Tag für Denkmalpflege und Heimatschutz. Denkmalpflege und Heimatschutz im Wiederaufbau der Nation: Tag für Denkmalpflege und Heimatschutz im Rahmen des Ersten Reichstreffens des Reichsbundes Volkstum und Heimat, Kassel 1933 [Reprint 2020 ed.] 9783112366462, 9783112366455

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Tag für Denkmalpflege und Heimatschutz. Denkmalpflege und Heimatschutz im Wiederaufbau der Nation: Tag für Denkmalpflege und Heimatschutz im Rahmen des Ersten Reichstreffens des Reichsbundes Volkstum und Heimat, Kassel 1933 [Reprint 2020 ed.]
 9783112366462, 9783112366455

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DENKMALPFLEGE UND HEIMATSCHUTZ IM WIEDERAUFBAU DER NATION

Tag für Denkmalpflege und Heimatschutz

im Rahmen deS Ersten Reichstreffens des Reichsbundes Volkstum und Heimat

Kassel 1933

Berlin 1934 DEUTSCHER KUNSTVERLAG

IV

INHALT VORWORT.......................................................................................................................................... VI EINFÜHRUNG................................................................................................................................ IX Ministerialrat D. Hiecke, Berlin

I. ERZIEHUNG ZU DENKMALPFLEGE UND HEIMATSCHUTZ EINFÜHRUNG: VOLK UND HEIMAT.......................................................................... 3 Standartenführer Dr. Apffelstaedt, Düsseldorf

PRAKTISCHE FORDERUNGEN.................................................................................... 5 Provinzialkonservator Dr. Graf Wolff Metternich, Bonn

KIRCHE.......................................................................................................................................... II Abt Albert Schmitt, Grüssau, Pfarrer Dr. Ritter, Marburg

UNIVERSITÄT.................................................................................................................................22 Prof. Dr. Jantzen, Frankfurt a. M.

TECHNISCHE HOCHSCHULE........................................................................................... 25 Prof. Jost, Dresden

BAU GEWERK SCH ULE.............................................................................................................. 27 Oberstudiendirektor Schönemann, Kassel

KUNSTERZIEHUNG, FREIE KÜNSTLERSCHAFT.......................................... 30 Prof. Kutschmann Berlin

MUSEEN.......................................................................................................................................... 33 Museumsdirektor Prof. Dr. Koetschau, Berlin, Museumsdirektor Prof. Dr. Hahm, Berlin, Museumsdirektor Prof. Dr. Luthmer, Kassel

WERBUNG.......................................................................................................................................... 38 Rundfunkintendant Dr. Glasmeier, Köln

AUSSPRACHE................................................................................................................................ 41 Prof. Schultze-Naumburg, Prof. Stiehl, Prof. Sauer, Pfarrer Dr. Werner, Architett Meckel

II. BAUEN BEZIEHUNGEN ZUR WIRTSCHAFT........................................................................ 47 Dr. Ing. Lindner, Berlin

HANDWERK................................................................................................................................. 54 Dr. Reiners, Berlin, Prof. Dr. Hahm, Berlin, Prof. Dr. Phleps, Danzig

TECHNIK UND INDUSTRIE...........................................................................................63 Oberbaurat Dr. Ing. Schaechterle, Stuttgart

WASSERBAU.................................................................................................................................70 Reg.- und Baurat Lessing, Hannover

AUSSENREKLAME....................................................................................................................... 73 Baudirektor Dr. Ing. Hellweg, Hamburg

ÜBERLIEFERUNG UND NEUES BAUEN.............................................................. 78 Prof. Schopohl, Berlin

DIE VERWALTUNG ALS BAUENDE BEHÖRDE............................................80 Ministerialrat Poeverlein, München

HEIMATSCHUTZ UND FREIE ARCHITEKTENSCHAFT Architekt Alwin Seifert, München

...

84

V

BAU VERWALTUNG UND FREIE ARCHITEKTEN.............................................. 90 Regierungsbaumeister a. D. Dr. Ing. Blaß, Kassel

BAUPOLIZEI UND BAUBERATUNG........................................................................... 91 Oberregierungsrat Koch, Dresden, Architekt Dipl.-Ing. Wittmann, Hannover

BEGRÜSSUNG................................................................................................................................. 100 Landeshauptmann Haake, Düsseldorf

AUSSPRACHE........................................................................... x.................................................. 100 Oberbaurat Dr. Schmieder, Regierungsbaurat Dr. Zahn, Julius Ätz^unm, Museumsdirektor

Dr. Kruse, Regierungsrat Dr. Schifserer, Dipl. Ing. Hünnebeck, Ministerialrat D. Hiecke, Baudirektor Hellweg, Architekt Seifert

III. LANDESPLANUNG, STÄDTEBAU, SIEDLUNG EINFÜHRUNG..................................................................................................................................... 114 Oberregierungs- und Baurat Geßner, Kassel

DIE RETTUNG DER DEUTSCHEN ALTSTADT

............................................ I2Z

Prof. Dr. Pinder, München

DAS FRANKFURTER ALTSTADTPROBLEM......................................................IZ4 Architekt Zimmermann, Frankfurt a. M.

VERKEHRSFRAGEN .................................................................................................................136 Architekt Heilig, Berlin

STADTRAND SIEDLUNG.................................................

139

Oberbaurat Jobst, Kassel

LAND SCH AFTSGE STALTUN G............................................................................................. 141 Garten- u. Landschaftsberater Meyer-Jungclaußen, Berka, Städt. Gartendir. Stier, Kassel

HEIMATPFLEGE UND LANDWIRTSCHAFT ......................................................148 Dipl.-Jng. Dreidax, Saarow

ARBEITSDIENST........................................................................................................................... 152 Korvettenkapitän a. D. Tholens, Berlin

AUSSPRACHE..................................................................................................................................... 154 Architekt Heilig, Architekt Paulsen, Reg.-Präsident v. Miquel, Oberreg.- und Baurat Geßner, Architekt Seifert, Reg.-Baurat Dr. Hörmann, Privatdozent Dr. Stockmann

IV. FÜRSORGE FÜR DIE DENKMALE HAUPTBERICHT........................................................................................................................... 163 Prof. Dr. Lill, München

GESETZLICHE GRUNDLAGEN, VERWALTUNG............................................ 175 Ministerialrat D. Hiecke, Berlin

BESTANDSAUFNAHME DER DENKMALE............................................................... 185 Landesverwaltungsrat Dr. Busley, Düsseldorf

VERFAHREN ZUR ERHALTUNG................................................................................... l88 Provinzialkonservator Dr. Giesau, Halle a. S.

AUSSPRACHE.................................................................................................................................... 193 Geheimrat Clemen

LEITSÄTZE............................................................................................................................................. 196 Kirche und Denkmalpflege, Universitäten und Technische Hochschulen, Kunsterziehung, Museen und Denkmalpflege, Heimatschutz und Bauwesen, Landesplanung, Siedlung, Städtebau, Arbeitsdienst, gesetzliche Regelung von Denkmalpflege und Heimatschutz, Bestandsaufnahme der Denkmale, Mittelbeschaffung für die Denkmalpflege

DENKSCHRIFT.......................................................................................................................... 2OJ

VI

VORWORT Der Tag für Denkmalpflege und Heimatschutz zu Kassel im Oktober 1933, von dessen Arbeit dieses Buch berichtet, war in das erste Reichstreffen des Reichsbundes Volks­ tum und Heimat einbezogen. Diesen Bund hat der Stellvertreter des Führers,

Reichsminister Rudolf Heß, damit beauftragt, die gesamte deutsche VolkStumS- und Heimatarbeit richtunggebend zusammenzufassen. So ergab sich ein sinnentsprechender volkstümlicher Ausbau der Darbietungen außerhalb der Fachsitzungen. Die Arbeit im

engeren Fachkreise und die freudige Beteiligung weiter Volksschichten wuchsen zu einem

Ganzen zusammen, daS den Boden für ein gegenseitiges Sichkennenlernen der Kräfte

abgab, die sich für VolkStum und Heimat im neuen Reich einsetzen wollen. ES war ein erster Versuch, aus dem sich viel Wertvolles für die Zukunft lernen läßt.

Den Auftakt zu den allgemeinen Veranstaltungen deS Reichsbundes bildete ein deutscher VolkStumSabend in der von Fahnen und Trachten festlich belebten Stadthalle, in der die Jugend Volkstänze, Lieder und Laienspiele darbot. Am folgenden Abend

vereinigten sich die Ehrengäste im kerzenerhellten Hortensiensaal deS Schlosses WilhelmShöhe bei den Klängen klassischer deutscher Musik. Nach Begrüßungsworten des Landeshauptmanns Haake gab Oberpräsident Prinz Philipp von Hessen in fein­

sinnigen Ausführungen ein Bild der Eigenart und Bedeutung KurhessenS im Herzen der deutschen Heimat. Grüßen und Heilwünschen der Vertreter der Ministerien folgte ein längerer Vortrag von W. Kotzde-Kottenroth über daS Wesen deS deutschen

Menschen. Den Höhepunkt des AbendS bildete die Ansprache Wilhelm Pinderö:

Der Bruch zwischen Kunst und VolkStum sei schon im späten Mittelalter erfolgt, als die Kunst aufhörte, Gottesverehrung zu sein und stattdessen Objekte für den Bettachter

schuf. Die Einheit deö Stils ging verloren; das 19. Jahrhundert, das auf anderen Ge­

bieten hohe Leistungen vollbrachte, konnte nicht hindern, daß die sichtbare Formwelt

verdarb. Der Mensch schuf Unharmonisches, während die Natur ewig harmonisch ist. Nur der Bauer hat noch „Natur". Pinder erinnerte an schwedische Wandmalereien um

1800, die noch mittelalterliche Größe und Ganzheit zeigen. So möge auö den Quellen

deS VolkötumS wieder echte Kunst erwachsen.

Ein Fackelzug der Innungen, Landsmannschaften und der NSBO beschloß diesen Abend.

Am Schlußtage deS ReichStreffenS, am Sonntag Mittag, trafen sich die Ehrengäste vor der Orangerie zur Volkstumskundgebung. Während auf der KarlSwiese SA, SS

und HI aufmarschiert waren, sprachen der Organisatorische Leiter des ReichöbundeS VolkStum und Heimat Haverbeck, Gaupropagandaleiter Gerland und Schrift­

leiter Zilkens über die Notwendigkeit der Verbundenheit zwischen dem Volk und seinen

VII

VORWORT

unvergänglichen Volkstums- und Heimatwerten. Reichskommiffar Metzner wieS auf

den Wert des im Boden wurzelnden BauemtumS für die Zukunft hin. Der Nachmittag brachte ein buntes Volksfest auf der KarlSwiefe mit den schönen Trachten der Schwalm, der Rhön und Oberhessenö.

Für die fachlichen Sitzungen hatte die Stadt Kassel in höchst dankenswerter Weife die stattlichen Räume des Rathauses bereitgestellt. Dort fand neben der Fachtagung für Denkmalpflege und Heimatschutz gleichzeitig die erste Arbeitstagung des Reichsbundes Volkstum und Heimat statt, über die hier kurz berichtet sei. Nach Eröffnung durch

Landeshauptmann Haake umriß Werner Haverbeck die Ziele des Reichsbundes. Er

entwickelte die Notwendigkeit, die wissenschaftliche und praktische Facharbeit in innigen Zusammenhang mit der Arbeit an unserem Volke selbst zu bringen. Der Leiter des Amtes für Volksmusik, von Peinen, forderte in diesem Sinne, daß der Fachmusiker mit dem

sangeSftohen und musizierenden Volk zusammengeführt werde. HanS Niggemann

sprach für das Laienspiel, für Pflege der Sprache und für natürliche Bewegung, für sinngemäße Einordnung von Sprechchor und Tanz. Paul Kaplaneck als Psteger der

Volkstracht legte dar, daß dieses Gebiet nicht zentralisiert werden darf und rühmte die Arbeit der Landsmannschaften für die Trachtenpstege. Weiter sprachen die einzelnen

Fachamtsleiter über ihren Aufgabenkreis: Dr. Reiners über Handwerkskultur,

Dr. Castelle zur Volksbildung, Dr. Lindner und Professor Schönichen über die künftigen Aufgaben von Heimat- und Naturschutz, Ministerialrat Hiecke über Denk­

malpflege, Fritz Böhme forderte den deutschen Tanz. Dr. Schmidt als Vertreter der

Volkskunde wünschte größere Volkstümlichkeit in der Wissenschaft, welche die Bindung

an den Urgrund nicht verlieren dürfe. Erich Sudau betonte die Notwendigkeit würdiger Festgestaltung. ä>konomierat Lembke berichtete als Vorkämpfer der ländlichen Wohl­ fahrts- und Heimatpflege von den Gefahren der Landflucht. Dr. Dähnhardt stellte

die Forderung, die Freizeit des deutschen Menschen mit lebendigem Inhalt zu erfüllen.

Die Straffheit in der Durchführung eines außerordentlich umfangreichen Pro­ gramms des Tages für Denkmalpflege und Heimatschutz im Rahmen der Gesamt­ tagung, welche die sonst übliche weitschichtige Aussprache nicht zuließ, entsprang der

Absicht, mit diesem Programm einen Querschnitt durch möglichst viele wichtige Gebiete von Denkmalpflege und Heimatschutz zu ziehen. Es sollte die Grundlage einer Selbst­ prüfung gewonnen werden, im Sinne der GewissenSftage: Welche Pflichten und

Aufgaben haben Denkmalpflege und

Heimatschutz

beim

kulturellen

Neuaufbau der Nation? Fordert doch die Stunde, zunächst sich von neuem über

die gesamten Grundlagen der Arbeit im Artgemäßen und im Sachgegebenen

klar zu werden, im Ausblick auf das große Ziel und auf die neuen Wege, die der Führer

weist. Sinn der Tagung war demnach nicht die abschließende Behandlung eines oder

VIII

VORWORT

mehrerer Ausschnitte, sondern daS Abstecken eines alles Wichtige enthaltenden Grund­

risses für den Aufbau und Ausbau des Dienstes am deutschen Menschen und am Bilde

der Heimat, soweit es Pflicht deS Tageö ist, zum Ganzen strebend, daran mitzuwirken. Wenn das Ergebnis der Kasseler Verhandlungen des Tages für Denkmalpflege und Heimatschutz erst jetzt der Öffentlichkeit übergeben wird, so deshalb, weil in der seither

abgelaufenen Zeit noch einmal sorglich abgewogen werden sollte, ob die großen Richt­

linien und Grundforderungen, nach denen die einzelnen Gebiete weiter und nachhaltiger als bisher zu bearbeiten sind, auch wirklich im Einklang mit der lebendigen Entwicklung

der neuen Zeit stehen. Auch diese Probe darf alö bestanden erachtet werden.

Jeder

Berufene mag daS bei den behandelten Stoffgebieten nachprüfen, anhand der einzelnen Berichte, die nur zum Teil in unwesentlichen Punkten etwas gekürzt sind. Wohl er­

scheint in bestimmten Sonderfragen, wie z. B. der Außenreklame oder des Gebrauchs technisierter Werkverfahren, daS erstrebte Ziel einer befriedigenden Verständigung

zwischen berechtigten Wünschen der Heimatpflege und der beteiligten Wirtschaftszweige

noch ferne. Doch liegt daS erklärlicherweise vor allem daran, daß Wirtschaftöreformen und Kulturentwicklungen ihre Zeit brauchen.

Seit der Kasseler Tagung sind in den dort behandelten Fragen einige maßgebliche Einzelentscheidungen gefallen, wie z. B. aufl dem Gebiet der Außenreklame durch die

9. Bekanntmachung deS Werberats der deutschen Wirtschaft für Teile der Wirtschafts­ werbung durch Außenanschlag. Diese Bekanntmachung spricht grundsätzlich auS, daß

einschlägige Reichs- und Landesgesetze sowie auf Grund solcher Gesetze erlassene Polizei­ verordnungen und ortSgesetzliche Regelungen unberührt bleiben. Damit weist sie auch

ihrerseits hin auf die immer wieder und gerade jetzt erneut so dringlich zu erhebende Forderung reichögesetzlicher Regelung der Belange von Denkmalpflege, Heimatschutz

und Naturschutz. Auch im neuen Reich, in dem sich die Hoffnung erfüllen möge, daß ihre Bestrebungen zur Sache deS ganzen Volkes werden, ist eine solche einheitliche ge­

setzliche Grundlage unentbehrlich, die zugleich der lebendigen Auswirkung der Eigenart der deutschen Stämme und Landschaften Raum gibt.

IX

EINFÜHRUNG Vorsitzender, Ministerialrat Hiecke, Berlin: Wenn wir heute nach dreijäh­ riger Pause zusammentreten, gedenken wir zunächst derer, die der Tod uns entriß: voran

erklingt der Name Georg Dehio, dem wir in der Zeit der Wiedergeburt der Nation inniger denn je uns verbunden fühlen, dankbar erkennend, waö er ihr geschenkt hat, vor

allem in seiner „Geschichte der deutschen Kunst" als tiefgründiger Forscher, alö feinsin­

niger Künder der deutschen Seele und der schöpferischen Kräfte unseres Volkstums, die

in den Denkmalen sich offenbaren. — ES folgen Philipp Maria Halm in München,

der hervorragende Gelehrte und glühende Mitkämpfer zum Schutze nationalen Kultur­ guts, Landeshauptmann Dr. Horion, der tatkräftige Schirmherr der rheinischen Denk­ malpflege und Leiter des Bundes Heimatschutz, Freiherr von Kerkerinck zur Borg,

der ausgezeichnete Kenner und Streiter für seine westfälische Heimat, Oberamtsrichter Bogenhard, die preußischen Provinzialkonservatoren Körner, Westfalen, Burge­ meister, Niederschlesien, und Pniower, Berlin, Senator Dr. Strunck in Danzig, der alten, innerlich unlösbar uns verbundenen deutschen Stadt, und die Vorkämpfer für den rechtlichen Schutz der Denkmale, die hervorragenden Rechtölehrer Prof. Dr. Kahl,

Berlin, und Prof. Dr. Beyerle, München. Ihre Verdienste um die Wahrung unveräußerlicher ideeller Güter unseres Volkes

bleiben bei uns in Ehren. Von ganzem Herzen habe ich nun den beiden bisherigen Vorsitzenden des Tages für Denkmalpflege und Heimatschutz zu danken. Mit dem Namen und der hinreißenden Per­

sönlichkeit Paul Clemen'S wird für immer in der jetzt zz-jährigen Geschichte unserer

Tagungen die Erinnerung an einen besonders bedeutsamen Abschnitt unserer Arbeit ver­ bunden bleiben, der eine Fülle wichtigster Probleme behandelte, an die keine Mühe scheuende Führung durch ihn, die von höchster geistiger Warte weitschauend lenkend, zu­

gleich aufö tiefste die nationale Bedeutung unserer Aufgaben erfaßte. Daß wir ihn auch weiter zu den unsrigen rechnen und auf seinen erfahrenen Rat hoffen dürfen, dafür gibt

unS die schönste Gewähr sein jüngstes. Ihnen vom Herrn Kultusminister übermitteltes Werk, die reife Frucht einer langen, der Erforschung und Betteuung deutschen Kunst-

und Kulturguts gewidmeten Tätigkeit, ein Bekenntnis, das zugleich lebendigsten Auf­ takt für die Weiterarbeit deS jungen Geschlechtes darstellt.

Nicht minder warm danke ich dem bisherigen anderen Vorsitzenden des Tages, Exzellenz

Freiherrn v. Stein, dem langjährigen Vorsitzenden des nunmehr von dem Reichsbund VolkStum und Heimat eingegliederten Deutschen Bundes Heimatschutz, für seine uner­

müdliche und vorbildlich führende Tätigkeit, die stets so klar, entschieden und zugleich

feinfühlig, in schwersten Zeiten die mit dem Tag aufS innigste verbundenen Arbeiten dieser Vereinigung lenkte.

X

EINFÜHRUNG

Tiefgreifende, wunderbare Wandlungen haben sich in unserem Volke vollzogen, seit wir zuletzt in Köln beisammen waren. In Ehrfurcht vor dem unö allen teuren Ober­

haupt deS Reiches bekennen wir unS freudig zu den hohen, den deutschen Menschen ganz

erfassenden Zielen, die unser Führer und Volkskanzler Adolf Hitler weist. Das Wie­ derfreimachen der Kraftquellen deutscher Art und Kultur, die, vom Dickicht deS Materia­

lismus, des Intellektualismus und mechanistischer Lebensauffassung überwuchert, zu

versiegen drohten, die auS tiefster Erkenntnis ewiger Werte geborene Forderung, das

vergängliche Individuum der Volksgemeinschaft unterzuordnen — diese natürlichen und ethischen Vorbedingungen der Erneuerung und des Wiederaufstiegs, sie sind ja auch die

Grundlagen aller Bestrebungen, die im Zeichen von Denkmalpflege und Heimatschutz

wirken. Vom Ethischen ging der unvergeßliche Rudorfs auS, der Begründer des HeimatschutzeS, der in diesen Begriff faßte: die Erhaltung der natürlichen und geschichtlich gewordenen Eigenart der Heimat. ES ziemt unS, seiner in dieser Stunde besonders zu gedenken. Wir gedenken zugleich dankbar der historischen Mission Paul Schultze-

NaumburgS, dessen weithin wirkende Kulturarbeit dem deutschen Volke wieder die Augen öffnete für die überlieferten Werte in Natur und bodenständig gesunder Ge­ staltung der Bauten. Als Hüter lebenswichtigen deutschen Erbgutes sind Denkmalpflege und Heimatschutz

berufen und verpflichtet, zu ihrem Teile mitzuarbeiten am Wiederaufbau der Nation. Getragen von der machtvollen Welle der nationalen Erhebung müssen sie daö Gebot der

Stunde erkennen, ihr gesamtes Aufgabengebiet im Dienste am deutschen Volk erneut ab­ zustecken, ihre Arbeit nach Sinn, Ziel und Wegen zu überprüfen. Zugleich haben sie mit

dahin zu wirken, daß endlich die unentbehrlichen, vielfach noch fehlenden gesetzlichen und

verwaltlichen Maßnahmen getroffen werden, um die Schädigungen und Verluste, die dem heimischen Natur- und Kulturgut durch Achtlosigkeit, Unverstand und rücksichtslose

Ausbeutung drohen, schützend abzuwenden. Mit dieser Wahrung unantastbarer Werte muß zugleich verbunden sein die Förderung lebendigen Neugestaltens aus den Bedin­ gungen deS Artgemäßen und Sachgegebenen. Nicht formalistisch das Überlieferte miß­

brauchen, aber auch nicht krampfhaft das Neue suchen — das ist der Sinn jener wunder­

bar klaren und einfachen Synthese, die der Führer in seiner denkwürdigen Nürnberger Rede über die deutsche Kunst verkündete. Seine Auffassung von ihrem Wesen klingt aufs schönste zusammen mit dem, was Gottfried Keller im Grünen Heinrich sagt: „DaS Ein­

fache und Notwendige mit Kraft und Fülle darzustellen ist Kunst." So entsteht echte Sachlichkeit, die nicht ärmlich und blutleer ist, aber auch verschmäht, sich äußerlich auf­

zuputzen. Und wir müssen schon zugeben: dem Architekten voraus ist heute der Inge­ nieur; wir fteuen uns so mancher meisterhaften Leistung, voran der wundervollen KölnMülheimer Rheinbrücke, die mit feinstem Gefühl in die Landschaft hineingesetzt ist.

EINFÜHRUNG

XI

Kunst ist höchste Blüte des Handwerks; die verlorengegangenen natürlichen Grund­ lagen handwerklichen Schaffens zurückzuerobern, die uns unentbehrliche Maschine zur

Dienerin zu machen — ist eines der brennendsten Probleme unserer Zeit. Gewaltig groß und schwer ist die Erziehungsarbeit, die zu leisten ist. Der Tag für

Denkmalpflege und Heimatschutz hat daher die Begründung deS „Reichsbundes Volks­ tum und Heimat" freudig begrüßt, denn nur ein Ausammenfaffen aller VolkötumS-

arbeit auf einheitlich weltanschaulichem Boden kann den Erfolg verbürgen.

Die

führende Arbeit im Heimatschutz hat in der Bildung der Reichsfachstelle Heimat­

schutz, die unter Leitung deS bewährten Geschäftsführers steht, ihren Ausdruck ge­ funden. Neben diese tritt, abgesehen von den weiteren Gebieten der gesamten VolkStumöarbeit, eine Reichsfachstelle Naturschutz und eine Reichsfachstelle Denkmalpflege,

der in Anerkennung der Leistung und Tradition der bisherigen Organisation der Untertitel „Deutscher Denkmalpflegelag" erhalten bleibt. So löst sich die fachlich berufene gesamtdeutsche Spitzenvertretung für die Interessen der Denkmalpflege wieder

vom Heimatschutz, um innerhalb einer größeren, volksverbin- denden Gemeinschaft

sich wieder zusammenzufinden. Auch in Zukunft werden, von Fall zu Fall, Denkmal­ pflege und Heimatschutz zu gemeinsamen Tagungen sich vereinen können. Den For­ derungen der Zeit entsprechend gilt eS aber jetzt vor allem, die ständige Arbeit der

Denkmalpflege zu verstärken; die wichtigsten Arbeitsgebiete sind: Gesetzgebung und

Verwaltung, Erforschung und Verzeichnung der Denkmale, Technik der Denkmal­ pflege. Daneben besteht die dringliche Aufgabe, durch Organisation von Führungen,

Studienfahrten, Rundfunkvorträgen und Pressemitteilungen daö Verständnis für die Denkmale zu verbreiten und zu vertiefen. Sinn der Umgestaltung des alten Tages

für Denkmalpflege und Heimatschutz ist — daS sei mit größter Entschiedenheit betont — innigstes Einfügen auch der wissenschastlich-fachlichen Arbeit in den lebendigen Zu­ sammenhang deS gesamten Dienstes am deutschen Volkötum.

Wenn wir eS unternehmen, im folgenden das ganze weite Gebiet von Denkmalpflege und Heimatschutz zu behandeln, so geschieht eS in der Erkenntnis, daß ein allseitiges Klarstellen der gesamten Grundlagen für die weitere Arbeit jetzt unabweisbar ist. Be­

wußt ist die junge Generation vorangestellt; die jungen opferwilligen Kämpfer der na­ tionalen Erhebung sind die Träger der deutschen Zukunft. Ergänzt durch die Erfahrung der Älteren, die wir ihr heißen Herzens darbieten, soll ihr reines Wollen uns zum Ziele führen, zur verantwortungsbewußten Pflege und Auswertung aller gesunden Heimat­

kräfte im Dienste der Emeuerung der Nation, im Gefühl echter Volksverbundenheit.

DaS Gelingen steht in der Hand deS Höchsten. „Du mußt glauben, du mußt wagen,

denn die Götter leihn kein Pfand!"

XII

EINFÜHRUNG

Organisatorischer Leiter des Reichsbundes Volkstum und Heimat

Werner Haverbeck, Berlin: Mir ist der ehrenvolle Auftrag zuteil geworden. Sie im Namen der Reichsführung des Reichsbundes Volkstum und Heimat hier zu begrüßen und Ihnen die besten Heil-Wünsche der Reichsführung des Reichsbundes Volkstum und

Heimat zu Ihrer Tagung zu übermitteln. Sie vertreten hier eine Tradition, die durch die

Jahrzehnte hindurch den besten Klang wissenschaftlicher Arbeit bedeutet hat. In diesem Jahre ist zum ersten Male die Möglichkeit gegeben, über die Resonanz, die bisher in der Wissenschaft vom Tag für Denkmalpflege und Heimatschutz ausgelöst wurde, nun auch

in weiteste Kreise unseres deutschen Volkes hineinzudringen. Die nationalsozialistische Bewegung hat in der gewaltigen Wende, die durch sie herbeigeführt wurde, daS Volk erweckt und hat eS aufnahmewillig gemacht für all die Gedanken, die hier von Ihnen in jahrelanger Arbeit vertreten worden sind. 3m Reichsbund Volkstum und Heimat er­

folgt die Neuordnung der gesamten deutschen VolkStumSarbeit im neuen Reich. Der

Reichsbund Volkstum und Heimat hat die Aufgabe, das deutsche Volk zu erziehen zu den Werten des Volkstums und zur Erkenntnis des Heimatbewußtseins. Damit ist von

vornherein der Boden gegeben, der auch hier für die wissenschaftliche Arbeit notwendig

ist: die Zusammenführung der Volksbewegung mit der wissenschaftlichen General­ stabsarbeit, wie Sie durch sie vertreten wird. Zudem ist eins notwendig geworden: draußen steht die junge Generation deS Nationalsozialismus und wartet darauf, daß ihr die Gedanken, die bisher in ausschließlicher Arbeit von Ihnen vertreten wurden, zu­

geführt werden. Der Reichsbund Volkstum und Heimat veranstaltet in diesen Tagen in Kassel den Deutschen VolkStumö- und Heimattag 1933. Durch die Gastfreudigkeit der Stadt Kassel und insbesondere der Gauleitung Kurhessen der N. S. D. A. P. wie durch deren umfassende organisatorische Vorbereitungen wird der Deutsche VolkStumS- und

Heimattag eine Resonanz im Reich erfahren, die weit über den Rahmen sonstiger VolkS-

tumSveranstaltungen hinauSgeht. ES wird im Deutschen VolkStumS- und Heimattag der deutschen Öffentlichkeit zum ersten Male gezeigt werden, wie hier wissenschaftliche

GeneralstabSarbeit und VolkStumöbewegung in Einklang gebracht wurden und wie dieseVolkStumSbewegung getragen wird vomWillen der jungen nationalsozialistischen

Generation. In diesem Sinne möchte ich Sie aufmerksam machen auf das, was in diesen

Tagen den Gesamtausdruck des deutschen VolkStumS bei den Kundgebungen des Reichsbundes Volkstum und Heimat darstellen soll und möchte Ihnen die nochmalige

Versicherung der Reichsführung des Reichsbundes Volkstum und Heimat übermitteln, daß hier nun zu einer Einheit zusammenwachsen soll: wissenschaftliche Arbeit und natio-

nalsozialistische V olkStumSbewegung. Sinngemäß schließt hier an die Begriißung des Landeshauptmann Äaake, des Führers der Äeimatschutzbewegung, von Seite 100.

DENKMALPFLEGE UND HEIMATSCHUTZ IM WIEDERAUFBAU DER NATION

3

I. ERZIEHUNG ZU DENKMALPFLEGE UND HEIMATSCHUTZ EINFÜHRUNG: VOLK UND HEIMAT Standartenführer Dr. Apffelstaedt, Düsseldorf: Der siegreiche Durchbruch der nationalsozialistischen Revolution, da- Aurückstnden unsere- Volke- zu den Quellen seiner Kraft, zu sich selbst, hat wohl kaum irgmbwo freudigeren Widerhall gefunden alin jenen Kreisen, die seit Jahr und Tag am Werke waren, den Sinn für die großen

Schöpfungen deutscher Vergangenheit und die Liebe zur deutschen Landschaft zum

Gemeingut de- ganzen Volke- zu machen. Nach langem Umherirren in weltfremden

Ideologien, die fast zur Auflösung de- gesamten organischen Volk-körper- in zahllose

Teile widerstrebender Art führten, nach jahrelanger verbrecherischer und snobi stischerHerabwürdigung und Herabsetzung urewiger völkischer Gegebenheiten kreisen heute wieder­

um die Gedanken de- deutschen Menschen um bit* Begriffe Volk und Heimat, sind über­ all Kräfte am Werke, die verschütteten Quellen völkischen Leben- freizulegen und sie

einmünden zu lassen in den großen Strom eine- echten deutschen Volk-tum-. Hellhörig horchmd auf die Stimme seine- Blute- beginnt der deutsche Mensch zunächst im eigenen

Kreise sich seiner großen Vergangenheit zu besinnen, seiner Altvorderen, die vor ihm Arbeit im Dimste unsere- Volke- leistetm, und Stück um Stück verfucht er Fäden wieder

zusammmzufügen, die er einmal im Übermut zerrissm, weil er glaubte, daß für sein wirtschaftliche- Fortkommen, nach dem ja alle- gerichtet war, derartige Dinge nicht

förderlich, sondern nur hemmend wären. Au- dem Kleinen herau-, der Familie, der Sippe, ihrm Gewohnheiten und Bräuchen suchen wir heute wieder Anschluß zu finden

an da- Ganze, an die Volk-gemeinschaft al- Au-bruck staatlichen Leben- und an die

völkische Eigenart al- unveräußerliche Gmndlage jeglicher Kultur. Dieser innerm Be­

reitschaft von Millionen und AbermAionen deutscher Menschen, die sich heute wieder freudig hindrängen und bekennen zum deutschen Volk-tum, zur Heimat, müssen wir

entgegenkommen und da- Gebot der Stunde erfüllen. — Nicht ander- kann da- lauten al-: eindeutiger Durchstoß zum Volk-ganzen au- der klaren Erkenntni- herau-, baß die Pflege und Erhaltung der hehren Denkmäler der Vergangenheit wie der Schutz der

Landschaft nicht Angelegenheit kleiner interessierter Kreise sein kann, geschweige denn eine Angelegenheit der Bürokratie schlechthin, sonbem ureigene Sache de- ganzen Volke-

sein muß. Die Notwendigkeit erweist sich damü zwang-läufig, im Interesse diese- großen Ziele- alle- zurückzustellen, wa- allenfall- au- Ressentiment oder au- juristischen Hem­ mungen sich noch ergeben könnte,—e- darf nur da- eine geben, nun zusammen gehen mit den Volk-massen, die hoffend und begierig vor den Toren stehen, um denAnschluß zu finden,

den sie selbst tastend überall versuchen. Die Forderungen der einfachen praktischen Arbeit,

4

VOLK UND HEIMAT

die sich in den verschiedenen Zweigen notwendig ergeben, werden anschließend dargelegt, einige« Gmnbsätzliche aber bleibt zu sage«: es wäre falsch und widersinnig, dieser

inneren Anteilnahme, diesem Drängen und Hinhorchen de« Volke« begegnen zu wollen

mit einer Fülle wissenschaftlicher ober halbwissenschastlicher Borträge; e« gilt vielmehr

zunächst, den gesunden Leben«instinkt, der überall zum Durchbruch gekommen ist, sich au«reifen zu lassen, damit der deutsche Mensch Wurzel faßt im eigenen Boden. Erst

wenn er dort wieder tief verankert ist, wenn er fest und breit im eigenen Volk«tum steht, wirb e« Aufgabe der berufenen Führer sein, ihn in da« Einzelne einzuführen, seinen Sinn

zu wecken für die« und jene«, wa« chm Heu« noch entgeht. E« wirb auch notwendig fein, die Brücken vom Alter zur Jugend, zur neuen Zeit, zu schlagen durch Kräfte, die hervor­ gegangen sind au« dem Kampf, al« dessen Sieger wir heute hier auch die kulturelle Neu­

arbeit unsere« Reiche« beginnen müssen. Es wird wichtig sein, darauf hinzuweifen und

darauf hinzuwirken, daß die Jugend, die mitarbeiten will von ganzem Herzen und von

ganzer Seele, in die vorderste Front gestellt wirb, ba sie die Sprach« am besten versteht, die ba« Volk spricht, au« dem sie in den Jahren de« Kampfe« hervorgegangen ist.

Und wenn ich heute al« Vertreter der jungen Generation zu Ihnen spreche, gleichzeitig

al« Vertreter der „Alten Garbe" unserer Bewegung, die wir die Grundlage schufen, auf der sich wieder einmal kulturelle« Eigenleben im deutschen Volk entwickeln kann, so soll

ba« gleichzeitig bedeuten ein freudige« BekennMi« zu der Arbeü und den Gedanken­ gängen, die um die Begriffe Bolk«tum und Heimat kreisen. E« ist da« nicht eine Aufgabe

nebensächlicher Art, sondern al« politische Soldaten de« Führer« sind wir un« immer

darüber im klarm gewesen, baß bie Machtergreifung allein nicht genügt, baß sie nur ein Teilwerk ist und daß die deutsche Revolution, deren bewußte Träger wir warm, erst dann vor der Geschichte dm Namen „die glorreiche" erhaltm wirb, wenn der politischen Machtergreifung und der wirtschaftlichm Neuordnung nach bem Gmndsatz „Gemein­

nutz vor Eigennutz" auch bie kulturelle auf allm Ebenm nachgefolgt ist. Diesen Durch­

bruch zu vollziehen, ist Ziel der Tagung im weiteten Sinne. Sie ist ein Anfang und ein Beginn, um einmal in aller Öffentlichkeit zu zeigm, wie stark der Strom bmtschen

Lebm« wieder fließt. Unser aller Aufgabe wird es sein, die Gedankm und bie Arbeit Lag um Tag und Jahr für Jahr zu verbreitem, so daß dereinst ein starke« und stolze«

Geschlecht in deutschen Landen lebt, fest verwurzelt in der heimischen Erde, voll Stolz blickmd auf bie großm Werke seiner Väter unb auf bie Schönheit der deutschm Land»

schäft, eigenschöpferisch aber auch nach vorwärt« schreitet unb so im wahrstm Sinne be« Worte« Erbe und Ahnherr zugleich ist.

5

PRAKTISCHE FORDERUNGEN Provinzialkonservator Dr. Traf Wolff Metternich, Bonn: Wir beruflichen

Denkmalpfleger können nur mit größter Freud« die starke Bewegung begrüßen, die, ge­ tragen von der gesamten deutschen Jugend, den Gedanken von Denkmalpflege und

Hetmatschutz in siegreichem Anlauf zum Gemeingut unseres Bölkes machen wird. Wir

begrüßen es aus tiefstem Herzen, daß die Früchte unserer jahrzehntelangen Arbeit nun­ mehr geerntet werden sollen, daß das Wirklichkeit werden soll, wofür wir unsere Lebens­

und Berufsarbeit eingesetzt haben. Alle Kräfte, die unserem Bolkstum dienen wollm, sollen organisch zusammengefaßt werden, um so die nötige Stoßkraft zu erhalten.

Es war ein Ergebnis des liberalen Individualismus, nur die Spitzenleistungen der Kunst für einen beschränkten Kreis von Fachgelehrten, Ästheten und Sammlem heraus­ zugreifen.

Unsere Arbeü wird für die Volksgemeinschaft aber nur bann nutzbringend sein, wenn wir im Gegensatz dazu die Gesamtheit der Heimat- und Kulturwerte «fasten, auch die

mittleren, kleinen und kleinsten Werte. Nur so wird eine Synthese unser« ganzen Kultur

möglich sein, und ihr Bild b« Volksgemeinschaft übermittelt werden können.

In diesem Sinne gibt es keine ^landschaftlich hervorragende Gegend". Die nicht von Menschenhand entstellte Landschaft ist imm« schön, und ein naturverbundenes Boll

wird auch nur Werke schaffen können, die sich dem Raturbild organisch einordnen, die mit d« Scholle verwachsen sind.

Diese Dinge zu erkennen, müßt« für jedes gesunde Dolk ein« Selbstverständlichkeit sein. Es würde zu weit führen, auf die Gründe einzugehen, die zur Naturentfremdung unser« Zeit geführt haben. Das Dolk ab« wird« zu diesen alten Quellen zurückzu­

führen, ist Aufgabe des Reichsbundes Bolkstum und Heimat und b« ihm eingeglie­

derten Fachstelle Heimatschutz. Das setzt ab« eine große Erziehungsarbeit voraus. Es

muß uns allen wird« klar werden, daß wir nicht das Recht habm, uns« h«rliches

Heimatland mutwillig zu zerstören. Wir sind nicht unumschränkte Eigentüm« dieses

Landes, die das Recht hätten, nach Willkür mit ihm zu schallen und zu walten. Es ist wiederum ein Ausfluß ltb«al« Weltanschauung, wenn man glaubt, das Recht zu haben, ganz nach Belieben mit den Gütern btt heimischen Natur und Kultur verfahren zu können und sie durch industrielle und Verkehrsanlagen um irgend welch« materiell«

Augmblicksvorteile ob« schnöden Gewinnes willen zu verunstalten. Wir sind »«ant­ wortlich unseren Mitmenschen gegenüber, die Miteigentüm« und Nutznieß« bet Natur

sind. Das ist das Große des Nationalsozialismus, daß « uns endlich befreien wird von dem »«hängnisvollen Egoismus d« lib«alen Ara. Wir müssen uns wied« barüb« klar w«den, daß wir nicht bas Recht haben, aus wirtschaftlich« Not ein ««btes Kulturwerk, etwa ein schönes altes Wohnhaus, durch

6

ERZIEHUNG ZUR IDEE DES HEIMATSCHUTZES

minderwertige Zutaten oder Reparaturen zu entstellen, weil sie einige Mark billiger sind als gediegene Arbeit. Wir müssen wieder erkennen, daß Eigentum verpflichtet. Es

muß verhindert werden, daß große industrielle Untemehmen, die mit ihren Produkten auf dem Weltmarkt Riesengewinne erzielen und im Industriegebiet und in den Groß­ städten unbegrenzte Möglichkeiten haben, heimische Industrien schwer schädigen und

zugleich unsere Landschaft verunzieren. Ich denke dabei an das leidige Kapitel der

Blech-, Asbest-, usw. -Bedachung. Ich will daS Gebiet der Reklameverunstaltung unserer Landschaft und Ortöbilder

nur streifen. Sie ist um so unverzeihlicher, als sie nur schnödem Gewinn dient und in

den seltensten Fällen durch eine wirtschaftliche Notlage entschuldigt werden kann. ES ist nicht meine Aufgabe, auf die gesetzlichen Möglichkeiten zur Unterbindung dieser

Übelstände einzugehen, daS wird Sonderberatungen vorbehalten bleiben. Hinweisen möchte ich nur darauf, daß kein Gesetz und keine Polizeimaßnahme seelisches Verständnis und Verantwortungsgefühl ersetzen können. Wichtiger ist eS, durch unermüdliches Ein­ wirken und Überredungskunst jene Verantwortlichkeit wieder zu erwecken.

Bei alledem ist eS klar, daß Maß und Vernunft obwalten müssen. Die Erfordernisse des Lebens dürfen nicht außer Acht gelassen werden. Der wahre Heimatfreund und Denkmalpsteger muß daher mitten im Leben stehen, denn seine Aufgabe ist eS, das ewig fluktuierende Leben mit den stabilen Gütern zu vermählen, die uns die Natur und unsere

Väter übermittelt haben. Diese Gedanken umschließen daS Programm der Erziehung unserer Volksgemein­

schaft zu der Idee deS Heimatschutzes im Großen. Darüber hinaus aber ergibt sich die Notwendigkeit einer speziellen Schulung aller derer, denen die Aufgaben der Denkmal­

pflege im engeren Sinne anvertraut werden sollen. Bevor wir beruflichen Denkmal­ pfleger praktische Forderungen an Staat und Öffentlichkeit richten, scheint eS mir Pflicht zu sein, sich selbst zu besinnen, sein eigenes Gewissen zu erforschen. Wenn wir daS Bild

der geleisteten Arbeit überschauen, wird uns die Ungleichheit der Qualität sofort in die

Augen springen, und wir werden uns der Erkenntnis nicht verschließen können, daß

entweder in der Organisation oder in der Schulung der Kräfte etwas nicht in Ordnung ist. Ich schließe ganz bewußt auS dieser Betrachtung auö den allgemeinen Mangel an Verständnis für unsere Aufgaben in der Öffentlichkeit, als natürliche Folge der geistigen

Zersetzung durch den Liberalismus, sondern beschränke mich auf die berufliche Denkmal­ pflege.

Die Fragen der Organisation, denen neue gesetzliche Bestimmungen eine feste Grund­

lage geben sollen, werden meines Wissens im Laufe unserer Aussprache noch behandelt werden. Allzugroße Hoffnungen darf man aber auf organisatorische Reformen nicht gründen, denn durch Verwaltungsmaßnahmen allein wird man weder Verständnis für

SCHULUNG ZUR DEN KMALPFLE GE ARBEIT

7

die Idee der Denkmalpflege erwecken, noch die Qualität der Arbeit steigern können. Das

Entscheidende ist und bleibt die seelische Einstellung. Denkmalpflege ist in der Praxis künstlerisch schöpferische Arbeit. Für jedes Kunst­ schaffen aber sind Phantasie und schöpferische Potenz die materielle — und seelisches Er­

leben die geistige Voraussetzung. Diese Voraussetzungen, die wir künstlerische Begabung nennen, sind angeboren, sie können nicht anerzogen werden, wohl aber müssen sie ge­ schult werden. So ist auch für jede praktische Betätigung auf dem Gebiete der Denkmal­ pflege eine sorgfältige Schulung unentbehrlich.

Unsere Forderung nach Schulung richtet sich an vier Gruppen: i. An die Künstlerschast, 2. an das Handwerk, 3. an die beruflichen Denkmalpfleger, 4. an die Eigentümer und Betreuer der Denkmalwerte.

1. Alle Bemühungen der Denkmalpflege werden fruchtlos bleiben, wenn sie keinen Widerhall in der Künstlerschaft finden. Leider hat man in den letzten Jahren Mangel an

Interesse, um nicht zu sagen, Ablehnung bei den sogenannten modernen Künstlem ver­ zeichnen müssen. Bewußte TraditionSlosigkeit, Brechen mit dem Alten, Suchen neuer Wege um deS Neuen willen, waren die sattsam bekannten Schlagworte. Unser Führer

stellt dem entgegen die Rückkehr zu den alten Lebensquellen unseres Volkstums und

bewußte Pflege der Tradition als Norm für die Wiedergeburt unserer Kunst. Ver­

lassen des l'art pour l'art-Standpunkteö und Befreiung vom Subjektivismus der liberalen Ära und die Erkenntnis, daß Kunst Dienst ist, wird unserem Kunstleben die

alte Würde und Lebenskraft wiedergeben. Ehrfurcht vor den Werken der Vergangenheit muß wieder Gemeingut unserer Künstlerschaft werden. Das alles bedeutet keineswegs Rückkehr zu kraftlosem Historismus, sondem im Gegenteil den einzig erfolgver­ sprechenden Weg zu organischer Neubelebung.

Für den Künstler (Architekt, Maler oder Bildhauer), dessen Schaffen sich im Rahmen der Denkmalpflege an alten Werken betätigen soll, müssen das wieder oberste Gesetze

werden. Lebensvoll, Ausdruck der Zeit soll alles das sein, was wir den Werken der Ver­

gangenheit hinzufügen, aber die seelischen Voraussetzungen solchen Schaffens dürfen

nicht wurzeln im Rationalismus, in Überheblichkeit, Besserwissen und Könnenwollen,

sondern in geistiger Verbundenheit mit dem Alten — kurz, Ehrfurcht und nochmals Ehrfurcht. Kühn setzten frühere Jahrhunderte ihre Schöpfungen neben die Werke der

Vorzeit, man denke etwa an die souveräne Sicherheit, mit der Barockausstattungen in mittelalterliche Kirchen hineingesetzt wurden. Trotz aller scheinbaren Gegensätze, welche

Harmonie! Das große Geheimnis dieser Harmonie aber ist die Kontinuierlichkeit des

seelischen Erlebnisses, die geistige und blutmäßige Verbundenheit, die alle Epochen früheren Kunstschaffens zu einem organischen Lebenöstrom verband. DaS Mannig­ faltige, das wir im Bilde der alten Kunst sehen, ist kein Nebeneinander wesensfremder

8

SCHULUNG ZUR DENKMALPFLEGEARBEIT

Körper, sondern, trotz formaler Verschiedenheit, Einheit auf einer metaphysisch«» Ehene.

Die Erziehung-aufgabe fällt allen Stellen z», die Künstler auszubilden haben. Ich scheue mich nicht, meine Zweifel darüber zu äußern, oh die Akademie, deren Institution

au- der Welt der Austlärung und de- Liberali-mu- stammt, in ihrer überkommenen

Verfassung überhaupt zur Ltsung dieser Frage befähigt ist. Für die Denkmalpflege aber ist e- von großer Bedeutung, daß gerade die freie Künst­

lerschaft, die bi-her ohne Zweifel am fernsten gestanden hat, wiedergewonnen wirb. Die beste Schulung wird aber immer am Ok^ekt selber möglich sein. Daher bin ich für die

Zuziehung frei schaffender Künstler, wo immer e- geht. Die Au-n>ahl der geeigneten Persönlichkeit ist schwer und verantwortung-voll. Mißgriffe und Mißerfolg« werden

vorkommen, aber sie dürfen nicht entmutigen.

Die wichtigste Lehrquelle ist die technische Hochschule, denn der höchste Prozentsatz

denkmalpflegerischer Aufgaben liegt auf dem Gebiet« der Architektur. Hier treten zu den frei schaffenden auch die für die beamtete Laufbahn heranzubildenden Architekten. E-

steht außer Z»veiftl, daß die technische Hochschule Gute- geleistet hat zur Vorbereitung für die praktssche Arbeit der Denkmalpflege. Manche- aber ist noch zu »«bestem und zu

ergänzen. Gesteigert« Wert muß wirb« auf den kunsthistorischm Unterricht, auf Er­ ziehung zu Tradition-gefühl gelegt werden, ohn« teeren historisierenden Formali-muS, aber

in inner« Erfassung de- Entscheidmden, Artgemäßen und Bodenständigen. Auch die alten bewährten Techniken dürfen dabei nicht zu kurz kommen. G«ade d« Mangel an Kenntniffm auf diesem Gebiete bei den freien und beamteten Architekten hat manchen

Mißgriff in d« Denkmalpflege verschuldet. Ein ganz wichtige- Mittel ist da- Studium d« alten Werke, da- seine letzte Vertiefung durch zeichnerische Aufnahmen erfahrm wirb.

2. Die Baugewerkschule wirb den stärksten Nachdruck auf die Pflege d« handwerk­ lichen Tradition legm missen. E- würde zu weit führm, diese- ungeheu« wichtige Ka­

pitel erschöpfend zu behandeln. Gmügm möge b« Htnwei- darauf, daß d« Rückgang handwerklichen Können- erschreckend ist. Au- mein« Erfahrung darf ich berichten, baß sich in mein« Heimatprovinz kaum noch ein Handwerk-meist« findet, b« die einfachsten

Techniken beherrscht, wie Wölbm, Verputzen, Dachdeckm usw., nicht zu reden von den kunstgerverblichm Aufgabm, wie Polychrvmieren, Dergoldm, Konfervierm von Bllbern und Figuren und dergleichen. Daß nicht nur der Handwerk« von diesen Dingen etwa-

verstehm muß, sondem auch b« Leit« d« Arbeitm, versteht sich von selbst. Gerade da- Kapitel d« handwerklichen Erziehung möchte ich besonder- zur Di-«

kussion stellen. Hi« scheinen mir die ernpstnblichstm Lücken zu liegen, vffmlaffm möchte

ich die Frage, ob den Denkrnalärntem Werkstätten für die Sichemng von Plastikm, Gemälden und kunstgewerblichm Arbeiten angeschlostm werden sollten, od« ob man sich

mit dm bei vielm Musem bereit- bestehenden Werkstätten begnügen, ob« sich auf die

SCHULUNG ZUR DENKMALPFLEGEARBEIT

9

hte vnd da vorhandenen privaten Werkstätten frei schaffender Kunsthandwerker beschränfcn sollte. Sine generelle Reglementierung erscheint mir unerwünscht. 3ch würde rt schon aus erzieherischen Gründen bedauern, wenn di« freien Werkstätten von den Denk»

malpstegern nicht herangezogen würben. 3. Eine Aufgabe von großer, ja fast ausschlaggebender Bedeutung hat für die Denk­

malpflege die Universität zu erfüllen. Die Deutsche Hochschule der Zukunft wird nicht

nur eine Vermittlerin abstrakten Wiffens sein, sondem die wichtigste Pflegestätte deut­

schen Wesens. Die kunsthistorische Disziplin wird in Verbindung mit der technischen Hochschule die cheoretischen und praktischen Grundlagen für die Heranbildung unseres

Nachwuchses legen. Die seelisch« Vorbereitung für die Aufgabe wird in b«r Vertiefung des kunsthistorischen Unterrichtes nach der Richtung des Art- und Weltanschauungsbe­ dingten sowie des Bodenständigen bestehen müssen. Die deutsche Kunstgeschichte muß bewußt in den Vordergrund treten. Mir scheint es erforderlich, baß an jeder deutschen

Hochschule in zwei, höchstens drei Semestern der ganze Ablauf der deutschen Kunstgeschichte als ein organisches Ganzes vorgefühtt werbe. Ich bmke nicht baran, auf die

kunsthistorische Lehr- und Forschungsmethobe einzugehen, jedoch scheint es mir unbedingt

erforderlich, das aus der Disziplin manche Überreste liberaler Anschauungen und Methodm abgebaut werden.

Soviel ich weiß, beschränkte sich bisher die Denkmalpflege als Lehrfach auf der Uni­ versität höchstens auf vereinzelte Unternehmungen von Dozenten. Ein systematischer

Versuch nach der Richtung ist wohl zum erstenmal durch die Erteilung eines entsprechen­ den Lehraufttages an meine Person bei der Universität Bonn gemacht worden, wo bereits

durch P. Clemen eine jahrzehntelange Tradition besteht.

Der Lehraufttag wirb außer jener seelischen Vorbereitung, von der schon die Rebe war, eine Einführung in die grundsätzlichen Methoden der Denkmalpflege umschließen, soweit sie theoretisch lehr- und erlernbar sind. Darüber hinaus werben Übungen am Objekt mit

der Praxis vertraut machen. Eine gewisse ttchnische Ausbildung wird nebenhergehen,

denn ohne eine solche wttb der Wert des Unterrichtes stets zweifelhaft bleiben und üb« ideale Forderungen nicht hinauskommm.

Es ist ein offenes Geheimnis, daß g«ade nach d« Richtung hin uns« kunsthistorisches

Studium ernste Mängel aufweist. Schließlich setzt sich die Kunst aus geistigen und ma­

teriellen Komponenten znsammen. Die alleinige Berücksichtigung b« einen wie b« an­ deren Seite fühtt notwendig zur Einseitigkeit. Manche abwegige Auffassung, die sich in die Kunstwissenschaft eingeschlichen hat, ist nur auf Mangel an Einblick in die technischen

Voraussetzungen und Möglichkeiten zurückzuführen. 4. Zum Schluß möchte ich mich den Eigentümern und Betteuem uns«« Denkmale zuwenben, die ich für die wichtigste Gruppe halte, d« die Erziehungsarbeit gilt. 3m Dor-

IO

DENKMALPFLEGER UND KLERUS

dergrunde steht dem vorwiegend sakralen Charakter unserer Kunst entsprechend der Klerus beider Konfessionen. Die profanen Denkmale sind entweder in Privateigentum

— und dort wird die Einwirkung über die allgemeine Erweckung des Verantwortungs­

gefühls kaum je hinauögehen — oder sie befinden sich in öffentlichem Besitz, und dann ist die Betreuung durch vorgebildete Sachverständige gewährleistet, oder sollte eS wenig­

stens sein. Alle die Stellen, die mit der Erziehung des Klerus beauftragt sind, haben für die

Denkmalpflege eine sehr wichtige Aufgabe zu lösen, auf deren Bedeutung nicht nach­

drücklich genug hingewiesen werden kann. Der Unterricht wird sich auch hier in erster Linie auf die seelische Vorbereitung, auf Erweckung von Verantwortungsgefühl und Ehrfurcht zu erstrecken haben. 3m Hinblick auf die dauernd auftretenden praktischen Auf­

gaben ist eine technische Einführung unerläßlich, ferner ein allgemeiner kunsthistorischer

Unterricht unter besonderer Berücksichtigung deS Bodenständigen im zukünftigen Ar­ beitsbereich der Theologiestudenten, schließlich auch ein Einblick in die lebende Kunst, da die Kirche nach wie vor die wertvollste Pflegestätte der Kunst sein wird. Die Aufgabe ist

um so schwieriger und verantwortungsvoller, als die neuzeitliche Kunst nicht mehr ihre Orientierung vom Sakralen her bekommt, wie das in früheren Jahrhunderten der Fall war. In bezug auf das Kirchengebäude muß daran erinnert werden, daß die Baupflege

noch viel zu wünschen übrig läßt. Auf der einen Seite Vernachlässigung, auf der anderen

Seite übertriebene Forderungen in bezug auf die äußere Erscheinung, den Schmuck usw. Eö ist außerordentlich wichtig, daß der junge Kleriker von vornherein auf den richttgen

Weg verwiesen wird. Ich hoffe, daß die Diskussion auf diesen Punkt noch besonders eingehen wird. Das

wichtigste scheint mir jedoch die Herstellung eines Vertrauensverhältnisses zwischen Klerus und Denkmalpfleger zu sein. Der erstere sollte im Konservator nicht einen nur

zur Hemmung seiner Bewegungsfreiheit bestellten Beamten erblicken, und der Denkmal­

pfleger seinerseits im Geistlichen, der seine Kirche nicht als Museum gewertet und be­ handelt sehen möchte, nicht, seinen geborenen Feind erblicken.

Ein kurzes Wort noch zur Aufgabe des Museums im Rahmen der Denkmalpflege. Es gehört m. E. nicht in unsere augenblickliche Erörterung, auf die eigenen konservatorischen Methoden des Museums einzugehen. Unbedingt muß aber auf die technischen

Unterschiede hingewiesen werden, die sich auS den grundverschiedenen Aufgabenbereichen

der Denkmalpflege und deS Museums ergeben. Bedauerliche Irrtümer und abwegige Kritik, die zu falschen Forderungen in der Öffentlichkeit führten, kann man immer wieder verzeichnen. Man muß sich darüber klar werden, daß die konservatorischen Grundsätze

deS Museums sich nicht ohne weiteres auf die lebendigen Werten dienende Denkmal-

DENKMALPFLEGE UND MUSEUM

II

pflege übertragen lassen. Der Wert des Museums für die Denkmalpflege liegt vomehm-

lich in der Erschließung der bodenständigen Kulturentwickelung, der Erweckung von Ehr­ furcht und Liebe zu dem ererbten Kulturgut, kurz, auf dem Gebiete der geistigen Schu­ lung. Darüber hinaus werden die Werkstätten des Museums der praktischen Denkmal­ pflege bei der Pflege von Gemälden, Plastiken und kunstgewerblichen Gegenständen aller

Art werwolle Dienste leisten, wenn daö nötige Vertrauensverhältnis zwischen beiden Instanzen hergestellt ist. Störungen eines solchen Vertrauensverhältnisses sind vielfach

auf beiderseitige Unkenntnis der Kompetenz- und Aufgabengrenzen sowie der Arbeits­

methoden zurückzuführen.

Der Denkmalpfleger wird allerdings in seinem Bestreben, die Kunstwerke an Ort und Stelle zu erhalten, oder sie, wo möglich, an ihre alten Aufstellungsorte zurückzubringen,

den Interessen des Museumsdirektors nicht selten entgegentreten müssen. Wenn beide Stellen — Museum und Denkmalpflege — erkennen, daß sie nicht Selbstzweck sind, son­

dern daß sie beide unserer Volksgemeinschaft zu dienen haben, indem sie das Kulturerbe

unseres Volkes verwalten, — jeder auf seine Art — würden auch diese Schwierigkeiten zu überwinden sein.

Wie es der tiefste Sinn jeder Denkmalpflege ist, durch Erhaltung der äußeren Form

den immanenten Wert der Denkmale zu schützen, so ist eö die Aufgabe des Museums, den objektiven Wert der ihm anvertrauten Werke zu würdigen und sie nicht durch will­

kürliche Gruppierung und Behandlung aus ihrem organischen Zusammenhang zu lösen

und etwas in sie hineinzudeuten, das ihrem Wesen nicht entspricht. Ich betrachte eS — milde ausgedrückt — als eine Verkennung der vornehmsten Aufgabe des Museums und

eine Versündigung gegen dessen denkmalpflegerische Pflichten, wenn ein wichtiges Kunst­ gewerbemuseum deS Westens durch eine vor etwa zwei Jahren durchgeführte Neuord­ nung einseitig zum Künder einer materialistischen Kunstbetrachtung gemacht werden

konnte.

KIRCHE Abt Albert Schmitt, Grüssau: Im Rahmen der Kurzberichte unserer Tagung

ist mir die Aufgabe zugefallen, einige grundlegende Gedanken zum Thema: Erziehung zur Denkmalpflege vom katholischen Standpunkt aus zu sagen.

Ich bin mir der Notwendigkeit solcher grundsätzlicher Ausführungen wohl bewußt. Hat doch die Kirche bei der Erziehung zur Denkmalpflege ganz besondere Aufgaben zu

erfüllen. Schon allein deswegen, weil ihrem Schutz nicht wenige von den größten und herrlichsten deutschen Baudenkmälern anvertraut sind. Dieser Besitz legt nun den ver­

antwortlichen Stellen der Kirche die ernste Pflicht auf, Priester und Laien zur würdigen Betreuung und Erhaltung dieser Denkmale im rechten Sinne heranzubilden. Im Hin­ blick darauf sei einiges gesagt.

12

GRUNDLAGEN KIRCHLICHER DENKMALPFLEGE

Bor kurzem hebe ich wieder einmal die herrliche katholisch« Stadlpfarrkirche in Schweidnitz besuchen können. In diese gotische Kirch« hat die Barockzeit eine Innen-

ausstattung von wundervoller Fülle «ad Pracht hineingestellt. Jedesmal wenn man in diese Kirche hineinkommt, ist man ergriffen von der Einheitlichkeit der hier zum Aus­ druck kommenden kultischen Verbundenheit. Gotik und Barock finden sich hier zu­

sammen zu einem der schönsten Denkmale, die wir in deutschen Landen besitzen. Hier

dringt sich nun ein Gedanke auf. Die Vergangenheü hat solche Aufgaben scheinbar spielend gelöst. Auch sie hatte Denkmalpflege zu üben. Kriege und Feuersbrünste, poli­ tische und religiöse Wirren fügten den Bauwerken oft größere Schäden zu als heut­

zutage. 2n den meisten Fällen gelang unseren Vorfahren diese erneuernde Pflege in hoher Vollkommenheit. Sie fügten dem Alten ihre eigenen neuen Schöpfungen hinzu.

Eine neue Einheit, trotz reichster Mannigfaltigkeit, entstand. Für uns Heutige dagegen

sind solche Aufgaben augenblicklich zu einem Problem geworden. Wir reden viel über

Denkmalpflege, wir denken auch viel darüber nach, eS standen uns auch in den Vor­ kriegszeiten oft reichliche Mittel zur Verfügung, — und dennoch ist aus allem Mühen,

wir müssen eS leider sagen, eigentlich wenig Erfreuliches geworden. Wieso hat die Ver­

gangenheit in dieser Hinsicht leichter getan, warum tun wir so schwer?

Hier müssen wir auf einige grundsätzliche Tatsachen Hinweisen, die wir erst in ihrer

ganzen Tragweite würdigen müssen, um zu einer rechten Denkmalpflege gelangen zu können. Wenn wir nicht sehr irren, ist die Antwort auf unsere Frage in folgendem zu suchm:

Unsere Zeit leibet an einer schiefen Auffassung vom Wesen der Religion, b. h. der GotteSverehrung. Wir haben den Kultcharakter des Christentums, den Kultcharakter der

Kirche und ihrer Aufgaben zugunsten mehr rationalistischer Auffassungen zurücktreten lassen. Wir haben die Liturgie und alles, was in diesem Wort beschlossen liegt, allzu stiefmütterlich behandelt. Dogma und Moral schienen uns das Wesen der GotteSver-

ehrung auszumachen. Wir sind, gestehen wir eS uns offen ein, auch in religiösen Dingen einem Rationalismus verfallen. Dogma und Moral sind die stützenden Träger am Geistesbau der Kirche. Sie können aber niemals die letzten Wurzeln einer Religion sein.

DaS Erste und Innerste jeder echten Religion ist die GotteSverehrung, ist der Kult, ist

Liturgie. Wie Abt Herwegen dies einmal ausdrückt: „Lebendige Tat aus dem tiefsten Kern der christlichen Persönlichkett hin zu Gott, Austausch mü Gott, den ganzen Men­

schen umfassende Hingabe an Gott." Dies ist der letzte Sinn jeder GotteSverehrung.

GotteSbimst als Liturgie der Kttche in ihrm starken überzeitlichen Ausdrucksformen. 3n der Vernachlässigung der Litmgie sehe ich die tiefe Ursache unserer Schwäche, das Alte

verstehend zu würdigen und Neues entsprechend zu gestalten. Die Erziehung zur rechten Pflege unserer kirchlichen Denkmale kann also niemals nur aus einer intellektualistischen

ANTEILNAHME AN KIRCHLICHEN DENKMALEN

IZ

Basis heraus erfolgen, sie kann einzig aus jener vertieften Lebenserfüllung kommen,

die dem Menschen aus dem Leben, das er für Gott führt, immer wieder zuwächst, bas ihm geschenkt wird als die reifste Frucht eines, Lebens mit der Liturgie, eines Dienstes an

Gott und für Gott. Es muß unsere vordringlich« Aufgabe sein, vor allem die Geistlichen auf diese Werte wieder hinzuweisen. Aber nicht nur für den Geistlichen wirb eine ver­

tiefte Erziehung zum Verständnis und zur Pflege der Liturgie sehr notwendig sein, auch

für das Volk wirb gerade eine solche Einführung in das, was eigentlich Gottesdienst ist, von ausschlaggebender Bedeutung werden. Wir haben eben gehört, wie man immer wieder

klagen muß über das mangelnde Können unserer Handwerker. Oft genug stehen sie Auf­ gaben der Denkmalpflege, die chnen von kirchlicher Seite gestellt werden, hilflos gegen­ über. Wir gehen nicht fehl, wenn wir diesen Mangel an schöpferischem Geist zurück­

führen auf ein Versagen des innersten religiösen Lebens, das die Seele dieser Menschen erfüllen sollte. Nur ein Erfülltsein von solchem Leben kann die Grundlage eines

künstlerisch wertvollen handwerklichen Schaffen- sein. 3n unserm Kirchm in Grüffau sehm Sie an der Kanzel und an dm Altärm Meisterwerke des Kunsthandwerks. Wir

könnm noch die Namm der Dorftischler nennen, die diese Werke vor 200 Jahren er­ stellt haben. Männer, die auf keiner Akademie gebildet wordm sind, derm Werke aber

herausgewachsm sind aus jenem Lebm, von dem ich sprach, die herausgestaltet habm aus der Verbundenheit mit dem Religiösen, das in ihnm lebte, die nicht anders konntm,

weil diese Werke innerster Ausdmck ihres Lebms waren. Es wird all unser Reden über

Erziehung zur Denkmalpflege nichts nützm, wmn wir nicht dem Volke jme altm Werte wieberzugebm vermögm, die es von innen heraus befähigen, diese Dinge aus der Fülle seines innerstm Seins heraus zu gestatten. Nach diesen grundsätzlichen Darlegungm darf ich jetzt noch einige praktische Winke

anfügm. 3ch möchte drei herausgreifm.

Die erste Aufgabe ist es: dm anvertrautm Dmkmälem gegmüber nicht gleichgültig zu sein. Ich hatte ebm in Sübdeutschlanb zu tun, in einem fernab gelegenm Dorfe des badischm Frankmlandes. Dort findet sich «ine alte Filialkirche, derm Errichtung

wohl in das 13. Jahrhundert hinaufreicht. Ein Bauwerk, das seiner ganzm Struktur nach eine Perle in bem Keinen Tale sein könnte. Leiber ist es dies nicht. Man hat so viel

davon verfallm, verkommm und zusammmbrechm lasten. Man hat sich des Baues in seiner Not nicht zeitig genug angenommen. Es tut einem in der Seele weh, bas alles mit ansehm zu müssen. Es muß die erste Aufgabe derjenigen sein, die solch alte Stauten

überkommen habm, eine innere Anteilnahme zu dem zu finbm, was ihnm überant­ wortet ist. Kleine Schäbm, die überall einmal auftauchm, müssen eben sofort behoben

werden. Eine sorgliche Anteilnahme kann oft mit geringen Mitteln Wunder wirken. Ein Zweites, was wir unbedingt fördem müssen, ist das Dimm am Werk: daß die-

14

DIENEN AM WERK UND HELFEN

jemgen, denen das Kunstwerk anvertraut ist, sich in seinen Geist hineinvertiefen, gleichsam

mit ihm leben, aus seiner Sprache lesen, sie aufnehmen, sie verstehen. DaS Studium der Architektur und Kunstgeschichte wird wichtig sein, aber dies allein wird niemals ge­

nügen. Man kann also als Philologe, als Historiker, als Archäologe an diese Werke

herankommen. Soll ihre geistige Welt aber für uns lebendig und für die kirchliche Er­ neuerung fruchtbar werden, so muß sie unsere eigene Innenwelt ausmachen. Dann wird eS nicht soweit kommen, daß wir den Werken unsere Meinung aufdrängen, daß wir den

Werken Dinge anhängen, die niemals etwas mit ihnen zu tun hatten. Dann wird es aber geschehen, daß wir aus dem Werk heraus spüren, waS ihm not tut, und wir werden

ihm dann in wirklichem Dienst am Werk die gerechte Erhaltung und daS ihm ent­

sprechende, gleichsam lebendige Wachstum wieder vermitteln. Allerdings gehört hierzu

viel Liebe und Verständnis. AuS dem Dienen heraus wächst dann allerdings etwas Neues, was die Vergangenheit vielleicht nicht hat geben können, was aber gerade heute

vom Bauwerk verlangt wird.

Und daS Letzte, worauf ich in diesem Zusammenhang Hinweisen möchte, wird dann daS Helfen sein, daS Helfen, das darin besteht, daß man diejenigen heranholt, die wirk­

lich auch berufen sind, mir ergänzend zur Seite zu treten. Man wird, wie wir das an dieser Stelle schon mehrmals gehört haben, die berufenen Denkrnalpfleger zu Rate ziehen

und gegebenenfalls auch unter ihrer Führung die Erneuerung vornehmen. Man wird vielleicht auch einen erfahrenen Handwerker mit der ständigen Sorge für die Denkmäler

betreuen können. Dadurch wird bei dem Handwerker selbst das Verständnis gefördert,

er wird in die alten Kulturschätze eingeweiht, er wird mit dem Geiste deö Bauwerkes vertraut und wird in den Stand gesetzt, selbst zu schaffen, wo es dann notwendig ist.

Anteilnahme, Dienen und Helfen, aus diesem Dreiklang soll die Pstege unserer kirch­

lichen Bauten sich zusammensetzen. Dann wird sie auch Großes leisten in jeder Hinsicht.

Ich stehe als Benediktiner vor Ihnen. Man sagt unS Benediktinern eine eigene Be­ ziehung zum kulturellen Schaffen in unserem Volke nach und wohl auch mit Recht.

Woher aber ist die Kraft zu diesem Schaffen gekommen? Für die benediktinische Auf­

fassung des Schaffens und Arbeitens in all den Jahrhunderten unserer Geschichte war eines maßgebend: Alles weltliche Schaffen ist nur das Instrument eines unaufhörlichen

Dienens vor Gott. Daher unsere unveräußerliche Sorge für das Gotteslob, den Gottes­ dienst, die Liturgie. Aus diesem Geist, der sich in dem Motto „ora et labora" — „bete und arbeite" verdeutlicht hat, sind dann gerade auch in unserem Vaterland jene großen

benediktinischen Bauten entstanden. Dieses eine Beispiel sei Lehre für alle! Eines ist

jedenfalls sicher: Solche Gedanken müssen heute wieder unserem Volke nahegebracht

werden, müssen gerade heute wieder daS Denken und Leben des Volkes erfüllen. Es ist das Große an der Zeit, in der wir leben, daß sie auf diese Werte wieder ganz bewußt

GEISTLICHKEIT UND DENKMALPFLEGE

IJ

zurückgreift und diese Werte erneut hineinträgt in unser Volkötum. DaS Volk soll damit im wahrsten Sinne des Wortes bereichert werden.

Denn nur die Besinnung auf die ewigen Kräfte und ein bewußtes Leben aus ihnen ist die einzig ftuchtbare Grundlage für eine würdige und große Pflege unserer herrlichen

deutschen Kulturgüter. Pfarrer Dr. Ritter, Marburg: ES ist von der vertrauensvollen Zusammenarbeit

zwischen Geistlichkeit und Denkmalpflege gesprochen worden. Gestatten Sie, daß ich zu­

nächst ein Wort über die innere Voraussetzung für eine ftuchtbare Zusammenarbeit sage. Auf Seiten der Kirche wird es darauf ankommen, eine abstrakt spiritualistische Auf­ fassung deö religiösen Lebens zu überwinden. Solange man in der Meinung befangen

ist, der Aufgabe, die der Gottesdienst stellt, lediglich mit den Mitteln rationaler Mit­ teilung des Worts und moralischer Mahnung gerecht werden zu können, ist man noch

weit entfernt von jener lebendigen, den ganzen Menschen nach Geist, Seele und Leib in Anspruch nehmenden Gläubigkeit, die eigentlich im Christentum gemeint ist. Der christ­

liche Glaube zielt immer auf daö Ganze des Lebens und verheißt eine Neuschöpfung auch der Natur und des leibhaftigen Daseins. Darum verkündet er die Auferstehung des Leibes und spricht nicht von unsterblicher Geistigkeit oder unvergänglichem Seelen-

tum. Darin ist aber verborgen ein tiefes Wissen um daö Geheimnis der Gestalt. Um eö

mit den Worten Goethes zu sagen: „Nichts ist drinnen, nichts ist draußen, denn was innen, das ist außen." Der christliche Gottesdienst wendet sich an den wirklichen Men­ schen, so wie er, Kreatur unter Kreatur, in natürlichen, kosmischen Zusammenhängen

lebt. Er wirkt ein auf Geist, Herz und Sinne. Von dieser Grundauffaffung aus wird es möglich, jene Gleichgültigkeit dem Raum gegenüber zu überwinden, die sich in der evangelischen Kirche mit dem Satz rechtfertigen möchte: „Das Wort muß es schaffen."

Aber ist denn in diesem theologischen Satz daö „Wort", nämlich daö „Wort Gotteö", gleichbedeutend mit dem Wort, wie eö von den Lippen deö Predigers tönt? Kommt dieses Wort nicht auf mancherlei Weise zu unö? Ist es nicht das Wort, das unter uns „Fleisch" geworden ist und immer aufs neue werden will? So kann das Wort wohl

auch bildhaft, als sichtbare Gestalt zu uns sprechen. Wir sollten uns aber auch darüber klar werden, daß der Raum als „Hintergrund" eine ungemeine Bedeutung gewinnen

kann für das gesprochene Wort. Jeder Redner weiß von dieser Bedeutung des Raumes,

von den Möglichkeiten positiver und negativer Art, die der Raum in sich birgt. Daö gilt in erhöhtem Maße vom kultischen Raum. Überlassen wir die Wirkung, die der Raum mit allem, waö dazu gehört, auf die tieferen seelischen Schichten ausübt, dem Zufall,

dann dürfen wir unö nicht wundern, wenn diese Schichten deö inneren Lebenö unerschloffen bleiben oder Gegenwirkungen verfallen und daö Wort allenfalls bis zum be­

wußten Willen deö Menschen vordringt, aber nicht in die letzten „magischen" Tiefen, auö

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BEDEUTUNG DES KULTISCHEN RAUMES

lenen dal Leben aufsteigt. Frühere Zeiten hatten ein unmittelbares Verhältnis zur Ge­

stalt und ihrem inneren Gehalt. Früheren Zeiten war auch das sichtbare Symbol, die bedeutende Figur unmittelbar und selbstverständlich aufgenommenes „Wort". Heute erleben wir ja wieder, z. B. im politischen Leben, etwas von der eigentümlichen Macht solcher Symbole. Der Künstler aber, soweit er echter Künstler ist, lebt gleichfalls in

solchen Gesichten. Die Tiefenpsychologie hebt heute diese Zusammenhänge und Tat­ sachen in daS Licht des Bewußtseins. 3a, dieses Wissen hat schon fast seine Schlagworte

geprägt. Nur hängt für eine Erziehung oder bester Erweckung, wie sie mir als Aufgabe

vorschwebt, alles davon ab, daß man sich nicht scheut, ganz von unten anzufangen und zunächst die ganz einfachen, primitiven Dinge ins Auge zu fasten, nicht gleich zu letzten

Einsichten und Erfahrungen Vorstößen zu wollen. Das heißt aber, wir müssen mit der

Erweckung des KörpergefühlS, der Erfahrung des eigenen Leibes anfangen. Menschen ohne waches K-rpergefühl tonnen auch kein Raumgefühl haben. Menschen ohne Ehr­ furcht vor dem Leib und seinen Wundern tonnen kein lebendiges Verhältnis zum kulti­ schen Raum, zu seinen Rythmen und Maßen gewinnen. Sie werden nicht empfinden

tonnen, daß daS leibhaftige kultische Geschehen und der kultische Raum aufeinander angewiesen sind.

Dieser Forderung nach einem Durchstoß zu leibhaftiger Ehrfurcht und einer daS ganze

Menschenwesen aufschlteßenden Empfänglichkeit für dir künstlerische Gestaltung und

ihre kultische Bedeutsamkeit auf Seiten der Vertreter der Kirche entspricht auf der an­ deren Seite die Forderung nach Überwindung einer bloß kunstgeschichtlichen oder ästhe­

tischen Bettachtung und Wertung kultischer Kunst. Wenn wir nicht im eigenen Inneren angesprochen sind von dem religiösen Gehalt der kirchlichen Kunst und von daher ein echtes und ursprüngliches Verhältnis haben etwa für den kultischen Raum, wenn wir nicht darüber hinaus kommen, in bloß ästhetischen Begriffen über ein Gotteshaus zu

sprechen und im Grunde doch eine Kirche nur sehen als das Denkmal einer bestimmten Stilperiode, wenn wir nicht das religiös Wirkende, Zeugende des Kunstwerkes bis in unsere Gegenwart hinein empfinden, wenn wir den kultischen Raum nicht als einen

Raum erfassen, in dem einst und heute die Anbetung Gottes geschieht, wenn wir dafür nicht aufgeschlossen sind durch eigene Erfahrung, daß alle echte kultische Kunst aus der

Anbetung Gottes, auS einem schweigenden, aber gestaltenden Anbeten und Loben Gotte-

hervorgegangen ist, dann fehlt uns der innere Kontakt, der die Voraussetzung dafür ist,

daß sich in der Denkmalpflege die berufenen Hüter der Baudenkmäler, die Künstler­ schaft und die Geistlichkeit zusammenfinden und bewahrend und schaffend zusammen­

wirken können auS einem innersten Einklang, aus einer wesentlichen Gemeinschaft am Heiligen. Auf die Erweckung dieses Sinnes für den kultischen Raum, wie er das kultische Geschehen umbaut, scheint eS mir vor allem anderen anzukommen.

GEFÄHRDUNG DER RAUMWIRKUNG

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Wenn ich vorhin gesagt habe, man dürfe sich nicht scheuen, zunächst die ganz einfachen,

die primitiven Dinge deutlich zu machen, so lasten Sie mich zum Abschluß dieser grund­ sätzlichen Bemerkungen etwa« sagen, wa< wegen seiner Primitivität vielleicht 3hr Kopf­ schütteln erregt. Ich möchte behaupten, baß die Erziehung zum Verständnis für die Kunst

damit anfängt, daß wir den Sinn für Reinlichkeü wecken. Ich meine das auch, aber nicht nur im äußerlich-lechnischen Sinne. Wenn in der Gemeinde begriffen ist, baß Rein­ heit des leiblichen und äußeren Daseins eine entscheidende Hilfe zu sein vermag für

die Ordnung und Reinerhaltung des Inneren, des Seelischen und Geistigen, dann wirb für sie die Reinerhaltung ihres Kultraumes ein selbstverständlicher Ausdruck jenes Bemühens fein um Reinerhaltung und Ordnung ihres gesamten Gemeindelebens.

Wenn wir — ich schließe uns Pfarrer durchaus dabei ein und die Kirchenältesten und Küster und alle, die mit der Kirche zu tun haben — zu diesem Verlangen erweckt worben sinb, rein zu sein vor Gott, einfach, schlicht und ehrlich, bann ist ein entscheidmber Schritt

getan. Wenn Sie etwa auf bas flache Land fahren und sich Dorfkirchen anschauen, dann können Sie unmittelbar erleben, baß dort, wo man sich bemüht, den Raum der

Kirche klar und rein und von daher schön zu erhallen, daß frort, wo man wirkliche Sorg­ falt und Liebe zu dem Gotteshaus spürt, selbst eine Unzulänglichkeit und Geschmack­

losigkeit in der Ausstattung erträglich wird, ja als rührendes Zeugnis herzlicher Fröm­ migkeit und Einfalt zu wirken vermag. Man fühlt, hier waltet Ehrfurcht, hier spricht

eine Lieb«, die lebendig und gegenwärtig den Raum anschaut und sich um ihn müht. Nach tiefen grundsätzlichen Bemerkungen darf ich einige Dünsche vortragen. Da

möchte ich zunächst, darauf hinweism, wie sehr ein Hindernis für die Erziehung zum lebendigen Raumgefühl die falsche Meinung ist, eS sei unerläßlich, den ganzen Kirchen­ raum mit Gestühl vollzustopfen. Wie viele herrliche Kirchen lasten nur deshalb kein

klares, beglückendes Gefühl für den Raum aufkommen, weil sie bis zum letzten Winkel

mit Gestühl angefüllt sind oder weil das Gestühl durch die Art feiner Aufstellung die Bewegungslinien des Raumes stört und so jedes Raumgefühl erschlägt. Es würde auch für die rechte Benutzung dieser Räume nur von Vorteil sein, wenn daS Gestühl auf das

Nötigste beschränkt und der freien Bewegung im Raum mehr Möglichkeiten gelassen würben. Wie tot, wie erkältend und abstoßend, jede Sammlung gefährdend ist das leere

Gestühl großer Kirchenräume bei allen Feiern einer kleineren Gemeind« ober «in« Gruppe

aus fr« Gemeinde. Wie herrlich wäre eS, sich in unseren Kirchen einmal zum Singen im Kreis zusammmzuschlteßen, wenn eS daS Gestühl nur gestatten wollte. Wie belebend

wäre die Möglichkeit d« Sammlung um den Altar, fr« Sammlung um die Kanzel je nach Art und Gelegenheü ein« Fei«. So ab« wirken unf«e Kirchen außerhalb des

einen „Hauptgottesdienstes" am Sonntag Morgen zumeist wie teere Versammlungs­ räume, und die Obe des unbesetzten Gestühls scheucht ben Besuch« davon, b« sich viel-

iS

VORBILDLICHE KIRCHENERNEUERUNGEN

leicht am Wochentag zum Men Gebet in den Raum verirrte. Unverständlich ist mir auch die sachlich völlig unbegründete Tradition, in evangelischen Kirchen die Bänke so

einzurichten, daß man beim besten Willen nicht in ihnen knieen kann. Ein andere«: 3ch glaube nach den Erfahrungen, die ich insbesondere mit der Reno­

vierung der Marburger Universitätskirche machen durfte, daß die anregende Bedeutung einer gründlichen und vorbildlichen Renovierungsarbeit gar nicht überschätzt werden sonn. Ich habe mit Freuden festgestellt, wie die Renovierung dieser Kirche in Marburg, die mit erheblichen staatlichen und kirchlichen Mitteln burchgeführt werden konnte und die bis in alle Einzelheiten hinein sehr ernst genommen worden ist, eine Fülle von An­

regungen bis in die kleinsten Dorftirchen der umliegenden Landschaft getragen hat. ES

kommt eben entscheidend darauf an, daß die Menschen mit eigenen Augen sehen, daß daS Kirchenvolk sieht, was aus einem Raum werden kann, wenn man sich seiner mit Lieb« und Hingabe annimmt. Überhaupt kann ja alle Erziehung, die uns hier vorschwebt,

wesentlich nur durch daS Sehen von Vorbildern, nur durch beispielhaftes Handeln,

etwa auch durch die Gegenüberstellung von Beispiel und Gegenbeispiel wirksam ge­ fördert werden. Die kunstgeschichtliche Theorie und noch so schöne Vorträge nutzen nur

sehr wenig gegenüber dem Erwecken deS Sehvermögens, des Gefühls und der Erlebnis­ fähigkeit überhaupt und damit auch der Kraft zur Scheidung zwischen echter und un­ echter Gestaltung. Was macht doch eigentlich die Renovierungen deS 19. Jahrhunderts

so unerträglich? Weil sie auS dem rationalen Wissen um den Baustü gemacht worben sind, weil das unmittelbar fromme Gefühl und der lebendige, ehrfürchtige GestaltungS-

trieb verdrängt worden sind von dem Wissen des Gelehrten, des Historikers, der sich für die Stilreinheit der ihm anvertrauten Gebäude verantwortlich fühlte. Mir scheint eS

eine besonders dankenswerte Aufgabe, das Miteinander und Ineinander von neuer und alter Kunst an gelungenen Beispielen erleben zu lassen, zu zeigen, wie viel schöner eine

Renovierung ist, wie viel mehr sie den alten Bauten gerecht wird, die eS wagt, moderne Arbeit, wenn sie nur in Ehrfurcht geschaffen und wirklich fromm ist, hineinzustellen in

den alten Raum, als durch bewußte historisierende Anpassung oder dekorative Künste mit musealem Raffinement den alten Raum irgendwie zu erhalten und also im Grunde

etwas vorzutäuschen. Wir haben in Marburg ein kleines aber beachtliches Beispiel für

den Versuch, ganz moderne Kunst in einen herrlichen, kostbaren Raum der gotischen Bau­ kunst zu bringen, ich denke an den KruzifixuS von Barlach am Lettner über dem Vor­ altar der Elisabtthkirche. Wenn man in die Elisabethkirche kommt und dott den Barlach sieht und vielleicht zu der Feststellung kommt, daß die Lösung nicht ganz einwandfrei ist,

so liegt daS nicht an dem KruzifixuS, sondern an dem Lettner, der niemals ein ganz be­

friedigendes Gefühl übermitteln wirb. Sehr wichtig ist eS, für bie Pflege der kirchlichen Bauwerke sachverständige Laim

MITARBEIT VON KIRCHENBEHÖRDE UND GEMEINDE

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heranzuziehen und zu interessieren. E< ist schon von dem Handwerker gesprochen worden, den wir so sehnsüchtig suchen und der so schwer zu finden ist. Aber ich mein« doch, wir müßten immer und immer wieder den ernsthaften Versuch machen, in den Kirchen­

gemeinden verantwortliche BauauSschüffe zusammenzubringen, die nicht nur Mit­

glieder der Kirchenvorstände umfassen, sondern auch Sachverständige aus der Gemeinde beteiligen solltm, die ihr Gotteshaus lieben. Diesen Ausschüssen wirb die sorgfältige

Beobachtung der Kirche und alles dessen, was sie umschließt, zur Pflicht gemacht. Sehr

empfehlenswert wäre es ferner, baß bei Kirchenvisitationen die kirchlichen Oberen ihre Sachverständigen mit auf die Reise nähmen und bei diesen Gelegenheüen auch eine gründlich« Revision der Kirchengebäube vomehmen ließen. Eine solche Prüfung würbe

aufschlußreich genug sein und durchaus nicht aus dem Rahmen einer Kirchenvisitation

fallen. Wenn ich eine Hausfrau kennen lernen will, dann schaue ich nicht nur in die „gute Stube", sondern auch in die Küche und sehe wettet hin, wie eS im ganzen Hause auSsieht. Wenn ich einen Kirchenraum gründlich ansehe und die Spuren wirklicher

Sorgfalt und ehrfürchtiger Liebe finde, dann habe ich sofort Zutrauen zu Pfarrer und

Gemeindevorstanb. Warum soll ein Bischof seinen Kirchenbaumeister nicht bei sich haben, wenn er Gemeinbevisitation hält? Dieser Baumeister geht durch die Kirche, macht seinm Vorgesetzten aufmerksam auf Mängel, und wenn die kirchliche Führung über

diese Mängel spricht und sich überhaupt für diese Fragen interessiert zeigt, dann ist das ganze Gebiet auf einmal in den Blickpunkt des Pfarrers und der Gemeinde gerückt,

wirksamer, als wenn der arme Kirchenbaumeister sich abmüht, Verständnis zu erwecken für seine Anliegen, ohn« baß bie Pastoren viel darauf geben. Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auch auf die große Bedeutung unserer Paramenten-

anstaltm lenken. ES ist hoch erfreulich, daß unsere evangelischen Paramentenanstalten, voran baS Kloster Marienberg, in den letzten Jahren sehr viel dazu gelernt haben. Wir

dankm das vor allem Professor Rubol f Koch, der auch auf diesem Gebiet eine große,

ungemein wertvolle Arbeit geleistet hat. Wir kommen dadurch langsam hinaus über jene Paramentik, bie vom Architekten vorgezeichnet wmde. Da ist sicherlich viel guter Wille am Weck gewesen, aber man spürt eben den Paramenten, bie nach den Zeichnungen der Architekten angefertigt worden sind, an, daß sie kein echtes Gewächs sind. Die Paramen­

tik ist eigentlich eine Sache der Frau, eine Sache ihrer Hingabe und Liebe. Sie muß von der fraulichen Kunstfertigkeit her entwickelt und ausgestaltet werben.

Wir haben hier in Kurhessen das Glück, eine solche Frau zu besitzen, die in erstaunlicher Weise von der altm bäuerlichen Tradition der Schwalm aus die Paramentik fördert.

Ich meine Frau Prof. Thielmann, die Witwe des bekannten Malers, die an die leben­

dige Kunstfertigkeit der Stickerinnen in der bäuerlichen Schwalm anknüpfte und sie selbständig weiterentwickelt hat. Bodenständige Kunst weiterzuführen und sie in den

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PARAMENTIK

Dienst des Heiligtums zu stellen, scheint mir eine besonders dankbare und beglückende Aufgabe zu sein, deren sich alle Denkmalpfleger und Geistlichen annehmen sollten. Auf diese Weise müßte eS gelingen, die KirchenauöstattungSfabriken endlich zum

Erliegen zu bringen. Sie existieren immer noch, und daß sie noch existieren, beweist leider, daß ihre Produkte noch gekauft werden. Wann kommt der Tag, an dem die letzte dieser Fabriken pleite macht? Ich wünsche ganz gewiß keinem Menschen

den wirtschaftlichen Ruin, aber diese Leute sollten sich auf nützliche, anständige Weise

beschäftigen und nicht unsere kirchlichen Baudenkmäler verkitschen. Darf ich noch eine

Anmerkung zu dem Thema der Paramentik machen: ES bekommt unseren Kirchen

sehr gut, wenn der Künstler, die Künstlerin bescheiden genug ist, willigen Laienkräften Anleitung zu geben und etwa einem Kreis von Frauen aus der Gemeinde zu helfen, einen Kirchenteppich für die Altabstufen oder eine leere Wand zu sticken oder zu weben. Ich habe die Erfahrung gemacht, daß, als Elisabeth Coester, Eisenach, sich dazu ver­

stand, unS sehr gut gezeichnete Vorlagen von Paramenten und Altarteppichen für ein­

fachen Kreuzstich zu schenken, ein begeisterter Kreis von Frauen meiner Gemeinde zwei Winter hindurch mit viel Liebe Dinge gearbeitet und die Mittel dazu gesammelt hat, die

bei einwandfreier Form und Arbeit der Gemeinde deshalb besonders lieb sind, weil sie aus eigener Hände Werk hervorgegangen sind. Damit ist das Interesse für den Kirchen­

raum und seine Ausstattung in einer Weise geweckt worden, wie eS früher nicht vorhan­

den war. Es hat das ganz von selbst dazu gefühtt, daß sich eine Schar von Frauen den

Schmuck und die Ausstattung des Altars und des ganzen Kirchenraumes zur ständigen Aufgabe gemacht hat.

Ium Schluß darf ich noch einige Ausführungen machen über das Verhältnis von Kirche und Museum. Wir müssen zu einer rückläufigen Bewegung kommen in der Be-

tteuung der uns anverttauten sakralen Kunstwerke der Vergangenheit. Wir müssen von

der Erkenntnis ausgehen, daß die kultische Kunst Gebrauchskunst ist, daß sie also nicht

für Kenner, sondern für die andächtige Gemeinde geschaffen ist und daß eö immer ein Jammer ist, wenn etwaö, waö dem lebendigen Leben gehört, auS diesem lebendigen Leben herausgezogen und irgendwo in noch so guter Absicht magaziniert wird. Ich scheue mich nicht, die Ketzerei auszusprechen, daß z. B. im Kaiser-Friedrich-Museum

diese Dutzende von Schnitzaltären einfach in der Menge deö angesammelten „Materials"

untergehen, weil außer dem Gelehrten, der daran seine Studien macht, kein Mensch die Kunst in dieser Häufung aufnehmen und innerlich so verarbeiten kann, wie sie eS ver­

dient. Mir als primittvem Menschen geht eS wenigstens so, daß ich bei meinen Besuchen

nach einer Stunde spätestens erschöpft wie eine Leiche auf den nächsten Stuhl sinke. Wagen Sie eö doch einmal, ernsthaft nachzuprüfen und zu fragen: Welche Dinge könnte ich, ohne daß das Museum bei der Erfüllung seiner Erziehungsaufgabe und ForschungS-

aufgabt dadurch Schaden nimmt, dorchin stellen, wo nicht nur der Musewn-besucher, und da- ist doch nun einmal ein ganz klein« Ausschnitt aus d« Menge, und d« Kunst»

gelehrte, sondern das lebendige Volk etwas von dies« Kunst hat. 3ch glaube zur inneren Erziehung ein«'Gemeinde, eines ganzen Ortes für die Kunst und ihren wahren Gehalt

würd« nichts so sehr beitragen, als wenn in eine Kirche, sagen wir einmal ein« Mittel­

stadt od« auch eines Dorfes, di« das als Raum v«dient, ein Altarbild od« ein Schnitz­ werk zurückwandem würd«, das nun zum „Heiligtum" und Glück und Stolz dieses

ganzen Ortes, d« ganzen Gemeinde wird. Don diesem einen Kunstwerk in d« Kirch« könnte etwas ausstrahlen und den ganzen Raum erfüllen. Obnicht, neben bei gesagt,

eine solche Tat auch insofern d« Denkmalpflege dienen würd«, als di« Aufstellung eines Kunstwerks zur Anregung w«d«n könnte, nun einmal daran zu gehen und daS

ganz« Gebäude würdig herzurichten? Es würde so auf ein« sehr wirksame Art die Geb