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German Pages 199 Year 1987
Studenten aus der Dritten Welt in beiden deutsdien Staaten
SCHRIFTENREIHE DER GESELLSCHAFT FnR DEUTSCHLANDFORSCHUNG BAND 20
Studenten aus der Dritten Welt in beiden deutschen Staaten
llerausgegeben von llans F. Illy W oiEgang Smmidt-Stredc.enbam
DUNCKER & HUMBLOT I BERLIN
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Studenten aus der Dritten Welt in beiden deutschen Staaten I hrsg. von Hans F. Illy; Wolfgang Schmidt-Streckenbach. - Berlin: Duncker und Humblot, 1987. (Schriftenreihe der Gesellschaft für Deutschlandforschung; Bd. 20) ISBN 3-428-06234-5 NE: llly, Hans F. {Hrsg.]; Gesellschaft für Deutschlandforschung: Schriftenreihe der Gesellschaft ...
Alle Rechte vorbehalten
@) 1987 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41
Satz: Werksatz Marschall, Berlin 45 Druck: Werner H1ldebrand, Berlln &5 Printed in Germany ISBN 3-428-06234-5
INHALT Vorwort
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Klaus Bönnemann Auswärtige Kulturpolitik und Ausländerstudium
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Hans Fo Illy Interkulturelle Kommunikation und Ausländerstudium aus der Sicht der Entwicklungspolitik
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Alexander Thomas Interkulturelle Kommunikation und Ausländerstudium aus der Sicht der Austauschforschung
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Wolfgang Schmid t-Streckenbach Strukturen des Ausländerstudiums in der Bundesrepublik Deutschland
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Roland Wiedmann Strukturen des Ausländerstudiums in der Deutschen Demokratischen Republik
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Günter Reuhl Zugangsvoraussetzungen für ausländische Studienbewerber aus Ländern der "Dritten Welt" in der Bundesrepublik Deutschland 101 0
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Michael Wollenschläger Rechtlich-administrative Implikationen des Ausländerstudiums - Zur Problematik der Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis für ausländische Studenten in der Bundesrepublik Deutschland 109 Günther Bauer Probleme der Studienfinanzierung und Betreuung aus der Sicht pro129 grammführender Institutionen (Otto Benecke Stiftung) 0
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Christian Reiser Probleme der Studienfinanzierung aus der Sicht programmführender Institutionen (DAAD) 139 0
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Inhalt
Roland Wiedmann Probleme der Studienfinanzierung in der Deutschen Demokratischen Republik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Ursula Lindig Sozialpsychologische Probleme ausländischer Studenten im deutschen Kulturkreis 159 Werner Weber Perspektiven des Ausländerstudiums aus der Sicht der Hochschulen
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Klaus Schimitzek Bericht über das Podiumsgespräch: Perspektiven des Ausländerstudiums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 Die Verfasser und Herausgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
VORWORT Im Jahre 1984 hat der Vorstand der Gesellschaft für Deutschlandforschung die Gründung einer Fachgruppe "Entwicklungspolitik" beschlossen und mich mit deren Leitung betraut. Dies bedeutet jedoch nicht, daß die Gesellschaft sich erst jetzt mit Fragen der Beziehungen beider deutscher Staaten zur sog. Dritten Welt beschäftigt; dies geschah schon seit Jahren, wenn auch nur punktuell, in den anderen Fachgruppen. Zudem hat sich seine Arbeitstagung (1982) ausschließlich diesem Themenkreis gewidmet und die Ergebnisse auch in einer Publikation vorgelegt.* Die Beiträge dieses Bandes, von ausgewiesenen Fachleuten verfaßt, sind nach wie vor aktuell und stellen den Hintergrund auch flir diese Veröffentlichung dar. Die erste Tagung der Fachgruppe "Entwicklungspolitik" fand vom 14. bis 17. Juni 1985 im Gesamteuropäischen Studienwerk, Vlotho, statt und hatte einen Teilaspekt der Außenbeziehungen zum Gegenstand: die Ausbildung von Studenten aus der Dritten Welt in beiden deutschen Staaten. Auf den ersten Blick könnte man meinen, daß dieses Thema nicht viel Neues hergebe, da es ein selbstverständliches Faktum geworden sei, das zu hinterfragen sich kaum lohne. Die letzten Jahre haben jedoch gezeigt, wie wichtig gerade der Personenaustausch geworden ist: die auswärtige Kulturpolitik ist durchaus gewissen Wandlungen unterworfen, die ausländerrechtliehen Bestimmungen sind eine gewichtige Determinante für das Ausländerstudium geworden, die Hochschulen machen sich als Anbieter Gedanken über ihre Studenten aus der Dritten Welt, die deutsche Entwicklungspolitik stellt die bisherige Praxis des Ausländerstudiums in Frage. Die Tagung fiihrte Experten zusammen - Wissenschaftler und Praktiker -, die in die einzelnen Problemfelder einführten, die bisherigen Erfahrungen ausbreiteten und bewerteten wie auch Wege in die Zukunft aufzeigten. Dabei stellte sich heraus, daß selbst die statistischen Unterlagen zum Ausländerstudium ungenügend, ja teilweise auch widersprüchlich sind. Ein offenes demokratisches System wie das der Bundesrepublik mißt den internationalen Kulturbeziehungen eine besondere Bedeutung bei, hat es aber weitgehend versäumt, im Bereich des Ausländerstudiums eine strukturierte Politik zu entwickeln. Es gibt z. Z. (alle Ausländer) viermal mehr "freie Studenten"
* Siegfried Baske u. Gottfried Zieger (Hrsg.): Die Dritte Welt und die beiden Staaten in Deutschland, Schriftenreihe der Gesellschaft für Deutschlandforschung, Bd. VI, Jahrbuch 1982, Edition Meyn, Asperg b. Stuttgart 1983.
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Vorwort
(ca. 56 000) als "Programmstudenten" (ca. 14 000); nur letztere können gezielt nach Prioritäten und Bedarfslagen der Heimatländer ausgewählt werden. Die DDR hingegen hat das Ausländerstudium von Anfang an präzisen außenpolitischen und außenwirtschaftliehen Zielsetzungen untergeordnet. Eine genauere Untersuchung dieser Realitäten dürfte langfristig zu dem Schluß kommen, daß der rechte Weg wohl irgendwie in der Mitte zu liegen habe. Man sollte sich jedoch vor allzu schnellen Schlußfolgerungen und eindimensionalen Vorschlägen hüten, bevor nicht die bisherige Praxis von allen Seiten her beleuchtet ist. Diese Publikation versteht sich als ein Beitrag zu dieser Diskussion. Sie kann nur unvollkommen die Atmosphäre einer Tagung abbilden, die dadurch charakterisiert war, daß die insgesamt 39 Teilnehmer und Referenten intensiv und konstruktiv miteinander diskutierten. Darunter waren Vertreter von elf Entwicklungsländern aus Afrika, Asien und Lateinamerika, auch solche, die Erfahrungen in beiden deutschen Staaten gesammelt haben. Schließlich möchte ich dem Vorsitzenden der Gesellschaft, Herrn Prof. Dr. Siegfried Mampel, flir die wohlwollende Förderung der Fachgruppe und seine aktive Beteiligung an der Tagung danken, wie auch allen Referenten, die mit Engagement und Kompetenz ihren gewichtigen Beitrag zur Tagung und Publikation leisteten. Zu besonderem Dank bin ich Herrn Wolfgang SchmidtStreckenbach verpflichtet, der trotz beruflicher Belastung mich in Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Tagung sehr wirkungsvoll unterstützte. Seine Sachkenntnis und sein organisatorisches Geschick schlagen sich auch in diesem Band nieder. Prof. Dr. Hans F. Illy
Klaus Sönnemann
AUSWÄRTIGE KULTURPOLITIK UND AUSLÄNDERSTUDIUM 1
1. Am 21. September 1977 hat die Bundesregierung zum erstenmal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ein offiziell und politisch verbindliches Konzept ftir ihre auswärtige Kulturpolitik verabschiedet. Sie nahm damit Stellung zu dem umfangreichen Bericht der 1970 eingesetzten Enquete-Kommission Auswärtige Kulturpolitik. Diese Stellungnahme, in der auch auf die bei dieser Tagung im Mittelpunkt stehenden Bereiche Wissenschaft und Entwicklungsländer eingegangen wird, hat - wie die folgenden Zitate beweisen - nach wie vor Gültigkeit. "Hochschulen und Wissenschaft sind von jeher besondere Schwerpunkte internationaler Kulturbeziehungen, weil sie von vomherein auf internationalen Austausch und auf internationale Zusammenarbeit angelegt sind. Austausch und Kooperation im Bereich der Wissenschaften und der Hochschulbildung gehören darum zu den wirkungsvollsten Programmen bilateraler wie multilateraler Kulturbeziehungen. Sie werden es dank der zunehmenden Internationalisierung der Wissenschaft in Zukunft mehr denn je sein. Unter diesem Gesichtspunkt muß die Förderung auch in diesem Bereich verstärkt werden. Alle Aktivitäten und Maßnahmen im Hochschul- und Wissenschaftsbereich haben neben ihrem Nutzen für Bildung und Forschung auch erhebliche außenpolitische Bedeutung, da sie Zielgruppen zueinanderführen, die in entscheidenden Bereichen des Kulturlebens tätig sind und in ihren Heimatländern hohes Ansehen genießen, ja vielfach Führungspositionen einnehmen. Eine sorgfältig geplante und durchgeführte auswärtige Hochschul- und Wissenschaftspolitik dient daher langfristig wesentlich mehr dem Interesse unseres Landes als manche anderen vordergriindig vielleicht öffentlichkeitswirksameren Programme. Deshalb wird die Bundesregierung der Förderung der internationalen Wissenschaftsbeziehungen eine besondere Priorität einräumen." 1
1 Stellungnahme der Bundesregierung zum Bericht der Enquete-Kommission Auswärtige Kulturpolitik des Deutschen Bundestages vom 21. 9.1977, in: Handbuch für internationale Zusammenarbeit, II 03 13, Ziff. 38/39, S. 15 f.
Klaus Bönnemann
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"Folgende Maßnahmen hält die Bundesregierung für besonders wichtig: a) beim Austausch von Wissenschaftlern (u. a.) vermehrte kurzfristige Aufenthalte von Wissenschaftlern in der Bundesrepublik Deutschland, verstärkte Förderung des Austausches und der Zusammenarbeit zwischen Hochschulen, besonders im Rahmen wissenschaftlicher Programme und Projekte; Verbesserung und Systematisierung der Nachbetreuung ausländischer Hochschullehrer durch Kontaktpflege und durch fachgebundene Information. b) beim Studentenaustausch bessere Planung und statistische Erfassung des Ausländerstudiums in der Bundesrepublik; bessere Information ausländischer Studienbewerber und ihre gründliche - auch sprachliche - Vorbereitung auf ihren Deutschlandaufenthalt, insbesondere bei Studenten aus Entwicklungsländern; verstärkte persönliche Betreuung ausländischer Studenten während ihres Aufenthaltes in der Bundesrepublik durch Hochschulen, Kommunen und Bürger; laufende Evaluierung der Stipendienpraxis für ausländische Studenten und Wissenschaftler und, soweit möglich, verstärkte Förderung besonders erfolgreicher Programme; verbesserte Nachbetreuung nach Rückkehr und verstärkte Bemühungen um die ausbildungsadäquate Anerkennung deutscher Studienabschlüsse, besonders für Studenten aus Entwicklungsländern." 2 "Im Einklang mit der EnquSte-Kommission sieht die Bundesregierung unbeschadet der Aufteilung der Zuständigkeit auf verschiedene Ressorts, die gesamte Zusammenarbeit mit den Ländern der Dritten Welt im Bildungs- und Wissenschaftsbereich auch im größeren Zusammenhang der auswärtigen Kulturpolitik, da es sich auch hier wesentlich um kulturelle Zusammenarbeit mit anderen Staaten handelt. Dabei spielt berufsbezogene Bildung und Ausbildung als besonders wirksamer Beitrag zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung eine wichtige Rolle. Die Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern muß in den Bereichen Bildung und Wissenschaft aufeinander und zwischen den beteiligten Ressorts abgestimmt werden, um die erheblichen finanziellen Aufwendungen optimal nutzbar zu machen." 3 Ein besonderer Schwerpunkt der wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit Ländern der Dritten Welt liegt in der personellen Zusammenarbeit, da der Mangel an ausgebildeten Fachkräften als ein entscheidendes Entwicklungshemmnis in vielen Ländern der Dritten Welt gilt. Daher unterstützt die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen ihrer Entwicklungspolitik die Entfaltung der 2
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Ebenda, Ziff. 42, S. 17. Ebenda, Ziff. 83, S. 29.
Auswärtige Kulturpolitik und Ausländerstudium
II
eigenen Personalressourcen der Entwicklungsländer durch ein breit gefächertes Angebot an gezielten, vorwiegend praxisorientierten und längerfristigen Ausund Fortbildungsprogrammen und versucht nach Möglichkeit, sich bei der Programmplanung und den Stipendienangeboten an den bildungspolitischen Planungen, Zielvorstellungen und Bedürfnissen der Entwicklungsländer zu orientieren. Fehlplanungen bei der Vergabe von Stipendien und die Bildung von Überkapazitäten an Fachleuten sollen so nach Möglichkeit vermieden werden. Für die Entwicklungsländer hat diese Bedarfsorientierung der Ausbildungsplanung wegen des Beschäftigungsproblems ein besonders hohes Gewicht. Die Bundesregierung gibt denjenigen Ausbildungsvorhaben Vorrang, die beschäftigungs- und wachstumsfördernd sind. Während die Förderung ausländischer Wissenschaftler (durch die Alexander-von-Humboldt-Stiftung) oder Studenten (durch den Deutschen Akademischen Austauschdienst) in Deutschland schon eine längere Tradition hat, ist die Förderung der beruflichen Ausund Fortbildung von ausländischen Fach- und Führungskräften im Rahmen staatlicher Entwicklungszusammenarbeit verhältnismäßig jung. Allerdings ist es im außeruniversitären Bereich leichter als beim Auslandsstudium, auf den speziellen Ausbildungsbedarf der Entwicklungsländer abgestimmte Programme zu entwickeln; doch wurden auch im Hochschulbereich inzwischen spezielle entwicklungsländerbezogene Studiengänge eingerichtet. Als besonders wirkungsvoll hat sich seit einigen Jahren die verstärkte "sur place"-Förderung in den Entwicklungsländern selbst erwiesen. Hierdurch können zahlreiche Schwierigkeiten, die in der Ausländerausbildung in der Bundesrepublik Deutschland auftreten, vermieden werden; hierauf werde ich noch zurückkommen. Trotzdem ist es nach wie vor richtig und notwendig, daß Studenten, Nachwuchs-, Fach- und Führungskräfte aus Entwicklungsländer in das Ausbildungsland Bundesrepublik Deutschland kommen, um sich hier Wissen und Können anzueignen. Zum Prozeß der Entwicklung gehört eine wachsende Einbeziehung in die weltweite Arbeitsteilung und damit auch die Partizipation am internationalen Transfer von Know-how. Der praktische Nutzen für die Studierenden und Auszubildenden aus der Dritten Welt liegt in mehreren Bereichen: Deutschland bietet gegenüber ihren Heimatländern eine größere Auswahl an Ausbildungsund Studienfächern, eine bessere Ausstattung der Ausbildungsstätten mit Materialien, Geräten und Bibliotheken und - besonders im technischen Bereich bessere Möglichkeiten der Verbindung von Theorie und Praxis. Hinzu kommt der Kontakt mit deutschen und anderen europäischen Kollegen bzw. Kommilitonen und nicht zuletzt das unmittelbare, lebendige Kennenlernen der deutschen und europäischen Kultur. Neben der Knappheit der Mittel ist nicht zuletzt auch die Gefahr der Abwanderung ausgebildeter Fachleute in Länder mit höherem Lebensstandard und besseren Studien- und Arbeitsbedingungen (brain drain) ein Hauptgrund
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Klaus Bönnemann
der Sorge. Dies wird berücksichtigt durch die Sorgfalt, mit der gerade bei der entwicklungspolitischen Aus- und Fortbildungshilfe auf den "Nutzen" für die Herkunftsländer der Ausbildungsgäste geachtet wird. 2. In der Bundesrepublik Deutschland ist das Auswärtige Amt für die auswärtige Kulturpolitik und damit auch für die Förderung des Personenaustausches im Wissenschaftsbereich zuständig, der im wesentlichen durch den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) und die Alexander-vonHumboldt-Stiftung durchgeflihrt wird. Hierbei gehören mit zu den wichtigsten Programmen die Förderung des Postgraduierten-Studiums in der Bundesrepublik Deutschland, die der Heranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses dienen soll, und- gerade ftir Entwicklungsländer bedeutsam- die Einladungen an Wissenschaftler zu Studienaufenthalten in der Bundesrepublik Deutschland. Das für die Entwicklungspolitik zuständige Bundesministerium fijr wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) fördert die Leistungsfahigkeit der Hochschulen in der Dritten Welt durch konkrete Projekte, wie zum Beispiel den Aufbau der Technischen Hochschule Madras in Indien oder die Ingenieurfakultät der Universität Daressalam in Tanzania. "Ausflihrende Organe" auf diesem Gebiet sind unter anderem die Deutsche Gesellschaft ftir Technische Zusammenarbeit (GTZ) und die Deutsche Stiftung ftir Internationale Entwicklung (DSE). Das Bundesministerium fijr Forschung und Technologie (BMFT) fördert die technologische Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern vor allem durch Kooperationsvorhaben zwischen deutschen Unternehmen und Institutionen mit wissenschaftlich-technologischen Einrichtungen in Entwicklungsländern. Schwerpunkte der Förderung sind: Energie, Rohstoffe, Biotechnologie sowie Meeresforschung und Meerestechnik. Das Bundesministerium fijr Bildung und Wissenschaft (BMBW) trägt im Rahmen seiner Zuständigkeiten dazu bei, die hochschulbezogene Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern zu fördern und zu verbessern. Diesem Ziel dienen etwa Modellversuche zur Entwicklung neuer Studienangebote für Studenten aus Entwicklungsländern oder Forschungsvorhaben zur Untersuchung der Studiensituation von Studenten aus Entwicklungsländern in der Bundesrepublik Deutschland.
I!. Ich möchte im folgenden auf einige Problembereiche bei der Aus- und Fortbildung von Ausländern zu sprechen kommen. Ausgangspunkt hierfür ist eine Studie, die unter dem Titel "Bericht zur Situation der ausländischen Studenten in der Bundesrepublik Deutschland" von der Ständigen Konferenz
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der Kultusminister der Länder {KMK) veröffentlicht wurde. Der Bericht der KMK wurde aufgrund der Beratungen in der KMK 1979 ausgearbeitet, in der Frau Staatsminister Dr. Hamm-Brücher die Anregung vorgetragen hatte, in Zusammenarbeit mit allen beteiligten Stellen ein praktikables Konzept für die Betreuung der ausländischen Studenten in der Bundesrepublik Deutschland zu entwerfen; die Anregung stützte sich auf die Stellungnahme der Bundesregierung (BT-Drs. 8/927) zum schon erwähnten Bericht der Enquete-Kommission "Auswärtige Kulturpolitik" des Deutschen Bundestages. Die KMK hat den Gesamtkomplex "ausländische Studenten" mit diesem Bericht erstmals zusammenfassend behandelt. Wichtige Grundsätze und Vorschläge des Berichtes stimmen mit Positionen der Bundesregierung überein, für die die zuständigen Bundesministerien an der Vorbereitung beratend beteiligt waren. Eine Reihe von Vorschlägen betrifft Zuständigkeiten des Bundes. Das Studium ausländischer Studenten in der Bundesrepublik Deutschland und die entsprechenden Zulassungsgrundsätze sind ein Bestandteil der auswärtigen Kulturpolitik als auch der Entwicklungspolitik. Sie müssen mit den Zielen unserer Außenpolitik in Einklang stehen. Zugleich geht es hier um die Förderung der internationalen Wissenschaftsbeziehungen und um Fragen des Ausländerrechtes. Ich möchte hier einige der Aspekte, die in der Stellungnahme der Bundesregierung zum Bericht der KMK behandelt worden sind, herausgreifen:
1. Nach den absoluten Zahlen gehört die Bundesrepublik Deutschland zwar zu den fünf größten Aufnahmeländern {im Wj. 1984/85 studierten hier an allen Hochschulen 71 200 ausländische Studenten), der Anteil der ausländischen Studenten an der Gesamtstudentenzahl ist mit rd. 5,6 v. H. aber nicht sehr hoch. Er liegt in anderen wichtigen Aufnahmeländern und in einigen Nachbarländern deutlich höher 4 • Die gleichen Gründe, die alle verantwortlichen Stellen in Bund und Ländern ein Studium deutscher Studenten im Ausland nachdrücklich befürworten lassen, sprechen umgekehrt auch ftir ein Studium ausländischer Studenten in der Bundesrepublik Deutschland. Bei Studenten aus Entwicklungsländern kommen entwicklungspolitische Erwägungen hinzu. Die Bundesregierung räumt deshalb ebenso wie die KMK dem Studium ausländischer Studenten in der Bundesrepublik Deutschland eine hohe Priorität ein. Dementsprechend ist auch die Erklärung der KMK, daß die Anzahl ausländischer Studenten erhalten bleiben, daß also beim Ausländerstudium keine quantitativen Restriktionen angestrebt werden sollen, zu begrüßen. 4
Frankreich Großbritannien Belgien
13 v.H. 11 v.H. 13 v. H.
Österreich Schweiz USA
9v.H. 18 v.H. 2v.H.
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2. Die Bundesregierung geht ebenso wie die KMK grundsätzlich davon aus, daß die ausländischen Studenten nach ihrem Studium in ihr Heimatland zurückkehren. Dies ist auch in den übrigen europäischen Ländern die Grundlage bei der Zulassung ausländischer Studenten. Vor allem für Studenten aus Entwicklungsländern ist zu betonen, daß einerseits der kultur- und entwicklungspolitisch höchst unerwünschte "brain-drain", der auch von den Entwicklungsländern selbst immer wieder beklagt wird, vermieden oder jedenfalls soweit als möglich eingeschränkt wird; andererseits kommt es angesichts der hohen Studienplatzkosten darauf an, den kultur- und entwicklungspolitischen Nutzen des Ausländerstudiums zu optimieren. Dies dürfte in der Regel nur dann der Fall sein, wenn ausländische Studenten ihre durch ein Studium in der Bundesrepublik Deutschland erworbenen Kenntnisse und Qualiftkationen später auch in ihren Heimatländern anwenden. Man darf dabei aber nicht verkennen, daß eine große Zahl von Studenten aus Ländern der Dritten Welt ein Studium im Ausland wegen unbefriedigender wirtschaftlicher Verhältnisse im Heimatland mit der Absicht anstrebt, später in Industrieländern einen entsprechenden Beruf auszuüben. Auch eine solche individuelle soziale und berufliche Besserstellung eines Studenten aus der Dritten Welt könnte ein Studium in der Bundesrepublik Deutschland zwar verständlich erscheinen lassen. Angesichts der zunehmend schwieriger werdenden Beschäftigungssituation in der Bundesrepublik kann ausländischen Studenten aus Nicht-EG-Ländern eine Aufenthaltsmöglichkeit nach Abschluß des Studiums jedoch nicht in Aussicht gestellt werden. Somit dürfte es nicht sinnvoll sein, das Studium dieser Gruppe zu fördern. 3. Eine realistische und laufend aktualisierte Vorinformation über die Studienvoraussetzungen und -bedingungen sowie über die zu erwartenden Lebensbedingungen eines ausländischen Studenten in der Bundesrepublik Deutschland ist dringend erforderlich. Die Botschaften geben dazu keine eigenen Informationsschriften heraus, sondern verteilen die ihnen zur Verfügung stehenden Schriften des DAAD, die im Rahmen der Maßnahmen der auswärtigen Kulturpolitik mit Mitteln des Auswärtigen Amts dafür herausgegeben und laufend aktualisiert werden. Der DAAD bemüht sich, so umfassend wie möglich über die Studienmöglichkeiten und Studienvoraussetzungen zu informieren. Die Informationsschriften werden in der Regel über die deutschen Auslandsvertretungen, die Goethe-Institute und die Außenstellen und Programmbeauftragten des DAAD verteilt und bei Bedarf von den Mitarbeitern dieser Einrichtungen erläutert. Wichtig ist die Information der Informanten. Demgemäß ist das Auswärtige Amt bemüht, seine Kulturreferenten nicht nur vor Antritt ihrer Auslandstätigkeit umfassend zu informieren, sondern auch später immer wieder zu Fortbildungskursen in Bonn oder aber zu Regionaltagungen im Ausland heranzuziehen und dabei mit neuesten Informationen zu versorgen.
Auswärtige Kulturpolitik und Ausländerstudium
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In zahlreichen Fällen erfolgt schließlich eine individuelle Studienberatung durch den DAAD auf schriftlichem Wege, wobei Darstellungen einzelner Fachgebiete oder bestimmte Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland gegeben werden. Im übrigen bietet auch die Carl-Duisberg-Gesellschaft Interessenten aus Entwicklungsländern Informationen über das FachhochschulStipendienprogramm an. 4. Die Verbesserung der sprachlichen Vorbereitung auf ein Studium in der Bundesrepublik Deutschland verdient hohe Priorität. Es ist jedoch nicht zu verkennen, daß die Möglichkeiten dieser sprachlichen Vorbereitungen im Ausland naturgemäß begrenzt sind. Gegenwärtig werden mit Mitteln des Auswärtigen Amtes im Ausland 134 Zweigstellen des Goethe-Instituts unterhalten, die Deutschkurse anbieten. Außerdem gibt es 113 Schulen im Ausland, an denen deutsche Lehrkräfte tätig sind; darüber hinaus weiterhin eine Vielzahl von Schulen und Bildungseinrichtungen, an denen deutscher Sprachunterricht fmanziell gefördert wird. Die gegenwärtigen Angebote reichen allerdings nicht aus, um die deutsche Umgangssprache bereits im Heimatland erlernen zu können. Deshalb sollen die Bemühungen um eine Ausweitung der Angebote flir Deutsch verstärkt fortgesetzt werden (Regierungserklärung vom 04. 05 . 1983). Es ist aber fraglich, ob damit insgesamt ein Angebot errreicht werden kann, das zur Vorbereitung aller Studieninteressenten ausreicht. Studienbewerber aus dem Ausland - und hier vor allem aus Entwicklungsländern - werden daher zunächst in der Regel auf die Studienkollegs, ggf. auch auf Sprachkurse der Carl Duisberg Centren angewiesen sein. 5. Die Gestaltung der Zugangsregelungen für ausländische Studienbewerber fallt in den Kompetenzbereich der Länder. Ausgangspunkt der Überlegungen ist, daß ein Studium in einem fremden Land hohe Anforderungen an die Studenten stellt. Daher müssen, nicht zuletzt im Interesse des ausländischen Studenten, entsprechende Anforderungen an seine Vorbildung gestellt werden. Sonst ist der Studienerfolg erheblich gefährdet, was gerade bei Studenten aus Entwicklungsländern in sozialer und familiärer Hinsicht häufig katastrophale Folgen haben kann. Diesem Gedanken, der den KMK-Überlegungen zugrundeliegt, ist aus der Sicht der Bundesregierung zuzustimmen. Er steht auch mit der Praxis der anderen großen Aufnahmeländer flir ausländische Studenten in Übereinstimmung. 6. Die Studienmöglichkeiten flir Studenten, die nur ein oder zwei Semester in· der Bundesrepublik verbringen, werfen keine besonderen Fragen auf. Für die mehr als 40 000 Studenten aus Entwicklungsländern, die hier zumeist ein volles Studium absolvieren wollen, ist aber in den letzten Jahren immer wieder gefragt worden, ob diese Ausbildung auch entwicklungspolitisch erfolgversprechend ist. Die im Auftrag des Bundesministers flir wirtschaftliche Zu-
Klaus Bönnemann
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sammenarbeit erarbeitete Studie "Vergleich und Bewertung von Studienangeboten mit entwicklungspolitischer Ausrichtung in der Bundesrepublik Deutschland" hat die Problematik umfassend dargestellt 5 . Sowohl im Interesse unserer entwicklungspolitischen Zielsetzungen als auch angesichts der hohen Studienplatzkasten (allein die laufenden Kosten flir die Studienplätze, die von Studenten aus Entwicklungsländern genutzt werden, dürften jährlich rund 400 Mio. DM betragen), muß auf eine sinnvolle und effiziente Ausbildung der Studenten aus Entwicklungsländern größter Wert gelegt werden. Von diesen benötigen immer noch zahlreiche eine unvertretbar lange Zeit flir ihr Studium oder brechen es erfolglos mit den oben angedeuteten Konsequenzen ab. Unter Hinweis auf die HIS-Studie sieht der Bericht der KMK vor, daß weitaus mehr Studienangebote eingerichtet werden sollen, die für Studenten aus Entwicklungsländern geeignet sind. Die KMK teilt die Auffassung der Bundesregierung, daß es für Studenten aus Entwicklungsländern in aller Regel sinnvoller ist, erst nach dem erfolgreichen Abschluß eines Studiums im Heimatland zur fachlichen Spezialisierung durch Ergänzungs-, Vertiefungs- und Forschungsstudien in die Bundesrepublik Deutschland zu kommen. Auch die Westdeutsche Rektorenkonferenz hat sich in diesem Sinne für einen stärkeren Ausbau von Aufbau- und Ergänzungsstudien für Postgraduierte aus Entwicklungsländern ausgesprochen. Die Einrichtung geeigneter Studienangebote für Studenten aus Entwicklungsländern fallt in den Zuständigkeitsbereich der Länder. Vorrangig im Interesse der Entwicklungspolitik muß aber auch die Bundesregierung Wert darauf legen, daß entsprechende Maßnahmen getroffen werden. Nach den bisherigen Erfahrungen sind allerdings Zweifel berechtigt, ob sich solche Studienangebote in dem erwünschten Umfang verwirklichen lassen. 7. Beim Studium der Medizin sollte aus folgenden Gründen versucht werden, Maßnahmen zur Verbesserung der Ausbildung ausländischer Studenten und damit der Effizienz einzuleiten: In den Ländern der Dritten Welt ist der Bedarf gerade an qualifiziertem Personal für eine ausreichende gesundheitliche Versorgung erheblich. Diese Länder sind auch weiterhin auf Studienmöglichkeiten in Industrieländern angewiesen. Dort müssen allerdings Studieninhalte vermittelt werden, die möglichst auch das künftige berufliche Tätigkeitsfeld der ausländischen Studenten berücksichtigen und damit erst die Voraussetzungen für eine wirkungsvolle Tätigkeit im Heimatland bieten. Das Interesse der Länder der Dritten Welt ist gerichtet auf eine gesundheitliche Versorgung unter den Bedingungen der Armut, weniger auf eine hochdifferenzierte Medizin, wie sie in den Industriestaaten entwickelt ist; 5
Vorgelegt vom Hochschul-Informations-System (HIS) im Jahre 1981.
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Das Medizinstudium ist eine der teuersten Ausbildungen. Außerdem erfordert der anhaltende numerus clausus in der Medizin besondere Anstrengungen, die verfügbaren Ausbildungskapazitäten optimal (auch hinsichtlich des Ausbildungsverlaufs und des Ausbildungserfolgs) zu nutzen. Zur Zeit liegt allerdings die Mißerfolgsquote der ausländischen Studenten in den Prüfungen noch drei- bis viermal so hoch wie bei deutschen Studenten. Hierzu könnten außer einer Verbesserung der Studienvorbereitung geeignete, das Pflichtangebot ergänzende Studienangebote eine Hilfe darstellen. Solche zusätzlichen Angebote, die den besonderen Bedürfnissen der Länder der Dritten Welt Rechnung tragen, fehlen an den Universitäten weitgehend; Ausnahmen sind z. B. Heidelberg, Harnburg und Tübingen. Deshalb könnte zunächst angestrebt werden, an einigen Einrichtungen, die bereits entsprechende Anknüpfungspunkte bieten, im Rahmen von Modellversuchen geeignete Studienschwerpunkte einzurichten. Im Zusammenhang damit wäre zu erörtern, ob ausländischen Studienanfangern aus Entwicklungsländern primär diese Hochschulen empfohlen werden sollten. Im Rahmen gezielter Hochschulpartnerschaften auf Fachbereichsebene, die auch Informationen und Beratung im Heimatland über eine zweckmäßige Studiengestaltung umfassen, könnten bessere Voraussetzungen flir einen zielorientierten Studienverlauf geschaffen werden. 8. Was Studiumsdauer, Studienerfolg, überhaupt die soziale Umwelt der ausländischen Studenten anbelangt, so haben die zuständigen Bundesministerien bereits mehrere Untersuchungen durchführen lassen 6 • Die von der KMK vorgeschlagenen Maßnahmen zur Betreuung während des Studiums und damit zur Verbesserung der Studiensituation ausländischer Studenten, nämlich Studienberatung; fachspezifisch~s Propädeutikum; Betreuung durch Tutoren oder Mentoren; studienbegleitrnde Veranstaltungen zum Abbau fachspezifischer Mängel sowie Betreuungsmaßnahmen durch die akademischen Auslandsämter sind zu begrüßen. Sie entsprechen weithin den Forderungen der Bundesregierung. Soweit es um studienbezogene Maßnahmen geht, fallen sie in den Aufgabeobereich der Länder. Zur allgemeinen Betreuung ausländischer Studenten vor allem durch die akademischen Auslandsämter stellt das Auswärtige Amt seit langem erhebliche Beträge flir alle ausländischen Studenten, also nicht nur diejenigen, die Stipen6 Vgl. hierzu die Studie des HIS zur wirtschaftlichen Lage der Studenten aus Entwicklungsländern vom Februar 1984. 2 llly/Schmidt
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dien erhalten, zur Verfligung. Die hierflir bewilligten Mittel betrugen im Jahre 1984 7,3 Mio. DM. Ob eine substantielle Erhöhung dieser Mittel - wie flir 1986 geplant - möglich sein wird, ist derzeit noch offen. Im Rahmen der vom Bundesminister flir wirtschaftliche Zusammenarbeit finanzierten Programme hat auch die Carl-Duisberg-Gesellschaft einen allgemeinen Betreuungsauftrag. Hierbei wird für die im Rahmen des Bund-Länder-Programms geförderten Fachhochschulstipendiaten ein Betrag von rd. 1 Mio. DM jährlich eingesetzt. 9. Die Forderung, daß die Finanzierung des Studiums gesichert sein muß, ist gerechtfertigt. Sie wird auch in anderen großen Aufnahmeländern erhoben, wobei an den Finanzierungsnachweis z. T. hohe Anforderungen gestellt werden. Dies erscheint dringlich, da wegen der finanziell günstigen Studienvoraussetzungen (keine Studiengebühren, bemerkenswerte Sozialleistungen für Studenten) die Versuchung groß ist, auch dann ein Studium in der Bundesrepublik Deutschland anzustreben, wenn es finanziell nicht gesichert ist. Auch insoweit ergeben sich Probleme vor allem bei Studenten aus Entwicklungsländern. Trotz der hohen absoluten Zahlen kann mit Bundesmitteln nur ein relativ kleiner Teil der ausländischen Studenten gefördert werden. So hat das Auswärtige Amt im Jahr 1984 rund 15 000 Studenten aus allen Ländern (also nicht nur aus Entwicklungsländern) im Rahmen verschiedener Förderprogramme unterstützt, die vor allem vom Deutschen Akademischen Austauschdienst, von der Otto-Benecke-Stiftung sowie den Politischen Stiftungen (Friedrich-EbertStiftung, Konrad-Adenauer-Stiftung, Friedrich-Naumann-Stiftung, HannsSeidel-Stiftung) implementiert worden sind. Für die in den Abschnitten 8 und 9 genannten Fördermaßnahmen wurden bzw. werden vom Auswärtigen Amt die folgenden Mittel zur VerfUgung gestellt: 1983: 1984: 1985:
94,0 Mio. DM 98,9 Mio. DM 101,9 Mio. DM
Die Beträge setzen sich wie folgt zusammen:
(/)
1983: 1984: 1985:
Betreuung
Nachbetreuung
Stipendien
7,1 Mio. DM 7,3 Mio. DM 8,3 Mio. DM
4,6 Mio. DM 5,1 Mio. DM 5,4Mio. DM
82,3 Mio. DM 86,5 Mio. DM 88,2 Mio. DM
Außerdem fördert der Bundesminister fli.r wirtschaftliche Zusammenarbeit etwa 900 Studenten aus Entwicklungsländern an Fachhochschulen. Dieses Programm soll weitergeführt werden.
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10. Rückkehrprobleme spielen eine ganz wesentliche Rolle. Die Bundesregierung geht von der Erwartung aus, daß ausländische Studenten, insbesondere Angehörige der Entwicklungsländer, nach Abschluß ihres Studiums in der Bundesrepublik in die Herkunftsländer zurückgehen. Den Studenten bei ihrer beruflichen und sozialen Reintegration behilflich zu sein, ist vorrangig Aufgabe der Herkunftsländer. In diesem Zusammenhang sind Programme wichtig, die auch schon während des Studiums in psychologischer wie beruflicher Hinsicht auf die Rückkehr vorbereiten. Der Bund hat sich dieser Aufgabe selbst über viele Jahre vorzugsweise in Form von Reintegrationsseminaren und ähnlichen Veranstaltungen, deren Durchführung geeigneten Institutionen übertragen war, gewidmet; allerdings sollten sich auch die Hochschulen dieser Aufgabe künftig in stärkerem Umfange annehmen. Dabei könnten sie sich auf eine Zusammenarbeit mit der im Auftrage des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit tätigen Durchführungsstelle fur die Reintegrationsprogramme, dem Centrum für internationale Migration und Entwicklung (CIM) in Frankfurt, stützen. 11. In den letzten Jahren hat die Vergabe von Sur-Place-Stipendien zum Studium im Heimatland oder benachbarten Entwicklungsländern immer stärkere Bedeutung erlangt. Dadurch können eine Vielzahl der bei einem Grundund Hauptstudium in der Bundesrepublik Deutschland auftretenden Probleme vermieden und gleichzeitig die institutionellen Voraussetzungen zur Hochschulausbildung in den Entwicklungsländern selbst verbessert werden. In diesem Zusammenhang möchte ich insbesondere das im wesentlichen vom Auswärtigen Amt getragene Hochschulförderungsprogramm Zentralamerika und das Sonderprogramm Südafrika erwähnen. Im Rahmen beispielsweise des Programms Zentralamerika sollen an deutschen Hochschulen als ergänzende Maßnahmen insbesondere solche Ausbildungsmaßnahmen gefördert werden, die in diesen Ländern nicht oder nicht in ausreichendem Maße angeboten und durchgeführt werden können (Förderung im Verbund). Das Sur-Place-Stipendienprogramm des Bundesministers ftir wirtschaftliche Zusammenarbeit umfaßt derzeit rund 400 Förderungen, die hauptsächlich Afrika betreffen. Das Programm soll seiner Bedeutung entsprechend ausgebaut und damit die Förderpolitik im Hochschulbereich fortgesetzt werden.
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INTERKULTURELLE KOMMUNIKATION UND AUSLÄNDERSTUDIUM AUS DER SICHT DER ENTWICKLUNGSPOLITIK 1. Allgemein herrscht bei uns die Auffassung, "daß das Studium von Ausländern in der Bundesrepublik Deutschland ftir deren Außenbeziehungen insgesamt und ihre künftige Entwicklung von außerordentlicher Bedeutung ist" 1 • Für Studenten aus Entwicklungsländern wird darüber hinaus angenommen, daß diese später in besonderem Maße zur Entwicklung ihrer Länder beitragen werden. Diese generellen Aussagen sind jedoch eher undifferenzierte positive Vermutungen der auswärtigen Kulturpolitik, die im folgenden Argumentationsbündel zugunsten eines Auslandsstudiums 2 einzuordnen sind: a) größere Vertrautheit mit anderen Ländern bringe gesteigerte Empathie mit sich und ftihre letztlich zu verbesserten internationalen Beziehungen und zum Weltfrieden; außerdem erweitere sie b) die Vorstellung vom Sinn menschlicher Kultur, steigere die Toleranz für kulturelle Unterschiede und habe dadurch eine stabilisierende Wirkung; c) die Diffusion von Wissen über kulturelle Grenzen hinweg ftihre zu einer homogeneren Welt und lasse erwarten, daß in eine verfeinerte kulturelle Synthese die besten Elemente einer jeden Kultur einfließen; d) interkultureller Kontakt werde die Menschen von den Erfordernissen der Interdependenz überzeugen; e) ein Mehr an Wissen über fremde Kulturen werde auch dem Wissen über die eigene Kultur zugutekommen. Diese optimalen Wirkungen werden aber nur eintreten können, wenn das Ausländerstudium Teil eines strukturierten Systems der Austausches zwischen verschiedenen Ländern ist. Gerade dies kann jedoch für die Bundesrepublik Deutschland nicht behauptet werden. Die Präsenz von ca. 35 000 Studenten aus Entwicklungsländern ist eher das Zufallsprodukt vieler Push- und PullDeutscher Bundestag, 10. Wahlperiode, Drucksache 10/497, 18. 10. 83. P. Pedersen: Ist interkulturelle Kommunikation trainierbar?, in: Jahrbuch Deutsch als Fremdsprache, Bd. 7, Heidelberg 1981, S. 65/66, unter Verweis auf I. Eide (ed.): Students as links between cultures, Oslo 1970. 2
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faktoren 3 , die zwar durchaus auf rationales Individualverhalten hinweisen, aber wenig Argumente dafür vermitteln, daß durch ein Auslandsstudium ein gezielter Beitrag zur Entwicklung des Heimatlandes geleistet würde. Wenn dies so wäre, dann müßte z. B. der Anteil von Studenten aus "least developed countries", etwa aus Afrika, viel höher sein 4 • Im Begründungszusammenhang und im Instrumentarium der deutschen Entwicklungspolitik - die ja auf die Verbesserung der Lebensbedingungen ftir die Mehrheit der Bevölkerung in der Dritten Welt gerichtet sein soll 5 - spielt denn auch bezeichnenderweise das Ausländerstudium nur eine höchst marginale Rolle. Es wird als Aktionsebene so gut wie nicht reflektiert, obwohl ein gewisses Unbehagen nicht zu übersehen ist: " . . . außerdem sind eine ( ... ) stärkere Ausrichtung des Stipendienprogramms auf die Ausbildung der Stipendiaten in ihren Heimatländern geplant" 6 • Obwohl diese Absicht plausibel erscheint, ist ein Effekt dieser Art nicht festzustellen: die Zahl der ausländischen Studenten ist von 1960 bis 1984 von 21 000 auf 72 000 stetig gestiegen (davon ca. 50% aus Entwicklungsländernf. Es müssen also andere als entwicklungspolitische Faktoren am Werke sein. Gleichwohl wird unter dem ausländerrechtliehen Blickwinkel immer wieder diffus entwicklungspolitisch argumentiert, nämlich, daß der Absolvent nun endlich zurückkehren und die erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten seinem Heimatland zur Verfügung stellen solle. Sind diese jedoch dafür geeignet oder unter Umständen sogar vielmehr kontraproduktiv? Allein diese Frage rechtfertigt das erste Fazit, daß die evtl. Beziehungen zwischen Ausländerstudium und Entwicklungseffekten bisher wenig systematisch eruiert worden sind. Dies ist eigentlich überraschend angesichts der beachtlichen Zahl betroffener Menschen, gar nicht zu reden von den aufgebrachten Mitteln. 2. Im Motivbündel flir eine Aufnahme des Studiums in der Bundesrepublik spielen entwicklungspolitische Gründe sicherlich eine höchst untergeordnete Rolle. Hinzukommt, daß die Bundesrepublik oft erst als ,)etzter Studienort" in Frage kommt, nachdem andere Möglichkeiten nicht zum Zuge kamen (Hürde der neuen Fremdsprache; aber auch Anreiz durch Abwesenheit von Studiengebühren, wenn Bewerbungen um Stipendien in "adäquateren" Ländern nicht von Erfolg gekrönt waren) 8 . In die Bundesrepublik kommen zwar viele Studen3
Vgl. Schmidt-Streckenbach in diesem Band mit Hinweisen zur Literatur. Zahlen ebda. BMZ, Politik der Partner, 1976, S. 45. 6 Ebda., S. 80. 7 Schmidt-Streckenbach und Westdeutsche Rektorenkonferenz: Zusammenstellung bildungspolitischer Daten, Stand: 1. März 1985, Tab. 12. 8 Hinweise in diese Richtung bei: Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder, Bericht zur Situation der ausländischen Studenten in der Bundes· republik Deutschland, 1981, S. 9. 4
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ten, die ein besonderes Interesse an einem Studium gerade in diesem Land haben (traditionelle Beziehungen arabischer und asiatischer Länder; eine besondere Reputation ingenieur-, naturwissenschaftlicher und medizinischer Angebote), aber auch solche, die eigentlich lieber anderswo studieren würden. Es kann vermutet werden, daß dies besonders ftir jene Disziplinen und Bereiche zutrifft, die für entwicklungspolitische Planung und lmplementationskontrolle besonders wichtig sind: Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, Management und öffentliche Verwaltung. Daß die Mehrzahl der Entscheidungsträger in Entwicklungsländern- soweit sie überhaupt im Ausland studiert haben- in Frankreich, Großbritannien oder den USA war, bestätigen Gespräche immer wieder. Sie bilden eine starke Interessengruppe, fördern sich gegenseitig und diskriminieren damit andere Auslandsabsolventen (vgl. z. B. das in vielen Ländern auch heute noch nicht geklärte Problem der Anerkennung deutscher akademischer Abschlüsse). Die Gründe für diese Situation liegen auf der Hand (z. B. transkoloniale Affinitäten, aber auch eine dynamische Anwerbepolitik amerikanischer Universitäten!). Jedenfalls spricht bisher wenig dafür- von Ausnahmen abgesehen (der vielzitierte indonesische Minister!) -, daß ausgerechnet die Ausländer, die in Deutschland studiert haben, später in besonders wichtigen Positionen ihres Heimatlandes zu finden sein werden. Ähnliches gilt ftir die immer wieder vorgebrachte Vermutung, daß das Ausländerstudium logischerweise zu mehr Aufträgen flir die deutsche Industrie ftihren müsse 9 • Dies kann bestenfalls ein Faktor unter anderen sein (gewichtiger erscheinen die allgemeine Reputation und die weltweiten Verflechtungen der deutschen Wirtschaft), und gar nicht läßt sich eine positive Beziehung zwischen Schwerpunktländern des Auslandsstudiums (Iran, Türkei und Griechenland stellen die Hälfte der Entwicklungsländerstudenten) und geographischen Schwerpunkten deutscher ökonomischer Auslandsaktivitäten herstellen. 3. Sind die Rahmenbedingungen eines Studiums in der Bundesrepublik ftir ausländische Studenten nicht eher ein Hindernis als ein Stimulus für spätere entwicklungspolitische Zusanunenarbeit? Die erfahrenen Probleme sind vielfaltig: a) die sprachlichen Probleme halten oft während des gesamten Studiums an 10 ; b) ausländische Studenten sind nicht auf das deutsche System der "akade9 Selbst wer, wie der gegenwärtige Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit, für eine Instrumentalisierung der Entwicklungspolitik im Sinne einer Exportförderung eintritt (vgl. z. B. "Der eigenen Wirtschaft geholfen", Die Zeit vom 9. 8. 85), propagiert nicht eine Expansion des Ausländerstudiums. 10 Immerhin kann man inzwischen einen Aufschwung des Faches "Deutsch als Fremdsprache" konstatieren.
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mischen Freiheit" vorbereitet; daraus entsteht (trotz Studienberatung) ein hohes Maß an Orientierungslosigkeit 11 ; c) die deutsche Gesellschaft ist Ausländern gegenüber nicht besonders entgegenkommend, nicht nur wegen vieler Vorurteile 12 , sondern weil ihr manche Eigenschaften fremd geworden sind, die gerade in Entwicklungsländern zum sozio-kulturellen Selbstverständnis gehören (Gastfreundschaft gegenüber Fremden). Dies ist ein schlechter Nährboden für interkulturelle Kommunikation; d) insgesamt sind die psychischen Probleme besonders ausgeprägt 13 , was auch in einer hohen Verweildauer und hohen Studienabbruchs- und Examenversagensquoten 14 zum Ausdruck kommt. Die letztere Gruppe ist wahrscheinlich für eine entwicklungspolitische Kooperation eher negativ motiviert. Wer als Ausländer in Deutschland ein Examen besteht, kann angesichts dieser vielfaltigen Hindernisse stolz darauf sein. Aber je länger er hierbleibt, desto eher läuft er Gefahr, sich seiner Heimatrealität zu entfremden. Insofern sind die Warnungen von Kritikern des Ausländerstudiums nicht von der Hand zu weisen, die sich etwa wie folgt zusammenfassen lassen 15 : a) ausländische Studenten weigern sich, nach Studienabschluß in ihr Heimatland zurückzukehren, so daß sich ein "brain-drain" ergibt; b) Studenten kehren mit "falschen", d.h. flir ihr Heimatland ungeeigneten Fertigkeiten zurück; c) heimgekehrte Studenten können ihre Fertigkeiten mangels geeigneter Infrastruktur zuhause nicht optimal einsetzen; d) heimgekehrte Studenten (ob mit oder ohne Abschluß) sind verbittert über reale oder imaginäre Ungerechtigkeiten, die sie zu Kritikern oder gar Feinden des Gastlandes machen; e) Heimkehrer benutzen ihre im Ausland erworbenen Fähigkeiten dazu, den Abgrund zwischen Reich und Arm in ihrem Heimatland eher noch zu vergrößern. Diese Akzente relativieren erheblich die eingangs aufgezählten positiven Argumente für ein Ausländerstudium. Unter entwicklungspolitischem Blick11 Vgl. z. B. "Wie ausländische Studenten zum Erfolg kommen können", JOGU, Zeitung der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, Februar 1985. 12 H. Bammel I V. Mehrländer I M. Struck: Argumente gegen Ausländerfeindlichkeit, FES, Bonn 1984. 13 w. Geuer I D. Breitenbach I R. Dadder: Psychische Probleme ausländischer Studenten in der Bundesrepublik Deutschland, DAAD, Bonn 1983, und Beitrag Lindig in diesem Band. 14 Allerdings besteht darüber statistisch keine letzte Klarheit (vgl. Schmidt-Streckenbach mit Hinweisen). 15 Pedersen, a. a. 0., S. 66.
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winke! sind sie besonders relevant, da sie auf die Problematik des Erwerbs und der Verwendung von Wissen hinweisen. 4. Da die meisten in Deutschland gelehrten Studienfächer natürlicherweise in Inhalt, Tradition und Darstellung auf deutsche Studenten zugeschnitten sind, hat ein Ausländer - über die oben genannten Probleme hinaus - auch große Perzeptionsprobleme, da er die Zusammenhänge, die für einen deutschen Studenten in seinem Sozialisationsprozeß erschlossen sind, nur schwer durchschaut. Bestenfalls passives Lernen ist das Resultat. Dies gilt auch flir naturwissenschaftliche Fächer, denen fälschlicherweise "Wertfreiheit" unterstellt wird. Der Bezug zu den Problemen seines Heimatlandes (bzw. seiner "Entwicklungsregion") wird so gut wie nie aufgezeigt; er wird mit der Transferproblematik alleingelassen. Die deutschen Hochschullehrer sind auf diese Zielgruppe durchweg nicht vorbereitet; ihnen fehlt es zumeist an Empathie und Fähigkeit zum vergleichenden Denken. Die deutsche Universität ist nur sehr partiell ein Ort der interkulturellen Kommunikationsfähigkeit 16 , d. h. der Fähigkeit, mit Angehörigen einer fremden Kultur in eine Reziprozität der kommunikativen Handlungen im Sinne eines gegenseitigen Austausches einzutreten, die "Verständigung" und "Verstehen" in einem Ausmaß zur Folge hat, wie es auch bei der Kommunikation zwischen zwei Angehörigen der eigenen Kultur gemeinhin erwartet werden kann. Ein solches Statement ist notwendigerweise pauschal, beruht aber auf vielen Meinungsäußerungen ausländischer Studenten. Mancherorts werden besonders Studenten aus Entwicklungsländern weiterhin als eine spezifische Belastung empfunden anstatt als Chance, einmal über den Tellerrand des eigenen Wertesystems blicken zu können. Viele Dozenten wollen als besonders streng gelten, um solche Kandidaten abzuschrecken. Es gibt sicher Disziplinen, die "weltoffener" sind, aber es gibt auch solche, die wenig bereit sind, ihre Kulturrealität zu hinterfragen. Hinzukommt das je verschiedene Spannungsfeld von Theorie und Praxis: entweder sind die aufgenommenen (und nach unseren Normen "bewältigten") Lerninhalte im eigenen Lande schlichtweg nicht anwendbar (z. B. weite Teile der theoretischen Wirtschaftswissenschaften), oder aber es hat sich zwar ein Problembewußtsein gebildet, es fehlt jedoch an Fertigkeiten zur späteren Problemlösung (etwa im Bereich der ,,kritischen" Sozialwissenschaften). Es ist auch wichtig, in diesem Zusammenhang auf die Tatsache zu verweisen, daß es in der Welt verschiedene Wissenschaftsstile gibt, die alle ihre Berechti16 H. Göring: Interkulturelle Kommunikationsfahigkeit, in: H. Weber (Hg.): Landeskunde im Fremdsprachenunterricht. Kultur und Kommunikation als didaktisches Konzept, München 1976, S. 184.
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gung haben 17 • Aber ist es nicht so, daß gerade der "teutonische" Stil wenig Raum für Toleranz und Selbstkritik läßt? 5. Es ist nicht zu leugnen, daß das Ausländerstudium auch als Teil eines ungesteuerten Kulturtransfers begriffen werden kann, der existierende Ongleichgewichte eher noch verstärkt als abbaut. Der Drang zur unreflektierten Nachahmung westlicher Werte und Verhaltensweisen ist in Entwicklungsländern noch weithin ungebrochen, und die intellektuelle Elite ist der Träger dieses Modernisierungsideals 18 • Die Erfahrungen mit zwei Dekaden Entwicklungspolitik haben uns jedoch veranlaßt, dieses Konzept entschieden in Frage zu stellen. Wir fordern heute eine prioritäre Befriedigung der Grundbedürfnisse der unteren Hälfte der Bevölkerung und eine Berücksichtigung der soziokulturellen Werte der Zielgruppe in der Entwicklungspolitk 19 . Die Praxis zeigt jedoch, daß diese Bestrebungen bei den politisch-administrativen Entscheidungsträgem in der Dritten Welt auf Unverständnis und Widerstand stoßen, ja als Strategie der Degradierung perzipiert werden. Einiges deutet darauf hin, daß diese Haltung besonders bei solchen verbreitet ist, die (lange) im Ausland studiert haben und ihrem eigenen Milieu offensichtlich ziemlich entfremdet sind. Daraus ergeben sich Forderungen für eine Neugestaltung des Ausländerstudiums in der Bundesrepublik Deutschland:
a) Es sollte intensiver geprüft werden, inwieweit ein Vollstudium für Studenten aus Entwicklungsländern aus den aufgezeigten Gründen mittel- und langfristig noch sinnvoll sein kann. Es wird sicherlich je nach Disziplin auch in der Zukunft gewichtige Pro-Argumente geben, aber diese sollten dann auch präzisiert werden. Selbst für Germanistikstudenten hat sich ja inzwischen ein Grundstudium im Heimatland oder in der Heimatregion eingebürgert. Warum dann nicht auch für andere Fächer? Der verstärkte Aufbau nationaler Universitäten (mit angepaßten Curricula) wird auch einiges zu dieser Tendenzwende beitragen; zu Recht ist dieser Bereich auch ein Gegenstand entwicklungspolitischer Kooperation. Wer zu lange und zu intensiv in ein Gastland integriert ist, gefaludet seine eigene erfolgreiche Reintegration. b) Nur wer schon in seiner eigenen Kultur gefestigt ist und auch statusmäßig schon etwas erreicht hat, ist zur Kommunikation mit einer anderen Kultur befähigt. Er wird die auftretenden, besonders psychischen Probleme besser lösen können, die ein Auslandsstudium in der westlichen Welt stellt. 17 J. Galtung: Struktur, Kultur und intellektueller Stil - ein vergleichender Essay über sachsonische, teutonische, gallische und nipponische Wissenschaft, in: Leviathan, 2, 1983, s. 303-338. 18 Vgl. z. B. H. Hebga-Bada: Mimetisme et developpement ou la necessite d'un tribalisme eclaire en Afrique, in: Presence Africaine, 131, 1984, S. ll5-143. 19 Vgl. zu diesen Konzepten: D. Nohlen / F. Nuscheler (Hg.): Handbuch der Dritten Welt, Bd. 1, Harnburg 2 1982.
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Diese Vennutung wird durch empirische Ergebnisse bestätigt, die auf den auf den ersten Blick unlogischen Tatbestand hinweisen, daß gerade der Student im Ausland besonders erfolgreich ist, der sich einer Anpassung möglichst widersetzt und auf eine Beibehaltung seiner vor der Ausreise erworbenen heimatlichen Rollenkompetenz Wert legt 20 . Wer zu jung seine Heimat verläßt, hat noch nicht die kulturelle Sicherheit erworben, um auf dieser Basis auch eine andere Kultur entdecken zu können; er erliegt eher dem "Kulturschock". Daraus ergibt sich die Schlußfolgerung, verstärkt Aufbaustudiengänge zu fördern, da vor dem Hintergrund der eigenen Erfahrung ein Wissenszuwachs besser integriert und auf Sinnhaftigkeit (für sich und das eigene Land) geprüft werden kann. Erfreulicherweise hat man inzwischen in der Bundesrepublik auf diesem Feld gewisse Erfahrungen sammeln können, obwohl der Kulturföderalismus wiederum seltsame Blüten hervorgebracht hat. Diese Erfahrungen bedürfen jedoch noch der systematischen Auswertung 21 . Einiges deutet darauf hin, daß in diesen Studiengängen der ausländische Student eher zum Partner, ja zum belebenden Element geworden ist. Dies ist jedoch nur möglich, wenn diese Studiengänge in inhaltlicher Gestaltung und didaktischer Darstellung auf die Bedürfnisse der ausländischen Hörer zugeschnitten sind. Bisher gibt es zu wenige Angebote dieser Art, obwohl sie im Wachsen begriffen sind. "Exzesse" (Diplome nur flir Ausländer, Studiengänge ausschließlich in englischer Sprache) sind jedoch zu venneiden, da sie so tun, als habe der Ausländer dann überhaupt keine Anpassungsprobleme mehr, die erwähnten Probleme jedoch auch hier auftreten. Es ist besser, sie realistisch-antizipatorisch zu erkennen und in das Programm einzubeziehen (deshalb kann auch auf Deutschkenntnisse wohl nicht verzichtet werden). Es hat auch den Anschein, daß mit der verstärkten Einführung von Aufbaustudiengängen die Bereitschaft des Lehrkörpers gewachsen ist, sich durch Auslandsaufenthalte (auch im Rahmen von Hochschulpartnerschaften!) Kompetenzen zur interkulturellen Kommunikation anzueignen und daß bei Neuberufungen solche Erfahrungen höher als früher gewichtet werden. c) Unter entwicklungspolitischen Gesichtspunkten ist ein (Zusatz-)Auslandsstudium nur sinnvoll, wenn der Ausbildungsbedarf im Entwicklungsland oder in der Region nicht gedeckt werden kann. Der Bedarf sollte ferner aus der spezifischen Konstellation von Projekten und Programmen abgeleitet werden, von Anfang an Teil der Konzeption sein (u. U. AusbildungsPedersen, a. a. 0., S. 69/70. Es wäre gut gewesen, wenn der Wissenschaftsrat in seiner "Stellungnahme zum Studienangebot flir Studenten aus Entwicklungsländern" vom Mai 1985 etwas expliziter gewesen wäre, was die schon praktizierten Aufbaustudiengänge anbetrifft. Vgl. im Überblick die von der Deutschen Stiftung ftir internationale Entwicklung erarbeitete Broschüre zu Studienangeboten im Bereich Dritte Welt, Bonn 1983. 20 21
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vorlaufphase) und die Reintegration nach Projektübergabe an das Partnerland regeln (um einer häufig zu beobachtenden Abwanderung in den Privatsektor oder ins Ausland zu begegnen). Nur durch eine Steuerung des Auslandsstudiums nach dem Bedarf ist es möglich, häufig feststellbare Defizit (z. B. in den Agrarwissenschaften) auszugleichen. Selbst wenn alle diese Desiderata in der Zukunft beherzigt würden, bliebe genug Raum für einen intensiven internationalen Wissenschafts- und Kulturaustausch. Worauf es heute ankommt, ist die Aufgabe, im Bereich des Ausländerstudiums eine unreflektierte Betonung der Quantität durch eine begründete Erarbeitung von Qualität abzulösen.
Alexander Thomas INTERKULTURELLE KOMMUNIKATION UND AUSLÄNDERSTUDIUM AUS DER SICHT DER AUSTAUSCHFORSCHUNG L Einleitung Der Vorsitzende des Unterausschusses flir Auswärtige Kulturpolitik im Deutschen Bundestag, Prof. Dr. K.-H. Hornhues (1984), äußerte zum Thema Ausländerstudium in der Bundesrepublik Deutschland folgendes: "Im Bericht der KMK zur Situation der ausländischen Studenten heißt es: 3/4 aller ausländischen Studenten klagen über die schlechten sozialen Kontakte zu Kommilitonen und zur Bevölkerung sowie über Vorurteile. Dies dürfte ganz besonders für Studenten aus Entwicklungsländern gelten. Sprachschwierigkeiten, kulturelle Unterschiede und unterschiedliche Gesellschaftssysteme, die Größe unserer Hochschulen und die bei uns im Vergleich mit anderen Hochschulsystemen nicht so straffe Studienorganisation, die deshalb möglicherweise chaotisch anmutende Studiensituation an den Hochschulen mögen Gründe dafür sein. Kontaktarmut ist ja wohl ein generelles Problem auch unter deutschen Studenten. Der Rückzug ins landsmannschaftliehe Ghetto vergrößert die Hindernisse der Integration für Ausländer. Wohnprobleme treten hinzu. Nach Schätzungen dürften rd. 20.000 der in der Bundesrepublik studierenden ausländischen Studenten in Studentenwohnheimen wohnen, rund 20% der Studentenwohnheimplätze sind mit Ausländern belegt. In diesem Zusammenhang ist auch das Problem der Reintegration zu sehen, bei dem sich ein Dilemma ergibt: Ein positiver Studienverlauf ist vor allem dann zu erwarten, wenn eine hohe Anpassungsfähigkeit des ausländischen Studenten mit gleichzeitig günstigen Integrationsbedingungen des Gastlandes einhergehen. Andererseits kann aber gerade eine umfassende Integration eine wesentliche Ursache für die schwindende Rückkehrbereitschaft sein. Umgekehrt führen Anpassungs- und Integrationsprobleme häufig zu Krisen im Studienverlauf, die zu einem Studienabbruch führen können, der wiederum auch die Rückkehrwahrscheinlichkeit sinken läßt. Als wichtig für die Förderung der Rückkehrbereitschaft gelten familiäre Beziehungen sowie überhaupt Beziehungen zum und Informationen über das Heimatland, das man ja oftmals für mehrere Jahre verläßt." (Hornhues 1984, S. 24-25).
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Die Ausführungen basieren auf Ergebnissen der Austauschforschung aus dem anglo-amerikanischen Kulturbereich und aus Deutschland. Im Vortragstext heißt es dann weiter: "Die Revue dieser Probleme zeigt, daß es nach wie vor kaum verläßliche Aussagen über die Situation ausländischer Studenten, insbesondere wenn sie aus Entwicklungsländern kommen, gibt, die zugleich etwas aussagen über Studienverlauf, Studienerfolg und die besondere Situation, in der sich Ausländer in der Bundesrepublik sehen. Der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft hat deshalb eine umfängliche Untersuchung in Auftrag gegeben, deren Ziel es ist, aus der Sicht der Betroffenen Ansatzpunkte zur Verbesserung der Situation ausländischer Studenten zu erhalten. Der bereits skizzierte Balanceakt zwischen kultureller Anpassung einerseits und Identitätswahrung andererseits, die damit verbundenen psychischen Konflikte, Fragen des Studienerfolgs usw. sind Themen, die für uns in der Bundesrepublik von allergrößter Bedeutung sind. Die Hochschulen, die stipendiengebenden Organisationen brauchen diese Information für ihre Beratungs- und Betreuungspraxis, wenn das Studium von Ausländern erfolgreich sein soll." (Hornhues 1984, S. 25). Die von den Politikern an die Austauschforschung gestellten Forderungen sind hier klar demonstriert: Bereitstellung wissenschaftlich abgesicherter Erkenntnisse über Bedingungen, Verlaufund Resultat des Ausländerstudiums und der mit ihm verbundenen Probleme, damit auf dieser Basis praktikable Problemlösungsmodelle entwickelt und Entscheidungshilfen bereitgestellt werden können. Das dazu eingesetzte Instrumentarium ist die auf die Analyse praktischer Probleme gerichtete Auftragsforschung ("Der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft hat deshalb eine umfangliehe Untersuchung in Auftrag gegeben ... "). Aber die Themen "Ausländerstudium" und "Interkulturelle Kommunikation im Zusammenhang mit dem Ausländerstudium" sind nicht neu, und auch die Vergabe von Forschungsaufträgen zu diesem Thema ist kein Novum. Wieso soll es dann nach wie vor kaum verläßliche Aussagen über die Situation ausländischer Studenten, über deren Studienverlauf, Studienerfolg usw. geben? Bestehen zu große Defizite in der Austauschforschung, oder ist der Forschungsgegenstand zu komplex?
IL Probleme der Austauschforschung Die Austauschforschung beschäftigt sich mit Perso.nen und Personengruppen, die eine nationale Grenze überschreiten oder mit Ausländern im eigenen Land zusammentreffen. Die Austauschforschung versucht, mit Hilfe systematischer wissenschaftlicher Methoden den Prozeß dieser zwischenmenschlichen Begegnungen zu analysieren und Zusammenhänge zwischen den psychischen,
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sozialen, historischen, politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Prozeßbedingungen und Folgen aufzudecken. Die Austauschforschung selbst ist keine eigenständige Wissenschaft, sondern bedient sich einzelwissenschaftlicher Theorien und Methoden (z. B. aus den Sozialwissenschaften, den Geschichts-, Politik- und Wirtschaftswissenschaften) zur Analyse ihres spezifischen Problemfeldes. So ist die Austauschforschung schon von ihrem Problemfeld her betrachtet auf Interdisziplinarität in der Theorien- und Methodenforschung angewiesen. Wenn auch aus dem Theorienfundus der Einzelwissenschaften spezifische Theorien herausgegriffen und zur Untersuchung einzelner Probleme im interkulturellen Austauschprozeß fruchtbar eingesetzt werden können, so bedarf die Austauschforschung als Ganzes darüber hinaus einer forschungsleitenden theoretischen Fundierung. Internationale und interkulturelle Begegnungen erzeugen zweifellos Sonderund Grenzsituationen, in denen sich menschliches Verhalten unter spezifischen, sonst selten anzutreffenden Bedingungen studieren läßt, und die Aufschlüsse über Einstellungs- und Verhaltensänderungen, Gruppenbildungen, Reaktionen von Minoritäten und Majoritäten usw. ergeben. Die unmittelbare praktische Bedeutung der Austauschforschung flir Gesellschaft und Politik zeigt sich insbesondere in der Analyse von Ursachen und Folgen im Rahmen des Abbaus von Vorurteilen gegenüber fremden Kulturen, der Entwicklung von Fähigkeiten zum interkulturellen Lernen, zur interkulturellen Kommunikation und Kooperation, zum multikulturellen Zusammenleben, der Eingliederung kultureller Minoritäten, der Ausbildung und Betreuung ausländischer Gäste, der Hilfe bei der Integration von Gastarbeitern und ausländischen Studenten sowie der Fähigkeit zur wirtschaftlichen Kooperation. Diesen weitgesteckten Zielen der Austauschforschung und der großen Bedeutung, die ihr von den Trägerorganisationen von Austauschprogrammen und Politikern zugestanden wird, steht ein nicht zu übersehendes Defizit an wissenschaftlicher Fundierung, besonders in theoretischer und methodischer Hinsicht, gegenüber. Eine Analyse der umfangreichen Literatur allein zum Thema "Internationaler Studentenaustausch" (Spaulding I Flack 1976 und Lulat 1984) im amerikanischen Sprachraum und der Überblicksartikel im deutschen Sprachraum (Breustedt 1984; Danckwortt 1983; Ehling 1983; Otto Benecke Stiftung 1982 b; Breitenbach 1973; Gerstein 1974 u. a.) zeigen übereinstimmend folgende Schwächen der Austauschforschung: 1. Einer großen Anzahl empirischer Arbeiten zu unterschiedlichen Problemen des Ausländerstudiums sowie umfangreichen Berichten, Dokumentationen und statistischen Erhebungen steht nur eine geringe Zahl an theoretisch und methodologisch orientierten Forschungsarbeiten gegenüber.
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2. Methodisch und theoretisch sind die vorliegenden Arbeiten so heterogen, daß ihre Ergebnisse selten miteinander verglichen werden können. 3. Die untersuchten Themenspektren sind äußerst umfangreich, die einzelnen thematischen Schwerpunkte sind selten miteinander verbunden, die Erhebungsbedingungen sind oft nur unzulässig kontrolliert, so daß widersprüchliche und schlecht zu interpretierende Befunde zutage treten. 4. Wesentliche Begriffe der Austauschforschung sind zu wenig präzisiert, nur unscharf gegeneinander abgegrenzt, und sie werden in unkritischer und vieldeutiger Weise verwandt. 5. Die Ergebnisse empirischer Studien zur Austauschforschung werden zu selten auf ihre interkulturelle Vergleichbarkeit hin überprüft. 6. Einem kurzfristigen Evaluierungsinteresse spezifischer Auftraggeber dienende Querschnittsanalysen dominieren im gesamten Feld der Austauschforschung, wohingegen interdisziplinäre, langfristig angelegte Grundlagenstudien fehlen. 7. Die aus den Studien ableitbaren administrativen und politischen Empfehlungen haben nur eine sehr begrenzte Gültigkeit und entbehren oft jeglicher theoretischer Fundierung. Die Ursachen flir diese Schwächen der Austauschforschung sind einerseits in der Kompliziertheit des Untersuchungsgegenstandes zu suchen, sie sind andererseits durch die noch mangelhafte Institutionalisierung und Etablierung dieses Forschungszweiges verursacht. Erste Ansätze zur Überwindung der erkannten Defizite in der Austauschforschung liegen seit einigen Jahren vor (Thomas 1983a, 1984).
1/L Aspekte interkultureller Kommunikation Ebenso wie Interaktion und Kommunikation fur das Individuum in seiner lebensgeschichtlichen Auseinandersetzung mit der sozialen Umwelt von existentieller Bedeutung sind, haben interkulturelle Kommunikation und interkulturelles Handeln flir den kulturübergreifenden interpersonalen Austausch eine existentielle Funktion. Zweifellos gelten für die interkulturelle Kommunikation dieselben Gesetzmäßigkeilen wie flir die interindividuelle Kommunikation unter Partnern ein und derselben Kultur. Darüber hinaus unterliegen die interkulturellen Kommunikationsprozesse aber noch spezifischen Einflußfaktoren. Die Besonderheiten interkultureller Kommunikation lassen sich einmal betrachten unter dem Aspekt der miteinander kommunizierenden Personen: "Immer dann, wenn die am Kommunikationsprozeß beteiligten Personengruppen einen unterschiedlichen Erfahrungshintergrund besitzen, der langfristig aufgebaute Konglomerate an Gruppenerfahrungen, Wissensbeständen
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und Wertkonzeptionen reflektiert, dann haben wir es mit interkultureller Kommunikation zu tun." (Samovar I Porter 1976, S. 1). Zum anderen können die Besonderheiten hinsichtlich der Bedingungen des Kommunikationsprozesses hervorgehoben werden: "Als interkulturelle Kommunikation bezeichnet man einen Prozeß, bei dem zwei Individuen aus verschiedenen Kulturen ,versuchen', einen Satz an Symbolen auszutauschen. Die Tatsache, daß sie nicht ein und derselben Kultur angehören, bewirkt, daß sie über unterschiedliche Erfahrungsvoraussetzungen, Überzeugungen und Wertkonzepte verfUgen oder anders ausgedrückt, unterschiedliche Arten des Denkens, Fühlensund Verhaltens praktizieren." (Casse 1981,
s. 46).
In diesen beiden Sichtweisen von interkultureller Kommunikation sind schon die hier zu behandelnden Probleme verborgen: Wie kann es bei kulturverschiedenen Kommunikationspartnern zu einer Verständigung kommen? Wie muß der Kommunikationsprozeß beschaffen sein, welchen verständnisförderlichen bzw. verständnisbehindernden Einflußfaktoren unterliegt er, und wie ist er zu beeinflussen, damit ein Maximum an gegenseitigem Verstehen erreicht wird? Zum tieferen Verständnis des kulturspezifischen Einflusses ist es wichtig, sich klar zu werden, was hier unter Kultur verstanden werden soll. "Kultur besteht aus expliziten und impliziten Verhaltensmustern, die durch Symbole erworben und vermittelt, die spezifischen Leistungen einer menschlichen Gruppe begründen, einschließlich ihrer Verkörperung in Kulturprodukten. Der Wesensgehalt der Kultur besteht aus tradierten (historisch gewachsenen und selektierten) Ideen und damit verbundenen Wertvorstellungen. Kulturelle Systeme können einerseits als Ergebnisse von Handlungen und andererseits als Bedingungselemente von Handlungen betrachtet werden." (Kroeber f Kluckhohn 1963, S. 181). Kultur kann somit aufgefaßt werden als ein generelles, flir eine Gesellschaft (Gruppe, Untergruppe) aber spezifisches Orientierungssystem des Denkens, Wertens und Handelns, das durch bestimmte Arten von Symbolen gebildet und durch sie tradiert wird und dieser Gruppe ihre ganz eigene Umweltbewältigung erlaubt. Personen aus verschiedenen Kulturen können also ein und denselben Sachverhalt sehr unterschiedlich wahrnehmen, kognitiv verarbeiten und emotional bewerten. So verbinden Studenten aus westlichen Kulturen mit Wissenschaft eine im wesentlichen kreative Tätigkeit, wohingegen Studenten aus anderen Kulturen darunter vielleicht eher ein sehr spezifisches Suchen nach ,der Wahrheit' verstehen. Dies kann dann zu einem Festhalten, starren Wiederholen und Verteidigung von Lehrmeinungen ftihren und eine Verunsicherung hervorrufen, wenn die mit dem Anspruch auf Wahrheit vorgetragene Lehrmeinung nicht 3 Jlly/Schmidt
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sofort allseits akzeptiert wird. Ein anderes Beispiel sind die kulturbedingten Unterschiede in der Bedeutung sozialer Kontextbedingungen, besonders in Form von Familien- und Gruppenbindungen, flir das individuelle Verhalten. Für Menschen aus asiatischen Kulturen beispielsweise ist das Wohlergehen und der Erhalt der Primärgruppe in gleicher Weise bedeutsam wie die individuelle Selbstverwirklichung flir Menschen des europäischen Kulturkreises. Verhaltens-, Einstellungs- und Bewertungsunterschiede lassen sich oft allein auf diese kulturspezifischen Wertvorstellungen über die Bedeutung der Bezugsgruppe bzw. des Individuums zurückführen. Verständigung wird aber erst möglich, wenn ein Weg gefunden ist, die Betrachtungs- und Interpretationsweisen des fremdkulturellen Kommunikationspartners mit zu reflektieren. Triandis (1975) meint, daß eine wirksame Interaktion zwischen Menschen aus verschiedenen Kulturen nur dann möglich ist, wenn die Partner in der Lage sind, "isomorphe Attribuierungen" vorzunehmen. Die eigenen Attributionsmuster müssen denen des Partners so weit wie möglich angenähert werden. Zudem erfordert eine wirkungsvolle interkulturelle Kommunikation eine Annäherung im Differenzierungsgrad sozialer Situationen, in den Verhaltenserwartungen, in den Rollendifferenzierungen und in den Beziehungen zwischen Normen und Rollen einerseits und Verhalten andererseits. Als besonders kritische Bereiche, in denen eine interkulturelle Annäherung und Verständigung erfolgen muß, identifiziert Triandis (1975): "1. Verhaltens- und Bewertungsnormen für verschiedene soziale Situationen
2. Rollenstruktur einschließlich der kulturspezifischen Rollenerfassung 3. Die Art und Weise, wie in Verhaltensweisen Intentionen ausgedrückt werden 4. Die in der Gastkultur häufig anzutreffenden Selbstkonzepte 5. Bevorzugte und abgelehnte Verhaltensweisen in der Gastkultur 6. Bedingungen und Wirkungen kulturtypischer Verhaltensmuster 7. Kulturspezifische Differenzierungen, die Menschen der Gastkultur hinsichtlich ihrer Mitmenschen und hinsichtlich räumlicher und zeitlicher Gegebenheiten vornehmen 8. Die Festigkeit der Bindungen zwischen Verhalten einerseits und Normen, Rollen, Verhaltenswirkungen und verhaltensbezogenen Zielen andererseits in der Gastkultur 9. Der angemessene Verhaltensspielraum in der Gastkultur 10. Die Arten sozialer Verstärkungen, die in unterschiedlichen Situationen erwartet werden, und die Angemessenheit sozialen Austausches in der Gastkultur." (zit. nach Triandis 1983, S. 85). Den hier berichteten Vorstellungen von den Bedingungen effektiver interkultureller Kommunikation liegt die auch von Miller / Steinberg (1975) formulierte Annahme zugrunde, daß Kommunikation aus dem fortlaufenden Bemühen besteht, in der Interaktion mit dem Partner zutreffende Vorhersagen
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über dessen Verhalten zu gewinnen. Je mehr Informationen jemand über die Person seines Interaktionspartners besitzt, um so genauer und zutreffender können seine Verhaltensprognosen sein. Solche Informationen schließen auch die Kontextvariablen mit ein, unter denen die Interaktion stattfindet. So verfügen die Kommunikationspartner in einer intrakulturellen Situation über weitaus mehr gemeinsame Informationen als in einer interkulturellen Situation. Miller und Steinberg unterscheiden nun die Ebenen der kulturellen soziologischen und psychologischen Informationen. Kulturelle Informationen beziehen sich auf die gemeinsamen Verhaltensmuster, die Personen der jeweiligen Kultur in Interaktionssituationen anwenden. Soziologische Informationen beziehen sich auf kulturtypisches Verhalten spezifischer sozialer Gruppen, die unterschieden werden können, z. B. nach Alter, Geschlecht, religiöser oder statusbezogener Zugehörigkeit. Psychologische Informationen beziehen sich auf individuelle Verhaltensweisen und Besonderheiten einzelner Personen innerhalb verschiedener sozialer Gruppen und unterschiedlicher Kulturen, wie z. B. auf den Grad an Einflihlungsvermögen, Dominanzstreben, Verantwortungsbewußtsein oder Extraversion. In der intrakulturellen Kommunikationssituation ist das Ausmaß der von den Kommunikationspartnern gemeinsam geteilten Informationen auf der kulturellen Ebene am größten und auf der psychologischen Ebene am geringsten, wohingegen in einer erstmaligen interkulturellen Kommunikationssituation die gemeinsamen Informationen beider Partner auf allen Ebenen gleichermaßen sehr begrenzt sind. Deshalb sind auch nur wenige zutreffende Verhaltensvorhersagen möglich. Nach Harms {1973) muß unterschieden werden zwischen interkultureller Kommunikation (intercultural communication) als zweiseitige, informelle, auf gegenseitiges Verstehen in Dyaden oder kleinen Gruppen ausgerichtete Kommunikation und kulturübergreifender Kommunikation (cross-cultural communication) als einseitige, formelle, ·von einer Kultur an eine andere Kultur oder an große Gruppen mit eindeutiger Zielsetzung gerichtete Information (z. B. Rundfunksendungen, Nachrichten). Vertieftes interkulturelles Verstehen ist seiner Ansicht nach nur durch interkulturelle Kommunikation wirksam zu erreichen. Wenn auch die Mitglieder einer Gastkultur wie selbstverständlich vom Fremden ein hohes Maß an Anpassungs-, Lernfähigkeit und Veränderungsbereitschaft verlangen, so wird aus der Bestimmung von interkultureller Kommunikation als einem zweiseitigen, auf gegenseitiges Verstehen hin ausgerichteten Kommunikationsprozeß deutlich, daß auch die Mitglieder der Gastkultur Lernbereitschaft zeigen müssen, da sie sonst blind sind ftir die interaktions- und handlungswirksamen kulturellen Differenzen (Althen 1981).
3"
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IV. Interkulturelle Kommunikation im Zusammenhang mit dem Ausländerstudium In der Austauschforschung ist wohl kein interkulturelles Interaktionsfeld so häufig untersucht worden wie das Ausländerstudium. Besonders in den USA haben Forschungen über Themen wie ,The world's students in the United States' (Spaulding I Flack 1976), ,The international students and study-abroad Programs' (Lulat 1984) oder ,International Educational Exchange' (Spencer 1970) bereits eine Tradition. Meist geht es um die Analyse des Eingliederungsprozesses ausländischer Studenten in die jeweilige Gastkultur und hier insbesondere in die Universität, in das Studium und die damit verbundenen Anforderungen. Es werden die interkulturellen Anpassungsprobleme erforscht und die Wirksamkeit von Informations- und Beratungshilfen flir den ausländischen Studenten untersucht. Einen weiteren Forschungsschwerpunkt bildet die Analyse der mit dem Auslandsstudium zusammenhängenden Einstellungsbildungen und Einstellungsänderungen beim ausländischen Studenten gegenüber dem Gastland und der Bewohner des Gastlandes gegenüber dem Ausländer. Neben dem häufigen Einsatz von Fragebogen, Einstellungsskalen, der sozialen Distanzskala von Bogardus (I 928) und dem semantischen Differential (Osgood I Suci I Tannenbaum 1957) werden selten nicht reaktive Meßverfahren und Beobachtungstechniken eingesetzt. Viele Untersuchungen bestehen zudem aus rein deskriptiv statistischen Erhebungen, in denen z. B. aus der Beziehung zwischen Herkunftsland und Studienabbruchquote Schlußfolgerungen hinsichtlich des Grades handlungswirksamer Anpassungsschwierigkeiten gezogen werden. Der geringen Zahl methodisch einigermaßen gesicherter empirischer Studien steht eine große Anzahl von Abhandlungen über allgemeine Beschreibungen, Fallbeispiele, theoretische Analysen und Begriffsanalysen zu Themen wie Kultur, Völkerverständigung, Vorurteile, kulturelle Anpassung, kulturelles Lernen usw. gegenüber. Diese Arbeiten haben meist mehr zur Begriffsverwirrung als zur Begriffsklärung beigetragen. Zusammenhänge zwischen verhaltens- und erlebnisrelevanten kulturellen und sozialen Bedingungen und Wirkungen im Zusammenhang mit einem Auslandsstudium ließen sich auf diese Weise jedenfalls nicht aufdecken. Hinsichtlich der theoretischen Fundierung der vorliegenden Studien lassen sich nach Bochner (1981) drei Ansätze unterscheiden: 1. Der psychoanalytische Ansatz, besonders im Rahmen des Konzepts "The
Authoritarian Personality" (Adorno et al. 1950), in dem der Ethnozentrismus auf eine harte, strenge und rigide Kindererziehung zurückgeführt wird, und die Entwicklung nationaler Vorurteile aus verdrängten Aggressionen oder einer Sündenbockfunktion abgeleitet wird.
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2. Das Konzept der interpersonalen Ähnlichkeit und Attraktivität, das auf Verstärkungs- und kognitiven Gleichgewichtstheorien aufbaut. Dieses Konzept unterstellt, daß Personen, die sich einander als ähnlich erleben, eher miteinander interagieren und daß jede kulturelle Gruppe eine eigenständige Art der kognitiven Erfahrung und Bewertung ihrer sozialen Umwelt entwickelt, was die intrakulturelle Kommunikation erleichtert und die interkulturelle Kommunikation erschwert (Triandis 1972). 3. Das Konzept des sozialen Lernens, in dem angenommen wird, daß jedes Individuum ein kulturspezifisches Muster an verhaltensrelevanten Bedingungszusammenhängen (set of contingencies) erlernt hat und in fremdkultureller Umgebung so lange unter Unsicherheiten, Verwirrung und Streß leidet, bis es ein neues, dieser Kultur adäquates Bedingungs- und Verhaltensmuster zu beherrschen gelernt hat (Gutherie 1975). Alle diese drei Konzepte stellen allerdings zu stark das einzelne Individuum in den Vordergrund und übersehen dabei, daß der Kern interkultureller Kontakte zumindest eine Zweipersonenbeziehung darstellt, wodurch ein sich wechselseitig beeinflussendes soziales System geschaffen wird. Bochner (1981) meint, daß eher ein funktionales, soziales Kontaktmodell den interkulturellen Kommunikations- und Handlungsprozessen gerecht wird. In diesem Modell soll das individuelle Verhalten als eine Funktionseinheit betrachtet werden, die innerhalb einer Kultur, zwischen zwei oder zwischen mehreren Kulturen variieren kann. Das von Bochner (1977) entwickelte funktional-soziale Kontaktmodell, angewandt auf das Auslandsstudium, geht davon aus, daß ein Austauschstudent im Ausland in drei unterschiedlichen sozialen Netzwerken interagiert, nämlich dem Netzwerk von Beziehungen zu seinen Landsleuten (monokulturelles Netzwerk), zu den Menschen des Gastlandes (bikulturelles Netzwerk) und zu Menschen anderer Nationalitäten (multikulturelles Netzwerk). In allen drei Netzwerken bestehen charakteristische Interaktionsmuster, und die darin entfalteten sozialen Beziehungen erflillen für den Austauschstudenten jeweils unterschiedliche Funktionen. Die häufigsten Beziehungen, besonders zu Beginn des Auslandsaufenthaltes, bestehen zu Personen des eigenen Kulturkreises, die dazu dienen, daß der Bezug zur Heimatkultur erhalten bleibt und das eigenkulturelle Wertesystem gestützt wird. Geborgenheit, soziale Nähe, intensive persönliche Beziehungen entstehen zunächst vorwiegend in diesem Netzwerk. Als nächstes sind die Beziehungen zu Menschen des Gastlandes bedeutsam als Hilfe zur Informationsgewinnung und zur Bewältigung von Lebensproblemen, als Orientierungshilfe in fremder Umwelt und zur Erreichung beruflicher und akademischer Ziele. Erst an dritter Stelle sind Beziehungen zu anderen Ausländern und im Laufe des Aufenthaltes der Aufbau eines internationalen Freundeskreises von Bedeutung.
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Während also das soziale Netzwerk zu den eigenen Landsleuten dem Erhalt der eigenkulturellen Identität, der Vermeidung von Minderwertigkeitsgeftihlen und sozialer Verunsicherung dient, hilft das Netzwerk zu Menschen des Gastlandes, die Studien- und Ausbildungsziele zu verwirklichen. Aufbauend auf diese Modelle sozialer Beziehungen wurde an der Universität Regensburg eine empirische Untersuchung an deutschen Austauschstudenten in den USA durchgeführt (Hagemann 1985), in der folgende Fragen geklärt werden sollten: "l. Welche sozialen Beziehungen unterhalten Austauschstudenten während
ihres Auslandsaufenthaltes? Die Theorie der ,Social Networks' als Bestandteil des funktionalen Modells von Bochner wird zur Beschreibung der während eines Auslandsstudiums in den USA bestehenden sozialen Beziehungen deutscher Austauschstudenten herangezogen. Dabei werden zusätzlich zu den drei von Bochner u. a. untersuchten Personenkreisen (Menschen des Gastlandes, Landsleute, andere Ausländer) auch Beziehungen zu den Menschen im Heimatland mit einbezogen. Zwar bestehen zu diesen Personen während des Auslandsaufenthaltes in erster Linie indirekte Kontakte in Form von Briefen und Telefongesprächen, es kann jedoch angenommen werden, daß sie dennoch Einfluß auf das Erleben und Verhalten des Austauschstudenten haben (Beispiele: Heimweh oder das Gefühl, den Erwartungen der Daheimgebliebenen entsprechen zu müssen). Desweiteren wird untersucht, welchen sozialen Gruppen (Gastfamilie, Kommilitonen, Vermieter etc.) sich die Bezugspersonen der deutschen Studenten innerhalb der verschiedenen Personenkreise zuordnen lassen.
2. Welcher Art sind die bestehenden Beziehungen? Hierbei geht es um die Qualität bzw. die Intensität der Beziehungen, um Gefühle, die die Beziehungen auslösen und ihre Beurteilung durch die Studenten. 3. Wie entwickeln sich die Beziehungen während des Aufenthalts und welche Bedeutung haben sie für den Verlauf des Auslandsstudiums? Der erste Teil der Frage zielt einersdts auf Veränderungen ab, die die Zugehörigkeit zu den verschiedenen Personenkreisen betreffen, andererseits auf Veränderungen in der Qualität bzw. Intensität bestehender Beziehungen. Der Bedeutungsanalyse liegt eine an handlungstheoretischen Prinzipien orientierte Betrachtungsweise zugrunde, derzufolge die Durchführung eines Auslandsstudiums als ein Prozeß interkulturellen Handeins aufgefaßt und beschrieben werden kann. Unter einem Prozeß interkulturellen Handeins wird die aktive Auseinandersetzung eines Individuums mit den Bedingungen des Lebens und Studierens in einem fremden Land verstanden. Diese Auseinandersetzung vollzieht sich in der Interaktion mit den Menschen des Gastlandes und anderen Personenkreisen, zu denen der Austauschstudent während seines Auslandsaufenthaltes Kontakt aufnimmt. Sie findet statt in Form von erwartungsgesteuerten, zielgerichteten Handlungen und ist als ein in der Zeit ablaufender Wechselwirkungsprozeß zwischen Individuum und fremdkultureller Umwelt
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aufzufassen. Es wird angenommen, daß eine solche Konzeption des Auslandsstudiums als eines Prozesses interkulturellen Handeins ( ... ) einen geeigneten Rahmen für die Analyse von Prozessen der Entwicklung sozialer Beziehungen und ihrer Funktionen im Verlauf eines Auslandsstudiums bildet." Das Auslandsstudium als Prozeß interkulturellen Handeins beginnt zunächst mit der Bewältigung der neuen Lebenssituation. "Vom Tag seiner Ankunft im Gastland an wird der Austauschstudent mit einer Vielzahl von Anforderungen konfrontiert, die er handelnd bewältigen muß. Er benötigt eine Wohnung, er muß die zur Aufnahme des Studiums erforderlichen Formalitäten erledigen, sich einen Eindruck von den örtlichen Gegebenheiten verschaffen, Einkaufsmöglichkeiten ausfindig machen und vieles mehr. Aufgrund der kulturellen Unterschiede, die zwischen dem Gastland und seinem Herkunftsland bestehen, werden gewohnte Handlungsstrategien sich jedoch als nur bedingt oder überhaupt nicht geeignet erweisen, um gewünschte Handlungsresultate herbeizuführen. Die Ursache hierfür ist in der kulturellen Bedingtheit des menschlichen Handeins zu sehen . . .. (Das hat zur Folge, daß der Austauschstudent) sich nach der Ankunft im Gastland zunächst in einer Orientierungsphase über die veränderten räumlichen, situativen und kulturellen Bedingungen des neuen Handlungsfeldes informieren muß. Neben vielfältigen Orientierungs- und Informationsverarbeitungsprozessen werden dabei auch Vergleiche zwischen dem Gastland und dem Herkunftsland angestellt, die es dem Studenten ermöglichen, kulturelle und situative Unterschiede und Gemeinsamkeiten festzustellen und Bewertungen vorzunehmen. Obwohl davon ausgegangen werden muß, daß solche Orientierungs- und Vergleichsprozesse in mehr oder weniger großem Umfang während des gesamten Aufenthaltes und auf verschiedenen Handlungsebenen ablaufen, erscheint es doch plausibel, anzunehmen, daß diese vor allem zu Beginn des Auslandsstudiums (d. h. vom Zeitpunkt der Ankunft im Gastland an) erforderlich sind, damit die aus der Situation erwachsenen Anforderungen bewältigt werden und eine Eingewöhnung am Aufenthaltsort erfolgen kann." Als nächstes erfolgt die Verwirklichung von Zielvorstellungen: "Mit dem Auslandsstudium verbinden sich Ziele, die der Austauschstudent erreichen möchte. Der Aufenthalt im Gastland stellt deshalb eine Situation dar, die Aufforderungscharakter für die Verwirklichung von Zielvorstellungen besitzt. Mit zunehmender Vertrautheit mit den Gegebenheiten im Gastland und wachsender Handlungskompetenz unter fremdkulturellen Bedingungen steigt die Wahrscheinlichkeit, daß vorhandene Handlungsmöglichkeiten adäquat wahrgenommen und genutzt werden können und der Austauschstudent in der Lage ist, gesteckte Ziele zu erreichen. Sofern die Entwicklung der Zielvorstellungen bereits vor dem Antritt des Auslandsstudiums stattfand, können aufgrund der Erfahrungen und Kenntnisse, die während des bisherigen Aufenthaltes gewonnen wurden, Änderungen der Ziele eintreten, oder es kann eine Neubewertung ihrer Bedeutung vorgenommen werden." Schließlich fmdet noch ein Prozeß der Ablösung vom Gastland statt.
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"Da es sich bei einem Auslandsstudium um einen zeitlich befristeten Aufenthalt handelt und die Rückkehr in das Heimatland von Anfang an absehbar ist, muß schließlich gegen Ende des Aufenthaltes eine Ablösung vom Gastland und aus den während des Aufenthaltes aufgebauten sozialen Beziehungen erfolgen. In dieser Phase wird die Rückkehr in das Heimatland antizipiert, und es werden Vorstellungen über die Zeit nach dem Aufenthalt entwickelt. Es bestehen somit im Verlauf des Auslandsaufenthaltes Situationen mit unterschiedlichem Aufforderungsgehalt, die zu bestimmten Zeitpunkten spezifische Handlungsprozesse auslösen. Diese können charakteristischen Handlungsphasen zugeordnet werden, anhand derer sich der Gesamtprozeß interkulturellen Handeins in eine Orientierungsphase, eine Ausführungsphase und eine Ergebnisphase gliedern läßt." Der Ablauf dieses interkulturellen Handlungsvorganges ist eng verbunden mit dem komplexen Prozeß der Vorbereitung auf das Auslandsstudium, in dem die angestrebten Ziele bestimmt und die situativen Bedingungen und Folgen des Handlungsverlaufs antizipiert werden. Nach Beendigung des Auslandsstudiums erfolgt die Phase der Reintegration in das Heimatland, die von der Forschung oft vernachlässigt wurde, flir den Austauschstudenten aber von großer Bedeutung ist. "Zur Problematik der Wiedereingewöhnung im Heimatland finden sich in der Literatur zum Studentenaustausch nur sehr wenige Untersuchungen. Ebenso bleibt die Frage nach den Langzeitwirkungen von Auslandsaufenthalten bisher nahezu unbeantwortet. Faßt man die Durchführung eines Auslandsstudiums als einen komplexen Handlungsvorgang auf, durch den das Individuum bestimmte Ziele zu verwirklichen sucht (z. B. die Ablösung vom Elternhaus, die Selbstbehauptung in einer fremden Lebenssituation, die Verbesserung von Berufschancen u. ä.), so ist anzunehmen, daß nach der Rückkehr ein Prozeß der Bewertung der erzielten Handlungsergebnisse und ihrer Folgen stattfindet. Zudem wird der Austauschstudent mit Konsequenzen von Veränderungen konfrontiert, die sich im Laufe des Auslandsaufenthaltes in seinem Verhalten und Erleben eingestellt haben. Es wurde bereits festgestellt, daß effektives Handeln unter den Bedingungen einer fremdkulturellen Umwelt eine Modifizierung gewohnter Handlungsstrategien erfordert. Bei der Rückkehr ins Heimatland macht der Austauschstudent nun die Erfahrung, daß sich Handlungsgewohnheiten, die er während des Auslandsaufenthaltes entwickelt hat, im Kontext seiner eigenen Kultur nicht aufrecht erhalten lassen, wenn sie den situativen Gegebenheiten nicht entsprechen. Auch kann das Aufrechterhalten solcher Gewohnheiten negative Reaktionen im sozialen Umfeld hervorrufen. Zusätzlich zu den Veränderungen, die das Auslandsstudium in der Person bewirkt hat, können noch Veränderungen in der heimatlichen Umwelt des Studenten (neue Studienregelungen, Wegzug von Freunden, Entfremdung in persönlichen Beziehungen usw.) stattgefunden haben, die eine Neuorientierung erforderlich machen. Ähnlich, wenn auch nicht im gleichen Ausmaß, wie bei der Ankunft im Gastland, muß sich der Student auch bei seiner Rückkehr im
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Heimatland zunächst wieder etablieren (neue Wohnung suchen, evtl. neuen Freundeskreis aufbauen, Wiederaufnahme des Studiums oder der Berufstätigkeit) und eingewöhnen. Zudem verfügt er durch seine Erfahrung des Lebens in einem fremden Land über ein Wissen von Handlungsalternativen, z. B. im Hinblick auf die Lebensgestaltung, das ihm die Heimatkultur in einem neuen Licht erscheinen lassen kann." (Hagemann 1985). In einer soeben abgeschlossenen Arbeit über den Zusammenhang zwischen Auslandsstudium und Veränderungen im individuellen Selbstkonzept konnten auf der Grundlage von drei Einzelfallstudien an amerikanischen Studenten, die ein Jahr lang an der Universität Regensburg studierten, handlungswirksame Veränderungen im Selbstkonzept festgestellt werden, die besonders für den Bereich des sozialen Handeins bedeutsam sind (Krenner 1984): "Von allen Befragten wurden Veränderungen berichtet. Zum Teil wurden diese als einschneidend erlebt. In bestimmten Bereichen beobachteten alle Personen eine Veränderung (im Hinblick auf): 1. größere Unabhängigkeit, 2. gewachsenes Selbstvertrauen und größere Selbstsicherheit, 3. gehobene Grundstimmung, 4. verbesserte Kontaktfähigkeit, 5. veränderte soziale Beziehungen und 6. Bewußtwerden der eigenen nationalen Identität. Schließlich wurden noch genannt: erweiterte Selbsterkenntnis, größere Toleranz, verändertes Selbstkonzept im Leistungsbereich, gewachsenes Interesse für fremde Kulturen und für außenpolitische Belange der Vereinigten Staaten sowie neue Zukunftspläne. Die individuellen Veränderungen wurden fast ausschließlich positiv und als persönlicher ,Fortschritt' bewertet. Sie betrafen zum Teil zentrale Probleme der Probanden und wurden in zwei Fällen als einschneidende Veränderungen erlebt." (S. 194). Die Resultate der eigenen Studien stützen einen auch von Paige (1983) berichteten Befund, daß Art, Intensität und Wirkung interkultureller Kommunikation und interkultureller Kontakte abhängig sind von vorausgehenden Einstellungen, Erfahrungen, Wertorientierungen, Zielvorstellungen, Motiven, Interessen, lebensgeschichtlich bedingten Problemstellungen usw. bei beiden Interaktionspartnern und beeinflußt werden von sich bietenden oder leicht zugänglichen Gelegenheiten zur interkulturellen Begegnung. Die Analyse der funktionalen Wertigkeit eines Auslandsstudiums im Lebensplan des ausländischen Studenten, die Bestimmung der individuellen Fähigkeit und Bereit-
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schaft zur Zielverwirklichung und die Erfassung der Wechselbeziehung zwischen den vorhandenen und zu entwickelnden sozialen Netzwerken und der auf die Erreichung individueller Handlungsziele bezogenen Nützlichkeitsfunktion der darin stattfindenden Kommunikations- und Interaktionsprozesse lassen ein zuverlässiges Bild der komplexen Wechselwirkungen zwischen Bedingungen, Verlauf und Resultat eines Auslandsstudiums auf der Verhaltensebene, der kognitiven Ebene (Einstellungen, Bewertungen) und der Ebene der Empfindungen entstehen. Langfristig angelegte, vergleichende Fallstudien an ausgewählten Personengruppen, die nicht einem vordergründigen Evaluierungsziel dienen, sondern den Ansprüchen einer grundlagenorientierten Forschung genügen, sind dazu besser geeignet als die bislang verbreiteten Befragungsstudien, die auf statistischen Mittelwertvergleichen von Fragebogendaten beruhen, die an meist fragwürdigen und nicht exakt kontrollierten Stichproben erhoben wurden. Eine grundlagenorientierte Austauschforschung wird zukünftig stärker auf die Qualität des erhobenen und zu interpretierenden Datenmaterials achten müssen als auf die Quantität der Daten. Nur so läßt sich das eingangs beklagte Defizit an verläßlichen Aussagen über die Situation ausländischer Studenten und die Wirkungen eines Auslandsstudiums überwinden.
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Interkulturelle Kommunikation und Ausländerstudium
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Wolfgang Schmidt-Streckenbach STRUKTUREN DES AUSLÄNDERSTUDIUMS IN DER BUNDESREPUBLIK DEUfSCHLAND
Ich möchte in zwei Schritten vorgehen. Zunächst wird im ersten Teil auf der Basis von Daten des Statistischen Bundesamtes und aus eigenen Erhebungen ein quantitativer Überblick über Anteil, regionale Herkunft und Präferenz der Studieninhalte ausländischer Studenten an den Hochschulen der Bundesrepublik Deutschland geboten. Darauf folgt eine knappe Darlegung verschiedener Modalitäten des Ausländerstudiums unter besonderer Berücksichtigung der Studierenden aus Ländern der Dritten Welt. Im Anhang wird den gewonnenen generellen Informationen über den Personenkreis der Studenten aus Entwicklungsländern (EL) eine detaillierte Darstellung der Situation an jeweils rund 25 Universitäten und Fachhochschulen in verschiedenen Bundesländern gegenübergestellt 1.
1
1. An den in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden mehr als 230 weiterqualifizierenden Bildungseinrichtungen, die dem Sammelbegriff "Hochschule" zuzuordnen sind (vgl. Tab. 1), waren im WS 1983/84 insgesamt rd. 1,27 Mio. Studenten eingeschrieben. Davon waren rd. 70 000 Studenten (5,5 %) keine deutschen Staatsbürger.
I Die im Text und im Anhang folgenden Tabellen sind vorn Verfasser zusammengestellt. Ihre Datengrundlage beruht auf - Mitteilungen des Statistischen Bundesamtes (Hrsg.), Fachserie 11 (Bildung und Kultur); Reihe 4.1 (Studenten an Hochschulen), Ausgaben: WS 1982/83, SS 1983, WS 1983/84, SS 1984 (Schnellrneldung); - eigenen Erhebungen (Fragebogen) an mehr als 100 Hochschulen vorn Sommer 1984.
46
Wolfgang Schrnidt-Streckenbach
Tabelle 1: Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland (Stand: SS 1984) Hochschularten
Anzahl
Träger
57
11 Bundesländer
1.
Universitäten
2.
Gesamthochschulen
3.
Pädagogische Hochschulen
11
3 Bundesländer (SH, RP, BW)
4.
Theologische Hochschulen
15
6 Bundesländer
5.
Kunsthochschulen
26
9 Bundesländer (ohne HB, RP)
6.
Fachhochschulen (ohne FöV)
94
11 Bundesländer
7.
Fachhochschulen für öffentliehe Verwaltung
24
11 Bundesländer und Bund
9
Su.:
3 Bundesländer (NRW, HE, BAY)
236
Quelle: Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Fachserie 11 (Bildung und Kultur), Reihe 4.1 (Studenten an Hochschulen), Stand: SS 1984, Mainz X. 1984.
Tabelle 2: Entwicklung der Studentenzahlen an den Hochschulen der Bundesrepublik Deutschland (WS 1960/61 bis WS 1983/84)
~ s
1. Insgesamt (in Tausend)
2.
3.
4.
Deutsche Studenten (in Tausend)
Ausländische Studenten (in Tausend)
Prozentualer Anteil (3. v. 1.)
1960/61
247
226
21
8,5%
1965/66
308
284
24
7,8%
1970/71
422
397
25
5,9%
1975/76
836
789
47
5,6%
1980/81
1 036
979
58
5,6%
1983/84
1 266
1 197
70
5,5%
(dav. Studienanf. =11,2 T.)
Quelle: Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Fachserie 11 (Bildung und Kultur), Reihe 4.1 (Studenten an Hochschulen), Stand: WS 1983/84, Mainz IV. 1985.
Strukturen des Ausländerstudiums in der Bundesrepublik Deutschland
47
Wie die in Tab. 2 dargestellte Entwicklung der Studentenzahlen seit 1960 ausweist, hat sich die absolute Zahl ausländischer Studenten an bundesdeutschen Hochschulen zwar mehr als verdreifacht, allerdings ist ihr prozentualer Anteil an der Gesamtstudentenzahl von 8,5% im Jahre 1960 kontinuierlich auf rd. 5,5% im Jahre 1984 zurückgegangen. Auffällig und für beide Gruppen in gleicher Größenordnung zutreffend ist die rasante Steigerung der Zuwachsraten bei den Studienanfangern im Jahrfünft zwischen 1970 und 1975, die sich bislang nicht wiederholt hat. 2. Betrachtet man die Gruppe der ausländischen Studierenden unter dem Gesichtspunkt der bevorzugten Hochschularten, so läßt sich aus Tab. 3 erkennen, daß die Ausländer überwiegend an einem Universitätsstudium in der Bundesrepublik interessiert sind 2 • Mit rd. 50 500 Personen waren mehr als 72% aller Ausländer an einer der 57 Landesuniversitäten immatrikuliert. Einen zweiten Schwerpunkt bilden die Fachhochschulen 3 , deren Studienangebot für rd. 18 % aller ausländischen Studenten (rd. 12 700 Personen) attraktiv ist 4 • Mehr als 90 % aller in der Bundesrepublik Deutschland fiir ein Studium zugelassenen Ausländer haben sich mithin für eine Universitäts- oder Fachhochschulausbildung entschieden, während - abgesehen von den hier nicht eingerechneten Gesamthochschulen - die sonstigen, fachlich spezialisierten Hochschulzweige kaum Interesse ftnden oder wegen fehlender Zugangsvoraussetzungen - von wenigen Ausnahmen abgesehen - für Ausländer nicht in Frage kommen (Hochschulen der Bundeswehr, Verwaltungsfachhochschulen des Bundes und der Länder). Aus Tab. 4 wird ersichtlich, daß die geographische Verteilung der ausländischen Studenten auf die einzelnen Bundesländer entsprechend dem Studienplatzangebot recht unterschiedlich ist.
2 Dazu ausführlich Heribert Rams: Das Studium von Ausländern an den klassischen Universitäten in der Bundesrepublik Deutschland, in: Aktuelle Probleme des Studiums von Ausländern und des Auslandsstudiums, Referate eines Fortbildungsprogramms für die Wissenschaftsverwaltung vom September 1983 in Freiburg/Schweiz, hrsg. von der Arbeitsgruppe Fortbildung im Sprecherkreis der Hochschulkanzler, Essen 1983, S. 61-76. 3 Ohne Fachhochschulen für öffentliche Verwaltung. 4 Vgl. hierzu die Resultate des "Kolloquiums des Hochschullehrerverbandes über das Ausländerstudium an Fachhochschulen am 16./18. November 1983 in Bad Kissingen", in: Informationen "Bildung und Wissenschaft", 12/1983, S. 214. Vgl. ferner H. Wagner: Auslandsbezogenes und ausländergerechtes Studium, in: Die Neue Hochschule, 5/82, S. 10-13; ders. : Das Berufsbild des Ingenieurs im Entwicklungsland, in: Die Neue Hochschule, 6/83, S. 31-36; Zirra, E.: Vorschlag für ein Karlsruher Modell für integrierte Auslandsstudien und zur Reintegration ausländischer Studenten, hrsg. von der FH Karlsruhe (Koordinierungsstelle fiir Praxissemester), 111. 1983.
Wolfgang Schmidt-Streckenbach
48
Tabelle 3: Ausländische Studenten nach Hochschularten (WS 1983/84)
~ art
Ausländische Studenten (absol. Zahlen)
Davon Studienanfanger
Prozentualer Anteil
69 644
11 178
16,0%
50 487
7 846
15,5%
3 859
774
20,0%
202
48
24,0%
118
28
24,0%
2 292
403
17,6%
12 684
2 079
16,4%
2 (HE I BW)
-
0.
Hochschulen insges.
1.
Universitäten
2.
Gesamthochschulen
3.
Pädagogische Hochschulen
(= 0,3 %)
4.
Theologische Hochschulen
(= 0,16 %)
5.
Kunsthochschulen
6.
Fachhochschulen
7.
Verwaltungsfachhochschulen
(= 72,5 %) (= 5,5 %)
(= 3,3 %) (= 18,2 %)
-
Quelle: Vgl. Tabelle 2 (Eigene Berechnungen).
Führend im Angebot ftir Ausländer ist das Land Nordrhein-Westfalen, das mit ca. 20 400 Immatrikulierten an seinen Hochschulen rd. 30% aller in der Bundesrepublik Deutschland studierenden Ausländer aufgenommen hat. Es folgen Baden-Württemberg mit 10 300 (rd. 18 %) und Berlin mit 9 300 Personen. Damit konzentriert sich bereits weit mehr als die Hälfte aller ausländischen Studierenden auf diese drei Bundesländer. Studienmöglichkeiten in der Hansestadt Bremen sowie in den kleinen Flächenländern Saarland und Schleswig-Holstein werden zusammen von nur rd. 5 % aller Ausländer wahrgenommen. Gemessen an Fläche und Einwohnerzahl offeriert das Land Berlin an seinen beiden im Westteil der Stadt gelegenen großen Universitäten ein erstaunlich umfangreiches Angebot an Studienplätzen ftir diesen Personenkreis, das - mit einem signifikanten Schwerpunkt bei der Technischen Universität (TUB) vor allem von Studenten aus EL bevorzugt wird 5 . Damit erftillt die TUB im s Von rd. 9 300 ausländischen Berliner Studenten kamen im Jahre 1984 mit 6 550 Personen mehr als 70% aus EL. Angaben zu deren Studienplatzkosten im Haushaltsplan von Berlin flir 1985, Kap. 1300 (Senatsverwaltung flir Wirtschaft und Verkehr), S. 670.
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Wolfgang Schmidt-Streckenbach
50
Vergleich mit den anderen bundesdeutschen Hochschulen für Studenten aus EL eine besondere Funktion. Während bundesweit ein Durchschnitt von 5 bis 6 % ausländischer Hörer zu verzeichnen ist, beträgt dieser Anteil an der TUB rd. 18% (4 600 Studenten). Kommen diese im Bundesdurchschnitt wiederum jeweils ungefahr zur Hälfte aus Industrieländern (IL) und EL, so hat sich dagegen an der TUB dieses Verhältnis fast völlig zugunsten der Entwicklungsstaaten verschoben, aus denen rd. 90% (> 4 000 Personen) aller ausländischen Hörer stammen 6 . Tabelle 5: Herkunft der ausländischen Studenten nach Regionen (Hochschulen insges. - WS 1983/ 84)
~
insgesamt (absol. Zahlen)
Davon aus Entwicklungs!ändern
Davon Studienanfänger
Prozentualer Anteil
a
b
c
d
36 266
8 783 (nur Türkei)
1 099
12,5%
2. Afrika (ohne Arab. St./ 41 Länder)
2 154
2 060 (ohne Südafri.ka/ 40 Länder)
249
12,0%
3. Asien (ohne Arab. St./ 26 Länder)
18 805
17 677 (ohne Japan/ 25 Länder)
1 912
11,0%
3 998
3 998
385
9,6%
7 177
2 903 (ohne USA u. Kanada/ 28 Länder)
357
12,3%
n
n
1. Europa (32 Länder)
4. Arabische Staatenwelt ( 19 Länder/incl. Äthiopien) 5. Nord-, Mittel- u. Süd-Amerika (30 Länder)
===~-============-=======================-=======-=~-=====
6. Ausländische Studenten insges. (inkl. Australien u. a.)
69 619
35 421 (=51 %)
Quelle: Vgl. Tabelle 2 (Eigene Berechnungen). 1>
Vgl. Der Tagesspiegel vom 25.9.1983.
4 002
===
11,3%
Strukturen des Ausländerstudiums in der Bundesrepublik Deutschland
51
3. Der Hauptteil aller in der Bundesrepublik Deutschland im WS 1983/84 immatrikulierten nichtdeutschen Staatsangehörigen rekrutierte sich mit insgesamt rd. 36 300 Personen (52%) aus 32 Ländern des europäischen Kontinents. Berücksichtigt man davon allein den türkischen Staatsverband als EL, so beläuft sich der Anteil der Studenten aus Staaten der Dritten Welt an der Gesamtzahl aller studierenden Ausländer in der Bundesrepublik bei rd. 35 400 Personen auf 51 %. Wird, wie in Tab. 5 unternommen, diese Gruppe nach Kriterien der regionalen Herkunft differenziert, so ergibt sich folgendes Bild: Wie zu sehen ist, stellen allein die 25 Staaten der asiatischen Region 7 rd. 50 % aller Studenten aus EL, die sich für ein Studium in der Bundesrepublik entschieden haben. Ein weiteres Viertel der Plätze wird ausschließlich von Studenten aus der Türkei in Anspruch genommen. Studenten aus dem arabischen Sprachraum 8 liegen mit einem Anteil von rd. 11 %, jene aus Mexiko, der mittelamerikanischen Landbrücke und dem Iatein· amerikanischen Subkontinent mit zusammen 8 % bereits weit darunter. Erstaunlich gering ist der Anteil Schwarzafrikas. Die hier erfaßten 40 Staaten vermögen mit rd. 2 000 Personen gerade 6 % der Studienplätze, die den Studenten aus der Dritten Welt in der Bundesrepublik insgesamt zur VerfUgung gestellt sind, mit ihren Staatsangehörigen zu besetzen. Wird die Differenzierung nach der regionalen Herkunft des weiteren mit den von diesen Studenten als Studienschwerpunkte bevorzugten Fächergruppen verknüpft, so lassen sich aus der sich ergebenden Übersicht einige interessante Aussagen ableiten. Wenn man die Studienfachwahl aller Studenten aus der Dritten Welt nach den ersten drei Prioritäten gewichtet, so ergibt sich aus dem regionalen Vergleich, daß das Studium der Ingenieurwissenschaften sowohl für die Studenten aus der Türkei als auch flir jene aus Asien, Afrika und den arabischen Staaten an erster Stelle bei der Studienwahl steht. Jeweils zwischen 37 % und 46 % aller Studenten dieser Regionen haben sich für dieses Fach entschieden. Lediglich bei ihren Kommilitonen aus den amerikanischen EL, deren Studienschwerpunkte relativ breit verteilt sind, kann jene Fächergruppe nur wenig Attraktivität erzielen. Diese Studenten haben sich zu knapp einem Viertel bevorzugt dem Studium der Sprach- und Kulturwissenschaften zugewandt. Die Studenten aus der Türkei sowie aus afrikanischen und mittel-/südamerikanischen Ländern bevorzugen als zweiten Studienschwerpunkt (zwischen 17% und 24% aller Nennungen) die Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften, während ihre asiatischen und arabischen Kollegen hier Mathematik und Naturwissenschaften vorziehen (16- 18 %). 7
Ohne Berücksichtigung der auf dem asiatischen Kontinent liegenden arabischen
8
Berücksichtigt wurden 18 Staaten und Äthiopien.
Staaten.
4'
2 903
5. Mittel- und Südamerika (ohne Kanada und USA)
Prozent:
100
12
4 368
666 (23 %)
484
2 009
265 (13 %)
944
Quelle: Vgl. Tabelle 2 (Eigene Berechnungen).
~
3 998
4. Arabische Staatenwelt (incl. Äthiopien)
35 421
17 677
3. Asien (ohne Arab. St. und Japan)
Insgesamt:
2 060
8 783
465 (16 %)
5 584 15,8
490 (17 %)
5 840
16,5
35
209 0,6
3 201 18 %)
260
1 038 (12 %)
620 (16 %)
2 319 (13 %)
427 (21 %)
2 096 (24 %) 26
121
7
2 553
0,5
177
59
0,2
1 152 3,3
13 579 38
1 300 3,7
5
9
64
39
2
4
201
39
125
1 693 (42 %)
718
23
146
141
168
34
389
6 938 (39 %)
754 (37 %)
4 053 (46 %)
132
735
177
88
67
1 561
11
AgrarKunst, Sonstige Veterinär- Forst- u. Ingenieur- Kunst- Fächer u. medizin Ernähr.- wissensch. wiss. ungeklärt wiss.
357
HumanMedizin
Davon in der Fächergruppe Wirtsch. Mathem., u. GesellNaturschaftswiss. wiss.
508 (13 %)
33
90
5
46
Sport, Sprachu. Kultur- SportInsgesamt wiss. wiss.
2. Afrika (ohne Arab. St. u. Südafrika)
1. Europa (nur Türkei)
n
~
e
Tabelle 6: Studenten aus Entwicklungsländern nach Regionen und Studienfachgruppe (Hochschulen insgesamt- WS 1983/84)
0
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(!
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EI
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V.
Strukturen des Ausländerstudiums in der Bundesrepublik Deutschland
53
Bei der Wahl der dritten Priorität kehrt sich dieses Verhältnis um. Türkische und mittel-/südamerikanische Studenten sind hier an Mathematik- und Naturwissenschaften, asiatische und arabische Hörer an Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften interessiert; lediglich bei den Afrikanern überwiegt hier das Studium der Sprach- und Kulturwissenschaften mit leichtem Vorsprung vor den Wirtschaftsfächern. Gewichtet man die Studienentscheidungen aller Studenten aus EL nach Durchschnittssätzen, ergibt sich, daß rd. 83 % aller Betroffenen eine akademische Ausbildung in den folgenden vier Fächergruppen anstreben: l. 2. 3. 4.
Ingenieurwissenschaften 38% Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften .. rd. 17% Mathematik- und Naturwissenschaften . ..... rd. 16% Sprach- und Kulturwissenschaften .. . ...... 12% •
0
•••••
0
•••••
0.
11
1. Die Bundesländer 9 , vertreten durch die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder (KMK) und die Westdeutsche Rektorenkonferenz, wie die Bundesregierung10 messen übereinstimmend dem Studium ausländischer Staatsangehöriger aus Industrie- wie Entwicklungsstaaten in der Bundesrepublik Deutschland einen hohen politischen Stellenwert zu. Dabei steht die Förderung der Studenten aus der Dritten Welt unter der entwicklungspolitischen Zielvorgabe, daß die bei uns Ausgebildeten anschließend ihre Kenntnisse zugunsten der Entwicklung ihrer Heimatländer einsetzen werden. In diesem Sinne hat die Bundesrepublik Deutschland das Ausländerstudium seit langem durch begünstigende politische Entscheidungen besonders gefördert. Dazu gehören vor allem: - der Verzicht auf Studiengebühren 11 , 9 Vgl. Publikation der KMK: Bericht zur Situation der ausländischen Studenten in der Bundesrepublik Deutschland, Beschluß vom 8.10.1981, S. 3 f. IO Vg!. Stellungnahme des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft (BMBW) gegenüber dem zuständigen BT-Ausschuß zum Bericht der KMK vom 8.10.1981 am 29.4.1982 (Abdruck in HIZ II C 31,06, S. 1 f.). (Da das Studium von Ausländern und die dafür geltenden Zulassungsgrundsätze wesentliche Bereiche der auswärtigen Kulturpolitik und der Entwicklungspolitik berührten, seien in dieser Frage auch Zuständigkeiten des Bundes gegeben, ebda., S. 4 7.) Vgl. ferner die grundsätzlichen Ausführungen der Bundesregierung in ihren Antworten auf die Kleine Anfrage (KA) der Fraktion der SPD zum "Ausländerstudium in der Bundesrepublik Deutschland" vom 18.10.1983, in: BT-Drucks. 10/497, und auf die Große Anfrage der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP zu "Situation und Perspektiven des Studiums ausländischer Studierender in der Bundesrepublik Deutschland" vom 12. 3. 1986, in: BT-Drucks. 10/5171. 11 Was im Vergleich mit den übrigen vier großen Aufnahmeländern fiir ausländische Studenten (USA, Kanada, Frankreich und England) ohne Beispiel ist. In diesen Ländern gelten für Ausländer zum Teil sogar wesentlich höhere Studiengebühren als für Inländer. Vgl. KMK-Beschluß vom 8.10.1981, a. a. 0., S. 10 f.
54
Wolfgang Schmidt-Streckenbach
die Einrichtung von 17 Studienkollegs an bundesdeutschen Hochschulen zum Erwerb der bildungsmäßigen und sprachlichen Studienvoraussetzungen 12, die freie Teilnahme an den sozialen Einrichtungen und Angeboten der Hochschulen, die Reservierung von 6 bis 8 Prozent aller Studienplätze flir ausländische Bewerber, auch in den begehrten Numerus-Clausus-Fächern 13 , woraus ein Gesamtangebot von rd. 60-70 Tausend Studienplätzen flir nichtdeutsehe Bewerber resultiert, das auch bei wachsender Nachfrage durch deutsche Studienwillige beibehalten werden soll 14 . Wie die Daten der Tab. 5 belegen, kommen die in der Bundesrepublik studierenden Ausländer ungefahr jeweils zur Hälfte aus europäischen wie überseeischen Industrieländern und aus mehr als 110 Staaten der Dritten Welt. Hinsichtlich ihrer Studienziele bestehen zwischen beiden Gruppen gravierende Unterschiede. Während Angehörige aus IL in der Regel nur einen begrenzten Abschnitt ihrer Studien im Ausland absolvieren, streben Bewerber aus den EL überwiegend ein Vollstudium in den westlichen Aufnahmeländern an 15 , wobei die persönlichen Motive flir eine Studienaufnahme in der Bundesrepublik Deutschland unter verschiedenen Gesichtspunkten als problematisch einzuschätzen sind. Im folgenden wird daher nur noch auf die Situation der Studenten aus Entwicklungsstaaten eingegangen.
12 Näheres dazu in den folgenden Regelungen: Rahmenordnung für Studienkollegs, Rahmenordnung für ausländische Studienbewerber, Rahmenordnung der Prüfung zur Feststellung der Eignung ausländischer Studienbewerber flir die Aufnahme eines Studiums an Hochschulen der Bundesrepublik Deutschland, Beschlüsse der KMK vom 30.4.1976, in: GMB!. 1976, S. 289-294; ferner: Rahmenordnung flir ausländische Bewerber um ein Studium an Fachhochschulen in der Bundesrepublik Deutschland und Rahmenordnung der Prüfung zur Feststellung der Eignung ausländischer Studienbewerber für die Aufnahme eines Studiums an Fachhochschulen in der Bundesrepublik Deutschland, Beschlüsse der KMK vom 1.6.1979, in: GMB!. 1979, S. 484-487. 13 Vgl. § 32 Abs. 2 Nr. 3 Hochschulrahmengesetz i. V. m. Art. 11 Abs. 2 Nr. 2 des Staatsvertrages über die Vergabe von Studienplätzen vom 20.10.1972 und § 45 der Vergabeordnung. Quelle: Gerhard Strauch: Der Hochschulzugang von Ausländern, insbes. aus "Problemstaaten", in: Informationsbrief Ausländerrecht, 2/1984, S. 47-55 (S. 47). 14 Ein von Bund und Ländern gemeinsam bestimmtes Volumen als Obergrenze flir die Aufnahme ausländischer Studenten existiert nicht. Vgl. Stellungnahme des BMBW vom 29.4. 1982, a. a. 0., S. 7. Abzuwarten bleibt, ob als Folge eines am 13.2.1985 verkündeten Urteils des Europäischen Gerichtshofes ("Gravier-Urteil" /85 /C 61/06) die sog. "EG-Inländer" zukünftig von der Quoten-Regelung für ausländische Studenten einer Nation ausgenommen werden müssen. 15 Vgl. Stellungnahme des BMBW vom 29.4.1982, a. a. 0., S. 6. Von den Ausländern, die in der Bundesrepublik ein Vollstudium betreiben, kommen 90 % aus EL (Quelle: KMK-Beschluß vom 8.10.1981 , a. a. 0 ., S. 7).
Strukturen des Ausländerstudiums in der Bundesrepublik Deutschland
55
2. Nach den Erhebungen der sog. "Grüneberg-Studie" aus dem Jahre 1977 16 waren nach eigenen Aussagen von Studenten aus EL insbesondere folgende Gründe ausschlaggebend flir den Wunsch der Studienaufnahme in der Bundesrepublik: mangelhafte Hochschulaufnahmekapazität im Heimatland bei Nichtbestehen der dortigen strikten Zugangsprüfung (insbes. im Iran und in der Türkei), Unmöglichkeit des Studiums an den - sprachlich näherliegenden - Universitäten anglo- bzw. frankophoner Länder aufgrund der dort den Zugang steuernden Studiengebühren bzw. dort geltender strikterer Auslesekriterien, leichterer Nachweis der bildungsmäßigen und fmanziellen Voraussetzungen ftir die Immatrikulation in der Bundesrepublik als in anderen IL, endlich, oft sogar als vorherrschendes Motiv, persönliche finanzielle Erwägungen 17 , zum Teil bereits verbunden mit dem Wunsch oder der Absicht, nach erfolgreichem Studienabschluß in der Bundesrepublik zu verbleiben und hier einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Leicht zu bewältigende Zulassungshürden in Verbindung mit einem freizügigen Ausländerrecht, das jederzeit die Umwandlung eines Touristenvisums in eine Aufenthaltserlaubnis zu Studienzwecken gestattete, hatten bis zum Anfang der achtziger Jahre zu einem überproportionalen Andrang von Bewerbern aus Griechenland, der Türkei, dem Iran und Indonesien geführt. Da rund zwei Drittel der Personen aus diesen Ländern nicht einmal über minimale Vorkenntnisse der deutschen Sprache verfugten, wurde die Aufnahmekapazität der Studienkollegs drastisch überschritten. Die herkömmliche, im internationalen Vergleich besonders freizügig gestaltete Aufnahmepolitik wurde dieser Entwicklung nicht mehr gerecht. In Anbetracht der Einsicht, daß ein Studium von Bürgern aus EL in der Bundesrepublik nur dann als sinnvoll angesehen werden kann, wenn es qualifiziert betrieben und auch in angemessener Zeit erfolgreich beendet wird, haben die KMK und die Bundesregierung seit dem Jahre 1981 einige zugangssteuernde Restriktionen beschlossen, die folgende Maßnahmen betreffen: genauere Bewertung ausländischer Vorbildungsnachweise, wobei zumindest die Immatrikulationsberechtigung flir das Heimatland nachzuweisen ist 18 , differenzierter Nachweis hinreichender deutscher Sprachkenntnisse, höhere Anforderungen an den Nachweis der Studienfmanzierung, der in der Vergangenheit offensichtlich in vielen Fällen unterlaufen worden ist 19 , l6 Studie im Auftrage des BMBW über "Die soziale Situation ausländischer Studenten in der Bundesrepublik Deutschland", veröffentlicht vom SFB 23 der Universität Konstanz (Bericht 31). 17 Vgl. KMK-Beschluß vom 8.10.1981, a. a. 0 ., S. 11. lB Vgl. Beschluß der KMK zur "Erschwerung des Hochschulzuganges flir Ausländer" vom 6. 3.1981, dokumentiert in: Informationsbrief Ausländerrecht, 1981, S. 207 ff. 19 Zur Begründung der Einzelmaßnahmen vgl. Beschluß der KMK vom 8.10. 1081, a. a. 0., passim (S. 13).
56
Wolfgang Schmidt-Streckenbach
Verpflichtung flir Staatsangehörige jener Länder, die in der sog. Positivliste der DVO zum Ausländergesetz nicht aufgeführt sind und damit dem Siehtvermerkszwang unterliegen, sich die Aufenthaltserlaubnis zu Studienzwekken vor der Einreise im Heimatland ausstellen zu lassen 20 • Gemessen am Rückgang der Bewerberzahlen nicht nur aus "Problemländern" hat insbesondere die ausländerrechtliche Regelung offensichtlich Wirkung gezeigt 21 , wobei das eingesetzte Instrumentarium unter rechtlichen und politischen Gesichtspunkten einer zum Teil vehementen Kritik unterzogen worden ist 22 . Das Land Hessen hat flir seinen Bereich bestimmte Restriktionen flir ausländische Studienbewerber inzwischen wieder aufgehoben 23 • 3. Die Länder und der Bund befürworten den Studienaufenthalt von Bürgern aus EL in der Bundesrepublik, soweit er mit den Entwicklungsinteressen der Herkunftsländer und den Zielen deutscher Entwicklungspolitik in Einklang zu bringen ist. Unter dem Aspekt des entwicklungspolitischen Nutzens wird daher in Übereinstimmung mit Empfehlungen des Europarates vom März 1981 24 die Auffassung vertreten, daß diese Personen zunächst einen ersten Studienabschluß im Heimatland erwerben sollten, bevor sie sich in Studiengängen flir Postgraduierte in Industrieländern spezialisieren 25 . Vorstellungen dieser Art werden allerdings mit einer anderen Realität konfrontiert. Da in den EL selbst der Ausbau der Hochschulkapazitäten weit hinter der Zahl der Schulabgänger mit Sekundarschulreife zurückbleibt, streben die meisten Bewerber aus diesen Staaten hier ein Vollstudium an. Da von diesem Personenkreis generell gesagt werden kann, daß die Mehrzahl weder über die bildungsmäßigen und sprachlichen Voraussetzungen flir den Studienbeginn noch über die fmanziellen Grundlagen flir die Durchführung eines Studiums verfUgen, ergeben sich daraus flir die Ziele unserer Hochschulund Entwicklungspolitik eine Reihe von Problemen. Zu nennen sind hier die hohe Abbruchquote bereits während des Grundstudiums 26 , 20 Geregelt durch die 14. Änderungs-VO zur DVAuslG vom 13. 12. 1982, BGBI. I, S. 1681. Allerdings bestehen Ausnahmen vom generellen Erfordernis zur Klärung der Zulassungsfrage vor der Einreise. Vgl. Antwort der Bundesregierung vom 18.10.1983, BTDrucks. 10/497, ad Frage 111.7, S. 12. Vgl. auch den Runderlaß des Innenministers von NRW betr. "Einreise und Aufenthalt ausländischer Studenten" vorn 17. 2.1984, abgedruckt in: Informationsbrief Ausländerrecht, 7-8/1984, S. 212-215. 21 Vgl. BT-Drucks. 10/497, ad Frage 11.5 f., S. 8 f. 22 Vgl. Gerhard Strauch, op. cit., passim. 23 Die entsprechende Initiative soll auf einer Koalitionsvereinbarung zwischen der SPD und den Griinen beruhen. Quelle: Redaktioneller Beitrag in: Entwicklungspolitische Informationen (epi), Heft 6/1984, S. 20. 24 Vgl. Stellungnahme des BMBW vom 29.4.1982, a. a. 0., S. 5. 25 Vgl. BT-Drucks. 10/497, S. 2. 26 Was nicht zuletzt auf das Finanzierungsdefizit zuriickgeflihrt wird. Vgl. KMKBeschluß vorn 8.10.1981, a. a. 0., S. 4 f. Vgl. ferner Bernd Groß/ Martin Zwick: Studienabbruch bei Studenten aus Entwicklungsländern in der Bundesrepublik Deutschland. Um-
Strukturen des Ausländerstudiums in der Bundesrepublik Deutschland
57
die Finanzierungsprobleme, verbunden mit der daraus resultierenden überhöhten Studiendauer, die Problematik der Rückkehr und der sozialen und beruflichen Reintegration im Heimatland. a) Finanzierung Mit Bundesmitteln kann nur ein Teil der hier studierenden Ausländer direkt über Stipendien gefördert werden. Aus dem Etat des AA waren daftir im Jahre 1982 rd. 71 Mio. DM vorgesehen, die zusammen ftir rd. 9 000 Studenten aus IL wie aus EL verwendet worden sind 27 • Wie aus der Tab. 7 hervorgeht, beschränkt sich auch die direkte fmanzielle Förderung von Hochschulstudenten aus EL durch Haushaltsmittel der Bundesländer lediglich auf rd. 1 500 Personen 28 • Dazu kommen noch die Mittel des von Bund und Ländern gemeinsam [manzierten Stipendienprogramms flir Fachhochschulstudenten aus EL, innerhalb dessen im Jahre 1982 rd. 1400 Personen von den Ländern unterstützt worden sind 29 • Der überwiegende finanzielle Aufwand entsteht den Bundesländern aber durch jene Kosten, die durch die Bereitstellung der Studienplätze, die Organisation des Studiums und auch die Einrichtung von Praktikantenstellen, insbesondere ftir Studenten der Ingenieurwissenschaften verursacht werden. Nach erstmaligen Angaben des BMZ sind den Bundesländern im Jahre 1984 daftir insgesamt Kosten in Höhe von rd. 270 Mio. DM entstanden 30 , die ausschließlich zugunsten der Studenten aus der Dritten Welt aufzubringen waren. fang, Ursachen und Folgen (Empirische Untersuchung im Auftrag des CIM), Saarbrücken 1982. Zwar sollen nach den Ergebnissen der "Studie zur Förderung der Studenten aus Entwicklungsländern, die ihr Studium vor ordnungsgemäßer Beendigung abbrechen" (ISOPLAN, Saarbrücken 1982) diese Studenten nicht mit geringerem Erfolg als ihre deutschen Kommilitonen studieren (vgl. epi, 1/83, S. 13), trotzdem liegt die Abbruchquote bei den Medizinstudenten aus EL nach Informationen der Arbeitstagung über "Standort und Stellenwert des Ausländerstudiums in der Entwicklungszusammenarbeit" (Tagung des CIM und der TUB vom Juni 1983) weiterhin bei 50 % (vgl. epi, 6/83, S. 17). 27 Nach Informationen der Otto Benecke Stiftung sollen aus diesen Mitteln vom DAAD und den mit der Studienförderung von Ausländern befaßten Stiftungen ca. 5 000 Studenten aus EL ein Stipendium erhalten haben. 28 Angaben ftir das Jahr 1982. Auch die von einigen Ländern gewährten Stipendien ftir entwicklungsspezifische Ausbildungsgänge sind rückläufig. So hat Hessen ab 1984 die bislang gewährten Stipendien flir "Dipl.-Genossenschaftsökonomen" am "Institut flir Kooperation in EL" am FB Wirtschaftswissenschaften der Universität Marburg ersatzlos eingestellt (Quelle: Frankfurter Rundschau vom 9. 8.1984 ). 29 1982 waren im Etat des BMZ ca. 14 Mio. DM ftir das Programm bereitgestellt (Quelle: Stellungnahme des BMBW vom 29.4.1982, a. a. 0 ., S. 18). 30 Der BMBW ging 1982 von einem geschätzten Betrag von 360 Mio. DM jährlich aus (Quelle: ebda., S. 14 ).
1.
65
-
10 4 19 30
-
2
77
1 680
222,8
-
-
1
7 4,4 161 49,4
-
-
232 13 166
-
-
-
-
2 706 3 200 149 88 3 619 442 449 2 057 225
126 279 20 11 395 69 199 432 72
-
-
5.
4.
3.
2.
-
Ausbildungs- Anzahl Ausbildungskosten kosten d. Pers. in TDM inTDM
Anzahl d.Pers.
Third Level b) Insgesamt
8 164
-
1 16 29 47 1
-
10,2 1 700
-
2,8 247 141 225 6,7
-
-
-
30 85 1 909
92
188 279 20 11 398 85 238 483
1 067
-
8.
7.
62 -
6.
3 772 3 200 149 88 3 623 689 598 2 285 392 50 242 15 089
9.
Anzahl Ausbildungs- Anzahl Ausbildungskosten d. Pers. d. Pers. kosten in TDM inTDM
Graduatesd
a) Studenten an privaten und öffentlichen Institutionen, die eine Qualifikation als Zulassung zu Hochschulen vermitteln. Hierunter fallen u. a. : Gymnasien (auch berufliche Gymnasien, die zur fachgebundenen Hochschulreife ftihren), Fachoberschulen. b) Studenten an Hochschulen, die akademische Grade verleihen oder staatliche Abschlußexamen abnehmen. Hierunter fallen u. a. : - Wissenschaftliche Hochschulen, d. h. Universitäten einschl. Technische Universitäten/Technische Hochschulen, Gesamthochschulen, andere gleichrangige wissenschaftliche Hochschulen wie Medizinische Hochschulen und Pädagogische Hochschulen sowie deren Studienkollegs; Kunst- und Musikhochschulen; Fachhochschulen. . c) Personen, die nach dem ersten Hochschulabschlußexamen an einer Hochschule weiterstudieren, eine Zusatzausbildung im Rahmen eines Aufbaustudiums erhalten oder wissenschaftlich arbeiten (z. B. Doktoranden). Quelle: BMZ/Ref. 311, 312 (Hrsg.), Entwicklungshilfeleistungen der Länder- Berichtsjahr 1984.
Baden-Württemb. Bayern Berlin Bremen Harnburg Hessen Niedersachsen Nordrh.-Westf. Rheinl.-Pfalz Saarland Schleswig-Holst. Insgesamt:
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Second Level a)
Tabelle 7: Förderung von Studenten aus Entwicklungsländern durch Haushaltsmittel der Bundesländer im Jahre 1984
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g. .,"'
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Cll
..
823
SchleswigHolstein Med. H. Lübeck
+
n. b. = nicht bekannt = vorhanden
453 6 251
H. Speyer U. Trier
322
16 863 17 427 42 965 10 250
U. Dortmund U./GH Essen U. Münster GHPaderbom
~5
35 339 12 800 28 958
NordrheinWestfalen THAachen U. Dielefeld U. Bochum
RheinlandPfalz U. Mainz
3 581 28 532
-
38
7 370
1433
637 721 1 540 400
1 531
3 533
367 1372
lmmatrikuDavon lierte Stud. Ausinsgesamt Iänder (SS 1984)
Niedersachsen TU ClausthalZellerfeld U. Göttingen
Forts. Tabelle A
3
6 91
609
415 427 763 222
1946 498 908
229 662
Davon aus EL
45 115
2
4 74
475
233 320 578 176
1
I 10
80
46 81 79 33
I 635 175 (sonst k. A.) 760 87
174 408
-
1 7
54
18 26 106 13
-
-
-
158
-
265 158
--
3 (Med.)
-
-
ca. 130 (Z) Med.
28 43 300 15
190
340
61
-
428
I 265
-
163 66 (sonst k. A.)
136
10 58
-
-
68
-
-
14 47 208 12
117 125 100
-
-
-
-
keine - ---
(Verw.) 42
ca. 5 % n. b.
..
Rest: Wirt./ Jus. 6
..
.. .. ..
n. b.
"
n. b.
..
n. b.
65 94 169 26
100
136
-
nein
+ +
+
nein
+ +
nein
+ + +
+ +
..
..
Aufbau-Stud.
+
..
nein
.. ..
Stud/Piang.)
+ (Aufbau
" nein
nein
-
..
.. .. ..
.. .. .. ..
..
nein
nein
+
nein
nein
(Z. mitCIM)
Reintegrationsprogr. f.EL-Stud.
aber Fort· büdung von
EL-Fachkr.
Studienrichtung Regioruzle Herkunft Spezielle StudienEL-orienlog. Sprachen Sozial- abbrecher StudienLateinNaturwiss. StudienAfrika Kunst wiss. Amerika Wiss. (" ) beratung angebote msges. f. Aus!.
Asien
----
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100 % n. b.
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ca.60-70 % n. b.
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Rückkehrbereitsch. nach Examen
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Roland Wiedmann STRUKTUREN DES AUSLÄNDERSTUDIUMS IN DER DEUTSCHEN DEMOKRATISCHEN REPUBLIK I. Politische Aspekte
1. Die deutschen Universitäten und Hochschulen, darunter viele mitteldeutsche Lehr- und Forschungsstätten, verfugten vor 1933 über vielfältige und lange Traditionen auf dem Gebiet der internationalen Wissenschaftsund Hochschulbeziehungen. Dazu gehörte auch die Ausbildung und Qualifizierung von Studenten und Wissenschaftlern, die aus Ländern aller Kontinente nach Deutschland kamen. An diese Traditionen anzuknüpfen 1 zeigte sich die DDR schon bald nach ihrer Gründung bereit. Dabei strebte sie von Anfang an danach, daß sich die Struktur ihres Studienangebotes flir Ausländer "grundsätzlich vom Ausländerstudium im imperialistischen Deutschland und in der BRD" unterscheiden sollte 2 • In dieser Hinsicht kam es ihr gelegen, worauf insbesondere in jüngster Zeit wieder hingewiesen wird, daß elf nigerianische Teilnehmer an den ,III. Weltfestspielen der Jugend und Studenten' in Berlin (Ost) im August 1951 wegen der politischen Entwicklung im Heimatland zunächst nicht' nach Nigeria zurückkehren wollten. Ihnen wurde mit finanzieller Unterstützung des FDGB in Form von ,Solidaritätsaktionen' zunächst ein Vorbereitungsstudium an der Arbeiter- und Bauern-Fakultät (ABF) der Leipziger Universität (nunmehr: Karl-Marx-Universität Leipzig), später die regelrechte Studienaufnahme ermöglicht. Dieses Ereignis markiert im Schrifttum der DDR den Beginn ihres Ausländerstudiums, der aus dieser Perspektive mit den Anfängen der Ausbildung von Kadern aus Entwicklungsländern koinzidiert 3 . In Abstrichen vergleichbar So kann die DDR für sich in Anspruch nehmen, daß "Anton Wilhelm Amo, von Guinea in Afrika" an der Universität Halle im Jahre "1727 als erster Student aus Afrika an eine deutsche Hochschule immatrikuliert" worden ist. 2 VgL Autorenkollektiv (R. Köhler u. a.): Geschichte des Hochschulwesens der DDR 1945 bis 1961 - Überblick, Berlin (Ost) 1976, S. 13, zit. nach: Peter Heilmann: 35 Jahre DDR - 35 Jahre Beziehungen der DDR zu den Entwicklungsländern auf dem Gebiet des Hochschu1wesens, in: asien, afrika, lateinamerika, 12 (1984) 5, S. 813-820, hier: S. 814. 3 So z. B. Siegfried Förster: 30 Jahre Ausländerstudium in der DDR, in: Das Hochschulwesen, 29 (1981) 12, S. 339-344, hier: S. 339; oder Peter Lorf: Ein Diplom aus der DDR, in: Außenpolitische Korrespondenz, 28 (1984) 6 vom 10.02.1982, S. 46 f., hier: S. 46 (auch ausgedruckt in: horizont, 19 (1984) 2, S. 6). 5'
Roland Wiedmann
68
gilt dies ebenso fiir 102 Studenten aus Nord-Korea, die etwa zur gleichen Zeit, allerdings auf vertraglicher Grundlage, in Leipzig mit der Studienvorbereitung begannen. Diese erste Aufnahme ausländischer Studenten in der DDR sollte auch einen Beitrag zur Festigung ihres internationalen Ansehens leisten 4 • Als Leitlinien ftir das Ausländerstudium werden grundsätzlich der sozialistische und der proletarische Internationalismus benannt, wobei letzterer für die Beziehungen zu Entwicklungsländern noch erweitert wird um die Prinzipien der ,gleichberechtigten Zusammenarbeit zum gegenseitigen Nutzen' sowie der ,antümperialistischen Solidarität'. Von 1951 bis 1983 sollen etwa 25 000 Ausländer an den Hoch- und Fachschulen der DDR ausgebildet worden sein, darunter ca. 13 000 Staatsangehörige aus Entwicklungsländern (EL) 5 • Soweit erkennbar, erfaßt der diesen Angaben zugrundeliegende Begriff des Ausländerstudiums das Regelstudium, die Aspirantur (entspricht in etwa der Promotion) und ebenfalls Aufbaustudiengänge an Einrichtungen, die im Verzeichnis der Universitäten und Hochschulen bzw. im Verzeichnis der Fachschulen 6 erfaßt sind, soweit diese in der Hoch- und Fachschulstatistik der DDR berücksichtigt werden 7 . Im Vergleich zu diesen Zahlen hat die DDR z. B. vor der Vollversammlung der VN und der UNESCO mitgeteilt, allein im Zeitraum von 1970 bis 1983 hätten "rd. 16 050 ( . .. ) Bürger aus Entwicklungsländern ein erfolgreiches Studium an Universitäten, Hoch- und Fachschulen der DDR beendet" 8 • Diese vom Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten genannten Angaben gehen flir die Jahre 1970 bis 1979 auf Daten zur Bildungshilfe flir EL zurück, die im 4 5
s. 4.
Vgl Peter Heilmann: 35 Jahre DDR ••• , a. a. 0., S. 814, Anrn. 2. Peter Heilmann: DDR - Partner der "Dritten Welt", in: horizont, 17 (1984) 9,
6 Verzeichnis der Universitäten und Hochschulen der DDR, in: Verfligungen und Mitteilungen des Ministeriums flir Hoch- und Fachschulwesen, Nr. 3/1984 vom 22.10. 1982, S. 25-27; ferner Verzeichnis der Fachschulen der DDR, ebenda, S. 27-35. 7 Die Hoch- und Fachschulstatistiken des Statistischen Jahrbuches der DDR enthalten keine Daten zu den in den Hoch- und Fachschulverzeichnissen aufgenommenen Hochschulen gesellschaftlicher Organisationen (SED, FDGB) sowie zu den Ministerien flir Nationale Verteidigung und des Innernunterstellten Hoch- und Fachschulen. B Unterstützung der DDR flir Entwicklungsländer und nationale Befreiungsbewegungen im Jahre 1983 (Eine Mitteilung des Ministeriums flir Auswärtige Angelegenheiten der DDR zur 39. Tagung der UN-Vollversammlung über die Unterstützung der Deutschen Demokratischen Republik flir Entwicklungsländer und nationale Befreiungsbewegungen im Jahre 1983 wurde am 5. Oktober in New York als offizielles UNO-Dokument, A/C. 2/39/4, verbreitet), in: Außenpolitische Korrespondenz, 28 (1984) 42 vom 26.10.1984, S. 331 f., hier: S. 331; Unterstützung der DDR flir Entwicklungsländer und nationale Befreiungsbewegungen im Jahre 1984 (Untertitelung wie bei Anm. 10; verbreitet am 3. Oktober als offizielles UNO-Dokument, A/C. 2/40/2), in: Außenpolitische Korrespon· denz, 29 (1985), 41, 1985, S. 333 f., hier: S. 333.
Strukturen des Ausländerstudiums in der DDR
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Herbst 1980 zuerst im theoretischen Organ des ZK der SED "Einheit" veröffentlicht worden waren. Demzufolge hätten in den 70er Jahren "etwa 10 000" und im Jahre 1979 allein 2 650 Kader aus EL ein Hoch- und Fachschulstudium in der DDR beendet 9 . Die DDR ergänzte dies anläßtich der 21. Generalkonferenz der UNESCO noch dahingehend, in den 70er Jahren hätten weitere "4 000 eine postgraduale Qualifizierung absolviert" 10 • Diese Daten vom Oktober 1980 stehen in einem offenkundigen Widerspruch zu Angaben des Ministeriums für Hoch- und Fachschulwesen vom Herbst 1981, die auf etwa 10 000 Absolventen aus EL seit 1951 schließen lassen 11 • Auch geben frühere Aussagen des Außenressorts Grund zu der Annahme, daß die im Oktober 1980 von diesem und der SED verbreiteten Angaben auf einer weitergehenden Defmition des Ausländerstudiums beruhen müssen 12 , wobei der in diesem Fall verwandte Bezugsrahmen nicht eindeutig auszumachen ist. Die aktuellen jährlichen Mitteilungen des Außenministeriums vor der Vollversammlung der VN und weiteren internationalen Gremien seit 1982 deuten aber eine Annäherung an die Defmition des Ausländerstudiums durch das Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen an. Allerdings wird damit gleichzeitig die Absolventenangabe für das Jahre 1979 massiv in Zweifel gezogen; ebenfalls die Zahlen der SED und des Außenministeriums für die Jahre 1970 bis 1979 insgesamt. Die neueren Jahresdaten bleiben trotz bemerkenswerter Steigerungsraten weit hinter den Angaben für das Jahr 1979 zurück. Gleichwohl ist das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten bislang nicht zu einer rückwirkenden Datenkorrektur bereit. Im Studienjahr 1984/85 sollen "etwa 10 000 ausländische Bürger" aus über 100 Ländern das differenzierte Angebot der Aus- und Weiterbildung an Universitäten, Hoch- und Fachschulen der DDR wahrgenommen haben 13 • Davon sollen nach Angaben des Außenministeriums Anfang des Jahres 1985 exakt 7 388 Studenten aus EL gewesen sein 14 • Neben Vietnam kommen diese nach 9
Siegfried Büttner: DDR-Hilfe flir Entwicklungsländer, Einheit, 35 (1980) 10,
s. 1081 f.
10 Frieden als höchstes Gut der Menschheit entschlossen verteidigen - Aus der Rede des Leiters der Regierungsdelegation der DDR, Bernhard Neugebauer, Vorsitzender der UNESCO-Kommission und Stellvertreter des Ministers flir Auswärtige Angelegenheiten der DDR, in der Allgemeinen Debatte der 21. Generalkonferenz der UNESCO am 2. Oktober in Belgrad, in: Außenpolitische Korrespondenz, 24 (1980), 41, 1980, S 340-343, hier: S. 342. 11 Hans-Joachim Böhme: 30 Jahre Ausländerstudium an Hoch- und Fachschulen der DDR, in: Presse-Informationen, Nr. 107 vom 15.9.1980, S. 2. l:Z Vgl. Horst Grunert: Kulturelle Auslandsbeziehungen im Interesse friedlicher Zusammenarbeit, in: Außenpolitische Korrespondenz, 20 (1976) 9, S. 68-70. Hier (S. 69) wurde von "über 3 200" Absolventen eines Hoch- und Fachschulstudiums in der DDR seit der ersten Hälfte der 5Oer Jahre berichtet. 13 Hoch- und Fachschulwesen der DDR eng mit gesellschaftlicher Entwicklung verbunden. Beilage der "Presse-Informationen", Nr. 104 vom 6. Sept. 1985, S. I f., hier: S. I. 14 Unterstützung der DDR ... , 1984, a. a. 0 . (Anm. 8), S. 333.
70
Roland Wiedmann
Angaben des Ministeriums flir Hoch- und Fachschulwesen vor allem aus dem Süd-Jemen, aus Libyen, Äthiopien, Nikaragua, Afghanistan, Angola, Mocambique und Algerien 15 • 2. "Seit über drei Jaluzehnten ist die Aus- und Weiterbildung ausländischer Bürger fester Bestandteil der Außen- und Hochschulpolitik der SED und der Regierung der DDR." 16 Diese Aussage belegt, daß das Studium von Ausländern im Selbstverständnis der DDR von Anfang an mit staatspolitischen Erwägungen verbunden worden ist. Zwar ist es in einem EinfUhrungsreferat zum Ausländerstudium in der DDR nicht möglich, den jeweiligen Entwicklungslinien im Zusammenhang mit der Außen- und Hochschulpolitik nachzugehen; zwei Aspekte im Hinblick auf die Studenten aus EL sollen aber nicht unerwähnt bleiben. Zum einen wird in der DDR gelegentlich behauptet, daß "die Ergebnisse des Ausländerstudiums mit dazu beigetragen haben, die von imperialistischen Kräften über unser Land verhängte politische und diplomatische Blockade Anfang der 70er Jahre zu durchbrechen" 17 . Dieser Einschätzung kann man durchaus skeptisch gegenüberstehen. Wichtig aber ist die Feststellung, daß sich daraus vor allem flir die beiden Dekaden davor und teilweise auch für die Zeit nach dem diplomatischen Durchbruch ein Hauptmotiv für die Entwicklung des Ausländerstudiums in der DDR herleiten läßt. Ein zweites Motiv deutet sich in der Aussage an, daß "jede wirkliche revolutionäre Erhebung eines Volkes, jede Befreiung vom Imperialismus ( ... ) zu einer verstärkten Ausbildung von Kadern aus den entsprechenden Ländern und Befreiungsbewegungen in der DDR (führte)" 18 • Dazu ist anzumerken, daß derartige Kader nicht erst im Ergebnis erfolgreicher ,revolutionärer Erhebungen' in der DDR ausgebildet worden sind. Die Aufnahme der koreanischen und nigerianischen Studienanfänger im Herbst 1951 bildete den Auftakt flir die Ausgestaltung des Ausländerstudiums nach sogenannten Hauptentwicklungsrichtungen. Eine davon bildet die "Ausund Weiterbildung von Wissenschaftlern aus sozialistischen Ländern" 19 . Eine 15 Vgl. Peter Lorf: Ein Diplom aus der DDR, a. a. 0 . (Anm. 3), S. 47. Für den Anfang der 80er Jahre ähnlich: Siegfried Förster: 30 Jahre Ausländerstudium in der DDR, a. a. 0. (Anm. 3), S. 342. 16 Peter Lorf: Ein Diplom aus der DDR, a. a. 0. (Anm. 3), S. 47. 17 Siegfried Förster: 30 Jahre Ausländerstudium in der Deutschen Demokratischen Republik. Die Fachschule, 29 (1981) 10, S. 217-219, hier: S. 217. 18 Erhard Hexelschneider: Das Herder-lnstitut der Karl-Marx-Universität Leipzig, in: Deutsche Außenpolitik, XXVI (1981) 11, S. 101-109, hier: S. 105. 19 Dieser Kategorie werden die Mitgliedsländer des RGW (UdSSR, Bulgarien, die CSSR, Ungarn, Polen, Rumänien; die Mongolei, Kuba und Vietnam - Albanien verzichtet
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weitere betrifft die "Aus- und Weiterbildung von nationalen Kadern aus den Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas" 20 , wobei Länder mit sozialistischer Orientierung und ebenfalls Befreiungsbewegungen als eine spezifische Hauptgruppe des Ausländerstudiums in der DDR anzusehen sind. Des weiteren befmden sich auch Bürger aus "einigen industriell entwickelten nichtsozialistischen Staaten" zu Studienzwecken in der DDR. Diese Unterteilungen widerspiegeln ausschließlich politische Prioritäten, für das statistische Berichtswesen haben sie keine Bedeutung. Konzeptionell ist die Ausbildung von Kadern aus EL seit langem eingeordnet in die Politik der ,Wirtschaftshilfe der sozialistischen Länder', die sich aus Sicht der DDR grundlegend von der Entwicklungspolitik kapitalistischer Staaten unterscheide 21 • Dabei stellt die Ausbildungshilfe neben der Projekthilfe die zweite Hauptform der Unterstützung dar. Im Rahmen dieser Projekthilfe, vornehmlich konzentriert "auf die Gruppe der Länder mit sozialistischer Orientierung" 22 , die als Voraussetzung dafür gilt, "daß weitere Staaten sich langfristig aus der traditionellen ökonomischen Abhängigkeit von den imperialistischen Hauptländern befreien können", wollen die Mitglieder des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) allein in der zweiten Hälfte der 70er Jahre 63 EL Wirtschaftshilfe beim Aufbau von rd. 2 900 Industriebetrieben und anderen Objekten gewährt haben 23 • Wie Angaben über entsprechende Projekte der UdSSR zeigen, zielt diese Hilfe auf die Stärkung von Schlüsselindustrien und volkswirtschaftlicher Schwerpunkte, vor allem auf den staatlichen Sektor. Dabei sind die RGW-Staaten bereits wegen begrenzter fmanzieller Resseit 1962 aus politischen Gründen auf eine aktive Mitgliedschaft) sowie die anderen sozialistischen Länder wie China, Jugoslawien, Süd-Jemen usw. zugeordnet. 20 Noch Anfang der 80er Jalue wurde diese Hauptrichtung gekennzeichnet als "Ausund Weiterbildung von ,nationalen Kadern' aus Ländern außerhalb der sozialistischen Staatengemeinschaft". VgL z. B. Siegfried Förster: 30 Jahre Ausländerstudium in der DDR, a. a. 0. (Anm. 3), S. 31. 21 Die Wirtschaftshilfe der sozialistischen Länder sei eine Form der solidarischen Unterstützung der Entwicklungsländer und diene deren ökonomischer und sozialer Entwicklung und trage zur Erringung der ökonomischen Unabhängigkeit vom "Imperialismus" bei. Demgegenüber würde die Entwicklungshilfe kapitalistischer Länder z. T. zum eigenen Nutzen und teilweise unter diskriminierenden Bedingungen gewälut werden. Vgl. hierzu Autorenkollektiv (Jonny Gottschalg u. a.): Jugendlexikon Weltpolitik, Leipzig 1983, S. 44 ff. und S. 183 f. 22 Dieter Segert: Vorbild hat eine starke Wirkung - Wege zur Unterstützung der revolutionären Kräfte, in: Berliner Zeitung vom 14.2.1985, S. 9. Bis 1984lagen den wirtschaftlichen und wissenschaftlich-technischen Beziehungen der DDR zu Entwicklungsländern 127 Abkommen auf Regierungsebene mit 61 Ländern zugrunde. Vgl. Gerhard Scharschmidt JWolfgang Spröte: DDR an der Seite der Entwicklungländer im Kampf um demokratische Umgestaltung der internationalen Wirtschaftsbeziehungen, in: IPWBerichte, 13 (1984), 9, S. 16-22/38, hier: S. 19. 23 Dieter Segert: Vorbild hat eine starke Wirkung ... , a. a; 0. Zur Projekthilfe der DDR vgl. auch Autorenkollektiv (Christian Mäludel): Asien, Afrika, Lateinamerika Gemeinsam gegen Imperialismus, für sozialen Fortscluitt, Berlin (Ost) 1982, S. 280-295.
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sourcen gehalten, sich auf bestimmte Länder bzw. Regionen in der Entwicklungswelt zu konzentrieren. Gezielt mit dem Blick auf EL mit sozialistischer Orientierung wird in einem aktuellen Grundsatzartikel mit bisher nicht gekannter Offenheit zum Umfang der Ausbildungshilfe Stellung genommen: "Eine weitere Richtung unserer Hilfe ist die Ausbildung von Führungskadern in ökonomischen, politischen, ideologischen, militärischen und sozialen Bereichen." 24 Zwar wird anderen EL gegenüber der Anspruch auf die Ausbildung von Führungskadern nicht erhoben, gleichwohl bekleiden schon der Knappheit an qualifizierten Leitungskräften wegen viele Absolventen eines Studiums in der DDR in ihren Ländern maßgebliche Positionen. Daß sie, mit Ausnahme Vietnams, auch militärisches Personal, in der Regel in den EL, aus- und weiterbildet, hat die DDR bislang kaum eingestanden. Maßnahmen dieser Art, die an Hoch- und Fachschulen bzw. sonstigen Bildungseinrichtungen der Nationalen Volksarmee (NVA) und des Ministeriums des Ionern in der DDR selbst durchgeftihrt werden, bleiben - soweit erkennbar in der Statistik des Ausländerstudiums unberücksichtigt. Dies gilt gleichermaßen flir den Großteil der Ausbildung auf politischem und ideologischem Gebiet 25 , ebenfalls charakterisiert durch die Entsendung und den Einsatz von Experten aus der DDR im Ausland. In diesem Zusammenhang ist folgende Aussage politisch bemerkenswert: " . . . da . . . wir dabei ... - bei Anerkennung der jeweiligen nationalen Besonderheiten - die Erfahrungen unserer eigenen Entwicklung weitergeben (können), müssen sich die befreiten Länder vieles nicht langwierig selbst erarbeiten." 26 Gerade das Ausländerstudium bietet schon von seiner Dauer her durchaus geeignete Möglichkeiten, Erfahrungen der DDR beim ,Aufbau des Sozialismus' zu vermitteln. Sowohl von der Projekt- und der Ausbildungshilfe als auch von Unterstützungsmaßnahmen beim Ausbau der medizinischen Betreuung, eines "neuen eigenen Bildungssystems" sowie bei der Lösung sonstiger sozialer Probleme wird eine starke Vorbildwirkung für ganze Ländergruppen erwartet; gleichzeitig soll "die Lebensfahigkeit der revolutionären, der sozialistischen Alternative" demonstriert werden. Als Beispiel einer solchen Ausstrahlung wird Kuba herausgestellt. Dieter Segert: Vorbild hat eine starke Wirkung ... , a. a. 0. Auf ideologischem Gebiet kommen auch den Aktivitäten der Freien Deutschen Jugend (FDJ) Bedeutung zu. Von 1958 bis Anfang der 80er Jahre sollen allein an der Jugendhochschule "Wilhelm Pieck" über 2 200 Funktionäre kommunistischer, sozialistischer und revolutionär-demokratischer Jugendorganisationen Europas, Afrikas, Asiens und Lateinamerikas ausgebildet worden sein. Vgl. Autorenkollektiv (Roland Bach u. a.): Jugend, Solidarität, antümperialistischer Kampf, Berlin (Ost) 1983, S. 204. 26 Dieter Segert: Vorbild hat eine starke Wirkung ... , a. a. 0. 24 25
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Indem sich dieses Konzept verstärkt auf die "Entwicklung einer vielseitigen Zusammenarbeit mit den Staaten Afrikas, Asiens und Lateinamerikas" orientiert, rückt es erheblich von der früheren Förderung revolutionärer Tendenzen in der Dritten Welt ab. Gleichzeitig wird damit den ökonomischen Möglichkeiten der sozialistischen Länder vor dem Hintergrund steigender Rüstungsausgaben Rechnung getragen. Der Hinweis auf das kuhanisehe Beispiel zeigt, daß nicht mit kurzzeitigen Erfolgen, sondern mit einem langfristigen Entwicklungsverlauf gerechnet wird. Wenn in dem erwähnten Artikel ferner ausgeführt wird, daß "unsere Solidaritätsleistungen nicht einfach als ein Abzug vom eigenen Nationaleinkommen, nicht als Verlust von Mitteln für unsere eigene Entwicklung verstanden werden können", deutet dies darauf hin, daß Wirtschafts- wie Bildungshilfe für EL in der praktizierten Form in der Bevölkerung nicht allgemein auf eine breite Zustimmung stoßen. Entwicklungspolitische Bildungshilfe und außenwirtschaftliche Beziehungen sind seit langem miteinander verknüpft. So wurde im Jahre 1979 das ,Institut für berufliche Bildung' in Berlin (Ost) eigens zum Zwecke der "Schaffung von berufspädagogischen Voraussetzungen für die Entwicklung des Exports beruflicher Bildungseinrichtungen zur Förderung der Berufsbildung im Ausland" gegründet 27 • Auch die Ausbildung von zumeist afrikanischen Studenten an der Fachschule für Augenoptik, ,Hermann Pistor' in Jena, steht in direktem Zusammenhang mit Vorhaben zur Errichtung augenmedizinischer Untersuchungszentren, die mit Zeiss-Technik ausgerüstet werden 28 • Da die DDR für beinahe alle Sektoren, die für die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit EL sowie für stabile Außenwirtschaftsbeziehungen mit diesen Ländern insgesamt von Bedeutung sind, Ausbildungsplätze für Angehörige dieser Länder zur Verfugung stellt, dürften die ökonomischen Rückwirkungen dieser Politik eine zu beachtende Größenordnung einnehmen. In diesem Zusammenhang gewinnt neben dem Güterexport seit einigen Jahren auch der Export immaterieller Leistungen - Handel mit Lizenzen, Technischem Wissen, Ausbildungsleistungen - an Bedeutung. Entsprechend erwartet das Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen für den Zeitraum des Fünfjahrplanes 1986-1990 eine Erhöhung der Einnahmen auf diesem Gebiet beim Handel mit westlichen Industrieländern, aber auch mit leistungsstarken Entwicklungsländern.
27
28
Lexikon der Wirtschaft: Arbeit - Bildung - Soziales, Berlin (Ost) 1982, S. 479 f. Vgi. z. B.: Optiker aus Algier lernten in Jena. Neues Deutschland, 18.5.1982, S. 3.
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11. Studienpkltzvergabe und Zulassungsvoraussetzungen 1. Studienplätze an Universitäten, Hoch- und Fachschulen der DDR werden an Ausländer in der Regel auf der Grundlage zwischenstaatlicher Abkommen - wobei als Vertragspartner auch Befreiungsbewegungen in Erscheinung treten - oder von Vereinbarungen mit gesellschaftlichen Organisationen anderer Länder, aber auch mit internationalen Organisationen (z. B. der UNESCO), vergeben 29 • Ferner stellt die DDR im Rahmen internationaler Stipendienfonds unentgeltlich Studienplätze zur Verfügung (z. B. flir die Weltgesundheitsorganisation, den RGW-Stipendienfonds oder den des Internationalen Studentenbundes). Daneben können seit einigen Jahren bestimmte Länder Studenten und Aspiranten auch auf Basis kommerzieller Verträge in der DDR ausbilden lassen. In diesem Zusammenhang sind seit 1982 auch für Selbstzahler "individuelle Bewerbungen möglich".
Zu den verschiedenen zwischenstaatlichen Verträgen, die das Ausländerstudium grundsätzlich regeln, gehören insbesondere bilaterale Kulturabkommen, Abkommen über die Zusammenarbeit im Gesundheitswesen sowie Vereinbarungen über wissenschaftliche und wissenschaftlich-technische, ökonomische und industrielle Zusammenarbeit. In der Zusammenarbeit mit EL stehen dabei die Abkommen über die kulturell-wissenschaftliche Zusammenarbeit und die Gesundheitsabkommen im Vordergrund. Diese Grundsatzvereinbarungen bilden das Fundament flir ebenfalls bilateral vereinbarte, jeweils flir einen bestimmten Zeitraum geltende Arbeitspläne, die weitere Konkretisierungen etwa hinsichtlich der Anzahl der Studenten, der Sprach- und Studienvorbereitung, der Studienfinanzierung etc. vorsehen. Derartige Absprachen werden teilweise auch im Rahmen von Vereinbarungen zwischen Fachministerien (z. B. dem Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen), zwischen Universitäten 30 und von speziellen Studentenabkommen getroffen. Soweit dabei gesellschaftliche Organisationen engagiert sind, handelt es sich vornehmlich um vertragliche Beziehungen auf Partei- und Gewerkschaftsebene, 29 Vgl Autorenkollektiv (Hans-Jürgen Schulz u. a.): Das Hochschulwesen in der DDR - Ein Überblick, Berlin (Ost) 1980, S. 227. Ebenso: Lexikonredaktion des VEB Bibliographisches Institut Leipzig (Hrsg.): Handbuch DDR, Leipzig 19842, S. 511. 30 Universitätsvereinbarungen, die die direkte Zusammenarbeit von Universitäten und Hochschulen der DDR mit gleichgearteten Einrichtungen im Ausland auf vertraglicher Grundlage regeln, bestehen sowohl mit Partnereinrichtungen in sozialistischen Ländern, in Ländern der Dritten Welt wie auch mit kapitalistischen Ländern. Dabei kommen diesen Vereinbarungenjeweils unterschiedliche Funktionen zu. Universitätsvereinbarungen mit Einrichtungen in Entwicklungsländern sollen zu einer effektiven Realisierung der zwischenstaatlichen KWZ-Abkommen beitragen. Demgegenüber sollen solche Abkommen mit Universitäten in kapitalistischen Ländern den Abschluß zwischenstaatlicher Verträge fördern helfen. Vgl. hierzu Hans-Jürgen Schulz (u. a.): Das Hochschulwesen der DDR .. . , a. a. 0. (Anm. 29), S. 226 ff.
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um Vereinbarungen der Freien Deutschen Jugend (FDJ) mit ausländischen Jugendverbänden und Studentenorganisationen und wohl auch um entsprechende Kontakte von Verbänden und Vereinigungen in der DDR mit vergleichbaren ausländischen Partnern. Zu nennen sind hier insbesondere die Vereinigung für gegenseitige Bauemhilfe, der Verband der Konsumgenossenschaften der DDR und der Verband der Journalisten 31 • Auf Einladung des Solidaritätskomitees der DDR kommen schließlich im Rahmen der Vereinbarungen zunehmend junge Leute aus Afrika, aus dem Nahen Osten, aus Asien und aus Lateinamerika - vor allem von Befreiungsbewegungen - in die DDR, um als Stipendiaten ein Studium an Hoch- und Fachschulen oder eine berufliche Ausbildung als Facharbeiter aufzunehmen. Insgesamt wirken mehrere staatliche und gesellschaftliche Träger an der Vergabe der Studienplätze mit, wobei der Großteil allerdings in Erftillung staatlicher Vereinbarungen vergeben wird. Soweit gesellschaftliche Organisationen betroffen sind, ist schon wegen der engen Verzahnung ihrer Bildungsinstitute in das staatliche Bildungssystem von einer zentralen Koordinierung der Studienplatzvergabe an ausländische Bürger auszugehen. Die Einbeziehungen gesellschaftlicher Organisationen in diese Aufgabe ermöglicht es der DDR allerdings, auch Kontakte und selbst vertragliche Beziehungen zu Organisationen und Bewegungen in Ländern herzustellen, mit denen sie bislang keine Beziehungen unterhält oder deren Systeme sie nicht durch kostenlose Bildungsangebote fördern will, sondern eine Hoch- und Fachschulbildung von bestimmten Personen in der DDR eher als politische Investition für die Zukunft betrachtet. Dies gilt zur Zeit vor allem für Chile, Südafrika und einige andere Länder. 2. Da ausländische Studenten nach den gültigen Studienplänen in der Regel gemeinsam mit ihren Kommilitonen aus der DDR ausgebildet werden, werden von ihnen auch ungefähr vergleichbare Qualifizierungen flir die Zulassung zu den verschiedenen Formen der Aus- und Weiterbildung an den Universitäten sowie Hoch- und Fachschulen gefordert 32 • Zum Erwerb der notwendigen Voraussetzungen bietet die DDR vor allem künftigen Studenten 31 Diese beiden Verbände unterhalten sowohl Bildungseinrichtungen, die im Verzeichnis der Fachschulen der DDR erfaßt sind, als auch solche, die dort nicht aufgeführt werden. Die Absolventen der im Fachschulverzeichnis nicht ausgewiesenen Einrichtungen bleiben - soweit erkennbar - bei den statistischen Angaben zum Ausländerstudium unberücksichtigt. Nicht den Fachschulstatus hat die "Schule der Solidarität" am Internationalen Institut für Journalistik "Werner Lamberz" in Berlin-Friedrichshagen (von 1963 bis 1983 über 700 Absolventen aus Entwicklungsländern in bis dahin 34 Lehrgängen; vgl. Der Morgen vom 24.8.1983, S. 8). Ebenso wird die Internationale Genossenschaftsschule in Dresden-Pillnitz nicht als Fachschule ausgewiesen. 32 Vgl. hierzu: Anordnung über die Bewerbung, die Auswahl und Zulassung zum Direktstudium an den Universitäten und Hochschulen - Zulassungsordnung- vom 1. Juli 1971, in: Gesetzblatt der DDR, II/Nr. 55 vom 14.7.1971, S. 486-489.
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aus EL eine Reihe von Möglichkeiten zur fachlichen und sprachlichen Vorbereitung auf ein Studium an. Derartige Maßnahmen können einen Zeitraum bis zu vier Jahren umfassen 33 und werden gegebenenfalls durch das Solidaritätskomitee der DDR fmanziell unterstützt. Auch im Zusammenhang mit der geplanten Vergabe von Studienplätzen auf kommerzieller Basis wird das Nachholen der fachlichen und sprachlichen Voraussetzungen offenkundig möglich gemache 4 • Bewerber ftir ein Hochschulstudium müssen in der Regel ein Zeugnis nachweisen, das in ihrem Heimatland zum Hochschulstudium berechtigt; daneben die ausreichende Beherrschung der deutschen Sprache. Für ein Fachschulstudium werden neben den sprachlichen Anforderungen eine der zehnklassigen polytechnischen Oberschule der DDR entsprechende Vorbildung und zusätzlich der Nachweis berufspraktischer Kenntnisse verlangt. Dies hat zur Folge, daß eine Anzahl junger ausländischer Erwachsener, die in der DDR bereits eine Berufsausbildung erhalten haben, im Anschluß daran auch noch zu einem Fachschulstudium delegiert werden 35 • Auch ftir die verschiedenen Formen der zusätzlichen Aus- bzw. Weiterbildung sind grundsätzlich bestimmte Bedingungen zu erftillen. Voraussetzung ftir eine Promotion (im Sprachgebrauch der DDR: Aspirantur ,A') ist der erfolgreiche Abschluß eines Universitäts- oder Hochschulstudiums. Die Erlangung des Doktorgrades eröffnet ausländischen Wissenschaftlern des weiteren die Möglichkeit, mit dem zweiten Doktorgrad (Aspirantur ,B') die Habilitation zu erwerben. In der Regel wird ftir den Abschluß des Promotionsverfahrens ein Zeitraum von drei Jahren angesetzt, während sich die Habilitationsdauer nach Qualifikation und Wissensstand des Bewerbers richtet. Nach dem Hochschulabschluß besteht ftir Ausländer ferner die Möglichkeit eines wissenschaftlichen Aufbau- oder Zusatzstudiums, gegebenenfalls mit Diplomabschluß. Für Zusatzstudiengänge dieser Art, die in deutscher Sprache durchgeführt werden, gelten Ausbildungszeiten von einem bis zu zwei Jahren. 33 Vgl als ein Beispiel das Interview mit einer Studentin aus Namibia, in: BauernEcho vom 18.4.1984, S. 4. 34 Vgl Manfred Gielke: Am Bildungsfortschritt teilnehmen- in der DDR studieren, in: Außenpolitische Korrespondenz, 28 (1984) 17 vom 4.5.1984, S. 133 f. und (Fortsetzung) 28 (1984) 18 vom 5.1984, S. 142 f. Hier: (Teil I) S. 134. 35 So sollen allein bis 1982 420 Vietnamesen, die im Rahmen eines langfristigen Regierungsabkommens zwischen der Sozialistischen Republik Vietnam und der DDR aus dem Jahre 1973 eine dreijährige Berufsausbildung in der DDR erhalten hatten, danach ein Studium als Ingenieurpädagoge (entspricht in etwa einer Berufsschullehrerausbildung) absolviert haben. Vgl.: Nach der Rückkehr in ihre Heimat als Lehrkräfte tätig, in: NationalZeitung vom 14.7.1982, S. 2. (Das genannte Regierungsabkommen sah die Berufsausbildung von 10 000 Vietnamesen in der DDR im Zeitraum von 1973 bis 1983 vor. Abgeschlossen wurde diese Aktion erst im Frühjahr 1986.) Vgl. auch: Die Koffer wieder ausgepackt, in: Junge Welt vom 5.1.1982.
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Für die Teilnalune an Weiterbildungs- und Trainingskursen zum Erwerb von Spezialwissen werden zwar keine Voraussetzungen ausgewiesen 36 , für die Teilnahme dürfte aber ebenfalls der Hochschulabschluß notwendig sein. Solche Kurse mit einer Dauer von wenigen Wochen bis zu einem Semester werden sowohl in der DDR selbst als auch im Ausland entweder in deutscher oder englischer Sprache, zum Teil aber auch in anderen Fremdsprachen durchgeführt. Die für die verschiedenen Formen der Weiterbildung erwähnten Zugangsvoraussetzungen entsprechen im allgemeinen als auch nach Typen differenziert den von der UNESCO vertretenen Anforderungen 37 • 3. Dem Ausländerstudium in der DDR geht eine Sprach- und Studienvorbereitung voraus, die in der Regel ein Jahr dauertl8 . Vor allem für bereits ausgebildete Fachkader (z. B. Fachärzte) aus EL werden in diesem Zusammenhang teilweise nur mehrmonatige Sprachkurse veranstaltet, die mit dem Befähigungsnachweis im Fach Deutsch abgeschlossen werden 39 • Sprachliche und fachliche Vorbereitungen gehen grundsätzlich von einem mehrjährigen Studienaufenthalt in der DDR aus. Sie werden daher nicht für Ausbildungsgänge von ein oder anderthalb Jahren angeboten, wie sie an einigen landwirtschaftlichen Fachschulen, an pädagogischen Einrichtungen und an der Deutschen Hochschule für Körperkultur in Leipzig üblich sind. Unterrichtssprachen sind hier insbesondere Portugiesisch, Spanisch, Arabisch, Französisch und Englisch. Allerdings wird auch von diesen ausländischen Studenten erwartet, sich allgemeine Grundlagen der deutschen Sprache anzueignen, um sich mit ihren Gastgebern und bei Kontakten mit der Bevölkerung, bei Betriebsbesichtigungen, Exkursionen und Praktika verständigen zu können. Die älteste und in jeder Hinsicht bedeutendste Vorbereitungseinrichtung in der DDR - einschließlich der Einrichtungen in seiner Aufbauphase 40 - ist das Herder-Institut an der Universität Leipzig. 36
s. 142.
VgL Manfred Gielke: Am Bildungsfortschritt teilnehmen ... , a. a. 0. (Anm. 34),
37 Vgl. Statistical Yearbook UNESCO, Einflihrungstexte zu Kapitel 3 Education (S. 111-1 und f.: Definitions of fields of study according to International Standard Classification of Education/ISCED) und zum Unterkapitel 3.14 und 3.16. 38 Zwischen den sozialistischen Ländern bestehen seit längerer Zeit Vereinbarungen, denen zufolge die sprachlichen und fachlichen Voraussetzungen jeweils im Heimatland vor der Delegierung zum Auslandsstudium erworben werden sollen. Zur Unterstützung dieser Vorbereitungen werden zwischen den beteiligten Ländern Sprach- und Fachlehrer ausgetauscht. Vgl. hierzu Siegfried Förster: 30 Jahre Ausländerstudium •.. , a. a. 0. (Anm. S. 32. In einer zunehmenden Anzahl von Fällen erfolgt eine Sprach- und Studienvorbereitung auch in Entwicklungsländern durch dort eingesetzte DDR-Spezialisten und -Lektoren. Vgl. z. B.: Das Studienfach ,.Alema" - Viele junge Mocambiquaner lernen die deutsche Sprache, in: Der Morgen vom 18.8.1981. 39 Beispielsweise für Ärzte, die anschließend an medizinischen Einrichtungen der DDR eine Facharztausbildung aufnehmen. 40 "Anweisung Nr. 104 des Staatssekretariats flir Hochschulwesen über Aufgaben,
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Im Ralunen seiner Grundsatzaufgabe der Sprach- und Studienvorbereitung sind dem Institut folgende drei Hauptaufgaben gestellt: a) Durchflihrung des Vorbereitungsstudiums flir ausländische Studienplatzanwärter; b) Durchflihrung kurz- und mittelfristiger (künftig auch längerer) postgradualer Weiterbildungskurse (z. B. Hochschulferienkurse) flir ausländische Germanisten, Deutschlehrer und Experten einschließlich länderspezifischer Veranstaltungen; c) Durchführung von Forschungsarbeiten zum Thema "Deutsch als Fremdsprache", wozu im Jahre 1966 eine eigene, in Forschungsgruppen gegliederte Abteilung gegründet worden ist. Das Vorbereitungsstudium am Herder-Institut fur Ausländer 41 , die flir die Aufnahme den Bildungsstand der abgeschlossenen Sekundarstufe I ihres Landes erworben haben müssen, dauert in der Regel zehn Monate und gliedert sich wie folgt: Tab. 1: Ablauf der Sprach- und Studienvorbereitung am Herder-Institut 42
Semester
Lehrstoff
1.
- Eingangskurse von wenigen Stunden zur phonetischen Einführung in die deutsche Sprache - Grundkurs zum Erwerb allgemeinsprachlicher Kenntnisse
2.
-
18 Wochen fachsprachliche Vorbereitung in Fächern wie Mathematik, Physik, Chemie, Biologie oder GesellSchaftswissenschaften bei gleichzeitigem allgemeinen Deutschunterricht
- Abschlußkurs von mehreren Wochen für die spezielle Vorbereitung auf den akademischen Lehrbetrieb und Prüfungssituationen Struktur und Tätigkeit des Instituts flir Ausländerstudium der Karl-Marx-Universität Leipzig vorn 20. August 1957", in: Staatssekretariat flir Hoch- und Fachschulwesen (Hrsg.): Hoch- und Fachschulrecht - Eine Zusammenstellung der wichtigsten gesetzlichen Bestimmungen, Berlin (Ost) 1963, S. 242-247. 41 Seit dem 1. Januar 1968 ist die frühere, von 1962 bis 1967 bestehende "zentrale Schule flir ausländische Bürger zur sprachlichen Vorbereitung auf die produktionstechnische Ausbildung" in Dresden-Radebeuel als Nebenstelle dem Herder-Institut angegliedert. An dieser Einrichtung sollen von 1962 bis 1980 4 600 ausländische Praktikanten aus 100 Ländern für eine postgraduale Berufsweiterbildung ausgebildet worden sein. Seit Herbst 1981 übt auch diese Außenstelle des Herder-lnstituts studienvorbereitende Aufgaben aus. Vgl. Erhard Hexelschneider: Das Herder-Institut ... , a. a. 0. (Anrn. 18), s. 102. 42 Ebenda, S. 106.
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Parallel zu dieser Sprach- und Studienvorbereitung, deren Teilnehmer in Seminargruppen nach künftigen Hauptstudienrichtungen zusanunengefaßt sind, wird über die gesamte Vorbereitungszeit Unterricht im Fach "Landeskunde der DDR' erteilt. Diese Veranstaltungen fmden nach Sprachregionen statt, die arn Institut in die Mutter- oder Mittlersprache für englisch-, russisch-, französisch-, arabisch-, spanisch- und portugiesischsprachige Studenten gegliedert sind. Der Unterricht im Fach ,Landeskunde der DDR' wird im ersten Semester in einer der genannten Fremdsprachen, vom zweiten Semester an in Deutsch, erteilt. Trotz hoher Absolventenzahlen, enormer Anstrengungen und auch breiter Anerkennung des Herder-Instituts 43 genügen die dort erworbenen Abschlüsse nicht immer den Erfordernissen flir eine Studienaufnahme. Entsprechend " ... schätzen die Hoch- und Fachschulen ein, daß auf sprachlichem und fachlichem Gebiet sowie in verschiedenen Formen des wissenschaftlichen Arbeitens noch Lücken vorhanden sind, die sich nachteilig auf den erfolgreichen Studienbeginn auswirken" 44 • Aus diesem Grunde sind einige Universitäten, Hoch- und Fachschulen dazu übergegangen, zusätzlich eigene vorbereitende oder studienbegleitende Maßnahmen für ausländische Studenten zu entwickeln und anzubieten, um die jeweils erforderlichen sprachlichen Fertigkeiten zu erweitern und zu vertiefen 45 • Als problematisch und vom Herder-Institut allein kaum zu überwinden erweisen sich u. a. auch die Unterschiede in der "polytechnischen und berufspraktischen Vorbildung" angesichts Studierender aus verschiedenen Ländern und Regionen mit jeweils unterschiedlichen Entwicklungsstufen 46 • Das Institut hat in der ersten Hälfte der 70er Jahre mit seither rd. 600 bis max. 650 Studienplätzen die Grenze seiner Kapazität erreicht. Wohl davon ausgehend, hat der Direktor des Herder-Instituts betont, daß dort auch in 43 VgL z. B. Hans-Adolf Jacobsen: Auswärtige Kulturpolitik, in: Hans-Adolf Jacobsen (u. a.): Drei Jahrzehnte Außenpolitik der DDR- Bestimmungsfaktoren, Instrumente, Aktionsfelder, München/Wien 19802, S. 235-260, hier: S. 254. 44 Lothar Kaiser: 1981 - dreifaches Jubiläum am Herder-lnstitut, in: Die Fachschule, 29 (1981) 10, S. 228 f., hier: S. 228. 45 So bietet die TU Dresden eigene Vorkurse für Deutsch und Mathematik an, wobei seit 1983 vor allem das neugegründete Institut für deutsche Fachsprache sowohl Ausbildungs- als auch Weiterbildungsaufgaben ausübt (vgl. Radio DDR II, 21.6.1983, .,Dresdener Podium" I Transcript; RIAS-Monitor vom 30.6. 1983, S. 10-13). An einigen Einrichtungen, z. B. an der Humboldt-Universität, werden ausländische Studierende an den Fremdsprachensektionen zusätzlich in deutscher Sprache unterwiesen. 46 Vgl. Lothar Kaiser: 1981 - dreifaches Jubiläum ••. , a. a. 0. (Anm. 44), S. 229. In diesem Aufsatz wird eingeräumt, daß .,in den zurückliegenden Jahren ein hoher Prozentsatz der Ausländer die vorbereitende Ausbildung mit Erfolg abschloß", was bedeutet, daß ein nicht unerheblicher Anteil der ausländischen Kader aus Entwicklungsländern die Studienvorbereitung nicht bis zu Ende durchführte bzw. beim ersten Anlauf keinen erfolgreichen Abschluß bescheinigt bekommen konnte.
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Zukunft " ... ein zahlenmäßig gleichbleibendes Kontingent" ausländischer Bürger auf ein Studium in der DDR vorbereitet werde 47 • Damit ist zwar eine mittelfristige quantitative Entwicklungslinie, nicht aber eine inhaltliche Orientierung aufgezeigt worden. Es ist durchaus denkbar, daß das Lehrangebot des Instituts im Rahmen der vorgenommenen Erweiterungen des Vorbereitungsstudiums in der DDR inhaltlich modifiziert werden wird, um damit die in der bisherigen Arbeit erkennbar gewordenen Probleme besser bewältigen zu können. Im Jahre 1984 ist ein neuer Studienplan zur sprachlichen Vorbereitung der akademischen Ausbildung, mit dessen Einflihrung 1985/86 begonnen werden soll, bestätigt worden, der ftir künftige Studenten naturwissenschaftlicher oder technischer Disziplinen den Beginn der fachsprachlichen Ausbildung bereits nach der siebten Woche vorsieht. Wie die nachfolgende Tabelle 2 zeigt, ist das statistische Berichtswesen zum Herder-lnstitut sehr uneinheitlich. In dieses Tableau sind ausgewählte Daten seit 1971 nach Pressemeldungen (Immatrikulationen, Exmatrikulationen, bisherige Gesamtabsolventenzahlen), hiervon ausgehend eigene (u. U. zu vorsichtige) Fortschreibungen über die Entwicklung der Gesamtabsolventen, schließlich Angaben aus dem offiziösen Schrifttum bzw. von kompetenten Vertretern der Leipziger Universität aufgenommen worden. Zugrunde gelegt wurde die vom ehemaligen Rektor der KMU Leipzig, Prof. Winkler, im Jahre 1971 genannte Angabe von 9 600 Absolventen aus 119 Ländern flir den Zeitraum von 1956 (Gründung des ,Instituts für Ausländerstudium') bis zum Herbst 1970. Im Schrifttum der DDR zum Herder-Institut wird häufig Bezug genommen auf das Jahr 1956, gelegentlich aber auch auf 1951; zwischen Herbst 1951 und Mitte 1956 dürften nach den vorliegenden Materialien weniger als 1 000 Ausländer auf ein Studium vorbereitet worden sein. Die Tabelle zeigt ferner, daß die eigenen Fortschreibungen, die von einer sehr niedrigen Abbruchquote ausgehen, bis auf 1981 stets deutlich über den angegebenen Gesamtabsolventenzahlen liegen, bisweilen auch mehr oder weniger deutlich über den der DDR-Presse zu entnehmenden Gesamtzahlen. Auffällig ist, daß die Presseangaben 1979/80 und 1981/82 jeweils Datensprünge um etwa 2 500 Absolventen aufweisen; dabei entsprechen die veröffentlichten Zahlen jenen, die der Rektor des Herder-lnstituts Ende 1981 mitgeteilt hatte. Eine plausible Begründung flir die Datensprünge Anfang der 80er Jahre - seit 1983 wird wieder kontinuierlich über die Entwicklung der Studienvorbereitung am Institut berichtet - ließ sich bisher nicht ermitteln. Weder lassen die Ausbildungskapazitäten der Vorstudieneinrichtung solche kurzzeitigen Entwicklungen zu noch sind sie durch die im Jahre 1979 bzw. 1980 eingerichteten 47
s. 103.
Erhard Hexelschneider: Das Herder-Institut . .. , a a. 0. (Anrn. 18), S. 109 und
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Sonderkurse gerechtfertigt. Desgleichen geben die Angaben zu Immatrikulationen des Ministeriums für Hoch- und Fachschulwesen für die jeweils folgenden Studienjahre wie auch die der UNESCO übennittelten Daten keinen Hinweis, der die Richtigkeit dieser Datenanhebungen rechtfertigen könnte. Umgekehrt aber sind überhöhte Angaben über die Studienvorbereitung am HerderInstitut als bedeutendste dieser Einrichtungen in der DDR in Kombination mit anderen Daten (Studienvorbereitung im Ausland, vergleichbare Einrichtungen in der DDR, Schätzdaten zum Studium von Ausländern in der DDR in Fremdsprachen) und in Relation zu den Absolventenangaben des Ausländerstudiums geeignet, einen überhöhten Wert hinsichtlich der Fälle einer vorzeitigen Beendigung eines Studiums anzunehmen. Neben Problemen, die bereits bei der Sprach- und Studienvorbereitung für ein Fachstudium auftreten, wird ein Studienabbruch oft durch Gründe bestimmt, die keinen direkten Zusammenhang mit dem Studium an sich haben. Zu nennen sind hier individuelle Probleme (Heimweh etc.), politische Entwicklungen im Heimatland des betroffenen Studenten oder etwa Beeinträchtigungen in den politisch-diplomatischen Beziehungen zwischen DDR und Heimatland (in der Vergangenheit z. B. mit der VR China, Ägypten, Somalia), die vorübergehend oder auch für Zeiträume von mehreren Jahren zur Einstellung von Ausbildungsleistungen seitens der DDR ftihren. Neben dem Herder-lnsitut widmen sich seit einigen Jahren auch eine Reihe von Universitäten und Hochschulen der Aufgabe der akademischen Sprachund Studienvorbereitung. Die Zahl der damit befaßten Institutionen ist seit dem Anfang der laufenden Dekade bemerkenswert ausgeweitet worden. So führen bereits seit dem 1. September 1979 die Martin-Luther-Universität Halle, Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Technische Hochschule Karl-Marx-Stadt (Chemnitz), Ingenieurhochschule Zwickau, Ingenieurhochschule Wismar, Ingenieurhochschule für Landtechnik Nordhausen, Ingenieurschule für Maschinenbau Wildau, und seit dem 1. September 1980 ferner die Ingenieurhochschule Köthen, Ingenieurhochschule Mittweida, Ingenieurhochschule Zittau, Ingenieurschule für Walzwerk- und Hüttentechnik Riesa, Ingenieurschule für Automatisierung und Werkstofftechnik Henningsdorf, Agraringenieurschule ,Walter Ulbricht' Weimar
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jeweils eigenständig Sonderkurse " . . . zur sprachlichen und fachlichen Vorbereitung von ausländischen Bürgern auf ein Studium, eine postgraduale Weiterbildung oder eine Aspirantur" durch 48 • Die in diesem Zusammenhang erlassene Anweisung unterscheidet deutlich zwischen der Studienvorbereitung auf der Grundlage der Lehrpläne des HerderInstituts und der Sprachvorbereitung, die thematisch mit dem Ausbildungsinhalt der Sonderkurse verknüpft wird, für die die Leiter der genannten Einrichtungen verantwortlich sind. Die erreichte Teilung der Aufgaben und Verantwortlichkeiten läßt darauf schließen, daß die Sprachvorbereitung praxisnäher und den jeweiligen Erfordernissen einzelner Fachrichtungen entsprechend betrieben werden soll. In diesem Bereich kommen dem Herder-lnstitut daher lediglich Unterstützungs- und Kontrollaufgaben zu. Die Sonderkurse, deren Dauer im übrigen in der Anweisung nicht fixiert ist, werden mit Prüfungen abgeschlossen, wobei Lehrkräfte des Herder-Instituts die Leitung der Prüfungskommissionen übernehmen. Mit erfolgreich bestandener Prüfung, die durch Zeugnisse des Herder-Instituts dokumentiert wird, weist der Absolvent die sprachliche Eignung für die Aufnahme eines Studiums an Universitäten sowie Hoch- und Fachschulen der DDR nach. Die wenigen bisher vorliegenden Informationen über derartige Sonderkurse lassen sich, soweit sie nicht nur die entsprechende Aufgabenübertragung zum Inhalt haben, insoweit zusammenfassen, daß es sich in der Regel um einjährige, teilweise auch zweijährige sprachvorbereitende Kurse handelt (wobei auch Grundkenntnisse in "anderen Unterrichtsfächern" vermittelt werden), die überwiegend für Studienanwärter aus Ländern der Dritten Welt ausgerichtet werden. Dabei wird die Anzahl der Länder pro Sonderkurs jeweils relativ gering gehalten 49 • Zuständig für die Vermittlung entsprechender Grundlagenkenntnisse für mittleres, (para-)medizinisches Personal aus Afrika, Asien, arabischen und amerikanischen Staaten ist seit dem Beginn der sechziger Jahre die Medizinische Fachschule (MFS) ,Dorothea Erxleben' am Kreiskrankenhaus in Quedlinburg 48 "Anweisung Nr. 1/1980 über die Durchführung von Sonderkursen flir ausländische Bürger an den Universitäten, Hoch- und Fachschulen in der DDR vom 18. Januar 1980", in: Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums flir Hoch- und Fachschulwesen, Nr. 1/ 1980 vom 10.4.1980, S. 1 f. 49 An der TH Karl-Marx-Stadt wurden für das Studienjahr 1979/80 Kursteilnehmer aus vier Ländern (SR Vietnam, Mongolische VR, VDR Jemen, Mocambique) gemeldet, an der IHS für dasselbe Jahr aus nur zwei Staaten (Vietnam, Mongolei), an das IHS Wismar flir das zweijährige Vorbereitungsstudium 1979 und 1981 ausjeweils zwei Ländern (Mongolische VR und Kolumbien I Nicaragua und Angola) und an der IHS Mittweida flir 1981/ 82 aus sechs Ländern (u. a. aus Nicaragua). Die Teilnehmerzahlen flir diese Sonderkurse wurden mit 60 in Karl-Marx-Stadt, 23 in Zwickau und 30 in Mittweida (davon 15 aus Nicaragua) angegeben. 6'
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(Harz) 50 • Bisher haben dort mehr als 1 000 größtenteils weibliche Studenten aus den genannten Entwicklungsregionen erfolgreich ihre Sprach- und Studienvorbereitung absolviert, wobei davon ausgegangen wird, daß diese Kurse bis zur Mitte der siebziger Jahre eine Dauer von sechs Monaten hatten und danach auf zehn Monate ausgeweitet worden sind. Über 500 dieser Absolventen haben anschließend in Quedlinburg eine Fachausbildung bzw. (seit Mitte der siebziger Jahre) ein Fachschulstudium erfolgreich beendet. Die übrigen wurden an weiteren medizinischen Institutionen der DDR in Fachrichtungen geschult, die in Quedlinburg nicht angeboten werden. Neben dieser Arbeit übernimmt die Quedlinburger Fachschule auch Vorbereitungsmaßnahmen für bereits ausgebildete mittlere medizinische Kader aus dem Ausland, die zur weiteren beruflichen Qualifizierung in die DDR kommen. Dies gilt ebenso für diese Personen, die in einem Zehnmonatskurs zu Medizinpädagogen qualifiziert werden, wie auch für Ärzte, die in Halbjahreskursen den Befähigungsnachweis im Fach Deutsch erwerben, um anschließend eine mehrjährige Facharztausbildung in der DDR aufnehmen zu können. Für die jeweils etwa 100 Teilnehmer eines Studienjahres stehen in Quedlinburg 14 Deutschlehrer zur Verfügung 5 1 • Als weitere Einrichtung der Studienvorbereitung ist die - neben der MartinLuther-Universität Halle-Wittenberg - einzig noch nach der generellen Auflösung dieser Einrichtung verbliebene Arbeiter- und Bauern-Fakultät an der Bergakademie Freiberg/Sa. zu nennen. Früher hauptsächlich zuständig zur Vorbereitung von Studenten aus der DDR zur Aufnahme eines Studiums, führt sie heute ebenfalls ausländische Kandidaten an ein Studium in der DDR heran. Diese Aufgabe der Vorbereitung von " ... jungen Menschen aus den Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas auf das Studium in der DDR'' nimmt heute eine hervorragende Position im Arbeitsspektrum der ,Fakultät' ein 52 • Die Teilnehmer dieser Kurse, die in der Regel zwei Jahre dauern und mit der Abiturprüfung abschließen, haben zuvor einen Sprachintensivlehrgang am Herder-Institut sowie einen Grundkurs in Mathematik, Chemie und Physik absolviert 53 ; sie werden nach Besuch der Arbeiter- und Bauern-Fakultät nicht in das Aufnahmeverfahren der Universitäten und Hochschulen einbezogen, sondern qua Fakultätswechsler zum Studium zugelassen. Von 1967 bis zum Herbst 1979 sollen " . . . insgesamt 550 Jugendliche aus 45 Staaten, so u. a. aus Äthiopien, Somalia, Guinea-Bissau, Indien, Laos und 50 VgL: Zentrale Ausbildungsstätte, in: Liberal-Demokratische Zeitung vom 7.3. 1964, und: Quedlinburg wird Ausbildungszentrum, in: Liberal-Demokratische Zeitung vom 9.6.1964. 51 VgL: Die Sprache lernen wie ein Kind, in: Der Morgen vom 16.3.1985, S. 3. 52 Vgl. Stichwort "Bergakademie Freiberg", in: Lexikon der Wirtschaft; Arbeit, Bildung, Soziales, Berlin (Ost) 1982, S. 179 f., hier: S. 179. 53 Vgl.: ,Marina aus Namibia', in: Bauern-Echo vom 18.4.1984, S. 4.
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Bolivien" dort die für die Studienaufnahme erforderlichen Kenntnisse erworben haben 54 • Gleichermaßen der Studienvorbereitung zuzuordnen sind ferner die Aktivitäten der ingenieurtechnischen Ausbildungsstätten zur Vermittlung der unerläßlichen berufspraktischen Vorkenntnisse. So sieht z. B. die seit 1982 geltende Ausbildungskonzeption der Ingenieurschule für Polygraphie ,Otto Grotewohl' in Leipzig für Bewerber aus EL ein einjähriges Vorpraktikum vor, in dem künftige Studenten mit graphischer Technologie vertraut gemacht und danach auf die Studienaufnahme vorbereitet werden 55 • In diesem Zusammenhang werden auch besonders herausgestellt die " ... umfangreichen Vorbereitungen auf das Ausländerstudium an der Ingenieurschule für Anlagenbau in Glauchau".
IIL Anmerkungen zur Bildungsstatistik 1. Ausgehend von den Angaben in den Verzeichnissen der Universitäten und Hochschulen bzw. der Fachschulen der DDR vom Oktober 1984 bestehen insgesamt 71 Universitäten und Hochschulen sowie 245 Fachschulen. Demgegenüber beziehen sich die Fachschul- und Hochschulstatistiken im Statistischen Jahrbuch der DDR lediglich auf die Inunatrikulationsdaten von 54 Universitäten und Hochschulen sowie 240 Fachschulen 56 • Sie enthalten demnach keine Angaben über die Parteihochschule ,Karl Marx', die Gewerkschaftshochschule ,Fritz Heckert' beim Bundesvorstand des FDGB in Bernau bei Berlin, die elf dem Ministerium für Nationale Verteidigung sowie die drei dem Ministerium des Innern unterstellten Bildungsstätten mit Hochschulcharakter und das Bildungsinstitut der Zollverwaltung ,Heinrich Rau' in Plötzin; bei den Fachschulen bleiben die Militärtechnische Schule ,Erich Habersaaht' in Prora sowie drei der fünf dem Innenministerium unterstellten Fachschulen unberücksichtigt. Zwar ist, soweit erkennbar, das Statistische Berichtswesen der DDR zum Ausländerstudium den üblichen Datenerhebungen im Bildungswesen vergleichbar angelegt. Dies bedeutet aber nicht, daß die erwähnten 17 Institutionen im Hochschulbereich keine Ausländer ausgebildet haben oder ausbilden. Im Gegenteil können folgende Einrichtungen auf Tausende ausländischer Absolventen verweisen: 54 6 000. Student erhielt Immatrikulationsurkunde - Freiherger ABF feierte 3Djähriges Bestehen, in: National-Zeitung vom 6.9.1979. 55 Vgl.: Polygrafieausbildung in Leipzig intensiviert, in: Neues Deutschland (ND) vom 20.3.1981, S. 7, und: Neue Konzeption flir Ausländerstudium, in: ND vom 8.1.1983. Vgl. auch Martin Grunert: Erfahrungen aus der Ausbildung ausländischer Studierender, in: Die Fachschule, 29 (1981) 12, S. 281 f. 56 VgL Statistisches Jahrbuch der DDR 1984, Berlin (Ost) 1984, S. 302 (Tabelle 17), und S. 303 (Tabelle 19).
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die Parteihochschule ,Kar/ Marx', die vor allem am ,Institut zur Ausbildung von Kadern der Bruderparteien' auch Ausländer ausbildet. Das Institut ist gleichzeitig gegenüber den Bezirksparteischulen der SED weisungsberechtigt, welche ebenfalls Mitglieder ausländischer Parteien schulen. Verifiziert ist dies z. B. ftir die Bezirksparteischule ,Georg Wolff' in Dresden, an der Angehörige der Afrikanischen Nationalunion von Simbabwe f Patriotische Front geschult wurden;57 die Gewerkschaftshochschule ,Fritz Heckert' in Bernau, die bis zum Herbst 1984 in bis dato 130 Lehrgängen und Seminaren 3 067 Gewerkschafter aus 87 Ländern (in mindestens sieben Achtzehnmonatslehrgängen aber auch in einem Dreijahresstudium) ausgebildet hat 58 ; die Militärakademie ,Friedrich Engels' in Dresden, die seit Mitte der siebziger Jahre Offtziere der polnischen Armee 59 und spätestens danach auch Angehörige der Vietnamesischen Volksarmee 60 , ferner Mitglieder der ,Bruderarmeen' des Warschauer Paktes 61 in den Studienbetrieb integriert; ferner die Offiziershochschule der Landstreitkräfte ,Ernst Thä/mann' in Löbau, die ebenfalls seit den siebziger Jahren an der Schulung von Personal der Vietnamesischen Volksarmee beteiligt ist 62 • Von den insgesamt 54 statistisch erfaßten Universitäten und Hochschulen verschiedener Typen sind etwa 35 mit Aufgaben des Ausländerstudiums befaßt. Für einige weitere kann dies zwar ebenfalls vermutet werden, aber entweder fehlen darüber genaue Belege (z. B. ftir die ,Akademie für Staatsund Rechtswissenschaften' in Potsdam-Babelsberg) oder die verfügbaren Materialien lassen nicht eindeutig erkennen, ob ein Studium im eigentlichen Sinne oder lediglich eine Qualifizierung angeboten wird (dies trifft vor allem ftir einige Pädagogische Hochschulen zu). Einbezogen in das Studienangebot der DDR ftir Ausländer sind jedenfalls sämtliche Universitäten und Technischen Hochschulen, fernder die beiden ökonomischen Hochschulen, die Ingenieurhochschulen teilweise, schließlich einige pädagogische und künstlerische Hochschulen. Vgl. .,Grußadresse" im Neuen Deutschland vom 12.5.1983. Seit 25 Jahren studieren in Bernau Gewerkschafter aus vielen Ländern, in: Tribüne vom 18.7.1984. (Anläßlich des 35. Jahrestages der Gründung der Gewerkschaftshochschule im Mai 1981 war mitgeteilt worden, daß bis dahin 2 500 Gewerkschaftsfunktionäre aus 78 Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas an dieser Einrichtung ausgebildet worden seien. Vgl.: Gewerkschaftshochschule mit dem Kaxi-Maxx-Orden geehrt, in: Neues Deutschland vom 21.5.1981.) 59 Vgl. dazu u. a.: Absolventen der Militärakademie wurden feierlich verabschiedet, in: Volksarmee, Nr. 30/1977. 60 Vgl.: Waffenbrüder an der NVA-Akademie, in: National-Zeitung vom 21.8.1980. 6l Vgl. : Absolventen der Militärakademie feierlich verabschiedet, in: Volksarmee, Nr. 30/1984, S. 2. 62 Vgl. z. B.: Für sauberen Himmel über unseren Ländern, in: Berliner Zeitung vom 31.3.1977. 57
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Von den in der Bildungsstatistik berücksichtigten 240 Fachschulen sollen einer Mitteilung von 1981 zufolge bereits damals 60 Einrichtungen am Ausländerstudium mitgewirkt haben 63 . Diese Angabe war allem Anschein nach überhöht und dürfte auch heute noch nicht erreicht sein. Bei 708 Studienplätzen an Fachschulen, die im Jahre 1980 besetzt waren, lassen sich aber einige Hauptstudienrichtungen dieses Personenkreises erkennen 64 . Danach studieren Ausländer an Fachschulen zuvörderst in den Disziplinen der Landwirtschaft, des Gesundheitswesens sowie der Berufspädagogik für Lehrkräfte. Von allen Universitäten, Hoch- und Fachschulen der DDR, die in den einschlägigen Veneichnissen statistisch erfaßt und ausgewiesen sind, sind insgesamt zwischen 85 und 90 Institute in die Durchführung des Ausländerstudiums einbezogen. Außerhalb dieses Kreises führt mehr als ein Dutzend weiterer Einrichtungen - etwa der Akademie der Pädagogischen Wissenschaften, verschiedener Ministerien, staatlicher Einrichtungen und Verbände - z. T. einem Studium vergleichbare Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen z. B. in Form von Einjahreslehrgängen und Kursen mit Abschluß bis zur Aspirantur (Promotion) durch, allerdings, soweit erkennbar, nicht im institutionellen Rahmen des Ausländerstudiums. Berücksichtigt man auch die statistisch nicht erfaßten Bildungsstätten mit Hochschulcharakter, kann von insgesamt rd. 120 Institutionen ausgegangen werden, an denen Ausländer in der DDR die Möglichkeit eines Vollstudiums oder einer studienähnlichen Aus- und Weiterbildung erhalten. Die DDR veröffentlicht zwar keine differenzierten Hinweise auf besonders gefragte und belegte Studienfächer und Fachrichtungen, im Zusammenhang mit dem Studium von Kadern aus EL werden aber gelegentlich einige von diesen bevonugte Gebiete genannt. Dabei entsprechen die für den Zeitraum der siebziger Jahre angegebenen Sektoren (Technik, Naturwissenschaften, Medizin, Pädagogik, Landwirtschaft, Genossenschaftswesen und Betriebswirtschaft65) im wesentlichen den Fachrichtungen, die auch gegenwärtig den Schwerpunkt der Studienrichtungen für Bürger aus Entwicklungsstaaten aus63
Siegfried Förster: 30 Jahre Ausländerstudium . . . , a. a. 0. (Anm. 17), S. 217. Die Ausbildung von Fachschulkadern aus Entwicklungsländern erfolgt bei den landwirtschaftlichen Disziplinen vor allem an der Agraringenieurschule für tropische Landwirtschaft Altenburg, an dem Institut für Weiterbildung von Kadern der Landwirtschaft beim Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft sowie an der Agraringenieurschule der Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB) "Friedrich Wehmer" Teutschenthal; Haupteinrichtungen bei der Fachschulausbildung für Ausländer sind im Gesundheitswesen die Medizinische Fachschule "Dorothea Erxleben" am Kreiskrankenhaus Quedlinburg, die Medizinische Fachschule an der Medizinischen Akademie "Carl Gustav Carus" in Dresden sowie die Medizinische Fachschule am Bezirkskrankenhaus Dresden-Friedeichstadt und bei der Ausbildung von Lehrkräften der Berufsausbildung die Institute zur Ausbildung von Ingenieurpädagogen Karl-Marx-Stadt und für Berufspädagogik Magdeburg. 65 Vgl. Siegfried Büttner: DDR-Hilfe ... , a. a. 0. (Anm. 9), S. 1082. 64
Roland Wiedmann
88
machen sollen (Maschinenbau, Elektrotechnik, Agrarwissenschaften, Verkehrswesen, Bauwesen, Wirtschaftswissenschaften, Pädagogik und Medizin) 66 • Bemerkenswert ist, daß hier Fächer wie Sport, Regionalwissenschaften, Archäologie und auch Germanistik nicht genannt werden. 2. Für das statistische Berichtswesen der DDR zum Ausländerstudium sind folgende Statistiken und Veröffentlichungen von Bedeutung: Zunächst das ,Statistische Jahrbuch' der UNESCO, welches seit Aufnahme der DDR in diese Organisation im Jahre 1972 die von dieser mitgeteilten Daten zum Ausländerstudium, die sich formal nach der anerkannten UNESCO-Defmition richten sollen, in den Tabellen 3. 15 (Anzahl der immatrikulierten ausländischen Studenten) und 3. 16 (ausländische Studenten nach Herkunftsländern) nachweist; die in dem vom zuständigen Fachministerium (wohl jährlich) herausgegebenen Periodikum ,Hoch- und Fachschulwesen der DDR - Statistischer Überblick' enthaltene Statistik ,Ausländische Studierende in der Aus- und Weiterbildung an den Hoch- und Fachschulen der DDR'. Diese (hier: für die Jahre 1970, 1975 und 1980) 67 enthält neben dem Gesamtüberblick zusätzlich Einzelangaben, wobei einerseits Daten über Zusatz-, Forschungs- 68 und postgraduale Studiengänge, andererseits über Teilnehmer an hochschulvorbereitenden Kursen eingestellt sein dürften; die vom Ministerium fiir Auswärtige Angelegenheiten seit 1982 vor internationalen Organisationen - vor allem anläßlich der Jahrestagungen der ON-Vollversammlung und bei Tagungen von Spezialorganisationen der UN - regelmäßig als offtzielle Dokumente verbreiteten Mitteilungen "über die Unterstützung der Deutschen Demokratischen Republik für Entwicklungsländer und nationale Befreiungsbewegungen" in bestimmten Berichtszeiträumen (1982 für die Jahre 1980 und 1981, seither jeweils für das vorhergehende Jahr). Diese Materialien 69 enthalten Absolventenangaben für den Berichtszeitraum, Gesamtangaben ab 1970, neuerdings auch Angaben über Studenten und Studienanfänger aus EL am Ende des Berichtsjahres; schließlich die vom Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen in der Regel zu jedem Studienjahr bekanntgegebenen Zahlen zum Ausländerstudium. Unterstützung der DDR flir Entwicklungsländer ... , a. a. 0. (Anm. 8), S. 331. Diese Statistik wird im Schrifttum gelegentlich teilweise tabellarisch wiedergegeben. Vgl. z. B.: Handbuch DDR, Leipzig 19842, S. 511, oder Autorenkollektiv (Karl-Heinz Günther u. a.): Das Bildungswesen der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin (Ost) 1983, s. 159. 68 Das Statistische Jahrbuch der DDR enthält gemäß den Vorbemerkungen zum Kapitel "Bildungswesen und Kultur" in den Hochschulstatistiken keine Daten zum Forschungsstudium. 69 Erste Angaben waren bereits im Herbst 1980 veröffentlicht worden. Vgl. hierzu die Fundstellenhinweise in den Anm. 9 und 10. Vgl. auch Hans-Joachim Spanger: DDR legt erstmals offizielle Zahlen über ihre Entwicklungshilfe vor, in: Deutschland Archiv, 16 (1983) 7, s. 681. 66
67
Strukturen des Ausländerstudiums in der DDR
89
Innerhalb dieser sich ergänzenden statistischen Nachweise gibt es verschiedene Unstimmigkeiten. Deutlich erkennbar sind Differenzen zwischen den eigenen statistischen Obersichten und den der UNESCO entsprechend festgelegter Defmition präsentierten Daten, wobei letztere sich stets unterhalb der sonstigen Zahlen bewegen und die Abweichungen mittlerweile beträchtlich ausfallen. Des weiteren wird nicht eindeutig erkennbar, ob in den verschiedenen Obersichten sich dieselbe Jahresangabe auch jeweils auf einen vergleichbaren Zeitpunkt bezieht; d. h. es bleibt unbestimmt, ob die Daten den Stand zu Beginn oder Ende des Kaiendeijahres bzw. des Studienjahres repräsentieren. So beziehen sich beispielsweise die Mitteilungen des Ministeriums flir Auswärtige Angelegenheiten auf das Kalendeijahr, während die flir die Statistik der UNESCO bestimmten Daten u. U. das Ende des genannten Studienjahres zur Grundlage haben 70 • Da die Angaben der DDR flir die Statistik der UNESCO erst mit dem Jahre 1972 beginnen, ist ein Vergleich mit den vom Ministerium flir Hoch- und Fachschulwesen gelieferten Daten über ausländische Studenten in der DDR in den Jahren 1970 bis 1980 nur bedingt möglich. Allerdings deutet der Umstand, daß die Angaben gegenüber der UNESCO für die Jahre 197211973 (4 591 I 4 524) jeweils deutlich unterhalb der vom Ministerium flir 1970 ausgewiesenen Gesamtzahl (4 747) bleiben, darauf hin, daß bereits damals die Differenz mehrere Hundert betragen haben könnte. Für das Jahr 1980 beträgt die Differenz dann rd. 14000 (Ministerium: 8 494 I UNESCO-Angabe: 7 107 ausländische Studenten). Die (vorläufigen) Immatrikulationsdaten des Ministeriums flir die Studienjahre 198111982 (8 000 I 8 500) 71 und 1982183 (ca. 9 000) 72 ergeben im Vergleich mit den Nachweisen der UNESCO (1981: 7 411 I 1982: 7 987) ebenfalls Abweichungen von jeweils rd. 1 000. Die Statistik der UNESCO umfaßt entsprechend der ,International Standard Classification of Education' im tertiären Bildungsbereich drei qualitativ differenzierte Ebenen. Insofern dürften sich die erwähnten Abweichungen nicht mit unterschiedlichen Auffassungen über die Anerkennung einer Ausbildung als ,Studium' begründen lassen. Ferner dürften kurzzeitige Qualifizierungen unberücksichtigt bleiben können, da deren Aufnahme den Wert einer Statistik grundsätzlich in Frage stellte. Als Begründung dürfte der institutionelle Rahmen ebensowenig eine Rolle spielen, da die Statistik sich ausschließlich auf Hoch- und Fachschulen bezieht, wobei einige Hoch- und Fachschul70 Vgl.: "Statistical Yearbook UNESCO" (Paris), Anmerkungen zur Tabelle 3.14 "Third Ievel: graduates by Ievels and fields of study (im Jahrbuch 1984, S. III-411). 71 VgL z. B. Hans-Joachim Böhme: 30 Jahre Ausländerstudium . . . , a. a. 0. (Anm. 11). 72 Vgl. Hand-Joachirn Böhme: Rund 20 000 Ausländer aus über 120 Ländern an Hoch- und Fachschulen der DDR ausgebildet, in: Außenpolitische Korrespondenz, 27 (1983) 27 vom 8.7.1983, S. 214 f. Vgl. auch Günter Heidorn: In der DDR studieren Bürger aus vielen Ländern, in: Außenpolitische Korrespondenz, 27 (1983) 29 vom 22.7.1983, s. 229 f.
90
Roland Wiedmann
einrichtungen, z. B. der SED, des FDGB und bestimmter Ministerien, aus be· stimmten Gründen statistisch nicht erfaßt werden. Wahrscheinlicher erscheint die Interpretation, daß die Daten des Ministeriums ftir Hoch- und Fachschulwesen ebenfalls die Teilnehmer der studienvorbereitenden Kurse umfassen. Für diese Deutung spricht auch, daß die Statistik der UNESCO auf immatrikulierte Studenten abstellt und bestimmte Mindest-Zulassungsvoraussetzungen fordert. Insofern wird davon ausgegangen, daß sich die Datendifferenzen auf die teilweise Einbeziehung der Sprach- und Studienvorbereitung zurückführen lassen.
IV. Quantitative, fachliche und regionale Aspekte 1. Die erwähnte Statistik des Ministeriums ftir Hoch- und Fachschulwesen über studierende Ausländer in den Jahren 1970 bis 1980 erlaubt neben Aussagen zur Gesamtentwicklung auch eine Einschätzung bestimmter Formen der Aus- und Weiterbildung. Dabei wird unter Hinzuziehung der Übersichten der UNESCO davon ausgegangen, daß sich die Angaben ftir das Hoch- und Fachschulstudium allein auf Direktstudien (Voll- oder Teilstudium) beziehen. Insofern dürften errechnete Abweichungen durch die Aufnahme von Daten über Zusatz-, Forschungs- und postgraduale Studiengänge sowie Kurse der Sprachund Studienvorbereitung bedingt sein. Nach den vorliegenden Angaben hat sich das Ausländerstudium in der DDR in der ersten Hälfte der siebziger Jahre in quantitativer Hinsicht relativ uneinheitlich entwickelt. Während es bei der Inanspruchnahme von Hochschulstudienplätzen eher eine Stagnation gab (im Vergleich zu 1970 ergibt sich für 1975 lediglich eine Erhöhung um 3 %), ist in diesem Zeitraum die Nachfrage nach einem Fachschulstudium (+ 45 %), nach einer Aspirantur (+ 32,7 %) und nach einer sonstigen Aus- und Weiterbildung (+ 30 %) deutlich gestiegen. Im Durchschnitt ist entsprechend den Daten des Ministeriums ftir Hoch- und Fachschulwesen eine Steigerung um 14,6% feststellbar. In diesem Fünfjahreszeitraum entfielen zwischen 57,7% (1973) und 63,4% (1972) aller Ausbildungsplätze für Ausländer auf Studenten aus Afrika, aus Asien sowie aus Nord- wie Südamerika. In der zweiten Hälfte der siebziger Jahre ist dagegen eine andere Entwicklung erkennbar. Bei insgesamt beachtlichem Ausbau des Ausländerstudiums (+56 %) ist im Fachschulsektor ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen (- 12,4 %). Hauptursache daftir dürfte sein, daß sich insbesondere die sozialistischen Länder inzwischen eigene Ausbildungskapazitäten aufgebaut hatten und daß die DDR ihrerseits ein Plus bei den höherwertigen Ausbildungsgängen (Hochschulstudium) anbieten konnte 73 • 73 Das am besten dokumentierte Beispiel hierftir stellt die Polygraphieausbildung an der Ingenieurschule ftir Polygraphie "Otto Grotewohl" Leipzig dar. Von 1953 bis 1981 haben 394 ausländische Kader aus mehr als 40 Ländern, darunter auch aus flinf soziali-
Strukturen des Ausländerstudiums in der DDR
91
Ein leichter Rückgang ist auch bei der Aspirantur zu verzeichnen, während diesem Rückgang eine starke Ausweitung des Ausländerstudiums an Universitäten und Hochschulen gegenübersteht (+ 40,5 %). Die Zunahme des Ausländerstudiums insgesamt in dieser Zeit ist aber eine Folge gravierender Veränderungen im Bereich der ,sonstigen Aus- und Weiterbildung'; hier ergibt sich gegenüber 1975 eine Steigerung um rd. 310%, die sich zum Teil auf den Ausbau der Sprach- und Studienvorbereitung zurückführen läßt. Vor allem aber dürfte gegen Ende der siebziger Jahre das Interesse an wissenschaftlichen Zusatzstudien, an Spezialisierungen (z. B. Facharztausbildung), an der Vermittlung von Spezialkenntnissen generell erheblich gestiegen sein, womit gleichzeitig eine qualitative Veränderung im Ausländerstudium der DDR aufgezeigt wird. Die Nachfrage nach Weiterbildung gewinnt gegenüber der reinen Ausbildung an Hoch- und Fachschulen verstärkt Bedeutung, was die DDR zusätzlich ermutigt haben dürfte, Ausbildungsleistungen auch auf kommerzieller Basis anzubieten und durchzuflihren. Zwischen 1975 und 1980 nahmen Studenten aus Afrika, Asien sowie Nordund Südamerika zwischen 57,4% (1978) und 60,2% (1977) der Ausbildungsplätze für Ausländer ein. Für die erste Hälfte der achtziger Jahre liegen Zahlen über die Immatrikulationsentwicklung bei Ausländern vom Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen, von der Regierung der DDR gegenüber der UNESCO (1981, 1982) und vom Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten über die Bildungshilfe für EL und nationale Befreiungsbewegungen vor. Diese Daten weisen für 1981 und 1982 eine anhaltende Steigerung des Ausländerstudiums aus (Angaben für die UNESCO 1981 zu 1980 = + 4,3% I 1982 zu 1981 = + 7,7 %), wobei bei den Studenten aus Afrika, Asien sowie Nord- und Südamerika eine deutliche überproportionale Erhöhung (+ 14,9 %) auffallt. Ihr Anteil am Ausländerstudium hat sich damit im Jahre 1981 auf insgesamt 62,7 %, im Jahre 1982 bereits auf 66,9 %erhöht, womit Studenten aus außereuropäischen Ländern (incl. UdSSR) mittlerweile rund zwei Drittel aller studierenden Ausländer in der DDR ausmachen. stischen Ländern Ost- und Südosteuropas, eine Fachschulausbildung an dieser Einrichtung absolviert. Nach Dezennien aufgeteilt sind folgende Immatrikulationsdaten bekannt: 1953-1960: 66 ausländische Studierende 1961-1970: 245 ausländische Studierende 1971-1981: 87 ausländische Studierende (vgl.: Martin Grunert: Erfahrungen aus der Ausbildung ausländischer Studierender, in: Die Fachschule, 29 (1981) 12, S. 281 ff.). Eine höherwertige Polygraphieausbildung bot u. a. die 1969 gegründete Ingenieurhochschule Leipzig an (diese Einrichtung ist 1977 mit in die neugegründete TH Leipzig aufgegangen). Anfang der 80er Jahre ist an der IS für Polygraphie "Otto Grotewohl" Leipzig eine neue Ausbildungskonzeption ausgearbeitet worden, die auf die Ausbildung von Kadern aus Entwicklungsländern abstellt (vgl. auch Anm. 55).
Roland Wiedrnann
92
Tab. 3: Ausländische Studierende in der Aus- und Weiterbildung an Hoch- und Fachschulen der DDR in den Jahren 19 70-1980 darunter Jahr
Ausländische Studierende insgesamt
Fachschulstudium
Hochschulstudiurn
Aspirantur
"Sonstige Aus-und Weiterbildung*
insge- in v.H. insge- in v.H. insge- in v.H. insge- in v.H. samt samt samt samt
1970 1975 1980
4 747 5 442 8 494
557 808 708
1970 zu 1980 in v.H.
+ 78,9
+ 27,1
11,7 3 128 14,9 3 237 8,3 4 549
+ 45,4
65,9 59,5 53,6
603 800 789
+ 30,9
12,7 459 9,7 14,7 597 11,7 9,3 2 448 28,8
+ 433,3
Quelle: (Hoch- und Fachschulen der DDR - Statistischer Überblick. Herausgegeben vorn Ministerium flir Hoch- und Fachschulwesen der DDR, Berlin-Ost 1981, S. 18). Zit. nach: Handbuch Deutsche Demokratische Republik, Leipzig 1984, 2., neubearbeitete Auflage, S. 511, in Verbindung mit: Autorenkollektiv (Karl-Heinz Günther u. a.): Das Bildungswesen der DDR, Berlin (Ost) 1983, S. 159, und Fundstellennachweis S. 194. (Prozentangaben =eigene Berechnungen; • = selbst errechnete und betitelte Restsumme)
Für die Jahre 1983 und 1984 deuten die Angaben der Ministerien auf eine Kontinuität der Ausweitungstendenz hin. Bislang enthalten die Mitteilungen des Außenministeriums aber keinen Hinweis auf den institutionellen Ralunen des Studiums flir Kader aus EL. Neben diesen offiziellen Verlautbarungen eröffnet auch die Auswertung der Tagespresse der DDR die Möglichkeit zusätzlicher Informationen zur Immatrikulation von Ausländern. Da aber nicht flir alle in das Ausländerstudium integrierten Einrichtungen jeweils aktuelle Zahlen mitgeteilt werden, müssen zum Teil Schätzungen in die Analyse einbezogen werden. Für das Studienjahr 1981 ist der Verfasser dabei in einer unveröffentlichten Studie zu dem Ergebnis gekommen, daß die vom Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen veröffentlichte Zahl von 8 500 ausländischen Studierenden um etwa 1500 überhöht gewesen sein dürfte (Verteilung: unter 6 000 an Universitäten und Hochschulen incl. Aspirantur, u. U. über 1 000 an Fachschulen). Der Grundtenor dieser Aussage ist inzwischen von den Angaben der DDR für die UNESCO, der flir 1981 rd. 7 400 studierende Ausländer gemeldet wurden, bestätigt worden. Für das Jahr 1984 wird von einer Zahl zwischen 9 300 und 9 500 ausländischen Studenten in der DDR ausgegangen, von denen rd. 1 000 Personen ein
Strukturen des Ausländerstudiums in der DDR
93
Studium an Fachschulen wahrnehmen dürften 74 • In die folgende Tabelle sind Daten von ausgewählten Universitäten und Hochschulen aufgenommen worden. Mit Ausnahme der Humboldt-Universität Berlin, der Technischen Hochschule llmenau und wohl auch der Karl-Marx-Universität Leipzig enthalten die in der Tabelle genannten Zahlen noch keine Angaben über Teilnehmer an der wissenschaftlichen Weiterbildung und über Doktoranden. Hinsichtlich letzterer ist einer Angabe flir 1983 zu entnehmen, daß " . . . etwa 960 ausländische Bürger ( ... ) gegenwärtig in einer planmäßigen Aspirantur ihre Doktorarbeit schreiben" 7 5 • Wegen ihrer nur marginalen Beteiligung am Ausländerstudium blieben die Kunsthochschulen, die medizinischen Akademien sowie die beiden landwirtschaftlichen Hochschulen außer Betracht. Das bei den pädagogischen Maßnahmen existierende vielschichtige Geflecht verschiedener Bildungsformen (Qualifizierungen ganz unterschiedlicher Zeitdauer, Ausbildung leitender Kader in zwei Semestern, seit einiger Zeit aber auch volle Fachstudien) ließ eine Berücksichtigung in der Tabelle ebenfalls nicht sinnvoll erscheinen. Im Vergleich mit dem Jahr 1981 sind weitere Veränderungen bemerkenswert. Konnte damals davon ausgegangen werden, daß jeweils 2 500 Ausländer an den sechs Universitäten und an den neun Technischen Hochschulen eingeschrieben waren, ergibt sich nunmehr eine deutliche Auseinanderentwicklung. Die Immatrikulation ausländischer Studenten an der TU Dresden und den übrigen Technischen Hochschulen ist zurückgeblieben, während das Aus- und Weiterbildungsangebot der Universitäten verstärkt in Anspruch genommen wird. Auch die Ingenieurhochschulen und die Pädagogischen Hochschulen haben einen Zuwachs bei der Aus- und Weiterbildung von Ausländern zu verzeichnen.
74 In der Beilage zu den regierungsamtlichen "Presseinformationen" Nr. 104 vom 6.9.1984 (Hoch- und Fachschulwesen der DDR eng mit gesellschaftlicher Entwicklung verbunden, S. I f.) wird auf "etwa 10 000 ausländische Bürger aus über 100 Ländern" verwiesen, die "( . . . ) an den verschiedenen Formen der Aus- und Weiterbildung teil(nehmen)". Demgegenüber ließen entsprechende Angaben vom Voijahr (Zahlen und Fakten, in: Presse-Informationen Nr. 117 vom 6.10.1983, S. 9) auf l2 000 bis 13 000 ausländische Kader in der Aus- und Weiterbildung, einschließlich Teilstudium, Aspirantur und Studienvorbereitung schließen. Die hierbei vorgenommene Differenzierung ist im Schrifttum der DDR neu, aber in der Folgezeit nicht wieder aufgetaucht. Unter Umständen lag dieser Datenzusammenhang jedoch ein Übertragungsfehler oder ein Fehler in der Interpunktion zugrunde. Wenn an einer Stelle statt eines Kommas ein Punkt gesetzt worden wäre, würde sich diese Datenzusammenstellung nahtlos in das bisherige statistische Berichtswesen des Ministeriums fiir Hoch- und Fachschulwesen einordnen (vgl. hierzu die Quellenhinweise in Anm. 72). 75 Zahlen und Fakten, in: Presse-Informationen Nr. 117 vom 6.10.1983, S. 9 f., hier: S. 9.
94
Roland Wiedmann
Tab. 4: Immatrikulierte ausländische Studierende an ausgewählten Universitäten und Hochschulen der DDR 1984/85
Einrichtung
Studienjahr
Immatrikulationen
Humboldt-Universität zu Berlin-Ost
84/85
950 1)
Karl-Marx-Universität Leipzig
84/85
ü. 1 2002)
Martin-Lu ther-U niversität Halle-Wittenberg
84/85
u.
Friedrich-SchillerUniversität Jena
83/84
Wilhelm-Pieck-U niversität Rostock Ernst-Moritz-ArndtUniversität Greifswald
84/85
Zwischenwerte
Anzahl der Länder 80
500
50
226
ü.
200
40
150
83/84
60 3 200
1----------- - - - - - 1------- 1------- - - - - - Technische Universität Dresden
Bergakademie Freiberg Technische Hochschule ,,Otto-von-Guericke'' Magdeburg Technische Hochschule Karl-Marx-Stadt Technische Hochschule Leipzig Technische Hochschule Ilmenau Technische Hochschule ,,Carl-Schorlemmer'' Leuna-Merseburg Hochschule für Verkehrswesen "Friedrich List" Dresden Hochschule für Architekturund Bauwesen Weimar
82/83 3) 84/85 Anfang 80er Jahre 83/84 Antang 80er J.
ü.
120
ü.
84/85 Anfang 80er Jahre
- - - - - - - - - -- - ---
1004) 400
r
1004) 4205)
83/84 84/85
600
ü.
r
250
42
213
36
200
'-- - - - -
2 500
-- - -- - - - -- -
95
Strukturen des Ausländerstudiums in der DDR
Forts. Tab. 4
Einrichtung
Studienjahr
Ingenieurhochschule Berlin-Wartenberg
angen. 84/85
Ingenieurhochschule Köthen Ingenieurhochschule Zittau Ingenieurhochschule Zwickau Ingenieurhochschule für Seefahrt Warnemünde-Wustrow
>-----------Hochschule für Ökonomie "Bruno Leuschner" BerlinKarlshorst Handelshochschule Leipzig
lmmatrikulationen
Zwischenwerte (2 500)
u.
ü. 15
50
zumind.aus Afghanistan zumind. aus Kampuchea
83/84 82/83 Anfang 80er J.
60 u.
50
----- ------
mindestens 7
u. 200 ------ ------
260
83/84 82/83
Anzahl der Länder
ü.
50
u. 350
c----------- - - - - - - - - - - - c------ - - - - - Hochschule für Film und Fernsehen Potsdam-Babelsberg
82/83
---- - -- - -- - - - - - - -
u.
30
30 -- - -- - --- - - - - - - -6 280
--
Eigene Zusammenstellung; 1) Die Angabe umfaßt: Voll-, Teil- und Zusatzstudium sowie Aspirantur. 2) Angabe erscheint überhöht. 3) Nach: Jugendlexikon: Jugend im Studium, Leipzig 1984; für 84/85 ist mit einer größeren Anzahl zu rechnen. 4) Nach: Lexikon der Wirtschaft, Arbeit- Bildung- Soziales, Berlin-Ost, 1982; für 84/85 ist mit einer größeren Anzahl zu rechnen. 5) Umgerechnet aus Prozentangaben; scheint überhöht (14 v.H.), obwohl gerade an der TH llmenau das Ausländerstudium stark ausgebaut worden ist; eingeschlossen sind waluscheinlich ausländische Forschungsstudenten und Aspiranten.
Roland Wiedrnann
96
2. Im Herbst 1981 sind vom Minister für Hoch- und Fachschulwesen detaillierte Angaben zur regionalen Herkunft ausländischer Studienabsolventen veröffentlicht worden. In diesem Zusammenhang erwähnte Minister Böhme, daß Absolventen in verschiedenen Ländern "für ihre Völker" arbeiteten, womit gemeint ist, daß Mitglieder von Befreiungsbewegungen aus Südafrika oder aus Chile entweder in Anrainerstaaten oder aber in der DDR nach dem Abschluß ihrer Ausbildung - zumindest vorübergehend - arbeiten müßten. Davon ausgehend, kann man diese Kader auch als ,Revolutionäre im Wartestand' bezeichnen. Außerdem wollte Böhme damit zum Ausdruck bringen, daß sich die DDR nicht an der den kapitalistischen Ländern vorgeworfenen Politik des ,brain drain', also dem Abzug besonders leistungsfähiger Wissenschaftler, Ingenieure, Techniker und Ärzte aus EL beteiligt. Tab. 5: Ausländische Absolventen eines Hoch- und Fachschulstudiums in der DDR in den Jahren 1951 bis 1981 nach Regionen
Erdteil (und Anzahl der Länder) Europa Asien Afrika Amerika
(25 (35 (49 (27
Länder) Länder) Länder) Länder)
134 Länder
Anzahl der Absolventen ca. ca. ca. ca.
in v.H.
7 500 6 000 3 000 I 000
42,9 34,3 17,1 5,7
17 500
100,0
Zusammenstellung nach: Hans-Joachirn Böhme: 30 Jahre Ausländerstudium an Hochund Fachschulen der DDR, Presseinformation Nr. 107 vorn 15.9.1981, S. 2. (Prozentsätze =eigene Berechnung)
Aufschlußreicher für die Einschätzung der Entwicklung des Ausländerstudiums sind aber die jährlichen Gesamt- und Regionalangaben der DDR seit 1972 gegenüber der UNESCO, die in der folgenden Tabelle 6 zusammengestellt worden sind. Diesen Angaben zufolge ist das Ausländerstudium bis zum Jahre 1982 insgesamt relativ stark ausgebaut worden. Die Phasen der Stagnation 1972/73 und 1978/79 lassen sich teilweise auf politische Entwicklungen zurückführen, stehen aber auch im Zusammenhang mit praktischen Notwendigkeiten, etwa der Studienfmanzierung und der Bereitstellung zusätzlicher sprach- und studienvorbereitender Kapazitäten bzw. dem Studienplatzangebot überhaupt. Für beide Aufbauphasen ist es auffallig, daß die Erhöhung der Ausbildungsangebote von 1974 bis 1978 sehr unterschiedlich ausfielen, während sich seit 1979 eher eine kontinuierliche, planmäßige Steigerung abzeichnet.
"
2-
3
:r
~
~
17,3 17,0
18,2
869 922
994 1 129
1 204
4 864
5 736 6 641 6 607
7 411 7 987
1974 1975 1976 1977 1978 1979
1980 1981 1982
1 892
1 445
19,5 23,7
17,6 16,8 17,9 17,1
32,1 32,6
2 600
29,0
33,4 29,9
36,1 36,2
41,0 36,1
2 377
1 917
1 917 1 983
1 758 1 952
1 884 1 633 84
596
530
354
257 319
96 104 132
7,2 7,5
5,3
4,5 4,8
2,1 2,5
1,8 2,1
in v.H.
Nordamerika
in v.H. insges.
Asien
insges.
Quelle; Statistische Jalubücher der UNESCO, Vol. 1974-1984. (Prozent- und Klammerangaben =eigene Berechnung)
5 386
808 759
4 591 4 524
1972 1973
insges. in v.H.
Insgesamt
Jalu
Afrika
298 254
347
343 383
276
115
134 121
4,0 3,2
5,8 5,3
6,0
2,4 5,1
2,9 2,7
insges. in v.H.
Südamerika
2 295 2 209
2 328
1 879 2 377
1 588 1 715
1 479
1 218
31,0 27,7
35,2
32,8 35,8
32,7 32,7 31,8
26,5
insges. in v.H.
Europa
Tab. 6: Ausländische Studenten in der DDR nach Erdteilen j Regionen UdSSR
466 436
456
344 449
425 388
436
(463)
6,3 5,5
6,0 6,8 6,9
8,7 7,2
10,1 9,6
insges. inv.H.
---
---
1
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Ozeanien
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Roland Wiedmann
Seit Mitte der siebziger JaJue am stärksten ausgebaut(+ 610 v. H.) wurde das Angebot für Studenten aus Nordamerika, insbesondere flir die Länder Mexico, Nicaragua und EI Salvador. Auf Südamerika- vor allem auf Kubaentfallt mit 90 v. H. die dritthöchste Steigerungsrate, was fast ausschließlich auf den Sturz der chilenischen Regierung unter Präsident Allende und die anschließende Etablierung der Militärjunta unter General Pinochet zurückzuführen ist. Die Immatrikulationsdaten gehen erst ab 1975 nach oben, was als zusätzliches Indiz dafur angesehen werden kann, daß in den Angaben der DDR gegenüber der UNESCO die Fallzahlen der Studienvorbereitung nicht enthalten sind. Die zweithöchste Steigerungsrate (+ 134 v. H.) ist für Afrika zu verzeichnen. Hier verstärkt die DDR seit Beginn der achtziger JaJue ihre Aktivitäten, wobei die Kaderausbildung flir Länder mit sozialistischer Orientierung (wie Angola, Äthiopien, Mocambique und wohl auch Simbabwe) und flir nationale Befreiungsbewegungen im Vordergrund steht. Mit lediglich + 34 v. H. stark unterdurchschnittlich entwickelt haben sich Bereitstellung und Inanspruchnahme der Studienplätze bei Studenten aus asiatischen Staaten. Nach Rückgängen und Stagnation nahm dieser Personenkreis erst seit dem Anfang der achtziger Jahre wieder merklich zu; ursächlich flir diesen Prozeß waren Verlauf und Ergebnis des Vietnam-Krieges, wobei dessen Ausgang offensichtlich keine Veranlassung gab, das Studienplatzangebot nachhaltig auszuweiten. Wenngleich derartige Offerten dann verstärkt gegenüber Laos und - den sich verändernden Entwicklungen entsprechend- gegenüber Kampuchea abgegeben wurden, bleibt Vietnam gleichwohl dasjenige Land in dieser Region, flir das die Mehrzahl der Studienplätze vorgesehen ist. In jüngster Zeit stehen neben diesen drei Ländern vor allem Nord-Korea und Afghanistan im Vordergrund. Daneben ist die Bildungshilfe der DDR für die Mongolei, die DVR Jemen und die PLO erwähnenswert. Aussagekräftig fiir diese Betrachtung ist auch ein Blick auf die anteilmäßige Entwicklung der ausländischen Studenten aus EL hinsichtlich ihrer regionalen Herkunft. Das größte Kontingent kommt weiterhin aus Asien (32,6 v. H.), wobei allerdings im Vergleich zu 1972 ein Rückgang um 8,4 Punkte festzustellen ist. Die starke Hinwendung der DDR zu einzelnen afrikanischen Staaten und zu Befreiuungsbewegungen auf diesem Kontinent hat flir Afrika zu einem Zuwachs um gut 6 Punkte geftihrt, so daß heute bereits rund ein Viertel aller Auslandsstudenten in der DDR (23,7 v. H.) aus dieser Region kommen. Ein vergleichbarer Zuwachs (6 Punkte) ist auch flir Nord- und Südamerika zusanunen zu verzeichnen, deren Gesamtanteil an den Auslandsstudenten nunmehr 10 v. H. überschritten hat. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf die wenigen verfügbaren Länderdaten. Für Vietnam sind dies beispielsweise die Zahlen der Teilnehmer
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an den traditionellen Sommerlagern in der DDR, die in den achtziger Jahren stets von 450 bis 500 Vietnamesen besucht wurden, die an mehr als zwei Dutzend Universitäten sowie Hoch- und Fachschulen inunatrikuliert waren 76 • Von den in der ersten Hälfte der achtziger Jahre in sieben sozialistischen Ländern studierenden Kadern aus Kampuchea sollen allein 300 Personen zur Ausbildung in die DDR gekommen sein 77 • Auf die Ursachen der Größenordnung des Anteils chilenischer Studenten wurde bereits ausgehend von der UNESCO-Statistik eingegangen. Diese läßt auch den Schluß auf entsprechende Daten für ägyptische Studenten anfang der siebziger Jahre schließen. Die Aufgabe des von seinem Vorgänger präferierten pro-sowjetischen Kurses durch Präsident Sadat, dessen Politik im Sommer 1972 in der Ausweisung der sowjetischen Militärberater gipfelte, führte zu einer Belastung der Beziehungen zu den Staaten des RGW insgesamt, worauf auch der für 1973 feststellbare Rückgang der Studenten aus Afrika zurückgeführt wird. Abschließend ist anzumerken, daß der Studentenaustausch zwischen der DDR und der VR China seit 1981/82 wieder aufgenommen worden ist.
76 VgL z. B. : Sommerschule für vietnamesische Studenten, in: Berliner Zeitung vom 1.9.1984. 77 Vgl.: 300 junge Leute studieren in der DDR, in: Neues Deutschland vom 7.1. 1983, und: Programm für Reis und Fibeln, in: Junge Welt vom 31.1.1985, S. 4. 7"
Günter Reuhl ZUGANGSVORAUSSETZUNGEN FÜR AUSLÄNDISCHE STUDIENBEWERBER AUS LÄNDERN DER "DRITTEN WELT" IN DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND L Die Interessenlage
Die Regelungen ftir den Zugang ausländischer Studienbewerber zu den Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland existieren in einem Spektrum von Interessen, die teilweise sehr kontrovers sind. Fachliche Anforderungen, die an die Vorbildung ausländischer Studienbewerber zu stellen sind, können sich mit entwicklungspolitischen Interessen überschneiden, die bis hin zu humanitärer Hilfe reichen und mit politischen Aspekten, die in diesem Feld relevant sind. Die Linie, die bisher für den Zugang ausländischer Studienbewerber und das Studium ausländischer Studenten aus Ländern der "Dritten Welt" von der Kultursministerkonferenz in Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt, dem Bundesministerium ftir Bildung und Wissenschaft, der Westdeutschen Rektorenkonferenz und dem DAAD festgelegt wurde, läßt sich wie folgt umreißen: - Die Bundesrepublik Deutschland muß aufgrund ihrer geographischen Lage, ihrer wirtschaftlichen Verflechtung mit dem Ausland sowie ihrer kulturellen und wissenschaftlichen Tradition in besonderem Maße daran interessiert sein, daß Ausländer sich in der Bundesrepublik Deutschland aus- und weiterbilden können 1 • Für die Länder der "Dritten Welt" sind Wissenschaft und Ausbildung entscheidende Elemente ihrer Weiterentwicklung. Deshalb ist es Aufgabe der Bundesrepublik, "auf den Gebieten der Aus- und Fortbildung" aber auch im Bereich der Forschung ,,Entwicklungshilfe" zu leisten 2 • Die Bundesrepublik Deutschland hat im Rahmen ihrer Ausländerpolitik seit langem günstige Studienbedingungen ftir Ausländer geschaffen. Der Zugang zu den Hochschulen ist durch Internationalität und Offenheit ge1 Vgl Antwort der Bundesregierung zur Anfrage über das Ausländerstudium in der Bundesrepublik Deutschland, in: Veröffentlichungen des BMBW, Nr. 3/1984, S. 1. 2 Vgl Bericht der KMK zur "Situation der ausländischen Studenten in der Bundesrepublik Deutschland" vom 8.10.1981, S. 3.
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kennzeichnet. Im Vergleich zu anderen Industrieländern erhebt die Bundesrepublik Deutschland z. B. keine Studiengebühren. Die Kultusministerkonferenz hat sich ausdrücklich daflir ausgesprochen, an dieser Politik der Förderung des Studiums von Ausländern in der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich festzuhalten (Bericht, S. 3). Qualiftzierte Bewerber aus bisher wenig vertretenen Ländern der "Dritten Welt" sollen stärker flir die Aufnahme eines Hochschulstudiums in der Bundesrepublik Deutschland gewonnen werden. Das System der Zulassungsquoten, das ausländischen Studienbewerbern Studienplätze in Numerus Clausus-Fächern sichert, soll beibehalten werden.
II. Die gegenwärtige Zugangsregelung Für den Hochschulzugang von Studienbewerbern aus Ländern der "Dritten Welt" zu einem Studium in der Bundesrepublik Deutschland ergibt sich - neben der Notwendigkeit ausreichender Deutschkenntnisse - vor allem das Problem einer Divergenz zwischen der heimatlichen Schulvorbildung und den Anforderungen der Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland. Die Aufnahme eines Studiums an einer wissenschaftlichen Hochschule setzt in der Bundesrepublik eine Schulbildung von dreizehn Jahren voraus, an den Fachhochschulen eine Schulbildung von zwölf Jahren. Demgegenüber beträgt die Schulvorbildung im Ausland fast ausschließlich nur zwölf Jahre, in einigen Ländern - dazu gehört auch die Türkei - nur elf Jahre oder noch weniger. Diese Divergenz wird in der Regel noch verstärkt durch eine engere Spezialisierung in der Schuloberstufe und Unterschiede in der Ausbildung der Lehr· kräfte. Diese Diskrepanzen machen es notwendig, daß die Studenten aus den meisten Ländern der ,,Dritten Welt" vor der Aufnahme eines Studiums in der Bundesrepublik ein Studienkolleg besuchen, in dem die ftir eine Studienaufnahme erforderlichen fachlichen und sprachlichen Kenntnisse vermittelt werden. Im Vergleich zu der längeren Schulzeit in der Bundesrepubli ist in den Ausbildungssystemen der "Dritten Welt" ein dem Abitur vergleichbares Niveau erst in der anschließenden Phase der College- oder Hochschulausbildung erreicht, vor allem dann, wenn die College-Ausbildung Funktionen wahrnimmt, die hier von der Schuloberstufe erflillt werden. Eine direkte Studienaufnahme in der Bundesrepublik ohne vorherigen Besuch des Studienkolles ist unter diesen Umständen erst dann vertretbar, wenn im Heimatland des Bewerbers nach dem Sekundarschulabschluß ein weiterer Ausbildungsabschnitt absolviert wurde, der auf dem Niveau des deutschen Abiturs liegt.
Zugangsvoraussetzungen für ausländische Studienbewerber
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Am Ende des Studienkollegs ist eine Prüfung abzulegen, durch die eine Bestätigung der auslär!:dischen Hochschulzugangsberechtigung vorgenommen wird (Feststellungsprüfung) und nicht etwa die Verleihung einer deutschen Hochschulreife. Ausländische Studienbewerber können sich auch ohne vorherigen Besuch des Studienkollegs direkt zu der "Feststellungsprüfung" melden, wenn sie sich dazu in der Lage ftihlen. Diese Möglichkeit hat allerdings in der Praxis keine große Bedeutung gewonnen.
In der Voraussetzung des Studienkollegs unterscheidet sich die Situation der Bundesrepublik Deutschland erheblich von der anderer Länder, die - wie z. B. Frankreich und England - wegen der kürzeren eigenen Schulvorbildung diese Vor-Ausbildung in einem Studienkolleg nicht fordern müssen. Das im Niveau sehr differenzierte Hochschulsystem in England und in den USA, aber auch in Frankreich, bietet ausländischen Bewerbern überdies die Möglichkeit, ein Studium an einer Hochschule zu beginnen, die in den Aufnahmebedingungen und im Niveau der persönlichen Leistungsfahigkeit des Bewerbers entspricht und die ihm dadurch den Übergang in das Fachstudium erleichtert. Mit den Präferenzen ftir die Sprache und die Zivilisation dieser Länder, die vor allem in dem Schulsystem der ehemaligen Kolonien angelegt sind, und der Differenzierung des Ausbildungssystems dieser Länder kann die Bundesrepublik nur schwer konkurrieren. Die Vorteile des Ausbildungssystems in der Bundesrepublik liegen auf anderen Gebieten: In der Unentgeltlichkeit des deutschen Ausbildungssystems, die in der Gegenwart an Bedeutung gewinnt, und in der anderen Professionalität, die durch das deutsche Ausbildungssystem vermittelt wird. Das gilt sowohl ftir die mehr praxisorientierte Ausbildung an den Fachhochschulen, die fur die Zwecke der Entwicklungsländer besonders geeignet sind, aber auch ftir die Ausbildung an den wissenschaftlichen Hochschulen. Das breitere Fächerspektrum der Ausbildung, das allerdings eine längere Ausbildungszeit bedingt, und die Qualität der Ausbildung ftihren zu einer größeren beruflichen Flexibilität und Kompetenz, die sich bei der Rückkehr ausländischer Studienbewerber günstig auswirken. Aus diesen Faktoren erklärt sich wahrscheinlich auch der hohe Anteil von Studenten aus Entwicklungsländern in der Bundesrepublik (1982: 63,8 %) und der relativ hohe Anteil der Studenten in den Ingenieurwissenschaften (1982: 37,2 %), wobei in letzter Zeit in erster Linie das Interesse an dem Studium an Fachhochschulen zunimmt.
//1. Die Notwendigkeit einer stärkeren Differenzierung
Das gegenwärtige System des Hochschulzugangs bedarf allerdings im Hinblick auf zwei Tendenzen, die bei seiner Entstehung nicht voraussehbar waren, einer Differenzierung:
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1. Neue Tendenzen in Entwicklungsländern Der starke Ausbau des Sekundarschulwesens in den Ländern der Dritten Welt und seine Bedeutung flir den sozialen Aufstieg führt in diesen Ländern zu einer wachsenden Diskrepanz zwischen der Zahl der Studienbewerber und der Zahl der Studienplätze, die stärker als bisher das Interesse auf ein Studium im Ausland lenkt. Im Zuge dieser Entwicklung werden in den Entwicklungsländern zunehmend zusätzliche Qualifikationen flir die Studienaufnahme verlangt, die in erster Linie eine Oberprüfung der Studierfahigkeit im Hinblick auf Unterschiede im Schulniveau zum Ziele haben, die aber auch durch die Studienplatzsituation in den Entwicklungsländern bedingt sind. Um die Unabhängigkeit des Hochschulzugangs für ausländische Stu· dienbewerber in der Bundesrepublik gegenüber diesen Tendenzen in ausländischen Systemen zu sichern, soll nach Vorgaben der Kultusministerkonferenz zukünftig unterschieden werden zwischen den fachlichen Qualifikationsanforderungen zur Sicherung der Studierfähigkeit, die auch bei einem Hochschulzugang in der Bundesrepublik berücksichtigt werden können, und Numerus Clausus-Verfahren oder politischen Komponenten, die für einen Hochschulzugang in der Bundesrepublik außer Betracht bleiben sollen. 2. Differenzierung nach "ausländischen Studienbewerbern mit ausländischer Hochschulzugangsberechtigung" und "Bildungsinländer mit deutscher Hochschulzugangsberechtigung". Die Notwendigkeit einer weiteren Differenzierung ergibt sich aus der zunehmenden Inanspruchnahme der "Ausländerquote" in Numerus ClaususFächern durch ausländische Studienbewerber mit einer Hochschulzugangs· berechtigung, die in der Bundesrepublik erworben wurde (Bildungsinländer). Die Zulassung über die ,,Ausländerquote" bedeutet für die "Bildungsinländer" eine Begünstigung, geht aber zu Lasten der ausländischen Studienbewerber mit ausländischer Hochschulzugangsberechtigung, für die diese Quote gedacht war. Hier fmden 'l. Z. Beratungen auf politischer Ebene über die zukünftigen Regelungen in diesem Bereich statt.
IV. Offenes Angebot, stärkere Akzentuierung Mit der Offenheit und der Unentgeltlichkeit ihres Studienangebotes an ausländische Studienbewerber aus allen Ländern ninunt die Bundesrepublik zwischen Ost und West eine Sonderstellung ein. In den Ländern des Ostblocks ist die Aufnahme ausländischer Studienbewerber in die politischen Präferenzen der Außenpolitik eingeordnet und nach ihr ausgerichtet. Im englischen und amerikanischen System besteht zwar wie in der Bundesrepublik die Offenheit
Zugangsvoraussetzungen für ausländische Studienbewerber
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des Angebotes, das aber wegen der hohen Studiengebühren von den Studenten aus den Ländern der Dritten Welt selten wahrgenommen werden kann. In dieser Perspektive stellt das Ausbildungsangebot der Bundesrepublik - aber auch das von Frankreich - eine Alternative fllr Studienbewerber aus den Entwicklungsländern dar, die im Interesse der Entwicklungsländer, aber auch im eigenen Interesse der Bundesrepublik, erhalten bleiben muß. Allerdings ist die Studienaufnahme immer im Zusammenhang mit dem Studienerfolg und der Rückkehr in das Heimatland zu sehen, soll die Absicht der Entwicklungshilfe Erfolg haben. Von diesem Ansatz her ist es naheliegend, dem Teilzeit- bzw. Postgraduiertenstudium den Vorzug vor einem Vollzeitstudium zu geben, bei dem der "Entfremdungseffekt" gegenüber dem Herkunftsland größer ist. Aber im Hinblick auf die begrenzte Studienplatzsituation in den Ländern der Dritten Welt, das häufig beschränkte Fachangebot der Hochschulen sowie politische Zulassungsbedingungen in diesen Ländern muß das Vollzeitstudium als Alternative zum Teilzeitstudium erhalten bleiben. Allerdings scheinen mir folgende Akzentuierungen und Ergänzungen notwendig zu sein: eine stärkere Strukturierung durch die Einftihrung eines Wechselsystems, das mit dem Erwerb von Deutschkenntnissen im Ausland an deutschen Schulen oder Goethe-Instituten beginnt, das sich über die Studienaufnahme in der Bundesrepublik fortsetzt und das dann in ein System des Ausbildungswechsels zwischen deutschen Hochschulen und einer Hochschule im Herkunftsland einmündet und schließlich eine bestimmte Berufs- und Wissenschaftsposition im Herkunftsland zum Ziel hat. Instrumente daftir sind Partnerschaftsabkommen zwischen den Hochschulen, die auch einen Professorentausch einschließen müssen, sowie Kulturabkommen, in denen die Zuweisung von Studienplätzen und die Modalitäten des Aufenthaltes und der Rückkehr geregelt werden. Ein derartiges System würde dazu beitragen, qualiftzierte Studienbewerber aus Ländern der Dritten Welt zu gewinnen; die stärkere Einordnung des Systems der Zulassung und der Ausbildung ausländischer Studienbewerber in die allgemeine Entwicklungspolitik, die auch den Ausbau von Ausbildungsstätten in Entwicklungsländern zum Ziel hat, und eine engere Kooperation der Stellen, die im In- und Ausland ftir die Konzeption und Verwirklichung dieser Politik zuständig sind; eine stärkere Ergänzung der Ausbildung auf Hochschulebene durch eine Ausbildung auf Fachschulebene entweder in der Bundesrepublik oder in Ausbildungsstätten im Herkunftsland, deren Lehrer in der Bundesrepublik ausgebildet werden, wobei - nach Rückkehr in das Heimatland und Ausübung entsprechender Berufspositionen - Weiterbildungsmöglichkeiten in der Bundesrepublik im Hochschulbereich offenstehen sollten;
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die systematische Ergänzung der Ausbildung auf Hochschulebene durch Weiterbildungs- und Fortbildungsmaßnahmen für Ausländer, die sich ftir hervorgehobene Positionen in Wirtschaft, Industrie, Verwaltung und Wissenschaft ihres Heimatlandes qualifizieren wollen; verstärkte Bemühungen um die Anerkennung deutscher Abschlüsse, insbesondere der Fachhochschulabschlüsse im Ausland und die formale Regelung der Anerkennung, die z. T. noch unbefriedigend ist. Das volle Angebot dieses Ausbildungsspektrums von der Fachausbildung über die Hochschulausbildung bis zur Fortbildung gegenüber den einzelnen Entwicklungsländern könnte dazu beitragen, daß sich die Ausbildungsinteressen nicht mehr vorwiegend auf die Hochschulausbildung konzentrieren. Zwar folgen diese Interessen weitgehend dem Prestige und den Positionen, die in den Ländern der Dritten Welt mit der Hochschulausbildung verbunden sind; aber von der Funktion der Positionen her gesehen ist eine Ausbildung auf Fachschulebene in der Bundesrepublik häufig angemessen und ausreichend. Die Schwierigkeiten der Ausbildungshilfe liegen vorwiegend darin, die Realität der Tätigkeiten und die verschiedenen Ausbildungsmöglichkeiten in der Bundesrepublik mit Vorstellungen in Entwicklungsländern in Einklang zu bringen, die ein Ausbildungsangebot unterhalb der Hochschule häufig als Diskriminierung empfinden.
V. Ausbildungshilfe und Kulturprobleme Wissenschaft und Ausbildung sind ftir die Länder der Dritten Welt - ebenso wie sie es ftir die europäischen Ländern waren - Entwicklungskräfte, die zur Eigenständigkeit dieser Länder und dem Aufbau neuer Produktions- und Sozialstrukturen beitragen. Aber ebenso wie die Wirtschaftshilfe zur Auseinandersetzung mit den traditionellen Sozial- und Wirtschaftsstrukturen dieser Länder ftihrt, treten auch bei der Ausbildungs- und Wissenschaftshilfe Konflikte mit der traditionellen Kultur der Länder der Dritten Welt auf. Diese Konflikte, die in Buropa zur Ablösung und Abdrängung traditioneller Kulturwerte führten, ergeben sich vor allem aus der anderen Mentalität und den Denkformen, die mit der wissenschaftlich-technischen Ausbildung verbunden sind. Die Obernahme europäischer Denk- und Arbeitsstrukturen ftihrt nicht ohne weiteres zu einer neuen Orientierung und Sozialkultur, die an die Stelle der alten Kulturen der Länder der Dritten Welt treten können. Auch in Buropa sind Ausbildung, Industriegesellschaft und Sozialstruktur erst nach langen Auseinandersetzungen in ein Bezugssystem übergegangen, das speziell in der Bundesrepublik eine Mentalität des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts hervorgebracht hat, die heute als Grundlage der Gesellschaft gilt. Es hängt weitgehend von dem Psychogramm und der Adaptionsfähigkeit der Kulturen in der Dritten
Zugangsvoraussetzungen für ausländische Studienbewerber
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Welt ab, ob der Prozeß einer auf Ausbildung und moderne Arbeitswelt gegründeten Gesellschaft zu einer neuen Sozialstruktur und zu einem neuen Selbstverständnis ftihrt, oder ob er gravierende Störungen zur Folge hat. Diese erscheinen jedenfalls dann nicht ausgeschlossen, wenn sich die Ausbildungshilfe vor allem auf die Ausbildung der "Eliten" konzentriert und nicht auch die Ausbildung qualifizierter Industriekräfte umfaßt, die erst gemeinsam mit den "Eliten" die Produktivität einer Arbeitsgesellschaft ausmachen. Diese Konflikte sind auch dann wahrscheinlich, wenn das Wissenschafts- und Technologieverständnis nicht als Ergänzung alter Kulturen, sondern als Ablösung der Kulturen und ihrer Sozialbeziehungen verstanden wird, die bisher die Grundlage der Lebensgemeinschaften in der Dritten Welt bildeten. Der Effekt der Ausbildungshilfe, die von Ost und West geleistet wird, dürfte sich weniger an der Qualität der Ausbildung als an dem Verständnis für diese Bedingungen entscheiden.
Michael Wollensch/äger* RECHTLICH-ADMINISTRATIVE IMPLIKATIONEN DES AUSLÄNDERSTUDIUMS Zur Problematik der Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis für ausländische Studenten in der Bundesrepublik Deutschland I. Allgemeine gesetzliche Grundlagen des Aufenthaltsrechts
Gern. § 2 I 1 des Ausländergesetztes (AuslG) 1 bedürfen Ausländer, die in die Bundesrepublik Deutschland einreisen und sich darin aufhalten wollen, einer Aufenthaltserlaubnis, die erteilt werden darf, wenn die Anwesenheit des Ausländers Belange der Bundesrepublik Deutschland nicht beeinträchtigt (§ 2 I 2 Aus1G). Dies bedeutet, daß die Aufenthaltserlaubnis im Falle einer Beeinträchtigung der Belange zwingend zu versagen ist; im übrigen steht ihre Erteilung im pflichtgernäßen Ermessen der Ausländerbehörde. Die Aufenthaltserlaubnis wird gern. § 7 I 1 AuslG entweder befristet oder unbefristet erteilt. Eine befristete Aufenthaltserlaubnis, die die Regel darstellt, kann verlängert werden, wobei erneut die Voraussetzungen der Erteilung zu überprüfen sind. Weiterhin kann die Aufenthaltserlaubnis mit Bedingungen und Auflagen versehen werden (§ 7 III AuslG). Sie wird gern. § 5 I AuslG vor oder nach der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland erteilt, im ersteren Falle regelmäßig in der Form des Sichtvermerks. Diese gesetzlichen Vorschriften werden von der ,Verordnung zur Durchführung des Ausländergesetzes' (DVAuslG) 2 ; den ,Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Ausführung des Ausländergesetzes' (AVwV) 3 und • hilfe.
Besonderer Dank gilt Frau Rechtsreferendatin Petra Müller für umfangreiche Mit-
1 Ausländergesetz vom 28.4.1965, BGBL I, S. 353, zuletzt geändert durch Gesetz vom 16.7.1982, BGBL I, S. 946. 2 In der Fassung der Bekanntmachung vom 29.6.1976, BGBI. I, S. 1717, zuletzt geändert durch die 14. Änderungsverordnung vom 13.12.1982, BGBL I, S. 1681. 3 AVwV vom 10.5.1977, GMBI., S. 202, geändert durch AVwV vom 7.7.1978, GMBL, S. 368.
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den Verwaltungsvorschriften der Länder - den sog. ,Ausländererlassen' näher ausgeftillt. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis werden vom Zweck des Aufenthaltes maßgebend bestimmt.
II. Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zur Aus- oder Fortbildung
Gern. Nr. 3d zu § 21 der AVwV und nach den - inhaltlich weitgehend übereinstimmenden - Verwaltungsvorschriften der Länder 4 soll eine Aufenthaltserlaubnis zur Aus- oder Fortbildung befristet auf 1 Jahr nur erteilt werden, wenn der Ausländer seine Zulassung bei einer Ausbildungsstätte sowie die Finanzierung der Ausbildung und seines Lebensunterhalts samt Krankenversicherungsschutz nachweist und die Ausbildung im Tagesunterricht erfolgt. Zur Aus- und Fortbildung zählen insbesondere das Erlernen der deutschen Sprache; das Studium an einer Hochschule, der Besuch einer Fachschule; ein Praktikum im Rahmen einer Aus- oder Fortbildung; die Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf. Die allgemeinen schulischen Voraussetzungen fti.r die Aufnahme der angestrebten Ausbildung, d. h. Hauptschulabschluß, Realschulabschluß, Abitur, können in der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich nicht nachgeholt werden. 1. Voraussetzungen fti.r die Zulassung zu einem Hochschulstudium Ein Anspruch auf Zulassung zu einem Hochschulstudium steht gern. § 27 Hochschulrahmengesetz (HRG) 5 nur Deutschen i. S. des Grundgesetzes (GG) zu. In den Landeshochschulgesetzen wird anderen, d. h. Ausländern, nur ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung eingeräumt, so z. B. in Art. 49 11 des Bayer. Hochschulgesetzes (BayHochschulG) 6 , wenn sie die wie fti.r Deut4 Vgl. z. B. Ausländererlaß des Landes Baden-Württemberg i. d. F. vom 1.8.1984, GABL, S. 725, zu § 2, 2.3 ; Ausländererlaß der Freien Hansestadt Bremen vom 1.3.1985, Amtsblatt der Freien Hansestadt Bremen vom 20.3.1985, zu § 2, 2.2; Runderlaß des Innenministers von Nordrhein-Westfalen vom 17.2.1984, SMBL, NW, Nr. 26; Berliner Ausländererlaß vom 22.9.1980 i. d. F. vom 21.7.1982, Dienstblatt des Senats von Berlin 1980, Teil I, S. 163, zu§ 2, 2.2 und 1982, Teil I, S. 95; Verwaltungsvorschrift zur Ausflihrung des Ausländergesetzes vom 5.11.1982, Saarland, GMBL, S. 377, zu § 2, 2.1.1. s Hochschulrahmengesetz vom 26.1.1976, BGBl. I, S. 185, zuletzt geändert durch Gesetz vom 25.7.1984, BGBL, S. 995. 6 Bayerisches Hochschulgesetz vom 7.11.1978, GVBl., S. 791, zuletzt geändert durch Gesetz vom 4.8.1983, GVBL, S. 545.
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sehe erforderliche Qualifikation besitzen. Einen Anspruch auf Ausschöpfung der vorhandenen Ausbildungskapazität, der aus Art. 12 I GG i. V. m. dem allgemeinen Gleichheitssatz und dem Sozialstaatsprinzip abgeleitet wird 7 , haben Ausländer ebenfalls nicht, da das in Art. 12 I 1 GG gewährleistete Recht auf freie Wahl des Berufs und der Ausbildungsstätte nur flir Deutsche gilt. Die Vergabe der Studienplätze an Ausländer erfolgt nicht zentral, sondern munittelbar durch jede Hochschule selbst im Rahmen der für ausländische Studenten vorgesehenen Vorabquote in Höhe von in der Regel 8% (bei zulassungsbeschrän.kten Studienfachern 6 %) der festgesetzten Zulassungszahlen je Studienort und Semester (Art. 13 I Nr. 3 des Staatsvertrages über die Vergabe von Studienplätzen vom 23.6.1978 (StV), § 32 II HRG, § 5 II und§ 45 I der Vergabe-Verordnung ZVS 8 ) 9 • Gern. Art. 13 IV des Staatsvertrages und § 45 II der Vergabe-VO ZVS werden Ausländer in erster Linie nach dem Grad der Qualifikation ausgewählt. Daneben können besondere Umstände, die flir die Zulassung des Bewerbers sprechen, berücksichtigt werden. Dies ist unter anderem der Fall, wenn der Studienbewerber von einer deutschen Einrichtung zur Förderung begabter Studenten flir ein Studium ein Stipendium erhält, aus einem Entwicklungsland oder einem Land kommt, in dem es keine Ausbildungsstätten flir den betreffenden Studiengang gibt. Gleichermaßen sind jedoch auch ausländische Studienbewerber zu berücksichtigen, die eine deutsche Hochschulzugangsberechtigung besitzen oder Asylrecht genießen (§ 45 II 3 der VergabeVO ZVS). Primäre Voraussetzung ist jedoch, daß die im Heimatland erworbene Hochschulzugangsberechtigung mit der deutschen als gleichwertig anzuerkennen ist. Durch Beschluß der Ständigen Kultusministerkonferenz der Länder vom 30.4. 1976 wurde die ,Rahmenordnung flir ausländische Studienbewerber' geschaffen, die durch Beschluß vom 8.10.1981 ergänzt wurde. Danach werden ausländische Hochschulzugangsberechtigungen in drei Bewertungsgruppen eingeteilt. Die erste Bewertungsgruppe erfaßt Vorbildungsnachweise, die eine unmittelbare Aufnahme des Studiums sinnvoll erscheinen lassen. Hierzu gehören die Reifezeugnisse aus Staaten, die die ,Europäische Konvention über die Gleichwertigkeit der Reifezeugnisse' vom 11.12.1953 und das Zusatzprotokoll vom 3.6.1964 10 unterzeichnet haben. Die anderen weniger oder gar nicht vergleichbaren Vorbildungsnachweise werden in die Bewertungsgruppe II oder III eingeNumerus Clausus-Urteil, BVerfGE 33, 303 ff. Verordnung über die zentrale Vergabe von Studienplätzen und die Durchflihrung eines Feststellungsverfahrens (VergabeVO ZVS) vom 13.5.1980, BayGVBl. 1980, 223, zuletzt geändert durch VO vom 8.5.1985, BayGVBL, S. 146. Diese Verordnung stimmt gern. § 18 II StV in allen Ländern inhaltlich überein. 9 Vgl. zur Vorabquote für ausländische Studienbewerber: BayVGH, Urteil vom 2.8.1982, KMK-HSchR 1983, 41; VGH Mannheim, Beschluß vom 11.5.1982, KMKHSchR 1982, 617. 10 BGBl. 1955 II, S. 599; Gesetz vom 3.2.1971, BGBL li, S. 17. 7
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stuft. Ein Ausländer mit einem Vorbildungsnachweis dieser Stufen hat nach erfolgreichem Bestehen einer Aufnahmeprüfung eine einjährige Ausbildung an einem staatlichen Studienkolleg zu absolvieren, die wiederum mit der Feststellungsprüfung abschließt. In dieser Prüfung muß der Studienbewerber nachweisen, daß er die sprachlichen und fachlichen Voraussetzungen ftir die Aufnahme des beabsichtigten Studiums erftillt 11 • Erst dann ist die Zulassung zu einem Hochschulstudium möglich. In welche Bewertungsgruppe ein ausländischer Vorbildungsnachweis einzustufen ist, ergibt sich aus den (unveröffentlichten) Empfehlungen der Zentralstelle flir ausländisches Bildungswesen, einer Einrichtung der Ständigen Kultusministerkonferenz der Länder. Bei den Bewertungsvorschlägen wird nicht allein die formale Hochschulzugangsberechtigung, sondern auch die Hochschulzugangspraxis des Heimatlandes zugrundegelegt. Dies hat zur Folge, daß Schulabschlußzeugnisse, die im Heimatland nur in Verbindung mit einer Hochschulaufnahmeprüfung die Hochschulzugangsberechtigung vermitteln - wie dies u. a. im Iran, in der Türkei und in Griechenland der Fall ist - , auch in der Bundesrepublik nur mit diesem Nachweis anerkannt werden ua. In Hessen z. B. wurde diese Empfehlung in der ,Verordnung über die Anerkennung ausländischer Hochschulzugangsberechtigungen von Ausländern und Staatenlosen' vorn 15.1.1980 (i. d. F. der Änderungsverordnung vorn 5.2.1982) berücksichtigt, ebenso in Nordrhein-Westfalen in der ,Verordnung über die Gleichwertigkeit ausländischer Vorbildungsnachweise mit dem Zeugnis der Hochschulreife' vorn 22.6.1983 11b. Teilweise wird auch nur in den Einschreibeordnungen der Hochschulen, so z. B. in § 3 IV der Einschreibeordnung der Universität Kaiserslautern vorn 11.7.1980 12 , auf die Bewertungsvorschläge Bezug genommen oder aber nur die tatsächliche Verwaltungspraxis danach ausgerichtet. Soweit eine Umsetzung der Bewertungsvorschläge in Rechtsnormen (wie z. B. in Hessen) nicht stattfand, liegen lediglich Richtlinien vor. Dieser Umstand hat jedoch nach einem Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vorn 23.3.1983 13 flir den Zugang eines ausländischen Studienbewerbers an eine deutsche Hochschule keine Bedeutung. Da Art. 12 I GG ftir Ausländer nicht gilt, brauchen die Kriterien, nach denen sich der Zugang zu Ausbildungsstätten bestimmt, nicht durch Gesetz oder aufgrundeines Gesetzes festgelegt 11 Strauch: Der Hochschulzugang von Ausländern, insbesondere aus Problemstaaten, in: Informationsbrief Ausländerrecht, 1984, 4 7 ff., 4 7, 48. ua KMK-Beschluß vom 6.3.1981, abgedruckt in: Becker (Hrsg.): ,Aus für ausländische Studenten?', 2. erw. Aufl., 1984, S. 50 ff. ub Hess. GVBl. 1980, 80; 1982, 54; Nordrhein-Westfalen: GV.N.W. 1983, S. 261. 12 Einschreibeordnung der Universität Kaiserslautern vom 11.7.1980 - EinschO -, Staatsanzeiger Rheinland-Pfalz, S. 546. 13 Az 2B23/83.
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zu sein, wie es im Numerus Clausus-Urteil im Hinblick auf Art. 12 I GG gefordert wird 14 • Da den zuständigen Behörden bei der Anerkennung des ausländischen Vorbildungsnachweises ein Beurteilungsspielraum zusteht 15 , flndet eine gerichtliche Überprüfung nur im Hinblick auf die Fehlerhaftigkeit der Entscheidung infolge unrichtiger Ausgangspunkte oder nicht sachgerechter oder willkürlicher Erwägungen statt 16 • 2. Finanzierung der Ausbildung a) Ausbildungsförderung nach dem BAföG Eine Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) 17 kommt für ausländische Studienbewerber, die sich nur zu Studienzwecken in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, nicht in Betracht. Gern. § 8 I BAföG sind neben Deutschen im Sinne des Art. 116 des Grundgesetzes nur heimatlose Ausländer, Asylberechtigte und Auszubildende, denen nach dem Aufenthaltsgesetz/EWe als Kindem Freizügigkeit gewährt wird, anspruchsberechtigt. Anderen Ausländern wird gern. § '8 II BAföG Ausbildungsförderung geleistet, wenn sie selbst vor Beginn der Ausbildung insgesamt flinf Jahre in der Bundesrepublik rechtmäßig erwerbstätig gewesen sind oder zumindest ein Elternteil für die letzten drei Jahre diese Voraussetzung erftillt. Gleiches gilt für eine Förderung nach dem Bay. Ausbildungsförderungsgesetz 18 und dem Bay. Begabtenförderungsgesetz 19 •
BVerfGE 33, 303, 345. Beschluß des OVG Rheinland-Pfalz vom 23.3.1983, a. a. 0. (Fn. 13); vgl. auch VGH Mannheim, Urteil vom 20.9.1983, KMK-HSchR 1983, 836. 16 Kopp: Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 3. Aufl., 1983, § 40, 25. 17 Bundesgesetz über die individuelle Förderung der Ausbildung i. d. F. der Bekanntmachung vom 6.6.1983, BGBI. I, S. 645, zuletzt geändert durch Gesetz vom 24.5.1984, BGBI. I, S. 707. 18 Bay. Ausbildungsförderungsgesetz vom 28.9.1982, BayGVBI., S. 895. 19 Bayerisches Begabtenförderungsgesetz i. d. F. der Bekanntmachung vom 29.11. 1985, BayGVBL, S. 1109; vgl. dazu auch die Verordnung zur Durchführung des Bay. Begabtenförderungsgesetzes vom 8.8.1984, GVBI., S. 283. Gern. § 1 II dieser DurchflihrungsVO wird der anspruchsberechtigte Personenkreis auf Ausländer erweitert; verlangt wird jedoch, daß die Hochschulreife in Bayern erworben wurde, was unter dem Gesichtspunkt, daß ausländische Studienbewerber diese allgemeine schulische Voraussetzung grundsätzlich hier nicht nachholen können, ebenfalls von ihnen nicht erflillt werden kann. 14 15
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b) Inanspruchnahme von Sozialhilfe Im Hinblick darauf, daß die Aufenthaltserlaubnis zu Studienzwecken nur bei dem Nachweis, daß die Finanzierung des Lebensunterhalts und der Ausbildungskosten flir den gesamten Aufenthalt gesichert ist, erteilt wird, ist die Inanspruchnahme von Sozialhilfe zur Bestreitung des Lebensunterhalts grundsätzlich ausgeschlossen. Außerdem haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG dem Grunde nach förderungsfähig sind, ohnehin keinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt, der über § 120 I BSHG 20 auch Ausländern zusteht 20 a. Für besondere Härtefalle, die sich im Laufe des Studiums ergeben können, gibt es eine Ausnahmemöglichkeit, die jedoch im Ermessen der Behörde steht. In einem solchen Falle muß der ausländische Student mit seiner Ausweisung gern. § 10 I Nr. 10 AuslG, zumindest aber mit der Nichtverlängerung seiner regehnäßig auf ein Jahr befristeten Aufenthaltserlaubnis rechnen, wenn es sich nicht nur um einen vorübergehenden Zeitraum handelt. Nach dem Ausländererlaß des Landes Baden-Württemberg 21 ist nur ein Zeitraum von zwei bis drei Monaten als vorübergehend anzusehen. In diesem Zusammenhang ist jedoch zu beachten, daß gern.§ 7111 2 SGB X 22 während der ersten sechs Monate des Bezugs von Sozialhilfe von einer Mitteilung dieser flir § 10 Nr. 10 AuslG relevanten Umstände an die zuständige Ausländerbehörde seitens des Sozialhilfeträgers abgesehen werden soll. c) Förderungsprogramme flir Studenten aus Entwicklungsländern Für Ausbildungsbewerber aus Entwicklungsländern, das heißt, aus allen außereuropäischen Staaten außer Australien, Japan, Kanada, Neuseeland, der Republik Südafrika und den USA, gibt es besondere Förderungsprogramme, die auf Richtlinien verschiedener Träger beruhen 23 • Zum Teil erfolgt die Förderung auch durch das Heimatland. d) Unterhaltsleistungen der Eltern oder Verwandten Schließlich verbleibt noch die Möglichkeit der Sicherung der Ausbildungskosten und des Lebensunterhalts durch fmanzielle Zuwendungen der Eltern 20 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) i. d. F. der Bekanntmachung vorn 24.5.1983, BGBL I, S. 613, geändert durch Gesetz vorn 22.12.1983, BGBl. I, S. 1532. 20a Die froher in §§ 31-35 BSHG vorgesehene Ausbildungshilfe wurde gestrichen. 21 a. a. 0 ., zu § 10, 10.8. 22 Sozialgesetzbuch (SGB) Verwaltungsverfahren vorn 18.8.1980, BGBI. I, S. 1469, ber. S. 2218 und vorn 4.11.1982, BGBl. I, S. 1450, zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.12.1983, BGBI. I, S. 1532. 23 Vgl. z. B. Programme flir Ausbildungsbewerber aus Entwicklungsländern, OttoBenecke-Stiftung, Handbuch 1983/84, S. 46 ff.
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oder Verwandten des Studienbewerbers. Als Maßstab flir die Höhe der erforderlichen Mittel gelten die Höchstsätze der monatlichen Zahlung flir deutsche Studenten aus öffentlichen Mitteln, derzeit ca. 600 bis 700 DM 24 • Als Nachweis verlangen die Ausländerbehörden in der Regel ins Deutsche übersetzte und von den Auslandsvertretungen beglaubigte Garantieerklärungen der Zuwendenden. In Betracht kommen auch Kontoauszüge über geleistete Zahlungen beziehungsweise über ausreichendes Eigenkapital 25 • In besonderen Fällen kann auch die Errichtung einer notariellen Urkunde über die Verpflichtung zur Unterhaltsleistung erforderlich sein. e) Eigene Erwerbstätigkeit während des Studiums Eine Finanzierung des Studiums durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ist zumindest rechtlich - ausgeschlossen, da die Aufenthaltserlaubnis nur zu Studienzwecken erteilt wird. Diese ausländerrechtliche Auflage steht gern. § 19 II des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) 26 der Erteilung der Arbeitserlaubnis entgegen. Auf diese Problematik ist jedoch noch an anderer Stelle gesondert einzugehen. 3. Das Einreiseverfahren a) Allgemeine Regelung Die Aufenthaltserlaubnis zur Aus- oder Fortbildung ist gern. § 5 I Nr. 1 DVAuslG vor der Einreise in der Form des Sichtvermerks einzuholen, da der ausländische Student nach dem Gesetzeswortlaut "beabsichtigt, sich länger als drei Monate in der Bundesrepublik Deutschland aufzuhalten". Für die Erteilung des Sichtvermerks ist die jeweilige vom Auswärtigen Amt ermächtigte Auslandsvertretung gern. § 20 IV AuslG zuständig. Sie hat den Antrag des ausländischen Studienbewerbers an die ftir den vorgesehenen Aufenthaltsort zuständige Ausländerbehörde weiterzuleiten. Gern. § 5 V DVAuslG bedarf die Erteilung des Sichtvermerks stets der Zustimmung der Ausländerbehörde, die die allgemeinen ausländerrechtliehen Bestimmungen und die besonderen Voraussetzungen der Zulassung und der Finanzierung überprüft. Nach den Verwaltungsvorschriften 27 sieht die Auslandsvertretung von vornherein von der Weiterleitung des Antrages ab, wenn der Nachweis eines in der Ausländererlaß von Baden-Württemberg, a. a. 0., zu § 2, 2.3.6. Vgl. Ausländererlaß Bremen, a. a. 0., 2.2.3.2. 26 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) vom 25.6.1969, BGBL I, S. 582, zuletzt geändert durch Gesetz vom 27.7.1984 (BGB!. I, S. 1029). 27 z. B. Ausländererlaß Baden-Württemberg, a. a. 0., 2.3.2. 24
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Bundesrepublik Deutschland anerkannten Sekundarahschlusses oder der Nachweis ausreichender Mittel flir den Lebensunterhalt fehlt. b) Bildungs- und rechtspolitischer Hintergrund Hintergrund dieses Verfahrens ist der Beschluß der Kultusministerkonferenz der Länder vom 6.3.1981, der Empfehlungen flir ,Maßnahmen zur Verbesserung der Auswahl von ausländischen Studienbewerbern an Studienkollegs' zum Inhalt hat. Hierin heißt es unter anderem: "Eine Aufenthaltserlaubnis zu Studienzwecken muß vor der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland von der deutschen Auslandsvertretung erteilt sein. Die Aufenthaltserlaubnis wird nur gegeben, wenn ein Zulassungsbescheid einer deutschen Hochschule oder eines Studienkollegs vorliegt. Die Umwandlung von Touristen-Visa in Aufenthaltserlaubnisse zu Studienzwecken ist damit ausgeschlossen." 28 In den vorangegangenen Jahren war ein sehr großer Andrang von Studienbewerbern aus dem Iran, der Türkei und Indonesien festzustellen. Die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland war ohne Schwierigkeiten möglich, da Touristen-Visa durch bloße Vermittlung der Reisebüros im Heimatland erteilt wurden. Sobald eine Hochschule einen Zulassungsbescheid erteilt hatte, wurde das Touristen-Visum in eine Aufenthaltserlaubnis umgewandelt 29• Da rund zwei Drittel der Bewerber aus den fraglichen Ländern ohne ausreichende Sprachkenntnisse und ohne fmanzielle Sicherung in die Bundesrepublik Deutschland eingereist waren, um hier zu studieren, war der Erfolg eines qualiftzierten Studiums derart gefährdet, daß diese Situation im !nteresse der jungen Ausländer nicht mehr vertreten werden konnte 30 • Daraufhin erging die 14. Verordnung zur Änderung der DVAuslG vom 13.12.1982 31 , die die jetzige Regelung, wie eben dargestellt, festschrieb. Durch die Einführung der Sichtvermerkspflicht flir den Fall eines länger als dreimonatigen Aufenthalts, wie es bei einem Studium üblich ist, wurde die Möglichkeit, mit einem Touristen-Visum einzureisen, ausgeschlossen. c) Praktische Umsetzung der Sichtvermerkspflicht Schon bald wurde wegen der praktischen Umsetzung dieser Vorschriften von verschiedenen Seiten Bedenken erhoben. Nach einem Schreiben des ,World 28 Pressemitteilung des Sekretariats der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder vom 23.3.1981, abgedruckt in: Becker, a. a. 0., S. 48 ff.
29 30 31
Vgl. KMK-Beschluß vom 6.3.1981 unter Ziffer 1, abgedruckt ebenda, S. 50 ff. Vgl. Pressemitteilung, a. a. 0 . BGBI. 1982 I, 1681.
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University Service, deutsches Komitee e.V.' an den Präsidenten des Bundesrates vom 30.11.1982 32 wurden erhebliche Beeinträchtigungen fur ausländische Studienbewerber, insbesondere für solche aus Entwicklungsländern, befürchtet. Zum einen sei eine persönliche und direkte Kontaktaufnahme mit der beabsichtigten Studienhochschule in der Bundesrepublik, die Voraussetzung für ein erfolgreiches Studium sei, nicht mehr möglich. Zum anderen werde der ausländische Studienbewerber nur in Ausnahmef:illen in der Lage sein, sämtliche nötigen Prüfungs- und Immatrikulationsfristen zu wahren, da die Zeitspanne zwischen Studienplatzvergabetermin und Immatrikulationstermin in der Regel nicht mehr als 14 bis 21 Tage betrage. Da erst nach Erhalt des Zulassungsbescheides ein Antrag auf Aufenthaltserlaubnis zu Studienzwecken bei der deutschen Auslandsvertretung gestellt werden könne, diese die Zustimmung der jeweils zuständigen Ausländerbehörde einholen müsse, nach Erteilung des Sichtvermerks unter Umständen noch die Ausreisegenehmigung des Heimatlandes erforderlich sei, könne sich der Studienbewerber nicht mehr rechtzeitig persönlich an der Hochschule immatrikulieren. Diese Bedenken wurden in einem Schreiben des Auswärtigen Amtes an den Bundesminister des Innern vom 8.6.1983 33 bestätigt: Statt Erleichterung und Beschleunigung führe das neugeregelte Einreiseverfahren zu Mehrarbeit, Zeitverlust und Abschreckung von Studienbewerbern. Im Runderlaß des Auswärtigen Amtes vom 22.7.1983 34 wurde vielmehr die Einführung eines sog. Studienbewerbersichtvermerks vorgeschlagen, da ausländischen Studienbewerbern grundsätzlich die Möglichkeit der Studienberatung in der Bundesrepublik Deutschland vor der endgültigen Zulassung zur Hochschule, Fachhochschule oder zum Studienkolleg erhalten bleiben solle. d) Neuregelung des Einreiseverfahrens Zwar wurde nicht - wie teilweise gefordert- die durch die 14. Änderungsverordnung zur DVAuslG eingeführte Sichtvermerspflicht für Studienbewerber abgeschafft. In den jüngst ergangenen Verwaltungsvorschriften der Länder 35 wird nunmehr zwischen ausländischen Studienbewerbern mit Zulassung zur Hochschule und solchen, die diese erst betreiben, differenziert.
32 33
34 35
Abgedruckt in Becker, a. a. 0., S. 73. Abgedruckt ebenda, S. 258. Ebenda, S. 262. Vgl. die in Fn. 4 aufgeführten Ausländererlasse.
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aa) Beschleunigung des Sichtvermerksverfahrens bei Studienbewerbern mit einer Zulassung zu einer Ausbildungsstätte Damit gerade diejenigen Studienbewerber, die bereits vom Ausland aus die Frage ihrer Zulassung geklärt haben, keine Nachteile aufgrundder Verfahrensdauer erleiden, soll die Sichtvermerkserteilung dadurch verkürzt werden, daß die jeweiligen Entscheidungen nicht nur dem Studienbewerber selbst, sondern auch der Behörde, der sie vorgelegt werden müssen, zugeleitet werden 36 • bb) Erleichterter Nachweis der Zulassung Der Nachweis der Zulassung zur Ausbildungsstätte kann auch ersetzt werden durch eine Studienplatzvormerkung, bei Programmstudenten oder Stipendiaten einer deutschen Organisation durch die Bestätigung über die Aufnahme in das Programm, eine Bescheinigung der Hochschule oder eines Studienkollegs, aus der sich ergibt, daß flir die Entscheidung über den Zulassungsantrag die persönliche Anwesenheit des ausländischen Studienbewerbers am Hochschulort erforderlich ist, und schließlich durch die Vorlage eines in der Bundesrepublik anerkannten Sekundarabschlusses37. cc) Der Studienbewerbersichtvermerk Wenn die Finanzierung des Lebensunterhalts und mindestens ein in der Bundesrepublik Deutschland anerkannter Schulabschluß nachgewiesen werden, erteilt die Auslandsvertretung mit Zustimmung der Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis in der Form des Sichtvermerks mit einer Geltungsdauer von drei Monaten. Diese Aufenthaltserlaubnis wird bei Studienbewerbern, die nach Ablauf der Frist noch nicht zum Studium zugelassen sind, zunächst um sechs Monate verlängert mit der Auflage, daß die Zulassung zum Studium, die Aufnahme in einen studienvorbereitenden Deutschkurs oder in ein Studienkolleg nachzuweisen ist. Erst danach kann die eigentliche Aufenthaltserlaubnis zu Studienzwecken erteilt werden 38 •
36 37
38
Runderlaß von Nordrhein-Westfalen, a. a. 0 ., 2.2. Ebenda, 2.1.2. Ebenda, 4.1.
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e) Ausnahmen von der Sichtvermerkspflicht Nicht betroffen von der Sichtvermerkspflicht sind gern. § 5 III DVAuslG Staatsangehörige der Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft wegen des Grundsatzes der Freizügigkeit gern. Art. 48 ff. des EWG-Vertrages 39 , der insoweit seinen Niederschlag in § 2 I des Aufenthaltsgesetzes/EWG 40 gefunden hat. Eine Aufenthaltserlaubnis zur Einreise ist gern. § 2 II Nr. 3 AuslG i. V. m. § 5 II DVAuslG weiterhin nicht erforderlich ftir Studienbewerber aus Staaten, mit denen abweichende zwischenstaatliche Vereinbarungen getroffen worden sind. Dazu gehören die Dominikanische Republik, Honduras, Island, Liechtenstein, Monaco, Österreich, Schweiz, Spanien und die USA 41 .
4. Besondere Regelungen ftir ausländische Studienbewerber aus Entwicklungsländern a) Grundsätze der Entwicklungshilfe Die in jüngster Zeit ergangenen Verwaltungsvorschriften einzelner Bundesländer42 enthalten übereinstimmend Grundsätze der Entwicklungshilfe, die bei derErteilungund insbesondere bei der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ftir ausländische Studenten aus Entwicklungsländern als allgemeiner öffentlicher Belang der Bundesrepublik Deutschland gern. § 2 I 2 AuslG zu berücksichtigen sind. Wie oben schon erwähnt, sind Entwicklungsländer in diesem Sinne die Türkei sowie alle außereuropäischen Staaten außer Australien, Japan, Kanada, Neuseeland, der Republik Südafrika und den USA. Bei Staatsangehörigen der europäischen Staaten Jugoslawien, Malta, Portugal, Spanien und Zypern sind entwicklungspolitische Belange nur dann berührt, wenn der ausländische Student sich entweder im Rahmen eines Regierungsprogramms zur Aus- oder Fortbildung im Bundesgebiet aufhält - auch wenn ihm keine besonderen fmanziellen Hilfen gewährt werden - oder seine Aus- oder Weiterbildung von deutschen Stellen aus Mitteln gefördert wird, die der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung des Herkunftslandes dienen, z. B. der Deckung des Fachkräftebedarfs. Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vom 25.3.1957. Gesetz über Einreise und Aufenthalt von Staatsangehörigen der Mitgliedsstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (Aufenthaltsgesetz/EWG) i. d. F. der Bekanntmachung vom 31.1.1980. 41 Soweit Ausländererlaß Baden-Württemberg, zu§ 5, 5.1. 42 Vgl. Fn. 4. 311
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Zur Aus- und Fortbildung wissenschaftlichen und technischen Nachwuchses werden in der Bundesrepublik Deutschland ftir Staatsangehörige aus Entwicklungsländern Studienplätze eingerichtet, Stipendien vergeben und Praktikantenstellen bereitgestellt. Dieser Beitrag zur Entwicklungshilfe kann nur wirksam werden, wenn die ausländischen Studenten ihre Ausbildung ordnungsgemäß und in der daftir vorgesehenen üblichen Zeit durchfUhren und nach Abschluß ihrer Ausbildung in ihr Heimatland oder in ein anderes Entwicklungsland ausreisen, um ihre hier erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten dem Aufbau der Wirtschaft und der Gesellschaft in diesem Staat zur Verfugung zu stellen. Dies gilt auch ftir ausländische Studenten, die ihre Ausbildung als sog. "freie Bewerber" ohne Stipendien mit eigenen Mitteln finanziert haben, da ihnen außerhalb der unmittelbaren staatlichen Förderung ftir die Zeit der Ausbildung ein von der Bundesrepublik Deutschland weitgehend fmanzierter Studienplatz zur Verfugung gestellt wird, der sonst mit anderen Studienbewerbern besetzt werden könnte. Den Zielen der Entwicklungshilfe widerspricht es daher, wenn ausländische Studenten die üblichen Ausbildungszeiten ohne überzeugende Gründe erheblich überschreiten; mehrfach die Ausbildungsrichtung wechseln; zusätzliche oder weitere Ausbildungen durchfUhren wollen oder nach Abschluß der Ausbildung im Bundesgebiet einer Erwerbstätigkeit nachgehen wollen. b) Ausbildungszeit, Abbruch oder Wechsel des Studiums Der ausländische Student soll seine Ausbildung in der ftir seine Fachrichtung üblichen Zeit abschließen. Hat er die Ausbildungszeit erheblich überschritten, muß er vor der Entscheidung über die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis Nachweise darüber erbringen, daß die Ausbildung ordnungsgemäß durchgeftihrt wurde, gegebenenfalls auch eine Bescheinigung seiner Ausbildungsstätte hinsichtlich der Erfolgsaussichten ftir einen baldigen Abschluß. Als erheblich wird ein Überschreiten der üblichen Studiendauer an den Hochschulen um mehr als fünf, an Fachhochschulen um mehr als drei Semester angesehen. Insoweit sind die Vorschläge der Kommission "Ausländerpolitik" vom März 1983 43 nicht zum Tragen gekommen. Im Hinblick auf die zeitliche Befristung 43
Abgedruckt in Becker, a. a. 0., S. 137 ff.
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der Aus- und Fortbildung wurde die Einführung von Höchstausbildungszeiten oder von Regelausbildungszeiten befürwortet. Gegen beides spricht jedoch, daß sowohl die eine als auch die andere Lösung eine allzu starre und gleichzeitig wegen der verschiedenen Ausbildungsgänge sehr differenzierte, wenn nicht unübersichtliche Regelung zur Folge hätte, die im Einzelfall zu besonderen Härten flir ausländische Studenten führte. Wird die Ausbildung ohne den üblichen Abschluß abgebrochen, kommt die Erteilung einer weiteren Aufenthaltserlaubnis nicht mehr in Betracht. Ausländische Studenten, die ihre gewählte Ausbildungsrichtung innerhalb der ersten 18 Monate wechseln, weil sie nachweisbar ihren Neigungen nicht entspricht, können für die neue Ausbildung eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Bei einem mehrfachen Ausbildungswechsel kommt die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis im allgemeinen ebenfalls nicht mehr in Betracht 44 • Hierbei und auch im folgenden ist jedoch zu beachten, daß die Ausländerbehörde ihrer Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen immer den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - als Ausfluß des Rechtsstaatsprinzips gern. Art. 20 II GG - zugrunde legen muß 45 . Insoweit sind gerade auch die besonderen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. c) Anschlußausbildung, insbesondere Facharztausbildung Ausländer, die nach Abschluß ihrer Ausbildung eine weitere Qualifikation in ihrer Fachrichtung anstreben (z. B. Hochschulabschluß nach Abschluß der Fachhochschule), können flir die Durchführung der Anschlußausbildung eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, wenn zu erwarten ist, daß die beabsichtigte Ausbildung in angemessener Frist beendet wird. Diese Ausbildung muß jedoch mit der Erstausbildung in Zusammenhang stehen. So wurde z. B. schon seitens der Hochschule die Zulassung zum Studium der Humanmedizin als Zweitstudium abgelehnt, da das Medizinstudium keine sinnvolle Ergänzung des Erststudiums Betriebswirtschaftslehre im Hinblick auf die Nutzung des erlangten Fachwissens im Heimatland darstelle. Diese Entscheidung wurde im Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 3.11.1982 gerichtlich bestätigt 46 • Die Weiterbildung zum Facharzt im Anschluß an die ärztliche Ausbildung ist ebenso grundsätzlich als nicht sinnvoll anzusehen, da nach übereinstimmender Auffassung der Gesundheitsminister des Bundes und der Länder Ärzte mit einer Allgemeinausbildung für die Entwicklungsländer wegen deren zum Teil 44 45 46
z. B. Ausländererlaß des Saarlandes, a. a. 0., zu § 2, 2.2.3.2. Vgl. Kopp, VwVfG, a. a. 0., § 40, 21. Abgedruckt in KMK-HSchR 1983, 75.
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überaus schlechten ärztlichen Versorgung der Bevölkerung wertvoller sind als Fachärzte 4 7 • Die Ausländererlasse von Nordrhein-Westfalen und von Baden-Württemberg sehen dann eine Ausnahme vor, wenn die Erlaubnis zur Ausübung des ärztlichen Berufs nach § 10 Bundesärzteordnung vom jeweils zuständigen Regierungspräsidenten erteilt wird. Nach dem Ausländererlaß der Freien Hansestadt Bremen 48 kann eine Aufenthaltserlaubnis zur Weiterbildung zum Facharzt nur verlängert werden, wenn eine dreijährige Berufsausübung im Heimatland nachgewiesen wird; die zuständige zentrale Gesundheitsbehörde des Heimatlandes bestätigt, daß ein Interesse an der Weiterbildung besteht und der Nachweis erbracht wird, daß der Einsatz im Heimatland nach Beendigung der Weiterbildung sichergestellt ist. Im Hinblick auf die entwicklungspolitischen Gesichtspunkte kann nach abgeschlossener Facharztausbildung eine Aufenthaltserlaubnis zur Beschäftigung als Arzt nicht mehr erteilt werden.
d) Promotionsstudium Wie bei der Facharztausbildung bestehen in den einzelnen Bundesländern ebenfalls unterschiedliche Regelungen bezüglich der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke eines Promotionsstudiums. Im folgenden soll ein Teil der Regelung kurz dargestellt werden. Hierbei ist davon auszugehen, daß die Promotion grundsätzlich nicht Bestandteil der Ausbildung ist. In Bremen 49 und Berlin 50 wird der Aufenthalt für eine Vorbereitung zur Promotion nur gestattet, wenn die zuständige Behörde des Heimatlandes bestätigt, daß daran ein besonderes berufliches oder wissenschaftliches Interesse besteht. Nach den Ausländererlassen des Saarlandes 51 und von Nordrhein-Westfalen 52 soll die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Promotion mangels eines anderen formellen Studienabschlusses den üblichen Abschluß der Ausbildung darstellt oder die Promotion die Möglichkeit eines fachgerech47
48 49 50
51 52
z. B. Ausländererlaß des Saarlandes, a. a. 0., zu § 2, 2.2.3.3. a. a. 0 ., zu § 2, 2.2.6. a. a. 0., zu § 2, 2.2.5. a. a. 0 ., ZU § 2, 2.2.3.3. a. a. 0., 2.2.2.3. a. a. 0., 4. 7.
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ten Einsatzes des Antragstellers in seinem Heimatland wesentlich verbessert, wobei im Saarland noch eine Bescheinigung der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen insoweit verlangt wird. Zusätzlich ist in Nordrhein-Westfalen der Aufenthalt zur Promotion möglich, wenn an dieser ein wesentliches wissenschaftliches Interesse besteht. In Baden-Württemberg 53 kann die Aufenthaltserlaubnis zur Promotion schon erteilt werden, wenn die Hochschule bescheinigt, daß der ausländische Student die erforderliche wissenschaftliche Befähigung besitzt, was bei den anderen geschilderten Regelungen ohnehin Voraussetzung ist. e) Ausbildung in einem anderen Staat Nach allen Verwaltungsvorschriften der hier beispielsweise aufgeftihrten Bundesländer kann einem Ausländer, der in einem anderen Staat im Ralunen der Entwicklungshilfe schon eine Ausbildung erhalten hat, grundsätzlich keine Aufenthaltserlaubnis für eine Ausbildung in einer neuen Fachrichtung erteilt werden 5 4 • f) Aufenthaltserlaubnis nach Ausbildungsabschluß Im Hinblick auf die oben aufgezeigten Grundsätze der Entwicklungshilfe müssen Ausländer nach Abschluß oder Abbruch ihrer Ausbildung in ihr Heimatland zurückkehren und können keine Aufenthaltserlaubnis zur Aufnalune einer Erwerbstätigkeit erhalten. Auf Antrag kann dem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis flir eine praktische Tätigkeit bis zu einem Jahr erteilt werden, wenn feststeht, daß dies seine Verwendungsfähigkeit nach der Rückkehr in sein Heimatland verbessert. Dies gilt hauptsächlich flir Studienabsolventen aus dem naturwissenschaftlichen, ingenieurwissenschaftlichen oder wirtschaftswissenschaftlichen Bereich, jedoch nicht ftir Mediziner, da deren praktische Ausbildung im Rahmen des Studiums erfolgt 55 • Verheiratete Ausländer, deren Ehegatte ebenfalls eine Aufenthaltserlaubnis zu Studienzwecken besitzt, können auch dann keine weitere Aufenthaltserlaubnis erhalten, wenn die Ausbildung des Ehegatten noch nicht abgeschlossen ist. Die entwicklungspolitischen Belange haben hier im Gegensatz zum Fall der Ehe mit einem deutschen Staatsangehörigen 56 Vorrang. 53 54
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5.4. 56
a. a. 0., 2.3.8. z. B. Ausländererlaß Baden-Württemberg, a. a. 0., 2.3.10. Ausländererlaß des Saarlandes, 2.2.3.4; Ausländererlaß von Nordrhein-Westfalen, z. B. Ausländererlaß von Bremen, 2.4.1.
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Eine Ausnahme ist dann zulässig, wenn die Ausbildung des Ehegatten in absehbarer Zeit, d. h. etwa in einem Jahr, beendet ist. In den Ausländererlassen von Baden-Württemberg 57 , von Berlin 58 und des Saarlandes 59 ist weiterhin geregelt, daß eine Erteilung der Aufenthaltserlaubnis grundsätzlich nicht auf die Behauptung des Ausländers gestützt werden kann, daß er in seinem Heimatland keine seiner Ausbildung entsprechende Beschäftigung fmden könne. Eine Ausnahme besteht in Berlin und im Saarland nur dann, wenn entsprechende Nachweise erbracht werden können und eine - wohl positive - Stellungnahme des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit und der Zentralstelle für Arbeitsvennittlung der Bundesanstalt für Arbeit vorliegt. In Baden-Württemberg ist dies nur möglich, wenn an der vorübergehenden Weiterbeschäftigung des Ausländers ein besonderes deutsches Interesse, demgegenüber sonstige Belange ausnahmsweise untergeordnet sind, besteht und das Regierungspräsidium zustimmt.
1/L Die Erteilung der Arbeitserlaubnis
1. Gesetzliche Grundlagen Gern.§ 19 I AFG bedürfen Arbeitnehmer, die nicht Deutsche i. S. des Grundgesetzes sind, zur Ausübung einer Beschäftigung der Erlaubnis der Bundesanstalt für Arbeit, soweit in zwischenstaatlichen Vereinbarungen nichts anderes bestimmt ist. Gemäß der Ermächtigung in § 19 IV AFG wurde durch die ArbeitserlaubnisVO 60 die Erteilung der Arbeitserlaubnis näher ausgestaltet. Gern. § 1 I der ArbeitserlaubnisVO i. V. m. § 19 I 2 AFG kann die allgemeine Arbeitserlaubnis nur nach der Lage und der Entwicklung des Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung des einzelnen Falles erteilt und darüber hinaus auf eine bestimmte berufliche Tätigkeit in einem bestimmten Betrieb beschränkt werden. Demgegenüber ist die besondere Arbeitserlaubnis gern. § 2 der ArbeitserlaubnisVO von diesen Einschränkungen unabhängig, wird deswegen aber nur einem bestimmten Personenkreis, dessen Aufenthaltsrecht sich verfestigt hat, erteilt. Ebenda, 2.3.9. Ebenda, 2.3.4. 59 Ebenda, 2.2.3.4. 60 Verordnung über die Arbeitserlaubnis flir nichtdeutsehe Arbeitnehmer (ArbeitserlaubnisVO) i. d. F. der Bekanntmachung vom 12.9.1980, BGBl. I, S. 1754, ber. 1981 I, S. 1245, zuletzt geändert durch VO vom 9. 7.1984, BGBL I, S. 890. 57
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Gern_ § 5 der ArbeitserlaubnisVO ist die Erteilung der Arbeitserlaubnis von der Aufenthaltserlaubnis des Ausländers abhängig. Die Anwerbung ausländischer Arbeitnehmer ist im Herbst 1973 eingestellt worden (sog. Anwerbestopp), da der Bedarf an Arbeitskräften in der Regel durch deutsche und bereits ansässige ausländische Arbeitnehmer und deren Familienangehörige oder durch Arbeitsuchende aus den EG-Staaten, soweit sie Freizügigkeit genießen, gedeckt werden kann. Aus diesem Grunde kann anderen Ausländern die Aufenthaltserlaubnis zur Arbeitsaufnahme nicht erteilt werden 61 • 2. Ausnahmekatalog für bestinunte Berufsgruppen In weitgehender Übereinstinunung aller Bundesländer wurde ein Ausnahmekatalog für bestinunte Berufsgruppen entwickelt 62 • Hierunter fallen unter anderem Wissenschaftler und Ingenieure, an deren Beschäftigung wegen ihrer besonderen Kenntnisse ein öffentliches Interesse besteht; Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte, denen die zusätzlich erforderliche berufsrechtliche Erlaubnis erteilt worden ist; andere Absolventen von deutschen und ausländischen Hochschulen, die an Universitäten, wissenschaftlichen Instituten etc. überwiegend zum Zwecke ihrer Fort- und Weiterbildung beschäftigt werden; Absolventen von deutschen Hochschulen, die im Anschluß an ihre Ausbildung eine praktische Tätigkeit von längstens einem Jahr zur Vertiefung der erworbenen Kenntnisse im Rahmen eines fachbezogenen Praktikums nach Plan ableisten; - Aus- und Fortzubildende, die im Rahmen eines anerkannten Lehr- und Ausbildungsplans tätig werden sollen. Für Personen, die keine Hochschul- oder Fachhochschulreife besitzen, gilt dies nur, wenn ein besonderes Interesse von deutscher Seite an der Ausbildung besteht. 3. Arbeitserlaubnis während des Studiums Gern. § 19 II AFG ist die Erteilung der Arbeitserlaubnis außerdem von ausländerrechtliehen Auflagen abhängig. Dem Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis 61 62
Ausländererlaß des Saarlandes, a_ a_ 0., 2.2.1. z. B. Ausländererlaß von Bremen, a_ a_ 0., 2.1.2.
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zu Studienzwecken ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit grundsätzlich nicht gestattet, um die Ausbildung nicht zu beeinträchtigen 63 • Eine flir die Ausbildung vorgeschriebene praktische Tätigkeit gilt nicht als Erwerbstätigkeit in diesem Sinne. Eine Arbeitsaufnahme während der Semesterferien wird dagegen in der Regel zugelassen 64 , ebenso eine studienbezogene Nebentätigkeit, sofern es dem Studium förderlich ist. Darüber hinaus kann nach dem Ausländererlaß von Baden-Württemberg in besonderen Härtefallen eine Erwerbstätigkeit in bestimmtem Umfang erlaubt werden, wenn durch außergewöhnliche Umstände der Lebensunterhalt und die Finanzierung der Ausbildung nicht mehr gesichert sind. Auf diese Weise kann ausländischen Studenten, die nach Aufnahme des Studiums unverschuldet in fmanzielle Schwierigkeiten geraten sind, der Abschluß des Studiums ermöglicht werden. Ein Härtefall kann nur unter strengen Voraussetzungen angenommen werden, so zum Beispiel bei Tod des Unterstützenden, Umsturz im Heimatland, Devisenbeschränkungen und ähnlichem. Außerdem muß eine Bescheinigung der Hochschule vorgelegt werden, daß das Studium durch die vorgesehene Erwerbstätigkeit nicht verzögert oder beeinträchtigt wird, und nach jedem Semester, daß das Studium sorgfältig durchgeführt und die entsprechenden Prüfungen und Arbeiten abgelegt wurden 65 • Weiterhin ist die Zustimmung des Arbeitsamtes in Form der Arbeitserlaub· nis erforderlich. Für Studenten aus EG-Staaten gilt im Hinblick auf die Erwerbstätigkeit während des Studiums eine Ausnahme. Sie erhalten eine uneingeschränkte Arbeits· erlaubnis, wenn sie auch im Falle ihrer Einreise als Arbeitnehmer volle Frei· zügigkeit nach§ 1 I Aufenthaltsgesetz/EWG genießen würden 66.
IV. Rechtsschutz des ausländischen Studienbewerbers
Zur Abrundung der Problematik der Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis fli.r ausländische Studenten sei schließlich noch auf die Rechtsschutzmöglichkeiten in problematischen Fällen kurz eingegangen. Hinsichtlich einer Klage auf Erteilung der Arbeitserlaubnis ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gern. § 51 I des Sozialgerichtsgesetzes gegeben. 63
Nr. 14 zu § 7 der AVwV, a. a. 0.; Ausländererlaß von Baden-Württernberg, a. a. 0.,
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Vgl. ebenda, 2.1.2.19, Ausnahrnekatalog. Ebenda, a. a. 0., 2.3.14. Ebenda, 2.3.15.
2.3.1.4. 65 66
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Gegen die Versagung der Aufenthaltserlaubnis ist zunächst der Widerspruch gern. § 68 Verwaltungsgerichtsordnung (VwG0) 67 und anschließend grundsätzlich die Verpflichtungsklage 68 gern. § 42 I VwGO zum jeweils zuständigen Verwaltungsgericht statthaft. Gleiches gilt für die Nichtzulassung zum Studium oder Studienkolleg. Besonderheiten ergeben sich bei der Versagung des Sichtvermerks 69 , da dieser nicht von den örtlichen Ausländerbehörden, sondern von der jeweils zuständigen Auslandsvertretung gern. § 20 IV AuslG erteilt wird. Gern. § 50 I Nr. 3 VwGO entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in erstinstanzieller Zuständigkeit über Klagen gegen die Bundesrepublik Deutschland auf Gebieten, die in die Zuständigkeit der diplomatischen und konsularischen Auslandsvertretungen fallen. Voraussetzung für die zulässige Klageerhebung ist jedoch wie bei den Verpflichtungsklagen in den anderen Fällen die vorherige Durchführung des Widerspruchsverfahrens, in dessen Rahmen die Auslandsvertretung selbst über den Widerspruch entscheidet(§ 73 I Nr. 2 VwGO). Eine vorläufige Entscheidung kann im Wege der einstweiligen Anordnung gern. § 123 VwGO 70 begehrt werden. Es handelt sich hierbei um ein summarisches Verfahren. Zwar reicht es einerseits in diesem Rahmen aus, daß die besonderen Gründe für die Eilentscheidung (sog. Anordnungsgrund) und der rechtliche Anspruch (sog. Anordnungsanspruch) nur glaubhaft gemacht werden. Aber andererseits ist die Vorwegnahme der Hauptsache, wie es bei der vorläufigen Einreise eines Ausländers oder vorläufigen Zulassung zur Hochschule der Fall wäre, grundsätzlich nicht zulässig. Dies muß im Wege der Klage verfolgt werden.
Im Hinblick auf den Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes gern. Art. 19 IV GG gilt dies dann nicht, wenn die anderenfalls zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar wären und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache spricht 71 • 67 Verwaltungsgerichtsordnung vom 21.1.1960, BGBl I, S. 17, zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.12.1982, BGBl I, S. 1834. 68 Hailbronner: Ausländerrecht, 1984, Rd. Nr. 417; vgl. auch dort zum Problem der Fiktion des erlaubten Aufenthalts gern. § 21 111 1 AuslG und dem Ausschluß der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs und der Anfechtungsklage: Rd. Nr. 394 ff. 69 In der Literatur wird zum Teil der Rechtsschutz gegen die Versagung des Sichtvermerks verneint. Vgl. dazu Otto Kimminich: Der Aufenthalt von Ausländern in der Bundesrepublik Deutschland, 1. Aufl., 1980, S. 119 ff. Die Rechtsprechung ging bisher unproblematisch von der Zulässigkeit einer Klage aus; vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 18.12.1984, BVerwG 1 A 73.83 (105/16); Haiibronner, a. a. 0., Rd. Nr. 402 a. E. 70 Im Falle der Anfechtungsklage wird vorläuf~ger Rechtsschutz im Rahmen des § 80 IV, V VwGO - Antrag auf Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung - gewährt. 71 Vgl Kopp: Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 6. Aufl., 1984, § 123, 13.
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Michael Wollenschläger
In der Praxis der Rechtsprechung 72 hatten bisher die Anträge auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung bezüglich der vorläufigen Zulassung zur Ausbildungsstätte oder der vorläufigen Einreise nur wenig Erfolg, da es in der Regel an einem glaubhaft gemachten Anspruch auf Zulassung beziehungsweise auf Aufenthaltserlaubnis fehlte.
72 Vgl. dazu BVerwG, a. a. 0. - Hess. VGH-Besch!uß vom 10.3.1982, VI, TG 15/82, EZAR 510, Nr. 1; VGH Mannheim, Beschluß vom 11.5.1982, KMK-HSchR 1980, 617; OVG Hamburg, Beschluß vom 8.2.1982, KMK-HSchR 1983, 6; OVG Saarlouis, Beschluß vom 30.7.1982, KMK-HSchR 1983, 24; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluß vom 23.3.1983, 2323/83, EZAR 512, Nr. 3.
Günther Bauer * PROBLEME DER STUDIENFINANZIERUNG UND BETREUUNG IN DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND AUS DER SICHT PROGRAMMFÜHRENDER INSTITUTIONEN L Es gibt nicht nur Probleme der Betreuung ausländischer Studenten in der Bundesrepublik, wie das vorgegebene Thema formuliert, sondern der Begriff der Betreuung selbst ist mit Problemen überfrachtet. Er ist noch in gleichem Maße diffus wie die Diskussion um ein einheitliches Konzept des Ausländerstudiums in der Bundesrepublik selbst. Läßt man die Literatur der vergangeneo zwei Dekaden zum Thema Betreuung Revue passieren 1 , dann werden folgende Aufgabenbereiche erkennbar, in denen Aussagen von der Wissenschaft erwartet werden: 1. Beitrag zur Bewältigung der Anpassungsprobleme mit der besonderen Nuance der temporären Anpassung an die hiesige Kultur, um die spätere Reintegration zu erleichtern. Im Umfeld dieses Problemkreises wimmelt es geradezu von Bezeichnungen wie Kulturschock, Transkulturation, Akkulturation, Dekulturation und schließlich Neokulturation. Auch wurde bereits eine Typologie der Anpassung entwickelt, die aber letztlich doch nicht aus dem "Anpassungsdilemma" der ausländischen Studenten herausftihrte. 2. Beitrag zum Abbau der "schlechten sozialen Kontakte zu Kommilitonen und zur Bevölkerung" (KMK) 2 sowie der Diskriminierungen und der Vorurteile. In diesem Zusammenhang wird von innerer und äußerer Ghettosituation gesprochen, von einem schlechten sozialen Klima, das durch Anonymität, Konkurrenzkampf, Verunsicherung und Vereinsamung geprägt ist. Sozialisationsmodelle, die "eine befriedigende Beschreibung jener sozialpsychologischen Strukturen und Prozesse bieten, die den ausländischen • Der Verfasser ist Leiter der Abteilung "Dritte Welt" bei der Otto Benecke Stiftung, Bonn. 1 Vgl hierzu auch P. J. Opitz: Bestandsaufnahme und Bewertung der Literatur zum Thema "Ausländerstudium in der Bundesrepublik Deutschland", München 1982 (erstellt im Auftrag der Otto Benecke Stiftung). 2 Vgl "Bericht zur Situation der ausländischen Studenten in der Bundesrepublik Deutschland" vom Oktober 1981 (Hrsg.: KMK). 9 llly/ Schmidt
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Günther Bauer
Studenten dazu befähigen, sich einer fremden sozio-kulturellen Umwelt einzufügen und anzupassen" fehlen (Opitz). Behebung der Schwierigkeiten im Umgang mit der deutschen Sprache; Sprachbarrieren ermöglichen höchstens Konversation, verhindern aber Kommunikation (KMK); ein weiteres Manko ist die ungenügende Beherrschung der jeweiligen Fachterminologie. Herstellung einer Brückenfunktion zwischen unterschiedlichen Gesellschaftssystemen, die sich gegenseitig in Frage stellen (KMK). Auswertung und Umsetzung der Erfahrungen des interkulturellen Lernens und der interkulturellen Kommunikation. Dieser Ansatz ist übergreifend, hat eine politische Dimension und spricht von den Prinzipien der "sensiblen Toleranz" gegenüber "den anderen". Vorbereitung der Rückkehr der Studenten nach Absolvierung ihres Studiums (Reintegration) und Durchf\ihrung der sogenannten Nachbetreuung.
3.
4. 5.
6.
Dieser 6-Punkte-Katalog, der keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt und in dem zugegebenermaßen die Übergänge von einem Problembereich zum anderen manchmal fließend sein können, kann ohne Übertreibung als DefizitKatalog bezeichnet werden. Das heißt, die hier postulierten Leistungen der Betreuung werden nur partiell erbracht. Die vom Institut für Entwicklungsforschung und Sozialplanung erstellte "Studie zur Förderung von Studenten aus Entwicklungsländern, die ihr Studium vor ordnungsgemäßer Beendigung abbrechen" 3 , hat gezeigt, daß "die gravierendste Abbruchursache in dem für viele ausländische Studenten unlösbaren Problem der Integration in eine fremde Umwelt zu sehen" ist, "die als anonym, verunsichernd, vereinsamend empfunden wird". Dieses Untersuchungsergebnis, das weiterreichende Schlüsse zuläßt, überrascht, da bisher eine Reihe anderer Gründe wie finanzielle Schwierigkeiten, Jobben und Nebenarbeit, Sprachprobleme, mangelnde Transparenz des Studienablaufs u. a. für die lange Studien-Verweildauer und die Studienabbrecher-Quote verantwortlich gemacht worden sind. Selbst wenn man die Stringenz der Aussage der lsoplan-Studie aus verschiedenen Gründen zu relativieren versucht ist, deutet doch vieles darauf hin, daß die Rahmenbedingungen des Ausländerstudiums in der Bundesrepublik, insbesondere aber die Betreuungs- und Beratungstätigkeit, in hohem Maße verbesserungswürdig sind. Neben einer Anzahl wichtiger anderer Faktoren war meines Erachtens bisher die Betreuung und Beratung der ausländischen Studenten in der Bundesrepublik das eigentliche Stiefkind; mehr ein Produkt des Zufalls und der individuellen Initiativen als ein Bestandteil eines transparenten Gesamtkonzeptes. Geschrieben und analysiert, diskutiert und empfohlen, überpointiert und kategorisiert wurde vieles, konkrete Maßnahmen sind aber ausgeblieben. Ein Bei3
Isoplan (Hrsg.), Saarbrücken/Bann 1982.
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spiel hierzu: Die vielzitierten, guten alten Loccumer Protokolle zum "Ausländerstudium - Fragen und Empfehlungen zu einer Reform" von 1969 haben einen in 15 Punkten zusammengefaßten Katalog von Fragen und Vorschlägen präsentiert, den man inzwischen - nicht nur wegen seines Alters - als Klassiker bezeichnen kann. Unter anderem wurden auch Empfehlungen für ein studienbegleitendes Fachmentorenprogramm ausgesprochen. Begründung: "Um ( ... ) zu gewährleisten, daß der ausländische Studierende sein Studium innerhalb eines vertretbaren Zeitraumes erfolgreich abschließt, sind neben einer qualifizierten, fachbezogenen Studienberatung zusätzliche Lehrveranstaltungen erforderlich. Solche zusätzlichen Lehrveranstaltungen wurden an einigen Hochschulen bereits als Tutoren- oder Fachmentorenprogramme eingeführt." Das war- wie gesagt- 1969! Im Informationsdienst ,,Austausch" des Handbuchs flir Internationale Zusammenarbeit wird unter dem Datum vom 15. Januar 1985 ein Artikel mit folgender Überschrift angeboten: "Orientierungsprogramm ftir ausländische Studenten an der Universität Marburg". Weiter heißt es: "Die Abteilung ,Allgemeine Didaktik und Unterrichtsforschung' des Instituts ftir Kommunikationswissenschaften der Universität Göttingen führt im Auftrag des Bundesministeriums ftir Bildung und Wissenschaft und in Zusammenarbeit mit dem Akademischen Auslandsamt der Universität Marburg ein 15 Monate dauerndes Forschungsprojekt zur ,Entwicklung und Evaluierung eines tutorengestützten Orientierungsprogramms flir ausländische Studenten' durch ( ... ). In der jetzt anlaufenden Studie sollen Studien- und Lernschwierigkeiten ausländischer Studenten analysiert; ein Orientierungsprogramm für Studienbeginner entwickelt und erprobt; ausländische Tutoren ausgebildet und Beratungsunterlagen entwickelt werden." Noch zwei abschließende Sätze aus diesem Artikel: "Das Programm soll auf andere Hochschulen übertragbar sein und mit Empfehlungen für anschließende studienbegleitende Maßnahmen verbunden werden." Und: "Es ist zu hoffen, daß andere Universitäten diesem Modell folgen und die entwickelten Programme und Materialien übernehmen werden." Mithin werden sechzehn Jahre nach den Loccumer Empfehlungen "neue" Empfehlungen mit fast gleichlautender Diktion präsentiert. Das ist ein rasantes Tempo! Wenn man bedenkt, daß der kalkulierte Aufwand für die Einrichtung und Unterhaltung der z. B. auf Studierende aus Ländern der Dritten Welt entfallenden Studienplätze jährlich ca. 270 Mio. DM als Beitrag der deutschen Hochschulen ftir ca. 36 000 Studierende aus Entwicklungsländern beträgt 4 plus erheblicher Stipendienleistungen vieler deutscher Stipendienorganisationen und dabei feststellt, daß Studienerfolg und Betreuung/Beratung in einem un4 g•
Dazu näheres im Beitrag von Schmidt-Steckenbach (Tab. 8) in diesem Band.
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mittelbaren Zusammenhang stehen, dann sei es erlaubt, sich über derartige Entwicklungen - nicht zuletzt auch aus dem Blickwinkel des Steuerzahlers zu wundern. Von internationaler Kooperation ist doch in allen Grundsatzerklärungen die Rede, vom Kulturaustausch, von Entwicklungshilfe auf den Gebieten der Ausund Fortbildung, vom hohen Stellenwert der Förderung des Studiums ausländischer Studenten und vom Beitrag des Ausländerstudiums zur internationalen Verständigung und zur Entwicklung der internationalen Beziehungen.
IL Empfehlungen, Berichte über aufwendige Tagungen, Seminare und Konferenzen, Analysen, Aktionsprogramme, Situationsbeschreibungen, Maßnahmenkataloge, Forschungsaufträge etc. gibt es inzwischen genug. Aber wer nimmt das gerade in den letzten Jahren stark gebeutelte Kind namens Ausländerstudium 5 endlich an die Hand, von dem Professor Ehmke in einem Schreiben an den Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen vom 23.2.1983 gesagt hat, daß die KMK es ,,mit dem Bad ausgeschüttet" habe. Wer von den beteiligten Institutionen Bund, Länder und Hochschulen trägt in welchen Bereichen Verantwortung und wem gebühren Entscheidungskompetenzen? Im Beratungs- und Betreuungsbereich haben die Hochschulen einen klaren Auftrag. In § 2 des Hochschulrahmengesetzes heißt es: "Die Hochschulen fördern die internationale, insbesondere die europäische Zusammenarbeit im Hochschulbereich und den Austausch zwischen deutschen und ausländischen Hochschulen; sie berücksichtigen die besonderen Bedürfnisse der ausländischen Studenten." Dieser Auftrag, besonders gegenüber den Studenten aus der Dritten Welt, wurde - aus welchen Gründen auch immer - nicht in erforderlichem Maße erftillt. Als Beispiel verweise ich hier auf den Tagungsbericht über eine Veranstaltung der Universität Gießen anläßtich der 375 Jahr-Feier zum Thema "Universität und Dritte Welt" (1982/83). Sicherlich wird im Rahmen des Möglichen - soweit Personal und Finanzmittel zur Verfugung stehen - schon eine ganze Menge getan. Es gibt Vorinformationen flir Studienanfanger, Mentorenprograrnme, fachterminologische Kolloquien, Spezialvorlesungen, Seminare, Hochschulwochen, Öffentlichkeitsarbeit, Kontakte zur Bevölkerung, Informationen über die Bundesrepublik, Rein tegrationsmaßnahmen, entwicklungsländerbezogene Lehrangebote, Begeg5 Als Stichworte seien genannt: Beschlüsse der KMK von 1981, 14. Verordnung zur Änderung der VO zur Durchführung des Ausländergesetzes, Kommission "Ausländerpolitik".
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nungs- und Kontaktveranstaltungen für deutsche und ausländische Studenten, Vertrauensdozenten etc. Auch ist nach der erwähnten Isoplan-Studie über Studienahbrecher die Quote der Abbrecher bei den ausländischen Studenten nicht höher als bei den deutschen. Insofern sieht das alles gar nicht so schlecht aus. Die genannten Maßnahmen, so sagt man, müssen nur verbessert, zusammengefaßt, transparenter gemacht und erweitert werden. Und seit 1981, nach Veröffentlichung der KMK-Beschlüsse, haben wir ja wieder ganze Bündel von empfohlenen Maßnahmen auf dem Tisch, die lediglich der Implementierung harren. Ich möchte diesen Bereich, für den die sog. Bildungsverwaltung bzw. die Hochschulen zuständig sind, vordergründig als 1. Betreuungs-/Beratungsstufe qualifizieren. Wie vollzieht sich aber - um auf den Ausgangspunkt meiner Darlegungen zurückzukehren - das, was wir temporäre Anpassung, interkulturelle Kommunikation, sensible Toleranz genannt haben, von den Trans-, Ak-, De- und Neokulturationen einmal ganz zu schweigen. Wer beschäftigt sich mit diesen Phänomenen? Etwa auch die Hochschulen oder die Studentengemeinden oder die Stipendien- und Förderorganisationen? Im bereits zitierten Informationsdienst "Austausch" des Handbuches ftir Internationale Zusammenarbeit wird ebenfalls unter dem Datum vom 15.1.1985 ein Artikel mit der Überschrift "Interkulturelles Lernen für Stipendiaten aus Entwicklungsländern bei DSE und CDG" veröffentlicht, in dem ein "Konzept fur interkulturelles Lernen" vorgestellt wird, das auf einer Tagung mit Partnern aus Afrika, Asien und Lateinamerika behandelt wurde 6 • Mit Blick auf die Stipendienorganisationen stellt sich allerdings die Frage, für wen diese Konzepte und Projekte entwickelt werden. Etwa nur für die Programme und Stipendiaten der genannten Organisationen oder auch für die anderen Förderorganisationen oder gar ftir jene ausländischen Studenten, die unter ,,ferner liefen" rangieren? Im KMK-Bericht zur Situation der ausländischen Studenten wird in diesem Zusammenhang ausgeführt, daß " ... im Jahre 1979 die neun größten überregionalen deutschen Einrichtungen (DAAD, Carl-Duisberg-Gesellschaft, Diakonisches Werk der Evangelischen Kirche, Friedrich-Ebert-Stiftung, FriedrichNaumann-Stiftung, Katholischer Akademischer Ausländerdienst, KonradAdenauer-Stiftung, Ökumenisches Studienwerk, Otto Benecke Stiftung) immerhin rd. 8 840 ausländische Studenten, das sind rd. 17 % aller ausländischen Studenten, mit einem Gesamtbetrag von rd. 63 Mio. DM gefördert (haben). Obwohl die zur VerfUgung stehenden Mittel und damit die Zahl der Geförderten begrenzt sind, kommt diesen Einrichtungen schon deswegen eine hohe Bedeutung zu, weil sie die Studenten nicht nur fmanziell, sondern auch studienbegleitend und sozial mit Erfolg betreuen." 6
Tagung der DSE/CDG vom 20. bis 24.5.1985 in der Villa Borsig, Berlin.
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Die Stipendienorganisationen sind also durch ihr Betreuungsinstrumentarium für das "Feine", flir das Interkulturelle, für das Kommunikative, für den intrapersonalen Bereich und damit langfristig flir die erhofften guten internationalen Beziehungen zuständig. Diese Feststellung ist sicher überpointiert, drängt sich aber als Ergebnis auf. Wie viele von den 8 840 geförderten ausländischen Studenten aus Entwicklungsländern stammen, ist auch nicht aus der von der KMK veröffentlichten Zahl ersichtlich. Geht man auch hier von der Annahme aus, daß etwa 60 % davon aus Entwicklungsländern kommen, dann ergibt sich eine Zahl von ca. 5 000 geförderten Stipendiaten 7 • Verbindet man, so gewagt und wenig präzise dieses Verfahren auch ist, die Zahlen des Jahres 1979 mit denen von 1981/82, dann kann man unterstellen, daß gegenwärtig ca. 4 000 bis 5 000 Studenten aus Entwicklungsländern (exclusive der erwähnten fünf Länder) ein Stipendium erhalten. Die Betreuung dieser Stipendiaten, ob praktisch-maßnahmenorientiert ( 1. Betreuungsstufe) oder "verfeinert" (2. Stufe) geschieht mit zum Teil unterschiedlichen Zielsetzungen, da jede der genannten Förderorganisationen durch unterschiedlich ausgewählte Kandidaten (bei der Otto Benecke Stiftung sind es z. B. Flüchtlinge; Minderheiten aus Entwicklungsländern) sozusagen eigene Betreuungsschwerpunkte und eine darauf abgestimmte Programmatik entwikkelt (vgl. in diesem Zusammenhang z. B. die parteinahmen politischen Stiftungen).
IIL Ich möchte nun in groben Zügen das Betreuungskonzept der Otto Benecke Stiftung vorstellen. Wie bereits erwähnt, stipendiert diese studentische Minderheiten aus Entwicklungsländern, die aufgrund der politischen, religiösen oder rassischen Situation in ihrem Heimatland trotz ihrer Qualifikation keine Möglichkeit einer akademischen Ausbildung haben und sich zu Beginn ihrer Ausbildung in der Bundesrepublik verpflichten, nach Beendigung des Studiums in ihr Flüchtlingsgastland (Entwicklungsland!) oder in ein anderes Land der Dritten Welt zurückzukehren. Die Mittel fiir die Fachhochschul- und Hochschulausbildung dieser Stipendiaten bezieht die Stiftung überwiegend aus Zuwendungen des BMZ und des Auswärtigen Amtes. Damit können jährlich rd. 600 Studenten gefördert werden, die überwiegend aus afrikanischen Län7 Im WS 1981/82 betrug die Zahl der Studenten aus EL ohne die Länder Iran, Afghanistan, lndonesien, Türkei und Israel 21 178, zusammen mit diesen Staaten 39 012. Der Anteil der EL-Studenten an der Gesamtzahl aller studierenden Ausländer betrug unter Abzug der flinf Staaten 33,9 %, der Anteil an der Gesamtstudentenzahl belief sich auf 1,8% (Quelle: Antwort der BReg, BT-Drs. 10/497, vom 18.10.1983),
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dem stammen. Die Stiftung hat zwar in den Bereichen Betreuung und Nachbetreuung innerhalb eines jährlich festgelegten Finanzrahmens relativ große Gestaltungsfreiheit, muß dabei aber grundsätzlich richtlinienmäßige Vorgaben der Zuwendungsgeber einhalten. Ohne zu sehr in Details gehen zu wollen, möchte ich im folgenden in skizzenhafter Form einen Eindruck über einige unserer Betreuungsaktivitäten vermitteln. Nach Aufnahme der Bewerber durch den Auswahlausschuß erhalten sie zunächst eine sprachliche Förderung im Rahmen eines sechsmonatigen Intensivkurses. Dieser reicht zwar als Vorbereitung auf das Studium nicht aus, ist aber vom Mittelgeber so festgelegt. Begleitend dazu werden angeboten: Studienberatung, Beratung über das Ausbildungssystem in der Bundesrepublik, Beratung über Beratungsmöglichkeiten, Exkursionen, Einsatz eines Tutors, Deutschlandkunde-Veranstaltungen, Versuche der Kontaktherstellung mit anderen - deutschen wie ausländischen - Kommilitonen, soweit erforderlich Hilfen bei der Suche nach Praktikantenplätzen (Vor- und Grundpraktika), Beratung bei der Wahl der Studienrichtung im Hinblick auf Berufsmöglichkeiten im Heimatland (Problematik der Fächer Soziologie, Politologie, Volkswirtschaft). Als Manko der gegenwärtigen Sprachkurse muß gelten, daß auf Fachterminologie nur unzureichend eingegangen wird. Für Studienanfänger gibt es zusätzlich das Angebot von einwöchigen Seminaren über Lerntechniken in Zusammenarbeit mit Universitäten in den Semesterferien; ferner eine frühzeitige Förderung sog. "extra-curriculum-activities" in Studentenvereinen und AST A-Auslandsreferaten, um Redetechniken und kommunikatives Handeln auszubilden. Während des Studiums werden durch den Förderungsausschuß der Stiftung die jährlichen Studienauflagen (Klausuren, Scheine etc.) festgelegt und die erzielten Leistungen kontrolliert. Dieses Verfahren dient auch der differenzierten Studienberatung (geisteswissenschaftliche Fächer) in Zusammenarbeit mit den Akademischen Auslandsämtern. Problemfalle (Stichworte: häufig vegetative Dystonien, Depressionen, familiäre Schwierigkeiten) werden zu Einzelberatungen in die Stiftung eingeladen, um Lösungsmöglichkeiten zu besprechen und anzubieten. Ferner führt die Stiftung -meist in Kooperation mit den Universitäten Studienbegleit- und Reintegrationsseminare durch. Als Beispiele aus dem Jahre 1985 seien erwähnt: "Berufsorientierte technische Hochschulausbildung ftir Studenten aus Ländern der Dritten Welt" (gemeinsam durchgeführt mit dem Forschungsinstitut ftir Internationale Technische und Wirtschaftliche Zusammenarbeit der RWTH Aachen);
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- ,,Medizin in Entwicklungsländern" mit dem Untertitel: Übertragbarkeit und Anwendung der bei einem Studium des Faches Humanmedizin in der Bundesrepublik Deutschland erworbenen Fachkenntnisse auf die Berufssituation im Entwicklungsland (gemeinsam durchgeführt mit dem Institut für Tropenhygiene und öffentliches Gesundheitswesen der Universität Heidelberg); ,,Projekttätigkeit von Ökonomen in Entwicklungsländern - AusbildungBerufsanforderungen - Möglichkeiten" (gemeinsam durchgeführt mit dem Zentrum für Technologische Zusammenarbeit der Technischen Universität Berlin); "Hochschulbildung und ländliche Entwicklung. Zur Umsetzung agrarwissenschaftlicher und veterinärmedizinischer Ausbildung in Afrika und Asien: Erfahrungen und Erfordernisse" (gemeinsam durchgeführt mit dem Forschungs- und Studienzentrum der Agrar- und Forstwissenschaften der Tropen und Subtropen der Universität Göttingen). Diese Seminare werden von der Stiftung permanent angeboten. Einen sehr wichtigen Part spielen dabei ehemalige Stipendiaten, die inzwischen führende und einflußreiche Positionen in ihren Heimat- oder Gastländern einnehmen und eigens zu diesen Seminaren eingeladen werden. Der hierbei entstehende Erfahrungsaustausch sowie die Beratungs- und Studiendispositionseffekte bei den Stipendiaten sind in ihrem Wert nicht hoch genug anzusetzen. Diese Versuche und Bemühungen der Stiftung dienen der Beratung und der Vorbereitung der Reintegration. Eine wichtige Rolle spielt in diesem Zusammenhang auch die sog. Zwischenheimreise. Jeder Stipendiat soll während seines Rauptstudiums für sechs bis acht Wochen in sein Heimatland fahren. Er muß diese Zeit für einen Erfahrungsbericht nutzen, soll Gesprächspartner aus Industrie und Verwaltung kontaktieren und kann möglicherweise ein Praktikum (z. B. medizinische Famulatur) absolvieren. Ein wesentliches Ergebnis, das die Stiftung aus diesen Seminaren und Berichten erarbeitet, besteht darin, daß viele Studienabsolventen vor ihrer endgültigen Rückkehr ein sog. nachpraktisches Jahr in der Industrie oder einen Management-Kurs absolvieren, wobei besonderes Gewicht auf den Bereich der Personalführung gelegt wird. Wir haben die studienbegleitenden Seminare evaluiert, die Ergebnisse katalogisiert, um sie nach und nach umzusetzen. Wir haben über diese Aktivitäten ausführliche Dokumentationen erstellt und sie den Universitäten und anderen damit befaßten Einrichtungen übergeben in der Hoffnung, daß - langfristig gesehen - ein Dialog über weiterreichende Maßnahmen bei der Betreuung von Studenten aus Entwicklungsländern entsteht.
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IV. Als einer der wichtigsten Punkte im Umgang mit Studenten aus Ländern der Dritten Welt erscheint mir das persönliche Engagement der Betreuenden. Ich mache diese Tätigkeit bereits seit mehreren Jahren und möchte abschließend dazu einige persönliche Erfahrungen ansprechen. Zunächst gilt es, sich von professionellen Attitüden sowie vom reinen JobDenken zu distanzieren. Betreuen heißt ursprünglich: schützen, beschützen, sorgsam pflegen. Das erfordert viel Zeit, Geduld, Offenheit und Gesprächsbereitschaft. Die Mitarbeiter der Stiftung haben hierzu oft lediglich arn Rande von Seminaren und Tagungen Gelegenheit, werden dann aber auch von den Studenten entsprechend gefordert. Deren Bedürfnis nach intensiven Gesprächen ist enorm, wahrscheinlich deshalb, weil sie in der Anonymität des Universitätsbetriebes und im sonstigen Alltag wenig Gelegenheit dazu haben. Im Laufe der Jahre habe ich festgestellt, daß flir viele Studenten während der Seminare und Exkursionen Mitteilungsbedürfnis und Kontaktsuche wichtiger sind als eine noch so interessante Thematik. Allerdings entwickeln sich solche Prozesse nur dann, wenn eine gleichwertige und partnerschaftliehe Ebene hergestellt wird. Demzufolge muß man auch das ,Palaver' mitmachen körmen, auch einmal ein Glas mehr mittrinken als üblich, sich im sportlichen Wettbewerb messen. Ich erinnere mich dabei an wunderschöne Zeiten dieser Art: an nostalgische, emotional überhöhte Gespräche z. B. über familiäre Beziehungen, aber auch an Diskussionen über wissenschaftlichen Sozialismus, die Theologie der Befreiung, die Problemfelder Südafrika und Namibia, über politische und gesellschaftliche Probleme in den jeweiligen Kulturen allgemein. Trotz zum Teil scharfer Diskrepanz der Standpunkte ist dies auf jeden Falllukrativ ftir beide Seiten und in jeder Beziehung eine menschliche Bereicherung. Sicherlich ist deutlich geworden, daß diese kurze Schilderung sehr von subjektivem Erleben bestimmt ist; dies ist alles nicht wissenschaftlich abgesichert und hält sich auch nicht an die oben erwähnte Typologie der Anpassung. Es ist aber meine feste Überzeugung, daß die Aufgabe der Betreuung von Studenten aus Entwicklungsländern über den curricularen Rahmen hinaus Persönlichkeiten als Partner im besten Sirme des Wortes verlangt, die neben einer profunden Lebenserfahrung zusätzlich über Kermtnisse der Probleme, Traditionen, Ausbildungssysteme etc. in Entwicklungsländern verfügen. Damit erledigten sich viele der genannten Probleme, die teilweise mit hochtrabenden wissenschaftlichen Bezeichnungen belegt sind, von selbst. Ich kerme Betreuer solcher Qualität in den kirchlichen Studentengemeinden, den akademischen Auslandsämtern und weiteren Institutionen; leider sind es noch viel zu wenige. Hierin erblicke ich die eigentliche crux der Betreuung unserer Gäste aus der Dritten Welt. Zumindest unter quantitativen Aspekten ist uns die DDR in diesem
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Punkt weit überlegen. Dabei darf aber nicht übersehen werden, daß hinter deren Aufwand ein starker politischer Wille steht, dessen Ziel die langfristige Indoktrinierung der jungen Intellektuellen aus den Entwicklungsländern ist. Für mich ergibt sich folgendes Fazit: der von allen geforderte Beitrag des Ausländerstudiums zur internationalen Verständigung und zur Entwicklung der internationalen Beziehungen erreicht nur dann die erwünschte Effizienz, wenn unsere Gäste aus den Entwicklungsstaaten aus ihrer bisherigen sozialen Isolierung herausgeführt werden; dies allerdings ist nur möglich durch eine beträchtliche Steigerung der Mittel sowohl ftir Stipendien als auch ftir den Einsatz von Mentoren I Tutoren I Betreuern. Hier hat die Bundesrepublik Deutschland nicht nur gegenüber der Deutschen Demokratischen Republik, sondern auch gegenüber anderen europäischen Ländern einen enormen Nachholbedarf; der Bedarf an Typologien, Anpassungsmodellen und politischen Absichtserklärungen ist reichlich gedeckt. Jetzt sollte endlich gehandelt werden, damit die Hochschulen und Mittlerorganisationen ihren Auftrag umfassend erfüllen können; die angesprochene soziale Isolierung der Studenten aus der Dritten Welt könnte sonst langfristig die internationale Isolierung der Bundesrepublik aufvielen Gebieten zur Folge haben.
Christian Reiser* PROBLEME DER STUDIENFINANZIERUNG AUS DER SICHT PROGRAMMFÜHRENDER INSTITUTIONEN I. Unabhängige Studenten
Ausgehend von den Zahlen im Beitrag von Schmidt-Streckenbach studierten im Wintersemester 1983/84 etwa 70 000 ausländische Studenten an deutschen Hochschulen, davon etwa 50% aus Entwicklungsländern. Zum gleichen Zeitpunkt gab es etwa 10 000 Erstimmatrikulationen bei 44 700 Studienplatzbewerbungen. Bei einer Gesamtzahl von etwa 1,3 Millionen Studenten beträgt der Anteil der ausländischen Studenten an der Gesamtzahl der Studenten ca. 5,5 %. Mir scheint eine strukturelle Unterscheidung wichtig zu sein, nämlich die zwischen "freien Studenten" (independent students) und Programmstudenten. In den meisten pluralistisch verfaßten Industriestaaten studieren größere Zahlen von ausländischen Studenten, die nicht im Rahmen organisierter Programme an die ausländische Hochschule gegangen sind. In der Bundesrepublik Deutschland kann man nach einer groben Einteilung davon ausgehen, daß etwa 80% (56 000) der ausländischen Studenten "freie" Studenten sind. Etwa 20% der ausländischen Studenten erhalten ein Vollstipendium. Diese Zahlen sind nicht exakt. Die Schätzungen schwanken zwischen 15% und 25 %.
1. Einkommensquellen der "freien" Studenten
Verschiedene Untersuchungen zur sozialen Situation der ausländischen Studenten kommen bei der Frage nach der Finanzierung des Studiums zu unterschiedlichen Ergebnissen. Aus ausländerrechtliehen und arbeitsrechtlichen Gründen sind die Antworten bei Befragungen mit Vorsicht zu beurteilen. Das gilt sowohl im Hinblick auf die Höhe als auch auf die Herkunft der Mittel. übereinstimmend wird jedoch festgestellt, daß das Hauptproblem in der längerfristigen geregelten Finanzierung besteht. Die Zuschüsse der Familie sind abhängig von der sich ändernden Einkommenssituation der Familie und von der sich ändernden ökonomischen und politischen Situation des Heimatlandes.
* Der Verfasser ist Leiter der ,Gruppe Entwicklungsländer' beim Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD), Bonn.
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Christian Reiser
Am plausibelsten sind zur Zeit die Ergebnisse der Isoplanstudie von 1981. Danach zeigt sich folgendes Bild: 61 % der befragten Studenten geben an, den Unterhalt aus einer einzigen Finanzierungsquelle zu bestreiten, davon 15 %mit einem Stipendium; 22% durch Zuwendung der Familie; 2% durch die Ehepartner; 22% durch eigene Erwerbstätigkeit; 39% der ausländischen Studenten fmanzieren ihr Studium aus mehreren Quellen. Wenn man bei dieser Zählung nur die Studenten aus Entwicklungsländern untersucht, steigt die Zahl derer, die das Studium aus eigener Erwerbstätigkeit finanzieren, auf 53%. Es ist einleuchtend, daß die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt in der Bundesrepublik Deutschland die Probleme der Studenten, die auf eigene Erwerbstätigkeit angewiesen sind, erheblich vergrößert hat.
2. Ausländerstudium und Ausländerdiskussion Die Diskussion über die ausländischen Arbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland hat ihre Auswirkungen auch auf die Diskussion über das Ausländerstudium gehabt. Die Fragen über den Zuzug von ausländischen Arbeitskräften und den Familiennachzug werden auch im Zusammenhang mit den ausländischen Studenten diskutiert. Verschärfte Visavorschriften treffen auch ausländische Studierende. Waren ausländische Studenten und Wissenschaftler in früheren Jahren willkommene Gäste, an denen wir auch das Maß unserer internationalen Anerkennung zu messen glaubten, so sind sie heute Konkurrenten um Studien- und Arbeitsplätze. Für einen Zyniker ist es fast ein Glücksfall, daß die Diskussion um die Stärkung der Exportsituation der Bundesrepublik als Nebenergebnis plötzlich auch den ausländischen Studenten und Wissenschaftler wiederentdeckt, da sie einmal zu Promotoren deutscher Qualitätserzeugnisse werden könnten. Ob allerdings die Richtung der weltwirtschaftliehen Warenströme die Richtung für den wissenschaftlichen Austausch anzeigt, will ich dahingestellt sein lassen. Nicht dahingestellt sein lassen will ich jedoch die Frage, ob wir bei der Diskussion über das Phänomen der "freien Studenten" nicht bald ein historisches Phänomen diskutieren, das es schon in wenigen Jahren nicht mehr gibt. Die 56 000 "freien" Studenten sind in den letzten zehn Jahren unter ganz bestimmten sozialen, wirtschaftlichen und ausländerrechtliehen Voraussetzungen in die Bundesrepublik gekommen. Von den 56 000 "freien" Studenten kommen grob geschätzt etwa 28 000 Studenten aus lndustrieländern, d. h. vor-
Problerne der Studienfinanzierung (DAAD)
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nehmlich aus EG-Ländern und Nordamerika, die im Rahmen eines Studiums, das sie in der Heimat angefangen haben und abschließen wollen, für ein bis zwei Jahre zu einem "Bildungsstudium" in die Bundesrepublik kommen - eine wichtige, im großen und ganzen jedoch problemlose Gruppe, die wir als Beitrag zur Farbigkeit unserer Universität gern sehen. Unter den 36 000 Studenten aus Entwicklungsländern befmdet sich eine große Zahl von Studenten aus europäischen Entwicklungsländern wie Griechenland, Türkei, Portugal, deren Eltern seit Jahren in Deutschland arbeiten und die selbst ein deutsches Abitur haben und in der Bundesrepublik studieren (sog. Bildungsinländer). Wieviele das sind, läßt sich kaum ermitteln. Nach Feststellungen des DAAD bei der Zulassung zum Fach "Medizin" zum Sommersemester 1985 hatten 49 %, also fast die Hälfte der Bewerber, ein deutsches Abitur. Die Zahl der "echten" freien ausländischen Studenten aus Entwicklungsländern dürfte, wenn man die Bildungsinländer abzieht, also schon erheblich geringer sein. Sie wird auch dadurch noch geringer, daß die Zahl der Bewerbungen von ausländischen Studenten um Studienplätze in der Zeit von 1981/82 bis 1983/84 um 15 000 zurückgegangen ist. Bedenkt man dabei, daß die Zahl der Bildungsinländer an deutschen Hochschulen gestiegen ist, dann erscheint es plausibel, daß, verursacht auch durch die seit 1983 geltende neue Visumregelung für Studenten aus Entwicklungsländern, die Zahl dieser Studenten gesunken ist. Nach dieser neuen Regelung kann kein Student mehr als Tourist einreisen, sich in Deutschland über Studienmöglichkeiten informieren und sich dann zu dem entsprechenden Termin um einen Studienplatz an einer deutschen Hochschule bewerben, sondern er muß vorher ein sog. Bewerbervisum, das aufgrund einer Vorabzustimmung der Hochschule erteilt wird, beantragen. Frühzeitig geäußerte Befürchtungen, daß dies zu einem Rückgang der Studentenzahlen führen wird, scheinen sich zu bestätigen. Die relativ kleine Restgruppe von echten freien Studenten aus Entwicklungsländern, die noch unter den alten Visumbedingungen eingereist ist, versucht das Studium auf irgendeine Weise zum Abschluß zu bringen, aber sie wird sich möglicherweise in Zukunft aufgrund der Einreiseregelungen nicht mehr wesentlich ergänzen. Dafür gibt es Hinweise, daß sich die Zahl der Programrnstudenten, seien es nun Stipendiaten des DAAD, der Carl-DuisbergGesellschaft e.V. (CDG), der Deutschen Stiftung für internationale Entwicklung (DSE), der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES), der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS), der Otto Benecke Stiftung (OBS) oder seien es Studenten, die von ihren eigenen Regierungen Stipendien bekommen, tendenziell steigt. Ich verweise auf die Gruppen von chinesischen, tunesischen, kolumbianischen und in Zukunft möglicherweise indonesischen und malayischen Regierungsstipendiaten. Steuern wir also auf einen Zustand zu, in dem "freie unabhängige" Studenten aus Entwicklungsländern keine wesentliche Rolle mehr spielen, einen Zustand, in dem wir nur noch offizielle Programmstudenten und europäische und amerikanische Bildungsstudenten haben werden?
Cluistian Reiser
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Tab. 1: Stipendien für Ausländer
Stipendien: Ausländer, 1981/82- 1983/84 1981/82 1982/83 1983/84 Jahresstipendien allgemein Jahresstipendien Kooperative Promotionsförderung Jahresstipendien für Germanisten aus ausgewählten Ländern Jahresstipendien zur Ausbildung von afrikanischen Deutschlehrern Jahresstipendien zum Studium am Deutsch-Französischen Hochschulinstitut in Saargemünd c) Jahresstipendien innerhalb von Projekten der Bildungszusammenarbeit Jahresstipendien " Sur Place" Sonderprogramm "Sur Place" Südliches Afrika Semesterstipendien Kurzstipendien Hochschulferienkurs- und Feriensprachkursstipendium Sprach- und landeskundliehe Sonderkurse Studienabschlußstipendien Hochschulkontaktstipendien Studienaufenthalte Wiedereinladungen ehemaliger Stipendiaten Hochschullehreraustausch c) Kongreßteilnehmer aus Osteuropa Teilnehmer am Wissenschaftleraustausch im Rahmen von Ostpartnerschaften c) Studienaufenthalte ausländischer Professoren im Rahmen der Bildungszusammenarbeit
2 019
2 047
51
98
72
73
76
50
71 b)
58b)
27
28
30
26ld) 283
288d) 202
317d) 308
_a)
gesamt gesamt gesamt
gesamt gesamt gesamt
gesamt Gesamt
2 028
131 2 843 284 184
175 2 916 252 180
151 3 085 254 186
577
601
595
186 763 262 443 666
126 727 314 520 645
146 741 267 545 622
143 217 534
128 258 430
127 240 382
398
470e)
572e)
45
87
81
2 003
2 027
2 024
6 782
6 936
7 102
a) In Jahresstipendien allgemein enthalten. - b) Zusätzlich wurden 43 madagassische Studenten für einen Intensivsprachkurs "Sur Place" und 16 karnerunisehe Studenten für einen Sprachkurs in Saarbrücken gefördert (1982/83: 30 madagassische Studenten "Sur Place" für einen Intensivsprachkurs). - c) Bilaterales Programm, Texts. S. 45.- d) Davon 45 "Sur Place" und 103 im Drittland (1981/82: 26 "Sur P1ace" und 46 im Drittland, 1982/83: 37 "Sur Place" und 80 im Drittland); jeweils einschl Stip. Internationales Seminar Karlsruhe. - e) Zusätzlich 132 Studierende (1982/83: 102 Studierende). Quelle ; DAAD (Hrsg.): Jahresbericht 1984, S. 33.
Probleme der Studienfinanzierung (DAAD)
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II. Stipendienempfänger (unter besonderer Berücksichtigung der Stipendiaten des DAAD) 1. Die Struktur der DAAD-Stipendienprogramme Die Probleme und Fragen des DAAD und seiner Stipendiaten unterscheiden sich natürlich grundlegend von den Problemen der "freien Studenten". Sie sind so andersartig, daß sie von der universitären Öffentlichkeit teilweise gar nicht zur Kenntnis genommen werden, weil die "privilegierten" DAAD-Stipendiaten nicht noch Kräfte absorbieren sollen, die viel dringender den "freien Studenten" zugutekommen sollen. Diese Frage gehört in den eingangs angedeuteten Zusammenhang, wie die deutsche Universität zum Verhältnis Programmstudenten und freie Studenten steht. Dazu zunächst etwas Statistik, damit die Größenordnungen klar werden. Die Programmstudenten des DAAD gliedern sich wie folgt : Tab. 2: Stipendien für Ausländer aus Entwicklungsländern
Ausländische Jahresstipendien 1983/1984 nach geographischer Herkunft und Fachrichtung
Sprach- und Kulturwissenschaften Wirtschaftsund Sozialwissenschaften Mathematik/ Naturwissenschaften Human- und Veterinärmedizin Agrar-, Forstu. Ernährungswissenschaft IngenieurWissenschaften Kunst, Musik, Sport Gesamt
Mittel- Ost-/Süd- gesamt asien ostasien absolut
gesamt
Lateinamerika
Afrika
Nahost
32
166
21
60
35
314
21
13
29
4
14
7
68
4,6 (5)
112
110
38
33
90
383
26
57
53
19
17
39
185
12
21
48
14
4
15
102
7
120
120
25
59
32
356
24
26
7
6
26
3
68
5
381
---
533
-
Zusammenstellung: Verfasser.
127
---
213
---
221
---
1 476
-----
%
100
--
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Christian Reiser
Außenstehende sehen den DAAD gelegentlich als ein monolithisches Gebilde, das im Bereich der Stipendien ein gewisses Monopol hat. Es gibt kaum eine Anfrage zu Förderungsmöglichkeiten, die nicht in irgendeiner Form den DAAD positiv oder negativ ins Spiel bringt. Tatsache ist natürlich, daß die Aktivitäten und Programme vielfältig aufgegliedert sind. Es ist wichtig, dies gerade auch bei einem Systemvergleich zu realisieren. Die Jahresstatistik 1981/82 und 1983/84 (Tabelle 1) gibt einen Anhaltspunkt ftir diese Differenzierung. Die Palette reicht vom Programm Jahresstipendien mit mehr als 3 000 Stipendiaten bis zur Förderung von Sonderprogrammen einzelner Hochschulen mit weniger als 30 Teilnehmern. Die Statistik Ausländer muß der Vollständigkeit halber ergänzt werden durch die Statistik der deutschen Stipendiaten, die eine ähnliche Vielfalt aufweist (Tabelle 3). Die Jahresstipendien ftir Ausländer (ebenso wie ftir Deutsche) bilden seit Jahren den Schwerpunkt der Förderungsprogramme. Die Aufgliederung nach Herkunftsregionen zeigt, daß etwa ein Drittel der Jahresstipendiaten aus Industrieländern, etwa zwei Drittel aus Entwicklungsländern kommen. Bei der Interpretation der Zahlen sind die unterschiedlichen Gruppenstrukturen zu berücksichtigen. Bei Stipendiaten aus Industrieländern sind Verlängerungen die Ausnahme, die angegebenen Zahlen bezeichnen also weitgehend Erstverleihungen; bei Stipendien aus Entwicklungsländern ist dagegen die mehrjährige Förderung die Regel und Erstverleihungen machen nur einen Teil der angegebenen Zahlen aus. Die Aufnahme von Studienanfängern aus Entwicklungsländern flir ein Vollstudium mit entsprechend ftinf- bis sechsjähriger Förderungsdauer ist weitgehend abgelaufen. Es wird entsprechend dem Aufbaustand der Hochschulen in den Entwicklungsländern die Tendenz fortgesetzt, nur solche Bewerber aufzunehmen, die bereits im Heimatland einen ersten oder zweiten Abschluß erworben haben. Auch dann aber bedeutet das Ziel Diplom oder Promotion eine Förderung für mehrere Jahre. Zielgruppe der DAADStipendien ist in den Entwicklungsländern die Gruppe der jüngeren Hochschullehrer und Forscher, die teilweise von ihren Hochschulen oder Instituten ftir den Studienaufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland beurlaubt werden. So wird der Versuch gemacht, die Stipendienprogramme des DAAD in das System des heimischen "staff-development" zu integrieren und den einheimischen Lehr- und Forschungsinstitutionen die Möglichkeit zu geben, jüngere Hochschullehrer weiter zu qualifiZieren. Das Stipendium flir ausländische Jahresstipendiaten schließt, soweit nötig, einen vorgeschalteten Deutschkurs ein. Die Stipendien, insbesondere in der Naturwissenschaft, Ingenieurwissenschaft und in den sozialwissenschaftliehen Fächern werden in den Partnerländern flir die fachlich qualifiZiertesten Bewerber vergeben. Deutsch lernen die aufgrund ihrer fachlichen Qualifikation ausgewählten Kandidaten dann in der Bundesrepublik.
Probleme der Studienfinanzierung (DAAD)
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Tab. 3: Stipendien für Deutsche Stipendien: Deutsche 1981/82 - 1983/84
1981/82 1982/83 1983/84 Jahresstipendien (einschl. Gegenstipendien) allgemein Jahresstipendien für Anglisten nach Nordamerika Jahresstipendien des Wissenschaftsausschusses der NATO Jahresstipendien zum Studium an der ENA, Paris Jahresstipendien zum Studium am Deutsch-Französischen Hochschulinstitut in Saargemündb) Jahresstipendien im Rahmen des Krebshilfeforschungsprogramms
gesamt gesamt
Stipendien für Gentechnologie Stipendien für Integriertes Ausländerstudium gesamt Semesterstipendien für Anglisten nach Großbritannien und Irland Semesterstipendien für Romanisten Semesterstipendien für Teilnehmer am deutsch-französischen Austauschprogramin für Politologen, Historiker und Wirtschaftswissenschaftler b) gesamt Kurzstipendien gesamt Fachkursstipendien Sprachkursstipendien gesamt Hochschullehreraustausch b) Teilnehmer am Wissenschaftleraustausch im Rahmen von Ostpartnerschaften b) Studienaufenthalte deutscher Professoren im Rahmen der Bildungszusammenarbeit gesamt Gesamt
651
670
665
101
73
73
45
43
33
8
8
5
12
24
27
16 833 -
11 829 27a)
13 816 5oa)
533
568
750
127 177
118 155
136 160
34 338 171 230 314 544 309
40 313 154 218 368 586 303
35 331 175 230 367 597 337
284
372C)
484C)
79
92
88
672
767
909
3 111
3 244
3 628
a) Zuzüglich 12 Studienaufenthalte ausländischer Wissenschaftler (1982/83: einschl 3 Studienaufenthalte ausländischer Wissenschaftler). - b) Bilaterales Programm, Text s. S. 46. - c) Zusätzlich 233 Studierende (1982/83: 79 Studierende). Quelle: DAAD (Hrsg.): Jahresbericht 1984, S. 51. 10 illy/ Schmidt
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Christian Reiser
Jahresstipendien innerhalb von Projekten der Bildungszusammenarbeit Neben den Jahresstipendien, die zuvor beschrieben worden sind, ftihrt der DAAD für die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) oder das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) die Ausbildung von "Counterparts" in Projekten der technischen Zusammenarbeit durch. Zur Zeit werden 317 Stipendiaten gefördert, 45 davon im Heimatland, 103 in einem anderen Industrieland und 169 in der Bundesrepublik Deutschland. Ich erwähnte dieses Programm nicht nur aus dem Drang nach einer gewissen Vollständigkeit heraus, sondern weil hier ein Prinzip deutlich wird, das in dieser Form nur von wenigen Ländern praktiziert wird. Der DAAD vergibt diese Stipendien für die Ausbildung von Counterparts nicht nach dem Gesichtspunkt, daß unter allen Umständen die Fortbildungsmöglichkeiten in der Bundesrepublik Deutschland ausgenutzt werden, sondern orientiert sich daran, daß zunächst die Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten in der Region ausgenutzt werden. Erst wenn diese ausgeschöpft sind, werden die Stipendien zur Aus- und Fortbildung in einem Industrieland vergeben. Jahresstipendien "Sur Place" Zweck dieses Programms ist die Förderung des tertiären Bildungsbereichs in Entwicklungsländern. Die Stipendien werden vorwiegend für die Teilnahme an Postgraduiertenkursen vergeben und dienen so vor allem der Heranbildung künftiger Hochschullehrer. 1984 wurden 308 Stipendien vergeben. Mehr als ein Drittel (115) der im Berichtszeitraum Geförderten absolvierten das Aufbaustudium nicht im Heimatland, sondern in einem Drittland der entsprechenden Entwicklungsregion. Der Schwerpunkt der "Sur Place"-Förderung liegt in Afrika, und dort vor allem an den Universitäten Nairobi, Khartoum und Daressalam. Daneben entwickeln sich überregionale Förderungsprogramme über Netzwerke (wie African Network of Scientific and Technological Institutions (ANSTI) - International Centre of lnsect Physiology and Ecology (ICIPE), Association of Faculties of Agriculture (AFAA), Ecole Inter-Etats d'lngenieurs de l'Equipment Rurale (E.I.E.R.). Weitere Institutionen, an denen derartige "Sur Place"-Stipendiaten studieren, sind das Asean Institute of Technology (AlT) in Bangkak und die Mitgliedsuniversitäten des zentralamerikanischen Hochschulverbandes (CSUCA).
Probleme der Studienfinanzierung (DAAD)
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Regierungsstipendiaten Das Regierungsstipendiatenprogramm wurde eingerichtet, um ausländischen Regierungen oder Bildungsinstitutionen bei der Einrichtung und Durchftihrung eigener Stipendienprogramme ftir die Aus- und Fortbildung von Studenten und Graduierten behilflich zu sein. Die Unterstützung des DAAD konzentriert sich auf die organisatorische und administrative Hilfestellung bei der Planung und Abwicklung der Programme (ohne Stipendienmittel des DAAD). Dabei werden die vom Deutschen Akademischen Austauschdienst gesetzten Kriterien hinsichtlich der fachlichen und sprachlichen Voraussetzungen zugrunde gelegt. Problemgebiete Das alles klingt recht unproblematisch. Hinter dieser Darstellung der Programme verbergen sich jedoch zahlreiche Probleme und Schwierigkeiten. Der DAAD ist von seiner institutionellen Struktur her ein eingetragener Verein privaten Rechts, dessen Mitglieder die in der Westdeutschen Rektorenkonferenz vertretenen Hochschulen sind. 95 % seines Etats finanzieren das Auswärtige Amt, das Bundesministerium fur wirtschaftliche Zusammenarbeit, das Bundesministerium fur Bildung und Wissenschaft und das Bundesministerium für Forschung und Technologie. Bei der Durchführung der Programme ist der DAAD ganz ausschließlich auf die freiwillige Kooperation der Hochschulen und der Hochschullehrer angewiesen. Es gibt keine Möglichkeit, Stipendiaten an bestimmte Hochschulen zu beordern oder zu delegieren. Für jeden einzelnen Stipendiaten brauchen wir eine Zulassung bzw. die Betreuungszusage eines deutschen Hochschullehrers. Weder die Hochschule noch der Hochschullehrer erhalten dafür Aufwandsentschädigungen oder Ersatz der Kosten für die Benutzung von Forschungseinrichtungen. Mit der zunehmenden Mittelknappheit an den Hochschulen hat die Forderung von Hochschullehrern nach Bezahlung von Institutsleistungen (Verbrauchsmaterial, Chemikalien, wissenschaftliche Geräte usw.) stark zugenommen, insbesondere auch deswegen, weil viele Stipendiaten mit ganz klaren Themenvorstellungen kommen, die sich nach den Prioritäten der heimischen Universität richten, und die man nicht einfach in ein laufendes deutsches Forschungsprogramm einbeziehen kann.
2. Allgemeine Betreuung ausländischer Studierender Der DAAD vergibt nicht nur Stipendien, sondern er vergibt auch allgemeine Betreuungsmittel an die deutschen Hochschulen, in der Regel an die akade10'
Christian Reiser
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mischen Auslandsämter. Diese Mittel, die der allgemeinen und fachbezogenen Betreuung aller ausländischer Studenten und nicht nur der Stipendiaten dienen, sollen dazu beitragen, die ausländischen Studenten in die Studiensituation einzuführen; während des Studiums fachbezogen zu betreuen; mit Mitgliedern der Hochschule und der deutschen Bevölkerung in Kontakt zu bringen; über die Bundesrepublik Deutschland zu informieren. In diesem Zusammenhang können Einführungsveranstaltungen; fachbezogene Veranstaltungen in Form studienbegleitender Maßnahmen in Zusammenarbeit mit Fakultät und Fachbereich; landeskundliehe Veranstaltungen; Exkursionen; Betreuung durch deutsche und ausländische Studenten; Reintegrationsveranstaltungen sowie regelmäßige Treffen der Betreuer zur Aus- und Fortbildung fmanziert werden. Zum Abschluß möchte ich ein Programm erwähnen, das zwar nicht unmittelbar vom DAAD fmanziert wird, an dessen Konzeption dieser jedoch maßgeblich beteiligt gewesen ist. Es handelt sich um ein " Tutorengestütztes Orientie rungsprogramm für ausländische Studenten" (TOFAS-Projekt), das als Modellversuch vom Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft und vom Land Hessen finanziert wird. In diesem Programm werden die Studien- und Lernschwierigkeiten ausländischer Studenten analysiert, es wird ein Orientierungsprogramm für Studienanfänger entwickelt und erprobt, und es werden Tutoren ausgebildet und Beratungsunterlagen entwickelt. Dieser Modellversuch berücksichtigt das im Ausland erworbene Lernverhalten, das nicht auf die akademische Freiheit vorbereitet. Die Förderung dieses Modellversuchs durch den Bund und das Land Hessen läßt hoffen, daß entgegen der eingangs geäußerten Befürchtung das Studium der " freien" ausländischen Studenten (independent students) doch nicht gänzlich an den deutschen Universitäten aufhört. Entsprechende Gegensteuerungsmaßnahmen - etwa das erwähnte TOFAS-Programm - vermögen dem Ausländerstudium neuen Auftrieb und neue Impulse zu verschaffen.
Roland Wiedmann PROBLEME DER STUDIENFINANZIERUNG IN DER DEUTSCHEN DEMOKRATISCHEN REPUBLIK 1. Die noch zu Beginn der laufenden Dekade offiziell verbreitete, aber schon seinerzeit nicht exakte Darstellung, das Studium in der DDR sei für Ausländer kostenlos und werde durch den Staatshaushalt fmanziert 1 , wird seit einiger Zeit in dieser Form nicht mehr vertreten. Nunmehr heißt es, daß für ausländische Studenten, die " ... zum Studium in die DDR delegiert werden, ( ... ) die Zahlung von Stipendien entsprechend den in den ( ... ) Vereinbarungen getroffenen Regelungen (erfolgt); Studiengebühren werden nicht erhoben" 2 • Damit wird ausgedrückt, daß es über die in den Verträgen über kulturelle und wissenschaftliche Zusammenarbeit und in deren Zusatzabkommen und Protokollen vereinbarten Kontingente an Studienplätzen für Ausländer hinaus inzwischen weitere Möglichkeiten zur Aufnahme eines Studiums in der DDR gibt. Dies bedeutet konkret, daß die Regierung der DDR seit einigen Jahren Studienplätze auch fur Selbstzahler und allgemein aufkommerzieller Basis anbietet. Allerdings erfaßt die neue Version nicht, daß Studenten aus den Mitgliedsländern des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) zwar zu einem Auslandsstudium in die DDR delegiert, ihre Stipendien aber in der Regel vom Entsendeland fmanziert werden 3 . Ferner läßt die Formulierung offen, ob die Stipendien in einheitlicher Höhe gewährt werden, wer deren Zahlung und wer die sonstigen im Zusammenhang mit dem Ausländerstudium entstehenden Kosten übernimmt. Jedenfalls wird seitens der DDR bei Ausführungen zur Studienfmanzierung stets darauf hingewiesen, daß ausländische Studenten eine Reihe von sozialen Einrichtungen und Angeboten zu reduzierten Preisen oder kostenlos nutzen können. Im Jahre 1984 hat die DDR die Mitteilung veröffentlicht, daß sie bis dato " . . . für über 20 000 ausländische Studierende sämtliche Ausbildungskosten" übernommen habe 4 • 1 Vgl. z. B. ,Weltoffene Hörsäle', Interview mit dem Stellv. Minister für Hoch- und Fachschulwesen Heidorn, in: Wochenpost, 28/1981/49 vom 4.12.1981, S. 3. 2 Handbuch Deutsche Demokratische Republik, Leipzig 19842, S. 511. 3 ,Valuta-Stipendien' flir Studenten der DDR im Ausland. VgL dazu ,Anordnung über die Gewährung von Stipendien an zur Aus- und Weiterbildung in andere Staaten delegierte Bürger der DDR', in: Gesetzblatt (GBL) I Nr. 29, S. 542 (Anordnung vom 16.6.1982). 4 Handbuch DDR, a. a. 0., S. 512 (Anm. 2).
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Roland Wiedmann
Von den insgesamt 29 Verordnungen, Anordnungen und Durchführungsbestimmungen in der Untergruppe 727 (,Stipendien einschl. Beihilfe für ausländische Studierende, Versicherungsschutz, Vergünstigungen für Studierende, Studiengebühren') der aktuellen Sammlung geltender Rechtsvorschriften der DDR (,Das geltende Recht') 5 , betreffen lediglich sechs Regelungen ausländische Studenten, wobei zum Teil noch eine ausdrückliche Gleichstellung mit den einheimischen Studenten vorgesehen ist. Die für Ausländer allgemein zutreffenden Normen differenzieren sich ihrerseits noclunals nach bestimmten Bezugsgruppen: so gelten die ,Pflichtversicherungsverordnung' (in Verbindung mit ihrer 1. Durchführungsbestimmung vom 15. März 1962 für "ausländische Bürger, die in der Deutschen Demokratischen Republik studieren" 6 ), die ,Praktikumsordnung' sowie die ,Anordnung zur Praktikumsfmanzierung' jeweils vom 28. August 1975 7 generell "für Studenten anderer Staaten"; dagegen wird das Gros der ausländischen Studenten in der DDR nicht vom Geltungsbereich der neuen ,Stipendienverordnung' von 1981 erfaßt, die grundsätzlich für einheimische Studenten und daneben für diejenigen "Bürger anderer Staaten oder Staatenlose" gilt, die entweder " ... ihren ständigen Wohnsitz in der DDR haben oder denen die DDR Asylrecht gewährt" oder " . . . deren Eltern oder Ehegatten langfristige Arbeitsverträge mit Betrieben, staatlichen Dienststellen oder Institutionen der DDR abgeschlossen haben, für die Dauer des Aufenthalts in der DDR" 8 ; die sonstigen ausländische Studenten betreffenden Rechtsvorschriften gelten allgemein fur " ... Bürger anderer Staaten, die ein DDR-Stipendium erhalten". Mit letzteren sind gern. der ,Anordnung Nr. 2 über die wissenschaftliche Aspirantur - Finanzielle Regelungen' vom April 1974 ausländische Studenten gemeint, " ... deren Ausbildung aus Haushaltsmitteln der DDR (DDR-Stipendiaten) finanziert wird" 9 , während neuerdings darunter Ausländer verstanden werden, " . . . deren Studium von der Deutschen Demokratischen Republik 5 Sekretariat des Ministerrats (Hrsg.): DAS GELTENDE RECHT chronologisch und systematisch geordnet - Verzeichnis der geltenden Rechtsvorschriften der Deutschen Demokratischen Republik vom 7.10.1949 bis 31.12.1984, Berlin (Ost) 1985, S. 417 f. 6 Erste Durchftihrungsbestirnmung zur Verordnung über die Pflichtversicherung der Studenten und Aspiranten bei der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten vom 15.3. 1962, in: GBL II Nr. 15, S. 126 f. 7 Anordnung über die finanziellen Regelungen bei der Durchftihrung von Studienabschnitten der Hoch- und Fachschulausbildung in der sozialistischen Praxis- Praktikumsfinanzierung- vom 28.8.1975, in: GBl. I Nr. 59, S. 671 ff. 8 Verordnung über die Gewährung von Stipendien an Direktstudenten der Universitäten, Hoch- und Fachschulen der Deutschen Demokratischen Republik - Stipendienverordnung - vom 11.6.1981, in: GBL I Nr. 17, S. 229 ff. 9 Anordnung über die wissenschaftliche Aspirantur - Finanzielle Regelungen vom 29.4.1974, in: GBI. I Nr. 28, S. 279 ff.
Probleme der Studienfinanzierung in der DDR
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fmanziert wird" 10 • Dieneuere Formulierung berücksichtigt, daß insbesondere Studenten aus Entwicklungsländern (EL) nicht allein als staatliche Stipendiaten auftreten, sondern ihnen seit längerer Zeit vom ,Solidaritätskomitee der DDR' und wohl auch von der ,Liga ftir Völkerfreundschaft' Studienplätze und Stipendien angeboten werden, deren Empfänger bei einem Vollstudium allem Anschein nach den "DDR-Stipendiaten' gleichgestellt werden. Dieses gesellschaftliche Engagement bleibt aber eine Randerscheinung. Überwiegend werden die Gesamtaufwendungen zugunsten des Ausländerstudiums (Wohnheirnplätze, Mensabetrieb, Gehälter, Stipendien) aus dem staatlichen Budget, hier aus den Haushaltsmitteln des Ministeriums flir Hoch- und Fachschulwesen, fmanziert. Entsprechend den Rechtsnormen zur Durchführung und Finanzierung des Ausländerstudiums mit unterschiedlichem Adressatenkreis lassen sich die studierenden Ausländer in der DDR in folgende drei Kategorien unterteilen: a) eine relativ kleine Gruppe ausländischer Studenten mit ständigem (z. B. Chilenen, Uruguayer) oder aber langfristigem Wohnsitz (z. B. Franzosen, Griechen) in der DDR, die einschließlich der Studienfinanzierung in weitestem Maße den Studenten der DDR gleichgestellt sind; b) die Mehrzahl aller ausländischen Studenten, die auf der Grundlage bi-oder multilateraler Vereinbarungen der DDR dort ein Studium aufgenommen haben und deren Studienfinanzierung anders geregelt ist als flir einheimische Studenten; c) eine ebenfalls relativ kleine Gruppe ausländischer Studenten, die ein Studium in der DDR auf kommerzieller Basis absolvieren. Diese Möglichkeit ist tendenziell seit den sechziger Jahren eröffnet und nicht allein Staatsangehörigen kapitalistischer Länder vorbehalten. 2. Bevor auf die verschiedenen Formen der Studienfinanzierung flir Ausländer eingegangen wird, sollen als Folie der Betrachtung kurz die Modalitäten der Stipendienvergabe an einheimische Studenten dargestellt werden. Im Direktstudium erhalten diese seit 1981 unabhängig von ihrer sozialen Herkunft ein monatliches Grundstipendium von 200 Mark, das bei besonderen sozialen Verhältnissen oder bei besonderen Voraussetzungen (ehemalige Facharbeiter, Zeit- oder Berufssoldaten) um 50 bis 100 Mark erhöht werden kann; in Berlin (Ost) wird ein genereller Zuschlag von 15 Mark gewährt. Diese Grundfinanzierung kann bei besonderen Studienleistungen und politisch-gesellschaftlichem Engagement vom 2. Studienjahr an durch ein Leistungsstipendium zwischen 60 bis 150 Mark aufgestockt werden. Anstelle dieser beiden Formen tritt als Auszeichnung ftir hervorragende fachliche und politisch-gesellschaftliche Leistungen ein Sonderstipendium, das IO Verordnung über die Verleihung eines Salvador-Allende-Stipendiums vom 17. 7. 1981, in: GBI. Nr. I Nr. 24, S. 298 f.
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Roland Wiedmann
unter verschiedenem Namen {Wilhelm-Pieck-Stipendium etc.) verliehen und an maximal 670 Studenten vergeben wird. Seine Höhe beläuft sich auf monatlich 450 bis 550 Mark. Bürger der DDR, die {in erster Linie) im sozialistischen Ausland studieren, erhalten in der jeweiligen Landeswährung sog. Valuta-Stipendien, deren Höhe bilateral oder im Rahmen des RGW durch multilaterale Verträge geregelt ist. Ausländische Studenten in der DDR aus diesen Ländern erhalten ihre Stipendien gleichfalls auf dieser Vertragsgrundlage 11 . In der Studienfinanzierung für Ausländer in der DDR beläuft sich das Grundstipendium im Hochschulbereich {DDR-Stipendium) nach vorliegenden Informationen auf derzeit 300 Mark monatlich, was erheblich über dem Satz für Einheimische liegt 12 • Dazu kommt für Studenten in Berlin (Ost) ein Zuschlag von SO Mark. Zusätzliche Leistungsstipendien bleiben Studenten im Vollstudium vorbehalten, die vorbildliche Leistungen erbringen und gesellschaftliche Aktivitäten entfalten; sie werden jeweils flir ein Studienjahr gewährt. Daneben gibt es - soweit erkennbar - flir Kinder und Ehepartner von Studenten keine weiteren Zuschläge. Im Gegensatz zur Regelung für ausländische Aspiranten waren zumindest in der Vergangenheit auch Sonderstipendien möglich 13 • Die in diesem Zusammenhang in der ,Anordnung zur Praktikumsfinanzierung' vom August 1975 ersichtliche Hervorhebung der " Studenten anderer Staaten" läßt darauf schließen, daß bereits damals ein erheblicher Teil der ausländischen Studierenden ein höheres Stipendium als die einheimischen Studenten erhalten hat. Das Stipendium wird in der Regel auf ein vom Studenten bei der staatlichen Sparkasse eröffnetes Girokonto überwiesen, wobei gegebenenfalls die Kosten für eine Platz im Studentenwohnheim in Höhe von 10 Mark monatlich gleich einbehalten werden. Für ausländische Doktoranden, soweit sie DDR-Stipendiaten sind und ihre planmäßige Aspirantur verfolgen 14 , gilt bei der Stipendienvergabe nach wie vor die ,Anordnung Nr. 2 über die wissenschaftliche Aspirantur' aus dem Jahre 1974. 11 Vgl. hier die Beiträge ,Ausbildungsförderung' und ,Ausländerstudium', in: Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen (Hrsg.); DDR Handbuch, Bonn 1985, S. 100 f. 12 Der durchschnittliche Stipendiensatz für deutsche Studenten liegt in der DDR bei etwa 252 Mark monatlich. Finanzierte man aus diesem Ansatz im Staatshaushalt ebenfalls die Stipendien der Ausländer, ergäbe sich ein unrealistisches, zu niedriges Niveau bezüglich der Sätze flir Einheimische. Insofern werden allenfalls die Mittel für das SalvadorAllende-Stipendium aus dem Stipendienetat erstattet. Die sonstigen Stipendienmittel dürften über die nicht spezifiZierte Restsumme im Haushalt des Ministeriums flir Hoch- und Fachschulwesen gedeckt werden. 13 Vgl. Anordnung zur Praktikumsfmanzierung, a. a. 0., Anm. 7. 14 Unter einer planmäßigen Aspirantur wird eine dreijährige Ausbildung an der Sektion einer Hochschule/Universität verstanden, um den akademischen Doktorgrad eines Wissenschaftszweiges zu erlangen (Aspirantur ,A ').
Probleme der Studienfinanzierung in der DDR
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Diese erhalten ein monatliches Grundstipendium von 500 Mark, bei gegebenen Voraussetzungen zusätzlich ein Leistungsstipendium von 100 Mark. Letzteres wird jeweils zum 1. September eines Jahres neu vergeben, Aberkennung ist bei entsprechender Begründung möglich. Für die Anschaffung wissenschaftlicher Spezialliteratur und sonstiger Arbeitsmittel ist ferner ftir die Dauer von drei Jahren einjährlicher Zuschuß von 500 Mark vorgesehen. Ausländische Doktoranden in der DDR verfügen somit über ein monatliches Stipendium zwischen 550 und 650 Mark, sofern sie in Berlin (Ost) leben zwischen 600 und 700 Mark. Im Gegensatz zu den Studenten liegen damit die Zuschüsse für ausländische Doktoranden unterhalb der Zuwendungen für die eigenen Nachwuchskräfte der DDR 15 ; für Ausländer sind auch weder Familienzuschläge noch Sonderfalle vorgesehen, die Zahlungen oberhalb der genannten Höchstgrenzen zulassen. Dies schließt jedoch im Einzelfall nicht aus, daß in zwischenstaatlichen Vereinbarungen ftir Nachwuchswissenschaftler gegebenenfalls höhere Stipendiensätze festgelegt werden. Neben diesen sogenannten DDR-Stipendien werden von staatlicher Seite auch internationalen Organisationen wie der Weltgesundheitsorganisation und der UNESCO eine Anzahl von Studienplätzen in der DDR kostenlos zur Verfügung gestellt. Ob in diesem Zusammenhang weitergehende fmanzielle Leistungen gewährt werden, geht aus den vorliegenden Materialien nicht hervor. Gezielt für Studenten aus Ländern der Dritten Welt bestehen ferner eine Reihe von Sonderstipendien, auf die abschließend eingegangen werden soll. Dazu gehört zunächst der Stipendienfonds des Internationalen Studentenbundes (ISB), der bereits Mitte der ftinfziger Jahre von den Stiftungsländern
(Bulgarien, Polen, Ungarn, Tschechoslowakei, Sowjetunion, DDR und Finnland) mit dem Ziel geschaffen wurde, Studienbeihilfen flir junge Leute bereitzustellen, " . . . die auf Grund kolonialer und neokolonialistischer Praktiken keinerlei Zugang zu einer Hochschulbildung hatten bzw. haben" 16 . Neben Studenten aus "unterentwickelten Ländern" sollen seit einigen Jahren auch Bürger aus Zypern, Portugal, Spanien und Griechenland in diese Förderung einbezogen werden. Jährlich werden vom Studentenbund zwischen 120 und 150 Stipendien vergeben, wovon im Jahre 1981 sechzehn Plätze auf die DDR entfielen. Die Vergabedauer beträgt vier bis sieben Studienjahre bei Berücksichtigung der einjährigen Sprachvorbereitung. Aus dieser Zeitspanne kann geschlossen werden, daß das Stipendium sowohl ftir Hochschul-, Fachschul- als auch für postgraduale Studiengänge, unter Umständen auch ftir Aspiranturen vergeben wird. 15 Aspiranten der DDR erhalten ein Grundstipendium von 600 Mark monatlich, evtl. weitere Zulagen. Die Grenze liegt bei 1 200 Mark. 16 Was sind !SB-Stipendien?, in: Forum, Heft 19/1981, S. 12.
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Abgedeckt werden davon die Kosten für Unterkunft und Verpflegung, Lehrbücher und Taschengeld (medizinische Fürsorge wird in den Stiftungsländern kostenfrei gewährt). Die Bewerber für dieses Stipendium sollen nicht älter als 25 Jahre und ledig sein, ferner den Abschluß der Mittelstufe als Mindestqualifikation nachweisen. Bei der Wahl des Studienlandes können zwei Prioritäten gesetzt werden, wobei die DDR relativ häufig gewünscht werden soll. Akzeptierte Bewerber haben die Kosten der Anreise aus eigenen Mitteln aufzubringen. Insgesamt sollen von den Stiftungsländern des Stipendienfonds bisland rd. 3 000 Stipendiaten bis zum akademischen Abschluß gefördert worden sein. Ferner besteht auf multilateraler Basis im Rahmen des RGW seit dem Jahre 1974 ein Stipendienfonds zur Ausbildung von Studenten aus Ländern der Dritten Welt in den Mitgliedsstaaten des Rates, über dessen Verteilung die Konferenz der Hochschulminister der Mitglieder entscheidet (RGW-Stipendienfonds). Aus diesen Mitteln, die auch von der DDR aufgebracht werden, waren zunächst Stipendien nur für Hochschüler vorgesehen, sie werden aber bereits seit 1976 auch für Fachschul-und postgraduale Ausbildungsvorhaben gewährt. Bereits im Anfangsjahr der Stipendienvergabe aus Fondsmitteln sollen davon 326 Studenten aus 25 EL ("national befreiten Staaten') profitiert haben; im Studienjahr 1979/80 sollen es dann mehr als 1 700 Stipendiaten aus 40 Staaten der Dritten Welt gewesen sein 17 . Nach sowjetischen Angaben vom Herbst 1984 beläuft sich deren Anzahl mittlerweile auf mehr als 3 000 Personen, die aus insgesamt 55 Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas kommen 18 . Innerhalb der DDR selbst ist in den letzten Jahren ein wachsendes Engagement des Solidaritätskomitees der DDR (früher: Afro-Asiatisches Solidaritätskomitee) bei der materiellen Unterstützung der Ausbildung dieses Personenkreises zu verzeichnen. Insgesamt sind die Zielgruppen dieser Maßnahmen breit gefachert. Das Komitee fmanziert nicht nur die Sprachvorbereitung und den nachträglichen Erwerb schulischer Abschlüsse sowie die anschließende akademische Ausbildung von Kadern aus EL, und hier vor allem von Befreiungsbewegungen 19 , es fördert ebenfalls die berufliche Fortbildung von Ärzten, Ingenieuren und l.eitungskräften, die Aus- und Weiterbildung von Facharbeitern und schließlich die Berufsausbildung von Lehrlingen 20 • 17 Zusammengestellt nach Manfred Engert u. a. (Autorenkollektiv): Lexikon RGW, Leipzig 1981, S. 219. 18 Artikel ,lntemationalistische Hilfe flir Entwicklungsländer' (in: Utschitelskaja Gaseta vom 7.8.1984), zitiert nach: Presse der Sowjetunion, Nr. 10/1984, S. 52. 19 VgL Artikel ,Marina aus Namibia', in: Bauern-Echo vom 18.4.1984, S. 4. 20 VgL Kurt Seibt: Immer leuchtet die Flamme der antiimperialistischen Solidarität, in: horizont, Heft 2/1986, S. 3.
Probleme der Studienfmanzierung in der DDR
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Allem Anschein nach tritt das Solidaritätskomitee insbesondere in Afrika als einladende und stipendienvergebende Institution in Erscheinung, worauf der in den letzten Jahren stark gestiegene Anteil afrikanischer Studenten in der DDR zurückgeführt werden kann. Die Arbeit des Komitees wird hauptsächlich durch Spenden getragen, die etwa zur Hälfte von den Mitgliedern des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes durch den Ankauf von Spendenmarken aufgebracht werden, während der restliche Teil durch Beiträge gesellschaftlicher Organisationen (Parteien, Verbände), von staatlichen und gesellschaftlichen Einrichtungen, der Nationalen Volksarmee, den Kirchen sowie speziellen Solidaritätsveranstaltungen und Radiosendungen gedeckt wird. Die Gesamteinnahmen aus diesen Spendenaktionen werden seit einem Jahrzehnt konstant mit rd. 200 Mio. Markjährlich beziffert 21 , wovon nach gleichlautenden Angaben der letzten drei Jahre ca. 50 Prozent flir die fmanzielle Ausbildungsförderung aufgewandt werden. Allerdings wird bei diesen Angaben nicht nach den oben erwähnten Förderungsformen differenziert 22 • Von 1976 bis Anfang der achtziger Jahre soll das Komitee die Kosten der Ausbildung von rd. 800 Studenten aus Afrika, dem Nahen Osten, aus Asien und Lateinamerika getragen haben 23 • Im Jahre 1981 wurde über rd. 850 Kader von Befreiungsbewegungen berichtet, die sich auf Einladung des Komitees zur akademischen oder beruflichen Qualifizierung in der DDR aufhielten 24 • Für das Jahresende 1984 wurde die Anzahl dieser Stipendiaten bereits mit 3 450 Personen angegeben 25 • Soweit erkennbar, ist die fmanzielle Ausstattung des Stipendiums dem sog. ,DDR-Stipendium' angeglichen. Schließlich wurde im Jahre 1973 ein aus dem Budget des Ministeriums flir Hoch- und Fachschulwesen zu fmanzierendes und unter dem Namen SalvadorAllende firmierendes Stipendium eingerichtet, das ursprünglich nur flir chile21 VgL z. B. Kurt Seibt: Internationale Solidarität- grundlegendes Prinzip der DDRPolitik, in: horizont, Heft 3/1978, S. 3 f. Eine vorläuf"Jge Jahresbilanz über das Aufkommen und die Verwendung der Spenden wird vom Solidaritätskomitee jeweils im Dezember des Jahres in Form eines Pressegespräches gezogen. 22 Am anschaulichsten war der Verwendungsnachweis für das Jahr 1983, in dem für Ausbildungszwecke rd. 113 Mio. Mark zur Verfügung gestellt worden seien. VgL Artikel ,Überzeugende Bilanz der Solidarität - Tatkräftige Hilfe für Befreiungskämpfer und junge Nationalstaaten', in: Berliner Zeitung vom 24.2.1984, S. 2. - Es ist möglich, daß das Komitee die für Bildungshilfemaßnahmen vorgesehenen Finanzmittel auch in den EL selbst, etwa durch die Förderung des Einsatzes von Spezialisten der DDR, verausgabt. 23 Vgl. Karla Schröder: Zentrales Kolloquium der ausländischen Studenten in der DDR, in; Das Hochschulwesen, Heft 4/ 1982, S. 110 f. 24 Vgl. Artikel ,Lernen für die Zukunft - Solidaritätsspenden für Bildung in Entwicklungsländern', in: Junge Welt vom 7.7.1981. 25 Vgl. Artikel ,Solidarität in Aktion von Millionen Bürgern - Bilanz intemationalistischen Wirkens', in: National-Zeitung vom 24.12.1984.
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nische Studenten und Aspiranten vorgesehen war und jährlich an etwa zehn bis zwanzig junge Chilenen ftir Verdienste "im antiimperialistischen Kampf und ftir hohe Leistungen im Studium" verliehen wurde 26 • Seit dem "30 Jahrestag des Ausländerstudiums in der DDR" im Herbst 1981 wurde das Stipendium aber durch Novellierung der betreffenden Verordnung 27 auch für sonstige Ausländer geöffnet und gleichzeitig als internationales Stipendium an "46 ausländische Beststudenten aus 27 Ländern" verliehen 28 • Seither steht das Alleode-Stipendium für jährlich 50 ausländische Studenten und Aspiranten zu Studienzwecken in der DDR zur Verfügung. Mit dem Stipendium, das für Studenten monatlich 500 Mark und für Aspiranten 600 Mark beträgt, sollen vorbildliche Studienleistungen (,Beststudenten') und hohe gesellschaftliche Aktivität, mithin politisches Wirken und Verhalten, belohnt werden; sollten diese Voraussetzungen im Einzelfall nicht mehr gegeben sein, droht der Entzug. Für die Stipendienvergabe vorschlagsberechtigt sind die Leiter staatlicher Organe wie gesellschaftlicher Organisationen sowie die Leitungsebene der verschiedenen Bildungseinrichtungen. Die Entscheidung über die Vergabe und ggf. den Entzug obliegt einer Auswahlkommission beim Minister für Hoch- und Fachschulwesen, der auch Vertreter des Zentralrates der Freien Deutschen Jugend angehören. Neben der Übernahme der direkten Ausbildungskosten fördert die DDR das Ausländerstudium auch durch indirekte Leistungen. Dazu gehören die Freiheit von Studiengebühren, die Einbeziehung der Studenten in die Sozial- und Krankenversicherung, die freie Benutzung der sozialen Einrichtungen an den Hochschulen {Studentenclubs), Fahrpreisermäßigung ftir öffentliche Verkehrsmittel nicht nur am Studienort sowie, da Heimreisen der Studenten aus EL während ihres Aufenthaltes in der DDR aus Kostengründen kaum möglich sind, die gern genutzte Möglichkeit, an studentischen Ferienlagern in der DDR teilzunehmen. Eine Berücksichtigung der internationalen entwicklungspolitischen Diskussion findet sich im Zusammenhang mit dem Ausländerstudium zuweilen in den Dokumenten der DDR ftir supra-nationale Organisationen. So werden z. B. im Bericht des Ministeriums ftir Auswärtige Angelegenheiten ftir die VN-Vollversamrnlung, bezogen auf das Jahr 1983, neben der Gesamtdarstellung der Bildungshilfe der DDR ftir Studenten aus Entwicklungsregionen erstmals auch spezielle Angaben über die Unterstützung der Gruppe der LLDC-Staaten vorgestellt 29 • Folgt man diesen, dann haben im Berichtsjahr 518 Studenten aus Vgl. ,DDR Handbuch', a a. 0., S. 101 (Anm. 11). VO über die Verleihung des SAS, a. a. 0., Anm. 10; ferner Ordnung ftir die Auszeichnung von Studenten und Aspiranten mit dem SAS, ebda., S. 298 f. 28 Vgl. Artikel ,Allende-Stipendium', in: Junge Welt vom 5.11.1981. 29 Vgl. Artikel ,Unterstützung der DDR ftir Entwicklungsländer und nationale Befreiungsbewegungen 1983', in: Außenpolitische Korrespondenz, Nr. 42/1984, S. 331 f. (S. 332). 26
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Probleme der Studienfinanzierung in der DDR
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diesen Ländern ein Hoch- oder Fachschulstudium in der DDR abgeschlossen, womit rund ein Drittel aller Absolventen in Ländern dieser Staatengruppe beheimatet war. 3. Die eingangs dargestellten rechtlichen Regelungen geben Anlaß zu der Einschätzung, daß für Ausländer - zumindest seit der Mitte der sechziger Jahre - ein Studium in der DDR auch neben einer offiziellen ,Delegierung' auf kommerzieller Grundlage möglich ist. Dabei sind drei Varianten erkennbar. Zum einen ist die Übernahme von Ausbildungsleistungen bis zum Hoch- und Fachschulabschluß Bestandteil von Exportverträgen; verwiesen sei dabei auf Projekte im Bereich der beruflichen Bildung 30 , des Bergbaus 31 oder der Landwirtschaft 32 • Des weiteren besteht auch für EL die Möglichkeit, über das vertraglich vereinbarte Kontingent hinaus weitere ihrer Staatsangehörigen, dann allerdings gegen Entgelt, in der DDR ausbilden zu lassen. Schließlich ist die Studienplatzvergabe an Selbstzahler (,individuelle Studienplätze') zu nennen; entsprechende Offerten richten sich vornehmlich an Bürger aus westlichen Industriestaaten, aber auch an zahlungskräftige Schichten in EL. Die Vergabe derartiger Studienplätze wird üblicherweise dem Export ,immaterieller Leistungen' zugeordnet, dem international eine wachsende Bedeutung zukommt 33 • In diesem Bereich hat die DDR seit einigen Jahren ihre Anstrengungen durch Ausweitung des Angebotes verstärkt; sie bietet hier seit 1984 auf der Leipziger Messe unter dem Motto ,Ihr Problem - unsere Lösung I Wissen, Technologie und Leistungen aus der DDR' den Wissenstransfer in den Sektoren Wirtschaft, Bildung und Gesundheit als Export immaterieller Leistungen an. Auch das Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen hat seit Anfang der achtziger Jahre ein eigenes, differenziertes Programmangebot für westliche Industrie- wie Entwicklungsländer gestaltet, wobei die kommerzielle Aus- und Weiterbildung in mehr als 30 Grundstudienrichtungen mit Vorrang genannt wird 34 • 30 Vgl. Artikel ,Langjährige DDR-Exporte von Einrichtungen und Ausrüstungen für das Bildungswesen', in: Außenpolitische Korrespondenz (AK), Nr. 40/1985, S. 327 f. 31 Vgl. Artikel ,Moderne Technologien der Braunkohleveredelung aus der DDR', in: AK, Nr. 33/1985, S. 270 f. 32 Vgl. Artikel ,DDR - zuverlässiger Partner bei der komplexen Lösung der Ernährungsfrage', in: AK, Nr. 11/1985, S. 86 ff. 33 Vgl. Beitrag ,Kanone schmilzt reinsten Stahl - neuestes Wissen im Angebot", in: Der Morgen vom 15. 3.1984, S. 5. Nach einer Zeitungsmeldung (vgl. Volksblatt Berlin vom 5. 9.1985) sollen im Jahre 1985 ca. 1 000 Ausländer aus Entwicklungsländern wie Industriestaaten auf kommerzieller Basis in der DDR studiert haben. Insgesamt wären dies etwa 10% aller ausländischen Studierenden in der DDR gewesen. Die Kosten fiir einen medizinischen Studienplatz sollen je nach Fachrichtung zwischen sechs- und zehntausend US.Dollar jährlich betragen haben. 34 Vgl. Manfred Gielke: Am Bildungsfortschritt teilnehmen - in der DDR studieren, in: AK, Nr. 17/1984, S. 133 f.; Nr. 18/ 1984, S. 142 f.
Ursula Lindig
SOZIALPSYCHOLOGISCHE PROBLEME AUSLÄNDISCHER STUDENTEN IM DEUTSCHEN KULTURKREIS I. Ich halte es ftir sinnvoll, die Probleme der ausländischen Studenten aus der Dritten Welt zu relativieren und in den Rahmen der Probleme der deutschen Studenten und damit in den Kontext auch zu Problemen unserer jetzigen Universität in der Bundesrepublik zu stellen. Das heißt, daß zunächst die Probleme der deutschen Studenten in unseren Hochschulen dargestellt werden sollen, um dann aufzuzeigen, mit welchen Schwierigkeiten Studenten aus der Dritten Welt zusätzlich konfrontiert werden und die sie zu bewältigen haben. Studenten befmden sich in einem Stadium verlängerter Adoleszenz. In einer Altersphase, in der andere Gleichaltrige bereits beruflich tätig sind, muß sich der Student mit einer Diskrepanz auseinandersetzen: zwischen seiner Rolle als Lernender und nicht selbst Versorgungsfähiger einerseits und der ihm von seinem Alter her zugeschriebenen Erwachsenenrolle andererseits. So ergibt sich ein deutlicher Rollenkonflikt, der darin besteht, daß dem Studenten als QuasiErwachsenem Adoleszenzprobleme nicht mehr zugestanden werden. Die Vergabepraxis der ZVS von Studienplätzen in zulassungsbeschränkten Fächern vorzugsweise an Ortsansässige erschwert häufig den Loslösungsprozeß vom Elternhaus. Aber auch diejenigen, die an nicht gewünschte Orte verteilt werden, sind benachteiligt. Für beide Gruppen ist gemeinsam, daß sie Ort und Zeit des Studienbeginns nicht frei wählen können. Auch die fmanzielle Situation engt die Entscheidungsfreiheit vieler Abiturienten ein. Solche Studienanfänger wohnen meistens aus wirtschaftlichen Gründen noch längere Zeit zu Hause, was den Prozeß des "Erwachsenwerdens" verlängert und die Abhängigkeit erhöht. Gleichzeitig teilen diese Studienanfänger das Los der Neuzugezogenen. Die Sicherheit eines geordneten Schulalltages sowie die Geborgenheit im eigenen Freundeskreis wird abgelöst von sozialer Isolation, Neuorientierung und Unsicherheit am neuen Studienort und der Universität. In dieser Situation des Neuanfangs machen sich erst später die Ergebnisse fehlender bzw. nicht befriedigend verlaufender sozialer Erziehung vor Studien-
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beginn bemerkbar. Fehlende soziale Kompetenzen äußern sich z. B. in Kontaktschwierigkeiten, Partnerproblemen, sexuellen Störungen und weiteren Schwierigkeiten. Die Situation an der Universität bietet keine Hilfestellung, vielmehr vertieft sie noch die vom Studenten bevorzugte Strategie einer Lebens- und Problembewältigung auf einer übermäßig abstrakten und rationalen Ebene. Der Druck, die mindestens 20 Jahre lange Ausbildungskarriere (Schule und Studium) erfolgreich abschließen zu müssen, führt häufig zu Lern- und Arbeitsstörungen. Die Prüfungsangst kann somit zum Symptom werden ftir Angst vor dem "Danach"; flir Perspektivlosigkeit, ftir schlechte Berufsaussichten, flir die Furcht vor dem "Erwachsenwerden". 1. Problemauslösende und problemverursachende Bedingungen der Hochschulsituation Die Frage nach problemauslösenden und problembedingenden Besonderheiten im Leben und Arbeiten an der Hochschule wird in der sozialwissenschaftliehen Iiteratur schon seit langer Zeit unter verschiedensten Aspekten diskutiert. Die ganze Breite dieser Diskussion soll hier nicht noch einmal aufgegriffen, sondern darauf beschränkt werden, die wichtigsten Aspekte darzustellen. Bei der Durchsicht der Literatur fällt auf, daß sich nur wenige Autoren mit mehreren Ursachenbereichen flir psychische Beeinträchtigungen bei Studenten gleichzeitig beschäftigen. Die meisten Autoren legen den Schwerpunkt auf einen der nachfolgenden Bereiche: a) gesellschaftliche Bedingungen ( vgl. Abendroth 1967, Dörner 1967, Dreitzel 1974, Habermas 1969, Morgenstern 1973, Westdeutsche Rektorenkonferenz 1977, 1978, 1979); b) institutionelle und allgemeine materielle Bedingungen (vgl. Heckmann u. a. 1972, Florin u. a. 1976, Goldschmidt 1969, von Hentig u. a. 1970, Herve 1973, Prior 1969, Saterdag 1972, Wagner 1977, Weinert 1972, Wöller 1978); c) Bedingungen, die sich aus der Lebensgeschichte und den individuellen Problemen des Studenten ergeben (vgl. Giese u. a. 1968, Jaeggi 1973, Jahnke 1971, lindig 1971, Möller u. a. 1970 und 1972, Sperling u. a. 1974, Ziolko 1969). Dabei klingt jedoch immer wieder an, daß es zwischen diesen Feldern Wechselwirkungen gibt und sie nicht scharf voneinander zu trennen sind. Wegen der Vielschichtigkeit dieses Problembereiches erscheint es nicht gerechtfertigt, einen der Bereiche auf Kosten der anderen als bedeutender hervorzuheben und in ihm die "Hauptursache" zu sehen. Gleichzeitig bedeutet dies aber, daß die psychischen Probleme der Studenten nur dann nachhaltig bewältigt werden
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können, wenn hinsichtlich aller genannten drei Ebenen ein Prozeß des Nachdenkensundder Veränderung unterstützt wird. Zu a): Gesellschaftliche Bedingungen
Haberrnas (1969), Möller und Scheer (1974), Morgenstern (1973), Sperling und Jahnke (1974) sowie die Dokumente der Westdeutschen Rektorenkonferenz (1977, 1978 und 1979) beschreiben eine Funktionsveränderung der Universität. In der Abkehr von der Humboldtschen Bildungsuniversität vollzieht sich eine Wandlung zur "Ausbildungsuniversität", in der der Vermittlung und Aneignung von verwertbarem Faktenwissen der Vorzug vor einer vielseitigen Bildung gewährt wird, die den Menschen in seiner Vielschichtigkeit erfaßt. "Die zur Konsumtion bereitgestellten Lernangebote sind Warenangebote von Supermärkten vergleichbar" (Morgenstern 1973, S. 35). Gestützt wird diese Tendenz durch die Wissensexplosion der letzten Jahrzehnte. Selbst die lehrenden "Fachleute" können nur noch einen begrenzten Überblick haben. Morgenstern beschreibt die Folgen der Wissenszunahme pointiert: ,,Die Studenten erleben aus direkter Anschauung den ,Zerfall der Wissenschaft' in einen imposanten Schotterhaufen unkorrelierten Detailwissens." (Morgenstern 1973, S. 35). Sofern diesem Prozeß nicht durch veränderte Lernziele und reformierte Fachdidaktik entgegengewirkt wird, ist die reale Überforderung des lernenden tendenziell vorgegeben. "Die Wissenschaft ist so verlockend wie unerreichbar geworden, eine Wurzel der Resignation." (Sperling u. a. 1974, Bd. 1, S. 226). Die Studenten bekommen in dieser Situation häufig das Geftihl, nichts Produktives zu leisten. Der Verlust eines Teils ihres Selbstwertgeftihls ist die Folge (vgl. Wöller 1978, S. 232 ff.). Die Vernachlässigung der Universität als Bildungseinrichtung und Vermittler von Sozialisation kann nur dann überwunden werden, wenn die Gesellschaft der menschlichen Qualiftkation ihrer späteren Führungskräfte eine ebenso große Bedeutung beimißt wie dem Faktenwissen, das sie als Hochschulabsolventen mitbringen. Dörner (1967) sprach schon vor 13 Jahren die Überzeugung aus, "daß mindestens so wichtig wie die intellektuellen Fähigkeiten flir das Erfüllen bzw. Verfehlen der akademischen Funktionen die übrigen Eigenschaften der Persönlichkeit, namentlich der emotionale Bereich und die sozialen Beziehungen anzusehen sind" (S. 28). Hochschule als Vermittler von Sozialisation bedeutet den Versuch, auf die Persönlichkeitsentwicklung der Studenten aktiv und überlegt Einfluß zu nehmen, um zur "Kampf-umsDasein-Philosophie" (Famsworth 1957) ein Gegenstück zu bilden. Der ,,Kampf ums Dasein" bezieht sich ftir Studenten nicht so sehr auf die materielle Absicherung des späteren Lebens. Vielmehr tauchen auf einer höheren "geistigen Entwicklungsstufe" (vgl. Dörner 1967, S. 33) auch neue BedürfII llly/Schmidt
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nisse und Möglichkeiten auf, so daß eine potentielle Zunahme von Konflikten erwartet werden kann. Durch diese Verlagerung auf die psychische Ebene wird der "Kampf ums Dasein" - der sicher nicht pauschal bei allen Studenten zu beobachten ist - keineswegs abgeschwächt. Die psychotherapeutische Arbeit dokumentiert die Schwere vieler lebensbedrohender Existenzkrisen. Beteiligt an diesen Krisen ist oftmals die von Studenten subjektiv empfundene Angst, in einer Position hängen zu bleiben, die nicht ihren Möglichkeiten entspricht (vgl. Florin und Rosenstiel 1976, S. 15); diese Gefahr wird aber auch von politischer Seite für das kommende Jahrzehnt bestätigt: Es bestehe ,,kein Anlaß, pauschal vor dem Studium zu warnen, auch wenn voraussichtlich der Wettbewerb um attraktive Arbeitsplätze in den 80er Jahren noch zunehmen werde." (Mitteilung des Bundesbildungsministeriums im dpa-Dienst für Kulturpolitik, 4.8.1980). Die Auswirkungen einer solchen Situation auf das Konkurrenzverhalten unter Studenten beschreiben eindrucksvoll Florin und Rosenstiel (1976, s. 16 ff.). Bei den Anmerkungen zu gesellschaftlichen Bedingungen mag auch der Vermerk erlaubt sein, daß unsere Konsumgesellschaft durch Werbung vermittelt, daß alle Dinge "gleich" zu haben seien. In der Werbung heißt es ,,hol Dir etwas" - der Geldbegriff wird ausgeschaltet, das Sparen auf etwas hin ist unzeitgemäß. Insofern ist ein Studium in diesem Sinne ,unzeitgemäß'. Fünf Jahre in kleinen Schritten auf etwas hinzulernen, dessen Erfolg man frühestens nach Abschluß dieser Zeitspanne haben kann, erscheint in diesem Zusammenhang fast paradox. Ist in diesem Sinne ein Hochschulstudium mit aller Frustration (wie es modern heißt!) ein Fremdkörper in der Gesellschaft? Eine Lehre, die über einen Zeitraum von drei Jahren defmiert ist, wird da gerade noch akzeptiert. Das Problem der soziologischen Umschichtung in einer Generation muß hier ebenfalls erwähnt werden. In früheren Zeiten gab es zwar immer Ausnahmen, d. h. soziale Aufsteiger in einer Generation, aber sie waren Einzelfälle, und zum anderen war eine Studen.tenschaft als soziale Gruppe vorhanden, die sie auffangen konnte. Oft sagen Studenten, die Examensschwierigkeiten haben, nach längerer Therapie, daß es für sie letztlich ein Problem sei, daß mit dem Diplom oder Staatsexamen der Unterschied zum Elternhaus nach außen dokumentiert sei. Gewachsene Strukturen sind nicht vorhanden. Es entsteht die Notwendigkeit, eigene Strukturen selbst zu schaffen.
Zu b): Institutionelle und allgemeine materielle Bedingungen Dadurch, daß die Sozialisation der Studenten nicht explizites Bildungsziel ist, ergeben sich auf der Ebene universitären Lebens und Arbeitens Konsequenzen. Die Nennung solcher Folgen in diesem Abschnitt soll weitere- wenn auch
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an dieser Stelle zwangsläufig unvollständige - Belege flir die Berechtigung der Annalune liefern, daß die Belange studentischer Sozialisation an der Hochschule vernachlässigt werden. Sperling und Jahnke (1974) beklagen, "daß die Universität als Sammelstelle von Wissenschaft und Lehre die sich aus wissenschaftlichem Tun ergebenden menschlichen Probleme bisher weitgehend verleugnet hat" (S. 225). Zum Selbstbild des Hochschullehrers gehört wohl der Wissenschaftler, selten sieht er sich aber auch als Vermittler von Sozialisationserfahrungen. So benötigt ein Hochschullehrer zum Nachweis seiner Qualifikation zwar Promotion, Habilitation etc., aber keine im Niveau vergleichbaren pädagogischen Fähigkeiten. Indes muß jedoch gesagt werden, daß sich die aus der Funktionsveränderung der Universität ergebenden Probleme in diesem Bereich nicht allein durch verbesserte Didaktik lösen lassen. Eine weitere Aufgabe bestände z. B. darin, Studenten in stärkerem Ausmaß als bisher am Forschungsprozeß teilhaben zu lassen, um so ein ganzheitliches Lernen zu ermöglichen. Die Beschränkung der Bildungsaufgabe fast ausschließlich auf den intellektuellen und theoretischen Bereich stellt nach Möller und Scheer (1974) eine der immanenten Charakteristika dar, die studentische Arbeitsfunktionen störanfälliger machen als die Tätigkeiten anderer Arbeitsbereiche. Hinzu kommen als besondere Aspekte der Ausbildungscharakter studentischer Tätigkeit und die gleichzeitig erwartete starke Eigeninitiative. Dies erläutert auch die Ergebnisse von Möller und Scheer ( 1971 ), die fanden, daß Arbeitsbehinderungen auch bei solchen Studenten auftraten, die aufgrund ihrer bisherigen Lebensgeschichte keine Tendenz zu psychischen Problemen erkennen ließen. Zu dieser Annalune gehen auch unsere eigenen Ergebnisse, die zeigen, daß der psychisch belastete Student keineswegs intellektuell weniger begabt ist. Schaut man sich mit diesem Ergebnis im Hintergrund die Übersicht Dörners (1967) an, aus der hervorgeht, daß Studienahbrecher außerhalb der Universität gute Leistungsprognosen hatten, so erscheint die Suche nach störungsbedingten Studiencharakteristika noch erfolgversprechender. Solche Faktoren wurden dann auch schon von verschiedenen Autoren identifiZiert (vgl. Wöller 1978, Florin und Rosenstiel1976). Florin und Rosenstiel nennen (S. 18 ff.): Förderung einer extrinsischen Lernmotivation gegenüber einer Lernmotivation, die einem eigenen Interesse am Lerngegenstand entspringt (S. 19); kritisches Reflektieren und Diskussionen werden behindert, da Lehrveranstaltungen oftmals als Vorbereitung auf Prüfungen angesehen werden (S.l8). Wöller nennt (S. 193 ff.): Unsicherheit, da Arbeitsziele selten klar defmiert sind; Überangebot an Inhalten ist ftir Studenten unstrukturiert und uneinsehbar; tt•
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- ungenügende Erfolgsrückmeldungen, meist verbunden mit bewertenden Prüfungen; - unregelmäßige Arbeitszeiten, die Sozialkontakte und kontinuierliches Arbeiten erschweren; - Angst vor Berufseintritt durch praxisferne Ausbildung. Schon diese Auswahl von beeinflussenden Faktoren unterstreicht die These von Florin und Rosenstiel (1976), "daß jemand hoch motiviert an eine Aufgabe herangeht, auch die daflir erforderlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten besitzt und dennoch scheitert, weil die äußeren Umstände ihn stark behindern" (S. 27). Neben diesen Eigenheiten der Lernsituation gibt es im studentischen Leben noch weitere Besonderheiten, die zu psychischen Belastungen flihren können. Sie betreffen vor allem die Wohnsituation und die fmanzielle Abhängigkeit des Studenten. Die Studentenzimmer befmden sich oft nicht in Universitätsnähe, was sich bei unregelmäßigen Arbeitszeiten besonders nachteilig auswirkt. Eine annehmbare Wohnmöglichkeit ist generell schwer zu fmden. Die Erfahrung zeigt, daß viele Studenten im Laufe des Studiums ein- bis zweimal umziehen müssen, um in geeignetem Wohnraum leben zu können (das Wohnen im Studentenheim ist beispielsweise zeitlich befristet). Als Untermieter wird seine Privat- und Intimsphäre beeinträchtigt. In den wenigen Wohnheimen sind die Voraussetzungen zur Kontaktaufnahme oftmals nicht hinreichend, da häufig z. B. kontakterleichtemde Gemeinschaftsräume fehlen. Hinzu kommen ständige Sorgen um die fmanzielle Absicherung des Studiums. Der Student befmdet sich nicht in der Lage des Gleichaltrigen, der im Beruf steht. Erbekommt keinen festen Lohn flir geleistete Arbeit, sondern muß wiederholt bei Eltern und Behörden als Antrag- und Bittsteller auftreten. Gerade von seiten der Eltern wird die Gewährung von Geldem oftmals mit der Forderung nach Anpassung an ihre sozialen und moralischen Normen verbunden (flir eine ausführliche Darstellung der in diesem Abschnitt angesprochenen Problembereiche vgl. Wöller 1978 und Deutsches Studentenwerk 1977). Eine besondere Situation flir Studenten ist die Examenszeit, die hier gesondert aufgeführt wird, da sie bei Studenten existentieller Bestandteil ihres Studiums ist. Examen bedeutet in der Hochschule im allgemeinen Abschluß des Studiums und Eintritt in das Berufsleben. In den meisten Fällen ist das auch Festlegung auf eine bestimmte Berufsrichtung, Eingebundenwerden in vorgegebene Strukturen im Betrieb, in festgesetzte Arbeitszeiten sowie Übernahme vorgegebener Aufgabenbereiche. Es handelt sich also um einen neuen Lebensabschnitt, oft zusätzlich gekoppelt mit der Realisierung einer Familiengründung.
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Tobias Brocher sieht in seiner Arbeit "Stufen des Lebens" (1977) diesen Übergang vom ,,Ende der Reifejahre zur Lebensstufe des jungen Erwachsenen" fti.r diejenigen mit ,,höherer Bildung" konfliktbeladener als in anderen Bildungsschichten. Der Student hat oft ein großes theoretisches Wissen, sein Leben und Tun sind jedoch oft weit davon entfernt. Diese Diskrepanz schafft fti.r den Einzelnen, aber auch fti.r Absolventen zahlreicher Studiengänge insgesamt reale Probleme. Deutlich wird dies z. B. an der oft gestellten Frage, ob das an der Universität erworbene Wissen im Beruf oder gar im praktischen Leben anwendbar ist und die erarbeiteten theoretischen Modelle fti.r den eigenen Lebensentwurf umsetzbar sind. Diese Krise - wie eingangs angedeutet, Übergang von Reifejahren zur Lebensstufe des jungen Erwachsenen - trifft alle Menschen, jedoch in verschiedenen Lebensaltern. Altersmäßig sehr spät trifft sie jedoch nur Studenten. Absolventen anderer Ausbildungsgänge sind im Alter von Ende zwanzig bereits lange in den Arbeitsprozeß eingegliedert und haben eine eigene Familie; die genannte Krise haben sie in einem Alter durchlebt, in dem man landläufig solche Entwicklungskrisen akzeptiert. Im gesellschaftlichen Geftige gilt nur der etwas, der bereits einen Beruf vorweisen kann und eigenen Verdienst hat. Beides fehlt dem Studenten. Auch die fmanzielle Abhängigkeit verzögert den Prozeß der ,,Ich"-Findung. Möglichkeiten des ,Probierens und Irrens' sind nach so langer Studienzeit kaum noch gegeben. Wer sich fti.r ein Studium und damit fti.r die Lernsituation an der Hochschule entscheidet, sieht zunächst oft nur die Chancen -größerer Freiheiten gegenüber dem Eingebundensein in eine Lehre, mehr Möglichkeiten des AusprobierenKönnens, ohne gleich festgelegt zu werden. Umsetzen von theoretischem Wissen in die Praxis wird im Studium wenig gefordert. Außeruniversitäre Praktika können zwar Berufsnähe vennitteln, zumeist werden sie aber unverbindlich wahrgenommen, da sie von kurzer Dauer sind und die Rückkehr ins Studium gewiß ist. In zahlreichen naturwissenschaftlichen Studiengängen arbeitet der Student in den Praktika zwar oft in ähnlicher Weise wie später im Beruf (z. B. Chemiker, Zahnmediziner), es fehlt jedoch die eigene Verantwortlichkeit und oft der Zeitfaktor, der im Beruf eine wesentliche Rolle spielt. Der Leistungsdruck sieht im Studium durch die folgenden Prüfungen anders aus als im Berufsleben. Erwartungen von seiten der Gesellschaft, "die Studenten hätten lange genug studiert; sie sollten nun endlich im Beruf zeigen, was sie gelernt hätten", sind oft gekoppelt mit dem Wunsch von seiten der Studenten, nun endlich auch etwas "Sichtbares" im Beruf vollbringen zu können. Verständlich erscheint auf diesem Hintergrund die Sorge, den eigenen Anforderungen und denen der Umwelt nicht zu genügen.
In bezugauf die Examenssituation stellen sich folgende Fragen:
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Reicht das im Studium erworbene Wissen ftir die Prüfung? Ist das vorhandene Wissen in der Prüfungssituation parat? Reicht das erworbene Wissen ftir den Beruf? Ist das absolvierte Studium das richtige gewesen ftir den eigenen Lebensweg? Bedeuten Examen und Eintritt in den Beruf nicht eine Einengung der theoretischen Möglichkeiten? Lassen sich Beruf und Lebensentwurf oder Lebensplanung in Einklang bringen und gemeinsam verwirklichen? Die Zahl derjenigen Studenten, die unter diesen Konflikten leiden, ist erheblich und weitaus höher, als gemeinhin angenommen wird (Sperling und Jahnke 1973, Lindig 1974, Bundestagsenquete). In zahlreichen Fällen erfolgt eine Verdrängung in den psychosomatischen Bereich (von Uexküll1979). Auch die hohe Rate der Verordnungen von Sedativa gerade an Examensstudenten mag diese Situation verdeutlichen. Die Konflikte - beim Studenten oft unbewußt - äußern sich in Lern- und Arbeitsstörungen. Lernen ist die originäre Arbeitsform des Studenten, Störungen auf diesem Gebiet während der Examenszeit wirken sich daher erheblich aus. Lernen kann nicht isoliert vollzogen werden, es ist an ausbildungsspezifische Sozialsituationen gebunden. Das Problem des Lernens vieler Studenten ist der Umgang mit dem oft als sinnlos erlebten Stoff. Die Sinnfrage dem Lernstoff gegenüber ist oft eng gekoppelt mit der eigenen Lebenssituation. Das Problem der Lernstörungen wird hier nur aufgezeigt, um den Zusammenhang zwischen persönlicher Lebenssituation und Lernstörungen darzustellen. Die Folge ist in zahlreichen Fällen ein Rückzug in Subkulturen, oft außerhalb der Universität. In der 10. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes geben über 70 % der Befragten an, daß sie sich psychisch beeinträchtigt ftihlen. Nur eine geringe Zahl findet jedoch den Weg zu therapeutischer Hilfe.
IL Ich habe diese allgemeinen Bemerkungen über Studenten vorgestellt, um deutlich zu machen, daß ausländische Studenten aus Afrika, dem vorderen Orient oder Ostasien auf Bedingungen stoßen, die das Studium hier ftir sie zusätzlich erschweren, und daß sie wohl von deutschen Kommilitonen kaum Leitbilder erhalten können. Die Hilfestellung bezieht sich auf Solidarität und selbstverständlich auf praktische Hilfen in kleinem Rahmen.
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Wie sehen nun die zusätzlichen psychischen Probleme der ausländischen Studenten aus? Sie kommen einmal aus einem ganz anderen Kultur- und Sprachbereich und kommen zum anderen - und das scheint mir genauso wesentlich - für eine lange Zeit, d. h. für ihre gesamte Ausbildung, nach Deutschland. Das sind die entscheidenden Jahre, also etwa im Alter zwischen 19 und 30 Jahren, in denen sich die Persönlichkeit ausprägt. Es können hier nur einige wenige Punkte angedeutet werden, die das Leben hier erschweren: Ablehnung noch weiter Teile der Bevölkerung gegen andersfarbige Menschen; gegenseitiges Nichtverstehen der Lebensgewohnheiten oder auch sprachliche Schwierigkeiten; hinzu kommt, daß sie sich oft von der Bundesrepublik als dem Wirtschaftswunderland falsche Vorstellungen in ihrem Heimatland gemacht haben. Eigentlich kann kaum ein Student aus den genannten Herkunftsländern bei seinem Start die ganze Problematik übersehen, die bei einem Studium hier auf ihn zukommt. Auf der einen Seite bemühen sie sich immer wieder darum, es in Lebensweise und Gewohnheit ihren deutschen Kommilitonen gleichzutun und möchten auch keinen Sonderstatus haben. Dieser Wunsch ist in weiten Teilen berechtigt und verdient auch in der Behandlung Beachtung. Es gibt aber bestimmte Faktoren, die sich nicht negieren lassen. Diese Probleme tauchen z. B. auf, wenn die deutschen Kommilitonen zu ihren Angehörigen fahren oder sich in Freundeskreise aus der Schule oder der Heimatstadt temporär zurückziehen können. Das gilt vor allen Dingen für Semesterferien oder Feiertage. Hierher gehört auch der weite Bereich der Freundschaft mit Frauen, der ein Problem darstellt. Die deutsche Studentin hat im allgemeinen ihren deutschen Freund, da sie doch in vielen Fällen - auch wenn dies nicht zugegeben wird - eine Partnerschaft in einer Ehe anstrebt. Neben allen Vorurteilen gibt es reale Schwierigkeiten bei einer Heirat mit einem afrikanischen oder asiatischen Studenten, und zwar hier auch für beide Teile, entweder bei einem Verbleiben in Europa oder bei einer Rückkehr mit der deutschen Frau in das Heimatland. Studentinnen aus afrikanischen oder asiatischen Ländern sind in so geringer Zahl in der Bundesrepublik, daß eine geeignete Partnerin sich hier in den seltensten Fällen flnden läßt. So kommt es in zahlreichen Fällen auch zu längeren oder kurzfristigen Freundschaften mit Partnerinnen, in denen außer der sexuellen Gemeinsamkeit wenig gemeinsame geistige Interessen vorhanden sind. Viele der ausländischen Studenten lehnen auch eine solche Verbindung ab. Es bleibt also für die afrikanischen und asiatischen Studenten neben den Lernschwierigkeiten in einer fremden Sprache und in einem fremden Kulturraum die Schwierigkeit des menschlichen Kontaktes. Sie werden zwar von zahlreichen Familien und Kommilitonen oder auch Organisationen immer
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wieder eingeladen; es entsteht für sie jedoch die Situation des ständig Annehmenden und desjenigen, der in den seltensten Fällen auch einmal selbst Gastgeber sein kann. Das schafft Minderwertigkeitskomplexe.
1. Fallbeispiele
Ein Pharmazie-Student aus Formosa, 28 Jahre alt, kommt mit psychosomatischen Beschwerden: Kopfschmerzen, Engegeftihl in der Brust, Schlaftstörungen, Gewichtsverlust. Er spricht relativ gut deutsch, wenn es schwierig wird, geht es auf englisch weiter. Das Studium ging hier in Harnburg zunächst gut und glatt voran, die Doktorarbeit macht jedoch Probleme. Ich konfrontiere ihn mit folgender Aussage des niederländischen Psychiaters Bastiaans: Wenn ich nicht sagen kann, daß ich Schwierigkeiten habe, dann sagt es mein Körper. Ich frage ihn, was sein Körper wohl sagen wolle mit den Symptomen. Nach einigem Nachdenken kommt er langsam an seine Symptome heran - ein Problem, das in der psychosomatischen Medizin eine wesentliche Rolle spielt, auch bei deutschen Patienten. Für den Therapeuten entsteht die Schwierigkeit, Symptom und Patient wieder zusammenzubekommen. Unterhalte ich mich mit dem Patienten über Probleme, kommt mit Sicherheit der Satz "aber meine Körperbeschwerden sind doch da''. Unterhalte ich mich- wie es in der Fachsprache heißt - mit dem Symptom, so muß der Patient aus der Trennung Mensch-Symptom wieder zusammenrücken. Die Körper-Bildersprache wird im asiatischen und afrikanischen Raum auch leichter verstanden. Der Patient lernt, sich und seinen Körper zu verstehen; er erkennt, warum dieser ,schreit'. In diesem Falle war das so: die sog. Leistungsschiene klappte hervorragend, die emotionale dagegen streikte. Er wollte hier nur lernen, nach Hause fahren und hatte sich nun in eine deutsche Kommilitonin verliebt. Sein Konzept für den Deutschland-Aufenthalt war durcheinandergekommen. Das Studium kam nicht voran, das Stipendium war zu Ende, Finanz- und Wohnungsprobleme kamen hinzu, die geplante Studienzeit war überschritten - all das, was in der Saarbrücker Studie aufgezeigt wurde. Deutlich wurde ferner, daß der Patient schon früher im Heimatland ohne Grund an "Verstimmungen" gelitten hatte. Die Diagnose lautete also auch für mich ,,larvierte Depression", d. h. ein depressiver Patient trägt eine körperliche Maske. Psychopharmaka halfen über die erste Zeit bis zur Besserung neben parallellaufender Psychotherapie. Ich werde auf Detailwege in der Psychotherapie noch eingehen. Ein anderes Beispiel: Eine türkische Studentin - Chemie im 6. Semester studierend - wurde von ihrem Professor geschickt, nachdem sie zweimal in
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organischer Chemie im Vordiplom eigentlich kaum ein Wort gesagt hatte. In den Praktika war sie guter Durchschnitt gewesen.
Im Gespräch kam sie an Probleme schwer heran, so daß ich sie zunächst mit dem ,,Raven", einem non-verbalen Leistungstest, testete. Vom Gesamtergebnis reichte es nicht ftir ein Studium. Erstaunlich war aber, daß sie zwar alle ,,leichten" Aufgaben dieses Tests falsch gemacht hatte, den zweiten Teil jedoch ohne Fehler absolvierte. Nach Diskussion mit Kollegen stellte ich fest, daß die Patientin wohl schwierige Dinge in der Chemie verstand, ihr aber die Grundlagen fehlten. Mit einem sinnvollen Buch, einem technischen Arbeitsprogramm und einem Attest flir das Prüfungsamt konnte ich sie entlassen. Sie kam dann alle 14 Tage, um den gelernten Stoff "vorzuzeigen". Das Lernprogramm wurde erneut besprochen, und nach einem halben Jahr bestand sie die Wiederholung mit "sehr gut". Ein schlinunerer Fall war eine Mathematik-Studentin aus der Türkei, die hier ein Kind bekommen hatte - mit allen Problemen, die ftir eine ausländische Studentin dazugehören - und ohne Partner lebte. Ihren Eltern könne sie das nie enählen, nach Hause könne sie nicht mehr. Die Isolierung hier wuchs, das Studium zog sich in die Länge, ftir zwei verdienen war hart. Die Begabteste war sie auch nicht, lernen fiel ihr sehr schwer. Das Ziel der Psychotherapie war, hier ein Arrangement mit den Realitäten zu finden, um dann gemeinsam einen gangbaren Weg zu erreichen. Die Kontaktschwierigkeiten hatte sie bereits in der Schule gehabt; sie war nach Deutschland gekommen in der Hoffnung, daß die Probleme dann "weg" seien - sie hatte diese aber ,,im Koffer" mitgebracht. Die Besonderheiten ausländischer Studenten aus der Dritten Welt sind also zusammengefaßt: 1. Mangelnde Vorkenntnisse des abendländischen Bildungsraumes. 2. Unterschiedliche Lehr- und Lemsysteme. 3. Unsichere Finanzlage. 4. Gravierende Sprachprobleme mit entsprechender zeitlicher Mehrbelastung. 5. Anpassungsprobleme. Zum ersten Mal erlebt der ausländische Student in der neuen Umgebung die Fremdheit der eigenen Person. Seine Andersartigkeit wird deutlich, überkommene Rollen aus der Heimat, in denen das jeweilige Gegenüber ohne Mißverständnisse zu interpretieren ist, gelten hier nicht mehr. Kontakte innerhalb der eigenen Landsmannschaft bestehen flir diese Studentengruppe im allgemeinen in ausreichender Form. Man zieht sich dorthin aus Enttäuschung über das neue Land zurück. Kotenkar in seiner Arbeit über ,,Ausländische Studenten in der Bundesrepublik Deutschland" (1980) zitiert: ,,Dieses Land ist flir Ausländer nicht zu empfehlen. Jeder Ausländer, der sich lange in diesem Lande aufhält, wird seelisch krank. Es ist nur eine Frage der Zeit. Hier stehen Konsum und Geld im Mittelpunkt: Kinder, Ausländer und alte Menschen haben hier keinen
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Platz." Wenn dies auch wohl nicht verallgemeinert werden kann, so scheint mir doch viel daran zu sein. Der Studienerfolg um jeden Preis ist in dieser Studentengruppe noch höher als bei deutschen Kommilitonen. Hinzu kommt, daß das gewünschte Studienfach (Medizin - Naturwissenschaften - Technik) aus Zulassungsgründen oft nicht studiert werden kann. Dagegen wird das gewählte Fach im Heimatland oft nur sehr bedingt benötigt. Jeder Mensch kann nur ein bestimmtes Quantum an Belastungen ertragen, ohne krank zu werden. Dies gilt auch für Europäer und in unserem Falle für deutsche Studenten. Für die ausländischen Kommilitonen kommen die Belastungen durch eine veränderte Umwelt und eine fremde Kultur hinzu. Zu gleichen Ergebnissen kommt die Umfrage von Breitenbach (1982/83), der aber betont, daß Finanzprobleme und Studienorientierungsprobleme im Vordergrund stehen. In der Bundestagsenquete (1975) "Zur Lage der Psychiatrie in der Bundesrepublik Deutschland - zur psychiatrischen und psychotherapeutisch/psychosomatischen Versorgung der Bevölkerung" hatte ich den Abschnitt "Zur Lage der psychotherapeutischen Versorgung von Studenten durch die Beratungsstellen an den westdeutschen Universitäten" zu übernehmen. Die Beschwerdeliste sah damals und sieht heute folgendermaßen aus:
2. Arten und Häufigkeiten Die Beschwerden sind in den meisten Fällen eng mit der Studien- und Universitätssituation gekoppelt. Etwa 80% der Studenten, die eine Beratungsstelle aufsuchen, haben schwere Lern-, Arbeits- und Konzentrationsstörungen, die sich zusammen mit Kontaktschwierigkeiten zeigen. Psychologische Untersuchungserfahrungen haben bewiesen, daß es sich hier in der Regel nicht um minderbegabte Studenten handelt - Hochbegabungen sind dagegen nicht selten. Hinzu kommen sexuelle Probleme, psychosomatische Störungen, Grenzfalle, Sprachstörungen, Süchte, Depressionen, Phobien, Psychosen. Nach Sperling (Göttingen) lassen sich im Symptom-Katalog vier große Bereiche aufzeichen. A. Körpersphäre: 1. Magen, Darm, Verdauung, Übelkeit, Erbrechen. 2. Eßstörung, Appetit. 3. motorische Funktionsstörung (Tic, Tremor, Lähmung) 4. Sprachstörung, Stottern, Sprachhemmung
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5. Herz-Kreislaufstörung (Herzstiche) 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16.
Atemstörung, Astluna bronchiale Sexualstörung (körperlich), Impotenz, Frigidität Ekzeme, Allergien, Juckreiz Nägelbeißen, Haarreißen, Hautreißen Exzessives Masturbieren Schlafstörung (Müdigkeit, Ein- und Durchschlafstörung) Sinnesstörung, Seh- und Hörstörung Körperliche Behinderung (wenn nicht unter 12) Krankheitsneigung, allgemeine Anfälligkeit Alkoholabusus, Süchte vegetative Labilität, Erröten, Schwitzen
B. Leistungsbereich:
1. 2. 3. 4. 5.
Leistungsabfall, -versagen, gen. Leistungsstörung Plan- und Ziellosigkeit des Arbeitsverhaltens Überforderung, perfektionistisch-zwanghaft Versagen unmittelbar vor (im) Examen Versagen nach Mißerfolg (Examen)
C. Sozialbereich: 1. 2. 3. 4. 5.
Kontaktschwierigkei ten Anpassungsschwierigkeiten (Opposit. Gammeln) Rückzugsverhalten (Tagträumen, Lustlosigkeit, Gehemmtheit) paranoisch-mißtrauische Haltung aggressiv-rücksichtslose Durchsetzung
6. sexuelle Verhaltensstörung (Homosexualität) 7. Oberangepaßtheit, Gefügigkeit, Aggressionshemmung 8. materielle (Geld-)Sorgen D. Psychisch:
1. 2. 3. 4. 5.
Angst (frei flottierend) Angst (objekt-und situationsgebunden), z. B. Examensangst Unruhe depressive Verstimmung Zwangsvorstellungen und -symptome
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6. 7. 8. 9. 10.
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Störungen des Selbstwertgeftihls Stimmungsschwankungen Psychosen Studienfachwechselproblematik Fremd-(z. B. Partner-)Probleme, Sonstiges 3. Bezug zur hochschulspezifischen Situation
Die Beschwerden treten vorwiegend in drei Phasen auf: zu Beginn des Studiums; - in der Studienmitte; - in der Examenszeit Das Problem der Selbstmorde gehört auch in diesen Bereich. Die Zahl ist bei deutschen und ausländischen Studenten höher als in vergleichbaren Altersgruppen der Bevölkerung. Allerdings kann im Rahmen dieser Darstellung auf dieses Problem nicht ausfUhrlieh eingegangen werden. Derartige Fallbeispiele ließen sich beliebig erweitern und varüeren. Im Laufe von über 20 Jahren habe ich über 1 000 ausländische Studenten gesehen, die sich - hier bezogen nur auf asiatische und afrikanische Studenten - wie folgt untergliedern lassen: 1. Eine Gruppe wird von Professoren, Prüfungsämtern oder dem Auslandsamt geschickt - meist, wenn "das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist", d. h., wenn eine Prüfung nicht bestanden wurde. Hier gilt es, die Gründe flir das Scheitern herauszuarbeiten, um dann Wege der praktischen oder in zahlreichen Fällen psychotherapeutischen Hilfe zu fmden. Zunächst wollen diese Studenten meist ,,nur ein Attest", ohne die eigene äußere oder innere Situation zu verändern. Bei einer (mit einem Landsmann) verheirateten indonesischen BiologieStudentin wurde dabei deutlich, daß sie sich die Prüfung ,,kaputtmachen mußte", weil der Ehemann "nur an der Fachhochschule studierte", es aber nach Landesritus nicht ertragen konnte, wenn die Ehefrau ein ,,höheres Examen" machte. In einer Partnertherapie konnte der Ehemann akzeptieren, daß die kulturelle Situation hier andere Maßstäbe setzte. Er fand andere Ersatzfunktionen flir seinen zu erhaltenden kulturellen Bereich, er wurde "Vorsitzender" in der religiösen Sekte, der beide angehörten. So konnte er ihr Examen ertragen und sie konnte es machen. 2. Eine weitere Gruppe sind ausländische Studenten, die von Krankenhäusern, niedergelassenen Ärzten nach somatischer Untersuchung geschickt werden ("da war nichts, dann sind es wohl die Nerven"). Hier bedarf es oft sub-
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tilsten therapeutischen Könnens, um an die psychischen Störungen heranzukommen. Im Gegensatz zur klassischen analytischen Methode erkläre ich hier jeden Schritt in der Therapie. Gelegentlich hilft allerdings auch das "Geheimnisvolle"; ein afrikanischer Student sagte mir einmal, ich könne das (mit dem autogenen Training) so gut wie ihr Medizinmann im Dorf und hätte seine Beschwerden "weggezaubert". 3. Eine Gruppe, die von sich aus zur Psychotherapie kommt, sind Studenten, die selbst merken, daß "etwas nicht stimmt". Hier liegen die besten Voraussetzungen für das Einlassen in eine Psychotherapie vor. Wichtig erscheint mir besonders, dem Patienten die Achtung vor seiner Andersartigkeit bewußt zu machen; Anpassen soweit wie möglich, Beibehaltung des eigenen kulturellen Hintergrundes soweit wie nötig.
I/I. Ich möchte nun einige Zahlen nennen, danach einige methodische Probleme aufzeigen und zum Abschluß unter Hinweis auf meine Eingangsausführungen auf einige grundsätzliche Probleme eingehen. Die jährlichen Anmeldungen bzw. Überweisungen sind als absolute Zahlen aussageunfahig, die steigenden Zahlen sind einmal mit dem Gesamtanstieg der Studenten zu vergleichen, zum anderen mit dem Bekanntheitsgrad der Institution und deren Ruf. Von den etwa 3 000 ausländischen Studenten kommen auf den genannten drei Wegen etwa 5% (früher waren es 2-3 %). Von den 5% kommen etwa 2% zu einer längeren Psychotherapie, bei den anderen sind Kurzinterventionen, d. h. Klärung und ggf. Weiterleitung an andere Stellen, erforderlich. Die wichtigsten Herkunftsländer sind (Erfahrungszeitraum: 22 Jahre)
Arabische Staaten .•......... Persien . . . . . . . . . . . . . . . . . . Afrika .................. lndonesien .............. . Japan . .... . .... . . . .... . . Türkei ................. . China .................. . Griechenland ............. . Sonstige . . . . . . . . . . . . . . . . .
15% 14 % 10% 14%
8 % (vorwiegend Musikhochschule) 11% 5% 5% 18 % (Korea, Vietnam, Südamerika)
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Das Alter der Ratsuchenden entspricht ungefahr dem der deutschen Studenten, die das Beratungszentrum wegen psychotherapeutischer Hilfe aufsuchen. Ihre soziale Stellung ist schwer vergleichbar. Bei den deutschen Studenten fragen wir die Schulbildung der Eltern ab, um sie mit den Berufsangeboten zu korrelieren. Dies ist bei den o. g. Herkunftsländern fast unmöglich. Vergliche man nur die Realangaben, z. B. Landwirt, Kaufmann, würde das Bild etwa den deutschen entsprechen, nur die Zahl der Landwirte wäre höher. Mir scheint aber, daß bei genauerem Hinsehen der Vergleich unzulässig ist. Auch der Vergleich mit den verschiedenen Fachrichtungen ist unzulässig, natürlich überwiegen hier die Naturwissenschaften. Ausländische Studenten aus diesen Ländern sind aber z. B. in den Geisteswissenschaften oder in Jura erheblich unterrepräsentiert. In unserer Untersuchung "Zur Entwicklung hochschulspezifischer Psychotherapieformen in enger Verzahnung mit allgemeiner Studienberatung" (1975-1981) sind z. B. zahlenmäßig die Geisteswissenschaften überrepräsentiert. Es handelt sich dabei vorwiegend um Studentinnen aus den Lehrerberufen. Schaut man aber genauer hin, ist kein Fachbereich überrepräsentiert. Die Studentinnen aus den genannten Herkunftsländern sind zahlenmäßig so gering, daß ein Vergleich nicht statthaft ist. Wichtig dagegen war der Vergleich bezüglich der Studierfahigkeit nach dem Raven-Test: hier ergaben sich keine Unterschiede zwischen Deutschen und Ausländern. Die Versagensgründe sind in anderen Bereichen zu suchen, gehören aber nicht zu diesem Thema. Welche Hilfen speziell für Studenten aus der Dritten Welt stehen uns zur Verfügung? Die meisten psychotherapeutischen Verfahren der westlichen Welt sind auf die Sprache angewiesen, womit bereits die erste Schwierigkeit erwähnt ist. Hinzu kommt, daß der Psychotherapeut in den meisten Verfahren auf kulturelle Zusammenhänge aufbauen muß, was in unserem Falle ein Rückgriff auf bestimmte Lernverfahren bedeutet, die der abendländische Kulturbereich umfaßt und die hier Gültigkeit haben. In Gesprächen mit Psychotherapeuten, die in den psychotherapeutischen Studentenberatungsstellen arbeiten, wird immer wieder deutlich, daß diese sich der eigenen Unzulänglichkeit bewußt sind und die Verantwortung nicht übernehmen können, auf einem Gebiet zu arbeiten, das sie nicht beherrschen. Hier sind sich alle über ein erhebliches Defizit der psychotherapeutischen Ausbildung bewußt. Außer dem Eigenstudium gibt es hier zur Zeit keine Fortbildungsmöglichkeiten. Nur der Versuch, sich in die soziokulturellen Bedingungen der Herkunftsländer intensiv einzuarbeiten und andererseits sein Handwerk, die Psychotherapie, entsprechend zu variieren, erscheint mir als einzige Möglichkeit, hier Abhilfen zu schaffen. Dafür sollten Forschungsstipendien im Rahmen der Hochschularbeit zur Verfügung gestellt werden. Neben den Hilfen im psychotherapeutischen Bereich scheint es mir wichtig, Möglichkeiten der Prävention zu schaffen. W. Geuner schlägt in den Studien über psychische Probleme ausländischer Studenten in der Bundesrepublik
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Deutschland (1983) vor, ältere Studenten als Mentoren und Tutoren einzusetzen, da hier die Schwellenangst geringer sei und diese Studenten die Probleme noch ,hautnah' aus eigener Erfahrung kennten. Studienbegleitend heißt aber, daß es nicht nur um Vermittlung und Erklärung der Lernstoffes geht, sondern daß der Mentor auch das Geftihl vermitteln muß, daß menschliche Probleme ebenfalls angesprochen werden können; er ist der ältere, etwas lebenserfahrenere große Bruder, den man fragen kann, ohne als "dumm" abgestempelt zu werden. Generelle Lösungen stehen meines Wissens und meiner Erfahrung nach nicht zur Verfligung. Wachsen und Reifungsprozesse lassen sich nur bedingt forcieren, sie müssen als Übergangsphase wohl letztlich akzeptiert werden. In bezug auf unsere ausländischen Kommilitonen bedeutet das, daß der ausländische Student lernen muß, an kulturellem Hintergrund und damit seinen eigenen Wurzeln soviel als möglich zu bewahren und gleichzeitig in der Bundesrepublik von dem neuen Kulturbereich das Notwendige zu übernehmen. Das schließt ein, die persönliche Andersartigkeit zu akzeptieren.
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Wemer Weber* PERSPEKTIVEN DES AUSLÄNDERSTUDIUMS AUS DER SICHT DER HOCHSCHULEN In der kurzfristigen Perspektive gehen die Hochschulen von der Erhaltung des Status quo im Ausländerstudium aus, was folgendes bedeutet: große Zahlen von Studenten aus einigen Schwerpunktländern, die ihr Studium als individuelles Vorhaben vornehmlich in den Natur- und Ingenieurwissenschaften sozusagen als ,Privatstudenten' betreiben; Einzelpersonen und kleine Gruppen, die im Rahmen besonderer Programme eine mit dem Botsenderland mehr oder weniger abgestimmte Ausbildung an deutschen Hochschulen erhalten. Auch hier liegt der statistische Schwerpunkt bei den Natur- und lngenieurwissenschaften. Verbunden mit dieser Status quo-Situation erweisen sich folgende Punkte als seit Jahrzehnten beklagte Mängel des Studiums von Ausländern aus der Dritten Welt an Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland: mangelhafte schulische Vorbildung; mangelhafte Studienvorbereitung; Sprachprobleme; Akkulturationsschwierigkeiten; Studienschwierigkeiten; unzulängliche fmanzielle Absicherung des Studienvorhabens; lange Dauer der Ausbildungsgänge; Unsicherheit und Zielkonflikte bei der Wahl des Studienganges; Probleme bei der Anerkennung deutscher Hochschulabschlüsse im Ausland; - Schwierigkeiten oder Unmöglichkeit, einen adäquaten Arbeitsplatz im Herkunftsland zu fmden; - soziale und kulturelle Reintegrationsschwierigkeiten. Dieser Katalog wird bereits seit zwei Dekaden immer wieder in Konferenzen und Publikationen abgehandelt, ohne daß Verbesserungen erreicht worden • Der Verfasser - Leiter des Akademischen Auslandsamtes der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen - war Teilnehmer des Podiumsgesprüches zu demselben Thema.
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wären. Im Gegenteil erscheinen die Schwierigkeiten der Privatstudenten aus der Dritten Welt heute größer als je zuvor, wobei sowohl interne, aus der bundesrepublikanischen Situation entspringende Ursachen (z. B. Geldmangel des Staates, Einreiserestriktionen, Zulassungsbeschränkungen), als auch solche externer Art zu erkennen sind (z. B. weitere Verschärfung der wirtschaftlichen Situation in der Dritten Welt, Kriege und sozialer Druck auf die dort lebenden Menschen). Mit diesen Schwierigkeiten müssen die Hochschulen flir die nahe und mittlere Zukunft weiter rechnen, da sie ein unausweichliches Merkmal jener Art von Ausländerstudium sind, die wir in der Bundesrepublik Deutschland überwiegend antreffen: nämlich individuelle Ausbildungsvorhaben von Privatpersonen aus der Dritten Welt, meist in der Form, daß über ein Vollstudium die Erlangung eines deutschen akademischen Grades angestrebt wird. Dagegen erscheint mir das Studium derjenigen Ausländer, die ich im Gegensatz zu der erwähnten Gruppe als ,Programmstudenten' bezeichnen möchte, einen Weg flir ein Ausländerstudium zu bieten, das von den beschriebenen typischen Problemen frei ist. Studenten aus der Dritten Welt, die im Rahmen eines mit dem Herkunftsland abgestimmten Programms nach Deutschland kommen, hierfür eine ausreichende Finanzierung erhalten und wissen, flir welchen beruflichen Einsatzzweck sie bei uns ausgebildet werden, haben die bekannten Ausländerstudienprobleme überwiegend nicht. Aus dieser Einsicht plädieren Experten des Ausländerstudiums flir die vermehrte Entwicklung regelrechter Programme zwischen Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland und in Entwicklungsländern. Der Ausbau des Programmstudiums von Ausländern erfordert allerdings einen größeren Aufwand als die bloße Einschreibung privater Studienbewerber flir ein Regelstudium. Programme flir diesen Personenkreis, seien sie nun komplette Studiengänge oder enger begrenzte Fortbildungsmaßnahmen, setzen zunächst einmal eine gründliche Kontaktnahme der deutschen Hochschule mit dem Entwicklungsland voraus. So wie die Hochschulen die Ausbildung der deutschen Studenten auf die Wahrnehmung von Bedürfnissen unserer Gesellschaft stützen, so müssen sie sich zunächst mit der Situation der Herkunftsländer befassen, bevor sie die Verantwortung für die Ausbildung von Studenten aus diesen Ländern übernehmen. Dieses Befassen muß möglichst konkret fachbezogen und regionsbezogen geschehen. Ein deutscher Professor flir Wasserwirtschaft z. B. sollte, wenn er Ingenieure flir einen Einsatz in Brasilien ausbilden soll, zunächst selbst die mit der Wasserwirtschaft zusammenhängenden wesentlichen Probleme dieses Landes studiert haben.
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Umgekehrt ist es auch nötig, daß die für Ausbildung und Berufseinsatz zuständigen Stellen der Entwicklungsländer im Detail die Inhalte unserer Ausbildung prüfen, bevor sie über eine Entsendung von Studenten und jungen Wissenschaftlern zum Studium bzw. zur Fortbildung in die Bundesrepublik entscheiden. Das Ausländerstudium der Zukunft muß somit m. E. erheblich stärker als bisher auf die wissenschaftliche Kooperation zwischen unseren Hochschulen und den Entwicklungsländern gestützt werden. Statt kurativ und punktuell in das derzeitig problematische Ausländerstudium einzugreifen (mit Tutorenprogrammen, Sozialmaßnahmen und Reintegrationsveranstaltungen), sollten die staatlichen Geldgeber ihre Hochschulen in die Lage versetzen, mehr und besser als bisher eine echte wissenschaftliche Kooperation mit den Entwicklungsländern im Bereich von Forschung und Lehre aufzubauen. Die Programme der stipendiengebenden Organisationen sind in dieser Richtung nur ein Anfang. Denn meist geschieht in einem solchen Programm nicht mehr, als daß das Entsenderland ein deutsches Stipendium annimmt, um es einem ausgewählten Landsmann zur Durchflihrung eines Studienvorhabens in Deutschland zukommen zu lassen. Den Kontakt zu der betreuenden Hochschulsteile (Professor, Institut) vermittelt dabei meist der deutsche Stipendiengeber, ohne daß sich, wie es notwendig wäre, Ausbildungsexperten beider Seiten gründlich über das Vorhaben miteinander verständigt hätten. Diese klassischen Stipendienprogramme sind aber immerhin ein Ansatz, weil dabei das Entsenderland eine wesentliche Mitverantwortung flir das Studium des betreffenden Ausländers an unseren Hochschulen übernimmt, während bei den Privatstudenten die deutsche Hochschule mit der Zulassung des Ausländers im Grunde die alleinige Verantwortung flir Ablauf und Ergebnis seines Studiums zu tragen hat. Denn die Verantwortung flir die richtige Wahl eines auf die Bedürfnisse seines Herkunftslandes ausgerichteten Studiums kann man angesichts der komplexen Beziehungen zwischen der Dritten Welt und den Industrienationen wohl kaum einem Ausbildungsinteressenten individuell aufbürden. An der Technischen Hochschule Aachen hat sich vor allem die Zusammenarbeit mit der VR China in dieser Richtung entwickelt. Erst nachdem sich im Rahmen von Partnerschaften die beteiligten Institute der Aachener Hochschule und der Partnerhochschulen in China durch gegenseitige Expertenbesuche kennengelernt hatten, sind chinesische Studenten und Wissenschaftler zu bestimmten Ausbildungs- und Fortbildungsprogrammen nach Aachen entsandt worden. Somit werden die Programme in der Planung primär von der chinesischen Seite verantwortet. Es sind aber auch Studienprojekte initüert worden, die nicht in Deutschland, sondern in China stattfmden. So führt z. B. die Fachabteilung für Wirtschaftswissenschaften der RWTH an der Technischen Hoch-
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schule für Eisen und Stahl in Peking das Aachener Wirtschaftswissenschaftliche Aufbaustudium für Ingenieure in Form eines Blockprogrammes durch, wodurch beide Partner Geld und Zeit sparen. Die wesentliche Perspektive des Ausländerstudiums aus der Sicht der Hochschulen liegt für mich somit in der Entwicklung eines programmatischen Ausländerstudiums und damit in einer gewissen Abkehr vom ,laissez-faire' in der bisherigen Situation. Dies schließt eine Entwicklung ein, die sich weniger auf ein Vollstudium als vielmehr auf eine Fortbildung mit möglichst festen Plänen konzentriert. Eine solche Entwicklung verursacht für den Hochschulbereich einen erhöhten Aufwand in der Vorbereitung und Durchftihrung von Ausländerstudienvorhaben. Selbst an Hochschulen, die für das Ausländerstudium personell relativ gut ausgerüstet sind (in Form von Auslandsämtern, deutschen Sprachkursen, Studienkollegs und Tutorenprogrammen), wird dies bedeuten, daß eine verbesserte und intensivierte Arbeit für eine geringere Zahl von ausländischen Studenten zu leisten ist. Allerdings sind insofern Befürchtungen, die die Interessenvertretung der ausländischen Studenten in Aachen öffentlich gegen diese Perspektive geäußert hat, nicht unberechtigt. Das Massenstudium von Ausländern aus der Dritten Welt, wie wir es vor allem an den Technischen Hochschulen in Berlin und Aachen vorf1nden, kann nur unter der Bedingung aufrechterhalten werden, daß sich die Hochschulen weiter um diese Ausländer relativ wenig kümmern. Studienkollegs, deren traditionelle Aufgaben ausschließlich in der Vorbereitung von Entwicklungsländerstudenten auf ein Vollstudium liegt, werden in der Hochschullandschaft weiter an Bedeutung verlieren. Dieser Trend ist im übrigen aus anderen Gründen schon sichtbar geworden, bevor die Hochschulen überhaupt angefangen haben, sich stärker auf eine Programmarbeit mit Entwicklungsländerstudenten zu konzentrieren. Deutschkurse für Ausländer hohe Konjunktur haben, da die tivität im Vergleich vor allem unbedingt durch ein derartiges, ausgleichen müssen.
werden dagegen in der Zukunft weiter eine deutschen Hochschulen ihr Def1zit an Attrakzu denen des anglo-amerikanischen Systems möglichst effektives und kostenloses Angebot
Die fachliche wie auch die außerfachliche Betreuung der Ausländer würde bei der verstärkten Aufnahme von Programmstudenten nicht reduziert werden können, müßte sich aber verlagern, und zwar prinzipiell von der Hilfe in akuten Problemfällen mehr zu vorbeugender, übergreifender Betreuung. Völlig entfallen würden im Rahmen von Programmen die Reintegrationsprobleme, da es sich um einen Studententypus handelte, für den der berufliche oder weitere ausbildungsmäßige Werdegang nach Abschluß des Studiums in
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Deutschland in der Regel bereits vor Beginn des Studienaufenthaltes an unseren Hochschulen festliegt. Abschließend möchte ich im Rahmen der Perspektiven des Ausländerstudiums aus Hochschulsicht eine Gruppe von Studenten aus Entwicklungsländern erwähnen, die sich nicht durch die Unterteilung in Privat- und Programmstudenten sozusagen "entproblematisieren" läßt. Hierbei handelt es sich um politische Flüchtlinge und Asylanten. Auch wenn die Bundesrepublik Deutschland in den letzten Jahren den Zugang dieser Personen über entsprechende Vorschriften erheblich erschwert hat, werden diese angesichts der schwierigen Lage der Entwicklungsländer in Zukunft auf keinen Fall aus dem Erscheinungsbild der Hochschulen verschwinden. Dabei muß gesehen werden, daß eine nicht unbeträchtliche Zahl von Studenten aus der Dritten Welt aus politischer Motivation zu uns kommt, ohne dies durch einen Antrag auf Asyl- oder Flüchtlingsstatus zu erkennen zu geben (sog. "bona-fide-Flüchtlinge" im Gegensatz zu den "de facto-Flüchtlingen"). Diese Gruppe unterscheidet sich vom Standardtypus des ausländischen Studenten dadurch, daß sie ihr Studium nur bedingt mit der Zielsetzung einer Rückkehr in das Heimatland betreiben kann. Zumindest vorübergehend streben diese Personen eine gewisse existenzielle Etablierung bei uns an, können aus dieser Situation heraus eine klare fachliche, auf wissenschaftlicher Hochschulkooperation begründete Zielsetzung nicht haben und sich - bedauerlicherweise - auch nicht leisten. Bei den primär politisch motivierten Studenten überlagert natürlich der Zwang, bei uns sozial und ausbildungsmäßig irgendwie Fuß zu fassen, das Erfordernis einer sachlich begründeten Auswahl eines optimalen Ausbildungsganges. Die Hochschulen können diesen Leuten nichts bieten als ein auf die hiesigen Bedürfnisse abgestimmtes Studium, welches, sollte später die erforderliche Arbeitserlaubnis erteilt werden, gestattet, sich auf dem hiesigen Arbeitsmarkt zu bewerben. Was die fmanzielle Versorgung, rechtliche Beratung und die soziale Fürsorge ftir diese Studenten angeht, so sind die Hochschulen dabei vollkommen. auf die Aktivität hochschulexterner Organisationen wie z. B. der Kirchen oder der Otto Benecke Stiftung angewiesen. Die Zusammenarbeit mit diesen Stellen wird in allen Hochschulen wichtig bleiben, die durch ihre Attraktivität eine größere Zahl von Studenten aus der Dritten Welt anziehen. Die Zahl dieser ausländischen Studenten wird in der Zukunft abnehmen (auch wenn die KMK auf dem Papier die Erhaltung des derzeitigen Ausländeranteils proklamiert), nicht weil die Hochschulen vermehrt in die von mir postulierte Programmarbeit einsteigen werden, sondern weil die außerhalb des Hochschulbereichs liegenden Hemmnisse (Krisen in den Herkunftsländern, Einreiserestriktionen und Geldmangel in der Bundesrepublik) sich nicht beseitigen lassen. Diejenigen Ausländer, die zukünftig in geringerer Zahl den Weg
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an unsere Hochschulen finden, werden es leicht haben, ein Studium an der Hochschule ihrer ersten Wahl aufzunehmen. Damit aber wird sich das Ausländerstudium noch stärker an den klassischen, international bekannten Hochschulen konzentrieren, und der Anteil der echten Dritte-Welt-Studenten an neuen Hochschulen wird weiter zurückgehen. Auch die Fachhochschulen, die m. E. besonders geeignete Ausbildungsstätten f\ir Entwicklungsländerstudenten sind, werden in dieser Rolle Einbußen hinnehmen müssen, weil sie mit den klassischen Hochschulen im Universitätsrang in einer Situation leicht verfügbarer Ausländerstudienplätze nicht konkurrieren können. Ich habe mich bei der Behandlung des Themas ,,Perspektiven des Ausländerstudiums" nicht aufgefordert geftihlt, Lösungsvorschläge f\ir Entwicklungen aufzuzeigen, die ich als negativ bezeichnen würde. Deshalb sind meine Mutmaßungen über die Zukunft des Studiums von Ausländern aus der Dritten Welt an unseren Hochschulen im Rahmen dieses Beitrages als Thesen zu verstehen, die ich hiermit zur Diskussion stelle.
Klaus Schimitzek BERICHT üBER DAS PODIUMSGESPRÄCH Perspektiven des Ausländerstudiums Moderator: Prof. Dr. Hans F. Illy, Speyer Teilnehmer: Kurt Vogelsang, MdB, Bielefeld Werner Weber, Akad. Dir., Auslandsamt der RWTH Aachen Dr. Scheven,MinDirig.,Ministerium für Wissenschaft und Forschung, Düsseldorf Roland Wiedmann, Dipl. Pol., Wiss. Mitarbeiter beim Gesamtdeutschen Institut, Berlin Herr Vogelsang stellte einführend die Perspektiven des Ausländerstudiums aus der Sicht des Bundestages unter die Prämisse, daß im föderativen System der Bundesrepublik der Bund eine direkte Zuständigkeit für Bildungsfragen nicht besitze, diese vielmehr den Bundesländern obliege. Er erläuterte, daß man bei der Stipendienpolitik der Bundesrepublik zwischen Stipendien zur Förderung eines Studiums in der Bundesrepublik selbst und solchen zur Förderung von Sur-Place-Studien in Ländern der Dritten Welt zu unterscheiden habe. Erstere sollten zwar nicht abgebaut, jedoch sollten Sur-Place-Stipendien verstärkt vergeben werden, um die in der Diskussion über die Wirksamkeit der Stipendienvergabe im Inland häufig genannten Reintegrationsprobleme zumindest teilweise abbauen zu können. Er wandte sich dann der Frage zu, welche Studiengänge in der Bundesrepublik in welcher Form gezielt für ein Ausländerstudium genutzt werden sollten. Er plädierte dafür, keine ausländerspezifischen Studiengänge zu etablieren, sondern das Ausländerstudium insgesamt in das Studienangebot für Deutsche einzubeziehen, um auch eine mögliche Diskriminierung der von Ausländern erworbenen Bildungsabschlüsse zu vermeiden. Insgesamt sei als erfreuliche Tatsache zu konstatieren, daß es jedenfalls auf Bundesebene relativ geringe parteipolitische Kontroversen in diesem Politikfeld gebe, woran parteitaktische Überlegungen - wie die regelmäßig von der jeweiligen Oppositionsfraktion vorgetragene Kritik an Defiziten der Regierungspolitik - nichts änderten.
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Im Anschluß an diese Ausführungen wies Herr Scheven darauf hin, daß die Perspektiven des Ausländerstudiums nur vor dem Hintergrund eines geschichtlichen Rückblickes in geeigneter Weise zu beurteilen seien. Die jahrhundertealte Geschichte der Universitäten präge auch deren heutiges Verhältnis zum Ausland im allgemeinen und zum Ausländerstudium im besonderen. Während die Universitäten im Mittelalter weltoffene Institutionen waren, was als Ausdruck der geistig-kulturellen Einheit im damaligen Europa zu verstehen sei, hätten sich diese mit dem Beginn der Ausprägung des Nationalstaates, also in der philosophischen Periode der Aufklärung, verstärkt zu Landesuniversitäten entwickelt, womit gleichzeitig eine gewisse Abschottung gegenüber dem Ausland einherging. Zumindest seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts lasse sich dann wieder eine verstärkte Öffnung zum internationalen Umfeld beobachten. Dabei sei die Pflege der Beziehungen zunehmend als konstitutiv ftir den Wissenschaftsbetrieb angesehen worden, weshalb der internationale Erfahrungsaustausch eine bemerkenswerte Förderung erfuhr. Hier sei auf die Entstehung von Institutionen zu verweisen, die sich - wie zum Beispiel der Deutsche Akademische Austauschdienst und die Humboldt-Stiftung - dem Wissenschaftsaustausch als Daseinszweck widmen und an deren Taditionen nach 1945 wieder angeknüpft werden konnte. Eine derartig historisch gewachsene internationale Kooperation sei als konstitutives Element für die Wissenschaft im modernen Zeitalter eine Notwendigkeit und demzufolge auch eines der zentralen Motive der Förderung des Ausländerstudiums in der Bundesrepublik Deutschland. Diese Einsicht werde durch folgende Faktoren verstärkt bzw. modiftziert: zunächst komme dem Ausländerstudium ein entwicklungspolitischer Stellenwert zu und könne somit als föderativer Beitrag der Länder zur Entwicklungspolitik der Bundesrepublik interpretiert werden; desweiteren korrespondiere dieses Argument mit normativen Bezügen zum Hochschulrahrnengesetz, dessen Vorgaben den Hochschulen eine Verantwortung für die internationale Zusammenarbeit und den Austausch von Studenten und Wissenschaftlern übertrage. Die Hochschulen hätten den besonderen Bedürfnissen von ausländischen Studenten im Rahmen ihrer Möglichkeiten und unter Beachtung des Grundsatzes der Freiheit der Wissenschaft (Art. 5 III GG) Rechnung zu tragen, wobei allerdings wegen der starken Eigenverantwortlichkeit der Hochschulen Probleme der Steuerung entstehen könnten. In dieser Hinsicht unterscheide sich die Bundesrepublik besonders von anderen Ländern, in denen in höherem Maße Regelungsmöglichkeiten seitens des Staates gegeben seien. Insofern bestehe bei uns ein Spannungsfeld zwischen der Wissenschaftsfreiheit auf der einen und der Notwendigkeit, das Ausländerstudium in einem gewissen Maße zu regulieren, auf der anderen Seite. Nach diesen eher grundsätzlich gehaltenen Ausführungen der Vertreter des Bundes und eines Landes wandte sich Herr Weber den konkreten Problemen und Deftziten des Ausländerstudiums in der Bundesrepublik zu, wobei er sich
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auf seine langjährigen Erfahrungen in der praktischen Arbeit des Auslandsamtes der Technischen Hochschule Aachen stützen konnte. Einleitend charakterisierte er den Ist-Zustand der Studiensituation ftir Ausländer als ein ftir die Betroffenen sich verschärfendes Problem, für das auch die Entwicklung im Ausländerrecht sowie die erschwerten Zulassungskriterien der KMK ursächlich seien. Eine Verbesserung dieser als unbefriedigend eingeschätzten Situation sah er in der Perspektive, das Ausländerstudium verstärkt am Vorbild von Programmstudiengängen auszurichten, wo beispielsweise gezielt auf die Berufspraxis und auch auf spezifische Berufseinsätze vorbereitet werde. Dabei sollten derartige Programmstudiengänge gemeinsam mit interessierten Entwicklungsländern aufgebaut werden, da von der Bundesrepublik resp. den Hochschulen selbst kein dieser Form genügendes Lehrangebot offeriert werde. Verbesserungen könnten hier nur erwartet werden, soweit die deutschen Hochschulinstitute sich aus ihrer Fachperspektive vermehrt mit der Entwicklungsländerproblematik im allgemeinen beschäftigten und gleichzeitig mit betroffenen Ländern Art und Umfang des Ausbildungsbedarfs erarbeiteten. Eine auf diesem Wege ermöglichte Bedarfsorientierung des Ausländerstudiums sollte sich ferner auf eine verstärkte Hochschulkooperation beziehen können, so daß vermittels persönlicher Kontakte auch Universitätsangehörige aus Ländern der Dritten Welt einen Einblick in die Spezifika deutscher Studiengänge erhielten. Als vorbildlich stellte er in diesem Zusammenhang die Bildungszusammenarbeit der Bundesrepublik mit der VR China vor. Dabei sei in Kauf zu nehmen, daß die Freiheit der Wissenschaft evtl. insoweit zu relativieren sei, als das Studienplatzangebot auf den Bedarf abgestimmt werde (zum Beispiel durch eine gezielte Stipendienvergabepolitik des DAAD). Als richtungweisend könnten hier die sog. Non-Degree-Programme gelten, die den Schwierigkeiten der Anerkennung deutscher Bildungsabschlüsse im Ausland aus dem Wege gehen und damit in der Lage seien, gezielt dem spezifischen Bedarf im jeweiligen Entwicklungsland zu entsprechen. Damit würde auch die Problematik der wirtschaftlichen Konkurrenzfähigkeit in globalem Rahmen berücksichtigt. Bei derartigen Programmen lasse sich an die Möglichkeit denken, Aufbaustudiengänge ftir Ausländer anzubieten, die ein entsprechendes Fachstudium voraussetzen und die heimatliche akademische Karriere der Teilnehmer sinnvoll einbeziehen. Dies ermöglichte auch eine jeweils flexible Reaktion auf die - zumeist anglophon geprägten - Bildungssysteme in Entwicklungsländern. Generell sollte einmal diskutiert werden, ob sich die deutsche Hochschulausbildung insgesamt verstärkt an den Beispielen international dominanter Bildungssysteme orientieren solle. Zum Abschluß wies der Referent darauf hin, daß ftir die privaten (,freien') Studenten kaum mehr als bisher getan werden könne. Zumindest an den Uni-
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versitäten mit einer Tradition im Ausländerstudium sei die Betreuung unter anderem durch Tutoren schon relativ gut ausgebaut, weshalb es illusorisch sei, in diesem Bereich von den Ländern eine Aufstockung der öffentlichen Finanzmittel zu erwarten. Als letzter Podiumsreferent ging Herr Wiedmann auf die Perspektiven des Ausländerstudiums in der Deutschen Demokratischen Republik ein, wobei er betonte, daß dort die Ausgangslage von einem Defizit im Bereich der internationalen Kooperation geprägt sei, da der Großteil der Universitäten mit entsprechenden Traditionen auf dem Gebiet der Bundesrepublik liege. In der DDR gelte das Studium von Ausländern wie die Bildungspolitik ftir Bürger aus Ländern der Dritten Welt allgemein als integraler Bestandteil der Außenpolitik; entwicklungspolitische Aktivitäten lägen in der Kompetenz des Außenministeriums, das bei allen sektoralen Leistungen auch die Förderung der außenwirtschaftliehen Beziehungen der DDR als politisches Ziel verfolge. Im Ausbildungssektor fördere die DDR neben dem Typus der "Revolutionäre im Wartestand" (wie beispielsweise die Ausbildung von Chilenen nach 1973) Studenten aus Entwicklungsländern bei regionaler wie sektoraler Schwerpunktsetzung auch nach rein entwicklungspolitischen Kriterien. Letzteren werde die Studienfmanzierung in der Regel zu rd. 100% durch staatliche Stipendien gesichert. Von der Mitte der achtziger Jahre an werde wegen des Rückganges deutscher Studienbewerber zunehmend damit zu rechnen sein, daß die Fortbildung an Hochschulen sich gleichrangig neben dem Ausbildungsangebot etablieren und auch das Studium von Ausländern einen höheren Stellenwert erlangen wird. Schon jetzt sei eine Zunahme bei Hochschulkooperationen und auch bei der Vergabe von Sur-Place-Maßnahmen zu beobachten, wobei die Förderung von Vollzeitstudien zugunsten von kürzeren Studiengängen sowie der postgraduierten Ausbildung rückläufig sei. Bei dieser Entwicklung komme der DDR entgegen, daß auch ihr Bildungssystem durch das Instrument zentraler Koordinierung und Regulierung gesteuert werdPn könne. Die Diskussion über diese Beiträge wurde von Herrn 1//y mit der Frage eröffnet, ob man nach Abwägung der Vor- und Nachteile der Bildungssysteme in beiden deutschen Staaten Schlußfolgerungen im Sinne einer Modifizierung der bundesdeutschen Studienförderung ziehen könne. Gegenwärtig herrsche hier ein beinahe undurchschaubares Gewirr konkurrierender Angebote mit je nach Bundesland unterschiedlicher Spezifizierung. Deshalb müsse auch unter dem Gesichtspunkt einer effizienten Allokation knapper öffentlicher Finanzmittel das Problem einer besseren Abstinunung und einer vermehrten Koordination zwischen den beteiligten Trägern der Studienförderung zur Diskussion gestellt werden.
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Anknüpfend an die Aussage Webers, flir Ausländer bedarfsorientierte Studiengänge einzurichten, machte Herr Vogelsang deutlich, daß seine Auffassung, keine ausländerspezifischen Angebote vorzusehen, damit nicht im Widerspruch stehe, da er die Integration in den deutschen Lehrbetrieb allein auf Vollstudien in der Bundesrepublik beziehe. Hinsichtlich der Forderung Illys verwies er auf originäre Zuständigkeiten der Länder; KMK und Bund-Länder-Kommission könnten zwar mit Blick auf eine einheitliche Handhabung beratend tätig werden, allerdings werde auch in diesen Gremien auf politische Vielfalt geachtet. Von Herrn Scheven wurde dem mit dem Hinweis auf die Souveränität der Länder beigepflichtet. Allerdings sei es dem Bund unbenommen, die Innovation von Studienangeboten in seinen Kompetenzbereichen, so zum Beispiel im Sektor der Entwicklungspolitik, anzuregen. Immerhin zeige die Stellungnahme des Wissenschaftsrates zum Ausländerstudium vom Mai 1985, daß bereits diskutiert werde, in welcher Form hier verstärkt strukturierend eingegriffen werden könne. Hinsichtlich des Problems bedarfsorientierter Studiengänge sei ein solches Vorgehen in den technischen Disziplinen sinnvoll, weniger dagegen bei den Sozialwissenschaften. Im Gegensatz dazu vertrat Herr Weber die Meinung, daß gerade in den wirtschafts-und sozialwissenschaftliehen Fachbereichen interessante Möglichkeiten für eine Graduiertenförderung bestünden. Er widersprach ferner der Auffassung, der Bund könne in das Ausländerstudium nicht steuernd eingreifen, da doch mit der Zuteilung von Studienplätzen und der damit verbundenen Lenkung der ausländischen Studienbewerber an bestimmte Hochschulen ein wesentliches Instrument vorhanden sei. Eine gezielte Verteilung sollte dabei aber auch die Fachhochschulen in stärkerem Maße einbeziehen. Allerdings bewirke diese bundespolitische Steuerung derzeit eher als negativ einzuschätzende Resultate, da vor allem wegen der Gesetzeslage im Ausländerrecht die Zahl der freien Studenten aus dem Ausland zur Zeit beachtlich zurückgehe, was bei den Studienkollegs zu einer rückläufigen Auslastung ihrer Kapazitäten geführt habe. Diese sollten daher besser aus den Landesschulverwaltungen ausgegliedert und den Hochschulen direkt zugeordnet werden. Die Reformbedürftigkeit der Studienkollegs wurde von Herrn Scheven bestätigt. Deren Curricula sollten sich mehr auf den Fachhochschulbereich konzentrieren, wogegen der Gedanke ihrer Angliederung an die Hochschulen wenig verspreche. Insgesamt sollten in der Bundesrepublik flir Ausländer Ausbildungsangebote ohne akademischen Abschluß unter Einbeziehung auch der Fachschulen flir
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eine Förderung vorgesehen werden, womit gleichzeitig auch den ausländischen Studienahbrechern eine Alternative geboten werde. Das Thema der Entwicklung des Ausländerrechts in den vergangeneo Jahren wurde nochmals von Herrn 11/y aufgenommen. Angesichts der Restriktionen flir die Zugangsmöglichkeiten ausländischer Studienbewerber stellte sich die Frage, inwieweit sich der Gesetzgeber dieser Konsequenzen bei der Novellierung bewußt gewesen sei. Dazu wurde von Herrn Vogelsang ausgeführt, daß der Gesetzgeber bei der Rechtsetzung jeweils verschiedene, häufig konkurrierende Interessen zu berücksichtigen habe. Im Fall der ausländerrechtliehen Zugangsregelung sei daher neben den Zielen der Offenheit der Universitäten und entwicklungspolitischen Interessen auch das Problem der Akzeptanz in der Bevölkerung zu beachten gewesen. In diesem Zusammenhang sei auf das Problem einer latenten Ausländerfeindlichkeit und der Möglichkeit ihrer politischen Instrumentalisierung durch bestimmte Gruppen zu verweisen. Grundsätzlich müsse aber davon ausgegangen werden, daß Wirkungen eines Gesetzes bzw. einer Novellierung erst in der Zukunft sichtbar werden, eine Antizipation ihrer Konsequenzen dagegen selten und nur unzureichend gelinge. Zum Problem der Flexibilisierung von Studienmöglichkeiten äußerte Herr Scheven, daß ein akademischer Abschluß zwar künftig kein Dogma sein, als Zielgröße aber durchaus beibehalten werden solle. Beurteile man den Rückgang der Zahlen ausländischer Studienanfanger, müsse gewärtig bleiben, daß dies auch flir Deutsche zutreffe, von denen sich im Vergleich zum Vmjahr im WS 1984/85 rd. 8-9% weniger beworben hätten. Eine der Ursachen daflir, die gegenwärtige Situation des Arbeitsmarktes, treffe hinsichtlich der Arbeitsmöglichkeiten während des Studiums auch flir Ausländer zu, so daß deren Studienquote nicht allein vom Ausländerrecht determiniert sei. Wolle man letzteres in der gegenwärtigen Fassung beurteilen, sei eine differenziertere Betrachtung nötig, die auch die flir ausländische Staaten in unterschiedlicher Weise geltenden Regelungen für die Erteilung von Visa und Sichtvermerken einzubeziehen habe. Im Zusammenhang mit der Frage nach den Ursachen des Rückganges der Studienbewerber wurde von Frau Lindig darauf hingewiesen, daß generell nicht von einer Abnahme der Studierwilligkeit gesprochen werden könne. Diese sei vielmehr nach wie vor in hohem Maße gegeben, werde aber zunehmend zugunsten einer vorherigen Lehre aufgeschoben, um am Ende eines darauf folgenden Studiums die Chancen für den Berufseinstieg zu vergrößern.
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Herr Weber wandte sich dann der besonderen Problematik zu, die sich aufgrund der politischen Instabilität vieler Entwicklungsgesellschaften für ein Studium von Staatsangehörigen dieser Länder bei uns ergibt. Dieses Problem sei als gravierender einzuschätzen als die Statistiken über Asylbewerber. In vielen Fällen sei es für ausländische Studenten unabsehbar, ob nach dem Examen überhaupt mit der Möglichkeit einer Berufstätigkeit im Heimatland gerechnet werden kann. Die Programmstudiengänge der Otto Benecke Stiftung könnten hier als Vorbild für eine besondere Förderung dieser Personen dienen. Direkt auf diesen Beitrag eingehend, erinnerte Herr Vogelsang nochmals an die Instrumente, die von bundesdeutscher Seite zur Entschärfung der Reintegrationsschwierigkeiten ausländischer Absolventen eingesetzt werden können, nämlich kürzere Studienzeiten, gezielte Förderung von Aufbaustudien, Vergabe von Sur-Place-Stipendien. Im weiteren Verlauf der Diskussion gingen verschiedene der am Seminar teilnehmenden ausländischen Studenten auf die angesprochenen Themen ein und stellten diesen ihre Situation aus persönlicher Einschätzung gegenüber. Zunächst wurde das spezifische soziale Problem hervorgehoben, daß ein Studienabbruch für einen Ausländer einen derartigen Gesichtsverlust in seinem familiären Umfeld bedeute, daß eine Rückkehr sehr schwierig werde. Die deutsche Studienförderung sei deshalb aufgerufen, auf diese Fälle mit Studienangeboten auf niedrigerem Niveau (z. B. Fachhochschulen) zu reagieren. Was die Sur-Place-Stipendien betreffe, müsse gewärtig bleiben, daß Hochschulkapazitäten in der Dritten Welt generell nicht ausreichten. Ferner sei diese Förderung mit der negativen Konsequenz verbunden, daß der internationale Erfahrungsaustausch reduziert werde. Ganz allgemein müsse bedacht werden, daß der Wissenschaftsbetrieb in vielen Entwicklungsländern nicht eine wie in der Bundesrepublik übliche Freiheit genieße, sondern vielfältigen ökonomischen und politischen Einflüssen ausgesetzt sei, wozu auch die politische Steuerung des Hochschulzuganges zähle. Die Teilnehmer wandten sich ferner gegen die Darstellung der Reintegrationsproblematik, die ihnen als überzeichnet erschien. Auch bei langjährigen Studienaufenthalten von Ausländern in Deutschland habe deren Rückkehr nach allen Erfahrungen immer dann kein Problem dargestellt, wenn - wie dies in der Regel der Fall sei - die Kontakte zum Heimatland aufrechterhalten wurden. Zum Komplex der Sur-Place-Stipendien stellte Herr Reiser klar, daß die Förderung von Ausländern für einen Studienaufenthalt in der Bundesrepublik der Schwerpunkt bleibe, die Vergabe für ein Studium in Drittländern hierzu eine Ergänzung bilde, die allerdings gezielt ausgebaut werden solle. 13 llly/ Schmidt
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Der Berichterstatter ging auf den dualen Aspekt des Ausländerstudiums in der Bundesrepublik ein: es beschränke sich nicht auf den formalen Studienablauf, sondern bewirke auch stets einen Prozeß kultureller wie politischer Wirkungen. Aus entwicklungspolitischer Perspektive sei dieses informelle Lernen in einem andersartigen politisch-kulturellen System zu begrüßen. Desweiteren richtete er an den Vertreter des Landes NRW die Frage, wie die Umsetzung der Empfehlungen des Wissenschaftsrates vom Mai 1985 zu beurteilen sei und ob die von diesem Gremium geforderte Aufstockung der Mittel zur Betreuung von ausländischen Studenten als Voraussetzung für die Verbesserung ihrer Studienbedingungen als eine zutreffende Einschätzung gelten könne. Daß die Bundesländer in den künftigen Jahren zusätzliche Mittel für die Betreuung von Auslandsstudenten aufbringen, schätzte Herr Scheven nicht als realistisch ein, da - ausgehend von den Erfahrungen mit dem TutorenModell für Deutsche - eine Betreuung durch Tutoren für diesen Personenkreis nicht als attraktiv erachtet werde. Die Frage berühre auch die Selbstverantwortung der Studenten; insofern ergebe sich hier ein Aktionsfeld für die studentischen Selbstverwaltungsgremien an den Hochschulen (Finanzierung von Tutorenstellen). Seitens der Bundesländer kämen eher andere Formen der Betreuung in Frage; von Länderseite sei es allerdings noch zu früh, zu den Empfehlungen des Wissenschaftsrates dezidiert Stellung zu beziehen. Herr Schmidt-Streckenbach ftihrte aus, daß bei der Betrachtung und Einschätzung des Ausländerstudiums die interessante Verflechtungzweier Politikfelder, einerseits das historisch der Gefahrenabwehr verpflichtete Ausländerrecht, andererseits die Ausländerbildungspolitik mit ihren wissenschaftlichen und in jüngerer Zeit auch entwicklungspolitischen Bezügen zu beachten sei. Persönlich halte er die Maßnahmen der KMK für ein angemessenes Instrument zur Steuerung des Zuganges von Studienbewerbern aus Ländern der Dritten Welt. Ziel einer Auswahl müsse sein, daß ausländische Studienbewerber ein der deutschen Zugangsberechtigung vergleichbares Bildungsniveau nachweisen und ihr Aufenthalt in der Bundesrepublik gleichzeitig unter entwicklungspolitischem Aspekt als sinnvoll einzuschätzen ist. In den abschließenden Ausführungen der Podiumsteilnehmer betonte zunächst Herr Vogelsang, daß die Stipendienvergabe für Drittländerstudien nicht als eine neue Lösung gelten, sondern lediglich zur Verbreiterung des bisherigen Kataloges der Förderungsangebote dienen könnten. Ferner sei das Akzeptanzproblem in der deutschen Bevölkerung sicher nicht der bestimmende politische Faktor, die Ausländerbildungspolitik dürfe es als politische Größe andererseits aber auch nicht ignorieren.
Bericht über das Podiumsgespräch
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Daß die Vergabe von Stipendien ftir Zusatz- und Aufbaustudien künftig im Verhältnis zu den Regelstipendien eine größere Rolle spielen sollte, wurde noch einmal von Herrn Scheven unterstrichen. Dabei sei es wichtig, sich um die Koordinierung geeigneter Studiengänge zwischen bundesdeutschen Universitäten und denen in Entwicklungsländern zu bemühen, wobei die organisatorische Grundeinheit der Fachbereiche als geeignete Ebene flir die praktische Zusammenarbeit zu betrachten seien. Insgesamt gesehen sollte der Austausch von Wissenschaftlern unter Einbeziehung des DAAD intensiviert werden, wogegen der Auf- und Ausbau von Hochschulen in der Dritten Welt selbst bereits aus Kostengründen nur in begrenztem Maße vorstellbar erscheine. Im Schlußbeitrag ging Herr Wiedmann noch einmal zusammenfassend auf die Perspektiven des Ausländerstudiums in der Deutschen Demokratischen Republik ein, wobei er die Priorität hervorhob, die die beruflichen Bildungsmaßnahmen im Rahmen der Aus- und Fortbildung von Ausländern in der DDR genießen. Allerdings sei zur Zeit zu beobachten, daß die im Zuge des Rückganges der Studentenzahlen allgemein freiwerdenden Hochschulkapazitäten zunehmend auch fiir das Studium von Ausländern zur Verfugung gestellt werden. Entsprechend den besonderen und aktuellen Interessen der studentischen Teilnehmer der Tagung an der Gestaltung des Ausländerstudiums in der Bundesrepublik wurde in der Diskussion vor allem die hiesige Situation reflektiert, während die spezifische Problematik in der DDR nur am Rande behandelt wurde.
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DIE VERFASSER UND HERAUSGEBER Dr. Günther Bauer {1937), Studium der Philosophie, Germanistik und Kunstgeschichte in München; Abteilungsleiter für Dritte Welt bei der Otto Benecke Stiftung, Bonn KlausRönnemann {1946), Studium der Jurisprudenz in Bochum und Hamburg; Vortragender Legationsrat im Auswärtigen Amt, Bonn
Prof. Dr. Hans F. Illy (1940), Akad. gepr. Auslandskorrespondent (Germersheim), Studium der Wirtschaftswissenschaften in Mannheim, Studium der Politischen Wissenschaften, der Entwicklungspolitik und Soziologie der Entwicklungsländer in Freiburg/Breisgau; Professor fur Entwicklungsverwaltung und Entwicklungspolitik an der Hochschule fur Verwaltungswissenschaften, Speyer/Rhein Dr. Ursula Lindig (1923), Studium der Geschichte, Medizin und Psychologie; Wiss. Direktor und Leiterin des allgemeinen und psychotherapeutischen Beratungszentrums für Studenten an der Universität Harnburg Christian Reiser (1937), Studium der Volkswirtschaftslehre und der Soziologie in Freiburg, Berlin und Hamburg; Leiter der Gruppe Entwicklungsländer beim Deutschen Akademischen Austauschdienst, Bonn
Dr. Günter Reuhl {1934), Studium der Jurisprudenz in Marburg; Leiter der Zentralstelle fur ausländisches Bildungswesen beim Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder, Bonn Dr. rer. publ. Wolfgang Schmidt-Streckenbach {1943), Studium der Politologie und der Volkswirtschaftslehre in Berlin, Studium der Verwaltungswissenschaften in Speyer; Stellv. Geschäftsführer der Arbeitsrechtlichen Vereinigung öffentlicher Verwaltungen und Betriebe, Berlin Prof. Dr.Alexander Thomas (1939), Studium der Psychologie und Philosophie; Prof. fur Psychologie, insbesondere Sozialpsychologie, am Institut fur Psychologie der Universität Regensburg
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Die Verfasser und Herausgeber
Werner Weber (1940), Studium der Ingenieurwissenschaften in Aachen; Akademischer Direktor und Leiter des Akademischen Auslandsamtes an der Rheinisch-Westfalischen Technischen Hochschule, Aachen Roland Wiedmann (1948), Studium der Politologie in Berlin; Wiss. Referent beim Gesamtdeutschen Institut/ Bundesanstalt für gesamtdeutsche Aufgaben, Berlin Prof. Dr. Michael Wollenschläger (1946), Studium der Jurisprudenz in Heidelberg, Freiburg und Wiirzburg; Professor für öffentliches Recht, insbesondere Verwaltungs- und Sozialrecht, an der Bayerischen Julius-Maximilians-Universität, Würzburg