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German Pages 169 [227] Year 2012
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PLATON
Symposion / Gastmahl Übersetzt und herausgegeben von Barbara Zehnpfennig
Griechisch - deutsch
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P HILOS OP H IS C HE B IB LIO T HE K B AND 520
Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet abrufbar über ‹http://portal.dnb.de›. ISBN: 978-3-7873-2404-0 ISBN eBook: 978-3-7873-3275-5 2., durchgesehene Auflage 2012 © Felix Meiner Verlag GmbH, Hamburg 2000. Alle Rechte vorbehalten. Dies gilt auch für Vervielfältigungen, Übertragungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, soweit es nicht §§ 53 und 54 UrhG ausdrücklich gestatten. www.meiner.de
INHALT
Einführung. Barbara Zehnpfennig ................. . VII Zur Übersetzung ............................... . XLI Bibliographie .................................. . XLIII Gliederung des Dialogs .......................... . LV
Platon ~YMIIO~:ION
.................................. Symposion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Anmerkungen der Herausgeberin . . . . . . . . . . . . . . . . . . Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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EINFÜHRUNG
»Die Philosophie aber muß sich hüten, erbaulich sein zu wollen.« 1 Diese Mahnung Hegels ist weniger an Platon als an seine Rezipienten zu richten - an all jene nämlich, die das platonische Symposion dazu verleitet, sich in feinsinnigen Formbetrachtungen zu ergehen und dem ästhetischen Genuß Vorrang vor der logischen Analyse einzuräumen. Verführerisch ist der Text zweifelsohne; schon das Thema, die Liebe, spricht von der Kraft der Verführung, und die Schönheit, um die es der Liebe zu tun ist, findet ihren Reflex in der Schönheit der platonischen Sprache. Das führt denjenigen leicht auf Abwege, der im sinnlichen Reiz nicht den Anreiz zur geistigen Überschreitung des Sinnlichen erkennt. Gerade darum aber geht es im Symposion: Die Versöhnung von Sinnlichkeit und Geistigkeit durch eine Liebe, die im Sinnlichen schon das Geistige wahrnimmt und die Sinnlichkeit achtet, ohne sich in ihr zu verlieren. Diese Liebe ist die PhiloSophia, die Liebe zur Weisheit, und Sokrates ist ihr Prophet. Um die Liebe also drehen sich alle Betrachtungen, die in diesem der mittleren Werkphase zugerechneten platonischen Dialog angestellt werden. Ungewohnt ist die Form der Darstellung, ungewohnt, wenn man das Dialogverfahren als die spezifisch platonische Darstellungsweise betrachtet. Hier aber werden Reden gehalten, Lobreden auf Eros; und selbst Sokrates, bekannt und gefürchtet wegen seiner Sucht, andere in Gespräche zu verwickeln, findet sich bereit, sich ausnahmsweise in monologischer Form zu äußern. Was hat das zu bedeuten? Und was hat es zu bedeuten, daß ein Gott gepriesen werden soll, es aber sechs inhaltlich wie formal sehr unterschiedliche Reden sind, in denen Eros Lobpreisung erfährt? Ist es tatsächlich immer derselbe Eros, dem die Redner auf so verschiedene Weise huldigen, oder zeigt 1
G.W.F.Hegel, Phänomenologie des Geistes, Vorrede, Hamburg
1988, S. 9.
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Barbara Zehnpfennig
sich an ihrer Huldigung nur, wer sie selbst sind? Die Vielzahl der Reden über denselben Gegenstand ist ein Hinweis darauf, daß hier wie in allen anderen platonischen Texten einer Frage die Rolle der Schlüsselfrage zukommt: Was ist das, worüber alle so sicher urteilen zu können glauben? Was also ist die Liebe? 2
Das Dialoggeschehen Kompliziert ist der Rahmen, in den eingebettet die Liebesreden zum Vortrag kommen. 3 Apollodoros, ein glühender Verehrer des Sokrates, soll von jenem inzwischen legendären Gastmahl bei Agathon berichten, bei dem man auf so vielfältige Weise das Lob des Eros anstimmte. Doch Apollodoros war nicht selbst zugegen. Deshalb muß er sich seinerseits auf die Erzählung des Teilnehmers Aristodemos stützen, ebenfalls ein enthusiastischer Sokratesjünger. Hinsichtlich der Richtigkeit der Angaben hat sich Apollodoros jedoch bei Sokrates rückversichert. So wird das Geschehen also mehrfach gefiltert, aber in seiner Substanz bewahrt von jemandem geschildert, dessen Ergebenheit gegenüber der Sache des Sokrates eine getreue Abbildung jenseits eigener Ambition garantiert. Schon hier beginnt, was den ganzen Dialog prägen wird: ein überaus dicht gewobenes Beziehungsund Motivgeflecht. 4 Denn die Frage der Reproduktion, der Neuschöpfung oder Bewahrung der vorhandenen Substanz ist eine Frage, die unmittelbar mit dem Thema Liebe verbunden ist. Da sich diese Einführung bewußt auf die inhaltliche Seite des Symposion konzentriert, sei als ergänzende Lektüre empfohlen: J. Schmidt, Wirkungsgeschichte: Die platonische Liebe in der europäischen Philosophie und Literatur, in: Platon, Das Trinkgelage, übertr. v. U.Schmidt-Berger, Frankfurt a.M. 1985, S.160-187. 3 Nach den Motiven Platons für die mehrfache Verschachtelung der Überlieferung des Symposion forscht H. Reynen in: Der vermittelte Bericht im Platonischen Symposion, Gymnasium 74, 1967, S.405-422. 4 Informativ dazu: G.Picht, Platons Dialoge »Nomoi« und »Symposion«, Stuttgart 1990, S. 321-551. 2
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Das Symposion, dessen Verlauf nun wiedergegeben wird, wurde anläßlich des Sieges des jungen Tragödiendichters Agathon bei einem Dichterwettbewerb gefeiert - das Motiv des Wettkampfs, das den Reden ihre Dynamik verleihen wird, ist von Anfang an präsent. Aristodemos kommt als ungeladener Gast und ohne den, der ihn von unterwegs mitgebracht hat. Denn Sokrates, dem er die Mitnahme verdankt, ist in Gedanken versunken vor der Tür des Hauses stehen geblieben. Der Welt um ihn herum ist er entrückt - ein Sinnbild philosophischer Selbstvergessenheit, die in scharfem Kontrast steht zu der Selbstverliebtheit derer, welche im folgenden Eros zu preisen vorgeben und in Wahrheit doch etwas ganz anderem ihr höchstes Lob spenden. Als Sokrates endlich eintrifft, beschließt man ungewöhnliche Regeln für das Trinkgelage. Weil der Kopf von der Feier des Vortags noch schwer ist, soll im symposialen Zusammensein nicht der Becher, sondern das Wort weitergereicht werden. Auch das Thema ist schnell gefunden. Obwohl Eros ein so mächtiger und großer Gott ist, habe ihn noch nie jemand angemessen verherrlicht. Dies soll sich nun die Festgemeinschaft zur Aufgabe machen. Sokrates erklärt sein Einverständnis, mit einer Begründung, die den Kenner der platonischen Dialoge aufhorchen lassen muß: Er könne sich nicht verweigern, da er nichts verstehe als Liebesdinge. Der große Aporetiker ein Wissender in der Liebe? Der bedürfnislos lebende Philosoph ein Erotomane? Auch diese Paradoxa fordern eine Aufklärung der Grundfrage, was Liebe eigentlich ist. Denn nur dann wird verstehbar, worauf sich Sokrates versteht. So kompliziert die Eingangsszenerie konstruiert war, so einfach ist die Struktur des folgenden Textes. Fünf Reden über Eros werden gehalten, bis Sokrates zu seiner entscheidenden, alles wendenden Rede kommt. Und ein Nachredner, der ebenfalls ungeladen in das Symposion hineinplatzende AJkibiades, will dann nicht Eros, sondern Sokrates loben. Ob dieser Wechsel des Gelobten tatsächlich einen Wechsel des Themas bedeutet, bleibt zu untersuchen. Daß die Teilnehmer des Symposions auf das Thema Eros verfallen, mag auf ihre eigene erotische Verstrickung zurückzufüh-
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ren sein. Vier der fünf Vorredner des Sokrates sind einander homoerotisch verbunden: Phaidros ist der Geliebte des Eryximachos, Agathon der des Pausanias. Nur Aristophanes, der aufgrund seines Schluckaufs die Mittelposition in der Abfolge der Vorredner verliert, hat kein erotisches Pendant; gerade er wird von einer Urgewalt erotischer Sehnsucht sprechen, die Eros zum entscheidenden Lebensantrieb überhaupt werden läßt. Kompliziert gestaltet sich die Beziehung zwischen Sokrates und seinem Lobredner Alkibiades. Von einem homosexuellen Verhältnis kann hier - im Gegensatz zu der Beziehung der anderen Paare - nicht die Rede sein. Auch wird im Verlauf des Dialogs zunehmend fraglich, wer Liebender, wer Geliebter ist. Eine Aufklärung verspricht ebenfalls nur die Beantwortung der Grundfrage nach dem Wesen der Liebe. Der jugendliche Phaidros beginnt den Redereigen mit der Behauptung, Eros sei der älteste Gott und der Urheber größter Güter. Denn er führe die Liebenden aus Scham voreinander zu tugendhaftem Verhalten, ja sogar zur Inkaufnahme des Opfertodes. Göttlicher als der Geliebte aber sei der - ältere Liebhaber, dem Geliebten ein Vorbild. Der zuhörende Liebhaber Eryximachos wird diese Rede mit einiger Genugtuung hören. Der zweite Redner, Pausanias, bemängelt an der PhaidrosRede die fehlende Differenziertheit des Lobes. Die gemeine Liebe sei nicht zu loben, die nämlich, die sich auch dem anderen Geschlecht zuwendet und rein körperlich orientiert ist. Der himmlische Eros hingegen ist homosexuell, verlangt nach dem Körperlichen um der Seele willen und zielt auf Dauer. In ihm verbinden sich Päderastie und Philosophie. Wer diesem Eros folgt, dem ist alles erlaubt, auch normalerweise sozial geächtetes Verhalten. Denn die Sitte, der Nomos, beruht ohnehin auf Konvention; 5 maßstabgebend kann nur die Sitte sein, die jenem Der angebliche Gegensatz von Nomos und Physis, von sozialer Übereinkunft und natürlicher Anlage, war ein gängiger sophistischer Topos. Platon setzt sich in seinem Werk wiederholt damit auseinander, besonders intensiv in Gorgias 482 b ff. 5
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»geläuterten«, dem himmlischen Eros alle Freiheit läßt. Hier wird der Geliebte Agathon aufmerken. Dem Arzt Eryximachos, dem dritten Redner, gefällt die Unterscheidung von gutem und schlechtem, gemeinem und himmlischem Eros, nur sieht er dessen Wirkungsbereich zu eng gefaßt. Eros regelt nämlich nicht nur das Verhältnis der Menschen zueinander, sondern er ist darüber hinaus ein kosmologisches Prinzip. Vom niederen organischen Bereich über den komplexen des Menschen bis hin zu den Gestirnen und den Göttern bestimmt sich alles nach den Gesetzen von Anziehung und Abstoßung; anziehend aber wirkt das Entgegengesetzte. Wissenschaft und Technik obliegt es, in allen Bereichen des Wirklichen dem guten Eros und damit dem Prinzip universeller Freundschaft zum Durchbruch zu verhelfen. Der gemeine Eros aber muß wissenschaftlich dosiert werden - so, daß er Lust bereitet, ohne zu schaden. Nach seinem Schluckauf kommt der Komödiendichter Aristophanes nun verzögert zu Wort. Sein Anliegen aber ist, ungeachtet seines komischen Auftritts, ernst. Er will anders als seine beiden Vorredner Pausanias und Eryximachos sprechen und bewußt machen, was der Menschheit bisher an Bewußtsein fehlte: daß Eros die Kraft ist, die die menschliche Natur heilt und dem Menschen zur größten Glückseligkeit verhilft. Ursprünglich nämlich waren die Menschen von titanischer Natur - kugelförmig, doppelköpfig, androgyn oder von zweifacher gleicher Geschlechtlichkeit. Wegen ihres Versuchs, die Götter anzugreifen, wurden sie aber von Zeus gespalten. Seitdem sehnt sich jeder nach seiner verlorenen Hälfte, und damit die Menschen in der sehnsüchtigen Umklammerung des abgeschnittenen Teils nicht verhungern, gewährte ihnen Zeus die Zeugung bei Heterosexualität bzw. geschlechtliche Befriedigung bei Homosexualität. Dies macht die partielle Trennung und damit das Überleben wieder möglich. Die Vereinigung mit dem anderen ist also nichts anderes als die Wiederherstellung der wahren menschlichen Natur; die höchstwertige jedoch ist die rein männliche. Der letzte der sokratischen Vorredner, Agathon, bemängelt, daß die bisherigen Reden nur die positiven Wirkungen des
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Gottes für den Menschen gepriesen, nicht aber ihn selbst und sein Wesen verherrlicht hätten. Erst nämlich müsse man sein Wesen, dann seine Wirkung beschreiben. Das Wesen des Gottes aber ist: Er ist der jüngste, schönste und mächtigste aller Götter; denn die Liebe schafft selbst unter Göttern Frieden. Zudem besitzt Eros alle Tugenden. Gerecht ist er, weil ihm alles freiwillig gewährt wird, er also kein Unrecht tut; tapfer, weil selbst Ares, der Kriegsgott, von der Liebe besiegt wurde; besonnen, weil keine Lust stärker ist als die Liebe und Herrschaft über die Lüste Besonnenheit ist; weise, weil die Liebe alle zu Schöpfern macht in der Zeugung, in Wissenschaft, Politik und Poesie. Und nicht nur diese Wirkung geht von seinem tugendhaftem Wesen aus. Vielmehr bewirkt er alles Förderliche, Friedensschaffende, Schöne für Götter und Menschen. 6 Damit haben die sokratischen Vorredner ihr Pulver verschossen. Ihr Versuch, sich wechselseitig mit phantasievollen Zuschreibungen und kunstvoll gedrechselten Phrasen zu übertrumpfen, verrät die sophistische Schulung. In der Tat weist Platon in anderen Dialogen die meisten der Redner als Sophistenschüler aus; und nicht nur rhetorische Form, sondern auch philosophischer Gehalt belegen die Schülerschaft. Doch die Herkunft sagt noch nichts über den Wert. Haben alle Reden als richtig zu gelten, obwohl sie einander zum Teil widersprechen? Verlangt Platon vom Leser, selektiv vorzugehen und das Stimmige aus jeder Rede herauszufinden, um es dann zu einem Gesamtbild zu komponieren? Verfallen alle Reden dem Verdikt, obwohl sich in der Rede des Sokrates viele einzelne Elemente aus ihnen wiederfinden? Noch ist dieses Grundproblem der Symposion-Deutung nicht zu klären. Es fehlt die Rede des Sokrates, die eine fundamentale Änderung der Blickrichtung mit sich
In der - durchaus kritisch bewerteten - Rede Agathons sieht G. Krüger dennoch die »Apotheose einer neuen, milde und zivilisiert gewordenen Zeit« (Einsicht und Leidenschaft, Frankfurt a. M., 1948, S.136 ). Bedenkt man aber, daß hier mit der Liebe ein universeller Bemächtigungswille verherrlicht wird, so könnte auch die gegenteilige Diagnose zutreffen. 6
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bringen wird. Und es fehlt die Rede des sokratischen Nachredners Alkibiades, in dessen Schilderung der Lebenswirklichkeit des Sokrates sich die sokratische Rede noch einmal auf unerwartete Weise reflektiert. Erst nach diesen beiden Reden können die in der Literatur angebotenen Deutungsalternativen in bezug auf den Sinn der Vorreden betrachtet und begutachtet werden. Mit der Rede des Sokrates tritt Ernüchterung ein. Hatte sich Agathon eben noch - dem Thema gemäß - zu einer atemberaubenden Phrasen-Ejakulation gesteigert, so macht Sokrates nun in dürren Worten klar, daß er sich auf diese Art des Lobes nicht verstehe. Er könne nur die Wahrheit über Eros sagen. Wenn man diese hören wolle, sei er bereit. Mit einem Schlag sind alle vorangegangenen Prunkreden mit dem Schatten des Zweifels behaftet: Sollte alles, obwohl so schön gesprochen, so glänzend formuliert - und jeder Redner durchaus in seinem eigenen Stil!7 -, gar nicht wahr gewesen sein? Was aber ist die Wahrheit über Eros? Sokrates wird sie in drei Teilen offenbaren, und der Begriff »Offenbarung« ist bewußt gewählt. Hier findet eine Initiation statt. Offenbart wird priesterliches Wissen. Der erste Teil der sokratischen Rede ist keine Rede. Es ist ein Dialog, ein Dialog, in den Sokrates Agathon verwickelt. Auch der zweite Teil ist dialogisch; hier faßt Sokrates Gespräche zusammen, die er vor Jahren mit der weisen Diotima führte. Erst der dritte Teil beinhaltet eine Rede im eigentlichen Sinn und nicht Sokrates, sondern Diotima hält sie. Für Sokrates ist und bleibt das dialogische Prinzip verbindlich. Es ist seine Art,
Phaidros spricht mit jugendlichem Überschwang und liebt rhetorische Wiederholungen; Pausanias' Stil ist nüchterner, aber auch persuasiver - er redet als der erfahrene Päderast und verwendet mit Vorliebe das Vokabular der Unterwerfung. Eryximachos zeigt sich als nüchtern-technisch denkender Naturwissenschaftler mit einem Hang zur Pedanterie und zum häufigen Gebrauch des Wortes cpuA.anELv-vorsichtig sein, aufpassen. Aristophanes' Sprache ist von schlichtem Ernst und messianischer Intensität; Agathons Ton wird zunehmend hymnisch, und seine Rede präsentiert sich noch in ihrer äußersten Steigerung gegen Ende als wohlkalkuliert in bezug auf ihre Wirkung. 7
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das Wissen umzusetzen, in das Diotima ihn monologisch einweihte. 8 Diesen Zusammenhang zwischen Rede und Dialog, Wissen und Erkenntnissuche gilt es später noch einmal zu thematisieren. 9 Sokrates begrüßt den Ansatz der Rede Agathons, daß man Wesen und Wirkung von Eros unterscheiden müsse, 10 wenn man ihn sachgemäß loben wolle. Was also ist Eros? Mit wenigen, gezielten Fragen ist die ganze bisherige Gewißheit Agathons wie auch der anderen erschüttert: Liebe ist immer Liebe zu etwas, sie bedarf also dessen, wonach sie sich sehnt. Eros liebt das Schöne und hat es nicht - die Vollkommenheit des Eros erweist sich als Chimäre. Nachdem so im ersten Redeteil die Intentionalität der Liebe 11 , ihr notwendiges Bezogen-Sein auf etwas, das nicht sie
D.Anderson, The Masks of Dionysos, New York 1993, glaubt allerdings, daß Diotima dabei selbst nicht wisse, was sie da sage - denn sie berichte von einer mystischen Erfahrung, von der sie keine Rechenschaft geben könne (S.59, 63). Dagegen spricht aber ihr Verweis auf die Philosophie als Weg zur höchsten Erkenntnis und der Durchgang durch die Wissenschaften als Stufe auf dem Weg. 9 Th. Szlezak, Platon und die Schriftlichkeit der Philosophie, Berlin, New York 1985, S. 260 f„ sieht in der monologischen Passage der DiotimaRede einen weiteren Beleg für die These der Tübinger Schule, daß die Dialoge bei Platon nur propädeutischen Charakter haben und seine eigentliche Lehre in Form von Lehrvorträgen in esoterischem Kreis verbreitet wurde. Alkibiades' Rede ist da das beste Gegenargument: Alkibiades spricht von den »Götterbildern«, die die äußerlich unscheinbaren Dialoge des Sokrates in sich bergen, und beschreibt das aus ihnen resultierende Leben als das des vollendeten Mensch-Seins. Gegen Szlezak vgl. auch R. Rehn, Der entzauberte Eros: Symposion, S. 90 f„ in: Th. Kobusch, B. Mojsisch (Hrsg.), Platon, Darmstadt 1996, S. 81-95. 10 Im Menon zeigt Sokrates, wie problematisch es ist, über Eigenschaften einer Sache zu spekulieren, ohne vorher die Wesensfrage geklärt zu haben; nach ergebnisloser Anwendung der „ hypothetischen Methode« empfiehlt Sokrates, doch lieber wieder zur Wesensfrage zurückzukehren (lOOb). 11 Im Charmides geht es analog dazu um die Intentionalität der Erkenntnis. Beides hängt eng zusammen: Erkenntnis setzt Wahrheitsliebe, Einsicht in das eigene Nicht-Wissen voraus. 8
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selbst ist, aufgezeigt wurde, wird die Wesensanlayse im zweiten Teil noch vertieft. Zuvor aber gesteht Sokrates, mit der Befragung des Agathon nur das nachvollzogen zu haben, was ihm selbst einst widerfuhr. Auch er habe einmal so gedacht wie Agathon, sei aber von der weisen Diotima, einer Frau aus Mantineia, durch Befragung eines besseren belehrt worden. Sokrates bekennt sich zu seiner Schülerschaft bei dieser geheimnisumwitterten Fremden. Oftmals hat man sich getroffen, bis Sokrates präpariert war, die großen Weihen zu empfangen: das eigentliche Liebeswissen. Die Vorbereitung darauf- der zweite Teil der Sokrates-Rede bestand in der elenktisch gewonnenen Einsicht, daß Eros als des Schönen bedürftig zwischen dem Schönen und dem Häßlichen, also auch zwischen Gut und Böse steht; denn das Gute ist schön. Das bedeutet: Eros ist kein Gott, wie sämtliche Vorredner annahmen, sondern ein Dämon, ein Mittler zwischen menschlichem und göttlichem Bereich. Entsprechend seine Herkunft: Penia, die Armut, erschlich sich ein Kind von dem trunkenen Poros, der Fülle. So ist auch der Sohn, Eros, zwischen den in den Eltern präfigurierten Extremen angesiedelt; seinen ihn immer bedrohenden Mangel weiß er durch Findigkeit auszugleichen, allerdings in stetem neuen Kampf. Denn was er gewinnt, zerrinnt ihm immer wieder. Weil er aber zwischen Weisheit und Unverstand steht, ist er ein Philosoph. Gott braucht nicht zu philosophieren, er ist weise; der Unverständige glaubt, nicht philosophieren zu müssen, da er sich für weise hält. Wer also ist der Philosoph? Platon überläßt dem Leser die Schlußfolgerung, daß es nur derjenige sein kann, der weiß, daß er nicht weiß ... Man ahnt, auf wen dies einmal zutreffen wird. Diotimas Wesensanalyse führt zu dem Resümee, Sokrates habe in seiner Vergöttlichung des Eros fälschlich geglaubt, Eros sei das Geliebte und nicht das Liebende - eine Diagnose, die auch für alle Vorredner gilt. Was bewirkt nun die Liebe, wenn ihr Wesen Begehren ist? Sie macht glücklich. Denn indem sie sich auf das Schöne richtet, versucht sie, mittels des Schönen des Guten habhaft zu werden; der Besitz des Guten aber macht glücklich. Letztlich zielt
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die Liebe also auf das Gute und nicht auf die andere Hälfte, wie Aristophanes meinte - gleichgültig, ob man diese ergänzende Hälfte im Entgegengesetzten, also Ungleichen (Eryximachos) oder im Gleichen (Agathon) findet. Wie ist der Zusammenhang zwischen Schönem, Gutem und Glück in der Liebe nun genau zu verstehen? Diotima macht durch geschickte Befragung des Sokrates schnell klar, daß Glück kein Besitz, sondern eine Tätigkeit ist. 12 Zwar möchte der Mensch das Glück auf Dauer haben; doch ist ihm dies als endlichem Wesen verwehrt. So kann er nur durch eine spezifische Form der Tätigkeit eine »Verewigung« seines Glücksstrebens erreichen: durch Erzeugung. Indem er etwas Gutes erzeugt, das ihn überdauert, hat er Anteil an der Unsterblichkeit. Und der Schönheit fällt dabei die Rolle zu, den Anreiz für die Liebe und damit für die Erzeugung des Guten zu liefern. Doch so abstrakt bleibt Diotimas Erklärung nicht. Denn auch Liebesdrang und Zeugungsstreben sind sehr konkret. Bei den meisten Menschen äußert sich beides körperlich, sie ersehnen physische Vereinigung und Zeugung. In ihren Kindern, denen ihre weitere Liebe gilt, leben sie dann fort. Es gibt aber auch die geistige Zeugung: durch Schaffung unsterblicher dichterischer Werke, durch ruhmvolle Taten, die in der Nachwelt weiterleben 13 - vor allem aber, dies ist die höchste Form geistiger Zeugung, durch individuelle und politische Tugend. Wer in dieser Hinsicht zeugungsbedürftig ist, sucht nach einem vielleicht äußerlich, auf jeden Fall aber innerlich schönen Menschen, mit dem er Gespräche über die Tugend führen kann. Was den beiden
Zu dieser Einsicht kommt also nicht erst Aristoteles, sondern bereits sein Lehrer. Der schöpferische Aspekt des philosophischen Eros ist der neukantianischen Platon-Deutung natürlich unmittelbar evident, vgl. P. Natorp, Platos Ideenlehre, Hamburg 1994, S.491 ff. 13 Die m. E. absurde Auffassung, Diotima rede damit einer egoistischen „ Ruhmbegierde« (41) das Wort und sei wegen ihres fehlenden Bezugs zu einem allgcmeinverbindlichen Guten als sophistisch zu kennzeichnen, findet sich bei H. Neumann, Diotima's Concept of Love, in: American Journal of Philology, LXXXVI, 1965, S.33-59. 12
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dadurch an Gemeinschaftlichkeit erwächst, ist unzerstörbar. Ihr gemeinsames geistiges Kind bindet sie stärker aneinander, als es ein körperliches tun könnte. Bis hierhin reicht der dialogische, zweite Teil der SokratesRede. Nun folgt Diotimas Monolog über den Aufstieg zum Schönen, den sie als Initiation in die höchsten Weihen ankündigt. Von einer Frau wird also der Weg zur vollendeten Zeugung gewiesen, ein bedeutsames Vorzeichen, wenn man bedenkt, daß die sokratischen Vorredner ausnahmslos Männer waren, die der Homosexualität das Wort redeten. Homosexualität bedeutet Sterilität und damit Selbstbezogenheit; Zeugung ist der Weg, über sich hinauszugelangen. Das Wissen von der Transzendenz, das Diotima nun im Bild des Aufstiegs offenbart, ist Wissen von der Selbstüberschreitung. Fünf Stufen sind es, die der wahrhaft Liebende, das heißt der philosophisch Liebende, auf seinem Weg zurücklegen muß, oder besser gesagt: Es sind vier, denn das fünfte ist die Sache selbst, um die es im Aufstieg geht. 14 Auf der ersten Stufe muß der Liebende nach einem schönen Körper suchen, ihn lieben und den Geliebten mit schönen Reden befruchten. Schönheit ist also von Anfang an präsent - im Körper, in den Reden, im Verhalten. Bei dieser Liebe bleibt es nicht, wenn der Liebende bemerkt, daß die körperliche Schönheit seines Geliebten nicht einzigartig ist, sondern der eines anderen durchaus gleicht. Schließlich wird er diese Schönheit nicht nur an zwei, sondern an allen schönen Körpern wahrnehmen. Seine Fixierung auf das Körperliche ist damit aufgebrochen, denn er hat begriffen, daß es nicht der Körper ist, der ihn fasziniert, sondern die Schönheit, die sich am Körper nur
Weil das Fünfte das Ziel ist, kann es nicht mehr Stufe zum Ziel hin sein. Daß nach der vierten Stufe ein Hiatus folgt, bedeutet aber nicht, daß man den Weg bis zu dem Hiatus als horizontale Bewegung verstehen könnte, wie L. Chen meint (Knowledge of Beauty in Plato's Symposium, in: The Classical Quarterly, XXXIII, 1983, S.66-74). Es handelt sich um einen kontinuierlichen Aufstieg, in dem die auf jeder Stufe hinzugewonnene Einsicht die letzte Einsicht vorbereitet. 14
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zeigt. 15 Das führt ihn zur nächsten Stufe: die Liebe zur seelischen Schönheit. Diese muß sich nun nicht mehr mit körperlicher Schönheit paaren, um denjenigen, den sie auszeichnet, liebenswert erscheinen zu lassen. Auf dieser Stufe hat der Liebende sich schon so gesteigert, daß er mit seinen Reden und Gesprächen eine seelische Besserung des Geliebten bewirkt. Auch hier führt die quantitative Ausweitung der Liebesobjekte, die Liebe zu jeder Form seelischer Schönheit, zum Überstieg auf die nächste Stufe: die Liebe zu den schönen Lebensweisen und Sitten. Immer noch zeigt sich die Schönheit also an einem anderen. Doch dies andere wird zunehmend geistiger. So mündet der Liebesaufstieg auf seiner vierten Stufe dann auch in die Liebe zu den Wissenschaften und Erkenntnissen. Wer diese auf die richtige Weise liebt, ist nun schon zu philosophischen Gesprächen befähigt. Die Vollendung gewährt aber erst das Ziel des Aufstiegs: der Anblick bzw. die Erkenntnis des Schönen selbst. Dieses Schöne selbst oder die Idee des Schönen kann Diotima fast nur noch in der Form einer negativen Theologie beschreiben. Es hat all jenes Relative, Perspektivische, Objektivistische und Subjektivistische nicht mehr an sich, das die früheren Stufen bestimmte. Denn es ist das Absolute - der Grund dafür, weshalb Körper, Seele, Lebensweise und Wissenschaft als schöne in Erscheinung treten konnten. Als Grund unterscheidet es sich von dem Begründeten dadurch, daß es ganz das ist, was das andere nur zum Teil ist. Deswegen ist es ganz in sich. In ihm wirkt nichts anderes, Fremdes mehr, und deshalb ist es auch mit nichts von dem vergleichbar, was zu ihm hinführte.
Das Entscheidende geschieht am Anfang des Aufstiegs - hier erfolgt der Bruch mit der Unmittelbarkeit der Erfahrung, die Unterscheidung zwischen Ursache und Verursachtem, welche die Suche nach der Erkenntnis der Ursache in Gang setzt. Als bloße Abstraktion und Verallgemeinerung, wie D.Anderson meint (a.a.O., S.61), ist dieser Prozeß nicht zu fassen. Es handelt sich um eine tiefgreifende Änderung der Einstellung zur Erfahrung von Wirklichkeit. 15
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Das Erstaunliche aber ist: trotz seiner Absolutheit ist das Schöne für den Menschen erreichbar. 16 Denn wer es erkannt hat, so Diotima, von dem erst kann man sagen, daß er ein lebenswertes Leben führt. Was einen solchen Menschen früher begeisterte, verliert an Glanz, weil nun der Vergleichsmaßstab ein ganz anderer geworden ist. Dafür aber ist es nun möglich, durch den liebenden Bezug zum Schönen selbst wirkliche Tugend zu erzeugen, nicht bloß das, was gemeinhin, in Ermangelung des richtigen Maßstabs, Gerechtigkeit, Tapferkeit usw. genannt wird. Das Sein, das das Schöne auszeichnet, färbt also auch auf das ab, was mittels des Schönen gezeugt wird. Der von Eros ergriffene Mensch bringt wirklich das Gute hervor: Er ist gut.17 Sokrates bekennt, daß ihn diese Rede überzeugt habe und er nun seinerseits andere von der dämonischen Kraft des Eros zu überzeugen versuche. Dies also sei sein Lob des Eros. Den feierlichen Ton der Diotima-Rede konterkariert Platon nun durch eine raffinierte Inszenierung; auffallend zurückhaltend nämlich fällt das Lob der anderen für eine Rede aus, die doch den wahren Enthusiasmus zum Gegenstand hatte. Das Agathon'sche Wortgeklingel hatte die Zuhörer noch zu Begeisterungsstürmen hingerissen. Aber Platon ist Realist genug zu wissen, daß nur bereit ist zu hören, wer hören will. Auch im Phaidon, dem Sterbedialog des Sokrates, wird tauben Ohrengepredigt. Dort ergibt sich daraus die tragikomische Situation, daß Sokrates unmittelbar vor seinem Tod seinen engsten Schülern noch einmal erklären muß, worum es eigentlich geht in der
Es darf eben nicht vergegenständlicht gedacht werden. Erst dann ergibt sich die Chorismos-Problematik, auf die Aristoteles vielerorts (z.B. Metaphysik 1, 9, 991 a, b) hinweist - so als hätte er damit nicht bloß sein eigenes (Miß-)Verständnis der platonischen Idee offenbart. 17 In Euthydemos 289b sucht Sokrates nach der Erkenntnis, die wahren Nutzen für den Menschen bedeutet, nämlich die, »in der das Hervorbringen und das Wissen, wie das Hervorgebrachte zu gebrauchen ist, zusammenfallen«. Gemeint ist die hier beschriebene Erzeugung und Erkenntnis des Guten; das Gute bleibt nicht Objekt, sondern wird zu einer Wirklichkeit des Subjekts. 16
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Philosophie, ja, daß er sie trösten muß, obwohl es an ihm ist zu sterben. Nach dem philosophischen Höhepunkt des Symposion in der Diotima-Rede folgt nun der dramatische Höhepunkt durch das Eintreffen des betrunkenen Alkibiades. Mit Efeu, Veilchen und Bändern bekränzt, tritt er auf als der leibhaftige Dionysios, der eruptiv in die Ordnung des Symposions einbricht und nun tyrannisch seine Regeln diktiert. Es soll endlich getrunken werden - und man soll hinnehmen, daß er nicht Eros, sondern Sokrates loben wolle. Am Ende wird sich zeigen, daß beides dasselbe ist. Die Sokrates-Rede verdeutlichte die intellektuelle Seite des philosophischen Eros. Alkibiades, der wie Sokrates die Wahrheit zu sagen beansprucht, ermöglicht den Blick auf die existentielle Seite philosophischer Erotik. Dabei gibt er durchaus die eigene Erschütterung durch die Begegnung mit Sokrates zu erkennen. Tritt er als Trunkener unter lauter Nüchternen auf, so redet er doch wie ein Nüchterner unter lauter Trunkenen. Denn alle, mit Ausnahme des Sokrates, hatten sich an ihren eigenen Reden berauscht. Nach einem kleinen Eifersuchtsgeplänkel, in dem Alkibiades Sokrates als den ihn verfolgenden Liebhaber darstellt, während Sokrates kundtut, daß ganz im Gegenteil er sich der Liebe des Alkibiades kaum zu erwehren vermag, kommt Alkibiades zur Sache. Weil Sokrates mit nichts anderem aus dem Bereich des Menschlichen zu vergleichen sei - man fühlt sich an die Kennzeichnung erinnert, die Diotima dem Schönen selbst gab -, vergleicht Alkibiades ihn mit den Silenen 18, wie sie von den Bildhauern dargestellt werden: äußerlich häßlich, bergen sie in ihrem Inneren Götterbilder. Auch der Satyr Marsyas gleicht Sokrates. Er schlägt alle mit seiner Flöte in Bann, so wie Sokrates dies mit seinen Reden tut. Die Wirkung dieser Reden bzw. Dialoge ist erstaunlich, und Alkibiades legt hier sein Innerstes bloß: Er wird von ihnen so erschüttert, daß er glaubt, es lohnte sich nicht zu Silenen und Satyrn sind ebenso wie Eros Dämonen. Schon mit diesem Vergleich ist die Eros-Nähe des Sokrates angedeutet. 18
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leben, wenn er bliebe, wie er ist. Denn sie machen ihm bewußt, daß ihm das Wesentliche ermangelt. 19 Statt sich um den eigenen Seelenzustand zu kümmern, stürzt er sich in das politische Leben, das ihm Ruhm und Ehre verspricht. Hin- und hergerissen zwischen philosophischer Ergriffenheit und Sehnsucht nach dem Glanz politischer Erfolge, wünscht er sich Sokrates tot und wäre doch verzweifelt, würde er tatsächlich nicht mehr leben. Silenenhaft an Sokrates ist auch seine ständige Jagd nach Schönen, obwohl ihm, wie sich herausstellt, körperliche Schönheit und alles andere, was gemeinhin Wertschätzung erfährt, nichts bedeutet. Wenn er sich unwissend gibt, so ist das ironische Verstellung, denn seine Reden sind wie er selbst: äußerlich unansehnlich, wenn er von Schustern, Gerbern und Schmieden spricht, innerlich aber voller Weisheit und aller anderen Tugenden. Der Hinweis auf die Frühdialoge, den Platon hier durch Alkibiades gibt, ist unübersehbar. So aporetisch scheinen sie nicht zu sein, wenn man ihnen das Fell des übermütigen Satyrs abstreift und in ihr Inneres blickt ...zo Diesen Blick in das Innere getan zu haben, behauptet Alkibiades nun und belegt mit seinem weiteren Bericht, daß Sokrates nicht bei der Rede über die Tugend stehengeblieben ist. Er lebt sie. Von den durchaus aufdringlichen sexuellen Avancen des Alkibiades, die dieser rückhaltlos zugibt, hat sich Sokrates nicht beeindrucken lassen; die Entbehrungen des Krieges trägt er gelassen; dennoch ist er genußfähig, auch im Trinken, ohne jemals berauscht zu sein; in den Gefahren der Schlacht bewies er Das Motiv des Mangels aus der Diotima-Rede. Alkibiades hat, im Gegensatz zu den Vorrednern des Sokrates, die eigene Bedürftigkeit erkannt - ohne daraus die sokratische Konsequenz ziehen zu können. 20 Die Fixierung des Blicks auf die Aporie verhindert, das Wesentliche zur Kenntnis zu nehmen, was in der Dialektik des Frühdialogs geschieht: eine Versachlichung des Denkens, die genau den Weg nachzeichnet, den Diotima im Aufstieg beschrieben hat. Wenn die im Dialog jeweils gesuchte Definition am Ende nicht gefunden wird, dann nur deshalb, weil die im Dialog verwirklichte sokratische Erkenntnis das Definitions-Wissen überschreitet und die mangelnde Einsicht der sokratischen Dialogpartner dieses Wissen unterschreitet. 19
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außerordentliche Tapferkeit; trotz seiner Leistungen verzichtete er auf jede Ehrung. Beeindruckend auch seine Standhaftigkeit: Einen ganzen Tag und eine ganze Nacht über ein Problem nachsinnend, verharrte er einmal auf einer Stelle. Über der philosophischen Suche versinkt ihm die Welt: das Motiv des Anfangs des Symposions, das eine andere Art der Ekstasis symbolisiert, als der dionysische Rausch sie darstellt. Der dämonische Mann Sokrates - Alkibiades hat ihm alle Züge des Eros aus der Diotima-Rede verliehen. Doch ganz zum Schluß kommt er auf etwas zu sprechen, das schon in dem kleinen Eingangsgeplänkel anklang und die Sokrates-Eros-Analogie verwirrt: Immer geriert sich Sokrates als der Liebhaber, um sich dann als der Geliebte herauszustellen. Wenn Sokrates aber Eros, also Liebender ist, wie kann er dann der Geliebte sein? Die Antwort muß im Aufstieg zu finden sein. Wer philosophisch liebt, wird dem ähnlich, was er liebt. Was ihn anzieht, macht ihn seinerseits anziehend, weil er wird, was er sucht. In Alkibiades' schonungsloser Selbstoffenbarung hatte der Wein wohltätig gewirkt-durch ihn trat die Wahrheit zutage. Die Weinmassen, in denen das Symposion nun durch die Hemmungslosigkeit hereinströmender Nachtschwärmer ertränkt wird, haben nur noch allgemeine Auflösung zur Folge. Mit einer Ausnahme: Sokrates führt unbeirrt Dialoge mit den konkurrierenden Dichtern Agathon und Aristophanes, bis er auch sie in den Schlaf geredet hat. Daraufhin bricht er auf zum gewohnten Gang in das Lykeion und kehrt nach Verrichtung des üblichen Tagewerks erst am Abend heim.
Die Bedeutung der Vorredner Daß mit der Rede des Sokrates eine grundlegende Wende in der bis dahin vorgetragenen Eros-Deutung eintritt, ist unübersehbar. Doch eine Wende setzt eine einheitliche Richtung voraus, gegen die die Wende erfolgt. Läßt sich eine solche gemeinsame Grundausrichtung bei den sokratischen Vorrednern ausmachen? Und welche Funktion haben die fünf Reden, wenn die Wahrheit
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über Eros erst in der sechsten, eben der sokratischen, enthüllt werden soll? An der Frage nach Zusammenhang und Bedeutung der Vorreden entscheidet sich das Gesamtverständnis des Dialogs.21 Eben diese Frage ist in der Literatur besonders umstritten. Einige paradigmatische Positionen sollen deshalb nun dargestellt und geprüft werden. Es gibt keinen inneren Zusammenhang der Reden; sie sind in Gruppen zu ordnen; sie bilden eine auf- bzw. absteigende Linie. Das si~d die logischen Grundmöglichkeiten hinsichtlich einer Systematik der Reden,22 und alles hängt nun davon ab, woran Gemeinsamkeit und Unterschied, qualitativer Zugewinn oder Einbuße gemessen wird. Die unwahrscheinlichste Deutungsvariante ist wohl die, wie beispielsweise Hug 23 keine tiefergehenden inhaltlichen Beziehungen zwischen den Reden zu vermuten, sondern in ihnen nur Äußerungen von Individualität zu sehen. Wieso sollten die Redner dann selbst den Zusammenhang betonen, indem sie lobend oder kritisch auf ihre Vorredner eingehen? Wozu die Veränderung der Reihenfolge durch den Schluckauf des Aristophanes? Diese Hinweise Platons auf gedankliche Kontinuitäten und Diskontinuitäten nicht ernst zu nehmen, hieße zu unterstellen, daß die ansonsten in dem Text feststellbare feingesponnene Motivund Gedankenverknüpfung gerade in dieser langen, wichtigen Eingangssequenz fehlte. Hilft es also weiter, die Reden in Sachgruppen zu ordnen? Das hängt ganz offensichtlich von der Begründung der Zusammenstellung und deren Gewinn für die Gesamtdeutung ab. Dazu
Eine Deutung wie die von R.Rehn, a.a.O., die sich von vornherein ganz auf den zweiten Dialogteil konzentriert, ist problematisch, weil sie von einer nichtbegründeten methodologischen Prämisse ausgeht: daß die sokratisch-platonische Dialektik, die Wahrheitssuche durch Entgegensetzung, in diesem Dialog in bezug auf die Vorredner keine Anwendung findet. 22 Natürlich lassen sich die zweite und dritte Grundmöglichkeit auch kombinieren, wie im folgenden ersichtlich. 23 A. Hug, Symposion, Leipzig 3 1909, S. LIII. 21
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drei Beispiele: Friedländer 24 hält die Rede des Phaidros (1) und die des Agathon (5) für zusammengehörig (S.15): Beide verbindet der Gegensatz, denn für Phaidros ist Eros der älteste, für Agathon der jüngste Gott. Sie vertreten damit »die beiden mythischen Bilder« (S.17) von Eros, von denen der Sokrates-Eros sich später lösen wird. Pausanias (2) und Eryximachos (3) wiederum gehören aufgrund einer Gemeinsamkeit zusammen, weil »das Motiv des zwiefachen Eros von Pausanias eingeführt, von Eryximachos fortgeführt wird« (S.15); die soziologische Sicht der Liebe wird durch die naturwissenschaftliche ergänzt. Isoliert steht die Rede des Aristophanes (4) da. Er, dem ohne Schluckauf die mittlere Position zugefallen wäre, übt mit seiner »existentiellen Anthropologie« (S.16) die schärfste Kritik an den Vorrednern und offeriert die radikalste Sicht. Durch diese Paarung 1+5,2+3,4 runden sich Anfang und Ende zum Kreis (S.17), wobei der qualitative Tiefpunkt, den die fünfte Rede darstellt, die Apotheose in Gestalt der Sokrates-Rede vorbereitet. Dennoch beruht »der Wert der früheren Reden auf ihrer Annäherung an das von Sokrates-Diotima gewiesene Ziel« (S.24). In ihnen ist zwar kein Aufstieg zu erkennen, insgesamt aber sind sie Stufe zu Sokrates hin. Eine andere Paarung schlägt Krüger 25 vor, nämlich 1, 2+3,4+5. Phaidros steht für sich, weil er Eros mythologisch, wenn auch in Gestalt eines neuen Mythos faßt (S. 92f.). Das Paar Pausanias und Eryximachos vertritt hingegen die Aufklärung; der eine in sittlicher Hinsicht (S. 97), der andere in bezug auf die »Weltbetrachtung überhaupt« (S. 106). Aristophanes und Agathon bilden als Vertreter der dionysischen Dichtung ein Paar (S. 131). Stellt die Rede des Aristophanes eine tragische Komödie dar (S. 119), so die des Agathon eine komische Tragödie (S. 130). Der Gesamtzusammenhang aber ist, daß sich in den Reden fortschreitend die Exposition des Grundproblems zeigt, auf das die Phaidros-Rede verwies: die neue Selbständigkeit des Menschen nach dem Bruch mit dem alten Mythos; der Glaube an die 24
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P. Friedländer, Platon, Bd. II, Berlin 1964-1975, S. 1-28. G.Krüger, a.a.O.
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Souveränität des Individuums, dessen Fragwürdigkeit sich zunehmend zeigt, nämlich am Scheitern des aufklärerischen Ansatzes bei Pausanias und Eryximachos, an der Einsicht, daß Eros eine nicht vom Menschen beherrschbare Kraft darstellt, bei Aristophanes und an der Nichtigkeit dichterischer Weisheit bei Agathon. Insgesamt wird von den Vorrednern der gesamte »Spielraum der Doxa durchmessen« (S. 96). Brisson26 wiederum nimmt das Friedländersche Schema auf, mit einer nicht unwesentlichen Variante: Auch Sokrates wird in das Schema einbezogen, so daß die Paarung nun 1+5, 2+3, 4+6 lautet (S. 39 f. ). Begründet wird die Paarbildung durch den sie bestimmenden Gegensatz. Phaidros und Agathon kennen nur einen Eros, doch einmal ist er der älteste, dann der jüngste Gott. Pausanias und Eryximachos unterscheiden zwei Eroten, doch der eine Redner beschränkt sein Wirken auf den Menschen, der andere erweitert seinen Wirkungsbereich auf die ganze Welt. Aristophanes und Sokrates heben die Betrachtung auf ein neues Niveau; doch im ersten Fall ist Eros der einzige Gott, der dem Menschen den Einblick in seine eigene Natur ermöglicht, während Eros im anderen Fall ein Dämon ist, der es dem Menschen ermöglicht, sein natürliches Streben in dauerhaften Besitz zu verwandeln. Stehen die ersten beiden Paare noch auf dem Boden der traditionellen Theologie, so vertritt das letzte Paar für Griechenland atypische Religionen: Aristophanes steht für die Orphik, Sokrates für die eleusinischen Mysterien. Schon diese Beispiele zeigen, welche Vielfalt an Deutungsmöglichkeiten sich auftut und welche Schwierigkeiten es bereitet, zwischen ihnen zu entscheiden. Zu denken gibt aber: Wird hier nicht nach Maßgabe des Entgegengesetzten und des Gleichen gruppiert - ein Maßstab, der in bezug auf Eros in der Diotima-Rede ausdrücklich verworfen wird, weil er nicht substantiell, sondern ganz äußerlich ist? Und versteht man durch diese Art der Gruppierung besser, welche Bedeutung den Vorreden insgesamt zukommt? Ist schließlich von den Vorreden selbst her zu klären, ob Sokrates zu ihnen gehört oder nicht? 26
L. Brisson (Hrsg.), Platon, Le Banquet, Paris 1998, lntroduction.
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Doch auch der Verzicht auf Gruppierung und die Deutung des Zusammenhangs gemäß eines linearen Modells führt nicht notwendig weiter. Gauss 27 beispielsweise vermutet, daß die Reden »offensichtlich als eine beständige Steigerung gedacht« (S. 82) sind, vermag diese Steigerung aber nicht recht plausibel zu machen. Und daß die letzte Rede, die des Agathon, der Rede des Aristophanes gedanklich weit unterlegen ist, wie Gauss zugibt (S. 82, 93 ), kann wohl auch nicht als Bestätigung seiner Theorie betrachtet werden. Wo ist der Ausweg aus diesem interpretatorischen Dilemma zu suchen? Er kann wohl nur im Text zu finden sein: in den Deutungshinweisen, die Platon selbst gibt. Sokrates will die Wahrheit über Eros sagen - in bewußter Entgegensetzung zu seinen Vorrednern, deren Lob des Eros ausdrücklich als Schein gekennzeichnet wird. 28 Damit verweist Platon auf eine grundlegende Gemeinsamkeit der Vorredner, die angesichts der thematischen Vielfalt ihrer Ausführungen nur in ihrer gemeinsamen Prämisse liegen kann: daß Eros ein Gott ist. Diese Grundannahme widerlegt Sokrates als erstes und bereitet damit den Boden für seine eigene Rede. Der Bruch mit der Prämisse, daß Eros ein Gott ist, begründet also den Bruch zwischen den Vorrednern und Sokrates. Welche Hinweise gibt es aber für die innere Struktur der durch eine Kluft von der sokratischen Rede getrennten Vorreden? Phaidros H. Gauss, Philosophischer Handkommentar zu den Dialogen Platos, 2. Teil, 2.Hälfte, Bern 1958, S.81-117. 28 Das scheint H.Erbse entgangen zu sein, wenn er behauptet: »jedes einzelne Enkomion fügt dem Bild des mächtigen, vielfältigen Gottes einen neuen Aspekt hinzu, und zuletzt enthüllt er sich als einzigartiger Vermittler zwischen Erde und Himmel« (Sokrates und die Frauen, S.202, in: Gymnasium 73, 1966, S.201-220). Wenn man die sokratische Rede so in Kontinuität zu den Vorreden sieht, dann ist es nur konsequent, Platon auch der Päderasten-Ideologie zu bezichtigen (205 f.). Den ScheinCharakter der Vorreden betont dagegen C.-A.Scheier, Schein und Erscheinung im platonischen »Symposion«, nicht ohne dafür von L. OeingHanhoff in einer Replik harsch kritisiert zu werden (in: Philosophisches Jahrbuch 90, 1983, S.363-375 und 375-381). 27
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ist »der Vater des Gedankens« (177 d); Pausanias fordert eine inhaltliche Differenzierung des von Phaidros vorgegebenen Themas (180c); Eryximachos lobt die Differenzierung, will sie aber durch Ausweitung zu Ende führen (185e-186a). Aristophanes betont, ganz anders als seine beiden Vorredner, also nicht ganz anders als Phaidros sprechen zu wollen (189c), und Agathon kritisiert an allen bisherigen Reden, nur die Wirkung, nicht das Wesen von Eros geklärt zu haben (194e). Die vierte Rede markiert also einen Neuanfang, der sich aber offenkundig nur gegen die zweite und dritte Rede wendet. Unklar ist nun noch, ob der fünfte Redner Agathon sich durch seine Kritik von allen anderen abhebt oder ob er nur das Werk der Vorredner vollendet. Das aber ist auf Grundlage der bisherigen formalen Betrachtung nicht zu entscheiden. Hier hilft nur der Blick auf die Inhalte. Und diese sind in ihrer Vielfältigkeit nur durch eine radikale Perspektivenveränderung vergleichbar zu machen: Führen die Vorreden zur Rede des Sokrates hin, so sind sie ihrerseits doch nur von der Sokrates-Rede her zu verstehen. Denn sie stellen den Mangel dar, auf den Sokrates reagiert. Daß Diotima in der Sokrates-Rede nun fünf Stufen des Aufstiegs unterscheidet und daß fünf Eros-Reden vor der sokratischen als überliefernswert wiedergegeben werden, ist ein deutlicher Hinweis auf eine analoge, wegen der falschen Grundausrichtung der Vorredner aber gegenläufige Bewegung. Dem Aufstieg zur Erkenntnis des Schönen geht der Abstieg zum reinen Schein des Schönen voraus. Eine Deutung, die alle angeführten Elemente, den Bruch zwischen Vorrednern und Sokrates, die von Platon angedeutete innere Struktur der Vorreden sowie die Gerichtetheit der Reden insgesamt verbindet, findet sich bei Schrastetter29 • Nach dieser Interpretation bilden die ersten drei Reden eine quantitative, die wieder an der ersten anknüpfende vierte und fünfte Rede eine qualitative Reflexion auf Eros. Die Reden 1+2+3 ermöglichen eine zunehmende Unterscheidung und Ausdehnung des Wirkungsbereichs des Phaidros-Eros, die Reden R. Schrastetter, Der Weg des Menschen bei Plato, Phil. Diss., München 1966. 29
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1+4+5 dessen zunehmend tiefergehende Begründung (S.102f.). Die Gesamtbewegung führt aber immer weiter vom wahren Eros fort, weil sie Entfaltung und Begründung des von Phaidros eingeführten göttlichen Eros sind. So kulminiert die Bewegung auch in der Agathon-Rede, in der Eros zum Gott über den Göttern stilisiert wird. Phaidros ist völlig in der eigenen Liebeserfahrung befangen; er vergöttlicht, was er als übermächtige Gewalt erfahren hat. Der ältere Liebhaber Pausanias hat diese jugendliche Befangenheit bereits überwunden und verhält sich mit seiner Unterscheidung guter - schlechter Eros reflexiv zu seinem Gegenstand. Es ist aber nur eine Differenzierung innerhalb des Vorgegebenen, die Eryximachos dann vollendet, indem er sie auf den gesamten Kosmos ausdehnt. »Von der Einzelerfahrung des Phaidros ausgehend, hat die quantitative Ausweitung zur sozialen - Pausanias - und zur weltlichen Erfahrung - Eryximachos - diese Möglichkeit der Erostheodoxie durchmessen« (S. 98f.). Nun muß es darum gehen, jenes Äußerste an quantitativer Macht des Eros durch ein Äußerstes an qualitativer zu begründen. Das leitet Aristophanes ein, indem er, wieder an Phaidros anknüpfend (S.100), enthüllt, daß sich der Mensch gar nicht bewußt ist, welche Kraft in ihm wirkt, wenn er liebt. Die menschliche Selbständigkeit, welche Pausanias mit seiner unterscheidenden Reflexion behauptet hatte, wird nun als relative erwiesen. Denn noch in seiner Unterscheidung zwischen guter und schlechter Liebe agiert der Mensch als Werkzeug in der Hand eines bisher unerkannten Gottes. Diesen Ansatz vollendet Agathon, wenn er selbst die Götter noch vom Gott Eros beherrscht sieht und ihn damit auch zum Herrscher über alle Tugenden macht. Damit hat Eros in der Tat ein Äußerstes an qualitativer Allmacht erreicht; und Eros muß - gegen Phaidros - nun als jüngster Gott erscheinen, da er doch alle anderen Götter weit übertrifft. Mit dieser Deutung von Schrastetter lassen sich die Vorreden sinnvoll in die Gesamtkonzeption integrieren. Sie bilden so das negative Pendant zum Diotima-Aufstieg. Denn in diesem spielen Quantität und Qualität auch eine entscheidende Rolle.
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Immer ist es die quantitative Ausdehnung der Liebesobjekte auf der einen Stufe, die den qualitativen Überstieg zur folgenden Stufe ermöglicht. Der Grundunterschied zwischen Vorrednern und sokratischer Rede aber ist: Die Vorredner haben in Eros ihren eigenen Trieb vergöttlicht. Ihre »Liebe« ist selbstbezüglich und damit unfruchtbar. Diotima aber macht deutlich, daß nicht die Liebe, sondern das von ihr Geliebte göttlich ist. Damit weist sie den. Weg über die Selbstbezogenheit des Menschen hinaus, der sein Wirken überhaupt erst fruchtbar sein läßt.
Die Rolle der Diotima
Ob Diotima eine historische Figur ist oder nicht, ist in der Forschung umstritten,30 aber für das Verständnis des Dialogs nicht wirklich von Belang. Von Belang ist der Sachverhalt, für den sie steht, und daß dieser historische Wurzeln hat, ist unabweislich. Diotima kündet vom Göttlichen. Sie tritt damit als das notwendige Korrektiv gegenüber einer sophistisch geprägten Gemeinschaft von Symposiasten auf, deren Selbstverliebtheit Selbstgenügsamkeit und damit Verzicht auf Transzendenz bedeutet. Phaidros hatte seine freiwillige Unterwerfung unter den älteren Liebhaber als Weg zur Tugend verherrlicht, Pausanias erhob sich in seiner Unterscheidung von guter und schlechter Liebe selbst zum Maßstab einer rechtmäßigen oder schändlichen Freizügigkeit. Bei Eryximachos war der Anspruch des Naturwissenschaftlers auf technische Weltbeherrschung mit der angeblichen erotischen Grundstruktur des Wirklichen legitimiert worden, und für Aristophanes wurde die Liebe schlicht zum Instrument der Überlebenssicherung. In Agathon schließlich fand die Habens-Orientierung ihren extremsten Ausdruck: besessen von der Liebe, befindet man sich auch im Besitz der Tugend. Alle Literatur zu dieser Frage bei M. Waithe, Diotima of Mantineia, in: A History of Women Philosophers I, 1987, S.83-116, und D.Halperin, One Hundred Years of Homosexuality, New York/London 1990, S.119ff. 30
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Vorredner blieben im Bann ihres Interesses, gelangten über die Grenzen ihrer Subjektivität nicht hinaus. Doch sogar in ihnen wirkt noch das urmenschliche Bedürfnis nach Selbstüberschreitung nach, das sie jedoch auf sehr irdische Weise befriedigen: im Rausch, den Sexualität und Alkohol gewähren. So singen sie das Hohelied der Päderastie und lassen sich dann nur zu gerne durch Alkibiades, den inkarnierten Dionysos, von ihrer eher unfreiwillig geübten Mäßigung im Trinken wieder abbringen. 31 Diotima steht für die höhere Form der Ekstasis, des Enthusiasmus: jenes Zurücklassen des »alten Adam«, das in den Mysterien mit den rituellen Schritten der Reinigung, Belehrung und Erhebung vorbereitet wurde. 32 Dieser Dreischritt ist auch in der Sokrates-Rede zu finden. Das Vorgespräch mit Agathon bezeichnet die »Reinigung« von den ursprünglichen Vorurteilen über die Liebe; der Dialog Sokrates-Diotima stellt die »Belehrung« über das wahre Wesen und Wirken von Eros dar; der Aufstieg schließlich ist die »Erhebung«, der Ausblick auf das eigentliche Ziel der Liebe. Die von Diotima verwandte Mysterienterminologie deutet unmißverständlich auf ihre Funktion als Mittlerin zwischen Mensch und Gott hin. Ihr kommt so dieselbe Rolle zu wie der Liebe und der Philosophie. Im Mittelpunkt von Diotimas Ausführungen steht ihre Theorie von der Zeugung - eben jene Tätigkeit, durch die der Mensch die Steigerung und Überschreitung seiner selbst erfährt. Dies und die Rationalität, die noch in ihrer Schilderung der Entgrenzung erkennbar bleiben, weisen auf ihre Nähe zu den eleusinischen Mysterien hin. 33 In Eleusis wurde die Erdmutter Demeter verehrt, die ihre Tochter an Hades, den Herrscher des Eine Ausnahme bildet hier der Arzt Eryximachos, der vor dem übermäßigen Trinken warnt und auch sonst als Pedant der Lust auftritt - was ihn andererseits nicht hindert, auch der wohldosierten gemeinen Liebe das Wort zu reden. 32 Vgl. C. Ried weg, M ysterienterminologie bei Platon, Philon und Klemens von Alexandrien, Berlin/New York 1987, S.5ff., und O.Kern, Die Religion der Griechen, Bd. II, Berlin 1963, S.195 ff. 33 Vgl. M. Giebel, Das Geheimnis der Mysterien, Zürich und München 1990, S.17-53. 31
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Totenreichs verlor. Durch ihre beharrliche Suche und Liebe aber überzeugte sie Hades, ihr die Tochter für einen Teil des Jahres zurückzugeben. Der Mythos ist Symbol für das immer wiederkehrende Dahinsterben und Wiederaufleben der Natur und damit für die stete Erneuerung des Lebens durch den Tod hindurch. Sokrates' Vorredner erwähnten mehrfach Hades-Mythen, doch gerade diesen vorhomerischen Mythos nicht - kein Wunder, denn sie leben ganz in der homerischen Tradition, in der nicht mehr die Erdmutter, sondern Zeus regiert und der Zusammenhang zwischen Oberwelt und Unterwelt, Leben und Tod durchtrennt ist.34 In den eleusinischen Mysterien wird dieser Gesamtzusammenhang des Lebens symbolisch wiederhergestellt, und der Ruf, den die Mysten rituell ausstoßen: hye - regne!, gerichtet an den Himmel, und kye - empfange!, 35 gerichtet an die Erde, könnte geradezu als Quintessenz des Diotima-Aufstiegs gefaßt werden. Zeugung setzt Zeugungsbedürfnis und Empfängnisbereitschaft voraus. Empfängnisbereitschaft bedeutet Offenheit für die Aufnahme des Nicht-Eigenen. Diese Offenheit hat aber nur, wer den Mangel an sich selbst erfahren hat, den er mittels Aufnahme des anderen überwinden will. Genau diesen Mangel aber leugneten die Vorredner, wenn sie die Liebe selbst zum Gott erhoben. Denn so konnten sie ihr eigenes Bedürfnis zum Maßstab der Liebe machen. Eryximachos suchte als erotische Entsprechung das ihm Entgegengesetzte, Aristophanes die ihm fehlende Hälfte, Agathon den ihm Gleichen. Immer blieb das Ich der absolute Bezugspunkt. So wird die Liebe zum Mittel, sich im anderen zu spiegeln oder ihn zur Vollendung dessen, was man schon ist, zu mißbrauch~n. Diotima hatte dieser »Liebes«praxis entgegengehalten, niemand hänge an dem Eigenen, sofern es Diotima spricht vom steten Dahinsterben und Wiederaufleben des Eros, das ein Analogon zu menschlicher Endlichkeit und Transzendenz, zum steten Neuanfang der Erkenntnissuche darstellt. Auch ist Eros diejenige Kraft, die den Kosmos in sich zusammenbindet (202 e), weil sie den Zusammenhang zwischen Menschlichem und Göttlichem stiftet. 35 Giebel, a.a.O., S.20. 34
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nicht gut sei. Eben dies aber hatten die Vorredner vorausgesetzt, nämlich daß ihr »Eigenes« bereits gut sei-in Verkennung ihrer Mangelhaftigkeit, welche Diotima als Unverstand bezeichnet hatte. Welche Rolle kommt nun im Diotima-Teil des Symposion der Geschlechtlichkeit zu? Wohl nicht zufällig ist Diotima eine Frau; als Frau konterkariert sie die männliche Hybris, die die sokratischen Vorredner zeigten, wenn sie die Liebe zum Selbstbestätigungs- und Herrschaftsinstrument verkommen ließen. 36 Diotima verkörpert das Prinzip der Empfängnis: die Offenheit für das Gute, das dem Menschen noch fehlt und dem er sich durch Zeugung annähern kann. Ihre Zeugungstheorie selbst aber bezieht sich, schon durch die verwandte Terminologie, unterschiedslos auf beide Geschlechter, wie auch die physische Zeugung beider Geschlechter bedarf. In Eleusis wurde offenbar die Synthese von männlichem und weiblichem Prinzip noch einmal heraufbeschworen, 37 nachdem sich in der griechischen Alltagswirklichkeit das männliche Prinzip als dominantes durchgesetzt hatte. Für Diotima ist Geschlechtlichkeit letztlich Gleichnis, 38 Zeugung ist nicht autonom zu bewerkstelligen. Für die Vorredner des Sokrates ist Sexualität dagegen der eigentliche Zweck, der sich hinter ihren hehren Worten von einer Liebe verbirgt, die Wissenschaftlichkeit, politische Größe und Tugend hervorbrinDennoch mutet es etwas albern an, die Funktion Diotimas zum Anlaß zu nehmen, Platons Philosophie vor den Richterstuhl feministischen Schwarz-Weiß-Denkens zu zerren - selbst wenn ihm dann gnädig die Absolution erteilt wird wie von M. J06, Die Liebe zum Ähnlichen, in: Gymnasium 104, 1997, S.131-155. Diotima tritt als Korrektiv einer schein-autonomen Männlichkeit auf, um durch Betonung des anderen geschlechtlichen Pols auf das zu verweisen, was es als gemeinsames Drittes zu erzeugen gilt. Um dieses geht es, und damit ist die Sphäre der Geschlechtlichkeit bereits überschritten. 37 Giebel, a.a.O., S.51. 38 Wie man auch dieses Gleichnis wieder sexuell interpretieren kann, zeigt E.Pender, Spiritual Pregnancy in Plato's Symposium, in: The Classical Quarterly, XLII, 1992, S. 72-86. 36
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gen soll. Die Ausrichtung beider ist also gegenläufig. Im Aufstieg der Diotima ist die Liebe zum schönen Körper nur erste Stufe einer über das Körperliche hinausweisenden, ganz anderen Liebe; die Vorredner kommen über die Körperlichkeit gar nicht hinaus. Sie benutzen vielmehr den Schein all dessen, was im Aufstieg als Ergebnis einer sich zunehmend vergeistigenden Liebe gekennzeichnet wird, 39 um ihr Verharren in der körperlichen Liebe ideologisch zu legitimieren. Ihre Homosexualität ist das Symbol für diese Selbstbezogenheit, die notwendig unfruchtbar bleiben muß. Dennoch nehmen sie für sich in Anspruch, schöpferisch zu sein. Wohl nicht von ungefähr verdeutlicht Diotima in 205 c einen logischen Sachverhalt am Beispiel der Poiesis, der Schöpfung. Als Poeten beanspruchen zumindest Aristophanes und Agathon Schöpfertum. Aber auch Eryximachos verkörpert mit seiner Theorie der wissenschaftlich-technischen Weltbeherrschung den Glauben an die gestalterische Kraft des Eros, dem er huldigt. Doch ohne Transzendenz muß ihre Liebe selbstbezüglich bleiben; ob Poet oder Demiurg, das in den Vorrednern personifizierte Weltverhältnis bleibt eines, das an der Welt immer nur die Bestätigung des Ich sucht. Der Wettstreit zwischen Philosophie und Dichtung, den Agathon in 175 e ankündigt, soll durch Dionysos entschieden werden. Der als Dionysos auftretende Alkibiades läßt keinen Zweifel, daß die wahre Schöpfung, die vollendete Tugend aufseiten der Philosophie zu finden ist. Gegenüber den Vorrednern tritt Diotima also als Künderin einer auf Gott bezogenen Liebe auf, die aus der Unfruchtbarkeit menschlicher Selbstbezogenheit befreit. Wie aber ist ihre Position gegenüber dem Nachredner Alkibiades einzuschätzen? Phaidros bspw. kennzeichnet die (päderastische) Liebe als Weg zur Tugend; Pausanias betont die Verbindung von Päderastie und Philosophie; Eryximachos beschreibt einen erotisch begründeten Weg von der Natur über den Menschen zum göttlichen Bereich; Aristophanes sieht in Eros die Kraft, die den Menschen an den ihm gebührenden Ort im Kosmos hält und so den Kosmos in sich abrundet; Agathon verweist darauf, daß Eros die auf das Schöne gerichtete Kraft ist. 39
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Möglicherweise symbolisiert Alkibiades den Bezug auf einen Gott, der nicht zu leisten vermag, was Diotimas Gott ermöglicht. Der dionysische Rausch ist Entgrenzung ohne vorherige Reinigung und ohne wirkliches Ziel. 40 Den überaus starken erotischen Drang hat Alkibiades mit dem Diotima-Schüler Sokrates gemein. Deswegen erkennt er ihn auch - im Gegensatz zu allen anderen Symposiasten. Denn er findet in ihm einen Seelenverwandten. Das selbst zu werden, was Sokrates ist, ist Alkibiades jedoch nicht möglich, weil sein starker Trieb nach äußerer Bestätigung, nicht nach seelischer Verwandlung strebt. So wie die eleusinischen Mysterien mit ihrem Verzicht auf Rauschmittel, ihrer individuellen Initiation und ihrer kontemplativen Ausrichtung noch in der Transzendenzerfahrung Maß und Ziel kennen, sind die Dionysien mit ihrer orgiastischen und individualitätsprengenden religiösen Praxis Ausdruck irrationaler Entgrenzung. Vielleicht ist in Diotima und Alkibiades der historische Gegensatz von Eleusis- und Dionysos-Mysterien verkörpert. Und vielleicht war das Symposion deshalb Nietzsches Lieblingsdialog, weil er hier die Prinzipien des Apollinischen und des Dionysischen aus seiner Geburt der Tragödie am reinsten präformiert fand. Apollon ist der sokratische Leitgott, und sein Heiligtum in Delphi war mit Eleusis eng verbunden. 41
Die Stellung des Symposion in den Mitteldialogen In allen Dialogen der mittleren Werkphase Platons, also in Phaidon, Symposion, Politeia und Phaidros, bildet eine Aufstiegsschilderung das sachliche Zentrum. Doch alle Aufstiege unterscheiden sich voneinander, obwohl es in ihnen de facto um dasselbe geht: die Erkenntnis der letzten Ursache. Welche Bedeutung hat diese Verschiedenheit der Erkenntniswege, bzw. welches ist ihr Zusammenhang? Möglicherweise bezeichnet die oben genannte Abfolge der Dialoge, die wohl auch der Reihen40
41
Giebel, a.a.O., $. 55-88; Kern, a.a.O., Bd. III, S.191 ff. Kern, a.a.O., Bd.III, S.206f.
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folge ihrer Entstehung entspricht, den Weg, den Sokrates zurücklegen mußte, um der werden zu können, als den ihn Platon porträtiert. Dann gäbe es so etwas wie einen Aufstieg im Aufstieg - und das Symposion bildete dessen zweite Stufe. Daß Sokrates selbst im Phaidon von den Anfängen seiner philosophischen Forschungen und damit von einer intellektuellen Entwicklung spricht, wurde zwar oft als nachträgliche Konstruktion Platons gedeutet. Allerdings gibt es für diese Deutung nur einen Grund: das verbreitete Vorurteil, die Frühdialoge zeigten den wahren, nämlich nicht-wissenden Sokrates; dem Sokrates der Mittel- und Spätdialoge habe Platon hingegen seine eigene Lehre in den Mund gelegt. 42 Doch Platon müßte sich, gemessen an den Ausführungen Diotimas, selbst als Ignoranten und Nichtphilosophen klassifizieren, hätte er die sokratische Suche tatsächlich durch eine platonische »Lehre« ersetzt. Den inneren Zusammenhang des platonischen Gesamtwerks zu klären, ist hier nicht der Ort. 43 Nur eines sei angedeutet: Vielleicht ist die Aporie des Frühdialogs etwas anderes als Ergebnislosigkeit - worauf Alkibiades hinweist; und vielleicht besteht die platonische »Lehre« in nichts anderem als der Aufforderung, den Weg des Sokrates nachzugehen - worauf die Aufstiege hinweisen. Im Phaidon schildert Sokrates seine Auseinandersetzung mit der ionischen Naturphilosophie. Von ihr erwartete er als junger Mensch Antwort auf die ihn umtreibende Frage, was die Ursache von allem, von Sein und Werden ist. Doch die Antwort enttäuschte: Sie war materialistisch und selbstwidersprüchlich. Sokrates bemerkte sehr bald, was der Fehler war: Hier war die Bedingung, unter der die Ursache wirken kann, also das Sinnliche, Materielle, mit der Ursache selbst verwechselt worden. Der nächste Schritt mußte daher sein, eine geistige Ursache zu suchen, mittels derer sich das Materielle erklären läßt. Doch wieSo in bezug auf das Symposion mit großer Gewißheit, aber ohne Begründung W. Bröcker, Platos Gespräche, Frankfurt a.M. 3 1985, S.156. 43 Zu diesem Zusammenhang s. B.Zehnpfennig, Platon zur Einführung, Hamburg 1997. 42
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der wurde Sokrates enttäuscht. Anaxagoras, der von einer geistigen Ursache sprach, weil er in der Vernunft den Grund der Wirklichkeit sah, konnte nicht erklären, wieso die Welt vernünftig und gut geordnet ist; er fiel auf die Stufe der Naturphilosophie zurück. Sokrates, ergebnislos auf der Suche nach einem Lehrer, entwickelte deshalb eine eigene Theorie. Indem er nach einer nicht-sinnlichen, auf vernünftiger Begründung beruhenden Ursache Ausschau hielt, stieß er auf die Idee. Das Sein der Dinge erklärt sich durch ihre Teilhabe an der Idee; die Idee der Schönheit ist Grund für die Schönheit, die sich an den Dingen zeigt. Warum genügt diese Antwort nicht? Im Dialog Parmenides zeigt sich, daß der junge Sokrates seine eigene Theorie nicht verstanden hatte; der Dialektik seiner eleatischen Gesprächspartner ist er nicht gewachsen, er vermag nicht zu sagen, was die Idee eigentlich sein soll.44 In der Natur war das, was Sokrates suchte, nicht zu finden gewesen. Die geistige Ursache, die er dem materialistischen Denken entgegensetzte, war ein bloßes Postulat geblieben. Wie aber war die Leere auszufüllen, das als notwendig nur Gedachte zu verstehen? Hier tritt Diotima auf den Plan. In ihr entdeckt Sokrates die Lehrerin, nach der es ihn immer verlangte. Denn sie macht eines deutlich: Die von Sokrates eingeschlagene Richtung vom Sinnlichen ausgehend voranzuschreiten zum Geistigen, das es erklärt, ist prinzipiell richtig. Doch Erfüllung, und das heißt Erkenntnis, verspricht erst der Bezug auf das Göttliche, an dem der Mensch sich ausrichten muß, weil er als Mensch von Natur aus mit dem Mangel der Unkenntnis behaftet ist. Erst in der Überschreitung dessen, was er von Natur aus ist, also erst durch
Alle grundlegenden, bspw. im U niversalienstreit des Mittelalters wiederkehrenden Möglichkeiten, die Idee zu denken, werden im Parmenides geprüft und verworfen: Die Idee ist weder im Ding, noch nur im Bewußtsein, noch ist sie absolut. Erst in den Gleichnissen der Politeia wird thematisiert, woran der junge Sokrates damals scheiterte: Er war in den Aporien des bloßen Verstandesdenken befangen, der Überschritt zur Vernunft war noch nicht vollzogen. 44
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eine tiefgehende Selbstveränderung kann der Mensch die Ursache des Wirklichen begreifen. Der Zeugungsprozeß, in dem der von der Liebe zur Weisheit Getriebene tugendhafte Reden und Taten zeugt, ist vor allem ein Prozeß der Selbsterzeugung. Diotimas Lehre hat Sokrates wohl von einem Irrweg abgebracht, den er nach seiner Abwendung von der Naturforschung einschlug: die nunmehr als geistig gedachte Ursache im Menschen, wie er ist, zu suchen - die sophistische Lösung. 45 Sokrates bestätigt im Symposion, bis zu seiner Begegnung mit Diotima so gedacht zu haben wie Agathon, der das menschliche Begehren selbst schon für göttlich hielt. Weder in der Natur noch im als autonom vorgestellten Menschen ist die Wahrheit zu finden; nur indem der Mensch sich überschreitet, kommt er zu sich. Aber Diotimas Lehre ist nur die Theorie - wo ist die Praxis? Den Weg zum Guten, das durch den liebenden Bezug zum Schönen gezeugt werden soll, beschreiben im Anschluß an das Symposion die drei Gleichnisse in der Politeia. Auch in ihnen wird die sinnliche Welt zu der sie erklärenden geistigen Welt, die geistige Welt zu der sie begründenden Ursache überschritten. Durch welche Tätigkeit aber wird diese Erzeugung und Erkenntnis des Guten vollzogen? Das Höhlengleichnis beschreibt im Schicksal des Aufgestiegenen das Schicksal des Sokrates; wer diesen Weg zurücklegt und die Wirklichkeit mit verändertem Blick sieht, hat Haß und Verfolgung derer zu gewärtigen, die durch den Aufgestiegenen auf den Scheincharakter ihrer Wirklichkeitserfahrung gestoßen werden. Die Tätigkeit, in der sich das Gute verwirklicht, ist also die sokratische Tätigkeit: der Dialog - wie auch schon Diotima angedeutet hatte, als sie von den Reden sprach, durch die Liebender und Geliebter sich dem Aufstiegsziel nähern. Diotimas Darstellung selbst war monologisch, denn sie verkündete nur das Wissen vom Aufstieg. Verdichtet in dem homo-mensura-Satz des Sophisten Protagoras: Der Mensch ist das Maß aller Dinge, der seienden, daß sie sind, der nichtseienden, daß sie nicht sind. Platons Auseinandersetzung damit findet sich in Theaitetos 15leff.; die ethisch-politischen Konsequenzen der Protagoras-Position untersucht Platon im Dialog Protagoras. 45
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Sokrates vollzieht den Aufstieg - im Dialog mit der Naturphilosophie, die die Autonomie des Sinnlichen behauptet, im Dialog mit der Sophistik, die die Autonomie des Menschen behauptet, und im Dialog mit dem Alltagsverstand, in dem sich beide Positionen verbinden. Die Praxis des Aufstiegs ist der Frühdialog. 46 Und die Politeia erklärt mit ihren Gleichnissen sowohl, was im Frühdialog geschieht, als auch, welche Konsequenz Sokrates aus den in Phaidon und Symposion geschilderten geistigen Erfahrungen zog. Im Phaidros schließlich - auch er hat die Liebe zum Thema wird der von Eros angetriebene Aufstieg in den Gesamtzusammenhang des Lebens eingebunden. Durch die mythologische Erzählung von einem vorgeburtlichen Sein des Menschen und seinem Erdenfall erscheint der Aufstieg nun als die eigentliche Lebenstätigkeit, die zurück zum Ursprung führt. Bei Durchdringung der mythologischen Einkleidung aber wird deutlich, was mit dem Hinausgreifen über die Zeitlichkeit der irdischen Existenz gemeint ist: die sachliche Transzendenz in der Erkenntnis des Absoluten, die dann, wie Diotima prophezeite, auch das Ergreifen des dem Menschen möglichen Ewigen ist.
Was ist Eros?
Daß mit dem Eros des Symposion weder Sentimentalität noch Gefühle der Erbaulichkeit zu verbinden sind, ist offensichtlich - zu drastisch-konkret ist die päderastische Liebe der sokratischen Vorredner, zu intellektuell der Eros des Sokrates, zu existenziell die Liebe des sokratischen Nachredners Alkibiades. Was alle drei Formen zu Erscheinungsweisen der Liebe macht, ist die Tatsache des Begehrens. Eros ist die Kraft, die zu dem Begehrten hinzieht. Das Ziel des Begehrens aber unterscheidet die Symposiasten. Den Vorrednern gerät ihre Knabenliebe zur als solche nicht durchschauten Selbstliebe. Der Nachredner ist Zu den dort identifizierbaren Stufen des Aufstiegs vgl. B. Zehnpfennig, a.a.O., S. 82-91. 46
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zerrissen zwischen seiner Liebe des öffentlichen Ansehens auch dies eine verkappte Form der Selbstliebe - und seiner Liebe zu Sokrates, die er jedoch durch körperlichen, nicht durch seelischen Einsatz zu realisieren hofft. Damit versucht er dessen, was Sokrates verkörpert, auf die einfachste Weise habhaft zu werden - als wäre es in der Kategorie des »Habens« zu erfassen.47 Was aber ist das Ziel des sokratischen Eros? Worin besteht das Liebeswissen, dessen sich Sokrates selbst rühmt? Das Ziel der sokratischen Liebe, wie immer man es nennen will: die Wahrheit, die Idee des Guten, das Schöne und Gute selbst, ist nur unter einer Voraussetzung erreichbar: die Einsicht in die eigene Bedürftigkeit. 48 Mit dieser grundlegenden Einsicht ist das Ziel schon präformiert. Es kann nicht mehr im Bereich des eigenen Vorurteils liegen; es ist die Sache, der das Ich sich unterstellen muß. So verbinden sich sokratisches Nichtwissen und sokratisches Liebeswissen. Die Suche nach Einsicht, die Prüfung der Prämissen des Denkens im Dialog mit sich selbst und mit den anderen ist getrieben vom Wissen des Mangels. Gerade dadurch aber läßt sich der Mangel überwinden. Denn an der vorurteilslosen Suche bildet sich die Vernunft heraus, die ein erfülltes, von der Tugend getragenes Leben ermöglicht. Daß das Erkennen sich immer wieder von neuem vollziehen muß, daß das zu Schaffende nicht vergegenständlicht vorgestellt werden darf, sondern sich nur im Tun realisiert, hat Diotima in ihrem Mythos von Eros verbildlicht. Jenseits der Bildlichkeit und jenseits der historischen Einkleidung des symposialen Ge-
47 Daß Weisheit etwas ist, das nicht einfach aus dem Volieren in den Leereren überfließt, hatte Sokrates scherzhaft-ernst auch Agathon entgegengehalten (176d,e), der ohne eigene Anstrengung an Sokrates' Weisheit partizipieren wollte. Mit der Haltung der um Sokrates buhlenden Mit-Symposiasten Agathon und Alkibiades ist aber auch der sophistische Anspruch getroffen, das entscheidende Wissen, das vom richtigen Leben, per Lehre übertragen zu können. 48 Das ist die im Höhlengleichnis der Politeia geschilderte freiwillige Umkehr.
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schehens aber macht Platon in seinem Symposion eines deutlich: Es gibt zwei Weisen des Weltbezugs - eine, in der die Selbstliebe den Zugang zur Wirklichkeit verhindert, und eine, in der die Wahrheitsliebe die Selbstliebe überwindet und den Weg zur Wirklichkeit öffnet. Eros ist die Chiffre für den jeweils gewählten Bezug zur Welt. Kann es noch einen Zweifel geben, welcher Eros das bessere Leben verspricht?
ZUR ÜBERSETZUNG
Grundlage der Übersetzung bildet die Oxforder Platon-Ausgabe (Vol.I, 1900) von l.Burnet. Von der 1981 in dritter Auflage herausgegebenen Übersetzung Otto Apelts wurden der Rahmen sowie einige Wendungen übernommen, ebenso - in überarbeiteter Form - das Register. Der textkritische Apparat Burnets konnte bei Abdruck des griechischen Textes nicht berücksichtigt werden. Die lateinischen Ziffern in der Übersetzung entsprechen der Kapitel-Zählung bei Schleiermacher.
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NACHTRAG ZUR BIBLIOGRAPHIE
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griechisch-italienisch Platone, Simposio o sull'amore, hrsg. und übers. von F. Zanetta, Venezia 2009. Platone, Simposio, hrsg. und übers. von M. Nucci, Torino 2009.
2. nur Übersetzung
englisch Plato's Symposium: A Translation by S. Benardete with Commentaries by A. Bloom and S. Benardete, Chicago 2001. Plato's Symposium, edited by S. Frisbee/M.C. Howatson, translated by M.C. Howatson, Cambrigde 2008.
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LVI
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1
In Verbindung mit Textausgaben und Übersetzungen: s. dort
GLIEDERUNG DES DIALOGS
1.
Das Vorgespräch (172a-174a)
A) Apollodoros erzählt von seinem Gespräch mit Glaukon, in dem er Glaukon von dem durch Aristodemos überlieferten »Symposion« berichtete. B) Apollodoros spricht mit seinen Zuhörern über den Wert philosophischer Gespräche.
II. Die Erzählung des Aristodemos (174a-223d)
Rahmen (174a-178a): Sokrates und Aristodemos gehen zum Symposion bei Agathon. Man beschließt, kein Trinkgelage zu veranstalten, sondern Lobreden auf Eros zu halten. A) Die vor-sokratischen Reden (178 a-197 e): 1. Phaidros (178a-180b) Eros ist der älteste Gott und Urheber größter Güter. 2. Pausanias (180c-185c) Eros muß in sich unterschieden werden; es gibt einen guten und einen schlechten Eros.
Rahmen (185c-185e): der Schluckauf des Aristophanes verändert die Reihen[olge der Reden. 3. Eryximachos (185e-188e) Die Unterscheidung der beiden Eroten muß ausgeweitet werden: Guter und schlechter Eros durchwalten den ganzen Kosmos. 4. Aristophanes (189c-193e) Eros muß neu bestimmt werden: Eros sichert das Überleben der Menschheit.
LVIII
Gliederung des Dialogs
Rahmen (193e-194e): Sokrates spricht mit Agathon über die Pflichten des Redners. 5. Agathon (194e-197e) Wesen und Wirkung von Eros müssen unterschieden werden: Eros ist Gott über den Göttern und bringt Menschen wie Göttern Frieden. B) Die sokratische Rede (198 a-212 c) Eros zu loben, heißt, die Wahrheit über Eros zu sagen. 1. Sokrates' Dialog mit Agathon (199c-201 c) Eros ist immer Liebe zu etwas, dessen man entbehrt: das Gute. 2. Diotimas Dialog mit Sokrates (201 d-209e) a. Wesen des Eros: Eros ist nicht Gott, sondern Mittler zwischen Mensch und Gott. b. Wirkung des Eros: Eros verschafft Unsterblichkeit durch Zeugung des Guten, angeregt vom Schönen. 3. Diotimas Rede (210a-212a) Der Aufstieg zum Schönen durch Eros.
Rahmen (212 c-215 a): Alkibiades platzt in das Symposion hinein und beschließt, nicht Eros, sondern Sokrates zu loben. C) Die nach-sokratische Rede (215a-226b)
Alkibiades Sokrates ist die Wirklichkeit der erotischen Existenz.
Rahmen (222 c-223 d): das Symposion entartet zum Gelage. Sokrates bleibt als einziger nüchtern und verrichtet am Morgen wie gewohnt sein Tagewerk.
PLATON ITMITO:DON SYMPOSION
Personen: 1. im Vorgespräch: Apollodoros und einige seiner Freunde; 2. im erzählten Gespräch beim Gastmahl: Aristodemos (Ar.) - der ursprüngliche Erzähler; Sokrates (S.); Agathon (Ag.); Phaidros (Ph.); Pausanias (P.); Eryximachos (Er.); Aristophanes (Aph.); Alkibiades (Alk.); einige Ungenannte.
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Erzählung des Aristodemos
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vor der Tür des Nachbarhauses, und als ich ihn rief, wollte er nicht hereinkommen. Ag.: Sonderbar, was du da sagst. Dann ruf ihn noch einmal und laß nicht locker! Ar.: Nein, laßt ihn nur, das ist so seine gewohnte Art: Er geht zuweilen beiseite und bleibt stehen, wo es sich gerade trifft. Er wird aber gleich kommen, denke ich. Stört ihn also nicht, sondern laßt ihn. Ag.: Wenn du meinst, wollen wir es so halten. Uns andere, ihr Knaben, bewirtet nun! Ihr tragt ja doch immer nur auf, was euch beliebt, wenn man euch nicht beaufsichtigt, was ich nie getan habe. Also nehmt einmal an, auch ich wäre von euch zum Gastmahl eingeladen so wie die anderen, und bedient uns so, daß wir euch loben können. Hierauf hätten sie gespeist, Sokrates aber wäre nicht hereingekommen. Agathon hätte zwar mehrmals befohlen, Sokrates zu holen, er (Aristodemos) hätte es aber nicht zugelassen. Er sei dann doch erschienen, nachdem er nicht, wie es sonst seine Gewohnheit war, lange verweilt hatte. Sie seien höchstens in der Mitte des Mahles gewesen. Agathon - denn es habe sich so ergeben, daß er am unteren Ende alleine lag 26 - habe ihm zugerufen: Hierher Sokrates, leg dich neben mich, damit mir durch deine Berührung von der Weisheit zuteil werde, die du dort vor der Tür gewonnen hast. Denn offenbar hast du das Gesuchte gefunden und hast es nun; eher wärst du gewiß nicht fortgegangen. Da habe sich Sokrates niedergelassen und gesagt: Das wäre schön, Agathon, wenn die Weisheit so beschaffen wäre, daß sie aus dem Volleren von uns in den Leereren flösse, wenn wir einander berühren, so wie bei den Bechern mittels eines Wollfadens das Wasser aus dem volleren in den leereren herüberfließt.27 Wenn es sich so auch mit der Weisheit verhält, dann ist es mir viel wert, neben dir zu liegen. Denn ich glaube, mich bei dir mit vieler schöner Weisheit anzufüllen. Denn die meine ist nur eine geringe und zweifelhafte2 8, da sie wie ein Traum ist, deine dagegen ist
12
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Vor-sokratische Reden · Phaidros
17
ter verwunderlich; aber mir fiel auch schon ein Buch eines weisen Mannes in die Hände, in dem das Salz eine wunderbare Lobrede bekam wegen seines Nutzens, und so kann man noch manc ches andere dieser Art gepriesen sehen. Auf solche Dinge hat man also viel Eifer verwandt, den Eros aber auf angemessene Weise zu preisen, daran hat sich bis auf den heutigen Tag noch kein Mensch gewagt, sondern diesen gewaltigen Gott hat man völlig vernachlässigt.« Darin scheint mir Phaidros ganz recht zu haben. Ich möchte ihm daher teils einen Liebesdienst erweisen und ihm gefällig sein, teils aber scheint es mir gerade jetzt für uns, die wir hier zusammen sind, angemessen zu sein, den Gott zu feiern.42 Wenn ihr nun der gleichen Ansicht seid, so d hätten wir durch die Reden eine geeignete Unterhaltung. Ich meine nämlich, es soll jeder von uns rechts herum eine Rede zum Lob des Eros halten, so schön, wie er kann; anfangen aber soll Phaidros, weil er obenan liegt und zudem der Vater dieses Gedankens ist. S.: Niemand wird gegen dich stimmen, Eryximachos. Denn weder ich, der ich behaupte, nichts anderes zu verstehen als Liebesdinge, 43 könnte mich weigern, noch Agathon und Pausanias e und schon gar nicht Aristophanes, der sich ganz Dionysos und Aphrodite widmet, 44 noch irgendein anderer von denen, die ich hier sehe. Allerdings sind wir, die wir ganz unten liegen, dabei im Nachteil; doch wenn die vor uns angemessen und schön sprechen, so soll uns das genügen. Fang also, Phaidros, unter glücklichen Vorzeichen an und verherrliche Eros. Dem hätten dann auch alle übrigen zugestimmt und dasselbe 178 gefordert wie Sokrates. (Apollodoros) An alles, was jeder gesagt hatte, erinnerte sich nun schon Aristodemos nicht genau, wie ich mich wiederum nicht an alles erinnere, was jener erzählte. Welche und wessen Reden mir aber vor allem wert schienen, im Gedächtnis behalten zu werden, diese will ich euch im einzelnen mitteilen. 45 6. Zuerst nämlich, wie gesagt, habe Phaidros gesprochen und seine Rede etwa damit begonnen: Eros sei ein großer Gott und Menschen und Göttern in vielfacher Hinsicht bewundernswert,
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