort übertragenen Kraft Q(t) gegenüber der Erregerkraft F(t) im Falle einer dynamischen Erregung bzw. der Schwingung x(t) eines schwingungsempfindlichen Objektes gegenüber der Erschütterung s(t) am Aufstellort bei kinematischer Erregung an. Wird ein Isolierwirkungsgrad η definiert, der diese Verringerung ins Verhältnis zur Erregergröße setzt, ergibt sich mit Gl. (11.13) und (11.16)    ˆ  ˆ  sˆ − xˆ  F − Q ν2 − 2 f (11.38) = 2 = η= mit ν = xˆ ν −1 f0 Fˆ

542

M. Beitelschmidt

√ Das bedeutet, dass bei v = 2 die Isolierwirkung einsetzt und bei ν = 3 bereits η = 0,875 beträgt. Bei ν = 10 wird nur noch 1 % der Erregung auf das schwingungsisolierte Objekt übertragen. Dies kann gut in der logarithmischen Darstellung von V1 (Abb. 11.22) abgelesen werden: Aufgrund der negativen 2:1 Steigung der Vergrößerungsfunktionen für ν > 1 führt eine Verdopplung von ν zu einer Viertelung von V1. Zu beachten ist aber, dass diese Abschätzung nur für das in Unterabschnitt 11.3.2.1 benutzte Schwingungsmodell mit dem Freiheitsgrad 1 gilt.

11.3.6.3 Zweistufige Schwingungsisolierung Kann die Forderung (11.37) nicht eingehalten werden (z. B. bei sehr langsam laufenden Maschinen), kann die Isolierwirkung durch eine zweistufige Schwingungsisolierung verbessert werden. In diesem Falle wird die schwingungsisolierte Maschine (Gesamtmasse mit Schwingfundament oder Rahmen m1; Gesamtsteifigkeit der Isolatoren c1) auf

a

Logarithmische Darstellung von V1

b

Logarithmische Darstellung von V2 = 0.10 = 0.15 = 0.20 = 0.35 = 0.50 = 0.71 = 1.00

lg(V 1 )

lg(V 2 )

= 0.10 = 0.15 = 0.20 = 0.35 = 0.50 = 0.71 = 1.00

1 1

2

1

lg( )

lg( )

Abb. 11.22   a Logarithmische Darstellung von Abb. 11.10 für Werte D > 0,1. Im überkritischen Bereich ν > 1 fallen die Kurven mit einer Steigung von 2:1. b Logarithmische Darstellung von Abb. 11.11 für Werte D > 0,1. Im überkritischen Bereich ν > 1 fallen die Kurven mit einer Steigung von 1:1

11  Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen

543

ein ebenfalls schwingungsisoliertes Zwischenfundament mit den Parametern m2 und c2 gesetzt. Das Schwingungsmodell entspricht dann Abb. 11.6 rechts, im einfachsten Fall (wie dargestellt) nur mit dem Freiheitsgrad 2. Dafür ergibt sich aus den beschreibenden Schwingungsgleichungen (welche denen für das Schwingungssystem mit Tilger entsprechen – s. Abschn. 11.3.9) die in Abb. 11.15 dargestellte Übertragungsfunktion für die Erregerkraft. Zu beachten ist, dass diese nun zwei Resonanzstellen bei f01 und f02 aufweist und zusätzlich von den Verhältnissen der Maschinenmasse m1 und der Masse des Zwischenfundamentes m2 sowie der Federkonstanten c1 und c2 beider Isolierstufen abhängig ist. Bei guter Wahl dieser Verhältnisse können beide Eigenfrequenzen f01 und f02 unter die Erregerfrequenz f gelegt und damit bereits kurz oberhalb f02 eine wesentlich bessere Isolierwirkung als bei einstufiger Schwingungsisolierung erzielt werden. Unbedingt ist zu vermeiden, dass eine Erregerfrequenz mit einer Eigenfrequenz übereinstimmt. Bei der hier dargestellten Herangehensweise handelt es sich um eine Abschätzung, die eine eindimensionale Bewegung beider Massen voraussetzt. Selbstverständlich können beide Massen räumlich schwingen, sodass sich ein Schwingungsmodell mit dem Freiheitsgrad 12 ergibt – s. Unterabschnitt 11.4.3.2 (Abb. 11.23).

11.3.6.4 Schwingungsisolatoren und Dämpfer Zur Schwingungsisolierung werden eingesetzt • Schwingungsisolatoren; das sind räumlich konzentrierte (diskrete) elastische Bauelemente mit maschinen- und bauwerksseitiger Befestigungs- und (oftmals) Nivelliermöglichkeit; in einigen Fällen sind sie auch mit Schwingungsdämpfern oder akustisch wirksamen Zwischenlagen kombiniert;

Abb. 11.23   Vergleich der Übertragungsfunktionen bei zweistufiger und einstufiger Schwingungsisolierung – nach (Blochwitz 2013)

544

M. Beitelschmidt

• elastische Bauelemente, welche auch zu anderen Zwecken Einsatz finden und deshalb keine Befestigungselemente besitzen; das sind z. B. diskrete Elemente, wie Gummioder Stahlfedern, oder flächenhafte Elemente (z. B. Gummimatten oder Korkplatten) • Baugrundaustausch; dabei wird ein steifer Baugrund (z. B. gewachsener Fels) durch eine Schüttung vergleichsweise weichen elastischen Baugrunds (z. B. Kies) ersetzt. Zur Orientierungsberechnung der Schwingungsisolierung (s. Abschn. 11.4.2) werden mindestens Angaben zu folgenden Eigenschaften der Schwingungsisolatoren in der Hauptbelastungsrichtung benötigt und deshalb vom Hersteller erwartet (DIN EN 1299; DIN EN ISO 10846; ISO 2017; Meltzer 1977): • statische Federkennlinie Fr = f(xrel) • dynamische Federkonstante cdyn; z. B. bei 65 % der statischen Höchstlast • statische Höchstlast Fzul • Dämpfungsgrad ϑ; z.B. bei 65% der statischen Höchstlast • (Erklärung der Formelzeichen s. Unterabschnitt 11.3.2.1). Die exakte Auslegungsrechnung nach Abschn. 11.4.3 erfordert weitergehende Angaben insbesondere zu den dynamischen Eigenschaften in allen 6 Raumrichtungen. Außerdem sind natürlich Angaben zu Abmessungen, Befestigungsart sowie Beständigkeit gegenüber Medien und anderen Umgebungseinflüssen erforderlich. Für Stahlschraubenfedern sowie einfach gestaltete Elastomer- und Luftfedern lassen sich die Federkonstanten auch näherungsweise berechnen (Göbel 1969; DIN EN 13906). Verfahren zur experimentellen Ermittlung sind aufwendig und sollten deshalb vom Hersteller angewendet werden (DIN EN ISO 10846). Tab. 11.7 gibt einen Überblick über die Eigenschaften und Einsatzbereiche von Elementen zur Schwingungsisolierung. Die angegebenen Werte sind Anhaltswerte, sie können natürlich bei entsprechenden Herstellerangaben auch über- bzw. unterschritten werden. Aus den Anhaltswerten für die niedrigste erreichbare Eigenfrequenz (bei voller statischer Belastung) lässt sich anhand der Bedingung (11.37) die niedrigste Erregerfrequenz berechnen, für welche bestimmte Isolierelemente noch wirkungsvoll einsetzbar sind (z. B. f = 4 f0 = 20 Hz, das entspricht n = 1200  min–1, für Gummiisolatoren bei Druckbelastung). Die Reihenschaltung von Isolatoren (z. B. zwei Isolatoren oder Matten übereinander) ergibt bei gleichbleibender Belastbarkeit eine Halbierung der Federkonstante und damit eine Verringerung der niedrigsten Eigenfrequenz um den Faktor 1,4. Für das angeführte flächenhafte Material ist darauf zu achten, dass es nicht unter die gesamte Sohlfläche des Fundamentes gelegt, sondern nur für solche Teilflächen angewendet wird, für die Belastungen von etwa 0,65 bis 1,0 σzul erreicht werden. Platten und Matten können zur Verringerung der Eigenfrequenzen bis zu etwa vier Schichten übereinander verlegt werden.

11  Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen

545

Tab. 11.7  Eigenschaften und Einsatzbereiche von Elementen zur Schwingungsisolierung Art/Material

Eigenschaften

Belastbarkeit maximal

Eigenfrequenz minimal

Mit und ohne Befestigungselementen einsetzbar; Federkennlinie je nach Gestaltung (meist) linear oder nichtlinear; Dämpfung sehr gering (durch Reibung vergrößerbar); Regelausführung: Stahlschraubenfeder (c = linear; ≈ 0,001 bis 0,01)

Sehr hoch

Bei Druckbelastung 1,5 Hz bei Zugbelastung beliebig

An Befestigungselemente gebunden oder gefügt; Federkennlinie je nach Gestaltung linear oder (meist) nichtlinear; Beachten: cdyn > cstat (werkstoff- und frequenzabhängig); Dämpfung (abhängig von Füllstoff) = 0,02 bis 0,2

Druck 150 N/cm2 5 Hz (50 kN je Element) 3 Hz Schub 60 N/cm2 vermeiden Zug 10 N/cm2

Diskrete Elemente (syn. Schwingungsisolatoren, Federn) Metall

Gummi (Elastomer)

Luftfeder (Gummibalg mit Federsteifigkeit von Luftdruck und Metallbefestigung) Volumen (auch Zusatzvolumen) abhängig; Dämpfung durch Strömungsdrossel erhöhbar; Niveaureglung möglich Metallgewebe

500 kN

500 N/cm2

Mit und ohne Befestigungselementen 50 kN einsetzbar; Federkennlinie frequenzabhängig und bei hoher Belastung nichtlinear; Dämpfung = 0,1 bis 0,2

0,5 Hz

10 Hz

Flächenhafte Elemente (syn. Dämmstoffe, -matten) Gummi Kork Filz

Ganzflächig oder stückweise unterlegen; ggf. mehrlagig (bis ca. 150 mm dick) Seitliche Ausdehnung durch Gestaltung oder Auslegung ermöglichen!

Nachgiebige Rohrleitungsverbindungen (syn. Kompensatoren) Metallfaltenbälge Gummi- und Gewebeschläuche Metallschläuche für Luftführungen auch Segeltuch- oder Folienmanschetten

Auswahl u.a. nach zulässigem Innendruck, Temperaturbeständigkeit und Medienverträglichkeit

50 N/cm2 100 N/cm2 20 N/cm

2

10 Hz

546

M. Beitelschmidt

Im Kap. 12 wird nachgewiesen, dass es für Schwingungsisolatoren auch eine obere Grenzfrequenz gibt, welche die Wirksamkeit im akustischen Frequenzbereich (Körperschalldämmung) einschränkt. Diese liegt für • Stahlfeder-Schwingungsisolatoren bei 100 bis 500 Hz, • Gummifeder-Schwingungsisolatoren bei 500 bis 1000 Hz, • bei flächenhaftem Material oberhalb 1000 Hz. Für Gummi-Luftfedern können keine allgemein gültigen Werte angegeben werden. Schwingungsisolierung bei sehr niedriger Erregerfrequenz f = n/60 und Körperschallisolierung schließen sich also weitestgehend aus bzw. erfordern spezielle Fundamentgestaltungen oder Isolatorkonstruktionen. Zur Dämpfung sind umfassende quantitative Angaben nicht möglich. Als Richtwert des Dämpfungsgrades kann angenommen werden: ϑ ≈ 0,01 bis 0,1 für Schwingungsisolierung mittels Gummifedern und -matten, ϑ ≈ 0,001 bis 0,01 für Schwingungsisolierung mittels Stahlfedern. Für alle elastischen Elemente auf Gummibasis ist auf zwei Besonderheiten hinzuweisen, die bei der Berechnung der Schwingungsisolierung berücksichtigt werden müssen: • Die dynamische Federkonstante cdyn ist größer als die statische Federkonstante cstat (für gebräuchliche Gummiqualitäten kann ein Faktor 1,2 bis 4 angenommen werden, der mit der Shore-Härte des Gummis steigt) (Göbel 1969); • die elastischen Elemente verhalten sich nichtlinear, d. h., cdyn bzw. cstat sind von Fstat abhängig (aufgrund der geringen Ausschläge kann eine schwingungsisolierte Maschinenaufstellung aber trotzdem meist durch ein lineares Modell beschrieben werden). Bei einem signifikanten Unterschied von statischer und dynamischer Steifigkeit muss Formel (11.10) angepasst werden. Das statische Gleichgewicht lautet mg = cstat · xstat , für die Ersetzung von m in dieser Formel muss aber m = cdyn /ω02 verwendet werden. Somit ergibt sich:

xstat =

cdyn g · cstat ω02

Für das Verhältnis der Steifigkeiten lassen sich folgende Fälle unterscheiden:  Luftfedern < 1 cdyn = 1 Stahlfedern  cstat > 1 Elastomerfedern

(11.39)

(11.40)

11  Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen

547

Abb. 11.24    Schwingungsisolatoren mit Gummiringfedern (Werkfoto Schwingungsdämpfer Dresden GmbH)

a

b

Abb. 11.25   Schwingungsisolatoren mit Stahlschraubenfedern. a Werkfoto IT- Isoliertechnik und Schallschutz GmbH Lauterbach; b Werkfoto cfm Schiller GmbH Roetgen

Schwingungsisolatoren mit Gummifeder in verschiedener Bauform und Baugröße sind im Abb. 11.24 dargestellt. Am geschnittenen Element sind deutlich die beiden Metallarmaturen zur Befestigung am Maschinenfuß bzw. Schwingfundament und an der Stützkonstruktion zu erkennen, zwischen denen der elastische Gummiring eingefügt ist. Stahlfeder-Schwingungsisolatoren werden meist aus Schraubenfedern mit rundem Drahtquerschnitt, seltener auch aus Biege-, Blatt- oder Tellerfedern hergestellt. Abb. 11.25 zeigt eine gekapselte Ausführung für geringe und eine offene Ausführung für hohe Belastung. Dämpfer werden insbesondere als Viskositäts- oder als Reibungsdämpfer als Einzelelemente oder kombiniert mit Stahlfedern produziert (s. Abb. 11.26). Ihr Einsatz ist besonders bei Schwingungisolierung von Maschinen mit schlagender oder stoßender Wirkung (Stoßisolierung; z. B. Hämmer, s. Abschn. 11.3.7) sowie bei stark unwuchtigen, rotierenden Maschinen mit langsamen Resonanzdurchlauf wirkungsvoll. Weiterhin finden sie in Kombination mit Schwingungstilgern (als Ersatz eines Festpunktes) in Bauwerken Anwendung, welche starker transienter Anregung unterliegen (z. B. Türme, Schornsteine, Brücken, Tribünen in Sportstätten, Galerien in Vergnügungsstätten) s.

548

M. Beitelschmidt

Abb. 11.26   Kombination StahlfederSchwingungsisolator/ ViskositätsSchwingungsdämpfer (Werkfoto GERB Schwingungsisolierungen GmbH & Co. KG Berlin)

Abschn. 11.3.9. Über die konstruktive Gestaltung und die Eigenschaften von Dämpfern geben (VDI 3833), Blatt 1, und (Petersen 2001) einen guten Überblick. Luftfedern werden meist als Gummi-Luft-Federn (Faltenbalg-, Rollbalg- oder Membranfedern), seltener in Kolben-Zylinder-Ausführung mit harter Wandung hergestellt. Maßgeblich für die Nachgiebigkeit ist die Kompressibilität der Luft (Berechnung nach den Gaszustandsgleichungen bei adiabatischer Zustandsänderung). Sie weisen gegenüber den anderen Isolatorarten folgende Vorzüge auf, durch welche sie einen immer größeren Anwendungsbereich erobern (Stöter 2001): • Zusätzliche Nachgiebigkeit durch nachgeschaltetes, nicht belastetes Zusatz-Luftvolumen (Zweikammersystem) ermöglicht extrem tiefe Fundamentabstimmung • (einstellbare) Drosselwirkung der Verbindung zum Zusatzvolumen erhöht die Dämpfung • statische Höhenverstellung (Handverstellung) oder Niveauregelung (mechanische oder elektronische Stellglieder) durch Zusatz-Luftmenge möglich • Gummi-Luft-Federn können gleichzeitig als Hubelement bei der Montage des Schwingfundaments dienen. Abb. 11.27 zeigt schematisch den Aufbau einer Gummimembran-Luftfeder mit Zusatzvolumen und Dämpfungsdrossel. Bei Maschinenaufstellung auf flächenhaften Isoliermaterial oder auf Baugrund werden aus der elastischen Bettungsziffer Cdyn (in N · m–3) durch Integration über die Grundfläche A des Schwingfundaments die Federsteifigkeiten berechnet (Blochwitz 2013); z. B. für die vertikale Hauptbelastungsrichtung z nach

cz dyn = A · Cdyn

(11.41)

Die Bettungsziffer ist durch Herstellerangabe bzw. durch ein Baugrundgutachten zu ermitteln (Haupt 1986; Smoltczyk 2003).

11  Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen

549

Abb. 11.27   Schematische Darstellung einer Gummimembran-Luftfeder (Firmenmaterial Bilz Schwingungstechnik)

11.3.7 Stoßisolierung Bei transienter Schwingungsanregung gelten von Abschn. 11.3.6 abweichende Grundregeln. Diese werden für die wichtigste praktische Anwendung, die Aufstellung eines Schmiedehammers, am gleichen einfachen Schwingungsmodell nach Unterabschnitt 11.3.2.1 (s. Abb. 11.5 links und 11.6 links) abgeleitet. Für einen Schmiedehammer kann die Erregerkraft (Stoßkraft), die nach dem Aufprall des Bären auf den Amboss bzw. das darauf liegende Schmiedestück als freie Massenkraft durch dessen Bewegungsänderung (Abbremsung) entsteht, als kurzzeitiger Kraftstoß (Impuls) mit folgenden Eigenschaften angenommen werden: • plastischer Stoß bei weiß- bis rotglühendem Schmiedestück: Rechteckverlauf mit Stoßdauer τ ≤ 10 ms; Stoßzahl ε = 0 . . . 0,6 • elastischer Stoß bei abgekühltem Schmiedestück, kaltverfestigen durch Hammermaschinen: Halbsinusverlauf mit Stoßdauer τ ≥ 1 ms; Stoßzahl ε = 1 Zielstellung der Stoßisolierung sind beim Schmiedehammer • die geringe Kraftübertragung auf den Aufstellort und • eine geringe Schwingung der Schabotte nach dem Schlag zwecks Erreichung eines hohen Schmiedewirkungsgrades. Mit Eigenfrequenzen der Lagerung von Hammerfundamenten auf Schwingungsisolatoren bzw. auf Baugrund im Bereich von etwa f0 = 2…40 Hz ergeben sich Eigen-

550

M. Beitelschmidt

schwingungsdauern nach T0 = f0−1 im Bereich von T0 = 25…500 ms. Deshalb kann aufgrund der gegenüber der Eigenschwingungsdauer des Fundaments T0 kurzen Stoßdauer τ bei der Schwingungsberechnung von der Newton’schen Stoßtheorie (Dresig 2016; Natke 1989) ausgegangen werden. Prallt der Bär (Masse m1) mit einer Geschwindigkeit v1 auf das schwingungsfähige System der Masse m2 (Abb. 11.20), ergibt sich für dieses eine Anfangsgeschwindigkeit

v2 = x˙ 20 =

I m1 v1 (1 + ε) = (1 + ε), m1 + m2 m1 + m2

(11.42)

wobei I = m1 v1 der Erregerimpuls ist (Abb. 11.28). Bei Freifallhämmern mit der Fallhöhe h beträgt die Auftreffgeschwindigkeit  v1 = 2gh. (11.43) Anschließend an den Stoßvorgang schwingt die Masse m2 so, wie im Abb. 11.7 dargestellt aus. Unter Vernachlässigung der Dämpfung (ϑ = 0) und mit m1 ≪ m2 können folgende Abschätzungen angestellt werden: für den Maximalausschlag

x2 max =

I(1 + ε) x˙ 20 = ω0 m2 ω0

(11.44)

für den Maximalwert der übertragenen Kraft

Qmax = c2 x2 max = I(1 + ε)ω0 .

(11.45)

Zur bestmöglichen Erfüllung der eingangs angegebenen, scheinbar widersprüchlichen Forderungen sind also nach den Gl. (11.44) und (11.45) die Eigenfrequenz f0 = ω0 /2π möglichst klein und die schwingende Masse m2 möglichst groß zu wählen. Außerdem sollte der Dämpfungsgrad ϑ möglichst groß sein, um das Abklingen der Schwingungen von einem Schlag zum anderen zu gewährleisten und damit ein Aufschaukeln der Schwingungen zu vermeiden. Abb. 11.28   Einfaches Schwingungsmodell für die Stoßisolierung bei Schmiedehämmern

11  Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen

551

11.3.8 Aktiver Schwingungsschutz durch Ausregelung Schwingungsisolierung wird umso weniger wirkungsvoll, je niedriger die tiefste Erregerfrequenz f ist und die Forderung (11.37) nicht mehr eingehalten werden kann. Der Verlauf der Übertragungsfunktionen V1 und V2 in√Abb. 11.10 und 11.11 zeigt, dass unterhalb eines Abstimmungsverhältnisses f /f0 = 2 die Erregerkraft F(t) bzw. die erregende Erschütterung s(t) sogar verstärkt auf die Stützkonstruktion bzw. das schwingungsempfindliche Objekt übertragen werden. Wird versucht, durch Erhöhung des Dämpfungsgrades ϑ diese Resonanzüberhöhung abzubauen, vermindert sich die Isolierwirkung im überkritischen Bereich. Durch Anwendung aktiver Schwingungsschutzsysteme, bei denen mittels Fremdenergiezufuhr die störende Schwingung ausgeregelt wird, kann dieser Nachteil umgangen werden. Dazu muss das um einen Regelkreis ergänzte Schwingungssystem bei niedrigen Frequenzen steif (Wirkungsbereich der Regelung), bei hohen Frequenzen weich (Wirkungsbereich der Schwingungsisolierung) sein. Abb. 11.29 zeigt mögliche Realisierungen dieses Prinzips. In beiden Fällen wird die auszuregelnde Schwingungsgröße mit einem Schwingungsaufnehmer (z.  B. Beschleunigungsaufnehmer) als Sensor gemessen und als Regelgröße einem Regelverstärker zugeführt. Dieser vergleicht sie mit dem Sollwert Null und erzeugt eine Stellgröße für den Aktor als Gegenerreger (Krafterreger). Ziele der aktiven Schwingungsabwehr sind • eine geringe Schwingungsübertragung im gesamten Frequenzbereich – s. Gl. (11.13) bzw. (11.16) • eine geringe und schnell abklingende freie Schwingung bei stoßartiger Schwingungserregung – s. Abb. 11.7

Abb. 11.29   Schematische Darstellung der aktiven Schwingungsabwehr bei dynamischer (links) bzw. kinematischer (rechts) Anregung

552

M. Beitelschmidt

• eine geringe statische Verformung (z. B. Anwendungsziel Niveauregelung bei wechselnder statischer Belastung) • ein geringer Bedarf an Fremdenergie zum Betrieb des Aktors. Regelgrößen können deshalb im Falle der dynamischen Anregung die Schwingungsgrößen x1; x2; die Relativschwingung xrel = (x1 – x2) oder die übertragene Kraft Q; im Falle der kinematischen Anregung die Schwingungsgröße x; die Relativschwingung xrel = (x – s) oder die übertragene Kraft Q sein. Nach der Wahl der Regelgröße richtet sich die Sensorauswahl. Folgende Aktor-Arten sind gebräuchlich: • pneumatisch (z. B. Gummi-Luft-Federn; Vorteil: billig; Nachteil: auch statisch weich) • hydraulisch (Hydraulikzylinder mit Servoventil; meist angewandt; ideale Eigenschaften) • piezoelektrische oder magnetostriktive Festkörperaktoren (Nachteil: teuer, geringe Stellwege). Die Aktoren können (wie in Abb. 11.29) parallel zu passiven Elementen Feder und Dämpfer geschaltet sein (hybride Systeme) oder auch allein die Funktion der Stützelemente übernehmen (rein aktive Systeme). Dabei müssen sie nicht (wie in Bild Abb. 11.29) im Schwingungssystem selbst zwischen Erreger und Empfänger (Schwingmasse und schwingungsfähige Stützkonstruktion) integriert sein, sondern können auch zwischen Schwingmasse und einem Festpunkt oder einer Hilfsmasse (als aktiver dynamischer Absorber bzw. Schwingungstilger) wirken. Anwendung finden aktive Schwingungsschutzsysteme in erster Linie bei kinematischer Anregung im Falle der Schwingungseinwirkung auf Bedienpersonen (z. B. geregelte Schwingsitze in Fahrzeugen oder Arbeitsmaschinen) oder der Funktionssicherung schwingungsempfindlicher Geräte oder Baugruppen in Fahrzeugen, Maschinen oder Bauwerken. Neuerdings werden auch dynamisch schwingungserregende Baugruppen in global schwingungsempfindlichen Systemen (z. B. Klimaaggregate in Betriebsräumen mit schwingungsempfindlicher Fertigung) oder zur Verhinderung von Körperschallanregung aktiv schwingungsisoliert. Es gibt mittlerweile eine breite Produktionspalette von Bauelementen. Die Auslegung der Regelkreise sollte aber Fachleuten überlassen werden.

11.3.9 Schwingungstilger Durch Anbringen eines zusätzlichen Schwingungssystems (Tilger, Absorber) an ein Schwingungssystem gemäß Abb. 11.5 links bzw. 11.6 links entsteht ein Zweimassensystem entsprechend Abb. 11.30. Wird der Tilger mit

11  Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen

553

Abb. 11.30   Schwingungssystem mit Schwingungstilger

ω02 =



c2 =ω m2

(11.46)

auf die Erregerkreisfrequenz ω einer harmonischen Erregerkraftkomponente abgestimmt, wird das ursprüngliche Schwingungssystem (die F(t) = Fˆ · sin ωt ursprüngliche Maschinenaufstellung) vollständig beruhigt, auch wenn ursprünglich eine  Resonanzanregung mit ω01 = mc11 vorlag. Das geht aus der Lösung der gleichen Schwingungsgleichungen, die auch für die zweistufige Schwingungsisolierung (s. Unterabschnitt 11.3.6.3) gelten, hervor. Diese ergibt mit Gl. (11.47) und (11.48) die erzwungenen Schwingungen x1(t) und x2(t) für die ursprüngliche Schwingmasse m1 (Maschine und mitschwingende Masse der Stützkonstruktion, z. B. Schwingfundament) bzw. die Tilgermasse m2. Dabei wird das Schwingungssystem der Übersichtlichkeit halber als dämpfungsfrei betrachtet.  2  2 ω01 ω02 − ω2 Fˆ   2 xˆ 1 =  2 2 c1 ω01 − ω2 ω02 − ω2 − m ω2 ω2 m1 02   (11.47) 2 2 ω01 ω02 − ω2 Fˆ Fˆ  = V3  =  2 2 2 c1 ω − ω0I c1 ω2 − ω0II

xˆ 2 =

Fˆ ω2 ω2  2 01 02   2 c1 ω01 − ω2 ω02 − ω2 −

m2 2 ω ω2 m1 02

2 2 ω01 ω02 Fˆ Fˆ   =  2 = V 4 2 2 c1 ω − ω0I c1 ω2 − ω0II

(11.48)

ω0I und ω0II sind die Eigenfrequenzen des verkoppelten Zweimassensystems. Abb. 11.31 zeigt qualitativ den Verlauf von V3 und V4 als Funktion der Erregerfrequenz sowie zum Vergleich auch die Übertragungsfunktion V1 des Einmassensystems nach Gl. (11.12). Daraus ist zu ersehen, dass die Masse m1 bei ω = ω02 (also bei der Tilgereigenfrequenz) tatsächlich zur Ruhe kommt. Die Schwingung der Tilgermasse m2 wird dabei noch nicht einmal maximal, sondern bleibt ebenfalls in der Nähe ihres Minimums.

554

M. Beitelschmidt

Abb. 11.31   Übertragungsfunktionen eines Schwingungssystems mit Schwingungstilger

Aus Gl. (11.48) ergibt sich für ω = ω02

xˆ 2 =

2 Fˆ ω01 m1 Fˆ . · 2 · = 2 c1 ω01 m2 m2 ω02

(11.49)

Physikalisch betrachtet generiert die schwingende Tilgermasse im Resonanzpunkt mit Ihrer Schwingung mit der Amplitude  xˆ 2 über die Feder c2 eine wechselnde Kraft, die der Anregungskraft exakt entgegengerichtet ist und diese kompensiert. Gl. (11.49) kann entnommen werden, dass der Tilgerausschlag xˆ 2 um so größer wird, je kleiner seine Masse m2 ist. Die Feder c2 muss in der Lage sein, die entsprechende Auslenkung in ihrem linearen Bereich dauerfest zu ertragen. Ein weiterer Nachteil einer kleinen Tilgermasse ist ein geringer Abstand zwischen den beiden Eigenkreisfrequenzen ω0I und ω0II des verkoppelten Systems. Aus dem Nennerpolynom von Gl. (11.47) bzw. (11.48) kann entnommen werden, dass mit m2/m1 → 0 zwangsläufig ω0I, 0II → ω01, 02 folgt. Das bedeutet, dass eine der beiden Resonanzkreisfrequenzen ω0I bzw. ω0II nahe an die Tilgerkreisfrequenz ω02 rückt, welche voraussetzungsgemäß gleich der Erregerkreisfrequenz ω ist. Die Folge ist, dass sich geringe Schwankungen der Maschinendrehzahl oder Verstimmungen des Schwingungssystems in Resonanzerscheinungen äußern können, welche den Tilgereffekt zunichtemachen. Durch Verwendung bedämpfter Tilger (sie werden dann auch als dynamische Dämpfer bezeichnet) können die genannten unerwünschten Resonanzeffekte weitestgehend vermieden werden. Die Übertragungsfunktionen in Abb. 11.31 glätten sich dann, d. h. die Schwingung des ursprünglichen Schwingungssystems wird bei ω = ω02 zwar nicht mehr Null, bei Verschiebung der Erregerkreisfrequenz ω können aber auch keine unendlich großen Schwingungsausschläge mehr auftreten. Die optimale Wahl der Dämpfung wird z. B. in (Dresig 2016; Natke 1989) ausführlich behandelt. Praktische Anwendung zur sekundären Schwingungsabwehr finden Tilger z. B. dann, wenn Maschinenaufstellungen in Resonanz erregt werden und nicht mehr

11  Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen

555

verstimmt werden können (z. B. in Baugrund eingebettete Blockfundamente). Dazu werden Zusatzmassen mit Schwingungsisolatoren auf die Erregerfrequenz abgestimmt und symmetrisch auf die Fundamentoberfläche aufgesetzt. Schwingungstilger sind sowohl bei dynamischer als auch bei kinematischer Anregung wirkungsvoll. Auch bei transienter Anregung (z. B. zur Minderung von Schwingungen, welche durch Windböen an Türmen, Brücken oder Hochspannungsleitungen erregt werden; bei unregelmäßiger Anregung durch bewegte Menschen oder durch Verkehr) sind Tilger wirksam. Diese werden an der am stärksten schwingenden Stelle der zu beruhigenden Konstruktion angebracht und auf deren Grundeigenfrequenz abgestimmt. Dabei müssen allerdings gedämpfte Tilger verwendet werden. In diesem Fall ist der mechanische Dämpfungseffekt in Verbindung mit dem Kompensationseffekt (wie bei stationärer Resonanzanregung) wirksam – s. Unterabschnitt 11.3.6.4 und (Petersen 2001). So besitzt z. B. das 2005 eröffnete internationale Finanzzentrum „Taipeh 101“, mit 508 m Höhe damals das höchste Gebäude der Welt, ein 660 t schweres gedämpftes Pendel (das ist ein horizontal schwingendes Schwingungssystem) zur Beruhigung wind- und erdbebenerregter Schwingungen. Zur Gestaltung und Wirkung von Tilgern siehe auch (VDI 3833), Blatt 2.

11.3.10 Verminderung von Verkehrs- und Industrieerschütterungen Erschütterungen aus Industriegebieten (z.  B. von Schmiedehämmern verursacht), Sprengerschütterungen sowie Verkehrserschütterungen breiten sich über den Baugrund aus und können im ungünstigsten Falle stark störende Schwingungen in schwingungsempfindlichen Labors und Fertigungseinrichtungen sowie in Wohnungen zur Folge haben. Bei Verkehrserschütterungen ist eine enge Nachbarschaft von Trassen (z. B. Straßen und Gleisanlagen) und den gefährdeten Objekten in städtischen Ballungsgebieten unvermeidbar. Abb. 11.32 zeigt beispielhaft einen Schmiedehammer als Erregerquelle, den Ausbreitungsweg und ein Gebäude als Empfänger. Es ergeben sich hier drei Möglichkeiten der Schwingungsabwehr: • Verminderung der Schwingungsanregung x0(t) des Baugrundes durch Schwingungsisolierung des Hammerfundamentes (Quellenisolierung; hier als Primärmaßnahme für das System Erreger-Ausbreitungsweg-Empfänger; s. Unterabschnitt 11.3.3.2) • Verringerung der Schwingung am Gebäudefundament xs(t) durch Unterbrechung der Schwingungsausbreitung im Baugrund (s. Unterabschnitt 11.3.3.2) • Schwingungsisolierung des gesamten Gebäudes (Empfängerisolierung) gegenüber der kinematischen Anregung xs(t) – s. Abschn. 11.3.6.

556

M. Beitelschmidt

Abb. 11.32   Beispielhafte Darstellung des Gesamtsystems Quelle-Ausbreitungsweg-Empfänger bei Verkehrs- und Industrieerschütterungen

Die Notwendigkeit einer Schwingungsabwehr ergibt sich bei Überschreitung von Richtwerten im Empfängerobjekt. Zum Nachweis dienen Messungen an der ausgeführten Anlage (z. B. Messung der Baugrunderschütterungen vor Errichtung des Hauses) oder Berechnungen. Der messtechnische Schwingungsnachweis erfordert eine gute Ankopplung des Schwingungsaufnehmers an den Baugrund (z. B. mittels einer eingegrabenen Stahlplatte oder eines eingetriebenen Stahlpfahles). Einem näherungsweisen rechnerischen Nachweis können die folgenden Formeln zugrunde gelegt werden. Die Schwingungsausbreitung kann – je nach Baugrundart und -schichtung – als Halbkugelwelle oder Oberflächenwelle (Rayleigh-Welle) erfolgen. Dementsprechend nimmt die Schwingung xs(t) mit dem Abstand s von der Fundamentsohlenmitte nach einer der beiden Gleichungen ab:

Halbraumausbreitung:

Oberfl¨achenwelle:

xs (t) = x0 (t) ·

xs (t) = x0 (t) ·



s0 −α(s−s0 ) ·e s s0 −α(s−s0 ) ·e s

(11.50)

(11.51)

Die Schwingung x0(t) unter der Fundamentsohle eines Hammers kann bei Kenntnis der Baugrund-Bettungsziffer Cdyn (s. Unterabschnitt 11.3.5.4) mit den Formeln der Stoßisolierung berechnet werden (s. Abschn. 11.3.6). Der baugrundabhängige Absorptionskoeffizient (für röllige Böden α = 0,01…0,06  m–1; für bindige Böden α = 0,07…0,1  m–1) ist Gegenstand eines Baugrundgutachtens.

11  Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen

557

Bei Oberflächenwellen, die von einem Blockfundament mit 6 m Kantenlänge ausgehen, verringert sich die Schwingungsamplitude durch die Wirkung von Energiedispersion und Dissipation bei mittlerem Absorptionskoeffizienten in 20 m Entfernung vom Erreger auf etwa 17 %, in 100 m Entfernung auf 0,1 %. Die Gl. (11.50) und (11.51) sind nur bei ungestörter Baugrundschichtung gültig, d. h. nicht in dicht bebauten Gebieten mit tiefen Fundamenten. Für Verkehrserschütterungen, ausgehend von Schienenfahrzeugen, sind gegenwärtig allgemeingültige Prognoseverfahren in Arbeit (Auersch 2003; Rutishauser 2000; VDI 3837). Schwingungsisolierungen ganzer Gebäude werden insbesondere in der Nähe von U-Bahn- oder Eisenbahntrassen und stark befahrenen Straßen, aber auch zum Schutz vor Erdbebenwellen, relativ häufig ausgeführt (GERB 2002; Block 2013). In Abb. 11.33 ist links die Ansicht eines Verwaltungsgebäudes dargestellt, welches direkt an einer Hauptverkehrsstraße und über einem U-Bahn-Tunnel errichtet und aufgrund der zu erwartenden starken Erschütterungen schwingungsisoliert wurde. Der rechte Teil des Bildes ist eine Schnittzeichnung, welche die Anordnung der Isolatoren erkennen lässt. Im dargestellten Falle wurde über den vorgespannten Isolatoren eine verlorene Schalung aufgebracht und die Gebäudegrundplatte betoniert. Nach Lösung der Isolatorvorspannung blieb die Schwingungsfuge erhalten. Schwingungsisolierungen ganzer Gleistrassen werden ebenfalls ausgeführt, beschränken sich in ihrer Wirksamkeit jedoch weitestgehend auf den KörperschallFrequenzbereich (Krüger 2022).

Abb. 11.33   Schwingungsisoliert gelagertes Gebäude (Werkfoto GERB Schwingungsisolierungen GmbH&Co.KG Berlin)

558

M. Beitelschmidt

Die Verminderung der Schwingungsausbreitung durch Abschirmungen im Baugrund (als Pendant zu Schallschutzwänden bei der Luftschallausbreitung) hat nur eine geringe Wirkung. Abb. 11.34 zeigt links oben die Anordnung eines Schlitzes zwischen Schwingungsquelle (Erreger) und schwingungsempfindlichen Objekt (Empfänger). Die Skizze links unten stellt die Wellenfronten vor und in einiger Entfernung hinter dem Schlitz dar. Sie soll andeuten, dass nur Wellen bis zur Schlitztiefe reflektiert werden. Die Wellen in tieferen Baugrundschichten werden durchgelassen und breiten sich durch Streuung und Beugung auch wieder in Oberflächennähe aus. Es ist deshalb wichtig, die Schlitze oder Spundwände in unmittelbarer Nähe des Empfängers anzuordnen (dadurch ergeben sich bei vielen zu schützenden Objekten große Schlitzlängen und damit hohe Kosten). Weiterhin ergibt sich aus der Wellentheorie, dass die Reflexion immer besser wird, √ je mehr sich die Wellen-Kennimpedanzen z = ρ · E (mit ρ als Materialdichte und E als Elastizitätsmodul) von Baugrund und Abschirmung unterscheiden. Eine ausreichende Reflexion ist deshalb nur bei nicht verfüllten Schlitzen (diese sind schwer zu realisieren

Abb. 11.34   Wirkung von Abschirmungen auf die Wellenausbreitung im Baugrund

11  Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen

559

und instand zu halten) oder metallischen Spundwänden zu erwarten. Senkrecht eingelassene Betonplatten oder -pfahlreihen haben nahezu keine Wirkung. Der rechte Teil von Abb. 11.34 zeigt schließlich das Verhältnis der Schwingungsamplituden an der Oberfläche vor und (in einiger Entfernung) hinter einem Bodenschlitz nach (Dolling 1970). Mit einer Poissonzahl µ = 0,33 für elastisches Medium ergibt sich für ts/Lc< 0.3 praktisch keine Wirkung. Selbst bei ts/Lc ≥ 1 bleibt noch 15…25 % Restschwingung. Aufgrund der baugrundabhängigen Wellenlänge Lc sind für eine 20 HzErschütterung mithin Schlitztiefen von ts = 5…12.5  m erforderlich. Technologisch ausführbare Abschirmungen sind mit ts ≤ 2 m erst oberhalb 100 Hz, also zur Körperschalldämmung, wirksam.

11.4 Berechnungsverfahren zur Schwingungsisolierung 11.4.1 Zusammenstellung der Berechnungsziele Bei der Auslegung der Schwingungsisolierung sind folgende Ziele rechnerisch nachzuweisen: • tiefe Abstimmung der Maschinenlagerung entsprechend (21) oder zumindest Resonanzfreiheit – das ist der Nachweis mittels Resonanzverfahren • Begrenzung der Schwingungen der Stützkonstruktion sowie der schwingungserregenden Maschine (s.Tab. 11.2) und der auf den Aufstellort übertragenen Kraft bei dynamischer Anregung bzw. der Schwingung des schwingungsempfindlichen Objekts (s. Tab. 11.3) bei kinematischer Anregung – das ist der Nachweis mittels Amplitudenverfahren • Belastung der Schwingungsisolatoren darf Fzul nicht überschreiten (s. Unterabschnitt 11.3.6.4) • gleichmäßige Belastung der Isolatoren und waagerechte Ausrichtung unter Belastung: bei z Isolatoren gleicher Steifigkeit cz müssen die Koordinaten der Isolator-Lagepunkte im Schwerpunkt-Koordinatensystem (siehe Abb. 11.6, unten Mitte) die Bedingungen z  i=1

lxi = 0 und

z 

lyi = 0

(11.52)

i=1

erfüllen. Weiterhin ist die Erfüllung folgender Forderungen durch konstruktive Maßnahmen bzw. geeignete Isolatorauswahl zu überprüfen:

560

M. Beitelschmidt

• elastischer Anschluss von Rohrleitungen, Materialzuführungen o. ä. • ausreichende Wirksamkeit im Körperschall-Frequenzbereich (s. Unterabschnitt 11.3.6.4) • hohe Dämpfung bei zu erwartendem langsamen Resonanzdurchlauf (Anlauf- und Auslaufvorgang) • Verträglichkeit der ausgewählten Isolatoren mit den Umweltbedingungen (Temperatur, aggressive Medien, Feuchtigkeit usw.) Die rechnerischen Nachweise erfolgen zunächst näherungsweise mittels Orientierungsrechnung anhand des einfachsten Schwingungsmodells mit dem Freiheitsgrad 1 (s. Abschn. 11.4.2). Nach erfolgreicher Auslegung der Schwingungsisolierung wird für das komplette Schwingungsmodell eine genaue Berechnung (Kontrollrechnung) durchgeführt (s. Abschn. 11.4.3). Die Berechnung mittels der zu (Blochwitz 2013) gehörenden Software ISOMAG 2.0 gestattet die Berechnung in diesen beiden Schritten. In einer integrierten Datenbank wird ein großer Teil der in Deutschland lieferbaren Schwingungsisolatoren mit den dazugehörigen Kennwerten aufgelistet. Fehlende Kennwerte müssen beim Herstellen erfragt werden. Die meisten Hersteller führen auch Projektierungs- und Montageleistungen als Service aus.

11.4.2 Orientierungsrechnung mit 1 Freiheitsgrad 11.4.2.1 Berechnungsgang Es sind folgende Ausgangsgrößen für die Berechnung einer Schwingungsisolierung bei dynamischer Erregung erforderlich: • geometrische Abmessungen, Lage des Schwerpunktes und Masse mges für das Gesamtsystem Maschine, funktionell bedingter Versteifungsrahmen und Zusatzmassen (Schwingfundament) • Drehzahl n bzw. Drehzahlbereich • Erregerkraft F(t) – bei mehreren Frequenzkomponenten deren Amplituden Fˆ und zugehörige Erregerkreisfrequenzen ω – nach Herstellerangaben, nach Literaturangaben, z. B. (Dresig 2016; Meltzer 1977) oder Berechnung nach Abschn. 11.3.3 • zulässige Schwingungsamplitude zˆzul nach Herstellerangaben oder nach Unterabschnitt 11.2.3.2 Mit diesen Ausgangsdaten wird zur Erfüllung der Berechnungsziele (s. Abschn. 11.4.1) die Orientierungsrechnung in folgenden Schritten durchgeführt: 1. Festlegung der schwingenden Mindestmasse mges erf zur Einhaltung der zulässigen Schwingung xˆ zul nach

11  Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen

mges · x¨ = F(t) mges erf · ω2 · xˆ zul = Fˆ

561

(11.53)

ggf. Vergrößerung der ursprünglichen Gesamtmasse mges. 2. Konstruktive Festlegung der Gestalt des Schwingfundamentes – siehe z. B. (GERB 2002) 3. Festlegung der höchstzulässigen Gesamtfedersteifigkeit cges max nach Gl. (11.4) zur Erfüllung der Forderung Gl. (11.37) 4. Festlegung der Anzahl z der Schwingungsisolatoren (meist nach konstruktiven Gesichtspunkten) nach

z · cdyn Isol ≤ cges max

(11.54)

mges · g ≤ 0,65 · z · FIsol zul

(11.55)

und deren Auswahl nach Herstellerangeboten bzw. aus der Datenbank in (Blochwitz 2013) 5. Überprüfung der Einhaltung von Gl. (11.36) mit den entsprechend Punkte 1–3 berechneten Parametern 6. Berechnung der Schwingung der Maschine und der auf den Aufstellort übertragenen Kraft nach Gl. (11.12) und (11.13) Bei Schwingfundamenten, welche nach den üblichen Konstruktionsregeln gestaltet sind, liegen die Eigenfrequenzen fi für alle 6 Freiheitsgrade (i = 1…6) im Bereich

0,5 · f0 vertikal ≤ f0i ≤ 2 · f0 vertikal

(11.56)

Dadurch garantiert die Erfüllung der Forderung (11.56) für fvertikal in der Orientierungsrechnung Resonanzfreiheit und eine Verminderung der Schwingungsübertragung für alle Freiheitsgrade. Der Faktor 0,65 in Gl. (11.37) soll sicherstellen, dass die Isolatoren durch die zusätzliche dynamische Kraft nicht überlastet werden. Teilweise werden von Isolatorherstellern (insbesondere bei Gummifedern) zu niedrige Werte für FIsol zul angegeben. Eine Abstimmung mit dem Hersteller ist deshalb lohnend, wenn durch höhere Belastung eine niedrigere Eigenfrequenz erreicht werden soll. Die Anwendung der Gl. (11.54) und (11.55) setzt voraus, dass alle Schwingungsisolatoren vom gleichen Typ und der gleichen Baugröße sind sowie entsprechend Gl. (11.52) angebracht und damit gleichmäßig belastet sind.

11.4.2.2 Berechnungsbeispiel Abb. 11.35 zeigt einen Axialventilator mit 400 mm Laufraddurchmesser, der wegen schlechter Wuchtgüte schwingungsisoliert werden soll. Da auch eine Körperschalldämmung erreicht werden soll, ist ein relativ steifes und schweres Schwingfundament

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a

b

Abb. 11.35   Schwingungsisolierung eines Axialventilators. a Maschine; b Schwingfundament

bereits funktionell erforderlich. Die Befestigung des Aggregates auf dem Fundament erfolgt so, dass beide Schwerpunkte übereinanderliegen. Die Bedingungen nach Gl. (11.52) sind erfüllt. Die Luftleitung ist saug- und druckseitig über einen Segeltuchbalg anzuschließen (Ausführung ähnlich Abb. 11.37). Ausgangsdaten • geometrische Abmessungen s. Abb. 11.35, • mges = mMasch + mFund = 37  kg + 87,8  kg = 124,8  kg, • Schwerpunktslage s. Abb. 11.35,  1450 min−1 • n = , (polumschaltbar) 710 min−1   n 2 92,3 N = • Fˆ = mRot · e · 2π 60 22,1 N mit mRot = 20  kg und e = 0,2  mm (Herstellerangabe), • xˆ zul = 0,04 mm für n > 1000 min−1 • xˆ zul = 0,1 mm für n ≤ 1000 min−1 (jeweils Herstellerangaben).

11  Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen

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Mindestmasse des schwingungsisolierten Objektes

Fˆ mges, erf =  2 2π n 60

= xˆ zul



100 kg 40 kg

Die funktionell bedingte Gesamtmasse mges ist größer als erforderlich, eine Korrektur ist nicht notwendig. Höchstzulässige Gesamtfedersteifigkeit

cges, max = mges



2πnmin 4 · 60

2

= 4,31 · 104 N/m

Auswahl der Schwingungsisolatoren z = 4 (als Mindestanzahl aus konstruktiven Gründen). Verwendung von StahlfederSchwingungsisolatoren (s. Unterabschnitt 11.3.6.4) mit

cdyn, Isol = 1 · 104 N/m < FIsol, zul = 550 N >

1 cges, max = 1,08 · 104 N/m 4

1 mges g = 471 N 0,65 · 4

Überprüfung der Wirksamkeit der Schwingungsisolierung



1  nmin  z = 2,85 Hz < = 2,96 Hz mges 4 60  1 Fˆ 35 µm  = xˆ =   2 37 µm z cdyn, Isol 1 − 60nf0  1 1,4 N ˆ ˆ Q = F  2 = 1,5 N 1 − 60fn 0 f0 =

1 2π

ˆ f0 und xˆ erfüllen die gestellten Forderungen. Wegen des geringen Betrages von Q können die Nachweise der Tragfähigkeit der Stützkonstruktion sowie der arbeitshygienischen Unbedenklichkeit entfallen. Der Isolierwirkungsgrad lässt sich mit (11.38) zu η  =  98,5 % für die höhere und η = 93,3 % für die niedrigere Drehzahl berechnen.

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11.4.3 Numerische Verfahren für Mehrfreiheitsgradsysteme Die Berechnung eines Schwingungssystems mit einem Freiheitsgrad ist durch eine Handrechnung möglich und liefert oft anschauliche Ergebnisse, die in einfachen Fällen die Lösung des Problems sein können. Oft ist jedoch die Rechnung mit einem Freiheitsgrad nicht ausreichend, was zu einer numerischen Rechnung führt. Lineare Systeme mit vielen Freiheitsgraden führen zu Eigenwertproblemen höherer Ordnung, die mit numerischen Verfahren lösbar sind. Spielt die Elastizität komplex geformter Körper, in der Maschine oder im Fundament eine Rolle, müssen diese z. B. mit der Methode der Finiten Elemente (FEM) modelliert werden.

11.4.3.1 Räumliche Schwingungen des Einmassensystems (Freiheitsgrad 6) Erfolgt die dynamische Schwingungserregung nicht nur vertikal (allgemein: nicht nur in einer Richtung, der Haupterregungs- oder Hauptnachgiebigkeitsrichtung), ist eine räumliche Berechnung der schwingungsisolierten Maschinenlagerung mit mehr als einem Freiheitsgrad erforderlich. Das ist bereits bei einfachen rotierenden Maschinen (z. B. Pumpen, Ventilatoren, Elektromotoren), die aufgrund der Restunwucht des Rotors eine umlaufende Fliehkraft als Schwingungserregung besitzen, sowie bei Kolbenmaschinen (s. Unterabschnitt 11.3.3.2) der Fall. Ist der Aufstellort vergleichsweise starr, kann das Schwingungsmodell nach Abb. 11.6 Mitte zugrunde gelegt werden. Es lässt Schwingungen in 6 Freiheitsgraden zu: • 3 translatorische Bewegungen x, y, z in Richtung der Hauptträgheitsachsen • 3 rotatorische Bewegungen (Drehschwingungen) ξ , η, ζ um die Hauptträgheitsachsen. Bei der Berechnung von Fundamentschwingungen kann von kleinen Verdrehungen und Federauslenkungen im linearen Bereich ausgegangen werden. Wenn die 6 Freiheits T grade im Koordinatenvektor q = x, y, z, ξ , η, ζ zusammengefasst werden, führt dieses Modell auf die Differentialgleichung

M q¨ + Kq = f

(11.57)

M und der Steifigkeitsmatrix K . Die Massenmatrix ist diagonal mit der Massenmatrix   besetzt M = diag mges , mges , mges , Jx , Jy , Jz , die Steifigkeitsmatrix hingegen kann voll besetzt sein. Sie enthält die Steifigkeiten der einzelnen Federn verrechnet mit den Hebelarmen vom Fundamentschwerpunkt zu den jeweiligen Feder-Angriffspunkten. Werden gewisse Symmetriebedingungen eingehalten, wird die Steifigkeitsmatrix deutlich einfacher und die Bewegungen in verschiedene Raumrichtungen sind entkoppelbar. Details siehe in (Dresig 2016). Außer dem Erregerkraft- und -momentenvektor mit 6 Komponenten f ist die Kenntnis der Masse mges und der Hauptträgheitsmomente Jx , Jy , Jz der schwingenden Gesamtmasse sowie die Federkonstanten ci,j der n Schwingungsisolatoren in allen

11  Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen

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6 Raumrichtungen (i = 1 . . . n, j = x, y, z, ξ , η, ζ) sowie der Koordinaten ihrer Anbringungspunkte erforderlich. Da die Federkennwerte in vielen Fällen nicht verfügbar (und beim Hersteller nicht zu erfahren) sind, muss man häufig mit der Orientierungsrechnung (s. Abschn. 11.4.3.1) vorliebnehmen. Die freien Schwingungen des Fundaments ( f = 0) können mit dem Gleichtaktansatz q(t) = v exp (jωt) berechnet werden, wenn dieser in Gl. (11.56) eingesetzt wird. Das führt auf das verallgemeinerte Eigenwertproblem   K − ω2 M v = 0, (11.58) das mit Standardsoftware, z. B. Matlab gelöst werden kann. Ergebnis sind die Eigenfrequenzen und Eigenformen (Schwingungsmoden) des Fundaments. Die erzwungenen Schwingungen können mit Methoden berechnet werden, die den Darstellungen im Abschn. 11.3.2.3 ähnlich sind. Für eine monofrequente Anregung f (t) = fˆ exp (jωt) wird der Lösungsansatz q(t) = qˆ exp (jωt) gemacht und in Gl. (11.55) eingesetzt. Das führt auf die Lösung

 −1 qˆ = K − ω2 M fˆ

(11.59)

 −1 H(ω) = K − ω2 M

(11.60)

und auf die Frequenzgangmatrix

Das Ergebnis umfasst den Vektor der erzwungenen Schwingungen in allen 6 Raumrichtungen für jede Erregerfrequenz. Für die Bedingung nach Gl. (11.37) ist die niedrigste Erregerfrequenz mit der höchsten Eigenfrequenz zu vergleichen.

11.4.3.2 Zweistufige Schwingungsisolierung (bis Freiheitsgrad 12) Ist der Aufstellort gegenüber der schwingungsisolierten Maschinenaufstellung nicht starr, muss auch diese Stützkonstruktion in die Schwingungsberechnung mit einbezogen werden (z. B. schwere Maschinen auf Gebäudedecken, Aggregate in Fahrzeugen, Fundamentwanne im Baugrund). Das Zweimassen- Schwingungsmodell mit dem Freiheitsgrad 2 nach Abb. 11.6 rechts ist wiederum nur bei Existenz einer Haupterregungs- oder Hauptnachgiebigkeitsachse gültig. In allgemeinen Fällen haben sowohl die schwingungsisoliert gelagerte Maschine als auch die Stützkonstruktion (soweit diese als schwingende starre Masse betrachtet werden kann; in anderen Fällen wird sie als Kontinuumsschwinger behandelt, s. Abschn. 11.3.1) den Freiheitsgrad 6. Das Schwingungsmodell mit dem Freiheitsgrad 12 entspricht dann zwei übereinandergestellten Schwingungsmodellen nach Unterabschnitt 11.4.3.1 bzw. nach Abb. 11.6 Mitte. Auch für dieses Schwingungsmodell existiert PC-Software zum schwingungstechnischen Nachweis nach dem Resonanz- oder Amplitudenverfahren (s. Abschn. 11.4.1), z. B. in (Blochwitz 2013).

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Abb. 11.36   Schwingungsmodell mit dem Freiheitsgrad 13 für eine doppelte Schwingungsisolierung auf nachgiebiger Stützkonstruktion – nach (Blochwitz 2013)

11.4.3.3 Berücksichtigung der Nachgiebigkeit des Aufstellortes Im Falle einer einfachen oder doppelten (s. Unterabschnitt 11.3.5.3) Schwingungsisolierung kann die nachgiebige Stützkonstruktion für den Bereich niedriger Erregerfrequenzen näherungsweise auf ein Feder-Masse-System mit nur einem Freiheitsgrad abgebildet werden. Es entsteht dann entweder ein Schwingungsmodell mit dem Freiheitsgrad 7 (als Kombination der Modelle nach Abb. 1.6 Mitte und rechts) oder ein Schwingungsmodell mit dem Freiheitsgrad 13 – s. Abb. 11.36. Für die Reduktion gibt (Meltzer 1977) Hinweise. Software zur Berechnung siehe (Blochwitz 2013).

11.5 Ausgeführte Beispiele Die nachfolgenden Beispiele demonstrieren die konstruktive Gestaltung und die Wirksamkeit von einstufigen Schwingungsisolierungen bei dynamischer und kinematischer Anregung. Ein weiteres ausgeführtes Beispiel für kinematische Anregung siehe Abb. 11.33. Abb. 11.37 zeigt einen Radialventilator auf gekapselten Stahlfeder-Schwingungsisolatoren. Die Zwischenfundamentplatte dient zur Sicherung der Isolierwirkung für Körperschall (s. Kap. 12). Die Distanzstücke über den Schwingungsisolatoren sind wegen der Justierschrauben zur Höheneinstellung erforderlich. In der druckseitigen Luftleitung ist das flexible Zwischenstück deutlich zu sehen. Abb. 11.38 zeigt die Schwingungsisolierung einer schweren stationären Notstromanlage. Das Unterfundament ist auf dem Baugrund gegründet, das Oberfundament (Schwingfundament) ruht auf 34 Schwingungsisolatoren. Zur Erfüllung der Forderung nach Übereinstimmung der Lage von Schwerpunkt und Federungsmittelpunkt

11  Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen

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Abb. 11.37   Schwingungsisoliert aufgestellter Radialventilator

Abb. 11.38   Schwingungsisoliertes Fundament eines 2-MW-Diesel-Generator-Aggregates

(vgl. Abschn. 11.4.1) sind auf der Motorenseite Isolatoren mit höherer Steifigkeit als auf der Generatorenseite eingesetzt. Die rechnerische Abstimmung erfolgte auf f0i = 0,9 bis 2,1 Hz für die dem Freiheitsgrad 6 entsprechenden sechs Eigenfrequenzen bei einer tiefsten Erregerfrequenz fmin = 5 Hz (das entspricht einer Kurbelwellendrehzahl von n = 300  min–1). Abb. 11.39 zeigt eine Aufzugsmaschine auf Gummi-Schwingungsisolatoren (je zwei Stück übereinander zwecks Halbierung der Steifigkeit). Abb. 11.40 zeigt ein Beispiel für die Schwingungsisolierung einer erschütterungsempfindlichen physikalischen Spezialapparatur bei kinematischer Erregung in einem Stahlbeton-Skelettbau. Da aufgrund der Vielzahl der Schwingungserreger im Gebäude (Vakuumpumpen, Kolbenkompressoren, Getriebe, Wandlüfter, Zentrifugen und andere technologische Einrichtungen) diskrete Erregerfrequenzen nicht mehr angebbar waren,

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Abb. 11.39   Schwingungsisoliert gelagerte Aufzugsmaschine

Abb. 11.40   Schwingungsisolierte Aufstellung einer erschütterungsempfindlichen Apparatur bei kinematischer Anregung am Aufstellort

11  Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen

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wurde am Aufstellort das Terzspektrum der Schwingungsbeschleunigung gemessen (Kurve a). Es wurde eine Aufstellung auf Gummifeder-Schwingungsisolatoren mit einer Hubschwingungs-Eigenfrequenz f0 ≈ 8 Hz gewählt, die als ausreichend tief gegenüber der tiefsten nennenswerten Erregerfrequenz fmin ≈ 23 Hz angesehen wurde. Aus Kurve b sind Wirksamkeit und Fehler der Schwingungsisolierung ablesbar. Die rechnerische Auslegung der Schwingungsisolierung erfolgte fälschlicherweise mit cstat. Da cdyn wesentlich höher liegt (s. Unterabschnitt 11.3.6.4), betrug die wirklich erreichte Hubschwingungs-Eigenfrequenz f0 = 14,5 Hz. Daraus ergibt sich eine bedenkliche Resonanznähe für die geringe Erregerkomponente, die für diese Frequenz in Kurve a erkennbar ist! Es ergibt sich deshalb für f = 14,5  Hz eine Verstärkung der Schwingung mit einem Übertragungsfaktor √ V2 = 7. Das entspricht nach Gl. (11.16) einem Dämpfungsgrad ϑ = 0,07. Oberhalb 2f0 ≈ 20 Hz ist die Schwingungsisolierung gut wirksam, zeigt allerdings ab 70 Hz bereits Einbrüche und damit eine verminderte Körperschalldämmung, die auf das Eigenschwingungsverhalten der Grundplatte oder der Gebäudedecke zurückzuführen sind (s. Kap. 12). Die Realisierung einer tieferen Eigenfrequenz durch Berücksichtigung von cdyn anstelle cstat im Berechnungsgang hätte mit Sicherheit zu einer besseren Isolierwirkung geführt. Die Wirksamkeit der Schwingungsisolierung einer Textilmaschine (Gardinen­ raschelmaschine) mittels Stahlfeder-Schwingungsisolatoren in einem Stahlbeton-Skelettbau geht aus Abb. 11.41 hervor. Es handelt sich also hier um ein Beispiel für eine dynamische Anregung der Stützkonstruktion. Mit f0 Hub ≈ 2,15 Hz und fmin = 6,5  Hz

Abb. 11.41   Schwingungsisolierte Aufstellung einer Textilmaschine

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(bei n = 390  min–1) wurde ein Übertragungsfaktor V2 = 0,1 nach Gl. (11.13) erwartet. Die Messergebnisse bestätigen diese Berechnung. Abb. 11.42 zeigt ein fundamentiertes Spannfeld (Büttner 2017), das auf einem T-förmigen Betonblock montiert ist und eine Gesamtmasse mges = 117,1 t hat. Zur Abstützung werden insgesamt 14 Luftfedern verwendet. Durch die symmetrische Konstruktion und die Anordnung der Federn auf der Schwerpunkthöhe des Fundamentblocks lassen sich die 6 räumlichen Bewegungen vollständig entkoppeln, womit a

b

Abb. 11.42   Schwingungsisoliertes Spannfeld. a 3d-CAD Ansicht, b Schnitt durch den Fundamentblock. (Mit freundlicher Genehmigung von © Kay Büttner [2022]. All Rights Reserved)

11  Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen

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sogar wieder eine Handrechnung möglich ist. Aus den Steifigkeiten der Federn vertical cv = 850 N/mm und horizontal ch = 560 N/mm lassen sich die Eigenfrequenzen

1 fv = 2π



1 14cv = 1,6 Hz und fh = mges 2π



14ch = 1,3 Hz mges

(11.61)

berechnen. Die Horizontalfrequenz ist dabei in x- und y-Richtung gleich, da die Luftfedern rotationssymmetrisch sind und somit in beide Querrichtungen die gleiche Steifigkeit aufweisen.

Literatur (Auersch 2003) Auersch, L. und W. Rückert (2003): Praxisgerechtes Prognosemodell für Erschütterungen: Einfache Rechenverfahren für die Emission, Transmission und Immission. In: VDI-Ber. 1754. VDI-Verl. Düsseldorf, S. 1–22 (Beitelschmidt, Dresig 2017) Beitelschmidt M., Dresig H. (eds) Maschinendynamik – Aufgaben und Beispiele. Springer Vieweg, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-534359_2 (Blochwitz 2013) Blochwitz, T. et al. (2013) ISOMAG 2.0 – Software für optimale Schwingungsisolierung von Maschinen und Geräten. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 2013. Projektnummer: F 2311, Dortmund/Berlin/Dresden (Block 2013) Block, T., H. Eggert und W. Kauschke (2013) Lager im Bauwesen, 3. Auflage. Wilhelm Ernst & Sohn, Berlin (Büttner 2017) Büttner, Kay: Systematik zum Entwurf eines Versuchsfeldes im Kontext der virtuellen Kraftfahrzeugentwicklung. Göttingen 2017, Cuvillier Verlag. (Dolling 1970) Dolling, H.-J. (1970): Abschirmung von Erschütterungen durch Bodenschlitze. In: Die Bautechnik 5/1970, S. 151–158 und 6/1970, S. 192–204 (Dresig 2016) Dresig, H. und F. Holzweißig (2016) Maschinendynamik. Springer, Berlin Heidelberg (Flesch 1993) Flesch, R. (1993) Baudynamik – praxisgerecht. Band I: Berechnungsgrundlagen; (1997) Band II: Tiefbau. Bauverlag, Wiesbaden (GERB 2002) GERB (2002): Schwingungsisolierungen (11. Auflage). GERB Selbstverlag, Berlin (Göbel 1969) Göbel, E.F. (1969): Gummifedern: Berechnung und Gestaltung. Springer, Berlin (Gordon 1991) Gordon, C.G. (1991) Generic Criteria for Vibration-Sensitive Equipment. SPIEProceedings, Vol. 1619 (Haupt 1986) Haupt, W. (1986) Bodendynamik: Grundlagen und Anwendung, Vieweg+Teubner Verlag, Braunschweig (Heiland 2003) Heiland, D. und K. Beyer (2003): Auslegung von schwingungsempfindlichen Produktionsstätten. Beton- und Stahlbetonbau 98, S. 135–145 (Koch 1955) Koch, H.W. (1955) Beurteilung der Wirkung von Bauwerksschwingungen. In: VDIBer. 4. VDI-Verl. Düsseldorf, S. 99 ff. (Krüger 2022) Krüger (2022): Schall- und Erschütterungsschutz im Schienenverkehr. 3. Auflage, expert-Verlag, Renningen-Malmsheim (Meltzer 1977) Meltzer, G. und S. Kirchberg (1997) Schwingungs- und Körperschallabwehr bei Maschinenaufstellungen. Schriftenreihe Arbeitsschutz Heft 45. Tribüne, Berlin

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11  Schwingungsabwehr bei Maschinenaufstellungen

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(DIN EN ISO 10846) DIN EN ISO 10846: Akustik und Schwingungstechnik – Laborverfahren zur Messung der vibro-akustischen Transfereigenschaften elastischer Elemente; Teil 1 (200811-00): Grundlagen und Übersicht; Teil 2 (2008-11-00): Direktes Verfahren zur Ermittlung der dynamischen Steifigkeit elastischer Stützelemente bei Anregung in translatorischer Richtung (DIN ISO 21940) DIN ISO 21940: Mechanische Schwingungen – Auswuchten von Rotoren – Teil 11: Verfahren und Toleranzen für Rotoren mit starrem Verhalten (ISO 21940-11:2016); Teil 14: Verfahren zur Ermittlung von Abweichungen beim Auswuchten (ISO 21940-14:2012) (ISO 2017) ISO 2017 (2005-02-00): Mechanical vibration and shock – Resilient mounting systems – Part 1: Technical information to be exchanged for the application of isolation systems (ISO 2017-1:2005) (ISO 2631) ISO 2631 Mechanical vibration and shock – Evaluation of human exposure to wholebody vibration – Part 1 (ISO 2631-1:1997-05): General requirements. Part 2 (ISO 2631-2:200304): Vibration in buildings (1 Hz to 80 Hz); Part 4 (ISO 2631-4:2001-02) Guidelines for the evaluation of the effects of vibration and rotational motion on passenger and crew comfort in fixed-guideway transport systems; Part 5 (ISO 2631-5:2018-07) Method for evaluation of vibration containing multiple shocks (ISO/TS 10811) ISO/TS 10811: Mechanical vibration and shock – Vibration and shock in buildings with sensitive equipment – Part 1 (ISO/TS 10811-1:2000-06-00): Measurement and evaluation; Part 2 (ISO/TS 10811-2:2000-06): Classification (DIN EN 14253) DIN EN 14253:2008-02 Mechanische Schwingungen – Messung und rechnerische Ermittlung der Einwirkung von Ganzkörper-Schwingungen auf den Menschen am Arbeitsplatz im Hinblick auf seine Gesundheit – Praxisgerechte Anleitung; Deutsche Fassung EN 14253:2003+A1:2007 (VDI 2057-1) VDI-Richtlinie 2057, Blatt 1 (Oktober 2017): Einwirkung mechanischer Schwingungen auf den Menschen; Ganzkörperschwingungen (VDI 2062) VDI-Richtlinie 2062: Schwingungsisolierung. Blatt 1 (2011-05): Begriffe und Methoden; Blatt 2 (2007-11): Schwingungsisolierelemente (VDI 3833) VDI-Richtlinie 3833: Schwingungsdämpfer und Schwingungstilger; Blatt 1 (201409): Schwingungsdämpfer – Grundlagen, Kenngrößen, Realisierung, Anwendung. Blatt 2 (2006-12): Schwingungstilger und Schwingungstilgung (VDI 3837) VDI-Richtlinie 3837 (2013-01): Erschütterungen in der Umgebung von oberirdischen Schienenverkehrswegen – Spektrales Prognoseverfahren

Körperschallisolierung

12

Jan Troge

12.1 Einführung Als Körperschall werden Schwingungen und Wellenvorgänge in festen Körpern bezeichnet, wobei meist auf den Hörfrequenzbereich von ca. 20 Hz bis 20.000 Hz fokussiert wird. Die eingesetzten Methoden zur Prognose von Körperschall sind aber über diese Frequenzgrenzen hinweg gültig. In der Praxis interessiert vor allem der Bereich von 100 Hz bis 1000 Hz. Für den Schallschutz sind die Körperschallvorgänge erst dann wichtig, wenn es infolge der an der Oberfläche von Strukturen auftretenden Biegewellen zur Schallabstrahlung kommt. Typische Beispiele dafür sind die Körperschallanregung der Decken und Wände in Aufzugsmaschinenräumen, Klimazentralen und Produktionsräumen einerseits und die Schallabstrahlung in angrenzende Räume (z. B. Wohn- und Schlafräume, Büros, Sitzungsräume, Behandlungsräume in medizinischen Einrichtungen) andererseits. Während die direkte Luftschallübertragung in den genannten Fällen meistens einen geringen Einfluss hat, kommt es in den schutzbedürftigen Räumen in vielen Fällen zu einer Überschreitung der Richt- bzw. Grenzwerte des Schalldruckpegels (DIN 4109-1 2018-01; ArbStättV 2004; TA-Lärm 1998). Die Körperschallisolierung als Maßnahme des praktischen Schallschutzes dient zur Verminderung der Körperschallübertragung von Maschinen auf Strukturen (z. B. Bauwerke). Dabei soll in diesem Abschnitt neben Methoden zur Charakterisierung von Körperschallquellen vor allem der Übertragungsweg über die Maschinenfüße behandelt werden (s. Abb. 12.1). Ausgehend von der Grundgleichung der Körperschallisolierung Dies ist die Überarbeitung eines Beitrages von R. Melzig-Thiel und M. Bockhoff. J. Troge (*)  Fraunhofer Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU), Dresden, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Schirmer und J. Hübelt (Hrsg.), Technischer Lärmschutz, https://doi.org/10.1007/978-3-662-65668-6_12

575

576

J. Troge

Abb. 12.1   Wege der Körperschallübertragung von Maschinen auf Strukturen

werden Möglichkeiten zur körperschallisolierten Aufstellung von Maschinen beschrieben und grundlegende Zusammenhänge zur Auslegung von Schwingungsisolatoren vorgestellt. Zudem wird eine einfache Methode zur Prognose von Körperschall an der Lagerstelle auf Basis von elektromechanischen Ersatzmodellen erörtert. Ausgehend von der Beschreibung der dynamischen Eigenschaften der Komponenten des Schwingungssystems Maschine – Schwingungsisolatoren – Gebäudedecke werden zusammenfassende Regeln für die qualitativ optimierte Körperschallisolierung formuliert. Anhand praktischer Beispiele werden Hilfestellungen bei der Auslegung körperschallisolierten Maschinenlagerung gegeben. Auf die Möglichkeiten der Verminderung der Körperschallübertragung über Rohrleitungen wird hingewiesen. Für die Körperschallisolierung von Kabinen (z. B. Fahrerkabinen, Bedienstände in Werkhallen) oder von Aggregaten in Maschinenstrukturen lassen sich die erläuterten Prinzipien analog anwenden. Die Körperschallisolierung einzelner Aggregate in Maschinen wird auch bei der Konstruktion lärmarmer Maschinen angewendet, s. Abschn. 4.7.3 sowie Schirmer (1984b, S. 515 ff.) und DIN EN ISO 11688-1 (2009-11).

12.2 Grundlagen und Grundgleichung der Körperschallisolierung Für die körperschallisolierte Maschinenaufstellung gibt es grundsätzlich drei Möglichkeiten (s. Abb. 12.2). Die Maschinen werden direkt a) oder unter Verwendung eines zusätzlichen Zwischenfundamentes b) auf Federn gestellt. In besonders kritischen Fällen wird die doppelte Isolierung c) angewendet. Äußerlich unterscheiden sich die Maßnahmen nicht von einer für tieffrequente Erregerkräfte abgestimmten Schwingungsisolierung, wobei die in den Abschn. 11.3.6.1 und 11.4.1 zusammengestellten Grundsätze bei der Auslegung unbedingt zu erfüllen sind. Es gibt jedoch eine Reihe von Besonderheiten, die zu beachten sind, wenn die Körperschallisolierung im Frequenzbereich bis zu 1000 Hz hinreichend gut wirksam sein soll.

12 Körperschallisolierung

a

577

b

c

Abb. 12.2   Körperschallisolierte Maschinenaufstellung. a) Schwingungsisolatoren direkt unter der Maschine; b) Verwendung eines Zwischenfundamentes; c) zweistufige Körperschallisolierung

Die Wirksamkeit einer Körperschallisolierung wird durch das Verhältnis der in die Struktur ohne bzw. mit elastischer Lagerung eingespeisten Körperschallleistungen Pohne /Pmit charakterisiert. Daraus ergibt sich die Einfügungsdämmung De der Körperschallisolierung, die sich analog mit der Kraft und Geschwindigkeit darstellen lässt (Ungar und Dietrich 1966; Meltzer 1972b; Beranek 1988) (zur Definition der verwendeten Größen siehe Abb. 12.3a) und b)):

De = 10 lg

Pohne F˜ ohne v˜ ohne dB = 20 lg dB. dB = 20 lg ˜ Pmit v˜ mit Fmit

(12.1)

Die Verminderung des körperschallbedingten Luftschallanteils LKS an einem Immissionsort infolge dieser Einfügungsdämmung ist (12.2)

LKS = De .

Eine aufgrund der Zugänglichkeit einfachere Messung stellt die Bestimmung der Schnellepegeldifferenz Dv (s. Abb. 12.3c) dar:

Dv = 20 lg

v˜ oben dB = De + K. v˜ unten

(12.3)

Darin ist K die von den komplexen Admittanzen der beteiligten Strukturen abhängige Vergrößerung gegenüber De (zur Definition der Admittanz s. Gl. (4.31)). Mit der Näherung

a

b

c

Abb. 12.3   Zur Definition von Kenngrößen für die Körperschallisolierung. a) und b) Einfügungsdämmung; c) Schnellepegeldifferenz

578

J. Troge

  Y + YS  dB K = 20 lg  M YS 

(12.4)

kann dieser Unterschied abgeschätzt werden, wenn die für eine wirksame Körperschallisolierung notwendige Bedingung, dass die Admittanz des eingesetzten Körperschallisolators deutlich größer ist als die Admittanzen der beteiligten Strukturen Y I ≫ Y M , Y S (s. später Abb. 12.4 und 12.10b)), erfüllt ist. Für den häufigen Fall Y S ≪ Y M (leichte Maschine auf schwerem Fundament) mit der Annahme von mS = 10 · mM und mit Y = 1/(jωm) wird K ≈ +20 dB. Nur im Sonderfall Y S ≫ Y M, was einer sog. Geschwindigkeitsanregung entspricht, wird K = 0 dB. Aus diesen Beispielen geht hervor, dass die alleinige Messung der Schnellepegeldifferenz Dv an Körperschallisolatoren im Allg. kein taugliches Mittel zur Überprüfung der Körperschallisolierung darstellt. Es können dabei sehr starke Abweichungen von der gesuchten Einfügungsdämmung De auftreten. Zusätzliche Messungen sind unentbehrlich, denn selbst wenn die Bedingungen für eine Korrektur nach Gl. (12.4) erfüllt sind, setzt ihre Berechnung die genaue Kenntnis der Maschinenund Strukturadmittanzen voraus.

12.2.1 Modell für die Beschreibung von Körperschall an Lagerstellen Für die folgende Modellbeschreibung gilt die Einschränkung, dass die Maschinenaufstellung, im Folgenden auch Maschinenlagerung genannt, annähernd punktförmig sein soll. Das bedeutet, dass die Aufstellfläche klein gegenüber der Decken- oder Fundamentfläche ist bzw., dass sich im Bereich der Aufstellfläche die Admittanz der Struktur wenig ändert (erfüllt für Terz- und Oktavbänder). In diesem Sinne „punkt“ förmig sind nach Heckl (1989) Aufstellflächen, solange ihr Durchmesser kleiner als B /4 ist, wobei B die Biegewellenlänge der Decke oder des Fundaments ist (Beispiel: Für eine 10 cm dicke, homogene Betondecke erhält man mit Gl. (4.8), B = 2,5 m bei 100 Hz und B = 0,80 m bei 1000 Hz). Für eine vollständige Beschreibung der Übertragung von Körperschallenergie einer Maschine an einem Koppelpunkt ist eine Betrachtung aller

Abb. 12.4   Elektromechanische Ersatzschaltung einer Maschine (Quelle) auf einem Fundament (Empfänger)

12 Körperschallisolierung

579

möglichen Anregungsrichtungen notwendig. Es sind deshalb 6 Freiheitsgrade (3 translatorisch, 3 rotatorisch) und die Übersprechanteile zwischen diesen zu berücksichtigen. Beschränkt man sich auf eine tieffrequente Betrachtung, so ist die Anregung der Struktur durch Momente vernachlässigbar. Gemäß Möser und Kropp (2010, S. 261) ist mit dem Einfluss der Momentanregung von Platten erst bei höheren Frequenzen zu rechnen. Bei der Berücksichtigung der translatorischen Freiheitsgrade beschränkt man sich zur Vereinfachung auf die Hochrichtung, die in den meisten Fällen die Hauptanregungsrichtung darstellt. Die Berücksichtigung der Mehrpunktaufstellung ist bei größeren Maschinen prinzipiell notwendig (Langer 1984). Der Aufwand für die messtechnische Bestimmung der Rechengrößen und die Berechnung der Körperschallisolierung ist jedoch wesentlich höher als bei der punktförmigen Maschinenaufstellung. Da hier praktische Gesichtspunkte im Vordergrund stehen sollen, werden die Grundlagen der Körperschallisolierung bewusst am Beispiel der punktförmigen Ankopplung der Maschine an die Struktur mit einem translatorischen Freiheitsgrad erläutert. Eine Maschine lässt sich bezüglich ihrer dynamischen Anregung mithilfe der elektromechanischen Analogiebeziehungen als Kraft- oder Schnellequelle mit einer Quelladmittanz darstellen (vgl. Abschn. 12.2.1.1). Die Quelle ist am Kontaktpunkt mit der mechanischen Admittanz des angekoppelten Fundamentes abgeschlossen. Die von der Quelle (z. B. einer Maschine) in eine Empfängerstruktur (z. B. Fundament) eingespeiste Körperschallleistung P ist eine Funktion von der dynamischer Kraft F B und der dynamischer Schnelle vB, die an der Kontaktstelle während des Betriebs der Maschine auftreten (Abb. 12.4). Diese Betriebsgrößen wiederum hängen von den dynamischen Eingangsadmittanzen sowohl der Maschine Y M als auch der Struktur Y S, mit der die Maschine verbunden ist, ab. Je nach Admittanzverhältnis unterscheidet man zwei Grenzfälle (siehe Abschn. 4.4, Abb. 4.5):     Ist Y S  ≪ Y M , so spricht man von einer Kraftanregung (F B → max, vB → 0). Sie ist die am häufigsten auftretende Anregungsart. Typische Beispiele sind Maschinen auf einem schweren Fundament oder relativ leichte Aggregate auf massiven Maschinenstrukturen, etc.    Ist Y S  ≫ Y M , liegt eine Schnelleanregung vor (F B → 0, vB → max). Das ist z. B. der Fall, wenn eine leichte Maschinenabdeckung durch die massive Maschinenstruktur zu Schwingungen angeregt wird.

12.2.1.1 Charakterisierung von Körperschallquellen Körperschallquellen lassen sich je nach ihrer Anregungscharakteristik in Kraft- oder Schnellequellen einteilen. Geht man von einer idealen Quelle und schaltungstreuer Analogie zur Elektrotechnik aus, so haben Kraftquellen eine unendlich hohe Eingangsadmittanz und die sich einstellende Schnelle am Ausgang geht gegen Null. Im Gegensatz dazu weist eine ideale Schnellequelle eine gegen Null gehende Eingangsadmittanz auf und

580

J. Troge

die sich einstellende Kraft wird damit unendlich klein. Bei idealen Körperschallquellen sind die Ausgangsgrößen damit unabhängig von der angeschlossenen Abschlussadmittanz. In Realität haben Schwingungsquellen jedoch meist Eingangsadmittanzen, die zwischen den Extremwerten „null“ und „unendlich“ liegen. Die sich einstellenden Ausgangsgrößen der Quelle sind dabei immer abhängig von der Admittanz des angekoppelten mechanischen Systems (Abb. 12.4). Die Parametrisierung einer Körperschallquelle erfolgt analog zur Elektrotechnik anhand ihrer Extremwerte Kurzschlusskraft bzw. Blockierkraft F block (analog Kurzschlussstrom) und freie Schnelle vfrei (analog Leerlaufspannung) und der Quelladmittanz Y M (analog Innenwiderstand). Dies führt zu den gleichwertigen elektromechanischen Ersatzmodellen eines linearen aktiven Zweipols für eine Körperschallquelle in Abb. 12.5. Beide Darstellungen als Kraft- oder Schnellequelle sind äquivalent und ineinander umrechenbar. Für den häufigsten Fall einer Maschine auf einem schweren Fundament wird die Darstellung der Kraftquelle bevorzugt, weil dies der realen Anregung am ehesten entspricht. Die Quelladmittanz ist in beiden Fällen der Quotient aus Kurzschlusskraft und freier Schnelle. In Ohlrich (2001) sowie Mondot und Petersson (1987) wird zusätzlich der Betrag der komplexen Quellstärke J term eingeführt, um das Anregungsverhalten einer Körperschallquelle unabhängig von ihrer Lagerung zu quantifizieren. Die komplexe Quellstärke stellt eine Leistungsgröße dar. Ihr Betrag berechnet sich aus den zeitlich gemittelten Quadraten der Kurzschlusskraft oder freien Schnelle und dem Betrag der komplexen Quelladmittanz. Die Größe gibt Auskunft über das absolute Anregungsniveau und zur Verteilung der Anregungsenergie im Frequenzbereich. Der hier jetzt nicht betrachtete imaginäre (reaktive) Anteil der Quellleistung kann Informationen zur Quellcharakteristik (Masse- oder Federcharakter) geben. Er wird aber meist nicht berücksichtigt, da er sehr sensitiv gegenüber Messfehlern (Phasenfehler) ist. Anhand

(12.5)

− = Quellstärke

(12.6)

= in W:

Quellstärke

in W: (12.7)

Abb. 12.5   Elektromechanische Ersatzschaltung einer realen Kraftquelle (links) und einer realen Schnellequelle (rechts)

12 Körperschallisolierung

581

der Quellstärke können Körperschallquellen unabhängig von der Einbausituation miteinander verglichen oder aber auch das Anregungspotential von mehreren Quellen, die an eine Struktur gekoppelt sind, bewertet werden. Abb. 12.6 zeigt beispielhaft eine Gegenüberstellung der Quellstärken von verschiedenen Anregungsquellen wie Verdichter und Lüfter in einem Heiz-Klimagerät für Bahnanwendungen. Der Darstellung zeigt, dass es verschiedene Frequenzen bzw. Frequenzbereiche gibt z. B. 35 Hz, 50 Hz–60 Hz, 100 Hz–120 Hz, in denen unterschiedliche Quellen eine hohe Anregungsenergie liefern. Dabei sind die einzelnen Frequenzüberhöhungen auf die unterschiedlichen Anregungsmechanismen der Quellen zurückzuführen. Aus dieser Gegenüberstellung lassen sich wichtige Informationen für die Auslegung des gesamten Gerätes und der Entkopplung einzelner Quellen schon in einer Konzeptphase ableiten. So ist die Struktur des Gerätes so auszulegen, dass Eigenfrequenzen möglichst nicht in der Nähe der Anregungsfrequenzen liegen und für Quellen mit hoher Stärke eine möglichst gute Entkopplung erzielt wird. Für die messtechnische Bestimmung der Quellparameter Kurzschlusskraft oder freie Schnelle sind jeweils unterschiedliche Messrandbedingungen herzustellen, die wiederum Extremwerte im Bezug zur realen Lagerung darstellen (Abb. 12.7). Grundsätzlich ist

Abb. 12.6   Gemessene Quellstärken der Komponenten eines Heiz-Klimagerätes (über alle Anschraubpunkte und Anregungsrichtungen der jeweiligen Quelle aufsummiert)

582

J. Troge

Fixierte Lagerung Kurzschlusskraft →0

Reale Lagerung

Freie Lagerung

Betriebskraft/ -schnelle

freie Schnelle → max

Abb. 12.7   Vergleich der Lagerrandbedingungen zur Ermittlung der blockierten Kraft und der freien Schnelle

bei der Wahl der Lagerrandbedingung darauf zu achten, dass das Schwingverhalten der Quelle möglichst nicht bzw. möglichst wenig beeinflusst wird. So kann eine blockierte Lagerung beispielsweise Biegemoden einer Struktur verhindern, die aber im realen Verbau auftreten können. Die idealen Lagerrandbedingungen fixierte und freie Lagerung können in Realität nur in gewisser Näherung umgesetzt werden. Für eine Bewertung des Fehlers, der durch eine Abweichung von der idealen Lagerung auftritt, lässt sich das Admittanzverhältnis von Quellstruktur und Empfängerstruktur heranziehen (Abb. 12.8). So kann

Abb. 12.8   Abweichung der blockierten Kraft bzw. freien Schnelle vom Idealwert in Abhängigkeit vom Admittanzverhältnis von Quelle Y M und Empfänger Y S

12 Körperschallisolierung

583

    für die Bestimmung der Kurzschlusskraft für Y M /Y S  > 10 von einem Messfehler Y M + Y S . (12.14) Dabei ist zu beachten, dass die Admittanzen Y M, Y S und Y I komplexe Zeigergrößen sind und somit vektoriell, also unter Beachtung von Betrag und Phase bzw. von Real- und Imaginärteil, zu addieren sind. Im ungünstigen Fall, z. B. wenn Y M und Y S beide Masseverhalten ausfweisen und damit ihre Imaginärteile gleichgerichtet sind und Y I durch eine Nachgiebigkeit bestimmt wird, muss mindestens die Bedingung       Y I  ≫ Y M  + Y S  erfüllt sein, damit eine Isolierwirkung eintritt. Die Bedingung in Gl. (12.14) ist bei tiefen Frequenzen (im Bereich der Schwingungsisolierung, s. Abschn. 11.3.6.1) leicht erfüllbar. In diesem Bereich besitzt die Maschinenadmittanz meist Massecharakter, und die Schwingungsisolatoren verhalten sich wie ideale Federn. Ist die Struktur des Aufstellortes sehr steif, d. h., es gilt Y S → 0, dann erhält man aus Gl. (12.13)

YM F B mit = = F B ohne YM + YI

1 jωmM 1 jωmM

+

(12.15)

jω cI

mit der Maschinenmasse mM und der Steifigkeit der Schwingungsisolatoren cI. Den Betrag des Verhältnisses der mit und ohne Schwingungsisolatoren in die Struktur eingespeisten Kräfte erhält man schließlich aus der Beziehung

        1  =     2  B ohne  1 − ωω0 

  F B mit  F

mit ω0 =



cI . mM

(12.15a)

Diese aus Gl. (12.14) für tiefe Frequenzen abgeleitete Näherungsgleichung ist identisch mit der im Abschn. 11.3.2.3 genannten Übertragungsfunktion für das Einmassensystem, wenn dort die Dämpfung ϑ = 0 gesetzt wird. Damit ist eine Verbindung der für die Körperschallisolierung gültigen Beziehung nach Gl. (12.13) mit den Gesetzmäßigkeiten der Schwingungsisolierung hergestellt. Im Körperschallbereich, d. h. für Frequenzen f > 100 Hz, können die Beträge und Phasenwinkel von Y M und Y S frequenzabhängig sehr unterschiedliche Werte besitzen (s. Abb. 12.13, 12.21 und 12.23). Schmalbandige Messungen von Y M und Y S mit Betrag und Phase sind zwar mit modernen Messsystemen leicht möglich, die Ergebnisqualität hängt aber stark von den Messrandbedingungen ab. Eine Voraussage für Y M (s. Abschn. 12.2.2.1) und Y S ist nur näherungsweise möglich. Somit ist eine praktische Anwendung der Bedingung von Gl. (12.14) für die Auslegung einer optimalen

588

J. Troge

­ örperschallisolierung mit Ingenieurmethoden nur in begrenztem Umfang möglich bzw. K bleibt auf überschaubare Fälle beschränkt. Der Aufwand verringert sich wesentlich, wenn nur die Beträge der o. g. Admittanzen zu bestimmen sind, wobei man sich für Abschätzungen auch auf Terz- und Oktavbreite beschränken kann. Bei der praktischen Dimensionierung einer wirksamen Körperschallisolierung von Maschinen ist deshalb die Erfüllung folgender Forderung anzustreben:       Y I  ≫ Y M , Y S . (12.16) Die verwendeten Schwingungsisolatoren müssen also im Frequenzbereich 100 Hz bis 1000 Hz wesentlich weicher sein als die Maschinenkonstruktion und der Aufstellort. Die Erfüllung der Beziehung (12.16) ist in der Praxis mit Schwierigkeiten verbunden, wenn im Körperschall-Frequenzbereich folgende Besonderheiten auftreten: • Die Maschinen besitzen Eigenfrequenzen, die zu Maximalwerten der Maschinenadmittanz Y M führen (s. Abb. 12.12 und 12.13). • Die Strukturen, auf denen die Maschinen aufgestellt werden, besitzen ebenfalls Eigenfrequenzen, sodass die Admittanz Y S groß werden kann (s. Abb. 12.17). • Die Schwingungsisolatoren verhalten sich nur bei tiefen Frequenzen wie ideale Federn. Bei in der Praxis verwendeten Elastomerelementen treten bei hohen Frequenzen Eigenschwingungen s.  g. Kontinuumseigenfrequenzen auf. Die Begrenzungsflächen der Isolatoren befinden sich dabei annähernd in den Schwingungsknoten, sodass die Federn wie steife Verbindungen wirken und Minima der Isolatoradmittanz besitzen (s. Abb. 12.15). Das einfache Feder-Masse-Modell für die schwingungsisolierte Maschinenaufstellung auf starren Strukturen (s. Abschn. 11.3.1) ist somit für die Beschreibung der Körperschallisolierung realer Maschinen nicht geeignet. Um die Beziehung (12.16) zu realisieren, müssen die Frequenzgänge der Admittanzen Y M, Y S und Y I bekannt sein. Die Zusammenstellung einiger Impedanzformeln enthält Heckl und Nutsch (2004).

Abb. 12.12   Prinzipieller Frequenzgang der Admittanz realer Maschinen

12 Körperschallisolierung

589

Abb. 12.13   Ergebnisse der Messungen von Maschinenadmittanzen ——— Kompressor, – – – – Elektromotor, ·–·–·–·–· Vakuumpumpe, -------- Dachventilator

12.2.2 Dynamische Eigenschaften des Systems Maschine – Schwingungsisolatoren – Gebäudedecke 12.2.2.1 Dynamische Eigenschaften von Maschinen Jede Maschine stellt im interessierenden Frequenzbereich 100 Hz bis 1000 Hz ein kompliziertes Schwingungssystem dar, dessen Admittanz sich zunächst nicht mit guter Genauigkeit vorausberechnen lässt. Deshalb wurden in der Vergangenheit reale Maschinen oft näherungsweise als starr betrachtet, um als Maschinenadmittanz die Massenadmittanz verwenden zu können: YM =

1 ; jωmM

(12.17)

mM  Masse der Maschine. In der Literatur, z. B. Melzig-Thiel (1979a), werden gemessene Admittanzen von unterschiedlichen Maschinen angegeben. Den prinzipiellen Frequenzgang des Betrages einer Maschinenadmittanz zeigt Abb. 12.12:

590

J. Troge

• Bei tiefen Frequenzen ( f  300 Hz weist die Maschinenadmittanz Federcharakter (Y M = cjωm ) auf, d. h., es wirkt die Steifigkeit cm der Füße bzw. des Grundrahmens. Praktische Beispiele für schmalbandige nach Melzig-Thiel (1979a) ermittelte Maschinenadmittanzen zeigt Abb. 12.13. Im Frequenzbereich f > 300 Hz, wo die Maschinenadmittanz Federcharakter besitzt, gilt Gl. (12.18) in der Form

1 F B mit = F B ohne 1 + ccMI

(12.18)

Die für die Isolierwirkung charakteristische Größe wird somit frequenzunabhängig. Soll die Verminderung der in die Stützkonstruktion eingespeisten Kraft auch bei höheren Frequenzen etwa 20 dB betragen, dann muss also die Steifigkeit der Maschinenkonstruktion etwa zehnmal größer sein als die Steifigkeit der Schwingungsisolatoren. Zur Ermittlung des Frequenzganges der Maschinenadmittanz in Terz- bzw. Oktavbandbreite kann auch folgende Beziehung dienen (Melzig-Thiel 1979a):

YM =

1 a˜ F elastisch Y N I a˜ F starr

(12.19)

Dabei erfolgt die Messung des Terz- bzw. Oktavspektrums der Schwingbeschleunigung a˜ F starr bei Betrieb der auf einem möglichst resonanzfreien Blockfundament starr aufgestellten Maschine. Das Spektrum a˜ F elastisch wird ermittelt, wenn die Maschine auf N Isolatoren mit der Admittanz Y I = j ω · 1/c (c Federkonstante eines Isolators) auf dem Fundament gelagert ist. Diese Beziehung ist lediglich zur Abschätzung der Maschinenadmittanz geeignet. Sie ist nur in dem Frequenzbereich gültig, in dem das BlockfundaMasse ohne Eigenfrequenzen anzusehen ist und die Bedingung  ment als konzentrierte Y M  ≫ Y S  erfüllt wird. Die verwendeten Isolatoren müssen zudem im relevanten Frequenzbereich eine konstante dynamische Steifigkeit c (nicht zu verwechseln mit der dynamischen Steifigkeit in der Bauakustik s′ = c/S mit dem Flächenbezug S nach DIN EN 29052 – Akustik der dynamischen Steifigkeit) aufweisen, die     – Bestimmung die Bedingung erfüllt Y I  ≫ Y M . In der Praxis ergeben sich bezüglich der Erfüllung dieser Voraussetzungen schnell Einschränkungen hinsichtlich des Frequenzbereichs, in dem Gl. (12.19) Gültigkeit hat. Weiterhin kann die Messung der Beschleunigung auf einem steifen Blockfundament aufgrund eines geringen Signal-Rausch-Abstandes fehlerbehaftet sein, insbesondere wenn die Maschine mit Isolatoren entkoppelt ist. Eine weitere Möglichkeit der Ermittlung einer Maschinenadmittanz ist die komplexe Steifigkeitsmethode. Sie basiert auf der indirekten Bestimmung der Betriebskraft einer Maschine, die auf einem Isolator mit bekannter dynamischer Steifigkeit gelagert ist. Durch Messung der Vorlager- und Nachlagerbeschleunigung kann mit bekannter

12 Körperschallisolierung

591

dynamischer Steifikeit des Lagerelementes auf die Betriebskraft geschlossen werden (van der Seijs et al. 2016). Mithilfe der ermittelten Kraft und der gemessenen Vorlagerbeschleunigung kann die Maschinenadmittanz berechnet werden (vgl. Abb. 12.10b).

12.2.2.2 Dynamische Eigenschaften von Schwingungsisolatoren Voraussetzung für die Beschreibung der Eigenschaften von Schwingungsisolatoren durch ihre Admittanz ist die Kenntnis der Nachgiebigkeit n bzw. der Steifigkeit c = 1/n. Für die Körperschallisolierung werden vorzugsweise Elastomere in Form von prismatischen Einzelelementen (Gummi-Metall-Elemente) und von unkonfektionierten Platten bzw. Streifen eingesetzt. Im Gegensatz zu vielen klassischen Metallfedertypen, bei denen eine Proportionalität zwischen Kraft F und Zusammendrückung x vorliegt und die Federsteifigkeit c = F/x konstant ist, haben Elastomere nichtlineare, also gekrümmte und zudem auch temperaturabhängige Kraft-Verformungs-Kennlinien. Das bedeutet, dass die Federsteifigkeit – hier definiert durch cstat = (dF/dx)x=x0, d. h. durch die Steigung der Tangente im Kennlinien-Arbeitspunkt x0 – lastabhängig ist. Dieses nichtlineare Verhalten tritt sowohl unter rein statischer wie auch bei überlagerter dynamischer Belastung auf. Bei Gummimetallelementen nimmt die Federsteifigkeit bei steigender Druckbelastung zu (man spricht von einer progressiven Federung) und bei steigender Schubbelastung ab (degressive Federung). Da Elastomere nur eine sehr geringe Volumenkompressibilität besitzen, ist eine Nachgiebigkeit eines Gummiisolators nur dann gewährleistet, wenn das Material seitlich ausweichen kann. Das Verhältnis von druckbelasteter Fläche zu freier Verformungsfläche wird dabei Formfaktor genannt und bestimmt entscheidend die resultierende Federsteifigkeit, da der Elastizitätsmodul fast quadratisch mit ihm ansteigt. Für einfache, zylindrische Isolatoren mit Durchmesser d und Höhe h ist der Formfaktor gegeben durch: F = Kreisfläche/(Umfang × Höhe) = d/4h. Das zeigt, dass F bei großen Elementen geringer Dicke beträchtliche Werte annehmen kann. Aus diesem Grund werden selten Vollgummiplatten, sondern hauptsächlich gelochte oder gerippte Matten eingesetzt, oft auch in Streifenform. Im dynamischen Verhalten kommt zu den Last- und Formeinflüssen eine Frequenzabhängigkeit und für manche Isolatortypen eine Amplitudenabhängigkeit hinzu. Die unter dynamischer Belastung mit statischer Vorlast ermittelten cdyn-Werte von Elastomeren unterscheiden sich i. Allg. signifikant von den bei gleicher statischen Belastung ermittelten cstat-Werten. Für die meisten Elastomer-Isolatoren erhöht sich unter dynamischer Belastung die Steifigkeit, d. h. es ist cdyn = κ · cstat. Für Gummi ist dieses Phänomen besonders ausgeprägt: im üblichen Shore-A-Härtebereich bis 60 ShA und schon bei Frequenzen unter 50 Hz liegt κ etwa zwischen 1,1 und 1,6. Bei höheren Härten steigt κ bis 3 an. Diese Werte gelten sowohl für Druck- als auch für Schubbelastung. Ein weiterer Frequenzanstieg hat nur noch eine geringe Erhöhung von κ zur Folge. Einzelheiten zur Ermittlung frequenzabhängiger Kennwerte von Elastomeren enthält (DIN 53513 1990-01).

592

J. Troge

Zu höheren Frequenzen hin verhalten sich die elastischen Elemente zunehmend wie schwingende Kontinua. Bei den Kontinuumseigenfrequenzen treten zum Teil stark ausgeprägte Überhöhungen im Frequenzgang der Steifigkeit auf. Die Forderung, im Bereich bis 1000 Hz Kontinuumseigenfrequenzen zu vermeiden, lässt sich prinzipiell nur mit Gummifedern und Elastomerschichten realisieren, wobei zu beachten ist, dass auch weiche Elastomerelemente bereits erste Kontinuumseigenfrequenzen unterhalb von 1000 Hz aufweisen können. Im Vergleich dazu können bei Stahlfedern diese Eigenfrequenzen bereits bei 250 Hz beginnen. Die Lage der ersten Kontinuumseigenfrequenz bzw. die Begrenzung der wirksamen Körperschalldämmung ist eine Kenngröße von Schwingungsisolatoren (Meltzer 1972b). Ein einfaches Prüfverfahren für die Lage der ersten Eigenfrequenz eines Isolators enthält Meltzer und Kirchberger (1977). Eine Möglichkeit der Prognose des dynamischen Übertragungsverhaltens von Elastomerlager mit und ohne hydraulischer Dämpfung auf Basis der Netzwerktheorie findet sich in Troge et al. (2014). Labor- und In situ-Messverfahren zur Bestimmung von vibro-akustischen Parametern elastischer Isolatoren werden in DIN EN ISO 10846 (2008) und Sell (2004) beschrieben. Rechnerisch lassen sich für prismatische und flächige Federelemente aus homogenem Material die ersten Kontinuumseigenfrequenzen f0i ermitteln aus der Beziehung

k0 l = iπ(i = 1, 2, 3 . . .), ω k0 = cL

(12.20a)

mit

ω = Kreisfrequenz, cL = Ausbreitungsgeschwindigkeit der Longitudinalwellen (cL ≈ 50 ms−1 für Gummi), l = Federlänge bzw. Höhe des Belags. Zur Berechnung der ersten Eigenfrequenz von Stahlfedern kann Gl.  (12.20a) folgendermaßen umgeschrieben werden:  1 cdyn f01 = (12.20b) 2 mF mit

cdyn = dynamische Federkonstante, mF = Masse der Feder. Bei Annahme einer gleichmäßig verteilten Masse und Nachgiebigkeit der Feder gestattet es Gl. (12.20b) f01 aus Materialdaten aller Art zu bestimmen, d. h. sowohl für Stahlfedern als auch für Federn auf Elastomerbasis. Formeln für Federkonstanten in Abhängigkeit von Material- und geometrischen Größen sind der einschlägigen Literatur des Maschinenbaus, z. B. Mertens (1997), zu

12 Körperschallisolierung

593

entnehmen. Unter der vereinfachenden Annahme eines statischen Schubmoduls lässt sich so für zylindrische Stahlschraubenfedern die erste Eigenfrequenz f01 in Hz abschätzen zu

f01 = 350

d νD2

(12.20c)

mit

d = Drahtdurchmesser in m, D = Windungsdurchmesser in m, ν = Anzahl der wirksamen Windungen. Beispiele  für f01: Gummifedern

f01 = 250 Hz bis 500 Hz bei h = 100 mm, f01 = 1300 Hz bis 1600 Hz bei h = 15 mm. (in Abhängigkeit von der Gummiqualität). Stahlschraubenfedern

f01 = 100 Hz bis 500 Hz je nach Typ. ( f01 ist ebenfalls nach Gl. (12.20a) berechenbar). Mit der Admittanz YI = ω/c0 eines Isolators ist bei Gummifedern theoretisch bis f ≈ 0,8 f01 und bei Stahlschraubenfedern bis f ≈ 0,5 f01 zu rechnen. Die genaue Beschreibung der dynamischen Federeigenschaften ist auch im Bereich der Kontinuumseigenfrequenzen möglich, wenn die Vierpolparameter der Federn bekannt sind (Melzig-Thiel 1979a; Meltzer und Melzig-Thiel 1980). Die an den Begrenzungsflächen eines Schwingungsisolators gemäß Abb. 12.14 auftretenden Kräfte und Geschwindigkeiten sind mit den Parametern der Kettenmatrix des Isolators wie folgt verknüpft:

F 1 = A11 F 2 + A12 v2 v1 = A21 F 2 + A22 v2 a

(12.21)

b

Abb. 12.14   Beschreibung der Eigenschaften elastischer Elemente durch Vierpolparameter. a) 1 vereinfachtes Schwingungsmodell; b) elektromechanisches Ersatzschaltbild mit Y m = jωm

594

J. Troge

Der für die Beschreibung der Übertragungseigenschaften relevante Parameter ist A21. Wenn die Dämpfung des Federmaterials sehr klein ist (z. B. bei Stahlfedern), gilt nach Meltzer und Melzig-Thiel (1980)

  ω sin kl A21  ≈ c kl

(12.22)

c quasistatische Federsteifigkeit, ω Kreisfrequenz, k = ω/cL mit cL Ausbreitungsgeschwindigkeit der Longitudinalwellen, l Federlänge.   Aus Gl. (12.22) geht hervor, dass der Parameter A21  realer Federn bei kl = iπ(i = 1, 2, 3 . . .) Minima besitzt, d. h. gerade bei den Kontinuumseigenfrequenzen nach Gl. (12.20a). Diese Minima sind bei Stahlschraubenfedern wesentlich stärker ausgeprägt  als bei Gummifedern (siehe Abb. 12.15). Bei tiefen Frequenzen geht der Parameter A21  in die Isolatoradmittanz YI =  ω/c über. Setzt man nun voraus, dass nicht nur bei tiefen Frequenzen YI = ω/c = A21 , sondern im gesamten Bereich YI (ω) =

  ω = A21  c(ω)

(12.23)

gilt, dann ergibt sich eine plausible Deutung des Frequenzganges von YI als frequenzabhängige Nachgiebigkeit n = 1/c von Federn im akustischen Frequenzbereich: a

b

  Abb. 12.15   Beispiele für den Vierpolparameter A21  von Stahl- und Gummifedern nach MelzigThiel (1979a). a) Stahlfeder ○——○ Messung, – – – – Berechnung nach Gl. (12.22), – · – · – · – · theoretische Federadmittanz; b) Gummifeder (S = 27  mm  · 27 mm, l = 63  mm); ○——○ Messung, – – – – Berechnung unter Berücksichtigung der Dämpfung nach Melzig-Thiel (1979a), – · – · – · – · theoretische Federadmittanz

12 Körperschallisolierung

595

n(ω) =

  1  sin kl  . c  kl 

(12.24)

Die Nachgiebigkeit n(ω) nimmt entsprechend der Spaltfunktion mit der Frequenz ab und besitzt Minima bei den Kontinuumseigenfrequenzen. Elastomer-Schichten haben in den letzten Jahren als Ergänzung zu Stahlfedern und kompakten Gummielementen für die Körperschallisolierung zunehmend an Bedeutung gewonnen. Die Technik des flächenhaften Einsatzes war ursprünglich zur Dämmung von Trittschall durch schwimmende Estriche benutzt worden (unter vorrangiger Verwendung von Mineralfaserplatten), hat sich aber auch in anderen Bereichen der Bautechnik, der Industrie und im Gleisbau bewährt. Zur Anwendung kommen unterschiedliche Elastomere wie z. B. Isopren-, Chloropren- und Butyl-Kautschuk, Polyurethan (PUR), Polyethylen etc. mit mehr oder weniger ausgeprägter Zellstruktur (Schäume). Diese Werkstoffe gestatten, durch geeignete Rezeptur, Federsteifigkeit und Verlustfaktor (Dämpfung) nach Bedarf optimal zu kombinieren. Die physikalischen Kennwerte von Elastomeren hängen stark von der Temperatur und der statischen Vorlast ab. Anbieter von Elastomerprodukten halten meist ausführliche Datenblätter bereit, aus denen sowohl statische als auch dynamische Kennwerte für die entsprechenden Produkte entnommen werden können (siehe auch Tab. 4.1).

12.2.2.3 Dynamische Eigenschaften von Gebäudedecken Für grobe Abschätzungen kann damit gerechnet werden, dass im Frequenzbereich 100 Hz bis 1000 Hz die Beträge der Admittanzen unterschiedlicher Deckenkonstruktionen nach Gl. (4.36) im Bereich 10−5 s/kg bis 10−6 s/kg liegen (Abb. 12.16). Es ist jedoch zu beachten, dass Gl. (4.36) nur im Bereich einer hohen Modendichte, d. h. genügend weit oberhalb der ersten Eigenfrequenz gültig ist (vgl. Abschn. 4.3). Abb. 12.16   Reelwertige Admittanz von homogenen Stahlbetondecken in Deckenmitte in Abhängigkeit von der Dicke d berechnet nach Gl.(4.36) für Frequenzen weit oberhalb der ersten Eigenfrequenz. cL ≈ 3500 m/s, ̺ = 2,4 · 103 kg/m3

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Abb. 12.17   Schmalbandig gemessene Admittanz YD einer Gebäudedecke, Vergleich mit dem berechneten Wert Yp nach Gl. (4.36)

Für vergleichbare Bereiche von Decken eines bestimmten Gebäudetyps können die Admittanzen ohne großen Fehler aus Messwertsammlungen übernommen werden, z. B. aus Melzig-Thiel (1979a) und (1979b). Es ist damit zu rechnen, dass die Admittanzwerte am Deckenrand das 0,3- bis 0,5-fache der Admittanz im Deckenmittelpunkt betragen. Aus diesem Grund sollte die körperschallisolierte Aufstellung von Maschinen möglichst am Deckenrand erfolgen. Falls es sich um spezielle Deckenkonstruktionen handelt und die Messung der Admittanz unmittelbar am vorgesehenen Maschinenaufstellort durchgeführt werden kann, ist die Admittanz im betreffenden Deckenbereich zu ermitteln (Bestimmung des arithmetischen Mittelwertes der an den vier Eckpunkten der Maschinengrundfläche gemessenen Admittanzspektren). Um die Admittanz von Gebäudedecken und -wänden zu bestimmen, werden die Bauteile durch einen Körperschallerreger zu stationären Schwingungen angeregt. Die Effektivwerte der Erregerkraft und der Schwinggeschwindigkeit auf den Bauwerksteilen werden gemessen. Das Verhältnis der Effektivwerte von Schwinggeschwindigkeit und Kraft ist der Betrag der Admittanz des Bauwerksteils. Einzelheiten zur Messkette und zur Durchführung von Messungen sind in ISO 7626-1 (2011-07) und ISO 7626-2 (201504) dargestellt.

12 Körperschallisolierung

597

Abb. 12.17 zeigt als Messbeispiel den mit sinusförmiger Erregung gemessenen Frequenzgang des Betrages der Admittanz einer Gebäudedecke (Kassetten-Decke, Abmessungen 6 m · 6 m). Die erste Eigenfrequenz der Decke liegt bei 23 Hz. Der mittlere Admittanzverlauf bei höheren Frequenzen ( f > 200 Hz) lässt sich mit der Dicke des Deckenspiegels aus der Formel für unendliche Platten Gl. (4.36) näherungsweise berechnen. Allgemein gilt für kassettierte Decken, dass die Admittanz nach Gl. (4.36) berechnet werden kann, wenn als Dicke der Decke eine Ersatzdicke dE verwendet wird. Diese Ersatzdicke erhält man aus der Bedingung, dass das Flächenträgheitsmoment der Deckenplatten gleich dem Trägheitsmoment einer entsprechenden Rechteckfläche mit der Höhe dE sein soll. Ist bei höheren Frequenzen der freie Abstand zwischen den Rippen größer als die halbe Biegewellenlänge auf dem Deckenspiegel, so ist die Eingangsadmittanz für die Deckenpunkte zwischen den Rippen allein aus der Dicke des Deckenspiegels nach Gl. (4.34) näherungsweise zu berechnen (Melzig-Thiel 1979a). Im quasistatischen Bereich unterhalb der 1. Biegeeigenfrequenz können Decken je nach Lagerung und Krafteinwirkung einen federbestimmten Frequenzgang aufweisen (vgl. Abb. 4.6). Ihre Admittanz kann durch eine komplexe Ersatzsteifigkeit YS = jω/cs mit cs = cS (1 + jη) beschrieben werden, wobei der Verlustfaktor η vorhandene Dämpfungsverluste abbildet. Lagert man eine Maschine, tieffrequent modelliert als träge Masse m, elastisch mit einer Admittanz eines Isolatorelements, das ebenfalls mit einer komplexe Steifikgeit mit YI = jω/cI mit cI = cI (1 + jη) abgebildet werden kann, auf dieser nicht endlich steifen Deckenkonstruktion, so lässt sich mit Gl. (12.1), (12.11) und (12.12) eine Einfügungsdämmmaß De in Abhängigkeit vom Steifigkeitsverhältnis der Decke und des Isolators x = cS /cI ermitteln:   Y + YS + YI  v˜ ohne dB dB = 20 lg  M De = 20 lg (12.25) v˜ mit YM + YS  mit Y M =

1 , jωm

YS =

jω cS (1+jηs )

und YI =

jω . cS /x(1+jηI )

Abb. 12.18 zeigt das Einfügungsdämmmaß De für verschiedene Steifikeitsverhältnisse von Decke und Isolator  x = cS /cI. Die Frequenzachse ist in der Darstellung auf die Resonanzfrequenz f0 = cSm/x /2π normiert. Es ist erkennbar, dass die FundamentAdmittanz einen deutlichen Einfluss auf das Einfügungsdämmmaß hat. Für eine korrekte Auslegung einer elastischen Lagerung ist deshalb die Kenntnis der Fundament-Admittanz eine wichtige Voraussetzung. Nach Möser (2012) liegt der tatsächliche Verlauf von De bei höheren Frequenzen etwa zwischen einer frequenzunabhängigen Geraden und einer Geraden mit der Steigung von 12 dB/Oktave (für eine unendlich steife Decke).

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Abb. 12.18   Einfügungsdämmmaß De einer elastisch gelagerten Maschine auf einer endlich steifen Decke in Abhängigkeit vom Steifikgeitsverhältnis Decke zu Isolator cS /cI (für ηS = 0,5 und ηI = 0,1)

12.3 Maßnahmen zur Körperschallisolierung von Aggregaten 12.3.1 Körperschallisolierung von Aggregaten in Gebäuden Die Realisierung der Bedingung nach Gl. (12.16) wird trotz des zahlenmäßigen Vergleichs der Admittanzen als qualitative Optimierung der Körperschallisolierung bezeichnet. Für die rechnerische Abschätzung der Notwendigkeit der Körperschallisolierung sowie für den Nachweis der ausreichenden Wirksamkeit müssen die Körperschallanregung am Aufstellort der Maschinen, die Körperschallausbreitung in Gebäuden und die Luftschallabstrahlung von Decken und Wänden berechnet werden. Durch Vergleich des für einen Raum berechneten Schalldruckpegels mit den Richt- bzw. Grenzwerten ist es möglich, die Körperschallisolierung schrittweise quantitativ zu optimieren. Voraussetzung für die Berechnung der Körperschallanregung am Aufstellort (z. B. für das Spektrum der Schwinggeschwindigkeit auf einer Gebäudedecke) ist die Kenntnis der von der Maschine gelieferten Erregerkraft. Es sind verschiedene Verfahren für die Bestimmung der Körperschallemission vorgeschlagen worden z. B. Breeuwer und Tukker (1976), Bruckmayer und Lang (1973),

12 Körperschallisolierung

599

Buhlert und Feldmann (1979), Gerwig (1980), ISO 9611 (1996-08) und ISO 20270 (2019-11) (vgl. auch Abschn. 12.2.1.1). Das Messverfahren nach Melzig-Thiel und Meltzer (1977a) und (1977b) gilt für die Ermittlung der Körperschallemission von Maschinen mit Grundrissabmessungen bis zu 1,5 m, die vorrangig in Wohn-, Kultur- und Bürobauten aufgestellt werden. Als Kenngröße für die Körperschallemission ist dabei das Oktavspektrum des Effektivwertes der vertikalen Fundament-Erregerkraft F˜ F zu bestimmen. Aus der Kraft F˜ F kann die Schwinggeschwindigkeit v˜ D am Aufstellort der Maschine berechnet werden. Des Weiteren muss die Körperschallübertragung im Gebäude vom Anregungsort bis zum schutzbedürftigen Raum in der Planungsphase bekannt sein. Entsprechende Rechenverfahren finden sich in Sonntag (1984). In der Planungspraxis ist eine Angabe der zulässigen frequenzabhängigen Krafteinspeisung einer Körperschallquelle bei einem vorgegebenen Schalldruckpegel von z. B. 30 dB(A) in einem schutzbedürftigen Raum in Abhängigkeit von seiner Lage im Gebäude sinnvoll (siehe Abb. 12.19). Solche Zusammenhänge sind aus Bauteil- und Raumparametern mithilfe der Statischen Energieanalyse (SEA) berechenbar (Wöhle

Abb. 12.19   Maximal zulässige Anregungskraft einer Maschine für L = 30 dB(A) in schutzbedürftigen Räumen I bis IV im dominierenden Oktavfrequenzband des Kraftspektrums (BetonPlattenbauten, Plattendicke 150 mm) nach Marx (1989)

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1984; Steinborn 1986). Von Marx (1989) wurde auf dieser Basis ein für Planungsbüros bestimmtes Rechenverfahren entwickelt. Die beispielhaft gemessenen frequenzabhängigen Anregungskräfte von Maschinen und Geräten in haustechnischen Anlagen liegen nach Buhlert und Feldmann (1979), Melzig-Thiel und Meltzer (1977a) und (1977b) in der Größenordnung 1 N bis 30 N und damit im Bereich der nach Marx (1989) berechneten Maximalwerte. Die Nützlichkeit einer objektiven Entscheidungshilfe bezüglich einer körperschallisolierten Maschinenaufstellung wird dadurch bestätigt.

12.3.1.1 Wirkung eines Zwischenfundamentes Die Bereiche, in denen die Admittanzen der Maschine, der Schwingungsisolatoren und der Gebäudedecken erfahrungsgemäß liegen, sind im Abb. 12.20 gegenübergestellt. An diesem Beispiel zeigt sich, dass für sehr harte Schwingungsisolatoren die für eine wirksame Körperschallisolierung wichtige Forderung YI ≫ YM (s. Abschn. 12.2.1.2) nicht

Abb. 12.20   Admittanzbereiche von Maschinen mit einer Masse von 25 kg bis 100 kg (YM ), Gebäudedecken (YD ), Zwischenfundamenten (YZF ) und ausgewählten Gummi-Schwingungsisolatoren (YI ) der Schwingungsdämpfer GmbH Dresden, s. Abb. 11.26

12 Körperschallisolierung

601

mehr erfüllt werden kann. Ein ähnliches Problem stellt sich ein, wenn infolge von Eigenfrequenzen der Maschinenstruktur Admittanzmaxima der Maschine gemäß Abb. 12.13 auftreten. Durch Anordnung eines steifen Zwischenfundamentes (z.  B. Stahlbetonplatte) unter der Maschine können die Admittanzverhältnisse wesentlich verändert werden. Die Masse des Zwischenfundamentes ist im Ersatzschaltbild zur Maschinenadmittanz parallelgeschaltet (s. Abb. 12.10c)). Die Gesamtadmittanz des Systems Maschine – Zwischenfundament erhält man aus der Beziehung

Y ges =

Y M · Y ZF . Y M + Y ZF

(12.26)

Damit die schwingende Masse deutlich vergrößert, d. h. die Gesamtadmittanz des Systems Maschine-Zwischenfundament reduziert wird, muss gelten     Y ZF  ≪ Y M . (12.27) Daraus folgt, dass Y ges durch Y ZF bestimmt wird. Abb. 12.21 zeigt ein Messbeispiel für den Frequenzgang der Admittanz eines Kompressors mit einem Zwischenfundament von 0,6 m · 0,3 m · 0,3 m. Das zusätzliche Fundament mit einer Masse von 120 kg bestimmt ab 100 Hz die Admittanz Y ges des Gesamtsystems. Zum Vergleich ist auch die bei höheren Frequenzen ansteigende Admittanz des Kompressors eingezeichnet. In die Grundgleichung der Körperschallisolierung nach Gl. (12.13) kann also anstelle der Maschinenadmittanz Y M die Admittanz Y ZF des Zwischenfundamentes eingesetzt werden. Wegen des Abfalls der Admittanz Y ZF mit der Frequenz (s. Abb. 12.20), der sich für steife Zwischenfundamente mit Massecharakter ergibt, lässt sich die Bedingung nach Beziehung (12.16) leichter erfüllen und die Körperschallisolierung verbessern. Damit Zwischenfundamente als steif bezeichnet werden können, dürfen sie im Frequenzbereich bis 1000 Hz möglichst keine Eigenfrequenz besitzen. Wenn die Länge L der Betonplatte – bedingt durch die Grundrißabmessung der Maschine – vorgegeben ist und die erste Biegeeigenfrequenz f1 des Zwischenfundamentes bei 1000 Hz liegen soll, muss die Höhe der Platte gemäß Abb. 12.22, Kurve 1, gewählt werden. In der Praxis ist es oft notwendig, bei Anwendung eines Zwischenfundamentes einen Kompromiss zwischen optimaler Körperschallisolierung und maximaler Deckenbelastung bzw. maximaler Bauhöhe einzugehen. Als Näherungswert ist deshalb zu empfehlen, dass das Verhältnis von Plattenhöhe H zu Plattenlänge L größer oder gleich 0,2 sein soll (s. Abb. 12.22, Kurve 2):

H ≥ 0,2. L

(12.28)

In manchen Fällen sind lange Fundamente erforderlich, ohne dass die Bedingung von Gl. (12.28) erfüllt werden kann. Es ist dann zu klären, wo die erste Biegeeigenfrequenz

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Abb. 12.21   Wirkung eines Zwischenfundamentes nach Abb. 12.2b) Admittanzfrequenzgänge: ——— Kompressor (Messung YM), – – – – Zwischenfundament (Rechnung YZF nach Gl. (4.32)), ---- Kompressor auf Zwischenfundament (Messung Yges)

Abb. 12.22   Abhängigkeit der Höhe H von der vorgegebenen Länge L bei Blockfundamenten aus Stahlbeton. ——— H = f (L) für f1 = 1000 Hz, – – – – H = 0,2 L

12 Körperschallisolierung

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bzw., wenn es sich um eine lange und schmale Platte handelt, die Torsionseigenfrequenz liegt. Im Abb. 12.22 gilt Kurve 1 für punktförmige Anregung im Mittelpunkt der Fundamentoberfläche. Reale Maschinen sind an mehreren Punkten bzw. flächenhaft an die Zwischenfundamente angekoppelt. Damit wird die erste Eigenfrequenz nicht so stark angeregt, sodass nach Gl. (12.28) dimensionierte Fundamente praktischen Anforderungen i. Allg. genügen. Ein Messbeispiel dafür zeigt Abb. 12.23. Hier sind die Ergebnisse, die mit einem und mit zwei gleichphasig wirkenden Schwingungserregern gemessen wurden, gegenübergestellt. Eine weitere Verminderung der Körperschallübertragung ist durch die zweistufige Körperschallisolierung zu erreichen (s. Abb. 12.2c)). Dabei werden zusätzlich auch zwischen Maschine und Fundamentplatte Schwingungsisolatoren angeordnet. Mit der zweistufigen Isolierung können prinzipiell die Nachteile eines Isolatortyps (z. B. Kontinuumseigenfrequenzen bei Stahlfedern) durch entsprechende Auswahl des zweiten Isolatortyps (z. B. Gummifedern oder -platten) kompensiert werden (Meltzer und Kirchberger 1977). Es ist jedoch darauf zu achten, dass bei der Eigenfrequenz der Masse der Fundamentplatte auf der unteren Feder die Körperschalldämmung nicht vermindert wird. a

b

Abb. 12.23    Admittanz eines Betonfundamentes (1,6  m  · 0,32 m · 0,3 m) bei Anregung a) mit einem Schwingungserreger in der Mitte der Oberfläche ( f1 = 380 Hz) und b) mit zwei Schwingungserregern bei 1/4L und 3/4L (L = Fundamentlänge). ——— Schmalband-Messung, ---- Oktavmessung, – – – – Berechnung aus Fundamentadmittanz nach Gl. (4.34)

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Beispiel  Zweistufige Körperschallisolierung eines Radialventilators. Maschinenmasse: mM = 300 kg; Drehzahl: ne = 710 min−1 (Erregerfrequenz fe = 11,8 Hz); Schwingungsisolatoren unter der Maschine: acht Stahlfederisolatoren c1ges = 1,636 kN/ cm; Fundamentplatte: mF = 1100 kg, 1,4 m · 1,0 m · 0,3 m; Schwingungsisolatoren unter der Fundamentplatte: vier Schwingkörperplatten auf Gummibasis 0,3 m · 0,3 m, c2 ges = 1,7 · 103 kN/cm. c2 ges wird so festgelegt, dass die Eigenfrequenz der Fundamentplatte auf den Gummiplatten in der Mitte zwischen dem Doppelten der Erregerfrequenz (2 · fe = 23,6 Hz) und 100 Hz bei etwa 62 Hz liegt. Durch Verwendung der Stahlfedern wird erreicht, dass sich die Bedingung für die Schwingungsisolierung f0 < 13 fe (s. Abschn. 11.3.6.1) erfüllen lässt:  1 c1 ges ≈ 3,5 Hz. f0 2π mM Ab 230 Hz, wo die erste Kontinuumseigenfrequenz der Stahlfedern liegt, wäre mit einer Verminderung der Isolierwirkung zu rechnen, die aber durch den zusätzlichen Einsatz der Fundamentplatte und der Gummiplatte ausgeglichen wird.

12.3.1.2 Körperschalldämmung in Rohrleitungen Bei einer Reihe von haustechnischen Anlagen (z. B. Pumpen) sind Maschinen an Rohrleitungen angeschlossen, die an Decken und Wänden sowie in Wanddurchführungen mit dem Gebäude verbunden sein können. Die Körperschallübertragung auf das Gebäude erfolgt in diesem Fall nicht nur über den Grundrahmen und die Aufstellelemente, sondern zusätzlich über die Rohrleitungen und über das Fördermedium (Meltzer 1971, 1972a; Flächsig et al. 1974) (s. Abb. 12.1). Es wurde sogar nachgewiesen, dass bei Pumpen in vielen Fällen die Rohrleitungen der dominierende Übertragungsweg sind (Meltzer und Serbitzer 1973a, b). Die Wirkung der Körperschallisolierung lässt sich bei Pumpen und ähnlichen Maschinen nicht allein durch Gl. (12.13) beschreiben. Alle aus Gl. (12.13) gezogenen Schlussfolgerungen sind bei der Maschinenlagerung unverändert zu beachten. Zusätzlich sind jedoch die Anschlüsse der Maschinen an die Rohrleitungen durch Verwendung von Rohrleitungskompensatoren (elastische Rohrverbindungen) möglichst nachgiebig auszuführen. Durch diese sprunghafte Admittanzänderung soll die Körperschallausbreitung über die Rohrleitung vermindert werden. Eine Verspannung der Rohrleitung und die zusätzliche Belastung der Isolatoren sowie die Belastung der Rohrleitung durch die Maschine sind zu vermeiden (Mantel 1985). Die elastischen Rohrleitungskompensatoren sollen sowohl in axialer als auch in radialer Richtung dehnbar sein, damit sie zugleich die Ausbreitung des Körperschalls (in der Rohrleitung) und des Fluidschalls (Pulsation des Fluids) vermindern. Je nach Ein-

12 Körperschallisolierung

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satzort sind bestimmte Bedingungen hinsichtlich hygienischer Unbedenklichkeit, Druck, Temperatur und Lebensdauer zu beachten (Meltzer und Serbitzer 1973a, b). Hinter körperschalldämmenden Rohrleitungskompensatoren wird in den meisten Fällen erneut Fluidschall erzeugt. Die Ursachen dafür sind Wirbelablösung und Vorstufen der Kavitation, insbesondere bei Querschnittssprüngen und Armaturen. Der entstehende Fluidschall führt zur Körperschallanregung der Rohrleitungen, sodass auch hinter Kompensatoren die Rohre akustisch günstig zu verlegen sind. Insbesondere ist auf folgendes zu achten (Meltzer und Serbitzer 1973a, b; VDI 3733 1996-07): • In Rohrdurchführungen durch Decken und Wände darf keine direkte Verbindung mit dem Gebäude entstehen. Die Öffnungen sind mit elastischem Material auszustopfen bzw. mit dauerplastischem Fugenkitt zu verschließen. • Die Befestigung von Rohrleitungen an Decken und Wänden muss mit körperschalldämmenden Schellen oder elastisch aufgehängten Sammelschienen erfolgen. • Sammelrohrleitungen (z. B. Wasservor- und -rücklauf bei Heizungsanlagen) sollten nicht an den Begrenzungsflächen von Aufenthaltsräumen befestigt werden. Weitere Möglichkeiten zur Verminderung der Körperschallübertragung über die Rohre bzw. über das Fördermedium sind das Anbringen von Sperrmassen auf der Rohrleitung (Kuhl und Wollherr 1979) bzw. das Anwenden von Fluidschalldämpfern. Die akustische Wirksamkeit dieser Elemente ist geringer als bei Rohrleitungskompensatoren, da die Körperschallübertragung jeweils nur auf einem Weg (Rohrwandung bzw. Flüssigkeit) vermindert wird.

12.3.2 Körperschallisolierung von Aggregaten in Maschinenstrukturen Die Körperschallanregung durch kleine Maschinen und Aggregate innerhalb von Maschinen kann insbesondere in zwei Situationen zur Schallentstehung beitragen: • Die Lärmquelle befindet sich in einem Gehäuse. Die Verkleidung der Maschinenstruktur wirkt dabei als Kapsel und vermindert die Luftschallabstrahlung der Quelle. Gleichzeitig kommt es zur Körperschallanregung und -abstrahlung über die Verkleidungsbleche (rechts in Abb. 12.24). • Die Lärmquelle und eine Kabine für die Bedienperson befinden sich gemeinsam auf einer Stahlkonstruktion. Die Kabine besitzt ausreichende Luftschalldämmung. Über den Rahmen kommt es jedoch zur Körperschallübertragung und -abstrahlung in die Kabine (links in Abb. 12.24).

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Abb. 12.24   Zum Einbau von Aggregaten in Maschinenstrukturen. Gekapselter Körperschallerreger (rechts) und Kabine (links) auf einem gemeinsamen Rahmen. Luftschallabstrahlung; Körperschallleitung

Typische Lärmquellen für diese Fälle sind Kompressoren, Hermetikverdichter, Getriebe, Elektromotoren, Verbrennungsmotoren, Pumpen, Hydraulikpumpen und hydraulische Elemente, Magnete, Schütze, Gebläse und Ventilatoren. Typische Maschinenstrukturen und Stützkonstruktionen, die infolge Körperschallanregung Lärm abstrahlen, sind u. a. Blechgehäuse, Tragkonstruktionen, Profilstahlrahmen, Schaltschränke, DV-Anlagen, Kraftfahrzeuge, Schienenfahrzeuge, Schiffe und selbstfahrende Arbeitsmittel wie Land- und Baumaschinen. Bei der Körperschallisolierung in Maschinen werden die gleichen akustischen Prinzipien und Methoden angewendet wie im Abschn. 12.2.1 und 12.2.2 dargestellt. Mehr noch als in Bauwerken ist auf genügend große Nachgiebigkeit der elastischen Elemente zu achten, da in Maschinen die Strukturen an den beiden Begrenzungsflächen der Isolatoren weniger steif sind als in Gebäuden. D. h. die genaue Kenntnis der Admittanzen von Quellaggregat und Struktur am Anregungsort ist für die optimale Auslegung eines Schwingungsisolators und möglicher Zusatzelemente von entscheidender Bedeutung. Erweist sich die messtechnische Ermittlung als nicht praktikabel, so können die Admittanzen einfacher Strukturen auch rechnerisch bestimmt werden (siehe Gl. (4.106) und (4.107)). Das klassische Messverfahren zur Ermittlung einer Punktadmittanz beruht auf der mechanischen Kraftanregung der Struktur mithilfe eines elektro-dynamischen Schwingungserreger und der gleichzeitigen Messung von eingeleiteter Kraft und angeregter Schnelle. Für Untersuchungen an z. T. schwer zugänglichen Maschinenteilen hat sich ein flexibleres Verfahren besser bewährt, das anstelle der stationnären Anregung eine Impulsanregung mit dem sog. Impulshammer benutzt. Ein moderner, zweikanaliger

12 Körperschallisolierung

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FFT-Analysator (siehe Kap. 3) gestattet sowohl Einzelspektren und Phasengänge als auch die resultierende Admittanz in Echtzeit zu bestimmen. Neben der akustischen Bemessung ist bei der Körperschallisolierung in Maschinen besonders auf die konstruktive Gestaltung Wert zu legen. Typische Anforderungen an den Konstrukteur sind • sichere Festlegung der Position eines Aggregates in einer Maschine, • Vermeidung von Anschlägen (progressive Feder-Kennlinie), • Anwendung unterschiedlicher Steifigkeiten für verschiedene Richtungen (richtungsabhängige Steifigkeiten), • Verwendung elastischer Achslager. Erprobte bzw. experimentell optimierte Lösungen spielen auf diesem Gebiet noch eine dominierende Rolle. Für die künftige Verbesserung der Hilfsmittel und Verfahren zur Körperschallisolierung von Aggregaten in Maschinenstrukturen sind gegenwärtig folgende Trends feststellbar: • Übergang von der Betrachtung einer Schwingungsrichtung in Gebäuden und Maschinen zu mehreren Freiheitsgraden (3 translatorisch, 3 rotatorisch) • Einsatz der frequenzbasierten Substrukturierungsmethoden (FBS) zur Berücksichtigung mehrerer Freiheitsgrade und Koppelstellen und der entsprechenden Übersprechanteile (de Klerk et al. 2008) • Kennzeichnung der Körperschallemission von Aggregaten und kleinen Maschinen, die für den Einbau in Maschinenstrukturen vorgesehen sind, durch unterschiedliche Messgrößen und -verfahren (ISO 9611 1996-08; ISO 20270 2019-11; ten Wolde und Gadefelt 1987; Melzig-Thiel und Schirmer 1988) • Zunehmende Etablierung der Blockierkraftmessung für die Grenzwertdefinition der Körperschallanregung von Aggregaten und Komponenten (ISO 20270 2019-11; de Klerk et al. 2008) • mathematische Beschreibung und messtechnische Bestimmung der Schwingungseigenschaften von Stützkonstruktionen in Maschinenstrukturen, besonders im Bereich des Schiffbaues (Wittekind 1992); • Berechnung und Messung des von einer Maschinenstruktur abgestrahlten Schallleistungspegels LWM aus dem Pegel LF der äquivalenten Erregerkraft eines Aggregates und dem kraftbezogenen Schallleistungspegel LWFM (Schirmer und Tattermusch 1981; Schirmer 1984a; Schmidt 1983) der Maschinenstruktur:

LWM = LWFM + LF .

(12.29)

Für Kühlgeräte (Melzig-Thiel 1987) und Zahnradgetriebe (Kollmann 2000) liegen Messund Rechenergebnisse vor, die die Gl. (12.29) prinzipiell bestätigen.

608

J. Troge

12.3.3 Zusammenfassende Regeln für die qualitativ optimierte Körperschall-isolierung Die Erfüllung der Forderung von Beziehung (12.16) wird als qualitative Optimierung der Körperschallisolierung bezeichnet. Nachfolgend werden die dazu erforderlichen Schritte erläutert. Voraussetzung für eine optimale Körperschallisolierung einer Maschine ist ihre ordnungsgemäße Schwingungsisolierung nach Abschn. 11.3.6 und 11.4. Es ist jedoch zu entscheiden, ob das Resonanzverfahren mit der Forderung gemäß Gl. (11.37) ausreicht oder zusätzlich das Amplitudenverfahren heranzuziehen ist. In vielen praktischen Fällen der körperschallisolierten Aufstellung von Maschinen (z. B. Klimageräte, Druckerhöhungsanlagen, Schaltschränke) sind die tieffrequenten Erregerkräfte gering, sodass auf die Berechnung der Kraft- und Wegamplituden verzichtet werden kann. Für das Resonanzverfahren sind analog zum Abschn. 11.4.2.1 zunächst folgende Schritte erforderlich: 1. Die Ausgangsgrößen (Abmessungen, Masse mM der Maschine, Schwerpunktslage, Drehzahl n) sind zusammenzustellen. 2. Die Festlegung der Gesamtfederkonstanten cges muss so erfolgen, dass gemäß Gl. (11.37) die Eigenfrequenz f0 des Systems Maschine-Schwingungsisolatoren in ausreichendem Abstand zu der niedrigsten Erregerfrequenz fe liegt. √ Dabei ist zu beachten, dass eine Dämmwirkung überhaupt erst bei Frequenzen über 2f0 erreicht wird (siehe Abb. 11.11). Eine sinnvolle Zielsetzung ist oft eine Eigenfrequenz, die kleiner als ein Drittel der Erregerfrequenz fe ist:  1 1 1 n cges f0 = < fe = . (12.30) 2π mges 3 3 60 Dabei kann man sich zunächst auf die Hubeigenfrequenz beschränken. Dann ist allerdings zu prüfen, ob die Eigenfrequenzen der 5 verbleibenden Freiheitsgrade wesentlich von dieser Frequenz abweichen. Gegebenenfalls ist der Dimensionierung der Isolatoren die höchste Eigenfrequenz zu Grunde zu legen. Bei Gummifedern ist der Unterschied zwischen statischer und dynamischer Federkonstante zu beachten, s. Abschn. 11.3.6.4. Außerdem sind für eine optimale Körperschallisolierung gemäß Beziehung (12.16) folgende weitere Schritte zu prüfen: 3. Wenn für den Betrag der Maschinenadmittanz YM keine Messwerte vorliegen, dann ist eine grobe Abschätzung von YM nach folgender Methode grafisch möglich: Im doppeltlogarithmischen Koordinatensystem wird für 100 Hz der Wert 1/(2π · 100 mM ) eingetragen. Von diesem Punkt ausgehend, wird eine mit 20 dB/

12 Körperschallisolierung

609

Frequenzdekade ansteigende Gerade gezeichnet, die den Federcharakter der Maschinenadmittanz für f > 100 Hz annähert. 4. Der Betrag der Admittanz des Aufstellortes YS ist aus Messung, Katalog bzw. Rechnung gemäß Abschn. 12.2.2.3 festzustellen. 5. Beim Betrag der Isolatoradmittanz aus YI = 2πf · 1/cges ist zu kontrollieren, ob die Bedingung nach Gl. (12.14) erfüllt ist. 6. Ist die Admittanz YS des Aufstellortes zu groß, ist nach Möglichkeit ein steiferer Ort zu wählen (bei Gebäudedecken: auf Unterzug oder am Deckenrand). 7. Ist die Maschinenadmittanz YM zu groß, dann ist unter der Maschine ein Zwischenfundament vorzusehen, dessen Höhe H gemäß Gl. (12.28) zu wählen ist. 8. Unter Berücksichtigung der Gesamtmasse von Maschine und Zwischenfundament ist die erforderliche Federkonstante cges gemäß Schritt 2 neu zu bestimmen. Die Überprüfung der Punkte 3, 4 und 5 ist zu wiederholen. 9. Zur Realisierung der Federkonstanten cges sind geeignete Schwingungsisolatoren zu verwenden. Speziell bei Metallfedern ist sicherzustellen, dass die erste Einbruchsfrequenz gemäß Gl. (12.20c) außerhalb des interessierenden Frequenzbereichs liegt.

12.4 Praktische Beispiele für die Körperschallisolierung von Maschinen 12.4.1 Aufzugsmaschinen und dazugehörige Schalteinrichtungen Der Schallschutz bei Aufzugsanlagen war ursprünglich in vielen Fällen ein typisches Beispiel dafür, dass die Maßnahmen des Luftschallschutzes überbetont und die Maßnahmen zur Körperschallisolierung zuwenig beachtet wurden. Der schwimmende Estrich, die absorbierende Auskleidung und die biegeweiche Vorsatzschale des Maschinenraumes sowie die zusätzliche Schallabsorption an der Schachtdecke konnten in vielen Fällen die Lärmbelästigung durch das Maschinengeräusch in den angrenzenden Wohnungen nicht verhindern. Ursache dafür war die unsachgemäße Lagerung der Aufzugsmaschinen auf der Schachtdecke. In DIN 8989 (2019-08) werden Hinweise zur Körperschallisolierung von Aufzugsmaschinen und ihren Schaltgeräten gegeben. Über die Notwendigkeit zusätzlicher Maßnahmen zur Luftschalldämmung ist nach DIN 8989 (2019-08) nur dann zu entscheiden, wenn Aufenthaltsräume unmittelbar an den Maschinenraum grenzen oder die bewertete Normschallpegeldifferenz zwischen Triebwerks- und Aufenthaltsraum einen bestimmten Wert unterschreitet. Die Anordnung der Schwingungsisolatoren unter dem Aufzugsmaschinenfundament muss so erfolgen, dass diese gleichmäßig belastet werden und möglichst weit vom Angriffspunkt der statischen Gesamtlast (Maschine, Fundament, Fördergerät, Nutzlast) entfernt sind. Dazu sind folgende Bedingungen für die Punkte, an denen Isolatoren untergesetzt werden, zu erfüllen (s. Abb. 12.25a)):

610

J. Troge

N 

xi = 0

(12.31a)

yi = 0

(12.31b)

i=1

N  i=1

Das folgt aus

Fi =

FG = konst.; N

N   nzahl der Isolatoren, A statische Belastung jedes einzelnen Isolators, Fi  xi , yi  vorzeichenbehaftete Abstände der Isolatoren vom Angriffspunkt der statischen Gesamtlast (Schwerpunkt), statische Gesamtlast. FG 

Abb. 12.25   Anordnung der Schwingungsisolatoren bei Fundamenten für Aufzugmaschinen. a) allgemein; b) sechs Schwingungsdämpfer 180 B/M 24-648 der Schwingungsdämpfer GmbH Dresden für die Aufzüge P 051/P 053

12 Körperschallisolierung

611

Der Typ und die Anzahl N der Schwingungsisolatoren sind so zu wählen, dass die in Marx (1989) geforderte Eigenfrequenz f0 der vertikalen Schwingungen f0 < 0,7 fe ( fe Drehfrequenz des Motors) realisiert wird, wobei aber f0 nicht kleiner als 8 Hz sein soll und der einzelne Isolator gemäß den bautechnischen Grundsätzen für Aufzugsanlagen auch im Gefahrenfall nicht überlastet wird. Abb. 12.25b) zeigt eine Mustervariante der Isolatoranordnung für die Personenaufzüge P 051/P 053. Um die vorgeschriebene Hubeigenfrequenz des Maschinenfundamentes zu erreichen, sind grundsätzlich einzelne Schwingungsisolatoren (keine Gummiplatten) zu verwenden. Vorzugsweise werden Gummifedern eingesetzt, weil deren Kontinuumseigenfrequenzen höher liegen als bei Stahlfedern (s. Abschn. 12.2.2.2). Außerdem empfehlen einige Hersteller von Aufzugsmaschinen die Verwendung von Gummifedern, weil wegen der höheren Materialdämpfung das Fundament beim Anfahren und Bremsen geringere Nickbewegungen ausführt als beim Einsatz von Stahlfedern. Diese Nickbewegungen können bei bestimmten Maschinentypen zu axialen Verschiebungen der Motorachse und damit zum vorzeitigen Verschleiß der Motorlager führen. In den Fällen, in denen nach Angaben des Herstellers die Anwendung von Stahlfederisolatoren zulässig ist, sind zur Verbesserung der Körperschalldämmung im Bereich der Kontinuumseigenfrequenzen der Stahlfedern unter den Isolatoren zusätzlich elastische Zwischenlagen anzuordnen. Eine Befestigung der Schwingungsisolatoren an Fundamenten von Personen- und Lastenaufzügen ist nicht erforderlich. Infolge der statischen Belastung sind eine Entlastung der Isolatoren und ein „Wandern“ des Fundamentes nicht möglich. Bei ordnungsgemäß körperschallisolierten Aufzugsmaschinen kann – abhängig vom Typ der Schalteinrichtungen – beim Anfahren und Bremsen das impulsförmige Geräusch der Schaltschütze dominieren. Deshalb sind die unelastische Aufstellung der Schaltschränke, ihre Verankerung an der Wand und die direkte Befestigung kleinerer Schaltgeräte an der Wand zu vermeiden. In Marx (1989) wird die weiche Aufstellung der Schaltschränke gefordert. Zu beachten ist dabei, dass die Kippsicherheit gewährleistet sein muss. Sollten zusätzliche Kippsicherungen notwendig sein, müssen diese entweder ebenfalls aus Körperschallisolatoren bestehen oder dürfen mit dem Schrank keine Berührung haben (z. B. Fangbügel in 2 bis 3 cm Abstand vom Schrank).

12.4.2 Pumpen Die innerhalb haustechnischer Anlagen eingesetzten Pumpen (Druckerhöhungsanlagen, Heizungsumwälzpumpen) können eine erhebliche Lärmbelästigung in den angrenzenden Räumen erzeugen, wenn die Grundregeln der Körperschallisolierung nicht beachtet werden. Im Abb. 12.26 ist am Beispiel einer Heizungsumwälzpumpe dargestellt, welche Maßnahmen dazu erforderlich sind:

612

J. Troge

Abb. 12.26   Optimale Körperschallisolierung einer Heizungsumwälzpumpe

• Montage des Pumpenaggregates auf einem Stahlbeton-Fundament, das körperschallisoliert auf dem Fußboden des Maschinenraumes gelagert wird. Für die Eigenfrequenz f0 der Hubschwingung soll gelten

f0
0 Bingham-Fluid

Magnetfeld Elektr. Feld

13 Adaptronik-Anwendungen

621

Aufgrund der spezifischen Werkstoffeffekte ist das Eigenschaftspotential aktiver Materialien auch hinsichtlich der erreichbaren Kräfte und des nutzbaren Frequenzbereiches sehr unterschiedlich. Zur Charakterisierung der Einsatzgrenzen ist daher in Abb. 13.4 das volumenbezogene Arbeitsvermögen (max. Dehnung * max. Kraft/ Volumen) über der maximal nutzbaren Arbeitsfrequenz im Vergleich mit konventionellen Aktoren, z. B. Hydraulik, aufgetragen. Aktoren aus „smart materials“ bewegen sich zwar in den Leistungsbereichen klassischer Antriebssysteme, sind jedoch in ihren absoluten Hüben stark begrenzt. Es gibt keinen aktiven Werkstoff, welcher die Kombination große Kraft, große Dehnung und hohe Arbeitsfrequenz aufweist. Die begrenzende Größe bei Formgedächtnislegierungen ist aufgrund der thermischen Aktivierung die Arbeitsfrequenz, bei magnetischen Formgedächtnislegierungen ist es die niedrige Blockierkraft (Kraft, bei der die geometrische Formänderung des angesteuerten Aktors gleich Null ist; in der elektromechanischen Analogie vergleichbar mit der Kurzschlusskraft, Kap. 4, Abb. 4.5) von 1 N pro mm2 Aktorfläche. Interessant ist die hohe Energiedichte von magnetostriktiven Materialien. Allerdings sind durch die erheblichen Magnetfelder zur Ansteuerung geometrisch große Spulenpakete notwendig, die das Gesamtvolumen des Aktorsystems im Verhältnis zum Volumen des eigentlichen aktiven Materials negativ beeinflussen. Für Anwendungen zur Schwingungskontrolle sind Piezoaktoren aufgrund der hohen Blockierkräfte (3–5 kN pro cm2 Aktorfläche) und des großen Bereiches der Arbeitsfrequenz am besten geeignet. Der Piezoeffekt wurde 1880 von Piere und Jaques Curie

Abb. 13.4   Eigenschaftspotential von Aktoren aus aktiven Materialien

622

W.-G. Drossel

entdeckt. Die spezifische Dipolstruktur eines Blei-Zirkonat-Titanat (PZT)-Gitters führt dazu, dass bei einer von außen induzierten Verformung des Kristalls durch Ladungsverschiebung ein elektrisches Feld entsteht. Dieses Phänomen bezeichnet man als direkten piezoelektrischen Effekt. Der indirekte piezoelektrische Effekt der Verformung tritt ein, wenn an eine gepolte Piezokeramik ein elektrisches Feld angelegt wird (Abb. 13.5). Der Piezoeffekt und dessen Umkehrung wirken räumlich. Die aktorische Wirkrichtung kann damit in oder normal zur Polarisierungsrichtung liegen. Bei Anlegen des elektrischen Feldes in Polarisierungsrichtung (Richtung eines starken elektrischen Feldes zur Ausrichtung der nach dem Sinterprozess der Piezokeramik stochastisch orientierten Kristalle – Prozess der „Aktivierung“ der Piezokeramik) kommt es zur Elongation in Feldrichtung, dem sog. d33-Effekt. (d – mechanische Dehnung pro anliegender elektrischer Feldstärke, der Index 3 wird üblicherweise zur Kennzeichnung der Polarisierungsrichtung verwendet). Gleichzeitig erfolgt eine Kontraktion in den Normalrichtungen, der sog. d31-Effekt. Dessen Größenordnung beträgt zwischen 30 und 50 % des Haupteffektes in Feldrichtung. Die aus diesen Effekten abgeleiteten Aktorbauformen zeigt Abb. 13.6. Beim Stapelaktor werden dünne Schichten Piezokeramik mechanisch in Reihe angeordnet und elektrisch parallel kontaktiert. Es wird der d33-Effekt ausgenutzt. Es addieren sich die Dehnungen der Einzelscheiben bei jeweils gleicher Ansteuerfeldstärke. Der Arbeitsbereich eines solchen Piezoaktors wird anhand eines Weg-Kraft-Diagramms (Abb. 13.7) charakterisiert. Mit dem Aktor lässt sich jeder beliebige Arbeitspunkt unterhalb der Kennlinie maximaler Betriebsspannung realisieren. Seine Maximalkraft erreicht der Aktor im blockierten Zustand, d. h. beim Hub Null. Umgekehrt wird der Maximalhub (Leerlaufhub) nur ohne Last realisiert. Der Anstieg der Kennlinie entspricht dem Betrag der mechanischen Steifigkeit des Aktors.

a

Abb. 13.5   Piezoeffekt

b

13 Adaptronik-Anwendungen

623

Abb. 13.6   Konventionelle Bauformen von Piezoaktoren

Abb. 13.7   Weg-Kraft-Diagramm eines Piezostapelaktors

In Stapelaktoren können hohe Dehnungen aufgrund der hohen wirkenden Feldstärke in der dünnen Einzelscheibe bei relativ niedrigen Ansteuerspannungen (150–200 V – Niedervoltaktoren) erreicht werden. Diese Stapelaktoren werden in der speziellen Bauform der monolithischen Vielschichtaktoren serienmäßig in Kraftstoffinjektoren für PKW-Motoren eingesetzt. Im Gegensatz dazu nutzt der dargestellte Streifenaktor den d31-Effekt, er verkürzt sich also beim Anlegen eines elektrischen Feldes. Genutzt werden solche Aktoren in Präzisionspositioniersystemen. Der Stellweg wird durch die Länge des Streifens, die notwendige Betriebsspannung durch die Dicke des Streifens und die Steifigkeit des Aktors durch die Anzahl parallel liegender Streifen bestimmt. Eine weitere typische Anwendungsform ist der Biegeaktor. Dort ist eine Schicht aus Piezokeramik ein- oder beidseitig auf einem Trägermaterial aufgebracht. Durch die Ver-

624

W.-G. Drossel

Tab. 13.2  Parameter von Piezoaktoren Stapelaktor

Streifenaktor

Biegeaktor

Stellwege in μm

 ≤ 300

 ≤ 100

 ≤ 2000

Blockierkräfte in kN

 ≤ 70

 ≤ 0,2

 ≤ 0,05

Abb. 13.8   Piezofaserkomposite – Grundaufbau von Macro-Fiber-Composites (Daue 2003)

kürzung oder Verlängerung der Randfaser kommt es zur Biegung. In großen Stückzahlen werden diese piezokeramischen Biegewandlern zur Nadelbewegung in Textilmaschinen eingesetzt. In der Tab. 13.2 sind die aktorischen Parameter der oben beschriebenen Applikationsformen noch einmal zusammengefasst. Eine zusätzliche Entwicklung im Rahmen der Adaptronik stellen piezokeramische Aktoren aus Piezofolien und -fasern dar, die vorteilhaft auch auf gekrümmte flächige Strukturen zur Schwingungskontrolle appliziert werden können. Abb. 13.8 zeigt den Aufbau eines Fasermoduls (Daue 2003). Eine weitere Entwicklungstendenz ist der Aufbau von d31-Volumenkompositen auf der Basis von Piezoröhrchen oder Platten (Gebhardt et al. 2005). Damit können Aktoren in beliebiger äußerer Geometrie aufgebaut werden, die eine hohe Stabilität gegenüber Querkräften und Momenten aufweisen. Aufgrund dessen können in Konstruktionen mit diesen Aktoren aufwendige mechanische Elemente zur uniaxialen Gestaltung der Lasteinleitung entfallen, welche heute ein großes Problem mit einem hohen Kostenfaktor bei der Verwendung klassischer Piezostapelaktoren darstellen.

13 Adaptronik-Anwendungen

625

Abb. 13.9   Zusammenwirken der Teilsystemmodelle beim Systementwurf

Abb. 13.10   Darstellung eines Piezoaktors als Gyrator zur Einbindung in elektro-mechanische Netzwerke

13.3 Systementwurf Die komplexen Zusammenhänge von Werkstoffverhalten, mechanischem Aufbau, Antriebsmodulen und elektronischer Ansteuerung machen eine Simulationsunterstützung des Systementwurfs unumgänglich. Abb. 13.9 verdeutlicht das wechselseitige Zusammenwirken der entsprechenden Teilsystemmodelle, die mit den spezifischen Simulationsmethoden der jeweiligen Domain betrachtet werden. Die Palette der angewandten Simulationsmethoden reicht dabei von analytischen Modellen in allen physikalischen Domänen über die Netzwerktheorie der Elektrotechnik, Vierpolbeschreibung von Wandlern, die Zustandsraumdarstellung beim Regelungsentwurf bis zu Mehrkörpersimulationsmodellen mit Berücksichtigung elastischer Nachgiebigkeiten durch modal reduzierte Submodelle für die Mechanik. Für die simulationsgestützte Bewertung der Funktion des Gesamtsystems ist eine Kopplung der Entwürfe der Teilsysteme notwendig. Je nach Dominanz der Optimierungsaufgabe eines speziellen Teilsystems können hier verschiedene Strategien verfolgt werden. Problematisch ist dabei immer die notwendige Reduktion der Modelltiefe zur Integration in das jeweils andere Entwurfssystem.

626

W.-G. Drossel

Ein universelles Werkzeug insbesondere zur Untersuchung der Koppeleffekte von Wandler und Mechanik stellt die Methode der Finiten Elemente (FEM) dar. Die FEM ist vorteilhaft einzusetzen, wenn das Bauteil-Kontinuumsverhalten von Interesse ist. Die FEM liefert nicht nur Ergebnisse an diskreten Ortspunkten des Modells, sondern räumlich verteilte/aufgelöste Ergebnisse. Dies ist insbesondere dann notwendig, wenn nachfolgend eine Berechnung der Schallabstrahlung z. B. mittels Boundary-ElementMethode (BEM) erfolgen soll. Prinzipiell besteht die Möglichkeit der Integration von Regelungsalgorithmen in FE-Modelle, schwierig ist die Integration elektronischer Schaltungen zur Ansteuerung oder Regelung der Aktoren. Für den Reglerentwurf zur Entwicklung mechatronischer Systeme hat sich in Bezug auf Systemanalyse und Simulation der Regelstrecke eine Kopplung zwischen Mehrkörpersimulations- und Reglerentwicklungssoftware etabliert. Basis bildet dabei die Beschreibung der Mechanik als reduziertes modales System. Eine Alternative zur bisher beschriebenen Mechanik-orientierten Vorgehensweise stellen die elektro-mechanischen Analogien dar. Hierbei wird nicht das mechanische System als Basissystem angesetzt, sondern die in der Elektrotechnik etablierte Netzwerktheorie für elektrische Schaltungen genutzt. Die Domänen Mechanik und Elektrotechnik werden dabei durch Wandlerelemente (z. B. Aktoren und Sensoren) miteinander verknüpft, die im elektromechanischen Netzwerk in Form einer Vierpoldarstellung integriert werden. Abb. 13.9 zeigt das Netzwerk-Funktionselement Gyrator für die Transformation der elektrischen in die mechanischen Größen an einem Piezoaktor. Eine anliegende Spannung u und der sich über die elektrische Kapazität Cb des Aktors ergebende Strom i werden in eine Kraft F und eine Geschwindigkeit v und damit einen Stellweg umgesetzt. Auch passive, rein mechanische Konstruktionselemente lassen sich in eine elektrische Netzwerkdarstellung überführen. Weiterführende Information zu dieser Vorgehensweise sind in (Lenk et al. 2001) zu finden.

13.4 Systemtechnik Wesentliche Bestandteile eines adaptronischen Systems stellen leistungsfähige elektronische Komponenten zur Ansteuerung und Regelung von Aktoren und Sensoren dar. Dazu gehören Leistungsverstärker und die Hard- und Software zur Regelung. Die Auslegung der Leistungsverstärker muss die Art der elektrischen Last (z. B. kapazitive Last bei Piezoaktoren und induktive Last bei magnetisch aktivierbaren Materialien) und deren Größe berücksichtigen. Prinzipiell existieren zwei Grundkonzepte – analoge und schaltende Verstärker.  In der Tab.  13.3 werden sie in wesentlichen Eigenschaften verglichen. Grundsätzlich gilt hier die Empfehlung, Analogverstärker bei niedrigen Lasten (z. B. Piezofasermodule mit einer Kapazität im nF-Bereich) und Schaltverstärker mit Energierückgewinnung bei hohen Lasten (z. B. Piezostapelaktoren mit einer Kapazität im μF-Bereich) einzusetzen. Die Entwicklung

13 Adaptronik-Anwendungen

627

Tab. 13.3  Eigenschaften von Verstärkerkonzepten Schaltverstärker

Analogverstärker

Leistungsverluste

nur während der Schaltvorgänge

kontinuierlich ansteigend mit wachsender Ausgangsleistung

Energierückgewinnung

prinzipiell möglich

nicht möglich

Restwelligkeit des Ausgangssignals

hoch

gering

Klirrfaktor

hoch

gering

Elektromagnetische Verträglichkeit

Abstrahlung von hohen Frequenzen

geringe Störstrahlung

Verfügbarkeit von Leistungstransistoren

sehr gut

weniger gut

Schaltungskomplexität

relativ hoch

gering

spezieller Ansteuerkonzepte ist noch nicht abgeschlossen. So werden seit einigen Jahren Hybridverstärker diskutiert (Stiebel et al. 2001), bei denen das Bezugspotential einer analogen Endstufe durch Schaltverstärker gesteuert wird. Die damit erreichbare niedrige Restwelligkeit der Ansteuergröße erhöht durch reduzierte mechanische Belastung und verringerte innere Verluste die Lebensdauer des Aktors, bei gleichzeitig geringen Verlusten im Verstärker. Über die Art der Ansteuerung kann Einfluss auf das Aktorverhalten der Wandlerwerkstoffe genommen werden. So weisen Piezoaktoren bei Spannungsansteuerung eine hohe Hysterese auf, die durch Steuerung über den Ladestrom stark verringert werden kann. Hauptproblem in industriellen und vor allem in mobilen Anwendungen ist die bisher nur zum Teil erfolgte Miniaturisierung der Leistungselektronik. Hier sind in den nächsten Jahren vor allem Fortschritte bei neuen Konzepten für Schaltverstärker zu erwarten. Die Anforderungen an die Regelungselektronik werden wesentlich von der notwendigen Komplexität des Regelungsalgorithmus bestimmt. In den bisherigen Forschungsarbeiten kommen oft sog. Rapid Control Prototyping Systeme zum Einsatz. Diese bestehen im Wesentlichen aus angepassten E/A-Karten und einem Industrie-PC mit Echtzeitbetriebssystem, auf das per Compiler Code aus den Simulationsumgebungen heruntergeladen werden kann. Aufgrund des für akustische Problemstellungen häufig aufwendigen Regelungsalgorithmus mit hohen Abtastraten (rekursive Filter) oder hohen Filterordnungen (adaptive Filter) ist beim praktischen Einsatz adaptronischer Komponenten die Nutzung von Digitalen Signal Prozessoren (DSP) angebracht. Durch den Einsatz von Tools für eine optimierte Softwaregenerierung werden mittlerweile auch preisgünstige Zielplattformen wie Mikroprozessoren oder ggf. Field-programmable Gate Arrays (FPGA) erschlossen (Ahmed et al. 2005).

628

W.-G. Drossel

13.5 Anwendungsbeispiele Bisherige Anwendungen von Adaptronik im technischen Lärmschutz lassen sich in die Bereiche • Strukturkontrolle • Schwingungsdämpfung • Schwingungskompensation einordnen.

13.5.1 Strukturkontrolle Die Strukturkontrolle ist das Kernziel der Adaptronik. Durch lokal verteilte Werkstoffintegration von Aktoren aus aktiven Wandlermaterialien soll eine Steuerbarkeit der Strukturdynamik des Bauteils bis hin zur aktiv steuerbaren Schallabstrahlung erreicht werden. Dabei kann die Forderung nach hoher dynamischer Steifigkeit auch im Widerspruch zur Forderung nach minimaler Schallabstrahlung stehen. Ein Beispiel dafür sind die in (Schmidt et al. 2003; Weyer und Monner 2003) dargestellten Arbeiten zur Beruhigung eines PKW-Dachbleches durch applizierte Piezofolienaktoren. Eine Reduktion der Amplituden von Strukturmoden bewirkte hierbei keine Verringerung des Schallpegels im Innenraum, solange die Regelung auf Basis eines Schwingungsreferenzsignals erfolgte. Erst die Veränderung des Regelungsalgorithmus auf Basis eines gemessenen Mikrofonsignals, d. h. durch Anwendung der sog. ASAC – Active Structural Acoustic Control – brachte die gewünschte Schalldruckpegelreduktion. Deshalb ist für die Auswahl des Regelungskonzeptes die Wirksamkeit energiereicher Moden für die tatsächliche Schallabstrahlung im Vorfeld durch die Kombination von Simulation und Messung zu bestimmen. Eine weitere praktische Anwendung der aktiven Strukturkontrolle ist die Reduktion der Schalltransmission durch eine Blechstruktur, was am Beispiel einer PKW-Motortrennwand von Haase et al. (2008) vorgestellt wurde. In diesem Beispiel kamen als Alternative zu einem Inertialmasseaktor wiederum piezokeramische Folienaktoren zum Einsatz. Die geeigneten Positionen der Piezomodule wurden in einer strukturdynamischen Simulation im Vorfeld ermittelt. Mithilfe eines geeigneten Regelungsalgorithmus war es möglich, die ersten Strukturschwingungen der Trennwandstruktur gezielt so zu beeinflussen, dass damit bei diesen Frequenzen die Einfügungsdämmung erhöht werden konnte. Naake et al. (2007) greift als weiteres Anwendungsbeispiel eine PKW-Windschutzscheibe auf, deren Schwingungen, angeregt durch die Karosseriestruktur, oft zu ungewünschten Geräuschen im Fahrzeuginnenraum führen. Die hier verwendeten Piezofolienaktoren wurden so platziert, dass die zweite und dritte Eigenfrequenz der

13 Adaptronik-Anwendungen

629

Windschutzscheibe beeinflusst werden kann. Die Applikation erfolgte dabei überwiegend in ebenen Bereichen von Schwingungsbäuchen, aber auch die Einbeziehung von Randbereichen wurde erprobt. Diese Beispiele zeigen die Notwendigkeit, dass die Strukturierung und Positionierung der Piezomodule und deren Ansteuerung auf das jeweils konkrete Bauteil und die jeweilige konkrete Anregung ausgelegt werden müssen. Abb. 13.11 zeigt als Beispiel die mit der Methode der Finiten Elemente berechnete Schwingungsmode einer Platte und den Nachweis ihrer akustischen Wirkung durch stationäre akustische Holografie. In diesem Fall kann bereits durch Messung lokaler Dehnungsmaxima in der Platte und die dementsprechende Gegensteuerung durch mit ebenfalls nahe der Schwingungsmaxima applizierten Piezofolienmodulen sowohl die Strukturschwingung als auch die Schallabstrahlung deutlich reduziert werden. Oftmals wird die Strukturkontrolle auch angewandt, um ein Eintreten von Resonanzen in Baugruppen zu verhindern, die selbst direkt keine relevante Schallabstrahlung besitzen, aber an schallabstrahlende Flächen angebunden sind und diese im Resonanzfall anregen würden, wie rotierende Wellen oder bewegte Stäbe. Diese Bauelemente neigen generell aufgrund ihrer geometrischen Gestalt zu leicht erregbaren Biege- und Torsionsschwingungen, die zur Schallabstrahlung an angekoppelten flächigen Baugruppen führen können. Beispiele dafür sind z. B. Antriebswellen in Fahrzeugen (Kunze et al. 2003) oder Streben von parallelkinematischen Maschinen (Neugebauer et al. 2004). Zur Reduzierung von Schwingungen können bei diesen schwach gedämpften Strukturen applizierte Piezofolienmodule eingesetzt werden. Auch sind durch Variation der Wirkrichtung der Module multimodale Schwingungsreduktionen möglich. (Neugebauer et al. 2005) Die Schwingungen werden dabei durch applizierte Piezofolienmodule sensiert und durch aktorisch wirkende Module kompensiert. Zur Regelung werden häufig rekursive Filter eingesetzt (Ahmed et al. 2005). Ortsfeste Schwingungen auf rotierenden Systemen erfordern eine entsprechende Koordinatentransformation.

a

b

Abb. 13.11   a) Akustisch relevante Schwingungsmode einer Platte; b) Messung der Schalldruckverteilung bei Anregung in der Eigenfrequenz

630

W.-G. Drossel

13.5.2 Schwingungsdämpfung Unter dem Begriff der semi-aktiven Schwingungsdämpfung mit adaptronischen Komponenten insbesondere auf Plattenstrukturen werden im Allgemeinen eine Reihe von Mechanismen zusammengefasst, die durch die Beschaltung eines Piezomoduls mit unterschiedlichen elektrischen Netzwerken auftreten (engl. shunt damping). Abb. 13.12 zeigt die prinzipiellen Möglichkeiten. Im Fall der Schwingungsdämpfung wird ein piezokeramisches Modul auf einer Struktur appliziert. Schwingungen der Struktur erzeugen über den direkten piezoelektrischen Effekt Ladungen an den Elektroden des Piezomoduls. Werden diese über einen Widerstand kurzgeschlossen, wandelt sich die mechanische Energie in Wärme um. In Abhängigkeit von der Kapazität des Piezomoduls C kann der Verlustfaktor η über die Variation des Widerstandes R optimiert werden (Becker et al. 2005). Es gilt dabei allgemein:

η=

k 2 · �0 1 + �20 − k 2

(13.1)

mit

�0 = RC(1 − k 2 ) · ω

(13.2)

wobei k den generalisierten Kopplungsfaktor von mechanischer und elektrischer Energie im Piezomodul darstellt. Er ist eine Materialkonstante, der die erreichbare Energiedissipation beschreibt und vom jeweils relevanten Richtungseffekt (d33, d31) abhängig ist. Allerdings sind die mit passiven Konzepten erreichbaren Dämpfungen relativ gering. Eine höhere Effektivität weisen schaltende, sog. semi-aktive Systeme auf, die für eine spezifische Resonanzfrequenz der Struktur ausgelegt werden. Ein nutzbarer Effekt ist dabei die unterschiedliche Steifigkeit von piezoelektrischen Materialien im offenen und geschlossenen Stromkreis, das sog. State-Switching. Schaltet man zum Zeitpunkt

Abb. 13.12    Prinzipien Piezokeramik

der

Schwingungsminderung

mit

elektrischen

Netzwerken

an

13 Adaptronik-Anwendungen

631

maximaler Auslenkung vom offenen in den kurzgeschlossenen Zustand (Abb. 13.13), also vom Zustand hoher Steifigkeit des Piezomaterials zu niedriger Steifigkeit, wird die mechanische Energie im System reduziert (Corr und Clark 2002, 2001). Die erreichbare Differenz beträgt pro Schaltperiode:

�Wmax =

1 2 (coffen − cKurzschluss ) · xmax 2

(13.3)

mit c Steifigkeit des Piezomaterials, xmax Auslenkung. Eine weitere Verbesserung kann durch eine Kombination zwischen passivem Netzwerk und Schalten erreicht werden, dem sog. Pulse-Switching. Hierbei wird ein RLNetzwerk zum Zeitpunkt maximaler Auslenkung zugeschaltet (Corr und Clark 2002, 2001; Richard et al. 2000). Das Schalten erfolgt nur für die Zeitspanne einer halben Periode des elektrischen Schwingkreises, damit erreicht man die notwendige Phasenumkehr des Stromes gegenüber der mechanischen Schwingung (Abb. 13.14). Der Vorteil gegenüber rein passiven Systemen liegt in den wesentlich kleineren notwendigen Speicherinduktivitäten, der Nachteil in der Notwendigkeit eines Mikrocontrollers.

13.5.3 Schwingungskompensation Aktive Systeme zur Schwingungskompensation lassen sich grundsätzlich in zwei Kategorien einteilen: aktive Lager und aktive Tilger. Ist das System im Kraftfluss zwischen einer Körperschallquelle (z. B. einer Maschine) und einer Empfängerstruktur (z. B. Fundament) angeordnet, so spricht man von einer aktiven Lagerung oder einer aktiven

Abb. 13.13   Prinzip State-Switching

632

W.-G. Drossel

Abb. 13.14   Prinzip Pulse-Switching

a

b

Abb. 13.15   Aktive Schwingungskompensation mit a) aktivem Lager und b) aktivem Tilger

Schwingungsisolation. Aktive Lager haben die Aufgabe, die Übertragung periodischer, stoßförmiger oder stochastischer Kräfte von einer Schwingungsquelle in angrenzende mechanische Strukturen zu verhindern, wo sie zur Schallabstrahlung führen könnten. Zum anderen können sie eine Schutzfunktion für Mensch oder Maschine vor Schwingungen aus der Umgebung realisieren (VDI 2062 2011-05). Abb. 13.15 a) zeigt den Grundaufbau eines Systems zur aktiven Schwingungsisolierung. Das aktive Lager muss dabei in den meisten Fällen die statische Last der Quelle tragen, was durch ein kombiniertes passives Federelement z. B. ein Elastomerkörper realisiert werden kann. Ein im Kraftfluss angekoppelter Aktormechanismus erzeugt dynamische Kräfte, die durch Überlagerung mit den Betriebskräften der Quelle zu Auslöschung von definierten Frequenzanteilen führen. Wesentlich für die Wirksamkeit ist die Auswahl der Aktorik. Eine Körperschallisolation mit geringen Amplituden (bis 50 μm) ist im Fluss großer Kräfte (bis einige kN) in einem Frequenzbereich bis

13 Adaptronik-Anwendungen

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zu einigen hundert Hertz vorteilhaft mit Piezoaktoren realisierbar (Thomaier et al. 2005). Für die Isolation im Bereich tiefer Frequenzen (